Ideologie als Institution und soziale Praxis: Die Adaption des höheren sowjetischen Parteischulungssystems in der SBZ/DDR (1945–1956) [Reprint 2014 ed.] 9783050047409, 9783050040738

Beschlüsse des ZK der SED, Rechenschaftsberichte an die Parteitage der SED, die parteigebundene Geschichtsliteratur der

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Ideologie als Institution und soziale Praxis: Die Adaption des höheren sowjetischen Parteischulungssystems in der SBZ/DDR (1945–1956) [Reprint 2014 ed.]
 9783050047409, 9783050040738

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Alexander Haritonow

Ideologie

als Institution und soziale Praxis

edition

bildung und

Wissenschaft band 9

herausgegeben von Manfred Heinemann

Veröffentlichung des Zentrums für Zeitgeschichte der Universität Hannover

von

Bildung und Wissenschaft

Alexander Haritonow

Ideologie als Institution und soziale Praxis

Adaption des höheren sowjetischen Parteischulungssystems in der SBZ/DDR (1945-1956) Die

Akademie Verlag

Gefördert aus Mitteln des Zentrums für Zeitgeschichte Universität Hannover.

von

Bildung und Wissenschaft,

ISBN 3-05-004073-4

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2004

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Das eingesetzte Papier entspricht der amerikanischen Norm ANSI Z.39.48 bzw. der europäischen Norm ISO TC 46.

1984 -

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form by photoprinting, microfilm, or any other means nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. -

-

-

Satz und Druckvorbereitung: Zentrum für Zeitgeschichte von Bildung und Wissenschaft der Universität Hannover Druck: Hahn-Druckerei GmbH & Co., Hannover Bindung: Buchbinderei S. R. Büge, Celle

Printed in the Federal

Republic of Germany

-

(ZZBW)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort. VII Dank IX .

Einleitung 1

.

ideologischen Schulung der SED ( 1946 -1947) Etablierung der für ideologische Fragen zuständigen Organe

Erste Schritte 1.1

zur

innerhalb der SMAD. 1.2

Orientierung der SMAD auf eine grundlegende Parteischulungspolitik in der SED

.

1.3 Der Aufbau 1.4

von

Parteischulen

.

7 17

29

Umsetzung der zentralen Vorgaben in den einzelnen Ländern und Provinzen.

33

1.4.1

33

Thüringen

.

1.4.2 Sachsen-Anhalt.

39

1.4.3 Sachsen

42

.

1.5 Die Politik der SMAD im Zentrum 2

1

(Berlin).

Gleichschaltung: Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus (1948-1949) 2.1 Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit in der SBZ und in den Ländern Osteuropas 2.2 Die sowjetischen Vorbereitungen zur Schaffung einer Partei neuen Typus. 2.3 Die Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz. 2.3.1 Thüringen .

.

51

61 69 89 90

2.3.2 Sachsen-Anhalt.

94

2.3.3 Sachsen

97

2.3.4 Die

.

Angleichung der Entwicklung des Parteischulwesens in der SBZ.

103

Inhaltsverzeichnis

VI

3

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem ( 1950 -1951 ) 3.1 3.2

Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit in der SBZ. Formen und Konsequenzen der Anleitung der SED-Führung durch Organe der KPdSU (b) Die Vereinheitlichung des Parteischulwesens in Berlin

.

3.3

und in den Ländern und Provinzen der SBZ.

4

Jahre der Entscheidung 4.1

Auswirkungen

117 121

(1952-1953)

der internationalen

Lage auf die ideologische Arbeit in der SBZ.

149

4.2 Der Vorstoß Ulbrichts in Richtung Aufbau des Sozialismus Eigenmächtigkeit oder abgekartetes Spiel?.

157

4.3

159

-

5

111

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens.

Souveränität zwischen Schein und Sein ( 1954 -1955)

Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit in der SBZ. Handlungsspielräume der SED-Führung seit der Anerkennung

185

der DDR als souveräner Staat.

189

Aspekte in der Parteischulung.

193

6

Nachfolgende Entwicklung (1956-1960).

203

7

Fazit. 215

5.1 5.2

5.3 Neue

Abkürzungsverzeichnis. Personenregister

.

225 229

Quellen- und Literaturverzeichnis Unveröffentlichte Quellen. 233 Literatur. 235 Sach- und Ortsregister. 247

Vorwort

vierziger und fünfziger Jahren war „Ideologie" ein zentraler Begriff des inneren Kalten Krieges im „Friedenslager". Ideologie galt als ein mehr oder minder geschlossenes, in sich zusammenhängendes System von Ideen, die Respekt und Furcht einflößten und öffentliches Verhalten steuerten. Zu dieser Ideenwelt gehörten der für die Beteiligten lebensgefährliche Streit um die Deutung der Krisen des Nachkriegskapitalismus, die Ideen-Burleske um die Auseinandersetzungen bei der Definition der Sprache als Teil der Basis oder des Überbaus und nicht zuletzt der Kampf um Lyssenkos Agrobiologie, also eine sowjetische Variante von Lamarekismus. Diese Dispute waren Teil eines surrealen sowjetischen Kosmos, der nur Eingeweihten verständlich war und den Besiegten in Deutschland wohl eher exotisch vorgekommen sein muss. Bedrohlicher und mit Bezügen auch zum besiegten Deutschland sah es mitZdanovs Zwei-Lager-Theorie aus. In ihrer Konsequenz bedeutete sie, dass auch die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands einem „Lager" zugeschlagen werden würde jenseits aller Friedens- und Einheitsrhetorik. „Sowjetideologie" mochte auf den ersten Blick klar zu definieren sein. Die Zeitgenossen taten auch so, als ob dies der Fall sei '. In Wirklichkeit entzog sie sich einer eindeutigen und zusammenhängenden Bestimmung, weil sie grundsätzliche Einsichten in das Funktionieren der Welt mit tagesaktuellen, die Parteimitglieder bindenden Richtlinien kombinierte. Sie unterlag daher einem ständigen Wandel, der sich jedenfalls in der Stalinzeit im Wesentlichen aus wenig transparenten Interaktionen und Legitimationsbedürfnissen der sowjetischen Eliten ergab. Für die deutsche Seite und insbesondere für junge Parteimitglieder und noch lernende „Kader" bestand wie für ihre sowjetischen Genossen Ideologie daher aus zwei Elementen, die sich in der Analyse, nicht aber in der Praxis auseinander halten lassen: aus einem System von Doktrinen, die In den

-

-

-

lernen konnte und die helfen sollten, sich in der neuen Wirklichkeit einzurichten, und aus „Signalen", d.h. aus Anweisungen für das richtige Sprechen und zunehmend für das richtige Verhalten. man

In der Literatur ist dieses eigenartige Phänomen umgangssprachlich als „Parteichinesisch", als „hölzerne" und als Propaganda-Sprache, als „neues" und als „bolschewistisches Sprechen" umschrieben worden. Dieses neue Sprechen bezog sich in den vierziger und fünfziger Jahren auf ein

1

zeitgenössische Kompilation und Deutung „von außen" durch Gustav A. Wetter und Wolfgang Leonhard, Sowjetideologie heute, Bd. 1-2, Frankfurt am Main 1962 (mit Auflagen bis 1979), sowie Gustav A. Wetter, Philosophie und Naturwissenschaft in der Sowjetunion (rowohlts deutsche enzyklopädie 67), Hamburg 1968. Siehe die

Vorwort

VIII

immer schmaler werdendes Repertoire, auf einige Kompilationen der „Klassiker" Marx, Engels und Lenin wie auf Werke Stalins, die endlos paraphrasiert wurden, und schließlich auf den „Kurzen Lehrgang" (der Geschichte der KPdSU), der partienweise auswendig zu lernen war. Mit der

Aneignung dieser Sprache, ihrer Semantik und ihrer Codes war nolens volens auch ein Verhaltenstraining verbunden im Umgang mit den sowjetischen Instrukteuren und Aufpassern, mit Vorgesetzten und Untergebenen und nicht zuletzt mit Parteigenossen und der „aufzuklärenden" Bevölkerung. Insofern war Ideologie, wie sie hier untersucht wird, nicht nur und vielleicht nicht einmal primär ein Ensemble von Doktrinen, sondern sie war eine „Institution", in der mit dem Sprechen Verhalten eingeübt werden sollte und somit eine soziale Praxis konstituiert wurde. Die vorliegende Studie von Alexander Haritonow interessiert sich für die Anstrengungen von sowjetischer Seite, Ideologie als System von Doktrinen wie als System von Sprechen und Verhalten lernbereiten Jugendlichen und „Werktätigen" zu vermitteln. Sie sollten für den Aufbau einer zunächst als antifaschistisch, dann als sozialistisch definierten Ordnung gewonnen werden. -

Was überrascht, ist die Intensität, der Ressourcenaufwand und die Kontrolldichte, mit der die sowjetische Verwaltung nichts unversucht ließ, eine sowjetische reeducation der deutschen Bevölkerung und vor allem das „Schmieden" von Kadern zu bewerkstelligen. Es ging nicht einfach um Gehorsam gegen die neuen Herren das hätte sich im Interesse der Ausbeutung der ökonomischen Ressourcen effizienter mit bürgerlichen Kräften erreichen lassen -, sondern um die innere Verankerung, kurz die Internalisierung der neuen sowjetischen Ordnung auf deutschem Boden. -

Zeitraffertempo und im Wesentlichen mit denselben Methoden, wie sie sich in der UdSSR dreißiger Jahren durchgesetzt hatten, erfolgten Indoktrination und Sozialisierung. Dies geschah im offenbar ungebrochenen Vertrauen darauf, dass eine soeben noch dem Nationalsozialismus ergebene Bevölkerung durch die Vermittlung der richtigen Lehren und ihrer Codes und Rituale auf den Sozialismus sowjetischer Spielart umgepolt werden könne. Dies war freilich eingebettet in eine Vielzahl anderer Maßnahmen und Begleiterscheinungen des forcierten Wandels; nicht zuletzt spielte hierbei ganz sicher die Aussicht auf den sozialen Aufstieg der so Im

seit den

trainierten Genossen und Kader eine Rolle. Die materiellen und moralischen Verluste, deren Ausmaß nicht abzuschätzen ist, zählten dabei wenig. Einziges Kriterium für die sowjetische Seite, das mäßigend wirken konnte, waren negative ökonomische Folgen dieser rabiaten Umerziehungstechniken. Hier steht die sowjetische Seite im Vordergrund des Untersuchungsinteresses. Der deutsche Patient erscheint dabei seltsam verfremdet nur durch das Prisma sowjetischer Maßnahmen und Kontrollen. Der Erfolg des Heilungsprozesses, dem der Patient unterworfen wurde, stand nicht in Zweifel. Es liegt in der Art stalinistischer Schreibweise und Berichterstattung, dass auch die sowjetischen Akteure eigenartig profillos und ohne individuelle Note erscheinen. Was sich aus der Untersuchung aufdrängt, ist die aus der Stalinismus-Forschung bekannte Mischung von Kommando, missionarischem Eifer und Anwendung von Erziehungstechniken, die in vieler Hinsicht an pawlowsche Konditionierungsversuche erinnern. Erstaunlicherweise überlebte der Patient allerdings nicht unbeschädigt diese Operationen. Dabei zeigt sich zudem, dass der Stalinismus trotz seiner sowjetischen Herkunft international und interkulturell funktionierte. -

-

-

-

Dietrich

Beyrau

Dank

Die vorliegende Studie geht auf Anregungen von Professor Dr. Dietrich Beyrau im Jahre 1997 zurück und wurde durch eine finanzielle Förderung des Forschungsprojektes seitens der Volkswagenstiftung ermöglicht. Durch die wissenschaftliche Betreuung und freundliche Unterstützung Dietrich Beyraus konnte das Projekt im Jahr 2000 im vorgesehenen Zeitrahmen abgeschlossen werden. Im Verlauf der Arbeit erhielt die Untersuchung eine von der ursprünglichen Planung etwas abweichende Ausrichtung, denn ungeachtet der großzügigen Unterstützung durch die Mitarbeiter der Archive, in denen ich gearbeitet habe, ließen sich zu einer Reihe wichtiger Fragen nicht in erforderlichem Umfang Dokumente finden. Um Spekulationen grundsätzlich aus dem Weg zu gehen, habe ich mich entschlossen, nur jene Aspekte zu bearbeiten, die in hinreichendem Maße belegt werden können.

Die wertvolle Kritik von Teilnehmern der Forschungskolloquien im Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und an der Universität Tübingen half mir, einige Thesen zu präzisieren, bestimmte Schwerpunkte umfassender zu analysieren und intensiver herauszuarbeiten. Dieser fruchtbare wissenschaftliche Diskurs war für mich eine wertvolle Hilfe und brachte die Arbeit entscheidend voran.

gilt in gleichem Maße den Mitarbeitern des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden Dr. Uwe Backes und Dr. Mike Schmeitzner für die vielen wertvollen Anregungen. Irene Fischer vom Universitätsarchiv der Technischen Universität Dresden übernahm mit großem Engagement die erste Textkorrektur. Durch die bewährte Unterstützung von Professor Dr. Manfred Heinemann, Universität Hannover, Zentrum für Zeitgeschichte von Bildung und Wissenschaft (ZZBW), konnte eine druckfähige Vorlage erstellt und das Buch in die von ihm herausgegebene Reihe edition bildung und Wissenschaft aufgenommen werden. Mein besonderer Dank gilt Anne Peters, ZZBW, die den Text lektorierte und die Druckfassung erstellte; Gerda Heinemann las die Schlusskorrektur. Das Register wurde von Manfred Heinemann und Anne Peters angefertigt. Mein Dank

Nicht zuletzt bedanke ich mich bei meiner Frau Berit, die mir in allen Phasen der Arbeit zur Seite stand.

Dresden, im Februar 2003

Alexander Haritonow

Einleitung

Vor etwas mehr als zehn Jahren verschwand die Deutsche Demokratische Republik von der politischen Weltkarte. Wenig später folgte ihr die Sowjetunion. Die Lehren von Marx, Lenin und Stalin, allgemein als Marxismus-Leninismus in die Lehrbücher eingegangen, sind mittlerweile nur noch als solche in ebendiesen Lehrbüchern zu finden, denn sie haben aufgehört, als Staatsdoktrin die ehemaligen Länder der osteuropäischen „Sozialistischen Staatengemeinschaft" zu beherrschen. Dennoch beschäftigen die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der DDR, ihr gesellschaftspolitisches Profil mit ihren Parteien und Massenorganisationen sowie ihre wirtschaftliche Entwicklung mit unverminderter Kraft Schriftsteller und Publizisten, Historiker und Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen bis hin zu ganzen Forschungsinstituten. Zwar existiert die Geschichtsschreibung der DDR bzw. der SED seit nunmehr über 50 Jahren, die Aufarbeitung der Geschichte jedoch steckt heute immer noch in den Kinderschuhen.l In den vergangenen Jahren sind allerdings eine ganze Reihe von Arbeiten erschienen2, die unser Wissen bereichern, neue Sichtweisen eröffnen. So werden die weißen Flecken in der Geschichtsschreibung immer weniger, aber trotzdem bleibt eine gewisse „Asymmetrie", wie Hermann Weber es bezeichnet, bestehen.3 Der Zugänglichkeit von Quellen aus der DDR steht die 30-Jahres-Sperre für westliche Archivalien entgegen. Dazu kommt der beschränkte Zugang zu russischen Archiven, der insofern schwer wiegt, als die Politik der SED nur im Kontext der Haltung der damaligen Führungsmacht zu analysieren ist. Darauf wies Martin Draht bereits 1963 hin, als er anmerkte, dass „jede einzelne Maßnahme nur im Zusammenhang mit anderen auf anderen Gebieten und mit der Beurteilung der Gesamtsituation in der SBZ [...] verständlich ist" 4. In der Literaturlandschaft ist daher deutlich sichtbar, wie historische Ereignisse in Abhängigkeit vom verwendeten Quellenmaterial unterschiedlich interpretiert werden.

1

2

3 4

Lutz Prieß sprach 1995 davon, dass die Aufarbeitung der Geschichte vor einem gewissen Neuanfang stehe. Vgl. Prieß, Kreisleitungen der SED, S. 2466. Das diesem Buch zu Grunde liegende Forschungsprojekt wurde im Jahre 2000 abgeschlossen, das Manuskript im Jahre 2001. Später zu diesem Themenkomplex erschienene Literatur ist daher nicht berücksichtigt. Hingewiesen werden sollte hier jedoch vor allem auf: Mike Schmeitzner/Stefan Donth: Die Partei der Diktaturdurchsetzung. KPD/SED in Sachsen 1945-1952. Köln, Weimar, Wien 2002. -

Weber, Aufarbeitung der DDR-Geschichte, S. 888-889. Richert, Macht ohne Mandat, Einleitung von Martin Draht, S. 1.

Einleitung

2

In den meisten Publikationen finden sich Aussagen über die große Rolle der Sowjetunion, der KPdSU(b), der SMAD bzw. SKK in der Entwicklung der SBZ/DDR. Häufig finden wir Aussagen der Art, dass „die Entwicklung der DDR auf allen Gebieten von der UdSSR reglementiert, das sowjetische Modell, wenngleich nicht ohne Modifizierung, für den Staat insgesamt und in eine Vielzahl gesellschaftlicher Bereiche übernommen wurde"5 und dass „ohne die sowjetische Besatzung die Gründung der SED nicht vorstellbar ist" 6. Diese Position wird allerdings nicht von allen und nicht in jedem Falle vertreten. Je nach Art der verwendeten Quellen findet man unterschiedliche Meinungen. Daher können die Veröffentlichungen zu Problemen der Entwicklung der SBZ/DDR und speziell der SED bedingt in drei große Gruppen eingeteilt werden: Zur ersten Gruppe zählen Autoren, die im Wesentlichen die These von einer Scheinselbstständigkeit der deutschen staatlichen Machtorgane sowie der SED (bis Mitte der 1950er Jahre) vertreten. Gestützt auf Materialien aus Archiven der Russischen Föderation betonen sie die Abhängigkeit der SED von der SMAD und damit letztlich vom ZK der KPdSU (b).7 Eine zweite Gruppe umfasst Autoren, die zwar auf die Abhängigkeit der SED von der SMAD in vielen Fragen verweisen, der Partei jedoch deutlich größere Spielräume zugestehen. 8 Eine dritte Gruppe geht, so Monika Kaiser, von einem „eigenständigen Handeln der ostdeutschen Funktionäre" aus.9 Hier könnte man Hunderte von Publikationen aufführen, die entweder die Rolle der sowjetischen Organe gänzlich ignorieren oder sie zumindest nur als „brüderliche Hilfe" oder „Partnerschaft" beschreiben. Zu dieser dritten Gruppe gehören fast alle Arbeiten, die in der DDR entstanden sind, und zwar ungeachtet dessen, dass es bereits 1975 hieß: „Es ist viel Arbeit zu leisten, um die Entwicklung der brüderlichen Beziehungen zwischen der SED und der KPdSU in ihrem ganzen Umfang zu untersuchen." 10 Allerdings erscheint es kaum vorstellbar, dass diese insgesamt richtige Feststellung in der DDR jemals hätte umgesetzt werden können. Der Zwang zur Parteilichkeit, besonders auf dem Feld der Zeitgeschichte, bedingte im Wesentlichen ein Festhalten an zentralen Doktrinen der SED, welche den sowjetischen Einfluss mit dem Topos von der „brüderlichen Hilfe" umschrieben. Damit wurde „die Rolle der Sowjetarmee und der SMAD erheblich relativiert und dafür der deutsche Anteil an den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Mitteldeutschland stark überbewertet" ' ', ganz abgesehen von „Fälschungen, Lügen, Entstellungen und Unterlassungen" n. ...

Neben

ideologischen Gründen muss als Hauptursache für die Existenz eines derart breiten Spektz.T. gegenteiligen Meinungen nicht die unterschiedliche Interpretation von Archivalien

rums von

5 6 7

Lemke, Die DDR und die deutsche Frage, S. 141. Niethammer, Die SED und „ihre" Menschen, S. 308. Vgl. u.a. Naimark, Russen in Deutschland; Materialy po istorii Sovetskoj Voennoj administracii v Germanii, Bd. 1; SVAG. Upravlenie propagandy; Foitzik, Sowjetische Militäradministration in Deutschland.

8 9 10

u.a. Entscheidungen der SED 1948; Meuschel, Legitimation und Parteiherrschaft. Kaiser, Wechsel von sowjetischer Besatzungspolitik zu sowjetischer Kontrolle?, S. 187. Vgl. u.a. Loth, Stalins ungeliebtes Kind. Rossmann, Zum Stand und zu einigen Aufgaben der Erforschung und Darstellung der Geschichte

Vgl.

der SED. 11 12

Neuhäußer-Wespy, Erbe und Tradition in der DDR, S. Kowalczuk, Legitimation eines neuen Staates, S. 12.

138.

Einleitung

3

angesehen werden, sondern vielmehr die Unkenntnis, wie und warum diese Dokumente überhaupt zustande kamen, ob bekannte Beschlüsse auf eigene Initiative zurückgingen oder aber durch die SMAD bzw. die KPdSU(b) veranlasst waren, in welchem Kontext Entscheidungen und Beschlüsse im Dreieck zwischen Moskau, der SMAD und der deutschen Seite entstanden. von

außen

-

-

Ein wesentlicher Grund für die mangelnde Kontextualisierung der Politik der SED liegt in der Unvollständigkeit der deutschen Archive. Sie rührt u.a. daher, dass es Vertretern der ostdeutschen Politik lange Zeit strikt untersagt war, Aufzeichnungen von Gesprächen mit Vertretern der sowjetischen Machtorgane anzufertigen. Das galt für alle Treffen mit Stalin13, aber auch für alle Gespräche mit Vertretern der SMAD. Im Gegensatz dazu waren Mitarbeiter der SMAD, insbesondere in den Jahren ab 1947, verpflichtet, von allen Gesprächen mit deutschen Vertretern Protokolle anzufertigen. Diese Protokolle, in Russland archiviert, sind demzufolge eine wichtige Informationsquelle für die Analyse von EntScheidungsprozessen. In deutschen Archiven konnte offensichtlich auch eine ganze Reihe von offiziellen Dokumenten der sowjetischen Behörden nicht abgelegt werden, da das Kopieren „sämtlicher Schriftstücke, die von den Dienststellen der SMA ausgehen", verboten war. Dies geht aus einem Befehl der SMA für das Land Sachsen vom November 1946 hervor, der in Form eines Rundschreibens an alle deutschen Verwaltungseinrichtungen in Sachsen weitergeleitet wurde.14 Die nachweislichen Kontrollen von Mitarbeitern der SMAD über den archivierten Schriftwechsel in deutschen Einrichtungen runden das Bild von den Ursachen und Hintergründen dieses Informationsvakuums in den Archiven der ehemaligen DDR ab. Darüber hinaus gibt es kaum Memoirenliteratur von selbstständig denkenden und handelnden Funktionären weder der mittleren Leitungsebene noch der Führungsspitze der DDR -, die zu jener Nomenklatura zählten, die direkten Zugang zu den „sowjetischen Freunden" besaß. Diese Tatsache engt die ohnehin dürftige Quellenbasis, die es erlauben würde Entscheidungsmechanismen nachzuvollziehen, weiter ein. Sogar die Memoiren ehemaliger Parteifunktionäre, die entweder in der Bundesrepublik oder aber nach dem Zusammenbruch der DDR erschienen sind und daher schwerlich durch besondere Loyalität gegenüber der DDR gekennzeichnet sein dürften,15 räumen der SMAD zwar einen „vorherrschenden Einfluss" auf die Entscheidung ein, beleuchten jedoch in der Regel keine Details der Abstimmung mit sowjetischen Kommunisten. -

Memoiren von ehemaligen Mitarbeitern der SMAD, in erster Linie von Tjul'panov16, geben zwar einen kleinen Einblick in die Interna der SMAD und in gewisser Weise auch in die Wechselbeziehungen zwischen SMAD und SED, ihre generelle ideologische Einseitigkeit jedoch lässt es nicht zu, Wege der Entscheidungsfindung nachzuvollziehen und damit Hintergründe der historischen Entwicklung zu durchschauen. 13 14

15 16

Vgl. Bonwetsch/Bordjugov, Stalin und die SBZ, S. 279. Abschrift. Landesverwaltung Sachsen, Wirtschaft und Arbeit, 10. Dezember 1946, Änderung des Meldeverfahrens (HSAD OB 75, Bl. 69); siehe auch: Creuzberger, Die sowjetische Besatzungsmacht und das politische System der SBZ, S. 20. Gniffke, Jahre mit Ulbricht; Schenk, Im Vorzimmer der Diktatur; Schirdewan, Aufstand gegen Ulbricht. Tjul'panov, Vospominanija. Vgl. auch Tjulpanov, Erinnerungen an deutsche Freunde und Genossen; Kolesnicenko. Bitva posle vojny; Semirjaga, Kak my upravljali Germaniej; Nikitin, Zwischen Dogma und gesundem Menschenverstand.

Einleitung

4

Unter

Berücksichtigung dieser Situation soll in der vorliegenden Arbeit der Versuch unternom-

werden, am Beispiel eines abgegrenzten Bereichs der ideologischen Parteiarbeit, des Parteischulwesens, die Rolle der SMAD/SKK sowie deren Moskauer Führung nachzuzeichnen. „Abgegrenzt" soll heißen, dass es sich bei der Betrachtung lediglich um einen kleinen Teilbereich des gesellschaftspolitischen Lebens in Ostdeutschland handelt, der von der sowjetischen Seite stark beeinflusst wurde, während andere interessante Felder wie Wirtschaft, Armee, Polizei men

oder Volksbildung hier nicht analysiert werden können. Diese Arbeit beschränkt sich auf den Zeitraum von 1946 bis 1955, da nach der Anerkennung der Souveränität der DDR und der damit einhergehenden Veränderungen im „sozialistischen Lager" die Zeiten eines offenen Diktats bzw. einer direkten Bevormundung seitens der Sowjets der Ver-

gangenheit angehörten. Bei meiner Betrachtung konzentriere mich in erster Linie auf die Landes- bzw. Bezirks- und Kreisparteischulen. Die Parteihochschule und das Institut für Gesellschaftswissenschaften werden nur am Rande berührt. Dieses hängt vor allem damit zusammen, dass gegenwärtig weder Primär- noch Sekudärquellen zum sowjetischen Einfluss auf die Entwicklung dieser Einrichtungen zur Verfügung stehen. Fehlende Unterlagen hierzu in den Parteischulbeständen der russischen Archive sind jedoch kein Ausdruck dafür, dass die gehobene Parteischulung etwa privilegiert gewesen sei oder von Moskau nicht kontrolliert worden wäre. Im Gegenteil, vermutlich stand die Parteihochschule von Anfang an unter der direkten Kontrolle des ZK der KPdSU(b) mit allen hieraus erwachsenden Konsequenzen, bis hin zu den Vorschriften zur Archivierung -

von

Akten der PHS.

Außerhalb meiner Betrachtung bleibt ebenfalls eine detaillierte Analyse statistischen Materials zur Entwicklung der einzelnen Schulen, da diese Punkte sowohl in vor 1990 erschienenen als auch in einigen jüngeren Publikationen hinreichend behandelt wurden. Ebenso wenig Neues ist in Bezug auf die Analyse der ideologischen Postulate zu erwarten. Es sollen hier also weder die marxistisch-leninistische Lehre im Allgemeinen noch die Theorie von der „Partei neuen Typus" oder Fragen der kommunistischen Kaderpolitik, der Nomenklatura, des Leninkults etc. im Besonderen aufgearbeitet werden. Hierzu gibt es bereits Dutzende von Publikationen, die die Funktionsweise einer solchen „Partei neuen Typus" sowohl philosophischl7 als auch praktischl8 beleuchten. Es soll auch keine generell neue Theorie entwickelt werden. Immerhin steht seit Jahren weitgehend unbestritten fest, dass „die Positionen der Führung der KPdSU und der Sowjetunion [...] bestimmend für die weitere Entwicklung der SED" und der DDR waren19, dass die DDR insgesamt ein Werk der Sowjetunion war und die Etablierung des SED-Herrschaftssystems nur mit Unterstützung der SMAD möglich gewesen ist.20 Durch neuere Untersuchungen wird sogar zusehends eine Erkenntnis gestützt, die besagt, dass die Besatzungsmacht auf allen Gebieten der gesellschaftlichen Entwicklung viel tiefer eingegriffen und umstrukturiert hat als bisher ange-

nommen.21 17 18 19 20 21

Vgl. u.a. Berdjaev, Istoki i smysl russkogo kommunizma. Vgl. u.a. Djilas, Die neue Klasse. Vgl. Mayer, Nur eine Partei nach Stalins Muster, S. 24. Förtsch/Mann, Die SED, S. 161.

Vgl.

u.a.

Scherstjanoi, Zum Verhältnis zwischen SED und KPdSU-Führung.

Einleitung

5

Ausgehend davon, dass die Ideologie „der Legitimierung des bürokratisch-diktatorischen 22 Regimes diente" und Parteischulen die Rolle von „Kaderschmieden" zu übernehmen hatten, komme ich zur eigentlichen Zielsetzung der vorliegenden Arbeit: Es soll die konkrete Umset-

zung der Politik von KPdSU und SMAD/SKK in der SBZ/DDR untersucht werden, ihre unmittelbare Rolle bei der Entwicklung des Parteischulwesens der SED, ihre Gedankengänge und praktischen Schritte. Aus deutscher Sicht stellte sich das Verhältnis zur sowjetischen Seite von Anfang an klar als das zu einer Besatzungsmacht dar und wurde in dieser Form auch von weiten Teilen der Bevölkerung realisiert. Deutsche Kommunisten brachten diese Einschätzung mehrfach deutlich auf den Punkt, indem sie unterstrichen: sie wissen, wir sind hier besetztes Gebiet, es gibt eine SMA. Die Aufgaben der SMA sind in erster Linie, Kontrollorgane zu sein, und natürlich erstreckt sich die Kontrolle in erster Linie [...] auf die Personalpolitik. Das ist ganz selbstverständlich und das soll man vor Augen haben" 23. War es aber wirklich mit der Kontrolle getan? Bedeutete dies, dass die SMAD den unter ihrer Obhut eingesetzten neuen Kadern Handlungsfreiheit einräumte und lediglich die Ergebnisse ihrer Arbeit kontrollierte? Sowohl in Bezug auf die Kultur24 als auch auf das Hochschulwesen25 oder die Medien26konnte bereits nachgewiesen werden, dass dies nicht der Fall war. Nun soll versucht werden, die Kontrollmechanismen im Bereich der Parteischulung aufzuzeigen und darzustellen, wie weit der Einfluss der sowjetischen Seite reichte. Damit soll auch die Frage beantwortet werden, inwiefern die Veränderungen, die das Parteischulwesen in der SBZ in den Jahren seines Aufbaus durchlaufen hat, das Produkt schöpferischer Arbeit der Deutschen selbst waren oder eher auf Initiativen der Sowjets zurückgingen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es insbesondere erforderlich, vor allem Formen und Methoden der Kommunikation zwischen Deutschen und den sowjetischen Vertretern herauszuarbeiten und „...

zu

analysieren.

Da interne Abläufe in der Verständigung mit der Besatzungsmacht auf deutscher Seite in der Regel nicht protokolliert wurden, konzentriere ich mich speziell auf den internen Schriftverkehr

der SMAD/SKK sowie deren Berichte an Moskau27. In diesem Falle sollte man nicht von Schriftwechsel sprechen, denn es handelt sich im Wesentlichen um einseitig ausgerichtete Dokumente; Antworten aus Moskau, sofern es sie überhaupt gegeben hat, sind noch weitgehend unbekannt bzw. für die historische Wissenschaft noch nicht zugänglich.

Bei der Darstellung des Materials gebe ich der Chronologie den Vorrang vor der thematischen Zuordnung, da auf diese Weise die Umsetzung der Absichten und die Entscheidungsfindung der sowjetischen und deutschen Kommunisten beim Aufbau des Parteischulwesens als zentralen 22 23

24 25

26 27

Leonhard, Die Etablierung des Marxismus-Leninismus, S. 10. Bericht über die

Großkundgebung

am

16.1.46 in Dresden.

Auszug

aus

der Rede

von

Vizepräsident

Fischer, 3. Turnus, 1. Seite (HSAD, KPD-BL Sachsen, Aktionsgemeinschaft KPD/SPD, III/009, o.Bl.). Vgl.: Hartmann/Eggeling, Sowjetische Präsenz im kulturellen Leben. Vgl.: Nikitin, Zwischen Dogma und gesundem Menschenverstand; Haritonow, Sowjetische Hochschulpolitik in Sachsen. Vgl.: Strunk, Zensur und Zensoren. Beim Zitieren von Archivalien wurden sprachliche und stilistische Besonderheiten des Originaltextes weitgehend so formennah ins Deutsche übertragen, dass der Leser einen Einblick in den Zeitgeist der beschriebenen

Epoche erhält.

Einleitung

6

Trägers ideologischer Neuerungen am besten nachvollziehbar werden. Das Ziel bestand darin, ein System bedingter Reflexe zu schaffen, welche bei den Parteischülern das Bedürfnis hervorrufen sollten, im kommunistischen Sinne zu denken und zu handeln,28 erleichtern würde, diese Massen zu lenken und zu leiten.

28

Geller, Masina i vintiki, S. 86.

was es

zweifelsohne erheblich

Erste Schritte

1

zur

ideologischen Schulung der SED

(1946-1947)

1.1

Etablierung der für ideologische Fragen zuständigen Organe innerhalb der SMAD

Der 6. Juni 1945 gilt allgemein als der Tag der Gründung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), weil an diesem Tag der Rat der Volkskommissare der UdSSR den Gründungsbeschluss gefasst hat. Am 9. Juni wurde die Öffentlichkeit darüber informiert. Für die Entwicklung der gesellschaftspolitischen Aktivitäten in Deutschland war jedoch eine andere Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung: Das war der Befehl Nr. 2 der SMAD vom 10. Juni 1945, der die Neugründung antifaschistisch-demokratischer Parteien, Gewerkschaften und Massenorganisationen erlaubte. Für die westlichen Alliierten kam dieser Befehl recht unerwartet. Eine derart frühe Genehmigung zur Tätigkeit politischer Parteien sollte nach Ansicht Moskaus vorrangig den Kommunisten nutzen. Der unmittelbar darauf veröffentlichte, in Moskau vorbereitete Aufruf des ZK der KPD ' sollte die Positionen der Kommunisten festigen, wenn nicht in ganz Deutschland, so doch wenigstens im Ostteil des Landes. Die Meinung der SMAD-Führung darüber, dass „nur die Kommunisten mit ihrem klaren Ziel vor Augen in der Lage seien, das deutsche Volk aus dem Chaos heraus zu führen" wurde zweifelsohne von einer großen Mehrheit der SMAD-Mitarbeiter mitgetragen.2 Mit zunehmender Normalisierung des Lebens in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) wurde dem Militärrat3, der u.a. für die Reform des innenpolitischen Lebens in der SBZ verantwortlich war, klar, dass es ohne ein spezielles Organ innerhalb der SMAD, das nur für die Parteien und Massenorganisationen zuständig wäre, nicht möglich sein würde, die geplanten Umgestaltungen in der erwünschten Tiefe und mit dem geplanten Tempo zu realisieren. Das ausschließliche Vertrauen in die deutschen Kommunisten, in deren Autorität und Initiativreichtum hatte sich nicht bewährt. Der Militärrat der SMAD stellte fest, dass ihm die Initiative aus den Händen zu gleiten begann und dass es allein mit Repressalien und der Unterstützung von Seiten der Kommunisten immer schwerer wurde, die Vorhaben zu verwirklichen. 1 2 3

Teresiak, Vor 50 Jahren, S. 216. Bokov, Vesna pobedy, S. 382. Der Militärrat der SMAD wurde am 28. Mai 1945 auf der Basis einer Verfügung des Staatlichen Verteidigungskomitees (GKO) der UdSSR gegründet.

Schritte zur ideologischen Schulung der SED

8

Deshalb kam es bald zu Veränderungen innerhalb der SMAD-Strukturen. Da es nicht statthaft war, sich unter Umgehung seines unmittelbaren Vorgesetzten an eine übergeordnete Stelle zu wenden, trat der Militärrat mit Unterstützung der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee an das ZK der KPdSU(b) mit der Bitte heran, innerhalb der SMAD eine spezielle Instanz einzurichten, die auf dem gesamten Territorium der SBZ die Kontrolle über die Tätigkeit der politischen Parteien und der gesellschaftlichen Organisationen ausüben und in den meisten Fragen unmittelbar mit den Selbstverwaltungsorganen zusammenarbeiten sollte.4 Das ZK der KPdSU(b) ließ sich überzeugen, besonders weil es die Verbreitung der marxistischleninistischen Ideologie betraf (worüber man natürlich anfangs in der SBZ zu schweigen pflegte). Die Gründung der Verwaltung für Propaganda am 5. Oktober 1945 bestätigte dies.5 Etwas später wurde Oberst S.I. Tjul'panov als die für das Amt des Leiters am geeignetsten erscheinende Person berufen. Etwa ein halbes Jahr nach der Gründung der Verwaltung für Propaganda wurde immer deutlicher, dass allein schon der Begriff „Propaganda" bei der deutschen Bevölkerung eine unmissverständlich negative Reaktion hervorrief. Nach entsprechender Beratung mit Moskau in dieser Frage fasste man im April 1947 den Beschluss, die Propagandaverwaltung in Informationsverwaltung6 umzubenennen. Eng verbunden mit der Tätigkeit ebendieser Propagandabzw. Informationsverwaltung wird in der vorliegenden Arbeit die Herausbildung, Entwicklung und endgültige Festigung der Parteischulbildung der SED als wesentlicher und untrennbarer Bestandteil der „Kaderschmiede" auf dem Territorium des ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates betrachtet.

Propagandaverwaltung begann jedoch nicht bei Null. Im Zuge der Herausbildung der SMAOrgane der Länder und Provinzen wurden bereits Politabteilungen gegründet. Schon im Juli 1945 operierte im Land Sachsen eine speziell eingerichtete Gruppe, die aus Mitarbeitern der Siebenten Abteilung der 3. Stoßarmee bestand, jedoch zur Politischen Abteilung der SMA für das Land Sachsen gehörte.7 Diese Politabteilung erhielt sieben Planstellen: drei für Verantwortliche Referenten, zwei für Referenten und zwei für Mitarbeiter der Chiffriergruppe.8 Zu den Aufgaben dieser Gruppe der Stoßarmee gehörte u.a. die Unterstützung des Politischen Sektors der SMA des Landes Sachsen bei der Reorganisation von Parteien und Massenorganisationen. Auf dieser Die

4

5

6

Einschränkend heißt es hierzu allerdings im Sammelband von Dokumenten der UdSSR: „Ursprünglich war der Vorschlag zur Gründung einer eigenständigen Propaganda- und Zensurverwaltung bereits Anfang Juni 1945 vom Gehilfen des Leiters der Rechtsabteilung des Volkskommissariats für auswärtige Angelegenheiten Bazarov eingebracht worden", allerdings habe man ihm damals nicht genügend Beachtung geschenkt (Kynin/Laufer (Hg.): Die UdSSR und die deutsche Frage 1941-1949, Band II, S. 23). Detailliert zum Organisationsaufbau der Propaganda-/InformationsVerwaltung sowie zu ihren Aufgaben und Zielen siehe: Materialy po istorii Sovetskoj Voennoj Administracii v Germanii, S. 148-160; Foitzik, Sowjetische Militäradministration in Deutschland. Nicht zu verwechseln mit dem Informationsbüro, das es seit Herbst 1946 gab und das die Aufgabe hatte, die deutschen Zeitungen mit Material über das Leben in der UdSSR, über die Tätigkeit der SMAD sowie mit internationalen Informationen (selbstverständlich in der einzig richtigen, parteibolschewistischen Interpretation) usw. zu versorgen vgl.: Bokov, Vesna pobedy, S. 33. An der Spitze des Informationsbüros stand Georgij M. Bespalov. Siehe hierzu auch: Materialy po istorii Sovetskoj Voennoj Administracii v Germanii, Bd. 1. Sbornik materialov po istorii Sovetskoj voennoj administracii zemli Saksonii (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 2, Bl. 5). -

7

8

Ebd.

Etablierung der zuständigen SMAD-Organe

9

Basis wurde dann später die Propagandaabteilung gegründet. In Sachsen-Anhalt war das Vorgehen ähnlich. In der Provinzhauptstadt Halle erschienen am 3. Juli 1945 die ersten, bereits vorher festgelegten Vertreter der SMA. Bald waren die ersten Bezirksabteilungen in Merseburg, Magdeburg und Dessau gegründet. Als Leiter der Politabteilung der SMA setzte man Oberst Gus'kov, als dessen Stellvertreter Oberstleutnant Morozov ein.9 Im Unterschied zu den Großstädten gab es in den anderen örtlichen Kommandanturen keine speziellen Mitarbeiter für Parteien und Selbstverwaltungsorgane, sodass die gesamte Arbeit und sämtliche Kontrollfunktionen auf den Schultern der stellvertretenden Kommandanten lastete. Die Arbeit mit der örtlichen Bevölkerung verlangte große Anstrengungen. Dabei war den Mitarbeitern zunächst weitgehend unklar, wonach sie eigentlich streben sollten. Zwar gab es konkrete kurzfristige Aufgabenstellungen,l0 was aber die fernere Zukunft betraf, so waren die Ziele zumindest für die Provinzverwaltungen noch nicht deutlich ausformuliert. ' ' Zunächst einmal ging es darum, die örtlichen Selbstverwaltungsorgane durch Auswahl der „richtigen" Kader aufzubauen und „demokratische Reformen" durchzuführen (inwieweit diese Reformen wirklich demokratisch waren, sei hier dahingestellt).

Die

politischen Organe

der

Bezirksverwaltungen

der SMA wurden Politeinheiten

(Politcast')

genannt. An der Spitze dieser Einrichtungen stand jeweils ein Stellvertreter des Bezirkskommandanten. Mit wachsenden

Aufgaben wurden ab August 1945 die Politeinheiten der Bezirke in Politabteilungen umgewandelt, die ehemaligen Stellvertreter wurden Abteilungsleiter. Das Chaos jener Zeit, das sich bis in den Spätherbst hinein fortsetzte, bot keinerlei Möglichkeit für eine wirklich durchdachte Steuerung der Politik. Die im November 1945 auf Befehl Nr. 074 des Obersten Chefs der SMAD vom 23.10.1945 gegründeten Propagandaabteilungen (die die Stelle der bis dahin existierenden Politeinheiten einnahmen) sowie die Unterabteilungen für Propaganda in den größeren Städten und den Bezirkskommandanturen (in den Kreiskommandanturen wurden Planstellen für Propagandainstrukteure geschaffen) brachten anfangs nicht den erwarteten Erfolg.12 Das betraf insbesondere die Verteilung von Pflichten und Verantwortlichkeiten innerhalb der Führung der SMAD. Offenbar gab es in Moskau kein zentrales Koordinationsorgan, das die Tätigkeit der SMAD geleitet hätte.13 Die Tatsache, dass alle führenden Mitarbeiter unmittelbar dem ZK der KPdSU (b) rechenschaftspflichtig waren, sagt noch wenig darüber aus, wie die Arbeit koordiniert wurde. Die Mitarbeiter der SMA für Sachsen-Anhalt stellten

fest,

dass Angestellte der Militärkommandanturen, darunter auch die politischen Mitarbeiter, von verschiedenen Einrichtungen unabhängig voneinander in ihre Ämter berufen bzw. wieder abberufen wurden. Das waren u.a. der Stab und die Politische Verwaltung der Heereseinheit Potsdam, der Stab und die Politische Abteilung der 47. Armee in Halle, der Stab und die Politabteilung der 9 10

11 12 13

Sbornik materialov po istorii Sovetskoj voennoj administracii provincii Saksonija-Angal't (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 39, Bl. 4). Stenogramm einer Beratung des Apparats der Verwaltung für Propaganda der SMAD mit den örtlichen Organen der Verwaltung über die Ergebnisse der Arbeit an der Demokratisierung in Deutschland, der Durchführung von Gemeindewahlen und den weiteren Aufgaben der SMAD vom 17.-18. Oktober 1946 (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 149, Bl. 2). Interview mit A.V. Vaks. Sbornik materialov po istorii Sovetskoj voennoj administracii zemli Saksonii (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 2, Bl. 6). Bokov, Vesna pobedy, S. 419.

10

Schritte zur ideologischen Schulung der SED

3. Stoßarmee in Magdeburg, die Verwaltung der SMAD in Karlshorst sowie die Verwaltung der SMA für die Provinz und deren Politische Abteilung.14 So geschah es nicht selten, dass sich am gleichen Ort, zur gleichen Zeit mehrere Personen in der gleichen Funktion befanden. Anstatt ihren Dienstgeschäften unmittelbar nachzugehen, waren diese nun gezwungen, zunächst einmal untereinander zu klären, wer von ihnen die größeren Vollmachten besaß und demzufolge für die eine oder andere Aufgabe zuständig war.

Einige strukturelle Veränderungen (und damit auch Änderungen in der Bezeichnung) wie zum Beispiel die Ausgliederung einer speziellen Propagandaabteilung zur Arbeit mit der deutschen Bevölkerung aus der Politischen Abteilung, änderten kaum etwas an der allgemeinen Situation. Kürzungen in der Anzahl der Kommandanturen (Umwandlung der Bereichskommandanturen bis zum Sommer 1947 in Bezirkskommandanturen) trugen zur Stabilität und zur Stärkung der Informationsverwaltung einschließlich ihrer Landes- und Provinzabteilungen bei.15 Dadurch erhöhte sich die Verantwortlichkeit der Kreiskommandanturen erheblich. Durch das Fehlen von Zwischeninstanzen erhielt die persönliche Verantwortlichkeit einen neuen Stellenwert. Die so entstandene Struktur der SMA16 bestand in dieser Form mit nur geringfügigen Veränderungen bis zur Auflösung der SMAD.

Der besondere Weg zum Sozialismus war immer noch der Trumpf in diesem Spiel, der nicht nur in der SBZ bekannt wurde durch den von Ackermann autorisierten Artikel in der theoretischen Zeitschrift der SED „Die Einheit" (Heft 1 vom Februar 1946): „Gibt es einen besonderen deutschen Weg zum Sozialismus?", sondern auch in den anderen unter sowjetischem Einfluss stehenden Ländern. Leider kann man auch heute noch nicht mit Sicherheit sagen, ob diese These von den „besonderen Wegen zum Sozialismus" von Stalin inszeniert worden war (um die Bevölkerung der osteuropäischen Länder nicht abzuschrecken mit der Bedrohung durch einen Bürgerkrieg, Repressalien o.Ä.), oder ob er wirklich damals in der Euphorie des gerade errungenen großen Sieges daran glaubte. Man kann jedoch mit Gewissheit davon ausgehen, dass die Kommunisten der osteuropäischen Länder diese Äußerungen Stalins und der sowjetischen Führung sehr aufmerksam verfolgten. Zweifelsohne sind gerade aus dem Glauben an eine solche Einstellung der Sowjetunion die Erklärungen von Gomulka, Klement Gottwald, Georgi Dimitroff und anderen über die Möglichkeit eines friedlichen, nationalen Weges zum Aufbau des Sozialismus erwachsen.

Im ZK der KPdSU (b) wurde eine solche Betrachtungsweise als „Benes-Formel" bezeichnet. Benes hatte bereits im Dezember 1945 erklärt, dass sozialistische Umgestaltungen mit friedlichen Mitteln zu realisieren seien, ohne Diktatur des Proletariats und ohne die Anwendung bestimmter Theorien des Marxismus-Leninismus.17 Zur Festigung solcher Illusionen trugen weitere Äußerungen Stalins zu dieser Frage sowohl im engeren Kreis seiner Parteifreunde als auch in der Presse bei. Noch im August 1946 zeugten die Äußerungen Stalins vor einer Delegation der britischen Labour Party davon, dass er immer noch an der These von den verschiedenen Wegen zum Sozialismus festhielt.18 14

15 16 17 18

Sbornik materialov po istorii Sovetskoj voennoj administracii provincii Saksonija-Angal't F. 7133, op. 1, Akte 39, Bl. 6). Ebd., Bl. 40. Detailliert hierzu siehe: Foitzik, Sowjetische Militäradministration in Deutschland. Afanas'ev (Hg.), Sovetskoe obscestvo, Bd. 2, S. 13. Seliger, Das obligatorische Sowjetmodell, S. 1065-1071.

(GARF,

Etablierung der zuständigen SMAD-Organe

11

Im Oktober 1946 stellte Ackermann erstmals vor dem ZK die prinzipielle Frage nach der offenen Anerkennung des Leninismus als ideologische und theoretische Grundlage der SED.19 Symbolträchtig erscheint die Unterstützung Ackermanns in der sich anschließenden Diskussion zu dieser Frage durch Otto Grotewohl, obwohl sie so nicht erwartet werden konnte. Sein Artikel in der Zeitschrift „Neuer Weg", Heft 8, 1946, in dem er den Namen Lenins nicht direkt erwähnte, aber doch recht eindeutig von dessen Lehren sprach, hatte zwar glauben gemacht, er werde sich weiter in dieser Richtung engagieren, doch in dieser Entwicklungsetappe der Partei wurde auf dem Plenum eingeräumt, dass ein offenes Bekenntnis zu den Lehren Lenins eher schaden könne. Es begann eine Periode der dosierten Vermittlung eines „schöpferischen Leninschen Erbes" in der ideologischen Arbeit der SED mit gleichzeitig sinkender Häufigkeit der Verwendung der Losung vom „Sonderweg" in allen propagandistischen Materialien. (Dabei hat mit Sicherheit auch eine Rolle gespielt, dass Tjul'panov diese Theorie nicht unterstützte und diesen Standpunkt auch offen

äußerte). Die

Meinungen der Führung der SED und der SMAD über den Zeitraum, der erforderlich sein

würde, um die Parteimitglieder auf eine Aufnahme der Lehren des Marxismus-Leninismus vorzubereiten, gingen allerdings weit auseinander. Bereits Mitte November 1946 hatte Bokov als des Militärrates empfohlen, unverzüglich in der ideologischen Arbeit der Partei die Marx, Lenin und Stalin wesentlich breiter einzusetzen (allerdings räumte er ein, in Besinnung auf die bestehenden Traditionen der Partei auch die Arbeiten von Bebel und Mehring

Mitglied Werke zu

von

verwenden).20

Die Tatsache, dass Ende 1946 nicht mehr nur verdeckt vom Leninismus die Rede war und die Führung der SED begann, offen von der Theorie des Marxismus-Leninismus zu sprechen, die Wilhelm Pieck als einen „absolut zuverlässigen Kompass"21 bezeichnete, zeugt davon, dass die Meinung Bokovs in Moskau mit Genugtuung aufgenommen worden war, was schließlich seinen Ausdruck in der veränderten Position der zentralen Führung der SED fand.22 Dieses war jedoch erst der Anfang. Die gegenseitige Vorsicht tat ihr Werk: Zu labil war die Lage an der ideologischen Front der Partei, um die Ereignisse zu beschleunigen. Die Zeit des „Antreibens" des revolutionären Prozesses wurde auf Mitte 1947 verschoben. 19

20 21 22

Wie jedoch aus einem Bericht von Bokov hervorgeht, den der Leiter der Politischen Hauptverwaltung der sowjetischen Streitkräfte, I.V. Sikin, am 3. Dezember 1946 an das ZK der KPdSU (b) geschickt hatte (Vgl.: Über die Lage in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Schriftlicher Bericht des für SMAD-Angelegenheiten zuständigen Mitglieds des Militärrats der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, F.E. Bokov, vom 18. November 1946. RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 147, Bl. 170-179; teilweise ist das Dokument veröffentlicht bei Bordjugow, Das ZK der KPdSU(b), S. 324-329), war der SMAD auch dieser Auftritt, der in der offiziellen Literatur der DDR stets als offene Anerkennung des Leninismus gewertet wird, nicht genug, sodass Ackermann recht ernsthaft gerügt wurde, mit seiner Äußerung „die Bedeutung des Leninismus zu schmälern" (S. 325). Siehe auch: Gross, Rol'SEPG, S. 81. Bordjugow, Das ZK der KPdSU (b), S. 328. Wohlgemuth, Die SED führende Kraft, S. 120. Hier muss noch einmal unterstrichen werden, dass der Mehrheit der Kommunisten, besonders aber den Remigranten aus der Sowjetunion von vornherein bewusst war, dass die SED nur auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus aufgebaut werden konnte (was jedoch ganz und gar nicht bedeutete, die KPdSU(b) in allem zu kopieren; es ging nur um zeitliche Fristen vgl. Voßke, Zu einigen Problemen, S. 147). -

-

Schritte zur ideologischen Schulung der SED

12

Auf diese Weise waren Ende 1946 die grundlegenden Weichen für die Arbeit der SED gestellt. Sowohl die Parteischulung als Ganzes als auch die ideologische Reinheit der in allen Schulungsformen vermittelten Lehren wurden zu persönlichen Aufgaben der Mitarbeiter der Propagandaabteilungen. Die seit Gründung der SED vergangene Zeit hatte es nach Aussage der Führung der örtlichen Propagandaabteilungen ermöglicht, bestimmte Formen der Zusammenarbeit mit der SED herauszuarbeiten. Diese waren nicht besonders kompliziert, aber es brauchte Zeit, sie „zurechtzuschleifen", Nuancen herauszuarbeiten. Wie aus den Berichten der örtlichen Propagandaabteilungen hervorgeht, hatte die Kritik der Kommission aus Moskau, sie sollten doch die SED nicht so sehr bevormunden, nur wenig Auswirkungen auf ihren Arbeitsstil, der weiterhin solche Formen umfasste wie: -

-

-

das Erteilen von Empfehlungen an die Parteiführung in Fragen der innerparteilichen und der politischen Arbeit, indem mit den Leitungen der Kreisvorstände der SED innenpolitische Probleme diskutiert wurden; die Unterstützung bei der Argumentation der Propaganda; die Analyse der Arbeit der örtlichen Parteigruppen und der Produktionsparteigruppen, auf deren Grundlage dann Empfehlungen für die Überwindung der festgestellten Mängel ge-

geben wurden; die Unterstützung bei der Organisation der ideologischen und der theoretischen Erziehung der Parteimitglieder und Funktionäre durch das Halten von Vorlesungen vor den Aktiven.23 Wer das entscheidende Wort sprach, wer dirigierte und den Weg der weiteren Entwicklung aufzeigte, war also unmissverständlich festgelegt. In Moskau gab es auch einige Veränderungen. Zunächst wurde in der Abteilung Außenpolitik des ZK ein besonderer Sektor eingerichtet, zu dessen Bereich die „Tätigkeit kommunistischer und Arbeiterparteien sowie der allgemeinen Massenorganisationen des Auslands"24 gehörte. Damit konnte nunmehr die Erarbeitung von Empfehlungen, darunter auch für die SED, noch -

weiter intensiviert werden. Darüber hinaus wurde Suslov, der bereits die Sowjetisierung der baltischen Republiken erfolgreich durchgeführt hatte, zu einer Art ideologischem Vater der SBZ. Als Leiter der Abteilung Außenbeziehungen des ZK der KPdSU(b) standen ihm selbstverständlich nicht nur die Empfehlungen der ZK-Abteilungen zu den verschiedensten Fragen zur Verfügung, sondern er konnte sich auch auf Fachleute stützen.25 Dass damit der Informationsumfang, über den er verfügte, wesentlich größer war als der der Propagandaverwaltung und selbst als der einzelner Mitglieder des Militärrates, dürfte kaum zu bezweifeln sein. So hatte sich ein Zentrum für die Erarbeitung der grundlegenden Entscheidungen oder zumindest für die Berücksichtigung von Suslovs Meinung 23 24 25

herausgebildet. Sbornik materialov po istorii Sovetskoj voennoj administracii zemli Saksonii (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 2, Bl. 157). Foitzik, Sowjetische Militäradministration in Deutschland, S. 24. Sowohl damals als auch später war Suslov immer bestrebt, in allen Fragen, die ihn interessierten, Informationen direkt von den zuständigen Abteilungen des ZK bzw. den entsprechenden Instituten einzuholen vgl.: Izvestija Nr. 116 vom 25. April 1990. Koridory vlasti. Suslov ging nur selten von einem einmal gefestigten Standpunkt ab ohne dabei die Meinungen anderer sonderlich zu berücksichtigen. -

-

Etablierung der zuständigen SMAD-Organe

13

Der 1947 einsetzende Prozess eines zwar langsamen, aber stetigen „Anziehens der Bandagen" in der SBZ, der UdSSR und in den Ländern der Volksdemokratien hatte zwangsläufig Auswirkungen auf das gesamte gesellschaftspolitische Leben in der SBZ und insbesondere auf die ideologische Arbeit in der SED und in den dafür zuständigen Abteilungen der SMAD. Diese „neue Linie" kam nicht abrupt, sondern kündigte sich durch eine Reihe von Vorläufern an. Um die Ursachen und Motive besser zu verstehen, die die UdSSR dazu gebracht haben, letztlich doch so schnell die scheinbar breiten Perspektiven einer Zusammenarbeit im Europa der Nachkriegszeit wieder zu verschließen, muss man die Ereignisse nennen, die zur Konfrontation geführt haben. Als Ausgangspunkt wird in der sowjetischen historischen Literatur im Allgemeinen die Pariser Friedenskonferenz (29. Juli bis 15. Oktober 1946) angenommen, wo die UdSSR durch die neuen, im Vergleich zu Kriegszeiten für sie deutlich ungünstigeren Abstimmungsprozeduren praktisch zu einem Staat degradiert wurde, der den Einfluss auf die Lösung vieler internationaler Fragen verloren hatte.26

Die UdSSR

tat zwar so,

als sei nichts weiter

geschehen, der Schlag gegen die Eigenliebe ihres

„Führers" Stalin hatte jedoch weitreichende Folgen. Die Byrnes-Rede im September 1946 in

Stuttgart sowie das Kennan-Telegramm taten zweifellos ein Übriges. Wie jedoch in den 90er Jahren bekannt wurde, hat auch die Sowjetunion ihr „langes Telegramm" aus Washington erhalten, das der Botschafter der UdSSR in den USA, Novikov, am 27. September 1946 erarbeitet hatte. Darin wird die Außenpolitik der USA in ihrem „Streben nach der Vormachtstellung in der Welt" einer scharfen Kritik unterzogen.27 Die Antwort Stalins ließ nicht lange auf sich warten. Bereits am 3. Oktober 1946 wurde ein Beschluss des Politbüros des ZK der VKP(b) angenommen, der die Kommission für außenpolitische Angelegenheiten des Politbüros (Sechsergruppe) beauftragte, sich künftig neben Fragen von außenpolitischem Charakter ebenfalls mit Problemen des internen Aufbaus und der Innenpolitik zu beschäftigen.28 Damit lag nicht mehr nur das Schicksal des eigenen Landes, sondern auch das Schicksal aller Länder, die zum Einflussbereich der Sowjetunion gehörten, in den Händen von Stalin, Molotov, Berija, Mikojan, Malenkov, Zdanov und Voznesenskij (einige Veränderungen, zu denen es in der Folgezeit kam, haben das Profil dieser Kommission nicht berührt). Bis zum Frühjahr 1947 blieb jedoch der bis dahin erreichte Status quo im Wesentlichen erhalten, „eine entscheidende Wendung in der sowjetischen Politik oder in der Politik des Westens war noch nicht zu beobachten"29. Erst die Rede von US-Präsident Truman vor dem amerikanischen Kongress am 12. März 1947 brachte das noch herrschende „Gleichgewicht" ins Wanken. Besonders symptomatisch für die sowjetische Führung war der Zeitpunkt, den er für die Verkündung seiner Linie ausgewählt hatte: Es war die Zeit, als das Moskauer Treffen der Außenministerkonferenz gerade seine Arbeit aufgenommen hatte. Die Ergebnisse der Konferenz sind bekannt. Der im Frühjahr geprägte Begriff „Kalter Krieg" drückte die entstandene Situation treffend aus.30 Sowohl die USA als auch die UdSSR hatten zu jenem Zeitpunkt die Überzeugung gewonnen, „ihre Deutschlandspolitik auf die Erfordernisse des Kalten Krieges einstellen zu müssen"31. 26 27 28 29 30 31

Zukov, Bor'ba za vlast', S. 28.

Nezinskij/Celysev, O doktrinärnych osnovach, S. 6. Zukov, Bor'ba za vlast', S. 28. Pérris, Povorot k konfrontacü, S. 153.

Lavrisev/Tomasevskij, Mezdunarodnye otnosenija posle vtoroj mirovoj vojny, S. Meuschel, Legitimation und Parteiherrschaft, S. 41.

363.

Schritte zur ideologischen

14

Die

am

5. Juni 1947

Schulung der SED

folgende Rede von Staatssekretär G.C. Marshall, in der er seinen Plan zur

Unterstützung von Europa darlegte, bestärkte die Skepsis der sowjetischen Seite in Bezug auf die Möglichkeiten einer künftigen Zusammenarbeit mit Westeuropa. Die Politik der Isolierung bezog sich aber nicht mehr allein auf die Sowjetunion, wie in den Jahren vor dem Krieg, sondern auf alle osteuropäischen Länder. Im Frühjahr und Sommer 1947 häuften sich in der Abteilung Außenpolitik des ZK der KPdSU (b) die „Beweise", dass die Konzeption von den nationalen Wegen zum Sozialismus unter den neuen Bedingungen unbrauchbar sei.32 Unter ebendiesem Aspekt wurde die Entwicklung der Parteien in der Tschechoslowakei, in Ungarn, Bulgarien, aber auch in Frankreich und in Italien verfolgt. Auch die Situation in der SBZ und der SED blieb nicht unberücksichtigt. Mit großer Unruhe und Besorgnis verfolgte man in Moskau den gesamten Entwicklungsprozess in Europa. Der Rechtsruck in West- und Nordeuropa wurde aufmerksam registriert. Die Niederlage der kommunistischen Partei bei den Sejm-Wahlen in Finnland, der Hinauswurf der Kommunisten aus dem Ministerrat in Italien, der Austritt der Kommunisten aus der französischen Regierung alle diese Umstände verstärkten das negative Bild in den Augen Moskaus. Als logische usw. Folge kam es zu der „Orientierung auf die Herausbildung eines revolutionären Prozesses", was im Klartext lediglich eine Rückkehr zu der scheinbar bewährten Klassen-Konfrontation bedeutete.33 Nachdem sie ihre ursprüngliche Entscheidung, im Rahmen des Marshall-Planes mit den Westmächten teilweise zusammenzuarbeiten34, zurückgenommen hatte, beschloss die sowjetische Führung, nicht nur selbst keine Delegation zur Europäischen Umweltkonferenz (12. Juli 1947, Paris) zu entsenden, sondern auch die „volksdemokratischen Länder" dazu zu zwingen. Das Bestreben, diese Länder vollständig zu kontrollieren, drängte alle anderen Argumente in den Hintergrund. Die Gründung des Kominform35 im September 1947 und die dortigen Erklärungen, speziell die Zwei-Lager-Theorie,36 sowie die Überzeugung der sowjetischen Vertreter, dass die amerikanische „Hilfe" de facto automatisch zu einer Veränderung des politischen Kurses jedes Landes führen werde, das diese Hilfe erhalte, einer Veränderung, die natürlich im Sinne Washingtons -

sei, verschärften die Situation noch mehr.37 32 33 34 35

36 37

u.a.: Volokitina, „Cholodnaja vojna" i social-demokratija, S. 42. Vgl.: Afanas'ev (Hg.), Sovetskoje obscestvo, Bd. 2, S. 17. Adibekov (Hg.), Sovescanija Kominforma, S. 6. Diese Frage soll hier nicht ausführlicher betrachtet werden, da sie recht detailliert und gründlich in Ergänzung zu vorausgegangenen Arbeiten erörtert worden ist, auch Ende der 90er Jahre, nachdem Historiker die Möglichkeit erhalten hatten, Materialien der russischen Archive zu nutzen. Deshalb sei lediglich darauf verwiesen, dass im Rahmen der Vorbereitungen auf diese Beratung kommunistischer und Arbeiterparteien, die vom 22. bis zum 28. September 1947 in Szklarska Porçba, einem Ort im polnischen Riesengebirge, stattfand, Zdanov von der Abteilung Außenpolitik Unterlagen erhielt, in denen

Siehe

neben anderen umfassenden Informationen (der Bericht beinhaltete immerhin 65 Seiten) auch die Fehler der kommunistischen und Arbeiterparteien in der Nachkriegszeit aufgeführt waren. Einer dieser Fehler, der ganz besondere Aufmerksamkeit verdient, bestand darin, dass in diesen Parteien „die Orientierung auf einen besonderen Weg jedes Landes zum Sozialismus" große Verbreitung gefunden habe. Vgl.: Adibekov (Hg.), Sovescanie Kominforma, S. 13. Adibekov (Hg.), Sovescanija Kominforma, S. 157. Ebd., S. 162.

Etablierung der zuständigen SMAD-Organe

15

Mit anderen Worten: In den Vordergrund trat die Verstärkung des ideologischen Kampfes. Zu einem der zentralen Schauplätze in diesem Kampf wurden die SBZ und die SED. Der Umstand, dass die SED dem Kominform nicht angehörte, behinderte die Entwicklung in keiner Weise, im Gegenteil: Die Bestrebungen der SMAD und der Führung der SED schufen häufig geradezu ideale Bedingungen für eine zügige Verwirklichung neuer Doktrinen der Stalin-Regierung bzw. des Kominform sowohl auf außenpolitischem als auch auf innenpolitischem Gebiet.

Gleichzeitig eröffnete die Gründung des Kominform eine „Etappe der konsequenten Unifizierung der ideologischen Grundlagen der kommunistischen Bewegung"38. Dies bedeutete das Ende der Idee von den eigenständigen, nationalen Wegen zum Sozialismus. Der Marxismus-LeninismusStalinismus wurde

zur

Doktrin in den „volksdemokratischen" Ländern und in der SBZ.

Um die Gründe der tiefgreifenden Aufmerksamkeit für die Belange des Parteischulwesens in der SBZ besser zu verstehen, ist ein kurzer Exkurs in die Ereignisse in der UdSSR erforderlich. Das Ende des Zweiten Weltkriegs (in dessen Verlauf die Aufnahme in die Partei erheblich erleichtert worden war) und die Besetzung bzw. die sogenannte Befreiung vieler Länder im östlichen und mittleren Europa hatten um mit den Worten der offiziellen sowjetischen Propaganda zu sprechen nicht nur die „Überlegenheit des sowjetischen Gesellschaftssystems" bewiesen, sondern auch die Schwäche der gesamten vorausgegangenen ideologischen Arbeit innerhalb der Partei offenbart. Letzteres wurde dem ZK der KPdSU(b) klar, nachdem es eine ganze Reihe von Berichten über entsprechende Stimmungen in der Roten Armee, aber auch unter der sowjetischen Bevölkerung erhalten hatte. -

-

Der dank geschlossener Grenzen lange aufrecht erhaltene Mythos vom armseligen Leben der Werktätigen im Westen brach mit dem Einmarsch der Roten Armee nach Deutschland wie ein Kartenhaus zusammen. Die über Jahrzehnte praktizierte marxistisch-leninistische Erziehung hielt der Realität nicht stand, sodass immer offensichtlicher wurde, wie notwendig es war, in aller Eile Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Daraufhin erschien am 2. August 1946 die Verordnung des ZK der KPdSU(b) „Über die Ausund Weiterbildung führender Partei- und Staatsfunktionäre"39, die vorsah, insgesamt 75 Parteischulen auf Republiks-, Regions-, Gebiets- und Kreisebene neu zu gründen, eine Akademie für

Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU(b) zu bilden und die Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b) umzugestalten. Das Schulungswesen in der UdSSR sollte damit grundlegend neu formiert werden. Dabei waren die wesentlichsten Bemühungen auf die Schaffung eines perfekten Aus- und Weiterbildungssystems für Führungskräfte von Partei und staatlicher Verwaltung gerichtet,40 was nicht nur eine strukturelle Gleichförmigkeit, sondern auch eine Einheitlichkeit im Lehrprozess implizierte. Diese Verordnung und auch einige andere (so z.B. vom Juli 1946 „Über das Wachstum der Partei und Maßnahmen zur Stärkung der parteiorganisatorischen und parteipolitischen Arbeit mit den neu aufgenommenen Mitgliedern") reformierten nicht nur die Parteischulen, sondern steckten auch den Weg zur Schaffung von Parteischulen und Zirkeln sowohl vom Grundtyp als auch vom

38 39 40

(Hg.), Sovetskoje obscestvo, 1997, S. 31. Gaponenko, Istoriceskaja preemstvennost', S. 70. Agafonenkov, Podgotovka i perepodgotovka partijnych i sovetskich kadrov, S. Afanas'ev

102.

Schritte zur ideologischen

16

Schulung der SED

verstärkten Typ (für diejenigen, die über besonders schwache Kenntnisse der marxistisch-leninistischen Theorie verfügten) ab. So nahmen allein im Herbst 1947 etwa 60000 Parteischulen ihre Tätigkeit auf, 1948/49 waren es 121000 mit gleichzeitigem Beginn und Ende eines Lehrjahres.41 Malenkovs Rede zu Fragen des Parteiaufbaus auf der ersten Sitzung des Kominform42 verfolgte weniger das Ziel, die „Waffenbrüder und Genossen" über die Entwicklungen des Schulungswesens der KPdSU(b) aufzuklären, als vielmehr deren Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie wichtig dieses Moment im Leben der Partei und wie notwendig es sei, die Ideologie als Ganzes im internationalen Maßstab zu stärken. Die Entwicklung in der SBZ und die Arbeit der SED boten dabei geradezu ideale Bedingungen für die praktische Verwirklichung der geplanten Veränderungen. Sie lieferten den „Beweis" des Triumphes der Lehren von Marx, Lenin und Stalin auch im internationalen Maßstab. Im Rahmen dieser Veränderungen des Jahres 1947 vollzog sich auch die weitere Herausbildung der ideologischen Arbeit sowohl in der SED (speziell in deren untrennbaren Bestandteilen wie der Parteischulung) als auch über die Presse, über öffentliche Veranstaltungen usw. in der gesamten Sowjetischen Besatzungszone. Die SMAD blieb auch weiterhin der genaueste Kompass, der richtungweisende, der helfende, der überzeugende, und sie verstärkte sogar noch ihre Bemühungen. Auf diese Weise war das Jahr 1947 nicht nur das Jahr der beginnenden offenen Konfrontation zwischen Ost und West, sondern auch das Jahr der beginnenden Stalinisierung der SED, „zuerst schleichend, dann ganz unmissverständlich während der Vorbereitungen auf den zweiten

Parteitag" 43.

41 42 43

Amelina, Dejatel'nost' KPSS, S. 73. Vgl. Adibekov (Hg.), Sovescanija Kominforma, S. 74-80. Hurwitz, Die Stalinisierung der SED, 1997, S. 39.

1.2

Orientierung der SMAD auf eine grundlegende Parteischulungspolitik in der SED

Aus den bisher verfügbaren russischen Dokumenten geht hervor, dass seit Anfang 1946 der politische Druck auf die deutsche Bevölkerung an Intensität zunahm. Die Schulungsarbeit der KPD, die im Juli 1945 begann44, hat ungeachtet der anfänglichen organisatorischen Unterstützung von Seiten der SMAD-Organe45 in den Plänen der SMAD keine nennenswerte Rolle gespielt. Bekannt ist lediglich eine Äußerung des Gehilfen46 von Tjul'panov, Oberstleutnant Nazarov, in der er im Rahmen einer Rechenschaftslegung über die geleistete Arbeit erwähnt: „Wir haben dem Zentralvorstand der SED empfohlen, eine Schule mit einer Kapazität von 300 Mann zur Ausbildung von Führungskräften zu schaffen."47 [gemeint ist die Parteihochschule A.H.] ...

-

Aber weder in dieser noch in anderen Äußerungen ist in irgendeiner Form die Rede davon, dass die KPD bei der Entscheidungsfindung herangezogen worden wäre. Auch die zentrale Parteischule der KPD, die ihre Tätigkeit Anfang 1946 aufgenommen hatte,48 wird nicht erwähnt. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Aufbau eines Schulungssystems der KPD dem Selbstlauf überlassen gewesen wäre. Es versteht sich von selbst, dass die „Genossen der SMA von Kommunist zu Kommunist ihre reichen Erfahrungen beim Aufbau des Schulungssystems der KPD weitergaben" 49. In den Parteidokumenten der KPD/SED wird auch nicht verschwiegen, dass es nur dank der sowjetischen Hilfe möglich war, die Landesparteischulen der KPD und die Vielzahl der ersten Kreisparteischulen aufzubauen. Damals wurden auch die ersten Vorlesungen von sowjetischen Lektoren gehalten. Dennoch müssen diese Erscheinungen eher als Episoden gewertet werden, die von der Initiative einzelner SMAD-Funktionäre abhingen, denn von einer kontinuierlichen Arbeit konnte zu der Zeit noch keine Rede sein.

Bezug auf den Organisationsaufbau der KPD war keine sonderliche Aktivität der SMAD-Organe zu verzeichnen. Die ehemaligen KP-Funktionäre unter der Leitung von Ulbricht Auch in

(und unter Aufsicht der SMAD) kamen im Wesentlichen ohne Hilfe der SMAD mit der Neu-

konstituierung und dem Aufbau der KPD zurecht. Dabei stützten sie sich auf die Erfahrungen der KPdSU, wo das Prinzip galt: Parteileitungen werden von „oben" ernannt. Nur die Kaderabteilungen der KPD „wurden unmittelbar von den entsprechenden Organen der sowjetischen Geheimpolizei angeleitet und unterstützt" 50, so jedenfalls heißt es in einem Informantenbericht an das Ostbüro der SPD. Man kann davon ausgehen, dass diese Einschätzung im Großen und Ganzen 44

45 46 47

Ausführlicher dazu, wenngleich vom Parteistandpunkt der SED aus beschrieben, siehe: Voßke, Zu einigen Problemen, S. 60-142. Unter den jüngeren Publikationen siehe insbesondere: Kluttig, Parteischulung und Kaderauslese, S. 40-54. Siehe: Drasny, Die Schulungs- und Bildungsarbeit der SED, S. 57. Die Funktion eines Gehilfen (pomoscnik) in der SMAD entspricht etwa der eines Stellvertreters. Stenogramma dokladov nacal'nikov otdelov ot 19 sentjabrja 1946g. (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 150, Bl.

48 49 50

30).

Kynin/Laufer (Hg.), Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. II, S. 767. Stendell, Zur Rolle der Parteischulung, S. 24. Von Quelle Nr. B191, ohne Datum (FES, SPD-PV, Ostbüro, Akte 0321-1, o.Bl.)

Schritte

18

zur

ideologischen Schulung der SED

der Wahrheit entsprach. Auch in der Folgezeit „lag die Personalpolitik der Parteien" nach Aussage von Erich Gniffke „noch überwiegend in den Händen der SMAD"51.

Hauptaugenmerk lag auf der, wie es damals hieß, „Schaffung der SED". Nach Äußerungen Tjul'panov auf einer Tagung der Kommission des ZK der KPdSU(b) vom 16. September 1946 über die Arbeit der Propagandaverwaltung der SMAD war man bis zum Mai 1946 ausschließlich an der Vereinigung der beiden Parteien (KPD und SPD) interessiert. „Fragen des innerparteilichen Aufbaus, der organisatorischen Festigung haben uns damals nicht beschäftigt".52 Allerdings gab es auch nach der Vereinigung keine abrupten Veränderungen in den Fragen des Parteiaufbaus und der Parteischulung. Zwar erschien am 14. Mai 1946 der Beschluss über den „Aufbau des Schulungssystems der SED", der Durchbruch war jedoch noch nicht erreicht. Der Beschluss schrieb lediglich die Durchführung von 14-tägigen politischen Bildungsabenden sowie von Wochenendkursen für Funktionäre vor, reglementierte die Tätigkeit der Kreis- und Landesparteischulen, forderte die Bildungsarbeit der SED zu einem einheitlichen und geschlossenen System zu entwickeln usw.53 Es wurden erste Maßnahmen zur Umsetzung dieser Verordnung ergriffen. Die Kreiskommandanten unterstützten die örtlichen SED-Organisationen in gewissem Maße (mehr organisatorisch als inhaltlich). Bis zum erklärten Ziel der SMAD, die SED nach ihrer Gründung „zu einer solchen Partei zu entwickeln, die in der Lage wäre, Wahlen zu gewinnen und eine neue zentrale Regierung zu bilden, und zwar eine Regierung für ganz Deutschland"54, war allerdings noch ein langer Weg zu beschreiten. Der Wunsch der SMAD deckte sich hierin mit dem der Führung der SED. Diesen brachte u.a. Franz Dahlem im Bericht des Zentralsekretariats über den Organisationsaufbau des zentralen Parteiapparats auf der 2. Tagung zum Ausdruck. Die beiden Kerngedanken seiner Rede das Selbstverständnis der SED als staatsaufbauender Partei sowie ihre Verpflichtung und Bereitschaft, die Führung und die Verantwortung für den demokratischen Neuaufbau zu übernehmen entsprachen voll und ganz den Vorstellungen der Besatzungsmacht. Wie sehr jedoch Wunsch und Wirklichkeit auseinander liegen können, zeigten zum Beispiel die Wahlen in Ungarn am 4. November 1945 und am 25. November in Österreich, wo die Kommunisten weit hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben waren. Aber auch die ersten NachkriegsDas von

-

-

wahlen in der amerikanisch besetzten Zone Deutschlands brachten den Kommunisten eine schwere Niederlage. Damit sich eine solche Schlappe nicht wiederholen würde, setzte man nun alles auf die Vorbereitung der Wahlen in der SBZ, die für September/Oktober 1946 angesetzt

waren.55 51 52

53

Gniffke, Jahre mit Ulbricht, S. 177.

Stenogramm des politischen Lageberichts von S. Tjul'panov vor der Kommission des ZK der KPdSU (b) zur Überprüfung der Arbeit der Propagandaverwaltung der SMAD (Auszug) vom 16./17. September 1946. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 74. Beschluss des Parteivorstands der SED vom 14. Mai 1946 „Der Aufbau des Schulungssystems in der DDR"

54

55

(HSAD, SED-LL Sachsen, Sekretariat, A-736, Bl. 12-14).

Stenogramma sovescanija apparata upravlenija Propagandy SVAG s mestnymi organami upravlenija ob itogach raboty po demokratizacii v Germanii, provedenii obscinnych vyborov i zadacach organov SVAG. Cast' 1 ot 17 oktjabrja 1946g. (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 149, Bl. 2). Sowohl die Zwangsvereinigung von KPD und SPD als auch die später unübersehbaren Manipulationen im Vorfeld der Wahlen und bei den Wahlen selbst verstärkten das ohnehin wachsende Misstrauen der westlichen Alliierten zusätzlich vgl.: Heydemann, Ein deutsches Sowjetrußland, S. 13-27. -

SMAD-Parteischulungspolitik in der SED

19

Wesentlicher Bestandteil dieser Vorbereitung war der Fusionsprozess von KPD und SPD, denn ohne eine Vereinigung würde es keinen Wahlsieg in der SBZ geben. Die Einmischung in die innerparteilichen Angelegenheiten der SED (und auch anderer Parteien unter dem Vorwand des Schutzes der Interessen der SED)56 während des Wahlkampfes, ja das zeitweilig offene Diktat, was wie zu tun sei, führten dazu, dass sich in der Bevölkerung die Meinung verfestigte, die SED sei wirklich zu einer „Agentur der Besatzungsmacht" geworden und keine echte deutsche Partei mehr.57 Charakteristisch dafür ist u.a. die britische Einschätzung der Situation, die die SED als „artificial creation devised by the Soviet administration to produce a single powerful worker's party in which the numerically inferior communists shall dominate the larger social-democratic element"58 bezeichnet. Das spätere ernüchternde Wahlergebnis der SED (wenn man berücksichtigt, welches Ergebnis die Führungen von SMAD und SED erwartet hatten) und insbesondere das deutliche Fiasko bei den Wahlen zum Berliner Magistrat warfen in der SMAD die grundlegenden Fragen auf: „Was tun?" und „Wer ist schuld?". Denn sogar die direkt zur Vorbereitung auf die Wahlen ergriffenen Maßnahmen, zu denen in erster Linie die Entlassung von 120000 ehemaligen Kriegsgefangenen aus der UdSSR, die Erhöhung der Lebensmittelnormen für einige Bevölkerungsgruppen, die Gehaltserhöhung für Lehrer, die Verwirklichung des Prinzips des gleichen Lohns für gleiche Arbeit usw. gehörten, brachten nicht die erwarteten Ergebnisse. Die Argumente, dass vielleicht die SMAD selbst schuld an den nicht zufrieden stellenden Wahlergebnissen (wegen der Demontagen, der Repatriierung etc.) sein könne, wurden gleich wieder verworfen. Die Ursachen schob man vielmehr auf das Erbe von zwölf Jahren Faschismus in Deutschland sowie auf die ideologischen Schwächen und das Schwanken der SED-Mitglieder.

Notgedrungen musste man sich eingestehen, dass die Mitgliedschaft in der Partei offensichtlich noch lange nicht mit der inneren Überzeugung von der Richtigkeit der Parteipolitik gleichgesetzt werden konnte. Daraus wiederum lag der Schluss nahe, dass man wesentlich mehr für die ideologische Schulung der Parteimitglieder tun müsse. Die Ergebnisse einer Überprüfung der Arbeit der Propagandaverwaltung der SMAD festigten ebenso wie eine gründliche Analyse der Situation innerhalb der SMAD durch die Kommission des ZK der KPdSU(b) im August/September 1946 noch mehr die Meinung, dass es erforderlich sei, der „Erziehung und Heranbildung von Parteikadern" 59 der SED künftig ganz besonders großes Augenmerk zu schenken. 56

Das Verbot geplanter Maßnahmen, die

Beschlagnahme von Flugblattmaterial oder aber die Nichterteilung von Druckgenehmigungen vollzogen sich nicht nur und nicht ausschließlich auf Initiative der örtlichen Kommandanturen, sondern vielmehr auch als Antwort auf die Bitten von SED-Organisationen siehe Schreiben der SED-Ortsgruppe Sebnitz an den Kommandanten der Stadt Sebnitz vom 21.8.46

(HSAD, SED-BL Dresden, Sebnitz, IV/4.14.2483, o.Bl.).

-

57

58 59

Stenogramm des politischen Lageberichts von S. Tjul'panov vor der Kommission des ZK der KPdSU(b) zur Überprüfung der Arbeit der Propagandaverwaltung der SMAD (Auszug) vom 16. /17. September 1946. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 77. Zit. nach: Heydemann, Ein deutsches Sowjetrußland, S. 21. Memorandum A. Panjuskins, K. Kuzakovs und M. Burcevs für A. Zdanov „Über den Zustand der Arbeit der Propagandaverwaltung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland" (Auszug) vom 11. Oktober 1946. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 250. Siehe

Schritte zur ideologischen

20

Schulung der SED

Hauptaufgaben der Besatzungsmacht gehörte jedoch nicht nur die Verstärkung der ideologischen Arbeit mit der SED. Die Position des Mitglieds des Militärrats Bokov, dass man nur durch eine Säuberung der SED von reaktionären Elementen die Partei organisatorisch und ideologisch festigen könne, wurde ebenso als ein wichtiges Argument angesehen.60 Die Realität in der SBZ erlaubte es allerdings nicht, diese Forderung so schnell und radikal zu verwirklichen, wie das vermutlich gewünscht war, doch die Vorbereitungen begannen bald auf Hochtouren zu laufen, sodass es bis zur endgültigen Umsetzung nicht mehr weit war. Schon bald folgten weitere Verordnungen der Parteiführung der SED zu ideologischen Fragen. Berücksichtigt man die bereits eingefahrene Praxis der Wechselbeziehungen zwischen der Propagandaverwaltung und der SED, so liegt der Schluss nahe,61 dass der Beschluss des Parteivorstands vom 25. Oktober 1946 über die Bildungsarbeit der SED62 ebenso wie die Mehrzahl der vorausgegangenen Parteidokumente im Ergebnis eines „gemeinsamen Schaffens" entstanden Zu den

sein müssen.

die politischen Mitarbeiter der SMAD kritisierten Mängel in der politischen Schulungsarbeit der SED, auch aus Mitteilungen, die aus der SBZ im Ostbüro der SPD eintrafen, ging deutlich hervor, dass anfänglich in der SED keinerlei systematische Schulung zu erkennen war. Im Gegenteil: Das Verdienst beim Aufbau eines engmaschigen Schulungsnetzes und der Einbeziehung immer breiterer Kreise von Parteimitgliedern kam hauptsächlich der SMAD zu.

Nicht

nur

Die SED musste zugeben, dass die schweren Wahlkämpfe im Vorfeld der Gemeinde-, Kreis- und Landtagswahlen die Bildungsarbeit in den Hintergrund gedrängt hatten. Diese Selbstkritik half nicht nur der Führung der SED, erneut ohne größeren Imageverlust die Verwirklichung des Beschlusses vom 14. Mai 1946 zu fordern, sondern ermöglichte es gleichzeitig der Propagandaverwaltung, im Kontext der Kritik durch die ZK-Kommission ihr Gesicht in Fragen der Bildungspolitik zu wahren. Der in aller Eile

gefasste Beschluss des Parteivorstands vom 25. Oktober 194663 bedeutete ein gewisses Abgehen von der ursprünglichen Freiheit, „marxistisches Rüstzeug vermittelt zu bekommen", und forderte bereits den obligatorischen Besuch von Bildungsabenden als „selbstver60 61

62 63

Vgl.: Bordjugow, Das ZK der KPdSU(B), S. 324-329. Stenogramm der Beratung der Kommission des ZK zur Überprüfung der Arbeit der Propagandaverwaltung der SMAD mit den leitenden Mitarbeitern der Propagandaverwaltung und den Leitern sonstiger sowjetischer Propagandaorganisationen in Deutschland (Auszug) vom 19. September 1946. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 241 (= Dokument Nr. 55). Die Bildungsarbeit der SED. In: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd. I, S. 112-113. Die Entwurfsfassung zu diesem Beschluss lag eigentlich bereits am 22.10.46 in Form der Anlage 2 zum Protokoll Nr. 45 vor vgl.: Über die Bildungsarbeit der SED. Entwurf zu einem Beschluss des Parteivorstandes vom 22.10.1946 (SAPMO-BA, ZPA, DY30 IV2/2.1/40, Bl. 7-8). Die Tatsache, dass die endgültige, am 25. Oktober veröffentlichte Fassung keinerlei Änderungen weder im Stil noch im Inhalt aufwies, zeugt davon, dass die Endkontrolle von Seiten der SMAD vor dem Erscheinen nur noch eine reine Formsache war, da die vorausgegangene „gemeinsame Arbeit" praktisch alle „ideologischen Fehler" ausschloss. Dennoch muss die Beschlussfassung als recht übereilt angesehen werden, da aufgrund der relativ kurzen Vorbereitungszeit nicht alle Punkte des Beschlusses eindeutig geklärt werden konnten, sodass mehrere „Erläuterungen" und weitere nachfolgende Beschlüsse erforderlich waren, um das Problem zu lösen. -

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SMAD-Parteischulungspolitik in der SED

21

Verpflichtung" für die SED-Mitglieder64. Die Instruktionen, die die Kreisvorstände zur Verwirklichung der Beschlüsse vom 25. Oktober erhielten, zeichnen ein noch genaueres Bild der künftigen Handlungsrichtung, der Pläne und Methoden. Sie formulierten auch Begründungen für die Notwendigkeit dieses oder jenes Vorgehens.65 Die Forderung, endlich nach einem zentralen Plan zu arbeiten und die Behandlung „willkürlich gewählter Themen" aufzugeben, begleitete die Leitlinie, dass nur mit entsprechendem politiständliche

schem Niveau ausgebildete Funktionäre in der Lage seien, die Politik der Partei zu verstehen und in die Massen zu tragen. Parallel dazu wurde jedoch immer noch darauf bestanden, stets neue Kader „für alle Gebiete des demokratischen Aufbaus" heranzuziehen. Als mustergültig in dieser Hinsicht kann die Abteilung Werbung und Schulung des Landesvorstandes Sachsen angesehen werden. In ihrem Arbeitsplan vom 11. Dezember 1946 setzte diese Abteilung die Anforderungen der SMAD an die Schulen beispielhaft um, indem sie u.a. folgende Punkte aufnahm:

Einbeziehung von möglichst vielen Jugendlichen in die Schulungsarbeit; Einbeziehung von möglichst vielen Frauen in die Schulungsarbeit; Erstellung einer Absolventenliste und Führen einer Absolventenkartei; Bestätigung der Lehrkräfte durch den Landesvorstand usw.66 Diese Planungspunkte zeugen von deutlich veränderten Prioritäten im Vergleich zu den Anforderungen, die bis zum Herbst 1946 an die Parteischulung gestellt wurden. Lediglich die Grundforderung Einheitlichkeit in den behandelten Themen und in den Vortragsdispositionen an allen Schulen -, die vom ZK der KPD bereits im Verlauf der Herausbildung des Parteischulungssystems der KPD erhoben worden war, war unverändert geblieben und wurde mit Nachdruck -

-

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-

-

umgesetzt.67

nun die Einsicht, dass „die Einheit der Arbeiterklasse als Unterpfand der erfolgreichen Verwirklichung der Politik der SED nur dann voll wirksam werden konnte, wenn die Einheitspartei ideologisch, politisch und organisatorisch einheitlich und geschlossen handelte" 68, von der SED selbst oder von der SMAD kam, spielte keine entscheidende Rolle. Ebenso, wie es nicht erforderlich war, dass die Erfüllung dieser Forderung durch die SMAD überwacht wurde war die innere Überzeugung der „Moskauer Emigranten" doch Garantie genug dafür. Aber die weitere Entwicklung vor Ort zeigte, dass dies doch nicht überall der Fall war.69

Ob

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64

65 66 67

68 69

Siehe: Die Bildungsarbeit der SED. In: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd. I, S. 112-113. Obwohl bereits im Beschluss vom 14. Mai 1946 von einer Pflicht zum Besuch der politischen Bildungsabende die Rede war, hatte man dieses Moment offenbar wieder aus den Augen verloren. Daher wurde es notwendig, dieser Forderung noch einmal Nachdruck zu verleihen. Rundschreiben 13/46 an alle Ortsgruppen der SED im Kreis Aue-Schwarzenberg: Arbeitsplan für November und Dezember 1946 vom 12.11.1946 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-462, Bl. 34-36). SED-Landesvorstand Sachsen, Abt. Werbung und Schulung, an alle Kreisvorstände, Abt. Werbung und Schulung. Betr. Eröffnung der Kreisschulen, vom 6.12.1946 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-544, Bl. 4). Bericht über die Schulungsarbeit der KPD des Landes Sachsen von Januar bis zum 15. Februar 1946 (HSAD, KPD-BL Sachsen, I/A/036, o.BL). Wohlgemuth, Die SED führende Kraft, S. 114. Und wieder aber erst später, als man die Hände dafür frei hatte kamen die sowjetischen Kommunisten zu Hilfe und betrachteten jede Abweichung im Lehrprozess als Zeichen von Opportunismus. -

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Schritte zur ideologischen

22

Schulung der SED

Wichtig war allein der bereits von Wolfgang Leonhard unterstrichene Umstand, dass durch die Niederlage der SED bei den Wahlen in Berlin die Schulungsarbeit besonders verstärkt wurde.70 Damit gingen die Zeiten des relativen Liberalismus in der Partei endgültig ihrem Ende zu. Die folgende Neueinrichtung von Kreisparteischulen in allen Kreisen und höchstwahrscheinlich auch die Verlängerung der Ausbildungsdauer an den Landesparteischulen auf drei Monate können mit Fug und Recht als Forderung der Propagandaverwaltung bezeichnet werden. Leider sind bislang keine sowjetischen Dokumente gefunden worden, die belegen, wie die Verordnungen vom 14. Mai und vom 25. Oktober zustande gekommen sind. Die gesamte weitere Entwicklung jedoch, über die nachfolgend berichtet wird, lässt darauf schließen, dass diese Dokumente unter unmittelbarer Mitwirkung der SMAD-Organe entstanden sind. Eine indirekte Bestätigung für diese These finden wir im Stenogramm der Beratung „des Apparates der Propagandaverwaltung der SMAD mit den örtlichen Verwaltungsorganen über die Ergebnisse der Arbeit an der Demokratisierung in Deutschland, der Durchführung von Gemeindewahlen und über die Aufgaben der SMAD-Organe" vom 17.-18. Oktober 194671, die eine Woche vor der 6. Tagung des Parteivorstandes der SED stattfand. Aber auch die Tatsache, dass bereits Ende Oktober die Propagandaorgane der SMAD aller Ebenen den Auftrag erhielten, sich umgehend auf die Stärkung der bestehenden und die Gründung neuer Parteischulen zu konzentrieren und diesen Prozess mit aller Kraft voranzutreiben, weist in diese Richtung. Gleichzeitig ordnete Karlshorst strenge Kontrollen über die ideologische und strukturelle Lage der örtlichen SEDOrgane, speziell über den Zustand der Parteischulung an. So hatten sich also gegen Ende 1946 die Prioritäten in der Arbeit mit der SED etwas verschoben. An die erste Stelle trat der ideologische Druck. Die im November und Dezember groß angelegten Kontrollen der SED-Organisationen der Länder und Provinzen durch die jeweiligen örtlichen Propagandaorgane waren dazu angetan, endlich mehr Klarheit über die aktuelle Lage der Dinge zu erlangen. Zu den typischen Meldungen aus der Provinz über die Ergebnisse der Überprüfungen gehörten vor allem Klagen über das erschreckend niedrige theoretische Niveau einer Vielzahl von Führungskräften aller Ebenen, die den bürgerlichen Referenten deutlich unterlegen seien. Aus der Art, wie z.B. eine Meldung von Tjul'panov im Dezember 1946 abgefasst war, kann man schlussfolgern, dass sie auf Anforderung der Propagandaverwaltung geschrieben wurde und Antworten auf ganz konkrete Fragen erforderte. Die Tatsache, dass der Abschnitt über den Zustand der Parteischulung, analysiert auf der Basis einer Überprüfung der SED-Organisationen der Bezirke Leipzig und Zwickau, den mit Abstand größten Teil des Textes einnimmt, weist darauf hin, dass es die Situation in der Parteischulung der SED war, die die Führung der SMAD in erster Linie interessierte.

Ergebnis veranlasste man die Landesvorstände, sich umgehend und intensiv mit Fragen der Parteischulung zu beschäftigen. In Mecklenburg-Vorpommern72 wie auch in allen anderen Ländern und Provinzen führte man spezielle Seminare mit dem Ziel durch, Lehrkräfte für die KreisIm

70 71

72

Leonhard, Die Parteischulung der SED, S. 692.

Stenogramm der Beratung des Apparates der Propagandaverwaltung der SMAD mit den örtlichen Verwaltungsorganen über die Ergebnisse der Arbeit an der Demokratisierung in Deutschland, der Durchführung von Gemeindewahlen und über die Aufgaben der SMAD-Organe vom 17.-18. Oktober 1946 (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 149, Bl. 2-18). Vgl.: Stendell. Zur Rolle der Parteischulung, S. 78.

SMAD-Parteischulungspolitik in der SED

23

Parteischulen heranzubilden. Die Härte in der Frage der Gewinnung und Ausbildung von Lehrern sowie die Schnelligkeit, mit der reagiert wurde, und die persönliche Verantwortlichkeit lassen keinen Zweifel darüber, dass es einen Dirigenten im Hintergrund gegeben haben muss. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass in den Berichten der SMA der Beschluss des Parteivorstands über den Aufbau des Schulungssystems vom 14.5.46 fast unerwähnt blieb. Das Hauptaugenmerk galt wohl eher dem Prozess der Vorbereitung auf die Verwirklichung der Be-

vom 25. Oktober sowie der Analyse des Ist-Zustandes der SED. Die Frage, womit nun beginnen sei, duldete keinen Aufschub mehr. Anzufangen war beinahe wieder bei Null, so unbefriedigend war der vorgefundene Zustand insbesondere der KPS. Im Bezirk Zwickau waren zum Beispiel im Dezember 1946 nur drei Schulen gegründet worden, Zirkel des Parteilehrjahres fehlten fast vollständig. In Leipzig hatte man gerade einmal begonnen, SED-Parteischulen nach dem neuen Standard aufzubauen. Die größte Kritik der Prüfer bezog sich jedoch darauf, dass sich die Themenstellungen der bereits existierenden Parteischulen und -zirkel in den einzelnen

schlüsse

zu

Bezirken deutlich voneinander unterschieden. Ebenso fehlten Kontrollen über den Besuch der Lehrveranstaltungen. Weiterhin wurde das niedrige theoretische Niveau einer Vielzahl von Zirkelleitern hervorgehoben sowie deren gänzlich fehlende methodische Fähigkeiten.

Davon, dass das Interesse der SMAD für die Parteischulung nunmehr ernsthaft und von Dauer war, zeugt u.a., dass am 25. November 1946 in Sachsen eine Beratung einberufen wurde, an der alle Leiter von Bezirks-, Stadt- und Kreispropagandaabteilungen teilnehmen sollten. Dort wurden ihnen Anweisungen gegeben, wie die aufgedeckten Mängel zu beseitigen seien und wie sie künftig regelmäßig den Zustand der marxistischen Erziehung in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands73 kontrollieren sollten. In jener Zeit ist auch das Verschwinden der Formulierung

„marxistisch-leninistische Lehre" aus den Berichten deutscher Kontrolleure von Kreis- und Lan-

desparteischulen anzusiedeln, die in der vorangegangenen Zeit recht häufig verwendet wurde.74 Um dieses noch einmal klar herauszustellen: Der Begriff „Marxismus-Leninismus" wurde zu jener Zeit ausschließlich als feststehende Wendung in Berichten verwendet. Offenbar lag das an der ehemaligen Parteizugehörigkeit der Kontrolleure, denn offiziell wurde der Begriff „MarxismusLeninismus" weder in der Parteipresse noch in den Vorlesungen an Kreis- und Landesparteischulen und nicht einmal 73

74

75

an

der Parteihochschule

benutzt.75

In ebendieser Formulierung! S. Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. tov. Tjul'panovu ot 9.12.46g. o „Vnutripartijnom polozenii Edinnoj socialisticeskoj partii po federal'noj Zemle Saksonii za podpis'ju i.o. Nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii majora Ovsjannikova (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 188, Bl. 126). Ähnliche Beratungen fanden auch in anderen Ländern und Provinzen der SBZ statt und verfolgten im Wesentlichen zwei Ziele: 1. allen Mitarbeitern klarzumachen, dass sie ab sofort die Umsetzung der

Beschlüsse vom 25. Oktober über den Aufbau der Parteischulen der SED unter ihre Kontrolle und persönliche Verantwortung zu nehmen hätten; 2. jedem Einzelnen deutlich zu machen (damit es keine Missverständnisse gebe), dass es nur um die marxistische Erziehung gehe. Der Umstand, dass jeder Hinweis auf das „schöpferische Erbe Lenins" und auf Stalin vorerst vollkommen außen vor gelassen wurde, zeugt davon, dass diese Frage ganz konkret mit Moskau, wenn nicht gar mit Stalin persönlich abgestimmt worden war. An den Landesvorstand der SED Sachsen. Betr. Die Überprüfung der Landesparteischule 15.9.1946 (HSAD, SED-Landesleitung Sachsen, A-529, Bl. 52). Leonhard, Marxismus-Leninismus und die Umgestaltung in der SBZ/DDR, S. 34.

Schritte zur ideologischen

24

Schulung der SED

Notwendigkeit einer solchen Kontrolle verstanden offenbar die Mitarbeiter der örtlichen Propagandaorgane nicht weniger als die Funktionäre in Karlshorst. Es war nicht zu übersehen, dass insbesondere unter den Neuzugängen der Partei aus der Zeit nach 1945 kaum jemand eine rechte Vorstellung von den Zielen und Aufgaben der Partei hatte. Noch geringer war der Anteil jener, die bereit waren, sich entsprechend schulen zu lassen.76 Für die Mitarbeiter der SMAD, die für die politische Arbeit zuständig waren, war es auch kein Geheimnis, dass es sogar in den Kreisen, in denen die Grundorganisationen der SPD für die Vereinigung gestimmt hatten, nunmehr eine fast uneingeschränkte Bereitschaft gab, wieder zur SPD zurückzukehren, sollte deren Tätigkeit wieder erlaubt werden. Solche Stimmungen kamen selbstverständlich auch Tjul'panov und der Führung der SMAD zu Ohren. Die Ursachen für das Aufkommen und Anwachsen solcher Stimmungen waren vielschichtig. Eine entscheidende Rolle dürfte jedoch der Verlust des eigenständigen Handelns sowohl im Parteileben als auch insbesondere in den Verwaltungsapparaten gespielt haben.77 Gegen Ende des Jahres 1946 wurden die Propagandaorgane „reif für weitere Veränderungen in ihrer Tätigkeit, in ihrem Zusammenwirken mit den Parteien, speziell mit der SED. Im Dezember 1946 war es dann so weit. Alle Kommandanten der Sowjetischen Besatzungszone erhielten für die in ihren Gliederungen existierenden Propagandaabteilungen, die nicht nur ihnen, sondern auch der jeweils übergeordneten Propagandaverwaltung unterstellt waren, von der Führung der SMAD und der Propagandaverwaltung die Anweisung, den Personenkreis mit unmittelbarem Kontakt zu Führungskräften der SED-Organisationen konsequent einzuschränken und maximal zu verringern, die kleinliche Aufsicht über die Führungskräfte von SED-Organisationen aufzugeben und dafür zu „allgemeiner Kontrolle und Beobachtung" überzugehen.78 Bei der Annahme dieses Beschlusses machte die Führung der SMAD keinen Hehl daraus, dass sie hoffte, damit das Argument der Gegner zu entkräften, die SED sei nur noch der verlängerte Arm der SMAD. Dennoch wurde in der Formulierung dieses Beschlusses festgehalten, dass damit die Mitarbeiter der Propagandaabteilungen keineswegs aus ihrer persönlichen Verantwortung für die politische Tätigkeit sowohl der SED als auch der anderen Parteien entlassen würden. Aus diesem Widerspruch, einerseits alles kontrollieren und dies andererseits möglichst kaschieren zu wollen,79 kam die SMAD nie heraus. Als Nächstes folgten Erläuterungen, wie dies zu bewerkstelligen sei. Befehl und Druck sollten abgeschafft werden, was blieb, war die „Hilfe". Darauf setzte man jetzt alles, wenn es z.B. hieß, „die SMAD-Organe sollten Hilfe gewähren durch die Weitergabe jenes umfangreichen Erfahrungsschatzes des politischen Kampfes, den die KPdSU(b) angesammelt hatte, durch Ratschläge für die Erarbeitung und Sicherung einer klaren politischen Linie, einer Strategie und Taktik, wobei für diese Aufgaben speziell dafür befugte Personen eingesetzt werden sollten".80 Dieser Absatz ist hier in vollem Umfang und wörtlich zitiert, da die darin enthaltene Anweisung aus heutiger Sicht über die gesamte Dauer der Existenz der SMAD und als Generallinie auch noch darüber hinaus während der Zeit der SKK Gültigkeit hatte. Die

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76 77 78 79 80

-

Prauss, ...doch es war nicht die Wahrheit, S. 29. Naimark, Die Russen in Deutschland, S. 62. Materialy po istorii SVAG, Bd. I, S. 102.

Vgl.: Bordjugow, Das ZK der KPdSU(B), S. 297. Trëchletnij opyt raboty upravlenija informacii SVAG (okt. 1945-okt. 1948). Istoriceskaja spravka (GARF, F. 7317, op. 19, Akte 1, Bl. 45); siehe auch: Naimark, Die Russen in Deutschland, S. 89.

SMAD-Parteischulungspolitik in der SED

25

Insgesamt kann man die Dezember-Anweisungen der SMAD-Führung als Basis für die Gestaltung der neuen Wechselbeziehungen im Verhältnis zur SED betrachten. Auf ihre Forderung hin wurde eine Nomenklatura81 (man verwendete ebendieses Wort) von Kommandanturmitarbeitern geschaffen, die festlegte, wer überhaupt die Befugnis hatte, sich im Zuge seiner Tätigkeit mit Vertretern der SED oder der Selbstverwaltungsorgane zu treffen, auftretende Probleme mit ihnen zu diskutieren oder auch bestimmte Informationen von ihnen abzufordern. Die Leitungen der Propaganda Verwaltung oder -abteilungen waren verpflichtet, allen Personen, die in diese Nomenklatura aufgenommen wurden, das erforderliche Verhalten gegenüber den Führungskräften der

entsprechende Richtlinien aufzustellen. Der Grad der Verantwortlichkeit und der Befugnisse der einzelnen Mitarbeiter der Propagandaabteilungen war unterschiedlich. Deutliche Differenzierungen gab es zwischen den Mitarbeitern verschiedener Ebenen, den Angestellten der Kreisabteilungen und denen der Länder, und wiederum zwischen diesen und denen der Verwaltung der SMAD. Von diesem Moment an durften sich mit der zentralen Führung der SED entweder der Leiter der Propaganda Verwaltung, Tjul'panov, oder in Einzelfällen dessen Stellvertreter (in seinem Auftrag) treffen. Die Mitglieder des Militärrates, ebenso wie der Apparat des Politischen Beraters waren nicht verpflichtet, die Leitung der Propagandaverwaltung zu informieren, wenn sie sich mit Deutschen trafen. Im Gegensatz dazu musste jedoch die Propagandaverwaltung Meldung über alle wesentlichen Schritte ihrer Tätigkeit machen und routinemäßig Rechenschaft ablegen. Die Schaffung einer solchen Nomenklatura wurde u.a. durch erste Erfahrungen im parlamentarischen Kampf in der SBZ hervorgerufen, durch Erfahrungen mit der Existenz eines Mehrparteiensystems, wenngleich die Bedingungen für die einzelnen Seiten nicht die gleichen waren. Mit dem Fehlen ebendieser Erfahrungen und der entsprechenden Fähigkeiten im Umgang damit hatten viele Mitarbeiter der Propagandaabteilungen ihre Fehler bei den vergangenen Wahlen erklärt. Darüber hinaus war der politischen Führung der SMAD durchaus klar, dass nicht jeder Mitarbeiter in der Lage war, sich „ohne auf die Linie des Opportunismus abzugleiten" an die bestehende Realität anzupassen. Gerade deshalb wurde es nur besonders vertrauenswürdigen Personen innerhalb der SMAD eben jener Nomenklatura anvertraut, die politische Linie der sowjetischen Führung in der SBZ umzusetzen. SED

zu

erläutern und

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-

nur die Propagandaverwaltung, sondern auch die Remigranten haben nach ihrer eigenen Aussage gelernt, die Taktik der Isolation im Hinblick auf diese oder jene in der SBZ zugelassenen Partei anzuwenden, mit ihnen einen unversöhnlichen ideologischen Kampf zu führen und dabei in Einzelfällen auch die Taktik des Appells an breite Bevölkerungsschichten einzusetzen, gleichzeitig aber diese Parteien im Block zu halten und sie für die Erreichung der eigenen Ziele auszunutzen. In den Berichten wurde kein Hehl daraus gemacht, dass man die CDU und die LDP lediglich als zeitweilige Weggefährten ansah.82

Jedoch nicht

Gerade in die Parteischulung setzte man die größten Hoffnungen, mehr und mehr Menschen, die diese „zeitweiligen Wegbegleiter" unterstützten, auf die eigene Seite ziehen zu können (man hoffte auf die so genannte „Kettenpropaganda"). 81 82

Bordjugow, Das ZK der KPdSU (B), S. 297. Trëchletnij opyt raboty upravlenija informacii (GARF, F. 7317, op. 19, Akte 1, Bl. 46).

