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German Pages 318 [320] Year 2021
Annette Weissenrieder, André Luiz Visinoni Fragmenta Curiensia
Fontes et Subsidia ad Bibliam pertinentes (FoSub)
Herausgegeben von James K. Aitken, David S. du Toit und Loren T. Stuckenbruck
Band 10
Annette Weissenrieder, André Luiz Visinoni
Fragmenta Curiensia
Ein Beitrag zur Sprache und Übersetzung des frühlateinischen Lukasevangeliums
ISBN 978-3-11-075086-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-075219-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-075223-6 ISSN 1861-602X Library of Congress Control Number: 2021939832 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Integra Software Services Pvt. Ltd. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Vorwort Die folgende Studie setzt sich ein bescheidenes Ziel: Sie will Studierenden der Theologie und der Klassischen Philologie sowie neutestamentlichen Fachkollegen die nötige Basisinformation vermitteln, um die in letzter Zeit stärker in den Fokus rückende Diskussion bezüglich der Übersetzung der griechischen Bibel ins Lateinische besser nachverfolgen und sie auf diese Art und Weise in einigen Punkten weiterführen zu können. Wir konzentrieren uns hier auf die Fragmenta Curiensia, eines der ältesten Zeugen des Lukasevangeliums in lateinischer Sprache, und haben uns zunächst für eine exemplarische problem- und textorientierte Darstellung eines Fragments entschieden. Ein erstes Hauptproblem war für uns die verwirrende Vielfalt der Zuschreibungen des Lateins: Neben der Bestimmung der lateinischen Sprachstufe, finden sich v. a. christliches Latein, biblisches Latein, Vulgärlatein sowie in jüngster Zeit Spätlatein. Fraglich ist, wie sich diese Kategorien auf den Text der Pergamentblätter aus Chur anwenden lassen. Die frühen Übersetzungen belegen, dass die wichtigen Termini des neuen Glaubens in den unterschiedlichen Zeugen der lateinischen Bibel wechseln und kein stabiles Element darstellen. Ein zweites Hauptproblem war der Umgang mit der Sekundärliteratur aus der Klassischen Philologie und der biblischen Schriften: Wir haben uns entschieden, sowohl grundlegende ältere Werke der Vetus Latina-Forschung anzuführen, die zu rezipieren immer noch sinnvoll sind, weil sie die Diskussion bestimmen, als auch neuere Titel, die vor allem aus der lateinischen Philologie stammen. Mit dieser Bibliographie haben wir beabsichtigt, die Analyse der Fragmenta Curiensia nicht nur in die Vetus Latina-Forschung einzubetten, sondern auch interdisziplinär, in Bezug auf die Geschichte der lateinischen Sprache und die exegetischen Debatten um das Lukasevangelium. Ein drittes Hauptproblem war für uns die Einsicht in die Originalhandschriften während einer Pandemie. Das Bischöfliche Archiv in Chur, die Stiftsbibliothek St. Gallen, das Castello del Buonconsiglio in Trento, die Biblioteca Queriniana in Brescia, die Biblioteca Capitolare in Verona und die Biblioteca Nazionale in Napoli haben uns trotz der prekären Bedingungen Einblick in ihre Schätze ermöglicht. Ohne mannigfaltige Hilfe von verschiedenen Seiten hätte der Band nicht so zügig zustande kommen können. Ein erster Dank gilt Prof. Dr. Gregory Heyworth, Rochester University, für seine kompetente Unterstützung hinsichtlich paläographischer und kodikologischer Fragen, die wir in zahlreichen WebEx-Sitzungen erörtern konnten. Dr. Timoty Leonardi und Silvia Faccin, die Leiter der Fondazione Museo del Tesoro del Duomo e Archivio Capitolare Vercelli, haben diese Fragen mit Anmerkungen zu Buch- und Lagenbindung in der Antike kompetent begleitet. Stiftsbibliothekar Dr. Philip Lenz und Dr. Andreas Nievergelt der Stiftsbibliothek St. Gallen haben mit ihrer kritischen Würdigung zur Konkretisierung des Projekts beigetragen und sehr hilfreich unsere Fragen zu den Fragmenta Sangallensia diskutiert. Prof. Dr. Hugh Houghton, https://doi.org/10.1515/9783110752199-202
VI
Vorwort
Birmingham University, und Dr. David Trobisch haben uns wichtige Hinweise bei den ersten Etappen des Buches gegeben. Herr Diözesanarchivar Dr. Albert Fischer des Bischöflichen Archivs Chur hat uns ebenfalls bei unserem Aufenthalt mit Equipment unterstützt und uns beratend begleitet. Zudem gilt unser Dank dem Arbeitskreis Altlateinische Bibel, zumal Prof. Dr.Dr. Thomas J. Bauer, bei dessen ersten Treffen in Wittenberg wir unsere Ergebnisse vorstellen und u. a. mit Prof. Dr. Martin Karrer, Prof. Dr. Catharina Kreinecker und Prof. Dr. Ferdinand Prostmeier diskutieren konnten. Ebenfalls gedankt sei den Mitgliedern der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, Abteilung Neues Testament, die durch kritische Rückfragen unsere Arbeit begleitet haben. Den größten Dank schulden wir den Mitarbeitern am Lehrstuhl Neues Testament der Martin-Luther-Universität Halle–Wittenberg, die in den vergangenen Jahren mit großem Engagement die Transkription und Edition kritisch begleitet haben, besonders aber Cornelius Volk (Doktorand, Universität Wien) und Albrecht Peikert (Student der Klassischen Philologie, Universität Leipzig). Wir danken herzlich den Herausgebern der Reihe Fontes et Subsidia ad Bibliam pertinentes, Prof. Dr. James A. Aitkin, Prof. Dr. Loren T. Stuckenbruck und Prof. Dr. David S. du Toit für deren Ermutigung und die Aufnahme in der Reihe. Dr. Albrecht Döhnert und Katharina Zühlke vom Verlag de Gruyter haben den Band mit großer Zuverlässigkeit und Freundlichkeit betreut. Auch ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Annette Weissenrieder und André Luiz Visinoni, Halle an der Saale, Mai 2021
Inhalt Vorwort
V
Verzeichnis der Handschriften Kapitel I Einleitung
XI
1
Kapitel II Die Fragmenta Curiensia im Lichte der lateinischen Übersetzungen des Neuen Testaments 4 1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia 7 1.1 Das Verhältnis zum Codex Vercellensis 10 1.2 Paläographische und kodikologische Zuordnung 16 2 Das Verhältnis zu den Fragmenta Sangallensia 23 3 Die Sprache der Fragmenta Curiensia 30 Kapitel III Vorbemerkungen zur Transkription der Fragmenta Curiensia 37 1 Beschreibung der Handschrift 37 Folio 1v 40 Folio 2r 42 v Folio 2 44 2 Transkription der Fragmenta Curiensia 46 3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1) Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar 66 11,11 68 11,12 70 11,13 72 11,14: Texterweiterung 82 11,14 82 11,15 89 11,15: Texterweiterung 93 11,16 95 11,17 97 11,18 104 11,19 108 11,20 113 11,21 118
54
VIII
Inhalt
11,22 11,23 11,24 11,25 11,26 11,27 11,28 11,29 13,16 13,17 13,18 13,19 13,20 13,21 13,22 13,23 13,24 13,25 13,26 13,27 13,28 13,29 13,30 13,31 13,32 13,33 13,34
124 129 133 139 143 148 153 156 158 163 168 171 176 178 181 185 188 193 198 200 203 208 211 213 217 221 224
Kapitel V Schlussaspekte 226 1 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Vetus Latina 228 2 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der lateinischen Sprachgeschichte 234 3 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Übersetzungstechniken des lateinischen Lukasevangeliums 236 245 Literaturverzeichnis Wörterbücher und Grammatiken Konkordanzen 245 Lexika 246
245
Inhalt
Elektronische Ressourcen und Datenbanken Codices 247 Texteditionen 248 Sekundärliteratur 252 Quellenregister
263
Autorenregister
283
Sachregister
287
246
IX
Verzeichnis der Handschriften Im Folgenden sollen lediglich die für das Buch zentralen Handschriften des Lukasevangeliums vorgestellt werden; die Texte der Kirchenschriftsteller werden im Textkommentar gesondert benannt. Siglum
VL
a
3
Vercellensis, 4. Jh. Vercelli, Biblioteca e Archivio Capitolare, s. n. Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk lacunae: Lk 11,12–26; 12,37–59 Das Manuskript – wahrscheinlich die älteste erhaltene Handschrift der lateinischen Bibel1 – wird in der Tradition dem Bischof von Vercelli, Eusebius (†371), zugeschrieben. Der Konservierungszustand ist sehr schlecht, bis hin zum Fragmentarischen, da es oftmals herangezogen wurde, um damit einen Eid zu schwören. In der Forschung wird meistens eine Nähe zu den Fragmenta Curiensia (a2) und zum Codex Sangallensis (n, o) erwogen,2 die indes in diesem Buch widerlegt werden soll.3 G. A. Irico, Sacrosanctus Evangeliorum Codex Sancti Eusebii Vercellensis, Mailand 1748; J. Belsheim, Codex Vercellensis, Christiana 1897 (nicht empfehlenswert); A. Gasquet, Codex Vercellensis, 2Bde. (Collectanea Biblica Latina 3), Rom 1914; eine neue Edition von Weissenrieder, Visinoni, Gregory Heyworth und Cornelius Volk ist in Vorbereitung.
ar
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Ardmachanus (Book of Armagh), 9. Jh. Dublin, Trinity College Library, MS 52 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Pergamenthandschrift mit wechselnden weißen und purpurnen Seiten und goldenen, silbernen, schwarzen und roten Lettern, die oftmals illuminiert sind; kopiert in Irland.
1 Siehe dazu ausführlich die Diskussionen in den nachfolgenden Kapiteln. 2 So die Mehrzahl der Forscher, wie etwa Bauer, Vetus Latina – Lukasevangelium, 1; Burton, The Old Latin Gospels, 21; Houghton, The Latin New Testament, 211; Gamper et al., Die Vetus LatinaFragmente, 28; Gryson, Altlateinische Handschriften, 23 u.ö. 3 Die Sonderlesungen des Codex Vercellensis werden im Schlusskapitel eigens besprochen. https://doi.org/10.1515/9783110752199-204
XII
Verzeichnis der Handschriften
Im Gegensatz zur Apostelgeschichte, wo der Text Anklänge an altlateinische Lesarten aufweist, ist der Text des LkEv an der Vulgata orientiert und bietet einen „keltischen Mischtext“ (gemeinsam mit μ 35; r2 28; λ 44)4; indes überliefert das Manuskript an einigen Stellen eine besondere Schreibweise, wie etwa hyerusalem für Jerusalem (13,22). Mehrfach weist der Codex eine Nähe zu μ und g2 (ipsi iudices vestri erunt 11,19; possedet 11,21; collegit 13,23.30), zu gat (diuissum 11,17; belzebub 11,15.18) oder δ (13,25.28) auf. Auffallend ist, dass vor dem LkEv ein Prolog wie auch eine Liste hebräischer Namen gestellt ist und vor dem MtEv, das als Novum opus bezeichnet wird, finden sich capitula für alle Evangelien. Es finden sich zahlreiche Sonderlesungen: 11,12: porreget (mit μ) 11,13: bona (statt bonum datum, spiritum sanctum etc.; mit μ) 11,14: ieciens 11,14: ammirate 11,15: fariseis (mit μ) 11,17: divissum (mit gat) 11,18: dicitis … iecere 11,18: belzebub (mit gat) 11,19: ieciunt 11,20: iecio 11,21: possedet 11,24: loca inaquossa 13,17: gloriosse 13,18: missit (mit gat) 13,22: hyerusalem 13,25: clusserit 13,32: ide iecio Th. J. Bauer, „Das fragmentum Rosenthal L (44) als Zeuge der Vetus Latina des Lukasevangeliums. Edition, Rekonstruktion und Einordnung“ in: Traditio et translatio, Freiburg 2016, 135–198; J. Gwynn, Liber Ardmachanus: The Book of Armagh, Dublin 1913; E. Gwynn, Book of Armagh. The Patrician Documents, Facsimiles in Collotype of Irish Manuscripts, Dublin 1937; M. McNamara, Studies on the Text of Early Irish Latin Gospels (A.D. 600–1200), Steenbrugge-Drodrecht 1990. e-Codex: https://digitalcollections.tcd.ie/content/26/pdf/26.pdf
4 In jüngster Zeit hat sich Thomas Bauer in seinem Aufsatz zu dem Fragmentum Rosenthal gegen diese Zuordnung von λ 44 zum keltischen Mischtext ausgesprochen.
Verzeichnis der Handschriften
aur
15
XIII
Aureus Holmiensis, 8. Jh. Stockholm, Kungliga Biblioteket, A 135 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh lacuna: Lk 21,8–30 Pergamenthandschrift in einer Unzialschrift mit wechselnden weißen und purpurnen Seiten und goldenen, silbernen, schwarzen und roten Lettern, die oftmals illuminiert sind; kopiert in Südengland, wahrscheinlich um 7755 im Kloster Echternach, das 698 vom englischen Mönch Willibrord gegründet wurde und auf das zahlreiche Evangelienabschriften zurückgehen. Der Codex bietet in der ersten Hälfte des LkEv Lesarten des europäischen Texttyps; in der zweiten Hälfte nähert sich der Text indes der Vulgata an und bietet zudem das Vorwort des Hieronymus zur Vulgata, capitula und Eusebische Einteilung. Neben den Sonderlesungen, wie etwa belsebul (11,19; 11,18: belszebub), destribuet (11,22), quippent (11,28) oder opportuit (13,16), lassen sich Gemeinsamkeiten mit δ p aur g2 gat gig erkennen (11,12: porriget; 11,13: spiritum bonum; 11,14: et admiratae sunt turbae); auch mit f aur δ gat (11,27: lactaverunt), die in Anlehnung an den Vulgata-Text zu interpretieren sind. Darüber hinaus findet sich eine Nähe zum Codex Moliensis (μ,35), wie etwa die Lesung de caelo querebant (11,16), wo klassische und neue Schreibweise des Lateins nebeneinandergestellt werden. Die Handschrift bietet einige Sonderlesarten: 11,15: belzebub (mit ar gat) 11,17: in se ipso (mit δ) 11,18: in semet ipsum (mit q) 11,18: belszebub 11,19: in vor quo iecio ieciunt 11,19: belsebul 11,22: destribuet 11,28: quippent 13,16: oportuit 13,18: aestimabo (mit gat) J. Belsheim, Codex Aureus sive quattuor evangelia ante Hieronymum latine translata, Oslo 1878; R. Gameson, The Codex Aureus: An Eigth-Cenuty Gospel Book, Copenhagen 2002.
5 Houghton, The Latin New Testament, 80.
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Verzeichnis der Handschriften
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Veronensis, 5. Jh. Verona, Biblioteca Capitolare, VI Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk lacuna: Lk 19,26–21,9 Die erste Seite jedes Evangeliums ist mit goldenen Lettern geschrieben, die restlichen Seiten in silbernen; auch der Apparat des Eusebius ist in den Marginalien mit silbernen und goldenen Lettern gehalten; einige Abbreviaturen sind von Interesse, wie die oberhalb der Linie geschriebenen Buchstaben „m“ und „n“ oder dix(it), die manchmal noch durch einen Punkt unter dem Buchstaben hervorgehoben werden. Der Codex Veronensis gilt im LkEv als Hauptzeuge des italienischen Textes, der die Vorlage des Hieronymus bei dessen Rezension der Vulgata war und der wahrscheinlich Lucifer von Cagliari (keine Belege für a2,16; besonders enge Verwandtschaft im LkEv), Ambrosius und Ambrosiaster als Text dient.6 Mit dem Codex Corbeiensis (ff2,8), Codex Vindobonensis (i,17), Codex Rehdigeranus (l,11), Codex Monacensis (q,13) und dem Codex Usserianus (r1,14) verbinden den Codex Veronensis zahlreiche gemeinsame Lesarten, wie etwa ipsi iudices erunt vestri (11,19), ea quae possidet (11,21), colligit (11,23), loca quae non habent aquam (11,24). In 13,16 liest der Codex Veronensis (b,4) gemeinsam mit der Vulgata das Verb inclinare, das von Caelius Aurelianus und Cassius Dio mit Bezug auf epileptische Anfälle Verwendung findet. An einigen wenigen Stellen, wie etwa in 13,33, versuchen a2 a d b die Variation δεῖ – ἐνδέχεται im griechischen Text nachzuahmen. Für das LkEv als Ganzes sagt man eine gewisse Nähe zum Vulgata-Text des Hieronymus nach, was sich aber in den hier diskutierten Textteilen nicht erweist. Es finden sich in den vorliegenden Kapiteln 11 und 13 nur einige wenige Sonderlesungen: 11,16: quaerebant 11,18: dicitis quoniam … eicio 11,18: belzebul und principem 11,20: b om. profecto. E. S. Buchanan, The Four Gospels from the Codex Veronensis (b) (Old Latin Biblical Texts 6), Oxford 1911.
6 Gryson, Altlateinische Handschriften, 24.
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c
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XV
Colbertinus, 12. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale de France, latin 254 (Colb. 4051) Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Schwarze Tinte mit farbigen Ornamenten und Illustrationen; jedes Evangelium wird durch einen Prolog und capitula eingeleitet und in den Marginalien anhand des Apparats des Eusebius nummeriert. Zahlreiche Textstellen zeigen ältere „Afra“-Lesarten, wie etwa in 11,14, wo ἦν mit dem Perfekt der Kopula esse übersetzt wird (auch a2). Einige Sonderlesarten finden sich in c,6 gemeinsam mit a2,16 wie etwa scitis in 11,13 oder facultates eius in 11,21. Auffallend ist besonders 11,14, wo lediglich vier lateinische Handschriften (a2 d c f) eine längere Version bezeugen, die die szenische Einleitung in V.14 erweitern und die Exposition des Exorzismus aus der Parallelüberlieferung nachtragen. An einigen wenigen Stellen lässt sich zudem eine Verwandtschaft mit ff2 erkennen, sodass hier der europäische Text stärker zum Tragen kommt, wie man dies bei der Auflösung des klassischen Diphthongs in 11,14 demonium (c ff2 q p ar μ gig) erkennen kann (siehe etwa 11,13: bonum datum d c b ff2). Zudem findet man nach Gryson eine „gallische Deckschicht“ mit dem Codex Usserianus (r1,14), die sich indes in den vorliegenden Kapiteln nicht gezeigt hat.7 Die Handschrift wartet mit einigen Sonderlesarten auf: 11,11: illi porrigis 11,14: dum eiciebat 11,14: add. et turbae 11,18: dicitis me … eicere 11,19: si vero; vobis 11,21: fuerit custodire regiam suam 11,22: omnia arma 11,25: scopis mundatam et compositam 11,26: introeuntes J. Belsheim, Codex Colbertinus Parisiensis: Qvatuor Evangelia ante Hieronymum latine translata post editionem Petri Sabatier cum ipso códice collatam, Christiana, 1888; J. Vogels, Evangelium Colbertinum, 2Bde. (Bonner Biblische Beiträge 4–5), Bonn 1953. e-Codex: Bibl. nat. de France, Dép. des manuscrits, Lat. 254
7 Gryson, Altlateinische Handschriften, 27; siehe auch Fischer, Beiträge, 200 f.
XVI
d
Verzeichnis der Handschriften
5
Bezae Cantabrigiensis, 5. Jh. Cambridge, University Library, Nn. II. 41 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk Die ersten drei Zeilen jedes Evangeliums sind in roter Tinte geschrieben; kopiert etwa 400, möglicherweise in Berytus; Bilingue. Der lateinische Text wurde anfänglich korrigiert, sodass man hier auf doppelsprachige Nachträge stößt; eine spätere Hand nimmt dann lediglich griechische Einträge vor, wie etwa Inhaltsangaben und liturgische Verweise, so etwa eusebianische Sektionszahlen. Der Codex orientiert sich nahe an den Fragmenta Curiensia, dem Codex Vercellensis (a,3) und dem Codex Palatinus (e,2). Einige Gemeinsamkeiten weisen auf die Fragmenta Curiensia, wie etwa scitis (11,13), die Omission von locutus est mutus (11,14), sciens und deseretur (11,17), beelzebul (11,15.18.19). So findet man bspw. in 11,17 die Präposition super, die hier synonymisch zu contra benutzt wird. Eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit mit dem Codex Palatinus liegt in 13,21 vor, wo usquequo als Wiedergabe von ἕως οὗ gewählt wird. Zudem finden sich einige wenige Sonderlesarten:8 11,11: ei dabit d 11,13: cum sitis iniqui d 11,12: dabit d f statt porrigit 11,14: omnes mirabantur F. H. A. Scrivener, Bezae Codex Cantabrigiensis, Cambridge 1864. D.C. Parker, Codex Bezae. An Early Manuscript and its Text, Cambridge 1991; R.C. Stone, The Language of the Latin Text of Codex Bezae, Urbana, 2009; J.-M. Auwers, „Le Texte Latin des Évangiles dans le Codex de Bèze“, in: D.C. Parker, C.B. Amphoux, Codex Bezae. Studies from the Lunel Colloquium, June 1994, Leiden 1996, 183–216. e-Codex: Cambridge University Library, MS Nn.2.41
δ
27
Sangallensis 48, 9. Jh. Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 48 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Griechisch-lateinische Bilingue mit interlinearer lateinischer Lesart; Pergament mit schwarzen Lettern; die Handschrift enthält den Namen Godescalc in den Marginalien, wie auch eine Abkürzung
8 Siehe dazu ausführlich die Tabelle im Schlusskapitel V, 232–233.
Verzeichnis der Handschriften
XVII
für Sedulius. Der lateinische Text orientiert sich an der vgoe (11,12: porriget; 11,19: si autem; 13,21: sata tria). Auffallend ist freilich, dass die Grammatik aufgrund der interlinearen Zuordnung an vielen Stellen an den griechischen Text angeglichen wird. Den Evangelien ist ein Gedicht von Hilarius von Poitier zu den Evangelien vorangestellt, wie Inhaltsverzeichnisse der Evangelien, ein Vorwort und capitula vor Mt (f. 15 ff.). Die meisten sich überschneidenden Lesarten für die hier untersuchten Kapitel finden sich mit dem Codex Colbertinus (c,6), wie etwa alii autem (11,16), ipse dixit (11,28) und dem Codex Bezae (d,5), wie in numquid (11,12) und similabo (13,18). Einige Lesarten finden sich ebenfalls in Südumbrien, so etwa in se ipso (11,17 aur,15) und Irland, wie belzebub (11,19 ar,61), contra und ubi (11,23; 13,28 d,5). Die Handschrift weist zahlreiche Sonderlesarten auf: 11,12: aut et si 11,13: cum sitis mali oms. 11,13: spiritum sanctum vel bonum 11,14: (oms. et) factum est 11,19: iudices vestri ipsi erunt 11,21: suum atrium 11,23: colligit vel congregat 11,24: ininaquosa loca 13,17: universis 13,19: ierosalem 13,22: ibat vel perambulabat 13,24: certate vel contendite intrare 13,25: a quo statt cum 13,28: expelli vel expulsandos 13,34: ierosalem H. C. M. Rettig, Antiquissimus quatuor evangeliorum canonicorum Codex Sangallensis, Graeco-Latinus interlinearis, Zürich 1836; J. R. Rendel, The Codex Sangallensis (Δ). A Study in the Text of the Old Latin Gospels, Cambridge, 1891; B. Bischoff, „Zur Rekonstruktion des Sangallensis (Σ) und der Vorlage seiner Marginalien“, Biblica 22 (1941): 147–158. e
2
Palatinus, 4. Jh. Trient, Museo Nazionale (Castello del Buonconsiglio), 1589; zudem ist eine Abschrift des Codex in der Bibliotheca Vallicelliana U. 66 erhalten. Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk
XVIII
Verzeichnis der Handschriften
Purpurpergamenthandschrift mit silbernen und goldenen Lettern; für das LkEv sind nur 1,1–8,29; 8,49–11,3; 11,25–24,53 erhalten. Houghton weist mit Blick auf Augustins De doctrina darauf hin, dass die hervorgehobenen ersten Lettern jeder Kolumne ein Kennzeichen einer antiken Buchproduktion seien.9 Mit Blick auf die Kodikologie zeigt sich, dass die Handschrift etwas später anzusetzen ist als der Codex Vercellensis oder die Fragmenta Curiensia. Der Text basiert auf einer „Afra“-Grundschicht, die eine Nähe zu Cyprian aufweist; betont wird zudem eine Nähe zu dem „Afra“-Texttyp vom Codex Colbertinus (c,6) und Fragmentum Carinthianum (β,26). Thomas Bauer und Bonifatius Fischer vermuten neben dieser „Afra“-Grundschicht zudem eine europäische Schicht, die dem Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) zugewiesen wird (besonders 22,39–24,11)10 und eine Deckschicht mit einem europäischen Texttyp; diese Vermutung zeigt sich indes in den vorliegenden Kapiteln nicht.11 Stattdessen finden sich gemeinsame Lesarten mit a und a2, inbesondere in dem ihnen gemeinsamen 13. Kapitel, wie etwa adsimilabo (13,18.20), dixit statt ait (13,23), operari (13,26 d), illic (13,27), oculorum (13,28 a2corr.), vulpi huic (13,32). Ebenso lassen sich einige Gemeinsamkeiten mit dem Codex Bezae belegen (siehe etwa 13,17: haec dicente eo om.; 13,19: volatilia; 13,25: ex quo). In den Synoptischen Evangelien stimmen einige Lesarten mit De physicis des Marius Victorinus überein. Die Handschrift weist zahlreiche Sonderlesungen auf: 11,25: emundatam et conpositam (ältere Tradition) 11,26: spiritos nequiores (Vereinfachung der Vulgärsprache) 11,26: introiit 11,26: deteriora prioribus 11,27: mammae (Vulgärsprache) 11,27: lactaverunt 11,29: turbae colligerentur 13,17: confusi sunt 13,17: qui ei aduersabantur
9 Houghton, The Latin New Testament, 43–44. 10 Gryson, Altlateinische Handschriften, 21; Fischer, Beiträge, 198–201. 11 Bauer, Vetus Latina – Lukasevangelium – Literatur, 6; Fischer, Das Neue Testament in Lateinischer Sprache, 32–33; keine Einordnung bei Houghton, The Latin New Testament, 210–211. 12 Siehe auch schon Mizzi, „The African Element in the Latin Text of Mt. XXIV of Cod. Cantabrigiensis“, 33–66.
Verzeichnis der Handschriften
XIX
13,17: omnibus quae videbant praeclara fieri 13,19: quod cum accepisset 13,21: mensuras 13,21: quousque 13,22: perambulabat 13,24: elaborate introire 13,24: osteum 13,25: incipiet pater familias surgere 13,26: in conspectu 13,28: excludimini 13,32: ille autem dixit C. Tischendorf, Evangelium Palatinum ineditum, Leipzig 1847; H. J. Vogels, Evangelium Palatinum: Studien zur ältesten Geschichte der lateinischen Evangelienübersetzungen, Münster 1926. f
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Brixianus, 6. Jh. Brescia, Biblioteca civica Queriniana, s. n. (‚Evangelario purpureo‘) Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk Handschrift aus dem 6. Jh. auf Purpurpergament mit goldenen Lettern in den ersten drei Zeilen jedes Evangeliums, worauf dann silberne Letter folgen; die liturgischen Nummerierungen des Eusebius finden sich in den linken Marginalien; das Praefatio Sanctus Petrus apostolus steht den Evangelien voran und thematisiert die Frage nach den Übersetzungen der biblischen Texte mit Beispielen aus dem Griechischen, Lateinischen und Gotischen. Die Handschrift ist eine lateinisch-gotische Bilingue, deren Text am ehesten mit der Vulgata verwandt ist (so etwa in 11,12.13.14.16.17.19).13 Einige wenige Lesarten hat die Handschrift mit den Fragmenta Curiensia gemein, wobei die Lesarten wohl über den europäischen Texttyp Eingang in die Handschrift f,10 gefunden hat, etwa durch beelzebul (11,15.18.19), alii autem (11,16), quod si (11,19), ipsi iudices erunt vestri (11,19), cum ergo facis (11,21). Zudem lässt sich eine Nähe zu den Lesarten des Codex Bezae, wie auch dem europäischen Hauptzweig nachvollziehen, wie z. B. dabit statt porriget (11,12), omnia quae possidet (11,21), dividet (11,22), adversus (11,23); ambulat und loca arida (11,24), et ornatam (11,25), mensuris tribus (13,21), qui operamini (13,27).
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Verzeichnis der Handschriften
Es finden sich einige wenige Sonderlesungen: 11,14: oms. erat 11,14: eiecit 11,17: in semet ipsum 11,26: erunt 13,17: qui resistebant ei 13,17: universis praeclaris virtutibus quae videbantur fieri 13,25: mensuris tribus J. Wordsworth, H. J. White, Novum Testamentum Latine, Oxford 1889 ff2
8
Corbeiensis secundus, 5. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale de France, latin 17225 (Corb. 195) Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk lacunae: Lk 9,48–10,20; 11,45–12,6 Eine Besonderheit des LkEv ist das anti-Marcionitische Vorwort, das auf die capitula folgt; die erste Zeile jedes Evangeliums ist in roten Lettern geschrieben und mit einer Nummer in den Marginalien versehen.14 Es ist bemerkenswert, dass die Handschrift einige Lesarten mit den Fragmenta Curiensia führt, wie etwa piscem (11,11), porrigit (11,12), fuit (11,14), inhabitant (11,26). Der Codex Corbeiensis secundus wird in der Regel gemeinsam mit dem Codex Veronensis (b,4; hier beispielsweise in 11,13: bonum datum; 11,15.18.19: belzebul; 11,20: sed si mit ff2 i; 11,24: loca quae non habent aquam; 11,25: et ornatam mit b i; 11,26: peior prioris mit b i; 11,28: ad eos mit b i) und dem Codex Vindobonensis (i,17; siehe hier 11,14: dum eicit; 11,15.18: principem; 11,20: profecto provenit) dem Haupttyp des europäischen Textes zugerechnet, die gemeinsam den italienischen Text repräsentieren.15 Gryson sieht zudem eine „eindeutige“ Verwandtschaft mit dem Codex Colbertinus c,6, die sich gleichsam in den untersuchten Kapiteln nicht aufdrängt.16 Vulgata-Lesarten finden sich zudem durchgehend, besonders aber in 11,12.13.16.21.27.
13 Gryson, Altlateinische Handschriften, 32; Fischer, Beiträge, 206. 14 Siehe Vezin, „Les divisions du texte dans les Évangiles“, 53–68. 15 Siehe Bauer, Vetus Latina – Lukasevangelium – Literatur, 7; Fischer, Das Neue Testament in Lateinischer Sprache, 34–36; Gryson, Altlateinische Handschriften, 31–32. Einordnung bei Houghton, The Latin New Testament, 214 als italienischer Text, des späten 4. Jh., das dem Texttyp, den Hieronymus seiner Revision zugrunde legte, recht nahekomme. 16 Gryson, Altlateinische Handschriften, 31.
Verzeichnis der Handschriften
XXI
Die Handschrift führt einige wenige Sonderlesarten: 11,23: conligit 11,26: regressi 13,17: preclaris 13,24: hostium 13,27: recide 13,34: iherusalem J. Belsheim, Codex f2 Corbeiensis siue quattuor euangelia ante Hieronymum latine translata, Christiana 1887; E. S. Buchanan, The Four Gospels from the Codex Corbeiensis (ff2) (Old Latin Biblical Texts 5), Oxford 1907. e-Codex: Bibliothèque nationale de France, Lat. 17225 g1
7
Sangermanensis primus, 8. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale de France, latin 11553 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Lediglich das MtEv ist mit einer altlateinischen Grundschicht überliefert, die anderen Evangelien sind eher der Vulgata zuzurechnen, freilich auch hier mit altlateinischen Lesarten; capitula sind für alle vier Evangelien überliefert; die Handschrift ist in einer Minuskel geschrieben und wurde im 9. Jh. (wahrscheinlich 810) in St-Germain-des-Prés auf Pergament mit schwarzen Lettern und wenigen Ornamenten kopiert. Gerade in den Marginalien finden sich Abkürzungen der Buchstaben wie etwa ך, das man als Tironiasches et bezeichnet, wie etwa ÷ für est. Besonders im LkEv finden sich einige altlateinische Lesarten. Auffallend sind diejenigen Lesarten, die die Handschrift mit den Fragmenta Curiensia gemeinsam führt, wie etwa porrigit (11,12), illut (11,14), beelzebul (11,15); omnem regnum (11,17), dicitis … eicere me (11,18), beelzebul (11,18.19), dispargit (11,23), oculorum (13,28 a2corr), wobei eine Zuweisung eher zu der Hauptgruppe aus Oberitalien schließen lässt, die auf den Codex Veronensis oder aber den Codex Corbeiensis secundus verweist. Einige Lesarten verweisen auf die Vulgata, freilich mit einem Einschlag auf altlateinische Handschriften, wie etwa et admiratae sunt turbae (11,14) oder ipsi iudices vestri erunt (11,19). Der Codex führt lediglich zwei Sonderlesungen: 11,21: qui (statt quae) 13,19: volucris
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Verzeichnis der Handschriften
Pierre Sabatier, Bibliorum Sacrorum Latinae Versiones Antiquae seu Vetus Italica. Tomus Tertius. Reims 1743 = Brepols 1976. e-Codex: Bibl.nat. de France, Départ. des manuscrits, Lat. 11553. g2
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Sangermanensis secundus, 10. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale de France, latin 13169 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Pergament mit schwarzen Lettern und bunten Illuminationen; kopiert in der Bretagne im 10. Jh. in einer karolingischen Minuskelschrift, jedoch in Mt 1,18 und Lk 1,5 mit Versalien; den Evangelien vorangestellt sind Novum opus, Sciendum etiam, Plures fuisse, argumentum und capitula für das MtEv, die jedoch für die anderen Evangelien fehlen, wenngleich dafür Platz freigelassen wurde; im LkEv finden sich Kapitel- und Perikopenunterteilungen und Markierungen in den Marginalien. Der Text wird häufiger einer Gruppe von Evangelien zugeordnet, der in der Oxford Vulgata das Siglum DELQR zukommt: das Liber Ardmachanus VL61, die Egerton Evangelien (vgoeE; 609 British Library), die Liechfield Evangelien (vgoeL), den Cenannensis (VgoQ) und die Rushworth/Mac Regol Evangelien (vgOeR).17 Diese teilen Charakteristika der irischen Orthographie, wie etwa bt für pt. Es handelt sich um einen Mischtext, der die Charakteristika des insularen Texts aufnimmt. Daneben gibt es zahlreiche Vulgata-Lesarten, wie etwa spiritum bonum (11,13), beelzebub (11,15.18.19), erant (13,30). Zudem finden sich Lesarten, die erstmals in den Fragmenta Curiensia auftreten und dann vom frühen italienischen Text in die Vulgata eingeflossen sind, wie etwa daemonium (11,14), dicitis … eicere (11,18). In den uns interessierenden Kapiteln finden sich lediglich wenige Sonderlesarten: 11,13: cum sitis malis 11,14: amirate 11,19: potuit Pierre Sabatier, Bibliorum Sacrorum Latinae Versiones Antiquae seu Vetus Italica. Tomus Tertius. Reims 1743 = Brepols 1976. e-Codex: Bibl.nat. de France, Départ. des manuscrits, Lat. 13169.
17 Horton, The earliest Gospels, 100; Berger, Histoire de la Vulgate, 48.
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gat
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Gatianus, 8. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale de France, nouv. acq. latin 1587 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Kopiert in der Bretagne ungefähr 800 in einer keltischen Halbunzialschrift auf Pergament mit schwarzen Lettern und gelber und roter Ornamentik; Eusebius Apparat findet sich in den Marginalien jeweils in rot-weißen Lettern. Der Text ist ein Mischtext, tendiert aber eindeutig hin zur Vulgata (siehe hier: 11,14: et admiratae sunt turbae; 11,22: aufert; 11,12). Der Codex hat einige Lesarten gemein mit dem Codex Ardmachanus (ar,61) und dem Codex Aureus Holmiensis (aur,15). Man kann annehmen, dass diese Gemeinsamkeiten auf die Egerton Evangelien zurückgehen, beweisen lässt sich dies allerdings nicht (siehe 11,15: belzebub; 11,16: divissum; 11,18.19: belzebub; 13,18: aestimabo; 13,19: missit). Es finden sich auch zwei Lesarten, die erstmals von den Fragmenta Curiensia bekannt sind, wie in principe (11,15), adversus (11,23). Der Codex wartet mit zahlreichen Sonderlesungen auf: 11,13: quando 11,14: doemonium 11,18: dicitis me … eiecere me 11,19: eiecio 11,19: eieciunt 11,20: cum autem 11,24: loca inaquossa 11,26: adsummit 11,26: ingresii 11,27: suncxisti 13,21: firmentaretur 13,21: satis tribus 13,28: videretis 13,28: ubi vel illic Pierre Sabatier, Bibliorum Sacrorum Latinae Versiones Antiquae seu Vetus Italica. Tomus Tertius. Reims 1743 = Brepols 1976. J.M. Heer, Evanghelium Gatianum, Freiburg 1910. e-Codex: Bibl.nat. de France, Départ. des manuscrits, NAL 1587.
gig
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Gigas, 13. Jh. Stockholm, Kungliga Biblioteket, A 148 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh
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Verzeichnis der Handschriften
Großformatige Handschrift in einer karolingischen Minuskel mit zahlreichen Abbreviaturen und weiteren Zierelementen und Buchmalereien; der Codex ist wegen einer Abbildung des Teufels auf Blatt 289r berühmt geworden; kopiert vermutlich im Benediktiner Kloster von Podlažice in Böhmen. Das Manuskript enthält neben Schriften des Isidors von Sevilla und des Flavius Josephus den gesamten Bibeltext, weitgehend nach der Vulgata. Trotzdem sind mehrere Varianten frühlateinischer Übersetzungen im Lk zu finden, wie z. B. omnes turbe stupuerunt (11,14; admiratae sunt turbae vg), quidam autem ex phariseis dixerunt (11,15; ex eis vg), quod si ego in beelzebub eicio (11,19; si autem ego in beelzebub eicio vg), et qui non colligit mecum spargit (11,23; dispergit vg), ambulat per loca quae non habent aquam (11,24; perambulat per loca inaquosa vg), per angustum ostium (13,24; per angustam portam vg) oder recumbent in regno dei (13,29; accumbent in regno dei vg). Diese Varianten weisen eine große Übereinstimmung mit dem späteuropäischen Text auf, wie etwa mit dem Codex Veronensis (b,5), dem Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) oder dem Codex Vindobonensis (i,17). Die Handschrift bietet einige Sonderlesarten: 11,14: stupuerunt (mit ff2) 11,28: illud (mit pcorr und g2) 13,16: sathanas 13,17: quae videbant fieri in ipso 13,23: qui salvi fiant (mit b und i) 13,28: ysaac (mit r1) 13,33: propheta (mit e) Nur Apostelgeschichte und Offenbarung: J. Belsheim, Apostlarnes Gjerninger og Aabenbaringen i gammel latinsk Oversættelse efter det store Haandskrift „Gigas librorum“ i det kgl. Bibliothek i Stockholm, Oslo 1879. h
12
Codex Claromontanus, 7. Jh. Vatikan; Biblioteca Apostolica Vaticana, Vatic. lat. 7223 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Unzialschrift auf Pergament mit schwarzen Lettern; lediglich das MtEv basiert auf einem altlateinischen Text, der den frühen italienischen Text repräsentiert und der Vulgatafassung vorausgeht18; die Handschrift des LkEv basiert auf einem Vulgata-Text und wird
18 Houghton, The Latin New Testament, 46.
Verzeichnis der Handschriften
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hier nur berücksichtigt, wenn die Handschrift eine Sonderlesung vorschlägt, die als altlateinische Lesart interpretiert werden kann. J. Belsheim, Evangelium secundum Mattheum ante Hieronymum latine translatum e codice olim Claromontano nunc Vaticano, Christiana 1892. F. Crawford Burkitt, On Codex Claromontanus (h), JThS 4 (1903) 587–588. i
17
Vindobonensis, 5. Jh. Neapel, Biblioteca Nazionale, lat. 3 Wahrscheinliche Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk Purpurfarbenes Pergament mit silbernen Lettern und goldenen nomina sacra; kopiert Ende des 5. Jahrhunderts; für das LkEv sind lediglich 10,6–14,22; 14,29–16,4; 16,11–23,10 erhalten. Der Text ist altlateinisch und bildet gemeinsam mit dem Codex Veronensis b (4; 11,13: bonum datum; 11,18: in principem; 11,20: sed si; 11,26: peior prioris; 13,17: praeclariis) und dem Codex Corbeiensis secundus ff2 (VL8; 11,12: porrigit; 11,14: dum eicit; 11,15: phariseis; 11,18: dicitis quoniam … eicio; 11,20: profecto provenit) die Kerngruppe des italienischen Textes. Einige Lesarten sind zudem erstmals in den Fragmenta Curiensia belegt (11,14: fuit; 11,15.18.19: beelzebul; 11,19: quod si a2 f ff2 i q l r1 gig: 11,24: immundus; 11,26: inhabitant; 13,24: ostium). Es finden sich lediglich zwei Sonderlesarten: 11,23: sparget 11,24: ubi J. Belsheim, Codex Vindobonensis membraneus purpureus, Leipzig 1885; J. Bick, Wiener Palimpseste, I. Teil: Cod. Palat. Vindobonensis 16, olim Bobbiensis, Wien 1908.
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Rehdigeranus, 8. Jh. Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Depot Breslau 5 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Pergament mit schwarzen Lettern; lacuna in Lk 11,28–37; kopiert im frühen 8. Jh. in Norditalien; Kapitelnummern finden sich jeweils in der linken Marginalie; vor dem LkEv finden sich ein Prolog wie auch capitula. Der Text ist besonders im LkEv als ein altlateinischer Text mit Einschlag in die Kerngruppe des italienischen Textes aus dem 4. Jahrhundert zu würdigen, besonders aber mit dem Codex Veronensis (b,4; 11,15: pharisaeis; 11,18: belzebul; 11,26: ingressus) und dem Codex Corbeiensis secundus (ff2,8; 11,13: bonum datum;
XXVI
Verzeichnis der Handschriften
11,19: fili; 11,19: ipsi iudices erunt vestri; 11,23: spargit; 11,24: loca quae non habent aquam). Bauer vermutet zudem einen Einschlag des Codex Monacensis (q,13; 13,17: praeclaris quae viderant fieri), der sich im vorliegenden Text nur einmal nachweisen lässt. Daneben finden sich auch hier wiederum Lesarten, die zunächst in den Fragmenta Curiensia vorkommen (11,11: piscem; 11,12: porrigit; 11,14: illut; 11,14: fuit; 11,15: beelzebul; 11,23: adversus; 13,24: poterint). Es finden sich einige wenige Sonderlesarten: 11,14: dum eiecit 11,19: eicieunt 11,26: peius priori H. J. Vogels, Codex Rehdigeranus: Die vier Evangelien nach der lateinischen Handschrift R 169 der Stadtbibliothek Breslau (Collectanea Biblica Latina 2), Rom 1913. μ
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Liber Moliensis (Book of Mulling), 8. Jh. Dublin, Trinity College, MS 60 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Pergament mit schwarzen Lettern. Der Text basiert auf einem irischen Texttyp, der aber in Lk 4–9 eine altlateinische Grundschicht erkennen lässt. Am Ende der Evangelien ist eine Blaupause der Abtei von Tech-Moling (St Mullin) angefügt. Neben einigen altlateinischen und europäischen Lesarten, für die der Codex Veronensis (b,4) und der Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) grundlegend sind (siehe bspw. 11,14: demonium; 11,25: et ornatam; 11,28: ad eos; 13,18: estimabo), finden sich zahlreiche Vulgatalesungen, wie auch Lesarten, die den Codex mit dem Codex Aureus Holmiensis (aur,15) und dem Codex Ardmachanus (ar,61) verbinden (11,12: porreget; 11,13: bona; 11,15: fariseis; 11,20: si autem; 11,21: possedet; 11,23: collegit; 13,30: erant). Man kann annehmen, dass diese Gemeinsamkeiten auf die Egerton Evangelien zurückgehen, beweisen lässt sich dies allerdings nicht. Einige wenige Sonderlesungen sind bemerkenswert: 11,15.18.19: belzebuth 11,18: qui (statt quia) 11,26: habitabant 13,17: virtutibus quae viderant fieri 13,19: volatiliavolucres
Verzeichnis der Handschriften
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P. Doyle, „The Text of Luke’s Gospel in the Book of Mulling“, PRIA 73 (1972): 177–200. e-Codex: MS 40618 British Library; einige edierte Abschnitte finden sich bei Hugh Jackson Lawlor, Chapters of the Book of Mulling, Edinburgh 1897. p
54
Perpinianensis, 12. Jh. Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 321 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh Minuskelhandschrift kopiert in der 2. Hälfte des 12. Jh. auf Pergament mit schwarzen Lettern. Der Text bietet einen gemischten Text mit Schwerpunkt auf der Vulgata, doch einige Lesarten gehen auf das 5. Jh. zurück (vg 11,15.18.19: beelzebub). Eine Reihe von Lesungen belegen einen klassischen Diphthong in monophthongierten Formen, wie etwa 11,13.16: celo oder 11,14: demonium. Da die Handschrift im Vetus Latina-Katalog aufgeführt ist, wird sie im Folgenden ebenfalls berücksichtigt. Es finden sich eine Reihe von Sonderlesarten: 11,14: admirate 11,18: dicitis … eicere 11,21: eaomnia 11,22: eumillum 11,23: contraadversum 13,17: gloriosse e-Codex: Bibl. nat. de France, Dép. des manuscrits, Lat. 321.
q
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Monacensis, 6. Jh. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 6224 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk Pergamenthandschrift mit schwarzen Lettern und bunter Illumination; zwei lacunae in Lk: 23,23–35 und 24,11–39; Lektionare wurden erst im 7. Jh. in Norditalien in kursiver Schrift eingefügt.19 Der Codex Monacensis basiert auf einer altlateinischen Textschicht europäischen Typs, der sich an dem Codex Vernonensis (b,4) orientiert, wie sich anhand zahlreicher Stellen zeigen lässt, wie etwa 11,18: dicitis quoniam … eicio; 11,18: in principem; 11,25: et ornatam; 11,28: ad eos oder auch 13,25: ex quo. Nach Fischer und Bauer bildet
19 Siehe Bruyne, „Notes sur le manuscrit 6224 de Munich“, 75–80.
XXVIII
Verzeichnis der Handschriften
die Handschrift gemeinsam mit dem Codex Rehdigeranus (l,11) den europäischen Text; einige Stellen in den Kapiteln 11 und 13 mögen diese Interpretation unterstützen (11,15.18.19: beelzebul; 11,16: alii autem; 11,23: adversus; 11,23: spargit; 13,17: praeclaris quae uiderant fieri; 13,25: estis). Die Handschrift hat freilich auch Gemeinsamkeiten mit dem Codex Corbeiensis (ff2,8) und dem Codex Colbertinus (c,6), wie sich etwa in 11,16 durch die Lesung celo oder 11,16 durch die Lesung querebant zeigt. Die Handschrift weist einige Sonderlesarten auf: 11,14: mirati 11,16: temtantes 11,19: utique praevenit 11,26: peioris 13,18: extimabo 13,25: surrexit H. J. White, The Four Gospels from the Munich Ms. q, now numbered Lat. 6224 in the Royal Library at Munich (Old Latin Biblical texts 3), Oxford 1888. e-Codex: Evangeliar (Codex Valerianus) – BSB Clm 6224 r1
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Usserianus primus, 6. od. 7. Jh. Dublin, Trinity College, MS 55 Reihenfolge der Evangelien: Mt, Joh, Lk, Mk Pergament mit schwarzen Lettern in einer irischen Halbunzialschrift; charakteristisch ist eine Liste mit hebräischen Namen vor dem LkEv; die Marginalien sind nicht erhalten, sodass man nicht mit Sicherheit auf den Eusebischen Apparat verweisen kann; die Evangelien sind nach Kapiteln untergliedert und die erste Zeile ist hier wie auch sonst in farbigen Lettern geschrieben; das LkEv ist zudem mit κατά und nicht mit secundum überschrieben. Der Text orientiert sich am altlateinischen Codex Veronensis (b,4); die Lesarten finden sich beispielsweise in 11,11: porrigit ei; 11,13: bonum datum; 11,17: cadit; 11,18: dicitis quoniam … eicio; 11,15.18.19: belzebul; 11,18: in principem; 11,24: loca quae non habent aquam.20
20 Fischer, „Das Neue Testament in Lateinischer Sprache“, 82; Gryson, Altlateinische Handschriften, 37.
Verzeichnis der Handschriften
XXIX
Gleichzeitig orientiert sich die Handschrift an der gallisch-irischen Gruppe mit einigen Sonderlesungen. Nach Bauer findet sich zudem eine Verwandtschaft zum europäischen Texttyp als Deckschicht, vergleichbar mit dem Codex Carinthianum (β,26). Bemerkenswert ist zudem die Nähe zum Text der Fragmenta Curiensia; dies zeigt sich besonders anhand von Lesarten, die lediglich in den beiden Texttypen erhalten sind, wie etwa 11,13: cum eiceret; 11,15: illis; 11,22: illius; 11,26: intrantes, ebenso im Codex Vercellensis erhalten.21 Einige Lesarten sind zudem in weiteren Handschriften mit altlateinischer Grundschicht überliefert, wie etwa 11,12: porrigit; 11,13: daemonium; 11,21: domum suam; 13,24: ostium; 13,29: discumbent a2 a f r1. Zudem finden sich Lesarten der Vulgatatexttradition, besonders aber in Kapitel 11 (11,20: profecto praevenit).22 Es finden sich einige Sonderlesarten: 11,17: in (statt supra) 11,17: adversus se ipsum 11,21: custodiat 11,22: diripiet 11,23: dispargit 11,28: turbis convenientibus 13,28: exclude T. K. Abbott, Evangeliorum versio antehieronymiana ex codice Usseriano (Dublinensi) adiecta collatione codicis Usseriani alterius, Dublin 1884. e-Codex: Dublin, Trinity College – IE TCD MS 55
21 Dieser Aspekt wurde bislang in den Überblickswerken kaum berücksichtigt. 22 Dieser Aspekt fehlt in den Überblickswerken.
Kapitel I Einleitung Man sagt, dass alles Wissen der Welt zwischen zwei Buchdeckel passe. Die Fragmenta Curiensia belegen, dass Wissen mitunter sogar in den Buchdeckeln verborgen sein kann: Das Manuskript – zwei Pergamentstreifen mit einer frühlateinischen Übersetzung von Teilen des 11. und 13. Kapitels des Evangeliums nach Lukas – wurde im Jahr 1872 von Basilius Hidber (1817–1901)23 bei einem Besuch des Bischöflichen Archivs zu Chur auf der inneren Seite eines Heftdeckels aufgeklebt gefunden (membranas quae […] thecae cuiusdam scriptoriae operculis adhaerentes repertae).24 Seit 1891 sind die Fragmente im „Katalog der Alterthums-Sammlung im Rätischen Museum zu Chur“ an erster Stelle angeführt, was noch heute Forschende dazu verleitet, sie dort zu verorten. Gleichwohl ist die Handschrift inzwischen in das Bischöfliche Archiv überführt worden, wo sie ursprünglich entdeckt wurde und nun die Signatur BAC 041.0.1 trägt.25 Die Bezeichnung für das neu gefundene Manuskript leitet sich aus dem Namen der Gemeinde Chur, der antiken römischen Siedlung Curia Raetorum, ab, der entweder auf das lateinische curia („Rathaus“, „Senatsversammlung“) oder auf das keltische coria („Sippe“, „Stamm“) zurückgeht.26 Die Doppelblätter der Fragmenta Curiensia weisen zahlreiche Beschädigungen auf. Sowohl Folio 1 also auch Folio 2 sind gleichmäßig in der Mitte waagerecht durchgeschnitten worden, sodass heute insgesamt vier Pergamentstücke vorliegen: In der oberen und unteren Hälfte zählt man jeweils 12 Zeilen, wobei man oben Teile der Buchstaben der ersten Zeile des unteren Stücks erkennen kann. Das Blatt von Folio 1 wurde am äußeren Rand bis in den Schriftspiegel hinein beschnitten, und die äußere Kolumne von Folio 2 hat in der unteren Hälfte so viele Risse und Löcher, dass sie praktisch bloß als Pergamentfetzen erhalten ist; daher müssen an diesen Stellen umfangreiche Textrekonstruktionen vorgenommen werden. Man stellt außerdem fest, dass Feuchtigkeit mehrere Stellen des Schreibmaterials verformt und befleckt hat, sodass einige Schriftzüge nur mit Schwierigkeit zu entziffern sind. Auch die Tinte ist nicht selten verblichen; deswegen schlägt der Text der Rückseite mehrmals auf der Vorderseite durch.
23 Hidber, der als studierter Historiker und späterer Professor an der Universität Bern auch als Bibliothekar der Allgemeinen Geschichtsforschenden Gesellschaft fungierte, veröffentlichte u. a. Schweizergeschichte für Schule und Volk und war Herausgeber des Schweizerischen Urkundenregisters. 24 Ranke, Fragmenta antiquissimae evangelii Lucani versionis = Curiensia evangelii Lucani fragmenta, 1; vgl. auch Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 506. 25 Vgl. Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 26: „Laut einem handschriftlichen Eintrag im Exemplar des Rätischen Museums und auf der Karteikarte Inv. Nr. H 1978.383 zog das Domstift das Fragment am 6. Oktober zurück.“ 26 Vgl. Deutsches Ortsnamenbuch, 112. https://doi.org/10.1515/9783110752199-001
2
Kapitel I Einleitung
Nach Pierre Batiffol (und im Anschluss an ihn auch in der Edition von John Wordsworth et al. und in jüngster Zeit der von Rudolf Gamper, Philipp Lenz und Andreas Nievergelt et al.) stehen die Fragmenta Curiensia nicht nur hinsichtlich der Schrift, der Ausmaße des Blatts, der Kopftitel, sondern auch hinsichtlich der Verwendung des Lateins den in der Stiftsbibliothek von St. Gallen aufbewahrten Fragmenta Sangallensia nahe. Demnach wäre der lateinische Text des Lukasevangeliums auf den Fragmenten als „Europäischer Text“ zu klassifizieren, also als altlateinischer Text mit lediglich wenigen „Afra“-Beimischungen, wie er sich in einer Reihe von Handschriften findet. Grundlage für diese Einschätzung ist, dass man zu dieser Gruppe weitere Zeugnisse rechnet, vor allem diejenigen, die vom Codex Veronensis abhängen, wie etwa den Codex Brixianus oder Corbeiensis secundus. Mit der von Ernst Ranke und besonders mit der von Gamper, Lenz u. a. jüngst vorgenommenen Einordnung der Fragmenta Curiensia in die „Europäische“ Gruppe der Vetus Latina-Handschriften und der daraus resultierenden Qualifizierung als Text mit späteren Lesungen stellt sich die Frage,27 inwiefern die Fragmenta Curiensia zu den relevanten Zeugen des Vetus Latina-Lukasevangeliums mit frühem Afra-Text gerechnet werden können und inwieweit die Fragmente lediglich den Europäischen Text bieten, denn schon Ranke weist eine Nähe der Fragmente zu dem Codex Vercellensis nach, dem bislang wohl frühesten das Lukasevangelium belegenden Codex. Die von Ranke erstellten Kriterien eignen sich freilich nur bedingt als Ausgangspunkt für einen solchen Vergleich. Dies liegt nicht daran, dass die Edition (wie auch die von Gamper et al.) nicht hinreichend sorgfältig erarbeitet worden wäre, sondern allgemein an der Anlage der Ausgabe und deren Art der Präsentation des altlateinischen Textes, d. h. ohne Kenntnis zahlreicher weiterer Handschriften. Für die Fragmenta Curiensia werden von den Editionen zwar sehr wohl einige Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Text vermerkt, also Stellen und Kopftitel, die aufgrund von Beschneidung und Beschädigung des Blattes fehlen oder deren Zugehörigkeit als erwiesen angesehen wird. In der Regel ist dabei jedoch nicht (immer) erkennbar, ob alle Aspekte, wie etwa die Paläographie (darunter die Größe der Buchstaben, deren Schreibweise und Besonderheiten), die Semantik und die Syntax tatsächlich berücksichtigt wurden. Diese Aspekte sind indes an den Stellen relevant, für die sich in den Vetus LatinaHandschriften andere Bezeugungen finden. Gerade die Besonderheiten in der Morphologie, der Semantik und der Syntax bilden ein Desiderat in der derzeitigen Vetus Latina-Forschung. So ist doch auffallend, dass sich die Mehrzahl der Forscherinnen und Forscher immer noch auf das Werk von Hans von Soden aus dem frühen 20. Jahrhundert bezieht,28 um die Afra-Lesart einer Stelle zu begründen. Zudem sind die Fragmente u. E. begründet anhand einiger Stellen anders zu lesen als in den vorherigen Editionen; an einigen Stellen der stark beschädigten Blätter lässt sich doch mit
27 Vgl. Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 514–517 und Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 15. 28 von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika.
Kapitel I Einleitung
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hinreichender Sicherheit der Text von den früheren Editionen abweichend zuordnen. Um an dieser Stelle mehr Klarheit zu gewinnen, soll der Text der Fragmente nochmals ediert werden. Deshalb soll zunächst eine kurze Einführung in die lateinische Texttradition gegeben werden, um danach eine gründliche Analyse des Verhältnisses der Fragmenta Curiensia sowohl zum Codex Vercellensis als auch zu den Fragmenta Sangallensia anzuschließen. Darauf folgt eine Transkription der Fragmente zusammen mit einer vorsichtigen Rekonstruktion des Textes; als Vertiefung wird darüber hinaus eine behutsame Rekonstruktion der entsprechenden Kapitel des Codex Vercellensis angefügt, die erstmals auf der Grundlage neuer multispektraler Aufnahmen der Handschrift geboten werden.29 Das engere Ziel der vorliegenden Neuedition ist demnach eine Rekonstruktion des Textes unter Berücksichtigung aller bislang bekannten Handschriften der Vetus Latina des Lukasevangeliums, deren Handschriften hier ebenfalls neu ediert werden. Das weitere Ziel ist die morphologische, syntaktische und semantische Zuordnung, die im Vergleich mit den bislang bekannten Handschriften einerseits und der Kontextualisierung in die römische Literatur andererseits vorgenommen wird und die Frage nach der Zuordnung des Lateins (christliches Latein?; Vulgärlatein? oder Spätlatein?).
29 2014 schloss die Kathedralbibliothek eine Kooperation mit dem Lazarus-Projekt ab, das von dem amerikanischen Prof. Gregory Heyworth geleitet wurde. Die Kooperation ermöglichte es, ein multispektrales Bildgebungslabor zu entwickeln und es nach Vercelli zu bringen, um Aufnahmen der Handschrift durch schonende und nicht invasive Methoden mit hochauflösender Technologie zu erzeugen. Dabei sind drei Bilderserien von dem gesamten Manuskript generiert worden, 1.) UV, 2.) VIS und 3.) TX, die das Potenzial haben, einen völlig neuen Blick auf den Codex Vercellensis zu werfen. Diese Aufnahmen sind noch nie mit der notwendigen Sorgfalt philologisch und textkritisch bewertet worden, aber die ersten Analysen der Bilder konnten bereits einige interessante Ergebnisse hervorbringen, vor allem wenn man ältere Editionen heranzieht und sie mit den Digitaldaten vergleicht.
Kapitel II Die Fragmenta Curiensia im Lichte der lateinischen Übersetzungen des Neuen Testaments Vetus Latina – translatio wäre noch zu ergänzen, also genauer „die alte lateinische Übersetzung“ – ist eine allgemeine Bezeichnung für die ersten Bibelversionen in lateinischer Sprache, die vor allem vom 3. bis ins 7. Jahrhundert zirkulierten. Diese Texte sind heute grundsätzlich auf zweifache Weise erhalten: Erstens in einer großen Anzahl von Manuskripten; für diese direkte Überlieferung sind im aktuellen Beuroner Verzeichnis insgesamt 495 Zeugen ausgewiesen,30 darunter fallen 49 Evangelienhandschriften ebenso wie zahlreiche Fragmente und Vulgata-Handschriften mit Einschlägen des frühlateinischen Textes. Das LkEv ist in 11 altlateinischen Handschriften (e 2; a 3, b 4; d 5; c 6; ff2 8; f 10; l 11; q 13; r1 14; i 17) und 10 Handschriften eines gemischten Texts (g1 7; 9A; 11A; h 12; aur 15; δ 27; r2 28; g2 29; gat 30; μ 35; 48) und 6 Fragmenten (a2 16; s 21; j 22; β 26; 36; λ 44) erhalten. Davon unterscheidet man zweitens die indirekten Belege der altlateinischen Bibelüberlieferung in den Schriften der ersten Kirchenschriftsteller und frühchristlichen Autoren und Apologeten, wie Tertullian, Cyprian von Karthago, Lucifer von Cagliari oder Ambrosius von Mailand; diese indirekte Überlieferung wiederum umfasst Zitate und Anspielungen und ist dann interessant, wenn sich Übereinstimmungen zwischen Textvarianten bei einem Kirchenschriftsteller und denen in einer Bibelhandschrift feststellen lassen: Hilfreich sind diesbezüglich vor allem Florilegien biblischer Texte wie die Testimoniensammlungen Cyprians (Testimonia ad Quirinum; Ad Fortunatum) und der pseudo-augustinische Liber Speculum. Indes muss unsicher bleiben, ob er sich selbst für die Übersetzung der ersten lateinischen Bibelübersetzungen verantwortlich zeichnet; so zeigen seine Zitate eine Wort-für-Wort Übertragung der griechischen Bibel.31 Mit dem Aufkommen der Vulgata, deren Anfertigung oft mit dem Wirken des Hieronymus in Verbindung gebracht wird, gerieten diese alten Fassungen aber allmählich außer Gebrauch, auch wenn mehrere Textvarianten der Vetus Latina ebenso in die neue Übersetzung Eingang gefunden haben, was es der Forschung nun ermöglicht, ihre kulturgeschichtliche Bedeutung für die Entstehung, Transformierung und Steuerung religiöser und theologischer Diskurse in den westlichen Kirchen zu analysieren und zu beurteilen. Ein erster Fragekomplex bezieht sich demnach auf die Forschungsmethode: Darüber, wann und wo die Übersetzung der griechischen biblischen Schriften ins Lateinische begann, wer sich dafür verantwortlich zeichnete und wie man dabei vorging, gibt es keine zuverlässigen Zeugnisse. Häufig wird auf die Christengemeinden 30 Gryson, Altlateinische Handschriften 1.1/1.2. 31 Michaelis, Introduction to the New Testament, 426. https://doi.org/10.1515/9783110752199-002
Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
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Roms verwiesen, doch galt Griechisch noch bis ins dritte Jahrhundert als ihre lingua franca; Clemens von Rom, Ignatius von Antiochien und Justin schreiben noch immer auf Griechisch. Die Sprache spielte eine zentrale Rolle im römischen Bildungssystem, und es wurde bei den grammatici – insbesondere durch die Lektüre der Epik Homers – zweisprachig unterrichtet, sodass zumindest die Oberschicht sowohl Latein als auch Griechisch beherrschte.32 Indes wendet man sich außerhalb von Rom, besonders aber in Nordafrika, den Ursprüngen der lateinischen Bibel zu. So wird in Erwägung gezogen, ob aus den Schriften Tertullians auf die Existenz einer lateinischen Übersetzung geschlossen werden kann: An vielen Stellen beanstandet oder kommentiert der christliche Apologet, der am Ende des 2. Jahrhunderts wirkte, Übertragungen aus dem Griechischen, was die Annahme nahelegt, dass Versionen des Bibeltextes auf Latein bereits vorhanden waren.33 Anhand der sogenannten Acta Martyrum Scillitanorum wird man auch auf die römischen Provinzen in Afrika verwiesen. Es handelt sich um einen sehr kurzen Bericht über das Gerichtsverfahren gegen eine Gruppe von Christen, die im Jahre 180 um ihres Glaubens willen hingerichtet wurden: Nach Angaben eines der Angeklagten, Speratus, führten sie lediglich libri et epistulae Pauli, viri iusti mit sich (12).34 Obwohl die Sprache der Texte selbst nicht spezifiziert wird, gilt diese Aufzeichnung des Martyriums in Scilli als der älteste Hinweis in lateinischer Sprache auf das Neue Testament überhaupt.35 Einen ersten sicheren Hinweis auf die Existenz lateinischer Bibelübersetzungen bieten die Schriften Cyprians von Karthago († 258). Die vergleichsweise zahlreichen Zitate belegen ein Bemühen um eine Ähnlichkeit zu den griechischen Vorlagen und zeichnen sich etwa durch Wort-für-Wort-Übertragungen aus. Dass Cyprian sich auf eine mehr oder weniger standardisierte Form stützen konnte, zeigt vor allem der Unterschied im Wortschatz zwischen seinem eigenen Text und den Bibelzitaten aus
32 Vgl. Schnelle, Die ersten 100 Jahre des Christentums, 31–32. 33 Z. B. adv. Prax. 5.2–3: Rationalis etiam Deus et ratio in ipso prius et ita ab ipso omnia. Quae ratio sensus ipsius est. Haec Graeci λόγον dicunt, quo vocabulo etiam sermonem appellamus ideoque iam in usu est nostrorum per simplicitatem interpretationis sermonem dicere in primordio apud Deum fuisse. Ferner adv. Marc. 4.11.12: Cum similitudines obicit, cum quaestiones refutat, de septuagesimo septimo venit psalmo: Aperiam, inquit, in parabolam os meum, id est similitudinem; eloquar problemata, id est edisseram quaestiones. Vgl. dazu ausführlich Stummer, Einführung, 12; O’Malley, Tertullian and the Bible, 17; deutlich ist jedenfalls, dass Tertullians Übersetzungen der biblischen Texte nicht konsistent sind, wie Roth, „Did Tertullian possess a Greek copy or a Latin translation of Marcion’s Gospel?“, 429–467 belegt; für weitere Beispiele, siehe Houghton, The Latin New Testament, 6. 34 Ruggiero, Atti dei martiri scilitani; es ist freilich unklar, was genau mit den gesammelten Briefen gemeint ist. 35 Vgl. Houghton, The Latin New Testament, 5.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
der Testimoniensammlung, wie der Gebrauch von caritas und dilectio versus agape oder beatus gegenüber felix veranschaulicht.36 Weil weder der griechische noch der lateinische Text einen normativen Charakter hatte, erfuhren die Texte mehrere Veränderungen. Gleichwohl ist es strittig, ob die verschiedenen Zeugen der lateinischen Bibel von einem Archetyp abzuleiten sind – wenn auch nur für das eine oder andere Buch des Neuen Testaments – oder von einer Vielzahl von Versionen.37 Einige Einzeluntersuchungen weisen jedenfalls für die zwischentestamentarischen Bücher wie Sapientia Salomonis, Sirach oder Makkabäer eine Einheitlichkeit der Tradition auf, indes kann diese nicht für die Evangelien nachgewiesen werden.38 Bonifatius Fischer spricht deshalb vielmehr von einer „Kerngruppe des europäischen Textes“, doch scheint diese metaphorische Umschreibung auch nicht wirklich weiterführend, denn unklar ist doch, ob es sich hierbei um die Gruppe handelt, von der alle anderen Handschriften abgeleitet werden können, oder aber die einflussreichste Gruppe unter einer Anzahl weiterer Gruppen.39 Bei den Untersuchungen, die im 19. Jahrhundert von Hans von Soden und William Sanday vorgenommen wurden,40 wurde gezeigt, dass sich hinsichtlich des Wortgebrauchs und der Art der Übersetzung klar zwei Gruppen des frühlateinischen Bibeltextes erkennen lassen, ein Afra-Texttyp und ein Europäischer Texttyp.41 Eine Europäisierung beginnt schon bei Cyprian und schreitet bei Hilarius und Ambrosius weit voran. Indes ist die Frage ungeklärt, wie Varianten eines Textes afrikanischer und europäischer Provenienz zuzuordnen sind, wenn sie nicht bei den Kirchenvätern belegt sind. Cyprian bietet jedenfalls eine Reihe von Varianten, die in späteren
36 Z. B. für caritas/dilectio und agape, siehe Röm 8,35; 1 Kor 13,2–8; Gal. 5,22; 1 Joh 3,17; für beatus und felix, siehe Mt 5,6.10; Lk 12,37. Vgl. ausführlich dazu von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 62. Ferner Frede, „Die Zitate des Neuen Testaments bei den lateinischen Kirchenvätern“, 464. 37 So in jüngster Zeit Thomas Bauer und schon früher Metzger, Early Versions, 330, der anhand der folgenden Beispiele für einen einzigen Urtext in Latein plädiert: „At Luke ii. 14 all Old Latin manuscripts read hominibus bonae voluntatis (‘to men of goodwill’) in opposition to numerous Greek manuscripts that read εὐδοκία. More striking still is the agreement between representatives of the African and European groups in reading at Mark ix. 15 gaudentes, a rendering which is due to misreading τρέχοντες as χαίροντες.“ Anders: Sparks, „Latin Bible“, 105–106. 38 Siehe hier u. a. Schäfer, Die altlateinische Bibel. 39 Fischer, Das Neue Testament in lateinischer Sprache, 13. 40 von Soden, Das lateinische Neue Testament; Sanday, Studia Biblica, 234–239. 41 Die Nomenklatur „europäisch“, „Afra“ und „Itala“, die lange Zeit in der Vetus-Latina-Forschung etabliert war und erst jüngst allmählich aufgegeben wird, kann häufig irreführend sein, indem sie kaum etwas über den Ursprungsort eines Manuskriptes sagt, sondern vielmehr über das Alter des darin überlieferten Textes. So wird zum Beispiel der Codex Palatinus (e) von Jülicher et al., Itala, als der Vertreter der Afra-Version für das Lukas- und Johannes-Evangelium par excellence verstanden, obwohl man weiß, dass die Handschrift in Italien abgeschrieben worden ist. Diese Begriffe deuten also lediglich darauf hin, dass eine gewisse Bibelübersetzung, die die Kirchenväter aus Nordafrika benutzt haben, mehr oder weniger Ähnlichkeiten mit den lateinischen Texten aufweisen kann und sollen deswegen eher diachronisch als geographisch aufgefasst werden. Vgl. dazu Houghton, The Latin New Testament, 10.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
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Abfassungen teilweise oder sogar komplett ersetzt wurden, wie zum Beispiel baptizator statt baptista, similitudo für parabola, praessura statt tribulatio oder agape für caritas.42 Man stellt außerdem eine Vorliebe für bestimmte Lesarten fest, wie nequam statt malum, quoadusque für donec, ploratio statt fletus, quoniam für quia oder quod und fui statt eram. Es wird im Folgenden gezeigt, dass die Fragmenta Curiensia zahlreiche ältere Lesungen des Cyprian und des Afra-Textes überliefern und eine der frühesten Stufen in der Europäisierung des Bibeltextes darstellen.43
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia Eine erste Edition der Fragmenta Curiensia erfolgte kurz nach ihrer Entdeckung durch den Marburger Theologieprofessor Ernst Ranke. In seinen Untersuchungen hat er bereits einen Vergleich des Manuskriptes mit dem Codex Vercellensis (a,3), dem ältesten überlieferten Lukasevangelium in lateinischer Sprache, vorgenommen und eine fast komplette Übereinstimmung zwischen den Texten festgestellt. Aus diesem Grund nahm Ranke ein genetisches Verhältnis der beiden als offenkundig an und vermutete eine Entstehung der neuen Handschrift ebenso im Dunstkreis von Vercelli.44 Angesichts der engen Beziehung zum Codex Vercellensis wurden die Fragmente schließlich mit der Sigle a2 gekennzeichnet. Diese Beobachtungen sind in der folgenden Zeit von William Sanday ergänzt worden, der auch bedeutende Parallelen zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Bezae Cantabrigiensis (d,5) hervorhebt.45 Bei der Behandlung der Frage, wie die Fragmenta Curiensia von Norditalien nach Chur gelangt sind, hat man bislang einen Ausgangspunkt im Kloster St. Gallen gesucht, wo ebenso andere Manuskripte frühlateinischer Bibelübersetzungen, wie die Fragmenta Sangallensia (n, o,16) oder der Codex Sangallensis 48 (δ,27), gefunden wurden. Es ist jedenfalls deutlich, dass viele dieser Handschriften über die Alpen Klöster und Bischofssitze in der Schweiz erreicht haben: So verweisen zum Beispiel Gamper et al. auf das Kloster Reichenau, das 724 gegründet worden war und eine ausgeprägte Nähe zu den Klöstern in Italien hatte.46 Und in der Tat erweist sich das Kloster Reichenau als eines der Zentren für Handschriften. Das Kloster war zudem ausgewiesen für enge Kontakte zum Kloster Bobbio, das auch eine reichhaltige Bibliothek vorzuweisen hatte. Doch Reichenau unterhielt nicht nur Beziehungen zu den Bibliotheken in Italien, sondern hatte schon früh Grundbesitz in der Nordschweiz, besonders in Chur und am Comer See erworben.47 Chur war ein zentrales kirchlich42 Houghton, The Latin New Testament, 211; 216; 218. 43 Burton, The Old Latin Gospels. 44 Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 516–517. 45 Vgl. Wordsworth et al., Portions of the Gospel, CCXXIV. 46 Vgl. Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 35. 47 Siehe ausführlich Buhlmann, „Die Klöster St. Gallen und Reichenau“, 4.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
monastisches Zentrum und Bernhard Bischoff konstatiert in Chur sogar die Fortdauer einer eigenen chur-rätischen Schriftprovinz, die zwischen dem 8. und 9. Jahrhundert aufblühte. Eine der wichtigsten Gestalten, die Verbindungen zu italienischen Klöstern pflegte, war der irische Wandermönch Columban (540–615), der dem Kloster Chur tief verbunden war, 614 das Kloster in Bobbio gründete und von dort Kontakte mit Vercelli vertiefte.48 Nach Francesco Lanzoni und Heinrich Büttner waren es besonders Schenkungen und Gütertausch, die die Beziehungen zwischen der italienischen Stadt und dem Kloster in Chur konsolidierten.49 Bonifatius Fischer hat schon früh beobachtet, dass in Italien die Mehrheit der Bibelhandschriften produziert und dann exportiert wurde.50 Während man aber mit dem kaiserlich gesinnten St. Gallen jahrelang in Kämpfe verwickelt war, lassen sich frühe Kontakte zu Reichenau und den Klöstern in Norditalien eben besonders für Chur bezeugen. Handschriften der Evangelien von Vercelli nahmen also möglicherweise ihren Weg über das Kloster Bobbio, um dann über das Kloster Reichenau oder gar direkt zum Bischofssitz nach Chur zu gelangen, wo sie nach Aimé-Georges Martimort nicht nur zum Studium herangezogen wurden, sondern auch für öffentliche Lesungen im Gottesdienst oder dem Refektorium dienten.51 Zur Frage der Herkunft der Fragmenta Curiensia kann man indes auch auf Asinio, den ersten Bischof von Chur, der urkundlich erwähnt wird, verweisen. Im Jahr 451 versammelte sich eine Synode der Mailänder Kirchenprovinz, zu der das alpine Bistum zugeordnet war. Überliefert ist der Synodalbrief des Metropoliten Eusebius an Papst Leo den Großen mit den Unterschriften der Teilnehmer. In diesem Dokument taucht der Name von Abundantius, Bischof von Como, auf, der für den abwesenden Amtskollegen aus Chur unterzeichnete und somit seine Zustimmung zum päpstlichen Lehrschreiben Tomus ad Flavianum stellvertretend erteilte.52 Anhand dieser beiläufigen Erwähnung werden also nicht nur die damals sehr engen Beziehungen zwischen der Churer Kirchenprovinz zu Oberitalien nachweislich untermauert, sondern auch bereits in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts zu datieren sein. Zudem reicht die Existenz der Churer Kirchenprovinz sicherlich weiter zurück als bloß bis ins Jahr 451. In dem Synodalbrief wird der Bischof von Chur schließlich nur zufällig als Fürsprecher einiger Beschlüsse einer Kirchensynode in Norditalien angeführt. Es ist freilich unwahrscheinlich, dass der Churer Bischofsitz genau in jenem Jahr gegrün48 Vgl. Jost, „Die rätische Schreibstube vor 1200 Jahren“, 31. Ferner Cherubini, Pratesi, Paleografia latina, 330–337. 49 Vgl. Büttner, „Die Bistümer während des frühen Mittelalters“, 34; Lanzoni, Le diocesi d’Italia, 1017. 50 Vgl. Fischer, „Bibelausgaben des frühen Mittelalters“, 519–600. 51 Vgl. Martimort, Les lectures liturgiques et leurs livres, 71–74. 52 PL 54, 948B–949A: Ego, Abundantius episcopus ecclesiae Comensis, in omnia supra scripta consensi et pro me et pro absente sancto fratre meo Asinione episcopo ecclesiae Curiensis primae Raetiae subscripsi anathema dicens his, qui de incarnationis dominicae sacramento impia senserunt. Vgl. ferner Durst, Geschichte der Kirche im Bistum Chur, 5–6.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
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det worden ist. Bei einer vorsichtigen Abwägung kann man wohl den Beginn des 5. Jahrhunderts als die Zeit der Gründung des Bistums annehmen; somit ist der Austausch von Handschriften zwischen den christlichen Gemeinden in der Po-Ebene, wie etwa Vercelli, und den schweizerischen Städten mit Sicherheit nicht im Mittelalter zu suchen, sondern wesentlich früher, in der Spätantike.53 Diese offensichtlichen Beziehungen zwischen dem Bistum Chur und dem Kloster Vercelli sind es jedenfalls, die eine Untersuchung und einen Vergleich der beiden Handschriften nahelegen, ohne dass damit freilich gleich eine Abhängigkeit beider konstatiert wird. Einen Hinweis darauf, dass die frühlateinische Version des Lukasevangeliums der Fragmente aus Chur mit den Handschriftenzentren Norditaliens eng zusammenhängt, liefert indes der Text selbst: In Lk 11,24 lesen die Zeugen für die lateinische Übersetzung von ἄνυδρος eine breite Anzahl von Textvarianten. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Zum einen wird das Griechische wortgetreu mit einem lateinischen Adjektiv wiedergegeben, entweder mit arida oder inaquosa, eine etymologische Nachbildung des Griechischen; letztere ist die Lesung der jüngeren Handschriften und wurde dann auch von der Vulgata übernommen. Zum anderen wird ἄνυδρος mit dem Relativsatz quae non habent aquam oder ubi non habent aquam umschrieben; das ist die Textvariante der Zeugen, die sich um den Codex Veronensis gruppieren. In den Fragmenta Curiensia ist arida loca quae aquam non habent zu lesen, eine klare Zusammenführung beider Übersetzungen. Diese pleonastische Formulierung überliefern einige der ältesten Kirchengelehrten wie etwa die Expositio evangelii Lucae des Ambrosius mit leicht geänderter Wortstellung, loca arida. Ambrosius war ab 374 Bischof von Mailand, und es ist sehr wahrscheinlich, dass die benachbarten Bistümer – wie Vercelli – denselben Texttyp benutzten. Ein verlässlicher Hinweis auf die Schreibaktivität in Vercelli am Ende des 4. Jahrhunderts ist zudem einem berühmten Brief Ambrosius’ an die Gemeinde der norditalienischen Stadt zu entnehmen, der vermutlich im Jahre 396 entstanden ist.54 Aus dieser Schrift geht hervor, dass Eusebius einer der ersten unter den Bischöfen im Westen war, der mit seinen unterstellten Geistlichen ein strenges Klosterleben geführt hat. Die bemerkenswerten Bemühungen seiner monastischen Gemeinschaft werden von Ambrosius mit folgenden Worten beschrieben: student lectioni vel operibus continuis mentem occupant, separati a coetu mulierum, sibi ipsi invicem tutam praebent custodiam.55 Auch wenn eingewandt werden kann, dass ein funktionierendes Skriptorium in dem Brief nicht explizit erwähnt wird, ist es doch wahrscheinlich, dass in einem solchen kulturellen Umfeld, in dem der Unterricht und das Studium religiöser Texte im Vordergrund standen, zumindest einige der Texte dort produziert wurden. Jedenfalls kann man mit aller Vorsicht annehmen, dass einige für Unter-
53 Vgl. Perret, Fontes ad Historiam, 254. 54 Vgl. ausführlich Levine, Historical Evidence, 565–566. 55 PL 16, 1211B.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
richt, Studium und Liturgie notwendigen Handschriften in Vercelli angefertigt und weiter abgeschrieben wurden. Da Eusebius vor seiner Ankunft in Vercelli Lektor in Rom gewesen war, kann nicht ausgeschlossen werden, dass mehrere kalligraphische Entwürfe aus Rom nach Vercelli überführt wurden und als Vorlage dienten. Somit kann man mit einiger Sicherheit annehmen, dass Vercelli ab der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts eines der wichtigsten Zentren war, aus dem sich diese Textform des Codex Vercellensis und der Fragmenta Curiensia verbreitet hat. 1.1 Das Verhältnis zum Codex Vercellensis Wie schon dargelegt, erweist sich die Heranziehung des Codex Vercellensis als Grundlage für eine Analyse der Fragmenta Curiensia als elementar. Bei einem Vergleich zwischen den Handschriften muss man freilich die Tatsache berücksichtigen, dass der Codex Vercellensis ausgerechnet an der Stelle, wo die Fragmenta Curiensia ansetzen, in Lk 11,11, eine große Lacuna aufweist und erst ab Vers 26 weiter erhalten ist: Es handelt sich hierbei um ein verloren gegangenes Folium des Manuskriptes.56 Trotzdem lässt sich ihre Abhängigkeit mit völliger Sicherheit nachweisen: In der folgenden Tabelle werden alle Abweichungen zwischen den beiden Handschriften aufgeführt, hochgestellte Texte bezeichnen Ergänzungen einer späteren Hand:575859 Vers
a2
a
11,26 11,28
novissima illis dī beati
nobissima illi57 dei58 baeati59
56 Der Codex Vercellensis befindet sich bis heute noch in der Kathedralbibliothek der italienischen Stadt, wo er jahrhundertelang als eine Reliquie des heiligen Eusebius, des ersten Bischofs von Vercelli, für feierliche Eide und wundersame Bitten verwendet und verehrt wurde: Eusebius war angeblich im Jahr 371 als Märtyrer von Arius-Anhängern zu Tode gesteinigt worden, und ihm wird in sagenhaften Berichten aus dem 7. und 8. Jahrhundert die Abfassung des wichtigen Dokuments zugeschrieben. Diese Praxis hat zu der schnellen Abnutzung der Handschrift beigetragen, deren jetziger Konservierungszustand generell als schlecht bezeichnet werden kann. Man weiß zum Beispiel anhand einer Vita des heiligen Eusebius aus dem 17. Jahrhundert, dass mindestens eine der fehlenden Folien einer Gesandtschaft aus der Schweiz im Jahre 1515 geschenkt worden ist. Vgl. dazu insbesondere Ferrero, Sancti Eusebii Vercellensis episcopi et martyris, 20–21. 57 Herausgeber des Codex Vercellensis (Irico, Sacrosanctus Evangeliorum; Bianchini, Evangeliarium Quadruplex; Belsheim, Quatuor Evangelia; Gasquet, Codex Vercellensis) haben ohne Ausnahme bislang den Singular illi für diese Stelle gelesen. Doch neue UV-Aufnahmen des Manuskriptes können belegen, dass ursprünglich der Plural illis stattdessen im Text stand, wie eben in den Fragmenta Curiensia. 58 So auch 13,28.29. 59 Die Lesung wurde von keinem der bisherigen Herausgeber des Codex Vercellensis berücksichtigt.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
13,16 13,17 13,18 13,19 13,20 13,21 13,22 13,26 13,28
6061
iam annis adversantur illut quod illut farina mensuras tres fermentaretur totum docens et iter faciens in hyerosolymis plateis fletus oculorum regnum
11
Ø anni adversabantur illud quo Ø farina fermentaretur docens hierosolymis plataeis60 fletus regno61
Aus der Auflistung sollte ersichtlich werden, dass die Unterschiede zunächst unerheblich sind und sich in erster Linie auf phonetische und orthographische Erscheinungen oder minimale Diskrepanzen in der Kasuslehre beschränken. So ist zum Beispiel die Verwechslung zwischen „v“ und „b“ in 11,26 aufgrund des Zusammenfalls von /w/ und /b/ in der Vulgärsprache ein Kennzeichen vieler frühlateinischer Bibeltexte.62 Diese Beobachtungen können noch dadurch vertieft werden, dass die Wortstellung und Satzstruktur in den Fragmenta Curiensia und im Codex Vercellensis immer exakt gleich sind. Zudem dürfte sich die Abweichung adversantur und adversabantur in 13,17 wahrscheinlich auf einen haplographischen Abschreibfehler seitens des Kopisten der Fragmente zurückführen lassen, da die hier benutzte Präsensform in einer ansonsten weitgehend im Imperfekt gehaltenen Erzählung eher untypisch ist.63 Das genetische Verhältnis zwischen den beiden Handschriften tritt jedoch umso deutlicher an solchen Stellen hervor, wo sie genau in gleicher Weise von allen übrigen Zeugen differieren:
60 Die Abweichung plateis (a2) und plataeis (a) wurde von Wordsworth et al., Portions of the Gospel, CCXV nicht berücksichtigt 61 So auch Lk 13,29. Vgl. Wordsworth et al., Portions of the Gospel, CCXVI, der mit Ranke, Fragmenta antiquissimae evangelii Lucani versionis, 22 und anscheinend in Anlehnung an die älteren Editionen des Codex Vercellensis zwei weitere Abweichungen auflistet: In 11,27, dum (a2) versus cum (a); in 13,24, poterint (a2) versus poterunt (a). Aber sogar eine kursorische Inspektion der Handschriften zeigt deutlich, dass hier kein Unterschied zwischen ihnen festzustellen ist und beide dum und poterint lesen. Gasquet, Codex Vercellensis, 75.87 druckt die korrekten Textvarianten. 62 Z.B. Lk 11,12 (obum aur ovum rell.), 11,27 (veatus d beatus rell.) oder 13,26 (vivimus ff2 bibimus rell.). Vgl. hierzu Väänänen, Introduction au latin vulgaire, 57–58 und Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 98–99. 63 Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 514.
12
Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
Vers
Sonderlesungen von a2 und a
Textvarianten64
11,26
peiora priorum
deteriora prioribus e peior peioris q peior prioris b ff2 i peius priori l peiora prioribus rell.
11,27
levata voce
levavit vocem e c elevans vocem d extollens vocem rell.
11,28
qui ait
ipse dixit e c δ ille dixit rell.
11,29
turba conveniente
et cum turbae colligerentur e turbis congregatis d c turbis convenientibus r1 turbis concurrentibus rell.
13,17
mirificis quae fiebant ab illo
quae videbant praeclara fieri ab illo e quibus videbant mirabilibus ab eo fieri d praeclaris quae viderant fieri ab eo c praeclaris quae viderant fieri ab ipso b i ff2 q l praeclaris quae videbant ab ipso fieri r1 praeclaris virtutibus quae videbantur fieri ab eo f virtutibus quae viderant fieri ab eo μ quae fiebant ab eo g2 quae gloriose fiebant ab eo rell.
13,19
orto suo
hortum suum rell.
13,22
civitates et vicos
civitates et castella rell.
64
64 Orthographische Abweichungen und Textkorrekturen werden hier nicht angegeben. Dafür siehe den Kommentar zum entsprechenden Vers.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
13,23
salvi futuri sunt
salventur e aur salvi fiunt c b f q l r1 salvi fiant ff2 i salvantur rell.
13,24
nec poterint
et non invenient d et non potuerunt c q au rar et non poterint l et non poterunt rell.
13,28
proici foris
excludimini foras e eici foras d excludi foris r1 expelli vel expulsandos foras δ expelli foras rell.
13,30
fuerunt novissimi
erant novissimi e p aur ar μ g2 erunt novissimi rell.
13,31
eadem die
ipsa die l in ipsa hora d in illa die gat in ipsa die rell. exi et vade rell. quia rell.
discede et vade quoniam 13,32
ipse autem dixit eis
euntes indicate
13,33
sed oportet in futurum
13
ille autem dixit illis e et dixit illis d et ait illis rell. euntes dicite δ abeuntes dicite d ite et dicite e f i r1 μ g2 gat ite dicite rell. verumtamen oportet rell. ventura d sequenti rell.
Diese Auflistung könnte darüber hinaus fortgesetzt werden, wenn man zudem die Wortstellung, die Satzstruktur, den Pronominalgebrauch und weitere Feinheiten der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis berücksichtigt. Beide Handschriften lesen in Lk 11,27 beispielsweise dum diceret haec ipse, wofür die Mehrheit der übrigen Zeugen cum haec diceret bietet. Daneben tradieren die beiden Handschriften extravagant qui dixit mit einem relativischen Anschluss in Lk 13,23
14
Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
statt der gewöhnlicheren Variante mit dem Personalpronomen ille (e d) beziehungsweise ipse (rell.), ferner auch in 13,32, wo sie die tertia überliefern, während die anderen Manuskripte entweder zwischen tertia die (b f q r1 p aur ar gat), sequenti die (c) und tertio die (e g1) schwanken oder einfach das Substantivs entfallen lassen (d ff2 i l δ).65 An dieser Stelle ist zur weiteren Vertiefung auf den Kommentar in Kapitel IV zu verweisen. Die Verwandtschaft zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis wird freilich umso deutlicher, wenn man diejenigen Textbelege einbezieht, die lediglich von diesen beiden Handschriften bezeugt werden, während mehrheitlich alle weiteren Zeugen – die griechische Tradition eingeschlossen – übereinstimmend andere Lesarten bieten. Die Auslassungen in Lk 13,21.22 (σάτα τρία, ὅλον und καὶ πορείαν ποιούμενος εἰς) sind schon früh aufgefallen und durch interlineare Korrekturen in den Fragmenten ergänzt worden (mensuras tres, totum und et iter faciens in).66 Die Auslassungen in Lk 13,24.25 wiederum scheinen den späteren Revisoren unterlaufen zu sein und es ist, ohne dass diese verbessert worden wären, derselbe Text im Codex Vercellensis zu lesen: Für ἀγωνίζεσθε εἰσελθεῖν, den bloßen Imperativ intrate, wohingegen die anderen Handschriften eine direkte Übersetzung mit contendite intrare aufzuweisen haben, mit den alternativen Textvarianten elaborate introire (e), certamini introire (d) und certate vel contendite intrare (δ);67 für ἔξω ἑστάναι καὶ κρούειν τὴν θύραν λέγοντες einfach foris stare dicentes, während die Mehrheit der Zeugen eher wortwörtlich mit et pulsare ostium übersetzen.68 Aus diesen Übereinstimmungen lässt sich vermuten, dass die Handschriften aus einem Stamm herzuleiten sind: Man kann annehmen, dass ihnen entweder eine Handschrift oder aber eine Abhängigkeit der beiden Handschriften zugrunde liegt, also die Fragmenta Curiensia als Abschrift des Codex Vercellensis fungieren oder umgekehrt. Sollten unsere Beobachtungen an dieser Stelle richtig sein, so ist es angemessen, zur Ergänzung der beschädigten Stellen der Fragmente den Text des Codex Vercellensis heranzuziehen sowie umgekehrt für die großen Lücken des Codex Vercellensis, insbesondere für das fehlende Folium, das 11,11–26 enthielt, die Fragmenta zugrunde zu legen. Der Vergleich beider Handschriften zeigt eines: Sie sind nahezu identisch:
65 Vgl. unten Kommentar zu dem Vers, 217–221. 66 Vgl. unten Kommentar zu dem Vers, 178–185. 67 Vgl. unten Kommentar zu dem Vers, 188–198. 68 Sowohl die zwei langen Textergänzungen in Lk 11,14 (interlinear) und 11,15 (unterhalb des Schriftraums) als auch die Korrektur oculorum nach fletus in 13,28 müssen separat behandelt werden, da sie im Gegensatz zu den bereits erwähnten Auslassungen in fast keinem der anderen Zeugen belegt sind. Vgl. unten Kommentar zu den Versen, 80–94, 203–207.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
Vers
Sonderlesungen von a2 in 11,11–26 (wahrscheinlich auch von a)
Textvarianten69
11,13
bona data
bona ar μ bonum datum d c b ff2 i l r1 spiritum sanctum f q spiritum sanctum vel bonum δ spiritum bonum rell.
