Heiligenviten: Epiphanius von Pavia / Antonius von Lérins. Lateinisch und deutsch 9783534263738, 9783534739608, 9783534739615, 3534263731

Magnus Felix Ennodius (473-521) war einer der bedeutendsten lateinischen Schriftsteller seiner Zeit. Als Mitglied einer

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German Pages 179 Year 2016

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Vita Epifani: Text und Übersetzung
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Heiligenviten: Epiphanius von Pavia / Antonius von Lérins. Lateinisch und deutsch
 9783534263738, 9783534739608, 9783534739615, 3534263731

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TEXTE ZUR FORSCHUNG Band 109

MAGNUS FELIX ENNODIUS DIE BEIDEN HEILIGENVITEN

Vita beatissimi viri Epifani episcopi Ticinensis ecclesiae Vita beati Antoni Lateinisch und deutsch Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von Frank M. Ausbüttel

Für Justus 27.8.2015

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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© 2016 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: COMPUTUS Druck Satz & Verlag, Gutenberg Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-26373-8 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-73960-8 eBook (epub): 978-3-534-73961-5

Inhalt Vorwort  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  7 Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  9 Vita Epifani: Text und Übersetzung   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  29 Kommentar  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  104 Vita Antoni: Text und Übersetzung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  139 Kommentar  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  158 Abkürzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  169 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  171 Register  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  181

Vorwort Ennodius war vor 1500 Jahren einer der produktivsten Schriftsteller seiner Zeit. Unter seinen zahlreichen Werken befinden sich zwei Heiligenviten über den Bischof Epiphanius von Pavia und den Eremiten und Mönch Antonius von Lérins, die verglichen mit ähnlichen literarischen Werken eine vergleichsweise geringe Resonanz in der deutschen Fachliteratur gefunden haben. So liegen bis heute keine Textausgaben mit einer deutschen Übersetzung und einem Kommentar vor. Dies muss um so mehr erstaunen, als es sich bei ihnen nicht um typische Heiligenviten mit vielen Wundererzählungen handelt, sondern um sehr weltlich ausgerichtete Erzählungen, die einen näheren Einblick in das kirchliche Leben ihrer Zeit in Oberitalien bieten. Die vita Epifani enthält zudem wichtige Informationen über die politischen Beziehungen im gallisch-italischen Raum. Die geringe Resonanz der beiden Heiligenviten ist auf die komplexe, geradezu barocke Ausdrucksweise des Ennodius zurückzuführen, die nicht gerade das Verständnis seiner Werke erleichtert. Die vorliegende Übersetzung soll daher helfen, das Verständnis und den Zugang zu den genannten Texten zu erleichtern. Der Schwerpunkt des Kommentars liegt entsprechend der Ausrichtung der beiden Viten auf den historischen Ereignissen und Lebensumständen. Bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, insbesondere ihren beiden Lektoren Herrn Dr. H. Baulig und Frau J. Rietsch, möchte ich mich an dieser Stelle für die Aufnahme der vorliegenden Ausgabe in ihre Reihe Texte zur Forschung und für die Betreuung bei der Drucklegung bedanken. Frau PD Dr. B.-J. Schröder (München) gab mir dankenswerterweise einige wichtige Hinweise. Unvergessen wird mir bleiben, mit welchem Engagement und mit welch profunder Fachkenntnis Frau Prof. Dr. M. T. Mazzilli Savini mich durch die frühmittelalterlichen Kirchen Pavias führte, was mir sehr beim Verständnis der vita Epifani half. Frankfurt-Oberursel, im August 2015 

