Hieronymus Boner - Leben, Werke und Sprache: Ein Beitrag zur elsässischen Litteraturgeschichte [Reprint 2019 ed.] 9783111409887, 9783111046310


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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Einleitung
Boners Leben
Boners Übersetzungen
Boners Übersetzungsweise
Boners Sprache
Errata
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Hieronymus Boner - Leben, Werke und Sprache: Ein Beitrag zur elsässischen Litteraturgeschichte [Reprint 2019 ed.]
 9783111409887, 9783111046310

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ALSATISCHE STUDIEN 4. H E F T .

HIERONYMUS BONER. LEBEN, WERKE UND SPRACHE EIN

BEITRAG ZUR

ELSÄSSISCHEN L I T T E U A T U I i G E S C I UCHTE VON

I) R GUSTAF WETIILY.

STRASSRERU. VERLAG

VON K A R L 1892.

.1. T R Ü H N E R .

HIERONYMUS BONER. LEBEN, W E R K E U N D SPRACHE. EIN

BEITRAG ZUR

ELSÄSSISCHEN

LITTERATURGESCH1CHTE

VON"

D ß GUSTAF WETHLY.

STRASSBURG. VERLAG

VON K A R L 1892.

J. T R Ü B N E R .

Seiner teuren Mutter in Dunk barkeit jicwidnu't

vom Verfasser.

Die Anregung zu dieser Abhandlung empfing ich von Herrn Prof. Dr. Martin, dem ich meinen verbindlichsten Dank liier abzustatten

mir erlaube.

IHille

Herrn

ich

mich

In

Dr. Eug.

ausserordentlicher Waldner

in

Colmar

Weise ver-

pflichtet, der mich während der Arbeit aufs liberalste mit zahlreichen

wichtigen

Notizen,

die

er

aus

den

Colmarer

Arcliivalien gesammelt, versehen hat. S t r a s s b n r g , im .September 1892.

Der Verfasser.

Inhaltsverzeichnis. Seite

Einleitung Boners Leben Boners Übersetzungen Boners Übersetzungsweise Boners Sprache I. Vocalismus II. Consonantismus III. Flexion und Declination

1— 3 4—23 24—45 40—5;") 56—71 58—65 65—68 68—71

Abkümmgen. Plut. PO. J. X. Chr. U. H. Hd.

= Plutarchus ed. 1542 = P a u l u s Orosius. = Justinus. Xenophon. - Chronik des Bracellus. = Ungarische Chronik des Bontinius. = Herodot. = Herodianus.

Die Zahlen nach diesen Abkiirzung-en bedeuten die Folios, v = verso, r = recto. Zur bessern Orientierung - ist jede Seite in drei Teile geteilt : a, b, c. —

Einleitung.

In keiner Provinz Deutschlands sind die Wirkungen der Renaissance auf dem Gebiet der Littcratur so früh und in so ausgeprägter Weise bemerkbar, wie im E l s a s s , das durch seine L a g e gewissermassen berufen war, dem allgemeinen »Strom der weltbewegenden Ereignisse frühe zu folgen und ihnen seinerseits einen eigentümlichen Stempel aufzudrücken. Mit Recht kann Charles Schmidt (l'histoire littéraire (le l'Alsace à la tin du X V . et au commencement du X V I . siècle. Paris 187fl I) s a g e n : „l'Alsace est alors une des contrées où la littérature reflète le plus fidèlement l'état social, moral et religieux de la population, avec ses défauts et ses qualités, ses habitudes invétérées et ses désirs d'amélioration". — Der Grund liegt in dem energischen Streben bedeutender Leute, welche, mitten im Strom der humanistischen Bewegung stehend, nichts eifriger wünschten, als die neu errungenen Güter der Wissenschaft dem Volke mitzuteilen; er liegt in dem Umstände, dass der Humanismus im Elsass, um mit Scherer (Gesch. des Eis. Herlin 1872) zu reden, „nationalisirt" werden konnte. — Den grössten Anteil nun an diesem Bildungswerke nahmen die Übersetzer. In grosser Anzahl, mit Aufbietung eines energischen Fleisses und eines nicht zu verachtenden Wissens, begaben sie sich daran, ihrem Volke die Quellen zu öffnen, aus denen sie selbst geschöpft hatten. E s waren vorderhand vorzugsweise lateinische Autoren, und zwar Historiker, die so ihre Verbreitung fanden; wo griechische behandelt werden A l s a i i s c h e Studien. I V .

1

sollten, mussten, bei der damaligen geringen Kenntnis der griecliisclicn S p r a c h e , lateinische Versionen helfend eintreten, f ü r deren Existenz der Gelehrtenhof des Nicolaus VI., welcher treffend eine grosse „Übersetzungsanstalt" genannt worden ist (Voigt: Wiederbelebung des klassischen Altertums I I , lf>9. Berlin 1880) in ausgiebigster Weise gesorgt hatte. — Die erste Stelle in der Übcrsetzungslitteratur des Elsasses nimmt die Arbeit des Colmarer Ratsherrn Hieronymus Boncr ein. Mit einem erstaunlichen Flciss und einer hervorragenden Gewissenhaftigkeit verband er eine tüchtige Kenntnis des klassischen Altertums, welche ihn befähigte, manchmal besser zu verdeutschen als viele der übrigen Übersetzer. Dabei war er nicht Gelehrter von Beruf, sondern Staatsmann im Kleinen. E s w a r ihm beschieden, während einer Reihe von J a h r e n die Geschicke der alten Reichsstadt Colmar nicht ohne politische B e g a b u n g zu lenken. — Die Verhältnisse, in denen sich Boners politische Wirksamkeit entfaltete, waren zu eng begrenzt, der D a n k , den die Nachwelt einem Übersetzer entgegenzubringen pflegt, ist ein viel zu geringer, als dass Boners Name in s p ä t e m Zeiten, sei es auf politischem, sei es auf littcrarischcm Gebiet ein vielgenannter hätte sein können. Seine Übersetzungen blieben lange verschollen und von seiner T ä t i g k e i t als R a t s h e r r und Obristmeister zeugten nur die spärlichen Acten des Archivs. Erst Gottsched, dem wir auf literarhistorischem Gebiete so manches zu verdanken h a b e n , erwähnt in seinen „ B e i t r ä g e n " einige Verdeutschungen Boners. Das Jöcher'sclie Gelchrtcnlexicon gab einige kurze, noch unvollständige bibliographische Angaben, wclche sowohl die „Allgemeine deutsche Biographie- als auch Gödeke in seinem „Grundriss" ergänzte, ohne dass j e d o c h eine Vollständigkeit erreicht worden wäre. Neuerdings hat Scherer 111 seiner, gemeinschaftlich mit Loren/, herausgegebenen „Geschichte des Elsasses" Boners mit einigen Worten E r w ä h n u n g getan, an anderem Orte dagegen auf die Notwendigkeit einer eingehenden AVlirdigung des elsässischen Übersetzers aufmerksam gemacht. — Rocholl, in seinem Buch „die Einführung des Protestantismus in Colmar" hat zum

ersten Mal einige Streiflichter auf Roners politische Tätigkeit geworfen. — Es ist nun der Zweck der folgenden Abhandlung, auf (¡rund des vorhandenen Archivmaterials, sowie einer eingehenden Untersuchung der Roner'schen Übersetzungen, ein womöglich abgeschlossenes Rild dieses Mannes und seiner T ä t i g k e i t , seiner Spracheigentümlichkeiten und seiner L'bersetzungskunst zu geben.

Boners Leben. Das Geburtsjahr Boners zu ermitteln darf, wenn wir uns nicht auf (las Spiel des Zufalls verlassen wollen, für eine Unmöglichkeit angesehen werden. Die Kirchenbücher reichen nicht so weit zurück — und selbst wenn dies der Fall wäre, würden uns die Colmarer Geburtslisten, wo wir zuerst unsere Nachforschungen anstellen müssten, den Namen Boner nicht überliefern. Dieser Name kommt bis 1516 in keinerlei Acten der alten Reichsstadt vor. Erst in genanntem Jahre erscheint ein Stachius ( = Eustachius) Boner als neu aufgenommener Bürger in den Colinarer Bürgcrbüchcrn und später treffen wir diesen Mann als Zunftmeister der Weberzunft wieder. Es lag nahe, diesen Träger des Bonerschcn Namens in ein verwandtschaftliches Verhältnis zu Hieronymus zu bringen und unsere Vermutung wurde bestätigt. Es sind neuerdings von Herrn Dr. Eug. Waldner auf dem Colmarer Archiv Prozessacten Uber den Nachlass der Wittwe Boners, Apollonia, aufgefunden worden, aus welchen sich für die Bestimmung der Familienverhältnisse einiges Material ergiebt. Darnach trug Boncrs Grossvatcr von väterlicher Seite den Namen Jecklin und lebte zu Sulzbach im St. Grcgorientalc. Seine Geschwister und deren Nachkommen behielten diesen Namen bei, während sich seine Kinder, aus welchem Grunde lässt sich nicht ermitteln, nach der Mutter Boncr nannten. Der Vater des Hieronymus, Hans Boner, war zuerst Stadtschrcibcr zu Türkheini, dann, ungefähr vom Jahre 1510 an, in Reichcnweier. Seine Kinder waren: Alexander, Priester zu Drei-Ähren, der obenerwähnte Eustachius,



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Wollenweber und Ratsherr zu Colmar, unser Hieronymus und Othilia, welche zuerst einen Goldschmidt von Schlettstadt, dann Wilhelm Apotheker zu Colmar heiratete. Sämtliche Geschwister starben ohne eheliche Nachkommen. — W a s nun den Geburtsort anlangt, so bleibt uns die Wahl zwischen Sulzbach und Tlirkheini; die a u s den Daten sich ergebende Wahrscheinlichkeit spricht für Ttirkheim. Nachforschungen Uber den Namen Honer führen uns über diese Ergebnisse nicht hinaus. Die Iiasler Universitätsmatrikeln bringen unter dem J a h r e 1486 einen Andreas Boner aus Schlettstadt. Die Notiz gab Veranlassung, die Hürgerbücher dieser Stadt zu durchforschcn; die Lückenhaftigkeit der Listen ist jedoch so gross, dass an ein sicheres Ergebnis nicht zu denken war. — D a s häufigere Vorkommen des Namens Honer in Strassburgs Bürgcrlisten weist auf diese Stadt — besagt aber durchaus nichts Sicheres, da der Name damals kein ungewöhnlicher war. — Den Bildungsgang Boners bis zur Zeit seines ersten Auftretens in seinen Einzelheiten darzustellen, fehlt uns das Material; doch ist es nicht schwer, denselben aus dem Charakter der damaligen Bildungsanstaltcn sowie aus Boners litterarischer T ä t i g k e i t h e r a u s im Allgemeinen zu begreifen. — Die humanistischen Regungen in Deutschland hatten sich ganz besonders auch im Erziehungs- und Schulwesen bemerkbar g e m a c h t * . Das Material des Unterrichts war ein anderes g e w o r d e n , die Vollendung der formalen Seite, namentlich im Lateinischen, ward, im Gegensatz zur mittelalterlichen Formverwilderung und Vcrkiinstclung als höchstes Ziel erstrebt. Dass dabei an ein tiefes Erfassen des Inhalts vorerst kaum gedacht werden konnte, ist begreiflich. — Die elsässischen Städte nun waren nicht die letzten, welche einen bedeutenden Umschwung in der Pädagogik erfuhren. Den Anfang machte Schlettstadt. W e r daselbst die Schule g e g r ü n d e t , ist bis jetzt nicht ermittelt w o r d e n ; j e d e n falls w a r es nicht D r i n g e n b e r g , wie gewönlich angenommen * Cr. F. Firnissen: „Geschichte' des Leipzig l0f> f. eine anerkennenswerte W ü r d i g u n g desselben, sowie eine kleine i.'bcrsetzungsprobe. — D a s Werk ist ein sehr seltenes. Ich hatte Gelegenheit, ein E x e m p l a r a u f der B a s l e r Bibliothek einzusehen.— D a s nächste J a h r , lf>;54, brachte einen Teil der grossen l'hitarchübcrsetzung, der umfangreichsten Arbeit, welche der unermüdliche F l e i s s B o n e r s zu T a g e gefördert.