11,14
et factum est
et erat rell.
11,18
super satanan
super se d adversus se ipsum r1 in semet ipsum q aur in se ipsum rell. quia rell.
quoniam 11,20
certe anticipavit
forsitam adproprinquavit d profecto praevenit f r1 ar μ praevenit b utique praevenit q profecto provenit ff2 i profecto pervenit rell.
11,21
cum quis fortis et armatus
quando fortis armatus d c et cum fortis armatus l cum autem fortis armatus gat cum fortis armatus rell. fuerit custodire c custodiat r1 custodit rell.
tueatur
11,22
quod si
si autem rell.
11,24
circuit
vadit d ambulat b f ar perambulat rell.
15
arida loca quae aquam non habent arida loca d 69
69 Orthographische Abweichungen und Textkorrekturen werden nicht hier angegeben. Dafür siehe den Kommentar zum entsprechenden Vers.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
loca arida c f q loca quae non habent aquam b ff2 l r1 loca ubi non habent aquam i inaquosa loca δ loca inaquosa rell. 11,25
commundatam et ornatam
emundatam et conpositam e mundatum adornatum d scopis mundatam et compositam c scopis mundatam et ornatam b f ff2 i q δ r1 μ g2 gat scopis mundatam rell.
Die Tabelle zeigt eindrücklich die Nähe zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis. Sie wird nicht nur in der Wortwahl und in der gleichen Satzstruktur offensichtlich, sondern vor allem in der Auslassung mehrerer Lesarten, die sonst durch alle anderen Zeugen des frühlateinischen Evangelientextes tradiert werden. Die wenigen Unterschiede, die sich in der Regel lediglich auf Abweichungen in der Orthographie und in der Kasuslehre beschränken, sind nicht signifikant oder lassen sich auf mögliche Abschreibfehler des Kopisten zurückführen.
1.2 Paläographische und kodikologische Zuordnung In den Fragmenta Curiensia finden sich mindestens zwei Schriftarten. Bei der Anlagehand handelt es sich um eine Unziale, die gemessen an Präzision und Sorgfalt der Ausführung von einem erfahrenen Schreiber stammen muss. Dabei sind alle charakteristischen Eigenschaften einer Unzialhandschrift festzustellen:70 Der Text ist ohne Unterschied zwischen Majuskeln und Minuskeln linksbündig und fortlaufend (scriptio continua) geschrieben, das Zweiliniensystem wird minimal gestört, mit den Ausnahmen von F, P, Q und R, häufig auch A, G, I und N, die den mittleren Schriftraum nach unten überschreiten, und D, H und L, die hingegen die obere Grenze durchbrechen. Zudem ist ein scharfer Kontrast zwischen den Strichstärken zu beobachten, sodass der gleichmäßige Wechsel von Haar- und Schattenstrichen unmittelbar ins Auge fällt. Die regulären Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben werden außerdem nur selten durch Spatien (fol. 1ra, Z. 5: scorpionem und si; fol. 2rb, Z. 2: illut und simile; fol. 2va, Z. 4: sitis und tunc; fol. 2vb, Z. 5: novissimi und eadem; 70 Vgl. Cherubini, Pratesi, Paleografia latina, 88–90. Siehe zum Folgenden Steffens, Lateinische Paläographie, V–VI, der die lateinische Unzialschrift erstmals konzise beschrieben hat. Siehe zudem das Standardwerk von Bischoff, Paläographie, 91–99. Für die Entwicklung der Unzialschrift, vgl. Tjäder, „Der Ursprung der Unzialschrift“.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
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Z. 23 hierusalem und hierusalem) oder weitere Interpunktion (fol. 1vb, Z. 13: Mittelpunkt zwischen priorum und factum) unterbrochen, die die Sinneinheiten des Textes graphisch darstellen. Hinsichtlich der Textgliederung lässt sich darüber hinaus lediglich ein geringes Hervortreten unverzierter Initialen (litterae notabiliores) feststellen, die den Beginn jedes neuen Kapitels (capitula) anzeigen.71 Signifikant für die ältesten Unzialhandschriften ist zudem die sporadische Verwendung von Abbreviaturen, die sich auf die Kennzeichnung der Nasalkonsonanten /m/ und /n/ am Zeilenende durch Querstriche mit einem daruntergesetzten Punkt (fol. 1ra, Z. 2/3: nu-/quid; fol. 2vb, Z. 6: quida-; Z. 20: no-; Z. 21: propheta-) oder auf die Nomina sacra beschränkt, denen dann meistens ein Mittelpunkt folgt (fol. 1va, Z. 1: di.; fol. 1vb, Z. 22: di.; fol. 2ra, Z. 14: di.; fol. 2rb, Z. 12: dme.; fol. 2va, Z. 1: dme.; Z. 19: di.; fol. 2vb, Z. 1: di.; aber fol. 2rb, Z. 1: dei): Dabei fällt die Abkürzung dme. statt dne. auf. Aus Platzmangel finden sich häufiger Ligaturen am Zeilenende, wie etwa ein „ae“-Nexus (fol. 1ra, Z. 24: signum quae; fol. 2ra, Z. 11: mirificis quae), ein „ns“-Nexus (fol. 2rb, Z. 9: vicos docens), ein „nt“-Nexus (fol. 1vb, Z. 10: et fiunt; fol. 2vb, Z.1–2: ecce sunt und qui erunt), ein „ut“-Nexus (fol. 2ra, Z. 15: adsimilabo illut) und ein „unt“-Nexus (fol. 2rb, Z. 13: futuri sunt). Wie in den ältesten Unzialhandschriften des NT, fehlt zudem der Eusebische Kanon. Die Einzelbuchstaben von der Anlagehand der Fragmenta Curiensia können folgendermaßen beschrieben werden:
A zeichnet sich am linken und rechten Fuß durch einen feinen und langen Strich (einen Schatten- und einen Haarstrich) aus, die zusammen einen markanten spitzen Winkel bilden; dieser wird nicht selten durch den quer verlaufenden Haarstrich weit unter die Zeile geführt.
B ist im Gegensatz zur älteren römischen Kursivschrift zweistöckig: Der obere Bogen ist wesentlich kleiner und weniger ausgeprägt als der untere; bei den beiden Rundungen ergeben sich fließende Übergänge zwischen Schatten- und Haarstrich. C, E und G haben fast die gleiche Grundform und unterscheiden sich lediglich durch ergänzende Haarstriche bei E und G voneinander.
71 Vgl. Parkes, Pause and Effect, 161.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
D hat eine runde, bauchige Form und ist aufgrund des gebogenen Schafts einem kursiven griechischen Delta ähnlich; die Oberlinie wird an wenigen Stellen gerade ausgeführt, gleichwohl wird die Spitze oft von unten nach oben ausgeführt, manchmal sogar noch zusätzlich mit einer Einrundung: Dieser „hakenartige“ Ansatz links ist charakteristisch für die Anlagehand der Fragmenta Curiensia und kommt in weiteren zeitgenössischen Handschriften nicht vor.
Bei E zeigt sich der Grundstrich vollkommen gerundet, sodass die komplementären Querstriche fehlen: Der Buchstabe ähnelt daher stark einem unzialen griechischen Epsilon; der Mittelstrich ist ein Haarstrich und reicht in der Regel über den Ansatz oben rechts hinaus, häufig dennoch auch über das Ende unten links.
F ist sehr schmal und geht unter die Grundlinie; man erkennt nur die Ansätze zweier Querstriche – oben als Deckbalken, mittig als Mittelstrich –, die wegen der äußerst kurzen Ausführung kaum sichtbar sind. G durchbricht mit seiner als langer Haarstrich ausgeführten Cauda die Grundlinie; diese zeigt sich manchmal so fein, dass man sie wegen des Verblassens der Tinte im Pergament kaum noch richtig erkennen kann.
H durchbricht mit dem Grundstrich die obere Linie; der gerundete Schenkel rechts ist ungefähr halbhoch und fügt sich in den vertikalen Schaft mit einem Haarstrich ein.
I besteht aus einem einzigen vertikalen Strich und endet unten in einem Haarstrich nach links; im Gegensatz zu F durchbricht aber der Buchstabe nur gelegentlich die Grundlinie.
L nimmt wie F und I einen sehr kleinen Raum ein; der Buchstabe ragt immer über die obere Linie heraus und endet in einem feinen, nicht selten kaum zu erkennenden Bogen- oder Querstrich direkt auf der Grundlinie.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
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M in der jüngeren Schreibweise ist auffällig breit ausgeführt und hat einen vertikalen linken Schaft, gefolgt von zwei Winkeln, für die der Schreiber mehrmals ansetzt. Mehrheitlich findet sich indes eine ältere Schreibweise, die deutlich gerundet ist und mit einem stark nach innen gebogen Winkel (also ohne Neuansatz) endet: Diese ältere Schreibeweise des Buchstabens M zeigt große Übereinstimmungen mit dem Schriftbild des Codex Vercellensis.72 N zeichnet sich durch zwei kräftig ausgeführte senkrechte und einen Diagonalstrich aus, der oben leicht gerundet ist. Der linke Schaft endet oftmals als Haarstrich, der die untere Linie durchbricht.
O ist beinahe rund, in die Breite ausgeführt, aber zweimal angesetzt.
P hat einen langen senkrechten Schaft, der die untere Linie durchbricht; der Bogen ist etwas kleiner als im R und endet immer mit einem so feinen Haarstrich, dass er schließlich fast offenbleibt.
Q ist minuskelartig und hat häufig eine sehr lange, senkrechte Cauda rechts; diese endet in einem angedeuteten Bogen unter der Linie; der Bauch links füllt fast den ganzen Raum zwischen beiden Linien aus.
R hat einen langen senkrechten Schaft, die weit unter die Grundlinie nach links ausläuft; der Bogen des Buchstabens zeigt sich als eine sehr ausgeprägte Rundung, die ungefähr bis zur Mitte des Schaftes reicht und durch Wechsel von Haar- und Schattenstrichen in den rechten Schenkel flüssig übergeht.
72
72 Diese Variante findet sich in den fol. 1ra und 1va häufig, in den fol. 2ra und 2va nochmals durchgängiger.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
S ist schmal, dafür langgestreckt und mündet links in einen feinen Haarstrich.
T hat ungefähr die Grundform eines griechischen Taus; der Buchstabe weist einen leicht geschwungenen Deckbalken auf, der in einem feinen Haarstrich endet und rechts nur minimal über den Schaft hinausreicht.
U/V hat einen stark gebogenen Schaftstrich, der unten gerundet ist und in einem Haarstrich endet; der zweite Schaft ist gerade.
X besteht aus einem Schattenstrich nach rechts und einem Haarstrich nach links, der sich oben am Ansatz leicht gebogen zeigt; beide Striche bleiben gänzlich zwischen den Linien. Z kommt nur an zwei verblassten beziehungsweise beschädigten Stellen vor; es scheint aus zwei parallelen feinen Strichen bestanden zu haben, die dann mittig durch einen Schattenstrich miteinander verbunden werden.
Diese paläographischen und kodikologischen Eigenschaften charakterisieren die Schrift der Fragmenta Curiensia als eine „old style“-Unziale.73 Das lässt sich vorwiegend an der breiten Ausführung der Buchstaben M, N und U erkennen, während F, L, P, S und T im Verhältnis wesentlich schmaler ausfallen.74 Somit datiert Ranke die Handschrift an den Anfang des 5. Jahrhunderts und sieht Ähnlichkeiten zum Codex Veronensis, aber vor allem zu den Konstanz-Weingartner-Fragmenten, die Textausschnitte aus den Prophetenbüchern in einer frühlateinischen Übersetzung des Alten Testaments enthalten und die ebenfalls von Ranke 1868 als Codex Weingartensis herausgegeben wurden.75 Auch wenn seine Beobachtungen auf die paläographischen Merkmale der drei Manuskripte zutreffen mögen, gibt es vor allem hinsichtlich der Seitengestaltung einige wichtige Unterschiede zwischen den Handschriften: Der Codex Veronensis enthält statt 24 Zeilen pro Kolumne nur 18, der Codex Weingartensis 23; der Text des Letztgenannten ist aber in drei Spalten pro Seite angeordnet und steht somit im Gegensatz zu den zwei Spalten in den Fragmenta Curiensia. Zudem ist eine Eigentümlichkeit in der Paläographie des Codex Veronensis zu finden, nämlich 73 Cherubini, Pratesi, Paleografia latina, 93. 74 Cherubini, Pratesi, Paleografia latina, 94. 75 Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 516.
1 Die Herkunft der Fragmenta Curiensia
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das sporadische Auftreten von Buchstaben in Capitalis quadrata neben den gewöhnlichen runden Unzialen.76
Bild 1: Stelle aus dem Vaterunser in b,4 mit einer typischen Capitalis quadrata am Ende der ersten Zeile.
Dieselbe Einrichtung der Blätter ist auch im Codex Vercellensis zu finden. Freilich wirkt die Schrift hier weniger schmal und flüssig als in den Fragmenta Curiensia: Die Querstriche von e und f fallen eindeutig dicker aus, der Schaftansatz von a und n oder der Deckbalken von t sind vergleichsweise stark geschwungen, die Bögen von p und r wiederum kleiner. Der Wechsel von Haar- und Schattenstrichen zeigt sich außerdem nicht so deutlich, und der Satzspiegel ist wesentlich kleiner proportioniert. Doch die Textdisposition ist mit derjenigen der Handschrift aus Chur vergleichbar, wonach der Text in 24 Zeilen und zwei Spalten je Blatt angeordnet ist. Auch die Initialen zeigen ein lediglich leichtes Hervortreten links über den Schriftraum, größer als im Codex Veronensis, jedoch deutlich schmaler als in den Konstanz-Weingartner-Fragmenten. Wenn man also einen Kompromiss zwischen Rankes paläographischen Bemerkungen und den Einwänden bezüglich der Einrichtung der Manuskripte suchen möchte, die auf eine etwas ältere Praxis der Kopisten deuten können, muss den Fragmenta Curiensia die Stellung einer Übergangsform zugeschrieben werden, sodass eine frühere Datierung ins 4. Jahrhundert in Betracht gezogen werden kann.77 In Bezug auf die paläographische Zuordnung der Tintenglossen auf den Fragmenta Curiensia herrscht eine gewisse Uneinigkeit in der Forschung. Sie wurden in einer deutlich kleineren Unziale ausgeführt und in brauner Tinte geschrieben. Die Schrift wirkt insgesamt etwas grober, und ein Wechsel von Haar- und Schattenstrichen
76 Vgl. Buchanan, „The Codex Veronensis“, 121: „A curious feature in the paleography of b is the sporadic occurrence of square capitals side by side with the ordinary round uncials. The scribe, there is reason to believe, had before him a copy written in square uncials. At the end of a line, when pressed for space, he not unfrequently employs E for E, V for U, M for M. The Roman D and Q, as well as A and H, are also found occasionally, and have the same shape and angulation as the letters found inscribed on Roman stones of the third century.“ 77 Vgl. Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 31.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
lässt sich nicht feststellen. Zum einen werden zur Verbesserung augenfälliger Abschreibfehler einige Buchstaben über die Zeile eingefügt: fol. 1ra, Z. 7: [su]pervens zu [su]perveniens; fol. 1ra, Z. 19: crevit zu circuit. Daneben sind zusätzlich Wörter und Wortgruppen zum Text ergänzt worden: fol. 2rb, Z. 6: mensuras tres nach farina; fol. 2rb, Z. 7: totum nach fermentaretur; fol. 2rb, Z. 10: et iter faciens in nach docens; fol. 2va, Z. 13: oculorum nach fletus. Zum anderen handelt es sich um zwei wesentlich längere Abschnitte aus dem Bibeltext, die sonst in keinem der anderen alten Zeugen für die vorliegenden Lukas-Verse belegt werden können: fol. 1ra, Z. 11: haec cum dixisset offerebant illi unum daemoniacum nach (peten)tibus se; fol. 1ra, Z. 23: ille autem respondit et dixit/quo modo potest satanas/satanan expellere nach (daemo)nia; diese dreizeilige Einfügung steht unterhalb des Schriftraums mit entsprechendem Verweiszeichen. Ranke vertritt die Auffassung, dass diese Textkorrekturen zum Teil aus der Anlagehand selbst stammen.78 So verweist er beispielsweise auf das Wort totum im LkEv, das so sorgsam eingetragen worden sei und der Hauptschrift des Manuskriptes so sehr ähnele, dass er sie als einen Nachtrag des Kopisten charakterisiert.79 Dagegen seien die übrigen Einfügungen zwar offensichtlich ebenfalls bereits in einer frühen Zeit eingezeichnet worden, aber doch von einer weniger geschickten Hand. Das beweise zumindest die Ergänzung mensuras tres, die ohne Rücksicht auf die Vorgaben der Grammatik vorgenommen wurde.80 Gamper et al. wiederum schreiben alle Tintenglossen in den Fragmenta Curiensia einer einzigen Ergänzungshand zu und datieren die Schrift demnach als eine spätere Unziale in das 6. oder 7. Jahrhundert.81 Die Unterschiede zur Anlagehand liegen sowohl in der Strichstärke als auch in der Form einzelner Buchstaben. So besitze beispielsweise das zweite L bei doppeltem L einen horizontalen Strich auf der Grundlinie, U einen markanten Ansatz links oben, F zwei etwa gleich lange Querstriche und T einen gewellten Deckstrich. Gampers Beobachtungen lassen sich sicherlich erweitern: Die Bögen des B sind fast gleich groß und das D ist stark gerundet. Entscheidend sind wohl aber der linke Schaft von M, der keineswegs gerade ausgeführt wird, sowie die prägnante Unterlänge von T nach rechts. Wenn man auch diese letzten Abweichungen berücksichtigt, kommt man zu dem Schluss, dass das Wort totum nicht notwendigerweise als Ergänzung des Kopisten betrachtet werden muss. Die von Ranke angesprochene Sorgfalt der Schriftzüge an dieser Stelle, die schließlich auf die Strichstärke zurückgeführt werden könne, hängt also mit großer Wahrscheinlichkeit viel mehr vom verfügbaren Platz, der über einer Zeile oder am Zeilenende zu finden ist, ab. Somit scheint es berechtigt, der Anlagehand keine der Textkorrekturen in den Fragmenta Curiensia
78 Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 516. 79 Vgl. unten Kommentar, 43, 178–181. 80 Vgl. unten Kommentar, 180–181. 81 Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 34.
2 Das Verhältnis zu den Fragmenta Sangallensia
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zuzuweisen: Sie stammen ohne Ausnahme von einer späteren Hand, die nicht nur den Text korrigiert, sondern den Text auch um sehr umfangreiche Phrasen ergänzt.
Bild 2: Ergänzungen fol. 2rb mit charakteristischer Ausführung der Buchstaben M und T.
2 Das Verhältnis zu den Fragmenta Sangallensia Die Fragmenta Sangallensia (n,o) wurden nach über Jahre andauernder Forschungsund Sammeltätigkeit in der Stiftsbibliothek St. Gallen bereits 1822 von Ildefons von Arx und Johann Nepomuk Hauntinger zusammengetragen und ausführlich untersucht.82 Es handelt sich um 17 mehr oder weniger bruchstückhafte Pergamentblätter, die Textausschnitte aus den Evangelien nach Matthäus und Markus in einer frühlateinischen Übersetzung enthalten und die ebenso wie die Fragmenta Curiensia aus Einbänden herausgelöst worden sind. Auch von Arx verglich die neuen Zeugen mit dem Codex Vercellensis, erstellte daraus einen Apparat mit den wichtigsten Abweichungen zwischen den beiden Manuskripten, beschrieb die Schrift, die er schwankend ins 5. oder 6. Jahrhundert datierte, und fertigte weitere Kommentare zur Sprache und Diktion an. Neben diesen detailreichen Anmerkungen, die auf Papierblättern eingetragen wurden, die er zwischen die Einzelblätter der Fragmente eingebunden hatte, errechnete von Arx aufgrund der Lagensignatur XXVII auf Cod. Sang. 1394, S. 86 (Mk 15,41) den ursprünglichen Umfang des vollständigen Manuskriptes und stellte dabei auch fest, dass das Evangelium nach Markus an dessen Ende gestanden haben muss.83 Schon am Ende des 19. Jahrhunderts zog Pierre Batiffol die Möglichkeit in Erwägung, dass die Fragmenta Sangallensia und Curiensia ursprünglich lediglich zu einem Manuskript mit den vier Evangelien gehört haben könnten. Der französische Gelehrte und Geistliche edierte zuerst die beiden Doppelblätter aus Chur, die er übrigens – parum consulte, wie Henry Julian White es formuliert hat84 – mit der Sigle p kennzeichnete, samt den Bruchstücken der Vadianischen Sammlung mit
82 Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 19. 83 Zu der Einrichtung der Seiten siehe ausführlich Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 30–31. Ferner Scherrer, Verzeichnis der Handschriften der Stiftsbibliothek zu St. Gallen. 84 Wordsworth et al., Portions of the Gospel, 80.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
Textausschnitten aus dem Evangelium nach Johannes,85 und im folgenden Jahr die Fragmente der Stiftsbibliothek.86 Die Annahme einer Zusammengehörigkeit der nun an verschiedenen Orten aufbewahrten Handschriften beruht insbesondere auf den zahlreichen Übereinstimmungen in Sprache, Schrift, Texteinrichtung und Zeilenzahl: In beiden Fällen handelt es sich um eine frühlateinische Bibelübersetzung; der Text ist in Unziale geschrieben und eindeutig in Abschnitte unterteilt, die jeweils auf einer neuen Zeile mit Anfangsbuchstaben von circa doppelter Größe einsetzen, die wiederum teilweise links über die Begrenzungslinie hinausreichen; jede Spalte ist außerdem für 24 Schriftzeilen eingerichtet. Die Fragmente Curiensia und Sangallensia weisen darüber hinaus wenige Abkürzungen auf, wenn man mal von den Nomina sacra und den gewöhnlichen Nasalstrichen oder den ausschließlich am Zeilenende vorkommenden Nexus absieht. In seiner Rezension einer neu publizierten Arbeit über die Fragmenta Sangallensia und Curiensia von John Wordsworth meinte 1889 der deutsche Philologe und Gymnasiallehrer Peter Corssen, den Beweis für die Zusammengehörigkeit der verstreuten Pergamentblätter „bis zur unumstößlichen Sicherheit“87 gefunden zu haben. Die Argumentation stützt sich grundsätzlich auf die Quaternionenbezeichnungen, die sowohl in der Handschrift aus Chur als auch in denen der Stiftsbibliothek von St. Gallen an je einer Stelle auf dem unteren Blattrand rechts erhalten sind. Wie von Arx bereits für die Fragmenta Sangallensia hatte Ranke nämlich anhand der Lagensignatur XVIII festgestellt, dass das Matthäusevangelium und das Johannesevangelium den Evangelien nach Markus und Lukas in den Fragmenta Curiensia vorangegangen sein müssten. Diese Lagensignatur glaubte man mit Hilfe chemischer Zusätze (Schwefelammonium) sichtbar gemacht zu haben. Zudem vermutete Ranke, dass die verlorene Handschrift aus 27 Quaternionen bestand.88 Corssen zufolge müsste man nun lediglich die Lagensignatur XVIII, die der Lagensignatur der Fragmenta Curiensia entspreche und bei Lk 13,34 zum Stehen komme, und die Lagensignatur XXVII, die sich in den Fragmenta Sangallensia bei Mk 15,41 finden lasse, zueinander in Beziehung setzen: In beiden Fällen entspricht ein Folio des Manuskripts durchschnittlich 26 Zeilen von Tischendorfs Edition des Codex Amiatinus, eines der ältesten Zeugen für die Vulgata. Von Lk 13,34, wo die Fragmenta Curiensia enden, bis zum Schluss des Evangeliums (Mk 15,41) zählt man 1655 Zeilen im Codex Amiatinus. Dazu rechnet Corssen noch etwa 45 Zeilen für die Unterschrift von Lukas und die Überschrift von Markus, sodass er auf insgesamt 1700 Zeilen kommt. Nimmt man an, dass der Quaternio vermutlich aus acht Blättern bestanden hat, kommt man auf 208 Zeilen pro Lage und somit auf acht Lagen. Die Differenz zwischen XVIII und XXVII beträgt indes neun. Bislang hat man in der Argumentation die Lagensignatur XVIII auf den Fragmenta Curiensia zugrunde 85 Batiffol, Note sur un évangéliaire de Saint-Gall. 86 Batiffol, „Fragmenta Sangallensia“, 315–321. 87 Corssen, „J. Wordsworth et al., Portions of the Gospel“, 317. 88 Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 519.
2 Das Verhältnis zu den Fragmenta Sangallensia
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gelegt. Doch schon White hatte vermutet, ohne für die Lesung eine Begründung vorzubringen, es habe stattdessen die Zahl XVIIII dagestanden. Nach Corssen lässt sich sogar diese Zahl wiederum mathematisch beweisen: Die Evangelien nach Matthäus, Johannes und Lukas zählen bis Kapitel 13,34 3899 Zeilen im Codex Amiatinus, dazu müssen etwa 110 Zeilen für den Anfang und Schluss des Matthäus und Johannes und den Anfang des Lukas berücksichtigt werden, was sich auf 4009 Zeilen beläuft. Das ergibt ungefähr die Zahl XVIIII. Bewiesen werden soll mit diesen Lagensignaturen letztlich nur eines: Die Zusammengehörigkeit der Handschriften.
Bild 3: Lagensignatur in den Fragmenta Sangallensia: XXVII (Cod. Sang. 1394, 86b).
Bild 4: Lagensignatur in den Fragmenta Curiensia (fol. 2vb).
Auf den ersten Blick sind die Gemeinsamkeiten zwischen den Fragmenta Sangallensia und den Fragmenta Curiensia demnach bestechend: Auch die jüngste Edition von 2012 durch Gamper, Lenz und Nievergelt et al. deutet die Fragmenta Curiensia als Teil der Sangallensia; über eventuelle mangelnde Übereinstimmung erfährt man jedenfalls nichts. Doch so eindeutig wie uns die Gelehrten Glauben machen wollen, ist die Ausgangslage nicht. So hat bereits White Probleme in dieser These gesehen und mehrere
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
Inkongruenzen zwischen den Handschriften hervorgehoben, sodass „it seems hard to believe that their originals belonged to the same MS“.89 Nach seinen Ausrichtungen auf ein Maß ist der obere Rand in den Blättern aus Chur breiter als in den Fragmenten aus St. Gallen, während die Kolumnen wiederum bis zu 1,3 cm kürzer sind. Dementsprechend sind auch die Buchstaben durchschnittlich kleiner, genauso wie die Abstände zwischen den Buchstaben. Diese unterschiedlichen Ausmaße nähren nach White eher den Verdacht, dass die Handschrift, zu der die Fragmenta Sangallensia gehört haben, ein größeres Format hatte; das gilt selbst dann, wenn man einräumt, dass sie wegen der Schrift und Texteinrichtung gleich alt sind und demselben Skriptorium entstammten. Somit kommt White zu dem Ergebnis, dass die Fragmenta Curiensia nicht zu den Sangallensia gehört haben. Demnach halten wir fest, dass einige dieser Aspekte größere Zurückhaltung vor einer voreiligen Konstatierung einer Übereinstimmung zwischen den beiden Handschriften fordern. Auffallend ist zunächst die Größe des Buchblocks: Für die Fragmenta Sangallensia kann man nachweisen, dass der Buchblock 31–31,5 cm hoch und 24–24,5 cm breit war. Das obere Stück der Fragmenta Curiensia ist 14,8–15 cm hoch und 41,8–42,8 cm breit, das untere Stück ist 14,9–15,1 cm hoch und 39–40,2 cm breit, was zusammen eine Höhe von 29 cm und eine Breite von 39–42,8 cm ergibt. Ein ähnlicher Befund liegt hinsichtlich der Höhe der Kolumnen vor: Für die Fragmenta Sangallensia variiert die Höhe zwischen 21,5 cm und 22 cm,90 in den Fragmenta Curiensia beträgt sie maximal 20,5 cm. So stimmen die Ausmaße des Buchblocks und der Kolumnen der Fragmenta Sangallensia nicht zwangsläufig mit denen der Fragmenta Curiensia überein, und das Format des ursprünglichen Manuskriptes aus Chur mag kleiner gewesen sein, wie auch schon White anmerkte.91 Ein weiterer Einwand betrifft die Einrichtung der Blätter der Fragmenta Sangallensia. Der Text ist durch Blindlinierung in zwei Spalten geteilt, die in der Regel etwa 1 cm über den Schriftraum hinausreichen. Die waagerechten Linien belegen für die Fragmenta Sangallensia eine oberste und unterste durchgezogene Linie. Eine erste Ausnahme bildet Cod. Sang. 1394 65 f., wo eine Linierung durch einen Griffel erkennbar ist.92 Eine zweite Ausnahme bilden die Fragmenta Curiensia, bei denen sich zwar eine oberste durchgezogene Linie belegen lässt; die unterste ist indes nicht erkennbar. Die Argumentation einer unterschiedlichen Textdisposition lässt sich noch dadurch vertiefen, dass der Abstand zwischen den zwei Textspalten um einige Millimeter abweicht: Der Zwischenspiegel ist in den Fragmenta Sangallensia durchschnittlich 2,4–2,8 cm breit, während dieser in den Fragmenta Curiensia konstant 2,6 cm beträgt.
89 Wordsworth et al., Portions of the Gospel, XXXVI. 90 Cod. Sang. 1394, S. 80. 91 Wordsworth et al., Portions of the Gospel, XXXVII. 92 Eine Blindlinierung durch Einritzung findet sich etwa auf den S. 80, 82, eine Blindlinierung anhand eines Stifts auf S. 81, 85, 86, 88 u. ö.
2 Das Verhältnis zu den Fragmenta Sangallensia
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Aber auch einige der Schriftzüge lassen auf paläographische Diskrepanzen zwischen den Fragmenta Sangallensia und Curiensia schließen. Freilich sind die Gemeinsamkeiten nicht zu übersehen. Doch breitere Buchstaben wie A, D, M oder N scheinen in den Handschriften aus Chur schmaler auszufallen. Und in der Tat bestätigen die Messungen an den Pergamentblättern diesen Eindruck, da die Buchstaben im Lukasevangelium durchschnittlich bis zu 1 mm schmaler sind, auch wenn ihre Höhen in der Regel fast gleich ausfallen: Während sie in den Fragmenta Sangallensia zwischen 0,4–0,5 cm variieren, sind die Buchstaben in den Fragmenta Curiensia mit 0,4 cm konstant. Somit sind insbesondere die Proportionen der Buchstaben sehr verschieden. Die Spatia betragen in den Fragmenta Sangallensia zwischen 1,00 und 1,5 cm, bei den Fragmenta Curiensia hingegen etwa 0,6 cm. Demnach können die Maße erklären, warum der Text in den Fragmenta Sangallensia schon auf den ersten Blick weniger komprimiert wirkt als in den Fragmenta Curiensia. Breite der Buchstaben in den Fragmenta Sangallensia und Curiensia n,o
a2
A
5–7 mm
4–6 mm
B
4 mm
3,5 mm
D
5 mm
4 mm
H
4,5 mm
4 mm
M
10 mm
8–9 mm
N
5 mm
6 mm
O
5–6 mm
5 mm
P
3 mm
2–3 mm
Bild 5: piscem in a2 (fol. 1ra) und n (p. 52), maßstabgetreu.
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Kapitel II a2 im Lichte der lateinischen Übersetzungen
Bild 6: Initialen am Anfang eines Absatzes, maßstabgetreu.
Des Weiteren sei noch auf die Kopftitel verwiesen: Diese sind auf die gleiche Art und Weise oben auf dem Blatt zentriert, sodass auf der linken Seite jeweils in kleineren Buchstaben secund · steht, auf der rechten Seite dann matthaeum, iohannen und marcum in den Fragmenta Sangallensia, lucan · in den Fragmenta Curiensia. Wenn man also eine Zusammengehörigkeit der Manuskripte zugrunde legt, zeigt die Anlegung dieser Kopftitel keine Regelmäßigkeit auf, denn fraglich ist doch, warum für Lukas nicht ebenfalls der vollständige Name des Evangelisten gewählt wurde, etwa lucanum. Das scheint in anderen Unzialhandschriften üblich zu sein, wie zum Beispiel im Codex Vercellensis oder Corbeiensis secundus; eine Ausnahme bildet lediglich der Codex Veronensis.93
Bild 7: Kopftitel in a2 (fol.1), a (p. 371) and n (p. 79).
Auch Corssens Argument, dass die Lagenbezeichnungen in den Fragmenta Sangallensia und Curiensia mit den jeweils aufgrund der Zeilenzahl errechneten Positionen in der rekonstruierten Handschrift übereinstimmen, verdient kritische Beachtung. Besonders problematisch ist die Tatsache, dass die Signatur selbst nicht lesbar ist. Durch die chemische Behandlung mit Schwefelammonium ist die Signatur nahezu unleserlich. Jedenfalls lässt sich die Zahl XVIII auch mikroskopisch nicht mehr erweisen. Darüber hinaus sind Corssens Berechnungen offensichtlich sehr approximativ, sodass wohl auch vorstellbar ist, dass mehrere, nicht erhaltene Manuskripte der Evangelien, deren Text ebenfalls in der westlichen Reihenfolge angeordnet war, annähernd gleiche Lagensignaturen aufwiesen, insbesondere wenn sie in demselben Skriptorium gefertigt und von derselben Vorlage abgeschrieben worden sind. Corssen 93 Vgl. dazu ausführlich Gathercole, „The Titles of the Gospels“, 48–51.
2 Das Verhältnis zu den Fragmenta Sangallensia
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weist Whites Widerspruch gegen seine Berechnungen scharf zurück, weil White nicht die Originale gemessen habe, sondern nur die fotografischen Nachbildungen: Somit erklärten sich die Größendiskrepanzen zwischen den Manuskripten aus dem unterschiedlichen Maßstab, den die beiden Fotografen genommen haben. Doch unsere Analysen der Fragmente im Bischöflichen Archiv bestätigen, dass Whites Abmessungen trotz einiger Ungenauigkeiten korrekt sind, sodass der Größenunterschied nicht auf den verschiedenen Maßstab der Bilder zurückzuführen ist, sondern auf abweichende paläographische und kodikologische Merkmale. Schließlich lässt sich noch auf die Nachtragshände der Handschrift verweisen. Der Kopist, der die Korrekturen der Fragmenta Curiensia vorgenommen hat, hätte allein das Lukasevangelium einer Revision unterzogen: Dieser Hand kann keine der Einfügungen und Expurgierungen der Fragmente aus St. Gallen eindeutig zugewiesen werden, abgesehen von der Tatsache, dass die meisten von ihnen aus der Anlagehand selbst stammen und sich prinzipiell auf die Ergänzung kleinerer Wortgruppen beschränken.94 Da die Handschrift aus St. Gallen in das 6. oder 7. Jahrhundert zu datieren ist, steht man vor der Alternative, dass die Handschrift entweder im frühen Mittelalter in zwei Handschriften separiert worden ist oder aber die Fragmente ursprünglich nicht zusammengehört haben. Bei dem derzeitigen Forschungsstand ist davon auszugehen, dass zahlreiche Argumente gegen eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit der beiden Handschriften sprechen und die Fragmenta Curiensia nicht als Teil der Fragmenta Sangallensia geführt werden sollten. Neben der Höhe der Kolumnen und der Größe des Buchblocks, der Blindlinierung, der Verschiedenheit der Buchstaben, den Kopftiteln und den Textkorrekturen deuten einige unterschiedliche Bezüge zum Codex Vercellensis ebenfalls in diese Richtung. Freilich stehen beide Handschriften in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Manuskript aus Vercelli. So bieten zum Beispiel die Fragmenta Sangallensia in Mt 26,69 die ungewöhnliche Schreibweise anchilla, die der Lesung des Codex Vercellensis in Mt 26,71 entspricht und die eventuell auf einen identischen Ursprungsort der Texte hindeuten könnte.95 Auch gemeinsame Textvarianten, die für alle weiteren Zeugen nicht belegt sind, legen eine Nähe zwischen den Handschriften nahe, insbesondere in den Evangelien nach Matthäus und Markus, wie probolutans in Mt 17,14, interficerent in Mt 26,59, der „Afra“-Variante similitudem in Mk 7,17, oder in conspectu eorum in Mk 9,2, um nur einige zu nennen. In keinem der Blätter aus St. Gallen ist aber die Ähnlichkeit zum Codex Vercellensis so ersichtlich wie in den Fragmenta Curiensia. Das ist vor allem auffällig, wenn man die auf den ersten Blick unbedeutenden Abweichungen berücksichtigt, die die grammatikalischen Aspekte, wie die Verbkonjugation oder den Pronominalgebrauch, betreffen. Diese zeigen eines deutlich: Es gibt keinen Unterschied zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis, während
94 Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 33–34. 95 Wordsworth et al., Portions of the Gospel, CLXXIV.
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die Fragmenta Sangallensia mehrere Derivationen der Verbformen aufweisen. Als Beispiele dafür sind etwa dicit für dixit in Mt 17,20, veniet für venit in Mt 18,7, sedebat für sedit in Mt 28,2, suadebimus für persuademus in Mt 28,14, eas für eos in Mt 28,19, edent für edunt in Mk 7,28, sapes für sapis Mt 8,33, erint für erunt in 13,8.19, eius sabbati für illius sabbati in Joh 19,31, ille für ipse und quia für quod in Joh 19,35, fuit für erat in Joh 19,38 oder eum für illum in Joh 19,39.40 zu nennen. Dabei ist zu beachten, dass die Varianten der Fragmenta Sangallensia oftmals dann mit der Lesung von Zeugen übereinstimmen, wenn diese der europäischen Textfamilie um den Codex Veronensis zuzurechnen sind; dies mag für einen fortgeschrittenen Einfluss der europäischen Textfamilie auf die Überlieferung der Evangelienfragmente aus St. Gallen sprechen. In den Fragmenta Curiensia wiederum beschränken sich die wenigen Abweichungen vom Codex Vercellensis auf orthographische Erscheinungen oder geläufige Diskrepanzen in der Kasuslehre, die eher beim Abschreiben des Manuskriptes entstanden sind (sei es beabsichtigt oder unbeabsichtigt) als unter der Einwirkung weiterer Zeugen. Somit liefert der Text der Fragmenta Sangallensia keinen Beweis dafür, dass diese und die Blätter aus Chur ursprünglich zu demselben Manuskript gehört haben.
3 Die Sprache der Fragmenta Curiensia Bezüglich ihrer Klassifizierung in den Hauptzweigen frühlateinischer Bibelübersetzungen können die Fragmenta Curiensia – ebenso wie der Codex Vercellensis (a,3) – als weiterer Zeuge des früheuropäischen Texttypus angesehen werden, was bedeutet, dass ihr Text mehrere „Afra“-Lesarten übernommen und weiter tradiert hat. Das kann man vor allem durch einige Sonderlesungen feststellen, die die Fragmente mit dem Codex Palatinus (e,2) teilen und die als charakteristisch für den „Afra“-Text gelten, wie illic und quoniam.96 Die Qualifizierung als früheuropäischer Texttypus erklärt ebenfalls die Kongruenzen zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Bezae (d,5), der klare Einflüsse einer früheren Textgestalt aufweist.97 So haben die beiden Handschriften Lesungen gemeinsam, die in der jüngeren Gruppe der europäischen Textfamilie, wie in den Codices Veronensis (b,4) oder Corbeiensis secundus (ff2,8), weniger präsent sind.98 Bei der Prüfung altlateinischer Bibelübersetzungen betrifft ein Komplex von Fragen die Bewertung und Einordnung ihrer sprachlichen Merkmale sowohl in die Sozialgeschichte des frühen Christentums als auch in den nachklassischen Entwicklungsprozess des Lateins.99 Dazu gehören demnach Fragen zur Sprachvarietät 96 Vgl. unten Kommentar zu Lk 13,28.33, 203–207, 221–224. 97 Vgl. Auwers, „Le texte latin des Évangiles dans le Codex de Bèze“. 98 Vgl. unten Kommentar zu Lk 11,17.19.22 u.ö., 100–104, 111–113, 127–129. 99 Vgl. Thielmann, „Die lateinische Übersetzung des Buches der Weisheit“; idem, „Die lateinische Übersetzung des Buches Sirach“; Lundström, Studien; idem, Neue Studien; idem, Die Überlieferung der lateinischen Irenaeusübersetzung.
3 Die Sprache der Fragmenta Curiensia
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innerhalb der verschiedenen Sozialschichten und gesellschaftlichen Gruppen (diastratische Varietäten) sowie zur Periodisierung des Lateins hinsichtlich der Ausbreitung des Römischen Reiches und der damit einhergehenden Interaktion mit anderen Sprachen und Kulturen (diachronische Varietäten). Berücksichtigt man zudem Abweichungen in der Phonetik und in der Orthographie, kann man häufig von regionalspezifischen Sprachunterschieden (diatopische Varietäten) ausgehen.100 Nach den Studien von Joseph Schrijnen und Christine Mohrmann haben christliche Gemeinden von Anfang an eine eigene Sondersprache entwickelt. Die Verschiedenheit der heidnischen und christlichen Weltanschauungen habe eine große, nachhaltige Umgestaltung der Sprache seitens der Konvertierten erfordert.101 Diese neue Sonderform sei zudem weder Kultursprache noch Volkssprache gewesen, weil sie sich gleichzeitig beiden genähert habe.102 Die These vom Gemeinschaftsleben als Grundlage einer christlichen Sondersprache wurde scharf kritisiert, weil es sich gezeigt hat, dass sich diejenigen, die sich für die „christliche Sondersprache“ einsetzen, auf eine relativ kleine Anzahl antiker Autoren beziehen, die das breite Spektrum der lateinischen Literatur nicht repräsentieren. Jüngere Studien von Robert Coleman und David Langslow, um nur zwei zu nennen, haben deutlich gemacht, dass der Ausgangspunkt der Wissenschaft ein Verständnis des lateinischen Bibeltextes sein sollte, der als „Bibellatein“ und nicht als „christliches Latein“ definiert ist.103 In jüngster Zeit wurden auch die Begriffe „späteres Latein“ oder „spätes Latein“ entwickelt.104 Eine Frage bleibt jedoch offen: Wann genau kann man den Ausdruck „Bibellatein“ verwenden? Es wurde schon erwähnt,105 dass die ersten lateinischen Übersetzungen als Bibelzitate in den Schriften Cyprians von Karthago erscheinen. Er inspirierte andere christliche Schriftsteller, wie den in Afrika geborenen christlichen Dichter Laktanz und Juvencus,106 der die verifizierte Form der Evangelien hervorbrachte. Cyprians Bemühungen wurden daher im 4. Jahrhundert ausgeweitet. Es sind zahlreiche Quellen überliefert, die zeigen, dass biblische Bücher in Kirchen zum Gottesdienst und in den Häusern von Kirchenmitgliedern verfügbar waren und gelesen wurden. Als sich im gesamten Römischen Reich christliche Zentren etablierten, gewannen Übersetzungen ins Lateinische in Nordafrika und Italien an Bedeutung, vor allem durch Cyprian, der mit römischen Geistlichen korrespondierte, insbesondere mit dem Presbyter Novatian, dessen biblische Referenzen dem Codex Vercellensis (a,3) nahestehen,107 100 Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 24–59. 101 Vgl. Mohrmann, Die altchristliche Sondersprache; Schrijnen, Charakteristik des altchristlichen Latein; Mohrmann, Études sur le latin des Chrétiens; idem, Collectanea Schrijnen, 335–336. 102 Mohrmann, Die altchristliche Sondersprache, 18. 103 Siehe ausführlich Coleman, „Vulgar Latin“; idem, „The Formation of Specialized Vocabularies“; Wright, Latin vulgaire – latin tardif VIII. 104 Vgl. Wright, A Sociophilological Study of Late Latin. 105 Vgl. oben, 6–7. 106 Vgl. den Kommentar, 147. 107 Mattei, „Recherches sur la Bible“.
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aber auch durch Marius Victorinus, Fortunatianus, Bischof von Aquileia, Hilarius, Bischof von Poitiers und Augustinus von Hippo, von denen der letzte die De doctrina Christiana verfasste, in der er die biblischen Texte in lateinischer Sprache mit dem Begriff „Itala“ beschreibt: In ipsis autem interpretibus Itala ceteris praeferatur; nam est verborum tenacior cum perspicuitate sententiae.108 Trotzdem bleiben die zentralen Fragen offen: Unserer Meinung nach bleibt es fraglich, wann genau man von biblischem Latein sprechen kann. Unsere These ist, dass die Fragmenta Curiensia einen Text bieten, der keine neuen Wörter kreiert, sondern eine Tradition der Verwendung des vorhandenen Vokabulars auf neue Weise veranschaulicht, wobei häufig versucht wird, den griechischen Text so wörtlich wie möglich zu übersetzen oder sogar den griechischen Satz in seiner Struktur nachzuahmen. Zudem erweisen sich die Fragmente als Zeugen für den Übergang des klassischen Lateins zum Spätlatein. Gleichzeitig finden wir einige Anzeichen von spätem Latein und einige Hinweise, die dem vulgären Latein zugeschrieben werden können, das heißt der gesprochenen Sprache. Manche der bedeutendsten Unterschiede zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis (a,3) sowie zwischen ihnen und allen anderen Zeugen hängen mit phonetischen und orthographischen Eigentümlichkeiten zusammen, die auf gewisse lautliche Veränderungen im gesprochenen Latein zurückzuführen sind und somit Beweise für den Einfluss der Oralität auf die sich herauskristallisierende Bibelsprache liefern. In den Fragmenten kann man zuerst auf die Entsonorisierung (Auslautverhärtung) okklusiver Konsonanten verweisen, wie illut statt illud in 11,14 u.ö.109 Das ist besonders wichtig, weil die Variante illut statt illud eine der wenigen Abweichungen zwischen den Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis darstellt.110 Für das Verstummen von Anlaut /h/, ein weiteres Merkmal der Phonetik der Vulgärsprache, findet man in den Fragmenten hingegen nur ein einziges Beispiel (13,19: orto statt horto).111 Auch die Monophthongierung von /ae̯/ zu /ɛ/, die ursprünglich einen ländlichen Charakter hatte, aber die im Laufe der Zeit zur Verwechslung von „ae“ und „e“ in der Schriftsprache geführt hat, ist in den Fragmenta Curiensia nicht vorzufinden, während in den meisten Zeugen die klassischere Variante von Wörtern wie quae, caelum, quaerere oder daemonium mit den jüngeren Schreibweisen que, celum, querere und demonium alterniert.112
108 Aug. doctr. Christ. 2.15.22; für den Begriff „Itala“, siehe Burton, „The Latin Version of the New Testament“, 168; Houghton, The Latin New Testament, 15. 109 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 88. 110 In Lk 13,18. Vgl. unten Kommentar zum Vers, 88, 168–170, 229. 111 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 175, 230. 112 Die Schwankung zwischen „ae“ und „e“ ist im Codex Vercellensis auch nicht sehr verbreitet. Interessanterweise erscheinen trotzdem einige Wörter, die eindeutig mit „e“ geschrieben werden sollten, in manchen Fällen eben mit „ae“, z. B.: prophaetae (Mt 11,13; Mk 13,22; Lk 3,4; 4,17; 16,16; 24,25), istae (für calix iste in Mt 26,39), baeati (Lk 11,28) oder plataeis (Lk 13,26).
3 Die Sprache der Fragmenta Curiensia
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Um die Frage nach der Bewertung des Lateinischen zu beantworten, ist es auch wichtig, die morphologischen Aspekte der Fragmenta Curiensia zu analysieren. Zum Beispiel ist in 11,17 eine seltsame Besonderheit des Manuskriptes zu finden: die Lesung omnem regnum statt omne regnum. Dieses überflüssige „m“ im Neutrum Singular von omnis ist frappierend und lässt sich für diese Bibelstelle sonst nur noch im Codex Sangermanensis primus (g1) belegen.113 Ein weiterer Aspekt: Der nachklassische Zusammenfall der Endungen „is“ und „it“ mit „es“ und „et“ hatte eine Reduktion der Konjugationsklassen zur Folge. In frühlateinischen Zeugen des Bibeltextes werden deshalb viele Verben von der 2. in die 3. Konjugation und umgekehrt überführt, sodass es oft schwer ist, präzise zu bestimmen, ob ein Verb im Präsens oder Futur verwendet wird. Die Fragmenta Curiensia sind hiervon keine Ausnahme und so wird zum Beispiel ἐπιδώσει in Lk 11,11 als porriget übersetzt, aber als porrigit in 11,12.114 Auch Lk 13,24 ist aus morphologischer Perspektive erwähnenswert: In der Handschrift ist eine Form für die dritte Person Plural von posse im Futur I zu lesen, die auf -erint statt -erunt endet, eine eindeutig spätere Neubildung nach Analogie zum Futur II.115 Ein Kennzeichen der nachklassischen Syntax ist die Verwendung nach verba dicendi et putandi eines durch Subjunktionen (meist quod, quia oder quoniam) eingeleiteten Objektsatzes anstelle der alten Infinitivkonstruktion mit Akkusativ. Diese syntaktische Neuerung ist in den Fragmenta Curiensia nicht zu finden, und in Lk 11,18 behält der Text die Struktur mit dem Accusativus cum Infinitivo, dicitis … eicere me, bei aber im deutlichen Gegensatz zu den jüngeren Fassungen des europäischen Zweiges (b ff2 f l q r1 i), die stattdessen dicitis quoniam ego … eicio lesen.116 Auch die Rektion vieler Präpositionen hat sich als Folge der progressiven Auflösung des Kasussystems geändert, und die Fragmenta Curiensia liefern interessante Belegstellen für diese Entwicklung.117 Eine syntaktische Eigentümlichkeit der Fragmenta Curiensia betrifft zudem den Gebrauch der Pronomina. Der Text der Fragmente zeigt eine Tendenz, die Variante ille statt is zu bevorzugen, ein Hinweis auf seine frühe Gestalt.118 Eine weitere Auffälligkeit findet sich in Lk 11,26: Es handelt sich um den Genitiv priorum nach der Steigerung peiora. Da man in Latein einen Ablativ erwartet hätte, liegt an der Stelle ein Anpassungsversuch der lateinischen Übersetzung an den griechischen Text vor.119 Der entscheidende Faktor für die große Bedeutung der Fragmenta Curiensia als Zeugen des LkEv sind aber zweifellos ihre lexikalischen Besonderheiten und die
113 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 97–102. 114 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 68–70. 115 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 192–193. 116 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 108. 117 Vgl. unten Kommentar zu Lk 11,11.15; 13,28, 92–93, 206. 118 Vgl. unten Kommentar zu Lk 11,11, 68–70. 119 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 143–145, 228.
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Nuancen auf semantischer Ebene, die im Manuskript festgestellt werden können. Man zählt in den zwei sehr kurzen Textauszügen, die erhalten sind, nämlich mehr als ein Dutzend Sonderlesungen: Die Relevanz dieser Ziffer lässt sich anhand eines Vergleiches mit dem Codex Veronensis (b) besser veranschaulichen, der für dieselben Kapitel aus dem Lukasevangelium lediglich zwei solcher Lesarten zu bieten hat (11,17: posita; 13,33: abite). Die erste Sonderlesung in den Fragmenta Curiensia ist bereits in Lk 11,13 zu finden. Das ist die Stelle, an der die Zuhörer der Predigt Jesu über die Gaben des himmlischen Vaters unterrichtet werden. Die Entstehung vieler lateinischer Varianten für diesen Vers spiegelt den Stand der griechischen Überlieferung wider, die folgende Möglichkeiten bietet: πνεῦμα ἅγιον – die Lesung der Mehrheit der Handschriften –, aber auch πνεῦμα ἀγαθόν, ἀγαθὸν δόμα und δόματα ἀγαθά, was zu wortwörtlichen Übersetzungen ins Lateinische geführt hat, das heißt spiritum sanctum, spiritum bonum (p aur g1 g2 gat) und bonum datum (d c b ff2 i l r1); mit bona data ist durch die Fragmenta Curiensia also eine Variante belegt, die sonst nur in der griechischen Texttradition eine Parallele hat.120 In Lk 11,20 enthalten die Fragmenta Curiensia sowohl für die Partikel ἄρα als auch für das Prädikat ἔφθασεν eine singuläre Übersetzung, certe anticipavit. Stattdessen kommt in den übrigen Zeugen profecto (utique q) und eine präfigierte Form von venire vor, entweder mit per- (c l δ p aur g1 g2 gat), prae- (b f q r1 ar μ) oder pro- (ff2 i). Eine Ausnahme davon bildet der Codex Bezae (d,5), der wie die Fragmente eine Sonderlesart für diese Stelle überliefert, forsitam (sic.) adpropinquavit. Dabei ist zu beachten, dass diese Varianten in keinem der Zitate bei den Kirchenvätern belegt sind, was für eine gesonderte Überlieferung der beiden Handschriften für diese Lukas-Passage spricht.121 Eine semantische Frage betrifft die Verwendung der Verben tueri und custodire in Lk 11,21. Denn in den frühlateinischen Zeugen des Bibeltextes ist custodire die regelmäßige Übersetzung von φυλάσσειν, und nur wenige Passagen bieten Alternativen dazu, wie Mk 10,20 (observare), Lk 12,15 (cavere), Lk 18,21 (observare) oder Joh 12,47 (servare), jedoch nie die Lesung tueri der Fragmenta Curiensia. Es ist aus dieser Perspektive bezeichnend, dass sogar die Fragmente in Lk 11,28 die zu erwartende Textvariante custodire überliefern, was die Seltenheit der Lesung in 11,21 umso stärker verdeutlicht.122 In Lk 11,24 kann διέρχεσθαι als eine typische Wortwahl bei Lukas gelten. Der Evangelist setzt das Verb nicht nur verhältnismäßig häufig ein, sondern auch genau da, wo Mt und Mk ἀπελθεῖν oder παραπορεύεσθαι schreiben. Es ist bemerkenswert, dass die lateinischen Zeugen für die insgesamt zehn Belegstellen bei dem Autor
120 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 75–77. 121 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 114. 122 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 119, 121–122.
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übereinstimmende Lesarten vorweisen können. Mit Abstand dominiert transire, gefolgt von der zweimal präfigierten Variante pertransire, einer nachklassischen Wortbildung. Was die Parallelüberlieferung in Mt 12,43 anbelangt, bieten die lateinischen Übersetzungen in der Regel ambulare, wobei der Codex Bezae (d,5) eine Abweichung aufweist und circuire liest, die Sonderlesung der Fragmenta Curiensia an der vorliegenden Lukas-Stelle. In demselben Vers findet man die pleonastische Sonderlesung arida loca quae aquam non habent für ἄνυδρος.123 In Lk 11,25 bezeugen die Fragmenta Curiensia mit commundatam eine ältere Textvariante für das Partizip σεσαρωμένον, in der der Instrumental scopis noch nicht aufgenommen worden war: Die Form scheint eine Neuerung der Zeugen um den Codex Veronensis (b,4) herum zu sein und wird in allen späteren Handschriften bis hin zur Vulgata überliefert. Die Fülle an lateinischen Varianten in Lk 13,17 lässt sich vor allem durch die verschiedenen Übersetzungen des substantivierten Adjektivs ἔνδοξος erklären. Dabei fallen die Variante des Codex Bezae (d,5) mirabilis und die Sonderlesungen der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) mirificus auf: claritas wird in der Regel als charakteristische „Afra“-Übersetzung des griechischen Wortes ἔνδοξος gedeutet, während gloria erst im Laufe der Europäisierung des Bibeltextes dominiert: Die Varianten mirabilis und mirificus weisen also auf eine weitere Übersetzungsmöglichkeit für δόξα hin, die sehr früh verdrängt wurde und nun lediglich in den drei Handschriften erhalten geblieben ist.124 In 13,22 ist eine weitere außergewöhnliche Variante der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) zu finden, nämlich vicos für das griechische κώμας, während die übrigen Zeugen dieses Verses stattdessen castella verwenden. Das Substantiv vicus als Übersetzung für κώμη wird in keinem der anderen Evangelien des Codex Vercellensis benutzt, sodass die Lesung als eine typische Erscheinung des Lukas-Textes in der Handschrift gelten kann. Interessanterweise ist vicus die bevorzugte Übersetzung von κώμη des Codex Bezae (d,5) im MkEv, was noch einmal die gegenseitigen Einflüsse und Anpassungen innerhalb der Gruppe früheuropäischer Zeugen nahelegt.125 Freilich kann man an dieser Stelle nur auf wenige Beispiele eingehen. Zusammenfassend lässt sich aber feststellen, dass die Fragmenta Curiensia einen wichtigen Beitrag zum Textbestand des Neuen Testaments darstellen. Das trifft besonders auf Lk 11,12–26 zu, wo die ältesten Handschriften des Evangeliums, der Codex Palatinus (e,2) und der Codex Vercellensis (a,3), lückenhaft sind. Der Überblick über die sprachlichen Merkmale der Fragmenta Curiensia hat zudem ergeben, dass die zwei kurzen Textausschnitte eine große Anzahl von Sonderlesungen enthalten; ihnen kommt demnach eine eigene Position innerhalb des europäischen Hauptzweiges zu. Viele Entwick-
123 Vgl. oben Kap. 1 und unten Kommentar zum Vers, 9, 133–134, 137–138, 230. 124 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 163, 166–167. 125 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 184.
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lungen des Spätlateins sind zwar als Varianten aufgenommen, etwa Hinweise auf den Einfluss phonetischer Veränderungen, doch gleichzeitig erweisen sich aus der Perspektive der klassischen Sprache mehrere Lesarten der Fragmenta Curiensia als konservativ, insbesondere im Vergleich zu den (spät-)europäischen Texten, wie den Codices Veronensis (b,4), Corbeiensis secundus (ff2,8), Vindobonensis (i,17), Monacensis (q,13) und Rehdigeranus (l,11). Die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis bieten einen Text, der nur wenige neue Begriffe jenseits des klassischen Lateins bildet, sondern auf der Basis des vorhandenen Vokabulars den biblischen Text zum Sprechen bringt. Gleichzeitig finden wir einige Anzeichen der lateinischen Literatursprache und Hinweise auf das vulgäre Latein, das heißt die gesprochene Sprache. Beide altlateinischen Dokumente zeichnen sich dadurch aus, dass sie den griechischen Text so wörtlich wie möglich übersetzen oder sogar den griechischen Satz in seiner Struktur nachahmen. Zudem erweisen sich die Fragmenta als Zeugen für den Übergang des klassischen Lateins zum Spätlatein. Das Verständnis des lateinischen Bibeltextes setzt die Untersuchung verschiedener sprachlichen Quellen voraus. Im nächsten Kapitel wollen wir zunächst die Quellenedition mit Erläuterungen voranstellen, die dann durch den Stellenkommentar noch vertieft wird.
Kapitel III Vorbemerkungen zur Transkription der Fragmenta Curiensia Die Fragmenta Curiensia befinden sich in einem schlechten Konservierungszustand. Die Doppelblätter der Handschrift mit insgesamt 24 Zeilen à zwei Kolumnen pro Seite wurden ungefähr in der Mitte waagerecht in zwei Teile geschnitten, sodass heute für die obere und die untere Hälfte jeweils 12 Zeilen zu zählen sind. Dabei sind im oberen Abschnitt Teile von Schaftansätzen und Bogen zu erkennen, die den mittleren Schnitt durchbrechen und zu Buchstaben der ersten Zeile des unteren Stücks gehören. Außerdem ist das Blatt von Folio 1, das sich ansonsten weniger beschädigt zeigt, am äußeren Rand komplett beschnitten, was zu einem erheblichen Textverlust geführt hat – im Durchschnitt zwischen 4 und 5 Buchstaben pro Zeile –, während die äußere Kolumne von Folio 2 in der unteren Hälfte wegen der zahlreichen Risse und Löcher lediglich als kaum lesbare Pergamentfetzen erhalten ist. Diese Beschädigungen sind wahrscheinlich durch den Kontakt mit einem rostenden Stück Eisen entstanden, welches das Schreibmaterial langsam durchgefressen hat, was später an einigen Stellen etwas ungeschickt mit Klebebandstreifen repariert worden ist. Auch die Tinte ist zum größten Teil verblichen, das Pergament ist wahrscheinlich durch Wasserkontakt verknittert und gewellt, weil es nicht rechtzeitig wieder geglättet wurde, sodass einige Schriftzüge undeutlich wurden.126 Erschwerend kommt hinzu, dass der Text der Rückseite mehrmals auf der Vorderseite durchschlägt, auf der unteren Blattseite stärker als auf der oberen, was die Lesbarkeit ebenso beeinträchtigt. Bei der Ablösung der Seiten sind schließlich Reste des Kleisters auf der Rückseite verblieben.127 Die Versanzahl ist in beiden Fragmenten exakt gleich groß und bemisst sich auf 18 Verse: I. 11,11b–29a und II. 13,16b–34a. Es wird zudem erwogen, dass Fol. 2v in der rechten unteren Ecke die Lagensignatur XVIII beziehungsweise XVIIII enthält.128
1 Beschreibung der Handschrift Folio 1r Lk 11,11–20 Z. 1a: Ranke und Wordsworth, die ersten Herausgeber der Fragmente, haben statt serpen(tem), „Schlange“, serren(tem) gelesen und legen somit einen Schreibfehler
126 Ranke, „Ein kleiner Italafund“, 507. 127 Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 27. 128 Vgl. dazu ausführlich oben, 24–25, 28. https://doi.org/10.1515/9783110752199-003
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
des Kopisten zugrunde: Das Wort ist in der Antike gänzlich unbekannt.129 In jüngerer Zeit haben Jülicher und Gamper die zu erwartende Lesung wiederhergestellt, die ebenfalls in der vorliegenden Transkription übernommen wird.130 Wenn im Manuskript tatsächlich ein R für das P gestanden haben sollte, ist der Schulterstrich des Buchstaben R mittlerweile nicht mehr sichtbar. Z. 4a–5a: In der letzten Hälfte der Zeile ist eine Lücke genau an der Stelle, wo ursprünglich die Verbalendung des Satzprädikats porrigit stand. Anhand der anderen Zeugnisse für diese Stelle könnte zwar (wie in Z. 2 davor) eine Form des Futurs (porriget) in Erwägung gezogen werden, aber die Ergänzung ist insbesondere aus paläographischen Gründen unproblematisch: Der I-Strich lässt sich nämlich noch teilweise erkennen; davon abgesehen ist deutlich, dass die Lücke für ein E und ein T zu schmal wäre. In Z. 5 findet sich zwischen scorpionem und si ergo (Z. 5) ein Spatium. Z. 7a–8a: Hier weist das Blatt eine weitere Beschädigung auf, die mehr oder weniger senkrecht zwischen den Zeilen verläuft, gleichsam ohne dass es zu einem bedeutenden Textverlust kam. Allein ein Teil des E-Grundstrichs in dare (Z. 7) und der zweite N-Schaft in quanto (Z. 8) sind dadurch getilgt worden. Z. 11a: Daran anschließend findet sich eine kurze Tintenglosse, die in offensichtlich kleinerer Schrift, zwischen den Zeilen deutlich gedrungen wirkend, später hinzugefügt worden ist. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um die Textergänzung eines zweiten Kopisten (Hand B), der ebenso andere Stellen des Manuskripts berichtigt hat. Z. 23a: Über dem dritten Buchstaben der Zeile (A) ist ein verblasstes, schräg platziertes Einfügungszeichen (.hd.) zu finden, das auf eine dreizeilige Fortsetzung des Textes außerhalb des unteren Randes verweist. An dieser Stelle liegt wieder eine Einfügung vor, die auf den zweiten Kopisten (Hand B) zurückgeht: Nach einem längeren Zeilenabstand markiert er das Ende seines Nachtrages mit einem entsprechenden Zeichen (.hs.). Z. 24a: Durch den unregelmäßigen Riss sind die ersten zwei Buchstaben der Zeile weggefallen. Somit geht aus den noch sichtbaren Linien lediglich der Balken des ersten T in (temp)tantes eindeutig hervor; das nachfolgende A hingegen ist aufgrund der Beschädigung des Pergaments verloren gegangen. Z. 1b–3b: Der rechte Rand des Blattes ist bis in den Schriftspiegel hinein beschnitten, sodass zahlreiche Konjekturen notwendig sind. Unproblematisch sind die Ergänzungen de ca[elo ab] (Z. 1) und cogitati[ones] (Z. 3), da der Text in allen Handschriften einheitlich bezeugt wird und die Varianten sich lediglich in der Wortstellung unterscheiden, sodass de caelo entweder vor oder nach dem Satzprädikat quaerebant steht.
129 Ranke, Curiensia Evangelii Lucani fragmenta latina, 12; Wordsworth, Portions of the gospel, 81. 130 Jülicher et al., Itala: Lukas-Evangelium, 129; Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 138.
1 Beschreibung der Handschrift
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Anders stellt sich dies hinsichtlich der Phrase aute[m sci]ens (Z. 2–3) dar: Sowohl c,6 und ff2,8 als auch d,5 überliefern eine Partizipialkonstruktion (videns beziehungsweise sciens), und aus paläographischer Perspektive könnten beide Lesarten als Ergänzung in Frage kommen; die übrigen Zeugen enthalten den Adverbialsatz ut vidit. Die Analyse der Handschriften zu dieser Stelle im Kommentar wird gleichsam zeigen, dass die Fragmente und d,5 zahlreiche Sonderlesungen gemeinsam haben, sodass die Rekonstruktion mit sciens wahrscheinlicher ist. Z. 4b: Nach dix[it] vermutet Gamper das Pronomen eis, das sich aber in den Handschriften der Vulgata durchsetzt; an dieser Stelle ist es nicht einleuchtend, warum illis, wie zum Beispiel in d,5 überliefert, nicht in Erwägung gezogen wird: Der Platz ist ausreichend, wenn man die Anzahl der Buchstaben in einer Zeile berücksichtigt. Nicht zu entscheiden ist schließlich, ob ein Dativobjekt als Ergänzung überhaupt benötigt wird. Ranke und Wordsworth lassen den Satz einfach mit dem Verb abklingen, was angesichts des neuen Textabschnittes (Z. 5) als wahrscheinlicher anzunehmen ist. Z. 7b–10b: Nach deseretur bieten alle Handschriften et domus, sodass diese Ergänzung auch hier übernommen werden kann. Allein Gamper et al. sehen einen Leerraum zwischen der Konjunktion und der Präposition super (Z. 8), was syntaktisch und rhetorisch kaum zu erklären ist: Die Struktur des Textes beruht auf einem Parallelismus membrorum – domus super domum/satanas super satanan –, der durch die Auslassung des Substantivs gestört würde. Die Ergänzung divisus bereitet dank der fast einheitlichen Überlieferung keine besondere Schwierigkeit: Nur ff2 bietet eine alternative Variante, divisum. Z. 11b–12b: Am Anfang zeigt sich das E in est verwischt, abgesehen von einem waagerechten Riss genau über dem Buchstaben, der diesen nicht mehr lesbar macht. Es sind nur angedeutete Züge der Q-Cauda und der O-Rundung in quomod[o] zu erkennen. Anhand der anderen Zeugen lassen sich zudem das Prädikat [s]tabit und ein Possessivpronomen nach regnu[m] ergänzen: Die jüngeren Manuskripte bieten ipsius, die übrigen eius, das als ältere Variante wahrscheinlich in den Fragmenten gestanden haben muss. Z. 13b–14b: Ranke und Wordsworth rekonstruieren quoniam d[icitis in] beelzebul pr[incipe], während Gamper et al. die Präposition am Ende von Z. 13 auslassen und statt des Ablativs einen Akkusativ ergänzen, also principem. Grundsätzlich spricht nichts gegen diese Ergänzung mit dem Akkusativ, da Abweichungen in der Rektion der Präpositionen ein charakteristisches Phänomen frühlateinischer Bibelübersetzungen sind. Die Ergänzung von in nach dem Verb ist indes unabdingbar, wenn ein Instrumentalis ausgedrückt werden soll, wie ein Blick auf Lk 11,15 (1r, 20a) deutlich macht. Andernfalls würde die AcI-Konstruktion folgendermaßen lauten: „Denn ihr sagt, ich treibe Dämonen Beelzebub, den Anführer aus.“ Z. 15b: An dieser Stelle ist das Pergament stark beschädigt; gleichwohl lässt sich der Text gut rekonstruieren: Es ist zu erkennen, dass der Schaftfuß des A mit dem nachfolgenden E ligiert, und dass die gerundeten Schäfte des M vom Tintenfraß korrodiert
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
worden sind. Am Ende der Zeile lässt sich zudem die linke Rundung des O erahnen, sodass zweifellos die Genitivendung -rum gelautet haben muss. Z. 16b–24b: Einige Buchstaben zeigen sich entweder etwas entfärbt oder sind wegen kleinerer Schäden nur mit Mühe lesbar, weil der Text der Rückseite auf die Vorderseite besonders stark durchschlägt: So etwa das dritte E in eicere (Z. 16), das Q in quod (Z. 17), das U und der Balken des T in vestri (Z. 18) oder auch das U in anticipavit (Z. 24), von dem allein der erste Schaft erkennbar ist. Gleichsam ist die Rekonstruktion des Textes am rechten Rand angesichts der anderen Zeugnisse bis auf ein Detail unproblematisch: Ranke und Wordsworth nehmen an, dass die letzte Zeile der Vorderseite mit vos endet: te anticipavit in vos (1rb, 24); regnum dī (1va, 1); Gamper et al. hingegen verschieben das Pronomen auf die erste Zeile der Rückseite: te anticipavit in (1rb,24); vos regnum di (1va,1). Beide Varianten sind paläographisch begründet, sodass hier keine Entscheidung möglich ist. Folio 1v Lk 11,20–29 Z. 1a–3a: Auf dem Folio 1v ist der linke Rand bis in den Schriftspiegel beschnitten. Zu beachten ist an dieser Stelle vor allem der Punkt, der trotz der Unschärfe am Ende von Z. 1 zu erkennen ist. Die Rekonstruktion von Z. 2 bietet zudem ein interessantes Problem zur Textgliederung: In der Annahme, dass an dieser Stelle ein neuer Absatz anfängt (Lk 11,21), schreiben Ranke und Wordsworth [cum] groß. Die Verwendung von Initialen fällt meistens mit der Verseinteilung zusammen, die sich später in der Vulgata durchgesetzt hat, und die Fragmenta Curiensia liefern elf Beispiele dafür: fol. 1r, 12a = Lk 11,14 (et factum est), 22b = Lk 11,20 (si autem in d[igito dī]), fol. 1v, 24b = Lk 11,29 (turba autem), fol. 2r, 6a = Lk 13,17 (haec dicente eo), 13a = Lk 13,18 (dicebat ergo), 8b = Lk 13,22 (et circuibat), 11b = Lk 13,23 (dixit autem), 20b = Lk 13,25 (cum autem). Lediglich drei Ausnahmen finden sich in fol. 1r, 5b (omnem regnum), zwischen Lk 11,17 und 18, fol. 2r, 24a (cui est simile), am Anfang von Lk 13,20, und 14b (qui dixit ad illos), am Ende von Lk 13,23. Dass daraus ein Prinzip für die Arbeitsweise des Kopisten erschlossen werden kann, um die Initialen in fehlenden Textstellen mit Sicherheit zu ergänzen, ist fragwürdig, weshalb Gamper et al. mit gewisser Vorsicht die Konjunktion klein schreiben. Wahrscheinlicher ist freilich der Vorschlag von Ranke und Wordsworth. Z. 4a–7a: Ranke und Wordsworth ergänzen [domu]m suam (Z. 4) und orientieren sich demnach an f,10 und r1,14; Gamper et al. bevorzugen [aula]m suam und legen die Lesart von d,5 zugrunde. Diese Variante scheint die Übernahme eines Gräzismus des zweisprachigen Manuskriptes (αὐλή) zu sein und ist deshalb als Ergänzung fragwürdig; Jülicher et al. kennzeichnen demgegenüber die Stelle als nicht mehr rekonstruierbar. Problematisch ist zudem die Ergänzung am Anfang von Z. 5: Ranke und Wordsworth schreiben [eru]nt für die Kopula, Gamper [su]nt. Am Anfang von Z. 6 fehlen einige Buchstaben,
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die mit der Lesart von c,6 zu eius ergänzt werden können: Die Handschrift überliefert neben den Fragmenten als einziges Zeugnis die Übersetzung facultates für das griechische substantivierte Partizip τὰ ὑπάρχοντα. Die nachfolgenden Buchstaben sind ebenfalls schlecht lesbar; so lässt etwa der Schaft vor UOD nur ein Q erahnen, dessen Bogen verloren gegangen ist. Für das Pronomen am Beginn von Z. 7 schlägt Wordsworth [eo] vor, Gamper et al. [illo], während Ranke zwischen den beiden schwankt. Ein Argument, das sich auf die Buchstabenzahl und -breite beruft, ist an dieser Stelle nicht weiterführend, da der Schriftspiegel genügend Platz für beide Varianten bietet; bei der Entscheidung kann freilich berücksichtigt werden, dass alle Manuskripte einheitlich illo superveniens überliefern, sodass diese Ergänzung wahrscheinlich ist. Jülicher et al. geben hier trotzdem eine Lücke an. Über der Silbe UENS des Partizips, zwischen dem E und dem N, findet sich zudem eine Korrektur (NIE), die von Hand B vorgenommen wurde und die den Abschreibfehler korrigiert. Z. 8a–12a: Die Rekonstruktion von Z. 9 erfolgt unter Berücksichtigung von d,5: Nach arma der vorherigen Zeile muss die folgende [-tura]m gelautet haben, wobei von dem M lediglich der links gebogene Winkel erhalten ist. Bemerkenswert ist Gampers Entscheidung in Z. 11, et vor [spo]lia nicht zu ergänzen: Nicht nur die altlateinischen Zeugen stimmen diesbezüglich miteinander überein, sondern auch die griechische Tradition. Zu bedenken ist zudem ein syntaktisches Argument: Die Konjunktion ist bei der Nebenordnung (armaturam tollit et spolia divi[det]) unverzichtbar. Wiederum lässt sich durch die Beschneidung des linken Rands das Tempus des Prädikats im zweiten Hauptsatz (Z. 12) nicht mehr eindeutig bestimmen. Ein Blick in die sonstigen Handschriften ist an dieser Stelle nicht weiterführend, da sie verschiedene Formen von distribuere und dividere überliefern, und das Verb sowohl im Präsens als auch im Futur vorkommt, sodass das Tempus offenbleiben muss: So ergänzen Ranke und Wordsworth divi[dit], was eine Sonderlesung der Fragmente darstellt; mit Rücksicht auf das Futur der meisten Manuskripte schlagen Gamper et al. divi[det] vor, während Jülicher et al. eine Lücke vermerken. Zwischen dem Verb und dem darauffolgenden Satz qui non est befindet sich überdies ein Spatium, das Gamper et al. unberücksichtigt gelassen haben. Z. 15a–16a: Kaum zu erkennen ist nach dem beschnittenen Rand am Anfang von Z. 15 die mit einem Haarstrich ausgeführte Cauda des Buchstabens G, von dem nur die obere und untere Rundung erkennbar sind. Die Ergänzung [colli]git erfolgt dank der einheitlichen Überlieferung (d,5 bietet eine Ausnahme und liest congregat). Auch das darauffolgende mecum ist trotz der ausgebrochenen Löcher an der Stelle lesbar. In Z. 16 kommt wahrscheinlich [dispa]rgit in Frage, da die Nebenform mit Vokalschwächung (dispergit) erst in späteren Zeugen belegt ist. Wiederum geben Jülicher et al. die Stelle als nicht rekonstruierbar an; Gamper et al. fügen zu der Ergänzung [dispa]rgit ein Fragezeichen hinzu, um auf die Ungenauigkeit der Rekonstruktion zu verweisen, was unnötig scheint. Z. 17a–24a: Z. 17 wirft erneut eine Frage zur Textgliederung auf: Ranke und Wordsworth beginnen an dieser Stelle einen neuen Abschnitt (Lk 11,24) und schreiben deshalb im
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
Satz [cum i]mmundus die einleitende Konjunktion nochmals groß. Gamper et al. lesen [cu]m mundus, was gewiss ungewöhnlich ist. Auch wenn es denkbar ist, dass der Kopist der Fragmente [cu]m mundus geschrieben haben könnte, so finden sich doch keinerlei Spuren einer Korrektur zwischen den Wörtern. Erklärungsbedürftig ist, warum dem Korrektor ausgerechnet dieser Fehler entgangen ist; der Platz für ein zusätzliches M vor dem I dürfte trotz der Breite des Buchstabens ausreichend gewesen sein. Weitere Ergänzungen lassen sich aufgrund der einheitlichen Überlieferung vornehmen: Z. 18 enthielt mit Sicherheit die Abbreviatur SPS für spiritus; wie bereits richtig von Gamper et al. beobachtet, belegt Z. 19 wahrscheinlich ein fehlerhaftes crevit, ein Fehler, der von Hand B zu circuit korrigiert wird. Für per [arid]a loca quae [aqua]m non ha[bent] (Z. 20–22) ergibt sich die Rekonstruktion grundsätzlich aus der Zusammenführung der Textvarianten in d,5 und b,4; Z. 23–24 bereiten wegen der Übereinstimmung der Handschriften keine besondere Schwierigkeit. Z. 1b–12b: Die ganze Textstelle ist gut lesbar und weist somit wenige Ergänzungsprobleme auf. Zwei Auffälligkeiten im Manuskript sind dennoch erwähnenswert: In der ersten Hälfte von Z. 4 ist ein rechteckiges Loch zu finden, auf das schon in fol. 1r, 4a hingewiesen wurde. Auch an dieser Stelle liegt ein Ausfall der Verbalendung des Satzprädikats vor, wenngleich die fehlenden Buchstaben in invenit sich nun mühelos vervollständigen lassen. Das senkrechte Loch zwischen Z. 7 und 8 hat auf dieser Seite des Folios keinen wichtigen Textverlust verursacht; allein der zweite Schaft des M in septem ist dadurch getilgt worden. Z. 13b–24b: Nach den ersten drei Buchstaben in Z. 13 ist ein Punkt immer noch deutlich sichtbar. In den darauffolgenden Zeilen schlägt der Text auf der Vorderseite stark durch. Der Text bricht abrupt mit conve[niente] in Z. 24 ab, wobei durch ein unregelmäßiges Loch nur einige Züge der letzten Buchstaben erhalten geblieben sind: Erkennbar sind der linke und der diagonale Schaft des N sowie der obere Teil des U-Schafts und des E-Bogens. Folio 2r Lk 13,16–25 Z. 1a–12a: Der Text ist besonders gut erhalten, und vereinzelte Schwierigkeiten beruhen auf dem Verblassen einiger Buchstaben. So ist beispielweise in Z. 8 lediglich der Schaft des Q in qui noch deutlich sichtbar, während der Bogen zwischen dem S in (omn)es und dem U nur sehr verblasst zu erkennen ist. Auch das zweite U in populus ist am Ende der darauffolgenden Zeile kaum mehr zu lesen. Z. 11 weist ebenso eine kleinere Beschädigung auf, sodass man quae nach mirificis kaum entziffern kann. Z. 14a–15a: Erwähnenswert ist wieder der Punkt zwischen dī und et in Z. 14. In der Folge zeigt sich Z. 15 stark beschädigt, wobei sich vor allem das Satzprädikat adsimilabo nur schwerlich erahnen lässt: Zu erkennen sind grundsätzlich die Anfangsbuch-
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staben ADS, denn von den nächsten IMIL bleiben lediglich winzige Tintenspuren; ebenfalls unscharf ist AB zu lesen, während das O durch einen Fleck unleserlich ist. Z. 24a: Der untere Teil des Folios ist von links nach rechts in der Länge zerrissen, sodass der Text in der Mitte der Zeile (ab dem vierten Buchstaben) nicht erhalten ist. Im Hinblick auf die anderen Handschriften, die an dieser Stelle minimale Abweichungen zu bieten haben, lassen sich aber sowohl die Endung der Kopula est, die in der Mehrheit der Zeugnisse ausgelassen wird, als auch das einheitlich tradierte Adjektiv simile zweifelsfrei rekonstruieren. Etwas komplizierter verhält es sich mit dem letzten Wort der Zeile. Eindeutig ist nämlich regnu zu lesen, nach dem dann eine größere Textlücke durch ein Loch folgt: Gamper et al. ergänzen ein M, auch wenn dieses nicht im Ansatz sichtbar ist, was fraglich ist, denn der Schaden des Pergaments ist schmaler als der Buchstabe bemessen, sodass zumindest die äußeren Schäfte in der Handschrift zu erahnen wären. Wahrscheinlicher ist somit die Ergänzung von Ranke und Wordsworth, die nach dem U einen Nasalstrich setzen. Z. 1b–7b: Der Text ist in einem lesbaren Zustand. Erwähnenswert ist zunächst die Schreibweise der Nomina sacra in Z. 1: dei mit Querstrich über ei kommt nur in dieser Zeile vor, da der Kopist ansonsten die Form dī bevorzugt. Zudem ist zwischen illut und simile in Z. 2 ein weiteres Spatium zu erkennen. Z. 6 und 7 weisen noch zwei deutlich sichtbare Tintenglossen auf, die wiederum Korrekturen von Hand B beinhalten: Er ergänzt mensuras tres nach farina und totum nach fermentaretur. Z. 8b–12b: Das A in circuibat und das C in civitates sind durch Beschädigungen des Pergaments weggefallen (Z. 8). Am Anfang von Z. 10 findet sich überdies eine weitere Tintenglosse von Hand B: Der Korrektor ergänzt über der Zeile et iter faciens in vor hyerosolymis. Ferner sind zwischen Z. 11 und 12 einige Löcher ausgebrochen, die die Lesbarkeit einiger Buchstaben erschweren. So sind von dem M in autem nur die drei Schäfte und von dem Q in quidam bleibt allein der Bogen nach links lesbar (Z. 11); in pauci fehlt der obere Teil der drei letzten Buchstaben, während der unt-Nexus in sunt auch nicht mehr vorhanden ist (Z. 12). In dieser Zeile ist ein Punkt zwischen dme (mit Kürzungsstrich) und si zu finden. Z. 13b–24b: Ab dieser Stelle haben erhebliche Beschädigungen im Manuskript zu einem großen Textverlust geführt, sodass die Mehrheit der Zeilen lediglich bruchstückhaft erhalten ist. Daher erfolgt die Rekonstruktion unter Einbeziehung des Textes in a,3. Dass ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Zeugen vorliegt, wurde schon erwiesen und wird zudem in Kapitel IV vertieft; an dieser Stelle bestätigen Reste in dem noch erhaltenen Text dieses Abhängigkeitsverhältnis, wie etwa der Schaft des T, der Schulterstrich des R in [in]tr[ate] (Z. 15) oder die ersten sechs beziehungsweise acht/neun Buchstaben von Z. 16–21 (ostium, multi d[ico], quaeren[t], [pote]rint intro[ire], cum autem und [intra]verit p[ater]). Die bisherigen Herausgeber haben trotz der Nähe der Fragmente zu a,3 unterschiedliche Ergän-
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
zungen für Z. 22 vorgeschlagen: Ranke und Wordsworth ergänzen [et adcluserit], während Gamper et al. das Simplex [et cluserit] bevorzugen, das auch von den sonstigen Zeugnissen bezeugt ist. Da der Platz für das Präfix ausreichend gewesen sein dürfte, gibt es keinen Grund, anzunehmen, dass die Fragmente an dieser Stelle von a,3 abweichen. Z. 23 und 24 sind schließlich besser erhalten und können ohne Probleme zu [et] inc[ip]ietis foris stare d[i]centes rekonstruiert werden. Folio 2v Lk 13,25b–34 Z. 1a–7a: Zwischen dme (mit Kürzungsstrich) und aperi ist ein Punkt zu erkennen. In Z. 4 findet sich zudem ein Spatium zwischen sitis und tunc. Außerdem zeigt sich die Schrift am Ende von Z. 5 merklich verblasst, sodass das U in manducavimus kaum noch sichtbar ist. Ähnliches gilt für Z. 7: Von dem letzten Buchstaben in der Zeile, einem A, sind allein die Schaftansätze und der Schaftfuß gut zu erkennen, praktisch als drei Punkte an jeder Ecke eines regelmäßigen Dreiecks. Z. 8a–12a: Ein zweites Loch in Z. 8 macht das T in nostris unleserlich; auch die Stelle für das S unmittelbar davor ist dunkelbraun verfärbt; stattdessen ist ein Buchstabe aus der Vorderseite zu lesen, nämlich das T in circuibat. Vergleichbare Beschädigungen finden sich ebenfalls in den nächsten Zeilen: So ist beispielsweise der Text in der Mitte von Z. 10 dermaßen verwischt, dass die Spiegelung LO der Vorderseite in hyerosolymis (fol. 2r, 10b) nun deutlicher hervortritt als das hier fehlende UN in unde. In Z. 11 und 12 sind die Probleme, abgesehen von einem größeren Loch zwischen den Zeilen, vergleichbar: Das T und das A in discedite a me (Z. 11) und der obere Teil des Wortes operari (Z. 12) sind durch die Beschädigung weggefallen. Z. 13a: Die Handschrift ist durch Wassereinwirkung wellig und die Zeilen sind kaum lesbar. Die zwei nur zur Hälfte sichtbaren vertikalen Schäfte am Anfang deuten darauf hin, dass nach (iniquita)tis das Adverb illic gestanden haben könnte. Die Entzifferung beruht grundsätzlich auf a,3 und e,2, die im Gegensatz zu der Mehrheit der Handschriften nicht ibi, sondern die rekonstruierte Lesung der Fragmente überliefern. Zudem ist über dem Zeilenende die letzte Tintenglosse von Hand B zu erkennen, die nach fletus den Genitiv oculorum ergänzt hat. Z. 14a–24a: Wie auf der Vorderseite sind die Fragmente an dieser Stelle irreparabel beschädigt, sodass die Ergänzungen prinzipiell anhand von a,3 vorgenommen werden müssen. Entscheidend ist zunächst Z. 20, deren Ende noch deutlich lesbar ist. proici foris erweist sich als eine Sonderlesung der beiden Zeugen und ermöglicht von da aus eine Entschlüsselung der fehlenden Teile. Zudem sind die folgenden Bruchstücke in einem guten Zustand erhalten: [st]ridor dentium (Z. 14), et Iacob (Z. 16), prophetas (Z. 17), [intro]euntes (Z. 18). Wenn man a,3 folgt, muss in Z. 18 vor [intro]euntes ein dī gestanden haben; diese naheliegende Textrekon-
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struktion, für die ausreichend Platz in der Zeilenspalte war, wurde bislang von allen Herausgebern der Fragmenta Curiensia unbeachtet gelassen. Problematisch ist lediglich die Rekonstruktion von Z. 21 und 24: Gamper et al. lassen den Nasalstrich, der am Ende der Zeile gestanden haben muss, unbeachtet: Es heißt freilich oriente, nicht oriete. Zudem bietet er eine divergierende Ergänzung in et recumbent, die die Variante der Mehrheit der Zeugen wiedergibt; Ranke und Wordsworth hingegen bevorzugen et discumbent und legen somit die Lesart von a,3 zugrunde, die sich durch die Abhängigkeit der beiden Handschriften nahelegt, die gleichsam Gamper et al. aufgrund ihrer Rekonstruktion der Fragmenta Curiensia und Sangallensia nicht nachvollziehen. Z. 1b–5b: In Z. 5 nach novissimi ist ein Spatium zu erkennen. Davon abgesehen gibt es keine weiteren Auffälligkeiten an diesen Stellen, und der Text ist insgesamt in sehr gutem Zustand. Z. 10b–15b: Die Schrift weist einige Verfärbungen auf, sodass von dem Namen herodes lediglich vereinzelte Striche deutlicher zu sehen sind; allein das R ist gänzlich unleserlich (Z. 10). Darüber hinaus hat am Anfang von Z. 11 ein kleiner Wasserfleck die Konturen der ersten drei Buchstaben in te occidere verwischt; ähnliches gilt für Z. 15, in der mehrere schmale, genau über der Linie in der Länge ausgebrochene Löcher das Verb perficio kaum erkennen lassen. Z. 16b–24b: Das Manuskript ist aufgrund der Beschädigung mit Wasser dermaßen wellig, dass zahlreiche Buchstaben ineinander verschwimmen; dazu kommt eine Anzahl von dunkleren Flecken, die ebenfalls die Entzifferung des Textes erschweren. Besonders beschädigt sind: In Z. 17 ist das R von consummor nicht mehr lesbar; in Z. 18 sind bei der Phrase me hodie lediglich die gerundeten Striche der Buchstaben als eine Reihenfolge von Rundungen zu sehen; in Z. 21 fällt die Buchstabenkombination PH in prophetam weg; in Z. 22 stand nach extra sicherlich hierusalem, wovon lediglich die Endung EM in der darauffolgenden Zeile erhalten ist. In Z. 23 ist außerdem ein Spatium vor der ersten Wiederholung von hierusalem zu beachten. Schließlich ist der untere Teil des Folios von rechts nach links ganz zerrissen. Trotzdem lässt sich hierusalem in Z. 24 lesen, bevor die Fragmente abrupt enden. In der folgenden Transkription ist der Text zeilengetreu wiedergegeben. Textlücken werden in Kursive ergänzt. Nur teilweise erhaltene Buchstaben werden durch einen Punkt darunter angezeigt. Abkürzungen (Nasalstriche, Ligaturen oder Nomina sacra) werden nicht aufgelöst. Spätere Korrekturen oder Ergänzungen werden direkt in den Schriftspiegel eingetragen. Textrekonstruktionen, über die keine sichere Entscheidung getroffen werden kann, werden eingeklammert.
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
2 Transkription der Fragmenta Curiensia Folio 1r Lk 11,11–20 propiscemserpen
12
5a
10a
17
illoipseautemsci
sipetieritouumnu
e.nscogitationes illorumdix̣it
quidporrigi.t.illiscor 13 pionem siergouos
Omnemregnum
cumsitismaliscitis
diuisumsuperse
databonadarefili isuestrisquantoma
desereture.tdomus superdomumca
gispaterdecaeloda
detsietsatanassu
bitbonadatapeten
persatanan. diuisus e.stq̣uo. mod. os
tibuṣṣe.
Etfactumestcumei ceretdaemonium
etillutfuitmutum
quoniamd.icitisin beelzebulprincipe
umomnesturbae
niaq̣uodsiegoin
stupebantquidam
beelzebuleiciofi
autemexillisdixe
liiuestriinq̣uoei
runtinbeelzebul
cientideoipsiues
principedaemonio
triiudiceser.unt 20 SiautemindigitoDI
.hd.16
15b
19
niaaliiautemtemp
eiciodaemoniacer
t. antessignumqu
teanticipau.itin(uos)
illeautemresponditetdixit quomodopotestsatanas satananexpellere .hs.