SVAG

(okt. 1945-okt. 1948). Istoriceskaja spravka

Schritte zur ideologischen

26

Schulung der SED

Nach Bearbeitung des gesamten eingegangenen Materials von den Abteilungen für Propaganda der Länder und Provinzen der SBZ, nach der Analyse der Empfehlungen und Anregungen zur Verbesserung der Parteischulung wurde der Führung der Propagandaverwaltung klar, dass der Beschluss vom 25. Oktober einer weiteren Vertiefung bedurfte. Als wesentlichste Mängel der Parteischularbeit der SED wurden zum Ende des Jahres 1946 die folgenden angesehen: -

-

das Fehlen sowohl eines für die jeweilige Form (Schule, Kurse, Zirkel) einheitlichen Themenplanes in jedem Bezirk als auch einer abgestimmten Themenplanung der Parteischulen zwischen den Bezirken; das Fehlen einer Anwesenheitskontrolle, der so genannten individuellen Registratur83; ungenügende theoretische Ausbildung der Lehrkräfte sowie eine mangelhafte Kontrolle über deren „politische Zuverlässigkeit".84

Insbesondere der letzte Punkt widersprach im Grunde genommen der Einschätzung, die in einer Mitteilung des Mitglieds des Landesvorstandes der SED Sachsen, Fritz Große, an die sowjetischen Behörden zu finden ist. Große schreibt darin, dass „sowohl die Lektoren als auch die Lehrkräfte unsere Leute" seien. Da viele Schulen noch vor der Vereinigung entstanden waren, sei die Frage der Kader für die Lehre bereits zu einem früheren Zeitpunkt gelöst worden. Weiter führt er aus, dass gegenwärtig [d.h. im Herbst 1946 A.H.] und auch in Zukunft ehemalige Sozialdemokraten sich wohl kaum um die Funktion von Lehrkräften an den Schulen bewerben würden, da der niedrige Verdienst in diesen Positionen sie nicht unbedingt locken könne. Daraus zieht er den Schluss, dass die „Reinheit der in die Massen getragenen Lehre" auch für die Zukunft garantiert sei.85 -

Es hat wenig Sinn, hier auf die weiteren kritischen Bemerkungen und Anregungen einzugehen, denn in Form von Empfehlungen an die Führung der SED fanden sie im Wesentlichen ihren Ausdruck in den Verordnungen vom 7. Januar 1947 „Über die Verbesserung des Aufbaus und der Arbeit der Parteischulung" 86 und vom 23. Januar 1947 „Über die Schulungs- und Bildungsarbeit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" 87. 83

84

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. tov. Tjul'panovu ot 9.12.46g. o „Vnutripartijnom polozenii Edinnoj socialisticeskoj partii po federal'noj Zemle Saksonii za podpis'ju i.o. Nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii majora Ovsjannikova (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 188, Bl. 126). Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG

polk. tov. Tjul'panovu ot 24.02.47g. ob „Izmenenijach v polticeskom polozenii v provincii Saksonija-Angal't ot nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii-Angal't polkovnika Rodionova (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 275, Bl.

85

86 87

118).

Mitteilung des Mitglieds des Bezirksvorstandes der SED Fritz Große über die Lage im Land Sachsen vom 7. August 1946, in russischer Übersetzung am 18. September 1946 übergeben an den Sekretär des

ZK der KPdSU(b) M.A. Suslov (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 147, Bl. 50). Müller, Die politisch-ideologische und organisatorische Entwicklung der SED, S. 55. Die Schulungs- und Bildungsarbeit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. In: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd. I, S. 156-157. Die Tatsache, dass die Führung des ZK der KPdSU (b) in Moskau ausgesprochen ausführlich über die Mängel in der ideologischen Arbeit der SED und über die Parteischulung informiert wurde, lässt keinerlei Zweifel aufkommen. Und nicht zufällig wurde während einer Reise einer SED-Delegation nach Moskau im Januar/Februar 1947 so ausführlich über die Parteischulung in der UdSSR berichtet.

SMAD-Parteischulungspolitik in der SED

27

Zieht man eine Bilanz für das Jahr 1946, so kann man sagen, dass die grundlegende Basis für eine „ideologische Erziehung" der SED-Mitglieder in von der sowjetischen Führung akzeptierten Bahnen gelegt worden war. Der Gedanke von Andreas Malycha88, dass der Prozess der Umwandlung der SED in eine Partei stalinschen Typs bereits im Herbst 1946 begonnen habe, wird durch Unterlagen aus russischen Archiven belegt. Dass die „SED-Funktionäre kommunistischer Herkunft nach den Wahlen organisationspolitische Konsequenzen forderten und Lenins Kriterien für eine Partei neuen Typs"89 ansetzten, fiel mit den Wünschen der Mitarbeiter der Propaganda-

abteilungen zusammen.

Das Jahr 1947 zeichnet sich durch ein außergewöhnlich hohes Maß an Aktivitäten der SMADOrgane im Bereich der Bildungsarbeit der Partei aus. Die Mitarbeiter der Propagandaabteilungen aller Strukturebenen und in allen Ländern und Provinzen der SBZ hatten es sich auf die Fahnen geschrieben, das Bildungssystem der SED grundlegend zu verändern und auf ein entscheidend höheres Niveau zu heben. Dem lag zweifellos eine unmissverständliche Handlungsanweisung von Seiten des ZK der KPdSU(b) zu Grunde.90 Die ersten überlieferten diesbezüglichen Arbeitspläne und Zwischenberichte von Propagandaabteilungen tragen das Datum vom 5. Januar 19479'. Wenige Tage später entstanden weitere. Aus diesen Berichten geht u. a. hervor, dass in der vorausgegangenen Zeit auf ihre „Empfehlung" hin umfangreiche Mitgliedschaftsanalysen durchgeführt worden waren. Dabei hatte sich herausgestellt, dass die SED-Organisationen oftmals keinen genauen Überblick über ihre Mitgliederzahlen, über die Zu- und Abgänge hatten. Daraufhin waren wieder auf „Empfehlung" der Propagandaabteilungen hin Maßnahmen eingeleitet worden, um die SED-Organisationen zu befähigen, ihre Mitgliederstatistik ordnungsgemäß zu führen. Außerdem stießen die in den Aufstellungen angegebenen Austrittsgründe aus der Partei auf scharfe Kritik seitens der sowjetischen Propagandaorgane. Ferner gingen die Anfang 1947 erstellten Berichte ausführlich auf die allgemeine Lage der SED ein und vermerkten insbesondere die Mängel und Probleme einzelner -

-

Grundorganisationen.

88 89 90

Malycha, Von der Gründung

1945/46 bis

Mauerbau

1961, S. 21.

Entwurf des Beschlusses des ZK der KPdSU (B) „Über die Arbeit der Propagandaverwaltung der Sowin Deutschland, ohne Datum. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 261-266 (= Dokument Nr. 59). Plan raboty otdela propagandy Upravlenija SVA federal'noj zemli Tjuringii na Janvar' 1947g. ot 5 janvarja 1947g. (GARF, F. 7184, op. l.Akte 161, Bl. 10).

jetischen Militäradministration 91

zum

Ebd., S. 22.

'

1.3

Der Aufbau

von

Parteischulen

Der Beschluss des Parteivorstandes vom 25. Oktober 1946 „Über die Bildungsarbeit der SED", der die Schaffung von Kreisparteischulen in wesentlich größerem Umfang vorsah, rief weitreichende Aktivitäten der Abteilungen Werbung und Schulung sowohl im Landesvorstand der SED als auch in den Kreisvorständen hervor, und zwar nicht nur an der „ideologischen Front", sondern auch auf materiellem Gebiet. Die Suche nach geeigneten Schulungsgebäuden für die KPS führte zwangsläufig auch zur Frage nach den Eigentumsrechten an diesen Gebäuden.

Diese Frage duldete keinen Aufschub, weniger weil es Probleme bei der Übernahme der betreffenden Gebäude gegeben hätte (die sowjetischen Kommandanten hatten Order, die SED in dieser Frage in jeder Hinsicht zu unterstützen und konnten diese Probleme zumeist recht schnell lösen), als vielmehr deshalb, weil man dem Prozess einen demokratischen Anstrich geben und sich zugleich rechtlich für die Zukunft absichern wollte. Daher sollten die Gebäude von vornherein in das Eigentum der Partei übergehen. Die im Landesvorstand der SED bereits seit Mitte November 1946 gesammelten Vorschläge über die Nutzung einzelner Gebäude als örtliche Kreisparteischulen ergaben, dass die Immobilien in der Vergangenheit ganz verschiedene Eigentümer aufwiesen und die Zuordnung aktuell Probleme bereitete. Klar war lediglich und darüber wurden auch alle Kreisvorstände der SED informiert -, dass „auch die Grundstücke, die nach dem Einmarsch der Roten Armee als herrenlos vorgefunden, von Offizieren dieser belegt wurden und nach deren Rückreise in die Heimat oftmals mit großer Geste den Organisationen unserer Partei überlassen wurden"92 als ungeklärte und falsch aufgenommene Besitzerwerbung angesehen werden müssten. Allerdings war auch im Dezember 1946 und im Januar 1947 die Frage der Befugnisse der Kommandanten noch nicht -

endgültig geklärt. Die Schwierigkeit

bestand nicht allein darin, dass die Kreiskommandanten nur ungenügende Kenntnisse über das Grundstücksrecht in Deutschland besaßen, sondern auch in der Tatsache, dass selbst die SED-Leitungen vor Ort keine genaue Vorstellung von der aktuellen Rechtslage in der SBZ hatten. Wenn die Rote Armee Einrichtungen demontieren, wenn sie Gebäude und Grundstücke für ihre Zwecke besetzen durfte, so konnte man wohl davon ausgehen, dass die Besatzungsmacht das Recht hatte, über Immobilien nach Gutdünken zu verfügen sie zu verkaufen oder zu verschenken. -

Was jedoch kurzfristig Gültigkeit besaß, wurde für die Zukunft abgelehnt. Ungeachtet des Besatzerstatus, den die SMAD-Organe genossen, konnten sie nicht einfach schenken oder verfügen. Deshalb wirkte die im Februar 1948 folgende Erklärung, dass die Kommandanten Objekte nur zur Nutzung übergeben könnten, aber kein Recht auf Eigentumsübertragung besäßen, für viele schließlich ernüchternd.93 Was die Gebäude anbelangte, die vor 1933 Eigentum der SPD bzw. der KPD gewesen waren, so gab es im Februar 1947 eine neue Situation. Noch im November 1946 hatte es in einem Rundschreiben des Landesvorstandes der SED über die Übereignungsmöglichkeiten der für die Er92 93

Bericht über die Übereignungsmöglichkeiten der für die Errichtung von Kreisparteischulen vorgesehenen sequestrierten Gebäudeobjekte vom 16.11.1946 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-545, Bl. 16). Ebd., Bl. 7.

Schritte zur ideologischen Schulung der SED

30

von Kreisparteischulen vorgesehenen sequestrierten Gebäude geheißen, dass nach den in der Militäradministration gegenwärtig geltenden gesetzlichen Gegebenheiten keine Möglichkeit bestehe, diese den Alteigentümern zurückzugeben. Jetzt hieß es sogar in offiziellen Verlautbarungen der Kreisvorstände, dass es nicht sinnvoll sei, auf ein interalliiertes Gesetz für die Wiedergutmachung zu warten. Vielmehr sei es an der Zeit, unmittelbar mit der Erledigung aller Formalitäten zur Festschreibung der betreffenden Grundstücke als Eigentum der SED (in ihrer Funktion als Rechtsnachfolger von KPD und SPD) zu beginnen.95

richtung

Insgesamt gesehen war das Jahr 1947 nicht nur durch eine verstärkte Aktivität von SMAD und SED bei der Schaffung von Kreisparteischulen gekennzeichnet, sondern auch durch eine zielgerichtete Tätigkeit zur finanziellen und wirtschaftlichen Stabilisierung der SED. Zwar war nicht allen Mitarbeitern der SMAD klar, dass die SBZ eben nicht die Sowjetunion war, dass es hier gewisse Unterschiede speziell bei der Lösung von Eigentumsfragen gab (in der UdSSR herrschte uneingeschränktes Staatseigentum, was fast gleichbedeutend mit Parteieigentum war), die Führungen

von

SMAD und SED sahen das Ganze aber in einem etwas anderen Licht.

Nicht alle Probleme im Zusammenhang mit Immobilien konnten mit Gewalt gelöst werden, sonst drohte das ohnehin schon angeschlagene Ansehen der SED in der Bevölkerung weiteren Schaden zu nehmen. Deshalb einigte man sich darauf, dass es zweckmäßig sei, diese Fragen auf juristischem Weg zu klären. Damit war der Weg frei für eine Jagd auf Grundstücke. Die im Januar 1947 erarbeiteten „Richtlinien zur Grundstückserfassung" sollten den örtlichen SED-Organen nicht nur die diesbezügliche Arbeit erleichtern, sondern ihnen auch die Richtung ihres Vorgehens aufzeigen. Als

Katalysator für diese Schritte diente eine Mitteilung der SMAD an den Zentralvorstand der

SED, dass Ende des Frühjahrs ein interalliiertes Gesetz über Wiedergutmachung

zu

erwarten

sei.96 Obwohl weder der Inhalt des künftigen Gesetzes (mit Recht ging die SMAD aber davon aus, dass sich ihre Vorstellungen wohl kaum mit denen der Alliierten decken würden) noch

genaue Termine für eine Annahme bekannt waren, wurde Bereitschaftsstufe 1 ausgerufen, um bereits Ende März „alle Unterlagen fertig zu haben, juristisch völlig einwandfrei mit entsprechenden Dokumenten, die den Beweis für den Rechtsanspruch erbringen"97. Als ersten Schritt in dieser Richtung schlugen die Kreis- und Landesparteiorganisationen der SED vor, sofort mit der Gründung von Grundstücksgesellschaften zu beginnen98 und gleichzeitig jene Grundstücke zu ermitteln, bei denen ein Eigentümer nicht mit absoluter Sicherheit feststand. Hier wurde angesetzt, um die betroffenen Grundstücke in die Hände der Partei zu bekommen. Deshalb forderte man zusätzlich zu den Unterlagen für die Kreisparteischulen, die acht Punkte umfassten und deren Antworten ein grundlegendes Bild über den Zustand der für die KPS ausgewählten Objekte und die Richtlinien zur Grundstückserfassung vermittelten, von den örtlichen SED-Organisationen, „für die praktische Durchführung" Objektlisten über jene Grundstücke aufzustellen, die die Partei für sich in Anspruch zu nehmen hoffte. Innerhalb dieser Liste wurden die Immobilien in drei Kategorien unterteilt: 94 95 96 97 98

Ebd., Bl. 15. Ebd., Bl. 6. Ebd., Bl. 8. Ebd.

Ebd., Bl. 5.

Aufbau von Parteischulen

31

Eigentum von KPD, SPD bzw. von deren Nachfolgeorganisationen; Objekte, die die SED von der Roten Armee „nach dem Zusammenbruch" erhalten hatte; geschenkte Objekte. Darüber hinaus umfassten die Listen auch eine Aufstellung des beweglichen Vermögens. Nach Fertigstellung wurden sie unverzüglich nach Karlshorst weitergeleitet. Bei der gesamten Angelegenheit wurde in keiner Weise verschwiegen, dass die Führung der SMAD selbst diese Aktivitäten der SED unterstützte, im Gegenteil, man kann davon ausgehen, dass dies extra verbreitet wurde. Zumindest wurde es bewusst so eingerichtet, dass die entsprechenden Informationen durchsickerten. Die Verbreitung des Rundschreibens an alle Kreisvorstände der SED, in dem es u. a hieß, dass sich die SMA Karlshorst verpflichtet habe, eine schnelle Befriedigung „unserer Ansprüche" zu sichern,99 stellte eine Art Garantie dar, alle diesbezüglichen Fragen positiv im Sinne der SED zu entscheiden. Kaum ein Gericht war in der Lage, sich gegen den Willen der Besatzungsmacht zu stellen, wenn es ein solches Dokument in die Hand -

-

bekam.

Sogar in jenen Fällen, in denen sich die SMAD-Organe nicht offenkundig in Immobilienangelegenheiten einzumischen vermochten, erklärte man mit „Rücksichtnahme auf die Alliierten" der SED-Führung klar und deutlich, dass ihr Vorgehen bereits im Voraus die Billigung der SMAD habe. 10° Einwände gab es in der Folgezeit trotzdem, wenn die SED die Festlegungen des Befehls Nr. 124 (über die Möglichkeit der Enteignung aktiver Faschisten oder Krimineller) missbrauchte und zu Willkürmaßnahmen griff. Das war allerdings keine Massenerscheinung, zumal es der SED nach einer Zurechtweisung von sowjetischer Seite häufig dennoch gelang, ihre Interessen durchzusetzen. Die im Januar und Februar 1947 eintreffenden Berichte aus den Orten, wo bereits Kreisparteischulen arbeiteten bzw. deren Eröffnung geplant war, enthielten in erster Linie den Landesvorstand der SED interessierende Informationen darüber, wie es gelungen war, Eigentum an einem Gebäude zu erlangen.101 An die 60 Prozent der Objekte waren bereits Eigentum der Partei, bei etwa 20 Prozent hoffte man, diese Frage recht bald positiv entscheiden zu können. In den restlichen Fällen lagen bereits Mietverträge über eine günstige Anmietung der Räumlichkeiten für einen Zeitraum von zehn Jahren vor. Von einem durchschlagenden Erfolg konnte man aber immer noch nicht sprechen. Als Hauptursache für solche Fälle, in denen auch die SMA-Kommandanturen nicht in der Lage waren, die Situation grundlegend zu entscheiden, sahen die Kreisvorstände der SED die „Übermacht der bürgerlichen Mehrheit im Stadtparlament"102 an. Das alles war jedoch kein Grund aufzugeben. Auch in „besonders schweren Fällen hat die Partei in der Gewissheit, der Unterstützung der Besatzungsmacht sicher sein zu können, immer auf einen Erfolg gehofft"103. 99 100 101 102

103

Ebd., Bl. 7. Ebd. Bericht über den jeweiligen Stand und die Entwicklung der Kreisparteischulen vom 7.1.1947 (HSAD, SED-Landesleitung der SED, A-546, Bl. 16-18). Bericht über den Kreis Flöha, Abt. Werbung und Schulung, vom 16.1.1947 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-464, Bl. 1); siehe auch den Bericht über den Besuch beim Kreisvorstand Zittau, Abt. Werbung und Schulung, Gen. Gläser, vom 14.1.1947 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-464, Bl. 3-5). Ebd.

Schritte zur ideologischen Schulung der SED

32

Noch 1948104 und später waren nicht nur die Kreis-, sondern auch die Landesvorstände der SED gezwungen, mit erheblichen Anstrengungen „den Kampf mit den bewusstseinsschwachen Elementen" zu führen, die nicht einsehen wollten, dass die Partei immer mehr Grundstücke brauchte. Diese Probleme änderten jedoch nichts an der Grundsituation: Die brüderliche Hilfe von Kommunist zu Kommunist musste schließlich zum Erfolg führen. Die Zentren der ideologischen Arbeit der Partei sollten der Partei auch gehören. Da alle Gedanken und Anstrengungen auf eine konsequente Stärkung und Vertiefung der „ideologischen Erziehung" zu richten waren, musste zuvor alles Störende beseitigt werden.

104

Protokoll Nr. 12 der

Sekretariatssitzung leitung Sachsen, A-781, Bl. 131).

des Landesvorstandes

am

27.2.1948

(HSAD, SED-Landes-

1.4

Umsetzung der zentralen Vorgaben in den einzelnen Ländern und Provinzen

Da sich 1947 die Situation in den einzelnen Ländern und Provinzen recht unterschiedlich darstellte oder aber von den jeweils zuständigen Verantwortlichen der sowjetischen Propagandaorgane unterschiedlich reflektiert wurde, muss hier auf die Länder im Einzelnen eingegangen werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Arbeitspläne der Propagandaabteilungen der Länder und Provinzen von den Leitern der jeweiligen SMA-Verwaltungen zu bestätigen waren, sodass diese einerseits die Entwicklungen unter ihrer Kontrolle hatten, andererseits damit aber auch Verantwortung für die Umsetzung der Aufgaben übernahmen.

1.4.1

Thüringen

Ende 1946 hatte sich die Arbeit der Informationsabteilungen bereits derart eingespielt und an die aktuelle politische Lage in der SBZ angepasst, dass der vorher weitgehend improvisierte Einsatz von Kräften, um hier und da in der politischen Arbeit entstandene „Löcher zu stopfen", nunmehr endgültig der Vergangenheit angehörte. In den Vordergrund trat eine zielgerichtete Tätigkeit, die sowohl die Lösung konkreter aktueller Aufgaben als auch die Schaffung von Perspektiven für die Zukunft beinhaltete. Im Land Thüringen umfasste der Maßnahmenplan der Informationsabteilung allein für den Monat Januar 1947 elf Punkte, von denen drei unmittelbar Fragen der Parteischulbildung der SED berührten. Drei weitere betrafen die Tätigkeit der Zeitung „Thüringer Volk" und waren eng mit den Bildungsaufgaben der Partei verbunden. Den Schwerpunkt setzte man dabei auf die organisatorische Unterstützung der SED bei der Schaffung von zusätzlichen 14 Parteischulungseinrichtungen in den Kreisen. Dazu sollten entsprechend ausgebildete SMA-Leute vor Ort präsent sein, weil nach Einschätzung der sowjetischen Behörden den SED-Kreisleitungen in der Regel die Kompetenz fehlte, solche Aufgaben zu realisieren. Eine weitere Aufgabe sah man in der Vervollkommnung der Landesparteischulen. Sie wurden verständlicherweise mit ebensolcher Aufmerksamkeit bedacht wie die Kreisparteischulen. Der Unterschied bestand lediglich darin, dass diese Schulen bereits seit Monaten (zuerst als KPD-Schulen) existierten, sodass es hier hauptsächlich um die Vervollkommnung der Tätigkeit als solcher ging.

Auf Empfehlung der Führung der SMAD vom Dezember 1946105, die „reichen Erfahrungen der KPdSU(b) umfassend zu nutzen", wurde ein zusätzlicher Punkt in den Arbeitsplan aufgenommen: Er verpflichtete die Mitarbeiter der Propagandaabteilung, sich unmittelbar an der Erarbeitung der Lehrprogramme für die Parteischulen und an der Auswahl geeigneter Lehrkräfte zu beteiligen sowie Schüler kritisch zu überprüfen. Über jede einzelne potentielle Lehrkraft war eine Art politisches Dossier anzufertigen. Zweifelsohne hat bei der Erstellung solcher Karteien (nicht nur für das Parteischulungswesen, sondern generell bei der Auswahl von Kadern) das 1946 gegründete „Referat für Parteigeschichte in der Illegalität" eine besondere Rolle gespielt. Es hatte 105

Plan

raboty otdela propagandy Upravlenija SVA federal'noj 1947g. (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 161, Bl. 11).

5 janvarja

zemli

Tjuringii

na

Janvar'

1947g.

ot

Schritte

34

zur

ideologischen Schulung der SED

die Aufgabe, Material über die frühere Tätigkeit von Parteimitgliedern unter dem Gesichtspunkt ihrer politischen Zuverlässigkeit (selbstverständlich in der Auslegung durch ehemalige Moskauer Emigranten an der SED-Spitze) zusammenzutragen.106 Leider sind diese „Dossiers" bislang nicht zugänglich, sodass wir uns momentan noch kein genaues Bild davon machen können, welche speziellen Kriterien der Auswahl zu Grunde gelegt wurden. Es dürfte jedoch feststehen, dass solche Fragen wie die nach der Parteizugehörigkeit vor 1945 und den Orten der Kriegsgefangenschaft ebenso wie nach der Haltung zur Sowjetunion eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Getreu dem Grundsatz „Man muss den Gegner kennen, wenn man ihn besiegen will" nahm man auch Aufgaben wie die Einrichtung eines Kontrollsystems über die Parteischulen der CDU und der LDP sowie über deren öffentliche Propaganda in die Maßnahmepläne auf107 eine logische Fortsetzung der bereits zur Tradition gewordenen Linie einer „Einschränkung der Tätigkeit der bürgerlichen Parteien" und einer „Unterbindung ihrer Versuche, gegen die SED zu kämpfen"108. Diese Aufgabe wurde dadurch erleichtert, dass sich die regionalen Presseorgane vollständig unter der Kontrolle der SMA befanden. Die Propaganda (und Gegenpropaganda in Bezug auf westliche Medien) sollte nicht nur das „reaktionäre Wesen" der bürgerlichen Parteien „entlarven", sondern auch die Anzahl prosowjetischer Veröffentlichungen entscheidend erhöhen. Man erhoffte sich damit eine Verbesserung des Bildes über die UdSSR sowie die weitere ideologische „Bewaffnung" der SED-Mitglieder.109 -

Da in der Propagandaabteilung des Landes nur wenige Personen zur Nomenklatura zählten, hatdiese also alle Hände voll zu tun. Auch die nächsten Monate standen ganz im Zeichen der wachsamen Obhut über die Bildungsarbeit der Partei und über die Presse. Die Parteischulen hatten mittlerweile ihre Tätigkeit aufgenommen und die Propagandachefs waren damit beschäftigt, dem Schulsystem nunmehr den erforderlichen Schliff zu verleihen. In den Schulen und in der Presse galt es, konsequent die sowjetische Demokratie und den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR zu propagieren. Allein im Februar waren die Mitarbeiter der Unterabteilungen Mündliche Propaganda, Presse und Rundfunkpropaganda der Verwaltung der SMA für das Land Thüringen (VSMAT) verpflichtet worden, Artikel für die Zeitung „Thüringer Volk" zu erarbeiten, aus deren Titeln man allein schon ablesen konnte, auf welche Veränderungen in der SBZ man die Bevölkerung vorbereitete. Parallel zu den Zeitungsartikeln mit solchen Titeln wie „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft", „Sozialismus und Privateigentum", „Sozialismus und Freiheit der Persönlichkeit", „Sozialistische Wirtschaftsplanung" u.a. waren die Mitarbeiter der deutschen Rundfunkanstalten verpflichtet, dementsprechende Radiosendungen vorzubereiten. ten

Unter der Losung „Die UdSSR auf Friedenswacht" wurde diese barer Bestandteil der ideologischen Erziehung der Bevölkerung 106 107 108

109

Propagandaarbeit als untrennangesehen und unmittelbar in

Schultz, Der Funktionär in der Einheitspartei, S. 217. Plan

raboty otdela propagandy Upravlenija SVA federal'noj zemli Tjuringii na Janvar' 1947g. ot 5janvarja 1947g. (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 161, Bl. 11). Trëchletnij opyt raboty upravlenija informacii SVAG (okt. 1945-okt. 1948). Istoriceskaja spravka (GARF, F. 7317, op. 19, Akte 1, Bl. 42). Plan raboty otdela propagandy Upravlenija SVA federal'noj zemli 5 janvarja 1947g. (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 161, Bl. 11).

Tjuringii

na

Janvar'

1947g.

ot

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

35

der Thematik der Vorlesungen an den Kreisparteischulen reflektiert. 'l0 Die Erarbeitung solcher Reden erfolgte zwar durch unterschiedliche Personen in den einzelnen Einrichtungen der SMA, doch handelten alle diese Personen erstaunlich uniform und ergänzten sich gegenseitig in ihrer Arbeit. Im Januar 1947 war der Prozess des Aufbaus bzw. der Neustrukturierung der Propagandaabteilungen der Kreise weitestgehend abgeschlossen. Im Zusammenhang damit hatten sich auch die Aufgaben dieser Einrichtungen gewandelt. Dazu kam, dass der Typ des beflissenen, befehlsausführenden Mitarbeiters schrittweise durch eine neue Generation von Propagandisten ersetzt wurde durch Funktionäre, die aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage waren, Analysen der gesellschaftspolitischen Lage zu erstellen, Empfehlungen an zuständige Stellen zu erarbeiten. Deshalb unterscheiden sich auch die Berichte der Propagandaabteilungen auf Kreisebene an ihre jeweils übergeordneten Stellen in Form und Inhalt deutlich von denen aus dem Jahre 1945 bzw. -

Anfang 1946. In vielen dieser Berichte werden die gesellschaftliche Entwicklung in den betreffenden Kreisen sowie die Reaktionen der Bevölkerung erstaunlich objektiv dargestellt, da sie immer nur für den internen Gebrauch bestimmt waren. Jeder Bericht trägt den Stempel „Geheim", auf vielen findet sich darüber hinaus der Vermerk, dass es nur ein einziges Exemplar gibt. Als typisches Beispiel für diese Art von Berichten kann eine Analyse der Tätigkeit der Propagandaabteilung des Kreises Heiligenstadt (Werbis) vom 23.03.1947 angesehen werden1". Ohne auf die geografischen Besonderheiten des Kreises oder auf die konfessionellen Charakteristika der Bevölkerung näher einzugehen, sollen unmittelbar jene Passagen der Analyse betrachtet werden, die einen Bezug zur Politik der SED haben. Sie sollen stellvertretend für die Vielzahl von Berichten über andere Kreise stehen, denn die Aussagen in diesem Dokument sind weitgehend charakteristisch für die gesamte SBZ zum damaligen Zeitpunkt.

Kapitel über den Kreis Heiligenstadt es ist das mit Abstand umfangreichste des Berichtes trägt den vielsagenden Titel „Analyse der Kreisorganisation der Einheitlichen Sozialistischen Partei" (in ebendiesem Duktus im Russischen!). Die Propagandisten bescheinigen darin der SED Das

-

-

für die Berichtsperiode „völlige Unbeholfenheit und einen Niedergang der gesamten Arbeit". Mussten sie nicht vielleicht fürchten, die Verantwortung dafür zugewiesen zu bekommen? Schließlich waren seit Arbeitsaufnahme der KPD/ SED bereits 17 bzw. acht Monate vergangen und ihre Mündel waren immer noch nicht dem Stadium der Anfangsschwierigkeiten entwachsen? Vermutlich bestand diese Gefahr. Dennoch blieben sie dabei und erläuterten aus ihrer Sicht die Ursachen der Misere. Recht überzeugend stellten sie dar, dass die klare Niederlage der SED gegenüber der CDU bei den Kommunalwahlen und das sich daraus ergebende Übergewicht der CDU in den örtlichen Selbstverwaltungsorganen die Partei in eine fast ausweglose Lage gebracht hatten. Viele SED-Mitglieder waren der Meinung, dass es nunmehr sinnlos sei, an Konkurrenz zur CDU auch nur zu denken. Einen weiteren Grund aus sowjetischer Sicht stellten die sich verdichtenden Gerüchte über einen möglichen neuen Krieg zwischen den Alliierten und der UdSSR -

110 111

Plan raboty otdela propagandy Upravlenija SVA federal'noj zemli Tjuringii na fevral' 1947g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 161, Bl. 7-8). Doklad o rabote otdelenija propagandy rajona Chajligenstadt s lgo fevralja po 10 marta 1947g., napravlen v otdel propagandy USVA federal'noj zemli Tjuringii (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 163, Bl. 39).

Schritte zur ideologischen Schulung der SED

36

aus dem die Sowjetunion offensichtlich als Verlierer hervorgehen würde. Diese Gerüchte lähmten „bis vor Kurzem die Aktivität eines Teils der SED". Solche Gerüchte würden von Rückkehrern aus der britischen Besatzungszone unter Berufung auf direkte englische Quellen verbreitet. '12 Aber diese Gerüchte waren keineswegs neu. Bereits 1945 hatte die Bezirksleitung Thüringen der KPD dazu aufgerufen, ihnen „mit aller Kraft entgegenzuwirken" 113.

dar,

Das Ergebnis der Verbreitung solcher Gerüchte wurde allerdings unterschiedlich bewertet: von der KPD als Antisowjetismus was die SMA jedoch in ihrer Tätigkeit de facto kaum beeinträchtigte und von der SMA als grundlegend negativer Faktor, der sie störte, die Arbeit mit der SED in geordnete Bahnen zu bringen. Damals wurden diese Informationen von den meisten Mitarbeitern der Propagandaabteilungen der Kreise allerdings als gemeine Lüge gewertet, die nur den einen Zweck verfolge, die SED zu spalten, ihre Reihen zu verunsichern und ihre Verbündeten auf dem Land, die Neubauern, zu desorientieren. So sahen die Propagandisten in diesem Zusammenhang ihre Hauptaufgabe darin, „den Glauben der Menschen an den Erfolg [des Sozialismus A.H.] zu stärken und den sich verbreitenden Tendenzen der Perspektivlosigkeit Einhalt zu gebieten" '14. Dazu sollte in erster Linie der Partei geholfen werden, sich selbst neu zu positionieren. Mit anderen Worten, die sowjetischen Propagandaoffiziere übernahmen die Aufgabe, den Deutschen, speziell den Mitgliedern der SED zu erläutern, was diese eigentlich wollten und wie denn diese Ziele ihrer Partei zu erreichen wären. -

-

-

Ohne ihre Arbeitsmethoden zu verschleiern, informierte also die Propagandaabteilung des Kreises die zuständige Bezirksleitung darüber, dass auf ihre Empfehlung [lies: Befehl A.H.] hin eine Sitzung des Parteiaktivs der SED durchgeführt worden sei. Im Ergebnis dieser Beratung seien zusätzliche Maßnahmen zur Belebung der Parteischulung ergriffen worden. '15 „Ratschläge" und „Empfehlungen" sowjetischer Militärs prägten von nun ab immer mehr das Leben der Partei im Kreis, begleiteten deren Tätigkeit auf Schritt und Tritt. Das begann schon bei der territorialen Neugliederung der Parteistruktur. Auf „Empfehlung" der SMA wurde der Kreis in elf Abschnitte gegliedert, an deren Spitze man jeweils einen Parteifunktionär stellte. Deutlicher wurde es bei der groß angelegten Kampagne zur Werbung neuer Parteimitglieder und zur Säuberung der Partei von ehemaligen Sozialdemokraten, die angeblich eine „versöhnlerische Politik in Bezug auf die CDU" betrieben.u6 -

Gleichzeitig war die SMA bestrebt, ihre offenkundige Einmischung in die Angelegenheiten der SED (ihre Propagandavertreter nahmen de facto an allen Sitzungen der Kreisleitung teil) vor der deutschen Öffentlichkeit so gut es ging zu verbergen. Sie vermieden es, ihre „Empfehlungen" öffentlich weiterzureichen. Stattdessen bedienten sie sich anderer Methoden. Die zuständigen 112

113 114

115 116

Ebd. Heute, mehr als 50 Jahre später, wissen wir, dass diese Gerüchte einer gewissen Basis nicht entbehrten. Im Oktober 1998 erschienen in der britischen Presse und bald darauf auch in anderen Ländern die ersten Informationen über „militärische Pläne des Kabinetts von W. Churchill in Bezug auf die UdSSR vom Frühjahr 1945". Siehe hierzu: Rzesevskij, Sekretnye voennye plany U. Cercillja protiv SSSR, S. 98-123. Koch, Einige Aspekte des Kampfes gegen des Antisowjetismus, S. 68-77. Doklad o rabote otdelenija propagandy rajona Chajligenstadt s lgo fevralja po 10 marta 1947g., napravlen v otdel propagandy USVA federal'noj zemli Tjuringii (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 163, Bl. 40). Ebd. Ebd.

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

37

SED-Funktionäre wurden jeweils im Vorfeld der Sitzungen zu „persönlichen Gesprächen" eingeladen, im Verlauf derer ihnen unter vier Augen die Positionen der sowjetischen Seite nahe gebracht wurden. So vorbereitet, waren es dann nach außen hin die Deutschen selbst, die die geplanten Beschlussvorlagen einbrachten, freilich nur als Sprachrohr der SMA. So geschah es zum Beispiel mit der Entscheidung, die Struktur der Kreisorganisation zu erweitern, neue Abteilungen zu gründen (Kommunales, Politik, Finanzen, Produktion usw.), um das Parteiaktiv auch zahlenmäßig zu stärken. In diesem Fall wie in vielen anderen auch entwickelte sich aus der sowjetischen „Empfehlung" eine verblüffende Eigendynamik: Die SED-Führung zeigte sich derart übereifrig in der Umsetzung der Vorlagen, dass sich die Mitarbeiter der Propagandaabteilung sogar genötigt sahen, deren Intitiativdrang zu bremsen als nämlich die SED-Kreisleitung Heiligenstadt bereits auf 36 Abteilungen angewachsen war. 'n -

-

-

Doch die strukturellen Veränderungen waren nur die eine Seite. Als wesentlich wichtiger sah die sowjetische Seite Fragen der aktiven Kaderpolitik an: Wenn es der SED gelänge, kurzfristig ihre Mitglieder und besonders ihre Funktionäre so zu schulen, dass diese den anstehenden Aufgaben besser gewachsen wären, so ließen sich auch alle anderen Probleme leichter lösen. Deshalb avancierte die Stärkung der Parteischulung zur Hauptaufgabe. Zunächst bestanden die SMA-Propagandisten auf einer Verdopplung der Anzahl der an den Parteischulen verfügbaren Referenten, um wesentlich mehr Abendkurse in den SED-Grundorganisationen, aber auch in den Gewerkschaften und anderen Massenorganisationen anbieten zu können. Gleichzeitig galt es, auch diese Referenten ständig weiterzuqualifizieren. Dass die Ausbildungsunterlagen jeweils von den Propagandaabteilungen der SMA freigegeben werden mussten und die Mitarbeiter der Besatzungsbehörden häufig in den Lehrveranstaltungen hospitierten, war nichts Besonderes mehr, die Kreisleitungen der SED hatten sich längst daran gewöhnt. Unverständnis rief jedoch zumindest bei all jenen, die nach mehr Eigenständigkeit strebten, hervor, dass bei der Erfüllung einer ganzen Reihe von Aufgaben die SED-Funktionäre durch Mitarbeiter der SMA ersetzt wurden. Wie sonst sollte man die folgende Äußerung der SMA verstehen: „Die Abteilung unterstützt die Kreisleitung der SED ebenfalls dadurch, dass sie sich mit der Lage in den Gemeinde-Parteigruppen bekannt macht"118. Im Anschluss an dieses „Bekanntmachen" gaben die SMA-Mitarbeiter den Kreisleitungen dann „Empfehlungen", was weiter zu tun sei, wie das Parteiaktiv noch besser angeleitet werden könne usw. mit anderen Worten: wie man die Leute dazu bringen könne, alle ihnen gestellten Aufgaben in der erwarteten Qualität zu erfüllen. -

Darüber hinaus wurde der Kreisleitung „empfohlen", über sämtliche Teilnehmer an Schulungen zu lassen und bei den Kontrollen in den Grundorganisationen auf eine Reihe von Fragen besonders zu achten: auf die Verbesserung der Schulungsarbeit allgemein, auf das zahlenmäßige Wachstum der Partei (bei exakter Registrierung aller Zu- und Abgänge), auf die politische Schulung und berufliche Qualifikation der Mitglieder von SED-Fraktionen in den

genauestens Buch führen

Selbstverwaltungsorganen. Auf die außerordentliche Rolle der Presse bei der Umsetzung der Bildungspolitik der SED eingehend, hebt der Bericht hervor, dass im Kreis Heiligenstadt Mitarbeiter der Kreiskommandantur nicht nur die allgemeine Zensur über die regionale Tageszeitung ausübten, sondern unmittel117 118

Ebd., Bl. 42. Ebd.

Schritte

38

zur

ideologischen Schulung der SED

Redaktionsprozess hätten. Sie kontrollierten die Entstehung der Materialauswahl über die Art der Darstellung bis hin zur generellen AusTageszeitung von der richtung und Umsetzung der Parteilinie in der Presse. '19 baren Einfluss auf den gesamten

Im März konnten die Mitarbeiter der Propagandaabteilung des Kreises

Heiligenstadt mit Genug-

tuung feststellen, dass die Arbeit der vergangenen drei Monate recht erfolgreich gewesen sei. Es

sei ihnen gelungen, die Partei zu neuem Leben zu erwecken und die ihnen unterstellten Kreisabschnitte vollständig zu kontrollieren. Nunmehr sei es vorrangige Aufgabe, die SED zu einer

„wirklichen Kampfkraft"

zu

entwickeln.120

Im Frühjahr 1947 herrschte also weitgehend Klarheit über die generelle Linie gegenüber der SED und gegenüber den bürgerlichen Parteien, die Prioritäten waren gesetzt. Da die Propaganda(Informations-)Abteilungen durch keine anderen „Arbeiten" mehr „belastet" waren, d.h. wirtschaftliche Fragen, Entnazifizierung o.Ä. im Wesentlichen nicht mehr in ihren Kompetenzbereich fielen, konnten sie ihre gesamte Energie auf die ideologische Arbeit konzentrieren. Dass die Gründung der geplanten Kreisparteischulen und die bereits existierenden Parteischulen auch ihre ökonomische Unterstützung erforderten, lenkte sie nur unwesentlich von der Hauptsache ab. Man kann allerdings nicht behaupten, dass die Informationsabteilungen bis zum Herbst des Jahres sonderliche Initiativen bei der Veränderung der Parteischulung gezeigt hätten. Ihre Tätigkeit kann man eher als eine gewissenhafte Erfüllung der Anweisungen aus Karlshorst charakterisieren. Die Tatsache, dass die von den SMAD-Mitarbeitern beanstandeten Mängel in der Mehrheit nur Kinderkrankheiten bei der Herausbildung der Parteischulen betrafen, bedeutet noch nicht, dass sie sich nicht ernsthaft darum gekümmert hätten. Die Kritik beinhaltete zum Beispiel folgende Positionen: -

-

dass in den Parteischulen ohne das nötige Engagement gelernt werde, dass die Schulen immer mehr zu einer Art Erholungsheim für Parteimitglieder der SED verkämen;121 dass unter den Absolventen der KPS nur wenige Leiter von SED-Grundorganisationen seien und die Zusammensetzung der Hörerschaft insgesamt noch sehr zu wünschen übrig

lasse; dass die Provinz- und die Kreisleitungen der SED nicht mit den Parteischulen zusammen-

arbeiteten; dass die Lehrkräfte

-

an

den Parteischulen

nur

über einen

mangelhaften Bildungsstand

verfügten usw.

Diese Kritik von Seiten der Kontrolleure der SMA führte häufig dazu, dass die betreffenden Fragen unmittelbar in den Sitzungen der Landesparteiorganisation beraten wurden. Die sich fortsetzende „Jagd" nach ehemaligen Sozialdemokraten im System der Parteischulung zog oftmals ernsthafte Konsequenzen nach sich. Die Beschuldigung, theoretische Probleme aus opportunistischer Sicht darzulegen, führte nicht nur zur Ablösung der betreffenden Person als Lehrkraft, sondern häufig zu deren Verhaftung. Der Kampf um die Reinheit der marxistischen Weltanschauung duldete kein Andersdenken. 119 120 121

Ebd.

Ebd., Bl. 43.

Informacionnaja svodka o rabote rajonnych partijnych skol SEPG ot 18 ijulja 1947g. za podpis'ju zam. nac. Upravlenija informacii SVAG A. Abramova (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 163, Bl. 162).

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

39

1.4.2 Sachsen-Anhalt Im Unterschied zu Thüringen sind in den Berichten der Propagandaabteilungen der sächsischanhaltinischen Kreise Anfang 1947 pessimistische Stimmungen und die z.T. vernichtende Kritik in Bezug auf die Lage der SED in wesentlich geringerem Umfang zu beobachten. Haupttenor der Materialien zur Provinz Sachsen(-Anhalt) ist die Genugtuung darüber, dass die SED, nachdem sie bei den Wahlen zum Landtag und zu den Kreistagen die jeweils meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte, nunmehr die einflussreichste und auch zahlenmäßig stärkste Partei der Provinz sei.122 Deshalb sahen die Propagandaabteilungen der Kreise zum damaligen Zeitpunkt ihre Hauptaufgabe in der Stärkung der örtlichen Selbstverwaltungsorgane (selbstverständlich unter der Maßgabe, dass die SED darin die führende Rolle spiele!) sowie in der weiteren organisatorischen Festigung der SED und der „ideologischen Erziehung ihrer Reihen". Was darunter zu verstehen war, sollte hinlänglich bekannt sein. Darum verwundert es nicht, dass die Kommandanturen in ihren Arbeitsplänen zwei speziellen Punkten besonderes Gewicht beimaßen: der „qualitativen Verbesserung der politischen Schulung von Parteimitgliedern im Rahmen des Parteilehrjahrs" und dem „Aufbau von Kreisparteischulen". Auch der Ton, in dem

man mit den SED-Kreisleitungen kommunizierte, war nicht neu. Da hieß Bezirkskomitee ist vorzuschlagen", eine detaillierte Direktive [sogar die „Dem Beispiel: Terminologie trägt eindeutig militärische Züge A.H.] zur Erhöhung der Qualität der Parteischulungsveranstaltungen zu erarbeiten; die Kreiskomitees sind zu „verpflichten", diese Direktive

es zum

-

zu erfüllen. Es wurde also nicht „empfohlen", sondern „verpflichtet", d.h. bei Nichterfüllung oder ungenügendem Engagement in der Umsetzung drohte Bestrafung. Dass so eine Direktive wirklich erarbeitet und wie üblich als Initiative der SED-Führung ausgegeben worden ist, entspricht folgerichtig dem Geist der damaligen Zeit. Einzelne Punkte der Direktive sind es wert, gesondert betrachtet zu werden: „Notwendigkeit der politischen Aktivierung aller Parteimitglieder; Maßnahmen zur Steigerung der Bereitschaft zur Teilnahme an Parteiversammlungen sowie zur Anhebung der Qualität der Versammlungen insgesamt ergreifen;

strikt

-

Zur Arbeit mit dem Parteiaktiv; Zur Arbeit und den Aufgaben der jungen Parteimitglieder; Parteischulung eine unaufschiebbare Aufgabe der Partei."

-

123

-

-

Diese Forderungen der SMA wurden als Forderungen der SED-Provinzleitungen den Vertretern der Kreisparteiorganisationen der SED sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form nahe gebracht, letzteres z.B. in Form von Beiträgen auf Plenen der jeweiligen Bezirksleitung. Allein im Bezirk Anhalt waren von Seiten der SMA vier Kreisparteischulen vorgesehen: in Rosslau (für die Stadt Dessau und den Kreis Zerbst), in Kalbe (für die Kreise Kalbe und Bernburg), in Köthen (für den Kreis Köthen) und in Ballenstedt (für die Kreise Ballenstedt und Quedlin-

burg). 122

123

Otcët o rabote za dekabr' SVAG provincii Saksonii Ebd.

1946g. okruga Anchal't, peredannyj 18 jan. 1947g. nac. otdela propagandy majora tov. Bobkovu (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 275, Bl. 86).

Schritte zur ideologischen

40

Schulung der SED

Die Schulen sollten zwischen dem 5. und 19. Januar 1947 ihre Arbeit aufnehmen und wie überall in der Zone von diesem Moment an unter strenger Kontrolle von Vertretern der Bezirkspropagandaabteilungen der SMA sowie von Vertretern der SED-Bezirksleitung stehen. -

-

Magdeburg plante die Bezirksmilitärkommandantur die Eröffnung von 14 Kreisparteischulen im Monat Januar. In diesem Punkt stimmten ihre Meinungen mit denen der SEDFührung vollkommen überein, was die Umsetzung der Pläne erheblich erleichterte. So erhielt der Leiter der Propagandaabteilung der VSMA für die Provinz Sachsen(-Anhalt), Gardeoberst Rodionov, bereits am 11. Januar einen Rapport der Propagandaabteilung des Kreises Merseburg. Darin wird mitgeteilt, dass die Vorbereitungen für die Eröffnung der Parteischulen im Wesentlichen abgeschlossen seien, dass alle für diese Schulen vorgesehenen Gebäude der SED bereits mit Hilfe der SMA zur Verfügung gestellt worden seien und voll und ganz den Anforderungen genügten. Darüber hinaus beschreiben die Merseburger Propagandisten genauestens die vielfältigen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen hatten: sei es bei der Versorgung mit Heizmaterial, mit Lebensmitteln, Geschirr oder bei der Bereitstellung der erforderlichen Unterkünfte für Kursteilnehmer usw. Da aber alle diese Probleme mit Bravour gelöst worden waren, hatten die Propagandisten auf diese Weise Gelegenheit, ihre Tüchtigkeit zu unterstreichen. Ein generelles Problem, das von den Mitarbeitern der SMA bei der Eröffnung von Parteischulen immer wieder angesprochen wurde, war die „Überprüfung der Lektorenschaft"124. Hierbei hatte die Loyalität gegenüber der SED einen wesentlich höheren Stellenwert als die eigentliche fachliche Eignung. Dieses Verhältnis sollte sogar noch verbessert werden. Eigens dafür waren spezielle Vorbereitungskurse angeregt worden, die dann an der Parteischule Halle auch wirklich stattgefunden haben. Im Grunde genommen war allen klar, dass man in einer so kurzen Ausbildungszeit keine ernsthaften Lernergebnisse erwarten konnte. Darauf kam es auch gar nicht an. Die vom Zentralvorstand in Übereinstimmung mit der Propaganda-/Informationsverwaltung erarbeiteten Lehrpläne lagen bereits vor. Die Hauptsache zu dem Zeitpunkt war eine detaillierte Kontrolle.125 Gegen Ende Februar 1947 lief die Vorbereitungsphase beim Aufbau der Parteischulen aus. Die Propagandaverwaltung der SMA in Deutschland und ihr Leiter, Oberst Tjul'panov, erwarteten endgültige und detaillierte Berichte über die politische Lage in den Ländern und Provinzen, insbesondere in Bezug auf die SED. Ein solcher Bericht mit dem bezeichnenden Titel „Über Veränderungen der politischen Lage in der Provinz Sachsen-Anhalt" wurde unter dem Datum vom Im Bezirk

24.02.1947 nach Berlin gesandt.126 Dieses Dokument soll hier näher betrachtet werden, da es mit seiner typischen Gestaltung stellvertretend für andere stehen kann:

Nach dem Bericht gab es in dieser Provinz 399675 Mitglieder der SED. Im Monat Januar standen 5 779 Neuaufnahmen nur 394 Abgänge gegenüber. Die Mehrzahl der Ausgetretenen wurden als Karrieristen deklariert so mussten die wahren Gründe für den Austritt oder Ausschluss nicht erläutert werden. Ausführungen zur Entwicklung des Parteischulwesens nahmen auch in diesem -

124

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy USVA provincii Saksonii polkovniku Rodionovu ot 11.01.47g. o „Dejatel'nosti politiceskich partij, profsojuzov i drugich antifasistskich organizacijach" (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 275, Bl. 22).

125 126

Ebd.

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. Tjul'panovu ot 24.02.47g. ob „Izmenenijach v polticeskom polozenii v provincii Saksonija-Angal't ot nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii-Angal't polkovnika Rodionova (Ebd., Bl. 112).

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

41

Bericht einen großen Stellenwert ein. Um sich jedoch selbst vor eventueller Kritik wegen zu starker Bevormundung der SED zu schützen (in der Führung der SMAD war dies in der Tat bereits im Gespräch), formulierte man immer vorsichtiger und stellte die Entwicklung so dar, als käme der Provinzverwaltung der SED dabei die Hauptrolle zu. Ebendiese Provinzverwaltung habe in Erfüllung der Beschlüsse des Zentralvorstandes der SED über die ideologische Erziehung der Parteimitglieder in Sachsen-Anhalt 25 Kreisparteischulen (davon 14 im Bezirk Merseburg, sieben im Bezirk Magdeburg und fünf im Bezirk Anhalt) mit einer Ausbildungsdauer von zwölf Tagen sowie eine Provinzparteischule mit einer Studiendauer von drei Monaten eröffnet. Die zentrale Leitung interessierte sich jedoch nicht nur für die Anzahl der Schulen, sondern auch für eine genaue Statistik der Hörer sowohl in Bezug auf ihren Parteistatus als auch auf ihr Alter und die soziale Herkunft. Es wäre naiv anzunehmen, dass bei einer derartigen Kontrolle der Lehrprozess unberührt geblieben sei. Sämtliche Berichte betonen, dass der Unterricht nach einem einheitlichen, vom ZV der SED verteilten Lehrprogramm sowie nach einheitlichen Lehrvorlagen geführt werde.127 Deshalb steht in den Ergebnisberichten zu Überprüfungen der Kreisparteischulen unter den aufgedeckten Mängeln ein Punkt überall an oberer Stelle: die fehlende Einheitlichkeit im Lehrprozess an den einzelnen Einrichtungen. Dabei handelte es sich bei den dokumentierten Abweichungen in der Regel lediglich um unbedeutende Verschiebungen in der Stoffverteilung.128 In ihren Schlussforderungen vermerkten die jeweils Verantwortlichen „mit Besorgnis", dass einige Lektoren in ihren Vorlesungen immer noch „Abweichungen und Verzerrungen jener Lehrvorlagen dulden würden, die vom Zentral vorstand der SED ausgegeben worden waren"129. Dieser Situation müsse schleunigst ein Ende bereitet werden. Ebenso sei es erforderlich, über den Landesvorstand der SED darauf einzuwirken, dass an Landesparteischulen künftig keine „eigenschöpferische Tätigkeit" mehr geduldet werde. Lektoren müssten noch stärker als bislang innerhalb von speziellen Seminaren auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Die momentan angebotenen Seminare würden nicht regelmäßig genug stattfinden und nicht alle Lektoren erfassen. Darüber hinaus bestand man darauf, die Propaganda der Sowjetunion, ihrer Außenpolitik, ihrer Deutschlandpolitik usw. noch stärker als bisher zu forcieren und dafür insbesondere die Presse zu aktivieren. 13°

Entsprechend einem seit Monaten praktizierten Herangehen wurde den ehemaligen Sozialdemokraten unter den Lehrkräften besondere Aufmerksamkeit zuteil, und zwar nicht nur von Seiten der SMAD, sondern auch von den besonders linientreuen Mitgliedern der SED. Es kam vor, dass ein Schulleiter, zweifelsohne zu diesem linientreuen Kern gehörend, es entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten für nötig erachtete, bei einer Vorlesung zu hospitieren, die ein ehemaliger Sozialdemokrat hielt, um sich detaillierte Notizen über den Inhalt des Gehörten zu machen.131 127 128

129

130 131

u.a.: Otcët o rabote za dekabr' 1946g. okruga Anchal't, peredannyj 18 jan. 1947g. nac. otdela propagandy SVAG provincii Saksonii majora tov. Bobkovu (Ebd., Bl. 86). Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. Tjul'panovu ot 24.02.47g. ob „Izmenenijach v polticeskom polozenii v provincii Saksonija-Angal't ot nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii-Angal't polkovnika Rodionova (Ebd., Bl. 117). Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. t. Tjul'panovu ot 24.02.47g. ob „Izmenenijach v polticeskom polozenii v provincii Saksonija-Anchal't ot nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii-Anchal't polkovnika Rodionova (Ebd., Bl. 126).

Siehe

Ebd. Die Parteischulen der SEP (so im

Original

in: FES-Archiv, SPD-PV-Ostbüro,

0325-1, o.BL).

Schritte

42

zur

ideologischen Schulung der SED

Praktisch jede Äußerung dieser Personen in den Mauern der Schule oder bei öffentlichen Veranstaltungen, die nicht ganz konform mit dem Standpunkt der zentralen Leitung bzw. mit der offiziellen Doktrin ging, wurde registriert und in den Kaderakten vermerkt.132 waren nicht nur ehemalige Sozialdemokraten, die diesbezüglich negativ auffielen. Auch Lektoren, die ganz besonders gewissenhaft an der offiziellen Interpretation der „Lehren aus der Geschichte" festhalten wollten, wichen im Eifer des Gefechts von der „Reinheit der marxistischen Lehre" im Sinne der SMA ab, was wiederum ein Grund für Unzufriedenheit von sowjeti-

Aber es

scher Seite war. Hatten sich solche kritischen Bemerkungen über eine gewisse Zeit angesammelt und damit einen bestimmten Punkt erreicht, so ertönte von Seiten der Propagandaverwaltung wieder die Forderung nach einer Überprüfung der politischen Zuverlässigkeit der betreffenden Lehrkräfte sowie der Aufruf, die Betroffenen sollten sich doch endlich mehr um die Verbesserung ihrer theoretischen Kenntnisse bemühen. Dass die Inhalte der Ausbildung im Rahmen der Vorbereitungskurse gemeinsam oder zumindest unter der Kontrolle der SMA festgelegt wurden, muss hier nicht näher erläutert werden, ebenso wenig die Richtung, in der dies stattfand. Dabei bemühte sich die SMA einerseits, die ehemaligen SPD-Anhänger unter den Lehrkräften aus den Parteischulen zu verdrängen, andererseits aber wollte sie immer mehr ehemalige SPD-Mitglieder in das System der Parteischulung einbinden. Das betraf sowohl Funktionäre der SED als auch einfache Parteimitglieder. Da man nicht alle isolieren konnte, nahm man sich vor, sie mit allem Ernst umzuerziehen und das Denken der Menschen (nicht nur in der Schule) „auf ihre Weise zu gewinnen" 133. Die Schlussfolgerungen ließen nicht lange auf sich warten, das Handlungsprogramm in Bezug auf die Parteischulbildung der SED war deutlich genug umrissen und im Wesentlichen darauf gerichtet, jegliche Abweichung von den durch den Zentralvorstand der SED nach unten weitergegebenen Anweisungen [lies: den gemeinsam mit Karlshorst erarbeiteten oder zumindest dort bestätigten A.H.] im Kern zu unterbinden. -

1.4.3 Sachsen Bereits im Jahre 1945 war die politische Lage in Sachsen aus der Sicht der SMA wesentlich positiver zu bewerten als in anderen Ländern und Provinzen der SBZ. So war es kein Zufall, dass gerade hier eine Reihe politisch bedeutsamer Maßnahmen für Ostdeutschland realisiert wurden. Man denke nur an das Referendum zur Übergabe ehemals durch die SMA sequestrierter Industriebetriebe von Nazi- und Kriegsverbrechern an die deutschen Selbstverwaltungsorgane und an die Bodenreform, die hier ihren Ausgang nahm. Ungeachtet dieser äußerlich recht glatt verlaufenden Entwicklung gab es in Sachsen dennoch eine Reihe von Problemen, die sich allerdings in wesentlichen Momenten von denen der anderen Länder und Provinzen unterschieden.

Ähnlich wie auch anderswo in der SBZ begannen ehemalige SPD-Mitglieder in den Reihen der sächsischen SED eine z.T. offene, in der Regel jedoch aus Angst vor Verfolgung eher verdeckte Tätigkeit gegen die Zwangsvereinigung. Nicht nur die NKWD-Organe, sondern auch die Mitar132

133

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. t. Tjul'panovu ot 24.02.47g. ob „Izmenenijach v polticeskom polozenii v provincii Saksonija-Anchal't ot nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA zemli Saksonii-Anchal't polkovnika Rodionova (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 275, Bl. 117). Mampel, Das Ministerium für Staatssicherheit, S. 55.

Umsetzung in den Ländern und Provinzen beiter der Propagandaabteilungen hatten es sich als „feindliche Handlungen" eingestuft streng teln. ,34

43

zur zu

Aufgabe gemacht, diese Tätigkeit längst Sympathisanten zu ermit-

überwachen und

-

-

In ihrer

ständigen Sorge um die „Reinheit der Reihen" handelten die Mitarbeiter der Komman-

danturen, wie in anderen Ländern und Provinzen auch, nach dem Grundsatz, dass eine Schwä-

des Gegners zur eigenen Stärkung beitrage. Deshalb wurden in die Monatsarbeitspläne Punkte aufgenommen wie zum Beispiel: „Arbeit mit den Delegierten der Provinzparteitage der CDU und der LDP"135.

chung

Die Handlungsprogramme, die die Mitarbeiter der Propagandaabteilungen erstellt hatten, wurden in der Regel erfüllt. So lautete z.B. eine Minimalforderung, bis Anfang 1947 „progressive Elemente" in den neu zu wählenden Vorstand einer Partei hineinzubringen136, um über diese Leute in Zukunft sowohl die angestrebte Blockpolitik als auch den Kurs auf eine zunehmend prosowjetische Orientierung verwirklichen zu können. In der Arbeit mit der SED wechselte das Vorgehen von der Einräumung gewisser Freiheiten über eine verschärfte Kontrolle bis hin zur Erteilung von Anweisungen. Da heißt es zum Beispiel an einer Stelle des Arbeitsplanes der Propagandaabteilung, dass es erforderlich sei, die Beschlüsse des Provinzvorstandes der SED sowie der Dresdner Stadt- und Kreisleitung über einen Zeitraum von drei Monaten (für andere Länder und Provinzen war eine solche Zeitspanne in Bezug auf die Einmischung in das Parteileben fast undenkbar) genauestens zu analysieren. An anderer Stelle dagegen, wo es um eine Vielzahl von Fragen des gesellschaftspolitischen Lebens in Sachsen, von den Gewerkschaften bis zu den Hochschulen, von Frauenverbänden bis zu Wirtschaftsfragen geht, werden die Punkte von Worten wie „sichern", „unterstützen" oder auch „kontrollieren" eingeleitet. Hier ging es in erster Linie um die Beziehungen zur SED und dabei speziell um die

ideologische Arbeit. Nachdem man es bis Januar 1947 erreicht hatte, die durchgehende Tätigkeit von neun Parteischulen zu sichern, waren nunmehr alle Anstrengungen darauf gerichtet, bis Februar weitere zwölf Schulen zu eröffnen. Dabei versäumte man nicht, die bereits funktionierenden ununterbrochen zu kontrollieren. Wie überall in der SBZ interessierten die SMAD zugleich die wirtschaftliche Tätigkeit (besser gesagt die Bedürfnisse), die soziale Zusammensetzung und Parteizugehörigkeit der Hörer sowie der Lehrprozess als Ganzes. Die Berichte über Ergebnisse von Kontrollen waren mit Worten gespickt wie „es ist erforderlich, die SED-Kreisleitung darauf hinzuweisen" oder ähnlichen, auf Direktiven hinweisende Formulierungen. Neben der Kritik an der Auswahl der Hörer bestanden die Kontrolleure von der SMA oftmals darauf, den Unterricht in der einen oder anderen Schule vor Ort genau unter die Lupe zu nehmen. Das betraf nicht nur den Inhalt der Lehrveranstaltungen, sondern auch deren Abfolge (insbesondere in Bezug auf das Selbststudium). Das Unverständnis dafür, wie man die Hörer für einige

134

135 136

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. t. Tjul'panovu ot 10.02.47g. „O polticeskom polozenii v Federal'noj Zemli Saksonii i o rabote otdela propagandy za janvar' mesjac 1947 g. ot nacal'nika otdela propagandy Upravlenija SVA FZ Saksonii podpolkovnika A. Vatnika (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 190, Bl. 77). Plan raboty otdela propagandy Upravlenija SVA FZ Saksonii Ebd.

na

aprel' 1947g. (Ebd., Bl. 229).

Schritte zur ideologischen

44

Schulung der SED

Stunden am Tag ohne entsprechende Aufmerksamkeit sich selbst überlassen konnte (das sei schließlich Individualismus!), führte sogar zu der Forderung, „die Hörer anzuweisen wie richtig an Zeitungsmaterial zu arbeiten und wie dieses zu verstehen ist"137. In dem Bestreben, eine totale Kontrolle der Studierenden zu erreichen, ging man manchmal bis zu Absurditäten wie der Forderung, den Inhalt sämtlicher in den Schulen stattfindender Diskussionen aufzuzeichnen.138 Dass das Spektrum der Fragen, die in damals häufig noch ungezwungener Form diskutiert wurden, außerordentlich umfangreich war und es ermöglichte, die Meinung einer breiten Masse recht gut zu analysieren (um die Propaganda und Gegenpropaganda besser zu organisieren), war dabei nur die eine Seite der Medaille. Die Kontrolle über die kritischen Äußerungen jedes Einzelnen war die andere. Dass dieses Vorgehen nicht zur allgemeinen Praxis wurde, hatte eigentlich nur einen einzigen Grund: Es scheiterte an der praktischen Durch-

führbarkeit. Bei ihren turnusmäßigen Kontrollen vor Ort waren die Mitarbeiter der Propagandaabteilungen oftmals perplex: Es gab jede Menge Arbeit, aber wo waren die Kreis- oder Provinzleitungen der SED? Die Forderung, sie sollten doch endlich eine echte Kontrolle und Führung der Parteischulen auf die Beine stellen,139 ertönte aus allen Kreisen. Die Notwendigkeit, ständig Mitteilungen über Missstände (mit der Forderung nach deren Abschaffung) und Vorschläge zur Verbesserung der Lage der Parteischulbildung weiterzuleiten, lag auf der Hand. Nun kann man zwar nicht sagen, dass die SED-Führungen der verschiedenen Ebenen keine Kontrolle über die Kreisparteischulen ausgeübt hätten, doch in der Regel entsprachen Häufigkeit und Kriterien dieser Kontrollen nicht den Vorstellungen der Mitarbeiter der Propagandaabteilungen.140 Erklärungen von Mitgliedern der Abteilung Werbung und Schulung des Landesvorstandes der SED, dass es oftmals unmöglich sei, die sowjetischen Forderungen zu erfüllen, weil einfach Transportmittel fehlten, wurden in der Regel als Ausrede betrachtet. Dennoch versuchte man auch in diesem Punkt zu helfen.

Vorgehensweise war schon eingespielt: Zunächst wurde die SED-Führung in die Propagandaabteilung des Landes eingeladen, um keine unerwarteten Gäste und keine zufälligen, unerwünschten Zeugen befürchten zu müssen. Die deutschen Vertreter erhielten hier die erforderlichen Empfehlungen, den „Impuls" zur Aktivierung ihrer Tätigkeit. Daraufhin sollten sie selbst (auf Empfehlung der SMA) entsprechende Pressekonferenzen, Beratungen mit Schulleitern usw. einberufen, um dort Fragen der ideologischen Arbeit der Partei zu erörtern.141 Man bemühte sich also, das Image der SED als verlängerter Arm der SMAD zu vertuschen. Die

137

Dokladnaja zapiska nacal'niku otdelenija propagandy otdela propagandy Upravlenija SVA FZ Saksonii majoru t. Broder „Nekotorye zamecanija o rabote rajonnych partijnych skol" ot 03.02.1947g. ot referenta po pecatnoj propagande Upravlenija kommendantskoj sluzby Drezdenskogo okruga st. lejtenanta Mongajt (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 196, Bl. 73).

138 139 140

Ebd.

141

Ebd., Bl. 74. Bericht über den Besuch beim Kreisvorstand Großenhain; Abt. Werbung und Schulung, vom 11.1.1947 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-474, Bl. 1-2); siehe auch den Bericht über den Besuch beim Kreisvorstand Zittau; Abt. Werbung und Schulung, vom 14.1.1947 (HSAD, SED-LL Sachsen, A-474, Bl. 3-4). Plan raboty otdela propagandy Upravlenija SVA FZ Saksonii na aprel' 1947g. (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 190, Bl. 230).

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

45

Ein Grund für dieses verstärkte Engagement der Führung der SMA in ideologischen Fragen wird deutlich, wenn man einen Bericht an Tjul'panov vom April 1947 betrachtet. Darin heißt es u.a.: „Der stürmische Mitgliederzuwachs in den Reihen der Partei und die Fraktionsbildung innerhalb der Partei durch rechte Sozialdemokraten und sektiererische Kommunisten haben die Parteiführung veranlasst, eine Reihe von Maßnahmen zur organisatorischen und ideologischen Stärkung der SED zu ergreifen."142 Fraktionstätigkeit war für die Propaganda-/Informationsverwaltung immer noch ein Fremdwort (es darf nicht vergessen werden, welche Bedeutung dieses Wort für sowjetische Kommunisten hatte, welche Strafe ihnen drohte, wenn sie der Fraktionstätigkeit beschuldigt wurden). Es war für die Propagandaabteilung Sachsens nicht erforderlich, Tjul'panov offen darauf hinzuweisen, dass er Anteil an der Erarbeitung dieser Maßnahmen hatte (denken wir nur an die Wünsche einiger Prüfer aus Moskau, die SED aus allzu großer Bevormundung zu befreien). Als alter Apparatschik verstand Tjul'panov die Parteisprache genau zu deuten und wusste um die Rolle der SMA. Deshalb war die bereits im Dezember 1946 begonnene Arbeit an der „Verbesserung der operativen und konkreten Führung der Kreise" in erster Linie auf die Liquidierung der eigenständigen und starken Zentren von SED-Parteiorganisationen, zu denen vor allem die Bezirksvorstände gehörten, gerichtet. Die Beschuldigung, dass dort angeblich „Gegner der Vereinigung" säßen, war fabriziert und diente als offizielle Begründung. Die wichtigste Beschuldigung, die die SMA in ihrem Bestreben, alles für eine weitere Zentralisierung der Parteitätigkeit zu tun, hervorbrachte, bestand darin, dass in den Bezirksvorständen angeblich der Einfluss des Zentralkomitees und der Provinzvorstände „neutralisiert" wurde. Das Wort „Neutralisierung" hatte viele Schattierungen, der wesentliche Sinn jedoch bestand darin, dass die Bezirksvorstände ihre eigene Meinung vertraten und nicht nur blind „die Beschlüsse der Partei in die Tat umsetzten". Die mit Unterstützung der SMA im Januar 1948 realisierte Auflösung der Bezirksleitungen bedeutete nicht nur den Beginn einer neuen Etappe bei der Durchsetzung der Prinzipien einer „Partei neuen Typus", des „demokratischen Zentralismus", sondern auch den weiteren Kampf gegen die Freiheit des Denkens. Diejenigen Mitarbeiter der Bezirksleitungen, die die Generallinie der Partei [lies: des Zentralsekretariats A.H.] blind unterstützten, die zu Kreisleitungen umgesetzt wurden und im Netz der Parteifunktionäre verblieben (schließlich bedeutete das damals auch materielles Wohlergehen), erhielten eine anschauliche Lehre vermittelt: Handle immer wie die breite Masse. Alle anderen, denen der Ruf, ein rechter Sozialdemokrat zu sein, folgte, erwarteten schwere Zeiten in der SBZ. -

Die

Kreisparteikonferenzen, die in allen sächsischen Kreisen im Januar gut vorbereitet [lies: unterstützt durch den Landesvorstand der SED A.H.] durchgeführt wurden, legitimierten die

Auflösung der Bezirksleitungen und erarbeiteten Verhaltensrichtlinien zur „organisatorischen und ideologischen Stärkung der SED"143. Zu diesen Maßnahmen gehörte nicht nur die Bildung von Betriebsparteigruppen, sondern auch Veränderungen im System der Beitragskassierung (ein Kassierer für zehn Mann, der gleichzeitig Agitator dieser Gruppe war) in Anlehnung an die in der KPdSU üblichen Prinzipien. -

142

143

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. t. Tjul'panovu i zamestitelju nacal'nika Upravlenija SVA FZ Saksonii polk. t. Artëm'evu ot 17.04.47 g. „O polticeskom polozenii v FZS i o rabote otdela propagandy za pervyj kvartal 1947g." (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 190, Bl. 244). Ebd.

46

Schritte zur ideologischen

Schulung der SED

Mit Befriedigung wurde dem Zentrum gemeldet, dass die alte Forderung der politischen Führung der SMA nach einer Übertragung der Arbeit der Wohngruppen auf die Betriebsgruppen der SED (dazu mussten diese erst einmal geschaffen werden) endlich spürbare Ergebnisse zeige; zum Stichtag 01.04.1947 habe es bereits 5 926 solcher Gruppen gegeben. Mit „selbstkritischem" Unterton bemerkte die Propagandaabteilung des Landes Sachsen, dass ihre Arbeit in dieser Richtung allerdings noch lange nicht abgeschlossen sei, da das Ziel darin bestehe, mindestens 20000 solcher Betriebsgruppen ins Leben zu rufen, d.h. flächendeckend in allen Unternehmen.144 Die konsequenten Bemühungen um die Gründung von Betriebsparteigruppen verfolgten im Wesentlichen zwei Ziele: zum einen, eine immer größere Anzahl von Parteimitgliedern in das System der Parteischulung einzubinden (vorbereitende Gespräche über die Schaffung von Betriebsparteischulen hatten bereits stattgefunden), um sie mit dem „erforderlichen Wissen" auszustatten, und zum anderen, über diese Gruppen den Einfluss der Partei auf die Produktion zu stärken. Die Orientierung der örtlichen Propagandaabteilungen von Seiten der Propagandaverwaltung der SMAD auf eine besondere Sorge um die Entwicklung des Parteischulwesens als untrennbarer Bestandteil der Stärkung der SED fand auch in Sachsen die uneingeschränkte Unterstützung der Mitarbeiter. Wie in anderen Ländern und Provinzen empfand man diese Aufgabe auch hier als „Herzenssache". Bei ihren Kontrollen der Parteischulen deckten sie nicht nur Mängel auf, sondern entwickelten eine Vielzahl konkreter Vorschläge zu deren Überwindung. Die Berichte der Propagandaabteilungen der Kreise liefen in der Landesabteilung zusammen, wo dann in den weniger prinzipiellen Fragen direkt eine Entscheidung getroffen wurde, während man sich in bedeutsameren Fragen lieber der Unterstützung der zentralen Verwaltung versicherte.

Analyse der Entwicklung des Parteischulwesens bis zum März 1947 zeigte der Propagandaabteilung des Landes Sachsen, wie viel ihr noch zu tun bevorstand. Die Überzeugung, „aus den reichen Erfahrungen der KPdSU(b) schöpfen zu können", führte häufig dazu, dass die sowjetischen Äußerungen allzu kategorisch daherkamen. Andererseits bewirkte sie auch, dass Erscheinungen, die es in der UdSSR in dieser Form einfach nicht gegeben hatte, die also unbekannt waren, vorschnell als Fehler bzw. Mängel in der Arbeit eingestuft wurden. Besondere Aufmerksamkeit kam weiterhin der Schaffung eines einheitlichen und geschlossenen Bildungssystems zu.145 Dieses Prinzip, in der Sowjetunion lange verwirklicht und in der Schulungsarbeit der KPD im Wesentlichen übernommen, war innerhalb der SED noch nicht selbstverständlich geworden. Die SMA-Kontrolleure sahen im Fehlen eines einheitlichen Systems nicht etwa nur eine Kinderkrankheit, sondern das Ergebnis der zielstrebigen Arbeit von Vereinigungsgegnern oder anderen „Schädlingen" in der Partei und verurteilten deshalb jede Abweichung vom Plan geradezu als verschwörerisch.146 Eine

144 145

146

Ebd., Bl. 245. Beschluss des Partei Vorstands der SED vom 14. Mai 1946 „Der Aufbau des Schulungssystems in der DDR" (HSAD, SED-LL Sachsen, Sekretariat, A-736, Bl. 14). Dokladnaja zapiska nacal'niku otdelenija propagandy otdela propagandy Upravlenija SVA FZ Saksonii majoru t. Broder „Nekotorye zamecanija o rabote rajonnych partijnych skol" ot 03.02.1947g. ot referenta po pecatnoj propagande Upravlenija kommendantskoj sluzby Drezdenskogo okruga st. lejtenanta Mongajt (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 196, Bl. 73).

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

47

Ständig kritisiert wurde ebenso

die angeblich ungenügende Kontrolle über die Tätigkeit der Parteischulen seitens der örtlichen SED-Komitees. Ungeachtet der Forderungen, diesen Mangel abzustellen, die bis hin zur Landesleitung der Propagandaverwaltung erklangen, wurde in Sachsen, ebenso wie in anderen Ländern, seit November 1946 permanent mit den ehemaligen Sozialdemokraten sowohl in der Parteischulung als auch in den Parteiorganen der SED aller Ebenen

„gearbeitet".147

Zum Abschluss der

Tätigkeit der SMA im ersten Halbjahr 1947 muss noch auf eine wichtige Frage hingewiesen werden, die es schnell zu lösen galt: die Frage nach der Lohnfortzahlung für die Zeit der Ausbildung an einer Parteischule. Idealisten, die für die Erweiterung ihrer marxistischen Kenntnisse gern bereit waren, auf den Lohn von zwei Wochen zu verzichten, gab es kaum. Deshalb klang die Forderung immer lauter, das Bezirkskomitee der SED solle doch über die Gewerkschaften und die Betriebskomitees (auch in dieser Frage sollten sie also ihre Existenzberechtigung unterstreichen!) durchsetzen, dass die Unternehmen den Hörern von Kreisparteischulen für die Zeit der Ausbildung den vollen Lohn zahlten.148 Bald schon sollte diese Forderung erfüllt werden. In allen Ländern und Provinzen der SBZ wurde eine Gesetzesvorlage angenommen, die die Betriebe verpflichtete, SED-Mitglieder für die gesamte Schulungsdauer bei voller Lohnfortzahlung von der Arbeit freizustellen. Die Verpflichtungen der Betriebe gingen so weit, eventuelle Zuwendungen, die Belegschaftsmitglieder während der Abwesenheit von SED-Genossen erhielten, für letztere bis nach ihrer Rückkehr aus der Parteischule aufzubewahren.149 Die überaus ähnliche Lage der Dinge in der UdSSR drängt den Schluss auf, dass die SMAD unmittelbar am Zustandekommen der gesetzlichen Grundlagen für Lohnfortzahlungen an Parteischüler beteiligt gewesen sein muss. Ihr unbeirrbares Bestreben, der SED bei der Überwindung materieller Schwierigkeiten zu helfen, führte zu dieser schöpferischen Anwendung der sowjetischen Erfahrungen. Auf der Basis einer Überprüfung aller 18 im März 1947 existierenden Parteischulen wurden Vorschläge für die weitere Entwicklung erarbeitet, die sich mit zwei Begriffen umreißen lassen: Kontrolle und Einheit. Sogar eine einfache Verlegung von Vorlesungen (zeitlicher Tausch) oder „eigenmächtige" Verlängerung der Zeit wurden als Verstoß gewertet. 15° Jede auch noch so kleine Veröffentlichung einer Parteischule musste von der Zensurabteilung der zuständigen Kommandantur genehmigt werden.151

147

148

149 150

Donesenije nacal'niku upravlenija propagandy SVAG polk. t. Tjul'panovu i zamestitelju nacal'nika Upravlenija SVA FZ Saksonii polk. t. Artëm'evu ot 17.04.47g. „O polticeskom polozenii v FZS i o rabote otdela propagandy za pervyj kvartal 1947g." (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 190, Bl. 246-248). Dokladnaja zapiska nacal'niku otdelenija propagandy otdela propagandy Upravlenija SVA FZ Saksonii majora t. Broder „Nekotorye zamecanija o rabote rajonnych partijnych skol" ot 03.02.1947g. ot referenta po pecatnoj propagande Upravlenija kommendantskoj sluzby Drezdenskogo okruga st. lejtenanta Mongajt (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 196, Bl. 72). Die Parteischulen der SEP (so im Original in: FES-Archiv, SPD-PV-Ostbüro, 0325-1, o.Bl.). Donesenije nacal'niku otdela propagandy SVA FZS polkovniku t. Vatniku „O rabote Lejpcigskoj partijnoj skoly" ot nacal'nika otdelenija propagandy g. Lejpciga majora Stepanova ot 07.05.1947g. (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 201, Bl. 5).

151

Ebd.

Schritte

48

zur

ideologischen Schulung der SED

Ohne beim Erreichten stehen zu bleiben, suchte die SMA für das Land Sachsen gemeinsam mit dem Landesvorstand der SED nach weiteren Möglichkeiten, in allen Kreisen Parteischulen zu eröffnen. Die Hauptschwierigkeit bestand dabei nicht im Mangel an geeigneten Gebäuden, sondern im Fehlen von gut ausgebildeten Propagandisten. Kaum jemand unter den Parteifunktionären meldete sich freiwillig für eine solche Aufgabe. Deshalb blieb der Druck auf die Provinzverwaltung der SED bestehen. Die für Parteischulung zuständigen Funktionäre wurden geradezu zu Stammgästen in den Propagandaabteilungen. Im Herbst 1947 mehrten sich die Forderungen seitens der Kreiskommandanturen, in die Ausbildungsprogramme der Parteischulen verstärkt spezielle Themen über die Sowjetunion aufzunehmen. Die SED antwortete darauf mit einer breit angelegten Propagandakampagne der „Wahrheit" über die Sowjetunion. Zu diesem Zweck wurde die Kursdauer von zwei auf drei Wochen152 erhöht. Tatsache ist jedoch, dass organisatorische Fragen immer nur eine untergeordnete Rolle spielten. An erster Stelle stand zu jeder Zeit die „ideologische Erziehung", nur begann man ab Herbst 1947 hinzuzufügen: „in Übereinstimmung mit den aktuellen Erfordernissen"153. Es hieß, dass sich der erwartete Umbruch in den Stimmungen innerhalb der Partei noch nicht vollzogen habe, dass es in breiten Kreisen von Parteimitgliedern (in erster Linie unter den ehemaligen SPD-Leuten) immer noch Stimmungen gebe, sobald als möglich wieder eine eigenständige sozialdemokratische Partei zu gründen.154 Sobald als möglich sollte heißen, sobald die Besatzungsbehörden dies wieder erlaubten.

Diese Erwartungshaltung gründete sich offenbar auf eine recht solide Basis. Zumindest erwähnt Erich Gniffke in seinen Memoiren, Tjul'panov habe im Gespräch mit ihm unmissverständliche Andeutungen gemacht, die SPD in der SBZ wieder zuzulassen.155 Vielleicht haben derartige Gespräche auch mit anderen führenden SED-Funktionären, vielleicht sogar mit den Landes- oder Provinzvorständen stattgefunden. Heute können wir nicht mehr mit Gewissheit sagen, ob solche Diskussionen im Zusammenhang mit der Überprüfung von Funktionären auf ihre Loyalität der SED gegenüber (im Vorfeld der Säuberung) aufkamen oder ob die Wurzeln eher in einer Äußerung Stalins während des MoskauAufenthaltes der SED-Delegation vom 30.1. bis 7.2.1947 über die Möglichkeit einer Wiederzulassung der SPD lagen und die SMAD diese Variante wirklich prüfen wollte. Tatsache ist jedoch, dass diese Gerüchte die ideologische Arbeit der SED erheblich erschwerten und massive Probleme im Schulungswesen hervorriefen.

152

153

154 155

Donesenije nacal'niku otdela informacii SVA FZS polkovniku t. Vatniku „O rabote rajonnoj partijnoj skoly SEPG v g. Chemnic" ot nacal'nika otdelenija informacii g. Chemnic majora Priputnikova ot 19.09.1947g. (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 206, Bl. 114). Donesenije nacal'niku upravlenija informacii SVAG polk. t. Tjul'panovu ot 17.06.47g. „Otcët za 2-j kvartal 1947g. otdela informacii SVA FZ Saksonii" ot otdela informacii FZ Saksonija (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 191, Bl. 42). Ebd.,Bl. 43. Gniffke, Jahre mit Ulbricht, S. 229.

Umsetzung in den Ländern und Provinzen

49

ehemalige SPD-Mitglieder hatten sich seinerzeit sogar geweigert, ihre SPD-Parteibücher abzugeben. Dass eine Reihe ehemaliger Sozialdemokraten es ablehnte, an der Parteischulung teilzunehmen, wurde noch als das geringere Übel betrachtet, besonders wenn man berücksichtigte, dass diese sich bei ihrer Arbeit in den deutschen Selbstverwaltungsorganen als Volksvertreter, Viele

nicht als Gesandte ihrer Partei

fühlten.156

Dieses eigenständige Auftreten konnten die Mitarbeiter der Informationsabteilungen nicht lange dulden. Die auf dem II. Parteitag der SED angenommenen Beschlüsse brachten weitere Veränderungen für das Parteischulwesen und wurden traditionsgemäß zu „Aufgaben der Arbeit der Informationsabteilungen der Militärkommandanturen" der Kreise.157 Im Kampf um die Reinheit des Marxismus gab es seitdem immer öfter Wechsel der Lehrkräfte und der Leitungen an den Parteischulen. Die Bemühungen der SMA vor Ort, die Anzahl der aufgenommenen Hörer in Einklang mit der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze zu bringen, wurden immer häufiger von Erfolg gekrönt.

Wahrscheinlich wurde es allmählich überall zur Realität, „die gesamte Führungsriege der unteren Gliederungen der Partei zum Parteischulbesuch zu verpflichten"158. Ebenso wurde es zur Realität in Sachsen, dass die SMA zum Beispiel mitteilte: „Auf unsere Empfehlung hin hat die Kreisleitung der SED in diesem Monat begonnen, die Frage der Organisation von Schulungsmaßnahmen für große Produktionsgruppen der SED zu bearbeiten."159 In allen anderen Kreisen wurden ähnliche „Empfehlungen" verbreitet, Umstrukturierungen von Kadern sowohl an den Parteischulen als auch innerhalb der Apparate der SED eingeleitet. In einem abschließenden Jahresbericht der Informationsabteilung an den Leiter der Verwaltung der SMA für das Land Sachsen, Generalmajor Dubrovskij, hieß es bereits, dass im Berichtszeitraum eine große Anzahl „unfähiger Leiter und Gegner der Vereinigung" aus ihren Ämtern entlassen worden seien160. Dabei wurde unterstrichen, dass etwa 20000 junge Parteifunktionäre der SED erst nach der Vereinigung beigetreten seien.

Die 25 Parteischulen, so wurde weiter ausgeführt, arbeiteten weiterhin konsequent an der Verwirklichung der ihnen gestellten Aufgaben. Die Absolventen der Parteischulen [vermutlich in erster Linie die ehemaligen Parteilosen unter ihnen A.H.] seien eine große Unterstützung im Kampf mit den Gegnern der Linie der Partei. -

Der massenhafte Austausch

von

Parteifunktionären seit dem Sommer 1947 habe den Kreis-

parteischulen geradezu neues Leben eingehaucht. Es gebe praktisch keine Probleme mehr, Hörer 156 157

158 159 160

Ebd.

Donesenije nacal'niku otdela informacii SVA ZS podpolkovniku t. Kuz'minovu ot 29.12.47g. „O rabote otdelenija informacii r-na Majssen za cetvërtyj kvartal 1947g." ot Upravlenija Voennogo Kommendanta g. Majssen (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 211, Bl. 134). Ebd., Bl. 140. Ebd. Donesenije nacal'niku Upravlenija SVA Zemli Saksonija gen.-majoru t. Dubrovskomu „Ob ékonomiceskom i politiceskom polozenii Zemli Saksonija nakanune Londonskoj konferencii Ministrov Inostrannych del" ot otdela informacii SVA Zemli Saksonija (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 193, Bl. 31).

Schritte

50

zur

ideologischen Schulung der SED

rekrutieren, im Gegenteil, die Menschen würden jetzt gern Parteischulkurse besuchen.161 Das 1947 proklamierte Ziel, Einheitlichkeit in den Lehrplänen durchzusetzen, sei ebenfalls erreicht worden, denn der Lehrplan der Parteischulen habe „Gesetzeskraft" erlangt.162 zu

Anfang

Allerdings wolle sich die Informationsabteilung keinesfalls auf dem Erreichten ausruhen. Die auf ihr Drängen hin gegründeten Sonderkommissionen der SED-Kreisleitungen zur Kontrolle über die Studienbewerber, das Studium selbst und die Studiendisziplin163 sollten den Organen der SMA „die Arbeit erleichtern".

161

162

163

Donesenije nacal'niku otdela informacii SVA ZS podpolkovniku t. Kuz'minovu ot 29.12.47g. „O rabote otdelenija informacii r-na Majssen za cetvërtyj kvartal 1947 g." ot Upravlenija Voennogo Kommendanta g. Majssen (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 211, Bl. 139). Donesenije nacal'niku Upravlenija SVA Zemli Saksonija gen.-majoru t. Dubrovskomu „Ob èkonomiceskom i politiceskom polozenii Zemli Saksonija nakanune Londonskoj konferencii Ministrov Inostrannych del" ot otdela informacii SVA Zemli Saksonija (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 193, Bl. 31). Donesenije nacal'niku otdela informacii SVA ZS podpolkovniku t. Kuz'minovu ot 08.01,48g. „Analiz rosta rjadov SEPG za oktjabr', nojabr', dekabr' mesjacy 1947g. i vospitatel'naja rabota s clenami SEPG ot nacal'nika otdelenija informacii rajona Dippol'disval'de kapitana Kozlova (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 244, Bl. 4).

Die Politik der SMAD im Zentrum

1.5

(Berlin)

Informationsverwaltung stand der Beginn des Jahres 1947 ganz im Zeichen der Vorbereitungen auf die 8. Tagung des Partei Vorstandes der SED und die anschließende Umsetzung ihrer Beschlüsse. Besondere Aufmerksamkeit widmete die Propagandaverwaltung dieser Tagung allerdings nicht. Die Fragen, die dort entschieden werden sollten, waren bereits im Vorfeld auf dem Dienstweg geklärt worden. Empfehlungen bezüglich der Parteischulung waren klar und eindeutig formuliert worden. Ungeachtet dessen, dass die „richtigen" Entscheidungen zur Schulungsarbeit der SED getroffen wurden, dass zum Beispiel nochmals der Wille unterstrichen wurde, die „gesamte SchulungsFür die

arbeit einheitlich durchzuführen und stärker zu unterstützen sowie den wissenschaftlichen Sozialismus von fremden Einflüssen reinzuhalten"164, beunruhigte Tjul'panov doch der Inhalt des Stenogramms der Plenarsitzung. Bereits am 21. Januar stellte er in einem Bericht an den Politischen Berater Semënov voller Unmut fest, dass weder das Zentralsekretariat noch Otto Meier selbst, welcher den Vortrag über die „ideologische Arbeit und die Verstärkung der Schulungsarbeit der SED" 165 gehalten hatte, konkret über die Lage der Dinge im Parteischulwesen Bescheid wüssten und keine kontinuierliche Leitungstätigkeit in diesem Bereich ausübten.166 Wahrscheinlich waren die Landesvorstände der SED besser über die Situation im Schulungsbereich in ihren Regionen unterrichtet, aber dem Zentralvorstand fehlte zu dem damaligen Zeitpunkt offenbar der nötige Überblick. Die zentralen politischen Organe der SMAD verfügten dagegen über weitaus umfangreichere Informationen als die örtlichen Instanzen. Dem Zentralen Führungsapparat der SED stand also noch bevor, ein derart wirkungsvolles Berichtswesen aufzubauen, das ihm in der Zukunft erlauben sollte, ähnlich wie die sowjetischen Behörden jede beliebige Situation jederzeit auf einer breiten Informationsbasis kontrollieren zu können. Um dies zu erreichen, ergriff die Propagandaverwaltung wie bereits 1946 selbst die Initiative umso mehr, als eine Reise einer SED-Delegation (Pieck, Grotewohl, Ulbricht, Fechner, Oelßner) nach Moskau unmittelbar bevorstand. Dass diese Reise nicht nur dazu dienen sollte, Moskau Informationen aus erster Hand über die ideologische Lage in der SED zukommen zu lassen, sondern auch, Konsultationen zu den nächsten Schritten in der SBZ zu ermöglichen, war beiden Seiten klar. Klar war aber auch, dass ebendieser Informationsaspekt dennoch eine bedeutsame Rolle spielen würde, besonders wenn man berücksichtigt, welche Kritik von Seiten der Kontrolleure aus Moskau 1946 geäußert worden war. -

Die Reise der SED-Führung nach Moskau eine Woche nach dem 8. Plenum bestätigte noch einmal die wachsende Rolle der Abteilung des Politischen Beraters. In einem Gespräch mit Stalin 167 und während des gesamten weiteren Aufenthaltes in Moskau war es ausam 31. Januar 1947 164

165 166

167

Die Schulungs- und Bildungsarbeit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, vom 23. Januar 1947. In: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Bd. I, S. 156-157. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, S. 105. Dokladnaja zapiska politsovetniku t. Semënovu „O rezul'tatach 8-go Plenuma CK SEPG ot 24.01.1947g. ot nacal'nika Upravlenija propagandy SVAG polkovnika Tjul'panova (AVPRF, Politischer Berater Semënov, op. 4, Mappe 14, Akte 24, Bl. 121). Bonwetsch/Bordjugov, „Nasa linija takaja...", S. 35. In Deutschland veröffentlicht unter: Stalin und die SBZ.

Schritte

52

zur

ideologischen Schulung der SED

gerechnet Semënov, nicht etwa Tjul'panov oder vielleicht ein Mitglied des Militärrates, der die deutsche Delegation begleiten durfte.168 Der Apparat des Politischen Beraters in der SMA, der in den Jahren 1945-1946 keine besondere Rolle gespielt hatte,169 übernahm zusehends mehr Befugnisse und erlangte damit immer mehr Macht. Ohne dabei ständig in der Öffentlichkeit zu stehen so wie der Apparat von Tjul'panov und ohne sich offen in das politische Leben der SBZ einzumischen, veränderte sich sein politisches Gewicht zusehends. So ist es auch kein Zufall, dass sich Tjul'panov nach dem 8. Plenum mit der Bitte an Semënov wandte, „dem Zentralsekretariat zu empfehlen [nicht etwa „wir haben empfohlen", wie noch kurze Zeit vorher formuliert A.H.], die Frage der ideologischen Arbeit detailliert auf den bevorstehenden Plenen der -

Provinzvorstände der Partei

-

-

zu

erörtern" 17°.

Der bedeutsame Besuch der SED-Führung in Moskau spielte zweifelsohne eine gewichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung des Schulungswesens der Partei. Ausschlaggebend war zum Beispiel das zweistündige Gespräch am 4. Februar 1947, in dessen Verlauf Suslov sehr ausführlich über das Parteileben in der KPdSU(b) berichtete. Die Veränderungen, die der Besuch anschließend in der SBZ nach sich zog, trugen allerdings eher strategischen als praktischen Charakter. Noch einmal wurden die Weichen in Richtung Entwicklung einer Partei neuen Typus gestellt. Eigentlich müsste man sagen: einer Partei von Stalins Typ. Es war kein Zufall, dass sich Pieck und Grotewohl mit der Bitte an die sowjetische Führung gewandt hatten, ihre Kenntnisse über das Parteileben der KPdSU(b) und ihre ideologische Arbeit erweitern zu können. Dabei muss vorerst dahingestellt bleiben, ob sie diese Bitte von sich aus äußerten oder aber die Anregung dazu von der SMAD erhalten hatten, die wohl davon ausgehen musste, dass entsprechende Kenntnisse verbinden und die gemeinsame Arbeit erleichtern würden.

Die Bedeutung der Schulungsarbeit generell für die SED war von sowjetischer Seite unmissverständlich betont worden. Nunmehr stand die Aufgabe bevor, entsprechende Veränderungen in der praktischen ideologischen Arbeit herbeizuführen. Dabei kam es darauf an, den Organisationsaufbau der Partei zu vereinheitlichen sowie die Struktur der Partei der des Staates und der Wirtschaft anzugleichen. Die Wichtigkeit dieses Problems hatte Walter Ulbricht auf der 6. Tagung des Parteivorstandes der SED hervorgehoben, als er sagte, dass die SED eine Partei neuer Art im leninschen Sinne sei, die ihre Funktionäre im Staats- und Wirtschaftsapparat anleite und ihnen

helfe.171

Die Reise nach Moskau überzeugte die Führung der SED (nicht die Remigranten aus Moskau unter ihnen, denn diese waren von Anfang an überzeugt) noch mehr von der Notwendigkeit, sich mit dem Leninismus zu wappnen. Dabei sollte die Autorität des Landes, das „die Überlegenheit des sozialistischen Gesellschaftssystems beim Sieg über den Faschismus unter Beweis gestellt 168 169 170

171

Ausführlicher zu den Ergebnissen des Aufenthaltes der SED-Delegation in Moskau siehe: Bonwetsch/ Bordjugov, „Nasa linija takaja ...", S. 22-AA. Kynin/Laufer, Die UdSSR und die Deutsche Frage, S. 19-25. Dokladnaja zapiska politsovetniku t. Semënovu „O rezul'tatach 8-go Plenuma CK SEPG ot 24.01.1947g. ot nacal'nika Upravlenija propagandy SVAG polkovnika Tjul'panova (AVPRF, Politischer Berater Semënov, op. 4, Mappe 14, Akte 24, Bl. 121). Dieser Gedanke wurde auf der Innenministerkonferenz am 11.-12. Oktober 1947 auf wesentlich breiterer Basis weitergeführt, wo die Forderung erhoben wurde, „die Mitarbeiter der staatlichen Machtorgane durch eine systematische und zielgerichtete Schulungsarbeit ideologisch zu festigen" siehe Fiedler, Die Politik der SED, S. 235. -

Politik der SMAD im Zentrum

53

hatte", eine entscheidende Rolle spielen. Der Beschluss der 8. Tagung des Parteivorstandes der SED im Januar 1947, „von der Sowjetunion und ihrer Rolle, die sie bei der Regelung der Zukunft

Deutschlands spielt, zu sprechen"172, fand seine Fortführung in der Gründung der Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion im Spätsommer 1947.173 Die unmittelbare aktive Beteiligung der örtlichen SMAD-Organe an der Gründung solcher Organisationen, ihre allseitige Unterstützung bestätigen die Bedeutung, welche der beginnenden politischen und kulturpolitischen Arbeit in diesen Gesellschaften von sowjetischer Seite beigemessen wurde. Die ideologischen und kulturellen Werte der „Länder des Sozialismus" lagen außerhalb jeder Kritik. Ein offenes Wort dagegen führte vielleicht nicht in jedem Falle zu einer sofortigen Verhaftung, zog aber in der Regel erhebliche Konsequenzen für den Kritiker nach sich. Sowohl in der Lektionstätigkeit als auch in der Parteischulung der SED konnte es nur eine Wahrheit geben, nämlich die von „oben" verordnete. Hier nahm auch die Vorbereitung auf das künftige Studium der „Geschichte der KPdSU(b) Kurzer Lehrgang", das bald schon zur „freiwilligen Pflicht" werden sollte, ihren Ausgangspunkt. So wurden den Hörern der Parteischulen bereits im Mai 1947 die Prinzipien des „demokratischen Zentralismus" nahe gebracht, ohne dabei den Begriff selber zu verwenden.174 Dabei aufkommende Diskussionen der Hörer über die Freiheit der Meinungsäußerung wurden im Keim erstickt. -

Betrachtet man nur einige der grundlegenden Themen, die damals in den der Parteischulen behandelt wurden, wie zum Beispiel: —



Lehrveranstaltungen

Die Separationspolitik der Anglo-Amerikaner, die de facto zur Teilung Deutschlands führt; Die expansionistische Truman-Doktrin; Die Häufung von Veröffentlichungen, welche die UdSSR anschwärzen, in den West-



zonen

175,

wird deutlich, welche Probleme für die SED aus freien Diskussionen hätten erwachsen könSchließlich ist es ungeachtet des Verbots zum Verkauf einer Reihe von Druckerzeugnissen aus den Zonen der westlichen Alliierten nie ganz gelungen, den Zustrom von Informationen mit „nichtparteilichem" Charakter zu unterbinden. so

nen.

Damit auch das letzte SED-Mitglied verstand, dass die Prinzipien der innerparteilichen Demokratie und die Verbindlichkeit der Beschlüsse für alle Parteimitglieder (worauf die Kontrolleure der SED-Parteischulen von der SMA bereits im Februar/März bestanden hatten, was aber bei weitem noch nicht alle verinnerlicht hatten) nunmehr grundlegend für das gesamte Leben der Partei sein würden, erläuterte man diese nochmals ausführlich in Form von Schulungsmaterialien. Die sogenannten „Sozialistischen Bildungshefte", herausgegeben vom Zentralsekretariat der SED, speziell die Ausgaben 10 „Die Grundsätze der Organisation unserer Partei" und 11 „Der organisatorische Aufbau der SED" sollten ihren Beitrag zur Klärung der oben angeführten Fragen leisten. 172 173 174 175

Voßke, Zu einigen Problemen des ideologischen Klärungsprozesses, S. 220. Kuntsche, Geschichte der Landesparteiorganisation Mecklenburg, S. 157. Werner Müller, Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, S. 492.

Donesenije nacal'niku otdela informacii SVA ZS podpolkovniku t. Kuz'minovu ot 29.12.47g. „O rabote otdelenija informacii r-na Majssen za cetvërtyj kvartal 1947 g." ot Upravlenija Voennogo Kommendanta g. Majssen (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 211, Bl. 134).

Schritte zur ideologischen

54

Schulung der SED

Darüber hinaus setzte sich in breiter Front der „Angriff auf die Überreste der Sozialdemokratie" fort. Dazu wurde alles das gezählt, was in irgendeiner Weise nicht den Prinzipien einer Partei neuen Typus entsprach. Die erfahrene Hand des Regisseurs lenkte die Bewegung der Partei unbemerkt für Außenstehende schrittweise in Richtung auf das gesetzte Ziel. Sowohl die Rede Grotewohls Anfang Juli 1947 als auch die herausgegebenen Richtlinien zu den bevorstehenden Parteiwahlen waren auf Abschaffung der Parität innerhalb der Partei gerichtet, die bereits seit Anfang 1947 von der SMAD als Hindernis für die weitere Entwicklung der SED angesehen worden war. Bereits in der Parteiliteratur der DDR in den 70er Jahren gab es Hinweise darauf, dass mit der Vorbereitung und Durchführung des II. Parteitages der SED „weitere Fortschritte in der Weiterentwicklung einer marxistisch-leninistischen Kampfpartei" erzielt worden waren.176 Im Vergleich zu Publikationen der DDR der 40er und 50er Jahre wurde hier auch kein Hehl mehr aus der unmittelbaren Beteiligung sowjetischer Kommunisten bei der Vorbereitung dieses Parteitages gemacht. Genau genommen war es ohnehin auch 1947 nicht möglich, diese Beteiligung zu verschleiern, denn die Mitarbeiter der Informationsabteilung waren nicht nur aktiv in der Vorbereitung, sondern nahmen auch, sei es nun in Uniform oder Zivil, an allen Veranstaltungen und Konferenzen der SED teil, und zwar nicht nur als Leitende und Kontrollierende, sondern oftmals auch als unmittelbar Beteiligte.177 Weniger aus eigener Initiative heraus als vielmehr auf Drängen aus Karlshorst oder der SMA-Führungen der Länder und Provinzen zustande gekommen, dienten ihre Auftritte bei der Klärung politischer und ideologischer Fragen den Propagandisten der SED als Garant für Unterstützung und Manövrierfähigkeit. Zweifelsohne hatte man auf ihr Drängen hin und in dem Versuch, alle Argumente der noch kritisch Denkenden zu entkräften, Anton Ackermann im September veranlasst, die falschen Theorien über einen besonderen Weg zum Sozialismus offiziell zu widerrufen. Die im Herbst 1947 in der Provinz weit verbreitete Auffassung, die Arbeit der SED (lies: die gemeinsame Arbeit mit der SMA) entspreche ungeachtet der erreichten Erfolge nicht den aktuellen Anforderungen, traf auch in der Informationsverwaltung auf Verständnis. Die seit der Gründung der Partei ununterbrochene Kontrolle über die Tätigkeit der ehemaligen Sozialdemokraten unter den SED-Funktionären erreichte eine neue Stufe: Nicht nur die SMAD (wohl häufig auf Veranlassung der SED) setzte deren Isolierung fort, sondern auch die SEDFührungen der verschiedensten Ebenen beteiligten sich nunmehr aktiv an diesem Prozess, verdrängten die ehemaligen Sozialdemokraten nicht nur aus ihren leitenden Funktionen, sondern schlössen sie zunehmend häufiger sogar aus der Partei aus.178 Der II. Parteitag der SED im September 1947, auf dem bereits von den Erfolgen in der ideologischen Arbeit, dem Studium der Werke von W.I. Lenin und den Erfahrungen der KPdSU(b) die Rede war, markierte mit aller Deutlichkeit den beginnenden Umschwung zum MarxismusLeninismus in der Partei. Es war auch kein Zufall, dass ausgerechnet Grotewohl auf diesem Par176

Fiedler, Zur Zusammenarbeit zwischen Vertretern der SMAD und der deutschen Arbeiterklasse, S. 119.

177 178

Naimark, Die Russen in Deutschland, S. 383.

Donesenije nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu ot 17.06.47g. „Otcët 2-j kvartal 1947g. Otdela informacii SVA FZ Saksonija" ot nacal'nika otdela informacii SVA zemli Saksonija podpolkovnika t. Vatnika (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 191, Bl. 43).

za

Politik der SMAD im Zentrum

55

teitag über die weitere Entwicklung des Marxismus-Leninismus sprach. Als ehemaliger Sozialdemokrat konnte er mit seiner Rede über den Leninismus einen wesentlich größeren Einfluss auf andere ehemalige Sozialdemokraten ausüben als so mancher andere. Die Anwesenheit der sowjetischen Delegation auf dem II. Parteitag und das Bewusstsein der außerordentlichen Bedeutung dieses Momentes bei der Führung der SED gössen noch mehr Öl ins Feuer, wenngleich auch nicht in den Vorträgen, so doch zumindest in den sich anschließenden Diskussionen. der SED und der Informationsverwaltung gut vorbereitete Parteitag179 schloss jegliche Auftritte von vornherein aus. Die Delegierten waren so gewissenhaft ausgewählt worden, dass weder in ihren Äußerungen noch in den Abstimmungen Abweichungen von der vorgegeben Linie zu erwarten waren. Daraufhin konnte Tjul'panov feststellen, dass es auf dem Parteitag keinerlei Auftritte gegeben habe, die rückständige Stimmungen gewisser Bevölkerungskreise widergespiegelt hätten180. Dass es dennoch einige zaghafte Versuche kritischer Bemerkungen zu den Äußerungen von Pieck und Grotewohl gegeben hat, zeigt, dass offensichtlich doch nicht alle Reden im Voraus zensiert worden waren. Der

von

unerwarteten

Die von Tjul'panov bereits im Vorfeld des Parteitages gemachten Äußerungen über den untrennbaren Zusammenhang der Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin, die von kritischen Insidern als „klares Programm für die sowjetische Politik in Deutschland, das keines Kommentars bedarf'181, bezeichnet wurden, fanden ihre unmissverständliche Fortsetzung auf dem Parteitag. Man kann mit

großer Sicherheit davon ausgehen, dass Suslov über alle Ereignisse auf dem Laufenden war, sowohl über die Vorbereitungen auf das Treffen in Polen als vermutlich auch über die wesentlichen Inhalte der Rede von Zdanov, denn schließlich hat seine Abteilung grundlegendes Material dafür vorbereitet. Deshalb kann und muss auch die Rede von Tjul'panov, die nicht nur von westlichen Beobachtern als offizielle Erklärung über den Beginn des Kalten Krieges in Europa angesehen wurde, im Zusammenhang mit dem Auftritt von Zdanov vor der ersten Beratung des Kominform am 25. September 1947 betrachtet werden. 179

Memorandum S. Tjul'panovs „Über die Überprüfung der Wahlberichtskampagne der SED im Land Sachsen und der Tätigkeit der Abteilungen für Information bei der Hilfeleistung für die SED während der Vorbereitung des II. Parteitags" (Auszug) vom 9. August 1947. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 119-123. (= Dokument Nr. 27). In Opposition zur SED befindliche Beobachter innerhalb der SBZ registrierten ebenfalls eine außergewöhnliche Aktivität der SMAD-Organe in Vorbereitung auf den II. Parteitag der SED. Allein der Umstand, dass in der ersten Zeit nicht etwa die Landesvorstände der SED zu den vorbereitenden Beratungen einluden, sondern dass immer erst eine Sitzung des Landeskommandanten stattfinden musste, zu der dann die Vertreter der Landesvorstände der SED eingeladen wurden, um sich Informationen und Instruktionen abzuholen, spricht für sich. Die weitere Verbreitung der erhaltenen Informationen in den untergeordneten Ebenen der SED erfolgte stets ebenso im Beisein sowjetischer Offiziere. Die bevorstehenden Parteiwahlen, die noch zu erörternden Fragen in Vorbereitung auf den II. Parteitag usw., alles wurde im Voraus in der Informationsverwaltung geplant und ohne jegliche „Eigenmächtigkeiten" von den Propagandaabteilungen an die SED-Organisationen weitergegeben. -Vgl.: Bericht von Quelle B191 an das Ostbüro vom 10./11. November 1947 (FES-Archiv,

180

Memorandum S. Tjul'panovs für M. Suslov „Über die Ergebnisse des II. Parteitags der SED" (Auszug) vom 27. September 1947. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 133 (= Dokument Nr. 30). Stivers, Amerikanische Sichten, S. 293.