Frank M. Ausbüttel

Einleitung Leben und Werk des Ennodius In der zweiten Hälfte des 5. Jh.s geriet Italien wie die anderen Gebiete des weströmischen Reiches zunächst unter den Einfluss germanischer Befehlshaber und ab 476 unter die Herrschaft germanischer Könige. Mit ihrem Gefolge bildeten sie zwar eine Minderheit unter der einheimischen, römischen Bevölkerung, aber aufgrund ihrer militärischen Stärke und Erfolge musste die Römer sich mit ihnen arrangieren. Eine weitere Veränderung erfuhr Italien durch die zunehmende Christianisierung des Landes, infolgedessen die katholische Kirche immer mehr an Macht und Einfluss gewann. In fast jeder Stadt gab es einen Bischof, der über eine eigene Gerichtsbarkeit verfügte und der aufgrund seines vor allem durch großzügige Spenden wachsenden Vermögens nicht nur karitativ tätig war, sondern auch Einfluss auf das politische Leben seiner Stadt nahm. Eine Vorrangstellung erlangte um die Mitte des 5. Jh.s der Bischof von Rom, der sich darauf berief, die Würde Petri geerbt zu haben. Allerdings war seine Stellung im Römischen Reich nicht unumstritten, vielmehr befand er sich auch in theologischen Fragen in steter Konkurrenz zu dem Patriarchen von Konstantinopel. Auf dem Konzil von Chalcedon 451 hatte der Bischof von Rom sich mit seiner Auffassung durchgesetzt, dass Jesus Christus und Gott wesenseins seien und in Christus zwei Naturen unvermischt, unverwandelt und ungetrennt bestehen. 482 verkündete jedoch Akakios, der Patriarch von Konstantinopel, gemeinsam mit dem oströmischen Kaiser ein Religionsgesetz, in dem er die Auffassung der Monophysiten, die eine andere Trennungs- und Einheitschristologie vertraten, berücksichtigte. Der Papst verhängte daraufhin 484 den Kirchenbann über den Patriarchen, was den Beginn des Akakianischen Schismas signalisierte und Italien religionspolitisch vom oströmischen Reich trennte. Für Kontinuität im politischen und wirtschaftlichen Leben sorgten indes weiterhin die Senatoren, die aus der Schicht der vermögenden Großgrundbesitzer kamen, in der Verwaltung des Landes die führenden Positionen bekleideten und als Patrone für Städte und Kirchen tätig waren. Überdies prägten einige ihrer Standesgenossen das literarische und wissenschaftliche Leben.

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Einleitung

Einem solchen sozialen Umfeld entstammte der Kleriker und Schriftsteller Magnus Felix Ennodius, der 473 / 474 in Südgallien, wahrscheinlich in Arles, geboren wurde.1 Dort und in Norditalien war seine Familie begütert und stellte im 5. Jh. einige hohe Amtsträger in der Reichsverwaltung und am kaiserlichen Hofe. Ennodius gibt selbst an, dass er mit der Familie des einflussreichen Senators Faustus Niger (cons. 490) und entfernt mit dem Senator Boëthius verwandt war, der zu den bedeutendsten Philosophen seiner Zeit zählte und durch den er mütterlicherseits der mächtigen Familie der Anicii angehörte. Über Ennodius’ Eltern liegen kaum Informationen vor. Da sie früh starben, wuchs Ennodius bei einer Tante in Norditalien, in Ligurien, wahrscheinlich in Pavia, auf, das so zu seiner Heimat wurde.2 Nach dem Tod seiner Tante kam er 489/490, als der Gotenkönig Theo­ derich mit seinem Heer in Oberitalien einfiel, zu einer angesehenen senatorischen Familie, die sich zum christlichen Glauben bekannte, und verlobte sich mit einer ihrer Töchter.3 Bald darauf wandte er sich dem Dienst der Kirche zu. Epiphanius, der angesehene Bischof von Pavia, das damals noch Ticinum hieß, nahm ihn unter seine Kleriker auf und brachte ihm alsbald so großes Vertrauen entgegen, dass Ennodius ihn im Frühjahr 494 auf seiner wichtigen Mission in das Burgunderreich nach Lyon und Genf begleiten durfte. In welcher Funktion Ennodius dem Bischof diente, bleibt unklar, wie sich überhaupt die Anfänge seiner kirchlichen Laufbahn nur schwer rekonstruieren lassen.4 Nachdem Epiphanius am 21.01.497 gestorben war, begab sich Ennodius nach Mailand in den Dienst des dortigen Bischofs Laurentius. Durch ihn kam er in Kontakt mit Papst Symmachus, der sich seit seiner Wahl 1

