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German Pages 277 Year 2014
EDITION ANTIKE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose
CORNELIUS TACITUS
HISTORIEN Band I
Lateinisch und deutsch
Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Alfons Städele
Verantwortlicher Bandherausgeber: Martin Hose
Die EDITION ANTIKE wird gefördert durch den Wilhelm-Weischedel-Fonds der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Wissenschaftliche Redaktion und Schriftleitung: Federica Casolari-Sonders (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-18150-6 Gesamtnummer Band I–II
ISBN 978-3-534-25752-2 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-73505-1 eBook (epub): 978-3-534-73506-8
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
Cornelius Tacitus, Historien (zweisprachig) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
– Buch 1
....................................................
2
– Buch 2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Anmerkungen zu Buch 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Anmerkungen zu Buch 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Anhang (zu Band I und Band II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Politische und gesellschaftliche Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das römische Militär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die römischen Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229 231 233 235 239 244 247
Index der Eigennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Einleitung Tacitus – Leben und Werk Von Leben und Werk des Cornelius Tacitus wissen wir nur wenig. Er selbst äußert sich kaum zu seiner Person und literarischen Tätigkeit; auch bei anderen Autoren, etwa in den Briefen seines Freundes Plinius des Jüngeren, lassen sich nur spärliche Hinweise finden. An sicheren Lebensdaten gewinnen wir deshalb lediglich: Im Jahre 77 n. Chr. verlobte er sich mit der Tochter des Konsuls Gnaeus Iulius Agricola und heiratete sie kurz darauf; 88 war er Prätor und als Quindecimvir Angehöriger einer der bedeutendsten römischen Priesterschaften, 97 Suffektkonsul. In diesem Jahr wurde ihm auch die Ehre zuteil, im Senat den Nachruf auf den hoch angesehenen Konsular L. Verginius Rufus halten zu dürfen. 93 konnte er nicht an der Beisetzung seines Schwiegervaters in Rom teilnehmen, weil er zu dieser Zeit wahrscheinlich als Proprätor in einer Provinz tätig war. Im Jahre 100 übertrug der Senat ihm und Plinius die Anklage im Prozess gegen einen ehemaligen Statthalter wegen Erpressung der Bewohner der Provinz Africa. Nicht einmal sein vollständiger Name ist uns bekannt; ob Tacitus, wie überliefert ist, mit Praenomen Gaius oder Publius hieß, lässt sich nicht mehr ermitteln. Geboren dürfte er um 55 sein, vielleicht in Gallien. Seinem Hauptwerk Annalen glaubt man Hinweise darauf entnehmen zu können, dass er die ersten Regierungsjahre Kaiser Hadrians (117–138) noch erlebte. Offensichtlich ermöglichten ihm seine Eltern eine sehr gute Ausbildung und legten damit den Grund dafür, dass er später selbst als Redner und Anwalt weit über Rom hinaus bekannt wurde. Die Ämterlaufbahn, die er anscheinend im üblichen zeitlichen Rahmen durchlief, konnte er wahrscheinlich in den Jahren 112/113 mit dem Höhepunkt einer senatorischen Karriere krönen, dem Prokonsulat über die bedeutende Provinz Asia, den Westteil der heutigen Türkei. Dass wir uns mit ihm beschäftigen, ist aber nicht dieser im kaiserzeitlichen Rom keineswegs ungewöhnlichen Laufbahn, sondern seiner reichen literarischen Tätigkeit zu verdanken, deren Erzeugnisse leider nur bruchstückhaft auf uns gekommen sind. Den Beginn machte im Jahre 98 die Biographie seines Schwiegervaters De vita Iulii Agricolae. Es folgte die einzige
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erhalten gebliebene ethnographische Monographie der römischen Literatur De origine et situ Germanorum, meist kurz als Germania bezeichnet. Zugeschrieben wird ihm auch der Dialogus de oratoribus, eine weitere kleine Schrift, die sich mit einem in der frühen Kaiserzeit öfter behandelten Thema auseinandersetzt, dem Verlust der Freiheit unter dem Prinzipat, aufgezeigt am Schwinden der Beredsamkeit. Um 109 dürfte sein erstes großes Geschichtswerk Historien abgeschlossen gewesen sein. An den Annalen, der Geschichte des julisch-claudischen Kaiserhauses vom Tod des Augustus 14 n. Chr. bis zum Selbstmord Neros am 9. Juni 68 (oder bis zum Ende des Jahres 68), scheint er bis zu seinem Tod um 120 gearbeitet zu haben.
Die Historien Tacitus’ Historien umfassten den Zeitraum vom Vierkaiserjahr 69 bis zum Ende der flavischen Dynastie im Jahre 96. Von den 12 oder 14 Büchern sind aber nur die ersten vier und etwa ein Drittel des fünften mit der Geschichte des Jahres 69 und des Anfangs von 70 auf uns gekommen; der Großteil des Werks ist also verloren. Der Autor beginnt seine Darstellung mit den namengebenden Konsuln des Jahres 69 und reiht sich damit in die annalistische Tradition der römischen Geschichtsschreibung ein. Die Gliederung nach Jahren spielt jedoch – das können wir trotz des fragmentarischen Zustandes des Werks erkennen – im weiteren Verlauf so viel wie keine Rolle mehr. Die Botschaft an die Leser aber ist klar: Tacitus knüpft an die seiner Meinung nach dem Freimut und der „Wahrheit“ verpflichtete Geschichtsschreibung der Republik an und setzt sich damit von seinen kaiserzeitlichen Vorgängern und Konkurrenten ab, die sich wegen der überragenden Machtfülle des Mannes an der Spitze nur mehr von zwei Motiven bestimmen ließen, von unterwürfiger Liebedienerei oder Hass. Er dagegen wird „objektiv“ schreiben – in den Annalen hat er dies in der klassisch gewordenen Formulierung sine ira et studio, „ohne Erbitterung und Parteilichkeit“, zum Ausdruck gebracht –, weil er die Flavier betreffend zu beidem keinen Anlass hat und es unter dem Princeps Trajan möglich ist, „zu denken, was man will, und, was man denkt, auszusprechen“. Tacitus hatte sich vermutlich als einer der Männer aus der Provinz, die er in den Annalen mit deutlicher Sympathie charakterisiert, in die Senatsaristokratie emporgearbeitet, von deren Sichtweise seine „Wahrheit“ geprägt war: Als Aufsteiger vertrat er besonders nachdrücklich die Auffassung, Roms Weg zur Weltmacht und die Behauptung dieser Stellung seien den
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vorbildlichen Verhaltensweisen der idealisiert gesehenen Angehörigen des eigenen Standes (mos maiorum) zu verdanken. Von ihnen stand wie er ein Teil der von Augustus geschaffenen Staatsform des Prinzipats („Herrschaft des ersten Bürgers“) distanziert gegenüber, weil ihrer Meinung nach die republikanischen Verfassungsstrukturen nur zum Schein beibehalten worden waren und es sich in Wirklichkeit um eine Diktatur handelte, die von beiden Parteien ständiges Taktieren, oft auch pure Heuchelei verlangte. Auf der anderen Seite war sich Tacitus bewusst, dass die von ihm immer wieder beschworene senatorische Freiheit unter den geänderten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in die Katastrophe der Bürgerkriege und damit letztlich zur Alleinherrschaft geführt hatte. Das sich daraus ergebende Dilemma ließ sich seiner Meinung nach nur lösen, wenn der „erste Bürger“ bereit war, den Senat als das Jahrhunderte lang wichtigste politische Gremium zu achten und ihn zumindest formell an allen wichtigen Entscheidungen zu beteiligen, während dessen Mitglieder selbstbewusst und loyal an der Verwaltung und Verteidigung des Reichs mitarbeiteten und dabei die Grenzen respektierten, die der Prinzipat setzte. In der Vergangenheit war das nur selten der Fall gewesen. Die meisten Herrscher gebärdeten sich wie Tyrannen selbstherrlich und grausam, anstatt das erforderliche Entgegenkommen (clementia, lenitas) zu zeigen. Die Senatoren wiederum erwiesen ihnen in der Regel nicht nur den nötigen Gehorsam (obsequium), sondern suchten sich aus Eigennutz oder mangelnder Zivilcourage an unterwürfiger Liebedienerei (adulatio, servitium) zu überbieten; die starre oppositionelle Haltung einiger weniger, von stoischen Überzeugungen geprägter Mitglieder dagegen konnte man als bloße Aufsässigkeit (contumacia) verstehen. Tacitus vertritt die Auffassung, dass in der unumgänglich gewordenen Herrschaft des einen Mannes nur der von beiden Seiten eingehaltene Mittelweg (moderatio, temperamentum) dem staatstragenden Teil des römischen Volkes ein seiner Würde entsprechendes Dasein ermöglichte. Zugleich sicherte er den Fortbestand des Weltreichs in Frieden nach innen und außen; nur dieses, lässt er den General Petillius Cerialis in den Historien sagen, konnte „Kriege aller Völker gegeneinander“ verhindern. In seinem Erstlingswerk Agricola hatte er alles getan, um den letzten Flavier Domitian, der sich bereits nach kurzer Regierungszeit mit der Senatsaristokratie überworfen hatte und allein schon deshalb zu den schlechten Kaisern zählte, als bösartigen Tyrannen zu verunglimpfen, der seinen Schwiegervater aus Neid und Rivalität nicht seinen Verdiensten entsprechend behandelt hatte, sondern zum Schaden des Gemeinwesens sogar bewusst demütigte und ihm schließlich vielleicht sogar nach dem Leben
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trachtete. Dabei hatten Agricola und er selbst unter ebendiesem angeblichen Scheusal ihre unter dessen Vorgängern begonnene Karriere fortgesetzt; dass Tacitus mit dem Konsulat einen Höhepunkt der senatorischen Laufbahn erreichte, hatte er nach allem, was wir über die wohlüberlegten, langjährigen Planungen bei dieser herausgehobenen Stellung wissen, noch dem später von ihm so sehr geschmähten Flavier zu verdanken. Im Fall seines Schwiegervaters können wir nachweisen, dass den Kaiser wahrscheinlich ganz rationale Gründe bewogen, ihn nach seiner langjährigen, nicht besonders ertragreichen Statthalterschaft in Britannien nicht mehr weiter einzusetzen. Als es aber unmittelbar nach Domitians Ermordung um die Einstellung zum „Tyrannen“ ging und die Angehörigen und Anhänger der „Märtyrer der Opposition“ die Frage nach Gleichgültigkeit, Opportunismus, Feigheit, gar Kollaboration aufwarfen, ließ sich der vermeintliche Bruch in der Laufbahn Agricolas vortrefflich dazu benutzen, diesen und seinesgleichen, das heißt auch sich selbst, ebenfalls zu Opfern des Gewaltherrschers zu stilisieren. Das war umso wichtiger, als es unter den Senatoren durchaus ein kollektives Schuldbewusstsein gegeben zu haben scheint. Leider erlaubt uns der fragmentarische Zustand der Historien keine Antwort auf die Frage, was Tacitus einige Jahre später dazu bewogen haben könnte, ausgerechnet dieser Zeit des Versagens und der persönlichen Betroffenheit sein erstes historisches Werk zu widmen. Auffällig ist, dass er – wie schon im Agricola – erneut ankündigt, er werde, falls er lange genug lebe, später auch die glückliche Zeit unter Nerva und Trajan darstellen. Anscheinend hatte er Grund zu der Annahme, man erwarte von einem Mann seines Renommees Entsprechendes, wenn er sich schon nach zahlreichen illustren Vorgängern der anspruchsvollen Aufgabe unterzog, Geschichte zu schreiben. Dieses doppelte Versprechen hat er dann nicht gehalten, sondern gegen Ende seines Lebens mit den Annalen noch weiter zurückgegriffen, allerdings auch hier den Prinzipat des Augustus ausgespart, dessen Beschreibung er wiederum in Aussicht stellt. Wie dem auch sei: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Zeit scheint ihm so wichtig gewesen zu sein, dass er es für ausreichend hielt, ja sich offensichtlich auch erlauben konnte, Trajan nur im Vorübergehen lobend zu erwähnen – im Gegensatz zu Plinius, der den Kaiser schon im Jahre 100 in seiner Dankrede für den ihm übertragenen Konsulat, dem Panegyricus, als optimus princeps ausführlich gerühmt hatte. Gab es Reaktionen auf den Agricola, die es geraten erscheinen ließen, dort vertretene Ansichten zurechtzurücken, abzuschwächen oder zu verstärken? Oder boten das Vierkaiserjahr und der Aufstieg und Niedergang der Flavier lediglich mehr Möglichkeiten, die eigenen Auffassungen von den in der römischen Geschichte wirkenden Kräften, vielleicht auch von der Patholo-
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gie des Senats als des Repräsentanten des römischen Volks darzulegen? Wir wissen es nicht. Über den Aufbau der Historien können wir ebenfalls nur Vermutungen anstellen. Die ersten drei Bücher befassen sich mit den Bürgerkriegen zwischen Galba, Otho, Vitellius und Vespasian, die bei anderen Schriftstellern erhaltenen Zitate – alle ohne Buchangabe – könnten lediglich darauf hindeuten, dass die verlustreichen Auseinandersetzungen mit den Dakern in den Jahren 85 bis 89, bei denen sogar der Prätorianerkommandant Cornelius Fuscus fiel, ausführlicher dargestellt wurden. Die Stoffverteilung stellt uns vor allem vor die Schwierigkeit, dass die fast 28 Jahre vom 1. Januar 69 bis zur Ermordung Domitians am 18. September 96 in 12 oder 14 Büchern behandelt wurden, die ersten fünf Bücher aber gerade einmal (nicht ganz?) zwei Jahre abdecken. Sie zeigen jedoch, dass Tacitus nicht wie sein stilistisches Vorbild Livius mehr oder weniger schematisch Jahr für Jahr durchging, sondern diesbezüglich sehr frei verfuhr: Er griff die ihm wichtig erscheinenden Ereignisse heraus, strukturierte sie seinen Intentionen entsprechend etwa nach den Prinzipien der variatio oder des Gegensatzes – dies gilt auch für die Zeichnung der Charaktere, die er trotzdem nicht schwarzweiß malte – und durchbrach manchmal den zeitlichen Ablauf, um die Fragwürdigkeit des Geschehens aufzuzeigen, die ihren Höhepunkt im „tragischen Umsonst“ erreichen konnte. Die Darstellung des bedrohlichen, im Sommer 69 beginnenden Bataveraufstands verschiebt er zunächst mit der Begründung, er habe ziemlich lange gedauert, auf später und zerlegt sie schließlich in drei Blöcke; zwischen sie fügt er Ereignisse in Rom und Africa, dann das Vorgehen der Flavianer in Gallien, Alexandria und Judäa mit der Beschreibung von Land und Leuten ein, um anschließend den Anführer Iulius Civilis das Ende seiner Revolte verkünden zu lassen und wahrscheinlich mit der Eroberung Jerusalems fortzufahren. Es war wohl vor allem die äußerst anspruchsvolle sprachlich-stilistische Gestaltung, die es verhinderte, dass Tacitus zu einem gängigen, etwa im Schulunterricht gelesenen Autor wurde: Er drückt sich möglichst knapp aus, verzichtet auf alltägliche Wörter, umschreibt vertraute Begriffe, greift auf poetische und prosaische Reminiszenzen zurück, wählt archaisierende Formen, vermeidet jede Gleichförmigkeit in Wortwahl und Satzbau und zwingt den Leser damit zu ständiger Aufmerksamkeit und Überlegung. Da seine Werke am Ende einer langen historiographischen Tradition stehen und immer wiederkehrende Situationen, etwa die fingierten Reden, oft schon dutzend Male schriftstellerisch gestaltet worden waren, tendiert er auch von daher zu einer ungewöhnlichen, häufig manierierten Ausdrucksweise. Durch die in lateinischer Prosa unübliche Spitzenstellung des Prädikats erspart er
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sich häufig Satzverbindungen und drängt den Text dadurch noch mehr zusammen; auf der anderen Seite werden Sätze genauso ungewöhnlich durch die „einfachen“ Konjunktionen atque, et und -que aneinandergereiht. Immer wieder gibt er durch einen sogenannten Nachtrag einem abgeschlossen erscheinenden Gedankengang eine überraschende, meist dramatisierende Wendung. Zahlreiche Sentenzen schließen Abschnitte pointiert, manchmal auch mit sarkastischer Bitterkeit ab. Dass außer Livius und Vergil vor allem Sallust ein bedeutsames stilistisches Vorbild war, lässt sich an vielen Stellen nachweisen. Leider fehlen uns andere wichtige Vergleichsmöglichkeiten, weil gerade von der Geschichtsschreibung des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. fast nichts erhalten geblieben ist. Die Sonderstellung, die Tacitus in ihr einnahm, geht aber auch daraus hervor, dass seine historischen Werke in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts von Ammianus Marcellinus fortgesetzt wurden, dessen ebenfalls nur bruchstückhaft erhaltene Res gestae im Jahre 97 mit Kaiser Nerva begannen und bis in seine eigene Zeit reichten. Die Historien haben Antike und Mittelalter nur in einer einzigen Handschrift überdauert, die im 11. Jahrhundert in Monte Cassino geschrieben wurde und heute in der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz liegt (Laurentianus plut. 68.2 = Mediceus II). Sie enthält die Bücher 11–16 der Annalen; auf sie folgen als Bücher 17–21 die Historien. Beide Werke brechen mitten im Satz ab, die Annalen in Kapitel 16,35, die Historien in 5,26 moderner Zählung. Hieronymus hatte im 4. Jahrhundert eine Tacitus-Ausgabe vor sich, in der „nach Augustus bis zum Tod Domitians die Lebensbeschreibungen der Cäsaren“ enthalten waren. In ihr waren die Historien also wie im Mediceus der Chronologie entsprechend an die Annalen angeschlossen und bildeten mit diesen eine Einheit von vermeintlichen Kaiserbiographien, die der Angabe des Kirchenvaters zufolge insgesamt 30 Bücher umfasste. Aber wir wissen nicht, ob diese Zahl richtig überliefert ist, und selbst wenn sie stimmt, bleibt die Verteilung unklar. Manches spricht dafür, dass die Annalen aus 16 Büchern bestanden; aber es können auch 18 gewesen sein. Demzufolge ergäbe sich für die Historien ein Umfang von 14 oder 12 Büchern. Die Authentizität beider Titel lässt sich nicht erweisen. In der Neuzeit glaubte man Tacitus’ Schriften genauso entnehmen zu können, er sei ein Republikaner wie ein Vordenker des Absolutismus gewesen; man sah in ihm den größten Maler der Antike, einen Dramatiker, Moralisten und Realpolitiker. Vielleicht sollte man ihn aber auch heute noch vor allem aus dem Grund lesen, den der schlesische Dichter Christoph Köler (Colerus) im Jahre 1645 anführte: Eadem fabula nunc luditur, quae olim; eaedem virtutes et vitia repraesentantur, tantum personae mutatae sunt, sed quae doctum et prudentem spectatorem desiderent – „Dasselbe Stück
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spielt man jetzt wie damals; dieselben moralisch guten und schlechten Verhaltensweisen werden dargeboten, nur die Darsteller haben gewechselt, allerdings (sind es Darsteller), die sich einen gebildeten und klugen Zuschauer wünschen.“
CORNELII TACITI HISTORIARUM LIBRI (LIBRI I–II)
CORNELIUS TACITUS HISTORIEN (BÜCHER 1–2)
LIBER I 1 (1) Initium mihi operis Servius Galba iterum Titus Vinius consules erunt. nam post conditam urbem octingentos et viginti prioris aevi annos multi auctores rettulerunt, dum res populi Romani memorabantur, pari eloquentia ac libertate: postquam bellatum apud Actium atque omnem potentiam ad unum conferri pacis interfuit, magna illa ingenia cessere; simul veritas pluribus modis infracta, primum inscitia rei publicae ut alienae, mox libidine adsentandi aut rursus odio adversus dominantis: ita neutris cura posteritatis inter ‹in›fensos vel obnoxios. (2) sed ambitionem scriptoris facile averseris, obtrectatio et livor pronis auribus accipiuntur; quippe adulationi foedum crimen servitutis, malignitati falsa species libertatis inest. (3) mihi Galba Otho Vitellius nec beneficio nec iniuria cogniti. dignitatem nostram a Vespasiano inchoatam, a Tito auctam, a Domitiano longius provectam non abnuerim: sed incorruptam fidem professis neque amore quisquam et sine odio dicendus est. (4) quod si vita suppeditet, principatum divi Nervae et imperium Traiani, uberiorem securioremque materiam, senectuti seposui, rara temporum felicitate ubi sentire quae velis et quae sentias dicere licet.
2 (1) Opus adgredior opimum casibus, atrox proeliis, discors seditionibus, ipsa etiam pace saevom. quattuor principes ferro interempti; trina bella civilia, plura externa ac plerumque permixta; prosperae in Oriente, adversae in
BUCH 1 1 (1) Der Beginn des Werks werden für mich die Konsuln1 Servius Galba – er war es zum zweiten Mal – und Titus Vinius sein. Denn über die 820 Jahre des Zeitraums davor, die seit Gründung der Stadt vergangen waren,2 haben schon viele Autoren berichtet, solange die Geschichte des römischen Volks behandelt wurde, mit ebenso viel Beredsamkeit wie Freimut. Nachdem man aber bei Aktium gekämpft hatte und es für den Frieden entscheidend war, dass die gesamte Macht einer einzigen Person übertragen wurde, verschwanden diese großen Talente. Gleichzeitig wurde die Wahrheit in mehrfacher Hinsicht entstellt, zuerst aus Unkenntnis des Gemeinwesens, so als sei es nun in fremder Zuständigkeit, dann aus dem Hang heraus, nach dem Mund zu reden, oder im Gegenteil aus Hass gegen die Machthaber. So kümmerten sich beide Gruppen nicht um kommende Generationen bei ihrer feindseligen oder willfährigen Einstellung. (2) Doch von der Liebedienerei eines Schriftstellers kann man sich leicht verächtlich abwenden, Verleumdung und blanken Neid dagegen nimmt man mit geneigten Ohren auf. Schmeichelei wohnt ja der hässliche Vorwurf unterwürfiger Gesinnung, Bosheit der falsche Anschein von Freimut inne. (3) Was mich betrifft, so sind mir Galba, Otho und Vitellius weder durch ein Entgegenkommen noch durch eine Zurücksetzung aufgefallen.3 Dass meine gesellschaftliche Karriere von Vespasian eingeleitet, von Titus gefördert und von Domitian noch weiter vorangebracht wurde, möchte ich nicht bestreiten. Aber für Autoren, die sich zu unverfälschter Aufrichtigkeit bekannt haben, ist unabdingbar, dass sie nicht nur keine Person mit Vorliebe, sondern auch jede ohne Hass darstellen. (4) Wenn nun mein Leben dazu ausreichen sollte, habe ich den Prinzipat des vergöttlichten Nerva und die Herrschaft Trajans, einen ergiebigeren und weniger heiklen Stoff, für mein Alter aufgespart,4 angesichts der selten glücklichen Zeitumstände, wo es möglich ist, zu denken, was man will, und, was man denkt, auszusprechen. 2 (1) Ein Werk nehme ich in Angriff, das reich ist an schlimmen Schicksalen, schrecklich durch Schlachten, voller Auseinandersetzungen dank Aufständen, sogar mitten im Frieden grauenvoll: vier Principes5 durch das Schwert beseitigt; drei Kriege6 unter den Bürgern, noch mehr gegen auswärtige Völker und sehr oft miteinander vermengt; Erfolge im Osten, Misser-
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Occidente res: turbatum Illyricum, Galliae nutantes, perdomita Britannia et statim missa, coortae in nos Sarmatarum ac Sueborum gentes, nobilitatus cladibus mutuis Dacus, mota prope etiam Parthorum arma falsi Neronis ludibrio. (2) iam vero Italia novis cladibus vel post longam saeculorum seriem repetitis adflicta: haustae aut obrutae urbes fecundissima Campaniae ora; et urbs incendiis vastata, consumptis antiquissimis delubris, ipso Capitolio civium manibus incenso. pollutae caerimoniae, magna adulteria; plenum exiliis mare, infecti caedibus scopuli. (3) atrocius in urbe saevitum: nobilitas, opes, omissi gestique honores pro crimine, et ob virtutes certissimum exitium. nec minus praemia delatorum invisa quam scelera, cum alii sacerdotia et consulatus ut spolia adepti, procurationes alii et interiorem potentiam, agerent verterent cuncta odio et terrore. corrupti in dominos servi, in patronos liberti; et quibus deerat inimicus, per amicos oppressi.
3 (1) Non tamen adeo virtutum sterile saeculum, ut non et bona exempla prodiderit. comitatae profugos liberos matres, secutae maritos in exilia coniuges; propinqui audentes, constantes generi, contumax etiam adversus tormenta servorum fides; supremae clarorum virorum necessitates fortiter toleratae et laudatis antiquorum mortibus pares exitus. (2) praeter multiplices rerum humanarum casus caelo terraque prodigia et fulminum monitus et futurorum praesagia, laeta tristia, ambigua manifesta; nec enim umquam atrocioribus populi Romani cladibus magisve iustis indiciis adprobatum est non esse curae deis securitatem nostram, esse ultionem.
4 (1) Ceterum antequam destinata componam, repetendum videtur, qualis status urbis, quae mens exercituum, quis habitus provinciarum, quid in toto terrarum orbe validum, quid aegrum fuerit, ut non modo casus eventusque rerum, qui plerumque fortuiti sunt, sed ratio etiam causaeque noscan-
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folge im Westen; in Aufruhr Illyricum, Gallien schwankend, ganz bezwungen Britannien und doch gleich wieder aufgegeben; aufgestanden gegen uns die Völker der Sarmaten und Sueben; berühmt geworden durch gegenseitige Niederlagen der Daker; beinahe mobilgemacht auch die Heere der Parther wegen des Hirngespinsts eines falschen Nero7. (2) Aber auch Italien von bis dahin unbekannten oder erst nach einer langen Reihe von Jahrhunderten wieder auftauchenden Katastrophen heimgesucht: verschlungen oder verschüttet die Städte an der äußerst fruchtbaren Küste Kampaniens; auch die Hauptstadt von Bränden verwüstet, vernichtet uralte Heiligtümer, sogar das Kapitol durch Bürgerhand in Brand gesteckt; befleckt religiöse Gebräuche,8 aufsehenerregend die Ehebrüche; voll von Verbannung das Meer, besudelt mit Morden die Klippen.9 (3) Noch grauenhafter in der Hauptstadt das Wüten: Vornehme Abstammung, Vermögen, Verzicht auf Ehrenämter wie deren Übernahme galten als Verbrechen, und wegen sittlich vorbildlichen Verhaltens war der Untergang am gewissesten. Nicht weniger verhasst waren die Belohnungen der Denunzianten als ihre Untaten, weil die einen Priesterämter und Konsulate, andere Prokuraturen und eine einflussreiche Stellung bei Hofe wie Kriegsbeute erlangten und dann mit Hass und Schrecken das Unterste zuoberst kehrten. Bestochen gegen ihre Herren wurden Sklaven, gegen ihre Patrone Freigelassene; und wem es an einem Feind fehlte, der wurde durch Freunde erledigt. 3 (1) Dennoch nicht derart arm an sittlich einwandfreiem Verhalten war die Epoche, dass sie nicht auch Vorbilder hervorgebracht hätte: Es begleiteten Mütter ihre verbannten Kinder, es folgten Gattinnen ihren Ehemännern ins Exil; beherzte Verwandte, standhafte Schwiegersöhne, unbeugsam sogar gegenüber Folterungen die Treue von Sklaven; die letzten unausweichlichen Schritte berühmter Männer tapfer ertragen und ein Lebensende, das der hochgelobten Art und Weise von Personen der Vergangenheit gleichkam, in den Tod zu gehen.10 (2) Außer vielfachen Unglücksfällen im Leben der Menschen gab es Vorzeichen am Himmel und auf der Erde, Warnungen durch Blitze und Ankündigungen kommender Ereignisse, frohe und traurige, zweifelhafte und handfeste. Niemals hat es sich nämlich durch schrecklichere Katastrophen des römischen Volks oder zutreffendere Hinweise bestätigt, den Göttern gehe es nicht um unser sorgenfreies Dasein, es gehe um ein Strafgericht. 4 (1) Aber bevor ich mein Vorhaben umsetze, scheint es erforderlich, darauf zurückzugreifen, wie der Zustand der Hauptstadt war, welche Einstellung die Heere hatten, in welcher Verfassung die Provinzen waren, was auf der ganzen Erde stark, was schwach war, sodass man nicht nur Verlauf und Ergebnis der Ereignisse, die sehr oft zufällig sind, sondern auch die
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tur. (2) finis Neronis ut laetus primo gaudentium impetu fuerat, ita varios motus animorum non modo in urbe apud patres aut populum aut urbanum militem, sed omnes legiones ducesque conciverat, evolgato imperii arcano posse principem alibi quam Romae fieri. (3) sed patres laeti, usurpata statim libertate licentius ut erga principem novum et absentem; primores equitum proximi gaudio patrum; pars populi integra et magnis domibus adnexa, clientes libertique damnatorum et exulum in spem erecti: plebs sordida et circo ac theatris sueta, simul deterrimi servorum, aut qui adesis bonis per dedecus Neronis alebantur, maesti et rumorum avidi.
5 (1) Miles urbanus longo Caesarum sacramento imbutus et ad destituendum Neronem arte magis et impulsu quam suo ingenio traductus, postquam neque dari donativom sub nomine Galbae promissum neque magnis meritis ac praemiis eundem in pace quem in bello locum praeventamque gratiam intellegit apud principem a legionibus factum, pronus ad novas res scelere insuper Nymphidii Sabini praefecti imperium sibi molientis agitatur. (2) et Nymphidius quidem in ipso conatu oppressus, sed quamvis capite defectionis ablato manebat plerisque militum conscientia, nec deerant sermones senium atque avaritiam Galbae increpantium. laudata olim et militari fama celebrata severitas eius angebat aspernantes veterem disciplinam atque ita quattuordecim annis a Nerone adsuefactos, ut haud minus vitia principum amarent quam olim virtutes verebantur. accessit Galbae vox pro re publica honesta, ipsi anceps, legi a se militem, non emi; nec enim ad hanc formam cetera erant.
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kausalen Zusammenhänge erfahren kann. (2) Neros Ende war zwar im ersten Freudentaumel beglückend gewesen, hatte dann aber verschiedene Reaktionen nicht nur in der Hauptstadt bei den Vätern11 oder dem Volk oder den in der Hauptstadt stationierten Soldaten ausgelöst, sondern sämtliche Legionen und Kommandeure erfasst, nachdem sich ein Geheimnis der Herrschaft herumgesprochen hatte: Princeps könne man anderswo als in Rom werden. (3) Die Väter aber waren gehobener Stimmung, weil sie sofort ihre Freiheit ganz nach ihrem Belieben in Anspruch genommen hatten, wie das eben einem neuen und dazu noch abwesenden Princeps gegenüber der Fall ist. Die führenden Persönlichkeiten der Ritter kamen der Freude der Väter am nächsten. Der anständige, mit den großen Häusern verbundene Teil des Volks, die Klienten und Freigelassenen der Verurteilten und Verbannten schöpften wieder Hoffnung. Der niederträchtige und nur an Zirkus und Theater gewöhnte Pöbel, zudem der Abschaum unter den Sklaven oder die Leute, die ihre Güter verprasst hatten und deshalb ihren Lebensunterhalt mit Hilfe des schändlichen Verhaltens Neros bestritten, waren traurig und auf Gerüchte versessen. 5 (1) Die in der Hauptstadt stationierten Soldaten, die zutiefst von ihrem schon lange währenden Treueid für die Cäsaren erfüllt und zum Abfall von Nero mehr durch List und einen Anstoß von außen als von ihrer eigenen Einstellung her verleitet worden waren, wurden unruhig, nachdem sie festgestellt hatten, dass weder das angeblich im Auftrag Galbas versprochene Geldgeschenk ausbezahlt werde noch für große Verdienste und Belohnungen im Frieden derselbe Raum wie im Krieg bestehe und man ihnen in der Gunst zuvorgekommen war bei einem Princeps, der von Legionen dazu gemacht worden war; sie waren zudem bereit zu einem Umsturz wegen des verbrecherischen Verhaltens ihres Kommandanten Nymphidius Sabinus, der sich selbst die Herrschaft aneignen wollte. (2) Zwar wurde Nymphidius gleich bei Beginn überwältigt, aber obwohl damit der führende Kopf der Abtrünnigen beseitigt war, dauerte bei sehr vielen Soldaten das schlechte Gewissen an, und abfällige Äußerungen über das hohe Alter12 und den Geiz Galbas blieben nicht aus. Seine einst gelobte und in Soldatenkreisen gefeierte Strenge ängstigte die Männer, die von der alten Disziplin nichts mehr wissen wollten und in den vierzehn Jahren von Nero daran gewöhnt worden waren, nicht weniger die Fehler der Principes zu lieben, als sie einst ihre Vorzüge fürchteten. Dazu kam eine Äußerung Galbas, die im Hinblick auf das Gemeinwesen sehr anerkennenswert, für ihn persönlich aber gefährlich war: Von ihm würden Soldaten ausgehoben, nicht gekauft. Denn alles Übrige entsprach nicht dieser Denkart.
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6 (1) Invalidum senem Titus Vinius et Cornelius Laco, alter deterrimus mortalium, alter ignavissimus, odio flagitiorum oneratum contemptu inertiae destruebant. tardum Galbae iter et cruentum, interfectis Cingonio Varrone consule designato et Petronio Turpiliano consulari: ille ut Nymphidi socius, hic ut dux Neronis, inauditi atque indefensi tamquam innocentes perierant. (2) introitus in urbem trucidatis tot milibus inermium militum infaustus omine atque ipsis etiam, qui occiderant formidolosus. inducta legione Hispana, remanente ea, quam e classe Nero conscripserat, plena urbs exercitu insolito; multi ad hoc numeri e Germania ac Britannia et Illyrico, quos idem Nero electos praemissosque ad claustra Caspiarum et bellum, quod in Albanos parabat, opprimendis Vindicis coeptis revocaverat: ingens novis rebus materia, ut non in unum aliquem prono favore, ita audenti parata.
7 (1) Forte congruerat ut Clodii Macri et Fontei Capitonis caedes nuntiarentur. Macrum in Africa haud dubie turbantem Trebonius Garutianus procurator iussu Galbae, Capitonem in Germania, cum similia coeptaret, Cornelius Aquinus et Fabius Valens legati legionum interfecerant, antequam iuberentur. (2) fuere qui crederent Capitonem ut avaritia et libidine foedum ac maculosum ita cogitatione rerum novarum abstinuisse, sed a legatis bellum suadentibus, postquam impellere nequiverint, crimen ac dolum ultro compositum, et Galbam mobilitate ingenii, an ne altius scrutaretur, quoquo modo acta, quia mutari non poterant, comprobasse. ceterum utraque caedes sinistre accepta, et inviso semel principi seu bene seu male facta parem invidiam adferebant. (3) venalia cuncta, praepotentes liberti, servorum manus subitis avidae et tamquam apud senem festinantes, eademque novae aulae mala, aeque gravia, non aeque excusata. ipsa aetas Galbae inrisui ac fastidio
Historien 1,6,1-1,7,3
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6 (1) Den gebrechlichen alten Mann hatten Titus Vinius und Cornelius Laco – der eine der übelste Schurke unter den Sterblichen, der andere der schlimmste Taugenichts – mit dem Hass auf ihre Schandtaten belastet und untergruben seine Stellung durch die Verachtung, die sein kraftloses Verhalten13 hervorrief. Langsam verlief der Vormarsch Galbas und blutig durch die Hinrichtungen des designierten Konsuls Cingonius Varro und des ehemaligen Konsuls Petronius Turpilianus: Der eine war als Nymphidius’ Komplize, der andere als Kommandeur Neros unangehört und unverteidigt, so als seien sie unschuldig, umgekommen. (2) Der Einzug in die Hauptstadt war nach der Abschlachtung so vieler Tausend unbewaffneter Soldaten14 Unglück verheißend und sogar für diejenigen, die getötet hatten, Furcht einflößend. Nachdem die spanische Legion15 hineinverlegt worden war und die von Nero aus der Flotte ausgehobene dablieb, war die Hauptstadt voll von einem für sie ungewohnten Heer. Dazu kamen noch zahlreiche Einheiten aus Germanien, Britannien und Illyricum, die Nero gleichfalls ausgesucht und an den Engpass von Kaspien16 für den Krieg, den er gegen die Albaner vorbereitete, vorausgeschickt und dann zur Unterdrückung des Unternehmens des Vindex17 zurückbeordert hatte: ein riesiges Sammelbecken für einen Umsturz, das zwar keine Vorliebe für eine bestimmte Person zeigte, aber für den, der sich getraute, bereitstand. 7 (1) Zufällig hatte es sich ergeben, dass die Nachrichten von der Ermordung Clodius Macers und Fonteius Capitos gleichzeitig eintrafen. Macer, der in Africa zweifellos einen Umsturz herbeiführen wollte, hatten der Prokurator Trebonius Garutianus auf Galbas Befehl, Capito in Germanien bei einem ähnlichen Versuch die Legionslegaten Cornelius Aquinus und Fabius Valens umgebracht, bevor sie den Auftrag dazu erhielten. (2) Es gab Leute, die glaubten, Capito sei zwar wegen seiner Habgier und Lüsternheit verrufen und berüchtigt gewesen, habe sich aber von Gedanken an einen Umsturz ferngehalten; doch von seinen Legaten, die zum Krieg rieten, sei, nachdem sie ihn nicht dazu bewegen konnten, obendrein der heimtückische Vorwurf erfunden worden, und Galba habe in seiner Unentschlossenheit oder um der Angelegenheit nicht weiter nachgehen zu müssen, die Tat, wie sie auch immer geschehen sein mochte, gebilligt, weil man sie nicht mehr ändern konnte. Aber die Nachricht von beiden Morden nahm man übel auf, und dem nun einmal verhassten Princeps trugen gute oder schlechte Verhaltensweisen die gleiche Abneigung ein. (3) Käuflich war alles, übermächtig die Freigelassenen, die Hände der Sklaven infolge der überraschenden Entwicklung gierig und, weil sie es nun mit einem alten Mann zu tun hätten, hastig im Zupacken, dieselben schlimmen Zustände am neuen Hof, gleich schwerwiegend, nicht gleich entschuldbar. Allein schon das Alter Galbas
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erat adsuetis iuventae Neronis et imperatores forma ac decore corporis, ut est mos volgi, comparantibus. 8 (1) Et hic quidem Romae, tamquam in tanta multitudine, habitus animorum fuit. e provinciis Hispaniae praeerat Cluvius Rufus, vir facundus et pacis artibus, bellis inexpertus. Galliae super memoriam Vindicis obligatae recenti dono Romanae civitatis et in posterum tributi levamento. proximae tamen Germani‹ci›s exercitibus Galliarum civitates non eodem honore habitae, quaedam etiam finibus ademptis pari dolore commoda aliena ac suas iniurias metiebantur. (2) Germani‹ci› exercitus, quod periculosissimum in tantis viribus, solliciti et irati, superbia recentis victoriae et metu tamquam alias partes fovissent. tarde a Nerone desciverant, nec statim pro Galba Verginius. an imperare noluisset dubium: delatum ei a milite imperium conveniebat. Fonteium Capitonem occisum, etiam qui queri non poterant, tamen indignabantur. dux deerat, abducto Verginio per simulationem amicitiae; quem non remitti atque etiam reum esse tamquam suum crimen accipiebant.
9 (1) Superior exercitus legatum Hordeonium Flaccum spernebat, senecta ac debilitate pedum invalidum, sine constantia, sine auctoritate; ne quieto quidem milite regimen: adeo furentes infirmitate retinentis ultro accendebantur. inferioris Germaniae legiones diutius sine consulari fuere, donec missu Galbae A. Vitellius aderat, censoris Vitellii ac ter consulis filius: id satis videbatur. (2) in Britannico exercitu nihil irarum. non sane aliae legiones per omnis civilium bellorum motus innocentius egerunt, seu quia procul et Oceano divisae, seu crebris expeditionibus doctae hostem potius odisse.
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diente zu angewidertem Gespött den Leuten, die an Neros Jugendlichkeit gewöhnt waren und die Oberbefehlshaber, wie beim einfachen Volk üblich, nach Körpergestalt und gutem Aussehen verglichen. 8 (1) Das war jedenfalls in Rom, insofern man bei einer derart großen Menschenmenge überhaupt davon sprechen kann, die Stimmung unter den Leuten. Was die Provinzen betrifft, stand an der Spitze Spaniens Cluvius Rufus, ein redegewandter und mit den Künsten des Friedens vertrauter Mann, aber ohne Fronterfahrung. Gallien war Galba über die Erinnerung an Vindex hinaus verpflichtet durch das eben erst erhaltene Geschenk des römischen Bürgerrechts und für die Zukunft durch die Senkung der Abgaben. Dennoch hatten die den germanischen Heeren18 nächstgelegenen Gemeinden Galliens nicht dieselbe Auszeichnung erfahren. Manche wogen, nachdem ihnen sogar Gebiete weggenommen worden waren, mit gleicher Erbitterung die Bevorzugung anderer und die ihnen selbst widerfahrene ungerechte Behandlung gegeneinander ab. (2) Die germanischen Heere waren – das war höchst gefährlich beim Ausmaß ihrer Stärke – voller Unruhe und Entrüstung, aus Stolz auf den erst kürzlich errungenen Sieg und aus Furcht, da sie ja eine andere Partei favorisiert hatten: Erst spät waren sie von Nero abgefallen, und nicht sofort hatte sich Verginius für Galba entschieden. Ob er nicht gerne selbst Oberbefehlshaber werden wollte, war unklar, dass ihm von seinen Soldaten die Herrschaft angetragen wurde, allgemeine Überzeugung. Über die Ermordung des Fonteius Capito waren auch die Leute, die keinen Grund hatten, sich darüber zu beschweren, dennoch empört. Ein Anführer fehlte, nachdem Verginius angeblich aus Freundschaft abgezogen worden war.19 Dass er nicht zurückgeschickt und sogar angeklagt wurde, betrachtete man als gegen sich gerichteten Schuldvorwurf. 9 (1) Das obere Heer hatte keinen Respekt vor seinem Legaten Hordeonius Flaccus, einem wegen seines hohen Alters und seiner kranken Beine20 gebrechlichen Mann, ohne konsequentes Handeln, ohne Autorität: Nicht einmal, wenn die Soldaten Ruhe gaben, führte er Regiment; ja, sie wurden, wenn sie zu randalieren begannen, durch seine Schwäche beim Versuch, sie zurückzuhalten, sogar noch zusätzlich angefeuert. Die Legionen Untergermaniens waren ziemlich lange ohne einen ehemaligen Konsul, bis auf Weisung Galbas A. Vitellius zu ihnen kam, der Sohn des Zensors und dreimaligen Konsuls Vitellius21; das schien zu genügen. (2) Im britannischen Heer gab es keinerlei Anzeichen von Auflehnung. Keine anderen Legionen verhielten sich jedenfalls die gesamten Bürgerkriegswirren hindurch tadelloser, entweder weil sie weit weg und durch den Ozean isoliert waren oder in häufigen Kampagnen gelernt hatten, eher den Feind zu hassen. (3) Ruhe
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(3) quies et Illyrico, quamquam excitae a Nerone legiones, dum in Italia cunctantur, Verginium legationibus adissent. sed longis spatiis discreti exercitus, quod saluberrimum est ad continendam militarem fidem, nec vitiis nec viribus miscebantur.
10 (1) Oriens adhuc immotus. Syriam et quattuor legiones obtinebat Licinius Mucianus, vir secundis adversisque iuxta famosus. insignes amicitias iuvenis ambitiose coluerat; mox adtritis opibus, lubrico statu, suspecta etiam Claudii iracundia, in secretum Asiae sepositus tam prope ab exule fuit quam postea a principe. (2) luxuria industria, comitate adrogantia, malis bonisque artibus mixtus: nimiae voluptates, cum vacaret; quotiens expedierat, magnae virtutes. palam laudares, secreta male audiebant: sed apud subiectos, apud proximos, apud collegas variis inlecebris potens, et cui expeditius fuerit tradere imperium quam obtinere. (3) bellum Iudaicum Flavius Vespasianus (ducem eum Nero delegerat) tribus legionibus administrabat. nec Vespasiano adversus Galbam votum aut animus: quippe Titum filium ad venerationem cultumque eius miserat, ut suo loco memorabimus. occulta fati et ostentis ac responsis destinatum Vespasiano liberisque eius imperium post fortunam credidimus.
11 (1) Aegyptum copiasque, quibus coerceretur, iam inde a divo Augusto equites Romani obtinent loco regum: ita visum expedire, provinciam aditu difficilem, annonae fecundam, superstitione ac lascivia discordem et mobilem, insciam legum, ignaram magistratuum, domi retinere. regebat tum Tiberius Alexander, eiusdem nationis. (2) Africa ac legiones in ea interfecto
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herrschte auch in Illyricum, obwohl sich die von Nero herbeikommandierten Legionen während ihres Abwartens in Italien mit Abordnungen an Verginius gewandt hatten. Aber die durch weite Entfernungen getrennten Heere – das heilsamste Mittel im Hinblick auf die Bewahrung soldatischer Treue – verbanden sich untereinander weder mit Straftaten noch mit Truppenteilen. 10 (1) Der Osten war bis dahin noch nicht in Aufruhr. Syrien und damit vier Legionen hatte Licinius Mucianus in der Hand, ein Mann, der im Glück wie im Unglück in gleicher Weise von sich reden machte. Auffallende Freundschaften hatte er als junger Mann voller Ehrgeiz gepflegt. Später dann, als sein Vermögen ruiniert, seine Stellung höchst gefährdet war und er sogar mit Claudius’ Jähzorn rechnen musste, war er in eine abgelegene Gegend Asias verwiesen worden und damit so nahe daran, ein Verbannter zu sein wie später ein Princeps. (2) Aus Verschwendungssucht und Tatkraft, Umgänglichkeit und Überheblichkeit, aus schlechten und guten Verhaltensweisen war er eine Mischung: Exzesse, wenn er nichts zu tun hatte, aber jedes Mal, wenn es darauf angekommen war,22 hervorragende Fähigkeiten! Seine öffentliche Tätigkeit musste man loben, sein Privatleben brachte ihm einen schlechten Ruf ein. Doch bei den Untergebenen, in seiner nächsten Umgebung, bei seinen Kollegen war er dank verschiedenartiger verführerischer Aspekte ein einflussreicher Mann und eine Person, der es wohl leichter fiel, die Herrschaft zu vergeben als selbst zu behaupten. (3) Den jüdischen Krieg führte Flavius Vespasianus – als Kommandeur hatte ihn Nero ernannt – mit drei Legionen. Vespasian hegte gegenüber Galba überhaupt keine Ansprüche oder Animositäten; hatte er doch seinen Sohn Titus geschickt, um ihm seine Hochachtung und Ergebenheit zu zeigen, wie wir an gegebener Stelle23 berichten werden. An das geheimnisvolle Walten des Schicksals und daran, dass durch Wunderzeichen und Orakel Vespasian und seinen Söhnen die Herrschaft bestimmt sei, haben wir erst nach dem glücklichen Verlauf geglaubt. 11 (1) Ägypten und die Truppen, mit denen es in Schach gehalten werden soll, kommandieren schon seit dem vergöttlichten Augustus römische Ritter anstelle der Könige. So schien es zweckmäßig zu sein, eine Provinz, schwer zugänglich, an Getreide ertragreich, aus Aberglauben und Zuchtlosigkeit zerrissen und unzuverlässig, ohne Wissen von Gesetzen, ohne Kenntnis von Amtsträgern,24 in Besitz zu behalten. Es leitete sie damals Tiberius Alexander, ein Angehöriger der dortigen Bevölkerung. (2) Africa und die darin stationierten Legionen waren nach der Ermordung Clodius Macers mit jedem beliebigen Princeps zufrieden nach den Erfahrungen mit ihrem nachgeordneten Gebieter.25 Die beiden Mauretanien, Rätien, Norikum, Thrakien
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Clodio Macro contenta qualicumque principe post experimentum domini minoris. duae Mauretaniae, Raetia, Noricum, Thracia et quae aliae procuratoribus cohibentur, ut cuique exercitui vicinae, ita in favorem aut odium contactu valentiorum agebantur. (3) inermes provinciae atque ipsa in primis Italia, cuicumque servitio exposita, in pretium belli cessurae erant. hic fuit rerum Romanarum status, cum Servius Galba iterum Titus Vinius consules inchoavere annum sibi ultimum, rei publicae prope supremum.
12 (1) Paucis post kalendas Ianuarias diebus Pompei Propinqui procuratoris e Belgica litterae adferuntur, superioris Germaniae legiones rupta sacramenti reverentia imperatorem alium flagitare et senatui ac populo Romano arbitrium eligendi permittere, quo seditio mollius acciperetur. (2) maturavit ea res consilium Galbae iam pridem de adoptione secum et cum proximis agitantis. non sane crebrior tota civitate sermo per illos menses fuerat, primum licentia ac libidine talia loquendi, dein fessa iam aetate Galbae. (3) paucis iudicium aut rei publicae amor: multi stulta spe, prout quis amicus vel cliens, hunc vel illum ambitiosis rumoribus destinabant, etiam in Titi Vini odium, qui in dies quanto potentior, eodem actu invisior erat. quippe hiantes in magna fortuna amicorum cupiditates ipsa Galbae facilitas intendebat, cum apud infirmum et credulum minore metu et maiore praemio peccaretur.
13 (1) Potentia principatus divisa in Titum Vinium consulem, Cornelium Laconem praetorii praefectum; nec minor gratia Icelo Galbae liberto, quem anulis donatum equestri nomine Marcianum vocitabant. hi discordes et rebus minoribus sibi quisque tendentes, circa consilium eligendi successoris in duas factiones scindebantur. (2) Vinius pro M. Othone, Laco atque Icelus consensu non tam unum aliquem fovebant quam alium. neque erat Galbae ignota Othonis ac Titi Vini amicitia; et rumoribus nihil silentio transmittentium, quia Vinio vidua filia, caelebs Otho, gener ac socer destinabantur.
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und die anderen Länder, die durch Prokuratoren niedergehalten werden, ließen sich ihrer Nachbarschaft zu einem der Heere entsprechend zu Sympathie oder Abneigung durch den engen Kontakt mit den überlegenen Einheiten bewegen. (3) Die Provinzen ohne Heere und vor allem Italien selbst, das für jede Art der Knechtschaft frei zugänglich war, waren dabei, der Lohn für den Krieg zu werden. Das war der Zustand des römischen Staates, als Servius Galba zum zweiten Mal und Titus Vinius als Konsuln das Jahr begannen, das für sie das letzte war, für das Gemeinwesen beinahe das endgültige. 12 (1) Wenige Tage nach dem 1. Januar (69 n. Chr.) wurde ein Schreiben des Prokurators Pompeius Propinquus aus Belgica überbracht, die Legionen Obergermaniens hätten den heiligen Fahneneid gebrochen, verlangten nun einen anderen Oberbefehlshaber und überließen dem Senat und Volk von Rom die Entscheidung über die Auswahl, damit ihre Meuterei nachsichtiger betrachtet werde. (2) Dieser Vorfall beschleunigte die Absicht Galbas, der schon zuvor wegen einer Adoption mit sich selbst und seiner engsten Umgebung zurate gegangen war. Natürlich hatte es in der gesamten Stadtbevölkerung in diesen Monaten kein häufigeres Gesprächsthema gegeben, zunächst aus der unbändigen Lust heraus, über einen solchen Stoff zu reden, dann aber, weil Galba schon altersschwach war. (3) Nur wenige Männer bewiesen dabei Urteilskraft oder Liebe zum Staat; viele dagegen sprachen sich in törichter Hoffnung, je nachdem ob einer ein Freund oder Klient war, für diesen oder jenen in berechnendem Gerede aus, auch um den Hass auf Titus Vinius zu schüren, der von Tag zu Tag, je mächtiger, im gleichen Zug desto unbeliebter wurde. Denn die in Anbetracht seiner hohen Stellung unersättlichen Begehrlichkeiten seiner Freunde steigerte gerade die Nachgiebigkeit Galbas, da man in der Umgebung des schwachen und leichtgläubigen Mannes mit weniger Furcht und um höhere Belohnung unrecht tun konnte. 13 (1) Die Macht des Prinzipats war auf den Konsul Titus Vinius und den Prätorianerkommandanten Cornelius Laco aufgeteilt. Nicht weniger Einfluss hatte Galbas Freigelassener Icelus, den man mit den Ringen beschenkte und dann mit seinem Ritternamen Marcianus26 nannte. Diese Männer, die zerstritten waren und in weniger bedeutenden Angelegenheiten jeweils nur die eigene Person im Auge hatten, waren bei den Überlegungen zur Auswahl eines Nachfolgers in zwei Lager gespalten. (2) Vinius war für M. Otho, Laco und Icelus favorisierten übereinstimmend nicht so sehr einen bestimmten Kandidaten als einen anderen, und Galba wusste sehr wohl von der Freundschaft zwischen Otho und Titus Vinius. Dazu machte man im Gerede der Leute, die nichts stillschweigend übergehen können, weil Vinius eine unverheiratete Tochter hatte, Otho ledig war, aus ihnen Schwiegersohn
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credo et rei publicae curam subisse, frustra a Nerone translatae, si apud Othonem relinqueretur. (3) namque Otho pueritiam incuriose, adulescentiam petulanter egerat, gratus Neroni aemulatione luxus. eoque Poppaeam Sabinam, principale scortum, ut apud conscium libidinum deposuerat, donec Octaviam uxorem amoliretur. mox suspectum in eadem Poppaea in provinciam Lusitaniam specie legationis seposuit. (4) Otho comiter administrata provincia primus in partes transgressus nec segnis et, donec bellum fuit, inter praesentes splendidissimus, spem adoptionis statim conceptam acrius in dies rapiebat, faventibus plerisque militum, prona in eum aula Neronis ut similem.
14 (1) Sed Galba post nuntios Germanicae seditionis, quamquam nihil adhuc de Vitellio certum, anxius quonam exercituum vis erumperet, ne urbano quidem militi confisus, quod remedium unicum rebatur, comitia imperii transigit; adhibitoque super Vinium ac Laconem Mario Celso consule designato ac Ducenio Gemino praefecto urbis, pauca praefatus de sua senectute, Pisonem Licinianum accersiri iubet, seu propria electione sive, ut quidam credidere, Lacone instante, cui apud Rubellium Plautum exercita cum Pisone amicitia; sed callide ut ignotum fovebat, et prospera de Pisone fama consilio eius fidem addiderat. (2) Piso M. Crasso et Scribonia genitus, nobilis utrimque, voltu habituque moris antiqui et aestimatione recta severus, deterius interpretantibus tristior habebatur: ea pars morum eius, quo suspectior sollicitis, adoptanti placebat.
15 (1) Igitur Galba adprehensa Pisonis manu in hunc modum locutus fertur: ‘si te privatus lege curiata apud pontifices, ut moris est, adoptarem, et mihi egregium erat Cn. Pompei et M. Crassi subolem in penatis meos adsciscere, et tibi insigne Sulpiciae ac Lutatiae decora nobilitati tuae adiecisse:
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und Schwiegervater. Ich glaube, dass ihn auch die Sorge um das Gemeinwesen umtrieb, das umsonst von Nero weg einem anderen übertragen worden wäre, falls man es dann bei Otho beließe. (3) Denn Otho hatte seine Jugend gedankenlos, die Zeit als junger Erwachsener leichtfertig verbracht und war bei Nero gern gesehen, weil er es ihm an Prachtentfaltung gleichzutun versuchte. Deshalb hatte dieser Poppaea Sabina, die Hure des Princeps,27 bei ihm als dem in seine Affären eingeweihten Mann untergebracht, bis er seine Frau Octavia loswerden konnte. Als der dann später ausgerechnet wegen Poppaea sein Misstrauen erregte, schob er ihn unter dem Vorwand einer Stelle als Legat in die Provinz Lusitanien ab. (4) Otho verwaltete die Provinz human, trat als Erster zu Galbas Partei über, war nicht untätig und, solange Krieg herrschte, der glänzendste Kandidat in Galbas Umgebung; dabei klammerte er sich an die Hoffnung auf Adoption, die er sofort gefasst hatte, von Tag zu Tag intensiver, zumal die meisten Soldaten ihn unterstützten und der Hof wegen seiner Ähnlichkeit mit Nero auf seiner Seite stand. 14 (1) Weil aber Galba nach den Meldungen von der Meuterei in Germanien, obwohl es noch keine sicheren Nachrichten über Vitellius gab, voller Sorge war, wohin sich die Gewalttätigkeit der Heere einen Weg bahnen werde, und sich nicht einmal auf die Soldaten in der Hauptstadt verlassen konnte, hielt er, was die einzige Abhilfe versprach, eine Wahlversammlung28 über die Herrschaft ab. Außer Vinius und Laco zog er den designierten Konsul Marius Celsus sowie den Stadtkommandanten Ducenius Geminus hinzu und ließ nach einigen wenigen Vorbemerkungen über sein eigenes hohes Alter Piso Licinianus rufen, entweder aufgrund eigener Wahl oder der Auffassung einiger Autoren zufolge auf Drängen Lacos, der bei Rubellius Plautus mit Piso freundschaftlich verkehrt hatte; aber schlau unterstützte er ihn wie einen Unbekannten, und der gute Ruf Pisos hatte seinem Vorgehen Glaubwürdigkeit verliehen. (2) Piso, einen Sprössling des M. Crassus und der Scribonia, also von beiden Seiten her vornehmer Abkunft, Miene und Auftreten betreffend vom alten Schlag und bei richtiger Beurteilung nur ernsthaft, hielten die Leute, die das ungünstiger auslegten, für zu verbissen:29 Dieser Charakterzug gefiel dem Mann, der ihn adoptieren wollte, umso mehr, je verdächtiger er den beunruhigten Personen war. 15 (1) Deshalb nahm Galba Piso bei der Hand und soll dann ungefähr Folgendes gesagt haben: „Wenn ich dich als Privatmann nach dem Kuriatsgesetz30 vor den Pontifices, wie es dem Herkommen entspricht, adoptierte, wäre es sowohl für mich eine Auszeichnung, einen Nachkommen des Cn. Pompeius und M. Crassus in mein Haus aufzunehmen, als auch für dich etwas Besonderes, den Glanz des sulpicischen und lutatischen Geschlechts31
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nunc me deorum hominumque consensu ad imperium vocatum praeclara indoles tua et amor patriae impulit, ut principatum, de quo maiores nostri armis certabant, bello adeptus quiescenti offeram, exemplo divi Augusti, qui sororis filium Marcellum, dein generum Agrippam, mox nepotes suos, postremo Tiberium Neronem privignum in proximo sibi fastigio collocavit. (2) sed Augustus in domo successorem quaesivit, ego in re publica, non quia propinquos aut socios belli non habeam, sed neque ipse imperium ambitione accepi, et iudicii mei documentum sit non meae tantum necessitudines, quas tibi postposui, sed et tuae. est tibi frater pari nobilitate, natu maior, dignus hac fortuna, nisi tu potior esses. (3) ea aetas tua, quae cupiditates adulescentiae iam effugerit, ea vita, in qua nihil praeteritum excusandum habeas. fortunam adhuc tantum adversam tulisti: secundae res acrioribus stimulis animos explorant, quia miseriae tolerantur, felicitate corrumpimur. (4) fidem libertatem amicitiam, praecipua humani animi bona, tu quidem eadem constantia retinebis, sed alii per obsequium imminuent: inrumpet adulatio, blanditiae ‹et› pessimum veri adfectus venenum, sua cuique utilitas. etiam ‹si› ego ac tu simplicissime inter nos hodie loquimur, ceteri libentius cum fortuna nostra quam nobiscum; nam suadere principi quod oporteat multi laboris, adsentatio erga quemcumque principem sine adfectu peragitur.
16 (1) Si immensum imperii corpus stare ac librari sine rectore posset, dignus eram a quo res publica inciperet: nunc eo necessitatis iam pridem ventum est, ut nec mea senectus conferre plus populo Romano possit quam bonum successorem, nec tua plus iuventa quam bonum principem. sub Tiberio et Gaio et Claudio unius familiae quasi hereditas fuimus: loco libertatis erit quod eligi coepimus; et finita Iuliorum Claudiorumque domo optimum quemque adoptio inveniet. (2) nam generari et nasci a principibus fortu-
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deiner vornehmen Abkunft hinzuzufügen. Jetzt aber, wo ich mit Zustimmung der Götter und Menschen zur Herrschaft berufen worden bin, haben mich deine hervorragende Begabung und Vaterlandsliebe dazu veranlasst, den Prinzipat, um den unsere Vorfahren mit Waffen stritten und den ich durch Krieg erlangt habe, nun einem friedlichen Bürger anzubieten nach dem Vorbild des vergöttlichten Augustus, der dem Sohn seiner Schwester, Marcellus, dann seinem Schwiegersohn Agrippa, später seinen Enkeln, schließlich seinem Stiefsohn Tiberius Nero32 an der ihm nächsten herausgehobenen Position ihren Platz anwies. (2) Aber Augustus suchte in seinem Haus einen Nachfolger, ich im Staat, nicht weil ich keine Angehörigen oder Kriegskameraden hätte, aber einerseits habe ich selbst die Herrschaft nicht nach einer Bewerbung erhalten, und andererseits können als Beweis für meine Urteilsfähigkeit nicht nur meine Verwandten dienen, die ich dir hintangestellt habe, sondern auch deine eigenen. Du hast einen Bruder von gleich vornehmer Abkunft, älter, würdig dieser hohen Stellung, wenn du nicht noch vorzüglicher wärst. (3) Du bist in einem Alter, das die Leidenschaftlichkeit der Jugend schon hinter sich gelassen hat, dein Leben ist so, dass du nichts in deiner Vergangenheit entschuldigen musst. Bis jetzt hast du nur Unglück zu tragen gehabt: Glück stellt die Menschen mit spitzeren Sporen auf die Probe, weil man Misserfolge aushalten muss, wir aber durch Erfolge verdorben werden. (4) Treue, Freimut, Freundschaft, die wichtigsten Güter des menschlichen Geistes, wirst zwar du mit der gleichen Beharrlichkeit beibehalten, aber andere werden sie durch ihre Willfährigkeit zu beeinträchtigen versuchen: Einbrechen werden Kriecherei, Schmeicheleien und das schlimmste Gift für eine aufrichtige Empfindung, der Eigennutz. Auch wenn ich und du heute ganz offen und ehrlich miteinander sprechen, tun das die anderen lieber mit unserer hohen Stellung als mit uns: Denn einem Princeps zu raten, was nottut, macht viel Mühe, Zustimmung jedem beliebigen Princeps gegenüber bringt man ohne innere Anteilnahme hinter sich. 16 (1) Wenn der unermesslich große Organismus des Reichs ohne einen Lenker Bestand haben und im Gleichgewicht gehalten werden könnte, wäre ich der richtige Mann dafür, dass mit mir wieder die Republik beginnt. Jetzt aber ist es schon längst zu der derart unausweichlichen Situation gekommen, dass weder mein hohes Alter dem römischen Volk mehr gewähren kann als einen tüchtigen Nachfolger noch deine Jugend mehr als einen tüchtigen Princeps. Unter Tiberius, Gaius und Claudius waren wir sozusagen das Erbteil einer einzigen Familie. Ersatz für die Freiheit wird es sein, dass wir auszuwählen begonnen haben, und nach dem Ende des julisch-claudischen Hauses wird die Adoption den jeweils besten Mann finden. (2) Denn von
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itum, nec ultra aestimatur: adoptandi iudicium integrum et, si velis eligere, consensu monstratur. sit ante oculos Nero, quem longa Caesarum serie tumentem non Vindex cum inermi provincia aut ego cum una legione, sed sua immanitas, sua luxuria cervicibus publicis depulerunt; neque erat adhuc damnati principis exemplum. (3) nos bello et ab aestimantibus adsciti cum invidia quamvis egregii erimus. ne tamen territus fueris, si duae legiones in hoc concussi orbis motu nondum quiescunt: ne ipse quidem ad securas res accessi, et audita adoptione desinam videri senex, quod nunc mihi unum obicitur. Nero a pessimo quoque semper desiderabitur: mihi ac tibi providendum est, ne etiam a bonis desideretur. (4) monere diutius neque temporis huius, et impletum est omne consilium, si te bene elegi. utilissimus idem ac brevissimus bonarum malarumque rerum dilectus est cogitare quid aut volueris sub alio principe aut nolueris; neque enim hic, ut gentibus quae regnantur, certa dominorum domus et ceteri servi, sed imperaturus es hominibus, qui nec totam servitutem pati possunt nec totam libertatem.’ et Galba quidem haec ac talia, tamquam principem faceret, ceteri tamquam cum facto loquebantur.
17 (1) Pisonem ferunt statim intuentibus et mox coniectis in eum omnium oculis nullum turbati aut exsultantis animi motum prodidisse. sermo erga patrem imperatoremque reverens, de se moderatus; nihil in voltu habituque mutatum, quasi imperare posset magis quam vellet. (2) consultatum inde, pro rostris an in senatu an in castris adoptio nuncuparetur. iri in castra placuit: honorificum id militibus fore, quorum favorem ut largitione et ambi-
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Principes gezeugt und geboren zu werden ist zufällig, und darüber hinaus nimmt man keine Bewertung vor. Das Urteil beim Adoptieren dagegen ist unvoreingenommen und wird, wenn man eine Wahl treffen will, durch Übereinstimmung nachgewiesen. Man halte sich Nero vor Augen, den, stolzgeschwellt von einer langen Reihe von Cäsaren, nicht Vindex mit einer unbewaffneten Provinz oder ich mit einer einzigen Legion, sondern seine eigene Ungeheuerlichkeit, seine eigene Verschwendungssucht vom Nacken des Volks hinabgestoßen haben; und doch gab es bis zu diesem Zeitpunkt kein Vorbild für die Verdammung eines Princeps. (3) Wir dagegen, die durch den Krieg und von Personen, die eine Bewertung vornahmen, berufen worden sind, werden mit Missgunst betrachtet werden, obwohl wir Hervorragendes geleistet haben. Lass dir trotzdem nicht Angst und Bange machen, wenn zwei Legionen bei diesem Beben des aus den Fugen geratenen Erdkreises noch keine Ruhe geben! Auch ich selbst habe keine sicheren Verhältnisse übernommen, und doch wird man, wenn man von der Adoption erfährt, damit aufhören, in mir nur den alten Mann zu sehen, der einzige Vorwurf, den man mir jetzt macht. Nero wird gerade von den schlimmsten Elementen immer vermisst werden: Ich und du müssen dafür sorgen, dass er nicht auch von den anständigen Leuten vermisst wird. (4) Länger dir zuzureden ist nicht der richtige Zeitpunkt, und dazu ist mein Plan ganz in Erfüllung gegangen, wenn ich dich gut ausgewählt habe. Die nützlichste und gleichzeitig kürzeste Wahl zwischen guten und schlechten Verhaltensweisen ist es zu bedenken, was man unter einem anderen Princeps gewollt oder nicht gewollt hat. Denn hier gibt es nicht wie bei den Völkern, die monarchisch regiert werden, ein bestimmtes Herrscherhaus, und die übrigen Personen sind Sklaven, sondern du bist dabei, Menschen zu befehlen, die weder die ganze Knechtschaft ertragen können noch die ganze Freiheit.“ Galba sagte das und dergleichen jedenfalls so, als setze er den Princeps ein, die übrigen Teilnehmer sprachen mit diesem so, als sei er schon eingesetzt. 17 (1) Piso verriet der Überlieferung zufolge den Personen gegenüber, die ihn sofort beobachteten, und später, als dann aller Augen auf ihn gerichtet waren, nicht das geringste Anzeichen von Beunruhigung oder Begeisterung. Seine Äußerungen seinem Vater und Oberbefehlshaber gegenüber waren ehrerbietig, seine eigene Person betreffend zurückhaltend; nichts an Miene und Auftreten änderte sich, gerade so, als ob er eher herrschen könne als wolle. (2) Man überlegte dann, ob die Adoption auf der Rednerbühne, im Senat oder in der Kaserne33 verkündet werden solle. Beschlossen wurde, in die Kaserne zu gehen: Dadurch fühlten sich die Soldaten geehrt, deren Sympathie durch Geschenke und Anbiederung gewinnen zu wollen ein schlechter Weg sei; genauso dürfe man es aber nicht verachten, falls man sie
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tu male adquiri, ita per bonas artes haud spernendum. circumsteterat interim Palatium publica exspectatio, magni secreti impatiens; et male coercitam famam supprimentes augebant. 18 (1) Quartum idus Ianuarias, foedum imbribus diem, tonitrua et fulgura et caelestes minae ultra solitum turbaverunt. observatum id antiquitus comitiis dirimendis non terruit Galbam, quo minus in castra pergeret, contemptorem talium ut fortuitorum, seu quae fato manent, quamvis significata, non vitantur. (2) apud frequentem militum contionem imperatoria brevitate adoptari a se Pisonem exemplo divi Augusti et more militari, quo vir virum legeret, pronuntiat. ac ne dissimulata seditio in maius crederetur, ultro adseverat quartam et duoetvicensimam legiones, paucis seditionis auctoribus, non ultra verba ac voces errasse et brevi in officio fore. nec ullum orationi aut lenocinium addit aut pretium. (3) tribuni tamen centurionesque et proximi militum grata auditu respondent: per ceteros maestitia ac silentium, tamquam usurpatam etiam in pace donativi necessitatem bello perdidissent. constat potuisse conciliari animos quantulacumque parci senis liberalitate: nocuit antiquus rigor et nimia severitas, cui iam pares non sumus.
19 (1) Inde apud senatum non comptior Galbae, non longior quam apud militem sermo: Pisonis comis oratio. et patrum favor aderat: multi voluntate, effusius qui noluerant, medii ac plurimi obvio obsequio, privatas spes agitantes sine publica cura. nec aliud sequenti quadriduo, quod medium inter adoptionem et caedem fuit, dictum a Pisone in publico factumve. (2) crebrioribus in dies Germanicae defectionis nuntiis et facili civitate ad accipienda credendaque omnia nova, cum tristia sunt, censuerant patres mitten-
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mit anständigen Mitteln erreichen könne. In der Zwischenzeit hatte die öffentliche Neugier das Palatium umstellt; sie wartete ungeduldig auf das große Geheimnis, und das nur schlecht gehütete Gerücht verstärkten die Personen, die es zu unterdrücken versuchten. 18 (1) Den 10. Januar, einen trüben Regentag, machten Donner und Blitz und damit Drohungen vom Himmel außergewöhnlich unruhig. Obwohl diese Beobachtungen seit alten Zeiten zum Abbruch von Wahlversammlungen führten, ließen sie Galba nicht davor zurückschrecken, sich in die Kaserne zu begeben. War er doch ein Verächter solcher Vorkommnisse, da er sie als zufällig ansah; es mag aber auch sein, dass sich, was einem durch das Schicksal bevorsteht, obschon es angekündigt wird, nicht vermeiden lässt. (2) Vor einer gut besuchten Soldatenversammlung verkündete er in der Kürze eines Befehlshabers, adoptiert werde von ihm Piso nach dem Vorbild des vergöttlichten Augustus und nach dem militärischen Brauch, dem zufolge ein Mann einen anderen aussuche.34 Damit ferner nicht der Eindruck entstand, die Meuterei sei, weil man sie verheimliche, bedeutender, als sie war, behauptete er allen Ernstes zusätzlich, die 4. und die 22. Legion seien unter dem Einfluss nur weniger Rädelsführer nicht über Worte und Geschrei hinaus vom rechten Weg abgekommen und würden in Kurzem wieder ihre Pflicht tun. Aber er schloss seiner Rede kein einziges gewinnendes Wort oder gar eine finanzielle Zuwendung an. (3) Die Tribune, Zenturionen und die in der Nähe stehenden Soldaten reagierten darauf dennoch mit wohltuend anzuhörenden Zurufen; beim Rest herrschten Enttäuschung und Schweigen, weil sie den sogar im Frieden geltend gemachten Anspruch auf ein Geldgeschenk nun im Krieg verloren hätten. Fest steht, dass die Leute durch eine wenn auch noch so kleine Freigebigkeit des knausrigen alten Mannes hätten gewonnen werden können: So schadeten ihm die althergebrachte Härte und die übergroße Strenge, mit der wir schon nichts mehr anfangen können. 19 (1) Anschließend folgte im Senat eine nicht verbindlichere, nicht längere Ansprache Galbas als vor den Soldaten. Pisos Rede dagegen war gewinnend. Auch die Sympathie der Väter stellte sich ein: Viele zeigten sie gerne, überschwänglicher die Mitglieder, die dagegen gewesen waren, die Mitte und damit die Mehrzahl in bereitwilliger Unterwürfigkeit, weil sie private Hoffnungen verfolgten, ohne sich um das Gemeinwesen zu kümmern. Nichts anderes wurde in den folgenden vier Tagen, die zwischen der Adoption und der Ermordung lagen, von Piso in der Öffentlichkeit gesagt oder getan. (2) Nachdem dann Tag für Tag häufiger Nachrichten über die germanische Meuterei eintrafen und die Bürgerschaft dazu neigt, alle Neuigkeiten aufzugreifen und zu glauben, wenn sie nur betrüblich sind, hatten die Väter
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dos ad Germanicum exercitum legatos. agitatum secreto, num et Piso proficisceretur, maiore praetextu, illi auctoritatem senatus, hic dignationem Caesaris laturus. placebat et Laconem praetorii praefectum simul mitti: is consilio intercessit. legati quoque (nam senatus electionem Galbae permiserat) foeda inconstantia nominati excusati substituti, ambitu remanendi aut eundi, ut quemque metus vel spes impulerat.
20 (1) Proxima pecuniae cura; et cuncta scrutantibus iustissimum visum est inde repeti ubi inopiae causa erat. bis et vicies milies sestertium donationibus Nero effuderat: appellari shngulos iussit, decima parte liberalitatis apud quemque eorum relicta. at illis vix decumae super portiones erant, isdem erga aliena sumptibus quibus sua prodegerant, cum rapacissimo cuique ac perditissimo non agri aut faenus, sed sola instrumenta vitiorum manerent. (2) exactioni triginta equites Romani praepositi, novum officii genus et ambitu ac numero onerosum: ubique hasta et sector, et inquieta urbs actionibus. ac tamen grande gaudium quod tam pauperes forent quibus donasset Nero quam quibus abstulisset. (3) exauctorati per eos dies tribuni, e praetorio Antonius Taurus et Antonius Naso, ex urbanis cohortibus Aemilius Pacensis, e vigilibus Iulius Fronto. nec remedium in ceteros fuit, sed metus initium, tamquam per artem et formidine singuli pellerentur, omnibus suspectis.
21 (1) Interea Othonem, cui compositis rebus nulla spes, omne in turbido consilium, multa simul exstimulabant, luxuria etiam principi onerosa, inopia vix privato toleranda, in Galbam ira, in Pisonem invidia; fingebat et metum quo magis concupisceret: praegravem se Neroni fuisse, nec Lusitaniam rursus et alterius exilii honorem exspectandum. suspectum semper invisumque
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beschlossen, zum germanischen Heer eine Abordnung zu schicken. Insgeheim unterhielt man sich darüber, ob auch Piso mitreisen solle, um deren Glanz zu erhöhen, da diese zwar die Autorität des Senats, er aber die Würde eines Cäsars mitbringe. Man entschied sich auch dafür, den Prätorianerkommandanten Laco mitzuschicken; der jedoch widersetzte sich dem Vorhaben. Auch die Gesandten wurden – denn der Senat hatte ihre Auswahl Galba anheimgestellt – in beschämender Inkonsequenz benannt, entschuldigt, nachbenannt, wobei sie ihre Beziehungen spielen ließen, um dableiben oder gehen zu dürfen, wie einen jeden Furcht oder Hoffnung dazu veranlasst hatte. 20 (1) Die nächste Sorge galt dem Geld; als man alle Bereiche durchging, schien es am gerechtesten zu sein, es von dort wiederzuholen, wo der Grund für die Not lag. 2 200 000 000 Sesterze hatte Nero durch Schenkungen verschleudert; Galba ließ die einzelnen Personen zur Rückzahlung auffordern, wobei ein Zehntel der Zuwendungen einem jeden von ihnen belassen werden sollte. Doch sie hatten kaum noch die zehn Prozent übrig, weil sie das fremde Gut mit gleich vollen Händen verschwendet hatten wie ihr eigenes und deshalb gerade den raffgierigsten und verdorbensten Elementen kein Grundbesitz oder Zinsen abwerfendes Kapital, sondern nur die Werkzeuge für ihr Lasterleben geblieben waren. (2) Mit der Eintreibung der Gelder wurden 30 römische Ritter betraut, eine neue Art von öffentlichem Amt, das durch Beeinflussungsversuche und die große Zahl belastend war: überall die Lanze35 und der Aufkäufer, und die Hauptstadt in Unruhe durch die Gerichtsverhandlungen! Und doch herrschte große Freude, weil die Personen, denen Nero etwas geschenkt hatte, nun genauso arm seien wie die, denen er es weggenommen hatte. (3) Entlassen wurden in diesen Tagen Tribune, vom Prätorium Antonius Taurus und Antonius Naso, von den Stadtkohorten Aemilius Pacensis, von der Stadtwache Iulius Fronto. Das wirkte aber nicht beruhigend auf alle anderen, sondern löste nur Furcht aus, weil der Eindruck entstand, mit List und aus Angst würden einzelne ausgestoßen, wo doch alle verdächtig waren. 21 (1) In der Zwischenzeit trieben Otho, der sich bei geordneten Verhältnissen keinerlei Hoffnung machen konnte, dessen ganze Planung vielmehr auf chaotischen Zuständen beruhte, viele Einflüsse gleichzeitig an: seine Verschwendungssucht, die sogar einen Princeps sehr belastet hätte, seine Geldnot, die kaum von einem Privatmann zu ertragen gewesen wäre, dazu Galba gegenüber Erbitterung, auf Piso Neid. Er redete sich sogar Furcht ein, um seinen Wünschen noch heftiger nachhängen zu können: Äußerst lästig sei er Nero gefallen, und er dürfe sich auch nicht noch einmal Hoffnung auf Lusitanien und die Auszeichnung mit einer zweiten Verbannung machen. Verdächtig und verhasst sei immer für Machthaber, wer als Nach-
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dominantibus qui proximus destinaretur. nocuisse id sibi apud senem principem, magis nociturum apud iuvenem ingenio trucem et longo exilio efferatum: occidi Othonem posse. (2) proinde agendum audendumque, dum Galbae auctoritas fluxa, Pisonis nondum coaluisset. opportunos magnis conatibus transitus rerum, nec cunctatione opus, ubi perniciosior sit quies quam temeritas. mortem omnibus ex natura aequalem oblivione apud posteros vel gloria distingui; ac si nocentem innocentemque idem exitus maneat, acrioris viri esse merito perire.
22 (1) Non erat Othonis mollis et corpori similis animus. et intimi libertorum servorumque, corruptius quam in privata domo habiti, aulam Neronis et luxus, adulteria matrimonia ceterasque regnorum libidines avido talium, si auderet, ut sua ostentantes, quiescenti ut aliena exprobrabant, urgentibus etiam mathematicis, dum novos motus et clarum Othoni annum observatione siderum adfirmant, genus hominum potentibus infidum, sperantibus fallax, quod in civitate nostra et vetabitur semper et retinebitur. (2) multos secreta Poppaeae mathematicos, pessimum principalis matrimonii instrumentum, habuerant: e quibus Ptolemaeus Othoni in Hispania comes, cum superfuturum eum Neroni promisisset, postquam ex eventu fides, coniectura iam et rumore senium Galbae et iuventam Othonis computantium persuaserat fore ut in imperium adscisceretur. (3) sed Otho tamquam peritia et monitu fatorum praedicta accipiebat, cupidine ingenii humani libentius obscura cre‹den›di. nec deerat Ptolemaeus, iam et sceleris instinctor, ad quod facillime ab eius modi voto transitur.
23 (1) Sed sceleris cogitatio incertum an repens: studia militum iam pridem spe successionis aut paratu facinoris adfectaverat, in itinere, in agmine,
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folger genannt werde. Geschadet habe ihm das schon beim alten Princeps, noch mehr werde es ihm beim jungen schaden, der von Natur aus grimmig und durch seine langjährige Verbannung36 wild geworden sei: Dass Otho umgebracht werde, könne durchaus sein. (2) Folglich müsse man handeln und sich getrauen, solange Galbas Autorität wackle, die Pisos noch nicht gefestigt sei. Günstig sei für bedeutende Unternehmungen der Machtwechsel, und kein Zögern sei dort am Platz, wo ruhiges Verhalten verderblicher sei als kühnes Vorgehen. Bei dem allen Menschen von Natur aus in gleicher Weise bestimmten Tod mache die Nachwelt nur durch Vergessen oder Ruhm einen Unterschied; und falls den Schuldigen wie den Unschuldigen dasselbe Ende erwarte, kennzeichne es den entschlosseneren Mann, zu Recht umzukommen. 22 (1) Nicht verweichlicht und damit seinem Körper37 ähnlich war Othos geistig-seelische Verfassung. Dazu wiesen seine vertrautesten Freigelassenen und Sklaven, die mit weniger Disziplin, als in einem privaten Haushalt üblich, gehalten wurden und Neros Hofhaltung und Verschwendungssucht, Ehebrüche, Ehen und die übrigen Gelüste von Gewaltherrschern dem Mann, der nach solchen Dingen gierte, falls er sich nur getraue, als seinen eigenen Besitz in Aussicht stellten, vorwurfsvoll darauf hin, wenn er sich ruhig verhalte, werde das fremdes Eigentum; dabei drängten ihn auch Astrologen, indem sie nach der Beobachtung der Gestirne behaupteten, es gebe politische Veränderungen und ein für Otho glänzendes Jahr, ein Menschenschlag, Machthabern gegenüber unzuverlässig, für hoffnungsvolle Menschen betrügerisch, den man in unserem Staat sowohl ständig verbieten als auch beibehalten wird. (2) Viele Astrologen, der schlechteste Hausrat in der Ehe eines Princeps, waren unter Poppaeas engsten Vertrauten gewesen. Von ihnen hatte Ptolemäus, ein Begleiter Othos in Spanien, diesem prophezeit, er werde Nero überleben. Nachdem das durch den Verlauf bestätigt worden war, hatte er ihn nun durch seine Deutung und das Gerede von Personen, die Galbas hohes Alter und Othos Jugend in Rechnung stellten, davon überzeugt, er werde zur Herrschaft berufen. (3) Otho aber fasste das so auf, als handle es sich um auf Sachkenntnis und einem Wink des Schicksals beruhende Vorhersagen, wegen des Hangs des menschlichen Geistes, lieber das Geheimnisvolle zu glauben. So tat Ptolemäus das Seine dazu, nun schon sogar als Anstifter zu einem Verbrechen, zu dem man sehr leicht von derartigen Wünschen aus übergeht. 23 (1) Aber ob der Gedanke an das Verbrechen erst jetzt auftauchte, ist nicht sicher: Um die Sympathien der Soldaten hatte er sich schon früher in der Hoffnung auf die Nachfolge oder bei der Vorbereitung der Untat bemüht, indem er unterwegs, auf dem Marsch, in den Quartieren vor allem
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in stationibus vetustissimum quemque militum nomine vocans ac memoria Neroniani comitatus contubernales appellando; alios adgnoscere, quosdam requirere et pecunia aut gratia iuvare, inserendo saepius querelas et ambiguos de Galba sermones quaeque alia turbamenta volgi. (2) labores itinerum, inopia commeatuum, duritia imperii atrocius accipiebantur, cum Campaniae lacus et Achaiae urbes classibus adire soliti Pyrenaeum et Alpes et immensa viarum spatia aegre sub armis eniterentur.
24 (1) Flagrantibus iam militum animis velut faces addiderat Maevius Pudens, e proximis Tigellini. is mobilissimum quemque ingenio aut pecuniae indigum et in novas cupiditates praecipitem alliciendo eo paulatim progressus est, ut per speciem convivii, quotiens Galba apud Othonem epularetur, cohorti excubias agenti viritim centenos nummos divideret. (2) quam velut publicam largitionem Otho secretioribus apud singulos praemiis intendebat, adeo animosus corruptor, ut Cocceio Proculo speculatori de parte finium cum vicino ambigenti universum vicini agrum sua pecunia emptum dono dederit, per socordiam praefecti, quem nota pariter et occulta fallebant.