SPD-PV-Ostbüro, 0321-1, o.BL). 181

Schritte zur ideologischen

56

Schulung der SED

Obwohl keine direkten Beweise für die Beteiligung des ZK der KPdSU(b), speziell von dessen Abteilung Außenpolitik (deren Leiter M.A. Suslov war gleichzeitig Sekretär des ZK) an der Herausbildung dieser Linie vorliegen, gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln. Schließlich spielte Suslov die Rolle einer Schlüsselfigur, die im Hintergrund operierend die Sowjetisierung in der SBZ steuerte und entscheidend vorantrieb.182 Er war es, der das Gros der Informationen über die Vorgänge in der SBZ zugestellt bekam, der auch häufiger als andere die SBZ besuchte. Das stützt die Richtigkeit der These, dass Suslov nach erfolgreichem Abschluss der Sowjetisierung Litauens wohl zum „geheimen Gesandten" Stalins für die Sowjetisierung eines der Schlüsselländer Osteuropas, vermutlich Ungarns oder der SBZ/DDR, auserkoren worden war.183

Zusammenhang erklären sich auch einige Umstände, die zu der recht rätselhaften Standhaftigkeit Tjul'panovs führten, was seinen Verbleib im Amt trotz immer wiederkehrender massiver Kritik von Seiten der ZK-Kommissionen zur Überprüfung der Informationsverwaltung

In diesem

betraf:

Tätigkeit ließ sich Tjul'panov von den Empfehlungen entweder der III. Unterabteilung der Abteilung Außenpolitik beim ZK der KPdSU(b) (ab Juni 1948: Abteilung Internationale Beziehungen) oder unmittelbar von Suslov leiten; die Mitglieder der Kontrollkommissionen des ZK der KPdSU kamen stets aus anderen Abteilungen oder gar aus ganz anderen Einrichtungen184 und hatten demzufolge nicht den vollen Einblick, weder in die Pläne der Abteilung noch in den Umfang der Empfehlungen. Schließlich wurde entsprechend einem ungeschriebenen Gesetz, welches von dem KPdSUIn seiner

-

-

Funktionär L. A. Onikov in seinem Buch „Die KPdSU. Anatomie des Zerfalls" ausführlich beschrieben wurde, die Einmischung einer Abteilung in die Angelegenheiten einer anderen nicht nur nicht begrüßt, sondern im Gegenteil massiv erschwert. Sogar das Vorhandensein eines gemeinsamen Vorgesetzten änderte nichts Wesentliches an der im Statut verankerten Lage. Auf diese Weise verblieben die Informationen, welche die Abteilung Außenpolitik beim ZK der KPdSU (b) erhielt (und sie erhielt viele Informationen, denn jeder, der aus dem Ausland zurückkehrte, war verpflichtet, vor der Abteilung Außenpolitik Rechenschaft abzulegen), in der Abteilung für den internen Gebrauch was die Richtigkeit des Ausdrucks „Wissen ist Macht" demonstriert. -

Die auf dem II. Parteitag verkündeten Prioritäten in der Entwicklung der SED übernahmen eine Art Vorreiterrolle für die bald schon folgenden Veränderungen in den kommunistischen und Arbeiterparteien der volksdemokratischen Länder. Fast die ganze Parteiführung stand geschlossen hinter dieser Entwicklung. „Parteidisziplin" und „persönliche Freiheit", „Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit" Losungen, die dazu berufen waren, den Weg für weitere Veränderungen in der SED in Richtung einer Partei neuen Typus zu bereiten und zu ebnen. Wie sollte man hier nicht der treffenden Aussage in der SED-Parteiliteratur beipflichten, dass während der -

182

183 184

war zwar offiziell im ZK der KPdSU (b) für den Bereich Beziehungen zu den Kommunistischen Parteien und den Ländern des sowjetischen Blocks verantwortlich, aber das bedeutet noch lange nicht, dass er sich auch ausführlich mit Fragen der Ideologie in jenen Ländern beschäftigt hätte. Medvedev, Sekretnyj naslednik Stalina, S. 100. Zu den Funktionen und Arbeitsstellen der Kontrolleure siehe das Personenregister in: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 300-314.

Zdanov

Politik der SMAD im Zentrum

57

und Durchführung des II. Parteitages auch Erfahrungen zwischen den sowjetischen Kommunisten und den Mitgliedern der SED vermittelt wurden, die weit über den Parteitag hinaus wirkten.185

Vorbereitung

Die Notwendigkeit, einmal erreichte Erfolge permanent zu untermauern, war jedoch auch für die politischen Organe der SMAD offensichtlich, vielleicht sogar mehr als für die prostalinistische Führung der SED. Der „entschlossene Angriff der Russen"186, von dem Tjul'panov nicht ohne Stolz Suslov berichtete, entwickelte sich auch nach dem Parteitag weiter. Die Kontrolle, die Unterstützung und die richtungweisenden Empfehlungen für die Erfüllung der Beschlüsse des II. Parteitags vor Ort wurden allen Abteilungen der Informationsverwaltung zur Pflicht gemacht. Die ununterbrochene Kontrolle über die Entwicklung des Parteischulungswesens (wie übrigens auch die unmittelbare Beteiligung) innerhalb der SED erbrachte einen anhaltenden Informationsfluss, der für die Entscheidungsfindung notwendig war, und beschleunigte den Prozess der Eindämmung des „bürgerlichen Liberalismus" weiter. Das bedeutete einen noch größeren ideologischen Druck auf die Parteimitglieder und die Gesellschaft als Ganzes, was wiederum zu einer Verstärkung der Parteischulung führte. Die Direktiven, die bezüglich der Verstärkung der Arbeit in allen Schichten der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Erläuterung der angloamerikanischen Politik als Abhängigmachung Deutschlands und der anschließenden Schaffung antiamerikanischer Stimmungen „zur Entlarvung der Schuldigen für das Scheitern der Londoner Außenministerkonferenz"187 an die örtlichen Einrichtungen ergingen, sowie eine noch weiter verstärkte Propaganda der UdSSR im Zusammenhang mit dem 30. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution wurden ohne Wenn und Aber in die Praxis umgesetzt und fanden unverändert ihren Niederschlag in den Vorlesungen der Parteischulen. Im November/Dezember 1947 stellte die Informationsverwaltung wenngleich auch vorerst mit einigen Einschränkungen bereits fest, dass die Kreisparteischulen endlich eine gewisse Autorität genössen, sodass es mittlerweile „etwas leichter geworden wäre, Hörer zu finden". Daraufhin traf man auf Formulierungen wie „nehmen mit Vergnügen an den Lehrgängen teil", was natürlich vorerst und auch noch auf lange Sicht lediglich Ausdruck von Wunschdenken war.188 Unbestritten ist jedoch, dass die Bemühungen von SMAD (man denke nur an die Juli-Beratung der Mitarbeiter sämtlicher Unterabteilungen der Propagandaverwaltung, wo allumfassende Anweisungen sowohl zur Hilfe für die SED-Organisationen als auch zur Kontrolle über diese in Bezug auf die ideologische Erziehung der Parteimitglieder in den Parteischulen herausgegeben wurden)189 und SED zu einer konsequenten „Verbesserung" der politischen Erziehung der SEDMitglieder geführt haben. -

-

185 186 187

188 189

Badstübner, Die Entwicklung der freundschaftlichen Beziehungen, S. 119.

Memorandum S. Tjul'panovs für M. Suslov „Über die Ergebnisse des II. Parteitags der SED" (Auszug) vom 27. September 1947. In: Sowjetische Politik in der SBZ, S. 137 (= Dokument Nr. 30). Donesenije nacal'niku otdela informacii SVA ZS podpolkovniku t. Kuz'minovu ot 29.12.47g. „O rabote otdelenija informacii r-na Majssen za cetvërtyj kvartal 1947 g." ot Upravlenija Voennogo Kommendanta g. Majssen (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 211, Bl. 134). Ebd., Bl. 139. Donesenije nacal'niku otdela informacii FZ Saksonija ot 24.06.47g. „O rabote rajonnych partijnych skol SEPG" (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 189, Bl. 175).

Schritte zur ideologischen

58

Schulung der SED

Die offensichtlichen Übereinstimmungen zwischen dem Beschluss des Parteivorstandes vom 16. Oktober 1947 und den Empfehlungen der Informationsabteilung lassen ahnen, wer in Wahrheit der Autor dieses Dokuments gewesen ist. Die Forderungen nach einer „Verstärkung der sozialistischen Bildungsarbeit", nach einer „Lehre streng nach gedrucktem Lehrplan", nach der Pflicht, mindestens einmal im Monat einen Bildungsabend in den SED-Gruppen mit einheitlichem Thema durchzuführen, sowie nach der vollen Ausnutzung aller Kapazitäten der Kreisparteischulen 190 beinhalteten zwar keinen direkten Hinweis auf das Studium des MarxismusLeninismus, aber das von oben verbreitete Unterrichtsmaterial ließ kaum noch Freiräume. Der am 18. November folgende Aufruf an alle Kreisvorstände mit dem Titel „Verbessert die Arbeit der Partei" rundete das Bild der Ereignisse von 1947 ab: Der Weg zu einer Partei neuen Typus, der bislang auf verschlungenen Pfaden verlief, kam nun auf eine gerade Strecke. Welches Fazit kann man nun für das Jahr 1947 im Bereich des Parteischulwesens, aber auch zur Situation der SED allgemein ziehen? Hierzu erscheint es wichtig, auch die Position von Insidern der SED, die in Opposition zu der von der Führung der Partei vertretenen offiziellen Linie standen, bzw. von solchen Personen, die die Möglichkeit hatten, die gesamte Entwicklung in der SBZ mehr oder weniger genau zu beobachten, einzubeziehen. Ihre Analyse der Ereignisse in der SBZ hat die Skepsis westlicher Beobachter (welche sich auf andere Informationsquellen stützten) in Bezug auf die dort „vor sich gehenden demokratischen Veränderungen" noch weiter verstärkt. Es war mittlerweile offensichtlich geworden, dass Ende 1947 der gesamte Staatsapparat ebenso wie die SED keinerlei Selbstständigkeit aufwies. „Jede Vorlage zum Entwurf muss zur Beratung den zuständigen Referenten der Besatzungsarmee vorgelegt werden, nach Fertigstellung dann nochmals und nach Beschluss des Parlaments noch zur nachträglichen Bestätigung."191 Die gleichen Vorschriften galten für alle Ebenen der Selbstverwaltungsorgane und auch der Massenorganisationen.

Diejenigen, die mit der bestehenden Situation unzufrieden waren, erkannten jedoch schon bald, dass jede Kritik an der Besatzungsmacht, in welcher Form sie auch immer vorgebracht wurde, sei es in Bezug auf das Vorgehen einzelner Personen oder aber auf Verfügungen oder Anweisungen, schwere Folgen haben konnte. Daher erschien die bald darauf erlassene und in den deutschen Instanzen verbreitete halboffizielle Erläuterung zum Verbot von Kritik nur als ein weiterer logischer Schritt. In diesem Zusammenhang ist auch die im Juni 1947 durchgeführte Säuberung der Archive deutscher Verwaltungen von Dokumenten, „aus denen eine Diskreditierung der Besatzungsmacht zu ersehen ist"192, zu betrachten, und zwar nicht als eine einmalige Aktion, sondern als Grundlage einer zielgerichteten Politik, die zwischen Kritik und Antisowjetismus ein Gleichheitszeichen setzte. Auch die UdSSR und die sowjetischen Vertreter in der SMAD gehörten zur „Kaste der Unantastbaren". Gleichzeitig waren nicht nur die Selbstverwaltungsorgane, sondern auch Polizei, Hoch190

Beschluss des Parteivorstandes

vom

16. Oktober 1947

„Verstärkung

der sozialistischen

Bildungsar-

beit", in: Dokumente der SED, Bd. I, S. 249-250. 191

Bericht

von

Quelle

B191

an

das Ostbüro

vom

10./11. November 1947

(FES-Archiv, SPD-PV-

Ostbüro, 0321-1, o.Bl). 192

Stadtrat Dresden

an

das Dezernat des Herrn Stadtrat Müller (im Bl. 165).

Besatzungsmacht (Stadtarchiv Dresden, Dez. OB, Nr. 76,

Hause)

vom

16. Juni 1947, Betr.

Politik der SMAD im Zentrum

59

schulen und Schulen einer totalen Kontrolle unterworfen. Besondere Aufmerksamkeit widmete man, wie bereits erwähnt, der Entwicklung des politischen Lebens in der SBZ und dem Schützling der UdSSR in der SBZ, der dazu berufen war, das Geplante umzusetzen: der SED. Die in ihr vor sich gehenden Veränderungen waren so offensichtlich, dass sie keinen Zweifel mehr daran ließen, wer dahinter stand. Den Mitteilungen des Informanten Nr. 191 (der, nach der weitergereichten Information zu urteilen, eine recht hohe Position in der SED-Hierarchie eingenommen haben muss) vom 11. November 1947 muss wohl ein recht hoher Wahrheitsgehalt beigemessen werden: „Das Bild der SED hat sich im letzten halben Jahr ganz gewaltig verändert, die Partei arbeitet rein nach russischem oder Sowjetmuster, denn die Anweisungen geben die russischen politischen Offiziere. Nicht Pieck-Grotewohl sind die Parteiführer, sondern die Besatzungsarmee.

"

Weitere

191 '*J

Äußerungen

...

dieses Informanten, dass die führenden Parteifunktionäre nicht mehr

gewählt, sondern nur noch ernannt würden und dass nunmehr alle Entscheidungen der Partei nur noch von einem kleinen Kreis von Führungskräften getroffen würden, gleichzeitig aber für alle verbindlich seien (die auf den unteren Ebenen getroffenen Entscheidungen spielten überhaupt keine Rolle) verweisen auf den wirklich vonstatten gegangenen Durchbruch im Parteileben, durch den offensichtlich geworden war, dass die Partei immer deutlichere Züge einer Partei neuen Typus annahm. Ebenso wie Dokumente aus russischen Archiven belegen diese Äußerungen, dass die Linie der Partei von russischen Offizieren bestimmt wurde und jeder bestraft worden wäre, der gegen die Parteilinie verstieß und damit Disziplinbruch beging194. Noch deutlicher kann man die Rolle der SMAD im Leben der SED kaum charakterisieren.

193

Bericht von Quelle B191

0321-1, o.Bl.). 194

Ebd.

an

das Ostbüro vom 10./11. November 1947 (FES-Archiv, SPD-PV-Ostbüro,

2

Gleichschaltung: Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

2.1

(1948-1949)

Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit in der SBZ und in den Ländern Osteuropas

Gleich zu Beginn des Jahres 1948 verschärften sich die Spannungen zwischen der UdSSR und den westlichen Alliierten zusehends. Die Analytiker des Kreml betrachteten die Rede des britischen Premiers Attlee vom 3. Januar 1948 als weiteren gegen die UdSSR gerichteten Schritt der britischen Regierung und verwarfen damit die letzten Illusionen über eine Normalisierung der Beziehungen.195 Zur Bestätigung dieser Schlussfolgerungen wurden ebenfalls Äußerungen von Churchill Ende Januar vor dem Unterhaus zitiert: „Die Sprache, die der Premierminister in Bezug auf Sowjetrussland gebraucht, und die Gefahr eines neuen Krieges übersteigen in ihrer Tragik und Bedrohlichkeit bei weitem alles, was ich irgendwann einmal in dieser Frage seit dem Krieg geäußert habe." 1% ...

Die zielgerichtete Zusammenstellung von Aussagen dieser Art diente gewissermaßen als Beweis für die Richtigkeit der Einschätzung der außenpolitischen Situation, die zuerst von Zdanov auf der ersten Beratung des Kominform, später häufiger in den Äußerungen verschiedener sowjetischer Politiker abgegeben wurde. Die sowjetische Führung war jedoch immer noch vorsichtig, versuchte westlichen Politikern keinen offensichtlichen Vorwand zu liefern, die UdSSR der Konfrontationspolitik und der vorsätzlichen Sowjetisierung der osteuropäischen Länder zu beschuldigen. Noch im März 1948 erklärte Zdanov, dass eine Vereinigung der UdSSR mit einer Reihe osteuropäischer Länder im Gange und notwendig sei, dass aber „darüber offen nicht gesprochen werden dürfe, im Gegenteil: die Vorreiterrolle bei der Schaffung von Blöcken solle ruhig dem Westen gehören" 197. Deshalb wurden auch diejenigen Führungen der anderen osteuropäischen Länder von der sowjetischen Spitze kritisiert, die sich offen für die Schaffung dieser oder jener Vereinigungen aussprachen. Erst die Gründung des westlichen Bündnisses im März 1948 und des Nordatlantikpaktes im April 1949 gaben der UdSSR freie Hand. 195 196 197

Lavrisev/Tomasevskij, Mezdunarodnye otnosenija posle vtoroj mirovij vojny, Bd. 1, S. 390. Ebd., S. 391.

Gibianskij, Problemy mezdynarodno-politiceskogo strukturirovanija, S.

100.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

62

Den Chefideologen des ZK der KPdSU(b) Zdanov und Suslov war jedoch klar, dass, bevor man in „geschlossener Front" vorwärts zum Sieg des Kommunismus schreiten konnte, es insbesondere nach den Februarereignissen in der Tschechoslowakei, die in der UdSSR als „reaktionärer Putsch" angesehen wurden, und der zunehmenden Konfrontation in Jugoslawien zunächst erforderlich war, die Hauptaufgabe zu lösen die Vorbereitung und Durchführung einer politischideologischen Umwälzung in den osteuropäischen Ländern. Sie begründete den Versuch der „nationalen Wege zum Sozialismus" sowie der endgültigen Etablierung dieser Parteien in der -

Staatsmacht.I98

Im Sommer 1948 hatte die UdSSR de facto die zwischenstaatlichen Beziehungen zu den osteuropäischen Ländern abgebrochen, um sie auf Parteiebene fortzuführen, hatte die ohnehin nur schleppend verlaufenden Kontakte der Diplomaten zu den Regierungsmitgliedern in nichtkommunistischen Parteien (insbesondere zu Vertretern der Opposition) aufgegeben und ihre Arbeit unter Ausnutzung ihres politischen Gewichts und ihres Einflusses auf die Entwicklung der Beziehungen zu den kommunistischen Parteien und die Ebnung des Weges zur Macht konzentriert. Die Nivellierung der Partei- und Staatsideologien bedeutete aber gleichzeitig auch den Kampf gegen die Träger der opportunistischen Auffassungen, deren Kraft nach den Einschätzungen der Abteilung Außenpolitik des ZK der KPdSU(b) in jeder der zum Kominform gehörenden Parteien recht stark war.I99 Der Weg für die „große Säuberung" war geebnet. Die sich anschließende Vernichtung des sozialdemokratischen Flügels der Arbeiterbewegung in Osteuropa war eine logische Folge der „aktiven Hilfe" aus Moskau beim Aufbau der Partei neuen Typus in diesen Ländern. Einheitsdenken und das Verbot jeglicher Fraktionsbildung charakterisierten jetzt ihre Tätigkeit, und die bis Ende 1948 erfolgte Ausschaltung der legalen Opposition zugunsten der Kommunisten bedeutete nur einen weiteren Meilenstein auf dem Siegeszug dieser Parteien.200 Vorerst wirkten sich die Londoner Beratung zur Deutschlandfrage (23.02.-01.06.1948) und die im Anschluss daran sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands folgenden Ereignisse (wie die weitgehende Einstellung des gegenseitigen Handels, die Währungsreform, die Berliner Blockade, die Vorbereitungen auf die Gründung eines westdeutschen Staates, die von der sowjetischen Propaganda ganz besonders aufs Korn genommen wurden, usw.) auf die sowjetische Politik in der SBZ aus. Die Einstellung der Tätigkeit des Alliierten Kontrollrates im März 1948 stellte nur ein Zwischenglied in dieser Verschärfung der Beziehungen dar.

europäischen Ereignistheater strebte die UdSSR zum Beispiel auf dem Außenministertreffen Deutschlandfrage in Warschau am 23.-24. Juni 1948, der uneingeschränkten Unterstützung der volksdemokratischen Länder gewiss, nicht mehr nach dem Erhalt wenigstens des Anscheins einer wohlwollenden Einstellung in den Beziehungen zu den westlichen Ländern. Vielmehr ging sie bei der Annahme der Schlussdokumente in Richtung einer radikalen Konfrontation. Nach damaliger Auffassung der UdSSR bedeutete gerade die Londoner Konferenz den endgültigen Im

zur

198 199 200

Afanas'ev, Sovetskoe obscestvo. Vozniknovenie. Kniga 4, Bd. 2, S. 32. Adibekov, Sovescanija Kominforma, S. 378. Pons, Sumerki Kominforma, S. 169. Jedoch nicht der Kommunisten allgemein, sondern der orthodoxen Elemente unter ihnen gerade auf diese setzte die sowjetische Führung, sie waren es, die ohne Einschränkung unterstützt wurden bei der Festigung ihrer Positionen innerhalb der Parteieliten ihrer Länder, sie waren es, auf die man bei der Umgestaltung der Parteien in monolithische Gebilde nach bolschewistischem Vorbild setzte. -

Auswirkungen der internationalen Lage

63

jeglichem gemeinsamen (mit der Sowjetunion) Vorgehen in der Deutschlandfrage,201 gleichbedeutend war mit dem Erreichen vollkommener Handlungsfreiheit in der SBZ sowohl in der weiteren Verschärfung des Regimes als auch in dessen Veränderung. Mit der Herausbildung des westdeutschen Staates war der Weg zur Gründung der DDR offen, Moskau gab grünes Licht für die Umsetzung des längst von SMAD und SED ausgearbeiteten Szenarios einer eigenständigen Staatsgründung im Osten Deutschlands. Der Oberste Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland, Armeegeneral Cujkov, gab am 10. Oktober im Auftrag der sowjetischen Regierung eine Erklärung ab, die am 11. Oktober in der „Izvestija" veröffentlicht wurde. Darin hieß es u.a., dass die sowjetische Regierung beschlossen habe, der Provisorischen Regierung der Deutschen Demokratischen Republik alle staatlichen Verwaltungsfunktionen zu übertragen, die bis dahin der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland oblegen hätten, und anstelle der SMAD eine Sowjetische Kontrollkommission für Deutschland Abgang

der Westmächte

von

was

-

einzusetzen.202

Die SED wurde offiziell zur Staatspartei deklariert. Der breiten Öffentlichkeit wurde allerdings vorenthalten, dass die sowjetischen Organe schon lange zuvor die personelle Besetzung der künftigen ostdeutschen Regierung203 und deren Organisationsstruktur festgelegt hatten. Einen Monat später folgte eine weitere Erklärung von Cujkov (im Zusammenhang mit der Gründung der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland), die den Beschluss der sowjetischen Regierung bestätigte, aber „natürlich", wie es hieß, festschrieb, die „Beobachtungsfunktionen" der Sowjets in den einzelnen Bereichen der Tätigkeit der deutschen Regierung beizubehalten.204 Aus Dokumenten geht hervor, dass sich diese „Beobachtungsfunktionen" der SKK, insbesondere was das Parteischulwesen anging, im Großen und Ganzen kaum von der vorausgehenden Tätigkeit der SMAD unterschieden.205 Um Missverständnisse zu vermeiden, sei an dieser Stelle unterstrichen, dass sich die Tätigkeit der SKK in der Provinz (insbesondere auf Kreisebene) von der der SMAD unterschied. Sie verlief weit weniger aktiv. Der Schwerpunkt der Arbeit der sowjetischen Behörden verlagerte sich eindeutig weg von der Peripherie hin zum Zentrum und konzentrierte sich mittlerweile fast ausschließlich auf Karlshorst, was jedoch am Wesen der Sache kaum etwas änderte. Die Bestrebungen des ZK der KPdSU(b), die inneren Strukturen der SED einschließlich des Parteischulwesens gleichzuschalten, setzten sich unvermindert fort. 201 202

203 204

205

Vysockij, Zapadnyj Berlin, S. 149. Zajavlenie glavnonacal'stvujuscego Sovetskoj voennoj administracii v Germanii Generala Armii Cujkova V.l. v svjazi s resenijami Nemeckogo Narodnogo Soveta o vvedenii v dejstvie konstitucii Germanskoj Demokratiöeskoj Respubliki i ob obrazovanii v Berline Vremennogo pravitel'stva Germanskoj Demokraticeskoj Respubliki. In: Vnesnjaja politika Sovetskogo Sojuza, S. 224-225. Wettig, Bereitschaft zu Einheit in Freiheit?, S. 173. Priem u Predsedatelja Sovetskoj Kontrol'noj Komissii v Germanii Generala Armii V.l. Cujkova. Zajavlenie Predsedatelja Sovetskoj Kontrol'noj Komissii v Germanii Generala Armii V.l. Cujkova v svjazi s obrazovaniem Sovetskoj Kontrol'noj Komissii v Germanii. In: Vnesnjaja politika Sovetskogo Sojuza, S. 226-228. Zu einer analogen Schlussfolgerang kam Monika Kaiser auf der Basis zugänglicher Archivdokumente in ihrem Artikel: Sowjetischer Einfluss auf die ostdeutsche Politik und Verwaltung 1945-1970 (S. 119).

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

64

Die Justierung eines richtigen Verhältnisses zwischen inneren Fragen (der Tätigkeit kommunistischer Parteien in den volksdemokratischen Ländern) und dem äußeren, dem internationalen Anliegen des Kommunismus so formuliert von Rakocsi auf der ersten Sitzung der dritten Tagung des Kominform206 betrafen auch die SED und die SBZ. -

-

Das Jahr 1949 war gekennzeichnet durch die endgültige Konsolidierung der SED als Partei neuen Darüber hinaus gab es jedoch keine Ereignisse, die für die SBZ/DDR allein besonders charakteristisch gewesen wären. Das bereits 1947 von der UdSSR in den osteuropäischen Ländern begonnene „Vordringen an der ideologischen Front" hatte 1949 zu einer gewissen Gleichschal-

Typus.

tung geführt.

Entsprechend den Ergebnissen der mehrfach vorgenommenen „Bekanntmachung mit der Lage der Dinge" in dem einen oder anderen Land wurden umfangreiche Empfehlungen verabschiedet, sowohl zum Parteiaufbau auf marxistisch-leninistischer Grundlage207 als auch zu Methoden, das Land zu regieren. Ideologische Fragen der Erziehung der Bevölkerung spielten selbstverständlich ebenfalls eine bedeutende Rolle.

Die auf Anweisung des „großen Regisseurs" praktisch zeitgleich einsetzenden Säuberungsaktionen in den osteuropäischen Ländern und der SBZ/DDR sollten jeglicher oppositionellen Bewegung den Boden unter den Füßen entziehen und all diese Länder zu einem homogenen Block zusammenschweißen. Da heißt es z.B. in Überprüfungsprotokollen: „Die Tschechoslowaken nehmen unsere Vorschläge in ideologischen Fragen lange nicht so offen auf wie die Polen. Hier 208 muss sich endlich etwas ändern." Diese Arbeit begann nicht von heute auf morgen, sondern war lange vorbereitet worden. Berichte über die Lage der Dinge in diesem oder jenem Land, darüber, wie das betreffende Land Lehren aus den Fehlern der Kommunistischen Partei Jugoslawiens zog, waren bereits im Sommer 1948 in der Abteilung Außenpolitik des ZK der KPdSU(b) eingegangen. Sie boten der Führung der KPdSU(b) umfangreiches Material für die Erteilung weiterer Anweisungen.209 Außerdem erklang damals Kritik von Seiten der KPdSU(b), dass das Studium der Lehren des Marxismus-Leninismus bedauerlicherweise immer noch nicht als alltägliche Aufgabe verstanden werde210, dass die „reichen Erfahrungen der UdSSR beim Aufbau des Sozialismus" immer noch ignoriert bzw. bewusst nicht verbreitet würden usw.21 ' Die zumeist im Jahre 1948 eingerichteten Parteihochschulen in den Ländern Osteuropas (mit einer Ausbildungsdauer von sechs Monaten

sovescanija Kominforma

206

Protokol 3-go ma, S. 543.

207 208

Mar'ina, VKP(b) i KPC, S. 125-145.

209

nojabrja 1949g.

In: Adibekov,

Sovescanija Kominfor-

Informacija zavedujuscego techsektorom Informbjuro A.I. Antipova zavedujuscemu kanceljariej Sekretariata Informbjuro L.S. Baranovu o chode podgotovki k IX s"ezdu kompartii Cechoslovakii ot 15 maja 1949g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, Bd. II, S. 87 (= Dokument Nr. 28). Spravka OVP CK VKP(b) „Uroki iz osibok kompartii Jugoslavii dlja Vengerskoj partii trudjascichs-

ja", ne pozdnee 12-go ijunja 1948g. (= Dokument Nr. 209). 210 211

16-19

In:

Sovetskij faktor v Vostocnoj Evrope, S. 589-599

Ebd., S. 590.

Spravka OVP CK VKP(b) „Uroki iz osibok kompartii Jugoslavii dlja Pol'skoj rabocej partii", pozdnee 19-go ijunja 1948 g. In: Sovetskij faktor v Vostocnoj Evrope, S. 599 (= Dokument Nr. 210).

ne

Auswirkungen der internationalen Lage

65

oder mehr) hätten nicht die Ergebnisse erbracht, die man sich von ihnen bei ihrer Gründung erhofft habe. In diese Periode gehört auch die Einführung einer Kandidatenzeit für Bewerber um Aufnahme in die Partei, die Erteilung von Bürgschaften usw.212 Die

ungenügende Anzahl „gut ausgebildeter und ideologisch gestählter Kader" bremste nach Feststellung der sowjetischen Berater den Prozess der Parteischulbildung erheblich. Auswege aus dieser Situation suchten nicht nur (oftmals auch nicht in erster Linie) die Führungskräfte der kommunistischen Parteien dieser Länder, sondern vor allem die Spitze der UdSSR. Bereits im März 1949 schlug der Leiter der IV. Europäischen Abteilung im Außenministerium der UdSSR (also nicht etwa, was nahe gelegen hätte, im ZK der KPdSU(b)), S.P. Kirsanov, eine Reihe von Maßnahmen zur Verstärkung des sowjetischen Einflusses auf das kulturelle [lies: politisch-ideologische A.H.] Leben in den Ländern Osteuropas vor,213 bei denen es u.a. darum

ging, an der Parteihochschule und der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU(b) eine Abteilung zur Ausbildung von marxistisch geschulten Kadern für die volksdemokratischen Länder einzurichten und gleichzeitig regelmäßig sowjetische Wissenschaftler und Lehrkräfte zur Arbeit an die Hochschulen in den jeweiligen Ländern zu delegieren.214 Dieser Bericht stellte gleichwohl eine Art Antwort auf Anfragen bzw. Bitten der Führer von kommunistischen Parteien dar, propagandistische Kader zur Unterstützung für einen Vorlesungszyklus (so z.B. geschehen in der Tschechoslowakei) in der zentralen Parteischule innerhalb des -

Kurses

Geschichte der KPdSU(b), zum Dialektischen und Historischen Materialismus usw. Verfügung zu stellen.215 Polen bat zum Beispiel um Erlaubnis, 50 bis 55 Personen zum Studium der Erfahrungen der KPdSU(b) bei der Organisation der Parteiarbeit an die Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b) entsenden zu dürfen.216 zur

zur

Eine generelle Vorschrift zur Führung von Dossiers über die kommunistischen und die Arbeiterparteien der volksdemokratischen Länder217 belegt, dass bis zum Sommer 1949 die in der Kanz-

212

Spravka OVP CK VKP(b) „Uroki iz osibok kompartii Jugoslavii dlja Vengerskoj partii tradjascichsja", ne pozdnee 12-go ijunja 1948g. In: Sovetskij faktor v Vostocnoj Evrope, S. 594

213

Predlozenija zavedujuscego IV Evropejskim otdelom (EO) MID SSSR S.P. Kirsanova ob usilenii sovetskogo vlijanija na kul'turnuju zizn' Pol'si, Cechoslovakii i drugich stran Vostocnoj Evropy, ot 21 marta 1949g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, S. 37-41

(= Dokument Nr. 209).

214 215

(= Dokument Nr. 14). Ebd., S. 40. Soobscenie L.S. Baranova predsedatelju Vnessnepoliticeskoj komissii (VPK) CK VKP(b) V.G. Grigor'janu o besedach s rukovoditeljami KPC K. Gotval'dom i R. Slanskim o torgovych otnosenijach s Jugoslaviej, perspektivach kollektivizacii v Cechoslovakii, itogach proverki Clenskogo sostava KPC i dr., seredina maja 1949g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, S. 92

(= Dokument Nr. 29). 216

217

Pis'mo V.G. Grigor'jana I.V. Stalinu o poezdke v SSSR grappy slusatelej Vyssej partijnoj skoly pri CK PORP ot 17 maja 1949g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, S. 119 (= Dokument Nr. 35). Primernye schemy vedenija dos'e po kommunisticeskim i rabocim partijam stran narodnoj demokratii raskladki materialov po stranam narodnoj demokratii v kanceljarii Sekretariata Informbjuro, 1949 g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, S. 278-282 (= Dokument Nr. 89).

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

66

lei des Sekretariats des Informbüros [lies: im ZK der KPdSU(b) A.H.] erarbeitete Kontrolle über die kommunistischen Parteien auf eine „wissenschaftliche Grundlage" gestellt worden war. Das Fragenspektrum, auf welches das Sekretariat Antworten von den kommunistischen Parteien erwartete, umfasste das gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Leben, die Entwicklung jener Länder sowie detaillierte Analysen über die Parteien selbst: vom Kadereinsatz bis hin zur Situation bei der Zahlung von Mitgliedsbeiträgen, von der Schulung der Parteikader bis hin zur Parteiführung in Kunst und Literatur.218 -

Damit wurde die bis dahin noch existierende Vielfalt im Parteischulwesen beseitigt. Sowohl der „Kurze Lehrgang der Geschichte der KPdSU(b)" als auch die Vorlesungen sowjetischer Lehrkräfte zu Themen wie der Geschichte der KPdSU(b), der Philosophie oder der Politischen Ökonomie usw. bildeten die Grundlage für die „ideologische Erziehung der Parteimitglieder" sowie „breiter Massen von Werktätigen" in jenen Ländern. Bereits Ende 1949 hob Pospelov219 in einer Vorlesung zum Thema „Die internationale Bedeutung der Erfahrungen der Bolschewiki" vor ersten Sekretären der Gebiets-, Regional- und Republikkomitees der kommunistischen Parteien der Unionsrepubliken der Sowjetunion mit Nachdruck hervor, dass sich die kommunistischen Parteien in den osteuropäischen Ländern deutlich ideologisch und organisatorisch gefestigt hätten, und zwar sowohl im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Informationsbüros zur Lage in Jugoslawien als auch mit der Verbreitung des „Kurzen Lehrgangs", jener „Stalinschen Enzyklopädie des Grundwissens im Bereich Marxismus-Leninismus".220 Die endgültige Konstituierung des Ostblocks in den Jahren 1949-1950 und die Etablierung des Marxismus-Leninismus im stalinschen Sinne in diesen Ländern führten dazu, dass die Strukturen des Kominform mit ihren alljährlichen Beratungen schon zu einer Art Anachronismus geworden waren. Die für das ZK der KPdSU(b) erforderlichen Informationen über die betreffenden Länder gingen in ausreichendem Umfang und ohne sonderlichen Widerstand ein. Die Führungsrolle der UdSSR und der KPdSU(b) (mit ihren ideologischen Postulaten) wurde von niemandem mehr

angezweifelt. Da es in der Anfangszeit des Aufbaus des Parteischulsystems ständig Schwierigkeiten mit dem Druck theoretischer Arbeiten zum Parteiaufbau gab [die meisten trafen auf umfangreiche Kritik von Seiten des ZK der KPdSU(b) A.H.], wurde ab 1950/51 immer wieder die Bitte geäußert, mehr Lehrmaterialien, d.h. nicht nur den „Kurzen Lehrgang", zur Verfügung zu stellen. Das Parteischulsystem der UdSSR wurde teils freiwillig, teils unter dem so genannten freiwilligen Zwang zum Vorbild genommen, seine Lehrpläne und -materialien als „besonders wertvolle Hilfe bei der Verbesserung der Ausbildung von Führungskadern" bezeichnet.221 Die Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b) galt dabei stets als Muster. -

218 219 220

221

Ebd., S. 278-279. Pëtr Nikolaevic Pospelov, Mitglied des ZK der KPdSU seit 1952, Sekretär des ZK der KPdSU seit März 1953 und ab August 1949 Direktor des Marx-Engels-Lenin-Instituts (MELI). Kursy pervych sekretarej obkomov, krajkomov i CK Kompartij sojuznych respublik. Lekcija P. N. Pospelova „Istorija VKP(b) i mezdunarodnoe znacenie opyta bol'sevikov" ot 12.7.1949g. (RGASPI, F. 629, op. 1, Akte 40, Bl. 41). Pis'mo A. Pauker v CK VKP(b) s pros'boj predostavit' programmy i ucebnye plany VPS pri CK VKP(b), ot 7. ijulja 1951g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944-1953, S. 562 (= Dokument Nr. 201).

Auswirkungen der internationalen Lage

67

Der 1950 eingeführte Unterricht von Disziplinen des Marxismus-Leninismus an den Hochschulen der volksdemokratischen Länder sowie die verstärkten Bemühungen, „junge, politisch bewährte Leute" für die Parteischulen zu rekrutieren, waren auf die Lösung der gleichen Aufgabe wie in der SBZ/DDR gerichtet, nämlich die Jugend zu fördern, dabei aber dem Alter stets gebührende Achtung zu erweisen. Nun war dies nichts Neues und wurde seinerzeit bereits von den Zeitgenossen geäußert: „Als Gegenleistung für Treue, Gehorsam und Disziplin verspricht die Partei, die Sehnsucht dieser von Jugend an Unterdrückten nach Überlegenheit und nach Vergeltung zu erfüllen." 222 Die Gemeinsamkeit der Aufgaben in den volksdemokratischen Ländern bestimmte die Gemeinsamkeit der Wege. Die Zeitung „Für einen dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie" sollte eine noch weitere Annäherung der Parteistrukturen fördern. Die darin zu unterschiedlichen Problemen abgedruckten Artikel dienten einerseits als nachahmenswerte Beispiele, andererseits aber auch als Mittel des Vergleichs. Die UdSSR, besser gesagt das ZK der KPdSU(b) der Umstand, dass Berichte und Rapporte in der Regel an die Botschaft der UdSSR gerichtet waren, darf nicht verwirren hatte nach wie vor die Entwicklung der Parteien in den volksdemokratischen Ländern fest im Griff und damit auch das Parteischulwesen als untrennbaren Bestandteil der Parteient-

-

wicklung. Mitarbeiter der sowjetischen Botschaften in den einzelnen Ländern führten nicht nur Buch über die Anzahl der veröffentlichten Werke von Lenin und Stalin sowie über die Verbreitung und das Studium des „Kurzen Lehrgangs" 223, sondern ebenso über alle Mängel im Parteischulwesen. Es wurden Wege zur Überwindung dieser Mängel aufgezeigt (sowohl die bereits eingeschlagenen als auch die noch zu beschreitenden).224

Mängeln zählte nach wie vor die Tatsache, dass noch zu wenige Parteimitglieder in die Parteischulung einbezogen wurden (deshalb sollten persönliche Verantwortlichkeiten geschaffen werden) und dass der Kampf gegen den „bürgerlichen Nationalismus" und den „Kosmopolitismus" nicht entschieden genug geführt wurde. Die Erziehung aller Werktätigen „im Geiste des proletarischen Internationalismus und der Liebe zur Sowjetunion" 225 betrachtete man als selbstverständliche Grundlage aller Bestrebungen. Im Ergebnis dieser Entwicklungen wurde die Gleichförmigkeit des Parteischulwesens in allen Ländern Osteuropas immer offensichtlicher. Die Parteihochschulen bildeten überall die höchste Stufe des Parteischulungssystems, die Auswahl und Zulassung von Bewerbern zum Studium an diesen Einrichtungen nahm überall die Kaderabteilung des ZK der jeweiligen Partei vor. Das Schema des Parteischulwesens im Jahre 1952, dargestellt am Beispiel Ungarns und Rumäniens, gibt einen ungefähren Überblick über die Situation auch in den übrigen Ländern: Zu den

222 223

Die Schulung der Kommunistischen Elite, 1954 (FES, SPD-PV-Ostbüro, 0325-11, o.Bl.). Allein in Polen waren 1949 mehr als eine Million Exemplare verbreitet worden, in der Tschechoslowakei etwa zwei Millionen, in Rumänien etwas weniger vgl. Kursy pervych sekretarej obkomov, krajkomov i CK Kompartij sojuznych respublik. Lekcija P. N. Pospelova „Istorija VKP(b) i mezdunarodnoe znacenie opyta bol'sevikov" ot 12.7.1949g. (RGASPI, F. 629, op. 1, Akte 40, Bl. 41). Iz spravki sotradnikov Posol'stva SSSR v Budapeste N.G. Reznicenko i Ju. N. Cernjakova o kul'turnom stroitel'stve i bor'be na ideologiceskom fronte v Vengrii na sovremennom étape, ot 1.7.1952g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944-1953, S. 753-767 (= Dokument Nr. 275). Ebd., S. 767. -

224

225

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

68

Ungarn: Einjahreslehrgang vermittelte Grundkenntnisse Die zweijährige politische Schule vermittelte die theoretischen Grundlagen des Marxis-

-

-

mus-Leninismus

Bezirksparteischulen (drei Monate Direktstudium mit Freistellung von der Arbeit) Ständige 5-Monatslehrgänge für Propagandisten an der Parteihochschule Parteihochschule (ein oder zwei Jahre)226 Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b).

-

Rumänien: -

-

-

-

Lehrgänge zur aktuellen Politik (Studium der Biografíe Stalins, Lenins, der Geschichte der KPdSU (b)) Abenduniversitäten des Marxismus-Leninismus Abendparteischulen für Mitarbeiter von Partei- und Staatseinrichtungen Parteischulen mit Freistellung von der Arbeit (drei, sechs und zwölf Monate)227 Parteihochschule mit dreijährigem Direktstudium und externem Studium.

-

Dazu kam noch das recht weit verzweigte Netz von Parteikabinetten, deren Mitarbeiter zur Parteinomenklatur gehörten und die Aufgabe hatten, die jeweils aktuelle Parteipolitik umfassend zu erläutern.

226 227

Ebd., S. 754. Iz dnevnika N.P.

Sulickogo. Zapis' besedy s sekretarëm CK RRP A. Mogiorosem o ëistke partijnych Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944-1953,

rjadov i dr., ot 13. marta 1953g. In: S. 878 (= Dokument Nr. 315).

2.2 Die sowjetischen Vorbereitungen zur Schaffung einer Partei neuen Typus Die UdSSR verfügte bereits über recht umfangreiche Erfahrungen bei der Popularisierung der Beschlüsse von Parteikonferenzen und Parteitagen. Gestützt auf diese Erfahrungen (und unterstützt von der SMAD) gelang es der SED, diese Tradition in der Tätigkeit ihrer Organe zu festigen. Die gesamte Parteipresse, und nicht nur diese, wurde in die Verbreitung der Beschlüsse der SED-Führung einbezogen, sämtliche Abendkurse an den Parteischulen der SED waren verpflichtet, ihre Hörer mit allen Ereignissen vertraut zu machen und dabei insbesondere die Wichtigkeit des einen oder anderen Beschlusses hinreichend zu erläutern. Der II. Parteitag der SED, der im September 1947 stattgefunden hatte, bestimmte auch Anfang 1948 noch die Hauptrichtung der Propagandaarbeit sowohl der SED als auch der SMAD.228 Die Informationsabteilungen hatten bereits im Vorfeld des II. Parteitages die Aufgabe der „organisatorischen und ideologischen Festigung der Reihen der Partei" ernsthaft in Angriff genommen, nunmehr widmeten sie sich ihrer Realisierung mit immer größerem Engagement.

Allerdings muss eingeräumt werden, dass ihre Tätigkeit bei der Führung der SED nicht nur auf Dankbarkeit stieß, denn allzu großer Druck führt bekanntlich nicht zwangsläufig zu einem schnelleren Ergebnis, sondern manchmal eher zu einem Bruch. So kam es, dass die Führung der SED, ständig von sowjetischer Seite an die Hand genommen, eben nicht die erwartete Dankbarkeit zeigte, sondern sich eher mühen musste, ihre Gereiztheit einigermaßen zu verstecken. Immer schwerer fiel es den realistisch denkenden deutschen Genossen, „ketzerische" Gedanken zu verbergen, die mehr und mehr in den Vordergrund drängten und die da hießen: „Wir sind doch auch nicht dumm! Wir können doch auch ein wenig denken! Laßt uns doch mal etwas allein machen!" usw. Schließlich blieb diese wachsende Unzufriedenheit auch der Führung der SMAD nicht verborgen. Ungeachtet der eindeutig negativen Züge der Informationen (schließlich zweifelte man nicht an einer gewissen Mitschuld der Mitarbeiter der Informationsverwaltung an der entstandenen Situation) war Tjul'panov gezwungen, in einem Bericht an Semënov 229 zuzugeben, dass die Stimmung unter den Mitarbeitern des Zentralsekretariats von „Niedergeschlagenheit und Unzufriedenheit" geprägt sei und dass man als „einen der Hauptgründe dafür die Tatsache ansehen müsse, dass das Zentralsekretariat bei der Entscheidung über grundlegende politische Fragen ständig vor vollendete Tatsachen gestellt würde". 23° 228

229

230

Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) 1948g. ot Nacal'nika Upravlenija

t. Baranovu „O vnutripartijnom informacii SVAG polkovnika t.

polozenii v SEPG" ot 2 Tjul'panova (RGASPI,

marta

F.

17,

op. 128, Akte 566, Bl. 45-63). Die Bedeutung des Politischen Beraters und seines Apparats sowie dessen Gewicht bei der Beschlussfassung zu Fragen der Entwicklung der SBZ wuchs stetig. Es gab kaum eine wichtige Angelegenheit mehr, die ohne seine Beteiligung entschieden wurde. Zumindest wurde er über alle Vorgänge ein-

gehend informiert. Dokladnaja zapiska politsovetniku t. Semënovu ot 8 marta 1948g. ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG polkovnika t. Tjul'panova (AVPRF, Politberater der SMAD, op. 3, Mappe 28, Akte 7, Bl.

23-24).

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

70

Er verheimlichte auch jenen Umstand nicht, dass Mitarbeiter der SMAD, die in ihrer Arbeit in gewissem Umfang vom technischen Personal der SED-Apparate abhingen und deren Leistungen nutzten, es oftmals nicht einmal für nötig hielten, die SED-Führung darüber zu informieren, an welchen Aufgaben sie gerade arbeiteten oder welche Beschlüsse vielleicht unmittelbar bevorstünden. Daher waren sie oftmals wesentlich besser informiert als viele Mitarbeiter der SEDFührung, sogar bis hin zu Mitgliedern des Zentralsekretariats. Einer ähnlich harten „Fürsorge" wie die SED waren auch die deutschen Selbstverwaltungsorgane ausgesetzt. Zur besseren Verständlichkeit für die übergeordneten Stellen in Moskau wurden die Selbstverwaltungsorgane oft als Staatsapparat bezeichnet, obwohl es nach sowjetischem Verständnis noch gar keinen Staat als solchen gab. Ungeachtet dessen, dass die SED-Führung bei der Beschlussfassung über Fragen der Entwicklung in der Besatzungszone häufig nur eine Pro-formaRolle spielte, betrachtete die SMAD die Partei dennoch als prinzipiell verantwortlich für die Arbeit des Staatsapparats, zumindest in jenen Fällen, wo diesem Fehler zur Last gelegt wurden.231 Es drängt sich der Eindruck auf, dass immer noch kaum jemand in der SMAD die Tätigkeit der deutschen Parteien, Massenorganisationen und Selbstverwaltungsorgane ernst nahm. Sogar das Zentralsekretariat selbst wurde wie folgt charakterisiert: Es sei „eine Ansammlung von Personen, welche die Arbeit der einzelnen Abteilungen führen", es gebe aber (für die SMAD) „noch jede Menge zu tun, ehe daraus ein kollektives politisches Führungsorgan würde" 232. Zu diesen

wenig schmeichelhaften (und vor allem zentral geäußerten) Beurteilungen muss noch hinzugefügt werden, dass es für die skeptische Haltung zur SED einen weiteren wichtigen Grund gab, nämlich das in der UdSSR tief verwurzelte und in der SBZ permanent weiter geschürte Misstrauen gegenüber der Sozialdemokratie, aber auch gegenüber allen, die nicht streng in den Kategorien des Marxismus-Leninismus-Stalinismus dachten und empfanden. Die Anwesenheit

solcher „kein volles Vertrauen verdienender Personen" sogar innerhalb des Zentralsekretariats der SED ließ ahnen, wie viele solcher Menschen es vor Ort wohl noch geben müsse. Die allgegenwärtigen Wahnvorstellungen, man sei von „Feinden" regelrecht umstellt, beeinflussten zwangsläufig jede Beziehung zu den Parteiorganisationen der SED.233

231 232

233

Ebd., Bl. 23.

Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) t. Baranovu „O vnutripartijnom polozenii v SEPG" ot 2 1948g. ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG polkovnika t. Tjul'panova (RGASPI,

marta

F. 17,

op. 128, Akte 566, Bl. 63). 1948 verlagerte sich das Zentrum der Entscheidungsfindung in politischen Fragen vom Parteivorstand (als leitendem Gremium) zum Zentralkomitee der SED. Obwohl das überall verbreitete Prinzip des demokratischen Zentralismus noch nicht zur politischen Realität geworden war, fiel die praktische Entscheidung mit den politischen Wünschen (sowohl der politischen Führung der SED als auch von deren Beratern) alsbald zusammen, nämlich das Gros der Fragen im kleinen Kreis, ohne lästige Diskussionen zu entscheiden. Das hatte zur Folge, dass das ZK seine politische Bedeutung erheblich steigern und bald schon die entscheidende Rolle in der Partei spielen konnte. Ein ähnlicher Prozess hatte in den 30er Jahren in der UdSSR stattgefunden, als der administrative Apparat den politischen Führern die gesamte Macht entriss (vgl.: Morin, O prirode SSSR, S. 29) und sie im Kopf des Apparats, d.h. bei Stalin, konzentrierte. Von einer solchen Machtkonzentration konnte zwar bei der SED noch keine Rede sein, aber zweifelsohne haben die Vorstellungen der SMAD, dass gerade eine solche Konstellation, wenn einige Auserwählte alles entscheiden, als normal anzusehen sei, die Entwicklung der SED in dieser Richtung maßgeblich beeinflusst.

Schaffung einer Partei neuen Typus

71

Frühjahr 1948 stellte sich die Informationsverwaltung der SMA recht weitreichende Aufgaben, die nicht nur die innerparteiliche Entwicklung der SED umfassten, sondern auch die Übermittlung außenpolitischer Ereignisse im Sinne der SMAD betrafen, so z.B. die „Entlarvung des Scheiterns der Londoner Konferenz", die Frankfurter Beschlüsse über die Spaltung Deutschlands usw. Was die Ideologie der SED und deren organisatorische Etablierung anbetraf, so verfolgte man damals folgende Hauptaufgaben: die Festlegung einer klaren Position im ideologischen Kampf gegen die Sozialdemokratie, wobei der Marxismus-Leninismus als Weltanschauung eine entscheidende Rolle spielen Im

-

sollte;

-

-

in Anbetracht der Ängste der SED, offen von einer Diktatur des Proletariats zu sprechen, sollte von der SED nunmehr gefordert werden, „sich klar und deutlich für die Diktatur des Proletariats als untrennbarer Bestandteil der marxistischen Lehre auszusprechen"; die Notwendigkeit, innerhalb der Partei Kritik und Selbstkritik zu entwickeln; den Parteiaufbau auf der Grundlage des Betriebsgruppenprinzips voranzutreiben; die SED immer wieder darauf hinzuweisen, dass jegliche Fraktionsbildung untersagt sei, dass jegliche Abweichung von der Linie der Partei mit aller Härte zu verfolgen sei, insbesondere natürlich die „Schumacher-Clique" in der Partei.234

Wenn Tjul'panov sich bereits 1947 unzufrieden über die immer noch praktizierte Doppelbesetzung von Parteifunktionen, die so genannte Parität, ausgesprochen hatte, so wurde 1948 die Kritik an dieser Praxis immer stärker Die Schärfe des Tons, in welchem sich Mitarbeiter der Informationsabteilungen vor Ort ebenso wie Vertreter aus Karlshorst gegen die bestehende Parität aussprachen (sie werde die Apparate unnötig aufblähen, uneffektiv und in vielen Fragen geradezu konservativ sein usw.) lässt ahnen, dass bereits seit längerer Zeit das Urteil über die Praxis der Parität gesprochen war. Die offizielle Aufhebung des Paritätsprinzips im Parteiaufbau der SED war also nur noch eine Frage der Zeit oder, in der damaligen Diktion, eine Frage des taktischen .

Vorgehens. Die Wahlen der Gewerkschafts- und der Betriebsräte in der SBZ im März 1948, deren Ergebnisse ebenso wie die der Landtagswahlen im Herbst weit hinter den Erwartungen zurückblieben, führten zu einem erheblichen Prestigeverlust der SED und damit letztlich auch der SMAD. Folglich forderte die sowjetische Führung sowohl von der Informationsverwaltung als auch von der Führung der SED unverzüglich schlüssige Erklärungen für diese Niederlage. So kann mit Recht davon ausgegangen werden, dass Pieck und Grotewohl bei ihrer Reise nach Moskau am 25. März 1948 mit Stalin nicht nur über die wirtschaftliche Entwicklung der Besatzungszone sprechen, sondern ihm auch sozusagen aus erster Hand die gesellschaftspolitische Lage erläutern wollten, was zweifelsohne auch Gründe und Ursachen für die Wahlniederlage der SED, speziell bei den Gewerkschafts- und Betriebsratswahlen 1948 in Berlin, einschloss.235

Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) t. Baranovu „O vnutripartijnom polozenii v SEPG" ot 2 marta 1948g. ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG polkovnika t. Tjul'panova (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 566, Bl. 56-63). 235 Soobscenie Sekretarju CK VKP(b) t. Suslovu M.A. ot 25 marta 1948g. ot Zam. zavedujuscego otdelom CK VKP(b) L. Baranova o pribytii v Moskvu 25 marta 1948g. predsedatelej SEPG V. Pik i O. Grotewol' i ob ich zelanii vstretit'sja so Stalinym (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 1166, Bl. 145).

234

Ausführlicher zu dieser Reise siehe: Naimark, Die Russen in Deutschland, S. 387-389.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

72

Die Realitäten des Lebens zwangen dazu, die künftige Entwicklung der Partei unter immer neuen Blickwinkeln zu betrachten. Die bekannten Veränderungen im politischen Leben Osteuropas, die 1948 (mit entsprechender „Unterstützung" seitens der sowjetischen Führung) vor sich gingen, schlugen sich in der SBZ wie in einem Spiegel nieder. Meines Erachtens betraf dies allerdings nicht so sehr die politische Führung der SMAD als vielmehr die Abteilung Außenpolitik des ZK der KPdSU(b). Wie bereits erwähnt, war es undenkbar, dass etwa Tjul'panov seine eigene Linie ohne die entsprechende Billigung in der Regel ebendieser Abteilung Außenpolitik, die eine generelle Kontrolle über die politische Situation in Osteuropa ausübte, hätte durchführen können. Das Jahr 1948 kann also überhaupt nicht mehr mit 1946 verglichen werden, als die Tätigkeit der SMAD noch nicht komplett durchreglementiert war. Schließlich hatte sich Tjul'panov Ende 1946 auf einer Sitzung des Sekretariats des ZK der KPdSU(b) anhören müssen, wie entrüstet man in Moskau über seine Eigenmächtigkeiten bei der Entscheidung allgemeiner politischer Fragen in der SBZ sei.236 In der Folgezeit wurde die Selbstständigkeit Tjul'panovs durch die sich ausweitende Aktivität von Aleksandrov und Suslov im Rahmen der sowjetischen Deutschlandspolitik permanent weiter eingeschränkt. Immer öfter war Tjul'panov gezwungen, zu allen erdenklichen Ereignissen Berichte an das ZK der KPdSU(b) abzugeben. Diese Tatsache spricht nicht allein dafür, dass er zunehmend dazu verpflichtet wurde, sondern zeugt auch von seiner wachsenden Abhängigkeit von diesen Abteilungen. Um das gesamte Ausmaß der Einflussnahme des ZK der KPdSU(b) auf die SBZ analysieren zu können, bedarf es allerdings der Einbeziehung von bisher noch unzugänglichen Dokumenten aus dem Archiv der Internationalen Abteilung des ZK.

Es wird kein Zufall sein, dass gerade im März/April 1948 Berichte über die ungarische und die tschechoslowakische Kommunistische Partei sowie über die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei auftauchten, die u.a. ausführliche Kritiken der „nationalen Wege zum Sozialismus" enthielten. Es ist offensichtlich, dass diese Berichte im Auftrag des ZK der KPdSU(b) entstanden waren. Zudem korrespondieren sie auffallend mit dem Bericht der Abteilung Außenpolitik vom 18. März 1948 „Über die antimarxistische Einstellung der Führung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens in Fragen der Innen- und Außenpolitik"237. Aus dieser Analyse geht hervor, dass es an der Zeit war, die gesamte Idee von den besonderen nationalen Wegen zum Sozialismus, die bereits seit dem Frühjahr 1947 zunehmend kritisiert worden war, endgültig zu begraben.

Abgesehen von einigen Berichten der Informationsverwaltung also nicht der Abteilung Außenpolitik beim ZK der KPdSU(b) sowie von einigen mehrdeutigen Äußerungen Suslovs gegenüber Pieck während dessen Visite in Moskau im März 1948 gibt es keinerlei eindeutige Hinweise darauf, dass für die SBZ irgendein besonderer Entwicklungsweg im Unterschied zu den übrigen volksdemokratischen Ländern vorgesehen war. Die Beschuldigungen einer zu harten Vorgehensweise und einer verfrühten Sowjetisierung an die Adresse von Vertretern der Politischen Haupt-

-

236

237

Vgl.: Stenogramm der Bemerkungen des ZK-Sekretärs A. Kuznecov zur Arbeit der Propagandaverwaltung der SMAD auf der Sitzung des Sekretariats des ZK der KPdSU(b) vom 9. Dezember 1946. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 254 (= Dokument Nr. 57). Volokitina, „Cholodnaja vojna", S. 20.

Schaffung einer Partei neuen Typus

73

Verwaltung der Streitkräfte der UdSSR238 standen im deutlichen Gegensatz zu dem Vorgehen, das von der UdSSR sogar in den formal unabhängigen Ländern Osteuropas inspiriert wurde.239 Die Empfehlungen der Kontrolleure aus dem ZK, die sich übrigens erstaunlich deutlich mit den erklärten Zielen der Propagandaverwaltung deckten (unabhängig davon, wie unterschiedlich ihre Auffassungen zur Person Tjul'panovs waren), bestärkten die Auffassung von der Schwäche der SED als Partei.

Die weitere ideologische und organisatorische Stärkung der Reihen der Partei blieb permanent auf der Tagesordnung. Als wesentlichste Hindemisse auf dem Weg zur Erreichung dieses Zieles

galten: -

-

das immer noch praktizierte Paritätsprinzip; die ungenügende Kritik und Selbstkritik in den Reihen der SED;240 die ungenügende Härte bei der Verbreitung des Marxismus-Leninismus sowohl im gesellschaftlichen Bewusstsein als auch in der Parteischulung.241

Kommissionen kommen und gehen bekanntlich, sie empfehlen, kritisieren, fordern.242 Die Arbeit des Apparates aber, in die von Monat zu Monat mehr Routine einzog, nahm ihren Lauf, ohne nennenswert durch die sowjetischen Kontrollen beeinflusst worden zu sein. In erster Linie galt dies für die örtlichen Organe in der Provinz. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeit der Kommissionen etwa keine Spuren hinterlassen hätte. Zum einen verschwanden aus den Routineberichten von Karlshorst über die geleistete Arbeit alle Formulierungen, die man als direkte Einmischung der Informationsverwaltung in die inneren Angelegenheiten der SED hätte deuten können. Es hieß also nicht mehr „wir haben empfohlen" oder „die SED sollte noch dieses oder jenes tun" usw. Dafür benutzte man von nun an häufiger solche Wendungen, die zu dem Gedanken hinführen sollten, die SED würde ihre Entscheidungen nunmehr völlig eigenständig treffen. Zum anderen fand die Reaktion auf die ständige Kritik der Kontrolleure ihren Ausdruck in einer verstärkten Aktivität sowohl in der praktischen Tätigkeit als auch im „theoretischen Schaffen". Die nach der Abreise der Kontrolleure an den Zentralvorstand der SED ergangenen Empfehlungen sprechen in dieser Hinsicht für sich.243

238 239

Ebd., S. 226.

Sovetskij faktor v Vostocnoj Evrope 1944-1953. Bd. 1, S. 18. Diese Tatsache hilft, das Phänomen Tjul'panov besser zu verstehen: Die Übereinstimmung seiner Ansichten über die Entwicklungsperspektiven in der SBZ (vielleicht sogar seiner Vorgehensweise) mit denen der einflussreichen Kräfte im Apparat des ZK der KPdSU (b) hielten ihn „oben" immer nach dem Prinzip „nicht die Methode, sondern das Ergebnis zählt". Vgl. die Rede von Walter Beling an die 14. Tagung, in der er u.a. fordert, dieses Prinzip in der Partei konsequent durchzusetzen siehe Entscheidungen der SED 1948, S. 419. Memorandum der Kommission des ZK der KPdSU (b) für A. Zdanov über das Ergebnis der Überprüfung der Arbeit der Informationsverwaltung der SMAD (Auszug), undatiert [nach dem 5. Mai 1948]. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 277-278 (= Dokument Nr. 63). Vgl. Dokumente der Kommissionen des ZK der KPdSU(b) zur Kontrolle der Propaganda- bzw. Informationsorgane. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, besonders Teil II, S. 221-289. Siehe u.a. Foitzik, Sowjetische Militäradministration, S. 263-264. -

240 241

242 243

-

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

74

Die im

Zusammenhang

mit dem

unbefriedigenden Ergebnis

der Berliner Wahlen

zu

den Be-

triebsräten244 sowie im Ergebnis der erneuten Überprüfung der ideologischen und organisatorischen Situation der SED245 ausgesprochenen Empfehlungen trugen unverkennbare Anzeichen der von der SMAD angestrebten künftigen Veränderungen. Der obligatorische Charakter jener Empfehlungen stand außer Zweifel, die Abstimmung dieser Papiere mit Marschall Sokolovskij [lies: die Beteiligung der verschiedenen politischen Organe der SMAD an ihrer Erarbeitung A.H.] sowie ihre anschließende Bestätigung durch Suslov zeigen dies deutlich. Hätte die Führung der SED diese Empfehlungen nicht angenommen und umgesetzt, so wäre dies für sie vermutlich einer politischen (und nicht nur einer politischen) Katastrophe gleichgekommen. Deshalb geriet auch die eigens einberufene Sondersitzung des Zentralsekretariats der SED -

Annahme aller dieser Empfehlungen zu einer Farce, berufen in erster Linie, um die Eigenliebe der Genossen zu befriedigen. zur

Die weitere

Annäherung nicht nur der Organisationsprinzipien, sondern auch der ideologischen Grundlagen beider Parteien setzte sich also fort. Die endgültigen Entscheidungen der SED waren nur noch eine Frage der Zeit. Allerdings ließ die sich immer weiter verschärfende Situation in Jugoslawien nicht viel Raum für Vorbereitungen. Die Lage in der SED im zweiten Halbjahr 1948 ähnelte der Einstimmung auf den letzten und alles entscheidenden Kampf. In der Literatur ist diese Entwicklung hinreichend beleuchtet.246 Tiefergreifender Erläuterungen bedürfen allerdings die häufig auftretenden Unklarheiten in der Interpretation des Wörtchens „unsere" durch die Informationsverwaltung. Bedeutet das nun der SMAD oder der SED? Hier soll nicht auf die allgemeinen Phrasen und Fragen eingegangen werden, die auf dem 11. Plenum

vom 29./30. Juni erörtert wurden und im Wesentlichen den der Partei und ihre politischen Grundsätze betrafen, sondern es soll der Schlussteil des Berichtes von Walter Ulbricht näher betrachtet werden, in dem er auf die Rolle und die Aufgaben der SED eingeht.

Organisationsaufbau

Bezeichnend in dieser Hinsicht ist bereits der Grundaufbau seiner Rede, der sich kaum vom Aufbau und von den Inhalten der einzelnen Strukturelemente in den kritischen Empfehlungen der SMAD unterschied. Hinzu kommt, dass Ulbricht ganze Auszüge aus diesen Empfehlungen wiederholte. Das legt den Schluss nahe, dass die Empfehlungen wohl weniger als Ratschläge für eine Verbesserung der Parteiarbeit, sondern vielmehr als eine konkrete Handlungsanweisung betrachtet wurden.

Endlich kamen die Forderungen der Informationsabteilungen, die bereits seit langem in der Provinz kursierten und in die „Empfehlungen" aufgenommen worden waren, auch vor dem Plenum zur Sprache. Zwar klangen sie hier noch nicht so direkt, wie es einigen orthodoxen Kommunisten vielleicht lieb gewesen wäre, aber immerhin waren sie klar und eindeutig formuliert. Einer der grundlegenden Gedanken des Auftritts von Walter Ulbricht, dass die SED eine Reihe von Maßnahmen erarbeiten müsse, die es ihr erlauben würden, wirklich eine Partei neuen Typus zu 244

245 246

V CK VKP(b), t. Suslovu, Kopii teksta rekomendacij, peredannych Upravleniem informacii SVAG Central'nomu Pravleniju SEPG v svjazi s neudovletvoritel'nym chodom vyborov v proizvodstvennye sovety na predprijatijach g. Berlina, ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG, polkovnika t. Tjul'panova, ot 19 maja 1948g. (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 568, Bl. 118-125). Materialy po istorii SVAG, Bd. 1, S. 104. Siehe z.B.: Entscheidungen der SED 1948; Staritz, Die Gründung der DDR, besonders S. 162-170.

Schaffung einer Partei neuen Typus

75

werden,247 blieb den Beobachtern von der SMAD nicht verborgen, denn vermutlich hatten sie gerade dies von ihm erwartet. Seine Ausführungen über die notwendige Säuberung der Reihen der Partei und die gleichzeitige Förderung junger Funktionäre, die gerade die Parteischule absolviert hatten, den Ausbau von Kritik und Selbstkritik, die Kontrolle über die Erfüllung einmal gefasster Beschlüsse usw. waren auch nicht sonderlich neu. Bedeutungsvoll war vor allem, dass die SED mit den Worten Ulbrichts und besonders Grotewohls mit Nachdruck verkündete, dass eine Volksdemokratie nur auf der Basis der Ideologie des Marxismus-Leninismus möglich sei und die SED als marxistisch-leninistische Partei verpflichtet sei, sich dies zu verdeutlichen.248 Bis zum endgültigen Durchbruch der Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin war jedoch noch eine umfangreiche ideologische Arbeit an der Basis der Partei erforderlich. Die zweite Tagung des Kominform vom 19. bis 23. Juni 1948 und die dort angenommene Resolution „Über die Lage in der Kommunistischen Partei Jugoslawiens" ließen sowohl den Parteien in den osteuropäischen Ländern als auch der SED praktisch keine Handlungsfreiheit mehr. Die Schlussfolgerungen Tjul'panovs nach dem Plenum unterstrichen ein weiteres Mal den Gedanken, dass sowohl das 11. Plenum als auch die darauf folgenden (insbesondere das 12. und 13. Plenum sowie die I. Parteikonferenz) im Kontext der Beschlüsse bzw. der Tätigkeit des Kominform im Jahre 1948 betrachtet werden müssen. Nur so könne man ihre Tragweite richtig beurteilen. Auf diese Weise erklärt sich auch, dass jenes nach dem Szenario der Propagandaverwaltung vorbereitete 11. Plenum erwartungsgemäß zu einem „gewissen Wendepunkt in der Tätigkeit der SED führte"249. Um diesen Erfolg allerdings auf Dauer zu sichern, war die Unterstützung von Seiten der Landesorganisationen der SED erforderlich. Dabei waren prinzipiell keine größeren Schwierigkeiten zu erwarten. Dennoch lässt die Tatsache, dass die Informationsverwaltung das ZK der KPdSU(b) über die bevorstehenden Landeskonferenzen in Kenntnis setzte und dass in ihren Berichten häufig eine gewisse Besorgnis mitschwang, ob denn alle Resolutionen in der erwarteten Form angenommen würden, vermuten, dass das so zielstrebig indoktrinierte Prinzip des demokratischen Sozialismus zwar erste Ergebnisse zeigte, aber keinesfalls bereits jene Verbreitung erfahren hatte, die man anstrebte. Um jegliche Konflikte

möglichst frühzeitig zu umgehen bzw. aus dem Weg zu räumen, setzte die Informationsverwaltung ihre „Landesvertreter" sowohl in der Vorbereitungsphase auf die Lan-

deskonferenzen als auch auf den Konferenzen selbst ein. Sie sollten Einfluss auf die Annahme der „richtigen" Entscheidungen nehmen und Zufälle von vornherein ausschließen. Zu wichtig waren die Entscheidungen. Aus ebendiesem Grund wurde auch die Abteilung Außenpolitik des ZK der KPdSU(b) über alle Schritte informiert, wohl wissend, dass diese von der Zentrale begrüßt und unterstützt werden würden. 25° Die Argumente einiger Kontrolleure aus anderen Abteilungen des ZK der KPdSU(b) dagegen, dass die kleinliche Bevormundung der SED endlich aufhören müsse, wurden zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht befolgt.

247

248 249 250

Dokladnaja zapiska v CK VKP (b) t. Baranovu ot 2.6.1948 ob 11 Plenume CK SEPG, ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG polkovnika t. Tjul'panova (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 566, Bl. 89-97). Ebd., Bl. 91. Ebd., Bl. 95.

Dieses Wissen begründete sich mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf, dass das Vorgehen der Informationsabteilung zu jener Zeit bereits weitestgehend von Moskau aus gesteuert wurde.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

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Um die weitreichenden Ziele, die das 11. Plenum abgesteckt hatte, zu erfüllen, kam u.a. die Umgestaltung des Parteischulungssystems als eine der wirkungsvollsten Maßnahmen zur organisatorischen und ideologischen Festigung der Reihen der SED wieder auf die Tagesordnung.251 Die auf Empfehlung der Informations Verwaltung252 angenommene Entschließung des Parteivorstandes vom 30. Juni 1948 über die „Verstärkung und Verbesserung der Parteischulungsarbeit" sowie der Beschluss des Parteivorstandes vom 29. Juli „Für die organisatorische Festigung der Partei und für ihre Säuberung von feindlichen und entarteten Elementen" 253 beinhalteten weitere grundlegende Veränderungen der Ausbildungszeiten und -inhalte. Kontrolleure aus Moskau bemerkten dazu, dass „besonderes Augenmerk auf das Studium der Lenin- und Stalin-Ära innerhalb der Entwicklung des Marxismus gelegt werden sollte"254, insbesondere auf die Lehre von der Partei neuen Typus und die Ausweitung der Themen zur Geschichte der Sowjetunion. Nichts durfte dem Zufall oder dem Selbstlauf überlassen werden, viel zu viel stand schon auf dem Spiel. Wenn nun aber selbst der Erarbeitung von konkreten Maßnahmen im Bereich der Parteischulung solch große Bedeutung beigemessen wurde, wie sollte es dann erst bei den „Fehlern" sein, die sich im internationalen Rahmen eingeschlichen hatten?! So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Beendigung des „Experiments mit dem besonderen Weg" in der SBZ und die ausnahmslose Unterstützung für das Kommunique des Kominform über die Kommunistische Partei Jugoslawiens als Tjul'panov nach Moskau meldete, dass der Zentralvorstand der SED die (von ihm erwartete) Position in dieser Frage einnehme und ausgehend von den jugoslawischen Erfahrungen nunmehr konkrete Maßnahmen für die Festigung der eigenen Reihen erarbeite255 die Forderung bzw. die „brüderliche Hilfe" eines einzigen Regisseurs war. Vermutlich ahnten Grotewohl und Ulbricht, dass dieser Regisseur mit hoher Wahrscheinlichkeit Suslov gewesen sein musste. -

-

Sowohl in der an ihn adressierten begeisterten Feststellung, dass die Beschlüsse des Informationsbüros der Kommunistischen Parteien für sie eine gewaltige Hilfe gewesen seien256 früher hatte Walter Ulbricht nur Stalin für dessen „bedeutenden Beitrag zur Theorie des MarxismusLeninismus" gedankt257 als auch im Schriftwechsel der Folgezeit unterstrich man stets voller -

-

251 252

Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) t. Baranovu ot 2.6.1948 ob 11 Plenume CK SEPG, ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG polkovnika t. Tjul'panova (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 566, Bl. 96). Vgl.: Memorandum Oberstleutnant G. Konstantinovskijs für I. Sikin über das Ergebnis der Überprüfung der Informationsverwaltung der SMAD vom 17. August 1948. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 283 (= Dokument Nr. 65).

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254

Entschließung des Parteivorstandes vom 30. Juni 1948 zur „Verstärkung und Verbesserung der Parteischulungsarbeit". In: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Band II, S. 75-78; siehe auch Beschluss des Parteivorstandes vom 29. Juli 1948 „Für die organisatorische Festigung der Partei und für ihre Säuberung von feindlichen und entarteten Elementen". Ebd., S. 83-88. Memorandum Oberstleutnant G. Konstantinovskijs für I. Sikin über das Ergebnis der Überprüfung der Informationsverwaltung der SMAD vom 17. August 1948. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 283 (= Dokument Nr. 65).

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256

Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) t. Baranovu ot 2.6.1948 ob 11 Plenume CK SEPG, ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG polkovnika t. Tjul'panova (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 566, Bl. 97). SekretarjuCK VKP(b) t. Suslovu M.A.: perevodpis'marukovoditelej SEPGtt. Grotevoljai Ul'brichta „O problemach v SEPG", peredan Zamestitelem zavotdelom CK VKP(b) B. Ponomarëvym 11 avgusta 1948 g. (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 1166, Bl. 174-177).

257

Entscheidungen der SED 1948, S. 30.

Schaffung einer Partei neuen Typus

11

Unterwürfigkeit, dass er (Suslov) jede beliebige Information, die er über die Ereignisse in der SBZ wünsche, umgehend zur Verfügung gestellt bekomme.258 Innerhalb der SBZ spielte, ungeachtet der wachsenden Rolle von Semënov, Tjul'panov in der Regel die Rolle dieses Regisseurs. Ebenso wahrscheinlich ist aber auch, dass es sich nur um die „Eigenständigkeit der taktischen Umsetzung der von Moskau vorgegebenen zentralen Linie" handelte.259 Zumindest wird diese Tatsache durch die bisher zugänglichen Archivdokumente recht eindeutig belegt. 26° Das betrifft nicht nur die Berichte der Informationsverwaltung an das ZK der KPdSU (b), die Mitteilungen des Obersten Chefs der SMAD und seiner Apparate, den Schriftwechsel des Politischen Beraters Semënov (und dessen Reisen nach Moskau, häufig um neue Instruktionen zu erhalten), sondern auch das Berichtswesen und die Korrespondenz des Zentralvorstandes der SED. Allein der Stil dieser Briefe spricht für sich: „Teurer Genosse Suslov! Wir schicken Ihnen [natürlich mit Sonderpost A.H.] eine Reihe von Materialien, die Ihnen die Möglichkeit geben werden, sich ein Bild von den Problemen zu machen, mit denen sich unsere Partei beschäftigt ..." 261. Es muss wohl nicht gesondert bewiesen werden, dass es sich dabei nicht einfach nur um Informationsmaterial zur Erweiterung des Horizonts gehandelt haben wird. Zur Illustration der aktuellen Gegebenheiten zu jener Zeit in der SBZ sei an dieser Stelle ein weiteres Dokument zitiert, das ebenfalls keines gesonderten Kommentars bedarf, denn die drei darin enthaltenen Vorschläge sagen mehr aus als manche Erörterung: „An den Politischen Berater Semënov. Vom 15.09.1948. Vergangene Nacht habe ich in großer Eile noch eine Resolution geschrieben. Sie wurde zur Diskussion auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt. Ich bitte Sie, mir Ihre Anmerkungen dazu möglichst bis morgen, d.h. bis zum 16.09.48, zukommen zu lassen, damit die Resolution gleich nach dem Plenum veröffentlicht werden kann. Ulbricht." 262 -

258

Berichte darüber, welche Lehren die eine oder andere Partei

aus

den Beschlüssen des Kominform

zur

Jugoslawien-Frage gezogen hatte, waren damals nichts Besonderes und nicht etwa nur der SED eigen. Es war eher eine Ausnahme für die SED, initiiert auf Anregung oder härter formuliert nach Diktat der Informationsverwaltung. Alle anderen Parteien, und von diesen nur die Mitglieder des Kominform, -

-

sandten ihre Berichte hierzu an das Sekretariat des Informationsbüros, was indirekt natürlich auch bedeutete, an das ZK der KPdSU (b), wenn auch auf Umwegen siehe Gibianskij, Kominform v zenite aktivnosti, S. 509-542. 259 Materialy po istorii SVAG, Bd. 1, S. 123. 260 In diesem Zusammenhang sei auf die recht irritierende Einschätzung Norman Naimarks verwiesen, der Tjul'panov beinahe auf eine Stufe mit Stalin und Ulbricht stellt. „Für Stalin wie auch für Oberst -

Sergej Ivanovic Tjul'panov, Chef der SMAD-Informationsabteilung, oder Ulbricht war der Begriff der Gleichstellung in einer sozialistischen Partei widersprüchlich..." vgl.: Naimark, Moskaus Suche nach Sicherheit, S. 48. Bis heute ist beispielsweise noch nicht geklärt, ob Stalin jemals Tjul'panov persönlich getroffen hat. Auf der anderen Seite ist kaum vorstellbar, dass sich Tjul'panov ohne die volle Unterstützung von Suslov und dessen Abteilung sowie vermutlich auch von Zdanov irgendwelche Eigenmächtigkeiten hätte erlauben können. Unter den Bedingungen einer zunehmenden Verschärfung -

-

-

261

262

des Regimes sowohl in der UdSSR selbst als auch in den zu ihrem Einflussbereich gehörenden Ländern zogen bereits wesentlich geringere Abweichungen erhebliche Strafmaßnahmen nach sich. Sekretarju CK VKP(b) t. Suslovu M.A.: perevod pis'ma rakovoditelej SEPG tt. Grotevolja i Ul'brichta „O problemach v SEPG", peredan Zamestitelem zavotdelom CK VKP(b) B. Ponomarëvym 11 avgusta 1948g. (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 1166, Bl. 175). Zapiska politsovetniku Semënovu ot Ul'brichta ot 15.9.1948 (AVP RF, Politischer Berater der SMAD, op. 3, Mappe 28, Akte 7, Bl. 164).

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Ob diese Resolution von Ulbricht selbst auf dem Plenum verlesen wurde, spielt m.E. nicht die entscheidende Rolle. Viel wichtiger ist, dass dieses Schreiben mit aller Deutlichkeit den damals üblichen Weg belegt: dass zum einen alle Resolutionen, alle Inhalte bedeutender Reden usw. eine obligatorische Zensur in der SMAD durchliefen und zum anderen, dass es gerade Semënov war, dem eine immense persönliche Verantwortung sowohl bei der Bestimmung der Richtigkeit dieser oder jener politischen Entscheidung als auch bei deren endgültiger Formulierung oblag.263 Auf die weitere Erörterung der Vorgänge in der SBZ bis zum Ende des Jahres 1948 kann an dieser Stelle verzichtet werden, da sowohl die Inhalte der folgenden Plenen264 als auch die Reaktion der SMAD darauf265 bereits hinreichend bekannt sind. Bedeutsam erscheint mir lediglich, noch einmal auf die Akzentuierung in den Formulierungen zur Tätigkeit der SED, insbesondere zur Entscheidungsfindung der Parteiführung, hinzuweisen. Dabei soll keinesfalls der Eindruck entstehen, die SED sei in jeder Hinsicht nur eine Marionette in den Händen der sowjetischen Führung bzw. von deren Vertretern in der SMAD gewesen. Aber von einer gleichberechtigten Partnerschaft kann ebenso wenig die Rede sein wie von einer Stabilität des Regimes oder gar von einer Autorität ohne die Unterstützung der sowjetischen Truppen. Deshalb war sowohl in der Innenpolitik als auch im internationalen Auftreten der Partei die Meinung der „sowjetischen Freunde" immer noch ausschlaggebend, bei der Entwicklung außenpolitischer Kontakte sogar bestimmend. Bereits Fejtö stellte fest, dass die Russen ab 1948 bemüht waren „Ostdeutschland zu rehabilitieren und die slawischen Kommunisten dazu zu bewegen, mit den Ostdeutschen Bruderschaft zu schließen" 266. Reisen von Sekretariatsmitgliedern der SED durch Osteuropa dienten nicht nur dem Aufbau freundschaftlicher Beziehungen, sondern auch dem anschaulichen Vergleich der Fortschritte in der Entwicklung der SED auf der einen und der kommunistischen und Arbeiterparteien der besuchten Länder auf der anderen Seite,267 wobei sich 263

Bestätigt wird dies u. a. durch den so genannten Semënov-Fonds im AVP RF, der sowohl an ihn gerichals auch von ihm ausgehende Dokumente umfasst. Diese Materialien lassen seine Rolle in der SBZ in einem etwas anderen Licht als bisher allgemein angenommen erscheinen. Im Unterschied zu vielen anderen Quellen, aus denen er Informationen über die Vorgänge in der SBZ schöpfte, nehmen auch die Berichte Tjul'panovs besonders ab 1948 einen immer größeren Stellenwert ein. Die Tatsache, dass diese Berichte häufig das gleiche Datum tragen wie Tjul'panovs Berichte an das ZK der KPdSU(b) (so z.B. über das 11. Plenum der SED, über welches Tjul'panov sowohl Semënov als auch das ZK am 2. Juni informierte), vom Inhalt her jedoch individuell gestaltet waren, zeugt von dem Respekt, den Tjul'panov Semënov entgegenbrachte. Andererseits belegen die Dokumente, dass Tjul'panov bei weitem nicht über alle Vorgänge in der SBZ informiert war, während alle wichtigen Mitteilungen über Semënov liefen. So waren z. B. Herangehensweise und Inhalt des Berichts von Korbut, dem Leiter der Landwirtschaftsverwaltung der SMAD, „Über einige prinzipielle Fragen unserer politischen und wirtschaftlichen Arbeit auf dem Dorf in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands" von derartiger Bedeutung, dass Semënov darüber sogar umgehend Außenminister Molotov informierte. Vgl.: Ministra inostrannych del Sojuza SSR t. Molotovu V.M. ot politsovetnika SVAG V. Semënova ot 22 sentjabrja 1948g.: Zapiska (dlja oznakomlenija) Nacal'nika Upravlenija Sel'skogo chozjajstva SVAG t. Korbuta o nekotorych principiarnych voprosach nasej politiceskoj i chozjajstvennoj raboty v derevne Sovetskoj zony okkupacii v Germanii (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 567, Bl. 106). Vgl: Entscheidungen der SED 1948. Vgl: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, Dokumente Nr. 38, 42-45, 63, 65. Fejtö, Die Geschichte der Volksdemokratien, S. 286. Mayer, Nur eine Partei nach Stalins Muster, S. 21. tete

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in der Regel Schlussfolgerungen nach der Notwendigkeit grundlegender Veränderungen in der Entwicklung der SED aufdrängten. Berichte über die Ergebnisse solcher Reisen befinden sich ebenfalls in den Archiven des ZK der KPdSU.

aussagekräftigsten im Hinblick auf das Verständnis des Vorbereitungsprozesses dieser Reiist sicherlich das Material über den Besuch einer Delegation in Polen.268 Sokolovskij und Semënov wandten sich (auf Initiative von Pieck und Ulbricht) an die Sekretäre des ZK Malenkov und Suslov mit der Bitte, „die SED bei der Festigung und Ausweitung von Kontakten zu den kommunistischen Parteien der volksdemokratischen Länder zu unterstützen" 269. In diesem Zusammenhang wurde mitgeteilt, mit wem sie sich in erster Linie gem treffen würden und welche Problemkreise zu diskutieren seien, wenn die Reisen denn stattfinden könnten. Am sen

Dass diese Fragen positiv beschieden werden würden, musste nicht angezweifelt werden, schließlich schrieb man bereits September 1948. Interessant ist hier etwas anderes, nämlich warum sich nicht Pieck oder Ulbricht selbst bei einer ihrer persönlichen Begegnungen mit Stalin mit diesem Anliegen an die sowjetische Führung wandten, sondern stattdessen den Weg über die Führung der SMAD wählten. Lag es daran, dass sie befürchteten bestehende Hierarchien zu verletzen? Oder war die Frage so eilig zu entscheiden, dass man keine Möglichkeit hatte, auf die nächste persönliche Begegnung zu warten? Wie dem auch sei, die Antwort des ZK der KPdSU(b) auf diese Anfrage verdient es, komplett zitiert zu werden, da sie die typischen Wechselbeziehungen sowohl zwischen der SMAD und der SED als auch zwischen der SED und dem ZK der KPdSU(b) illustriert: „Es wäre ratsam, der Führung der SED zu antworten, dass das ZK der KPdSU(b) keine Einwände gegen eine Reise einer SED-Delegation nach Polen erhebt und es für richtig erachtet, wenn sich die Führung der SED in dieser Frage selbst an das ZK der PVAP wenden würde."270 Das Jahr 1948 klang mit einem folgenreichen Ereignis für die weitere Entwicklung der SED aus. Vom 12. bis zum 24. Dezember reisten Pieck, Grotewohl und Ulbricht nach Moskau271. Dieser Hierbei müssen natürlich die Besonderheiten der Beziehungen zu Polen in der damaligen Zeit berücksichtigt werden, die sowohl durch territoriale Streitigkeiten als auch durch antipolnische Stimmungen in der Gesellschaft überschattet waren. Der Verfahrensweg für die Vorbereitung offizieller Besuche war aber dessen ungeachtet immer der gleiche. 269 Obrascenie zamestitelja zavedujuscego otdelom CK VKP(b) B. Ponomarëva k Sekretarjam CK VKP(b) Malenkovu G.M. i Suslovu M. A. v svjazi s poezdkoj tt. Pik i Ul'bricht v strany narodnoj demokratii ot 14 sentjabrja 1948g. (RGASPI, F. 17, op. 128, Akte 1140, Bl. 126). 270 Ebd. Noch im Oktober 1948 reiste wirklich eine SED-Delegation nach Polen. Während der Berichterstattung des Parteivorstandes über die Ergebnisse des Besuchs auf dem 14. Plenum wurde bezeichnenderweise mit keinem Wort erwähnt, dass im Vorfeld der Reise die Zustimmung aus Moskau eingeholt worden war. 271 Ausführlicher dazu siehe: Naimark, Die Russen in Deutschland, S. 393-394. Von den kommenden Veränderungen zeugt ebenfalls der Beschluss des Politbüros des ZK der KPdSU (b) vom 1. Oktober 1948, ab November das Zentralorgan des Kominform „Für einen sicheren Frieden und Volksdemokratie!" in deutscher Sprache erscheinen zu lassen. Auch die Mitarbeiter für die Herausgabe dieser Zeitschrift wurden vom ZK der KPdSU (b) ausgewählt und bestätigt. Dass bei der Annahme dieses Beschlusses darauf verwiesen wurde, dass dies auf Bitten der Führung der SED hin geschehe, spricht dafür, dass auch die SED-Führung nicht anders dachte. Vgl.: Gibianskij, Ot pervogo ko vtoromu sovescaniju 268

Kominforma, S. 345.

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Besuch, der im Zusammenhang mit der geplanten I. Parteikonferenz stand (wegen des Reisetermins wurde sogar die Konferenz von Dezember 1948 auf Januar 1949 verschoben), gab der Entwicklung der Partei zu einer Partei neuen Typus einen letzten und entscheidenden gewaltigen Impuls. Die Gespräche mit Stalin hatten nicht nur theoretische, sondern auch ganz praktische Bedeutung für die Partei. Vereinbart wurde die Schaffung eines Politbüros, eines kleinen Sekretariats, die Einführung einer Kandidatenzeit bei der Aufnahme in die Partei usw. Sicherlich ist auch die bald darauf einsetzende „große Säuberung" der Reihen der Partei auf einen „Rat" Stalins zurückzuführen.272 Die Grundlagen für den Aufbau einer Partei neuen Typus waren nun zwar geschaffen, aber es sollte noch etliche Jahre dauern, bis sich die SED sowohl organisatorisch als auch ideologisch so an die KPdSU(b) annäherte, wie man es erwartete.273 Nicht nur die Spezifik der Existenz der SBZ hat die SED veranlasst, diesen Entwicklungsweg zu wählen. Vielmehr verlief die gesamte Entwicklung in Osteuropa in dieser Richtung, sodass ein anderer Weg für die SED einfach undenkbar war. Betrachten wir vergleichend hierzu die Ereignisse in der DDR zwischen 1950 und 1955, so kann man nicht nur eine große Zahl übereinstimmender Momente im Parteischulwesen der „Bruderländer" erkennen, sondern auch eindeutige Parallelen in deren Entwicklung. Auch die Berichte, die die Vertreter der SKK nach Moskau sandten, unterschieden sich kaum von denen des Sekretariats des Informbüros. Zum entscheidenden Ereignis des Jahres 1949 im innerparteilichen Leben (streng genommen nicht nur innerhalb der Partei, denn mittlerweile war die Synthese Partei-Staat schon fast vollendet) sollte die I. Parteikonferenz der SED vom 25. bis 28. Januar 1949 werden. Obwohl im Statut nicht vorgesehen, dafür aber von der SMAD als Kompromiss zum Parteitag unterstützt, sollte sie die bereits seit langem geplante, vorbereitete und auf den Plenen des Jahres 1948 beschlossene Entwicklung der SED als Partei neuen Typus endgültig verankern. Im Vorfeld hatte Stalin im Dezember 1948 die Führung der SED zu sich beordert, um den Genossen die letzten entscheidenden Impulse für eine Reform ihrer Partei und die Überzeugung zu vermitteln, dass ihre Absichten vollkommen mit der Generallinie der SMAD und den Plänen Moskaus konform

gingen.274 Allerdings konnten weder die Informationsverwaltung der SMAD noch die SED genau wissen, welche Pläne die sowjetische Außenpolitik verfolgte. Sowohl die missglückte Blockade von Berlin als auch die Isolierung der UdSSR durch die Westmächte zwangen die sowjetische Führung, Kompromisse zu suchen. Es bestand kein Zweifel daran, dass die bereits im Vorfeld der Konferenz (vgl. Interview W. Pieck am 30. Dezember 1948 im „Neuen Deutschland") und auf der Parteikonferenz selbst (vgl. Rede von O. Grotewohl) gesetzten Prioritäten für die zukünftige 272 273 274

Vgl.: Sieger. Die Entwicklung der SED zur „Partei neuen Typus", S. 96. Vgl.: Prokop, Das SED-Politbüro, S. 7. Eigentlich war die Parteikonferenz bereits für Ende 1948 geplant gewesen. Die Realitäten der politischen Entwicklung in Europa und der Welt sowie die Bedeutsamkeit einer unumstößlichen Verankerung des in der SBZ Erreichten veranlassten Stalin jedoch, vor Beginn der Konferenz die Führer der SED höchstpersönlich darüber in Kenntnis zu setzen, welches Vorgehen und welche Ergebnisse Moskau von ihnen erwartete. Daraufhin benötigte die SED-Führung fast noch einen ganzen Monat, um all jene Beschlüsse vorzubereiten, die auf der Konferenz zu fassen waren.

Schaffung einer Partei neuen Typus

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Entwicklung der SBZ von Moskau inspiriert worden waren. Dabei ist nicht auszuschließen, dass auch die Unterbrechung der Übertragung von Tjul'panovs Rede am 25. Januar, in der von Anfang an der angloamerikanische Imperialismus angegriffen wurde, sowie die sich im Anschluss verbreitenden Gerüchte, die Führung der SMAD habe sich von diesem Auftritt Tjul'panovs distanziert, nur Bestandteile eines wohl inszenierten Spektakels bildeten. In keinem einzigen der bisher bekannt gewordenen Dokumente russischer Archive wird dieser „Fehltritt" Tjul'panovs auch nur andeutungsweise erwähnt. Offensichtlich war das gesamte Vorgehen der sowjetischen Seite darauf ausgerichtet, die Aufrichtigkeit ihres Staates in den Bemühungen um eine Verbesserung des Verhältnisses

zu

den Alliierten

zu

demonstrieren.275

Man kann wohl davon ausgehen, dass Tjul'panov während seines Aufenthaltes in Moskau gleich im Anschluss an die deutsche Delegation (er kehrte am 3. Januar in die SBZ zurück) ausführliche Anweisungen zum Vorgehen in der Vorbereitung wie auch zum Szenarium der Durchführung der Parteikonferenz entgegengenommen hat.276

Unter den gegebenen Umständen verbot es sich, offen vom Sozialismus zu sprechen. Stattdessen wählte man den unauffälligeren, aber deshalb nicht minder wirkungsvollen Zickzack-Kurs. Aus diesem Grund blieb auch die „ideologische Stärkung der Reihen der Partei" sowie der Selbstverwaltungsapparate und der gesellschaftlichen Organisationen unvermindert auf der Tagesordnung. So war es kein Zufall, dass ausgerechnet M. A. Suslov an der I. Parteikonferenz teilnahm. Suslov, der zu jener Zeit als Vertreter der KPdSU(b) im Sekretariat die Politik des Kominform weitgehend bestimmte,277 spielte eine zunehmend bedeutsame Rolle bei der Entwicklung der Kommunistischen Parteien in Osteuropa. Das Sekretariat des Kominform unterhielt enge Kontakte zur Außenpolitischen Kommission (bis Juli 1948: Abteilung Auswärtige Beziehungen) des ZK der KPdSU(b). 275

Daher kann ich die von Wilfried Loth vertretene Position, Stalin habe die Verantwortlichen aus dem Verkehr gezogen (siehe: Loth, Stalins ungeliebtes Land, S. 50), nicht teilen. Wer bestraft wurde, durfte sicherlich nicht mit einer Beförderung rechnen. Tjul'panov jedoch unterzeichnete bereits im Juli 1949 seine Schriftstücke mit dem höheren Armeedienstgrad eines Generalmajors. Zudem kann man davon ausgehen, dass es um Tjul'panov in jener Zeit nicht wirklich „still geworden" war, sondern nur, was das in der Öffentlichkeit sichtbare Auftreten betraf. Im internen Leben der Informationsabteilung war er so aktiv wie eh und je. Vgl. Soobscenie politsovetniku Semënovu ot 25.7.49g. „O rezul'tatach 20 plenuma Central'nogo pravlenija SEPG" ot Nacal'nika Upravlenija informacii SVAG generalmajora S. Tjul'panova (AVPRF, F. 0457(b), op. 7, Akte 7, Mappe 38, Bl. 115); siehe auch: Stenogramm der Bemerkungen V. Sokolovskijs und S. Tjul'panovs zu den politischen Aufgaben im Jahre 1949 auf der Versammlung des Parteiaktivs der SMAD vom 9. März 1949 (Auszug). In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 201-207 (= Dokument Nr. 47). Gleiches ist zu Marschall Sokolovskij zu sagen. Seine Abberufung darf keinesfalls als Bestrafung gewertet werden. Seine „Schuld" bestand allenfalls darin, dass er in Erfüllung des Willens der sowjetischen Regierung den Alliierten Kontrollrat verlassen hatte, was schließlich de facto zur Auflösung desselben führte. Als dann schießlich eine Übereinkunft mit den Westmächten über die Durchführung der Pariser Konferenz (auf der es u. a. um die Wiederaufnahme der Tätigkeit des Kontrollrats gehen sollte) zustande kam, muste Sokolovskij als Sinnbild einer Politik der Konfrontation aus dieser politischen Arena verschwinden. Dies führte zwar zu seiner Abberufung, sonst jedoch hatte es für ihn, und das sei hier ausdrücklich hervorgehoben, keinerlei Konsequenzen. Von Quelle 0403, vom 25.1.1949 (FES, SPD-PV-Ostbüro, 0400-0404, o.Bl.). Vgl. Gibianskij, Kominform v zenite aktivnosti, S. 509-542. -

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An oberster Stelle der dorthin übermittelten Informationen standen Fragen der „organisatorischen und ideologischen Stärkung der kommunistischen Parteien"278. Darauf, dass eine solche Kontrolle der KPdSU (b) den kommunistischen Parteien keinerlei Freiräume ließ, hat bereits L.Ja. Gibianskij279 hingewiesen. Aus den wenigen bislang zugänglichen Dokumenten russischer Archive zu dieser Thematik geht hervor, dass unter allen Parteien osteuropäischer Länder die SED diejenige war, die am stärksten kontrolliert und am nachhaltigsten beeinflusst wurde. Deshalb kann die Anwesenheit Suslovs als Leiter der sowjetischen Delegation zur I. Parteikonferenz der SED durchaus als ein weiterer Akt jener „Kontrolle" gewertet werden. Wichtig für ihn war, hier festzustellen, wie die Anweisungen seiner Abteilung umgesetzt worden waren, worauf in Zukunft besonders zu achten war, welche Richtlinien hinsichtlich der Entwicklungsrichtung und des Entwicklungstempos der SED in Zukunft zu erteilen waren. 28°

Ungeachtet der auf Hochtouren laufenden Propagandakampagne über die Einheit Deutschlands war der KPdSU(b)-Führung in Moskau klar, dass es nicht mehr weit bis zur Gründung zweier Staaten auf deutschem Territorium war und dass auch die vollständige Umwandlung der SED in eine Staatspartei, deren Struktur und Ideologie den Vorstellungen Moskaus entsprächen, bevorstand. Auf der I. Parteikonferenz wurde ein weiterer entscheidender Schritt in diese Richtung getan. Die Koppelung des Parteiapparates an den Staatsapparat, ein Prozess, der bereits 1947 begonnen hatte, erfuhr nach der I. Parteikonferenz einen zusätzlichen Impuls und führte schließlich zur endgültigen Herausbildung des Parteistaates nach sowjetischem Modell.281 Die Beschlüsse der I. Parteikonferenz sind hinlänglich bekannt. Von besonderem Interesse ist, dass sowohl die Aufhebung des Paritätsprinzips bei der Besetzung von Parteifunktionen282 als auch die verstärkte politisch-ideologische Erziehung der Parteimitglieder im Geiste des Marxismus-Leninismus283, die Bildung eines Politbüros und eines Sekretariats, die Einführung einer Kandidatenzeit, die verbesserte Schulungsarbeit und verschiedene andere Punkte zu den direkten Errungenschaften der SMAD bzw. der Moskauer Führung gehörten.284 278 279 280

Ebd., S. 514. Ebd. Von außerordentlichem Interesse für die Charakterisierung der Persönlichkeit Suslovs, seiner ideologischen Prägung und seiner Rolle bei der Herausbildung der SED in der SBZ/DDR dürfte der Artikel von Medvedev „Sekretnyj naslednik Stalina" (Stalins geheimer Erbe) sein. Bereits unmittelbar nach dem Krieg haben westliche Analysten Suslov als geheimen Emissär Stalins für die Sowjetisierung entweder Ungarns oder Ostdeutschlands betrachtet (vgl. S. 56) eine Position, die heute im Wesentlichen Bestätigung findet. Die enorme Erweiterung seines „Ideologieimperiums" 1949, die Einbeziehung sogar der Politischen Verwaltung der Roten Armee in seinen Einflussbereich, die Übernahme der Kontrolle über alle Bereiche des gesellschaftspolitischen Lebens sowohl in der UdSSR als auch in gewissem Umfang in den sozialistischen Ländern all das steigerte stetig den Einfluss von Suslov. Vgl. Meuschel, Legitimation und Parteiherrschaft, S. 52. Memorandum der Kommission des ZK der KPdSU (b) für A. Zdanov über das Ergebnis der Überprüfung der Arbeit der Informationsverwaltung der SMAD (Auszug), undatiert [nach 5. Mai 1948). In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 275-276 (= Dokument Nr. 63). Memorandum Oberstleutnant G. Konstantinovskijs für I. Sikin über das Ergebnis der Überprüfung der Informationsverwaltung der SMAD vom 17. August 1948. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 283 (= Dokument Nr. 65). Vgl. hierzu: Weber, Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland, S. 1071. -

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Schaffung einer Partei neuen Typus

Das, worum man in der UdSSR nach dem erfolgreichen revolutionären Umsturz fast zehn Jahre lang hatte kämpfen müssen, als die Bolschewiki gezwungen waren zuzugeben, dass „die Initiative der unteren Parteischichten am Nullpunkt angelangt sei" und als „jedes eigenständige Denken,

das nicht mit der Linie der Parteiführung konform ging, als Verrat und Angriff auf die Einheit der Partei gewertet wurde" 285, bildete sich in der SED innerhalb von vier Jahren heraus eine Transformation im Zeitraffertempo. Den kritisch denkenden SED-Mitgliedern blieb nur noch zu konstatieren: „Nach der I. Parteikonferenz verschwanden auch die letzten Reste innerparteilicher Demokratie." 286 -

jene kritischen Denker in der Regel Menschen mit einer gewissen Lebens- und Politikerfahrung waren, veranlasste die SMAD, vor der Führung der SED immer wieder auf vorrangige Aufmerksamkeit gegenüber den jüngeren unter den Parteimitgliedern zu drängen. Sie sollten in erster Linie auf Parteischulen delegiert und im Anschluss daran bevorzugt eingesetzt werden. Bei der Herausbildung ihrer politischen Weltanschauung sollte der „Kurze Lehrgang zur Geschichte der KPdSU(b)" eine immer stärkere Rolle spielen. Bereits 1947 in den Literaturplan der Parteischulen aufgenommen,287 wurde der „Kurze Lehrgang" durch einen Beschluss des ZK der SED vom 20. September 1948 zum Pflichtstudium erklärt. Sein Studium gewann somit für die Ausbildung der Parteimitglieder zunehmend an Bedeutung und wurde von der SMAD mit höchster Aufmerksamkeit verfolgt. Warum war das der sowjetischen Seite so wichtig? Um diese Frage zu beantworten, muss die Vorgeschichte der Entstehung dieses Werkes in der UdSSR betrachtet werden. Der zunehmende Ausbau der Macht Stalins Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre in der UdSSR befand sich damals (nach Auffassung Stalins und seiner Vertrauten) im deutlichen Widerspruch zur Einschätzung seiner Rolle in der bolschewistischen Bewegung vor und nach der Revolution in der Literatur. Also musste sein Anspruch auf die Führungsrolle nach außen hin legitimiert werden. Es galt, die bis dahin verbreitete Geschichte der KPdSU(b) neu zu schreiben. Das umso mehr, als die mittlerweile als „Parteifeinde" diffamierten Genossen wie Kamenev, Zinov'ev, Trockij usw. in den vorausgehenden Publikationen zur Parteigeschichte noch eine weitgehend positive [sprich: für Stalin nun inakzeptable A.H.] Rolle spielten. So definierte z.B. Zinov'ev den Trotz kismus noch als „über eine Reihe von Jahren hinweg mehr oder weniger gefestigte Strömung innerhalb der russischen Arbeiterbewegung"288. Ungeachtet der permanenten Repressionen in der Partei hielt sich im Bewusstsein der Parteimitglieder und der Gesellschaft immer noch ein Dass

-

-

zumindest teilweises Wissen um die wahre Geschichte der Partei in den 20er Jahren. Dieses Wissen musste vernichtet, die Geschichte bewusst gefälscht werden, um den Führungsanspruch Stalins innerhalb der Partei „logisch" und „gesetzmäßig" zu erklären. Die Lösung dieser Aufgabe wurde u.a. dadurch erleichtert, dass noch in den 30er Jahren die Gesamtmenge an Büchern, aber auch an Zeitungen und Zeitschriften in der sowjetischen Gesellschaft so verschwindend gering war, dass die wenigsten echte Vergleichsmöglichkeiten hatten. Selbst das 285 286 287 288 289

Parteiorgan „Pravda" war in der Provinz nur schwer zu bekommen.289

Simonov, Termidor, Brjumer ili Frjuktidor? S. 9. Schenk, Im Vorzimmer der Diktatur, S. 29. Stendell, Zur Rolle der Parteischulung, S. 103. Zinov'ev, Istorija RKP(b), S. 127. Grecuchin, Vlast' I formirovanie istoriceskogo soznanija, S. 95.