— 30 — Der Titel lautet: „Plutarchus Teutseh. vor dem leben vnd Ritterlichen geschiehten der allcrdurchleuclitigsten Griechen vnd Römern / Alexandri Magni / Julij Cesaris / C. Marii / Pyrrhi / Demetrij / M. Antonij / Photionis vnd Catonis Uticcnsis / auss dein namhafftigsten Griechischen geschichtschrcybcr Plutarcho / neulich vcrteutscht / vnd in sonderheyt von den Zyinbrischen / die C. Marius erlegt daher die wolgcbornen freyen herrn von Zymbem / jren vralten / hoch Adeulichcn vrsprung haben". — Es folgt das Titelbild, welches ein, wahrscheinlich den Freiherrn von Cymbern (Zimmern) zugehöriges Wappen darstellt: im Schilde ein Löwe, der eine Lanze trägt. Der Schild wird geschützt von zwei Drachen. Über dem Helm ein Hirsch mit achtendigem Geweih. Die Drucknotiz auf dem 164. Blatte a. lautet: ..get ruckt vnnd vollendet in der keyserlichen statt Augspurg / durch Heynrichen Stayner / nach der geburt etc. am sibenden tag niartij anno MDXXXIIII". Ein Exemplar dieser sehr selten gewordenen Ausgabe findet sich zusammengebunden mit „Hcrodian" 1531 — Justinus 1532 und Paulus Orosius 1 539 auf der Colinarer Stadtbibliothek. Degen Gr. II, 278 f. nimmt eine Strassburgcr Ausgabe vom Jahre 15:54 als die erste, die erwähnte als die zweite an. Wie er dazu kommt, ist unbegreiflich. Boner hatte keinen Grund, Steiner in Augsburg aufzugeben und in Strassburg drucken zu lassen, von wo aus der Blichervertrieb damals noch ein ziemlich geringer war. Ferner ist kaum anzunehmen, (lass dieselbe Übersetzung in demselben Jahre an verschiedenen Orten erschien, und zumal in Augsburg an zweiter Stelle bei einem Verleger, welcher den Verdacht eines unerlaubten Nachdrucks nicht aufkommen läset. — Befremdlich wirkt nur der eine Umstand, dass der Titel der 1534 Augsburger Ausgabe den Namen Boners nicht trägt; die vollständige Unterschrift der Dedication („Jeronymus Boner, schulthaiss zu Colmar") vermag jedoch jeden Zweifel zu heben. Dieselbe, datiert „Colmar am lezten t a g Maij . . anno MDXXXIIJ", wendet sich „an den wolgebornen herrn : herrn Wilhelmen Wernhern / Freyhern zü Zymbern / herren zu Wilden-



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steyn / ko. kai. Mai. ctc. vnscrs aller gnedigsten licrrn Camergerichtes beysitzern 1 -. Den nun tollenden weitläufigen und sehr gelehrten Ausführungen entnehmen wir, dass sich Boner schon damals einer erstaunlichen Belesenheit rühmen konnte. Es gilt ihm in diesem Falle, durch seine Übertragung gewissermassen den Beweis zu liefern - - wie er es j a auch auf dem Titel bemerkt —, dass die Freiherren von Cymbern ihr Herkommen von dem bekannten germanischen Stamme der Cimbern mit F u g und Recht ableiten können. Es ist dies jedenfalls nur der Ausdruck eines höflichen Dankes, den er diesen Herren für irgend einen ihm geleisteten Dienst schuldig zu sein glaubte. Wir können uns gewiss eines Lächelns nicht erwehren, wenn er im ernsten Tone des gelehrten Forschers versichert, dass ihn das erwähnte freihcrrliche W a p p e n zu den umfangreichsten Studien veranlasst, und schliesslich auf den Plutarch gebracht habe. Auf die lateinische Vorlage dieser Übertragung werden wir erst an der Stelle, wo wir die ganze Plutarchübersetzung zu besprechen haben, des Näheren eingehen. Im folgenden J a h r e , lf)3f>, erschien Boners „Herodotus-, entschieden die unvollkommenste und ungeschickteste Übert r a g u n g , mit der der Stettemeister uns bedacht. Sie macht im Gegensatz zu seinen übrigen Übersetzungen weniger den Eindruck einer solchen, als vielmehr den einer P a r a p h r a s e . Boner verfährt aufs Willkürlichste mit seiner Vorlage; er übergeht nicht nur die „egyptischen superstitionen, ccremonien und tempelgebrengs^ wie er in der Widmung b e k e n n t , sondern erlaubt sich sehr oft beträchtliche Kürzungen, deren Grund man selten einsieht. Der Titel l a u t e t : „Herodotus der allerhochberumptest griechische gcschichtschrcybcr / von dem Pcrsier / vnd vilen andern kriegen vnd geschichten / ec. Durch Ilicronymum Boner / Oberster Mayster zu Colmar / auss dem Latin inn das nachuolgendc Teütsch gebracht". Darauf folgt ein Titelbild, welches in ziemlich unvollkommener Darstellung eine Schlacht im mittelalterlichen Stil veranschaulichen soll.



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Die Übertragung, wovon ich auf den Strassbnrger und Basler Bibliotheken Exemplare einsehen konnte, ist ziemlich spärlich (nur am Kopfe eines jeden Buches) in mittelalterlicher Auffassung illustriert. Den Inhalt der Dedication haben wir schon oben kennen gelernt. Es folgt ihr eine Vorrede, wclche überschrieben ist: _ Anzayg der frticht nutz vnd ironimens / so auss lesung der Ilystorien erlangt werden / auch von dem lob vnd rüm der Hystorien / durch Diodorum Siculum beschritten". Darauf eine ziemlich genaue Übersetzung einer umfangreichen Stelle aus einer Vorrede des Angelus Politianus zu Sueton. Die Übersetzung ist wohl schon 1533 zu Stande gekommen, denn nur in diesem Jahre konnte sich Boncr „oberster mayster" nennen. 1534 war er „erster mayster", wie uns die Dedication und die Colmarer Ratsprotokolle besagen. Es ist anzunehmen, dass Boner als lateinische Vorlage die „interpretatio Laurent» Vallae und Conradi Heresbachi" beniltzt hat. Dieselbe erschien 1493, dann 1526 zum zweiten Male in Köln. Eine andere lateinische Version aus jener Zeit ist mir nicht bekannt. Ein Vergleich bleibt bei der Willkürlichkeit der Boncrschen Übertragung natürlich ergebnislos. Nichts jedoch gegen unsere Annahme besagt der Umstand, dass Boncr die in Vallas interpretatio am Rande fortlaufenden genauen Inhaltsangaben ganz unbeachtet lässt und durch eigene ersetzt. Dies ist eine ausgesprochene Eigenheit unseres deutschen Übersetzers, in der wir eine gewisse Selbständigkeit und ein eigenes Verständnis erkennen müssen. Es tritt nun eine vierjährige Pause in dem Übersctzungstlcissc Boners ein, die ihren Grund in einer gesteigerten Amtstätigkeit haben mag. Ein solches Aussetzen war auch gewiss nötig, denn wir haben die sich stets einstellenden üblen Folgen der Vielschrciberei auch bei Boncr kennen gelernt: Flüchtigkeit und Untreue dem Original gegenüber. Diese Mängel zeigen sich bei Weitem nicht mehr so ausgeprägt in der einen cntschicdenen Fortschritt bezeichnenden Übersetzung des Paulus Orosius. Ihr Titel lautet:

„Paulus Orosius. Chronica vninl besehreybung des heyligen I'auli Orosij / so er bat gethon in Latin ausz bitt vnd beueleb auch eben in der zeit vnd leben / des allerheiligstcn Aurelii Augustini bisclioft's zu Hippon in Apbrica / von dem vmbkreysz vnd gelegenheit der gantzen Welt / so daii, in drey teil gctailt / Als nandieh Apbrica / Asia vnd Europa / mit was nieer vnd geptirgen die vinbgeben / auch was darin von Römern vnd andern vólkcrn / von aniang der weltt / bis/, a uff erbawung der statt Rom / vnd dann fortan bis zu der regierung bonorij vnd Tlicodosij / der Róiniscben keysern / fürgangen vnd gebändelt ist. Als grcwlicbe schlachten vnd blutvcrgiessen, grossen tbeurungen vnd bungers notli / schädlichen feurssbrenden / erschrockcnlichen sünd vñ wasserfliissen/ darzii groszen erdbidem auch Verfolgung vfi durchäcbtung der Christen / vormals in Teutsch nie gesehen / vnd aber yetzund durch den achtparn vnd weisen Herrn Hieronymum Bonern discr zeit Oberster Meister der loblichen Reichszstatt Colmar in obern Elsass / in dz nachfolgend Teutsch verdolmetscht vnnd gemeine nutz zii gut an t a g geben, zu Colmar bey B a r t h o l o m e n Grfininger MDXXXIX". Gewidmet ist diese Verdeutschung dem „edlen ehrenfesten herren Wollten vonn Landtsperg der stifft Strassburg Vitztumb nieinem günstigen und gebietenden herrn". Boner zieht eine Parallele zwischen den Zeiten des Orosius und den seinen und findet, dass sie sich überaus ähnlich sind — beides Zeiten voll „trübsal, janier angst vfi not L . Er hält es deshalb für zeitgemäss, dieses W e r k zu übertragen. E r widmet es dem genannten Herrn, weil er voraussetzt, dass derselbe „auss angeborner Adelichen tugendt ein sonder begird vnd neigung / die wahrhafften historien vnd gcschichtcn zü lesen h a t " . Datirt ist die W i d m u n g : „Colmar den ersten t a g des herbstnionats anno domini M D X X X I X " . — Diese Übersetzung, von der ich in schönen Exemplaren auf den Strassburgcr und Cohnarer Bibliotheken Kenntnis nehmen konnte, ist die einzige nicht illustrirte, zeichnet sich aber dafür vor vielen andern durch einen säubern Druck A l s a t i s c h e S t u d i e n . IV.

3



M



vorteilhaft aus. — Eine zweite Auflage erschien 1Ö76, eine dritte 1581, beide zu Frankfurt a/M. Der Titel der letzteren ist ein etwas veränderter, doch, wie buchhändlerische Geschmacklosigkeit und Gewinnsucht in der damaligen Zeit es verlangten, nicht minder marktschreierisch. Der Vollständigkeit halber führe ich ihn an nach Degen R. II, lf)l (ich selbst hatte nicht Gelegenheit, ein Exemplar zu Gesicht zu bekommcu): „chronica / das ist : wahrhatfte eigentliche vnd kurtze Bcschreybung / dess Vmbkrcisz vnd Gelegenheit der gantzen Welt / so in drey Theil / nemlich in Aphrica / Asia vnd Europa / abgetheilet / mit was Wasser / Meer vnd Gebirgen / die vnibgeben / auch was darinn von allen nationen vnd Völkern / als greuwlichen Schlachten vnd Blütvergiessen / groszen Theuwrungen vnd Hungersnot / schädlichen Brünsten / erschrecklichen Sünd vnd WassertlUssen / darzü grossen erdbidem / auch Verfolgung vnd durchächtung der Christen / von Anfang der Welt bisz auf erbauwung der Statt / vnd zur Regierung Honorj vnd Theodosj / der Römischen Keysern / sich verlauffen vnd zügetragen hat. Erstlich durch den heyligen Bischotf Paulum Orosium, ausz befelch des auch heyligen Aurelii Augustini / bischofl's zü Hippon in Aphrica / in Latein beschribcn. Nachmals von dem achtbarn vnd weysen Hicronymum Boner / weyland Stcttmeister der loblichen Reichsstatt Colmar / verteutscht. Jetztund auffs neuwe gebessert vnd corrigirt / vnd dem gemeinen Mann zü güt on tag geben. Getruckt zü Franckfurt am Mayn / durch Johannem Schmidt / in Verlegung Sigmund Feyerabeiults MDLXXXI. toi." Auch diesen im Mittelalter so häufig gelesenen und als geschichtliche und geographische Quelle benfitzten Schriftsteller hat Boner zum ersten Male übersetzt. Die Bonersche Arbeit reichte aus bis zum Jahre 1797, wo eine zweite Übersetzung erschien. — In demselben J a h r e , wie der „Orosius" fand auch die Ubersetzung des Xenophon ihren Abschluss. Sie erschien unter dem Titel: „des hochgclörtesten philosophen / warhaft'tigsten Geschichtschreibers / vnd allertheürsten Hauptmans Xenophontis



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Coninientarie» vnd beschreibungeu / von dem leben vn heerzug / Cyri des ersten Kttnigs in Persien / Auch von dem trefflichsten heerzug den Cyrus der ander des namens / ktinig in Persien / wider seinen Bruder Artaxerxem gethan / Vü wie die Griechen an allen orthen gesigt haben / Auch wz die von Athen nach der beschreybung Thucididis gehandelt haben / alles / durch den achtharn vn weisen / herrn Hieronyniuni Boner / oberstniaistcr zu Colmar / ausz dem Latein inns Thctitsch gebracht / vnnd geniaynem nutz zü gutt / inn druck verordnet". E s folgt das Titelbild, welches einen König (wohl Cyrus den Altern) in französischer Hoftracht, sowie rechts und links an ihn herandrängende Bittsteller darstellt. Darunter die Jahreszahl M D X X X X . Die Übersetzung ist gewidmet „dem wolgebornen herren / herrn Georgen Grauen zü Erdbach / Churftlrstlicher Pfalzerbschenck / vnder Landtvogt in Elsäsz etc." Der Übersetzer ist bei Gelegenheit einer ehrenvollen Begleitung der hochgcborenen Braut des Grafen ( . d e r durchleiichtigen hochgepornen furstin vnd / frau Elisabeth geborne pfaltzgräuinn / hertzogin in Bayern / vnd frauwen zu E r d b a c h " ) nach Schloss Fürstenau, an der er mit andern Gesandten der „landvogty Stetten" teilnimmt (in welches J a h r dieses Ereignis zu setzen ist, war nicht möglich zu ermitteln) ergriffen, nicht nur von dem Glanz des Schlosses, in dem „ein wolgeordnetes wesen und alle vberfltlssigkeit, die herrlichen vnd wolgezierten Sälen vn gemacher" seine Bewunderung erregten, sondern auch von dem hohen Adel des Geschlechtes derer von Erdbach, die im Laufe von zwei J a h r hunderten zweimal Ehen mit Fürstinnen eingegangen waren. Dem neu vermählten Paare eine Huldigung darzubringen fühlt er sich jetzt veranlasst: er widmet dem des Lateins hochverständigen Grafen und dessen ebenso liebenswürdiger wie kunstsinniger Gemahlin sein mühevolles W e r k . Die Widmung ist datiert: „Colmar den zwelfften tag Augusti Anno M D X X X V I " . Geschrieben ist sie jedoch sicher im J a h r e 1 5 3 5 , denn Boner nennt sich darin „obristmeister", welches er 1535, nicht 1536, tatsächlich gewesen ist.