25 (1) Sed tum e libertis Onomastum futuro sceleri praefecit, a quo Barbium Proculum tesserarium speculatorum et Veturium optionem eorundem perductos, postquam vario sermone callidos audacesque cognovit, pretio et promissis onerat, data pecunia ad pertemptandos plurium animos. suscepere duo manipulares imperium populi Romani transferendum et transtulerunt. (2) in conscientiam facinoris pauci adsciti: suspensos ceterorum animos diversis artibus stimulant, primores militum per beneficia Nymphidi ut suspectos, volgus et ceteros ira et desperatione dilati totiens donativi. erant
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die dienstältesten Soldaten mit Namen ansprach und in der Erinnerung an die Zeit als Neros Gefolge als Kameraden bezeichnete. Die einen erkannte er wieder, nach anderen erkundigte er sich und half mit Geld oder seinem Einfluss, wobei er immer öfter Klagen und zweideutige Reden über Galba einstreute und was es sonst noch an das einfache Soldatenvolk aufwiegelnden Möglichkeiten gibt. (2) Die Anstrengungen auf den Märschen, der Mangel an Verpflegung, die Härte des Dienstes stießen auf schroffe Ablehnung, weil die Männer, die gewohnt waren, die Seen Kampaniens und die Städte Achaias mit Flotten anzusteuern, nun die Pyrenäen und Alpen und unermessliche Wegstrecken mühsam unter Waffen überwinden sollten. 24 (1) An die schon erhitzten Gemüter der Soldaten hatte Maevius Pudens, einer von Tigellinus’38 engsten Freunden, sozusagen zusätzlich Fackeln gehalten. Dieser Mann ging bei seinen Bemühungen, gerade die leichtsinnigsten oder in Geldnot befindlichen und sich auf neue Begehrlichkeiten stürzenden Elemente anzulocken, allmählich so weit, dass er unter dem Vorwand, es handle sich um ein Bankett, jedes Mal wenn Galba bei Otho speiste, unter der wachhabenden Kohorte pro Mann einhundert Sesterze verteilte.39 (2) Diese gewissermaßen öffentliche Zuwendung erhöhte Otho bei einzelnen Personen durch geheimere Belohnungen, ein derart entschlossener Verführer, dass er dem Gardesoldaten40 Cocceius Proculus, der wegen eines Grundstücks mit einem Nachbarn im Streit lag, den ganzen mit seinem eigenen Geld gekauften Acker des Nachbarn schenkte, unter Ausnutzung der Gleichgültigkeit des Kommandanten, der von bekannten und unbekannten Vorfällen in gleicher Weise nichts merken wollte. 25 (1) Dann aber übertrug er die Durchführung des geplanten Verbrechens von seinen Freigelassenen dem Onomastus, von dem der für die Parole der Gardesoldaten zuständige Barbius Proculus und deren Feldwebel Veturius zu ihm geführt wurden. Nachdem er sie in Gesprächen über verschiedene Themen als schlau und wagemutig erkannt hatte, überhäufte er sie mit finanziellen Zuwendungen und Versprechungen und gab ihnen Geld, damit sie sich an noch mehr Männer heranmachten. So übernahmen zwei einfache Soldaten die Vergabe der Herrschaft über das römische Volk – und vergaben sie. (2) In die Mitwisserschaft an der Untat wurden nur wenige Personen einbezogen. Die unentschlossene Haltung des Rests stachelten sie auf verschiedene Art und Weise an: die Soldaten der höchsten Dienstgrade als wegen der Beförderung durch Nymphidius verdächtige Personen, die große Menge der anderen durch ihre Erbitterung und die Aufgabe der Hoffnung auf das so oft aufgeschobene Geldgeschenk. Es gab auch Leute, die die Erinnerung an Nero und die Sehnsucht nach der früheren Disziplin-
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quos memoria Neronis ac desiderium prioris licentiae accenderet: in commune omnes metu mutandae militiae terrebantur. 26 (1) Infecit ea tabes legionum quoque et auxiliorum motas iam mentes, postquam volgatum erat labare Germanici exercitus fidem. adeoque parata apud malos seditio, etiam apud integros dissimulatio fuit, ut postero iduum die redeuntem a cena Othonem rapturi fuerint, ni incerta noctis et tota urbe sparsa militum castra nec facilem inter temulentos consensum timuissent, non rei publicae cura, quam foedare principis sui sanguine sobrii parabant, sed ne per tenebras, ut quisque Pannonici vel Germanici exercitus militibus oblatus esset, ignorantibus plerisque, pro Othone destinaretur. (2) multa erumpentis seditionis indicia per conscios oppressa: quaedam apud Galbae aures praefectus Laco elusit, ignarus militarium animorum consiliique quamvis egregii, quod non ipse adferret, inimicus et adversus peritos pervicax.
27 (1) Octavo decimo kalendas Februarias sacrificanti pro aede Apollinis Galbae haruspex Umbricius tristia exta et instantes insidias ac domesticum hostem praedicit, audiente Othone (nam proximus adstiterat) idque ut laetum e contrario et suis cogitationibus prosperum interpretante. nec multo post libertus Onomastus nuntiat exspectari eum ab architecto et redemptoribus, quae significatio coeuntium iam militum et paratae coniurationis convenerat. (2) Otho, causam digressus requirentibus, cum emi sibi praedia vetustate suspecta eoque prius exploranda finxisset, innixus liberto per Tiberianam domum in Velabrum, inde ad miliarium aureum sub aedem Saturni pergit. ibi tres et viginti speculatores consalutatum imperatorem ac paucitate salutantium trepidum et sellae festinanter impositum strictis mucronibus rapiunt; totidem ferme milites in itinere adgregantur, alii con-
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losigkeit anfachten. Insgesamt aber hatten sie alle fürchterliche Angst davor, in andere Einheiten versetzt zu werden. 26 (1) Diese Seuche steckte auch die Legionen und Hilfstruppen an, die schon in Unruhe waren, nachdem sich die Nachricht verbreitet hatte, die Treue des germanischen Heeres wanke. Derart entschlossen war man bei den schlechten Elementen zur Meuterei und auch bei den anständigen Personen zum Wegschauen, dass am 14. (Januar 69) Otho auf dem Rückweg von einem Diner entführt worden wäre, wenn man nicht die Unsicherheiten der Nacht und die Tatsachen gefürchtet hätte, dass über die ganze Hauptstadt verstreut die Unterkünfte der Soldaten lagen und unter den Betrunkenen ein gemeinsames Vorgehen nicht leicht zu erreichen war. Es geschah nicht aus Sorge um den Staat, den mit dem Blut ihres Princeps zu besudeln sie sich nüchtern anschickten, sondern damit in der Dunkelheit nicht der Erstbeste, wenn er den Soldaten des pannonischen oder germanischen Heeres über den Weg laufe, anstelle Othos bestimmt werde, den ja die meisten gar nicht kannten. (2) Viele Anzeichen der ausbrechenden Meuterei wurden durch die eingeweihten Personen unterdrückt: Einige verharmloste vor den Ohren Galbas der Kommandant Laco, der keine Ahnung von der Mentalität von Soldaten hatte und bei einem auch noch so hervorragenden Vorschlag, den er nicht selbst vorbrachte, ablehnend und gegenüber den Fachleuten eigensinnig war. 27 (1) Als am 15. Januar Galba vor dem Apollotempel opferte, verkündete ihm der Opferschauer Umbricius, die Eingeweide verhießen nichts Gutes, ein Anschlag stehe bevor und er habe einen Landesfeind im eigenen Haus, wobei Otho zuhörte – denn er hatte sich ganz in die Nähe gestellt – und diese Auskunft im Gegensatz dazu als erfreulich und für seine Pläne günstig deutete. Nicht viel später meldete der Freigelassene Onomastus, er werde vom Architekten und den Bauunternehmern erwartet; das hatte man als Zeichen dafür verabredet, dass sich die Soldaten schon versammelten und die Verschwörung vorbereitet war. (2) Nachdem Otho auf die Frage nach dem Grund für seinen Weggang vorgeschoben hatte, von ihm werde ein Landgut gekauft, das wegen seines Alters problematisch sei und deshalb zuvor besichtigt werden müsse, stützte er sich auf einen Freigelassenen und eilte durch das Haus des Tiberius zum Velabrum, von dort zum goldenen Meilenstein unterhalb des Saturntempels.41 Dort begrüßten ihn 23 Gardesoldaten als Imperator, setzten den über die geringe Zahl der Personen, die ihn begrüßten, bestürzten Mann schnell auf einen Tragsessel und schleppten ihn schleunigst mit gezückten Schwertern fort; ungefähr ebenso viele Soldaten schlossen sich ihnen auf dem Weg an, die einen aus Überzeugung,
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scientia, plerique miraculo, pars clamore et gladiis, pars silentio, animum ex eventu sumpturi. 28 Stationem in castris agebat Iulius Martialis tribunus. is magnitudine subiti sceleris, an corrupta latius castra et, si contra tenderet, exitium metuens, praebuit plerisque suspicionem conscientiae; anteposuere ceteri quoque tribuni centurionesque praesentia dubiis et honestis, isque habitus animorum fuit ut pessimum facinus auderent pauci, plures vellent, omnes paterentur.
29 (1) Ignarus interim Galba et sacris intentus fatigabat alieni iam imperii deos, cum adfertur rumor rapi in castra incertum quem senatorem, mox Othonem esse qui raperetur, simul ex tota urbe, ut quisque obvius fuerat, alii formidine augentes, quidam minora vero, ne tum quidem obliti adulationis. igitur consultantibus placuit pertemptari animum cohortis, quae in Palatio stationem agebat, nec per ipsum Galbam, cuius integra auctoritas maioribus remediis servabatur. (2) Piso pro gradibus domus vocatos in hunc modum adlocutus est: ‘sextus dies agitur, commilitones, ex quo ignarus futuri, et sive optandum hoc nomen sive timendum erat, Caesar adscitus sum; quo domus nostrae aut rei publicae fato, in vestra manu positum est, non quia meo nomine tristiorem casum paveam, ut qui adversas res expertus cum maxime discam ne secundas quidem minus discriminis habere: patris et senatus et ipsius imperii vicem doleo, si nobis aut perire hodie necesse est aut, quod aeque apud bonos miserum est, occidere. solacium proximi motus habebamus incruentam urbem et res sine discordia translatas: provisum adoptione videbatur, ut ne post Galbam quidem bello locus esset.
30 (1) Nihil adrogabo mihi nobilitatis aut modestiae; neque enim relatu virtutum in comparatione Othonis opus est. vitia, quibus solis gloriatur,
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sehr viele aus Neugier, ein Teil mit Geschrei und Schwertern, ein anderer mit Schweigen, weil sie sich je nach dem Ausgang entscheiden wollten. 28 Wachhabender in der Kaserne war der Tribun Iulius Martialis. Dieser erregte, weil er angesichts der Bedeutung des ihn völlig überraschenden Verbrechens befürchtete, die Kaserne könne in weiterem Umfang verführt sein und ihm drohe, falls er sich dagegen stemme, das Ende, bei den meisten Beteiligten den Verdacht der Mitwisserschaft;42 auch die übrigen Tribune und Zenturionen zogen das aktuelle Vorgehen unsicheren, anständigen Verhaltensweisen vor, und so herrschte eine derartige Stimmung, dass die abscheuliche Untat nur wenige wagten, eine größere Anzahl wollte, alle geschehen ließen. 29 (1) Ahnungslos mit dem Opfer beschäftigt, behelligte Galba in der Zwischenzeit die Götter eines nun schon in fremder Hand befindlichen Reichs, da tauchte das Gerücht auf, in die Kaserne werde irgendein unbekannter Senator geschleppt, dann, es sei Otho, der mitgeschleppt werde; zugleich äußerten sich Leute aus der ganzen Hauptstadt, wie ein jeder gerade dazugestoßen war, wobei die einen aus Angst übertrieben, andere hinter der Wahrheit zurückblieben, aber nicht einmal in dieser Situation die Kriecherei vergaßen. Deshalb beriet man sich und beschloss, die Einstellung der Kohorte herauszubekommen, die im Palatium Wache hatte, und zwar nicht durch Galba persönlich, dessen unangetastete Autorität man für bedeutendere Gegenmaßnahmen zu wahren versuchte. (2) Piso sprach von der obersten Stufe des Hauses aus zu den herbeikommandierten Soldaten folgendermaßen: „Es ist nun fünf Tage her, Kameraden, seit ich, ohne zu wissen, was kommen werde und ob man diesen Titel haben wollen oder fürchten solle, zum Cäsar ernannt wurde. Was dieses Ereignis für das Schicksal meines Hauses oder des Staates bedeutet, liegt in eurer Hand, nicht als ob ich um meinetwillen vor einem traurigeren Los Angst hätte; bin ich doch ein Mann, der sich mit Unglück auskennt43 und gerade in diesem Augenblick lernt, dass nicht einmal Glück weniger Gefahr bedeutet: Um meinen Vater, den Senat und das Reich selbst tut es mir weh, wenn ich heute entweder umkommen oder, was in den Augen anständiger Personen genauso schlimm ist, umbringen muss. Als Trost bei der letzten politischen Veränderung hatten wir eine Hauptstadt ohne Blutvergießen und eine ohne Auseinandersetzungen übertragene Macht: Vorsorge war anscheinend durch die Adoption dafür getroffen, dass auch nach Galba für einen Krieg kein Platz mehr ist. 30 (1) Keinesfalls werde ich für mich meine vornehme Abkunft oder mein maßvolles Verhalten ins Feld führen; es braucht ja keine Aufzählung von Vorzügen bei einem Vergleich mit Otho. Seine Fehler, deren er sich
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evertere imperium, etiam cum amicum imperatoris ageret. habitune et incessu an illo muliebri ornatu mereretur imperium? falluntur quibus luxuria specie liberalitatis imponit: perdere iste sciet, donare nesciet. stupra nunc et comissationes et feminarum coetus volvit animo: haec principatus praemia putat, quorum libido ac voluptas penes ipsum sit, rubor ac dedecus penes omnes; nemo enim umquam imperium flagitio quaesitum bonis artibus exercuit. (2) Galbam consensus generis humani, me Galba consentientibus vobis Caesarem dixit. si res publica et senatus et populus vacua nomina sunt, vestra, commilitones, interest, ne imperatorem pessimi faciant. legionum seditio adversus duces suos audita est aliquando: vestra fides famaque inlaesa ad hunc diem mansit. et Nero quoque vos destituit, non vos Neronem. (3) minus triginta transfugae et desertores, quos centurionem aut tribunum sibi eligentes nemo ferret, imperium adsignabunt? admittitis exemplum et quiescendo commune crimen facitis? transcendet haec licentia in provincias, et ad nos scelerum exitus, bellorum ad vos pertinebunt. nec est plus, quod pro caede principis quam quod innocentibus datur, sed proinde a nobis donativom ob fidem quam ab aliis pro facinore accipietis.’
31 (1) Dilapsis speculatoribus cetera cohors non aspernata contionantem, ut turbidis rebus evenit, forte magis et nullo adhuc consilio rapit signa ‹quam›, quod postea creditum est, insidiis et simulatione. (2) missus et Celsus Marius ad electos Illyrici exercitus Vipsania in porticu tendentes; praeceptum Amullio Sereno et Domitio Sabino primipilaribus, ut Germanicos milites e Libertatis atrio accerserent. legioni classicae diffidebatur, infestae ob caedem commilitonum, quos primo statim introitu trucidaverat Galba. pergunt etiam in castra praetorianorum tribuni Cetrius Severus, Subrius
Historien 1,30,1-1,31,2
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allein rühmen kann, untergruben das Reich sogar schon, als er sich als Freund des Oberbefehlshabers aufspielte. Sollte er durch sein Gehabe und sein Einherstolzieren oder etwa gar durch seine bezeichnende weibische Aufmachung die Herrschaft verdient haben? Es täuschen sich die Leute, die Verschwendungssucht unter dem Deckmantel der Freigebigkeit beeindruckt: Das Verschleudern wird dieser Herr verstehen, das Verschenken jedoch nicht. Hurereien, Trinkgelage und Damengesellschaften lässt er sich jetzt durch den Kopf gehen. Das hält er für Belohnungen des Prinzipats, deren Lust und Vergnügen ihn selbst betreffen, Schmach und Schande jedoch alle. Noch nie hat nämlich jemand eine durch eine Schandtat erworbene Herrschaft mit guten Methoden ausgeübt. (2) Galba dagegen hat die übereinstimmende Meinung des Menschengeschlechts, mich hat Galba mit eurer Zustimmung zum Cäsar ernannt. Wenn freies Staatswesen, Senat und Volk nur nichtssagende Bezeichnungen sind, liegt es an euch, Kameraden, dass den Oberbefehlshaber nicht die schlechtesten Elemente machen. Von einer Meuterei von Legionen gegen ihre Kommandeure hat man manchmal schon gehört: Eure Treue und euer guter Ruf blieben bis zu diesem Tag unangetastet. Und es war Nero, der euch im Stich ließ, nicht ihr Nero.44 (3) Sollten weniger als dreißig Überläufer und Fahnenflüchtige, bei denen niemand es hinnehmen würde, dass sie sich selbst einen Zenturio oder Tribun wählen, die Herrschaft vergeben? Lasst ihr das Vorbild zu und macht durch Stillhalten das Verbrechen zu einem gemeinsamen Unternehmen? Übergreifen wird diese Disziplinlosigkeit auf die Provinzen, und mich werden die Folgen der Untaten, euch die der Kriege treffen. Dabei ist der Betrag, den man euch für die Ermordung des Princeps gibt, auch nicht höher als der, wenn ihr keine Straftat begeht, sondern ihr werdet ebenso von mir ein Geldgeschenk wegen eurer Treue wie von anderen für das Verbrechen bekommen.“ 31 (1) Nachdem sich die Gardesoldaten entfernt hatten, nahm der Rest der Kohorte, der dem Redner aufmerksam zugehört hatte, wie es in chaotischen Situationen so geht, eher zufällig und noch ohne Plan als, was man später glaubte, aus Hinterlist und in Täuschungsabsicht eilends die Standarten auf. (2) Losgeschickt wurde auch Celsus Marius zu den abkommandierten Einheiten des illyrischen Heeres, die in der vipsanischen Säulenhalle lagerten; die Primipilaren Amullius Serenus und Domitius Sabinus erhielten den Befehl, die germanischen Soldaten aus der Halle der Libertas herzuholen.45 Der Matrosenlegion traute man nicht über den Weg, da sie wegen der Ermordung ihrer Kameraden aufsässig war, die Galba gleich zu Beginn seines Einzugs hatte abschlachten lassen.46 Es eilten auch noch in die Prätorianerkaserne die Tribune Cetrius Severus, Subrius Dexter und Pompeius Lon-
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Dexter, Pompeius Longinus, si incipiens adhuc et necdum adulta seditio melioribus consiliis flecteretur. (3) tribunorum Subrium et Cetrium adorti milites minis, Longinum manibus coercent exarmantque, quia non ordine militiae, sed e Galbae amicis, fidus principi suo et desciscentibus suspectior erat. legio classica nihil cunctata praetorianis adiungitur; Illyrici exercitus electi Celsum infestis pilis proturbant. Germanica vexilla diu nutavere, invalidis adhuc corporibus et placatis animis, quod eos a Nerone Alexandriam praemissos atque inde rursus longa navigatione aegros impensiore cura Galba refovebat.
32 (1) Universa iam plebs Palatium implebat, mixtis servitiis et dissono clamore caedem Othonis et coniuratorum exitium poscentium, ut si in circo aut theatro ludicrum aliquod postularent: neque illis iudicium aut veritas, quippe eodem die diversa pari certamine postulaturis, sed tradito more quemcumque principem adulandi licentia adclamationum et studiis inanibus. (2) Interim Galbam duae sententiae distinebant: Titus Vinius manendum intra domum, opponenda servitia, firmandos aditus, non eundum ad iratos censebat: daret malorum paenitentiae, daret bonorum consensui spatium: scelera impetu, bona consilia mora valescere; denique eundi ultro, si ratio sit, eandem mox facultatem, regressus, si paeniteat, in aliena potestate.
33 (1) Festinandum ceteris videbatur, antequam cresceret invalida adhuc coniuratio paucorum: trepidaturum etiam Othonem, qui furtim digressus, ad ignaros inlatus, cunctatione nunc et segnitia terentium tempus imitari principem discat. non exspectandum ut compositis castris forum invadat et prospectante Galba Capitolium adeat, dum egregius imperator cum fortibus
Historien 1,31,2-1,33,1
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ginus, um zu sehen, ob etwa die am Anfang stehende und noch nicht voll entwickelte Meuterei durch bessere Vorschläge abgewendet werden könne. (3) Was die Tribune betrifft, fielen über Subrius und Cetrius die Soldaten mit Drohungen her, gegen Longinus wurden sie handgreiflich und entwaffneten ihn, weil er, da er in keinem militärischen Dienstverhältnis stand, sondern nur zu den Freunden Galbas gehörte, seinem Princeps treu ergeben und den Leuten, die dabei waren abzufallen, noch verdächtiger war. Die Matrosenlegion schloss sich, ohne zu zögern, den Prätorianern an. Die abkommandierten Einheiten des illyrischen Heers jagten Celsus mit wurfbereiten Pilen fort. Die germanischen Einheiten blieben lange unentschieden, weil sie immer noch körperlich geschwächt und deshalb friedlich gestimmt waren; denn nachdem sie von Nero nach Alexandria vorausgeschickt worden und, von dort wieder zurück, von der langen Seefahrt krank waren, versuchte sie Galba mit besonders aufwendiger Pflege wieder zu Kräften zu bringen. 32 (1) Ganz füllte der Pöbel schon den Palatin; unter ihn hatten sich Trupps von Sklaven gemischt, und mit wirrem Geschrei forderten sie so Othos Ermordung und das Ende der Verschwörer, als ob sie im Zirkus oder Theater die Aufführung irgendeines Stücks verlangten. Aber sie zeigten keine Urteilskraft oder Aufrichtigkeit, da sie ja noch am selben Tag das Gegenteil mit dem gleichen Nachdruck verlangen sollten, sondern in der herkömmlichen Art, jedem beliebigen Princeps zu schmeicheln mit ausgelassenem Beifallsgeschrei und nichtssagenden Sympathiekundgebungen. (2) In der Zwischenzeit ließen Galba zwei Meinungen unsicher werden: Titus Vinius vertrat die Auffassung, man solle zu Hause bleiben, Sklaventrupps aufmarschieren lassen, die Zugänge verbarrikadieren, nicht zu den aufgebrachten Leuten gehen. Er solle der Reue der Schurken, der gemeinsamen Überzeugung der anständigen Zeitgenossen Raum lassen: Verbrechen würden durch schnellen Zugriff, gute Pläne durch Abwarten stark; schließlich biete sich später dieselbe Möglichkeit, aus freien Stücken zu gehen, falls das angebracht sei, die des Rückzugs dagegen liege, falls es einen gereue, in fremder Macht. 33 (1) Schnell handeln müsse man, meinten alle anderen, bevor die noch schwache Verschwörung nur weniger Personen anwachse: Angst bekommen werde auch Otho, der sich verstohlen davongemacht habe und zu Leuten, die keine Ahnung hätten, gebracht worden sei, nun aber durch das Zögern und Nichtstun, mit dem sie ihre Zeit verschwendeten, lerne, den Princeps zu spielen. Man dürfe nicht darauf warten, dass er die Situation in der Kaserne in den Griff bekomme, dann in das Forum eindringe und vor den Augen Galbas aufs Kapitol gehe, während der hervorragende Befehlshaber mit sei-
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amicis ianua ac limine tenus domum cludit, obsidionem nimirum toleraturus. (2) et praeclarum in servis auxilium, si consensus tantae multitudinis et, quae plurimum valet, prima indignatio elanguescat. perinde intuta quae indecora; vel si cadere necesse sit, occurrendum discrimini: id Othoni invidiosius et ipsis honestum. repugnantem huic sententiae Vinium Laco minaciter invasit, stimulante Icelo privati odii pertinacia in publicum exitium.
34 (1) Nec diutius Galba cunctatus speciosiora suadentibus accessit. praemissus tamen in castra Piso, ut iuvenis magno nomine, recenti favore et infensus Tito Vinio, seu quia erat seu quia irati ita volebant: et facilius de odio creditur. (2) vixdum egresso Pisone occisum in castris Othonem vagus primum et incertus rumor: mox, ut in magnis mendaciis, interfuisse se quidam et vidisse adfirmabant, credula fama inter gaudentes et incuriosos. multi arbitrabantur compositum auctumque rumorem mixtis iam Othonianis, qui ad evocandum Galbam laeta falso volgaverint.
35 (1) Tum vero non populus tantum et imperita plebs in plausus et immodica studia, sed equitum plerique ac senatorum, posito metu incauti, refractis Palatii foribus ruere intus ac se Galbae ostentare, praereptam sibi ultionem querentes, ignavissimus quisque et, ut res docuit, in periculo non ausurus, nimii verbis, linguae feroces; nemo scire et omnes adfirmare, donec inopia veri et consensu errantium victus sumpto thorace Galba inruenti turbae, neque aetate neque corpore sistens, sella levaretur. (2) obvius in Palatio Iulius Atticus speculator, cruentum gladium ostentans, occisum a se
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nen tapferen Freunden bis zur Pforte und Schwelle hin das Haus verrammle, natürlich in der Absicht, so die Belagerung zu überstehen. (2) Eine glänzende Hilfe stellten ferner die Sklaven dar, falls es überhaupt zu einem einmütigen Handeln einer derart großen Menge komme und, worin noch ihre größte Stärke liege, sich die erste Empörung lege. Ein Verhalten, das unehrenhaft sei, sei ebenso riskant: Selbst wenn zu fallen unumgänglich sei, müsse man trotzdem der Gefahr begegnen. Das werde Otho noch mehr Abneigung und ihnen selbst Ehre einbringen. Als Vinius dieser Auffassung widersprach, griff ihn Laco drohend an; dabei hetzte diesen Icelus mit der Hartnäckigkeit seines persönlichen Hasses zum Verderben des Staates auf. 34 (1) Ohne nun noch länger zu zögern, schlug sich Galba auf die Seite der Ratgeber mit den besser klingenden Vorschlägen. Dennoch schickte man Piso in die Kaserne voraus, da sie in ihm einen jungen Mann mit großem Namen, frischer Popularität und einen Feind des Titus Vinius sahen, entweder weil er es wirklich war oder weil sie es in ihrer Erbitterung so wollten: Tatsächlich fällt es leichter, was mit Hass zu tun hat, zu glauben. (2) Kaum war Piso verschwunden, kam das zunächst nur unbestimmte und ungewisse Gerücht auf, Otho sei in der Kaserne ermordet worden. Dann beteuerten, wie es bei Lügen in bedeutenden Angelegenheiten so geht, einige Personen, sie seien dabei gewesen und hätten zugeschaut, wobei man dem Gerede gerne glaubte inmitten lauter hocherfreuter und deshalb unbekümmerter Menschen. Viele meinten, das Gerücht sei erfunden und aufgebauscht worden durch Anhänger Othos, die sich schon unter die Leute gemischt hatten und, um Galba herauszulocken, fälschlicherweise erfreuliche Nachrichten im Volk verbreiteten. 35 (1) In diesem Moment brachen nicht nur das Volk und der ahnungslose Pöbel in Beifallsrufe und übertriebene Sympathiekundgebungen aus, sondern auch eine große Anzahl von Rittern und Senatoren, die, nachdem sie ihre Furcht abgelegt hatten, nun unvorsichtig waren; sie sprengten die Tore des Palatiums auf, strömten hinein und zeigten sich Galba, wobei sie sich darüber beklagten, man habe ihnen die Möglichkeit zur Bestrafung entrissen, darunter gerade die größten Feiglinge, die, wie der weitere Verlauf lehrte, sich nichts zu unternehmen getrauen sollten, großspurig mit Worten, mit der Zunge wild entschlossen. Niemand wusste und doch behaupteten alle etwas, bis Galba, aus mangelhafter Kenntnis der wirklichen Lage und durch die übereinstimmende Fehleinschätzung umgestimmt, seinen Brustpanzer anlegte und, weil er sich der hereinströmenden Menge gegenüber weder wegen seines Alters noch seines körperlichen Zustands auf den Beinen halten konnte, auf einen Tragsessel heben ließ. (2) Da kam im Palatium der Gardesoldat Iulius Atticus auf ihn zu, zeigte sein blutiges Schwert
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Othonem exclamavit; et Galba ‘commilito’, inquit ‘quis iussit?’ insigni animo ad coercendam militarem licentiam, minantibus intrepidus, adversus blandientes incorruptus. 36 (1) Haud dubiae iam in castris omnium mentes tantusque ardor, ut non contenti agmine et corporibus in suggestu, in quo paulo ante aurea Galbae statua fuerat, medium inter signa Othonem vexillis circumdarent. nec tribunis aut centurionibus adeundi locus: gregarius miles caveri insuper praepositos iubebat. (2) strepere cuncta clamoribus et tumultu et exhortatione mutua, non tamquam in populo ac plebe variis segni adulatione vocibus, sed ut quemque adfluentium militum adspexerant, prensare manibus, complecti armis, conlocare iuxta, praeire sacramentum, modo imperatorem militibus, modo milites imperatori commendare. (3) nec deerat Otho protendens manus adorare volgum, iacere oscula, et omnia serviliter pro dominatione. postquam universa classicorum legio sacramentum eius accepit, fidens viribus, et quos adhuc singulos exstimulaverat, accendendos in commune ratus pro vallo castrorum ita coepit.
37 (1) ‘Quis ad vos processerim, commilitones, dicere non possum, quia nec privatum me vocare sustineo princeps a vobis nominatus, nec principem alio imperante. vestrum quoque nomen in incerto erit, donec dubitabitur imperatorem populi Romani in castris an hostem habeatis. (2) auditisne, ut poena mea et supplicium vestrum simul postulentur? adeo manifestum est neque perire nos neque salvos esse nisi una posse; et cuius lenitatis est Galba, iam fortasse promisit, ut qui nullo exposcente tot milia innocentissimorum militum trucidaverit. (3) horror animum subit, quotiens recordor feralem introitum et hanc solam Galbae victoriam, cum in oculis urbis decumari deditos iuberet, quos deprecantes in fidem acceperat. his auspiciis urbem
Historien 1,35,2-1,37,3
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und rief, Otho sei von ihm umgebracht worden; darauf sagte Galba nur: „Kamerad, wer hat das befohlen?“, mit beachtlichem Mut, der Disziplinlosigkeit der Soldaten Einhalt zu gebieten – wenn sie drohten, unerschrocken, gegenüber Kriechern unbestechlich. 36 (1) Nicht mehr zweifelhaft war da in der Kaserne die allgemeine Stimmung und die Begeisterung derart groß, dass man sich nicht mit dem Aufmarsch und der bloßen Anwesenheit begnügte, sondern auf dem Podium, auf dem kurz zuvor noch eine goldene Statue Galbas gestanden hatte, den sich mitten unter den Fahnen aufhaltenden Otho mit den Standarten umringte. Tribune oder Zenturionen aber hatten keine Möglichkeit, dorthin zu kommen: Der einfache Soldat befahl darüber hinaus, sich vor den Vorgesetzten in Acht zu nehmen. (2) Die gesamte Kaserne hallte von Geschrei, Aufruhr und gegenseitigen Anfeuerungsrufen wider, nicht wie beim Volk und Pöbel üblich mit durcheinandergehenden Schreien voll untätiger Schmeichelei, sondern, sowie man einen der herbeiströmenden Soldaten erblickt hatte, packte man ihn bei der Hand, umschlang ihn mit den Armen, stellte ihn neben sich, sprach den Fahneneid vor, anvertraute bald den Oberbefehlshaber den Soldaten, bald die Soldaten dem Oberbefehlshaber. (3) Und Otho war sich nicht zu schade, seine Hände auszustrecken und so der Menge seine Ehrerbietung zu erweisen, Kusshände zu werfen und sich wie ein Sklave zu benehmen – alles für die Alleinherrschaft. Nachdem die gesamte Legion der Marinesoldaten den Treueid auf ihn geleistet hatte, begann er im Vertrauen auf seine militärische Macht und in der Überzeugung, die Männer, die er bisher einzeln angespornt hatte, insgesamt anfeuern zu müssen, damit vorn auf dem Kasernenwall folgendermaßen: 37 (1) „In welcher Eigenschaft ich vor euch getreten bin, Kameraden, kann ich nicht sagen, weil ich es weder übers Herz bringe, mich als Privatmann zu bezeichnen, nachdem ich von euch zum Princeps ernannt worden bin, noch als Princeps, wo doch ein anderer an der Herrschaft ist, und weil auch eure Bezeichnung nicht feststehen wird, solange Zweifel bestehen, ob ihr den Oberbefehlshaber des römischen Volkes in eurer Kaserne habt oder einen Landesfeind. (2) Hört ihr, wie meine Bestrafung und eure Hinrichtung gleichzeitig gefordert werden? Derart klar liegt auf der Hand, dass wir nur zusammen entweder untergehen oder gerettet werden können. Und bei der Milde, die Galba auszeichnet, hat er das vielleicht schon zugesagt; ist er doch der Mann, der, ohne dass es jemand verlangte, so viele Tausende völlig unschuldiger Soldaten abschlachten ließ.47 (3) Das Grauen packt mich, sooft ich an seinen mit Leichen übersäten Einzug und diesen einzigen Sieg Galbas denke, als er vor den Augen der Hauptstadt die Einheiten nach ihrer Kapitulation dezimieren48 ließ, die er auf ihre eindringlichen Bitten hin
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ingressus, quam gloriam ad principatum attulit nisi occisi Obultronii Sabini et Cornelii Marcelli in Hispania, Betui Cilonis in Gallia, Fontei Capitonis in Germania, Clodii Macri in Africa, Cingonii in via, Turpiliani in urbe, Nymphidii in castris? (4) quae usquam provincia, quae castra sunt nisi cruenta et maculata aut, ut ipse praedicat, emendata et correcta? nam quae alii scelera, hic remedia vocat, dum falsis nominibus severitatem pro saevitia, parsimoniam pro avaritia, supplicia et contumelias vestras disciplinam appellat. (5) septem a Neronis fine menses sunt, et iam plus rapuit Icelus quam quod Polycliti et Vatinii et Aegiali perdiderunt. minore avaritia ac licentia grassatus esset T. Vinius, si ipse imperasset: nunc et subiectos nos habuit tamquam suos et viles ut alienos. una illa domus sufficit donativo, quod vobis numquam datur et cotidie exprobratur.
38 (1) Ac ne qua saltem in successore Galbae spes esset, accersit ab exilio, quem tristitia et avaritia sui simillimum iudicabat. vidistis, commilitones, notabili tempestate etiam deos infaustam adoptionem aversantes. idem senatus, idem populi Romani animus est: vestra virtus exspectatur, apud quos omne honestis consiliis robur et sine quibus quamvis egregia invalida sunt. (2) non ad bellum vos nec ad periculum voco: omnium militum arma nobiscum sunt. nec una cohors togata defendit nunc Galbam, sed detinet: cum vos adspexerit, cum signum meum accceperit, hoc solum erit certamen, quis mihi plurimum imputet. nullus cunctationis locus est in eo consilio, quod non potest laudari nisi peractum.’ (3) aperire deinde armamentarium iussit. rapta statim arma, sine more et ordine militiae, ut praetorianus aut legionarius insignibus suis distingueretur: miscentur auxiliaribus galeis scu-
Historien 1,37,3-1,38,3
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unter seinen Schutz gestellt hatte. Nach seinem Einzug in die Hauptstadt unter diesen Vorzeichen – welchen Ruhm hat er da seinem Prinzipat gebracht als die Ermordung des Obultronius Sabinus und Cornelius Marcellus in Spanien, des Betuus Cilo in Gallien, des Fonteius Capito in Germanien, des Clodius Macer in Africa, des Cingonius auf dem Weg, des Turpilianus in der Hauptstadt, des Nymphidius in eurer Kaserne?49 (4) Welche Provinz, welches Lager gibt es denn noch irgendwo, die nicht blutbefleckt und besudelt oder, wie er selbst es bezeichnet, gesäubert und in Ordnung gebracht worden wären? Denn was andere Verbrechen, nennt dieser Mann Medizin, wobei er mit falschen Bezeichnungen von Strenge statt von Grausamkeit, von Sparsamkeit statt von Geiz, statt von Hinrichtungen und eurer schändlichen Behandlung von militärischer Zucht spricht. (5) Sieben Monate sind nun seit Neros Ende vergangen, und Icelus hat schon mehr zusammengerafft, als Leute wie Polyclitus, Vatinius und Aegialus50 durchgebracht haben. Mit weniger Habgier und Willkür hätte T. Vinius gewütet, wenn er selbst an die Macht gekommen wäre: Jetzt hat er uns einerseits wie Untertanen behandelt, als seien wir sein Eigentum, andererseits wie minderwertige Ware, als seien wir fremdes Gut. Dieses eine Haus dort reicht für das Geldgeschenk aus, das man euch nie gibt und doch täglich vorhält. 38 (1) Und damit man nicht wenigstens auf Galbas Nachfolger ein bisschen Hoffnung setzen kann, holte er einen Mann aus der Verbannung, den er wegen seiner Griesgrämigkeit und seines Geizes als sein genaues Ebenbild ansah. Ihr habt miterlebt, Kameraden, dass durch das bemerkenswerte Unwetter sich sogar die Götter gegen die Unheil bringende Adoption aussprachen. Gleicher Meinung sind der Senat und das römische Volk: Eure Tüchtigkeit erwartet man von euch, bei euch liegt alle Kraft für anständige Vorhaben, und ohne euch lassen sich selbst hervorragende Ansätze nicht verwirklichen. (2) Nicht zu Krieg und Gefahr rufe ich euch auf: Aller Soldaten Waffen sind schon auf unserer Seite. Und auch die eine Kohorte in der Toga51 verteidigt jetzt Galba nicht, sondern hält ihn fest: Wenn sie euch erblickt, wenn sie von mir die Parole bekommen hat, dann wird der Streit einzig darum gehen, wer sich mich am meisten verpflichten kann. Kein Zögern ist bei einem Vorhaben am Platz, das man nur dann loben kann, wenn es zu Ende geführt worden ist.“ (3) Dann ließ er das Waffendepot öffnen. Sofort riss man die Waffen an sich ohne Beachtung der militärischen Gewohnheit und Disziplin, sodass man einen Prätorianer oder Legionär an seinen Abzeichen hätte unterscheiden können: Sie liefen durcheinander mit Helmen und Schilden von Hilfstruppen, ohne dass einer der Tribune oder
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tisque, nullo tribunorum centurionumve adhortante, sibi quisque dux et instigator; et praecipuum pessimorum incitamentum, quod boni maerebant. 39 (1) Iam exterritus Piso fremitu crebrescentis seditionis et vocibus in urbem usque resonantibus, egressum interim Galbam et foro appropinquantem adsecutus erat; iam Marius Celsus haud laeta rettulerat, cum alii in Palatium redire, alii Capitolium petere, plerique rostra occupanda censerent, plures tantum sententiis aliorum contra dicerent, utque evenit in consiliis infelicibus, optima viderentur quorum tempus effugerat. (2) agitasse Laco ignaro Galba de occidendo Tito Vinio dicitur, sive ut poena eius animos militum mulceret, seu conscium Othonis credebat, ad postremum vel odio. haesitationem attulit tempus ac locus, quia initio caedis orto difficilis modus; et turbavere consilium trepidi nuntii ac proximorum diffugia, languentibus omnium studiis, qui primo alacres fidem atque animum ostentaverant.
40 (1) Agebatur huc illuc Galba vario turbae fluctuantis impulsu, completis undique basilicis ac templis, lugubri prospectu. neque populi aut plebis ulla vox, sed attoniti voltus et conversae ad omnia aures; non tumultus, non quies, quale magni metus et magnae irae silentium est. Othoni tamen armari plebem nuntiabatur: ire praecipites et occupare pericula iubet. (2) igitur milites Romani, quasi Vologaesum aut Pacorum avito Arsacidarum solio depulsuri ac non imperatorem suum inermem et senem trucidare pergerent, disiecta plebe, proculcato senatu, truces armis, rapidi equis forum inrumpunt. nec illos Capitolii adspectus et imminentium templorum religio et priores et futuri principes terruere, quo minus facerent scelus, cuius ultor est quisquis successit.
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Zenturionen einschritt – jeder sein eigener Anführer und Antreiber, und der besondere Reiz für die größten Schurken bestand darin, dass die anständigen Männer darüber traurig waren. 39 (1) Schon hatte Piso, zutiefst erschrocken über den Lärm des um sich greifenden Aufstands und die Stimmen, die bis in die Hauptstadt hinein zu hören waren, Galba eingeholt, der in der Zwischenzeit herausgekommen war und sich dem Forum näherte; schon hatte Marius Celsus wenig erfreuliche Nachrichten gebracht, da meinten die einen, man solle ins Palatium zurückkehren, andere, sich zum Kapitol begeben, eine größere Zahl, die Rednerbühne besetzen, die meisten widersprachen nur den Auffassungen der anderen, und, wie es bei unglücklichen Plänen so geht, die besten Maßnahmen schienen die zu sein, für die der richtige Zeitpunkt schon vorüber war. (2) Laco soll ohne Wissen Galbas daran gedacht haben, Titus Vinius umbringen zu lassen, entweder um durch seine Bestrafung die Soldaten zu beschwichtigen oder weil er ihn für einen Vertrauten Othos hielt, schließlich vielleicht aber auch nur aus Hass. Zögern ließen ihn Zeitpunkt und Ort, weil, wenn das Morden erst einmal angefangen hat, ihm nur schwer ein Ende zu setzen ist; ferner vereitelten die Durchführung des Plans erschreckende Nachrichten und die Absetzbewegungen der engsten Umgebung, da der Eifer aller erlahmte, die zunächst begeistert Treue und Mut zur Schau getragen hatten. 40 (1) Unterdessen wurde Galba hin- und hergeschleppt im Gedränge der in verschiedene Richtungen wogenden Menschenmenge, auf allen Seiten die Hallen und Tempel voller Leute, ein bedrückender Anblick; von Volk oder Pöbel kein Laut, sondern wie vom Donner gerührt die Mienen und auf alle Geräusche gerichtet die Ohren: kein Tumult, keine Stille, nur Schweigen, wie es bei großer Furcht und großer Empörung auftritt. Otho wurde dennoch gemeldet, der Pöbel greife zu den Waffen. Man solle schleunigst losziehen und den Gefahren zuvorkommen, befahl er. (2) Also brachen römische Soldaten, so als hätten sie vor, Vologaesus oder Pacorus vom ererbten Thron der Arsaciden52 zu stoßen und nicht vielmehr ihren eigenen, unbewaffneten und dazu schon alten Oberbefehlshaber abzuschlachten, nachdem sie den Pöbel auseinandergetrieben, den Senat niedergeritten hatten, furchtbar mit ihren Waffen, rasend schnell mit ihren Pferden in das Forum ein. Dabei ließen sie nicht der Anblick des Kapitols, die Heiligkeit der hoch aufragenden Tempel und der Gedanke an frühere und künftige Principes davor zurückschrecken, ein Verbrechen zu begehen, das von jedem Nachfolger bestraft wird, mag er sein, wer er will.
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41 (1) Viso comminus armatorum agmine vexillarius comitatae Galbam cohortis (Atilium Vercilionem fuisse tradunt) dereptam Galbae imaginem solo adflixit. eo signo manifesta in Othonem omnium militum studia, desertum fuga populi forum, destricta adversus dubitantes tela. (2) iuxta Curtii lacum trepidatione ferentium Galba proiectus e sella ac provolutus est. extremam eius vocem, ut cuique odium aut admiratio fuit, varie pro‹di›dere. alii suppliciter interrogasse, quid mali meruisset, paucos dies exsolvendo donativo deprecatum; plures obtulisse ultro percussoribus iugulum: agerent ac ferirent, si ita ‹e› re publica videretur. non interfuit occidentium quid diceret. (3) de percussore non satis constat: quidam Terentium evocatum, alii Laecanium, crebrior fama tradidit Camurium quintae decimae legionis militem impresso gladio iugulum eius hausisse. ceteri crura brachiaque (nam pectus tegebatur) foede laniavere; pleraque vulnera feritate et saevitia trunco iam corpori adiecta.
42 Titum inde Vinium invasere, de quo et ipso ambigitur, consumpseritne vocem eius instans metus, an proclamaverit non esse ab Othone mandatum ut occideretur. quod seu finxit formidine seu conscientiam coniurationis confessus est, huc potius eius vita famaque inclinat, ut conscius sceleris fuerit, cuius causa erat. ante aedem divi Iulii iacuit primo ictu in poplitem, mox ab Iulio Caro legionario milite in utrumque latus transverberatus.
43 (1) Insignem illa die virum Sempronium Densum aetas nostra vidit. centurio is praetoriae cohortis, a Galba custodiae Pisonis additus, stricto pugione occurrens armatis et scelus exprobrans ac modo manu modo voce vertendo in se percussores quamquam vulnerato Pisoni effugium dedit. (2) Piso in aedem Vestae pervasit, exceptusque misericordia publici servi et contubernio eius abditus non religione nec caerimoniis, sed latebra immi-
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41 (1) Als der Haufen der Männer in Waffen schon ganz in der Nähe zu sehen war, riss der Fahnenträger der Kohorte, die Galba begleitete – der Überlieferung nach war es Atilius Vercilio –, Galbas Bildnis herunter und schmetterte es auf den Boden. Auf dieses Zeichen hin richteten sich ganz offen die Sympathien aller Soldaten auf Otho, verlassen wurde fluchtartig vom Volk das Forum, man zog gegen zögernde Personen die Waffen. (2) Neben dem Curtiusbrunnen53 wurde Galba, weil die Träger voller Angst zu laufen begannen, aus dem Sessel geschleudert und rollte auf den Boden. Sein letztes Wort hat man, je nachdem bei jemandem Hass oder Bewunderung mitspielten, verschieden überliefert: die einen, er habe flehentlich gefragt, was er sich denn Schlimmes habe zuschulden kommen lassen, und eindringlich um wenige Tage zur Auszahlung des Geldgeschenks gebeten; die Mehrzahl, er habe von sich aus seinen Mördern die Kehle hingestreckt: Sie sollten nur machen und zustoßen, falls sie den Eindruck hätten, das liege im Interesse des Staates. Die Leute, die ihn umbrachten, berührte nicht, was er sagte. (3) Wer der Mörder war, steht nicht sicher fest. Manche nennen den Veteranen54 Terentius, andere Laecanius, die am weitesten verbreitete Version überlieferte, der Soldat der 15. Legion Camurius habe mit einem Schwerthieb seine Kehle durchgeschnitten. Der Rest zerfetzte seine Beine und Arme – denn die Brust war geschützt – grauenhaft; sehr viele Wunden brachte man in bestialischer Wut dem schon verstümmelten Leichnam bei. 42 Über Titus Vinius fielen sie dann her, bei dem ebenfalls nicht klar ist, ob ihm die Furcht vor dem Kommenden die Stimme verschlug oder ob er laut rief, es sei nicht Othos Befehl, ihn umzubringen. Mag er das in seiner Todesangst erfunden oder damit seine Mitwisserschaft an der Verschwörung eingeräumt haben, sein Leben und sein Ruf sprechen eher dafür, er sei in das Verbrechen eingeweiht gewesen, dessen Ursache er war.55 Vor dem Tempel des vergöttlichten Julius56 lag er da, mit dem ersten Hieb in die Kniekehle, dann vom Legionssoldaten Iulius Carus von einer Seite zur anderen durchstochen. 43 (1) Einen ausgezeichneten Mann erlebte an diesem Tag unser Zeitalter in Sempronius Densus. Er war Zenturio einer Prätorianerkohorte und von Galba der Wachmannschaft Pisos zugeteilt worden; mit gezücktem Dolch stellte er sich den Bewaffneten in den Weg und hielt ihnen ihr Verbrechen vor, und indem er bald handgreiflich, bald mit Rufen die Mörder auf sich zog, ermöglichte er Piso trotz seiner Verwundung die Flucht. (2) Piso gelangte bis zum Vestatempel, wurde von einem mitleidigen Staatssklaven aufgenommen, in dessen Kammer versteckt und versuchte so nicht durch die Achtung vor der Heiligkeit und Verehrungswürdigkeit des Ortes, sondern in einem Schlupfwinkel das drohende Ende aufzuschieben; da
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nens exitium differebat, cum advenere missu Othonis nominatim in caedem eius ardentis Sulpicius Florus e Britannicis cohortibus, nuper a Galba civitate donatus, et Staius Murcus speculator, a quibus protractus Piso in foribus templi trucidatus. 44 (1) Nullam caedem Otho maiore laetitia excepisse, nullum caput tam insatiabilibus oculis perlustrasse dicitur, seu tum primum levata omni sollicitudine mens vacare gaudio coeperat, seu recordatio maiestatis in Galba, amicitiae in Tito Vinio quamvis immitem animum imagine tristi confuderat, Pisonis ut inimici et aemuli caede laetari ius fasque credebat. (2) praefixa contis capita gestabantur inter signa cohortium iuxta aquilam legionis, certatim ostentantibus cruentas manus qui occiderant, qui interfuerant, qui vere, qui falso ut pulchrum et memorabile facinus iactabant. plures quam centum viginti libellos praemium exposcentium ob aliquam notabilem illa die operam Vitellius postea invenit, omnesque conquiri et interfici iussit, non honore Galbae, sed tradito principibus more munimentum ad praesens, in posterum ultionem.
45 (1) Alium crederes senatum, alium populum: ruere cuncti in castra, anteire proximos, certare cum praecurrentibus, increpare Galbam, laudare militum iudicium, exosculari Othonis manum; quantoque magis falsa erant quae fiebant, tanto plura facere. nec aspernabatur singulos Otho, avidum et minacem militum animum voce voltuque temperans. (2) Marium Celsum, consulem ‹de›signatum et Galbae usque in extremas res amicum fidumque, ‹ad› supplicium expostulabant, industriae eius innocentiaeque quasi malis artibus infensi. caedis et praedarum initium et optimo cuique perniciem quaeri apparebat, sed Othoni nondum auctoritas inerat ad prohibendum scelus: iubere iam poterat. ita simulatione irae vinciri iussum et maiores poenas daturum adfirmans praesenti exitio subtraxit.
Historien 1,43,2-1,45,2
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kamen, von Otho, der auf seine Ermordung brannte, mit Namensnennung geschickt, Sulpicius Florus von den britannischen Kohorten, der kurz zuvor von Galba mit dem Bürgerrecht beschenkt worden war, und der Gardesoldat Staius Murcus daher, von denen Piso herausgezogen und an der Tempeltür niedergestoßen wurde. 44 (1) Keinen Mord soll Otho mit größerer Freude vernommen, keinen Kopf mit so unersättlichen Augen gemustert haben, vielleicht weil er sich erst in diesem Augenblick innerlich von aller Beunruhigung erlöst fühlte und deshalb für Freude frei zu sein begonnen hatte oder weil die Erinnerung an die Majestät bei Galba, an die Freundschaft mit Titus Vinius seinen wenn auch harten Sinn durch den abstoßenden Anblick aus der Fassung gebracht hatte, er dagegen sich über die Ermordung Pisos als seines persönlichen Feindes und Rivalen zu freuen für menschliches und göttliches Recht hielt. (2) Die auf Stangen gespießten Köpfe trug man zwischen den Standarten der Kohorten neben dem Adler der Legion herum, wobei um die Wette ihre blutigen Hände die Männer zeigten, die gemordet hatten, die dabei gewesen waren, die sich der Wahrheit entsprechend, die sich fälschlicherweise wie einer vortrefflichen und denkwürdigen Tat rühmten. Mehr als 120 Gesuche von Leuten, die wegen irgendeiner bemerkenswerten Leistung an diesem Tag eine Belohnung verlangten, fand Vitellius später vor, und er ließ sie alle aufspüren und hinrichten, nicht zu Ehren Galbas, sondern nach der für die Principes überlieferten Verfahrensweise als Schutz für den Augenblick, für die Zukunft als Hinweis auf Bestrafung.57 45 (1) Für einen anderen Senat hätte man das halten können, für ein anderes Volk: Alle stürzten in die Kaserne, versuchten schneller zu sein als ihre Nebenmänner, liefen mit ihren Vorderleuten um die Wette, schimpften auf Galba, lobten die Entscheidung der Soldaten, küssten Othos Hand; je unaufrichtiger war, was sie taten, umso mehr taten sie es. Dabei wies Otho die Einzelnen nicht ab, versuchte allerdings die Beutegier und drohende Haltung der Soldaten mit Stimme und Miene zu dämpfen. (2) Für Marius Celsus, den designierten Konsul und Galbas bis zum Letzten treuen Freund, verlangten sie die Todesstrafe, erbost über sein energisches Auftreten und seine Redlichkeit, als seien das schlechte Eigenschaften. Das war ganz offensichtlich der Beginn des Mordens und Plünderns und der Absicht, gerade die tüchtigsten Männer ins Verderben zu reißen, aber Otho verfügte noch nicht über die Autorität, ein Verbrechen zu verhindern; befehlen konnte er es schon. Deshalb behauptete er in gespieltem Zorn, der Befehl, ihn festzunehmen, sei erteilt worden, und er werde eine ausgesprochen harte Strafe erleiden; so entzog er ihn dem augenblicklichen Ende.
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46 (1) Omnia deinde arbitrio militum acta: praetorii praefectos sibi ipsi legere, Plotium Firmum e manipularibus quondam, tum vigilibus praepositum et incolumi adhuc Galba partes Othonis secutum; adiungitur Licinius Proculus, intima familiaritate Othonis suspectus consilia eius fovisse. urbi Flavium Sabinum praefecere, iudicium Neronis secuti, sub quo eandem curam obtinuerat, plerisque Vespasianum fratrem in eo respicientibus. (2) flagitatum ut vacationes praestari centurionibus solitae remitterentur; namque gregarius miles ut tributum annuum pendebat. quarta pars manipuli sparsa per commeatus aut in ipsis castris vaga, dum mercedem centurioni exsolveret, neque modum oneris quisquam neque genus quaestus pensi habebat: per latrocinia et raptus aut servilibus ministeriis militare otium redimebant. (3) tum locupletissimus quisque miles labore ac saevitia fatigari, donec vacationem emeret. ubi sumptibus exhaustus socordia insuper elanguerat, inops pro locuplete et iners pro strenuo in manipulum redibat, ac rursus alius atque alius, eadem egestate ac licentia corrupti, ad seditiones et discordias et ad extremum bella civilia ruebant. (4) sed Otho, ne volgi largitione centurionum animos averteret, [et] fiscum suum vacationes annuas exsoluturum promisit, rem haud dubie utilem et a bonis postea principibus perpetuitate disciplinae firmatam. (5) Laco praefectus, tamquam in insulam seponeretur, ab evocato, quem ad caedem eius Otho praemiserat, confossus; in Marcianum Icelum ut in libertum palam animadversum.
47 (1) Exacto per scelera die novissimum malorum fuit laetitia. vocat senatum praetor urbanus, certant adulationibus ceteri magistratus, adcurrunt patres: decernitur Othoni tribunicia potestas et nomen Augusti et omnes principum honores, adnitentibus cunctis abolere convicia ac probra,
Historien 1,46,1-1,47,1
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46 (1) Alle Entscheidungen wurden von da an nach dem Gutdünken der Soldaten getroffen: Die Prätorianerkommandanten wählten sie sich selbst, nämlich Plotius Firmus, der einst zu den einfachen Soldaten gehört hatte, dann Vorgesetzter der Stadtwache geworden war und sich noch zu Lebzeiten Galbas der Partei Othos angeschlossen hatte; dazu nahm man Licinius Proculus, der wegen seiner äußerst engen Beziehung zu Otho im Verdacht stand, dessen Pläne begünstigt zu haben. Mit dem Kommando über die Hauptstadt betrauten sie Flavius Sabinus, einer Entscheidung Neros folgend, unter dem er dasselbe Amt ausgeübt hatte, wobei sehr viele Soldaten seinen Bruder Vespasian in seiner Person im Auge hatten. (2) Man verlangte, die für Dienstbefreiungen den Zenturionen üblicherweise gewährten Gelder abzuschaffen; denn der einfache Soldat entrichtete sie wie eine jährlich wiederkehrende Abgabe. Ein Viertel eines Manipels war auf Urlaub irgendwo unterwegs oder trieb sich in der Kaserne selbst herum, wenn es nur seinem Zenturio die Geldsumme bezahlte, und keiner hatte dabei Bedenken wegen der Höhe der Belastung und der Art ihres Erwerbs: Mit Räubereien und Überfällen oder Sklaventätigkeiten finanzierten sie die Befreiung vom Militärdienst. (3) Außerdem setzte man gerade den wohlhabendsten Soldaten mit schikanösen Arbeiten so lange zu, bis sie sich den Urlaub erkauften. Sobald sie dann durch die Ausgaben zahlungsunfähig und zusätzlich durch das Nichtstun faul geworden waren, kamen sie mittellos statt begütert und untauglich statt tüchtig zu ihrem Manipel zurück, und weil immer wieder einer nach dem anderen von derselben Armut und Disziplinlosigkeit verdorben wurde, stürzten sie sich in Aufstände und Auseinandersetzungen und schließlich in Bürgerkriege. (4) Aber Otho versprach, um durch die Zuwendungen an das einfache Soldatenvolk nicht die Zuneigung der Zenturionen zu verlieren, seine Privatkasse werde die alljährlichen Dienstbefreiungen bezahlen, eine zweifellos nützliche und von späteren guten Principes durch die ununterbrochene Fortdauer dieser Einrichtung bestätigte Maßnahme. (5) Der Kommandant Laco wurde, als er angeblich auf eine Insel entfernt werden sollte,58 von einem Veteranen59 niedergestoßen, den Otho zu seiner Ermordung vorausgeschickt hatte; Marcianus Icelus bestrafte man als Freigelassenen in aller Öffentlichkeit.60 47 (1) Nachdem der Tag mit Verbrechen zu Ende gebracht worden war, war das unerhörteste Übel die Freude darüber. Der Stadtprätor berief den Senat ein, um die Wette überboten sich mit Schmeicheleien die übrigen Amtsträger, herbei liefen die Väter. Man beschloss für Otho die tribunizische Amtsgewalt, den Titel „Augustus“ und sämtliche Ehrenämter der Principes, wobei sich alle bemühten, die Schmähungen und Beschimpfungen vergessen zu machen, die wahllos verbreitet worden waren, bei denen aber
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quae promisce iacta haesisse animo eius nemo sensit; omisisset offensas an distulisset, brevitate imperii in incerto fuit. (2) Otho cruento adhuc foro per stragem iacentium in Capitolium atque inde in Palatium vectus concedi corpora sepulturae cremarique permisit. Pisonem Verania uxor ac frater Scribonianus, Titum Vinium Crispina filia composuere, quaesitis redemptisque capitibus, quae venalia interfectores servaverant.
48 (1) Piso unum et tricesimum aetatis annum explebat, fama meliore quam fortuna. fratres eius Magnum Claudius, Crassum Nero interfecerant: ipse diu exul, quadriduo Caesar, properata adoptione ad hoc tantum maiori fratri praelatus est, ut prior occideretur. (2) Titus Vinius quinquaginta septem annos variis moribus egit. pater illi praetoria familia, maternus avus e proscriptis. prima militia infamis: legatum Calvisium Sabinum habuerat, cuius uxor mala cupidine visendi situm castrorum, per noctem militari habitu ingressa, cum vigilias et cetera militiae munia eadem lascivia temptasset, in ipsis principiis stuprum ausa, et criminis huius reus Titus Vinius arguebatur. (3) igitur iussu C. Caesaris oneratus catenis, mox mutatione temporum dimissus, cursu honorum inoffenso legioni post praeturam praepositus probatusque servili deinceps probro respersus est, tamquam scyphum aureum in convivio Claudii furatus, et Claudius postera die soli omnium Vinio fictilibus ministrari iussit. (4) sed Vinius proconsulatu Galliam Narbonensem severe integreque rexit; mox Galbae amicitia in abruptum tractus, audax callidus promptus et, prout animum intendisset, pravus aut industrius, eadem vi. testamentum Titi Vini magnitudine opum inritum, Pisonis supremam voluntatem paupertas firmavit.
49 (1) Galbae corpus diu neglectum et licentia tenebrarum plurimis ludibriis vexatum dispensator Argius e pri‹m›oribus servis humili sepultura in
Historien 1,47,1-1,49,1
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niemand zu spüren bekam, dass sie in seinem Gedächtnis haften geblieben waren; ob er die Kränkungen übergangen oder ihre Bestrafung nur aufgeschoben hatte, blieb wegen der Kürze seiner Herrschaft ungeklärt. (2) Otho ließ sich über das immer noch bluttriefende Forum durch die Haufen der daliegenden Toten aufs Kapitol und von dort ins Palatium fahren und erlaubte dann, die Leichname der Bestattung zu übergeben und zu verbrennen. Piso setzten seine Frau Verania und sein Bruder Scribonianus bei, Titus Vinius seine Tochter Crispina, nachdem sie ihre Köpfe aufgespürt und ausgelöst hatten, die ihre Mörder zum Verkauf aufbewahrt hatten. 48 (1) Piso hatte das 31. Lebensjahr noch nicht vollendet; dabei war sein Ruf besser als sein Schicksal. Von seinen Brüdern hatte Claudius den Magnus, Nero den Crassus töten lassen. Er selbst war lange Zeit verbannt, vier Tage lang Cäsar, hatte dann durch die übereilte Adoption vor seinem älteren Bruder nur den einen Vorzug, dass er vor ihm umgebracht wurde. (2) Titus Vinius lebte 57 Jahre lang und zeigte dabei gegensätzliche Charakterzüge. Sein Vater stammte aus einer prätorischen Familie, der Großvater mütterlicherseits gehörte zu den Geächteten. Schon der Beginn seiner Militärzeit brachte ihm einen schlechten Ruf ein: Als Legaten hatte er Calvisius Sabinus gehabt, dessen Frau in der üblen Sucht, die Lageranlage zu inspizieren, nachts in der Uniform eines Soldaten hineinging und, nachdem sie das Wachestehen und die übrigen militärischen Aufgaben mit derselben Unverfrorenheit ausprobiert hatte, sich unterstand, mitten im Hauptquartier unerlaubten Geschlechtsverkehr zu treiben, und als schuld an diesem Vergehen wurde Titus Vinius belangt. (3) Deshalb wurde er auf Befehl C. Caesars in Ketten gelegt, später dann, als sich die Zeiten geändert hatten, wieder freigelassen, ohne dass seine Ämterlaufbahn beeinträchtigt worden wäre, nach der Prätur mit dem Kommando über eine Legion betraut, für gut befunden und anschließend mit einem nur für Sklaven üblichen Vorwurf überzogen, er habe einen goldenen Becher bei einem Bankett des Claudius gestohlen, und tatsächlich ließ Claudius am nächsten Tag als Einzigem von allen Gästen Vinius mit Tongeschirr auftragen. (4) Doch Vinius leitete bei seinem Prokonsulat Gallia Narbonensis streng und korrekt; dann wurde er durch die Freundschaft mit Galba auf eine abschüssige Bahn gezogen, war verwegen, schlau, zupackend und je nachdem, was er im Sinn hatte, verdorben oder energisch, mit dem gleichen Nachdruck. Das Testament des Titus Vinius wurde wegen des Umfangs seines Besitzes nicht als gültig anerkannt, den letzten Willen Pisos bestätigte seine Armut. 49 (1) Galbas Leichnam, um den sich lange Zeit niemand kümmerte und der dann in der Hemmungslosigkeit der Finsternis mit viel Hohn und Spott misshandelt worden war, bestattete sein Verwalter Argius aus dem Kreis
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privatis eius hortis contexit. caput per lixas calonesque suffixum laceratumque ante Patrobii tumulum (libertus is Neronis punitus a Galba fuerat) postera demum die repertum et cremato iam corpori admixtum est. (2) hunc exitum habuit Servius Galba, tribus et septuaginta annis quinque principes prospera fortuna emensus et alieno imperio felicior quam suo. vetus in familia nobilitas, magnae opes: ipsi medium ingenium, magis extra vitia quam cum virtutibus. (3) famae nec incuriosus nec venditator; pecuniae alienae non adpetens, suae parcus, publicae avarus; amicorum libertorumque, ubi in bonos incidisset, sine reprehensione patiens, si mali forent, usque ad culpam ignarus. sed claritas natalium et metus temporum obtentui, ut, quod segnitia erat, sapientia vocaretur. (4) dum vigebat aetas, militari laude apud Germanias floruit. pro consule Africam moderate, iam senior citeriorem Hispaniam pari iustitia continuit, maior privato visus, dum privatus fuit, et omnium consensu capax imperii, nisi imperasset.
50 (1) Trepidam urbem ac simul atrocitatem recentis sceleris, simul veteres Othonis mores paventem novus insuper de Vitellio nuntius exterruit, ante caedem Galbae suppressus, ut tantum superioris Germaniae exercitum descivisse crederetur. tum duos omnium mortalium impudicitia ignavia luxuria deterrimos velut ad perdendum imperium fataliter electos non senatus modo et eques, quis aliqua pars et cura rei publicae, sed volgus quoque palam maerere. (2) nec iam recentia saevae pacis exempla, sed repetita bellorum civilium memoria captam totiens suis exercitibus urbem, vastitatem Italiae, direptiones provinciarum, Pharsaliam Philippos et Perusiam ac Mutinam, nota publicarum cladium nomina, loquebantur. (3) prope eversum orbem etiam cum de principatu inter bonos certaretur, sed mansisse
Historien 1,49,1-1,50,3
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seiner führenden Sklaven mit einem unansehnlichen Begräbnis in seinem privaten Park. Sein von Marketendern und Trossknechten aufgespießter und zerfleischter Kopf wurde vor dem Grabhügel des Patrobius – dieser Freigelassene Neros war von Galba bestraft worden – erst am nächsten Tag gefunden und dann zu dem schon verbrannten Körper gelegt. (2) Dieses Ende fand Servius Galba, der in 73 Jahren fünf Principes dank einem gnädigen Schicksal überlebt hatte und während der Herrschaft anderer glücklicher war als während seiner eigenen. Alt war in seiner Familie der Adel, bedeutend der Besitz; persönlich war er von seiner Veranlagung her mittelmäßig, eher ohne charakterliche Schwächen als mit Vorzügen. (3) Sein Ruf war ihm einerseits nicht gleichgültig, andererseits war er deswegen auch kein Angeber; auf fremdes Geld war er nicht aus, mit seinem eigenen ging er sparsam um, mit dem öffentlichen geizig. Mit Freunden und Freigelassenen war er, sooft er auf anständige Zeitgenossen traf, ohne dass man ihn dafür tadeln müsste, nachsichtig, falls sie Schurken waren, bis zur Fahrlässigkeit arglos. Aber der Glanz seiner Geburt und die Furcht vor den Zeitläuften dienten nur als Deckmantel, sodass man, was Phlegma war, als Klugheit bezeichnete. (4) Solange er im Vollbesitz seiner Kräfte war, glänzte er mit seinem militärischen Ruhm in Germanien. Als Prokonsul hielt er Africa behutsam, schon in höherem Alter das diesseitige Spanien mit der gleichen Gerechtigkeit zusammen, wobei er mehr als ein Privatmann zu sein schien, solange er Privatmann war, und nach allgemeiner Überzeugung fähig zu herrschen, wenn er nur nicht geherrscht hätte. 50 (1) Die aufgewühlte Hauptstadt, die zugleich über die Abscheulichkeit des jüngst begangenen Verbrechens wie den altbekannten Charakter Othos entsetzt war, erschreckte darüber hinaus eine neue Nachricht über Vitellius, die vor Galbas Ermordung unterdrückt worden war, damit man glaubte, nur das Heer des oberen Germanien sei abgefallen. Dass nun die beiden an Schamlosigkeit, Energielosigkeit und Verschwendungssucht schlimmsten Figuren unter allen Sterblichen sozusagen zum Verderben des Reichs vom Schicksal auserwählt worden waren, darüber trauerten nicht nur der Senat und die Ritter, die in beträchtlichem Umfang am Gemeinwesen teilhaben und sich um es kümmern, sondern auch das einfache Volk in aller Öffentlichkeit. (2) Schon sprach man nicht mehr über die frischen Beispiele für einen grausamen Frieden, sondern, indem man die Erinnerung an die Bürgerkriege wieder aufleben ließ, von der schon so oft durch ihre eigenen Heere eroberten Hauptstadt, der Verwüstung Italiens, den Plünderungen der Provinzen, von Pharsalia, Philippi sowie Perusia und Mutina, für staatliche Katastrophen bekannte Namen. 61 (3) Beinahe sei die ganze Erde sogar schon vernichtet worden, als über die Stellung des ersten Mannes
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C. Iulio, mansisse Caesare Augusto victore imperium; mansuram fuisse sub Pompeio Brutoque rem publicam: nunc pro Othone an pro Vitellio in templa ituros? utrasque impias preces, utraque detestanda vota inter duos, quorum bello solum id scires, deteriorem fore qui vicisset. (4) erant qui Vespasianum et arma Orientis augurarentur, et ut potior utroque Vespasianus, ita bellum aliud atque alias clades horrebant. et ambigua de Vespasiano fama, solusque omnium ante se principum in melius mu‹ta›tus est.
51 (1) Nunc initia causasque motus Vitelliani expediam. caeso cum omnibus copiis Iulio Vindice ferox praeda gloriaque exercitus, ut cui sine labore ac periculo ditissimi belli victoria evenisset, expeditionem et aciem, praemia quam stipendia malebat. (2) diu infructuosam et asperam militiam toleraverant ingenio loci caelique et severitate disciplinae, quam in pace inexorabilem discordiae civium resolvunt, paratis utrimque corruptoribus et perfidia impunita. viri arma equi ad usum et ad decus supererant. (3) sed ante bellum centurias tantum suas turmasque noverant; exercitus finibus provinciarum discernebantur: tum adversus Vindicem contractae legiones, seque et Gallias expertae, quaerere rursus arma novasque discordias; nec socios, ut olim, sed hostes et victos vocabant. nec deerat pars Galliarum, quae Rhenum accolit, easdem partes secuta ac tum acerrima instigatrix adversum Galbianos; hoc enim nomen fastidito Vindice indiderant. (4) igitur Sequanis Aeduisque ac deinde, prout opulentia civitatibus erat, infensi expugnationes urbium, populationes agrorum, raptus penatium hauserunt animo, super avaritiam et adrogantiam, praecipua validiorum vitia, contumacia Gallorum inritati, qui remissam sibi a Galba quartam tributorum partem et publice
Historien 1,50,3-1,51,4
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unter tüchtigen Männern gestritten wurde, aber fortbestanden habe unter C. Iulius, fortbestanden unter Caesar Augustus als Siegern das Reich. Fortbestanden hätte unter Pompejus und Brutus die Republik. Jetzt aber, solle man da etwa für einen Otho oder für einen Vitellius in die Tempel gehen? In beiden Fällen seien Gebete gottlos, in beiden Gelübde verabscheuungswürdig angesichts der Wahl zwischen zwei Männern, durch deren Krieg man nur das eine herausfinden könnte, schlimmer werde sein, wer gesiegt habe. (4) Es gab Leute, die Vespasian und die militärische Macht des Orients vorausahnten; Vespasian schien zwar vorzüglicher als die beiden anderen zu sein, man schreckte aber doch vor einem wieder anderen Krieg und anderen Niederlagen zurück. Tatsächlich war das Gerede über Vespasian zwiespältig, und als Einziger von allen Principes vor ihm wandelte er sich zum Besseren. 51 (1) Jetzt will ich den Anfang und die Motive für die Revolte des Vitellius darlegen. Nachdem Iulius Vindex mit all seinen Truppen niedergemacht worden war,62 wollte das dank Beute und Ruhm unbändig gewordene Heer, weil ihm ja ohne Anstrengung und Gefahr der Sieg in einem sehr einträglichen Krieg zugefallen war, lieber ein militärisches Unternehmen und eine Schlacht, lieber Belohnungen als Sold. (2) Lange Zeit hatten sie den unrentablen und wegen der regionalen und klimatischen Gegebenheiten sowie der strengen Disziplin harten Militärdienst ertragen; diese lockern, obwohl sie sogar im Frieden unerbittlich strikt eingehalten wird, Auseinandersetzungen unter den Bürgern, weil auf beiden Seiten Verführer bereit stehen und Treulosigkeit unbestraft bleibt. Männer, Waffen und Pferde gab es zum Einsatz und zur Zurschaustellung mehr als genug. (3) Aber vor dem Krieg kannten sie nur ihre eigenen Zenturien und Schwadronen; die Heere waren durch die Provinzgrenzen voneinander getrennt. Damals nun suchten die Legionen, die gegen Vindex zusammengezogen worden waren und sich gegenseitig und Gallien kennengelernt hatten, wieder neue Kriege und neue Auseinandersetzungen; zudem sprach man nicht mehr von Bundesgenossen wie einst, sondern von Landesfeinden und Unterlegenen. Nicht abseits stand auch der Teil Galliens, dessen Siedlungsgebiet am Rhein liegt, nachdem er nun derselben Partei nachlief und daraufhin der schärfste Hetzer gegen die Galbianer war; diese Bezeichnung hatten sie ihnen nämlich gegeben, nachdem sie von Vindex nichts mehr wissen wollten. (4) Folglich schwelgten sie als Feinde der Sequaner und Häduer und dann auch anderer Stämme, falls diese über Wohlstand verfügten, in Gedanken an Eroberungen von Städten, Verwüstungen von Gebieten, Plünderungen von Höfen, abgesehen von ihrer Habgier und Anmaßung, den Hauptfehlern von Überlegenen, durch das überhebliche Getue der Gallier gereizt, die sich zur Beschämung des Heeres damit brüsteten, ihnen sei von Galba ein Viertel
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donatos in ignominiam exercitus iactabant. (5) accessit callide volgatum, temere creditum, decumari legiones et promptissimum quemque centurionum dimitti. undique atroces nuntii, sinistra ex urbe fama; infensa Lugdunensis colonia et pertinaci pro Nerone fide fecunda rumoribus; sed plurima ad fingendum credendumque materies in ipsis castris, odio metu et, ubi vires suas respexerant, securitate.
52 (1) Sub ipsas superioris anni kalendas Decembres Aulus Vitellius inferiorem Germaniam ingressus hiberna legionum cum cura adierat: redditi plerisque ordines, remissa ignominia, adlevatae notae; plura ambitione, quaedam iudicio, in quibus sordes et avaritiam Fontei Capitonis adimendis adsignandisve militiae ordinibus integre mutaverat. (2) nec consularis legati mensura, sed in maius omnia accipiebantur. et ‹ut› Vitellius apud severos humilis, ita comitatem bonitatemque faventes vocabant, quod sine modo, sine iudicio donaret sua, largiretur aliena; simul aviditate imperandi ipsa vitia pro virtutibus interpretabantur. (3) multi in utroque exercitu sicut modesti quietique, ita mali et strenui. sed profusa cupidine et insigni temeritate legati legionum Alienus Caecina et Fabius Valens; e quibus Valens infensus Galbae, tamquam detectam a se Verginii cunctationem, oppressa Capitonis consilia ingrate tulisset, instigare Vitellium, ardorem militum ostentans: ipsum celebri ubique fama, nullam in Flacco Hordeonio moram; adfore Britanniam, secutura Germanorum auxilia: male fidas provincias, precarium seni imperium et brevi transiturum: panderet modo sinum et venienti Fortunae occurreret. (4) merito dubitasse Verginium equestri familia, ignoto patre, imparem, si recepisset imperium, tutum si recusasset:
Historien 1,51,4-1,52,4
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der Abgaben erlassen und sie seien damit auf öffentliche Kosten beschenkt worden.63 (5) Dazu kam die schlau verbreitete, blindlings geglaubte Behauptung, die Legionen würden dezimiert64 und gerade die schneidigsten Zenturionen entlassen. Von überallher schreckliche Nachrichten, ungünstige Gerüchte aus der Hauptstadt; feindlich gesinnt die Koloniestadt Lugdunum und dank ihrer unverbrüchlichen Treue zu Nero unerschöpflich für unverbürgtes Gerede. Aber der meiste Stoff für Erfinden und Glauben fand sich im Lager selbst, aus Hass, Furcht und, sobald sie einen Blick auf ihre Stärke geworfen hatten, aus dem Gefühl der Sicherheit heraus. 52 (1) Gerade um den 1. Dezember des vorhergehenden Jahres (68 n. Chr.) hatte Aulus Vitellius nach seinem Antritt in Untergermanien die Winterlager der Legionen eingehend besichtigt: Sehr vielen Soldaten wurde ihr Dienstgrad zurückgegeben, entehrende Strafen erlassen, Disziplinarmaßnahmen abgemildert. Die Mehrzahl der Entscheidungen traf er aus Anbiederung, einige nach gesundem Urteil; dabei hatte er die schmutzige Habgier des Fonteius Capito beim Entzug oder bei der Verleihung militärischer Dienstgrade in einwandfreier Weise abgestellt. (2) Auch legte man an ihn nicht den Maßstab für einen konsularischen Legaten an, sondern übertrieb die Bedeutung aller Maßnahmen. Und wie Vitellius bei ernsthaften Personen als Kriecher angesehen wurde, so sprachen seine Anhänger von Freundlichkeit und Herzensgüte, weil er ohne Maß, ohne Urteil sein Vermögen verschenke, fremdes Gut verschleudere; zugleich sahen sie in ihrer Gier, herrschen zu können,65 gerade diese Fehler als Vorzüge an. (3) In beiden Heeren gab es viele Personen, die diszipliniert und ruhig waren, aber auch viele schlechte und entschlossene. Doch maßloser Ehrgeiz und außerordentliche Bedenkenlosigkeit kennzeichnete die Legionslegaten Alienus Caecina und Fabius Valens; von ihnen war Valens ein Feind Galbas, weil der sich seiner Meinung nach für die Aufdeckung des abwartenden Verhaltens des Verginius durch ihn und die Vereitelung von Capitos Komplott nicht erkenntlich gezeigt hatte, und hetzte deshalb Vitellius auf, wobei er auf die Begeisterung der Soldaten verwies: Persönlich genieße er überall einen hervorragenden Ruf, keinerlei Hindernis stelle Flaccus Hordeonius dar. Britannien werde mitmachen, die Hilfstruppen der Germanen sich anschließen. Schlecht stehe es um die Treue der Provinzen, umstritten sei die Herrschaft des alten Mannes und werde in Kürze auf einen anderen übergehen: Er solle lediglich den Bausch seiner Toga66 aufhalten und der auf ihn zukommenden Glücksgöttin entgegenlaufen. (4) Zu Recht gezögert habe Verginius, der nur aus einer ritterlichen Familie und von einem unbedeutenden Vater stamme, überfordert gewesen wäre, falls er die Herrschaft erhalten, auf der sicheren Seite, falls er sie ausgeschlagen hätte. Vitellius verliehen schon
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Historiarum liber primus
Vitellio tres patris consulatus, censuram, collegium Caesaris et imponere iam pridem imperatoris dignationem et auferre privati securitatem. quatiebatur his segne ingenium ut concupisceret magis quam ut speraret.
53 (1) At in superiore Germania Caecina, decorus iuventa, corpore ingens, animi immodicus, ‹s›cito sermone, erecto incessu, studia militum inlexerat. hunc iuvenem Galba, quaestorem in Baetica impigre in partes suas transgressum, legioni praeposuit: mox compertum publicam pecuniam avertisse ut peculatorem flagitari iussit. (2) Caecina aegre passus miscere cuncta et privata volnera rei publicae malis operire statuit. nec deerant in exercitu semina discordiae, quod et bello adversus Vindicem universus adfuerat, nec nisi occiso Nerone translatus in Galbam atque in eo ipso sacramento vexillis inferioris Germaniae praeventus erat. (3) et Treveri ac Lingones, quasque alias civitates atrocibus edictis aut damno finium Galba perculerat, hibernis legionum propius miscentur: unde seditiosa colloquia et inter paganos corruptior miles, et in Verginium favor cuicumque alii profuturus.
54 (1) Miserat civitas Lingonum vetere instituto dona legionibus dextras, hospitii insigne. legati eorum in squalorem maestitiamque compositi per principia per contubernia modo suas iniurias, modo vicinarum civitatium praemia, et ubi pronis militum auribus accipiebantur, ipsius exercitus pericula et contumelias conquerentes accendebant animos. (2) nec procul seditione aberant, cum Hordeonius Flaccus abire legatos, utque occultior digressus esset, nocte castris excedere iubet. inde atrox rumor, adfirmantibus plerisque interfectos, ac ni si‹bi› ipsi consulerent, fore ut acerrimi militum et praesentia conquesti per tenebras et inscitiam ceterorum occiderentur. (3) obstringuntur inter se tacito foedere legiones, adsciscitur auxiliorum miles,
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längst die drei Konsulate seines Vaters, die Zensur und die Kollegenschaft mit dem Cäsar einerseits die Würde eines Oberbefehlshabers, andererseits nähmen sie ihm die Sorglosigkeit eines Privatmanns. Durch diese Ausführungen wurde sein lethargischer Geist wachgerüttelt mit der Folge, dass er eher Wünsche als Hoffnungen hegte. 53 (1) Andererseits hatte in Obergermanien Caecina, gut aussehend in seiner Jugendlichkeit, eine imponierende Gestalt, temperamentvoll, geschickt im Reden, stramm im Auftreten, die Sympathien der Soldaten für sich gewonnen. Diesem jungen Mann, der als Quästor in Baetica, ohne zu zögern, zu seiner Partei übergelaufen war, hatte Galba das Kommando über eine Legion übertragen; als dann später bekannt wurde, er habe öffentliche Gelder unterschlagen, ließ er ihn wegen Veruntreuung von Staatseigentum gerichtlich belangen. (2) Caecina nahm das nur voller Empörung hin und beschloss dann, alles über den Haufen zu werfen und seine privaten Wunden mit dem Unglück des Staates zuzudecken. Auch fehlte es in seinem Heer nicht an Samen für eine Meuterei, weil es einerseits am Krieg gegen Vindex geschlossen teilgenommen hatte, andererseits erst nach der Tötung Neros zu Galba übergewechselt und ausgerechnet bei diesem Treueid von den Abteilungen Untergermaniens überholt worden war. (3) Dazu kamen die Treverer, Lingonen und anderen Gemeinden, die Galba mit harten Erlassen oder Gebietsverlusten schwer getroffen hatte, mit den Legionen in den Winterlagern näher in Berührung. Daraus ergaben sich aufrührerische Unterhaltungen, und inmitten der Zivilbevölkerung wurden die Soldaten noch mehr verdorben. Dazu kam die Sympathie für Verginius, die dann dem Erstbesten anderen zugutekommen sollte. 54 (1) Die Gemeinde der Lingonen hatte einem alten Brauch gemäß als Geschenke den Legionen Hände67 geschickt, ein Zeichen der Gastfreundschaft. Ihre Gesandten waren auf Schmutz und Niedergeschlagenheit68 zurechtgemacht, beklagten auf dem Appellplatz, in den Unterkünften bald das ihnen widerfahrene Unrecht, bald die Belohnungen der Nachbargemeinden, und nachdem sie bei den Soldaten auf geneigte Ohren stießen, die Gefahren und die schimpfliche Behandlung des Heeres selbst und versuchten so, sie aufzuhetzen. (2) Tatsächlich war man nicht mehr weit weg von einer Meuterei, da befahl Hordeonius Flaccus den Gesandten, sich zu entfernen, und damit ihre Abreise ganz geheim vor sich gehe, nachts das Lager zu verlassen. Daraus entstand ein schreckliches Gerücht: Viele Leute behaupteten, sie seien umgebracht worden, und wenn sie sich nicht selbst vorsähen, würden die forschesten Soldaten, die sich über die gegenwärtige Lage beklagt hätten, in der Dunkelheit und ohne Wissen aller anderen getötet. (3) In einem Geheimabkommen verpflichteten sich die Legionen
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primo suspectus, tamquam circumdatis cohortibus alisque impetus in legiones pararetur, mox eadem acrius volvens faciliore inter malos consensu ad bellum quam in pace ad concordiam.