84

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

Auf die einzelnen Schritte, die Stalin unternahm, um die Geschichte zu fälschen, Parteihistoriker unter Druck zu setzen usw. soll hier nicht im Detail eingegangen werden. Hervorzuheben ist jedoch, dass bereits 1935 der führende Parteihistoriker E.M. Jaroslavskij forderte, „in allen Lehrbüchern wesentlich mehr über Stalin zu schreiben, auf seine Rolle beim Aufbau der Partei einzugehen, seine Führungsqualitäten, seinen Beitrag zur Weiterentwicklung von Ideologie, Struktur, Strategie und Taktik der Partei hervorzuheben" 290. Es gab keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Entwicklung in ebendiese Richtung gehen werde. So stellte der 1938 erschienene „Kurze Lehrgang" eine logische Krönung der stalinschen Konzeption einer Parteigeschichte dar, eine „neue mächtige ideelle Waffe des Bolschewismus, eine Enzyklopädie des Grundwissens des Marxismus-Leninismus". es gab auch Pannen, nicht alles lief so wie geplant. Schon kurz nach dem Erscheinen des „Kurzen Lehrgangs" folgten neue Erläuterungen und Empfehlungen, wie z.B. in der grundlegen-

Aber

Verordnung des ZK der KPdSU(b) „Über die Neugestaltung der Parteipropaganda im Zusammenhang mit dem Erscheinen des Kurzen Lehrgangs zur Geschichte der KPdSU(b)" vom 14. November 1938 291. Darin wurde das Buch hoch gelobt, und es wurde gefordert, sich dieses im Selbststudium, nicht etwa in Gruppenarbeit, in Zirkeln etc. zu erschließen.292 Bereits auf einer Zusammenkunft von Propagandisten aus Moskau und Leningrad im Oktober 1938 hatte sich Stalin in seiner Rede eindeutig gegen ein gemeinsames Studium und gegen eine Diskussion des „Kurzen Lehrgangs" ausgesprochen.293 Was veranlasste ihn, die Aufmerksamkeit noch einmal gezielt auf diese Frage zu lenken? Woher kam diese Besorgnis? Die Gründe lagen vor allem im Fehlen qualifizierter Propagandisten, welche die neue Interpretation der Parteigeschichte wirkungsvoll hätten vermitteln können, und zum anderen darin, dass es innerhalb der Gesellschaft immer noch genügend Personen gab, die ungeachtet aller Einschränkungen die früheren Veröffentlichungen der Partei kannten und somit Vergleiche anstellen konnten. Ein Erfahrungsausden

tausch, eine öffentliche Diskussion im Rahmen von Studienzirkeln (immerhin kannte sich Stalin mit solchen Einrichtungen aus) hätten Zweifel an der neuen Auslegung hervorrufen können, an-

statt diese als unumstößliches Dogma zu verankern. Deshalb erschien auch in der SBZ zunächst die Parole, jeder Genosse solle sich den „Kurzen Lehrgang" im Selbststudium erschließen.294

Bald wurde jedoch deutlich, dass in der SBZ keine derartige Gefahr wie in der Sowjetunion bestand. Dazu kam, dass eine Vermittlung der Inhalte über das System der Parteischulen gar nicht zwingend zu Diskussionen führen würde, sondern eher einer Indoktrinierung gleichkam. Die in der UdSSR gewonnenen Erfahrungen beim Studium sowie bei der Kontrolle über das Studium bedurften lediglich geringfügiger Anpassungen, um die gestellte Aufgabe in der SBZ zu lösen und das Parteischulsystem hier auf der Grundlage des „Kurzen Lehrgangs" umzugestalten. 290

291 292 293 294

Vgl. Grecuchin, ebd., S. 101. Der vollständige Wortlaut des Schreibens ist veröffentlicht in: Sovetskije Archivy 4 (1990), Na podchodach k „Kratkomu kursu". Dokument Nr. 2 und Nr. 3. Publikaziju podgotovili V.B. Kior, V.M. Ustinov. Moskva, S. 81-83. Voprosy partijnogo stroitel'stva, S. 390^102. Ebd., S. 392. Maslov, Stalin o „Kratkom kurse istorii VKP(b)", S. 4-31. Memorandum des Stellvertreters des Obersten Chefs der SMAD für politische Fragen A. Russkich für den Stellvertretenden Leiter der ZK-Abteilung für auswärtige Beziehungen B. Ponomarëv über die Tagung des Parteivorstands der SED vom 20.-21. Oktober 1948 (Auszug), 27. Oktober 1948. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949. S. 181-182. (Dokument Nr. 44).

Schaffung einer Partei neuen Typus

85

Auf Anweisung aus Karlshorst begannen sowjetische Politoffiziere schon Mitte 1948, überall in den Parteischulen und auf Sonderkursen Vorlesungen zum „Kurzen Lehrgang" zu halten und damit die Grundlage für die weitere Arbeit der SED-Propagandisten zu legen.295 Seit Ende 1948 verstärkten aus der UdSSR zurückgekehrte ehemalige Kriegsgefangene, besonders jene, die dort in Antifa-Schulen eine ideologische „Erneuerung" erfahren hatten, den Schulungsapparat der SED und trugen zur weiteren Stalinisierung der Parteischulung bei.296 Schrittweise erübrigte sich eine totale Kontrolle. Sogar die noch 1948 angemahnte Verlängerung der Ausbildungsdauer an den Parteischulen in der Provinz wurde nun zügig umgesetzt. Ein Beschluss des PV der SED vom 5. Mai 1949 legte bereits den Übergang zu sechswöchigen Kursen an den Kreisparteischulen fest und forderte, ein gründliches Studium des „Kurzen Lehrgangs zur Geschichte der KPdSU (b)" zu gewährleisten. (Im April 1949 hatte es dazu die ersten Monatslehrgänge in den KPS gegeben.) Auch diese Veränderungen dürften hauptsächlich auf das Konto der SMAD gehen.297 Der Beschluss des Zentralsekretariats (ZS) der SED vom 29. März 1949 über die Gründung eines Marx-Engels-Lenin-Stalin-Instituts beim PV der SED mit der Aufgabe, die Werke der Klassiker des Marxismus-Leninismus herauszugeben und Forschungsarbeit auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Kommunismus und der Geschichte der Arbeiterbewegung zu leisten,298 stellte ein weiteres Glied in dieser logischen Kette grundlegender Veränderungen dar. Zwar kann man nicht davon ausgehen, dass die Mehrheit der Parteimitglieder diese „neue" Linie in der Entwicklung der Partei voll und ganz unterstützten, dennoch wagte kaum jemand, sich offen dagegen zu stellen. Ein Rezept, wie Unzufriedenheit bereits im Keim zu ersticken sei, war längst gefunden: die Angst. Schon Trockij hatte die Angst theoretisch begründet: „Einschüchterung ist ein mächtiges Mittel der Politik, sowohl der Außen- als auch der Innenpolitik Die Angst bricht den Willen Mit ...

dem Tod Einzelner kann

man

Tausende

einschüchtern."299

...

Ähnliche Positionen vertraten sowohl Feliks Dzerzinskij an der Spitze der Tscheka als auch Otto Lacis und Lenin. 30° Die praktisch unmittelbar nach Abschluss der I. Parteikonferenz einsetzenden „flächendeckenden Säuberungen"301 waren nichts anderes als jener Prozess, durch den man in der UdSSR permanent ging. Die ideologische Begründung und praktische Hilfe von Seiten der SMAD blieb dabei immer gegenwärtig. 295 296

Stendell, Zur Rolle der Parteischulung, S. 184. Studien amerikanischer Psychologen über den Einfluss der „ideologischen Bearbeitung" auf Soldaten und Offiziere der amerikanischen Armee in Kriegsgefangenschaft in Korea, Vietnam, China usw. zeigen, dass „die Gehirnwäsche von Kriegsgefangenen in koreanischen Lagern de facto eine Bestrebung war, die Persönlichkeit des Individuums zu zerstören und dafür eine neue aufzubauen, die den Kategorien der kommunistischen Ideologie entsprach". Spuren des dort Erlebten würden an allen haften Sogar jene, die sich äußerlich zur Wehr setzten, würden das, was ihnen eingebläut wurde, nach einer gewissen Zeit annehmen. Das sei eine Art Zeitzünderbombe. Zit. nach: Geller, Masina i vintiki, S. 37. Bordjugov, Das ZK der KPdSU (b), S. 303. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, S. 192. Trockij, Terrorizm i kommunizm, S. 57. Siehe hierzu u.a.: Weber/Mählert, Terror: Stalinistische Parteisäuberangen 1936-1953. Foitzik, Zum Verhältnis zwischen der SED und der Besatzungsmacht, S. 55. ...

297 298 299 300 301

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

86

Aber nicht alle Mitarbeiter der SMAD, besonders in den Informationsabteilungen auf Kreisebene, verfügten über umfassende Informationen über das zu erwartende Ausmaß der geplanten Säuberungen sowie über die Bedeutung, die diesen von Moskau beigemessen wurde. So kam es, dass sie in Erfüllung der Anweisungen aus Karlshorst und nachdem sie seit November 1948 unmittelbar an den Vorbereitungen zur Schaffung von Parteikontrollkommissionen in Sachsen (auf örtlicher und zentraler Ebene, bei der Kaderauswahl und Organisation der Tätigkeit) teilhatten, noch im März 1949 völlig im Unklaren darüber waren, warum diese Kommissionen ungeachtet ihrer ständigen Forderungen ihre Arbeit immer noch nicht aufgenommen hatten.302 Aus den Archivdokumenten geht hervor, dass die später eingegangene Information, der Landesvorstand der SED habe die Anweisung gegeben, „bis zum Erhalt einer speziellen Direktive die Arbeit der Parteikommissionen vorerst nicht aufzunehmen", nicht einmal der Führung der Landesinformationsabteilung bekannt war. Dieser Punkt war in dem Bericht extra hervorgehoben worden. Eine solche Geheimniskrämerei, in die sogar die „Freunde" in der Provinz nicht eingeweiht wurden, spricht für ein besonderes Maß an Sorgfalt und Vorsicht der Hauptverantwortlichen in der SMAD und der SED bei der Vorbereitung der „großen Säuberung". Es besteht kein Zweifel, dass mit der Aktion neben dem bereits erwähnten Ziel, der Ausschaltung jeglichen Widerstands (sowohl des wirklichen als auch des vorgeblichen), ein weiteres verfolgt wurde: im Staats- und Parteiapparat sowie in den gesellschaftlichen Organisationen den Weg freizumachen für Absolventen der Parteischulen, die in ihrer Mehrzahl über keinerlei Parteivergangenheit verfügten. Ihre weitgehende Abhängigkeit von der Führung der Partei, sowohl im Hinblick auf Einsatz und Beförderung als auch auf ihre materielle Absicherung, machten sie zu einem willfährigen Werkzeug zur Erreichung von Zielen. Die in der Parteiliteratur der Sowjetunion weit verbreitete Meinung, Säuberungen seien immer dann auf der Tagesordnung, wenn die Partei die Lösung neuer Aufgaben in Angriff nehme,303 weist auch am Beispiel der SBZ/DDR auf den „allumfassenden Charakter der Erfahrungen der Bolschewiki" hin sowie wiederholt auf die Tatsache, dass die Ideologen in Moskau mit der „Partei neuen Typus" weitreichende Pläne

verbanden.304

Auch im Hinblick auf die verwendete Terminologie kam es zu einer zunehmenden Annäherung sowjetische Verhältnisse. So griff die SED den seinerzeit bereits von der KPD konsequent gebrauchten Kaderbegriff des Stalinismus auf und benannte im Jahre 1949 ihre ehemaligen Personalabteilungen in Kaderabteilungen um.305 Das gehörte zum Bau des Fundaments für den künftigen Staat DDR und für die endgültige Herausbildung des Parteischulwesens. Mit der polian

302

303 304

Donesenie Nacal'niku Otdela informacii SVA zemli Saksonija podpolkovniku Mil'stejn „O rabote vnov' sozdannych partijnych organov SEPG/Partijnaja kontrol'naja komissija" ot Upravlenija voennogo komendanta r-na Stol'berg ot 8.3.1949g. (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 257, Bl. 59). Bachsiev, Partijnoe stroitel'stvo v uslovijach pobedy socializma, S. 35. Die Geschichte der Entwicklung der KPdSU (b), über die geschrieben wurde, dass „zur Stärkung der

qualitativen Zusammensetzung der Partei" eine Neuregistrierung der Mitglieder (1919), allgemeine und teilweise Säuberungen (1921, 1924, 1929, 1933) sowie ein Umtausch der Mitgliedsausweise (1935 bis 1936) mit gleichzeitigem Aufnahmestopp für neue Mitglieder durchgeführt wurden (vgl.: Voprosy partijnogo stroitel'stva, S. 94), beinhaltet im Vergleich zu der (natürlich wesentlich kürzeren) Geschichte der SED so viel Allgemeingültiges, dass es gerechtfertigt ist, hinter den in der SBZ/DDR stattfindenden Ereignissen nicht nur Karlshorst zu sehen, sondern auch Moskau. 305

Schroeder, Der SED-Staat, S. 77.

Schaffung einer Partei neuen Typus

87

tischen Leitlinie Zdanovs aus dem Jahre 1947 im Hinterkopf, dass es in erster Linie darauf ankomme, auf die im Westen unternommenen Schachzüge klug zu reagieren, die Hinarbeit auf die eigenen Ziele dagegen weniger zu forcieren, arbeitete die SMAD häufig immer noch nach der vorausschauend-vorbereitenden Methode. Sie bereitete Maßnahmen im Hintergrund vor, um sie dann nach Erhalt der entsprechenden Anweisungen aus Moskau blitzschnell in die Tat umsetzen zu können. Daher gehörte die verstärkte Unterstützung der SED bei der Festigung ihrer führenden Rolle in allen Instanzen der SBZ306 (in erster Linie durch die Heranbildung von Kadern für die Zukunft) sowie die schrittweise Vorbereitung der SED-Organisationen auf eine eigenständige Tätigkeit307 zu den permanenten Aufgaben der Politabteilungen der SMAD. Die Konzentration auf ein vertieftes Studium der Lehren von Lenin und Stalin über die Partei und den Staat verstärkte sich noch mehr.

„Quelle", einer Mitteilung an das Ostbüro der SPD, findet sich eine recht der Lage in der SED im Jahre 1949 mittels eines Zitats aus Goethes „Faust": „Wir haben keine Gestalt, die uns eigen wäre, wir entlehnen nach Deinem Belieben jede In einer anonymen

poetische Beschreibung Gestalt, worin Du

uns zu erblicken wünschest. Wir werden immer aussehen wie Deine Gedanken." Fred Oelßner formuliert diese Beschreibung weit direkter, wenn er sagt: „Alles, was von Russland kommt, ist hundertprozentig gut zu heißen."

Jegliches freie Denken, jede Abweichung vom offiziellen Gedankengut erhielt unwiderruflich den Stempel der „feindlichen Tätigkeit" mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen. Der Besuch von Parteischulen wurde für SED-Mitglieder zur Pflicht, ganz besonders für angehende Funktionäre. Das „Klassenbewusstsein" trieb Blüten, die sogar dahin gingen, dass Parteimitgliedern jeglicher Kontakt zu ehemaligen Genossen, die aus der Partei ausgeschlossen worden waren, strikt untersagt wurde. Missachtung stellte sie selbst unter den Verdacht feindlicher Tätigkeit. „Der seelische Druck auf die Masse der arbeitenden Bevölkerung ist grenzenlos"308 so schätzte damals ein Informant der SPD die Entwicklung ein. -

306

307 308

Parteiensystem zwischen Demokratie und Volksdemokratie, S. 59; siehe auch: Stenogramm der Bemerkungen V. Sokolovskijs und S. Tjul'panovs zu den politischen Aufgaben im Jahre 1949 auf der Versammlung des Parteiaktivs der SMAD vom 9. März 1949 (Auszug). In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949. S. 201. (Dokument Nr. 47). Naimark, Die Russen in Deutschland, S. 89. Ohne Titel (FES, SPD-PV-Ostbüro, 0325-1, o.Bl.).

2.3

Die

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

Die Mitarbeiter der Informationsabteilungen der Länder und Provinzen, insbesondere jene in den Kreisen, die nicht unmittelbar an der Lösung von Aufgaben der globalen taktischen Entwicklungslinie der SED bzw. des zeitnahen (eigenständigen) Reagierens auf aktuelle Ereignisse beteiligt waren, haben häufig den Angelegenheiten sowohl der SED als auch der örtlichen Selbstverwaltungsorgane sehr viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet als ihre Führung in Karlshorst. Deshalb hing von ihren Berichten, die sowohl Fakten als auch Schlussfolgerungen enthielten, wesentlich die Handlungslinie der Informationsverwaltung (in der Person von Tjul'panov), deren Entschiedenheit bzw. die Intensität des Drucks bei der Durchsetzung der einen oder anderen Entscheidung ab. Der Umstand, dass diese Vorgaben in der Folgezeit dann geradezu Gesetzeskraft in der Provinz erlangten, verstärkte nur die gegenseitige Abhängigkeit, obwohl von der Fassung eigenständiger Beschlüsse, sei es auch nur von regionaler Bedeutung, zumindest seit Mitte 1947 keine Rede mehr sein konnte. Es waren ebendiese Landes- bzw. Provinzabteilungen für Information, denen die entscheidende Rolle bei der Durchsetzung einer „notwendigen Ordnung" in der SED zukam. Was unter dieser „notwendigen Ordnung" zu verstehen war, darüber waren sich die SMAD und die regionalen SMA-Organisationen in der Regel einig. Die Ende 1947 begonnene Arbeit an der Einführung einer einheitlichen Mitgliederkartei sowie einheitlicher neuer Mitgliedsbücher setzte sich fort und sollte im Jahre 1948 abgeschlossen werden. Auf Drängen der SMAD verfolgte diese Aktion im Wesentlichen zwei Ziele: zum einen, endlich eine genaue Mitgliederzahl der SED zu erfahren (bis dahin wiesen die Statistiken der Kreise bzw. Länder z.T. Unterschiede von mehreren Zehntausend Mitgliedern auf), und zum anderen, die Ausgabe neuer Mitgliedsbücher zu einer politischen Kampagne (wie ehemals in der UdSSR) werden zu lassen, die dazu betragen würde, die Reihen der SED zu festigen. Dass dies nicht gelang, wurde von den Mitarbeitern der Informationsabteilung mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen. Sie waren unzufrieden,309 dass sich diese Kampagne zu einer rein technischen Angelegenheit entwickelte, ohne zu der erwarteten „Säuberung" der Reihen zu führen. Das erste Ziel jedoch konnte im Wesentlichen erreicht werden und die Information, dass zum 31.12.1947 die SED 1784214 registrierte Mitglieder zählte, wurde an das ZK der KPdSU(b) weitergegeben. Neben den allgemeinen Zahlen erreichten das ZK der KPdSU(b) auch weitere Einzelheiten, wie z.B. die Anzahl der ausgegebenen neuen Mitgliedsbücher, gegliedert nach Kreisen, eine zeitliche Statistik usw., was zweifelsohne von dem großen Interesse des ZK an diesem Prozess zeugt. Aufgaben zur ideologischen Festigung der Partei maß man nach wie vor entscheidende Bedeutung bei. Prinzipiell sollten alle registrierten Parteimitglieder eine Schulung in

der einen oder anderen Form durchlaufen. Die Informationsabteilungen der Länder und Provinzen trugen die Hauptlast bei der Umsetzung dieser Aufgaben, bei der Kontrolle über die Schulungsarbeit und bei der Unterstützung der örtlichen Organe der SED. Die Tätigkeit dieser Einrichtungen wird nachfolgend anhand der russischen Quellen für die als Beispiele ausgewählten Länder Thüringen und Sachsen sowie für die Provinz Sachsen-Anhalt dargestellt. 309

Vgl. Bordjugov, Das ZK der KPdSU(B), S. 336-337.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

90

2.3.1

Thüringen

gab es in Thüringen 265 897 Mitglieder der SED, die in 2 169 Orts- und 2047 Betriebsgruppen organisiert waren.310 Diese Zahlen wurden mit Sicherheit nicht ohne Stolz an die Informationsverwaltung Tjul'panovs weitergegeben, denn die neue Statistik bedeutete einen deutlichen Fortschritt im Vergleich zu jenen Problemen, mit denen die Thüringer Informationsabteilung 1947 zu kämpfen hatte. Allerdings gab es einen Wermutstropfen: Mit nur 4,3% der Gesamtmitgliederzahl war der Anteil der Bauern entschieden zu gering. Mit dieser Zahl konnte man die Bauern schwerlich als Verbündete der Arbeiterklasse bezeichnen. Zum Vergleich: Der Anteil der Angestellten betrug 20,1%, der Anteil der Handwerker 6,9%. Alle Anstrengungen, die im Verlaufe des Jahres 1947 unternommen worden waren, um dieses Missverhältnis zu ändern, hatten zu keinem spürbaren Erfolg geführt. Dennoch war man zuversichtlich, schließlich zeugten die Zahlen davon, dass eine Reihe anfänglicher Hürden bereits gemeistert worden waren. Zu kämpfen hatten die Mitarbeiter der Informationsabteilungen allerdings nicht nur mit einer zu geringen Vertretung der Bauernschaft, sondern auch mit der örtlichen Führung der SED, welche die Bauern als eine „durchweg reaktionäre Masse" ansah31 ' und deshalb nicht sonderlich bestrebt war, diese an Landesparteischulen zu delegieren. Daher sah die Informationsabteilung ihre Hauptaufgabe für die nächste Zukunft in der weiteren Entfaltung des Parteischulungssystems der SED, um „die Mehrheit der Parteimitglieder darin einzubinden"312. Ihre Bemühungen richteten sich sowohl auf die Einbindung der Genossen als auch auf deren weitere politische Erziehung in den Parteischulen und in den Parteiorganisationen. Diese Ziele beinhalteten u.a. die Ausschaltung des sozialdemokratischen Einflusses sowie die Unterbindung jeglicher Diskreditierung der Politik der SED und jeglicher Verbreitung antisowjetischer Hetze. Im Frühjahr 1948 wurden in Thüringen 13 Kreisparteischulen und die Landesparteischule „Rosa Luxemburg" unmittelbar von den sowjetischen Behörden betreut. Den Vorrang dabei hatte natürlich die Landesparteischule, die Parteifunktionäre heranbilden sollte, die in der Lage wären, auf Kreisebene selbständig zu arbeiten. Allein bis zum April 1948 hatten sowjetische Offiziere „aus eigener Kraft" an dieser Einrichtung eine ganze Reihe von Vorlesungen gehalten, so zum Beispiel über „30 Jahre Sowjetstaat", „Gesellschafts- und Staatsaufbau der UdSSR", „Die sowjetischen Gewerkschaften".313 Wenn man dazu noch die fünf Themen aus dem Lehrprogramm der Schule berücksichtigt, die unmittelbar die Geschichte der UdSSR betrafen (zum Beispiel „Der Fünfjahrplan in der UdSSR", „Die sowjetische Demokratie" ), so wird deutlich, wonach die SMAD strebte, welche neuen Gedanken und möglichen Entwicklungsperspektiven sie bei den Am 01.01.1948

Kursteilnehmern 310

311 312 313

zu

erwecken versuchte.

Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O politiceskom polozenii vnutri SEPG zemli Tjuringii" ot i.o. nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA podpolkovnika Blestkina, ot 14.02.1948g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 165, Bl. 155). Ebd., Bl. 165. Ebd. Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby v SEPG" ot 17.04.1948g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 165, Bl. 204).

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

91

Das gesamte Schulungsprogramm wurde im Frühjahr 1948 verändert und umfasste danach 40 Themen, die wie folgt gewichtet waren:

Grundlagen des Marxismus -

-

-

-

160 Stunden Deutsche Geschichte 88 Stunden Geschichte der KPdSU 66 Stunden Probleme des Faschismus 71 Stunden Die SED und ihre aktuellen Aufgaben 143 Stunden. -

-

-

-

-

-

Die mehrfach

Seiten der SMA geäußerte Forderung, stichprobenartig Stenogramme der zu Vorlesungen erstellen, führte letztlich dazu, dass sich kaum jemand unter den Lehrkräften mehr traute, auch nur um einen Deut von den Vorgaben abzuweichen, worüber und wie zu referieren sei, auf welche Schwerpunkte ein besonderer Akzent zu setzen sei usw. Im Ergebnis schränkte sich die Kritik der Kontrollierenden seitens der SMA spürbar ein. von

Insgesamt ist in Thüringen im Vergleich zu Sachsen (s.u.) eine relative Initiativlosigkeit in Bezug auf die Landesparteischule festzustellen. Bei ihren wie überall in der SBZ üblichen regelmäßigen Kontrollbesuchen hielt die thüringische Informationsabteilung erstaunlich wenig Kritikpunkte fest; weder in organisatorischer Hinsicht noch im Lehrprozess wurde auf nennenswerte Veränderungen gedrungen. Selbst die Forderungen, doch den Anteil der Bauern an der Landesparteischule zu erhöhen bzw. die Kontrollen über den Selbststudienprozess an der Schule zu verstärken (beide Kritikpunkte wurden unmittelbar an den Landesvorstand der SED weitergeleitet314), blieben eine Marginalie. -

-

Ob die Ursache dafür in der mangelnden Qualifikation der Kontrollierenden zu suchen ist oder einfach in deren Initiativlosigkeit, kann vom heutigen Standpunkt aus nur schwer beurteilt werden. Interessant ist jedoch, dass man offenbar versuchte, dieses Manko bei den Kreisparteischulen wieder wettzumachen, indem man einen Mangel nach dem anderen „aufdeckte" und die Kreisparteischulen geradezu mit Verbesserungsvorschlägen bombardierte.

Kritisiert wurde u.a. die Arbeit von nicht voll ausgelasteten Schulen, in denen 15-20% weniger Hörer unterrichtet wurden, als es die Kapazität zugelassen hätte, die unzulängliche Auswahl der Hörer sowie fehlende Vorlesungsskripten bei den Lehrkräften. Das hatte dazu geführt, dass die Vorlesungen zum Teil recht verworren waren. Die Empfehlungen, die aus dieser Kritik abgeleitet wurden, gingen jedoch oftmals um einiges weiter und betrafen nicht nur die Parteischulbildung im Kreis, sondern das gesamte innerparteiliche Leben der SED. Dabei wurden die Dinge, die vor Ort geklärt werden konnten, in der Regel aus eigener Kraft gelöst (Tjul'panov wurde indes mitgeteilt, dass man sich scheue, dies zu tun): So wurde zum Beispiel der Kreisvorstand darauf hingewiesen, dass die Arbeit mit den Schulen durchaus nicht nur eine lästige Pflicht sein müsse, sondern als eine besonders wichtige Aufgabe angesehen werden solle315. Es wurde dazu geraten, Seminare für alle Lehrkräfte der KPS einzuberufen, um dort die anstehenden Unzulänglichkeiten zu erörtern316, und man wies auf die Notwendigkeit hin, sich mit Fragen der „weiteren Entwicklung der Parteischulabsolventen in der praktischen Arbeit" zu beschäftigen317. 314 315 316 317

Ebd., Bl. 207. Ebd.

Ebd., Bl. 208. Ebd., Bl. 209.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

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Daneben gab es aber auch Fragen, die nur auf der Ebene der Informationsverwaltung (oder zumindest mit deren Hilfe) und des ZV der SED entschieden werden konnten. 1948 waren dies nicht allzu viele und sie betrafen in der Regel die Eröffnung zusätzlicher Kreisparteischulen, um jeden Kreis mit einer eigenen Schule auszustatten, oder aber die Verlängerung der Ausbildungsdauer auf einen Monat, verbunden mit einer entsprechenden Erweiterung des Lehrprogramms. In dem Bewusstsein, dass eine solche Verlängerung der Ausbildungsdauer eigentlich noch nicht realisierbar war, man sich aber ihrer Meinung nach ständig mit der weit verbreiteten Unwissenheit der Kursteilnehmer in Fragen des politischen und innerparteilichen Lebens auseinander setzen musste, trieben die Mitarbeiter der Propagandaabteilungen diese Forderung häufig auf die Spitze. Sie nahmen, wie bereits erwähnt, die Aufgabenstellung des II. Parteitages, die ideologische Erziehung der SED-Mitglieder zu verstärken, oft allzu wörtlich und betrachteten diese als ihre persönliche Aufgabe. Andererseits waren die Voraussetzungen für die Lösung dieses Problems herangereift, die SED hatte mittlerweile dank sowjetischer Unterstützung finanziell etwas festeren Boden gewonnen, der Widerstand der Betriebe gegen eine bezahlte Freistellung von Mitarbeitern zum Besuch von Parteischulen ließ aus welchen Gründen auch immer allmählich nach. -

-

Der andauernde Druck von Seiten der SMAD und der SED zur Schaffung von Betriebsgruppen der SED war nicht nur auf eine Stärkung der Position der SED in den Betrieben ausgerichtet, sondern hatte sich als eine generell wirksame Methode der Beeinflussung erwiesen. Die Veränderungen im gesellschaftspolitischen und innerparteilichen Leben in der SBZ im Sommer und Herbst 1948 standen hauptsächlich im Zusammenhang mit dem 11., 12. und 13. Plenum des ZV der SED und den von diesen Gremien verabschiedeten Papieren, wie z.B. der Verordnung über die Verbesserung der Parteischulausbildung, der Verordnung „Über die Verstärkung des Studiums der Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) Kurzer Lehrgang", und wirkten sich auch auf die konkrete Arbeit der Parteischulen vor Ort aus. -

Auch Ende 1948 umfasste die „ParteiWirtschaft" der SED, die zum Kontrollbereich der SMA gehörte, u.a. immer noch 13 Kreisparteischulen (die Forderung der SMA Thüringen, diese Zahl zu erhöhen, hatte bei der Führung keine Unterstützung gefunden), zwei Landesparteischulen (von denen das Hauptaugenmerk der SMA nach wie vor der LPS „Rosa Luxemburg" galt) sowie bereits 24 Betriebsparteischulen (BPS). Die Absolventenzahlen318 der Parteischulen konnten zwar manchen recht stark beeindrucken (LPS: 1007 Personen; KPS: 18 780 Personen, davon 1948: 10980; BPS seit deren Eröffnung im September: 1 698 Personen)319, insgesamt gaben sie jedoch der SMA keinen Grund zur Beruhigung. Davon zeugen die unvermindert anhaltenden Kontrollen der Parteischulen mit dementsprechenden Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeit, aber auch der immer größer werdende Umfang und Informationsgehalt der Berichte über

Über jeden Absolventen wurde ausführlich Buch geführt, in einer Kartei vermerkte man neben persönlichen Angaben auch Hinweise zur weiteren Verwendung innerhalb der Partei, insbesondere bei den Absolventen der LPS. Auf die Durchsetzung dieser Praxis, die in der UdSSR schon lange zur Routine geworden war, achteten die Kontrolleure der SMA mit besonderer Hartnäckigkeit und kritisierten mit außergewöhnlicher Schärfe die Führungen jener Schulen, die ihrer Meinung nach dieses Berichtswesen vernachlässigten. 319 Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli Tjuringija podpolkovnika Makarasina, ot 17.01.1949g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 168, Bl. 61, 64). 318

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

93

den Zustand des Parteischulwesens der SED.320 Diese Berichte analysierten nicht nur den laufenden Unterrichtsprozess, sondern lieferten auch umfangreiches statistisches Material sowie Beurteilungen über Lehrkräfte. Die Analysen erfolgten mit unterschiedlicher Intensität, gaben jedoch der Führung in Karlshorst konstante und umfangreiche Informationen über den Zustand des Parteischulwesens in der Provinz sowie über die „allgemeine ideologische Reife" der Parteibasis und der Bevölkerung insgesamt. Ende 1948 gab es entscheidende Veränderungen in der Thematik der angebotenen Vorlesungen. In ihrer verstärkten Abhängigkeit von Karlshorst konnten es sich die Offiziere der Landesinformationsabteilung nicht leisten, in irgendeiner Weise zurückzustehen, etwa nicht aktuell informiert zu sein. Deshalb unterschied sich der von ihnen im Herbst vorgeschlagene Vorlesungsplan für Landesparteischulen in seiner Thematik derart gravierend von dem des Frühjahrs, dass dies sogar einem völlig unbeteiligten Beobachter auffallen musste. So sollten die neuen Themen nicht nur die Hörer zum Nachdenken veranlassen, sondern sollten mit Macht den Boden für die herannahenden grundlegenden Veränderungen bereiten.

Die im Vorlesungsplan beibehaltene Veranstaltung über den Gesellschafts- und Staatsaufbau der UdSSR, die mittlerweile modifiziert worden war, wurde nunmehr radikal erweitert. Hinzu kamen Fragenkomplexe wie „Die Vorzüge des sozialistischen Wirtschaftssystems gegenüber dem kapitalistischen", „Sozialismus und die Freiheit der Persönlichkeit", „Die Bolschewiki und der Marxismus" und auch das Leben und Wirken von Lenin und Stalin.321 Die Zeit der Plänkeleien ging ihrem Ende zu, man wollte an der ideologischen Front nicht mehr länger hin und her lavieren, es gab nur noch ein Ziel, und das hieß: Vorwärts!

Lehrkörper der Landesparteischulen und der meisten Kreisparteischulen entsprach weitgehend den Erwartungen der sowjetischen Seite. Die meisten hatten ihre Vorlesungen sogar zum „Kurzen Lehrgang" derart glatt einstudiert, dass es keinen Anlass zur Kritik oder Unzufriedenheit bei den sowjetischen Kommunisten mehr gab. Lediglich für die mangelnde Kontrolle über das Selbststudium der Hörer hatten die Kontrolleure der SMA wenig Verständnis. Mit Entrüstung wurde in manchen Berichten vermerkt, dass einige Hörer sogar die Möglichkeit hatten, Der

-

-

sich während der Selbststudienzeit

von

der Schule

zu

entfernen.322

Wieder und wieder forderte man Rechenschaft von den Schulleitungen und vom Landesvorstand der Partei, wieder waren jene gezwungen, in irgendeiner Weise zu reagieren. Schließlich ging es nicht nur um mangelnde Unterrichtsvorbereitungen, sondern in erster Linie um die Erziehung zu kollektivem Denken und Handeln als Gegenstück zum noch herrschenden Individualismus. Dazu kam ein weiterer Aspekt: Im Rahmen einer gemeinsamen Unterrichtsvorbereitung kam es sicherlich zu einem offeneren Meinungsaustausch, der es erlaubte, die wirklichen Ansichten der Kursmitglieder oftmals besser kennen zu lernen, als dies im Unterricht möglich war. Es war ein langwieriges Ringen und die SMA war noch nicht zufrieden mit der Umsetzung. Die Zeit, die Schrauben härter anzuziehen, war jedoch noch nicht gekommen. 320 321

322

Vgl. u.a. Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG", ot 17.04.1948g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 165, Bl. 203-212). Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli Tjuringija podpolkovnika Makarusina, ot 17.01.1949g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 168, Bl. 62). Ebd., Bl. 63.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

94

In Bezug auf andere Fragen der Parteischulung legte die Informationsabteilung Thüringen eine bemerkenswerte Beharrlichkeit an den Tag. Regelmäßig und konsequent bat sie Tjul'panov, dem ZV der SED zu empfehlen, die Ausbildungsdauer in diesen Einrichtungen auf einen Monat auszudehnen und ihnen zu helfen, in allen Kreisen Parteischulen zu eröffnen.323

Anfragen an den ZV der SED betrafen sowohl die Überarbeitung der Themenvorgaben für die Parteischulungsabende als auch die Verbesserung der Qualität von Begleitmaterialien für die Parteischulungen und die Erhöhung der Qualität von Kontrollen über das Parteischulwesen seitens des Zentralvorstandes der SED.324 Die Landesnomenklatura der Informationsabteilung blieb auf das Land beschränkt, d.h. sie hatte keinen Zugang zum ZV der SED. Aber auch über die Vorgänge in Karlshorst war man nicht immer aktuell und in vollem Umfang informiert, sodass es galt abzuwarten, bis weitere Empfehlungen sowohl zur Generallinie als auch zu Einzelfragen eintrafen.

2.3.2 Sachsen-Anhalt Ebenso wie bei der Betrachtung des Landes Thüringen soll auch für die Provinz Sachsen-Anhalt zunächst die SED-Organisation als Ganzes untersucht werden. Anfang 1948 zählte die Partei 407 687 Mitglieder325, sechs Monate später bereits 418 395 ein Ergebnis, das Befriedigung hervorrief. Allerdings bereitete die Bauernfrage der SMA und der SED auch hier arges Kopfzerbrechen (der Anteil der Bauern an den Parteimitgliedern belief sich auf 1 062 Personen oder 4,13%) und gab mit Sicherheit schon damals Anlass zu Überlegungen, ob es nicht sinnvoll wäre, eine Bauernpartei zu gründen, wenn es schon nicht möglich war, genügend Anreize für eine Mitgliedschaft in der SED zu schaffen. Soviel aber auch insgeheim vielleicht darüber nachgedacht wurde diese Frage gehörte eindeutig in den Kompetenzbereich der Zentralorgane von SMAD und SED sowie Moskaus. Den Verantwortlichen vor Ort blieb einstweilen nichts anderes übrig, als weiter um eine Erhöhung des Einflusses auf die Verbündeten der Arbeiterklasse auf dem Land zu ringen. Am 29. April 1948 wurde dann die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) offiziell gegründet. -

-

In ihrem Kampf um die Steigerung des eigenen Einflusses kam für die SED 1948 ein weiterer Aspekt dazu: der Kampf (im direkten wie auch im übertragenen Sinne) gegen die „Träger der opportunistischen Ideologie"326. Schumacher-Anhänger vermutete man in jedem, der eine von der offiziellen Doktrin abweichende, kritische Haltung gegenüber der aktuellen Entwicklung im Land an den Tag legte. In erster Linie betraf das ehemalige Sozialdemokraten. Dieser sich ununterbrochen fortsetzende Kampf gegen den Sozialdemokratismus erreichte nunmehr eine neue Qualität. Die Forderung der Informationsabteilung, der Landesvorstand der SED müsse nun endlich Maßnahmen zur Stärkung der ideologischen Erziehung „der gesamten Masse von Parteimit323 324 325

Ebd., Bl. 65. Ebd., Bl. 69.

326

Ebd., Bl. 82.

Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O dejatel'nosti SEPG, burzuaznych partij, profsojuzov i massovych organizacij zemli Saksonija-Anchal't za II-j kvartal 1948g." ot Nacal'nika otdela informacii USVA zemli Saksonija-Anchal't polkovnika Rodionova, ot 9.7.1948g. (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 279, Bl. 78). Otcët Nacal'niku

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

95

gliedern im Geiste der Unduldsamkeit gegenüber jeglichen opportunistischen Elementen innerhalb der Partei"327 ergreifen, erklang immer häufiger und nachdrücklicher. Die Argumente der SED-Führung, dass solche Maßnahmen zu heftigen Konflikten zwischen den ehemaligen Sozialdemokraten und Kommunisten führen würden, wurden mittlerweile bereits selbst als opportunistisch eingestuft, d.h. als Positionen, die es ebenfalls zu bekämpfen galt. Eine einheitliche Ideologie, eine einheitliche Meinung, fest geschlossene Reihen der Partei allein die Möglichkeit, diese Ideale zu erreichen, veranlasste die SMA, den Parteischulen und dem Parteischulwesen zumindest die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen wie 1947. Von einer einmaligen politischen Kampagne konnte hier keine Rede sein. Alles war auf einen Ausbau des Parteischulwesens als wichtigsten Mittels, die Massen politisch zu beeinflussen und zu erziehen, ausgerichtet. Sogar das Sekretariat des Landesvorstandes der SED, das über zu viel Arbeit klagte, war gezwungen, allein im Mai 1948 dreimal (in fünf Sitzungen) Fragen des Parteischulwesens zu behandeln.328 Wahrscheinlich ist es auf diesen Sitzungen auch um die sich verstärkende Kritik der Informationsabteilung gegangen, die Partei werbe unter den Mitgliedern für ein Studium, -

anstatt

den Parteischulbesuch

zur

Pflicht zu

machen.329

Die Tatsache, dass diese Forderung aus der Provinz an Tjul'panov mit der Bitte weitergeleitet wurde, er möge doch seinen Einfluss auf den Zentralvorstand der SED geltend machen, um dieses Problem endlich ein für alle Mal zu lösen, zeugt davon, dass es offensichtlich unmöglich war, die Frage des kontinuierlichen Besuchs der Parteischulen (insbesondere der Abendkurse) so, wie ursprünglich gewollt, ohne administrativen Zwang und ohne Strafsanktionen zu klären. Von sich aus äußerten SED-Mitglieder einfach nie den heißen Wunsch nach Schulung oder Umschulung. Das alles waren jedoch nur Teilfragen, auf die die Informationsabteilung von Sachsen-Anhalt zwar ihre Aufmerksamkeit richtete, die sie jedoch nie von ihrem zentralen Ziel abweichen ließen: der weiteren Stärkung der LPS, KPS, BPS sowie der „Schulungsabende".

Landesparteischule in Wettin gab es ebenso wie zur LPS in Thüringen kaum nennenswerte Verbesserungsvorschläge oder Kritiken. Der gegenüber dem Landesvorstand der SED geäußerte Vorschlag, das theoretische und methodische Leistungsniveau der Lehrkräfte zu erhöhen, gehörte zu den Standardformulierungen, die in Bezug auf jede beliebige Schule angebracht wurden. Das Einzige, was der SMA wirklich missfiel, war das Gebäude der Schule. Im Jahre 1948, am Vorabend der sich bereits abzeichnenden gravierenden Veränderungen, beauftragte die Informationsabteilung den Landesvorstand der SED, ein neues Gebäude für die Landesparteischule zu suchen. Der sowjetischen Unterstützung konnte man sich dabei sicher sein. Nach der Neueröffnung der Einrichtung sollte eine allumfassende Überprüfung ihrer Tätigkeit vorgenommen werden sowohl des Lehrprozesses als auch der wirtschaftlichen Entwicklung. 33°

Zur

-

In diesem Falle deckte sich der Rat der SMA vollkommen mit den Wünschen der SED, sodass es zu keinerlei Konflikten kam und alles sehr einvernehmlich über die Bühne ging. 327 328 329

330

Ebd. Ebd.

Informacionnaja zapiska Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby v SEPG" ot Nacal'nika otdela informacii USVA zemli Saksonija-Anchal't polkovnika Rodionova, ot 9.2.1948g. (GA RF, F. 7133, op. 1, Akte 278, Bl. 135). Ebd., Bl. 140.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

96

Entwicklung der Kreisparteischulen (im Februar waren es 31, im Juli bereits 34) rief etwas größere Besorgnis hervor, sowohl was Fragen der Qualität der Ausbildung betraf als auch Fragen des nachfolgenden Einsatzes der Absolventen in der Parteiarbeit. Innerhalb eines Jahres (vom Frühjahr 1947 bis zum Frühjahr 1948) gab es auf Anraten der SMAD über 50 Konferenzen331 mit Absolventen von Kreisparteischulen. Diese Konferenzen verfolgten zwei Hauptziele: einerseits sollte damit die ideologische Arbeit mit den Teilnehmern fortgeführt werden (schließlich war man sich auch in Sachsen-Anhalt einig, dass eine zweiwöchige Ausbildung deutlich zu kurz war; noch im Februar hatte man darum gebeten, die Ausbildungsdauer wenigstens auf drei Wochen zu erweitern)332 und andererseits Die

wollte man die Aufmerksamkeit der Kreisvorstände der SED darauf lenken, die Absolventen verstärkt in der Parteiarbeit einzusetzen und den aktivsten und ideologisch „gestähltesten" eine Funktion im Parteiapparat zu übertragen. Mit dieser Auffüllung der Reihen durch junge Kader verband sich die Hoffnung auf die Festigung eines „korrekten ideologischen Klimas" in der Partei. Konferenzen oder auch Seminare zur Lehrkräften fanden in allen Ländern statt.

Derartige von

Erhöhung

des theoretischen

Leistungsniveaus

Gegen Ende des Sommers 1948

stieß der übliche Arbeitsprozess der Kreisparteischulen immer mehr auf Kritik von Seiten der Kontrolleure aus der SMA. Die Entwicklung der KPS war ganz offensichtlich stehen geblieben, befriedigte nicht länger jene aktuellen Anforderungen an die ideologische Erziehung, die sich auf den Plenen des ZV der SED immer deutlicher abzeichneten und über deren Realisierung die Informationsabteilungen aufmerksam wachten, da sie diese Aufgaben als ihre ureigenste Angelegenheit betrachteten. Auch die Vermittlung der marxistisch-leninistischen Theorie333 (darüber sprach man bereits offen) sowie das Programm der Kreisparteischulen und die Ausbildungszeiten an diesen Einrichtungen „entsprachen nicht jenen Anforderungen, die das Leben an die Partei stellte"334.

Dort, wo man ohne die Informationsverwaltung auskommen konnte, trat Oberst Rodionov, der Leiter der Informationsabteilung der VSMA Sachsen-Anhalt, in direkten Kontakt mit dem Landesvorstand der SED und trieb die Entwicklung des Parteischulwesens sowohl in organisatorischer als auch in ideologischer Hinsicht voran. Folgende Themen standen im Juli und August 1948 auf der Tagesordnung von Seminaren mit Leitern und Lehrkräften von Parteischulen: Die Partei der Bolschewiki -

-

-

eine Partei neuen Typus. Organisatorische Grundlagen der bolschewistischen Partei. Die Planwirtschaft in der UdSSR. Die verräterische Rolle der rechten Sozialdemokraten in der deutschen Arbeiterbewegung. -

331 332 333

Ebd.,Bl. 137. Ebd., Bl. 138.

334

Ebd., Bl. 84.

Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O dejatel'nosti SEPG, burzuaznych partij, profsojuzov i massovych organizacij zemli Saksonija-Anchal't za II-j kvartal 1948g." ot Nacal'nika otdela informacii USVA zemli Saksonija-Anchal't polkovnika Rodionova, ot 9.7.1948g. (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 279, Bl. 83). Otcët Nacal'niku

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

97

Die Leitung der Informationsabteilung in Sachsen-Anhalt wusste im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig gut Bescheid, in welche Richtung sich die SED bewegte.335 Mit der Bitte, Tjul'panov möge die Ausbildungsdauer an den KPS auf vier Wochen erhöhen und im Zusammenhang damit gleich die Themenvorgaben (ähnlich den oben angeführten) ändern, wollte man diese ideologische Ausrichtung auch den Hörern der Schulen nahe bringen. Solange es dazu jedoch noch keinen einheitlichen zentralen Beschluss gab, „empfahl" Rodionov über den Landesvorstand der SED, „systematisch die Erfahrungen der besten Kreisparteischulen und der besten Lehrkräfte bei der Erarbeitung neuer brandaktueller Themen" zu sammeln und auszuwerten336. Seine letzte Forderung nach einer mindestens alle zwei Monate erfolgenden Erarbeitung von Berichten zur Tätigkeit der Schulen trägt deshalb auch deutlich militärische Züge: „über die Erfüllung der ergangenen Forderung ist Rechenschaft abzulegen"337.

Entwicklung zeigte auch in Sachsen-Anhalt die Bereitschaft der Partei, die sich ankündigenden Veränderungen ohne größeren Widerstand anzunehmen. Die weitere

2.3.3 Sachsen Die Intensität der Einflussnahme (häufig kann man von Einmischung sprechen) von Kommandantur-Mitarbeitern auf die Selbstverwaltungsorgane und SED-Vorstände der verschiedenen Ebenen war in der Regel abhängig vom Charakter der beteiligten Personen, von ihrer Kompetenz und den Anforderungen, die ihre unmittelbaren Vorgesetzten an sie stellten. In Sachsen war die Tätigkeit der Informationsabteilungen insgesamt „produktiver" als in den anderen Ländern und Provinzen. In den regelmäßigen Berichten über die laufende Arbeit finden sich wesentlich mehr Punkte, die mit den Worten „wir empfehlen" beginnen, als in den anderen Regionen. Das betrifft insbesondere die den Parteischulen gewidmeten Abschnitte. Daher ermöglicht eine detailliertere Analyse der Arbeit der SMA für das Land Sachsen ein tieferes Verständnis dessen, wonach die Organe der Informationsverwaltung in der SBZ generell strebten. im Frühjahr 1948 allgemeine Richtlinien für den Umgang mit den Vorständen der SED gegeben haben muss, bestätigen u.a. die Aussagen des Leiters der Informationsabteilung der Stadtkommandantur Chemnitz. Er unterstreicht in seinem Bericht an die SMA, dass die gesamte Dass

es

335

Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli Tjuringija podpolkovnika Makarusina, ot 17.01.1949g. (GA RF, F. 7184, op. 1, Akte 168, Bl. 61). Wenn man diese Themen mit denen eines Seminars vergleicht, das vom 3. bis 29. April ebenfalls mit Leitern und Lehrkräften von Kreisparteischulen durchgeführt worden war, so fallen deutliche Unterschiede auf, die von einer zunehmenden Sowjetisierung zeugen. Diese Unterschiede waren so gravierend, die Veränderungen vollzogen sich mit einem solchen Tempo, dass wohl kaum einer der Lehrkräfte in der Lage war, mit dieser Entwicklung theoretisch und geistig Schritt zu halten. Dokladnaja zapiska Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli SaksonijaAnchal't polkovnika Rodionova, ot ijunja 1948g. (GA RF, F. 7133, op. 1, Akte 279, Bl. 61). Sogar der relativ bescheidene Umfang des bisher in rassischen Archiven aufgefundenen Schriftwechsels mit dem Landesvorstand der SED lässt den Schluss zu, dass die meisten Berichte in der Informationsabteilung landeten, wo sie die dort bereits gesammelten Informationen ergänzten.

336

337

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

98

Arbeit „in Übereinstimmung mit den Anweisungen der Organe der SMAD und unserer grundlegenden Politik in Deutschland durchgeführt"338 werde. Alle „Anweisungen" der SMAD werden aufgezählt. In dem Bericht heißt es weiter: „Der gesamte Apparat der SMA ist maximal zu nutzen, um den Einfluss der SED in allen tätigen gesellschaftspolitischen Organisationen zu

stärken"339.

Man ließ der SED in Sachsen noch weniger Freiräume und Zeit als in den anderen Ländern und Provinzen. So gingen zum Beispiel in der Frage der Absicherung einer vollen Kursauslastung in den Kreisparteischulen Nisky, Flöha und Hoyerswerda die Forderungen an die „deutschen Partner" weit über die allgemein üblichen Empfehlungen hinaus.340 Schließlich kann von einem sind zu verpflichten" beginnt. „Rat" keine Rede sein, wenn die Empfehlung mit den Worten Zu diesen Verpflichtungen, die im Februar 1948 den deutschen Genossen auferlegt wurden, „...

gehörte u.a.: in allen SED-Organisationen Versammlungen einzuberufen, auf denen die notwendige Erweiterung theoretischer Kenntnisse zu erläutern sei; selbstredend gehörte hierzu auch die Sicherung der Teilnahme an den Lehrgängen der KPS; jeden Sekretär eines Kreisvorstandes zu verpflichten, für jeden Lehrgang der KPS je zwei -

-

-

Kandidaten zu finden; alle SED-Mitglieder der verschiedenen Kreisorganisationen ebenso wie die Bürgermeister und ihre Mitarbeiter der Selbstverwaltungsorgane zu verpflichten, einen Lehrgang der KPS zu belegen; Absolvententreffen der Parteischulen zu organisieren und die Absolventen einzusetzen, um das Studium an der Parteischule unter der Bauernschaft zu popularisieren.341

Während man in anderen Gegenden noch darum bat die Frage zu erörtern, ob man die Genossen nicht zu einer Teilnahme an den Lehrgängen verpflichten sollte, wurde ebendieses Vorgehen in Sachsen schon vielerorts realisiert. Darüber hinaus wurde in Sachsen als einzigem Land der SBZ konsequent gefordert, Dreimonatspläne für die Belegung der Kreisparteischulen mit konkreter Angabe der zur Ausbildung vorgesehenen Personen unter besonderer Berücksichtigung von Bauern zu erstellen.342 Die SMAS forderte bereits Anfang 1948, die Ausbildungszeit an den 338

339

340

Otcet Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii voennoj komendatury g. Chemnic za 1-j kvartal 1948g.", ot aprelja 1948g. (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 270). Ebd. Dabei war den SMA-Behörden völlig klar, dass für die Leitung dieser Organisationen ebenso wie für die Arbeit in den Selbstverwaltungsorganen usw. gut ausgebildete Kader benötigt wurden. Dies betraf weniger das konkrete Fachwissen, als vielmehr die Haltung zur SED. Ebenso klar war auch, dass diese Kader nur in den Parteischulen „richtig" ausgebildet werden konnten. Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija „O rabote rajonnoj partijnoj skoly SEPG", ot 18.02.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii rajona Gojersverda, majora Lednëva

(GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 95). 341

342

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija podpolkovniku t. Kuz'minovu „O rabote partijnoj skoly SEPG rajona Niski", ot 18.02.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii rajona Niski, majora Munvez (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 98). Otcët Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija podpolkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii voennoj komendatury g. Chemnic za 1-j kvartal 1948g.", ot aprelja 1948g. (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 283).

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

99

KPS auf einen Monat auszudehnen. So ist auch hierin eine gewisse Überflügelung der Genossen in den anderen Ländern und Provinzen in Sachen Parteischulwesen nicht von der Hand zu weisen. 343 Offenbar legte man in der SMAS einen besonderen Eifer an den Tag.

Frühling 1948 fanden die Bestrebungen zu „verpflichten" anstatt zu „bewegen" noch größere Verbreitung in den Informationsabteilungen und betrafen nunmehr nicht nur das Parteischulwesen, sondern das gesamte innerparteiliche Leben der SED. In den Berichten wunderte man sich darüber, dass noch nie ein Genosse parteiöffentlich für Nichterscheinen bei Abenden der Parteischulung oder bei Parteiversammlungen gerügt, noch nie jemand wegen mangelnder Disziplin zur Rechenschaft gezogen worden war.344 Daher gelangte die Leitung der Informationsabteilung Im

des Landes Sachsen zu dem Schluss, dass es wohl an der Zeit sei, den Kreisvorständen der SED über den Landesvorstand zu „empfehlen", solche Maßnahmen künftig auch in ihre Tätigkeit einzubeziehen. Einmal ausgesprochen, hieß es die Forderung zu erfüllen, andernfalls drohten Konsequenzen. Die Arbeit mit der SED wurde zunehmend von einer Position der unbefragten Autorität geführt. Auch die SED hatte einen analogen Führungsstil gegenüber ihren Mitgliedern zu etablieren, um ein für alle Mal dem „unnötigen Liberalismus" ein Ende zu setzen. Diese Ideen scheinen sich hauptsächlich im Rahmen eines „Erfahrungsaustauschs" in den nachgeordneten Informationsabteilungen ausgebreitet zu haben, d.h. innerhalb jener regelmäßig einberufenen Sitzungen, die sowohl die Führung der Informationsabteilung des Landes als auch die Verwaltung der SMA Sachsen durchführten. Dass in den Berichten über die Parteischulen aus verschiedenen Kreisen zu bestimmten Zeiten immer wieder ein und dieselben Fragen behandelt wurden, lässt darauf schließen, dass die „Erfahrungen" der besten Informationsabteilungen bei derartigen Veranstaltungen stets unmittelbar weitergegeben wurden und dass alle Beteiligten offenbar dazu angehalten (wenn nicht gar beauftragt) wurden, sich diese Erfahrungen anzueignen. Auf der anderen Seite unterscheiden sich die sächsischen Berichte in ihrem Aufbau doch spürbar von denen aus Thüringen. Zwar finden sich überall die gleichen grundlegenden Inhalte (was wiederum bestätigt, dass den zentralen Anweisungen aus Karlshorst Gesetzeskraft zukam), in der konkreten Umsetzung jedoch duldete man durchaus individuelle Besonderheiten, wie z.B. in der Schnelligkeit, mit der Neuerungen weitergegeben wurden, oder in der Intensität von Kontrollen. So wurde die allgemeine Forderung an alle Parteischulen, Kreis- und Landesvorstände der SED, über die Absolventen der Parteischulen genauestens Buch zu führen und dabei für jeden Einzelnen festzuhalten, für welche Funktion innerhalb der Partei er künftig geeignet erscheine bzw., ob er bereits einen bestimmten Parteiauftrag im Anschluss an die Ausbildung erhalten habe, in Sachsen seit Februar 1948 in die Tat umgesetzt345. Bis zum Sommer war die Kartei im 343

344

345

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija podpolkovniku t. Kuz'minovu „O rabote partijnych skol SEPG v g. Lejpcige", ot 25.02.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii g. Lejpcig, podpolkovnika Siskova (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 122). Otcët Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii Voennoj Komendatury r-na Bautcen po kontrolju nad dejatel'nost'ju antifasistskich partij i organizacij za 1-j kvartal 1948g.", ot 25.03.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii majora Kovnera (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 77). Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija „O rabote 13.02.1948 g. ot nacal'nika otdelenija informacii voennoj komendatury Lebedeva (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 105).

partijnoj skoly SEPG", ot rajona Annaberg, majora

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

100

Wesentlichen aufgebaut. Damit wurde eines der wichtigsten Prinzipien einer Partei neuen Typus, die genaue Kenntnis der verfügbaren Kader und die Steuerung ihrer Karriere, realisiert. Die wenig später hinzukommende Forderung, für jeden Absolventen Beurteilungen zu erstellen, unterstützte diese Kaderarbeit. Dass die Informationsabteilungen auf diesen Punkt besonderen Wert legten, indem sie nicht nur die (häufig recht formalen) Einsatzempfehlungen für einen Parteischulabsolventen prüften, sondern immer drängender forderten dafür zu sorgen, die Absolventen für eine leitende Parteifunktion vorzuschlagen346, zeugt davon, dass sie die zentrale Bedeutung dieser Maßnahme erkannt hatten. Die Bemühungen der SMA und SED um eine Verbesserung der Einstellung von SED-Mitgliedern zur Parteischulbildung waren derart intensiv, dass z.B. der Leiter der Abteilung Militärkommandanturen des Kreises Freiberg, Oberstleutnant Kamusenko, in einem Bericht vermerkte, dass es nicht genügend Plätze an der Parteischule gebe, um alle Bewerber aufzunehmen347 (und das bei einer Auslastung der Parteischulen in Sachsen-Anhalt von durchschnittlich 80-90%!). Aber nicht nur dies war ein Grund für die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für eine Erweiterung der Schulen. Der Mitte 1947 einsetzende generelle Generationswechsel in der SMAD348 betraf auch einige Mitarbeiter von Informationsabteilungen. Die Neuankömmlinge betrachteten viele der Ende 1946/Anfang 1947 in aller Eile gefundenen Gebäude für die Parteischulen als schlichtweg ungeeignet die sich immer mehr verfestigende Lehre von Marx, Lenin und Stalin erfordere große und lichte Räume sowie passende Wohnheime für die Parteischüler349 (Dippoldiswalde, Hoyerswerda usw.), wobei unter dem Begriff „passend" in der Regel nicht das Ausmaß des gebotenen Wohnkomforts (sofern man von einem solchen 1948 überhaupt sprechen konnte) gemeint war, sondern vielmehr eine Lage, in der die Parteischüler von der Außenwelt weitgehend isoliert untergebracht werden konnten. -

Schließlich sollte Kollektivgeist nicht nur innerhalb der eigentlichen Lehrveranstaltungen, sondern auch in der Freizeit anerzogen werden. Da die Dauer der Ausbildung an den KPS in den Augen der SMA deutlich zu kurz war, versuchte man diesen Mangel durch erhöhte Intensität der

ideologischen Bearbeitung wenigstens halbwegs zu kompensieren. So ist es kein Zufall, dass alle Vorschläge von Informationsabteilungen der Kreise, die auf eine solche Erhöhung der Intensität ausgerichtet waren, uneingeschränkte Zustimmung der Landesleitung der SMA erfuhren. Beispielsweise enthält ein Bericht, in welchem die Rede von einer Initiative der Verwaltung des Militärkommandanten des Kreises Bautzen vom Sommer 1948 ist, Otcët Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii voennoj komendatury g. Chemnic za 1-j kvartal 1948g.", ot aprelja 1948g. (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 282). 347 Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O dejatel'nosti politiceskich partij i demokraticeskich organizacij rajona v tecenie pervogo kvartala 1948g.", ot 29.03.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii Voennoj komendatury rajona Frajberg, podpolkovnika Koleuscenko (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 231). 348 Vgl.: Foitzik, Sowjetische Militäradministration, S. 212. 349 Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija podpolkovniku t. Kuz'minovu „O sostojanii raboty rajonnoj partijnoj skoly v rajone Dippol'disval'de", ot 18.02.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii UVK rajona Dippol'disval'de, kapitana Rajkina (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 91). 346

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz den

Vorschlag,

Hörer der

Kreisparteischulen

nach dem Produktions- bzw. dem

101

Dienstprinzip

auszuwählen350 (also z.B. Lehrgänge für Bürgermeister oder vielleicht speziell für Dreher anzubieten), und er vermerkt, dass diese Initiative gerade mit dem Kreisvorstand der SED diskutiert werde, am Rand eine Bemerkung des Leiters der Informationsabteilung der SMA für das Land Sachsen: „Diese Initiative muss unterstützt werden."351 Hauptgedanke dabei war das Bestreben, nicht mehr zufällig zusammengewürfelte Personen ideologisch zu beeinflussen, sondern Vorteile daraus zu

schöpfen, dass die Hörer innerhalb einer Schulungsgruppe ähnliche Aufgaben zu be-

wältigen hätten, woraus auch übereinstimmende Interessen erwüchsen, auf die dann zielgerichtet werden könne. Dieser Gedanke erfasst worden.

eingewirkt

war von

der

übergeordneten Leitung

sofort

richtig

Bis zum Herbst 1948 bestand die Tätigkeit der SMA in den Ländern und Provinzen der SBZ vor allem in der forcierten Propaganda der Ideen des Marxismus-Leninismus sowohl durch sowjetische Offiziere als auch zunehmend durch die Verlagerung der Akzente innerhalb der regelmäßig gehaltenen Vorlesungen an Parteischulen, Vorträge vor Kreis- oder Landesvorständen der SED. Offiziell blieb das Lehrprogramm für die Parteischulen zwar über mehrere Kurse konstant, aber die Inhalte der Lehrveranstaltungen änderten sich dennoch zunehmend. Die Vorlesungen über die aktuelle politische Lage zeichneten sich immer mehr durch eine sehr einseitige Einschätzung der Vorgänge aus. Gleichzeitig verstärkte sich die Kontrolle über die Presse sowohl im Hinblick auf die innerhalb der SBZ erscheinenden Medien als auch im Hinblick auf das Angebot von nicht in der SBZ herausgegebenen Zeitungen und Zeitschriften an diversen Verkaufs ständen, bis schließlich nur noch ein einziger Standpunkt vertreten und verbreitet werden durfte die Position der SED und hinter ihr natürlich die der SMAD. Wurden in einzelnen Presseerzeugnissen dieser Position widersprechende Aussagen gefunden, so wurde diese Zeitung nicht nur unverzüglich aus dem Verkehr gezogen, sondern es wurde auch alles daran gesetzt um herauszufinden, wie viele Exemplare bereits verkauft worden waren und an wen.352 -

Neben der deutschen Polizei und den Mitarbeitern Inneres der SMA beschäftigte sich mit diesen Fragen auch die jeweilige Kreisinformationsabteilung. Das war kein Zufall, denn jede unabhängige Information behinderte die tägliche Arbeit in der Parteischulung derart, dass eigens zur Findung von Gegenargumenten zentrale Beratungen in der Verwaltung der SMA Sachsen oder gar in Karlshorst einberufen werden mussten. Deshalb sind in den Berichten und Rechenschaftslegungen von Mitarbeitern der Informationsabteilungen aus dem Jahr 1948 auch immer wieder Formulierungen anzutreffen wie „Unterstützung der SED-Stadtleitung" in dieser oder jener

Frage.353 350

351 352

353

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O dejatel'nosti partijnych i obscestvennych organizacij rajona vo vtorom kvartale 1948g. i o kontrole nad nimi so storony otdelenija informacii", ot 30.06.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii rajona Bautcen (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 226, Bl. 290). Ebd. Donesenie Nacal'niku otdela informacii USVA zemli Saskonija podpolkovniku t. Kuz'minovu ot nacal'nika otdelenija informacii UVK rajona Dippol'disval'de, kapitana Rajkina, ot 25.02.1948g. (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 126). Otcët Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii voennoj komendatury g. Chemnic za 1-j kvartal 1948g.", ot aprelja 1948g. (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 270).

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

102

Die Anzahl der (zumeist in mündlicher Form erteilten und daher nur anhand interner Berichte der SMA nachzuweisender) Empfehlungen geht, ähnlich wie 1947, in die Dutzende. Neben den regelmäßig wiederkehrenden wurden auch immer wieder neue Aufgaben und Forderungen an die Kreisleitungen der SED gestellt. Bestimmte Probleme bei der Entwicklung des Parteischulungssystems in der SBZ waren zwar von allgemeiner Gültigkeit, aber die Ratschläge und Wege zu ihrer Lösung waren regional unterschiedlich. Die nachfolgende unvollständige Aufzählung wurde unter größtmöglicher Beibehaltung der sprachlichen Besonderheiten jener Zeit zusam-

mengestellt:

wir haben der SED-Stadtleitung empfohlen, einen Dreimonatsplan für die Besetzung der Lehrgänge zu erarbeiten Registratur aller Hörer ist anzulegen Absolventenkontrolle und Beförderung der Absolventen in leitende Positionen sind zu ...

...

...

-

...

...

-

organisieren von mir wurde empfohlen, Fragen des Zustandes der ideologischen Erziehung offensiver auf Parteiversammlungen vorzubringen. Die beschlossenen Maßnahmen zur Einwirkung auf weniger bewusste Parteimitglieder sind allen zugänglich zu machen ...355 es waren mehrmalige Erinnerungen durch die Informationsabteilung erforderlich, ehe die SED-Kreisleitung von den Mitarbeitern des Landrates und der Stadtverwaltung forderte, Rechenschaft über ihre geleistete Arbeit abzulegen [die Nichterfüllung betrachtete die SMA als eine Missachtung der Bedeutung und Autorität der Partei A.H.] ...356 dank der Empfehlungen der Informationsabteilung hat der Kreisvorstand der SED an die Ortsgruppen die Anweisung versandt, den KPS die obligatorische Anzahl von Funktionären der einzelnen Kategorien mitzuteilen ...357 ungeachtet unserer mehrfachen Hinweise hat die SED-Kreisleitung Fragen des Parteischulwesens nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet auf unsere Anweisung hin wurde diese Frage detailliert erörtert und Maßnahmen ergriffen ...358 wir haben der SED-Kreisleitung empfohlen, von den Parteischulabsolventen Einschätzungen über die Tätigkeit der Schulen abzufordern ...359 ...

...

-

-

...

-

...

-

...

-

...

...

-

354 355 356

357

358

359

Ebd. Ebd.

Otcët Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii Voennoj Komendatury r-na Bautcen po kontrolju nad dejatel'nost'ju antifasistskich partij i organizacij za 1-j kvartal 1948g.", ot 25.03.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii majora Kovnera (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 77). Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija „O dejatel'nosti antifasistskich demokraticeskich partij i obscestvennych organizacij za janvar', fevral' i mart mesjacy 1948 g.", ot 26.03.1948 g. ot nacal'nika otdelenija informacii rajona Flea Sencova (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 31). Otcët Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija polkovniku t. Kuz'minovu „O rabote otdelenija informacii r-na Stol'berg za 1-j kvartal 1948g.", ot 24.03.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii UVK r-na Stol'berg (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 225, Bl. 13). Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija podpolkovniku t. Kuz'minovu „O rabote partijnoj skoly SEPG g. Grimma", ot 20.02.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii UVK rajona Grimma, majora Labud'ko (GARF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 124).

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

103

Die Liste der ausgesprochenen und in Berichten festgehaltenen Empfehlungen könnte lange fortgesetzt werden. Aus dem Aufgeführten wird jedoch bereits das Grundprinzip für die Gestaltung der örtlichen Parteischulbildung deutlich: Die in der Regel monatlich durchgeführten Kontrollen über die Vorlesungen sowie über den genauen Tagesablauf ermöglichten es, sich ein genaues Bild von den Vorgängen an den Parteischulen zu machen, indem man ihre Arbeit nicht nur durch Empfehlungen steuerte, sondern sich auch „unbequemer" Lehrkräfte oder gar der „an dieser wichtigen ideologischen Front" nicht genügend aktiven Parteifunktionäre entledigte.360 Das Jahr 1949 war in der Arbeit der Landes- und Provinz-Informationsabteilungen ein Jahr der relativen Ruhe ihrer „schöpferischen" Tätigkeit im Bereich des Parteischulwesens der SED.

Nachdem sie viel Kraft in die Erreichung der gemeinsamen Ziele (zusammen mit der SED) investiert hatten, d. h. in die Etablierung der führenden Rolle der Partei in der Gesellschaft und ihre innere Festigung, waren die Mitarbeiter der politischen Abteilungen der SMAD nunmehr vor allem bestrebt, die erreichten Erfolge zu stabilisieren. Die Zeit der Improvisation auf der unteren Ebene gehörte längst der Vergangenheit an. Der „demokratische Zentralismus" wurde im Parteileben immer konsequenter durchgesetzt: Sich selbst und andere unterordnen das waren die Prioritäten, die immer mehr geschätzt wurden. -

Die relative politische Stabilität im Hinblick auf die Parteiarbeit der SED (die praktische Seite der „Säuberungsaktionen" betraf die Informationsabteilungen schließlich nicht direkt) fand ihren Niederschlag auch im dienstlichen Schriftverkehr zwischen den Informationsabteilungen und den jeweils übergeordneten Einrichtungen sowie in ihren eigenen Aktivitäten innerhalb der ihnen „anvertrauten Kreise". Hatte es bis etwa Mitte 1948 regelmäßig alle 14 Tage Kontrollen in den Kreisparteischulen gegeben (in den Landesparteischulen etwas seltener) und wurden dazu mindestens monatliche Berichte angefertigt, so findet man für das Jahr 1949 nur noch Quartalsberichte. Auch der Umfang dieser Routine-Rechenschaftslegung wurde deutlich geringer. Das betraf z.B. insbesondere den bis dahin obligatorischen Punkt „Allgemeine Lage in der SED". Es scheint, als habe es damals keine Hindernisse mehr gegeben, „den Weg für die weitere rasche Entwicklung der SED zu einer marxistisch-leninistischen Kampfpartei"361 zu verwirklichen.

2.3.4 Die

Angleichung der Entwicklung des Parteischulwesens in der SBZ

Betrachtet man das nun beinahe identisch gewordene Vorgehen der Informationsabteilungen in den Ländern und Provinzen der SBZ sowohl in Bezug auf die SED als Ganzes als auch auf das Parteischulwesen im Besonderen, so gibt es keinen Grund mehr, die Entwicklungen innerhalb der SBZ wie bisher getrennt nach Ländern zu analysieren. Sogar die wenigen Unterschiede, die bis dahin in der Arbeit mit der SED zu verzeichnen waren und die weniger politischen als vielmehr praktischen Charakter trugen, waren mittlerweile fast vollständig verschwunden. Die Gleichförmigkeit der politisch-ideologischen Erziehung, der Stoffvermittlung an den Parteischulen usw. wurde zum Gesetz erhoben. Infolgedessen finden sich in den Berichten der SMA nun auch keine Passagen mehr, die darauf hinweisen, dass der Unterricht an den einzelnen Schu360

361

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SVA zemli Saskonija „O rabote rajonnoj partskoly SEPG r-na Majsen", ot 22.02.1948g. ot nacal'nika otdelenija informacii voennoj komendatury rajona Majsen, podpolkovnika Ustenko (GA RF, F. 7212, op. 1, Akte 238, Bl. 133). Müller, Hans, Die politisch-ideologische und organisatorische Entwicklung der SED, S. 271.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

104

len entsprechend den Vorgaben des ZV der SED durchgeführt, die Lehrpläne eingehalten würden usw. All das, worauf in den vorangegangenen Jahren mit Akribie geachtet worden war, verstand sich mittlerweile von selbst. Die Anzahl der Parteischulen in der SBZ war etwa auf dem gleichen stabilen Niveau geblieben, lediglich Betriebsparteischulen wurden immer noch neu gegründet. Sollte dennoch einmal in dem einen oder anderen Land eine Parteischule dazukommen (so z.B. die KPS in Annaberg in Sachsen im Mai 1949), so änderte sich dadurch am Gesamtbild im Grunde genommen gar nichts. Die Kontrollen wurden dennoch fortgeführt und in mancher Hinsicht sogar noch verschärft, da man sich in Anbetracht der erreichten Ergebnisse im Parteischulwesen nicht mehr an einer Vielzahl von Detailfragen aufreiben musste. Das betraf insbesondere die ideologischen Inhalte der Vorlesungen, speziell zum aktuellen Tagesgeschehen.

Ungeachtet der von der Führung der SED vorgeschriebenen allgemeinen Richtlinien zu aktuellen Fragen hielten es die Mitarbeiter der Propagandaabteilungen für ihre Pflicht, besonders an den KPS nicht nur persönlich vor den Hörern aufzutreten, sondern auch den Vorlesungsskripten der deutschen Lehrkräfte den letzten Schliff zu geben. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Erläuterung der „historischen Aufgaben des 11., 12. und 13. Plenums des ZV der SED", der „Partei neuen Typus" sowie der Umgestaltung des innerparteilichen Lebens durch Umsetzung der Beschlüsse der Parteikonferenz.362 Die Arbeit im Parteischulwesen beschränkte sich nicht nur auf die örtlichen Einrichtungen in der Provinz, sondern erfasste auch die Landesvorstände der SED. Es ging um die endgültige Verwirklichung der schon lange verkündeten Forderung, mit der immer noch anzutreffenden Passivität im Verhältnis zur Parteischulung bei den Genossen Schluss zu machen. Der Landesvorstand der SED Mecklenburg, Abteilung Parteischulung, fasste nach der I. Parteikonferenz und bis zum Juli 1949 sechs wichtige Beschlüsse zur Frage der Schulungsarbeit, von Politischen Bildungsabenden bis hin zur Landesparteischule. Das Personal der Abteilung (begonnen hatte man mit einem einzigen Mitarbeiter) wurde erheblich aufgestockt. Es hatte nunmehr folgende Sachgebiete zu betreuen: Zirkelarbeit, Politische Bildungsabende, KPS und Betriebsparteischulen, Schulung der Massenorganisationen.363

Die persönliche Verantwortlichkeit jedes Mitarbeiters für seinen Arbeitsbereich hat in der Tat zu einer wirksameren Kontrolle und zu konkreten Veränderungen nach den Vorgaben Berlins geführt. In gewisser Weise hatte sich auch die Arbeit der Informationsabteilungen der SMALänderverwaltungen vereinfacht. In den meisten Fragen musste man sich nicht erst mit dem Landesvorstand der SED treffen, um die eine oder andere Frage zu klären, jetzt waren häufigere Kontakte auf unterer Ebene möglich geworden. Je niedriger der Stellenwert einer Person in der SED-Hierarchie war, umso häufiger durfte sich die SMAD-Nomenklatura, die über Befugnisse zu Gesprächen mit den Deutschen verfügte, mit dieser Person treffen. 362

Dokladnaja zapiska Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii raboty partorganizacij SEPG zemli Saksonija-Anchal't" ot rukovoditelja brigady zamestitelja nacal'nika upravlenija informacii SVAG, podpolkovnika Zdorova, ot 17.6.1949g. (GARF, F. 7133, -

op. 1, Akte 281, Bl. 218-225). 363

Die

Durchführung der Beschlüsse der ersten Parteikonferenz der SED. Abteilung Parteischulung, August 1949 (Mecklenburgisches LHA Schwerin, BL Schwerin der SED, IV/L/2/9/456, Bl. 186).

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

105

Eine verstärkte Erläuterung des Postulats von der SED als der führenden Kraft beim Aufbau der Volkswirtschaft und bei der Entwicklung des gesamten gesellschaftspolitischen Lebens der SBZ kann in gewisser Weise als Wesensmerkmal jener Zeit betrachtet werden. Diese Erläuterungen orientierten sich häufig an dem Beispiel der Sowjetunion, denn schließlich hatte die SED ihre Unterwerfung unter den Führungsanspruch der KPdSU im Januar 1949 sogar statutarisch fest-

geschrieben.364

Die Existenz weiterer Parteien in der SBZ (im Unterschied zum Einparteiensystem der UdSSR) nahm man kaum noch ernsthaft wahr. Diese politischen Ambitionen der SED sollten nunmehr zur „inneren Überzeugung" und zur „Herzenssache jedes Parteimitglieds" werden. Das erforderte nicht nur zusätzliche Anstrengungen, sondern auch einen Mehraufwand an Zeit für die Festigung der vermittelten habituellen Praktiken. Die Anzahl der durch das Parteischulsystem geschleusten Genossen entsprach nicht der Qualität des dabei vermittelten Wissens. Der SMA war klar, dass die Landesparteischulen noch einen weiten Weg bis zu einer echten Kaderschmiede vor sich hatten. Besonders besorgniserregend war die Situation an den Kreisparteischulen. Innerhalb der zweiwöchigen Lehrgänge war es unmöglich, den Hörern Ziele und Aufgaben der Partei auch nur annähernd nahe zu bringen, geschweige denn die Lehrgangsteilnehmer zu parteitreuen Genossen „umzuschmieden". Deshalb forderte man eine Verlängerung der Ausbildungsdauer auf wenigstens einen Monat. Im Februar/März 1949 wurden derartige „Wünsche" bereits nicht mehr nur von den Informationsabteilungen auf Kreisebene geäußert, sondern fanden immer häufiger ihren Niederschlag in den Berichten der Landesabteilungen an Tjul'panov.365

Aber auch der Übergang zu Monatslehrgängen im April 1949 sollte sich lediglich als eine Zwischenstufe auf dem Weg zur Realisierung der Forderungen der SMA erweisen, denn die bald darauf einsetzenden Vorbereitungen für die Gründung eines eigenständigen Staates auf dem Territorium der SBZ führten zu einer nochmaligen Revision des Vorgehens und der Tiefe der ideologischen Erziehung von Parteikadern.

Eine im Juli 1949 der SED-Führung übergebene Analyse der Situation in der SED, die im Ergebnis der planmäßigen Überprüfungen der SED-Organisationen der Länder und Provinzen entstanden war, wies nicht nur unmissverständlich auf die Schwächen der SED in der ideologischen Arbeit hin. Es hieß, dass manche Parteifunktionäre die Organisationsgrundsätze der Partei neuen Typus nicht verstehen und dass sie sich von den Grundsätzen der reformistischen, parlamentarischen Parteien immer noch nicht befreit haben"366. „...

Bereits im Sommer, als gerade einmal fünf Monatslehrgänge an den Kreisparteischulen gelaufen waren, wurde die Ausbildungsdauer auf nunmehr sechs Wochen verlängert. Die 93-prozentige Auslastung der sächsischen Kreisparteischulen nach der Umstellung auf die 6-Wochen-Lehrgänge betrachtete die SMA als ihren Erfolg, und das umso mehr, als noch 1948 bei einem Fassungs-

364 365

Foitzik, Zum Verhältnis zwischen SED und Besatzungsmacht, S. 55.

Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli Tjuringija podpolkovnika Makarusina, ot 17.01.1949g. (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 168, Bl. 65). 366 Malycha, Partei von Stalins Gnaden, S. 115.

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

106

vermögen

von

33051 Plätzen

nur

19033 Genossen durch die sächsischen

gegangen waren.367

Kreisparteischulen

Die Erhöhung der Ausbildungszeiten an den Kreis- und Landesparteischulen (an letzteren im Januar 1949 auf vier Monate, im Mai dann auf fünf Monate) wurde nicht nur von deutscher Seite mit zwiespältigen Gefühlen aufgenommen: Einerseits war man froh über die Intensivierung der „ideologischen Bearbeitung", andererseits sah man aber auch, dass diese Verstärkung mit einer Verringerung der Gesamtzahl der Personen, die eine derartige „Bearbeitung" erfuhren, einherging. Der Ausweg aus diesem Dilemma lag auf der Hand: Es mussten entweder zusätzliche Schulen eröffnet oder aber die Kapazitäten der vorhandenen gesteigert werden.368

Sogar ohne Berücksichtigung der Verlängerung der Ausbildungsdauer ließ das Tempo der Einbeziehung aller Parteimitglieder in die Parteischulung, speziell in die Ausbildung an Parteischulen, noch deutlich zu wünschen übrig. So hatten 1948 in Thüringen lediglich 10980 Genossen eine Kreisparteischule absolviert, in Mecklenburg 10248, in Sachsen 19033 und das bei einer Gesamtzahl von Parteimitgliedern der SED von annähernd 1,8 Millionen. Die Parteischulabende, die dazu berufen waren, alle Genossen in das Schulungssystem einzubinden, sowie die „Marxistischen Zirkel" (so genannt in den Berichten der SMA) wurden in der ideologischen Arbeit nicht sonderlich ernst genommen. Man verstand sie hauptsächlich als eine Art „Vermittler" für die Weitergabe von Grundlagen der aktuellen Politik in der SBZ. Nur die Internatsparteischulen galten von Beginn an nicht ohne Grund als diejenigen Einrichtungen, die wirklich eine ideologische Basis zu legen und Persönlichkeiten (besonders unter der Jugend) nach den Idealen der SED zu -

formen vermochten. Die generelle ideologische Ausrichtung der Arbeit der SMA zeigt sich leure der SMA besonderen Wert auf folgende Themen legten: -

-

Die

u.a.

darin, dass Kontrol-

Partei neuen Typus Zur Lage in der Kommunistischen Partei Jugoslawiens Was lehren uns die Erfahrungen der KPdSU(b)

Zweijahresplan usw. Aktualisierung dieser Themen erfolgte

SMA.369

stets unter

der unmittelbaren

Mitwirkung

der

Im Juni 1949 fand in der gesamten SBZ eine Überprüfung der Parteiorganisationen der SED durch die Organe der SMAD statt, die gleichermaßen auch die Arbeit der örtlichen SMA-Organe 367

368

369

Parteischulung. Betr. Parteischulen im Land Sachsen, 3. April 1950 (HSAD, SED-Landesleitung Sachsen, A/317, Bl. 120); siehe auch Kluttig, Parteischulung und Kaderauslese, S. 159. Kluttig bezifAbt.

fert auf der Basis deutscher Statistiken allerdings die Anzahl der KPS-Absolventen in Sachsen mit 21 831. Dieser Unterschied, der prinzipiell nur wenig ins Gewicht fällt, zeigt, dass die örtlichen SEDFührungen hier und da ihre eigenen Fehler vertuschen wollten, indem sie überhöhte Angaben zum Besuch der Schulen machten (die Zahl 19033 stammt aus einem Bericht an die SKK Sachsen). Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli Tjuringija podpolkovnika Makarusina, ot 17.01.1949g. (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 168, Bl. 64). Donesenie Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii partijnoj ucëby SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii Upravlenija SVA zemli Tjuringija podpolkovnika Makarusina, ot 17.01.1949g. (GARF, F. 7184, op. 1, Akte 168, Bl. 69).

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

107

einschätzte. Kriterium für die Bewertung der Tätigkeit der sowjetischen Informationsverantwortlichen war hauptsächlich der Erfolg bei der Umsetzung der Beschlüsse der Ersten Parteikonferenz. Aus diesen Dokumenten erhalten wir immer wieder die Bestätigung, wer wirklich am Steuer der sich verändernden Politik der SED stand. Sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in den anderen Ländern und Provinzen beginnen die Tätigkeitsberichte stets auf ein und dieselbe Art und Weise mit ähnlichen Informationen Informationen, die offenbar in Moskau erwartet wurden: „Die Landesparteiorganisation entwickelt sich in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Ersten Parteikonferenz." 37° -

So wurde indirekt deutlich, dass im Vorfeld einer Staatsgründung auf dem Territorium der SBZ eine grundlegende Aufgabe zu lösen war: die SED auf schnellstem Weg und ohne Abstriche in eine funktionierende „Partei neuen Typus" zu verwandeln. Der Wille Moskaus, die SED in diese Richtung zu führen, war derart stark, dass man auf die sonst üblichen Vorsichtsmaßnahmen verzichtete. Anweisungen an die SED wurden nunmehr auch in schriftlicher Form, d.h. für alle nachvollziehbar, gegeben.371 Diese unterschieden sich inhaltlich nur wenig von den „Nur für den internen Dienstgebrauch" bestimmten Berichten und waren für den eingeweihten Kreis der SEDFunktionäre mit Sicherheit nicht neu. Dennoch spielten allein ihr Auftauchen und der Umstand, dass sie nunmehr einer breiteren Schicht von Funktionären zugänglich gemacht wurden, eine erhebliche Rolle für die Zukunft. Auf diese Weise erfuhren sie, wie die „Freunde" ihre Entwicklung sehen wollten. Mit der Verbreitung dieser Anweisungen ging auch die Forderung einher, gegen jegliche Störungen oder Abweichungen mit aller Strenge vorzugehen. Nunmehr reichte es nicht mehr aus, für die Parteischulen Lehrpläne zu erarbeiten, zu bestätigen, Rundschreiben an die Länder zu versenden, in denen Material zu einzelnen Lehrbereichen verbreitet wurde. Unter den neuen Bedingungen wollten die „sowjetischen Lehrer" mehr: Es war an der Zeit, über eine generelle Neugestaltung detaillierter Lehrprogramme und die Herausgabe „geeigneter Unterrichtsmaterialien nachzudenken" 372. Immer häufiger findet sich diese Forderung in den Berichten der SMA. Der „Kurze Lehrgang" wurde dafür als „glänzendes Anschau-

ungsmaterial" empfohlen.

370

Dokladnaja zapiska Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii raboty partorganizacij SEPG zemli Saksonija-Anchal't" ot rukovoditelja brigady zamestitelja nacal'nika upravlenija informacii SVAG, podpolkovnika Zdorova, ot 17.6.1949g. (GARF, F. 7133, op. 1, Akte 281, Bl. 218). Die Führung durch Moskau wird u.a. dadurch belegt, dass die Parteiorganisationen der SED in groß angelegten Aktionen und unter bestimmter Themenvorgabe regelmäßig von SMA-Brigaden kontrolliert wurden, an deren Spitze Oberstleutnant V. Zdorov, der Stellvertretende Leiter der Verwaltung der SMAD, stand. Im Ergebnis solcher Kontrollen erhielten die Führungsorgane der SED-Organisationen jeweils detaillierte Empfehlungen (Anweisungen), wie sie ihre Arbeit verbessern bzw. verändern sollten. Die Rechenschaftsberichte der SED-Organisationen waren meist bis zu 30 Seiten lang und beinhalteten umfangreiche Interna der Partei. Otto, Widersprach und Widerstand in der SED, S. 132. Dokladnaja zapiska Nacal'niku Upravlenija informacii SVAG polkovniku t. Tjul'panovu „O sostojanii raboty partorganizacij SEPG zemli Saksonija-Anchal't" ot rukovoditelja brigady zamestitelja nacal'nika upravlenija informacii SVAG, podpolkovnika Zdorova, ot 17.6.1949g. (GARF, F. 7133, -

371 372

-

op. 1, Akte 281, Bl.

239).

Verzicht auf nationale Wege zum Sozialismus

108

Im Sommer 1949 verbreitete sich in der SMA eine Parole, die bereits 1948 hier und da von den radikalsten Verfechtern eiserner Maßnahmen angesprochen worden war: Es sei an der Zeit, die Mitgliedschaft in der Partei ein für alle Mal von der Einstellung zur Parteischulung abhängig zu machen. Es könne nicht angehen, dass ein Genosse nicht bereit sei, an Parteischulungsmaßnahmen teilzunehmen.373 Zwar betraf das in erster Linie die Massenveranstaltungen im Rahmen des Parteilehrjahres, berührte aber auch alle anderen Formen der Parteischulung. Einschränkend sollte hier allerdings vermerkt sein, dass sich die Einstellung zum Besuch von Parteischulen, besonders wenn die Möglichkeit bestand (oder aber zielgerichtet gefördert wurde), eine Parteischule der nächst höheren Ebene zu besuchen, bereits deutlich geändert hatte.

Ein immer intensiverer Einsatz der Absolventen von Parteischulen in der Parteiarbeit führte zu einem sukzessiven Wandel im Bewusstsein der Hörer dahingehend, dass die Parteischule als notwendiger Schritt auf der Karriereleiter angesehen wurde und nicht nur als wichtig für die persönliche Entwicklung innerhalb von Parteiorganen.

Die Abschaffung der Parität (der Doppelbesetzung von Funktionen in der SED durch ehemalige Kommunisten und Sozialdemokraten), die schon lange von der SMAD gefordert worden war und auf der Ersten Parteikonferenz endlich beschlossen wurde, drängte junge Leute, über die Parteischulen Karriere zu machen, „denn jetzt hatten sie noch mehr Möglichkeiten, Führungspositionen einzunehmen"374, wurde Semënov und der Führung in Moskau mitgeteilt. In sämtlichen Ländern und Provinzen der SBZ führte man Konferenzen mit den Absolventen von Parteischulen durch. Neben der Vermittlung weiterer ideologischer Grundsätze sollten sie vor allem dazu dienen, in den Absolventen das Bewusstsein zu stärken, einer besonderen Kaste anzugehören. Das führte dazu, dass sich Absolventen von Parteischulen in der Folgezeit immer stärker gegenseitig bei ihrem Weg nach oben unterstützten. Der viel gelobte „Kampf um die Reinheit der Partei" wandelte sich immer mehr in ein Ringen um die Karriere. Zwangsläufig ging damit ein Verdrängen der alten Kader einher, die sich noch einen kritischen Blick bewahrt hatten. Das Ganze erinnerte stark an die Ereignisse im Russland der 30er Jahre.

Die zunehmende Gründlichkeit, Tiefe und Konsequenz der Informationsorgane der SMAD zeigdarin, dass sich Grotewohl auf dem 20. Plenum des ZV der SED in seinem Bericht weniger auf die Angaben aus den eigenen Abteilungen als vielmehr auf Tatsachenmaterial stützte, welches ihm von den Informationsorganen der SMAD nach ihren „Überprüfungen einer Reihe von SED-Organisationen" zur Verfügung gestellt worden war.375 te sich auch

Der Führung der SMAD wurde klar, dass die SED immer noch ihrer Empfehlungen, Anweisungen, ja sogar eines gewissen Drucks auf Parteien und gesellschaftliche Organisationen in der SBZ bedurfte. So entstanden die nächsten Arbeitspläne der Informationsabteilung der SMAD. Sogar noch im September 1949, wenige Wochen vor der Gründung der DDR, spiegelte der vom Stellvertretenden Obersten Chef der SMAD für politische Fragen, Generalleutnant Russkich, 373 374

375

Ebd., Bl. 239-240.

Informacionnaja svodka Politsovetniku Semënovu ot Nacal'nika Upravlenija Informacii SVAG, polkovnika t. Tjul'panova za 4.2.1949g. „O nastroenijach funkcionerov, clenov SEPG i naselenija Sovetskoj zony okkupacii v svjazi s 1-j Konferenciej SEPG (AVP RF, F. 457, op. 7, Akte 7, Mappe 38, Bl. 7). Informacionnaja zapiska Politsovetniku Semënovu ot Nacal'nika Upravlenija Informacii SVAG, general-majora t. Tjul'panova o 20-m plenume CP SEPG (AVP RF, F. 457, op. 7, Akte 7, Mappe 38, Bl.

115).

Umsetzung der ideologischen Anforderungen in der Provinz

109

bestätigte Arbeitsplan diese Orientierung wider. Sowohl die Gliederung des Planes als auch die Formulierungen zeugen davon, dass die SMAD beabsichtigte, unvermindert auf das gesellschaftspolitische Leben der Zone einzuwirken, sich weiterhin (als „Berater"!) in die inneren Angelegenheiten der SED einzumischen. Sogar der Leiter der Unterabteilung VPK des ZK der KPdSU(b), E. Borisoglebskij, betrachtete dies unter Berufung auf die Meinungen seiner Mitarbeiter als übertrieben. In einem Schreiben an den Stellvertretenden Vorsitzenden der Außenpolitischen Kommission des ZK der KPdSU(b), einzelnen

Smirnov, wies er darauf hin, dass der neue Plan eine Reihe von Maßnahmen beinhalte, die von einer offenen Einmischung der Informationsabteilung in die Angelegenheiten von politischen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen zeugten.376 Das betraf insbesondere die die SED angehenden Punkte 5 und 6 sowie eine Reihe von Maßnahmen in dem den politischen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen gewidmeten Abschnitt des Plans. Alle Maßnahmen in diesem Abschnitt begannen mit den Worten „Dem ZV der SED ist zu empfehlen", „Hilfe zu leisten" usw.

Sogar die Kontrolle über die Erfüllung der Beschlüsse des 20. Plenums der SED „Über die Verbesserung der organisatorischen Arbeit der Partei, die Vorbereitung und Durchführung der Rechenschaftslegung und der Wahlen in den SED-Grundorganisationen" betrachtete die SMAD als ihre ureigenste Angelegenheit. Deshalb beschloss sie, ihre Mitarbeiter in die Länder und Provinzen zu delegieren, um vor Ort Informationen einzuholen, auf deren Grundlage dann entsprechende Empfehlungen an den ZV der SED gegeben werden könnten.377 Was die CDU und die LDP anbelangte, so bestand die Arbeit mit diesen Parteien vorrangig darin zu gewährleisten, dass dort sämtliche Beschlüsse angenommen würden, die im Vorfeld von der SMAD erarbeitet und von der SED veröffentlicht worden waren. Dies betraf insbesondere die Idee von einer Nationalen Front und einer gemeinsamen Blockplattform der Parteien.378 Im Septemberplan durfte auch das Parteischulwesen der SED nicht unberücksichtigt bleiben. Der Plan widmete diesem Gebiet einen gesonderten Abschnitt und legte fest, dass die Parteiabteilung mit unverminderter Kraft zu arbeiten und sich dabei auf die Vorbereitung des neuen Studienjahres zu konzentrieren habe. Moskau bestand darauf, dass in Bezug auf Kontrolle und Unterstützung mehr Takt an den Tag gelegt werden müsse.379 Schließlich gelte es, die Eigenliebe der politischen Funktionäre gebührend zu bedienen.

Ob der Plan in seiner ursprünglichen Variante vom ZK der KPdSU(b) bestätigt wurde (mir liegt lediglich der Entwurf vor) oder ob es nachträgliche Veränderungen gegeben hat, sollte für die damalige Zeit keine allzu große Rolle spielen. Die historische Epoche der Entwicklung der SBZ als Besatzungszone ging ihrem Ende zu, ebenso wie die Existenz der SMAD. Auf den Plan trat eine neue Ära, die Ära der Wechselbeziehungen zwischen der SKK und der Regierung der DDR. 376

377 378 379

Informacionnaja zapiska Zav. podotdelom VKP CK VKP(b) E. Borisoglebskogo Zamestitelju predsedatelja Vnesnepoliticeskoj Komissii CK VKP(b), t. Smirnovu A.A. o plane raboty Upravlenija Informacii SVAG na sentjabr' 1949g. (RGASPI, F. 17, op. 137, Akte 90, Bl. 50). Plan raboty Upravlenija Informacii SVAG na sentjabr' 1949 g. (Ebd., Bl. 40). Ebd., Bl. 41.

Informacionnaja zapiska Zav. podotdelom VKP CK VKP(b) E. Borisoglebskogo Zamestitelju predsedatelja Vnesnepoliticeskoj Komissii CK VKP(b), t. Smirnovu A.A. o plane raboty Upravlenija Informacii SVAG na sentjabr' 1949g. (RGASPI, F. 17, op. 137, Akte 90, Bl. 50).

3

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem (1950-1951)

3.1

Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit in der SBZ

Auf die Höhepunkte des Kalten Krieges im Jahre 1950 reagierte die UdSSR nicht nur mit einem noch engeren Zusammenschluss des „antikapitalistischen Blocks", sondern setzte auch eine neue Welle von Repressalien gegen die Bürger des eigenen Landes in Gang. Die im Mai 1947 abgeschaffte Todesstrafe wurde im Januar 1950 wieder eingeführt. Der Mythos von der „kapitalistischen Umklammerung" und „militärischen Bedrohung" erreichte seinen Höhepunkt. Die Spionagemanie wurde zu einer geradezu chronischen Krankheit der Gesellschaft.380 Die permanenten Aufrufe der Partei zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber „imperialistischen Agenten" hinterließen eine deutliche Spur im gesellschaftlichen Bewusstsein.381 Das Jahr 1950 war u.a. gekennzeichnet durch die Schaffung der 12. Verwaltung des Innenministeriums der UdSSR, eingerichtet als Sonderabteilung innerhalb der 2. Hauptverwaltung (Aufklärung) auf der Grundlage der Verordnung des Politbüros des ZK der KPdSU(b) vom 9. September 1950. Damit war das Ziel der „Erfüllung von Sonderaufgaben innerhalb der UdSSR zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit einzelner Personen mit besonderen Mitteln"382 verbunden. Seit 1953 erweiterten sich die Befugnisse dieser Verwaltung und umfassten nun auch die Durchführung von Diversionsakten an wichtigen militärstrategischen Objekten und Kommunikationsanlagen auf dem Territorium von Ländern, wie z.B. den USA und Großbritannien, die als Aggressoren betrachtet wurden.383

380

381 382 383

In gewisser Weise war auch die Verordnung der Regierung der UdSSR vom 15. Februar 1947, die Ehen zwischen UdSSR-Bürgern und ausländischen Staatsangehörigen verbot und sich in erster Linie gegen die große Zahl von sowjetischen Bürgern richtete, die sich durch die Befreiungsmission der Roten Armee nunmehr im Ausland befanden, ein Ergebnis dieser Politik. Nachdem die Haltlosigkeit des Mythos von den Vorzügen der sowjetischen Gesellschaft de facto offenkundig geworden war, verbreitete sich unter der sowjetischen Bevölkerung immer mehr die Meinung, dass es nicht mehr so weitergehen könne wie bisher, dass ihnen ein „Recht auf größere persönliche Freiheit" zustehe. Ivanova, Poslevoennye repressii i GULAG, S. 260. Lel'cuk/Pivovar, Mentalitet sovetskogo obscestva, S. 69. Ebd.

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

112

Der Kampf gegen den so genannten Kosmopolitismus384, gegen die „Unterwürfigkeit vor allem Ausländischen" war neben der Intensivierung der Parteischulung und der ideologischen „Bearbeitung" der gesamten Gesellschaft eine Folge vor allem innerer Faktoren. Der Stalin-Übersetzer Valentin Berezkov charakterisierte die Situation sehr treffend damit, dass der Führer aller Werktätigen der Welt sich immer mehr vom Gespenst der Dekabristen verfolgt sah.385

Personalbögen, die damals in der UdSSR allenthalben ausgefüllt werden mussten, wurden um einen zusätzlichen Punkt erweitert: „Haben Sie sich jemals im okkupierten Gebiet aufgehalten?" Die positive Beantwortung dieser Frage bedeutete oftmals, dass sich für den betroffenen Menschen alle Zukunftspläne zerschlugen. Es folgten zermürbende Verhöre, wann und warum man dort gewesen sei, die häufig mit der Verhaftung endeten oder zumindest zur Folge hatten, dass der Betreffende permanent beobachtet und verfolgt wurde. Hier drängen sich unweigerlich Parallelen zur DDR (besonders im Jahre 1951 ) auf, wo ein Aufenthalt in Kriegsgefangenschaft in einem „kapitalistischen Land" ähnlich betrachtet wurde. Es kam in der Folgezeit noch zu einer weiteren Säuberungsaktion von Bibliotheken und Museen der UdSSR mit dem Ziel, alles zu beschlagnahmen, was in irgendeiner Weise an „Volksfeinde" erinnern könnte. Fand man auf Gruppenfotos die Abbildungen des einen oder anderen „Volksfeindes", so sollten diese unverzüglich an die „zuständigen Archiveinrichtungen" übergeben werden. Als Hauptgrund für dieses Vorgehen gab man recht offenherzig an, dass es sich um eine politische Aktion handle oder dass damit lediglich Staatsgeheimnisse geschützt würden.386 Zu Recht schrieb Avtorchanov387, dass im Land eine psychologische Atmosphäre nach dem Vorbild der 30er Jahre angeheizt worden sei, die der Vorbereitung einer neuen großen Säuberungsaktion sowohl in der Partei als auch im Staat dienen sollte. Der endgültig zum Hauptideologen aufgestiegene Suslov arbeitete nunmehr erfolgreich an zwei Fronten in den kommunistischen und Arbeiterparteien der volksdemokratischen Länder und in der UdSSR selbst. Eine allgemeine Führung, gemeinsame Ziele, ein gemeinsamer „Lehrer" und schließlich gemeinsame Methoden und Organisationsstrukturen der Parteien bestimmten den einheitlich vorgezeichneten Entwick-

lungsweg. Die Verschärfung des politischen Kurses in den Ländern des Ostblocks wurde durch die antikommunistischen Kampagnen in den USA seit 1949/1950 indirekt unterstützt. Entspann sich doch dort „eine regelrechte Hexenjagd auf diejenigen Politiker, Künstler und Wissenschaftler..., 384

ideologischen Attacken auf den „bürgerlichen Kosmopolitismus als Waffe der amerikanischen Expansion" (so wörtlich im Original) wurden nicht nur im Bereich von Literatur und Kunst entfacht. Sogar in den Hochburgen der Entwicklung und Verbreitung der Ideologie von Lenin und Stalin, der Akademie für Gesellschaftswissenschaften und der Parteihochschule beim ZK der KPdSU (b), wurde eine vaterlandsfeindliche Verschwörung „aufgedeckt". Akademiemitglied 1.1. Mine und die Professoren L. I. Zubok und IS. Zvavic mussten als Drahtzieher dieser Verschwörung aus ihren Ämtern scheiden. Vgl.: Afanas'ev, Sovetskoe obscestvo, Bd. 2, S. 140.

385

Im Jahre 1814 kamen Tausende rassischer Soldaten und Offiziere bis nach Paris und konnten die Lebensbedingungen in Europa mit denen im von Leibeigenschaft geknechteten Russland vergleichen, was schließlich 1825 zum Aufstand führte. Vgl. Naimark, Moskaus Suche nach Sicherheit, S. 39-50. Prikaz Upolnomocennogo Soveta Ministrov SSSR po ochrane voennych i gosudarstvennych tajn v pecati. Ob iz"jatii iz muzejnych fondov materialov vragov naroda. [nojabr'] 1950g. In: Gorjaeva (Hg.), Istorija sovetskoj politiceskoj cenzury, S. 523-524. Avtorchanov, Technologija vlasti, S. 116.

386

387

Die

Auswirkungen der internationalen Lage die dem Idealbild des orthodoxen Antikommunisten nicht hundertprozentig und bestimmte damit auf ihre Weise die Atmosphäre in der Gesellschaft.

113

entsprachen"388,

Der McCarthyismus schraubte die Spirale der gegenseitigen ideologischen Angriffe auf neue Höhen. Immer häufiger fiel der Begriff einer Faschisierung.389 Dieser Begriff wurde nicht nur in der politischen Propaganda verwendet, sondern zunehmend auch in offiziellen Partei- und Staatsdokumenten. Der erste Abschnitt eines Berichts der Botschaft der UdSSR in den USA an die Außenpolitische Kommission des ZK der KPdSU(b) war überschrieben mit dem Titel „Die Faschisierung der USA"390. Ein von Suslov persönlich bestätigter und somit freigegebener Vorlesungszyklus für führende Parteifunktonäre, in welchem die Politik der USA in der oben beschriebenen Weise dargestellt war, trug die Idee von den „faschistischen Vereinigten Staaten" in breite Kreise der Gesellschaft. Die Ausweitung der antikommunistischen Kampagne in den USA war auch insofern „hilfreich", als sie eine der Grundweisheiten der Parteiführung der KPdSU weiter untermauerte: „Wenn der Gegner die Zügel anzieht, dann heißt das, dass wir auf dem richtigen Weg sind." So verstärkte sich die Arbeit mit den ausländischen kommunistischen Parteien weiter. Die Methoden dieser Arbeit verfeinerten sich zusehends. Wilhelm Pieck notierte in seinem jetzt bekannt gewordenen Notizbuch nach einem Treffen mit Semënov am 14. Februar 1950: „Wir gehen zum Sozialismus, aber im Zick-Zack, und wir sprechen nicht davon."391 Der Wille der UdSSR, die DDR in die Blockdisziplin einzubinden, zeigte sich in einer Studie des Außenministeriums vom 31. März 1950 mit dem Titel „Die Remilitarisierung Westdeutschlands". Darin kamen die Analytiker des Außenministeriums zu dem zentralen Schluss, dass die Westmächte offen den Weg einer Remilitarisierung der westlichen Besatzungszonen beschritten hätten und sich auf einen neuerlichen Krieg vorbereiteten.392 Die Annahme des Schuman-Planes im Mai 1950 bestätigte nur ein weiteres Mal die Einschätzung der aktuellen Lage in Europa und der Rolle der USA.

groß angelegte Kampagne, in der sich die Sowjetunion als Hüter des Friedens und als Vorkämpfer für die Einheit Deutschlands darstellte, zeitigte immerhin einige Erfolge in breiten Kreisen der deutschen Öffentlichkeit. Sie diente nicht nur einer inneren Konsolidierung der Partei, sondern bereitete auch den Boden für deren weitere Veränderung. Sie bot die Grundlage für die weitere öffentliche Argumentation der friedenstragenden Rolle der UdSSR und ihrer „ruhmreichen Armee", deren Erfolge, so hieß es, in erster Linie auf dem Marxismus-Leninismus als Weltanschauung jedes einzelnen Menschen und als Staatspolitik basierten.393 Die Menschen in der DDR könnten sich glücklich schätzen, einen so starken „Bruder" an ihrer Seite zu haben, eine so „gerechte" Armee und eine Ideologie, die sie, allen Schwierigkeiten zum Trotz, stets voranbringen und gegen Feinde schützen werde. Die

388 389 390 391 392 393

Loth, Die Teilung der Welt, S. 273.

Egorova, NATO i evropejskaja bezopasnost', S. 293. Lel'cuk/Pivovar, Mentalitet sovetskogo obscestva, S. 68. Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 168. Egorova, NATO i evropejskaja bezopasnost', S. 306. Vgl. Schreiben des Sekretariats der SED-Landesleitung Sachsen an die Sowjetische Kontrollkommission, z.Hd. General Dubrowskij, vom 23. 2.1950 mit Glückwünschen zum 32. Geburtstag der Sowjetarmee (HSAD, SED-LL Sachsen, A-317. Bl. 110).