Der Widmung folgt ein sorgfaltig ausgearbeitetes Sachregister. — Auf dem 2 4 1 fol. lautet die Drucknotiz: . g e t r u c k t zu Augspurg durch Hainrich Stainer / am zwei vnnd zweintzigsten tag Julii dess M D X L - . Die letzte Seite des Buches bringt ein Schlussbild, welches zwei Könige in ritterlicher Tracht (vielleicht Cyrus der Jüngere und Artaxerxes) darstellt, die mit gezogenen Schwertern einander feindlich gegenüberstehen. — Boners „Xenophon" enthält die Cyropacdie, den Feldzug des jüngern Cyrus und die griechische Geschichte. Welche lateinische Übertragung als Vorlage anzunehmen ist, konnte ich bis j e t z t , weil mir das Material fehlte, nicht bestimmen. Degen Gr. I I , 5 4 3 gibt als Vorlagen a n : bei der Cyropacdie die lat. Übertragung von Francesco Filelfo, bei der Expedition des Cyrus die von Romulus Amasäus und Johann Laskaris und bei der griechischen Geschichte die von Bilibald Pirckheimer. Den Beweis kann er jedoch nicht führen, da er nicht einmal die Bonerschc Übersetzung gesehen hat. Wahrscheinlicher ist mir, dass ein 1 5 2 0 zu Hagenau erschienener Xenophon. gracco-latine, vorgelegen hat. Das folgende J a h r , 1541, brachte die vollständige Verdeutschung von Plutarchs vitae. Durchaus im Geschmack j e n e r Zeit geschrieben, wie alle Bonerschen Übertragungen, übertrifft sie jedoch die gleichzeitigen Arbeiten dieser Art an Gewandtheit und Sorgfaltigkeit. Sic erschien unter dem T i t e l : „Plutarchus von Cheronea / der allcrnamhafttigst / Griechisch gcschichtschreiber / von den Leben vnd Ritterlichen thaten / der allerdurchleiichtigste manner j Griechen vnd Römer Ktinig / Bürgermeister / vfi Hauptlcütcn / als nämlich / Tcsei Künig zu Athen Romuli vnd Rcmi etc. deren sechs vnd vierzig vnderscheidenlich nach einander ' mit j r e n leben (vnd wo es die noturfft erfordert) mit figuren anzeigt. Nämlich durch den Fürnemen vnd weisen Herren Hieronxnmm Boner derzeit Stettmeister / der löblichen Reichstatt Colmar / im Elsass / ausz Latein inn das nacliuolgend Teütsch gemeinem nutz zü gut verwendt. Zü Colmar bey Barptolome Grieninger. M DXLI".



37



D i e D r u c k n o t i z a u f d e m letzten B l a t t e l a u t e t :

„getruckt

hm d e r löblichen S t a t t C o l m a r d u r c h B a r p t o l o m e u m Grieninger,' \ iid vollendet

den neun und z w e i n z i g s t e n t a g M a r t i j / j i n

n a c h Christi vnsers s e l i g m a c h e r s g e b u r t M D X L I . Dieses

Druckwerk

vereinigt

schienenen 8 Biographien

die

im

jar

tol.-

Jahre

1534

mit den neu g e f e r t i g t e n 3 0 .

er-

Erstere

bilden den S c h l n s s d e s g a n z e n B u c h e s und sind, ohne j e d o c h einen b e s o n d e r e n T i t e l zu f ü h r e n , s e l b s t ä n d i g p a g i n i e r t . Illustrationen

und

der Druck

sind

Die

sein- u n t e r g e o r d n e t e r

Art:

G r i e n i n g e r b e s a s s e b e n w e d e r die Mittel noch die E n e r g i e ,

eine

l e i s t u n g s f ä h i g e Oflicin zu f ü h r e n .

vom

E s ist noch ein B r i e f *

!). F e b r u a r

1 5 4 5 von B a s e l a u s an B o n c r g e r i c h t e t ,

in w e l c h e m

selbst d i e E h r l i c h k e i t d e s C o l m a r e r D r u c k e r s

in Z w e i f e l g e z o g e n und B o n e r vor ilnn g e w a r n t Die W i d m u n g , wendet

sieh

an

datiert

.den

vom

erhalten, stark

wird.

„ 2 9 t a g M a r t i j anno

1541L

h o c h g e b o r n c n ftirsten vnd l i e r r n ,

herrn

G e o r g e n ' G r a u e n zu W i r t e m b e r g vnnd M u m p e l g a r t e t c . "

Mit

R ü c k s i c h t a u f den E i f e r , den d i e s e r H e r r historischen S t u d i e n z u w e n d e t , hatte B o n e r , d a m a l s S t c t t n i e i s t e r , die A b s i c h t , selben

die

Geschichte

des

hispanischen

und

dem-

neapolitanischen

K r i e g s , die er „vor e t l i c h e n j a r e n - a u s dem L a t e i n i s c h e n übersetzt

hatte,

zu w i d m e n .

schob

die D r u c k l e g u n g

Jahre

1543,

gewordene um g n ä d i g e

Doch

„leibes not" seines

seines W e r k e s

cf. p a g . 4 1 ) .

Übertragung

weit

Inzwischen

des l'lutarch

Druckers

hinaus

widmet

(bis

e r die

dem G r a f e n

und

zum fertig bittet

Aufnahme.

B o n e r nennt a m K o p f e d e r e r s t e n V i t a a l s seinen l a t e i n i s c h e n G e w ä h r s m a n n den L a p u s F l o r e n t i n u s .

Derselbe (Joannes Lapus

a u s C a s t i g l i o n e ) , ein S c h ü l e r d e s b e r ü h m t e n i t a l i e n i s c h e n G r ä c i s t e n F r a n c e s c o Filelfo, hat j e d o c h

nur e i n i g e V i t a e ins L a t e i n i s c h e

ü b e r t r a g e n . I n f o l g e d e s s e n ist a n z u n e h m e n (ein V e r g l e i c h liefert die B e s t ä t i g u n g ) d a s s B o n c r d a s in den J a h r e n 1 4 7 8 und 149(5 unter d e m „Virorum

Titel illustriuni

vitae

ex

Plutarcho Graeeo

in

latinuni

v e r s a e solertique c u r a e m e u d a t a e : P e r N i c o l . J e n s o n G a l l i c u m Venetiis

impressaeu

Colmarer Stadtarchiv.



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erschienene Buch als Vorlage benützt hat. Die Mitarbeiter an dieser grossen lateinischen Übertragung sind: Lapus Florentinus, Donatus Acciaiolus, Guarinus Veronensis, Antonius Tudertinus, Leonardus Aretinus, Franeiscus Barbarus, Leonardus Justinianus, Jac. Angelus de Scarparia, Franciscus Philelphus. — Rein äusserliche Differenzen zwischen Original und Verdeutschung, die sich lediglich auf Auslassungen oder Verschmelzungen beziehen, sind nicht im Stande, unsere Annahme umzustossen. Boner hat sämtliche Vitae, mit Ausnahme der des Galba und Otlio übersetzt. Übergangen hat er alle Parallelen bis auf eine, die zwischen Aristides und Cato. Von der „coniparatio Hannihalis et Scipionis" gibt er nur die 4 ersten Zeilen und hängt sie an die „vita Scipionis". Sonstige Auslassungen sind geringerer Art und ohne weitere Bedeutung. Auch im „Plutarch" sind die Randglossen nicht Übersetzungen, sondern eigene Arbeit. Ein Exemplar dieser Übersetzung befindet sich auf der Stadtbibliothek zu Colmar. — Eine zweite Ausgabe des Plutarch 1541 erschien lf>f>f> unter gleichem Titel als unveränderter Abdruck bei Augustin Friess in Strassburg. Über diesen Verlagsweehscl gibt uns ein Document auf dem Colmarer Stadtarchiv Aufschluss. Im Jahre 1555 ging der ganze Vorrat der Plutarchübersetzung von Bartel Grieninger, welcher augenscheinlich Bankerott gcmacht hatte, an Augustiii Friess in Strassburg auf Grund eines Kaufvertrages mit dein Rat der Stadt Colmar über. Die Zahl der damals noch vorhandenen Grieningersehen Exemplare belief sich auf 363. Für j e drei derselben bezahlte Friess „einen guldin, zu drcyzehenthalben Schilling Rappen oder fünfzehn Batzen gerechnet". Es ist nun anzunehmen, dass die Grieningerschen Exemplare rasch vertrieben wurden um der erwähnten neuen Ausgabe, die wahrscheinlich schon vorbereitet war, Platz zumachen. Dieselbe ist jetzt sehr selten geworden; schon Degen hatte sieli vergeblich bemüht, sie aufzutreiben. Das mir vorliegende Exemplar ist Eigentum des Herrn Prof. Dr. Martin in Strassburg.



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Die Bonersche Übersetzung blieb nicht lange ohne Rivalin. Das Jahr 1580 brachte folgendes Erzeugnis: „Plutarchus, Der fürtrefflichst historj-Schreiber/von den herrlichsten löblichsten / namhaftesten Historien / Leben / handlungen vnd Ritterlichen thaten / derr mannlichsten Helden / vnd herrlichsten männern / so vorzeiten vnder der Römern vnd Griechen / an Weiszheit / Tugenden vnd Ehren / fürnemlich Gegrünet haben. Ein Schatz vnd aussbundt aller anderer historien / welches durchauss mit gewaltigen Lehren / klugen Rahtschlägen / höfflichen Reden / wunderbaren Sprüchen vnd schönen Exempeln / sampt derselben gründtlichen auszführung vnd zeugnussen vieler beriihmpter Männer / gantz stattlichen dargethan vnd erklärt wir dt. Zu Nutz vnd gutem gemeinem vatterlandt Teutscher Nation/jetzt erstmals auss Griechischer Sprach (darinn das werck beschriben) in die liochteutsche zungen / mit grossem fleiss vnd vngläublicher mühe / transferiert / vber ein jedes Buch seine Argument vnd Innhalt gesetzt / vnd mit schönen figuren geziert / dergleichen vormahls nie in Teutsch auszgangen / vnd in druck verfertigt. Durch den hochgelehrten herrn Guilielmum Xylandrum von Augspurg/angefangen/vnd nach seinem tödtlichen abgang durch den auch wolgelehrten Jonas Löchinger vollendet. — Allen Regenten hoch vnd nidern Standts / auch Obersten / Rittmeistern / Hauptleutten / vnnd sonst menniglich / nicht allein nützlich vnnd ergetzlich / sonder auch zu wissen hochnotwendig. mit einem vollkommenen Register, mit Römischer Keys. May. Freyheit nicht nachzudrucken, getruckt in der keyserlichen Reichssstatt Franckfort am Mayn / etc. Im Jar / M • D • LXXX". Dieser marktschreierische Titel, den ich schon deswegen hersetze, um durch einen Vergleich Boners Bescheidenheit in den Aufschriften seiner Bücher ins rechte Licht zu stellen, contrastirt in merkwürdiger Weise mit dem Inhalt der an den „edlen vnd ehrenvesten Hartmudt von Cronberg" gerichteten Dedication. Nachdem Sigmund Feyerabendt, der Verleger, in



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umfangreichen Sätzen der Geschichtschreibung und ihrer hohen Bedeutung das Wort geredet hat, kommt er endlich auf sein Buch zu sprechen und bekennt, dass „solch Werck vor ctlicli Jaren in Teutsche Sprach ist transferiert / villi nachmals in Truck (aber doch nicht zum fleissigsten) verfertiget worden". Da aber beinahe alle Exemplare „distrahiret" seien, so habe er sich auf dringende Bitten von vielen Seiten her bewogen gefühlt, eine Revision und Vergleichung mit andern Spraclicn vornehmen zu lassen „nicht ohne mühe vnd Vnkosten". — Es ist nicht schwer zu vermuten, dass das erwähnte „werck" die Bonersche Übersetzung ist, und eine Vergleichung der Texte bestätigt diese Vermutung vollkommen. Es finden sich nur wenige Abweichungen und diese sind meist sprachlicher Natur. Namentlich ist das Bestreben bemerkbar, dialectische Eigentümlichkeiten der Bonerschen Übersetzung zu tilgen. Wir dürfen vielleicht auch zugeben, dass manchmal eine erspriessliche Vergleichung der lat. Version mit dem griechischen Text stattgefunden hat — umfassend konnte dies jedenfalls nicht geschehen sein, da es eine gründliche Veränderung der lateinischen Übertragung, die zujener Zeit oft stark an die Paraphrasen streift, zur Folge gehabt hätte. Wer hat nun die Revision unternommen ? Die Dcdication erwähnt überhaupt keinen Namen; Feyerabendt hält es auch nicht für zweckmässig, die Übersetzung offen als eine Bonersche anzugeben. Dagegen prangt auf dein Titel der Name des damals häufig genannten Vielschreibers Xylander. Ob derselbe in Wirklichkeit die Revision vorgenommen hat (und dies wäre der einzige Anteil an dem Werke, den wir ihm einräumen können) oder ob er nur seinen klangvollen Namen dazu hergeben musste, ist nicht wohl zu ermitteln. Wir halten das letztere für das wahrscheinlichere. — Eines lässt sich jedoch aus diesem buehhändlerischen Kniff schlicssen, dass schon damals Boner zu den weniger genannten, also auch den finden Buchhändler unersprießlicheren Namen gehörte. — Im Jahre 1543 erschien Boners „Deinosthencs" unter dem Titel: „vier schone vnd zierliche orationes oder Reden / des allerfurneinstcn redner Deniosthenis / wider den Kiiiiig lMiilipscn /



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a u s M a c é d o n i e n / d e r ein v a t e r d e s g r o s s e n A l e x a n d e r s g e w e s e n ist ' a n s e i n e m i t h u r g e r zu A t h e n / g e t l i o n . E r s t l i c h a u s z g r i e c h i s c h e r s p r a c h ins l a t e i n / n a c h n i a l n d u r c h d e n a c h t h a r n v n d w e y s e n h e r r n ' H i e r o n y n i u i n Bönen 1 O b e r s t n i a y s t e r zu C o l m a r K ö l n i s c h e r K ü . M a y . zu E e r e n a u s z d e m L a t e i n ins T e u t s c h transferiert vnd besehriben. Am

Ende:

durch

„getruekt

Heinrich

in

MDXLIII".

der

Stcyner.

kcyserlichcn

am

XIIIJ

statt

tag

Augspurg /

Februarij

/ des

MDXLI1I jars". Nach

dem

Datum

der

Dedication

(12.