55 (1) Inferioris tamen Germaniae legiones sollemni kalendarum Ianuariarum sacramento pro Galba adactae, multa cunctatione et raris primorum ordinum vocibus, ceteri silentio proximi cuiusque audaciam exspectantes, insita mortalibus natura propere sequi quae piget inchoare. (2) sed ipsis legionibus inerat diversitas animorum: primani quintanique turbidi adeo, ut quidam saxa in Galbae imagines iecerint: quinta decima ac sexta decima legiones nihil ultra fremitum et minas ausae initium erumpendi circumspectabant. (3) at in superiore exercitu quarta ac duoetvicensima legiones isdem hibernis tendentes ipso kalendarum Ianuariarum die dirumpunt imagines Galbae, quarta legio promptius, duoetvicensima cunctanter, mox consensu. (4) ac ne reverentiam imperii exuere viderentur, senatus populique Romani obliterata iam nomina sacramento advocabant, nullo legatorum tribunorumve pro Galba nitente, quibusdam, ut in tumultu, notabilius turbantibus. non tamen quisquam in modum contionis aut suggestu locutus; neque enim erat adhuc cui imputaretur.
56 (1) Spectator flagitii Hordeonius Flaccus consularis legatus aderat, non compescere ruentes, non retinere dubios, non cohortari bonos ausus, sed segnis pavidus et socordia innocens. quattuor centuriones duoetvicensimae legionis, Nonius Receptus, Donatius Valens, Romilius Marcellus, Calpurnius Repentinus, cum protegerent Galbae imagines, impetu militum abrepti vinctique. nec cuiquam ultra fides aut memoria prioris sacramenti, sed quod in seditionibus accidit, unde plures erant, omnes fuere. (2) Nocte, quae kalendas Ianuarias secuta est, in coloniam Agrippinensem aquilifer quartae legionis epulanti Vitellio nuntiat quartam et duoetvicensimam legiones proiectis Galbae imaginibus in senatus ac populi Romani verba iurasse. id sacramentum inane visum: occupari nutantem fortunam et
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gegenseitig, mit einbezogen wurden die Soldaten der Hilfstruppen, die zunächst verdächtigt worden waren, weil angeblich durch die Kohorten und Regimenter um sie herum ein Angriff auf die Legionen vorbereitet wurde; dann aber stellten sie dieselben Überlegungen sogar noch intensiver an. Denn unter schlechten Elementen kommt es ja leichter zu einem Einverständnis über einen Krieg als im Frieden über ein einträchtiges Vorgehen. 55 (1) Untergermaniens Legionen wurden dennoch durch den am 1. Januar üblichen Eid auf Galba eingeschworen, nach langem Zögern und mit nur spärlichen Zurufen aus den vordersten Reihen, während alle anderen schweigend einen kühnen Vorstoß ihres jeweiligen Nachbarn abwarteten entsprechend der den Sterblichen angeborenen Natur, schnell bei Unternehmungen mitzumachen, die man nicht anfangen will. (2) Aber bei den einzelnen Legionen herrschten gegensätzliche Auffassungen: Die Einser und Fünfer waren derart in Aufruhr, dass ein paar Mann Steine auf Galbas Standbilder warfen; die 15. und 16. Legion getrauten sich nichts außer Murren und Drohungen und beobachteten ringsum, wo man zuerst losschlage. (3) Doch im oberen Heer zerschlugen die 4. und 22. Legion, die im selben Winterlager kampierten, ebenfalls am 1. Januar die Standbilder Galbas, die 4. Legion entschlossener, die 22. nur zögerlich, später dann einträchtig. (4) Um aber nicht den Eindruck zu erwecken, sie hätten die Achtung vor dem Reich abgelegt, beriefen sie sich auf die schon in Vergessenheit geratenen Namen des Senats und Volks von Rom, wobei keiner der Legaten oder Tribune sich für Galba einsetzte, einige sogar, wie bei einem Tumult nicht anders zu erwarten, ziemlich auffällig die Unruhe schürten. Dennoch sprach kein Einziger wie bei einer Heeresversammlung oder von der Tribüne aus; denn es gab noch keine Person, die man sich damit verpflichtet hätte. 56 (1) Nur als Zuschauer bei dem schändlichen Vorfall war der konsularische Legat Hordeonius Flaccus dabei, ohne sich zu getrauen, die losstürmenden Männer in die Schranken zu weisen, Unentschlossene zurückzuhalten, den anständigen Leuten Mut zuzusprechen, sondern untätig, ängstlich und nur wegen seiner Beschränktheit ohne Schuld. Vier Zenturionen der 22. Legion, Nonius Receptus, Donatius Valens, Romilius Marcellus und Calpurnius Repentinus, wurden, als sie Galbas Standbilder zu schützen versuchten, von den anstürmenden Soldaten weggerissen und gefesselt. Keiner zeigte im Folgenden Treue oder eine Erinnerung an den vorangegangenen Eid, sondern was bei Meutereien geschieht: Wo die Mehrheit war, waren alle. (2) In der auf den 1. Januar folgenden Nacht meldete der Adlerträger der 4. Legion Vitellius bei Tisch in Colonia Agrippinensis,69 die 4. und 22. Legion hätten Galbas Standbilder umgestürzt und den Eid auf Senat und Volk von Rom abgelegt. Dieser Eid schien bedeutungslos. So beschloss man, das
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offerri principem placuit. (3) missi a Vitellio ad legiones legatosque, qui descivisse a Galba superiorem exercitum nuntiarent: proinde aut bellandum adversus desciscentes aut, si concordia et pax placeat, faciendum imperatorem: et minore discrimine sumi principem quam quaeri.
57 (1) Proxima legionis primae hiberna erant et promptissimus e legatis Fabius Valens. is die postero coloniam Agrippinensem cum equitibus legionis auxiliariorumque ‹in›gressus imperatorem Vitellium consalutavit. secutae ingenti certamine eiusdem provinciae legiones; et superior exercitus speciosis senatus populique Romani nominibus relictis tertium nonas Ianuarias Vitellio accessit: scires illum priore biduo non penes rem publicam fuisse. (2) ardorem exercituum Agrippinenses, Treviri, Lingones aequabant, auxilia equos, arma pecuniam offerentes, ut quisque corpore opibus ingenio validus. nec principes modo coloniarum aut castrorum, quibus praesentia ex adfluenti et parta victoria magnae spes, sed manipuli quoque et gregarius miles viatica sua et balteos phalerasque, insignia armorum argento decora, loco pecuniae tradebant, instinctu et impetu et avaritia.
58 (1) Igitur laudata militum alacritate Vitellius ministeria principatus per libertos agi solita in equites Romanos disponit, vacationes centurionibus ex fisco numerat, saevitiam militum plerosque ad poenam exposcentium saepius adprobat, raro simulatione vinculorum frustratur. Pompeius Propinquus procurator Belgicae statim interfectus; Iulium Burdonem Germanicae classis praefectum astu subtraxit. (2) exarserat in eum iracundia exercitus, tamquam crimen ac mox insidias Fonteio Capitoni struxisset. grata erat memoria Capitonis, et apud saevientes occidere palam, ignoscere non nisi
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schwankende Glück beim Schopf zu packen und einen Princeps anzubieten. (3) Von Vitellius wurden Boten zu den Legionen und Legaten geschickt, die
melden sollten, das obere Heer sei von Galba abgefallen. Deshalb müsse man entweder gegen die Rebellen Krieg führen oder, falls man es lieber mit Eintracht und Frieden halte, einen Oberbefehlshaber einsetzen; dabei sei es ein geringeres Risiko, einen Princeps anzunehmen als erst nach einem zu suchen. 57 (1) Am nächsten lag das Winterlager der 1. Legion, und am entschlossensten von den Legaten war Fabius Valens. Dieser zog am folgenden Tag in Colonia Agrippinensis mit der Kavallerie der Legion und der Hilfstruppen ein und begrüßte Vitellius als Oberbefehlshaber. Es schlossen sich in einem außerordentlichen Wettlauf die Legionen derselben Provinz an; auch das obere Heer ließ die schönklingenden Bezeichnungen „Senat und Volk von Rom“ beiseite und trat am 3. Januar zu Vitellius über: Nun hätte man wissen können, dass es ihm in den vorangegangenen zwei Tagen nicht um die republikanische Staatsform gegangen war. (2) Den gleichen Feuereifer wie die Heere zeigten die Agrippinenser, Treverer und Lingonen, indem sie Hilfstruppen und Pferde, Waffen und Geld anboten entsprechend der Leistungsfähigkeit der Einzelnen hinsichtlich ihres körperlichen Zustands, Vermögens und Einfallsreichtums. Aber nicht nur die führenden Persönlichkeiten in den Koloniestädten oder Lagern, denen schon im Augenblick Mittel in Hülle und Fülle zur Verfügung standen und die sich, falls der Sieg errungen würde, große Hoffnungen machen konnten, sondern auch die Manipel und damit der einfache Soldat übergaben ihre Ersparnisse, ihre Wehrgehänge und Tapferkeitsmedaillen, ihre silberverzierten militärischen Auszeichnungen anstelle von Geld aus Begeisterung und innerem Bedürfnis – und Habgier. 58 (1) Infolgedessen lobte Vitellius den Eifer der Soldaten und wies dann die Aufgabenbereiche des Prinzipats, die in der Regel von Freigelassenen wahrgenommen worden waren,70 römischen Rittern zu, ließ die Gelder für die Dienstbefreiungen den Zenturionen von seiner Privatkasse auszahlen,71 war öfter mit der Grausamkeit der Soldaten, die eine ganze Anzahl von Personen zu bestrafen verlangten, einverstanden und vereitelte das nur selten durch das Vortäuschen einer Verhaftung. Pompeius Propinquus, der Prokurator Belgicas, wurde sofort umgebracht;72 Iulius Burdo, den Kommandanten der germanischen Flotte, entzog er diesem Schicksal durch eine Finte. (2) Über ihn war das Heer hellauf empört in der Annahme, er habe die Anschuldigung und später dann den Anschlag auf Fonteius Capito betrieben. In guter Erinnerung hatte man Capito, und im Umfeld der wütenden Menge konnte man ganz offen umbringen, begnadigen aber nur durch Täu-
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fallendo licebat: ita in custodia habitus et post victoriam demum, sedatis iam militum odiis, dimissus est. interim ut piaculum obicitur centurio Crispinus. sanguine Capitonis ‹se› cruentaverat eoque et postulantibus manifestior et punienti vilior fuit.
59 (1) Iulius deinde Civilis periculo exemptus, praepotens inter Batavos, ne supplicio eius ferox gens alienaretur. et erant in civitate Lingonum octo Batavorum cohortes, quartae decimae legionis auxilia, tum discordia temporum a legione digressae, prout inclinassent, grande momentum sociae aut adversae. Nonium, Donatium, Romilium, Calpurnium centuriones, de quibus supra rettulimus, occidi iussit, damnatos fidei crimine, gravissimo inter desciscentes. (2) accessere partibus Valerius Asiaticus, Belgicae provinciae legatus, quem mox Vitellius generum adscivit, et Iunius Blaesus, Lugdunensis Galliae rector, cum Italica legione et ala Tauriana Lugduni tendentibus. nec in Raeticis copiis mora, quo minus statim adiungerentur. ne in Britannia quidem dubitatum.
60 Praeerat Trebellius Maximus, per avaritiam ac sordes contemptus exercitui invisusque. accendebat odium eius Roscius Coelius legatus vicensimae legionis, olim discors, sed occasione civilium armorum atrocius proruperant. Trebellius seditionem et confusum ordinem disciplinae Coelio, spoliatas et inopes legiones Coelius Trebellio obiectabat, cum interim foedis legatorum certaminibus modestia exercitus corrupta eoque discordiae ventum, ut auxiliarium quoque militum conviciis proturbatus et adgregantibus se Coelio cohortibus alisque desertus Trebellius ad Vitellium perfugerit. quies provinciae quamquam remoto consulari mansit: rexere legati legionum, pares iure, Coelius audendo potentior.
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schen. Deshalb wurde er in Gewahrsam genommen und erst nach dem Sieg, als sich die Hassgefühle der Soldaten schon gelegt hatten, wieder freigelassen. In der Zwischenzeit warf man ihnen als Sündenbock den Zenturio Crispinus vor. Mit dem Blut Capitos hatte er sich befleckt und war deshalb einerseits für die Leute, die ihn haben wollten, noch eindeutiger überführt, andererseits für den Mann, der ihn bestrafte, noch leichter zu verschmerzen. 59 (1) Iulius Civilis wurde anschließend aus der Gefahr befreit – ein höchst einflussreicher Mann bei den Batavern –, damit durch seine Hinrichtung der kriegerische Stamm nicht abtrünnig werde; lagen doch im Stammesgebiet der Lingonen acht Bataverkohorten, Hilfstruppen der 14. Legion, die sich damals in der von Uneinigkeit geprägten Zeit von ihrer Legion abgesetzt hatten – je nachdem auf welche Seite sie sich schlugen, von ins Gewicht fallender Bedeutung, ob Verbündete oder Gegner. Die oben erwähnten Zenturionen Nonius, Donatius, Romilius und Calpurnius ließ er hinrichten, nachdem sie wegen des Verbrechens der Treue verurteilt worden waren, des schlimmsten in den Augen von Abtrünnigen. (2) Seiner Partei schlossen sich Valerius Asiaticus, der Legat der Provinz Belgica, den Vitellius später zum Schwiegersohn nahm, und Iunius Blaesus, der Leiter der Gallia Lugdunensis, an, zusammen mit der Legion „Italica“73 und dem Kavallerieregiment „Tauriana“, die in Lugdunum lagen. Aber auch bei den rätischen Einheiten gab es mit dem sofortigen Anschluss kein Zögern. Nicht einmal in Britannien war man sich unschlüssig. 60 An seiner Spitze stand Trebellius Maximus, der wegen seiner schmutzigen Habgier beim Heer verachtet und verhasst war. Die Feindschaft gegen ihn schürte Roscius Coelius, der Legat der 20. Legion, der schon lange mit ihm über Kreuz war, aber bei der durch den Bürgerkrieg gebotenen Gelegenheit waren sie noch heftiger aneinandergeraten. Trebellius warf Meuterei und Störung der militärischen Ordnung dem Coelius, Coelius die Ausplünderung und ärmliche Lage der Legionen dem Trebellius vor. Dabei wurde währenddessen durch die beschämenden Streitigkeiten der Legaten die Disziplin des Heeres untergraben, und die Feindschaft hatte ein derartiges Ausmaß angenommen, dass Trebellius unter Beschimpfungen sogar durch die Soldaten der Hilfstruppen davongejagt wurde und nach dem Anschluss der Kohorten und Regimenter an Coelius alleingelassen zu Vitellius floh. Die Ruhe der Provinz blieb aber erhalten, obwohl der Konsular vertrieben worden war. Das Kommando führten die Legionslegaten, rechtlich zwar gleichgestellt, Coelius aber dank seinem forschen Auftreten tonangebend.
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61 (1) Adiuncto Britannico exercitu ingens viribus opibusque Vitellius duos duces, duo itinera bello destinavit: Fabius Valens adlicere vel, si abnuerent, vastare Gallias et Cottianis Alpibus Italiam inrumpere, Caecina propiore transitu Poeninis iugis degredi iussus. (2) Valenti inferioris exercitus electi cum aquila quintae legionis et cohortibus alisque, ad quadraginta milia armatorum data; triginta milia Caecina e superiore Germania ducebat, quorum robur legio unaetvicensima fuit. addita utrique Germanorum auxilia, e quibus Vitellius suas quoque copias supplevit, tota mole belli secuturus.
62 (1) Mira inter exercitum imperatoremque diversitas: instare miles, arma poscere, dum Galliae trepident, dum Hispaniae cunctentur: non obstare hiemem neque ignavae pacis moras: invadendam Italiam, occupandam urbem; nihil in discordiis ‹ci›vilibus festinatione tutius, ubi facto magis quam consulto opus esset. (2) torpebat Vitellius et fortunam principatus inerti luxu ac prodigis epulis praesumebat, medio diei temulentus et sagina gravis, cum tamen ardor et vis militum ultro ducis munia implebat, ut si adesset imperator et strenuis vel ignavis spem metumve adderet. instructi intentique signum profectionis exposcunt. nomen Germanici Vitellio statim additum: Caesarem se appellari etiam victor prohibuit. (3) laetum augurium Fabio Valenti exercituique, quem in bellum agebat, ipso profectionis die aquila leni meatu prout agmen incederet, velut dux viae praevolavit, longumque per spatium is gaudentium militum clamor, ea quies interritae alitis fuit, ut haud dubium magnae et prosperae rei omen acciperetur.
63 (1) Et Treviros quidem ut socios securi adiere: Divoduri (Mediomatricorum id oppidum est) quamquam omni comitate exceptos subitus pavor terruit, raptis repente armis ad caedem innoxiae civitatis, non ob praedam
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61 (1) Der durch die Angliederung des britannischen Heeres an Streitkräften und Ressourcen sehr stark gewordene Vitellius bestimmte zwei Kommandeure und zwei Marschrouten für den Krieg: Fabius Valens erhielt den Auftrag, Gallien auf seine Seite zu ziehen oder, falls es ablehne, zu verwüsten und über die Cottischen Alpen in Italien einzubrechen, Caecina auf dem näheren Übergang über die Pöninischen Pässe hinabzumarschieren. (2) Valens gab man ausgewählte Kontingente des unteren Heeres zusammen mit dem Adler der 5. Legion sowie Kohorten und Regimentern, ungefähr 40 000 Mann in Waffen; 30 000 führte Caecina aus Obergermanien heran, deren Kerntruppe die 21. Legion war. Beiden gliederte man Hilfstruppen der Germanen an, mit denen Vitellius auch seine eigenen Kontingente auffüllte in der Absicht, mit seinen Hauptstreitkräften zu folgen. 62 (1) Erstaunlich war das gegensätzliche Verhalten von Heer und Oberbefehlshaber: Der Soldat drängte, verlangte den Kampf, solange Gallien unschlüssig sei, solange Spanien zögere; kein Hindernis stellten der Winter dar und sich nur aus einem träge machenden Frieden ergebende Verzögerungen. Einfallen müsse man in Italien, die Hauptstadt besetzen; nichts sei in Auseinandersetzungen unter Bürgern sicherer als schnelles Vorgehen, wo es mehr auf Handeln als auf Beratungen ankomme. (2) Untätig blieb dagegen Vitellius und nahm die Stellung als Princeps durch träges Leben in Saus und Braus und aufwendige Tafelfreuden vorweg, schon um die Mittagszeit betrunken und von gutem Essen74 schwer. Dabei nahmen die Soldaten dennoch voller Begeisterung und Tatkraft zusätzlich die Aufgaben eines Kommandeurs wahr, so wie wenn der Befehlshaber da wäre und tüchtigen oder feigen Männern Hoffnung oder Furcht mitgäbe. Marschbereit und voll konzentriert verlangten sie das Zeichen zum Aufbruch. Der Beiname „Germanicus“ wurde Vitellius sofort gegeben; ihn als „Cäsar“ zu bezeichnen untersagte er sogar noch nach seinem Sieg. (3) Als Glück verheißendes Vorzeichen flog Fabius Valens und dem Heer, das er in den Krieg führte, ausgerechnet am Tag des Abmarschs ein Adler in langsamem Flug, so wie die Kolonne eben dahinzog, wie ein Wegweiser voran, und über eine lange Strecke hin waren das Freudengeschrei der Soldaten und die Ruhe des unerschrockenen Vogels von einer Art, dass man das als untrügliches Vorzeichen für ein bedeutendes, erfolgreich verlaufendes Unternehmen ansehen konnte. 63 (1) So kamen sie jedenfalls bis zu den Treverern75 als ihren Bundesgenossen ohne Probleme. In Divodurum jedoch – das ist der Hauptort der Mediomatriker – versetzte sie, obwohl sie mit aller Freundlichkeit empfangen worden waren, eine plötzliche Panik in Angst und Schrecken; sie griffen deshalb sofort zu den Waffen, um die unschuldige Bevölkerung umzubrin-
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aut spoliandi cupidine, sed furore et rabie et causis incertis eoque difficilioribus remediis, donec precibus ducis mitigati ab excidio civitatis temperavere; caesa tamen ad quattuor milia hominum. (2) isque terror Gallias invasit, ut venienti mox agmini universae civitates cum magistratibus et precibus occurrerent, stratis per vias feminis puerisque, quaeque alia placamenta hostilis irae, non quidem in bello, sed pro pace tendebantur.
64 (1) Nuntium de caede Galbae et imperio Othonis Fabius Valens in civitate Leucorum accepit. nec militum animus in gaudium aut formidine permotus: bellum volvebat. Gallis cunctatio exempta est: in Othonem ac Vitellium odium par, ex Vitellio et metus. (2) proxima Lingonum civitas erat, fida partibus. benigne excepti modestia certavere, sed brevis laetitia fuit cohortium intemperie, quas a legione quarta decima, ut supra memoravimus, digressas exercitui suo Fabius Valens adiunxerat. iurgia primum, mox rixa inter Batavos et legionarios, dum his aut illis studia militum adgregantur, prope in proelium exarsere, ni Valens animadversione paucorum oblitos iam Batavos imperii admonuisset. (3) frustra adversus Aeduos quaesita belli causa: iussi pecuniam atque arma deferre gratuitos insuper commeatus praebuere. quod Aedui formidine, Lugdunenses gaudio fecere. sed legio Italica et ala Tauri‹a›na abductae: cohortem octavam decimam Lugduni, solitis sibi hibernis, relinqui placuit. (4) Manlius Valens legatus Italicae legionis, quamquam bene de partibus meritus, nullo apud Vitellium honore fuit: secretis eum criminationibus infamaverat Fabius ignarum, et, quo incautior deciperetur, palam laudatum.
65 (1) Veterem inter Lugdunenses ‹et Viennenses› discordiam proximum bellum accenderat. multae in vicem clades, crebrius infestiusque, quam ut tantum propter Neronem Galbamque pugnaretur. et Galba reditus Lugdu-
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gen, nicht wegen der Beute oder aus Lust am Plündern, sondern in rasender Wut und aus unerklärlichen Gründen – deshalb waren Gegenmaßnahmen umso schwieriger –, bis sie sich dann durch die Bitten ihres Kommandeurs doch besänftigen ließen und von der Vernichtung der Bevölkerung absahen; umgebracht worden waren dennoch ungefähr 4 000 Menschen. (2) Daraufhin packte ein solches Entsetzen Gallien, dass danach dem Heer bei seiner Ankunft ganze Ortschaften mit ihren Amtsträgern demütig bittend entgegenliefen; zu Boden warfen sich Frauen und Kinder den Weg entlang, und man bot alles auf, was es sonst noch an Beschwichtigungsmitteln für feindlichen Zorn gibt – zwar nicht im Krieg, sondern nur um des Friedens willen. 64 (1) Die Nachricht von der Ermordung Galbas und der Herrschaftsübernahme durch Otho erhielt Fabius Valens in der Gemeinde der Leuker. Aber die Soldaten wurden dadurch nicht freudig oder ängstlich gestimmt: Nur an Krieg dachten sie. Den Galliern wurde die Möglichkeit abzuwarten genommen: Gegen Otho und Vitellius zeigten sie die gleiche Abneigung, vor Vitellius hatten sie auch Angst. (2) Am nächsten lag die Gemeinde der Lingonen, die seiner Partei treu ergeben war. Freundlich aufgenommen, überbot man sich in Zurückhaltung, aber die fröhliche Stimmung währte nur kurz wegen der Disziplinlosigkeit der Kohorten, die sich, wie oben erwähnt,76 von der 14. Legion abgesetzt hatten und die Fabius Valens seinem Heer angegliedert hatte. Zuerst kam es zu Wortwechseln, dann zu Schlägereien zwischen Batavern und Legionären, und da die Soldaten für die eine oder andere Seite Partei ergriffen, hätten sie sich fast zu einer bewaffneten Auseinandersetzung hinreißen lassen, wenn dann nicht Valens durch die Bestrafung einiger weniger Leute die Bataver an seine Befehlsgewalt erinnert hätte, die sie schon vergessen hatten. (3) Vergeblich suchte man gegen die Häduer nach einem Kriegsgrund: Auf den Befehl, Geld und Waffen abzuliefern, stellten sie zusätzlich kostenlos Proviant zur Verfügung. Was die Häduer aus Angst, taten die Lugdunenser aus Freude. Aber die Legion „Italica“ und das Regiment „Tauriana“ wurden abgezogen; die 18. Kohorte jedoch beschloss man in Lugdunum, dem ihr vertrauten Winterquartier, zu belassen. (4) Manlius Valens, der Legat der Legion „Italica“, genoss trotz seiner Verdienste um dessen Partei keinerlei Ansehen bei Vitellius; denn hinterrücks hatte ihn Fabius mit Vorwürfen angeschwärzt, ohne dass er eine Ahnung davon hatte, und noch dazu, nachdem er ihn, um ihn umso unvorsichtiger zu machen und täuschen zu können, öffentlich gelobt hatte. 65 (1) Die alten Streitigkeiten zwischen den Einwohnern von Lugdunum und Vienna hatte der jüngste Krieg77 wieder angefacht. Viel Schaden war dabei auf beiden Seiten angerichtet worden, und das häufiger und feindseliger, als dass man nur um Neros und Galbas willen gekämpft hätte. Dazu
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nensium occasione irae in fiscum verterat; multus contra in Viennenses honor: unde aemulatio et invidia et uno amne discretis conexum odium. (2) igitur Lugdunenses exstimulare singulos militum et in eversionem Viennensium impellere, obsessam ab illis coloniam suam, adiutos Vindicis conatus, conscriptas nuper legiones in praesidium Galbae referendo. et ubi causas odiorum praetenderant, magnitudinem praedae ostendebant; nec iam secreta exhortatio, sed publicae preces: irent ultores, exscinderent sedem Gallici belli: cuncta illic externa et hostilia: se, coloniam Romanam et partem exercitus et prosperarum adversarumque rerum socios, si fortuna contra daret, iratis ne relinquerent.
66 (1) His et pluribus in eundem modum perpulerant, ut ne legati quidem ac duces partium restingui posse iracundiam exercitus arbitrarentur, cum haud ignari discriminis sui Viennenses, velamenta et infulas praeferentes, ubi agmen incesserat, arma genua vestigia prensando flexere militum animos; addidit Valens trecenos singulis militibus sestertios. tum vetustas dignitasque coloniae valuit et verba Fabi salutem incolumitatemque Vi‹enn›ensium commendantis aequis auribus accepta; publice tamen armis multati, privatis et promiscuis copiis iuvere militem. (2) sed fama constans fuit ipsum Valentem magna pecunia emptum. is diu sordidus, repente dives mutationem fortunae male tegebat, accensis egestate longa cupidinibus immoderatus et inopi iuventa senex prodigus. (3) lento deinde agmine per fines Allobrogum ac Vocontiorum ductus exercitus, ipsa itinerum spatia et stativorum mutationes venditante duce, foedis pactionibus adversus possessores agrorum et magistratus civitatum, adeo minaciter, ut Luco (munici-
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hatte Galba die Einkünfte der Lugdunenser, als er seiner Empörung freien Lauf lassen konnte, in seine Privatkasse gelenkt; dagegen hatte er den Viennensern viel Ehre erwiesen. Daher rührten Eifersucht und Neid, und Bindeglied zwischen den nur durch einen Fluss getrennten Nachbarn war der Hass. (2) Deshalb hetzten die Lugdunenser einen Soldaten nach dem anderen auf und wollten sie zur Vernichtung der Viennenser bewegen, indem sie darauf verwiesen, von diesen sei ihre Koloniestadt belagert worden, unterstützt worden seien die Unternehmungen des Vindex, erst kurz zuvor seien Legionen zum Schutz Galbas ausgehoben worden. Sobald sie dann die angeblichen Gründe für ihre Hassgefühle vorgebracht hatten, stellten sie ihnen den Umfang der Beute vor Augen. Nun gab es nicht mehr nur eine versteckte Aufforderung, sondern ganz offene Bitten: Losziehen sollten sie als ihre Rächer, das Hauptquartier des gallischen Krieges ausradieren. Alles sei dort ausländisch und feindselig. Sie aber, eine römische Koloniestadt, Teil des Heeres und Gefährten in guten und schlechten Tagen, sollten sie, falls das Glück sich gegen sie wende, nicht den wütenden Gegnern überlassen. 66 (1) Mit diesen und weiteren in die gleiche Richtung gehenden Ausführungen hatten sie es so weit gebracht, dass nicht einmal die Legaten und führenden Männer ihrer Partei glaubten, die Wut des Heeres lasse sich noch eindämmen, da wurden sich die Viennenser der Gefahr, in der sie schwebten, voll bewusst, trugen demonstrativ umwundene Ölzweige und Kopfbinden, sobald die Marschkolonne daherkam, griffen nach Waffen, Knien und Füßen78 und stimmten so die Soldaten um. Valens gab zudem jedem Soldaten 300 Sesterze.79 Jetzt erst spielten das hohe Alter und das Ansehen der Koloniestadt eine Rolle, und die Worte des Fabius, der ihnen die Rettung und das Wohlergehen der Viennenser ans Herz legte, nahm man mit geneigten Ohren auf. Als Gemeinde wurden sie dennoch mit der Beschlagnahme ihrer Waffen bestraft, privat unterstützten sie mit allerlei Mitteln die Soldaten. (2) Aber es hielt sich das hartnäckige Gerücht, Valens sei mit viel Geld gekauft worden. Der konnte, lange Zeit in armseligen Verhältnissen lebend und plötzlich reich geworden, die Veränderung seiner Lage nur schlecht verschleiern, weil er durch die in der langen Notzeit angefachten Sehnsüchte kein Maß mehr kannte und nach entbehrungsreicher Jugendzeit ein verschwenderischer alter Mann geworden war. (3) Anschließend wurde das Heer in langsamem Marschtempo durch das Gebiet der Allobroger und Vokontier geführt, wobei der Kommandeur selbst mit der Länge der Marschwege und dem Wechsel der Standquartiere Handel trieb, mit beschämenden Vorgaben gegenüber den Grundbesitzern und den Gemeindebehörden bis hin zu einer derartigen Drohung, dass er an Lucus – das ist eine
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Historiarum liber primus
pium id Vocontiorum est) faces admoverit, donec pecunia mitigaretur. quotiens pecuniae materia deesset, stupris et adulteriis exorabatur. sic ad Alpes perventum. 67 (1) Plus praedae ac sanguinis Caecina hausit. inritaverant turbidum ingenium Helvetii, Gallica gens olim armis virisque, mox memoria nominis clara, de caede Galbae ignari et Vitellii imperium abnuentes. initium bello fuit avaritia ac festinatio unaetvicensimae legionis; rapuerant pecuniam missam in stipendium castelli, quod olim Helvetii suis militibus ac stipendiis tuebantur. (2) aegre id passi Helvetii, interceptis epistulis, quae nomine Germanici exercitus ad Pannonicas legiones ferebantur, centurionem et quosdam militum in custodia retinebant. Caecina belli avidus proximam quamque culpam, antequam paeniteret, ultum ibat: mota propere castra, vastati agri, direptus longa pace in modum municipii exstructus locus, amoeno salubrium aquarum usu frequens; missi ad Raetica auxilia nuntii, ut versos in legionem Helvetios a tergo adgrederentur.
68 (1) Illi ante discrimen feroces, in periculo pavidi, quamquam primo tumultu Claudium Severum ducem legerant, non arma noscere, non ordines sequi, non in unum consulere. exitiosum adversus veteranos proelium, intuta obsidio dilapsis vetustate moenibus; hinc Caecina cum valido exercitu, inde Raeticae alae cohortesque et ipsorum Raetorum iuventus, sueta armis et more militiae exercita. undique populatio et caedes: ipsi medio vagi, abiectis armis, magna pars saucii aut palantes, in montem Vocetium perfugere. (2) ac statim immissa cohorte Thracum depulsi et consectantibus Germanis Raetisque per silvas atque in ipsis latebris trucidati; multa hominum milia caesa, multa sub corona venundata. cumque dirutis omnibus Aventicum
Historien 1,66,3-1,68,2
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Landstadt der Vokontier – Fackeln anlegen ließ, bis er mit Geld beschwichtigt wurde. Sooft keine Quelle für Geld da war, ließ er sich mit sexuellen Übergriffen und Ehebrüchen erweichen. So kam man bis zu den Alpen. 67 (1) Noch mehr Beute und Blut verschlang Caecina. Sein aufbrausendes Wesen hatten die Helvetier gereizt – ein gallischer Stamm, der früher einmal durch seine militärische Stärke, später dann nur mehr durch die Erinnerung an seinen großen Namen berühmt war –, weil sie von der Ermordung Galbas noch nichts wussten und die Herrschaft des Vitellius ablehnten. Auslöser für den Krieg waren Habgier und überstürztes Vorgehen der 21. Legion; sie hatten das Geld geraubt, das zur Soldzahlung für das Kastell geschickt worden war, welches die Helvetier seit langer Zeit mit eigenen Soldaten und Zahlungen unterhielten. (2) Nur voller Empörung nahmen das die Helvetier hin, und als sie Briefe abgefangen hatten, die im Auftrag des germanischen Heeres zu den pannonischen Legionen gebracht werden sollten, hielten sie den Zenturio und einige Soldaten in Gewahrsam. Weil Caecina den Krieg unbedingt haben wollte, schritt er zur Rache für das erstbeste Vergehen, bevor man es bereuen konnte: Man brach schleunigst auf, verwüstete das Land, plünderte einen Ort, der in der langen Friedenszeit im Umfang einer Landstadt ausgebaut worden und wegen seiner anmutigen Lage und der Anwendung gesundheitsfördernden Wassers gut besucht war.80 Zu den rätischen Hilfstruppen schickte man Boten; sie sollten die Helvetier im Rücken angreifen, falls diese sich gegen die Legion wandten. 68 (1) Die wiederum, vor dem entscheidenden Augenblick kampflustig, in der Gefahr dann voller Angst, machten sich, obwohl sie gleich am Anfang des Aufruhrs Claudius Severus zu ihrem militärischen Führer gewählt hatten, nicht mit der Handhabung von Waffen vertraut, hielten nicht Reih und Glied, folgten keinem gemeinsamen Plan. Aussichtslos war für sie das Gefecht mit den altgedienten Soldaten, riskant eine Belagerung, da die Stadtmauern wegen ihres hohen Alters eingefallen waren; auf der einen Seite Caecina mit seinem schlagkräftigen Heer, auf der anderen die rätischen Regimenter und Kohorten und die Miliz der Räter selbst, die an den Umgang mit Waffen gewöhnt und in militärischer Disziplin geübt war: überall nur Vernichtung und Abschlachten! Sie selbst irrten mittendrin umher, warfen die Waffen weg und flohen, großenteils verwundet oder versprengt, auf den Berg Vocetius. (2) Sofort wurden sie von einer dorthin geschickten Kohorte Thraker hinuntergeworfen und von den verfolgenden Germanen und Rätern in den Wäldern und sogar noch in ihren Schlupfwinkeln niedergemacht. Viele Tausend Menschen wurden umgebracht, viele Tausend unter dem Kranz verkauft.81 Als man dann nach ihrer völligen Zerschlagung zum
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Historiarum liber primus
gentis caput in‹fe›sto agmine peteretur, missi qui dederent civitatem, et deditio accepta. in Iulium Alpinum e principibus ut concitorem belli Caecina animadvertit: ceteros veniae vel saevitiae Vitellii reliquit.
69 Haud facile dictu est, legati Helvetiorum minus placabilem imperatorem an militem invenerint. civitatis excidium poscunt, tela ac manus in ora legatorum intentant. ne Vitellius quidem verbis et minis temperabat, cum Claudius Cossus, unus ex legatis, notae facundiae, sed dicendi artem apta trepidatione occultans atque eo validior, militis animum mitigavit. ut est mos, volgus mutabile subitis et tam pronum in misericordiam quam immodicum saevitia fuerat, effusis lacrimis et meliora constantius postulando impunitatem salutemque civitati impetravere.
70 (1) Caecina paucos in Helvetiis moratus dies, dum sententiae Vitellii certior fieret, simul transitum Alpium parans, laetum ex Italia nuntium accipit alam Silianam circa Padum agentem sacramento Vitellii accessisse. pro consule Vitellium Siliani in Africa habuerant; mox a Nerone, ut in Aegyptum praemitterentur, acciti et ob bellum Vindicis revocati ac tum in Italia manentes, instinctu decurionum, qui Othonis ignari, Vitellio obstricti robur adventantium legionum et famam Germanici exercitus attollebant, transi‹e›re in partes et ut donum aliquod novo principi firmissima Transpadanae regionis municipia, Mediolanum ac Novariam et Eporediam et Vercellas, adiunxere. (2) id Caecinae per ipsos compertum. et quia praesidio alae unius latissima Italiae pars defendi nequibat, praemissis Gallorum Lusitanorumque et Britannorum cohortibus et Germanorum vexillis cum ala Petriana, ipse paulum cunctatus est, num Raeticis iugis in Noricum flecteret adversus Petronium Urbi‹cum› procuratorem, qui concitis auxiliis et interruptis fluminum pontibus fidus Othoni putabatur. (3) sed metu, ne amitteret praemissas iam cohortes alasque, simul reputans plus gloriae retenta
Historien 1,68,2-1,70,3
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Angriff auf Aventicum, den Hauptort des Stammes, loszog, wurden Unterhändler geschickt, die die Gemeinde übergeben sollten, und man nahm die Kapitulation an. Iulius Alpinus von den führenden Männern bestrafte Caecina als den Anstifter zum Krieg; den Rest überließ er der Nachsicht oder Grausamkeit des Vitellius. 69 Nicht leicht lässt sich sagen, ob die Gesandten der Helvetier weniger Versöhnungsbereitschaft beim Oberbefehlshaber82 oder bei den Soldaten vorfanden. Man verlangte die Auslöschung des Stammes, fuchtelte mit Waffen und Fäusten vor den Gesichtern der Gesandten herum. Nicht einmal Vitellius sparte mit drohenden Worten, da beschwichtigte Claudius Cossus, einer von den Gesandten, ein berühmter Redner, der aber seine Beredsamkeit hinter geschickter Ängstlichkeit zu verbergen wusste und deshalb umso überzeugender wirkte, die Soldaten. Wie üblich erreichte das Soldatenvolk, das seine Meinung bei überraschenden Entwicklungen ändert und nun so zu Mitgefühl neigte, wie es in seiner Grausamkeit maßlos gewesen war, mit dem Vergießen von Tränen und durch die hartnäckige Forderung nach einer besseren Behandlung Straflosigkeit und Rettung für die Stadt. 70 (1) Caecina hielt sich nur wenige Tage bei den Helvetiern auf, bis er Kunde von der Entscheidung des Vitellius bekomme; zugleich bereitete er die Überquerung der Alpen vor und erhielt dabei die erfreuliche Nachricht aus Italien, das am Po eingesetzte Kavallerieregiment „Siliana“ habe sich dem Treueid auf Vitellius angeschlossen. Als Prokonsul hatten die Silianer Vitellius in Africa gehabt. Später wurden sie von Nero abkommandiert, um nach Ägypten vorausgeschickt zu werden, dann wieder wegen des Kriegs gegen Vindex zurückgerufen; sie blieben anschließend in Italien, auf Betreiben ihrer Dekurionen, die, ohne Otho zu kennen und sich Vitellius verpflichtet fühlend, die Stärke der ankommenden Legionen und den Ruhm des germanischen Heeres herausstrichen, zu seiner Partei übertraten und sozusagen als bedeutsames Geschenk dem neuen Princeps die am stärksten befestigten Landstädte der Gegend jenseits des Po anschlossen, Mediolanum, Novaria, Eporedia und Vercellae. (2) Das erfuhr Caecina von ihnen selbst. Und weil durch den Schutz eines einzigen Kavallerieregiments der sehr umfangreiche Teil Italiens nicht verteidigt werden konnte, wurden die Kohorten der Gallier, Lusitanier und Britannier sowie die Abteilungen der Germanen zusammen mit dem Regiment „Petriana“ vorausgeschickt; er selbst war sich kurze Zeit unschlüssig, ob er über die rätischen Gebirgszüge nach Norikum abbiegen solle gegen den Prokurator Petronius Urbicus, der Hilfstruppen herbeigeholt und die Brücken über die Flüsse unterbrochen hatte und deshalb für Otho treu ergeben gehalten wurde. (3) Aber aus Furcht, die bereits vorausgeschickten Kohorten und Regimenter zu ver-
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Italia, et ubicumque certatum foret, Noricos in cetera victoriae praemia cessuros, Poenino itinere subsignanum militem et grave legionum agmen hibernis adhuc Alpibus transduxit.
71 (1) Otho interim contra spem omnium non deliciis neque desidia torpescere: dilatae voluptates, dissimulata luxuria et cuncta ad decorem imperii composita, eoque plus formidinis adferebant falsae virtutes et vitia reditura. Marium Celsum consulem designatum, per speciem vinculorum saevitiae militum subtractum, acciri in Capitolium iubet; clementiae titulus e viro claro et partibus inviso petebatur. (2) Celsus constanter servatae erga Galbam fidei crimen confessus, exemplum ultro imputavit. nec Otho quasi ignosceret, sed deos testes mutuae reconciliationis adhibens statim inter intimos amicos habuit et mox bello inter duces delegit, mansitque Celso velut fataliter etiam pro Othone fides integra et infelix. laeta primoribus civitatis, celebrata in volgus Celsi salus ne militibus quidem ingrata fuit, eandem virtutem admirantibus cui irascebantur.
72 (1) Par inde exsultatio disparibus causis consecuta impetrato Tigellini exitio. Ofonius Tigellinus obscuris parentibus, foeda pueritia, impudica senecta, praefecturam vigilum et praetorii et alia praemia virtutum, quia velocius erat, vitiis adeptus, crudelitatem mox, deinde avaritiam, virilia scelera, exercuit, corrupto ad omne facinus Nerone, quaedam ignaro ausus, ac postremo eiusdem desertor ac proditor: unde non alium pertinacius ad poenam flagitaverunt, diverso adfectu, quibus odium Neronis inerat et quibus desiderium. (2) apud Galbam Titi Vini potentia defensus, praetexentis ser-
Historien 1,70,3-1,72,2
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lieren, zugleich der Auffassung, Italien besetzt zu halten bringe mehr Ruhm und unabhängig davon, wo gekämpft werde, würden die Noriker zu allen anderen Siegespreisen gehören, führte er auf der Pöninischen Straße die reguläre Infanterie und damit die schwere Kolonne der Legionen über die immer noch winterlichen Alpen. 71 (1) Otho lebte in der Zwischenzeit entgegen der allgemeinen Erwartung nicht in Saus und Braus und ließ sich auch nicht in Untätigkeit gehen. Aufgeschoben wurden die Vergnügungen, so getan, als kenne man keinen Hang zur Verschwendung, und überhaupt wurde alles auf die Würde der Herrschaft abgestellt; umso mehr Befürchtungen riefen seine verlogenen anständigen Verhaltensweisen und die absehbare Rückkehr seines Fehlverhaltens hervor. Den designierten Konsul Marius Celsus, den er durch seine scheinbare Verhaftung der Grausamkeit der Soldaten entzogen hatte,83 ließ er aufs Kapitol holen; den Ruhm der Großzügigkeit wollte man aus dem Umgang mit dem berühmten und der eigenen Partei verhassten Mann gewinnen. (2) Celsus bekannte sich zu dem Verbrechen, standhaft die Treue zu Galba gewahrt zu haben, und schrieb sich das obendrein als beispielhaftes Verhalten zu. Aber Otho tat nicht so, als müsse er ihm verzeihen, sondern zog die Götter als Zeugen der gegenseitigen Versöhnung heran, zählte ihn sogleich zu seinen engsten Freunden und nahm ihn später im Krieg unter seine Kommandeure auf, und für Celsus hatte gleichsam schicksalhaft das Treueverhältnis zu Otho Bestand, uneingeschränkt und unglückbringend. Die für die führenden Persönlichkeiten unter den Bürgern erfreuliche, im einfachen Volk viel beredete Rettung des Celsus war auch den Soldaten nicht unwillkommen, die nun dasselbe vorbildliche Verhalten bewunderten, über das sie sich empörten. 72 (1) Gleich starker Jubel war hierauf aus ungleichen Gründen die Folge, weil man nämlich das gewaltsame Ende des Tigellinus durchgesetzt hatte. Ofonius Tigellinus, ein Mann mit Eltern niedrigen Standes, einer verdorbenen Jugend, einem schamlosen Alter, hatte das Kommando über die Stadtwache, das Prätorium und andere Auszeichnungen für gute Eigenschaften, weil es so schneller ging, mit unmoralischem Verhalten bekommen, tat sich dann in Grausamkeit, anschließend in Habgier, typisch männlichen Lastern,84 hervor, nachdem er Nero zu jeder erdenklichen Schandtat verleitet, aber einige davon sich auch ohne dessen Wissen zu vollbringen getraut hatte, und wurde schließlich gerade an diesem Mann zum treulosen Verräter. Deshalb verlangte man bei keinem anderen hartnäckiger die Bestrafung, aus gegensätzlichen Gefühlen heraus, je nachdem wer Hass gegen Nero hegte und wer Sehnsucht. (2) Unter Galba wurde er durch die einflussreiche Stellung des Titus Vinius geschützt, der die Rettung seiner
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vatam ab eo filiam. haud dubie servaverat, non clementia, quippe tot interfectis, sed effugium in futurum, quia pessimus quisque diffidentia praesentium mutationem pavens adversus publicum odium privatam gratiam praeparat: unde nulla innocentiae cura, sed vices impunitatis. (3) eo infensior populus, addita ad vetus Tigellini odium recenti Titi Vini invidia, concurrere ex tota urbe in Palatium ac fora et, ubi plurima volgi licentia, in circum ac theatra effusi seditiosis vocibus strepere, donec Tigellinus accepto apud Sinuessanas aquas supremae necessitatis nuntio inter stupra concubinarum et oscula et deformes moras sectis novacula faucibus infamem vitam foedavit etiam exitu sero et inhonesto.
73 Per idem tempus expostulata ad supplicium Calvia Crispinilla variis frustrationibus et adversa dissimulantis principis fama periculo exempta est. magistra libidinum Neronis, transgressa in Africam ad instigandum in arma Clodium Macrum, famem populo Romano haud obscure molita, totius postea civitatis gratiam obtinuit, consulari matrimonio subnixa et apud Galbam Othonem Vitellium inlaesa, mox potens pecunia et orbitate, quae bonis malisque temporibus iuxta valent.
74 (1) Crebrae interim et muliebribus blandimentis infectae ab Othone ad Vitellium epistulae offerebant pecuniam et gratiam et quemcumque quietis locum prodigae vitae legisset. paria Vitellius ostentabat, primo mollius, stulta utrimque et indecora simulatione, mox quasi rixantes stupra ac flagitia in vicem obiectavere, neuter falso. (2) Otho, revocatis quos Galba miserat legatis, rursus ad utrumque Germanicum exercitum et ad legionem Italicam easque, quae Lugduni agebant, copias specie senatus misit. legati apud Vitellium remansere, promptius quam ut retenti viderentur; praeto-
Historien 1,72,2-1,74,2
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Tochter85 durch ihn zum Vorwand nahm. Zweifellos hatte er sie gerettet, aber nicht aus Großmut, da ja so viele Personen umgebracht wurden, sondern um einen Platz zu haben, an dem er später einmal Zuflucht finden konnte, weil gerade die größten Schurken aus Misstrauen den aktuellen Verhältnissen gegenüber und aus Furcht vor einer Veränderung gegen den öffentlichen Hass private Dankbarkeit vorbereiten; daher machen sie sich keine Gedanken über Schuldlosigkeit, sondern nur über gegenseitige Straflosigkeit. (3) Das Volk, das umso aufgebrachter war, als zum alten Hass auf Tigellinus die frische Abneigung gegen Titus Vinius kam, lief aus der ganzen Stadt auf dem Palatium und auf den Marktplätzen zusammen, strömte, wo es sich am meisten herausnehmen kann, in den Zirkus und die Theater und lärmte dort mit aufrührerischem Geschrei so lange, bis Tigellinus, nachdem er in den Bädern von Sinuessa die Nachricht erhalten hatte, er müsse den letzten Schritt tun, während sexueller Aktivitäten mit seinen Konkubinen und Küssen und überhaupt schandbaren Verzögerungen86 sich mit einem Rasiermesser die Kehle durchschnitt und so sein verdorbenes Leben sogar noch mit einem zu späten und unehrenhaften Ende beschmutzte. 73 Zur selben Zeit wurde die Hinrichtung Calvia Crispinillas verlangt, aber sie konnte sich durch verschiedene Ausflüchte und unter Beeinträchtigung des guten Rufs des Princeps, der so tat, als wisse er von nichts, der Gefahr entziehen. Sie, eine Lehrmeisterin in Neros Liebesleben, war nach Africa übergesetzt, um Clodius Macer aufzuhetzen, er solle zu den Waffen greifen, hatte keineswegs heimlich auf eine Hungersnot87 für das römische Volk hingearbeitet und war dann später doch bei der gesamten Bevölkerung beliebt. Gestützt auf die Ehe mit einem ehemaligen Konsul, war sie unter Galba, Otho und Vitellius unbestraft geblieben, nachher einflussreich durch ihr Geld und ihre Kinderlosigkeit, die in guten und schlechten Zeiten in gleicher Weise von Bedeutung sind.88 74 (1) In der Zwischenzeit boten zahlreiche, mit verlockenden weibischen Angeboten durchsetzte Briefe Othos an Vitellius Geld, Wohlwollen und jeden beliebigen Ruhesitz an, den er sich für ein Leben im Überfluss aussuche. Vergleichbares stellte Vitellius in Aussicht; zunächst klang das recht entgegenkommend auf beiden Seiten in törichter und ungehöriger Verstellung, dann aber warfen sie sich wie Streithähne gegenseitig ihre Hurereien und Schandtaten vor, keiner der beiden zu Unrecht. (2) Otho rief die Gesandten zurück, die Galba geschickt hatte, und schickte dann wieder andere zu beiden germanischen Heeren, zur Legion „Italica“ und überhaupt zu den Truppen, die in Lugdunum lagen, scheinbar im Auftrag des Senats. Die Gesandten blieben bei Vitellius, und das bereitwilliger, als dass man den Eindruck haben konnte, sie seien festgehalten worden. Die Präto-
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riani, quos per simulationem officii legatis Otho adiunxerat, remissi, antequam legionibus miscerentur. (3) addidit epistulas Fabius Valens nomine Germanici exercitus ad praetorias et urbanas cohortes de viribus partium magnificas et concordiam offerentes; increpabat ultro, quod tanto ante traditum Vitellio imperium ad Othonem vertissent.
75 (1) Ita promissis simul ac minis temptabantur, ut bello impares, in pace nihil amissuri; neque ideo praetorianorum fides mutata. sed insidiatores ab Othone in Germaniam, a Vitellio in urbem missi. utrisque frustra fuit, Vitellianis impune, per tantam hominum multitudinem mutua ignorantia fallentibus: Othoniani novitate vultus, omnibus in vicem gnaris, prodebantur. (2) Vitellius litteras ad Titianum fratrem Othonis composuit, exitium ipsi filioque eius minitans, ni incolumes sibi mater ac liberi servarentur. et stetit domus utraque, sub Othone incertum an metu: Vitellius victor clementiae gloriam tulit.
76 (1) Primus Othoni fiduciam addidit ex Illyrico nuntius, iurasse in eum Dalmatiae ac Pannoniae et Moesiae legiones. idem ex Hispania adlatum laudatusque per edictum Cluvius Rufus; et statim cognitum est conversam ad Vitellium Hispaniam. ne Aquitania quidem, quamquam ab Iulio Cordo in verba Othonis obstricta, diu mansit. nusquam fides aut amor: metu ac necessitate huc illuc mutabantur. eadem formido provinciam Narbonensem ad Vitellium vertit, facili transitu ad proximos et validiores. (2) longinquae provinciae et quidquid armorum mari dirimitur penes Othonem manebat, non partium studio, sed erat grande momentum in nomine urbis ac praetexto senatus, et occupaverat animos prior auditus. Iudaicum exercitum Vespasianus, Syriae legiones Mucianus sacramento Othonis adegere; simul Aegyptus omnesque versae in Orientem provinciae nomine eius tenebantur. (3) idem Africae obsequium, initio Carthagine orto neque exspectata Vips-
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rianer, die Otho angeblich als Ehrenwache den Gesandten mitgegeben hatte, wurden zurückbeordert, bevor sie sich unter die Legionen mischen konnten. (3) Mit gab ihnen Fabius Valens im Namen des germanischen Heeres Briefe an die prätorischen und städtischen Kohorten, die großsprecherische Ausführungen über die Stärke seiner Partei enthielten und ein einträchtiges Vorgehen anboten; zusätzlich erhob er den Vorwurf, man habe die schon so lange vorher Vitellius übertragene Herrschaft Otho zugeschanzt. 75 (1) So versuchte man sie mit Versprechungen und gleichzeitig mit Drohungen zu beeinflussen: Genauso wie sie einem Krieg nicht gewachsen seien, hätten sie im Frieden nichts zu verlieren; und doch änderte sich deswegen an der Treue der Prätorianer nichts. Aber Agenten wurden von Otho nach Germanien, von Vitellius in die Hauptstadt geschickt. Beide Gruppen richteten nichts aus, die Vitellianer ungestraft, weil sie bei der riesigen Menschenmenge dank gegenseitiger Unkenntnis unentdeckt blieben, die Othonianer dagegen verrieten sich durch ihre auffälligen Gesichter, weil sich alle anderen gegenseitig kannten. (2) Vitellius verfasste einen Brief an Othos Bruder Titianus, in dem er ihm persönlich und seinem Sohn den Tod androhte, falls man seine Mutter und seine Kinder nicht unbehelligt lasse. Tatsächlich blieben beide Familien bestehen, wobei unklar war, ob das im Falle Othos nur aus Furcht geschah. Vitellius dagegen trug als Sieger den Ruhm des Großmuts davon. 76 (1) Die erste Nachricht, die Othos Zuversicht stärkte, kam aus Illyricum: Auf ihn hätten die dalmatischen, pannonischen und mösischen Legionen geschworen. Die gleiche Botschaft wurde aus Spanien überbracht, und dafür lobte man in einem Erlass Cluvius Rufus; aber unmittelbar darauf musste man zur Kenntnis nehmen, dass sich Spanien Vitellius zugewandt hatte. Nicht einmal Aquitanien blieb lange dabei, obwohl es von Iulius Cordus auf Otho vereidigt worden war. Nirgendwo gab es mehr Treue oder Zuneigung: Aus Furcht und Zwang wechselte man hier- oder dorthin. Die gleiche Angst trieb die narbonensische Provinz Vitellius in die Arme; leicht fällt ja bei unmittelbarer Nachbarschaft der Übertritt zu den stärkeren Bataillonen. (2) Die weit entfernten Provinzen und die gesamte Truppenmacht, die durch das Meer getrennt ist, blieben auf Othos Seite, nicht aus Begeisterung für seine Partei, sondern der entscheidende Beweggrund lag im Namen der Hauptstadt und im Glanze des Senats; dazu hatte er die Menschen gewonnen, weil man früher von ihm gehört hatte. Das jüdische Heer veranlasste Vespasian, die syrischen Legionen Mucian zum Eid auf Otho; zugleich waren Ägypten und alle in Richtung Osten liegenden Provinzen seinem Namen verpflichtet. (3) Dieselbe Ergebenheit zeigte Africa; sie nahm ihren Ausgangspunkt in Karthago, wobei man das Einverständnis des
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tani Aproniani proconsulis auctoritate: Crescens Neronis libertus (nam et hi malis temporibus partem se rei publicae faciunt) epulum plebi ob laetitiam recentis imperii obtulerat, et populus pleraque sine modo festinavit. Carthaginem ceterae civitates secutae.
77 (1) Sic distractis exercitibus ac provinciis Vitellio quidem ad capessendam principatus fortunam bello opus erat, Otho ut in multa pace munia imperii obibat, quaedam ex dignitate rei publicae, pleraque contra decus ex praesenti usu properando. (2) consul cum Titiano fratre in kalendas Martias ipse; proximos menses Verginio destinat ut aliquod exercitui Germanico delenimentum; iungitur Verginio Pompeius Vopiscus praetexto veteris amicitiae; plerique Viennensium honori datum interpretabantur. ceteri consulatus ex destinatione Neronis aut Galbae mansere, Caelio ac Flavio Sabinis in Iulias, Arrio Antoni‹n›o et Mario Celso in Septembres, quorum honori‹bu›s ne Vitellius quidem victor intercessit. (3) sed Otho pontificatus auguratusque honoratis iam senibus cumulum dignitatis addidit, aut recens ab exilio reversos nobiles adulescentulos avitis ac paternis sacerdotiis in solacium recoluit. redditus Cadio Rufo, Pedio Blaeso, †Saevino Promquo† senatorius locus. repetundarum criminibus sub Claudio ac Nerone ceciderant: placuit ignoscentibus verso nomine, quod avaritia fuerat, videri maiestatem, cuius tum odio etiam bonae leges peribant.
78 (1) Eadem largitione civitatum quoque ac provinciarum animos adgressus Hispalensibus et Emeritensibus familiarum adiectiones, Lingonibus universis civitatem Romanam, provinciae Baeticae Maurorum civitates dono dedit; nova iura Cappadociae, nova Africae, ostenta‹ta› magis quam mansura. (2) inter quae necessitate praesentium rerum et instantibus curis excusata ne tum quidem immemor amorum statuas Poppaeae per senatus
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Prokonsuls Vipstanus Apronianus nicht abwartete: Crescens, ein Freigelassener Neros – denn auch diese Leute machen sich in schlimmen Zeiten zu Teilhabern politischen Handelns –, hatte dem Pöbel ein Festmahl aus Freude über die frische Herrschaft ausgerichtet, und das Volk traf schnell eine ganze Reihe von Entscheidungen ohne Maß und Ziel. Karthago schlossen sich die übrigen Städte an. 77 (1) Da die Heere und Provinzen derart gespalten waren, musste jedenfalls Vitellius, um die hohe Stellung des Prinzipats erreichen zu können, Krieg führen, Otho dagegen nahm wie im tiefsten Frieden die Aufgaben der Herrschaft wahr, manche dem Ansehen des Staates entsprechend, die Mehrzahl jedoch, indem er in würdeloser Hast nur nach dem augenblicklichen Nutzen verfuhr. (2) Konsul war er zusammen mit seinem Bruder Titianus bis zum 1. März persönlich. Die folgenden Monate sah er für Verginius sozusagen als wenigstens einigermaßen angemessenes Beschwichtigungsmittel für das germanische Heer vor. Dem Verginius stellte man Pompeius Vopiscus zur Seite angeblich wegen ihrer alten Freundschaft; die Mehrheit deutete das so, als sei es als Auszeichnung der Viennenser gedacht. Die übrigen Konsulate blieben der Festlegung Neros oder Galbas entsprechend, Caelius und Flavius Sabinus bis Anfang Juli, Arrius Antoninus und Marius Celsus bis zum September; ihre Amtsübernahme widerrief nicht einmal Vitellius nach seinem Sieg. (3) Aber Otho verlieh zusätzlich Pontifikate und Augurate an bereits mit Ehrenämtern ausgezeichnete alte Männer als Krönung ihrer gesellschaftlichen Stellung oder bekleidete erst jüngst aus dem Exil zurückgekehrte vornehme junge Leute zum Trost wieder mit von ihren Vorvätern und Vätern wahrgenommenen Priestertümern. Cadius Rufus, Pedius Blaesus und … wurde ihr Rang als Senatoren wiedergegeben. Sie waren wegen Vorwürfen der Erpressung unter Claudius und Nero zu Fall gekommen. Die Personen, die verziehen, beschlossen nun mit veränderter Bezeichnung, was Habgier gewesen war, als Majestätsbeleidigung anzusehen; aus Hass auf diese89 gingen damals sogar gute Gesetze unter. 78 (1) Mit derselben Großzügigkeit suchte er die Bewohner von Städten und Provinzen zu gewinnen und machte deshalb den Einwohnern von Hispalis und Emerita die Zuweisung neuer Familien, den Lingonen in ihrer Gesamtheit das römische Bürgerrecht und der Provinz Baetica Städte der Mauren zum Geschenk; neue Rechtsordnungen verlieh er Kappadokien, neue Africa, mehr zur Schau, als dass sie Bestand haben sollten. (2) Während dieser Maßnahmen, die man noch mit der aktuellen Notlage und den drängenden Problemen rechtfertigen konnte, vergaß er nicht einmal zu diesem Zeitpunkt seine Liebschaften und ließ Poppaeas90 Statuen aufgrund
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consultum reposuit; creditus est etiam de celebranda Neronis memoria agitavisse spe volgum alliciendi. et fuere qui imagines Neronis proponerent; atque etiam Othoni quibusdam diebus populus et miles, tamquam nobilitatem ac decus adstruerent, Neroni Othoni adclamavit. ipse in suspenso tenuit, vetandi metu vel agnoscendi pudore.
79 (1) Conversis ad civile bellum animis externa sine cura habebantur. eo audentius Rhoxolani, Sarmatica gens, priore hieme caesis duabus cohortibus, magna spe Moesiam inruperant, ad novem milia equitum, ex ferocia et successu praedae magis quam pugnae intenta. igitur vagos et incuriosos tertia legio adiunctis auxiliis repente invasit. (2) apud Romanos omnia proelio apta: Sarmatae dispersi cupidine praedae aut graves onere sarcinarum et lubrico itinerum adempta equorum pernicitate velut vincti caedebantur. namque mirum dictum, ut sit omnis Sarmatarum virtus velut extra ipsos. nihil ad pedestrem pugnam tam ignavom: ubi per turmas advenere, vix ulla acies obstiterit. (3) sed tum umido die et soluto gelu neque conti neque gladii, quos praelongos utraque manu regunt, usui, lapsantibus equis et catafractarum pondere. id principibus et nobilissimo cuique tegimen, ferreis lamminis aut praeduro corio consertum, ut adversus ictus impenetrabile, ita impetu hostium provolutis inhabile ad resurgendum; simul altitudine et mollitia nivis hauriebantur. (4) Romanus miles facilis lorica et missili pilo aut lanceis adsultans, ubi res posceret, levi gladio inermem Sarmatam (neque enim scuto defendi mos est) comminus fodiebat, donec pauci, qui proelio superfuerant, paludibus abderentur. ibi saevitia hiemis aut volnerum absumpti. (5) postquam id Romae compertum, M. Aponius Moesiam obti-
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eines Senatsbeschlusses wieder aufrichten; man glaubte von ihm auch, er habe daran gedacht, das Andenken an Nero hochzuhalten in der Hoffnung, damit den Pöbel ködern zu können. Tatsächlich gab es Leute, die Standbilder von Nero öffentlich aufstellten. Zudem jubelten Otho an bestimmten Tagen das Volk und die Soldaten in der Meinung, sie verliehen ihm damit zusätzliche Vornehmheit und Ansehen, sogar mit dem Ruf „Nero Otho“ zu. Er selbst ließ das in der Schwebe aus Furcht, es zu verbieten, oder aus Scham, sich dazu zu bekennen. 79 (1) Da die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Bürgerkrieg gerichtet war, zeigte man für außenpolitische Angelegenheiten kein Interesse. Umso dreister waren die Roxolanen, ein sarmatisches Volk, nachdem sie im vorherigen Winter zwei Kohorten niedergemacht hatten, mit großen Erwartungen in Mösien eingebrochen, ungefähr 9 000 Reiter, die aufgrund ihrer Wildheit und dazu noch ihres Erfolgs mehr auf Beute aus waren als auf einen Kampf. Deshalb griff sie bei ihren sorglosen Streifzügen die 3. Legion zusammen mit den angegliederten Hilfstruppen plötzlich an. (2) Aufseiten der Römer war alles für ein Gefecht gerüstet; die Sarmaten dagegen wurden, weil sie sich in ihrer Beutegier zersplittert hatten oder schwer mit Gepäckstücken beladen waren und wegen der glatten Straßen die Behändigkeit ihrer Pferde nicht zum Tragen kam, niedergemacht, als ob sie gefesselt gewesen wären. Denn merkwürdigerweise liegt die gesamte Tapferkeit der Sarmaten sozusagen außerhalb ihrer selbst:91 Nichts ist im Kampf zu Fuß so feige; wenn sie jedoch mit Kavallerieschwadronen angreifen, dürfte ihnen kaum eine Front standhalten können. (3) Aber bei der damaligen feuchten Witterung und dem Tauwetter nützten ihnen weder ihre Wurfspieße noch überlangen Schwerter, die sie beidhändig führen, weil ihre Pferde auch wegen des Gewichts ihrer Schuppenpanzer ständig ausglitten. Das ist für die führenden Männer und besonders für die vornehmsten Personen eine Rüstung, die aus Eisenplatten oder sehr harten Lederstücken zusammengesetzt ist, zwar für Hiebe undurchdringlich, aber für Männer, die bei einem feindlichen Angriff zu Boden gegangen sind, hinderlich beim Wiederaufstehen; zugleich sanken sie im weichen Tiefschnee ein. (4) Der römische Soldat dagegen war in seinem Riemenpanzer beweglich, stürmte mit seinem zum Wurf geeigneten Speer oder mit Lanzen heran und durchbohrte, sowie es die Situation erforderte, mit seinem leicht zu führenden Schwert den wehrlosen Sarmaten – sich mit einem Schild zu verteidigen ist nämlich nicht üblich – aus der Nähe, bis nur mehr einige wenige, die das Gefecht überlebt hatten, sich in Sümpfen verkrochen. Dort kamen sie durch das Wüten des Winters oder ihrer Wunden um. (5) Nachdem man davon in Rom erfahren hatte, wurden M. Aponius, der Mösien verwaltete, mit einer Triumphstatue
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nens triumphali statua, Fulvus Aurelius et Iulianus Tettius ac Numisius Lupus, legati legionum, consularibus ornamentis donantur, laeto Othone et gloriam in se trahente, tamquam et ipse felix bello et suis ducibus suisque exercitibus rem publicam auxisset. 80 (1) Parvo interim initio, unde nihil timebatur, orta seditio prope urbi excidio fuit. septimam decimam cohortem e colonia Ostiensi in urbem acciri Otho iusserat; armandae eius cura Vario Crispino tribuno e praetorianis data. is quo magis vacuus quietis castris iussa exsequeretur, vehicula cohortis incipiente nocte onerari aperto armamentario iubet. tempus in ‹su›spicionem, causa in crimen, adfectatio quietis in tumultum evaluit, et visa inter temulentos arma cupidinem sui movere. (2) fremit miles et tribunos centurionesque proditionis arguit, tamquam familiae senatorum ad perniciem Othonis armarentur, pars ignari et vino graves, pessimus quisque in occasionem praedarum, volgus, ut mos est, cuiuscumque motus novi cupidum; et obsequia meliorum nox abstulerat. resistentem seditioni tribunum et severissimos centurionum obtruncant; rapta arma, nudati gladii; insidentes equis urbem ac Palatium petunt.
81 (1) Erat Othoni celebre convivium primoribus feminis virisque; qui trepidi, fortuitusne militum furor an dolus imperatoris, manere ac deprehendi an fugere et dispergi periculosius foret, modo constantiam simulare, modo formidine detegi, simul Othonis voltum intueri; utque evenit inclinatis ad ‹su›spicionem mentibus, cum timeret Otho, timebatur. (2) sed haud secus discrimine senatus quam suo territus et praefectos praetorii ad mitigandas militum iras statim miserat et abire propere omnes e convivio iussit. tum vero passim magistratus proiectis insignibus, vitata comitum et servo-
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und die Legionslegaten Fulvus Aurelius, Iulianus Tettius und Numisius Lupus mit den Ehrenzeichen eines Konsuls92 beschenkt, zur Freude Othos, der den Ruhm an sich zog, so als sei einerseits er persönlich erfolgreich im Krieg gewesen und habe andererseits mit seinen Kommandeuren und seinen Heeren das Wohl des Staates gemehrt. 80 (1) Eine inzwischen aus einem unbedeutenden Anlass, von dem man nichts befürchten zu müssen glaubte, entstandene Meuterei bedeutete für die Hauptstadt beinahe den Untergang. Die 17. Kohorte hatte Otho aus der Koloniestadt Ostia in die Hauptstadt abkommandieren lassen; der Auftrag, sie mit Waffen auszurüsten, wurde dem Tribun Varius Crispinus, einem von den Prätorianern, erteilt. Der ließ, um die Befehle möglichst ungestört bei Ruhe im Lager ausführen zu können, die Fahrzeuge der Kohorte erst bei Anbruch der Nacht beladen, nachdem er das Magazin hatte öffnen lassen. Der Zeitpunkt wuchs sich zu einem Verdacht, das Motiv zu einem Schuldvorwurf, die absichtliche Wahl des Feierabends zu Ausschreitungen aus, und der Anblick von Waffen unter den Betrunkenen weckte die Lust, zu ihnen zu greifen. (2) Die Soldaten schrien durcheinander und beschuldigten Tribune und Zenturionen des Verrats, da sie der Meinung waren, Dienerscharen von Senatoren sollten zur Vernichtung Othos bewaffnet werden, ein Teil ahnungslos und vom Wein schwer, gerade die übelsten Elemente auf der Suche nach einer Gelegenheit, Beute zu machen, die große Masse wie üblich gierig auf beliebige Unruhen, und den Gehorsam der anständigeren Soldaten hatte die Nacht aufgehoben.93 Einen Tribun, der sich der Meuterei widersetzte, und die strengsten Zenturionen brachten sie um; man riss die Waffen an sich, entblößte die Schwerter, schwang sich auf die Pferde und ritt in die Hauptstadt zum Palatium. 81 (1) Otho gab gerade ein von Frauen und Männern der führenden Kreise gut besuchtes Bankett. Die fragten sich in ihrer Angst, ob es sich um einen zufälligen Wutanfall der Soldaten oder um eine List des Oberbefehlshabers handle und ob es deshalb gefährlicher sei, zu bleiben und festgenommen zu werden oder fluchtartig in alle Richtungen auseinanderzustieben, und heuchelten deshalb bald Unerschrockenheit, bald verrieten sie sich in ihrer Furcht und blickten auf Othos Miene; und wie es so geht, wenn man zu Argwohn neigt: Während sich Otho fürchtete, fürchtete man sich vor ihm. (2) Aber nicht weniger durch die Gefahr für den Senat als durch seine eigene erschreckt, hatte er einerseits sofort die Prätorianerkommandanten losgeschickt, um die wütenden Soldaten zu beschwichtigen, andererseits befahl er, alle Teilnehmer sollten schleunigst das Bankett verlassen. Daraufhin konnte man nun auf Schritt und Tritt Amtsträger sehen, die ihre Abzeichen94 weggeworfen hatten und eine größere Anzahl von Begleitern und
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rum frequentia, senes feminaeque per tenebras diversa urbis itinera, rari domos, plurimi amicorum tecta et ut cuique humillimus cliens, incertas latebras petivere. 82 (1) Militum impetus ne foribus quidem Palati coercitus, quo minus convivium inrumperent, ostendi sibi Othonem expostulantes, volnerato Iulio Martiale tribuno et Vitellio Saturnino praefecto legionis, dum ruentibus obsistunt. undique arma et minae, modo in centuriones tribunosque, modo in senatum universum, lymphatis caeco pavore animis, et quia neminem unum destinare irae poterant, licentiam in omnis poscentibus, donec Otho contra decus imperii toro insistens precibus et lacrimis aegre cohibuit, redieruntque in castra inviti neque innocentes. (2) postera die velut capta urbe clausae domus, rarus per vias populus, maesta plebs; deiecti in terram militum voltus ac plus tristitiae quam paenitentiae. manipulatim adlocuti sunt Licinius [et] Proculus et Plotius Firmus praefecti, ex suo quisque ingenio mitius aut horridius. (3) finis sermonis in eo, ut quina milia nummum singulis militibus numerarentur: tum Otho ingredi castra ausus. atque illum tribuni centurionesque circumsistunt, abiectis militiae insignibus otium et salutem flagitantes. sensit invidiam miles et compositus in obsequium auctores seditionis ad supplicium ultro postulabat.
83 (1) Otho, quamquam turbidis rebus et diversis militum animis, cum optimus quisque remedium praesentis licentiae posceret, volgus et plures seditionibus et ambitioso imperio laeti per turbas et raptus facilius ad civile bellum impellerentur, simul reputans non posse principatum scelere quaesitum subita modestia et prisca gravitate retineri, sed discrimine urbis et periculo senatus anxius, postremo ita disseruit: (2) ‘neque ut adfectus vestros in amorem mei accenderem, commilitones, neque ut animum ad virtutem
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Sklaven vermieden; alte Männer und Frauen nahmen in der Dunkelheit entlegene Wege durch die Hauptstadt, nur ganz wenige gingen nach Hause, die Mehrzahl suchte die Häuser von Freunden und den armseligsten Klienten auf, den man hatte – Verstecke, in denen man sie nicht vermutete. 82 (1) Die anstürmenden Soldaten konnten nicht einmal durch das Tor des Palatiums davon abgehalten werden, in das Bankett einzubrechen und zu verlangen, man solle ihnen Otho zeigen; dabei wurden der Tribun Iulius Martialis und der Legionskommandant Vitellius Saturninus verwundet, als sie sich den Eindringlingen in den Weg stellten. Überall Waffen und Drohungen, bald gegen die Zenturionen und Tribune, bald gegen den Senat insgesamt; völlig außer sich waren sie vor blinder Angst, und weil sie keine Einzelperson als Ziel ihrer Wut bestimmen konnten, wollten sie willkürlich gegen alle vorgehen dürfen, bis sich Otho im Widerspruch zur Würde seiner Herrschaft auf ein Speisesofa stellte und sie mit Bitten und Tränen nur mühsam zu bändigen vermochte; so kehrten sie in ihr Lager zurück, widerwillig und nicht unschuldig95. (2) Am nächsten Tag blieben wie in einer eroberten Stadt die Häuser geschlossen, nur selten zeigte sich Volk auf den Straßen, traurig waren die einfachen Leute; die Gesichter der Soldaten waren auf den Boden gerichtet und verrieten mehr üble Laune als Reue. Manipelweise sprachen die Kommandanten Licinius Proculus und Plotius Firmus zu ihnen, jeder seiner Wesensart entsprechend eher sanft oder barsch. (3) Das Ende der Ansprache bestand darin, dass 5 000 Sesterze96 jedem einzelnen Soldaten ausbezahlt werden sollten. Dann erst getraute sich Otho in die Kaserne zu gehen. Dabei umringten ihn die Tribune und Zenturionen, warfen ihre Dienstgradabzeichen weg und forderten ihre Entlassung und Sorge für ihre Sicherheit. Nun spürte der einfache Soldat den kränkenden Vorwurf, fand sich wieder zu diszipliniertem Verhalten bereit und verlangte zudem die Hinrichtung der Rädelsführer bei der Meuterei. 83 (1) Trotz des allgemeinen Durcheinanders und der Meinungsverschiedenheiten unter den Soldaten – gerade die tüchtigsten Leute verlangten Abhilfe gegen die herrschende Disziplinlosigkeit, das einfache Soldatenvolk und damit die Mehrzahl aber ließ sich voll Freude über die Unruhen und eine Herrschaft, die sich um ihre Gunst bemühte, durch die Wirren und Plünderungen leichter zum Bürgerkrieg verleiten – überlegte Otho zugleich, der durch ein Verbrechen erworbene Prinzipat könne nicht durch plötzliche Disziplinierung und in den alten Zeiten übliche Härte behauptet werden; andererseits war er beunruhigt über die kritische Lage in der Hauptstadt und die Gefahr für den Senat und begann deshalb schließlich folgendermaßen zu sprechen: (2) „Nicht um eure Gefühle zur Liebe zu meiner Person zu entfachen, Kameraden, und auch nicht um euch zur Tap-
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cohortarer (utraque enim egregie supersunt), sed veni postulaturus a vobis temperamentum vestrae fortitudinis et erga me modum caritatis. tumultus proximi initium non cupidi‹ta›te vel odio, quae multos exercitus in discordiam egere, ac ne detrectatione quidem aut formidine periculorum: nimia pietas vestra acrius quam considerat‹e› excitavit; nam saepe honestas rerum causas, ni iudicium adhibeas, perniciosi exitus consequuntur. (3) imus ad bellum. num omnes nuntios palam audiri, omnia consilia cunctis praesentibus tractari ratio rerum aut occasionum velocitas patitur? tam nescire quaedam milites quam scire oportet: ita se ducum auctoritas, sic rigor disciplinae habet, ut multa etiam centuriones tribunosque tantum iuberi expediat. si, cur iubeantur, quaerere singulis liceat, pereunte obsequio etiam imperium intercidit. (4) an et illic nocte intempesta rapientur arma? unus alterve perditus ac temulentus (neque enim plures consternatione proxima insanisse crediderim) centurionis ac tribuni sanguine manus imbuet, imperatoris sui tentorium inrumpet?
84 (1) Vos quidem istud pro me: sed in discursu ac tenebris et rerum omnium confusione patefieri occasio etiam adversus me potest. si Vitellio et satellitibus eius eligendi facultas detur, quem nobis animum, quas mentes imprecentur, quid aliud quam seditionem et discordiam optabunt? ne miles centurioni, ne centurio tribuno obsequatur, ut confusi pedites equitesque in exitium ruamus. (2) parendo potius, commilitones, quam imperia ducum sciscitando res militares continentur, et fortissimus in ipso discrimine exercitus est, qui ante discrimen quietissimus. vobis arma et animus sit: mihi consilium et virtutis vestrae regimen relinquite. paucorum culpa fuit, duorum poena erit: ceteri abolete memoriam foedissimae noctis. (3) nec illas adversus senatum voces ullus usquam exercitus audiat. caput imperii et decora
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ferkeit zu ermahnen – beides ist nämlich ganz besonders reichlich vorhanden –, bin ich gekommen, sondern in der Absicht, von euch Mäßigung eures Mutes zu verlangen und mir gegenüber eine Einschränkung eurer Zuneigung. Der Anlass zum jüngsten Aufruhr ergab sich nicht aus Gier oder Hass, die schon viele Heere in eine Meuterei getrieben haben, und bestimmt auch nicht aus einer Verweigerungshaltung heraus oder aus Angst vor Gefahren: Euer übertriebenes Pflichtgefühl hat ihn mehr mit Begeisterung als Überlegung hervorgerufen; denn oft haben ehrbare Motive, falls man dabei kein gesundes Urteil zeigt, verhängnisvolle Ergebnisse zur Folge. (3) Wir sind auf dem Weg in einen Krieg. Dass man sämtliche Nachrichten in aller Öffentlichkeit hören kann, sämtliche Pläne vor aller Welt berät, lässt dies die Beschaffenheit der Angelegenheiten oder die zum Nützen von günstigen Momenten erforderliche Schnelligkeit zu? Manches dürfen einfache Soldaten ebenso gut nicht wissen, wie sie anderes wissen müssen. So gebietet es die Autorität der Kommandeure, so die Strenge der militärischen Disziplin, dass sinnvollerweise sogar Zenturionen und Tribune häufig nur Befehle entgegennehmen. Falls man den Einzelnen gestattet zu fragen, warum man ihnen befiehlt, dann geht mit dem Schwinden des Gehorsams auch die Befehlsgewalt verloren. (4) Oder wird man etwa auch in diesem Falle97 in tiefster Nacht die Waffen an sich reißen? Wird der eine oder andere betrunkene Taugenichts – ich möchte nämlich nicht glauben, dass bei dem jüngsten Krawall eine größere Anzahl den Kopf verloren hat – seine Hände in das Blut eines Zenturios und Tribuns tauchen, in das Zelt seines Oberbefehlshabers einbrechen? 84 (1) Ihr jedenfalls habt das für mich getan. Doch beim Hin- und Herlaufen, in der Dunkelheit und damit in dem allgemeinen Durcheinander kann sich auch eine Gelegenheit zu einem Angriff auf mich ergeben. Falls Vitellius und seinen Spießgesellen die Wahlmöglichkeit geboten würde, welche Einstellung, welchen Geist sie uns anwünschen dürfen, was anderes werden sie sich dann aussuchen als Meuterei und Uneinigkeit? Dass der Soldat nicht dem Zenturio, der Zenturio nicht dem Tribun gehorcht, dass wir, Infanterie und Kavallerie ohne Ordnung durcheinandergemischt, in unser Unglück rennen! (2) Im Gehorchen, Kameraden, mehr als darin, die Befehle der Kommandeure zu hinterfragen, besteht das Wesen des Militärs, und am tapfersten ist in der Stunde der Entscheidung das Heer, das vor der Entscheidung das ruhigste ist. Eure Angelegenheit sollen Waffen und Mut sein! Mir überlasst die Planung und die Leitung eurer Tapferkeit! Nur bei wenigen Männern lag die Schuld, nur zwei wird die Strafe treffen; ihr Übrigen, löscht die Erinnerung an die grauenhafte Nacht aus! (3) Aber auch die berüchtigten Äußerungen gegen den Senat sollen nirgendwo irgendeinem
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omnium provinciarum ad poenam vocare non hercule illi, quos cum maxime Vitellius in nos ciet, Germani audeant: ulline Italiae alumni et Romana vere iuventus ad sanguinem et caedem depoposcerit ordinem, cuius splendore et gloria sordes et obscuritatem Vitellianarum partium praestringimus? nationes aliquas occupavit Vitellius, imaginem quandam exercitus habet, senatus nobiscum est. sic fit, ut hinc res publica, in‹de› hostes rei publicae constiterint. (4) quid? vos pulcherrimam hanc urbem domibus et tectis et congestu lapidum stare creditis? muta ista et inani‹m›a intercidere ac reparari promisca sunt: aeternitas rerum et pax gentium et mea cum vestra salus incolumi‹ta›te senatus firmatur. hunc auspicato a parente et conditore urbis nostrae institutum et a regibus usque ad principes continuum et immortalem, sic‹ut› a maioribus accepimus, sic posteris tradamus; nam ut ex vobis senatores, ita ex senatoribus principes nascuntur.’
85 (1) Et oratio ad perstringendos mulcendosque militum animos et severitatis modus (neque enim in plures quam in duos animadverti iusserat) grate accepta compositique ad praesens qui coerceri non poterant. non tamen quies urbi redierat: strepitus telorum et facies belli, [et] militibus ut nihil in commune turbantibus, ita sparsis per domos occulto habitu, et maligna cura in omnes, quos nobilitas aut opes aut aliqua insignis claritudo rumoribus obiecerat. (2) Vitellianos quoque milites venisse in urbem ad studia partium noscenda plerique credebant: unde plena omnia suspicionum et vix secreta domuum sine formidine. sed plurimum trepidationis in publico, ut quemque nuntium fama attulisset, animum voltumque conversis, ne diffidere dubiis ac parum gaudere prosperis viderentur. (3) coacto vero in curiam senatu arduus rerum omnium modus, ne contumax silentium, ne sus-
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Heer zu Ohren kommen. Das Haupt des Reichs und die Eliten aus allen Provinzen zur Bestrafung zu fordern dürfen, beim Herkules,98 nicht diese Germanen wagen, die Vitellius gerade jetzt gegen uns aufbietet. Sollen je Sprösslinge Italiens und die echte römische Jugend99 die Auslieferung des Standes zu einem Blutbad und zum Abschlachten verlangen, mit dessen Glanz und Ruhm wir die schmutzige Gesinnung und Niedrigkeit der Partei der Vitelliusanhänger übertönen? Irgendwelche Völker hat Vitellius überrumpelt, er verfügt über so etwas wie den Anschein eines Heeres, aber der Senat ist mit uns. So kommt es, dass auf unserer Seite der Staat, auf der anderen die Feinde des Staates Aufstellung bezogen haben. (4) Was soll das heißen? Glaubt ihr, diese wunderschöne Stadt besteht nur aus Häusern und Dächern und einer Anhäufung von Steinen? Diese stummen und leblosen Gebilde stürzen ein und werden wieder hergerichtet, ohne dass das einen Unterschied macht; die ewige Dauer unseres Staates dagegen und der Frieden unter den Völkern und mein Wohlergehen zusammen mit dem euren werden durch die Unversehrtheit des Senats gesichert. Ihn, der unter günstigen Vorzeichen vom Vater und Gründer unserer Stadt eingesetzt wurde und von den Königen bis zu den Principes ununterbrochen und unvergänglich bestehen blieb, sollten wir so, wie wir ihn von unseren Vorfahren übernommen haben, an unsere Nachkommen weitergeben. Denn wie aus euch die Senatoren, so gehen aus den Senatoren die Principes hervor.“ 85 (1) Sowohl die Rede, die darauf angelegt war, die Soldaten betroffen zu machen und zu beschwichtigen, als auch seine maßvolle Strenge – er hatte ja nicht gegen mehr als zwei Mann durchgreifen lassen – wurden beifällig aufgenommen, und für den Augenblick gaben die Leute Ruhe, die nicht gebändigt werden konnten. Dennoch war in der Hauptstadt nicht wieder Frieden eingekehrt, sondern Waffengeklirr und das Erscheinungsbild eines Krieges, weil die Soldaten zwar nicht gemeinsam randalierten, aber sich dennoch verkleidet in den Häusern verteilt hatten, und ihr bösartiges Augenmerk galt all denen, die vornehme Abkunft oder Besitz oder sonst irgendeine besondere auffallende Eigenschaft zum Inhalt von Gerüchten gemacht hatte. (2) Auch dass auf Vitellius’ Seite stehende Soldaten in die Hauptstadt gekommen seien, um die Sympathien für die Parteien herauszufinden, glaubten sehr viele; daher war alles voller Verdächtigungen und kaum die Privaträume in den Häusern ohne Furcht. Aber die meiste Aufregung zeigte sich in der Öffentlichkeit, da man, je nachdem welche Nachricht ein Gerücht gebracht hatte, Stimmung und Miene wechselte, um nicht den Eindruck zu erwecken, man misstraue bedenklichen Berichten und freue sich zu wenig über angenehme. (3) Nach der Einberufung des Senats in die Kurie aber war es sehr mühsam, in allen Angelegenheiten das rechte Maß
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pecta libertas; et privato Othoni nuper atque eadem dicenti nota adulatio. igitur versare sententias et huc atque illuc torquere, hostem et parricidam Vitellium vocantes, providentissimus quisque volgaribus conviciis, quidam vera probra iacere, in clamore tamen et ubi plurimae voces, aut tumultu verborum sibi ipsi obstrepentes.