114

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

Auch wenn solche Äußerungen heute eher paradox anmuten, so trugen sie doch in der besonderen historischen Situation der Nachkriegszeit zu einem langsamen aber stetigen Wandel der Gesinnung vieler Menschen in der DDR bei. war ein erfolgreiches Jahr"394, hieß es im Leitartikel der in deutscher Sprache erscheinenden sowjetischen Wochenschrift „Neue Zeit". Der Hauptgedanke, den die Sowjetunion bereits seit geraumer Zeit die Europäer glauben machen wollte, wurde besonders hervorgehoben: „Die Gefahr eines neuen Weltkrieges, den die amerikanisch-englischen Imperialisten vorbereiten, hat sich weiter verschärft."395

„Das Jahr 1951, das jetzt in die Geschichte eingeht,

Diese Überzeugung war nicht neu, ebenso wenig neu war die Behauptung, der im April 1949 unterzeichnete Nordatlantikpakt sei eindeutig aggressiv ausgerichtet. Im Jahre 1951 erreichte der ideologische Kampf der UdSSR auf internationalem Parkett neue Ausmaße. Mit den Ergebnissen des Internationalen Weltkongresses der Friedenskräfte (der erste hatte vom 20.-25. April 1949 stattgefunden) war die Sowjetunion nicht mehr zufrieden, obwohl die Arbeit dieses Kongresses im Wesentlichen darauf ausgerichtet war, die aggressive Politik der USA und ihrer Verbündeten zu entlarven. Daher wurde im November 1950 beschlossen, einen Weltfriedensrat zu gründen. Büro und Sekretariat des Weltfriedensrates sollten nach den Vorstellungen der Sowjetunion dazu beitragen, die Propagierung der sowjetischen Friedensinitiativen entscheidend voranzutreiben. Im Mittelpunkt stand die Kampagne zum Abschluss eines Friedenspaktes zwischen den USA, Großbritannien, Frankreich, der UdSSR und China sowie die deutsche Frage hier insbesondere die Problematik der fortscheitenden wirtschaftlichen und militärischen Integration Westdeutschlands in das westliche Staatenbündnis. Das zentrale Argument, die militärische und industrielle Aufrüstung Deutschlands stelle die größte Gefahr für einen neuen Weltkrieg dar, wurde ständig wiederholt. Dabei waren ausfallende Formulierungen beinahe die Regel. -

Das „friedliche Vordringen der UdSSR", wie es damals hieß, wurde jedoch gleichzeitig an zwei Fronten betrieben, und zwar nicht nur gegen die USA und ihre Verbündeten, sondern auch gegen die UNO: Da die UdSSR in der UNO wenig Erfolg hatte, machte sie schließlich auch die UNO für die Entfesselung eines neuen Weltkrieges verantwortlich. Die UNO sei in Wirklichkeit eine Organisation für die Amerikaner, nicht für die Völker der Welt.396 Damit wurden die „breiten Volksmassen" im Gegensatz zu den korrupten Regierungen zum zentralen Objekt der Politik der UdSSR. Unmittelbar nach der Vorkonferenz der stellvertretenden Außenminister der UdSSR, der USA, Frankreichs und Großbritanniens am 5. März in Paris tagte vom 23. bis 25. März in Berlin die Europäische Arbeiterkonferenz gegen die Remilitarisierung Deutschlands. Im Mai (in Kopenhagen) und im Juli (in Helsinki) fanden Sitzungen des Weltfriedensrates statt, die zur Wachsamkeit gegen die „Machenschaften der Kriegstreiber" aufriefen und Kampagnen zum Abschluss eines Friedenspaktes vorbereiteten. Einen Höhepunkt in diesem Friedenskampf bildeten nach Einschätzung der DDR-Parteipresse die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten im August 1951 in Berlin.397 Die Männer und 394 395 396 397

Das scheidende Jahr, S. 1. Ebd. Im Namen der Stärkung des Friedens, S. 1. Kossok, Geschichte der DDR, S. 147.

Auswirkungen der internationalen Lage Frauen der

densvertrag

115

Länder sollten ihre mit Deutschland zu schließen398.

europäischen

Regierungen zwingen,

im Jahre 1951 einen Frie-

Die UdSSR benutzte die Staats- und Parteiorgane der DDR zielgerichtet für die Friedenspropaganda. Dadurch war sie nicht nur in der Lage, in Einzelfragen besser manövrieren zu können, sondern schaffte nach außen hin auch die Illusion einer gewachsenen Eigenständigkeit der DDR. Die innere politische Entwicklung in der DDR lief in eingefahrenen Bahnen. Schon Anfang des Jahres (17.-19. Januar 1951) war auf der 4. Tagung des ZK der SED beschlossen worden, den Marxismus-Leninismus in Erziehung und Ausbildung durchzusetzen sowie das gesellschaftswissenschaftliche Grundstudium, ein einheitliches Zehnmonatestudienjahr und Berufspraktika einzuführen.399 Noch 40 Jahre später betrachteten ehemalige Mitarbeiter der SKK die Einführung des Marxismus-Leninismus als Pflichtfach an allen Hochschulen der DDR als einen Wendepunkt in der Bildungsreform und versäumten nicht, ihren eigenen bedeutenden Beitrag für diese

Entwicklung hervorzuheben.400 Zu den Initiativen der SKK gehörten

die

Einführung des Marxismus-Leninismus als Weiterentwicklung des Schul- und Hochschulwesens, die auf der 4. Tagung behandelt wurden, so z.B. die Erhebung des Russischunterrichts zum nicht

Lehrfach, sondern auch alle Beschlüsse

nur

zur

Pflichtfach für alle Lernenden. Die weitere

Intensivierung der „Schulungsarbeit der SED" trat in eine neue Phase ein.

Das Be-

streben, die ganze Gesellschaft dem Einfluss der SED unterzuordnen, führte speziell 1951/1952

einem extensiven Ausbau und einer weitergehenderen Differenzierung des Parteiapparates der SED.401 Damit begann die Vorbereitung auf die II. Parteikonferenz der SED. Die Strukturen des Partei- und Staatsapparates glichen sich immer mehr an. Der strukturelle Aufbau der SEDParteiorganisationen übernahm mehr und mehr das Aufbauprinzip des Staatsapparates. Der Einfluss der Partei auf die Entscheidungsfindung in den staatlichen Organen wuchs ebenso ununterbrochen wie der auf den militärischen Bereich und auf den Polizeiapparat. zu

398 399 400 401

Die Remilitarisierung Deutschlands, S. 1. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. Ill, S. 277. Bejdin, Erinnerungen an die Arbeit der sowjetischen Kontrollorgane, S. 426. Prieß/Eckert, Zu Verhaltensmustern der SED-Parteiführung, S. 113.

Formen und Konsequenzen der Anleitung der SED-Führung durch Organe der KPdSU (b)

3.2

Mit Blumensträußen und Marschmusik verabschiedete die deutsche Bevölkerung 1950 die Mitarbeiter der SMAD. Dabei vergaß so mancher, dass viele ehemalige SMA-Offiziere und Zivilangestellte weiterhin im Dienst waren nun im Rahmen der Sowjetischen Kontrollkommission (SKK) für Deutschland402. Was hatte sich wirklich geändert in den Beziehungen zwischen der SED und der SKK im Vergleich zur SMAD? Die SED figurierte nun als Regierungspartei in einem eigenen Staat und von allen Tribünen tönten vollmundige Reden, dass alle Voraussetzungen für eine weitere Entwicklung zu einer Volksdemokratie gegeben seien. -

Sowjetische Quellen403 belegen, dass sich mit der Gründung der SKK tatsächlich vieles veränInformationsabteilungen wurden neu gegliedert. In den Kreiskommandanturen baute

derte. Die man nun

Personal ab. Viele Mitarbeiter verloren ihren Nomenklatura-Status, d.h. sie konnten ab nicht mehr unmittelbaren Kontakt zu den Kreisleitungen der SED aufnehmen.

von

Informationsabteilungen der Länder und Provinzen verringerte sich die Anzahl der Überprüfungsmaßnahmen in Bezug auf SED-Organisationen und Parteischulen deutlich. Das bedeutete jedoch nicht, dass die Kontrolle etwa an Tiefe und Gründlichkeit verloren hätte. Da sich gleichzeitig die Statistik und die Berichte der SED stetig verbesserten, insbesondere hinsichtlich der Kriterien, die die SKK regelmäßig anforderte (Zentralismus, Kontrolle, Einheitlichkeit), konnte man nunmehr alle Kräfte auf die Lösung „globaler" Fragen konzentrieren, d.h. auf weitere grundlegende Verbesserungen in der Lehre an den Parteischulen im Sinne der eigenen Ziele. Die Leiter der Informationsabteilungen der SKK-Vertretungen in den Ländern bzw. Provinzen und in Berlin schrieben weiterhin regelmäßig ihre Berichte. Darin wurden auch Fragen der CDU, der LDP, der FDJ und anderer Organisationen behandelt. Im Jahre 1950 berichtete man weiterhin an die Adresse des Apparats des Politischen Beraters Semënov sowie an den Apparat der Informationsabteilung der SKK in Deutschland. Tjul'panov war zwar in seinem Amt bereits von Oberst Kijatkin abgelöst worden,404 unmittelbar für die Arbeit mit der SED war jedoch der Leiter der Unterabteilung Propaganda in der Informationsabteilung, Oberstleutnant V.T. Danilov, zuständig. In Moskau wurde die ideologische Arbeit der SKK an höchster Stelle betreut, und zwar von M. A. Suslov. Semënov, Kijatkin, Danilov und Suslov waren die entscheidenden Personen, die mit ihren Apparaten für die politisch-ideologische Erziehung der SED-Mitglieder und für die ParteiIn den

402

403 404

Die SKK in Deutschland wurde auf Beschluss Nr. 5159-1967cc des Ministerrates der UdSSR vom 5. November 1949 gegründet. Vgl.: RGANI, F. 5, op. 16, Akte 597, Bl. 7. Ausführlicher zur Problematik der SKK siehe: Das SKK-Statut: Zur Geschichte der sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland 1949-1953. Obwohl mittlerweile zumeist von Quellen aus russischen Archiven gesprochen wird, bevorzuge ich diesen Begriff, da diese Unterlagen in sowjetischer Zeit archiviert worden sind. Memorandum des stellvertretenden Leiters der Politischen Hauptverwaltung der Streitkräfte der UdSSR S. Satilov für G. Malenkov mit dem Ersuchen um Ablösung S. Tjul'panovs vom Amt des Leiters der Informationsverwaltung der SMAD, vom 17.9.1949. In: Sowjetische Politik in der SBZ 1945-1949, S. 292-297.

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

118

Schulbildung verantwortlich waren. Seit 1950 verschwanden in den Rapporten aus den Ländern Formulierungen wie „wir haben empfohlen", „vorgeschlagen". Stattdessen hieß es „es muss empfohlen werden" oberflächlich betrachtet vielleicht nur ein anderer Zungenschlag, aber ein bedeutungsvoller. Er signalisierte die organisierte zentrale Einmischung in das Parteischulwesen. Auch innerhalb der sowjetischen Hierarchie kann man aus der Verwendung sprachlicher Begriffe Unterschiede ablesen: Während die Informationsabteilung in Berlin hauptsächlich „empfahl", ergingen von den entsprechenden Einrichtungen der Länder und Provinzen „Vorschläge". -

Ein weiterer Umstand verdient Aufmerksamkeit: Nicht nur in der zentralen Führung der Informationsverwaltung hatte es tiefgreifende personelle Veränderungen gegeben, sondern auch in den örtlichen Organen. An die Stelle der alten, oftmals nicht speziell für die Aufgaben der Informationsorgane ausgebildeten Mitarbeiter, die jedoch über einen reichen Schatz an praktischen Arbeitserfahrungen verfügten, rückte eine neue Kadergeneration nach, die in der Regel speziell für die Tätigkeit in SKK-Organen ausgebildet worden war. Das waren in der Mehrheit Absolventen der Moskauer Militärakademie ohne Praxiserfahrung. Ihr Einsatz brachte die über Jahre eingespielte Zusammenarbeit der sowjetischen Behörden mit den Deutschen oftmals in gehörige Turbulenzen.405 Nach dem Prinzip „Neue Besen kehren gut" legten die „Neuen" unerbittlich alle „Mängel" offen, an die man sich in der bisherigen Arbeit gewöhnt hatte, die sich vielleicht sogar als zweckdienlich erwiesen hatten. Die habituelle „Parteitreue" der Neulinge ließ zudem kaum eine Abweichung von der Generallinie der Partei zu, nicht im Bereich des Parteischulungswesens und schon gar nicht in ideologischen Fragen. Auch die noch im Amt verbliebenen „praxiserfahrenen" Mitarbeiter der Informationsabteilung waren nunmehr gezwungen, ihren Arbeitsstil zu ändern. Innerhalb der Führung der SED wuchs die Unzufriedenheit mit ihren Arbeitsmethoden. Sie nahmen sich z.T. immer noch heraus, in den Papieren der einen oder anderen Abteilung „wie bei sich zu Hause" zu wühlen, um an bestimmte Informationen heranzukommen. Daher häuften sich die Klagen sowohl an die Adresse der Leitung der Sowjetischen Kontrollkommission als auch an die KPdSU(b). Da auf solche Beschwerden zumeist eine Bestrafung folgte, wurde der Eifer der SKK-Mitarbeiter doch etwas gezügelt.406 -

Aufgaben stellten sich der SKK? Die bereits von der neuen Führung der Informader tionsabteilung SKK im Februar/März organisierten Überprüfungen der Parteiorgane der SED und des Parteischulsystems sollten Antworten auf diese Fragen geben. Die Überprüfungen, die in allen Ländern und Provinzen der DDR und ebenso, wie besonders hervorgehoben wurde, im sowjetischen Sektor von Berlin stattfanden, bildeten eine Art Bestandsaufnahme. Sie sind mit den Kontrollen der SMAD Ende 1946 vergleichbar, die im Wesentlichen Auskunft darüber geben sollten, wo man stand. Welche

neuen

Allein im sowjetischen Sektor von Berlin existierten Anfang 1950 bereits 20 Parteischulen in der Produktion (17 davon waren erst 1949 eröffnet worden). Die Kreisparteischule „August Bebel" bestand seit April 1947 und verfügte über ein beachtlich großes Internat mit 400 Plätzen. Die Ausbildungsdauer von einem Monat war schon bald wieder als unzureichend betrachtet worden, sodass man sie im Oktober 1949 auf sechs Wochen verlängert hatte. Bis zum Februar 1950, als die Schule „an die SKK überging", d.h. unter ihre Kontrolle gestellt wurde, hatten 11543 Perso405 406

Bejdin, Erinnerungen an die Arbeit der sowjetischen Kontrollorgane, S. Ebd.

14.

Anleitung durch Organe der KPdSU(b)

119

diese Bildungseinrichtung absolviert. Das waren 11,5% aller Parteimitglieder der SED in Berlin.407 Die neuen SKK-Organe und insbesondere die Informationsabteilung von Berlin wid-

nen

dieser Schule keine geringere Aufmerksamkeit als zuvor die Mitarbeiter der SMAD. Mit gleichbleibender Beharrlichkeit wiesen sie auf Mängel im Lehrprozess hin. Alle Beanstandungen hatten etwas gemeinsam: Die Kreisvorstände der Partei und die Kaderabteilungen (eine neue Erscheinung im Vergleich zu früheren Jahren) schenkten der Auswahl von Kandidaten für die Schulen immer noch nicht genügend Augenmerk.408 Wenn jedoch früher in erster Linie kritisiert worden war, dass nicht genügend Bauern oder zu viele „zufällige Personen" unter den Ausbildungskandidaten seien, so war es jetzt fast nur noch die „ungenügende Repräsentanz" von Arbeimeten

tern, die kritisiert wurde. In Bezug auf den Unterrichtsprozess richtete sich die Kritik vor allen Dingen auf die ungenügende Berücksichtigung der Materialien zur Geschichte der KPdSU(b). Man empfahl, mit Hilfe des Zentralsekretariats Anschauungsmaterialien zur Unterstützung der Lehre herauszugeben. Außerdem sollte der Lehrkörper durch ehemalige Kriegsgefangene verstärkt werden, die eine AntifaSchule in der UdSSR absolviert hatten.409 Auch die Arbeit in den Seminaren wurde häufig gerügt. Hier sollten ohne direkte Einmischung schnelle Veränderungen herbeigeführt werden. Eines der vorrangigen Anliegen bestand darin, dass die Seminare nicht mehr unmittelbar auf die Vorlesungen folgen, sondern erst jeweils einige Tage später stattfinden sollten. Darüber hinaus sollte die Praxis kurzer Frage-Antwort-Spiele abgeschafft und den Hörern stattdessen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Gedanken ausführlich darzulegen. Daraus erhoffte man sich Aufschluss darüber, ob die Hörer den Stoff wirklich verstanden hatten und ob sie eine Diskussion führen konnten. In Ergänzung dazu wurde empfohlen, das Journal wieder „in unserem Sinne", wie es hieß, d.h. in einer Art Klassenbuch zu führen, wo Anwesenheit und Leistungen der einzelnen Hörer protokolliert wurden.410

Diese Forderung nach einem „Journal in unserem Sinne" war eine durchaus verständliche Reaktion der sowjetischen Berater. Die damals verbreiteten persönlichen Notizbücher, in denen sich die Lehrkräfte Vermerke über ihre Hörer und den Unterricht machten, riefen in der SKK eine gewisse Unruhe und Unsicherheit hervor. Die sowjetischen Politmitarbeiter waren eine solche Arbeitsweise nicht gewohnt und standen ihr demzufolge skeptisch gegenüber, zumal ihnen nicht klar war, wie man denn diese persönliche Arbeitsweise im Rahmen der „Inspektionen" kontrollieren sollte. Alles musste doch für die Kontrollbehörden zugänglich und nachvollziehbar sein! Zum Abschluss der Betrachtungen über Berlin sei noch auf eine Reihe weiterer Schulen verwiesen, die ebenfalls im Einflussbereich der SKK standen und mit denen man den ideologischen Einfluss der SED über das innerparteiliche Leben hinaus ausdehnen wollte. Hierbei handelte es sich um drei Schulen für Gewerkschaftsfunktionäre, zwei für FDJ-Aktivisten, zwei Kooperatio' nen und eine Sportschule.41 407

408 409 410 411

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKK v Germanii polkovniku t. Kijatkinu „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG g. Berlina" ot i.o. nacal'nika otdela informacii predstavitel'stva SKK v Berline polkovnika A. Sudakova (AVPRF, op. 10, Mappe 72. Akte 36, Bl. 12). Ebd., Bl. 13. Ebd., Bl. 28. Ebd., Bl. 15. Ebd., Bl. 27.

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

120

Ein noch größerer Arbeitsumfang erwartete die Informationsabteilungen bei den SKK-Vertretungen in den Ländern und Provinzen. Allein im Land Sachsen gab es Anfang 1950 schon 60 Parteischulen (die Landesparteischule, 28 Kreisparteischulen und 31 Schulen in der Produktion). Dazu kamen 980 Zirkel zum Studium des „Kurzen Lehrgangs der Geschichte der KPdSU(b)". Diesen galt natürlich nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie den Parteischulen, aus den Augen gelassen wurden sie jedoch nie.412

Landesparteischule gab es damals offenbar keine Probleme, es wurden diesbezüglich jedenfalls weder Kritik noch „Empfehlungen" geäußert. Sowohl der Schulleiter Bamberger als Mit der

auch sein Stellvertreter Lehre, Arnold, hatten seinerzeit die Kommunistische Hochschule in Moskau absolviert, d.h. sie sprachen nicht nur Russisch, sondern verstanden auch bestens, was von ihnen erwartet wurde. Dieser Umstand erleichterte der sowjetischen Seite die Arbeit mit der LPS enorm. Daher fehlte die übliche Kritik, dass die Auswahl der Hörer und ihr weiterer Einsatz nach Abschluss der Ausbildung noch zu wünschen übrig ließen. In den Kreisparteischulen stellte sich die Situation etwas anders dar. Im April 1950 hatten bereits 57 379 SED-Mitglieder diese Einrichtungen durchlaufen,413 jedoch verfügten weder die Kreisvorstände noch der Landesvorstand der SED über genaue Aufstellungen, in welchen Funktionen die Absolventen weiter tätig wurden bzw. für welche Funktionen sie vorgesehen waren.414 Dabei wurde das Führen entsprechender Dokumentationen über die Absolventenentwicklung seit langem nachdrücklich gefordert. Schließlich brauche man, so unterstrich Krjukov, zur Bildung einer eigenständigen, wenn auch provisorischen, deutschen Regierung immer mehr SED-Kader für die Arbeit in den neuen staatlichen Organen. Die Überzeugung, dass dieses Fließband zur Heranbildung neuer Kader unter keinen Umständen gestört werden dürfe, stand zunehmend im Vordergrund des Interesses.

Wie früher zu SMAD-Zeiten so Anton Ackermann eine Verantwortlichkeit der SED für die Arbeit des Staatsapparates nur in den Fällen eingeräumt wurde, in denen die eigenen Leute Fehler gemacht hatten415, nahm auch die SKK unmittelbaren Anteil an der Gestaltung des Staatswesens und bestimmte maßgeblich die Kaderauswahl. Hoffnungsvolle Absolventen von Parteischulen wurden von sowjetischer Seite zielgerichtet überprüft, um unter ihnen die geeignetesten Kader herauszufinden. Deshalb legte man auch so viel Wert auf die Abschlussbeurteilungen der Parteischüler. Über Jahre hinweg forderten die Mitarbeiter der Informationsabteilungen von SMAD/ SKK die Anfertigung aussagekräftiger Beurteilungen. Sie wurden in den Kaderabteilungen der SED archiviert, um jederzeit wieder zur Auswahl geeigneter Kandidaten für die Besetzung dieser oder jener Position herangezogen zu werden. -

-

412

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKK v Germanii polkovniku t. Kijatkinu „O sostojanii agitacionno-massovoj i propagandistskoj raboty v Zemle Saksonija" ot 7.4.1950g., ot nacal'nika otdela informacii pri predstavitel'stve SKKG po zemle Saksonija podpolkovnika Krjukova (AVPRF, op. 10, Mappe 71, Akte 35, Bl. 146).

413 414 415

Ebd., Bl. 148. Ebd., Bl. 151.

Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG" ot 09.05.1950 g., Nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika t. Kijatkina (AVPRF, op. 3, Mappe 28, Akte 7,

ot

Bl.

23).

3.3

Die

Vereinheitlichung des Parteischulwesens in Berlin und in den

Ländern und Provinzen der SBZ Im Land Brandenburg (mittlerweile ohne den sowjetischen Sektor von Berlin) übernahm der neue Leiter der Informationsabteilung der SKK, Oberstleutnant Vercholancev, folgende Einrichtungen: die Landesparteischule (mit 750 Absolventen im April 1950), 18 Kreisparteischulen (mit insgesamt 22535 Absolventen) und 16 Schulen (1 025 Absolventen) in der Produktion.416 Genau wie in Sachsen, war man auch hier mit der Arbeit der LPS im Großen und Ganzen zufrieden. Aus den verfügbaren Unterlagen geht keine nennenswerte Kritik an der Tätigkeit der LPS und der KPS hervor. Unverständnis rief bei Vercholancev lediglich hervor, dass die Planstellen für Lehrer an Parteischulen vom ZV der SED nicht aufgeführt und auch nicht bestätigt wurden,417 dass in den Schulen keine Noten vergeben wurden, wie das in der UdSSR üblich war, und dass es keine Prüfungen gab. Darauf, dass es in dieser Richtung bald Veränderungen an den Parteischulen geben werde, weist der Umstand hin, dass diese in Vercholancevs Bericht erwähnten Mängel von seiner unmittelbar übergeordneten Führung besonders hervorgehoben wurden. Auch der Bericht des Leiters der Informationsabteilung Sachsen-Anhalt, Oberstleutnant Kuz'minov, an die Führung der SKK in Deutschland enthielt nichts nennenswert Neues. Kuz'minov kontrollierte damals die Landesparteischule (mit 1004 Absolventen), 34 Kreisparteischulen (mit insgesamt 43 979 Absolventen) und 45 Schulen in der Produktion (mit 26564 Absolventen).418

Die Lage in Thüringen soll etwas ausführlicher betrachtet werden. Hier gab es zwei Landes-, 13 Kreisparteischulen und 33 Schulen in der Produktion. In seinem Bericht über die Situation im Parteischulwesen des Landes an die übergeordnete Leitung vom 16.04.1950 ging der Chef der Informationsabteilung Thüringen, Oberstleutnant A. Miscenko, auf eine Reihe von Problemen ein. Seine Kommentare zu den Ergebnissen der Überprüfungen, seine „Empfehlungen" und „Ratschläge" deuten daraufhin, dass er die Materie genauestens kannte. Eine Vielzahl von „Vorschlägen" seiner Abteilung, die aus den Kontrollen der ihm unterstellten Parteischulen mit dem Ziel einer „Verbesserung des Lehrprozesses", wie es in der Einführung zu seinem Bericht hieß,419 erwuchsen, wurden nicht nur in Karlshorst aufgegriffen, sondern auch an die Führung der SED

weitergeleitet. 416

417 418

419

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku t. Kijatkinu „O sostojanii agitacionnopropagandistskoj raboty v Zemle Brandenburg" ot 08.04.1950g., ot i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG po zemle Brandenburg podpolkovnika Vercholanceva (AVPRF, op. 10, Mappe 71, Akte 35, Bl. 174). Ebd., Bl. 174. Dokladnaja zapiska Nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku t. Kijatkinu „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG" ot 11.04.1950g., ot nacal'nika otdela informacii pri predstavitel'stve SKKG po zemle Saksonija-Angal't podpolkovnika Kuz'minova (AVP RF, op. 10, Mappe 71, Akte 35, Bl. 226). Dokladnaja zapiska Nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku t. Kijatkinu „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG zemli Tjuringija" ot 16.04.1950g., ot nacal'nika otdela informacii pri predstavitel'stve SKKG po zemle Tjuringija podpolkovnika A. Miscenko (AVPRF, F. 457b, op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 61).

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

122

Einer dieser Vorschläge mutet auf den ersten Blick geradezu paradox an: Die Anzahl der Kreisparteischulen sollte von 13 auf sieben bis acht reduziert werden, weil gut ausgebildete Lehrkräfte immer noch fehlten. Dazu kam, dass die Führung der SED große Schwierigkeiten hatte, die regulären Überprüfungen der Parteischulen organisatorisch abzusichern, und die SKK jetzt vor den gleichen Problemen stand. Schließlich verfügte sie über deutlich weniger Personal als einst die SMAD, und ihre Möglichkeiten, direkt in deutsche Angelegenheiten einzugreifen, wurden immer

geringer. Unter diesen Gesichtspunkten wird die Logik der nun angestrebten Maßnahmen weitgehend verständlich. So war Miscenko der Ansicht, dass eine Konzentration der besten Lehrkräfte an einer überschaubaren Zahl von Schulen mit einer gleichzeitigen stärkeren Spezialisierung die Qualität der Lehrveranstaltungen deutlich verbessern werde. Wenn es gelinge, entsprechende Voraussetzungen für den Besuch der verbleibenden Schulen zu schaffen, so könne die Hörerzahl insgesamt auf dem gleichen hohen Niveau gehalten werden. Ein entscheidender Vorteil sei darin zu sehen, dass in diesen zentralen Schulen Kontrollen mit wesentlich einfacheren Mitteln zu realisieren seien. Ein weiterer Vorschlag bestand darin, die Ausbildungsdauer von sechs auf zehn Wochen zu erhöhen und den Lehrgang mit Prüfungen in allen Hauptfächern abzuschließen. Die Einführung von Prüfungen forderte man auch in anderen Abteilungen der SKK.420 Zu Recht sah man darin ein Mittel, die Spreu vom Weizen zu trennen und jene Schulungsteilnehmer auszusondern, die das Studium an der Parteischule lediglich als eine Art Sonderurlaub von ihrer eigentlichen Produktionsarbeit betrachteten. Durch eine derartige Auslese sollte es möglich werden, die besten Kandidaten für verantwortungsvolle Positionen herauszufiltern, denn mittlerweile hatte man verstanden, dass die soziale Herkunft allein nicht mehr die Trumpfkarte für eine Parteikarriere darstellen konnte.

Verlängerung der Ausbildungszeiten und eine weitere Ausdehnung des Studiums des „KurLehrgangs zur Geschichte der KPdSU(b)" sowie der marxistisch-leninistischen Philosophie verfolgten nach wie vor ein Ziel die endgültige Verankerung der Prinzipien einer „Partei neuen Typus". Sogar das Studium der Verordnungen der Partei und der Beschlüsse der Regierung der DDR wurden im Lehrprozess hinter das Wissen über Parteiaufbau und Parteiorganisation gestellt. Für diejenigen, die sich die Geschichte der KPdSU(b) im Selbststudium aneignen wollten, sollten ein spezieller Unterrichtsplan sowie ein entsprechendes Kontrollsystem erarbeitet Die zen

-

werden.421

Wenn hier und in

Bezug auf andere Länder und Provinzen Tendenzen der Veränderung der Parteischulen aufgezeigt werden, so soll damit kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Aus der Vielzahl der Vorschläge, die aus den einzelnen regionalen Einrichtungen kamen, sollen nur die wichtigsten betrachtet werden, diejenigen, die den jeweiligen Trend besonders deutlich widerspiegeln. Schließlich durchliefen alle regionalen Anregungen unweigerlich den Filter der SKK für Deutschland, insbesondere den der Unterabteilungen Propaganda in den Informationsabteilungen. Allerdings kann man davon ausgehen, dass jene „Neuerungen", die in der Propagandaabteilung Beachtung fanden, dann auch mit Beharrlichkeit und Nachdruck bei den deutschen Behörden durchgesetzt wurden. 420 421

Ebd., Bl. S. 62. Ebd., Bl. 62.

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

123

Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang die Aufzeichnungen zweier Gespräche (vom 23.03.1950 und vom 06.05.1950) zwischen dem Leiter der Propagandaabteilung, Oberstleutnant Danilov, und dem Abteilungsleiter Propaganda beim ZK der SED, Kurt Hager, die an Armeegeneral Cujkov zur Kenntnisnahme weitergeleitet wurden. Beide Gespräche waren dem Parteischulwesen gewidmet. Während in dem ersten eine Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes vorgenommen wurde, ging es im zweiten um konkrete Maßnahmen zur Reorganisation des Systems. Beide Gespräche dokumentieren die Mechanismen in den Wechselbeziehungen zwischen SKK und SED und lassen erkennen, wie der Weg der Entscheidungsfindung im ZV der SED verlief. des ersten Treffens mit Hager schlugen sich im März 1950 in einem Bericht des Parteischulwesens in der SED" nieder. Wenn man berücksichtigt, dass den Zustand „Über dieses Treffen unmittelbar nach Beendigung der Überprüfungen der SED-Organisationen in den Ländern und Provinzen stattgefunden hat und dass früher (während der Tätigkeit der SMAD) sogar Grotewohl in seinen Aufsätzen und Reden die Angaben und Schlussfolgerungen der sowjetischen Organe als die aussagekräftigsten verwendete (es ist wohl kaum anzunehmen, dass sich die Qualität und die Tiefgründigkeit der Kontrollen nach der Umgestaltung der SMAD wesentlich veränderten), so muss man sich zwangsläufig fragen: Die

Ergebnisse

Wollte die neue Führung der Informationsabteilung wirklich nur aus erster Hand Informationen über das Parteileben und das Parteischulwesen erhalten? Oder war das eher eine versteckte Kontrolle, inwieweit die Führung der SED über die reale Lage der Dinge Bescheid wusste? Vermutlich stimmt beides, denn selbst ein außerordentlich gewissenhaftes Studium der Lage der Partei in der Provinz konnte keine Antwort auf die Frage geben, wie die SED-Führung die weitere Entwicklung der Partei plante, welche konkreten Schritte sie zu unternehmen beabsichtigte und worauf sie die Schwerpunkte setzen werde. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass sich das Politbüro des ZV der SED im März 1950 speziell mit der Tätigkeit jener Kommission beschäftigte, die aus der UdSSR zurückgekehrt war, nachdem sie sich dort mit der Funktionsweise des „Systems der marxistisch-leninistischen Aus- und Weiterbildung in der KPdSU(b)" vertraut gemacht hatte. Im Februar 1950 hatte das Sekretariat des Politbüros den Bericht der Kommission angehört. Nunmehr erwartete wohl auch die SKK von der Parteiführung konkrete Pläne für die weitere Annäherung der beiden Par-

teien. von Hager gegebene Information über den aktuellen Zustand des Parteischulsysnahm Danilov ruhig und ohne Anmerkungen entgegen. Dieses wurde im Protokoll besonders festgehalten. Wesentlich größeres Interesse rief die Bemerkung Hagers hervor, dass einige Veränderungen im Parteischulsystem vorgenommen werden sollten. Diese betrafen in erster Linie die Parteihochschule, während weder von der Einführung eines einheitlichen Lehrjahres noch von Umgestaltungen an den Landes- und Kreisparteischulen oder inhaltlichen Fragen überhaupt die Rede war. In der Parteihochschule sollte anstelle des Zweijahreskurses ein Einjahreslehrgang eingeführt werden, um die in Partei und Staat so dringend benötigten neuen Kader innerhalb kürzester Zeit heranbilden zu können. Diesem Ziel diente auch die Einrichtung einer einjährigen Aspirantur an der Parteihochschule. Wenn auch die Einrichtung einer solchen Aspirantur bereits von der SMAD (und nach dem Aufenthalt einer SED-Delegation in Moskau Anfang 1950 auch von den Organen des ZK der KPdSU(b)) angemahnt worden war, so ging die

Die

eingangs

tems

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

124

geplante Verkürzung der Ausbildungsdauer von zwei auf ein Jahr anscheinend auf eine Initiative der Führung der SED zurück. Damit erschöpfte sich auch schon die „kreative Umsetzung" der in Moskau empfangenen Impulse in der SED- Führung. Die SKK hatte offensichtlich sehr genaue Vorstellungen hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Parteihochschule wie auch hinsichtlich der gesamten ideologischen Propagandaarbeit der SED. Die Kurt Hager eingangs gestellte rhetorische Frage nach der Zweckmäßigkeit der von ihm vorgeschlagenen Veränderungen bot der sowjetischen Seite die Möglichkeit, die Position des Zentralvorstandes der SED noch einmal auszuloten und Argumente für die Kritik zu sammeln. Man machte Hager klar, dass es völlig unrealistisch sei, die Kürzung der Studienzeit von zwei auf nur noch ein Jahr damit zu begründen, dass die Partei kurzfristig eine große Zahl ausgebildeter Kader benötige. Damit beweise die Führung der SED, dass sie nicht an die Zukunft denke. Der SKK sei bekannt, dass in der SED momentan theoretisch geschulte Kader fehlten. Das sei jedoch nicht nur ein Problem der Partei, sondern eine generelle Erscheinung, die im ganzen Land zu beobachten sei. Schließlich gebe es auch viel zu wenig qualifizierte Lehrer für sozialpolitische Disziplinen. Gerade darum sei es erforderlich, die Ausbildungsdauer zu erhöhen. Fachleute benötigten drei Jahre, um für die neuen Anforderungen gerüstet zu sein. Nur in Ausnahmefällen sei es denkbar, für die unteren Ebenen Kader im Rahmen von Einjahreskursen auszubilden.422 Die zaghaften Versuche Hagers zu erklären, dass dies nicht seine persönliche Meinung sei, dass es Ende 1949 zu diesem Themenkomplex eine lange Diskussion im Politbüro gegeben habe, in deren Ergebnis man dann die Entscheidung getroffen habe, konnten die Vertreter der Informationsabteilung nicht beeindrucken (an dem Treffen nahm u.a. der stellvertretende Abteilungsleiter I. S. Bakulin teil). Auch alle weiteren Vorschläge Hagers für Veränderungen im Parteischulungssystem riefen unmissverständliche Kritik hervor. Hager befand sich allerdings in einer recht schwierigen Lage: Da an dem Gespräch auch Hanna Wolf, damals Hauptreferentin für das Studium der Geschichte der KPdSU(b) beim ZV der SED, teilnahm, war er gezwungen, wider besseres Wissen die vom ZV der SED getroffenen Beschlüsse zu verteidigen, sein Gesicht zu verlieren.423 Zudem bot die harte Position der „sowjetischen Freunde" keinerlei Spielraum für taktische Manöver.

zum um

Teil nicht

praktisch

Danilovs Vorschläge, über bestimmte Fragen nachzudenken, betrafen nicht nur das Parteischulwesen als solches, sondern gingen viel weiter, bis hin zu Strukturveränderungen im Zentralvorstand der SED. Speziell ging es ihm um die Bildung einer einheitlichen Abteilung Agitation und Propaganda anstelle der bislang existierenden vier Abteilungen: Propaganda, Massenagitation, Kultur und Presse. Als Hauptargument für die Zusammenlegung führte er an, dass dies „in der UdSSR und den Ländern der Volksdemokratien ebenso gehandhabt werde" 424. Außerdem mussten alle sowjetischen Vorschläge nunmehr erörtert und auf dem bevorstehenden Parteitag beschlossen werden.

422

423 424

Polisovetniku t. Semënovu. Sokrascënnaja zapis' informacii SKKG podpolkovnika Danilova V.T.

besedy nacal'nika otdelenija propagandy otdela s zavedujuscim otdelom propagandy CP SEPG Chagerom, sostojavsejsja 23.03.1950g. „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG" (AVPRF, op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 9). Ebd., Bl. 10. Ebd.

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

125

Daraufhin unternahm Hager einen letzten Versuch, dem Druck zu begegnen, und erklärte, dass sinnvoll sei, diese Fragen erst nach dem Parteitag zu diskutieren. Aber auch dieser Vorstoß wurde strikt unterbunden. Ein offensichtlich gebrochener Kurt Hager musste sich mit allem einverstanden erklären. Was ihm blieb, war zu bitten, sämtliche Fragen auch mit den anderen Sekretariatsmitgliedern abzustimmen [d.h. ihnen den Standpunkt der SKK zu „empfehlen" A.H.]. Zu seiner Erleichterung stimmte man dem zu und versprach, Vertreter der SKK zur bevorstehenden Beratung der Verantwortlichen für Propaganda der Länder und Provinzen über die Umgestaltung des Parteischulungssystems vom 1. bis zum 10. April zu delegieren.

es

-

Die daraufhin stattfindenden Einzelgespräche mit Sekretariatsmitgliedern haben offensichtlich ebenso wie die Teilnahme von SKK-Vertretern an der April-Tagung ihre Wirkung nicht verfehlt. Dennoch gab es immer wieder einmal Versuche der SED, ihre eigenen Vorstellungen über die Entwicklung des Partei Schulungssystems durchzusetzen.

undurchsichtig bleibt dagegen bis heute das Vorgehen von Vertretern der Informationsabteilung in einzelnen Fragen. Einerseits haben sie sich mit ziemlicher Sicherheit nicht im Stadium der ersten Diskussionen einzelner Aspekte im Sekretariat der SED eingemischt. Wäre dies der Fall gewesen, so wäre es nicht zu solch gravierenden Interessenkonflikten gekommen. Andererseits versuchten sie in der Folgezeit mit allen Mitteln, ihren Standpunkt durchzusetzen. Zwar gab es die offizielle Verfügung des ZK der KPdSU(b), sich nicht direkt in die inneren Angelegenheiten der SED einzumischen, wer aber wollte „private" Gespräche verbieten?! Heute steht fest, dass eben jene „privaten" Unterredungen ein durchaus wirksames Mittel waren, Druck auszuüben. Genauso gut hätte man der SED die Empfehlungen natürlich auf den Sitzungen des Zentralvorstandes nahe bringen können. Aber vielleicht musste man fürchten, dass solche Informationen dann über Vertrauenspersonen nach Moskau durchgesickert wären? Vielleicht hat es auch eine Rolle gespielt, dass regelmäßig über „objektive Schwächen" in der ideologischen Arbeit der SED nach Moskau berichtet und so dort die Überzeugung geschürt wurde, dass man ohne Einmischung über kurz oder lang seine Positionen verlieren würde, was schließlich nicht Etwas

im Interesse der UdSSR sein konnte. Tatsache ist, dass sich zu der damaligen Zeit die Meinungen über die Entwicklung der DDR immer mehr polarisiert haben müssen: Die eine Seite forderte permanente Kontrolle und die andere favorisierte einen zumindest teilweise vom Einfluss der UdSSR unabhängigen Weg.

Erwartungen der Propagandaabteilung, dass Kurt Hager und seine Mitstreiter nach den gemeinsamen Gesprächen begreifen würden, in welcher Richtung von ihnen Schritte erwartet wurden, erfüllten sich wieder einmal nicht. Schon das Referat von Kurt Hager auf der Arbeitstagung der Abteilung Parteischulung in Drei-Annen-Hohne (7.-11. April 1950)425, welches unter dem Titel „Reorganisation der Parteischulungsarbeit" zur Auswertung an die Landes- und Provinzorganisationen der SED weitergegeben worden war, rief aller Wahrscheinlichkeit nach Enttäuschung hervor. Obwohl das Gespräch mit Danilov schon etwa zwei Wochen früher stattgefunden hatte, fanden sich in dem Referat nahezu alle Punkte in der alten Formulierung und mit dem alten Inhalt. Die

425

Reorganisation der Parteischularbeit. Auswertung des Referats des Gen. Kurt Hager auf der Arbeitstagung der Abt. Parteischulung in Drei-Annen-Hohne vom 7.-11-4-50 (Mecklenburgisches LHSA Schwerin, BL Schwerin der SED IV/2/2/448, Bl. 27-37).

126

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

Wenngleich die „Reorganisation" generell weitere Schritte zur Annäherung an das Parteischulwesen der KPdSU(b) vorsah, so z.B. die Einführung eines einheitlichen Lehrjahres426, schlug Hager wiederum nur vereinfachte Maßnahmen zur Erhöhung der Absolventenzahlen durch eine Veränderung der Ausbildungsdauer vor.427 Vielleicht wollte die SED damit eine Art Kraftprobe erzwingen, um ihre eigenen Positionen stärker in den Vordergrund zu bringen, vielleicht hatte sie aber auch nur die Empfehlungen Danilovs nicht mit dem erwarteten Ernst und als für sich bindend (weil nicht von höchster Stelle angeordnet) aufgenommen. Wie dem auch sei, die Meinungsverschiedenheiten waren damit immer noch nicht aus dem Weg geräumt. Auch in dem zweiten oben erwähnten Gespräch vom 06.05.1950 stießen die im Vorfeld erstrittenen Entscheidungen der SED-Führung zum Parteischul wesen auf harte Kritik. So hatte sich die Führung der SED dafür ausgesprochen, die Lehrgangsdauer an den Kreisparteischulen von drei auf zwei Monate, an den Landesparteischulen von acht auf sechs Monate zu kürzen eine Entscheidung, die den Interessen der sowjetischen Seite klar widersprach. Danilov holte bei seiner Rede weit aus, näherte sich erst ganz langsam dem eigentlichen Streitpunkt. Er wies darauf hin, dass die Landesparteischulen und ihre Hörer in Zukunft eine wesentlich aktivere Rolle im gesellschaftspolitischen Leben spielen sollten und es deshalb ratsam sei, diese Schulen direkt in die Landeshauptstädte zu verlegen. Dabei ging er stillschweigend davon aus, dass sich die SED als Regierungspartei diesen Schritt auch in finanzieller Hinsicht durchaus leisten konnte. Dann aber brachte er das Gespräch darauf, dass die von der SED vorgeschlagene Ausbildungsdauer von sechs Monaten in keiner Weise den Anforderungen der Zeit entspreche. Ausgehend von der Feststellung, dass die neuen Kader in Einjahreskursen geschult werden mussten, entwickelte Danilov seine Sicht (d.h. die der Informationsabteilung und vermutlich nicht nur dieser) hinsichtlich der Umgestaltung des Parteischulungswesens der SED. In Bezug auf die Kreisparteischulen schlug er vor, deren Anzahl zu verringern und stattdessen kreisübergreifende Schulungseinrichtungen mit einer Lehrgangsdauer von vier bis fünf Monaten einzurichten. An der Parteihochschule sei es erforderlich, die Jahreskurse für Propagandisten, die Aspirantur auf -

zwei volle Jahre festzusetzen statt auf ein

426

427

428

Jahr.428

Unklar bleibt, wieso weder beim ersten Treffen Danilovs mit Hager noch in den Dokumenten des ZV der SED aus der Zeit bis April 1950 davon in irgendeiner Weise die Rede war. Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass die Veränderungen im Parteischulnetz der UdSSR der Jahre 1948 und 1949 bezüglich der Festsetzung eines genauen Zeitraums für das Parteilehrjahr von der SED-Delegation während ihres Moskau-Besuchs Anfang 1950 nicht bemerkt wurden. Ob diese Veränderungen nun als selbstverständlich hingenommen wurden, sodass es nicht einmal für nötig erachtet wurde, darüber zu diskutieren, oder ob diese Tatsache doch unbemerkt blieb, ist heute schwer zu sagen. Reorganisation der Parteischularbeit. Auswertung des Referats des Gen. Kurt Hager auf der Arbeitstagung der Abt. Parteischulung in Drei-Annen-Hohne vom 7.-11-4-50 (Mecklenburgisches LHSA Schwerin, BL Schwerin der SED IV/2/2/448, Bl. 35). Generalu Armii t. Cujkovu V.l. Sokrasèennaja zapis' besedy nacal'nika otdelenija propagandy otdela informacii podpolkovnika Danilova V.T. s zavedujuscim otdelom propagandy CP SEPG Chagerom,

sostojavsejsja 6.5.1950g. „O reorganizacii sistemy partprosvescenija" (AVPRF, Akte 34, Bl. 50-51).

op. 10,

Mappe 71,

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

127

zufällig knüpfte das Gespräch anschließend an das vorangegangene Treffen an. Man fragte Hager ganz interessiert, ob sich die Führung der SED nun entschieden habe, die vier IdeologieAbteilungen zu einer einheitlichen Abteilung Propaganda zusammenzulegen. Die Antwort Hagers, es gebe da einige Bewegung in dieser Richtung und man habe vorerst beschlossen, die Kultur- und die Propagandaabteilung zu vereinigen, konnte die sowjetische Seite nicht voll zufrieden stellen. Cujkov wurde gemeldet, die SED verhalte sich immer noch Wie

störrisch.

Gespräch mit Hager aber endete, wie so oft, mit der Verkündung von Wünschen der Propagandaabteilung der SKK, über die es wert sei „nachzudenken". Zu diesen Wünschen gehörte es zum Beispiel, in den Ländern nicht nur eine Filiale der Berliner Abenduniversität einzurichten, sondern stattdessen eigenständige Abenduniversitäten des Marxismus-Leninismus beim ZV der SED zu gründen. Hauptform der Parteischulung müsse nicht das Selbststudium werden, sondern die Zirkel zum Das

Studium der Geschichte der KPdSU(b).

Hager nichts anderes übrig, als sein Einverständnis mit einer Reihe von Maßnaher sich immer noch mit aller Kraft gegen eine Verlängerung der Ausvon sechs Monaten auf ein Jahr stellte. den LPS an bildungsdauer Nicht unerwähnt bleiben darf, dass an dem Treffen auch der Referent für Parteischulung der In-

Wieder blieb men zu

erklären, obwohl

formationsabteilung der SKK, Kononovic, teilnahm. Da in keinem der bisher bekannten Berichte ein militärischer Dienstgrad von Kononovic vermerkt ist, kann man davon ausgehen, dass er offenbar zu jenen zivilen Experten gehörte, die direkt vom ZK der KPdSU(b) in die SKK delegiert worden waren. Für Kononovic und seine Einrichtung waren diese direkten Beobachtungen der Positionen von Führungskräften der SED zu Fragen der Parteischulentwicklung in der DDR eine wertvolle Orientierungshilfe. Die Kenntnis der Standpunkte der deutschen Handlungsträger half ihm insbesondere in jenen Fragen, in denen es noch Meinungsverschiedenheiten gab, mit den richtigen Leuten „klärende Gespräche" zu führen und dafür die geeigneten Argumente vorzubereiten.

Gespräche mit Kurt Hager liefen, um diesen moralisch auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten, gingen an Moskau Informationen über den aktuellen Stand der Parteischulung in der SED. Belegt ist nur das Eingangsdatum in Moskau, der 09.05.1950. Dieses lässt darauf schließen, dass der Bericht unmittelbar nach dem Treffen am 6. Mai abgeschickt Während in Berlin

worden sein

muss.

Aus diesem Bericht geht hervor, dass die Propagandaabteilung das ZK der KPdSU(b) nicht nur informierte, sondern sich gleichzeitig auch der Unterstützung der Zentrale in Moskau für die eigenen Bemühungen zur Umgestaltung des Parteischulungssystems der SED versicherte. Wenn aus Moskau in einer beliebigen Frage grünes Licht kam, halfen den Geder SED keine Einwände mehr, dann musste der betreffende Änderungsvorschlag auch in die Tat umgesetzt werden.

Allgemein galt: nossen

In jenem Bericht der SKK hieß es, dass 115 Kreisparteischulen mit einer Ausbildungsdauer von je sechs Wochen existierten und dass insgesamt 143 278 Personen diese Schulen absolviert hätten. Im Interesse der Stärkung dieser Einrichtungen wurde vorgeschlagen, nur noch etwa 35 bis 40 kreisübergreifende Parteischulen mit einer Ausbildungsdauer von jeweils vier Monaten zu

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

128

belassen.429 Weiterhin wurde konstatiert, dass auch an den Landesparteischulen zu kurz gelernt werde, die Funktionäre der unteren und mittleren Ebene nicht ausreichend qualifiziert würden. Diese Situation könne sich nur dann bessern, wenn die Ausbildungsdauer auf mindestens ein Jahr heraufgesetzt werde [„mindestens" ist dahingehend zu lesen, dass, wenn das ZK der KPdSU(b) entschiede, die Kurse auf länger als ein Jahr zu strecken, die sowjetischen Behörden in Deutschland diese Entscheidung voll und ganz unterstützen würden A.H.]. -

Alle weiteren Punkte spiegeln ebenfalls die Vorschläge der Informationsabteilungen der Länder wider: Es ging um die Einführung von Prüfungen, die Kontrolle über die Leistungsentwicklung jedes einzelnen Hörers sowie um die Abschaffung der für die sowjetischen Behörden weitgehend unverständlichen, weil in der UdSSR nicht praktizierten, Lehrveranstaltungen zur sogenannten

„Selbsteinschätzung".430

war jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Als weitaus bedeutungsvoller ist der Teil dieses 26-seitigen Dokuments einzuschätzen, der eine so umfangreiche Auflistung von Vorschlägen enthält, dass für die SKK bereits im Vorfeld abzusehen war, dass Moskau darauf reagieren würde. Es wird eine umfangreiche „Handlungsanweisung" aus Moskau nicht nur zur Umsetzung oben genannter Punkte, sondern zur grundlegenden Umgestaltung des gesamten Parteischulungssystems von den Politzirkeln bis hin zur Parteihochschule an den ZV der SED angemahnt. Darüber hinaus ist die Rede von der Notwendigkeit, die Standorte einiger Schulen zu verändern. Sie sollten näher an die industriellen und kulturellen Zentren angebunden werden, um dort die ideologische Arbeit zu verstärken. Im Kontext des gesamten Berichts mutet die These von der Einführung einer persönlichen Verantwortlichkeit der für die Parteischulung zuständigen Genossen geradezu selbstverständlich an.431 Eine analoge Information erging am 13.05.1950 an Cujkov und Semënov (eigentlich die unmittelbaren Vorgesetzten in Berlin). Es stellt sich die Frage, warum sie erst in zweiter Linie informiert wurden. Offenbar gelangten besonders bedeutsame Informationen zuerst über Parteikanäle

Das

429

430

431

Die Informationsabteilung der SKK hatte diesen und andere Vorschläge bereits der SED unterbreitet, ehe sie, offenbar um sich des Rückhalts in Moskau zu versichern, das ZK der KPdSU (b) darüber informierte. Betrachtet man jedoch die weitere Entwicklung des Parteischulsystems, so kommt man zu dem Schluss, dass bei weitem nicht alle Empfehlungen der SKK in Moskau Unterstützung fanden. Zwar hat es einige Kürzungen bei den KPS gegeben, jedoch längst nicht in dem erwarteten Umfang. Allein im Land Sachsen gab es im Juni 1951 immer noch 28 KPS (vgl.: Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku t. Kijatkinu „O postanovke partijnogo prosvescenija i politucëby v SEPG i eë rol' v ideologiceskom ukreplenii partii" ot 21.06.1951g., ot predstavitelja SKKG v zemle Saksonija S. Urazova [AVPRF, op. 11, Mappe 104, Akte 43, Bl. 146]). Eine Reihe weiterer Vorschläge der unteren Ebene kam ebenfalls nicht durch. Zweifellos verfügte das ZK noch über wesentlich mehr Informationsquellen als die Informationsabteilung der SKK und betrachtete die eine oder andere Frage oft unter einem ganz anderen Blickwinkel. Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) „O sostojanii partijnogo prosvescenija v SEPG" ot 9. 5.1950g„ ot nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika t. Kijatkina (AVPRF, op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 19). Zu dieser „Selbsteinschätzung" gehörte die schriftliche Beantwortung von acht Fragen, so zum Beispiel, wie man den Stand seines politischen Wissens vor dem Besuch der Schule einschätzte, was einem die Schule gegeben habe, in welcher Funktion man sich vorstellen könne zu arbeiten, persönliche Schwachstellen usw. Die Antworten auf diesem Fragebogen wurden vor der ganzen Gruppe verlesen und anschließend öffentlich diskutiert. Ebd., Bl. 26.

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

129

nach Moskau, ehe sie sozusagen in Kopie an die Führung der SKK weitergeleitet wurden. Der kommissarische Leiter der Informationsabteilung bei der Vertretung der SKK in Deutschland, Bakulin, teilte darin mit, dass sich seine Abteilung mit dem von der SED im März/ April ausgearbeiteten Projekt zur Reorganisation des Parteischulsystems vertraut gemacht habe, jedoch nicht in allen Punkten damit einverstanden sei. Die Führung der SED halte nach wie vor an ihrem Plan einer Reorganisation des Parteischulsystems fest, obwohl man in dieser Frage umfangreiche Aufklärungsarbeit unter den deutschen Genossen geleistet habe. Ungeachtet einiger Zugeständnisse der SED seien die Meinungsverschiedenheiten immer noch gravierend. Hier soll nicht auf alle Punkte dieses Projekts eingegangen werden, ebenso wenig auf die Fülle von Gegenvorschlägen der Informationsabteilung. Aufmerksamkeit verdienen jedoch die fol-

genden Kernpunkte: Im Unterschied zur SED, die an der Parteihochschule Aspiranturen über einen Zeitraum von einem Jahr einführen wollte, forderte die SKK zweijährige Aspiranturen. Die SED strebte eine Reduzierung der Kreisparteischulen an, die SKK hingegen forderte die Schaffung von kreisübergreifenden Schulen. „Entgegen dem Vorschlag der SED, die Ausbildungsdauer an Landesparteischulen auf sechs Monate festzusetzen", forderte die SKK Einjahreskurse und die Verlegung der Schulen in industrielle Zentren. Während die SED das Selbststudium der Werke von Marx, Engels, Lenin und Stalin als Hauptform parteilicher Bildung ansah, stellte die SKK die Zirkel in den Mittelpunkt.

-

-

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aus diesen wenigen Beispielen wird deutlich, wie groß die Diskrepanz zwischen den Vorstellungen der SED und den Forderungen der sowjetischen Behörden gewesen ist. In diesem Zusammenhang erscheint interessant, dass es obwohl es in den Mitteilungen an Moskau oder Semënov und Cujkov in erster Linie darum ging, dass es nicht schlecht wäre, die Empfehlungen der Informationsabteilung über die Führung der SED zu realisieren in der Ausgabe 9 des

Bereits

-

Bulletins innerdeutscher Informationen für die SKK vom 9. Mai 1950 unmissverständlich hieß, folgende Beschlüsse würden in Kürze gefasst werden: die Einführung eines einheitlichen Parteilehrjahres, und zwar in den Städten jeweils vom 1. Oktober bis 30. Juni und auf dem Land vom 1. Oktober bis zum 15. Juni; die Reduzierung der Anzahl von KPS; die Einführung von Abendparteischulen auf Kreisebene für SED-Funktionäre; die Gründung von Abenduniversitäten des Marxismus-Leninismus; die Verlängerung der Ausbildungsdauer; die Einführung eines externen Studiums an der Parteihochschule usw.432 Es fanden zwar nicht alle „Empfehlungen" ihren Niederschlag in dem SED-Projekt zur Reorganisation des Parteischulwesens, immerhin jedoch waren bestimmte Ergebnisse der „Arbeit" mit der SED unübersehbar. -

Die anschließende Routinearbeit an der Vorbereitung der für den 2. und 3. Juni geplanten 26. (40.) Tagung des Parteivorstandes der SED, auf der u.a. die Veränderungen im Parteischulwesen diskutiert werden sollten, wurde seitens der Unterabteilung Propaganda der Informationsabteilung kaum noch mit Aufmerksamkeit bedacht. Sogar bei dem wahrscheinlich letzten Treffen Danilovs mit Oelßner in Vorbereitung auf die 26. Tagung, das am 25. Mai 1950 stattfand, reagierte Danilov auf Oelßners Mitteilung, dass man am 2. Juni ausführlicher über die Reorganisation des Partei432

Bjulleten' vnutrigermanskoj Bl.

85).

informacii Nr. 9 ot 9

maja 1950g. (RGASPI,

F. 17, op. 137, Akte 314,

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

130

Schulwesens sprechen werde, recht einsilbig und stellte nur fest, dass die SKK von ihrer Seite bereits sämtliche Standpunkte zu dem von der SED vorgeschlagenen Projekt an die Partei heran-

getragen habe.433

Wesentlich mehr Aufmerksamkeit widmete man bei diesem Treffen der Tätigkeit des MarxEngels-Lenin-Stalin-Instituts beim ZV der SED, der Verstärkung der ideologischen Arbeit unter der Intelligenz, speziell Fragen der Einbindung der Intelligenz in das Parteischulsystem. Diese etwas ungewöhnliche Wendung hing damit zusammen, dass die Mitarbeiter der Informationsabteilung der SKK nunmehr, nachdem sie ihre übergeordneten Instanzen in Berlin und Moskau sowohl über die Pläne der SED zur Reorganisation des Parteischulwesens als auch über ihre eigenen Positionen in dieser Frage informiert hatten, lediglich auf eine Entscheidung ihrer übergeordneten Leitung warteten. Es darf nicht vergessen werden, dass die Prinzipien des jetzt auch schon „internationalen" demokratischen Zentralismus u.a. beinhalteten, dass Entscheidungen von höherer Ebene nicht diskutiert, sondern einfach als gegeben, ja geradezu als bindende Richtlinie für das eigene Handeln angenommen wurden. Zwar kennen wir heute immer noch nicht die genaue Entscheidung Moskaus, aber vieles spricht dafür, dass die sowjetische Führung in den wesentlichen Punkten die Vorschläge der Informationsabteilung der SKK zur Reorganisation des Parteischulwesens unterstützte. Sowohl die Beschlüsse der 26. Tagung des PV der SED als auch deren Bestätigung auf dem III. Parteitag der SED entsprachen im Grunde genommen fast wörtlich den Empfehlungen und Vorschlägen der SKK.

Offensichtlich war das gewisse Gegeneinander nun überwunden, und die Worte aus dem Bericht des Parteivorstandes der SED an den III. Parteitag, dass sich „die erhöhten politisch-ideologischen Anforderungen in erster Linie aus den Erfahrungen der KPdSU(b) in der Schulungsarbeit" 434 ergäben, erhalten unter diesem Gesichtspunkt erst ihren wahren Sinn.

Dahingestellt sei dabei, wie es zu dieser Übereinkunft kam. Eine Reihe von Historikern vertritt die Auffassung, dass der wesentliche Impuls für eine derart radikale Umgestaltung des Parteischulwesens der DDR von dem Besuch der SED-Delegation Anfang 1950 in der UdSSR ausgelöst wurde. Zweifellos kann man davon ausgehen, dass diese Delegation in Moskau eine ganze Palette von Ideen und Anregungen aus dem Parteileben der KPdSU aufgenommen hat und dass viele davon ihren Niederschlag in der Erstfassung des Projekts zur Reorganisation des Parteischulwesens fanden. Allerdings gab es bis zum Mai 1950 recht deutliche Abweichungen im generellen Herangehen an die „schöpferische Verwertung" dieser Erfahrungen bei der SKK und der SED, sodass sich die sowjetische Seite, wie schon so oft, gezwungen sah, den zeitweilig vom rechten Weg abgekommenen deutschen Genossen wieder die richtige Richtung zu weisen. Daher besteht kaum Zweifel, dass auch der diesbezügliche Beschluss der 26. (40.) Tagung des ZV der SED ein Kind der SKK war. Von sowjetischer Seite wurden nicht nur die Inhalte und der konkrete Zeitpunkt der Annahme des Beschlusses, sondern auch die nachfolgende Kampagne zu dessen Umsetzung bestimmt. In der Geschichte der SED vor 1950 hatte es kaum eine Entscheidung gegeben, die derartig breit in der Öffentlichkeit propagiert wurde. Sogar auf dem III. Parteitag wurde der bereits gefasste Beschluss des Zentral Vorstandes vor der Bestätigung noch einmal ausführ433

434

Iz dnevnika nacal'nika

otdelenija propagandy otdela informacii SKKG, podpolkovnika Danilova. Sokrascënnaja zapis' besedy s clenom sekretariataCP SEPG t. El'snerom i zavotdelompropagandy CP SEPG Chagerom, 25 maja 1950g. (AVPRF, F. 457a, op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 73). Siehe: Drasny, Die Schulungs- und Bildungsarbeit der SED, S. 188.

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

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lieh erörtert und diskutiert. Dieses Herangehen zeigt ein weiteres Mal das große Interesse der sowjetischen Seite an der Annahme und der unbedingten praktischen Verwirklichung des Programms zur Reorganisation des Parteischulwesens. Der Beschluss an sich ist hinreichend bekannt,435 sodass hier nur noch einmal auf jene wichtigen Punkte in Bezug auf das Parteischul wesen verwiesen werden soll, die unter direkter und wiederholter Einflussnahme der SKK zustande kamen:

-

-

-

Einführung eines einheitlichen Lehrjahres der Parteischulung; Vierteljahreslehrgänge an den Kreisparteischulen; Jahreslehrgänge an den Landesparteischulen; Zwei- und Einjahreslehrgänge an der Parteihochschule und Einrichtung einer zweijährigen Aspirantur an der Parteihochschule.436

Die ausführliche Darstellung einzelner Schritte der Entscheidungsfindung soll verdeutlichen, wie die Entwicklung wirklich verlaufen ist, und dazu beitragen, eklatante Falschdarstellungen der Geschichte der SED besser zu durchschauen. So ist es nicht einfach nur Parteijargon, wenn festgestellt wird, dass es „in diesem Zeitraum unserer Partei gelang, mit Hilfe der Parteischulung die Entwicklung zur Partei neuen Typus erfolgreich einzuleiten und weiterzuführen"437, sondern eine bewusste Verschleierung der wahren historischen Gegebenheiten. Im Folgenden soll die weitere Entwicklung des Parteischulwesens nach dem III. Parteitag betrachtet werden. Die SMAD und etwas später die SKK mussten sich nach der Gründung der DDR mit für sie recht schwerwiegenden Problemen auseinander setzen. Es ging um die Reorganisation der SBZ in einen Staat, wenngleich auch in einen Staat von nur eingeschränkter Selbstständigkeit (was damals de facto allen klar war). In Fragen der Ideologie stand eine nicht weniger scharfe Auseinandersetzung an. Es mangelte immer noch an zuverlässigen ideologisch geschulten Kadern. Die Remigranten aus der UdSSR verfolgten im Wesentlichen die gleiche Politik wie die Führung der UdSSR, in einigen Fragen erlaubten sie sich jedoch ein gewisses Maß an Eigenständigkeit. Ihr jahrelanger Kampf gegen den Faschismus und ihre Verdienste um die kommunistische Bewegung schienen ihnen das erforderliche moralische Recht zu geben. Die zurückgekehrten ehemaligen Kriegsgefangenen, die in den sowjetischen Lagern verschiedene Antifa-Schulen absolviert hatten, waren zwar der Sache treu ergeben und jederzeit bereit, Aufgaben zu übernehmen, jedoch mangelte es ihnen häufig an dem nötigen Wissen, an konkreten Kenntnissen der marxistischleninistischen Theorie und an Erfahrungen in der Parteiarbeit. Die Tätigkeit der SKK in dieser Richtung rührte immer wieder an eine „alte Wunde", an den Wunsch der SED-Führung, im Zentralvorstand, aber auch auf Landesebene eine eigene Meinung zu haben und zu vertreten, die sich ungeachtet eines oftmals langen Aufenthaltes in der Sowjetunion von dem Bewusstsein der sowjetischen Kommunisten unterschied. So war man permanent 435 436 437

Vgl.: Über die Verbesserung der Parteipropaganda.

Beschluss des Parteivorstandes vom 3. Juni 1950. In: Dokumente der SED, Bd. Ill, S. 46-63. Bericht des Parteivorstandes der SED an den III. Parteitag der SED. In: Protokoll des III. Parteitages der SED, Bd. 1, S. 105. Siehe: Drasny, Die Schulungs- und Bildungsarbeit der SED, S. 189.

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auf der Suche nach Personen, die bedingungslos verstanden, was von ihnen erwartet wurde und die Meinung des „großen Bruders" widerspruchslos als ihre eigene akzeptierten.

SED-Delegation nach ihrem dreiwöchigen Aufenthalt in Moskau, wo sie einen „außerordentlich tiefen und umfassenden Einblick in die gesamte Propaganda- und Agitations-

Wenn sogar die

arbeit der KPdSU(b) erhalten hat"438, einen relativ eigenständigen Standpunkt zu dieser Problematik äußerte,439 lag es auf der Hand, dass weitere Schritte unternommen werden mussten: Es sollten verstärkt „junge Kader" erzogen werden, die keinerlei Traditionen verhaftet waren, die keine besonderen Verdienste vor der Partei in der UdSSR aufweisen konnten. Diese Erziehung sollte freilich nicht mehr auf dem Niveau von Antifa-Schulen erfolgen, sondern diese Kader sollten unmittelbar auf eine Leitungstätigkeit in der Partei bzw. im Staat vorbereitet werden. Am 25. Juli 1950 war es so weit. In einem Gespräch mit dem Mitglied des Sekretariats des ZV der SED Oelßner und dem Abteilungsleiter Propaganda beim ZV der SED, Kurt Hager, schlug Danilov vor, die SED solle sich mit der Bitte an das ZK der KPdSU(b) wenden, über die Parteischiene 20 bis 25 „gute SED-Mitglieder zu einem Studium in die UdSSR entsenden zu dürfen" 44°. Diesen Vorschlag Danilovs unterstützte Oelßner sofort ohne jeglichen Einspruch. Er merkte lediglich an, dass er sich in einer so wichtigen Frage mit dem ZV der SED beraten müsse. Schon im Herbst 1950 wurde der Vorschlag dann in die Tat umgesetzt, was darauf schließen lässt, dass das ZK der KPdSU(b) voll und ganz dahinter stand. Großzügig genehmigte es einen Studienaufenthalt nicht nur für 20 oder 25, sondern sogar für 30 Deutsche. Obwohl der SEDFührung die Auswahlkriterien durchaus bekannt waren, schlug sie 33 Kandidaten vor zum einen, um eine Reserve für Ausfälle zu haben, und zum anderen, um den sowjetischen Kommunisten eine gewisse Wahlmöglichkeit bei der endgültigen Zusammenstellung der Studiengruppe zu überlassen.441 (Anfang 1951 stellten die Deutschen dann bereits die absolute Mehrheit der -

438

439

Bericht des Genossen Fred Oelssner über die Untersuchungen der Parteischulungsarbeit der KPdSU (b) durch die Propagandistendelegation der SED (LHA Schwerin, BL Schwerin der SED, IV/V/2/9/448, Bl. 59). Noch weit enttäuschter waren die Mitarbeiter der SKKD von der Arbeit der Leiterin der Abteilung Parteischulwesen des Landesvorstandes Sachsen-Anhalt der SED, Helene Berg. Von Helene Berg, die von 1933 bis 1945 in der Sowjetunion gelebt und dort u. a. als Lehrerin in Zentral- und Antifa-Schulen gearbeitet hatte, erwartete man immerhin vollstes Verständnis für die anstehenden Aufgaben und dementsprechende Bemühungen um deren Realisierung. Die Kontrolleure der SKKD mussten jedoch feststellen und nach Moskau melden, dass nicht nur die Kreisparteischulen in Sachsen-Anhalt de facto kaum überwacht und angeleitet wurden, sondern dass auch die mehrfachen Besuche von Helene Berg in der Landesparteischule weitgehend ergebnislos blieben, da sich in der Folgezeit ungeachtet der neuen Forderungen des Juni-Beschlusses kaum etwas an der Arbeit der Schule änderte. Vgl. Bjulleten' vnutrigermanskoj informacii Nr. 9 ot 9 maja 1950g. (RGASPI, F. 17, op. 137, Akte 314, Bl. 84). Iz dnevnika nacal'nika otdelenija propagandy otdela informacii SKKG, podpolkovnika Danilova. Sokrascënnaja zapis' besedy s clenom sekretariata CP SEPG t. Él'snerom i zavotdelom propagandy CP SEPG Chagerom, 25 maja 1950g. (AVPRF, F. 457a, op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 73). Es ist kaum anzunehmen, dass der Abteilungsleiter Propaganda einen solchen Schritt ohne vorherige Abstimmung mit der Führung der SKK, sicherlich auch nicht ohne Rückhalt bei den entsprechenden Abteilungen im ZK der KPdSU (b), unternehmen konnte. Ebenso wie bei früheren Vorstößen waren die deutschen Genossen aufgefordert, den ersten Schritt in eigener Initiative zu unternehmen. Soprovoditel'naja zapiska Nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Kijatkina Davydovu ot 15.11.1950g. (AVP RF, F. 457(b), op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 244-245). -

440

441

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ausländischen Hörer der Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b). Die übrigen Ausländer kamen aus der KP Italiens, der Ungarischen Partei der Werktätigen und der Mongolischen Revolutionären Volkspartei.442)

insgesamt 48

So war ein weiterer Schritt in Richtung ideologische Annäherung getan, bei der man mittlerweile schon von einer Vorstufe der „Selbstsowjetisierung" sprechen konnte. Bei der Mehrzahl jener „guten SED-Mitglieder" hatte die innere Transformation (nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Herausbildung der Partei neuen Typus) ihre Weltanschauung bereits stark verändert, sodass das Studium in der UdSSR lediglich noch die Rolle eines Katalysators für vielleicht bis dahin nicht vollständig verinnerlichte Ideen spielte. Nachdem das Minimalprogramm zur Reorganisation des Parteischulwesens der SED erfüllt war, begannen die Mitarbeiter der Informationsorgane der SKK zielstrebig mit den Vorbereitungen auf den III. Parteitag. Auch jetzt führten die Mitarbeiter der SKK umfangreiche Kontrollen im Parteischulsystem der SBZ durch. Im Unterschied zu früheren Kontrollen lag dieses Mal der Schwerpunkt auf der Überprüfung der Tätigkeit der Landesparteischulen.

Analysespektrum war sehr breit angelegt: Nicht nur kaderpolitische, sondern auch arbeitsorganisatorische und finanzielle Aspekte wurden beleuchtet. Sämtliche Lehrkräfte und Assistenten wurden beurteilt, wobei ein unverzichtbares Element dieser schriftlichen Einschätzungen die Angabe des Bildungsgrades war. In Zuge der Kontrollen wurde außerdem überprüft, inwieweit die Direktive des ZV der SED über die Möglichkeit, ehemalige SPD-Mitglieder von ihrem Lehrauftrag zu entbinden und ihnen auch für die Zukunft den Weg in eine Lehr- oder Propagandatätigkeit zu verwehren, an der betreffenden Schule umgesetzt wurde.443 Die Verdrängung ehemaliger Anhänger der SPD von einer Tätigkeit an der ideologischen Front setzte die vorausgegangene Politik (Verbot der SPD, Aufhebung der Parität) in logischer Folge fort. Gleichzeitig bedeutete eine derartige Praxis, dass sich das Parteiaktiv innerhalb der SED auf allen Ebenen bereits so stark verändert und den neuen Gegebenheiten angepasst hatte, dass eine solche Beschlussfassung und die sich daran anschließende praktische Realisierung überhaupt möglich wurden.444 Neben der ehemaligen Mitgliedschaft in der SPD wurde in zunehmendem Maße (mit dem Anwachsen des Konflikts zwischen den ehemaligen Verbündeten und der Zunahme der SpionageManie) auch der Aufenthalt in britischer, amerikanischer oder französischer KriegsgefangenDas

442

pri CK VKP(b) Mitronova sekretarju CK VKP(b) Suslovu M.A. s pros'boj o posescenii inostrannymi slusateljami VPS odnoj sessii Verchovnogo Soveta RSFSR, ot 6.3.1951g. Pis'mo Rektora VPS

(RGASPI, F. 612, op. 1, Akte 254, Bl. 21). 443

444

Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O rabote zemel'noj partijnoj skoly zemli Meklenburg" ot predstavitelja SKKG po zemle Meklenburg, ot 16.6.1950g. (AVP RF, F. 457(b), op. 10, Mappe 72, Akte 36, Bl. 62). Die Angst vor selbst dem kleinsten Funken ideologischen Freidenkens, vor jeglicher Art außerplanmäßiger Aktivitäten, die nicht genau in die Linie der SED passten, führte dazu, dass noch bis in die Mitte der 60er Jahre hinein, also auch noch nach dem Bau der Berliner Mauer, alle mehr oder weniger bekannten ehemaligen Sozialdemokraten überwacht wurden. Vgl. SED-Stadtleitung. Aussprache mit ehemaligen Genossen der SPD, 4.6.1960 (HSAD, SED-BL Dresden, IV/2/9/01/049, Bl. 6), sowie: An die SED-Stadtleitung Dresden von der SED-Stadtbezirksleitung Süd. Betr. Aussprache mit ehemaligen SPD-Mitgliedern vom 4.6.1960 (ebd., Bl. 12).

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schaft als eine Art krimineller Handlung eingestuft und diente in Einzelfällen bereits als inoffizieller Grund für die Entlassung aus einer Lehrtätigkeit an Parteischulen.445 es in der Leitungsebene der einen oder anderen Schule Personen dieser Kategorie, so war das bereits Anlass genug, um im Zuge der Kontrollen immer wieder auf das Schärfste alles zu prüfen. Besonders betroffen von solchen Kontrollen waren die Bibliotheken der Parteischulen, die systematisch darauf untersucht wurden, ob es dort nicht etwa Bücher gab, die von den sowjetischen Ideologen als „feindlich" oder „opportunistisch" eingestuft wurden. Auch die privaten Bibliotheken, besonders jene, die sich in den Räumlichkeiten der Schulen befanden, wurden derartigen Kontrollen mit der Begründung unterzogen,446 man müsse die Qualität der Vorbereitung auf Vorlesungen und Seminare prüfen. Ein niedriges Bildungsniveau der Lehrkräfte dagegen rief zwar eine gewisse Kritik hervor, wurde jedoch im Allgemeinen noch geduldet. Nur die ständige Auseinandersetzung mit einer „vollkommen unzulänglichen parteigemäßen Bildung" stand immer wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Gab

Die früheren Ratschläge zur Überwindung solcher „Mängel" erklangen in immer härteren Tönen, immer lauter wurde die Forderung, dass alle Lehrkräfte an Landesparteischulen Zweijahreslehrgänge an der Parteihochschule absolviert haben sollten.447 Daher war es nur noch eine Frage der Zeit, wann ein entsprechender Punkt in die Beschlussfassung des ZV der SED aufgenommen werden würde. Mittlerweile betrafen Abweichungsvorwürfe sogar Formen und Arbeitsmethoden des Seminarunterrichts und des Selbststudiums. Wie bereits erwähnt, bildete die Gleichförmigkeit und Einheitlichkeit in absolut allen Dingen das Maß und Ideal, nach welchem man strebte. Sowohl die nie verstummende Forderung der SKK, die Landesparteischulen in die Bezirksstädte zu verlegen,448 als auch ihr Beharren auf der Einführung eines planmäßigen Berichtswesens über die Arbeit der Landesparteischulen in den Landesvorständen der SED verfolgten nur ein Ziel die Kontrollmöglichkeiten zu verstärken und zu vereinfachen. -

Die Verlängerung der Ausbildungsdauer und Steigerung der Hörerzahlen an den Landesparteischulen erhöhte deren Bedeutung an der „ideologischen Front" noch weiter. Jetzt musste bei der Auswahl von Studienkandidaten noch sorgfältiger vorgegangen werden, obwohl das wie schon früher bei den Verantwortlichen nicht gerade mit Enthusiasmus aufgenommen wurde. -

-

445

446

447

448

Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O rabote zemel'nych partskol v Tjuringii" ot 21.6.1950g. (AVPRF, F. 457(b), op. 10, Mappe 72, Akte 36, Bl. 69); Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O sostojanii raboty zemel'noj partijnoj skoly zemli Saksonija" ot i.o. nacal'nika otdela informacii pri predstavitel'stve SKKG po zemle Saksonija, ot 21.6.1950g. (ebd., Bl. 90). Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O sostojanii raboty zemel'noj partskoly SEPG" ot nacal'nika otdela informacii SKKG po zemle Brandenburg polkovnika Martem'janova, ot 20.6.1950g. (AVPRF, F. Informationsabteilung der SKKD, op. 10, Mappe 72, Akte 36, Bl. 54). Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O rabote zemel'noj partijnoj skoly SEPG zemli Meklenburg" ot nacal'nika otdela informacii SKKG po zemle Meklenburg podpolkovnika Siskova, ot 16.6.1950g. (Ebd., Bl. 65). Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O rabote zemel'nych partijnych skol v Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii predstavitel'stva SKKG po zemle Tjuringija podpolkovnika Miscenko, ot 21.6.1950g. (Ebd., Bl. 73).

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Beliebt war nach wie vor die Praxis, jene zum Studium an eine Parteischule zu entsenden, die entweder unbequem oder vor Ort gerade nicht brauchbar waren oder aber sich in irgendeiner Weise etwas hatten zu Schulden kommen lassen (um sich ihrer vorerst zu entledigen).449 Nachdem die SKK all diese Informationen zusammengetragen hatte, nahm sie sozusagen vollständig ausgerüstet die Vorbereitung des III. Parteitages in Angriff. Das bedeutete, der SEDFührung alle erforderlichen „Empfehlungen" zu geben, aber auch, sich für jede erdenkliche Rückfrage seitens der Vertreter des ZK der KPdSU(b) zu rüsten. Ohne auf die Beschlüsse des III. Parteitages im Einzelnen einzugehen, soll hier lediglich darauf hingewiesen werden, dass diese Beschlüsse ohne den Druck der SKK wohl kaum derart gravierende Neuerungen enthalten hätten. Schon aus dem bescheidenen Umfang des heute zugänglichen Aktenmaterials zum Parteischulwesen und zu Fragen der Partei-Ideologie wird ersichtlich, welch immense Vorarbeit die SKK bei der Inszenierung des Parteitages geleistet haben muss. Nach dem

Parteitag entsandte man wieder diverse Kommissionen, Gruppen oder auch einzelne Inspektoren in die SED-Organisationen um zu kontrollieren, wie die Beschlüsse der 26. (40.) Tagung und des III. Parteitages vor Ort verwirklicht würden. Wieder trug man Informationen zusammen, listete Mängel auf, stellte Empfehlungen zusammen, wie die Arbeit zu verbessern, die Organisation zu optimieren sei. Was Veränderungen und Ergänzungen zur Verbesserung der ideologischen Arbeit der SED betraf, so ging die Prärogative der Entscheidungsfindung und Beschlussfassung über Neuerungen immer mehr auf den Apparat des Politischen Beraters über. Im Schriftwechsel mit dieser Einrichtung finden sich in der Folgezeit immer häufiger Formulierunerhalten Sie zur Entscheidung".450 Derartige Formulierungen sind besonders oft gen, wie dort anzutreffen, wo die Informationsabteilung in ihren Vorschlägen über den Rahmen der internen Angelegenheiten der SED hinausging und damit das gesellschaftspolitische Leben der DDR generell berührte. Zu diesen Vorschlägen gehörte zum Beispiel jener vom November 1950, der die Einführung des Studienfaches „Grundlagen des Marxismus-Leninismus" als Pflichtveranstaltung an allen Hochschulen (und Fakultäten) der Republik451 vorsah, ebenso wie die Herausgabe von allgemein gültigen und für alle verbindlichen Lehrbüchern zur deutschen Geschichte und zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, die Kontrolle aller Bibliotheken hinsichtlich politisch schädlicher Literatur und deren Vernichtung sowie das Erteilen von Empfehlungen an Film- und Theater„...

schaffende, Schriftsteller 449 450

451

usw.,

was

sie wie

zu

schreiben,

zu

filmen,

zu

inszenieren hatten.452

Ebd. Politsovetniku Semënovu V.S. „Predlozenija po voprosu povysenija ideologiceskoj raboty v SEPG" ot nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika M. Kijatkina (AVPRF, F. 457(b), op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 247). Interessant ist, dass sich eine Verstärkung des demokratischen Zentralismus nicht nur innerhalb der SED vollzog, sondern quasi auch im Verhältnis zwischen der KPdSU (b) und der SED. Hatten früher unter Umständen mehrere Wochen zwischen einer Empfehlung der SKK und dem entsprechenden Beschluss des PV der SED gelegen, so lagen in diesem Fall die von Semënovs Apparat gebilligten Vorschläge u.a. zur Einführung eines marxistisch-leninistischen Grundstudiums an allen Universitäten und Hochschulen bereits auf der 4. Tagung des ZK der SED (17.-19. Januar 1951) zur Beschlussfassung vor. Politsovetniku Semënovu V. S. „Predlozenija po voprosu povysenija ideologiceskoj raboty v SEPG" ot nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika M. Kijatkina (AVPRF, F. 457(b), op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 250-257). -

452

-

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Zum Parteischulwesen findet sich in den Berichten jener Zeit immer noch die Formulierung „dem ZK der SED ist zu empfehlen", aber kaum noch „wir haben dem ZK der SED empfohlen". Die Empfehlungen, welche die SED Ende 1950 zur Verbesserung ihrer Arbeit erhielt, betrafen in erster Linie organisatorische Fragen der Parteiarbeit, deren Koordinierung und Kontrolle. Dabei sollte die Hauptarbeit auf den Schultern der Mitarbeiter der einzelnen Abteilungen des ZK der SED selbst ruhen. Sie erhielten konkrete Aufgabenstellungen, wie z.B. die Veröffentlichung der Werke Stalins und seiner Biografíe zu beschleunigen (die Frage nach der entscheidenden Erhöhung der Anzahl freiwilliger Kandidaten für die Zirkel zum Studium von Stalins Werk hing eng damit zusammen, aber mit dieser Problematik befassten sich die örtlichen SKK-Behörden)453 oder die Erarbeitung und Herausgabe methodischer Anleitungen zu den Themen des Lehrprogramms für politische Schulen und Zirkel zum Studium der Geschichte der KPdSU(b) und der Biografíe Stalins voranzutreiben. Die Umsetzung dieser „Ratschläge" fand ihren Niederschlag fast vollständig in dem Beschluss des Sekretariats des ZK vom 9. Oktober 1950 mit dem Titel „Beseitigung der ersten Mängel in der Vorbereitung des Lehrjahres 1950/51 der Partei-

schulung"454.

Ende 1950 äußerte die SKK den Gedanken, dass es an der Zeit sei, in den Zeitungen eine spezielle Rubrik mit dem Titel „Agitationstribüne" einzuführen. Hier sollten Empfehlungen für Gesprächsthemen und Erläuterungen zu aktuellen Fragen gegeben werden. Schließlich fand man, dies sei immer noch zu wenig, und schlug vor, eine gesonderte Zeitschrift, den „Notizblock des Agitators", mit einem 14-tägigen Erscheinungsrhythmus herauszubringen.455

„Theoretische Kader" der SED mühten sich in der Parteipresse, den Massen die marxistisch-

leninistische Theorie in entsprechend wirksamer Form nahe zu bringen und den Propagandisten Argumentationsmaterial in die Hand zu geben, das sie befähigen sollte, in den unausweichlichen und teilweise harten Diskussionen mit der Parteibasis (die allerdings immer seltener wurden) und der Bevölkerung die Position der Partei schlagkräftig zu vertreten. Vor Ort forderten die Mitarbeiter der SKK neben der unverminderten Kontrolle und dem Druck auf die SED-Organisationen nunmehr alle Parteimitglieder in das Parteischulungssystem einzubinden, da dies gewissermaßen als Kriterium für den Erfolg ihrer eigenen Arbeit diente. Auf ihre Hilfe in Fragen der Bereitstellung von Räumlichkeiten für Parteischulungsveranstaltungen konnten sich die SEDLeitungen sofern dies überhaupt noch erforderlich war immer verlassen. -

-

-

-

Dennoch wandte sich die Informationsabteilung mit dem Vorschlag an Semënov, dem ZK der SED einige Themen zu benennen, die in den Parteischulen der verschiedenen Ebenen obligatorisch zu behandeln seien; diese Themen könnten wie folgt aussehen: -

453

454 455

Zur inneren und äußeren Situation Deutschlands Der Fünfjahresplan für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands Die Entwicklung der SED zur Partei neuen Typus.

Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O podgotovke k novomu ucebnomu godu v sisteme partijnogo prosvescenija SEPG po zemle Saksonija" ot 3.10.1950g. (AVPRF, F. 457(b), op. 10, Mappe 72, Akte 36, Bl. 171). Dokumente der SED. Bd. III, S. 226-231. O sostojanii massovo-politièeskoj agitacii v SEPG i komitetach Nacional'nogo fronta. (AVPRF, F. 457(b), op. 10, Mappe 71, Akte 34, Bl. 120).

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

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vorgeschlagenen Themen als solche zeugten zwar nicht von einer Neuorientierung der Parteischulung, aber es ging auch nicht um Bezeichnungen, sondern um Inhalte. Aus der Kenntnis der generellen Vorgehensweise der sowjetischen Seite heraus kann man davon ausgehen, dass das ZK der SED wiederum von Moskau gewisse Vorgaben zum Inhalt der Vorlesungen erhielt, die es umzusetzen galt. Damit fand es sich wieder in der gleichen Lage wie Anfang des Jahres: Auf der einen Seite gaben die Sowjets der SED großzügig Freiheiten, sozusagen als souveräne Partei ihr Programm selbst zu formulieren, auf der anderen Seite aber erwartete man die Umsetzung der sowjetischen Vorgaben in einer ganz bestimmten Richtung. Dadurch hatten viele SEDMitglieder den Eindruck, geradezu im „Leerlauf zu arbeiten, und zeigten verständlicherweise Die

keinen besonderen Enthusiasmus. Wie schon bei der Vorbereitung der Parteibeschlüsse zur Parteischulung diskutierte man in den Abteilungen des ZK der SED, erstritt und erarbeitete Beschlussvorlagen, von denen sich anschließend herausstellte, dass sie den sowjetischen Behörden nicht ins Konzept passten. Daraufhin wandte sich Ulbricht, vermutlich auf Bitten der Verantwortlichen für die Vorlesungsthemen der Parteischulen, Anfang Dezember 1950 mit der Bitte an das ZK der KPdSU(b), man möge ihm doch regelmäßig alle Neuerscheinungen der Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b) „zur Verwendung im Parteischulsystem der SED"456 schicken. Dass diese neuen „methodologischen Werke" schließlich in der gesamten ideologischen Arbeit der SED verwendet werden würden, war allen klar. Ebenso lag es auf der Hand, dass in diesen Literatur-Paketen nicht nur Arbeiten von Mitarbeitern der Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b) sein würden. Der Vorsitzende der Außenpolitischen Kommission beim ZK der KPdSU(b), V. Grigor'jan, zeigte großes Verständnis für diese Bitte. Zum einen kannte er vermutlich den realen Zustand der theoretischen Kader der SED gut, zum anderen bildete dieser Weg der Weitergabe von Literatur nach außen hin ein wesentlich besseres Alibi für die permanente Einmischung als die dauernde Erteilung von Auflagen, seien sie auch als „Empfehlungen" getarnt. Der Sekretär des ZK der KPdSU(b) M.A. Suslov, der für die DDR zuständig war, hatte ebenfalls nichts dagegen. Daher wurde bereits Ende Dezember 1950 eine erste Lieferung von Lehrprogrammen und Vorlesungsskripten, welche die Parteihochschule beim ZK der KPdSU(b) herausgegeben hatte, zusammengestellt, von der Agitprop überprüft und anschließend der Führung der SED übersandt.457 Nunmehr musste das Ganze nur noch übersetzt werden. Die KPdSU (b) hoffte, nachdem sie die Samen der Ideologie reichlich verstreut hatte, auf die ersehnte Ernte. In Moskau arbeitete man derweil an der Zusammenstellung einer neuerlichen Literaturlieferung, deren Inhalt wiederum zu einem Standardwerk für Parteitheoretiker der SED werden sollte. Darüber hinaus ging man davon aus, dass die Inhalte, wenngleich auch nicht vollständig übersetzt, so doch zumindest in einer Kurzfassung „breiten Bevölkerungskreisen" nahe gebracht werden würden.

Ähnlich wie in den vorausgegangenen Jahren stützten sich die Kriterien für die Erstellung von Berichten, welche die Informationsabteilungen jedes Landes erhielten, auf die Beschlüsse des 456

457

Soobscenie predsedatelja Vnesnepoliticeskoj komissii CK VKP(b) V. Grigor'jana Sekretarju CK VKP(b) Suslovu M.A. o peredace v ispol'zovanie v sisteme partprosvescenija SEPG pecatnych izdanij VPS pri CKVKP(b)ot 8.12.1950g. (RGASPI, F. 17, op. 137, Akte 307, Bl. 75). Soobscenie I. Komissarova t. Popovu D. M. o vozmoznosti peredaci partijnoj literatury VPS pri CK VKP(b) v CK SEPG. (Ebd., Bl. 84).

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Parteitages der SED sowie auf die Verordnung des ZK der SED vom 3. Juni 1950. Das bedeuauf die Einrichtung bzw. die Kontrolle über die Einrichtung von Zirkeln aller Art zur Einbindung möglichst vieler SED-Mitglieder sowie, wenn möglich, auch von Parteilosen in das Parteilehrjahr. Dies wiederum bedeutete in erster Linie das Studium der Biografíe Stalins und der Geschichte der KPdSU(b). Ein weiterer Schwerpunkt war die Kampagne zur Überprüfung aller Mitarbeiter im öffentlichen Dienst der DDR und in den Massenorganisationen, ganz zu schweigen von den SED-Organen. Diese Überprüfung betraf die aktuelle politische Loyalität gegenüber dem herrschenden Regime, aber auch die politische Vergangenheit. Die Kampagne begann am 15. Januar 1951 in Übereinstimmung mit einem Beschluss des III. Parteitages der SED (26.-27. Oktober 1950) und beschäftigte die Mitarbeiter der SKK in den Landesbehörden wie in der Provinz gleichermaßen. Kompromittierendes Material aus der Vergangenheit wurde dabei zielgerichtet nach einer Reihe streng definierter Kriterien gesucht, und zwar: Kriegsgefangenschaft bei den westlichen Alliierten; ehemalige Mitgliedschaft in der SPD, der KPD, der SAP (Sozialistische Arbeiterpartei), im so genannten Leninbund und in einigen anderen politischen Vereinigungen sowie nicht zuletzt in III.

tete in erster Linie die Konzentration aller Anstrengungen

der NSDAP.

Die bevorstehende große Säuberung und die damit verbundene Schaffung bzw. Wiederbelebung von entsprechenden örtlichen Kontrollkommissionen bestimmte den Beginn des Jahres 1951. Die große Bedeutung, die die Führung der KPdSU(b) dieser Säuberung beimaß, wird u.a. dadurch belegt, dass viele Berichte, die Informationen über Säuberungen innerhalb der SED beinhalteten, mit der Unterschrift der jeweils zuständigen Landesvertreter der SKK anstelle der des betreffenden Leiters einer Informationsabteilung an den Politischen Berater der SKK in Deutschland,

Semënov, gingen.458

Im Rahmen dieser Kampagne entstanden zweifellos Entwürfe zu zukünftigen Beschlüssen, wie z.B. über die notwendige Erhöhung der politischen Wachsamkeit. In den Wechselbeziehungen zwischen der SKK und dem ZK der SED waren im Wesentlichen jene Tendenzen zu verzeichnen, die sich bereits in den vorausgehenden Jahren etabliert hatten. Wie bereits früher, konnten auch jetzt auf den Sitzungen des Politbüros des ZK der SED diese oder jene Fragen nur dann als Beschlussvorlagen angenommen werden, wenn sie im Vorfeld von den zuständigen Mitarbeitern der SKK eingesehen und kommentiert bzw. befürwortet worden waren.459

Die undankbare Aufgabe eines „Sekretärs", der vorbereitete Dokumente weiterzuleiten und anschließend kommentiert wieder in Empfang zu nehmen hatte, übernahm in der Regel Ulbricht persönlich. Dadurch blieb er, ungeachtet aller Kritik, stets der Mann im ZK, der über alles Bescheid wusste.460 Andererseits wandte sich auch die sowjetische Führung über ihre Vertreter in der SKK in allen noch so geringfügigen Fragen meist unmittelbar an Ulbricht bzw. informierte ihn vorrangig.

458

459 460

Donesenie Politsovetniku SKKG Semënovu „O chode podgotovki k proverke clenov i kandidatov partii i obmenu partijnych dokumentov po zemle Meklenburg" ot 04.01.1951g. ot Predstavitelja SKKG po zemle Meklenburg general-majora Usova. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 60, Akte 7, Bl. 3). Pis'mo Politsovetniku SKKG t. Semënovu ot Ul'brichta ot 16.01.1951 g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 60, Akte 8, Bl. 1). Ebd.

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Das betraf auch die seit langem geplante Säuberungsaktion. Die Vorbereitung lief, zumindest nach Einschätzung der Kontrolleure aus der SKK, nicht optimal. Besonders stark wurde die „qualitative" Zusammensetzung der Kommissionen kritisiert. So wollte man einfach nicht hinnehmen, dass in den 20 Kommissionen für die Kreise in Mecklenburg-Vorpommern 17 Personen saßen, die seinerzeit in amerikanischer oder britischer Kriegsgefangenschaft gewesen waren. Darüber hinaus gab es eine Reihe ehemaliger SPD-Leute in diesen Kommissionen. Das gab den Ausschlag dafür, dass in einem Bericht an den Politischen Berater Semënov formuliert wurde: „Ein Teil der Mitglieder in den Kommissionen ist unerwünscht."461 Parallel zu diesem Bericht erging der Tadel, dass die Kommissionen übereilt, ohne entsprechende Anleitung zusammengestellt worden seien und dass daher Fehler unterlaufen seien.462 Bereits Ende Februar 1951 trafen bei Semënov spezielle Berichte über erste Ergebnisse der Überprüfungen von Mitgliedern und Kandidaten der SED aus einzelnen Ländern ein.463 Im Zuge dieser sich ausweitenden Kampagne wuchs die Kartei der Nachrichtendienste der UdSSR erheblich an. Sie füllte sich mit detaillierten Informationen über Parteifunktionäre der SED aller Ebenen. Zunächst wurden diese Informationen allerdings an den Apparat von Semënov eingereicht, da dort entsprechendes Informationsmaterial „zur internen Verwendung" benötigt wurde. Vermutlich wurde das eingehende Material bei Semënov zwischenzeitlich gefiltert, um dann den Extrakt dem endgültigen Adressaten zuzuleiten.

Anfangszeit der Überprüfung mussten sich die Mitarbeiter der SKK mit einer für sie unerträglichen Situation auseinander setzen: Allein in Berlin waren von den 40 ersten und zweiten Sekretären der SED-Stadtbezirksleitungen zwölf und von den 172 Instrukteuren der Stadtbezirksleitungen 32 in westlicher Kriegsgefangenschaft gewesen.464 Was mit diesen Personen geschah, lässt sich den Akten nicht entnehmen. In der übrigen DDR war die Situation durchaus ähnlich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich im Zusammenhang mit dem Umtausch der Parteibücher nach der Säuberung von 1949/1950 für eine ganze Reihe von NachwuchsfunktioIn der

nären die Tür

zu

einer höheren Karriere weit öffnete.

Informationen über den Zustand des Parteischulwesens und über die generelle Lage in den SEDOrganisationen gingen unabhängig voneinander sowohl an Semënov als auch an Cujkov. Der entscheidende Unterschied bestand jedoch darin, dass Semënov neben den eigentlichen Lageinformationen auch Empfehlungen für geplante Veränderungen mitgeteilt wurden, was in den Berichten an Cujkov in der Regel fehlte. Das Parteischulwesen wurde nach wie vor sehr streng überwacht und blieb damit ein essentieller Bestandteil der Tätigkeit der Informationsabteilung der SKK. Davon zeugen sowohl die Berichte, die ausschließlich dem Zustand der Parteischulung gewidmet waren, als auch der Inhalt einer 461

462 463

464

Donesenie Politsovetniku SKKG Semënovu „O chode podgotovki k proverke cieno v i kandidatov partii i obmenu partijnych dokumentov po zemle Meklenburg" ot 04.01.1951g. ot Predstavitelja SKKG po zemle Meklenburg general-majora Usova. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 60, Akte 7, Bl. 1). Ebd.,Bl. 3. Special'noe donesenie Politsovetniku SKKG Semënovu „O pervych itogach proverki clenov i kandidatov SEPG zemli Meklenburg" ot 15.02.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 60, Akte 7, Bl. 9). Donesenie Politsovetniku pri predsedatele SKKG t. Semënovu „O sostojanii rakovodjascich kadrov berlinskoj organizacii SEPG" ot 31.08.1951 g. ot Predstavitelja SKK v Berline S. Den'gina. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 59, Akte 6, Bl. 81).

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

140

Vielzahl anderer Dokumente, die keinen unmittelbaren Bezug zum Parteischulwesen hatten. Die regelmäßig etwa alle drei Monate durchgeführten Überprüfungen des Parteischulwesens in den Ländern und Provinzen der DDR hatten häufig Berichte zur Folge, die man, wäre nicht das Entstehungsdatum bekannt, durchaus auch der SMAD-Zeit zuordnen könnte. Die Empfehlungen, die über Semënov an das ZK der SED gegeben wurden, betrafen nicht nur die allgemeine Richtung der politischen Arbeit mit den Parteimitgliedern und mit der „breiten Masse der Bevölkerung", sondern schrieben auch vor, wann und auf welcher Ebene Parteiversammlungen zur Parteischulung einberufen werden sollten und wie die Führungsarbeit an den Landesparteischulen verbessert werden müsse.465 Um die Einmischung zu legitimieren, wurde auch die Meinung der „einfachen Leute" in der Partei an die SKK herangetragen. Das sah unter Umständen so aus: Der Direktor einer Landesparteischule aus Neukrantz in Sachsen-Anhalt schreibt: „Wenn an meiner Stelle irgendein Parteifeind sitzen würde, so könnte er alles tun, was ihm beliebt, schließlich werden wir in keiner Weise überwacht." 466 Es fällt schwer, an das Fehlen einer Kontrolle seitens der zuständigen Abteilungen der SED zu glauben. Fest steht jedoch eines: Ungeachtet der „Stütze auf die Erfahrungen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion" und der „Einführung eines Lehrjahres für alle Ebenen des Parteischulsystems" 467 hatte man in der DDR immer noch nicht jenes Verhältnis zur Parteischulung erreicht, wie es die Parteiführung der KPdSU erwartete.

Noch im Februar 1951 musste die Informationsabteilung der SKK vom ZK der SED fordern, alle Kandidaten und Mitglieder der Partei in das Schulungssystem einzubeziehen. Gleichzeitig musste die beschleunigte Einrichtung von Parteikabinetten als Anlaufpunkte für Funktionäre und Hörer von Parteischulen und -zirkeln zur Unterstützung ihrer theoretischen und praktischen Studien angemahnt werden ein entsprechender Beschluss lag bereits fast ein Jahr zurück.468 -

Auf die Thematik der Lehrveranstaltungen, die von Berlin aus zu aktuellen Fragen erarbeitet, mit den sowjetischen „Freunden" abgestimmt und den Schulen dann zentral vorgegeben wurden, soll hier im Einzelnen nicht eingegangen werden.469 Sie spiegelte im Wesentlichen jene Argumentationen zum politischen und wirtschaftlichen Kurs der SED sowie zur „Entlarvung der reaktionären Politik der Anglo-Amerikaner und ihrer Helfershelfer in der Bonner Regierung" wider, die sich wie ein roter Faden auch durch die Presse der DDR zog. Die örtlichen Informationsabteilungen der SKK gingen in ihren Berichten kaum auf die Thematik der Lehrveranstaltungen ein, da 465

Dokladnaja zapiska t. Semënovu „O soderzanii partijnogo prosvescenija v partijnoj organizacü SEPG zemli Saksonija-Anchal't" ot nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Kijatkina, ot 5.2.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 104, Akte 43, Bl. 50).

466 467 468

Ebd.

Vgl.: Seleznëv, Voprosy partijnogo stroitel'stva, S. 71-80. Dokladnaja zapiska t. Semënovu „O soderzanii partijnogo prosvescenija v partijnoj organizacü SEPG zemli Saksonija-Anchal't" ot nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Kijatkina, ot 5.2.1951 g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 104, Akte 43, Bl. 50). Wie bereits erwähnt, wurde die Einrichtung von

469

Parteikabinetten nicht nur in der DDR, sondern auch in den anderen volksdemokratischen Ländern

Osteuropas aufmerksam verfolgt. Hauptanliegen dabei war, ein Zentrum zu schaffen, welches in der Lage wäre, zu jeder Zeit einen Überblick über die aktuelle Politik der Partei im Hinblick auf die Massen zu haben. Dies war umso schwieriger, als eine Propagandakampagne die andere jagte. Nach dem Kosmopolitismus ging es um die Spione, die Diversanten usf. Darüber ist ausführlich nachzulesen bei Thekla Kluttig, Parteischulung; insbesondere S. 405^154.

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

141

diese zentral vorgegeben waren. Sie interessierten sich mehr für die praktische Seite: Sie kontrollierten die Umsetzung von Beschlüssen und leiteten die örtlichen SED-Organisationen an. Bis zum Sommer 1951 hatte dabei die Überprüfung der Kontrollkommissionen der SED Priorität. Den gegenwärtig zugänglichen Dokumenten nach zu urteilen wurde in dieser Zeit sogar der Kontrolle über das Parteischulwesen, die sonst an erster Stelle stand, weniger Aufmerksamkeit

geschenkt. Im internen Schriftwechsel der SKK ging es in erster Linie um Kaderfragen der SED.470 Häufig findet man darin Formulierungen der Art: „Angesichts dessen, dass unter den führenden Parteifunktionären, speziell unter den ersten und zweiten Sekretären von Kreisleitungen, den Abteilungsleitern der Landesvorstände, den Kaderleitern der Kreisleitungen der SED sowie den Sekretären von Grundorganisationen in Großbetrieben immer noch Personen überwiegen, die seinerzeit in amerikanischer oder britischer Kriegsgefangenschaft gewesen sind, ist es an der Zeit, die Zusammensetzung dieser Gremien zu prüfen und zu verändern. An die Stelle dieser Personen sollten solche treten, die in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gewesen sind, insbesondere jene, die dort Antifa-Schulen absolviert haben."471 Diesem Personenkreis widmeten sowohl die sowjetischen Behörden als auch die Emigranten aus der UdSSR besondere Aufmerksamkeit. Seit Gründung des Instituts Nr. 99 Mitte 1943 unter Leitung von Arthur Pieck 472 gab es eine Einrichtung, die Lehrer für Antifa-Schulen ausbildete, kontrollierte und damit ein Rekrutierungsreservoir für „Kader" in der SBZ/DDR schuf.

Andererseits war in jener Zeit auch eine weitere Tendenz in der Politik der SKK zu verzeichnen: SED-Funktionäre sollten für mindesten eineinhalb bis zwei Jahre in ihrem jeweiligen Amt verbleiben. Man war zu der Einsicht gelangt, dass die dauernden Veränderungen auch unliebsame Nebeneffekte brachten. In der Kürze der Zeit konnten die Betreffenden zum einen nicht die für ihre Tätigkeit erforderlichen Erfahrungen sammeln, zum anderen fehlte bei diesen Funktionären deutlich die innere Motivation, langfristig etwas zu bewegen, da sie davon ausgehen mussten, ohnehin bald abgelöst zu werden. Daher fehlte der Partei die innere Stabilität, Traditionen konnten sich gar nicht erst herausbilden. Im Oktober 1951 war diese Erkenntnis bei beiden Seiten so weit gereift, dass das ZK der SED in Rundschreiben an die Landesparteileitungen aufforderte, zumindest die ersten und zweiten Kreissekretäre für längere Zeit auf ihren Posten zu belassen, damit diese in die Lage versetzt würden, die Partei im Kreis richtig zu leiten.473 Mitte 1951 mussten sich die Parteischulverantwortlichen, deren Abteilung seit 1946 bereits mehrfach ihre Bezeichnung und ihre Position innerhalb der SED-Hierarchie gewechselt hatte, erneut auf strukturelle Veränderungen vorbereiten. Die Existenz getrennter Abteilungen für Agitation und für Propaganda entsprach nach Meinung der Informationsabteilung der SKK nicht mehr den Anforderungen der Zeit, führte sie doch zu einer gewissen Doppelarbeit sowie zu Undurchsichtigkeiten in der persönlichen Verantwortung jedes Leiters und in der Verteilung der Aufgaben-

471

Special'noe donesenie Politsovetniku SKKG Semënovu „O pervych itogach proverki clenov i kandidaSEPG zemli Meklenburg" ot 15.02.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 60, Akte 7, Bl. 9). Spravka ot predstavitelja SKKG po zemle Meklenburg Setjukova „O sostojanii organizacionno-partijnoj raboty zemel'noj organizacii SEPG zemli Meklenburg" nacal'niku otdela informacii SKKG t. Kijatkinu ot 05.07.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 104, Akte 43, Bl. 233).

472 473

Morre, Institut 99, S. 125. Schultz, Der Funktionär in der Einheitspartei, S. 261.

470

tov

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

142

bereiche. Im Vordergrund stand die Forderung nach einem einheitlichen Vorgehen, begleitet von einer Erhöhung des Personalbestands. In erster Linie erging der Ruf nach einem Verantwortlichen innerhalb der Landes- und der Kreisleitungen der SED, der speziell für die Schulungsarbeit unter den Massen zuständig sein sollte. Denn die letzten Überprüfungen hatten ergeben, dass die Beteiligung an den Parteischul Veranstaltungen nur bei etwa 50% lag und dass die Seminare mit den Leitern von Parteischulen und -zirkeln nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht hatten. Es war sogar die Rede davon, dass sie systematisch zum Scheitern gebracht würden.474

Geeignete Leute für eine solche Funktion im Parteiapparat zu finden, war vielleicht nicht ganz so einfach, wie

es

auf den

ersten

Blick scheinen mag, aber doch durchaus realistisch. Wesentlich

komplizierter sah es mit Personal für die Kreisparteischulen aus, denn diese Arbeit besaß ein sehr schlechtes Image. Zum einen versprach sie nur recht schlechte Karrierechancen, zum anderen liefen die Kandidaten stets Gefahr, einen „politischen Fehler" zu begehen. In Thüringen waren z.B. von den zwölf Stellen für Leiter von Kreisparteischulen im Sommer 1951 nur zehn besetzt, von den 40 Stellen für Lehrbeauftragte 23 und von 40 Assistentenstellen ganze 25.475 In den übrigen Ländern und Provinzen der DDR sah es nicht besser aus, und sogar an den Landesparteischulen fehlte es

an

Lehrkräften.476

Die groß angelegte Überprüfung der Parteischulen durch die SKK im Juni 1951 ergab, dass man von einer erfolgreichen Arbeit weit entfernt war. Diese Überprüfung folgte vermutlich einer direkten Anweisung aus Moskau. Davon zeugen zumindest ihr Umfang und ihre Gründlichkeit (die Berichte umfassen bis zu 30 Seiten), die Bandbreite der erfassten Fragen sowie die Tatsache, dass diese Aktion zeitgleich in der gesamten DDR lief. Sie war dazu berufen, ein realistisches Bild über den Verlauf des ersten Parteilehrjahres aufzuzeigen, dessen Ergebnisse zu beurteilen und zugleich Schlussfolgerungen über die Überprüfungen der Mitglieder und Kandidaten der SED zu ziehen. Der Einsatz der SKK-Kommissionen war gründlich vorbereitet. Nach sechs Jahren seiner Existenz funktionierte das Kontrollsystem über das Parteischulwesen in den SED-Organisationen zwar immer noch nicht reibungslos, aber eine gewisse Routine machte sich doch bemerkbar. Mittlerweile konnte sich die SKK auf aussagekräftige Zuarbeiten der SED stützen. Anfragen der SED-Führung an die untergeordneten Parteiorganisationen wurden zügig bearbeitet, der Zufluss statistischer Angaben als Grundlage für Analysen hatte sich derart stabilisiert, dass dieses Material aktuell und in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stand und von der SKK genutzt werden konnte.