Juli

l.~).'>7)

zu

s e b l i e s s e n , w a r d a s W e r k m i n d e s t e n s G J a h r e vor s e i n e r D r u c k legung vollendet,

fällt

Orosius-Übersetzung.

also

zwischen

die. l l c r o d o t -

E s ist dein K ö n i g F e r d i n a n d

und

die

gewidmet.

H o n e r zieht einen V e r g l e i c h z w i s c h e n d e r Zeit d e s D e n i o s t h e n e s u n d seiner e i g e n e n , w e l c h e i n f o l g e von r e l i g i ö s e » u n d p o l i t i s c h e n Wirren

eine s e h r b e w e g t e

„ s o r g f e l t i g e " ist.

jetzt — w i e es a u c h

damals der

die

des Redners

kraftvollen Worte

Fall

Es scheint

war —

nötig,

zu d e m V o l k e

ihm durch

(vielleicht

a u c h zu d e n F ü r s t e n V ) zu s p r e c h e n u n d die „ t e u t s e h e n a t i o n / g e g e n g o t t v n d ire o r d e n t l i c h e n o b e r k e y t / zu fruclit g e b e r e n d e r g o t t e s f o r c h t v n d g e h o r s a m e zu v e r i i i a n e n " .



Mit d e m . D e n i o s t h e n e s " ist die R e i h e d e r Ü b e r s e t z u n g e n alter Autoren abgeschlossen merksamkeit

w i r finden 111111 H o n e r s Auf-

und

auf die Chroniken

Schon „etliche j a r

u

d e r d a m a l i g e n Zeit

gelenkt.

vor seiner H e r a u s g a b e des ganzen Plutarch,

a l s o vor l f ) 4 1 , h a t t e e r sich mit d e r U b e r s e t z u n g e i n e r h i s p a n i s c h e n C h r o n i k b e f a s s t u n d sie a u c h , n a c h s e i n e r A u s s a g e (cf. p a g . ;!7), zu E n d e g e f ü h r t . angeführten dem

Die D r u c k l e g u n g erfolgte j e d o c h aus

Gründen

erst

104;$.

Das

Werk

oben

erschien

unter

llispania '.

Vnnd

Titel:

„Ein

schone

Chronica

vom

Künigreich

s o n d e r l i c h von K ü n i g F e r d i n a n d o / w ü l c h e r Caroli d e s fünfl'ten y e t z i g e n R ö m i s c h e n K a y s e r s (von d e r m ü t t e r l i c h e n lini) Anlierr g e w e s e n / w i e d c r s c l b die H i s p a n i s c h e n R e i c h g e r e g i e r t / w a s M a n l i c h e r v n d R i t t e r l i c h e r t h a t e n E r zu s e i n e r zeyt g e ü b t / W i e vil L a n d v n d l e w t E r a u c h v n d t c r seinen g e w a l t g e b r a c h t v n d b e s t r i t t e n / mit k l ü r l i c h c r Vermeidung d e r

Hispanischen



42

-

vnnd Neapolitanischen Krieg / w a s sieh darinnen v e r l a u f e n vnd z u g e t r a g e n : dergleichen vom anfang des Kttnigreichs Neapolis / vnd wer das am ersten regiert halt: Item / von dein land J t a l i a / v n d in sonderhait von der venediger vrsprung vnnd lierkomen: darzft ain beschrcybung der statt zum adler wie Sic zuerst ain anfang geliebt / Und anders etc. Alles durch Jacobum Dracelluni vnd Johannem Jovianuin erstlich in Latein bcschribcn / volgcndts durch den achtparn llieionyinuni Boner/oberstmayster (1er statt Colmar/in das Teutsch vcrwendt. mit schonen figurcn durchausz geziert / allcrniänigklich nit allein kurtzwej'lig / sonder auch nutzlich zii lesen". Das Titelbild stellt die Erstürmung einer Stadt dar. Darunter ilie Drucknotiz: „gedruckt zu Augspurg / durch Hainrich Stayncr anno MDXXXXIII". Das folgende Blatt enthält auf der rechten Seite die Widmung an den „hochgeborncn ftirsten vnd Herren / lierni Georgen Grawe» zii Wirttenibcrg etc.- Das Buch soll ein Gegengeschenk sein für die „vil g n a d vnd gunst u die Boncr „vnuerdicnt u empfangen. Worin dieselbe bestanden, lässt sieh nicht mehr nachweisen. Vielleicht hat auch der Württenibcrger seinen Einfluss geltend g e m a c h t , als es sich darum handelte, das w a n k e n d e Ansehn Boners zu stützen. Das Datum der W i d m u n g fehlt, ist jedoch leicht zu ergänzen. Boner nnterschreibt sich „schulthayss". Dieses Amt bekleidete er 1542, 1543 war er Obristnieister, wie auch der Titel besagt. Also ist 1542 anzunehmen. Auf der linken Seite des zweiten Blattes ist ein Bild, welches zwei gewappnete Kitter darstellt. Darauf folgt, auf 2 Blättern, das Eegister mit einer kurzen Inhaltsangabe. Die lateinische Vorlage dieser Verdeutschung führt den Titel: „Jacobi Bracelli Genuensis, Historici eruditissiini, libri quiiique, item Johannis Joviani Pontani, de hello Neapolitano libri sex. vna cum llistoriac enconiio doctissimo, Andrea Aleiatio Aufhöre, l l a g a n o a e per Johannem Seceriuni Anno M D X X X L .



43



In der Übersetzung weggelassen sind die praefationes des Nicolaus Gcrbelius „studiosae jnvcntuti eOnparreiv" und des Andreas Alciatus' eneoinion. — Die sechs Bücher des bellum Ncapolitanum zieht Roner, ohne jedoch erhebliche Kürzungen vorzunehmen, in 2 Bücher zusammen. — Zwei J a h r e später erschien eine zweite Chronik unter dem T i t e l : „des allermechtigsten künigreichs in» Yngern / warhafftige chronick vnd anzeigung / wie das anf'ang auff vnd a b g a n g genoninicn / wie auch das vilfaltig anfeehtung vnd vbcrfal gelitten / vnnd andern uationen schwerlich zugefügt / vnnd sich der türkischen angriff / so lang biss zu unsern zeytten / so ritterlich erwert hat. durch Anthonium Bonfiniuni / inn dreyssig Btichcrn inn latin beschryben/vnd yetzt durch Hieronyniuni Boner schultheiss zu Colmar / in disz volgendt Tiitsch bracht / auch aller btichcr innhalt / mitt lustigen fignren anzeigt vnd für ougen gestellt. Zu Basel by Ruprecht Winther / im J a r MDXLV. mit K. M. F r c y h e y t inn sechs jaren nit nachzütrueken t ; . Diese Ubersetzung ist nur noch sehr selten zu linden. Ein Exemplar, welches einen ausgezeichneten Druck aufweist, befindet sich auf der Colmarer Stadtbibliothek. Auch die Strassburger Universität»- und Landesbibliothek besitzt ein in demselben Jahre, aber unter etwas verändertem Titel erschienenes Exemplar. Der Titel lautet hier „Des Allermechtigsten künigreichs in Vngern w a h r h a f t i g e Chronick vnnd anzeigung / wie das anfang / auff vnd a b g a n g genommen / wie auch das vilfaltig anfeehtung vnd vberfall gelitten / vnd andern Natione schwerlich zügefiigt / vn sich der Türkischen angriff' so lang bisz zu unsern zeytten so ritterlich erwert hatt / inn dreyssig Büchern bcschryben mit j h r e n Figuren lautter anzeygt vn erklärt wirf. Zü Basel by Küprecht Winther / im J a r MDXLV. mit K. M. F r c y h e y t inn sechs j a r e n nit nachzütrucken". Welches von beiden Exemplaren das früher erschienene ist, oder ob beide mit dieser Titeldifferenz nebeneinander herliefen, ist nicht zu entscheiden.



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Die Widmung, ohne Datum, wendet sieli an „den hochwürdigen fttrsten vn h e r r e n / h e r r n hangen Rudolf!" Stör, abt der fürstlichen gotshiiser / Murbach vnnd L u d e r etc.- Der Abt liisst es sieli angelegen sein, mit Hülfe eines „wolgclcrtcn Magisters vnd P r a e c e p t o r s - unter der Leitung Dr. Joliann Hoft'meistcrs, des provincialcn des Augustinerordens im Augustinercloster zu Colmar „alle gcpiirliche leer vnd Kunst nit mit ringen costen- zu fördern. In Anerkennung dieser hohen Verdienste um eine S a c h e , die auch Boner nicht wenig am Herzen l a g , um das Schulwesen, widmet der damalige Sclmltheiss seine Arbeit dem mit ihm durch gemeinsame Studien engverknüpften F r e u n d e . Der Verfasser der „Ungarischen Chronik" war, wie Boner a n g i b t , der Jurist Antonius Borfinius aus Aseole. Sein Buch erschien, nach seinem Tode, im J a h r e lf)4.'> unter dem T i t e l : „Antonii Bonfinii rerum vngaricarvin decades t r e s , livnc deinuni indvstria Martini Brumcri Bistricicnsis Transsylvani in lucein aeditae, antehac nuii([iiain excusae quibus accesserunt Chronologia Panonum ä Noali ul't|ue haec tempora & Coronis llistori(ae) Vngaricae diversormn Auctorum. Basileae ex Roberti Winter Officina. anno M D X L I I I . Cum Caesareae Maiestatis gratia et privilegio ad annos s e x - . Die Übersetzung Boners ist eine ziemlich glatte und zeigt im Vergleich zu den früheren Arbeiten eine grössere Gewandtheit. In demselben J a h r e war Boner mit einer Verdeutschung der „Denmnarchischcn Chronik Alberti Krantzij von H a m b u r g beschäftigt, führte sie jedoch nicht zu E n d e , da eine von Heinrich von Eppendorf!' verfertigte, zu Strassburg bei Hans Schott 1040 erschienene Übertragung zuvorkam. Wir entnehmen diese Tatsache einem vom 28. April l">4f> datierten an „den ersamen vnd wolgeachten herrn Joliann Hummel, statschreiber zii Colmar" gerichteten Brief* des l'rovincialen Hotimeister. Am Ende finden wir die Stelle: „dem licrren Iliero. Boner * Der Brief ist abgedruckt in: Dr. Kugcii Waldner: .Vier Briefe von Johannes lloffnieistcr". Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins. Neue F o l g e VI, 1.

s a g e n d . die cronick dos K r a n t z e n sei im t r u c k Teuscli a u s g a n g e n , do mit er liit v e r g e b e n s arbeite'-. — Dies ist die letzte litterarischer Tätigkeit.

nachweisbare

Spur

von

Hemers

Hei d e r B e u r t e i l u n g d e r Bonerschen Ü b e r s e t z u n g e n d a r f nicht a u s s e r Acht g e l a s s e n w e r d e n , d a s s er f ü r die W e r k e , d i e er v e r d e u t s c h t e , k e i n e V o r a r b e i t e n v o r f a n d : überall, wo er ü b e r setzt, ist er der erste. D a g e g e n liisst sich wohl mit Bestimmtheit a n n e h m e n und in einem F a l l e k o n n t e n wir es s o g a r beweisen, d a s s eine s t a t t l i c h e R e i h e von Übersetzern die F r ü c h t e iles r a t s h e r r l i c h e n F l e i s s e s g e e r n t e t h a b e n . O b die V e r b r e i t u n g d e r Honersehen S c h r i f t e n eine g r o s s e o d e r kleine g e w e s e n ist, liisst sich k a u m m e h r e n t s c h e i d e n ; nur in einzelnen F ä l l e n d e u t e t die v e r h ä l t n i s m ä s s i g g r o s s e Anzahl d e r v o r g e f u n d e n e n E x e m p l a r e auf d a s e r s t e r c hin. A u c h scheint der Rat der Stadt Colmar den Vertrieb der Übersetzungen Boners e n e r g i s c h in die H a n d g e n o m m e n zu h a b e n . W i r finden auf d e m Archiv einen vom '2. März lf>42 d a t i e r t e n von Meister u n d R a t u n t e r s c h r i e b e n e n Brief, in w e l c h e m u n t e r a n d e r e m s t e h t : ,,wir h a b e n t 2 0 4 Biiechcr p l u t a r c h s jnn 4 fass schlahen, die gen Spoir fiieren vnd v n s e r m b u r g e r J e r g e n W i c k r a i n o n zug e g e n befehlen Jossen, d e r s e l b e n so vil möglich vfi" j e t z i g e n riclistag S p e i r zu v e r t r i b e n vnd w a s vberplibt, den n c c h s t e n in f r a n k f u r t e r Moss zu a n d e r n b ü e c h e r n d e s orts l i g e n d t zu a c h t e n und zu verkouft'en". J c i•g W i c k r a m w a r d a m a l s B u c h h ä n d l e r in C o l m a r ; d i e s geht a u s einer Stelle eines lf>43 d a t i e r t e n Briefes R h e n a n s hervor ( H o r a w i t z u n d H a r t f e l d e r : B r i e f w e c h s e l des R h e n a n u s p. :">02). E s heisst d a s e l b s t : „venalcs habentur Colmariae apud Georgium Wiegrainium b i b l i o p o l a m : v r s p r u n g v n d h e r k o m m e n d e r 4 ersten k ö n i g vnd fiirsten d e u t s c h e r n a t i o n " . W i r d ü r f e n a n n e h m e n , dass sich d e r R a t von C o l m a r ebenso um den V e r t r i e b d e r a n d e r n Ü b e r s e t z u n g e n a n g e nommen h a t .