10b
tabitregnumeius
mutumdaemoni
rumeicitdaemo
5b
18
da. emoniorum eiceremedaemo
eicienteautemillo
15
20a
rebantdecaeloab
temilliporrigetaut
haeccumdixisset offerebantilliunumdaemoniacu 14
15a
lucan·
20b
2 Transkription der Fragmenta Curiensia
47
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
Folio 1v Lk 11,20–29 (uos)regn. umDI · 21 Cumq̣uisfortiset. ̣
5a
15a
meamundeexiui 25
etcumueneritin
domumsuaminpa
ueni.t. ̣ commun datametornatam
cesun. ̣tfacultates 22 eiusquodsifortior
26
mitadhucaliossep
ceritillumarma
temspiritusnequi
turam. illiustollit inqua. c̣ o ̣ nfidebat
oresseetintrantes inhabitantetfiu
etspol. ị ailliusdiui 23 (det) quinonest
nouissimahomi
mecu. maduersus meestetquinon
rum·factumest
collig̣itmecum
r. ethaecipseleua tauocequaedam
dispargit 24
27
autemdumdice 15b
mulierdixitillibe atusuenterquite
minecreuitper
portauitetubera
arida. locaquae aquamnonha
quaesuxistiquiait
bentquaerensre
untuerbumDI ·et
quiem. etnonin ueniensdicitre
10b
nisilliuspeioraprio
spsex̣ieritdeho I
5b
tuncuaditetadsu
illosuperuensui
Cumimmundus
20a
uertarindomum
armatustueatur
NIE
10a
secund·
28
illisbeatiquiaudi custodiunt 29
Turbaautemconu. e.
20b
2 Transkription der Fragmenta Curiensia
49
50
Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
Folio 2r Lk 13, 16–25 lucan· 16
alligauitsatanas
5a
nonoportebatsol
estfermentoquod
uiauinculohocdie
acceptummulier
sabbati
absconditinfari
17
fundebanturom nesquiaduersan tureietomnispopu lusgaudebatinom nibusmirificisqu fiebantabillo
18
Dicebatergocuisimi leestregnumDI ·et 15a
cuiadsimilaboill
MENSURASTRES
TOTUM
taretur 22
Etcircuibạ̣tperciui tatesetuicosdoce
ETITERFACIENSIN
hyerosolymis
10b
23
Dixitautemquida illi
·sipau. c̣is quisaluifuturisunt 24
Quidix̣i.t. ̣ ạd. i.l. ḷ . o.s.i.n. ̣
simileestgranosi
t. ̣r. ̣ateperangustum ostiumquoniam
napisquodaccepto
multidicouobis
homomisitinor
quaereṇ̣tnecpote
taestarboretuolu
ueritpaterfami
runtinramiseius
liasetadcluseritos
etiterumdixit
tiumeti.ncipi. e.̣tis forisstaredicen. ̣
Cuieṣt. ̣ṣi.m. i.l. ̣e.̣regnu
15b
rintintroire
25
Cumautemintra
crescaelirequieue 20
5b
nadonecfermen
19
tosuoetcreuitetfac 20a
21
boillut simile
Haecdicenteeocon
10a
etcuiadsimila
ecceiam·xuiii·annis
20b
2 Transkription der Fragmenta Curiensia
51
52
Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
Folio 2v Lk 13,25–34 secund· tes
·aperinobis
etrespondensdi
nouissimiquieru
cetnesciouosunde
primietsuntprimi
sitis tuncincipie
quifueruntnouis
tisdiceremandu
simi eademdie
cauimuscoram
accesseruntquida
teetbibimusetinpla
pharisaeorumdi
teisnost.risdocuis 27 tietdicetuobisnes
centesillidiscede
ciouosundesitisdis
amherodesuult
cedite.ameomnes ope.rariiniquita
teo. ccidereipseau temdixiteiseuntes
26
5a
10a
28
15a
31
OCULORU
5b
etuadehincquoni 10b
32
tisilliceritfletuset
indicateuulpihuic
str.i. dordentium cumuideritisab.ra
ecceeiciodaemonia
hametisacetiacob
etsanitates.p̣e.r.ficio hodieetcrasetdie
etomnesp̣rophe.tas
tertiaconsummor
inregn.umDI ·uos autemproiciforis
dieetcrasetinfutu
DI ·introeuntes
20a
30
regnoDI·etecces
29
Etuenientaborie teetoccidenteetab aquiloneetaustro etdiscumbentin
15b
33
sedoportetmeho rumquoniamno
20b
oportetprop̣heta perireextrah.i.e.r.u 34 s.a.lem·hierusa lem h.i.er.u. s.a.lem
(XUIIII)
2 Transkription der Fragmenta Curiensia
53
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1) sec·131
420 11,8–11,26
5a
10a
15a
20a
gensdabitil
sipetieritpis
liqu. a.n.tosde ..........
cemnum
..........
cemserpen
..........
temillipor
..........
rigetautsipe
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
..........
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..........
..........
..........
..........
..........
131 Seite nur noch in TX-Bildern sichtbar.
quidpropis 5b
10b
15b
20b
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1)
55
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Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
lucanum·
421 11,26–11,30 26
etadsumit
uerbum·
adhucalios
etcustodi
septemspiri 5a
10a
15a
20a
·
unt
29
tusnequior
Turbaautem
esseetintra
conuenien
tesinhabita
tecoepitdi
etfiuntnobis
ceregens
simahomi
haecgens
nisilliuspe
nequestsig
A
ioraprioru
numquae
Factumestau
ritetnon
temdumdi
dabiturei
cerethaec
nisisignum
ipseleuata
ionae
27
uocequae
30
Sicutenim
dammuli
fuitionas
erdixitilli
signumni
beatusuen
neuitissic
terquitepor
eritetfili
tauitetube
ushominis
raquaes.u. 28 xistiqui. a. it
huicgene
illis.baeati quiaudi. u
5b
rati. oniet sicutionas inuentre
10b
15b
20b
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1)
57
58
Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
sec·
436 13,16–21 16
5a
hancautem
leestregnu
cumsitfilia
·etcuiad
abrahae.q̣ua all. i. g.auitsa.
s.i. m.i. l. a.b.o.i. l 19 l. u.d.s.imileest
tana.secce x.u.i. iianni
nọnoporte bat. soluiaui c.ul. ohocdie
10a
15a
20a
granosina
pisquoacce.̣p tohomomisit inortosuo etcreuitet
sab.bati 17 Hae. cdicente eoconfun
factaestar
deb.antur om . nesqui
quieuerunt
adu.ersaba tureietom
crescaelire inramiseius
20
etiterum Cuiestsimile regnumDEI
omnibus
etcuiadsi
18
Dicebater.g.o cuicuisimi
15b
dixit
gaudebatin
qua. efiebant abillo
10b
boretuolu
nisp̣opulus
mirificis
5b
milabo
21
simileest f.e. r. mento quod.acce. p tum
20b
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1)
59
60
Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
lucanum
437 13,21–27
Mulierabsco
5a
10a
15a
cumautem
ditinfarina
intrauerit
donecfermē
paterfami
taretur
liasetadclu
22
Etcuircuibat
seritostium
perciuita
etincipietis
tesetuicos
forisstare
docenshie
dicentes·
rosolymis
aperinobis
23
Dixitautem
etrespon
quidamilli
densdicet
dm̄ esipau
nesciouos
cissuntqui
undesitis
saluifutu
Tuncincipie
risunt Quidixitadil 24
20a
25
5b
· 10b
26
tisdicere
15b
manduca
losintrate
uimuscora
perangus
teetbibimus
tumostium
etinplataeis
quoniammul
nostrisdo
tidicouobis
cuistietdi
quaerent
cetuobisnes
necpoteri
ciouosunde
introire
sitisdiscedi
27
20b
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1)
61
62
Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
sec·132
438 13,27–32
teameomnes
uissimiqui
operariini
eruntprimi
quitatisillic
etsuntprimi
eritfletuset
quifueru
28
5a
etstridorde tium
10a
Cumuideritis
cesserunt
abrahamet
quidampha
isac̣etiacob
risaeorum
etomnespro
dicentesilli
phetas
discedeetu.a dehincquo
·in
troeunt.es inregno · uosautem 15a
proic̣i.f.o.r.i.s.
29
etuenient
aboriente etoccide.n teetabaqui 20a
n.o.uissimi eademdieac 31
loneeta.u.s. trọetdis.c̣u. bentinreg̣
no
30
·etec
cesuntno
132 Seite nur noch in TX-Bildern sichtbar.
5b
10b
niamh.ero desuul.tte
32
occidereip̣
15b
seaute.md.i x̣itei.s.e.u.n
te.s.i.n.dicate u.ulpihu.ic
e.c̣c̣e.eic̣iodae m.ọn.i.a.e.t.s.a. nita.t.e.s.p̣e.r. f̣i.ci.ọh.ọd.i.e.
etc̣r.a.s.e.t.d.i.e.
20b
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1)
63
64
Kapitel III Transkription der Fragmenta Curiensia
lucanum133
439 13,32–14,1
tertiaconsu
35
morsedopor
quituruo
tetmehodie
bisdom.usues tr.a.deserta
33
etcrasetinfUTU 5a
10a
RUM
quoniamn.o. oportetp̣ro.
rusalem
atdiesquan
Hierusalem
dodicatisbe
34
uenitinno minedm̄ i
etlapidaseos
e.̣t.factumest c̣u.mintras
attesaepius uoluicon gregaref̣ili ostu.o.squem admodum gallinani dumsuum subalassuas etnoluistis
133 Seite nur noch in TX-Bildern sichtbar.
10b
nedic̣t.u.squi
prophetas quimissisunt
5b
bisquianon uidebit.iṣme donecueni
quaeoccidis
20a
dicoenimuo
phetam . per ireextrahie
hierusalem
15a
eccerelin
15b
ṣe.t.i.ndomu c̣u.i.usdam
pri.ncipispha r.i.ṣa.e.o.rum ṣa.b.b.a.t.oman d.u.ca.repa n.e.metibi e.r.a.ntobser uantesi.l. lu
20b
3 Transkription des Codex Vercellensis (Lk 11,8–30; 13,16–14,1)
65
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar Gebetsrede Jesu Die Fragmenta Curiensia setzen im zweiten Teil der Gebetsrede Jesu ein. Die Rede besteht aus zwei Bildworten, Lk 11,5–10 (der bittende Freund) und Lk 11,11–13 (der gebende Vater), wobei der Anfang des zweiten Teils ebenfalls fehlt. Der Abschnitt ist eine Art Apell zur Frage der Gebetserhörung.134 V.13 nimmt die Vaterappellation von V.2c wieder auf und kann somit als inhaltliche Klammer des Gebets der Jünger und der Gebetsrede gelten.135 Die Rekonstruktion und Ableitung dieses zweiten Bildwortes sind aufgrund der Abweichungen zwischen Mt und Lk schwierig. Die Bildworte sind weisheitlicher Provenienz136 und verfolgen die Fragen: Worum kann man Gott bitten, und erfüllt er jede Bitte?137 Dem Gebet kommt im LkEv eine besondere Stellung zu: Jesus ist nicht nur derjenige, der betet (5,16: Gebet in einsamen Gegenden; 6,12: bei der Jüngerberufung; 9,18: Gebet vor dem Petrusbekenntnis; 28–29: Gebet vor der Verklärung; 22,41.44: Gebet in Gethsemane).138 Ebenso hält er seine Jünger zum Gebet an. Jesus wendet sich in der Gebetsrede an die Jünger und spitzt die Bildworte von dem Freundesverhältnis auf das familiäre Zusammensein zu. Für Lukas ist der Mensch im Gebet in der Regel Empfangender, und es ist dieser Aspekt, der in den folgenden Versen besonders betont wird. Die Frage, ob Gott jedes Gebet erhört, ist Gegenstand einer breiteren Diskussion in der griechischen Welt. So schreibt Xenophon im 4. Jahrhundert v. Chr. über Sokrates, dass er dem Gebet um Gold und Silber oder Herrschaft widerstand und stattdessen die Götter lediglich darum bat, ihm „einfach das Gute zu geben, weil die Götter besser wissen, was gut ist“.139 Ähnliche Formulierungen sind für die gesamte Antike prägend und lassen sich bis in die römische Kaiserzeit zurückverfolgen.140 Dabei wird
134 Kremer, Lukasevangelium, 126. 135 Siehe dazu die Ausführungen im Schlusskapitel. 136 Vgl. Klein, Lukasevangelium, 403. 137 Green, Luke, 445. 138 Zum Gebet siehe: Cullmann, Das Gebet im Neuen Testament; Longenecker, Into God’s Presence; Neyrey, „Prayer in Other Words“, 349–380; Löhr, Studien zum frühchristlichen Gebet, Ostmeyer, Kommunikation mit Gott; van der Horst, „Silent Prayer in Antiquity“, 1–25; Sandnes, Early Christian Discourses. 139 Xen. mem. 1.3.2: Καὶ ηὔχετο δὲ πρὸς τοὺς θεοὺς ἁπλῶς τἀγαθὰ διδόναι, ὡς τοὺς θεοὺς κάλλιστα εἰδότας ὁποῖα ἀγαθά ἐστι. Vgl. dazu Gigon, Kommentar, 96–98. 140 Vgl. z. B. Max. Tyr. 5.7: Ἀλλ’ ὁ θεὸς λέγει, ἐπὶ ἀγαθῷ αἰτεῖς; λάμβανε, εἰ ἄξιος ὢν αἰτεῖς· ταῦτα ἔχοντί σοι οὐδὲν εὐχῆς δεῖ, λήψῃ καὶ σιωπῶν. Ferner Val. Max. 7.2: Socrates, humanae sapientiae quasi quoddam terrestre oraculum, nihil ultra petendum a dis inmortalibus arbitrabatur quam ut bona tribuerent, quia ii demum scirent quid uni cuique esset utile. Ausführlich dazu Wolter, „Das Gebet der Jünger“, 141. https://doi.org/10.1515/9783110752199-004
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
67
von philosophischer Seite immer gefolgert, dass es angemessen ist, den Göttern die Entscheidung zu überlassen, welche Bitten sie erfüllen. Der belegte Abschnitt beginnt hier mit zwei rhetorischen Fragen, die sich auf den Vater beziehen (und nicht wie Mt 7,9 auf den Menschen).141 Mt nennt die beiden Paare Brot und Stein, wie Fisch und Schlange, die Mehrheit der Handschriften des Lk nennen dagegen Fisch und Schlange, aber auch Ei und Skorpion. Das erste bei Mt überlieferte Paar begegnet auch noch in einigen Handschriften des Lk (A C D L W u.ö.). Während in Mt 7,10 der Gegensatz „nützlich – unbrauchbar“ ist, findet sich bei Lk eher jener von „nützlich – schädigend“. Zudem wird vermutet, dass Lk hier die schon in 10,19 erwähnten Stichworte „Schlange / Skorpion“142 als diejenigen Gegenspieler aufgreifen wollte, die von ihm schon entmächtigt wurden. Aber auch das Begriffspaar Schlange und Skorpion ist nicht als rein christliches Gedankengut zu betrachten, sondern findet sich in der hellenistischen Umwelt genauso häufig. Beispiele dafür liefert die Rezeption von Dtn 8,15 bei Philon,143 die Schrift De capienda ex inimicis utilitate aus Plutarchs Moralia144 oder die paradoxographische Sammlung von Tiergeschichten des römischen Sophisten und Lehrers der Rhetorik Claudius Aelianus.145 Das Begriffspaar findet sich zudem in der naturwissenschaftlichen Literatur der Antike häufiger, wo Schlange und Skorpion insbesondere wegen ihrer giftigen Eigenschaften zu den wichtigsten Themen der Heilkunde gehören. So behauptet etwa Plinius, dass Skorpione gefährlicher als Schlangen seien: Ihren Opfern würde ein umso qualvollerer Tod zugefügt, weil das von dem Stachel verursachte Leid bis zu drei Tage andauere.146
141 Siehe schon Schneider, Lukas, 261. 142 Siehe Müller, Lukas-Evangelium, 114. 143 Phil. vit. Mos. 1.192: Πάντα γὰρ ἦσαν ἢ τραχεῖαι καὶ ἀπορρῶγες πέτραι ἢ ἁλμυρόγεως πεδιὰς ἢ ὄρη λιθωδέστατα ἢ ψάμμοι βαθεῖαι πρὸς ἠλίβατον ὕψος ἀνατείνουσαι, καὶ προσέτι ποταμὸς οὐδείς, οὐκ αὐθιγενής, οὐ χειμάρρους, οὐδεμία πηγή, σπαρτὸν οὐδὲν οὐδὲ δένδρον, οὐχ ἥμερον, οὐ τῆς ἀγρίας ὕλης, οὐ ζῷον πτηνὸν ἢ χερσαῖον, ὅτι μὴ τῶν ἑρπετῶν τὰ ἰοβόλα πρὸς ὄλεθρον ἀνθρώπων, ὄφεις καὶ σκορπίοι. 144 Plut. mor. 87a–b: Ὥσπερ γὰρ τὰ ῥωμαλεώτατα τοὺς στομάχους καὶ ὑγιεινότατα τῶν ζῴων ὄφεις ἐσθίοντα καταπέττει καὶ σκορπίους, ἔστι δ᾽ ἃ καὶ λίθοις καὶ ὀστράκοις τρέφεται, μεταβάλλουσι δὲ δι᾽ εὐτονίαν καὶ θερμότητα πνεύματος. 145 Ael. ΝΑ 10.14: ὄφεων δὲ καὶ δακέτων θηρίων ἐστὶν ἔχθιστος. οὐκ ἂν γοῦν αὐτὸν διαλάθοι οὔτε ὄφις οὔτε σκορπίος οὔτε μὴν πονηρᾶς ὕλης ἄλλο τι ἔκτοκον. 146 Plin. nat.hist. 11.87: Similiter his et scorpiones terrestres vermiculos ovorum specie pariunt similiterque pereunt, pestis inportuna, veneni serpentium, nisi quod graviore supplicio lenta per triduum morte conficiunt, virginibus letali semper ictu et feminis fere in totum, viris autem matutino, exeuntes cavernis prius quam aliquo fortuito ictu ieiunum egerant venenum.
68
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 11,11 Folio 1ra, Z. 1–2 a2
pro
piscem
serpentem
illi
porriget
a
pro
piscem
serpentem
illi
por[riget]
e
deest usque ad v. 24
d
pro
pisce
serpentem
ei
dabit
c
pro
pisce
serpentem
illi
porrigis
b
pro
piscem
serpentem
porrigit
ei
f
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
ff2
pro
piscem
serpentem
dabit
illi
i
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
q
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
l
pro
piscem
serpentem
dabit
illi
δ
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
r1
pro
pisce
serpentem
porrigit
ei
p
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
aur
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
ar
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
μ
pro
pisce
serpentem
dab
g1
pro
piscem
serpentem
dabit
illi
g
2
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
gat
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
gig
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
vg
pro
pisce
serpentem
dabit
illi
ἀντὶ
ἰχθύος
ὄφιν
NA
28
it
αὐτῷ
ἐπιδώσει
ff2: e corr. pisce | l: e corr. pisce Mt 7,10 | Tert. adv. Marc. 4.26.8: Nam et panem petentibus de caelo dedit manna et carnem desiderantibus emisit ortygometram: non serpentem pro pisce nec scorpium pro ovo. | Cypr. ep. 55.23: Aut si piscem postulaverit, serpentem illi porrigat? | Aug. ep. 130.16: Aut si piscem petit, numquid serpentem porrigit ei? | Aug. serm. 105.6: Aut quis est vestrum, a quo petit piscem, numquid serpentem porriget ei? | Aug. quaest. evang. 2.22: De pane, pisce, et ovo, quibus contraria posuit, lapidem, serpentem et scorpionem. | Aug. symb. 14: Aut si piscem postulaverit, numquid serpentem illi porriget? | Ps.-Aug. spec. 27: Pro pisce serpentem dabit illi? | Ps.-Hier. ep. 39.7: Aut piscem, numquid pro pisce serpentem dabit illi? | Ruf. ad. 2.20: Aut cum si petierit, numquid dabit ei scorpionem? | Bed. h. 2.8: Aut si piscem, numquid pro pisce serpentem dabit illi? | Bed. h. 2.14: Quis autem ex vobis patrem petit panem, numquid lapidem dabit illi? | Bed. in Tob. 11: Unde et in evangelica parabola sub nomine panis, piscis, et ovi, tres summae virtutes, fides scilicet, spes et caritas exprimuntur. | Sed. S 226.32: Sed sciendum vero est, quod apud Lucam evangelistam pani, pisci, ovo tria contraria, hoc est lapis serpens scorpio
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
69
opponuntur. | Epiph. paran. 42.11.17 (schol. 24): Τίνα γὰρ ἐξ ὑμῶν τὸν πατέρα υἱὸς αἰτήσει ἰχθύν, καὶ ἀντὶ ἰχθύος ὄϕιν ἐπιδώσει αὐτῷ ἢ ἀντὶ ᾠοῦ σκορπίον; | Adam. 2.20 (110.1–6): Ἐάν τινα, ϕησίν, ἐξ ὑμῶν αἰτήσῃ ὁ υἱὸς αὐτοῦ ἄρτον, μὴ λίθον ἐπιδώσει αὐτῷ; ἢ ἐὰν αἰτήσῃ ἰχθύν, μὴ ὄϕιν ἐπιδώσει αὐτῷ; ἢ καὶ αἰτήσει ὠόν, μὴ ἐπιδώσει αὐτῷ σκορπίον; … dicentis in evangelio: Quem ex vobis petit filius suus panem, numquid lapidem dabit illi? aut ovum si petierit, numquid dabit ei scorpionem?
piscem a2 a b ff2 l g1 | pisce rell.: Ein Kennzeichen frühlateinischer Bibelübersetzungen ist die Aufweichung der Kasusrektion der Präpositionen, ohne dass damit ein Bedeutungsunterschied impliziert wäre. Gleich zu Beginn der Fragmenta Curiensia findet sich die Phrase pro piscem: Die Verbindung von pro mit Akkusativ statt Ablativ ist nachklassischer Gebrauch und anhand der Widmungssentenz PROSALVTEMSVAM seit dem 2. Jahrhundert durch viele Inschriften belegt.147 Einen Hinweis auf derartige Schwankungen in der Rektion der Präpositionen bieten außerdem die Expurgierungen in den Codices Corbeiensis secundus (ff2,8) und Rehdigeranus (l,11), in denen die Akkusativendung -m der Anlagehand nachträglich durchgestrichen wurde. illi porriget a2 | illi porrigis c | porrigit ei b r1 | ei dabit d | dabit illi rell.: Die Sonderlesung der Fragmenta Curiensia orientiert sich sowohl in Bezug auf die Voranstellung des Pronomens wie auch in Bezug auf Tempus und Person des Verbums an dem griechischen Text (𝕻75 B D L); für das Prädikat porrigere statt dare liegt die Parallellesung Mt 7,10 nahe, wo die Variante porrigere von den meisten lateinischen Zeugen bevorzugt wird. Die wortwörtliche Übertragung betrifft aber auch die semantische Ebene: dare meint für gewöhnlich schlicht „geben“ und „abgeben“, während porrigere im metonymischen Sinne „darreichen“ bedeutet und häufiger im religiösen Kontext angewandt wird.148 Die Fassung der Fragmente vertieft durch die Wortwahl die Merkwürdigkeit des abgewiesenen Handelns und steigert so das Beispiel rhetorisch. Die kollationierten Handschriften und die Testimonia bei den Kirchengelehrten veranschaulichen darüber hinaus den undifferenzierten Gebrauch der Demonstrativa als Ersatz für das Pronomen der 3. Person; diese Undifferenziertheit kann als grammatisches Phänomen gedeutet werden, das alle lateinischen Bibelübersetzungen prägt. Streng genommen wird im klassischen Latein das fehlende Personalpronomen grundsätzlich durch das Demonstrativum is und dessen obliquen Kasus vertreten, während ille im Gegensatz zu hic zur Bezeichnung des vom Sprecher zeitlich und räumlich Entfernteren dient.149 Man kann gleichsam beobachten, wie Augustinus für dieselbe Stelle bald porriget ei (serm. 105.4.6), bald (symb. 14) illi porriget schreibt, was somit ein Hinweis dafür ist, dass die Pronomina ihre ursprünglichen, auf die Entfernung zum Sprecher hinweisenden deiktischen Funktionen verloren haben.
147 Vgl. z. B. IScM I 130 oder ILS 3970. So auch in den Mosaikpanels der Synagoge von Naro; Ausführlich dazu Stern, Inscribing Devotion, 235–236. 148 Der neue Georges 2, 3737–3738. 149 Vgl. Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 130.
70
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Ein weiteres Beispiel findet sich im ps.-aug. Speculum: In Mt 7,10 wird porriget ei überliefert; an der vorliegenden Stelle im LkEv aber porriget illi. Insgesamt scheint der Text der Fragmenta Curiensia eine Präferenz für ille statt is zu haben: is ist in Lk 13,32 eine Sonderlesung der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis, wo die anderen Zeugen ille führen. ille kommt indes an fünf weiteren Stellen vor, wo der Text der übrigen Manuskripte einheitlich is bietet, nämlich in Lk 11,14.16.17.22.28. Dazu kommen noch die Stellen, an denen man ille statt is lediglich in einer weiteren Handschrift liest, wie Lk 11,22, wo die Fragmente die Textvariante mit dem Codex Usserianus primus (r1,14) gemeinsam haben, oder Lk 13,17, wo sie gemeinsam mit den Codices Vercellensis und Palatinus (e,2) ille bieten; auffallend ist indes, dass dies v. a. an den Stellen zu verzeichnen ist, für die uns der Codex Vercellensis erhalten ist. Lk 11,12 Folio 1ra, Z. 2–5 a2
aut
si
petierit
ovum
a
[aut]
si
pe[tierit]
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
et
si
ovum
petierit
ovum
petierit
c
aut
si
b
aut
si
petierit
ovum
aut
si
petierit
ovum
f ff
aut
si
petierit
ovum
i
aut
si
petierit
ovum
q
aut
si
pe
tierit
ovum
l
aut
si
petierit
ovum
si
petierit
ovum
2
δ
aut
1
et
r
ạut
si
petierit
ovum
p
aut
si
petierit
ovum
aur
aut
si
petierit
obum
ar
aut
si
peterit
ovum
μ
aut
petierit
ovum
g1
aut
si
petierit
ovum
g2
aut
si
petierit
ovum
gat
aut
si
petierit
ovum
gig
aut
si
petierit
ovum
vg
aut
NA28
ἢ
si καὶ
petierit
ovum
αἰτήσει
ᾠόν
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
numquid
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
numquid
scorpionem
c
numquid
scorpionem
b
numquid
scorpionem
porrigit
illi
f
numquid
dabit
illi
scorpionem
numquid
porrigit
illi
scorpionem
numquid
porrigit
ei
scorpionem scorpionem
ff
2
i q
numquid
l
numquid
δ r
porrigit
scorpionem
numquid scorpionem
ei
illi
71
scorpionem
dabit tradis
porriget
illi
porrigit
ei
porriget
illi
scorpionem
1
numquid
porrigit
ei
p
numquid
porriget
illi
scorpionem
aur
numquid
porriget
illi
scorpionem
ar
numquid
porreget
illi
scorpionem
μ
numquid
porreget
illi
scorpionem
g1
numquid
porrigit
illi
scorpionem
g2
numquid
porriget
illi
scorpionem
gat
numquid
porriget
ei
scorpionem
gig
numquid
porriget
illi
scorpionem
vg
numquid
porriget
illi
scorpionem
ἐπιδώσει
αὐτῷ
σκορπίον
NA28
Aug. ep. 130.16: Aut si ovum petit, numquid porriget ei scorpium? | Aug. serm. 105.6: Aut a quo petit ovum, numquid porriget ei scorpionem? | Aug. serm. 105.7: Ovo tuo scorpium time. | Ps.-Aug. spec. 27: Aut si petierit ovum, numquid porriget illi scorpionem? | Hier. ep. 40.7: Aut si petit ovum, numquid porriget illi scorpionem? | Ps.-Hier. ep. 39.7: Aut si petit ovum, numquid porriget illi scorpionem. | Ps.Mel. rec. vg 11.19: Ovum, fides, ut quidam volunt in evangelio: Aut quis ex vobis patrem si peterit ovum, numquid porrigit illi scorpionem? | Petr. Chrys. serm. 50: Dixit et tertiam similitudinem: Numquid si petierit ovum, porriget illi scorpionem? | Petr. Chrys. serm. 55.1: Aut si petierit ovum, numquid porriget illi scorpionem? | Petr. Chrys. serm. 55.6: Sed quia Iudaeus per invidiam effundere magis quam sumere eum volebat, repperit ibidem scorpionem, ut, iuxta apostolum, mandatum quod erat illis in vitam, hoc illis esset ad mortem. | Bed. Apc. 9: Hunc scorpionem contra Evangelii parabolam, generatio viperarum suae soboli tradit. | Bed. h. 2.8: Aut si peterit ovum, numquid porriget illi scorpionem? | Bed. in Lc 3.11: Aut si petierit ovum, numquid porriget illi scorpionem?
aut si a2 c b f ff2 i q l r1 p aur ar g1 g2 gat gig vg | et si d | aut et si δ | aut μ: Was die Hinzufügung der Konjunktion si anbelangt, folgen die meisten Zeugen griechischen Varianten, die ἐὰν δὲ καί beziehungsweise ἢ καὶ ἐάν bieten, wie zum Beispiel die hier kollationierten zweisprachigen Handschriften Codex Bezae (D,5) und Codex
72
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Sangallensis 48 (Δ,37). Eine Abweichung stellt der Codex Moliensis (μ,35) dar, der wahrscheinlich infolge eines Abschreibfehlers des Kopisten lediglich die koordinierende Konjunktion aut überliefert. numquid om.: Die auffallende Übereinstimmung der lateinischen Handschriften in Bezug auf den Gebrauch der Interrogativpartikel entspricht der Überlieferung der griechischen Handschriften, die ein funktionsähnliches μή bezeugen: Sowohl numquid als auch μή werden bei Fragesätzen verwendet, in denen eine verneinende Antwort erwartet wird, und die Partikel ist v. a. wiederum in dem Codex Bezae (D,5) und Codex Sangallensis 48 (Δ,37) belegt. Statt numquid wird μή nachklassisch selten mit einem einfachen non (Codex Palatinus, e,2; Mk 2,19) oder ne (Codex Monacensis, q,13; Joh 4,33) übersetzt. porrigit a2 b ff2 i l r1 g1 | porriget q δ p aur g2 gat gig vg | dabit d f | porreget ar μ | tradis c: Verbkonjugationen reflektieren einige für die allmähliche Entwicklung des Vulgärlateins typische Vertauschungen zwischen einzelnen Paradigmen, die man häufiger auch für das Bibellatein ausmacht. Gleichsam ist an dieser Stelle auf den Zusammenfall von kurzem, offenem /i/ mit langem, geschlossenen /e/ hinzuweisen, der auf die Entphonologisierung der Vokalquantitäten zurückzuführen ist und eine eindeutige Unterscheidung zwischen der konsonantischen Konjugationsklasse und derjenigen auf /ē/, /ī/ und /ĭ/ zunächst aufhebt.150 Im Falle der Rekonstruktion porrigit in den Fragmenta Curiensia (a2,16)151 bietet der Text für dasselbe ἐπιδώσει entweder zwei verschiedene Tempora, Futur in V.11 und Präsens in V.12, oder zwei verschiedene Beugungen (porrigere als Verb der 2. Konjugation in V.11 und als Verb der 3. Konjugation in V.12). Diese Schwankung in der Bildung der Zeitformen sind nicht in den anderen kollationierten Handschriften belegt, sodass die Fragmente als Hinweis für den Zusammenbruch des Verbsystems der klassischen Sprache ebenso herangezogen werden können wie auch für die Koexistenz alter und neuer Konjugationsschemata. Die Vermutung liegt nahe, dass wir damit eine sehr frühe Übersetzung vorliegen haben, die die Zeitformen noch nebeneinander benutzt. illi a2 b f ff2 q δ p aur ar μ g1 g2 gig vg | ei d i l r1 gat: Die Kollation macht den unscharfen Gebrauch der Demonstrativa als Ersatz für das Personalpronomen der 3. Person in den lateinischen Bibelübersetzungen deutlich. Lk 11,13 Folio 1ra, Z. 5–11 a2
si
ergo
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
vos
150 Vgl. Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 176. 151 Vgl. obige Vorbemerkungen zur Transkription, 38.
cum sitis mali
scitis
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
73
(fortgesetzt) a2
si
ergo
vos
cum sitis mali
scitis
d
si
ergo
vos
cum sitis iniqui
scitis
c
si
ergo
vos
cum sitis mali
scitis
b
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
f
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
i
si
ergo
cum sitis mali
nostis
q
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
l
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
δ
si
ergo
vos
r1
si
ergo
vos
cum sitis mali
ṇostis
p
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
aur
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
ar
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
μ
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
g
1
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
g2
si
ergo
vos
cum sitis malis
nostis
gat
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
gig
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
vg
si
ergo
vos
cum sitis mali
nostis
εἰ
οὖν
ὑμεῖς
πονηροὶ ὑπάρχοντες
οἴδατε
ff
2
NA
28
a2
data
bona
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
data
bona
nostis
dare
filiis
vestris
dare
filis
vestris
filiis
vestris
c
bona
data
dare
b
bonos
datos
dare
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data
dare
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vestris
ff
bona
data
dare
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vestris
i
bona
data
dare
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vestris
q
bona
data
dare
filiis
vestris
l
bona
dare
filiis
vestris
f 2
δ r1
data
bona bonos
datus
vestris
filiis
dare
filiis
vestris
dare
filiis
vestris
74
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
data
bona
dare
filiis
vestris
p
bona
data
dare
filiis
vestris
aur
bona
data
dare
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vestris
ar
bona
dare
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vestris
μ
bona
data
dare
filis
vestris
g
bona
data
dare
filiis
vestris
2
g
bona
data
dare
filiis
vestris
gat
bona
data
dare
filiis
vestris
gig
bona
data
dare
filiis
vestris
1
vg
bona
data
dare
filiis
vestris
NA28
δόματα
ἀγαθὰ
διδόναι
τοῖς τέκνοις
ὑμῶν
a2
quanto
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
quanto
c b f
magis
pater
de caelo
dabit
magis
pater
de caelo
dabit
quanto
magis
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vester
de caelo
dabit
quanto
magis
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vester
de caelo
dabit
quanto
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de caelo
dabit
de caelo
dabit
ff
quanto
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vester
i
quanto
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vester
q
quanto
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vester
de celo
dabit
l
quanto
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pater
vester
caelestis
dabit
δ
quanto
magis
pater
de caelo
dabit
1
r
q̣uanto
magis
pater
vester
de caelo
daḅit
p
q̣uanto
magis
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de celo
dabit
aur
quanto
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vester
de caelo
dabit
ar
quanto
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pater
vester
de caelo
dabit
μ
quanto
magis
pater
vester
de caelo
dabit
1
g
quanto
magis
pater
vester
de caelo
dabit
g2
quanto
magis
pater
vester
de caelo
dabit
gat
quando
magis
pater
vester
de caelo
dabit
gig
qu nto
magis
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vester
de celo
dabit
vg
quanto
magis
pater
vester
de caelo
dabit
πόσῳ
μᾶλλον
ὁ πατὴρ
ὁ ἐξ οὐρανοῦ
δώσει
2
NA
28
a
dabit
vobis
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
bona
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
75
data
petentibus
se
d
bonum
datum
petentibus
eum
c
bonum
datum
petentibus
se
b
bonum
datum
petentibus
se
f
petentibus
se
ff2
spiritum
bonum
datum
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se
i
bonum
datum
petentibus
se
petentibus
se
petentibus
se
petentibus
se
petientibus
se
q
spiritum
sanctum
spiritum
bonum vel sanctum
l
bonum
δ r
sanctum
bonum
1
datum datum
p
spiritum
bonum
pe tibus
se
aur
spiritum
bonum
petentibus
se
ar
bona
petentibus
se
μ
bona
petenti
se
g
ten
spiritum
bonum
petentibus
se
2
g
spiritum
bonum
petentibus
se
gat
spiritum
bonum
petentibus
se
gig
spiritum
bonum
petentibus
se
vg
spiritum
bonum
petentibus
se
πνεῦμα
ἅγιον
τοῖς αἰτοῦσιν
αὐτόν
1
NA
28
Mt 7,11 | Tert. adv. Marc. 4.26.10: Itaque et spiritum sanctum is dabit apud quem est et non sanctus. | Cypr. ep. 55.23: Si ergo vos, cum sitis nequam, scitis bona data dare filiis vestris, quanto magis pater vester caelestis dabit bona poscentibus eum? | Ambr. spir. 1.65: Secundum Lucam autem invenies ita scriptum: Quanto magis pater vester de coelo dabit spiritum sanctum petentibus se? | Aug. ep. 130.16: Si ergo vos, cum sitis mali, nostis bona data dare filiis vestris, quanto magis pater vester caelestis dabit bona petentibus se? | Ps.-Aug. spec. 27: Si ergo vos, cum sitis mali, nostis bona data dare filiis vestris, quanto magis pater vester de caelo dabit spiritum bonum petentibus se? | Hier. adv. Pelag. 12: Si vos, cum sitis mali, scitis bona dare filiis vestris, quanto magis pater vester qui in coelis est, dabit bona petentibus se? | Luc. Cal. De non conveniendo cum haereticis 1: Cum sitis iniqui, quippe negatores unici filii Dei, cum odiri vos oporteat a nobis, propterea quod viam veritatis relinquentes comprehenderitis omnium errorum, propterea quod relinquentes lumen, ire delegeritis in exteriores tenebras, quomodo tibi capiti nefando, tibi Dei domus destructori, omnium iniquitatem operantium fomiti, potueramus esse carissimi? | Epiph. 42.11.17 (schol. 24): Εἰ οὖν ὑμεῖς πονηροὶ οἴδατε δόματα ἀγαθά, πόσῳ μᾶλλον ὁ πατήρ. | Epiph. 42.11.17 (elech. 24): Εἰ οὖν ὑμεῖς πονηροὶ οἴδατε δόματα ἀγαθὰ διδόναι τοῖς τέκνοις ὑμῶν, πόσῳ μᾶλλον ὁ πατὴρ ὑμῶν ὁ ἐπουράνιος. | Adam. 2.20 (110.1–6): Εἰ οὖν ὑμεῖς πονηροὶ ὄντες οἴδατε δόματα ἀγαθὰ διδόναι τοῖς τέκνοις ὑμῶν καὶ τὰ ἑξῆς.
76
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
cum sitis iniqui d | cum sitis malis g2 | cum sitis mali rell. | om. δ: Der folgende Satz des Gleichnisses orientiert sich am Plausibilitätsprinzip: die Fürsorge eines Vaters für seine Kinder. Gleichwohl sind aber auch böse Väter im Blick. Der Begriff malus, „böse“, zeigt den Gegensatz zum guten Vater auf und qualifiziert „irdisch“ als schlecht.152 Diese Textvariante ersetzt zudem als Übersetzung für πονηρός die ältere Lesung nequam, die zum Beispiel in Mt 7,11 im Codex Palatinus (e,2) oder in einem Brief von Cyprian an Antonian, der als Bischof in Numidien wirkte, überliefert wird.153 Auffallend ist auch die Sonderlesung iniquus im Codex Bezae (d,5), die neben iniustus in lateinischen Bibeltexten normalerweise als Übersetzung für ἄδικος verwendet wird.154 scitis a2 d c | nostis rell.: Im klassischen Latein werden die beiden Verben scire und noscere unterschieden, indem der Gegenstand von scire grundsätzlich als Proposition gedeutet werden kann, während der Gegenstand von noscere durch die Wahrnehmung gewonnen wird und in der Regel eine empirische Komponente impliziert.155 Daher entsprechen die syntaktischen und semantischen Kombinationsmöglichkeiten von scire weitgehend denen von ‚wissen‘; noscere lässt unabhängig vom Tempus als kategoriale Füllung der Objektfunktion Nominalsyntagmen und Propositionen zu.156 Vor allem wegen einer Verselbständigung des resultativen Aspektes wird gleichsam in der späteren Entwicklung des Lateins und dadurch auch in Bibeltexten auf die Differenzierung im Perfektsystem verzichtet,157 sodass nosse, wie im vorliegenden Vers, eine einfache Präsensbedeutung erhält. Die Synonymität zwischen scire und nosse im Spätlatein ist beispielsweise bei den Kirchenschriftstellern belegt, wenn Augustin schreibt: Qui Graece noverunt, sciunt quid sit Evangelium.158 Eine klassischere Formulierung würde wohl Graece sciunt lauten.159 Aus dieser Perspektive bewahrt die Variante der Fragmenta Curiensia eine größere Konformität mit Sprachvorbildern der Antike. caelo a2 d c b f ff2 δ r1 aur ar μ g1 g2 gat vg | celo q p gig | caelestis l: In den Fragmenta Curiensia lässt sich noch kein Einfluss der sich ab dem 1. Jh. v. Chr. 152 Siehe Bengel, Gnomon, 55, der zu dieser Stelle schreibt: Illustre testimonium de peccato originali. 153 Cypr. ep. 55.23. 154 Vgl. z. B. Lk 16,11; Apg 24,15; Röm 3,5; 1Kor 6,1.9. Die Sonderlesung von d findet sich auch in Lk 6,35 und Joh 17,15 gegen das bei den meisten Zeugen belegte malus. 155 Vgl. z. B. Plaut. Persa 5.2.19: At, bona liberta, haec scivisti et me celavisti?; Liv. 30.25.1: Nondum ab Roma reverterant legati, neque sciebatur quae senatus Romani de bello aut pace sententia esset.; aber Ter. Hec. 4.1.57: Nam quum compressa est nata, forma in tenebris nosci non quita est.; Ov. met. 14.152–153: Nullique videnda, voce tamen noscar. 156 Vgl. Blumenthal, Fesenmeier, „Zur Erfolgsgeschichte von lat. sapere“, 5. 157 Das „Perfektsystem“ umfasst alle Tempora, die vom Perfektstamm abgeleitet sind, wie etwa das Plusquamperfekt und Futur II. nosse meint dementsprechend nachklassisch nicht mehr „gekannt haben“, sondern „wissen“. Vergleichbar ist dies etwa mit dem griechischen Perfekt, das per se ein weiteres, nämlich resultatives Präsens darstellt und daher im Idealfall präsentisch zu übersetzen ist. Zu nennen wäre als Beispiel der Infinitiv Perfekt εἰδέναι, dem die vergangene Handlung „gesehen haben“ zu Grunde liegt, die in „wissen“ resultiert. 158 Aug. serm. 45.5. 159 Vgl. z. B. Cic. Brut. 37.140: Non enim tam praeclarum est scire Latine quam turpe nescire.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
77
herauskristallisierenden, für das Spätlatein dann typischen Monophthongierung von ae (/ae̯/) zu e (/ɛ/) auf die Orthographie feststellen. Die Verbreitung der phonetischen Wandlung, die ursprünglich einen provinziellen Beigeschmack hatte,160 ist in lateinischen Bibelübersetzungen frühestens ab dem 6./7. Jh. im Schriftbild bezeugt; gleichwohl zeigt sich, dass sich die Kopisten nicht unbedingt an eine einheitliche Schreibweise gebunden fühlen: So bieten in V.16 der Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) und der Codex Gatianus (gat,30) die klassische Form caelo, aber celo. bona data a2 | bonum datum d c b ff2 i l r1 | spiritum sanctum f q | spiritum bonum p aur g1 g2 gat gig vg | spiritum sanctum vel bonum δ | bona ar μ: Die Entstehung zahlreicher lateinischer Textvarianten für diesen Vers stimmt mit dem Variantenreichtum der griechischen Überlieferung überein, die folgende Möglichkeiten tradiert: πνεῦμα ἅγιον (𝕻75 אA B C Marc. u.ö.), πνεῦμα ἀγαθόν (𝕻45 L),161 ἀγαθὸν δόμα (D) und δόματα ἀγαθά (Θ) und demnach ebenfalls mit dem Lateinischen vergleichbar alle vier Möglichkeiten kennt.162 Die Variante πνεῦμα ἀγαθόν (𝕻45 L) findet sich gleichsam in den lateinischen Übersetzungen als spiritum bonum wieder; in der lateinischen Literatur der Kirchenschriftsteller wird diese Variante häufig verwendet: Sie wird z. B. in allen Handschriften von Augustinus’ Speculum überliefert.163 Es ist anzunehmen, dass f q p aur g1 g2 gat gig von der Vulgata-Überlieferung abhängig sind, die dann auch von Erasmus favorisiert wurde.164 Ähnliches gilt für die Lesung von δ (27; spiritum bonum vel sanctum), obwohl dessen griechischer Text πνεῦμα ἅγιον überliefert. πνεῦμα ἀγαθόν findet sich auch in den Marginalien des Thomas von Harkel wieder, der in der Nähe von Alexandria lebend eine eigene Rezension des syrischen Neuen Testaments etablierte, und die Hexapla von Origenes zugrunde gelegt haben mag.165 Diese Änderung kann somit auch als Einwand gegen einen Transkriptionsfehler von ΑΓΙΟΝ zu ΑΓΑΘΟΝ angeführt werden.166 Die Lesart findet sich zudem im Testament Benjamin (4.5), wo Benjamin als gutem Men160 Vgl. Varro, l. l. 7.96: In pluribus verbis A ante E alii ponunt, alii non, ut quod partim dicunt sceptrum, partim scaeptrum, alii Plauti Faeneratricem, alii Feneratricem, sic faenisicia ac fenisicia, ac rustici pappum Mesium, non Maesium. Dazu ausführlich Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 89. 161 Freilich basiert dieser Beleg im 𝕻45 auf einer Textergänzung, denn der Beleg kann lediglich durch eine Rekonstruktion sichtbar gemacht werden. Codex Regius ist eine gewichtige Evangelienhandschrift, die nach Scrivener, A Plain Introduction, 138 häufige Lesarten des Codex Vaticanus führt. πνεῦμα ἀγαθόν lässt sich möglicherweise auch in der Überlieferung des Cyril von Alexandrien nachweisen (PG 72, col. 700A = TU 130, 124) wie auch in der syrischen Überlieferung CSCO 70, SS 27 hom. 79, 320, 322. Siehe für weitere Hinweise Rücker, Die Lukas-Homilien, 11 f. und 69. 162 Zum Folgenden siehe Metzger, Textual Commentary, 158; Grundmann, Lukas, 235; Plummer, Luke, 300; North, „Praying for a Good Spirit“, 168–171; Ott, Gebet, 107–109 und Lagrange, Évangile selon Saint Luc, 328. 163 Vgl. Ps.-Aug. spec. 27. 164 Eras. Critici sacri VI, 489, XI.13: Magno consensu reclamantibus exemplaribus Latinis etiam vetustis, quibus ego sane magis assentior. 165 Siehe dazu Juckel, „Die Bedeutung des Ms. Vat. Syr. 268“, 39–40. 166 Siehe beispielsweise North, „Praying for a Good Spirit“, 168.
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schen die Gnade eines „guten Geistes“ zukommt, wenngleich diese Zuschreibung anthropologisch und nicht theologisch zu deuten ist und in einem Parallelismus membrorum neben ἀγαθὴ διάνοια zum Stehen kommt (4,1; 6,4–5) und – wenn man den Auslegungen folgt – auf Empedokles (ὀπώπαμεν στοργὴν δὲ στοργῇ) zurückgehen mag (überliefert bei Arist. metaph. B4 1000b5-9 = DK 31B109 aufgenommen: ἡ δὲ γνῶσις τοῦ ὁμοίου τῶ ὁμοιῷ).167 Diese Variante war möglicherweise auch Philon bekannt, der vergleichbar in Prov. 2.23 argumentiert (τὸ γὰρ ὅμοιον χαίρει τῷ ὁμοίῳ; Eus. praep. evang. VIII 14). Damit wird der „gute Geist“ anthropologisch gedeutet.168 Zentral mögen auch zwei weitere Beispiele aus der LXX sein: 2Esr 19,20 (Neh 9,20MT)169 und Ps 142,10 (143,10MT).170 Der Beleg in Ps 142 ist ein Anruf zur Belehrung, das Gute zu tun, wobei Gottes Geist hier kontrastierend zu Davids Seele gedeutet wird. Der Beleg in Esra ist Teil einer Zeremonie, die ein Gebet der Bundeserneuerung ist, die die Gefahren eines idolatrischen Abfalls freilich deutlich benennt.171 Der „gute Geist“ findet sich auf Seiten der Tora, die diesen Abfall verhindert. Das „Gute“, das mehrfach in Neh 9,12–30 erwähnt wird, richtet sich jeweils auf die Tora. ἀγαθός qualifiziert in beiden Texten πνεῦμα wie auch ἐντολάς, was möglicherweise auch von Didymus, dem Blinden, in seinem liturgischen Rückbezug auf Lk 11,13 im Lichte von Ps 142,10LXX so gedeutet wurde.172 Thomas Harkel potenziert durch diese Zuspitzung des πνεῦμα ἀγαθόν möglicherweise Apg 2,9b: In diesem Vers wird von Pilgern aus Kappadokien und Pontus berichtet, wo der Zoroastrismus zentrale Bedeutung hatte, ein Aspekt, der auch durch den Geographen Strabon hervorgehoben wird (11.8.4; 15.3.15 u.ö.). Vertieft wird dies noch durch eine Gottheit griechisch-ägyptischer Provenienz, Ἀγαθὸς Δαίμων, und durch griechische und ägyptische Quellen, die über Schlangen als Hausgötter berichten, ein Aspekt, der sowohl in Lk 10,19 als auch in Apg 28,3–6 bedeutungsvoll sein könnte. Zudem kommt der Titel Ἀγαθὸς Δαίμων auch Nero um 54 n. Chr. zu, wie J. Quaegebeur deutlich macht.173 Der Kontext von Lk 11,13 zeigt wiederum einen Interpretationsspielraum, der die Phrase πνεῦμα ἀγαθόν als durchaus interessante Interpretationsmöglichkeit lanciert: 167 Siehe North, „Praying for a Good Spirit“, 187; Sext. sent. Text 61 ἀγαθὴ διάνοια χῶρος θεοῦ. 168 Siehe Phil. Gig. 9; North, „Praying for a Good Spirit“, 172. 169 Vgl. 2Esr 19,20: καὶ τὸ πνεῦμά σου τὸ ἀγαθὸν ἔδωκας συνετίσαι αὐτοὺς καὶ τὸ μαννα σοῦ οὐκ ἀφυστέρησας ἀπὸ στόματος αὐτῶν καὶ ὕδωρ ἔδωκας αὐτοῖς τῷ δίψει αὐτῶν. Dass das πνεῦμα durch einen Menschen (wie etwa David in Apg 1,16) oder durch die Schrift sprechen kann, wird in Esra aufgenommen und vertieft, indem das πνεῦμα durch die Propheten spricht. 170 Vgl. Ps 142,8c.10 LXX: γνώρισόν μοι, κύριε, ὁδὸν ἐν ᾗ πορεύσομαι, ὅτι πρὸς σὲ ἦρα τὴν ψυχήν μου; τὸ πνεῦμά σου τὸ ἀγαθὸν ὁδηγήσει με ἐν γῇ εὐθείᾳ. 171 Siehe dazu Levison, The Spirit in First Century Judaism, 194–197; siehe zudem Koch, Geist und Messias, 61–62 u.ö. Beide argumentieren, dass die Phrase „guter Geist“ sich nicht nur auf Gott bezieht, sondern ebenso auf Mose (siehe zu den möglichen Stellenbezügen in der Literatur). 172 Did. De spiritu sancto PG 9, 1078A = 232 SC 386,352–354. 173 Siehe Quaegebeur, Le dieu égyptien Shaï, 113, der auf P.Oxy. 1021,8–10 hinweist: Ἀγαθὸς Δαίμων δὲ τῆς οἰκουμένης (siehe zudem PGM 36 II 216–217); North, „Praying for a Good Spirit“, 187 macht auf Suet. Nero 6 und Tac. Ann. 11.11 aufmerksam.
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So bietet πνεῦμα ἀγαθόν ein Antonym zu den πονηροί, den bösen Vätern (Lk 11,13) und den sieben unreinen Geistern in V.26.174 Gleichwohl ist zu beachten, dass ἀγαθόν im LkEv nur einmal gebraucht wird und πνεῦμα ἅγιον hingegen zahlreich und zudem mehr als in den anderen Evangelien Verwendung findet. Die Phrase δόματα ἀγαθά findet sich in der Parallele Mt 7,11 und wird seit George Howard von der Mehrheit der Ausleger auf eine hebräische Grundlage zurückgeführt רוחו הטוב, wobei das feminine רוחוvon Howard leicht durch das maskuline „ מחןGeschenk“ ersetzt werden konnte.175 Die Formulierung greift neben Mt 7,11 möglicherweise auf Sir 18,16 f. zurück, eine Ermahnung zu selbstkritischer Lebensführung.176 Hier wird demnach der besondere Akzent greifbar, den die Fragmenta Curiensia mit der Gebetsinstruktion abschließen: Die Bitte, mit der die Jünger mit Erfüllungsbewusstsein vor Gott treten können, ist nicht die Bitte nach dem heiligen Geist, sondern die Bitte um eine selbstkritische Lebensführung, die freilich im Gebet und in der Demut vor Gott begründet ist. Bemerkenswert ist zudem die Nähe zu Eph 4,8.177 Die Epheserstelle ist als Hinweis auf Ps 67,19 zu lesen: ascendisti in excelsum captivam duxisti captivitatem, accepisti dona in hominibus, der von Jahwes Siegeszug auf den Zion spricht, der Gefangene macht. In Eph 4,8 wird der Aufstieg auf den Sinai nun auf Christus bezogen. Eine Predigt Augustins bietet gleichsam eine Vertiefung dieser Interpretation wie auch zu den Sprüchen in Lk 11,9–13, indem Christus nach seinem Aufstieg das Verlangen habe, aufgrund seiner Barmherzigkeit auf unsere Bitten zu antworten.178 Die Schlange und den Skorpion interpretiert er als schlechten Einfluss, während das Brot die Liebe, der Fisch, den Glauben und das Ei die Hoffnung repräsentieren. Diese Unterteilung in gute und schlechte Kräfte setzt er dann in einem Zwiegespräch mit Vergils Aeneis und den Georgica fort, indem er darauf verweist, dass schon bei diesem römischen Dichter Jupiter den Untergang des irdischen Reiches beschworen habe.179 Mit dieser Interpretation wird Christus zum Mittler der Gaben; gleichzeitig wird die moralische Verantwortung der Beter und Beterinnen betont (siehe auch a2). Eines ist jedenfalls deutlich: Die unterschiedlichen griechischen Traditionen haben entsprechende wortwörtliche Übertragungen ins Lateinische hervorgebracht, wobei die Sonderlesung der Fragmenta Curiensia in einem offensichtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Codex Coridethianus steht.180 Aus einer rhetorischen 174 Vgl. Lk 11,26: παραλαμβάνει ἕτερα πνεύματα πονηρότερα ἑαυτοῦ ἑπτά. 175 Siehe dazu Howard, The Gospel of Matthew, 59–61; 219–220. 176 Vgl. Sir 18,16–17: οὐχὶ καύσωνα ἀναπαύσει δρόσος; οὕτως κρείσσων λόγος ἢ δόσις. οὐκ ἰδοὺ λόγος ὑπὲρ δόμα ἀγαθόν; καὶ ἀμφότερα παρὰ ἀνδρὶ κεχαριτωμένῳ. 177 Vgl. Eph 4,8: Ἀναβὰς εἰς ὕψος ᾐχμαλώτευσεν αἰχμαλωσίαν, ἔδωκεν δόματα τοῖς ἀνθρώποις. 178 Aug. serm. 105.6 (PL 38.620–621). 179 Vgl. Verg. Aen. 1.278–279: His ego nec metas rerum nec tempora pono, imperium sine fine dedi. Ferner Verg. georg. 2.498: Non res Romanae perituraque regna. 180 Der Codex Coridethianus wurde im Kaukasus gefunden und stammt von einem nicht mit dem Griechischen voll vertrauten Schreiber; oftmals wird der Text als Repräsentant des Cäsareatextes ge-
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Perspektive fällt aber die chiastische Konstruktion in den Fragmenten auf, die durch die Wortumstellung entsteht: data bona / bona data. 11,14–32: Jesu Verteidigungsrede Formal steht dieser Abschnitt den Streitgesprächen nahe, deren Anlass ein Exorzismus darstellt, der den Schulgesprächen vorangestellt ist (14–17a).181 Lk nennt nacheinander vier Reaktionen auf die Wunder Jesu: Vom Staunen der Menge (V.14b) über die Zuschreibung „Beelzebul“ (V.15) sowie die Zeichenforderung vom Himmel (V.16) bis hin zum Hören und Tun (V.27), der einzig wahren Konsequenz.182 Es ist nun auffallend, dass die Ablehnung nicht nur von den Pharisäern kommt, sondern von der Menge selbst, die Jesus zuvor mindestens neutral, wenn nicht gar positiv gegenüberstand.183 In 17b–20 wird die Frage thematisiert, ob Jesus die Dämonen durch Beelzebul oder den Finger Gottes austreibe.184 Die Argumentation gliedert sich anhand einer viermaligen Wiederholung der Präposition in zur Kennzeichnung des Instrumentalen (erstmals angeführt in 15b: in beelzebul principe; wiederholt in 18c: in beelzebul principe; 19a: in beelzebul; 20a: in digito dei). Die beiden nachfolgenden Abschnitte werden mit cum eingeführt (siehe V.21,24). Diese vier Teile sind zudem durch die Auseinandersetzung um das daemonium (V.14; daemonia in V.15,18,19; in V.26 findet sich spiritus) und Verben wie eicere (V.14,15,18,19,20), expellere (V.15 als spätere Hinzufügung in den Fragmenta Curiensia) oder exire (V.24) miteinander verbunden. Dass Jesus sich verteidigt, er treibe Dämonen aus, findet sich auch in Mk 3,22–27, freilich lediglich mit einigen Übereinstimmungen: V.22 – scribae et ceteri dicebant enim quoniam belsebul habet principem daemoniorum et expellit per ipsum daemonia (hier nach dem Codex Palatinus; der Codex Vercellensis ist nicht lesbar), V.23 – et convocans eos dicebat illis in parabolis dominus iesus: quomodo potest satanas satanam deutet. Bedenkenswert ist, dass bis zum 4. Jh. n. Chr. Cäsarea die geistige und kirchliche Hochburg ist, und eben nicht Jerusalem. Nach dem Bar-Kochba-Aufstand bildet sich hier eine neue christliche Gemeinde. Erst mit der Konstantinischen Wende ändert sich dies. Siehe dafür Aland, Der Text des Neuen Testaments, 76–77. Neben Θ sind noch die Minuskeln 565 und 700 als Haupttext des Cäsareatextes zu deuten. Weder bei Origenes noch bei Eusebius ist dieser Text nachgewiesen worden. Umstritten ist zudem die Nähe zu den syrisch-palästinischen Versionen (siehe Aland, Der Text des Neuen Testaments, 206). 181 Siehe zu der formgeschichtlichen Einordnung Plummer, Luke, 917–919; Wiefel, Lukas, 220; Schürmann, „Q Lk 11,14–36 kompositionsgeschichtlich befragt“, 563–586; Jeremias, Sprache, 203; Busse, Wunder, 275–289; Emmrich, „Lucan Account of the Beelzebul Controversy“, 267–279; Kollmann, Jesus und die Christen als Wundertäter, 174–186. 182 Vgl. Klein, Lukasevangelium, 410–411. 183 Vgl. Green, Luke, 451. 184 Siehe dazu Hengel, „Der Finger und die Herrschaft Gottes“, 87–106; Robbins, Beelzebul Controversy in Mark and Luke“, 261–277; van der Horst, „The Finger of God“, 89–103; Wall, „The Finger of God“, 144–150; Woods, „The ‘Finger of God’ and Pneumatology“, 87–89; Laufen, Doppelüberlieferung, 131; Fleddermann, Mark and Q, 479–482.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
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expellere, V.24 – regnum in se dividatur, non potest stare regia illa, V.25 – et si domus super se divisa fuerit, non poterit stare domus illa, V.26 – et si satanas satanan eicit, dispertitus super se, non potest stare regnum eius, sed finem habet, V.27 – nemo autem potest vasa fortis intrare in domum et diripere, nisi prius fortem alliget, et tunc domus illius diripiet. Indes finden sich in den Fragmenta Curiensia zahlreiche Übereinstimmungen mit der Mt-Fassung (Mt 12,22–30), was besonders anhand der Einfügungen einer Nachtraghand deutlich wird, die weitergehende Ergänzungen aus der Parallelüberlieferung vornimmt. In der exegetischen Literatur wird vermutet, dass der Lk-Text sich stark an die Q-Fassung anlehne.185 Die Fragmenta Curiensia bestätigen jedenfalls diesen Eindruck. Die Heilung des stummen und – je nach Überlieferungsvariante – auch tauben Mannes bildet den Eingang zur Verteidigungsrede Jesu gegen die Pharisäer, die ihm ein Bündnis mit Satan vorwerfen. Vier lateinische Übersetzungen (a2 d c f) bezeugen eine längere Version dieser Episode, indem sie die szenische Einleitung in V.14 erweitern und die Exposition des Exorzismus aus der Parallelüberlieferung nachtragen. Eine Sonderlesart bietet indes der Codex Bezae; er ist von Bedeutung, weil er als bilinguale Handschrift die einzige griechische Überlieferung der Stelle bietet und diese in eine wortgetreue, lateinische Übersetzung überträgt: ταῦτα δὲ εἰπόντος αὐτοῦ προσφέρεται αὐτῷ δαιμονιζόμενος κωφός (D,5). Obwohl das Abhängigkeitsverhältnis der verschiedenen Lesarten evident ist, differieren sie in wenigen Punkten: Statt der Partizipialkonstruktion und des Adjektivs daemoniosus im Codex Bezae (d,5) bevorzugen die übrigen Zeugen einen mit cum eingeleiteten Temporalsatz und d(a)emoniacum; für adduxerunt ad eum im Codex Brixianus (f,10), eine Form von offerre in verschiedenen Tempora (Präsens: d c; Imperfekt: a2) und Diathesen (Passiv: d; Aktiv: a2 c) und das Dativobjekt illi. Umso wichtiger sind vielleicht die Auslassungen und Hinzufügungen: Im Codex Bezae (d,5) handelt es sich um einen Mann, der als surdus („dunkel“, „schwarz“, „taub“) beschrieben ist, im Codex Colbertinus (c,6) wird ein Mann als surdus et mutus („taub und stumm“) qualifiziert.186 Die Fragmenta Curiensia und der Codex Brixianus qualifizieren die Leiden des Mannes erst in der Fortsetzung des Verses näher. In den Fragmenten wird der Text durch eine Tintenglosse zwischen den Zeilen 11 und 12 erweitert; diese Korrektur zeigt sich außerdem als eine Sonderlesung. Ein Einzellogion in V.23 bildet den Abschluss der Rede:
185 Fleddermann, Mark and Q, 41–44; Wolter, Lukasevangelium, 415–416; Laufen, Doppelüberlieferung, 126–130. 186 Siehe Dig. 5.1.12.2: „Not everybody may be appointed a judge by those with the right to appoint judges. For some are prevented by statute (lex) from becoming judges, some by nature (natura), and some by custom (mores). For example, the deaf and the dumb (surdus mutus) […]“. Siehe zudem Digest 45.1. Siehe Laes, „Disabilities and the Disabled in the Roman World. A Social and Cultural History“, 192–214. Siehe Hier. PL 1065 cc 305: Cur caecus et surdus et mutus ita creati sunt?; Bed. hom. T. VII c. 65–66 1.22; vgl. auch. Ambr. vid. 10.63: simul enim praeceptum dederit, caecus videt, paralyticus ambulat, mutus loquitur, surdus audit, febriens ministrat, lunaticus liberator.
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Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 11,14: Texterweiterung Folio 1ra, Z. 11 a2
haec
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
haec
c
haec
f
cum
autem
cum
autem
dixisset
unum
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
illi
offertur
illi
dixisset
offerunt
illi
dixisset
adduxerunt
ad eum
dicente eo cum
haec
a2
offerebant
daemoniacum
d
daemoniosus
surdus
c
unum
demoniacum
surdum
f
unum
daemoniacum
et
mutum
Mt 9,32; 12,22 | Mk 7,32
Lk 11,14 Folio 1ra, Z. 12–18 a2
et
factum est
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
cum eiceret
daemonium
d c
et
erat
dum eiciebat
demonium
b
et
erat
eiciens
daemonium
eiecit
daemonium
f
et
ff
et
erat
dum eicit
demonium
i
et
erat
dum eicit
daemonium
q
et
erat
eiciens
demonium
l
et
erat
dum ei cit
daemonium
erat
eiciens
daemonium
cum eiceret
daemonium
eiciens
demonium
eiciens
daemonium
2
δ 1
r
et
erat
p
et
erat
aur
et
erat
e
iesus
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
83
(fortgesetzt) a2
et
factum est
cum eiceret
daemonium
ar
et
erat
ieciens
demonium
μ
et
erat
eiciens
demonium
g
et
erit
eiciens
daemonium
2
g
et
erat
eiciens
daemonium
gat
et
erat
eiciens
doemonium
gig
et
erat
eiciens
demonium
vg
et
erat
eiciens
daemonium
1
NA
iesus
καὶ
28
ἦν ἐκβάλλων
a2
et
illut
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
fuit
δαιμόνιον
mutum
d
et
c
idipsum
fuit
mutum
et
et
illud
erat
mutum
et
et
illud
erat
mutum
ff
et
illud
fuit
mutum
et
i
et
illud
fuit
mutum
et
q
et
illud
fuit
mutum
l
et
illut
fuit
mutum
δ
et
illud
erat
mutum
1
r
et
illud
erat
mutum
p
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illud
erat
mutum
et
aur
et
illud
erat
mutum
et
μ
et
illud
erat
mutum
et
g
et
illut
erat
mutum
et
2
g
et
illud
erat
mutum
et
gat
et
illud
erat
mutum
et
gig
et
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erat
mutum
et
vg
et
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erat
mutum
et
καὶ
αὐτὸ
ἦν
κωφόν
b f 2
factum est
autem
factum est et factum est
autem
quod
ar 1
NA
28
ἐγένετο
δὲ
84
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
eiciente autem illo
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
eiecto eo
c
cum eiecisset
b
cum eiceret
mutum
daemonium
demonium
mutum
locutus est
mutus
mutum
daemonium daemonium
locutus est
mutus
mutum
demonium
locutus est
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f
cum eiecisset
ff2
cum eicisset
i
cum eicisset
demonium
locutus est
mutus
q
ut exiret
demonium
locutus est
mutus
l
cum eiecisset
daemonium
locutus est
mutus
δ
daemonio exeunte
locutus est
mutus
r
cum eicisset
illud
locutus est
mutus
p
cum eiecisset
demonium
locutus est
mutus
aur
cum eiecisset
daemonium
locutus est
mutus
locutus est
mutus
μ
cum eicisset
demonium
locutus est
mutus
g
cum eicisset
daemonium
locutus est
mutus
2
g
cum eiecisset
daemonium
locutus est
mutus
gat
cum eiecisset
doemonium
loquutus est
mutus
gig
cum eiecisset
daemonium
locutus est
mutus
vg
cum eiecisset
daemonium
locutus est
mutus
ἐλάλησεν
ὁ κωφὸς
1
mutum
ar 1
NA
τοῦ δαιμονίου ἐξελθόντος
28
a2
omnes
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
omnes
c
et
b f ff
turbae
stupebant
mirabantur
omnes
turbae
mirabantur
omnes
turbae
[ob]stupebant
et
admiratae sunt
turbae
et
omnes
turbae
stupuerunt
i
et
omnes
turbae
stupebant
q
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l
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2
mirati sunt omnes
turbae turbae
stupebant
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
85
(fortgesetzt) a2
omnes
turbae
δ
et
r
1
et
p
et
admirate sunt
turbe
aur
et
admi atae sunt
turbae
ar
et
ammiratae sunt
turbae
μ
et
miratae sunt
turbae
g
1
et
admiratae sunt
turbae
g
2
et
amirate sunt
turbae
gat
et
gig
et
vg
et
admiratae sunt
turbae
καὶ
ἐθαύμασαν
οἱ ὄχλοι
NA
28
miratae sunt omnes
mirati sunt r
admiratae sunt omnes
stupebant
turbae eum
turbae turbe
stupuerunt
Mt 12,22–23 | Mk 3,22 | Aug. cons. evang. 2.84 (186.19): Hoc non isto ordine, sed post alia multa Lucas commemorate et mutum dicit tantum, non etiam caecum. | Bed. in Lc 4.11.1: Et erat Iesus eiciens daemonium, et illud erat mutum. Et cum eiecisset daemonium, locutus est mutus et ammiratae sunt turbae. | Responsoria, Antiphonae 1996 121: Cum eiecisset daemonium, locutus est mutus et admiratae sunt turbae. | Responsoria, Antiphonae 2656 202: Erat Iesus eiciens daemonium, et illud erat mutum. Et cum eiecisset daemonium, locutus est mutus, et admiratae sunt turbae.
et factum est a2 | et erat rell. | δ om. et | f om. erat: Die Fragmenta Curiensia übersetzen die Kopula ἦν mit factum est. Im Griechischen ist die Kopula ἦν als Coniugatio periphrastica zu deuten und gleicht somit die fehlende Exposition aus: Das periphrastische Imperfekt mit dem Imperfekt von εἶναι, ἦν bzw. ἦσαν, mit einem Partizip Präsens ersetzt hier den Indikativ Imperfekt. Die in diesem Vers vorliegende Coniugatio periphrastica hat keine synoptische Parallele.187 Zahlreiche Exegeten argumentieren für einen aramäischen oder auch hebräischen Hintergrund dieses periphrastischen Imperfekts, wie etwa Moulton, der meint, dass „Aramaic sources underlie the Greek“,188 eine Meinung, die dann auch von Lagrange bestätigt wird; H.W. Smyth verweist auf εἶναι mit Partizip Präsens oder Perfekt „to form a periphrasis, especially when the participle has an adjectival character“.189 Der hebräische Text bietet häufiger ein היהplus Partizip ()וַ יְ ִ֕הי,190 das im Hebräischen entweder zwei 187 Siehe sonst Lk 4,31parr.; Lk 5,17parr. Ohne Parallele ist zudem Lk 4,20.44; 5,1.16.17.29; 6,12; 8,40; 11,14; 15,1; 19,47; 21,7. 188 Moulton, Grammar I, 226. 189 Lagrange, Évangile selon Saint Luc, cv-cvi; Smyth, Greek Grammar, 437, § 1961. 190 Vgl. Everson, „An Examination of Synoptic Portions“, 183–186.
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Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Texte miteinander verknüpft oder einen neuen Abschnitt einleitet und dann als periphrastisches Imperfekt übersetzt wird, was nach Evans auf „independent Greek usage and Hebrew interference“ verweise.191 Man kann also annehmen, dass die Fragmenta Curiensia an dieser Stelle einen Semitismus nachvollziehen, besonders aber im Gegensatz zu den anderen Handschriften, die fast ausnahmslos erat nennen. Im darauffolgenden Satz (eiciente autem illo a2) lassen indes sowohl die Fragmenta Curiensia als auch die Mehrheit der übrigen Zeugen das griechische Verb ἐγένετο unübersetzt, was ungewöhnlich ist, da sich der Semitismus in Lk 11,14 besonders an ἐγένετο δέ zeige,192 während die Codex Brixianus (f,10), Monacensis (q,13) und Sangallensis 48 (δ,27) dafür an dieser Stelle factum est führen. Der Text der Fragmente überliefert in 11,27 nochmals diese Form von facere, freilich als Übersetzung von ἐγένετο, zumal in Konkordanz mit den anderen Manuskripten. Demnach kann man an dieser Stelle vermuten, dass hier semitischer Stil in den Fragmenta Curiensia im Lateinischen nachvollzogen wird. cum eiceret a2 r1 | dum eicit ff2 i | dum eiecit l | dum eiciebat c | eiecit f | ieciens ar | eiciens rell.: Die Mehrheit der Übersetzungen folgt dem griechischen Text (ἐκβάλλων) mit einem Partizip Präsens. Allein die Fragmenta Curiensia und der Codex Usserianus primus (r1,14) lösen das Partizip in einen mit cum eingeleiteten Temporalsatz auf, während einige andere stattdessen die Konjunktion dum bieten. Die Austauschbarkeit von cum und dum ist ein typisches Phänomen der spätlateinischen Syntax und wurde bereits von der antiken Komödie als eine Eigenart der Vulgärsprache benannt.193 Das Verb ἐκβάλλειν wird in der Regel mit Exorzismus in Verbindung gebracht.194 Diese Interpretation vertieft sich noch, wenn wir zwei Zitate des Bischofs Cyprian mit einbeziehen: „Lucianus hat zwei Briefe in Anwesenheit zweier Kleriker geschrieben, einem Exorzisten und einem Lektor – Praesente de clero et exorcista et lectore Lucianus scripsit.“195 Cyprian bekräftigt diese Sichtweise noch in einem späteren Brief, wo er schreibt: „Es geschieht zudem auch heute, dass durch einen Exorzisten durch menschliche Worte und göttliche Kraft der Teufel ausgetrieben, verbrannt und gequält wird – Quod hodie etiam geritus, ut per exorcistas voce humana et potestate divina flagelletur et uratur et torqueatur diabolus.“196 Die Zuschreibung als Exorzismus wird zudem durch Begriffe vertieft, die vom Austreiben oder Quälen eines Dämonen sprechen, wie etwa in Lk 4,4; 9,42 u.ö. eicere oder expellere. Eine Phrase betont ferner die Verbannung des bösen Geistes in die Wüste und spricht von fugare in deserta loca.
191 Evans, Verbal Syntax in the Greek Pentateuch, 256; siehe zudem die Studie von Verboomen, L’imparfait périphrastique, bes. 25–71. 192 Hogeterp, Denaux, „Semitisms in Luke’s Greek“, 409. 193 Vgl. Wölflin, Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik, 339–340. 194 Zum Folgenden: Weissenrieder, „Disease and Healing in a Changing World“, 41–56; eadem, „It Prodeeded from Entrance of a Demon into the Man”, 256–270. 195 Siehe Cyp. ep. 23. 196 Cyp. ep. 69.15.2; siehe Bastiaensen, „Exorcism“, 132.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
87
Einige lateinische Begriffe scheinen diese Zuspitzung besonders zu verdeutlichen, wie etwa exire oder recedere. Indes sind die Verben ebenso in der medizinischen Literatur belegt: Celsus führt eicere für „übergeben“ oder „brechen“, Scribonius verwendet reiectio und reicientes für das „Ausspucken“ oder „Übergeben“ von Gift, Blut oder anderen Körperflüssigkeiten oder des Mageninhalts,197 und Cassius Felix gebraucht reiactatio für das „Ausspucken“ von Blut und Schleim, indem das Substantiv figurativ benutzt und auf ein forciertes Ausspucken verwiesen wird. Im LkEv werden neben eicere zudem mehrfach mittere und dimittere verwendet, so etwa in der Heilungsgeschichte der Schwiegermutter des Petrus in 4,36. Celsus gebraucht remittere (remissio) für das Abflauen oder Nachlassen von Krankheitssymptomen und spricht in erster Linie davon, dass das Fieber den Patienten verlässt. Auch Scribonius spricht von remissio – remittere von Schmerzen.198 Theodorus Priscianus verwendet zudem dimittere – einen Patienten von einer Krankheit „heilen/erlösen“, und er spricht in diesem Zusammenhang vom Fieber als „verlassen und wegschicken“.199 Schließlich ist auch noch auf Cassius Felix zu verweisen, der dimittere und eicere, wie auch remittere, nennt, wenn die Krankheit einen Körper verlässt,200 und von der Geburt einer Krankheit und nativitas, das auf die Vermehrung der Krankheitssymptome verweist.201 Der Medizinhistoriker D.R. Langslow verweist für die frühe lateinische Medizin auf eine Krankheit „approaching or more aggressively attacking the patient, seizing the patient, letting him go, and departing“.202 Dieser kurze Überblick über die Verben eicere, dimittere and remittere, die in der Vetus Latina im Zusammenhang mit Krankheitsheilungen gebraucht werden, müssen nicht zwangsläufig als Hinweis auf Exorzismus verstanden werden, sondern können ebenfalls als medizinische Beschreibung einer Genesung gelten. Gerade Fieber wird in den antiken Quellentexten als eine Krankheit gedeutet, die einen Menschen „befallen“ kann.203 daemonium a2 b f i l δ r1 aur g1 g2 vg | demonium c ff2 q p ar μ gig | doemonium gat: Auch an dieser Stelle liegt eine konservative Orthographie des Textes der Fragmenta Curiensia mit Blick auf die Beibehaltung des klassischen Diphthongs ae vor. Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass die Distribution der monophthongierten Formen nicht mit der von caelum übereinstimmt: Der Codex Colbertinus (c,6) und Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) bieten zwar durchgehend demonium, indes in V.13 caelo, sodass an dieser Stelle deutlich wird, dass beide Varianten häufig auch parallel
197 Scribonius Largus, 47.22–23; 48.19; 49.1; 62.20: stercus per os eicientem. 198 Scribonius Largus, 52.10.16. 199 Theodorus Priscianus, 247.7. 200 Siehe schon André, „Remarques“, 65. 201 André, „Remarques“, 65 mit Verweis auf Cassius Dio 38.1. Vgl. auch Vietmeier, Beobachtungen über Caelius Aurelianus, 53–54. 202 Langslow, „The Development of Latin Medical Terminology“, 196. Siehe zudem André, „Remarques“, 47–67. 203 Vietmeier, Beobachtungen über Caelius Aurelianus, 53–54.
88
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
im selben Text Verwendung fanden. Als Folge der Monophthongierung von /ɔɪ̯/ zu /e/ in der Kaiserzeit fielen schließlich auch die Grapheme ae und oe zusammen.204 Dies bezeugt die Sonderlesung doemonium des Codex Gatianus (gat,30), die das Manuskript für klassisches daemonium an annähernd allen Stellen führt (Ausnahme: 13,32). illut a2 l g1 | idipsum c | illud rell.: Die Allographie dentaler Okklusiven im Auslaut war bereits dem spätantiken Rhetor und christlichen Gelehrten Marius Victorinus bekannt. Er beobachtet, dass auf d endende Wörter häufig mit t auslauten, wenn das darauffolgende Wort mit einem Konsonanten beginnt, eine Erscheinung, die in der Sprachwissenschaft als Entsonorisierung bezeichnet wird.205 Mehrere Inschriften bestätigen das Phänomen: In pompejischen Zeugnissen steht beispielsweise QVOTSCRIPSI206 statt QVODSCRIPSI, ATQVEM207 für ADQVEM oder ATPORTA208 statt ADPORTA. Unter den hier kollationierten Handschriften sind – abgesehen von den Fragmenta Curiensia – nur zwei, die diese Nebenform bieten, der Codex Rehdigeranus (l,11) und der Codex Sangermanensis primus (g1,7); gleichwohl folgt hier dem Demonstrativpronomen illut die Kopula erat, sodass eine Abweichung von Victorinus’ Regel zu beobachten ist. Zudem stellt die Entsonorisierung von illut statt illud in Lk 13,18 einen der wenigen Unterschiede zwischen den vorliegenden Fragmenten und dem Codex Vercellensis dar. fuit a2 c ff2 i q l | erat rell.: Die Übersetzung von ἦν mit dem Perfekt der Kopula esse deutet die Vetus Latina-Forschung als eine ältere „Afra“-Lesart.209 Es ist freilich in der klassischen Philologie schon gezeigt worden, dass beide Formen in der Antike, etwa bei Plautus, undifferenziert benutzt werden können.210 a2 b d om. locutus est mutus: Offensichtlich hat der Kopist der Fragmente nicht nur einen längeren Anfang für V.14 vor Augen (gleichsam ohne Benennung der Krankheitssymptome), sondern auch einen kürzeren Schluss, in dem nicht noch einmal auf den nun geheilten Mann eingegangen wird; damit stimmt der Text der Fragmente mit dem der Codices Veronensis und Bezae überein. Der Unterschied ist freilich, dass der Kranke nach den Fragmenta Curiensia nicht stumm ist, weil er krank ist (denn die
204 Vgl. Väänänen, Introduction au latin vulgaire, 38: „La monophtongaison de oi – oe en ē est sans doute postérieure à celle de ai – ae, mais les premiers exemples en date proviennent déjà de Pompéi: 8975 amenus, citaredus 8873, 1890 Phebus, inversement tab. cer. 82, 5 Ephoebi = Ephebi.“ 205 Vgl. Mar. Vict. 1.4.50: D tamen litteram conservat si sequens verbum incipiat a vocali; ut haud aliter muros; et haud equidem. At cum verbum a consonante incipit, D perdit, ut haut dudum, et haut multum, et haut placitura refert, et inducit. 206 CIL 4.1860. 207 CIL 4.1880. 208 CIL 4.2013. 209 Vgl. Burkitt, The Old Latin and the Itala, 13. 210 Vgl. Plaut. Poen. 5.2.108–109: Nam mihi sobrina Ampsigura tua mater fuit; pater tuos, is erat frater patruelis meus. Für dieses und andere Beispiele, vgl. Wheeler, „The Syntax of the Imperfect Indicative“, 374.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
89
Fragmente lassen die Krankheitsbezeichnung in der Exposition weg), sondern weil er von einem stummen Dämon am Sprechen gehindert wird. omnes turbae stupebant a2 | obstupebant b | et omnes turbae stupebant l i | stupuerunt ff2 gig | et admiratae sunt turbae f aur g1 gat vg | admirate p | ammirate ar | amirate g2 | miratae δ μ | mirati q | omnes mirabantur d | c add. et turbae | et omnes mirati sunt eum r1: Die große Anzahl von lateinischen Varianten findet keine Entsprechung in der griechischen Überlieferung; allein der Codex Bezae (D,5) bietet eine abweichende Lesung mit πάντες anstatt ὄχλοι. Das Adjektiv kommt – immer in Kombination mit turbae – in den ältesten Handschriften vor, während der Texttyp der Vulgata in Übereinstimmung mit der Mehrheit der griechischen Zeugen die konzisere Formulierung ohne omnes tradiert. Erwähnenswert ist außerdem, dass als Übersetzung für θαυμάζειν in den Evangelien gewöhnlich die Deponentia mirari oder admirari gewählt werden;211 die präfigierte Form findet dann häufiger in dem älteren Texttyp des Codex Bobbiensis (k,1) und Palatinus (e,2) Verwendung. stupere („verblüfft, betreten sein, stocken, stillstehen“212) scheint demnach nicht nur eine jüngere Variante zu sein, sondern wird ausschließlich in zwei Lukas-Stellen gebraucht: im vorliegenden Vers und in 9,44, wo aber die Vulgata ebenso stupebant bietet. Lk 11,15 Folio 1ra, Z.18–23 a2
quidam
a
deest usque ad v. 26
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autem
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quidam
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phariseis
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quidam
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quidam
ex
211 Siehe Der Neue Georges, 3098–3099. 212 Siehe Der Neue Georges, 4520–4521.
90
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
quidam
autem
ex
illis
ar
quidam
autem
μ
quidam
autem
ex
farisaei s
dixerunt
g
2
quidam
autem
ex
eis
dixerunt
g
quidam
autem
ex
eis
dixerunt
gat
quidam
autem
ex
eis
dixerunt
gig
quidam
autem
ex
phariseis
dixerunt
vg
quidam
autem
ex
eis
dixerunt
τινὲς
δὲ
ἐξ
αὐτῶν
εἶπον
1
NA
28
a2
in
beelzebul
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
in
c
dixerunt dixerunt ei
ex
principe
daemoniorum
eicit
daemonia
beelzebul
principe
daemoniorum
eicit
daemonia
in
beelzebub
principe
demoniorum
eicit
demonia
b
in
belzebul
principem
daemoniorum
eicit
daemonia
eicit
daemonia
f
in
beelzebul
principe
daemoniorum
ff2
in
belzebul
principem
demoniorum
i
in
beelzebul
principem
daemoniorum
eicit
daemonia
q
in
beelzebul
principem
daemoniorum
eicit
daemonia
l
in
beelzebul
principe
daemoniorum
eicit
daemonia
demonia
δ
in
beelzebub
principe
daemoniorum
eicit
daemonia
r1
in
belzebul
principem
daemoniorum
eicit
daemonia
p
in
beelzebub
principe
demoniorum
eicit
demonia
aur
in
belzebub
principe
daemoniorum
eicit
daemonia
ar
in
belzebub
principe
demoniorum
iecit
demonia
μ
in
belzebuth
príncipe
demonium
eiecit
demonia
g1
in
beelzebul
principem
daemoniorum
eicit
daemonia
g
2
in
beelzebub
principem
daemoniorum
eicit
daemonia
gat
in
belzebub
principe
doemoniorum
eiecit
doemonia
gig
in
beelzebub
principe
demoniorum
eicit
demonia
vg
in
Beelzebub
principe
daemoniorum
eicit
daemonia
NA28
ἐν
Βεελζεβοὺλ
τῷ ἄρχοντι
τῶν δαιμονίων
ἐκβάλλει
τὰ δαιμόνια
fariseis
eicit
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
91
Mt 9,34; 12,24 | Tert. ad. Marc. 4.28.2: Scilicet super ipso dicentes: Hic non expellit daemonia nisi in Belzebule. | Ambr. de poen. 2.4.21: Et tamen quos astringat, consideremus, repetentes superiora lectionis ipsius, ut evidentius comprehendamus. Dicebant Iudaei: Hic non eiicit daemonia nisi in Beelzebub principe daemoniorum. | Ambr. in Lc 7.91: Causa dicti huius ea est, quod in Beelzebub principe daemoniorum eiicere daemonia dicebatur; ut ostenderet regnum suum individuum esse atque perpetuum. | Aug. ep. 121.4: […] sed et blasphematus ab eis, cum dicerent: Hic homo si a deo esset, non curaret sabbatis et non eicit daemonia nisi in Beelzebub principe daemoniorum. | Aug. symb. 7.16: Nam inde est illud detractionis verbum dicentium, quod in Beelzebub principe daemoniorum eiiceret daemonia. | Hier. ep. 96.10.2: Hoc enim necessitate cogetur ut inferat, ne ab eo, quod coepit, discrepare videatur et ut imitetur blasphemias Iudaeorum, quos semper imitatur; et illi enim Christo similiter loquebantur: Daemonium habes et in Belzebul, principe daemoniorum, eicis daemonia. | Hier. ep. 108.19.6: Quem in evangelio et propinqui quasi mentis inpotem ligare cupiebant et adversarii suggillabant dicentes: Daemonium habet et Samarites est et in Belzebul, principe daemoniorum, eicit daemonia.
illis a2 q r1 | pharisaeis b l | phariseis ff2 i gig | fariseis ar | farisaeieis μ | his c | eis rell.: Diese Stelle bietet ein weiteres Beispiel dafür, wie der Text der Fragmenta Curiensia das Demonstrativum ille statt is bevorzugt.213 Indes zeigt sich hier gleichzeitig, dass sich die Fragmente im Gegensatz zu zahlreichen anderen altlateinischen Handschriften an der lukanischen Variante des Textes orientieren und keine Änderung aus der Parallelüberlieferung aufnehmen, denn in Mt 9,34 und 12,24 werden die Pharisäer als diejenigen Antagonisten genannt, die Jesus mit dem Vorwurf konfrontieren, mit Hilfe Beelzebubs die Dämonen auszutreiben. Im lukanischen Text sind es Angehörige der Menge, die das Streitgespräch mit Jesus provozieren. beelzebul a2 d f i q l g1 | belzebul b ff2 r1 | beelzebub c δ p g2 gig vg | belzebub aur ar gat | belzebuth μ: Lateinische Bibelübersetzungen bezeugen mehrere Transkriptionsmöglichkeiten des hebräischen Namens ב ַעל זְ בּוב. ַ Im Alten Testament handelt es sich in erster Linie um eine lokale Gottheit der Philister, die Orakelsprüche von sich gegeben hat. So berichtet zum Beispiel 2Kön 1,2, dass der König Ahasja vom Dach seines Palastes in Samaria herabstürzte, sich dabei schwere Verletzungen zuzog und daraufhin Boten nach Ekron sandte, um Beelzebub über die künftige Erholung zu befragen.214 Dieselbe Episode wird auch von Flavius Josephus erzählt, der zusätzlich eine Etymologie für die Bezeichnung der Gottheit liefert, indem er sie „Herrin der Fliegen“ nennt.215 Im Neuen Testament wiederum taucht der Name in Verbindung mit
213 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,11, 69–70. 214 Cod. Leg. 93 (Carolus Vercellone, Variae lectiones Vulgatae Latinae II, 1864): Et ascendit Ochozias in specula sua superiora, quae erant in Samaria […] Inquirite per Baal muscam religionis (fortasse regionis) Accaron (in iis quae a graeco recedunt, consentientem habet codicem a Sabatierio ladatum); Vug. Cecidit Ochozias per cancellos coenaculi sui, quod habebat in Samaria et aegrotavit misit nuncios, dicens ad eos: Ite consulate Beelzebub deum Accaron, utrum vivere queam de infirmitate mea hac. Bed. in Lc 11.4: […] id est Beelzebub qui deus erat Accaron. Nam Beel quidem, ipse est Baal. Zebub autem, musca vocabutur […] Beelzebub ergo Baal muscarum […]. 215 Vgl. Ios. ant. Iud. 9.18–19: Ὁ δ’ Ἀχάβου παῖς Ὀχοζίας ἐβασίλευε τῶν Ἰσραηλιτῶν ἐν Σαμαρείᾳ ποιούμενος τὴν δίαιταν, πονηρὸς ὢν καὶ πάντα ὅμοιος τοῖς γονεῦσιν ἀμφοτέροις καὶ Ἱεροβοάμῳ
92
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
dem Epitheton οἰκοδεσπότης auf,216 was viele Exegeten dazu veranlasst, in dem griechischen Substantiv die ursprüngliche Bedeutung des Wortes zu lokalisieren.217 In der handschriftlichen Tradition lassen sich gleichsam nur zwei griechische Varianten für den Namen feststellen: Die Mehrheit der Texte hat Βεελζεβούλ, allein der Codex Sinaiticus ( )אund der Codex Vaticanus (B) lesen stattdessen durchgängig Βεεζεβούλ (ohne das erste λ),218 der schließlich keine der lateinischen Schreibweisen folgt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig anzumerken, dass die meisten Vulgata-Zeugen „Beelzebub“ verwenden und sich damit an die hebräische Form anlehnen. in principe a2 d c f l δ p aur ar μ gat vg | in principem rell.: Wiederum liegt an dieser Stelle die für frühlateinische Bibeltexte typische Aufweichung der Kasusrektion der Präpositionen vor. Im klassischen Sprachgebrauch kann die Präposition in mit dem Ablativ bisweilen die Aufgabe erfüllen, die Nebenumstände einer Handlung näher zu bestimmen, wobei dadurch sowohl eine Modal- als auch Instrumentalbeziehung zum Ausdruck kommt.219 Die Verwendung dieser Konstruktion scheint durch den Einfluss der hebräischen Syntax begünstigt worden zu sein und verbreitet sich dann in vielen lateinischen Bibelübersetzungen.220 Indes bieten einige Handschriften (b ff2 i q r1 g1 g2) eine alternative Rektion mit einer Akkusativergänzung, principem. Die Apposition bezieht sich an dieser Stelle auf die Hierarchie: Es ist nämlich Beelzebub, der die Hierarchie der Dämonen anführt. In diesem Kontext lautet die Übersetzung von ἄρχων immer princeps, mit Ausnahme von Mt 9,34 im Codex Veronensis (b,4), der dort stattdessen rex überliefert.