474

Donesenie i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG t. Andreevu „O partijnom prosvescenii v organizacijach SEPG Tjuringii" ot nacal'nika otdela informacii predstavitel'stva SKK v Germanii po zemle Tjuringija polkovnika A. Miscenko, ot 29.6.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 104, Akte 43, Bl.

196).

475 Ebd., Bl. 191. 476 Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O sostojanii ucëby v seti partprosvescenija SEPG zemli Meklenburg" ot nacal'nika otdelenija informacii predstavitel'stva SKKG zemli Meklenburg Setjukova, ot 18.6.1951g. (Ebd., Bl. 120); Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O postanovke partijnogo prosvescenija i politucëby v SEPG i eë rol' v ideologiceskom ukreplenii partii" ot predstavitelja SKKG v zemle Saksonija S. Urazova, ot 21.6.1951g. (Ebd., Bl. 161).

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

143

Exemplarisch sollen hier die Anweisungen zur Auswertung der ersten Dreimonatslehrgänge an Kreisparteischulen betrachtet werden. Sie verdeutlichen, welche Fragen von besonderem Interesse für die SKK waren. Ein solcher Analysebericht sollte wie folgt gegliedert sein: Ausnutzung der Kapazität -

Anteil

von

Frauen unter den Hörern

-

altersmäßige Zusammensetzung -

-

-

-

-

soziale Herkunft

jetzige Tätigkeit (Intelligenz, Aktivisten) hauptamtliche und ehrenamtliche Sekretäre von Betriebsparteiorganisationen hauptamtliche Funktionäre von Massenorganisationen.477

Die nach Karlshorst berichteten Mängel betrafen in erster Linie die Kapazitätsauslastung. Daraus lässt sich schließen, dass ein Anteil von 18% Frauen und 50% Hörern unter 30 Jahren die Verantwortlichen zufrieden stellte, denn diese Punkte wurden nicht kritisiert. Als Hauptgrund für die unvollständige Nutzung der Kapazitäten wurde von den Agitations- und Propagandaabteilungen der SED die fehlende Planmäßigkeit in der Vorbereitung auf das Studium angeführt.478

Diese Begründung wurde jedoch von der SKK nicht akzeptiert und auch nicht nach Karlshorst übermittelt. Die SKK-Zentrale wurde lediglich darüber informiert, dass in der gesamten DDR nicht genügend Hörer für Kreis- und Landesparteischulen rekrutiert werden konnten und dass innerhalb der Parteischulen immer wieder „diverse provokative Fragen im Rahmen von feindlichen, antisowjetischen Auftritten erhoben würden" 479.

Sogar die in der DDR immer wieder geäußerte Bitte zu erklären, warum SED-Mitglieder die Geschichte der KPdSU studieren mussten (ein Fembleiben vom Unterricht begründeten Hörer häufig mit ihrem Unverständnis in dieser Frage), wurde als Provokation aufgefasst. Daraus zogen die Kommissionen den Schluss, dass es notwendig sei, die Auswahl der Schulungskandidaten entscheidend

zu

verbessern.

Man kritisierte zudem das niedrige Niveau der Lehrkräfte sowie die wenig durchdachte Planung des späteren Einsatzes von Absolventen der Kurse, eine Vielzahl von Fehlstunden (besonders in den Zirkeln) und die immer noch nicht zufrieden stellende Kontrolle über den Inhalt von Vorlesungen. Letzteres wurde danach beurteilt, dass es teilweise keine ausformulierten Texte für die Vorlesungen gab bzw. die Studenten keine Mitschriften vorlegen konnten. Als außergewöhnliches Vorkommnis eingestuft wurde auch der Fund „bürgerlicher" Literatur an einer Kreisparteischule, woraufhin unverzüglich die Anweisung erging, noch einmal sämtliche Bibliotheken von Parteischulen zu überprüfen und bürgerliche Literatur sofort zu beschlagnahmen.

477

Auswertung und Analyse des ersten 3-Monate-Lehrgangs an der Kreisparteischule unter Zugrundelegung der statistischen Berichtsbögen 2(11) vom 8.12.51. (SAPMOBA, ZPA der SED, PY 30, IV 2/5/239, Bl. 1).

478 479

Ebd. Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O sostojanii ucëby v seti partprosvescenija SEPG zemli Meklenburg" ot nacal'nika otdelenija informacii predstavitel'stva SKKG zemli Meklenburg Setjukova, ot 18.6.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 104, Akte 43, Bl. 127).

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

144

Besonders interessant ist der Schlussteil des Berichts. Für das Land Brandenburg verdeutlichen die verwendeten Formulierungen, dass sich am grundlegenden Verhältnis zwischen SKK und SED immer noch nichts geändert hatte. Da heißt es u.a.: Im Interesse der angestrebten Verbesserungen im Bereich des Parteischulwesens und um weitere Fehler im bevorstehenden Lehrjahr usw. Es folgt eine ausführliche Darlegung von Eckpunkten zu vermeiden sei es notwendig eines Handlungsprogramms sowohl für die Kreisleitungen als auch für den Landesvorstand der SED. Dazu gehörte zum Beispiel die obligatorische Durchführung von Parteiversammlungen zu den Ergebnissen des ersten Parteilehrjahres sowie entsprechender Sitzungen der Kreis- und Landesvorstände zu dieser Problematik. ...

ging man stillschweigend davon aus, dass die SKK-Nomenklatura selbstverständlich die zuständigen Personen innerhalb des Landesvorstands der SED vorbereitete, den zu behandelnden Fragenkreis absteckte und, zumindest teilweise, die fertigen Lösungen schon mitlieferte. Nach Auffassung der SKK musste auch der individuellen Arbeit mit jedem einzelnen Parteimitglied die nötige Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn nur durch sie (z.B. im Rahmen von Versammlungen der Parteigruppen) könne festgestellt werden, welche Form der Parteischulung für den Betreffenden am passendsten sei. Auf der anderen Seite sollten geeignete Maßnahmen für die Einflussnahme der Parteigruppe auf den einzelnen Genossen, der sich nicht weiterbilden wollte, Lehrveranstaltungen versäumte usw., erarbeitet werden.480 Im Gegensatz dazu fand die Entwicklung der Schuleinrichtungen selbst weitgehende Zustimmung von sowjetischer Seite, zumal bereits früher aufgestellte Forderungen, wie z.B. nach einer Vergrößerung der Kreisparteischulen, um das Lehrkräfteproblem zu lösen und die Kontrolle besser zu gewährleisten, in einigen Kreisen bereits ohne weiteren Druck von außen durch die DeutDabei

schen selbst realisiert worden

waren.

Ungeachtet aller Punkte, die es noch zu kritisieren gab, überwog innerhalb der SKK doch die Meinung, dass nunmehr ein großer Teil der Arbeit erfolgreich gemeistert sei. Diese Erfolge schrieben die SKK-Mitarbeiter sich selbst zu und schöpften daraus eine gewisse Zufriedenheit. Besonders deutlich geht diese Haltung aus einem Bericht über die Lage der SED in Sachsen hervor, wo es u.a. heißt: „In der Parteiorganisation Sachsens ist erstmalig in der Geschichte ein ausgewogenes System der Parteischulung geschaffen worden, das die absolute Mehrheit der Parteimitglieder umfasst."481 „Die Nutzung der Erfahrungen der KPdSU(b) trug erheblich dazu bei, aus der SED eine Partei neuen Typus zu machen." 482 Dieses „ausgewogene System" galt es nunmehr fest zu verankern. Die Schlussfolgerungen der Informationsabteilung zur Überprüfung der SED-Organisationen kamen einige Wochen später auf den Tisch des Politischen Beraters beim Vorsitzenden der SKK in Deutschland, I.I. Il'icev,

480

481

482

Donesenie i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG t. Andreevu „O sostojanii partijnogo prosvescenija I politiceskogo vospitanija clenov SEPG v zemle Brandenburg" ot i.o. nacal'nika otdela informacii predstavitel'stva SKKG po zemle Brandenburg podpolkovnika Vercholanceva, ot 27.6.1951g. (Ebd., Bl. 188). Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O postanovke partijnogo prosvescenija I politucëby v SEPG i eë rol' v ideologiceskom ukreplenii partii" ot predstavitelja SKKG v zemle Saksonija S. Urazova, ot 21. 6.1951g. (Ebd., Bl. 146). Ebd., Bl. 145.

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen und trugen den Titel: „Die Tätigkeit der SED glieder und Kandidaten der Partei"483.

zur

marxistisch-leninistischen

145

Erziehung der Mit-

Die hier formulierten Empfehlungen fanden Eingang in den Beschluss des Politbüros vom 7. August 1951 „Die Ergebnisse des ersten Parteilehrjahres und die Aufgaben der Parteiorganisation und der Propagandisten im zweiten Parteilehrjahr 1951/52"484 sowie in die Entschließung des Zentralkomitees vom 20. Oktober 1951 (7. Tagung) mit dem Titel „Die wichtigsten ideologischen Aufgaben der Partei" 485. Dies zeugt davon, dass die sowjetische Seite, wenn sie auch nicht unmittelbar an der Vorbereitung der Dokumente beteiligt war, so doch zumindest einen erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung der SED-Führung ausgeübt haben muss. Wie seinerzeit für den Landesvorstand der SED, so wurde auch auf höherer Ebene ein Handlungsprogramm für die zuständigen Abteilungen des ZK der SED vorgelegt. Dieses Programm sah u.a. die Erarbeitung von Lehrprogrammen vor einschließlich der Pflichtlektüre (wie in der UdSSR üblich), Veränderungen in der Reihenfolge der behandelten Themen486 sowie die verstärkte Darstellung der Rolle Lenins bei der Entwicklung der marxistisch-leninistischen Theorie. Auch die Rolle Stalins sollte stärker betont werden. Nach dem Beginn des zweiten Parteilehrjahres trieb der Stalin-Kult in der kommunistischen Parteischulung seinem Höhepunkt entgegen487, sodass Vorlesungen noch einmal unter dem Gesichtspunkt der Würdigung von Stalins Verdiensten als Theoretiker überarbeitet werden mussten. Vorlesungsskripte, die von SKK-Mitarbeitern überprüft worden waren, enthielten häufig Randbemerkungen wie „...von Stalin konkretisiert und weiterentwickelt"488. Darüber hinaus sollte verstärkt in den Massenmedien auf Fragen der Parteischulung eingegangen werden. Im Kampf um die weitere ideologische Stärkung der Parteischulkader forderte man ungeachtet des immer noch akuten Personalmangels an vielen Schulen vom ZK der SED, dass ein Lehrbeauftragter einer Landesparteischule mindestens einen Abschluss der Parteihochschule haben müsse, ein Lehrbeauftragter einer Kreisparteischule einen Landesabschluss usw. Die Sommermonate seien in jedem Fall für die persönliche Weiterbildung zu nutzen, mehr noch, es sei an der Zeit, ein wirkungsvolles Weiterbildungssystem für Lehrkräfte zu schaffen.489 483

Dokladnaja zapiska v Upravlenie Politsovetnika t. Il'icëvu 1.1. „O rabote SEPG po marksistsko-leninsvospitaniju clenov i kandidatov partii" ot i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Andreeva, ot 16.07.1951 (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 59, Akte 6, Bl. 14-27). Beschluss des Politbüros vom 7. August 1951 über die Ergebnisse des ersten Parteilehrjahres und die Aufgaben der Parteiorganisationen und Propagandisten im zweiten Parteijehrjahr 1951/1952. komu

484

In: Dokumente der SED. Band III, S. 537-548. 485

486

487 488 489

Entschließung des Zentralkomitees vom 20. Oktober 1951 (7. Tagung) „Die wichtigsten ideologischen Aufgaben der Partei" (Ebd., S. 570-588). Dokladnaja zapiska v Upravlenie Politsovetnika t. Il'icëvu I.I. „O rabote SEPG po marksistsko-leninskomu vospitaniju clenov i kandidatov partii" ot i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Andreeva, ot 16.07.1951 (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 59, Akte 6, Bl. 18). Schimanski, Leitgedanken und Methoden der kommunistischen Indoktrination, S. 108. Ebd.

Dokladnaja zapiska v Upravlenie Politsovetnika t. Il'icëvu I.I. „O rabote SEPG po marksistsko-leninskomu vospitaniju clenov i kandidatov partii" ot i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Andreeva, ot 16.07.1951 (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 59, Akte 6, Bl. 26).

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

146

Nach dem Erhalt derart umfangreicher „Empfehlungen" musste sich die Arbeit der SED-Organisationen aller Ebenen zur Vorbereitung auf das neue Parteilehrjahr zwangsläufig intensivieren. So konnte z.B. der stellvertretende Vorsitzende der SKK für das Land Mecklenburg anschließend feststellen, dass im Ergebnis der Sitzungen der Sekretariate des Landesvorstandes sowie der Kreisleitungen in Vorbereitung auf das neue Lehrjahr Beschlüsse gefasst wurden, die „gar nicht schlecht" seien.490 Gleich darauf folgte jedoch die weniger gute Nachricht, dass die Umsetzung dieser Beschlüsse nicht in erforderlichem Maße realisiert worden sei. Die Mitarbeiter der SKK begleiteten also auch diesen Prozess kontrollierend und zugleich auf Ergebnisse drängend. Die mittlerweile etwas veränderten Spielregeln erlaubten es allerdings nicht, so wie früher die verantwortlichen deutschen Funktionäre einfach zu sich zu zitieren, um sie zu instruieren. Immer öfter benötigte die sowjetische Seite eine bestimmte Begründung und auch die Zustimmung der jeweils übergeordneten Instanz in der SKK, um ein Treffen mit den deutschen Genossen anzuberaumen. Die Zeiten einer allumfassenden Handlungsfreiheit waren jetzt vorbei. Gespräche mit Deutschen durften nun nur noch in Anwesenheit eines zweiten SKK-Mitarbeiters geführt werden, ein Protokoll war in jedem Falle anzufertigen.491 Die bereits angesprochene Überprüfung der Mitglieder und Kandidaten zeigte in Bezug auf das Parteischulwesen als solches keine quantitativ nennenswerten Auswirkungen. Zwar wurden einige Lehrer an Parteischulen ausgetauscht, aber in der breiten Masse der Bevölkerung blieb dies eher unbemerkt. Viel wichtiger hingegen war, dass diese Überprüfung dazu beitrug, für die besonders linientreuen Genossen, in deren Laufbahn die Parteibildung einen immer größeren Stellenwert einnahm, den Weg nach oben zu ebnen. Sie fanden nicht nur in den Führungsgremien der Partei, sondern auch im Staatsapparat lukrative Arbeitsstellen.

ausgehen, dass im Zuge der Überprüfung etwa ein Drittel der Funktionäre in Mecklenburg ausgetauscht wurde. Immerhin waren fast 30% in westlicher oder jugoslawischer Kriegsgefangenschaft gewesen. Dieser Personenkreis wurde sicherlich nicht auf einmal abgelöst. Aber da er von der SKK prinzipiell als feindlich und als illoyal der demokratischen Gesellschaft gegenüber eingeschätzt wurde, bestehen kaum Zweifel, dass diese Funktionäre nach und nach durch „geeignetere" abgelöst wurden.492 Man kann davon

490

491

492

Donesenie nacal'niku otdela informacii SKKG polkovniku Kijatkinu „O sostojanii podgotovki k novomu ucebnomu godu v seti partprosvescenija v partorganizacijach zemli Meklenburg" ot i.o. predstavitel'stva SKKG v zemle Meklenburg polkovnika Cemjavskogo, ot 26.09.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 105, Akte 44, Bl. 29). Iz dnevnika nacal'nika informacionnogo otdela predstavitel'stva SKK v Berline podpolkovnika Glinina. Zapis' besedy s sekretarëm po propagande i agitacii GP SEPG Chajn Brant, ot 21.09.1951g. (Ebd., Bl. 9-13). Donesenie politsovetniku pri predstavitel'stve SKKG t. Semënovu „O rabote ZK SEPG zemli Meklenburg po vydvizeniju i vospitaniju rukovodjascich kadrov posle 3 s"ezda SEPG" ot predstavitelja SKK v zemle Meklenburg Zolotuchina, ot 29.11.1951g. (AVPRF, F. 0457a, op. 11, Mappe 59, Akte 6, Bl. 167).

Vereinheitlichung in Berlin und in den Ländern und Provinzen

147

Die Verringerung der Mitgliederzahl der SED um 213 294493 bis Oktober 1951 bedeutete immer noch nicht das Ende dieses Prozesses. Die SKK teilte Semënov mit, dass die Aufgabe der Säuberung der SED von ihren Feinden noch nicht endgültig gelöst sei.494 Obwohl das 7. Plenum des ZK der SED die Überprüfung sowie den Umtausch der Parteidokumente erörterte, wurde die Arbeit der Übelprüfungskommissionen von der SKK als unbefriedigend eingeschätzt. Forderungen, an der Arbeit der Übelprüfungskommission wesentlich schärfere Kritik zu üben, mehrten sich.495 Der Standpunkt Kijatkins, eine Reihe von Überprüfungskommissionen und Parteiorganen der SED würden eine versöhnlerische Haltung gegenüber den Feinden der Partei an den Tag legen (die Rede war von ehemaligen Oppositionellen, Kriegsgefangenen und Emigranten, die aus westlichen Ländern zurückgekehrt waren), drang auch nach Moskau. Die stalinsche These von der Verschärfung des Klassenkampfes im Zuge des fortschreitenden Aufbaus einer neuen Gesellschaft fand offensichtlich immer wieder aufs Neue Bestätigung, nun auch im internationalen Maßstab. „Die ewige Tschistka"496 setzte sich fort. Die These, dass der Misserfolg497 im ersten Parteilehrjahr damit zusammenhänge, dass „unerkannte" Feinde innerhalb der Partei ihr Unwesen trieben, ist zweifelsohne in dieser Form unhaltbar. Sie wird durch die bekannten Dokumente in keiner Weise belegt. Die UdSSR legte jedoch auf die weitere Verstärkung der marxistisch-leninistischen Erziehung der Parteimitglieder, aber auch der Bevölkerung der DDR insgesamt, ganz besonderen Wert. Daher verfolgte der Beschluss, ein Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED ins Leben zu rufen, das vorrangige Ziel, die Lehre des Marxismus-Leninismus noch erfolgreicher auf allen Gebieten der Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst anzuwenden.498 Wichtig war, dass die Ausbildung in dieser Einrichtung nun auf höherer Stufe fortgeführt werden sollte, als dieses an der Parteihochschule möglich war. Damit war ein weiteres Element der sowjetischen Gesellschaft unter freiwilligem Zwang kopiert worden.

493

Rüdiger Henkel (Im

Dienste der Staatspartei, S. 66) nennt eine Zahl von 150 696 Personen, die kein Parteidokument erhielten. Wenn sich diese Zahl auf das erste Halbjahr 1951 bezieht, so könnte sie stimmen. Für Oktober 1951 erscheint die im Bericht der Informationsabteilung an Semënov genannte wesentlich eher wahrscheinlich, da sich diese auf den Abschlussbericht der SED stützte. Unter Berücksichtigung der Zeitverhältnisse und der starken Kontrolle seitens der SKK ist kaum zu vermuten, dass die SED falsche Zahlen auswies, noch dazu, wenn diese sie in einem ungünstigeren Licht erscheinen ließen. Vgl.: Dokladnaja zapiska t. Semënovu „O itogach proverki clenov i kandidatov SEPG i obmena partijnych dokumentov" ot nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika M. Kijatkina, ot 8.12.1951g. (AVP RF, F. 0457 a, op. 11, Mappe 60, Akte 7, Bl. 23). Ebd. Ebd., Bl. 33. G. Thomas. Die ewige Tschistka. (FES, SPD-PV-Ostbüro, 0300. o. Bl.). Als ein solcher Misserfolg wurde das erste Parteilehrjahr sowohl von der sowjetischen Seite als auch von Beobachtern des Kominformbüros eingeschätzt. Vgl.: Informationsbüro West. 16. Oktober 1951. Sowjets lenken SED-Parteilehrjahr. (FES, SPD-PV-Ostbüro, 0321-1. o.Bl.). Protokoll Nr. 67 der Sitzung des Politbüros des ZK der SED am 18. September 1951. (SAPMO BA, DY 30 IV 2/2/167, Bl. 16). neues

494 495 496 497

498

Übergang zu einem einheitlichen Parteischulungssystem

148

Zu Beginn des zweiten Parteilehrjahres sollten die angekündigten „strengen Maßnahmen" den vorausgegangenen Misserfolgen ein Ende bereiten. Das betraf sowohl die organisatorische Seite der Ausbildung als auch das immer noch stellenweise anzutreffende unangepasste Denken.

Künftig sollten die Propagandisten jede eigene Stellungnahme zu dem im Unterricht verwendeten Material vermeiden und den Text aus den Schulungsheften ohne jeden Kommentar einfach vorlesen. Jede Zuwiderhandlung sollte unverzüglich registriert und der Schuldige bestraft werden. Von der SKK wurden drei Mitarbeiter speziell zur Überwachung des Parteilehrjahres der SED abgestellt. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass Otto Winzer, Lotte Kühn, Walter Hof, Heinz Herder, Kurt Heuer und Richard Schötzan persönlich für den Erfolg bzw. Misserfolg des zweiten Parteilehrjahres verantwortlich zeichneten. Die Oberaufsicht über diese Gruppe sollte bei Fred Oelßner liegen und die Gesamtleitung bei Kurt Hager als Chef der Abt. Propaganda beim ZK der SED.500 Durch diese Maßnahme sollte sich die Situation nach Meinung der SKK und der Führung der SED zum Besseren wandeln. Das Prinzip der persönlichen Verantwortlichkeit galt jetzt noch strenger als je zuvor und wurde auch auf Parteifunktionäre auf Landes- und Kreisebene

ausgeweitet.

499 500

Ebd. Informationsbüro West. 16. Oktober 1951. 0321-1. o.Bl).

Sowjets lenken SED-Parteilehrjahr. (FES, SPD-PV-Ostbüro,

4

Jahre der Entscheidung

4.1

Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit

(1952-1953)

in der SBZ

Für die meisten Parteimitglieder kam, wie Karl Schirdewan es einschätzte, die Verkündung des planmäßigen Aufbaus des Sozialismus auf der II. Parteikonferenz am 9. Juli 1952 durch Walter Ulbricht sehr überraschend.501 Selbst ZK-Mitglieder wurden vor vollendete Tatsachen gestellt, ganz zu schweigen von den einfachen Parteifunktionären und -mitgliedern. Sogar Mitarbeiter der SKK der unteren Ebenen zeigten sich überrascht.502 Laut einer Mitteilung an das Ostbüro der SPD vom 18. Juli übte die SKK schroffe Kritik an den Beschlüssen der II. Parteikonferenz.503 Die deutschen Genossen seien zu weit gegangen. Zwar müsse man dieses Ziel im Auge haben, aber die historische Situation erlaube es noch nicht, so offen davon zu sprechen. Diese Berichte lassen vermuten, dass Ulbricht die Entscheidung über den Beginn des sozialistischen Aufbaus allein getroffen hatte oder zumindest nur in einem ausgewählten Kreis weniger, vertrauter Genossen. Das aber würde bedeuten, er hätte Stalin in gewisser Weise ausgespielt, ihn bei dem Sturm auf das Ziel überflügelt. Wie sollte dann diese Tatsache mit den realen Prozessen in den osteuropäischen Ländern zu vereinbaren sein, wo doch jegliche NichtUnterordnung unter die Moskauer Generallinie (oftmals gar die scheinbare) zu schweren, teilweise nicht korrigierbaren Folgen führen konnte? Wie sollte es mit den Realitäten in der DDR zu vereinbaren sein, wo sowohl die offizielle Kontrolle von Seiten der SKK als auch die inoffizielle Informationstätigkeit aus allen Kreisen der Partei praktisch jede verschwörerische Politik von vornherein zum Scheitern verurteilte? Unter diesen Gesichtspunkten fällt es schwer, an die Eigenmächtigkeit Ulbrichts zu glauben, an irgendwelche taktischen Manöver gegenüber Moskau.504 Eher wahrscheinlich ist, dass die UdSSR nach wie vor eine Politik verfolgte, deren Grundstein bereits 1948 gelegt worden war und die sich 1952 auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung befand. Dabei kann man sich grundsätzlich der Meinung von Filitov anschließen, dass die Beschlüsse der II. Parteikonferenz dem wohldurchdachten Plan einer Stärkung des sozialistischen Lagers unter strengster Kontrolle Moskaus entsprachen.505 501 502 503 504 505

Schirdewan, Aufstand gegen Ulbricht, S. 34-35. Ebd. Zit. nach: Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 189. Vgl.: Loth. Stalins ungeliebtes Kind. S. 189. Filitov, Stalinskaja diplomatija i germanskij vopros, S. 89.

Jahre der Entscheidung

150

Der Umstand, dass das Politbüro des ZK der KPdSU(b) den auf der Parteikonferenz einzuschlagenden Kurs erst einen Tag vor Beginn derselben (am 8. Juli) befürwortete, sollte nicht verwirren. Einer bereits zur Tradition gewordenen Ordnung entsprechend wurden Dokumente von jener Bedeutung und jenem Ausmaß nicht ohne entsprechende Vorarbeit der Referenten aus den zuständigen Abteilungen im Politbüro erörtert. Noch weniger wahrscheinlich ist, dass der von der SED vorgeschlagene Kurs ohne jegliche Veränderungen oder Korrekturen hingenommen wurde.506 Stützt man sich allein auf die bekannten Tatsachen, so kann man mit Fug und Recht davon ausgehen, dass dem Beschluss eine große, mindestens zwei- bis dreimonatige Vorbereitungsphase vorausgegangen war, in deren Rahmen der sowjetische Kurs in Bezug auf die DDR modifiziert wurde.

Der hinhaltenden Taktik der UdSSR gegenüber den Westmächten war es nicht gelungen, einen Keil in die westliche Gemeinschaft zu treiben. Offensichtlich hatte die sowjetische Führung 1952 endgültig erkannt, dass „es zu vertraglich fixierten Beziehungen zwischen den Westmächten und der Bundesrepublik kommen würde, ihre Einbindung in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft also nicht mehr aufzuhalten war"507. Dieses Problem dürfte im April 1952 von der SED-Delegation, die sich in Moskau aufhielt, sowohl mit Mitgliedern des ZK der KPdSU(b) als auch mit Stalin selbst (am 1. und 7. April) besprochen worden sein.508 Heute kann man davon ausgehen, dass der Zeitpunkt dieses Treffens keinesweg zufällig gewählt wurde, sondern einen festen Platz im Szenarium dieses „Notenkrieges" einnahm. Erst am 25. März, nach dem Eingang der ablehnenden westlichen Antwort auf die sowjetische Note vom 10. März, die so genannte „Stalinnote", erfuhr man in der SED, wann denn nun die SED-Delegation in Moskau erwartet wurde. Berücksichtigt man diese Abhängigkeit der Terminvereinbarung von der Antwort des Westens, so stellt sich die Frage, ob Stalin wirklich ernsthaft an seine Initiativen in der Deutschlandfrage herangegangen war und ob die radikalen Veränderungen in der politischen Entwicklung der DDR in der Tat von dieser Antwort abhängig waren. Im Prinzip war dem so. Dann aber muss man auch eingestehen, dass seine Äußerungen auf dem zweiten Treffen mit der ostdeutschen Delegation am 7. April nicht mehr waren als die Heuchelei eines „Beleidigten" ob der Unnachgiebigkeit des Westens. Er stellte nun seine Niederlage als im Voraus geplantes Ergebnis dar. Wie anders sollte man seine Worte bewerten, „dass die Westmächte, welche Vorschläge zur deutschen Frage wir auch immer einbringen mögen, mit uns nicht einverstanden sein und auf jeden Fall aus Westdeutschland nicht herausgehen werden"509.

Nach Aussagen von Zeitgenossen, die schon von Beginn des Kalten Krieges an zu den höchsten Machtkreisen der UdSSR gehört hatten, verfolgte Stalin eine strenge Linie der Konfrontation mit

506

Die

Formulierung „von der SED vorgeschlagener Kurs" ruft selbst schon gewisse Zweifel hervor, widerspricht sie doch dem mittlerweile schon sieben Jahre praktizierten Verhältnis zwischen der SED und der SMAD/SKK, wo jede noch so geringfügige Neuerung im Parteileben der SED entweder in Folge einer entsprechenden „Empfehlung" der sowjetischen Seite oder zumindest im Ergebnis gemeinsamer Diskussionen eingeführt wurde. 507 Eisen, Zu den Anfängen der Sicherheits- und Militärpolitik der SED-Führung, S. 203. 508 Wolkow, Die deutsche Frage aus Stalins Sicht, S. 43-41. 509

Ebd, S. 45.

Auswirkungen der internationalen Lage

151

den USA. Das ging so weit, dass sogar schon 1951/52 konkrete militärische Aktionen gegen amerikanische Stützpunkte erarbeitet wurden.510 Die sowjetischen Initiativen waren vermutlich eher dazu berufen, der Tätigkeit des Internationalen Friedensrates, welcher Ende der 40er Jahre mit aktiver Unterstützung der UdSSR ins Leben gerufen worden war,511 einen neuen Impuls zu verleihen und ihn in der Folgezeit in einen realen politischen Verbündeten der Sowjetunion zu verwandeln.512

Bemerkungen Stalins auf der oben erwähnten Begegnung mit der Führung der SED in Moses auch jetzt nicht nötig sei, lauthals vom Sozialismus zu sprechen,513 sind wohl eher dahin gehend zu deuten, dass der propagandistische Angriff gegen die Westmächte im so genannten Notenkrieg sein geplantes Potential noch nicht voll ausgeschöpft hatte. Stalin hob hervor, dass mit der Schaffung von volkseigenen Betrieben und Produktionsgenossenschaften in der DDR bereits ein Grundstein des Sozialismus gelegt werde, und er zeigte Verständnis für Schritte in diese Richtung. Damit gab er der SED-Delegation das Signal, dass die Genossen auf dem richtigen Weg seien. Daran änderte auch das taktische „Vorerst" in Bezug auf die offene Verkündung des Aufbaus des Sozialismus nichts mehr, und so wurden seine Worte auch von allen richtig verstanden. Mit seinem Auftritt hatte Stalin ebenso die umfangreiche Vorbereitungsarbeit der SKK, die in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Apparates von Suslov erfolgt war, gewürdigt.514 Obwohl bislang nichts über den Inhalt der Gespräche der SED-Delegation mit anderen Mitgliedern der sowjetischen Regierung oder des ZK der KPdSU(b) bekannt ist, ist davon auszugehen, dass hier die „Eckpunkte jenes Programms verschärften sozialistischen Aufbaus und offener Militarisierung"515 in der DDR festgelegt wurden. Die unmittelbar nach der Rückkehr der SED-Delegation aus Moskau unternommenen Schritte zu einer „besseren Anleitung und Kontrolle der unteren staatlichen Organe", im Zuge derer u.a. die traditionelle Länderstruktur aufgehoben und anstelle der fünf Länder fünfzehn Bezirke gebildet wurden,516 bestätigen die Annahme, dass in Moskau nicht nur jene Punkte der künftigen Entwicklung der DDR erörtert wurden, die ihren Niederschlag in den so genannten Pieck-Notizen oder in den offiziellen Gesprächsprotokollen der sowjetischen Seite fanden. Die grundlegenden Ziele und Aufgaben der Ländergebietsreform lassen sich aus SED-internen Dokumenten rekonDie

kau, dass

510

Sudoplatov, Razvedka i Kreml', S. 250-251, 291.

511 512 513 514

Ebd., S. 259. Ebd., S. 247. Wolkow, Die deutsche Frage aus Stalins Sicht, S. 46. Hier sei daran erinnert, dass bereits 1950 mit voller Zustimmung Stalins eine erste Gruppe

von SEDFunktionären zum Studium an der Parteihochschule beim ZK der KPdSU (b) eingetroffen war. Schon ein Jahr später, 1951, fuhr die „erste Delegation von jungen DDR-Bürgern" zum Studium an Universitäten und Hochschulen der UdSSR ins Land des „großen Bruders" vgl. KPdSU und SED, S. 280. In demselben Jahr, 1951, wurde auch die erste Vereinbarung über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der DDR und der UdSSR unterzeichnet. Die Tatsache, dass Stalin damals schon klar abwägte, dass es nicht Monate, sondern Jahre dauern würde, um „zuverlässige sozialistische Kader" für die DDR heranzubilden, zeigt in diesem Zusammenhang deutlich, dass er in Bezug auf die DDR außerordentlich weit reichende Pläne verfolgte. Wettig, Bereitschaft zu Einheit in Freiheit, S. 229. Mielke, Die Auflösung der Länder in der SBZ/DDR, S. 70. -

515 516

Jahre der Entscheidung

152

struieren, in denen es u.a. heißt: „Diese Reform ergab sich als zwingende Notwendigkeit für den weiteren Ausbau des demokratischen Zentralismus, der eine straffe Leitung der örtlichen Organe durch die zentralen erforderlich machte."517 Die Selbstauflösung der fünf Landtage am 27.07.1952 sowie die Umstrukturierung der SEDParteiorganisationen in die neuen Bezirksleitungen erlaubten es schließlich, eine weitere politische Frage erfolgreich zu lösen: Das politische Gewicht der neuen Bezirksverwaltungen der SED war unvergleichlich geringer als das der „alten" Landesvorsitzenden. Verdienstvolle Parteifunktionäre bildeten nun nicht mehr die Mehrheit, die junge Generation „zersetzte" zunehmend sowohl den Partei- als auch den Staatsapparat. Kaum einer der neuen Funktionäre wagte es, Schritte zu unternehmen, die den Weisungen der Zentrale widersprochen hätten. Zu sehr war ihnen klar, wem sie ihre Beförderung, ihre Karriere zu verdanken hatten. Das Ergebnis lag auf der Hand: Wie erwartet, nahm der Einfluss der Zentrale enorm zu.518 Die ungeachtet der Verkündung des „demokratischen Zentralismus" spürbaren Spannungen zwischen dem Zentrum und den Landesverbänden ließen jetzt nach. Es gab kaum noch personalpolitische Querelen zwischen dem Zentrum und den Bezirken. „Verkleinere und herrsche" galt als neues Prinzip der Kaderpolitik.519 Die deutlichen Veränderungen des Jahres 1952 betrafen nicht nur den Staatsapparat der DDR und die Parteiorgane der SED, sondern auch die Struktur der SKK. Innerhalb der SKK-Informationsabteilung wurden zwei Unterabteilungen für die DDR und für Westdeutschland gebildet. Letztere trug zwar die offizielle Bezeichnung „Abteilung für gesamtdeutsche Fragen", konzentrierte sich jedoch fast ausschließlich auf Westdeutschland. Durch diese institutionelle Trennung wares nunmehr möglich, die Politik in zwei verschiedene Richtungen zu verfolgen. Bezeichnend ist auch die Berufung von A.L. Orlov, der bis dahin in der Kanzlei des Sekretariats des Informbüros gearbeitet hatte,520 an die Stelle von Kijatkin im Mai 1952. Kijatkin übernahm dafür die Leitung der Abteilung für gesamtdeutsche Fragen.521 Die Erfahrungen, die Orlov im Informbüro gesammelt hatte, kamen ihm hier zugute. Sein Verständnis für die Ziele und Aufgaben der Entwicklung von Parteien in Osteueropa im internationalen Maßstab sollte, so der Plan, die Entwicklung der SED in die gewünschte Richtung lenken. Kaderpolitik für Deutschland wurde jedoch nicht nur in der SKK, sondern auch in Moskau fortgeführt. Am 1. Juni 1952 wurde das Kuratorenamt der 3. Europäischen Abteilung im Außenministerium, zu deren Zuständigkeitsbereich Deutschland gehörte, dem ehemaligen Leiter der sowjetischen diplomatischen Mission in der DDR, GM. Puskin, übertragen.522 Puskin, der schon zu seiner Dienstzeit in der DDR den Sowjetisierungsprozess gefördert hatte, setzte diese Linie im Amt des stellvertretenden Außenministers der Sowjetunion unbeirrt fort. Allerdings kann man unter

Berücksichtigung seiner exzellenten Kenntnisse der DDR-Intema und der Situation inner-

517 518 519

Zit. nach ebd., S. 154.

520

521 522

Arnold/Modrow, Außenansichten, S. 17. Der Kommentar Cujkovs in Bezug auf die Länderauflösung, dass einige Kreise zu groß seien, demonstriert sogar in jener knappen Form, in der er im Rahmen der Pieck-Notizen überliefert wurde, das Interesse der SKK an dieser Frage im Allgemeinen und unter diesem Blickwinkel im Speziellen. Pis'mo A.I. Kotelenca V.G. Grigor'janu o Charaktere raboty kanceljarii Sekretariata Informbjuro i eë strakture, ot 28 avgusta 1952g. In: Vostocnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, Bd. II, S. 797. Das SKK-Statut, S. 86. Filitov, Stalinskaja diplomatija i germanskij vopros, S. 89.

Auswirkungen der internationalen Lage

153

halb der SED davon ausgehen, dass seine Person eine recht bedeutsame Rolle im Zusammenhang mit der Zurückhaltung der UdSSR in Fragen der Unterstützung des in der DDR verkündeten Kurses zum Aufbau des Sozialismus gespielt haben muss. Zu Beginn des Jahres 1953 gab es noch keine wesentlichen Anzeichen für die großen Ereignisse, welche das Land bald erschüttern sollten. In der UdSSR, deren wirtschaftliche Lage sich auch acht Jahre nach Kriegsende sehr kritisch darstellte, waren die letzten Funken von freiheitlichem Denken inspiriert durch die Erfahrungen des Weltkrieges ausgemerzt worden. Die beispiellose ideologische Kampagne zur Propagierung des XIX. Parteitages hatte alle Schichten der Bevölkerung ergriffen. Dieser Parteitag, der erste seit 13 Jahren (er fand vom 5. bis 14. Oktober 1952 statt), sollte nach außen hin die angeblich wieder erreichte Einheit von Partei und Volk wirkungsvoll demonstrieren. Darüber hinaus beschloss er ein neues Parteistatut und die endgültige Umbenennung der Partei in KPdSU. -

-

Der Optimismus des Parteitages und die neu gewonnenen Erkenntnisse über Theorie und Praxis des Ausbaus des Sozialismus sollten nicht nur an die sowjetische Bevölkerung vermittelt werden, sondern auch an die kommunistischen und Arbeiterparteien in den Ländern Ost- und Mitteleuropas. Vermutlich kam deshalb der stürmische Applaus vieler Parteitagsdelegierter auf die Erklärung Piecks über den Beginn des planmäßigen Aufbaus des Sozialismus in der DDR wirklich von Herzen. Schließlich hatte die Führung der Sowjetunion diesen Zeitpunkt mit Bedacht ausgewählt und gut vorbereitet. Nachdem lange Zeit den deutschen Bemühungen in diese Richtung kaum Beachtung geschenkt worden war, erschien die Zeit nunmehr reif. So bildete Piecks Erklärung einen weiteren Meilenstein beim „Siegeszug des Sozialismus über den gesamten Erdball".

Noch kündigten keinerlei Vorzeichen das baldige Ende des „großen Steuermanns" Stalin an, der das von ihm selbst geschaffene Imperium sicher lenkte. Noch waren alle politischen und wirtschaftlichen Hoffnungen der SED-Führung mit seiner Person verbunden. Die Nachricht von Stalins Tod bewegte die Menschen auf unterschiedliche Weise. Schon während seiner Reise nach Moskau zu den Beisetzungsfeierlichkeiten musste Ulbricht versuchen, sich über den bevorstehenden Wandel in der Politik des Kremls klar zu werden.523 Es waren kaum zwei Wochen nach Stalins Tod vergangen, als die neue Partei- und Staatsführung der UdSSR eine neue Etappe der Beziehungen zu den Westmächten einleitete, die später den Namen „Friedensoffensive" erhalten sollte.524 Das stalinsche Jahrzehnt des Kalten Krieges ging seinem Ende zu. Neue Konzeptionen suchten sich zu behaupten, so auch in der Deutschlandfrage. Zwar wäre es vermessen zu behaupten, dass diese Entwicklungen ganz besonders mit dem Namen Berija verbunden waren. Fest steht jedoch, dass man in seinem Apparat die katastrophale Lage in der DDR deutlicher als anderswo spürte. Der wachsende Flüchtlingsstrom und die schwierige wirtschaftliche Lage hatten die Führung der SED veranlasst, sich seit Ende 1952 regelmäßig mit Hilfsersuchen an die UdSSR zu wenden.525 Im Frühjahr 1953 wurden die damit verbundenen Hoffnungen der SED-Spitze allerdings zunichte gemacht. Der sowjetischen Führung war von nun an die Verbesserung der Lebensbedingungen 523 524

Fejtö, Die Geschichte der Volksdemokratien, Bd. II, S. 43. Mehr hierzu siehe in: Elke Scherstjanoi, Die sowjetische Deutschlandpolitik

525

S. 497-549. Loth, Stalins

ungeliebtes Kind, S.

196-197.

nach Stalins Tod 1953,

154

Jahre der Entscheidung

der eigenen Bevölkerung wichtiger als die „brüderliche, internationalistische Hilfe"526. Anstelle der erwarteten materiellen Unterstützung bot man deshalb der SED „theoretische" Hilfe an: Die Bemühungen der Staats- und Parteiorgane in der DDR um einen beschleunigten Aufbau des Sozialismus sollten gebremst, das Tempo der staatlichen Investitionen und Baumaßnahmen gedrosselt werden, um mit den dadurch frei werdenden Mitteln die Lebensbedingungen der Be-

völkerung zu verbessern.527 Vom heutigen Standpunkt aus können die Motive von Ulbrichts Vorgehen nicht mehr zweifelsfrei bestimmt werden. Tatsache bleibt jedoch, dass sich der erfahrene Apparatschik auf ein Vabanquespiel einließ, indem er die Ratschläge des Kreml nicht berücksichtigte. Der Kurs auf den beschleunigten Aufbau des Sozialismus, den man in der DDR seit dem Sommer 1952 verfolgt hatte, blieb unverändert bestehen. Dabei erhielt Ulbricht allem Anschein nach Schützenhilfe durch die Propagandaabteilung der SKK. Jedenfalls kam das sozialistische Vokabular immer stärker in Umlauf. Sogar der Begriff „Diktatur des Proletariats", den man bis zum Frühjahr 1953 tunlichst vermieden hatte, wurde ab Mai offiziell in der Parteipropaganda verwendet.528 Weder die Artikel in der Parteipresse, noch die Reden auf den Parteiversammlungen oder die Propaganda wiesen auf bevorstehende Veränderungen in der Politik der SED in der vom Außenministerium der UdSSR empfohlenen Richtung hin. Die relative Eigenständigkeit von Ulbrichts Politbüro wurde u.a. dadurch gefördert, dass sowohl im Außenministerium als auch in der SKK Strukturveränderungen vorgenommen wurden.529 Die Position von Orlov in der SKK und von Suslov im Außenministerium blieben davon jedoch unberührt, sodass man an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen der UdSSR um eine Änderung des Kurses der DDR durchaus Zweifel anmelden kann.

Erst im Juni klärte sich diese Ungewissheit: Die SED-Delegation in Moskau erhielt klare Anweisungen, schleunigst einen „Neuen Kurs" einzuleiten. In Berlin traf ein von Ulbricht und Grotewohl unterzeichnetes Telegramm ein, aus dem hervorging, dass man sich von nun ab an die bereits im April von Moskau ausgegangenen „Vorschläge" zu halten habe. Im Zusammenhang damit erscheint es von geradezu symbolhafter Bedeutung, dass dieses Telegramm ausgerechnet 53° Sicherlich ist es ihm nicht leicht gefallen, die Sistierung der Bevon Orlov überbracht wurde. schlüsse der II. Parteikonferenz zum Aufbau des Sozialismus einzufordern. Der Meister musste sich damit von seiner eigenen Schöpfung lossagen. Heute wissen wir, dass die Verkündung des „Neuen Kurses" am 11. Juni 1953 aus verschiedenen Gründen ihre beabsichtigte Wirkung verfehlte.531 Der Juniaufstand setzte innerhalb weniger Stunden den Machtapparat der SED matt.532

Dabei wurde nicht nur die Legitimität der SED ein weiteres Mal in Frage gestellt. Auch die UdSSR musste einen herben Rückschlag in dem Bestreben hinnehmen, ihre Beziehungen zu den Westmächten zu verbessern. Der durch den Volksaufstand hervorgerufene Schock veranlasste 526 Ebd., S. 197. 527 Fejtö, Die Geschichte der Volksdemokratien, Bd. II, S. 45. 528 Prauss, Doch es war nicht die Wahrheit, S. 100. 529 Das SKK-Statut, S. 95-103. 530 Axen, Ich war ein Diener der Partei, S. 135. 531 Schroeder, Der SED-Staat, S. 121. 532 Bärwald/Maerker, Der SED-Staat, S. 20.

Auswirkungen der internationalen Lage

155

die Moskauer Führung, „die angekündigte Liberalisierung in der DDR nicht weiter auszudehnen" 533, womit sie in gewisser Weise den von Ulbricht in Übereinstimmung mit Suslov und dessen Apparat verfolgten Kurs rehabilitierte. Erläuternd sei hinzugefügt, dass gerade der Auftritt von Orlov vor dem Parteiaktiv der SED in verschiedenen Bezirken der DDR keinesfalls als Zufall gewertet werden kann. Obwohl Orlov über einen großen Stamm gut ausgebildeter Propagandisten verfügte, von denen viele mit „Entlarvungen des faschistischen Putsches" an die Öffentlichkeit gingen, wurden vor allem die Reden Orlovs und speziell seine Ausführungen zur Arbeit des Parte i apparats in allen Abteilungen des ZK der SED ausführlich diskutiert.534 Der Apparat der SKK stand den Problemen der DDR keineswegs allein gegenüber. Sowohl das Innenministerium als auch das ZK der KPdSU schickten umgehend eine ganze Reihe von speziellen „Brigaden", die schnellstens wieder für Ordnung im Land sorgen sollten. Etwas später entsandte man eine auf die bevorstehenden Diskussionen gut vorbereitete „Delegation sowjetischer Arbeiter" in die DDR mit I.V. Goroskin, Sekretär des VCSPS der UdSSR, an der Spitze.535

Auf deren

Argumente zur Entlarvung des Putsches soll hier nicht im Einzelnen eingegangen Wichtig erscheint jedoch, dass sie in ihren Auftritten sozialistische Prinzipien der Leitungstätigkeit in Großbetrieben sowie Methoden der Zusammenarbeit zwischen leitenden Funkwerden.

tionären und Meistern bzw. Arbeitern sozialistischer Betriebe

erläuterten.536

Empfehlungen der Führung der KPdSU, übermittelt durch „Delegierte der sowjetischen Arbeiterschaft", riefen sowohl an der Parteibasis als auch in der Führung der SED die gewünschte Reaktion hervor. Die in hundertfacher Auflage verteilten „Empfehlungen" sollten helfen, die Die

sich schon lange hinziehende Krise der SED zu überwinden. „Sowjetische Erfahrungen zu übernehmen" sollte in Vorbereitung des IV. Parteitages der SED537 einen gebührenden Platz einnehmen. Darüber wachte die SKK. Der Aufbau des Sozialismus setzte sich fort. Seine Feinde, die sich, wie sich etwas stellte, um Berija gruppierten, wurden schonungslos entlarvt.538

später heraus-

folgenden Diskussionen in der Partei sowie die zahlreichen Fälle „opportunistischen Handelns" während des Volksaufstandes sowohl den sowjetischen Kommunisten als auch den Stalinisten in der SED die weiterhin unübersehbaren ideologischen SchwäDa die auf den 17. Juni 1953

chen der Partei verdeutlichten, setzten beide Seiten auf den Aufbau autoritärer

533 534 535 536 537

Loth, Die Teilung der Welt, S. 130. Gonsorek, Ideologiceskaja rabota SEPG, S. 99. Ebd.

Ebd., S. 100. Die Entscheidung über die Vorbereitung und Einberufung des IV. Parteitages der SED fiel auf der 16. Tagung vom 17.-19.9.1953. Der Umstand, dass im Vorfeld noch Parteiwahlen anstanden, erleichterte die Arbeit auch im Hinblick auf die geplante Säuberung des Parteiapparates. Vgl.: Mählert, „Die Partei hat immer recht!", S. 438^155. Wettig, Zum Stand der Forschung über Berijas Deutschlandpolitik im Frühjahr 1953, S. 674—682. Siehe auch: Herrnstadt, Das Herrnstadt-Dokument, S. 56-66. Malycha, Die SED, S. 488. -

538 539

Strukturen539.

156

Jahre der Entscheidung

Die bestehenden Schwächen der ideologischen Arbeit lagen derart auf der Hand, dass es der Parteiführung der SED und den Mitarbeitern des Apparats des Hohen Kommissars zum ersten Mal in der Geschichte des Parteilehrjahres geradezu peinlich war, von Erfolgen in der Parteischulung und einem weiteren Schritt voran in deren Entwicklung zu sprechen. Auf der Tagesordnung stand vielmehr eine „Stärkung" und „Reorganisation" des Parteiapparates.

4.2

Der Vorstoß Ulbrichts in Richtung Aufbau des Sozialismus Eigenmächtigkeit oder abgekartetes Spiel?

-

Stalin hatte Pieck bereits 1948 nahe gelegt, dass es für die SED das Beste sei, alle glauben zu machen, dass sie Moskau gegenüber durchaus selbständig handeln könne. Diese Empfehlung blieb selbstverständlich nicht unbeachtet. Besonders in Kreisen professioneller Diplomaten erinnerte man sich häufig an diese Position und berücksichtigte sie bei der Formulierung und Verabschiedung verschiedener Dokumente. 54° Als Regel in dem von Stalin inszenierten großen Spiel von Demokratie und Freiheit fand dieser Gedanke bald Bestätigung in der scheinbaren Distanzierung der UdSSR vom Kurs auf die „Schaffung der Grundlagen des Sozialismus" der SED. Bestens über die Pläne der deutschen Genossen informiert, verzichtete das ZK der KPdSU (b) sogar auf die Entsendung einer offiziellen Delegation zur II. Parteikonferenz. Damit sollte dem Vorwurf, auf die SED Druck auszuüben, von vornherein der Wind aus den Segeln genommen werden.541 Das Ausbleiben offizieller Kommentare sowohl der SKK als auch der sowjetischen Regierung auf die Ergebnisse der Konferenz sollte die Öffentlichkeit glauben machen, dass der Entschluss zum Aufbau des Sozialismus eine freie Entscheidung der SED darstelle. Daher gab es auch keine begeisterten Berichte oder Kommentare in der Parteipresse der osteuropäischen Länder, was auf eine außerordentlich gute „Aufklärungsarbeit" der UdSSR in dieser Hinsicht schließen lässt: Die Weltöffentlichkeit sollte hinter dem SED-Beschluss weder das Wirken Moskaus noch das des Kominform vermuten. Erst auf dem XIX. Parteitag der KPdSU vom 5.-14. Oktober 1952, der u.a. den Beschluss zur Umbenennung der Partei in KPdSU fasste, wurde das Schweigen über den beginnenden Aufbau des Sozialismus in der DDR gebrochen. Die entsprechende Erklärung Wilhelm Piecks wurde von den Delegierten und Gästen des Parteitages „mit stürmischem Beifall" begrüßt.542

Bereits eine Woche nach dem Ende des XIX. Parteitages der KPdSU verabschiedete das ZK der SED einen Beschluss, der eine lange, bis Ende der 80er Jahre reichende Tradition begründete: Von nun ab erklärte man das Studium der Materialien der Parteitage der KPdSU sowie wichtiger Entscheidungen des ZK der KPdSU zum wesentlichen Bestandteil des innerparteilichen Lebens. 540

541 542

Das fand seinen Niederschlag auch in der laufenden ideologischen Arbeit der SED. Nachdem sie erst zusammen mit der Führung der SED der Parteibasis den Übergang zur Partei neuen Typus aufgezwungen hatte, begann die SKK ab 1951 schrittweise auf eine Verstärkung der Propaganda der „deutschen Richtung" hinzuarbeiten, einer Propaganda, die in der Bevölkerung der DDR den Stolz auf die eigene historische, revolutionäre Vergangenheit wecken sollte. Wie bereits Ulrich Neuhäußer-Wespy (Die SED und die Historie, S. 18) bemerkte, dürfte es kein Zufall gewesen sein, dass am 5.7.1952, unmittelbar vor Beginn der II. Parteikonferenz der SED, in Ostberlin das Museum für deutsche Geschichte eröffnet wurde. Es war als Stätte „patriotischer Volkserziehung" gedacht und sollte, neben anderen Maßnahmen, das gewachsene Selbstbewusstsein des deutschen Volkes demonstrieren bzw. (für einige Bevölkerangskreise) stärken. Die Tatsache, dass die Arbeit an diesem Museum sowohl inhaltlich als auch organisatorisch über einen längeren Zeitraum hinweg in engem Zusammenwirken mit der SKK und Moskau erfolgte, belegt wiederum, dass die Entscheidungen des Jahres 1952 nicht zufällig gefällt wurden. Staritz, Die Gründung der DDR, S. 215. Ebd.

Jahre der Entscheidung

158

Dieser Beschluss hatte zur Folge, dass die Materialien der einzelnen Parteitage, beginnend mit dem XIX., unverzüglich in die Lehrprogramme der Parteischulen aller Ebenen aufgenommen wurden.543 Die Säuberung des Staats- und Parteiapparats unter der Kontrolle der SKK setzte sich nach der II. Parteikonferenz fort.544 Nunmehr gerieten neben ehemaligen Kriegsgefangenen westlicher Länder und Westemigranten auch all jene Personen unter Verdacht, die nahe Verwandte in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Die ständige Forderung nach erhöhter Wachsamkeit und die sich verstärkende Auseinandersetzung mit dem Westen auch in militärischer Hinsicht führten dazu, dass Besuche untersagt, die Durchfahrt durch Westberlin verboten und „wehrfähige Genossen" verstärkt zum Dienst in der kasernierten Volkspolizei herangezogen

wurden.545

Alle Anweisungen Stalins und der ZK-Mitglieder sowie der SKK in Deutschland wurden nach wie vor ausgeführt, wenngleich nicht immer mit dem nötigen Biss, den die sowjetische Seite erwartete. In jedem Fall aber gaben sich die deutschen Genossen Mühe. Nachdem die Stalinregierung Ende 1952 ihr Interesse an einer Fortsetzung des so genannten Notenkrieges verloren hatte546, stand den „Schöpfern des sozialistischen Aufbaus" in der DDR de facto nichts mehr im

Wege. Indirekte Hinweise in russischen Archivalien deuten darauf hin, dass mit der von Orlov, dem Vorsitzenden der Informationsabteilung der SKK, verfolgten Linie zur Beschleunigung des sozialistischen Aufbaus in der DDR Orlovs eigene Handlungsspielräume wesentlich größer

wurden.547

543 544 545 546

Kramer, Dejatel'nost' SEPG po razvitiju partijnoj ucëby, S. 95. Schenk, Im Vorzimmer der Diktatur, S. 154. Ebd., S. 156-157. Vermutlich muss die Entscheidung der sowjetischen Regierung, die Note der Westmächte vom 23. September nicht offiziell zu beantworten (der Antworttext war fix und fertig geschrieben und bestätigt, wurde jedoch nicht veröffentlicht vgl.: Filitov, Stalinskaja diplomatija, S. 79), in ebendiesem Sinne interpretiert werden. Zu den begonnenen Umgestaltungen in der DDR siehe: Malycha, Von der Gründung 1945 /46 bis zum Mauerbau 1961; besonders S. 36-39. -

547

4.3

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

Das Jahr 1952 begann für die Mitarbeiter der SKK im Bereich Parteischulwesen der DDR wie üblich mit einer Analyse des Zustandes durch die Auswertung standardisierter Fragebögen, die sich seit 1950 kaum verändert hatten. Nach diesen Angaben zählte die SED am 1. Januar 1952 1 256002 Parteiangehörige, darunter 102076 Kandidaten. Die Parteihochschule verfügte zusammen mit den vorhandenen Landes- und Kreisparteischulen (mit einer Ausbildungsdauer von drei Monaten bis zu zwei Jahren) über eine Gesamtkapazität von 17000 Hörern pro Jahr.548 Die Hoffnung, Küchenfrauen zu Staatsführern zu machen, wie einst Lenin gefordert hatte, erwies sich auch in der DDR als Illusion. 1952 drängte die SKK auf die Rekrutierung eines Nachwuchses, der politisch sattelfest und der Sache der Partei treu ergeben sein und zugleich auch über die erforderlichen fachlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse verfügen sollte. Die SKK beobachtete seit langem, wie sich die wirtschaftliche Lage in der DDR verschlechterte. Sie konnte nicht länger die Augen davor verschließen, dass häufig an der Spitze von Parteiorganisationen industrieller Großbetriebe Personen standen, die von Produktion und Organisation der Wirtschaft keine Ahnung hatten.549 Somit wurde die Erhöhung der Effektivität einzelner Produktionsstrukturen immer mehr zu einer politischen Frage. Die wachsende Zahl von Republikflüchtigen, welche die DDR nicht nur aus politischen, sondern oftmals auch aus wirtschaftlichen Gründen verließen, veranlasste die Verantwortlichen, nach einem Ausweg zu suchen. Man informierte das ZK der KPdSU(b), dass es in der DDR an der Zeit sei, Parteifunktionäre nicht nur politisch, sondern auch fachlich zu schulen.550 Das betreffe maßgeblich die sozialistische Wirtschaftsweise. Es komme allzu oft vor, dass hauptamtliche Parteisekretäre der SED die Produktion eher hemmten oder zumindest durch ihre Hilflosigkeit zum Gespött der Kollegen würden und damit das Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit untergrüben.551

Jeder Flop, jeder Misserfolg in der Wirtschaft bestärkte die ohnehin weit verbreitete Skepsis der Parteibasis und insbesondere der Bevölkerung. Zwar wurde noch nicht offen verkündet, dass es um den Aufbau des Sozialismus als Ziel gehe, aber Anzeichen dafür gab es schon zur Genüge. Die Forderungen der SKK vom Januar 1952: -

-

Industrieakademien einzurichten, um qualifizierte Parteiarbeiter sowohl für den Parteiapparat als auch für die Produktion auszubilden ein System von Kurzlehrgängen zu schaffen zur Aus- und Weiterbildung von Kreisparteisekretären in allgemeinen Wirtschaftsfragen sowie zu konkreten Problemen der Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft in ihrem jeweiligen Wirkungskreis die Lehrprogramme an Parteischulen dahingehend zu verändern, dass in Abhängigkeit von den örtlichen Bedingungen Lehrveranstaltungen zu den konkreten Erfordernissen der Tätigkeit der teilnehmenden Personenkreise durchgeführt werden könnten552

548

Spravka o polozenii v SEPG po sostojaniju na 1 janvarja 1952g. (AVPRF, F. 0457a, op. 13, Mappe 67, Akte 10, Bl. 188, 194).

549 550 551 552

Ebd., Bl. 194. Ebd., Bl. 195. Vgl. u.a.: Schenk, Im Vorzimmer der Diktatur, S. 27.

Spravka o polozenii v SEPG po sostojaniju na 1 janvarja 1952g. (AVPRF, F. 0457a, op. 13, Mappe 67, Akte 10, Bl. 188,

195).

Jahre der Entscheidung

160

bestätigen im Wesentlichen die Annahme, dass 1952 die Arbeit an der Schaffung der Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft eine qualitativ neue Stufe erreicht hatte. Nunmehr rief man dazu auf, sich möglichst schnell von der typischen Arbeitsweise der Vergangenheit [Hervorhebung A.H.] zu verabschieden, in der sich die Aufgaben der Partei hauptsächlich auf Agitation und Propaganda beschränkt hatten und in den Parteischulen lediglich allgemein-politische Disziplinen unterrichtet worden

waren.

Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass eine derart grundlegende Veränderung der Politik der SKK in Bezug auf die interne Entwicklung der SED, die prinzipielle Neusetzung von Akzenten ohne entsprechende Anweisung aus Moskau erfolgt sein könnte. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die SED recht schnell der Forderung der SKK, sich verstärkt der Wirtschaft zu-

zuwenden, anpasste. Besonders deutlich wird dies

am

Referat von Otto Schön mit dem Titel

„Über unsere gegenwär-

tigen kaderpolitischen Aufgaben", das er auf einer zentralen Tagung von Kaderfunktionären hielt und das anschließend in der „Schriftenreihe für den Parteiarbeiter" (Heft 7/52) in hoher Auflage veröffentlicht wurde. Schön „begründete" sowohl theoretisch als auch praktisch alle Forderungen der SKK an die neuen Kader, ohne sich dabei auf die sowjetische Seite zu berufen. Er schloss mit dem Aufruf, alles dafür zu tun, dass die Parteikader die Möglichkeit erhielten, „an ihrer politischen und fachlichen Weiterentwicklung zu arbeiten". In diesem Zusammenhang sei eine Hauptaufgabe der Partei, „auf allen Gebieten neue Kader mit Spezialkenntnissen und hoher wissenschaftlicher und praktisch erprobter Qualifikation heranzubilden" 553. Jeder halbwegs kritisch denkende Mensch war sich im Klaren darüber, dass es nur die SMAD/ SKK gewesen sein konnte, die in den vergangenen Jahren immer wieder eine Erhöhung des Anteils von Industriearbeitern und Bauern in den Parteischulen angemahnt und die Lehrpläne und -programme maßgeblich bestimmt hatte. Nur eine wirkliche Veränderung der Politik der UdSSR im Hinblick auf die DDR konnte zu einem derartigen Kurswechsel führen. Das Erscheinen der Stalin-Broschüre „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR" im Februar 1952 gab den Veränderungen in der Kaderpolitik der SED entscheidende Impulse. Diese Schrift spielte sogar noch nach dem XX. Parteitag der KPdSU eine außerordentlich große Rolle. Noch 1958 wurde sie in der sowjetischen Geschichtsschreibung als „entscheidender Beitrag zu den wichtigen Problemen der marxistisch-leninistischen Theorie" 554 eingeschätzt.

Hermann Axens

Ausführungen zur Auswertung der Ergebnisse der II. Parteikonferenz für die Kaderpolitik der SED lassen nach Auffassung von Glaeßner555 keinen Zweifel daran, dass die Empfehlungen der SKK und Moskaus in Berlin ein offenes Ohr fanden und damit die weitere Entwicklung entscheidend mitbestimmten: „Die Parteileitungen und -Organisationen sollen lernen, den Begriff der Kaderpolitik nicht nur vom Standpunkt der Bedürfnisse der Parteiorganisationen allein aufzufassen, sondern von den Bedingungen des sozialistischen Aufbaus [Hervorhebung A.H.] ausgehend ihre Kaderpolitik zu gestalten." 556

553 554 555 556

Ebd., Bl. 195. Rosenfeld (Hg.), Geschichte der Sowjetunion, S. 709. Glaeßner, Herrschaft durch Kader, S. 96. Ebd.

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

161

Es sollte jedoch noch eine ganze Zeit dauern, bis diese veränderten Anforderungen der „sowjetischen Freunde" in vollem Umfang alle Parteimitglieder der SED erreichten.557 Dabei blieben die Mittel der politischen Einwirkung auf diese die gleichen wie früher: Es wurden persönliche Gespräche in erster Linie mit den Führungen der Landesvorstände der SED, aber auch mit einigen anderen verantwortlichen Personen geführt, und zwar ohne unnötige Zeugen und schriftliche Protokolle von deutscher Seite. Im Unterschied dazu sprach die sowjetische Seite im Briefwechsel zwischen den Informationsabteilungen sowie in den Mitteilungen an den Apparat des Politischen Beraters diese Realitäten ganz offen an. So hieß es, dass im Vorfeld des 13. Erweiterten Plenums des Landesvorstandes Mecklenburg der SED (29./30. Januar 1952) Mitarbeiter der SKK-Vertretung ein Gespräch mit dem Ersten und dem Zweiten Sekretär des SED-Landesvorstandes führten, bei dem den Deutschen Empfehlungen für die Vorbereitung des Plenums gegeben wurden. Die Bemerkungen und Vorschläge zum Inhalt der Resolution (die schließlich erst noch beschlossen werden sollte!) gingen sowohl in den Vortrag von Karl Mewis als auch in die Resolution selbst ein.558 Auf der 8. Tagung des ZK der SED vom 21. bis 23. Februar 1952 kritisierte man die Verwaltungsdienststellen noch schärfer- u.a. wegen ihrer „konservativer Einstellung gegenüber dem Neuen". Was konkret unter diesem „Neuen" zu verstehen war, blieb vorerst unausgesprochen. Doch bereits bei der Vorbereitung der 5. Landesdelegiertenkonferenz in Mecklenburg, die unmittelbar im Vorfeld der II. Parteikonferenz stattfand (der Beschluss über deren Durchführung war ebenfalls auf der 8. Tagung verkündet worden), war den Delegierten klar, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die geplanten Veränderungen Wirklichkeit würden, dass die II. Parteikonferenz mit Sicherheit eine neue Entwicklungsetappe in der DDR einläuten sollte.559 Große Veränderungen hingen für jeden spürbar in der Luft, aber wohl kaum jemand an der Parteibasis konnte ernsthaft ahnen, dass es sich dabei um den planmäßigen Aufbau des Sozialismus handeln werde. Auch die SKK, die zwar die Zeichen in der ideologischen Arbeit neu setzte, schwieg weiter über den für die DDR geplanten Entwicklungsweg, so z.B. auf einer Konferenz von SED-Propagandisten im thüringischen Brotterode vom 3. bis 5. Mai, die sich in Vorbereitung des mittlerweile dritten Parteilehrjahres mit ideologischen Fragen beschäftigte. Auf einem Treffen des Leiters der Informationsabteilung der SKK, Orlov, mit den stellvertretenden Abteilungsleitern Propaganda beim ZK der SED, K. Schneidewind und F. Rubens, am 23. Mai 1952 zu Fragen der Vorbereitung auf das dritte Parteilehrjahr fiel nicht einmal eine Andeutung auf die eventuell zu erwartenden Veränderungen in den Lehrplänen der Schulen so-

557

558

559

Eckart Förtsch und Rüdiger Mann verbinden vollkommen zu Recht die endgültige Verankerung des Studiums von Wirtschaftspolitik und -praxis als Schwerpunkt des Parteischulungssystems im Parteilehrjahr 1955/65 mit einer neuen Phase seiner allgemeinen Entwicklung. Ob das nun eine dritte oder eine vierte (wie manche wissen wollen) Phase der Entwicklung des Parteischulsystems war, sei dahingestellt, denn das spielt hier keine Rolle. Entscheidend ist einzig, dass eine klare Wendung hin zur sozialistischen Wirtschaft erfolgte. Vgl: Förtsch/Mann, Die SED, S. 95. Donesenie politsovetniku pri predsedatele SKKG t. Semënovu „Ob itogach 13-go rassirennogo plenuma ZK SEPG zemli Meklenburg" ot predstavitelja SKK v zemle Meklenburg A. Zolotuchina, ot 07.02.1952g. (AVPRF, F. 0457a, op. 13, Mappe 67, Akte 10, Bl. 21). Janitz, Geschichte der Landesparteiorganisation Mecklenburg, S. 137. -

Jahre der Entscheidung

162

wie in der gesamten Arbeit der SED.560 Orlov bemängelte Unzulänglichkeiten im Beschlussentwurf des Sekretariats des ZK der SED über die Vorbereitung auf das dritte Parteilehrjahr, insbesondere das Fehlen einer Auswertung der vorläufigen Ergebnisse des zweiten Parteilehrjahres, mahnte eine diesbezügliche Korrektur des Entwurfes an und unterbreitete zusätzliche Vorschläge. Im nächsten Jahr solle man eine Serie von Broschüren in der Art von „Fragen und Antworten" herausgeben, um den Parteischülern eine Hilfe beim Studium der marxistisch-leninistischen Theorie in die Hand zu geben. Außerdem sollten ehrenamtliche Lektorengruppen gebildet werden, um die Propagandaarbeit insbesondere unter der Bevölkerung weiter zu aktivieren. Die vom ZK der SED vorgeschlagenen Veränderungen im Parteischulsystem riefen bei den Verantwortlichen der Informationsabteilung keinerlei Reaktion hervor, denn das System als solches blieb bestehen und ging während der SKK-Zeit nicht über den Rahmen der gesteckten Entwick-

lungskonzeption hinaus.561

Die im Mai und Juni stattfindenden Wahlen in der SED sowie die Vorbereitung und Durchführung der II. Parteikonferenz nahmen alle Kräfte der Informationsabteilungen der Länder und Provinzen in Anspruch. Auf direkte oder auch indirekte Empfehlung der sowjetischen Seite kam es zu weiteren Kaderveränderungen innerhalb der SED. Eine neue Generation, auf die man bereits seit 1946 gesetzt hatte, erhielt eine weitere Chance. Die Tatsache, dass 43,1 % der Sekretäre von Grundorganisationen der Partei sowie 57,1 % der Mitglieder von Kreisleitungen in Mecklenburg562 nicht wieder gewählt wurden und in der übrigen DDR ähnliche Ergebnisse zu verzeichnen waren, belegen recht eindrucksvoll, wie erfolgreich die Vorbereitungen in den SED-Organisationen gewesen waren.

Die sich nach der II. Parteikonferenz entfaltende intensive Tätigkeit der SKK lässt keinen Zweifel daran, dass sie den von der Konferenz eingeschlagenen Kurs nicht befürwortete. Die „ersten Kreiskonferenzen der SED" im August wurden deshalb sofort unter die direkte Aufsicht der SKK-Vertreter in den Bezirken der DDR gestellt. Es wurde nicht nur der generelle Stand der Vorbereitungen auf diese Konferenzen die so genannten organisatorischen Fragen kontrolliert, sondern es wurden auch „Empfehlungen" zur inhaltlichen Orientierung der Konferenzen erteilt. Man beschäftigte sich mit den Inhalten und Thesen der Vorträge. Eine Reihe von Ratschlägen zu deren inhaltlicher Verändemng gab den Dokumenten erst den richtigen Schliff (im Sinne der SKK).563 Schließlich nahmen an den meisten dieser Konferenzen Vertreter der SKK teil, um unerwünschte Diskussionen zu unterbinden. Die als positiv eingeschätzten Ergebnisse der Konferenzen in den Vorträgen ging es im Wesentlichen um die beiden Entwicklungswege Deutschlands, den Aufbau des Sozialismus in der DDR und die Rolle des Staates dabei, um die Entwicklung von Genossenschaften usw. unterstreichen ein weiteres Mal die Rolle der „sowjetischen Freunde" bei der Herausbildung des von der II. Parteikonferenz verkündeten Kurses. -

-

-

-

560

561 562 563

Soobscenie Semënovu. Iz dnevnika nacal'nika otdelenija informacii SKKG Orlova A.L. „Sokrascënnaja zapis' besedy s zamestiteljami zavotdelov propagandy CK SEPG K. Snajdevind i F. Rubens, ot 23.05.1952g. (AVPRF, F. 0457a, op. 13, Mappe 67, Akte 10, Bl. 180). Ebd. Malycha, Die SED, S. 452-453. Dokladnaja zapiska v Upravlenie politsovetnika „Informacija o podgotovke i provedenii pervych rajonnych konferencij SEPG v okruge Drezden" ot i.o. predstavitelja SKKG v zemle Saksonija G. Vdovina, ot 21.08.1952g. (AVPRF, F. 0457a, op. 15, Mappe 79, Akte 10, Bl. 215).

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

163

Der mittlerweile schon recht tief verankerte demokratische Zentralismus ermöglichte es, durch die direkte Kommunikation zwischen der Nomenklatur der SKK und der SED unter weitgehendem Ausschluss der Sichtweise der Parteibasis die Entwicklung in der gewünschten Richtung voranzutreiben. Die SKK nahm offiziell immer noch keine Notiz von dem verkündeten beschleunigten Aufbau des Sozialismus und setzte sowohl im Zentrum als auch an der Peripherie ihre Politik mit den bewährten Mitteln fort. Das Hauptziel blieb seit 1949 unverändert: strengste Kontrolle über die Erfüllung der Parteibeschlüsse und -direktiven vor Ort. -

-

Im Oktober 1952 schlug der Leiter der Informationsabteilung der SKK, Orlov, Semënov erneut vor, eine Reihe von Maßnahmen gemeinsam mit der SED zu erarbeiten und von deren ZK als ihr eigenes Produkt beschließen zu lassen. Dabei handelte es sich um folgende Themenfelder: -

-

Bedeutung, Formen und Methoden der Kontrolle über die Erfüllung von Beschlüssen und Direktiven sowie die Verpflichtung aller Leiter, dieser Problematik vorrangige Aufmerk-

samkeit zu widmen; Erhöhung der Verantwortlichkeit von Leitern, die Schuldigen an der Nichterfüllung Parteibeschlüssen und -direktiven schonungslos zur Rechenschaft zu ziehen.564

von

Die Mitteilung an Semënov beinhaltete neben den eigentlichen Maßnahmen auch Vorschläge deren praktischer Realisierung an der Parteibasis. Diese Vorschläge waren keineswegs neu. Sie orientierten sich an altbewährten Methoden der Parteiarbeit. So sollten z.B. Beratungen von Parteifunktionären zu den jeweils aktuellen Beschlüssen einberufen, die Entscheidungen in der Parteipresse veröffentlicht und erläutert, positive Erfahrungen einzelner SED-Organisationen als Vorbild propagiert werden usw. All das war in der täglichen Parteiarbeit der SED bereits Usus zu

geworden. Nach wie vor wurden die SED-Funktionäre bevormundet. So war es auch kein Zufall, dass im Oktober offiziell auf Bitten von Otto Schön, Mitglied des Sekretariats des ZK der SED eine weitere Überprüfung durch die SKK anberaumt wurde. Diesmal war es die Abteilung Führende Parteiorgane und Massenorganisationen beim ZK der SED (sie war im Januar 1952 aus der Abteilung Organisation und Instruktion hervorgegangen), deren Arbeitsstil begutachtet wurde. Diese Abteilung hatte im Vorfeld besonders viele Empfehlungen und Vorgaben zur Gestaltung ihrer Struktur und ihrer Arbeit erhalten, und zwar, wie Orlov mitteilte, „ausgehend von den Erfahrungen unserer Partei"565, dass die jungen Erbauer des Sozialismus nun über die nötigen Impulse für ein zügiges Fortschreiten verfügen sollten. -

-

Betrachtet man dazu noch die gründliche Überprüfung der auf den Sitzungen des Politbüros des ZK der SED zwischen dem 11. Dezember 1951 und September 1952 behandelten Fragen566, in deren Ergebnis man wichtige Schlussfolgerungen für die weitere praktische Tätigkeit des Politbüros zog, so wird noch einmal deutlich, dass es Moskau nicht nur darum ging, Informationen 564 565

Soobscenie Semënovu „O sostojanii proverki ispolnenija partijnych resenij v SEPG" ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 29.10.1952g. (Ebd., Bl. 289). Soobscenie Semënovu „Informacija o stile raboty otdela rukovodjascich organov partii i massovych organizacij pri CK SEPG" ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 01.11.1952g.

(Ebd., Bl. 304).

566

Spravka politsovetniku Semënovu „O rassmotrennych voprosach na zasedanijach Politbjuro SEPG s 11 dekabrja 195lg. po sentjabr' 1952g." ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 03.10.1952g. (Ebd., Bl. 240).

164

Jahre der Entscheidung

einzuholen um zu wissen, was in Ostdeutschland vor sich ging, sondern dass tionen benötigte, um die jeweils nächsten Schritte für die SED zu planen.

man

diese Informa-

Eine zentrale Bedeutung in diesem Zusammenhang erlangte die Lehre Stalins von der Verschärfung des Klassenkampfes in der Phase des sozialistischen Aufbaus. Wenn also die DDR den Aufbau des Sozialismus in Ostdeutschland ernsthaft in Angriff nahm, so würde dieser Prozess unweigerlich eine erhebliche Zunahme der Auseinandersetzungen mit Gegnern des Regimes hervorrufen, dem wirksame Mittel entgegenzusetzen seien. Erste Anzeichen eines verstärkten Kampfes gegen sozialismusfeindliche Elemente waren u.a. in einem internen Rundschreiben des ZK der SED zu Fragen der politischen Wachsamkeit, das die Führung der SED auf unmissverständliches Anraten der SKK verabschiedet hatte, oder auch im „Plan für die patriotische Erziehung der Bevölkerung und der Streitkräfte" enthalten.567 Nach Auffassung der SKK waren die Absolventen der Parteischulen dazu berufen, der SED in dem bevorstehenden Kampf eine zuverlässige Stütze zu sein. Daher tauchte nicht von ungefähr zu diesem Zeitpunkt eine erste detaillierte Statistik von Parteischulabsolventen auf, die besagte, dass mit Stand vom 30. Juni 1952 von den 1 200 050 Mitgliedern und Kandidaten der SED 97 600 eine Betriebsparteischule, 129055 eine Kreis-, 11017 eine Landesparteischule und 1185 die Parteihochschule absolviert hatten. Dazu kamen noch weitere 8045 Personen, die spezielle zentrale Lehrgänge besucht hatten, 4915 Absolventen von Antifa-Schulen auf dem Territorium der UdSSR und 130 Absolventen der Leninschule in Moskau.568 Diese Statistik ergab die recht beeindruckende Zahl von über 252000 Parteischulabsolventen im Jahr 1952, d.h. mehr als jeder fünfte Genosse hatte eine marxistisch-leninistische Ausbildung durchlaufen und arbeitete nunmehr in einer führenden Position im Partei- oder Staatsapparat bzw. in Massenorganisationen. Was diese Menge Wert war, sollten die Ereignisse des Jahres 1953 deutlich zeigen. Schließlich kam es nicht nur auf die Masse, sondern auch auf die Qualität an. Und in dieser Beziehung liefen die Dinge immer noch nicht zufrieden stellend für die sowjetische Seite. Sowohl in der Vorbereitungszeit auf die II. Parteikonferenz, einschließlich der im Vorfeld stattfindenden regionalen Konferenzen der SED-Organisationen in der Provinz, als auch im Zuge der Nachbereitung der II. Parteikonferenz in Form von Parteiversammlungen auf allen Ebenen und in allen Regionen des Landes hatten die Mitarbeiter der SKK alle Hände voll zu tun. So geriet die Kontrolle über die Entwicklung des Parteischulungswesens in dieser Zeit arg ins Hintertreffen. Erschwerend kam hinzu, dass die territorial-strukturellen Veränderungen in der damaligen DDR zusätzlich Kräfte banden, denn sie stellten nicht nur die SED, sondern auch die SKK vor die Aufgabe, sich in kürzester Zeit territorial neu zu organisieren. Erst im Winter 1952 entspannte sich die Lage und das Parteischulwesen nahm in der Planungsund Kontrolltätigkeit der SKK den alten Stellenwert ein. Die Propagandaabteilung stand wieder vor der Aufgabe, einen Bericht zu erstellen. Oberst Danilov, Leiter der Informationsabteilung der SKK, beorderte den Leiter der Propagandaabteilung beim ZK der SED, Kurt Hager, zu sich. Hager sollte nicht nur einen detaillierten Bericht über die Realisierung der von der SKK erteilten Empfehlungen erstatten, sondern auch Auskunft geben über die in seiner Abteilung geplanten 567 568

Soobscenie Semënovu „O sostojanii proverki ispolnenija partijnych resenij otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 29.10.1952g. (Ebd., Bl. 286). Gonsorek, Ideologiceskaja rabota SEPG, S. 79.

v

SEPG" ot nacal'nika

Folgenfür die Entwicklung des Parteischulwesens

165

nächsten Schritte.569 Hager erschien zu diesem Treffen nicht allein, sondern in Begleitung seines Stellvertreters Schneidewind. Die Lehren der Vergangenheit hatten ihre Früchte getragen: Zu zweit war es leichter und auch ungefährlicher, die Meinung der SED zu vertreten und die Empfehlungen der SKK entgegenzunehmen, die es anschließend vor dem ZK der SED zu vertreten galt. Argumente der Art „Sie haben uns in dieser Frage nicht richtig verstanden" verloren dabei an Schärfe.

Gespräch begann mit den allgemeinen Fragen nach dem Qualifikationsstand der leitenden Parteifunktionäre, nach der Erfüllung des Plans zur politischen Erziehung der Bevölkerung, nach der Schaffung einer Abteilung Wissenschaft und Hochschulen beim ZK der SED, den Strukturveränderungen innerhalb der Propagandaabteilung, um anschließend ganz konkrete Themen, wie z.B. das Parteischulwesen unter den veränderten Bedingungen des beschlossenen Aufbaus des Das

Sozialismus in der DDR,

zu

behandeln.

Ohne auf Einzelheiten des von Hager vorgetragenen Entwurfs der SED zur Entwicklung des Parteischulwesens einzugehen (schließlich oblagen die entscheidenden Kompetenzen zur Formulierung endgültiger Empfehlungen auf diesem Gebiet ohnehin den Organen des ZK der KPdSU), konnte Danilov doch nicht umhin, diesen Entwurf seinerseits zu kommentieren. Dabei halfen ihm seine guten Kenntnisse der Geschichte und Gegenwart des Parteischulwesens in der UdSSR, entschieden vorzugehen, ohne befürchten zu müssen, von seinen Landsleuten opportunistischer Abweichungen beschuldigt zu werden. So erklärte er Hager, dass eine endgültige Entscheidung über diesen Entwurf zwar erst etwas später zu erwarten sei, zählte ihm aber gleichzeitig eine ganze Reihe von Aspekten auf, über die das Politbüro des ZK der SED in diesem Zusammenhang ernsthaft nachdenken sollte. Seine

-

Empfehlungen betrafen u.a. folgende Punkte: Die SED solle das allgemeine Profil und die einzelnen Lehrfächer für Bezirks- und Kreisparteischulen deutlicher herausarbeiten sowie noch einmal die Möglichkeiten für eine Veränderung der Ausbildungszeiten prüfen. Darüber hinaus sollten endlich detaillierte Lehrpläne für den Unterricht an Parteischulen erarbeitet werden (die bis dahin existierenden genügten nicht den in der UdSSR angelegten

Maßstäben).

Zudem empfahl er, das Gehalt der Lehrkräfte an Parteischulen nach dem Grad ihres Wissensstandes zu bemessen. So sollte z.B. die Verteidigung eines Doktortitels auf dem Gebiet des Marxismus-Leninismus nicht nur geistige Genugtuung bringen, sondern sich auch materiell auszahlen. 57° Auch die Parteihochschule wurde mit Aufmerksamkeit bedacht, was zu dem damaligen Zeitpunkt keineswegs selbstverständlich erschien. Diese Empfehlungen berührten die Schulorganisation sowie die Lehrpläne und -inhalte aller Disziplinen. Indirekt kam zum Ausdruck, dass der Lehrkörper der Parteihochschule und auch die hinter ihm stehenden Einrichtungen des ZK der SED offensichtlich nicht auf der Höhe der Zeit waren und die aktuellen Maßgaben der sowjeti569

570

V upravlenie politsovetnika. Iz dnevnika nacal'nika otdelenija propagandy otdela informacii SKKG polkovnika Danüova V.G. „Sokrascënnaja zapis' besedy s zavotdelom propagandy CK SEPG K. Chagerom ot 28.11.52g.". (AVPRF, F. 0457b, op. 13a, Mappe 147, Akte 41, Bl. 75).

Ebd., Bl. 76.

Jahre der Entscheidung

166

sehen Freunde nicht umzusetzen verstanden. Die besonders in der deutschen historischen Literatur viel diskutierte Frage, wer denn nun damals am revolutionärsten gewesen sei, stellt sich demnach eigentlich gar nicht oder zumindest nicht in der bisher angenommenen Schärfe. Wie jedes Parteilehrjahr, so stand auch das Parteilehrjahr 1953 unter dem Motto einer ganz bestimmten politischen Kampagne: Alles drehte sich um den XIX. Parteitag der KPdSU vom Oktober 1952. Die ideologische Tätigkeit der SKK war fast ausschließlich der Umsetzung der Beschlüsse des Parteitages unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten gewidmet.

Interessant ist, dass die Abteilungen des ZK der KPdSU beinahe vier Monate benötigten, um den sowjetischen Einrichtungen in der DDR entsprechende Empfehlungen dafür an die Hand zu geben. Erst ab Januar 1953 finden sich Hinweise auf die Umsetzung der Parteitagsbeschlüsse z.B. in Protokollen von Begegnungen mit Mitgliedern des ZK der SED und in internen Berichten über den „Zustand des Parteischulwesens in den Organisationen der SED"571. Als zentrale Anforderung an die ideologische Arbeit werden darin nunmehr das Studium und die Verbreitung von Stalins Arbeit „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR" genannt.572 Der kommissarische Leiter der Informationsabteilung der SKK in Deutschland, Oberst Kostenko, der diese Funktion während der zeitweiligen Abwesenheit Orlovs573 ausübte, sandte Ende Januar 1953 seine Einschätzungen über die Lage der Dinge in der SED sowohl an den Apparat des Politischen Beraters Semënov als auch an Armeegeneral Cujkov. Damit es keine Streitigkeiten über gewisse Prioritäten gab, wurden beide Meldungen wie üblich zeitgleich abgesandt. Sie waren keinesfalls identisch, auch das war Usus, beinhalteten aber die gleichen Informationen. Leider sind bislang die Informationen, die vom Apparat Cujkovs aus nach Moskau gingen, unbekannt, denn die entsprechenden Dokumente sind noch nicht zugänglich. Daher lassen sich die Rolle Cujkovs und sein Einfluss auf die ideologische Arbeit der SED nicht genau einschätzen. Obwohl es also immer zwei Adressaten gegeben hat, können zurzeit nur die Handlungen des SKK-Apparates untersucht werden.574 Der XIX.

Parteitag der KPdSU wurde von den Mitarbeitern der SKK als ein Ereignis aufgenomdas der ideologischen Arbeit ganz besondere Aufmerksamkeit widmete .575 Die erwarmen, tungsgemäß im Januar durchgeführte Analyse der SED-Organisationen im Licht der Beschlüsse des XIX. Parteitages brachte wieder viele Fragen zu Tage, die die Prüfenden nicht zufrieden stellten. Besorgnis rief u.a. die Tatsache hervor, dass das für Februar 1953 geplante Plenum des 571

572

573 574 575

Donesenie nacal'niku otdelenija informacii SKKG A. Orlovu „O sostojanii partijnoj ucëby v organizacii SEPG okraga Lejpcig" ot 06.01.1953g. (AVPRF, F. 0457b, op. 14a, Mappe 163, Akte 20, Bl. 15-23). Dokladnaja zapiska v apparat politsovetnika t. Ivanovu „O sostojanii ideologiceskoj raboty v SEPG" ot VOID nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Kostenko, ot 21.01.1953g. (AVP RF, F. 0457 b, op. 15, Mappe 79, Akte 27, Bl. 8). Orlov war für einige Zeit nach Moskau abberufen worden, vermutlich um Bericht über die Lage in der DDR zu erstatten und neue Anweisungen für die weitere Arbeit entgegenzunehmen. Andererseits ist es wenig wahrscheinlich, dass neben den Mitarbeitern der SKK auch die politischen Organe der in der DDR stationierten aktiven Armee Kontrolle über das Parteischulwesen ausübten. Dokladnaja zapiska v apparat politsovetnika t. Ivanovu „O sostojanii ideologiceskoj raboty v SEPG" ot Vr.i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Kostenko, ot 21.01.1953g. (AVP RF, F. 0457 b, op. 15, Mappe 79, Akte 27, Bl. 7).

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

167

ZK der SED ideologische Fragen nicht auf seine Tagesordnung gesetzt hatte576, und das, obwohl, wie Cujkov mitgeteilt wurde, Sozialdemokratismus und Sektierertum in der SED noch nicht überwunden waren. Die Mitarbeiter der SKK gingen dabei nicht auf konkrete Details ein, sondern beschrieben eher die allgemeine Situation. Dabei konstatierten sie, dass die „ideologische Aufrüstung" (diese militärische Terminologie wurde in der UdSSR noch über etliche Jahre hinweg beibehalten) mit der marxistisch-leninistischen Theorie noch nicht vollständig das Bewusstsein jedes einzelnen Parteimitglieds ergriffen habe und auch noch nicht zur Hauptaufgabe der Partei selbst geworden sei. Einen Weg zur Überwindung dieses Mankos sah man insbesondere in der Annahme entsprechender zentraler Beschlüsse im ZK der SED. Daher wurden sowohl an den Apparat von Semënov als auch an den von Cujkov Mitteilungen gesandt mit der Bitte, sie sollten doch der Führung der SED empfehlen, bereits auf dem Februarplenum den Zustand der ideologischen Arbeit in der SED und mögliche Maßnahmen zu seiner Verbesserung auf die Tagesordnung zu setzen sowie umgehend mit der Vorbereitung und groß angelegten Diskussion

beginnen. Es dauerte lediglich eine Woche zu

nach Entsendung dieses Berichts der SKK, bis Oelßner577 in mündlicher Form, aber mit Nachdruck, empfohlen wurde, diese Bitten mit vorrangiger Aufmerksamkeit zu bedenken. Es begann also wieder mit kleinen Schritten, indem man dem ZK der SED ans Herz legte, was auf dem Plenum diskutiert und wie Stalins Arbeit „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR" studiert werden solle (obwohl diese, einer langen Tradition folgend, ohnehin bereits zum ideologischen Arsenal der deutschen Genossen gehörte). Bald darauf gab es aber kein Halten mehr für das Drängen der SKK-Mitarbeiter. Sie waren es leid, immer nur die Fehler der aus ihrer Sicht inkompetenten Leiter von „ideologisch ausgerichteten" Abteilungen zu korrigieren, und erarbeiteten deshalb eine zehn Seiten lange Empfehlung mit dem Titel „Maßnahmen zur Verbesserung der ideologischen Situation in der SED", die sie am 20. März an Cujkov und an N.V. Ivanov (Verantwortlicher für ideologische Fragen im Apparat des Politischen Beraters) -

-

sandten.578

Bis heute ist

es

nicht

gelungen,

den Inhalt dieser

Empfehlungen

einzusehen. Ebenso unklar

bleibt, ob diese Empfehlungen bis nach Moskau gelangten. Allerdings lässt die Stellungnahme, die der Apparat des Politischen Beraters zu diesem Papier an Danilov schickte (militärisch kurz und sehr direkt: „sind mit ihren Vorschlägen nicht einverstanden", „zu stark sowjetisiert"579) auf den Inhalt schließen. 576 577

578

579

Ebd.

Ungeachtet dessen, dass für die Arbeit der Propagandaabteilung eine entsprechende Kommission im Sekretariat des ZK der SED zuständig war, zogen es die SKK-Organe häufig, um nicht zu sagen meistens, vor, sich direkt an die obersten Leitungsorgane zu wenden. In diesem konkreten Fall wandte man sich unmittelbar an Fred Oelßner, weil Schneidewind lange Zeit nur kommissarisch die Propagandaabteilung leitete. Erst nachdem Schneidewind im Spätfrühling 1953 offiziell zum Abteilungsleiter Propaganda ernannt worden war, begann sich das zu ändern und die Mitarbeiter der SKK wandten sich wieder öfter an ihn persönlich. Dokladnaja zapiska t. Cujkovu i V.l., Ivanovu N.V. „O meroprijatijach po ulucseniju ideologiceskoj raboty SEPG" ot Vr.i.o. nacal'nika otdela informacii SKKG polkovnika Kostenko, ot 20.03.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 20, Bl. 196). Ebd.

Jahre der Entscheidung

168

Die Vorschläge der SKK wurden also nicht angenommen und, soweit bekannt, ist man auch späDennoch sollten die Vorschläge nicht gänzlich ignoriert werden, ebenso wie die Tatsache der Existenz zweier Herangehensweisen an die weitere Entwicklung der SED und der DDR: auf der einen Seite die der Informationsabteilung mit Orlov an der Spitze, die sich offensichtlich auf bestimmte Abteilungen innerhalb des ZK der KPdSU stützte, und auf der anderen Seite die des Außenministeriums der UdSSR und des ihm unterstellten Apparates des Politischen Beraters in der SKK. Letzterer hatte 1952 noch eine untergeordnete Rolle gespielt, erhielt aber seit 1953 wesentlich umfangreichere Informationen aus erster Hand und ging damit in die Offensive gegen die beschleunigte Sowjetisierung, die von der Informationsabteilung favorisiert und vorangetrieben wurde.

ter nicht mehr darauf zurückgekommen.

Die vom Apparat des Politischen Beraters unternommenen Schritte konnten dennoch nicht die wachsende Unzufriedenheit der DDR-Bevölkerung, darunter speziell auch der Parteibasis der SED, zerstreuen, die drei Monate nach Erscheinen des o.g. Berichts im Aufstand vom 17. Juni gipfelte. Außerdem konnte der Apparat des Politischen Beraters bei weitem nicht alle Vorschläge der Informationsabteilung ablehnen, nicht alle Argumente entkräften. So stießen z.B. die Empfehlungen der Unterabteilung Staatsaufbau der Informationsabteilung, die Anfang April im Ergebnis einer Überprüfung der Tätigkeit der Kontroll- und Koordinationsbüros beim Ministerrat der DDR an Orlov eingereicht wurden, praktisch auf keinerlei Kritik.580 Ebenso wohlwollend wurden die Empfehlungen bezüglich der Entwicklung der Hochschulen und der Justiz in der DDR aufgenommen. Das sind jedoch Themen, die keinen unmittelbaren Bezug zu der vorliegenden Untersuchung haben und deren Analyse anhand von sowjetischen Quellen noch bevorsteht. Nachdem die Propagandaabteilung der SKK kein grünes Licht für eine weitere Sowjetisierung erhalten hatte, wandte sie sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben der Kontrolle zu. In den Monaten April und Mai widmete sie sich dabei verstärkt den Abteilungen des ZK der SED. Der im Ergebnis dieser Arbeit am 30. April 1953 von Danilov erstellte erste Bericht mit dem Titel „Über die Arbeitspraktiken der Propagandaabteilung des ZK der SED" beinhaltet keine wesentlich neuen Aspekte.581 Dieses Papier ist jedoch insofern von Interesse, als es Schlussfolgerungen über die Kernpunkte der Aufmerksamkeit der SKK in dem betrachteten Zeitraum erlaubt. -

-

So geht der Bericht z.B. an exponierter Stelle darauf ein, dass die vom Sekretariat des ZK der SED bereits am 11. Dezember 1952 beschlossene Schaffung von zwei Kommissionen (zum Studium der Geschichte der KPdSU sowie zu Fragen der Tätigkeit von politischen Schulen und Zirkeln im Rahmen der Parteischulung) bis Ende April 1953 immer noch nicht realisiert worden war. Zudem sei in der betreffenden Abteilung niemand in der Lage, den Tätigkeitsrahmen dieser Kommissionen exakt zu bestimmen. Es könne auch niemand mit Bestimmtheit sagen, wie man konkret an deren Tätigkeit herangehen wolle.582 Weiterhin wird bemängelt, dass in der Propagandaabteilung immer noch 14 Planstellen nicht besetzt seien und dass von den 38 politischen Mitarbeitern fünf seinerzeit in westlicher Kriegsgefangenschaft gewesen seien. 580 581

582

Soobscenie nacal'niku otdelenija informacii SKKG A. Orlovu „O rabote kontrol'no-koordinacionnych bjuro Soveta Ministrov GDR" ot A. Petrova, ot 02.04.1953g. (Ebd., Bl. 329). Spravka politsovetniku Semënovu „O praktike raboty Otdela propagandy CK SEPG v pervom kvartale 1953g." ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 30.04.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 97-99). Ebd., Bl. 97.

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

169

Zum Abschluss soll noch ein Blick auf die Statistik geworfen werden. Ausgehend davon, dass den Mitarbeitern der Propagandaabteilung des ZK der SED recht hohe Verantwortung übertragen wurde und dass das Parteischulsystem schon seit relativ langer Zeit existierte, musste man erwarten, dass zumindest die Mehrheit der Mitarbeiter über eine solide politische Ausbildung verfügte. Sicherlich spielte das Selbststudium dabei eine gewisse Rolle, aber trotzdem sollte es zu denken geben, dass fünf der Mitarbeiter lediglich einen Abschluss einer Kreisparteischule aufweisen konnten, sechs hatten eine Landesparteischule besucht und nur fünf die Parteihochschule noch dazu über eine Dauer von jeweils nicht mehr als drei bis zehn Monaten. Diese Tatsachen wurden von den sowjetischen Inspektoren eindeutig als Schwachpunkte gewertet. -

darüber hinaus noch berücksichtigt, dass über die Hälfte der 38 Mitarbeiter, nämlich zwanzig Genossen, erst nach 1946 der SED beigetreten waren (15 kamen aus der KPD und drei aus der SPD), so gab dieses Kräfteverhältnis der sowjetischen Seite ernsthaft zu denken. Vermutlich waren in der damaligen Zeit neben freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen583 (nicht zu vergessen sind die acht Personen mit Abschluss einer Antifa-Schule in der UdSSR, um deren „Arbeitsvermittlung" sich die SMAD/SKK speziell bemühte) bei der Gestaltung einer politischen Karriere besonders solche Charaktereigenschaften von ausschlaggebender Bedeutung wie die bedingungslose Hörigkeit gegenüber Vorgesetzten und die ehrgeizige Erfüllung aller ihrer Anweisungen. Ebenso gehörten zu den Auswahlkriterien zweifellos blinde Ergebenheit gegenüber der Sowjetunion und kritiklose Verteidigung der Reinheit der marxistischleninistischen Theorie.

Wenn

man

So nimmt es nicht Wunder, dass zu den grundlegenden Empfehlungen für eine Überwindung der „ernsthaften Mängel" immer wieder eine deutliche Verbesserung der Kaderarbeit gehörte. Charakteristisch für das Jahr 1953 war vor allem die scharfe Kritik an der unzulänglichen Wachsamkeit der Parteiorganisationen auf Kreis- und Parteiebene. Dieser Mangel sei ungeachtet einer entsprechenden [auf Drängen der SKK beschlossenen A.H.] Forderung des ZK der SED immer noch gravierend. Für die Mitarbeiter der Propagandaabteilung der Informationsabteilung der SKK war es z.B. unannehmbar, dass es immer noch etwa 100000 Parteimitglieder und Kandidaten gab, die in keiner Grundorganisation offiziell gemeldet waren und damit in den Statistiken nicht auftauchten.584 -

Schließlich widersprach diese Tatsache dem unterstellten Hang der Deutschen zu Pünktlichkeit und Korrektheit. Daher bestanden viele bei Bekanntwerden solcher Ungereimtheiten auf einer Fortsetzung der Suche nach versteckten „Saboteuren", denn so die Schlussfolgerung nur auf deren Wirken im Untergrund seien die negativen Entwicklungen innerhalb der Partei zurückzuführen. Das Allheilmittel gegen diese „Nöte" sah man, wie bereits seit Jahren, in einer peniblen Buchführung über alle Parteikader, einschließlich persönlicher Beurteilungen jedes Genossen, sowie in der Schaffung eines einsatzfähigen Reservekaders von Parteifunktionären. Außerdem sollten jene Funktionäre, die man zwar nicht als Saboteure bezeichnen konnte, die aber ungeachtet ihrer Herkunft aus Arbeiter- oder Bauernkreisen nicht die persönlichen und fachlichen Qualitäten für ein solches Amt mitbrachten, schnellstens abgelöst werden. Die Forderung der SKK, -

-

Spravka v CK KPSS t. Stepanovu V.S. „O polozenii v Socialisticeskoj edinnoj partijj Germanii v I kvartale 1953 g." ot starsego referenta otdela informacii SKKG Magonova, ot 20.04.1953 g. (RGANI, F. 5, op. 28, Akte 54, Bl. 74). 584 Ebd., Bl. 75. 583

Jahre der Entscheidung

170

für diese Zwecke verstärkt

hochqualifizierte Fachleute und junge Genossen mit entsprechender Ausbildung heranzuziehen,585 erklang mit immer mehr Nachdruck. Es hatte sich erwiesen, dass sich die Arbeit mit Leuten, die lediglich die achtjährige Volksschule absolviert hatten und das außerordentlich kompliziert gestaltete.586 waren nun einmal die meisten Die offensichtliche Diskrepanz zwischen den anspruchsvollen Plänen der wirtschaftlichen Entwicklung der DDR und den dafür denkbar ungeeigneten Ausführenden innerhalb der Partei (und das, obwohl die Kader seinerzeit einmal von der SMAD bzw. SKK bestätigt worden waren) rief die Besorgnis der sowjetischen Organe in der DDR hervor. Ende Mai 1953 erging ein Bericht an das ZK der KPdSU, speziell an Suslov, über die personelle Zusammensetzung des ZK-Apparats, der Bezirks- und Kreisleitungen der SED. Darin wird sowohl das allgemeine als auch das politische Bildungsniveau der Parteiarbeiter der SED analysiert. Haupttenor des Papiers ist eine hochgradige Besorgnis über die mangelnde fachliche und zum Teil auch politische Kompetenz des -

-

Parteikaders der

SED.587

Die im August/September 1952 in der DDR durchgeführte Gebietsreform und die sich daran anschließende Reorganisation der Parteiorgane: Herausbildung von 16 Bezirksleitungen (einschließlich Berlin und Wismut) sowie von 244 Kreisleitungen (einschließlich der diesen gleichgestellten Komitees von Großbetrieben) hatten nicht, wie gehofft, zu einer Verbesserung der qualitativen Zusammensetzung der Kader beigetragen. Im Gegenteil: Auch im Sommer 1953 behinderten die „alten Kader" angesichts ihrer eigenen Ohnmacht die jungen Leute mit Hochschulbildung. Dabei gab es genügend „trockene Plätzchen", wie man die Parteiämter im Jargon der UdSSR damals oft bezeichnete. Eine Bezirksleitung verfügte in Abhängigkeit von ihrer Größe über 84 bis 111 Planstellen, eine Kreisleitung im Durchschnitt über 32. Anders als mit dem Festhalten der Alten an ihren Ämtern lasse sich diese deutliche Behinderung der Intelligenz in der Partei kaum erklären zu diesem Schluss kam Orlov in seinem Bericht an Suslov. -

Die Zahlen sagen aus, dass

vorrangig wenig erfahrenen und wenig gebildeten Kandidaten die Möglichkeit gegeben wurde, ein Parteiamt zu belegen. Die Mehrheit der Parteifunktionäre (58%) verfügte über weniger als ein Jahr Parteierfahrung und zudem über ein außerordentlich niedriges Bildungsniveau (88% hatten lediglich einen Abschluss der achtjährigen Volksschule). In den Bezirksleitungen Frankfurt, Erfurt und Leipzig gab es z.B. in den für die Landwirtschaft zuständigen Abteilungen nicht einen einzigen Mitarbeiter mit Fachkenntnissen im Bereich der Agrarwirtschaft.588 Wenn

man davon ausgeht, dass Mittelmäßigkeit immer wieder nur Mittelmäßigkeit hervorbringt, so war diese Herangehensweise innerhalb der SED durchaus zu erwarten und nachzuvollziehen. Schließlich galt Eigeninitiative hier als Manko und absolute Hörigkeit bestimmte die

Karriere. 585

586

587

588

Ebd. Ihre Inkompetenz in fachlichen Fragen führte häufig nicht nur zu Missverständnissen in der Kommunikation mit den Vertretern der SKK, sondern schlimmer noch, zu einem Verlust des Vertrauens der eigenen Bürger in deren Arbeit, stellte die SKK fest. Spravka v CK KPSS t. Suslovu M.A. „O sostave apparata CK, okrazkomov i rajkomov SEPG" ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 29.03.1953g. (RGAN1, F. 5, op. 28, Akte 54, Bl. 105). Ebd., Bl. 110.

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

171

wohl kaum möglich sein werde, den versteckten Widerstand des eingefahrenen Apparats brechen, und in dem Bestreben, die mittlerweile geradezu katastrophale Lage in der Industrie und Landwirtschaft wenigstens etwas zu lindern, richtete man kurzerhand spezielle Lehrgänge für die für Industrie und Landwirtschaft bzw. Finanzen zuständigen Parteifunktionäre ein. 1953 wurden 344 Personen mit Hoch- und Fachschulbildung (von den insgesamt 747 Hörern) auf Forderung der SKK an die zentralen Parteischulen und an die Parteihochschule delegiert in der Hoffnung dass diese nach ihrem Abschluss die wirtschaftliche Lage voranbringen würden, während man sich in der Folgezeit immer noch um ihre weitere politische Qualifizierung kümmern könne.589 In der Erkenntnis, dass

es

zu

-

Die statistischen Erhebungen sollten mit Zustimmung der Führung der SKK sowie des ZK der KPdSU an das Mitglied des Sekretariats des ZK der SED Karl Schirdewan übergeben werden. Diese Tatsache bestärkt die Annahme, dass die sowjetischen Organe, die oftmals wesentlich besser und detaillierter über die Lage in der SED informiert waren als die zuständigen deutschen Genossen selbst, Widersprüche und Entwicklungstendenzen „objektiv" aufzeigen wollten. Die umfangreichen Daten über die Parteiapparate, die Schirdewan im Interesse einer schnellen Überwindung der Missstände erhalten hatte,590 und die Empfehlungen, die Oelßner im Hinblick auf die Arbeit mit Parteidokumenten und die „Erhöhung der Wachsamkeit" bekam, mussten der SED-Führung vor Augen führen, dass von einer nachlassenden Kontrolle seitens der SKK keine Rede sein konnte.591 Im Jahre 1953 folgten Veränderungen im Netz des Parteischulsystems selbst. Im Zusammenhang mit der Gebietsreform in der DDR beschloss das Politbüro des ZK der SED am 9. Dezember 1952 die Schaffung von 14 Bezirksparteischulen zum 1. April 1953.592

Traditionsgemäß kontrollierte die Propagandaabteilung der Informationsabteilung der SKK die Erfüllung dieses Beschlusses. Vertreter der SKK wurden in die neu gegründeten Bezirke entsandt und nahmen auch an der Beratung der Leiter der Bezirksparteischulen am 14. März 1953 in der Propagandaabteilung des ZK der SED teil. In dem daraufhin am 18. März an Semënov übermittelten Bericht stand wenig Tröstliches. Bereits in den zurückliegenden Jahren hatte sich gezeigt, dass ohne Druck der Zentrale in der Provinz kaum etwas voranging, insbesondere wenn Eigeninitiative bei der Schaffung von etwas Neuem gefordert war. Alle warteten auf entsprechende Anweisungen „von oben". In den meisten Fällen mussten die SKK-Vertreter vor Ort deshalb eine deutliche Untätigkeit der ihnen anvertrauten Bezirksleitungen konstatieren, mussten Fehler aufdecken. Selbst etwas ändern konnten sie in der Regel nicht, denn „klärende Gespräche" durften sie nur mit Zustimmung ihrer übergeordneten Leitung führen. Wenn Orlov dem Apparat von Semënov mitteilen musste, dass die Mehrheit der Schulen nicht auf den Beginn des Unterrichts vorbereitet sei, weder im Hinblick auf die dafür notwendigen 589 590 591

592

Ebd.

Ebd., Bl. 111.