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Eine erste Übersicht über die Lebensdaten des Ennodius und die Entstehungszeit seiner Werke liefert die PCBE I 620–632; s. ferner Fontaine (1962) 399 ff., Cesa 7–13, Rohr (1995) 2–11, Gioanni (2006) XI–XXX, Schröder 20–31, Kennell (2000) 4 –42; Gillett 148–151, Marconi (2013a) 3–61 mit detaillierten Hinweisen auf den Stand der Forschung; s. ferner Vogel IIff. mit Angabe und ausführlicher Diskussion der Belegstellen. Die umfassendste Darstellung über Ennodius’ Leben anhand seiner Schriften bildet noch immer das 1886 erschienene Werk Maganis (Bd I/ II), der als Priester in Pavia tätig war, bevor er Bischof von Parma wurde. Ennodius berichtet teilweise selbst über sein Leben in dem sogenannten eucharisticum de vita sua (opusc. 5 = Vogel Nr. 438). Vgl. Marconi (2013a) 4 f. In der Forschung ist umstritten, ob Ennodius mit ihr verlobt oder verheiratet war; Schröder 22. Schröder (11–20) hat überzeugend dargelegt, dass Ennodius das eucharisticum de vita sua während seiner Zeit als Diakon schrieb. Die in diesem Werk geschilderte schwere Erkrankung des Ennodius war demnach nicht der Auslöser für seine Entscheidung, Kleriker zu werden. Zu seinen Anfängen als Kleriker Magani I 13, Léglise 220, Schröder 23 ff., Marconi (2013a) 21–25.

Einleitung

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498 einem Gegenpapst gegenübersah, der ebenfalls Laurentius hieß und den eine auf Ausgleich mit Konstantinopel bedachte Partei unterstützte. In dem sogenannten Laurentianischen Schisma spielte Laurentius von Mailand eine führende Rolle als Vermittler. Er half dem Papst sogar mit einem nennenswerten Betrag von 400 Goldsolidi für die ravennatischen Hofbeamten aus, den sich der Bischof wiederum von Ennodius lieh. Allerdings musste dieser jahrelang um die Rückzahlung des Geldes bitten.5 Als Bischof Laurentius im Herbst 502 zu einer zweiten Synode nach Rom reiste, um die gegen den Papst erhobenen Vorwürfe zu klären, begleitete ihn Ennodius, der spätestens zu dieser Zeit zum Diakon geweiht worden sein dürfte. Dieses Amt befreite ihn fürs Erste aus seiner finanziellen Notlage.6 In den folgenden Jahren setzte sich Ennodius für persönliche Anliegen von Mitbürgern, z. B. bei Problemen mit Sklaven und Steuerforderungen, ein und engagierte sich in weiteren kirchenpolitischen Fragen, so vor 507 bei der Besetzung des Bischofsstuhls von Aquileia und nach 508 bei der Übergabe der Reliquien der Mailänder Märtyrer Nazarus und Romanus an die nordafrikanischen Bischöfe. 506 und 510 unternahm er eine Reise nach Gallien, 507 nach Ravenna an den Hof Theoderichs und 508 in die Alpes Cottiae teils in privater, teils in hochoffizieller Mission.7 Als Ennodius 509 nach Rom reiste, um Mitschüler und Freunde aufzusuchen, erkrankte er schwer nach seiner Rückkehr. Ob er während seines Diakonats als Lehrer und Leiter einer Schule des Mailänder Bistums tätig war, ist fraglich.8 Es ist nicht auszuschließen, dass sich Ennodius als Vertrauter des Laurentius Hoffnungen auf dessen Nachfolge auf den angesehenen und einflussreichen Stuhl des Mailänder Bischofs machte, diese sich aber zerschlugen.9 Frühestens Ende 513, spätestens im August 515 wurde er dann zum Bischof von Pavia berufen und trat damit die Nachfolge des Maximus an,10 der Ennodius’ Förderer Epiphanius nachgefolgt war. Während seiner Zeit als Bischof vermittelte Ennodius im Akakianischen Schisma. Als der oströmische Kaiser Anastasius I. wegen seiner monophysitischen Neigungen in Bedrängnis geriet, nahm er Kontakt mit dem neuen Papst Hormisdas, einem Anhänger des Symmachus, auf, woraufhin der Papst 515 in Absprache mit den Bischöfen und Theoderich eine Gesandtschaft nach Konstantinopel schickte. Unter der Leitung des Symmachianers Ennodius stellte sie indes für den Kaiser unannehmbare Forderungen, indem 5 6 7 8 9 10