τῷ πρώτῳ παρανομήσαντι καὶ τὸν λαὸν ἀπατᾶν ἀρξαμένῳ. τὴν δὲ βασιλείαν ἔτος ἤδη δεύτερον ἔχοντος ὁ τῶν Μωαβιτῶν ἀφίσταται βασιλεὺς αὐτοῦ καὶ τοὺς φόρους, οὓς ἔμπροσθεν ἐτέλει τῷ πατρὶ αὐτοῦ Ἀχάβῳ, χορηγῶν ἐπαύσατο. συνέβη δὲ τὸν Ὀχοζίαν καταβαίνοντα ἀπὸ τοῦ τέγους τῆς οἰκίας κατενεχθῆναι καὶ νοσήσαντα πέμψαι πρὸς τὴν Ἀκκάρων θεὸν Μυῖαν, τοῦτο γὰρ ἦν ὄνομα τῇ θεῷ, πυνθάνεσθαι περὶ τῆς σωτηρίας. 216 Mt 10,25. 217 Vgl. Maclaurin, „Beelzeboul“, 156–160. 218 Vgl. Mt 10,25; 12,24.27; Mk 3,22: Nur in Mk tradiert אdie Variante Βεελζεβούλ. 219 Vgl. z. B. Cic. Catill. 2.8.18: Unum genus est eorum, qui magno in aere alieno maiores etiam possessiones habent, quarum amore adducti dissolvi nullo modo possunt. 220 Vgl. z. B. Dtn 8,3: Non in solo pane vivat homo, sed in omni verbo, quod egreditur ex ore Domini; Ps 2,9: Reges eos in virga ferrea; Mk 4,24: In qua mensura mensi fueritis, remetietur vobis; Lk 22,49: Domine, si percutimus in gladio? Für diese und andere Beispiele, vgl. Sheerin, „Christian and Biblical Latin“, 146.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
93
Lk 11,15: Texterweiterung Folio 1ra, unterhalb des Schriftraums a2
ille
autem
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
ad
r
et
1
ille
a2
quomodo
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d r
1
respondit
et
respondens respondens
dixit
dixit eis
iesus
dixit
potest
satanas
satanan
expellere
quodo
potest
satanas
satanan
eicere
quomodo
potest
satanas
satanan
eic[ere]
Mk 3,23 a,3: et convocans eos dice[bat] illis in parabolis d(o)m(inu)s ih(esu)s quomodo potest satanas satanan [ex]pellere d et convocatis eis in parabola dicebat d(o)m(inu)s ih(esu)s quomodo potest satanas satanan eicere r1 et cu[…]eis dominus i[esus] quomodo potest satanas satanan eicere | Aug. c. Petil. 1.28: Sed sicut ait Dominus: Quomodo potest satanas satanan eicere, ita Manicheorum errorem quomodo potest Donatistarum error evertere?
Drei lateinische Übersetzungen bezeugen eine längere Fassung von V.15, eine Art Vorwegnahme der Frage Jesu in V.18; in den Fragmenta Curiensia findet sich diese Fassung als Tintenglosse.221 Dabei wird die Wechselwirkung zwischen den Fragmenten und dem zweisprachigen Codex Bezae (d,5) noch einmal ersichtlich, der mit dem Codex Alexandrinus (A) eine entsprechende Textvariante auf Griechisch bietet: ὁ δὲ ἀποκριθεὶς εἶπεν· πῶς δύναται σατανᾶς σατανᾶν ἐκβάλλειν;222 die Version von Codex Usserianus primus (r1,14), die statt der adversativen Konjunktion (autem a2; ad d) einen additiven Konnektor (et) bevorzugt,223 könnte auf den Wortlaut im Codex Cyprius (K) zurückgehen, der mit καὶ ἀποκριθεὶς einsetzt: Die Parallelüberlieferung bei Mk belegt nämlich einen anderen Einleitungssatz.224 Das Lexem satan hat einen semitischen Hintergrund (hebräisch: ;ס ָטן ָ aramäisch )ס ָטנָ ָא, ָ wobei eine Transliteration
221 Si et satanas super satanan divisus est, quomodo stabit regnum eis? 222 D: σαναν εκβαλειν. 223 Zu at und autem als unterschiedliche Diskursmarker, vgl. Kroon, „Discourse markers“, 25: „At is primarily a marker of protests and objections, that is, of challenging or problematising reactive moves. […] autem, on the other hand, functions primarily as a marker of thematical (or topical) discontinuity […].“ 224 Καὶ προσκαλεσάμενος αὐτοὺς ἐν παραβολαῖς ἔλεγεν αὐτοῖς.
94
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
des aramäischen Begriffs eher σατανᾶ lauten müsste,225 sodass man mit P. Lapide möglicherweise eher von einem hebräischen Text ausgehen kann, auch wenn dies nicht sicher ist.226 Das Lexem satan ist in der Septuaginta sehr selten,227 die stattdessen διάβολος (siehe etwa Sach 3,1–2; Hi 1,6–8.12; 2,2–4; 2,6–6; 1 Chr 21,1) oder διαβολή (Num 22,32) führt; in Lk 4,2 und 8,12 wird ebenfalls διάβολος bevorzugt. Der Satan unterscheidet sich von Beelzebub dahingehend, dass er neben der „Verkörperung“ von Seelenzuständen auch als Gottes- oder Menschenfeind agiert.228 Mit der Figur des Satans werden demnach die Dualismen der Welten nochmals vertieft: Während der Satan gemeinsam mit Beelzebub in den Menschen dämonisch agiert, steht er im LkEv für alle, durch die er seine Herrschaft als Gegenspieler Gottes ausübt. Eines ist evident: Der Einschub hat gemeinsam mit dem Textbestand in V.18 die Funktion, die Unhaltbarkeit der Vorwürfe gegenüber den Exorzismen Jesu deutlich zu machen, denn letztlich impliziert sie, dass der Satan gegen sich selbst vorgehen würde. Außerdem wird deutlich, dass die Aussagen über das omnem regnum in V.17 auch auf das Reich des Satans zutreffen würden.229 In zwei Punkten unterscheiden sich aber die Lesart der Fragmenta Curiensia von der des Codex Bezae: Ein zentraler Unterschied zwischen den beiden Handschriften ist die Wahl von expellere in den Fragmenta Curiensia im Gegensatz zur Mehrheit der lateinischen Zeugen, die eicere überliefern. Die Lesart expellere wird von den Codices Palatinus (e,2), Vercellensis (a,3) und Veronensis (b,4) für Mk 3,23 geboten und wird von der Forschung als charakteristische „Afra“-Lesung bezeichnet.230 Zudem bietet Bezae die Umschreibung der Partizipialkonstruktion (respondens dixit) statt eines koordinierten Satzes (respondet et dixit; a2,16); diese Korrektur ist mit der in V.14 vergleichbar, wo der Text der Fragmente den Ablativus absolutus im Codex Bezae durch einen mit cum eingeleiteten Temporalsatz ersetzt.231
225 Stadel, Hebraismen, 43. 226 Lapide, „Insights from Qumran into the Languages of Jesus“, 492; die Referenz fand sich bei Stadel, Hebraismen, 44. 227 Siehe die Belege bei Sir 21,27; Jub 10,11; 23,29; 40,9; 46,2; 50,5; T.Levi 3,9; Celsus 6,42. 228 Frey-Anthes, „Art. Satan (AT)“, WiBiLex, Zugang: November 2020. https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/satan-at/ch/608e9833b8fc6f 574c26304f9484cdb2/. 229 Vgl. Kommentar zu Lk 11,18, 107–108. 230 Vgl. Wordsworth et al., Portions of the Gospels, CXXVI; ferner Vogels, Evangelium Palatinum, 123; siehe zudem Tert. adv. Marc. 4.26.11: Quodsi ego in digito dei expello daemonia, ergone adpropinquavit in vos regnum dei? 231 Vgl. Kommentar zu Lk 11,14, 86.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 11,16 Folio 1ra, Z. 23–24, Folio 1rb, Z. 1–2 a2
alii
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
autem
tempt[a]ntes
d
alii
autem
temptantes
c
alii
autem
temptantes
b
et
alii
ff2
et
alii
temptantes
i
et
alii
temptantes
f
temptantes
alii
q
autem
alii
l
et
δ
autem
alii
temptantes
temtantes temptantes
alii
autem
temptantes
r
lac.
p
et
alii
temptantes
aur
et
alii
temptantes
ar
et
alii
temptantes
μ
et
alii
temptantes
g
et
alii
temptantes
2
g
et
alii
temptantes
gat
et
alii
temptantes
gig
et
alii
temptantes
vg
et
alii
temptantes
1
1
NA
[temptantes]
ἕτεροι
28
δὲ
a2
signum
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
signum
de caelo
c
signum
de caelo
b
signum
f
signum
de caelo
ff2
signum
de celo
i
signum
de caelo
πειράζοντες
quaerebant
ab eo
ab]
illo
quaerebant
ab
eo
querebant
ab
eo
quaerebant
ab
eo
querebant
ab
eo
quaerebant
ab
eo
quaerebant
de ca[elo
de caelo
95
96
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
signum
q
signum
l
signum
quaerebant ab eo
δ
signum
ab eo
r
[signum]
lac.
1
de celo
querebant
de caelo
quaerebant
de ca[elo
quaerebant
de caelo
[quaerebant]
de caelo
ab]
illo
ab
eo
p
signum
de celo
querebant
ab
eo
aur
signum
de caelo
querebant
ab
eo
ar
signum
μ
signum
g1
signum
de caelo
quaerebant
g
2
signum
de caelo
gat
signum
de celo
quaerebant
de caelo
ab
eo
querebant
de caelo
ab
eo
ab
eo
quaerebant
ab
eo
querebant
ab
eo
gig
signum
de caelo
querebant
ab
eo
vg
signum
de caelo
quaerebant
ab
eo
NA28
σημεῖον
ἐξ οὐρανοῦ
ἐζήτουν
παρ’
αὐτοῦ
Mk 8,11232| Ambrosiast. in 1Cor 1.25 (=PL 17.183): Suadente virtute, quae potior verbis est, credentes in Christum intelligunt, Iudaei primum qui signum quaerebant, Christum Dei esse virtutem; et Graeci similiter vident Christum Dei esse sapientiam: illam autem mundanam, quam prius putabant prudentiam, maximam esse stultitiam. | Aug. cons. evang. 2.39: Haec etiam Lucas narrat eo quidem loco, sed aliquanto dispari ordine. Nam illud quod petierunt signum a Domino de coelo, supra commemoravit post illud de muto miraculum. | Aug. cons. evang. 2.51: Nec illud moveat, quod Marcus non dicit responsum esse quaerentibus signum de caelo, idem quod Mattheus de Iona, sed ait dominum respondisse: signum non dabitur ei. | Anian. Chrysost. hom. 13 (120c): Sed Christus ostendit se neque tunc diabolo, neque postea Iudaeis, eadem sentientibus, signumque postulantibus, anuisse. | Bed. in Lc. 4.11.5: Et alii temptantes, signum de caelo quaerebant ab eo. | Ep. Lat. in euang. 48 (116.14): Alii temptantes signum de caelo quaerebant. | Hil. col. Mig. 30.1845: Et exierunt Pharisaei, et coeperunt conquirere cum eo, quaerentes ab illo signum de coelo, tententes eum.
alii autem a2 d c f q δ | et alii rell.: Die Unsicherheit der Schreiber bei der Übersetzung von δέ ist ein Zeichen für die Mehrdeutigkeit der griechischen Partikel, deren Bedeutung von einer einfachen Anreihung bis zu einer schwachen Opposition als lose Verbindung zweier nicht per se gegensätzlicher Gedanken zu artikulieren vermag.233 232 Der Codex Vercellensis (a,3) führt den Vers folgendermaßen: Et exeuntes Pharisaei, c … nt di … cum eo quaerentes ab illo signum de cae … temptantes illum. Der Codex Palatinus (e,2) belegt den Vers nicht und auch der Codex Bobbiensis (k,1) ist in weiten Teilen unlesbar. 233 Burton, The Old Latin Gospels, 91 hat bereits gezeigt, dass die lateinischen Übersetzungen von δέ sehr stark variieren, auch wenn die adversative Nuancierung durch vorangehendes μέν hervorgehoben wird: „So the Parable of the Sower at Matthew 13: 4–8 is typically rendered is quaedam
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
97
Grundlegend ist, dass der Text der Fragmenta Curiensia δέ konsequent mit autem übersetzt, nicht selten in Konflikt mit der Mehrheit der übrigen Handschriften; das wird an der vorliegenden Stelle auch in Lk 13,32 deutlich. Die sukzessive Verwendung des lateinischen Konnektors liefert somit an der vorliegenden Stelle (V.15: quidam autem ex illis dixerunt; V.15corr: ille autem respondet; V.16: alii autem) ein eloquentes Beispiel für seine Übersetzungsstrategie. Gleichsam ist eine Ausnahme zu verzeichnen: In V.22 bieten die Fragmente eine Sonderlesung, indem sie nun ein explikatives quod für dasselbe δέ lesen, während alle anderen Zeugen die griechische Partikel mit autem wiedergeben. caelo a2 d c b f i l δ r1 aur ar μ g1 g2 gig vg | celo ff2 q p gat || quaerebant a2 d b f i l δ r1 ar g1 g2 vg | querebant c ff2 q p aur μ gat gig: Die Kollation veranschaulicht die Beliebigkeit der Orthographie der Kopisten in Bezug auf die Monophthongierung von ae (/ae̯/) zu e (/ɛ/). Die Lesungen in Codex Aureus (aur,15) und Codex Moliensis (μ,35) sind in diesem Zusammenhang besonders auffällig, weil sie nebeneinanderstehende Wörter jeweils mit der klassischen und der neuen Schreibweise belegen (de caelo querebant).234 Die Zeichenforderungen am Himmel gelten in der Regel als den Irdischen überlegen, wie in einem Gesetz des Clodius zu finden ist.235 Wahrscheinlich hat Lukas diese Zeichenforderung von Mk 8,11 übernommen, wo der Codex Vercellensis folgendes führt: Et exeuntes Pharisaei, c..nt di … cum eo, quaerentes ab illo signum de cae … temptantes illum. Im LkEv sind es nicht die Pharisäer, die ein Zeichen vom Himmel fordern, sondern eine zweite Gruppe, die damit ein komplementäres Gegenstück zu der ersten Gruppe bilden. Nicht ein Zeichen vom Satan, sondern ein Zeichen vom Himmel solle Jesus als den ausweisen, der auf der Seite Gottes stehe. Lk 11,17 Folio 1rb, Z. 2–9 a2
ipse
aute[m
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
sci]ens
d
ipse
autem
sciens
c
ipse
itaque
videns
cogitatio[nes]
eorum
illorum
cogitationes cogitationes
eorum
dix[it]
dixit
illis
dixit
ad illos
[semina] (ἃ μέν) ceciderunt secus viam. … quaedam autem (ἄλλα δέ; alia autem in aur f ff1 Vg) ceciderunt in petrosa loca … alia autem (ἄλλα δέ) ceciderunt in spinas … alia vero (ἄλλα δέ; autem in d ff1 l q) ceciderunt in terram bonam. Here the idiom has been subtly adapted to the Latin, with two balancing quaedam’s and alia’s, no attempt to render the μέν, but the contrast between the fruitful seed and the rest emphasized by the final vero.“ 234 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,13, 76–77, und zu Lk 11,14, 87–88. 235 Siehe Cass. Dio, 38.13.3: Τῆς γὰρ μαντείας τῆς δημοσίας ἔκ τε τοῦ οὐρανοῦ καὶ ἐξ ἀλλωντινῶν, ὥσπερ εἶπον, ποιουμένης, τὸ μέγιστον κῦρος ἡ ἐκ τοῦ οὐρανοῦ εἶχεν, οὕτως ὥστε τὰ μὲν ἄλλα οἰωνίσματα πολλὰ καὶ καθ᾽ ἑκάστην πρᾶξιν, ἐκεῖνο δὲ ἐσάπαξ.
98
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
ipse
aute[m
sci]ens
cogitatio[nes]
illorum
dix[it]
b
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
f ff
eis
ipse
autem
videns
cogitationes
eorum
dixit
i
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
q
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
l
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
δ
ipse
autem
ut vidit
r1
[ipse]
[autem]
lac.
[cogitationes]
eorum
dixit
p
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
aur
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
ar
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
μ
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
g
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
2
g
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
gat
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
gig
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
vg
ipse
autem
ut vidit
cogitationes
eorum
dixit
eis
NA
αὐτὸς
δὲ
εἰδὼς
εἶπεν
αὐτοῖς
a2
omnem
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
2
1
28
eorum
αὐτῶν
cogitationes
τὰ διανοήματα
reg[num]
dixit
eis eis
divisum
su[per se]
deseretur
divisum
super se
deseretur
d
omne
regnum
c
omne
regnum
in
se
divisum
desolabitur
b
omne
regnum
in
se
divisum
desolatur
omne
regnum
in
semet ipsum
divisum
desolatur
f ff
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolatur
i
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolatur
q
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolatur
l
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolabitur
2
δ
omne
regnum
in
se ipso
divisum
desolabitur
r1
omne
regnum
in
lac.
divisum
desolatur
p
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolatur
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
99
(fortgesetzt) a2
omnem
reg[num]
divisum
su[per se]
deseretur
aur
omne
regnum
in
se ipso
divisum
desolabitur
ar
omne
regnum
in
se ipsum
divissum
desolabitur
μ
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolabitur
g1
omnem
regnum
in
se ipsum
divisum
desolabitur
2
g
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolabitur
gat
omne
regnum
in
se ipsum
divissum
desolatur
gig
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolabitur
vg
omne
regnum
in
se ipsum
divisum
desolatur
NA28
πᾶσα
βασιλεία
ἐφ’
ἑαυτὴν
διαμερισθεῖσα
ἐρημοῦται
a2
e[t
domus]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
et
c b
super
dom[um
ca]det
domus
super
domum
cadet
et
domus
super
domum
et
domus
supra
domum
et
domus
supra
domum
cadet
ff
et
domus
supra
domum
cadet
i
et
domus
supra
domum
cadet
q
et
domus
supra
domum
cadet
l
et
domus
supra
domum
non stabit sed vel cadet
δ
et
domus
supra
domum
cadit
1
r
et
domus
in
domum
p
et
domus
super
domum
cadet
aur
et
domus
supra
domum
cadet
ar
et
domus
supra
domum
cadet
f 2
cadit posita
constituta
cadit
cadit
μ
et
domus
supra
domum
cadet
g1
et
domus
supra
domum
cadet
g2
et
domus
supra
domum
cadet
gat
et
domus
supra
domum
cadet
gig
et
domus
supra
domum
cadet
vg
et
domus
supra
domum
cadet
καὶ
οἶκος
ἐπὶ
οἶκον
πίπτει
NA
28
100
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
gat: e corr. desolatur | l: e corr. non stabit sed cadet Mt 12,25 | Lk 9,47 | Ambr. in Lc 7.91: Omne regnum in se ipsum divisum desolabitur. | Aug. cons. evang. 2.85: Iesus autem sciens cogitationes eorum dixit eis: Omne regnum divisum contra se desolabitur, et cetera usque ad illud ubi ait: Ex verbis tuis iustificaberis et ex verbis tuis condemnaberis. | Tit. bibl. psalm. 54.236: Secundum dictum euangelistae dicentis non permanere dixit domum super domum (sed) protinus interire | Anian. Chrysost. hom. 1.3 (981.2): Omne enim regnum, inquit, divisum adversus sese desolatur | Bed. Vita beatorum abbatum 13 (377): Omne regnum in se ipso diuisum desolabitur | Bed. in Lc 4.11.6: Ipse autem ut vidit cogitationes eorum dixit eis: Omne regnum in se ipso diuisum desolatur, et domus supra domum cadit. | Greg. M. evang. 1.20 (Mig. 76.1878, 1160c): Omne regnum in seipsum divisum desolabitur. | Hier. in Ier. 4.26.1: Unde et Iesus sciens cogitationes hominum, non ex profectu, ut quidam putant, sed natura Deus est. | Hier. in Matth. 1.9.3: Sed Dominus videns cogitationes eorum, ostendit se Deum, qui possit cordis occulta cognoscere, et quodammodo tacens loquitur.
sciens a2 d | videns c ff2 | ut vidit rell.: Das Wissen Jesu um die Innerlichkeit seiner Zuhörer wird in der griechischen Überlieferung mit den formelhaften Wendungen τὰς ἐνθυμήσεις αὐτῶν (Mt 12,25), τοὺς διαλογισμοὺς αὐτῶν (Lk 5,22; 6,8), τὸν διαλογισμὸν τῆς καρδίας αὐτῶν (Lk 9,47) oder – wie im vorliegenden Vers – mit αὐτῶν τὰ διανοήματα zum Ausdruck gebracht. Als Übersetzung für die drei Substantive (ἐνθύμησις, διαλογισμός, διανόημα) bieten alle lateinischen Zeugen im MtEv in der Regel cogitatio, bis auf den Codex Bobbiensis (k,1), der stattdessen praesumptio überliefert einheitlich cogitatio. Für das Verb lassen sich mehrere Varianten verzeichnen: εἰδώς und ἰδών für Mt 12,25, ἐπιγνούς für Lk 5,22, ᾔδει und γινώσκων für Lk 6,8, εἰδώς, ἰδών und γνούς für Lk 9,47, εἰδώς für Lk 11,17. Somit ist anzunehmen, dass die große Anzahl von lateinischen Übersetzungen auf verschiedene, sich überschneidende Angleichungsversuche an die jeweiligen Parallelüberlieferungen zurückzuführen sind, indem εἰδέναι, ἰδεῖν und (ἐπι)γιγνώσκειν mit scire (Mt 12,25; Lk 5,22; 6,8; 11,17), videre (Mt 12,25; Lk 9,47; 11,17) und cognoscere (Lk 5,22) übersetzt werden, wobei in den lateinischen Zeugen das Partizip auch oft in einer Unterordnung aufgelöst wird (Mt 12,25 k; Lk 5,22 e it; 9,47 e). Ein Beispiel für den komplizierten Prozess der Texttransmission ist Joh 6,15,236 wo das Partizip Aorist γνούς im Gegensatz zu den Formulierungen bei Mt oder Lk nicht durch ein direktes Objekt ergänzt wird, sondern durch einen Objektsatz mit ὅτι. Während die Übersetzungen des Verbs zwischen scire (e b d q r1) und cognoscere (a rell.) noch einmal schwanken, hat der Codex Usserianus primus (r1,14) den zusätzlichen Akkusativ cogitationes eorum, der als eine Kontamination des Wortlautes aus den synoptischen Evangelien zu deuten ist. Eine solche Zusammenfügung von Textvarianten liegt im vorliegenden Vers vor: Einerseits ist die Lesung der Fragmenta Curiensia und des Codex Bezae (d,5), sciens, in der Vulgata für Mt 12,25 zu finden; andererseits hat die Unterordnung ut vidit der Vulgata nur in Lk 5,22 eine Parallele, aber eben mit dem Verb cognoscere, also ut cognovit, nicht mit videre. Bemerkenswert ist, dass der Codex Vercellensis (a,3), der hier eine Lacuna 236 Ἰησοῦς οὖν γνοὺς ὅτι μέλλουσιν ἔρχεσθαι καὶ ἁρπάζειν αὐτὸν ἵνα ποιήσωσιν βασιλέα, ἀνεχώρησεν πάλιν εἰς τὸ ὄρος αὐτὸς μόνος.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
101
aufweist, in Mt 12,25 ebenfalls sciens bietet, sodass man für die Fragmente wohl mit einer Angleichung an diese Übersetzung rechnen kann. Während der griechische Text in seiner Einleitung wie in 5,22 und 6,8 gestaltet ist, wo die verborgenen Absichten der Gegner (Schriftgelehrte und Pharisäer) öffentlich gemacht werden, orientieren sich die Fragmenta Curiensia möglicherweise an 6,8 der Codices Veronensis (b,4), Brixianus (f,10) und Bezae (d,5). illorum a2 | eorum rell.: Die Sonderlesung der Fragmenta Curiensia verdeutlicht noch einmal, wie ihr Text sich häufig des Demonstrativums ille statt is der übrigen Zeugen bedient.237 omnem regnum a2 g1 | omne regnum rell.: In seiner Antwort reagiert Jesus auf den in V.15 erhobenen Vorwurf. Die kritische Hinterfragung der Menge wird jetzt abgewehrt, indem Jesus ein Bildwort verwendet, das auf ein allgemeines Wissen rekurriert, nämlich, dass Bürgerkriege zur Zerstörung des Hauses, der Stadt und des Reiches führen. Demnach werden die Folgen der Zerstörung thematisiert: Die Häuser sind dem Erdboden gleich gemacht. An dieser Stelle erweist sich das Anfügen eines überflüssigen -m bei omne als eine Eigentümlichkeit der Fragmenta Curiensia und des Codex Sangermanensis primus (g1,7). Dieser Konsonant war in auslautenden Silben tonschwach und signalisierte die Nasalisierung des vorangehenden Vokals, vermutlich bis zu dem Punkt, dass er in der Vulgärsprache schlechthin ausfiel: Hinweise auf dieses Phänomen führen zahlreiche Inschriften, insbesondere aus der frühen Republik und aus der späteren Kaiserzeit. So liest man zum Beispiel in einem der Weihdenkmäler von Pisaurum CIISVLA·ATILIA·DONU·DAT·DIANII238 oder in einer der sogenannten Fluchtafeln (tabellae defixionum), die in der Forschung meist mit den untersten Sozialschichten assoziiert werden,239 DII·IFERI·VOBIS·COMEDO·ILLIVS·MEMRA·COLORE·FICURA·C APUT·CAPILLA·UMBRA·CEREBRU.240 Das mag Kopisten dazu angeregt haben, ihre Orthographie an eine von ihnen als vorbildlich angesehene Sprachvarietät anzupassen. So ergänzen die Kopisten das -m auch da, wo es nicht nötig ist, um dadurch ihre Schreibweise (in diesem Fall, die Deklination eines Wortes) an einen standardmäßigen, mit größerem Sozialprestige verbundenen Sprachgebrauch anpassen; diese Erscheinung wird in der Sprachwissenschaft als Hyperkorrektur bezeichnet. Es ist gleichsam zu notieren, dass der Codex Vercellensis (a,3) für die Parallelüberlieferung in Mt 12,25 genau denselben grammatikalischen Fehler tradiert und omnem regnum statt omne regnum bietet; damit vergleichbar ist Joh 17,2, wo das Manuskript mit ut omnem quod dedisti aufwartet. Dieser Form begegnet man jedenfalls nicht häufig in anderen Handschriften frühlateinischer Übersetzungen; weitere Beispiele dafür in
237 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,11, 69–70, und zu Lk 11,15, 91. 238 CIL 1.168. 239 Vgl. Ogden, „Binding Spells“, 68. 240 CIL 10.8249.
102
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
den Evangelien liefern die Codices Veronensis (Mt 12,36), Sangermanensis primus (Mt 18,30) für Mt und Palatinus für Lk (Lk 1,37). deseretur a2 d | desolabitur c l aur δ ar μ g1 g2 gig | desolatur rell.: Die Übersetzung von ἐρῆμος (attisch: ἔρημος) und dessen Derivaten ist umstritten: Cyprian benutzt drei Varianten, solitudo, eremus und desertum; Augustinus nur die letzten beiden.241 Das davon abgeleitete Verb kommt auch in 1Makk 2,12242 oder in Apk 18,17243 vor, wobei die Vulgata die Stelle in der Septuaginta mit desolata est übersetzt und die Letztere mit destitutae sunt (scil. divitiae). Die Wörter können zunächst als Synonyme verstanden werden, wenngleich deserere offenbar älter und geläufiger ist als desolare, das erst seit der augusteischen Ära bezeugt ist.244 Diese Hypothese wird dadurch untermauert, dass der Codex Bobbiensis (k,1) in Mt 12,25 deferitur tradiert, das von einer Nachtraghand zu deseritur expurgiert wird. Die Fragmenta Curiensia und Codex Bezae offerieren für ἐρημοῦν nicht nur ein anderes Lemma, das als eine ältere „Afra“Lesung bewertet werden kann, sondern auch ein Futur, das sich trotz der Übereinstimmung aller griechischen Zeugen (D weist auch das Präsens auf) in vielen altlateinischen Übersetzungen zeigt. super se a2 d | in semet ipsum f | in se ipso δ aur | in se ipsum rell. || super a2 d c p | 1 in r | supra rell.: Die Verwendung von super an dieser Stelle verdichtet den Eindruck, dass die Fragmenta Curiensia und der Codex Bezae zu derselben Texttradition gehören könnten. Die Präposition wird gleichsam als Ausdruck der gegnerischen Annäherung synonym zu contra benutzt; der Codex Bezae bietet zahlreiche Beispiele für diesen nachklassischen Gebrauch: gens super gentem (Mt 24,7), domus super semet ipsam (Mk 3,25), in testimonium super illos (Lk 9,5), pater super filium (Lk 12,53), levabit super me calcaneum suum (Joh 13,18) oder persecutionem super Paulum (Apg 13,50); für diese Passagen wird in der Vulgata in der Regel in verwendet, auch wenn ebenso Übersetzungen mit contra (Joh 13,18), supra (Lk 9,5) und selbst super (Mk 3,25) zu finden sind.245 Zudem wird κατά im Codex Bezae mit super oder adversus wiedergegeben. So übersetzt die Vulgata Apg 4,26–27 (κατὰ τοῦ κυρίου καὶ κατὰ τοῦ Χριστοῦ αὐτοῦ und ἐπὶ τὸν ἅγιον παῖδά σου Ἰησοῦν) mit adversus Dominum et adversus Christum eius und adversus sanctum puerum tuum Iesum, während der Codex Bezae κατά mit adversus und ἐπί mit super meist konsequent wiedergibt (adversus Dominum et adversus Christum eius; super sanctum puerum tuum Iesum). Das wird auch durch die Parallele in Mt 12,25 verdeutlicht, deren griechischer Text οἰκία καθ’ ἑαυτῆς statt οἶκος ἐπὶ οἶκον tradiert: Diese wird von keiner lateinischen Übersetzung mit super wiedergegeben, sondern mit in (d; intra q), adversus oder adversum (k f ff1 h) und contra (rell.). Die Vermutung liegt 241 Vgl. Billen, The Old Latin Texts of the Heptateuch, 195. 242 καὶ ἰδοὺ τὰ ἅγια ἡμῶν καὶ ἡ καλλονὴ ἡμῶν καὶ ἡ δόξα ἡμῶν ἠρημώθη, καὶ ἐβεβήλωσαν αὐτὰ τὰ ἔθνη. 243 μιᾷ ὥρᾳ ἠρημώθη ὁ τοσοῦτος πλοῦτος. 244 Der älteste Beleg stammt von Verg. Aen. 11.367. 245 Vgl. Stone, The Language of the Latin Text of Codex Bezae, 50.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
103
also nahe, dass die griechische Konstruktion mit ἐπί zur neuen Funktion von super in frühlateinischen Bibeltexten beigetragen hat: Die ursprünglich räumliche Bedeutung der Präposition hat zur Vorstellung der physischen Überlegenheit geführt, sodass in Lk 11,17 der Charakter des Feindlichen und Drohenden betont wird.246 Dieser Gedanke verdichtet sich im darauffolgenden Teil des Bildwortes in Lk 11,17 (οἶκος ἐπὶ οἶκον): In der Mehrheit der Zeugen, wie etwa in der Vulgata, scheint die Präposition ἐπί lediglich räumlich interpretiert zu werden, sodass dadurch vor allem der architektonische Aspekt der Metapher in den Fokus gerückt wird, was die Änderung von super domum zu supra domum erklärt.247 Das Syntagma ließe sich übersetzen: „Ein Haus, das über ein Haus gebaut wird, fällt.“ Auch in Mt 7,24.26 und Lk 11,48.49 wird das Gleichnis vom Hausbau auf Felsen und Sand in der Vulgata typischerweise mit supra petram und supra arenam beziehungsweise supra terram sine fundamento wiedergegeben. Zudem wird die architektonische Auslegung von οἶκος ἐπὶ οἶκον durch die Sonderlesungen posita im Codex Veronensis (b,4) und constituta im Codex Usserianus primus (r1,14) vertieft. Beide Verben gehören zum bautechnischen Wortschatz und finden sich auch in 1Kor 3,10, wo es sich um das Legen des Fundaments durch Paulus handelt.248 Dass das Verb constituere indes konkret zu deuten ist, erweist sich durch die häufige Verwendung in Vitruvius’ De architectura, wo es sich circa 120-mal findet.249 ponere wird demgegenüber häufig dann verwendet, wenn mit dem Niederlegen, Einsetzen oder Aufstellen eine Weihung verbunden wird, wie etwa die Einweihung eines Tempels. Die Wiederholung von super in den Fragmenta Curiensia, im Codex Bezae und im Codex Colbertinus (c,6) deutet wiederum darauf hin, dass ihr Text vielmehr den Sinn einer feindlichen Gesinnung beibehält („Ein Haus, das gegen ein Haus ist, fällt.“) und rhetorisch gesehen den Satz satanas super satanan (satanas super se d) in V.18 vorwegnimmt. cadet a2 d f ff2 i q l p aur ar μ g1 g2 gat gig vg | cadit c b δ r1: Für das einheitlich überlieferte πίπτει haben die lateinischen Zeugen zwei verschiedene Tempora gewählt. Es handelt sich dabei wohl zunächst wieder um die Vermischung zwischen den Formen des Präsens und Futur in der 3. Konjugation,250 wobei sich das neu entstehende Beugungsparadigma von cadere als Verb der 2. Konjugation an der vorliegenden Stelle (und im Gegensatz zu Lk 11,11.12) in den meisten lateinischen Übersetzungen bis hin zur 246 Vgl. Svennung, Orosiana, 52. 247 Nach Plummer, Luke, 921 kann οἶκος an dieser Stelle ebenso die Bedeutung „Familie“ haben, wie in Lk 10,5 und 19,9, sodass das Bild für den „civil war“ stehen könne. Auf Kriegszeiten verweisen auch Klostermann, Lukas, 127 oder Klein, Lukasevangelium, 415; die Folgen des Bürgerkriegs nimmt Wolter, Lukasevangelium, 417 in den Blick. 248 Vgl. dazu 1Kor 3,10: Vg. ut sapiens architectus fundamentum posui; Codex Claromontanus d VL 75: ut sapiens architectus fundamentum posui (siehe auch Codex Wernigerodensis VL 58; Liber Ardmachanus VL 61; Codex Sangermanensis VL 76; Codex Augiensis VL 78; posuit AMstR); Acta vel Passiones cel vitae Sanctorum Nazarius (327,23): coepit iam quasi sapiens architecturs intra pectus suum aedificio semper mansuro aeterna construere fundamenta. 249 Z. B. 8.78–79; 10.6–7. 250 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,12, 72.
104
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Vulgata verbreitet hat. Dass diese Form sich in dem Vers durchsetzen konnte, ist vielleicht auch auf die Parallelüberlieferung bei Mt 12,25 zurückzuführen, wo alle Zeugen σταθήσεται beziehungsweise stabit bieten. Diese Vermutung wird durch die Lesung non stabit sed vel im Codex Rehdigeranus (l,11) für den vorliegenden Vers bestätigt. In Lk 11,18–20 stellt Lukas drei Konditionalsätze hintereinander, die in den Fragmenta Curiensia jedoch nicht wie im Griechischen einheitlich mit εἰ δέ eingeführt werden, sondern in Variationen mit si, quod si und si autem. Zunächst wird hier nochmals die Tintenglosse wiederholt, sodass in V.18 der Vorwurf von V.15 revolviert (siehe auch V.19) und Jesu Antwort (V.17) vertieft wird (V.18), wobei beide eine rhetorische Frage stellen. V.20 ist antithetisch (autem) auf V.19 bezogen: Jesus treibt mit dem Finger Gottes und nicht mit dem Beelzebub die Dämonen aus. Lk 11,18 Folio 1rb, Z. 9–17 a2
si
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
si
autem
c b
sic
f
si
ff i
autem
si
2
et
et
sata[nas
et
satanas
et
satanas
et
satanas
et
satanas
satanan
eicit
et
t n
sa a as
t n
sa a am
eicit
satanas
satanan
eicit
et
satanas
satanan
eicit
et
satanas
satanam
eicit
et
satanas
si
q
si
l
si
autem
δ
si
r1
si
et
sata[nas]
p
si
autem
et
satanas
aur
si
autem
et
satanas
autem
ar
si
autem
satanas
satanan
iecit
μ
si
autem
et
satanas
satanan
eicit
g1
si
autem
et
satanas
g
2
si
autem
et
satanas
gat
si
autem
et
satanas
gig
si
autem
et
sathanas
vg
si
autem
et
satanas
NA28
εἰ
δὲ
καὶ
ὁ σατανᾶς
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
su]per
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
satanan
[divisus] est
quomodo
105
[s]tabit
super
se
divisus est
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
b
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
c
si
non
stabit
f
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
ff2
in
se ipsum
divisum est
quomodo
stabit
i
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
q
in {in}
semet ipsum
divisus est
quomodo
stabit
l
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
δ
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
r1
adversus
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
p
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
aur
in
semet ipsum
divisus est
quomodo
stabit
ar
in
se ipsum
divissus est
quomodo
stabit
μ
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
g1
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
g
2
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
gat
in
se ipsum
divissus est
quomodo
stabit
gig
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
vg
in
se ipsum
divisus est
quomodo
stabit
NA28
ἐφ’
ἑαυτὸν
διεμερίσθη
πῶς
σταθήσεται
a2
regnu[m
quoniam
di[citis
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
regnum
eius
quia
dicitis
c b
regnum
eius
quia
dicitis
regnum
eius
quia
dicitis
regnum
eius
quia
dicitis
ff
regnum
ipsius
quia
dicitis
quoniam
i
regnum
eius
quia
dicitis
quoniam
f 2
eius]
me quoniam
q
regnum
eius
quia
dicitis
quoniam
l
regnum
ipsius
quia
dicitis
quoniam
ego
106
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
regnu[m
eius]
quoniam
di[citis
δ
regnum
ipsius
quia
dicitis
1
r
regnum
eius
quia
dicitis
p
regnum
eius
quia
dicitis
ipsius
aur
regnum
ipsius
quia
dicitis
ar
regnum
ipsius
quia
dicitis
μ
regnum
ipsius
qui
dicitis
g
regnum
ipsius
quia
dicitis
regnum
ipsius
quia
dicitis
1
g
2
gat
regnum
eius
quia
dicitis
gig
regnum
eius
quia
dicitis
vg
regnum
ipsius
quia
dicitis
ἡ βασιλεία
αὐτοῦ
ὅτι
λέγετε
NA
28
a2
in]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
in
beelzebul
c
in
beelzebub
principe
b
in
belzebul
principem
in
beelzebul
f
beelzebul
pr[incipe]
daemoni[orum]
daemoniorum
quoniam
quia
me quoniam
eicere
me
d[aemo]nia
eicere
me
daemonia
eicere
demonia
eicio
daemonia
eicere
me
daemonia
ff
in
belzebul
principem
daemoniorum
eicio
demonia
i
in
beelzebul
principem
daemoniorum
eicio
daemonia
q
in
beelzebul
principem
daemoniorum
eicio
daemonia
l
in
belzebul
principem
daemoniorum
eicio
daemonia
in
beelzebub
2
δ r
eicere principem
daemonia
in
belzebul
eicio
daemonia
p
in
beelzebub
eicere
demonia
aur
in
belszebub
eicere
ar
in
belzebub
iecere
demonia
μ
in
belzebuth
iecerem
demonia
g
1
in
beelzebul
eicere
me
daemonia
g2
in
beelzebub
eicere
me
daemonia
principe
[dae]moniorum
me
1
demoniorum
me
daemonia
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
107
(fortgesetzt) a2
in]
beelzebul
gat
in
gig vg NA
28
pr[incipe]
daemoni[orum]
eicere
me
d[aemo]nia
belzebub
eiecere
me
doemonia
in
beelzebub
eicio
in
beelzebub
eicere
me
daemonia
ἐν
Βεελζεβοὺλ
ἐκβάλλειν
με
τὰ δαιμόνια
demonia
Mt 12,26 | Tert. adv. Marc. 4.26.10 f.: Si ego, inquit, in Belzebule eicio daemonia, filii vestri in quo eiciunt? […] Nam si putas sic accipiendum: Si ego in Belzebule, filii vestri in quo, quasi illos suggillaret in Belzebub eicientes, resistet tibi prior sensus, non posse satanam dividi adversus semetipsum. […] Quodsi ego in digito edi expello daemonia, ergone adpropinquavit. | Ambr. fid. 3.14.117: Denique in Graeco, regna ceciderunt, habetur. Quae regna, nisi satanae, de quo dixit Dominus: Quomodo stabit regnum ipsius? | Cassian. conl. 1.8.16: Regi autem inmundos spiritus a nequioribus potestatibus eisque esse subiectos praeter illa scripturarum testimonia, quae in euangeliis quoque calumniantibus Pharisaeis domini legimus responsione descripta: Si ego in Beelzebub principe daemoniorum eicio daemones, etiam perspicuae uisiones et experimenta sanctorum multa nos edocent | Bed. in Lc. 4.11.9: Si autem et satanas in se ipsum divisus est, quomodo stabit regnum ipsius quia dicitis in belebub eicere me daemonia? | Quodvultdeus Liber promissionum 3.40 (182.12): Quod si et Satanas in semet ipsum divisus est, quomodo stabit regnum eius? Quia dicitis in Belsebub eicere me daemonia?
super satanan a2 | super se d | adversus se ipsum r1 | in semet ipsum q aur | in se ipsum rell.: Mit der nachklassischen Verwendung der Präposition super als Ausdruck der Gegensätzlichkeit und des feindlichen Zuwiderlaufens bietet die vorliegende Stelle ein zweites Beispiel einer verwandten Textbezeugung der Fragmenta Curiensia und des Codex Bezae in Bezug auf sprachliche Merkmale.251 Ein Unterschied zwischen den beiden Zeugen besteht freilich darin, dass die Fragmente sich gleichsam durch die anaphorische Wiederholung des Substantivs satanas auszeichnen, und somit mit einer Sonderlesung aufwarten, die keine Parallele hat (auch nicht in der Parallelüberlieferung) und die dementsprechend die Unabhängigkeit der Fragmenta Curiensia von den übrigen Textzeugen weiter untermauert. Der Satzeinschub satanan eicit, den die Mehrheit der Zeugen des europäischen Texttypus bieten (die einzige Ausnahme hiervon bildet der Codex Veronensis), ist wiederum auf Mt 12,26 zurückzuführen. quoniam a2 | qui μ | quia rell.: Kausales ὅτι wird in den Fragmenta Curiensia konsequent mit der Konjunktion quoniam übersetzt, während die anderen Zeugen dafür meistens quia bieten (13,24: quoniam a2 a d, quia rell.; 13,31: quoniam a2 a, quia rell.; 13,33: quoniam a2 a e, quia rell.). Nicht selten spricht hier die Forschung von einer charakteristischen „Afra“-Lesung,252 wie es sich durch die zahlreichen Übereinstimmun-
251 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,17, 102–103. 252 Vgl. u. a. Sittl, Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache, 111; von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 81; Burkitt, The Old Latin and the Itala, 40; Houghton, The Latin New Testament, 10.
108
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
gen zwischen Zitaten aus den Schriften der Kirchenväter und Textvarianten der ältesten lateinischen Bibelhandschriften bestätigen lässt: Zum Beispiel schreibt Tertullian beati mendici, quoniam illorum est dei regnum253 für Lk 6,20, während die Mehrheit der Zeugen quia bieten; zu den wenigen Ausnahmen gehören die Codices Vercellensis und Bezae, die wie Tertullians Text quoniam tradieren. dicitis … eicere me a2 d f δ aur g1 g2 vg | dicitis me … eicere c | dicitis … eicere p | dicitis … iecere ar | dicitis me … eiecere me gat | dicitis quoniam … eicio b ff2 i q l r1 gig | dicitis quia … iecerem μ: Eine der auffälligsten Innovationen des nachklassischen Lateins in Bezug auf den Satzbau ist der mit den Konjunktionen quia, quod oder quoniam eingeleitete Objektsatz als Ersatz für den Accusativus cum infinitivo nach verba dicendi, der indes keine Spuren in den Fragmenta Curiensia hinterlassen hat. Der Kopist tradiert konsequent den Accusativus cum infinitivo nach verba dicendi. beelzebul a2 d f i q g1 | belzebul b ff2 l r1 | beelzebub c δ p g2 gig vg | belzebub ar gat | belszebub aur | belzebuth μ: Im Vergleich zu Lk 11,15 bieten lediglich der Codex Rehdigeranus (l,11) belzebul statt beelzebul und der Codex Aureus (aur,15) belszebub statt belzebub abweichende Formen des hebräischen Namens ב ַעל זְ בּוב. ַ 254 2 2 1 in principe a c μ | in principem b ff i q l r | om. rell.: Die Kasusdistribution nach der Präposition in als Ausdruck einer Modal- und Instrumentalbeziehung an dieser Stelle entspricht genau derjenigen in Lk 11,15, freilich mit dem Unterschied, dass hier nur vereinzelte Zeugen wie die Fragmenta Curiensia die Apposition zu Beelzebub führen.255 Lk 11,19 Folio 1rb, Z. 17–21 a2
quod
si
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
e[go
in]
beelzebul
e[icio
ego
in
beelzebul
eicio
d
si
autem
c
si
vero
ego
in
beelzebub
eicio
demonia
b
si
ego
in
belzebul
eicio
daemonia
quod
si
ego
in
beelzebul
eicio
daemonia
quod
si
ego
in
belzebul
eicio
f ff
2
i
quod
si
ego
in
beelzebul
eicio
q
quod
si
ego
in
beelzebul
eicio
daemonia
daemonia
253 Vgl. Tert. adv. Marc. 4.14.13. Textvarianten für diese Stelle schließen regnum dei und regnum coelorum ein, unter offensichtlichem Einfluss der Parallelüberlieferung in Mt 5,8. 254 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,15, 91–92. 255 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,15, 92.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
109
(fortgesetzt) a2
quod
si
e[go
in]
beelzebul
e[icio
l
quod
si
ego
in
belzebul
eicio
ego
in
belzebub
eicio
ego
in
belzebul
eicio
δ r
si quod
1
autem
[si]
daemonia
p
si
autem
ego
in
beelzebub
eicio
demonia
aur
si
autem
ego
in
belsebul
eicio
daemonia
ar
si
autem
ego
belzebub
iecio
demonia
μ
si
autem
ego
in
belzebuth
eicio
demonia
g
si
autem
ego
in
beelzebul
eicio
daemonia
2
g
si
autem
ego
in
beelzebub
eicio
demonia
gat
si
autem
ego
in
beelzebub
eiecio
doemonia
ego
in
beelzebub
eicio
demonia
1
gig
quod
si
vg NA
28
si
autem
ego
in
beelzebub
eicio
daemonia
εἰ
δὲ
ἐγὼ
ἐν
Βεελζεβοὺλ
ἐκβάλλω
τὰ δαιμόνια
a2
fi]lii
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
fili
c b f ff
vestri
in
q[uo
ei]cient
vestri
in
quo
eicient
filii
vestri
in
quo
eiciunt
filii
vestri
in
quo
eiciunt
filii
vestri
in
quo
eiciunt
fili
vestri
in
quo
eiciunt
i
filii
vestri
in
quo
eiciunt
q
filii
vestri
in
quo
eiciunt
l
fili
vestri
in
quo
eicieunt
filii
vestri
in
quo
eiciunt
2
δ r
fili
vestri
in
quo
eiciunt
p
filii
vestri
in
quo
eiciunt
aur
filii
vestri
in
quo
eiciunt
ar
filii
vestri
in
quo
ieciunt
μ
filii
vestri
in
quo
eiciunt
g1
filii
vestri
in
quo
eiciunt
1
110
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
fi]lii
vestri
in
q[uo
ei]cient
g2
filii
vestri
in
quo
eiciuntur
gat
filii
vestri
in
quo
eieciunt
gig
filii
vestri
in
quo
eiciunt
vg
filii
vestri
in
quo
eiciunt
NA28
οἱ υἱοὶ
ὑμῶν
ἐν
τίνι
ἐκβάλλουσιν
a2
ideo
ves]tri
iudices
er[unt]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
propter hoc
ipsi
vestri
iudices
erunt
c b
propterea
ipsi
vobis
iudices
erunt
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
q
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
l
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
f ff
2
i
ip[si
δ
ideo
r
ideo
ipsi
iudices
p
ideo
ipsi
iudices
vestri
erunt
aur
ideo
ipsi
iudices
vestri
erunt
ar
ideo
ipsi
iudices
vestri
erunt
μ
ideo
ipsi
iudices
vestri
erunt
g
1
ideoque
ipsi
iudices
vestri
erunt
g
2
ideo
ipsi
iudices
vestri
erunt
gat
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
gig
ideo
ipsi
iudices
erunt
vestri
vg
ideo
ipsi
iudices
διὰ τοῦτο
αὐτοὶ
1
NA
28
iudices
ὑμῶν
κριταὶ
vestri
ipsi
erunt erunt
vestri
vestri
erunt ἔσονται
g : e corr. eiciunt. Mt 12,27 | Tert. adv. Marc. 4.26.11: Cum surdum daemonium expulisset (ut et in ista specie curationis Esaiae occurrisset), in Belzebule dictus eicere daemonia. Si ego, inquit, in Belzebule eicio daemonia, filii vestri in quo eiciunt? | Ambr. de poen. 2.4.21: Si enim Satanas Satanam eiicit, adversum se divisus est: Quomodo ergo stabit regnum eius? Quod si ego in Beelzebub eiicio daemonia, filii vestri in quo 2
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
111
eiiciunt? | Ambrosiast. in Rom 2.16 (=PL 17.68): Primum quidem accusatores erunt gentiles credentes non credentium gentilium; sicut Iudaeis non credentibus dicit Dominus de discipulis suis: Ipsi iudices vestri erunt. | Aug. adv. Iud. 8.11: De quibus et Dominus ait: Si ego in Beelzebub eiicio daemonia, filii vestri in quo eiiciunt? Ideo ipsi iudices erunt vestri. | Aug. civ. 20.5: Hic discimus cum suis discipulis iudicaturum Iesum. Unde et alibi Iudaeis dixit: Si ego in Beelzebub eicio daemonia, filii vestri in quo eiciunt? Ideo ipsi iudices erunt vestri. | Aug. ep. 186.31: Omnes quippe illi filii sunt Hierusalem nolentis, ut colligerentur, qui tamen illo volente collecti sunt, de quibus dicit: Si ego in Beelzebub eicio daemonia, filii vestri in quo eiciunt? Ideo ipsi iudices erunt vestri. | Bed. in Lc. 4.11.10: Si autem ego in Beelzebub eicio daemonia, filii vestri in quo eiciunt? Ideo ipsi iudices vestri erunt. | Eus. Verc. ep. 12 (1198A): Si ego in Beelzebub eiicio daemonis, filii vestri in quo eiiciunt? | Hier. Didym. 23.1865: Si ego in Beelzebub eicio daemonia, filii vestri in quo eiciunt?
quod si a2 f ff2 i q l r1 gig | si autem d δ p aur ar μ g1 g2 gat vg | si vero c | si b: Die zweigliedrige Konjunktion quodsi, deren Ursprung auf einen relativischen Satzanschluss (das Pronomen als Accusativus respectus) zurückgehen dürfte, findet sich schon in der antiken Literatur, insbesondere bei Cicero.256 Im Kontext lateinischer Bibelübersetzungen steht die präpositionale Wendung vor allem zur Wiedergabe von εἰ δέ oder ἐὰν δέ und fungiert etwas undifferenziert als Äquivalent zu si autem:257 Das Lateinische kennt keine dem Griechischen δέ ähnliche Partikel. Die Konjunktion autem, die dieser am nächsten wäre, hat meistens einen mehr oder weniger ausgeprägten adversativen Wert; mit et si würde die Gefahr einer Verwechslung mit einem Konzessivsatz bestehen. Daher bedient sich die lateinische Sprache der Phrase mit quod als einer stereotypisierten Wendung ohne semantischen Gehalt; damit lassen sich abrupte inhaltliche Übergänge wie etwa durch si oder andere Konjunktionen vermeiden (siehe hier b,4). Treten wir einen Schritt zurück und analysieren zwei weitere Stellen: Zum einen ist 1Kor 15,12–17 erwähnenswert. An dieser Stelle will Paulus die große Bedeutung der Auferstehung Jesu als Grundlage des christlichen Glaubens hervorheben. Dafür strukturiert er seine Argumentation in Form mehrerer Syllogismen, indem er entsprechende Bedingungssätze nacheinander reiht: εἰ δὲ Χριστὸς κηρύσσεται (V.12), εἰ δὲ ἀνάστασις νεκρῶν οὐκ ἔστιν (V.13), εἰ δὲ Χριστὸς οὐκ ἐγήγερται (V.14) und εἰ γὰρ νεκροὶ οὐκ ἐγείρονται (V.16); die Vulgata bietet in der Regel si autem als einleitende Konjunktion; eine Ausnahme bietet V.16, in dem in Anlehnung an das griechische γάρ nam si tradiert wird. Den vorletzten Syllogismus – εἰ δὲ Χριστὸς οὐκ ἐγήγερται – wiederholt Paulus wortwörtlich in V.17 und die Vulgata überträgt diese ohne grammatikalische Notwendigkeit mit quod si. Zum anderen ist Mt 18,17 instruktiv: ἐὰν δὲ παρακούσῃ αὐτῶν und ἐὰν δὲ καὶ τῆς ἐκκλησίας παρακούσῃ werden in der Vulgata mit quod si non audierit und si autem et übersetzt. Zurück zu Lk 11,19: Ein vergleichbarer Fall liegt nun gleichsam an dieser Stelle vor, mit dem Unterschied, dass hier und
256 Vgl. Perotti, „La locuzione quod si“, 9–10. 257 Z. B. Mt 5,13; 18,15; Mk 11,26; Lk 12,45; Lk 14,34; Joh 5,47. In diesen Versen fällt auf, dass si autem die regelmäßige Variante im Codex Palatinus (e,2) ist, sodass die Vermutung naheliegt, dass quod si sich erst später verbreitet.
112
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
in den folgenden Versen die präpositionale Wendung variiert wird. Die Variation ist vielleicht auch dem Umstand geschuldet, dass es hier gar nicht um eine Widerlegung des Vorwurfs geht. beelzebul a2 d f i q g1 | belzebul b ff2 l r1 | beelzebub c p g2 gat gig vg | belzebub δ ar | belsebul aur | belzebuth μ: Die Distribution der verschiedenen Formen des hebräischen Eigennamens entspricht dem Befund der vorherigen Verse. Hier schwanken noch einmal der Codex Sangallensis primus (δ,27) – belzebub; Lk 11,15–18: beelzebub; der Codex Aureus (aur,15) – belsebul; Lk 11,15: belzebub; Lk 11,18: belszebub; der Codex Rehdigeranus (l,11) – belzebul wie Lk 11,18; Lk 11,15: beelzebul – und der Codex Gatianus (gat,30) – beelzebub; Lk 11,15.18: belzebub.258 filii a2 c b f i q δ p aur ar μ g1 g2 gat gig vg | fili d ff2 l r1: fili für den Nominativ Plural und den Genitiv Singular von filius ist eine bereits in der Antike bekannte Erscheinung, auch wenn bei den früheren Komödiendichtern lediglich die längere Form auf -ii bezeugt ist. In der Forschung geht man davon aus, dass die kontrahierten Formen erst in der republikanischen Zeit oder sogar später entstanden sind.259 Diese morphologische Erneuerung wird in der handschriftlichen Tradition der christlichen Literatur bis in die Mitte des 9. Jh. tradiert, wie etwa in Abschriften von Augustinus’ Confessiones.260 In den lateinischen Bibelhandschriften zeigt sich wiederum die kontrahierte Form fili als Variante des Codex Bobbiensis (k,1),261 lässt sich aber gleichsam in fast allen Textfamilien bezeugen. Inhaltlich wird betont, dass die Söhne zu dem Kreis der Fragesteller gehören. H.J. Klein übersetzt mit „Leute aus eurer Mitte“ oder „Männer, die zu euch gehören“.262 eicient a2 d | eicieunt l | ieciunt ar | eiciuntur g2 | eieciunt gat | eiciunt rell.: Wahrscheinlich lassen sich hier noch einmal die Sonderlesungen der Fragmenta Curiensia und des Codex Bezae wie in Lk 11,11.12 (porrigit versus porriget)263 oder Lk 11,17 (cadit versus cadet)264 auf die für die lateinische Vulgärsprache typischen Vertauschungen zwischen den einzelnen Verbklassen zurückverfolgen, sodass es zunächst unklar bleibt, ob die Handschriften ein Präsens, das irrtümlicherweise in der 2. Konjugation gebildet wird, oder ein Futur bieten. Jedenfalls ist die griechische Überlieferung nicht nur für diesen Vers, sondern auch für die Parallelstelle bei Matthäus einheitlich und tradiert ἐκβάλλουσιν, was eine Kontamination durch die synoptische Stelle als Erklärung für die vorliegenden Sonderlesungen ausschließt. In Hinblick darauf erweist sich die vorliegende Stelle als besonders interessant: Durch die
258 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,15, 91–92. 259 Vgl. Radford, „Contraction in the Case Forms“, 336. 260 Vgl. O’ Donnell, Augustine Confessions, 88. 261 Z. B. Mt 5,9.45; 8;12; 9,15 u. a., wo alle Zeugen zwischen filii und fili schwanken, der Codex Bobbiensis aber nicht. 262 Klein, Lukasevangelium, 415, Anm. 30; so auch Grundmann, Lukas, 238. 263 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,11.12, 69–70, 72. 264 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,17, 103–104.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
113
Korrektur im Codex Rehdigeranus (von eicient in eiciunt) wird die verbreitete Unsicherheit der Kopisten diesbezüglich umso deutlicher. ipsi vestri iudices erunt a2 d | vobis c | ipsi iudices erunt vestri b f ff2 i q l r1 gig gat | iudices vestri ipsi erunt δ | ipsi iudices vestri erunt p aur ar μ g1 g2 g: Die große Anzahl von lateinischen Textvarianten, die aber lediglich durch die Wortstellung voneinander abweichen, deckt sich mit dem Zustand der griechischen Überlieferung für den vorliegenden Vers. Unter den ältesten Unzialhandschriften des Neuen Testaments entspricht der Text der Fragmenta Curiensia und des Codex Bezae (d,5) ipsi vestri iudices erunt der Lesung des Codex Vaticanus (B), die Lesung ipsi iudices erunt vestri des europäischen Hauptzweiges b f ff2 i q l r1 gig gat der Lesung des Codex Sinaiticus ( )אund die Lesung ipsi iudices vestri erunt des Vulgatatextes (p aur ar μ g1 g2 vg) der des Codex Alexandrinus (A). Möglicherweise wird diese Vorgehensweise nochmals in 11,31 f. aufgenommen, wo der Codex Vercellensis ausführt: regina austri surget in iudicio cum viris generationis huius, et condemnavit eos. Diese Deutung geht mit einer inhaltlichen Konsequenz einher: Durch den Bezug legt es sich nahe, den Richterspruch in Lk 11,19 und 11,31 f. auf das Endgericht zu beziehen.265 Lk 11,20 Folio 1rb, Z. 22 – Folio 1va, Z. 1 a2
si
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
si
autem
c
si
autem
b
sed
f
autem
in
d[igito
dei]
eicio
daemo[nia
ego
in
digito
dei
eicio
daemonia
ego
in
digito
dei
eicio
demonia
in
digito
dei
eicio
daemonia
digito
dei
eicio
daemonia
eicio
demonia
si si
autem
ff
sed
si
in
digito
dei
i
sed
si
in
digito
dei
eicio
daemonia
q
sed
si
in
digito
dei
ego
eicio
daemonia
l
sed
si
in
digito
dei
ego
eicio
daemonia
in
digito
dei
eicio
daemonia
2
δ
si
autem
ego
r
sed
si
in
digito
dei
eicio
daemonia
p
porro
si
in
digito
dei
eicio
demonia
aur
porro
si
in
digito
dei
eicio
daemonia
ar
porro
si
in
digito
dei
iecio
demonia
porro
si
eicio
daemonia
1
μ g1
si
autem
eicio
in
digito
dei
in
digito
dei
ego
ego
demonia
265 Dagegen Wolter, Lukasevangelium, 418; Bovon, Lukas III/2, 174 tendiert eher in diese Richtung.
114
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
si
2
porro
gat
porro
g
gig vg
in
d[igito
dei]
eicio
daemo[nia
si
in
digito
dei
eicio
demonia
si
in
dicito
dei
eiecio
daemonia
autem
in
digito
dei
eicio
demonia
in
digito
δὲ
ἐν δακτύλῳ
si porro
NA28
autem
si εἰ
a2
cer]te
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
forsitam
c
profecto
b
anticipav[it
ego
dei
eicio
doemonia
θεοῦ ἐγὼ
ἐκβάλλω
τὰ δαιμόνια
in
vos]
[reg]num
dei
adpropinquavit
in
vos
regnum
dei
pervenit
super
vos
regnum
dei
praevenit
in
vos
regnum
dei
f
profecto
praevenit
in
vos
regnum
dei
ff2
profecto
provenit
in
vos
regnum
dei
i
profecto
provenit
in
vos
regnum
dei
q
utique
praevenit
in
vos
regnum
dei
l
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
δ
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
1
r
profecto
praevenit
in
vos
regnum
dei
p
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
aur
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
ar
profecto
praevenit
in
vos
regnum
dei
μ
profecto
praevenit
in
vos
regnum
dei
g
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
2
g
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
gat
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
gig
profecto
pervenit
in
vos
regnum
dei
1
vg
profecto
praevenit
in
vos
regnum
dei
NA28
ἄρα
ἔφθασεν
ἐφ’
ὑμᾶς
ἡ βασιλεία
τοῦ θεοῦ
Mt 12,28 | Tert. adv. Marc. 4.26.11: Adeo nec illi in Beelzebub eiciebant, sed, ut diximus, in virtute creatoris, quam ut intellegi faceret, subiungit. Quodsi ego in digito dei expello daemonia, ergone appropinquavit in vos regnum dei? Apud Pharaonem enim venefici illi adhibiti adversus Moysen virtutem creatoris digitum dei appellaverunt. Digitus dei est hoc quod significaret etiam modicum, validissimum tamen. | Ambr. in Lc. 7.92: Cum in digitos dei vel certe secundum Matthaeum in spiritu dei daemones excludantur. | Ambr. spir. 3.20.158: Deinde subiiciendo: Quod si in spiritu dei ego eiicio daemonia, profecto pervenit
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
115
in vos regnum dei. | Ambr. spir. 3.34 (784a): Et rursus quia digitum dei spiritum legimus. | Didym. Alex. spir. 20: Si autem ego in digito dei eiicio daemonia, ergo supervenit in vos regnum dei. | Hier. in Matth. 2.12.28: In Luca istum locum ita scriptum legimus: Si autem ego in digito dei eiicio daemones.
digito dei: Umstritten ist, ob Jesus die Dämonen mit dem „Finger Gottes“ oder mit dem „Geist Gottes“, wie in der Parallelüberlieferung bei Mt 12,28, austreibt und welche Phrase wohl ursprünglich in der Logienquelle stand.266 Dem lukanischen Autor sind jedenfalls Anthropomorphismen nicht ganz fremd: So wird an zentraler Stelle, in den Kindheitsgeschichten Lk 1,78, auf σπλάγχνα ἐλέους θεοῦ, wörtlich „die Eingeweide“, verwiesen: Es ist also Gott, der barmherzig und in seinen inneren Eingeweiden angerührt ist, und somit den Sünderinnen und Sündern Umkehr ermöglicht.267 Der Codex Vercellensis (a,3) übersetzt den Vers folgendermaßen: per viscera misericordiae dei nostri in quibus visitavit nos, oriens ex alto. Das Substantiv viscus, häufiger im Plural viscera, hat zahlreiche Bedeutungen, wie etwa „die edlen Eingeweide“, insbesondere Lunge, Leber, Herz, Magen und Gedärme, metonymisch kann es auch für das Innerste oder das Innere wie auch für das Herzblut oder für das Fleisch und Blut gebraucht werden.268 Zudem ist es unwahrscheinlich, dass Lukas hier auf die Nennung des Geistes verzichtet hätte, der sonst in seinem Evangelium eine zentrale Rolle spielt. Unumstritten ist, dass der Finger Gottes schon in Ex 8,15LXX beziehungsweise 8,19vg erwähnt wird: digitus dei est hic, wo die Mückenplage in der Weise gedeutet wird, dass sie auf Aarons Stab verweist, mit dem die Plage ausgelöst wurde.269 si autem a2 d c f δ μ | sed si b ff2 i q l r1 | porro si rell.: Die Stelle verdeutlicht noch einmal die Übersetzungsmöglichkeiten von εἰ δέ oder ἐὰν δέ, derer wir nun im Laufe
266 Hamerton-Kelly, „A Note on Matthew XII.28par. Luke XI.20“, 167–169 argumentiert dafür, dass „Finger“ und „Geist“ austauschbar seien, was nicht sehr wahrscheinlich ist. Siehe zudem Hengel, „Der Finger und die Herrschaft Gottes“, 87–106; Robbins, Beelzebul Controversy in Mark and Luke“, 261–277; Wall, „The Finger of God“, 144–150. Laufen, Doppelüberlieferung, 131; Fitzmyer, Luke, 922 verweisen auf den Finger Gottes im Kontext alttestamentlicher antropomorphen Rede von Gott. Fleddermann, Mark and Q, 479–482 und Woods, „The ‘Finger of God’ and Pneumatology“, 87–89 argumentieren zugunsten des Geistes. Woods, „The ‘Finger of God’ and Pneumatology“, 87–89 argumentiert zudem für eine Exodus- und Sinai Typologie. van der Horst, „The Finger of God“, 89–103 verweist auf Ex 8,15; Deissmann, Licht, 260 argumentiert für eine Beschwörung des Kronos als Hintergrund. 267 Ähnlich Lk 1,51: ἐποίησεν κράτος ἐν βραχίονι αὐτοῦ; Lk 1,66: καὶ γὰρ χεὶρ κυρίου ἦν μετ’αὐτοῦ. 268 Vgl. z. B. Cic. Catil. 1.13: Si ex tanto latrocinio iste unus tolletur, videbimur fortasse ad breve quoddam tempus cura et metu esse relevati, periculum autem residebit et erit inclusum penitus in venis atque in visceribus rei publicae. 269 Vgl. auch Phil. migr. 85: ἐγκαταπίνονται γὰρ καὶ ἀφανίζονται πάντες οἱ σοφιστικοὶ λόγοι τῇ τῆς φύσεως ἐντέχνῳ ποικιλίᾳ, ὡς ὁμολογεῖν ὅτι δάκτυλος θεοῦ, τὰ γινόμενά ἐστιν, ἴσον τῷ γράμμα θεῖον διαγορεῦον ἀεὶ σοφιστείαν ὑπὸ σοφίας ἡττᾶσθαι· δακτύλῳ γὰρ θεοῦ καὶ τὰς πλάκας, ἐν αἷς ἐστηλιτεύθησαν οἱ χρησμοί, φησὶν ὁ ἱερὸς λόγος γραφῆναι; Mos. 1.112: τί γὰρ εὐτελέστερον σκνιπός; ἀλλ’ ὅμως τοσοῦτον ἴσχυσεν, ὡς ἀπαγορεῦσαι πᾶσαν Αἴγυπτον καὶ ἐκβοᾶν ἀναγκασθῆναι, ὅτι δάκτυλος θεοῦ τοῦτ’ ἐστί· χεῖρα γὰρ θεοῦ μηδὲ τὴν σύμπασαν οἰκουμένην ὑποστῆναι ἂν ἀπὸ περάτων ἐπὶ πέρατα, μᾶλλον δ’ οὐδὲ τὸν σύμπαντα κόσμον.
116
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
des Kommentars gewahr wurden und deren semantische Äquivalenz auch in den Zitaten der Kirchenschriftsteller festzustellen ist.270 An dieser Stelle treten dazu die Textvarianten sed si und porro si auf, die im vorherigen Vers von keinem der Zeugen geführt werden, wohingegen quod si allein in der patristischen Überlieferung, etwa bei Tertullian, Verwendung findet. Im Vergleich zu V.19 variiert also mit Ausnahme des Codex Bezae (d,5) und des Codex Moliensis (μ,35), die die Lesung si autem wiederholen, die gesamte lateinische Tradition und damit auch die Fragmenta Curiensia. porro statt autem ist zweifellos die jüngste Übersetzung der griechischen Partikel δέ und setzt sich erst in den Handschriften durch, denen bereits die Vulgata zugrunde liegt: Im Neuen Testament findet sich die Variante porro für δέ noch in Mt 8,27, Lk 10,42 und 1Kor 7,35, immer ohne Beleg in frühlateinischen Bibeltexten.271 certe anticipavit a2 | forsitam adproprinquavit d | profecto praevenit f r1 ar μ vg | b om. profecto | utique praevenit q | profecto provenit ff2 i | profecto pervenit rell.: Sowohl für die Partikel ἄρα als auch für das Prädikat ἔφθασεν bieten die Fragmenta Curiensia singuläre Übertragungen. Berücksichtigt man die weiteren Vorschläge der Überlieferung, sind certe und profecto als Synonyme zu bewerten; indes bleibt die Lesung forsitan/m des Codex Bezae (d,5) unverständlich, da in der klassischen Sprache grundsätzlich zwei Wahrscheinlichkeitsgrade durch modale Adverbien oder Partikeln unterschieden werden. Auf der einen Seite stehen certe und profecto, die einen maximalen Grad an subjektiver Gewissheit bezeichnen; auf der anderen steht forsitan/m (Codex Bezae hat für das -n ein -m am Ende), das eben eine Relativierung der Aussage andeutet und in der Regel ausschließlich mit einem Konjunktiv gebraucht wird.272 Erwähnenswert ist sicherlich, dass forsitan häufiger von Tertullian im Kontext apologetischer Auseinandersetzungen um die christliche Verehrung des am Kreuz gestorbenen Christus verwendet wird, wie etwa in ad. nat. 1.11.6, wo es heißt: et hoc crimini datis, quod inter cultuores omnium (tantu)m asinarii sumus.273 Jedenfalls weichen die lateinischen Zeugen an der vorliegenden Stelle stark von anderen Stellen in den Evangelien ab, wo ἄρα verwendet wird, die eher mit itaque, igitur, ergo, utique oder nempe (nur in den Codices Bobbiensis und Palatinus) übersetzt werden.274 φθάνειν meint in hellenistischer Zeit „erreichen“, „hingelangen“, „ankommen“ und wird häufig vor dem Hintergrund von 1Thess 2,16 als Macht Gottes gedeutet; es ist sicherlich bemerkenswert, dass das Verb hier wie in 1Thess 2,16 mit pervenire, praeve270 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,19, 111–112. 271 Vgl. dazu ausführlich Burkitt, „Saint Augustine’s Bible and the Itala“, 263. 272 Vgl. Ricca, „Adverbs“, 149. 273 Die Schrift ad nationes ist um 197 n.Ch. entstanden und setzt sich mit dem Vorwurf auseinander, Christen würden einen Eselskopf als ihren Gott verehren. Die zweite Stelle in eben dieser Schrift lautet: hoc fortisan improbamur, quod inter cultores omnium pecudum bestiarumque asinarii tantum sumus „Vielleicht wirft man uns vor, dass wir unter lauter Anbetern allen Viehs und aller Tiere nur Eselsanhänger sind“. Apol. 16,5 = CSEL LXIX, 42,22–25 (Hoppe). 274 Vgl. Mt 7,20; 12,28; 17,26; Lk 11,20.48; die einzige Ausnahme hier bildet Lk 11,48, wo die Vulgata ἄρα mit profecto wiedergibt.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
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nire oder provenire übersetzt wird und nicht mit anticipare, dem eine zeitliche Konnotation zukommt und vielmehr als „vorwegnehmen“, „vor der Zeit nehmen“ gedeutet wird, aber auch als „zuvorkommen“. Eine vergleichbare Konnotation kommt dem Verb adpropinquare zu, das vom Codex Bezae und Tertullians adv. Marc. (s. oben) belegt ist und das ebenfalls eine zeitliche Konnotation hat. Demnach könnte das Verb darauf hinweisen, dass all das, was bislang von der Zukunft erwartet worden war, nun schon in der Gegenwart erfahrbar ist.275 Somit klingt an dieser Stelle die Gegenwart der Gottesherrschaft an.276 Demgegenüber meint pervenire „hinkommen“, „erreichen“ (eines Ortes), praevenire „übertreffen“ und „zuvorkommen“ und provenire „hervortreten“, „gelingen“. Immerhin enthält die synoptische Überlieferung bei Matthäus nahezu dieselben Textvarianten (zudem adpropriavit des europäischen Hauptzweiges und adceleravit des Codex Bobbiensis), nur mit unterschiedlicher Distribution: Allein die Lesung anticipavit der Fragmenta Curiensia bezeugt ein Hapaxlegomenon, was die Unabhängigkeit der Sonderlesungen der Fragmente unterstreicht. Betont wird jedenfalls das „prä“ der Gegenwart der Gottesherrschaft: Sie war schon vor der Zeit und ist jetzt Gegenwart. Mit der Wahl des Verbs betonen die Fragmenta Curiensia die zeitliche Konnotation von ἔφθασεν ἐπί, das in der Forschung ansonsten räumlich gedeutet wird.277 In einem weiteren Bildwort VV.21–22 wird die Deutung der Exorzismen Jesu nochmals vertieft, und Lukas tut dies, indem er der Logienquelle weiter folgt.278 Unschwer ist die metaphorische Deutung auf den Satan hin durch die adjektivischen Phrasen fortis et armatus und fortior illo zu erkennen; diese verweisen zunächst unter Rückgriff auf Jes 49,24–25 (numquid tolletur a forti praeda … quia haec dicit Dominus equidem et captivitas a forte tolletur et quod ablatum fuerit a robusto salvabitur eos vero qui iudicaverunt et ego iudicabo filios tuos ego savabo) auf die Bewachung des eigenen Hauses279 / Palastes (domum suam / atrium suam). Beiden Texten gemeinsam ist die Macht des Starken bzw. des Giganten. Beide Texte legen aber unterschiedliche Schwerpunkte: Benannt wird nicht die Konfiszierung der Beute, sondern die Legitimierung der Tat gegen den Starken. Das Bild des Überfalls wird in den VV.21–22 aus der Perspektive des Starken geschildert, der in seinem Haus überfallen und besiegt wird. Unklar ist die Zuordnung des militärischen Bildfelds: Der Besiegte wird der Rüstung entkleidet und gibt sich somit geschlagen. Wer ist nun aber der Stärkere? Prinzipiell gilt: Gott ist es, der dem Satan überlegen ist. Damit vertieft das folgende Bildwort nochmals
275 Dagegen dezidiert Wolter, Lukasevangelium, 419. Er deutet das Verb in einem räumlichen Sinne. Der Text der Fragmenta Curiensia erwägt eine räumliche Deutung jedenfalls nicht. 276 Siehe Käsemann, „Lukas 11,14–28“, 244, der die Verkörperung der Reich-Gottes-Botschaft durch Jesus deutlich macht, indem er durch den Finger Gottes heilt. 277 Siehe Wolter, Lukasevangelium, 419. 278 Siehe Kloppenborg, „Work Sheets“, 147–148. 279 Gegen Wolter, Lukasevangelium, 419, der an dieser Stelle auf einen Palast insistiert.
118
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
die Exorzismen Jesu: in ihnen handelt der Repräsentant Gottes zeichenhaft.280 Es ist nun bemerkenswert, dass die lateinischen Übersetzungen diesen Sachverhalt in Begrifflichkeit fassen, die uns aus juristischen Kontexten bekannt ist. Lk 11,21 Folio 1va, Z. 2–6 a2
[cum]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
quis
fortis
et
[arma]tus
d
quando
fortis
armatus
c
quando
fortis
armatus
b
cum
fortis
armatus
cum
fortis
armatus
f ff
cum
fortis
armatus
i
cum
fortis
armatus
q
cum
fortis
armatus
cum
fortis
armatus
δ
cum
fortis
armatus
r
1
cum
fortis
armatus
p
cum
fortis
armatus
aur
cum
fortis
armatus
ar
cum
fortis
armatus
μ
cum
fortis
armatus
g1
cum
fortis
armatus
g
2
cum
fortis
armatus
gat
cum
fortis
armatus
gig
cum
fortis
armatus
vg
cum
fortis
armatus
NA28
ὅταν
ὁ ἰσχυρὸς
καθωπλισμένος
2
l
et
autem
280 Siehe Wolter, Lukasevangelium, 419; Wiefel, Lukas, 221; anders mit Blick auf 3,16: Klein, Lukasevangelium, 416.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
tueatur
in
pa[ce
su]nt
facultates [eius
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
custodit
aulam suam
in
pace
est
substantia eius
c
fuerit custodire
regiam suam
in
pace
sunt
facultates eius
b
custodit
atrium suum
in
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sunt
ea quae possidet
f
custodit
domum suam
in
pace
sunt
omnia quae possidet
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possidet
i
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
omnia quae possidet
q
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea que possidet
l
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possidet
δ
custodit
suum atrium
in
pace
est
r
ff
2
[domu]m suam
119
custodiat
domum suam
in
pace
sunt
ea quae possidet
p
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
eaomnia que possidet
aur
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possidet
ar
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possedet
1
μ
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possedet
g1
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea qui possidet
g2
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possidet
gat
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possidet
gig
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea que possidet
vg
custodit
atrium suum
in
pace
sunt
ea quae possidet
φυλάσσῃ
τὴν ἑαυτοῦ αὐλήν
ἐν
εἰρήνῃ
ἐστὶν
τὰ ὑπάρχοντα αὐτοῦ
NA
28
Mt 12,29 | Mk 3,27 | Tert. adv. Marc. 4.26.12: Merito igitur applicuit ad parabolam fortis illius armati, quem validior alius oppressit, principem daemoniorum, quem Beelzebub et satanam supra dixerat, significans digito dei oppressum, non creatorem ab alio deo subactum. Ceterum quomodo adhuc staret regnum eius in suis terminis et legibus et officiis quem, licet integro mundo, vel sic potuisset videri superasse validior ille deus Marcionis, si non secundum legem eius etiam Marcionitae morerentur, in terram defluendo, saepe et a scorpio docti non esse superatum creatorem? | Tert. adv. Marc. 5.6.7: Etiam parabola fortis illius armati, quem alius validior oppressit et vasa eius occupavit, si in creatoris accipitur apud Marcionem, iam nec ignorasse ultra potuit creator deum gloriae dum ab eo opprimitur. | Ambr. in Lc 2.80: Nemo enim potest vasa fortis diripere, nisi prius adligaverit fortem. | Ambr. Autp. Apc 9 (741,8): Nemo, inquiens, potest domum fortis intrare et vasa eius diripere, nisi prius alligaverit fortem. | Aug. in Ps 103.22: Quando auderet tentare vel carnem, vel facultates eius quas possidebat, nisi accepisset potestatem? | Aug. civ. 20.7.44 (719): Ait ipse dominus Iesus Christus: nemo potest introire in domum fortis et vasa eius eripere, nisi prius adligaverit fortem. | Os 67.16.15 (879): Hoc quid sit evangelium nos admonet, ubi legimus: Nemo intrat in domum fortis, ut vasa eius diripiat, nisi prius alligaverit fortem. | Os 68 1.9.66 (910): nemo, inquit, in domum fortis intrat et vasa eius diripit, nisi prius alligaverit fortem. Alligavit fortem et vasa eius diripuit. | Hier. praef. Vulg. Iob 50: Secundum hunc sensum est illud quod et Dominus ait in Evangelio: Cum fortis armatus custodit atrium suum, in pace sunt ea quae possidet, et caetera. | Cassian. inst. 6.13: Dum enim fortis scilicet spiritus noster domum suam custodit armatus, recessus cordis sui Dei timore
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Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
communiens, in pace erit omnis substantia eius, id est, emolumenta laborum ac virtutes longe tempore conquisitae. | Arnob. ps. 123.17: Tamen non vinceremur carnaliter ab hostibus visibilibus, si nos invisibiles vinceremus. Nemo enim intrat in domum fortis et vasa eius eripit, nisi fortem ligaverit.
cum quis a2 | cum b ff2 f i q δ r1 p aur ar μ g1 g2 gig vg | et cum l | cum autem gat | quando d c: Die Addition des Indefinitpronomens ist eine Sonderlesung der Fragmenta Curiensia und folgt teilweise seinem Gebrauch im klassischen Latein. quis zählt zu der Gruppe der Enklitika und steht fast ausschließlich nach Partikeln und Konjunktionen, die eine Kondition oder Hypothese einleiten, vor allem si, ne, ubi oder an; für andere Fälle, wie in positiven Sätzen und Imperativen, tritt eher die zusammengesetzte Form aliquis auf. Vor der augusteischen Ära sind also die Okkurrenzen noch selten, in denen quis nach cum benutzt wird; bei Plautus oder Terenz sind keine Beispiele überliefert, und Cicero verweist lediglich einmal auf eine Okkurrenz von quis nach cum.281 Nach dieser Zeit mehren sich die Belege für die Wortkombination, wie bei Columella oder Plinius festgestellt werden kann.282 Im Spätlatein etabliert sich dann diese Verwendung als Formel der juristischen Sprache und findet etwa im Corpus Iuris Civilis neben cum aliquis immer wieder Gebrauch.283 Eben in diesem legalen Kontext bedient sich die Vulgata der Formulierung und liest in Spr 6,30 non grandis est culpae, cum quis furatus fuerit, furatur enim, ut esurientem impleat animam.284 In den anderen lateinischen Handschriften der Evangelien lässt sich keine vergleichbare Konstruktion mit cum quis belegen: Lk 14,8 (ὅταν κληθῇς ὑπό τινος εἰς γάμους) wird beispielsweise mit der enklitischen Form in den Codex Colbertinus (c,6), Codex Corbeiensis secundus (ff2,8), Codex Rehdigeranus (l,11) und Codex Usserianus primus (r1,14) übersetzt, freilich nicht mit dem Pronomen in der zweiten Satzposition, also cum invitatus quis fuerit ad nuptias. fortis et armatus a2 | fortis armatus rell.: Die singuläre Hinzufügung der koordinierenden Konjunktion et im Text der Fragmenta Curiensia könnte darauf zurückgeführt werden, dass dem Zusatz eine erläuternde Funktion zugrunde liegt und dass die Verknüpfung in erster Linie zur Präzisierung des vorangehenden Adjektivs fortis benutzt wird: Für diesen explikativen Gebrauch von et gibt es in den antiken Quellen mehrere 281 Cic. div. 2.107: Item igitur, si sine divinatione non potest officium et munus divinationis exstare, potest autem, cum quis divinationem habeat, errare aliquando nec vera cernere, satis est ad confirmandam divinationem semel aliquid ita esse divinatum nihil ut fortuito cecidisse videatur. 282 Vgl. Colum. 8.15: Sed antiquissimum est, cum quis nessotrophium constituere volet; Plin. nat. 28.33: cum quis tectum in quo sit gravida transmiserit lapide vel missili. Für diese Beispiele und eine ausführlichere Darstellung des Gebrauchs von quis und aliquis, vgl. Bertocchi, „Quantification“, 29–35. 283 Vgl. z. B. CIC 4.1.6: Furtum autem fit, non solum cum quis intercipiendi causa rem alienam amovet, sed generaliter cum quis rem alienam invito domino contractat; CIC 4.6.2: Institoria tunc locum habet, cum quis tabernae forte aut cuilibet negotiationi servum praeposuerit et quid cum eo eius rei causa cui praepositus erit contractum fuerit. 284 Vgl. auch Ps.-Aug. spec. 7.53.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
121
Belegstellen.285 In diesem Fall würde es sich um die Natur dieser Stärke handeln. Man könnte aber auch die Vermutung anstellen, dass die Verwendung von et im vorliegenden Vers durch den Einschub des Indefinitpronomens quis ausgelöst worden ist. καθωπλισμένος wird nicht als subjektbezogenes Participium Coniunctum verstanden, sondern vielmehr als Prädikativum: In der Tat fungieren ὁ ἰσχυρός des griechischen Textes und fortis der übrigen Übersetzungen ins Latein als Subjekt des Nebensatzes, während in der Lesung der Fragmente diese Funktion durch quis übernommen wird. Demnach werden die beiden Satzglieder, ἰσχυρός und καθωπλισμένος, als gleichwertig adjektivisch aufgefasst und somit auf derselben syntaktischen Ebene aneinandergereiht. Der Text der Fragmenta Curiensia betont also die nähere Qualifizierung durch fortis, das eher einen physiologischen Aspekt andeutet, während armatus sich auf eine Kriegsrüstung im Gegensatz zum Friedensgewand bezieht und deshalb die Ausrüstung und nicht die Physiologie herausstellt.286 Außerdem verweist das Bild möglicherweise auf Jes 49,24.287 tueatur a2 | fuerit custodire c | custodiat r1 | custodit rell.: Zur Bestimmung des Zeitpunktes einer Handlung des übergeordneten Satzes steht im klassischen Latein in der Regel ein durch cum eingeleiteter Nebensatz mit dem Indikativ aller Tempora und zwar unabhängig davon, ob der Vorgang in seiner Einmaligkeit (temporale) oder als eine Wiederholung (iterativum) dargestellt wird.288 Diese Funktion des cumSatzes entspricht im Kontext lateinischer Bibelübersetzungen weitgehend einer griechischen Konstruktion mit ὅταν plus Konjunktiv (zukunftsbezogen oder generell-prospektiv), wobei die lateinischen Handschriften häufig zwischen Präsens und Futur schwanken: Mt 6,2 (ὅταν οὖν ποιῇς ἐλεημοσύνην), cum ergo facis (a aur c f ff1 g1 l) oder facies (b h vg) elemosynam; Mt 6,6 (σὺ δὲ ὅταν προσεύχῃ), tu autem cum orabis (aur c ff1 l vg) oder oras (rell.); Mk 2,20 (ὅταν ἀπαρθῇ ἀπ᾽ αὐτῶν ὁ νυμφίος), cum aufertur (i) oder auferetur (rell.) ab eis sponsus; Lk 11,2 (ὅταν προσεύχησθε) cum orabitis (a) oder oratis (rell.). Anhand dieser Belege lässt sich beobachten, dass der Gebrauch des lateinischen Konjunktivs als Wiedergabe des griechischen prospektiven Konjunktivs, wie der Text der Fragmenta Curiensia (samt Codex Usserianus primus) es hier führt, eher eine Ausnahme bildet. Eine wichtige Parallele für diese Verwendung bietet der Codex Bezae (d,5), der für Mt 9,15 (ὅταν ἀπαρθῇ ἀπ’ αὐτῶν ὁ νυμφίος) cum tollatur ab eis sponsus liest, während die übrigen Zeugen das Prädikat 285 Vgl. z. B. Cic. Mil. 25.67: Te enim iam appello, et ea voce, ut me exaudire possis; Cic. Verr. 2.5.121: errabas, Verres, et vehementer errabas. 286 Vgl. Liv. 6.18.9: Sicut mihi dederunt armato togatoque, ut vos a barbaris hostibus, a superbis defenderem civibus. 287 Numquid tolletur a forti praeda? Aut quod captum fuerit a robusto, salvum esse poterit? 288 Vgl. z. B. Cato agr. 17: Cum semen maturum habet, tum tempestiva est; Cic. div. 2.145: Gubernatores cum exsultantis lolligines viderunt aut delphinos se in portum conicientes, tempestatem significari putant; Cic. fam. 9.16.3: Omnia sunt incerta, cum a iure discessum est; Cic. off. 3.20.79: Cum permagna praemia sunt, est causa peccandi; Sen. brev. vit. 8.1: Mirari soleo, cum video aliquos tempus petentes et eos, qui rogantur, facillimos.
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Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
mit auferetur übersetzen: Dieser Modusgebrauch in den Temporalsätzen suggeriert den Versuch einer Anpassung des lateinischen Textes an die griechische Syntax.289 Dazu kommt schließlich eine semantische Frage zu den Verben tueri „betrachten / untersuchen, sorgen, unter Aufsicht halten, erhalten (im baulichen Stand)“ und custodire „bewachen, überwachen / kontrollieren, gefangen halten“.290 Laut der unter Suetons Namen tradierten Schrift Verborum Differentiae können beide Verben gleichsam synonym benutzt werden. Wiederum erweist sich die Lesung der Fragmente als besonders interessant, weil in allen wichtigen Evangelienhandschriften die regelmäßige Übersetzung von φυλάσσειν custodire ist und selbst die wenigen Textvarianten bieten nicht tueri.291 In dieser Hinsicht ist es bezeichnend, dass gleichsam die Fragmenta Curiensia in Lk 11,28 (οἱ ἀκούοντες τὸν λόγον τοῦ θεοῦ καὶ φυλάσσοντες) custodire lesen, was die Sonderstellung der vorliegenden Lesung deutlich macht. domum suam a2 f r1 | aulam suam d | regiam suam c | suum atrium δ | atrium suum rell.: Die Stelle überrascht wegen der zahlreichen Lesarten für das unumstritten überlieferte τὴν ἑαυτοῦ αὐλήν. Der zweisprachige Codex Bezae (d,5) behält einfach das griechische Wort bei, das in seiner latinisierten Form schon seit der augusteischen Dichtung belegt ist.292 Die Verwendung von aula im Sinne einer Residenz oder eines Königshofes ist in der klassischen Literatur recht verbreitet, was die Variante regia von Codex Colbertinus (c,6) rechtfertigt.293 Zur Beschreibung der Bauelemente eines privaten Hauses scheint aber Vitruv aula anders aufzufassen: Während sich der antike Architekt des Begriffes mit peristylium synonym bedient, unterscheidet er aula jedoch von atrium, mit Verweis darauf, dass die Griechen keine richtigen atria gebaut hätten.294 Das atrium wurde zu dieser Zeit möglicherweise überwiegend zum Empfang von Gästen benutzt, also im Gegensatz zum peristylium, das zu einem intimeren Bereich des Hauses gehörte.295 So können beispielsweise Seneca 289 Vgl. dazu Stone, The Language of the Latin Text of Codex Bezae, 61. 290 Der neue Georges 2, 4838–4839, Band 1, 1433–1435. 291 Vgl. Mk 10,20 (observabi a b d | conservavi Vg); Lk 12,15 (obserbate d | cavete a b c e Vg); Lk 18,21 (observavi e) oder Joh 12,47 (servaverit a | crediderit f q). Zu diesen Varianten bei Cyprian, vgl. von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 146. 292 Vgl. z. B. Verg. Aen. 3.354–355: Aulaï medio libabant pocula Bacchi,/impositis auro dapibus, paterasque tenebant. 293 Vgl. z. B. Prop. 4.11.5: Te licet orantem fuscae deus audiat aulae/nempe tuas lacrimas litora surda bibent; Corn. Nep. Dat. 1.1: Datames, patre Camisare, natione Care, matre Scythissa natus, primum militum in numero fuit apud Artaxerxen eorum, qui regiam tuebantur. 294 Vitr. 6.7.1: Atriis Graeci quia non utuntur, neque aedificant. Ferner Vitr. 6.7.5: Inter duo autem peristyla et hospitalia itinera sunt, quae mesauloe dicuntur, quod inter duas aulas media sunt interposita, nostri autem eas andronas appellant; aber Vitr. 6.5.2: Nobilibus vero qui honores magistratusque gerundo praestare debent officia civibus, faciunda sunt vestibula regalia alta, atria et peristyla amplissima. 295 Vitr. 6.7.5: Praeterea dextra ac sinistra domunculae constituuntur habentes proprias ianuas, triclinia et cubicula commoda, uti hospites advenientes non in peristylia sed in ea hospitalia recipiantur.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
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und Horaz atrium insbesondere mit sozialem Prestige und politischem Erfolg gleichsetzen.296 Trotzdem lässt sich kein deutlicher Unterschied zwischen aula und atrium verzeichnen, und die Wörter werden austauschbar gebraucht,297 wie eben in lateinischen Bibelübersetzungen, auch wenn atrium sich als die häufigste Textvariante zeigt. Mit der Verwendung von domus folgen die Fragmenta Curiensia jedenfalls eher Mt 12,29 und Mk 3,27. Damit konnotiert ist eine Behausung, ein Haus oder ein Palastgebäude, das aus mehreren Gebäuden besteht. Jedenfalls ist damit weniger ein stark bewachtes Gebäude gemeint, vor dem notwendigerweise Wächter platziert sind.298 facultates eius a2 c | substantia eius d | omnia quae possidet f i | ea quae possidet 2 b ff l r1 aur g2 gat vg | eaomnia p | que q p gig | qui g1 | possedet ar μ | δ oms.: Die Anzahl von Übersetzungen für das substantivierte Partizip τὰ ὑπάρχοντα ist auffällig. Es handelt sich um einen im LkEv wiederkehrenden Ausdruck, der insgesamt siebenmal im Evangelium vorkommt;299 als Vergleich benutzt zum Beispiel Matthäus die Formulierung lediglich an drei Stellen.300 τὰ ὑπάρχοντα wird in der großen Mehrheit dieser Verse mit quae possidet und bona sua beziehungsweise mit einer Variation davon (quae habes, omnia bona sua usw.) wiedergegeben. Ausnahmen bilden der Codex Vercellensis (a,3), der in zwei Fällen stattdessen facultates bevorzugt (Lk 12,15; 14,33), und der Codex Bezae (d,5), der allein für Mt 24,47 omnia bona sua liest und ansonsten regelmäßig wie im vorliegenden Vers substantia. Die Verwendung der beiden Wörter im Sinne von „Vermögen“, „Reichtum“ oder einfach „materielles Mittel“ ist seit der Antike belegt, wobei man facultates zum juristischen Vokabular rechnet.301 Demgegenüber meint der Begriff substantia im Codex Bezae eher eine Wesenheit und kann an dieser Stelle den Inbegriff von Vermögen konnotieren.302
296 Vgl. Sen. ep. 76.12: Si quis omnia alia habeat, valetudinem, divitias, imagines multas, frequens atrium, sed malus ex confesso sit, inprobabis illum; Hor. ep. 1.5.30–31: Tu quotus esse velis rescribe et rebus omissis/atria servantem postico falle clientem. 297 Vgl. z. B. Hor. ep. 1.2.65: ex quo/tempore cervinam pellem latravit in aula. 298 Siehe dazu Klein, Lukasevangelium, 416. 299 Lk 8,3; 12,15.33.44; 14,33; 16,1; 19,8. 300 Mt 19,21; 24,47; 25,14. Zu beachten ist, dass es sich an den synoptischen Stellen bei Mt 12,29 und Mk 3,27 um τὰ σκεύη handelt, das alle lateinischen Zeugen mit vasa übersetzen. 301 Vgl. z. B. CIC 1.20.4: Sed hoc iure utimur, ut Romae quidem praefectus urbi vel praetor secundum suam iurisdictionem. In provinciis autem praesides, ex inquisitione tutores crearent, vel magistratus, iussu praesidum, si non sint magnae pupilli facultates; CIC 4.6.37: Item si de dote iudicio mulier agat, placet eatenus maritum condemnari debere, quatenus facere possit, id est quatenus facultates eius patiuntur. 302 Zu der Deutung „in Frieden“ siehe Légasse, „L’ Homme fort“, 7.