Spravka politsovetniku Semënovu „O praktike raboty Otdela propagandy CK SEPG v pervom kvartale 1953g." ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 30.04.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 103). Spravka t. Semënovu „O podgotovke k nacalu ucebnogo goda v okruznych partijnych skolach SEPG." ot nacal'nika otdelenija informacii SKKG A. Orlova, ot 18.03.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 20, Bl. 195).

Jahre der Entscheidung

172

Räumlichkeiten noch auf die Auswahl der Schulleitungen und der Hörer, wenn Orlov Semënov bitten musste, in dieser Frage mit Oelßner sprechen zu dürfen, so belegt das nicht nur ein weiteres Mal seine recht schwache Stellung innerhalb der Nomenklatura der SKK, sondern auch gewisse

Schwächen der örtlichen Propagandaabteilungen. Darüber hinaus bat Orlov Semënov, bei nächsGelegenheit Ulbricht auf die Probleme bei der Vorbereitung der Bezirksparteischulen der SED auf das neue Lehrjahr hinzuweisen.593

ter

Die Unzulänglichkeiten bestanden u.a. darin, dass es zwei Wochen vor Unterrichtsbeginn an den Schulen in Cottbus, Schwerin und Erfurt noch keine Direktoren und keine Stellvertreter gab, der Lehrkörper noch nicht bestätigt war und keine endgültigen Hörerlisten vorhanden waren, ganz zu schweigen von deren Befürwortung durch die zuständigen Organe.594 Das Merkwürdige, vielleicht aber auch gerade das Charakteristische an dieser Bitte Orlovs an die Adresse Semënovs ist die Tatsache, dass zur gleichen Zeit Vertreter der SKK an der bereits erwähnten Beratung in der Propagandaabteilung des ZK der SED teilnahmen und dort mit Sicherheit all diese Missstände zur Sprache brachten aber ungeachtet dessen bat Orlov Semënov, Oelßner und Ulbricht über die aufgedeckten Mängel zu informieren und sie um energisches Eingreifen zu bitten. Andernfalls werde wohl wieder alles im Sande verlaufen. -

Weitere Dokumente lassen den Schluss zu, dass die Bemühungen nicht umsonst waren. Mit zehntägiger Verspätung, aber immerhin ohne die befürchteten größeren Probleme, wurde sogar die Bezirksparteischule Cottbus, die als die problematischste angesehen worden war, eröffnet. Von den vorgesehenen zwölf Mitarbeitern (Direktor, Stellvertreter, fünf Lehrbeauftragte, fünf Assistenten) waren zwar zum Zeitpunkt der Eröffnung erst drei Lehrer und vier Assistenten bestätigt, aber die Hörerzahl entsprach den Vorgaben.595 Der Umstand, dass unter den 81 Hörern 40 Mitarbeiter von Kreis- bzw. Bezirksleitungen der SED waren, rief keinerlei Kritik hervor. Bemängelt wurde jedoch, dass 25 der Immatrikulierten zwischen 40 und 50 Jahre alt waren. Das seien eindeutig zu viele. Der SKK-Vertreter für Cottbus, I. Vachrov, schrieb seinen Bericht bereits drei Tage nach der Eröffnung der Bezirksparteischule. Das erklärt, warum dieser Bericht kaum konkrete Empfehlungen enthält. Nach Stalins Tod waren erst wenige Wochen vergangen, keiner wusste so recht, welche Prioritäten in Zukunft gestellt würden. Daher beschränkte sich die Kritik auf die noch ungenügende Ausstattung der Schulbibliothek. Insbesondere das Fehlen der Werke von Lenin und Stalin wurde bemängelt596 schließlich waren alle Hörer dazu berufen, sich zu Führungspersönlichkeiten des Lenin-Stalin-Typs zu entwickeln. -

Die Überprüfung der Bezirksparteischulen durch Mitarbeiter der SKK der jeweiligen Bezirke lief nicht etwa stichprobenartig, sondern im Zeitraum April/Mai 1953 flächendeckend in allen Bezirken .597 593 594 595

596 597

Ebd. Ebd.

Spravka Nacal'niku otdelenija informacii SKKG t. A. Orlovu „Ob otkrytii Kottbusskoj Okraznoj partskoly" ot predstavitelja SKKG v okruge Kottbus I. Vachrova, ot 11.04.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 48). Ebd., Bl. 49. Praktisch zeitgleich mit der Gebietsreform in der DDR waren auch die chend umstrukturiert worden. Siehe auch: Das SKK-Statut, S. 90.

SKK-Vertretungen entspre-

Folgenfür die Entwicklung des Parteischulwesens

173

Die daraus erwachsenen Berichte trugen, ähnlich wie in Cottbus, überall rein informativen Charakter. Orlov wurde mitgeteilt, dass mit den jeweiligen SED-Bezirksleitungen Gespräche zu den Ergebnissen der Untersuchung durchgeführt und dabei Ratschläge zur Überwindung der vorgefundenen Unzulänglichkeiten gegeben worden seien.598 Die Terminologie der Berichte weist zudem eine spürbare Wandlung auf: Anstelle von „Empfehlungen" ist zunehmend von „Ratschlägen" die Rede.

begann, wie von der SKK spätestens seit März befürchtet, an keiner der Schulen planmäßig April, sondern je nach den örtlichen Verhältnissen zwischen dem 10. und dem 20. April. Unabhängig davon wurde jedoch das Ende der Lehrveranstaltungen einheitlich auf den 19. Dezember festgesetzt. An allen Schulen gab es Wohnheime und Kantinen, und auch diese wurden von der SKK überwacht. Die Finanzierung der Schulen ging von einem Tagessatz in Höhe von 5 Mark pro Tag und Hörer, wie am Beispiel Potsdams belegt, aus. Die Hörer erhielten 75 Mark Stipendium pro Monat sowie zusätzlich 35% ihrer vorherigen Bezüge. Für jedes Kind, das zum Haushalt eines Hörers gehörte, gab es weitere 30 Mark.599 Im Unterschied zur Besatzungszeit bis 1949 hatten die SED-Führungen nunmehr das Recht, selbstständig ohne Beteiligung der SKK über eine Veränderung der Finanzierung zu entscheiden. Eine Einmischung der SKK in diese Belange war zu diesem Zeitpunkt wenig wahrscheinlich. Daher finden sich in den Berichten der Bezirksvertretungen der SKK auch kaum Hinweise auf die Finanzierung der Schulen. Das Hauptaugenmerk richtete sich auf statistische Angaben zu den Hörern, die, wie früher auch, nach folgenden Kriterien erhoben wurden: Der Unterricht am

1.

soziale Herkunft -

-

Parteizugehörigkeit (vor 1933, nach 1945) Kriegsgefangenschaft (UdSSR, Westeuropa)

-

militärischer

Dienstgrad.600

-

Die Berichte der einzelnen Bezirksvertretungen unterschieden sich in ihren Schlussfolgerungen wenig voneinander. Alle stellten fest, dass die SKK-Vertretungen der Vorbereitung der Schulen auf ihre Eröffnung „große Aufmerksamkeit" gewidmet und nach deren Arbeitsaufnahme entsprechende „Ratschläge" erteilt hätten.601

nur

598

Dokladnaja zapiska Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O sostojanii ucebnogo processa v Okruznoj partijnoj skole okruga Potsdam" ot i.o. predstavitelja SKKG v okruge Potsdam S. Grudystyj, ot 15.05.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 177).

599 600

Ebd., Bl. 174.

601

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O nacale ucëby v Okruznoj okruga Drezden" ot predstavitelja SKKG v okruge Drezden S. Urazova, ot 13.05.1953g. (Ebd., Bl. 168). Ebd.

partskole

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Zu den mit Abstand radikalsten Veränderungen, auf denen die örtlichen SKK-Vertretungen damals bestanden, gehört der Vorschlag des Vertreters im Bezirk Magdeburg, S. Pan'sin, das Parteischulsystem, das mehr als zehn Schulformen umfasste, entscheidend zu vereinfachen.602 Als Hauptargument führte er an, dass ein so kompliziertes System die Kontrolle über die Tätigkeit der Propagandisten sowie die Organisation ihrer politischen und methodischen Weiterbil-

dung unnötig erschwere.603

Der SKK-Vertreter im Bezirk Frankfurt/Oder, S. Mefedov, forderte Veränderungen, die sehr an alte Empfehlungen erinnerten. So bestand er darauf, die Vorlesungsskripte zu kontrollieren. Sie sollten jeweils zehn bis 15 Tage vor dem Vorlesungstermin eingereicht werden, um eventuelle Fehler ausmerzen und die Darstellung verbessern zu können.604 Auch das Selbststudium der Hörer dürfe nicht dem Selbstlauf überlassen bleiben. Jede Gruppe solle einen Mentor erhalten, der die Arbeit der einzelnen Hörer kontrolliere und für individuelle Konsultationen zur Verfügung stehe. In der Folgezeit enthielten die Berichte über Bezirksparteischulen wieder mehr Schlussfolgerungen, neben der üblichen Kritik an aufgedeckten Schwächen finden sich immer häufiger „Rezepte" zur Überwindung der Mängel. Allerdings gab der Inhalt der Vorlesungen, die sogar neue Themen wie die internationale Bedeutung der Beschlüsse des XIX. Parteitages der KPdSU aufwiesen, kaum Anlass zur Kritik.605 Nicht zufrieden waren die Prüfer dagegen mit der Planung der Vorlesungen und Seminare sowie mit der methodischen Qualifikation der Lehrkräfte. Bewährtes Mittel für die Überwindung von Mängeln blieb die Durchführung von Gesprächen vor Ort, in diesem Fall mit der jeweiligen Führung der SED-Bezirksleitung [die Schulleitungen wurden in der Regel nur von den Ergebnissen der Überprüfungen in Kenntnis gesetzt, während die grundlegenden Gespräche immer in den Bezirksleitungen stattfanden A.H.] mit dem anschließenden Appell an die SKK-Spitze, im Falle von anstehenden Veränderungen die SED-Führung über notwendige Maßnahmen zu informieren. -

602

603

604

605

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O sostojanii propagandy resenij 19 s"ezda KPSS i izucenie trada t. Stalina .Ekonomiceskie problemy socializma v SSSR' v okruge Magdeburg" ot predstavitelja SKKG po okrugu Magdeburg S. Pan'sina, ot 25.04.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 87). In Wirklichkeit gab es zum damaligen Zeitpunkt im Parteischulsystem der SED neun Schulformen mit 17 einzelnen Lehrgängen. Siehe hierzu: Kramer, Dejatel'nost' SEPG po razvitiju partijnoj ucëby, S. 124. Daher ist die Forderung der SKK (insbesondere des Apparats des Hohen Kommissars) nach einer Vereinfachung des Systems durchaus verständlich. Die Ereignisse des Sommers 1953 verzögerten jedoch die Umsetzung dieser Forderung. Erst mit der Verordnung des Politbüros des ZK der SED vom 18. August 1953 „Über die Parteischulung 1953/54" wurde die Anzahl der Schulformen verringert. Siehe hierzu: Über das Parteilehrjahr 1953/54. In: Dokumente der SED, Bd. 4, S. 485^189. Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O sostojanii propagandy resenij 19 s"ezda KPSS i izucenie trada t. Stalina ,Ekonomiceskie problemy socializma v SSSR' v okruge Magdeburg" ot predstavitelja SKKG po okrugu Magdeburg S. Pan'sina, ot 25.04.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 87). Spravka Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O rabote Okraznoj partijnoj skoly SEPG okraga Frankfurt na Ödere" ot predstavitelja SKKG v okruge Frankfurt na Ödere S. Mefedova, ot 02.06.1953g. (Ebd., Bl. 218). Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O nacale ucëby v Okraznoj partskole okraga Drezden" ot predstavitelja SKKG v orage Drezden S. Urazova, ot 13.05.1953g. (Ebd., Bl. 170).

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

175

1953 zog die Propagandaabteilung Bilanz über die Kontrollen an den Bezirksparteischulen und der Parteihochschule und kam zu dem Schluss, dass die Tätigkeit der Parteihochschule den an die Parteischulung insgesamt gestellten Anforderungen am ehesten entsprach. Da jedoch bislang die Berichte über Kontrollen an der Parteihochschule nicht zugänglich sind, können hier keine konkreten Aussagen darüber gemacht werden. Unklar bleibt bis heute, warum die SKK erst nach der Einrichtung von Bezirksparteischulen die Forderung an das ZK der SED richtete, die Erfahrungen der Parteihochschule an andere Einrichtungen, wie z.B. die BPS, weiterzugeben. 606 So sollten u.a. die umfangreichen Ausarbeitungen in Vorbereitung auf Vorlesungen an der Parteihochschule auch den Lehrkräften an den Bezirksparteischulen zur Verfügung gestellt werden, ebenso Themenpläne für die Seminarreihen.

Anfang Juni

verfolgte dabei weiterhin eine Politik, die den ohnehin schon begrenzten Handlungsspielraum der Direktoren von Bezirksparteischulen noch mehr einschränken sollte: Sie erhob gegenüber der SED-Führung die Forderung, diese Direktoren regelmäßig zentral zu schulen. Auf diesen Schulungsveranstaltungen sollten sie nicht nur allgemeine Empfehlungen erhalten, sondern ganz konkrete Unterstützung bei der Organisation der Lehr- und Erziehungstätigkeit und der Unterrichtsplanung erfahren sowie methodische Anleitungen bekommen.607 In der diesbezüglichen Argumentation vor dem ZK der SED wurde allerdings nicht angesprochen, dass derartige Veranstaltungen vor allem die Arbeit der sowjetischen Kontrolleure erleichtern würden. Schließlich entfiel damit die Notwendigkeit, in Krisensituationen mit jeder einzelnen Schulleitung „klärende Gespräche" zu führen. Ein weiterer Schritt zur konsequenten ZentralisieDie SKK

rung

war

getan.

Doch nicht nur die Parteischulen hielten nicht mit den aktuellen Anforderungen Schritt, nicht nur die Lehrkräfte verfügten nicht über das ihnen abverlangte Wissen und Können. Für die Parteifunktionäre der mittleren (ganz zu schweigen von der unteren) Ebene galt Gleiches. Die von SKK-Vertretern regelmäßig durchgeführten Kontrollen über die Kenntnis aktueller Parteibeschlüsse unter SED-Funktionären boten nach wie vor ein unbefriedigendes Bild: Die Mehrheit der Funktionäre war bestenfalls oberflächlich über die grundlegenden Beschlüsse informiert, allzu häufig traf man auf vollständiges Unvermögen, Entscheidungen der Parteiführung auf die eigene praktische Tätigkeit anzuwenden und in Aufgabenstellungen der eigenen Parteiorganisation umzusetzen. „Freundschaftliche Ratschläge", Selbststudium sowie die ständige Erinnerung der Parteiführung in Berlin, hier eine Veränderung herbeizuführen, zeigten nicht die erwarteten Resultate. Grundlegende Maßnahmen waren also angesagt. Ende Mai 1953 schlug die Informationsabteilung dem Apparat von Semënov vor, dem ZK der SED im Namen der SKK-Führung zu empfehlen, „beim ZK der SED dreimonatige Weiterbildungslehrgänge für Kreissekretäre und Mitarbeiter von Bezirksleitungen einzurichten, um diese zum Studium der Parteibeschlüsse zu befähigen".608 606

607 608

Donesenie Nacal'niku otdela informacii SKKG t. Orlovu A.L. „O rabote Okruznoj partijnoj skoly SEPG okruga Rostok" ot Vr.i.o. predstavitelja SKK v okruge Rostok I. Sorokina, ot 05.05.1953g. (Ebd., Bl. 235). Ebd. Spravka v apparat politsovetnika t. Judinu „O sostave apparata CK, okruzkomov i rajkomov SEPG" ot Nacal'nika otdela informacii SKKG Orlova, ot 22.05.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 15, Mappe 79, Akte 27, Bl. 166).

Jahre der Entscheidung

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man darunter konkret zu verstehen hatte, ist schwer zu sagen. Schließlich gab es sehr viele Parteibeschlüsse. Vorerst blieb unklar, wer darüber befinden sollte, welche dieser Beschlüsse für würdig betrachtet werden sollten, in diesen Lehrgängen studiert zu werden. Welche Funktionäre sollten vorrangig zu diesen Lehrgängen delegiert werden? Kurzum, der Vorschlag warf mehr Fragen auf, als er Antworten gab. Wahrscheinlich erhoffte man sich, dass durch die Lehrgänge

Was

eine allgemeine Atmosphäre der Wissbegierigkeit geschaffen würde, die daheim gebliebene Funktionäre veranlassen könnte, den Lehrgangsteilnehmern nachzueifern und sich die Beschlüsse ihrer Parteiführung im Selbststudium anzueignen. Die Angst, zurückzubleiben und damit ihre Karrierechancen zu mindern, sollte die Parteifunktionäre veranlassen, ihr Verhältnis zur Weiter-

bildung generell zu ändern. Darüber hinaus wandte sich die SKK mit der weiteren Bitte an Semënov, das ZK der SED zu informieren, dass im Ergebnis der Überprüfung von Kreis- und Bezirksparteischulen eine erhebliche Anzahl außerplanmäßiger Stellenbelegungen festgestellt worden sei (zur gleichen Zeit gab es an den Schulen immer noch viele unbesetzte Stellen!). Die SKK-Mitarbeiter waren darüber derart empört, dass sie Semënov aufforderten, unverzüglich die Entlassung der betreffenden Personen zu

veranlassen.609

Aber auch das erschien noch zu wenig. Energisch wurde zum Kampf gegen die „trockenen Plätzchen" geblasen. Dabei kam zu Tage, dass die größte Konzentration „überflüssiger Personen" in jenen Abteilungen zu verzeichnen war, die sich weitestgehend an der Peripherie des gesellschaftspolitischen Lebens befanden und daher wenig persönliche Verantwortung trugen.

Aufgeräumt wurde dennoch in erster Linie in Berlin als Zitadelle der Macht und als Mittelpunkt eines Apparates, in dem sich eine Vetternwirtschaft herausgebildet hatte. Während es in der Mehrzahl der Kreis- und Bezirksleitungen noch an Personal fehlte, beschloss man für Berlin, nicht nur alle Mitarbeiter ohne feste Planstelle zu entlassen, sondern sogar in den ganz offenkundig zu stark aufgeblähten Stadt- und Stadtbezirksleitungen der SED eine Reihe von Planstellen zu streichen. Den von diesen Kürzungen betroffenen Mitarbeitern bot man analoge Arbeitsplätze zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern an. Da sich die Arbeitsbedingungen dort erheblich von den hauptstädtischen unterschieden, ist unschwer nachzuvollziehen, warum die Direktive nur schleppend umgesetzt wurde. Ende Mai 1953 verzeichneten nach 8 831 Hörer, davon:

-

Angaben der SKK die Parteischulen aller Ebenen zusammen

110 am Institut für Gesellschaftswissenschaften 1 127 an der Parteihochschule 744 an einjährigen zentralen Parteischulen 1 850 an einjährigen Bezirksparteischulen

-

Kreisparteischulen (4-monatige Lehrgänge)

5 000

an

29

der Parteihochschule beim ZK der KPdSU.610

-

an

-

609 610

Ebd.

Ebd., Bl. 161, 166.

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens Seit dem Erscheinen der 9. Dezember 1952 hatte es -

-

Verordnung „Über die Heranbildung führender folgende wesentlichen Veränderungen gegeben:

\11

Parteikader"

am

Ausdehnung der Studienzeit an der Parteihochschule von zwei auf drei Jahre Erhöhung des Hörerkontingents für die Jahreslehrgänge an der Parteihochschule Einrichtung zentraler Parteischulen mit einjähriger Ausbildung für Fachleute aus Industrie und Landwirtschaft, aus dem Staatsapparat sowie aus kulturellen und Bildungseinrichtungen

Bildung von Bezirksparteischulen mit einjähriger Ausbildung Ausdehnung der Ausbildungsdauer an den Kreisparteischulen von drei auf vier Monate bei gleichzeitiger Kapazitätserweiterung der Schulen.611 Um den Lehrkörper an den Parteischulen zu halten und gleichzeitig das Ansehen der Lehrkräfte vor allem an der Parteihochschule und an den zentralen zu steigern, wurden deren Gehälter Parteischulen erhöht. Außerdem verwirklichte man die Idee der SKK in Bezug auf die Schaffung von Konsultationszentren bei den Bezirksleitungen zur Anleitung [lies: Kontrolle A.H.] und Unterstützung der Externen. Auf Vorschlag der SKK sollten zum Hauptinhalt der politischen Agitation für die Folgezeit weiterhin die Erläuterung der Beschlüsse der II. Parteikonferenz der SED über den Aufbau des Sozialismus in der DDR, die politischen und wirtschaftlichen Erfolge der DDR sowie (anhand der Materialien des XIX. Parteitages der KPdSU) die Erfolge der UdSSR gemacht werden. Eng damit verbunden war immer wieder die Entlarvung der Politik „anglo-amerikanischer Imperialisten und ihrer Helfershelfer in Westdeutschland".612 -

-

-

-

an dieser Stelle, dass all diese Empfehlungen und Veränderungen vor den Juni1953 stattfanden. Der „faschistische Putsch", wie die Ideologen der SED des Jahres ereignissen und der KPdSU gezwungen waren, den Volksaufstand vom 17. Juni zu deklarieren, um nicht die Perspektivlosigkeit der in der DDR vorgenommenen Reformen zugeben zu müssen, gab der Arbeit der Informationsabteilung ganz neue Aspekte. Auch die SED war nach dem Schock des 17. Juni gezwungen (allerdings nicht ohne entsprechenden Druck von Seiten des ZK der KPdSU und des Apparats des Hohen Kommissars der UdSSR in Deutschland613), ihre Arbeitsweise entscheidend zu ändern.

Unterstrichen sei

Der Aufstand hatte mit aller Deutlichkeit die Schwächen der SED gezeigt. Viele Genossen stellten sich auf die Seite der Aufständischen, andere bekannten sich zwar nicht öffentlich, traten aber auch nicht als Verteidiger der Parteilinie auf oder blieben ganz im Hintergrund in neutraler Position. Es dauerte kaum einen Monat, bis die Mitarbeiter der SKK einen ausführlichen Lagebericht mit Empfehlungen erarbeitet hatten, wie die Führungskader der SED in Zukunft besser

611 612

613

In den 73 KPS, die die Ausbildung von Kadern auf der untersten Ebene übernahmen, gab es pro Jahr zwei Lehrgangsdurchgänge mit, wie bereits dargestellt, jeweils ca. 5 000 Absolventen. Meroprijatija po ulucseniju raboty Otdela agitacii CK SEPG ot 03.06.1953g. (AVP RF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 152). Ausführlicher zur Änderung der Bezeichnung des Politischen Beraters in Hochkommissar siehe: Das SKK-Statut, S. 96-99.

Jahre der Entscheidung

178

qualifiziert und regelmäßig weitergebildet werden sollten.614 Diese Vorschläge gingen mit der Unterschrift von Orlov an die übergeordnete Leitung, um von dort aus dem ZK der SED übergeben zu werden. Das umfangreiche Papier erinnerte in Ton und Stil stark an die Zeiten der SMAD.615

Die erst im Dezember 1952 beschlossenen Ziele und Aufgaben der Partei auf dem Gebiet der ideologischen Arbeit wurden scharfer Kritik unterzogen und deutlich ergänzt. Besondere Aufmerksamkeit widmete man dabei der Nomenklatura des ZK sowie den dafür zuständigen Funktionären in der Provinz. Für jeden Einzelnen von ihnen sollte ein individueller „Perspektivplan" der politischen Aus- und Weiterbildung erstellt werden.

Es sollte nicht

länger hingenommen werden, dass die Mehrheit der Hörer an zentralen und Bezirksparteischulen lediglich Zwei- oder Dreimonatskurse an einer Kreisparteischule, einen 14-tägigen Lehrgang an Betriebsparteischulen oder gar nur eine Antifa-Schule in der UdSSR besucht hatten und über 15% der Hörer nur eine Teilnahme an den Zirkeln des Parteilehrjahres aufweisen konnten. Diese Schwächen in der politischen Erziehung sollten überwunden werden. Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Lehrkräften und bei der Kontrolle über den Lehrkörper an den Bezirksparteischulen strapazierten die Geduld der Verantwortlichen in der SKK zusätzlich. Schließlich schlugen sie vor, die BPS, die nicht einmal ein Jahr lang bestanden hatten, schleunigst wieder aufzulösen und an ihrer Stelle sechs oder sieben bezirksübergreifende Schulen einzurichten sowie durchzusetzen, dass an diesen Schulen jeweils 150 bis 200 Hörer in einem Durchgang ausgebildet würden. Speziell damit beauftragte Funktionäre innerhalb der Bezirksleitungen sollten persönlich für die richtige Auswahl qualifizierter Lehrkräfte und für die Inhalte des Lernprozesses verantwortlich gemacht werden.616 Die zentralen Parteischulen traf es ebenso. Ihre generelle Struktur und die Lehrinhalte beließ man vorläufig beim Alten, schlug aber vor, die Hörerzahl an diesen Einrichtungen auf bis zu 1 000 aufzustocken.

Die Kreisparteischulen sollten, ähnlich wie die Bezirksparteischulen, gestärkt werden, dabei sollte die Gesamtzahl der Einrichtungen reduziert, die Zahl der Hörer pro Schule aber auf 100 bis 150 erhöht werden. Die Ausbildungsdauer, die seinerzeit einmal mit 14 Tagen begonnen hatte, sollte nach den Vorstellungen der SKK wieder verlängert werden, dieses Mal auf sechs Monate mit nur einem Durchgang pro Jahr. In der übrigen Zeit sollten die Schulkapazitäten für Weiterbildungsveranstaltungen der Lehrkräfte und der Parteifunktionäre genutzt werden. Die Lehrbeauftragten der Kreisparteischulen wurden vorerst in Ruhe gelassen. Sie hatten lediglich alle angebotenen Weiterbildungsveranstaltungen zu besuchen. Die Hauptaufmerksamkeit der SKK galt den Lehrkräften der zentralen und Bezirksparteischulen sowie der Parteihochschule. Diese Personen sollten in einem derartigen Tempo qualifiziert werden, dass sie bis Ende 1954 zumindest die Abschlussprüfung der dreijährigen Ausbildung an der Parteihochschule erfolgreich

614

Spravka

615 616

otdela informacii SKKG A. Akte 21, Bl. 319). Ebd., Bl. 319-322. Ebd., Bl. 320.

v

apparat politsovetnika „O podgotovke rakovodjascich partijnych kadrov" ot Nacal'nika Orlova, ot 21.06.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a, Mappe 163,

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

179

ablegen könnten. Aber auch das erschien der SKK noch zu wenig. Sie verlangte von den Lehrkräften der zentralen und der Bezirksparteischulen, in einem Zeitraum von maximal drei Jahren einen Abschluss der Parteihochschule zu erlangen.617 Diese Vorschläge zielten alle auf eine Erhöhung des politischen Bildungsniveaus der Lehrkräfte. Weitere Maßnahmen betrafen den Lehrprozess als solchen. Es ging wieder darum, den Inhalt von Vorlesungen vorsorglich zu erörtern und zu überprüfen. Im Vorfeld sollten nun nicht nur die Vorlesungen der angestellten Lehrkräfte, sondern auch die der freien Dozenten in den entsprechenden Instanzen der SED überprüft werden. Dabei ging es auch um die Fähigkeit der Lektoren, in ihren Vorlesungen die theoretischen Grundlagen des Marxismus-Leninismus mit den aktuellen Aufgaben der DDR und der Entlarvung bürgerlicher Theorien zu verbinden.618 Nach dem Tode Stalins kam diesen Aspekten übrigens eine stetig steigende Bedeutung zu.

Die weiteren Forderungen verstärkte Kontrolle des Selbststudiums und Schaffung gut ausgewaren ebenso bereits im Frühjahr 1953 aufgestellt statteter Bibliotheken an diesen Schulen worden. -

-

Darüber hinaus wurden noch zwei weitere Punkte angesprochen, die von der SKK permanent gefordert wurden, da diese in der UdSSR ebenso gehandhabt wurden: Das betraf zum einen die Verpflichtung der Lehrkräfte, jeden Vortrag eines Hörers im Seminar vor allen Anwesenden zu bewerten, dabei Schwächen des Vortrags aufzuzeigen und, was noch wichtiger war, vor allem jede Abweichung von der marxistisch-leninistischen Theorie zu kommentieren, wenn es denn zu einer solchen gekommen war. Zum anderen sollten an jeder Schule zwei bis drei grundlegende Disziplinen für die Anschlussprüfungen benannt werden, während in allen anderen Fächern zumindest Testate abgelegt werden sollten.619 All diese Maßnahmen sollten dazu beitragen, die Verantwortlichkeit aller Beteiligten zu erhöhen, immer effektiver zu kontrollieren und letztlich immer detailliertere Informationen über die Vorgänge in den Parteischulen sowohl über den Lehrprozess als auch über das Verhalten jedes einzelnen Hörers zusammenzutragen. Was die Verschärfung der politischen Arbeit nach dem Juni-Aufstand insgesamt also nicht nur innerhalb der Partei, sondern unter der Bevölkerung allgemein anbetrifft, so hatte die SKK erwartungsgemäß erheblichen Anteil daran. Zunächst schlug man vor, das ZK der SED möge auf seinem nächsten Plenum den Zustand der politischen Arbeit unter der Bevölkerung erörtern. Dazu diktierte man die Punkte, welche im Einzelnen auf dem Plenum angesprochen werden sollten. Diese wurden schließlich auch im Wesentlichen unverändert angenommen.620 -

-

Hierin enthalten waren eine zunehmende Berücksichtigung von nationalen Gesichtspunkten sowie gewisse Zugeständnisse an die Intelligenz. Gemeint war die Forderung nach einer verstärkten Bearbeitung von Fragen der deutschen Geschichte, und zwar nicht nur der Geschichte der KPD, wie bis dahin weit verbreitet, sondern Geschichte unter dem Gesichtspunkt einer 617 618 619 620

Ebd.

Ebd., Bl. 321. Ebd.

Spravka A. Orlovu „Meroprijatija po usileniju politiceskoj raboty sredi naselenija" ot nacal'nika otdelenija propagandy i agitacii otdela informacii SKKG Danilova, ot 29.06.1953g. (AVPRF, F. 457(b), op. 14a. Mappe 163, Akte 21, Bl. 277).

Jahre der Entscheidung

180

patriotischen Erziehung. Das Verhältnis zum deutschen kulturellen Erbe, insbesondere zur klassischen deutschen Philosophie, musste neu definiert werden, denn man war der Meinung, „ein Totschweigen würde von der deutschen Öffentlichkeit negativ bewertet werden"621. Es wurden jedoch nicht nur die so genannten Klassiker des deutschen Kulturerbes aus der Versenkung hervorgeholt, sondern es zeichnete sich auch eine spürbare Hinwendung zu den Führern der deutschen Arbeiterbewegung und deren Werken ab. Dabei erfuhr Ernst Thälmann eine weitere

Rehabilitation, und dem ZK der SED wurde angetragen, seine Werke neu aufzulegen.622

Darüber hinaus schlug man vor, ab 1954 mit der Herausgabe von Gesammelten Werken von Marx und Engels zu beginnen, da es nicht mehr sinnvoll sei, immer nur mit Einzelausgaben zu operieren. Außerdem waren bereits neun Bände mit Aufsätzen von Stalin ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht worden, weitere vier sollten noch Ende 1953 herausgebracht werden. Ein weiterer

Aspekt, den die SKK häufig vor der SED zur Sprache brachte, war das Verhältnis Intelligenz. Zwar hatte es bis 1953 bereits einige Veränderungen zum Besseren gegeben623, allerdings befriedigten diese noch lange nicht die Ansprüche der sowjetischen Organe. Daher waren die SKK und die anderen für die DDR zuständigen Organe der Sowjetunion schon vor dem 17. Juni und besonders in der Zeit danach überzeugt, dass an der Politik der SED noch einiges geändert werden müsse. Die Bezirksleitungen der SED erhielten die Auflage, noch im Juni/Juli 1953 dem ZK der SED Vorschläge einzureichen, wie die Arbeit mit der Intelligenz verbessert werden könne. Schließlich sollte die Forderung der SKK, die Arbeit mit der Intelligenz müsse zum Alltag der Partei zur

werden, bald Wirklichkeit werden.624

Die Parteischulen waren dazu berufen, die dazu erforderliche „richtige Weltanschauung" zu vermitteln. Die vorhandenen Lehrer, die ihren Schülern zumeist nur um wenige Unterrichtsstunden im Stoff voraus waren, konnten das wohl kaum erreichen.

621 622

623 624

Ebd., Bl. 278.

richtigen Verständnis sollte Folgendes klargestellt werden: Diese Rehabilitation betraf nicht die Persönlichkeit Thälmanns, sondern in erster Linie die breite und umfassende Veröffentlichung seines Nachlasses. Der Name Thälmann erklang schon seit langem auf den verschiedensten SED-Konferenzen. Auf dem III. Parteitag vom 20. bis 24. Juli 1950 schlug man vor, der Darstellung seiner herausraZum

genden Rolle im Kampf um den Frieden, für die Einheit der Arbeiterklasse und für die Umwandlung der Kommunistischen Partei Deutschlands in eine Partei neuen Typus künftig mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Hermann Matern widmete seinen Vortrag auf einer Zentralen Parteikonferenz für Propagandisten im Jahre 1951 zum Abschluss des ersten Parteilehrjahres der Person Ernst Thälmanns und unterstrich insbesondere, dass das Studium des Marxismus-Leninismus sowie die Unterstützung durch die KPdSU ihm geholfen hätten, die KPD zu einer revolutionären Massenpartei der deutschen Arbeiterklasse zu entwickeln. Siehe: Zur Propagandistenkonferenz. In: Neuer Weg 14 (1951), S. 24. Nikitin, Zwischen Dogma und gesundem Menschenverstand, S. 97-124. Spravka A. Orlovu „Meroprijatija po usileniju politiceskoj raboty sredi naselenija" ot nacal'nika otdelenija propagandy i agitacii otdela informacii SKKG Danilova, ot 29.06.1953g. (AVPRF. F. 457(b), op. 14a, Mappe 163, Akte 21, Bl. 281).

Folgen für die Entwicklung des Parteischulwesens

181

Die Mehrzahl der umfangreichen Empfehlungen der SKK waren gleich nach den Ereignissen des 17. Juni zusammengestellt worden und sind mit dem 21. und dem 29. Juni datiert. Danach war es an der SED, die gesamte politisch-ideologische Arbeit wesentlich kritischer als früher zu betrachten und zu analysieren. Nach einer gewissen Zeit der Erholung nach dem Schock veröffentlichte die SED am 18. Oktober 1953 ihren Beschluss „Über das 4. Parteilehrjahr 1953/54".

Noch bevor dieser Beschluss erschien, hatte man im Sommer in Reaktion auf die Kritik seitens der SKK an allen Kreisparteischulen sechswöchige Propagandistenlehrgänge eingerichtet. Mit diesen Lehrgängen sollten in den Monaten Juni bis August über 8000 neue Propagandisten ausgebildet werden, um anschließend mit ihrer Hilfe den Unterricht in den Grundorganisationen zu erweitern und zu beleben.625 Auch dieser Beschluss wurde nur halbherzig umgesetzt. Die Auslastung der Lehrgänge erreichte zwar eine Quote von knapp 70%, die Qualität der Ausbildung ließ jedoch zu wünschen übrig, und mit der Treue und Ergebenheit der Lehrgangsteilnehmer gegenüber der Sache der Partei sah es erst recht schlecht aus.

Häufig wird der Eindruck erweckt, als seien Entscheidungen innerhalb der SED nur unter dem Druck der sowjetischen Behörden gefällt worden oder zumindest unter dem Aspekt, es ihnen recht zu machen. Vielleicht hatte man im ZK der SED die Notwendigkeit, den einen oder anderen Beschluss zu fassen, sogar verstanden, aber in den seltensten Fällen gelang es, ohne den Druck von sowjetischer Seite die Entscheidungsfindung konsequent zu Ende zu führen und anstehende Beschlüsse zügig zu fassen und zu realisieren. Sogar im Krisenjahr 1953, so schrieb der Abteilungsleiter Politische Fragen der DDR des Hohen Kommissars der UdSSR für die DDR, A.L. Orlov, am 31. Oktober an Semënov, habe sich das Sekretariat des ZK der SED nicht

mit Fragen der Vorbereitung des Lehrjahres befasst und es habe keine Kontrollmaßnahmen über die Verwirklichung des Politbürobeschlusses zum neuen Parteilehrjahr veranlasst.626 Fred Oelßner, der unmittelbar für diesen Bereich verantwortlich war, war im Grunde genommen zu Details der Schulungsarbeit der Partei nicht aussagefähig. Wieder waren es daher die Mitarbeiter des Apparates des Hohen Kommissars der UdSSR, die sich um die Durchführung der Beschlüsse des ZK der SED bemühten. Die weitere Entwicklung der Ereignisse im Parteischulsystem zeigt, dass sowjetische Propagandisten der SED auch in jenen Fällen zu Hilfe kamen, wenn deren Beschlüsse doppeldeutige Formulierungen enthielten oder auch solche, die ohne Berücksichtigung der Besonderheiten der DDR einfach aus sowjetischen Dokumenten übernommen worden waren.

Sogar

Besonders deutlich trat dies 1953 zu Tage, als z.B. ein Beschluss des Politbüros die Formulierung enthielt, die Teilnahme am Parteilehrjahr erfolge auf freiwilliger Basis. Daraufhin weigerte sich ein Großteil der Kandidaten, an den Schulungsveranstaltungen teilzunehmen. Besonders betroffen waren die Zirkel auf der untersten Ebene sowie die Abendlehrgänge der Kreisparteischulen.

625

626

V CK KPSS. „O podgotovke i nacale ucëby v seti partijnogo prosvescenija SEPG" ot nacal'nika otdela po politiceskim voprosam GDR Verchovnogo komissara SSSR v Germanii A. Orlova, ot 31.10.1953 g. (RGANI, F. 5, op. 28, Akte 54, Bl. 161). Ebd., Bl. 170.

Jahre der Entscheidung

1S2

Überall in der DDR klingelten die Alarmglocken bei den Mitarbeitern des Hohen Kommissars und natürlich auch im ZK der SED. Über die Parteipresse wurden die Parteileitungen und Sekre-

Grundorganisationen aufgerufen, ihre Aufklärungsarbeit unter den Mitgliedern und Kandidaten dahingehend zu verstärken, dass alle zu der inneren Einsicht kämen, sich weiterzubilden. Auch sieben Jahre nach ihrer Gründung war die SED in der Entwicklung solcher Überzeugungen noch nicht weiter als am Anfang. Die sowjetischen Propagandisten schlugen vor, die These von der Freiwilligkeit der Parteischulung zu belassen, jedoch hinzuzufügen und dies auch in jeder Grundorganisation ausführlich zu erläutern -, dass das Prinzip der Freiwilligkeit bedeute, dass jedes Parteimitglied selbst über täre der

-

Formen und Methoden seines Studiums entscheiden Auf diese Weise wurde das Missverständnis SED derlei Experimente nicht mehr.

könne.627

ausgeräumt. Später erlaubte sich die Führung

der

Einschränkend muss jedoch hinzugefügt werden, dass es zwar relativ schnell gelang, das Problem auf der unteren Ebene zu lösen, bei den Bezirks- und Kreisparteileitungen sah es dagegen wesentlich schwieriger aus. Den höheren Parteichargen fiel es schwer, sich mit allen anderen gemeinsam auf die Schulbank zu setzen. Daher wurden speziell für leitende Funktionäre Sonderlehrgänge mit hohem Anteil an Selbststudium zu den Grundlagen des Marxismus-Leninismus sowie zum dialektischen und historischen Materialismus eingerichtet. Bald jedoch mussten die mit der Prüfung beauftragen Vertreter des Hohen Kommissars feststellen, dass die Funktionäre außerordentlich wenig Interesse für ein Studium des Marxismus-Leninismus zeigten.628 Als Antwort auf die Kritik in diesem Zusammenhang gab z.B. der Erste Sekretär der Bezirksleitung Schwerin, Quandt, ohne Umschweife zu, dass er für sich ein regelmäßiges Studium der Parteipresse als absolut ausreichend empfinde, um seinen politischen Horizont zu erweitem.629 Erst nach neuerlichen „konkreten Empfehlungen" begann sich diese Einstellung in der Provinz zu ändern. Über die Effektivität des so hoch gelobten Selbststudiums können wir heute nur noch Vermutungen anstellen... Schließlich war Orlov gezwungen, wieder einmal vom ZK der SED zu fordern, sich endlich mit Fragen des Parteilehrjahres und der Einbeziehung aller Mitglieder, einschließlich der Kandidaten, zu beschäftigen.630 Gleichzeitig forderte man von der SED, exemplarische Vorlesungen zu Fragen des „Neuen Kurses" zu erarbeiten. Wie jedoch aus einem Anfang 1954 erstellten Bericht des Hohen Kommissars in Deutschland an das ZK der KPdSU hervorgeht, schätzte man die politische Arbeit der SED auf dem Land sowie auf der Ebene der Grundorganisationen als außer-

627

Politsovetniku Semënovu V.S. „O podgotovke i nacale nacal'nika otdela po politiceskim voprosam GDR

ot

ucëby v seti partijnogo prosvescenija SEPG" Verchovnogo komissara SSSR v Germanii

31.10.1953g. (AVPRF. op. 14b, Mappe 184, Akte 10, Bl. 28). Informacija nacal'niku otdela po politiceskim voprosam GDR Verchovnogo komissara SSSR v Germanii A.L. Orlovu „O chode ucebnogo goda v seti partijnogo prosvescenija" ot predstavitelja Verchovnogo komissara SSSR v Germanii v okruge Sverin Serova, ot 14.12.1953g. (Ebd., Bl. 39). A. Orlova, ot

628

629 630

Ebd. Politsovetniku Semënovu V.S. „O podgotovke i nacale ot nacal'nika otdela po politiceskim voprosam GDR A. Orlova, ot 31.10.1953g. (Ebd., Bl. 30).

ucëby v seti partijnogo prosvescenija SEPG" Verchovnogo komissara SSSR v Germanii

Folgenfür die Entwicklung des Parteischulwesens

183

unbefriedigend ein.631

Jene 30% der Parteimitglieder der SED, die wirklich an den konnten die sowjetische Seite nicht zufrieden stellen. Immerteilnahmen, Schulungsmaßnahmen hin warden sowjetischen „Freunden" Ende 1953 klar, dass nur eine gründliche „Gehirnwäsche",

ordentlich

gepaart mit entsprechendem Einsatz von Waffengewalt, in der Lage war, die Bruderpartei Macht zu halten. Der wirtschaftliche Wettstreit mit dem Westen chen bereits verloren.

war

an

der

schließlich im Wesentli-

Zum 1. Januar 1954 zählte die SED 1 126 504 Parteimitglieder, die Parteiorganisationen der Kasernierten Volkspolizei nicht mitgerechnet, sowie 102776 Kandidaten.

Diese Statistik berücksichtigt bereits die 27 189 ausgeschlossenen ehemaligen und die 4948 Personen, die 1953 ihr Parteibuch freiwillig zurückgaben.

Parteimitglieder

Die Mehrheit der Mitglieder, so zeigen die einzelnen Perioden der Parteientwicklung, waren der Partei nicht aus politischer Überzeugung, sondern wegen persönlicher Interessen beigetreten.

631

„Otcët Verchovnogo Komissara v Germanii ob ékonomiceskom i politiceskom polozenii 1953 g." ot zamestitelja Verchovnogo komissara SSSR v Germanii Mirosnicenko, janvar' (RGANI, F. 5, op. 28, Akte 53, Bl. 57).

V CK KPSS.

GDR

v

1954g.

5

Souveränität zwischen Schein und Sein

5.1

Auswirkungen der internationalen Lage auf die ideologische Arbeit

(1954-1955)

in der SBZ In den Jahren 1954 und 1955 bemühte sich die UdSSR zunächst, einen Zugang der Bundesrepublik Deutschland zu militärischen Bündnissen zu verhindern und es nach der Unterzeichnung der Pariser Verträge im Oktober 1954 nicht zu deren Ratifizierung kommen zu lassen.632 Andererseits ging es ihr um die Festigung der eigenen inneren wirtschaftlichen und politischen Lage und gleichzeitig um die Stärkung des außenpolitischen Prestiges der DDR. Dieser Prozess zog sich etwa über zwei Jahre hin und war auch innerhalb der DDR von weitgehend einheitlichen Ent-

wicklungstendenzen gekennzeichnet. Als eine Art Ausgangspunkt für diese Entwicklungen kann die Note der sowjetischen Regierung an die Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs vom 4. August 1953 angesehen werden, die vorschlug, eine Außenministerkonferenz der vier Siegermächte zur Deutschlandfrage

einzuberufen.

Während in der Folgezeit gegenüber der internationalen Öffentlichkeit immer wieder das Bestreben nach einer Normalisierung der Beziehungen zu den ehemaligen Verbündeten betont wurde, verstärkten sich in der internen Parteiarbeit (diese erstreckte sich nicht nur auf die UdSSR, sondern auch auf die so genannten volksdemokratischen Länder) die Tendenzen einer Konfrontation mit dem Westen. So wurde der Volksaufstand des 17. Juni 1953 unmittelbar nach seinem Aufflammen noch als „faschistischer Putsch" deklariert. In den Botschaften, die bald darauf von „Arbeitern" einer Vielzahl sowjetischer Betriebe in der DDR zur Unterstützung ihrer Klassengenossen versandt wurden, bezeichnete man jedoch in erster Linie nicht mehr „versteckte Faschisten" im eigenen Land als Drahtzieher der Aktion, sondern vielmehr „Agenten der westlichen imperialistischen Großmächte". Diese Korrekturen der „Protestresolutionen", die vor der Veröffentlichung vom ZK der KPdSU veranlasst worden waren, verfolgten, wie die russischen Historiker A.M. Filitov und T.V. Domraceva feststellen, durchaus nachvollziehbare Ziele. Im Bewusstsein der Bevölkerung der jungen Volksdemokratien sollte die Ansicht gefestigt werden, der westliche Imperialismus sei als Hel632

Kremer, FRG.S. 51.

186

Souveränität zwischen Schein und Sein

fershelfer des Faschismus ihr Feind Nummer 1.633 Diese Diskrepanz zwischen der nach außen und der nach innen gerichteten Propaganda der UdSSR wirkte sich folgerichtig negativ auf die Bereitschaft des Westens zur Zusammenarbeit aus.

Ungeachtet dieser eher schlechten Vorzeichen hat das von sowjetischer Seite angestrengte Treffen der Außenminister der vier Siegermächte nach fünfjähriger Unterbrechung doch stattgefunden. Die Minister tagten zwischen dem 25. Januar und dem 18. Februar 1954 in Berlin634. Die Begegnung wurde im Nachhinein von der UdSSR propagandistisch als „Erfolg aller um Entspannung ringenden Kräfte" gewertet,635 obwohl in der Deutschlandfrage alles beim Alten blieb. Der Versuch der Sowjetunion, darauf zu bestehen, dass an diesem Treffen Vertreter der Bundesrepublik und der DDR teilnehmen sollten (was de facto einer offiziellen Anerkennung der Existenz zweier deutscher Staaten gleichgekommen wäre), scheiterte. Weder die Gründung eines „Komitees für den Kampf um die deutsche Einheit" auf Beschluss der DDR-Regierung am 7. Januar 1954 noch deren Vorschlag vom 25. November 1953, den Warenaustausch zwischen beiden deutschen Staaten auszuweiten, konnten die Westmächte beeindrucken.

Hieraus ergab sich der logische Schluss, dass es an der Zeit sei, die Souveränität der DDR und ihr internationales Ansehen zu stärken. Konkrete Schritte der UdSSR in diese Richtung waren bereits 1953 eingeleitet worden. Zwei Wochen nach Erscheinen der o.g. offiziellen Note war eine Regierungsdelegation der DDR nach Moskau gereist (vom 20. bis zum 22. August 1953). Die in der Öffentlichkeit großartig angekündigten und von den Medien permanent begleiteten Gespräche über die deutsche Frage sollten der Welt die gewachsene staatliche Autorität der DDR und ihre Anerkennung als gleichberechtigten Partner durch die UdSSR demonstrieren.636 Am 5. März 1954, fünf Tage vor der Eröffnung des IV. Parteitages der SED, gab die UdSSR eine Regierungserklärung ab, mit der sie der DDR die allumfassende Souveränität in sämtlichen Fragen der Innen- und Außenpolitik übertrug und gleichzeitig diplomatische Beziehungen zur DDR wie zu jedem anderen souveränen Staat aufnahm.

Die damit verbundene Erklärung über die Aufhebung der Kontrolle über Deutschland und seine staatlichen Organe seitens des sowjetischen Hochkommissars sollte das Selbstvertrauen der führenden Parteifunktionäre der SED stärken. Um die Ernsthaftigkeit der UdSSR zu unterstreichen, hob der Leiter der sowjetischen Delegation auf dem IV. Parteitag der SED, A.L Mikojan, hervor, dass „die deutsche Arbeiterklasse [...] gemeinsam mit der Arbeiterklasse der Sowjetunion und der anderen Länder nunmehr ihren würdigen Beitrag zur Bereicherung des gewaltigen Schatzes des Marxismus-Leninismus leisten würde" 637.

633 634 635 636

637

Filitov/Domraceva, Sovetskaja politika v germanskom voprose, S. 248. Ausführlicher hierzu siehe: Loth, Die Teilung der Welt, S. 314—315. Lavrisev, Mezdunarodnye otnosenija, Bd. 2, S. 65. In der in der Folgezeit in der Sowjetunion erschienenen geschichtswissenschaftlichen Literatur werden die Ereignisse stark verfälscht dargestellt. Sogar das genaue Datum der Veröffentlichung der Note der sowjetischen Regierung wurde an die ideologischen Bedürfnisse „angepasst". In einer zwölfbändigen

Geschichte der Sowjetunion heißt es dazu u.a., dass zunächst mit der DDR-Delegation die Inhalte der Note erörtert worden seien, ehe der Wortlaut endgültig veröffentlicht worden sei. Vgl.: Istorija SSSR s drevnejsich vremën do nasich dnej, Bd XI, S. 354. Egorov, Internacional'noe sotradnicestvo KPSS i SEPG, S. 199.

Auswirkungen der internationalen Lage

187

Damit näherte man sich wieder der lange Zeit zurückgedrängten leninschen Theorie, dass alle Nationen unausweichlich zum Sozialismus kommen würden, jedoch nicht alle zur gleichen Zeit und auf die gleiche Weise, dass jede Nation ein Stück nationaler Eigenart in diesen Prozess einbringen werde.638 Die Zulassung verschiedener Eigentumsformen in der DDR in der Aufbauphase des Sozialismus bestätigte in gewisser Weise diese Tendenz. Kritische Beobachter am Rande des Parteitages kamen natürlich nicht umhin zu bemerken, wie verblüffend der Wortlaut des neuen SED-Statuts mit dem vom XIX. Parteitag beschlossenen KPdSU-Statut übereinstimmte, und zwar häufig bis in kleinste Einzelheiten.639 Es blieb darin bei der führenden Rolle der Partei und auch bei der weiteren Schaffung von Grundlagen des Sozialismus. Zwar zögernd, aber dennoch unausweichlich folgte die DDR-Führung dem Entstalinisierungskurs der UdSSR. So verurteilte man auf dem Juli-Plenum von 1953 offiziell eine Reihe von Verstößen gegen die „Leninschen Normen und Prinzipien der Führung von Partei und Staat" 64°. Auf dem IV. Parteitag der SED würdigte man die neue Ordnung in der UdSSR, ohne die vorausgegangene Zeit des Personenkults um Stalin in der UdSSR oder die wachsende Unzufriedenheit im eigenen Land mit den von Ulbricht und seiner Führung durchgesetzten Normen innerhalb der Partei auch nur zu erwähnen. In das neue Programm der SED wurde im Zusammenhang damit auch der Punkt aufgenommen, dass die gewählten Parteiorgane nach dem Grundsatz der Kollektivität zu arbeiten hätten. (Zwei Jahre später erlaubte es dieser Passus Ulbricht übrigens, im Parteiprogramm der SED zu erklären, dass in den Parteiorganisationen der SED seit langem der Kampf gegen den Personenkult geführt werde und es daher keine Veranlassung gebe, etwas in der Arbeit der Partei zu verän-

dern.) Die wachsende Eigenständigkeit der Bundesrepublik veranlasste die UdSSR zu weiteren Schritten. Nach der sowjetischen Erklärung vom 25. März 1954 wurden im Mai die meisten bis dahin von den Sowjets besetzten Gebäude in Karlshorst geräumt und an den Ostberliner Magistrat zurückgegeben.641 Zur gleichen Zeit verbreitete sich unter der Berliner Bevölkerung wie ein Lauffeuer die Nachricht, dass die Russen tatsächlich einen Großteil ihrer Kontrolleure aus der SKK nach Hause schicken würden eine Kunde, die auch dem Westen nicht verborgen blieb. -

Die im Anschluss an die Auflösung des Hochkommissariats und die Übergabe aller Funktionen an die sowjetische Botschaft im Juli 1954642 erfolgte Aufhebung sämtlicher Befehle und Verfügungen der SMAD/SKK im August 1954 gilt als wichtiger Schritt in Richtung einer Anerkennung der DDR. Einschränkend muss jedoch hinzugefügt werden, dass nicht alle Maßnahmen auf die Eigenständigkeit der DDR gerichtet waren. Schließlich ging es der sowjetischen Führung auch darum, die Voraussetzungen für eine feste Verankerung der DDR in der „sozialistischen Staatengemeinschaft" zu schaffen.

638 639 640 641 642

Lenin, O karikature na marksizm, S. 123. Schütze, Aufbau des Sozialismus in Mitteldeutschland, S. 67. Istorija SSSR s drevnejsich vremën do nasich dnej, Bd. XI, S. 379. Schenk, Im Vorzimmer der Diktatur, S. 256-257. Doernberg, Kratkaja istorija GDR, S. 203.

Souveränität zwischen Schein und Sein

188

der Pariser Verträge und der am 23. November 1954 in Karlsruhe angefür ein Verbot der KPD643 wurden sowohl von der sowjetischen als auch von strengte Prozess der SED-Propaganda als Angriffe des „reaktionären Westens" auf die wahren deutschen Patrioten und als eine Wiedergeburt des Revanchismus und Militarismus in Deutschland gewertet.

Die

Unterzeichnung

Von Anfang November 1954 bis Januar 1955 sandte man insgesamt drei diplomatische Noten an die Westmächte in der Hoffnung, die Ratifizierung der Pariser Verträge zu verhindern. Im Zusammenhang mit dem beginnenden Gerichtsverfahren wurde Rechtsbeistand für die „Freunde" in der KPD organisiert. In Moskau fand vom 29. November bis zum 2. Dezember eine Beratung von Delegationen der UdSSR, Albaniens, Bulgariens, Ungarns, der DDR, Polens, Rumäniens und der Tschechoslowakei mit Vertretern der Volksrepublik China als Beobachter statt, auf der Maßnahmen zur „Sicherung des Friedens und der Sicherheit in Europa" erörtert wurden.644 All diese Versuche waren in der Tat jedoch nicht viel mehr als ein Propagandafeldzug. In Bezug auf die DDR war ohnehin bereits alles entschieden, die Weichen in Richtung Sozialismus waren eindeutig gestellt, sodass an eine Vereinigung mit Westdeutschland sowieso nicht mehr gedacht werden konnte. -

643 644

Kul'bakin, Ocerki novejsej istorii Germanii, S. 581.

Istorija SSSR s drevnejsich vremën do nasich dnej, Bd. XI, S. 356-357.

-

5.2

Handlungsspielräume der SED-Führung seit der Anerkennung der DDR als souveräner Staat

Führung der SED nun das Ziel, auf das sie in Zukunft hinarbeiten sollte, über die Wege zur Erreichung des Zieles und die Mittel, die dabei zum Einsatz kommen sollten, herrschte jedoch noch weitgehende Unklarheit. Abhilfe sollte eine Studienreise von Parteifunktionären der SED in die UdSSR bringen. Im Vorfeld dieser Reise stellte die SED eine umfangreiche Liste mit Fragen zusammen, die in Moskau zu klären waren. Dieses Arbeitsprogramm wurde am 29. November 1954 der Führung der KPdSU übergeben. Es umfasste etwa 40 Positionen und berührte praktisch alle Bereiche der sowjetischen Volkswirtschaft und der Parteiarbeit der KPdSU.645 Zwar kannte die

unvollständige Aufstellung dieser Themen macht deutlich, mit welchen Problemen Führung der SED immer noch konfrontiert war. Bemerkenswert ist allerdings auch die Übereinstimmung der aufgelisteten Fragen mit den kritischen Anmerkungen der SKK, die immer wieder in Bezug auf die in der SED herrschenden Mängel zur Sprache gebracht wurden. Fragen, die speziell mit den Parteinormen und der Kaderpolitik zu tun hatten, waren: Wie können die Einhaltung und Sicherung der Parteidisziplin sowie die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit gewährleistet werden? Wie sind Selbstständigkeit und Verantwortung untergeordneter Organe der Partei unter den Bedingungen der uneingeschränkten Gültigkeit von Beschlüssen übergeordneter Organe für alle geregelt? Wie erfolgt die Anleitung von Presse und Rundfunk sowie der Massenorganisationen? Wie ist die Umsetzung von Beschlüssen und die Kontrolle darüber organisiert? Wie werden Kader gezielt ausgewählt, erzogen und gefördert usw.? Das Hauptaugenmerk in Fragen der Volkswirtschaft legte man dabei nicht in erster Linie auf die rein ökonomischen Aspekte, sondern vielmehr auf den Ausbau des Einflusses von Parteiorganisationen, z.B. bei der Eisenbahn, in der Landwirtschaft, in der Verwaltung, in Schulen usw. Dem ZK der KPdSU musste ein solcher Eifer der SED-Führung entgegenkommen. Auf der anderen Seite war klar, dass eine einfache Übernahme sowjetischer Vorbilder nicht funktionieren würde. Die Verordnung des Politbüros des ZK der SED vom 1. Februar 1955, die mit dem Titel „Schlussfolgerungen der Arbeit der SED-Delegation in der UdSSR" in russischer Sprache in die Sowjetunion geschickt wurde,646 erfüllte zweierlei Funktionen: Zum einen wollte man gegenüber den sowjetischen „Freunden" hervorheben, wie wichtig die gemachten Erfahrungen gewesen seien diese Art Anbiederung wurde immer offensichtlicher -, zum anderen diente eine Art Rechenschaftslegung auch der eigenen Vergewisserung, ob und inwieweit die sowjetischen Erfahrungen richtig verstanden und umgesetzt wurden. Selbst eine

die

-

-

-

-

-

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645

646

Die Delegation der SED hielt sich vom 22. Dezember 1954 bis zum 22. Januar 1955 in verschiedenen Städten der UdSSR auf. Postanovlenie Politbjuro CK SEPG ot 1 fevralja 1955 g. „Obobscenie raboty delegacii SEPG v Sovetskom Sojuze". (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 324, Bl. 121).

Souveränität zwischen Schein und Sein

190

Das Bestreben die Arbeit der SED an das Vorbild der KPdSU anzupassen war so groß, das Bemühen, dabei jeglichen politischen Fehler zu vermeiden, derart ausgeprägt, dass Ulbricht bereits am 9. Februar 1955 dem ZK der KPdSU gegenüber den Wunsch äußerte, das ZK solle doch im kommenden Herbst eine Delegation in die DDR entsenden, damit diese sich mit der Parteiarbeit der SED näher vertraut machen könne.647 Rein äußerlich könnte man meinen, dies zeuge von einer Gleichberechtigung beider Parteien, einem einfachen Austausch. Allein die Formulierung der Ziele der jeweiligen Delegationen gibt einen Einblick in die wirkliche Lage der Dinge: Die einen reisen, „um Erfahrungen zu sammeln und anzuwenden", die anderen dagegen werden förmlich eingeladen, „um sich ein Bild zu machen". Im Grunde genommen handelte es sich also um die untertänige Bitte um einen Kontrollbesuch. Auf die an Chruscev gerichtete Anfrage reagierte die zuständige Abteilung Beziehungen zu ausländischen Kommunistischen Parteien des ZK der KPdSU in der Person von Suslov umgehend und wohlwollend. Davon zeugt der Umstand, dass I.V. Kabin, Sektorenleiter in dieser Abteilung, bereits am 12. April einen entsprechenden Vorschlag „über die Entsendung einer Delegation" vorbereitet hatte.M8 Das Bewusstsein der eigenen Größe und Bedeutsamkeit erlaubten es ihm jedoch nicht, so schnell auf ein Ersuchen von „Satelliten" zu reagieren. Da die SED gebeten hatte, die Delegation etwa im Oktober/November zu entsenden, wurde beschlossen, diese Frage voraussichtlich im August/September auf die Tagesordnung des ZK zu setzen.649 Nach der offiziellen Übertragung der Souveränität am 25. März 1955 wurde an den alten Spielregeln ohne Wenn und Aber festgehalten, mit dem Unterschied, dass Kontrollen nunmehr auf ausdrückliche Bitte der SED-Führung stattfanden. Die tagtägliche Bevormundung trat schrittweise immer mehr in den Hintergrund. Es waren nun offizielle Delegationen, die sich einen Überblick über die Lage in der SED und der DDR verschafften. Ohne der Einmischung in innere Angelegenheiten eines souveränen Staates bezichtigt zu werden, ließ sich auf diesem Wege alles gründlich prüfen, ließen sich Schlussfolgerungen ziehen und politische Akzente setzen. Nach der Ratifizierung der Pariser Verträge im Februar 1955 und der Aufkündigung der (während des Zweiten Weltkriegs geschlossenen) alliierten Verträge mit Großbritannien und Frankreich durch die Sowjetunion im Mai 1955 hatte sich die internationale Lage entscheidend gewandelt. Die UdSSR konnte nun das schon lange vorbereitete Projekt zur Schaffung eines eigenen Verteidigungsbündnisses verwirklichen und es darüber hinaus so aussehen lassen, als sei dies lediglich die legitime Antwort auf den Vorstoß des Westens. Zur Gründung des Warschauer Paktes im Mai 1955 erklärte die UdSSR, die Integration Westdeutschlands in die NATO habe sämtliche Wege zur Schaffung eines einheitlichen und friedliebenden deutschen Staates abgeschnitten. 65°

647 648 649

650

Ebd., Bl. 120. Ebd. Auch Jahre später noch war diese Vorgehensweise dank ungeschriebener Gesetze der Bürokratie in der UdSSR weit verbreitet. Wenn eine Anfrage durch ihre besonderen Umstände nicht gerade eine brandeilige Antwort erforderte, so blieb sie immer erst eine gebührende Zeit liegen, ehe sie bearbeitet wurde. Egorov, Internacional'noe sotradnicestvo KPSS i SEPG, S. 212.

Handlungsspielräume der SED-Führung

191

Der Zwischenaufenthalt führender sowjetischer Staatsmänner in der DDR auf der Heimreise von der Züricher Konferenz der Großmächte (18.-23. Juli 1955) sollte der Weltöffentlichkeit „die neue Achtung der UdSSR vor der Souveränität der DDR" demonstrieren.651 Es wurde von einem „Erfahrungsaustausch gleichberechtigter Partner" über die künftige Entwicklung der Beziehungen zwischen der UdSSR und der DDR berichtet.

Chruscev unterstrich ganz besonders: „Es existieren zwei deutsche Staaten, nicht real." 652

alles andere ist ...

Die Verträge zwischen der UdSSR und der DDR, die die volle Souveränität rechtlich fixierten, bildeten in gewisser Weise einen Schlusspunkt der zehnjährigen Entwicklung von der SBZ zur DDR. Das sowjetische Hochkommissariat wurde endgültig aufgelöst.653 Gesetze, Direktiven, Befehle und andere Verfügungen des Kontrollrates in Deutschland verloren, wie seinerzeit bei der SMAD, ihre Wirkungskraft654. Damit war der Weg offen für die endgültige Etablierung einer „sozialistischen Gesetzgebung" in der DDR. Allerdings wurde dies offensichtlich von beiden Seiten noch nicht in vollem Maße wahrgenommen und umgesetzt. Nicht alle Mitarbeiter der SKK oder der Parteiorgane der KPdSU waren sofort bereit, die Veränderungen für ihre eigene

Tätigkeit vollständig zu realisieren.655

651 652 653

Lavrisev, Mezdunarodnye otnosenija, Bd. 2, S. 42. Zit. nach: Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 221. Nach der ersten Erklärung der UdSSR über die vollständige Souveränität der DDR vom 25. März 1954 begann bereits ein Prozess des Umdenkens. So finden sich bereits ab Sommer 1954 Schriftstücke, in denen die Unterzeichner sich nicht mehr als Vertreter der SKK bezeichnen, sondern zum Beispiel als Botschaftsrat der UdSSR in der DDR (A. Orlov) oder als Abteilungsleiter Politische Fragen bei der Botschaft der UdSSR in der DDR (P. Nazarov) vgl.: Spravka v otdel CK KPSS „O sostojanii propagandistskoj i agitacionnoj raboty SEPG" ot Sovetnika Posol'stva SSSR v GDR A. Orlova, ot 27.12.1954g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 324, Bl. 73). Lavrisev, Mezdunarodnye otnosenija, Bd. 2, S. 42. Wettig, Bereitschaft zur Einheit in Freiheit, S. 275-277. -

654 655

5.3

Neue

Aspekte in der Parteischulung

In den Jahren 1954/55 hatte sich die Lage in der Parteischulung der SED weitgehend stabilisiert. Diese Stabilität blieb allerdings relativ, denn der Tod Stalins und die sich daran anschließenden Entwicklungen sowohl in der Sowjetunion als auch in der DDR veranlassten die „Schöpfer des Sozialismus", gerade auf dem Gebiet der Propaganda immer ausgeklügeltere Wege zu suchen. Grundlegende, radikale Veränderungen, wie es sie z.B. 1948 und 1950 gegeben hatte, waren aber nicht mehr an der Tagesordnung.

Parteiführungen beider Länder im Sommer 1953 erlitten hatten, veranlasste sie allzu kühne Neuerungen zu vermeiden. Man einigte sich, auf übertriebenen Gehorsam ebenso wie auf die weitere Suche nach „Sonderwegen" zum Sozialismus zu verzichten. Vereinzelt anzutreffende Formulierungen über gewisse Möglichkeiten einer eigenständigen Entwicklung der sozialistischen Staaten, abweichend von der in der Sowjetunion, kamen in der Regel über Unverbindlichkeiten nicht hinaus. Der Schock, den die

Die Stärkung der Position von Orlov, nicht nur im Hinblick auf seine Funktion, sondern auch auf seine Ansichten zur weiteren Entwicklung der SED, macht deutlich, dass in der UdSSR konservative Positionen die Überhand gewonnen hatten. Etwas liberalere Ideen, die zeitweise im Außenministerium kursierten, konnten sich nicht durchsetzen.

Die Tätigkeitsbezeichnung von Orlov änderte sich im Laufe der Zeit mehrmals: Nannte er sich im Sommer 1953 noch Abteilungsleiter für Information der SKK, so war er im Herbst schon Abteilungsleiter für politische Fragen der DDR beim Hochkommissar der UdSSR in Deutschland und im Sommer 1954 Botschaftsrat der UdSSR in der DDR. Diese Wechsel spiegeln deutlich die Umgestaltung der Strukturen in den sowjetischen Behörden wider. Die offizielle Einstellung der Tätigkeit der SKK im August 1953656 hatte weitreichende Auswirkungen auf die Arbeit des Apparats von Orlov sowohl im Zentrum als auch in der Provinz. Die Möglichkeiten direkter Kontrolle und Einflussnahme waren noch einmal deutlich geringer geworden. Dazu kam insbesondere ab März 1954 die Forderung Moskaus, die Souveränität der DDR öffentlich herauszustreichen. Daraus ergaben sich einschneidende Veränderungen in der Handlungsweise der sowjetischen „Freunde".

Die seit 1952/1953 eingeführten Neuerungen im Parteischulwesen entwickelten sich erfolgreich. Die zentralen Parteischulen, für deren Gründung sich die SKK seinerzeit stark eingesetzt hatte, hatten sich nun endgültig etabliert. Am Prestige der Lehrbeauftragten an diesen Einrichtungen wurde weiter gearbeitet. Dem diente beispielsweise ihre Gleichstellung mit den Dozenten an Universitäten und Hochschulen. So übertrug man ihnen auch das Recht, akademische Grade zu verleihen. Parteifunktionäre unterschiedlicher Ebenen kamen immer mehr zu dem Schluss, den die damalige Volksbildungsministerin der DDR, Else Zeisser, bereits am 25. März 1953 auf einer erweiterten Politbürositzung formuliert hatte: „...dass auch in der UdSSR die Forderung aufgestellt wird, bei der Auswahl der Kader einmal die politische Qualifikation, aber auch die fachliche

Qualifikation zugrunde zu legen." 657 656 657

Das SKK-Statut, S. 98. Zit. nach: Mählert, Die Partei hat immer recht, S. 454.

Souveränität zwischen Schein und Sein

194

Der Verzicht auf das Studium der Stalin-Biografie ging mit einigen Kürzungen der für die Geschichte der KPdSU (b) vorgesehenen Stundenzahlen einher. Diese Kürzungen wurden durch die Einführung eines neuen Lehrstoffs zur Politischen Ökonomie wieder kompensiert. Im Vorfeld des IV. Parteitages der SED profilierte sich die Parteihochschule beim ZK der SED nicht nur als Kaderschmiede, sondern auch als intellektuelle Zentrale der Partei. Die von ihr durchgeführte zweitägige Konferenz zum Thema „Wissenschaftliche Begründung der Rolle der Arbeiterklasse in der modernen Gesellschaft" leistete nach Einschätzung einschlägiger SEDHistoriker einen bedeutsamen Beitrag zur Vorbereitung des IV. Parteitages der SED.658 Insbesondere sei sie Ausdruck für die zunehmende Demokratisierung in der Partei gewesen. Kaum Erwähnung dagegen hat die Tatsache gefunden, dass die „sowjetischen Genossen" und Vertreter des ZK-Apparats der SED die Hauptrolle bei der Vorbereitung dieser Konferenz spielten659 und dass in diesem Zusammenhang die Vortragsthemen im Voraus sorgfältig ausgewählt sowie „redaktionell bearbeitet" wurden. Dabei ist nicht so entscheidend, wer für diese „Redaktion" verantwortlich war und an welchem Ort sie vorgenommen wurde. Es war wohl vielmehr eine „Kollektivarbeit". Entsprechend dieser kollektiven Meinungsäußerung hieß es dann im Rechenschaftsbericht des ZK der SED an den Parteitag, dass für die Partei das tiefgreifende Studium der Erfahrungen und Errungenschaften der sowjetischen Wissenschaft, speziell zu Themen der Ökonomie, der Planung und Organisation von sozialistischen Industriebetrieben, die wichtigste Stütze im Ringen um eine Verbesserung der Arbeit volkseigener Betriebe in der DDR sei.

Mit anderen Worten: Auf der Tagesordnung standen nunmehr verstärkt Fragen der wirtschaftli-

Entwicklung. Orientierung auf ökonomische Fragen bedeutete jedoch in keiner Weise, dass ideologische Fragen in den Hintergrund traten. Im Gegenteil, es blieb bei der permanent verfolgten Ausrichtung auf eine Annäherung der beiden Bruderparteien in allen Sphären des innerparteilichen und gesellschaftspolitischen Lebens. Der IV. Parteitag der SED bestätigte diese Tendenz. Er verabschiedete ein neues Parteiprogramm, welches nunmehr noch mehr Gemeinsamkeiten mit dem chen Die

der KPdSU aufwies.

Das 1954 in der UdSSR erschienene Lehrbuch zur Politischen Ökonomie, das bald darauf auszugsweise in der DDR veröffentlicht wurde und im Februar 1955 in deutscher Sprache als Lehrbuch erschien, wurde innerhalb kürzester Zeit neben dem „Kurzen Lehrgang der Geschichte der KPdSU(b)" zum Standardwerk der Parteischulen. Interessant wird diese Tatsache allerdings vor allem dadurch, dass die Arbeit an diesem Lehrbuch bereits lange vor Stalins Tod begonnen worden war und sich daher inhaltlich stark an stalinistischen Grundsätzen orientierte. So fußt die Konzeption des Werkes im Wesentlichen auf Stalins Aufsatz „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR". Im Ergebnis betrachtete man die Anwendung dieser Lehren als Ausweg und Anleitung zur Überwindung der wirtschaftlichen Probleme der DDR.660 Die Beschlüsse des XXI. Plenums des ZK der SED (November 1954) begründeten den Beginn eines neuen Abschnitts im Parteischulwesen der SED. Das systematische Studium von Fragen der politischen Ökonomie des Sozialismus wurde endgültig festschrieben. 658 659 660

Gonsorek, Ideologiceskaja rabota SEPG, S. 113. Ebd.

Deutsch-sowjetische Freundschaft, S. 269.

Neue Aspekte in der Parteischulung

195

Dabei fällt die Synchronität in der Entwicklung des Parteischulwesens der UdSSR und der DDR auf. Selbst wenn man dahingestellt sein lässt, ob sich die Veränderungen auf Anraten Moskaus oder aber auf eigene Initiative der Deutschen vollzogen haben, so liegt es auf der Hand, dass sich gerade im Parteilehrjahr 1954/55 die Schwerpunkte vom Studium der konkreten Geschichte hin zu der allgemeineren Behandlung der drei Bestandteile des Marxismus-Leninismus verlagerten, eine Entwicklung, die auf der III. Parteikonferenz der SED 1956 offiziell fixiert wurde. In ebendieser Zeit setzte nach Aussagen von Helmut Koziolek, damals Direktor des Zentralinstituts für sozialistische Wirtschaftsführung beim ZK der SED, das so genannte „Große Haus" drei Dinge durch: -

-

die Gestaltung von Leitung und Planung nach sowjetischem Vorbild; die konsequente Anerkennung der Zweiseitigkeit in den Wirtschaftsbeziehungen im Rahmen des RGW (Moskau unterhielt Beziehungen zu jedem einzelnen sozialistischen Land, diese Länder durften untereinander jedoch keine Beziehungen ohne Moskau eingehen); die direkte Anerkennung der theoretischen Auffassungen der offiziellen sowjetischen politischen Ökonomie des Sozialismus.661

Die sich fortsetzende und zahlenmäßig stetig zunehmende Delegierung von bewährten Genossen der SED zum Studium nach Moskau an die Parteihochschule und an die Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU führte dazu, dass es in der DDR immer mehr Funktionäre gab, welche die Politik der KPdSU „richtig" zu werten verstanden, diese in der DDR umsetzten und damit zu einer fortschreitenden Sowjetisierung beitrugen.662

Beginn noch 25 Genossen jährlich zum Studium in die Sowjetunion entsandt, so mittlerweile bereits 45. Von diesen nahmen 30 ein Einjahresstudium an der Parteihochwaren es zehn ein schule auf, Dreijahresstudium und fünf gingen an die Akademie für Gesellschaftswissenschaften. Dieser Verteilung ging ein Schreiben des ZK der SED mit der Unterschrift von Karl Schirdewan vom 30. Juli 1954 voraus, in dem er dem ZK der KPdSU mitteilte, für welche Studiengänge die ausgewählten Kandidaten der SED vorgesehen seien.663 Hatte

661 662 663

man zu

Koziolek, Das Scheitern eines Reformversuchs, S. 56-57. Pis'mo v prezidium CK KPSS ot K. Sirdevana o posylke na ucëbu v VPS i AON pri CK KPSS clenov SEPG ot 30.07.1954g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 212, Bl. 45). Insgesamt erhöhten sich in dem betrachteten Zeitraum die Zahlen der zum Studium nach Moskau delegierten Vertreter von kommunistischen und Arbeiterparteien erheblich. So studierten noch 1951 lediglich 48 Vertreter der DDR, Ungarns, Italiens und der Mongolei an der Parteihochschule beim ZK der KPdSU vgl. Pis'mo sekretarju CK VKP(b) t. Suslovu M.A. ot rektora VPS pri CK VKP(b) Mitronova ot 21.03.1951g. s pros'boj o posescenii inostrannymi studentami Sessii Verchovnogo Soveta RSFSR (RGASPI, Fonds Nr. 612, op. 1, Akte 254, Bl. 21). 1956 gab es für diesen Personenkreis bereits eine spezielle Fakultät mit einer dreijährigen Ausbildung. Darüber hinaus wurden verschiedene Jahreskurse angeboten. Im Jahr 1958 studierten an diesen Einrichtungen schon 531 Ausländer- vgl.: Dlja spravki. V CK KPSS „O Vyssej partijnoj skole pri CK KPSS", 1959g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 31, Akte 129, Bl. 80). Mitarbeiter von drei Abteilungen des ZK der KPdSU (Parteiorgane der Sowjetrepubliken, Kommunikation sowie Internationale Beziehungen) waren für die Arbeit der Sonderfakultät an der Parteihochschule zuständig und gewährleisteten die jeweils geforderte Ausrichtung des Studienprozesses. -

196

Souveränität zwischen Schein und Sein

Die

Fürsorge der KPdSU für das weitere Schicksal der Genossen, die ein Studium in der Sow-

ähnlich wie seinerzeit den Absolventen der AntifaSchulen eine aussichtsreiche Parteikarriere. Wenn die Betreffenden die Spielregeln beachteten, so war ihnen in der Regel ein glatter Weg nach oben und damit auch persönliches Wohlergehen garantiert ein Umstand, der in diesem Personenkreis zweifelsohne Dankbarkeitsgefühle weckte und die Dazugehörenden wiederum zu zuverlässigen Werkzeugen machte.

jetunion absolviert hatten, sicherte diesen

-

-

-

Der Parteitag und die nachfolgenden Plenen des ZK der SED fassten prinzipiell die „richtigen Entscheidungen". Aber die Möglichkeiten einer direkten sowjetischen Kontrolle über die Umsetzung dieser Beschlüsse, vor allem in der Provinz, waren mittlerweile stark eingeschränkt. Nur besondere Vorkommnisse oder dringende Wünsche aus Moskau führten noch zu sporadischen Kontrollen. Ein solches Ereignis war zum Beispiel der Beschluss über die Entsendung einer SED-Delegation nach Moskau zum Jahreswechsel 1954/55. Der Wunsch des Apparates des ZK der KPdSU, über unabhängige Informanten (letztlich über Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft in der DDR) mehr über die Lage in der DDR zu erfahren, stand im krassen Gegensatz zu der lauthals verkündeten Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR. Andererseits waren inoffizielle Informationen für die sowjetische Seite unerlässlich, um in Problemsituationen rechtzeitig mit „Ratschlägen", mit Empfehlungen für die weitere Entwicklung der DDR aufwarten zu können. Botschaftsrat Orlov schickte aus welchen Gründen auch immer (vielleicht war die Arbeit nicht mehr rechtzeitig fertig geworden, vielleicht war der Termin falsch angesetzt) noch nach der Abreise der SED-Delegation am 27. Dezember 1954 einen Bericht nach Moskau mit dem Titel: „Zum Zustand der Propaganda- und Agitationstätigkeit der SED".664 Das 22-seitige Papier lässt keinen Zweifel daran, dass die Autoren sich zwar auch auf Angaben aus den unterschiedlichen Abteilungen des ZK der SED stützten, im Wesentlichen aber eigene Recherchen angestellt hatten. Die Analyse des Parteischulwesens nimmt gut ein Viertel des Berichtes ein. Sei es, dass es in der Zeit davor nur wenige Kontrollen gegeben hatte und man nun etwas nachholen wollte, sei es, dass man Moskau möglichst viele Argumente für die bevorstehenden Gespräche mit der SED in die Hand geben wollte auf jeden Fall zeigt die Untersuchung eine Vielzahl von Mängeln im Parteischulwesen auf, und zwar in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Wie üblich begann die Kritik mit dem Vorwurf der mangelhaften Kontrolle, die die SED-Organisationen aller Gliederungsebenen über die Erfüllung einmal gefasster Beschlüsse ausübten. Kritisiert wurde weiterhin die ungenügende Überwachung der Kontinuität in der Parteischulung, aber auch die zu hohe Anzahl ehemaliger Kriegsgefangener westeuropäischer Länder unter den Hörern von zentralen -

-

-

Parteischulen.665

664

665

Spravka v Otdel CK posol'stva SSSR v

KPSS „O sostojanii propagandistskoj i agitacionnoj raboty SEPG" ot Sovetnika GDR A. Orlova, ot 27.12.1954g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 324,

Bl. 51-73). Die Mitarbeiter des Apparates von Orlov blieben also auch in diesen Fragen ihren Idealen treu. Die in der UdSSR bereits abklingende Hexenjagd war für Orlov wohl immer noch allgegenwärtig. Daher legte man in der DDR ganz besonderen Wert auf die „erhöhte Wachsamkeit". Die Vergangenheit von Menschen, auf deren Wissen man im Interesse einer kontinuierlichen Wirtschaftsentwicklung in der DDR eigentlich hätte bauen müssen, gab immer noch Anlass zu Misstrauen. Dort, wo sich solche „Fälle" häuften, sei es in einzelnen ZK-Abteilungen oder in den Parteischulen, nutzte man jede sich bietende Gelegenheit für Kritik. Ebd., Bl. 72. -

Neue Aspekte in der Parteischulung

197

Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass in ebendiesen zentralen Einrichtungen jene künftigen Parteifunktionäre ausgebildet wurden, die bereits über höhere Qualifikationen in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft verfügten. Das waren vor allem jene, die früher wegen ihrer unzureichenden „Proletarisierung" oftmals von den Parteiorganisationen der SED abgelehnt worden waren.

sowjetischen Behörden war unverständlich, wieso man im Jahre 1954 in vielen Kreis- und Bezirksleitungen der SED immer noch nicht Bescheid wusste, wo und wie der einzelne Genosse ausgebildet wurde (was man als mangelnde Ausübung der Kontrollfunktion wertete), und warum man Parteimitglieder, die nicht bereit waren sich weiterbilden zu lassen, nicht zur Verantwortung zog.666 Es sei doch schließlich unmöglich, „auf dem lichten Weg des Aufbaus des Sozialismus" zügig voranzuschreiten, ohne zu wissen, wer und was diesen Weg behindere. In Bezug auf die Parteischulen wurde wieder das immer noch zu niedrige theoretische Niveau der Lehrkräfte bemängelt, die häufig nicht in der Lage seien, in den Seminaren auf Fragen, die über den unmittelbaren Lehrstoff hinausgingen, zu antworten. Dabei blieb vollkommen außer Acht, dass das System selbst die Lehrkräfte, die zu selbstständigem Denken neigten oder wegen Eigeninitiative in die Kritik geraten waren, von vornherein aussonderte. Schließlich war Einheitsdenken bewusst gewollt, Einheitsdenken, das immer auch die persönlichen Fähigkeiten kreativen Denkens einschränkte. So kritisierte man also quasi die eigene Saat. Die erhebliche personelle Unterbesetzung der Parteischulen (an einigen Einrichtungen fehlten bis zu 50% der vorgesehenen Lehrkräfte) rief große Besorgnis hervor. Obwohl die SKK und später die sowjetische Botschaft mehrfach angemahnt hatten, die freien Stellen schnellstens zu besetzen, war dieses Problem auch Ende 1954 noch nicht gelöst. Selbst das kritische Jahr 1953, das mit seinen Ereignissen eine verstärkte Aufmerksamkeit für ideologische Fragen hervorrief, hatte in dieser Beziehung nicht zu dem erwarteten Ergebnis geführt. Dies zuzugeben fiel allerdings schwer, weil in diesem Fall auch gravierende Fehler in der eigenen Arbeit eingestanden werden mussten. Wenn man dazu noch die große Fluktuation von Lehrkräften berücksichtigte, so wurde deutlich, dass schleunigst etwas zur Anhebung des Prestiges dieser Lehrtätigkeit getan Den

werden musste. Außerdem wurde Moskau mitgeteilt, dass sich die recht komplizierte, weit verzweigte Struktur des Parteischulwesens in Kombination mit dem Lehrermangel eindeutig negativ auf die Qualität der Lehre und damit auf das Wissensniveau der Absolventen auswirke.667

Nazarov, Abteilungsleiter für Politische Fragen bei der Botschaft der UdSSR in der DDR, äußer-

Meinung [keinen Wunsch und keine Empfehlung, sondern die Meinung A.H.], dass die Überwindung der in dem Bericht aufgezeigten Mängel in der Propaganda- und Agitationstätigkeit der SED in jedem Falle der Festigung der Reihen der Partei und der Erziehung der Werktätigen im Geiste des Kampfes für den Aufbau des Sozialismus in der DDR dienlich sein würde.668 te

die

-

Mit Sicherheit hat es noch weitere Informationsberichte mit ähnlichem Inhalt an das ZK der KPdSU gegeben, die diesem halfen, sowohl bei Routinekontakten als auch bei Begegnungen auf Regierungsebene den richtigen Ton zu treffen. Die Kenntnis der realen Lage der Dinge, wenn666 667 668

Ebd., Bl. 70. Ebd., Bl. 71. Ebd., Bl. 73.

Souveränität zwischen Schein und Sein

198

gleich nicht immer in allen Einzelheiten, versetzte die „verantwortlichen Mitarbeiter" im ZK der KPdSU in die Lage, Fehlorientierungen zu vermeiden. Nach ihrer Rückkehr aus der Sowjetunion, wo sie mehr als hundert Gespräche mit verantwortlichen Mitarbeitern des Apparates des ZK der KPdSU669 geführt hatten (alle anderen Begegnungen nicht mitgerechnet), widmeten sich die SED-Funktionäre zielgerichtet der Umsetzung der in der UdSSR gesammelten Erfahrungen. Um genau verfolgen zu können, ob die vermittelten Erfahrungen auch in richtiger Weise interpretiert wurden, ob die Verantwortlichen in der DDR auch alle erforderlichen Schritte zu deren Umsetzung unternahmen und wie sich überhaupt die Lage in der DDR veränderte, forderte Moskau erneut einen Bericht „Über die Entwicklung des Lehrjahres 1954/55 im System des Parteischulwesens der SED" 670 an.

Das daraufhin in Berlin zusammengestellte und von Orlov unterzeichnete Papier enthielt Informationen über den Zeitraum vom Mai 1954 an, d.h. seit der Annahme des Beschlusses „Über die Aufgaben im Parteilehrjahr 1954/55". Ebenso wie im Informationsbericht vom 27. Dezember 1954 an das ZK der KPdSU kommt man auch hier zu dem Schluss, dass sich die Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft gleichermaßen intensiv und gründlich der Kontrolle und Analyse des Parteischulwesens und der Analyse der allgemeinen Propagandaarbeit in der SED widmeten. Was die statistischen Angaben betraf, so musste man sich hier allerdings fast ausschließlich auf Material aus dem Apparat der SED stützen. An oberster Stelle in diesem Bericht standen Antworten auf die Fragen, wie sich das Studium ökonomischer Themen an den Parteischulen der SED entwickle.

Dies

belegt, dass die KPdSU an dieser Problematik ganz

besonders interessiert

war.

Sogar die

Information, dass die SED im Januar 1955 Zirkel zum Studium der Politischen Ökonomie ins Leben gerufen hatte (anhand des Lehrbuches, welches im Februar in vollem Umfang aufgelegt wurde), interessierte im ZK der KPdSU.671 Als positive Seiten des Parteischulwesens wurden Verdienste deklariert:

hervorgehoben

und

gleichzeitig

als

eigene

Durchführung einer Propagandistenkonferenz zur Erörterung der Aufgaben bei der Vorbereitung auf das neue Lehrjahr; die Einrichtung von Lehrgängen zur Weiterbildung der Propagandisten (bei gleichzeitiger Freistellung von ihrer Berufstätigkeit); die Einbeziehung einer immer größeren Zahl von Mitarbeitern des Staatsapparates und von Vertretern der Intelligenz in die Parteischulung; die Steigerung der Gesamtzahl von Teilnehmern an der Parteischulung von 682000 im die

-

-

-

-

669 670 671

November 1953 auf 994 754 Personen im

Überprüfungszeitraum.

Vgl. Gonsorek, Ideologiceskaja rabota SEPG, S. 138. Dokladnaja zapiska. V Otdel CK KPSS. „O chode 1954/55-go ucebnogo goda v seti partijnogo prosvescenija SEPG" ot A. Orlova, ot 25.02.1955g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 324, Bl. 145). Ebd.

Neue Aspekte in der Parteischulung

199

Wie üblich folgte dem Lob eine wesentlich längere Reihe von festgestellten Mängeln, auf die hier allerdings nicht im Detail eingegangen werden soll, da sie nichts Neues bieten. Das Einzige, was in diesem Zusammenhang von Interesse sein dürfte, ist die Betonung, dass das Parteischulnetz immer noch zu groß und damit zu unübersichtlich sei und dass im Zuge der Überprüfungen durch die SED auch die Vorlesungen auf Linientreue geprüft worden seien.

Ergebnis wurde festgestellt, dass die Vorlesungen bei weitem nicht auf dem neuesten Stand seien, den aktuellen Anforderungen nur selten entsprächen und nur marginal auf die Thesen des ZK der KPdSU „50 Jahre KPdSU" 672 eingingen. Dabei seien gerade darin die „Leninschen Normen" und die „Kollektive Führungsrolle der Partei" erstmals wieder in aller Ausführlichkeit erörtert worden, während der Name Stalins fast gänzlich aus dem Vokabular verschwunden sei. Alles in allem zeigt dieser Bericht deutlich, wie sehr sich die Zeiten gewandelt hatten. Eine Formulierung, wie z.B. „die inhaltlich überholten Vorlesungen zur Geschichte der KPdSU" wäre noch im Jahre 1953 völlig undenkbar gewesen.673 Damals wäre diese zumindest als Opportunismus gebrandmarkt worden, galt doch der „Kurze Lehrgang" als eine Art unumstößliches Gesetz, das auf alle Fragen die einzig richtigen Antworten gab. Dass mittlerweile dieses Standardwerk selbst in die Kritik geraten war, musste die eigenständig denkenden Kräfte in der SED doch recht Im

nachdenklich machen ...

Was die „kollektive Diskussion" betraf, muss allerdings einschränkend gesagt werden, dass es in einer Verordnung des ZK der SED vom 1. Februar 1955 (unter Punkt 7) hieß, alle im Zusammenhang mit der Auswertung der Arbeit der SED-Delegation in der Sowjetunion auftauchenden Fragen seien vor ihrer Erörterung im Politbüro oder im Sekretariat persönlich mit dem Genossen Ulbricht abzustimmen.674 Ob nun diese Forderung von Moskau aufgestellt worden war, um allzu große Eigeninitiativen bei der Formulierung von Schlussfolgerungen zu dieser Reise und den Perspektiven der Entwicklung der SED zu vermeiden, oder ob Ulbricht selbst darauf bestanden hat, kann heute nicht eindeutig geklärt werden.

Die Tatsache jedoch, dass das Politbüro überhaupt eine solche Festlegung beschlossen hat, spricht für den hohen Stellenwert, der diesen Schlussfolgerungen beigemessen wurde. Entschieden wurde dabei schließlich nicht nur über die künftige Arbeit der Parteiorganisationen, sondern generell über die Richtung, in die sich die Partei unter Federführung Ulbrichts bewegen sollte. Drei Wochen später beschloss man im „Kleinen Sekretariat" was de facto gleichbedeutend mit Ulbricht persönlich war endlich, worüber und in welcher Form Mitglieder und Kandidaten der SED in den örtlichen Grundorganisationen über die Reise der SED-Delegation nach Moskau aufzuklären seien. Es entstand ein spezieller Plan zum Studium der Erfahrungen dieser Delegation bezüglich der Parteischulung.675 -

-

672 673 674

675

Logvinova, Chrestomatija po istorii KPSS, S. 281-302. Dokladnaja zapiska. V Otdel CK KPSS. „O chode 1954/55-go ucebnogo goda v seti partijnogo prosvescenija SEPG" ot A. Orlova, ot 25.02.1955g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 324, Bl. 149). Postanovlenie Politbjuro CK SEPG ot 1 fevralja 1955g. „Obobscenie raboty delegacii SEPG v Sovetskom Sojuze". (Ebd., Bl. 122). V otdel CK KPSS. Pis'mo pervogo sekretarja CK SEPG V. Ul'brichta po povodu izucenija i ispol'zovanija opyta partijnoj raboty v KPSS v svjazi s poezdkoj delegacii partijnych rabotnikov SEPG v SSSR, perepravleno Sovetnikom posol'stva SSSR v GDR A. Orlovym 31.3.1955g. (Ebd., Bl. 170).

Souveränität zwischen Schein und Sein

200

Obwohl bereits am 21. Februar 1955 im ZK der SED beschlossen, ging dieser Plan erst am 31. März 1955 mit der Unterschrift von Botschaftsrat Orlov an das ZK der KPdSU. Als unmittelbarer Überbringer dieser Informationen fungierte wieder einmal Ulbricht persönlich. Nicht einmal in einer derart unproblematischen Angelegenheit brachte er es fertig, den Kontakt zu den

„Freunden" einer anderen Person zu übertragen. Der Bericht stand in engem Zusammenhang mit dem ersten Papier „Beschlüsse zur Verallgemeinerung des von der SED-Delegation gesammelten Materials". Bereits am 9. Februar 1955 hatte Ulbricht einen persönlichen Brief an den „teuren Genossen Chruscev" geschrieben, in dem er darauf hinwies, dass das ZK den Vortrag des Genossen Schirdewan und weiterer Mitglieder der Delegation über die Ergebnisse ihrer Reise in die UdSSR angehört hatte.676 Für einen

ausgewählten Zuhörerkreis gab es also bereits wesentlich frühere und wesentlich umfangreichere Informationen. Das, was die einen wissen durften und was gleichzeitig ihre Autorität stärkte, war für andere aufgrund ihres „ungenügenden politischen Bewusstseins" tabu. Zu dieser zweiten Kategorie zählten interessanterweise auch alle Mitglieder und Kandidaten der Partei selbst, sofern sie nicht zur Elite des Politbüros gehörten. Im Mai 1955 erschienen die Verordnungen des Politbüros des ZK der SED „Über die Vorbereitung und Durchführung des Parteilehrjahres 1955/56" und „Über die Auswahl und Vorbereitung der Propagandisten im Parteischulsystem für 1955/56". Zwar spiegelten diese Dokumente in gewisser Weise die jüngsten von der KPdSU übermittelten Erfahrungen wider, aber sie stellten die sowjetische Seite nicht zufrieden. Vermutlich hatte das ZK der KPdSU eine Information von Nazarov erhalten, dass die SED nicht in der Lage sei, eine umfassende Analyse der Situation im Parteischulwesen zu liefern, worauf die entsprechenden Abteilungen im ZK der SED angesprochen wurden. Wie sonst ließe sich die Tatsache erklären, dass das ZK der SED gezwungen war, sich bereits im Juli 1955 ein zweites Mal der Parteischulung zuzuwenden und einen Beschluss über die Veränderung des Parteischulsystems unter Berücksichtigung der Erfahrungen der SED-Delegation aus der Parteipraxis der KPdSU anzunehmen.677 Auf jeden Fall wurden die ersten Sekretäre der SED-Bezirksleitungen aufgefordert, Vorschläge zur Veränderung des Parteischulsystems einzureichen. Damit sollte wohl das Prinzip der kollektiven Meinungsbildung verwirklicht werden. Für die Bearbeitung der eingereichten Vorschläge und deren Realisierung sollte die Abteilung Leitende Organe von Parteischulen beim ZK der SED zuständig sein. Parallel dazu kam eine (speziell dafür ins Leben gerufene) Kontrollkommission der Abteilung Leitende Organe von Parteischulen beim ZK der SED bei ihrer Überprüfung von Parteischulen zu dem Schluss, dass das Netz von Parteischulen zu groß und damit schwer überschaubar sei678 was sich vollständig mit den früher getroffenen Schlussfolgerungen der sowjetischen Seite

deckte.

-

676 677 678

russkom jazyke V. Ul'brichta v CK KPSS ot 9 fevralja 1955g. s blagodarnost'ju o prijëme nemeckoj delegacii v SSSR i s pros'boj o posylke partijnoj delegacii SSSR v GDR. (Ebd., Bl. 120). Plan raboty CK SEPG na period s 1 ijulja po 30 sentjabrja 1955 g. (Ebd., Bl. 268). Gonsorek, Ideologiceskaja rabota SEPG, S. 141.

Pis'mo

na

Neue Aspekte in der Parteischulung

201

Die weitere Existenz von über 80 Parteischulen (die betrieblichen nicht eingerechnet) wurde als nicht mehr sinnvoll eingeschätzt. Daraufhin fasste das ZK der SED Ende 1955 endlich den Beschluss über eine Veränderung des Systems zur Ausbildung und Erziehung von Kadern in

Parteischulen.679 Die

679

Erfahrungen der KPdSU kamen damit ein weiteres Mal zum Tragen.

Entwurf über die neuen

Anforderungen in der Parteischulung. (SAPMO BA, IV 2/5/247, Bl. 189-201).

6

Nachfolgende Entwicklung (1956-1960)

Mit dem Abschluss des „Vertrages über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion" und der Anerkennung der Souveränität der DDR im September 1955 gebe es, sollte man meinen, nichts mehr zum Thema der vorliegenden Studie zu sagen, könne von einer Einflussnahme der Sowjetunion theoretisch keine Rede mehr sein. Doch die Ereignisse der vorausgegangenen Jahre und das nicht nachlassende Interesse der Sowjetunion an ihrem „ungeliebten Kind" (Wilfried Loth) machen es schwer zu glauben, dass die vielfältigen inoffiziellen Kontakte vor Ort mit einem Schlag eingestellt worden seien, dass die KPdSU neben den offiziellen Partei- und Staatsbesuchen nunmehr komplett auf ihr eingespieltes Netz von Informanten verzichtet habe, die ja nicht nur Lageberichte lieferten, sondern gleichzeitig die deutschen Genossen immer wieder zu Schritten in einer bestimmten Richtung animierten. Natürlich hat es einschneidende Veränderungen in der personellen Besetzung der Botschaft der UdSSR in der DDR gegeben. Orlov und die Mehrheit seines Teams, die es gewohnt waren, in der DDR „wie bei sich zu Hause" zu walten, wurden abberufen. Im Gegenzug allerdings eröffnete man an mehreren Standorten über die gesamte DDR verteilt Konsularabteilungen mit großzügig bemessenem Personal. Zu den Aufgaben der gut ausgebildeten Mitarbeiter gehörte nicht nur die Klärung allgemeiner Konsularangelegenheiten. Als Angestellte des Außenministeriums der UdSSR sandten sie die gesammelten Informationen (auch, wenn diese die ideologische Arbeit der SED betrafen) nicht direkt an die zuständige Abteilung Beziehungen zu ausländischen kommunistischen Parteien des ZK der KPdSU (so wie es früher die Regel war), sondern, der Nomenklatur entsprechend, an ihren unmittelbaren Vorgesetzten. Daher kommen auch Filitov und Domraceva zu dem logischen Schluss, dass die Bedeutung der Informationen, die das ZK der KPdSU über die Abteilung Beziehungen zu ausländischen kommunistischen Parteien erreichten, permanent an Gewicht verlor. Damit nahmen die Spannungen zwischen dem Außenministerium und der Abteilung Beziehungen zu ausländischen kommunistischen Parteien ab 1953 keinesfalls ab, sondern eher weiter zu. 68° Die politischen Realitäten in der Welt und auch die Beziehungen zwischen den sozialistischen Ländern befanden sich immer häufiger im Widerspruch zu den bestehenden Dogmen der orthodoxen Propagandisten in den Abteilungen des ZK der KPdSU. Der XX. Parteitag der KPdSU, der am 14. Februar 1956 begann, und die sich daran anschließenden Ereignisse brachten die Abteilung Beziehungen zu ausländischen kommunistischen Parteien in eine noch schwierigere Lage. Bis heute weist nichts darauf hin, dass sie in irgendeiner Weise Kenntnis von der Rede 680

Filitov/Domraceva, Sovetskaja politika v germanskom voprose, S. 250.

Nachfolgende Entwicklung

204

Chruscevs hatte. Das heißt, ebenso wie die Mehrheit der Kommunisten in der UdSSR und in den anderen Ländern war sie darauf angewiesen, auf weitere Erläuterungen des ZK zu warten, ehe sie sich in die Umsetzung der „neuen Linie" einschalten konnte. Extreme Erscheinungen im Parteischulwesen, wie z.B. das Studium der Stalin-Biografie, waren in der DDR ebenso wie in der UdSSR bereits im Vorfeld stillschweigend abgeschafft worden. Kleinere Veränderungen (auf Anraten der sowjetischen Freunde) in der Auslegung einzelner Momente der Geschichte der KPdSU konnte vorerst nur ein sehr aufmerksamer Beobachter bemerken. Die Grundlage der Parteischulung dagegen blieb im Wesentlichen vorerst erhalten, d.h. in erster Linie das Studium des „Kurzen Lehrgangs", der „Werke" Stalins und dabei insbesondere der „Ökonomischen Probleme des Sozialismus in der UdSSR". Die Liste der Pflichtlektüre für Parteischüler blieb ebenfalls fast unverändert, wenn man einmal davon absieht, dass schrittweise einige Werke zur Geschichte der deutschen Arbeiterklasse in den Kanon aufgenommen wurden.

Noch am 16. Februar 1956, zwei Tage nach Beginn des XX. Parteitages, hob die Leiterin der Parteihochschule beim ZK der SED, Hanna Wolf, in einem Gespräch mit dem Botschaftsrat S.T. Astavin hervor, dass lediglich die ungenügende Erläuterung des marxistischen Begriffes von der Freiheit der Persönlichkeit sowie die nicht ausreichende Propagierung der Vorzüge des sozialistischen Gesellschaftssystems als Schwachpunkte des Parteischulwesens anzusehen seien.681 In ihrer Position als Kopf des Parteischulwesens, als Vertraute Ulbrichts, die vermutlich uneingeschränkten Zugang zu den Interna der SED genoss, musste Hanna Wolf über die wahre Lage der Dinge in den örtlichen Parteiorganisationen Bescheid wissen. Umso scheinheiliger muten ihre „kritischen" Äußerungen zur Situation im Parteischulwesen an, die die offizielle Linie wiedergaben. Nur die selbst für einen vollkommen außenstehenden Betrachter offensichtlichen Mängel wurden der sowjetischen Botschaft als solche offiziell mitgeteilt. So hieß es weiter in dem Bericht, die Vermittlung theoretischer Kenntnisse des Marxismus-Leninismus sei nicht in ausreichendem Maße mit der Praxis verbunden worden, weshalb sich die Lehrveranstaltungen an den Parteischulen weniger interessant gestalteten.682 Warum die sowjetische Seite gerade darüber informiert werden musste, bleibt nur zu vermuten. Am nächstliegenden erscheint, dass die Abteilung Propaganda und Wissenschaft beim ZK der SED, die u.a. für die inhaltliche Gestaltung der Vorlesungen an den Parteischulen zuständig war, mit dieser versteckten Kritik wohl mehr Unterstützung erheischen wollte. Schließlich wusste sie besser als alle anderen darüber Bescheid, in welchen Instanzen der sowjetischen Behörden der Bericht landen würde. Die Schwäche der Mitarbeiter dieser Abteilung im ZK der SED war derart offensichtlich, dass Anfang 1956 eine aus 19 Personen bestehende Kommission mit Kurt Hager, Sekretär des ZK, an der Spitze eingesetzt wurde, die die Abteilung Propaganda und Wissenschaft in praktischer und theoretischer Hinsicht bei ihrer Tätigkeit unterstützen sollte. Der Kommission gehörten u.a. Lene Berg, Hanna Wolf, Ludwig Einicke, FDGB-Sekretär Heibig, FDJ-Zentralrats-Sekretärin Edith Brandt, Rolf Gutermuth vom „Neuen Deutschland", Hannes Hörnig, Otto Reinhold, Ernst Piehl, Albert Pietschmann, Helga Lauenroth, Hilde Stölzel und 681

Iz dnevnika Sovetnika posol'stva SSSR

v GDR Astavina S.T. „Zapis' besedy s direktorom VPS pri CK SEPG Gannoj Vol'f ot 23 fevralja 1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 31). In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Strom jener, die der DDR ungeachtet der immer stärker werdenden Propaganda den Rücken kehrten, auch aus diesem Grand unablässig wuchs. Ebd., Bl. 32. '

682

Nachfolgende Entwicklung

205

Herbert Prauss, Redakteur der „Einheit" und des „Neuen Weges", an. Die Kommission hatte beratende Aufgaben in allen Fragen der Parteipropaganda zu erfüllen und galt als verantwortliches Leitungskollektiv. Oft wurden Beschlussvorlagen für das Politbüro hier noch einmal abschließend beraten, damit sie wirklich hieb- und stichfest waren.683 Das Verdienst bei der Schaffung einer solchen Kommission ist nicht zuletzt jenen Vertretern des ZK der KPdSU zuzuschreiben, die sich für längere Zeit in der DDR aufgehalten haben. Auf der anderen Seite spielte Ulbricht eine herausragende Rolle. Er hatte freiwillig die Verantwortung als Koordinator für die Übernahme der Erfahrungen der KPdSU in der DDR auf sich genommen und zeigte an dieser strategisch wichtigen Front in der Parteiarbeit sein wahres Gesicht. Es sollte jedoch bald wieder anders kommen. Nur für kurze Zeit konnte man sich auf dem Erreichten ausruhen und die nunmehr „etwas interessanteren" Lehrveranstaltungen genießen. Dann kam der XX. Parteitag. Die Rede Chruscevs auf der geschlossenen Sitzung am 25. Februar 1956 schlug ein wie eine Bombe. Sie stürzte nicht nur die Parteiführungen der Länder Osteuropas in erhebliche Schwierigkeiten, sondern die gesamte kommunistische Bewegung. Der radikale Sturz des Idols Stalin, verbunden mit der Rückkehr zu alten Dogmen wie zum Beispiel, dass der Übergang zum Sozialismus in den einzelnen Ländern im Weiteren immer vielgestaltiger werden würde,684 brachten Effekte, mit denen Moskau nicht gerechnet hatte.685 Es hagelte Anfragen aus Moskau an die sowjetischen Botschaften vieler, besonders der volksdemokratischen Länder, sie sollten doch ausführlich charakterisieren, wie die Öffentlichkeit ihres Landes auf die Rede von Chruscev reagiert habe. Auch die DDR bildete hierbei keine Ausnahme. Mitarbeiter der Botschaft und der Konsularabteilungen der UdSSR in der DDR hatten von nun an entschieden mehr zu tun. Von ihnen forderte Moskau vielleicht sogar noch detaillierter als von den Vertretern in den anderen sozialistischen Staaten bereits im März Berichte über die Reaktion des ZK der SED auf die Ergebnisse des XX. Parteitages sowie darüber, welche Anweisungen die Parteigliederungen der niederen Ebenen daraufhin erhalten hätten.686 -

-

Allen war klar, dass die Ereignisse des XX. Parteitages der KPdSU auf die weitere Agitproparbeit der SED haben würden.687 683 684

gravierende Auswirkungen

Prauss, Doch es war nicht die Wahrheit, S. 162. Resolution des XX. Parteitages der KPdSU, S. 11. Der oberste Parteitheoretiker der Sowjetunion, Suslov, erklärte in diesem Zusammenhang wörtlich, dass nur Formalisten und Dogmatiker glauben dass der Übergang von einer Gesellschaftsordnung zur anderen nach einem einheitlichen Muster, „...