Lumpe (1969) 18. Schröder 24 f.; zur Beteiligung am Laurentianischen Schisma Lumpe (1969) 16–25. Cesa 1 ff. Schröder 30 ff. Schröder 21. Zu Maximus Lanzani (1987) 414 ff., PCBE II 1475–76.

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Einleitung

sie auf dem Bekenntnis von Chalcedon, der Verurteilung des Patriarchen Akakios und dem Recht des Papstes bestand, über abgesetzte und katholikenfeindliche Bischöfe zu urteilen. Nach dem Scheitern der päpstlichen Gesandtschaft ermahnte Anasta­ sius I. seinerseits 516 den römischen Senat, sich für die Einheit der Kirche beim Papst und bei Theoderich einzusetzen. Es spricht für den Einfluss des Gotenkönigs, dass der Senat dieses kaiserliche Ersuchen nach Rücksprache mit ihm ablehnte. Als sich im Osten immer mehr Bischöfe der katholischen Kirche zuwandten, sandte Hormisdas 517 wiederum eine Gesandtschaft unter der Leitung des Ennodius nach Konstantinopel. Ihr Ziel bestand nicht mehr darin, eine Verständigung mit dem Kaiser herbeizuführen, als vielmehr die orthodoxe Opposition gegen ihn zu stärken.11 Wenige Jahre später starb Ennodius in Pavia, wo er am 17.07.521 in der dem mailändischen Märtyrer Victor geweihten Kirche beigesetzt wurde.12 Seine Biographie weist Ennodius als einen Mann aus, der theologisch gebildet war und sich in aktuellen (kirchen-)politischen Fragen engagierte. Aufgrund seiner Herkunft und Erziehung war er sehr an der antiken Literatur interessiert; er besaß ein breitgefächertes historisches Wissen und kannte sich in den Werken der gängigen »Schulautoren« aus. Entsprechend seinen Interessen und Neigungen ist sein literarisches Werk, das hier nur kurz skizziert werden kann, sehr vielfältig; denn es gibt kaum einen spätantiken Schriftsteller, der ein umfangreicheres Œuvre geschaffen und hinterlassen hat.13 Die Abschriften seiner Werke bildeten die Grundlage für die verschiedenen Handschriften, die Vogel in seiner 1885 erschienenen Gesamtausgabe chronologisch anordnete. Nach dieser Anordnung stammen die überlieferten Schriften aus der Zeit zwischen 496 und 513, also aus der Zeit, bevor er Bischof von Pavia wurde.14

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Zu den nicht sehr erfolgreichen Gesandtschaften des Ennodius Lumpe (1969) 33–36. Den Bau dieser Kirche hatte wohl Ennodius selbst veranlasst; Bartolozzi Casti – Mazzilli Savini 408, Lanzani (1995) 37 ff. Seine Reliquien befinden sich heute in der Apsis der Kirche S. Michele Maggiore auf der rechten Seite neben dem Hochaltar. Dort ist auch das Epitaph zu seinen Ehren angebracht; CL V 6464 = ILS 2952 = Vogel LVIII. Einen guten Überblick über die literarischen Werke bieten Rohr (1995) 5–11, Schröder 31–53. Ob Ennodius aufgrund seiner klassischen Bildung ein Idealist war, der keinen Sinn hatte für die Realitäten des Lebens, ist aufgrund seines vielfältigen Engagements fraglich; Kennell (1992) 237 Vogel XI–XXVIII, Sundwall 1–83, Lumpe (1969) 15, Rohr (1995) 16 ff., Schröder 17 ff. und 28 ff., Marconi (2013a) 143–162. Die Chronologie der Werke bietet immer wieder Anlass zu Detailkorrekturen.