124
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 11,22 Folio 1va, Z. 6–12 a2
q]uod
si
fortior
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
[illo]
[su]perveniens
d
si
autem
fortior
c
si
autem
fortior
illo
b
si
autem
fortior
illo
superveniens
si
autem
fortior
illo
superveniens
f ff
supervenerit aliquis
superveniens
si
autem
fortior
illo
supervenies
i
si
autem
fortior
illo
superveniens
q
si
autem
fortior
illo
supervenerit
l
si
autem
fortior
illo
superveniens
si
autem
fortior
illo
superveniens
2
δ 1
r
si
autem
fortior
illo
superveniens
p
si
autem
fortior
illo
superveniens
aur
si
autem
fortior
illo
superveniens
ar
si
autem
fortior
ille
superveniens
μ
si
autem
fortior
illo
superveniens
g1
si
autem
fortior
illo
superveniens
2
g
si
autem
fortior
illi
superveniens
gat
si
autem
fortior
illo
superveniens
gig
si
autem
fortior
illo
superveniens
vg
si
autem
fortior
illo
superveniens
NA28
ἐπὰν
δὲ
ἰσχυρότερος
αὐτοῦ
ἐπελθὼν
a2
vi[cerit]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
illum
d
arma[tura]m
illius
tollit
armaturam
eius
tollit
c
vicerit
illum
omnia arma
eius
auferet
b
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
f
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
ff
2
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
125
(fortgesetzt) a2
vi[cerit]
illum
arma[tura]m
illius
tollit
i
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
l
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
δ
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
r1
vicerit
eum
universa arma
illius
auferet
p
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
aur
vicerit
eum
universa arma
eius
aufert
ar
vicerit
eum
universa arma
eius
q
et
illum
μ
vincerit
eum
universa arma
eius
auferet
g1
vicerit
eum
universa arma
eius
auferet
g2
vincerit
eum
universa arma
eius
aufert
gat
vincerit
illum
universa arma
eius
aufert
gig
vicerit
illum
universa arma
eius
aufert
vg
vicerit
eum
universa arma
eius
aufert
NA28
νικήσῃ
αὐτόν
τὴν πανοπλίαν
αὐτοῦ
αἴρει
a2
[in
qu]a
confidebat
[et
spo]lia
illius
divi[det]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
in
qua
confidet
et
spolia
eius
dividet
c
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
b
in
quibus
confidebat
et
spolia
f
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
dividet
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
in
quibus
comfidebat
et
spolia
eius
distribuet
ff
2
i
distribuet
q
in
quibus
confidebat
et
spolia
l
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuit
δ
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
r
1
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
p
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
aur
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
destribuet
ar
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
sic
distribuet
126
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
[in
qu]a
confidebat
[et
spo]lia
illius
divi[det]
μ
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
dirupiet
g
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
2
g
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
gat
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
gig
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuet
vg
in
quibus
confidebat
et
spolia
eius
distribuit
ἐφ’
ᾗ
ἐπεποίθει
καὶ
τὰ σκῦλα
αὐτοῦ
διαδίδωσιν
1
NA
28
Tert. ad. Marc. 4.26.12: Merito igitur applicuit ad parabolam fortis illius armati, quem validior alius oppressit, principem daemoniorum, quem Beelzebub et satanam supra dixerat, significans digito dei oppressum, non creatorem ab alio deo subactum. Ceterum quomodo adhuc staret regnum eius in suis terminis et legibus et officiis quem, licet integro mundo, vel sic potuisset videri superasse validior ille deus Marcionis, si non secundum legem eius etiam Marcionitae morerentur, in terram defluendo, saepe et a scorpio docti non esse superatum creatorem? | Tert. ad. Marc. 5.6.7: Etiam parabola fortis illius armati, quem alius validior oppressit et vasa eius occupavit, si in creatoris accipitur apud Marcionem, iam nec ignorasse ultra potuit creator deum gloriae dum ab eo opprimitur | Ambr. in Lc. 7.11.92: Quanta hic sacrilegi furoris amentia, ut cum dei filius ad immundos spiritus conterendos, et ad manubias mundani principis auferendas susceperit carnem, et destruendae nequitiae spiritalis hominibus quoque dederit potestatem, dividens spolia eius, quod insigne est triumphantis, aliqui sibi adiumentum ac praesidia diabolicae potestatis adsciscant, cum in digito dei, vel certe secundum Matthaeum in spiritu dei daemones excludantur. | Cassian. inst. 6.13: Si autem fortior superveniens vicerit eum, id est, diabolus cogitationum consensu, arma eius diripiet in quibus confidebat, id est, memoriam Scripturarum, vel timorem dei, et spolia eius dividet, virtutum scilicet merita per contraria vitia quaeque dispergens.
quod si a2 | si autem rell.: Zum zweiten Mal überliefert der Text der Fragmenta Curiensia die zweigliedrige Konjunktion quod si, wohingegen die anderen Zeugen ausnahmslos stattdessen si autem vorziehen: Es handelt sich also an dieser Stelle um eine Sonderlesung der Fragmente.303 Interessanterweise übersetzen hier diese Varianten jedoch nicht wie in Lk 11,19 einen durch εἰ δέ oder ἐὰν δέ eingeleiteten Konditionalsatz, sondern einen Temporalsatz mit ἐπὰν δὲ, der sonst im Neuen Testament nur in Mt 2,8 (ἐπὰν δὲ εὕρητε) und Lk 11,34 (ἐπὰν δὲ πονηρὸς ᾖ) Verwendung findet. In den lateinischen Handschriften findet sich kein weiteres Beispiel für den vorliegenden Gebrauch von quod si; stattdessen wird an den erwähnten Stellen die griechische Konjunktion entweder mit cum oder si wiedergeben, häufiger mit dem Zusatz autem oder aber vero. In diesem Sinne bieten die Fragmenta Curiensia eine ungewöhnliche Übersetzungstradition des Bibeltextes.304 Die grundlegende Frage 303 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,19, 111–112. 304 Für ὅταν bietet aber die Mehrheit der Zeugen quodsi in Mt 10,23, was auch als eine besondere Erscheinung gelten kann.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
127
bleibt: Wer ist der Stärkere? Auf der Textoberfläche kommt der Stärkere, fortior, der den Starken überfällt und besiegt und ihn der Waffen entledigt und sein Eigentum an sich nimmt. Der Rückgriff auf das alttestamentliche Bild der Waffen, das ebenfalls im Eph 6,11.13 zentral ist, bezieht sich möglicherweise auf den „Tag des Herrn“ und das Eingreifen Gottes zur Rettung. Somit ist eine erste Antwort: Gott ist der Stärkere, denn er ist es, der dem Satan überlegen ist. In Eph 6,13–14 verweisen zahlreiche Begriffe auf Jes 11,4–5; 59,17; SapSal 5,19. Träger der Waffenrüstung ist der Messias des kommenden Friedensreiches („und er wird mit Gerechtigkeit umgürtet sein an seinen Hüften und mit Wahrheit umbunden an seinen Seiten“ Jes 11,5). Eine zweite Antwort lautet demnach: Jesus. Es ist die Christologie des Lukasevangeliums, die besagt, dass Jesus als irdischer Repräsentant Gottes die Macht des Satans niederschlägt. Wer ist nun die Beute? Die zuvor genannten Besessenen oder Dämonen? F. Bovon verweist an dieser Stelle auf Güter und Macht, die der Stärkere verteile.305 Aber sicher ist das nicht. Denn das würde bedeuten, dass diese kriegerische Auseinandersetzung wiederholt werden müsse. Das aber lässt sich dem Text nicht entnehmen. illum a2 d | eumillum p | eum rell. || illius a2 r1 | eius rell. || illius a2 | eius rell.: Die Stellen liefern einen weiteren Beweis für die Präferenz der Fragmenta Curiensia für das Demonstrativum ille statt is.306 Die grammatische Unsicherheit der Kopisten wird durch die Korrektur im Codex Perpinianensis (p,54) umso deutlicher. armaturam a2 d | omnia arma c | universa arma rell.: Im Gegensatz zu seiner Häufigkeit in der Septuaginta kommt πανοπλία lediglich noch zweimal im Neuen Testament vor, nämlich in Eph 6,11.13. Dort schildert der Verfasser den Kampf der christlichen Gemeinde gegen die Finsternis und erörtert deshalb ausführlich, was er unter der nötigen Ausrüstung versteht: Die Gläubigen sollen sich die Hüften umgürten (περιζωσάμενοι τὴν ὀσφύν), einen Brustpanzer anlegen (ἐνδυσάμενοι τὸν θώρακα), ihre Füße beschuhen (ὑποδησάμενοι τοὺς πόδας), den Schild des Glaubens (τὸν θυρεὸν τῆς πίστεως) samt dem Helm der Heilung (τὴν περικεφαλαίαν τοῦ σωτηρίου) und dem Schwert des Geistes (τὴν μάχαιραν τοῦ πνεύματος) tragen. Bezeichnenderweise zeigt sich die Lesung der Fragmenta Curiensia und des Codex Bezae (d,5) als einzige unter diesen Textvarianten, die sich ebenso in der Vulgata-Übersetzung des Alten Testaments nachweisen lässt (SapSal 5,18), da πανοπλία im Sinne der Bewaffnung (als Gattung) oder schwerbewaffneten Garde sonst unterschiedlich wiedergegeben wird. Am häufigsten finden sich Übersetzungen mit arma,307 oder auch metonymisch mit lucusta und potentia;308 ungewöhnlich ist hingegen die Übersetzung mit omnia beziehungsweise universa arma. Daher liegt die Vermutung nahe, dass diese gebräuchlicheren Textvarianten anhand des Epheserbriefs Eingang in die Tradition 305 Siehe Bovon, Lukasevangelium III/2, 178. 306 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,11, 69–70. 307 Vgl. z. B. 1Makk 13,29; 2Makk 3,25; 10,30; 11,8; 15,28. 308 Hi 39,20; Sir 46,8.
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Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
der lateinischen Bibelübersetzungen gefunden haben. So bezeugt zum Beispiel schon Cyprian eine sehr ähnliche Lesart, indem er zur Passage bei Paulus schreibt: Propter quod induite tota arma, ut possitis resistere in die nequissimo, ut cum omnia perfeceritis, stetis accincti lumbos vestros in veritate, induti loricam iustitiae, et calciati pedes in praeparatione evangelii pacis, assumentes scutum fidei, in quo possitis omnia ignita iacula nequissimi extinguere, et galeam salutis, et gladium spiritus, qui est sermo Dei.309 tollit a2 d | aufert aur g2 gat vg | auferet rell.: Es handelt sich an dieser Stelle um eine Ausnahme bei der Distribution der Synonyme tollere und auferre in lateinischen Bibeltexten: Obgleich die Übereinstimmung der Handschriften hierin insgesamt überraschend einheitlich ist,310 kann tollere nicht nur als die herrschende Wiedergabe für αἴρειν bezeichnet werden,311 sondern auch als die charakteristische Lesung der ältesten Zeugen der europäischen Familie, wie etwa in den Codex Vercellensis (a,3), Codex Veronensis (b,4) und Codex Bezae (d,5). Dieser Eindruck wird zudem durch die Zitate in Cyprians und Tertullians Schriften bekräftigt, wo im Gegensatz dazu auferre die Priorität hat.312 dividet a2 d f | dirupiet μ | distribuit l vg | destribuet aur | distribuet rell.: In den Evangelien wird διαδιδόναι noch in Lk 18,22 (καὶ διάδος πτωχοῖς) und Joh 6,11 (διέδωκεν τοῖς ἀνακειμένοις) gebraucht, obwohl es für diese zwei Verse im Gegensatz zur vorliegenden Stelle viele Handschriften gibt, die ebenso das Simplex des Verbs (δός und ἔδωκεν) tradieren: Das könnte vielleicht die Varianten der lateinischen Zeugen erklären, die ohne Ausnahme et da pauperibus (egenis e) beziehungsweise dedit (b d e q r1) oder distribuit (rell.) discumbentibus lesen. Die Verwendung von dividere der Fragmenta Curiensia, des Codex Bezae (d,5) und des Codex Brixianus (f,10) in diesem Zusammenhang ist somit besonders: dividere im Sinne von „verteilen“ wird selten als Übersetzung von διδόναι oder διαδιδόναι verwendet, sondern häufiger als Übersetzung von μερίζειν oder διαμερίζειν.313 Die Lesung liefert gleichzeitig aber einen weiteren Beweis für die zahlreichen Berührungspunkte zwischen den Fragmenten und dem Codex Bezae. Mit dem folgenden Vers ist der Entscheidungsruf von Lk 7,23 (καὶ μακάριός ἐστιν ὃς ἐὰν μὴ σκανδαλισθῇ ἐν ἐμοί) aufgenommen, freilich nun jedoch nochmals verschärft: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“ Dieser Entscheidungsruf ist nicht nur für die Jesusbewegung zentral, sondern findet sich beispielsweise auch bei Cicero, der in seiner Rede Pro Quinto Ligario darauf insistiert, dass Caesar diejenigen, die
309 Cypr. ep. 58.8. 310 So z. B. Mt 13,12 (tolletur d | auferetur a b c e vg); Mk 2,21 (tollit a b c e | auferet d | aufert vg); Lk 5,25 (tollens d | sustulit a | sublato c | tulit b e vg); Lk 6,29 (tollit d | auferet b e | auferenti c | aufert a vg); Lk 6,30 (tollit a | tollet d | auferentem c | auferet e | aufert b vg); Lk 8,18 (tolletur d | auferetur a b c e vg). 311 Vgl. von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 142–143. Seltenere Textvarianten schließen die Komposita von ferre (afferre oder sufferre), aber auch portare ein. 312 Aalders, „Tertullian’s quotations from St. Luke“, 263–264. 313 Vgl. z. B. Mt 27,35; Mk 6,41; 15,24; Lk 23,34; Joh 19,24.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
129
sich neutral geben, als seine Freunde ansieht, Pompeius hingegen als seinen Feind, weil er sich nicht ausdrücklich auf seiner Seite positionierte.314 Die Syntax entspricht an dieser Stelle einem Parallelismus membrorum: qui non est mecum und et qui non colligit mecum versus adversus me est und dispargit. H.J. Klein weist in diesem Zusammenhang auf eine antithetische Deutung der Verhaltensweisen im Versammeln und Zerstreuen, die auch schon in Mt 25,24.26 oder auch in alttestamentlichen Texten, wie etwa Jes 13,14; Jer 23,2 und Ez 28,25, vorkommt.315 Auffallend ist jedenfalls, dass diese Sammlung sich auf das verstreute Israel beziehen kann, dem nun der Selbstruf Jesu gilt. Letztlich ist demnach das Sammeln „für oder gegen mich“ als Heil für oder gegen Israel zu interpretieren. Lk 11,23 Folio 1va, Z. 12–16 a2
qui non est
[mec]um
adversus
[me
es]t
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
qui non est
mecum
contra
me
est
c
qui non est
mecum
adversum
me
est
b
qui non est
mecum
adversum
me
est
f
qui non est
mecum
adversus
me
est
ff2
qui non est
mecum
adversum
me
est
i
qui non est
mecum
adversum
me
est
q
et
qui non est
mecum
adversus
me
est
l
qui non est
mecum
adversus
me
est
δ
qui non quorum
mecum
contra
me
est
r1
qui non est
mecum
contra
me
est
p
qui non est
mecum
adversumcontra
me
est
aur
qui non est
mecum
adversum
me
est
ar
qui non est
mecum
contra
me
est
μ
qui non est
mecum
adversum
me
est
g1
qui non est
mecum
adversum
me
est
g2
qui non est
mecum
adversum
me
est
314 Vgl. Cic. Lig. 11.33: Te enim dicere audiebamus nos omnes adversarios putare, nisi qui nobiscum essent, te omnis, qui contra te non essent tuos. Siehe dazu ausführlich Nestle, „Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich“, 85. 315 Klein, Lukasevangelium, 416; Wolter, Lukasevangelium, 420; Plummer, Luke, 304 verweist auf Artem. Oneir. I 56.1.
130
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
qui non est
[mec]um
adversus
[me
es]t
gat
qui non est
mecum
adversus
me
est
gig
qui non est
mecum
adversum
me
est
vg
qui non est
mecum
adversum
me
est
Ὁ μὴ ὢν
μετ’ ἐμοῦ
κατ’
ἐμοῦ
ἐστιν
NA
28
a2
et
qui non [colli]git
mecum
[dispa]rgit
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
et
qui non congregat
mecum
dispargit
c
et
qui non colligit
mecum
dispergit
b
et
qui non colligit
mecum
dispargit
f
et
qui non colligit
mecum
spargit
ff2
et
qui non conligit
mecum
spargit
i
et
qui non colligit
mecum
sparget
q
et
qui non colligit
mecum
spargit
l
et
qui non colligit
mecum
spargit
δ
et
qui non colligit vel congregat
mecum
spargit
r1
et
qui non colligit
mecum
dispargit
p
et
qui non colligit
mecum
dispergit
aur
et
qui non colligit
mecum
dispargit
ar
et
qui non collegit
mecum
dispergit
μ
et
qui non collegit
mecum
dispergit
g1
et
qui non collegit
mecum
dispargit
g2
et
qui non collegit
mecum
dispergit
gat
et
qui non colligit
mecum
dispergit
gig
et
qui non colligit
mecum
spargit
vg
et
qui non colligit
mecum
dispergit
NA28
καὶ
ὁ μὴ συνάγων
μετ’ ἐμοῦ
σκορπίζει
ame
Mt 12,30 | Mk 9,40 | Cypr. ep. 69.1: Neque enim Dominus noster Iesus Christus cum in evangelio suo testaretur inimicos suos esse eos qui secum non essent aliquam speciem haereseos designavit, sed omnes omnino qui secum non essent et secum non colligentes gregem suum spargerent adversarios esse ostendit dicens: Qui non est mecum, adversus me est, et qui non mecum colligit, spargit. | Cypr. ep. 70.3: Quid enim potest ratum et firmum esse apud Dominum quod illi faciunt quos Dominus hostes et adversarios suos dicit in evangelio suo ponens: Qui non est mecum adversus me est: et qui non
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
131
mecum colligit, spargit. | Cypr. ep. 75.14: Nisi si secundum quod Stephano videtur haeresis quidem parit et exponit, expositos autem ecclesia suscipit, et quos non ipsa peperit pro suis nutrit, cum filiorum alienorum mater esse non possit et ideo Christus Dominus noster unam esse manifestans sponsam suam et unitatis eius sacramentum declarans ait: Qui non est mecum aduersus me est, et qui non mecum colligit spargit. | Cypr. sent. episc. 24: Aut quo pertinet sermo Domini dicentis: Qui non est mecum adversum me est, et qui non mecum colligit spargit? | Cypr. unit. eccl. 6: Monet Dominus et dicit: Qui non est mecum, adversus me est; et qui non mecum colligit, spargit. Qui pacem Christi et concordiam rumpit, adversus Christum facit. | Cypr. test. ad Quir. 3.86: Item in evangelio secundum Matthaeum: Qui non est mecum adversus me est, et qui non colligit mecum spargit. | Ambr. de poen. 2.4.25: Denique ut sciatis quia de dispersoribus dicit, sic habemus scriptum: Qui non est mecum, contra me est, et qui non colligit mecum, dispergit. | Ambr. in Lc 7.10.26: Sed tamen quia alibi dixisti: Qui non est mecum, adversum me est, et qui mecum non colligit, dispergit. | Aug. bapt. 1.7.9: Certe dominus in evangelio dicit: Qui non est mecum adversum me est, et qui mecum non colligit spargit. | Aug. con. evang. 4.5: De quo suggessit Iohannes quod in nomine eius eiceret demonia non sociatus discipulis et dixit: Nolite prohibere, qui enim contra vos non est, pro vobis est, quomodo non repugnet illi sententiae, ubi ait: Qui non est mecum, adversus me est. | Aug. in Ioh tract. 101.2: Nam hominem pie fidelem, non est dubitandum cum Christo esse per fidem. Propter quod dicit: Qui non est mecum, adversum me est. | Aug. serm. 71.4: Deinde ne putarent increduli et impii adversantes nomini christiano, propter diversas haereses et schismata eorum qui sub nomine christiano greges colligunt perditorum, etiam Christi regnum adversum se esse divisum, consequenter adiungit: Qui non est mecum, contra me est; et qui non congregat mecum, spargit. | Hier. in Is. 7.22.312: Nec mihi placet illa expositio, secundum diversitatem haereseon diversa esse et spatia fugientium, cum Scriptura sancta dicat: Omnes qui ab haereticis sunt reperti pariter colligatos, et fugisse longissime, dicente Domino: Qui non est mecum, contra me est: et qui mecum non colligit, spargit. | Hier. ep. 14.2: Audi edictum regis tui: Qui non est mecum, contra me est: et qui mecum non colligit, spargit. Milia candidatorum, quae nemo numerare possit.
adversus a2 f q l gat | contra d δ r1 ar | contraadversum p | adversum rell.: Beide Formen der Präposition, die man als ursprünglich erstarrte Partizipien des Verbs advertere deuten kann, wechseln sich ohne offensichtlichen Grund in allen lateinischen Bibelübersetzungen ebenso ab wie in den meisten Zeugen der Kirchenschriftsteller. Ungeachtet dessen scheint adversus, die Lesung der Fragmenta Curiensia, älter zu sein: Das ist die durchgehende Form in den Codices Bobbiensis (k,1) und Palatinus (e,2).316 Jedenfalls sind die zwei Formen die gebräuchlichste Wiedergabe der griechischen Präposition κατά.317 colligit a2 c b f i q l r1 p aur gat gig vg | colligit vel congregat δ | conligit ff2 | collegit ar μ g1 g2 | congregat d: Für die Übersetzung der griechischen Verben συνάγειν und ἐπισυνάγειν zeigt sich in den Evangelien congregare als die häufigere Textvariante. colligere wiederum ist eine typische „Afra“-Lesung, die sich in diesem Zusammenhang bereits bei Cyprian finden lässt.318 colligere hat die Konnotation „sammeln“ und „zusammenbringen“ und findet sich bei Cicero, Tacitus und Caesar in militäri316 Vgl. Mt 5,11.23; 10,35; 12,14; Mk 3,6; 9,40; 11,25; 14,55.56; Joh 19,11; adversum nur Mk 14,60 (k) und Mt 20,11; Lk 9,50 (e). 317 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,17, 102–103. 318 Vgl. von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 142.
132
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
schen Kontexten;319 congregare hat demgegenüber die Konnotation von „zusammengesellen“, „sich zum geselligen Zusammenleben vereinigen“ und wird häufiger als Gegensatz zu dispergere angeführt.320 congregare gehört außerdem zu dem Vokabular, das im Spätlatein christlich gedeutet wurde, sodass man anhand der vorliegenden Stelle zeigen kann, wie sich die ältere Lesung colligere in einigen Zeugen, wie in den Fragmenta Curiensia, gegen congregare durchgesetzt hat, vor allem aber im Codex Vercellensis (a,3), Codex Palatinus (e,2) und Codex Bezae (d,5).321 dispargit a2 d b aur g1 | dispargit r1 | spargit f ff2 q l δ | sparget i | dispergit rell.: Das Kompositum von spargere weist in vielen der altlateinischen Bibelübersetzungen typischerweise nicht die nach der klassischen Phonologie zu erwartende mittelsilbige Vokalabschwächung auf; diese Form scheint zum Beispiel der Vulgata fremd zu sein, wenngleich sie auch bereits in der antiken Literatur belegt ist.322 Als Übersetzung für das griechische σκορπίζειν kommt das Verb mit einschließendem Simplex noch an drei Stellen in den Evangelien vor: Mt 12,30; Joh 10,12 und Joh 16,32. In den älteren Zeugen, wie etwa dem Codex Vercellensis (a,3), Codex Veronensis (b,4), Codex Bezae (d,5) und Codex Corbeiensis secundus (ff2,8), lautet die Lesart immer dispargere, während die Dominanz von dispergere sich dann erst gegen das 6. Jahrhundert langsam bemerkbar macht.323 Die Bedeutung der folgenden VV. 24–26 über den unreinen Geist, der auf der Suche nach einem Rastplatz wasserlose und garstige Gegenden durchstreift und dabei noch sieben Weggefährten als Begleitung findet, die in den Menschen Wohnung nehmen, ist rätselhaft. Auffallend ist jedenfalls, dass zunächst von einem unreinen Geist die Rede ist und nicht von einem Dämon. Der Begriff ἀκάθαρτον πνεῦμα wird im Evangelium durchgehend mit spiritus immundus übersetzt. Daneben tritt auch πνεῦμα πονηρόν, wie in Lk 7,21 oder 8,2, wo sich die Varianten immundus, malus, malignus oder iniquus als Übersetzungen für das griechische Adjektiv abwechseln. Die lateinischen Handschriften des LkEv fassen den Ausdruck mal im Plural, immundis spiritibus, mal im Singular als daemonio immundo, spiritus habens infirmatis (Lk 8,29.30) oder aber der Begriff der „Unreinheit“ wird erst gar nicht expliziert. So findet sich nur spiritus (a,3; c,6; d,5; l,11 in Lk 9,39).
319 Siehe Der Neue Georges, 979–980. 320 Siehe Der Neue Georges, 1139–1140. 321 Vgl. z. B. Mt 13,27; 18,20; 22,10. 322 Vgl. Deufert, Kritischer Kommentar, 309: „Das in den Humanistenhandschriften B und x dispergitur in Ω hergestellte dispargitur rechtfertigt Friedländer (1941) 31 mit einhellig überliefertem dispargit(ur) in Lucr. 2,1134 f. […] Die Verderbnis liegt angesichts der Seltenheit von dispargere gegenüber dispergere sehr nahe. Handschriftliche Belege für dispargere verzeichnet ThLL V 1, s. v. dispergo 1405,77–1406,4.“ 323 Zu einer ausführlichen Diskussion über den Gebrauch des Simplex und des Kompositums des Verbs im Kontext altlateinischer Bibelübersetzungen, vgl. von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 80.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
133
Diese unterschiedlichen Übertragungen sind besonders in Lk 7,21 in der Antwort Jesu an die Jünger Johannes‘ des Täufers interessant, wo Jesus sagt: multos curavit a languoribus et plagis et malis spiritibus et caecos faciebat videre. Das Partizip languentes wird regelmäßig von Scribonius und Celsus im Sinne von „diejenigen, die schwer krank sind“ verwendet. Daneben ist der Begriff plaga interessant, der immer dann Anwendung findet, wenn eine Krankheit mit Unreinheit verbunden wird: Nach Mk 5,29 fühlt die blutflüssige Frau, dass sie von ihrer Plage (μάστιξ; flagellum k, plaga rell.) geheilt sei. Markus verweist in 3,10 zudem darauf, dass zahlreiche Kranke, quicumque habebant plagas, von Jesus geheilt werden möchten. Der dritte Begriff in Lk 7,21 ist schließlich spiritus malus. Celsus unterscheidet malus von morbus und vitium. Die Handschriften belegen demnach zunächst einen „Geist“, der eine Person als Krankheit befällt. Diese Deutung passt gut zu dem Geist der Schwachheit, den Lk 13,11 führt, spiritum habens infirmitatis.324 Auffallend ist indes eines: Die Variation in den Übersetzungen lässt sich lediglich bei Lukas nachweisen, nicht aber bei Matthäus oder Markus.325 Bemerkenswert ist zudem der Ort, an dem das Zusammentreffen mit einem unreinen Geist im LkEv vorkommt: So etwa in 8,2 in der Synagoge, in 8,29 in einem monumentum (welches man als Grab wie aber auch als Tempelanlage übersetzen kann) und vor einer Synagoge in Lk 13,11. In diesem Sinne ist der Ort auch in dieser Erzählung von Bedeutung: eine wasserlose Wüste. Wenn man diese Beobachtungen miteinbezieht, mag man dem Hinweis über die „wasserlosen Gegenden“, arida loca, eine Bedeutung für die Einordnung des „unreinen Geistes“ beimessen. T. Onuki hat diese den Krankheitssymptomen der Tollwut (griech.: ὑδροφοβία) zugeordnet, wobei der medizinische Fachbegriff hier nicht genannt wird.326 In den lateinischen Handschriften wird jedenfalls in den Fragmenta Curiensia das Adjektiv „trockenes Land“ oder auch „dürr“, auf inaquosus „wasserarm“ oder als Umschreibung quae aquam non habent verwendet und somit die Trockenheit des Ortes besonders betont. Lk 11,24 Folio 1va, Z. 17 – Folio 1vb, Z. 2 a2
[cum
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
cum
c
cum
autem
i]mmundus
[spiritus
e]xierit
de
ho[mine]
immundus
spiritus
exierit
ab
homine
immundus
spiritus
exierit
ab
homine
324 Siehe zudem den Hinweis auf den unreinen dämonischen Geist (πνεῦμα δαιμονίου ἀκαθάρτου) in Lk 4,33. 325 Siehe Sorensen, Possession and Exorcism, 75–117, bes.121–124. 326 Vgl. Onuki, „Tollwut in Q?“, 358–374.
134
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
[cum
b
cum
f ff
2
i
et
q l
et
i]mmundus
[spiritus
e]xierit
de
ho[mine]
immundus
spiritus
exierit
ab
homine
cum
inmundus
spiritus
exierit
de
homine
cum
inmundus
spiritus
exierit
de
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cum
immundus
spiritus
exierit
de
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cum
inmundus
spiritus
exierit
ab
homine
autem
cum
inmundus
spiritus
exierit
de
homine
δ
cum
inmundus
spiritus
exierit
ab
homine
r
1
cum
immu[ndus
spiritus
exierit]
lac.
[homine]
p
cum
inmundus
spiritus
exierit
de
homine
aur
cum
autem
inmundus
spiritus
exierit
de
homine
ar
cum
autem
inmundus
spiritus
exierit
de
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μ
cum
inmundus
spiritus
exierit
de
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g1
cum
inmundus
spiritus
exierit
de
hominem
2
g
cum
inmundus
spiritus
exierit
gat
cum
inmundus
gig
cum
inmundus
vg
cum ὅταν
NA
28
per
ab
de
homine
spiritus
e
exi rit
ab
homine
spiritus
exierit
ab
homine
inmundus
spiritus
exierit
de
homine
τὸ ἀκάθαρτον
πνεῦμα
ἐξέλθῃ
ἀπὸ
τοῦ ἀνθρώπου
[arid]a
loca
arida
loca
a2
cirevit
quae [aqua]m non ha[bent]
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
vadit
per
c
perambulat
per
loca
arida
b
ambulat
per
loca
quae non habent aquam
f
ambulat
per
loca
arida
ff2
perambulat
de
loca
quae non habent aquam
i
peram
per
loca
ubi non habent aquam
q
perambulat
per
loca
arida
l
perambulat
per
loca
quae non habent aquam
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
135
(fortgesetzt) a2
cirevit
δ
perambulat
r1
per
[arid]a
per
{in}inaquosa
loca
quae [aqua]m non ha[bent]
loca
lac.
[loca
quae non h]abent aquam
p
perambulat
per
loca
inaquosa
aur
perambulat
per
loca
inaquosa
ar
ambulat
per
loca
inaquossa
μ
perambulat
per
loca
inaquosa
g1
perambulat
in
loca
inaquosa
g2
perambulat
per
loca
ininaquosa
gat
perambulat
per
loca
inaquossa
gig
ambulat
per
loca
quae non habent aquam
vg
perambulat
per
loca
inaquosa
NA28
διέρχεται
δι’
a2
quaerens
a
deest usque ad v. 26
e
deest usque ad v. 24
d
quaerens
perambulat
ἀνύδρων
τόπων
re[quie]m
et
non in[venie]ns
dicit
requiem
et
non inveniens
dicit
c
querens
requiem
et
cum non invenerit
b
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
f
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
ff2
quaerens
requiem
et
non invenies
dicit
tunc
dicet
i
quaerens
requiem
et
cum non invenerit
dicit
q
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
l
querens
requiem
et
non inveniens
δ
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
r1
q[uaerens]
locum
et
non inveniens
dicit
p
querensit
requiem
et
non inveniens
dicit
aur
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
ar
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
μ
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
tunc
dicit
136
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
quaerens
re[quie]m
et
non in[venie]ns
dicit
g1
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
g2
querens
requiem
et
non inveniens
dicit
querens
requiem
et
non inveniens
dicit
gig
querens
requiem
et
non inveniens
dicit
vg
quaerens
requiem
et
non inveniens
dicit
NA28
ζητοῦν
ἀνάπαυσιν
καὶ
μὴ εὑρίσκον
gat
et
a2
revertar
in
a
lac. usque ad v. 26
e
revertar
d
revertar
c
τότε
domum
meam
unde
exivi
in
domum
meam
unde
exivi
in
domum
meam
unde
exivi
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
b
revertar
in
domum
unde
exibi
f
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
ff2
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
i
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
q
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
l
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
δ
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
r1
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
p
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
aur
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
ar
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
μ
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
g1
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
g2
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
gat
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
gig
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
λέγει
vg
revertar
in
domum
meam
unde
exivi
NA28
ὑποστρέψω
εἰς
τὸν οἶκόν
μου
ὅθεν
ἐξῆλθον
Mt 12,43–44 | Ambr. in Lc 7.95: Cum inmundus spiritus exierit de homine, ambulat per loca quae non habent aquam quaerens requiem et non inveniens. | Caesar. Arel. serm. 12: Ita e contrario, negligentes ac tepidi ab illo contrario spiritu possidentur, de quo scriptum est: Cum exierit spiritus immundus
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
137
ab homine, vadit per loca arida quaerens requiem, et non invenit. | Cassian. conl. 5.25.1: De his octo vitiis et in evangelio ita significatur: Cum autem inmundus spiritus exierit ab homine, ambulat per loca arida quaerens requiem, et non invenit. | Faust. Rheg. de grat. 2.5: Sed et ille depulso a se inmundo spiritu ad tempus legitur fuisse sanatus, de quo dicit sermo divinus: Cum autem inmundus spiritus exierit ab homine, perambulat per loca arida quaerens requiem et non inveniens. Tunc dicit: Revertar in domum meam, unde exivi. | Faust. Rheg. serm. 18: Nam si post baptismum malis omnibus evacuati desides esse volumus et ignavi, timeo, ne repleatur in nobis illud, quod scriptum est in evangelio: Cum exierit spiritus inmundus ab homine, ambulat per loca arida, quaerit requiem et non invenit. | Hier. comm. in Mt 2.12: Cum autem immundus spiritus exierit ab homine, ambulat per loca arida, quaerens requiem et non invenit. | Primasius comm. in Apoc 4.17: Hanc dominus pestem in evangelio docuit praecavendam, haec dicens: Cum immundus spiritus exierit ab homine, ambulat per loca inaquosa, quaerens requiem, et non invenit, et dicit: Vadam ad domum meam unde exivi.
immundus a2 d c b i r1 | inmundus rell.: Bei diesen durch Präfigierung entstehenden komplexen Konsonantengruppen lassen sich in den mittelalterlichen Handschriften in lateinischer Sprache mehrfach orthographische Abweichungen beobachten. Dieser Schwierigkeit hat Beda Venerabilis einen Eintrag aus seinem philologisch-pädagogischen Werk De orthographia gewidmet: Imputribile per m scribendum, non per n, impono similiter et huiusmodi similia immitto, non inmitto, irrigo, non inrigo, impleo, non inpleo, immundus, non inmundus.327 Was die Fragmenta Curiensia anbelangt, ist die Assimilation die Regel, wie Beda Venerabilis argumentiert. Ein beredtes Beispiel findet sich gleich im Anschluss in V.25, commundatam der Fragmente versus conpositam des Codex Palatinus (e,2). circuit a2 | vadit d | ambulat b f ar | perambulat rell.: διέρχεσθαι kann als ein von Lukas bevorzugtes Verb gelten, das er nicht nur verhältnismäßig oft einsetzt, sondern auch genau an den Stellen, an denen die andere Evangelien eher ἀπελθεῖν oder παραπορεύεσθαι belegen.328 Es fällt dabei auf, dass die lateinischen Bibelübersetzungen für die insgesamt 10 Belegstellen bei dem Autor größtenteils übereinstimmende Lesarten bieten:329 Mit großem Abstand dominiert in den Zeugen transire, gefolgt von der zweimal präfigierten Form pertransire, einer nachklassischen Wortbildung. Was wiederum die synoptische Passage in Mt 12,43 anbelangt, haben die meisten Handschriften ambulare, wobei der Codex Bezae (d,5) hiervon abweicht und circuit liest, sodass man an dieser Stelle ebenfalls von einer gemeinsamen Texttradition mit den Fragmenta Curiensia sprechen kann. arida loca quae aquam non habent a2 | arida loca d | loca arida c f q | loca quae non habent aquam b ff2 l r1 | ubi i | ininaquosa loca δ | loca ininaquosa g2 | loca inaquossa ar | loca inaquossa gat | loca inaquosa rell.: Für die Übersetzung von ἄνυδρος belegen die lateinischen Manuskripte eine beträchtliche Anzahl von Textvarianten, die sich 327 Vgl. dazu Lapidge, „Textual criticism and the literature of Anglo-Saxon England“, 32. 328 Vgl. Mt 8,18 und Lk 8,22; Mk 9,30 und Lk 17,11. Zu beachten ist ebenso die Häufigkeit von διέρχεσθαι in der Apostelgeschichte. Vgl. z. B. Apg 8,4.40; 9,32.38; 10,38; 11,19.22 u. a. 329 Vgl. z. B. Lk 2,15.35; 4,30; 5,15; 8,22; 9,6; 17,1 und 19,4.
138
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
grundsätzlich in zwei Gruppen einordnen lassen: In der ersten wird das Griechische präzise mit einem entsprechenden Adjektiv in Latein wiedergegeben, entweder arida oder inaquosa, einem Neologismus, der erst in der christlichen Literatur nachweislich ist und dessen Bildung offensichtlich auf den Versuch zurückgeführt werden kann, das griechische Originalwort etymologisch zu rekonstruieren und zu übersetzen; in der zweiten wird ἄνυδρος mit einem Relativsatz quae (ubi i) non habent aquam umschrieben. Die auffällig pleonastische Sonderlesung der Fragmenta Curiensia erweist sich schließlich als ein aus diesen zwei Varianten kombinierter Text. Doch genau diese redundante Formulierung mit lediglich leicht geänderter Wortstellung, loca arida statt arida loca, überliefern einige der ältesten Handschriften der Expositio evangelii Lucae von Ambrosius (A α C). Die komplexe Überlieferung dieser Passage lässt sich außerdem umso anschaulicher machen, wenn als Vergleich Mt 12,43 herangezogen wird: arida wird von der Mehrheit der Handschriften belegt, auch der Vulgata, während der Codex Bezae (d,5) und der Codex Bobbiensis (k,1) das Adjektiv inaquosa bieten. in domum meam: Der Begriff des Hauses für den Körper findet sich in 2Kor 5,2–3.330 Der wohl früheste Beleg, der dann die Begriffe σκηνή und σῶμα als Synonyme verwendet, führt Demokrit: „Es schickt sich für die Menschen, mehr um die Seele als um den Leib sich zu kümmern. Denn der Seele Vortrefflichkeit richtet des Leibes Schwäche auf, Leibesstärke aber ohne Verstandeskraft macht die Seele um nichts besser.“331 Ein einschlägiger hellenistisch-jüdischer Beleg ist SapSal 9,14–15, wo es heißt: „Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken; denn der vergängliche Leib beschwert die Seele, und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Geist.“332 Es ist freilich bemerkenswert, dass das Bild auch in der medizinischen Literatur der Antike Verwendung findet, wie beispielsweise im Fragment des Aphorismus 7.7 und wiederum in der stoischen Schrift De hebdomadibus des Corpus Hippocraticum, wo es heißt: „Und die Seele, das Zelt, das ist den menschlichen Körper verlassend, gibt das kalte und sterbliche Bild an Galle, Schleim, Blut und Fleisch ab.“333 Das Bild des Zeltes und Hauses verbunden findet sich in 4Baruch: „Bereite dich vor, mein Herz, und frohlocke und sei dankbar für die Zeit, in der du im Körper bist, indem du zu deinem fleischlichen Haus sagst: 330 καὶ γὰρ ἐν τούτῳ στενάζομεν, τὸ οἰκητήριον ἡμῶν τὸ ἐξ οὐρανοῦ ἐπενδύσασθαι ἐπιποθοῦντες, εἴ γε καὶ ἐνδυσάμενοι οὐ γυμνοὶ εὑρεθησόμεθα. 331 Vgl. frag. 187: ἀνθρώποις ἁρμόδιον ψυχῆς μᾶλλον ἢ σώματος λόγον ποιεῖσθαι· ψυχῆς μὲν γὰρ τελεότης σκήνεος (Zelt) μοχθηρίην ὀρθοῖ, σκήνεος (Zelt) δὲ ἰσχὺς ἄνευ λογισμοῦ ψυχὴν οὐδέν τι ἀμείνω τίθησιν. Siehe dazu schon Aune, „Anthropological Duality“, 222. 332 λογισμοὶ γὰρ θνητῶν δειλοί, καὶ ἐπισφαλεῖς αἱ ἐπίνοιαι ἡμῶν· φθαρτὸν γὰρ σῶμα βαρύνει ψυχήν, καὶ βρίθει τὸ γεῶδες σκῆνος νοῦν πολυφρόντιδα. 333 Vgl. CH Hebd. 1.52: ἀπολείπουσα δὲ ἡ ψυχὴ τὸ τοῦ σώματος σκῆνος τὸ ψυχρὸν καὶ τὸ θνητὸν εἴδωλον ἅμα καὶ χολῇ καὶ αἵματι καὶ φλέγματι καὶ σαρκὶ παρέδωκεν; siehe dazu schon Aune, „Anthropological Duality“, 222–225, der die Texte als Grundlage eines dichotomen Menschenbildes interpretiert.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
139
Deine Trauer hat sich in Freude gewendet, denn der Erwählte wird kommen und dich in deinen Körper führen, denn in dir ist keine Sünde.“334 Die Belege zeigen, dass eine Analogie zwischen der Architektur des Hauses und der des menschlichen Körpers naheliegt. Die einzige uns erhaltene Architekturtheorie der Antike von Vitruvius, De architectura, zeigt, dass anthropomorphes Denken in einer ansonsten unorganischen Disziplin wie der Architektur eine wesentliche Rolle gespielt hat. Die anthropomorphe Metrologie wird schon im ersten Buch entwickelt, aber die breiteste anthropomorphe Darstellung menschlicher und architekturtheoretischer Maßeinheit findet sich im dritten und vierten Buch, die dem Tempel gewidmet sind.335 Lk 11,25 Folio 1vb, Z. 3–5 a2
et
a
deest usque ad v. 26
e
et
cum venerit
invenit
d
et
veniens
invenit
c
et
veniens
invenit
eam
b
et
cum venerit
invenerit
eam
f
et
veniens
invenerit
ff
et
cum venerit
invenit
eam
i
et
cum venerit
inveniet
eam
q
et
cum venerit
invenit
l
et
cum venerit
invenit
δ
et
veniens
invenit
1
r
et
cum venerit
inveniet
eam
p
et
cum venerit
invenit
eam
aur
et
cum venerit
invenit
ar
et
cum venerit
invenit
2
cum venerit
invenit
vacantem
eam
vacantem scopis
vacantem vacantem
eam
334 Vgl. 4Bar 6,6: ἑτοίμασον σεαυτήν, ἡ καρδία μου, καὶ εὐφραίνου, καὶ ἀγάλλου ἐν τῷ σκηνώματί σου λέγων τῷ σαρκικῷ οἴκῳ σου τὸ πένθος σου μετεστράφη εἰς χαράν· ἔρχεται γὰρ ὁ ἱκανός, καὶ ἀρεῖ σε ἐν τῷ σκηνώματι σου, οὐ γὰρ γέγονέ σοι ἁμαρτία. 335 Der Begriff Architekturtheorie war in der Antike nicht bekannt. Lediglich die Zehn Bücher des Vitruvius können als Architekturtheorie bezeichnet werden, jedoch sind uns Vorstufen einer Architekturtheorie in den Beschreibungen von Bauwerken bekannt (dazu besonders Wesenberg, „Zu den Schriften der griechischen Architekten“, 39–48). Eine zentrale Rolle scheint auch Hermogenes innegehabt zu haben, dessen Architekturideale uns durch Vitruvius überliefert wurden. Siehe dazu Haselberger, „Der Eustylos des Hermogenes“, 81–83 und Tomlinson, „Vitruvius and Hermogenes“, 71–75.
140
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
cum venerit
invenit
μ
et
cum venerit
invenit
g
et
cum venerit
invenit
g
et{t}
cum venerit
invenit
gat
et
cum venerit
invenit
gig
et
cum venerit
invenit
vg
et
cum venerit
invenit
καὶ
ἐλθὸν
εὑρίσκει
1 2
NA
28
vaceantem
a2
commundatam
a
deest usque ad v. 26
e
emundatam
d
mundatum
c
scopis mundatam
et
compositam
b
scopis mundatam
et
ornatam
scopis mundatam
et
ornatam
ff
scopis mundatam
et
ornatam
i
scopis mundatam
et
ornatam
q
scopis mundatam
et
ornatam
l
scopis mundatam
atque
exornatam
δ
scopis mundatam
et
ornatam
1
r
scopis mundatam
et
ornatam
p
scopis mundatam
aur
scopis mundatam
ar
scopis mundatam
μ
scopis mandatam
et
ornatam
1
g
scopis mundatam
g
2
scopis mundatam
et
ornata
gat
scopis mundatam
et
ornatam
gig
scopis mundatam
vg
scopis mundatam καὶ
κεκοσμημένον
f 2
NA
28
σεσαρωμένον
et
ornatam
et
conpositam adornatum
Mt 12,44 | Aug. cons. evang. 2.144: Quod ut narraret, digressus erat a Mattheo circa illum locum, ubi ambo commemoraverant quod dictum est a domino de signo Ionae trium dierum et noctium et
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
141
de regina Austri et de Ninevitis et de spiritu inmundo, qui redit et invenit mundatam domum. | Aug. ep. 194.11: Deinde post remissionem peccatorum, nisi mundatam domum habitet spiritus sanctus, nonne cum aliis septem redit inmundus spiritus et erunt novissima hominis illius peiora. | Aug. Gen ad litt. 11.25: Hanc pessimam generationem dominus describit, cum dicit spiritum nequam exire ab homine et cum aliis septem redire et in domo, quam mundatam iam invenerat intrare, ut sint novissima hominis illius peiora prioribus. | Cassian. conl. 5.25.1: Et inveniens invenit vacantem, scopis mundatam et ornatam. | Faust. Rheg. de grat. 2.5: Et veniens invenit vacantem, scopis mundatam et ornatam, id est, vacuatam virtutibus et vanitatibus adimpletam.
commundatam et ornatam a2 | emundatam et conpositam e | mudatum adornatum d | scopis mundatam et compositam c | et ornatam b f ff2 i q δ r1 μ g2 gat | scopis mandatam et ornatam μ | scopis mundatam rell.: Die große Anzahl von lateinischen Textvarianten – mit (f ff2 l δ r1 μ) und ohne (rell.) das Partizip vacantem als Attribut zu domum in V.24 – lässt sich ebenfalls auf die griechische Überlieferung zurückführen. Viele der Handschriften (א2 B C L u. a.) lesen an dieser Stelle σχολάζοντα, das wohl als Versuch zu deuten ist, den vorliegenden Vers an die synoptische Parallelstelle Mt 12,44 anzugleichen.336 Mit Blick auf Mt 12,44 muss diese These indes revidiert werden, denn der Codex Vercellensis (a,3) und der Codex Bezae bieten die Lesart mundatam et ornatam; der Codex Palatinus weist an der Stelle zwar eine Lücke auf, aber der Codex Bobbiensis (k,1) verwendet dafür emundatam compositam. Somit zeigt sich, dass alle wichtigen Zeugen die Textvariante ohne die Hinzufügung des Substantivs belegen. Bezüglich der Übersetzung der Partizipien σεσαρωμένον und κεκοσμημένον könnte man zunächst vermuten, dass die Fragmenta Curiensia wie auch der Codex Palatinus (e,2) und der Codex Bezae (d,5) in Lk 11,25 eine ältere Tradition bezeugen, in der der Ablativ scopis noch nicht in den lateinischen Bibeltext aufgenommen worden war. Wenn aber Lk 15,8 herangezogen wird, lassen sich die komplexen Beziehungen zwischen diesen verschiedenen Lesungen veranschaulichen. Denn σαροῖ τὴν οἰκίαν wird in der Vulgata mit everrit domum übersetzt, im Codex Vercellensis mit scopis commundat domum, also mithilfe des Ablativs, während der Codex Palatinus konstant bleibt und wieder emundat domum bietet. mundare und die davon abgeleiteten Formen fungieren zudem als Übersetzung von καθαρίζειν, häufig in Abwechslung mit purgare.337 Bezeichnenderweise bietet aber dafür der Codex Palatinus in Lk 11,39 commundare, sodass die Sonderlesung der Fragmenta Curiensia als Beleg für eine frühe Lesart gelten kann. Das Verb findet sich jedenfalls nur selten, wie etwa bei Ulpian und Iulius Obsequens,338 der sich
336 Vgl. kritisch dazu Bed. Ven. hom. 44 (=PL 94.367): Et veniens invenit scopis mundatam et ornatam, vel, secundum alium evangelistam, scopis mundatam, vacantem et ornatam. 337 Mt 10,8 (d); Mk 7,19 (codicum consensus); Lk 4,27 (a); 7,22 (a); 17,17 (e). 338 Vgl. Dig. 34.2.25: Sicut et mulier potest esse munda, non tamen ornata, ut solet contingere in his, quae se emundaverint lotae in balneo neque se ornaverint: et contra est aliqua ex somno statim ornata, non tamen conmundata; Iul. Obseq. 55: Metella Caecilia somnio Iunonem Sospitam profugientem, quod immunde sua templa foedarentur, cum suis precibus aegre revocatam diceret, aedem matronarum sordidis obscenisque corporis coinquinatum ministriis, in qua etiam sub simulacro deae cubile canis
142
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
in seinem Werk aus dem 4. Jh. auf die Säkularfeier aus dem Jahr 294 v. Chr. bezieht und diese beschreibt. Der gereinigte Körper umfasst an beiden Stellen moralische und religiöse Gepflogenheiten. Zahlreiche Stellen belegen zudem, dass Dämonen wieder zu ihrem ursprünglichen „Wirt“ zurückkehren, wie etwa bei Josephus oder Philostratos.339 Von der Rückkehr ins eigene Haus spricht Lukas freilich schon in 1,56 in Hinblick auf Maria und in 8,39 in Bezug auf den Besessenen von Gerasa.340 Die Übersetzung von σεσαρώμενον mit scopis mundatum hat außerdem einen Anhaltspunkt bei Jes 14,23, wo es heißt: „Ich will es mit dem Besen des Verderbens wegfegen, spricht der Herr Zebaot“. Tertullian und viele weitere Kirchenschriftsteller denken in diesem Zusammenhang an die Buße, die dann zur Vorbereitung des Heiligen Geistes dient.341 Ambrosius legt seinen Schwerpunkt in der Auslegung auf das jüdische Volk, das den bösen Geist durch das Gesetz ausgetrieben habe, doch dieser sei zurückgekehrt und sei nun gefährlicher als zuvor. Es sei lediglich das Reich der Kirche, das das geeinte Reich verkörpere.342 Fraglich ist jedoch, was diese Aussagen anthropologisch bedeuten. F. Bovon verweist darauf, dass es mit dem Auszug des Dämons nicht getan sei, sondern dass „der cum fetu erat, commundatam supplicationibus habitis pristino splendore restituit. A Picentibus Romani barbaro more excruciati. Ubique in Latio clades accepta. Rutilius Lupus spretis religionibus cum in extis caput non invenisset iocineris, amisso exercitu in proelio occisus. 339 Vgl. Ios. ant. Iud. 8.47: προσφέρων ταῖς ῥισὶ τοῦ δαιμονιζομένου τὸν δακτύλιον ἔχοντα ὑπὸ τῇ σφραγῖδι ῥίζαν ἐξ ὧν ὑπέδειξε Σολόμων ἔπειτα ἐξεῖλκεν ὀσφρομένῳ διὰ τῶν μυκτήρων τὸ δαιμόνιον, καὶ πεσόντος εὐθὺς τἀνθρώπου μηκέτ᾽ εἰς αὐτὸν ἐπανήξειν ὥρκου, Σολόμωνός τε μεμνημένος καὶ τὰς ἐπῳδὰς ἃς συνέθηκεν ἐκεῖνος ἐπιλέγων; Philostr. Apoll. 4.20: τοῦ δὲ οἷον δεσπότου πρὸς ἀνδράποδον ποικίλον πανοῦργόν τε καὶ ἀναιδὲς καὶ τὰ τοιαῦτα ξὺν ὀργῇ λέγοντος καὶ κελεύοντος αὐτῷ ξὺν τεκμηρίῳ ἀπαλλάττεσθαι τὸν δεῖνα ἔφη καταβαλῶ ἀνδριάντα δείξας τινὰ τῶν περὶ τὴν Βασίλειον στοάν, πρὸς ᾗ ταῦτα ἐπράττετο · ἐπεὶ δὲ ὁ ἀνδριὰς ὑπεκινήθη πρῶτον, εἶτα ἔπεσε, τὸν μὲν θόρυβον τὸν ἐπὶ τούτῳ καὶ ὡς ἐκρότησαν ὑπὸ θαύματος τί ἄν τις γράφοι; τὸ δὲ μειράκιον, ὥσπερ ἀφυπνίσαν τούς τε ὀφθαλμοὺς ἔτριψε καὶ πρὸς τὰς αὐγὰς τοῦ ἡλίου εἶδεν αἰδῶ τε ἐπεσπάσατο πάντων ἐς αὐτὸ ἐστραμμένων ἀσελγές τε οὐκέτι ἐφαίνετο, οὐδὲ ἄτακτον βλέπον, ἀλλ’ ἐπανῆλθεν ἐς τὴν ἑαυτοῦ φύσιν μεῖον οὐδὲν ἢ εἰ φαρμακοποσίᾳ ἐκέχρητο, μεταβαλόν τε τῶν χλανιδίων καὶ λῃδίων καὶ τῆς ἄλλης συβάριδος ἐς ἔρωτα ἦλθεν αὐχμοῦ καὶ τρίβωνος καὶ ἐς τὰ τοῦ ’Απολλωνίου ἤθη ἀπεδύσατο. 340 Vgl. Lk 8,39: ὑπόστρεφε εἰς τὸν οἶκόν σου καὶ διηγοῦ ὅσα σοι ἐποίησεν ὁ θεός. καὶ ἀπῆλθεν καθ᾽ ὅλην τὴν πόλιν κηρύσσων ὅσα ἐποίησεν αὐτῷ ὁ Ἰησοῦς. 341 Vgl. Tert. paen. 2.6: Cui praeministram paenitentiam destinarat purgandis mentibus praepositam, uti, quidquid error vetus inquinasset, quidquid in corde hominis ignorantia contaminasset, id paenitentia averrens et eradens et foras abiciens mundam pectoris domum superventuro spiritui sancto paret quo se ille cum caelestibus bonis libens inferat. Siehe dazu ausführlich Leclercq, Scopis mundatam, 131. 342 Ambr. in Luc. 7.92–94: hoc de Iudaeorum plebe dictum ambigi non potest, quam dominus a regno suo in superioribus segregavit. unde omnes quoque haereticos et schismaticos a regno dei et ab ecclesia intellege separatos. et ideo non dei, sed inmundi spiritus omnis schismatum haereticorumque liquido claret esse conventus. itaque in uno homine totius Iudaici populi conparatio est, a quo per legem spiritus inmundus exierat. Sed quia in nationibus et gentibus per fidem Christi requiem repperire non potuit, inmundis enim spiritibus Christus incendium est, qui in pectoribus gentilium, quae ante arida erant, postea per baptismum rore spiritus umescebant, iacula adversarii ignita restinxerat, ideo regressus ad plebem est Iudaeorum, quae forensi et perfunctoria specie comta animo manet interiore pollutior. Siehe zudem Bovon, Lukasevangelium III/2, 181.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
143
Besitzer [das Haus] gereinigt, geräumt und vielleicht geschmückt hat wie für ein Fest, während die Wiederbesetzung droht. Es ist das Innere des Menschen, das derart mit einem Haus verglichen wird“.343 Doch zeigt der Text keine Anzeichen einer wie auch immer gearteten Verinnerlichung. Möglicherweise führt Lukas hier ein Thema fort, das sich latent durch das Kapitel zieht, nämlich die Warnung vor Sorglosigkeit. Lk 11,26 Folio 1vb, Z. 6–13 a2
tunc
vadit
et
adsumit
et
adsumit
vadit
et
adsumit
vadit
et
adsumit
tunc
vadit
et
assumit
tunc
vadit
et
adsumit
tunc
vadit
et
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lac.
a e
tunc
d c b
et
f ff
et
tunc
vadit
i
et
tunc
vadit
et
adsumit
tunc
vadit
et
adsumit
tunc
vadit
et
adsumit
δ
tunc
vadit
et
sumit vel accipit
r
tunc
vadit
et
adsumpsit
2
q l
et 1
adsumit
p
et
tunc
vadit
et
adsumit
aur
et
tunc
vadit
et
adsumet
ar
et
tunc
vadit
et
adsumit
μ
et
tunc
vadit
et
adsumit
g
et
tunc
vadit
et
adsumit
2
g
et
tunc
vadit
et
adsummit
gat
et
tunc
vadit
et
adsummit
gig
et
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vadit
et
assumit
vg
et
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vadit
et
adsumit
τότε
πορεύεται
καὶ
παραλαμβάνει
1
NA
28
343 Bovon, Lukasevangelium III/2, 180–181.
secum secum
secum
ille
nequa
ille
nequam
144
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
adhuc
a
adhuc
alios
septem
spiritus
alios
septem
spiritus
e
alios
septe
spiritos
d
alios
septem
spiritus
c
alios
septem
b
nequiores
septem
f
spiritus
alios
spiritus
septem
alios
spiritus
septem
alios
spiritus
i
septem
alios
spiritus
q
septem
alios
spiritus
l
septem
spiritus
δ
vii
spiritus
r
1
septem
p
septem
aur
ff2
adhuc
alios
spiritus
alios
spiritus
septem
alios
spiritus
ar
septem
alios
spiritus
μ
septem
alios
spiritus
1
g
septem
alios
spiritus
g
2
septem
alios
spiritus
gat
vii
alios
spiritus
gig
septem
alios
spiritus
vg
septem
alios
spiritus
ἕτερα
πνεύματα
NA
28
secum
a2
nequiores
se
et
intrantes
inhabitant
a
nequiores
se
et
intrantes
inhabitant
e
nequiores
se
et
introiit
et
inhabitat
d
nequiores
se
et
intrant
et
habitant
et
introeuntes
inhabitant
nequiores
se
et
ingressus
inhabitat
nequitiores
se
et
ingressi
habitant
et
regressi
inhabitant
ingressi
inhabitant
c b f ff
2
nequiores
i
nequiores
se
q
nequiores
se
et
ingressi
inhabitant
l
nequiores
se
et
ingressus
inhabitat
alios
ibi ibi
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
145
(fortgesetzt) a2
nequiores
se
et
intrantes
inhabitant
δ
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
r
nequiores
quam ipse est
et
intrantes
inhabitant
illic
p
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
aur
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
ar
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
μ
nequiores
se
et
ingressi
habitabant
ibi
g
1
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
g
2
nequiores
se
et
ingresi
habitant
ibi
gat
nequiores
se
et
ingresii
habitant
ibi
gig
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
vg
nequiores
se
et
ingressi
habitant
ibi
πονηρότερα
ἑαυτοῦ
καὶ
εἰσελθόντα
κατοικεῖ
ἐκεῖ
1
NA
28
ἑπτὰ
a2
et
fiunt
novissima
hominis
a
et
fiunt
nobissima
hominis
e
et
fiunt
novissima
hominis
d
et
fiunt
c
et
fiunt
novissima
hominis
b
et
fit
et
erunt
f
eiusmodi novissima
hominis
vita
multo
hominis
ff
et
fit
huiusmodi
hominis
vita
multo
i
et
fit
huiusmodi
hominis
vita
multo
q
et
fit
huiusmodi
hominis
vita
l
et
fit
hu usmodi
hominis
vita
δ
et
sunt
novissima
hominis
1
r
et
fiunt
novissima
hominis
p
et
fiunt
novissima
hominis
aur
et
sunt
novissima
hominis
ar
et
fiunt
novissima
hominis
novissima
hominis
g1
et
sunt
novissima
hominis
g2
et
sunt
novissima
hominis
2
μ
novissimae
i
multum
146
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
fiunt
novissima
gat
et
sunt
novissima
gig
et
fiunt
novissima
hominis
vg
et
sunt
novissima
hominis
καὶ
γίνεται
τὰ ἔσχατα
τοῦ ἀνθρώπου
NA
28
hominis
a2
illius
peiora
priorum
a
illius
peiora
priorum
e
huius
deteriora
prioribus
peiora
prioribus
peiora
prioribus
peior
prioris
d c
illius
b f
peiora
prioribus
ff2
illius
peior
prioris
i
peior
prioris
q
peior
priori
l
peius
priori
δ
illius
peiora
prioribus
r1
illius
peiora
prioribus
p
illius
peiora
prioribus
aur
illius
peiora
prioribus
ar
illius
peiora
prioribus
μ
illius
peiora
prioribus
g
illius
peiora
prioribus
2
g
illius
pe ora
prioribus
gat
illius
peiora
prioribus
gig
illius
peiora
prioribus
vg
illius
peiora
prioribus
ἐκείνου
χείρονα
τῶν πρώτων
1
NA
28
i
hominis
d: novissima hominis illius post de pleve dixit illi Mt 12,45 | Ambr. in Lc. 7.95: Neque enim sacri fontis irriguo aut abluebat, aut restinguebat ardorem, meritoque ad eam spiritus redibat immundus, adducens secum septem spiritus nequiores se, quoniam in hebdomada legis et octavae mysterium sacrilega mente commisit. | Faust. Rheg. de grat. 2.5: Tunc vadit et adsumit septem alios spiritus nequiores se, et intrantes habitant ibi et fiunt novissima hominis illius peiora prioribus. | Hier. in Os. 3.12: Porro secundum tropologiam omnes haeretici pessimo
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
147
daemonum spiritu continentur, de quo et in Apostolo scriptum est: Adversus spiritualia nequitiae in coelestibus. Et immundus spiritus cum exierit ab homine, et requiem non invenerit, septem alios spiritus nequiores se sibi copulat, et ad pristinam revertitur domum.
spiritus nequiores a2 et rell. | spiritos nequiores e: Unter dem Einfluss vieler Vereinfachungen in den Flexionsparadigmen der Vulgärsprache werden häufig Substantive der 4. Deklination auf -u nach der 2. gebeugt: Dafür bietet der Codex Palatinus (e,2) an der vorliegenden Stelle ein Beispiel, das sich in Mk 3,11 wiederholt (spiritos immundos). Darüber hinaus orientiert sich die Übersetzung für πονηρότερα mit nequiores („nichtsnutzig, liederlich“) im Unterscheid zu Lk 11,13 an Cyprian, die sich hier gegen Derivate von malus durchgesetzt hat.344 Der Begriff findet sich häufig bei Plautus und Cicero mit Blick auf Sklaven, Schurken und Gauner.345 Eine Stelle bei dem aus Nordafrika stammenden Laktanz in seinen Divinae Institutiones 4.27.15–16 ist weiterführend. Dort heißt es: „Wenn sie meinen, dass wir nicht zu glauben sind, lassen sie Homer glauben, der den höchsten Jupiter mit Dämonen in Verbindung brachte, aber auch anderen Dichtern und Philosophen, die von denselben Wesen bald als Dämonen, bald als Göttern sprechen, wobei das eine wahr und das andere falsch ist. Diese äußerst bösen Geister nämlich, wenn sie beschworen werden, dann bekennen sie, dass sie Dämonen sind, wenn sie angebetet werden, dann sagen sie fälschlicherweise, dass sie Götter sind, damit sie die Menschen in Irrtümer führen und sie von der Erkenntnis des wahren Gottes abbringen, durch die allein sie dem ewigen Tod entkommen können.“346 Somit bezieht sich Laktanz auf den paganen Autor Homer, um die Ambivalenz des Begriffs daemonium zu begründen. Möglicherweise gründet sich diese Aussage auf platonisches Gedankengut: Im dritten Buch der Politeia geht es um Kritik an Homer, weil dieser die Götter als Anstifter des Bösen dargestellt hat. Platon schreibt (391e): „Diese Darstellungen sind weder fromm noch wahr: Denn wir haben gezeigt, dass Schlechtes von Göttern nicht kommen kann.“ (οὔθ᾽ ὅσια ταῦτα οὔτε ἀληθῆ: ἐπεδείξαμεν γάρ που ὅτι ἐκ θεῶν κακὰ γίγνεσθαι ἀδύνατον.) intrantes a2 a r1 | introiit e | intrant d | introeuntes c | ingressus b l | regressi ff2 | ingresi g2 | ingresii gat | ingressi rell.: ingredi und introire werden in der Regel als Übersetzung für εἰσπορεύεσθαι verwendet,347 womit die Nuancierung zwischen den Bewegungsverben betont wird. Ähnliches gilt für die Partizipien εἰσελθών und ἐξελθών,348 die mit ingressus und egressus übersetzt werden. Andere Formen werden vornehmlich mit intrare und exire 344 Vgl. Cypr. ep. 55.23 und oben Kommentar zu Lk 11,13, 77–80. 345 Der neue Georges, 3251. 346 Si nobis credendum esse non putant, credant Homero, qui summum illum Iovem daemonibus adgregavit, sed et aliis poetis ac philosophis, qui eosdem modo daemonas, modo deos nuncupant, quorum alterum verum, alterum falsum est. Illi enim nequissimi spiritus, ubi adiurantur, ibi se daemonas confitentur, ubi coluntur, ibi se deos mentiuntur, ut errores hominibus immittant et avocent a veri dei notione, per quam solam potest mors aeterna vitari (Übersetzung von den Verfassern). 347 Vgl. z. B. Mk 1,21; 5,40; Lk 11,33; 19,30. 348 Vgl. z. B. Mt 15,21–22; 18,28; 20,3; Mk 1,29.45; 5,39; 7,24; 16,8; Lk 1,22; 1,9.28; 4,42; 15,28; 19,1.
148
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
wiedergegeben, sodass der kumulative Gebrauch von intrare in den romanischen Sprachen schon bei der Entstehung frühlateinischer Bibeltexte fortgeschritten zu sein scheint.349 inhabitant a2 a c ff2 i q r1 | inhabitat e l | habitabant μ | habitant rell.: κατοικεῖν wird regelmäßig durch das Simplex habitare und das Kompositum inhabitare übersetzt, wobei die älteren Zeugen die präfigierte Form präferieren. So liest der Codex Palatinus (e,2) in Mt 4,3 und in der Parallelstelle bei Mt 12,45 inhabitare gegen die Mehrheit der Handschriften. In dieser Hinsicht erweist sich auch die Lesung inhabitantibus des Codex Vercellensis (a,3) in Lk 13,4 als besonders interessant. Diese Befunde deuten darauf hin, dass inhabitare in früheren Fassungen des lateinischen Evangeliums dominiert hat, wofür die Fragmenta Curiensia ein Beispiel bieten. fiunt a2 a e d c r1 p ar gig | fit b | erunt f | sunt rell.: Die Anzahl an Varianten im Vergleich zu Mt 12,45 ist überraschend: Dort tradieren alle Zeugen einheitlich fieri, das als die typische Übersetzung von γίγνεσθαι im Sinne von „werden“ oder „einer Änderung unterlaufen“ gelten kann. Aus der Perspektive fällt die Lesung des Codex Vercellensis (a,3) in Lk 8,17 auf: Für das griechische φανερὸν γενήσεται verwendet der Text palam fiat statt manifestetur (manifestabitur e) der übrigen Handschriften. peiora priorum a2 a | deteriora prioribus e | peior prioris b ff2 i | priori q | peius priori l | peiora prioribus rell.: Wiederholt wurde auf Besonderheiten der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) in Bezug auf die Syntax verwiesen, die sich an dem griechischen Text orientiert. In der vorliegenden Stelle ist die Form priorum nach gesteigertem Adjektiv peiora aufschlussreich, während die Mehrheit der anderen Handschriften den Ablativ prioribus führen. Besonders im Vergleich zu der synoptischen Parallele in Mt 12,45, in der die Phrase χείρονα τῶν πρῶτων mit peiora prioribus oder mit peiora magis quam priora wiedergegeben wird, ist der Genitiv auffallend. Es handelt sich um den im Lateinischen eher seltenen Genitivus comparationis, der sich am besten als Orientierung an den syntaktischen Phänomenen des Griechischen erklärt. Weitere Beispiele dafür finden sich vor allem in dem zweisprachigen Codex Bezae (d,5), der in Joh 7,31 im Gegensatz zu den übrigen Manuskripten numquid plura signa faciet quorum statt faciet quam quae liest. Lk 11,27 Folio 1vb, Z. 13–20 a2
factum est
autem
dum diceret haec ipse
levata
voce
quaedam
a
factum est
autem
dum diceret haec ipse
levata
voce
quaedam
e
factum est
autem
cum ista diceret
d
factum est
autem
in eo cum diceret haec
c
factum est
autem
cum ista diceret
b
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
349 Siehe dazu ausführlich Burton, The Old Latin Gospels, 161.
149
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
factum est
autem
dum diceret haec ipse
f
factum est
autem
cum haec diceret
ff2
factum est
i
factum est
autem
q
factum est
l
factum est
δ
factum est
r1
factum est
autem
cum haec diceret iesus
extollens
vocem
quaedam
p
factum est
autem
cum hec diceret
extollens
vocem
quaedam
aur
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
ar
factum est
autem
dum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
μ
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
g
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
2
g
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
gat
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quedam
gig
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quedam
vg
factum est
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
ἐγένετο
δὲ
ἐν τῷ λέγειν αὐτὸν ταῦτα
ἐπάρασά
1
NA
28
levata
voce
quaedam
extollens
vocem
quaedam
extollens
vocem
quedam
cum haec diceret
extollens
voce ns
quaedam
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quedam
autem
cum haec diceret
extollens
vocem
quaedam
cum haec diceret
cum diceret haec
in
a2
mulier
a
mulier
et
et
m
extollens
dicendo eum
quaedam
τις
e
mulier
quaedam
levavit
voce
de
turbis
d
mulier
quaedam
elevans
vocem
de
pleve
c
mulier
quaedam
levavit
vocem
b
mulier
de
turba
mulier
de
turba
ff
mulier
de
turba
i
mulier
de
turba
q
mulier
de
turba
l
mulier
δ
mulier
de
turba
r1
mulier
de
turba
p
mulier
de
turba
aur
mulier
de
turba
f 2
vocem
150
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
mulier
ar
mulier
de
turba
μ
mulier
de
turba
g
mulier
de
turba
2
g
mulier
de
turba
gat
mulier
de
turba
gig
mulier
de
turba
vg
mulier
de
turba
γυνὴ
ἐκ
τοῦ ὄχλου
1
NA
28
φωνὴν
a2
dixit
a
illi
beatus
venter
qui te portavit
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
dixit
illi
beatus
venter
qui te sustulit
dixit
illi
veatus
venter
qui te baiolavit
dixit
ei
beatus
venter
qui te portavit
b
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
e
et
d c
et
f
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
ff2
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
i
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
q
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
l
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
δ
dixit
illi
beatus
venter
qui portavit te
r1
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
p
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
aur
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
ar
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
μ
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
g1
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
g
2
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
gat
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
gig
dixit
ei
beatus
venter
qui te portavit
vg
dixit
illi
beatus
venter
qui te portavit
NA28
εἶπεν
αὐτῷ
μακαρία
ἡ κοιλία
ἡ βαστάσασά σε
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
et
ubera
quae
151
suxisti
a
et
ubera
quae
e
et
mammae
qui
suxisti
d
et
mamillae
quas
suxisti
c
et
ubera
quae
suxisti
b
et
ubera
quae
suxisti
te
lactaverunt
f
et
ubera
quae
suxisti
ff2
et
ubera
quae
suxisti
i
et
ubera
quae
susxisti
q
et
ubera
quae
suxisti
l
et
ubera
quae
suxisti
δ
et
ubera
qui vel quas
suxisti
r1
et
ubera
quae
suxisti
p
et
ubera
quae
suxisti
aur
et
ubera
quae
suxisti
ar
et
ubera
quae
suxisti
μ
et
ubera
quae
suxisti
g1
et
ubera
quae
suxisti
2
g
et
ubera
quae
suxisti
gat
et
ubera
quae
suncxisti
gig
et
ubera
que
suxisti
vg
et
ubera
quae
suxisti
NA28
καὶ
μαστοὶ
οὓς
ἐθήλασας
Tert. adv. Marc. 4.26.13: Exclamat mulier de turba beatum uterum qui illum portasset, et ubera quae illum educassent. Et dominus: Immo beati qui sermonem dei audiunt et faciunt: quia et retro sic reiecerat matrem aut fratres, dum auditores et obsecutores die praefert. | Ambr. patr. 1.51: Unde et illa mulier in evangelio ait: Beatus venter qui te portavit, et ubera quae suxisti. | Aug. in Ioh tract. 10.3: Propterea cum dominus in turba admirabilis videretur, faciens signa et prodigia, et ostendens quid lateret in carne, admiratae quaedam animae dixerunt: Felix venter qui te portavit. | Aug. virg. 3.3: Nam et dicenti cuidam: Beatus venter qui te portavit. | Ps.-Aug. spec. 27: Et paulo post: Factum est autem cum haec diceret, extollens vocem quaedam mulier de turba, dixit illi: Beatus venter, qui te portavit, et ubera, quae suxisti.
beatus a2 et rell. | veatus d: Viele griechische Begriffe werden in der „Afra“ und in der europäischen Texttradition unterschiedlich wiedergegeben. Zu den wichtigsten zählt sicherlich μακάριος. So findet sich im Codex Bobbiensis die Lesart et felix est qui non fuerit scandalizatus in me für Mt 11,6, während die übrigen Zeugen beatus statt felix bieten. Was die Sonderlesung veatus des Codex Bezae (d,5) anbelangt, ist die Verwechslung zwischen den Buchstaben „v“ und „b“ wegen des phonetischen
152
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Zusammenfalls von /w/ und /b/ in vielen altlateinischen Bibelmanuskripten verbreitet. Weitere Beispiele sind in Lk 11,12 (obum aur ovum rell.), 11,26 (novissima a nobissima a2) oder 13,26 (vivimus ff2 bibimus rell.) zu finden. Die Übersetzung mit beatus hat sich erst spät in den lateinischen Handschriften der Evangelien durchgesetzt. Die Annahme einer älteren Lesung lässt sich zudem anhand Cyprians Schriften weiter untermauern, der in den einschlägigen Belegen nicht so konsequent felix gebraucht wie Augustinus später beatus.350 Ebenso erwähnenswert ist die Schreibweise baeatus in Mt 5,3–11 im Codex Bobbiensis (k,1) oder in Lk 11,28 im Codex Vercellensis (a,3). ubera a2 a c b f ff2 i q l δ r1 p aur ar μ g1 g2 gat gig vg | mammae e | mamillae d: Die Begriffe mammae und mamillae sind ein Charakteristikum der Vulgärsprache und kommen oft in nicht-literarischen Kontexten vor, wie sie zum Beispiel in den Graffiti von Pompeji zu finden sind. Sie sind mit titta vergleichbar und können als obszöne Ausdrücke interpretiert werden, insbesondere wenn man ihre Verwendung in der römischen Komödie berücksichtigt.351 Auf der anderen Seite bezieht sich uber, häufiger im Plural ubera, auf das Stillen und findet sowohl für Tiere als auch für Menschen Anwendung. Der Begriff wird hauptsächlich in der klassischen Poesie gebraucht und wird dann in der späteren Prosa zu dem bedeutendsten Wort, das die nährende Brust bezeichnet.352 Beide Ausdrücke, ubera und mammae, finden sich auch in den medizinischen Texten von Celsus oder Caelius Aurelianus. Die Medizinhistorikerin R. Flemming hat gezeigt, dass uber oft dann genannt wird, wenn das „Milchgeben“ betont werden soll.353 Für die vorliegende Stelle mag auch die Seligpreisung der Rahel zentral sein, die in Gen 49,25 folgendermaßen gelobt wird: Benedictionibus coeli de super benedictionibus abyssi iacentis deorum, benedictionibus uberum et vulvae.354 M. McNamara verweist zudem auf ein Targum zu Gen 49,25 („gesegnet seien die Brüste, an denen du gesogen hast“)355 und auf GenR 98,20, wo es heißt: „[…] wegen der Segnung der Brüste und des Mutterleibes […]“.356 Auch in der hellenistischen Umwelt des Neuen Testaments sind Seligpreisungen der Mutter ein zentraler Topos, wie etwa die der Mutter Kleopatra: „Du hast uns entzückt, o Kleopatra, mit dem, was du gesagt hast, denn selig ist der Schoß, der dich getragen hat.“357 350 Vgl. z. B. Cypr. ad Quir. 1.22: beatus A M felix W L Bv; 2.6: beati A felices W L M Bv; aber 9.95: felix codicum consensus. 351 Siehe Goldberger, „Kraftausdrücke im Vulgärlatein“, 35. 352 Vgl. z. B. Tert. carn. 20: Respondeant obstetrices, medici et physici, de uberum natura, an aliter manare soleant, sine vulvae genitali passione, suspendentibus exinde venis sentinam illam inferni sanguinis, et ipsa translatione decoquentibus in materiam lactis laetiorem. 353 Flemming, Medicine and the Making of Roman Women, 311 ff. 354 Siehe auch Ruf. ben. 2.25 f.: benedictionem uberum et vulvae; Ps.-Euch. Gen 3 (PL 50,1865, 1044D), anders: Ambr. obit. Theod. 4 373: benedictionem mamillarum et vulvae. 355 ִב ְר ֥כֹת ְתּ ֖הֹום ר ֶֹב ֶ֣צת ָ ֑תּ ַחת ִב ְר ֥כֹת ָשׁ ַ ֖דיִ ם וָ ָ ֽר ַחם׃ 356 McNamara, The New Testament and the Palestinian Targum, 131–133. 357 Vgl. Comarius 17; 298,12 Berthelot/Ruelle.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
153
venter: κοιλία und venter können entweder Bauch oder Bauchhöhle meinen wie etwa in Aëtios Placita IV 5.1–10; Arist. gen. an. IV 1. 765b35-766a10; Arist. hist. an. I 4.489a2; CH Art. 46; Alim. 17.1–6; Ulc. 3; Gal. XV 896; 1Kor 6,13–16; Röm 16,18; Mk 7,19; Philon Leg. All. 1.12; oder aber die Gebärmutter wie etwa in medizinischen Traktaten (bspw. CH Nat.Puer. 17.1–30) oder biblischen Schriften SapSal 7,1; Hi 10,10; Lk 1,15; 1,35.41.42–44 (siehe besonders Codex W032); Lk 2,21; 23,29; Apg 3,2; Joh 3,4. In der vorliegenden Stelle steht venter sicherlich metonymisch für den Mutterleib. suxisti a2 et rell. | lactaverunt e: Mehrheitlich findet sich sugere als Prädikat, das „saugen“ meinen kann und im übertragenen Sinne „einsaugen“.358 Lediglich der Codex Palatinus (e,2) führt das Verb lactare, das „Milch geben“ oder auch „säugen“ bedeutet, wie etwa in Jes 60,16 oder bei Gellius.359 Bemerkenswert ist freilich die häufige Verwendung in Hinblick auf den römischen Gründungsmythos.360 Augustin verweist auf den deus lactans, der die Saaten milchen lässt.361 Im griechischen Text und zahlreichen lateinischen Handschriften liegt die Nähe zu Lk 23,28–29 auf der Hand: „Felices (a,3; beata e,2) steriles et ventres qui non genuerunt (a,3; peperunt e,2) et ubera (a,3; uberes e,2) quae non educaverunt (a,2; nutrierunt e,2).“362 Die Mehrheit der lateinischen Zeugen bietet nutrierunt, während die Vulgata und die Kirchenschriftsteller lactaverunt tradieren. Die Ausnahme bildet hier der Codex Vercellensis (a,3), der educaverunt bietet. Das ist auch Tertullians Textvariante für den vorliegenden Vers (siehe Textbeleg oben). Lk 11,28 Folio 1vb, Z. 20–23 a2
qui
ait
illis
beati
a
qui
ait
illi[s]
baeati
e
ipse
d
ad
c b
ille ipse
ad
autem
ille
vero
dixit
immo
dixit
etiam
beati
immo
beati
dixit
ei
dixit
ad eos
beati
358 Vgl. Cic. Tusc. 3.2: Nunc autem, simul atque editi in lucem et suscepti sumus, in omni continuo pravitate et in summa opinionum perversitate versamur, ut paene cum lacte nutricis errorem suxisse videamur. 359 Vgl. Jes 60,16: Et suges lac gentium et mamilla regum lactaberis et scies quia ego dominus salvans te et redemptor tuus fortis Iacob; Gell. 12.1.17: Nam plerumque sine discrimine, quaecumque id temporis lactans est adhiberi solet. 360 Siehe Solin. 20,12 u.ö. 361 Siehe hierzu Der neue Georges, 2795. 362 „Glücklich die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren und die Brüste, die nicht genährt haben.“
154
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
qui
ait
ad
ille
dixit
ad
ille
dixit
ad eos
beati
i
ad
ille
dixit
ad eos
beati
q
ad
ille
dixit
ad eos
beati
l
deest usque ad v. 37
f ff
2
δ
ipse
autem
illis
beati beati
dixit
quinimmo
beati
immo
beati
quinimmo
beati
r
ad
ille
dixit
p
at
ille
dixit
aur
at
ille
dixit
quippeni
beati
ar
at
ille
dixit
ad eos
immo
beati
μ
at
ille
dixit
ad eos
immo
beati
g
at
ille
dixit
immo
beati
2
g
at
ille
dixit
quinimmo
gat
at
ille
dixit
quippe
gig
at
ille
dixit
quippini
beati
vg
at
ille
dixit
quippini
beati
εἶπεν
μενοῦν
μακάριοι
1
1
NA
28
αὐτὸς
δὲ
ad eos
beati hii
a2
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
a
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
e
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
d
qui audiunt
verbum
domini
et
custodiunt
c
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
b
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
f ff
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
i
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
q
qui audiunt
verbum
dei
et
faciunt
l
deest usque ad v. 37
2
δ
audientes vel qui audiunt
verbum
dei
et
custodientes
r1
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
p
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
beati
illud
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
155
(fortgesetzt) a2
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
aur
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
ar
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
μ
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
1
g
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
g2
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
gat
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
gig
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
vg
qui audiunt
verbum
dei
et
custodiunt
οἱ ἀκούοντες
τὸν λόγον
τοῦ θεοῦ
καὶ
φυλάσσοντες
NA
28
illud illud
Tert. adv. Marc. 4.26: Dominus, imo, beati qui sermonem Dei audiunt, et faciunt. | Aug. in Ioh tract. 10.3: Et ille: Imo felices qui audiunt verbum Dei, et custodiunt. | Aug. virg. 3.3: Ipse respondit: Imo beati qui audiunt verbum dei, et custodiunt. | Ps.-Aug. spec. 27: At ille dixit: Immo beati qui audiunt verbum Dei, et custodiunt illud. | Luc. Cagl. Pro Sancto Athanasio liber secundus 1 (=PL 13.899): Num scis esse scriptum: Beati qui audiunt verbum dei et custodiunt illud?
qui ait a2 a | ipse dixit e c δ | ille rell.: Hinsichtlich des Pronominalgebrauches überliefern die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis (a,3) eine singuläre Lesung dieses Verses. Für die formelhafte Wendung αὐτός (nur in der Koine gebräuchlich) oder ὁ δὲ εἶπεν bietet der Codex Vercellensis im LkEv oft qui ait oder dixit statt ipse oder ille: Diese syntaktische Konstruktion als relativischer Anschluss, die in der Literatur der klassischen Sprache weite Verbreitung findet, ist in den lateinischen Bibelübersetzungen des späteuropäischen Texttypus eher ungewöhnlich. Beispiele finden sich im Codex Vercellensis in Lk 7,40; 8,10; 15,27; 22,34; 24,19,363 während die Formulierung sich im Codex Veronensis (b,4) an keiner dieser Stellen durchgesetzt hat. Eine in allen lateinischen Handschriften der Evangelien häufige Erscheinung ist wiederum der Wechsel von ait und dicit oder dixit. Nach von Soden lässt sich als ursprüngliche Tendenz erweisen, φησί mit ait und λέγει mit dicit zu übersetzen.364 Zudem hat sich der Gebrauch von dicere in den späteren Entwicklungsstufen des Lateins kaum geändert; ait scheint dennoch in seinen Funktionen stark eingeschränkt worden zu sein: Das Verb hat in der klassischen Sprache nicht nur direkte Reden eingeleitet, sondern auch, wie alle anderen verba dicendi, einen Accusativus cum infinitivo nach sich gezogen, was hier freilich nicht der Fall ist.365
363 Aber 10,37 und 22,25: at ille dixit. 364 von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 152. 365 Vgl. Cic. Deiot. 9: ait hac laetitia Deiotarum elatum vino se obruisse in convivioque nudum saltavisse; Sen. de otio 3,2: Epicurus ait non accedet ad rem publicam sapiens, nisi si quid intervenerit;
156
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
illis a2 a | ei c | ad eos b ff2 i q r1 ar μ | rell. oms.: Trotz der Verbreitung von Präpositionalphrasen im späteren Latein für das indirekte Objekt, wie man es in vielen Zeugen zu dieser Stelle beobachten kann, richtet sich der Text der Fragmenta Curiensia ausschließlich nach den klassischen Konstruktionen mit den Kasus.366 μενοῦν: Die Partikel bleibt in den Fragmenta Curiensia unübersetzt, was daran liegen mag, dass die Bedeutung des Begriffs unklar bleibt. Deutlich ist lediglich, dass es sich aus μέν und οὖν zusammensetzt und so etwas wie „ja also“, „ja gewiss“, meint und einen Vorbehalt ausdrückt:367 Das Tun des Wortes Gottes wird den familiären Bindungen vorgezogen. Lk 11,29 Folio 1vb, Z. 24 a2
turba autem
conve[niente]
a
turba autem
conveniente
turbae
colligerentur
d
turbis autem
congregatis
c
turbis autem
congregatis
b
turbis autem
concurrentibus
f
turbis autem
concurrentibus
ff2
turbis autem
concurrentibus
i
turbis autem
concurrentibus
q
turbis autem
concurrentibus
e
l
et
cum
deest usque ad v. 37
δ
turbis autem
concurrentibus
r1
turbis autem
convenientibus
p
turbis autem
concurrentibus
aur
turbis autem
concurrentibus
ar
turbis autem
concurrentibus
μ
turbis autem
cucurrentibus
g1
turbis autem
concurrentibus
g2
turbis autem
concurrentibus
gat
turbis autem
concurrentibus
Cat. 53,4: admirans ait haec manusque tollens. Zudem vgl. Mikulová, „Verbs Introducing direct speech“, 131. 366 Vgl. dazu 11,17: dixit ad illos c, dixit illis/eis rell.: die Fragmente lassen hier das Pronomen aus. 367 Siehe ausführlich Thrall, „Particles“, 34–35.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
157
(fortgesetzt) a2
turba autem
conve[niente]
gig
turbis autem
concurrentibus
vg
turbis autem
concurrentibus
NA28
τῶν δὲ ὄχλων
ἐπαθροιζομένων
turba conveniente a2 a | turbis convenientibus r1 | cum turbae colligerentur e | turbis congregatis d c | turbis concurrentibus rell. | cucurrentibus μ: Das Partizip conveniente erweist sich als eine weitere Sonderlesung der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3); der Codex Usserianus primus (r1,14) bietet zwar das gleiche Lemma, hingegen wie alle anderen Zeugen im Plural. Das griechische Verb ἐπαθροίζω ist ein Hapaxlegomenon und findet sich im Neuen Testament lediglich an dieser Stelle. So liest Mt 13,2 für die Versammlung des Volkes um Jesus συνάγω im Passiv (συνήχθησαν ὄχλοι), Lk 5,15 und 8,4 das Kompositum συνέρχομαι (συνήρχοντο ὄχλοι beziehungsweise συνιόντος ὄχλου), Mk 2,13 das Simplex ἔρχομαι (ὁ ὄχλος ἤρχετο), Lk 9,37 und Joh 12,18 unterschiedliche Ableitungen von ἀντάω (συνήντησεν ὄχλος und ὑπήντησεν ὁ ὄχλος), Lk 23,48 überliefert des Weiteren οἱ συμπαραγενόμενοι ὄχλοι. Wenn die lateinischen Zeugen für diese Passagen herangezogen werden, überrascht die Einheitlichkeit der Überlieferung: venire und convenire sind bei weitem die häufigsten Varianten, gefolgt von congregatus esse und occurrere. Die Heilung einer kranken Frau am Sabbat Das zweite Blatt der Fragmenta Curiensia setzt in einem Doppelgleichnis und Streitgespräch ein, das der Heilung einer kranken Frau am Sabbat (V.16) folgt. In V.17 werden die Antagonisten des Gesprächs eingeführt, das hier durch den Ärger eines Gemeindevorstehers über eine Heilung am Sabbat motiviert ist, der sich indes gegen die Volksmenge richtet und nicht gegen Jesus; in V.18–19 antwortet Jesus mit zwei rhetorischen Fragen auf die Heilung der kranken Frau (der „Tochter Abrahams“), indem er nicht seine Autorität ins Zentrum stellt, sondern die Krankheit der Frau.368 In V.17 wird dann die Reaktion der Antagonisten und der Zuhörer bemerkt. Der Text gehört zum lukanischen Sondergut. Die Besonderheit der folgenden Verse liegt nun darin, dass sowohl der Codex Vercellensis (a,3) als auch der für das Lukasevangelium zentrale Codex Palatinus (e,2) vollständig überliefert sind.