Boners Übersetzuugsweise. Wir werden in folgendein versuchen, ein Bild Bonerscher Übersetzungskunst im Umriss zu geben. Es ist ein Bild, das den Stempel des 16. Jahrhunderts trägt, jedoch nicht einiger individueller Züge entbehrt. Boner ragt, was Treue (1cm Original gegenüber betrifft, über die meisten der gleichzeitigen Übersetzer hinaus. Es ist ihm darum zu thun, möglichst genau zu übertragen, ohne dass es ihm jedoch immer gelingt, zugleich auch eine verständliche und lesbare Übertragung zu erzielen. Nach den Vergleichen, die wir angestellt haben, können wir nicht übereinstimmen mit der Ansicht Merzdorfs über Boners Übersctzungskunst („Allgemeine deutsche Biographie" 3, 121): sie sei „eine Art Paraphrase und ein Acconunodieren an die Zeitverhältnisse, wie es bei andern Übersetzern jener Zeit auch der Fall ist". Diese Ansicht mag allenfalls dann ihre Geltung haben, wenn wir, wo er stattfinden kann, einen Vergleich mit dem griechischen Original vornehmen. Boncr hat jedoch ausschliesslich aus lateinischen Vorlagen übersetzt, und der Vorwurf der Paraphrase trifft somit diese und nicht die Verdeutschung. Es ist bekannt, dass die italienischen Übersetzer — Italien lieferte das grösste Contingent der lateinischen Übertragungen — nur eine geringe Treue dem Original gegenüber bewahrten, dass es die Filclfos, die Vallas, die Lapus Florentinus nicht besonders genau nahmen mit dem Wortlaut des griechischen Textes, der manchmal selbst einem bedeutenden Gräcisten wie Filelfo unüberwindliche Schwierigkeiten bereitete. — Das erste nun, wonach wir bei der Charakteristik einer Übersetzung zu fragen haben, ist: „hat der Übersetzer die zu



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einer Ü b e r t r a g u n g notwendige umfassende Kenntnis der Originalsprache besessen V1* Bei Boner können wir diese F r a g e nicht vollständig bejahen. Wir müssen zugeben, dass unser Übersetzer über einen guten Vorrat lateinischen Wissens verfügen konnte, ein Vorrat, der sieh im Laufe der Zeit nachweislich vergrössert hat. Wir haben schon oben erwähnt, dass, wenn wir chronologisch einen Vergleich unter den einzelnen Verdeutschungen anstellen, mit wenigen Ausnahmen immer ein Fortschritt, selten ein Stillstand oder Rückschritt zu bemerken ist. Wirkliche Misverständnisse und grosse Unrichtigkeiten, sowie falsche Auffassung einer ( I n s t r u c t i o n bietet Boner nur in geringer Anzahl. So übersetzt er, um nur einige Beispiele zu gelten: — P. o. c. I qui res g e s t a s reguni populoruinque ob diuturnam nieinoriam verbis propagaverunt. 4. ra. vnd dieweil g a r nach alle die so bey den g-riechen oder lateinischen die g e s c h e h e n Sachen v n n d g e s c h i c h t e » der v o e l c k e r auch l a n k w i e r i g g-edechtnüss mit Worten zu sehroyben gewissen. — c. VI, 1. seientia dei B o n c r : „göttliche weissheit" wo das „Bewusstsein E x i s t e n z Gottes" g e m e i n t ist.

von

der

— 11(1. partim etiam socordes (seil, custodes) eorum quae ad se parum pertinere arbitrabantur. 13 rb. auch waren sy zum theyl so eines kleinen Verstandes das sye vermeynten jlnien nicht zu zehören dises zu rechtuertigen. — Plut. . . . vel P y t h a g o r a meliori barbaro cuipiam institutionem reg'is adscribendam vclint. .'W vn. oder dasz sie den Pythag-oram lieber dem K ü n i g zu e i n e m zueilt vnd leermeister zuschreiben wollen | dann e t w a n e i n e n barbarischen v n g e l e e r t e n man.

Boncr hat hier offenbar nicht versucht, einen Sinn herauszubringen, d a dieser Satz so keineswegs im Zusammenhang mit dem Vorhergesagten stehen kann. — Plut. . . ut e n i m illum (seil). J x i o n e m ) pro J u n o n e quam amabat nubi permixtum c e n t a u r o s ex ejus concubitur g e n u i s s e tradiderunt, sie . . . 248 rc d a n n sie s a g e n , als J u n o n e m , die er lieb g e h a p t , beschlaffen. habe er die c e n t a u r o s g e b o r e n , also . . . .

Ein Beispiel »truetion:



48

die

falsche

ftir

— Auffassung

— Phit. quae autem nos de Numa memoraiu

digna

einer

Oon-

aeeepinms

fasst Boner PI. 38 vi) so auf, als ob s t ü n d e : „quae ex Numa aeeepimus niemoratu digna esse 1 ' und übersetzt: „was wir aber von (1cm Kiinig Numa erfahren haben der gedechtnus würdig sein. e t c . . .

Eine zweite F r a g e : beherrscht Boner seine eigene Sprache? müssen wir verneinen. Wir finden auf der einen Seite eine Menge Unbeholfenheiten, wie wir sie bei den bessern Autoren des 10. Jahrhunderts oft vergebens suchen; dagegen andererseits müssen wir oft eine für j e n e Zeit anerkennenswerte Glätte und Gewandtheit bewundern. Letzteres ist überall da der Fall, wo die lateinische Vorlage durch eine leichte ungezwungene Darstellung zu einer ähnlichen im Deutschen auffordert, so z. B. beim Herodian des Angelus Politianus. — Ein Zeichen von Unbeholfenheit ist das Herumtasten nach gleichwertigen Ausdrücken bei der Wiedergabe lateinischer Begriffe und die häufig eintretende Notwendigkeit, einen lateinischen Begriff durch zwei oder mehrere deutsche verständlich zu machen. Oft finden wir sogar ein lateinisches Wort durch das lateinische Wort und das entsprechende deutsche übersetzt. Eine Zusammenstellung solcher Übertragungen ist nicht nur für Boner, sondern überhaupt für die Übersetzer jener Zeit sehr bezeichnend. Eine kleine Auswald möge hier folgen. — I' (). ded. multa diversi neris animalia — proprii appelitus I e. I

ge-

termini At'ricae

e. II j u g u m (montis) e. III tolcrare obstinatis mentilms c. V VI c. I c.II

testis vita crudele edictum

¿5 rb. vielerlev tliier vnd viechs.

.r> rb. t! rb. !> rb.

10 rb. 79va.

— eigene b e g i n l vnd anligen. die anstöss vnd end in Ai'rica. gradt vnd nicken. leiden vnd gedulden. mit verstockten sinnen vnd gedancken. zeug'knis vnd anzeig. leben vnd wesen. grim gepot vnd edict.

— I i\ I opinions caeca II c. I intemperantia regnum maximum Hd. mores princeps adversus misericord ia ratio conscientia Studium onme meum OS multis laborilms contlictare iusidiae impedimenta Chr. vera documenta U. sedes PI. portnagna dissensio auditor sero afHrmare cum armis lioino h u m a n u s at2") rb. man sagt wie Horteusius ein hoelierfarner der liecliten vnd L u c i u s Sisenna der Römisch orator vnd g-eschichtschreiber ausz einer schimpflichen (wie dann sich gewonlich begibt) mit dem gedachten Lucullo (noch als einem j ü n g l i n g ) in ein ernstlich red vnd gespräch kommen. Auch

die Construction

des Nomin. e. Inf. hei

wird von Boner ins D e u t s c h e hinttbergenonnnen.

„videtur"

Die häufigste

Übersetzung des videtur ist „gesellen wird 14 mit dem bezeichneten oder a u c h unhezcichneten Infinitiv.

S o finden

wir:

— Galli, qui liiaxinie Romanis terrori esse videntur. IM. 14« va. die den Rhomeru ein grosser schrecken ze sein gesehen werden. — loci propinquitas et Gallorum dignitas qui liiaxime Ivomams terrori esse videntur. IM. 14!) va. darzu von wegen der Gallier rüm und namen, der den Rhüniern ein grosser schrecken ze sein gesehen ward. — idem pati manifeste videntur. IM. 248 rc. vnd werden offenbarlich gesehen, eben das zu leiden. Einmal

findet sieh

diese Construction

S u b j e c t s und nachfolgendem

mit Prolepsis d e s

„dass~-Satz:

— fiuvius qui per picoenum agrum labitur cruore fluxisse visus est. IM. 14s vi), daselhs ist gesehen worden das wasser das durch die Picenerlandschafft lauft, das* es gantz bluttig geflossen.



54



Diese Beispiele mögen genügen, um nachzuweisen, die besprochenen, ganz undeutschen

Constructionen

dass

lediglich

unter dem Einfluss des Lateinischen zu Stande kommen konnten. Ganz selbständig und den Anforderungen der deutschen S p r a c h e gemäss behandelt Boner die lateinischen Constructionen,

Participial-

und darin überragt er die meisten damaligen

Übersetzer, welche auch hier öfters der lat. V o r l a g e

sclavisch

unterworfen sind. Selten nur finden wir bei ihm das Bestreben, die

deutsche

Klarheit

Construction

anzupassen.

Eine

der

lateinischen

auf Kosten

kleine Sammlung

von

der

Beispielen

mag ein Bild Bonerscher Gewandtheit geben, die sich g e r a d e in diesen syntactischen Eigentümlichkeiten

zeigt.

Den lat. ablativus absol. gibt Boner beinahe

regelmässig

in g e s c h i c k t e r und einfacher Auflösung w i e d e r : — prineipio a Romanis parta vietoria nunc acccpti.s cladibus decertatum est. PI. 149 vb. inn disem krieg ist im anfang dermassen gestritten worden, das jetzt die Romer gesigt vnd dann grossen schaden von den feinden empfangen haben. — perturbato vehementer animo Hd. 25 va. da hat er (seil. Niger) in seinem gemütli grosse vnd hefftige betrübnuss empfangen. Einmal nur erinnert das Deutsche an struction in — Asiä subjectä U. 11 ra. mitt vnd nach vberwunden Asien. Ebenso

die

lat.

werden die übrigen lat. Participinlsätzc

Con-

in ge-

schickter W e i s e teils, wo es a n g e h t , durch Substantiv«, teils durch T e m p o r a l - und andere Sätze

wiedergegeben:

— congruum sumentes initinm PI. 38 vi), mit annehmung eines töglichen anfangs. — nihil tale expectans Hd. 25 va. Wyder sein hoffnung. — redeunti igitur ae multa ret'erenti spolia 11011 proeessit populus. PI. 148 vc. da er (Flaminius) nun wieder gen Rom kommen vnd vil raup vnd peüt mit ihm geführt, ist ,jhm doch gar niemans zu ehren entgegen zogen. — reeeptas Flaminius litteras non prius aperuit quam . . . PI. 148 ve. diese brieff hat der burgermeister Fl. empfangen vnd doch nit eh aufF tluin noch lesen wollen . . .

— 55



- - emanavitque adversus eos (seil, nobiles) rumor in civitatem ut jam antea regnum graviter molesteque ferentes volentesque prineipatum in so transferre regem interomerint. I'l. :>8 vc. vnd gieng gar ein bös geschrey in der stat über sie auss als über die liievor an der regierung Roinuli ein verdruss gehupt lind in willen das künigreich und herschung au ff sieh selbs zewendon. - id graviter ferens Marcellus hominis facialis senatui renuntiat I'l. HS ve. das jlin dann g-antz helft ig verdrossen, darumb ehr dein Komischen radt von ihm klagt vnd fürbracht. W i r müssen nun noch eine syntactische Eigentümlichkeit e r w ä h n e n , die nicht unter dem Einfluss des Lateinischen entstanden i s t ; sie ist im 15. und 16. J a h r h u n d e r t ziemlich, g a n z besonders a b e r hei Honer v e r b r e i t e t : die dnö Koivoü-Stcllung, vorzugsweise des V e r b i , seltener a n d e r e r W o r t k l a s s e n . So finden wir, um nur w e n i g e Beispiele a n z u f ü h r e n : - II. 100 va. ylie zu lotst als jm der künig nicht abston | irolt ehr sich auch nicht weyther sperren vn thatt, wie der künig liefert. H. 1(M) vc. vn so es mich darinn verachten icurd es mich on zweyfel in meinen klaidern auch verachten. II. I i * va. als er (seil. Xerxes) zu jn kam l vnnd inn sein kiinigklichen stuol salzt er vmb sich, aller die er beriiffen lassen einer jeden nation vn jedes Lands Herr. I'l. !):; va. da aber die inn der innsei Euboea sahen, das die Griechen mitt jhren schiften abweichen wolten, da sorgten, sie würden den feinden ubergeben. — lld. ~2 vc. nachdem nun das geschrey seines tods ausz, kam so ein vnglaublich schnelles weinen in das lieer. — X. 2 rc. so bald der tag; an, yudt man auft' die pliitz. Manchmal passt d a s ENRÖ KOIVOÖ gestellte Vcrbum F e n n n a c h nur zum zweiten Teile des Satzes, z. 15.:

der

— IM. K2 rl). die handt erlangt das man fünft' man verordnen, die nolten jn allen dingen der gemeinen nutz vnd frommen bedencken.