86 (1) Prodigia insuper terrebant diversis auctoribus volgata: in vestibulo Capitolii omissas habenas bigae, cui Victoria institerat, erupisse cella Iunonis maiorem humana speciem, statuam divi Iulii in insula Tiberini amnis sereno et immoto die ab occidente in orientem conversam, prolocutum in Etruria bovem, insolitos animalium partus, et plura alia rudibus saeculis etiam in pace observata, quae nunc tantum in metu audiuntur. (2) sed praecipuus et cum praesenti exitio etiam futuri pavor subita inundatione Tiberis, qui immenso auctu proruto ponte sublicio ac strage obstantis molis refusus, non modo iacentia et plana urbis loca, sed secura eius modi casuum implevit. rapti e publico plerique, plures in tabernis et cubilibus intercepti. fames in volgus inopia quaestus et penuria alimentorum. corrupta stagnantibus aquis insularum fundamenta, dein remeante flumine dilapsa. (3) utque primum vacuus a periculo animus fuit, id ipsum, quod paranti expeditionem Othoni campus Martius et via Flaminia iter belli esset obstructum, a fortuitis vel naturalibus causis in prodigium et omen imminentium cladium vertebatur.
87 (1) Otho lustrata urbe et expensis bello consiliis, quando Poeninae Cottiaeque Alpes et ceteri Galliarum aditus Vitellianis exercitibus claudebantur, Narbonensem Galliam adgredi statuit classe valida et partibus fida,
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zu wahren, damit Schweigen nicht als aufsässig, Freimut nicht als verdächtig angesehen werden konnte, und außerdem war Otho, der ja kürzlich noch Privatmann gewesen war und dasselbe gesagt hatte, Kriecherei wohlbekannt. Deshalb änderte man seine Meinung und drehte sie hierhin und dorthin, wobei man Vitellius als Landesfeind und Hochverräter bezeichnete, die vorsichtigsten Zeitgenossen mit allgemein üblichen Schimpfworten, manche ließen auch wirkliche Beleidigungen fallen, das jedoch nur bei lautem Geschrei und sobald sehr viele Stimmen durcheinandergingen oder wenn sie sich im lärmenden Wortschwall selbst überschrien. 86 (1) Vorzeichen, die von verschiedenen Gewährsleuten verbreitet wurden, sorgten darüber hinaus für Angst und Schrecken: In der Vorhalle des Kapitols seien die Zügel des Zweigespanns, auf dem die Siegesgöttin stand, ihr aus der Hand gefallen; aus der Kapelle der Juno sei eine übermenschlich große Gestalt herausgestürzt, eine Statue des vergöttlichten Julius habe sich auf der Tiberinsel an einem heiteren, ruhigen Tag von West nach Ost gedreht, in Etrurien habe ein Rind zu sprechen begonnen, Missgeburten bei Tieren habe es gegeben und noch anderes mehr, das in unaufgeklärten Jahrhunderten auch im Frieden beachtet wurde, worauf man jetzt aber nur mehr in Zeiten der Furcht hört. (2) Aber ein ganz besonderer und zusammen mit dem aktuellen Schaden auch in die Zukunft reichender Schrecken wurde durch eine plötzliche Überschwemmung des Tibers ausgelöst, der sehr hoch angeschwollen die Pfeilerbrücke100 zum Einsturz gebracht hatte, durch den ihm nun im Weg stehenden Schutthaufen gestaut wurde und dann nicht nur die tiefer gelegenen, flachen Bereiche der Hauptstadt, sondern auch die vor solchen Ereignissen eigentlich sicheren Flächen anfüllte. Mitgerissen wurden viele Menschen im Freien, noch mehr in ihren Läden und Nachtquartieren überrascht. Hunger für die einfache Bevölkerung war die Folge aus Erwerbslosigkeit und Mangel an Lebensmitteln. In Mitleidenschaft gezogen wurden durch die über die Ufer getretenen Wassermassen die Fundamente der Häuserblocks, und als dann der Fluss zurückging, stürzten sie ein. (3) Sobald man sich aber nicht mehr mit der Gefahr beschäftigen musste, wurde gerade die Tatsache, dass für Otho bei den Vorbereitungen zu seinem militärischen Unternehmen das Marsfeld und die Via Flaminia als Straße in den Krieg versperrt waren, statt auf zufälligen oder natürlichen Gründen beruhend als Wunder- und Vorzeichen bevorstehender Niederlagen ausgelegt. 87 (1) Nachdem Otho die Hauptstadt entsühnt101 und die Kriegspläne gegeneinander abgewogen hatte, beschloss er, da die Pöninischen und Cottischen Alpen sowie die übrigen Zugänge nach Gallien ja durch auf Vitellius’ Seite stehende Heere102 versperrt wurden, Gallia Narbonensis anzugreifen mit der starken und seiner Partei treu ergebenen Flotte; denn die Überle-
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quod reliquos caesorum ad pontem Mulvium et saevitia Galbae in custodia habitos in numeros legionis composuerat, facta et ceteris spe honoratae in posterum militiae. addidit classi urbanas cohortes et plerosque e praetorianis, viris et robur exercitus atque ipsis ducibus consilium et custodes. (2) summa expeditionis Antonio Novello, Suedio Clementi primipilaribus, Aemilio Pacensi, cui ademptum a Galba tribunatum reddiderat, permissa. curam navium Moschus libertus retinebat ad observandam honestiorum fidem †immutatus†. peditum equitumque copiis Suetonius Paulinus, Marius Celsus, Annius Gallus rectores destinati; sed plurima fides Licinio Proculo praetorii praefecto. is urbanae militiae impiger, bellorum insolens, auctoritatem Paulini, vigorem Celsi, maturitatem Galli, ut cuique erat, criminando, quod facillimum factu est, pravus et callidus bonos et modestos anteibat.
88 (1) Sepositus per eos dies Cornelius Dolabella in coloniam Aquinatem, neque arta custodia neque obscura, nullum ob crimen, sed vetusto nomine et propinquitate Galbae monstratus. multos e magistratibus, magnam consularium partem Otho non participes aut ministros bello, sed comitum specie secum expedire iubet, in quis et Lucium Vitellium, eodem quo ceteros cultu, nec ut imperatoris fratrem nec ut hostis. (2) igitur motae urbis curae; nullus ordo metu aut periculo vacuus: primores senatus aetate invalidi et longa pace desides, segnis et oblita bellorum nobilitas, ignarus militiae eques, quanto magis occultare et abdere pavorem nitebantur, manifestius pavidi. (3) nec deerant e contrario qui amibitione stolida conspicua arma, insignes equos, quidam luxuriosos apparatus conviviorum et inritamenta libidinum ut instrumentum belli mercarentur. sapientibus quietis et rei publicae cura; levissimus quisque et futuri improvidus spe vana tumens;
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benden der an der Milvischen Brücke niedergemachten und dank der Grausamkeit Galbas in Haft gehaltenen Soldaten hatte er zu Legionsabteilungen zusammengestellt, wodurch er auch bei allen anderen die Hoffnung auf einen zukünftig ehrenvollen103 Militärdienst weckte. An die Flotte gliederte er Stadtkohorten und eine ganze Anzahl von Prätorianern an, als die eigentliche Kerntruppe des Heeres und für die Kommandeure persönlich als Berater und Aufpasser. (2) Das Oberkommando bei dem Unternehmen wurde den Primipilaren Antonius Novellus und Suedius Clemens sowie Aemilius Pacensis übertragen, dem er den von Galba entzogenen Tribunat wieder verliehen hatte. Die Zuständigkeit für die Schiffe behielt der Freigelassene Moschus, der (auch damit beauftragt war?), die Loyalität der höhergestellten Personen zu überwachen. Für die Infanterie- und Kavallerieeinheiten wurden Suetonius Paulinus, Marius Celsus und Annius Gallus als Leiter bestimmt; aber das höchste Vertrauen genoss der Prätorianerkommandant Licinius Proculus. Der war beim städtischen Militär tätig gewesen, hatte aber keine Fronterfahrung, und indem er das Ansehen des Paulinus, die Tatkraft des Celsus und das reife Urteil des Gallus, die Vorzüge eines jeden, ihnen zum Vorwurf machte, was man ja ganz leicht tun kann, lief der bösartige und gerissene Kerl den anständigen, bescheidenen Persönlichkeiten den Rang ab. 88 (1) Abgeschoben wurde in diesen Tagen Cornelius Dolabella in die Koloniestadt Aquinum, aber weder in strenger noch ehrenrühriger Haft gehalten, wegen keinerlei Vergehen, sondern weil er durch seinen altehrwürdigen Namen und durch die Verwandtschaft mit Galba aufgefallen war. Viele von den Amtsträgern, einen Großteil der ehemaligen Konsuln ließ Otho nicht als Teilnehmer oder Handlanger im Krieg, sondern angeblich als sein Gefolge zusammen mit ihm ausrücken, unter ihnen auch Lucius Vitellius, den er genauso behandelte wie alle anderen, weder als Bruder des Oberbefehlshabers noch als den eines Landesfeinds. (2) Daher kamen in der Hauptstadt Sorgen auf; kein Stand war frei von Furcht oder Gefahr: Die führenden Persönlichkeiten des Senats waren gebrechlich und durch den langen Frieden träge geworden, energielos und ohne einen Gedanken an Kriege der Adel, nichts vom Militärdienst wussten die Ritter, je mehr sie sich bemühten, ihre Angst zu verstecken und zu verbergen, desto offensichtlicher ängstigten sie sich. (3) Aber auf der anderen Seite fehlte es auch nicht an Leuten, die in törichter Angeberei prächtige Waffen, auffallend schöne Pferde, manche auch kostspielige Ausstattungen für Bankette und die Erregung der Sinnesfreuden erstanden, als handle es sich um Kriegsausrüstung. Die Leute mit Verstand sorgten sich um den Frieden und den Staat. Gerade die leichtsinnigsten Zeitgenossen, die sich nicht um die Zukunft
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Historiarum liber primus
multi adflicta fide in pace anxii, turbatis rebus alacres et per incerta tutissimi.
89 (1) Sed volgus et magnitudine nimia communium curarum expers populus sentire paulatim belli mala, conversa in militum usum omni pecunia, intentis alimentorum pretiis, quae motu Vindicis haud perinde plebem adtriverant, secura tum urbe et provinciali bello, quod inter legiones Galliasque velut externum fuit. (2) nam ex quo divus Augustus res Caesarum composuit, procul et in unius sollicitudinem aut decus populus Romanus bellaverat; sub Tiberio et Gaio tantum pacis adversa ‹ad› rem publicam pertinuere; Scriboniani contra Claudium incepta simul audita et coercita; Nero nuntiis magis et rumoribus quam armis depulsus: tum legiones classesque et, quod raro alias, praetorianus urbanusque miles in aciem deducti, Oriens Occidensque et quicquid utrimque virium est a tergo, si ducibus aliis bellatum foret, longo bello materia. (3) fuere qui proficiscenti Othoni moras religionemque nondum conditorum ancilium adferrent: aspernatus est omnem cunctationem ut Neroni quoque exitiosam; et Caecina iam Alpes transgressus exstimulabat.
90 (1) Pridie idus Martias commendata patribus re publica reliquias Neronianarum sectionum nondum in fiscum conversas revocatis ab exilio concessit, iustissimum donum et in speciem magnificum, sed festinata iam pridem exactione usu sterile. (2) mox vocata contione maiestatem urbis et consensum populi ac senatus pro se adtollens, adversum Vitellianas partes modeste disseruit, inscitiam potius legionum quam audaciam increpans, nulla Vitellii mentione, sive ipsius ea moderatio, seu scriptor orationis sibi
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kümmerten, bliesen sich in eitler Hoffnung auf; viele waren nach der Herabsetzung ihrer Kreditwürdigkeit im Frieden in Angst, in den stürmischen Zeiten frohgemut und fühlten sich dank der ungewissen Verhältnisse ganz sicher. 89 (1) Aber die breite Masse und damit das wegen deren Übergröße an den die Allgemeinheit betreffenden Aufgaben nicht beteiligte Volk begann allmählich die schlimmen Auswirkungen des Kriegs zu spüren, da das gesamte Geld für den Unterhalt der Soldaten verwendet wurde und die Lebensmittelpreise anzogen, Entwicklungen, die beim Aufstand des Vindex das einfache Volk nicht im gleichen Maße mitgenommen hatten, weil sich die Hauptstadt damals keine Sorgen machen musste und sich der Krieg nur in einer Provinz abspielte; er war zwischen den Legionen und Gallien sozusagen einer im Ausland. (2) Denn seitdem der vergöttlichte Augustus die Macht der Cäsaren aufgebaut hatte, hatte das römische Volk in der Ferne und nur zur Beunruhigung oder zum Ruhm eines einzigen Mannes Krieg geführt. Unter Tiberius und Gaius betrafen lediglich Unglücksfälle im Frieden den Staat. Vom Unternehmen des Scribonianus gegen Claudius104 hatte man gerade gehört – und schon war es wieder unterdrückt. Nero wurde mehr als Folge von Nachrichten und Gerüchten als mit Waffengewalt vom Thron gestoßen. Jetzt aber wurden Legionen und Flotten und – sonst eine Seltenheit – die Prätorianer und städtischen Soldaten ins Feld geführt, dazu standen der Osten und Westen und was es sonst auf beiden Seiten an Streitkräften gab, als Reserve dahinter – falls man unter anderen Kommandeuren gekämpft hätte, Grundlage für einen langdauernden Krieg. (3) Es gab Leute, die Othos Abmarsch aufschieben wollten aufgrund von religiösen Bedenken wegen der noch nicht verwahrten heiligen Schilde.105 Er wies jede Verzögerung von sich, da sie auch für Nero verderblich gewesen sei, und die Vorstellung, Caecina habe bereits die Alpen überquert, trieb ihn an. 90 (1) Am 14. März vertraute er den Staat den Vätern an, überließ die Reste der unter Nero erzielten Auktionserlöse106, die noch nicht in seine Privatkasse geflossen waren, den aus der Verbannung zurückgerufenen Personen, ein sehr berechtigtes und nach außen hin großartiges Geschenk, das aber wegen des schon zuvor eiligst erfolgten Einzugs der Gelder praktisch wirkungslos blieb. (2) Dann berief er eine Volksversammlung ein, stellte die Erhabenheit der Hauptstadt und die Einmütigkeit von Volk und Senat zugunsten seiner Person heraus und äußerte sich dann gegenüber der Partei der Vitelliusanhänger zurückhaltend, wobei er sich eher abfällig über den Unverstand der Legionen als über ihre Verwegenheit ausließ, ohne Vitellius zu erwähnen, sei es, dass diese Zurückhaltung auf ihn selbst zurückging oder dass der Verfasser der Rede für seine eigene Person fürchtete und deshalb
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Historiarum liber primus
metuens contumeliis in Vitellium abstinuit, quando, ut in consiliis militiae Suetonio Paulino et Mario Celso, ita in rebus urbanis Galeri Trachali ingenio Othonem uti credebatur; et erant qui genus ipsum orandi noscerent, crebro fori usu celebre ‹et› ad implendas populi aures latum et sonans. (3) clamor vocesque volgi ex more adulandi nimiae et falsae: quasi dictatorem Caesarem aut imperatorem Augustum prosequerentur, ita studiis votisque certabant, nec metu aut amore, sed ex libidine servitii, ut in familiis, privata cuique s‹t›imulatio, et vile iam decus publicum. profectus Otho quietem urbis curasque imperii Salvio Titiano fratri permisit.
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auf Verunglimpfungen des Vitellius verzichtete; man glaubte ja, wie er bei der militärischen Planung auf Suetonius Paulinus und Marius Celsus zurückgriff, so bei innenpolitischen Themen auf das Talent des Galerius Trachalus. Tatsächlich gab es Leute, die dessen charakteristischen Redestil erkannt haben wollten, der wegen seiner häufigen Auftritte auf dem Forum wohlbekannt und, um die Ohren des Volks ganz zu erreichen, breit und wohlklingend war. (3) Geschrei und Zurufe der Masse waren der üblichen Schmeichelei entsprechend übertrieben und unaufrichtig: Als gäben sie dem Diktator Cäsar oder dem Oberbefehlshaber Augustus das Geleit, so versuchten sie sich mit begeisterten Zurufen und guten Wünschen zu überbieten, und das nicht aus Furcht oder Liebe, sondern aus der Lust auf Unterwürfigkeit heraus wie in den Dienerschaften, wobei jeder seine privaten Interessen verfolgte, und die Würde des Staates bedeutete schon nichts mehr. Bei seinem Aufbruch vertraute Otho den Frieden in der Hauptstadt und die Regierungsgeschäfte seinem Bruder Salvius Titianus an.
LIBER II 1 (1) Struebat iam fortuna in diversa parte terrarum initia causasque imperio, quod varia sorte laetum rei publicae aut atrox, ipsis principibus prosperum vel exitio fuit. Titus Vespasianus, e Iudaea incolumi adhuc Galba missus a patre, causam profectionis officium erga principem et maturam petendis honoribus iuventam ferebat, sed volgus fingendi avidum disperserat accitum in adoptionem. materia sermonibus senium et orbitas principis et intemperantia civitatis, donec unus eligatur, multos destinandi. (2) augebat famam ipsius Titi ingenium quantaecumque fortunae capax, decor ‹or›is cum quadam maiestate, prosperae Vespasiani res, praesaga responsa, et inclinatis ad credendum animis loco ominum etiam fortuita. (3) ubi Corinthi, Achaiae urbe, certos nuntios accepit de interitu Galbae et aderant qui arma Vitellii bellumque adfirmarent, anxius animo paucis amicorum adhibitis cuncta utrimque perlustrat: si pergeret in urbem, nullam officii gratiam in alterius honorem suscepti, ac se Vitellio sive Othoni obsidem fore: sin rediret, offensam haud dubiam victoris, sed incertam adhuc victoriam et concedente in partes patre filium excusatum. sin Vespasianus rem publicam susciperet, obliviscendum offensarum de bello agitantibus.
2 (1) His ac talibus inter spem metumque iactatum spes vicit. fuerunt qui accensum desiderio Berenices reginae vertisse iter crederent; neque abhor-
BUCH 2 1 (1) Da legte schon das Schicksal in einem abgelegenen Teil der Welt die Grundlage für die Anfänge und Ursachen einer Herrschaft, die unterschiedlicher Fügung zufolge erfreulich für den Staat war oder schrecklich, für die Principes persönlich erfolgreich oder den Untergang bringend.1 Titus Vespasianus, der aus Judäa noch zu Lebzeiten Galbas von seinem Vater losgeschickt worden war, gab als Grund für seine Reise die Ehrenbezeigung gegenüber dem Princeps und sein jugendliches Alter an, das reif für die Bewerbung um Ehrenämter sei, aber das einfache Volk, das darauf versessen ist, sich etwas zusammenzureimen, hatte ausgestreut, man habe ihn zur Adoption herkommen lassen. Den Stoff für das Gerede bildeten das hohe Alter und die Kinderlosigkeit des Princeps sowie die ungezügelte Lust der Stadtbevölkerung, bis die eine Person ausgewählt wird, viele auszuersehen. (2) Das Gerücht nährten die Geistesgaben des Titus selbst, die ihn einer auch noch so hohen Stellung gewachsen sein ließen, sein anmutiges Gesicht, gepaart mit einer gewissen Erhabenheit, die Erfolge Vespasians, prophetische Orakelsprüche und, nachdem man nun einmal dazu neigte, daran zu glauben, anstelle von Vorzeichen zufällige Ereignisse. (3) Sobald er in Korinth, einer Stadt in Achaia, sichere Kunde vom Untergang Galbas bekommen hatte und dann auch Leute anwesend waren, die bestätigten, Vitellius habe sich für eine bewaffnete Auseinandersetzung und damit für den Krieg entschieden, wurde er unsicher, zog nur wenige von seinen Freunden bei und ging in beide Richtungen alle Gesichtspunkte durch: Falls er sich in die Hauptstadt begebe, werde er keinerlei Dank für eine Aufwartung ernten, die er einem anderen zu Ehren habe machen wollen, und für Vitellius oder Otho nur eine Geisel sein; falls er jedoch zurückfahre, stelle das einen ganz klaren Affront gegen den Sieger dar, aber der Sieg sei immer noch unsicher, und wenn sich sein Vater dessen Partei anschließe, sei der Sohn entschuldigt. Falls jedoch Vespasian die Macht im Staat übernehme, würden die Leute, die sich dann ja Gedanken über einen Krieg machten, notwendigerweise den Affront vergessen. 2 (1) Während er durch diese und entsprechende Überlegungen zwischen Hoffen und Bangen hin- und hergerissen wurde, setzte sich die Hoffnung durch. Es gab Leute, die glaubten, er sei aus glühender Sehnsucht nach
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rebat a Berenice iuvenilis animus, sed gerendis rebus nullum ex eo impedimentum: laetam voluptatibus adulescentiam egit, suo quam patris imperio moderatior. (2) igitur oram Achaiae et Asiae ac laeva maris praevectus, Rhodum et Cyprum insulas, inde Syriam audentioribus spatiis petebat. atque illum cupido incessit adeundi visendique templum Paphiae Veneris, inclutum per indigenas advenasque. haud fuerit longum initia religionis, templi ritum, formam deae (neque enim alibi sic habetur) paucis disserere.
3 (1) Conditorem templi regem Aëriam vetus memoria, quidam ipsius deae nomen id perhibent. fama recentior tradit a Cinyra sacratum templum deamque ipsam conceptam mari huc adpulsam; sed scientiam artemque haruspicum accitam et Cilicem Tamiram intulisse, atque ita pactum, ut familiae utriusque posteri caerimoniis praesiderent. mox, ne honore nullo regium genus peregrinam stirpem antecelleret, ipsa, quam intulerant, scientia hospites cessere: tantum Cinyrades sacerdos consulitur. (2) hostiae, ut quisque vovit, sed mares deliguntur: certissima fides haedorum fibris. sanguinem arae obfundere vetitum: precibus et igne puro altaria adolentur, nec ullis imbribus quamquam in aperto madescunt. simulacrum deae non effigie humana, continuus orbis latiore initio tenuem in ambitum metae modo exsurgens, et ratio in obscuro.
4 (1) Titus spectata opulentia donisque regum quaeque alia laetum antiquitatibus Graecorum genus incertae vetustati adfingit, de navigatione primum consuluit. postquam pandi viam et mare prosperum accepit, de se per ambages interrogat caesis compluribus hostiis. (2) Sostratus (sacerdotis id nomen erat), ubi laeta et congruentia exta magnisque consultis adnuere
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der Königin Berenike umgekehrt; und tatsächlich war der junge Mann Berenike2 alles andere als abgeneigt, aber daraus ergab sich keine Beeinträchtigung seines politischen Handelns. Er genoss in seinen Jugendjahren die Freuden des Lebens und war dann während seiner eigenen Regierungszeit zurückhaltender als während der seines Vaters. (2) Also fuhr er an der Küste Achaias, Asias und an den zur Linken am Meer liegenden Gegenden vorbei und steuerte die Inseln Rhodos und Zypern und anschließend Syrien in wagemutigeren3 Etappen an. Da überkam ihn der dringende Wunsch, den Tempel der Venus von Paphos zu besuchen und zu besichtigen, berühmt bei Einheimischen und Fremden. Es dürfte keine zu große Abschweifung darstellen, auf die Anfänge der Religion, die Kultausübung im Tempel und die Gestalt der Göttin – denn nirgendwo sonst zeigt sie sich so – in wenigen Worten einzugehen. 3 (1) Als Gründer des Tempels bezeichnet eine alte Überlieferung König Aërias; einige Autoren führen das als Namen der Göttin selbst an. Eine jüngere Version lautet, von Cinyras sei der Tempel geweiht worden und die Göttin selbst sei, meergeboren, hier an Land gegangen. Aber die systematische Wissenschaft der Eingeweideschauer habe man von außerhalb hergeholt, und zwar habe sie der Kilikier Tamiras eingeführt, und man sei dahingehend übereingekommen, dass die Nachkommen beider Familien das kultische Geschehen leiten sollten. Später hätten dann, damit die ausländische Sippe das Königsgeschlecht keinesfalls an Ansehen überrage, die Fremden ausgerechnet die Wissenschaft abgetreten, die sie eingeführt hatten: Nur mehr ein Priester aus der Familie des Cinyras wird nun um Rat gefragt. (2) Opfertiere wählt man aus, wie sie ein jeder gelobt hat, aber nur Männchen; das größte Vertrauen setzt man in die Eingeweide von Böcken. Blut über den Altar zu gießen ist verboten: Nur unter Gebeten und mit reinem Feuer werden die Brandaltäre entzündet, aber sie werden auch von keinem Regentropfen benetzt, obwohl sie im Freien stehen. Das Bildnis der Göttin ist nicht menschengestaltig, vielmehr zieht sich ein durchgehender Kreis nach einem breiteren Beginn bis zu einem schmalen Umfang hin in der Art einer Wendemarke in die Höhe;4 seine Bedeutung aber bleibt im Dunkeln. 4 (1) Titus besichtigte die ganze Pracht, die Geschenke der Könige und alles, was das Griechenvolk, das an Altertümern seine Freude hat, sonst noch der ungewissen Vergangenheit zuschreibt; dann erkundigte er sich zuerst nach seiner Fahrt zur See. Als er erfahren hatte, der Weg sei frei und das Meer günstig, fragte er nach der Schlachtung mehrerer Opfertiere andeutungsweise über seine eigene Person nach. (2) Sostratus – so lautete der Name des Priesters – gab, sobald er gesehen hatte, dass die Eingeweide
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deam videt, pauca in praesens et solita respondens, petito secreto futura aperit. Titus aucto animo ad patrem pervectus suspensis provinciarum et exercituum mentibus ingens rerum fiducia accessit. (3) Profligaverat bellum Iudaicum Vespasianus, obpugnatione Hierosolymorum reliqua, duro magis et arduo opere ob ingenium montis et pervicaciam superstitionis quam quo satis virium obsessis ad tolerandas necessitates superesset. (4) tres, ut supra memoravimus, ipsi Vespasiano legiones erant, exercitae bello: quattuor Mucianus obtinebat in pace, sed aemulatio et proximi exercitus gloria depulerat segnitiam, quantumque illis roboris discrimina et labor, tantum his vigoris addiderat integra quies et inexperti belli †labor. auxilia utrique cohortium alarumque et classes regesque ac nomen dispari fama celebre.
5 (1) Vespasianus acer militiae anteire agmen, locum castris capere, noctu diuque consilio ac, si res posceret, manu hostibus obniti, cibo fortuito, veste habituque vix a gregario milite discrepans; prorsus, si avaritia abesset, antiquis ducibus par. Mucianum e contrario magnificentia et opes et cuncta privatum modum supergressa extollebant; aptior sermone, dispositu provisuque civilium rerum peritus: egregium principatus temperamentum, si demptis utriusque vitiis solae virtutes miscerentur. (2) ceterum hic Syriae, ille Iudaeae praepositus, vicinis provinciarum administrationibus invidia discordes, exitu demum Neronis positis odiis in medium consuluere, primum per amicos, dein, praecipua concordiae fides, Titus prava certamina communi utilitate aboleverat, natura atque arte compositus adliciendis etiam
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übereinstimmend Glück verhießen und die Göttin deshalb große Pläne billige, für den Augenblick nur knappe und allgemein gehaltene Antworten, bat danach um ein Gespräch unter vier Augen und eröffnete ihm die Zukunft. Titus fuhr nun noch besseren Mutes zu seinem Vater weiter; für die unentschiedenen Provinzen und Heere bedeutete sein Kommen ein gewichtiges Unterpfand für den Erfolg. (3) Dem jüdischen Krieg hatte Vespasian die entscheidende Wende gegeben; allerdings blieb noch die Belagerung Jerusalems übrig, eine harte und schwierige Aufgabe mehr wegen der Beschaffenheit des Berges und der Hartnäckigkeit des Aberglaubens, als dass die eingeschlossene Bevölkerung genügend Kräfte zum Ertragen ihrer katastrophalen Lage übrig gehabt hätte. (4) Drei Legionen hatte, wie oben erwähnt,5 Vespasian selbst, kriegserprobte Einheiten; vier kommandierte Mucian im Frieden, aber die Rivalität und der Ruhm des Nachbarheeres hatten Nachlässigkeit nicht aufkommen lassen, und das Maß an Stärke, das den einen Gefahren und Strapazen, hatten den anderen an Energie die ungestörte Ruhe und (die Scham darüber?) verliehen, dass sie mit dem Krieg noch keine Bekanntschaft gemacht hatten. Über Hilfstruppen von Infanteriekohorten und Kavallerieregimentern verfügten beide und über Flotten und Könige und einen trotz ihres ungleichen Rufs berühmten Namen. 5 (1) Vespasian zog als strammer Soldat an der Spitze der Marschkolonne, suchte den Platz für das Lager aus, stellte sich Tag und Nacht mit seinem Sachverstand und, falls es die Umstände erforderten, handgreiflich den Feinden entgegen, aß, was es gerade gab, und unterschied sich in Kleidung und Auftreten kaum von einem einfachen Soldaten; kurz, wenn die Habgier nicht gewesen wäre, wäre er mit den Kommandeuren der alten Zeiten auf einer Stufe gestanden. Mucian ließen im Gegensatz dazu Prachtentfaltung, Reichtum und all die anderen Verhaltensweisen herausstechen, die den für einen Privatmann üblichen Rahmen sprengten. Er war geschickter im Reden und ein sachkundiger, weitsichtiger Verwaltungsfachmann: eine hervorragende Mischung für den Prinzipat, falls man die Fehler beider Männer weggenommen und nur die Vorzüge zusammengeführt hätte. (2) Im Übrigen waren sie, der eine an der Spitze Syriens, der andere Judäas, bei der Verwaltung der benachbarten Provinzen aus Rivalität uneinig gewesen, hatten aber schließlich nach Neros Ende ihre tiefe Abneigung abgelegt und sich verständigt, zunächst unter Vermittlung von Freunden, dann aber hatte als Hauptgarant für die Eintracht Titus die bedauerlichen Kontroversen im gemeinsamen Interesse aus der Welt geschafft, von Veranlagung und Fähigkeiten her dazu in der Lage, sogar einen Mucian für sich einzunehmen. Die
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Muciani moribus. tribuni centurionesque et volgus militum industria licentia, per virtutes per voluptates, ut cuique ingenium adsciscebantur. 6 (1) Antequam Titus adventaret, sacramentum Othonis acceperat uterque exercitus, pernicibus, ut adsolet, nuntiis et tarda mole civilis belli, quod longa concordia quietus Oriens tunc primum parabat. namque olim validissima inter se civium arma in Italia Galliave viribus Occidentis coepta; et Pompeio, Cassio, Bruto, Antonio, quos omnes trans mare secutum est civile bellum, haud prosperi exitus fuerant; auditique saepius in Syria Iudaeaque Caesares quam inspecti. nulla seditio legionum, tantum adversus Parthos minae, vario eventu; et proximo civili bello turbatis aliis inconcussa ibi pax, dein fides erga Galbam. (2) mox, ut Othonem ac Vitellium scelestis armis res Romanas raptum ire volgatum est, ne penes ceteros imperii praemia, penes ipsos tantum servitii necessitas esset, fremere miles et vires suas circumspicere. septem legiones statim et cum ingentibus auxiliis Syria Iudaeaque; inde continua Aegyptus duaeque legiones, hinc Cappadocia Pontusque et quicquid castrorum Armeniis praetenditur; Asia et ceterae provinciae nec virorum inopes et pecunia opulentae; quantum insularum mari cingitur, et parando interim bello secundum tutumque ipsum mare.
7 (1) Non fallebat duces impetus militum, sed bellantibus aliis placuit exspectari. bello civili victores victosque numquam solida fide coalescere, nec referre Vitellium an Othonem superstitem fortuna faceret. rebus secundis etiam egregios duces insolescere: discordia militis, ignavia, luxurie et suismet vitiis alterum bello, alterum victoria periturum. (2) igitur arma in occasionem distulere, Vespasianus Mucianusque nuper, ceteri olim mixtis consiliis, optimus quisque amore rei publicae, multos dulcedo praedarum sti-
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Tribune und Zenturionen sowie das einfache Soldatenvolk versuchte man für sich zu gewinnen durch Handeln- und Gewährenlassen, durch ihre Vorzüge, ihre Leidenschaften – wie eben jeder veranlagt war. 6 (1) Noch vor Titus’ Ankunft hatten beide Heere den Eid auf Otho geleistet, nachdem die Nachrichten wie üblich rasch eintrafen, die schwerfällige Masse des Bürgerkriegs, den zu führen der in langer Einmütigkeit ruhig gebliebene Osten sich jetzt zum ersten Mal anschickte, aber nur langsam in Schwung kam. Denn früher hatten die heftigsten bewaffneten Auseinandersetzungen der Bürger untereinander in Italien oder Gallien mit den Streitkräften des Westens begonnen, und Pompejus, Cassius, Brutus und Antonius, denen allen der Bürgerkrieg über das Meer folgte,6 hatten kein glückliches Ende gefunden. Ferner hörte man in Syrien und Judäa öfter von den Cäsaren, als dass man sie zu Gesicht bekam. Keine Meuterei der Legionen gab es, nur gegen die Parther Drohgebärden mit wechselndem Erfolg. Auch im jüngsten Bürgerkrieg blieb, während es in anderen Gebieten zu Unruhen kam, dort der Friede unerschüttert, dann schwor man Galba Treue. (2) Nachdem später allgemein bekannt geworden war, Otho und Vitellius seien auf dem Weg, in unseligen bewaffneten Auseinandersetzungen den römischen Staat zu ihrer Beute zu machen, begannen die Soldaten ihre Unzufriedenheit damit zu äußern, auf alle anderen warteten die Belohnungen der Herrschaft, auf sie selbst nur der Zwang, untertänig zu dienen, und an ihre eigene Stärke zu denken: sieben Legionen an Ort und Stelle und dazu noch mit bedeutenden Hilfstruppen Syrien und Judäa; unmittelbar daran anschließend Ägypten und damit zwei Legionen, auf der anderen Seite Kappadokien, Pontus und all die Truppenlager, welche die Grenze zu den Armeniern entlang errichtet waren; Asia und die übrigen Provinzen einerseits ohne Mangel an Männern, andererseits reichlich mit Geld ausgestattet; die ganze vom Meer umschlossene Inselwelt für die zwischenzeitliche Kriegsvorbereitung günstig und sicher das Meer selbst. 7 (1) Den Kommandeuren entging die Begeisterung der Soldaten nicht, aber solange andere Krieg führten, beschloss man abzuwarten. In einem Bürgerkrieg fänden Sieger und Besiegte niemals in dauerhaftem Vertrauen zueinander, und es mache keinen Unterschied, ob das Schicksal Vitellius oder Otho überleben lasse. Bei Erfolgen überschätzten sich sogar hervorragende Kommandeure; durch Meuterei der Soldaten, durch sein lethargisches Schlemmerleben und damit auch durch eigene Fehler werde der eine im Krieg, der andere nach seinem Sieg untergehen. (2) Folglich schoben sie den Einsatz von Waffen bis zu einer günstigen Gelegenheit auf, nachdem sich Vespasian und Mucian erst kurz zuvor, die übrigen Betroffenen schon früher verständigt hatten, die tüchtigsten Männer aus Liebe zum Staat, viele
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mulabat, alios ambiguae domi res: ita boni malique causis diversis, studio pari, bellum omnes cupiebant.
8 (1) Sub idem tempus Achaia atque Asia falso exterritae, velut Nero adventaret, vario super exitu eius rumore eoque pluribus vivere eum fingentibus credentibusque. ceterorum casus conatusque in contextu operis dicemus: tunc servus e Ponto sive, ut alii tradidere, libertinus ex Italia, citharae et cantus peritus, unde illi super similitudinem oris propior ad fallendum fides, adiunctis desertoribus, quos inopia vagos ingentibus promissis conruperat, mare ingreditur; ac vi tempestatum Cythnum insulam detrusus et militum quosdam ex Oriente commeantium adscivit vel abnuentes interfici iussit, et spoliatis negotiatoribus mancipiorum valentissimum quemque armavit. (2) centurionemque Sisennam dextras, concordiae insignia, Syriaci exercitus nomine ad praetorianos ferentem variis artibus adgressus est, donec Sisenna clam relicta insula trepidus et vim metuens aufugeret. inde late terror: multi ad celebritatem nominis erecti rerum novarum cupidine et odio praesentium. gliscentem in dies famam fors discussit.
9 (1) Galatiam ac Pamphyliam provincias Calpurnio Asprenati regendas Galba permiserat. datae e classe Misenensi duae triremes ad prosequendum, cum quibus Cythnum insulam tenuit: nec defuere qui trierarchos nomine Neronis accirent. (2) is in maestitiam compositus et fidem suorum quondam militum invocans, ut eum in Syria aut Aegypto sisterent, orabat. trierarchi, s‹eu› nutantes seu dolo, adloquendos sibi milites et paratis omnium animis reversuros firmaverunt. sed Asprenati cuncta ex fide nun-
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spornte die verlockende Aussicht auf Beute an, andere ihre zweifelhaften Vermögensverhältnisse7 zu Hause. Auf diese Weise wollten anständige und schlechte Personen aus gegensätzlichen Gründen, aber mit gleichem Nachdruck alle zusammen den Krieg. 8 (1) Ungefähr zur gleichen Zeit wurden Achaia und Asia grundlos damit in Angst und Schrecken versetzt, Nero rücke wieder an, da es vielfache Gerüchte über sein Ende gab und deshalb nur noch mehr Leute sich einbildeten und daran glaubten, er sei am Leben. Auf die abenteuerlichen Schicksale der übrigen Kandidaten werden wir im Verlauf unseres Werks zu sprechen kommen.8 Damals nun begab sich ein Sklave aus Pontus oder einer anderen Überlieferung zufolge ein Freigelassener aus Italien, ein gelernter Kitharaspieler und Sänger, weswegen über die Ähnlichkeit seiner Gesichtszüge hinaus die Glaubwürdigkeit bei seinem Täuschungsversuch noch näher lag, nach dem Anschluss von Deserteuren, die sich notleidend herumtrieben und die er mit riesigen Versprechungen verführt hatte, aufs Meer. Durch heftige Stürme wurde er an die Insel Cythnus verschlagen, heuerte ein paar Soldaten an, die auf Urlaub aus dem Osten kamen, oder ließ sie, wenn sie sich weigerten, umbringen und bewaffnete, nachdem er Kaufleute ausgeraubt hatte, immer die Kräftigsten von ihren Sklaven. (2) Ferner setzte er dem Zenturio Sisenna, der Hände, Abzeichen der Eintracht,9 im Namen des syrischen Heers zu den Prätorianern bringen sollte, mit verschiedenen hinterhältigen Methoden so lange zu, bis Sisenna die Insel heimlich verließ und ängstlich und aus Furcht vor der Anwendung von Gewalt floh. Von da an verbreitete sich der Schrecken immer weiter. Viele Leute waren im Hinblick auf das Ansehen des Namens (Nero) voller Erwartung wegen ihres dringenden Wunsches nach einem Umsturz und aus Erbitterung über ihre aktuellen Verhältnisse. Das sich von Tag zu Tag verdichtende Gerücht zerschlug ein Zufall. 9 (1) Die Leitung der Provinzen Galatia und Pamphylia hatte Galba dem Calpurnius Asprenas übertragen. Mitgegeben wurden ihm aus der Flotte von Misenum zwei Dreiruderer als Eskorte, mit denen er die Insel Cythnus anlief; da fanden sich tatsächlich Leute, die die Kapitäne in Neros Auftrag zu diesem bringen sollten. (2) Der setzte eine Trauermiene auf, appellierte an die Treue seiner ehemaligen Soldaten und bat sie, ihn in Syrien oder Ägypten abzusetzen. Die Kapitäne versicherten, entweder weil sie unschlüssig waren oder aus List, sie müssten mit ihren Soldaten reden10 und kämen dann wieder, wenn alle dazu bereit seien. Aber der ganze Vorfall wurde wahrheitsgemäß Asprenas gemeldet; auf seine Aufforderung hin enterte
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tiata: cuius cohortatione expugnata navis et interfectus quisquis ille erat. caput, insigne oculis comaque et torvitate voltus, in Asiam atque inde Romam pervectum est. 10 (1) In civitate discordi et ob crebras principum mutationes inter libertatem ac licentiam incerta parvae quoque res magnis motibus agebantur. Vibius Crispus, pecunia potentia ingenio inter claros magis quam inter bonos, Annium Faustum equestris ordinis, qui temporibus Neronis delationes factitaverat, ad cognitionem senatus vocabat; nam recens Galbae principatu censuerant patres, ut accusatorum causae noscerentur. id senatus consultum varie iactatum et, prout potens vel inops reus inciderat, infirmum aut validum, retinebat adhuc terroris. (2) et propria vi Crispus incubuerat delatorem fratris sui pervertere, traxeratque magnam senatus partem, ut indefensum et inauditum dedi ad exitium postularent. contra apud alios nihil aeque reo proderat quam nimia potentia accusatoris: dari tempus, edi crimina, quamvis invisum ac nocentem more tamen audiendum censebant. (3) et valuere primo dilataque in paucos dies cognitio: mox damnatus est Faustus, nequaquam eo adsensu civitatis, quem pessimis moribus meruerat: quippe ipsum Crispum easdem accusationes cum praemio exercuisse meminerant, nec poena criminis, sed ultor displicebat.
11 (1) Laeta interim Othoni principia belli, motis ad imperium eius e Dalmatia Pannoniaque exercitibus. fuere quattuor legiones, e quibus bina milia praemissa; ipsae modicis intervallis sequebantur, septima a Galba conscripta, veteranae undecima ac tertia decima et praecipui fama quartadecimani, rebellione Britanniae compressa. addiderat gloriam Nero eligendo ut potissimos, unde longa illis erga Neronem fides et erecta in Othonem studia. sed quo plus virium ac roboris, e fiducia tarditas inerat. (2) agmen legio-
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man das Schiff und tötete die Person, mochte sie sein, wer sie wollte. Den Kopf, bemerkenswert wegen seiner Augen, Haare und grimmigen Gesichtszüge, brachte man nach Asia und von dort nach Rom. 10 (1) In der zerstrittenen und wegen des häufigen Wechsels der Principes zwischen Freiheit und Zügellosigkeit schwankenden Bevölkerung der Hauptstadt wurden auch unbedeutende Angelegenheiten mit starken Emotionen behandelt. Vibius Crispus, der wegen seines Gelds, Einflusses und Talents mehr zu den bekannten als den anständigen Zeitgenossen zählte, zitierte den zu Neros Zeit als berufsmäßiger Denunziant aufgetretenen Annius Faustus aus dem Ritterstand vor das Senatsgericht. Denn ganz am Anfang von Galbas Prinzipat hatten die Väter beschlossen, die Fälle der Ankläger zu untersuchen. Dieser Senatsbeschluss wurde verschieden gehandhabt und erwies sich, je nachdem ob ein einflussreicher oder hilfloser Angeklagter betroffen war, als wirkungslos oder wirksam, behielt aber in jedem Fall etwas von seinem Schrecken bei. (2) Tatsächlich hatte es Crispus mit all seiner Macht darauf angelegt, den Denunzianten seines Bruders zu vernichten, und er hatte schon einen Großteil des Senats auf seine Seite gezogen, sodass man verlangte, ihn unverteidigt und unangehört hinzurichten. Auf der anderen Seite nützte bei anderen Mitgliedern dem Angeklagten nichts so sehr wie die außerordentliche Machtposition des Anklägers: Man solle ihm etwas Zeit lassen sowie die Anklagepunkte benennen und müsse dann den Mann, verhasst und schuldig, wie er sei, dennoch dem üblichen Verfahren gemäß anhören, beantragten sie. (3) Tatsächlich setzten sie sich zunächst durch, und man verschob die Untersuchung um wenige Tage; später dann wurde Faustus verurteilt, aber keineswegs mit einer derartigen Zustimmung durch die Bevölkerung, wie er sie bei seinem abgrundschlechten Charakter verdient gehabt hätte. Man erinnerte sich nämlich daran, dass Crispus selbst ebensolche Anklagen gegen Bezahlung vertreten hatte, und so missfiel nicht die Strafe für das Verbrechen, sondern der Rächer. 11 (1) Günstig gestaltete sich in der Zwischenzeit für Otho der Beginn des Kriegs, nachdem sich auf seinen Befehl hin die Heere in Dalmatien und Pannonien auf den Weg gemacht hatten. Es handelte sich um vier Legionen, von denen je 2 000 Mann vorausgeschickt wurden; sie selbst zogen in nicht allzu großen Abständen nach, die von Galba ausgehobene 7., die altgedienten 11. und 13. sowie die dank der Niederschlagung des Aufstands in Britannien11 besonders angesehenen Vierzehner. Ihren Ruhm hatte Nero dadurch gesteigert, dass er sie als die vorzüglichste Einheit auswählte, weshalb sie Nero lange treu ergeben blieben und dann ihre nachdrücklichen Sympathien Otho zuwandten. Doch über je mehr Kraft und Stärke sie verfügten, desto langsamer rückten sie aufgrund ihres Selbstbewusstseins vor. (2) Vor
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num alae cohortesque praeveniebant. et ex ipsa urbe haud spernenda manus, quinque praetoriae cohortes et equitum vexilla cum legione prima, ac deforme insuper auxilium, duo milia gladiatorum, sed per civilia arma etiam severis ducibus usurpatum. his copiis rector additus Annius Gallus, cum Vestricio Spurinna ad occupandas Padi ripas praemissus, quoniam prima consiliorum frustra ceciderant, transgresso iam Alpes Caecina, quem sisti intra Gallias posse speraverat. (3) ipsum Othonem comitabantur speculatorum lecta corpora cum ceteris praetoriis cohortibus, veterani e praetorio, classicorum ingens numerus. nec illi segne aut corruptum luxu iter, sed lorica ferrea usus est et ante signa pedes ire, horridus, incomptus famaeque dissimilis.
12 (1) Blandiebatur coeptis fortuna, possessa per mare et naves [et] maiore Italiae parte penitus usque ad initium maritimarum Alpium, quibus temptandis adgrediendaeque provinciae Narbonensi Suedium Clementem, Antonium Novellum, Aemilium Pacensem duces dederat. sed Pacensis per licentiam militum vinctus, Antonio Novello nulla auctoritas: Suedius Clemens ambitioso imperio regebat, ut adversus modestiam disciplinae corruptus, ita proeliorum avidus. (2) non Italia adiri nec loca sedesque patriae videbantur: tamquam externa litora et urbes hostium urere vastare rapere, eo atrocius, quod nihil usquam provisum adversum metus. pleni agri, apertae domus; occursantes domini iuxta coniuges et liberos securitate pacis et belli malo circumveniebantur. (3) maritimas tum Alpes tenebat procurator Marius Maturus. is concita gente (nec deest iuventus) arcere provinciae finibus Othonianos intendit, sed primo impetu caesi disiectique montani, ut qui-
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der Marschkolonne der Legionen zogen Kavallerieregimenter und Infanteriekohorten. Ferner war auch aus der Hauptstadt selbst eine nicht zu verachtende Einheit dabei, nämlich fünf Prätorianerkohorten und Kavallerieabteilungen mit der ersten Legion, und zusätzlich eine abstoßende Verstärkung, 2 000 Gladiatoren, die aber in Bürgerkriegen sogar schon von strengen Kommandeuren in Anspruch genommen worden war. Diesen Truppen wurde als Leiter Annius Gallus zugeordnet, der zusammen mit Vestricius Spurinna zur Besetzung der Po-Ufer vorausgeschickt wurde, weil die ursprünglichen strategischen Überlegungen umsonst gewesen waren; denn Caecina, den er in Gallien aufhalten zu können gehofft hatte, war schon über die Alpen gezogen. (3) Otho persönlich begleiteten Eliteeinheiten der Gardesoldaten zusammen mit den übrigen Prätorianerkohorten, Veteranen der Prätorianer und eine beträchtliche Anzahl Marinesoldaten. Sein Vormarsch verlief nicht träge oder von einem Leben in Saus und Braus verdorben, sondern er trug einen eisernen Panzer und zog zu Fuß vor den Standarten her, struppig, ungepflegt und überhaupt völlig anders als sein Ruf. 12 (1) Es lächelte seinem Vorhaben das Glück, da er dank des Meers und der Schiffe einen Großteil Italiens bis ganz zum Fuß der Seealpen hin in der Hand hatte; um diese besetzen und die narbonensische Provinz angreifen zu können, hatte er als Kommandeure Suedius Clemens, Antonius Novellus und Aemilius Pacensis eingesetzt. Doch Pacensis wurde bei Ausschreitungen seiner Soldaten in Fesseln gelegt, Antonius Novellus verfügte über keinerlei Autorität; Suedius Clemens übte ein Kommando aus, mit dem er sich beliebt machen wollte, zwar gleichgültig gegenüber Zucht und Ordnung, aber versessen auf Gefechte. (2) Man hatte nicht den Eindruck, sie näherten sich Italien und damit Orten und Siedlungen ihres Vaterlands: Wie ausländische Küsten und Städte von Feinden brandschatzte, verwüstete, plünderte man, und das mit umso schrecklicherer Wirkung, als nirgendwo Vorsorge gegen drohende Gefahren getroffen worden war. Voll von Menschen waren die Äcker, offen die Häuser; die ihnen entgegenlaufenden Eigentümer wurden an der Seite ihrer Ehefrauen und Kinder in der Sicherheit des Friedens vom Übel des Kriegs heimgesucht. (3) Die Seealpen hielt damals der Prokurator Marius Maturus. Der bot die einheimische Bevölkerung auf – es fehlt dort nicht an wehrfähigen jungen Männern – und machte sich daran, die Othonianer von den Grenzen seiner Provinz fernzuhalten. Aber bereits beim ersten Angriff wurden die Bergbewohner geschlagen und zersprengt wie eben Menschen, die aufs Geratewohl zusammenge-
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bus temere collectis, non castra, non ducem noscitantibus neque in victoria decus esset neque in fuga flagitium. 13 (1) Inritatus eo proelio Othonis miles vertit iras in municipium Albintimilium. quippe in acie nihil praedae, inopes agrestes et vilia arma; nec capi poterant, pernix genus et gnari locorum; sed calamitatibus insontium expleta avaritia. (2) auxit invidiam praeclaro exemplo femina Ligus, quae filio abdito, cum simul pecuniam occultari milites credidissent eoque per cruciatus interrogarent, ubi filium occuleret, uterum ostendens latere respondit, nec ullis deinde terroribus aut morte constantiam vocis egregiae mutavit.
14 (1) Imminere provinciae Narbonensi in verba Vitellii adactae classem Othonis trepidi nuntii Fabio Valenti attulere; aderant legati coloniarum auxilium orantes. duas Tungrorum cohortes, quattuor equitum turmas, universam Trevirorum alam cum Iulio Classico praefecto misit, e quibus pars in colonia Foroiuliensi retenta, ne omnibus copiis in terrestre iter versis vacuo mari classis adceleraret. duodecim equitum turmae et lecti e cohortibus adversus hostem iere, quibus adiuncta Ligurum cohors, vetus loci auxilium, et quingenti Pannonii, nondum sub signis. (2) nec mora proelio: sed acies ita instructa, ut pars classicorum mixtis paganis in colles mari propinquos exsurgeret, quantum inter colles ac litus aequi loci praetorianus miles expleret, in ipso mari ut adnexa classis et pugnae parata conversa et minaci fronte praetenderetur: Vitelliani, quibus minor peditum vis, in equite robur, Alpinos proximis iugis, cohortes densis ordinibus post equitem locant. (3) Trevirorum turmae obtulere se hosti incaute, cum exciperet contra veteranus miles, simul a latere saxis urgeret apta ad iaciendum etiam paganorum
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zogen worden waren, keine Ahnung von einem Lager, einem militärischen Anführer hatten und weder bei einem Sieg Ruhm ernten konnten noch bei einer Flucht Schande. 13 (1) Gereizt durch dieses Gefecht, ließen Othos Soldaten ihre Wut an der Landstadt Albintimilium aus. Auf dem Schlachtfeld hatten sie ja keine Beute gemacht, arm war die Landbevölkerung, nichts wert ihre Waffen. Aber man konnte sie auch nicht gefangen nehmen – ein flinker Menschenschlag und dazu ortskundig; deshalb befriedigte man seine Habgier mit dem Unglück unschuldiger Opfer. (2) Gesteigert hatte die Erbitterung mit ihrem herausragenden vorbildlichen Verhalten eine Ligurerin, die ihren Sohn versteckt hatte. Weil die Soldaten glaubten, sie habe zugleich auch Geld verborgen und sie unter der Folter befragten, wo sie ihren Sohn verstecke, zeigte sie auf ihren Unterleib und gab zur Antwort, das sei sein Schlupfwinkel, und ließ sich anschließend durch keine Einschüchterungen oder den Tod von der Standhaftigkeit abbringen, die in dieser außergewöhnlichen Äußerung zum Ausdruck kam. 14 (1) Es bedrohe die narbonensische Provinz, die den Eid auf Vitellius abgelegt habe, Othos Flotte, meldeten aufgeregte Kuriere dem Fabius Valens. Zugegen waren Gesandte von Koloniestädten, die um Hilfe baten. Zwei Tungrerkohorten, vier Kavallerieschwadronen und das gesamte Reiterregiment der Treverer schickte er zusammen mit seinem Kommandanten Iulius Classicus los; von ihnen wurde ein Teil in der Koloniestadt Forum Iulii zurückbehalten, damit nicht, wenn alle Truppen sich auf den Landweg begeben hätten, auf dem entblößten Meer die Flotte schnell heransegeln könne. Zwölf Kavallerieschwadronen und aus den Kohorten ausgewählte Einheiten zogen gegen den Feind; ihnen angegliedert wurde ein Kohorte Ligurer, eine vor Ort altgediente Hilfstruppe, und 500 Pannonier, die noch nicht in eine Legion aufgenommen worden waren. (2) Ohne Aufschub kam es zur Schlacht: Das Heer wurde so aufgestellt, dass ein Teil der Marinesoldaten, unter die man Leute aus der Gegend eingereiht hatte, die ans Meer angrenzenden Hügel hinauf stand, das gesamte ebene Gelände zwischen den Hügeln und der Küste die Prätorianer ausfüllten und die sich auf dem Meer selbst anschließende Flotte kampfbereit mit umgekehrter, drohender Vorderseite12 Position bezogen hatte. Die Vitellianer, deren Infanterie an Kampfkraft unterlegen war und deren Stärke in der Kavallerie lag, stellten die Alpenbewohner auf den nächstgelegenen Höhenzügen und die Kohorten in dichten Reihen hinter der Kavallerie auf. (3) Die Trevererschwadronen warfen sich auf den Feind, unvorsichtig angesichts der Tatsache, dass auf der Gegenseite altgediente Soldaten sie in Empfang nahmen und ihnen gleichzeitig von der Flanke her mit Steinen auch die im
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manus, qui sparsi inter milites, strenui ignavique, in victoria idem audebant. additus perculsis terror invecta in terga pugnantium classe: ita undique clausi, deletaeque omnes copiae forent, ni victorem exercitum attinuisset obscurum noctis, obtentui fugientibus.
15 (1) Nec Vitelliani quamquam victi quievere: accitis auxiliis securum hostem ac successu rerum socordius agentem invadunt. caesi vigiles, perrupta castra, trepidatum apud naves, donec sidente paulatim metu, occupato iuxta colle defensi, mox inrupere. (2) atrox ibi caedes, et Tungrarum cohortium praefecti sustentata diu acie telis obruuntur. ne Othonianis quidem incruenta victoria fuit, quorum improvide secutos conversi equites circumvenerunt. ac velut pactis indutiis, ne hinc classis, inde eques subitam formidinem inferrent, Vitelliani retro Antipolim Narbonensis Galliae municipium, Othoniani Albingaunum interioris Liguriae revertere.
16 (1) Corsicam ac Sardiniam ceterasque proximi maris insulas fama victricis classis in partibus Othonis tenuit. sed Corsicam prope adflixit Decumi Picarii procuratoris temeritas, tanta mole belli nihil in summam profutura, ipsi exitiosa. namque Othonis odio iuvare Vitellium Corsorum viribus statuit, inani auxilio, etiam si provenisset. (2) vocatis principibus insulae consilium aperit et contra dicere ausos, Claudium Pyrrichum trierarchum Liburnicarum ibi navium, Quintium Certum equitem Romanum, interfici iubet: quorum morte exterriti qui aderant, simul ignara et alieni metus socia imperitorum turba in verba Vitellii iuravere. sed ubi dilectum agere Picarius et inconditos homines fatigare militiae muneribus occepit, laborem insolitum
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Schleudern geschickte Einheit der einheimischen Bevölkerung zusetzte, die, unter die Soldaten verteilt, ob sie nun tüchtig oder feige waren, im Sieg den gleichen Wagemut an den Tag legten. Dazu kam für die Geschlagenen der Schrecken darüber, dass die Flotte in den Rücken der Kämpfenden gesegelt war. So waren sie auf allen Seiten eingeschlossen, und die gesamten Truppen wären vernichtet worden, wenn die Dunkelheit der Nacht nicht das siegreiche Heer aufgehalten hätte, ein Deckmantel für die Fliehenden. 15 (1) Aber die Vitellianer gaben trotz ihrer Niederlage keine Ruhe. Sie holten Verstärkungen herbei und fielen über den sich in Sicherheit wiegenden und nach seinem Erfolg zu sorglos vorgehenden Feind her. Sie machten die Wachen nieder, durchbrachen den Lagerwall; bei den Schiffen brach Panik aus, bis sich die Angst allmählich legte, man sich durch die Besetzung eines Hügels in der Nähe verteidigen und dann zum Gegenangriff übergehen konnte. (2) Schrecklich war dort das Gemetzel, und die Kommandanten der Tungrerkohorten wurden unter einem Geschosshagel begraben, nachdem sie die Gefechtsformation lange aufrechterhalten hatten. Aber auch für die Othonianer gab es den Sieg keineswegs ohne blutige Verluste; diejenigen unter ihnen, die sich unvorsichtig an die Verfolgung gemacht hatten, wurden von Reitern umzingelt, die umgekehrt waren. Und so zogen sich, als habe man einen Waffenstillstand geschlossen, damit nicht auf der einen Seite die Flotte, auf der anderen die Kavallerie überraschende Furcht verbreiten konnte, die Vitellianer nach Antipolis, eine Landstadt in Gallia Narbonensis, die Othonianer nach Albingaunum im Inneren Liguriens zurück. 16 (1) Korsika, Sardinien und die übrigen Inseln des nächstgelegenen Meeres hielt die Nachricht vom Sieg der Flotte auf Othos Seite. Aber Korsika riss beinahe die Unüberlegtheit des Prokurators Decumus Picarius ins Verderben, die bei einem Krieg von derartigen Ausmaßen im Endergebnis keinerlei Bedeutung hatte, ihm persönlich aber den Untergang brachte. Denn in seinem Hass auf Otho beschloss er, Vitellius mit den Truppen der Korsen zu unterstützen, mit einer völlig unzureichenden Hilfe also, selbst wenn sie erfolgreich gewesen wäre. (2) Er rief die führenden Männer der Insel zusammen, eröffnete ihnen seine Absicht und ließ die Personen, die zu widersprechen wagten, nämlich den Kommandanten der dort stationierten Liburnen13 Claudius Pyrrichus und den römischen Ritter Quintius Certus hinrichten. Durch ihren Tod verbreitete sich unter den Anwesenden Angst und Schrecken, und zusammen mit ihnen legte der unwissende, die Furcht der anderen teilende Haufen unerfahrener Leute den Eid auf Vitellius ab. Aber als Picarius damit begann, Soldaten auszuheben und den undisziplinierten Menschen mit militärischem Drill zuzusetzen, machten sie sich aus
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perosi infirmitatem suam reputabant: insulam esse quam incolerent, et longe Germaniam viresque legionum; direptos vastatosque classe etiam quos cohortes alaeque protegerent. (3) et aversi repente animi, nec tamen aperta vi: aptum tempus insidiis legere. digressis qui Picarium frequentabant, nudus et auxilii inops balineis interficitur; trucidati et comites. capita ut hostium ipsi interfectores ad Othonem tulere; neque eos aut Otho praemio adfecit aut puniit Vitellius, in multa conluvie rerum maioribus flagitiis permixtos.
17 (1) Aperuerat iam Italiam bellumque transmiserat, ut supra memoravimus, ala Siliana, nullo apud quemquam Othonis favore, nec quia Vitellium mallent, sed longa pax ad omne servitium fregerat faciles occupantibus et melioribus incuriosos. florentissimum Italiae latus, quantum inter Padum Alpesque camporum et urbium, armis Vitellii (namque et praemissae a Caecina cohortes advenerant) tenebatur. (2) capta Pannoniorum cohors apud Cremonam; intercepti centum equites ac mille classici inter Placentiam Ticinumque. quo successu Vitellianus miles non iam flumine aut ripis arcebatur; inritabat quin etiam Batavos Transrhenanosque Padus ipse, quem repente contra Placentiam transgressi raptis quibusdam exploratoribus ita ceteros terruere, ut adesse omnem Caecinae exercitum trepidi ac falsi nuntiarent.
18 (1) Certum erat Spurinnae (is enim Placentiam obtinebat) necdum venisse Caecinam et, si propinquaret, coercere intra munimenta militem nec tris praetorias cohortes et mille vexillarios cum paucis equitibus veterano exercitui obicere. (2) sed indomitus miles et belli ignarus correptis signis vexillisque ruere et retinenti duci tela intentare, spretis centurionibus tribunisque: [qui] pro‹di› Othonem et accitum Caecinam clamitabant. fit
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tiefem Widerwillen gegen die ungewohnte Anstrengung Gedanken über ihre eigene Schwäche: Um eine Insel handle es sich, die sie bewohnten, und Germanien und die Streitkräfte der Legionen seien weit weg; geplündert und verwüstet worden seien durch die Flotte auch Gebiete, deren Bewohner Infanteriekohorten und Kavallerieregimenter schützen sollten. (3) Da schlug die Stimmung schlagartig um, und das dennoch nicht in offene Gewalt; vielmehr suchten sie einen geeigneten Zeitpunkt für ein Attentat aus. Als sich Picarius’ ständige Begleiter entfernt hatten, wurde er nackt und hilflos im Bad umgebracht; erschlagen wurde auch sein Gefolge. Ihre Köpfe brachten die Mörder persönlich, so als handle es sich um die von Landesfeinden, zu Otho; weder bedachte sie Otho mit einer Belohnung noch bestrafte sie Vitellius, da sie sich in dem tiefen Schlammloch der Ereignisse unter noch größeren Schandtaten verloren. 17 (1) Frei gemacht hatte da schon den Weg nach Italien und den Krieg, wie oben erwähnt,14 hineingetragen das Kavallerieregiment „Siliana“, nicht, weil jemand einen Funken Sympathie für Otho hegte, aber auch nicht, weil man Vitellius vorzog, sondern der lang dauernde Friede hatte die Menschen für jegliche Unterwürfigkeit gefügig gemacht; so waren sie eine leichte Beute für die Leute, die zuerst kamen, und kümmerten sich nicht darum, wer die Besseren seien. Der blühendste Landstrich Italiens, die ganzen Ebenen und Städte zwischen Po und Alpen, wurde von den Streitkräften des Vitellius gehalten; denn auch die von Caecina vorausgeschickten Kohorten waren schon eingetroffen. (2) Gefangen genommen wurde eine Kohorte Pannonier bei Cremona, abgefangen 100 Reiter und 1 000 Marinesoldaten zwischen Placentia und Ticinum. Nach diesem Erfolg ließen sich die vitellianischen Soldaten schon nicht mehr vom Fluss oder seinen Ufern fernhalten. Ja, gerade auf die Bataver und die Stämme von jenseits des Rheins übte der Po selbst einen besonderen Reiz aus; sie hatten ihn überraschend auf der Höhe von Placentia überquert und erschreckten mit der Gefangennahme einiger Kundschafter den Rest derart, dass sie in ihrer Aufregung fälschlicherweise die Ankunft von Caecinas gesamtem Heer meldeten. 18 (1) Fest stand für Spurinna – er hatte nämlich das Kommando in Placentia –, dass Caecina noch nicht gekommen war, und er war entschlossen, falls dieser näher heranrücke, seine Soldaten in den Befestigungen zu halten und nicht drei Prätorianerkohorten und 1 000 Vexillarier zusammen mit nur wenigen Kavalleristen dem altgedienten Heer entgegenzuwerfen. (2) Aber die unkontrollierbaren Soldaten, die keine Fronterfahrung hatten, packten die Standarten und Fahnen, stürmten los und drohten ihrem Kommandeur, der sie zurückhalten wollte, mit ihren Waffen, ohne auf die Zenturionen und Tribune zu achten: Ja sogar, Otho werde verraten und man habe Caecina
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temeritatis alienae comes Spurinna, primo coactus, mox velle simulans, quo plus auctoritatis inesset consiliis, si seditio mitesceret.
19 (1) Postquam in conspectu Padus et nox adpetebat, vallari castra placuit. is labor urbano militi insolitus contundit animos. tum vetustissimus quisque castigare credulitatem suam, metum ac discrimen ostendere, si cum exercitu Caecina patentibus campis tam paucas cohortes circumfudisset. iamque totis castris modesti sermones, et inserentibus se centurionibus tribunisque laudari providentia ducis, quod coloniam virium et opum validam robur ac sedem bello legisset. (2) ipse postremo Spurinna, non tam culpam exprobrans quam rationem ostendens, relictis exploratoribus ceteros Placentiam reduxit minus turbidos et imperia accipientes. solidati muri, propugnacula addita, auctae turres, provisa parataque non arma modo, sed obsequium et parendi amor, quod solum illis partibus defuit, cum virtutis haud paeniteret.
20 (1) At Caecina, velut relicta post Alpes saevitia ac licentia, modesto agmine per Italiam incessit. ornatum ipsius municipia et coloniae in superbiam trahebant, quod versicolori sagulo, bracas, barbarum tegumen, indutus togatos adloqueretur. uxorem quoque eius Saloninam, quamquam in nullius iniuriam insignis equo ostroque veheretur, tamquam laesi gravabantur, insita mortalibus natura recentem aliorum felicitatem acribus oculis introspicere modumque fortunae a nullis magis exigere, quam quos in aequo viderunt. (2) Caecina Padum transgressus, temptata Othonianorum fide per conloquium et promissa, isdem petitus, postquam pax et concordia speciosis et inritis nominibus iactata sunt, consilia curasque in obpugnationem Placen-
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herkommen lassen, schrien sie. Da schloss sich Spurinna der Unbesonnenheit der anderen an, zuerst gezwungenermaßen, dann seine Einwilligung heuchelnd, damit seine Absichten mehr Gewicht gewännen, falls sich der Aufruhr wieder lege. 19 (1) Nachdem der Po in Sichtweite war und die Nacht hereinbrach, beschloss man, ein Lager mit Wall und Graben zu schlagen. Diese für die Soldaten aus der Hauptstadt ungewohnte Strapaze traf ihr Selbstverständnis hart. Nun schimpften gerade die dienstältesten Männer über ihre Leichtgläubigkeit und wiesen auf die Gefahr hin, die zu befürchten sei, falls Caecina mit einem Heer in dem offen daliegenden Gelände so wenige Kohorten umzingle. Daraufhin konnte man im ganzen Lager nur mehr zurückhaltende Äußerungen hören, und man lobte, als sich Zenturionen und Tribune daruntermischten, die weise Voraussicht des Kommandeurs, eine an Streitkräften und Ressourcen reiche Koloniestadt als starke Basis für den Krieg ausgesucht zu haben. (2) Schließlich führte Spurinna persönlich, der ihnen nicht so sehr ihr Fehlverhalten vorwarf als seine klugen taktischen Überlegungen aufzeigte, nachdem er Aufklärer zurückgelassen hatte, die übrigen Einheiten nach Placentia zurück, die nun weniger aufsässig waren und Befehle entgegennahmen. Verstärkt wurden die Mauern, Bastionen angebaut, die Türme erhöht, nicht nur Waffen besorgt und vorbereitet, sondern es herrschten auch wieder Unterordnung und die Neigung zu gehorchen, das Einzige, was dieser Partei fehlte, da es an ihrer Tapferkeit nichts auszusetzen gab. 20 (1) Caecina jedoch marschierte, als habe er hinter den Alpen Grausamkeit und Willkür zurückgelassen, in einem disziplinierten Zug durch Italien. Seine persönliche Aufmachung legten Land- und Koloniestädte als Überheblichkeit aus, weil er einen bunten Mantel und Hosen, dieses barbarische Kleidungsstück, trug und so mit Bürgern in der Toga sprach. Auch an seiner Ehefrau Salonina nahm man Anstoß: Obwohl sie nur dadurch auffiel, dass sie, ohne damit jemanden kränken zu wollen, auf einem Pferd mit einer purpurfarbenen Decke ritt, empfand man das als Provokation dem den Sterblichen angeborenen Wesen zufolge, das frische Glück anderer mit scharfen Augen zu mustern und Zurückhaltung in einer herausgehobenen Stellung von niemandem mehr einzufordern als von Leuten, die man auf der gleichen Stufe stehend erlebte. (2) Caecina stellte nach Überquerung des Po die Treue der Othonianer in Verhandlungen und mit Versprechungen auf die Probe und wurde mit den gleichen Methoden angegangen. Nachdem man dabei wiederholt auf Frieden und Eintracht mit schönklingenden, aber nichtssagenden Phrasen zu sprechen gekommen war, richtete er seine Pläne und Bemühungen auf die Erstürmung Placentias und verbreitete damit gro-
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tiae magno terrore vertit, gnarus, ut initia belli provenissent, famam in cetera fore. 21 (1) Sed primus dies impetu magis quam veterani exercitus artibus transactus: aperti incautique muros subiere, cibo vinoque praegraves. in eo certamine pulcherrimum amphitheatri opus, situm extra muros, conflagravit, sive ab obpugnatoribus incensum, dum faces et glandes et missilem ignem in obsessos iaculantur, sive ab obsessis, dum regerunt. (2) municipale volgus, pronum ad suspiciones, fraude inlata ignis alimenta credidit a quibusdam ex vicinis coloniis invidia et aemulatione, quod nulla in Italia moles tam capax foret. quocumque casu accidit, dum atrociora metuebantur, in levi habitum, reddita securitate, tamquam nihil gravius pati potuissent, maerebant. (3) ceterum multo suorum cruore pulsus Caecina, et nox parandis operibus absumpta. Vitelliani pluteos cratesque et vineas subfodiendis muris protegendisque obpugnatoribus, Othoniani sudes et immensas lapidum ac plumbi aerisque moles perfringendis obruendisque hostibus expediunt. (4) utrimque pudor, utrimque gloria, et diversae exhortationes hinc legionum et Germanici exercitus robur, inde urbanae militiae et praetoriarum cohortium decus attollentium; illi ut segnem et desidem et circo ac theatris corruptum militem, hi peregrinum et externum increpabant. simul Othonem ac Vitellium celebrantes culpantesve uberioribus inter se probris quam laudibus stimulabantur.
22 (1) Vixdum orto die plena propugnatoribus moenia, fulgentes armis virisque campi: densum legionum agmen, sparsa auxiliorum manus altiora murorum sagittis aut saxis incessere, neglecta aut aevo fluxa comminus adgredi. ingerunt desuper Othoniani pila librato magis et certo ictu adversus temere subeuntes cohortes Germanorum, cantu truci et more patrio nudis
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ßen Schrecken; wusste er doch, dass je nach den ersten Ergebnissen im Krieg die öffentliche Meinung über die weiteren Unternehmungen sein werde. 21 (1) Doch den ersten Tag verbrachte man mehr mit kopflosem Anrennen als mit den überlegten Methoden eines erfahrenen Heeres: Ohne Deckung und unvorsichtig rückten sie an die Mauern heran, mit Essen und Wein überladen. In diesem Kampf brannte der wunderschöne Bau des vor den Mauern gelegenen Amphitheaters ab; vielleicht wurde es von den Angreifern angezündet, als sie Fackeln, glühende Kugeln und Brandpfeile auf die Belagerten abfeuerten, vielleicht aber auch von den Belagerten, als diese sie zurückschleuderten. (2) Die kleinstädtische Bevölkerung, die zu Verdächtigungen neigt, glaubte, heimtückischerweise sei Nahrung für das Feuer von Leuten aus den Koloniestädten in der Nachbarschaft hineingeschafft worden aus Neid und Rivalität, weil kein Bauwerk in Italien so viele Zuschauer fasste. Bei welchem Zwischenfall es auch geschah: Solange man Schrecklicheres befürchtete, nahm man es gelassen hin, und als man sich wieder in Sicherheit wiegte, trauerte man, als ob man nichts Schlimmeres hätte erleiden können. (3) Im Übrigen wurde Caecina mit vielen blutigen Verlusten unter seinen Leuten zurückgeschlagen, und so verwendete man die Nacht dazu, Belagerungsgerät bereitzustellen. Die Vitellianer richteten Schutzwände, Faschinen und Laufgänge15 zum Unterminieren der Mauern und als Deckung für die Angreifer her, die Othonianer Pfähle und gewaltige Massen von Steinen sowie von Blei und Erz, um die Reihen der Feinde zu zerschmettern und mit Geschossen zu überschütten. (4) Auf beiden Seiten Ehrgefühl, auf beiden Seiten Streben nach Ruhm und unterschiedliche aufmunternde Zurufe, indem man hier die Stärke der Legionen und des germanischen Heeres, dort die Ehre des Militärs aus der Hauptstadt und der Prätorianerkohorten hervorhob; die einen verspotteten die Soldaten als schlapp, faul, in Zirkus und Theater verkommen, die anderen als fremde Ausländer. Zugleich feierte oder beschuldigte man Otho und Vitellius, aber man hetzte dabei gegeneinander mehr mit reichlichen Beschimpfungen als mit Lob. 22 (1) Kaum war der Tag angebrochen, da füllten sich die Stadtmauern mit Verteidigern, blitzte von Männern in Waffen das Gelände davor; in dicht gedrängter Formation gingen die Legionen und locker verteilt die Einheiten der Hilfstruppen gegen die oberen Bereiche der Mauern mit Pfeilen und Steinen vor, vernachlässigte oder wegen ihres hohen Alters verfallene Abschnitte griffen sie aus der Nähe an. Von oben herab schleuderten die Othonianer ihre Speere mit wuchtigerem, genauer treffendem Wurf auf die blindlings anstürmenden Kohorten der Germanen, die mit wildem Gesang
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corporibus super umeros scuta quatientium. (2) legionarius pluteis et cratibus tectus subruit muros, instruit aggerem, molitur portas: contra praetoriani dispositos ad id ipsum molares ingenti pondere ac fragore provolvunt. pars subeuntium obruti, pars confixi et exsangues aut laceri: cum augeret stragem trepidatio eoque acrius e moenibus vulnerarentur, redi‹e›re infracta partium fama. (3) et Caecina pudore coeptae temere obpugnationis, ne inrisus ac vanus isdem castris adsideret, traiecto rursus Pado Cremonam petere intendit. tradidere sese abeunti Turullius Cerialis cum compluribus classicis et Iulius Briganticus cum paucis equitum, hic praefectus alae in Batavis genitus, ille primipilaris et Caecinae haud alienus, quod ordines in Germania duxerat.
23 (1) Spurinna comperto itinere hostium defensam Placentiam, quaeque acta et quid Caecina pararet, Annium Gallum per litteras docet. Gallus legionem primam in auxilium Placentiae ducebat, diffisus paucitati cohortium, ne longius obsidium et vim Germanici exercitus parum tolerarent. (2) ubi pulsum Caecinam pergere Cremonam accepit, aegre coercitam legionem et pugnandi ardore usque ad seditionem progressam Bedriaci sistit. inter Veronam Cremonamque situs est vicus, duabus iam Romanis cladibus notus infaustusque. (3) Isdem diebus a Martio Macro haud procul Cremona prospere pugnatum; namque promptus animi Martius transvectos navibus gladiatores in adversam Padi ripam repente effudit. turbata ibi Vitellianorum auxilia, et ceteris Cremonam fugientibus caesi qui restiterant: sed repressus vincentium impetus, ne novis subsidiis firmati hostes fortunam proelii mutarent. (4) suspectum id Othonianis fuit, omnia ducum facta prave aestimantibus. certatim, ut quisque animo ignavus, procax ore, Annium Gallum et Sueto-
Historien 2,22,1-2,23,4
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und, wie in ihrer Heimat üblich, mit nackten Oberkörpern ihre Schilde über den Schultern schwangen. (2) Die Legionäre versuchten, von Schutzwänden und Faschinen gedeckt, die Mauern zu unterwühlen, eine Rampe zu errichten, die Tore aufzusprengen; auf der Gegenseite wälzten die Prätorianer gerade zu diesem Zweck bereitgelegte Mühlsteine von gewaltigem Gewicht mit lautem Krachen hinunter. Ein Teil der Angreifer wurde verschüttet, ein Teil am Boden festgenagelt und verblutete oder war verstümmelt. Als das Durcheinander das Blutbad verschlimmerte und sie deshalb umso heftiger von den Mauern herab verwundet wurden, zogen sie sich zurück, was den guten Ruf ihrer Partei stark erschütterte. (3) So versuchte Caecina aus Scham über die unüberlegt begonnene Erstürmung, um nicht verlacht und erfolglos im selben Lager festzusitzen, nach der abermaligen Überquerung des Po nach Cremona zu marschieren. Bei seinem Abzug ergaben sich Turullius Cerialis mit einer Anzahl Marinesoldaten und Iulius Briganticus mit wenigen Reitern, der eine Kommandant eines Kavallerieregiments und Bataver von Geburt, der andere ein Primipilar und Caecina nicht unbekannt, weil er in Germanien Zenturien befehligt hatte. 23 (1) Spurinna unterrichtete, nachdem er vom Marschweg der Feinde erfahren hatte, Annius Gallus brieflich von der Verteidigung Placentias, überhaupt vom ganzen Geschehen und von Caecinas Vorhaben. Gallus war dabei, die erste Legion zur Unterstützung Placentias heranzuführen, weil er sich nicht auf die geringe Zahl der Kohorten verlassen wollte und befürchtete, sie könnten einer länger dauernden Belagerung und dem Druck des germanischen Heeres nicht standhalten. (2) Sobald er mitbekommen hatte, Caecina sei geschlagen worden und marschiere auf Cremona zu, ließ er seine nur mühsam zurückgehaltene Legion, die in ihrem Kampfeseifer bis an den Rand der Meuterei gegangen war, in Bedriacum halt machen. Zwischen Verona und Cremona liegt diese Ortschaft, die nun schon durch zwei römische Katastrophen16 traurige Berühmtheit erlangt hat. (3) In den gleichen Tagen lieferte Martius Macer nicht weit von Cremona entfernt ein erfolgreiches Gefecht. Denn der zupackende Martius ließ die Gladiatoren mit Schiffen ans gegenüberliegende Po-Ufer übersetzen und sofort ausschwärmen. Dabei kam es dort unter den Hilfstruppen der Vitellianer zu einem großen Durcheinander, und während der Rest nach Cremona floh, wurde, wer Widerstand geleistet hatte, niedergemacht. Doch dämpfte man den Vorwärtsdrang der Sieger, damit sich die Feinde nicht durch frische Reservetruppen verstärken und so dem glücklichen Verlauf des Gefechts eine Wendung geben konnten. (4) Das war den Othonianern verdächtig, da sie sämtliche Aktionen ihrer Kommandeure negativ auslegten. Um die Wette fiel, wer im Grunde feig war, aber über ein vorlautes Mund-
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nium Paulinum et Marium Celsum – nam eos quoque Otho praefecerat – variis criminibus incessebant. (5) acerrima seditionum ac discordiae incitamenta, interfectores Galbae, scelere et metu vecordes, miscere cuncta, modo palam turbidis vocibus, modo occultis ad Othonem litteris; qui humillimo cuique credulus, bonos metuens trepidabat, rebus prosperis incertus et inter adversa melior. igitur Titianum fratrem accitum bello praeposuit.
24 (1) Interea Paulini et Celsi ductu res egregie gestae. angebant Caecinam nequiquam omnia coepta et senescens exercitus sui fama. pulsus Placentia, caesis nuper auxiliis, etiam per concursum exploratorum, crebra magis quam digna memoratu proelia, inferior, propinquante Fabio Valente, ne omne belli decus illuc concederet, reciperare gloriam avidius quam consultius properabat. (2) ad duodecimum a Cremona (locus Castorum vocatur) ferocissimos auxiliarium imminentibus viae lucis occultos componit: equites procedere longius iussi et inritato proelio sponte refugi festinationem sequentium elicere, donec insidiae coorerentur. (3) proditum id Othonianis ducibus, et curam peditum Paulinus, equitum Celsus sumpsere. tertiae decimae legionis vexillum, quattuor auxiliorum cohortes et quingenti equites in sinistro locantur; aggerem viae tres praetoriae cohortes altis ordinibus obtinuere; dextra fronte prima legio incessit cum duabus auxiliaribus cohortibus et quingentis equitibus: super hos ex praetorio auxiliisque mille equites, cumulus prosperis aut subsidium laborantibus, ducebantur.