368 Siehe hierzu auch Tert. adv. Marc. 4.30.1: Quaestionem rursus de curatione sabbato facta quomodo discussit? Unusquisque vestrum sabbatis non solvit asinum aut bovem suum a praesepi et ducit ad potum? Ergo secundum condicionem legis operatus legem confirmavit, non dissolvit, iubentem nullum opus fieri nisi quod fieret omni animae, quanto potius humanae?
158
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 13,16 Folio 2ra, Z. 1–5 a2
alligavit
satanas
ecce
a
alligavit
satana[s
ecce]
e
alligaverat
satana
d
ligavit
satanas
c
alligaverat
satanas
b
alligavit
satanas
f
alligavit
ff
xviii
annis
xvi[ii
anni]
s
ecce ecce
a
annis
xviii
anni
xviii
x et viii
annis
x et viii
annis
satanas
adligaveri t
2
iam
annis
satanas
ecce
dece et octo
annos
decem et octo
i
ligavit
satanas
ecce
xviii
annos
q
alligavit
satanas
ecce
decem et octo
annis
l
alligaverat
satanas
δ
alligavit
satanas
r
alligaverat
satanas
p
alligavit
satanas
ecce
decem et octo
annis
aur
alligavit
satanas
ecce
decem et octo
annis
ar
alligavit
satanas
ecce
x et viii
annis
μ
alligavit
satanas
ecce
x et octo
annis
g
alligaverat
satanas
ece
decem et octo
annis
2
g
alligavit
satanas
ecce
decem et octo
annis
gat
alligavit
satanas
ecce
x et viii
annis
gig
alligavit
sathanas
decem et octo
annis
vg
alligavit
satanas
ecce
decem et octo
annis
NA
ἔδησεν
ὁ σατανᾶς
ἰδοὺ
δέκα καὶ ὀκτὼ
ἔτη
a2
non
oportebat
solvi
a
vinculo
hoc
die
sabbati
a
no[n
oporte]bat
[solvi
a
vin]cul[o
hoc
die
sab[bati]
e
non
oportuit
solvi
a
vinculo
die
sabbati
d
non
oportebat
solvi
a
vinculo
hoc
die
sabbati
c
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
b
non
oportuit
solvi
a
vinculo
die
sabbati
f
non
oportuit
solvi
a
vinculis
istis
die
sabbati
ff2
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
1
1
28
annis ecce
x et viii
annis annis
et
decem et octo xviii
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
159
(fortgesetzt) a2
non
oportebat
solvi
a
vinculo
hoc
die
sabbati
i
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
q
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
l
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
de
sabbati
i
δ
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
r1
non
oportuit
sol[vi
a
vin]culo
isto
die
sabbati
p
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
aur
non
oportu t{ut}
solvi
a
vinculo
isto
i
de
sabbati
ar
nonne
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
i
μ
non
op tuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
g1
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
g2
non
potuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
gat
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
or
gig
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
vg
non
oportuit
solvi
a
vinculo
isto
die
sabbati
οὐκ
ἔδει
λυθῆναι
ἀπὸ
τοῦ δεσμοῦ
τούτου
τῇ ἡμέρᾳ
τοῦ σαββάτου
NA
28
Tert. adv. Marc. 4.30.1: Quaestionem rursus de curatione sabbato facta quomodo discussit? Unusquisque vestrum sabbatis non solvit asinum aut bovem suum a praesepi et ducit ad potum? Ergo secundum condicionem legis operatus legem confirmavit, non dissolvit, iubentem nullum opus fieri nisi quod fieret omni animae, quanto potius humanae? | Ambr. in Ps 118 8.42: Denique scriptum est: Hanc autem filiam Abrahae, quam ligavit Satanas decem et octo annis. Ligat nos etiam diabolus criminum nexu: ligat nos vinculo fornicationis, vinculo adulterii, vinculo perfidiae qua Christus negatur, vinculo invidiae qua frequenter etiam frater appetitur, vinculo crudelitatis qua nonnumquam socius et conformis occiditur. | Ambrosiast. in 1Tim. 1.292 (=PL 17.465): Et quia ministro diabolo fiunt, declaravit Dominus, dicens inter multa: Haec autem cum sit filia Abrahae, quam alligaverat Satanas decem et octo annis, non oportuit solvi a vinculo die sabbati? | Aug. in Ps 67.8: Quia et mulieris, quam alligaverat Satanas per decem et octo annos, iubendo vincula solvit; et Lazari mortem clamando superavit. | Cassiod. in Ps 145.7: Solvit utique compeditos Dominus Christus, sicut in Evangelio dictum est: Nonne oportebat hanc filiam Abrahae, quam alligaverat Satanas decem et octo annis solvi ab infirmitate sua? Sed hoc non solum de vexatione immundi spiritus potest intelligi, sed etiam de omnibus vitiis, quibus mens nostra quasi quibusdam funibus illigatur. | Hier. comm. in Eph 2.4.8: Venit igitur Dominus noster Iesus Christus secundum Ezechielem, vasa secum captivitatis apportans, et operto capite, ne ab adversariis cognosceretur, praedicavit his qui capti erant remissionem, et qui tenebantur in viculis, solutionem, et nos de catenis hostium, et de compedibus liberavit, sicut illam in Evangelio mulierem, de qua ipse commemorat: Hanc autem filiam Abraham, quam ligavit Satanas iam decem et octo annis, non oportuit solvi de vinculo hoc in die sabbati? | Hil. tract. in Ps 118 8.14: Quod autem liget, in Evangeliis cognovimus, cum dicitur: Hanc autem filiam Abrahae ligavit Satanas annis decem et octo. Ligat igitur omni vitiorum genere, ebrietatis consuetudine, voluptatum desideriis, infidelitatis piaculo. | Epiph. Schol. 39: ταύτην δὲ θυγατέρα Ἀβραάμ, ἣν ἔδησεν ὁ Σατανᾶς.
160
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
satanas: Die Heilung wird an dieser Stelle als Auseinandersetzung mit dem Satan geschildert, der ausführlich schon in 10,18, 11,14.18 und 22,3.31 thematisiert wird. Vorsicht ist dabei geboten, die Krankheit der Frau mit Besessenheit durch den Satan gleichzusetzen.369 Dazu gibt der Text u. E. keine Auskunft. Lediglich eine weitere Stelle in Apg 10,38 lässt sich in diese Richtung interpretieren, wo es heißt: διῆλθεν εὐεργετῶν καὶ ἰώμενος πάντας τοὺς καταδυναστευομένους ὑπὸ τοῦ διαβόλου, ὅτι ὁ θεὸς ἦν μετ᾽ αὐτοῦ. Vielmehr wird ihre Krankheit in einem periphrastischen Satzgefüge im Griechischen anhand zweier Begriffe beschrieben, ἀνακύπτειν und συγκύπτειν, die anhand eines Genitivus obiectivus durch einen „Geist“ bezeichnet werden (13,11), der ihre körperliche Schwachheit begründe (πνεῦμα ἔχουσα ἀσθενείας).370 Im Griechischen sucht man vergeblich nach Parallelen in medizinischen Texten, um die Krankheit besser zu verstehen. Anders stellt sich die Situation in den lateinischen Texten dar: Zunächst wird der Geist, der die Frau schwächt, als spiritum languoris (a) oder auch spiritum infirmitatis (rell.) bezeichnet. In medizinischen Texten sind die Begriffe infirmitas und pestilentia oftmals austauschbar und verweisen auf morbus und pestis, die in der römischen Medizin immer dann Anwendung finden, wenn die Krankheit schwerwiegend ist oder auch kaum behandelt werden kann. Der Begriff spiritus infirmitatis wird bei Celsus lediglich einmal verwendet, nämlich in Bezug auf Epilepsie: Es ist der spiritus im Körper, der Atem, der die Epilepsie auslöst. Dieser Begriff wird von zwei weiteren Begriffen begleitet, die indes von den Handschriften nicht einheitlich überliefert werden; gemeinsam ist den Begriffen freilich, dass sie eine Störung des ganzen Körpers bezeichnen und nicht, wie in der neutestamentlichen Exegese häufiger, auf den Rücken angewandt werden. Die Vulgata und der Codex Veronensis (b,4) verwenden an dieser Stelle inclinare, das von Caelius Aurelianus und Cassius Dio mit Bezug auf epileptische Anfälle Verwendung findet: Durch zahlreiche Anfälle ist der Rücken verkrümmt.371 Das Verbum incumbere, das vom Codex Bezae (d,5) angeführt wird und das auf die Erstarrung von Gliedmaßen nach zahlreichen Anfällen verweist, hat eine ähnliche Bedeutung. Der zweite Begriff wird von zahlreichen Handschriften mit erigere übersetzt, das benutzt wird, um große Schmerzen bei Bewegungen zu bezeichnen. Einige Handschriften (b, c, l und q) wählen stattdessen respicere, das ebenfalls ein Begriff ist, der in medizinischen Texten bekannt ist und der in der Regel eine fehlende Reaktion auf äußere Reize bezeichnet, die u. a. bewirken, dass die kranke Person nicht in der Lage ist, aufzuschauen. Es ist sicherlich interessant, dass dieser
369 Zu dem Gebrauch der „Fessel“ siehe auch Ael. Arist. Dionys. 7 (siehe Wolter, Lukasevangelium, 484). 370 Hamm, „Freeing of the Bent Woman“, 23–44; Kilgallen, “The Obligation to Heal”, 402–409; Radl, „Ein,doppeltes Leiden‘“, 35–36; Weissenrieder, „Disease and Healing in a Changing World“, 41–56; Wolter, Lukasevangelium, 484; Grundmann, Lukas, 279; Wilkinson, „The Case of the Bent Woman“, 71–74; Loos, Miracles, 520–521; Bauer, Wörterbuch, 1230–1231; Schottroff, Lydia, 177–200. 371 Caelius Aurelianus, chron. 560,20; 494,15.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
161
Begriff auch in Lk 1,48 im Magnificat der Maria angeführt wird, wo Gott die Schwäche seiner Magd sieht: quia rexit humilitatem ancillae suae (inspexit e). Demnach legen sich Interpretationen, die die Krankheit der Frau lediglich auf den Satan beziehen, vor dem Hintergrund der lateinischen Quellen nicht zwingend nahe. iam a2 | om. rell.: Eine der wichtigsten Sonderlesungen der Fragmenta Curiensia. Eine Parallele im Zusammenhang mit einer Zeitangabe bietet Mk 8,2 ὅτι ἤδη ἡμέραι τρεῖς προσμένουσίν μοι. An dieser Stelle wird das Adverb ἤδη durch die Mehrheit der lateinischen Zeugen aufgenommen, ebenfalls im Codex Vercellensis, der quoniam iam triduum führt. Bezeichnenderweise fügen aber einige Zeugen die demonstrative Partikel ecce hinzu, die in der griechischen Tradition nicht belegt ist. Es liegt nahe, von einer Konflation dieser Varianten auszugehen, und es ist durchaus möglich, dass die vorliegende Sonderlesung der Fragmente sich ebenso auf eine Kontamination zurückführen lässt. solvi: Das Verb solvere ist für diesen Abschnitt grundlegend und meint in der Grundbedeutung „lösen“, „loslösen“, „losbinden“, aber auch „entbinden“ und „befreien“ oder metonymisch „ein Ende machen“.372 Einige Exegeten versuchen, den Vers ins Aramäische zurückzuübersetzen und somit den Aspekt des „Strafens“ stärker in den Vordergrund zu heben; das Lateinische legt jedenfalls diesen Aspekt nicht nahe.373 oportebat a2 a d | oportuit aur | potuit g2 | oportuit rell.: Das Imperfekt oportebat der Fragmenta Curiensia und der Codices Vercellensis (a,3) und Bezae (d,5), das auch in Cassiοdors Expositio in Psalterium belegt ist,374 dürfte wieder auf eine Übersetzungsstrategie hinweisen, die die syntaktischen Strukturen im Sinne einer diastratischen Varietät der griechischen Vorlage sprachlich imitiert. Im Griechischen treten unpersönliche Ausdrücke unerfüllter Forderungen wie ἔδει überwiegend in den Indikativ des Imperfekts und nur selten in den Aorist.375 Im Lateinischen lässt sich demgegenüber ein eher undifferenzierter Gebrauch des Perfekts und des Imperfekts feststellen, wie es gleichsam in den lateinischen Zeugen zu den Evangelien beobachtet werden kann; gelegentlich kommen auch Varianten im Präsens (oportet)376 und sogar im Plusquamperfekt (oportuerat) vor.377 Was die Verwendung der Tempora anbelangt, ist die Übersetzung von ἔδει so unsystematisch und willkürlich, dass die überlieferten Texte lediglich in Joh 4,4 (oportebat) miteinander übereinstimmen. Gleichzeitig gewinnt man durch die Analyse der Okkurrenz der beiden Formen den
372 Siehe Der neue Georges, 4441–4443. 373 Vgl. Schwartz, „λυθῆναι ἀπὸ τοῦ δεσμοῦ τούτου“, 47; Hamm, „The Freeing of the Bent Woman“, 34; Trémel, „A propos d’Ac 20,7–12“, 359–369. 374 Vgl. aber die lateinische Übersetzung von Irenäus’ Adversus haereses. 375 Vgl. Kühner, Ausführliche Grammatik, 391. 376 Z. B. Mt 23,23 (e) oder Lk 15,32 (it). 377 Z. B. Mt 18,33 (e) oder Mt 23,23 (ff2 h r1). Das Präsens δεῖ wird wiederum regelmäßig mit oportet übersetzt, abgesehen von wenigen Stellen mit Oratio Obliqua, für die in vielen Handschriften die entsprechende Consecutio temporum beachtet wird. Vgl. z. B. Joh 20,9.
162
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Eindruck, dass das Perfekt oportuit sich erst im Laufe der Zeit als Wiedergabe des griechischen Verbs durchgesetzt hat: Die Codices Palatinus (an der vorliegenden Stelle) und Bezae (Mt 23,23) bieten jeweils lediglich ein Beispiel; ansonsten dominiert in diesen älteren Handschriften das Imperfekt oportebat. In diesem Zusammenhang ist bezeichnend, dass die Codices Palatinus und Bezae Lk 22,7 ἔδει mit oportebat übersetzen (siehe auch f r1), während die übrigen Manuskripte necesse erat bieten. Für die Heilungsgeschichte meint dies jedenfalls nur eines: die Notwendigkeit der Heilung wird konstatiert. Eine zentrale Parallele findet sich gleichsam in Lk 4,43, der Antrittspredigt Jesu: Qui dixit ad illos: Quoniam et aliis civitatibus oportet me evangelizare regnum Dei (hier in der Version des Codex Vercellensis).378 hoc a2 a d | istis f | isto rell. | om. e b: Nicht nur das Pronomen ille wird in frühlateinischen Bibelübersetzungen vom klassischen Latein unterschieden gebraucht, sondern auch die Formen von hic. Denn das Pronomen hic scheint analog zu ille seinen besonderen Bedeutungsgehalt als Bezeichnung der zeitlichen oder räumlichen Nähe ebenfalls eingebüßt zu haben, sodass auch hier die Auflösung des deiktischen Systems der klassischen Sprache beobachtet werden kann: Im klassischen Latein war ein dreistufiges System für die Demonstrativa prägend, das den drei Konjugationspersonen entsprach: hic für ego (die sprechende Person), iste für tu (die angesprochene Person) und ille für eine dritte Person (die besprochene Person).379 Eine Parallele findet sich in Lk 13,32, wo die Fragmenta Curiensia, die Codices Vercellensis, Palatinus und Bezae das Demonstrativpronomen hic statt ille gegen alle anderen Zeugen tradieren.380 hic wird freilich alternierend zu iste als Übersetzung von οὗτος gebraucht; der Gebrauch von hic betrifft insbesondere feste Wendungen, wie etwa nach omnia und verba. Weitere Beispiele finden sich in Mt 3,17 und 17,5, wo οὗτός ἐστιν ὁ υἱός μου ὁ ἀγαπητός formelhafterweise mit hic est filius meus dilectus übersetzt wird. Im Vergleich zu lateinischen Texten der Antike hat der Gebrauch von iste in den biblischen Schriften jedenfalls deutlich zugenommen, wofür die vorliegende Stelle ein Beispiel bietet. Nichtsdestotrotz zeigt sich, wie die Lesung hoc der Fragmente gegen die Mehrheit der lateinischen Zeugen in der vorliegenden Stelle nicht nur dem allgemeinen Gebrauch des Pronomens hic folgt, sondern auch die griechische Vorlage berücksichtigt.
378 Für den griechischen Text siehe hierzu die Ausführungen von Kilgallen, „The Obligation to Heal. Luke 13:10–17“, 403; O’Toole, „Some Exegetical Reflections on Luke 13:10–17“, 84–107. 379 Vgl. Abel, „Die Ausbildung des bestimmten Artikels“, 230. 380 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 188, 220.
163
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 13,17 Folio 2ra, Z. 6–11 a2
haec dicente eo
confundebantur
omnes
qui adversantur ei
a
hae[c dicente] eo
[confun]deb[antur]
om[nes
qui] adv[ersaban]tur [ei
e
et
confusi sunt
qui ei adversabantur
d
et
confundebantur
adversarii eius
c
et
cum haec diceret
erubescebant
b
et
cum haec diceret
erubescebant
f
et
cum haec diceret
erubescebant
ff2
et
cum haec diceret
erubescebant
adversarii eius
i
et
cum haec diceret
erubescebant
adversarii eius
q
et
cum haec diceret
erubescebant
adversarii eius
l
et
cum haec diceret
erubescebant
δ
et
haec dicente eo
erubescebant
r
1
et
cum hae[c diceret]
lac.
p
et
cum hec diceret
aur
et
ar
et
μ
omnes
adversarii eius adversarii eius
omnes
qui resistebant ei
adversarii eius omnes
adversarii eius
erubescebant
omnes
adversarii eius
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
et
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
g
et
cum haec diceret
erubiscebant
omnes
adversarii eius
2
g
et
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
gat
et
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
gig
et
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
vg
et
cum haec diceret
erubescebant
omnes
adversarii eius
καὶ
ταῦτα λέγοντος αὐτοῦ
κατῃσχύνοντο
πάντες
οἱ ἀντικείμενοι αὐτῷ
1
NA
28
a2
et
omnis
populus
gaudebat
in
omnibus
a
et
om]nis
p[opulus]
gau[debat
in]
om[nibus]
e
et
omnis
populus
gaudebat
in
omnibus
d
et
omnis
populus
gaudebat
in
omnibus
c
et
omnis
populus
gaudebat
in
b
et
omnes
populus
gaudebat
in
f
et
omnis
populus
gaudebat
in
ff2
et
omnis
populus
gaudebat
in
i
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
164
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
omnis
populus
gaudebat
in
omnibus
q
et
omnis
populus
gaudebat
in
l
et
omnis
populum
gaudebat
in
δ
et
omnis
turba
gaudebat
in
1
r
et
omnis
populus
[gaudebat
in
p
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
aur
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
ar
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
μ
et
omnis
populus
gaudebat
1
g
et
omnes
populus
gaudebat
in
universis
g2
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
gat
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
gig
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
universis
vg
et
omnis
populus
gaudebat
in
universis
NA28
καὶ
πᾶς
ὁ ὄχλος
ἔχαιρεν
ἐπὶ
πᾶσιν
a2
mirificis quae fiebant
ab
illo
a
mi[rificis] qua[e fiebant]
ab
[illo]
e
quae videbant praeclara fieri
ab
illo
d
quibus videbant mirabilibus
ab
eo
c
praeclaris quae viderant fieri
ab
eo
b
praeclariis quae viderant fieri
ab
ipso
f
praeclaris virtutibus quae videbantur fieri
ab
eo
ff2
preclaris quae videbant fieri
ab
ipso
i
praeclariis quae viderant fieri
ab
ipso
q
praeclaris quae viderant fieri
ab
ipso
l
praeclaris quae viderant fieri
ab
ipso
ab
eo
praeclaris] quae videbant
ab
ipso
p
que gloriose fiebant
ab
eo
aur
quae gloriose fiebant
ab
eo
ar
quae gloriosse fiebant
ab
eo
μ
virtutibus quas viderant fieri
ab
eo
δ r
1
fieri
fieri
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
165
(fortgesetzt) g1
quae gloriose fiebant
ab
eo
g2
quae fiebant
ab
eo
gat
quae gloriose fiebant
ab
eo
gig
quae videbant fieri
in
ipso
vg
quae gloriose fiebant
ab
eo
τοῖς ἐνδόξοις τοῖς γινομένοις
ὑπ’
αὐτοῦ
NA
28
Bed. in Lc. 55 (15): Gaudente populo de eius miraculis gloriosis. | Bed. in Lc. 4 (269.1527): Et cum haec diceret erubescebant omnes adversarii eius, et omnis populus gaudebat in universis quae gloriose fiebant ab eo.
haec dicente eo a2 a δ | cum haec diceret rell. | om. e d: Die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis (a,3) bieten zusammen mit dem zweisprachigen Codex Sangallensis 48 (δ,27) die Lesung, die die Partizipialkonstruktion des griechischen Textes reproduziert: Der Genitivus absolutus wird in syntaktischer Entsprechung mit dem Ablativus absolutus wiedergegeben. Diese Konstruktionen sind mit Subjektverschiedenheit im Matrixsatz verbunden: 17a erwähnt zahlreiche Widersacher, wenngleich der Gesprächspartner sich in dem Gemeindevorsteher erschöpfte, und 17b berichtet die Freude der Volksmenge aufgrund der mirificis. Die übrigen Zeugen lösen den Genitivus absolutus hingegen in einem Temporalnebensatz auf; die Omission (e2; d,5) ist auch im griechischen Text des Codex Bezae (D) belegt. Die formelhafte Wendung mit λέγοντος ist jedenfalls in den Evangelien ungewöhnlich und kommt sonst lediglich in Lk 9,34 vor: Im Unterschied zu der vorliegenden Stelle dominiert dort die Übersetzung mit dem Ablativus absolutus, aber das Verb wird mit loquente übersetzt, und lediglich die Codices Vercellensis und Bezae (d,5) bieten eine Variante dazu: dicente. Der Codex Palatinus (e,2) löst den Genitivus absolutus durch einen cum-Satz ebenfalls mit dicere auf (haec autem cum ille diceret). Statt λέγοντος ist in der griechischen Überlieferung viel häufiger λαλοῦντος zu finden,381 das in der Mehrzahl der lateinischen Handschriften konsequent mit einem funktionsähnlichen Ablativus absolutus und loqui wiedergeben wird; eine Ausnahme bilden der Codex Bobbiensis (k,1; regelmäßig) und der Codex Palatinus (e,2; häufig), die die Variante cum loqueretur führen.382 Es liegt die Vermutung nahe, dass die Auflösung der Partizipialkonstruktion die ältere Lesart bietet, die sich hier bis hin zur Vulgata durchgesetzt hat; dagegen belegen die Fragmenta Curiensia, die Codices Vercellensis und Sangallensis 48 in diesem Vers die neuere Variante.
381 Mt 9,18; 12,46; 17,5; 26,47; Mk 5,35; 14,43; Lk 8,49; 22,47.60; Joh 8,30. 382 Mt 9,18; 12,46; Mk 14,43 k; Mt 17,5; Mk 5,35; Joh 8,30 e.
166
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
confundebantur a2 a d | confusi sunt e | erubescebant rell.: Abgesehen von einigen Belegstellen in den paulinischen und katholischen Briefen ist das Verb καταισχύνεσθαι ausschließlich im vorliegenden Vers zu finden;383 das Simplex αἰσχύνεσθαι („beschämt sein“) wird in den Evangelien noch in Lk 16,3 benutzt,384 während das Kompositum ἐπαισχύνεσθαι in der synoptischen Parallelstelle Mk 8,38 und Lk 9,26 vorkommt.385 Zwei lateinische Übersetzungsvarianten lassen sich für diese drei Verben unterscheiden: Eine ältere Textschicht scheint in den Codices Palatinus (e,2), Vercellensis (a,3) und Bezae (d,5) durch, die in großer Übereinstimmung mit Cyprians Wortwahl durchgehend confundi („verwirren, bestürzt machen“) lesen;386 eine weitere, wahrscheinlich jüngere Textschicht belegt erubescere („schamrot werden, sich schämen“) und setzte sich erst mit den späteuropäischen Text durch. Möglicherweise haben sich die frühen Handschriften an Mk 8,38 orientiert, die von allen lateinischen Handschriften mit confundi bezeugt wird.387 qui adversantur ei a2 | qui adversabantur ei a | qui ei adversabantur e | qui resistebant ei f | adversarii eius rell.: Bei dieser Sonderlesung der Fragmenta Curiensia fällt insbesondere die abweichende Zeitform (Präsens statt Imperfekt) auf: Die Möglichkeit, dass es sich hierbei um einen Lapsus des Kopisten handelt, der zu einem haplographischen Fehler geführt hat, also zur Auslassung des Tempuszeichens -ba-, ist nicht auszuschließen. Jedenfalls ist das substantivierte Partizip ἀντικείμενοι in den Evangelien sonst in Lk 21,15 zu finden, woraus sich ein Muster für die verschiedenen Textvarianten ergibt. Die Mehrheit der Handschriften behalten nämlich die Übersetzung adversarii bei (adversantes d); allein der Codex Vercellensis (a,3) löst das Partizip wieder mit einem Relativsatz auf und liest qui adversantur. omnibus mirificis quae fiebant a2 a | omnibus quae videbant praeclara fieri e | omnibus quibus videbant mirabilibus d | praeclaris quae viderant fieri c q l praeclariis b i preclaris ff2 fieri om. r1 | universis praeclaris virtutibus quae videbantur fieri f | universis δ | virtutibus quas viderant fieri μ | universis quae videbant fieri gig | universis quae gloriose fiebant rell. | que p | gloriosse ar | gloriose om. g2: Die Fülle lateinischer Textvarianten geht auf die griechische Überlieferung zurück. Hinzu kommen vier mögliche Übersetzungen des substantivierten Adjektivs ἔνδοξος: mirificus/mirabilis (a a2 d), praeclarus (it) – daneben auch virtus (f μ) – und die Variante gloriosus, die in das Adverb gloriose umgewandelt wird (vg). Diese Varianten sind bemerkenswert, 383 Röm 5,5; 9,33; 10,11; 1Kor 1,27; 11,4.5.22; 2Kor 7,14; 9,4; 1Petr 2,6; 3,16. 384 Vgl. Lk 16,3: σκάπτειν οὐκ ἰσχύω, ἐπαιτεῖν αἰσχύνομαι. 385 Vgl. Mk 8,38: ὃς γὰρ ἐὰν ἐπαισχυνθῇ με καὶ τοὺς ἐμοὺς λόγους ἐν τῇ γενεᾷ ταύτῃ τῇ μοιχαλίδι καὶ ἁμαρτωλῷ, καὶ ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἐπαισχυνθήσεται αὐτὸν ὅταν ἔλθῃ ἐν τῇ δόξῃ τοῦ πατρὸς αὐτοῦ μετὰ τῶν ἀγγέλων τῶν ἁγίων; Lk 9,26: ὃς γὰρ ἂν ἐπαισχυνθῇ με καὶ τοὺς ἐμοὺς λόγους, τοῦτον ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἐπαισχυνθήσεται, ὅταν ἔλθῃ ἐν τῇ δόξῃ αὐτοῦ καὶ τοῦ πατρὸς καὶ τῶν ἁγίων ἀγγέλων. 386 Vgl. Cyp. ep. 63.15: porro autem dominus in evangelio dicit: qui confusus me fuerit, confundetur eum filius hominis. 387 Zu einer ausführlichen Diskussion über die Formen von confiteri als Textvarianten für ἐπαισχύνεσθαι in Mk 8,38 und Lk 9,26, vgl. Merx, Die Evangelien des Markus und Lukas, 264.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
167
weil sie sich mit den lateinischen Wiedergaben des Substantivs δόξα nur bedingt decken. claritas gilt als typische ältere „Afra“-Übersetzung für das griechische δόξα, während gloria erst im Laufe der Europäisierung des Bibeltexts dominiert.388 Die Deutung mirificus / mirabilis in a a2 d erklärt sich möglicherweise durch Ex 34,10 (hier Codex Ludg. 100; Cod. 103); Dtn 10,21 (hier Cod. Ludg. 100: magnalia et mirabilis) und Jes 64,3vg 64,2LXX. In den Schriften des Alten Testaments gibt es nur einen, der mirabilis erwirken kann: der Gott Israels. Diese Deutung legt wiederum den Blick auf Jesu Zuwendung zu Israel, die sich zeichenhaft an dieser erkrankten Frau zeigt. Vertieft wird diese Sendung an Israel noch durch Zeit und Ort, nämlich Sabbat und Synagoge, die im Zentrum des Textes stehen.389 Der zweisprachige Codex Bezae (d,5) liest ἐν πᾶσιν οἷς ἐθεώρουν ἐνδόξοις ὑπ’αὐτοῦ γεινομένοις; bezeichnenderweise richtet sich die lateinische Fassung der Handschrift so stark nach dem griechischen Text, dass sogar sein syntaktischer Aufbau treu nachgeahmt wird: Die attractio relativi samt Assimilation des Bezugsworts, das heißt omnibus quibus videbant mirabilibus statt omnibus mirabilibus quae videbant, findet eine wortwörtliche Entsprechung in Latein. Die Gleichnisse vom Senfkorn und Sauerteig In den folgenden Gleichnissen liegt eine sogenannte Doppelüberlieferung vor, die erstmals von B. Kahl und dann auch von S.K. Seim beschrieben wurde: die Doppelüberlieferung in weiblichen und männlichen Beispielen.390 Mit diesen Gleichnissen kommentiert Jesus die Heilung der Frau, indem er die Gottesherrschaft expliziert und so sein eigenes Wirken nochmals kommentiert, um es plausibel zu machen. Zentral ist die universale Herrschaft Gottes, die eschatologisch interpretiert werden kann, also in dem Sinne, dass jedes Ende auch ein Anfang innehat. Wahrscheinlich ist, dass Lk die Gleichnisse in dieser Reihenfolge schon in Q vorgefunden hat, denn auch bei Mt 13,31–33 stehen sie in derselben Reihenfolge. Mk führt nur das Gleichnis vom Senfkorn an (Mk 4,30–32), doch der Einfluss der markinischen Variante auf die lukanische Fassung ist sehr überschaubar und lediglich in der Frageform noch erhalten; die Frageform findet sich indes auch in Lk 7,31, Mt 11,16 und in jüdischer Gleichnisliteratur wie M. Wolter deutlich machen kann.391 Die Übereinstimmungen zwischen Mt und Lk beschränken sich in den lateinischen Übertragungen auf folgende: simile est regnum (Lk 13,18 – Mt 13,31 k e a b d c g ff2 f l h q; nicht aur) und
388 Vgl. von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 239. 389 Siehe Green, „Jesus and the Daughter of Abraham“, 649; siehe ebenso Wolter, Lukasevangelium, 485. Dagegen Klein, Lukasevangelium, 480, der betont, dass damit noch nicht „die Wiederherstellung Israels“ angedeutet ist. 390 Siehe Kahl, „Armenevangelium“ und Seim, Double Message, 51; Dupont, Le couple parabolique du sénevé et du levain, 609–623; vgl. zudem Jülicher, Gleichnisreden II, 569–581; Jeremias, Gleichnisse, 91–93; Weder, Gleichnisse Jesu als Metapher, 130; Klauck, Allegorie, 210–218. 391 Wolter, Lukasevangelium, 286.
168
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
ramis eius (Lk 13,19 – Mt 13,32 e a b d c g ff2 f l h q aur; nicht k), im Gleichnis vom Sauerteig führen die Mehrzahl der Handschriften in Mt 13,33 nach simile est noch regnum caelorum ein, nach quod ein cum (in der lukanischen Variante nur bei e belegt), statt acceptum bieten die Mt-Handschriften accepit, und nach farina bieten viele Handschriften mensuris tribus, sodass man auch hier von zahlreichen Abweichungen sprechen kann, während die griechischen Textvarianten weitgehend übereinstimmen. Lk 13,18 Folio 2ra, Z. 13–15 a2
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
a
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
e
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
d
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
c
dicebat
autem
cui
simile
est
regnum
dei
b
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
f
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
ff2
dicebat
ergo
cui
similis
est
regnum
dei
i
dicebat
ergo
q
dicebat
autem
cui
simile
est
regnum
dei
l
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
δ
dicebat
autem
cui
simile
est
regnum
dei
r
dicebat
lac.
cui
simile
est
regnum
dei
1
p
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
aur
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
ar
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
μ
dicebat
ergo
g
1
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
g2
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
gat
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
gig
dicebat
autem
cui
simile
est
regnum
dei
vg
dicebat
ergo
cui
simile
est
regnum
dei
NA28
ἔλεγεν
οὖν
τίνι
ὁμοία
ἐστὶν
ἡ βασιλεία
τοῦ θεοῦ
a2
et
cui
adsimilabo
illut
a
et
cui
adsimilabo
illud
e
et
cui
adsimilabo
illud
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
169
(fortgesetzt) a2
et
cui
adsimilabo
illut
d
et
cui
similabo
illut
c
et
cui
simile
illud
b
et
cui
simile
illud
f
et
cui
simile
et
cui
simile
illud
estimabo
cui
simile
illud
existimabo
cui
simile
illud
extimabo
simile
ff
2
i q
et
l
et
cui
δ
et
cui
1
r
et
cui
simile
p
et
cui
simile
aur
et
cui
simile
ar
et
cui
simile
cui
simile
μ
esse
estimabo esse
existimabo
esse
existimabo
illut
illud
existimabo similabo
lac. esse
esse
illud
existimabo existimabo aestimabo
esse
illud esse
illud
existimabo
illud
aestimabo
regnum
g
et
cui
simile
esse
existimabo
illut
2
g
et
cui
simile
esse
existimabo
illud
gat
et
cui
simile
esse
aestimabo
illud
gig
et
cui
simile
vg
et
cui
simile
καὶ
τίνι
1
NA
28
illud esse
dei
estimabo existimabo
illud
ὁμοιώσω
αὐτήν
Mt 13,31 | Mk 4,30 | Tert. adv. Marc. 4.30.1: Parabolarum congruentiam ubique recognoscor exigere. Simile est regnum dei, inquit, grano sinapis, quod accepit homo et seminavit in horto suo. | Ambr. in Lc. 7.175: Cui simile est regnum die et cui simile esse illud aestimabo? | Amb. Abr. 2 (9.66): Simile est regnum caelorum grano sinapis. | Bed. in Lc. 56 (15): Regnum Dei grano sinapis comparans et fermento. | Bed. in Mc. 1 (486,1947): Cui adsimilabimus regnum Dei aut cui parabolae comparabimus illud? | Bed. in Lc. 4 (269.1533): Dicebat ergo: Cui simile est regnum Dei et cui simile esse existimabo illud? | Greg. moral. 19 (Migne 76.1.3, 97A): Cui simile est regnum Dei, et cui simile aestimabo illud? | Aug. serm. 87 (PL 39.1913): Cui simile est regnum Dei? Et cui simile illud aestimabo? | Aug. serm. 88 (PL 39.1842): Cui simile est regnum caelorum? Et cui simile aestimabo illud? | Petr. Chrys. serm. 98 Cui simile est regnum Dei? Et cui simile illud aestimabo?
simile est: Die Phrase simile est umfasst die Ähnlichkeit zwischen den Gegenständen durch ihre Übereinstimmung einiger Eigenschaften und steht somit im Unterschied zur Gleichheit, die eine vollkommene Übereinstimmung voraussetzt: Jesus kann lediglich in parabolae oder, wie viele der älteren Zeugen der lateinischen Bibel es bevorzugen, similitudes sprechen, weil es anders als den Jüngern nicht allen
170
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Menschen gegeben ist, die Geheimnisse des Himmelreiches zu verstehen.392 Lk fragt zunächst nach Ähnlichkeit des Reiches Gottes und formuliert eine objektive Frage, auf die dann eine subjektive Frage folgt. Die erste Frage lautet: Wie kann von der Gottesherrschaft im Vergleich gesprochen werden? Die Frage nach simile est unterscheidet sich von adsimilabo: Die zweite Frage lautet in der 1. Person Singular, „womit soll ich es vergleichen?“ adsimilabo a2 a e | similabo d δ | estimabo c ff2 | extimabo q | aestimabo aur μ gat | existimabo rell.: Als Übersetzung des griechischen Verbs ὁμοιοῦν etablierte sich zunächst das Simplex similare – häufig auch simulare geschrieben –, wie der Codex Bobbiensis (k,1) und Belege bei Cyprian bestätigen.393 Die oft von einem Accusativus cum infinitivo abhängigen Umschreibungen mit aestimare oder existimare beziehungsweise simile dicere deuten auf eine spätere Entwicklung des Bibeltextes hin und haben sich abgesehen von dem vorliegenden Vers lediglich bei einigen europäischen Zeugen durchsetzen können.394 Das Kompositum adsimilare, das die Fragmenta Curiensia und die Codices Vercellensis (a,3) und Palatinus (e,2) bieten, dürfte wiederum eine Zwischenstufe dieses Prozesses darstellen: Ein Beispiel dafür findet man in Mk 4,30, wo der Codex Palatinus (e,2) mit quomodo similabimus regnum dei die älteste Variante überliefert, während die Codices Vercellensis (a,3) und Bezae (d,5) cui adsimilabimus führen, der Codex Veronensis (b,4) aber quomodo simile dicemus. Ähnlich verhält es sich in Lk 7,31. Die altlateinischen Bibeltexte belegen eine Entwicklung von similare zu adsimilare bis zu simile dicere. Diese Entwicklung lässt sich gut in Mk 4,30 (similare e,2; adsimilare a,3; d,5; simile dicere b,4) oder auch in Lk 7,31 (similare e,2; d,5; adsimilare a,3; c,6 simile dicere b,4) nachvollziehen. So lassen sich die unterschiedlichen Lesarten im vorliegenden Vers plausibel machen: Die Codices Palatinus und Bezae lesen cui ergo similabo, die Codices Vercellensis und Colbertinus (c,6) cui ergo adsimilabo, wohingegen der Codex Veronensis wieder mit simile dicere übersetzt, das heißt cui similes (scil. homines) ergo dicam. In der klassischen Sprache haben similare und adsimilare die gleiche Bedeutung, also „ähnlich machen“, „ähnlich darstellen“ oder auch „in einer Rede vergleichen“; similare ist gleichwohl häufiger und adsimilare erst in der post-augusteischen Prosa verbreitet. Die Anzahl der lateinischen Varianten, die durch die verschiedenen Wortstellungen gekennzeichnet sind, wird nicht in der griechischen Überlieferung belegt. Die folgenden beiden Gleichnisse versuchen also, die göttliche Wirklichkeit mit der irdischen zu vergleichen und die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf eine von ihnen schon bekannte Welt zu lenken.
392 Vgl. insbesondere Mt 13,11: ὑμῖν δέδοται γνῶναι τὰ μυστήρια τῆς βασιλείας τῶν οὐρανῶν, ἐκείνοις δὲ οὐ δέδοται; dazu noch Mk 4,11; Lk 8,10. 393 Vgl. Mt 6,8; 7,24.26; Mt 11,16; Cypr. testim. 3.96 u. a. 394 Vgl. Mt 7,24 (h); 11,16; 25,1. In der vg nur in Mt 11,16.
171
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 13,19 Folio 2ra, Z. 16–22 a2
simile
est
grano
sinapis
quod
accepto
a
simile
est
[grano]
sina[pis
quo
acc]ep[to
e
simile
est
grano
sinapis
quod
cum accepisset
grano
sinapis
quo
accepto
grano
sinapis
quod
acceptum
d
simile
est
c
simile
est
b
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
regnum dei
f
simile
est
grano
senapis
quod
acceptum
ff2
simile
est
grano
senapis
quod
adceptum
i
simil
est
grano
sinapis
quod
acceptum
q
simile
est
granum
synapis
quod
accepto
l
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
δ
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
r
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
1
p
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
aur
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
ar
simile
est
grano
synapis
quod
acceptum
μ
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
g1
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
g
2
simile
est
grano
sinaphis
quod
acceptum
gat
simile
est
grano
synapis
quod
acceptum
gig
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
vg
simile
est
grano
sinapis
quod
acceptum
ὁμοία
ἐστὶν
κόκκῳ
σινάπεως
ὃν
λαβὼν
NA a2
28
homo
regnum dei
misit
in
orto
suo
et
crevit
et
crevit
a
homo
misit
in
orto
suo
e
homo
misit
in
hortum
suum
d
homo
misit
in
hortum
suum
crevit et
crevit
c
homo
misit
in
ortum
suum
et
crevit
b
homo
misit
in
ortum
suum
et
crevit
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
f ff
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
i
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
q
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
2
172
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
homo
misit
in
orto
suo
et
crevit
l
homo
misit
in
hortum
suum
δ
homo
misit
in
ortum
suum
et
crevit
1
r
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
p
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
crevit
aur
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
ar
homo
missit
in
hortum
suum
et
crevit
μ
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
g
1
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
g
2
homo
misit
in
ortum
suum
et
crevit
gat
homo
missit
in
hortum
suum
et
crevit
gig
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
vg
homo
misit
in
hortum
suum
et
crevit
ἄνθρωπος
ἔβαλεν
εἰς
κῆπον
ἑαυτοῦ
καὶ
ηὔξησεν
NA
28
a2
et
facta est
arbor
et
volucres
a
et
facta est
arbor
et
volucres
e
et
factum est
arborem
et
volatilia
d
et
facta est
arbor
et
volatilia
c
et
facta est
arbor
et
volucres
b
et
facta est
arbor
ita ut
volucres
in
magna
f
et
facta est
arbor
et
volucres
ff2
et
facta est
arbor
et
volucres
i
et
facta est
arbor
et
volucres
q
et
facta est
arbor
ita ut
volucres
l
et
facta est
arbor
ita ut
volucres
δ
et
factum est
r1
et
facta est
p
et
factum est
in
arborem
aur
et
factum est
in
ar
et
factum est
μ
et
facta
g1
et
factum est
g
et
factum est
2
um
est
in
arborem
magna
grandis magnam
et
volucres
et
volatilia
magnam
et
volucres
arborem
magnam
et
volucres
in
arborem
magnam
et
volucres
in
arbor
magna
et
volatiliavolucres
in
arborem
magnam
et
volucris
in
arborem
magnam
et
volucres
arbor
em
m
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
173
(fortgesetzt) a2
et
facta est
gat
et
factum est
in
arborem
gig
et
factum est
in
arborem
vg
et
factum est
in
arborem
καὶ
ἐγένετο
εἰς
δένδρον
NA
28
arbor magnam magnam
et
volucres
et
volucres
et
volucres
et
volucres
καὶ
τὰ πετεινὰ
a2
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
a
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
e
caeli
habitabant
in
ramis
eius
d
caeli
habitaverunt
sub
ramos
eius
c
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
b
caeli
requiescerent
in
ramis
eius
caeli
requieverunt
in
ramis
eius eius
f ff
caeli
requieverunt
in
ramis
i
caeli
requieverunt
subtus
ramis
q
caeli
requiescerent
in
ramis
eius
l
caeli
requiescant
in
ramis
eius
δ
caeli
habitaverunt
in
ramis
eius
r
caeli
habitaverunt
sub
ramis
eius
p
celi
requieverunt
in
ramis
eius
aur
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
ar
caeli
quieverunt
in
ramis
eius
μ
celi
habitaverunt
in
ramis
eius
1
g
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
g2
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
gat
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
gig
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
2
1
requieverunt
ea
et
vg
caeli
requieverunt
in
ramis
eius
NA28
τοῦ οὐρανοῦ
κατεσκήνωσεν
ἐν
τοῖς κλάδοις
αὐτοῦ
p: e corr. ortum Mt 13,31 | Mk 4,30 | Tert. adv. Marc. 4.30.5: Simile est regnum dei, inquit, grano sinapis quod accepit homo et seminavit in horto suo. | Ambr. Abr. 2.8.53: Sunt enim volucres coeli quae veniunt et habitant in ramis eius arboris quae de grano sinapis surrexerit, cui coelorum regnum comparator. | Ambr. in Lc 7.175: Simile est grano sinapis, quod acceptum homo misit in hortum suum et creuit et facta est arbor, et volucres caeli requieuerunt in ramis eius. Aug. serm. 246.3: Id est, semen minimum et fervidum, et crevit et ascendit, et fecit arborem tantam, ut etiam volucres coeli requiescerent in ramis eius.
174
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
sinapi: Unter dem griechischen Lehnwort σίναπι (attisch: νᾶπυ)395 finden sich mehrere Pflanzen der Familie der Kreuzblütler, dessen Samenkorn besonders klein ist. Der Senf ist eine einjährige Pflanze, die nach Plinius keiner Pflege bedarf (nulla cultura) und deren Samen bei günstigen Bedingungen sofort keimt (protinus viret).396 Neben der Parallelüberlieferung zu dem vorliegenden Vers kommt das Wort noch in Mt 17,20 und Lk 17,6 vor, wo die ὀλιγοπιστία, die Kleingläubigkeit, der Jünger thematisiert und mit einem Senfkorn verglichen wird. Die Interpretation dieser Stellen scheint unumstritten zu sein: Trotz der unscheinbaren Kleinheit des Samenkorns wächst das Senfkorn zu einem Baum heran, der alle anderen Gewächse überragt397 und in dessen Zweigen sich die Vögel des Himmels niederlassen können. Es ist zudem merkwürdig, dass sowohl Matthäus als auch Lukas von einem Baum, δένδρον, statt eines Busches sprechen, was in der Exegese Anlass zur Spekulation gegeben hat (die sog. „minor agreements“). Das Wort wird jedenfalls in den lateinischen Zeugen mit arbor übersetzt: Der Gebrauch erklärt sich im Lateinischen, denn die Größe der Pflanze wird anhand der Wurzel gemessen; damit geht es nicht um das Wachsen in die Höhe, sondern in die Tiefe.398 quod accepto a2 q | quo accepto a d | quod cum accepisset e | quod acceptum rell.: Die synoptische Überlieferung in Mt 13,31 weist nicht die Anzahl der für Lk aufgelisteten Varianten auf, darunter divergierende Lesarten in den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis (a,3).399 Im MtEv folgen fast alle lateinischen Zeugen der Autorität der griechischen Handschriften, indem sie das Relativum in den Akkusativ setzen und das Partizip Präsens Aktiv benutzen: quod accipiens steht morphosyntaktisch in genauer Entsprechung zu ὃν λαβών, die einzige griechische Lesung für diese Passagen. Die einzige Ausnahme im MtEv bildet der Codex Bobbiensis (k,1): Hier wird die Partizipialkonstruktion in einen Temporalnebensatz aufgelöst und mit quod cum accepit geführt; dieselbe Variante des Codex Palatinus (e,2) findet sich für die vorliegende Stelle, abgesehen vom Tempus- und Modusgebrauch (Indikativ Perfekt in k,1; Konjunktiv Plusquamperfekt in e,2). Der vorliegende Vers vertieft noch einmal den Eindruck, dass ältere Zeugen des Bibeltextes dazu tendieren, die griechischen Partizipien in Nebensätzen aufzulösen.400 Die Wahl des Verbs ist zudem interessant, denn accipere konnotiert eher ein „in Empfang nehmen“ „empfangen“ oder „annehmen“ als „nehmen“. Damit wird der Geschenkcharakter des Reiches Gottes hervorgehoben.
395 Plin. nat. 19.54: Athenienses napy appellaverunt, alii th aspi, alii saurion. 396 Vgl. Plin. nat. 19.54. 397 Explizit dazu Mt 13,32: ὃ μικρότερον μέν ἐστιν πάντων τῶν σπερμάτων, ὅταν δὲ αὐξηθῇ μεῖζον τῶν λαχάνων ἐστὶν καὶ γίνεται δένδρον; und Mk 4,31b-32a: μικρότερον ὂν πάντων τῶν σπερμάτων τῶν ἐπὶ τῆς γῆς, καὶ ὅταν σπαρῇ, ἀναβαίνει καὶ γίνεται μεῖζον πάντων τῶν λαχάνων καὶ ποιεῖ κλάδους μεγάλους. 398 Vgl. das indogermanische ardhos, „ein hohes Gewächs zur Wurzel“. Siehe dazu Der neue Georges, 415. 399 In Mk 4,31 ist die Partizipialkonstruktion mit λαβών nicht tradiert. 400 Vgl. z. B. V. 11,29, wo e den Genitivus absolutus τῶν δὲ ὄχλων ἐπαθροιζομένων in cum turbae colligerentur auflöst. Die anderen Zeugen übernehmen die Partizipialkonstruktion der griechischen Vorlage.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
175
orto a2 a | ortum c b δ p g2 | hortum rell.: Der Verlust des behauchten Klangs /h/ stellt einen weiteren Hinweis auf eine spätere Entwicklung der lateinischen Sprache und die Auswirkungen der Mündlichkeit auf die Rechtschreibung dar, obschon die ersten Anzeichen der phonetischen Veränderung sich bereits auf den sermo rusticus der republikanischen Ära Roms zurückführen lassen.401 Das belegen vor allem Dubletten wie harena/arena, hallec/allec, hircus/ircus oder holus/olus, die der landwirtschaftlichen Sprache entstammen, und zu denen das vorliegende hortus/ortus zählt.402 In der Appendix Probi, einer der bedeutendsten Quellen für den Lautwandel im Spätlatein, wird der Rechtschreibfehler anhand der Wortpaare hostiae, non ostiae und adhuc, non aduc dokumentiert. Da das Werk wahrscheinlich zu Beginn des 4. Jh. zu datieren ist, war zur Zeit der ersten Bibelübersetzungen ins Lateinische dieser Prozess bereits fortgeschritten und betraf Begriffe aus den verschiedenen Lebensbereichen. Dies veranschaulicht die orthographische Variante für ostium (hostium c ff2 δ ar g2) in VV. 13,24.25, einen architektonischen Begriff, wobei dort die Fragmenta Curiensia im Gegensatz zu diesem Vers die konservativere Schreibweise führen.403 volatilia e d r1 | volatiliavolucres μ | volucris g1 | volucres rell.: Für πετεινόν, das im NT lediglich im Plural πετεινά vorkommt, haben sich drei Übersetzungen in den lateinischen Zeugen etabliert: volatilia ist die präferierte Lesart im Codex Bobbiensis (k,1) und stimmt mit Tertullians und Cyprians Zitaten überein, sodass man hierbei häufig von einem charakteristischen Merkmal des „Afra“-Textes spricht, das sich lediglich in Mt 6,26 einheitlich in allen Handschriften durchsetzen konnte.404 volucres ist eine Deutung des europäischen Textes, und bereits der Codex Palatinus (e,2) ersetzt an wenigen Stellen die ältere Variante durch das neue Wort.405 aves ist schließlich eine typische Wiedergabe der späteuropäischen Zeugen: Der Codex Palatinus bietet lediglich eine einzige Belegstelle dafür, bezeichnenderweise mit zwei orthographischen Eigentümlichkeiten, habes.406 volatilia und volucris werden im klassischen Sprachgebrauch nicht nur als Bezeichnung für Vögel verwendet, sondern auch als Eigenschaft von allem, das sich schnell in der Luft bewegt, wie etwa ein Pfeil oder gar Licht.407 avis wiederum scheint einen deutlich wissenschaftlicheren Charakter zu haben: Das Wort wird von den meisten Dichtern vermieden und kommt meistens in lateinischer Prosa vor, wo es vor allem die biologische Nomenklatur für Geflügel im Allgemeinen darstellt.408 401 Vgl. Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 92–93. 402 Vgl. dazu ausführlich Väänänen, Introduction au latin vulgaire, 55. 403 Vgl. unten Kommentar zum Vers, 191–193, 196–198. 404 Siehe hierfür von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 121. 405 Mt 13,4; Lk 8,5; 12,24. 406 Mt 13,32. 407 Vgl. z. B. Verg. Aen. 5.242–243: illa Noto citius volucrique sagitta/ad terram fugit, et portu se condidit alto; Lucr. 6.173: Hoc etiam pacto volucri loca lumine tingunt/nubes et tremulo tempestas impete fulgit. 408 Vgl. z. B. Cels. 2.18, 2.20, 2.29. Dazu ausführlich Brown, Lucretius, 312. Auch die Beobachtungen von Varro in l.l. 5.76 gehen in diese Richtung: primum nomen nominem alites ab alis, volucres a volatu. deinde generatim: de his pleraeque ab suis vocibus ut haec: upupa, cuculus, corvus, irundo, ulula, bubo;
176
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 13,20 Folio 2ra, Z. 23 – Folio 2rb, Z. 2 a2
et
iterum
dixit
cui
est
simile
regnum
dei
a
et
iterum
dixit
cui
est
simile
regnum
dei
e
et
iterum
dixit
d
aut
c
et
iterum
b
et
f
illis
cui cui
simile
dixit
cui
simile
iterum
dixit
cui
simile
et
iterum
dixit
cui
simile
ff
et
iterum
dixit
cui
simile
i
et
iterum
dixit
cui
simile
q
et
iterum
dixit
cui
simile
l
et
iterum
dixit
cui
similem
iterum
dixit
cui
2
δ 1
r
et
iterum
dixit
cui
simile
p
et
iterum
dixit
cui
simile
aur
et
iterum
dixit
cui
simile
ar
et
iterum
dixit
cui
simile
μ
et
iterum
dixit
cui
simile
g1
et
iterum
dixit
cui
simile
g2
et
iterum
dixit
cui
simile
gat
et
iterum
dixit
cui
simile
gig
et
iterum
dixit
cui
simile simile
vg
et
iterum
dixit
cui
NA28
καὶ
πάλιν
εἶπεν
τίνι
illut
a2
et
cui
adsimilabo
a
et
cui
adsimilabo
e
adsimilabo
regnum dei
similabo
illut
c
estimo
regnum dei
b
aesti[mabitur]
regnum dei
d
et
cui
est
regnum
dei
item haec: pavo, anser, gallina, columba. sunt quae aliis de causis appellatae, ut noctua, quod noctu canit ac vigilat, lusciniola, quod luctuose canere existimatur atque esse ex Attica Progne in luctu facta avis.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
177
(fortgesetzt) a2
et
adsimilabo
illut
aestimabo
regnum dei
ff
aestimabitur
regnum dei
i
aestimabo
regnum dei
q
aestimabo
regnum dei
l
estimabo
regnum dei
δ
simi labo
regnum dei
r
aestimabo
regnum dei
p
estimabo
regnum dei
aur
aestimabo
regnum dei
ar
aestimabo
regnum dei
μ
aestimabo
regnum dei
g
aestimabo
regnum dei
2
g
aestimabo
regnum dei
gat
aestimabo
regnum dei
gig
estimabo
regnum dei
vg
aestimabo
regnum dei
ὁμοιώσω
τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ
f 2
cui
u
1
1
NA
28
et cui simile faciam illud
Ambr. in Luc. 7.186 (279.2057): Cui simile aestimano regnum dei? | Bed. in Lc. 4 (270.1574): Et iterum dixit: Cui simile aestimabo regnum Dei et cui simile est? | Ps-Bed. in Lc. 13.23 (83.55 ff.): Domine, si pauci sunt qui salvantur? Audiens miratissimas res quibus regnum caelorum simile esse dicebatur, id est, grano sinapis et ferment paucitatem eorum qui salventur aestimavit. | Chrys. Serm. 99 (Migne 52.1894) 477Af.: Qui simile aestimabo regnum Dei?
cui est simile regnum dei a2 a | cui simile est regnum dei d | om. rell.: Auch an der vorliegenden Stelle zeigen sich die Übereinstimmungen zwischen den Fragmenta Curiensia, dem Codex Vercellensis (a,3) und dem zweisprachigen Codex Bezae (d,5): Der Codex Bezae tradiert den einzigen griechischen Text zu den Sonderlesungen dieses Verses, also zwei durch die Konjunktion καί miteinander verbundene direkte Fragen und die Verdoppelung des Interrogativpronomens τίνι vor dem letzten Prädikat: ἢ τίνι ὁμοία ἐστὶν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ καὶ τίνι ὁμοιώσω αὐτήν. Diese bis auf die Wortstellung exakte Wiederholung von Lk 13,18 (cui est simile regnum dei statt cui simile est regnum dei), die in den übrigen Zeugen fehlt, wird in den Fragmenten und im Codex Vercellensis mit dem Versanfang kombiniert, den die Mehrheit der griechischen Autoritäten bietet, καὶ πάλιν εἶπεν, und dem alle übrigen Handschriften der lateinischen Tradition mit der Übersetzung et iterum dixit folgen. In diesem Sinne
178
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
ist diese Konflation mit der vergleichbar, derer wir schon in 11,24 gewahr wurden.409 Außerdem fällt der Gebrauch des Pronominalobjekts nach den Verben im zweiten Fragesatz auf, eine der wenigen Abweichungen zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis: Es ist bezeichnend, dass die Fragmente und der Codex Bezae nicht nur in der Verwendung eines Pronomens, das der Codex Vercellensis übergeht, sondern sogar in der seltenen allographischen Variante illut übereinstimmen.410 Syntaktisch wird durch die Sonderlesung die Doppelfrage von V.18 im Sinne eines Parallelismus membrorum nachvollzogen und eine zweifache Doppelfrage an den Anfang des zweiten Gleichnisses gestellt. Lk 13,21 Folio 2rb, Z. 2–7 a2
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
a
simile
est]
fer[mento]
quod
acce[p]tum
mulier
abscondit
e
simile
est
fermento
quod
cum accepit
mulier
abscondit
d
simile
est
fermento
quod
accipiens
mulier
abscondit
c
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
b
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
f
simile
est
fermento
quod
accepto
mulier
abscondit
ff2
simile
est
fermento
quod
adceptum
mulier
abscondit
i
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
q
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
l
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
δ
simile
est
fermento
quod
acceptum vel ens
mulier
abscondit
r1
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
p
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
aur
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
ar
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
μ
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
g1
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
g2
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
gat
simile
est
firmento
quod
acceptum
mulier
abscondit
409 Vgl. oben Kommentar zum Vers, 137–138. 410 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,14, 88.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
179
(fortgesetzt) a2
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
gig
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
vg
simile
est
fermento
quod
acceptum
mulier
abscondit
NA28
ὁμοία
ἐστὶν
ζύμῃ
ἣν
λαβοῦσα
γυνὴ
ἐνέκρυψεν
a2
in
farina
a
in
farina
e
in
farinae
mensuras
d
in
farinae
mensuras
c
in
b
donec
fermentaretur
donec
fermentaretur
quousque
fermentetur
totum
usquequo
fermentatum est
totum
farinam
donec
fermentatum est
totum
in
farinam
donec
fermentatum est
totum
f
in
farinae
donec
fermentatum est
totum
ff2
in
farina
donec
fermentatum est
totum
i
in
farinam
donec
fermentatum est
totum
q
in
farinam
donec
fermentatum est
totum
l
in
farinam
donec
fermentatum est
totum
δ
in
farinae
sata
tria
donec
fermentaretur
totum
r1
in
farinam
mensuris
tribus
donec
fermentetur
totum
p
in
farine
sata
tria
donec
fermentaretur
totum
aur
in
farina
sata
tria
donec
fermentaretur
totum
ar
in
farinae
sata
tria
donec
fermentaretur
totum
μ
in
farina
sata
tria
donec
fermentaret
totum
g1
in
farinae
sata
tria
donec
fermenteretur
totum
g2
in
farinae
sata
tria
donec
fermentaretur
totum
gat
in
farina
satis
tribus
donec
firmentaretur
totum
gig
in
farina
satis
tribus
donec
fermentaretur
totum
vg
in
farinae
sata
tria
donec
fermentaretur
totum
NA28
εἰς
ἀλεύρου
σάτα
τρία
ἕως οὗ
ἐζυμώθη
ὅλον
mensuras
mensuris
tres
tris
tribus
totum
Mt 13,33 | Tert. adv. Marc. 4.30.3: De sequenti plane similitudine vereor ne forte alterius dei regno portendat. Fermento enim comparavit illud, non azymis quae familiariora sunt creatori. | Ambr. in Lc 7.186: Simile est fermento quod acceptum mulier abscondit in farina, donec fermentatum est totum. | Aug. in Ioh tract. 125.17: Unde Dominus ait: Simile est regnum coelorum fermento, quod accepit mulier et abscondit in farinae mensuris tribus, quoadusque fermentaretur totum. | Aug. quaest. evang. 1.12:
180
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Fermentum quod accepit mulier, et abscondit in farinae satis tribus: mulierem, sapientiam dicit: fermentum, dilectionem; quod fervefacit et excitat. | Aug. serm. 111.1: De verbis Evangelii Lucae, ubi regnum Dei dicitur simile fermento, quod acceptum mulier abscondit in farinae sata tria. Deque eo quod ibi scriptum est, Domine, si pauci sunt qui salvantur? | Hil. in Matth. 13.5: Simile est regnum coelorum fermento, quod acceptum mulier abscondit in farinae mensuris tribus, donec fermentatum est totum. | Petr. Chr. serm. 94: Simile est fermento, quod acceptum mulier abscondit in farinae mensuris tribus, donec fermentatum est totum.
abscondere: Anders als die griechischen Zeugen, die neben κρύπτειν bisweilen die Komposita ἐγκρύπτειν und ἀποκρύπτειν als Varianten tradieren,411 belegen die lateinischen Zeugen in der Regel abscondere. Der Codex Palatinus (e,2) bietet in Mt 13,35 gegen alle Handschriften occultare; ebenso die Codices Bezae (d,5) und Claromontanus (h,12), die in Mt 6,6 occultare anführen. abscondere kann sowohl „verbergen“ und „verstecken“ als auch „verschwinden lassen“ oder „unsichtbar machen“ bedeuten und thematisiert an dieser Stelle das „Verschwinden lassen“ im Teig. fermentum meint metonymisch „Gärungsmittel“, zu denen „Sauerteig“ ebenso zu rechnen ist wie „Dünger“.412 Die Fermentierung, die der Sauerteig als Gärung in Gang bringt, wurde für die Herstellung der Schaubrote und rituellen Opferbrote verboten. Das heißt: Thematisiert wird nicht die Verborgenheit der Gottesherrschaft, sondern das Verschwinden und gleichzeitige Entfalten einer Substanz (fermento – fermentaretur). Die Interpretation erfolgt also ähnlich wie im unmittelbar vorangehenden Gleichnis vom Senfkorn. In beiden Fällen soll ausgedrückt werden, dass das Reich Gottes unscheinbar beginnt, aber dort, wo das Evangelium verkündigt wird, zunehmend an Raum gewinnt. mensuras tres a2 corr | mensuras tris d | mensuras e | mensuris tribus f r1 | sata tria δ p aur ar μ g1 g2 vg | satis tribus gat gig | om. rell.: Grundsätzlich beschreibt die Ergänzung der Fragmenta Curiensia das griechische σάτα τρία, das in den Zeugen der Vulgata einfach als transkribierte Form benutzt wird. σάτον ist selbst die Gräzisierung des aramäischen Kornmaßes אחא ָ ( ָסSakha), das laut Flavius Josephus 1 1/2 italienischen Modii/Scheffeln entsprach,413 das heißt ungefähr 40 l, und das lediglich bei Mt geführt wird: Dort überwiegt die Lesung mensuris tribus (sata tria k,1; satis tribus vg), während die Codices Palatinus (e,2) und Bezae (d,5) die Variante der Fragmente für den vorliegenden Vers bieten, mensuras tres; auch der Codex Vercellensis (a,3) folgt der Mehrheit der Handschriften. Es ist deshalb unklar, warum die Fragmenta Curiensia eben jene Angabe im LkEv ausschließen, die von allen griechischen Zeugen überliefert wird, und inwieweit diese Omission mit der Auslassung in den späteren europäischen Texten, wie sie im Codex Veronensis (b,4) oder im Codex Vindobonensis (i,17) belegt sind, zusammenhängt. Jedenfalls liegt hier eine Abweichung zwischen 411 Außer im vorliegenden Vers, vgl. Mt 11,25 und 25,18. 412 Vgl. Colum. 4.1.7: Quid quod pastinati humus, dum est recens soluta laxataque, velut fermento quodam intumescit? 413 Ios. ant. Iud. 9.85: ἰσχύει δὲ τὸ σάτον μόδιον καὶ ἥμισυ Ἰταλικόν.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
181
den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis vor, die eine Textergänzung entweder auf der Basis eines griechischen Originals oder einer sehr stark darauf ausgerichteten lateinischen Übersetzung suggeriert, wie beispielsweise in dem zweisprachigen Codex Bezae. Freilich beweist das nicht eine genetische Beziehung zwischen beiden Handschriften, sondern liefert Anhaltspunkte für gemeinsame Einflüsse, zumal die Fragmente mit der Sekundärform tres statt tris eine Sonderlesung attestieren. Die Ergänzung gewinnt schließlich ihr eigentümliches Profil, indem der Revisor der Fragmenta Curiensia den ursprünglichen Ablativ farina (von in regiert) nicht in den Genitiv farinae (als Attribut zu mensuras tres) ändert, sodass der Text am Ende eine grammatische Merkwürdigkeit aufweist. Die sicherlich zu große, für den Privathaushalt unrealistische Menge Mehl, scheint die Ausmaße, die das Reich Gottes trotz bescheidener Anfänge annehmen kann, zu unterstreichen. donec a2 et rell. | quousque e | usquequo d: Für die beiden Konjunktionen ἕως und ἕως οὗ ist in den „Afra“-Texten mehrheitlich quoadusque oder quousque zu finden, wobei die letzte Form in der klassischen Sprache nur als direktes Fragewort verwendet wurde;414 spätere Zeugen der lateinischen Bibel bevorzugen stattdessen donec.415 Die vorliegende Stelle liefert ein Beispiel für die Distribution dieser Varianten. Extravagant und nicht-klassisch ist wiederum die Lesung usquequo des Codex Bezae (d,5), die vielleicht einen Versuch darstellt, dem griechischen Original sogar in der Wortbildung zu folgen: usquequo, das nur an wenigen Stellen vorkommt, wie etwa in Mt 13,33 im Codex Palatinus (e,2) oder Lk 15,8 im Codex Bezae, ist freilich die häufigste Übersetzung in Lk 9,41 und Joh 10,24. Der enge Zugang V.22 eröffnet eine neue Szene und schafft somit einen Abstand zu den vorhergehenden Gleichnissen. In V.23 wird von einem anonymen Fragesteller nach der Anzahl derjenigen, die gerettet werden, gefragt, auf die Jesus mit einer Rede antwortet (VV.24–30), die besonders dem Unheilsgeschick der Vielen gewidmet ist. Lk 13,22 Folio 2rb, Z. 8–10 a2
et
circuibat
per
civitates
et
vicos
docens
a
et
cuircuibat
per
civitates
et
vicos
docens
e
et
perambulabat
per
civitates
et
castella
docens
d
et
circuibat
per
civitates
et
castella
docens
414 Vgl. z. B. Ciceros berühmt gewordene Formulierung in Cat. 1.1.1: Quousque tandem abutere patientia nostra? 415 Vgl. z. B. Mt 5,18; 10,11; 13,33; Mk 12,36; Lk 20,43; 22;18; Joh 9,18. Dazu ausführlich von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 201.
182
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
circuibat
per
civitates
et
vicos
docens
c
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
b
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
f
et
ibat
iesus
per
civitates
et
castella
docens
ff2
et
ibat
iesus
per
civitates
et
castella
docens
i
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
q
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
l
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
δ
et
ibat vel perambulabat
per
civitates
et
castella
docens
r1
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
p
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
aur
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
ar
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
μ
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
g1
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
g2
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
gat
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
gig
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
vg
et
ibat
per
civitates
et
castella
docens
NA28
καὶ
διεπορεύετο
κατὰ
πόλεις
καὶ
κώμας
διδάσκων
a2
et
iesus
iter
faciens
in
a
hyerosolymis hierosolymis
e
et
iter
faciens
in
hierusalem
d
et
iter
faciens
in
hierusalem
c
et
iter
faciens
in
ierusalem
b
et
iter
faciens
in
hierusalem
f
et
iter
faciens
in
hierusalem
ff2
et
iter
faciens
in
iherusalem
i
et
iter
faciens
hierusalem
q
et
iter
faciens
in
hierusalem
l
et
iter
faciens
in
hierusalem
δ
et
iter
faciens
in
ierosalem
r1
et
iter
faciens
in
hierusalem
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
183
(fortgesetzt) a2
et
iter
faciens
in
hyerosolymis
p
et
iter
faciens
in
hierusalem
aur
et
iter
faciens
in
hierusalem
ar
et
iter
faciens
in
hyerusalem
μ
et
iter
faciens
in
[hie]rusalem
g1
et
iter
fatiens
in
hierusalem
g2
et
iter
faciens
in
hierusalem
gat
et
iter
faciens
in
hierusalem
gig
et
iter
faciens
in
hierusalem
vg
et
iter
faciens
in
hierusalem
NA28
καὶ
πορείαν
ποιούμενος
εἰς
Ἱεροσόλυμα
a: e corr. circuibat | p: e corr. ierusalem Aug. op. monach. 1.5: In Evangelio enim scriptum est: Deinceps et ipse iter faciebat per civitates et castella praedicans et evangelizans regnum Dei. | Aug. unit. eccl. 1.9.30: Hoc enim de illis mox dicitur: At illi qui dispersi erant, transeuntes per civitates et castella, evangelizabant verbum Dei. | Cassiod. hist. 6.42: Mihi namque videtur, quia, adveniente Deo, nullum miraculum nullumque beneficium putari debet incredulum. Nam et alia plurima miracula per civitates et vicos plerumque apud multos provinciales antiquitus tradita sunt, habentia veritatem; quod repente monstrabo. | Hier. adv. Pelag. 1.31: Et de Salvatore scriptum est: Ex eo tempore coepit praedicare et dicere: Poenitentiam agite, appropinquavit enim regnum coelorum. Et iterum: Circuibat Jesus civitates et vicos, docens in synagogis eorum, et praedicans regnum Dei.
circuibat a2 a d | perambulabat e | ibat vel perambulabat δ | ibat rell.: διαπορεύεσθαι (hier im iterativen Imperfekt) kommt im Neuen Testament vereinzelt vor: Abgesehen von einer weiteren Okkurrenz in den paulinischen Briefen,416 kann das Verb als eine charakteristische Wortwahl des lukanischen Doppelwerks gelten, ist aber sonst in keinem Evangelium belegt. Als Übersetzung dominieren in den lateinischen Zeugen die Komposita von ire (transire, abire und, besonders für Lk 18,36, praeterire); die Ausnahmen bilden die Codices Palatinus (e,2) und Colbertinus (c,6), die in Lk 6,1 stattdessen perambulare bieten.417 Die Variante circuire der Fragmenta Curiensia und der Codices Vercellensis (a,3) und Bezae (d,5) für den vorliegenden Vers findet man in allen Textfamilien als einheitliche Übersetzung für περιάγειν.418 Bezeichnend ist aber die Häufigkeit, mit der die Lesung circuire als Wiedergabe einiger anderer Fortbewegungsverben aus dem Griechischen in den Codices Vercellensis und Bezae
416 Röm 15,24: ὡς ἂν πορεύωμαι εἰς τὴν Σπανίαν, ἐλπίζω γὰρ διαπορευόμενος θεάσασθαι ὑμᾶς καὶ ὑφ᾽ ὑμῶν προπεμφθῆναι ἐκεῖ ἐὰν ὑμῶν πρῶτον ἀπὸ μέρους ἐμπλησθῶ. 417 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,24, 137. 418 Mt 4,23; 9,38; 23,15; Mk 6,6.
184
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Verwendung gefunden hat: Lk 8,1 (διοδεύειν; perambulare e iter facere it vg), Lk 19,1 (διέρχεσθαι; pertransire e d perambulare it vg). Ungewöhnlich ist vor allem Joh 10,24, wo beide Handschriften das Verb als Wiedergabe für κυκλοῦν führen (circumdare rell.). Auffallend ist freilich eines: circuire konnotiert weniger eine Fortbewegung („herumgehen, besuchen“) als vielmehr ein Umgehen oder einen Umweg nehmen und antwortet auf die Frage: was wird umgangen? Die Antwort in diesem Vers ist eindeutig: Jerusalem. vicos a2 a | castella rell.: An der Stelle ist eine weitere Sonderlesung der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) zu verzeichnen. Es fällt zudem auf, dass das Substantiv vicus als Übersetzung für κώμη in keinem der anderen Evangelien des Codex Vercellensis benutzt wird, sodass die vorliegende Variante eine typische Lesung des Lukas-Textes der Handschrift ist. vicus ist in der Regel die Übersetzung des Griechischen κώμη419 und ist mit οἶκος420 etymologisch verwandt (ϝοἶκος) und meint entweder eine Straße (wie etwa semitae oder angiporta; siehe v. a. in Inschriften wie etwa CIL 6.975; Suet. Aug. 30; Vitr. 1.6.1; 1.6.8; 1.6.12), eine kleine Stadt, einen Stadtteil (wie etwa Vicus Tucus) oder schließlich einen Wohnblock, der an einer Straßenkreuzung liegt, wie Festus beschreiben kann.421 Mit Ausnahme von Lk 24,23, wo municipium („autonome Landstadt“422) geführt wird, ist sie noch sechs Mal belegt423; alle anderen Zeugen bieten für diese Verse regelmäßig castellum, das eher eine „Festung“ oder ein kleines „Gebirgsdorf“ wie auch ein Sammelbecken für Wasser meinen kann.424 Interessanterweise erweist sich zudem das Substantiv vicus als die bevorzugte Variante vom Codex Bezae (d,5) für κώμη im Markusevangelium, was noch einmal die Einflüsse und Anpassungen dieser Textgruppen nahelegt.425 hyerosolymis a2 | hierosolymis a | iherusalem c ff2 | ierosalem δ | hyerusalem ar | hierusalem rell.: Der fortschreitende Verlust des Aspirats /h/ in lateinischen Bibelhandschriften und die darauffolgende Verbreitung zahlreicher Schreibweisen der Wörter, die mit dem Buchstaben beginnen, können auch in den Formen für Jerusalem
419 Harsh, „Angiportum, Platea, and Vicus“, 44–58, bes. 51: Corp. Glos II 208.19; Isidor etym. 15.2.12. 420 Harsh, „Angiportum, Platea, and Vicus“, 44–58, bes. 50: Aetheria VII.7. 421 Siehe Harsh, „Angiportum, Platea, and Vicus“, 44–58; Festus Glos. Lat. 4.460–461: Altero, cum id genus aedificio(rum defi)nitur, quae cintinentia sunt [h]is oppidis, quae […] itineribus regionibusque distributa inter se distant, nominibusque dissimilibus duscuminis causa sunt dispartita. Tertio, cum id genus aedificiorum definitur, quae in oppido privi in suo quisque loco proprio ita aedifica(n)t, ut in eo aedificio pervium sit, quo itinere habitatores ad suam quisque habeant accessum. Siehe zudem Vitr. 1.6.1: […] sequuntur intra murum arearum divisions platearumque et angiportuum ad caeli regionem directions. Dirigentur haec autem recte, si exclusi erunt ex angiportis venti prudenter […]sed in angiportis et plateis non possunt consistere […]. 422 Fischer, Die römischen Provinzen, 51–57. 423 Lk 8,1 (auch r1); 9,12; 10,38; 17,12; 19,30; 24,28. 424 Der neue Georges, 789. 425 Vgl. Wordsworth et al., Portions of the Gospel, CCXXVII.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
185
beobachtet werden. Das hebräische Wort ירושלםwurde entweder Ἱεροσόλυμα oder Ἱερουσαλήμ gräzisiert. Während die letztgenannte Form Jerusalems religiöse und theologische Signifikanz repräsentiert (die man auch vielfach in der Septuaginta, oft in der Apostelgeschichte und in Paulusbriefen findet, die indes von Markus nicht verwendet wird), ist die erste Variante mehr eine säkulare Transliteration, die das Adjektiv „heilig“ (ἱερός) und das Epitheton für Zeus (Σόλυμα) enthält und in der Regel in paganen antiken Texten verwendet wird.426 Ἱεροσόλυμα wird häufig von Jesu Gegnern benutzt, nämlich den Schriftgelehrten und den Hohepriestern wie auch den Ältesten.427 Demnach verweist der Gebrauch von Ἱεροσόλυμα auf einen Ort, der mit sozialer Ungerechtigkeit verbunden ist, wie Jesus scharf kritisiert (12,38–40); zudem kritisiert Jesus das Konzept des Jerusalemer Tempels (11,27–28). Im Gegensatz zu der Gräzisierung von Jerusalem in den Evangelien bieten lateinische Übersetzungen mehrere Varianten für den Namen der Stadt, wie die vorliegende Stelle es veranschaulicht. Hier ist jedoch die Form mit „y“ in der ersten Silbe in den Fragmenta Curiensia besonders ungewöhnlich, und es lässt sich kein weiteres Beispiel für diese Schreibweise in den altlateinischen Bibelübersetzungen finden. Demnach orientiert sich der Codex Vercellensis (a,3) ebenfalls gegen die lukanische Tendenz an einer säkularen Transliteration, während die Fragmenta Curiensia sich jenseits aller Konventionen bewegen. Lk 13,23 Folio 2rb, Z. 11–14 a2
dixit
autem
quidam
illi
domine
si
pauci
a
dixit
autem
quidam
illi
domine
si
pauci
quidam
illi
e
dixit
autem
d
dixit
autem
domine
pauci
ei
quidam
domine
si
pauci
c
et
ait
illi
quidam
domine
si
pauci
b
et
ait
illi
quidam
domine
si
pauci
et
ait
illi
quidam
domine
si
pauci
et
ait
illi
quidam
domine
et
ait
illi
quidam
domine
illi
quidam
domine
illi
quidam
domine
f ff i
2
q l
dixit et
ait
autem
pauci et
si
pauci
si
pauci pauci
426 Siehe dazu zahlreiche Belege in SEG, so etwa 41.1131–1133, 1135; 57.11447.1488.1500.1506– 1507.1512–1514.1520.1523.1537–1539; siehe zudem die Ausführungen bei Jeremias, „ΙΕΡΟΥΣΑΛΗΜ/ ΙΕΡΟΥΣΟΛΥΜΑ“, 273–276 und Breytenbach, „Galilee and Jerusalem “, 137. 427 Lk 2,6–7; 3,22; 7,1; 8,31; 10,33; 11,27 f.; 14,1.43.53.
186
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
dixit
autem
quidam
illi
domine
si
pauci
δ
ait
autem
quidam
illi
domine
si
pauci
r
et
1
p
ait ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
illi
quidam
domine
si
pauci
aur
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
ar
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
μ
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
g
1
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
g
2
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
gat
ait
autem
ei
quidam
domine
si
pauci
gig
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
vg
ait
autem
illi
quidam
domine
si
pauci
εἶπεν
δέ
κύριε
εἰ
ὀλίγοι
NA
28
vel illi
τις
αὐτῷ
a2
sunt
qui salvi futuri sunt
qui
dixit
ad
illos
a
sunt
qui salvi futuri sunt
qui
dixit
ad
illos
e
sunt
salventur
ille
d
sunt
qui salvantur
c
sunt
qui salvi fiunt
ipse
autem
dixit
ad
illos
b
sunt
qui salvi [fiant]
ipse
autem
dixit
ad
illos
f
sunt
qui salvi fiunt
ipse
autem
dixit
ad
illos
ff
sunt
qui salvi fiant
ipse
autem
dixit
ad
illos
i
sunt
qui salvi fia nt
ipse
autem
dixit
ad
eos
q
sunt
qui salvi fiunt
ipse
autem
dixit
ad
illos
l
sunt
qui salvi fiunt
ipse
autem
dixit
ad
illos
qui salvantur
ipse
autem
dixit
ad
illos
2
δ r
u
ad
ille
autem respondens
dixit
illis
dixit
1
sunt
qui salvi fiunt
ipse
autem
dixit
ad
illos
p
sunt
qui salvantur
ipse
autem
dixit
ad
illos
aur
sunt
qui salve ntur
ipse
autem
dixit
ad
illos
ar
sunt
qui salventur
ipse
autem
dixit
ad
illos
μ
sunt
qui salvantur
ipse
autem
dixit
ad
illos
g
sunt
qui salvantur
ipse
autem
dixit
ad
illos
1
a
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
187
(fortgesetzt) a2
sunt
qui salvi futuri sunt
qui
g2
sunt
qui salvantur
ipse
gat
sunt
qui solvantur
gig
sunt
vg
sunt
NA
28
dixit
ad
illos
autem
dixit
ad
illas
ipse
autem
dixit
ad
illos
qui salvi fiant
ipse
autem
dixit
ad
illos
qui salvantur
ipse
autem
dixit
ad
illos
οἱ σῷζόμενοι
ὁ
δὲ
εἶπεν
πρὸς
αὐτούς
Aug. c. Cresc. 3.66.75: Et ne verbis tuis tantae illius sterilis fecunditati contradicere videreris cui dictum est. Multi filii desertae, magis quam eius quae habet virum. Adhibuisti ex Evangelio testimonium, quoniam pauci sunt qui salvantur. | Aug. c. Iulian. op. imperf. 2.142: In comparatione namque pereuntium pauci sunt qui salvantur; sine comparatione autem pereuntium et ipsi multi sunt.
dixit a2 a e d q | ait rell.: Der Vergleich der vorliegenden Stelle mit Lk 11,28 (ait a2 a dixit rell.) zeigt, wie willkürlich die Wortwahl der lateinischen Bibelübersetzungen sein kann.428 Doch im Codex Vercellensis (a,3) lässt sich – wenigstens was das LkEv anbelangt – eine Vorliebe für ait feststellen: Freilich kommt dixit insgesamt öfter vor, aber die Handschrift tradiert in mehreren Passagen eine abweichende, gegen alle anderen Zeugen charakteristische Sonderlesung mit ait. Beispiele dafür sind 1,18.34.42; 2,28.34.48; 3,13; 14,18; 15,27.29; 19,22; 22,58; 24,19. salvi futuri sunt a2 a | salvi fiunt c f q l r1 | fiant b gig | fiaunt i | salventur e aur ar | solvantur gat | salvantur rell.: Während das einfache Futur I Handlungen beschreibt, die irgendwann in der Zukunft eintreten, drückt die Coniugatio periphrastica, die mit dem Partizip Futur Aktiv und einer Verbform von esse gebildet wird, eine bevorstehende Handlung aus, die in der Fähigkeit, Absicht oder Bestimmung des Sprechers liegt. Diese Erwartung der Sammlung und Rettung in der nahen Zukunft hat eine Affinität zur Sammlung Israels, wie sie uns in Jes 37,32 (quia de Hierusalem exibunt reliquiae et salvatio de monte Sion zelus Domini exercituum facit istud; vg) und in Jes 45,17.20 (Israhel salvatus est in Domino; qui salvati estus ex gentibus nescierunt) vorliegt; in 1Kor 1,18 (salvi fiunt; vg; AMst a: salus autem futuris) oder in 2Kor 2,15 (salvi fiunt 65, 75, 76) wird der nahe Aspekt der eschatologischen Erwartung sprachlich nicht konsequent umgesetzt. Die Sonderlesart der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) in V.23 ist vor allem überraschend, weil die Coniugatio periphrastica sich typischerweise in lateinischen Bibeltexten als Übersetzung für μέλλειν mit dem Infinitiv findet.429 Die Wendung hier scheint jedenfalls nachklassisch zu sein, denn zu erwarten wäre eher eine Konstruktion mit dem Gerundivum,
428 Vgl. oben 155, 161. 429 Vgl. z. B. Mt 11,14; 20,22; Mk 24,6; Lk 7,2; 9,31; 21,36; Joh 6,6; 7,35; 12,4.
188
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
wie diese beispielsweise bei Hieronymus belegt ist.430 Dass nur wenige gerettet werden, wird von den lateinischen Kopisten in Lk 13,22 einheitlich betont und somit eine Nähe zu Vorstellungen, wie sie uns im frühen Judentum begegnen, hergestellt (4Esr 8,1–3: futurum autem propter paucos […] pauci autem savabuntur; vgl. auch 4Esr 7,47; 9,15). qui a2 a | ille e d | ipse rell.: Hier begegnet man wieder dem divergierenden Pronominalgebrauch der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3), der ebenfalls in Lk 11,28 (qui a2 a ipse e c δ ille rell.) beobachtet werden konnte, und zwar so, dass allein die beiden Zeugen sich an derselben Lesung konsequent halten.431 Aber mit der vorherigen Stelle verglichen, bietet hier der griechische Text einen bestimmten Artikel in seiner deiktischen Funktion (ὁ) statt des Pronomens αὐτός.432 Lk 13,24 Folio 2rb, Z. 15–19 a2
intr[ate
per
angustum]
ostium
[quoniam]
a
intrate
per
angustum
ostium
quoniam
e
elaborate
introire
per
angustum
osteum
quia
d
certamini
introire
per
angustam
ianuam
quoniam
c
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
b
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
contendite
intrare
per
angustam
portam
contendite
intrare
per
angustum
hostium
quia
i
contendite
intrare
per
angustium
ostium
quia
q
contendite
intrare
per
angustum
ostium
quia
l
contendite
intrare
per
angustum
o teum
quia
δ
certate vel contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
r1
contendite
intrare
per
angustum
ostium
quia
p
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
f ff
2
s
430 Vgl. Hier. comm. in Mt 10.33: Derident intelligentiam ecclesiasticam in hoc loco, qui carnis resurrectionem negant, quasi nos et capillos qui numerati sunt, et a tonsore decisi, omnes dicamus resurgere, cum Salvator non dixerit: Vestri autem et capilli capitis omnes salvandi sunt, sed numerati sunt. 431 Vgl. oben 155. 432 Der bestimmte Artikel ist nämlich ursprünglich durch Abschwächung des Demonstrativums entstanden.
189
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
intr[ate
per
angustum]
ostium
[quoniam]
aur
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
ar
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
μ
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
1
g
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
g2
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
gat
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
gig
contendite
intrare
per
angustum
ostium
quia
vg
contendite
intrare
per
angustam
portam
quia
NA28
ἀγωνίζεσθε
εἰσελθεῖν
διὰ
τῆς στενῆς
θύρας
ὅτι
a2
multi
d[ico
vobis]
quaeren[t
a
multi
dico
vobis
quaerent
dico
vobis
e d
multi
multi
quaerent
intrare
dico
vobis
quaerent
introire
c
dico
vobis
multi
querunt
intrare
b
dico
vobis
multi
quaerent
dico
vobis
multi
quaerunt
intrare
f
quia
ff
dico
vobis
multi
querunt
intrare
i
dico
vobis
multi
quaerunt
intrare
q
dico
vobis
multi
querunt
introire
l
dico
vobis
multi
quaerent
intrare
quaerunt
intrare
multi
quaerent
introire
2
δ
multi
r1
dico
vobis
dico
vobis
p
multi
dico
vobis
queruent
intrare
aur
multi
dico
vobis
quaerunt
intrare
ar
multi
dico
vobis
quaerunt
intrare
dico
vobis
quaerunt
intrare
μ
multi
g
multi
dico
vobis
quaerunt
intrare
g
multi
dico
vobis
querunt
intrare
gat
multi
dico
vobis
quaeruvel ent
intrare
dico
vobis
querunt
intrare
multi
dico
vobis
quaerunt
intrare
πολλοί
λέγω
ὑμῖν
ζητήσουσιν
εἰσελθεῖν
1 2
gig vg NA
28
multi
190
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
nec
pote]rint
intro[ire]
a
nec
poterint
introire
e
et non
poterunt
d
et non
invenient
c
et non
potuerunt
b
et non
poterunt
et non
poterunt
ff
et non
poterunt
i
et non
poterunt
q
et non
potuerunt
l
et non
poterint
δ
et non
poterunt
1
r
et non
poterunt
p
et non
poterunt
aur
et non
potuerunt
ar
et non
potuerunt
μ
et non
poterunt
g
et non
poterunt
2
g
et non
poterunt
gat
et non
poterunt
gig
et non
poterunt
vg
et non
poterunt
καὶ οὐκ
ἰσχύσουσιν
f 2
1
NA
28
Mt 7,13 | Aug. c. Cresc. 4.63: Non intellegens, quomodo a domino dictum sit paucos intrare per angustam portam, cum et multos dixerit ab orient et occidente recubituros cum Abraham, Isaac et Iacob et in Apocalypsi demonstrentur ex omni gente et tribu et lingua milia candidatorum, quae nemo numerare possit. | Aug. c. Faust. 33.2: Nec tamen omnifariam et Lucas hoc verbum reticuit, puto recogitans ne forte fuisset verum: sed locum tamen mutat applicatque id alteri cuidam causae longe dissimili, id est, ubi dicit Iesus ad discipulos suos, Contendite intrare per angustum ostium: multi enim venient quaerentes intrare, et non poterunt. | Aug. in Ps. 8.122: Intrat plane, sed si habeat cum quo intret, id est, si non sit onerosa ipsa conscientia, si non illi faciat sarcinam grandem, ad angustam ianuam. | Ps.-Aug. spec. 27: Et aliquanto post: Contendite intrare per angustam portam: quia multi, dico uobis, quaerunt intrare et non poterunt. | Caes. Arel. reg. mon. 19: Contendite intrare per angustam portam, quia arcta et laboriosa via est quae ducit ad vitam, lata et spatiosa quae ducit ad mortem. | Hier. ep. 133.4: Si facilia, profer, quis ea inpleverit et cur David in psalmo canat: qui fingis dolorem in praecepto et iterum: propter verba laberum tuorum ego custodivi vias duras et dominus in evangelio: intrate per angustam portam et: diligite inimicos uestros et: orate prohis, qui persequuntur vos? | Luc. Cal. Pro Sancto Athanasio 2.12: Redi, Constanti, ad domum Dei, esto Christianus, ne inventus foris ecclesiam, sis semper ut es hodie inter illos, quos percutiens dicit Dominus: Contendite intrare per angustum ostium, quia dico vobis, multi quaerunt et non poterunt. | Prisc. tract. 8.122:
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
191
Propter quod et vos induti fidei armis castificate animas vestras ad obaudiendum per spiritum et aedificantes vos in templum domini caritatem in fraternitate simplicem in gloriam divinae dilectionis adhibete, quoniam sic scribtum est: omnis caro ut faenum et omnis gloria hominis ut flos faeni; aruit faenum et flos decidit, verbum autem domini manet in aeternum, ut in evuangelio ait dominus: intrate per angustum ostium, quia dico vobis multi quaerunt introire et non poterunt.
intrate a2 a | elaborate introire e | certamini introire d | certate vel contendite intrare δ | contendite intrare rell.: Die Auslassung von ἀγωνίζεσθε an dieser Stelle und die Verwendung des bloßen Imperativs von intrare in den Fragmenta Curiensia und im Codex Vercellensis (a,3) stellt eine weitere Sonderlesung der beiden Handschriften dar. Da ἀγωνίζεσθε hier durch einen finalen Infinitiv ergänzt wird, haben die Kopisten das Verb entweder als überflüssig gesehen oder eine genaue Anpassung an den Wortlaut der synoptischen Passage bei Mt 7,13 beabsichtigt.433 Jedenfalls untermauert diese Variante die Hypothese einer genetischen Beziehung zwischen den beiden Handschriften. Diese Erscheinung ist zudem im Lichte der hellenistischen Agonistik interpretierbar:434 M. Wolter argumentiert, dass die agonalen Konnotationen dadurch ausgeblendet würden, dass ἀγωνίζεσθαι bei Wendungen mit dem finalen Infinitiv einfach „sich bemühen“ oder „bestrebt sein“ bedeutet; die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis verzichten somit konsequent auf die agonale Deutung der Stelle.435 Stattdessen formulieren die beiden Kopisten einen Aufforderungssatz im Plural (obwohl Jesus lediglich dem einen Fragenden antwortet!), der im Lateinischen durch die Verwendung des Präsens eine Tatsache bezeichnet, der viele versuchen nachzukommen (pauci – multi).436 In den Evangelien kommt das Verb ἀγωνίζεσθαι sonst nur noch in Joh 18,36 vor;437 im Gegensatz zum vorliegenden Vers überwiegen aber dort Übersetzungen mit den Komposita von certare, wobei der Codex Palatinus (e,2) wieder eine Ausnahme bildet und dafür turbare überliefert. ostium a2 a i q r1 | hostium ff2 | osteum e | ianuam d | portam rell.: Das griechische Substantiv θύρα – in diesem Vers wird auch die Variante πύλη überliefert, wahrscheinlich als Angleichung an die synoptische Passage bei Matthäus – übersetzt die Vulgata entweder mit ostium (in den älteren „Afra“-Texten osteum geschrieben) oder ianua, gleichsam mit einer eindeutigen Priorität für das Erste. Zwei Ausnahmen sind zu verzeichnen: Joh 20,19, wo foris zu lesen ist, und die vorliegende Stelle, an der porta geführt wird. Wenn nun die frühlateinischen Übersetzungen herangezogen werden, ändert sich die Analyse kaum: Der Codex Vercellensis (a,3) tradiert nie porta, 433 Diese Parallelität wird von zahlreichen Exegeten bestritten; beispielhaft sei auf Wolter, Lukasevangelium, 490 verwiesen. 434 Vgl. Mt 11,12, aber auch Plat. Gorg. 526d-e; Epict. diss. 1.24.1 f. 435 Wolter, Lukasevangelium, 490 ff. 436 Müller-Lancé, Latein für Romanisten, 215. 437 εἰ ἐκ τοῦ κόσμου τούτου ἦν ἡ βασιλεία ἡ ἐμή, οἱ ὑπηρέται οἱ ἐμοὶ ἠγωνίζοντο ἄν, ἵνα μὴ παραδοθῶ τοῖς Ἰουδαίοις.