Boners Sprache. Um die Sprache (1er Boncrsclicn Übersetzungen beurteilen zu können, genügen uns die vorliandcnen aus viererlei Oflieinen hervorgegangenen Drucke keineswegs. Es ist bekannt, dass sieh schon gegen das Ende des 15. Jahrhunderts an den bedeutenderen Druckorten Deutschlands das Streben, eine Einheitlichkeit auf sprachlichem Gebiet zu begründen, sehr bemerkbar machte. So ist es erklärlich, dass die sprachlichen Eigentümlichkeiten der aus dialectisch so verschiedenen Provinzen Deutschlands einlaufenden Manuscripte nur in geringem Masse gewahrt wurden. Die Sprachregeln, nach denen man beim Druck verführ, waren nun allerdings nichts weniger als feststehend; und was die Orthographie anlangt, so herrschte hier dieselbe Unordnung, wie in den Handschriften. — Das Hauptcharakteristikuni (1er Drucke den Handschriften gegenüber ist der ausgesprochen neuhochdeutsche Standpunkt, den jene einnehmen. Dieses Verhältnis lässt sieli bei linner, wenn nicht immer im einzelnen, so docli im grossen und ganzen bequem nachweisen, da wir, wie schon erwähnt, eine kleine Sammlung von Briefen seiner Hand besitzen. Auch der Unistand ist uns günstig, dass eine seiner Ubersetzungen, der l'lutarcli, in Drucken von Augsburg, Colmar und Strassburg zur Yergleiehung vorliegt. Von diesen ist die Augsburger Ausgabe die wichtigste, denn es ist festgestellt, dass die „Augsburger Sprache" den nachhaltigsten Einfluss namentlich auf die alemannischen Gebiete ausgeübt hat*. So bewahrt der Colmarer Druck des „Plutarch" * Karl von Bahder: Grundlagen des neuhochdeutschen Lautsysteras. Strassburg 18JM). p. 17.



57

-

die durchgreifenden charakteristischen Änderungen, welche von der Augshurger Officin an der Handschriftensprachc vorgenommen worden sind und bietet lediglich orthographische Abweichungen. Wir finden im Augsb. Druck (A) ai = mhd. ei (seltener = nihd. i) sehr häufig v e r w a n d t , während die Colni. Ausg. (C) beinahe durchgehend ei, ey bringt (ei, ey scheint in A da aufzutreten, wo es für mhd. 1 s t e h t ; doch soll damit keine Regel aufgestellt sein); ferner ist die Verwendung von e als Zeichen des Umlauts in A noch eine beinahe durchgehende, während C schon häufiger ä, ä benützt. Der Gebrauch des Ii als Dehnungszeichen ist in A ein sehr seltener, in C ausgedehnter. W a s die Differenzirung von 1) u. p, d u. t betrifft, so lässt sich ein Verhältnis zwischen den beiden Drucken nicht herausfinden: beide verfahren, wie unten noch nachgewiesen werden soll, ziemlich regellos. — Sonst stimmen die beiden Ausgaben, wenn auch, bei dem oft vollständigen Mangel an Principien, nicht immer im einzelnen Falle, an derselben Stelle, so doch im allgemeinen iiberein. — Der Strasslmrger „Plutarch" (Augustin Fricss) ist ein bis auf seltene, geringfügige Abweichungen genauer Abdruck von C. — Dem mlid. Sprachgebrauch und somit den Hss. bedeutend n ä h e r stellt die Hemer Ausgabe der „Ungarischen Chronik"; dieselbe w i r d , wo es nötig ist, von uns besonders berücksichtigt und citiert werden. Hei der nun folgenden Betrachtung der Honerschen «Sprachc geben wir eine ausführliche Darstellung des Lautstandes, wie er uns in den Handschriften und Drucken entgegentritt. Allgemeiner können Declination und Flexion berührt werden, da sie nur sehr wenige Eigentümlichkeiten bieten und noch fast vollständig dem mhd. Gebrauch entsprechen. — B e i » . Unserer Untersuchung haben wir in erster Linie, abg e s e h e n von dem handschriftlichen Material, die lf>:>l zu A u g s b u r g erschienene Ausgabe des Plutarch zu Grunde g e l e g t ; doeh sind auch die übrigen Übersetzungen Boners teilweise berücksichtigt worden. — Die Beispiele, welche den Briefen entnommen sind, mussten natürlich ohne genauere. Angabe der Stelle bleiben; die Citate ohne weitere A n g a b e als Seitenzahl, gehören selbstverständlich obigein „Plutarch" an. —

f>8



I. Vocalismus. A.

Einfache tnhd.

Vociile. a.

ist im a l l g e m e i n e n in den Hss. und D r u c k e n g e w a h r t ,

namentlich

da, wo inlid. U m l a u t e i n t r i t t ; z. 15.: l l s s . : g e s m a c k t . — nämlich. D r u c k e : 1 rc. vtizalbar.

2 i t . g e s c h m ü c k t ( d u r c h w e g so).

6 rc. s c h ä m e n . — 9 rc. b e w ä l t i g e n . —- (>l va. s c h a n t l i c l i . f>6 vh. lästerlich. — (¡8 rc. ä n g s t i g . — 99 v a . I I I r a . d a n t z e r . — 129 vi», samptlich. wird e (im ü b e r m ä s s i g e n Hss'. n u r : a n g e f e n g t . Drucke

vereinzelt:

einfaltig.



Umlaut). — Plut.

12 rb. v r s e c l i e r

(sing.)



02

ra.

w i d e r s e c h e r . — J . 7 rc. {reinAch. — wird o.

In den Hss. g a r n i c h t , in den D r u c k e n ä u s s e r s t

selten

b e l e b t : P l u t . Hl ra. wilt'oren. — SS rb. w o l s t a t t . — 9 ah. ohorn. ( P l u t . 305 rc. „Schnorcheln 1 ' ist v i e l l e i c h t a u f die mild. N e b e n f o r m snurclieln

zurückzuführen.) mild.

vc. sich waltzcn. —

Hd. 4 vb. g l ä n z e n .



Plut. H2 rb.

ge-

dancken (verb.). — H4 ra. ernampter. — Diese clsässische Erscheinung- liisst sich auch bei Geiler von Kcysersberg- in grossen M e n g e n

nachweisen.

Boner bietet ver-

hältnismässig w e n i g Beispiele. •'!.

ö (schwäbisch).

In den Hss. war einmal b e l e g t :

hürpaucker.

Sehr häutig- in den D r u c k e n : 1 va. hör. — wöllicher (Hss. d u r c h w e g wellicher).

1 va. er-

wölen. — 7 ra. inör. — 19 vc. öpfel. — 20 ra. erschröcklich. — 52 rc. schödlich. — 52 va. g e w ö r . — tili va. erstöcken. — !K> ra. der störckste. — 112 rb. erzÖlen. — A l l e diese Beispiele sind beinahe durchgehend in dieser Form im Gebrauch. — 4. s y n k o p i e r t : in den l'raefixen g e - u. be- häutig in den Hss. u. D r u c k e n : H s s . : es g p u r t sich. -

gneigt. —

eidgnosse. — ungrust. —

angsicht. — bgher. — bhandet. — D r u c k e : 15 vc. g-niigen. — 8(> rc. tischgnosse. — 53 vb. g l e n t z ( = nhd. lenz;. — 57 vc. vnbstendig. — 75 va. bschliessen. — 5. — i.

H ä u t i g in einigen Femininen der ja-Klasse.

H s s . : würdi. — langi, lengi. — g-ehorsamy. — Drucke:

(12 va. langsanii. —

G5 va. vnsorgsami. —

G6 vc.

Iiiiii. — 72 ra. wiisti. — Plut. 382 vc. liebi. — D i e meisten Beispiele liefert der B e r n e r Druck. Diese Erscheinung ist eine alemannische; sie lässt sich auch no^h j e t z t im Ober-Elsass nachweisen. —



60

mhd



e.

1. in den Hss. b e i n a h e stets zu a in h a r (sowohl Suffix als auch P r a e f i x ) = m h d . her. z. B. h a r i n n . h a r u s s . — sidthar. — G a n z s e l t e n : heruff. — v n t z h e r . (Die D r u c k e b r i n g e n a u c h har, jedoch vereinzelt.) 2. in den D r u c k e n ist es oft g e w a h r t : 10 ra. b e l c g e r n . 10 rh. beI e g e r u n g , leger ( d u r c h w e g so); manclunal findet sich m h d . e a u c h mit ;'i g e s c h r i e b e n : H. 2 rb. widert'ächten. - 122 rb. b r ä c h e n . 122 vb. wälle. - P l u t . H2 rc. v i n b l ä g e r n . — F ü r inhd. e findet sich a a u s s e r in „har 1 ' a u c h sonst vereinzelt in den D r u c k e n : H. ded. widersprachen. — 101 va. w a r t z (oft so). — P l u t . 107 rb. nanicii. — 32f) ra. g e s c h a h e n . — Weinhold AI. Gr § 112 hält diese K r s c h e i n u n g nicht lür elsässisch — mit U n r e c h t : sie liisst sich bis h e u t e im S u n d g a u nachweisen. — 3. = ö N u r in den D r u c k e n nachweislich und a u c h hier s e h r v e r e i n z e l t : 13 vc. g e s t o p p t . — 11 rc. oben. — l T . 2 rc. bor. — B e i n a h e d u r c h g e h e n d ö in wollen. Diese F o r m findet sich jedoch schon h ä u f i g im Mhd. — 4. = o. N u r einmal n a c h w e i s l i c h : 70 rc. spor (vielleicht D r u c k f e h l e r ? ) . mhd. 1. ist im a l l g e m e i n e n g e w a h r t in den Hss. und D r u c k e n . Selten jedoch ist die L ä n g e b e z e i c h n e t : gescheen. B e m e r k e n s w e r t i s t : Hss. m e n t a g . 2. — a. In den Hss. n u r , a b e r d u r c h w e g in g a n (— g e g e n ) belegt. Die D r u c k e setzen d a f ü r g e n . — :l. — 6. Die Hss. bieten n u r ein Beispiel: flölich. — mhd. i. 1. g e w a h r t in den Hss. u n d D r u c k e n : d u r c h g e h e n d im P a r t . prt. der V e r b a d e r I-Ivlasse: z. B. g e w i s e n , e r s e h y n n e n , gebliben. F e r n e r in fride, p r i n n e n u n d vor r, wo nhd. ii e i n t r i t t in I va, wirde (daneben, doch selten, würde). — l T . 1">.'! va. v n w i n l i g . Krhalten ist mhd. i f e r n e r in der altertümlichen S u p e r l a t i v e , n d u g -ist. Die H s s . liefern keine Beispiele, d a g e g e n die D r u c k e in grosser M e n g e ; z. B. 82 ra. scherpttist. - «2 vb. eltist, — H5 rc. vorderist. — 100 ra. ohrist, — 100 vb. am f e r n s t e n . — 12i) vb. weiszist. — 130 va. allersche.rptfist. 131 ra. treflichist u. a. m. — 2. = ii. H s s . : e r w ü n d e u . — g-esünnen. — r ü t t e r . — ü t z t (mhd. ihtes). — s ü b e n . — H ä u f i g in den D r u c k e n : 1 vc. v n d e r w ü n d e n . — H rb. g e b ü r g e . — 13 va. kündisch. — 14 vc. a u g e n p l ü c k . — IG rc. v e n n ü s c h e n . —



(11



50 vc. befiüssen (]>. p.). — 5li rl>. p r ü t s c h e . — Ki) rl). e r f u n d e n . — 10") ra. g e s u n d e . — 105 rb. vnwiirsch. — 11(5 rc. l a n g k w i i r i g . — I'. O. 10 ve. a n s p i i w e n . — P l u t . 102 rb. g e w ö n n e n . 103 vc. nünunev. -- H. (> rb. friisch. — 124 rc. f ü n s t e r . — P l u t . 81 va. beg ü r d e . — 8!) va. griiniblich. — U. 2 va. t r i i n c k g e s c h i r r . Vor nd ist diese E r s c h e i n u n g b e i n a h e r e g e l m ä s s i g . Sie ist nicht spec. e l s ä s s i s c h , findet sich a b e r bei elsässischen Schriftstellern, n a m e n t l i c h bei Closener, sehr häufig. — nihil,

i.

1. g e b l i e b e n , u n d z w a r b e i n a h e d u r c h g e h e n d in den I I s s . Die Bezeichnung- wechselt zwischen i u n d y. z. B. wysz. - liiyn. — a l z y t . — glycli. — s w y g e n d . — v y n d . — b e w y s e n . — syden. - fryheitt. — richstag - . — dergliuhen schrillen. — latinisch. — (Mit f o l g e n d e r Doppelc o n s o n a n z ) zytt. -- f r y t t a g . — vlyssig-. — langwillig - . — In dem Präfix in-: i n g e l e g t . — i n k e r e n . — In den D r u c k e n ist nilid. i g e w a h r t : a) in der Diminutivsilbe -lin: 10 rb. waldin&nlin. — 11 vb. sunlin. — 59 rb. helnilin. — (53 vc. hüttlin. — heiisslin. - G ra. steinlin. — (58 rc. scliefliii. - 70 vc. wa]i]ienrocklin. — 89 va. tischlin. — 8 ra. kindli. — strevinli. — IJ. 22(5 rc. b ra. inschiessen. — 109 rc. i n g e d e n c k . — (Mit Doppelc o n s o n a n z ) 19 vc. i n n h e b e n . — c) v e r e i n z e l t : 11 va. erdtrich. — 15 rc. s c h w y g e n d . — 5(5 va. lys. — 58 ra. j h e n s i d . — 69 r a . gysel. — 82 ra. beschriben. (!) h ä u f i g in dem StoffsufHx - i n : 50 rb. m a r n i e l s t a i n n i n . — 54 rb. g u l d i n . — 54 rc. seydin. — 58 rc. erin. — k u p f f e r i n . — 53 vc. hiiltzin. — 104 vc. silberin. — (Selten tritt d a f ü r „-en" e i n : 55 vc. seyden.) 2.

— n h d . ei. In den Hss. noch s e l t e n e r (meistens erst in den Briefen von 1540 u. 41): a b r e i t t e n . — weisz. — lateinisch. — sein. — fieissig. — mein. — s c h r e y b c n (Subst.), v s z s c h r e y b e n (V.). — In den D r u c k e n i s t , mit A u s n a h m e d e r g e g e b e n e n Beispiele, durchweg n h d . ei eingetreten. ( Ü b e r die S c h r e i b u n g ai, a y cf. p a g . 57.) D e r B e r n e r D r u c k j e d o c h s t e h t hier noch sehr auf mild. Standp u n k t — i u. ei wechseln zu a n n ä h e r n d g l e i c h e n Teilen.