...,

nach einer einheitlichen Schablone vor sich gehen" werde vgl.: Seliger, Das obligatorische Sowjetmodell, S. 1066. Diese Rede überzeugte schließlich auch Ulbricht davon, dass in der sowjetischen Führung das Umdenken bezüglich der Entwicklung in den sozialistischen Ländern nun endgültig vollzogen war und man keine Rückkehr mehr zu den Verhältnissen von 1948 befürchten musste. Fünf Monate später erfolgte dann die offizielle Anerkennung von nationalen Besonderheiten beim Aufbau des Sozialismus in der DDR. Vgl: Aufgaben der Parteileitungen und Parteiorganisationen bei der Vorbereitung und Durchführung des Parteilehrjahres 1952/53. In: Dokumente der SED, Bd. IV, S. 113. Arbatow, Das System, S. 70-75. V CK KPSS. Iz dnevnika Konsula SSSR v Rostoke Timofeeva Ju.I. „Zapis' besedy so 2-ym sekretarëm rostokskogo okruzkoma SEPG K. Cilloj" ot 5 marta 1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 41-44). Carola Stern, Portrait einer bolschewistischen Partei, S. 180-183. -

-

685 686

687

Nachfolgende Entwicklung

206

Die SED-Delegation, die am XX. Parteitag teilgenommen hatte, brauchte fast zwei Wochen, um das Erlebte zumindest so weit zu verarbeiten, dass sie in der Lage war, eine vorläufige Verhaltensrichtlinie zusammenzustellen. Besonders jenen, die noch vor kurzem Stalin gepriesen hatten, muss die Erarbeitung dieser grundsätzlich neuen Linie außerordentlich schwer gefallen sein.688 Erst

am

1. März konnte sich das ZK der SED

entschließen, die ersten Sekretäre der Bezirkslei-

tungen zu einer Beratung nach Berlin zu berufen, um diesen sozusagen „aus erster Hand" zu ver-

mitteln, was auf dem Parteitag vorgefallen war obwohl vermutlich die meisten von ihnen ohnehin schon Bescheid wussten. Entweder gehörten sie zu dem Kreis der Auserwählten, die bereits hinter vorgehaltener Hand von anderen Genossen unterrichtet worden waren, oder sie hatten sich ihre Informationen von westlichen Radiosendern geholt.689 Die Beratung diente jedoch nicht nur der Bekanntmachung mit Chruscevs Rede, sondern auch der Erarbeitung von Empfehlungen, wie man mit den Ergebnissen des Parteitages in der massenpolitischen Arbeit umgehen solle, wo die Akzente zu setzen seien und worüber lieber nicht gesprochen werden solle. -

Ob bei dieser Beratung sowjetische Vertreter anwesend waren, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Tatsache ist jedoch, dass die Mitarbeiter der Konsularabteilungen der Sowjetunion die Informationen über den Verlauf der Beratung unmittelbar von den Bezirksleitungen der SED bekamen.690 Am nächsten Tag trafen sich Vertreter der sowjetischen Botschaft mit Mitarbeitern der Konsularabteilungen um herauszuarbeiten, welche Erläuterungen die ersten Sekretäre der Bezirksleitungen der SED zum XX. Parteitag erhalten und wie sie diese aufgenommen hatten. Allein die Formulierung der in der Folgezeit geschriebenen Berichte und die Art und Weise, wie solche Begegnungen in der SED abliefen, zeugen davon, dass die Führung der SED eigenständig entscheiden musste, wie viele Informationen sie an die Anwesenden weitergeben wollte. Vermutlich war es in diesem Zusammenhang auch kein Zufall, dass gerade Schirdewan auf der Beratung mit den Bezirkssekretären den Bericht über den XX. Parteitag abgab, während Ulbricht weitgehend im Hintergrund blieb. Das erinnert stark an das Jahr 1946 und die Verkündung des besonderen deutschen Weges zum Sozialismus, der wenig später die tiefe Selbstkritik und Reue des Autors ob der Fehlerhaftigkeit der verkündeten Theorie gefolgt waren. Zu überraschend kam die Kritik Chruscevs an Stalin, vermutlich wurde sie von den meisten gar nicht in vollem Umfang wahrgenommen. Viele Stalinisten blieben einfach auf ihren Positionen, schließlich wollte keiner voreilig Brücken abbrechen, die man später vielleicht noch brauchen würde. Auch die auf der Beratung erarbeiteten Empfehlungen, langsam und schrittweise vorzugehen, in Bezug auf die Kritik an Stalin nichts zu überstürzen, unterstreichen die Unsicherheit und Vorsicht, mit der man vorging. Die eigene Unschlüssigkeit legitimierte man mit der Warnung, dem „Feind" auf keinen Fall die Möglichkeit zu bieten, der Partei einen allzu starken Schlag versetzen 688

jedoch in ihrer Verwirrung nicht allein. In der Tschechoslowakei erfuhr die Parteiführung 24. März, dass es eine Geheimrede Chruscevs gegeben hatte, nämlich als Novotny dem Politbüro sein für die nächste Tagung des ZK bestimmtes Referat vorstellte. Vgl.: Kaplan, Die politische Krise in der Tschechoslowakei 1956, S. 77. V CK KPSS. Iz dnevnika Konsula SSSR v Rostoke Timofeeva Ju.I. „Zapis' besedy so 2-ym sekretarëm rostokskogo okruzkoma SEPG K. Cilloj" ot 5 marta 1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 41). Ebd. Sie

waren

erst am

689

690

Nachfolgende Entwicklung

207

können der Partei, deren Handeln sich bisher streng nach den Lehren und der Tätigkeit Stalins gerichtet hatte und die nun Gefahr lief, ohne diese Basis einfach zusammenzubrechen.691 Am 4. März sah sich Ulbricht allerdings veranlasst, endlich persönlich zu den Ergebnissen des XX. Parteitages Stellung zu beziehen. Als Plattform dafür wählte er das „Neue Deutschland" und vermittelte damit der DDR-Bevölkerung erheblich mehr Informationen, als in der Beratung vom 1. März geplant worden war.692

zu

-

Es ist schwer zu sagen, wer oder was ihn damals zu dieser Veröffentlichung veranlasst hat, die Wirkung blieb jedenfalls nicht aus. Die sowjetische Konsularabteilung in Rostock beispielsweise reagierte auf die Veröffentlichung alles andere als begeistert. Der Ulbricht-Artikel habe die Bevölkerung verunsichert, von einem vorsichtigen und schrittweisen Vorgehen könne nun keine Rede mehr sein.693 Dabei war das nur die halbe Wahrheit. Der Artikel verunsicherte nicht nur die Bevölkerung, sondern brachte vor allem die SED-Bezirksleitungen und deren Propagandisten in eine recht peinliche Lage. Schließlich hatten die einen gerade erst unterschreiben müssen, mit den Informationen sehr behutsam umzugehen, was nunmehr hinfällig war, die anderen wussten nun gar nicht mehr, wie sie vorgehen sollten. Klar wurde auf jeden Fall, dass es nun erheblicher Anstrengungen in der ideologischen Arbeit bedurfte, um wieder eine einheitliche Linie zu finden. Aus diesem Grund entschied die SED, schnellstens ein Forum einzuberufen, um diese Linie auszuarbeiten. Die III. Parteikonferenz fand vom 24. bis 30. März 1956 statt. Gegenwärtig gibt es keine Belege dafür, dass die sowjetische Seite in irgendeiner Weise die fieberhaften Vorbereitungen lenkte. Eigentlich war die III. Parteikonferenz auch schon seit 1955 geplant gewesen und sollte sich im Wesentlichen mit Struktur- und wirtschaftspolitischen Fragen beschäftigen.694 Aus einer Reihe von Protokollen von Gesprächen von Mitarbeitern der sowjetischen Botschaft bzw. der Konsularabteilungen mit leitenden SED-Funktionären geht jedoch hervor, dass die UdSSR nach wie vor außerordentlich großes Interesse für die Vorgänge in der SED und die Reflexion des XX. Parteitags der KPdSU in der DDR zeigte. Die Moskauer Führung musste sich allerdings bis zum Sommer 1956 mit relativ kurzen Berichten über die allgemeine Lage in der DDR begnügen. Erst dann erhielt B.N. Ponomarév vom Botschafter der UdSSR in der DDR, Puskin, einen Politischen Brief mit dem Titel „Zu einigen Fragen der ideologischen Arbeit der SED im Zusammenhang mit den Ergebnissen des XX. Parteitages der KPdSU und der III. Parteikonferenz der SED". Der Brief trug das Datum 16. Juni 1956-also fast zehn Wochen nach Beendigung der III. Parteikonferenz. Das wirft die Frage auf, ob nicht auch die sowjetische Botschaft Zeit brauchte, um den richtigen Ton zu finden und Inhalte abzustimmen. Schließlich konnte die Entwicklung von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachtet und ganz unterschiedlich bewertet werden. Die Ereignisse in der DDR konnten offenbar erst entsprechend beleuchtet werden, nachdem man sich in der Sowjet691 692 693

694

Ebd., Bl. 43. Stern, Portrait einer bolschewistischen Partei, S. 181. V CK KPSS. Iz dnevnika Konsula SSSR v Rostoke Timofeeva Ju.I. tarëm rostokskogo okruzkoma SEPG K. Cilloj" ot 5 marta 1956g. Akte 426, Bl. 44). Henkel, Im Dienste der Staatspartei, S. 72.

„Zapis' besedy

so

2-ym

sekre-

(RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28,

Nachfolgende Entwicklung

208

union selbst einigermaßen Klarheit in Bezug auf die Bewertung der Rolle Stalins und über den Umgang mit seinem Erbe geschaffen hatte.695 Außerdem hatten die in den osteuropäischen Ländern beginnenden Prozesse zur Rehabilitierung von „Volksfeinden", die mittlerweile in der UdSSR unternommenen Schritte zur Normalisierung des Verhältnisses zu Jugoslawien sowie das sich ankündigende Umdenken in einigen generellen Aspekten des Verhältnisses zu sozialdemokratischen Parteien einen gewissen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Botschaftsvertreter. Zumindest zeugen davon deren Mitteilungen nach Moskau. Unter Berücksichtigung der neuen Tendenzen informierten sie das ZK der KPdSU, dass man in der SED ein gewisses Misstrauen gegenüber ehemaligen Sozialdemokraten immer noch nicht vollständig überwunden habe, sie z.T. immer noch als Menschen „zweiter Sorte" betrachte. Deshalb sei es angebracht, die Aufmerksamkeit der deutschen Genossen darauf zu lenken, künftig in dieser Frage mit mehr Taktgefühl vorzugehen.696 Die früher zu beobachtende Linie einer „permanenten Wachsamkeit" hatte sich jedoch überholt. Diese Wende wurde sicherlich auch dadurch erleichtert, dass ein großer Teil der Botschaftsmitarbeiter mittlerweile ausgewechselt worden war und die „neuen" Leute nicht mehr den alten Traditionen verhaftet waren. Das frühere „Richtungweisen" war vergessen. Einige der ehemaligen Sozialdemokraten, die sich „besonders bewährt" und die „Richtigkeit der Politik der marxistischleninistischen Partei neuen Typus" verstanden hatten, erhielten jetzt sogar die Chance, in der Partei Karriere zu machen. Natürlich interessierte sich die KPdSU nicht in erster Linie für die Sorge um die ehemaligen Sozialdemokraten, sondern vielmehr für die Reaktionen auf den XX. Parteitag in der DDR. Denn obwohl bereits vier Monate vergangen waren, verfügte das ZK der KPdSU immer noch nicht über detaillierte Informationen über die Überwindung des Personenkultes in der DDR. am 16. Juni endlich nach Moskau abgesandte Bericht spiegelte die Unsicherheit der DDRFührung ebenso wie die der sowjetischen Funktionäre wider. Selber tief in der sowjetischen Gesellschaft verwurzelt, konnten letztere zu keiner objektiven Darstellung kommen. Ihr Schreiben demonstriert in eindrucksvoller Weise den Zwiespalt, die Unschlüssigkeit und das ständige Hin und Her in der sowjetischen Gesellschaft der damaligen Zeit.697 Die SED-Führung wurde beschuldigt, sie habe vor dem XX. Parteitag die Erziehung ihrer Mitglieder maßgeblich auf den Werken Stalins aufgebaut698 geradeso, als sei es nicht die Sowjetunion gewesen, die in den vorausgegangenen zehn Jahren zunächst vorsichtig, dann aber immer

Der

-

695

696

697 698

Erinnert sei an dieser Stelle an die offizielle Erklärung vom 17. April über die Auflösung des Informationsbüros der Kommunistischen und Arbeiterparteien, in der es u. a. hieß, in der UdSSR herrsche nach dem XX. Parteitag die Meinung vor, Chruscev habe den Rubikon überschritten und die Sowjetführung habe mit dem zentralisierten Kommunismus endgültig gebrochen. Vgl.: Fejtö, Die Geschichte der Volksdemokratien, Bd. II, S. 92. Politiceskoe pis'mo. V otdel CK KPSS t. Ponomarëvu B.N. „O nekotorych voprosach ideologiceskoj raboty SEPG" v svjazi s itogami XX s"ezda KPSS i III partkonferencii SEPG, ot posla SSSR v GDR Puskina, ot 16.06.1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 143). Zuravlev, Vlast' i oppozicija, S. 192-205. Politiceskoe pis'mo. V otdel CK KPSS t. Ponomarëvu B.N. „O nekotorych voprosach ideologiceskoj raboty SEPG" v svjazi s itogami XX s"ezda KPSS i III partkonferencii SEPG, ot posla SSSR v GDR Puskina, ot 16.06.1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 143).

Nachfolgende Entwicklung

209

ebendiese Forderung durchgesetzt hatte. Mit dieser Demagogie standen die Botschaftsvertreter jedoch keineswegs allein da. Man denke nur an die Erklärung Ulbrichts vom April 1956, in der er behauptete, die Jugend sei selbst schuld daran, dem Stalin-Kult verfallen zu

energischer sein.699

Weiter kritisierte der Bericht die Vernachlässigung der Werke Lenins über einen längeren Zeitraum. Anschließend jedoch wird bemängelt, dass in den Listen der obligatorisch zu lesenden Literatur für Studienanfänger am Institut für Gesellschaftswissenschaften bzw. an der Parteihochschule beim ZK der SED nun überhaupt keine Werke Stalins mehr vertreten seien.700 Als Nächstes folgte eine scharfe Kritik an Ulbricht, speziell an seinem Artikel im „Neuen Deutschland" vom 4. März. Offenkundige Gereiztheit klingt an, wenn es heißt, Ulbricht habe, ohne das Wesen der Sache zu erläutern, einfach behauptet, die stalinschen Schriften gehörten nicht zu den Klassikern des Marxismus. Dabei hatte sich Ulbricht in seiner Formulierung zweifellos am Wortlaut der Verordnung des ZK der KPdSU orientiert, die nach dem XX. Parteitag festgelegt hatte, die Werke Stalins aus der Rubrik „Klassiker des Marxismus" auszusondern und allgemein der Geschichte der KPdSU zuzuordnen. Außerdem habe er die Aufmerksamkeit der DDR-Bevölkerung viel zu sehr auf den Stalin-Kult fokussiert und damit von vielen anderen wichtigen Fragen abgelenkt. Darin war gleichzeitig eine versteckte Kritik am ZK der SED eingeschlossen: Das ZK habe eine recht „eigenwillige Politik" in Bezug auf die Verwirklichung der leninschen Normen des Partei- und Staatslebens verfolgt. Diese Eigenwilligkeit soll darin bestanden haben, dass man, wenn man A sage, auch B sagen müsse. Den Personenkult um Stalin habe man auch dessen Verfechtern in der DDR ankreiden müssen. Gerade in dieser Frage sei aber die Position des ZK der SED sehr vorsichtig und zurückhaltend gewesen. Die Überwindung des Personenkultes in den eigenen Reihen sei nur sehr schleppend praktisch verwirklicht worden.

Stellungnahme des ZK, die SED habe die notwendigen Konsequenzen aus dem Personenkult Stalin und dessen Folgen bereits vor dem XX. Parteitag der KPdSU gezogen, „würde wohl kaum der richtigen Erziehung der Massen von Parteimitgliedern innerhalb der SED dienen"701 schließlich konnte der „Schüler" nicht weitsichtiger als der „Lehrer" dastehen, sich das „schöpferische Potenzial" der KPdSU nicht geringer als das der SED erweisen. Das heißt, für Ulbricht gab es genug Momente, um zu „bereuen". Die um

-

Allein die Aufzählung der offensichtlichsten Mängel, wie z.B. das Fehlen von Diskussionen auf den Versammlungen der Parteiaktive zu den Ergebnissen der III. Parteikonferenz, begleitet von breit angelegter Propaganda der Äußerungen Ulbrichts, dem Zitieren seiner „Mission" durch die Redner bei diversen Veranstaltungen oder auch durch ihn selbst, die Befürwortung der „oberflächlichen Artikel Ulbrichts zu Fragen der Persönlichkeit" durch das 26. Plenum des ZK der SED, die immer wiederkehrenden lobenden Artikel zu Ehren des einen oder anderen Parteifunk699 700

701

Prauss, Doch es war nicht die Wahrheit, S. 160. Politiceskoe pis'mo. V otdel CK KPSS t. Ponomarëvu B.N. „O nekotorych voprosach ideologiceskoj raboty SEPG" v svjazi s itogami XX s"ezda KPSS i III partkonferencii SEPG, ot posla SSSR v GDR Puskina, ot 16.06.1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 145). Politiceskoe pis'mo. V otdel CK KPSS t. Ponomarëvu B.N. „O nekotorych voprosach ideologiceskoj raboty SEPG" v svjazi s itogami XX s"ezda KPSS i III partkonferencii SEPG, ot posla SSSR v GDR Puskina, ot 16.06.1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 147).

Nachfolgende Entwicklung

210

tionärs, die Missachtung der Rolle von Parteiplenen

usw. sollte Moskau vor Augen führen, dass für die SED die Frage nach der Wiederherstellung der leninschen Normen des Partei- und Staatslebens nicht weniger aktuell als für die kommunistischen und Arbeiterparteien der anderen ost-

europäischen Länder war.702 Wieder waren „Empfehlungen" aus Moskau gefragt, um die Lage zu „retten". Dabei verfügten die Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft nunmehr über wesentlich geringere Möglichkeiten und Vollmachten als seinerzeit ihre Kollegen in der SKK oder gar der SMAD. Sie mussten sich an völlig andere internationale Gepflogenheiten halten. Daher blieb ihnen kaum Spielraum in der Wahl ihrer Mittel der Austausch von Partei- oder Staatsdelegationen wurde als der gangbarste Weg angesehen, um sowohl die Souveränität zu wahren als auch die eigenen Ziele zu erreichen. Darauf zielte auch die Reise einer Delegation der Parteihochschule, des Instituts für Gesellschaftswissenschaften und des Ministeriums für Hoch- und Fachschulbildung der DDR im Jahre 1956 in die UdSSR zum „Erfahrungsaustausch", wie es offiziell hieß. In Moskau wurde man derweil nicht müde zu unterstreichen, dass eine dauernde Zusammenarbeit nur mit jenen Parteien möglich sei, die sich streng an die marxistisch-leninistische Lehre hielten.703 Veränderungen und Ergänzungen zur Lehre des Marxismus-Leninismus, zur Geschichte der KPdSU und anderen gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen konnten nur dann vorgenommen werden, wenn diese vorab vom ZK der KPdSU genehmigt worden waren. Darüber hinaus hieß es in der im August 1956 beschlossenen Verfügung des ZK der KPdSU „Über die Ergebnisse des Lehrjahres im System der Parteischulbildung und die Aufgaben der Parteiorganisationen für das kommende Lehrjahr", dass man den Marxismus-Leninismus als ganzheitliche Lehre studieren müsse, und nicht nur auf der Basis des „Kurzen Lehrgangs der Geschichte der KPdSU(b)". Es war zwar ein allgemeines Schema für den Aufbau des Parteischulwesens vorgegeben worden, die wirklichen Lösungen für die Frage nach der Überwindung des Personenkultes blieben jedoch weiterhin im Verborgenen. Daher warteten de facto alle sehnsüchtig auf detaillierte Handlungsanweisungen und Vorgaben für die weitere Gestaltung der Parteischulung.704 -

Noch bevor die erwartete Antwort auf ihr Schreiben aus dem ZK der KPdSU eintraf, beeilte sich die SED ihre eigenen Fehler in der Propagandaarbeit einzugestehen. Leitartikel aus Zeitschriften wie der „Kommunist" oder „Partijnaja Zizn'" über den Personenkult und das Parteileben in der UdSSR wurden in der SED-Parteipresse nachgedruckt.705 702 703 704 705

Ebd., Bl. 149.

Fejtö, Die Geschichte der Volksdemokratien, Bd. II, S. 96. Za glubokoe, tvorceskoe izucenie marksistsko-leninskoj teorii, S. 1. Bei alledem sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass dazwischen die Zeit der Sommerpause in der UdSSR gelegen hat, in die hinein praktisch die Veröffentlichung der ZK-Verordnung vom 21. August 1956 „Über die Ergebnisse des Lehrjahres im System der Parteischulbildung und die Aufgaben der Parteiorganisationen für das kommende Lehrjahr" fiel. Dann wird deutlich, warum erst im August und nicht vielleicht schon im Juli auf „geheime Anweisung des ZK der SED" alle SED-Kreisleitungen beauftragt wurden, unverzüglich den ersten und zweiten Teil des „Kurzen Lehrgangs" einzuziehen. Auch die Schriften des 1. Sekretärs der SED, Walter Ulbricht, fielen unter diese Vorschrift. Jede Verbreitung dieser Art von Literatur sei von nun ab verboten. Vgl.: Telegramm aus Berlin nach Bonn vom 20.06.1956 (FES, SED-PV-Ostbüro, 0322-II, o. Bl.). Das war jedoch nur der Anfang. In der Folgezeit betraf das Verbot eine ganze Liste politischer Literatur, deren Inhalt nicht mehr den vom XX. Parteitag vorgegebenen Richtlinien entsprach. -

Nachfolgende Entwicklung

211

Auch der Rat der sowjetischen „Freunde", für die wissenschaftliche und erzieherische Tätigkeit in erster Linie solche Genossen auszuwählen, die Hochschulen in der UdSSR absolviert hatten (immerhin studierten 1956 schon 850 Deutsche an sowjetischen Hochschulen)706, wurde nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern energisch in die Tat umgesetzt. Die Sowjets ihrerseits bauten für die Zukunft fest auf diese Stütze. So, wie sie auch auf die Studierenden an der Parteihochschule und der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU als Stütze bei der weiteren Verbreitung des eigenen Einflusses in Europa bauten. So ist es kein Zufall, wenn im Zeitraum von 1948 bis 1956 insgesamt 526 Vertreter ausländischer kommunistischer oder Arbeiterparteien an der Parteihochschule beim ZK der KPdSU studierten, im Jahr 1956 dann aber bereits 607 Hörer an der Spezialfakultät für Ausländer immatrikuliert waren.707 Nicht nur die Klassiker des Marxismus-Leninismus bildeten die Grundlage für den Lehrstoff, sondern auch die internationale Lage und die Situation innerhalb der UdSSR und in anderen Ländern, die Beschlüsse des ZK der KPdSU sowie die sowjetische Literatur und Kunst. man darüber hinaus berücksichtigt, wie streng die Hörer in ihrer Freizeit, in ihrem alltäglichen Leben überwacht wurden, so wird deutlich, welch intensiver Indoktrination und Sozialisation sie ausgesetzt waren und wie stark sie für ihr späteres Leben geprägt wurden. Unter diesen Bedingungen wurden aus den meisten von ihnen der Partei treu ergebene Genossen.

Wenn

Die Herbstereignisse in Polen und besonders in Ungarn gössen nicht nur den letzten treuen Stalinisten in der UdSSR Öl ins Feuer. Die Kritik an Ulbricht aus den Reihen der Sowjetunion verstummte allmählich und seine Position in der Partei festigte sich dadurch zusehends.708 In der Sowjetunion wurde die Kritik der Partei an Stalin stark zurückgenommen. Schon im Januar 1957 erklärte daraufhin Ulbricht, offensichtlich ohne sonderliche Konsequenzen von sowjetischer Seite zu fürchten, dass, solange für das sozialistische Lager die Bedrohung aus den kapitalistischen Ländern bestehe, man nie in voller Offenheit vor der Bevölkerung über die Fehler von Funktionären der kommunistischen und Arbeiterparteien würde berichten können.709 vor Mitgliedern des Politbüros und des Sekretariats des ZK der SED dadass in UdSSR viele „Fehler" Stalins ohne große Worte und Diskussionen einfach ausder rüber, bedeutete worden letztlich nichts anderes, als dass man in der SED endlich mit seien, gemerzt den endlosen und unfruchtbaren Diskussionen Schluss machen sollte.710

Seine

706

707

708 709

710

Ausführungen

Politiceskoe pis'mo. V otdel CK KPSS t. Ponomarëvu B.N. „O nekotorych voprosach ideologiceskoj raboty SEPG" v svjazi s itogami XX s"ezda KPSS i III partkonferencii SEPG, ot posla SSSR v GDR Puskina, ot 16.06.1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 28, Akte 426, Bl. 161). Soobscenie v CK KPSS „O nedostatkach v ucebnoj i vospitatel'noj rabote so slusateljami zarubeznych kommunisticeskich i rabocich partij, obucajuscichsja v VPS pri CK KPSS" ot zavotdelom partijnych organov CK KPSS po sojuznym respublikam E. Gromova, ot 26.12.1956g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 31, Akte 65, Bl. 122). Arens, Die andere Freiheit, S. 184-185. Informationsbüro West „Ulbricht über den ideologischen Entstalinisierungsstop in der SED", 19.01. 1957 (FES, SED-PV-Ostbüro, 0325-III, o.Bl.). Allzu wörtlich darf man die Behauptung, dass ab 1957 jedwede Diskussion in der SED abgeblockt worden sei, natürlich auch nicht nehmen. Aber bereits im Herbst 1956 schaltete sich Ulbricht in die vor allem an Universitäten aufblühenden Parteidiskussionen ein. Vgl.: Preuss, Doch es war nicht die Wahrheit, S. 167. Ebd.

Nachfolgende Entwicklung

212

Das, wie es schien, beginnende Tauwetter im Parteileben der SED war damit eigentlich schon vorbei, ehe es richtig beginnen konnte. Auch in solchen Ländern wie Ungarn oder Polen, den „Störenfrieden" jener Zeit, wurde der Liberalisierungsgedanke schnell wieder unterdrückt.7" Jurij Andropov kehrte im Frühjahr 1957 nach Moskau zurück, nachdem er „die Ungarn zur Räson gebracht" hatte, und übernahm die Leitung der neu gegründeten Abteilung Kommunistische und Arbeiterparteien sozialistischer Länder beim ZK der KPdSU (bis dahin hatte es nur eine allgemeine Abteilung Kommunistische Parteien gegeben, die von Boris Ponomarev geleitet worden war).712 Mit starker Hand stellte er das beschädigte Image der Abteilung wieder her. Eine wichtige Rolle dabei spielte die Zeitschrift „Voprosy istorii KPSS", die ab Mai 1956 regelmäßig erschien und in der neben „Fragen" der Geschichte der KPdSU eine Vielzahl von Artikeln zu Problemen der kommunistischen Parteien der „Bruderländer" abgedruckt wurden.

Die flächendeckende Verbreitung der Zeitschrift unter den für ideologische Fragen verantwortlichen Parteifunktionären der osteuropäischen Länder erlaubte es der KPdSU, im Rahmen „wissenschaftlicher Diskussionen" die aus ihrer Sicht aktuellen Probleme und Wege zu ihrer Lösung aufzuzeigen. Das bedeutete jedoch nicht die Rückkehr zu den Verhältnissen der frühen 50er Jahre. Zweifelsohne verfügten die sozialistischen Länder mittlerweile über ein größeres Maß an Freiheit bei der Gestaltung der eigenen Innen- und Außenpolitik. Eine internationale Tagung von Vertretern von zwölf kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder vom 14. bis 16. November 1957 bestätigte diese gewachsene Selbstständigkeit. Die Basis jedoch, auf die sich diese „sozialistische Gemeinschaft" stützte, war immer noch die Theorie des Marxismus-Leninismus, wenngleich mit einigen Modifikationen. Über die Reinheit dieser Lehren wachte die Abteilung Andropovs gewissenhaft. Darauf sollten auch die Anstrengungen seiner Nachfolger noch über viele Jahre gerichtet sein. Nicht mit allen sozialistischen Ländern gestalteten sich die Beziehungen so harmonisch wie mit der DDR, nicht mit allen Parteien war die Zusammenarbeit so erfolgreich wie mit der SED.713 1958, 1959 und auch in den darauffolgenden Jahren war die enge Zusammenarbeit zwischen den deutschen und den sowjetischen Genossen nur von wenigen Wolken überschattet. Die Reisen von Partei- und Staatsdelegationen der DDR in die Sowjetunion zum „Erfahrungsaustausch" wurden zu einer bewährten Tradition.714 Auch in jenen Jahren sahen es die SED-Funktionäre als ihre Pflicht an, der sowjetischen Seite ausführlich Rechenschaft über die bei so einer Reise gesammelten Erfahrungen abzulegen. Im Anschluss an eine solche Berichterstattung entschied dann die sowjetische Führung von Fall zu Fall, in welcher Form und oftmals auch in welchem Umfang es zweckmäßig war, die Inhalte an die Parteibasis heranzutragen.715 Ziel und Inhalt der meisten dieser Reisen war, ähnlich wie in vergangenen Jahren, der Austausch zu Fragen der politischen und organisatorischen Entwicklung der SED. 711 712 713 714 715

Beyrau/Bock, Das Tauwetter und die Folgen, S. 66. Medvedev, Neizvestnyj Andropov, S. 56. Ebd., S. 58-59. Ausführlicher hierzu siehe: Lieck, Der Erfahrungsaustausch zwischen der SED und der KPdSU. V CK KPSS. „Otcët delegacii partijnych rabotnikov SEPG, pobyvavsich v 1959 g. v Sovetskom Sojuze dlja oznakomlenija s opytom partijnoj raboty KPSS", otpravlen po pros'be druzej sotradnikam posol'stva M. Pervuchinym 29 dekabrja 1959g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 49, Akte 280, S. 1, 3-4).

Nachfolgende Entwicklung

213

Nach 1957 werden in den sich an solche Reisen anschließenden Berichten allerdings in der Regel keine direkten Schlussfolgerungen für die Arbeit der SED mehr gezogen. Vielmehr sollten die Genossen aus den Berichten „schöpferische Lehren für die Verbesserung ihres eigenen Arbeitsstils und ihrer Führungsmethoden"716 ziehen. Während diese „schöpferischen Lehren" im Wesentlichen dem Alltag überlassen blieben, nahm sich die UdSSR immer noch das Recht heraus, das letzte Wort in den entscheidenden Fragen des Parteischulwesens zu sprechen. Nach der Einführung des Kurses „Wissenschaftlicher Kommunismus" in der Sowjetunion folgte in den 70er Jahren die Übernahme eines analogen Lehrgangs an Bildungseinrichtungen der DDR, einschließlich der dafür vorgesehenen Lehrbücher sowjetischer Autoren.717 Erst in den 80er Jahren nach der (wiederum zuerst in der Sowjetunion) erfolgten Trennung des Wissenschaftlichen Kommunismus in zwei eigenständige Disziplinen Wissenschaftlicher Sozialismus und Wissenschaftlicher Kommunismus entwickelten DDR-Ideologen erstmals ein entsprechendes Lehrbuch für die Disziplin „Wissenschaftlicher Sozialismus".718 -

-

716 717 718

Lieck, Der Erfahrungsaustausch zwischen der SED und der KPdSU, S. 75. Vgl.: Wissenschaftlicher Kommunismus, 1972. Vgl.: Wissenschaftlicher Sozialismus, 1988.

Fazit

7

Seit etwas mehr als zehn Jahren bemühen sich Historiker und Politologen im vereinten Deutschland, das Phänomen DDR wissenschaftlich aufzuarbeiten. Einer umfassenden Analyse des SEDRegimes wird man sich jedoch nur schrittweise nähern können. Zu komplex waren die Erscheinungen, zu viele Faktoren beeinflussten die Entwicklung, darunter auch solche, die trotz teilweiser Öffnung der Archive speziell in Russland immer noch nicht befriedigend analysiert und beschrieben werden können. Als ein Schritt zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte kann die vorliegende Arbeit gesehen werden. Sie unternimmt den Versuch, die ideologische Entwicklung der SED von den Anfängen bis zur Mitte der 50er Jahre zu verfolgen. Betrachtet wird insbesondere der Einfluss des ZK der KPdSU(b) sowie der Einfluss der für ideologische Fragen zuständigen Abteilungen der SMAD/SKK auf den Aufbau eines neuen Parteischulungssystems. -

-

Die immer noch eingeschränkte Quellenlage erlaubt es allerdings nicht, die Einflussnahme der Sowjets auf die Herausbildung des Parteischulwesens in der DDR und die damit verbundene Entwicklung der Ideologie der SED in ihrer gesamten Breite zu verfolgen. Stellenweise warfen die gefundenen Archivalien mehr neue Fragen auf, als sie alte beantworteten. So kann auch nach dem Studium dieser Quellen die wirkliche Rolle der einzelnen Abteilungen des ZK der KPdSU im Zusammenhang mit der Parteischulung, ihre praktische Einwirkung auf die Verwaltung von Tjul'panov, ihre beständigen Handlungsanweisungen und Empfehlungen an die Deutschen nicht endgültig und abschließend beschrieben werden. Vieles wird jedoch klarer: In den reichlich zehn Jahren, die untersucht wurden, war das Wechselverhältnis zwischen den sowjetischen Organen und der Führung der SED zwangsläufig einem gravierenden Wandlungsprozess unterworfen. So zeichnete sich im September 1946 die Einflussnahme auf die SED durch eine Reihe ausgesprochen rigider Formen und Methoden aus: -

-

Gemeinsame Beratungen der SED-Vorstände auf Stadt- und Landesebene mit den zuständigen Offizieren der SMAD: Hier wurden die wichtigsten Fragen der taktischen Linie sowie der praktischen Parteipolitik erörtert. Aussprachen mit den Parteiarbeitern aller Ebenen der SED, wobei die deutschen Funktionäre in die jeweiligen sowjetischen Behörden beordert wurden. Kontrollbesuche von Mitarbeitern der SMAD in den SED-Vorständen: Überprüfung der laufenden Tätigkeit und Abgabe von Empfehlungen zur Beseitigung der festgestellten

Mängel. -

Direkte Anleitung der SED-Führungsorgane: Erteilung abrechenbarer Kontrolle über die Umsetzung einmal erteilter Vorgaben.

Aufgaben

und

Fazit

216

-

Teilnahme sowjetischer Vertreter an den Veranstaltungen der SED mit dem Ziel, stets aktuell über alle Vorgänge informiert zu sein und im Bedarfsfall zügig entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Mitarbeiter der sowjetischen Behörden in der SBZ verweisen in ihren Berichten an die Moskauer Führung immer wieder mit Stolz auf die Disziplin ihres Vorgehens. 719

Nach der Gründung der DDR und der Ablösung der SMAD durch die Sowjetische Kontrollkommission waren derartige Arbeitsmethoden jedoch bereits überholt und muteten die mittlerweile neu eingewechselten Mitarbeiter der sowjetischen Behörden als offensichtlicher Anachronismus an. „Ratschläge" und „Empfehlungen" wurden zwar immer noch erteilt, doch von einer flächendeckenden Kontrolle wie in den Anfangsjahren konnte nicht mehr die Rede sein. Der Schwerpunkt der Arbeit hatte sich mehr und mehr auf Kontakte zu einem ausgewählten Personenkreis innerhalb der Führung der SED verlagert. Ansprechpartner waren nunmehr neben der zentralen Parteispitze in Berlin in erster Linie die Landesvorstände.

Gespräche mit SED-Funktionären mussten von sowjetischer Seite jetzt im Voraus angemeldet werden und fanden immer häufiger in den Räumen der deutschen Behörden statt. Was den Umfang der eingeholten Informationen betraf, so wird sich dieser insgesamt gesehen nicht grundlegend geändert haben. Immer noch nahm sich die ehemalige Besatzungsmacht das Recht, über die Vorgänge in „ihrer Zone" umfassende Kenntnis zu erlangen. Betrachtet man jedoch die Inhalte der Berichte, so fällt auf, dass zunehmend die globalen Entwicklungen und Probleme im Vordergrund standen, während Kleinigkeiten, örtliche Details, Einzelheiten des innerparteilichen Lebens der Partei immer mehr zurücktraten.

Die Jahre 1954/55 können zu Recht als der Beginn einer qualitativ dritten Phase in den Beziehungen der sowjetischen Vertreter zur SED, zu den Deutschen überhaupt, angesehen werden. Diese Phase erstreckte sich bis weit in die 1960er Jahre hinein. Innerhalb dieser Zeitspanne änderten sich die Formulierungen in den Berichten sowjetischer Vertreter zunehmend in Richtung: auf mein Bitten hin wurde beschlossen ...". Immer häufiger trat nun auch die deutsche Seite als Initiator gemeinsamer Besprechungen auf, was vorher nur selten der Fall gewesen war. „...

Nunmehr verantworteten die entsprechenden Abteilungen des ZK der SED selbst die Entwicklung des Parteischulwesens, wenngleich immer noch in enger Abstimmung mit den zuständigen Organen des ZK der KPdSU. Das Parteischulungssystem, geformt nach den Vorstellungen der SMAD und mit dem nötigen Schliff durch die Vertreter der SKK versehen, funktionierte Mitte der 1950er Jahre reibungslos. Reibungslos bedeutet hier nicht „effektiv", sondern eher so, wie man es erwartete: streng orientiert an dem Vorbild, welches man sich zum Leitbild gemacht hatte. Der häufige Austausch von Delegationen und die damit verbundene aktive Übernahme von Erfahrungen sowie die immer größer werdende Schicht von Absolventen sowjetischer Bildungseinrichtungen unter den Parteifunktionären hatte dazu geführt, dass der Prozess der Selbstsowjetisierung zu einer Art Selbstläufer geworden und nicht mehr rückgängig zu machen war.

Schwerpunkt setzte das ZK der SED auf die Ausbildung an der Parteihochschule beim ZK der KPdSU. An der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU studierten Den

719

Soobscenie t. Panjuskinu „O politiceskoj obstanovke v Berline nakanune vyborov i rabote Berlinskogo otdela propagandy" ot nacal'nika Berlinskogo otdela propagandy majora Demidova ot 23 sentjabrja 1946g. (RGASPI, Fonds Nr. 17, op. 128, Akte 151, Bl. 20).

217

Fazit

deutlich weniger Parteifunktionäre. Unter den 130 ausländischen Absolventen dieser Einrichtung (innerhalb von 15 Jahren) aus den volksdemokratischen Ländern bildeten die Deutschen mit 16 Graduierten die drittgrößte Gruppe nach Bulgarien (42) und der Tschechoslowakei (24). Unter dem Gesichtspunkt der Differenzierung innerhalb des sozialistischen Lagers ist mit Interesse festzustellen, dass Polen und Rumänien überhaupt keine Studenten an die Akademie für Gesellschaftswissenschaften entsandte.120 Auch die Tätigkeit der Propagandaverwaltung der SMAD (ab dem Frühjahr 1947 nannte sie sich Informationsverwaltung) war im Verlaufe der Zeit tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Mit der Differenzierung der Ziele wandelten sich auch die Aufgaben dieser Instanz. Zudem sind Schwankungen des politischen Gewichts der Informationsverwaltung innerhalb der sowjetischen Besatzungsbehörden sowie im Verhältnis zu einzelnen Abteilungen des ZK der KPdSU und zur Politischen Hauptverwaltung der Sowjetischen Streitkräfte zu beobachten. In den Jahren 1945/46 übertrug die Führung der SMAD die innenpolitische Arbeit in Deutschland zu weiten Teilen der Propagandaverwaltung. Das führte jedoch dazu, dass häufig die Tätigkeit anderer Einrichtungen, die ihrem Wesen nach ebenfalls für ideologische Fragen zuständig waren wie das Oberkommando der SMAD, des Politischen Beraters oder des Informationsbüros, nicht genügend gesteuert, die Arbeit nicht ausreichend koordiniert wurde.721 1947 sollte sich das ändern. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass vorerst die Hauptlast bei den Vorbereitungen auf die Vereinigung von KPD und SPD zur SED und auf die Wahlen in der Sowjetischen Besatzungszone 1946 hauptsächlich auf den Schultern der Propagandaverwaltung lag. Der Chef der Propagandaverwaltung, Tjul'panov, hatte also umfangreiche Handlungsspielräume und war neben der obersten Führung der SMAD im Wesentlichen nur dem ZK der KPdSU(b) gegenüber rechenschaftspflichtig.722 Zur Abstimmung des Vorgehens in speziellen Situationen wurde er offensichtlich mehrfach nach Moskau beordert, wo er die entsprechenden Instruktionen

entgegennahm.723 720

721

722

723

Soobscenie v CK KPSS „O rabote AON pri CK KPSS" ot Rektora AON pri CK KPSS Ju. Franceva ot 23 sentjabrja 1961g. (RGANI, Fonds Nr. 5, op. 33, Akte 170, Bl. 27). Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum wurden an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften etwa 2 000 sowjetische Kommunisten ausgebildet. Soobscenie Stalinu „O proverke Upravlenija propagandy" (RGASPI, Fonds Nr. 17, op. 125, Akte 475, Bl. 8). Tjul'panov war also wesentlich stärker von Suslov und dessen Abteilung im ZK der KPdSU abhängig als bislang angenommen. Zwar hat Tjul'panov in verschiedenen Situationen auch instinktiv gehandelt, in eigener Verantwortung Maßnahmen ergriffen. In der Regel betraf dies die innenpolitische Entwicklung der sowjetischen Besatzungszone. Diese Schritte unternahm er jedoch zumeist in genauer Kenntnis dessen, was Moskau von ihm in der jeweiligen Situation erwartete, und diese Kenntnis gab ihm die Souveränität, in konkreten Situationen eigenständig zu entscheiden. Sogar die Kritik, die man an seine Adresse bzw. an die Adresse der Verwaltung richtete, nahm Tjul'panov unterschiedlich auf. Noch im Jahre 1961 schrieb er einen Brief an Suslov, in dem er darauf einging, dass man ihn nicht aus der DDR herausgelassen hatte. Dabei erinnerte er lediglich an die Kritik Suslovs an seiner Person im Jahre 1949, ohne auf die Zurechtweisungen in den vorausgegangenen Jahre einzugehen. Vgl. Telegramma Moskva CK VKP(b) t. Baranovu „O polozenii v Berline s ob"edineniem rabocich partij" ot Zam. Nacal'nika Upravlenija Propagandy SVAG podpolkovnika Zdorova ot 22.3.46g. (RGASPI, Fonds Nr. 17, op. 128, Akte 148, Bl. 41^43).

218

Fazit

Mit Ausnahme des NKVD/OVD, das sich bekanntermaßen intensiv um die Gegner der Vereinigung von KPD und SPD bemühte, kam allen anderen für ideologische Fragen zuständigen Organen der SMAD im Vergleich zur Propagandaverwaltung nur eine Nebenrolle im Vereinigungsprozess zu. Eine ähnliche Verteilung der Rollen ist bei den Ereignissen der Folgezeit zu beobachten. Die Propagandaverwaltung war unmittelbar an der Erarbeitung der Wahlunterlagen der SED für die Wahlen im Herbst 1946 beteiligt und trug den Löwenanteil der „Arbeit mit bürgerlichen Parteien", um diese im Vorfeld der Wahlen zu schwächen.724 Der enge Kontakt der Mitarbeiter der Propagandaverwaltung mit den „deutschen Freunden" bestimmte auch die Herausbildung einer spezifischen Vorgehensweise bei solchen Kontakten. Die gewähnte „Hilflosigkeit" der Deutschen (oftmals wurde allein schon das für die Sowjets ungewohnte Verhalten der deutschen Kommunisten untereinander bzw. gegenüber der Bevölkerung als solche gewertet) sowie die unerwartet große Offenheit im Verhältnis untereinander riefen bei den Mitarbeitern ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Diese reichten von einem gewissen Misstrauen bis hin zu einem Gefühl der deutlichen Überlegenheit besonders in Partei-

angelegenheiten.

-

Bereits im Sommer 1946 teilte Tjul'panov Suslov mit, dass es dem Parteivorstand der SED offensichtlich an der nötigen Wachsamkeit fehle und dass manchmal sogar die Inhalte von Gesprächen, die Führungskräfte der SED mit der SMAD zu ausgesprochen grundlegenden Fragen führten, innerhalb kürzester Zeit breiten Kreisen des Apparats zugänglich gemacht würden.725 Im Ergebnis dieser Entwicklungen war nicht nur die Führung in Moskau gewarnt, dass es in Bezug auf die Führung der SED eines differenzierten Herangehens bedurfte. Auch die Mitarbei-

der örtlichen Informationsabteilungen wurden angewiesen, besondere Wachsamkeit walten lassen. Offensichtlich hatte es bereits einiges gegeben, was man vor der Masse der einfachen Parteimitglieder und der breiten Öffentlichkeit geheim halten wollte.

ter zu

Ohne den neu gewählten SED-Funktionären die übliche 100-Tages-Frist zu gewähren, damit diese sich auf die neuen Arbeitsbedingungen hätten einstellen können, führte die Propagandaverwaltung bereits kurz nach der Vereinigung von KPD und SPD eine groß angelegte der politisch-ideologischen und erzieherischen Arbeit in der SED durch. Schließlich standen die Wahlen unmittelbar vor der Tür. Die Ergebnisse dieser Kontrolle waren alles andere als befriedigend. Das Niveau der parteipolitischen Arbeit entsprach bei weitem nicht den Erwartungen.

Überprüfung

Daraufhin forderte

man von Ulbricht, unverzüglich etwas zu unternehmen, um die festgestellten überwinden.726 Die Propagandaverwaltung blieb sich selbst treu: Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die SED-Führung in der Lage sein würde, Schritt für Schritt die Lage in der

Mängel

zu

Provinz zu kontrollieren. Daher erhielten die örtlichen Propagandaabteilungen die Anweisung, nicht nur die Umsetzung der in diesem Zusammenhang ergangenen Vorgaben aus dem ZV der SED vor Ort zu überwachen, sondern selbst alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, die eine 724 725 726

Soobscenie Zdanovu A. A. „O predstojascich vyborach v SOZ" ot Sikina ot 2 avgusta 1946g. (RGASPI, Fonds Nr. 17, op. 128, Akte 147, Bl. 1). Dokladnaja zapiska v CK VKP(b) t. Suslovu ot Nacal'nika otdela Propagandy polkovnika Tjul'panova ot 25 ijulja 1946g. (RGASPI, Fonds Nr. 17, op. 128, Akte 129, Bl. 35). Ebd.

Fazit

219

„Ausweitung der Tätigkeit der Partei insbesondere auf politisch-ideologischem Gebiet" gewährleisteten. 727 Damit waren die Fundamente für die Arbeit der nächsten Zeit gelegt, die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung der Parteischulung abgesteckt. Die Kontrollen über die Tätigkeit der SED in der Folgezeit bestätigten die Führung der Propagandaverwaltung und ihre Abteilungen in der bereits erlangten Überzeugung, dass es unumgänglich sei alle wichtigen Entscheidungen selbst zu treffen. Die Zielstrebigkeit der „Erziehung" sowohl der Parteifunktionäre als auch der Parteibasis der SED in ebenjener Richtung hat die Arbeit der Informationsverwaltung wesentlich erleichtert, denn dadurch wurde den meisten Diskussionen von vornherein der Boden entzogen. Wenn man darüber hinaus berücksichtigt, dass das Denken der sowjetischen Funktionäre in aller Regel noch stark militärisch geprägt war,

das der Mitarbeiter der SMAD, bei denen es zu erwarten war, sondern auch hier dominierte militärischer Jargon die Parteiliteratur bis weit in die 50er Jahre hinein -, so wird das Wesen der Wechselbeziehungen zwischen Funktionären der SED und sowjetischen Propagandisten noch besser verständlich. und

zwar

nicht

nur

jener in der Sowjetunion selbst

-

nur daran, dass die Parteischulen und -lehrgänge als „machtvolle Waffen bei der Herausbildung der Kommandeursmannschaft der Partei" bezeichnet wurden, in welchen „ganze Bataillone aktiver Kämpfer für alle Fronten des sozialistischen Aufbaus ausgebildet" würden.728 Und im Krieg gelten schließlich andere Gesetze als in Friedenszeiten. Über Befehle der Vorgesetzten wird nicht diskutiert und nur das Prinzip der bedingungslosen Verwirklichung einer einheitlichen Führung kann zum Sieg führen. Der SED-Spitze blieb daher in den meisten Fällen kaum etwas anderes übrig, als die Politik der SMAD gewissenhaft umzusetzen. Das betraf nicht nur die zentalen Einrichtungen, sondern gleichermaßen auch die Parteiorganisationen auf unterer Ebene. Diese Situation blieb schließlich der Bevölkerung der Sowjetischen Besatzungszone nicht verborgen. Die Meinung, die SED sei eine rein „russische Partei", setzte sich tief im Bewusstsein

Erinnert sei

der Menschen fest. Herbst 1946 bis Ende 1947 ergriffenen Maßnahmen betrafen nicht nur das gesellschaftspolitische Leben in der SBZ und die Tätigkeit der SED. Die Veränderungen berührten ebenso das Personal der SMAD. Man begann bei der Kaderauswahl für die Arbeit mit der deutschen Bevölkerung sogar subjektive Faktoren zu berücksichtigen, z.B. das bei einem Teil der Menschen noch verbreitete Unbehagen gegenüber Juden, das sich auch auf jüdische Mitarbeiter der SMAD übertrug. Anatolij Vaks, 1947 Mitarbeiter der sächsischen Propagandaabteilung der SMA, bekennt, dass damals unpopuläre Maßnahmen häufig dem Wirken jüdischer Funktionäre zugeschrieben und als eine Art Rache für die Greueltaten der Nazis gegenüber den Juden betrachtet wurden.729 Ob dies wirklich zutrifft, ist vom heutigen Standpunkt aus schwer zu sagen. In internen Berichten der SMAD fand dieser Aspekt jedenfalls keinen Niederschlag. Die in der Zeit

vom

Vermutlich war es ein unglückliches Zusammentreffen: Der Austausch einiger jüdischer Mitarbeiter der SMAD fiel zeitlich mit dem in der UdSSR aufwallenden Kampf gegen den „Kosmopolitismus" zusammen. Erinnern wir uns nur an den „Fall der Ärzte", der traurige Berühmtheit erlangte, an die Ereignisse um das „Jüdische Theater" u.a. 727 728 729

Ebd.

Agafonenkov, Marksistsko-leninskoe vospitanie rukovodjascich partijnych i sovetskich kadrov v poslevoennyj period (1946-1950 gody). Diss. Moskau 1952. S. 46, 144. Unveröffentlichtes Interview mit Anatolij Vaks.

Fazit

220

Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Personalwechsel in der SMAD keineswegs nur nach dem Nationalitätenprinzip vorgenommen wurde. Ausgetauscht wurden z.B. auch die schlichtweg ungenügend qualifizierten Mitarbeiter. Unter diese Kategorie fielen häufig auch diejenigen, die sich durch eine nach sowjetischem Verständnis übertriebene Loyalität der deutschen Bevölkerung gegenüber hervorgetan hatten. 1947/48 wurden kaum noch Mitarbeiter der SMAD aus den Reihen der in Deutschland stationierten Roten Armee rekrutiert. Die meisten „Neuen" kamen direkt aus der UdSSR und hatten eine gründliche politische Ausbildung hinter sich. Ihre weltanschaulichen Positionen und ihre Arbeitsmethoden übertrugen sie zwangsweise da sie anderes nicht kannten auf die SBZ, auf die SED und die deutschen gesellschaftlichen Organisationen. -

-

Ende 1947/Anfang 1948 begann daher die Propaganda Verwaltung mit den Kräften dieser neuen Kader zielgerichtet ihren Einfluss auf die Abteilung Volksbildung der SMAD zu verstärken. Ebendieser Einfluss war es, der bewirkte, dass an den Hochschulen der SBZ die Tätigkeit politischer Parteien und Massenorganisationen wieder zugelassen wurde und dass alles getan wurde, um die Positionen von SED und FDJ in den Bildungseinrichtungen zu stärken. Die Wunschvorstellungen der Informationsverwaltung gingen sogar so weit, dass sie vorschlug, an jede Hochschule einen Politoffizier zu entsenden, um die politischen Entwicklungen zu kontrollieren und im Bedarfsfall entsprechende Empfehlungen zu geben. Nur dem erbitterten Widerstand der Volksbildungsverwaltung, der sogar eine Diskussion dieser Frage im ZK der KPdSU hervorrief, ist es zu verdanken, dass diese Idee nicht verwirklicht werden konnte.

Mit der Zeit wurde ein zunehmender Einfluss des Politischen Beraters und seines Apparates auf das Geschehen in der SBZ spürbar. Mit Unterstützung des Außenministeriums gebot Semënov den Ambitionen der Informationsverwaltung, das ideologische Geschehen in Ostdeutschland allein bestimmen zu können, sukzessive Einhalt. Davon zeugt nicht nur die große Zahl von Berichten, die an ihn adressiert waren, sondern auch eine spürbare Veränderung in den Formulierungen der Schreiben. Immer häufiger wurde darin gebeten, zu dieser oder jener Frage Rücksprache mit der Führung der SED zu nehmen. Besonders augenfällig wurde diese Tendenz im Sommer 1948, als das ZK der KPdSU(b) den Weg für die Umwandlung der SED in eine Partei neuen Typus

freigab.

Die hohe Aufmerksamkeit, die dem 11./12./13. Plenum der SED zuteil wurde, das Bestreben, stets im Detail darüber informiert zu sein, wie die Basis der SED diese oder jene Information aufnahm, die zielgerichtete und planmäßige Arbeit der Informationsverwaltung und ihrer Gliederungen vor Ort, ihre gewissenhaften Kontrollen über die Umsetzung jedes Beschlusses lassen den Rückschluss auf ein außerordentlich hohes Interesse und die direkte Beteiligung Moskaus an der Lenkung dieser Prozesse in der SBZ zu. Was die politisch-erzieherische Arbeit sowie die Veränderungen in der Parteischulung betrifft, so bestehen kaum Zweifel an der unmittelbaren Einflussnahme der sowjetischen Seite auf alle damit verbundenen Prozesse. Sowjetische Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeit der Parteischulen, zur Sorge um die Absolventen und zur Veränderung der Vorlesungspläne spiegeln sich deutlich in den Vorträgen deutscher Redner zu Fragen der Ideologie wider. Es hat de facto nicht einen einzigen Vorschlag auf einem Parteiplenum gegeben, der nicht vorher von den sowjetischen Genossen der Informationsveraltung in dieser oder jener Empfehlung formuliert worden wäre. Diese Situation blieb sogar bis 1949, bis zur Vorbereitung auf die I. Parteikonferenz, bestehen.

221

Fazit

Säuberungen des Parteiapparats als auch die ständigen Verauch wenn dieser gar nicht Mitglied der SED war, Denkenden, oppositionell folgungen jedes sollten aus der Partei jenen „Monolithen" formen, der ohne Wenn und Aber alle Wendungen der Sowohl die nicht enden wollenden

Politik Berlins mitmachen würde. Durch die bewusste, manchmal vielleicht sogar auch unbewusste Konzentration der Machtbefugnisse auf einen eng begrenzten Kreis von Politbüromitgliedern und durch die Schaffung geradliniger Erfüllungsmechanismen an der Peripherie gelang es der sowjetischen Seite immer besser, ihre Ziele zu verwirklichen und die Erfüllung der gestellten Aufgaben auf deutscher Seite zu gewährleisten.

Dabei wandte man bei weitem nicht nur die harten Methoden an, sondern ging mehr und mehr dazu über, die Menschen durch diverse Anreize zu freiwilliger Mitarbeit zu stimulieren. Hier machte man sich die Erfahrungen aus den frühen 20er Jahren der Sowjetunion zunutze. Schrittweise entstand ein System von Privilegien für jene, die ihre vollständige Loyalität gegenüber der Partei unter Beweis gestellt hatten. 73° Die sich verstärkende Konfrontation mit dem Westen, die „Stärkung des Sowjetblocks", die mit einer wachsenden Kontrolle der inneren Entwicklung in den Mitgliedsstaaten einherging, ließen der DDR immer weniger Möglichkeiten für eine eigenständige Politik. So war bereits 1950/51 die politische und wirtschaftliche Zukunft der DDR festgelegt. Alles Übrige war nur noch eine Frage der Zeit und der Taktik. Die gesamte Arbeit mit Parteidelegationen der DDR bei deren Besuchen in der Sowjetunion lief in eine vorgegebene Richtung ab: Es ging vorrangig darum, die Vorzüge des sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems unter Beweis zu stellen, die Rolle der KPdSU(b) als lenkende Kraft aller Prozesse im Land zu demonstrieren. Dabei bildete die Parteischulung nach wie vor die Grundlage für die systemkonforme Weitergabe der von den ausgewählten Führungskräften der Partei in der UdSSR aufgenommenen „Grundwahrheiten". In den Parteischulen sollte ebenjene „Gehirnwäsche" vorgenommen werden, die aus zunächst vielleicht unvoreingenommenen Parteimitgliedern überzeugte Verfechter des Sozialismus machen würde. Daher wachte die sowjetische Seite mit aller Kraft darüber, dass in der DDR einheitliche Lehrpläne für die Parteischulen eingeführt, die Ausbildungszeiten sukzessive verlängert, die Qualifikation der eingesetzten Lehrkräfte erhöht und die Vorlesungen und Seminare inhaltlich verbessert wurden.

Sogar noch nach dem 17. Juni 1953, als der Druck beim Aufbau eines sozialistischen Wirtschaftssystems etwas zurückging, entwickelte sich die Parteischulung mit unvermittelter Kraft weiter nach sowjetischem Vorbild. Auch der XX. Parteitag der KPdSU bewirkte zunächst keine grundlegenden Veränderungen. Hier waren die Macht der Gewohnheit und die über Jahre fest in den Köpfen der Parteiarbeiter der SED verankerte Orientierung an den vom „großen Bruder"

vermittelten Werten stärker als die Kraft des Neuen. Nicht vergessen werden darf dabei die Rolle Ulbrichts, der in dieser Phase die Übertragung neuerer Erkenntnisse aus der Sowjetunion eher behinderte. 730

Die RKP(b) hatte 1922 verstärkte Maßnahmen zur Anhebung des materiellen Wohlstands „aktiver Parteiarbeiter" beschlossen, Vergünstigungen bei der Bereitstellung von Wohnraum, bei der medizinischen Versorgung sowie in Bezug auf Bildungsmöglichkeiten für die Kinder von Funktionären. Darüber hinaus genossen Führungskräfte ab einer gewissen Ebene juristische Immunität, durften nur noch mit Zustimmung der übergeordneten Parteileitung vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden. Vgl.: Gimpel'son, Politiceskaja sistema i NÉP, S. 31.

Fazit

222

Vermutlich auch durch die Erinnerung an eben diesen „Widerstand" war und ist die überwiegende Mehrheit der SED-Funktionäre sowie sicherlich auch breite Kreise der ostdeutschen Bevölkerung aufrichtig überzeugt, die SED habe ihren Entwicklungsweg selbst gewählt und bestimmt, Partei-

ideologen hätten mit der „Macht der Überzeugung" eigenständig gehandelt, die Parteiführung habe sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik weitsichtig und klug entschieden. Ohne dabei die „enge Zusammenarbeit mit den Vertretern der SMAD in jeder Etappe der revolutionären Umwälzung"731 und die Entgegennahme einer Vielzahl von Ratschlägen der Sowjets etwa leugnen zu wollen, sah man dennoch die SED als eigenständige Schöpferin ihrer Politik an.

Diese Schlussfolgerung kann man den Autoren nicht in jedem Falle zur Last legen, und schon gar nicht der Parteibasis der SED. Schließlich waren nur die wenigsten in die wahre Sachlage eingeweiht. Die übergroße Mehrheit der Parteimitglieder, von der Bevölkerung der DDR ganz zu schweigen, konnte lediglich einzelne Momente einer „Einmischung in das innere Leben der DDR" beobachten. Die Tiefe der Abhängigkeit und die weit verzweigten Wege der „Kooperation" blieben ihnen zwangsläufig verborgen. Außerhalb des Blickfeldes der Masse befanden sich in jedem Fall sämtliche Entscheidungsfindungsprozesse in der SED, die z.B. zur Annahme vieler Verordnungen und Beschlüsse der Partei geführt hatten. Es wäre allerdings falsch, der SED generell nur die Rolle einer Marionette zuzusprechen. Insbesondere in der Zeit nach 1949 gab es gewisse Freiräume für eigene Initiativen. Allerdings kann von „eigenen Entscheidungen der SED" bis zu jener Zeit und im Wesentlichen auch danach kaum die Rede sein. Zu sehr versuchten die ehemaligen Kommunisten in der SED-Führung, in fast allen Fragen der KPdSU(b) nachzueifern. Das erforderte, wie gerade im Bereich der Parteischulbildung immer wieder zu beobachten, von den Mitarbeitern der SMAD/SKK zusätzliche Anstrengungen, um auch immer richtig verstanden zu werden. Die meisten von ihnen, von der Moskauer Zentrale ganz zu schweigen, waren sich im Klaren darüber, dass es darauf ankam, die Autorität der SED als „Verbindungsglied zwischen der Besatzungsmacht und der Bevölkerung" ständig weiter zu festigen.732

Ebenso war den meisten (insbesondere in den politische Abteilungen) ihre eigene relative Schwäche bewusst. Eine derart doppeldeutige Lage führte nicht nur zu Konflikten zwischen der SMAD und der SED, sondern auch zu gewissen Missverständnissen zwischen den Praktikern in der SMAD/SKK und den Theoretikern in Moskau. Die in Moskau eintreffenden Berichte über die Ereignisse in der SBZ/DDR interpretierten manchmal in Abhängigkeit vom konkreten Adressaten die beschriebenen Entwicklungsprozesse auf unterschiedliche Weise. Daraufhin sah man sich in Moskau veranlasst, häufiger Vor-Ort-Kontrollen anzuberaumen. Hier muss jedoch deutlich unterstrichen werden, dass die im Rahmen solcher Kontrollen ertönende Kritik in der Regel auf die Praxis der konkreten Umsetzung der Ziele der SMAD/SKK abzielte, nicht jedoch die Richtigkeit der Ziele an sich in Frage stellte. So geschehen sowohl in Bezug auf die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien, auf Wahlen, verschiedene Säuberungsaktionen usw. Die Ziele derweil waren eindeutig: Es ging um die Sicherung der Vorherrschaft der SED, ihre Umwandlung in eine Staatspartei neuen Typus ohne jegliche Opposition und auf der Grund731

732

Benser, Zur Hilfe der KPdSU für die Entwicklung der SED zu einer Partei neuen Typus, S. 15. Siehe auch: Rossmann, Zum Stand und zu einigen Aufgaben der Erforschung und Darstellung der Geschichte

der SED, S. 1381. Foitzik, Zum Verhältnis zwischen SED und

Besatzungsmacht, S.

57.

Fazit

223

läge der bolschewistischen marxistisch-leninistischen Ideologie, es ging um den „ideologischen Angriff auf die Westzonen Deutschlands mittels der SED, um die finanzielle und kaderpolitische Unterstützung der „Waffenbrüder" in der westdeutschen KPD, aber auch diverser Organisationen und Vereinigungen, die sich auf ihre Fahnen geschrieben hatten, in irgendeiner Weise an den Grundfesten der kapitalistischen Gesellschaft zu rütteln. Die DDR hat mit ihrer geografischen Lage an der vordersten ideologischen Front auch in den Folgejahren eine ganz besondere Rolle in der Außenpolitik der Sowjetunion gespielt. Die weitere Entwicklung der Parteischulung in der DDR zeigt ebenso wie die Veränderungen innerhalb der SED generell, dass die sowjetische Seite ihre grundlegenden Ziele in Ostdeutschland ungeachtet aller zwischenzeitlichen Rückschläge erreicht hat.

Abkürzungsverzeichnis

Abt. Antifa AON

APuZG AVP RF

BL BPA BPKK BPO BPS BzG CDU CK CP DA DBD DDR Dez. DSF EO EVG F. FDGB FDJ FES FRG FZ FZS GA RF

Abteilung Antifaschismus, antifaschistisch

Akademija obscestvennych nauk (= Akademie für Gesellschaftswissenschaften) Aus Politik und Zeitgeschichte Archiv vneänej politiki Rossijskoj Federacü (= Archiv für Außenpolitik der Russischen Föderation, Moskau) Bezirksleitung Bezirksparteiarchiv Bezirksparteikontrollkommission Bezirksparteiorganisation Bezirksparteischule Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung Christlich Demokratische Union

Central'nyj komitet (= Zentralkomitee) Central 'noe pravlenie Deutschland Archiv Demokratische Bauernpartei Deutschlands Deutsche Demokratische Republik Dezernat Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft Evropejskij otdel

Europäische Verteidigungsgemeinschaft Fond (= Bestand) Freier Deutscher Gewerkschaftsbund Freie Deutsche Jugend Friedrich Ebert Stiftung

Federativnaja Respublika Germanija Federal'naja zemlja Federal'naja zemlja Saksonija Gosudarstvennyj archiv Rossijskoj Federacü (= Staatsarchiv der Russischen Föderation, Moskau)

GDR GKO GULAG HSAD i.o. IfML

Germanskaja Demokraticeskaja Respublika (= Deutsche Demokratische Republik) Gosudarstvernnyj komitet oborony (= Staatliches Verteidigungskomitee) Glavnoe upravlenie lagerej (= Hauptverwaltung Lager) Hauptstaatsarchiv Dresden Ispolnjajuscij objazannosti (= kommissarischer) Institut für Marxismus-Leninismus

226

Abkürzungsverzeichnis

Kominform KP KPC KPD

KPdSU(b) KPdSU KPG KPS KPSS

Informationsbüro kommunistischer Parteien Kommunistische Partei Kommunisticeskaja Partija Cechoslovakii (= Kommunistische Partei der Tschechoslowakei) Kommunistische Partei Deutschlands Kommunistische Partei der Sowjetunion (bolschewiki) Kommunistische Partei der Sowjetunion Kommunisticeskaja Partija Germanii

Kreisparteischule Kommunisticeskaja Partija Sovetskogo Sojuza (= Kommunistische Partei der Sowjetunion)

KV

Kreisvorstand

LHSA

Landeshauptstaatsarchiv

LDP LL LPS LV MELI MID

Liberal-demokratische Partei

Landesleitung Landesparteischule Landesvorstand

Marx-Engels-Lenin-Institut Ministerstvo inostrannych del North Atlantic Treaty Organization Nationalkomitee Freies Deutschland

NATO NKFD NKSG

Nacional'nyj Komitet „Svobodnaja Germanija" (= Nationalkomitee Freies Deutschland, NKFD) Narodnyj komissariat vnutrennich del

NKVD

(= Volkskommissariat für Inneres, ab 1946 MVD Innenministerium)

NSDAP O.S. OB Okruzkom op. OVD OVP PHS

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ohne Seite

Oberbürgermeister Okraznoj komitet (= Bezirksleitung) opis' (= Teilbestand) Otdel vnutrennich del (= Abteilung Inneres) Otdel vnesnej politiki Parteihochschule

politcast' Poln. sobr. PORP PV PVAP

-

soc.

Rajkom RGANI RGASPI RGW

RKP(b) RSFSR SAP

SAPMO BA

politiceskaja cast' (= Politeinheit) Polnoe sobranie socinenij (= Gesammelte Werke) Pol'skaja ob'edinënaja rabocaja partija

Parteivorstand Polnische Vereinigte Arbeiterpartei Rajonnyj komitet (= Kreisleitung) Rossijskij gosudarstvennyj archiv novejsej istorii (= Russländisches Staatsarchiv für Neueste Geschichte) Rossijskij gosudarstvennyj archiv sovremennoj politiceskoj istorii (= Russländisches Staatsarchiv für politische Zeitgeschichte) Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Russische Kommunistische Partei (bolschewiki)

Rossijskaja Sovetskaja Federativnaja Socialisticeskaja Respublika (= Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik)

Sozialistische Arbeiterpartei Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv

227

Abkürzungsverzeichnis SBZ SED SEP SEPG

SKK(D) SKKG SMA SMAD SMAS SPD SSSR SVA SVAG UdSSR UKS UNO USA USVA UVK VfZ

VKP(b)

Sowjetische Besatzungzone (in Deutschland) Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialistische Einheitspartei Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sowjetische Kontrollkommission (in Deutschland) Sowetskaja kontrol'naja komissija v Germanii Sowjetische Militäradministration Sowjetische Militäradministration in Deutschland Sowjetische Militäradministration in Sachsen Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sojus Sovetskich Socialisticeskich Respublik (= Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken)

Sovetskaja Voennaja Administracija Sovetskaja Voennaja Administracija v Germanii Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Upravlenie komendantskoj sluzby (= Verwaltung Kommandantendienst) United Nations Organization United States of America

Upravlenie Sovetskoj voennoj administracii (= Verwaltung der Sowjetischen Militäradministration) Upravlenie voennogo kommendanta Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Vsesojuznaja Kommunisticeskaja Partija (bol'sevikov), ab

1952 KPdSU

(= All-Unions Kommunistische Partei [der Bolschewiki]) VOID VPK VPS Vr.i.o. VSMA VSMAT Zavotdelom ZfG ZK ZPA ZS ZV

otvetstvennyj ispolnjajuscij delami Vnesnepoliticeskaja Komissija (= Außenpolitische Kommission) Vyssaja partijnaja skola (= Parteihochschule) Vremenno ispolnjajuscij objazannosti (= zeitweise kommissarischer) Verwaltung der SMA Verwaltung der SMA für das Land Thüringen Zavedujuscij otdelom (= Abteilungsleiter) Vremenno

Zeitschrift für Geschichtswissenschaften Zentralkomitee Zentrales Parteiarchiv Zentralsekretariat

Zentralvorstand/-verwaltung

Personenregister

Abramov, Aleksej A. 38 Ackermann, Anton 10, 11,//, 54, 120 Aleksandrov, G.F. 72 Andreev,K.E. (Oberst) 142,144-145

Andropov, Jurij V. 212 Antipov 64 Arnold, Ludwig 120 Artëm'ev (Oberst) 47 Astavin, S.T. 204,204 Attlee, Clement Richard Earl 61 Axen, Hermann 160

Bakulin.I.S. 124,129

Bamberger, Wilhelm

120

Baranov, L.S. 64-65, 69-71, 75-76, 217 Bazarov 8

Bebel, August 11

Beling, Walter

73

Benes, Eduard 10 Berezkov, Valentin 112 Berg, Helene (Lene) 132, 204 Berija, Lavrentij P. 13, 153, 155

Bespalov, Georgij M.

8 Blestkin (Oberstleutnant) 90 Bobkov (Major) 39,41 Bokov, Fëdor E. (Generalleutnant) 11, / /, 20 Borisoglebskij, E. 109,109 Brandt, Edith 204 Brant, Hein 146 Broder (Major) 44, 46-47 Burcev, M.I. 19 Byrnes, James F. 13 Cernjakov, N. 67 Cernjavskij (Oberst) 146

Chruscev, Nikita S. 190-191,200,204-206,206, 208

Churchill, Winston S. 36,61 Cujkov, Vasilij I. (Marschall) 63, 63, 123, 126, 127-129, 139, 152, 166-167,167 Dahlem, Franz 18 Danilov, V.T. (Oberst) 117, 123-124, 124, 125, 126, 126, 129, 130, 132, 132, 164-165, 165, 167-168,179-180

Davydov, S.P. 132 Demidov (Major) 216 Den'gin, S.A. 139 Dimitroff, Georgi 10 Dubrovskij, Dmitrij G. (Generalmajor) 49, 49-50, 113

Dzerzinskij, Feliks 85 Einicke, Ludwig 204 Engels, Friedrich VIII, 55, 75, 85, 129,

180

Fechner, Max 51 Fischer, Kurt 5 Francev, Ju. 217 Gläser, Georg 31 Glinin (Oberstleutnant) 146 Gniffke, Erich 18,48 Goethe, Johann Wolfgang von 87 Gomulka, Wtadyslaw 10 Goroslrin, I.V. 155 Gottwald, Klement 10, 65 Grigor'jan, V.G. 65, 137,137, 152 Gromov, E. 211 Große, Fritz 26,26 Grotewohl, Otto 11,51-52,54-55,59,71, 7/, 75, 76,76-77,79-80, 123,154

Gradystyj, S.

173

Die kursiven Seitenzahlen kennzeichnen das Vorkommen der Personennamen in den auf den jeweiligen Seiten.

Anmerkungen

Personenregister

230 Gus'kov (Oberst) 9 Gutermuth, Rolf 204 Hager, Kurt 123-126, 124-126, 127, 130, 132,

132, 148, 164-165,765,204

Marx, Karl VIII, 1,11, 16, 55, 75, 85, 100, 129, 180

Matern, Hermann 750

McCarthy, Joseph Raymond

204 Herder, Heinz 148 Heuer, Kurt 148 Hof, Walter 148 Hörnig, Johannes (Hannes) 204 Il'icëv, I.I. 144,745 Ivanov, Nikolaj V. 766, 167, 767 Jaroslavskij, E.M. 84 Judin 775 Kabin, I.G. 190 Kamenev, Lev B. (Pseudonym für Rosenfel'd) 83 Kamusenko (Oberstleutnant) 100 Kennan, George F. 13 Kijatkin M.M. (Oberst) 117,119-121,128, 132, 133-136, 140-144,146, 147, 747, 152 Kirsanov, S. P. 65,65 Koleuscenko (Oberstleutnant) 100 Komissarov, I. 137 Kononovic (Major) 127 Konstantinovskij, G. 76, 82 Korbut, Leonid Alekseevic 75 Kostenko (Oberst) 166, 166-167 Kotelenc, A. I. 752 Kovner (Major) 99, 102 Koziolek, Helmut 195 Kozlov (Hauptmann) 50

Mefedov, S. 174,774

Krjukov (Oberst) 120,720

Ovsjannikov (Major)

Kühn, Lotte 148

Pan'sin, S.S. 174,774 Panjuskin, A.S. 79,2/6 Pauker, Anna 66

Heibig, Kurt

Kuz'minov (Oberst) 49-50, 53,57, 98-102, 121, 727 Kuzakov, K.S. 79 Kuznecov, A.A. 72 Labud'ko (Major) 102 Lacis, Otto 85 Lauenroth, Helga 204 Lebedev (Major) 99 Lednëv (Major) 95 Lenin, Vladimir I. VIII, 1, 11, 16, 23, 27, 54-55, 67-68, 75-76, 85, 87, 100,112, 129,145, 159,

172,209

Lyssenko VII Magonov 769 Makarusin, Al'bert A. 92-93, 97, 105-106 Malenkov, Georgij M. 13, 16, 79, 79,117 Marshall, George C. 14 Martem'janov (Oberst) 134

Mehring, Franz

113

11

Meier, Otto 51 Mewis, Karl 161

Mikojan, Anastas I. 13, 186 Mil'stejn (Oberstleutnant) 56 Mine 7/2 Mirosnicenko 755 Miscenko, A. (Oberst) 121, 727, 122,134, 142 Mitronov, N.M. 133,195 Mogioros (Magyarósz), A. 65 Molotov, Vjaceslav M. 13, 75 Mongajt, Kurt M. 44, 46-47, Morozov (Oberstleutnant) 9 Müller (Stadtrat Dresden) 55 Munvez (Major) 95 Nazarov, Prokofij F. 17, 797, 197, 200 Novikov, Nikolaj 13 Novotny, Antonin 206 Oelßner, Fred 51, 87, 129, 132, 132, 148, 167, 767, 171-172, 181 Onikov, Leon 56 Orlov, A.L. 152,154-155,158,161-162, 762,163,

163-164, 166, 766, 168, 765, 170-173, 770, 171-175, 178, 178-180, 181-182, 181-182, 191, 193, 196, 796, 198, 198-199, 200, 203 26

Pervuchin 272

Petrov, A. /65 Pieck, Arthur 141 Pieck, Wilhelm 11,51-52,55, 59, 71, 77,72,79, 79,80, 113, 151,752,153,157 Piehl, Ernst 204 Pietschmann, Albert 204 Ponomarëv, Boris N. 76-77, 84, 207, 208-209, 277,212

Popov, D.M. 137 Pospelov, Pëtr N. 66, 66-67 Prauss, Herbert 205

Priputnikov (Major)

45

Puskin, G.M. 152,207,205-209,2//

Quandt, Bernhard 182 Rajkin (Hauptmann) 100-101

231

Personenregister Rakocsi 64 Reinhold, Otto 204 Reznicenko, N.G. 67 Rodionov, Nikolaj S. 26, 40, 40-42, 94-95, 96, 96, 97, 97 Rubens, F. 161,162 Russkich, Aleksandr G. 84, 108 Satilov, S. 117 Schirdewan, Karl 149, 171, 195,195, 200, 206 Schneidewind, Kurt 161, ¡62, 165, 167 Schön, Otto 160,163 Schötzan, Richard 148 Schumacher, Kurt 71,94

Schuman, Robert 113 Semënov, Vladimir S. 51-52, 51-52, 69, 69, 77, 77, 78, 78,79,81,108,113,117,124,128-129, 135, 136, 138-140, 138-141, 146, 147, 147, 161-162, 163, 163-164, 166-167, 168, 171, 171, 172, 175-176, 181, 182, 220 Sencov 102 Serov 182 Setjukov 141-143 Sikin, I. 11,76,82,218 Siskov, Georgij S. 99, 134 Slanski, Rudol'f 65 Smirnov, A.A. 109 Sokolovskij, Vasilij D. (Marschall) 74, 79, 81, 87 Sorokin, I. 175 Stalin, Iosif V. VIII, 1, 3, 10-11, 13, 15-16, 23,

48,51-52,55-56,65,67-68, 70, 71, 7/, 75-77, 77, 79-80, 80-82, 83-85, 87, 100, 112, 112, 129,136,138,145,147,149-151,151,153,157, 158, 160, 164, 166-167, 172, 179-180, 187, 193-194, 199, 204-209, 211, 217

Stepanov (Major, Leipzig) StepanovV.S. 169

47

Stölzel, Hilde 204 Sudakov, A. 119

Sulickij, N.P.

68

Suslov, Michail A. 12,12, 26, 52, 55, 55, 56-57, 57, 62, 71, 72, 74, 74, 76-77, 76-77, 79, 79, 81-82, 82, 112-113, 117, 133, 137, 137, 151, 154-155, 170, 170, 190, 195, 205, 217, 218, 218

Thälmann, Ernst 180, 180 Timofeev, Ju.I. 205-207

Tjul'panov, Sergej I. 3, 8, 11, 17-18, 19, 22, 23, 24-25,26,40,40-43,45,45, 47,48,48, 51-52, 51-52, 54, 55,55, 56-57,57, 69,69-70, 71,71, 72-73, 73-74, 75-77, 75-78, 81,81,87, 89, 90, 90, 91, 92-94, 95, 95-96, 97, 97,104-108, 117, //7, 215, 217-218, 217-218 Trockij, Lev D. (Pseudonym für Bronstejn) 83, 85

Truman, Harry S. 13,53 Ulbricht, Walter 17, 51-52, 74-76, 76, 77, 77, 78-79, 79, 137-138, 138, 149, 153-155, 157, 172, 187, 190, 199-200, 199-200, 204-205, 205, 206-207, 209, 210, 211, 211, 218, 221 Urazov, S.I. 128, 142, 144, 173-174 Usov, P.A. (Generalmajor) 138-139 Ustenko, P. (Oberstleutnant) 103 Vachrov, I. 172,772 Vaks, Anatolij B. 9, 219, 219 Vatnik, Abram P. 43, 47^48, 54

Vdovin.G 762 Vercholancev (Oberstleutnant) 121, 121, 144

Voznesenskij, Nikolaj A.

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Albanien, Delegation in Moskau 188 Alliierter Kontrollrat 62, 81

Annaberg, Kreisparteischule 104 Ballenstedt, Kreisparteischule 39 baltische Republiken, Sowjetisierung

Bundesrepublik Deutschland 62-63,150,158,185, 186-187 CDU 25, 34-36,43, 60, 109, 117 China 114,188

Cottbus, Bezirks-/Betriebsparteischule 172-173

12

Bautzen, Militärkommandant 100

DBD 94

Berlin Abenduniversität 127

Dessau, SMA/Kreisparteischule 9, 39 Deutschlandfrage 62-63,113-114,150,153,185-186

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Außenminister-Tagung (1954)

186 Blockade 62,80 Europäische Arbeiterkonferenz 114 Gewerkschafts-/Betriebsratswahlen 71, 74 Karlshorst, Gebäuderückgabe 187 Magistratswahlen 19, 22 Parteischulwesen 118-119,121,127,140 SED 139, 206, 216, 221 Arbeitsplätze in Mecklenburg 176 Planstellen-Streichungen 176 Reorganisation der Parteiorgane 170 -

-

SKK, Berichte/Empfehlungen/Kontrollen 117-119, 127-128, 130, 160, 175, 198 SMAD, Berichte/Vorgaben/Politik 40,51,104 -

-

-

-

-

Telegramm Ulbricht/Grotewohl 154 Weltfestspiele der Jugend u. Studenten

-

39

amerikanische, Wahlen 18

Remilitarisierung 113 „ideologischer Angriff auf die 223 Blockbildung Ost-West 13-14, 16,61-64,66,80, -

-

-

111-113, 150-151, 158, 185,221

Brandenburg, Parteischulen 121,144 Bulgarien 14, 188,217 *

Emigranten/Remigranten 21, 25, 34, 47, 52, 131, 141, 158 Erfurt, Partei-/Parteischulpersonal 170, 172 FDJ 117, 119,204,220 FDGB 204

Finnland, Sejm-Wahlen 14 Flöha, Kreisparteischule 98 Frankfurt (Oder), SED-Personal/BPS 170, 174 Frankreich 14, 114, 185, 190 Großbritannien 111,114,185,190

Attlee-Rede/Churchill-Äußerungen

61

Halle, SMA-Vertreter/Rote Armee 9, 40 -

Heiligenstadt, SMA-Bericht/Empfehlungen 114

Westberlin, Durchfahrtsverbot 158

Bernburg, Kreisparteischule Besatzungszonen, westliche

Deutsche Demokratische Republik s. SBZ/DDR Dippoldiswalde, Parteischüler-Wohnheime 100

35-38

Helsinki, Weltfriedensrat 114

Hoyerswerda, Kreisparteischule 98 Imperialisten/Imperialismus 81, 114, 177,

185

Italien, KP 14, 133 Jugoslawien 62, 64, 66, 72, 74-76, 77, 106, 208 Kalbe, Kreisparteischule 39 Kalter Krieg 13, 55, 111, 150, 153 Karlshorst 10, 22, 24, 31, 38, 42, 54, 63, 71, 73, 85-86, 89, 93-94, 99, 101, 121, 143, 187 Karlsruhe, Prozess KPD-Verbot 188

Kennan-Telegramm

13

Die kursiven Seitenzahlen kennzeichnen das Vorkommen der Stichwörter in den Anmerkungen auf den

jeweiligen Seiten.

Sach- und Ortsregister

248 Kominform 14-16, 55, 61-62, 64, 66, 75-76, 77,

79,81,157

17. Juni 1953, Reaktionen auf 155, 177,185 -

Kopenhagen, Weltfriedensrat Köthen, Kreisparteischule 39

-

114 -

KPD 36,86, 179 Aufruf des ZK 7

-

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-

Immobilienübereignung Mitgliedschaft, Folgen 138,169 Organisation/Kaderabteilungen 17 Parteischulungssystem 17,21,33,46 Vereinigung KPD/SPD 18-19,217-218 an

westdeutsche KPD

die SED 29-31

188,223

KPdSU(b)/KPdSU/Moskau/UdSSR Abteilung Außenpolitik, ZK 12,14,62,72,75 Abteilung Beziehungen zu ausländischen -

-

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-

kommunistischen Parteien, ZK 190,203 Abteilung Kommunistische und Arbeiterparteien sozialistischer Länder, ZK 212 Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK 15,65,195,211,216-217 Außenministerium 65,113,152,154,168,193, 203, 220 Außenpolitische Kommission 81,109,113,137 Deutschland, zwei Staaten 82, 191 Europa, Sorge um die Entwicklung 14 Geschichte, Neuschreibung 83-84, 756 Hoher Kommissar der UdSSR in Deutschland 156, 177, 177, 181-182, 186-187, 191, 193

Informationsnetz/-wege 125,129,166-167, -

-

-

-

-

196-198, 203, 206-208, 212, 216

Internationaler Weltkongress der Friedenskräfte 114 Kaderpolitik 152, 160, 193 Kommission für außenpolitische Angelegenheiten des Politbüros 13 Kriegsgefangene, deutsche Reservoir für SBZ-Kader 141 taktische Entlassungen zur SBZ-Wahl 19 Literaturlieferungen an die SBZ/DDR 137 Parteihochschule beim ZK 15,65-66,68, -

-

-

-

133, 137,176,195,795,211,216 Hörer, Zusammensetzung 132-133,795 Parteiname/Statut 153, 157, 174, 177, 187 Parteischulwesen 15-16,66,112,726,165, 195, 204 Parteitag, XTX 153,157-158,166,174,177,187 -

-

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-

-

Parteitag, XX. 160,203-208,205,209,221 Politbüro des ZK 79, 111, 150 Rat der Volkskommissare 7 RGW 195

Spielraum für Tjul'panov 72,76-77,77,81, 57, 217,277

Weltfriedensrat 114 westliche Alliierte/Länder, Beziehungen zu

13-14,81,87,153-154,186

Außenministerkonferenz 185 Friedenspakt, Kampagne für 114 Isolierung durch die Westmächte 80 „Notenkrieg" 150-151, 158, 755 Pariser Verträge, Kampf gegen 188 Spannungen 61-63, 111-112, 150-151 wirtschaftlicher Wettstreit 183 12. Verwaltung des Innenministeriums der UdSSR, Gründung 111 Kriegsgerüchte/-gefahr 35-36, 36, 114 Labour Party 10 LDP 25,34,43,60, 109, 117 Leninbund 138 Leningrad 84 Leipzig, Parteischulung/Kaderqualität 22-23, 170 Litauen, Sowjetisierung 56 London, Außenministerkonferenzen 57, 62, 71 Magdeburg 9-10,40-41, 174 Mecklenburg^ Vorpommern) 176 Kreisleitungen, Abwahl 162 Landesdelegiertenkonferenz 161 Parteischulung 22, 104, 106, 146 -

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-

SED-Funktionäre, Ablösung 139,146 Merseburg, SMA/Parteischulen 9, 40-41 Moskau (s. auch KPdSU(b)/KPdSU/Moskau) -

-

Außenministerkonferenz 13 Beisetzungsfeierlichkeiten für Stalin 153 Kommunistische Hochschule 120 Leninschule 164 Militärakademie 118 NATO 61,114, 190 „Neues Deutschland" 80, 204, 207, 209 Neukrantz, Landesparteischule 140 -

-

-

-

-

Nisky, Kreisparteischule

98 NSDAP 138 Österreich, Wahlen ( 1945) 18 Osteuropa 149, 157, 210, 212

ideologische Umwälzung/Sowjetisierung -

-

-

-

-

-

61-62,64-65,72-73

Isolierung/Kontrolle durch Moskau 14 Parteiensteuerung 62,64-67,72, 75, 80-82 Parteischulwesen 64-68 Säuberungen 64

Stalin-Idol, Sturz/Wirkungen 205, 208

249

Sach- und Ortsregister

Landesparteischulen 4,22-23,33,40-41,90,

Paris, Konferenzen/Verträge 81

Europäische Umweltkonferenz -

-

-

14

Pariser Friedenskonferenz 13 Verträge 185, 188, 190 Vorkonferenz der stell v. Außenminister 114

-

Lehrinhalte /-plane/ -material / -methoden -

-

Parteischulwesen/ Parteischulen der SED -

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Abendkurse/Tehrgänge 37,69,95,181 Abendparteischulen 129

-

wendung/Zahlen 21, 49, 75, 83, 86-87, 91,

„Ökonomische Probleme des Sozialismus

-

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Gleichstellung mit Hochschullehrern 193 Sozialdemokraten 26,38,41^42,47,133-134 Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut beim PV / -

-

-

Institut für Gesellschaftswissenschaften 4,

-

-

147, 176,209-210

Intelligenz, Einbindung 130, 198 KPdSU, Steuerung/Kontrolle 52-53, 63, 76, 84-85,124,127-128,130,137,142,198,210,

Aspirantur 123, 126, 129, -

Kreisparteischulen 4,21-23,29-33,35,38, 39-41, 44, 47^19, 57-58, 85, 90-102, 104, 105-106, 118, 120-123,126-127, 129, 131, 142-144, 159, 164, 176-177,177, 178, 181

131 Kaderschmiede 5, 8, 105, 194

Parteilehrjahr 23,39,108,129,131,136,138, -

-

-

-

-

-

-

-

210, 213 -

ZV der SED 85, 130 Parteihochschule 4, 17, 23, 124, 128, 134, 145, 147, 159, 164-165, 169, 171, 175-179,

204,209-210

-

-

95-96, 133-134, 143, 145, 165, 174, 178, 179, 197-198, 221 Auswahl/Kontrolle 33-34,40-42,49,93, 103, 122, 133-134, 142,146,148,178-179 Gehalt 165, 177

-

179

Lohnfortzahlung/Finanzierung 47,92,173

Ausbildung/Niveau 22-23,37-38,41,91,

-

Hörer

Anzahl/Zusammensetzung 38,49,90-92, 98,119,122,134, 143,159,160,171-173, 176-178, 196,196, 198 Auswahl/Kontrolle 33,37,41,43-44,49, 50,53,57,91-93,95,98,100-102,119-120, 128,134-136,140,143-144,159,172-173,

in der UdSSR" 160, 166-167, 194, 204 Politische Ökonomie 66,194-195,198 Lehrkräfte Antifa-Absolventen 85, 119 Anzahl 37, 142, 144-145, 172, 197 -

128-129, 134, 136

-

-

-

Abenduniversitäten des Marxismus-Leninismus beim ZV der SED 127,129 Absolventen von Parteischulen, Karriere/Ver-

Entwicklung nach dem III. Parteitag 131 Gebäudebeschaffung 29-32,40,95,100,126,

33,37,40-42,48,50,76,90-94,96-97,101, 104, 106, 119, 134, 136, 140, 143, 145, 148, 158-161, 165, 174-175, 178, 220-221 Einheitlichkeit 21,23,26,58,221 „Geschichte der KPdSU (b) Kurzer Lehrgang" 53, 65-67, 67, 83-85, 92-93, 107, 120,122,194,199,204,210 Marxismus-Leninismus 58,64,179,182, 195,204,210-211 -

Abenduniversität, Berlin 127

92,96,98-100,102,105-106,108,118-122, 126-127, 143, 164, 171,220 Angleichung an das sowjetische System 63, 123, 126, 145, 194-195, 213, 215 Angleichung innerhalb der SBZ 103,121 Ausbildungsdauer 22,40-41,48,76,85,92, 94,96-100,105-106,118,122-124,126-129, 131, 134, 159, 165, 169, 177-179, 221 Beschlüsse 81,20,20,21,23,23,26,29,41, 46,49,51,53,57-58,76, 76, 82-83,85,104, 129-131,132, 134-137, 145-146, 158, 162, 168, 171, 181, 194, 198,200-201 Betriebsparteischulen 46,92,95,104,164,178 Bezirksparteischulen 4,95,171-172,174-178 Bibliotheken 134-135, 143, 172, 179

91-93, 95,104-106,120-121,123, 126-129, 131, 133-134, 140, 142-143, 145, 159, 164

-

-

-

142, 144-147, 147, 148, 156, 161-162, 166, 178, 181-182, 195, 198,200 Parteischulkader 26, 33, 49, 65, 145 Parteischulungsabende 94-95,99,106 Politische Bildungsabende 18,20,27,58,104 Provinzparteischulen 41,85,95 Prüfungen/Zeugnisse 100,120-122,128,179 Reorganisation 27,76,124-126,726,127, 128, 128, 129-131,132, 133, 137, 162, 171, 173-174, 174, 199-201, 204, 220 Schulen in der Produktion 118,120-121 Schulungsunwilligkeit 24,95,104,108,140, 142-144, 181-183, 197 Selbststudium 43,84,91,93,122,127,129, 134, 169, 174-176, 179, 182

Sach- und Ortsregister

250

-

SKK-Kontrolle/-Kritik/-AnWeisungen 117-130, 133-136, 139-146,148,159-160,

-

164-166, 171-181, 196-197, 199

-

SMAD-Kontrolle/-Kritik/-Anweisungen -

-

-

21-23, 26-27, 33-34, 36-39,40-41,43^14, 47,51,57,63,73,89-109 Sonderlehrgänge für Funktionäre 171,175, 176, 182 Stalinisierung/Stalinkult 85, 145 UdSSR-Lehrmaterial, Bitte um 66,137

zentrale Parteischulen für Fachkräfte 177 Zirkel 15,23,26,84,104,106,120,127-129, 136, 138, 140, 142-143, 168, 178, 181, 198 Pieck-Notizen/Notizbuch 113, 151, 752 Polen 55, 79, 79, 188, 211-212, 217 Potsdam 9, 173 Quedlinburg, Kreisparteischule 39 RKP(b) 221 Rosslau, Kreisparteischule 39 Rote Armee 8-10,15,29,31,73,111,777,220 Rumänien 67,68, 188,217 Sachsen Betriebsgruppen, SMA-Forderung 45—46 Bodenreform, Ausgangspunkt 42 Fraktionstätigkeit der SED, SMA-Vorwurf 45 Parteikontrollkommissionen 86 Parteischulwesen 21, 23, 44, 47 Absolventen 99-100, 106, 120 Hörer, Kontrolle/Auswahl 43^14, 101 Kreisparteischulen, Auslastung 105-106 Lehrinhalte, Einheitlichkeit 46,50,101 Lehrkräfte, politische Zuverlässigkeit 26 -

-

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-

Schulungspflicht, SMA-Forderung 95 SED-Mitglieder/Bauernproblem 40,94 SMA, Bezirks-/Politabteilungen 9 SMA-Personal, Doppelbesetzungen 9-10

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SBZ/DDR Aufbau des Sozialismus 149-151,153-155, -

-

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-

157-160, 165, 187-188, 191,205

Besatzungszone, Ende 109 Blockparteien, Politik gegenüber 25,43,109

DDR-Gründung/Anerkennung 63,82,105, 107-108,131,185-186,216

DDR-Souveränität/Eigenständigkeit 4,115, -

186-187, 190-191, 797, 193, 203, 210

„Eigenmächtigkeit" Ulbrichts 149,154-155, -

207,209,211

Entstalinisierung, zögernde 187,205-211 -

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Gebietsreform 170, 172 Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion 53 ideologische Erziehung 34—35 ideologischer Kampf, zentraler Schauplatz 15 Kader für SBZ-Selbstverwaltungsorgane 9 Kader für den demokratischen Aufbau 21 Marxismus-Leninismus Pflichtfach an Hochschulen 115,135,147

-

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-

Schulgründungen/Zahlen 43,48,104,120 Schulgebäude, passende 100 Schulungspflicht 49,98 SMA-Propagandaverwaltung, Kontrolle 46 SED-Bezirksleitungen, Auflösung 45 SED-Parteifunktionäre, Entlassungen 49 sequestrierte Betriebe, Referendum 42 SKK, positiver Bericht über die SED 144 SMA, Gängelung der SED 43, 97-103 SMA-Politabteilungen, Gründung 8-9 SPD, gegen Zwangs Vereinigung 42^13, 49

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Sachsen-Anhalt

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Parteischulwesen Absolventen, Einsatz/Zahlen Gebäudebeschaffung 40, 95

-

17. Juni 1953 154-155, 168, 177, 179-181,

185,221

Sowjetisierung 12, 56, 72, 152, 168, 195 „Selbstsowjetisierung" 133,216 Übernahme sowjetischer Terminologie 86 Umstrukturierung Partei/Staat/Länder 151-152 Verbot westlicher Druckerzeugnisse 53 Wahlen

18-19,75-79,20,22,25,218

Folgen für die Parteischulung 20-22, 27

-

Gewerkschafts- und Betriebsräte 71 Kommunalwahlen 35 Landtags wählen 71 Wirtschaft, fehlende Qualifikation 159,170 -

-

96,121

-

-

-

73, 75, 82, 85, 101, 113, 147, 186, 212

Ostblock-Zugehörigkeit 64,66,111-113,221 Parallelentwicklungen im Ostblock 67-68,80 Parteistaat nach sowjetischem Modell 82 Säuberungen 58,64,85-86,138-139,158,222 Selbstauflösung der Landtage (1952) 152

-

-

Festigung der SED 39,41 Kreisparteikonferenzen 45 Land- u. Kreistagswahlen 39

Verbreitung 11,15,23,54-55,66,70-71,

-

-

-

Hörer, Zusammensetzung 41 KPS, Kritik/Kontrolle der SMA 96-97 Lehrinhalte 41-42, 96, 97 Lehrer, Kontrolle/Bildung 40-42,95-96 Parteischulgründungen 39,41

-

-

251

Sach- und Ortsregister

„Schumacher-Clique" /-Anhänger 71, 94 -

Schuman-Plan 113

Schwerin, Parteischulung 172,182

Sowjetische Kontrollkommission (SKK) Anleitung aus Moskau 117,160 Abteilung für gesamtdeutsche Fragen -

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152

Aufbau des Sozialismus 160-161,163 Aufhebung aller Befehle/Verfügungen 187 Berichte/Vorschläge/Rechenschaft an Moskau 128, 135, 138, 159, 168, 170, 200 III. SED-Parteitag, Vorbereitung/Kontrolle der Beschlussausführang 133,135

Gründung 63, 117,7/7 Handlungsfreiheit, eingeschränkte 146 ideologische Aufrüstung, Mängelbericht 167 Informationsabteilungen, Neugliederung 117 Kaderfragen 141, 152, 160, 169-170, 189 Kadergeneration, neue 118 Kontrolle trotz DDR-Souveränität 189,191 Missverständnisse SKK/Moskau 222 XIX. Parteitag der KPdSU, Umsetzung der Beschlüsse 167 Nomenklatura 117, 144, 163, 172 offizielle Einstellung der Tätigkeit 193

Personalmangel 122 Perspektivplan für SED-Funktionäre Politikwechsel gegenüber der DDR 160

-

-

-

-

-

178

161,166-168.177

146-147, 158

-

-

-

-

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-

Personalpolitik 9-10,220 Politische Abteilung/Politabteilungen Politischer Berater

8

25,51-52,69,69,77, 78,

217,220

Propagandaabteilung zur Arbeit mit der deutschen Bevölkerung 10

Propaganda-/Informationsverwaltung 8,8-9, -

10, 24, 40, 45, 51, 56-58, 72, 74, 76-77, 80

-

-

Arbeitspläne 108-109 SED-Lenkung 54,71,73,75,89,94-95, 95, 99, 103, 109

Propaganda-/Informationsabteilungen in den -

-

-

24,33,38,45,49-50,71,74,86,89, 95,97,99, 101-102, 104-105 Ländern

Referat für Parteigeschichte 33-34 SED-Schulungswesen, Einfluss 57-58, 76

90-96,99-101 SED-Zusammenarbeit, Formen 12-15,18 Umstrukturierung 8, 10

Verabschiedung aus der DDR 117 Wechselbeziehungen SMAD-SED 25, 79 II. SED-Parteitag, Mitarbeit 55, 55, 57, 69 Sowjetische Besatzungszone s. SBZ/DDR Sowjetunion s. KPdSU(b)/KPdSU/Moskau/UdSSR -

-

-

133-134,136-137,139-146,148, 159-162, 164-165,171-182,193,196-197,199,215-216 Moskau 155 SMAD-SKK-Übergang 63, 117, 119 Sowjetisierung der DDR, Uneinigkeit 168 Umstrukturierung 152, 154, 172 Vorbereitung SED-Moskau-Delegation 151 Vor-/Nachbereitung II. SED-Parteikonferenz aus

149, 162, 164

-

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Gerüchte über Wiederzulassung 24,48^49 Immobilienübereignung an die SED 29-31 Ostbüro, Informanten 17,20,55,59,87,149 Säuberungsaktionen 138-139 Vereinigung SPD/KPD 18,18, 19, 217-218 Sozialismus, nationale/besondere Wege 14, 14, 62, 72-73, 125,157, 187, 193, 205, 205, 206 -

-

-

-

-

123, 138

Wirtschaftslage der DDR, Sorge um 171 zivile KPdSU-Experten in der SKK 127 Sowjetische Militäradministration (SMAD) Anweisungen/Kontrolle durch Moskau 18, -

-

-

-

-

Reorganisation SBZ/DDR/SED 131,141-142 Säuberung in DDR-Institutionen 138-139,

Wechselbeziehungen SKK/DDR/SED 109, -

-

Politischer Berater 117,135,138-139,144,

17. Juni 1953, Hilfe

-

-

KPdSU-Erfahrungen, Weitergabe 24,130

SED-Schulungswesen, Einfluss auf 118-131, -

-

Befehl Nr. 074, Gründung von Propagandaabteilungen 9 Befehl Nr. 2, Erlaubnis zur Neugründung politischer Parteien/Organisationen 7 Berichte an Moskau 9, 75, 77, 89, 108, 217 Generationswechsel 35, 100 Gründung 7 Kaschierang der SBZ/DDR-Kontrolle 24 Kommandanturen 9-10 KPdSU-Erfahrungen, Weitergabe 24, 33 Militärrat 7, 7, 8, 11-12, 20, 25, 52 Nomenklatura 25, 34, 94, 104

19,24,27,56,87, 125

„Benes-Formel" 10 -

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Stalin-Äußerungen

10

Arbeiterpartei (SAP) 138 Einheitspartei Deutschlands (SED) Abteilung Leitende Organe von Parteischulen

Sozialistische Sozialistische -

beim ZK der SED 200

252

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Sach- und Ortsregister

Angleichung an die KPdSU 45, 52, 63, 80, 83, 105, 123, 187, 190, 194, 215, 222 Delegationen in Ostblockländer 78-79, 79 Delegationen/Kommissionen nach Moskau/

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in die UdSSR 26,48,51-52, 71,

79-80, 123, 124, 726,130,132,150-151,154, 186,189, 759, 196,198-200,212,221 demokratischer Zentralismus 45,53,70,103, 130, 135, 152, 163 Entscheidungszentrum, PV/ZK 70, 70

Immobilienaneignung 29-31 Intelligenz, Einbeziehung der 180 Kader-/Personalabteilungen 86,119-120 Kaderbildung 33, 37, 65, 86-87, 123, 126, 131-132, 141, 152, 189, 193, 201, 219-220 Leninismus, ideologische Basis 11,77,12 Mitgliederzahlen 40, 89, 90, 94, 147, 183 Mitgliedsbücher 89, 139, 147, 747 „Neuer Kurs" (1953) 154,182 Paritätsprinzip 54, 71, 73, 82, 108, 133 Partei neuen Typus

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Unzufriedenheit mit der SMAD 69-70 Verbindung Besatzung-Bevölkerung 222 Zeitschrift „Die Einheit" 10 Stalin-Kult-Ende, Wirkung 203-210, 221 Stuttgart, Byrnes-Rede (1946) 13 -

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Thüringen

4,45,52,52,54,56,58,

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19,49,66,100,105,120,124,

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136-137, 160, 177

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Auswechseln/Ergänzung 96,108,141,162 -

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Inkompetenz 169-170,

770 Parteikabinette 68, 140, 740 Parteikonferenzen I. 75, 80, 80, 81-83, 85, 104, 107-108 E. 115,149,150,154,158,160-162,164,177 ohne offizielle KPdSU-Delegation 157 III. 195,207,209

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Parteitage

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II. 16,49,54-57,69,88,92 III. 124-125, 130-131, 133, 135, 138 IV. 155, 755, 186-187, 194, 196 Parteiwählen 54, 109, 162 Plenen 11,51-52,74-78,80,92,96,104,

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108-109, 147, 166-167, 179, 187, 194, 196, 209-210, 220 Politbüro 80, 82, 123-124, 138, 145, 154,

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163, 165, 171, 181, 189, 193, 199-200, 205, 211,221

Privilegiensystem 221 Propagandaabteilung des ZK, Unter-/Fehlbesetzung, mangelnde Ausbildung 168-169 Regierung Säuberungen 20,36,48,75-76,80,89,103, für Gesamtdeutschland, Plan 18

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138-139, 146-147, 158,221-222

90

SED-Propagandistenkonferenz 161

Tschechoslowakei 14, 188, 206, 217 UdSSR (s. auch KPdSU(b)/KPdSU/Moskau) Antifa-Schulen 61,85,119,131-132,141, 164, 169, 178, 196

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Lehrkräfte, Ausbildung/Kontrolle 91 LPS, geringe SMA-Kritik 95 SMA/SKK-Qualitätsforderung 94,121-122

SED-Mitgliederzahlen/Bauernproblem

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Parteischulwesen Absolventenzahlen 92, 92, 106 Anzahl der Schulen 90,92, 121-122 Lehrinhalte 90-93, 122 -

136, 144, 757, 208, 220, 222

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11-12, 45, 70, 94, 107, 107, 109, 117, 135, 154-155,163-164, 210, 218, 220, 222 UdSSR, Studium in 132-133,757,195-196 Absolventen, KPdSU-Fürsorge 196 UdSSR-Wirtschaftshilfe, Bitte um 153 Umstrukturierung 37, 152, 170 -

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59,62,64,69-87,100,104-107,122,131,133, Parteikader

Selbständigkeit, Vortäuschung 750,157,757 Sozialdemokraten 42,47,70,133,167,208, Verdrängung 36,54,62,95 Vorwurf der Fraktionsbildung 45 Staatspartei 63 Stalinisierung 16 Steuerung/Bevormundung durch Moskau

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Behördenstruktur, Umgestaltung 193 Botschaft in der DDR 187,196-197,203-210 30. Jahrestag der Oktoberrevolution 57 Eigentumsverhältnisse 30 Institut Nr. 99 (Leitung: Pieck) 141 Kosmopolitismus, Kampf gegen 67,112,772, 740, 219 Personalbögen 111

Säuberungen/Repressalien 85,111-112 Spionagemanie 111

Ungarn 14, 18, 56, 67-68, 188, 211-212 -

UNO 114 USA 111-114, 151, 185 antikommunistische Kampagne 112-113 Marshall-Plan 14 McCarthyismus 113 Truman-Rede 13 VKP(b) 13 -

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Sach- und Ortsregister Warschau, Außenministertreffen (1948) 62 Warschauer Pakt, Gründung 190

Washington 13-14 Westmächte 7, 14, 53, 61, 80, 150-151, 154, 185 westliches Staatenbündnis, Gründung 61 Integration Westdeutschlands 114 Wettin, Landesparteischule 95 Wismut, SED-Reorganisation 170 Zerbst, Kreisparteischule 39 Zürich, Konferenz der Großmächte (1955) 191 Zwei-Lager-Theorie VII, 14 -

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