192
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
weicht aber im Johannesevangelium von der Vulgata ab, indem konsequent ianua statt ostium verwendet wird. Doch merkwürdigerweise bietet die Handschrift in Joh 20,26 in einem Vers, den die Vulgata mit ianua wiedergibt, ostium. Das gilt ebenfalls für den „Afra“-Texttyp, wie in den Codices Bobbiensis (k,1) und Palatinus (e,2), denen porta als Übersetzung für θύρα unbekannt zu sein scheint. Das seltenere πύλη438 wird immer und von allen Zeugen als porta wiedergegeben, sodass die Vermutung einer Kontamination durch Mt 7,13 für diese Lukas-Stelle in den Zeugen der Vulgata naheliegt. Während porta allgemein für „Eingang“ und „Tor“ verwendet wird, wird ostium häufig dann angewandt, wenn die Tür eines Hauses oder Hofes, konkreter noch eine Vorder- oder Haupttür (gegenüber einer Hintertür, posticum) konnotiert werden soll, wie es in dieser Rede der Fall ist.439 Damit spielt der Text mit der Erwartung der Leser/ innen, denn eine Vorder- und Haupttür ist in der Regel großzügig angelegt und eben gerade nicht schmal. ianua wiederum meint „Tür“, „Pforte“ und „Zugang“. Das Adjektiv angustus, von der indoeuropäischen Wurzel *angʰu-, wie etwa in angulus, „Ecke“ oder „Winkel“, oder griechisch ἄγχειν, „verengen“, „auspressen“, zeigt schon über die Herleitung die äußerste Beengtheit des Zugangs. Die Bedeutung von angustus wird neben „eng“ und „schmal“ auch mit „beschränkt“ oder „eingeschränkt“ wiedergegeben. nec a2 a | et non rell.: Die Sonderlesung der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) stellt eine merkwürdige Abweichung des klassischen Lateins dar. et non wird in der Regel der Konjunktion nec vorgezogen, wenn der zweite Gliedsatz berichtigt beziehungsweise eine adversative Bedeutung zum Ausdruck gebracht werden soll; nec wird dagegen eher als negative Verknüpfung verwendet.440 Die Auffälligkeit in den beiden Handschriften gewinnt dadurch an Relevanz, dass der Codex Vercellensis ansonsten das regelmäßige et non als Übersetzung für das griechische καὶ οὐ (μή) bietet, wie etwa in Lk 11,24.441 Die Belegstellen für diese Ausdrucksweise in lateinischen Bibeltexten sind insgesamt spärlich.442 poterint a2 a l | potuerunt c q aur ar | poterunt rell. | invenient d: Die Formen auf -erint statt -erunt für die 3. Person Plural von esse und posse sind Neubildungen nach Analogie zum Futur II und lassen sich nur vereinzelt in späteren Inschriften finden.443 Der Codex Vercellensis (a,3) tradiert besonders viele Beispiele dafür, interessanterweise lediglich bei Lk und Mk.444 Diese Textvariante in lateinischen Zeugen des Neuen
438 In den Evangelien nur in Mt 7,13.14; 16,18; Lk 7,12. 439 So etwa Vitr. 6.4. 440 Vgl. Cic. Mil. 25.67: magna in hoc certe vis et incredibilis animus et non unius viri vires atque opes iudicantur. 441 ζητοῦν ἀνάπαυσιν καὶ μὴ εὑρίσκον, übersetzt quaerens requiem et non inveniens. 442 Vgl. z. B. Mk 8,2 (nec habent, quod manducare b i l q r1 aur vg | et non a d c f ff2). 443 Vgl. z. B. CIL 13.1668: Sed ne provinciales quidem, si modo ornare curiam poterint, reiciendos puto. 444 Lk 4,7; 17,34; 21,25; Mk 10,31; 11,24; 13,8.19.25.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
193
Testaments ist ungewöhnlich: poterint statt poterunt ist beispielsweise in den Codices Aureus (aur,15)445 und Bezae (d,5)446 belegt. Lk 13,25 Folio 2rb, Z. 20 – Folio 2va, Z. 4 a2
cum
autem
[intra]verit
p[ater familias
a
cum
autem
intraverit
pater familias
e
ex quo
incipiet
pater familias
surgere
d
ex quo
pater familias
introiret
c
cum
b
ex quo
f
cum
autem
cum
i
cum
q
ex quo
l
cum
ff
2
autem
intraverit
pater familias
surrexerit
pater familias
intraverit
pater familias
autem
intraverit
pater familias
autem
intraverit
pater familias
surrexit
pater familias
intraverit
pater familias
intraverit
pater familias
autem
δ
a quo
r
1
cum
autem
intraverit
pater familias
p
cum
autem
intraverit
pater familias
aur
cum
autem
intraverit
pater familias
ar
cum
autem
intraverit
pater familias
μ
cum
autem
intraverit
pater familias
g
1
cum
autem
intraverit
pater familias
g2
cum
autem
intraverit
pater familias
gat
cum
autem
intraverit
pater familias
gig
cum
autem
intraverit
pater familias
vg
cum
autem
intraverit
pater familias
NA28
ἀφ’ οὗ ἂν
ἐγερθῇ
ὁ οἰκοδεσπότης
a2
et
adcluse]rit
ostiu[m
et]
inc[ip]ietis
foris
stare
a
et
adcluserit
ostium
et
incipietis
foris
stare
e
et
cludere
osteum
et
incipietis
foris
stare
d
et
cluserit
osteum
et
incipientis
foris
stare
445 Lk 20,36: neque enim mori poterint (poterunt f vg). 446 Lk 21,15: et sapientiam ad quam non poterint contradicere (poterunt ff2 l q vg).
194
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
adcluse]rit
ostiu[m
c
et
clauserit
hostium
b
et
cluserit
ostium
et
clauserit
ostium
f ff
suum
et]
inc[ip]ietis
foris
stare
et
incipietis
foris
stare
et
incipietis
foris
stare
incipietis
foris
stare
et
cluserit
ostium
et
incipietis
foris
stare
i
et
cluserit
ostium
et
incipietis
foris
stare
q
et
cluserit
ostium
et
incipietis
foris
stare
l
et
cluserit
osteum
et
incipietis
foris
stare
δ
et
clauserit
hostium
et
incipietis
foris
stare
r
1
et
cl[u]serit
ostium
incipietis
foris
stare
p
et
clauserit
ostium
incipietis
foris
stare
aur
et
clauserit
ostium
incipietis
foris
stare
ar
et
clusserit
hostium
et
incipietis
foris
stare
μ
et
cluserit
ostium
et
incipietis
foris
stare
g
1
et
cluserit
ostium
et
incipietis
foras
stare
g2
et
clauserit
hostium
et
insipietis
foris
stare
gat
et
cluserit
osteum
et
incipietis
for is
stare
gig
et
clauserit
ostium
incipietis
foris
stare
2
et
i
vg
et
cluserit
ostium
et
incipietis
foris
stare
NA28
καὶ
ἀποκλείσῃ
τὴν θύραν
καὶ
ἄρξησθε
ἔξω
ἐστάναι
a2
d[i]centes
domine
aperi
nobis
a
dicentes
domine
aperi
nobis
dicentes
domine
aperi
nobis
dicentes
domine
aperi
nobis
dicentes
domine
aperi
nobis
dicentes
domine
domine
aperi
nobis
e
et
pulsare
d
et
pulsare
c
et
pulsare
b
et
pulsare
et
pulsarevit
ostium
dicentes
domine
domine
aperi
nobis
ff
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
domine
aperi
nobis
i
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
domine
aperi
nobis
q
et
pulsare
dicentes
domine
domine
aperi
nobis
l
et
pulsare
osteum
dicentes
domine
aperi
nobis
δ
et
pulsare
hostium
dicentes
domine
aperi
nobis
r
lac.
f 2
1
osteum hostium
domine
domine
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
195
d[i]centes
domine
aperi
nobis
(fortgesetzt) a2 p
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
aperi
nobis
aur
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
aperi
nobis
ar
et
pulsare
hostium
dicentes
domine
aperi
nobis
μ
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
aperi
nobis
g
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
aperi
nobis
2
g
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
aperi
nobis
gat
et
pulsare
osteum
dicentes
domine
aperi
nobis
gig
et
pulsare
osteum
dicentes
domine
aperi
nobis
1
vg
et
pulsare
ostium
dicentes
domine
aperi
nobis
NA28
καὶ
κρούειν
τὴν θύραν
λέγοντες
κύριε
ἄνοιξον
ἡμῖν
a2
et
respondens
dicet
a
et
respondens
dicet
e
et
respondens
dicet
d
et
respondens
dicet
c
et
respondens
dicet
b
et
respondens
dicet
f
et
respondens
dicet
et
responde s
dicens
ff
2
n
nescio
vos
unde
sitis
nescio
vos
unde
sitis
n obis
non novi
vos
unde
sitis
vobis
nescio
vos
unde
estis
vobis
nescio
unde
sitis
v
vobis
nescio
vos
unde
sitis
nescio
vos
unde
sitis
nescio
vos
unde
sitis
i
et
respondens
dicet
nescio
vos
unde
sitis
q
et
respondens
dicet
nescio
vos
unde
estis
l
et
respondens
dicet
nescio
vos
unde
estis
δ
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
r1
[et]
respondens
dicet
[vobis]
nescio
[vos]
unde
sitis
p
et
respondens
e
dici t
vobis
nescio
vos
unde
sitis
aur
et
responde s
dicit
vobis
nescio
vos
unde
estis
ar
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
estis
μ
et
respondens
dicet
vobis
nescio
unde
sitis
1
g
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
estis
g2
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
scitis
gat
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
gig
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
vg
et
respondens
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
NA28
καὶ
ἀποκριθεὶς
ἐρεῖ
ὑμῖν
οὐκ οἶδα
ὑμᾶς
πόθεν
ἐστέ
n
196
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Mt 25,11 | Tert. adv. Marc. 4.30.18: Et cluserit ostium; utique excludendis iniquis, quibus pulsantibus respondebit: Nescio unde sitis? | Tert. adv. Marc. 4.30.4 f. Quotiens adhuc se iudicem ostendit et in iudice creatorem? Quotiens utique eiecit et damnat reiciendo? Sicut hic quoque, Cum surrexerit, inquit, pater familiae; quo? nisi quo dixit Esaias, Cum surrexerit comminuere terram? et cluserit ostium; utique excludendis iniquis. Quibus pulsantibus respondebit, Nescio unde sitis. et rursus enumerantibus quod coram illo ederint et biberint et in plateis eorum docuerit, adiciet, Recedite a me omnes operarii iniquitatis. Illic erit fletus et frendor dentium. Ubi? foris scilicet, ubi erunt exclusi, ostio cluso ab eo. Ergo erit poena a quo fit exclusio in poenam, cum videbunt iustos introeuntes in regnum dei, se vero detineri foris. A quo? Si a creatore, quis erit ergo intus recipiens iustos in regnum? Deus bonus? | Ambr. Cain et Ab. 1.18.12: Postremo audi quos Christus excludat: Cum intraverit, inquit, pater familias, et clauserit ostium, incipietis foris stare, et pulsare ostium dicentes: Aperi nobis. Et respondens dicet: Nescio vos unde estis, recedite a me, omnes operarii iniquitatis. | Aug. c. Faust. 33.2: Cum autem intraverit, inquit, pater familias, et clauserit ianuam, incipietis foris stare et pulsare, dicentes: Domine, aperi nobis. Et respondens dicet: Nescio vos. | Caes. Arel. De decem virginibus (=PL 67.1161): Venerunt postea reliquae virgines dicentes: Domine, Domine, aperi nobis; quibus dictum est: Nescio unde estis. | Luc. Cal. Pro Sancto Athanasio 2.12: Cum exsurrexerit pater familias et cluserit ostium, et incipietis foris stare et pulsare dicentes: Domine, Domine, aperi nobis. | Epiph. Schol. 40: Παρέκοψε πάλιν τό Τότε ὄψεσθε Ἀβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ καὶ πάντας τοὺς προϕήτας ἐν τῇ βασιλείᾳ τοῦ θεοῦ· ἀντὶ δὲ τούτου ἐποίησεν Ὅτε πάντας τοὺς δικαίους ἴδητε ἐν τῇ βασιλείᾳ τοῦ θεοῦ, ὑμᾶς δὲ ἐκβαλλομένους – ἐποίησε δὲ Κρατουμένους – ἔξω, ἐκεῖ ἐσται ὁ κλαυθμὸς καὶ ὁ βρυγμὸς τῶν ὀδόντων.
cum a2 a et rell. | ex quo e d b q | a quo δ: Die temporale Subordination mit ἀφ’ οὗ ist typisch für den griechischen Text von Lukas.447 Merkwürdigerweise finden sich für den temporalen Gebrauch im LkEv zahlreiche Übersetzungsvarianten: In Lk 13,7 überwiegt die Übersetzung ex quo für ἀφ’ οὗ; lediglich der Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) bietet mit ex quibus eine abweichende Lesung, und deutet somit den Temporalsatz als Relativsatz (ecce anni tres sunt). In Lk 24,21 sind eine große Anzahl von Varianten zu verzeichnen, unter denen neben ex quo ebenso quod, quo oder ut geführt werden. Als Grundregel lässt sich formulieren, dass die Codices Palatinus (e,2) und Bezae (d,5) immer ex quo bieten. Der Codex Vercellensis (a,3) macht lediglich an der vorliegenden Stelle eine Ausnahme von der Regel, wo ἀφ’ οὗ mit der Modalpartikel ἄν steht und das Prädikat im Konjunktiv. Die Vermutung liegt also nahe, dass die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis einen ersten Versuch bezeugen, die modale Färbung des griechischen Texts durch die Verwendung der Konjunktion cum statt ex quo zu berücksichtigen, eine Übersetzungsstrategie, die sich bis in die Zeugen der Vulgata durchgesetzt hat.448 Schließlich sei auf Lk 7,45 hingewiesen, wo die temporale Subordination mit dem Femininum des Relativums gebildet wird,449 aber auch mit ex quo wiedergegeben wird. Die Sonderlesart des Codex Sangallensis 48 (δ,27) erklärt sich dadurch, dass hier die Funktion von ἀφ’ οὗ mit der in Lk 8,35.38 447 Vgl. Lk 13,7; 24,21. 448 Zum klassischen Gebrauch von ex quo, vgl. Panayotakis, „Expressions of Time in Early and Late Latin“, 206–207. 449 αὕτη δὲ ἀφ᾽ ἧς εἰσῆλθον οὐ διέλιπεν καταφιλοῦσά μου τοὺς πόδας.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
197
verwechselt wurde,450 wo reine Relativsätze zu finden sind, die in der Regel wortwörtlich in allen lateinischen Zeugen mit a quo übersetzt werden. intraverit pater familias a2 a et rell. | pater familias introiret d | incipiet pater familias surgere e | surrexerit pater familias b | surrexit q: Mit Ausnahme der Codices Palatinus (e,2), Veronensis (b,4) und Monacensis (q,13) zeigt sich die lateinische Tradition vom Texttyp des zweisprachigen Codex Bezae (d,5) beeinflusst, der die einzige griechische Variante zu diesem Vers überliefert: ὁ οἰκοδεσπότης εἰσέλθῃ. Das ist besonders merkwürdig, weil die Lesung mit surgere nicht in den kirchenväterlichen Quellen belegt ist, bei denen die Formulierung mit intrare ebenfalls dominiert, von Tertullians adv. Marc. abgesehen. cum autem intraverit … et adcluserit … et incipietis … et pulsare beschreibt eine vierfache Abfolge des Geschehens durch den Hausvater, die dann dem respondens dicit vorausgeht. Dieses Bild wird von Augustin in seinen Confessiones wieder aufgegriffen.451 Die Angesprochenen werden ausgeschlossen und begehren vergeblich vom Hausherrn Einlass, der aufsteht und die Tür von innen verriegelt. Damit wird ihnen der Zugang zum und die Teilhabe am Heil verweigert. Sie werden draußen festgehalten. Damit wird ein Bogen zu V.26 f. geschlagen, wo die Außenstehenden im Tonfall des Bekenntnisses wahrnehmen, dass sie vor ihm (coram te) gegessen, getrunken haben und von ihm (nostris) belehrt wurden. et pulsare ostium om. a2 a | et pulsare osteum e l gat | hostium c δ ar | ostium rell. | pulsaverit f | ostium om. d b q μ g1: Die Auslassung von ostium in den späteuropäischen Texten macht ihr Abhängigkeitsverhältnis zum Texttyp des zweisprachigen Codex Bezae (d,5) deutlich, wo das Akkusativobjekt τὴν θύραν ebenfalls nicht überliefert ist. Schwieriger zu erklären ist freilich die Variante der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3), die als Sonderlesung für diesen Vers weder das Verb noch seine Ergänzung bieten; diese Lesart hat bereits W. Sanday als einen der wichtigsten Beweise für die genetische Beziehung zwischen den beiden Zeugen bewertet.452 sitis a2 a et rell. | estis d q l aur ar g1: Im klassischen Sprachgebrauch gelten alle indirekten Fragesätze als innerlich abhängig453 und stehen deshalb im Konjunktiv; danach richtet sich die Übersetzung sitis, wie sie in den meisten Handschriften zu finden ist. Der Indikativ estis statt des Konjunktivs sitis könnte also einen Einfluss 450 Lk 8,35: καὶ εὗραν καθήμενον τὸν ἄνθρωπον ἀφ᾽ οὗ τὰ δαιμόνια ἐξῆλθεν (qui habuerat daemonium exierunt aur f a quo daemonia exierant rell.); Lk 8,38: ἐδεῖτο δὲ αὐτοῦ ὁ ἀνὴρ ἀφ᾽ οὗ ἐξεληλύθει τὰ δαιμόνια εἶναι σὺν αὐτῷ (a quo exierant daemonia a d a quo daemonia exierant rell.). 451 Vgl. Aug. conf. 10,27: et ecce intus eras et ego foris, et ibi te quaerebam. 452 Vgl. Wordsworth et al., Portions of the Gospel, CCXXVII. 453 Ein Nebensatz ist innerlich abhängig, wenn nicht die Meinung des Sprechers, sondern die Meinung einer anderen Person, über die der Sprecher spricht, wiedergegeben wird. Für die vorliegende Stelle bedeutet dies, dass die Behauptung „Ich weiß nicht, woher ihr seid“ nicht von Jesus selbst formuliert wird, sondern von Gott, über den Jesus spricht. Im klassischen Sprachgebrauch sollte da ein Konjunktiv stehen (sitis); für den Indikativ (estis) dürfte man sowohl den Einfluss des griechischen Textes sehen als auch eine Entwicklung Richtung neuromanische Sprachen, in denen das Phänomen der innerlichen Abhängigkeit flexibler gehandelt wird.
198
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
des Originaltextes belegen, denn im Griechischen kommt die innerliche Abhängigkeit nicht regelmäßig zum Ausdruck. Der lateinische Text des Codex Bezae (d,5) scheint sich ebenso an der griechischen Syntax zu orientieren; gleichzeitig deutet sich hier eine sprachliche Innovation in der Entwicklung des Lateins an, insofern im Spätlatein in Gliedsätzen anstelle des Konjunktivs eher Formen des Indikativs bevorzugt werden.454 Lk 13,26 Folio 2va, Z. 4–9 a2
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
a
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
e
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
in conspectu
et
d
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
in conspecto tuo
et
c
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
b
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et et
domine
f
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
ff2
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
i
tunc
incipietis
dicere
manducabimus
coram te
et
q
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
l
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
et
δ
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
r1
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
p
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
aur
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
ar
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
μ
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
g
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
2
g
tunc
insipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
gat
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
gig
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
vg
tunc
incipietis
dicere
manducavimus
coram te
et
τότε
ἄρξεσθε
λέγειν
ἐφάγομεν
ἐνώπιόν σου
καὶ
1
NA
28
et
454 Vgl. z. B. Cic. Att. 1.1.4: Vides enim in quo cursu sumus. Doch diese Varianten werden nicht selten mit einem Konjunktiv emendiert. Dazu ausführlich Pinkster, Latin Syntax, 631.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
a
bibimus
et
in
plataeis
nostris
docuisti
e
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
d
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
c
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
b
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
f
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
ff
v i vimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
i
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
q
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuistis
l
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
2
b e
coram te
δ
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
r
1
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
p
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
aur
bibimus
e
i
n
plateis
nostris
docuisti
ar
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
μ
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
g
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
1
t
coram te
2
g
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
gat
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
gig
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
vg
bibimus
et
in
plateis
nostris
docuisti
ἐπίομεν
καὶ
ἐν
ταῖς πλατείαις
ἡμῶν
ἐδίδαξας
NA
28
199
et in synagogis
Mt 7,21 | Tert. adv. Marc. 4.30.18: Et rursus enumerantibus quod coram illo ederint, et biberint, et in plateis eorum docuerit, adiiciet. | Ambr. Cain et Ab. 1.18.13: Tunc incipietis dicere: Manducavimus coram te, et bibimus, et in plateis nostris docuisti. | Aug. c. Faust. 33.2: Tunc incipietis dicere: Manducavimus et bibimus coram te, et in plateis nostris et synagogis docuisti. | Luc. Cal. Pro Sancto Athanasio 2.12: Tunc incipietis dicere: Manducavimus coram te et bibimus, et in plateis nostris docuisti.
coram te a2 a et rell. | in conspectu e | in conspecto tuo d: Die Verwendung von ἐνώπιον (zu ὤψ: „Auge“, „Gesicht“) als Präposition ist charakteristisch für die Koine des Neuen Testaments,455 insbesondere aber für die lukanische Diktion: Im lukanischen Doppelwerk kommt die Phrase fast 40-mal vor; bei Johannes findet man nur ein
455 In der Septuaginta auch als Adjektiv gebraucht: Vgl. z. B. Ex 33,11: καὶ ἐλάλησεν κύριος πρὸς Μωυσῆν ἐνώπιος ἐνωπίῳ.
200
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Beispiel dafür.456 Zentral ist insbesondere der Bezug zu Lk 24,43, dem Emmausmahl. Ein Unbekannter begleitet die Jünger nach Emmaus und wird dort zum Essen eingeladen: Er bekommt ein Stück gebratenen Fisch (ἰχθύος ὀπτοῦ μέρος), das er vor ihren Augen isst (ἐνώπιον αὐτῶν ἔφαγεν). Die lateinischen Zeugen bieten für die Phrase ἐνώπιον zahlreiche Varianten, die von dem einfachen ante über Zusammensetzungen wie etwa ante oculos oder ante faciem,457 bis hin zu den häufigeren in conspectu und coram reicht. Die Variante des Codex Bezae (d,5) auf -o lässt sich anhand der Reduktion der morphologischen Flexionsparadigmata im Spätlatein erklären, die insbesondere Substantive seltener verwendeter Deklinationsklassen, wie die 4., betrifft. Jedenfalls ist in conspectu die wörtliche Lesart im Codex Palatinus (e,2), denn abgesehen von wenigen Stellen (Lk 12,8; 14,10; 23,14; 24,43) hat coram kaum Eingang in den Text gefunden, und dürfte somit als eine frühere, den „Afra“-Text kennzeichnende Übersetzung gelten.458 Berücksichtigt man das für Mt typische Synonym ἔμπροσθεν,459 so kann man bei der lateinischen Wiedergabe dieser präpositionalen Wendungen keinen stilistischen Unterschied zwischen den Textvarianten der Evangelisten feststellen. Lk 13,27 Folio 2va, Z. 9–13 a2
et
dicet
vobis
a
et
dicet
vobis
e
et
dicet
vobis
numquam
d
et
dicet
vobis
numquam
c
et
dicet
b
et
dico
vos
nescio
vos
unde
sitis
nescio
vos
unde
sitis
unde
estis
unde
estis
vidi vidi
vos
vobis
nescio
vos
dicet
vobis
nescio
f
et
dicet
vobis
nescio
unde
sitis
ff2
sed
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
i
et
dicet
vobis
nescio
unde
sitis
q
et
dicet
vobis
nescio
unde
estis
l
et
dicet
vobis
nescio
unde
estis
vos
456 πολλὰ μὲν οὖν καὶ ἄλλα σημεῖα ἐποίησεν ὁ Ἰησοῦς ἐνώπιον τῶν μαθητῶν. 457 Vgl. z. B. Gen. 30,38: posuitque eas in canalibus ubi effundebatur aqua ut cum venissent greges ad bibendum ante oculos haberent virgas (vg); Lk 1,17: et ipse prodiet ante faciem eius in spiritu et virtute Heliae (e). 458 Dazu ausführlich von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 145. Der Codex Bezae überliefert die ältere Textvariante konsequenter als der Codex Palatinus selbst, während der Codex Vercellensis (a,3) sie als Übersetzung von ἐνώπιον statt coram lediglich an einer Stelle (Lk 12,6) bevorzugt. 459 Vgl. z. B. Mt 5,16.24; 6,1.2; 7,6; 10.32.33; 11,10 u. ö.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
201
(fortgesetzt) a2
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
δ
et
dicet
r
1
vobis
nescio
vos
unde
estis
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
p
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
dico
aur
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
estis
ar
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
estis
μ
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
g
1
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
essetis
g
2
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
scitis
gat
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
gig
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
vg
et
dicet
vobis
nescio
vos
unde
sitis
καὶ
ἐρεῖ
ὑμῖν
οὐκ οἶδα
ὑμᾶς
πόθεν
ἐστέ
NA
28
λέγων
a2
disced[i]te
a
me
omnes
operari
iniquitatis
a
discedite
a
me
omnes
operari
iniquitatis
e
discedite
a
me
omnes
operari
iniquitatis
d
recedite
a
me
omnes
operari
iniquitatis
c
recedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
b
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
discedite
a
me
omnes
qui operamini
iniquitate
ff
reci d e
a
me
omnes
operari
iniquitatis
i
discedite
a
me
omnes
qui operamini
iniquitatem
q
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
l
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
f 2
e it
δ
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
r1
discedite
a
me
omnes
qui operamini
iniquitatem
p
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
aur
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
ar
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
μ
discite
a
me
omnes
operamini
iniquitatis
g1
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
in gehennam ignis
202
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
disced[i]te
a
me
omnes
operari
iniquitatis
g2
discedite
a
me
omnes
operaminirii
gat
discedite
a
me
omnes
operamini
iniquitatis
gig
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
vg
discedite
a
me
omnes
operarii
iniquitatis
NA28
ἀπόστητε
ἀπ’
ἐμοῦ
πάντες
ἐργάται
ἀδικίας
Mt 7,23 | Tert. adv. Marc. 4.30.18: Recedite a me omnes operarii iniquitatis. | Ambr. Cain et Ab. 1.18.13: Et respondens dicet: Nescio vos unde estis, recedite a me, omnes operarii iniquitatis. | Aug. c. Faust. 33.2: Et dicet vobis: Nescio unde estis. Discedite a me omnes, operarii iniquitatis. | Luc. Cal. Pro Sancto Athanasio 2.12.10: Et dicet vobis: Nescio unde estis, discedite a me, omnes operarii iniquitatis.
discedite a2 a et rell. | recedite d c | reciedite ff2: ἀφιστάναι ist für den griechischen Text des lk. Doppelwerks charakteristisch; die synoptische Parallele bei Mt liest ἀποχωρεῖν. Wenn ἀφιστάναι intransitiv benutzt wird,460 verwenden die lateinischen Übersetzungen meistens ein Kompositum von cedere, entweder discedere oder recedere: Der Codex Vercellensis (a,3) führt konsequent die erste dieser Varianten (Ausnahme ist descendere in Lk 2,37, was auf einen Abschreibfehler zurückzuführen ist), während der Codex Bezae (d,5) die zweite bevorzugt. Im klassischen Sprachgebrauch werden beide Verben mehr oder weniger synonym verwendet, auch wenn discedere vor allem in der Bedeutung von „fortgehen“ und „sich entfernen“, wie es im vorliegenden Vers der Fall ist, überwiegt.461 operari a2 a e d ff2 | qui operamini f i r1 | qui om. μ gat | operarii rell.: Die Formulierung mit dem Relativsatz in den Codices Brixianus (f,10), Vindobonensis (i,17) und Usserianus primus (r1,14) erklärt sich durch eine Anpassung an die synoptische Parallele bei Mt, wo οἱ ἐργαζόμενοι statt ἐργάται geführt wird. Die Variante operari für operarii bieten die Codices Vercellensis (a,3) und Palatinus (e,2) gleichsam in Lk 10,2. Hier muss zunächst offenbleiben, ob es sich um Haplografie handelt oder eher um die absichtliche Zusammenziehung der Vokale am Ende des Wortes, die den Nominativ Plural und den Genitiv Singular der Nomina auf -ius durchgehend betraf.462
460 Im Gegensatz z. B. zu Apg 5,37. 461 Vgl. z. B. Caes. Gall. 4.12.1: quod ii qui frumentandi causa erant trans Mosam profecti nondum redierant, nihil timentibus nostris, quod legati eorum paulo ante a Caesare discesserant atque is dies indutiis erat ab his petitus; Cic. Att. 7.2.8: Chrysippum vero quem ego propter litterularum nescio quid libenter vidi, in honore habui discedere a puero insciente me. 462 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,19, 111–113.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
203
Lk 13,28 Folio 2va, Z. 13–20 a2
illic
erit
fletus
a
illic
erit
fletus
e
illic
erit
fletus
oculorum
et
[st]ridor
dentium
et {et}
stridor
dentium
oculorum
et
stridor
dentium
d
ibi
erit
ploratus
et
stridor
dentium
c
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
b
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
f
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
ff2
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
i
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
q
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
l
ibi
erit
fletus
δ
ubi
erit
fletus
oculorum
et
stridor
dentium
et
stridor
dentium
r1
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
p
ibi
erit
fletus
et
stridor
dencium
aur
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
ar
ubi
erit
fletus
et
stridor
dentium
μ
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
g1
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
g
2
gat
oculorum
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
ubivel illic
erit
fletus
et
stridor
dentium
gig
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
vg
ibi
erit
fletus
et
stridor
dentium
NA28
ἐκεῖ
ἔσται
ὁ κλαυθμὸς
καὶ
ὁ βρυγμὸς
τῶν ὀδόντων
a2
[cum
videritis
a]bra[ham
et
isac]
et
iacob
a
cum
videritis
abraham
et
isac
et
iacob
e
cum
videritis
habraham
et
isac
et
iacob
d
cum
videritis
abraam
et
isac
et
iacob
c
cum
videritis
abraham
et
ysahac
et
iacob
b
cum
videritis
abraham
et
isac
et
iacob
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
f ff
cum
videritis
abraham
et
isac
et
iacob
i
cum
videritis
abraham
et
isac
et
iacob
q
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
l
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
2
autem
204
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
[cum
videritis
a]bra[ham
et
isac]
et
iacob
δ
cum
videritis
abraam
et
isaac
et
iacob
r
1
cum
videritis
abraham
et
isac
et
iacob
p
cum
videritis
abraham
et
ysaac
et
iacob
aur
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
ar
cum
videritis
abraam
et
issac
et
iacob
μ
cum
videritis
abraam
et
isac
et
iacob
g
1
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
g2
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
gat
cum
videritis
abracham
et
issac
et
iacob
gig
cum
videritis
abraham
et
ysaac
et
iacob
vg
cum
videritis
abraham
et
isaac
et
iacob
ὅταν
ὄψησθε
Ἀβραὰμ
καὶ
Ἰσαὰκ
καὶ
Ἰακὼβ
NA
28
a2
[et
omnes]
prophetas
dei
[intro]euntes
[in
reg]num
dei
a
et
omnes
prophetas
dei
introeuntes
in
regno
dei
e
et
omnes
profetas
in
regno
dei
d
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
c
et
omnes
prophetas
introeuntes
in
regnum
dei
b
et
omnes
prophetas
introeuntes
in
regno
dei
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
ff
et
omnes
profetas
introeuntes
in
regnum
dei
i
et
omnes
prophetas
introeuntes
in
regno
dei
q
et
omnes
profetas
introeuntes
in
regnum
dei
l
et
omnes
prophetas
introeuntes
in
regnum
dei
δ
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
1
r
et
omnes
profetas
in
regno
dei
p
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
aur
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
ar
et
omnes
profetas
in
regno
dei
μ
et
omnes
profetas
in
regno
dei
1
g
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
g2
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
gat
et
omnes
prophetas
in
regno
dei
f 2
dei
introeuntes
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
205
(fortgesetzt) a2
[et
omnes]
prophetas
gig
et
omnes
prophetas
vg
et
omnes
prophetas
καὶ
πάντας
τοὺς προφήτας
NA
28
dei
[intro]euntes introire
[in
reg]num
dei
in
regno
dei
in
regno
dei
ἐν
τῇ βασιλείᾳ
τοῦ θεοῦ
a2
vos
[aute]m
proici
foris
a
vos
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proici
foris
e
vos
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excludimini
foras
d
vos
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eici
foras
c
vos
autem
expelli
foras
b
vos
autem
expelli
foras
vos
autem
expelli
foras
vos
autem
expelli
foras
i
vos
autem
expelli
foras
q
vos
autem
expelli
foras
l
vos
autem
expelli
foras
δ
vos
autem
expelli vel expulsandos
foras
r
1
vos
autem
excludi
foris
p
vos
autem
excludi
foras
aur
vos
autem
excludi
foras
ar
vos
autem
excludi
foras
μ
vos
autem
excludi
foras
g
1
vos
autem
excludi
foras
g
2
vos
autem
excludi
foras
gat
vos
autem
excludi
foras
gig
vos
autem
excludi
foras
vg
vos
autem
excludi
foras
ὑμᾶς
δὲ
ἐκβαλλομένους
ἔξω
f ff
2
NA
28
Mt 8,12; 13,42; 13,50; 22,13; 25,30 | Tert. adv. Marc. 4.30.18: Illic erit fletus et frendor dentium. | Iren. adv. haer. 3.8: Cum videritis Abraham et Isaac et Iacob et omnes prophetas in regno coelorum, vos autem proiici foras. | Cypr. laps. 16: Persecutio est haec alia et alia tentatio, per quam subtilis inimicus impugnandis adhuc lapsis occulta populatione grassatur, ut lamentatio conquiescat, ut dolor sileat, ut delicti memoria evanescat, ut comprimatur pectorum gemitus, statuatur fletus oculorum, nec Dominum, graviter offensum, longa et plena poenitentia deprecetur, cum scriptum sit: Memento unde cecideris, et age poenitentiam. | Ambr. apol. Dav. 68.1: Quomodo proiciat deus a facie sua audi
206
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
dicentem: tollite illum in tenebras exteriores; ibi erit fletus et stridor dentium. | Aug. civ. 20.5: Mittet filius hominis angelos suos, et colligent de regno eius omnia scandala et mittent in caminum ignis ardentem, illic erit fletus et stridor dentium. | Aug. c. Faust. 33.2: Ibi erit fletus et stridor dentium, cum videritis Abraham, et Isaac, et Iacob, et omnes Prophetas introeuntes in regnum Dei, vos autem expelli foras. | Aug. ep. 140.58: Sed quia malo opere, id est tenebroso delectantur facientes, secutura est autem poena, quae torqueat, ideo dominus ubi dicit tenebras exteriores, addit etiam ibi erit ploratus et stridor dentium, ne talibus oblectationibus. | Faust. trin. 13: Vide, miser, ne adhuc non credas verum esse filium, et incipias habere resurrectionem ad poenam perpetuam gehennae in tenebris exterioribus, ubi erit fletus oculorum et stridor dentium, si tamen non adhuc aliquid tetrius manet impios in filium. | Hier. in Ezech. 4.16.144: Utique illud, ut vinctis manibus pedibusque, aeternis tradamur ardoribus, in quibus est fletus oculorum et stridor dentium.
illic a2 a e | ubi δ ar | ubi vel illic gat | ibi rell.: Wie im klassischen Latein findet man auch in lateinischen Bibelübersetzungen das Adverb ibi als Synonym für illic. Trotzdem erweist sich diese letzte Variante als die regelmäßige Lesung im Codex Palatinus (e,2) und gilt somit als ein eindeutiges Merkmal des „Afra“-Texttypus:463 Diese Annahme untermauert nicht nur die Befunde im Codex Bobbiensis (k,1), der für ἐκεῖ stets illic statt ibi bietet, sondern auch Tertullians Bezug auf die vorliegende Stelle. oculorum a2corr e q g1 | om. rell.: Die Textergänzung der Fragmenta Curiensia macht das Manuskript zu einem der wenigen Zeugen, die die pleonastische Formulierung mit dem Genitiv oculorum überliefern, und bildet dadurch eine der bedeutendsten Abweichungen zwischen den Fragmenten und dem Codex Vercellensis (a,3); bezeichnenderweise wird die Lesung in keiner griechischen Handschrift belegt und kann somit als ein Zusatz der lateinischen Tradition gelten. Der Ursprung der Phrase lässt sich auf eine „Afra“-Textschicht zurückverfolgen, da sie sowohl bei den Kirchenvätern Cyprian und Faustinus als auch im Codex Palatinus (e,2) zu finden ist.464 Möglicherweise liegt hier eine aemulatio als Übersetzungsstrategie vor, also eine stilistische Verbesserung der griechischen Vorlagen als Parallelismus membrorum durch die Hinzufügung von oculorum nach fletus (fletus oculorum – stridor dentium). fletus kann neben „Weinen“ auch „stöhnendes Klagen“ konnotieren (siehe auch schon Jes 15,3: descendit in fletum; 22,12: Dominus Deus exercituum in die illa ad fletum). Tertullian interpretiert diese Stelle folgendermaßen: „Womit sollte das Weinen und Zähneknirschen geschehen, wenn nicht mit den Augen und den Zähnen? Nämlich auch dann noch, nachdem man dem Höllentod dem Leib nach verfallen und in die äußerste Finsternis hinausgestoßen ist, was die spezielle Qual für die Augen ist.“465 Es ist also augenfällig, dass Lk ein Interesse an der Erwähnung Abrahams, Isaaks und Jakobs hat und demnach die christlichen Rezipienten in die Verheißungsgeschichte Israels einzeichnet, das reziprok zu dem Hinzukommen der Nicht-Juden aus allen
463 Vgl. Burkitt, The Old Latin and the Itala, 14. 464 Von dem vorliegenden Vers abgesehen noch in Mt 13,42 und 22,13. 465 Vgl. Tert. de res. 35: Ceterum unde erit fletus et dentium frendor nisi ex oculis et ex dentibus, occiso scilicet etiam corpore in gehennam et detruso in tenebras exteriores, quae oculorum propria tormenta sunt?
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
207
Himmelsrichtungen in V.29 steht. Aufschlussreich ist freilich, dass man Abraham, Isaak, Jakob und die Propheten zwar sieht, aber erst für die Hinzukommenden ein eschatologisches Mahl verheißen wird (V.30). Der odontologische Terminus für „Zähneknirschen“, griechisch: βρυγμὸς τῶν ὀδόντων – lateinisch: stridor dentium, findet sich ähnlich auch in Ps 111,10 (Peccator videbit et irascetur, dentibus suis fremet et tabescet: desiderium peccatorum peribit), wo der Feind Israels den göttlichen Schutz der Kinder Israels sieht und deshalb „mit seinen Zähnen knirschen wird vor Zorn“ [Ps 123,6 (in captionem dentibus eorum); Ps 34,16 (frenduerunt super me dentibus suis): Ps 57,7 (deus conteret dentes eorum in ore ipsorum); Ps 36,12 (stribebit super eum dentibus suis), Hi 16,10 (infremuit contra me dentibus suis); SapSal 16,10 (nec draconum venenatorum vicerunt dentes); Dan 7,5.6 (in dentibus eius; tria latera in ore eius in medio dentium eius)]. proici a2 a | excludimini e | excludi r1 | eici d | expelli vel expulsandos δ | expelli rell.: Wenn das Objekt sich auf Dämonen oder Geister bezieht, lautet die Vulgata-Übersetzung für ἐκβάλλειν in der Regel eicere (siehe hier ebenfalls Codex Bezae d,5). Eine Ausnahme bieten die Codices Bobbiensis (k,1) und Palatinus (e,2), die in Übereinstimmung mit Cyprians Vokabelwahl stattdessen häufig expellere bevorzugen.466 Auffällig ist demgegenüber die Variante proicere der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3): Dieses Verb wird in Mt 5,29 und 18,9 von fast allen lateinischen Zeugen für die Aufforderung Jesu proice abs te (adrode und abice k,1; mitte d,5) eingesetzt. Da es sich in diesen zwei Versen um das rechte Auge handelt, das einen Menschen zum sündigen Handeln verführt (scandalizat), bedeutet das Verb proicere konkret „wegwerfen“ oder „beiseite werfen“, und nicht „verbannen“ oder „ausschließen“, wie im vorliegenden Vers. Somit erweist sich der Gebrauch von proicere in den Fragmenten und im Codex Vercellensis als ungewöhnlich. Während der Hinweis auf den Einlass, der verwehrt bleibt, noch die Frage nach einer möglichen Strafe offenlässt, lässt die Wahl des Verbums proicere in den Fragmenten keinen Raum für Zweifel: diejenigen, die draußen sind, sind verbannt. foris a2 a r1 | foras rell.: Es gibt so gut wie keine Stelle in den lateinischen Evangelien, an der sich die Varianten foris und foras ohne klare Regelmäßigkeit als Übersetzung für das Adverb ἔξω ablösen. Wenn das Wort präpositional gebraucht wird, tritt neben foris/foras de die Lesung extra.467 Die Erklärung für diese Fluktuation liegt offensichtlich in dem Zusammenbruch des Kasussystems: foris war ursprünglich ein Lokativ und bezeichnete daher die Lage; foras wiederum ein Akkusativ und wurde vor allem bei Richtungsangaben benutzt.
466 Vgl. von Soden, Das lateinische Neue Testament in Afrika, 282–283; ferner Kommentar zu Lk 11,15 oben, 94. 467 Vgl. z. B. Mk 5,10: αὐτὰ ἀποστείλῃ ἔξω τῆς χώρας (foras de illa regione b extra regionem rell.).
208
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
Lk 13,29 Folio 2va, Z. 21 – Folio 2vb, Z. 1 a2
[et
venient
a]b
orien[te
et
occidente
et
ab
aquilo]ne
a
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
ab
aquilone
e
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
d
et
venient
ab
oriente
et
occidentem
et
c
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
b
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
f
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
ff2
et
venient
ab
oriente
et
occidentem
et
aquilone
i
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
q
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
l
et
venient
ab
oriente
δ
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
r
1
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
p
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
aur
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
et
aquilone ab
ab
ab
aquilone
aquilone
aquilone
ar
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
μ
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
g
1
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
g
2
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
gat
et
venient
ab
oriente
et
occidente
gig
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
vg
et
venient
ab
oriente
et
occidente
et
aquilone
καὶ
ἥξουσιν
ἀπὸ
ἀνατολῶν
καὶ
δυσμῶν
καὶ
NA
28
aquilone ab
aquilone aquilone
ab ab
ἀπὸ
aquilone aquilone
βορρᾶ
a2
[et
aus]tro
[et
dis]cum[bent
in]
regno
dei
a
et
austro
et
discumbent
in
regno
dei
e
et
austro
et
recumbent
in
reg
dei
d
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
c
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
b
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
f
et
austro
et
discumbent
in
regno
dei
ff2
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
i
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
209
(fortgesetzt) a2
[et
aus]tro
[et
dis]cum[bent
in]
regno
dei
q
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
l
et
austro
in
regnum
dei
δ
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
1
r
et
austro
et
discumbent
in
regno
dei
p
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
aur
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
ar
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
μ
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
g1
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
2
g
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
gat
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
gig
et
austro
et
recumbent
in
regno
dei
vg
et
austro
et
accumbent
in
regno
dei
NA28
καὶ
νότου
καὶ
ἀνακλιθήσονται
ἐν
τῇ βασιλείᾳ
τοῦ θεοῦ
Mt 8,11 | Ambr. expos in Ps. 118 12.23.2: Venient ab oriente et occidente et ab aquilone et austro et recumbent in regno Dei. | Aug. c. mend. 24: Et venient ab oriente et occidente et aquilone et austro, et accumbent in regno dei. | Aug. c. Faust. 33.2: Et venient ab oriente et occidente et austro et aquilone, et recumbent in regno Dei. | Hier. in Ezech. 11.28: Multi de oriente, et occidente, et septentrione, et meridie venient, et discumbent cum Abraham, Isaac, et Iacob in regno Dei. | Epiph. Schol. 41: Παρέκοψε πάλιν τό ῞Ηξουσιν ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν καὶ ἀνακλιθήσονται ἐν τῇ βασιλείᾳ τοῦ θεοῦ καὶ τό Οἱ ἔσχατοι ἔσονται πρῶτοι …
ab oriente et occidente et ab aquilone et austro a2 a f μ g2 | occidentem d | et occidente om. l | et post occidente om. gat | occidentem et aquilone ff2 | occidente et aquilone rell.: Im Unterschied zur synoptischen Parallelstelle im MtEv liegt im lukanischen Text eine viergliedrige Struktur (ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν καὶ ἀπὸ βορρᾶ καὶ νότου) statt einer zweigliedrigen (ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν) vor. Der Bezug auf Ps 106,3LXX/107,3MT ist demnach im LkEv expliziter.468 Die grundlegende Frage für die Rekonstruktion von Q ist, ob Mt den Text der Logien gekürzt hat oder eher, ob Lk diesen ergänzt.469 Die Auslassung von et oder ab vor aquilone wird auch durch die griechische Tradition gut belegt, indem nur wenige Zeugen das Polysyndeton führen: unter den Unzialhandschriften lediglich der Codex Vaticatinus (B,03) und der Codex Regius (L,019). Den Geretteten von V.23 stehen nun jene zur Seite, die aus den Himmelsrichtungen hinzutreten. In der Forschung wird häufig darüber diskutiert, ob mit den Himmelsrichtungen an dieser Stelle 468 ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν καὶ βορρᾶ καὶ θαλάσσης. 469 Ziethe, Auf seinen Namen, 137.
210
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
das Kommen und Einschließen der heidnischen Völker in das Reich Gottes gemeint ist oder die jüdische Diaspora nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels.470 Ersteres knüpft an das Motiv der endzeitlichen Völkerwallfahrt auf dem Zion an, wie es beispielsweise in 3Kön 8,42 (extentum ubique cum venerit vg), Jes 2,2 (fluent ad eum omnes gentes), 60,4 f. (omnes isti congregati sunt venerunt; venient; multitudo maris fortitudo gentium venerit tibi) thematisiert wird. Letzteres knüpft an weitere Texte an, die die Erwartungen der endzeitlichen Heilszeit Israels deutlich machen, besonders aber Jes 49,12; Bar 4,37; 5,5; Ps 107,2; indes werden Nicht-Juden hier nicht explizit in den Blick genommen. Als Umschreibung für die Gesamtheit der Erde werden die vier Himmelsrichtungen auch in Jes 48,20 oder Jes 49,6 herangezogen. In schöpfungstheologischen Texten wie etwa in Ps 59,14; Hi 28,24 oder 37,3 werden die „Enden der Erde“ angeführt, die oftmals als Verweis auf die vier Himmelsrichtungen gedeutet werden.471 Vertieft wird dieser Aspekt durch Gen 2,10, die vier Ströme des Paradieses. Daneben mag der Erwähnung der vier Himmelsrichtungen auch eine kultische Konnotation innewohnen, wie sie uns in Ez 40–48 mit der Ausrichtung des visionären Heiligtums vorliegt (hier freilich mit Betonung des Ostens). Uns scheint aber ebenso naheliegend, dass mit diesem Hinweis auf 1 Chr 9,24 verwiesen wird, wo die Registrierung von ganz Israel aufgeschrieben steht. Die vier Himmelsrichtungen kennzeichnen hier die vier Eingangstore des Hauses des Kyrios und des Zeltheiligtums (per quattuor ventos erant ostarii id est ad orientem et ad occidentem ad aquilonem et ad austrum). discumbent a2 a f r1 | recumbent e d c b ff2 i q δ gat gig | accumbent rell.: Für die Aktivformen des Verbs ἀνακλίνειν (wie etwa in Lk 2,7) sind mehrere Varianten belegt: von einfachen ponere („setzen, hinstellen“) und conlocare („aufstellen, setzen, stellen, aufrichten, errichten“) über das griechische Lehnwort reclinare („rückwärts anlehnen, hinlehnen“; s. κλίνειν) des zweisprachigen Codex Bezae (d,5), das von der Vulgata übernommen worden ist, bis zu dem ansonsten nicht belegten collavare des Codex Palatinus (e,2). Für die Passivformen sind zahlreiche Zusammensetzungen von *cumbere („sich lagern, hingelegt, Platz genommen haben“) belegt, die sich in den lateinischen Übersetzungen des Evangeliums ohne eindeutigen Grund abwechseln. Die ältere Lesung, die von den Codices Bobbiensis (k,1) und Palatinus (e,2) bevorzugt wird, scheint recumbere („sich zur Tafel legen, zurücklehnen“) gewesen zu sein, obwohl diese Annahme freilich auf dem lückenhaften Zustand der beiden Handschriften basiert. Wenn nun andere Verben mit ähnlicher Bedeutung herangezogen werden, wie κατακλίνειν (nur bei Lk), κατακεῖσθαι (nicht bei Mt) oder συνανακεῖσθαι (nicht bei Joh) ändert sich die Analyse kaum. Als Ausnahmen sind die Codices Bobbiensis, Palatinus und Bezae in Mt 14,9 mit correcumbere als wortwörtliche Übersetzung 470 Vgl. dazu ausführlich Labahn, „Die Königin aus dem Süden“, 97. 471 Siehe zu den vier Himmelsrichtungen Keel, „JHWH – der Gott aus dem Süden und sein Volk“, 50–53 wie auch Grätz, Himmelsrichtungen in https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/himmelsrichtungen-1/ch/ba060c61d7f753f304e4bee2da1bc906/. Zugang: Dezember 2020.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
211
für συνανακεῖσθαι zu nennen oder auch Codices Palatinus und Colbertinus (c,6) in Mk 1,30, die die Lesung adcumbere beziehungsweise accumbere für κατακεῖσθαι belegen, die die Zeugen der Vulgata an der vorliegenden Stelle für ἀνακλίνειν tradieren. Lk 13,30 Folio 2vb, Z. 1–5 a2
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
a
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
e
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erant
primi
d
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
c
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
b
et
ecce
sunt
novissimi
q[ui
erunt]
primi
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
f ff
2
i
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
q
et
ecce
sunt
novissimi
qui
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primi
l
et
ecce
sunt
novissimi
δ
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
r
1
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erant
primi
p
et
ecce
sunt
novissimi
aur
et
ecce
sunt
novissimi
ar
et
ecce
sunt
μ
et
ecce
g
1
et
ecce
g
2
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erant
primi
gat
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primii
gig
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erant
primi
vg
et
ecce
sunt
novissimi
qui
erunt
primi
καὶ
ἰδοὺ
εἰσὶν
ἔσχατοι
οἳ
ἔσονται
πρῶτοι
NA
28
primi
qui
an
er t
primi
qui
erant
primi
novissimi
qui
erant
primi
sunt
novissimi
qui
erant
primi
sunt
novissimi
qui
erant
primi
a2
et
sunt
primi
qui
fuerunt
novissimi
a
et
sunt
primi
qui
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novissimi
e
et
primi
qui
erant
novissimi
d
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
c
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
212
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
sunt
primi
qui
fuerunt
novissimi
b
et
[sunt]
primi
qui
erunt
novissimi
sunt
primi
erunt
novissimi
f
et
qui
ff
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
i
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
q
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
l
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
qui
2
δ
et
r1
et
sunt
primi
sunt
primi
erunt
novissimi
erunt
novissimi
p
et
sunt
primi
qui
erant
novissimi
aur
et
sunt
primi
qui
erant
novissimi
ar
et
μ
et
sunt
primi
qui
erant
novissimi
sunt
primi
qui
erant
novissimi
g
2
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
g
et
sunt
primi
qui
erant
novissimi
gat
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
gig
et
sunt
primi
qui
erant
novissimi
vg
et
sunt
primi
qui
erunt
novissimi
καὶ
εἰσὶν
πρῶτοι
οἳ
ἔσονται
ἔσχατοι
1
NA
28
qui
Mt 19,30; 20,16 | Ambr. in Ps 118 12.23.3: Et ecce sunt novissimi qui erant primi, et sunt primi qui erant novissimi. | Aug. ep. cath. 37.10: Et ecce sunt novissimi qui erunt primi, et sunt primi qui erunt novissimi.
fuerunt a2 a | erant p aur ar μ g2 gig | erunt rell.: Angesichts der einheitlichen Überlieferung des griechischen Textes für Lk wie der Parallelüberlieferung bei Mt kommen die hier zu beobachtenden Schwankungen der lateinischen Zeugen im Tempusgebrauch etwas überraschend vor. Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, dass alle Manuskripte im ersten Versteil von Mt 20,16 (dort wird ἔσονται vor ἔσχατοι nicht wiederholt) erunt bieten, sodass die Übernahme der Varianten im Imperfekt und in den Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) das Perfekt fuerunt, sich auf den lukanischen Text beschränkt. Zudem wird der Vorzug perfektiver Formen der Kopula esse dem Imperfekt gegenüber von der Vetus Latina-Forschung häufig als ein Merkmal des „Afra“-Texttypus gesehen:472 Somit verdeutlicht die Sonderlesung der 472 Vgl. z. B. Mt 4,18; 15,38; Mk 8,9; 14,4; Lk 1,6; 5,10; Joh 2,6; 17,6, wo k beziehungsweise e immer das Perfekt statt des Imperfekts aller übrigen Zeugen tradieren. Dazu ausführlich Burkitt, The Old Latin and the Itala, 13; ferner oben Kommentar zu Lk 11,14, 88.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
213
zwei Handschriften das Fortbestehen älterer Vokabelwahl in früheren europäischen Versionen der lateinischen Bibel. Inhaltlich wird nun die zuvor entwickelte Abfolge von letzte-erste und ersteletzte beschrieben. Doch auch hier ist vor einer allzu schnell eingetragenen Priorisierung der Letzten und ihre Zuspitzung auf die Heiden zu warnen, denn zuvor waren ebenso andere Priorisierungen wie etwa die der Wenigen und Vielen vorgenommen worden. Eines jedenfalls kann als gesichert gelten: Der Vers beschreibt einen „Paradigmenwechsel“.473 Klage über Jerusalem Wie schon in den Versen 22–30 beginnt auch dieser Abschnitt mit einer von außen kommenden Stellungnahme, die von den Pharisäern an Jesus herangetragen wird und eine politische Warnung vor Herodes Antipas beinhaltet: Er habe die Absicht, ihn, den Propheten, zu töten. Mit dem Namen Herodes Antipas verbinden die Leser/ innen, dass er Johannes den Täufer wegen dessen Kritik an seiner Ehe mit Herodias im Lichte des Inzestverbots in Lev 18,16 und 20,21 inhaftiert und schließlich enthauptet (Lk 9,9) hat. Lk überliefert ein differenziertes Bild von den Pharisäern, auch wenn er diese in 11,39–44 mit Weherufen angegriffen hat. Vom Ende des LkEv gelesen wird deutlich, dass sie es nicht sind, die seine Hinrichtung forcieren (19,39 ff.). Indes wird in den folgenden Versen deutlich, dass sie das Ziel seines Wegs nach Jerusalem als Ort seiner Hinrichtung nicht verstanden haben: Diesen gilt es gerade nicht zu vermeiden. Die Verse 31–33 kaprizieren sich dementsprechend auch auf die Pharisäer als Ignoranten seiner Botschaft. Lk 13,31 Folio 2vb, Z. 5–1 a2
eadem
die
accesserunt
a
eadem
die
accesserunt
e
in
ipsa
die
accesserunt
d
in
ipsa
hora
accesserunt
c
in
ipsa
die
accesserunt
b
in
ipsa
autem
die
accesserunt
in
ipsa
autem
die
accesserunt
f ff
autem
in
ipsa
die
accesserunt
i
in
ipsa
die
accesserunt
q
in
ipsa
die
accesserunt
2
473 Wolter, Lukasevangelium, 494.
ad
eum illi
ad
eum
214
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
eadem
die
accesserunt
l
ipsa
die
accesserunt
die
accesserunt
die
accesserunt
δ
in
ipsa
r1
in
ipsa
autem
ad
eum
p
in
ipsa
die
accesserunt
aur
in
ipsa
die
accesserunt
ar
in
ipsa
die
accesserunt
ad
eum
μ
in
ipsa
die
accesserunt
ad
eum
g
1
in
ipsa
die
accesserunt
g
2
in
ipsa
die
accesserunt
gat
in
illa
die
accesserunt
gig
in
ipsa
die
accesserunt
vg
in
ipsa
die
accesserunt
ἐν
αὐτῇ τῇ
ὥρᾳ
προσῆλθάν
NA
28
a2
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
discede
a
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
discede
e
quidam
pharisaeis
dicentes
exi
d
quidam
ex
pharisaeorum
dicentes
exi
c
quidam
phariseorum
dicentes
illi
exi
b
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
exi
f
quidam
pharisaeis
dicentes
illi
exi
ff2
quidam
phariseorum
dicentes
illi
exi
i
quidam
dicentes
illi
exi
q
quidam
fariseorum
dicentes
illi
exi
l
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
exi
δ
quidam
pharisaei
dicentes
illi
exi
r1
quidam
farisaeis
dicentes
p
quidam
phariseorum
dicentes
illi
exi
aur
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
exi
ar
quidam
farisaeis
dicentes
illi
exi
μ
quidam
farisaeorum
dicentes
illi
exi
g1
quidam
pharisaeorum
dicentes
illei
exi
ex
ex
exi
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
215
(fortgesetzt) a2
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
discede
2
g
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
exi
gat
quidam
phariseorum
dicentes
illi
exi
gig
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
exi
vg
quidam
pharisaeorum
dicentes
illi
exi
NA28
τινες
Φαρισαῖοι
λέγοντες
αὐτῷ
ἔξελθε
a2
et
vade
hinc
quoniam
herodes
vult
te
occidere
a
et
vade
hinc
quoniam
herodes
vult
te
occidere
e
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
d
et
vade
hinc
quia
herodes
quaeret
te
occidere
c
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
b
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
f
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere occidere
ff
2
i
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
q
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
l
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
t
e
occidere
δ
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
r
1
et
vade
hinc
quia
herodis
vult
te
occidere
p
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
aur
et
vade
hinc
quia
herodes
ar
et
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inde
quia
erodis
vult
te
occidere
μ
et
vade
hinc
quia
heron
vult
te
occidere
g
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
2
g
et
vade
hinc
quia
herodes
vul
te
occidere
gat
et
vade
hinc
quia
herodis
vult
te
occidere
gig
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
vg
et
vade
hinc
quia
herodes
vult
te
occidere
καὶ
πορεύου
ἐντεῦθεν
ὅτι
Ἡρῴδης
θέλει
σε
ἀποκτεῖναι
1
NA
28
te
vult
occidere
Aug. cons. evang. 2.145.4: Sic enim narratur secundum Lucam: In ipsa die accesserunt quidam Pharisaeorum, dicentes illi: Exi, et vade hinc; quia Herodes vult te occidere. | Aug. div. scrip. 136: Item secundum Lucam: Accesserunt quidam ex Pharisaeis dicentes ei: Exi et vade hinc, quia Herodes vult te occidere. | Epiph. Schol. 41 (s. o. zu Lk 13,22–30): (Παρέκοψε πάλιν …) τό Προσῆλθον οἱ Φαρισαῖοι
216
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
λέγοντες, ἔξελθε καὶ πορεύου, ὅτι Ἡρῴδης σε θέλει ἀποκτεῖναι. καὶ τὸ Εἶπεν· πορευθέντες εἴπατε τῇ ἀλώπεκι ταύτῃ, ἕως ὅπου εἶπεν Οὐκ ἐνδέχεται προϕήτην ἀπολέσθαι ἔξω Ἰερουσαλήμ, καὶ τό Ἰερουσαλὴμ Ἰερουσαλήμ, ἡ ἀποκτένουσα τοὺς προϕήτας καὶ λιθοβολοῦσα τοὺς ἀπεσταλμένους, καὶ τό Πολλάκις ἠθέλησα ἐπισυνάξαι ὡς ὄρνις τὰ τέκνα σου, καὶ τό Ἀϕίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν: καὶ τό Οὐ μὴ ἴδητέ με ἕως οὗ εἴπητε· εὐλογημένος.
eadem a2 a | in ipsa rell. | in om. l: Die formelhafte, anaphorische Wendung αὐτῇ τῇ mit ὥρᾳ oder ἡμέρᾳ ist charakteristisch für die Diktion im lukanischen Doppelwerk; die anderen Evangelien führen ohne Distinktion stattdessen ἐκείνῃ τῇ an.474 eadem wird hier gegen die Mehrheit der Handschriften in den Fragmenta Curiensia und im Codex Vercellensis (a,3) bezeugt, was noch einmal die enge Beziehung zwischen den Handschriften verdeutlicht: Die übrigen Handschriften belegen in der Regel ipsa, der Codex Vercellensis aber immer eadem.475 Eine einzige Abweichung davon kommt in Lk 10,21 vor, wo der Codex Vercellensis die Variante illa bietet und gleichsam mit dem Codex Palatinus (e,2) übereinstimmt. Im vorliegenden Vers findet sich eine weitere Besonderheit, denn die Zeitangabe des griechischen Textes (ὥρᾳ) wird von der Mehrheit der lateinischen Zeugen in eine Tagesansage verändert, bis auf den zweisprachigen Codex Bezae (d,5), der hora tradiert. Die Zeitangabe wird in Kap. 22 wieder zentral, denn die Tageszeiten und Stunden unterteilen die kurze Zeit vor der Passion. Möglicherweise wird hier ein Verweis darauf gestrichen. discede a2 a | exi rell.: Die Sonderlesung des Codex Vercellensis (a,3) und der Fragmenta Curiensia hat keine weitere Parallele unter den lateinischen Zeugen des Evangeliums. An allen anderen Stellen bei Markus und Lukas lautet die Übersetzung des Imperativs ἔξελθε nämlich exi. Die Konstruktion kann dennoch als klassisch gelten und findet sich in der gesamten römischen Literatur, von Plautus bis Cicero.476 quoniam a2 a | quia rell.: Kausales ὅτι wird im „Afra“-Texttyp mit der Konjunktion quoniam übersetzt, wie es sich anhand der vielen Übereinstimmungen zwischen Zitaten aus den Schriften von Tertullian oder Cyprian und früheren Versionen der lateinischen Bibel feststellen lässt.477 Hier wird also noch einmal klar, dass mehrere Abweichungen des Codex Vercellensis (a,3) und der Fragmenta Curiensia von diesen älteren Textschichten abhängig sind, die sogar in den als typisch angesehenen „Afra“Zeugen überdeckt worden sind: Der Codex Palatinus (e,2) bietet hier das spätere quia. In der klassischen Sprache gab es immerhin eine konzise Unterscheidung in
474 Vgl. Jeremias, Έν ἐϰείνῃ τῇ ὣρᾳ, (ἐν) αὐτῇ τῇ ὣρᾳ, 214–215. 475 Vgl. Lk 7,21; 12,12; 20,19; 23,12; 24,33. 476 Plaut. Asin. 2.1.3: iam diu est factum quom discesti ab ero atque abiisti ad forum; Cic. fam. 4.1: Sin autem tibi, homini prudentissimo, videtur utile esse nos colloqui, quamquam longius etiam cogitabam ab urbe discedere, cuius iam etiam nomen invitus audio, tamen propius accedam, Trebatioque mandavi. Absolut gebraucht aber anscheinend erst später. Vgl. z. B. Apul. met. 2.7: Tunc illa lepida alioquin et dicacula puella: discede, inquit, miselle, quam procul a meo foculo discede. 477 Vgl. oben Kommentar zu Lk 11,18, 107–108.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
217
den semantischen Funktionen dieser kausalen Subordinationen, indem quoniamSätze häufig eine persönliche oder subjektive Sichtweise des Sprechers wiedergeben, während quia-Sätze eher auf objektive Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung deuten.478 Herodes: Mit Herodes ist Herodes Antipas gemeint, der von 4 v. Chr. bis 39 n. Chr. in Galiläa und Peräa regierte; er kommt schon in Lk 3,1 vor und über ihn wird in 3,19 f. gesagt, dass er Johannes den Täufer festgenommen hat, da dieser sich kritisch zu seiner Ehe mit der Tochter des Nabatäerkönigs Aretas IV. geäußert habe. In 9,9 lässt er den Propheten Johannes enthaupten und äußert den Wunsch, Jesus zu sehen, sodass die Leser/innen und Hörer/innen durchaus darauf vorbereitet sind, dass er auch nach dem Leben Jesu trachtet. Die Warnung vor dem gefährlichen Despoten kommt nun von den Pharisäern. Diese werden im LkEv durchaus differenziert wahrgenommen (siehe 6,2; 19,39); in 11,39–44 und 12,1 hat er diese gleichsam pauschal angegriffen und ihnen „Heuchelei“ vorgeworfen. Auch in den folgenden Versen werden sie trotz der Warnung nicht positiv bedacht, denn Jesus führt vor Augen, dass sie seinen Weg nach Jerusalem nicht verstanden haben, den er gehen muss. Lk 13,32 Folio 2vb, Z. 11–17 a2
ipse
autem
dixit
eis
euntes
indicate
a
ipse
autem
dixit
eis
euntes
indicate
e
ille
autem
dixit
illis
ite abeuntes
dicite
et
dicite
d
et
dixit
illis
c
et
ait
illis
iesus
ite
dicite
b
et
ait
illis
iesus
ite
dicite
et
ait
illis
iesus
ite
et
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illis
ite
i
et
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illis
ite
q
et
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illis
ite
dicite
l
et
ait
illis
ite
dicite
δ
et
ait
illis
euntes
dicite
r
1
et
ait
illis
ite
et
dicite
p
et
ait
illis
ite
et
dicite
aur
et
ait
illis
ite
dicite
ar
et
ait
illis
ide
dicite
f ff
2
et
dicite dicite
et
478 Vgl. Pinkster, „The use of ‘quia’ and ‘quoniam’ in Cicero, Seneca, and Tertullian“, 81.
dicite
218
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
ipse
autem
dixit
eis
euntes
indicate
μ
et
ait
illis
ite
g1
et
ait
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ite
et
dicite
g2
et
ait
illis
ite
et
dicite
gat
et
ait
illis
ite
et
dicite
gig
et
ait
illis
ite
dicite
vg
et
ait
illis
ite
dicite
NA28
καὶ
εἶπεν
αὐτοῖς
πορευθέντες
εἴπατε
dicite
a2
vulpi
huic
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
a
vulpi
huic
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
e
vulpi
huic
ecce
expello
daemonia
et
curas
perficio
d
vulpi
huic
ecce
eicio
damonia
et
sanitates
perficio
c
vulpi
illi
ecce
eicio
demonia
et
sanitates
perficio
b
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
f ff
ego
vulpi
illi
ecce
eicio
demonia
et
sanitates
perficio
i
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
q
vulpi
illi
ecce
eicio
demonia
et
sanitates
perficio
l
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
δ
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
r1
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitatis
perficio
p
vulpi
illi
ecce
eicio
demonia
et
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perficio
aur
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
ar
vulpi
illi
ecce
iecio
daemonia
et
sanitates
perficio
μ
vulpi
illi
ecce
eicio
demonia
et
sanitates
perficio
1
g
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitatis
perficio
g2
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
gat
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
gig
vulpi
illi
ecce
eicio
demonia
et
sanitates
perficio
vg
vulpi
illi
ecce
eicio
daemonia
et
sanitates
perficio
τῇ ἀλώπεκι
ταύτῃ
ἰδοὺ
ἐκβάλλω
δαιμόνια
καὶ
ἰάσεις
ἀποτελῶ
2
NA
28
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
a2
hodie
et
cras
et
die
tertia
a
hodie
et
cras
et
die
tertia
e
hodie
et
cras
et
tertio
d
hodie
et
cras
et
tertia
c
hodie
et
cras
et
sequenti
die
consummor
b
hodie
et
cras
et
tertia
die
consummor
die
219
consummor consummor die
consummabor perficior
f
hodie
et
cras
et
tertia
ff2
hodie
et
cras
et
sequenti
consummabor
i
hodie
et
cras
et
sequenti
consummor
q
hodie
et
cras
et
tertia
die
consummor
l
hodie
et
cras
et
sequenti
die
crucifigor
δ
hodie
et
cras
et
tertia
1
r
hodie
et
cras
et
tertia
die
consummor
p
hodie
et
cras
et
tercia
die
consummor
aur
hodie
et
cras
et
tertia
die
consummor
ar
hodie
et
cras
et
iii
die
consummor
μ
hodie
et
cras
et
g
hodie
et
cras
et
tertio
2
g
hodie
et
cras
et
sequenti
gat
hodie
et
cras
et
gig
hodie
et
cras
et
1
consummabor
consummor
lac.
consummor die
consummor
tertia
die
consummor
tertia
die
consummor
vg
hodie
et
cras
et
tertia
consummor
NA28
σήμερον
καὶ
αὔριον
καὶ
τῇ τρίτῃ
τελειοῦμαι
Ambr. in Ps 118 2.2: Ideo de Herode dicitur: Ite, dicite vulpi illi. | Aug. cons. evang. 2.145.5: Et ait illis: Ite, dicite vulpi illi, Ecce eiicio daemonia, et sanitates perficio hodie et cras, et tertia consummor. | Aug. div. scrip. 136: Et ait illis Iesus: Ite, dicite vulpi illi ecce expello daemonia et sanitates perficio hodie et cras, et tertia die consummabor. | Hier. in Ezech. 4.13: Et de Herode scriptum est: Dicite vulpi huic. | Aug. ep. cath. 37,10: Et ecce sunt novissimi qui erunt primi, et sunt primi qui erunt novissimi.
ipse autem dixit a a2 | ille autem dixit e | et dixit d | et ait rell.: Der Codex Vercellensis (a,3) und die Fragmenta Curiensia liefern im vorliegenden Vers eine weitere Sonderlesung hinsichtlich des Pronominalgebrauches. Wenn man einen Vergleich mit Lk 11,28 und 13,23 zieht,479 wird ersichtlich, wie frei die Übersetzer griechischer Bibeltexte ins Latein arbeiten können. Sowohl ipse als auch ille scheinen immer ein griechisches αὐτός (11,28) vorauszusetzen, oder zumindest den bestimmten Artikel ὁ in seiner deiktischen Funktion (13,23). Für diese Stelle ist in der griechischen Tradition weder 479 Vgl. oben 155, 187–188.
220
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
das eine noch das andere bezeugt, sodass man zunächst davon ausgehen kann, dass es sich hierbei um eine Eigentümlichkeit der beiden Handschriften handelt, die sie mit dem Codex Palatinus (e,2) gemeinsam haben. Im Codex Vercellensis ist die Strategie aber nicht ganz ungewöhnlich: Mt 14,22 ἕως οὗ ἀπολύσῃ τοὺς ὄχλους übersetzt das Manuskript donec ipse dimitteret turbas, die Vulgata folgt dem griechischen Text; oder in Lk 5,12 liest man πεσὼν ἐπὶ πρόσωπον ἐδεήθη αὐτοῦ, ipse prostatus in faciem orabat illum im Codex Vercellensis tradiert. indicate a2 a | dicite rell.: Es handelt sich um eine Sonderlesung des Codex Vercellensis (a,3) und der Fragmenta Curiensia. indicare erweist sich als die regelmäßige Übersetzung von ἀπαγγέλλειν (Lk 8,47; 9,36; 18,37) oder auch μηνύειν (Joh 11,57) im Codex Vercellensis, während die Mehrheit der Handschriften neben indicare selbst dafür entweder ein einfaches dicere oder renuntiare bietet, wie es häufig vor allem im Codex Palatinus (e,2) der Fall ist. Der Codex Vercellensis hat sonst nur noch in Mk 5,33 indicare als Wiedergabe für λέγειν, was wieder von keinem der anderen Zeugen berücksichtigt wird: Aufgrund ihrer Seltenheit kann also die Variante als eine Besonderheit des Codex Vercellensis gelten, die die Fragmente übernommen haben. vulpi huic a2 a e d | vulpi illi rell.: Im Vergleich zur klassischen Sprache nimmt die Verwendung von ille in den lateinischen Bibelübersetzungen zu:480 Die Zahl der Stellen in der Vetus Latina, in denen ille benutzt wird, ist proportional fast doppelt so groß wie in den Texten der antiken Literatur. So bezeugen mit diesem Vers der Codex Vercellensis (a,3) und die Fragmenta Curiensia zusammen mit den Codices Palatinus (e,2) und Bezae (d,5) ältere Textschichten, in denen die übrigen Pronomina – in diesem Fall hic – von ille noch nicht komplett verdrängt worden sind. Weitere Beispiele für solche sprachlichen Relikte des Codex Vercellensis finden sich etwa in Lk 16,7 (dixit huic statt ait illi der späteuropäischen Zeugen) oder in Lk 17,34 (hac nocte statt illa nocte).481 In diesem Vers wird Herodes mit einem Fuchs verglichen, der Jesus nach Lk 9,9 zu sehen wünscht und gleichzeitig außerhalb Jerusalems zu töten versucht. In der Septuaginta verweist der Begriff ἀλώπηξ, lateinisch vulpis, auf die Verschlagenheit und gleichzeitige Klugheit des Fuchses (Ez 13,4; Lam 5,18). Aristoteles vergleicht Mensch und Fuchs, indem er schreibt, dass „die einen hinterlistig und bösartig wie z. B. der Fuchs“ sind.482 Epiktet (diss. 1.3.8), Platon (rep. 365c), Cicero (off. 1.41) und Aesop (fab. 9) vergleichen einen „schmähsüchtigen und bösartigen“ Menschen mit einem Fuchs. Ein Solon zugeschriebener Spruch, nach dem alle Menschen auf den Spuren des Fuchses mit nichtigem Verstand wandelten, da sie „auf die Zunge […] eines Mannes [sehen], doch auf das, was er tut, niemals“ achten.483 Auf Herodes angewandt 480 Vgl. Abel, „Die Ausbildung des bestimmten Artikels und der deiktischen Systeme der romanischen Sprachen, untersucht an der Sprache der lateinischen Bibel“, 239. 481 Vgl. oben Kommentar zu V. 13,16, 162. 482 Arist. hist. an. 488b20. 483 Vgl. bspw. Diod. Sic. 9.20.3; Plut. Sol. 30.3; Diog. Laërt. 1.52.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
221
bedeutet dies, dass ihm einerseits aufgrund seiner Klugheit Respekt gezollt wird, ihm andererseits jedoch aufgrund seiner Verschlagenheit Hinterlist nachgewiesen wird. Ganz besonders gilt dies auch im Rückblick auf Johannes den Täufer und vorausweisend auf Jesu Tod, den Herodes ebenso wenig begreift wie die Pharisäer. Lk 13,33 Folio 2vb, Z. 18–23 a2
sed
oportet
me
hodie
et
cras
a
sed
oportet
me
hodie
et
cras
e
verumtamen
oportet
me
hodie
et
crastino
d
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
q
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
l
verumtamen
oportit
me
odie
et
cras
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
p
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
aur
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
ar
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
μ
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
g
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
gat
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
gig
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
vg
verumtamen
oportet
me
hodie
et
cras
πλὴν
δεῖ
με
σήμερον
καὶ
αὔριον
c b f ff
2
i
δ r
1
1
g2
NA
28
a2
et
in futurum
a
et
in futurum
e d
et
quoniam
non
oportet
quoniam
non
oportet
sequenti
abire
quoniam
non
est possibile
ventura
abire
quia
non
oportet
222
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
(fortgesetzt) a2
et
in futurum
quoniam
non
oportet
c
vadite
quia
non
capit
b
abite
quia
non
oportet
quia
non
est possibile
quia
non
capit
quia
non
capit
quia
non
capit
quia
non
capit
quia
non
capit
f
et
sequenti
ambulare
ff
ite
2
i q
et
sequenti
ire
l
et
sequenti
ambulare
et
sequenti
ambulare
p
et
sequenti
aur
et
sequenti
ar
et
sequenti
δ r
ite
quia
non
capit
ambulare
ite
quia
non
capit
ambulare
quia
non
capit
die
ambulare
quia
non
capit
ambulare
quia
non
capit
diae
ambulare
quia
non
capit
ambulare
quia
non
capit
ambulare
quia
non
capit
ambulare
quia
non
capit
1
μ
et
sequenti
g1
et
sequenti
die
g2 gat
et
sequenti
gig
et
sequenti
die
vg
et
sequenti
ambulare
quia
non
capit
NA28
καὶ
τῇ ἐχομένῃ
πορεύεσθαι
ὅτι
οὐκ
ἐνδέχεται
a2
prophetam
perire
extra
hierusalem
a
prophetam
perire
extra
hierusalem
e
propheta
perire
extra
hierusalem
extra
hierusalem
extra
ierusalem
d c
perire
prophetam prophetam
perire
b
prophetam
perire
extra
hierusalem
f
prophetam
perire
extra
hierusalem
ff2
prophetam
perire
extra
iherusalem
i
prophetam
perire
extra
hierusalem
q
profetam
perire
extra
hierusalem
l
prophetam
perire
extra
hierusalem
δ
prophetam
perire
extra
ierosalem
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
223
(fortgesetzt) a2
prophetam
perire
extra
hierusalem
p
prophetam
perire
extra
ierusalem
aur
prophetam
perire
extra
hierusalem
r
lac.
1
ar
profetam
perire
extra
hyerusalem
μ
profetam
perire
extra
hierusalem
g1
prophetam
perire
extra
hierusalem
g
prophetam
perire
extra
hierusalem
2
gat
prophetam
perire
extra
hierusalem
gig
propheta
perire
extra
hierusalem
vg
prophetam
perire
extra
hierusalem
προφήτην
ἀπολέσθαι
ἔξω
Ἱερουσαλήμ
NA
28
l: eras. ite Aug. cons. evang. 2.145.6: Verum tamen oportet me hodie et cras et sequenti ambulare, quia non capit prophetam perire extra Hierusalem. | Aug. div. scrip. 136: Ite, quoniam inpossibile est prophetam perire extra Hierusalem. | Hier. in Ioel. 1.32: Et verbum Domini, de Ierusalem, de qua scriptum est, non capit prophetam perire extra Ierusalem.
sed a2 a | verumtamen rell.: Bei der adversativen Konjunktion πλήν handelt es sich um ein Kennzeichen der lukanischen Diktion: Matthäus führt fünf Belegstellen, Lukas aber über ein Dutzend; Markus und Johannes, die jeweils eine Belegstelle zu bieten haben, kennen nur die präpositionale Funktion des Wortes. verumtamen ist jedenfalls in allen Evangelien die häufigste Übersetzung für πλήν, gefolgt von sed tamen und einfachem verum oder tamen. sed bevorzugt die Mehrheit der Zeugen allein in Lk 23,28, wo der Codex Vercellensis (a,3) verum überliefert. in futurum a2 a | ventura d | sequenti rell.: Die Formulierung mit τῇ ἐχομένῃ ist in den Evangelien ein Hapaxlegomenon und lediglich noch in der Apg zu finden, sodass sie als ein weiteres Merkmal der Vokabelwahl des LkEv betrachtet werden kann. in futurum erweist sich wiederum als die von allen Handschriften bevorzugte Übersetzung für εἰς τὸ μέλλον in Lk 13,9, wird aber in den Evangelien sonst nicht gebraucht. Die Lesung venturus des Codex Bezae (d,5) wird in der Regel als Übersetzung für das Partizip μέλλων benutzt,484 obwohl die meisten Zeugen für Mt 3,7 (τῆς μελλούσης ὀργῆς) ab ira futura oder a futura ira führen; die Ausnahmen sind die Codices Vercellensis (a,3), Colbertinus (c,6) und Brixianus (f,10), die stattdessen ventura tradieren. oportet a2 a d b | est possibile e f | capit rell.: Der unpersönliche Gebrauch von ἐνδέχεσθαι ist trotz seiner Häufigkeit im klassischen Griechisch eine Besonderheit
484 Vgl. Mk 10,30; Lk 3,7.
224
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
dieses Verses, die sich darüber hinaus in den Evangelien nicht findet. Auffällig ist der Versuch der späteren Zeugen, die Variation δεῖ – ἐνδέχεται im griechischen Text nachzuahmen, die von dem Codex Vercellensis (a,3) und der Fragmenta Curiensia nicht berücksichtigt wird. Der unpersönliche Gebrauch von capere im Sinne von licet oder oportet ist eindeutig spätlateinisch und erst in der christlichen Literatur belegt.485 Lk 13,34 Folio 2vb, Z. 23–24 a2
hierusalem
hierusalem
a
hierusalem
hierusalem
e
hierusalem
hierusalem
d
hierusalem
hierusalem
c
ierusalem
ierusalem
b
hierusalem
hierusalem
f
hierusalem
hierusalem
ff2
hierusalem
hierusalem
i
hierusalem
hierusalem
q
hierusalem
hierusalem
l
hierusalem
hierusalem
δ
ierosalem
ierosalem
r
hierusalem
hierusalem
p
ierusalem
ierusalem
aur
hierusalem
hierusalem
ar
hyerusalem
hyerusalem
μ
hierusalem
hierusalem
1
g
hierusalem
g2
hierusalem
hierusalem
gat
hierusalem
hierusalem
gig
hierusalem
hierusalem
vg
hierusalem
hierusalem
NA28
Ἱερουσαλήμ
Ἱερουσαλήμ
1
485 Vgl. z. B. Tert. cult. fem. 1.2.3: An ne sordidi et per gratuitum usum contumeliosi amatores uiderentur, si nihil feminis in connubium allectis contulissent? Sed haec non capit aestimare; Prud. apoth. 86: Nec capit humanis angoribus excruciari.
Kapitel IV Kollation und Stellenkommentar
225
hierusalem a2 a et rell. | ierusalem c p | iherusalem ff2 | ierosalem δ | hyerusalem ar: Wie schon erwähnt,486 wurde das hebräische ירושלםentweder Ἱεροσόλυμα oder Ἱερουσαλήμ gräzisiert, wohingegen lateinische Bibelübersetzungen eine große Anzahl an Varianten für den Namen der Heiligen Stadt überliefern. Für die vorliegende Stelle bietet die griechische Tradition nur die letzte dieser Formen, was die Lesung hierusalem des Codex Vercellensis (a,3) und der Fragmenta Curiensia statt hierosolyma (hyerosolyma a2) in Lk 13,22 erklärt.
486 Vgl. oben 184–185.
Kapitel V Schlussaspekte […] ego enim non solum fateor, sed libera voce profiteor me in interpretatione Graecorum absque scripturis sanctis, ubi et verborum ordo mysterium est, non verbum e verbo, sed sensum exprimere de sensu.487
„Nicht ein Wort durch das andere“ auszudrücken, sei der Sinn einer Übersetzung, sondern dem sensum exprimere de sensu zu folgen, sei die grundlegende Aufgabe einer Übersetzung, schreibt der bekannteste Übersetzer biblischer Schriften der Antike, Hieronymus, und meint unter Berufung auf Cicero damit, dass der Sinn der Übersetzung oberste Priorität habe.488 Den Vorgang der Übersetzung kennzeichnet er mit dem Begriff interpretari, den er auf den hyperbatorum amfractus und die varietas figurarum bezieht.489 Hieronymus wird nicht müde zu betonen, dass er seine Aufgabe darin sehe, unklare Stellen der bisherigen Übersetzungen zu erhellen, wenn er in seiner praefatio zu der Übersetzung des Chronicon des Eusebius von Caesarea im Jahre 380 n. Chr. schreibt: Difficile est enim alienas lineas insequentem non alicubi excedere, arduum, ut quae in alia lingua bene dicta sunt eundem decorem in translatione conservent.490 Hieronymus benennt darin die Schwierigkeiten, den fremden Sinnlinien zu folgen und auch die komplexen Phrasen, stilistische Eleganz (decor) und Stilfiguren (hyperbatorum amfractus, varietas figurarum) adäquat wiederzugeben, und fragt letztlich, ob Übersetzung überhaupt möglich ist, wenn er weiter ausführt: Significatum est aliquid unius verbi proprietate: non habeo meum, quo id efferam, et dum quaero implere sententiam, longo ambitu vix brevis viae spatia consummo. Accedunt hyperbatorum amfractus, dissimilitudines casuum, varietas figurarum, ipsum postremo suum et, ut dicam, vernaculum linguae genus.491 Hieronymus erklärt darin, dass es zum einen „unübersetzbare Begriffe“ (unius verbi proprietate) gebe, denen man nur durch umständliche Beschreibungen beikommen könne (quaero implere sententiam). Zum anderen aber habe „jede Sprache ein eigentümliches, sozusagen muttersprachliches Idiom“ (ipsum postremo suum et, ut dicam, vernaculum linguae genus). Was für
487 Hier. ep. 57.5.2: „Ich gebe es nicht nur zu, sondern bekenne es frei heraus, dass ich bei der Übersetzung griechischer Texte – abgesehen von den Heiligen Schriften, wo auch die Wortfolge ein Mysterium ist – nicht ein Wort durch das andere, sondern einen Sinn durch den anderen ausdrücke.“ (Übersetzung W. Buchwald). 488 Cic. opt. gen. 14: In quibus non verbum pro verbo necesse habui reddere, sed genus omne verborum vimque servavi. Non enim ea me adnumerare lectori putavi oportere, sed tamquam appendere. 489 Hier. chron. praef. 2. 490 „Es ist nämlich schwierig, beim Folgen fremder Linien nicht davon irgendwo abzuweichen, es ist mühsam, das, was in der anderen Sprache gut gesagt worden ist, mit derselben Eleganz in einer Übersetzung festzuhalten.“ (Übersetzung von den Verfassern). 491 Hier. chron. praef. 2. https://doi.org/10.1515/9783110752199-005
Kapitel V Schlussaspekte
227
die Chronicon-Übersetzung Geltung hat, zeigt sich, so Hieronymus, ebenso für die Bibel, denn schon die Übersetzung der Septuaginta habe den ursprünglichen Gehalt (sapor) nicht bewahren können, wie die Übersetzungen von Aquila, Symmachus oder auch Theodotion zeigten, deren Stil für eine gebildete Leserin und einen gebildeten Leser abschreckend wirken könne. Übersetzung bedeute demnach immer auch einen Eingriff in den ursprünglichen Text, wie er der Römerin Marcella erläutert, die fragt, warum er denn Begriffe wie alleluia lediglich transkribiert, nicht aber übersetzt habe. Jede Sprache habe ihre eigenen Charakteristika, die man nicht übersetzen könne, was somit neue Fremdwörter rechtfertige.492 Etwas anders stehen die Dinge in der Evangelienrevision von 383, deren Unterschied in der Vorgehensweise er in seiner praefatio dadurch rechtfertigt, dass diese eine Auftragsarbeit des Papstes Damasus I gewesen sei, um den Nachlässigkeiten der bisherigen Handschriften (sprich: den altlateinischen Handschriften) Einhalt zu gebieten.493 Es ist freilich bemerkenswert, dass die Vorreden in die Evangelien, wie auch in die Bücher des Alten Testaments lediglich eine Apologie seiner Arbeit, nicht aber eine Vertiefung seiner Übersetzungstheorie umfassen. Hier wie auch schon in dem anfangs angeführten Zitat aus dem 57. Brief verteidigt Hieronymus seine Übersetzung, nämlich das genus omne verborum vimque servavi, unter Einhaltung der mos der Zielsprache zu folgen. Welche Vorgehensweise lässt sich für die Fragmenta Curiensia erkennen? Die vorliegende Untersuchung konzentrierte sich auf die Auswertung der Fragmenta Curiensia sowohl als Textzeugen frühlateinischer Bibelübersetzungen als auch als Grundlage für die Exegese und Theologie des LkEv, insbesondere der Kapitel 11,11–29 und 13,16–34. Die Fragmente wurden zudem unter dem Gesichtspunkt der sprachgeschichtlichen Merkmale des lateinischen Textes sowie anhand deskriptiver Beobachtungen zu Übersetzungsstrategien vom Griechischen ins Lateinische untersucht. Diese Verdichtung war notwendig, denn nur so lassen sich textbasierte Analysen mit sprachwissenschaftlichen Beobachtungen methodisch diszipliniert durchführen. Die philologischen Analysen der lateinischen Übersetzungen des griechischen Neuen Testaments widersprechen nicht den bewährten historischkritischen Auslegungsmethoden, sondern vertiefen diese. Sie haben dasselbe Ziel: Texte aus ihrem Lebenszusammenhang verständlich zu machen. Die erste engere Fragestellung lautete: Wie sind die Fragmenta Curiensia kodikologisch und paläographisch als Zeugen des LkEv einzuordnen?
492 Vgl. Hier. ep. 27. Er schreibt durchaus aufgebracht, dass Marcella ihn verleumde: adversus auctoritatem veterum et totius mundi. 493 Vulg. ev. praef. 6–10.13–16: Sin autem veritas est quaerenda de pluribus, cur non ad Graecam originem revertentes ea quae vel a vitiosis interpretibus male edita vel a praesumptoribus imperitis emendata perversius vel a librariis dormitantibus aut addita sunt aut mutata corrigimus? […] Hoc certe cum in nostro sermone discordat et diversos rivulorum tramites ducit: uno de fonte quaerendum est.