25 (1) Antequam miscerentur acies, terga vertentibus Vitellianis, Celsus doli prudens repressit suos: Vitelliani temere exsurgentes cedente sensim Celso longius secuti ultro in insidias praecipitantur; nam a lateribus cohortes, legionum adversa frons, et subito discursu terga cinxerant equites. (2) signum pugnae non statim a Suetonio Paulino pediti datum: cunctator natu-
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werk verfügte, über Annius Gallus, Suetonius Paulinus und Marius Celsus – denn auch ihnen hatte Otho Kommandos übertragen – mit allen möglichen Vorwürfen her. (5) Die schlimmsten Scharfmacher bei Meuterei und Unfrieden, die Mörder Galbas, aus Angst wegen ihres Verbrechens wie von Sinnen, versuchten alles durcheinanderzuwirbeln, bald öffentlich mit aufrührerischen Reden, bald mit geheimen Schreiben an Otho. Der, gerade den gemeinsten Gesellen gegenüber vertrauensselig und in Furcht vor anständigen Mitmenschen, war höchst beunruhigt; im Erfolg unsicher, verhielt er sich erst im Misserfolg besser. Deshalb ließ er seinen Bruder Titianus kommen und übertrug ihm das Oberkommando im Krieg. 24 (1) In der Zwischenzeit gab es unter Führung des Paulinus und Celsus Erfolge. Caecina bedrückten all die vergeblich begonnenen Unternehmungen und der verblassende gute Ruf seines Heeres: Zurückgeschlagen worden war er vor Placentia, niedergehauen gerade erst seine Hilfstruppen, sogar beim Aufeinandertreffen von Patrouillen – eher häufigen als erwähnenswerten Scharmützeln – war er unterlegen, und Fabius Valens rückte näher; deshalb beeilte er sich, damit der ganze mit dem Krieg verbundene Glanz nicht der anderen Seite zufalle, mehr überstürzt als überlegt seinen Ruhm zurückzugewinnen. (2) Am zwölften Meilenstein vor Cremona – der Ort heißt Castores – stellte er seine kampfkräftigsten Auxiliareinheiten in den an die Straße anstoßenden Hainen versteckt auf. Die Kavallerie erhielt den Befehl, weiter vorzurücken, ein Gefecht zu provozieren, dann absichtlich zurückzuweichen und so den Feind in eine überhastete Verfolgung hineinzuziehen, bis die im Hinterhalt liegenden Einheiten hervorbrechen könnten. (3) Das wurde den othonianischen Kommandeuren verraten, und die Zuständigkeit für die Infanterie übernahm Paulinus, für die Kavallerie Celsus. Eine Einheit der 13. Legion, vier Auxiliarkohorten und 500 Reiter bezogen auf der linken Seite Stellung; die Straßenböschung besetzten drei Prätorianerkohorten tief gestaffelt. Auf der rechten Flanke der Front trat die 1. Legion an mit zwei Auxiliarkohorten und 500 Reitern; zusätzlich zu ihnen wurden aus dem Prätorium und den Hilfstruppen 1 000 Reiter herangeführt, als krönender Abschluss bei einem glücklichen Verlauf oder als Reserve im Notfall. 25 (1) Noch bevor die Heere aufeinanderstießen, wandten sich die Vitellianer zur Flucht, aber Celsus wusste ja von der List und hielt seine Leute zurück. Die Vitellianer stürmten nun unüberlegt vor; weil aber Celsus nach und nach zurückwich, verfolgten sie ihn zu weit und gerieten dadurch ihrerseits in einen Hinterhalt. Denn an den Flanken standen die Kohorten, die Legionen bildeten von vorn eine Front, und in einem plötzlichen Schwenk hatte die Kavallerie sie im Rücken eingekreist. (2) Das Signal zum Angriff
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ra et cui cauta potius consilia cum ratione quam prospera ex casu placerent, compleri fossas, aperiri campum, pandi aciem iubebat, satis cito incipi victoriam ratus ubi provisum foret, ne vincerentur. ea cunctatione spatium Vitellianis datum in vineas nexu traducum impeditas refugiendi; et modica silva adhaerebat, unde rursus ausi promptissimos praetorianorum equitum interfecere. volneratur rex Epiphanes, impigre pro Othone pugnam ciens.
26 (1) Tum Othonianus pedes erupit: protrita hostium acie versi in fugam etiam qui subveniebant; nam Caecina non simul cohortes, sed singulas acciverat, quae res in proelio trepidationem auxit, cum dispersos nec usquam validos pavor fugientium abriperet. orta et in castris seditio, quod non universi ducerentur: vinctus praefectus castrorum Iulius Gratus, tamquam fratri apud Othonem militanti proditionem ageret, cum fratrem eius, Iulium Frontonem tribunum, Othoniani sub eodem crimine vinxissent. (2) ceterum ea ubique formido fuit apud fugientes occursantes, in acie pro vallo, ut deleri cum universo exercitu Caecinam potuisse, ni Suetonius Paulinus receptui cecinisset, utrisque in partibus percrebru‹er›it. timuisse se Paulinus ferebat tantum insuper laboris atque itineris, ne Vitellianus miles recens e castris fessos adgrederetur et perculsis nullum retro subsidium foret. apud paucos ea ducis ratio probata, in volgus adverso rumore fuit.
27 (1) Haud proinde id damnum Vitellianos in metum compulit quam ad modestiam composuit, nec solum apud Caecinam, qui culpam in militem conferebat, seditioni magis quam proelio paratum: Fabii quoque Valentis copiae (iam enim Ticinum venerat) posito hostium contemptu et reciperandi
Historien 2,25,2-2,27,1
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wurde von Suetonius Paulinus der Infanterie nicht sofort gegeben: Ein bedächtiger Mann von Natur aus, der eher für vorsichtiges Taktieren mit Überlegung als für Erfolge aufgrund eines Zufalls war, ließ er die Gräben auffüllen, das Gelände von Hindernissen räumen, die Frontlinie sich entfalten in der Überzeugung, der Sieg nehme schnell genug seinen Anfang, sobald dafür Vorsorge getroffen sei, dass man nicht besiegt werde. Durch dieses Zögern bekamen die Vitellianer Zeit, sich in Weinpflanzungen zu flüchten, die durch ihr Rankengeflecht sehr hinderlich waren; daran schloss sich ein mäßig großer Wald an, von dem aus sie sich wieder hervorwagten und die schneidigsten Reiter der Prätorianer töteten. Verwundet wurde dabei der Prinz Epiphanes, als er sich immer wieder unermüdlich für Otho in den Kampf stürzte. 26 (1) In diesem Moment ging die othonianische Infanterie zum Angriff über. Nachdem die feindliche Front aufgerieben war, wurden auch die Einheiten, die zu Hilfe zu kommen versuchten, in die Flucht geschlagen. Denn Caecina hatte seine Kohorten nicht gleichzeitig, sondern nur einzeln eingesetzt, eine Entscheidung, die im Gefecht das Durcheinander vergrößerte, da die Fliehenden in ihrer Panik die isolierten, an keiner Stelle schlagkräftigen Kontingente mitrissen. Es kam auch im Lager zu einer Meuterei, weil man sie nicht alle zusammen ausrücken lasse. In Ketten gelegt wurde der Lagerkommandant Iulius Gratus wegen des Verdachts, er begehe für seinen auf Othos Seite dienenden Bruder Verrat, während seinen Bruder, den Tribun Iulius Fronto, die Othonianer unter derselben Beschuldigung in Ketten gelegt hatten. (2) Im Übrigen herrschte überall ein derartiges Entsetzen, bei den Leuten, die flohen, ihnen entgegenliefen, auf dem Schlachtfeld, vor dem Wall, dass man bei beiden Parteien allgemein der Auffassung war, Caecina hätte mit seinem gesamten Heer vernichtet werden können, wenn Suetonius Paulinus nicht das Signal zum Rückzug hätte blasen lassen. Er habe, gab Paulinus an, sich vor der Menge zusätzlicher Strapazen und Marschwege gescheut, weil er befürchten musste, die vitellianischen Soldaten könnten frisch aus dem Lager heraus ihre ermüdeten Gegner angreifen und diese hätten dann, falls sie geschlagen würden, keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Nur wenige Personen konnten diese Begründung ihres Kommandeurs nachvollziehen, bei der großen Masse führte sie zu feindseligem Gerede. 27 (1) Dieser Rückschlag stürzte die Vitellianer nicht so sehr in Angst, als er sie vielmehr zu diszipliniertem Verhalten veranlasste, und das nicht nur aufseiten Caecinas, der die Schuld seinen Soldaten anzulasten versuchte, die eher auf eine Meuterei als auf den Kampf eingestellt seien. Auch die Truppen des Fabius Valens – er war nämlich schon nach Ticinum gekommen – gehorchten, nachdem sie davon abgerückt waren, auf ihre Feinde herab-
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decoris cupidine reverentius et aequalius duci parebant. (2) gravis alioquin seditio exarserat, quam altiore initio (neque enim rerum a Caecina gestarum ordinem interrumpi oportuerat) repetam. cohortes Batavorum, quas bello Neronis a quarta decima legione digressas, cum Britanniam peterent, audito Vitellii motu in civitate Lingonum Fabio Valenti adiunctas rettulimus, superbe agebant, ut cuius‹que› legionis tentoria accessissent, coercitos a se quartadecimanos, ablatam Neroni Italiam atque omnem belli fortunam in ipsorum manu sitam iactantes. contumeliosum id militibus, acerbum duci; conrupta iurgiis aut rixis disciplina; ad postremum Valens e petulantia etiam perfidiam suspectabat.
28 (1) Igitur nuntio adlato pulsam Trevirorum alam Tungrosque a classe Othonis et Narbonensem Galliam circumiri, simul cura socios tuendi et militari astu cohortes turbidas ac, si una forent, praevalidas dispergendi, partem Batavorum ire in subsidium iubet. quod ubi auditum volgatumque, maerere socii, fremere legiones. (2) orbari se fortissimorum virorum auxilio; veteres illos et tot bellorum victores, postquam in conspectu sit hostis, velut ex acie abduci. si provincia urbe et salute imperii potior sit, omnes illuc sequerentur; sin victoria incolumi in Italia verteretur, non abrumpendos ut corpori validissimos artus.
29 (1) Haec ferociter iactando, postquam immissis lictoribus Valens coercere seditionem coeptabat, ipsum invadunt, saxa iaciunt, fugientem sequuntur. spolia Galliarum et Viennensium aurum, [et] pretia laborum suorum, occultare clamitantes, direptis sarcinis tabernacula ducis ipsamque humum pilis et lanceis rimabantur; nam Valens servili veste apud decurionem equitum tegebatur. (2) tum Alfenus Varus praefectus castrorum, deflagrante
Historien 2,27,1-2,29,2
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zusehen, und aus dem dringenden Wunsch heraus, ihre Ehre wiederherzustellen, nun respektvoller und konsequenter ihrem Kommandeur. (2) Eine schwere Meuterei war außerdem noch entbrannt, die ich nun von ihrem zeitlich früher liegenden Beginn an – denn es wäre nicht angebracht gewesen, die Abfolge der Unternehmungen Caecinas zu unterbrechen – nachtragen will. Die Bataverkohorten, die, wie berichtet, sich im Krieg Neros17 von der 14. Legion abgesetzt und sich dann, obwohl sie nach Britannien fahren sollten, auf die Nachricht von der Erhebung des Vitellius im Stammesgebiet der Lingonen Fabius Valens angeschlossen hatten, führten sich arrogant auf, indem sie sich jedes Mal, wenn sie zum Zeltlager irgendeiner Legion gekommen waren, damit brüsteten, den Vierzehnern seien von ihnen ihre Grenzen aufgezeigt worden, Nero habe man Italien abgenommen und der gesamte Verlauf des Kriegs liege in ihrer Hand. Eine Schmach bedeutete dieses Verhalten für die Soldaten, bitter war es für den Kommandeur; unter den Wortwechseln und Streitereien litt die Disziplin. Schließlich vermutete Valens hinter dem dreisten Auftreten sogar Verrat. 28 (1) Deshalb gab er, als die Nachricht eintraf, das Kavallerieregiment der Treverer und die Tungrer seien von der Flotte Othos geschlagen worden und Gallia Narbonensis werde eingekreist, zugleich in dem Bemühen, die Bundesgenossen zu schützen, und mit dem Hintergedanken des Soldaten, die aufrührerischen und, falls man sie zusammen lasse, beunruhigend starken Kohorten zu zersplittern, den Befehl, ein Teil der Bataver solle zur Unterstützung abmarschieren. Als man davon hörte und es sich herumsprach, reagierten die Bundesgenossen betroffen, die Legionen machten ihrem Unmut Luft: (2) Man beraube sie der Hilfe der tapfersten Männer; die altgedienten Sieger in so vielen Kriegen ziehe man, nachdem der Feind nun schon in Sichtweite sei, sozusagen aus der Schlacht ab. Falls eine Provinz mehr bedeute als die Hauptstadt und die Rettung des Reichs, dann sollten ihnen alle dorthin folgen; falls der Sieg aber von einem intakten Italien abhänge, dann dürfe man nicht wie von einem Körper die kräftigsten Glieder abreißen. 29 (1) Unter diesen heftigen Protesten griffen sie Valens, als der seine Liktoren vorschickte und damit beginnen wollte, den Tumult zu unterdrücken, persönlich an, warfen Steine, verfolgten ihn, als er floh. Die Kriegsbeute von Gallien und das Gold der Viennenser, den Lohn für ihre Strapazen, halte er versteckt, schrien sie, plünderten sein Gepäck und durchwühlten das Zelt ihres Kommandeurs und sogar den Fußboden mit Speeren und Lanzen; denn Valens hatte in Sklavenkleidung bei einem Dekurio der Kavallerie Unterschlupf gefunden. (2) In diesem Augenblick traf der Lagerkommandant Alfenus Varus, als der Tumult schon allmählich abflaute,
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paulatim seditione, addit consilium, vetitis obire vigilias centurionibus, omisso tubae sono, quo miles ad belli munia cietur. igitur torpere cuncti, circumspectare inter se attoniti et id ipsum, quod nemo regeret, paventes; silentio, patientia, postremo precibus ac lacrimis veniam quaerebant. (3) ut vero deformis et flens et praeter spem incolumis Valens processit, gaudium miseratio favor: versi in laetitiam, ut est volgus utroque immodicum, laudantes gratantesque circumdatum aquilis signisque in tribunal ferunt. ille utili moderatione non supplicium cuiusquam poposcit, ac, ne dissimulans suspectior foret, paucos incusavit, gnarus civilibus bellis plus militibus quam ducibus licere.
30 (1) Munientibus castra apud Ticinum de adversa Caecinae pugna adlatum, et prope renovata seditio, tamquam fraude et cunctationibus Valentis proelio defuissent: nolle requiem, non exspectare ducem, anteire signa, urgere signiferos; rapido agmine Caecinae iunguntur. (2) improspera Valentis fama apud exercitum Caecinae erat: expositos se tanto pauciores integris hostium viribus querebantur, simul in suam excusationem et adventantium robur per adulationem attollentes, ne ut victi et ignavi despectarentur. et quamquam plus virium, prope duplicatus legionum auxiliorumque numerus erat Valenti, studia tamen militum in Caecinam inclinabant, super benignitatem animi, qua promptior habebatur, etiam vigore aetatis, proceritate corporis et quodam inani favore. (3) hinc aemulatio ducibus: Caecina ut foedum ac maculosum, ille ut tumidum ac vanum inridebant. sed condito odio eandem utilitatem fovere, crebris epistulis sine respectu veniae probra Othoni obiectantes, cum duces partium Othonis quamvis uberrima conviciorum in Vitellium materia abstinerent.
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zusätzlich eine kluge Maßnahme: Er verbot den Zenturionen, ihre Runde bei den Wachen zu machen, und ließ das Trompetensignal nicht geben, mit dem die Soldaten zum Dienst gerufen werden. Darüber waren alle völlig verblüfft, blickten einander wie vom Donner gerührt an und fürchteten sich ausgerechnet davor, dass niemand ein Kommando gab; mit Schweigen, Folgsamkeit, schließlich mit Bitten und Tränen baten sie um Verzeihung. (3) Als dann aber in seinem erniedrigenden Aufzug, weinend und wider Erwarten wohlbehalten, Valens herauskam, herrschten Freude, Mitleid, Begeisterung. Die Stimmung war in Fröhlichkeit umgeschlagen ohne Maß und Ziel, wie das einfache Volk in beide Richtungen nun einmal ist, und so trugen sie ihn unter Lobhudeleien und Glückwünschen, umgeben von den Adlern und Standarten, auf das Podium. Er verlangte in zweckdienlicher Zurückhaltung nicht die Hinrichtung irgendeiner Person und machte, um nicht durch völliges Ignorieren noch verdächtiger zu werden, nur einigen wenigen Beteiligten Vorwürfe; wusste er doch, dass sich in Bürgerkriegen die Soldaten mehr herausnehmen dürfen als ihre Kommandeure. 30 (1) Während sie bei Ticinum ein festes Lager schlugen, traf die Nachricht von der verlorenen Schlacht Caecinas ein, und beinahe wäre wieder eine Meuterei ausgebrochen, weil man sich sagte, nur wegen des hinterhältigen Abwartens des Valens habe man an dem Gefecht nicht teilnehmen können. Nichts wissen wollten sie von einer Ruhepause, warteten nicht auf ihren Kommandeur, liefen vor den Standarten her, trieben die Standartenträger vorwärts; im Eiltempo schlossen sie sich Caecinas Truppen an. (2) Ungünstig war die Meinung über Valens in Caecinas Heer: Sie seien, obwohl zahlenmäßig weit unterlegen, den völlig intakten Streitkräften der Feinde ausgesetzt worden, beklagten sie, zugleich zu ihrer eigenen Entschuldigung und indem sie damit die Kampfkraft der dazugekommenen Einheiten voll des Lobs hervorhoben, um nicht als besiegte Feiglinge verachtet zu werden. Und obwohl Valens mehr Streitkräfte hatte – beinahe die doppelte Zahl an Legionen und Hilfstruppen –, neigten die Sympathien der Soldaten dennoch Caecina zu, zusätzlich zu seinem freundlichen Wesen, durch das er als umgänglicher galt, auch wegen seines rüstigen Alters, seiner hochgewachsenen Gestalt und überhaupt einer unerklärlichen Beliebtheit. (3) Dadurch kam es zu Eifersüchteleien unter den Kommandeuren. Caecina verlachte den anderen als schmutzigen Dreckskerl, der wiederum ihn als aufgeblasenen Hohlkopf. Aber sie unterdrückten ihre tiefe Abneigung und verfolgten dieselben Interessen, wobei sie in häufigen Briefen ohne Rücksicht auf Verzeihung Otho sein widerwärtiges Verhalten vorwarfen, während die Kommandeure der Partei Othos von dem doch so reichlichen Stoff der Schmähungen gegen Vitellius keinen Gebrauch machten.
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Historiarum liber secundus
31 (1) Sane ante utriusque exitum, quo egregiam Otho famam, Vitellius flagitiosissimam meruere, minus Vitellii ignavae voluptates quam Othonis flagrantissimae libidines timebantur: addiderat huic terrorem atque odium caedes Galbae, contra illi initium belli nemo imputabat. Vitellius ventre et gula sibi inho‹ne›stus, Otho luxu saevitia audacia rei publicae exitiosior ducebatur. (2) Coniunctis Caecinae ac Valentis copiis nulla ultra penes Vitellianos mora quin totis viribus certarent: Otho consultavit, trahi bellum an fortunam experiri placeret.
32 (1) Tunc Suetonius Paulinus dignum fama sua ratus, qua nemo illa tempestate militaris rei callidior habebatur, de toto genere belli censere, festinationem hostibus, moram ipsis utilem disseruit: exercitum Vitellii universum advenisse, nec multum virium a tergo, quoniam Galliae tumeant et deserere Rheni ripam inrupturis tam infestis nationibus non conducat; Britannicum militem hoste et mari distineri; Hispanias armis non ita redundare; provinciam Narbonensem incursu classis et adverso proelio contremuisse; clausam Alpibus et nullo maris subsidio transpadanam Italiam atque ipso transitu exercitus vastam; non frumentum usquam exercitui, nec exercitum sine copiis retineri posse: iam Germanos, quod genus militum apud hostes atrocissimum sit, tracto in aestatem bello fluxis corporibus mutationem soli caelique haud toleraturos. multa bella impetu valida per taedia et moras evanuisse. (2) contra ipsis omnia opulenta et fida, Pannoniam Moesiam Delmatiam Orientem cum integris exercitibus, Italiam et caput rerum urbem senatumque et populum, numquam obscura nomina, etiam ‹si› aliquando obumbrentur; publicas privatasque opes et immensam pecuniam, inter civiles discordias ferro validiorem; corpora militum aut Italiae sueta
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31 (1) Allerdings fürchtete man vor dem Ende der beiden, durch das sich Otho einen hervorragenden, Vitellius einen ganz schändlichen Ruf zuzog, weniger das träge Schlemmerleben des Vitellius als die glühenden Leidenschaften Othos. Diesen hatte zudem die Ermordung Galbas zu einem Schreckbild und Hassobjekt gemacht, im Gegensatz dazu rechnete dem anderen niemand den Ausbruch des Krieges an. Vitellius mache, so meinte man, wegen seiner Gefräßigkeit und Schlemmerei nur sich selbst Schande, Otho sei dank seiner Verschwendungssucht, Brutalität und Unternehmungslust eine größere Katastrophe für den Staat. (2) Nach dem Zusammenschluss von Caecinas und Valens’ Truppen gab es bei den Vitellianern kein Zögern mehr, mit der gesamten Streitmacht den Kampf zu beginnen. Otho dagegen beriet sich noch, ob er den Krieg aufschieben oder sein Glück versuchen solle. 32 (1) Da glaubte Suetonius Paulinus es seinem Ruf schuldig zu sein, dem zufolge niemand zu dieser Zeit für einen größeren Experten in militärischen Fragen gehalten wurde, seine Meinung über die gesamte Kriegführung zu äußern, und vertrat die Auffassung, Eile nütze den Feinden, Abwarten ihnen selbst. Das Heer des Vitellius sei insgesamt eingetroffen, und er habe nicht viele Streitkräfte in der Hinterhand, weil es in Gallien gäre und man das Rheinufer tunlichst nicht verlassen solle im Hinblick auf den drohenden Einfall derart gefährlicher Völker. Die britannischen Soldaten würden durch Feind und Meer ferngehalten. Spanien habe nicht gerade Überfluss an Streitkräften. Die narbonensische Provinz sei durch den Flottenüberfall und das verlorene Gefecht ins Zittern geraten. Abgeriegelt durch die Alpen und ohne Unterstützung vom Meer her sei Italien jenseits des Po und dazu noch verwüstet nach dem bloßen Durchzug des Heeres. Nirgendwo gebe es Getreide für das Heer, aber ein Heer könne ohne Proviant nicht zusammengehalten werden. Ferner würden die Germanen, die Art von Soldaten, die aufseiten der Feinde am meisten zu fürchten sei, wenn man den Krieg in den Sommer hineinziehe, mit ihren schwammigen Körpern18 die Veränderung von Boden und Klima nicht aushalten. Viele im ersten Schwung wuchtige Kriege hätten sich dann dank des Widerwillens, der sich aus ihrem schleppenden Verlauf ergab, in Nichts aufgelöst. (2) Im Gegensatz dazu verfügten sie selbst über lauter reichlich vorhandene und zuverlässige Ressourcen, Pannonien, Mösien, Dalmatien und den Osten mit seinen intakten Heeren, über Italien und das Haupt der Welt, die Hauptstadt, und den Senat und das Volk, niemals völlig im Dunkel versunkene Namen, selbst wenn sie manchmal in Schatten gehüllt seien. Man habe öffentliche und private Finanzmittel und außerordentlich viel Geld, das bei Auseinandersetzungen unter Bürgern wichtiger sei als das Schwert. Die Körper der Soldaten seien
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aut aestibus; obiacere flumen Padum, tutas viris murisque urbes, e quibus nullam hosti cessuram Placentiae defensione exploratum: proinde duceret bellum. paucis diebus quartam decimam legionem, magna ipsam fama, ‹cum› Moesicis copiis adfore: tum rursus deliberaturum et, si proelium placuisset, auctis viribus certaturos.
33 (1) Accedebat sententiae Paulini Marius Celsus; idem placere Annio Gallo, paucos ante dies lapsu equi adflicto, missi, qui consilium eius sciscitarentur, rettulerant. Otho pronus ad decertandum; frater eius Titianus et praefectus praetorii Proculus, imperitia properantes, fortunam et deos et numen Othonis adesse consiliis, adfore conatibus testabantur, neu quis obviam ire sententiae auderet, in adulationem concesserant. (2) postquam pugnari placitum, interesse pugnae imperatorem an seponi melius foret dubitavere. Paulino et Celso iam non adversantibus, ne principem obiectare periculis viderentur, idem illi deterioris consilii auctores perpulere, ut Brixellum concederet ac dubiis proeliorum exemptus summae rerum et imperii se ipsum reservaret. (3) is primus dies Othonianas partes adflixit; namque et cum ipso praetoriarum cohortium et speculatorum equitumque valida manus discessit, et remanentium fractus animus, quando suspecti duces et [ut] Otho, cui uni apud militem fides, dum et ipse non nisi militibus credit, imperia ducum ‹in› incerto reliquerat.
34 (1) Nihil eorum Vitellianos fallebat, crebris, ut in civili bello, transfugiis; et exploratores cura diversa sciscitandi sua non occultabant. quieti intentique Caecina ac Valens, quando hostis imprudentia rueret, quod loco sapientiae est, alienam stultitiam opperiebantur, inchoato ponte transitum Padi simulantes adversus obpositam gladiatorum manum, ac ne ipsorum
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entweder an Italien gewöhnt oder an ein heißes Klima. Der Fluss Po liege als Barriere im Weg, gesichert durch Männer und Mauern seien die Städte, von denen keine an den Feind fallen werde, wie sich bei der Verteidigung Placentias herausgestellt habe. Deshalb solle er den Krieg hinhaltend führen. In wenigen Tagen werde die 14. Legion, die schon allein einen ausgezeichneten Ruf genieße, zusammen mit den mösischen Truppen da sein. Dann könne er nochmals überlegen; jedenfalls würden sie, wenn man sich für die Schlacht entscheide, den Kampf mit zahlenmäßig überlegenen Kräften führen. 33 (1) Der Meinung des Paulinus schloss sich Marius Celsus an; dieselbe Auffassung vertrete Annius Gallus, der sich wenige Tage zuvor bei einem Sturz vom Pferd verletzt hatte, hatten die Männer berichtet, die seinen Rat einholen sollten. Otho neigte zur Entscheidungsschlacht. Sein Bruder Titianus und der Prätorianerkommandant Proculus drängten in ihrer Unerfahrenheit auf Eile und führten deshalb aus, das Schicksal, die Götter und Othos Schutzgeist19 wirkten schon bei seinen Planungen mit und würden nun bei deren Verwirklichung mitwirken; damit keiner mehr ihrer Auffassung zu widersprechen wage, waren sie dazu übergegangen zu schmeicheln. (2) Nachdem man sich für den Kampf entschieden hatte, war man sich unschlüssig, ob es besser sei, der Oberbefehlshaber nehme an der Schlacht teil oder werde ihr ferngehalten. Weil sich Paulinus und Celsus, um nicht den Eindruck zu erwecken, sie wollten den Princeps Gefahren aussetzen, nun nicht mehr dagegen aussprachen, brachten es ausgerechnet die erwähnten schlechteren Ratgeber fertig, dass er sich nach Brixellum zurückzog und, den Unwägbarkeiten von Gefechten entzogen, sich selbst für den Oberbefehl über das Unternehmen und das Reich aufsparte. (3) Das war der erste Tag, der die othonianische Partei hart traf; denn einerseits zog zusammen mit ihm eine schlagkräftige Truppe von Prätorianerkohorten, Leibgarde und Kavallerie ab, andererseits sank der Mut der Zurückbleibenden, weil sie ihre Kommandeure verdächtigten und Otho – ihm vertrauten die Soldaten als Einzigem, er verließ sich ebenfalls nur auf die Soldaten – die Befehlsbefugnis der Kommandeure im Ungewissen gelassen hatte. 34 (1) Nichts davon blieb von den Vitellianern unbemerkt, da es, wie in einem Bürgerkrieg nur natürlich, zahlreiche Überläufer gab; auch die Spähtrupps konnten in ihrem Bemühen, die Absichten der Gegenseite herauszubekommen, die eigenen Vorhaben nicht geheim halten. Gelassen darauf konzentriert, wann der Feind unüberlegt losstürmen werde, warteten Caecina und Valens, was ja so gut wie kluges Verhalten ist, die fremde Dummheit ab, indem sie mit dem Beginn eines Brückenbaus den falschen Eindruck erweckten, sie wollten über den Po setzen zum Angriff auf die gegenüber-
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miles segne otium tereret. (2) naves pari inter se spatio, validis utrimque trabibus conexae, adversum in flumen dirigebantur, iactis super ancoris, quae firmitatem pontis continerent, sed ancorarum funes non extenti fluitabant, ut augescente flumine inoffensus ordo navium attolleretur. claudebat pontem imposita turris et in extremam navem educta, unde tormentis ac machinis hostes propulsarentur. Othoniani in ripa turrim struxerant saxaque et faces iaculabantur.
35 (1) Et erat insula amne medio, in quam gladiatores navibus molientes, Germani nando praelabebantur. ac forte plures transgressos completis Liburnicis per promptissimos gladiatorum Macer adgreditur: sed neque ea constantia gladiatoribus ad proelia quae militibus, nec proinde nutantes e navibus quam stabili gradu e ripa vulnera derigebant. (2) et cum variis trepidantium inclinationibus mixti remiges propugnatoresque turbarentur, desilire in vada ultro Germani, retentare puppes, scandere foros aut comminus mergere; quae cuncta in oculis utriusque exercitus quanto laetiora Vitellianis, tanto acrius Othoniani causam auctoremque cladis detestabantur.
36 (1) Et proelium quidem, abruptis quae supererant navibus, fuga diremptum: Macer ‹ad› exitium poscebatur, iamque volneratum eminus lancea strictis gladiis invaserant, cum intercursu tribunorum centurionumque protegitur. (2) nec multo post Vestricius Spurinna iussu Othonis, relicto Placentiae modico praesidio, cum cohortibus subvenit. dein Flavium Sabinum consulem designatum Otho rectorem copiis misit, quibus Macer praefuerat, laeto milite [et] ad mutationem ducum et ducibus ob crebras seditiones tam infestam militiam aspernantibus.
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liegende Einheit der Gladiatoren; zudem sollten ihre eigenen Soldaten ihre Zeit nicht faul mit Nichtstun verbringen. (2) Schiffe wurden, in gleichem Abstand voneinander und an beiden Enden mit starken Balken verbunden, gegen die Strömung in den Fluss gesteuert und zusätzlich Anker geworfen, die die Stabilität der Brücke gewährleisten sollten; aber die Ankertaue waren nicht straff gespannt, sondern hingen durch, sodass sich bei steigendem Wasserspiegel die Schiffsreihe ungehindert heben konnte. Den Abschluss der Brücke bildete ein darauf errichteter Turm, der auf das entfernteste Schiff vorgeschoben war; von ihm aus sollten die Feinde mit Geschützen und anderem Kriegsgerät20 zurückgeschlagen werden. Die Othonianer hatten am Ufer einen Turm errichtet und verschossen schwere Steine und Brandfackeln. 35 (1) Nun lag eine Insel mitten im Fluss, zu der sich die Gladiatoren mühsam auf Schiffen hinarbeiteten, während die Germanen schwimmend hinüberglitten. Als gerade eine größere Anzahl übergesetzt war, bemannte Macer Liburnen und griff sie mit den schneidigsten Gladiatoren an. Aber weder zeigen Gladiatoren das gleiche Stehvermögen im Gefecht wie Soldaten, noch konnten sie hin- und herschwankend von den Schiffen aus genauso gut Wunden austeilen wie bei festem Stand vom Ufer aus. (2) Als sich dann durch ihre panischen Reaktionen die Schiffe von einer Seite zur anderen neigten, Ruderer und Kämpfer übereinanderfielen und so ein heilloses Durcheinander herrschte, sprangen die Germanen auch noch ins seichte Wasser, hielten die Schiffe am Heck fest und kletterten die Bordwände hinauf oder brachten sie mit ihren Händen zum Kentern. Das alles ereignete sich vor den Augen beider Heere, und je mehr sich die Vitellianer darüber freuten, desto heftiger verwünschten die Othonianer den Grund und den Verantwortlichen für ihre Niederlage. 36 (1) Das Gefecht jedenfalls wurde, nachdem man die übrig gebliebenen Schiffe mühsam losgerissen hatte, durch Flucht abgebrochen. Man verlangte Macers Hinrichtung und war auf den aus der Ferne mit einer Lanze verwundeten Mann schon mit gezückten Schwertern losgegangen, da wurde er durch das Eingreifen von Tribunen und Zenturionen geschützt. (2) Nicht viel später kam Vestricius Spurinna auf Othos Befehl – in Placentia war eine nur unbedeutende Besatzung belassen worden – mit den Kohorten zu Hilfe. Danach schickte Otho den designierten Konsul Flavius Sabinus als Leiter für die Truppen, die Macer befehligt hatte. Die Soldaten freuten sich über den Wechsel bei den Kommandeuren, während sich die Kommandeure wegen der häufigen Meutereien um einen derart gefährlichen Dienstposten nicht rissen.
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37 (1) Invenio apud quosdam auctores, pavore belli seu fastidio utriusque principis, quorum flagitia ac dedecus apertiore in dies fama noscebantur, dubitasse exercitus, num posito certamine vel ipsi in medium consultarent, vel senatui permitterent legere imperatorem, atque eo duces Othonianos spatium ac moras suasisse, praecipua s‹pe› Paulini, quod vetustissimus consularium et militia clarus gloriam nomenque Britannicis expeditionibus meruisset. (2) ego, ut concesserim apud paucos tacito voto quietem pro discordia, bonum et innocentem principem pro pessimis ac flagitiosissimis expetitum, ita neque Paulinum, qua prudentia fuit, sperasse corruptissimo saeculo tantam volgi moderationem reor, ut, qui pacem belli amore turbaverant, bellum pacis caritate deponerent, neque aut exercitus linguis moribusque dissonos in hunc consensum potuisse coalescere, aut legatos ac duces magna ex parte luxus egestatis scelerum sibi conscios nisi pollutum obstrictumque meritis suis principem passuros.
38 (1) Vetus ac iam pridem insita mortalibus potentiae cupido cum imperii magnitudine adolevit erupitque; nam rebus modicis aequalitas facile habebatur. sed ubi subacto orbe et aemulis urbibus regibusve excisis securas opes concupiscere vacuum fuit, prima inter patres plebemque certamina exarsere. modo turbulenti tribuni, modo consules praevalidi, et in urbe ac foro temptamenta civilium bellorum; mox e plebe infima C. Marius et nobilium saevissimus L. Sulla victam armis libertatem in dominationem verterunt. post quos Cn. Pompeius occultior, non melior, et numquam postea nisi de principatu quaesitum. (2) non discessere ab armis in Pharsalia ac Philippis civium legiones, nedum Othonis ac Vitellii exercitus sponte posituri bellum fuerint: eadem illos deum ira, eadem hominum rabies, eaedem scelerum
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37 (1) Ich finde bei einigen Autoren, aus Angst vor dem Krieg oder aus tiefer Abneigung gegen beide Principes, deren Schandtaten und Ehrlosigkeit in von Tag zu Tag freimütigeren Äußerungen ans Licht kamen, hätten die Heere sich gefragt, ob sie den Streit nicht beilegen und dann entweder sich selbst verständigen oder es dem Senat anheimstellen sollten, den Oberbefehlshaber auszuwählen, und deshalb hätten die othonianischen Kommandeure zu Zeitgewinn und Aufschub geraten; dabei habe sich Paulinus besondere Hoffnungen machen können, weil er sich als ältester Konsular und berühmter Militär einen hervorragenden Namen in den britannischen Feldzügen verdient hatte. (2) Meine Meinung dazu ist: Zwar gebe ich durchaus zu, dass bei wenigen Personen in einem unausgesprochenen Wunsch das Bedürfnis nach Ruhe statt Uneinigkeit, nach einem guten und rechtschaffenen Princeps anstelle der abgrundschlechten, moralisch völlig verkommenen Männer bestand. Paulinus hat aber dennoch, klug wie er war, in dieser zutiefst verdorbenen Zeit weder mit einer derartigen Selbstbeherrschung der großen Masse gerechnet, dass die Personen, die den Frieden aus Liebe zum Krieg gestört hatten, den Krieg nun aus Wertschätzung des Friedens beilegten, noch haben entweder Heere, die sich in ihren Sprachen und Lebensgewohnheiten so stark unterschieden, zu dieser Einmütigkeit zusammenwachsen oder Legaten und Kommandeure, die sich zum Großteil ihrer Verschwendungssucht, Verarmung und Verbrechen bewusst waren, einen Princeps hinnehmen können, außer er war moralisch verkommen und ihnen für ihre Dienste verpflichtet21. 38 (1) Die alte, schon seit jeher den Sterblichen angeborene Gier nach Macht wuchs mit der Größe des Reichs und brach sich dann Bahn; denn in bescheidenen Verhältnissen konnte man die Gleichheit noch leicht einhalten. Aber sobald man nach der Unterwerfung des Erdkreises und der Vernichtung rivalisierender Städte oder Könige freie Hand dafür hatte, gefahrlos nach Macht zu streben, entbrannten die ersten Auseinandersetzungen zwischen Vätern und einfachem Volk. Bald traten revolutionär gesinnte Tribune, bald übermächtige Konsuln auf, und in der Hauptstadt und auf dem Forum kam es zu den Vorspielen der Bürgerkriege. Dann verwandelten der aus dem niedrigsten Pöbel stammende C. Marius und der Grausamste unter den Adligen, L. Sulla, die im Krieg besiegte Freiheit in eine Gewaltherrschaft. Nach ihnen war Cn. Pompeius scheinheiliger, nicht besser, und später ging es immer nur um die Stelle des ersten Mannes. (2) Von ihren Waffen trennten sich in Pharsalia und Philippi die Legionen der Bürger nicht, geschweige denn dass Othos und Vitellius’ Heere von sich aus den Krieg beigelegt hätten: Der gleiche Zorn der Götter, der gleiche Wahnsinn der Menschen, die gleichen Motive für ihre Verbrechen trieben sie in die Aus-
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causae in discordiam egere. quod singulis velut ictibus transacta sunt bella, ignavia principum factum est. sed me veterum novorumque morum reputatio longius tulit: nunc ad rerum ordinem venio.
39 (1) Profecto Brixellum Othone honor imperii penes Titianum fratrem, vis ac potestas penes Proculum praefectum; Celsus et Paulinus, cum prudentia eorum nemo uteretur, inani nomine ducum alienae culpae praetendebantur; tribuni centurionesque ambigui, quod spretis melioribus deterrimi valebant; miles alacer, qui tamen iussa ducum interpretari quam exsequi mallet. (2) promoveri ad quartum a Bedriaco castra placuit, adeo imperite, ut quamquam verno tempore anni et tot circum amnibus penuria aquae fatigarentur. ibi de proelio dubitatum, Othone per litteras flagitante ut maturarent, militibus ut imperator pugnae adesset poscentibus; plerique copias trans Padum agentes acciri postulabant. nec proinde diiudicari potest, quid optimum factu fuerit, quam pessimum fuisse quod factum est.
40 Non ut ad pugnam sed ad bellandum profecti confluentes Padi et †Aduae fluminum, sedecim inde milium spatio distantes, petebant. Celso et Paulino abnuentibus militem itinere fessum, sarcinis gravem obicere hosti non omissuro, quo minus expeditus et vix quattuor milia passuum progressus aut incompositos in agmine aut dispersos et vallum molientes adgrederetur, Titianus et Proculus, ubi consiliis vincerentur, ad ius imperii transibant. aderat sane citus equo Numida cum atrocibus mandatis, quibus Otho increpita ducum segnitia rem in discrimen mitti iubebat, aeger mora et spei impatiens.
41 (1) Eodem die ad Caecinam operi pontis intentum duo praetoriarum cohortium tribuni, conloquium eius postulantes, venerunt: audire condiciones ac reddere parabat, cum praecipites exploratores adesse hostem nun-
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einandersetzungen. Dass die Kriege jeweils sozusagen mit einem Schlag zu Ende waren, ist der mangelnden Tatkraft der Principes zuzuschreiben. Aber mich haben meine Überlegungen zu den alten und neuen Verhaltensweisen zu weit abgetragen; jetzt kehre ich zur zeitlichen Abfolge der Geschehnisse zurück. 39 (1) Nachdem Otho nach Brixellum abmarschiert war, lagen die Ehre des Oberbefehls bei seinem Bruder Titianus, Macht und Entscheidungsbefugnis beim Kommandanten Proculus. Celsus und Paulinus dienten, da niemand auf ihren Sachverstand zurückgriff, unter der nichtssagenden Bezeichnung „Kommandeure“ nur als Deckmantel für das Versagen anderer. Die Tribune und Zenturionen waren unzuverlässig, weil man auf die tüchtigeren Männer nicht hörte und nur die minderwertigsten Elemente das Sagen hatten; die Soldaten waren guten Mutes, wollten aber dennoch die Befehle ihrer Kommandeure lieber auslegen als ausführen. (2) Man beschloss, bis zum vierten Meilenstein von Bedriacum aus vorzurücken, derart ungeschickt, dass sie trotz des Frühjahrs und inmitten so vieler Flüsse von Wassermangel geplagt wurden. Dort war man sich wegen des Kampfes immer noch unschlüssig, weil Otho in einem Brief verlangte, sie sollten sich beeilen, die Soldaten aber darauf bestanden, der Oberbefehlshaber solle an der Schlacht teilnehmen. Eine größere Anzahl forderte, man solle die jenseits des Po eingesetzten Truppen herbeiholen. Aber es lässt sich nicht ebenso leicht feststellen, was am besten zu tun gewesen wäre, wie, dass am schlechtesten war, was man tat. 40 Nicht als ziehe man in eine Schlacht, sondern erst in den Krieg, waren sie auf dem Weg zum Zusammenfluss der Flüsse Po und …, der von dort sechzehn Meilen entfernt war. Als Celsus und Paulinus sich weigerten, die vom Marsch erschöpften, mit Gepäck schwer beladenen Soldaten einem Feind entgegenzuwerfen, der es nicht versäumen werde, kampfbereit und nachdem er kaum vier Meilen vorgerückt war, sie entweder ohne Ordnung noch auf dem Marsch oder im Gelände verteilt beim Aufschütten des Walls anzugreifen, beriefen sich Titianus und Proculus wie immer, wenn sie bei taktischen Besprechungen unterlegen waren, auf ihre Befehlsbefugnis. Freilich war auch ein numidischer Eilreiter mit barschen Weisungen eingetroffen, mit denen Otho die Untätigkeit der Kommandeure kritisierte und befahl, die Entscheidung zu suchen, verärgert über den Verzug und nicht mehr bereit, sich auf eine bloße Aussicht zu verlassen. 41 (1) Am selben Tag kamen zu dem mit dem Brückenbau beschäftigten Caecina zwei Tribune der Prätorianerkohorten und baten um ein Gespräch. Er war gerade dabei, ihre Vorschläge anzuhören und darauf zu erwidern, als ein Spähtrupp heransprengte und meldete, der Feind sei da. Abgebrochen
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tiavere. interruptus tribunorum sermo, eoque incertum fuit, insidias an proditionem vel aliquod honestum consilium coeptaverint. (2) Caecina dimissis tribunis revectus in castra datum iussu Fabii Valentis pugnae signum et militem in armis invenit. dum legiones de ordine agminis sortiuntur, equites prorupere; et mirum dictu, a paucioribus Othonianis quo minus in vallum impingerentur, Italicae legionis virtute deterriti sunt: ea strictis mucronibus redire pulsos et pugnam resumere coegit. disposita Vitellianarum legionum acies sine trepidatione: etenim quamquam vicino hoste aspectus armorum densis arbustis prohibebatur. (3) apud Othonianos pavidi duces, miles ducibus infensus, mixta vehicula et lixae, et praeruptis utrimque fossis via quieto quoque agmini angusta. circumsistere alii signa sua, quaerere alii; incertus undique clamor adcurrentium vocantium: ut cuique audacia vel formido, in primam postremamve aciem prorumpebant aut relabebantur.
42 (1) Attonitas subito terrore mentes falsum gaudium in languorem vertit, repertis qui descivisse a Vitellio exercitum ementirentur. is rumor ab exploratoribus Vitellii dispersus, an in ipsa Othonis parte seu dolo seu forte surrexerit, parum compertum. omisso pugnae ardore Othoniani ultro salutavere; et hostili murmure excepti, plerisque suorum ignaris quae causa salutandi, metum proditionis fecere. (2) tum incubuit hostium acies integris ordinibus, robore et numero praestantior: Othoniani, quamquam dispersi pauciores fessi, proelium tamen acriter sumpsere. et per locos arboribus ac vineis impeditos non una pugnae facies: comminus eminus, catervis et cuneis concurrebant. in aggere viae conlato gradu corporibus et umbonibus niti,
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wurde da die Unterredung mit den Tribunen, und deshalb blieb ungeklärt, ob sie ein Attentat oder Verrat oder irgendeine redliche Absicht im Schilde führten. (2) Caecina schickte die Tribune weg, ritt ins Lager zurück und fand dort die Situation vor, dass auf Befehl des Fabius Valens das Zeichen zur Schlacht gegeben worden war und die Soldaten schon unter Waffen standen. Noch während die Legionen die Reihenfolge beim Aufmarsch des Heeres auslosten, stieß die Kavallerie vor. Und kaum zu glauben: Dass diese von den zahlenmäßig unterlegenen Othonianern auf den Wall zurückgeworfen wurde, davor ließ sie nur die Tapferkeit der Legion „Italica“ zurückschrecken. Diese zwang die geschlagenen Männer mit gezückten Schwertern, zurückzureiten und den Kampf wieder aufzunehmen. Die vitellianischen Legionen stellte man ohne ängstliche Hast zur Schlacht auf; denn obwohl der Feind schon nahe war, wurde die Sicht auf die Waffen durch dichtes Gebüsch behindert. (3) Aufseiten der Othonianer waren die Kommandeure mutlos, die Soldaten über ihre Kommandeure aufgebracht, mittendrin Fahrzeuge und Marketender, und weil auf beiden Seiten steil abfallende Gräben lagen, wäre die Straße auch für eine ruhig dahinziehende Kolonne schmal gewesen. Die einen stellten sich um ihre Standarten auf, andere suchten nach ihnen; überall wirres Geschrei der Leute, die ankamen, die sich etwas zuriefen. Je nach dem Mut oder der Angst des Einzelnen stürmten sie in die erste Reihe vor oder ließen sich in die letzte zurückfallen. 42 (1) Die durch den unvermuteten Schrecken wie vom Donner gerührten Männer ließ eine unbegründete Freude aufatmen. Es hatten sich nämlich Leute gefunden, die wahrheitswidrig behaupteten, von Vitellius sei sein Heer abgefallen. Ob dieses Gerücht von Spionen des Vitellius ausgestreut wurde oder auf Othos Seite selbst aus List oder Zufall entstanden war, ließ sich nicht genau klären. Nachdem dadurch ihr Kampfeseifer geschwunden war, riefen die Othonianer der Gegenseite sogar Grüße zu. Das wurde mit feindseligen Unmutsäußerungen aufgenommen, und weil sehr viele eigene Leute den Grund für den Gruß nicht kannten, erregten sie damit nur Furcht vor einem Verrat. (2) Dann griff das feindliche Heer mit durchgehend intakten Einheiten an; es war an Kampfkraft und Zahl überlegen. Die Othonianer nahmen, obwohl zersplittert, zahlenmäßig weniger und erschöpft, den Kampf dennoch energisch auf. So ergab sich in dem Gelände, das mit Bäumen und Weinpflanzungen viele Hindernisse aufwies, kein einheitliches Bild des Kampfgeschehens: Im Nah-, im Fernkampf, in ungeordneten Haufen und geschlossenen Keilen stieß man zusammen. Auf dem Straßendamm setzten sie einander verbissen Fuß an Fuß mit Körpern und Schildbuckeln zu, verzichteten auf das Schleudern der Speere und schlugen mit Schwertern
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omisso pilorum iactu gladiis et securibus galeas loricasque perrumpere: noscentes inter se, ceteris conspicui in eventum totius belli certabant. 43 (1) Forte inter Padum viamque patenti campo duae legiones congressae sunt, pro Vitellio unaetvicensima, cui cognomen Rapaci, vetere gloria insignis, e parte Othonis prima Adiutrix, non ante in aciem deducta, sed ferox et novi decoris avida. primani stratis unaetvicensimanorum principiis aquilam abstulere; quo dolore accensa legio et impulit rursus primanos, interfecto Orfidio Benigno legato, et plurima signa vexillaque ex hostibus rapuit. (2) a parte alia propulsa quintanorum impetu tertia decima legio, circumventi plurium adcursu quartadecimani. et ducibus Othonis iam pridem profugis Caecina ac Valens subsidiis suos firmabant. accessit recens auxilium, Varus Alfenus cum Batavis, fusa gladiatorum manu, quam navibus transvectam obpositae cohortes in ipso flumine trucidaverant: ita victores latus hostium invecti.
44 (1) Et media acie perrupta fugere passim Othoniani, Bedriacum petentes. immensum id spatium, obstructae strage corporum viae, quo plus caedis fuit; neque enim civilibus bellis capti in praedam vertuntur. Suetonius Paulinus et Licinius Proculus diversis itineribus castra vitavere. Vedium Aquilam tertiae decimae legionis legatum irae militum inconsultus pavor obtulit. multo adhuc die vallum ingressus clamore seditiosorum et fugacium circumstrepitur; non probris, non manibus abstinent; desertorem proditoremque increpant, nullo proprio crimine eius, sed more volgi suum quisque flagitium aliis obiectantes. (2) Titianum et Celsum nox iuvit, dispositis iam excubiis compressisque militibus, quos Annius Gallus consilio precibus auctoritate flexerat, ne super cladem adversae pugnae suismet ipsi caedibus saevirent: sive finis bello venisset seu resumere arma mallent, unicum victis
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und Äxten durch Helme und Panzer. Sie kannten sich gegenseitig22 und kämpften vor den Augen aller anderen um die Entscheidung im gesamten Krieg. 43 (1) Zufällig stießen zwischen dem Po und der Straße auf freiem Feld zwei Legionen aufeinander, für Vitellius die 21. mit dem Beinamen „Rapax“, angesehen wegen ihres alten Ruhms, und auf Othos Seite die 1. „Adiutrix“, die vorher noch nicht in einer Schlacht eingesetzt worden war, aber wild auf den Kampf und versessen auf den Glanz neuen Ruhms. Die Einser machten die vorderen Reihen der Einundzwanziger nieder und nahmen ihnen ihren Adler weg. Über diese Kränkung hellauf empört, trieb die Legion die Einser wieder zurück, wobei deren Legat Orfidius Benignus ums Leben kam, und entriss zudem den Feinden sehr viele Standarten und Fahnen. (2) In einem anderen Abschnitt wurden bei einem Vorstoß der Fünfer die 13. Legion in die Flucht geschlagen und durch das schnelle Eingreifen zahlenmäßig überlegener Einheiten die Vierzehner umzingelt. Zudem führten, während Othos Kommandeure schon längst geflohen waren, Caecina und Valens mit Reservetruppen ihren Leuten Verstärkungen zu. Dazu kam eine kräftige Unterstützung, nämlich Varus Alfenus mit den Batavern, nachdem sie die Gladiatoreneinheit geschlagen hatten; als diese auf Schiffen übersetzte, hatten die ihnen entgegengeworfenen Kohorten sie noch mitten im Fluss niedergemacht. Auf diese Weise konnten sie nach ihrem Sieg den Feinden in die Flanke fallen. 44 (1) Nachdem auch ihr Zentrum durchstoßen worden war, flohen die Othonianer überall in Richtung Bedriacum. Das war eine beträchtliche Strecke, die Straßen durch Leichenhaufen versperrt, umso größer das Gemetzel; denn in Bürgerkriegen werden Gefangene ja nicht zur Beute geschlagen. Suetonius Paulinus und Licinius Proculus mieden auf abgelegenen Wegen das Lager. Vedius Aquila, den Legaten der 13. Legion, setzte seine unüberlegte Angstreaktion der Wut seiner Soldaten aus. Als er noch am helllichten Tag in die Verschanzung hineinritt, tobte um ihn herum das Geschrei von Meuterern und Deserteuren. Man hielt sich nicht mit Schmähungen, nicht mit Handgreiflichkeiten zurück. Als fahnenflüchtigen Verräter beschimpfte man ihn, ohne dass er sich persönlich hätte etwas zuschulden kommen lassen, vielmehr nach der Gewohnheit der breiten Masse, die eigene Schandtat jeweils anderen anzulasten. (2) Titianus und Celsus half die Nacht, weil schon die Wachen aufgezogen und die Soldaten beruhigt waren. Annius Gallus hatte sie mit Überzeugungskraft, Bitten und Entschiedenheit dahingehend umgestimmt, sie sollten sich nicht zusätzlich zu der Katastrophe der verlorenen Schlacht in ihrer Wut noch gegenseitig selbst umbringen. Ob nun das Ende des Kriegs gekommen sei oder ob sie lieber
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in consensu levamentum. (3) ceteris fractus animus: praetorianus miles non virtute se sed proditione victum fremebat: ne Vitellianis quidem incruentam fuisse victoriam, pulso equite, rapta legionis aquila; superesse cum ipso Othone militum quod trans Padum fuerit, venire Moesicas legiones, magnam exercitus partem Bedriaci remansisse: hos certe nondum victos et, si ita ferret, honestius in acie perituros. his cogitationibus truces aut pavidi extrema desperatione ad iram saepius quam in formidinem stimulabantur.
45 (1) At Vitellianus exercitus ad quintum a Bedriaco lapidem consedit, non ausis ducibus eadem die obpugnationem castrorum; simul voluntaria deditio sperabatur: sed expeditis et tantum ad proelium egressis munimentum fuere arma et victoria. (2) postera die haud ambigua Othoniani exercitus voluntate et, qui ferociores fuerant, ad paenitentiam inclinantibus missa legatio; nec apud duces Vitellianos dubitatum quo minus pacem concederent. legati paulisper retenti: ea res haesitationem attulit ignaris adhuc an impetrassent. mox remissa legatione patuit vallum. (3) tum victi victoresque in lacrimas effusi, sortem civilium armorum misera laetitia detestantes; isdem tentoriis alii fratrum, alii propinquorum volnera fovebant: spes et praemia in ambiguo, certa funera et luctus, nec quisquam adeo mali expers, ut non aliquam mortem maereret. requisitum Orfidii legati corpus honore solito crematur; paucos necessarii ipsorum sepelivere, ceterum volgus super humum relictum.
46 (1) Opperiebatur Otho nuntium pugnae nequaquam trepidus et consilii certus. maesta primum fama, dein profugi e proelio perditas res patefaciunt. non exspectavit militum ardor vocem imperatoris; bonum haberet animum iubebant: superesse adhuc novas vires, et ipsos extrema passuros
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wieder zu den Waffen greifen wollten, die einzige Erleichterung für Besiegte bestehe in Einmütigkeit. (3) Alle anderen hatten den Mut verloren. Die Prätorianer aber schimpften, sie seien nicht durch Tapferkeit, sondern durch Verrat besiegt worden. Auch für die Vitellianer sei der Sieg nicht ohne blutige Verluste gewesen, da doch ihre Kavallerie geschlagen und ein Legionsadler erbeutet worden sei. Zur Verfügung stünden noch zusammen mit Otho alle Soldaten, die sich jenseits des Po aufgehalten hätten, im Anmarsch seien die mösischen Legionen, ein großer Teil des Heeres sei in Bedriacum zurückgeblieben. Diese Männer seien ganz gewiss noch nicht besiegt und würden, falls es so weit komme, ehrenvoller im Kampf untergehen. Bei diesen Überlegungen wurden sie wütend oder ängstlich und steigerten sich so in äußerster Verzweiflung häufiger in Erbitterung als in Furcht hinein. 45 (1) Das vitellianische Heer jedoch machte am fünften Meilenstein vor Bedriacum halt, weil die Kommandeure sich am selben Tag die Erstürmung des Lagers nicht zutrauten. Zugleich hoffte man auf eine freiwillige Übergabe. Aber den ohne Gepäck nur zur Schlacht ausgerückten Männern dienten als Schutz ihre Waffen und der Sieg.23 (2) Am nächsten Tag wurde, weil der Wille des othonianischen Heers nicht mehr zweifelhaft war und die Leute, die eher für den Kampf gewesen waren, nun zum Umdenken neigten, eine Abordnung geschickt. Auch aufseiten der vitellianischen Kommandeure zögerte man nicht, in den Frieden einzuwilligen. Die Unterhändler wurden aber ein Weilchen hingehalten. Das führte zu Unsicherheit, weil man nicht wusste, ob man etwas erreicht hatte. Als dann die Abordnung zurückgeschickt worden war, standen die Lagertore offen. (3) Daraufhin brachen Besiegte und Sieger in Tränen aus, wobei sie das in Bürgerkriegen übliche Schicksal in schmerzlicher Freude verwünschten: In denselben Zelten pflegten die einen die Wunden von Brüdern, andere von Verwandten. Hoffnung und Belohnungen waren ungewiss, sicher nur Begräbnisse und Trauer. Kein einziger war so wenig vom Unglück betroffen, dass er nicht irgendeinen Todesfall zu beklagen gehabt hätte. Man suchte den Leichnam des Legaten Orfidius und verbrannte ihn unter den üblichen Ehren. Einige wenige Tote wurden von ihren eigenen Verwandten beerdigt, die große Menge der übrigen Gefallenen ließ man auf der Erde liegen. 46 (1) Unterdessen wartete Otho auf die Nachricht von der Schlacht keineswegs ängstlich, sondern war sich seines Entschlusses sicher. Zunächst verbreitete sich ein trauriges Gerücht, dann klärten aus dem Gefecht entkommene Flüchtlinge darüber auf, alles sei verloren. Daraufhin warteten die Soldaten in ihrem Feuereifer ein Wort ihres Oberbefehlshabers nicht ab. Er solle guten Mutes sein, forderten sie ihn auf. Immer noch stünden frische Streitkräfte zur Verfügung, und sie selbst würden das Äußerste auf sich neh-
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Historiarum liber secundus
ausurosque. neque erat adulatio: ire in aciem, excitare partium fortunam furore quodam et instinctu flagrabant. (2) qui procul adstiterant, tendere manus, et proximi prensare genua, promptissimo Plotio Firmo. is praetorii praefectus identidem orabat, ne fidissimum exercitum, ne optime meritos milites desereret: maiore animo tolerari adversa quam relinqui; fortes et strenuos etiam contra fortunam insistere spei, timidos et ignavos ad desperationem formidine properare. (3) quas inter voces ut flexerat voltum aut induraverat Otho, clamor et gemitus. nec praetoriani tantum, proprius Othonis miles, sed praemissi e Moesia eandem obstinationem adventantis exercitus, legiones Aquileiam ingressas nuntiabant, ut nemo dubitet potuisse renovari bellum atrox, lugubre, incertum victis et victoribus.
47 (1) Ipse aversus a consiliis belli ‘hunc’ inquit ‘animum, hanc virtutem vestram ultra periculis obicere nimis grande vitae meae pretium puto. quanto plus spei ostenditis, si vivere placeret, tanto pulchrior mors erit. experti in vicem sumus ego ac fortuna. nec tempus computaveritis: difficilius est temperare felicitati qua te non putes diu usurum. (2) civile bellum a Vitellio coepit, et ut de principatu certaremus armis, initium illic fuit: ne plus quam semel certemus, penes me exemplum erit; hinc Othonem posteritas aestimet. fruetur Vitellius fratre coniuge liberis: mihi non ultione neque solaciis opus est. alii diutius imperium tenuerint, nemo tam fortiter reliquerit. (3) an ego tantum Romanae pubis, tot egregios exercitus sterni rursus et rei publicae eripi patiar? eat hic mecum animus, tamquam perituri pro me fueritis, sed este superstites. nec diu moremur, ego incolumitatem vestram, vos constantiam meam. plura de extremis loqui pars ignaviae est. praecipuum
Historien 2,46,1-2,47,3
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men und wagen. Tatsächlich war das keine Schmeichelei: In die Schlacht zu ziehen, das Glück ihrer Partei zu erzwingen, darauf brannten sie in einer an Raserei grenzenden Begeisterung. (2) Wer weiter weg stand, streckte die Hände aus, und die ganz in der Nähe umklammerten seine Knie, am eindringlichsten Plotius Firmus. Er als Prätorianerkommandant bat immer wieder, er dürfe nicht das ihm zutiefst ergebene Heer, nicht die Soldaten, die sich um ihn größte Verdienste erworben hätten, im Stich lassen. Es brauche mehr Mut, ein widriges Geschick zu ertragen als ihm aus dem Weg zu gehen. Tapfere und tüchtige Männer hielten sogar dem Schicksal zum Trotz an der Hoffnung fest, nur Angsthasen und Feiglinge würfen sich aus Furcht der Verzweiflung in die Arme. (3) Je nachdem Othos Miene bei diesen Äußerungen nachgiebig wurde oder sich verhärtete, kam es zu Freudengeschrei und Seufzern. Aber nicht nur die Prätorianer, Othos eigene Soldaten, sondern auch die aus Mösien vorausgeschickten Kuriere berichteten von derselben Entschlossenheit des im Anmarsch befindlichen Heeres, dazu vom Einzug der Legionen in Aquileia, sodass ohne jeden Zweifel der schreckliche, unheilvolle Krieg mit seinem für Besiegte und Sieger ungewissen Verlauf hätte wiederaufgenommen werden können. 47 (1) Er selbst hatte sich schon von den Gedanken an den Krieg abgewandt und sagte deshalb: „Diesen euren Mut, diese Tapferkeit weiterhin Gefahren auszusetzen halte ich für einen zu hohen Preis für mein Leben. Je mehr Hoffnung ihr aufzeigt, falls ich weiterzuleben vorhätte, desto glorreicher wird mein Tod sein. Wir haben uns gegenseitig auf die Probe gestellt, ich und das Schicksal. Rechnet auch die Zeit nicht nach: Schwieriger ist es, mit dem Glück maßvoll umzugehen, von dem man glaubt, man werde es nicht lange genießen! (2) Der Bürgerkrieg ist von Vitellius ausgegangen, und dass wir um die Stellung des führenden Mannes mit Waffen kämpfen, dafür wurde der Anfang dort gemacht. Dass wir nicht mehr als einmal kämpfen, dafür will ich das Vorbild sein, danach soll die Nachwelt Otho beurteilen. Weiter genießen wird Vitellius die Gesellschaft seines Bruders, seiner Frau und seiner Kinder; ich brauche keine Rache und auch keinen Trost. Mögen andere die Herrschaft länger ausgeübt haben, niemand dürfte sie so tapfer aus der Hand gegeben haben! (3) Oder soll ich etwa zulassen, dass ein derart großer Teil der römischen Jugend, derart viele hervorragende Heere erneut niedergemacht und dem Staat entrissen werden? Lasst das Bewusstsein mit mir gehen, dass ihr bereit gewesen wärt, für mich den Tod zu erleiden, aber bleibt am Leben! Und halten wir sie nicht mehr länger auf, ich die Rettung eures Lebens, ihr meine Standhaftigkeit! Noch mehr Worte um die letzten Stunden zu machen ist ein Stück Feigheit. Nehmt als
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Historiarum liber secundus
destinationis meae documentum habete, quod de nemine queror; nam incusare deos vel homines eius est, qui vivere velit.’ 48 (1) Talia locutus, ut cuique aetas aut dignitas, comiter appellatos, irent propere neu remanendo iram victoris asperarent, iuvenes auctoritate, senes precibus movebat, placidus ore, intrepidus verbis, intempestivas suorum lacrimas coercens. dari naves ac vehicula abeuntibus iubet; libellos epistulasque studio erga se aut in Vitellium contumeliis insignes abolet; pecunias distribuit parce nec ut periturus. (2) mox Salvium Cocceianum, fratris filium prima iuventa, trepidum et maerentem ultro solatus est laudando pietatem eius, castigando formidinem: an Vitellium tam immitis animi fore, ut pro incolumi tota domo ne hanc quidem sibi gratiam redderet? mereri se festinato exitu clementiam victoris; non enim ultima desperatione, sed poscente proelium exercitu remisisse rei publicae novissimum casum. satis sibi nominis, satis posteris suis nobilitatis quaesitum. post Iulios Claudios Servios se primum in familiam novam imperium intulisse: proinde erecto animo capesseret vitam, neu patruum sibi Othonem fuisse aut oblivisceretur umquam aut nimium meminisset.
49 (1) Post quae dimotis omnibus paulum requievit. atque illum supremas iam curas animo volutantem repens tumultus avertit, nuntiata consternatione ac licentia militum; namque abeuntibus exitium minitabantur, atrocissima in Verginium vi, quem clausa domo obsidebant. increpitis seditionis auctoribus regressus vacavit abeuntium adloquiis, donec omnes inviolati digrederentur. (2) vesperascente die sitim haustu gelidae aquae sedavit. tum adlatis pugionibus ‹duobus›, cum utrumque pertemptasset, alterum capiti subdidit. et explorato iam profectos amicos, noctem quietam, utque
Historien 2,47,3-2,49,2
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besonderen Beweis für meine Entschlossenheit, dass ich mich über niemanden beschwere! Denn Göttern oder Menschen Vorwürfe zu machen kennzeichnet einen Mann, der leben will.“ 48 (1) Nach diesen Worten sprach er jeden seinem Alter oder seiner gesellschaftlichen Stellung entsprechend freundlich an und versuchte sie dazu zu bewegen, schleunigst zu gehen und nicht durch ihr Bleiben den Zorn des Siegers zu verschlimmern, die jungen Männer mit seiner Autorität, die alten mit Bitten, ruhig in seinem Gesichtsausdruck, unerschrocken in seinen Worten und den unangebrachten Tränen seiner Anhänger Einhalt gebietend. Er ließ ihnen für ihre Abreise Schiffe und Wagen zur Verfügung stellen. Eingaben und Briefe, die durch Ergebenheit ihm gegenüber oder durch Schmähungen gegen Vitellius besonders herausstachen, vernichtete er. Geld verteilte er sparsam und nicht wie jemand, der im Begriff ist, sein Leben zu verlieren. (2) Dann tröstete er auch noch Salvius Cocceianus, den Sohn seines Bruders, einen ganz jungen Mann, der vor Angst und Kummer aufgelöst war, indem er seine Anhänglichkeit lobte, seine Furchtsamkeit kritisierte. Werde Vitellius etwa derart unerbittlich sein, ihm nicht einmal das Entgegenkommen zu vergelten, dass seine ganze Familie nicht angetastet wurde? Er verdiene doch, weil er sein Ende schnell herbeiführe, die Nachsicht des Siegers. Nicht in höchster Verzweiflung, sondern obwohl sein Heer eine Schlacht verlangte, habe er nämlich dem Staat den schlimmsten Unglücksfall erspart. Genug Ruhm sei für ihn, genug gesellschaftliches Ansehen für seine Nachkommen erworben worden. Nach den Juliern, Claudiern und Serviern habe er als Erster die Herrschaft in eine neue Familie24 gebracht. Deshalb solle er erhobenen Haupts sein Leben in die Hand nehmen und nie vergessen, dass Otho sein Onkel war, aber auch nicht zu sehr daran denken. 49 (1) Danach schickte er alle weg und ruhte ein wenig aus. Als er sich dann innerlich schon mit seinen letzten Augenblicken beschäftigte, brachte ihn ein plötzlicher Lärm davon ab: Man meldete einen Tumult disziplinloser Soldaten; sie bedrohten nämlich die Personen, die abreisen wollten, mit dem Tod. Dabei richtete sich die schlimmste Gewalt gegen Verginius, den sie in seinem Haus eingeschlossen hatten und belagerten. Nachdem Otho den Rädelsführern heftige Vorwürfe gemacht hatte, nahm er sich auf dem Rückweg Zeit, mit den Abreisenden zu sprechen, bis sich alle unbehelligt entfernen konnten. (2) Gegen Abend stillte er seinen Durst mit einem Schluck kalten Wassers. Dann ließ er sich zwei Dolche bringen, und nachdem er beide geprüft hatte, legte er den einen unter sein Kopfkissen. Als er sich sicher war, dass seine Freunde schon aufgebrochen waren, verbrachte er eine ruhi-
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adfirmatur, non insomnem egit: luce prima in ferrum pectore incubuit. (3) ad gemitum morientis ingressi liberti servique et Plotius Firmus praetorii praefectus unum volnus invenere. funus maturatum; ambitiosis id precibus petierat, ne amputaretur caput ludibrio futurum. tulere corpus praetoriae cohortes cum laudibus et lacrimis, volnus manusque eius exosculantes. (4) quidam militum iuxta rogum interfecere se, non noxa neque ob metum, sed aemulatione decoris et caritate principis. ac postea promisce Bedriaci Placentiae aliisque in castris celebratum id genus mortis. Othoni sepulchrum exstructum modicum et mansurum. hunc vitae finem habuit septimo et tricensimo aetatis anno.
50 (1) Origo illi e municipio Ferentio, pater consularis, avus praetorius; maternum genus impar nec tamen indecorum. pueritia ac iuventa, qualem monstravimus. duobus facinoribus, altero flagitiosissimo, altero egregio, tantundem apud posteros meruit bonae famae quantum malae. (2) ut conquirere fabulosa et fictis oblectare legentium animos procul gravitate coepti operis crediderim, ita volgatis traditisque demere fidem non ausim. die, quo Bedriaci certabatur, avem invisitata specie apud Regium Lepidum celebri luco consedisse incolae memorant, nec deinde coetu hominum aut circumvolitantium alitum territam pulsamve, donec Otho se ipse interficeret; tum ablatam ex oculis: et tempora reputantibus initium finemque miraculi cum Othonis exitu competisse.
51 In funere eius novata luctu ac dolore militum seditio, nec erat qui coerceret. ad Verginium versi, modo ut reciperet imperium, nunc ut legatione apud Caecinam ac Valentem fungeretur, minitantes orabant: Verginius per aversam domus partem furtim degressus inrumpentes frustratus est. earum quae Brixelli egerant cohortium preces Rubrius Gallus tulit, et venia
Historien 2,49,2-2,51
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ge und, wie man behauptet, nicht schlaflose Nacht. Beim ersten Morgengrauen stürzte er sich mit der Brust in die Klinge. (3) Die auf das Röcheln des Sterbenden hin hereinkommenden Freigelassenen, Sklaven und der Prätorianerkommandant Plotius Firmus entdeckten nur eine einzige Wunde. Das Leichenbegängnis fand schnell statt; mit nachdrücklichen Bitten hatte er darum ersucht, damit man ihm nicht den Kopf abschlagen und mit ihm seinen Spott treiben könne. Seinen Leichnam trugen Prätorianerkohorten unter Lobsprüchen und Tränen und küssten dabei seine Wunde und Hände. (4) Ein paar von den Soldaten brachten sich neben dem Scheiterhaufen um, nicht aus Schuldbewusstsein und auch nicht aus Furcht, sondern im Wettstreit um Ruhm und aus Anhänglichkeit an den Princeps. Später war in Bedriacum, in Placentia und in anderen Lagern diese Art, in den Tod zu gehen, weit verbreitet. Für Otho wurde ein Grabmal errichtet, das bescheiden war und deshalb Bestand haben sollte. Dieses Lebensende fand er im Alter von 36 Jahren. 50 (1) Er stammte aus der Landstadt Ferentium, sein Vater war Konsul gewesen, sein Großvater Prätor. Die Familie seiner Mutter war nicht ebenbürtig, aber sie machte dennoch keine Schande. Kindheit und Jugend verbrachte er so, wie wir es dargestellt haben.25 Mit zwei Taten, die eine höchst abscheulich, die andere heldenhaft,26 erwarb er sich bei der Nachwelt ebensoviel guten wie schlechten Ruf. (2) Zwar bin ich der Auffassung, märchenhafte Begebenheiten zusammenzutragen und meine Leser mit erfundenen Geschichten zu unterhalten sei mit dem Ernst meines in Angriff genommenen Werks nicht zu vereinbaren, möchte aber nicht so weit gehen, überall verbreiteten und überlieferten Nachrichten ihre Glaubwürdigkeit abzusprechen: An dem Tag, an dem man bei Bedriacum kämpfte, habe sich, berichten die Einwohner, ein Vogel von nie zuvor gesehener Gestalt bei Regium Lepidum in einem viel besuchten Hain niedergelassen und sich von da an weder durch Menschenansammlungen noch durch Schwärme herumfliegender Vögel27 erschrecken oder vertreiben lassen, bis Otho sich selbst umbrachte; dann erst sei er den Blicken entschwunden. Wenn man die Zeitpunkte berechne, seien Anfang und Schluss der Wundererscheinung mit Othos Lebensende zusammengefallen. 51 Bei seinem Leichenbegängnis lebte aus Trauer und Erbitterung die Revolte der Soldaten wieder auf, und es gab niemanden, der ihr Einhalt geboten hätte. An Verginius wandte man sich und bat ihn in drohendem Tonfall, einmal, er solle die Herrschaft übernehmen, dann wieder, er solle eine Gesandtschaft zu Caecina und Valens anführen. Verginius aber schlich sich auf der Rückseite seines Hauses wie ein Dieb hinaus und täuschte damit die Eindringlinge. Die Bitten der Kohorten, die in Brixellum statio-
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statim impetrata, concedentibus ad victorem per Flavium Sabinum iis copiis, quibus praefuerat. 52 (1) Posito ubique bello magna pars senatus extremum discrimen adiit, profecta cum Othone ab urbe, dein Mutinae relicta. illuc adverso de proelio adlatum: sed milites ut falsum rumorem aspernantes, quod infensum Othoni senatum arbitrabantur, custodire sermones, voltum habitumque trahere in deterius; conviciis postremo ac probris causam et initium caedis quaerebant, cum alius insuper metus senatoribus instaret, ne praevalidis iam Vitellii partibus cunctanter excepisse victoriam crederentur. (2) ita trepidi et utrimque anxii coeunt, nemo privatim expedito consilio, inter multos societate culpae tutior. onerabat paventium curas ordo Mutinensis arma et pecuniam offerendo, appellabatque patres conscriptos intempesti‹vo› honore.
53 (1) Notabile iurgium fuit, quo Licinius Caecina Marcellum Eprium ut ambigua disserentem invasit. nec ceteri sententias aperiebant: sed invisum memoria delationum expositumque ad invidiam Marcelli nomen inritaverat Caecinam, ut novus adhuc et in senatum nuper adscitus magnis inimicitiis claresceret. (2) moderatione meliorum dirempti. et rediere omnes Bononiam, rursus consiliaturi; simul medio temporis plures nuntii sperabantur. Bononiae, divisis per itinera qui recentissimum quemque percunctarentur, interrogatus Othonis libertus causam digressus habere se suprema eius mandata respondit; ipsum viventem quidem relictum, sed sola posteritatis cura et abruptis vitae blandimentis. hinc admiratio et plura interrogandi pudor, atque omnium animi in Vitellium inclinavere.
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niert waren, überbrachte Rubrius Gallus, und man erhielt sofort Verzeihung. Auf Veranlassung des Flavius Sabinus gingen die Truppen, die er befehligt hatte, zum Sieger über. 52 (1) Als der Krieg schon überall beigelegt war, geriet ein großer Teil des Senats in höchste Gefahr; er war mit Otho aus der Hauptstadt aufgebrochen und dann in Mutina zurückgelassen worden. Dort traf die Nachricht von der verlorenen Schlacht ein. Aber die Soldaten hielten das für ein falsches Gerücht und wollten davon nichts wissen, weil sie den Senat als Othos Feind ansahen. Sie überwachten deshalb die Gespräche und legten Miene und Benehmen immer negativ aus. Zuletzt suchten sie mit Beschimpfungen und Vorwürfen nach einem Grund, mit einem Massaker beginnen zu können, während den Senatoren zusätzlich eine andere Furcht zusetzte: Man könne trotz der Überlegenheit der Partei des Vitellius glauben, sie hätten die Nachricht von deren Sieg nur zögernd entgegengenommen. (2) Deshalb traten sie in höchster Aufregung und voller Angst vor beiden Seiten zusammen; keiner getraute sich, auf eigene Verantwortung einen Vorschlag zu machen, sondern man fühlte sich nur im Kreis vieler Personen durch die gemeinsame Schuld sicherer. Die Sorgen der verängstigten Männer verschärfte der Stadtrat von Mutina dadurch, dass er Waffen und Geld anbot und sie als „versammelte Väter“28 ansprach mit einer den Umständen unangemessenen Ehrerbietung. 53 (1) Bemerkenswert war ein Wortwechsel, bei dem Licinius Caecina den Marcellus Eprius damit angriff, seine Ausführungen seien doppeldeutig. Aber auch alle anderen sagten ihre Meinung nicht offen, sondern der in der Erinnerung an die Denunziationen verhasste und dadurch der Missgunst ausgesetzte Name des Marcellus29 hatte Caecina gereizt. Immer noch ein Neuling und erst kurz zuvor in den Senat aufgenommen, wollte er sich durch Feindschaften mit bedeutenden Persönlichkeiten einen Namen machen. (2) Durch das besonnene Eingreifen der vernünftigeren Mitglieder wurden sie getrennt. So kehrten alle nach Bononia zurück, um sich wieder zu beraten; zugleich hoffte man in der Zwischenzeit auf weitere Nachrichten. In Bononia wurden an den Straßen Leute verteilt, die alle Neuankömmlinge ausfragen sollten. Dabei antwortete ein Freigelassener Othos auf die Frage nach dem Grund für seine Abreise, er habe dessen letzte Weisungen bei sich. Er sei zwar noch am Leben gewesen, als er ihn verlassen habe, aber seine einzige Sorge habe der Nachwelt gegolten und er habe sich von allen Verlockungen des Lebens losgerissen gehabt. Darüber war man verwundert, scheute sich aber, genauer nachzufragen, und so wandten sich alle Vitellius zu.
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54 (1) Intererat consiliis frater eius L. Vitellius seque iam adulantibus offerebat, cum repente Coenus libertus Neronis atroci mendacio universos perculit, adfirmans superventu quartae decimae legionis, iunctis a Brixello viribus, caesos victores; versam partium fortunam. causa fingendi fuit, ut diplomata Othonis, quae neglegebantur, laetiore nuntio revalescerent. (2) et Coenus quidem raptim in urbem vectus paucos post dies iussu Vitellii poenas luit: senatorum periculum auctum credentibus Othonianis militibus vera esse quae adferebantur. intendebat formidinem, quod publici consilii facie discessum Mutina desertaeque partes forent. nec ultra in commune congressi sibi quisque consuluere, donec missae a Fabio Valente epistulae demerent metum. et mors Othonis quo laudabilior, eo velocius audita.
55 (1) At Romae nihil trepidationis; Ceriales ludi ex more spectabantur. ut cessisse Othonem et a Flavio Sabino praefecto urbis quod erat in urbe militum [in] sacramento Vitellii adactum certi auctores in theatrum adtulerunt, Vitellio plausere; populus cum lauru ac floribus Galbae imagines circum templa tulit, congestis in modum tumuli coronis iuxta lacum Curti, quem locum Galba moriens sanguine infecerat. (2) in senatu cuncta longis aliorum principatibus composita statim decernuntur; additae erga Germanicum exercitum laudes gratesque et missa legatio, quae gaudio fungeretur. recitatae Fabii Valentis epistulae ad consules scriptae haud immoderate: gratior Caecinae modestia fuit, quod non scripsisset.
56 (1) Ceterum Italia gravius atque atrocius quam bello adflictabatur. dispersi per municipia et colonias Vitelliani spoliare, rapere, vi et stupris polluere; in omne fas nefasque avidi aut venales non sacro, non profano abstinebant. et fuere qui inimicos suos specie militum interficerent. ipsique milites
Historien 2,54,1-2,56,1
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54 (1) An den Beratungen nahm dessen Bruder L. Vitellius teil und präsentierte sich schon den Schmeichlern, da stieß völlig überraschend Coenus, ein Freigelassener Neros, alle zusammen mit einer erlogenen Schreckensnachricht vor den Kopf und behauptete, dank dem Eintreffen der 14. Legion und dem Anschluss der Einheiten aus Brixellum seien die Sieger geschlagen worden; das Glück der Parteien habe sich gewendet. Der Grund für die erfundene Geschichte lag darin, dass nicht mehr anerkannte Geleitbriefe30 Othos durch die erfreulichere Nachricht wieder ihre Gültigkeit bekommen sollten. (2) So konnte Coenus zwar in höchster Eile in die Hauptstadt fahren, wurde dafür aber wenige Tage später auf Vitellius’ Befehl bestraft. Die Gefahr für die Senatoren nahm nun noch zu, weil Othos Soldaten glaubten, die Nachricht sei wahr. Ihre Angst steigerte die Tatsache, dass man unter dem Anschein eines amtlichen Beschlusses Mutina verlassen und seine Partei im Stich gelassen hatte. Ohne dass sie weiterhin noch gemeinsam zusammenkamen, sorgte ein jeder für sich selbst, bis ein von Fabius Valens abgesandter Brief ihnen die Furcht nahm, und je lobenswerter Othos Tod war, desto schneller hörte man von ihm. 55 (1) In Rom jedoch fand sich keine Spur von Aufregung: Bei den Ceresspielen31 schaute man wie üblich zu. Als im Theater zuverlässige Gewährsleute die Nachricht verbreiteten, Otho habe seinen Platz frei gemacht und vom Stadtkommandanten Flavius Sabinus seien alle in der Hauptstadt stationierten Soldaten auf Vitellius vereidigt worden, kam es zu Beifallskundgebungen für Vitellius; das Volk trug mit Lorbeer und Blumen geschmückte Bildnisse Galbas zu den Tempeln ringsum, wobei man Kränze zu einer Art Grabhügel neben dem Curtiusbrunnen32 aufschichtete, dem Platz, den der sterbende Galba mit seinem Blut getränkt hatte. (2) Im Senat beschloss man sofort alle im Laufe der langen Prinzipate der anderen Herrscher erdachten Ehrungen; angeschlossen wurden Lob und Dank für das germanische Heer und eine Gesandtschaft geschickt, die der Freude formell Ausdruck verleihen sollte. Verlesen wurde ein Brief des Fabius Valens, der in bemerkenswert maßvollem Ton an die Konsuln geschrieben worden war; noch lieber sah man die Zurückhaltung Caecinas: dass er gar nicht geschrieben hatte. 56 (1) Übrigens hatte Italien noch schwerer und schrecklicher als im Krieg zu leiden: Die über die Land- und Koloniestädte verstreuten Vitellianer plünderten, raubten, schändeten mit Gewalttaten und Vergewaltigungen. Ohne nach Gut und Böse zu fragen, ließen sie sich in ihrer Gier oder auch gegen Bezahlung nicht von Übergriffen auf heilige, auf weltliche Güter abhalten, und es gab tatsächlich Leute, die ihre persönlichen Feinde umbrachten und dabei den Eindruck erweckten, es seien Soldaten gewesen.
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regionum gnari refertos agros, dites dominos in praedam aut, si repugnatum foret, ad excidium destinabant, obnoxiis ducibus et prohibere non ausis. (2) minus avaritiae in Caecina, plus ambitionis: Valens ob lucra et quaestus infamis eoque alienae etiam culpae dissimulator. iam pridem adtritis Italiae rebus tantum peditum equitumque, vis damnaque et iniuriae aegre tolerabantur.
57 (1) Interim Vitellius victoriae suae nescius ut ad integrum bellum reliquas Germanici exercitus vires trahebat. pauci veterum militum in hibernis relicti, festinatis per Gallias dilectibus, ut remanentium legionum nomina supplerentur. cura ripae Hordeonio Flacco permissa; ipse e Britannico ‹exercitu› delecta octo milia sibi adiunxit. (2) et paucorum dierum iter progressus prosperas apud Bedriacum res ac morte Othonis concidisse bellum accepit: vocata contione virtutem militum laudibus cumulat. postulante exercitu, ut libertum suum Asiaticum equestri dignitate donaret, inhonestam adulationem compescit; dein mobilitate ingenii, quod palam abnuerat, inter secreta convi‹vi›i largitur, honoravitque Asiaticum anulis, foedum mancipium et malis artibus ambitiosum.