62



3 = u. Nur in den Hss. zweimal h o l e s t : verluhen. — verluhung. — 4. = ii. In den D r u c k e n : 11 va. verliihen. — 106 rc. anschrüben. — 5. = e u . V e r e i n z e l t : 18 rc. gepreuset. — 105 vi). leueh. — 107 va. leuchtfertig. — 117 rc. seüdin. —

mhd. o. 1. im allgemeinen in den Hss. und D r u c k e n gewahrt : h o f i i c h a y t . — hofflicli. — forcht. — forchtsam etc. 2. --- u. (Vor folgendem in, m i n ) : liachkume. — kunien, kummen. — genumnien. — 3. — 6. Nur selten b e l e g t : 82 vc. prösanilin. — Ild. 4 vb. obrist. — Plut. 81 rc. obristenmeister. — H. 125 vc. hönig. — J . 57 vc. crmordern. —

mint. i>.

1. durchgehend in den Hss. und D r u c k e n g e w a h r t : osterrichiscli land. — verhören. — (Mit folgender Doppeleons.) nottig. — 2. = au (aw). E i n m a l : 3 ra. straw. —

mhd. ce. 1. meistens g e w a h r t und mit o, ö bezeichnet. In 7 rc. auflesen. — 51 va. emperung. — 100 ra. schned — scheint das e blos eine graphische Eigentümlichkeit zu sein, welche sich dem lebendigen S p r a c h g e b r a u c h anpasste. Noch heute wird ö und er in der Mundart wie e gesprochen. 2. zu o (Widerstand g e g e n den Umlaut). E i n m a l : 111 vc. betören. —

mhd. u. 1. g e w a h r t , in den Hss. durchweg in der l ' r a e p . vber, ferner i n : b c d u n c k e n . — sunst. — mittwuch. — j u n g s t . — ungvnst. — uffschurzen. — furdern. - fruntschaft. — rustung. — verrugt. — vbel. — wünschen. — In den D r u c k e n bleibt mhd. u d u r c h w e g in der Pr.iep. „über" (C d a g e g e n bringt häutig über ). F e r n e r i n : 3 ra. s u » (durchweg so). — 50 rc. fruinh. — 51 vc. frumbkait. — 82 rc. a b k u n d t e r f a y e n . — 82 vc. stupfflen. — !)9 vc. j u n g e r . — 2. n hd. o (vor Nasalen und Consonanten Verbindungen mit Nasalen). — I I s s . : sonnders (beinahe immer in dieser Form). — sonnderlich. — (Iber den n h d . S p r a c h g e b r a u c h h i n a u s : khonierlich. — hondert. — gönnen. — vergönnen. — gesontheit. — somina. — bekompert. — Die D r u c k e bieten noch h ä u t i g : sunderbarlich, sunst (C öfters sonst). •— V e r s c h i e b u n g nach o , wo nhd. u b e w a h r t , haben wir in 12 ra. thornir. — 19 vc. kombern. — 90 ra. armbrost. —



m—

II. 11 rl). sonime (vielleicht l'ranz. Einfluss). - Hd. 7 vc. geroch. — H. K rc. gönnen. — Plut. 105 rb. bedorffen. — l T . 2 vc. wonder1 »¡Irlich. — Diese mitteldeutsche Erscheinung ist in der elsässischen Litteratur stark vertreten. Sel>. Münster und Fischart liefern eine Menge Beispiele (ef. Weinhold S 116). :!. - ü (ü). H s s . : günst. — münd. — unsclüild. — lütterisch. — befiinden (p. ]>.). — entsehiildigen. — gesiintheit. — stiind. — siist. - - sünndern. nii. — In dem Suffix -min«;: hofniing. — lneinüng. — D r u c k e : 13 ra. absündern. — 112 rc. kürtzweilig. — I'lut. Hl vc. schiildner. — 83 vb. müsterung. — HO va. Niinie (Nom. pr.). — 14S vc. pünisch. — 32H vc. aushüngern. — U. 2 rc. vnfiirthsain. — 5 vb. ver]iUnden (I'. p.). Diese Neig-img, u zu ü zu trübem, ist elsässisch, ef. We.inhnld ü 11!). — mlul.

iL

1. in den H s s . zeig't sich in einigen Wörtern ein Widerstand g e g e n den u-Umlaut, so namentlich in der Part, „für": turnein. — furtrag', furhalten. — funiemen. — Und sonst: günstig. — fürst. — gluckhafft. — kunig. — kunigklicli. — In den D r u c k e n ist mhd. ii häufig- gewahrt. Durchgehend in der l'raep. viir. — Ferner: 2 rb. kiinig (kiinig kommt noch nicht vor). — 4 ra. fiirdern. — 7 vc. hauptküssen. — 17 rb. giinner. — ~>7 ra. hiile. — 113 ra. füllerev. — 121 va. trücknen. — Die A b n e i g u n g g e g e n den u-l'nilaut ist in den Drucken seltener: 21 va. küssen (daneben jedoch auch küssen). — 23 vc. betrugelich. — 12!) vc. nutzlich. — P. O. ö rb. kurtzlich. - Chr. 2 rc. kunig (mhd.). - U. 3 rc. kunigklicli. — H. 127 vc. vbrig. 2. — i. In den Hss. nur einmal b e l e g t : mintzgenossen. Etwas häufiger in den D r u c k e n : 57 vc. girten. — 148 rc. zichtiger. — II. i> rc. schitten. — 54 va. kinig. — LI. 3 rc. kinigin. — Hd. risten. — Plut. 148 rb. erwirken (— (erwürgen). — Weinhold $ Iii) g l a u b t , dass diese Erscheinung auf einer nachlässigen Aussprache des ü beruht. Sie ist jedenfalls in der lebendigen Mundart eine sehr häufige. — nihil,

ü.

1. in den H s s . noch vielfach bewahrt: durchgehend in der Praep. uf. — Ferner in : missbrueh. — grusam. — tusent. — behusung'. — pruchen — (Mit folgender Doppelconsonanz) daruff. — lutt. — Auch die Drucke (am häufigsten der Berner Druck) bringen noch öfter u : gebracht, bur, suber. —



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2. in den Drucken beinahe consequent zu nlid. a u (aw, au« - ), z. B.: bauch. — darauff. — darausz. — tausend. — vertrawen. — 3. = ü. In den Hss. sowohl wie in den Drucken sehr selten: triirig. — versümpt. — Plut. 4 vc. riich. — mhd. iu. 1. die Hss. bewahren es noch häuft» - ; die Schreibung ist ii: nüwer. — hüt. — nün. — u. a. Auch Drucke haben vielfach ii: 153 vb. niiwerung. — liauptlüt (durchgehend in liit). - 78 ra. lumde. Am meisten Beispiele liefert der Berner Druck: friintschafft. — thiir. — stür. — hülen. — htine. — luit. — kusch. — 2. -- n h d . eu. Tu den Hss. ausschliesslich in den Pron. euch. — euwer. — Bei den Drucken ist nhd. eu Kegel. Die Schreibung ist: e\V, eii, e u : fewrener (C feuriner) stral. — freünd. — freuntlich. — gerewen. — 3. = e y , ei, ai. Beispiele liefern nur die Drucke, jedoch selten: 50 rb. seyl. — Plut. 329 vb. seile. — 70 rc. fraind. — 89 ra. leytte. — 4. - u. Nur in den H s s . : tulel. — tutsch. — gezug-e. — (Mit folgender Doppelconsonanz) lutt. — B. D i p h t h o n g e . mhd. ei. 1. im allgemeinen in den Hss. und Drucken gewahrt. Über die Schreibung ai cf. p. 57. 2. = oi. H s s . : antzoigcn, zoigen (durchweg in dieser Forin). — verzoichnen. — Diese Erscheinung ist in den Drucken nicht nachweisbar. Weinhold § 138 gibt Belege aus elsiissischen Schriften des 14., 15. und 16. Jahrhunderts. mhd. i/o. 1. ist in den Hss. im allgemeinen zu u monophthongiert. Die Drucke deuten den alten Diphthongen meistens durch ein über d a s u gesetztes o (ü); der Berner Druck bringt liäulig u. In andern, selteneren Fällen tritt v ein. 10 va. rüwen. — 51 ra. zwu. — 00 rc. auffniwrig. — 61 rc. berüffen. — 63 vc. miirecht. — 12!) rb. grünend. — 2. — ii. H s s . : durchgehend in zü ( = mhcl. zuo). züschicken. — ziireitten. — Ferner in: vermütten. — thün. — anrufen. — müsse (— mhd. muoze). — vermüttlich. — berüffen. — anniüttig. — ungütt. — gesiieht. — unrüwe. — f ü g ( = mhd. vuoc). —



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Die D r u c k e : 3 rb. vnrüwig. — 10 va. rüwig. — 113 va. sechsrüderig. — 116 ra. hüt. — U. 226 ra. mtitter. — 2 va. verflucht. — 5 va. güt. — Plut. 13 vc. briider (Sing.). — 102 vb. gerüchen. — H. 127 vc. gnüg. — 3. = e. In den Drucken beinahe durchgehend in ze vor dem Infinitiv: ze thunde. — ze gonde, ze triben. — mhd. üe. 1. in den Drucken und Hss. meist = nhd. ü, (u): tüchin. — fügen. — gemüt. — fügen. — ungestumb. — wüttend. — gütig. — 2. = Sehr selten: Hss. volfuren. — Drucke: 56 ra. vngestumigkeit. — 3. = ie (elsässisch). Hss.: gemiett. — Drucke: 82 vc. brieffen (mehrmals belegt). — H. 56 vc. wiesty. — mhd. ou. 1. in den Hss. noch meistens in der Fonn ou gewahrt, jedoch kommt die Schreibung au auch vor: ouch. — ougen. — glouben. — louffen. — In A u. C ist ou vollständig geschwunden und durch au (aw) ersetzt: 8 ra. anschawen. — 10 ac. gebawen (andere Stelle: baumeister). — Gewahrt, wo nhd. äu eintritt: 10 rb, träumen. — 57 rb. säumen. — Der Berner Druck bewahrt noch häufig die Schreibung ou. 2. = oi. Nur einmal belegt: Hss. verloignet. — mhd. öu. 1. in den Hss. nicht belegt. Die Drucke (mit Ausnahme des Berner Drucks, welcher öu vielfach bewahrt hat) setzen an seine Stelle äu, eu, selten öw. 2. = oi. Selten, und nur in den Hss. nachweisbar: loiffe (PI.). — froiwen. — gloiblich. — 3. —- ey, ei (eis.). Nur in den Drucken: 53 vc. beyme. — gleiblich (häufig in dieser Form). —

II. Consonantismus. mhd. b. 1. dasselbe wird in den Hss. und Drucken bald gewahrt, bald wird es zur tonlosen Explosiva, ohne dass eine Gesetzmässigkeit ersichtlich wäre. Vielmehr herrscht hier eine graphische Willkürlichkeit, die ihren Grund wohl in der Unbestimmtheit der lebendigen Aussprache hat: es wurde eben weder ein reines b, noch ein reines p, sondern ein zwischen beiden liegender Laut gesprochen. Alsatische Studien. IV.

5



fiß

-

Eine, gewisse Regel Hesse sich vielleicht nur darin erkennen, das» in Verbindung mit 1 und r p den Vorzug e r h ä l t : solche Wörter, die p in dieser Verbindung äusserst häutig zeigen, sind: pringen. — pruchen. — plüst. — plyben. — plüttig. — plitz. — prennen. — prust. — ploss. — prechen. — pruek. — plod. — plüme. — praitten. - plasen. — prantschatzen. — plintlieit. — D a g e g e n finden wir b i n : H. 103 ra. bravt. — brück. — bretter. - 10") ra. brauchen. — Plut. 96 ra. bringen. — Häufig finden wir p statt 1> inlautend in Verbindung mit s oder t , ohne dass sich jedoch auch hier eine Consequenz nachweisen Hesse: Plut. 1 vb. gehe.pt (überwiegend so). — Hd. 8 ra. geliept. — Plut. 81 ra. beraupt. — 103 rc. geliipt. — II. 2 vc. hiipsch. 2. g e w a h r t nach m im Inlaut durchgehend in den W ö r t e r n : kunibern. — kumberlich. — krumb. — kriimben. — (Häufig tritt ein b nach m an den Auslaut, wo das Mlid. keines aufweist: 7 rb. vngestumb. — 8 va. reichtumb (stets in der E n d u n g -tumb). — 50 rc. frumb. — CO rb. fnrnenib. — Häufig ist das unechte b nach m vor dem t der E n d u n g : 10 rb - g e t r a u m b t . — 19 ra. gezimbt. — 50 vc. gebeumbt. — 57 ra. gezembt. — gesaumbt. — 65 rc. bestymbt. — Dieses b wird oft zu p : 10 rc. gewermpt. — 10 vb. gestürmpt. — 21 vc. verdampt. — 52 rb. gescham pt. —) 3. das b in dem häufig belegten rnelb = mhd. mel, gen. melwes ist aus dem Casus -w entstanden. — mhd. d und t. 1. auch hier herrscht dieselbe Willkürlichkeit wie bei b u. p. F ü r den Inlaut können wir einigermassen den mhd. Standpunkt feststellen. Im Anlaut jedoch wechseln d und t regellos So finden wir: tringen u. dringen. — thänen u. denen. — dlion u. ton. Häufiger d statt ächtem t in: drincken. — erdrencken. — dretten (beinahe durchgehend). — dochter. — däglich. — döppich. — verdilcken. — dief. — dantzer. — dartsche. — 2. Apokope des d tritt ein in Plut. 86 rc. aben. — mhd. y. Im Anlaut ist es in den Hss. und Drucken durchweg gewahrt. Im Inlaut begegnen wir häufig der eigentümlichen Verbindung g k . Sie tritt auf meist vor dem Suffix -lieh sowie in der Verbindung mit n : H s s . : fügklich. — kunigklich. — gnedigklich. — mogklich. — mengklich. — anfengklich. —



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D r u c k e : 51 vc. yegklich. — 62 ra. verzagklich. — 65 vc. sorgklieh. — 66 va. süssigklich. — 87 ac. bezeugknus. — 7 va. vbersehwengklich. — 110 vi», jungkfrawe. — 50 vc. gefengknus. — 106 vb. langksam. — Seltener sonst: 16 rb. .argkwon. — 57 vc. sigk. — nihil,

k.