228
Kapitel V Schlussaspekte
1 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Vetus Latina In der umfangreichen Einleitung und dem sich anschließenden Kommentar konnte in mehreren Schritten aufgezeigt werden, in welcher Weise und in welchem Maß die Fragmenta Curiensia einen frühen Text der lateinischen Bibel reflektieren. Nur einige wenige Punkte sollen hier nochmals eigens hervorgehoben werden. Zunächst: Die Fragmenta Curiensia leisten einen wesentlichen Beitrag zu einem Textbestand der Vetus Latina LkEv, zumal in Kap. 11, wo die wichtigsten Zeugen, der Codex Palatinus (e,2) und der Codex Vercellensis (a,3) durch Verlust einzelner Folien eine Lacuna aufweisen. Insgesamt erwächst aus der kodikologischen und paläographischen Perspektive die Einsicht, dass die Fragmenta Curiensia als Teil einer eigenständigen Handschrift geführt werden sollten; eine Zuordnung zu den Fragmenta Sangallensia hingegen, wie sie häufig in der älteren Forschung und jüngst in der Edition von Gamper et al. vorgeschlagen wurde, ist nicht zwingend. Sowohl die Größe des Buchblocks wie auch die Maße der Kolumnen legen nahe, dass es sich bei den Blättern aus Chur um eine Handschrift kleineren Ausmaßes handelte. Die Blindlinierung des Schreibmaterials, die Größe der Buchstaben und einige Unterschiede in der Schriftführung (besonders des Buchstabens „M“ und „D“), die Abkürzungen der Namen der Evangelisten in der Kopfzeile und der Umgang mit der Vorlage, dem Codex Vercellensis, deuten darauf hin, dass beide Manuskripte zwar ähnlich, aber doch deutlich unterschiedlich sind. Außerdem sei auf die Nachtragshände verwiesen: Der Kopist, der die Korrekturen und Texterweiterungen in den Fragmenta Curiensia vorgenommen hat, hat eindeutig keine der Einfügungen und Expurgierungen auf den Blättern aus St. Gallen (n,16) ausgeführt: Diese stammen in der Regel aus der Anlagehand selbst und umfassen lediglich die Ergänzung kleinerer Wortgruppen. Völlig anders verhält es sich hinsichtlich der Fragmenta Curiensia: Die Schrift der Nachtragshand ist wahrscheinlich später zu datieren. Dies gilt zumal dann, wenn man schon für die Ursprungshand maßgebliche Unterschiede zwischen den Fragmenten bestimmt sieht, wie etwa nach Lk 11,13.15, wo Zusätze eingefügt werden. Die genannten zahlreichen Anhaltspunkte indizieren, dass die in verschiedenen Orten aufbewahrten Fragmente der Evangelien nicht zusammengehört haben. Entscheidend ist nun, dass es hinsichtlich der Version des LkEv, die die Fragmenta Curiensia tradieren, ein genetisches Verhältnis zum Codex Vercellensis (a,3) besteht, der in der Literatur als früheste überlieferte Handschrift einer lateinischen Bibelübersetzung gehandelt wird. Diese Aussage trifft zunächst auf jene Abhängigkeit zwischen den Texten zu, die unmittelbar die Wortwahl und die Satzstruktur in den Blick nehmen, aber vor allem in der Omission vieler Lesarten, die sonst von der Mehrheit der Zeugen überliefert werden. Von besonderem Interesse sind Varianten wie peiora priorum (11,26), civitates et vicos (13,22) oder nec poterint (13,25), die in der Parallelüberlieferung nicht belegt sind oder sprachliche Eigentümlichkeiten aufweisen. Dagegen beschränken sich die Unterschiede zwischen den beiden Handschriften auf minimale Abweichungen in der Orthographie und in der Kasuslehre und lassen sich in
1 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Vetus Latina
229
ihrer Mehrheit auf Ad-hoc-Entscheidungen oder Abschreibfehler des Kopisten zurückführen. So sind zum Beispiel die Vertauschung zwischen „v“ und „b“ in 11,26 (novissima a2,16; nobissima a,3) ein Kennzeichen zahlreicher lateinischer Handschriften, oder der divergierende Tempusgebrauch in 13,17 (adversantur a2,16; adversabantur a,3), der zweifellos auf Haplographie beruht. Die Texte erscheinen insoweit aufeinander bezogen, als sich eine deutliche Verwurzelung in einen Stamm erweisen lässt. Zahlreiche Anhaltspunkte im Codex Vercellensis indizieren die über die späteren Lesarten des Sangallensis hinausgehende Qualität des Textes als frühen europäischen Text. Aufgrund der Gemeinsamkeiten beider Handschriften verdichten sich die Hinweise, dass auch die Fragmenta Curiensia als früheuropäische Übersetzung des Bibeltextes zu qualifizieren sind. Sie bieten zwar eine europäische Schicht, aber mit einer großen Zahl von „Afra“-Beimischungen, wie ein Überblick über die Lesarten im Vergleich mit dem Codex Palatinus (e,2) einerseits und den späteuropäischen Zeugen und der Vulgata andererseits zeigen kann: Ältere „Afra“-Lesungen in den Fragmenta Curiensia a2 (a) e it 11,13 scire scire (k in Mt 7,11) nosse 11,14 fuit lac. erat 11,18 quoniam lac. quia 11,26 inhabitare inhabitare inhabitare 11,27 levare levare extollere 13,17 confundi confundi erubescere 13,18 adsimilare adsimilare existimare 13,20 adsimilare adsimilare aestimare 13,24 quoniam quia quia 13,28 illic illic ibi 13,30 fuerunt erant erunt 13,31 quoniam quia quia 13,33 quoniam quoniam quia
vg nosse erat quia habitare extollere erubescere existimare aestimare quia ibi erant quia quia
Die Priorität von quoniam statt quia für kausales ὅτι (11,18; 13,24.31.33), die Tradierung von illic statt ibi für das Adverb ἐκεῖ (13,28) oder von fuerunt statt erant für das Kopulaverb ἦν (13,30) sind Beispiele für ältere Textvarianten, die in der Forschung schon lange wegen ihrer häufigen Verwendung in den biblischen Zitaten der Kirchenväter aus Nordafrika als „Afra“-Lesungen gelten, eine Bezeichnung, die wir als problematisch empfinden. Darüber hinaus hat die vorliegende Studie gezeigt, dass der Vorrang von scire statt nosse für εἰδέναι (11,13) oder confundi statt erubescere (13,17) für καταισχύνεσθαι als Übernahmen älterer Textvarianten betrachtet werden können. Den archaisierenden Charakter der Fragmenta Curiensia machen ebenso die gemeinsamen Lesarten mit dem Codex Palatinus (e,2) anschaulich, wie etwa inhabitare statt habitare für κατοικεῖν (11,26), vocem levare statt vocem extollere für φωνὴν ἐπαίρειν (11,27) oder adsimilare
230
Kapitel V Schlussaspekte
statt existimare bzw. aestimare für οἱμοιοῦν (13,18.20). Eines sollte jedenfalls deutlich geworden sein: Die Fragmenta Curiensia bieten einen Text mit „Afra“-Lesarten und mit verschwindend geringem europäischem Einfluss. Angesichts dieser Sachlage muss die genetische Beziehung zum Codex Palatinus (e,2) geklärt werden, der in der Literatur als Garant eines frühen Textes mit „Afra“-Lesarten angesehen wird. Eine Tabelle mag die Sonderlesungen der Handschriften nochmals verdeutlichen: Tabelle 1: Überblick über die Sonderlesungen der Fragmenta Curiensia (des Codex Vercellensis) und des Codex Palatinus. a2 (16), a (3)
e (2)
11,13
bona data
11,14
et factum est
11,18
super satanan quoniam
11,20
certe anticipavit
11,21
cum quis fortis et armatus tueatur
11,22
quod si
11,24
circuit arida loca quae aquam non habent
11,25
commundatam et ornatam
emundatam et conpositam
intrantes (mit r1) peiora priorum
ille nequam (mit c) introiit deteriora prioribus
11,26
deest
11,27
dum diceret haec ipse levata voce
cum ista diceret levavit vocem (mit c) de turbis sustulit mammae qui te lactaverunt
11,28
qui ait
ipse dixit (mit c und δ)
11,29
turba conveniente
et cum turbae colligerentur alligaverat
13,16 13,17
haec dicente eo (mit δ) confundebantur (mit d) qui adversa(ba)ntur ei mirificis quae fiebant ab illo adsimilabo
13,18 13,19
confusi sunt qui ei adversabantur quae videbant praeclara fieri ab illo
orto suo
cum accepisset habitabant
1 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Vetus Latina
231
Tabelle 1 (fortgesetzt) a2 (16), a (3)
e (2) adsimilabo
13,20 13,21
quod accepto (mit q), quo accepto (mit d)
cum accepit quousque
13,22
circuibat (mit d) civitates et vicos
perambulabat dixit (mit d und q)
13,23
13,24
salvi futuri sunt qui dixit
salventur (mit aur) ille dixit (mit d)
nec poterint
elaborate introire (mit d)
13,25
incipiet surgere et cludere non novi
13,26
in conspectu operari (mit d)
13,27
numquam vos vidi (mit d) illic
13,28 proici foris (mit r1) 13,30
fuerunt
13,31
eadem die discede quoniam
13,32
ipse autem dixit eis euntes indicate
excludimini
ille autem dixit illis vulpi huic (mit d)
euntes indicate
13,33
expello curas
sed in futurum
sequenti abire (mit d) quoniam
oportet (mit d und b)
est possibile (mit f)
Die mannigfaltigen Sonderlesungen zeigen, dass die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis auf der einen Seite und der Codex Palatinus auf der anderen Seite je unterschiedliche Stämme repräsentieren, die in den Sonderarten signifikant voneinander
232
Kapitel V Schlussaspekte
abweichen und gleichzeitig charakteristische Lesarten des frühen „Afra“-Texttyps bieten, die jedoch nicht zwangsläufig miteinander übereinstimmen. Die Abweichung der Überlieferung der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis, die über die Verwendung des „Afra“-Textes hinausgehende Kenntnisse des klassischen Lateins und den Übergang zu einem späteren Latein dokumentieren, sprechen dafür, dass die Handschriften eine frühe Vetus Latina-Lesart bewahrt haben. Dafür spricht auch, dass die beiden Handschriften aus dem Umfeld von Vercelli immer da, wo die altlateinischen Handschriften untereinander stark abweichen und der Text der Vetus Latina sich als inhomogen darstellt, auffallend oft mit dem Codex Palatinus übereinstimmen, und zwar meist gegen Handschriften der Vulgata. Dies bestätigt die Vermutung, dass der Codex Vercellensis (a,3) und die Fragmenta Curiensia (a2,16) letztlich dem Codex Palatinus (e,2) näherstehen als den späteren europäischen Texten. Insofern scheint es gerechtfertigt, die Fragmenta Curiensia unter die frühen und gewichtigen Zeugen der Vetus Latina einzuordnen und nicht unter dem Texttyp um den Codex Veronensis (b,4) einerseits oder den Fragmenta Sangallensia (n,16), wie dies Bonifatius Fischer, Roger Gryson und Gamper et al. vorgeschlagen haben, um nur einige zu nennen.494 Ein weiterer Vergleich mit dem Codex Bezae (d,5) ist notwendig, bezieht man die Benutzung griechischer Vorlagen oder die von Gräzismen geprägten Übersetzungen ins Latein mit ein. Die Stellen, an denen die Fragmenta Curiensia (a2,16) und der Codex Vercellensis (a,3) gegen alle Handschriften mit dem Codex Bezae (d,5) übereinstimmen, also eine spezifische Variante bieten, legen keine direkte Abhängigkeit der Handschriften nahe, sondern wörtliche Übertragungen des griechischen Textes sowie einen komplexen Transmissionsprozess der früheuropäischen Fassungen des LkEv: Tabelle 2: Überblick über die Sonderlesungen der Fragmenta Curiensia (des Codex Vercellensis) und des Codex Bezae. a2 (16), a (3)
d (5)
11,13
scitis (mit c)
11,17
deseretur super se
11,18
super satanan
super se eicient ipsi vestri iudices erunt
11,19 11,20
certe anticipavit
forsitam adpropinquavit
11,21
facultates eius (mit c)
substantia eius
494 Fischer, Beiträge, 204; Gryson, Altlateinische Handschriften, Manuscrits vieux Latins. Première partie: Mss 1–275, 23; Gamper et al., Die Vetus Latina-Fragmente, 28.
1 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Vetus Latina
233
Tabelle 2 (fortgesetzt) a2 (16), a (3)
d (5) illum armaturam tollit
11,22
11,24
circuit arida loca quae aquam non habent
vadit arida loca
11,25
commundatam et ornatam
mudatum adornatum
11,26
intrantes (mit r )
intrant
11,29
turba conveniente
turbis congregatis (mit c)
1
13,16
oportebat hoc
13,17
confundebantur
13,19
omnibus mirificis quae fiebant
omnibus quibus videbant mirabilibus
quod accepto (mit q)
quo accepto (mit a) circuibat
13,22 13,23
qui
ille (mit e) operari (mit e)
13,27 13,28
proici
eici
13,32
ipse autem dixit eis
et dixit illis
euntes
abeuntes vulpi huic (mit e)
13,33
in futurum
ventura oportet (mit b)
All die genannten Elemente lassen die Vermutung zu, dass sich die Unterschiede zu den späteren Zeugen des europäischen Zweiges von diesen Überlieferungen absetzen, wie sie in prototypischer Weise vom Codex Veronensis (b,4) bezeugt werden. Der Texttyp dieser Familie, zu der der Codex Brixianus (f,10), Corbeiensis secundus (ff2,8), Codex Vindobonensis (i,17), Rehdigeranus (l,11) und Monacensis (q,13) zählen, weicht von den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis einerseits und dem Codex Bezae andererseits in wichtigen Punkten ab:495 So etwa bezüglich der Beibehaltung griechischer Partizipien gegenüber der Auflösung in Nebensätzen (a2 16, a 3: 11,14.17; 13,17), sodass damit der lukanische Stil mit einer Vorliebe für Partizipialkonstruktio-
495 Freilich gilt dies unter dem Vorbehalt, dass die Fragmenta Curiensia in Kapitel 11 ebenso dem Codex Vercellensis folgen (oder umgekehrt) wie in Kapitel 13.
234
Kapitel V Schlussaspekte
nen in die Übersetzung übertragen wird, deserere statt desolare für ἐρημοῦν (11,17), super statt in oder supra für ἐπί (11,17), anticipare oder adpropinquare statt eines Kompositums von venire für φθάνειν (11,20), facultates oder substantia statt eines Relativsatzes für τὰ ὑπάρχοντα (11,21), tollere statt auferre für αἴρειν und dividere statt distribuere für διδόναι (11,22), commundare oder mundare statt scopis mundare für σαροῦν (11,25), intrare statt ingredi für εἰσέρχεσθαι (11,26), convenire oder congregare statt concurrere für ἐπαθροίζεσθαι (11,28) usw. Dadurch wird freilich diejenige Schicht der Fragmenta Curiensia nicht bestritten, die an mehreren Stellen als typisch europäisch zum Tragen kommt, wie zum Beispiel in 11,27, wo portare, ubera und sugere die neuen Textvarianten gegenüber suffere und baiolare, mammae und mamillae, lactare der Codices Palatinus und Bezae darstellen. Es hat sich demnach gezeigt, dass sich weder eine textliche Abhängigkeit der Handschriften aus Vercelli zum Codex Palatinus noch zum Codex Bezae in Lk 11 und 13 aufweisen lässt. Innerhalb der Handschriften der frühen Texttypen der Vetus Latina gehen demnach die Fragmenta Curiensia (a2,16) und der Codex Vercellensis (a,3) in einer Art und Weise und in einem Ausmaß parallel, dass beide Handschriften eine eigene Gruppe zu bilden scheinen. Folglich steht mit den Fragmenta Curiensia neben dem Codex Vercellensis ein weiterer Vertreter eines frühen Texttyps lateinischer Bibelübersetzungen besonders für zwei Kapitel zur Verfügung, in dem die wichtigsten Vertreter eine Lacuna haben. Daran schließt sich nun eine zweite engere Frage an: Inwiefern bieten sich die Fragmenta Curiensia als Zeugen einer lateinischen Sprachgeschichte an? Und inwiefern trifft die Anwendung von Begriffen wie Vulgärlatein, christliches Latein oder Spätlatein auf den tradierten Text zu?
2 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der lateinischen Sprachgeschichte Die Frage nach den Facetten der Übersetzungen der griechischen Bibel ins Lateinische, der Vetus Latina, steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt des Wirkens des Vetus Latina-Instituts in Beuron und des Institute for Textual Scholarship and Electronic Editing Birmingham. Freilich ist dieser Aspekt erst ansatzweise verfolgt worden, beispielsweise anhand der Frage, wie bestimmte grammatikalische Formen der griechischen Bibel ins Lateinische übersetzt werden oder welche rhetorischen oder stilistischen Besonderheiten bei den unterschiedlichen Autoren auftreten. Wie alle Zeugen des frühlateinischen Bibeltextes schwanken auch die Fragmenta Curiensia zwischen sprachlicher Innovation und Konservatismus. Die im Text der Fragmente verwendete Schreibweise orientiert sich grundsätzlich an Vorbildern eines kultivierten Sprachgebrauches, wie sie vom klassischen Latein bekannt sind. Somit lassen sich nur wenige phonetische und orthographische Eigentümlichkeiten verzeichnen, zumal im Vergleich zu späteren Manuskripten. Repräsentativ sind gleich-
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sam die Auslautverhärtung von „d“ in „t“ bei dem Pronomen illud (11,14; 13,18.20), die die Fragmente an den zwei zuletzt genannten Versen auch mit dem Codex Bezae (d,5) gemeinsam haben, das Verstummen des Anlautes /h/ in orto (13,19) und das überflüssige, hyperkorrigierte „m“ des Neutrum Singular von omnis (11,17). Merkwürdig ist ebenfalls die Schreibweise hyerosolyma (13,22), eine der wenigen Abweichungen zwischen den Fragmenta Curiensia und dem Codex Vercellensis (a,3), der stattdessen die übliche Form hierosolyma überliefert. Dagegen findet sich das charakteristische Kennzeichen des spätlateinischen Lautwandels, die Monophthongisierung von /ae̯/ zu /ɛ/, das allmählich zur Verbreitung der orthographischen Undifferenziertheit zwischen „ae“ und „e“ in der Mehrzahl frühlateinischer Bibelhandschriften führte, in den Fragmenta Curiensia nicht. In der Verbkonjugation gibt es wiederum Vertauschungen zwischen den Beugungsparadigmen, die für die nachklassische Sprache typisch sind. Zu nennen ist der Zusammenfall der Endungen -is und -it mit -es und -et, sodass häufig keine Entscheidung darüber getroffen werden kann, ob der Text ein Verb im Präsens, das irrtümlicherweise in der 2. Konjugation gebildet wird, oder im Futur bietet (11,11.12.17.19). In dieser Hinsicht ist auch die Form für die dritte Person Plural von posse im Futur I zu verstehen, die in den Fragmenten (und auch im Codex Vercellensis) auf -erint statt -erunt endet (13,24). Auch für die spätlateinische Rektion einiger Präpositionen, das heißt ihre Verwendung ohne genaue Beachtung des Sinnunterschiedes zwischen Akkusativ und Ablativ, liefern die Fragmenta Curiensia interessante Belegstellen (11,11; 13,29). Zudem fällt eine Priorität für die Variante ille gegenüber is auf (11,14.16.17.22.28), das ebenfalls als ein Hinweis auf den Archaismus der Textvarianten in den Fragmenten gedeutet werden kann. Indes kann man lediglich ein Beispiel für den Übergang von synthetischen zu analytischen Strukturen (Postund Prädetermination) in den obliquen Kasus beobachten: Die Lesung ait illis (11,28) der Fragmenta Curiensia gegenüber dixit ad eos, das in den anderen europäischen Zeugen geführt wird. Was die Syntax anbelangt, lässt sich vor allem auf den Gräzismus peiora priorum als ein Genitivus comparationis verweisen (11,26), der aus der Perspektive des klassischen Sprachgebrauchs eher ungewöhnlich ist. Konservativ ist wiederum die Verwendung der klassischen Infinitivkonstruktion mit Akkusativ nach verba dicendi et putandi (11,18). Diese Variante ist besonders wichtig, weil sie die Unterschiede zwischen dem Text der Fragmenta Curiensia und der jüngeren Zeugen des europäischen Zweiges noch einmal expliziert, wie der Codices Veronensis (b,4), Corbeiensis secundus (ff2,8), Vindobonensis (i,17), Monacensis (q,13) und Rehdigeranus (l,11), die an dieser Stelle statt des Accusativus cum infinitivo einen mit der Subjunktion quoniam eingeleiteten Objektsatz tradieren. Die beiden engen Fragestellungen waren mit einer allgemeineren verbunden, nämlich: Welche weiterführenden Interpretationen des LkEv lassen sich aus den Sonderlesarten, den morphologischen, phonetischen, syntaktischen und semantischen Merkmalen der Fragmenta Curiensia herauslesen?
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3 Die Fragmenta Curiensia als Zeugen der Übersetzungstechniken des lateinischen Lukasevangeliums Bei der Prüfung altlateinischer Bibelübersetzungen betrifft ein Komplex von Fragen die Bewertung und Einordnung ihrer sprachlichen Merkmale sowohl in die Sozialgeschichte des frühen Christentums als auch in den nachklassischen Entwicklungsprozess des Lateins selbst. Eine der zentralen Thesen der Anfangszeit der Vetus Latina-Forschung lautet, dass die christlichen Gemeinden von Anfang an eine „christliche Sondersprache“ entwickelt hätten.496 Diese These hält sich trotz harscher Kritik von unterschiedlicher Seite erstaunlich lange. Im Codex Vercellensis (a,3) und den Fragmenta Curiensia finden sich jedoch außer denjenigen Begriffen, die aus dem Hebräischen transliteralisiert werden, wie etwa Beelzebub oder Satan nur wenige Begriffe, die als Grundlage einer wie auch immer zu bestimmenden christlichen Sondersprache zu deklarieren seien. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Zwar verwendet der Codex Bezae (d,5) das Verbum congregare, das im Spätlatein christlich gedeutet wurde, aber der Codex Vercellensis und die Fragmenta Curiensia – wie auch die Mehrheit der altlateinischen Zeugen – verwenden dieses Verb gerade nicht. Eine Ausnahme bietet ein Neologismus, der erst in der christlichen Literatur nachgewiesen werden kann, nämlich die Übersetzung von ἄνυδρος in arida oder inaquosa in 11,24. Allerdings ist dieser Begriff nicht christlich konnotiert. Somit können wir eine Verwendung einer „christlichen Sondersprache“ ausschließen. Der Begriff „Bibellatein“ trifft lediglich auf die transliteralisierten Begriffe zu, aber sicherlich nicht auf die altlateinischen Bibelübersetzungen als solche. Jüngere Studien verweisen auf eine Nähe der Sprache frühlateinischer Bibelübersetzungen zum Vulgärlatein. Eine gewisse Nähe zum Vulgärlatein hat man in der Vertauschung zwischen den Paradigmen der Verbkonjugation gedeutet, nämlich der Unterscheidung zwischen der konsonantischen Konjugationsklasse und derjenigen auf /ē/, /ī/ und /ĭ/. Indes ist die Entphonologisierung ein Kennzeichen des Übergangs vom klassischen Latein zum späten Latein und demnach nicht unbedingt als Vulgärlatein zu deuten, wie dies im Kommentar zu 11,19 ausgeführt wurde. Ein weiteres Kennzeichen des Vulgärlateins sind die Vereinfachungen in den Flexionsparadigmen, so etwa, wenn die Substantive der 4. Deklination auf -u nach der 2. Deklination gebeugt werden. Auf dieses Phänomen treffen wir im Codex Palatinus (e,2) in Lk 11,26, der sonst mit vielen „Afra“-Lesarten aufwartet, nicht aber in dem Codex Vercellensis und den Fragmenta Curiensia. Bei aller Vorsicht aufgrund des limitierten Textbestandes haben die kurzen Ausführungen gezeigt, dass auch die Zuschreibung als Vulgärlatein die lateinische Übersetzung der Fragmenta Curiensia nicht hinreichend beschreiben kann. Somit bleibt eine letzte Zuordnung: Die des Spätlateins. Doch auch diese Zuordnung will nur sehr bedingt auf die Fragmenta Curiensia und den Codex Vercellen-
496 Siehe dazu Kap. II, Abschnitt 3.
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sis passen. Ein Beispiel für eine spätere Entwicklungsstufe des Lateins stellt das Kompositum adsimilare genauso wie die von einem Accusativus cum infinitivo abhängigen Umschreibungen mit aestimare oder existimare beziehungsweise dicere dar, für die Lk 13,18 ein Beispiel bietet. Ein weiterer Beleg ist das Verbum poterint in 13,24. Die Formen für die 3. Person Plural von esse und posse mit -erint statt -erunt sind Neubildungen und finden sich nur vereinzelt in einigen späteren Inschriften und altlateinischen Handschriften. Dieses äußerst heterogene Sprachmaterial soll deutlich machen, dass in der Spätantike und im Frühmittelalter eine sehr breite Skala unterschiedlicher Äußerungsformen des Lateinischen nebeneinander in Gebrauch war, die umgangssprachliche Diktion bis hin zu rhetorischer Stilisierung auf höchstem Niveau umfasste. Diese Komplexität lässt sich kaum unter einer einheitlichen Nomenklatur, wie etwa Spätlatein oder Kirchenlatein, zusammenfassen, vor allem weil diese Termini bisweilen in verschiedenen Kontexten uneinheitlich verwendet werden. Freilich gibt es viele sprachliche Entwicklungen, die für mehr oder weniger typisch klassisch, nachklassisch, spätlateinisch oder mittelalterlich gelten dürfen. Gleichsam legt die Koexistenz der Formen eher nahe, dass es für christliche Übersetzer und Kopisten keine literarischen Haltepunkte mehr gibt, an denen man sich orientieren konnte. Die oft vorschnellen Vereinfachungen der modernen Zuschreibungen können die sprachliche Fluidität nur schwer erfassen. In Bezug auf frühlateinische Bibelübersetzungen sind demnach präzise Abgrenzungen zwischen Spätlatein und Kirchenlatein nicht möglich, da die handschriftliche Überlieferung an sich festlegt, wie viele diachronische, diatopische und wahrscheinlich auch diastratische Varietäten des Lateinischen es gegeben hat. Somit kann die Vielfalt an Übersetzungsstrategien, die in diesen Texten gefunden werden, von derer Bedeutung als Zeugen für nicht-biblische Literatur und Sprachproduktion, wie etwa Inschriften, Graffiti und paganen Texten, nicht getrennt untersucht werden. Bei aller Vorsicht, die die begrenzte Textbasis der Fragmenta Curiensia mit sich bringt, ist doch deutlich, dass die bisherigen Zuschreibungen des Lateins nicht weiterführen. Beschreibt man die Besonderheiten des lukanischen Textes in Latein, so fallen mehrere Aspekte ins Auge: Einen ersten Aspekt bieten Lehnwörter: Als Beispiel einer abgeleiteten Form erweist sich die Übersetzung von προσευχή in oratio und προσεύχεσθαι in orare.497 Die Wahl des Begriffs ist gleichsam überraschend, denn oratio und orare haben die Grundbedeutung „Rede“, „Sprache“, „Ausdruck“ und in der Kaiserzeit besonders die „kaiserliche Rede“, der „kaiserliche Erlass“ oder „öffentlich reden bzw. sprechen“. Das Verb orare hat immerhin die Konnotation (den Kaiser) „bittend ansprechen“. Lediglich in Vergils Aeneis findet sich der Ausdruck talibus orabat dictis, arasque tenebat, wo
497 Siehe z. B. Mt 17,21; 21,13.22; Mk 9,29; 11,17; Lk 6,12; 19,46; 22,45. Siehe Weissenrieder, Die VaterAnrede des Lukasevangeliums, Vetus Latina, 265.
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vor allem das Substantiv ara den religiösen Kontext expliziert;498 bei Plautus und bei Seneca finden sich Hinweise auf ein Gebet mit orare.499 Sehr viel naheliegender wäre precatio, „Gebet“ und „Bitten“, gewesen und precor „jemanden bittend anflehen“, „anreden“, „betend sagen“. Das ist das Verb, das man oft in der klassischen Literatur findet, wie etwa bei Cicero.500 Der Codex Bobbiensis (k,1) führt für προσευχή und προσεύχεσθαι in der Regel adoratio und adorare statt oratio und orare.501 Ein typisches Beispiel für griechische Lehnwörter in den lateinischen Bibeln ist auch das Substantiv eremus (ἔρημος), das sich trotz der Existenz eines lateinischen Wortes, desertum, an vielen Stellen der lateinischen Bibel durchgesetzt hat, insbesondere in den älteren Fassungen der Evangelien, wie im Codex Bobbiensis (k,1), im Codex Palatinus (e,2) oder im Codex Vercellensis (a,3).502 Da das Substantiv der klassischen Sprache unbekannt ist, liegt es nahe, darin eine lexikographische Innovation zu sehen, die in den ersten Bibelübersetzungen erstmals Verwendung findet und ebenso in neuromanischen Sprachen belegt ist.503 Die Untersuchung des Wortschatzes hat eine zweite Auffälligkeit in den Fragmenta Curiensia in der Benutzung technischen Vokabulars gezeigt: In den Fragmenta Curiensia wurden wir einiger Begriffe aus dem Bereich der Medizin gewahr, wie etwa eicere oder expellere, die bildlich beschreiben, wie eine Krankheit den Menschen verlässt oder weggeschickt wird (siehe dazu die Aussagen von Celsus, Scribonius, Cassius Felix oder auch Theodorus Priscianus), demzufolge Krankheitsheilungen anhand der Verben eicere oder expellere nicht zwangsläufig als Exorzismus zu deuten sind. Eine weitere Besonderheit hat sich in Lk 11,24 erwiesen, wo der Begriff „Haus“, domus, auf den Körper bezogen ist und diese Verkörperung ebenfalls in (medizinischer) Literatur der Antike Verwendung finden kann. Zudem sei für das 11. Kapitel noch auf die Verwendung von ubera in Lk 11,27 verwiesen, das anders als mammae und mamillae oder titta auch in Literatur medizinischer Provenienz, insbesondere bei Celsus oder dem Übersetzer der Schriften des Soranus von Ephesus, Caelius Aurelianus, vorkommt. Die für die Exegese möglicherweise gewichtigste Erkenntnis war die Übersetzung der Begriffe ἀνακύπτειν und συγκύπτειν in 13,16, die anhand eines Genitivus obiectivus (13,11: πνεῦμα ἀσθενείας, spiritus languoris a spiritus infirmitatis rell.) durch einen „Geist“ bezeichnet werden, der ihre körperliche Schwachheit begründe. Während man in den griechischen Texten vergeblich nach Parallelen sucht, sind die Übersetzungen der Vulgata und des Codex Veronensis (b,4) an dieser Stelle weiterführend; sie führen inc-
498 Verg. Aen. 6.124. 499 Vgl. Plaut. Mil. 1269: Induxi in animum, ne oderim te item ut alias, quando orasti; Plaut. Epid. 728: Numquam hercle hodie, nisi me orassis, solves; Sen. cons. Marc. 5: Deinde oro atque obsecro, ne te difficilem amicis et intractabilem praestes. 500 Vgl. z. B. Cic. Mur. 1.1: quae precatus a dis immortalibus sum. 501 Vgl. z. B. Mt 6,5; Mk 14,38. 502 Vgl. Mt 3,3; 11,7 (k); Mk 8,4 (a); Lk 4,1 (e); Joh 3,23 (e). 503 Vgl. it. ermo, fr. ermite.
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linare, das von Caelius Aurelianus und Cassius Dio mit Bezug auf epileptische Anfälle Verwendung findet: Durch zahlreiche Anfälle ist der Rücken verkrümmt. Das Verbum incumbere, das vom Codex Bezae (d,5) angeführt wird und das auf die Erstarrung von Gliedmaßen nach mehreren Anfällen verweist, hat eine ähnliche Bedeutung. Der zweite Begriff wird von zahlreichen Handschriften mit erigere übersetzt, das benutzt wird, um große Schmerzen bei körperlichen Bewegungen zu bezeichnen. Einige Handschriften (b, c, l und q) wählen stattdessen mit respicere ebenfalls einen Begriff, der in medizinischen Texten bekannt ist. Zudem finden sich Erkenntnisse naturwissenschaftlicher Provenienz, so wenn Schlangen neben Skorpionen genannt werden, die etwa bei Plinius ebenfalls gemeinsam erörtert werden. Weitere technische Begriffe sind dem Bereich der Architektur entnommen, wie etwa ponere oder auch constituere, die sich besonders häufig in dem Grundlagenwerk De architectura des Vitruvius finden. Eine Besonderheit ist sicherlich auch die Phrase domus super domum in 11,17 in den Fragmenta Curiensia und im Codex Bezae (d,5), die nicht nur den architektonischen Aspekt der Vulgata-Übersetzung domus supra domum bewahrt, sondern auch den Sinn der feindlichen Annäherung der Präposition super, wie in satanan super satanan in 11,18. Technische Konnotationen bietet ebenso die Sonderlesung discede der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis (a,3) statt exi der anderen Zeugen in 13,31. In der klassischen Sprache ist das Wort vor allem aus militärischen Erzählungen bekannt, wie es die zahlreichen Stellen bei Caesar beweisen.504 Ein zentraler Beleg ist in 11,22 zu finden. Die erste Abweichung dieses Verses bezieht sich auf das schwierige Wort πανοπλία, das ursprünglich die volle Rüstung der Hopliten bezeichnete. Höchstwahrscheinlich orientiert sich die Lesung der meisten Handschriften an der Etymologie der griechischen Phrase (πᾶν ὅπλον) und tradiert entweder omnia arma (c) oder universa arma (rell.). Die Variante armatura der Fragmenta Curiensia und des Codex Bezae (d,5) dürfte wiederum konkret die leichte Bewaffnung meinen.505 Neben dem technischen Vokabular finden sich drittens poetische Ausdrücke in den Fragmenta Curiensia. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von volucris als Übersetzung von πετεινά in 13,19 gegenüber avis, einem Begriff aus der Biologie, der sich nur in Mk 4,32 in der Mehrzahl der Manuskripte durchsetzen konnte; lediglich der Codex Palatinus (e,2) bleibt hier der älteren „Afra“-Lesung volatilia treu. volucris
504 Vgl. z. B. Caes. B. C. 3.24: Qua necessitate et ignominia permotus Libo discessit a Brundisio obsessionemque nostrorum omisit; Caes. B. G. 5.41: Si ab armis discedere velint, se adiutore utantur legatosque ad Caesarem mittant; sperare pro eius iustitia, quae petierint, impetraturos. 505 Vgl. z. B. Caes. B. G. 2.10: Caesar certior factus ab Titurio omnem equitatum et levis armaturae Numidas, funditores sagittariosque pontem traducit atque ad eos contendit.
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wird in der Dichtung nicht nur als Bezeichnung für Vögel benutzt, sondern auch als Eigenschaft von allem, was sich schnell in der Luft bewegt.506 Schließlich sei noch eine Phrase erwähnt, die nur selten vorkommt: Lk 11,24 verdient besondere Aufmerksamkeit. Die Lesung der Fragmenta Curiensia circuit per arida loca quae aquam non habent für den griechischen Satz διέρχεται δι’ ἀνύδρων τόπων ist aus unterschiedlichen Gründen bemerkenswert. Das Prädikat circuit wiederholt sich in keinem der kollationierten Zeugen, die vadit (d), ambulat (b f l gig) oder perambulat (rell.) haben. Bedeutender ist aber vielleicht die pleonastische Übersetzung des Adjektivs ἄνυδρος. Dabei lassen sich die Textvarianten in zwei Gruppen einordnen. In der ersten wird ἄνυδρος mit einem entsprechenden lateinischen Adjektiv übersetzt, sei es arida (d c f q) oder inaquosa (aur δ gat gig vg); in der zweiten mit einem Relativsatz quae non habent aquam (b ff2 l r, ubi i). Somit zeigt es sich, dass die Fragmenta Curiensia eine Kombination der Varianten bieten und arida loca quae aquam non habent schreiben. Selten ist zudem die Übersetzung von commundatam et ornatam für σεσαρωμένον καὶ κεκοσμημένον in 11,25. Das Verb commundare findet sich etwa bei Ulpian und Iulius Obsequens,507 der sich in seinem Werk aus dem 4. Jh. auf die Säkularfeier aus dem Jahr 294 v. Chr. bezieht. Selten ist zudem die Wiedergabe indicare für λέγειν in 13,32, die sich lediglich in den Fragmenta Curiensia und im Codex Vercellensis (a,3) findet. Als Übersetzung für das griechische σκορπίζειν findet sich die extravagante Lesart dispargere, das erst im 6. Jahrhundert häufiger gebraucht wird. Wir wurden verschiedener Facetten der Übersetzungsstrategien des Griechischen gewahr. Ein Aspekt blieb bislang unberücksichtigt: die Übersetzung gegen den griechischen Text! Die Fragmenta Curiensia setzen mit der Gebetsrede ein (besonders ab V.13), die auf das Vater-Unser verweist, besonders aber auf V.2. Ein interessanter Fall ist nun im Codex Vercellensis (a,3) in Lk 11,2 zu finden, der Vater-Anrede im VaterUnser. Die griechische Anrede des Gebets lautet nach dem Novum Testamentum Graece 28 schlicht πάτερ, „Vater“, erweitert durch den Anschluss ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου, „geheiligt werde (passiv Aorist) dein Name.“508 Die Anrede πάτερ tritt nach NA 28 wiederum in zwei Varianten auf: in der durch die Parallelüberlieferung von Mt 6,9 gestützten πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς „[Vater] unser in den Himmeln“509, das 506 Vgl. Lucr. 6.173: Hoc etiam pacto volucri loca lumine tingunt/nubes et tremulo tempestas impete fulgit. 507 Vgl. Dig. 34.2.25: Sicut et mulier potest esse munda, non tamen ornata, ut solet contingere in his, quae se emundaverint lotae in balneo neque se ornaverint: et contra est aliqua ex somno statim ornata, non tamen conmundata; Iul. Obseq. 55: Metella Caecilia somnio Iunonem Sospitam profugientem, quod immunde sua templa foedarentur, cum suis precibus aegre revocatam diceret, aedem matronarum sordidis obscenisque corporis coinquinatum ministriis, in qua etiam sub simulacro deae cubile canis cum fetu erat, commundatam supplicationibus habitis pristino splendore restituit. A Picentibus Romani barbaro more excruciati. Ubique in Latio clades accepta. Rutilius Lupus spretis religionibus cum in extis caput non invenisset iocineris, amisso exercitu in proelio occisus. 508 Zimmermann, Die Namen des Vaters, 92–95. 509 Das ὁ ist nicht betont und daher nicht Relativpronomen. Es handelt sich um die stärker betonte attributive Stellung, bei der man normalerweise einen bereits vorhandenen Artikel wiederholt. Den
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etwa im Codex Alexandrinus (A,02), dem Codex Ephraemi Rescriptus (C,04), dem Codex Bezae Cantabringiensis (D,05) sowie dem Cureton Syrer, der Peschitta und in der Bearbeitung des syrischen Textes durch Thomas von Harkel sowie der koptischen Überlieferung belegt ist. Der Gebrauch des Plurals caelis von ἐν τοῖς οὐρανοῖς ist für das klassische Latein ungewöhnlich, denn hier findet sich der Begriff immer im Singular. Man hat diesen Plural deshalb vielfach als eine Eigenart des christlichen Lateins gedeutet. Man wird jedenfalls nicht fehlgehen, die Pluralform in den Bibeltexten des Neuen Testaments, wie beispielsweise in Mt 5,45; 6,1.9; 14,17 oder auch Lk 10,20 (aur d vg caelo rell.) als Besonderheit zu begreifen. Indes muss die Pluralform im Maskulinum nicht gleich als Merkmal eines christlichen Textes angesehen werden, wie der Grammatiker Diomedes darlegt. Demnach schreibt er, dass einige Nomina der zweiten Deklination, deren Nominativ Singular auf „-us“ enden, im Plural die neutrale Endung zulassen.510 Vertieft wird dieser Aspekt bei Pompeius Grammaticus, wo es heißt: caelum numero singulari generis neutri est, in plurali masculini: hoc caelum dicimus et hi caeli. Der Gebrauch des Plurals mag von daher ungewöhnlich sein, spezifisch christlich muss man diesen jedoch nicht unbedingt nennen. Der Codex Vercellensis (a,3) bietet jedoch eine Variante, die der textkritische Apparat des Novum Testamentum Graece nicht auflistet: die Gebetsanrede pater sancte.511 Sanctus ist das Partizip Perfekt Passiv von sancire „weihen, unverletzlich machen“ und ist sacer sehr ähnlich.512 Beide Begriffe werden jedoch nicht synonym verwendet. Sanctus hat die Konnotation „geheiligt, zu Gott gehörig“ inne,513 und konnotiert einen gesteigerten Rechtsschutz der geheiligten Gegenstände oder Personen. Nach E. Dickley findet das Lexem sanctus lediglich bei Kaisern Verwendung, während der Superlativ sanctissime wiederum auf „normale“ Bürger angewandt werden konnte. Für eine Verwendung im antiken Christentum wird oft Plinius’ Panegyrikus benannt.514 Eine Anrede, geschweige denn eine Gebetsanrede als pater sancte, findet sich ansonsten im LkEv nicht. Im Neuen Testament beschränkt sich „heilig“, sanctus, als Prädikat Gottes fast ausschließlich auf das Johanneische Corpus,515 und hier besonders auf die Johannesapokalypse (Apk 4,8; 6,10; 14,10), wenngleich hier Relativsatz haben wir dann erst im Lateinischen. 510 Neue, Wagener, Formenlehre, 808. Das gilt auch für das Substantiv locus, dessen Pluralform in der Regel loca statt loci lautet, wie in Lk 11,24. 511 Die Lesart mit sancte pater bieten neben dem Codex Vercellensis noch drei altlateinische Handschriften: der Codex Colbertinus (c,6), den schon Burkitt 1920 als in seiner Grundlage als „Afra“-Text eingestuft hat, Codex Corbeiensis secundus (ff2,8) und schließlich der Codex Vindobonensis (i,17). Siehe ausführlich Weissenrieder, „Die Vater-Anrede des Lukasevangeliums, Vetus Latina“, 254 ff. 512 Weissenrieder, „Die Vater-Anrede des Lukasevangeliums, Vetus Latina“, 255. 513 Siehe beispielsweise die Ausführungen von Dickey, Latin Forms of Address, 137. 514 Siehe Dickey, „Art. Sanctus“, DNP 10 (2011), 31–32. 515 Als Ausnahme ist 1 Petr 1,15 f. zu werten, wo es heißt: κατὰ τὸν καλέσαντα ὑμᾶς ἅγιον καὶ αὐτοὶ ἅγιοι ἐν πάσῃ ἀναστροφῇ γενήθητε.
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PATERSANCTE QUIESINCAE LISSANCTIFI CETURNOMETUUMADUE NIATREGNUTUUMFIATUO LUNTASTUAPA NEMNOSTRUM CODITIANUM DANOBISHO DIEETDIMIT TENOBISPEC CATANOSTRA Bild 8: Codex Vercellensis (a,3), folio 418b: Die Anrede pater sancte ist in keinem griechischen Manuskript bezeugt.
die Szene in den Himmel verlegt ist. Die zahlenmäßig häufigsten Belege von pater sancte finden sich in der lateinischen Literatur des ersten bis dritten Jahrhunderts n. Chr., freilich mit einer Zuspitzung: der Kaiserpanegyrik. Einer der zentralsten Texte ist sicherlich die Vorrede zu den Argonautica des Valerius Flaccus,516 wo Valerius die Eroberung neuer Gebiete durch Vespasian – die Bezwingung Britanniens und des Ozeans – auf einer „mythischen“ Ebene spiegelt. Ganz im Sinne der Jupiterprophezeiung hat Vespasian durch den Kampf auf See zur Sicherung der römischen Macht beigetragen. Der Fokus liegt auf der Machtsicherung und Vorherrschaft an den Grenzen des Reiches. Valerius verleiht dem Gedanken der römischen Vorherrschaft noch eine umfassendere, über die Einzelperson hinausreichende Gültigkeit, indem er durch die Apostrophe sancte pater den eigentlich den Göttern vorbehaltenen Begriff auf eine noch lebende Person überträgt und gleichzeitig in einem zweiten Schritt auf die kriegerischen Erfolge des Vespasiansohns Titus in Jerusalem ausdehnt, da dieser die Stadt im Jahre 70 n. Chr. zerstört.517 Das Gebet verbindet sancte pater (Vespasian), proles tua (Domitian) und fratrem (Titus). Damit bezieht sich der Dichter auf
516 Vgl. Val. Fl. 1.11–12: sancte pater, veterumque fave veneranda canenti/facta virum. 517 Durch Vespasian siehe Suet. Vesp. 4; durch Titus siehe Silius 3.605; Suet. Tit. 5.
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die „harmonious links“ zwischen Vespasian, Titus und Domitian und „appears to be celebrating right family relations after the chaos of Nero.“518 Zugleich wird damit auch die Rangfolge deutlich: Vespasian stellt Titus, der älter als Domitian war, voran. Von Domitian wissen wir zudem, dass er sich selbst als Poet hervorgetan hat.519 Ähnliche Belege finden sich bereits bei Vergil im fünften Buch der Aeneis (5.80).520 Das fünfte Buch beginnt mit dem Bericht über die Abfahrt aus Karthago, mit der Ungewissheit über Didos Verbleiben. Dementsprechend ist die Ankunft am Grab von Anchises zeichenhaft. Das fünfte Buch ist, ähnlich auch wie bei der Bestattung des Patroklos im 23. Buch der homerischen Ilias, athletischen Spielen gewidmet, ein Aspekt, der sicherlich auch der Glorifizierung der Herrschaft des Augustus geschuldet ist (Suet. Aug. 43), aber vielmehr zeigt es Aeneas als religiösen Menschen, der seiner göttlichen Mission gerecht wird und iustitia und fides zeigt.521 Und es ist dieser Kontext, in dem der Beginn der Aeneas-Rede im Buch 5 am Grab anzusetzen ist. Mit der Anrede salve, sancte parens beschwört Vergil die Gegenwart der Toten.522 Das Ergebnis ist besonders bemerkenswert, als pater sancte in Lk 11,2 mit dem Neologismus sanctificare zusammengeht. Das Verb ist lediglich für die christliche Literatur belegt und findet sich im klassischen Latein nicht, zahlreich hingegen bei den Kirchenschriftstellern. Ungewöhnlich ist aber freilich nicht nur der Begriff als solcher, sondern auch die Form in einem Konjunktiv Präsens Passiv „er werde geheiligt“, wie er auch in alttestamentlichen Texten zu finden ist, insbesondere aber in Levitikus und Exodus.523 Somit verbindet der Kopist möglicherweise die Vateranrede, die aus der Kaiserpanegyrik bekannt war, mit dem Neologismus sanctificare, der bei den Kirchenschriftstellern belegt ist. Anders als in den Evangelienübersetzungen eines Hieronymus oder aber der Übersetzung des Sirachbuchs, liegt uns im Fall der Fragmenta Curiensia und des Codex Vercellensis keine Übersetzungsreflexion vor. Die beiden Handschriften stellen das früheste uns überlieferte Dokument einer lateinischen Übersetzung des LkEv dar. Beide Übertragungen des griechischen LkEv ins Lateinische orientieren sich an der Ausgangssprache und ahmen des Öfteren den griechischen Text nach. Indes wurden
518 Siehe Feeney, Literature and Religion, 335. Siehe zudem: Stover, Epic and Empire; Manuwald, „Divine messages and human actions.“ 519 Vgl. Quint. 10.1.91–92; Ach. 1.14–16. 520 Hingegen scheint der Beleg bei Plinius ep. 2,9,4 für unseren Zusammenhang wenig aussagekräftig, wo es heißt: nam pater ei erucitus Clarus, vir sanctus, antiquus, disertus atque in agendis causis exercitatus, quas summa fide, pari constantia nec verecundia minori defendit. 521 Siehe Verg. Aen. 5.57–58. 522 Verg. Aen. 5.80–81: Salve, sancte parens, iterum salvete, recepti nequiquam cineres animaeque umbraeque paternae. 523 Ex 19,22: sacerdotes quoque quo accedunt ad Dominum sanctificentur … ; Lev 17,5: ideo offere deba debent sacerdoti filii Israhel hostias suas quas occident in agro ut sanctificentur Domino ante ostium tabernaculi testimonii et immolut eas hostias … ; in Apk 22,11 findet sich zudem die interessante Stelle: qui nocet noceat adhuc et qui in sordibus est sordescat adhuc et iustus iustitam facit adhuc et sanctus sanctificetur.
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Kapitel V Schlussaspekte
wir aber einer Sprachentwicklung des Lateinischen gewahr, die einen Übergang vom klassischen Latein zum Spätlatein abbildet und insofern sehr vorsichtig sprachliche Innovationen in die Übersetzungen einträgt. Gleichzeitig finden sich noch an zahlreichen Stellen Relikte einer alten „Afra“-Lesart und Hinweise auf die frühen Übersetzungen eines Cyprian oder auch Tertullian. Die Fragmenta Curiensia und der Codex Vercellensis betonen zudem den Unterschied in Syntax, Phraseologie und Semantik. Beide Dokumente nehmen in Kauf, dass sich durch Formulierungen der Charakter der Aussage ändern kann, zumal in der Verwendung technischen Vokabulars. Besonders einprägsam sind hier die Übersetzungen der im Griechischen eher unverständlichen Begriffe ἀνακύπτειν und συγκύπτειν in 13,16, die anhand eines Genitivus obiectivus durch einen „Geist“ bezeichnet werden, der ihre körperliche Schwachheit begründe, sodass sich im Lateinischen Analogie zur Epilepsie nahelegt. Dass es gleichsam nicht nur um eine innovative Deutung eines unklaren Originals gehen kann, vermögen diejenigen Stellen zu erläutern, die gegen den griechischen Text Änderungen vornehmen, von denen die Übersetzung der Gottesprädikation pater durch pater sancte im Vater-Unser sicherlich die innovativste ist. Eines ist jedenfalls deutlich: Die frühen lateinischen Übersetzungen des griechischen Bibeltextes waren als Grundlage eines Bibelstudiums in Zeiten unerlässlich, in denen das Verständnis des Griechischen im Westen nachließ. Als solches sind sie eigens für die Fragen der Ausbreitung des frühen Christentums zu würdigen.
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Quellenregister Altes Testament Genesis 2,10
210
30,38
200
49,25
152
Exodus
67, 115
8,19
115
19,22
243
33,11
199
34,10
167
243
18,16
213
20,21
213
22,32
Deuteronomium
210
21,1
94
9,20
78
9,12–30
78
2Esra 19,20
4Esra
17,5
Numeri
9,24
Nehemia
8,15
Leviticus
1Chronik
7,47
188
8,1–3
188
9,15
188
1Makkabäer 94
78
2,12
102
13,29
127
2Makkabäer
8,3
92
3,25
127
8,15
67
10,30
127
10,21
167
11,8
127
15,28
127
Ezechiel 13,4
220
28,25
129
40–48
210
2Könige (4Bas) 1,2
91
6,6
139
3Bas 8,42
210
https://doi.org/10.1515/9783110752199-007
Psalmen 2,9
92
34,16
207
36,12
207
57,7
207
59,14
210
67,19
79
106,3
209
107,2
210
107,3
209
111,10
207
264
Quellenregister
123,6
207
45,20
187
142,10
78
48,20
210
143,10
78
49,6
210
49,12
210
49,24
121
49,24–25
117
59,17
127
60,4
210
60,16
153
64,2
167
64,3
167
Sprüche 6,30
Hiob
120
1,6–8
94
1,12
94
2,2–4
94
2,6
94
10,10
153
16,10
207
28,24
210
37,3
210
39,20
127
Jeremia 23,2
Klagelieder 5,18
129
220
Sapientia Salomonis 5,18
127
Baruch 4,37
210
5,19
127
5,5
210
7,1
153
9,14–15
138
16,10
207
Jesus Sirach (Sir) 18,16
79
21,27
94
46,8
127
Sacharja 3,1–2
Jesaja
Daniel 7,5
207
7,6
207
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Jubiläenbuch
94
2,2
210
11,4–5
127
11,5
127
13,14
129
14,23
142
15,3
206
22,12
206
37,32
187
45,17
187
10,11
94
23,29
94
40,9
94
46,2
94
50,5
94
Testament Benjamin 4,5
77
6,4
78
6,5
78
Quellenregister
Testament Levi 3,9
94
Neues Testament Matthäusevangelium 2,8
126
3,7
223
3,17
162
4,18
212
4,23
183
5,3–11
152
5,6
6
5,10
6
5,11
131
5,16
200
5,18
181
5,23
131
5,24
200
5,29
133, 207
6,1
200, 241
6,2
200
6,6
121, 180, 183
6,8
170
6,9
241
6,26
175
7,6
200
7,10
67, 68, 69, 70
7,11
75, 76, 79, 229
7,13
190, 191, 192
7,14
192
7,20
116
7,21
199
7,23
202
7,24
103, 170
7,26
103
8,11
96, 97, 209
8,12
205
8,18
137
8,27
116
9,15
112, 121
9,18
165
9,32
82, 137
9,34
91, 92
9,38
137
10,8
141
10,11
181
10,23
126
10,25
92
10,33
185
10,35
131
11,6
151
11,10
200
11,12
191
11,13
32
11,16
167, 170
11,25
180
12,14
131
12,22–23
85
12,22–30
81
12,22
82
12,24
91, 92
12,25
100, 101, 102, 104
12,26
107
12,27
92
12,28
114, 115, 116
12,29
119, 123
12,30
130, 132
12,36
102
12,43–44
136
12,43
35, 137, 138
12,44
140, 141
12,45
146, 148
12,46
165
13,2
157
13,4–8
96
13,4
175
13,11
170
13,12
128
13,27
132
13,31–33
167
13,31
167, 169, 173, 174
13,32
168, 174, 175
13,33
168, 179, 181
13,35
180
13,42
205, 206
13,50
205
14,9
210
265
266
Quellenregister
14,22
220
15,21–22
147
15,38
212
16,18
192
17,5
162, 165
17,14
29
17,20
30, 174
17,26
116
18,7
30
18,9
207
18,17
111
18,20
132
18,28
147
18,30
102
18,33
161
19,21
123
19,30
212
20,3
147
20,11
131
20,16
212
20,22
187
22,10
132
22,13
205, 206
23,15
183
23,23
161, 162
24,7
102
24,47
123
25,1
170
25,11
196
25,14
123
25,18
180
25,24
129
25,26
129
25,30
205
26,39
32
26,47
165
26,59
29
26,69
29
26,71
29
27,35
128
28,2
30
28,14
30
28,19
30
Markusevangelium 1,21
147
1,29
147
1,30
211
1,45
147
2,13
157
2,19
72
2,20
121
2,21
128
3,6
131
3,11
147
3,22–27
80
3,22
85, 92
3,23
93, 94
3,25
102
3,27
119, 123
4,11
170
4,24
92
4,30–32
167
4,30
169, 170, 173
4,31
174
4,32
239
5,10
207
5,29
133, 207
5,33
220
5,35
165
5,39
147
5,40
147
6,6
183
6,41
128
7,17
29
7,19
141
7,24
147
7,28
30
7,32
82
8,2
161, 192
8,9
212
8,11
96, 97, 209
8,38
166
9,2
29
9,30
137
9,40
130, 131
10,20
34, 122
10,30
223
Quellenregister
10,31
192
3,4
32
11,24
192
3,7
223
11,25
131
3,13
187
12,36
181
3,19
217
13,8
192
4,2
94
13,19
192
4,4
86
13,22
32
4,7
192
13,25
192
4,17
32
14,4
212
4,20
85
14,43
165
4,27
141
14,55
131
4,30
137
14,56
131
4,31
85
14,60
131
4,33
133
15,24
128
4,36
87
16,8
147
4,42
147
4,43
162
4,44
85
5,1
85
5,10
212
5,12
220
5,15
137, 157
5,16
85
5,17
85
5,22
100, 101
5,25
128
5,29
85
6,1
183
6,2
217
6,8
100, 101
6,12
66, 85, 237
6,20
108
6,29
128
6,30
120, 128
6,35
76
7,2
187
7,12
192
7,21
132, 133, 216
7,22
141
7,23
128
7,31
167, 170
7,40
155
7,45
196
8,1
184
8,2
132, 133
Lukasevangelium 1,6
115, 212
1,9
147
1,15
153
1,17
200
1,18
187
1,22
147
1,28
147
1,34
187
1,35
153
1,37
102
1,41
153
1,42–44
153
1,42
187
1,48
161
1,51
115
1,56
142
1,66
115
1,78
115
2,7
210
2,15
137
2,21
153
2,28
187
2,34
187
2,35
137
2,37
202
2,48
187
3,1
217
267
268
Quellenregister
8,3
123
11,8
54
8,4
157
11,9–13
79
8,5
175
11,11–13
66
8,10
155, 170
11,11–20
37, 46
8,12
94
11,11–26
14, 15
8,17
148
11,11–29
37, 227
8,18
128
11,11
8,22
137
8,29
132
XV, XVI, 10, 33, 68, 91, 101, 103, 112, 127, 235
8,30
132
11,12–26
35
8,35
196, 197
11,12
8,38
196
8,39
142
XII, XVI, XVII, 11, 33, 70, 103, 112, 152, 235
8,40
85
11,13
8,47
220
8,49
165
9,5
102
XII, XVI, XVII, XXII, XXIII, 15, 34, 72, 78, 79, 97, 147, 228, 229, 230, 232
9,6
137
11,14–32
80
9,9
213, 217, 220
11,14
9,12
184
9,18
66
9,26
166
9,28–29
66
9,31
187
9,34
165
XII, XV, XVI, XVII, XX, XXII, XXIII, XXIV, XXVI, XXVII, XXVIII, 14, 15, 32, 40, 70, 82, 85, 86, 94, 97, 160, 178, 213, 229, 230, 233, 235
9,36
220
11,15
9,37
157
9,39
132
XII, XIII, XXVI, 14, 39, 89, 93, 101, 108, 112, 207, 228
9,41
181
11,16
9,42
86
XIV, XXVIII, 70, 95, 235
9,44
89
11,17
9,47
100
9,50
131
10,2
202
10,5
103
XII, XIII, XX, XXIX, 30, 33, 34, 40, 70, 97, 100, 103, 107, 112, 131, 156, 232, 233, 234, 235, 239
10,18
160
11,18–20
104
10,19
67, 78
11,18
10,21
216
10,37
155
10,38
184
XII, XIII, XIV, XV, XXIII, XXVI, XXVII, 15, 33, 94, 104, 112, 160, 216, 229, 230, 232, 235, 239
10,42
116
11,2
121, 240, 243
11,5–10
66
11,8–10
54
Quellenregister
11,19
11,39
141
11,48
103, 116
11,49
103
12,1
217
12,6
200
12,8
200
12,12
216
12,15
34, 122, 123
12,24
175
12,33
123
12,37
6
12,44
123
12,53
102
XIII, XV, XXVII, XXIX, 15, 30, 70, 124, 137, 230, 233, 234, 235, 239
13,7
196
13,9
223
13,11
133, 160, 238
XVII, XXI, XXV, XXVII, XXIX, 129
13,16–21
58
13,16–25
42
XII, XIII, XV, XVII, XXII, XXIII, XXVI, XXVIII, 30, 108, 111, 113, 116, 126, 137, 202, 232, 235, 236
11,20–29
40, 48
11,20
XII, XIV, XXIII, 15, 34, 40, 113, 116, 230, 232, 234
11,21
11,22
11,23 11,24
XII, XV, XVII, XXI, XXVII, XXIX, 15, 34, 40, 118, 230, 232, 234
XII, XVII, XXIII, XXV, 9, 15, 34, 41, 133, 178, 183, 192, 230, 233, 236, 238, 240, 241
11,25
XV, XVIII, 16, 35, 131, 139, 141, 230, 233, 234, 240,
11,26
XV, XVIII, XX, XXI, XXIII, XXVI, XXVIII, 10, 11, 12, 33, 54, 56, 79, 143, 152, 228, 229, 230, 233, 234, 235, 236
11,27
XVIII, XXIII, 11, 12, 13, 86, 148, 185, 229, 230, 234, 238
11,28
XIII, XXIV, XXIX, 10, 12, 32, 34, 70, 122, 152, 153, 185, 187, 188, 219, 230, 234, 235
11,29
XVIII, 12, 40, 156, 174, 230, 233
11,33
147
11,34
126
11,39–44
213, 217
13,16–34
37, 227
13,16–14,1
54
13,16
XIII, XXIV, 11, 158, 220, 230, 233, 238, 244
13,17
XII, XVII, XVIII, XIX, XX, XXI, XXIV, XXVI, XXVII, 11, 12, 35, 40, 70, 163, 229, 230, 233
13,18
XII, XIII, XXVIII, 11, 32, 40, 88, 167, 168, 177, 229, 230, 235, 237
13,19
XVII, XIX, XXI, XXVI, 11, 12, 32, 168, 171, 230, 233, 235, 239
13,20
11, 40, 176, 229, 230, 231, 235
13,21–27
60
13,21
XIX, XXIII, 11, 14, 178, 231
13,22–30
216
13,22
XII, XVII, XIX, 11, 12, 14, 35, 40, 181, 188, 225, 228, 231, 233, 235
269
270
Quellenregister
13,23 13,24
XXIV, 13, 40, 185, 219, 231, 233
17,6
174
XVII, XIX, XXI, 11, 13, 14, 33, 107, 175, 188, 229, 231, 235, 237
17,11
137
17,17
141
17,34
192, 220
18,21
34, 122
18,22
128
18,36
183
18,37
220
19,1
147, 184
19,4
137
19,8
123
19,9
103
19,22
187
19,30
147, 184
19,39
213, 217
19,47
85
20,19
216
20,36
193
13,25–34
44, 52
13,25
XII, XVII, XIX, XX, XXVIII, 14, 40, 175, 193, 228, 231
13,26
XIX, 11, 32, 152, 198, 231
13,27–32
62
13,27
XXI, 200, 231, 233
13,28
XVII, XIX, XXIII, XXIV, XXIX, 10, 11, 13, 14, 30, 33, 203, 229, 231, 233
13,29
10, 11, 208, 235
13,30
13, 211, 229, 231
20,43
181
13,31
13, 107, 213, 229, 231, 239
21,7
85
21,15
166, 193
13,32–14,1
64
21,25
192
13,32
XII, XIX, 13, 14, 70, 88, 97, 162, 217, 231, 233, 240
21,36
187
22,3
160
XXIV, 13, 30, 34, 107, 181, 221, 229, 231, 233
22,7
162
22,25
155
22,31
160
22,34
155
22,41
66
22,44
66
22,47
165
22,49
92
22,58
187
22,60
165
23,12
216
23,14
200
23,28–29
153
23,28
223
23,29
153
23,48
157
24,19
187
24,21
196
24,23
184
24,25
32
13,33
13,34
XVII, XXI, 224
14,8
120
14,10
200
14,18
187
14,33
123
15,1
85
15,8
141, 181
15,27
155, 187
15,28
147
15,29
187
15,32
161
16,1
123
16,3
166
16,7
220
16,11
76
16,16
32
17,1
137
Quellenregister
24,28
184
8,4
137
24,33
216
8,40
137
24,43
200
9,32
137
9,38
137
Johannesevangelium
10,38
137
2,6
212
11,19
137
3,4
153
11,22
137
4,4
161
13,50
102
4,33
72
24,15
76
6,6
187
28,3–6
78
6,11
128
6,15
100
7,31
148
7,35
187
8,30
165
9,18
181
10,12
132
10,24
181, 184
11,57
220
12,4
187
12,18
157
12,47
34, 122
13,18
102
16,32
132
17,2
101
17,6
212
17,15
76
18,36
191
19,11
131
19,24
128
19,31
30
19,35
30
19,38
30
19,39
30
19,40
30
20,9
161
20,19
191
Apostelgeschichte 2,9
78
3,2
153
4,26–27
102
5,37
202
Römer 3,5
76
5,5
166
8,35
6
9,33
166
10,11
166
15,24
183
16,18
153
1Korinther 1,18
187
1,27
166
3,10
103
6,1
76
6,9
76
6,13–16
153
7,35
116
11,4
166
11,5
166
11,22
166
13,2–8
6
15,12–17
111
2Korinther 2,15
187
5,2–3
138
7,14
166
9,4
166
Galater 5,22
6
271
272
Quellenregister
Epheser 4,8
79
6,11
127
6,13–14
127
6,13
127
1Thessalonicher 2,16
1Petrus
116
166
3,16
166
3,17
Apokalypse
6
4,8
241
6,10
241
14,10
241
18,17
102
Antike Autoren Aelianus De natura animalium 10.14
765b35–766a10
67
488b20
220
489a2
153
Metaphysica
IV 5.1-10
153
494.15
160
560.20
160
Caesar De bello civili 3.24
De bello Gallico
9
Apuleius Metamorphoses 2.7
220
239
4.12.1
202
5.41
239
Cato Maior De agri cultura
Catull Carmina
Cassius Dio Historia romana 38.13.3
216
239
2.10
53.4
Aesop Fabulae
78
Caelius Aurelianus De morbis acutis et chronicis
17
Aëtios Placita
153
Historia animalium
1000b5–9
2,6
1Johannes
Aristoteles De generatio animalium
Cicero Ad Atticum
121
156
97
1.1.4
198
7.2.8
202
Quellenregister
Brutus 37.140
Catilina
76
1.1.1
181
1.13
115
2.8.18
92
De divinatione
4.1.7
180
8.15
120
Cornelius Nepos Datames 1.1
2.107
120
2.145
121
De officiis
Columella De re rustica
Corpus Hippocraticum Aphorismen 7.7
1.41
220
3.20.79
121
De alimento 17.1–6
De optimo genere oratorum
De articulis
Epistulae ad familiares
De hebdomadibus
14
226
4.1
216
9.16.3
121
In Verrem 2.5.121
Pro Deiotaro 9
Pro L. Murena 1.1
Pro Milone 25.67
Pro Ligario 11.33
46
1.52
De natura pueri 17.1–30
138
153
153
138
153
121
155
238
Corpus iuris Digestae 5.1.12.2
81
34.2.25
240
Demokrit frag. 187
121, 192
138
Diodor Bibliotheca historica 9.20.3
220
129
Tusculanae disputationes 3.2
122
153
Diogenes Laertios Vitae philosophorum 1.52
220
273
274
Quellenregister
Empedokles DK 31B109
Epiktet Dissertationes
78
9
1.3.8
220
1.24.1
191
Horaz Epistulae
123 123
Flavius Josephus Antiquitates Iudaicae 8.47
142
9.18–19
91
9.85
180
55
Livius Ab urbe condita
85
1.192
1.5.30–31
Philostratos Vita Apollonii 4.20
Platon Gorgias 526d–e
De re publica
141
121
30.25.1
76
2.1134
132
6.173
175
Maximos von Tyros Dialexeis 5.7
66
14.152–153
76
142
191
220 147
Plautus Asinaria
Epidicus
Miles gloriosus 1269
Persa 5.2.19
Poenulus
5.2.108–109
Ovid Metamorphoses
67
391e
728
Lukrez De rerum natura
115
365c
2.1.3
6.18.9
78
De migratione Abrahami
De vita Mosis
1.2.65
Iulius Obsequens Liber de prodigiis
Philon von Alexandrien De gigantibus
216
238
238
76
88
Quellenregister
Plinius der Ältere Naturalis historia 11.87
67
19.54
174
28.3
120
Plutarch Moralia 87a–b
Solon 30.3
Statius Achilleis 1.14–16
Sueton Augustus 30
67
Nero 6
220
4.11.5
Quintillian Institutio oratoria 10.1.91–92
Scribonius Largus Compositiones
122
243
47.22–23
87
48.19
87
49.1
87
52.10.16
87
62.20
87
184
78
Divus Vespanianus 4
Properz Elegiae
243
Divus Titus 5
Tacitus Annales 11.11
Terenz Hecyra 4.1.57
242
242
78
76
Theodorus Priscianus Euporiston 247.7
87
Seneca Consolatio ad Marciam
Valerius Flaccus Argonautica
De brevitate vitae
Valerius Maximus Factorum et dictorum memorabilium
5
8.1
De otio 3.2
Epistulae morales 76.12
238
121
1.11–12
7.2
242
66
155
123
Varro De lingua Latina 5.76
175
7.96
77
275
276
Quellenregister
Vergil Aeneis
De patriarchis 1.51
1.278–279
79
3.354–355
122
5.57–58
243
5.80–81
243
5.242–243
175
6.124
238
11.367
102
Georgica 2.498
Vitruv De architectura
79
192
6.5.2
122
6.7.1
122
6.7.5
122
1.3.2
66
Christliche Autoren Ambrosius De Abraham 2.8.53
173
De apologia prophetae David 68.1
De Cain et Abel
205
3.14.117
107
De obitu Theodosii 4.373
152
2.2
219
8.42
159
12.23.2
209
In Lucam 7.10.26
131
7.91
91, 100
7.92–94
142
7.92
114
7.95
136, 146
7.175
169, 173
7.186
177, 179
De spiritu sancto 1.65
75
3.20.158
114
3.34
115
De viduis 10.63
Ambrosiaster In 1Corinthios 1.25
1.18.12
196
1.18.13
199, 202
De paenitentia
De fide ad Gratianum
Expositio in Psalmum 118
6.4
Xenophon Memorabilia
151
In 1Timotheon 1.292
2.4.21
91, 110
2.4.25
131
In Romanos 2.16
81
96
159
111
Quellenregister
Anianus von Celeda Chrysostomi homilia 1.3
100
13
96
Augustinus Adversus Iudaeos 8.11
187
4.63
190
Contra Faustum Manichaeum
2.142
190
187
Contra litteras Petiliani 1.28
De baptismo 1.7.9
119
141
De opere monachorum 1.5
183
De sancta virginitate 3.3
151, 155
De symbolo sermo ad catechumenos 7.16
91
14
68, 69
Epistulae 121.4
91
130.16
68, 71, 75
140.58
206
209
186.31
111
194.11
141
131
Epistula de unitate ecclesiae
93
Contra mendacium 24
111, 206
20.7.44
11.25 111
3.66.75
Contra Iulianum
20.5
De Genesi ad litteram imperfectus liber
Contra Cresconium grammaticum
33.2
De civitate dei
De consensu evangelistarum 2.39
96
2.51
96
2.84
85
2.85
100
2.144
140
2.145.4
215
2.145.5
219
2.145.6
223
4.5
131
1.9.30
183
In Iohannis evangelium tractatus 10.3
151, 155
101.2
131
125.17
179
In psalmos enarrationes 8.122
190
67.8
159
103.22
119
Quaestiones evangeliorum 1.12
179
2.22
68
277
278
Quellenregister
Sermones 45.5
76
71.4
131
87
169
88
169
105.6
68, 71, 79
105.7
71
111.1
180
246.3
174
Beda Venerabilis Explanatio Apocalypsis 9
Homiliae
71
2.8
68, 71
2.14
68
11.7
81
In Lucam
71
4.11.1
85
4.11.4
91
4.11.5
96
4.11.6
100
4.11.9
107
4.11.10
111
55
165
56
169
1
In Tobiam 11
169
68
Vita beatorum abbatum 13
19
Sermones 12
Cassianus Conlationes
190
136
1.8.16
107
5.25.1
137, 141
De institutis coenobiorum 6.13
119
Cassiodorus Expositio psalmorum 145.7
159
Historia ecclesiastica tripartita
3.11
In Marcum
Regula monachorum
100
Caesarius von Arelate De decem 196 virginibus
6.42
Columban Tituli psalmorum 54.236
183
100
Cyprian De ecclesiae catholicae unitate 6
De lapsis 16
Epistulae
131
205
23
86
55.23
68, 75, 76
58.8
128
63.15
166
69.1
130
69.15.2
86
70.3
130
75.14
131
Quellenregister
Testimonia ad Quirinum 1.22
152
3.86
131
3.96
170
Didymus De spiritu sancto 78 Epiphanius Latinus Interpretatio evangeliorum 48
96
Epiphanios von Salamis Panarion 39
159
40
196
41
209, 216
42.11.17
69, 75
Eusebius von Vercelli Epistulae 12
111
Faustinus Presbyter De trinitate 13
Faustus von Riez De gratia dei 2.5
Sermones 18
206
1.31
183
12
75
Chronicum Eusebii 2
Epistulae
131
27
227
40.7
71
57.5.2
226
96.10.2
91
108.19.6
91
133.4
190
In Ecclesiasten 441
In Epheseos 2.4.8
In Ezechielem
100
159
219
4.16.144
206
11.28
209
In Ioelem 1.32
137
81
4.13
4.26.1 137, 141, 146
226
14.2
In Ieremiam
Gregorius Magnus Homiliae in Evangelia 1.20
Hieronymus Adversus Pelagianos
In Matthaeum
100
223
1.9.3
100
2.12
137
2.12.28
115
In Osiam 3.12
146
279
280
Quellenregister
Hilarius von Poitiers Collectanea
Primasius In Apocalypsin
In Evangelium Matthaei
Priscillian Tractatus
30.1845
13.5
96
180
Tractatus super Psalmos 8.14
159
Irenäus von Lyon Adversus haereses 3.8
205
Laktanz Divinae institutiones 4.27.15–16
147
4.17
8.122
Prudenz Apotheosis 86
137
190
224
Pseudo-Augustinus Liber de divinis scripturis sive Speculum 7.53
120
27
68, 71, 75, 77, 151, 155, 190
Lucifer von Calaris De non conveniendo cum haereticis
Pseudo-Hieronymus Epistulae
Pro Sancto Athanasio
Pseudo-Melito Recensio Vulgatae
1
75
2.1
155
2.12
190, 196, 199
2.12.10
202
Marius Victorinus Ars grammatica 1.4.50
39.7
11.19
Pseudo-Origenes Adamantius 2.20
88
Petrus Chrysologus Sermones 50
71
55.1
71
55.6
71
98
169
99
177
68, 71
71
69, 75
Quodvultdeus Liber promissionum 3.40
107
Rufinus von Aquileia Apologia adversus Hieronymum 2.20
68
De benedictionibus XII patriarcharum libri II 2.25
152
Quellenregister
Sedulius Scottus 226.32
68
Adversus Praxean 5.2–3
5
Tertullian Adversus Marcionem
De carne Christi
4.11.12
5
4.14.13
108
De carnis ressurectione
4.26
155
4.26.8
68
4.26.10
75, 107
4.26.11
94, 110, 114
4.26.12
119, 126
4.26.13
151
4.28.2
91
4.30.1
157, 159, 169
4.30.3
179
4.30.4
196
4.30.5
173
4.30.18
196, 199, 202, 205
5.6.7
119, 126
20
35
152
206
De cultu feminarum 1.2.3
De paenitentia 2.6
224
142
281
Autorenregister Aalders, Gerhard 128 Abbott, Thomas XXIX Abel, Fritz 162, 220 André, Jacques 87 Auwers, Jean-Marie 30 Bastiansen, Toon 86 Batiffol, Pierre 2, 23, 24 Bauer, Thomas J. XI, XII, XVIII, XX, 6 Bauer, Walter 160 Belsheim, Johannes XI, XIII, XV, XIX, XXIV, XXV, 10 Bengel, Johann 76 Berger, Samuel XXII Bertocchi, Alessandra 120 Billen, Albert Victor 102 Blumenthal, Peter 76 Bovon, François 113, 127, 142, 143 Breytenbach, Cilliers 185 Brown, Michelle 175 Bruyne, Donatien de XXVII Buchanan, Edward XIV, 21 Buhlmann, Michael 7 Burkitt, Francis 88, 107, 116, 206, 212, 241 Burton, Philip XI, 7, 32, 96, 148 Busse, Ulrich 80 Büttner, Heinrich 8 Cherubini, Paolo 8, 16, 20 Coleman, Robert 31 Corssen, Peter 24, 25, 28 Cullmann, Oscar 66 Deissmann, Adolf 115 Deufert, Marcus 132 Dickey, Eleanor 241 Dupont, Jacques 167 Durst, Michael 8 Emmrich, Martin 80 Evans, Trevor 86 Everson, David 85 Feeney, Denis 243 Ferrero, Giovanni 10
https://doi.org/10.1515/9783110752199-008
Fischer, Bonifatius XV, XVIII, XX, XXVIII, 6, 8, 232 Fitzmyer, Joseph 115 Fleddermann, Harry 80, 81, 115 Flemming, Rebecca 152 Frede, Hermann 6 Frey-Anthes, Henrike 94 Gamper, Rudolph XI, 1, 2, 7, 21, 22, 23, 25, 29, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 228, 232 Gathercole, Simon 28 Gasquet, Francis 10, 11 Goldberger, Walter 152 Grätz, Sebastian 210 Green, Joel 66, 80, 167 Gryson, Roger XI, XIV, XV, XVIII, XX, XXVIII, 4, 232 Grundmann, Walter 77, 112, 160 Hamm, Michael 160, 161 Haselberger, Lothar 139 Hogeterp, Albert 86 Houghton, Hugh XI, XIII, XVIII, XX, XXIV 5, 6, 7, 32, 107 Horton, Charles XXII Jeremias, Joachim 80, 167, 185, 216 Jost, Georg 8 Juckel, Andreas 77 Jülicher, Adolf 6, 38, 40, 41, 167 Kahl, Brigitte 167 Käsemann, Ernst 117 Keel, Othmar 210 Kilgallen, John 160, 162 Klein, Hans 66, 80, 103, 112, 118, 123, 129, 167 Kloppenborg, John 117 Kollmann, Bernd 80 Klostermann, Erich 103 Kremer, Jacob 66 Kroon, Caroline 93 Kühner, Raphael 161 Labahn, Michael 210 Laes, Christian 81
284
Autorenregister
Lagrange, Marie-Joseph 77, 85 Langslow, David 31, 87 Lapide, Pinchas 94 Lapidge, Michael 137 Laufen, Rudolf 80, 81, 115 Lenz, Philipp V, 2, 7, 22, 25, 38–43, 45, 228, 232 Leclerq, Jean 142 Légasse, Simon 123 Levine, Philip 9 Levison, John 78 Loos, Hendrick 160 Lundström, Sven 30 Maclaurin, Evan 92 Martimort, Aimé-Georges 8 Mattai, Paul 37 McNamara, Martin 152 Metzger, Bruce 6, 77 Michaelis, Johann 4 Mikulová, Jana 156 Mizzi, Joseph XVIII Mohrmann, Christine 31 Moulton, James 85 Müller, Paul-Gehard 67 Müller-Lancé, Johannes 11, 31, 69, 72, 77, 175, 191 Nestle, Wilhelm 129 Neyrey, Jerome 66 North, Lionel 77, 78 O’Donnell, James Joseph 112 Ogden, Daniel 101 O’Malley, Thomas 5 Onuki, Takashi 133 Ostmeyer, Karl-Heinrich 66 O’Toole, Robert 162 Parkes, Malcolm Beckwith 17 Perret, Franz 9 Perotti, Pier Angelo 111 Pinkster, Harm 198, 217 Plummer, Alfred 77, 80, 103 Quaegebeur, Jan 78 Radford, Robert 112
Ranke, Ernst 1, 2, 7, 11, 20, 21, 22, 24, 37, 38, 39, 40, 41, 43, 44, 45 Ricca, Davide 116 Robbins, Vernon 80 Rücker, Adolf 77 Sabatier, Pierre XXII, XXIII Sandnes, Karl Olav 66 Schäfer, Karl Theodor 6 Scherrer, Gustav 23 Schneider, Gerhard 67 Schnelle, Udo 5 Schottroff, Luise 160 Schürmann, Heinz 80 Schwartz, Günther 161 Scrivener, Frederick XVI, 77 Sheerin, Daniel 92 Sittl, Karl 107 Sorensen, Eric 133 Sparks, Hedley 6 Stadel, Christian 94 Stone, Robert 102, 122 Stummer, Friedrich 5 Svennung, Josef 103 Tischendorf, Constantin XIX Thielmann, Philipp 30 Tjäder, Jan-Olof 16 Tomlinson, Richard 139 Trémel, Bernhard 161 Väänänen, Veikko 11, 88, 175 Van der Horst, Pieter 66, 80, 115 Verboomen, Alain 86 Vezin, Jean XX Vietmeier, Karl 87 Vogels, Heinrich Joseph XXVI, 94 Von Soden, Hans 2, 6, 107, 122, 128, 131, 132, 155, 167, 175, 181, 200, 207 Wall, Robert 80 Weder, Hans 167 Weissenrieder, Annette 86, 160, 237, 241 Wesenberg, Burkhardt 139 Wiefel, Wolfgang 80 White, Henry Julian XX, XXVIII, 23, 25, 26, 29 Wölflin, Eduard 86
Autorenregister
Wolter, Michael 66, 81, 103, 113, 117, 118, 129, 160, 167, 191, 213 Woods, Edward 115 Wordsworth, John XX, 2, 7, 11, 23, 24, 26, 29, 37, 38, 39, 40, 41, 43, 44, 45, 94, 184, 197
Wright, Roger 31 Ziethe, Carolin 209 Zimmermann, Christiane 240
285
Sachregister Abundantius 8 Allographie 88, 178 Ambrosius von Mailand 4, 6, 9, 138, 142 Anthropomorphismus 115, 139 Apologeten 5 Aramäisch 85, 94, 180 Architektur 103, 122, 139, 175, 239 – atrium XVII, 117, 122, 123 – aula 122, 123, 40 – Bautechnischer Wortschatz 103 – Haus 103, 117, 123, 142, 143, 238 – Hof 192 – monumentum 133 – Metrologie 139 – peristylum 122 – Tor 192 – Synagoge 133, 167, – Tempel 103, 185, 210 – Tür 192, 197 – Wohnblock 184 Aspirat 184 Assimilation 137, 167 Augustinus von Hippo 32, 69, 77, 102, 112, 152 Bildungssystem, römisch 5, 153, 216 Blindlinierung 26, 29, 228 Buchblock 26, 29, 228 Caelius Aurelianus 87 Fn 201, 152, 160, 238–239 Caesar 131, ,239 Celsus 87, 133, 152, 160, 238 Christliche Sondersprache 31, 236 Christologie 127 Cicero 111, 120, 128, 131, 147, 216, 220, 226, 238 Claudius Aelianus 67 Clemens von Rom 5 Codex – Alexandrinus 93, 113 – Amiatinus 24, 25 – Ardmachanus XI, XII, XXII–XXIII, 103 Fn. 248 – Aureus XIII, XXIII, XXVI, 97, 112, 193 – Bezae XVI, XVII, XVIII–XIX, 7, 30, 34–35, 71, 72, 76, 81, 89, 93–94, 100–101, 103, 107, 108, 112, 113, 116, 117, 121–123, 127–28, 132, 137–138, 141, 148, 151, 160–162, 165, https://doi.org/10.1515/9783110752199-009
166, 167, 170, 177–178, 180–181, 183, 196, 197, 200, 202, 207, 210, 216, 220, 223, 232, 233–236, 239, 241 – Brixianus XIX, 2, 81, 101, 202, 223, 233 – Claromontanus XXIV, 180 – Colbertinus XV, XVII, XVIII, XX, XXVIII, 81, 87, 103, 120, 122, 170, 183, 211, 223, 241 – Corbeiensis secundus XX, XXIV–XXVI, 2, 28, 30, 36, 77, 87, 120, 196, 235 – Gatianus XXIII, 77, 88, 112 – Gigas XXIII, XXIV – Liber moliensis XXVI – Monacensis XXVII, 36, 72, 86, 233, 235, – Palatinus XVII, 30, 35, 72, 80, 94, 102, 116, 131, 137, 141, 147, 148, 153, 157, 162, 165–166, 170, 174, 180–181, 183, 191–192, 196, 197, 200, 202, 206–207, 210, 211, 216, 220, 228–229, 230, 231–232, 234, 236, 238–239 – Perpinianensis XXVII, 127 – Rehdigeranus XXV, XXVIII, 36, 69, 88, 104, 108, 112, 113, 120, 233, 235 – Sangallensis XVI, XVII, 7, 72, 86, 112, 165, 196, 229 – Sangermanensis primus XXI, 33, 88, 101, 102 – Sangermanensis secundus XXII – Usserianus primus XXVIII, 70, 86, 93, 100, 103, 120, 121, 157, 202, – Vercellensis XI, XVI, XVIII–XXIX, 2, 3, 7, 10–15, 19, 21, 23, 28–29, 30, 31, 32, 35, 36, 54, 57, 61, 65, 70, 80, 88, 94, 97, 100–101, 108, 113, 115, 123, 132, 141, 148, 152, 153, 155, 157, 159, 162, 165–166, 170, 174, 177, 178, 180, 183, 185, 187, 191, 192, 196, 197, 202, 206, 212, 216, 220, 223, 228, 229, 230, 231–232, 234, 235, 238–239, 240, 242, 244 – Veronensis XIV, XX, XCI, XXIV, XXV–XXVI, XXVIII, 2, 9, 20, 21, 28, 30, 34, 35, 36, 88, 92, 94, 101–103, 107, 128, 132, 155, 160, 170, 180, 197, 232–233, 235 – Vindobonensis XXV, 36, 180, 202, 233, 235, Fn. 511 241 Columban 8 Coniugatio periphrastica 85, 187 Cyprian von Karthago XVIII, 4, 5, 6, 7, 31, 76, 86, 102, 128, 131, 147, 170, 206, 216, 244
288
Sachregister
Dämon 39, 80, 86, 91, 92, 104, 115, 127, 142, 147, 207 – Beelzebub XXII, XXIV, XXVII, 39, 90–92, 94, 104, 106, 107, 108, 111–112, 114, 119, 126 – Böser Geist 132, 133 Fn 324, 142, 160 – Unreiner Geist 132, 133 Diabolus 86, 126, 159 Einfügungszeichen 38 Entphonologisierung 72, 236 Entsonorisierung 32, 88 Erasmus 77 Eusebischer Kanon 17 Eusebius von Vercelli 9, 10, 80 Exorzismus 80, 81, 86, 87, 94, 117–118, 238 Expurgierung 29, 69, 228 Fluchtafeln 101 Fragmenta Sangallensia V, 2, 3, 7, 23, 25–29, 30, 228, 232 Futur 33, 41, 72, 76, 102, 103, 112, 121, 187, 192, 235 Gebet 66, 77–79, 238, 242 – Bitte 66, 67, 79, 238 – Gebetsinstruktion 79 Gott 66, 78, 79, 115, 127, 161, 197, 210, 241 – Gottesprädikation 66, 240–241, 244 – Gottesdienst 8, 31 – Gottheit 78, 91, 242 – Gottesherrschaft 117, 167, 170, 180 Gräzisierung 180, 185, 225 Gräzismus 40, 232, 235 Haplographie 11, 166, 202, 229 Hebräisch XXVIII, 79, 85, 91–92, 94, 108, 112, 185, 225 Heiliger Geist 78, 79, 115 Heilung 81, 87, 127, 157, 160, 162, 167, 238 Hieronymus XIII, XIV, XX, 4, 188, 226, 227, 243 Hyperkorrektur 101, 235 Ignatius von Antiochien 5 Jesus Christus 66, 80, 91, 94, 97, 101, 115, 127, 133, 157, 167, 169, 181, 183, 185, 191, 197, 213, 217, 220, Jerusalem 80, 184, 185, 210, 213, 217, 220, 242 Justin 5
Kaiserpanegyrik 242 Kaiserzeit 66, 88, 101, 237 Kapitel (capitula) XII, XV, XVII, XX–XXII, XXV, 17 Kasuslehre 11, 16, 30, 228 Kasusrektion 69, 92 Kirchenschriftsteller 4, 77, 116, 131, 142, 153 Kloster – Beuron 234 – Bobbio 7, 8 – Chur 1, 7, 8, 9, 21, 23–24, 26, 27, 30, 228 – Reichenau 7, 8 – St. Gallen 8, 23, 24, 26, 29, 30, 228 – Vercelli 3, 7, 8–10, 29, 232, 234 Kodikologie XVIII, 16, 20, 29, 228 Kopftitel 2, 28, 29 Kopist 11, 16, 21, 22, 29, 38, 40, 42, 43, 72, 77, 88, 97, 101, 108, 113, 127, 166, 188, 191, 228, 229, 234, 237 Krankheit 87, 88, 89, 133, 157, 160, 161, 238 Krieg 242 – Brustpanzer 127 – Helm 127 – Kriegsrüstung 121 – Kriegszeit 103 – Schild 127 Lagensignatur 23, 24, 25, 37 Ligatur 17, 45 Logienquelle Q 115, 117, 209 Laktanz 31, 147 Lucifer von Cagliari XIV, 4 Maßeinheit 139 Medizin, römisch 87, 138, 152–153, 160, 238, 239 Modusgebrauch 122, 174 Monophthongierung 32, 77, 87, 88, 97, 235 Nachtragshand 29, 228 Nasalisierung 17, 24, 43, 45, 101 Nexus 17, 24, 43, Nomina sacra XXV, 17, 24, 43, 45 Nordafrika 5, 6 Fn. 41, 31, 147, 229 Oralität 32 Orthographie XXII, 16, 31, 77, 87, 97, 101, 228 Paläographie 2, 16 Fn. 70, 21, 27, 29 Papst Leo, der Große 8
Sachregister
Parallelismus membrorum 39, 78, 129, 178, 206 Partizipialkonstruktion 39, 81, 94, 165, 174 Philon von Alexandria 67, 78, 153 Phonetik 31, 32, 77, 151, 175, 235 Phraseologie 244 Pisaurum 101 Plutarch 67 Poesie 152, 239 Pompeji 88, 152 Präsens 33, 41, 72, 76, 81, 85, 86, 102, 112, 121, 161, 166, 174, 191, 235, 243 Pronominalgebrauch 13, 29, 188 Religiöse Gruppen – Pharisäer 81, 91, 97, 101, 133, 213, 221 – Schriftgelehrte 101 – Volk 142 Satan 81, 93, 94, 97, 117, 127, 160–161, 236 Schlange 37, 67, 78, 239 Schreibmaterial 1, 228 – Pergament XVI, XXI–XXVIII, 18, 37, 39 Schrift – Cauda 18, 19, 39, 41 – Haarstrich 17, 18–20, 41 – Kürzungsstrich 43–44 – Schattenstrich 16, 19, 21 – Satzspiegel 21 – Scriptio continua 16 – Schaftansatz 21 – Schriftraum 16, 21, 26 – Spatium 38, 41–45 – Strichstärke 16, 22 – Unzial XIII, XXIV, 16 Fn. 70, 20–22, 24 Scribonius Largus 87, 87 Fn. 197 u. 198, 133, 238 Semantik 2, 3, 34, 69, 116, 122, 238, 244 Skorpion 67, 79 Soranus von Ephesos 238 Sozialgeschichte 30, 236 Sprache – Ländlicher Charakter 32 – Schriftsprache 32
289
Stadt 8, 9, 101, 184, 185, 225, 242 Strabon 78 Syntax 33, 86, 92, 122, 129, 148, 198, 235, 244 Syllogismus 111 Tacitus 131 Texttyp, – Afra XV, XVIII, 2, 6, 29, 30, 35, 88, 94, 102, 107, 131, 167, 175, 181, 191, 200, 206, 212, 216, 229, 230, 232, 236, 239, 244 – Europäisch XIII, XVIII–XX, XXVI–XXVIII, XXIX, 2, 6, 30, 33, 35–36, 107, 117, 128, 151, 170, 175, 180, 213, 229, 232–233, 235 – Italienisch XIV, XX, XXII, XXIV, XXV, 8, 10 Fn. 56 Textvariante 9, 34, 35, 70, 93, 123, 141, 192 Tertullian 4, 5, 108, 116, 142, 206, 216, 244 Theodorus Priscianus 87, 238 Tintenglosse 38, 43, 44, 81, 93, 104 Übersetzung – christliches Latein V, 3, 31, 67, 88, 138, 224, 236, 241 – frühlateinisch 33, 34, 103, 116, 162, 191, 234 – Late Latin 31 Fn. 104, 196 – Christian Latin V, 3, 31, 67 – Klassisches Latein XV, XXVII, 32, 36, 69, 72, 76, 87, 92, 97, 116, 120–121, 122, 152, 155, 156, 162, 170, 181, 192, 197, 202, 206, 216, 220, 232, 234–236, 238, 239, 243–244 – Sondersprache 31, 236 Valerius Flaccus 242 Vespasian 242, 243 Vulgärlatein V, 152, 234, 236 Vulgata 9, 24, 35, 39, 40, 89, 92, 100, 102–104, 111, 116, 127, 138, 141, 153, 160, 165, 180, 191, 192, 196, 210–211, 220, 229, 232, 239 Weihdenkmäler 101 Zoroastrismus 78