58 (1) Isdem diebus accessisse partibus utramque Mauretaniam, interfecto procuratore Albino, nuntii venere. Lucceius Albinus a Nerone Mauretaniae Caesariensi praepositus, addita per Galbam Tingitanae provinciae administratione, haud spernendis viribus agebat. decem novem cohortes, quinque alae, ingens Maurorum numerus aderat, per latrocinia et raptus apta bello manus. caeso Galba in Othonem pronus nec Africa contentus Hispaniae angusto freto diremptae imminebat. (2) inde Cluvio Rufo metus, et decimam legionem propinquare litori ut transmissurus iussit; praemissi centuriones, qui Maurorum animos Vitellio conciliarent. neque arduum fuit,
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Ortskundige Soldaten selbst wiederum bestimmten die bestausgestatteten Ländereien, die reichen Grundbesitzer zu ihrer Beute oder, falls Widerstand geleistet wurde, zur Vernichtung. Ihre Kommandeure waren ihnen dabei ausgeliefert und getrauten sich deshalb nicht einzuschreiten. (2) Weniger Habgier zeigte Caecina, dafür mehr Bemühungen um Popularität. Valens dagegen war wegen seiner Gewinn- und Raffsucht verrufen und sah deshalb auch über fremde Schuld hinweg. Nachdem der Wohlstand Italiens schon längst zerrüttet war, konnte man so viele Soldaten zu Fuß und zu Pferd, ihre Gewaltbereitschaft und die dadurch verursachten Schäden und Übergriffe kaum mehr ertragen. 57 (1) In der Zwischenzeit begann Vitellius, der von seinem Sieg noch nichts wusste, wie zu einem noch unentschiedenen Krieg die restlichen Streitkräfte des germanischen Heeres an sich zu ziehen. Nur wenige altgediente Soldaten ließ man im Winterlager zurück und führte eilig Aushebungen in Gallien durch, um die zurückbleibenden Legionen wieder auf Sollstärke aufzufüllen. Die Zuständigkeit für das Rheinufer wurde Hordeonius Flaccus übertragen; er selbst gliederte sich aus dem britannischen Heer abkommandierte Einheiten von 8 000 Mann an. (2) Nachdem er dann wenige Tagesmärsche vorgerückt war, erreichte ihn die Nachricht von dem Erfolg bei Bedriacum und dem Zusammenbruch des Kriegs durch Othos Tod. Er berief eine Heeresversammlung ein und überhäufte seine Soldaten für ihre Tapferkeit mit höchstem Lob. Auf die Forderung des Heeres, er solle seinem Freigelassenen Asiaticus die Ritterwürde verleihen, unterdrückte er die würdelose Schmeichelei. Dann aber verschenkte er in seiner Launenhaftigkeit, was er öffentlich abgelehnt hatte, in der privaten Sphäre eines Banketts und ehrte Asiaticus mit den Ringen33, einen widerlichen Sklaven, der sich durch üble Machenschaften einzuschmeicheln verstand. 58 (1) In den gleichen Tagen trafen Nachrichten ein, beide Mauretanien hätten sich nach der Ermordung des Prokurators Albinus seiner Partei angeschlossen. Lucceius Albinus, der von Nero das Kommando über Mauretania Caesariensis erhalten hatte, wozu dann durch Galba noch die Verwaltung der Provinz Tingitana gekommen war, verfügte über beachtliche Streitkräfte: 19 Infanteriekohorten, fünf Kavallerieregimenter und eine sehr große Zahl von Mauren waren vor Ort, eine dank Raubüberfällen und Plünderungszügen kriegstaugliche Truppe. Nach der Ermordung Galbas neigte er Otho zu, gab sich dann aber mit Africa nicht zufrieden und bedrohte das nur durch eine Meerenge getrennte Spanien. (2) Deshalb bekam es Cluvius Rufus mit der Angst zu tun und gab der 10. Legion den Befehl, an die Küste zu marschieren, als ob er beabsichtige, sie überzusetzen. Vorausgeschickt wurden Zenturionen, welche die Mauren für Vitellius gewinnen sollten. Tat-
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magna per provincias Germanici exercitus fama; spargebatur insuper, spreto procuratoris vocabulo Albinum insigne regis et Iubae nomen usurpare.
59 (1) Ita mutatis animis Asinius Pollio alae praefectus, e fidissimis Albino, et Festus ac Scipio cohortium praefecti opprimuntur: ipse Albinus, dum e Tingitana provincia Caesariensem Mauretaniam petit, in adpulsu litoris trucidatus; uxor eius cum se percussoribus obtulisset, simul interfecta est, nihil eorum quae fierent Vitellio anquirente: brevi auditu [vi] quamvis magna transibat, impar curis gravioribus. (2) Exercitum itinere terrestri pergere iubet: ipse Arare flumine devehitur, nullo principali paratu, sed vetere egestate conspicuus, donec Iunius Blaesus Lugudunensis Galliae rector, genere inlustri, largus animo et par opibus, circumdaret principi ministeria, comitaretur liberaliter, eo ipso ingratus, quamvis odium Vitellius vernilibus blanditiis velaret. (3) praesto fuere Luguduni victricium victarumque partium duces. Valentem et Caecinam pro contione laudatos curuli suae circumposuit. mox universum exercitum occurrere infanti filio iubet, perlatumque et paludamento opertum sinu retinens Germanicum appellavit cinxitque cunctis fortunae principalis insignibus. nimius honos inter secunda rebus adversis in solacium cessit.
60 (1) Tum interfecti centuriones promptissimi Othonianorum, unde praecipua in Vitellium alienatio per Illy‹ri›cos exercitus; simul ceterae legiones contactu et adversus Germanicos milites invidia bellum meditabantur. Suetonium Paulinum ac Licinium Proculum tristi mora squalidos tenuit, donec auditi necessariis magis defensionibus quam honestis uterentur. proditionem ultro imputabant, spatium longi ante proelium itineris, fatigationem Othonianorum, permixtum vehiculis agmen ac pleraque fortuita fraudi
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sächlich war das nicht schwierig, da das germanische Heer in den Provinzen einen ausgezeichneten Ruf genoss. Zudem wurde das Gerücht verbreitet, Albinus habe für den Titel „Prokurator“ nur Verachtung übrig und beanspruche stattdessen das Königsdiadem und den Namen „Juba“.34 59 (1) Als auf diese Weise die Stimmung umgeschlagen war, wurden der Regimentskommandant Asinius Pollio, einer von Albinus’ treuesten Anhängern, und die Kohortenkommandanten Festus und Scipio beseitigt. Albinus selbst wurde auf der Fahrt von der Provinz Tingitana nach Mauretania Caesariensis bei der Landung umgebracht. Als sich seine Frau den Mördern in den Weg stellte, wurde sie zusammen mit ihm getötet. Vitellius erkundigte sich dabei nach keinem solchen Vorfall näher. Nach flüchtigem Zuhören ging er über noch so bedeutsame Angelegenheiten hinweg, weil er sich ernsthafteren Problemen nicht gewachsen zeigte. (2) Sein Heer ließ er auf dem Landweg vorrücken. Selbst fuhr er die Saône hinab; dabei fiel er durch keinerlei für einen Princeps übliche Aufmachung, sondern durch seine altbekannte Ärmlichkeit35 auf, bis Iunius Blaesus, der Leiter der Gallia Lugdunensis, aus vornehmem Geschlecht, generös von Natur aus und entsprechend begütert, den Princeps mit einer Dienerschaft ausstattete und ihn mit allem Aufwand das Geleit gab; gerade dadurch machte er sich unbeliebt, wenn auch Vitellius seinen Missmut hinter plumpen Schmeicheleien zu verbergen versuchte. (3) Ihre Aufwartung machten in Lugdunum die Kommandeure der siegreichen und der besiegten Partei. Valens und Caecina lobte er vor der Heeresversammlung und ließ sie dann neben seinem Amtssessel Platz nehmen. Dann befahl er, das gesamte Heer solle seinem Sohn, noch einem Kind, entgegenziehen; er nahm ihn in Empfang, hielt ihn, in seinen Feldherrnmantel gehüllt, auf seinem Schoß, nannte ihn Germanicus und stattete ihn mit sämtlichen Abzeichen aus, die zur Stellung eines Princeps gehören. Aus der im Glück übertriebenen Ehrung wurde im Unglück ein Trost.36 60 (1) Dann wurden die entschlossensten Zenturionen der Othonianer hingerichtet; daraus ergab sich eine besonders tiefe Abneigung zwischen Vitellius und den illyrischen Heeren. Zugleich dachten die übrigen Legionen unter deren Einfluss und aus Neid auf die germanischen Soldaten über einen Krieg nach. Suetonius Paulinus und Licinius Proculus ließ er quälend lange in schmutzigen Gewändern37 herumlaufen, bis man sie endlich anhörte und sie dann eher aus der Not geborene als ehrliche Argumente zu ihrer Verteidigung vorbrachten. Sogar Verrat rechneten sie sich als Verdienst an, nämlich den langen Anmarschweg vor der Schlacht, die Ermüdung der Othonianer, die durch die Fuhrwerke in Unordnung geratene Marschkolonne und noch mehr zufällige Ereignisse, die sie ihrem hinterlistigen Vorge-
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suae adsignantes. et Vitellius credidit de perfidia et fidem absolvit. (2) Salvius Titianus Othonis frater nullum discrimen adiit, pietate et ignavia excusatus. Mario Celso consulatus servatur: sed creditum fama obiectumque mox in senatu Caecilio Simplici, quod eum honorem pecunia mercari, nec sine exitio Celsi, voluisset: restitit Vitellius deditque postea consulatum Simplici innoxium et ine‹m›ptum. Trachalum adversus criminantes Galeria uxor Vitellii protexit.
61 Inter magnorum virorum discrimina, pudendum dictu, Mariccus quidam, e plebe Boiorum, inserere sese fortunae et provocare arma Romana simulatione numinum ausus est. iamque adsertor Galliarum et deus (nam id sibi indiderat) concitis octo milibus hominum proximos Aeduorum pagos trahebat, cum gravissima civitas electa iuventute, adiectis a Vitellio cohortibus, fanaticam multitudinem disiecit. captus in eo proelio Mariccus; ac mox feris obiectus quia non laniabatur, stolidum volgus inviolabilem credebat, donec spectante Vitellio interfectus est.
62 (1) Nec ultra in defectores aut bona cuiusquam saevitum: rata fuere eorum, qui acie Othoniana ceciderant, testamenta aut lex intestatis: prorsus, si luxuriae temperaret, avaritiam non timeres. epularum foeda et inexplebilis libido: ex urbe atque Italia inritamenta gulae gestabantur strepentibus ab utroque mari itineribus; exhausti conviviorum adparatibus principes civitatum; vastabantur ipsae civitates; degenerabat a labore ac virtute miles adsuetudine voluptatum et contemptu ducis. (2) praemisit in urbem edictum, quo vocabulum Augusti differret, Caesaris non reciperet, cum de potestate nihil detraheret. pulsi Italia mathematici; cautum severe, ne equites
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hen zuschrieben. Tatsächlich glaubte Vitellius an ihre Treulosigkeit und entband sie von ihrer Treue. (2) Salvius Titianus, Othos Bruder, geriet in keinerlei Gefahr, weil er durch Bruderliebe und Feigheit entschuldigt war. Marius Celsus blieb der Konsulat erhalten. Aber man glaubte dank einem Gerücht und erhob dann im Senat gegen Caecilius Simplex den Vorwurf, er habe dieses Ehrenamt um Geld kaufen wollen, und das nicht ohne das Ende des Celsus ins Auge zu fassen. Vitellius widersetzte sich dem und gab Simplex später den Konsulat, ohne dass Schaden angerichtet wurde und Geld floss. Den Trachalus nahm Vitellius’ Frau Galeria vor seinen Anklägern in Schutz.38 61 Während bedeutende Männer in höchster Gefahr schwebten, erdreistete sich, man schämt sich davon zu berichten, ein gewisser Mariccus, ein einfacher Boier, sich in eine hohe Stellung hineinzudrängen und die römische Militärmacht herauszufordern, indem er so tat, als verfüge er über göttliche Kräfte. Schon hatte er als „Beschützer Galliens“ und „Gott“ – denn diese Bezeichnungen hatte er sich zugelegt – 8 000 Mann zusammengebracht und plünderte die nächstgelegenen Gaue der Häduer, da trieb die bedeutende Gemeinde mit Eliteeinheiten ihrer Miliz, denen von Vitellius noch Kohorten angegliedert wurden, die fanatisierte Menge auseinander. In diesem Gefecht wurde Mariccus gefangen genommen und dann wilden Tieren vorgeworfen. Weil er aber nicht zerrissen wurde, glaubte das törichte Volk, er sei unverwundbar, bis er dann, als Vitellius einmal zuschaute, doch umgebracht wurde. 62 (1) Aber gegen Abtrünnige oder den Besitz von irgendjemand wütete man nun nicht mehr. Anerkannt wurden die Testamente der Männer, die in den Reihen der Othonianer gefallen waren, oder das Gesetz angewandt, falls sie kein Testament gemacht hatten.39 Kurz, hätte er nur sein Schlemmerleben eingeschränkt – vor seiner Habgier hätte man sich nicht fürchten müssen. Aber auf üppige Festessen hatte er eine widerliche, unersättliche Lust. Aus der Hauptstadt und aus Italien wurden die Leckerbissen herbeigeschafft, wobei die Wagen auf den Straßen von beiden Meeren her nur so ratterten; finanziell ruiniert wurden durch die Ausrichtung der Bankette die führenden Persönlichkeiten der Gemeinden, ausgeplündert die Gemeinden selbst. Die Soldaten wollten von Anstrengungen und Tapferkeit nichts mehr hören aus Gewöhnung an das Lotterleben und aus Verachtung für ihren Kommandeur. (2) Er schickte in die Hauptstadt eine Bekanntmachung voraus, mit der er den Augustus-Titel auf später verschob, den eines Cäsars nicht annahm, obwohl er von seiner Machtfülle nichts abgab. Ausgewiesen wurden aus Italien die Astrologen. Streng wurde darauf geachtet, dass sich römische Ritter nicht mit Auftritten in der Gladiatorenkaserne und in der
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Romani ludo et harena polluerentur. priores id principes pecunia et saepius vi perpulerant, ac pleraque municipia et coloniae aemulabantur corruptissimum quemque adulescentium pretio inlicere. 63 (1) Sed Vitellius adventu fratris et inrepentibus dominationis magistris superbior et atrocior occidi Dolabellam iussit, quem in coloniam Aquinatem sepositum ab Othone rettulimus. Dolabella audita morte Othonis urbem introierat: id ei Plancius Varus praetura functus, ex intimis Dolabellae amicis, apud Flavium Sabinum praefectum urbis obiecit, tamquam rupta custodia ducem se victis partibus ostentasset; addidit temptatam cohortem, quae Ostiae ageret; nec ullis tantorum criminum probationibus in paenitentiam versus seram veniam post scelus quaerebat. (2) cunctantem super tanta re Flavium Sabinum Triaria L. Vitellii uxor, ultra feminam ferox, terruit, ne periculo principis famam clementiae adfectaret. Sabinus suopte ingenio mitis, ubi formido incessisset, facilis mutatu et in alieno discrimine sibi pavens, ne adlevasse videretur, impulit ruentem.
64 (1) Igitur Vitellius metu et odio, quod Petroniam uxorem eius mox Dolabella in matrimonium accepisset, vocatum per epistulas vitata Flaminiae viae celebritate devertere Interamnium atque ibi interfici iussit. longum interfectori visum: in itinere ac taberna proiectum humi iugulavit, magna cum invidia novi principatus, cuius hoc primum specimen noscebatur. (2) et Triariae licentiam modestum e proximo exemplum onerabat, Galeria imperatoris uxor non immix‹ta› tristibus; et pari probitate mater Vitelliorum Sextilia, antiqui moris: dixisse quin etiam ad primas filii sui epistulas ferebatur, non Germanicum a se, sed Vitellium genitum. nec ullis postea fortunae inle-
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Arena entehrten. Frühere Principes hatten sie mit Geldprämien und noch häufiger mit Gewalt dazu gebracht, und sehr viele Land- und Koloniestädte wetteiferten darin, gerade die verkommensten jungen Leute dafür mit Geld zu gewinnen. 63 (1) Aber Vitellius war durch die Ankunft seines Bruders und dadurch, dass sich an ihn Lehrmeister der Gewaltherrschaft heranmachten, noch überheblicher und unbarmherziger geworden und ließ deshalb Dolabella umbringen, der, wie berichtet,40 von Otho in die Koloniestadt Aquinum abgeschoben worden war. Dolabella hatte auf die Nachricht von Othos Tod wieder die Hauptstadt betreten. Das warf ihm Plancius Varus, der die Prätur bekleidet hatte, einer von Dolabellas engsten Freunden, beim Stadtkommandanten Flavius Sabinus vor mit der Begründung, er sei aus der Haft ausgebrochen und habe sich der besiegten Partei als Führer angeboten; zudem behauptete er, er habe die in Ostia stationierte Kohorte aufzuwiegeln versucht. Nachdem er dann aber keinerlei Beweise für derart gravierende Vorwürfe vorbringen konnte, packte ihn die Reue, aber er bat zu spät um Gnade nach seiner verwerflichen Tat. (2) Den angesichts der Bedeutung der Angelegenheit zögernden Flavius Sabinus ließ Triaria, die Gattin des L. Vitellius, unerbittlicher, als Frauen sind, davor zurückschrecken, unter Gefährdung des Princeps den Ruf der Nachsicht erwerben zu wollen. Sabinus, seinem Wesen nach gutmütig, aber sooft ihn Furcht überkam, leicht umzustimmen und angesichts der Gefahr, in der ein anderer schwebte, in Angst um die eigene Person, gab dem Mann, der schon im Fallen war, einen zusätzlichen Stoß, um nicht den Eindruck zu erwecken, er habe ihn vom Boden aufheben wollen. 64 (1) Deshalb bestellte Vitellius aus Furcht und Hass, weil Dolabella kurz nach ihm seine Frau Petronia geheiratet hatte, diesen brieflich zu sich, befahl aber, die vielbefahrene Via Flaminia zu meiden, nach Interamnium abzubiegen und ihn dort umzubringen. Zu umständlich schien das dem Henker zu sein: In einem Wirtshaus an der Strecke warf er ihn zu Boden und erdrosselte ihn. Das führte zu großem Unmut über den neuen Prinzipat, bei dem diese Tat als erstes charakteristisches Merkmal wahrgenommen wurde. (2) Auch Triarias unverantwortliches Verhalten machte vorbildliche Zurückhaltung in ihrer unmittelbaren Umgebung noch unerträglicher, nämlich dass Galeria, die Frau des Oberbefehlshabers, sich in die widerlichen Vorgänge nicht einmischte; die gleich anständige Haltung bewies Sextilia, die Mutter der Vitellier, eine Dame der alten Art. Sie habe sogar, erzählte man sich, beim ersten Brief ihres Sohnes gesagt, nicht ein Germanicus, sondern ein Vitellius sei von ihr geboren worden.41 Sie ließ sich auch später
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cebris aut ambitu civitatis in gaudium evicta domus suae tantum adversa sensit. 65 (1) Digressum a Luguduno Vitellium [M.] Cluvius Rufus adsequitur omissa Hispania, laetitiam et gratulationem voltu ferens, animo anxius et petitum se criminationibus gnarus. Hilarus Caesaris libertus detulerat, tamquam audito Vitellii et Othonis principatu propriam ipse potentiam et possessionem Hispaniarum temptasset eoque diplomatibus nullum principem praescripsisset; ‹et› interpretabatur quaedam ex orationibus eius contumeliosa in Vitellium et pro se ipso popularia. (2) auctoritas Cluvii praevaluit, ut puniri ultro libertum suum Vitellius iuberet. Cluvius comitatui principis adiectus, non adempta Hispania, quam rexit absens exemplo L. ‹Arruntii, sed› Arruntium Ti. Caesar ob metum, Vitellius Cluvium nulla formidine retinebat. non idem Trebellio Maximo honos: profugerat Britannia ob iracundiam militum; missus est in locum eius Vettius Bolanus e praesentibus.
66 (1) Angebat Vitellium victarum legionum haudquaquam fractus animus. sparsae per Italiam et victoribus permixtae hostilia loquebantur, praecipua quartadecimanorum ferocia, qui se victos abnuebant: quippe Bedriacensi acie vexillariis tantum pulsis vires legionis non adfuisse. remitti eos in Britanniam, unde a Nerone exciti erant, placuit atque interim Batavorum cohortes una tendere ob veterem adversus quartadecimanos discordiam. (2) nec diu in tantis armatorum odiis quies fuit: Augustae Taurinorum, dum opificem quendam Batavus ut fraudatorem insectatur, legionarius ut hospitem tuetur, sui cuique commilitones adgregati a conviciis ad caedem transiere. et proelium atrox arsisset, ni duae praetoriae cohortes causam quartadecimanorum secutae his fiduciam et metum Batavis fecissent. (3) quos Vitellius agmini suo iungi ut fidos, legionem Grais Alpibus traductam eo flexu itineris
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durch keine Verlockungen des Glücks oder Huldigungen der Bevölkerung zu Äußerungen von Freude bewegen und bekam so nur das Unglück ihres Hauses zu spüren. 65 (1) Den von Lugdunum aufgebrochenen Vitellius holte Cluvius Rufus ein; er hatte Spanien verlassen und trug in seiner Miene freudige Zustimmung zur Schau, war aber innerlich zutiefst beunruhigt und wusste, dass er das Ziel von Verleumdungen war. Hilarus, ein Freigelassener des Cäsars, hatte ihn denunziert, er habe angeblich, nachdem er von Othos und Vitellius’ Prinzipat gehört habe, selbst die eigene Machtübernahme und den Besitz Spaniens ins Auge gefasst und deshalb an den Beginn seiner Geleitbriefe den Namen keines Princeps geschrieben.42 Einige Aussagen in seinen Reden legte er als ehrabschneidend für Vitellius und als Versuche aus, sich selbst beim Volk beliebt zu machen. (2) Das Ansehen des Cluvius setzte sich durch, sodass Vitellius seinen Freigelassenen sogar noch bestrafen ließ. Cluvius wurde in das Gefolge des Princeps aufgenommen, ohne dass ihm Spanien entzogen worden wäre; er leitete es in Abwesenheit nach dem Vorbild des L. Arruntius, aber den Arruntius hielt Tiberius Caesar aus Furcht zurück,43 Vitellius tat das mit Cluvius ohne jede Angst. Nicht die gleiche Ehre widerfuhr Trebellius Maximus; er war aus Britannien vor seinen empörten Soldaten geflohen.44 Auf seine Stelle wurde Vettius Bolanus geschickt, ein Mann aus seiner engeren Umgebung. 66 (1) Angst machte Vitellius der keineswegs gebrochene Mut der besiegten Legionen. Verteilt über Italien und unter die Sieger gemischt, führten sie feindselige Reden. Von besonderer Aggressivität zeigten sich die Vierzehner, die behaupteten, sie seien gar nicht besiegt worden. Denn in der Schlacht von Bedriacum seien lediglich ihre Vexillarier geschlagen worden und die eigentlichen Streitkräfte der Legion gar nicht vor Ort gewesen. Man beschloss, sie nach Britannien zurückzuschicken, von wo sie durch Nero abkommandiert worden waren; in der Zwischenzeit sollten die Bataverkohorten zusammen mit ihnen stationiert bleiben wegen der alten Streitereien mit den Vierzehnern.45 (2) Aber nicht lange hielt angesichts derartiger Hassgefühle unter bewaffneten Männern der Frieden: In Augusta Taurinorum sammelten sich, während ein Bataver einen Handwerker als Betrüger beschimpfte, ein Legionär ihn als seinen Quartierswirt verteidigte, um jeden seine Kameraden und gingen von Beleidigungen zu Mord und Totschlag über. Da wäre ein fürchterlicher Streit entbrannt, wenn nicht zwei Prätorianerkohorten sich auf die Seite der Vierzehner geschlagen und diesen Selbstvertrauen sowie den Batavern Furcht eingeflößt hätten. (3) Vitellius befahl, Letztere seinem Heer einzugliedern, da er sie für loyal hielt, die Legion aber über die Graischen Alpen zu führen und dann die Abzweigung
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ire iubet, quo Viennam vitarent; namque et Viennenses timebantur. nocte, qua proficiscebatur legio, relictis passim ignibus pars Taurinae coloniae ambusta, quod damnum, ut pleraque belli mala, maioribus aliarum urbium cladibus obliteratum. quartadecimani postquam Alpibus degressi sunt, seditiosissimus quisque signa Viennam ferebant: consensu meliorum compressi et legio in Britanniam transvecta.
67 (1) Proximus Vitellio e praetoriis cohortibus metus erat. separati primum, deinde addito honestae missionis lenimento, arma ad tribunos suos deferebant, donec motum a Vespasiano bellum crebresceret: tum resumpta militia robur Flavianarum partium fuere. (2) prima classicorum legio in Hispaniam missa, ut pace et otio mitesceret, undecima ac septima suis hibernis redditae, tertiadecimani struere amphitheatra iussi; nam Caecina Cremonae, Valens Bononiae spectaculum gladiatorum edere parabant, numquam ita ad curas intento Vitellio, ut voluptatum oblivisceretur.
68 (1) Et ‹victas› quidem partes modeste distraxerat: apud victores orta seditio, ludicro initio, ‹ni› numerus caesorum invidiam Vitellio auxisset. discubuerat Vitellius Ticini adhibito ad epulas Verginio. legati tribunique ex moribus imperatorum severitatem aemulantur vel tempestivis conviviis gaudent; proinde miles intentus aut licenter agit. apud Vitellium omnia indisposita temulenta, pervigiliis ac bacchanalibus quam disciplinae et castris propiora. (2) igitur duobus militibus, altero legionis quintae, altero e Gallis auxiliaribus, per lasciviam ad certamen luctandi accensis, postquam legionarius prociderat, insultante Gallo et iis qui ad spectandum convenerant in studia diductis, erupere legionarii in perniciem auxiliorum ac duae cohortes interfectae. (3) remedium tumultus fuit alius tumultus. pulvis procul et arma aspiciebantur: conclamatum repente quartam decimam legionem ver-
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nehmen zu lassen, auf der sie Vienna umgehen konnten; denn auch vor den Viennensern musste man sich fürchten.46 In der Nacht, in der die Legion abmarschierte, ging ein Teil der Taurinischen Koloniestadt in Flammen auf, weil man überall Feuer weiterbrennen ließ, ein Schaden, der wie sehr viele schlimmen Ereignisse im Krieg wegen der bedeutenderen Katastrophen anderer Städte in Vergessenheit geriet. Nachdem die Vierzehner von den Alpen herabgestiegen waren, versuchten die aufsässigsten Elemente nach Vienna zu marschieren; aber sie wurden durch die gemeinsamen Bemühungen der anständigeren Soldaten davon abgehalten, und die Legion setzte nach Britannien über. 67 (1) Als Nächstes musste sich Vitellius vor den Prätorianerkohorten fürchten. Nachdem man sie zuerst abgesondert und dann zu ihrer Beruhigung eine ehrenvolle Entlassung in Aussicht gestellt hatte, lieferten sie ihre Waffen bei ihren Tribunen ab, bis sich die Nachricht verbreitete, Vespasian habe den Krieg begonnen. Da nahmen sie ihren Dienst wieder auf und bildeten die Kerntruppe der flavianischen Partei. (2) Die 1. Legion der Marinesoldaten wurde nach Spanien geschickt, damit sie in Frieden und Ruhe handsam werde, die 11. und 7. führte man in ihre Winterlager zurück, die Dreizehner ließ man Amphitheater bauen; denn Caecina traf in Cremona, Valens in Bononia Vorbereitungen für die Veranstaltung eines Gladiatorenspiels, da sich Vitellius nie derart mit seinen Amtsgeschäften befasste, dass er dabei Vergnügungen vergaß. 68 (1) Was die besiegte Partei betrifft, so hatte er ihre Einheiten mit Augenmaß voneinander getrennt; dafür entstand bei den Siegern eine Meuterei aus einem spielerischen Anlass heraus – wenn dann nicht die Anzahl der Todesopfer die Erbitterung über Vitellius verstärkt hätte. Vitellius hatte sich in Ticinum zu einem Bankett niedergelassen und zu dem Diner Verginius eingeladen. Legaten und Tribune legen dem Verhalten ihrer Befehlshaber entsprechend Strenge an den Tag oder freuen sich über früh beginnende Gelage; genauso verhält sich der Soldat, diensteifrig oder undiszipliniert. Aufseiten des Vitellius war deshalb alles chaotisch und betrunken, nächtlichen Feiern und Bacchusorgien47 näher als militärischer Zucht und einem Truppenlager. (2) So hetzten sich zwei Soldaten, der eine von der 5. Legion, der andere von den gallischen Hilfstruppen, zum Zeitvertreib gegenseitig zu einem Ringkampf auf. Als dabei der Legionär zu Boden gegangen war, der Gallier ihn verhöhnte und die hinzugekommenen Zuschauer für die eine oder andere Seite Partei ergriffen, stürmten die Legionäre zur Vernichtung der Hilfstruppen hinaus, und zwei Kohorten wurden niedergemacht. (3) Gegenmittel gegen den Tumult war ein anderer Tumult: Man sah eine eine Staubwolke in der Ferne und Waffen. Plötzlich wurde laut geschrien, die 14.
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so itinere ad proelium venire; sed erant agminis coactores: agniti dempsere sollicitudinem. (4) interim Verginii servus forte obvius ut percussor Vitellii insimulatur, et ruebat ad convivium miles, mortem Verginii exposcens. ne Vitellius quidem, quamquam ad omnis suspiciones pavidus, de innocentia eius dubitavit; aegre tamen cohibiti qui exitium consularis et quondam ducis sui flagitabant. nec quemquam saepius quam Verginium omnis seditio infestavit: manebat admiratio viri et fama, sed oderant ut fastiditi.
69 (1) Postero die Vitellius senatus legatione, quam ibi opperiri iusserat, audita transgressus in castra ultro pietatem militum conlaudavit, frementibus auxiliis tantum impunitatis atque adrogantiae legionariis accessisse. Batavorum cohortes, ne quid truculentius auderent, in Germaniam remissae, principium interno simul externoque bello parantibus fatis. reddita civitatibus Gallorum auxilia, ingens numerus et prima statim defectione inter inania belli adsumptus. (2) ceterum ut largitionibus adfectae iam imperii opes sufficerent, amputari legionum auxiliorumque numeros iubet vetitis supplementis; et promiscae missiones offerebantur. exitiabile id rei publicae, ingratum militi, cui eadem munia inter paucos periculaque ac labor crebrius redibant: et vires luxu corrumpebantur, contra veterem disciplinam et instituta maiorum, apud quos virtute quam pecunia res Romana melius stetit.
70 (1) Inde Vitellius Cremonam flexit et spectato munere Caecinae insistere Bedriacensibus campis ac vestigia recentis victoriae lustrare oculis concupivit. foedum atque atrox spectaculum, intra quadragensimum pugnae diem lacera corpora, trunci artus, putres virorum equorumque formae, infecta tabo humus, protritis arboribus ac frugibus dira vastitas. (2) nec minus
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Legion sei umgekehrt und rücke zur Schlacht heran. Aber es waren nur die Soldaten, die die Nachzügler antrieben; als man das festgestellt hatte, legte sich die Aufregung. (4) In der Zwischenzeit wurde ein Sklave des Verginius, der zufällig dahergekommen war, beschuldigt, er wolle Vitellius umbringen, und schon stürmten die Soldaten zu dem Bankett und verlangten den Tod des Verginius. Nicht einmal Vitellius zweifelte, obwohl er bei allen Verdächtigungen in Angst geriet, an seiner Unschuld. Trotzdem konnte man nur mit Mühe und Not die Leute bändigen, die den Tod des früheren Konsuls, ihres ehemaligen Kommandeurs forderten. Tatsächlich war bei einem Aufruhr niemand öfter in Gefahr als Verginius. Es hielten sich die Bewunderung für den Mann und sein Ruhm, aber man hasste ihn, da man sich nicht ernst genommen fühlte.48 69 (1) Am nächsten Tag hörte Vitellius eine Gesandtschaft des Senats an, die er dort hatte warten lassen, ging dann ins Lager hinüber und lobte sogar die Anhänglichkeit der Soldaten, während die Hilfstruppen sich darüber beschwerten, bei den Legionären hätten Sicherheit vor Strafe und arrogantes Benehmen in hohem Maße zugenommen. Die Bataverkohorten wurden, damit sie sich nicht noch wilder aufführen konnten, nach Germanien zurückgeschickt, wobei das Schicksal den Grund für einen Krieg legte, der gleichzeitig nach innen und außen geführt wurde.49 Den Gemeinden der Gallier gab man ihre Hilfstruppen zurück, eine sehr große Zahl, die sofort bei Beginn der Revolte50 als eine der nutzlosen Maßnahmen im Krieg hinzugezogen worden war. (2) Ferner befahl er, damit für Zuwendungen die bereits geschwächten Finanzen des Reichs ausreichten, die zahlenmäßige Stärke der Legionen und Hilfstruppen zu verringern, und verbot Ergänzungen; zudem gewährte man ohne Einschränkung Entlassungen. Verhängnisvoll war das für den Staat, unbeliebt bei den Soldaten, für die die gleichen Aufgaben nun mit wenigen Leuten zu erledigen waren und Gefahren und Strapazen häufiger anfielen. Auch wurden ihre Kräfte durch das ausschweifende Leben untergraben, im Gegensatz zur althergebrachten militärischen Zucht und zu den Sitten der Vorfahren, bei denen der römische Staat – und das war besser – mehr auf Tüchtigkeit als auf Geld beruhte. 70 (1) Von dort (Ticinum) bog Vitellius nach Cremona ab, schaute sich das von Caecina veranstaltete Gladiatorenspiel an und wollte dann unbedingt seinen Fuß auf das Schlachtfeld von Bedriacum setzen und die Spuren des erst kürzlich errungenen Siegs mit eigenen Augen sehen. Ein abstoßendes, grauenhaftes Schauspiel war das: weniger als vierzig Tage nach der Schlacht zerfetzte Leichen, abgerissene Gliedmaßen, verfaulende Leiber von Männern und Pferden, von verwesendem Blut getränkter Erdboden, durch umgelegte Bäume und niedergetrampelte Saaten grausige Verwüs-
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inhumana pars viae, quam Cremonenses lauru rosaque constraverant, exstructis altaribus caesisque victimis regium in morem; quae laeta in praesens mox perniciem ipsis fecere. (3) aderant Valens et Caecina monstrabantque pugnae locos: hinc inrupisse legionum agmen, hinc equites coortos, inde circumfusas auxiliorum manus: iam tribuni praefectique, sua quisque facta extollentes, falsa vera aut maiora vero miscebant. volgus quoque militum clamore et gaudio deflectere via, spatia certaminum recognoscere, aggerem armorum, strues corporum intueri mirari; et erant quos varia sors rerum lacrimaeque et misericordia subiret. (4) at non Vitellius flexit oculos nec tot milia insepultorum civium exhorruit: laetus ultro et tam propinquae sortis ignarus instaurabat sacrum dis loci.
71 (1) Exin Bononiae a Fabio Valente gladiatorum spectaculum editur, advecto ex urbe cultu. quantoque magis propinquabat, tanto corruptius iter immixtis histrionibus et spadonum gregibus et cetero Neronianae aulae ingenio; namque et Neronem ipsum Vitellius admiratione celebrabat, sectari cantantem solitus, non necessitate, qua honestissimus quisque, sed luxu et saginae mancipatus emptusque. (2) ut Valenti et Caecinae vacuos honoris menses aperiret, coartati aliorum consulatus, dissimulatus Marti Macri tamquam Othonianarum partium ducis; et Valerium Marinum destinatum a Galba consulem distulit, nulla offensa, sed mitem et iniuriam segniter laturum. Pedanius Costa omittitur, ingratus principi ut adversus Neronem ausus et Verginii exstimulator, sed alias protulit causas; actaeque insuper Vitellio gratiae consuetudine servitii.
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tung. (2) Aber nicht weniger widersprach menschlichem Gefühl der Straßenabschnitt, den die Einwohner von Cremona mit Lorbeer und Rosen bestreut hatten; sie hatten Altäre errichtet und Opfertiere nach der für Despoten üblichen Art geschlachtet. Darüber freute man sich im Augenblick, später51 aber brachte es ihnen selbst das Verderben. (3) Mit dabei waren Valens und Caecina und zeigten die entscheidenden Plätze der Schlacht: Hier sei die Formation der Legionen vorgestoßen, hier habe die Kavallerie angegriffen, dort hätten die Einheiten der Hilfstruppen ein Umfassungsmanöver durchgeführt. Dazu vermengten Tribune und Kommandanten, wobei jeder seine eigenen Taten besonders herausstrich, falsche Angaben mit wahren oder die Wahrheit übertreibenden. Auch das einfache Soldatenvolk bog unter Freudengeschrei von der Straße ab, versuchte sich die Ausdehnung der Kämpfe zu vergegenwärtigen, betrachtete betroffen die Waffenhaufen, die Leichenberge; und es gab tatsächlich ein paar Mann, die das wechselhafte Schicksal berührte und Tränen und Mitleid überkamen. (4) Doch Vitellius wandte die Augen nicht ab und entsetzte sich nicht über so viele Tausend unbegrabene Mitbürger; sogar noch fröhlich und ohne von seinem schon so nahen Schicksal zu ahnen, veranstaltete er ein Opfer für die Götter des Ortes. 71 (1) Anschließend wurde in Bononia von Fabius Valens ein Gladiatorenspiel veranstaltet, zu dem die Ausstattung aus der Hauptstadt herangefahren wurde. Je mehr sich (Vitellius ihr) näherte, desto verkommener wurde der Zug, weil sich unter ihn Schauspieler und Horden von Eunuchen mengten und die übrigen für den neronischen Hof charakteristischen Figuren. Denn Vitellius verehrte auch Nero persönlich voller Bewunderung. Er hatte ihn regelmäßig begleitet, wenn er sang, nicht gezwungenermaßen wie vor allem hochanständige Personen, sondern zur Ermöglichung eines Lebens in Saus und Braus und seiner Gefräßigkeit versklavt und gekauft. (2) Um für Valens und Caecina freie Monate für Ehrenämter zu eröffnen, wurden die Konsulate anderer verkürzt, das des Martius Macer ignoriert, da er ein Kommandeur der othonianischen Partei war; auch Valerius Marinus, der von Galba zum Konsul bestimmt worden war, vertröstete er, ohne dass er von ihm gekränkt worden wäre, nur weil er friedlich war und die Brüskierung gelassen hinzunehmen versprach. Pedanius Costa wurde übergangen. Denn er war beim Princeps in Ungnade gefallen, da er sich gegen Nero vorgewagt und Verginius aufgehetzt habe; aber er schob andere Gründe vor. Dafür bedankte man sich noch bei Vitellius aus Gewöhnung an die Knechtschaft.
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Historiarum liber secundus
72 (1) Non ultra paucos dies quamquam acribus initiis coeptum mendacium valuit. extiterat quidam Scribonianum se Camerinum ferens, Neronianorum temporum metu in Histria occultatum, quod illic clientelae et agri veterum Crassorum ac nominis favor manebat. (2) igitur deterrimo quoque in argumentum fabulae adsumpto volgus credulum et quidam militum, errore veri seu turbarum studio, certatim adgregabantur, cum pertractus ad Vitellium interrogatusque, quisnam mortalium esset. postquam nulla dictis fides et a domino noscebatur condicione fugitivus nomine Geta, sumptum de eo supplicium in servilem modum.
73 Vix credibile memoratu est quantum superbiae socordiaeque Vitellio adoleverit, postquam speculatores e Syria Iudaeaque adactum in verba eius Orientem nuntiavere. nam etsi vagis adhuc et incertis auctoribus, erat tamen in ore famaque Vespasianus ac plerumque ad nomen eius Vitellius excitabatur: tum ipse exercitusque, ut nullo aemulo, saevitia libidine raptu in externos mores proruperant.
74 (1) At Vespasianus bellum armaque et procul vel iuxta sitas vires circumspectabat. miles ipsi adeo paratus, ut praeeuntem sacramentum et fausta Vitellio omnia precantem per silentium audierint; Muciani animus nec Vespasiano alienus et in Titum pronior; praefectus Aegypti ‹Ti.› Alexander consilia sociaverat; tertiam legionem, quod e Syria in Moesiam transisset, suam numerabat; ceterae Illyrici legiones secuturae sperabantur; namque omnis exercitus flammaverat adrogantia venientium a Vitellio militum, quod truces corpore, horridi sermone ceteros ut impares inridebant. (2) sed in tanta mole belli plerumque cunctatio; et Vespasianus modo in spem erectus, aliquando adversa reputabat: quis ille dies foret, quo sexaginta aetatis annos et duos filios iuvenes bello permitteret? esse privatis cogitationibus progres-
Historien 2,72,1-2,74,2
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72 (1) Nicht länger als wenige Tage glückte ein Schwindel, obwohl er einen bedrohlichen Anfang genommen hatte. Ein Mann war aufgetreten, der sich als Scribonianus Camerinus52 ausgab; er habe sich aus Furcht vor den Zuständen unter Nero in Istrien versteckt gehabt, weil sich dort Klienten und Ländereien der alten Crassi und der gute Klang ihres Namens hielten. (2) Als er deshalb gerade das schlimmste Gesindel zur Aufführung seiner Komödie an sich gezogen hatte, schlossen sich ihm leichtgläubiges Volk und ein paar Soldaten aus Unkenntnis der Wahrheit oder aus Lust auf Ausschreitungen um die Wette an. Da wurde er vor Vitellius geschleppt und gefragt, wer er denn wirklich sei. Nachdem man seinen Worten keinen Glauben schenkte und er von seinem Herrn seinem Stand nach als entlaufener Sklave namens Geta identifiziert wurde, richtete man ihn in der bei Sklaven üblichen Art53 hin. 73 Man kann kaum glaubhaft darauf hinweisen, in welchem Umfang Überheblichkeit und Sorglosigkeit bei Vitellius zunahmen, nachdem Kuriere aus Syrien und Judäa gemeldet hatten, der Orient habe den Eid auf ihn geleistet. Denn wenn die Gewährsleute bis dahin auch nur unbestimmt und von zweifelhafter Glaubwürdigkeit waren, war dennoch Vespasian in aller Munde, und häufig wurde Vitellius bei der Nennung seines Namens nervös. Jetzt aber hatten sich er persönlich und sein Heer, so als gebe es keinen Rivalen mehr, mit Grausamkeit, Orgien und Räubereien zu uns fremdem Verhalten verstiegen. 74 (1) Doch nun zu Vespasian! Er behielt den Krieg, das militärische Leistungsvermögen und die in der Ferne und Nähe stationierten Streitkräfte im Auge. Seine Soldaten waren ihm derart ergeben, dass sie ihm, als er den Eid vorsprach und Vitellius Glück und Segen in allem wünschte, nur schweigend zuhörten. Mucian lehnte einerseits Vespasian nicht ab und war doch mehr für Titus. Der Statthalter Ägyptens Ti. Alexander hatte sich seinen Plänen angeschlossen. Die 3. Legion zählte Vespasian, weil sie von Syrien nach Mösien verlegt worden war, zu den seinen. Die übrigen Legionen in Illyricum würden, so hoffte man, folgen. Denn alle Heere hatte die Arroganz der von Vitellius kommenden Soldaten in helle Empörung versetzt, weil diese, wild in ihrem Erscheinungsbild und in ihren Äußerungen abstoßend, alle anderen als minderwertig verlachten. (2) Aber bei einem Krieg von einem derartigen Ausmaß ergeben sich häufig Bedenken, und so war denn auch Vespasian bald voller Hoffnung, manchmal aber dachte er an die Risiken: Was werde das für ein Tag sein, an dem er seine 60 Lebensjahre und zwei junge Söhne dem Krieg aussetze? Bei privaten Vorhaben gebe es
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Historiarum liber secundus
sum, et prout velint, plus minusve sumi ex fortuna: imperium cupientibus nihil medium inter summa aut praecipitia. 75 Versabatur ante oculos Germanici exercitus robur, notum viro militari: suas legiones civili bello inexpertas, Vitellii victrices, et apud victos plus querimoniarum quam virium. fluxam per discordias militum fidem et periculum ex singulis: quid enim profuturas cohortes alasque, si unus alterve praesenti facinore paratum ex diverso praemium petat? sic Scribonianum sub Claudio interfectum, sic percussorem eius Volaginium e gregario ad summa militiae provectum: facilius universos impelli quam singulos vitari.
76 (1) His pavoribus nutantem et alii legati amicique firmabant et Mucianus post multos secretosque sermones iam et coram ita locutus: ‘omnes, qui magnarum rerum consilia suscipiunt, aestimare debent, an quod inchoatur rei publicae utile, ipsis gloriosum, an promptum effectu aut certe non arduum sit; simul ipse qui suadet considerandus est, adiciatne consilio periculum suum, et, si fortuna coeptis adfuerit, cui summum decus adquiratur. (2) ego te, Vespasiane, ad imperium voco, [tam] quam salutare rei publicae, quam tibi magnificum, iuxta deos in tua manu positum est. nec speciem adulantis expaveris: a contumelia quam a laude propius fuerit post Vitellium eligi. non adversus divi Augusti acerrimam mentem nec adversus cautissimam Tiberii senectutem, ne contra Gai quidem aut Claudii vel Neronis fundatam longo imperio domum exsurgimus; cessisti etiam Galbae imaginibus: torpere ultra et polluendam perdendamque rem publicam relinquere sopor et ignavia videretur, etiam si tibi quam inhonesta, tam tuta servitus esset. (3) abiit iam et transvectum est tempus, quo posses videri concupisse: confugiendum
Historien 2,74,2-2,76,3
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ein schrittweises Vorankommen, und ganz nach Belieben könne man sich vom Glück mehr oder weniger nehmen; wer aber nach der Herrschaft strebe, habe nichts in der Mitte zwischen Gipfel oder Absturz. 75 Vor Augen stand ihm die Kampfkraft des germanischen Heeres, die dem militärisch erfahrenen Mann wohlbekannt war; seine eigenen Legionen hätten dagegen mit einem Bürgerkrieg noch keine Erfahrung, die des Vitellius seien siegreich, und aufseiten der Besiegten gebe es mehr Beschwerden als Kräfte. Schwankend sei in Zeiten der Uneinigkeit die Treue der Soldaten, und Gefahr drohe von jedem einzelnen Mann: Welchen Nutzen böten nämlich Infanteriekohorten und Kavallerieregimenter, falls der eine oder andere zu einem augenblicklich wirkenden Verbrechen bereit sei und dafür eine Belohnung von der Gegenseite erhalten wolle? Auf diese Weise sei Scribonianus unter Claudius umgebracht worden, auf diese Weise sein Mörder Volaginius vom einfachen Soldaten in höchste militärische Ränge aufgestiegen.54 Leichter könne man alle zusammen niederwerfen als Einzelpersonen aus dem Weg gehen. 76 (1) Während er wegen dieser Befürchtungen noch unschlüssig war, sprachen ihm sowohl andere Legaten und Freunde als auch Mucian Mut zu. Dieser äußerte sich nach vielen geheimen Besprechungen nun auch öffentlich folgendermaßen: „Alle Menschen, die in bedeutenden Angelegenheiten Pläne fassen, müssen abschätzen, ob ihr Unterfangen für den Staat nützlich, für sie selbst ruhmvoll, ob es leicht zu verwirklichen oder zumindest nicht undurchführbar ist. Zugleich muss man bedenken, ob ein Ratgeber sich persönlich zusätzlich zu seinem Rat eigener Gefahr aussetzt und wem man, falls das Glück das Beginnen unterstützt, die höchste Ehre verschafft. (2) Ich rufe dich, Vespasian, zur Herrschaft auf – wie gedeihlich sie für den Staat, wie großartig sie für dich ist, liegt, abgesehen von den Göttern, in deiner Hand. Entsetze dich nicht darüber, dass ich den Anschein erwecke, ein Schmeichler zu sein! Es dürfte eher eine Schande als eine Auszeichnung bedeuten, nach einem Vitellius erwählt zu werden. Nicht gegen den messerscharfen Verstand des vergöttlichten Augustus, auch nicht gegen das äußerst misstrauische Alter des Tiberius, nicht einmal gegen das auf einer langen Regierungszeit fest gegründete Haus des Gaius oder Claudius oder Nero erheben wir uns. Du hast auch vor den Ahnenbildern Galbas zurückgesteckt; noch länger untätig zu bleiben und den Staat der Entehrung und Vernichtung preiszugeben würde als Stumpfsinn und Feigheit erscheinen, selbst wenn für dich die Knechtschaft ebenso gefahrlos wäre, wie sie schändlich ist. (3) Unwiederbringlich vorbei ist schon der Zeitpunkt, an dem du den Eindruck hättest erwecken können, nur gewollt zu haben: Deine Zuflucht musst du jetzt in der Herrschaft suchen. Oder ist dir etwa die
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est ad imperium. an excidit trucidatus Corbulo? splendi‹di›or origine quam nos sumus, fateor, sed et Nero nobilitate natalium Vitellium anteibat. satis clarus est apud timentem quisquis timetur. (4) et posse ab exercitu principem fieri sibi ipse Vitellius documento, nullis stipendiis, nulla militari fama, Galbae odio provectus. ne Othonem quidem ducis arte aut exercitus vi, sed praepropera ipsius desperatione victum, iam desiderabilem et magnum principem fecit, cum interim spargit legiones, exarmat cohortes, nova cotidie bello semina ministrat. (5) si quid ardoris ac ferociae miles habuit, popinis et comissationibus et principis imitatione deteritur: tibi e Iudaea et Syria et Aegypto novem legiones integrae, nulla acie exhaustae, non discordia corruptae, sed firmatus usu miles et belli domitor externi: classium alarum cohortium robora et fidissimi reges et tua ante omnis experientia.
77 (1) Nobis nihil ultra adrogabo, quam ne post Valentem et Caecinam numeremur: ne tamen Mucianum socium spreveris, quia aemulum non experiris. me Vitellio antepono, te mihi. tuae domui triumphale nomen, duo iuvenes, capax iam imperii alter et primis militiae annis apud Germanicos quoque exercitus clarus. absurdum fuerit non cedere imperio ei, cuius filium adoptaturus essem, si ipse imperarem. (2) ceterum inter nos non idem prosperarum adversarumque rerum ordo erit: nam si vincimus, honorem, quem dederis, habebo: discrimen ac pericula ex aequo patiemur. immo, ut melius est, ‹tu› tuos exercitus rege, mihi bellum et proeliorum incerta trade. (3) acriore hodie disciplina victi quam victores agunt. hos ira odium ultionis cupiditas ad virtutem accendit: illi per fastidium et contumacia hebescunt. aperiet et recludet contecta et tumescentia victricium partium volnera bellum ipsum; nec mihi maior in tua vigilantia parsimonia sapientia fiducia est
Historien 2,76,3-2,77,3
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Ermordung Corbulos entfallen?55 Von glänzenderer Abkunft, als wir es sind, war er, das gebe ich zu, aber auch Nero übertraf Vitellius an Adel der Geburt. Vornehm genug ist für einen, der sich fürchtet, jeder, vor dem man sich fürchtet. (4) Dass man andererseits zum Princeps von einem Heer gemacht werden kann, dafür ist Vitellius sich selbst der Beweis, der ohne Kriegsdienst, ohne Ruf als Soldat nur wegen des Hasses auf Galba so weit gekommen ist. Selbst den nicht durch seine Fähigkeiten als Truppenführer oder die Kampfkraft seines Heeres, sondern wegen dessen kopfloser Verzweiflung besiegten Otho hat er zu einem unvergesslichen, bedeutenden Princeps gemacht. Dabei zersplittert er inzwischen die Legionen, entwaffnet die Kohorten, legt täglich neue Samen für einen Krieg nach. (5) Falls die Soldaten noch einen Funken Feuer und Kampfbegierde hatten, wird der nun in Tavernen, bei Saufgelagen und durch die Nachahmung ihres Princeps ausgetreten. Dir stehen aus Judäa, Syrien und Ägypten neun frische Legionen zur Verfügung, die durch keine Schlacht erschöpft, nicht durch Meuterei verdorben sind, sondern durch Übung gestärkte Soldaten und Bezwinger auswärtiger Feinde, eine Streitmacht von Flotten, Regimentern und Kohorten sowie treu ergebene Könige und deine Erfahrung, an der du alle übertriffst. 77 (1) Für meine Person beanspruche ich nichts weiter, als nicht nach Valens und Caecina eingereiht zu werden. Verachte dennoch Mucian nicht deshalb als Partner, weil du ihn nicht als Rivalen kennenlernst! Mich ziehe ich Vitellius vor, dich mir. Dein Haus verfügt über die Auszeichnung mit einem Triumph, über zwei junge Männer, der eine schon fähig zur Herrschaft und bereits in den ersten Jahren seiner militärischen Laufbahn auch bei den germanischen Heeren anerkannt. Widersinnig dürfte es sein, die Herrschaft nicht dem zu überlassen, dessen Sohn ich adoptieren würde, wenn ich selbst an der Herrschaft wäre. (2) Im Übrigen werden für uns Erfolg und Misserfolg nicht die gleiche Auswirkung haben. Denn wenn wir siegen, werde ich die ehrenvolle Stellung einnehmen, die du verleihst; Risiken und Gefahren aber werden wir im gleichen Umfang zu tragen haben. Nein, so ist es noch besser: Kommandiere du deine Heere, mir vertraue den Krieg und die Unwägbarkeiten von Gefechten an! (3) Mit strammerer Disziplin verhalten sich heutzutage die Besiegten als die Sieger. Die einen feuern Zorn, Hass und Rachedurst zur Tapferkeit an, die anderen sind aus Dünkel und Aufsässigkeit abgestumpft. Offenlegen und aufdecken wird die verhüllten und schwärenden Wunden der siegreichen Partei der Krieg selbst; und so setze ich nicht größeres Vertrauen in deine Wachsamkeit, Anspruchslosigkeit und Klugheit als in des Vitellius Schlaffheit, Ahnungs-
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quam in Vitellii torpore inscitia saevitia. sed meliorem in bello causam quam in pace habemus; nam qui deliberant, desciverunt.’ 78 (1) Post Muciani orationem ceteri audentius circumsistere hortari, responsa vatum et siderum motus referre. nec erat intactus tali superstitione, ut qui mox rerum dominus Seleucum quendam mathematicum rectorem et praescium palam habuerit. (2) recursabant animo vetera omina: cupressus arbor in agris eius conspicua altitudine repente prociderat ac postera die eodem vestigio resurgens procera et latior virebat. grande id prosperumque consensu haruspicum et summa claritudo iuveni admodum Vespasiano promissa, sed primo triumphalia et consulatus et Iudaicae victoriae decus implesse fidem ominis videbatur: ut haec adeptus est, portendi sibi imperium credebat. (3) est Iudaeam inter Syriamque Carmelus: ita vocant montem deumque. nec simulacrum deo aut templum – sic tradidere maiores –: ara tantum et reverentia. illic sacrificanti Vespasiano, cum spes occultas versaret animo, Basilides sacerdos inspectis identidem extis ‘quicquid est’ inquit, ‘Vespasiane, quod paras, seu domum exstruere seu prolatare agros sive ampliare servitia, datur tibi magna sedes, ingentes termini, multum hominum.’ (4) has ambages et statim exceperat fama et tunc aperiebat: nec quidquam magis in ore volgi. crebriores apud ipsum sermones, quanto sperantibus plura dicuntur. haud dubia destinatione discessere Mucianus Antiochiam, Vespasianus Caesaream: illa Suriae, hoc Iudaeae caput est.
79 Initium ferendi ad Vespasianum imperii Alexandriae coeptum, festinante Tiberio Alexandro, qui kalendis Iuliis sacramento eius legiones adegit. isque primus principatus dies in posterum celebratus, quamvis Iudaicus exercitus V nonas Iulias apud ipsum iurasset, eo ardore, ut ne Titus quidem filius exspectaretur, Syria remeans et consiliorum inter Mucianum ac
Historien 2,77,3-2,79
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losigkeit und Grausamkeit. Aber um unsere Sache steht es im Krieg besser als im Frieden; denn wer hin- und herüberlegt, ist schon abtrünnig geworden.“ 78 (1) Nach Mucians Rede umringten und ermutigten (Vespasian) die übrigen Männer noch entschiedener, verwiesen auf Sprüche von Sehern und die Bewegungen der Gestirne. Tatsächlich war er nicht unempfänglich für einen derartigen Aberglauben; hatte er, der bald der Herr der Welt sein sollte, doch einen gewissen Astrologen Seleucus als die Zukunft kennenden Ratgeber in der Öffentlichkeit um sich. (2) Immer wieder kamen ihm alte Vorzeichen in den Sinn: Ein Zypressenbaum von beachtlicher Höhe war auf einem seiner Grundstücke plötzlich umgefallen, richtete sich am nächsten Tag an der gleichen Stelle wieder auf und zeigte sich hoch aufragend und noch ausladender in frischem Grün. Ein bedeutsames und günstiges Vorzeichen war das nach der übereinstimmenden Auffassung der Zeichendeuter, und höchste Berühmtheit wurde dem noch jungen Vespasian dadurch verheißen, aber zunächst schienen die Triumphabzeichen, der Konsulat und der glanzvolle Sieg über Judäa die Zuverlässigkeit des Vorzeichens erhärtet zu haben. Als er das erreicht hatte, glaubte er dann, die Herrschaft werde ihm prophezeit. (3) Zwischen Judäa und Syrien liegt der Karmel; so heißen ein Berg und ein Gott.56 Aber der Gott hat kein Bild und keinen Tempel – so haben es die Vorfahren überliefert –, nur einen Altar und Kult. Während sich dort Vespasian bei einem Opfer Gedanken über seine geheimen Hoffnungen machte, untersuchte der Priester Basilides wiederholte Male die Eingeweide und sagte dann: „Was auch immer dein Vorhaben ist, Vespasian, ein Hausbau oder die Erweiterung deiner Ländereien oder die Vergrößerung deiner Dienerschaft, zur Verfügung gestellt werden dir ein großes Grundstück, sehr weite Flächen, eine Menge Menschen.“ (4) Diese rätselhaften Worte hatte das Gerede der Leute sofort aufgegriffen und erkannte nun ihren Sinn; tatsächlich führte das Volk nichts ausführlicher im Munde. Noch häufiger kam das Gespräch in seiner Umgebung darauf in Anbetracht dessen, dass man hoffnungsvollen Menschen gegenüber mehr ausspricht. Mit fester Entschlossenheit gingen sie auseinander, Mucian nach Antiochia, Vespasian nach Caesarea; das eine ist die Hauptstadt von Syrien, das andere die von Judäa. 79 Der erste Schritt, die Herrschaft auf Vespasian zu übertragen, wurde in Alexandria getan, weil es Tiberius Alexander57 eilig hatte, der am 1. Juli seine Legionen auf ihn vereidigte. Dieser Tag wurde in Zukunft als der erste des Prinzipats gefeiert, obwohl das Heer in Judäa erst am 3. Juli auf ihn geschworen hatte, mit einem derartigen Feuereifer, dass man nicht einmal seinen Sohn Titus abwartete, der auf dem Rückweg von Syrien war und als
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Historiarum liber secundus
patrem nuntius. cuncta impetu militum acta non parata contione, non coniunctis legionibus. 80 (1) Dum quaeritur tempus locus, quodque in re tali difficillimum est, prima vox, dum animo spes timor, ratio casus obversantur, egressum cubiculo Vespasianum pauci milites, solito adsistent‹es› ordine ut legatum salutaturi, imperatorem salutavere: tum ceteri adcurrere, Caesarem et Augustum et omnia principatus vocabula cumulare. mens a metu ad fortunam transierat: in ipso nihil tumidum, adrogans aut in rebus novis novum fuit. (2) ut primum tantae altitudinis obfusam oculis caliginem disiecit, militariter locutus laeta omnia et adfluentia excepit; namque id ipsum opperiens Mucianus alacrem militem in verba Vespasiani adegit. tum Antiochensium theatrum ingressus, ubi illis consultare mos est, concurrentes et in adulationem effusos adloquitur, satis decorus etiam Graeca facundia, omniumque quae diceret atque ageret arte quadam ostentator. (3) nihil aeque provinciam exercitumque accendit quam quod adseverabat Mucianus statuisse Vitellium, ut Germanicas legiones in Syriam ad militiam opulentam quietamque transferret, contra Syriacis legionibus Germanica hiberna caelo ac laboribus dura mutarentur; quippe et provinciales sueto militum contubernio gaudebant, plerique necessitudinibus et propinquitatibus mixti, et militibus vetustate stipendiorum nota et familiaria castra in modum penatium diligebantur.
81 (1) Ante idus Iuli‹as› Syria omnis in eodem sacramento fuit. accessere cum regno Sohaemus haud spernendis viribus, Antiochus vetustis opibus ingens et inservientium regum ditissimus. mox per occultos suorum nuntios excitus ab urbe Agrippa ignaro adhuc Vitellio celeri navigatione properaverat. (2) nec minore animo regina Berenice partes iuvabat, florens aetate
Historien 2,79-2,81,2
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Bote für die Vereinbarungen zwischen Mucian und seinem Vater diente. Alles geschah auf Drängen der Soldaten, ohne dass eine Heeresversammlung vorbereitet war, ohne dass die Legionen zusammengezogen wurden. 80 (1) Während man nach einem Zeitpunkt, einem Ort und, was bei einem solchen Unternehmen am schwierigsten ist, nach dem ersten Wort suchte, während er Hoffnung und Furcht, planmäßiges Vorgehen und Spiel des Zufalls in Gedanken durchging, begrüßten den aus seinem Zimmer kommenden Vespasian ein paar Soldaten, die in der üblichen Aufstellung angetreten waren, um ihn als Legaten zu begrüßen, als Imperator; da liefen alle anderen hinzu und überhäuften ihn mit „Cäsar“ und „Augustus“ und allen Titeln des Prinzipats. Seine Stimmung war nun von Furcht in Zuversicht auf einen glücklichen Ausgang umgeschlagen. An ihm persönlich war nichts aufgeblasen, hochmütig oder trotz seiner veränderten Stellung verändert. (2) Sobald er das Schwindelgefühl, das sich angesichts einer derartigen Höhe vor seine Augen legte, vertrieben hatte, ergriff er militärisch knapp das Wort und erfuhr im Überfluss lauter beglückende Reaktionen. Denn genau diesen Moment hatte Mucian abgewartet und vereidigte dann die begeisterten Soldaten auf Vespasian. Danach zog er in das Theater der Antiochier ein, wo sie sich gewöhnlich berieten, und hielt an die zusammenströmende und ihm übertrieben schmeichelnde Bevölkerung eine Ansprache, durchaus glänzend auch in griechischer Beredsamkeit und bei allem, was er sagte und tat, ein Mann, der sich mit einem gewissen Geschick in Szene zu setzen wusste. (3) Nichts empörte Provinz und Heer in gleicher Weise wie die Tatsache, dass Mucian ernsthaft behauptete, Vitellius habe beschlossen, die germanischen Legionen nach Syrien zu einem einträglichen, ruhigen Dienst zu verlegen, dafür sollten die syrischen Legionen die dank Klima und Strapazen harten germanischen Winterlager eintauschen. Ja, auch die Provinzialen freuten sich über das gewohnte Zusammenleben mit den Soldaten, eine große Anzahl war durch freundschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen mit ihnen verbunden, und von den Soldaten wurden die in langer Dienstzeit bekannten und vertrauten Lager wie ein eigenes Zuhause geliebt. 81 (1) Noch vor dem 15. Juli (69 n. Chr.) hatte Syrien insgesamt denselben Eid geleistet. Es schlossen sich mit seinem Königreich Sohaemus, der über beachtliche Streitkräfte verfügte, und der durch seine ererbten Schätze mächtige Antiochus an, der Reichste von den als Vasallen dienenden Königen. Dann wurde durch geheime Boten seiner Anhänger Agrippa aus der Hauptstadt geholt und war, ohne dass Vitellius bis dahin davon wusste, in schneller Fahrt herbeigeeilt.58 (2) Mit nicht geringerer Entschiedenheit unterstützte die Königin Berenike die Partei, eine Frau in der Blüte ihrer
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Historiarum liber secundus
formaque et seni quoque Vespasiano magnificentia munerum grata. quidquid provinciarum adluitur mari Asia atque Achaia tenus quantumque introrsus in Pontum et Armenios patescit, iuravere; sed inermes legati regebant, nondum additis Cappadociae legionibus. (3) consilium de summa rerum Beryti habitum. illuc Mucianus cum legatis tribunisque et splendidissimo quoque centurionum ac militum venit, et e Iudaico exercitu lecta decora: tantum simul peditum equitumque et aemulantium inter se regum paratus speciem fortunae principalis effecerant.
82 (1) Prima belli cura agere dilectus, revocare veteranos; destinantur validae civitates exercendis armorum officinis, apud Antiochenses aurum argentumque signatur, eaque cuncta per idoneos ministros suis quaeque locis festinabantur. ipse Vespasianus adire hortari, bonos laude, segnes exemplo incitare saepius quam coercere, vitia magis amicorum quam virtutes dissimulans. (2) multos praefecturis et procurationibus, plerosque senatorii ordinis honore percoluit, egregios viros et mox summa adeptos; quibusdam fortuna pro virtutibus fuit. donativom militi neque Mucianus prima contione nisi modice ostenderat, ne Vespasianus quidem plus civili bello obtulit quam alii in pace, egregie firmus adversus militarem largitionem eoque exercitu meliore. (3) missi ad Parthum Armeniumque legati provisumque, ne versis ad civile bellum legionibus terga nudarentur. Titum instare Iudaeae, Vespasianum obtinere claustra Aegypti placuit: sufficere videbantur adversus Vitellium pars copiarum et dux Mucianus et Vespasiani nomen ac nihil arduum fatis. ad omnes exercitus legatosque scriptae epistulae praeceptumque, ut praetorianos Vitellio infensos reciperandae militiae praemio invitarent.
83 (1) Mucianus cum expedita manu, socium magis imperii quam ministrum agens, non lento itinere, ne cunctari videretur, neque tamen properans,
Historien 2,81,2-2,83,1
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Jahre und Schönheit und auch bei dem schon alten Vespasian wegen ihrer prächtigen Geschenke gern gesehen. Alle Provinzen, die bis hin nach Asia und Achaia vom Meer umspült werden, und das gesamte Gebiet, das sich landeinwärts bis nach Pontus und Armenien ausbreitet, leisteten den Eid. Aber die Legaten befehligten ohne Heere, da Kappadokien noch keine Legionen zugeteilt worden waren. (3) Ein politisch-militärisches Gipfeltreffen wurde in Berytus abgehalten. Dorthin kam Mucian zusammen mit seinen Legaten, Tribunen und auch den angesehensten Zenturionen und Soldaten, dazu aus dem Heer in Judäa ausgesuchte Eliteeinheiten; eine solche Menge von Infanteristen und Kavalleristen an einem Ort und die Prachtentfaltung der miteinander wetteifernden Könige riefen unmittelbar den Eindruck der einem Princeps entsprechenden Stellung hervor. 82 (1) Die erste Maßnahme für den Krieg war, Aushebungen vorzunehmen, Veteranen wieder einzuberufen. Man bestimmte leistungsfähige Städte dafür, Waffenwerkstätten in Betrieb zu nehmen, bei den Antiochiern wurden Gold- und Silbermünzen geprägt, und all diese Maßnahmen wurden, jede an ihrem Ort, durch geeignete Helfer schleunigst in die Wege geleitet. Vespasian kam persönlich dazu und ermunterte, spornte die Tüchtigen mit Lob, die Trägen häufiger durch sein Vorbild an, als sie zu bestrafen, wobei er eher die Fehler seiner Freunde übersah als ihre Vorzüge. (2) Viele zeichnete er mit Präfekturen und Prokuratorenstellen aus, eine ganze Anzahl mit der Ehre des Senatorenrangs, hervorragende Männer, die es bald bis zu den Spitzenämtern brachten; ein paar hatten auch Glück anstelle von Fähigkeiten. Ein Geldgeschenk hatte den Soldaten Mucian in der ersten Heeresversammlung allenfalls in mäßigem Umfang in Aussicht gestellt, und auch Vespasian bot im Bürgerkrieg nicht mehr an als andere im Frieden, außerordentlich konsequent gegen Geldzuwendungen an Soldaten mit der Folge, dass sein Heer besser war. (3) Zu den Parthern und Armeniern schickte man Gesandte und traf dafür Vorsorge, dass durch die Beschäftigung der Legionen mit dem Bürgerkrieg die rückwärtige Front nicht entblößt wurde. Man beschloss, Titus solle weiter Judäa zusetzen, Vespasian die Grenzfestungen Ägyptens besetzt halten; gegen Vitellius schienen ein Teil der Truppen, der Kommandeur Mucian und der Name Vespasian zu genügen sowie die Überzeugung, nichts sei unerreichbar für das Schicksal. An alle Heere und Legaten schickte man ein Schreiben mit der Weisung, die Vitellius feindlich gesinnten Prätorianer durch eine Belohnung dazu einzuladen, den Militärdienst wieder aufzunehmen. 83 (1) Mucian spielte mehr den Partner in der Herrschaft als den Befehlsempfänger und ließ deshalb mit einer Einheit ohne Tross – nicht in einem langsamen Marsch, um nicht den Eindruck zu erwecken, er lasse sich
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Historiarum liber secundus
gliscere famam ipso spatio sinebat, gnarus modicas vires sibi et maiora credi de absentibus; sed legio sexta et tredecim vexillariorum milia ingenti agmine sequebantur. (2) classem e Ponto Byzantium adigi iusserat, ambiguus consilii, num omissa Moesia Dyrrachium pedite atque equite, simul longis navibus versum in Italiam mare clauderet, tuta pone tergum Achaia Asiaque, quas inermes exponi Vitellio, ni praesidiis firmarentur; atque ipsum Vitellium in incerto fore, quam partem Italiae protegeret, si sibi Brundisium Tarentumque et Calabriae Lucaniaeque litora infestis classibus peterentur.
84 (1) Igitur navium militum armorum paratu strepere provinciae, sed nihil aeque fatigabat quam pecuniarum conquisitio: eos esse belli civilis nervos dictitans Mucianus non ius aut verum in cognitionibus, sed solam magnitudinem opum spectabat. passim delationes, et locupletissimus quisque in praedam correpti. (2) quae gravia atque intoleranda, sed necessitate armorum excusata etiam in pace mansere, ipso Vespasiano inter initia imperii ad obtinendas iniquitates haud perin‹de› obstinante, donec indulgentia fortunae et pravis magistris ‹di›dicit aususque est. propriis quoque opibus Mucianus bellum iuvit, largus privatim, quo avidius de re publica sumeret. ceteri conferendarum pecunia‹ru›m exemplum secuti, rarissimus quisque eandem in reciperando licentiam habuerunt.
85 (1) Adcelerata interim Vespasiani coepta Illyrici exercitus studio transgressi in partes. tertia legio exemplum ceteris Moesiae legionibus praebuit: octava erat ac septima Claudiana, imbutae favore Othonis, quamvis proelio non interfuissent. Aquileiam progressae, proturbatis qui de Othone nuntiabant laceratisque vexillis nomen Vitellii praeferentibus, rapta postremo pecunia et inter se divisa, hostiliter egerant. unde metus et ex metu consilium, posse imputari Vespasiano quae apud Vitellium excusanda erant. ita
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unnötig Zeit, aber dennoch auch nicht in Hast – seinen Ruhm allein durch die Entfernung anwachsen, sich dessen bewusst, dass er nur über bescheidene Streitkräfte verfüge und dass man sie für bedeutender halte, solange sie weit weg seien. Aber die 6. Legion und 13 000 Vexillarier folgten in einer gewaltigen Kolonne. (2) Die Flotte hatte er aus dem Schwarzen Meer nach Byzantium verlegen lassen, noch unschlüssig, ob er nicht unter Umgehung von Mösien mit Infanterie und Kavallerie nach Dyrrachium ziehen und zugleich das Italien zugewandte Meer mit Kriegsschiffen sperren solle. Dadurch wären die im Rücken liegenden Achaia und Asia außer Gefahr, die wehrlos Vitellius ausgeliefert wären, wenn sie nicht mit Besatzungen abgesichert würden. Vitellius selbst werde sich darüber im Unklaren sein, welchen Teil Italiens er schützen solle, falls Brundisium, Tarentum und die Küsten Kalabriens und Lukaniens von ihm feindlichen Flotten angelaufen würden. 84 (1) Deshalb hallten von der Bereitstellung von Schiffen, Soldaten und Waffen die Provinzen wider, aber nichts setzte ihnen im gleichen Maße zu wie die Eintreibung von Geldern. Das sei die Seele eines Bürgerkriegs, sagte Mucian wiederholt und schaute bei Gerichtsverfahren nicht auf Recht und Billigkeit, sondern nur auf die Größe der Vermögen. Auf Schritt und Tritt kam es zu Denunziationen, und vor allem steinreiche Personen wurden um der Beute willen gepackt. (2) Dieses bedrückende und nicht hinnehmbare, aber mit der Notsituation des Kriegs entschuldigte Vorgehen wurde auch im Frieden beibehalten; dabei bestand Vespasian selbst am Anfang seiner Herrschaft nicht in gleicher Weise auf den ungerechten Praktiken, bis er sie dank der Gunst des Schicksals und bösartiger Lehrmeister lernte und sich dann herausnahm. Auch aus eigenen Mitteln steuerte Mucian zum Krieg bei, freigebig mit seinem Privatvermögen, um es dann umso gieriger wieder vom Staat zu nehmen. Alle anderen folgten seinem Beispiel, einen Geldbeitrag zu leisten, aber nur in den seltensten Fällen hatten sie die gleiche Möglichkeit, ihn zurückzuholen. 85 (1) Beschleunigt wurde zwischenzeitlich Vespasians Unternehmen durch den begeisterten Beitritt des illyrischen Heeres zu seiner Partei. Die 3. Legion bot den übrigen Legionen Mösiens das Vorbild; es handelte sich dabei um die 8. und die 7. „Claudiana“, die sich zutiefst Otho verpflichtet fühlten, obwohl sie an der Schlacht nicht teilgenommen hatten. Sie waren nach Aquileia vorgerückt, hatten die Boten, die von Otho berichteten, fortgejagt, die Fahnen zerrissen, die den Namen des Vitellius trugen, schließlich die Kriegskasse geplündert, das Geld unter sich verteilt und sich dabei wie Landesfeinde aufgeführt. Daraus entwickelte sich Furcht und aus der Furcht die Überlegung, man könne sich bei Vespasian gutschreiben lassen,
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tres Moesicae legiones per epistulas adliciebant Pannonicum exercitum aut abnuenti vim parabant. (2) in eo motu Aponius Saturninus Moesiae rector pessimum facinus audet, misso centurione ad interficiendum Tettium Iulianum septimae legionis legatum ob simultates, quibus causam partium praetendebat. Iulianus comperto discrimine et gnaris locorum adscitis per avia Moesiae ultra montem Haemum profugit; nec deinde civili bello interfuit, per varias moras susceptum ad Vespasianum iter trahens et ex nuntiis cunctabundus aut properans.
86 (1) At in Pannonia tertia decima legio ac septima Galbiana, dolorem iramque Bedriacensis pugnae retinentes, haud cunctanter Vespasiano accessere, vi praecipua Primi Antonii. is legibus nocens et tempore Neronis falsi damnatus inter alia belli mala senatorium ordinem reciperaverat. (2) praepositus a Galba septimae legioni scriptitasse Othoni credebatur, ducem se partibus offerens; a quo neglectus in nullo Othoniani belli usu fuit. labantibus Vitellii rebus Vespasianum secutus grande momentum addidit, strenuus manu, sermone promptus, serendae in alios invidiae artifex, discordiis et seditionibus potens, raptor largitor, pace pessimus, bello non spernendus. (3) iuncti inde Moesici ac Pannonici exercitus Delmaticum militem traxere, quamquam consularibus legatis nihil turbantibus. Tampius Flavianus Pannoniam, Pompeius Silvanus Dalmatiam tenebant, divites senes; sed procurator aderat Cornelius Fuscus, vigens aetate, claris natalibus. prima iuventa quietis cupidine senatorium ordinem exuerat; idem pro Galba dux coloniae suae, eaque opera procurationem adeptus, susceptis Vespasiani partibus acerrimam bello facem praetulit: non tam praemiis periculorum quam ipsis periculis laetus pro certis et olim partis nova ambigua ancipitia malebat. (4) igitur movere et quatere, quidquid usquam aegrum foret, adgrediuntur. scriptae
Historien 2,85,1-2,86,4
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was man Vitellius gegenüber entschuldigen musste. Deshalb versuchten die drei mösischen Legionen mit Briefen das pannonische Heer auf ihre Seite zu ziehen oder bereiteten im Weigerungsfall Gewaltanwendung vor. (2) In diesen bewegten Zeiten nahm sich der Leiter Mösiens, Aponius Saturninus, ein abscheuliches Schurkenstück heraus, indem er einen Zenturio zur Ermordung des Legaten der 7. Legion Tettius Iulianus wegen persönlicher Streitigkeiten losschickte, für die er die Sache der Partei zum Vorwand nahm. Iulianus erfuhr von der Gefahr, heuerte ortskundige Begleiter an und floh durch unwegsame Gebiete Mösiens über das Haemusgebirge. Hierauf nahm er dann nicht mehr am Bürgerkrieg teil, sondern zog mit verschiedenen Unterbrechungen die zu Vespasian begonnene Reise in die Länge und wartete dabei je nach den Nachrichten ab oder setzte sie schnell fort. 86 (1) Doch in Pannonien schlossen sich die 13. Legion und die 7. „Galbiana“, die ihren Kummer und Zorn über die Schlacht bei Bedriacum beibehielten, ohne Zögern Vespasian an vor allem auf Betreiben des Primus Antonius. Dieser hatte, obwohl er den Gesetzen nach schuldig gesprochen und zu Neros Zeit wegen Betrugs59 verurteilt worden war, unter den anderen Kriegsplagen seinen Rang als Senator wieder erhalten. (2) Nachdem er von Galba als Kommandeur der 7. Legion berufen worden war, hatte er angeblich wiederholt an Otho geschrieben und sich dabei dessen Partei als Truppenführer angeboten; da er von diesem nicht beachtet wurde, nahm man seine Dienste im othonianischen Krieg nicht in Anspruch. Als dann aber die Sache des Vitellius ins Wanken geriet, schloss er sich Vespasian an und war von entscheidender Bedeutung, ein Haudegen, gewandter Redner, ein Meister darin, gegen andere Missgunst zu säen, bei Auseinandersetzungen und Meutereien einflussreich, jemand, der raubte, Geschenke machte, im Frieden abgrundtief schlecht, im Krieg nicht zu verachten. (3) Daraufhin zogen die vereinigten mösischen und pannonischen Heere die dalmatischen Soldaten auf ihre Seite, obwohl ihre konsularischen Legaten in keiner Weise an eine Revolte dachten. Tampius Flavianus verwaltete Pannonien, Pompeius Silvanus Dalmatien, vermögende alte Männer; aber als Prokurator stand ihnen Cornelius Fuscus zur Seite, im besten Alter, aus vornehmer Familie. Als ganz junger Mann hatte er, weil er seine Ruhe haben wollte, den Senatorenrang abgelegt.60 Er hatte seine Koloniestadt61 Galba zugeführt und dank dieses Einsatzes die Prokuratur bekommen. Nach dem Anschluss an Vespasians Partei schwenkte er am heftigsten die Kriegsfackel; weil er sich nicht so sehr über die Belohnung für Gefahren als über die Gefahren selbst freute, wollte er anstelle von sicheren und längst erreichten Herausforderungen lieber neue, zweischneidige, unsichere. (4) Deshalb machte man sich daran, an allem, was irgendwo krank war, zu rüt-
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in Britanniam ad quartadecimanos, in Hispaniam ad primanos epistulae, quod utraque legio pro Othone, adversa Vitellio fuerat; sparguntur per Gallias litterae; momentoque temporis flagrabat ingens bellum, Illyricis exercitibus palam desciscentibus, ceteris fortunam secuturis.
87 (1) Dum haec per provincias a Vespasiano ducibusque partium geruntur, Vitellius contemptior in dies segniorque, ad omnes municipiorum villarumque amoenitates resistens, gravi urbem agmine petebat. sexaginta milia armatorum sequebantur, licentia corrupta; calonum numerus amplior, procacissimis etiam inter servos lixarum ingeniis; tot legatorum amicorumque comitatus, inhabilis ad parendum, etiam si summa modestia rege‹re›tur. (2) onerabant multitudinem obvii ex urbe senatores equitesque, quidam metu, multi per adulationem, ceteri ac paulatim omnes, ne aliis proficiscentibus ipsi remanerent. adgregabantur e plebe flagitiosa per obsequia Vitellio cogniti scurrae histriones aurigae, quibus ille amicitiarum dehonestamentis mire gaudebat. nec coloniae modo aut municipia congestu copiarum, sed ipsi cultores arvaque maturis iam frugibus ut hostile solum vastabantur.
88 (1) Multae et atroces inter se militum caedes, post seditionem Ticini coeptam manente legionum auxiliorumque discordia; ubi adversus paganos certandum foret, consensu. sed plurima strages ad septimum ab urbe lapidem. singulis ibi militibus Vitellius paratos cibos ut gladiatoriam saginam dividebat; et effusa plebes totis se castris miscuerat. (2) incuriosos milites – vernacula utebantur urbanitate – quidam spoliavere, abscisis furtim balteis an accincti forent rogitantes. non tulit ludibrium insolens contumeliarum animus: inermem populum gladiis invasere. caesus inter alios pater militis, cum filium comitaretur; deinde agnitus, et volgata caede temperatum ab
Historien 2,86,4-2,88,2
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teln und zu schütteln. Man schrieb nach Britannien an die Vierzehner, nach Spanien an die Einser einen Brief, weil beide Legionen für Otho und gegen Vitellius gewesen waren; Schreiben wurden über Gallien gestreut, und augenblicklich flammte ein gewaltiger Krieg auf, wobei die illyrischen Heere ganz offen abfielen, während alle anderen entschlossen waren, sich dem Glück anzuschließen. 87 (1) Als diese Maßnahmen in den Provinzen von Vespasian und den Kommandeuren seiner Partei getroffen wurden, zog Vitellius, von Tag zu Tag verachtenswerter und träger und bei allen Annehmlichkeiten von Landstädten und -gütern haltmachend, mit seiner schwerfälligen Kolonne auf die Hauptstadt zu. 60 000 Mann in Waffen folgten ihm, disziplinloses Gesindel; die Anzahl der Trossknechte war noch höher, wobei die unverschämtesten Elemente selbst im Vergleich mit den Sklaven die Marketender waren. Dazu kam eine Entourage von einer Unmenge von Legaten und Freunden, nicht in der Lage zu gehorchen, selbst wenn sie mit höchster Disziplin geführt worden wären. (2) Noch unerträglicher machten den großen Haufen die aus der Hauptstadt entgegenkommenden Senatoren und Ritter, einige aus Furcht, viele aus Liebedienerei, der Rest und damit nach und nach alle, um nicht selbst zurückzubleiben, wenn sich die anderen auf den Weg machten. Dazu gesellten sich aus dem Pöbel Vitellius durch ihre schändliche Willfährigkeit bekannte Hanswurste, Schauspieler und Wagenlenker, über deren entehrende Freundschaft sich dieser erstaunlicherweise freute. So wurden nicht nur die Kolonie- oder Landstädte durch die Stellung von Proviant, sondern die Bauern selbst und die Fluren mit dem schon reifen Getreide wie feindlicher Boden heimgesucht. 88 (1) Zu vielen schrecklichen Gewalttaten der Soldaten untereinander kam es, weil nach der in Ticinum ausgebrochenen Revolte die Streitigkeiten zwischen den Legionen und Hilfstruppen anhielten; sobald man gegen die Landbevölkerung kämpfen musste, war man sich einig. Aber das schlimmste Blutbad ereignete sich am siebten Meilenstein vor der Hauptstadt. Für jeden einzelnen Soldaten ließ dort Vitellius eigens zubereitete Speisen wie Gladiatorenfutter62 ausgeben, und das Volk war hinausgeströmt und hatte sich über das ganze Lager verteilt. (2) Ein paar Besucher nahmen den sorglosen Soldaten die Waffen weg – sie wollten ihren für Hauptstädter typischen Witz zeigen –, indem sie ihnen heimlich das Wehrgehenk abschnitten, und fragten sie dann, ob sie es umgeschnallt hätten. Diesen Spaß ließen sich die an Spott nicht gewöhnten Männer nicht gefallen, sondern gingen auf das unbewaffnete Volk mit den Schwertern los. Erschlagen wurde unter anderen der Vater eines Soldaten, der seinen Sohn begleitete; erst danach erkannte man ihn, und als sich der Totschlag herumgesprochen hatte, ließ man die
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innoxiis. (3) in urbe tamen trepidatum praecurrentibus passim militibus; forum maxime petebant cupidine visendi locum, in quo Galba iacuisset. nec minus saevum spectaculum erant ipsi, tergis ferarum et ingentibus telis horrentes, cum turbam populi per inscitiam parum vitarent aut, ubi lubrico viae vel occursu alicuius procidissent, ad iurgium, mox ad manus et ferrum transirent. quin et tribuni praefectique cum terrore et armatorum catervis volitabant.