1. im Inlaut meist rein bewahrt. — Nach n tritt in den Hss. und, besonders häutig, in den Drucken gern Verdoppelung (ck) ein: bedencken. — leiicken. — trineken. — g-edanek. — wiitcken u. a. in. 2. im Anlaut wird k einige Male aspiriert: H s s . : khamer. — erkhennen. — khomen. — D r u c k e : S ra. khomen (häufig). 63 rb. khaum. — kliomerIich. - I'lut. 14H va. bekhiiinmern. — 3. — cli. Nur einmal belegt: Hss. chrafft. — 1. — g. Im Inlaut vor t : H s s . v o r r a g t ; in den Drucken nicht nachzuweisen. — •">. •= g k . Hss.: gesmagkt. - vermergkt. — D r u c k e : 13 vb. lingk. — H7 ra. glügklich. — 99 vb. prugk. — IT. 12 va. vermergken. — geschigkt. — mhd.

x.

1. in den Hss. ist es meistens gewahrt vor 1, in, n, w : z. B.: beswerden. — radtslag-en. — besliessen.— stnach. swager. Dagegen findet sich auch schon s e h : schnöd — entschlossen. — Die D r u c k e haben ohne Ausnahme sehl, schm, sehn, schw. 2. als Zeichen des Genitivs wird es nach t zu z, sowohl in den Hss. als in den Drucken: des geiniitz. — geltz. -- nichtz. — iuhaltz. — streitz etc. .'!. elsässisch ist ein zweimal belegtes sch nach t : Hss. zü letscht. — 112 va. froscht. — 1. m h d . st ist einmal gewahrt, wo nhd. ss eintritt: 115 vc. brasteln.—

Allgemeine Bemerkungen ü b e r den G e b r a u c h der e i n f a c h e n und d o p p e l t e n Consonanten. ii findet sich in den Hss. und Drucken heinahe durchweg vor 1. d verdoppelt: henndel, vnnd, sonnders, annder, vnnder, schannd, — in der Partic.-Endung-end: ligennd, slal'ennde etc. 2. in der Praep. inn. 3. häufig in der (namentlich Infinitiv-) Endung en. E i n f a c h steht n beinahe durchweg vor t : konte, liante, prallte. —



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f verdoppelt 1. durchweg vor t, 2. in dem Prae- und Suffix uff, auff, 3. beinahe ausnahmslos in der Verbindung mit p : schimpff. — glympff. — harplfeiischlägerin. — schlaypffen. — dapffer. — 4. oft in der Verbindung mit 1: hilff. — helffen. — hellffant. — Zwischen Vocalen ist f ohne llegel bald einfach, bald verdoppelt. — l einfach, wie m h d . i n : wolte, solte. t häufig verdoppelt in der 3. Sing. Pracs. nach c : vererett, versicherett. — Ferner in der E n d u n g - e t des P.P. der schwachen Verba — H ä u g ist einfache Consonanz nach m h d . Kürze da gewahrt, wo n h d . Doppelconsonanz eintritt: treflich. — statlich. — abfal. — schrit. — stym. — schif. — komen u. a. Umgekehrt tritt häufig da Verdoppelung e i n , wo nlul. einfache Consonanz steht: vatter. — gebotte. — bottschaft. — irrsall. — gebotten. — bretspyller. — dretten. — Nach m h d . L ä n g e stellt in den Hss. und Drucken meist einfache Consonanz; jedoch findet sich auch Verdoppelung: straffen. — geltstraff. — battcn (3 P. PL). — mit lütter stym. — verretter. —

III. Flexion. 1. V e r b u m . Folgende Pcrsonaleudungen sind in den Drucken und Hss. nachweisbar: 1. S. - (e). 2. est, st. 3. (et), t. 1. PI. n, en, end (doch sehr selten). 2. ent, endt, end; en (et selten). 3. end, endt, e n t ; en. Wie überhaupt in j e n e r Zeit, wird das c der ersten Person Sing. Praes. beinahe durchweg apokopiert; es tritt andererseits ebenso häufig im Praet. sowohl in der 1. als auch in der 3. Person Singul. ein unächtes e ein: gäbe, name. Diese Erscheinung ist eine stark verbreitete und lässt sich schon im 13. J a h r h u n d e r t nachweisen (cf. Weinhold al. Gram. {5 345). Bemerkenswert ist die E n d u n g der 2. l'lur. Die Form r e n t " tritt im allgemeinen sehr häufig und zwar schon im 13. Jahrh.



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a u f ; später schwindet das charakteristische t und es bleibt das im Schweizerischen, Schwäbischen und namentlich im Elsässischen verbreitete ,en". In den Boncrschen Hss. ist diese Form nur einmal, in der 2. Imperat, b e l e g t : verneinen, viel häutiger dagegen in den Drucken. Wir finden: ihr machent, wissend, wollend, dörffend, thund, redend; ihr hatten, hayssen, zwingen, miigen, künden u. s. w. In der 3. Plur. wechselt das inhd. end (ent) mit en. — Was die ablautenden Verba betrifft, so stehen dieselben in den Hss. und Drucken noch stark auf dein mhd. Standpunkt. So ist noch oft im Praes. der E-Klasse der mhd. Wechsel zwischen i und e im Sing, und Plural g e w a h r t : ich sich — ihr sehend; ich wird — wir w e r d e n ; ich pfiig — wir pflegen. — Ks tritt ferner noch nicht durchgehend ein Ausgleich zwischen den Formen des Plurals und Singulars im Praeteritum ein. — So finden wir aus der I-Klasse die P r a e t e r i t a : ergreift', schrey, befleiss. aus der U-Klasse: 3. PI. stuben, vnderzugen, entschlussen, fluhen. — aus der E-Klasse (i e, a u, u [o]): 3P1. wurffen, stürben, schwuimnen, entrunnen,drungeu.— aus der Reihe i e, a A, o : 107 rb. sie fachten. — Eine dialectische Abweichung finden wir in den P. P. genummen, g'ekuminen. „genomen" und „gekomen" finden sich der allgemeinen Verbreitung j e n e r Formen gegenüber nur selten. Aus der A-Klasse der red. Verben haben wir die charakteristischen mild. F o r m e n : er spielt (77 rb) und ein I'. P. gespannen ((¡3 ra). — das Hülfsverbum „sein" finden wir in den Hss. in folgenden Formen belegt : I n f . sin (mhd.), daneben, jedoch seltener, sein. — Das P. P. lautet am häufigsten „gewesen", „gesein'' nur selten. Die 3. PI. Praes. hat regelmässig „sind". Der Conjunctiv: syg, 2. PI. sygent; 3. sygen. Die Drucke bieten oft andere Formen: I n f . sein. Flectiert: ze seind. (13 ra. diss sagenn vil geschichtschreyber dermassen geredt vnd gehandelt ze seind.) P. P. gesein, gesin u. gewest (gewesen viel seltener). Praes. 2. PI. sind. 3. PI. sein, seind. Co. Praes. sey, seye (der Berner Druck hat häufig syg). Imperat. bisz. Das Hiilsverbum „ h a b e n " hat in den Hss. durchweg die mild. Formen. Nur im P. P. kommt einige Male geliept, eine



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-

gewiss elsässische Bildung, vor. Diese Form hat sich in den Drucken beinahe durchweg gehalten. „ t u n " b e w a h r t , so weit es belegt ist, die mhd. Formen. Bemerkenswert, weil dialectisch, ist der 10(i ra belegte Imperat. Sing. thun. Derselbe findet sieh, wie Weinhold S 351 nachweist, auch sonst in elsässischen Quellen. — Von den Praeterito-Praesentien sind „wisse,»" und „können'* zu erwähnen. Ersteres hat durchweg nihd. Formen (In den UNS. und D r u c k e n ) : weisz, wissen, — wisste, — gewisst. „können" ist in den Hss. belegt mit: khondt (3. S. Co. PI), kom (3. S. Co. l'raos.). In den Drucken finden wir: 1 S. PI. I. kundt (— lnlid.), PI. l't. I. kundten ( = mhd.). Co. PI. 3. S. künde, künd. 1. PI. künden. Von gän und stän sind belegt: I I s s . : Inl'. g'an, g o n : stau, ston. — F l e e t i e r t : ze gonde. Praes. 1. 1. stand i , , ., = mhd.). 3. stat ) Co. stannd. PI. I. g a n g (daneben ging). — stund. Die D r u c k e h a b e n : (meistens) gon (daneben g e n . sehr selten gehen). Fleet, ze begonde. ston (durchweg). Praes. I. gat. — stat. PI. I. verstund. Co. Praes. stand. — „ w o l l e n " h a t : wil, wilt. - Für die 3. S. finden wir vereinzelt wilt. PI. wollen. I n f . wollen. PI. wolt. „ d ü r f e n " ist belegt mit: dörffen, (lorffte (seltener dörffte). P. P. gedorfft.

D e c l i n a t i o n d e s N o m o n s . Auch liier mögen einige Alideutungen genügen. Wir finden in den Hss. und Drucken bei den Stämmen der A- und I-Klasse die Neig-ung, im Nom. und Acc. Sing-, ein unächtes e anzuhängen, stark ausgebildet: sune. — künigreiche. — winde. — höre. — vorhoffe. — lobe. — schlage. — morde. — Dagegen wird das Casus-e des lat. Sing, meistens abgeworfen: tag. — gewicht. — eim (— rnlid. eineine, eime). — Flexionslos, wie auch im m h d . sind beinahe durchgehend der Nom. und Aec. Plur.: tag. — freund. — sein. - etc., sowie auch der Gen. Plur.: der feind. — der burgermeisterthumb. — Der Dat. Plur. hat, wie mhd. hinter kurzen Silben nach r und I stets blosses -li: urteiln, kiln, mörn. — Der Nom. und Acc. Plur. der Neutra sind wie mhd. flexionslos: die wort. — die kind. — die gesicht. —



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F.infiuss tlcr c o n s n n a n t i s e l i e n (-11) D e c l i n a t i o n z e i g t sich N. S. U. :> r a . g - e s t a d e n . — I). S. Hil. 4 v b . s t a m m e n . — A. S. Hd. f> rc. d o l c h e n . — N. I ' l . P l u t . R ö m e r n . — G e i l . P I . r> vc. g e s a t z e n . Die F e m i n i n e d e r A - K l a s s e w e r f e n c o n s e q u e n t in a l l e n C a s u s d e s S i n g . d a s F l e x i o n s - e a b . I m P l u r a l ist d u r c h g e h e n d d i e c o n s o n a i i t i s c h e D e k l i n a t i o n e i n g e t r e t e n . — Bei d e n F e m i n i n e n d e r I - K l a s s e z e i g t sich in a u s g e d e h n t e m M a s s e e i n e A u s g l e i c h u n g m i t d e r A - K l a s s e d e r M a s c . u n d N e u t . , i n d e m im N o m . u n d A c c . S i n g , ein u n e c h t e s e a n t r i t t : g u n s t e . — k u n s t e . — zite. — E i n e A u s n a h m e m a c h e n d u r c h w e g die F e m . auf — schaff. — P r o n o m i n a l e Dec lination. F ü r das Personalpronomen haben w i r ¡11 d e n H s s . u n d D r u c k e n b e l e g t : 1. P. i c h . D a t . m i r ( m i r c seilten). — w i r , u n s e r , u n s . — •2. P . d u , d i r ( d i r e ) . d i c h . — ir, i h r ; e u c h . 3. P . e r sie sv, es. — im ihm i m e (häufig"); ir i h r i r o ; in i n e ; si, sie. — P l u r . sie, G e n . i r e e (ir s e l t e n ) in i n e n . - - D a s l t e f l c x i v u i n ist n o c h n i c h t d u r c h g e h e n d im G e b r a u c h : n e b e n D a t . A c c . sich f i n d e n wir h ä u f i g im, in. — F ü r das D e m o n s t r a t i v u n i finden w i r : d e r die d a s , dass. — d e s , d e r o , d e r . d e m (deine) d e r , d e r o . d e n die. — die. — d e r d e r e n ( ä u s s e r s t s e l t e n d e r o ) . — d e n d e n e n (häufig - ). — die.

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Verlag von Karl J, Triibner in Strassburg.

Alsatische Studien. 1. Heft. Laut- und Flexionslehre der Mundart des mittleren Zornthaies im Elsass von Dr. H a n s L i e n h a r t . 8°. VIII u. 74 S. 1891. M. 2.— 2. Heft. Laut- und Flexionslehre der Strassburger Mundart in Arnolds Pfingstmontag von Dr. Adoll S ü t t e r l i n . 8°. IX u. 106 S. 1892. M. 2.50 3. Heft. Kritische Bemerkungen zu Fischarts Übersetzung von Rabelais' Gargantua von Dr. J. J. A. A. F r a n t z e n . 8". 86 S. 1892. M. 2.50 4. Heit. Hieronymus Boner. Leben, Werke und Sprache. Ein Beitrag zur elsässischen Litteraturgeschiehte von Dr. Gustaf W e t h l y . 8°. VIII u. 71 S. 1892. M. 2.—

Öruckerei der „Strassburger Neuesten Kaehricliteii", vorm, H. L Kayser