89 (1) Ipse Vitellius a ponte Mulvi insigni equo, paludatus accinctusque, senatum et populum ante se agens, quo minus ut captam urbem ingrederetur, amicorum consilio deterritus: sumpta praetexta et composito agmine incessit. quattuor legionum aquilae per frontem totidemque circa e legionibus aliis vexilla, mox duodecim alarum signa et post peditum ordines eques, dein quattuor et triginta cohortes, ut nomina gentium aut species armorum forent, discretae. (2) ante aquilas praefecti castrorum tribunique et primi centurionum candida veste, ceteri iuxta suam quisque centuriam, armis donisque fulgentes, et militum phalerae torquesque splendebant: decora facies et non Vitellio principe dignus exercitus. sic Capitolium ingressus atque ibi matrem complexus Augustae nomine honoravit.
90 (1) Postera die tamquam apud alterius civitatis senatum populumque magnificam orationem de semet ipso prompsit, industriam temperantiamque suam laudibus adtollens, consciis flagitiorum ipsis qui aderant omnique Italia, per quam somno et luxu pudendus incesserat. (2) volgus tamen vacuum curis et sine falsi verique discrimine solitas adulationes edoctum clamore et vocibus adstrepebat; abnuentique nomen Augusti expressere ut adsumeret, tam frustra quam recusaverat.
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unschuldigen Leute in Ruhe. (3) In der Hauptstadt ängstigte man sich dennoch, weil allenthalben Soldaten vorausliefen; zum größten Teil wollten sie zum Forum kommen mit dem Wunsch, die Stelle zu sehen, an der Galba gelegen hatte. Aber ein nicht weniger grauenhaftes Schauspiel boten sie selbst, wie sie, schrecklich anzusehen in Tierfellen und mit riesigen Waffen, dem Volksgedränge aus Ungeschicklichkeit nicht weit genug auswichen oder, wenn sie auf dem glatten Straßenbelag oder beim Zusammenstoß mit irgendjemandem ausgerutscht waren, zu Wortwechseln, dann zu Handgreiflichkeiten und zum Schwert übergingen. Ja, sogar Tribune und Kommandanten trieben sich Schrecken verbreitend mit Haufen bewaffneter Männer herum. 89 (1) Vitellius selbst ritt auf einem stattlichen Pferd von der Milvischen Brücke heran, im Feldherrnmantel und mit dem Schwert umgürtet, trieb Senat und Volk vor sich her und ließ sich nur durch den Rat seiner Freunde davon abbringen, wie in eine eroberte Stadt einzumarschieren. Deshalb legte er die Toga mit dem breiten Purpurstreifen63 an und zog mit dem Heer in Reih und Glied ein: vier Legionsadler an der Spitze und auf beiden Seiten ebenso viele Fahnen von anderen Legionen, dann zwölf Standarten der Kavallerieregimenter und nach den Infanterieeinheiten die Kavallerie, anschließend 34 Kohorten, eingeteilt nach Völkernamen oder Waffengattungen. (2) Vor den Adlern die Lagerkommandanten, die Tribune und ranghöchsten Zenturionen im weißen Gewand, alle anderen jeweils neben ihrer eigenen Zenturie, in ihren Waffen und Auszeichnungen blitzend, und auch die Tapferkeitsmedaillen und Halsringe der Soldaten glänzten: ein prächtiger Anblick und ein Heer, das nicht einen Vitellius als Princeps verdient gehabt hätte. So zog er aufs Kapitol, nahm dort seine Mutter in die Arme und zeichnete sie mit dem Titel „Augusta“ aus. 90 (1) Am nächsten Tag hielt er wie vor dem Senat und Volk einer anderen Stadt eine lobhudelnde Rede über seine eigene Person, wobei er besonders sein energisches Auftreten und seine Genügsamkeit rühmend herausstrich; dabei wussten über seine Schandtaten gerade die Anwesenden und ganz Italien Bescheid, durch das er in Trägheit und Schlemmerei als eine beschämende Figur gezogen war. (2) Das gemeine Volk, ohne einen Gedanken an das öffentliche Wohl und ohne die Fähigkeit, zwischen Falsch und Wahr zu unterscheiden, aber bestens in den gewohnten Schmeicheleien geübt, jubelte ihm schreiend und rufend zu; und als er den Augustus-Titel ablehnte, nötigten sie ihn, ihn anzunehmen – so bedeutungslos war das wie seine Weigerung.
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91 (1) Apud civitatem cuncta interpretantem funesti ominis loco acceptum est quod maximum pontificatum adeptus Vitellius de caerimoniis publicis XV kalendas Augustas edixisset, antiquitus infausto die Cremerensi Alliensique cladibus: adeo omnis humani divinique iuris expers, pari libertorum, amicorum socordia, velut inter temulentos agebat. (2) sed comitia consulum cum candidatis civiliter celebrans omnem infimae plebis rumorem in theatro ut spectator, in circo ut fautor adfectavit: quae grata sane et popularia, si a virtutibus proficiscerentur, memoria vitae prioris indecora et vilia accipiebantur. ventitabat in senatum, etiam cum parvis de rebus patres consulerentur. (3) ac forte Priscus Helvidius praetor designatus contra studium eius censuerat. commotus primo Vitellius, non tamen ultra quam tribunos plebis in auxilium spretae potestatis advocavit; mox mitigantibus amicis, qui altiorem iracundiam eius verebantur, nihil novi accidisse respondit, quod duo senatores in re publica dissentirent; solitum se etiam Thraseae contra dicere. inrisere plerique impudentiam aemulationis; aliis id ipsum placebat, quod neminem ex praepotentibus, sed Thraseam ad exemplar verae gloriae legisset.
92 (1) Praeposuerat praetorianis Pub‹li›lium Sabinum a praefectura cohortis, Iulium Priscum tum centurionem: Priscus Valentis, Sabinus Caecinae gratia pollebant; inter discordes Vitellio nihil auctoritatis. munia imperii Caecina ac Valens obibant, olim anxii odiis, quae bello et castris male dissimulata pravitas amicorum et fecunda gignendis inimicitiis civitas auxerat, dum ambitu comitatu et immensis salutantium agminibus contendunt comparanturque, variis in hunc aut illum Vitellii inclinationibus; nec umquam satis fida potentia, ubi nimia est. (2) simul ipsum Vitellium, subitis offensis
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91 (1) In einer Bürgerschaft, die allem eine Bedeutung beimaß, sah man es als Unheil verkündendes Vorzeichen an, dass Vitellius nach der Übernahme des Oberpontifikats das Edikt über den Staatskult am 18. Juli erlassen hatte, der seit alters als Unglückstag galt wegen der Niederlagen an der Cremera und Allia;64 so wenig vertraut mit allen Fragen menschlichen und göttlichen Rechts – seine Freigelassenen und Freunde legten die gleiche Ahnungslosigkeit an den Tag –, lebte er dahin wie unter Betrunkenen. (2) Aber die Wahlversammlungen der Konsuln besuchte er zusammen mit den Kandidaten wie ein einfacher Bürger und bemühte sich um jedweden Beifall des gemeinsten Pöbels im Theater als Zuschauer, im Zirkus als Anhänger. Dieses Verhalten, das natürlich sympathisch und volkstümlich gewesen wäre, falls es auf einer sittlichen Einstellung beruht hätte, wurde aber in der Erinnerung an seine frühere Lebensführung als widerlich und gemein empfunden. Er kam häufig in den Senat, sogar dann, wenn die Väter über unbedeutende Angelegenheiten berieten. (3) Zufällig hatte einmal der designierte Prätor Priscus Helvidius gegen seine erkennbare Intention abgestimmt. Obwohl Vitellius zunächst empört war, rief er dennoch lediglich die Volkstribune zur Unterstützung seiner missachteten Amtsgewalt an. Als ihm dann seine Freunde, die eine tiefer gehende Verärgerung befürchteten, zuredeten, gab er zur Antwort, es sei kein unerhörtes Vorkommnis, dass zwei Senatoren in einer politischen Angelegenheit verschiedene Auffassungen verträten; er sei es sogar gewohnt gewesen, Thrasea65 zu widersprechen. Viele Mitglieder lachten über die Unverschämtheit des Versuchs, sich auf die gleiche Stufe zu stellen; anderen gefiel gerade, dass er keinen von den übermächtigen Zeitgenossen, sondern Thrasea als Musterbeispiel für wahren Ruhm ausgesucht habe. 92 (1) Die Zuständigkeit für die Prätorianer hatte er Publilius Sabinus im Anschluss an dessen Kohortenkommando und dem damaligen Zenturio Iulius Priscus übertragen. Priscus war einflussreich als Günstling des Valens, Sabinus als einer Caecinas. Obwohl diese Männer miteinander zerstritten waren, verfügte Vitellius über keinerlei Autorität. Die Regierungsgeschäfte nahmen Caecina und Valens wahr. Sie wurden schon lange von Hassgefühlen geplagt, die man sich in Krieg und Feldlager nur mühsam nicht anmerken ließ und die nun die Schlechtigkeit ihrer Freunde und eine Bevölkerung verstärkt hatten, die einen Nährboden für das Stiften von Feindschaften darstellt. Dabei suchten sie sich bei ihren Bemühungen um Popularität durch ihr Gefolge und die riesigen Scharen von Personen auszustechen, die ihnen ihre Aufwartung machten,66 und wurden auch verglichen. Vitellius wandte sich abwechselnd einmal dem einen oder dem anderen zu. Aber nie ist Macht fest gegründet, wo sie zu groß geworden ist. (2) Vitellius persön-
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aut intempestivis blanditiis mutabilem, contemnebant metuebantque. nec eo segnius invaserant domos hortos opesque imperii, cum flebilis et egens nobilium turba, quos ipsos liberosque patriae Galba reddiderat, nulla principis misericordia iuvarentur. (3) gratum primoribus civitatis etiam plebs adprobavit, quod reversis ab exilio iura libertorum concessisset, quamquam id omni modo servilia ingenia corrumpebant, abditis pecuniis per occultos aut ambitiosos sinus, et quidam in domum Caesaris transgressi atque ipsis dominis potentiores.
93 (1) Sed miles, plenis castris et redundante multitudine in porticibus aut delubris et urbe tota vagus, non principia noscere, non servare vigilias neque labore firmari: per inlecebras urbis et inhonesta dictu corpus otio, animum libidinibus imminuebant. postremo ne salutis quidem cura: infamibus Vaticani locis magna pars tetendit, unde crebrae in volgus mortes, et adiacente Tiberi Germanorum Gallorumque obnoxia morbis corpora fluminis aviditas et aestus impatientia labefecit. (2) insuper confusus pravitate vel ambitu ordo militiae: sedecim praetoriae, quattuor urbanae cohortes scribebantur, quis singula milia inessent. plus in eo dilectu Valens audebat, tamquam ipsum Caecinam periculo exemisset. sane adventu eius partes convaluerant, et sinistrum lenti itineris rumorem prospero proelio verterat omnisque inferioris Germaniae miles Valentem adsectabatur, unde primum creditur Caecinae fides fluitasse.
94 (1) Ceterum non ita ducibus indulsit Vitellius, ut non plus militi liceret. sibi quisque militiam sumpsere: quamvis indignus, si ita maluerat, urba-
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lich verachteten und fürchteten sie gleichzeitig, weil er zwischen überraschender Ungnade und unangebrachten Gefälligkeiten abwechselte; aber deswegen waren sie keineswegs zurückhaltender über Häuser, Parks und Staatseigentum hergefallen, während die beklagenswerte, bedürftige Schar vornehmer Männer, die Galba zusammen mit ihren Kindern ins Vaterland zurückgerufen hatte, keinerlei mitfühlende Unterstützung beim Princeps fand.67 (3) Eine den führenden Persönlichkeiten der Bürgerschaft willkommene Maßnahme begrüßte auch das einfache Volk, nämlich dass er den aus der Verbannung zurückgekehrten Personen die Rechte über ihre Freigelassenen wieder eingeräumt hatte, obwohl das diese Sklavenseelen mit allen Mitteln zu hintertreiben versuchten, indem sie ihr Geld in der Gewandfalte unbekannter oder einflussreicher Männer versteckten;68 tatsächlich waren einige von ihnen sogar in das Haus des Cäsars übergewechselt und dadurch mächtiger geworden als ihre Herren selbst. 93 (1) Aber die Soldaten, die sich wegen der überfüllten Kaserne und ihrer viel zu großen Zahl in Säulenhallen oder Heiligtümern und überhaupt in der ganzen Hauptstadt herumtrieben, bekamen keinen Appellplatz zu Gesicht, mussten nicht Wache stehen und sich durch Schanzarbeit abhärten. Durch die Verlockungen der Hauptstadt und durch abscheuliche Verhaltensweisen, die man besser nicht beschreibt, schwächten sie ihren Körper beim Faulenzen, ihren Geist bei Ausschweifungen. Schließlich kümmerten sie sich nicht einmal mehr um ihre Gesundheit: In der verrufenen Gegend des Vatikans kampierte eine große Zahl, worauf es zu häufigen Todesfällen unter dem einfachen Soldatenvolk kam, und weil der Tiber unmittelbar vorbeifloss, wurden die für Krankheiten anfälligen Körper der Germanen und Gallier durch ihre Gier nach dem Fluss und ihre mangelnde Fähigkeit, Hitze zu ertragen, geschwächt.69 (2) Zusätzlich wurde die militärische Organisation durch falsche Entscheidungen oder Begünstigung durcheinandergebracht: 16 prätorische und vier städtische Kohorten wurden ausgehoben, zu denen je 1 000 Mann gehörten. Eigenmächtiger ging bei dieser Aushebung Valens vor mit der Begründung, er habe sogar Caecina aus der Gefahr herausgeholt. Natürlich war durch seine Ankunft seine Partei gestärkt worden, und das böswillige Gerede über seinen langsamen Vormarsch hatte er durch das erfolgreich verlaufene Gefecht abgebogen. Dazu hatten sich die Soldaten Untergermaniens insgesamt Valens angeschlossen; dadurch geriet die Treue Caecinas angeblich zuerst ins Wanken. 94 (1) Im Übrigen machte Vitellius seinen Kommandeuren nicht so weitreichende Zugeständnisse, dass sich die Soldaten nicht noch mehr herausnehmen durften. Jeder Mann wählte sich seine Truppengattung selbst. Mochte er noch so untauglich sein, wenn er es so lieber wollte, wurde er bei
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nae militiae adscribebatur; rursus bonis remanere inter legionarios aut alares volentibus permissum. nec deerant qui vellent, fessi morbis et intemperiem caeli incusantes. robora tamen legionibus alisque subtracta, convolsum castrorum decus, viginti milibus e toto exercitu permixtis magis quam electis. (2) Contionante Vitellio postulantur ad supplicium Asiaticus et Flavus et Rufinus duces Galliarum, quod pro Vindice bellassent. nec coercebat eius modi voces Vitellius; super insitam [mortem] animo ignaviam conscius sibi instare donativom et deesse pecuniam omnia alia militi largiebatur. (3) liberti principum conferre pro numero mancipiorum ut tributum iussi: ipse sola perdendi cura stabula aurigis exstruere, circum gladiatorum ferarumque spectaculis opplere, tamquam in summa abundantia pecuniae inludere.
95 (1) Quin et natalem Vitellii diem Caecina ac Valens editis tota urbe vicatim gladiatoribus celebravere ingenti paratu et ante illum diem insolito. laetum foedissimo cuique apud bonos invidiae fuit, quod exstructis in campo Martio aris inferias Neroni fecisset, caesae publice victimae cremataeque; facem Augustales sub‹di›dere, quod sacerdotium, ut Romulus Tatio regi, ita Caesar Tiberius Iuliae genti sacravit. (2) nondum quartus a victoria mensis, et libertus Vitellii Asiaticus Polyclitos Patrobios et vetera odiorum nomina aequabat. nemo in illa aula probitate aut industria certavit: unum ad potentiam iter, prodigis epulis et sumptu ganeaque satiare inexplebiles Vitellii libidines. (3) ipse abunde ratus, si praesentibus frueretur, nec in longius consultans, noviens milliens sestertium paucissimis mensibus intervertisse creditur. magna et misera civitas, eodem anno Othonem, Vitellium pas-
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den Stadtkohorten eingeschrieben. Andererseits gestattete man tüchtigen Männern, wenn sie es wünschten, bei den Legionären oder der Flügelkavallerie zu bleiben. Tatsächlich fehlte es nicht an Leuten, die das wünschten, weil sie durch Krankheiten erschöpft waren und sich über das ungünstige Klima beschwerten. Dennoch wurden den Legionen und Regimentern die besten Kräfte entzogen, zudem das Renommee der Prätorianerkaserne untergraben, weil man die 20 000 Mann aus dem ganzen Heer mehr zusammenwürfelte als auswählte. (2) Als Vitellius eine Heeresversammlung abhielt, wurde die Hinrichtung des Asiaticus, Flavus und Rufinus, der Kommandeure Galliens, verlangt, weil sie für Vindex gekämpft hätten. Vitellius schritt gegen solche Äußerungen nicht ein. Zusätzlich zu seiner angeborenen Trägheit machte er in dem Bewusstsein, die Auszahlung des Geldgeschenks sei jetzt fällig und er habe kein Geld, den Soldaten alle anderen Zugeständnisse. (3) Den Freigelassenen der Principes wurde befohlen, der Anzahl ihrer Sklaven entsprechend einen Beitrag als eine Art Abgabe zu leisten. Er persönlich war nur damit beschäftigt, die Finanzen zu ruinieren, ließ Stallungen für die Wagenlenker errichten, den Zirkus mit Vorstellungen von Gladiatoren und wilden Tieren füllen, kurz, er warf das Geld hinaus, als habe er es in Hülle und Fülle. 95 (1) Selbst den Geburtstag des Vitellius feierten Caecina und Valens mit in den einzelnen Vierteln der ganzen Hauptstadt veranstalteten Gladiatorenspielen mit riesigem, vor diesem Tag unbekanntem Aufwand. Erfreulich war gerade für das schlimmste Gesindel, skandalös für die anständigen Bürger, dass er auf dem Marsfeld Altäre errichten und darauf Totenopfer für Nero darbringen ließ, wobei in einem Staatsakt Opfertiere geschlachtet und verbrannt wurden. Die Fackel legten die Augustalen an, eine Priesterschaft, die wie Romulus für den König Tatius, so Caesar Tiberius für das julische Geschlecht stiftete.70 (2) Es waren noch nicht vier Monate seit dem Sieg vergangen, da tat es Vitellius’ Freigelassener Asiaticus schon Männern wie Polyclitus und Patrobius und den verhassten Namen der Vergangenheit gleich.71 Niemand wetteiferte an diesem Hof in Rechtschaffenheit oder Fleiß. Nur den einen Weg zu einer einflussreichen Stellung gab es: mit kostspieligen Banketten und aufwendigen Schlemmereien die unersättlichen Gelüste des Vitellius zu befriedigen. (3) Er selbst war vollkommen zufrieden damit, die Gegenwart zu genießen, dachte nicht weiter und soll so 900 Millionen Sesterze in ganz wenigen Monaten durchgebracht haben. Die große, bedauernswerte Bürgerschaft, die in ein und demselben Jahr einen Otho und einen Vitellius zu ertragen hatte, erlitt unter Männern wie Vinius und
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sa, inter Vinios Fabios, Icelos Asiaticos varia et pudenda sorte agebat, donec successere Mucianus et Marcellus et magis alii homines quam alii mores. 96 (1) Prima Vitellio tertiae legionis defectio nuntiatur, missis ab Aponio Saturnino epistulis, antequam is quoque Vespasiani partibus adgregaretur; sed neque Aponius cuncta, ut trepidans re subita, perscripserat, et amici adulantes mollius interpretabantur: unius legionis eam seditionem, ceteris exercitibus constare fidem. (2) in hunc modum etiam Vitellius apud milites disseruit, praetorianos nuper exauctoratos insectatus, a quibus falsos rumores dispergi; nec ullum civilis belli metum adseverabat, suppresso Vespasiani nomine et vagis per urbem militibus, qui sermones populi coercerent. id praecipuum alimentum famae erat.
97 (1) Auxilia tamen e Germania Britanniaque et Hispaniis excivit, segniter et necessitatem dissimulans. perinde legati provinciaeque cunctabantur, Hordeonius Flaccus suspectis iam Batavis anxius proprio bello, Vettius Bolanus numquam satis quieta Britannia, et uterque ambigui. neque ex Hispaniis properabatur, nullo tum ibi consulari: trium legionum legati, pares iure et prosperis Vitellii rebus certaturi ad obsequium, adversam eius fortunam ex aequo detrectabant. (2) in Africa legio cohortesque delectae a Clodio Macro, mox a Galba dimissae, rursus iussu Vitellii militiam cepere; simul cetera iuventus dabat impigre nomina. quippe integrum illic ac favorabilem proconsulatum Vitellius, famosum invisumque Vespasianus egerat: proinde socii de imperio utriusque coniectabant, sed experimentum contra fuit.
98 (1) Ac primo Valerius Festus legatus studia provincialium cum fide iuvit; mox nutabat, palam epistulis edictisque Vitellium, occultis nuntiis Vespasianum fovens et haec illave defensurus, prout invaluissent. deprehensi
Historien 2,95,3-2,98,1
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Fabius, Icelus und Asiaticus ein in verschiedener Hinsicht beschämendes Schicksal, bis Mucian und Marcellus und damit eher andere Personen als andere Charaktere nachkamen.72 96 (1) Zuerst wurde Vitellius der Abfall der 3. Legion mitgeteilt in einem von Aponius Saturninus geschickten Brief, bevor sich auch dieser Vespasians Partei anschloss; aber einerseits hatte Aponius – aufgeregt, wie er wegen der völlig überraschenden Entwicklung war – keinen detaillierten Bericht geliefert, andererseits sahen die Freunde in ihrem Hang zum Schmeicheln darin eine recht harmlose Angelegenheit: Es handle sich dabei nur um die Revolte einer einzigen Legion, die Treue aller anderen Heere stehe fest. (2) In diese Richtung äußerte sich auch Vitellius vor den Soldaten, wobei er über die erst kürzlich entlassenen Prätorianer herfiel, von denen falsche Gerüchte verbreitet würden; es bestehe nicht der geringste Grund zu Furcht vor einem Bürgerkrieg, betonte er nachdrücklich, unterdrückte dabei den Namen Vespasians und schickte Soldaten in der Hauptstadt herum, die das Gerede im Volk eindämmen sollten. Gerade dieses Vorgehen aber bedeutete einen idealen Nährboden für Gerüchte. 97 (1) Verstärkungen forderte er trotzdem aus Germanien, Britannien und Spanien an, gemächlich und den Eindruck erweckend, es sei nicht dringend. Dementsprechend zögerlich verhielten sich die Legaten und Provinzen, Hordeonius Flaccus, weil sich die Bataver schon verdächtig benahmen und er in Sorge vor einem eigenen Krieg war, Vettius Bolanus, weil Britannien nie richtig zur Ruhe gekommen war; zudem hatten sich beide noch nicht entschieden. Aber auch in Spanien beeilte man sich nicht, weil damals dort kein ehemaliger Konsul mehr amtierte:73 Die Legaten der drei Legionen, rechtlich gleichgestellt und, falls Vitellius erfolgreich gewesen wäre, bereit, sich gegenseitig an Gehorsam zu überbieten, wollten mit seinem Misserfolg ebenso nichts zu tun haben. (2) In Africa nahmen die Legion und die Kohorten, die von Clodius Macer ausgehoben und später von Galba entlassen worden waren, auf Befehl des Vitellius ihren Dienst wieder auf. Zugleich ließen sich auch die übrigen jungen Leute fleißig anwerben. Hatte sich doch Vitellius dort während seines Prokonsulats korrekt und gewinnend verhalten, Vespasian sich dagegen unbeliebt und verhasst gemacht. Deshalb schlossen die Bundesgenossen daraus auf die Herrschaft beider, aber die Erfahrung lehrte das Gegenteil. 98 (1) Anfangs bestärkte der Legat Valerius Festus die Provinzialen in ihrer Neigung mit seiner loyalen Haltung. Dann aber wurde er schwankend, wobei er nach außen hin mit Briefen und Erlassen Vitellius, mit geheimen Botschaften Vespasian unterstützte und entschlossen war, für die eine oder die andere Seite einzutreten, je nachdem welche die Oberhand gewann.
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Historiarum liber secundus
cum litteris edictisque Vespasiani per Raetiam et Gallias militum et centurionum quidam ad Vitellium missi necantur: plures fefellere, fide amicorum aut suomet astu occultati. (2) ita Vitellii paratus noscebantur, Vespasiani consiliorum pleraque ignota, primum socordia Vitellii, dein Pannonicae Alpes praesidiis insessae nuntios retinebant. mare quoque etesiarum flatu in Orientem navigantibus secundum, inde adversum erat.
99 (1) Tandem inruptione hostium atrocibus undique nuntiis exterritus Caecinam ac Valentem expedire ad bellum iubet. praemissus Caecina, Valentem e gravi corporis morbo tum primum adsurgentem infirmitas tardabat. longe alia proficiscentis ex urbe Germanici exercitus species: non vigor corporibus, non ardor animis; lentum et rarum agmen, fluxa arma, segnes equi; impatiens solis pulveris tempestatum, quantumque hebes ad sustinendum laborem miles, tanto ad discordias promptior. (2) accedebat huc Caecinae ambitio vetus, torpor recens, nimia fortunae indulgentia soluti in luxum, seu perfidiam meditanti infringere exercitus virtutem inter artes erat. credidere plerique Flavii Sabini consiliis concussam Caecinae mentem, ministro sermonum Rubrio Gallo: rata apud Vespasianum fore pacta transitionis. simul odiorum invidiaeque erga Fabium Valentem admonebatur, ut impar apud Vitellium gratiam viresque apud novum principem pararet.
100 (1) Caecina e complexu Vitellii multo cum honore digressus partem equitum ad occupandam Cremonam praemisit. mox vexilla primae, quartae, quintae decimae, sextae decimae legionum, dein quinta et duoetvicensima secutae; postremo agmine unaetvicensima Rapax et prima Italica incessere cum vexillariis trium Britannicarum legionum et electis auxiliis. (2) profecto Caecina scripsit Fabius Valens exercitui, quem ipse ductaverat, ut in itinere opperiretur: sic sibi cum Caecina convenisse. qui praesens eoque validior
Historien 2,98,1-2,100,2
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Aufgegriffen wurden mit Schreiben und Erlassen Vespasians in Rätien und Gallien einige Soldaten und Zenturionen, zu Vitellius geschickt und hingerichtet; die Mehrzahl blieb unentdeckt, weil sie sich dank der Treue von Freunden oder ihr eigenes geschicktes Verhalten verstecken konnte. (2) Auf diese Weise erfuhr man von den Vorbereitungen des Vitellius, während die Absichten Vespasians großenteils unbekannt blieben, zunächst wegen Vitellius’ Sorglosigkeit, dann hielten die mit Besatzungen belegten Pannonischen Alpen die Boten auf. Auch das Meer war wegen des Wehens der Etesien74 für Seereisen in den Osten günstig, von dort her ungünstig. 99 (1) Endlich befahl er, durch von überall her eintreffende, wegen des Eindringens der Feinde unerfreuliche Nachrichten aufgeschreckt, Caecina und Valens, sich für den Krieg bereitzumachen. Vorausgeschickt wurde Caecina; Valens, der gerade erst nach einer schweren Krankheit wieder auf die Beine kam, hielt seine Schwäche auf. Grundlegend verändert war das Erscheinungsbild des aus der Hauptstadt aufbrechenden germanischen Heeres: keine Energie in den Körpern, kein Feuer in den Seelen; langsam und weit auseinandergezogen die Marschkolonne, herumbaumelnd die Waffen, müde dahintrottend die Pferde; nicht in der Lage, Sonne, Staub und Wetter auszuhalten, die Soldaten, und je weniger Einsatz sie zeigten, wenn es darum ging, Anstrengungen auf sich zu nehmen, desto mehr waren sie für Streitereien zu haben. (2) Dazu kamen der alte Ehrgeiz und die neue Passivität Caecinas, der sich dank der übermäßigen Gnade des Glücks ganz dem Wohlleben hingab; möglicherweise trug er sich aber mit dem Gedanken an einen Wortbruch, und deshalb gehörte es zu seinen hinterlistigen Überlegungen, die Tapferkeit des Heeres zu brechen. Vielfach glaubte man, durch die Ratschläge des Flavius Sabinus sei Caecinas Einstellung erschüttert worden, wobei Rubrius Gallus bei den Unterredungen den Vermittler gespielt habe; anerkannt würden von Vespasian die Vereinbarungen für einen Übertritt. Zugleich erinnerte man ihn an die Fabius Valens gegenüber gehegten Hass- und Neidgefühle: Weniger geachtet bei Vitellius, solle er sich Ansehen und Einfluss beim neuen Princeps verschaffen. 100 (1) Caecina verabschiedete sich von Vitellius mit einer Umarmung hochgeehrt und schickte einen Teil der Kavallerie zur Besetzung Cremonas voraus. Dann folgten Spezialeinheiten der 1., 4., 15. und 16. Legion, darauf die 5. und 22.; am Schluss der Kolonne marschierten die 21. „Rapax“ und die 1. „Italica“ mit Angehörigen von Spezialeinheiten der drei britannischen Legionen und Elitetruppen der Bundesgenossen. (2) Nach Caecinas Abmarsch schrieb Fabius Valens an das Heer, das er selbst kommandiert hatte, man solle unterwegs auf ihn warten; das habe er so mit Caecina vereinbart. Der war vor Ort, setzte sich deshalb durch und gab vor, diesen Plan
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Historiarum liber secundus
mutatum id consilium finxit, ut ingruenti bello tota mole occurreretur. (3) ita adcelerare legiones, Cremonam, pars Hostiliam petere iussae: ipse Ravennam devertit praetexto classem adloquendi; mox patuit secretum componendae proditionis quaesitum. namque Lucilius Bassus post praefecturam alae Ravennati simul ac Misenensi classibus a Vitellio praepositus, quod non statim praefecturam praetorii adeptus foret, iniquam iracundiam flagitiosa perfidia ulciscebatur. nec sciri potest traxeritne Caecinam, an, quod evenit inter malos ut et similes sint, eadem illos pravitas impulerit.
101 (1) Scriptores temporum, qui potiente rerum Flavia domo monimenta belli huiusce composuerunt, curam pacis et amorem rei publicae, corruptas in adulationem causas, tradidere: nobis super insitam levitatem et prodito Galba vilem mox fidem aemulatione etiam invidiaque, ne ab aliis apud Vitellium anteirentur, pervertisse ipsum Vitellium videntur. (2) Caecina legiones adsecutus centurionum militumque animos obstinatos pro Vitellio variis artibus subruebat: Basso eadem molienti minor difficultas erat, lubrica ad mutandam fidem classe ob memoriam recentis pro Othone militiae.
Historien 2,100,2-2,101,2
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habe man abgeändert, um dem hereinbrechenden Krieg mit ganzer Macht begegnen zu können. (3) Daher erhielten die Legionen den Befehl, sich zu beeilen und nach Cremona, zum Teil auch nach Hostilia zu marschieren. Er selbst bog nach Ravenna ab unter dem Vorwand, er müsse mit der Flotte sprechen; bald war offensichtlich, dass man nur ein Geheimtreffen zur Verabredung des Verrats arrangiert hatte. Denn Lucilius Bassus, der nach dem Kommando über ein Kavallerieregiment von Vitellius gleichzeitig zum Kommandanten der Flotten in Ravenna und Misenum ernannt worden war, rächte, weil er nicht sofort Prätorianerkommandant geworden war, seine ungerechtfertigte Erbitterung mit einem skandalösen Treuebruch. Es lässt sich nicht genau feststellen, ob er Caecina mitzog oder – was unter Schurken vorkommt, nämlich dass sie einander auch ähnlich sind – ob sie dieselbe moralische Verkommenheit dazu veranlasste. 101 (1) Die Geschichtsschreiber, die, während das flavische Haus an der Macht war, die denkwürdigen Ereignisse dieses Kriegs dargestellt haben, gaben dafür die Sorge um den Frieden und die Liebe zum Staat an, Motive, die man im Sinne der Schmeichelei verfälscht hat. Mir scheint man – abgesehen von der angeborenen Charakterlosigkeit und der Tatsache, dass nach dem Verrat an Galba später ihr Wort nichts mehr wert war – auch durch Ehrgeiz und Neid, um bei Vitellius von anderen nicht in den Schatten gestellt zu werden, gerade Vitellius ins Unglück gestürzt zu haben. (2) Als Caecina die Legionen eingeholt hatte, versuchte er die hartnäckig zu Vitellius haltenden Zenturionen und Soldaten mit verschiedenartigen Methoden wankend zu machen. Für Bassus, der dasselbe vorhatte, gab es weniger Schwierigkeiten, weil die Flotte leicht dazu zu verführen war, ihr Wort nicht zu halten, in der Erinnerung an ihren kurz zuvor für Otho geleisteten Kriegsdienst.
Anmerkungen Buch 1 1
Wiederholt vorkommende politische und gesellschaftliche Begriffe werden im Anhang erläutert. – Der einleitende Satz, mit dem sich Tacitus ja von seinen Vorgängern absetzen musste, klingt auf den ersten Blick recht banal. Liest man ihn aber wie in der Antike üblich laut, bemerkt man, dass er nicht nur rhythmisch durchgeformt ist, sondern die hellen und dunklen Vokale i, e, o, u um die beiden in der Mitte stehenden a gruppiert. Die Annalen werden mit einem daktylischen „Vers“ und den fünf Vokalen beginnen: Urbem Romam a principio … 2 Galba und Vinius waren die namengebenden Konsuln (consules ordinarii) des Jahres 69. Seit der mythischen Gründung Roms 753 v. Chr. waren ungefähr 820 Jahre vergangen. 3 Tacitus war im Vierkaiserjahr 69 etwa 15 Jahre alt. 4 Dieses Vorhaben hat Tacitus nicht ausgeführt, sondern mit den Annalen auf die vor den Historien liegende Epoche des Prinzipats „vom Ableben des vergöttlichten Augustus an“ (ab excessu divi Augusti) zurückgegriffen. Wahrscheinlich war er zu der Überzeugung gekommen, dass sich selbst die Herrschaft der „guten“ Kaiser Nerva und Trajan zu deren Lebzeiten nur mehr in der Form des hymnischen Lobpreises darstellen ließ. 5 Gewaltsam umgekommen waren die principes Galba am 15. Januar, Otho am 16. April, Vitellius am 20. Dezember 69 und Domitian am 18. September 96. 6 Im Jahre 69 kämpften Otho gegen Vitellius und dieser gegen Vespasian; 89 schlug Domitian einen Aufstand des Statthalters von Obergermanien L. Antonius Saturninus nieder. 7 Im Volk hielt sich lange das Gerücht, Nero habe nicht Selbstmord begangen, sondern sei zu den Parthern geflohen und werde wiederkommen. Das nützten der Erzfeind im Osten und falsche Nerones (vgl. 2,8f.). 8 Wahrscheinlich spielt Tacitus darauf an, dass Vestalinnen das Keuschheitsgelübde gebrochen hatten. 9 Tacitus umschreibt damit die deportatio in insulam; bei dieser Form der Verbannung verlor der Verurteilte Bürgerrecht und Vermögen und musste
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Anmerkungen
sich an einem bestimmten Ort aufhalten, in der Regel auf einer unwirtlichen Insel („Klippe“) oder in einer Oase. 10 Gemeint ist das „Entgegenkommen“ der Kaiser, die Art, sich umzubringen, selbst wählen zu dürfen. 11 Tacitus bezeichnet die Senatoren, deren offizielle Anrede patres conscripti („versammelte Väter“) war, häufig nur als patres. Die Verbindung hatte ursprünglich patres et conscripti, „Väter und Beigeordnete“, gelautet, wobei unter Letzteren die der Überlieferung nach aus dem Ritterstand hinzugekommenen Mitglieder des Senats verstanden wurden. 12 Galba war bei seiner Ermordung 73 Jahre alt und litt an Gicht. 13 Vinius war Galbas Kollege im Konsulat (vgl. 1,1,1) und sein Legat in Spanien, Laco, ein Beisitzer bei Gericht (assessor), wurde Kommandant der Prätorianergarde. Sueton, Galba 14,2 zufolge hatten sie zusammen mit dem Freigelassenen Icelus den betagten Kaiser derart in der Hand, dass man sie in der Öffentlichkeit als dessen Erzieher (paedagogi) verspottete (vgl. 1,13,1). Während seiner Statthalterschaft in Spanien hatte Galba zunächst energisch durchgegriffen, hielt sich dann aber zurück, um nicht Neros Argwohn zu erregen (Sueton, Galba 9,1 paulatim in desidiam segnitiamque conversus est). 14 Tacitus spielt wiederholt auf die Matrosen an, die sich von der Eingliederung in eine Legion eine Verbesserung ihrer Situation versprachen (vgl. im Anhang „Das römische Militär“); sie wurden von Galbas Truppen an der Milvischen Brücke niedergemacht oder gefangen genommen (vgl. 1,31,2. 87,1 mit Anm.). 15 Galba hatte zur Verstärkung seiner Truppen einheimische Kräfte ausgehoben. 16 Tacitus umschreibt damit den wichtigsten Übergang über den Kaukasus (portae Caucasiae). 17 Der gallische Statthalter C. Iulius Vindex erhob sich im Frühjahr 68 gegen Nero, wurde dann aber von seinem dem Kaiser loyal bleibenden obergermanischen Kollegen L. Verginius Rufus besiegt. 18 Tacitus verwendet diese umgangssprachliche Bezeichnung für die Legionen, die im jeweiligen Land eingesetzt waren. Dementsprechend sind am Beginn des folgenden Kapitels mit dem „oberen“ Heer die in Obergermanien stationierten Einheiten gemeint (vgl. auch 1,26,1 das „pannonische“ Heer usw.). 19 Verginius Rufus schlug sich nach seinem Sieg über Iulius Vindex (vgl. 1,6,2) nicht sofort auf Galbas Seite. Auf Betreiben des T. Vinius wurde er durch den von Tacitus als unfähig dargestellten Hordeonius Flaccus ersetzt.
Buch 1
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Eine (nicht nur) für Tacitus charakteristische Umschreibung des Fachausdrucks podagra (Gicht). 21 A. Vitellius war der spätere Kaiser. Dass sein Vater dreimal zum Konsul berufen wurde, war eine ganz außergewöhnliche Auszeichnung. 22 Manche Interpreten verstehen expedire an dieser Stelle konkret: „zu einem militärischen Unternehmen ausrücken“. 23 Vgl. 2,1–3. 24 Die ägyptische Pharaonenherrschaft war in römischen Augen ein regnum, eine Despotie, gewesen. 25 Zu Clodius Macer vgl. 1,7,1. Aus der Bezeichnung dominus kann man schließen, dass er ein tyrannisches Regiment führte und es sich deshalb auch mit seinen Soldaten verdarb. 26 Ritter trugen als Standesabzeichen goldene Ringe. Der neue Name Marcianus sollte vertuschen, dass Icelus ein Freigelassener und damit ursprünglich Sklave war (vgl. im Anhang „Die römischen Namen“). 27 Bei principale scortum, beinahe einer contradictio in adiecto, kann man auch die Bedeutung „Edelhure“ mithören. Tacitus verwendet das Adjektiv principalis in den erhaltenen Teilen seiner Werke nur in den Historien (1,22,2; 2,59,2f.81,3; 4,40,3). Zur etwas anderen Darstellung des „Dreiecksverhältnisses“ Nero-Otho-Poppaea in den Annalen 13,45f. vgl. z. B. Murison, C. L., Galba, Otho and Vitellius: Careers and Controversies, Hildesheim 1993, 75–80 (Spudasmata 52) und Chilver (1979, 70f.). 28 Tacitus erinnert mit diesem Ausdruck sarkastisch an das in der Republik übliche Verfahren. 29 Damit wurden von ihren Gegnern Angehörige der sog. stoischen Senatsopposition unter Nero charakterisiert, deren herausragender Vertreter Thrasea Paetus gewesen war (vgl. Tac. ann. 13–16). 30 Die feierliche Adoption Erwachsener in Gesetzesform hieß arrogatio („Befragung“) und fand vor den Kuriatkomitien, der ältesten Form der Volksversammlung, statt; sie entschieden nach dem Sachvortrag des Pontifex maximus über die rechtliche Zulässigkeit und konnten so eine Machtkonzentration durch Adoption in einer Familie verhindern. 31 Pisos Großvater war von einem Enkel des Triumvirn Crassus adoptiert worden; seine Mutter war eine Urenkelin der Frau des Pompejussohnes Sex. Pompeius. – Galbas Mutter war eine Enkelin des Q. Lutatius Catulus, der 82 v. Chr. das Kapitol nach einem Brand wieder aufgebaut hatte, und Urenkelin des Zerstörers von Korinth, L. Mummius (zu den Einzelheiten vgl. Murison [oben Anm. 27] 64–66, vor allem Anm. 3 und 4). Die gens Sulpicia gehörte zu den angesehensten römischen Familien.
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32
Anmerkungen
Augustus hatte die Söhne seiner Tochter Julia und des M. Agrippa, Gaius und Lucius Caesar, adoptiert und als mögliche Nachfolger vorgesehen. Sie starben aber beide jung. Übrig blieb der ungeliebte Tiberius (Claudius Nero), den seine Mutter Livia mit in ihre zweite Ehe gebracht hatte. 33 „Rednerbühne“ steht für das Forum und damit für das römische Volk. – Die Kaserne der Prätorianergarde lag am nordöstlichen Stadtrand von Rom. 34 Mit dieser Formulierung schließt Galba an die „gute alte“ Zeit an, in der bei verschiedenen Völkern die „Heereslese von Mann zu Mann“ üblich war: Der erste Mann des Aufgebots bestimmte den nächsten usw., bis die erforderliche Zahl erreicht war (vgl. Livius 9,39,5 und Ogilivie, R. M., A commentary on Livy, Books 1–5, Oxford 1965, zu Livius 4,26,3). 35 Die Lanze war wie bei uns der Hammer das Symbol für Versteigerungen. Sie wurde vor dem in Frage kommenden Objekt in den Boden gesteckt. 36 Den Annalen zufolge (13,46) hatte Nero Othos Gattin Poppaea Sabina, die schönste Frau im Rom ihrer Zeit, zu seiner Mätresse gemacht und dann den Freund und „Nebenbuhler“ nach Lusitanien versetzt (vgl. 1,13,3). 37 Otho legte großen Wert auf Kleidung und Gesichtspflege; mit mollis umschreibt Tacitus aber auch den Vorwurf, er habe in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung den „passiven“ Part übernommen (vgl. 1,30,1). 38 C. Ofonius Tigellinus war unter Nero unter anderem Kommandant der Prätorianergarde; er übte einen sehr schlechten Einfluss auf den Kaiser aus und wird in der Literatur als völlig skrupelloser Lüstling und Verbrecher dargestellt (vgl. 1,72). 39 Das war um ein Drittel mehr als der Monatslohn eines einfachen Legionärs (vgl. 1,66,1). „(U)m einen Vorwand für seine Zuwendungen zu haben, betrachtet Otho die den Kaiser eskortierenden Prätorianer sozusagen als von ihm zu einem convivium publicum geladene Gäste, wobei er gleichzeitig von der durch Nero eingeführten Neuerung Gebrauch macht, nach der die mit einer öffentlichen Bewirtung verbundenen Naturalleistungen durch Bargeld abgegolten wurden …“ (Heubner 1963, 64). 40 Die speculatores („Späher, Kundschafter, Kuriere“) waren Elitesoldaten unter den (elitären) Prätorianern, die den Kaiser als Personenschutz begleiteten und zu Kommandounternehmen herangezogen wurden. 41 Tiberius hatte diesen Palast an der Nordwestseite des Palatins erbaut. – Das Velabrum, ein für seine Feinkostläden bekannter Lebensmittelmarkt, lag zwischen Palatin und Tiber. – Der goldene Meilenstein zwischen Rostra und Saturntempel bezeichnete den Ausgangspunkt aller wichtigen Straßen
Buch 1
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des Reichs. Auf ihm waren die Entfernungen zu größeren Städten angegeben. 42 In dem auch sprachlich die sich überstürzende Entwicklung charakterisierenden Satz ist die Folge: „Er stellte sich deshalb den Soldaten nicht in den Weg“ durch die Deutung seines Verhaltens: „Er war eingeweiht“ ersetzt. 43 Die Eltern und zwei Brüder des 30-jährigen Piso waren unter Claudius und Nero hingerichtet worden; er selbst hatte lange Zeit in der Verbannung verbracht (vgl. 1,48,1). 44 Nero hatte angeblich vor, nach Alexandria zu fliehen (vgl. 1,5,1. 31,3.70,1). 45 Die porticus Vipsania hatte M. Vipsanius Agrippa, Augustus’ Kampfgefährte und Schwiegersohn, auf dem Marsfeld errichtet. – Das atrium Libertatis lag zwischen Kapitol und Quirinal. 46 Vgl. 1,6,2. 47 Vgl. 1,6,2. 48 Jeder zehnte Mann der Einheit wurde wegen ihres militärischen Versagens aus Feigheit oder Gehorsamsverweigerung ausgelost und zu Tode geprügelt. 49 Zu Fonteius Capito, Clodius Macer, Petronius Turpilianus und Nymphidius Sabinus vgl. 1,5–7. Die Gründe für die Hinrichtung der übrigen genannten Männer kennen wir nicht. 50 Sie waren Freigelassene bzw. Vertraute Neros. 51 In Rom durften keine Waffen getragen werden. Selbst die Wachen am Palatium zogen in der Toga auf, die den Römer als „Zivilisten“ kennzeichnete, und ließen ihre Schwerter nicht sehen. 52 Vologaesus (oder -es), Partherkönig von 51 bis 79, und sein Bruder Pacorus, der ungefähr von 54 bis 72 über die Meder herrschte, werden als Gegner Neros in den Annalenbüchern 13–15 mehrfach erwähnt. Arsaces I. hatte in der Mitte des 3. Jh.s v. Chr. ihre Dynastie begründet; sein Name wurde zum offiziellen Königstitel. 53 Dieser auf dem Forum neben der Basilica Iulia gelegene Brunnen oder Teich war abgelassen worden und bestand in der Kaiserzeit nur mehr aus einem „unregelmäßige(n), gepflasterte(n) Areal …, auf dem sich ein Altar oder eine andersartig zu deutende, eingefriedete Anlage erhob“ (Höcker, Ch., Art. „Lacus Curtius“: DNP 6 [1999] 1048). 54 Ein evocatus („aufgeboten“) war ein Veteran, der sich im Bedarfsfall nochmals kurzfristig verpflichten ließ. Galba hatte die Elitesoldaten seiner Leibwache aber ebenfalls als evocati („[von ihrem Kommandeur] ausge-
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Anmerkungen
wählt“) bezeichnet (Sueton, Galba 10,3). Falls Vercilio zu ihnen gehörte, war der Verrat umso abscheulicher. 55 Galba wurde also auch umgebracht, weil er lediglich als Spielball in den Händen anderer, vor allem des verhassten Vinius, angesehen wurde (vgl. 1,6,1.12,3.34,1.39,2). 56 Augustus hatte diesen Tempel an der Stelle des Forums errichten lassen, an der Cäsars Leichnam verbrannt worden war. 57 Er musste damit rechnen, dass sie auch ihm gefährlich wurden, falls er ihre Ansprüche nicht erfüllte. 58 Zur deportatio (in insulam) vgl. Anm. zu 1,2,2. 59 Vgl. Anm. zu 1,41,3. 60 Er wurde wie ein Sklave behandelt, d. h. gekreuzigt. 61 Die Namen stehen für die Auseinandersetzungen im Bürgerkrieg zwischen Cäsar und Pompejus und ihren Nachfolgern Octavian und M. Antonius in den Jahren 48, 42, 40 und 43 v. Chr. (vgl. die Zeittafel im Anhang). 62 Vgl. 1,6,2. 63 Sie hatten neben steuerlichen Erleichterungen das römische Bürgerrecht und zusätzliche Gebiete erhalten (vgl. 1,8,1.53,3). 64 Vgl. 1,37,3. 65 Das überlieferte imperandi hat zahlreiche Änderungsvorschläge erfahren, allein schon deshalb, weil unklar bleibt, ob sich der Ausdruck auf Vitellius oder seine Anhänger bezieht (impetrandi L, J. F. Gronovius : imperi dandi Nipperdey : ei parendi Meiser : intemperanti Weidner : imperitandi Fisher : imper‹ii ad sign›andi Andresen); Heubner tilgte aviditate imperandi sogar als in den Text gedrungene Randbemerkung eines Kopisten. Man wird es aber trotz seines Einwands beibehalten können: Vitellius’ Umgebung hofft darauf, dass sie wegen seiner Schwäche selbst die Macht ausüben kann. Auch Damon („in their greed for control“) und Morgan (Philologus 146 [2002] 339–349: „eagerness to exercise command“) sprechen sich für die Beibehaltung aus. Dennoch bleibt überlegenswert, ob man nicht vor imperandi eine crux desperationis setzen sollte. 66 Die aus einem rechteckigen Tuch bestehende Toga wurde unter der rechten Achsel hindurch quer über die Brust zur linken Schulter hin drapiert; in dem sich dabei bildenden Bausch konnte man wie in einer Handtasche kleinere Gegenstände unterbringen. 67 Es handelte sich um Modelle einer Hand oder verschlungener Hände aus Metall (vgl. 2,8,2). 68 Kummer und Trauer brachte man durch eine einfache und schmutzige Kleidung zum Ausdruck, die Mitgefühl erregen sollte (vgl. 2,60,1).
Buch 1
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Der Hauptort der Ubier (oppidum Ubiorum), in dem als Mittelpunkt des Kaiserkults die ara Ubiorum stand, wurde im Jahre 50 zur Koloniestadt erhoben und nach Agrippina, der dort geborenen Mutter Kaiser Neros, Colonia Claudia Ara Agrippinensis(-ium) „Köln“ benannt. 70 Gemeint sind „Ministerien“ wie ab epistulis (Korrespondenz), a libellis (Petitionen) und a rationibus (Finanzen). 71 Vgl. 1,46,1–4. 72 Er hatte Galba vom drohenden Aufstand unterrichtet (vgl. 1,12,1). 73 Die unter Nero aus Marinesoldaten gebildete legio I classica erhielt unter Otho den Beinamen Italica. 74 Als sagina bezeichnete man das kohlenhydratreiche „Mastfutter“ der Gladiatoren (2,71,1 nochmals für Vitellius’ Gefräßigkeit verwendet). 75 Valens wählte Tacitus’ Darstellung nach folgende Marschroute durch Gallien: Trier, Metz, Toul, Langres, Lyon, Vienne, Luc-en-Diois, dann weiter über den Mont Genèvre nach Turin. 76 Vgl. 1,59,1. 77 Der Revolte des Iulius Vindex gegen Nero schloss sich Vienna an, Lugdunum blieb dem Kaiser treu. 78 Mit diesen Gesten bat man ebenso wie mit den mit weißen Wollfäden umwundenen Ölzweigen und den Kopfbinden als Zeichen der Unterwürfigkeit um Gnade und Schutz. 79 300 Sesterze entsprachen 75 Denaren, dem Drittel des Jahressolds eines einfachen Legionärs. Dem Folgenden kann man entnehmen, dass die Viennenser an diesem großzügigen „Geschenk“ nicht ganz unbeteiligt waren. 80 Es handelte sich wahrscheinlich um Aquae Helveticae (Baden im Kanton Aargau). 81 Kriegsgefangene wurden bei Sklavenauktionen wie Opfertiere bekränzt. Die Erlöse flossen in die Staatskasse. 82 Die Helvetier schickten also eine Gesandtschaft zu Vitellius; wo sich dieser damals aufhielt, verrät uns Tacitus nicht. 83 Vgl. 1,45,2.58,1. 84 Tacitus hatte durch die Formulierung foeda pueritia, impudica senecta darauf angespielt, dass Tigellinus in gleichgeschlechtlichen Beziehungen als junger Mann den „weiblichen“, später den „männlichen“ Teil übernommen hatte. Auch sonst war er angeblich ständig von Gespielinnen umgeben. Das war insgesamt gesehen ein unrömisches, effeminiertes Fehlverhalten. Wie ein Mann verhielt er sich nur bei den Untugenden Grausamkeit und Habgier.
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Anmerkungen
Zu Vinia Crispina, die hier wohl gemeint ist, vgl. 1,13,2.47,2. Über die Rettung der Frau (vor Nero?) wissen wir sonst nichts. 86 Plutarch, Otho 2,3 berichtet, Tigellinus habe den Überbringer des Todesbefehls zu bestechen versucht und ihn, als dies misslang, gebeten, so lange zu warten, bis er sich rasiert habe. Darauf schnitt er sich die Kehle durch. 87 Zu Clodius Macer vgl. 1,7,1. Rom war auf Getreideimporte aus Africa und Ägypten, den Kornkammern des Reichs, angewiesen. Wer sie unterbrach, rief damit Krawalle in der Hauptstadt hervor und konnte mit dem Sturz des neuen Princeps rechnen. Vespasian schickte einmal gerade noch rechtzeitig Nachschub (vgl. 4,52,2). 88 Tacitus spielt damit auf die damals weitverbreitete Erbschleicherei an. 89 Der häufige Missbrauch von Majestätsbeleidigungsprozessen vor allem unter Claudius und Nero hatte dazu geführt, dass man aufseiten der Senatoren („die Personen, die verziehen“) von diesem Tatbestand nichts mehr hören wollte. In den vorliegenden Fällen deklarierte man berechtigte Verfahren wegen Erpressung (de repetundis) – sie sind mit den „guten Gesetzen“ gemeint – nachträglich zu ungerechtfertigten Majestätsbeleidigungsprozessen (laesae maiestatis) um. Damit war der auf die Verurteilung folgende Ausschluss aus dem Senat hinfällig. 90 Vgl. 1,13,3. 91 Wie der folgende Satz zeigt, waren sie nur dann ernst zu nehmende Gegner, wenn sie in geschlossener Formation zu Pferd kämpfen konnten. 92 Die Ausgezeichneten durften die purpurverbrämte Toga tragen und die sella curulis, den mit Elfenbein verzierten Klappstuhl ohne Rückenlehne, benützen; außerdem hatten sie das Vorrecht, bei Debatten im Senat gleich zu Beginn ihre Auffassung zu vertreten und damit deren Verlauf oft entscheidend zu beeinflussen. 93 Entweder ließen sie sich nicht sehen oder taten so, als hörten sie nichts, um nicht gegen ihre Kameraden vorgehen zu müssen. 94 Gedacht ist vor allem an die Toga mit dem breiten Purpurstreifen, vielleicht auch an goldene Fingerringe. Wahrscheinlich tauschte man mit den Sklaven ad pedes, die Gäste bei einem Bankett regelmäßig begleiteten, die Kleider. 95 Der folgende Satz spricht dafür, dass es auf dem Rückweg zu Ausschreitungen kam (vgl. auch 1,85,1). 96 Das entsprach 20 Monatsgehältern eines einfachen Prätorianers. Unter Domitian betrug der Jahressold eines Legionärs 1200 Sesterze. 97 Otho umschreibt damit den Krieg.
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Die umgangssprachliche Beteuerungsformel herc(u)le wurde im Sinne von „Herkules ist mein Zeuge!“, „Gott sei’s geklagt!“, aber auch als Ausdruck des Erstaunens oder ironisierend („erstaunlicherweise“, „natürlich“, „selbstverständlich“, „tatsächlich“) gebraucht. 99 Die Prätorianergarde wurde ursprünglich fast nur in den italischen Kerngebieten Latium, Etrurien, Umbrien rekrutiert. Die Elitesoldaten verfolgten die Ausweitung auf außeritalische Gebiete unter Claudius und Nero mit Misstrauen. Mit der Beschwörung des alten Zustands appelliert Otho an ihr Ehrgefühl und schmeichelt ihnen zugleich. Der Senat, dessen Hohelied ihn Tacitus singen lässt, spielte in Wirklichkeit bei den Auseinandersetzungen keinerlei Rolle (vgl. auch 1,85,3). 100 Diese älteste, schmale Holzbrücke über den Tiber, die Augustus wiederherstellen ließ, stand im Ruf einer gewissen Heiligkeit und Unverletzlichkeit. Dies fand seinen Ausdruck unter anderem darin, dass für ihre Instandhaltung die Pontifices zuständig waren. 101 Das geschah als Voraussetzung für ein erfolgreiches Unternehmen in einem altertümlichen Ritual, mit dem die pax deorum wiederhergestellt wurde: Der Zuständige zog dreimal um die Stadtgrenze (pomerium) und opferte anschließend einen Eber, einen Widder und einen Stier (su-ovetaur-ilia). 102 Vitellianis exercitibus will Wellesley, K., A major crux in Tacitus: Histories II. 40, in: JRS 61 (1971) 28–51, 47 Anm. 56, mit den entsprechenden Konsequenzen für Othos Strategie als Dativ verstehen („für … Heere“). Chilver (1979, 155f.) und Damon (2003, 281) sprechen sich aus sprachlichen und inhaltlichen Gründen überzeugend dagegen aus. 103 Zur Stellung der Marinesoldaten allgemein vgl. im Anhang „Das römische Militär“, zu ihrer Behandlung durch Galba vgl. 1,6,2. 104 Die Erhebung des Statthalters von Dalmatien M. Furius Camillus Scribonianus im Jahre 42 gegen Claudius endete nach wenigen Tagen damit, dass ihn einer seiner Soldaten umbrachte (vgl. 2,75). 105 Es handelte sich um zwölf Rundschilde, von denen angeblich einer unter König Numa als Geschenk Jupiters vom Himmel gefallen war. Um ihn zu schützen, wurden elf Kopien angefertigt. Die altehrwürdige Priesterschaft der Salier führte diese Schilde bei ihren Umzügen im März und Oktober jedes Jahres mit sich. Danach wurden sie wahrscheinlich wieder in der curia Saliorum auf dem Palatin eingeschlossen. 106 Die Güter der von Nero geächteten Personen wurden auf staatlichen Auktionen versteigert, deren Erlöse in die kaiserliche Privatkasse (fiscus) flossen. Die unter Galba aus dem Exil zurückgerufenen Senatoren erhielten von Otho ihr Eigentum zurück, falls es noch nicht versteigert war.
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Anmerkungen
Buch 2 1 Tacitus leitet damit zur flavischen Dynastie über: Auf die beiden senatsfreundlichen und deshalb „guten“ Kaiser Vespasian und Titus folgte das „Scheusal“ Domitian, das sich schon bald mit dem Senat überwarf und schließlich einem Attentat zum Opfer fiel. 2 Berenike war die Schwester Herodes Agrippas II., des letzten Königs von Judäa. Der im Jahre 39 geborene Titus hatte seine Romanze mit der mehr als zehn Jahre älteren Frau, die ihm später nach Rom folgte, wohl schon zwei Jahre vorher als Legionskommandeur im Heer seines Vaters begonnen. 3 Da selbst erfahrene Seeleute die Position eines Schiffes nur ungenau bestimmen konnten, segelte man gewöhnlich so lange wie möglich mit Landsicht in Küstennähe (wie dies Titus zunächst die griechische und kleinasiatische Küste entlang tat). Nur wenn man auf dem direkten Weg schneller vorankommen wollte oder musste, ließ man sich auf das Wagnis einer Fahrt auf hoher See ein. Das Problem wurde erst im Jahre 1735 gelöst, als der Londoner Uhrmacher John Harrison eine Methode zur genauen Bestimmung des Längengrads erfand. 4 Die dem rätselhaften sakralen Gegenstand angemessene, rhetorisch gekünstelte Umschreibung meint eine konisch zulaufende Steinsäule. – Bei den Wagenrennen im römischen Zirkus dienten zwei kegelförmige Säulen als Wendemarken. 5 Vgl. 1,10,3. 6 Pompejus unterlag Cäsar 48 v. Chr. bei Pharsalos in Thessalien, die Cäsarmörder Brutus und Cassius wurden von Antonius und Octavian 42 in der Doppelschlacht von Philippi in Ostmakedonien geschlagen, Antonius verlor 31 gegen Octavians Admiral Agrippa die Seeschlacht von Aktium in Nordwestgriechenland. 7 Finanzielle Probleme werden in der römischen Literatur des Öfteren als Auslöser von Rebellionen angeführt. 8 In den erhaltenen Teilen der Historien ist das nicht mehr der Fall. 9 Vgl. 1,54,1. 10 Auf römischen Kriegsschiffen wurde zwischen seemännischem und militärischem Personal mit jeweils eigenen Kommandanten unterschieden (vgl. 2,35,2). Der nautische Kommandant hieß trierarchus oder nauarchus. Die Kapitäne konnten also überzeugend behaupten, zuerst das Einverständnis der Marinesoldaten einholen zu müssen.
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Die legio XIV Gemina trug die Hauptlast in der Entscheidungsschlacht gegen die Britannier im Jahr 61 (vgl. Tac. ann. 14,34; hist. 5,16,3); zu ihrer Rolle im Bürgerkrieg vgl. auch Anm. zu 2,27,2. 12 Da von See keine Gefahr drohte, waren die Buge mit ihren Rammspornen oder Galionsfiguren anders als gewöhnlich zur Küste hin ausgerichtet. 13 Zu den Liburnen vgl. im Anhang „Das römische Militär“, zur Funktion des trierarchus 2,9,1f. Quintius Certus könnte der Kommandant der Marinesoldaten gewesen sein. 14 Vgl. 1,70,1. 15 Ein pluteus war ein auf Rädern beweglicher, großer Schild aus mit (nassen) Häuten überzogenem Weidengeflecht, bei Faschinen handelte es sich um tragbare Schutzschirme aus demselben Material. Die vineae („Weinlauben“) waren aus Holzbrettern oder ebenfalls aus Weidengeflecht zusammengebaute, auf Vorder-, Unter- und Rückseite offene Kästen, die man aneinanderschieben und an die Mauer heranrücken konnte; in diesen Laufgängen war man gegen Beschuss von oben und von den Seiten geschützt. 16 Bei Bedriacum kämpften Otho gegen Vitellius am 14. April 69 (2,43– 45) und Vitellius gegen die Flavianer unter Antonius Primus am 24./25. Oktober 69 (3,15). 17 Zu den zahlreichen Problemen, die das bellum Neronis, die Maßnahmen Neros zwischen März und Juni 68 gegen Iulius Vindex, bietet, vgl. Murison 1–26 (Anm. zu 1,13,3). Nero hatte im Jahre 67 die legio XIV Gemina zusammen mit den Bataverkohorten aus Britannien abgezogen, um sie in den Osten zu verlegen. Als Vindex revoltierte, rief er sie zurück (vgl. 1,59,1.64,2). 18 Der in ihren Grundzügen bereits von den frühen griechischen Geound Historiographen entwickelten „anthropogeographischen Konzeption“ zufolge wirkten sich Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit und Kälte der nördlichen Klimazone auch dahingehend auf ihre Bewohner aus, dass deren große Körper viel Flüssigkeit enthielten und sie deshalb – im Gegensatz zu den im folgenden Paragraphen erwähnten römischen Soldaten – Durst und Hitze nicht ertragen konnten (vgl. z. B. Tac. Germ. 4 und Städele, A., Cornelius Tacitus, Agricola – Germania, Düsseldorf und Zürich 22001, 172–175). 19 Damit ist aller Wahrscheinlichkeit nach der genius Othos gemeint, der als Verkörperung der Kraft und Zeugungsfähigkeit den römischen Mann durchs Leben begleitete. 20 Die römische „Artillerie“ kannte nur Torsionsgeschütze (tormenta), „also Waffen, die ihre Energie … aus der Spannung gedrehter Seilbündel (bezogen), in die jeweils ein Hebelarm eingeschoben war“ (Fischer, Th., Die
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Anmerkungen
Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2012, 229). In den Annalen 12,56,2 nennt Tacitus im Einzelnen catapultae ballistaeque; die Katapulte verschossen Bolzen und Brandgeschosse, die Ballisten auch Steine. Die Formulierung tormentis ac machinis hat Tacitus vielleicht von Livius übernommen. 21 meritum bedeutet pejorativ „Schuld, Vergehen“; deshalb könnte auch gemeint sein: „… in ihre Vergehen verstrickt“. 22 Die Auffassungen der Kommentatoren und Übersetzer, wie noscentes inter se zu verstehen sei, gehen weit auseinander: In dem verbissenen Kampf Mann gegen Mann auf dem erhöhten Straßendamm hatte man nur sein Gegenüber im Auge, während einen die anderen beobachten konnten? Oder: Man kannte den Gegner, weil auf beiden Seiten römische Einheiten kämpften? Oder: Weil man sich gegenseitig kannte und von den anderen beobachtet wurde, kämpfte man mit höchstem Einsatz? 23 Sie waren weder in der Lage, das feindliche Lager zu erstürmen noch, wie sonst im Krieg selbstverständlich, sich für die kommende Nacht mit Wall und Graben zu schützen. Letzteres war allerdings in der gegebenen Situation auch nicht zwingend erforderlich. 24 Sein Vater war ein sogenannter homo novus gewesen, hatte also als Erster seines Geschlechts den Konsulat erreicht (vgl. 2,50,1). Die Julier, Claudier und Servier, denen Othos Vorgänger auf dem Kaiserthron angehörten, zählten zu den angesehensten Familien Roms. 25 Vgl. 1,13,3f. 26 Gemeint sind die Ermordung Galbas und der Selbstmord. 27 Im Zusammenhang lässt sich das avis variierende ales leider nicht wie andernorts mit „Geflügel“ oder „Federvieh“ wiedergeben. Dichterisch kann es die Bedeutungen „Wahrzeichen, Vorbedeutung“ annehmen. 28 Vgl. 1,4,2. 29 Eprius Marcellus, ein hervorragender Redner, gehörte unter Nero zu den am meisten gefürchteten Denunzianten; vor allem durch seinen Angriff auf den Führer der „stoischen Senatsopposition“ Thrasea Paetus hatte er sich viele Feinde gemacht (vgl. Tac. ann. 16,28f.). 30 Ein diploma (griech. „doppelt gefaltetes Stück“) war eine Art Reisepass, der vor allem dazu berechtigte, den cursus publicus, die staatlichen „Postkutschen“, zu benutzen; es wurde nur in dringenden Fällen von der kaiserlichen Kanzlei oder im Namen des Kaisers vom Statthalter ausgestellt (vgl. 2,65,1). 31 Das Fest zu Ehren der Ceres, der Göttin des Getreides und Ackerbaus, wurde vom 12. bis 19. April gefeiert. 32 Vgl. 1,41,2.
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Vgl. 1,13,1. Juba hießen verschiedene mauretanische Könige. Das Gerücht sollte den Eindruck erwecken, Albinus plane die Errichtung eines von Rom unabhängigen Königreichs. 35 Sein Biograph Sueton berichtet (Vitellius 7,2), er habe sein Haus vermietet, seine Familie in einer Mietwohnung untergebracht und einen Ohrring seiner Mutter verpfändet, um die Reise überhaupt finanzieren zu können. 36 Der Knabe war sechs Jahre alt; nach dem Ende seines Vaters ließ Mucian den noch nicht Achtjährigen umbringen (vgl. 4,80,1). 37 Als Angeklagter zeigte man sich in der Öffentlichkeit wie bei einem Trauerfall in dunkler oder schmutziger Kleidung, um das Mitgefühl der Mitmenschen zu erregen (vgl. 1,54,1). 38 Vgl. 1,90,2. 39 Falls kein Testament vorlag und der Erblasser keine Verwandten hatte, fiel das Vermögen an den Staat. 40 Vgl. 1,88,1. 41 Vitellius hatte den Beinamen Germanicus angenommen (vgl. 1,62,2). Da man sich mit dem nomen gentile oder dem cognomen anredete und schriftlich auch unter Familienangehörigen die traditionelle Grußformel benutzte, begann der Brief wohl mit den Worten: Germanicus matri suae salutem. 42 Vgl. 2,54,1. 43 Augustus hatte in L. Arruntius einen möglichen Nachfolger gesehen. Wahrscheinlich konnte Tiberius den Konkurrenten auf Dauer bei der Vergabe der Statthalterposten nicht übergehen, übertrug ihm deshalb die Leitung von Hispania Tarraconensis und ließ ihn dann trotzdem zehn Jahre lang nicht in seine Provinz reisen (vgl. Tac. ann. 1,13,3f.; 6,27,3). 44 Vgl. 1,60. 45 Vgl. 1,59,1.64,2; 2,27,2. Anscheinend glaubte man, die beiden beinahe unkontrollierbaren Einheiten würden sich gegenseitig neutralisieren oder die 14. Legion werde die Bataver, die ursprünglich ja ihr zugeteilt waren, aber bei Bedriacum auf der Seite ihrer Gegner gekämpft hatten, zur Räson bringen. 46 Vgl. 1,65f. 47 Die orgiastischen, zum Teil in Verbrechen ausartenden Feiern zu Ehren des Weingotts Dionysos/Bacchus waren bereits 186 v. Chr. durch Senatsbeschluss streng geregelt worden. 48 Er hatte die ihm von seinen Soldaten nach Neros Tod angetragene Herrschaft abgelehnt (vgl. 1,8,2; 2,51). 34
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49
Anmerkungen
Tacitus verweist auf den Bataveraufstand unter Iulius Civilis voraus (vgl. 4,12–79; 5,14–26). 50 Des Vitellius gegen Galba. 51 Im Oktober 69 bei der Eroberung Cremonas durch die Flavianer (vgl. 3,32f.). 52 Er war wahrscheinlich ein Sohn des in 1,48,1 erwähnten M. Licinius Crassus Frugi, des Konsuls von 64, der von Nero hingerichtet worden war. 53 Das heißt, er wurde gekreuzigt. 54 Vgl. 1,89,2. – Der höchste Dienstgrad, den er als einfacher Soldat erreichen konnte, war der eines Primipilus (vgl. im Anhang „Das römische Militär“). – Scribonianus beging nach einer anderen Version Selbstmord. 55 Neros führender General Cn. Domitius Corbulo wurde nach seiner angeblichen Beteiligung an einer Verschwörung zum Selbstmord gezwungen. 56 Karmel war der namengebende Gott für den südlich des heutigen Haifa in Küstennähe gelegenen Bergrücken. Ursprünglich ein anderer Name für Baal, wurde er später auch mit Zeus identifiziert. 57 Vgl. 1,11,1. 58 Sohaemus, der König des in Nordsyrien gelegenen Emesa, unterstützte die Römer ebenso wie Antiochus von Kommagene unter anderem im Krieg gegen die Juden. Herodes Agrippa II., ein Urenkel Herodes des Großen, war der Bruder der im Folgenden und bereits in 2,2,1 erwähnten Berenike, der Geliebten des späteren Kaisers Titus. 59 In den Annalen (14,40) berichtet Tacitus, dass er an einer Testamentsfälschung beteiligt war. Er wurde deshalb verbannt; damit verbunden war der Ausschluss aus dem Senatorenstand. 60 Sein eigentliches Motiv war wohl, dass er Geschäfte betreiben konnte, die Senatoren verboten waren, wie Handel oder finanzielle Transaktionen. 61 Falls der Sachverhalt den Zeitgenossen nicht allgemein bekannt war, hat Tacitus wohl im verlorenen Nachruf auf Fuscus, der in den 80er Jahren als Prätorianerkommandant im Kampf gegen die Daker fiel, den Namen von dessen Heimatort erwähnt. Die Vermutungen reichen von Pompeji über Aquileia, Fréjus und Vienne bis nach Cordoba (vgl. Ash z. St.). 62 Gladiatoren wurden mit einer kohlenhydratreichen Kost „gemästet“ (vgl. 1,62,2). 63 Sie trugen die Konsuln bei ihren öffentlichen Auftritten im Frieden. 64 An der Cremera, einem Nebenflüsschen des Tiber in Etrurien, waren der historischen Legende nach 477 v. Chr. 300 Angehörige der gens Fabia in einem Hinterhalt der Vejenter gefallen. 387 (oder 390) besiegten die Gallier die Römer an der Allia, einem Bach, der oberhalb Roms ebenfalls in den
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Tiber mündet. Der 18. Juli, der Tag der beiden Katastrophen, war deshalb ein dies religiosus (ater, nefas), an dem man keine Opfer darbringen und kein Unternehmen beginnen durfte. 65 Zu Thrasea Paetus, Helvidius’ Schwiegervater und Führer der sogenannten stoischen Senatsopposition gegen Nero, vgl. Tac. ann. 16,21f. 66 Die Klienten fanden sich jeden Morgen im Atrium des Hauses ihres Patrons ein. Mit ihrer Zahl stieg dessen Ansehen. 67 Nero hatte zur Verringerung seiner finanziellen Probleme begüterte Senatoren hinrichten lassen oder ins Exil geschickt und ihren Besitz konfisziert (von Tacitus mit opes imperii umschrieben). Galba hatte ihnen die Rückkehr erlaubt, Otho sie soweit möglich rehabilitiert (vgl. 1,77,3.90,1) 68 Freigelassene waren auch zur finanziellen Unterstützung ihrer in Not geratenen ehemaligen Herren verpflichtet. Durch die Verbannung wurde dieser Rechtsanspruch aufgehoben. In der Zwischenzeit hatten sie unbekannte oder mehr versprechende Gönner gefunden – oder behaupteten dies nur – und wollten oder konnten den Zurückgekehrten nicht mehr unter die Arme greifen. – Zur Funktion der Gewandfalte vgl. Anm. zu 1,52,3. 69 Der auf dem westlichen Tiberufer gelegene ager Vaticanus, ein Wohngebiet kleiner Leute am Fuße des gleichnamigen Hügels, war wahrscheinlich malariaverseucht. – Zur körperlichen Befindlichkeit der Angehörigen nördlicher Völker vgl. Anm. zu 2,32,1. 70 Den für den Kult der vergöttlichten Mitglieder des julisch-claudischen Kaiserhauses zuständigen sodales Augustales gehörten 21 durch das Los bestimmte führende Persönlichkeiten an, zu denen vier Mitglieder der kaiserlichen Familie kamen (in den Annalen 1,54,1 korrigiert sich Tacitus hinsichtlich des Vorbilds: „wie einst Titus Tatius zur Bewahrung sabinischer religiöser Bräuche die Bruderschaft der Titier [sodales Titios] eingerichtet hatte“). 71 Polyclitus und Patrobius waren freigelassene Günstlinge Neros, die ihre Stellung unter anderem dazu nutzten, sich schamlos zu bereichern. Galba ließ beide hinrichten. 72 Tacitus stellt mit Titus Vinius und Fabius Valens, Icelus und Asiaticus jeweils einem Anhänger Galbas einen des Vitellius gegenüber. Vespasians Parteigänger sind sein Beinahekonkurrent Licinius Mucianus (vgl. vor allem 2,5.76) und der Denunziant Eprius Marcellus (vgl. 2,53,1). 73 Cluvius Rufus hatte Spanien verlassen, um sich Vitellius anzuschließen, und verwaltete seine Provinz in absentia (vgl. 2,65,2). 74 Unter Etesien (griech. „Jahreswinde“) verstand man vor allem die während der sogenannten Hundstage in der Ägäis wehenden Nordwestwinde.
ANHANG (zu Band I und Band II)
Zur Textgestaltung Der Text folgt der Ausgabe: P. Cornelii Taciti libri qui supersunt, tom. II, fasc. I: Historiarum libri edidit Henricus Heubner, Stutgardiae MCMLXXVIII. Verglichen wurden vor allem: Cornelii Taciti Historiarum libri recognovit brevique adnotatione critica instruxit C. D. Fisher, Oxonii 1911 (zahlreiche Nachdrucke). – P. Cornelii Taciti libri qui supersunt edidit Erich Koestermann, tom. II – fasc. I, Historiarum libri, Leipzig 101969. – Cornelii Taciti libri qui supersunt ediderunt Stephanus Borzsák et Kenneth Wellesley, Tomus II – Pars Prima, Historiarum libri edidit K. W., Leipzig 1989. An folgenden Stellen wurde vom Heubner-Text abgewichen: 1,2,2 urbes fecundissima M(ediceus), Némethy, Damon : urbes, fecundissima Koestermann, Heubner : urbes, ‹eversa› fecundissima Koestermann in app. crit. (urbes, hausta aut obruta fecundissima Wölfflin, Halm) 1,3,1 necessitates fortiter toleratae Ib (cf. Wellesley), Fisher (post toleratae del. ipsa necessitas) : virgulam post necessitates pos. Wellesley : necessitates ipsa necessitas fortiter tolerata M, Heubner (virgula post necessitates posita) : alii alia 1,7,1 Carutianus W. Heraeus, Heubner 1,11,1 domi M, Wellesley : dom‹u›i Ricklefs, Heubner 1,52,2 [aviditate imperandi] Heubner 1,77,3 †Saevino Promquo† Damon : saevino prom-se (vel promque?) M (promquo M1 fortasse) : †Saevino P… Fisher : Scaevino Paquio Hirschfeld, Heubner : Saevino Propinquo Andresen, Wellesley 1,87,2 †immutatus† Damon : immutatus IbY03, Jacob, Heubner : inuitatus IaY01Y02, Boxhorn, Wellesley : alii alia (cf. app. crit. apud Wellesley) 2,1,1 quod M, edd. : quo Heubner falso, sed recte in comm. pag. 25 2,4,4 †labor Fisher : ardor Rhenanus, Heubner : amor Orelli : pudor Novák : dolor Meiser : rubor Andresen, Morgan (MusHelv 61 [2004] 129138) : casus W. Heraeus 2,28,2 victoria incolumi in Wellesley, Ash : victoriae sanitas sustentaculum columen in M : sanitas, sustentaculum ut glossema secl. Nipperdey, Heubner
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Anhang
2,40 †Aduae crucem posui : Aduae M, Fisher, Heubner : Adduae Puteolanus : Ardae Valmaggi : Hadrae vel Adrae Hardy | Padi et Aduae secl. Nipperdey : †Padi et Aduae† Ash : Padi et *accolae fluminis* Wellesley 2,56,2 tantum M, Fisher (virgula post equitumque posita) : tanta Acidalius, Heubner 2,76,2 voco, quam Müller, Fisher : voco tanquam M : voco [tam] quam Heubner : uoco: tam Wellesley 2,81,1 Agrippa, ignaro – Vitellio, Fisher, alii : Agrippa: ignaro – Vitellio Heubner, alii 3,18,1 †forte victi† cruces pos. Vretska : secl. Eussner, Fisher : fortes invicti Urlichs | victi] victuri L(eidensis), Wellesley (1972, sed textum traditum servavit 1989) : iuncti Heubner : vincti Weissenborn, Morgan (Hermes 131 [2003] 350-357) : alii alia 4,20,4 ipsi M, edd. : ipse Heubner falso, sed recte in comm. pag. 57 4,42,2 Messalla edd. : Messala Heubner (sed § 1 Messalla) 4,42,5 Gaio edd. : Caio Heubner, Le Bonniec 4,42,6 †mores crucem posui : mores M, Heubner, alii : imperatores Wellesley : homines L2 : amores vel auctores Lipsius : ultores Andresen dubitanter : mor‹tal›es Oelschlaeger, Lauletta 4,70,2 auunculo Wellesley, alii : avonculo M, Heubner (sed avunculo in comm. pag. 157) 5,6,1 exsuperant Caesaraugustensis 9439, Wellesley : exuberant (vel exuperant) cett. codd., Le Bonniec : del. Lipsius, Heubner
Literaturhinweise Zu Tacitus und den Historien allgemein: Ash, R., Tacitus, London 2006. Borszák, St., P. Cornelius Tacitus, der Geschichtsschreiber: RE Suppl. 11 (1968) 373 – 512 (Sonderdruck München 21978). Joseph, T. A., Tacitus the Epic Successor. Virgil, Lucan, and the Narrative of Civil War in the Histories, Leiden/Boston 2012 (= Mnemosyne supplements vol. 345). Martin, R., Tacitus, London 1981. Pagán, V. E. (ed.), A companion to Tacitus, Malden, MA - Oxford Chichester 2012 (= Blackwell companions to the ancient world). Paratore, E., Tacito, Roma 21962. Pöschl, V., Tacitus, Darmstadt 21986 (Wege der Forschung XCVII). Sailor, D., Writing and empire in Tacitus, Cambridge 2008. Schmal, St., Tacitus, Hildesheim (Darmstadt) 22009 (Studienbücher Antike 14). Syme, R., Tacitus, Oxford 1958. Woodman, A. J. (ed.), The Cambridge companion to Tacitus, Cambridge 2009. Ausgaben (mit Kommentar und/oder Übersetzung): Heraeus, C., Cornelii Taciti historiarum libri qui supersunt. Vierte, durchgehends verbesserte Auflage. 2 Hefte, Leipzig 1885 und 1899. Wolff, E., P. Cornelii Taciti historiarum libri qui supersunt. Zweite, umgearbeitete Auflage. 2 Hefte, Berlin 1914 (zweite Auflage des zweiten Hefts von G. Andresen 1926). P. Cornelius Tacitus, Die Historien. Kommentar von H. Heubner. Band I: Erstes Buch. Heidelberg 1963. – Band II: Zweites Buch 1968. – Band III: Drittes Buch 1972. – Band IV: Viertes Buch 1976. – Band V: Fünftes Buch (mit W. Fauth) 1982. Tacite, Histoires, Livre I. Edition, introduction et commentaire de P. Wuilleumier. Deuxième édition revue et corrigée, Paris 1973. Tacite, Histoires, Livre I. Texte établi et traduit par †P. Wuilleumier et H. Le Bonniec, annoté par J. Hellegouarc’h, Paris 1987. Tacitus, Histories, Book I. Edited by C. Damon, Cambridge 2003. Tacitus, Histories, Book II, edited by R. Ash, Cambridge 2007.
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Anhang
Chilver, G. E. F., A historical commentary on Tacitus’ Histories I and II, Oxford 1979. Cornelius Tacitus, The Histories, Book III, edited by K. Wellesley, Sydney 1972. Tacite, Histoires, Livres II & III. Texte établi et traduit par H. Le Bonniec, annoté par J. Hellegouarc’h, Paris 1989. Chilver, G. E. F. – Townend, G. B., A historical commentary on Tacitus’ Histories IV and V, Oxford 1985. Tacite, Histoires, Livres IV et V. Texte établi et traduit par H. Le Bonniec, annoté par J. Hellegouarc’h, Paris 1992. Übersetzungen: Tacitus, The Histories. In 2 volumes, with an English translation by C. H. Moore. Books I–III, London/New York 1925. – Books IV–V, 1931 (zahlreiche Nachdrucke, zuletzt Cambridge/London 1992). P. Cornelius Tacitus, Historiae – Historien, lateinisch – deutsch, herausgegeben und übersetzt von J. Borst unter Mitarbeit von H. Hross und H. Borst, Mannheim 72010 (11959). Tacitus, Historien, deutsche Gesamtausgabe, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von W. Sontheimer, Einleitung von V. Pöschl, mit einer Karte, Stuttgart 1959. Tacitus, The Histories. A Translation by K. Wellesley, London 1964 (zahlreiche Nachdrucke, zuletzt 2009). P. Cornelius Tacitus, Historien, Lateinisch/Deutsch. Mit 8 Abbildungen und 6 Karten. Übersetzt und herausgegeben von H. Vretska, revidierte Ausgabe Stuttgart 2009 (11984).
Inhaltsübersicht Buch 1 (1. Januar bis 15. März 69) 1–11 12–50 51–70 71–90
Einleitung: Proömium, Grundlegung der Gesamtdarstellung Galbas Sturz durch Otho; Pisos Adoption; Galbas und Pisos Ermordung Aufstand des Vitellius Othos Herrschaft bis zu seinem Aufbruch aus Rom
Buch 2 (16. März bis Anfang Oktober 69) 1–10 11–51 52–73 74–86 87–101
Die Lage im Osten des Reichs Der Bürgerkrieg zwischen Otho und Vitellius Vitellius’ Zug nach Italien Abfall Vespasians Vitellius Kaiser in Rom
Buch 3 (Oktober bis 20./21. Dezember 69) 1–35 36–86
Kämpfe zwischen Vitellianern und Flavianern bis zur Zerstörung Cremonas Vorrücken der Flavianer bis zur Einnahme Roms; Ermordung des Vitellius
Buch 4 (20./21. Dezember 69 bis Anfang Januar 70) 1–11 12–37 38–47 48–53
Wüten der Flavianer in Rom Beginn des Bataveraufstands (Sommer 69) Ereignisse in Rom (Anfang 70) Ereignisse in Africa; Vespasian in Alexandria; Wiedererrichtung des Kapitolinischen Tempels
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54–79 80–86
Anhang
Bataveraufstand, Sieg des Cerialis bei Trier Mucian, Domitian und ihr Zug nach Gallien; Vespasian in Alexandria
Buch 5 (Beginn des Jahres 70) 1–13 14–26
Titus vor Jerusalem; Judäa – das Land und seine Bewohner Ende des Bataveraufstands
Zeittafel 753 v. Chr. 753 – 509
sagenhafte Gründung Roms Königszeit: Romulus, Numa Pompilius, Tullus Hostilius, Ancus Martius, Tarquinius Priscus, Servius Tullius, Tarquinius Superbus
509 – 31 Zeitalter der Republik 509
387/386 (oder 390?) 264 – 241 218 – 201 149 – 146 146 133 123 107 – 100 106 – 48 100 – 44 91 – 88 88 – 82 82 – 79 82 – 30 63 v. – 14 n. Chr.
60 53
Vertreibung des letzten römischen Königs Tarquinius Superbus durch L. Brutus, Einführung des Konsulats Niederlage an der Allia und Zerstörung Roms durch die Gallier 1. Punischer Krieg 2. Punischer Krieg 3. Punischer Krieg Zerstörung Karthagos und Korinths Asia römische Provinz; Ti. Sempronius Gracchus Volkstribun C. Sempronius Gracchus Volkstribun Konsulate des C. Marius Cn. Pompeius Magnus C. Iulius Caesar Bundesgenossenkrieg Bürgerkrieg zwischen Marius und Cinna auf der einen und Sulla auf der anderen Seite Sulla Diktator M. Antonius C. Octavius (nach seiner Adoption C. Iulius Caesar Octavianus, ab 27 v. Chr. Ehrenname Augustus) 1. Triumvirat zwischen Cäsar, Pompejus und Crassus Niederlage gegen die Parther und Tod des Crassus bei Carrhae
236
48
44 43
42 41/40
31
Anhang
Sieg Cäsars über Pompejus bei Pharsalos (Pharsalia) in Thessalien, Tod des Pompejus in Ägypten Cäsars Ermordung 2. Triumvirat zwischen Antonius, Lepidus und Octavian; Antonius belagert den Cäsarmörder Brutus in Mutina Schlacht bei Philippi, Tod der Cäsarmörder Brutus und Cassius sogenannter Perusinischer Krieg zwischen L. Antonius, dem Bruder des Triumvirn, und Octavian Seeschlacht bei Aktium in Epirus, Tod des Antonius
ab 31 v. Chr. Prinzipat 31 v. – 14 n. Chr. 9 n. Chr. 14 – 37 37 – 41 41 – 54 54 – 68 69 69 – 79 79 – 81 81 – 96 96 – 98 98 – 117 117 – 138
Octavian (ab 27 v. Chr. Augustus) Niederlage des Quinctilius Varus im Teutoburger Wald Tiberius C. Caesar (Caligula) Claudius Nero Galba (ab Mitte 68), Otho, Vitellius Vespasian Titus Domitian Nerva Trajan Hadrian
Servius Sulpicius Galba (geb. 24. Dezember 3 v. Chr., Kaiser: 8. Juni 68 – 15. Januar 69) Anfang April 68 8. (?) Juni 68
Erhebung gegen Nero, Ausrufung zum Imperator Anerkennung durch den Senat
Zeittafel
September/Oktober 68 10. Januar 69 15. Januar
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Einzug in Rom Adoption Pisos Ermordung Galbas, Pisos und des T. Vinius
Marcus Salvius Otho (geb. 28. April 32, Kaiser: 15. Januar – 16. April 69) 15. Januar 14. oder 15. März 14. April 16. (17.?) April
Erhebung zum Kaiser Abmarsch aus Rom Niederlage gegen die Vitellianer bei Bedriacum Selbstmord
Aulus Vitellius (geb. 7. [24.?] September 12 [15?], Kaiser: 2. Januar – 20. Dezember 69) 2. Januar 14. April 19. April 17. (?) Juli 24./25. Oktober 17. Dezember 19. Dezember 20. Dezember 20. oder 21. Dezember
Ausrufung zum Imperator in Köln Sieg über Otho in der ersten Schlacht von Bedriacum Anerkennung durch den Senat Einzug in Rom Niederlage gegen die Flavianer in der zweiten Schlacht bei Bedriacum, Plünderung Cremonas Kapitulation der Truppen in Narnia Brand des Kapitols Eroberung Roms durch die Flavianer Ermordung
(Titus Flavius) Vespasianus (geb. 17. November 9, Kaiser: 1. Juli 69 – 23. Juni 79) zweite Hälfte 66 67 1. Juli 69 Sommer 69 21. oder 22. Dezember erste Hälfte Oktober 70 vor Ende Oktober 70 (?)
Ausbruch des jüdischen Aufstands Oberbefehl im Krieg gegen die Juden Ausrufung zum Imperator in Alexandria Beginn des Bataveraufstands Anerkennung durch den Senat Einzug in Rom Niederwerfung des Bataveraufstands
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Anhang
Titus (Flavius Vespasianus) (geb. 30. Dezember 39 [?], Kaiser: 24. Juni 79 – 13. September 81) erste Hälfte Januar 69 Ende 69 August/September 70 Juni 71
Titus in Paphos Oberbefehl im Krieg gegen die Juden Einnahme Jerusalems Triumph über die Juden zusammen mit Vespasian
(Titus Flavius) Domitianus (geb. 24. Oktober 51, Kaiser: 14. September 81 – 18. September 96) [Ab Servius Sulpicius Galba folgen die Zeitangaben: Kienast, D., Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie, Darmstadt 52011]
Politische und gesellschaftliche Begriffe Ämterlaufbahn (cursus honorum oder certus ordo magistratuum): die Reihenfolge der seit Augustus an ein bestimmtes Mindestalter gebundenen (Ehren-)Ämter, um die sich ein römischer Bürger bewerben konnte: Quästur (25 Jahre), Ädilität (27), Prätur (30), Konsulat (43). Zuvor hatte man als Militärtribun Dienst im Stab einer Legion zu leisten und gehörte manchmal als Vigintivir einer für kleinere Verwaltungsaufgaben wie Münzmeisterei oder Straßenreinigung zuständigen hauptstädtischen Behörde an. Augur: Angehöriger eines angesehenen, seit Cäsar aus 16 Personen bestehenden Priesterkollegiums, der vor wichtigen öffentlichen Unternehmungen die Zustimmung der Götter einholen musste und dazu in einem altertümlichen Ritual (augurium) göttliche Zeichen wie Blitz und Vogelflug (auspicium) deutete. Das Amt hieß auguratus. auspicium: Deutung der von Vögeln verkündeten göttlichen Zeichen, u. a. als Voraussetzung für die Übernahme wichtiger politischer Funktionen, dann auch die damit verbundene Befehlsgewalt. Caesar: cognomen in der gens Iulia, das seit Augustus zum Namensbestandteil aller römischen Herrscher und zum Titel möglicher Thronfolger wurde (vgl. die Weiterentwicklungen zu Kaiser und Zar). Dekurio: ursprünglich Kommandant einer militärischen Einheit von 10 Mann, bei der kaiserzeitlichen Kavallerie einer Schwadron (turma) von etwa 30 Mann. Diktator: ein Konsular, der sein außerordentliches Amt in Notzeiten nach einem entsprechenden Senatsbeschluss von einem Konsul für höchstens sechs Monate übertragen erhielt und vor allem im militärischen Bereich über alle Vollmachten verfügte. Exil: in der Kaiserzeit durch den Senat für verschiedene Vergehen ausgesprochene Strafe: Untersagung des Aufenthalts an einem Ort oder Zuweisung eines bestimmten Aufenthaltsorts, oft auf einer Insel (deportatio in insulam). Bei der schärfsten Form des Exils, die mit der Ächtung (interdictio aquae et ignis) verbunden war, verlor der Verurteilte Bürgerrecht und Vermögen, bei der milderen (relegatio) behielt er sein Vermögen. Fiskus: die Privatkasse der Kaiser im Gegensatz zum aerarium, dem Staatsschatz des römischen Volkes. Forum: Markt- und Versammlungsplatz, auch für Gerichtsverhandlungen. Freigelassener: ehemaliger Sklave, der von seinem Herrn (patronus) aus dem Sklavenstand entlassen worden war. Der libertus schuldete seinem
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Patron nach wie vor Respekt und Gehorsam, der Patron war verpflichtet, ihm in einer Notlage zu helfen. Tacitus bezeichnet Freigelassene oft weiterhin abschätzig als Sklaven. Imperator: ursprünglich ein Amtsträger mit militärischem Kommando, später ein dem Namen nachgestellter Ehrentitel für Kommandeure, die nach einem Sieg von ihren Soldaten als Imperator gefeiert und als solcher vom Senat anerkannt wurden; seit Augustus anstelle des ererbten Vornamens Namensbestandteil der Kaiser und designierten Nachfolger. Klient: in einem persönlichen Abhängigkeits- und Treueverhältnis zu seinem Patron stehender Bürger, der in der Kaiserzeit vor allem die Aufgabe hatte, diesen politisch zu unterstützen, und dafür von seinem Patron Schutz und Hilfe erwarten durfte. Kolonie: außerhalb Latiums, später Italiens für Bauern, besitzlose Bürger und Veteranen angelegte Siedlung mit römischem Bürgerrecht. Konsul: einer der beiden höchsten Amtsträger, die jeweils für ein Jahr vom Senat gewählt, später auch für kürzere Zeit vom Kaiser ernannt wurden – im Jahr 69 erreichten 16 Männer den Konsulat – und in der Republik alle innen- und außenpolitische Entscheidungsmacht hatten, soweit sie nicht durch Herkommen oder Gesetz bei anderen Organen lag. In der Kaiserzeit kamen nur mehr candidati principis zum Zug, die die Vorgaben der kaiserlichen Politik umzusetzen hatten (Konsular: ehemaliger Konsul; Prokonsul: in der Kaiserzeit Titel der Statthalter senatorischer Provinzen [pro consule „in Vertretung eines Konsuls“]; Suffektkonsul: auf die namengebenden consules ordinarii folgender „Nachrücker“). Kurie: die von Cäsar begonnene, von Augustus vollendete curia Iulia auf dem Forum Romanum, in der regelmäßig der Senat tagte. Ursprünglich bezeichnete curia (wohl *co-viria „Männerbund“) eine Untergliederung der Tribus mit jeweils eigenem Versammlungsgebäude; Romulus soll das Volk in 30 Kurien eingeteilt haben. Legat: „Abgesandter, Abgeordneter“: 1. Gesandter; 2. Adjutant und Vertreter eines obersten Amtsträgers außerhalb Italiens: a) eines Prokonsuls oder -prätors, b) Kommandeur einer Legion, c) Statthalter einer kaiserlichen Provinz (legatus Augusti pro praetore „… in Vertretung eines Prätors“). Liktor: Bediensteter eines hohen Amtsträgers, der diesem als Zeichen seiner Amtsgewalt das Rutenbündel (mit dem Richtbeil) voraustrug; der Konsul wurde von 12, der Prätor von 6 Liktoren begleitet. In 2,29,1 setzt ein Kommandeur Liktoren gegen meuternde Soldaten ein; der Terminus könnte demnach auch eine Art Militärpolizei meinen.
Politische und gesellschaftliche Begriffe
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Marsfeld: dem Mars geweihte, ursprünglich freie Fläche östlich des Tiber gegenüber dem ager Vaticanus. Militärtribun: s. Tribun. municipium: ursprünglich unterworfene Gemeinde mit Selbstverwaltung und „Halbbürgerrecht“, in der Kaiserzeit „Normalform der nichtkolonialen Bürgergemeinde“. Palatium: der mittlere der sieben Hügel Roms (auch: mons Palatinus), eine bereits in republikanischer Zeit beliebte Wohngegend, in der Augustus und seine Nachfolger ihre „Paläste“ errichteten. Plebejer (plebs): die Masse der römischen Bürger im Gegensatz zu den Patriziern (auf die Königszeit zurückgeführter Geburtsadel) oder den Optimaten (Senatsaristokratie der republikanischen Zeit), deshalb manchmal abwertend „der Pöbel“, von Tacitus meist aber nur variierend mit vulgus, „das (einfache) Volk“, gebraucht. Pontifex: Mitglied des aus 16 Personen bestehenden vornehmsten Priesterkollegiums, das die Aufsicht über das gesamte religiöse Leben hatte, mit dem p. maximus als Vorgesetztem und Vertreter des Gremiums nach außen. Das Amt hieß pontificatus. praefectus: Vorgesetzter an der Spitze eines Amtes oder Kommandant einer militärischen Einheit, z. B. der Kohorten und Reiterschwadronen der Hilfsvölker. – p. annonae: dem Ritterstand angehörender Leiter der Getreideversorgung. – p. castrorum: der für das technische Funktionieren des Lagers (Disziplin, Gebäude, Exerzieren, Bezahlung, Verpflegung, medizinische Versorgung) und den Wachdienst zuständige Lagerkommandant; er übernahm bei Abwesenheit des Legionskommandeurs und seines Stellvertreters das Kommando. – p. classi: Kommandant der Kriegsflotte in Misenum und Ravenna (p. remigum: Kommandant der Rudermannschaften). – p. praetorio: zwei dem Ritterstand angehörende Kommandanten der Prätorianergarde. – p. urbi: Stadtkommandant, Stellvertreter des Kaisers in Rom. – p. vigilum: Kommandant der Feuerwehr und „Polizei“ in Rom. Prätor: der zweithöchste Amtsträger; ursprünglich waren zwei Prätoren zuständig für Rechtsprechung, später erhöhte man ihre Zahl und dehnte ihren Aufgabenbereich auf die Verwaltung unterworfener Gebiete aus (pro praetore „in Vertretung eines Prätors“). – Prätorier: ehemaliger Prätor. Prätorianer: neun in und um Rom stationierte Eliteeinheiten wahrscheinlich zu je 500 Mann (cohortes praetoriae) als Garde des Kaisers und Ausbildungsstätte für die Zenturionen. Prinzipat: von Augustus und seinen Nachfolgern verwendete Bezeichnung für ihre in allen Bereichen des öffentlichen Lebens überragende Machtstellung als „erster Bürger“ (princeps). Damit hofften sie bei ihrer
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De-facto-Alleinherrschaft den Anschein der Fortsetzung der republikanischen Staatsform aufrechterhalten zu können. Prokonsul: s. Konsul. Prokurator: Amtsträger aus dem Ritterstand, meist ein Freigelassener des Kaisers, der die Steuer- und Zollverwaltung einer Provinz leitete, in kleineren Provinzen auch Statthalter sein konnte. Proprätor: s. Prätor. Provinz: Untertanengebiet außerhalb Italiens, das von einem Statthalter mit Imperium (pro consule oder pro praetore) verwaltet wurde. In der Kaiserzeit wurde zwischen senatorischen und kaiserlichen Provinzen unterschieden; in letzteren waren die römischen Streitkräfte stationiert (Ausnahme: Africa). Senatorische Provinzen wurden von einem Prokonsul (in Africa und Asia ein Konsular, sonst ein Prätorier) mit in der Regel einjähriger Amtsdauer geleitet. An der Spitze der kaiserlichen Provinzen stand ein legatus Augusti pro praetore – in Provinzen mit zwei oder mehr Legionen Konsulare, sonst Prätorier bzw. dem Ritterstand angehörende praefecti. Quästor: zunächst ein Gehilfe des Konsuls, später in den Provinzen hauptsächlich für Finanzen zuständig. Mit der Quästur begann die Ämterlaufbahn. Wer (nur) Quästor gewesen war, hieß quaestorius. Ritter: Angehöriger des nach den Senatoren zweiten Stands der römischen Bürger, der frei geboren sein sowie über ein Vermögen von mindestens 400 000 Sesterzen verfügen musste und in der Kaiserzeit wichtige Aufgaben in Rechtsprechung, Verwaltung und Militär wahrnehmen konnte. Senat: bis zur Kaiserzeit das entscheidende Regierungsorgan, aber auch dann noch zuständig für die Wahl der Amtsträger (außer den Konsuln), Gesetzgebung im Privatrecht, Strafprozesse u. Ä., bis zu Sulla aus 300, danach aus 600 Mitgliedern bestehend, die von den Zensoren vor allem aus den ehemaligen Amtsinhabern der senatorischen und ritterlichen Familien bestimmt wurden und über ein Vermögen von mindestens 1 Million Sesterzen verfügen mussten. Sesterz: ursprünglich die kleinste römische Silbermünze; seit Augustus ergaben 2,5 As einen Sesterz (*semis-tertius „der Dritte halb“). Toga: Amtsinhaber, Priester und frei geborene Knaben (bis zum 16. Lebensjahr) trugen die sogenannte t. praetexta mit dem breiten Purpursaum, die übrigen Bürger die t. virilis ohne Besatz. Die Toga kennzeichnete den römischen Bürger als „Zivilisten“. Tribun: 1. tribunus cohortis: Kohortenkommandant. 2. t. militum: einer der sechs Stabsoffiziere einer Legion, in der Kaiserzeit dem eigentlichen cursus honorum vorgeschaltete, vornehmen jungen Männern vorbehaltene Aufgabe. 3. t. plebis (plebei): Vertreter der plebs, der während der Stände-
Politische und gesellschaftliche Begriffe
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kämpfe deren Interessen gegen die Patrizier durchzusetzen hatte; danach auf die Quästur folgendes Amt. Augustus ließ sich die tribunicia potestas als eine der Säulen seiner Herrschaft 14 v. Chr. auf Lebenszeit übertragen und zählte die Jahre seines Prinzipats danach; für die Nachfolge infrage kommende Mitglieder der kaiserlichen Familie erhielten sie ebenfalls. Tribunal: Holztribüne, auf der Amtsträger ihre Tätigkeit ausübten; im Feldlager der erhöhte Sitz für den Kommandeur und seine Umgebung auf dem freien Platz vor dem Quartier des Kommandeurs. Triumph(zug): dem siegreichen Kommandeur vom Senat unter bestimmten Voraussetzungen bewilligter Zug mit ursprünglich religiösem Hintergrund vom Marsfeld zum Tempel des Iuppiter Capitolinus. Der Triumphator fuhr in der toga picta (goldbesticktes Purpurgewand) und tunica palmata (mit Palmzweigen besticktes Untergewand), mit dem elfenbeinernen Adlerszepter in der Hand und einem Lorbeerkranz auf dem Kopf (ornamenta triumphalia) auf einem meist von vier Schimmeln gezogenen Prunkwagen. Fehlten die Voraussetzungen, konnte der „kleine Triumph“ (ovatio) bewilligt werden: Der Geehrte ging zu Fuß oder ritt, er trug die toga praetexta und einen Myrtenkranz. In der Kaiserzeit musste sich der siegreiche Kommandeur mit der Verleihung der Triumphabzeichen zufriedengeben, d. h., er durfte während der Spiele den Lorbeerkranz tragen. Verbannung: s. Exil. Vestalinnen: die sechs hoch angesehenen Priesterinnen der Vesta, der Göttin des Staatsherdes, dessen Feuer nicht erlöschen durfte; sie wurden bereits im Kindesalter vom pontifex maximus, in der Kaiserzeit also vom Kaiser selbst, aus Patrizierfamilien ausgewählt, hatten das heilige Feuer im Tempel der Göttin zu hüten und für das Wohl des römischen Volkes zu beten. Während ihrer 30-jährigen Zugehörigkeit zu dieser ordensähnlichen Gemeinschaft mussten sie das Keuschheitsgelübde halten. Volkstribun: s. Tribun. Zensor: zwei alle fünf Jahre für 1,5 Jahre gewählte konsularische Amtsträger, die den census, die Einstufung der Bürger nach ihrem Vermögen, durchzuführen hatten. Damit verbunden war eine Überprüfung der Ritterund Senatorenliste, die zu Streichungen und Neuaufnahmen führte. In der Kaiserzeit nahmen die Herrscher selbst die wichtigsten zensorischen Aufgaben wahr.
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Das römische Militär 1. Infanterie Das Heer der Kaiserzeit bestand in seinem infanteristischen Teil aus Berufssoldaten. Die größte militärische Einheit stellte die aus römischen Bürgern bestehende Legion mit einer Sollstärke von 6 000 Mann dar; die Iststärke lag in der Regel etwa ein Viertel darunter. Unter Augustus schützten 28 Legionen das Römische Reich; nachdem im Teutoburger Wald drei davon vernichtet worden waren, erhöhte erst Caligula oder Claudius die Zahl wieder auf 27. Sie wurden durchnummeriert und trugen oft ehrende Beinamen. Jede Legion war in zehn Kohorten, diese wiederum in je drei Manipel zu je zwei Zenturien untergliedert, die aus ungefähr 80 Mann bestanden und von 1 bis 60 durchgezählt wurden. Kommandiert wurde sie von einem Legaten („Abgesandter“), der vom jeweiligen Oberbefehlshaber (Kaiser, besonderer Beauftragter, Statthalter) aus dem Kreis der Senatoren ernannt wurde und ebenso wie die übrigen Stabsoffiziere kein Berufssoldat war. Ihm unterstanden als Adjutanten sechs Militärtribune (tribuni militum), junge Männer aus den führenden Familien, die diese Aufgabe vor Beginn ihrer politischen Karriere für mindestens ein Jahr wahrnahmen. Einer von ihnen war Stellvertreter des Legaten. Berufsoffiziere waren die aus den Mannschaften emporgestiegenen Zenturionen („Hauptleute“); sie kommandierten je eine der 60 Zenturien, begannen ihre Laufbahn als Vorgesetzte in der sechsten Zenturie der zehnten Kohorte und konnten als sogenannte primi ordines bis zur ersten Kohorte aufrücken. Am angesehensten war der Zenturio der ersten Zenturie der ersten Kohorte, der primus pilus (primipilus). Bei Bewährung stieg er als Primipilar in den Ritterstand auf und konnte dann auch selbstständige Kommandos, etwa eine Lagerleitung, übernehmen. Jede Legion hatte als Abzeichen ihren eigenen Adler, kleinere Einheiten wie Manipel und Kohorten eine Fahne oder Standarte, von deren Querholz ein viereckiges, buntes Tuch mit Nummer und Namen der Einheit herabhing (signum, vexillum), zum Beispiel: LEG XXI RAPAX („21. Legion, die Unwiderstehliche“). Die 7. „Galbiana“ war von Galba aufgestellt worden, die 7. „Claudiana“ im Jahre 42 bei der Revolte des dalmatischen Statthalters Camillus Scribonianus Kaiser Claudius treu geblieben. An den Feldzeichen war auch ein Bild des jeweiligen Kaisers angebracht. Für besondere Einsätze zusammengestellte Spezialeinheiten („Detachements“) hießen ebenfalls vexillum oder vexillatio, ihre Angehörigen vexillarii.
Das römische Militär
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Die Dienstzeit der Legionäre betrug 20 Jahre; danach mussten sie sich noch fünf Jahre als Veteranen bei ihrer Einheit (sub vexillo) für den Ernstfall bereithalten, bevor sie mit einer Abfindung und/oder Landzuweisung ins Zivilleben zurückkehren konnten. Sie bezeichnete man wie die Veteranen, die sich freiwillig weiterverpflichteten, ebenfalls als vexillarii. Infanteristische Kohorten der Bundesgenossen (auxilia) unterstützten oft in ihrer speziellen Bewaffnung und unter einheimischen Kommandanten die Legion. Ihre Angehörigen konnten nach 25 Jahren Dienstzeit das römische Vollbürgerrecht erhalten. 2. Kavallerie Jeder Legion waren in der Regel 120 Mann sogenannte Legionskavallerie zugeordnet, den größten Teil der Kavallerie stellten aber die Bundesgenossen. Die ungefähr 500, manchmal auch 1 000 Mann starken Regimenter waren in Schwadronen zu ungefähr je 30 Mann (turmae) untergliedert. Da sie auf den Flügeln Stellung bezogen, bezeichnete man sie als alae, die Reiter selbst als alares oder alarii. Die alae wurden oft nach ihrem Begründer oder ersten Kommandanten benannt. In den Historien kommen vor: Auriana (nach einem sonst unbekannten Aurius?), Petriana (nach dem unter Germanicus als Regimentskommandant nachgewiesenen T. Pomponius Petra), Picentina (nach ihrem ersten Kommandanten L. Rustius Picens), Sebosiana (nach einem sonst unbekannten Sebosus?), Siliana (wahrscheinlich nach C. Silius, unter Tiberius Statthalter von Obergermanien), Tauriana (nach T. Statilius Taurus, Konsul 44 n. Chr.). In den Raeticae alae cohortesque (1,68,1) dienten zunächst Räter; die Einheiten behielten ihren Namen aber auch dann bei, wenn sie auf Dauer in andere Länder verlegt und aus Einheimischen aufgefüllt wurden. Zur ala singularium vgl. 4,70,2. 3. Marine Bei der Marine wurde zwischen seemännischem und militärischem Personal mit jeweils eigenen Kommandanten unterschieden. Der nautische Kommandant eines Kriegsschiffes hieß trierarchus (oder nauarchus), der militärische centurio classicus. Die Flottenangehörigen (classici) waren weniger angesehen als die Legionäre: In der Regel handelte es sich um Freigelassene oder Fremde, die 26 bis 28 Jahre dienen mussten, schlechter bezahlt wurden, weniger Einsatz- und damit Verdienstmöglichkeiten hatten und erst bei ihrer Entlassung römische Bürger wurden. Da der Dienst aber als anspruchsvoller galt, erhielten sie bereits beim Eintritt das mit Privilegien verbundene latinische Bürgerrecht.
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Die Hauptflottenbasen lagen in Misenum (bei Neapel) und in Ravenna. Das Standardkriegsschiff, die schnelle und wendige (navis) Liburn(ic)a, hatten die Römer von den an der istrischen Küste ansässigen Liburnern, berüchtigten Seeräubern, übernommen. 4. Einheiten in Rom Dazu kamen in Rom seit Augustus neun Kohorten der Prätorianergarde (cohortes praetoriae) wahrscheinlich zu je 500 Mann, die Stadtbesatzung (c. urbanae) und die militärisch organisierte Stadtwache, eine Art Polizei, die für den Brandschutz und die innere Sicherheit zuständig war (c. vigilum). Die Prätorianer waren in verschiedener Hinsicht privilegiert: Z. B. verdienten sie mehr als das Dreifache eines gewöhnlichen Legionärs und hatten nur 16 Dienstjahre abzuleisten.
Die römischen Namen Der frei geborene Römer führte drei Namen, Vornamen (praenomen), Familiennamen (nomen gentile) und Beinamen (cognomen). Es gab lediglich 18 Vornamen, von denen drei, z. B. Kaeso, nur in einzelnen Familien vergeben wurden. In Verbindung mit dem nomen gentile oder cognomen wurden sie gewöhnlich abgekürzt. In den Historien kommen vor: A. = Aulus; C. (oder G.) = Gaius; Cn. = Gnaeus; D. = Decimus; L. = Lucius; M. = Marcus; P. = Publius; Ti(b). = Tiberius. In den Erläuterungen finden sich darüber hinaus: Q. = Quintus; Sex. = Sextus. Zu den tria nomina konnten weitere, meist ehrende Beinamen (agnomina) treten. So hieß der von Tacitus bei seiner ersten Erwähnung als Piso Licinianus, danach nur als Piso bezeichnete Adoptivsohn Galbas mit seinem vollen Namen L. Calpurnius Piso Frugi Licinianus. Weil man sich mit dem Familien- oder Beinamen ansprach, dreht unser Autor aus Gründen der variatio die gewöhnliche Reihenfolge auch um oder nennt einen Namen allein, z. B. Gallus Annius statt Annius Gallus, Galerianus statt Calpurnius Galerianus. Den Legaten Obergermaniens Hordeonius Flaccus bzw. Flaccus Hordeonius führt er im gleichen Kapitel (4,19) zweimal als Hordeonius und dreimal als Flaccus an. Töchter erhielten den Familiennamen des Vaters in der weiblichen Form, manchmal im Deminutiv (Drusilla, Livilla), und wurden durch Zusätze unterschieden: maior, tertia, Galla … Freigelassene nahmen das nomen gentile ihres ehemaligen Herrn an und fügten ihm ihren bisherigen Namen hinzu; so hieß der Sklave Icelus nach seiner Freilassung Marcianus Icelus, ließ sich aber Marcianus nennen, um seine Vergangenheit zu vertuschen (1,13,1).
Index der Eigennamen In der Übersetzung sind die Namen, soweit im Duden verzeichnet, in ihrer eingedeutschten, sonst in der lateinischen Form wiedergegeben. Achaia, die Provinz Griechenland 1,23; 2,1f.8.81.83. Actium 1,1. Adiutrix, „die Helferin“, Beiname der 1. Legion 2,43; 3,44. Adrumetum, auch Hadrumetum, Küstenstadt in Nordafrika, heute Sousse 4,50. †Adua 2,40. Aedui, auch Haedui, gallischer Stamm zwischen Saône und Loire 1,51.64; 2,61; 3,35 (Sing.); 4,17.57. Aegialus 1,37. Aegyptus 1,11.70.76; 2,6.9.74.76.82; 3,8.48; 4,3.83f.; 5,2f.6. – Aegyptii, die Bevölkerung 4,81–83; 5,4f. Aemilius Longinus 4,59.62. Aemilius Pacensis 1,20.87; 2,12; 3,73. Aenus, der Inn 3,5. Aërias 2,3. Aesculapius 4,84. Aethiopes 5,2. Africa, seit 146 v. Chr. römische Provinz etwa auf dem Gebiet des zerstörten Karthago 1,7.11.37.49. 70.73.76.78; 2,97; 3,48; 4,38.48–50. Agrippa (1), M. Vipsanius Agrippa, 64/63–12, Freund, Schwiegersohn und hervorragender General des Octavian/Augustus 1,15.
Agrippa (2), Herodes Agrippa II., Urenkel Herodes’ des Großen, Bruder der Berenike und Drusilla 2,81; 5,1. Agrippinensis, Adj. zu Agrippina, der Mutter Kaiser Neros 1,56f.; 4,20. 25.28.55f.59.63.79 (Colonia Claudia Ara Agrippinensis „Köln“). – Agrippinenses, die Einwohner 1,57; 4,59.64–66.79. Alani, ein Skythenstamm fr. 7. Albani, Volk am Kaspischen Meer 1,6. Albingaunum, heute Albenga südwestlich von Genua 2,15. Albintimilium, heute Ventimiglia in Ligurien 2,13. Albinus, s. Lucceius Albinus. Alexander, s. Tiberius Alexander. Alexander Magnus fr. 7. Alexandria, von Alexander d. Gr. an der Nilmündung gegründete Stadt 1,31; 2,79; 3,48; 4,81–84; 5,1. – Adj. Alexandrinus 4,81. Alfenus (Varus) 2,29.43; 3,36.55.61; 4,11. Alienus Caecina, s. Caecina (Alienus). Alliensis, Adj. zu Allia 2,91 (Anm.). Allobroges, gallischer Stamm im heutigen Savoyen 1,66.
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Index der Eigennamen
Alpes 1,23.66.70.89; 2,11.17.20.32.66; 3,1.34f.53; 4,55.70.85; 5,26. – A. Cottia(na)e, Grenzgebirge zwischen Italien und Gallien mit dem Mont Genèvre, benannt nach Vater und Sohn Cottius, Königen in Ligurien 1,61.87; 4,68. – A. Graiae, die Grauen A. nördlich der A. Cottia(na)e mit dem Kl. St. Bernhard (s. Graius mons) 2,66; 4,68. – A. Iuliae, südöstlicher Teil der A. 3,8. – A. maritimae, Seealpen (im Südwesten) 2,12; 3,42. – A. Pannonicae, nordöstlicher Teil der A. 2.98; 3,1. – A. Poeninae, Gebiet vom Gr. St. Bernhard bis zum St. Gotthard 1,61.70.87; 4,68. Alpini 2,14. Alpinius, D. 5,19. Alpinius Montanus 3,35; 4,31f.; 5,19. Altinum, Ort an der Piavemündung (Altino) 3,6. Amullius Serenus 1,31. Anagnia, Stadt südöstlich von Rom (Anagni) 3,62. Anicetus 3,47f. Annibal 3,34; 4,13. Annius Bassus 3,50. Annius Faustus 2,10. Annius Gallus 1,87; 2,11.23.33.44; 4,68; 5,19. Antiochia 2,78. – Antiochenses, die Einwohner 2,80.82. Antiochus (1), König von Kommagene und Kilikien 2,81; 5,1. Antiochus (2) IV. Epiphanes 5,8. Antipolis, heute Antibes 2,15. Antistius Sosianus 4,44. Antonia 5,11. Antonii 3,38.
Antoninus, s. Arrius Antoninus. Antonius (1), (M.), der Triumvir 2,6; 3,24.66; 5,9.11. Antonius (2), s. Antonius Primus. Antonius Felix 5,9. Antonius Flamma 4,45. Antonius Naso 1,20. Antonius Novellus 1,87; 2,12. Antonius Primus 2,86; 3,2.6f.9–11. 13.15–17.20.23.25.27–32.34.49.52– 54.59f.63f.66.78–82; 4,2.4.11.13.24. 31f.39.68.80; 5,19.26. Antonius Taurus 1,20. Apinius Tiro 3,57.76. Apis 5,4. Apollinaris, s. Claudius Apollinaris. Apollo 1,27; 3,65; 4,83. Aponianus, s. Dillius Aponianus. Aponius Saturninus 1,79; 2,85.96; 3, 5.9.11; 5,26. Appenninus 3,42.50.52.55f.59. Appia via, Straße von Rom nach Brundisium über Capua und Beneventum 4,11. Aquileia 2,46.85; 3,6.8. Aquilius 4,15. Aquilius Regulus 4,42. Aquinas, Adj. zu Aquinum (Aquino) in Latium 1,88; 2,63. Aquitania, die südwestliche Provinz der Gallia Comata 1,76. Arabia, Landschaft vom Roten Meer bis Mesopotamien 5,6. – Arabes, die Bevölkerung 5,1. Arar, die Saône 2,59. Arenacium, wohl nördlich von Kleve gelegener Ort 5,20. Argius 1,49. Aricia, heute La Riccia in Latium 4,2. – Adj. Aricinus 3,36.
Index der Eigennamen
Ariminum, heute Rimini 3,41f. Ariovistus, der aus Cäsars Bellum Gallicum bekannte Suebenkönig 4,73. Armenia, Bergland im Norden Mesopotamiens 2,6 (Plural); 3,6. – Armenii, die Bevölkerung 2,81f.; 3,24. Arrecinus Clemens 4,68. Arrius, s. Arrius Varus. Arrius Antoninus 1,77. Arrius Varus 3,6.16.52.61.63f.; 4,2.4. 11.39.68. Arruntius, L. 2,65. Arsaces 5,8. – Arsacidae, nach ihrem Gründer benannte parthische Dynastie 1,40. Arverni, gallischer Stamm in der heutigen Auvergne 4,17. Arulenus Rusticus 3,80. Asciburgium, das heutige Asberg bei Moers 4,33. Asia, seit 129 v. Chr. römische Provinz, der Westteil der heutigen Türkei 1,10; 2,6.9; 3,46; 4,17. Asiaticus (1) 2,94. Asiaticus (2) 2,57.95 (Plural); 4,11. Asinius Pollio 2,59. Asprenas, s. Calpurnius Asprenas. Assyrii, Bevölkerung von Assyria, dem Nordteil des heutigen Irak 5,2.8. Ateste, heute Este in Venetien 3,6. Atheniensis, Einwohner von Athen 4,83. Atilius Vercilio 1,41. Atilius Verus 3,22. Atria, heute Adria in Venetien 3,12. Atticus, s. Quintius Atticus. Augusta 2,89.
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Augusta Taurinorum (Taurina colonia), heute Turin 2,66. Augustales 2,95. Augustus, der Kaiser 1,11.15.18.50. 89f.; 2,76; 3,66; 4,17.23.48.57; 5,9; fr. 4. – Titel für Otho 1,47, Vitellius 2,62.90, Vespasian 2,80. – kalendae Augustae 2,91. Aurelius Fulvus 1,79. Auriana (ala) 3,5. Aventicum, Hauptort der Helvetier (Avenches) 1,68. Aventinus, der südlichste, am Tiber gelegene Hügel Roms 3,70.84. Baebius Massa 4,50. Baetasii, gallischer oder germanischer Stamm in Gallia Belgica 4,56.66. Baetica, die südlichste der drei spanischen Provinzen 1,53.78. Barbius Proculus 1,25. Barea Soranus 4,7.10.40. [Bargioras] 5,12. Basilides 2,78; 4,82. Bassus, s. Lucilius Bassus. Batavi 1,59.64; 2,17.22.27f.43.66.69. 97; 4,12.14–25.28.30.32f.56.58.61. 66.73.77–79.85; 5,15–17.19.23–25. Batavodurum 5,19f. Bedriacum 2,23.39.44f.49f.57; 3,15. 20.26.31. – Adj. Bedriacensis 2,66. 70.86; 3,27. Belgae, zwischen Rhein, Seine und Marne ansässige Stämme 4,17.20. 37.70f.76. Belgica, die nördliche Provinz der Gallia Comata 1,12.58f. Belius 5,7. Berenice 2,2.81.
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Index der Eigennamen
Berytus, heute Beirut 2,81. Betuus Cilo 1,37. Bingium, heute Bingerbrück 4,70. Blaesus, s. Iunius Blaesus. Bocchoris 5,3. Boii, keltischer Stamm in Oberitalien 2,61. Bonna, heute Bonn 4,19f.25.62.70. 77; 5,22. Bononia, heute Bologna 2,53.67.71. Bovillae, Stadt in Latium an der Via Appia 4,2.46. Brigantes, Stamm in Nordbritannien 3,45. Briganticus, s. Iulius Briganticus. Brinno 4,15f. Britannia, seit 43 n. Chr. römische Provinz 1,2.6.52.59; 2,11.27.65f.86. 97; 3,2.15.35.44.70; 4,12.25.54.68. 76; 5,16. – Adj. Britannicus 1,9.43. 61; 2,32.37.57.100; 3,1.22.41; 4,15. 46.79. Brixellum, heute Brescello bei Parma 2,33.39.51f.54. Brixianus, Adj. zu Brixia (Brescia) 3,27. Bructeri, germanischer Stamm zwischen Ems und Lippe 4,21.77; 5, 18. – Adj. Bructerus 4,61. Brundisium, heute Brindisi 2,83. Brutus, der Cäsarmörder 1,50; 2,6; 4,8 (Plural). Byzantium, heute Istanbul 2,83; 3,47. Cadius Rufus 1,77. Caecilius Simplex 2,60; 3,68. Caecina (Alienus) 1,52f.61.67f.70.89; 2,11.17–27.30f.34.41.43.51.55f. 59.67.70f.77.92f.95.99–101; 3,8f.13– 15.31f.36f.39f.; 4,31.80.
Caecina Tuscus 3,38. Caelius Sabinus 1,77. Caeracates, linksrheinischer germanischer Stamm 4,70. Caesar (1), C. Iulius Caesar 1,90; 3,66.68. – C. Caesar 3,37. – C. Iulius 1,50. – divus Iulius 1,42.86; 4,55.57. Caesar (2), Ehrenname der Principes („Kaiser”) 1,5.16.19.29f.48. 52.62 (Vitellius).89; 2,6.62 (Vitellius).65.80 (Vespasian).92; 3,12.58 (Vitellius).72.86 (Domitian); 4,2. 40 (Domitian).43f. (Domitian).67 (Iulius Sabinus).81 (Vespasian).85 (Domitian); 5,5. Caesar Augustus (vgl. Augustus) 1,50; 4,17. Caesar Tiberius (vgl. Tiberius) 2,95. C. Caesar (= Caligula) 1,48; 4,48.68; 5,9. – Gaius 1,16.89; 2,76; 3,68; 4,42. Caesarea 2,78. Caesariensis Mauretania, auch Mauretania Caesariensis 2,58f. Caetronius Pisanus 4,50. Calabria 2,83. Calenus, s. Iulius Calenus. Calpurnius Asprenas 2,9. Calpurnius Galerianus 4,11.49. Calpurnius (Repentinus) 1,56.59. Calvia Crispinilla 1,73. Calvisius Sabinus 1,48. Campania 1,2.23; 3,58–60.63.66.77; 4,3. Campanus 4,66. Camurius 1,41. Caninius Rebilus 3,37. Cannenefates (Canni-), mit den Batavern verwandter germanischer
Index der Eigennamen
Stamm 4,15f.19.32.56.79.85. – Adj. Canninefas 4,19. Capito, s. Fonteius Capito. Capitolium, westlich vom Forum gelegener Hügel mit dem Jupitertempel, auch als Burg bezeichnet 1,2.33.39f.47.71.86; 2,89; 3,69–72. 75.78f.81; 4,4.9.53f. – Adj. Capitolinus 3,71. Cappadocia, Landschaft im östlichen Kleinasien 1,78; 2,6.81. Capua, Hauptort Kampaniens 3,57; 4,3. Carecina, Landschaft im nördlichen Samnium 4,5. Caratacus 3,45. Carmelus 2,78. Carsulae, Stadt im südwestlichen Umbrien (Casigliano) 3,60. Carthago 1,76; 4,49. – Carthaginienses, die Einwohner 4,49. Cartimandua 3,45. Casperius Niger 3,73. Caspiae 1,6. Cassius, der Cäsarmörder 2,6. Cassius Longus 3,14. Castores 2,24. Catones, rhetorischer Plural für Cato d. J., Cäsars erbitterten Gegner 4,8. Celer, s. Publius Celer. Celsus (Marius), auch Marius Celsus 1,14.31.39.45.71.77.87.90; 2,23–25. 33.39f.44.60. Cepheus 5,2. Cerialis, Adj. zu Ceres, der Göttin des Ackerbaus 2,55. Cerialis (Petillius), s. Petillius Cerialis. Cestius Gallus 5,10.
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Cestius Severus 4,41. Cetrius (Severus) 1,31. Chatti, germanischer Stamm zwischen Taunus und Werra 4,12.37. Chauci, germanischer Stamm zwischen Ems und Elbe 4,79; 5,19. Chobus 3,48. Christiani fr. 2. Cilix, Einwohner der Provinz Cilicia an der Südküste Kleinasiens 2,3. Cimbri 4,73. Cingonius (Varro) 1,6.37. Cinna, kämpft aufseiten des Marius im Bürgerkrieg (88–82 v. Chr.) gegen Sulla 3,51.83. Cinyras 2,3. – Cinyrades 2,3. Civilis, s. Iulius Civilis. Classicus, s. Iulius Classicus. Claudia Sacrata 5,22. Claudii, Angehörige der Familie der Claudier 1,16; 2,48. Claudius, der Kaiser 1,10.16.48.77. 89; 2,75f.; 3,44f.66; 5,9. – (legio septima) Claudiana 2,85; 3,9.21.27; 5,12. Claudius Apollinaris 3,57.76f. Claudius Cossus 1,69. Claudius Faventinus 3,57. Claudius Iulianus 3,57.76f. Claudius Labeo 4,18.56.66.70. Claudius Paulus 4,13. Claudius Pyrrichus 2,16. Claudius Sagitta 4,49. Claudius Sanctus 4,62. Claudius Severus 1,68. Claudius Victor 4,33. Cleopatra 5,9. Clodius Macer 1,7.11.37.73; 2,97; 4,49.
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Index der Eigennamen
Cluviae 4,5. Cluvius Rufus, Statthalter in Hispania Tarraconensis, Geschichtsschreiber der Zeit ab Caligula (bis Nero?) 1,8.76; 2,58.65; 3,65; 4,39. 43. Cocceius Proculus 1,24. Coelius, s. Roscius Coelius. Coenus 2,54. Collina porta, im Nordosten Roms am Quirinal gelegenes Tor 3,82. Concordia 3,68. Corbulo 2,76; 3,6.24. Corinthus 2,1. Cornelius, P. 3,34. Cornelius Aquinus 1,7. Cornelius Dolabella 1,88; 2,63f. Cornelius Fuscus 2,86; 3,4.12.42.66; 4,4; fr. 6. Cornelius Laco 1,6.13f.19.26.33.39.46. Cornelius Marcellus 1,37. Cornelius Martialis 3,70f.73. Cornelius Primus 3,74. Corsica 2,16. – Corsi, die Bevölkerung 2,16. Cotti(an)us, s. Alpes Cotti(an)ae. Crassi, eine römische gens 2,72; 4,42. Crassus, Bruder Pisos 1,48; 4,42. Crassus, M. (1), der Triumvir 1,15. Crassus, M. (2), Vater Pisos 1,14. Cremerensis, Adj. zu Cremera 2,91 (Anm.). Cremona 2,17.22–24.67.70.100; 3,4. 18f.22.26f.30–34.40.46.49.53f.60f.; 4,72. – Cremonenses, die Einwohner 2,70; 3,18f.26.30.32. – Adj. Cremonensis 3,15.30.34.46.48.60; 4,2. 31.51. Crescens 1,76. Creta 5,2.
Crispina 1,47. Crispinus 1,58. Crispus, s. Vibius Crispus. Cugerni, germanischer Stamm in der Nähe von Xanten 4,26; 5,16.18. Curti(i) lacus 1,41; 2,55. Curtius Montanus 4,40.42f. Cynicus (Adj.) 4,40. Cyprus 2,2. Cyrenenses, Einwohner der Stadt Kyrene im heutigen Libyen 4,45. Cythnus, die Kykladeninsel Kythnos 2,8f. Daci, thrakisches Volk im heutigen Ungarn und Rumänien 1,2; 3,46; 4,54; fr.6. – Dacia, seit Trajan römische Provinz 3,53. Dalmatae 3,12.50. – Dalmatia (De-) 1,76; 2,11.32.86. – Adj. Delmaticus 2,86. Danuvius, die Donau 3,46. Decembres kal. 1,52. Decumus Picarius 2,16. Delmatia, s. Dalmatae. Delphi, Orakelstätte des Pythischen Apollo in Mittelgriechenland fr. 8. Demetrius 4,40. Didius Scaeva 3,73. Dillius Aponianus 3,10f. Dillius Vocula 4,24–27.33–37.56.58f. 77. Dis pater (Iuppiter Dis), andere Bezeichnung für den Unterweltsgott Pluto 4,83f. Diurpaneus fr. 6. Divodurum, heute Metz 1,63. Dolabella, s. Cornelius Dolabella. Domitianus 1,1; 3,59.69.74.86; 4,2f. 39f.44.46f.51f.68.75.80.85f.
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Domitius Sabinus 1,31. Donatius Valens 1,56.59. Druidae 4,54. Drusilla 5,9. Drusus Germanicus 5,19. Ducenius Geminus 1,14. Dyrrachium, heute Durrës in Albanien 2,38. Eleazarus 5,12. Eleusis, Stadt in Attika mit geheimem Demeterkult 4,83. Emeritenses, Einwohner der Stadt Emerita (Merida) in Spanien 1,78. Epiphanes, Sohn des letzten Königs von Kommagene, einer Landschaft nördlich von Syrien 2,25. Eporedia, Stadt in Gallia cisalpina (Ivrea) 1,70. Epponina 4,67. Eprius, s. Marcellus Eprius. Etruria 1,86; 3,41. Eumolpidae 4,83. Euphrates 5,9. Fabius Fabullus 3,14. Fabius Priscus 4,79. Fabius Valens 1,7.52.57.61f.64.66.74; 2,14.24.27.29–31.34.41.43.51.54– 56.59.67.70f.77.92f.95 (Plural).99f.; 3,15.36.40–44.62.66. Fanum Fortunae, Stadt zwischen Rimini und Ancona (Fano) 3,50. Ferentium, Stadt nördlich von Viterbo (Ferento) 2,50. Feronia 3,76. Festus 2,59. Fidena(e), Stadt nördlich von Rom 3,79. Flaccus, s. Hordeonius Flaccus.
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Flaminia via, Straße von Rom nach Ariminum (Rimini) 1,86; 2,64; 3, 79.82. Flaviani, die Anhänger der Flavier 3,6.22f.27.82. – Flavianus (Adj.) 2,67; 3,1.9.13.19.37.59.62f.69. – Flavius (Adj.) 2,101. Flavius Sabinus (1), älterer Bruder Vespasians 1,46; 2,55.63.99; 3,59. 64f.69–71.73–75.78f.81.85; 4,47. Flavius Sabinus (2) 1,77; 2,36.51. Flavus 2,94. Fonteius Agrippa 3,46. Fonteius Capito 1,7f.37.52.58; 3,62; 4,33. Fortuna 3,50. Forum Alieni, heute Legnago an der Etsch (?) 3,6. Forum Iuli(i), heute Fréjus 3,43. – Adj. Foroiuliensis 2,14; 3,43. Frisii 4,15f.18.56.79. Fundan(i)us 3,69. Fuscus, s. Cornelius Fuscus. Gaius, s. C. Caesar. – Gaianus (Adj.) 4,15. Gaius Piso 4,11. Galatia, römische Provinz im Zentrum Kleinasiens 2,9. Galba, Servius Sulpicius 1,1.5–16. 18f.21–24.26f.29–56.64f.67.71– 74.77.87f.; 2,1.6.9–11.23.31.55.58. 71.76.86.88.92.97.101; 3,7.22.25.57. 62.68.85f.; 4,6.13.33.40.42.57; 5,16. – Galbiani, die Anhänger 1,51. – Galbianus (Adj.) 1,6; 2,11.67.86; 3,7.10.21f.25.27; 4,39. Galeria 2,60.64. Galerius Trachalus 1,90; 2,60.
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Galli 1,51.64.70; 2,68.93; 3,34.72; 4, 25.54.57f.61f.71.73.76.78. – Gallia Lugdunensis, seit 27 v. Chr. neben Aquitania und Belgica Teil der Gallia Comata, des „langhaarigen Gallien“, mit der Hauptstadt Lugdunum 1,59; 2,59. – Gallia Narbonensis, 121 v. Chr. eingerichtete Provinz zwischen Genf und den Pyrenäen 1,48.87; 2,15.28; 3,41f. – Galliae 1,2.8.37.50f.61.63.87.89; 2,6.11.29.32.57.61.86.94.98; 3,2.13. 15.35.41.44.53; 4,3.12.14.17.24.26. 28.31f.37.49.54–61.67f.71.73–76.85; 5,19.23. – Adj. Gallicus 1,65.67; 4,12.77; 5,26. Gallus (1), s. Annius Gallus. Gallus (2), s. Herennius Gallus. Garamantes 4,50. Gelduba, heute Gellep östlich von Krefeld 4,26.32.35f.58. Gemina, „die Doppelte“, Beiname der 13. Legion 3,7. Gemoniae (scalae), Treppe vom Staatsgefängnis zur Burg von Rom, auf der die Leichen hingerichteter Hochverräter zur Schau gestellt wurden 3,74.85. Germani 1,52.61.68.70.84; 2,32.35. 93; 3,15.46 (Sing.).53; 4,14–18.22. 24–27.29.33f.37.46.57f.60f.63.65. 73f.76.78f.; 5,14–22.24f. – Germania 1,6f.9.12.37.49f.52f.55f.61.75; 2,9.16.22.69.97; 3,2.33.35.41.46.62. 70; 4,3.15.17.21.23.28.31.39.49.54. 64.70.72; 5,14.17. – Adj. Germanicus 1,8.14.19.26.31.58.67.70.74; 2,21.23.55.57f.60.75.77.80.99; 3,1.8f.13.26.38.69.84; 4,12f.28.32.
46.73.76; 5,16.26. – Beiname Germanicus 1,62; 2,59.64; 3,66. Gessius Florus 5,10. Geta 2,72. Gothi fr. 7. Graeci 2,4; 3,47; 5,8. – Adj. Graecus 2,80. Graius, s. Alpes; mons Graius, der Kl. St. Bernhard 4,68. Grinnes 5,20f. Grypus, s. Plotius Grypus. Hadria, auch Adria, das Adriatische Meer 3,42. Haemus, das heutige Balkangebirge 2,85. Hammo(n) 5,3f. Hebraeus (Adj.) 5,2. Helvetii, gallischer Stamm in der heutigen Schweiz 1,67.69f. Helvidius Priscus 2,91; 4,4–10.43.53. (Hercules) Monoecus, heute Monaco 3,42. Herennius Gallus 4,19f.26f.59.70.77 (Plural). Herodes 5,9.11. Hierosolyma 2,4; 5,1f.8–11. Hierosolymus 5,2. Hilarius 2,65. Hispalenses, Einwohner von Hispalis (Sevilla) 1,78. Hispania(e), das in drei Provinzen, Tarraconensis (auch H. citerior), Lusitania und Baetica (auch H. ulterior), unterteilte Spanien 1,8. 22.37.49.62.76; 2,32.58.65.67.86.97; 3,2.13.15.25.35.44.53.70; 4,3.25.39. 68.76; 5,19. Histria, heute Istrien 2,72.
Index der Eigennamen
Homerus 5,2. Horatius Pulvillus 3,72. Hordeonius Flaccus 1,9.52.54.56; 2, 57.97; 4,13.18f.24f.27.31.36.55.77; 5,26. Hormus 3,12.28; 4,39. Hostilia, heute Ostiglia am Po 2,100; 3,9.14.21.40. Huni fr. 7. Ianiculum, Hügel am rechten Tiberufer in Rom 3,51. Ianus fr. 4; 5. – Adj. Ianuarius 1,12. 18.55–57; 3,67; 4,39. Iazuges, zu Tacitus’ Zeit im Gebiet zwischen Donau und Theiß ansässiges Reitervolk 3,5. Icelus 1,13.33.37.46; 2,95. Ida 5,2. – Idaei 5,2.4. Illyricum, zusammenfassende Bezeichnung für die Provinzen Dalmatia und Pannonia (manchmal auch Moesia) 1,2.6.9.76; 2,74; 3,35; 4,3. – Adj. Illyricus 1,31; 2,60.85f.; 3,2. Interamna (-ium), heute Terni in Umbrien 2,64; 3,61.63. Ioannes 5,12. Iordanes 5,6. Isis 4,84; 5,2. Italia 1,2.9.11.50.61f.70.84; 2,6.8.12. 17.21.27f.32.56.62.66.83.90; 3,1f.4– 6.9.30.34.42.46.49.53.59; 4,[5].13. 17.51.55.58.65.72f.75f.; 5,1.10. – (legio prima) Italica 1,59.64.74; 2,41. 100; 3,14.18.22 (Italici). Italicus 3,5.21. Iuba 2,58. Iudaea 2,1.5f.73.76.78.82; 4,3; 5,1.8f. 13. – Iudaei 5,1f.5.8–11; fr. 1; 2; 3.
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– Adj. Iudaicus 1,10.76; 2,4.78f.81; 4,51; 5,4.7. Iudas 5,2. Iuliae Alpes, s. Alpes. Iulianus (1), s. Tettius Iulianus. Iulianus (2), s. Claudius Iulianus. Iulii, Angehörige der Familie der Julier 1,16; 2,48. – Iulia gens 2,95. Iulius, der Monat Juli 1,77; 2,79.81; 4,53. Iulius Agrestis 3,54. Iulius Alpinus 1,68. Iulius Atticus 1,35. Iulius Auspex 4,69. Iulius Briganticus 2,22; 4,70; 5,21. Iulius Burdo 1,58. Iulius Calenus 3,35. Iulius Carus 1,42. Iulius Civilis 1,59; 4,13f.16–19.21f. 24–26.28–30.32–37.54f.58.60f.63. 65f.70f.73.75–79; 5,14–17.19–21.23– 26. Iulius Classicus 2,14; 4,55.57–59.63. 70–72.74–79; 5,19–21. Iulius Cordus 1,76. Iulius Flavianus 3,79. Iulius Frontinus 4,39. Iulius Fronto 1,20; 2,26. Iulius Gratus 2,26. Iulius Mansuetus 3,25. Iulius Martialis 1,28.82. Iulius Maximus 4,33. Iulius Placidus 3,84. Iulius Priscus 2,92; 3,55.61; 4,11. Iulius Sabinus 4,55.67. Iulius Tutor 4,55.57–59.70–72.74.76. 78; 5,19–21. Iulius Valentinus 4,68–71.76.85. Iulius Vindex 1,6.8.16.51.53.65.70.89; 2,94; 4,17.57.69.
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Index der Eigennamen
Iunii, Angehörige der Familie der Junier 3,38. Iunius Blaesus 1,59; 2,59; 3,38f. Iunius Mauricus 4,40. Iuno 1,86; 4,53. Iuppiter (Dis) 3,72.74; 4,53f.58.83f.; 5,2. Iuvenalia 3,62. Iuvenalis 4,66. Labeo, s. Claudius Labeo. Laco, s. Cornelius Laco. Laecanius 1,41. Latium 3,55. Lepcitani, Einwohner der Stadt Lepcis Magna an der Nordküste Afrikas (Lebda) 4,50. Leuci, gallischer Stamm in der Gegend des heutigen Toul 1,64. Libanus 5,6. Liber (pater) 5,5. Libertas 1,31. Liburnica (navis) 2,16.35; 3,12.14. 42f.47f.77; 5,23. Libya 5,2; fr. 8. Licinius Caecina 2,53. Licinius Mucianus 1,10.76; 2,4f.7.74. 76–84.95; 3,1.8.25.46f.49.52f.63.66. 75.78: 4,4.11.24.39.44.46.49.68.75. 80.85; 5,26. Licinius Proculus 1,46.82.87; 2,33. 39f.44.60. Lingones, gallischer Stamm in der Gegend des heutigen Langres 1, 53f.57.59.64.78; 2,27; 4,55.57.67. 69f.73.76f. – Lingonus 4,55. Locri fr. 8. Longinus (1), s. Aemilius Longinus. Longinus (2), s. Pompeius Longinus.
Lucania, Landschaft in Süditalien 2,83. Lucceius Albinus 2,58f. Luceria, Stadt im nördlichen Apulien (Lucera) 3,86. Lucilius Bassus 2,100f.; 3,12f.36.40; 4,3. Lucius Sulla, s. Sulla. Lucius Vestinus 4,53. Lucus, heute Luc-en-Diois in der Dauphiné 1,66. Lug(u)dunum, heute Lyon 1,59.64. 74; 2,59.65; 4,85f. – Lugdunenses, die Einwohner 1,65. – Adj. Lugdunensis 1,51.59.64 (s. Gallia). Lupercus, s. Munius Lupercus. Lupia, die Lippe 5,22. Lusitania, kaiserliche Provinz im Südwesten der Iberischen Halbinsel 1,13.21, vgl. Hispania(e). – Lusitani, die Bevölkerung 1,70. Lutatius (Adj.) 1,15. Lutatius Catulus 3,72. Macedones 4,83; 5,8. Macer (1), s. Clodius Macer. Macer (2), s. Martius Macer. Maevius Pudens 1,24. Magnus 1,48. Manlius Patruitus 4,45. Manlius Valens 1,64. Marcellus (1), Neffe und Schwiegersohn des Augustus 1,15. Marcellus (2), s. Eprius Marcellus. Marcianus, s. Icelus. Marcodurum, heute Düren südlich von Jülich 4,28. Marcus Silanus 1,48. Mariccus 2,61.
Index der Eigennamen
Marius, C., Sieger über Kimbern und Teutonen, als Gegner Sullas Führer der Volkspartei 2,38. Marius Celsus 1,14.31.39.45.71.77. 87.90; 2,23–25.33.39f.44.60. Marius Maturus 2,12; 3,42f. Mars 4,35.64. – campus Martius, das zwischen Tiber, Pincio, Kapitol und Quirinal gelegene Marsfeld war Versammlungs-, Sport- und Exerzierplatz 1,86; 2,95; 3,82. – idus Martiae, der 15. März 1,90. – kalendae Martiae, der 1. März 1,77. Marsaci, germanischer Stamm im heutigen Nordholland 4,56. Marsi, Stamm in Latium 3,59. Martialis, s. Cornelius Martialis. Martius, s. Mars. Martius Macer 2,23.35f.71. Massilienses, Einwohner von Massilia (Marseille) 3,43. Mattiaci, germanischer Stamm um das heutige Wiesbaden 4,37. Maturus, s. Marius Maturus. Mauretaniae, die Provinzen M. Caesariensis (Westalgerien) und M. Tingitana (Marokko) 1,11; 2,58f. Mauri, Stämme an der nordafrikanischen Küste 1,78; 2,58; 4,50. Medi, Bevölkerung des nördlichen Teils von Persien 5,8. Mediolanum, heute Mailand 1,70. Mediomatrici, gallischer Stamm um das heutige Metz 1,63; 4,70–72. Mefitis 3,33. Memphis 4,84. Menapii, Stamm in Gallia Belgica 4,28. Messalla, s. Vipstanus Messalla.
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Mevania, Stadt in Umbrien (Bevagna) 3,55.59. Minerva 4,53. Minicius Iustus 3,7. Minturnae, Stadt an der Grenze zwischen Kampanien und Latium 3,57. Misenensis, Adj. zu Misenum, Vorgebirge und Kriegshafen am Nordrand des Golfs von Neapel 2,9. 100; 3,56f.60. Moesia, Provinz im Süden des Unterlaufs der Donau 1,76.79; 2,32. 46.74.83.85; 3,46,53.75; 5,26. – Adj. Moesicus 2,32.44.85f.; 3,2.5.9.11. 18.24; 4,54. Mogontiacum, heute Mainz 4,15. 24f.33.37.59.61f.70f. Montanus, s. Alpinius Montanus bzw. Curtius Montanus. Morini, gallischer Stamm an der Scheldemündung 4,28. Mosa, die Maas 4,28.66; 5,23. Moschus 1,87. Mosella, die Mosel 4,71.77. Moyses 5,3f. Mucianus, s. Licinius Mucianus. Mulvius pons, heute Ponte Molle im Norden Roms 1,87; 2,89; 3,82. Munius Lupercus 4,18.22.61. Musonius Rufus 3,81; 4,10.40. Mutina, heute Modena 1,50; 2,52.54. – Adj. Mutinensis 2,52. Nabalia, Nebenarm des Rheins 5,26. Narbonensis, s. Galli. Narnia, Stadt in Umbrien (Narni) 3,58.60.63.67.78f. Narycii fr. 8.
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Index der Eigennamen
Nasamones fr. 8. Nava, die Nahe 4,70. Nero 1,4–10.13.16.20–22.25.30.46.48. 51.53.65.70.72f.76–78.89; 2,5.8–11. 27.54.58.66.71.76.86.95; 3,6.62.68; 4,7f.13.41–44; 5,10. – Nero falsus 1,2 (vgl. 2,8f.). – Adj. Neronianus 1,23.90; 2,71f. Nero Otho 1,78 (s. Otho). Nerva 1,1. Nervii, Stamm zwischen Schelde und Maas 4,15.33.56.66.79. Nonius Attianus 4,41. Nonius Receptus 1,56.59. Norbanus, C. 3,72. Noricum, das Ostalpengebiet bis zur Donau, seit Claudius Provinz 1, 11.70. – Norici, die Bevölkerung 1,70; 3,5; 5,25. Novaesium, heute Neuß 4,26.33.35f. 57.62.70.77.79; 5,22. Novaria, heute Novara 1,70. November 3,37. Numida 2,40. Numisius Lupus 1,79; 3,10. Numisius Rufus 4,22.59.70.77. Nymphidius Sabinus 1,5f.25.37. Obultronius Sabinus 1,37. Occidens 1,2.89; 2,6. Oceanus 1,9; 4,12.15.79; 5,23. Ocriculum, Stadt in Umbrien (Otricoli) 3,78. Octavia 1,13. Octavius Sagitta 4,44.49. Oeenses, Einwohner von Oea (Tripolis) 4,50. Ofonius Tigellinus 1,24.72. Onomastus 1,25.27.
Opitergium, Stadt in Venetien (Oderzo) 3,6. Orfidius Benignus 2,43.45. Orfitus, Mitkonsul des Kaisers Claudius 4,42. Oriens 1,2.10.50.76.89; 2,6.8.32.73. 98; 3,1.46; 4,17; 5,5f.8.13. Osiris 4,84. Ostia, Hafenstadt Roms 2,63. – Adj. Ostiensis 1,80. Otho 1,1.13.21f.24.26–36.39–47.50. 64.70–90; 2,1.6f.11.13f.16–18.21.23. 25f.28.30f.33.36.38–60.63.65.76. 85f.95.101; 3,10.32.44; 4,17.54. – Othoniani, seine Anhänger 1,34. 75; 2,12.15.20–23.26.34f.41f.44.60. – Adj. Othonianus 2,24.26.33.37. 45.54.62.71.86; 3,13.26; 4,1. Ozolae fr. 6. Pacarius Decimus 2,16. Paccius Africanus 4,41. Pacorus (1) 1,40. Pacorus (2) 5,9. Padus, der Po 1,70; 2,11.17.19f.22f. 32.34.39f.43f.; 3,34.50.52. Paelignus, Angehöriger eines mittelitalischen Stamms 3,59. Paetus Thrasea 2,91; 4,5–8. Palatium, auch Palatinus (mons), der mittlere der 7 Hügel Roms, im 1. Jh. fast vollständig von Kaiserpalästen bedeckt, deshalb oft auch „Palast“ 1,17.29.32.35.39.47.72. 80.82; 3,67f.70.74.84. Pamphylia, Landschaft an der Südküste Kleinasiens zwischen Lykien und Kilikien 2,9. Pannonia, römische Provinz, das heutige Ungarn westlich der Donau,
Index der Eigennamen
Wiener Becken, Burgenland und das Gebiet zwischen Drau und Save umfassend 1,76; 2,11.32.86; 3,1.4; 5,26. – Pannonii, die Bevölkerung 2,14.17; 3,12. – Pannonici, Angehörige der in Pannonien stationierten Legionen 3,11. – Adj. Pannonicus 1,26.67; 2,85f.98; 3,2. 24.53; 4,54. Paphia Venus 2,2. Papirius 4,49. Parthi, Hauptfeind der Römer im Osten 1,2; 2,6.82; 3,24; 4,51; 5,8f. Patavium, heute Padua 2,100; 3,6f. 11. Patrobius 1,49; 2,95. Paulinus (1), s. Suetonius Paulinus. Paulinus (2), s. Valerius Paulinus. Pedanius Costa 2,71. Pedius Blaesus 1,77. Persae 5,8. Perusia, heute Perugia 1,50. Petillius Cerialis 3,59.78–80; 4,68. 71f.75–79.86; 5,14–16.18–24. Petriana ala 1,70; 4,49. Petronia 2,64. Petronius Turpilianus 1,6.37. Petronius Urbicus 1,70. Pharsalia 1,50; 2,38. Philippi 1,50; 2,38. Phoenices, die Phönizier an der Ostküste des Mittelmeers 5,6. Picentina ala 4,62. Picenus ager, das Gebiet der Picener im südlichen Umbrien 3,42. Pisanus, Adj. zu Pisa 3,42 (s. auch Caetronius Pisanus). Piso, C. 4,11. Piso, L. 4,38.48–50.
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Piso Licinianus 1,14f.17–19.21.29f. 34.39.43f.47f.; 3,68; 4,40.42. Placentia, heute Piacenza 2,17–20. 23f.32.36.49. Plancius Varus 2,63. Plaut‹i›us Aelianus 4,53. Plinius, C., 23/24 – 79; von den historischen Werken des älteren Plinius ist nichts erhalten 3,28. Plotius Firmus 1,46.82; 2,46.49. Plotius Grypus 3,52; 4,39f. Poeni, die aus Phönizien gekommenen Karthager 4,50. Poeninus, s. Alpes. Poetovio, heute Pettau in der Steiermark 3,1. Polemo 3,47. Polyclitus 1,37; 2,95. Pompeius (1), Cn. Pompeius Magnus, 106–48, Cäsars Gegenspieler 1, 15.50; 2,6.38; 3,66; 5,9.12. – Pompeianus, Adj. zu Pompeius Strabo, dem Vater des Pompeius Magnus 3,51. Pompeius (2) fr. 7. Pompeius Longinus 1,31. Pompeius Propinquus 1,12.58. Pompeius Silvanus 2,86; 3,50; 4,47. Pompeius Vopiscus 1,77. Pontia Postumina 4,44. Pontus (1), das Schwarze Meer 3,47. – Adj. Ponticus 3,47. Pontus (2), das Königreich Pontos an der Südostküste des Schwarzen Meeres 2,6.8.81.83; 4,83. Poppaea Sabina 1,13.22.78. Porcius Septiminus 3,5. Porsenna, Etruskerkönig, der den letzten römischen König Tarqui-
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Index der Eigennamen
nius Superbus wieder einsetzen wollte 3,72. Postumia via, Straße von Genua nach Aquileia 3,21. Priscus Helvidius = Priscus (1), s. Helvidius Priscus. Priscus (2), s. Iulius Priscus. Proculus, s. Licinius Proculus. Proserpina, die griechische Unterweltsgöttin Persephone 4,83. Ptolemaeus (1) Soter, seit 323 Satrap, seit 305 König von Ägypten 4,83f. Ptolemaeus (2) Euergetes, 247–222 König von Ägypten 4,84. Ptolemaeus (3) 1,22. Publilius Sabinus 2,92; 3,36. Publius Celer 4,10.40. Puteolani, Einwohner von Puteoli (Pozzuoli) im Norden des Golfs von Neapel 3,57. Pyrenaeus 1,23. Pythicus Apollo, der Pythische Apollo (von Delphi in Mittelgriechenland) 4,83. Quinctilius Varus 4,17; 5,9. Quintius Atticus 3,73–75. Quintius Certus 2,16. Quirinus, Name des vergöttlichten Romulus 4,58. Raeti 1,68; 3,5.53; 5,25. – Raetia, das heutige Süd- und Nordtirol, Vorarlberg, Graubünden und die Nordostschweiz, seit 15 v. Chr. zusammen mit Vindelicia römische Provinz 1,11; 2,98; 3,5.8.15; 4,70. – Adj. Raeticus 1,59.67f.70.
Rapax, „die Unwiderstehliche“, Beiname der 21. Legion 2,43.100; 3, 14.18.22.25. Ravenna 2,100; 3,40. – Adj. Ravennas 2,100; 3,6.12.36.40.50. Regium Lepidum, heute Reggio Emilia zwischen Modena und Parma 2,50. Regulus, s. Aquilius Regulus. Remi, gallischer Stamm um das heutige Reims 4,67–69. Rhacotis 4,84. Rhenus, der Rhein 1,51; 2,32; 4,12. 16.22.26.55.59.64.73; 5,14.17–19.23f. Rhodus 2,2. Rhoxolani 1,79. Rigodulum, heute Riol an der Mosel 4,71. Roma, Romani, Romanus passim. Romilius Marcellus 1,56.59. Romulus 2,95. Roscius Coelius 1,60. Rosius Regulus 3,37. Rubellius Plautus 1,14. Rubrius Gallus 2,51.99. Rufinus 2,94. Sabinus, s. Flavius, Iulius, Publilius Sabinus. Sabinus, Adj. zu Sabini, den nordöstlichen Nachbarn der Römer 3, 72.78. Sacrovir 4,57. Sagitta, s. Claudius, Octavius Sagitta. Salaria via, die „Salzstraße” von Rom ins Sabinergebiet 3,78.82. Sallustianus, Adj. zu Sallustius 3,82. Salonina 2,20.
Index der Eigennamen
Salvius Cocceianus 2,48. Salvius Titianus 1,75.77.90; 2,23.33. 39f.44.60. Samnites, Bevölkerung der Landschaft Samnium östlich von Latium und Kampanien, erst nach harten Kämpfen 290 v. Chr. bezwungen 3,59. Sanctus, s. Claudius Sanctus. Sardinia 2,16. Sariolenus Vocula 4,41. Sarmatae, Reitervolk, das aus dem Osten bis zur Donau vordrang 1, 2.79; 3,5.24; 4,4.51. – Adj. Sarmaticus 1,79. Saturnus 1,27; 3,78; 5,2.4. Saturninus, s. Aponius Saturninus. Saxa rubra 3,79. Scipio 2,59. Scipio, L. 3,72. Scribonia 1,14. Scribonianus, Statthalter von Dalmatien 1,89; 2,75. Scribonianus Camerinus 2,72. Scribonianus Crassus, Bruder des Piso Licinianus 1,47; 4,39. Scribonii 4,41. Scydrothemis 4,83f. Scythicus, Adj. zu Scythae, Völkerschaften zwischen Schwarzem Meer und Ostsee fr. 7. Sebosiana ala 3,6. Sedochezi, sonst nicht erwähntes Volk am Kaukasus 3,48. Seleucia 4,84. Seleucus 2,78. Sempronius, Ti. 3,34. Sempronius Densus 1,43. Seniensis, Adj. zu Sena (Siena) 4,45. Sentius 4,7.
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Septembres (kalendae) 1,77. Sequani, gallischer Stamm zwischen Saône und Jura 1,51; 4,67. Serapis 4,81.84. Sertorius, Anhänger des Marius und Cinna, beherrscht ab 80 v. Chr. Spanien faktisch unabhängig von Rom; von Pompejus angegriffen, wird er von seinem Legaten ermordet 4,13. Servii 2,48. Servilianus, Adj. zu Servilius 3,38. Servius Tullius 3,72. Sextilia 2,64. Sextilius Felix 3,5; 4,70. Sido 3,5.21. Silanus, M. 4,48. Siliana ala (Siliani) 1,70; 2,17. Silius Italicus, Konsul, Statthalter in Asia, Verfasser des Epos „Punica” 3,65. Silvanus, s. Pompeius Silvanus. Simo (1) 5,9. Simo (2) 5,12. Simplex, s. Caecilius Simplex. Singulares 4,70. Sinope, Stadt an der Südküste des Schwarzen Meeres (Sinop) 4,83f. – Sinopenses, die Bevölkerung 4,83. Sinuessanus, Adj. zu Sinuessa, einem Badeort in Latium an der Grenze zu Kampanien 1,72. Sisenna (1) 3,51. Sisenna (2) 2,8. Sohaemus 2,81; 5,1. Solymi 5,2. Soranus, s. Barea Soranus. Sosianus, s. Antistius Sosianus. Sosius, C. 5,9. Sostratus 2,4.
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Index der Eigennamen
Staius Murcus 1,43. Stoechades, die Iles d’Hyères südlich von Toulon 3,43. Stoici 3,81; 4,5. Subrius Dexter 1,31. Suebi, Germanenstämme östlich der Elbe 1,2; 3,5.21. Suedius Clemens 1,87; 2,12. Suessa Pometia, Stadt der Volsker in Latium 3,72. Suetonius Paulinus 1,87.90; 2,23– 26.32f.37.39f.44.60. Sulla, L. Cornelius Sulla Felix, 82– 79 Diktator 2,38; 3,72.83. Sulpicia Praetextata 4,42. Sulpicii 1,15. Sulpicius Florus 1,43. Sunuci, germanischer Stamm westlich der Ubier 4,66. Syria (Suria), wichtige Grenzprovinz zu den Parthern 1,10.76; 2,2.5f.9. 73f.76.78–81; 3,24; 4,3.17.39.84; 5, 1f.6.9f.26. – Adj. Syriacus 2,8.80. Tamiras 2,3. Tampius Flavianus 2,86; 3,4.10f.; 5,26. Tarentum, heute Tarent 2,83. Tarpeia rupes, Felsabhang am Kapitol, von dem Hochverräter hinabgestürzt wurden 3,71. Tarquinius Priscus 3,72. Tarquinius Superbus 3,72. Tarracina, Stadt in Latium an der Via Appia (Terracina) 3,57.60.76f. 84; 4,2. – Tarracinenses, die Einwohner 4,3. Tartarus, Fluss zwischen Po und Etsch 3,9. Tatius, König der Sabiner, dann Mitregent des Romulus 2,95.
Tauriana ala 1,59.64. Taurina colonia, s. Augusta Taurinorum. Tencteri, germanischer Stamm, zu Tacitus’ Zeit zwischen Lippe und Sieg 4,21.64f.77. Terentius 1,41. Tettius Iulianus 1,79; 2,85; 4,39f. Teutoni, germanischer oder keltischer Stamm, 102 v. Chr. von Marius bei Aquae Sextiae (Aix-enProvence) besiegt 4,73. Thraces, die Thraker im östlichen Balkan 1,68. – Thraecia, seit 45/46 römische Provinz 1,11. Thrasea, s. Paetus Thrasea. Tiberis, der Tiber 1,86; 2,93; 3,82. – Adj. Tiberinus 1,86. Tiberius (Nero), Kaiser Tiberius 1, 15f.89; 2,65.76.95; 4,42.48; 5,9. – Adj. Tiberianus 1,27. Tiberius Alexander 1,11; 2,74.79. Ticinum, heute Pavia 2,17.27.30.68. 88. Tigellinus, s. Ofonius Tigellinus. Timotheus 4,83. Tingitana, s. Mauretaniae. Titianus, s. Salvius Titianus. Titus (Vespasianus) 1,1.10; 2,1.4–6. 74.79.82; 4,3.38.51f.; 5,1.10f.13; fr. 2; 5. Titus Vinius 1,1.6.11–14.32–34.37.39. 42.44.47f.72; 2,95. Tolbiacum, vermutlich Zülpich in der Eifel 4,79. Trachalus, s. Galerius Trachalus. Traianus 1,1. Transalpinus (Adj.) 4,54. Transpadanus (Adj.) 1,70; 2,32.
Index der Eigennamen
Transrhenani 2,17; 4,23.28.76; 5,16. 25. – Adj. Transrhenanus 4,15.63. 73. Trapezus, Hafenstadt an der Südküste des Schwarzen Meeres (Trabzon) 3,47. Trebellius Maximus 1,60; 2,65. Trebonius Garutianus 1,7. Treveri, Treviri 1,53.57.63; 2,14.28; 3,35; 4,18.28.32.37.55.57f.62.66.68– 73.75f.85; 5,14.19.24. – Adj. Trevericus 5,17. Triaria 2,63f.; 3,77. Triboci, germanischer Stamm nördlich von Straßburg 4,70. Tungri, germanischer Stamm in der Umgebung von Lüttich 2,14f.28; 4,16.55.66.79. Turpilianus, s. Petronius Turpilianus. Turullius Cerialis 2,22. Tuscus, s. Caecina Tuscus. Tutor, s. Iulius Tutor. Ubii, germanischer Stamm um Köln 4,18.28.55.63.71; 5,24. – Adj. Ubius 5,22. Umbria, Landschaft in Mittelitalien 3,41f.52. Umbricius 1,27. Urvinum, heute das Dorf Collemancio nordwestlich von Mevania 3,62. Usipi, auch Usipetes, germanischer Stamm im Bergischen Land 4,37. Vada, Kastell unbekannter Lage in Gallia Belgica 5,20f. Valens, s. Fabius Valens. Valentinus, s. Iulius Valentinus.
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Valerius Asiaticus 1,59; 4,4. Valerius Festus 2,98; 4,49f. Valerius Marinus 2,71. Valerius Paulinus 3,43. Vangiones, germanischer Stamm in der Umgebung von Worms 4,70. Varius Crispinus 1,80. Varus, s. Alfenus, Arrius Varus. Vascones, die späteren Basken 4,33. Vaticanus, Hügel im Nordwesten Roms 2,93. Vatinii (-us), Hofnarr Neros 1,37. Vedius Aquila 2,44; 3,7. Velabrum, Geschäftsviertel mit Lebensmittelmarkt zwischen Palatin und Tiber 1,27; 3,74. Veleda, einflussreiche Seherin bei den Brukterern 4,61.65; 5,22.24. Vellocatus 3,45. Ventidius, P. 5,9. Venus Paphia 2,2. Venutius 3,45. Verania 1,47. Verax 5,20f. Vercellae, heute Vercelli 1,70. Vergilius Capito 3,77; 4,3. Verginius Rufus 1,8f.52f.77; 2,49.51. 68.71; 3,62; 4,17.69. Verona 2,23; 3,8.10.15.50.52. Verulana Gratilla 3,69. Vespasianus 1,1.10.46.50.76; 2,1.4f. 7.67.73f.76.78–82.84–87.96–99; 3,1.3.7–10.12f.31.34.37f.42–44.48f. 52f.57.59.63–66.69f.73.75.77f.86; 4 , 3 – 9 . 1 3 f. 1 7 . 2 1 . 2 4 . 2 7 . 3 1 f. 3 6 – 40.42.46.49.51f.54.58.68.70.75.77. 80–82; 5,1.10.13.25f.; fr.4; 5. Vesta, Göttin des Herdfeuers 1,43. – Vestalis virgo, Priesterin der Ves-
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Index der Eigennamen
ta, Hüterin des ewigen Feuers 3, 81; 4,53. Vestinus, s. Lucius Vestinus. Vestricius Spurinna 2,11.18f.23.36. Vetera, großes Legionslager beim heutigen Xanten 4,18.21.23.35f. 57f.60.62; 5,14. Vettius Bolanus 2,65.97. Veturius 1,25. Vibennius Rufinus 3,12. Vibius Crispus 2,10; 4,41–43. Vicetia, heute Vicenza zwischen Padua und Verona 3,8. Victoria 1,86. Vienna, heute Vienne 2,66. – Viennenses, die Einwohner 1,65f.77; 2,29.66. Vindex, s. Iulius Vindex. Vindonissa, heute Windisch an der Aare 4,61.70. Vinius, s. Titus Vinius. Vipsanius (Adj.) 1,31. Vipstanus Apronianus 1,76.
Vipstanus Messalla 3,9.11.18.25.28; 4,42. Virdius Geminus 3,48. Vitellius, Aulus, der Kaiser, in Büchern 1–4 passim; 5,26. – Vitellii, Angehörige seiner Familie 2,64. – Vitelliani, seine Anhänger 1,75; 2,14f.21.23.25.27.31.34f.44f.56; 3,9.16f.2–25.27.29.31f.35.43.60f. 63.69.71.73.77.79.82.84; 4,1.38.46. 49. Vitellius, L. (1), der Vater des A. Vitellius 1,9; 3,66.86. Vitellius, L. (2), der Bruder des A. Vitellius 1,88; 2,54.63; 3,37f.55.58. 76f.; 4,2. Vitellius Saturninus 1,82. Vocetius 1,68. Vocontii, gallischer Stamm in der Provence 1,66. Vocula, s. Dillius Vocula. Volaginius 2,75. Vologaesus 1,40; 4,51. Volusius 3,29. Vulcacius Tertullinus 4,9.
Über den Autor: Cornelius Tacitus (ca. 55–120 n. Chr.) ist der bedeutendste antike Geschichtsschreiber. In seinen Historien schildert er die Geschichte des Römischen Reiches zwischen den Jahren 69 und 96 n. Chr., die Zeit der Flavier. Ursprünglich umfasste dieses Werk 14 Bücher. Heute sind davon lediglich die Bücher I bis IV sowie der Anfang von Buch V erhalten. Tacitus selbst charakterisiert seine Darstellung als eine Ansammlung von »Missgeschick, von Schlachtengreueln, zwietrachterfüllten Meutereien, ja selbst von Schreckenstaten in Friedenszeit«. Es ist der Widerspruch zwischen den Ereignissen seiner Zeit und der altrömischen Tugend, der hohen Wertschätzung von Tugend und Anstand in der Vergangenheit, die Tacitus hier gewissermaßen als Grundlinie seines historiographischen Werkes zum Ausdruck bringt. Dr. Alfons Städele war Lateinlehrer sowie Ministerialrat im Bayerischen Minis terium für Unterricht und Kultus und hat bereits mehrere klassische Autoren übersetzt.
Edition Antike
Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose Die Edition Antike bietet zweisprachige Leseausgaben wichtiger Texte der antiken Literatur mit modernen Übersetzungen und in einer zeitgemäßen Ausstattung. Autoren und Werke werden eingangs kurz vorgestellt. Ein knapper Sachkommentar am Ende des Bandes erleichtert die Lektüre und das Verständnis der Texte. Über die Herausgeber: Thomas Baier ist Professor für Klassische Philologie (Latinistik) an der Universität Würzburg. Kai Brodersen ist Professor für Antike Kultur und war von 2008 bis 2014 Präsident der Universität Erfurt. Martin Hose ist Professor für Klassische Philologie (Gräzistik) an der Ludwig-Maximilians-Universität München.