Einleitung

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Als Dichter hat Ennodius 151 Epigramme, unter denen sich Epitaphien und die Beschreibungen von Gegenständen befinden, zwölf Hymnen zu überwiegend christlichen Themen, zwei Reisegedichte und ein Epithalamium mythologischen Inhalts für den Senator Maximus verfasst. Unter seinen Prosawerken fallen vor allem die rund 300 Briefe auf, die Ennodius an staatliche und kirchliche Würdenträger, insbesondere an den Konsul Faustus Niger, sowie an Verwandte richtete. Die Briefe sollten ursprünglich nicht veröffentlicht werden und befassen sich anders, als bei einem Kleriker zu erwarten wäre, kaum mit religiösen Themen. Es handelt sich bei ihnen vor allem um Bittgesuche, Empfehlungsschreiben und Glückwünsche. Eine didaktische und pädagogische Zielsetzung haben die teilweise in Versen verfasste paraenesis didascalica, die auf Fragen der höheren Bildung antwortet, seine 15 Musterreden (dictiones ethicae und controversi­ ae) und die dictiones scholasticae. In den dictiones sacrae geht Ennodius auf bestimmte kirchliche Anlässe, wie die Weihung einer Basilica, den Jahrestag der Ordination des Bischofs Laurentius und das dreißigjährige Amtsjubiläum des Bischofs Epiphanius, ein. Die Weihung der Kerze in der Osternacht ist das Thema von zwei Reden, den benedictiones cerei. Im Auftrag seines Bischofs Laurentius verfasste Ennodius das praeceptum de cellulanis, dem gemäß alle Kleriker mit in der Askese bewährten Personen eine Hausgemeinschaft bilden sollten, um sich so besser vor Anfeindungen zu schützen,15 im Auftrag des Bischofs von Rom ging er in der dictio de haereticis et synodo auf dogmatische Fragen ein. In seinem libellus adversus eos qui contra synodum scribere praesumpserint griff er die Gegner des Papstes Symmachus an, als sie das Ergebnis der Synode im Jahre 502 nicht akzeptieren wollten.16 Im Frühjahr 507 würdigte Ennodius in einem Panegyricus den Werdegang und die Leistungen Theoderichs, der seit 493 unangefochten über Italien herrschte.17 Sein eigenes Leben beschrieb Ennodius im Stil von Augustins confessiones in seinem eucharisticum de vita sua. Das Leben der beiden Heiligen Epiphanius von Pavia und Antonius von Lérins beschrieb er in zwei Viten, die hier näher erläutert werden sollen.

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Ennodius, opusc. 7 (= Vogel Nr. 8); Lumpe (1969) 28 ff., Rohr (1995) 8, Schröder 43 f., Marconi (2013a) 51 ff. Zu dieser Streitschrift Lumpe (1969) 21 ff. S. hierzu jetzt die Textausgaben von Rohr (1995) und Rota.

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Einleitung

Aufbau und Intention der Heiligenviten Nach der vita Ambrosii des Mailänder Diakons Paulinus (um 370 – um 422) ist die vita Epifani die zweite Biographie eines italienischen Bischofs der Spätantike. Wann Ennodius sie verfasste, ergibt sich aus der chronologischen Anordnung der Handschriften sowie aus dem Hinweis, dass Theoderich nach dem Bürgerkrieg keine weiteren Kriege geführt habe. Danach entstand die vita Epifani 504 oder etwas früher, auf jeden Fall wenige Jahre nach dem Ableben des Bischofs Epiphanius 497.18 Zu dessen dreißigjährigem Bischofsjubiläum 496 hatte Ennodius noch ein Gedicht verfasst und sich so mit dessen Lebensweg vertraut gemacht.19 Unklar bleibt, was Ennodius gerade um 504, als kein weiteres Jubiläum anstand, veranlasste die Vita zu schreiben und ob ihn jemand damit beauftragte. Denkbar ist, dass ihn der damalige Bischof von Ticinum Maximus oder auch Angehörige des Hofes in Ravenna, zu dem Ennodius wie seinerzeit Epiphanius gute Kontakte pflegte, darum gebeten hatten. Auf jeden Fall war es für Ennodius ein sehr persönliches Anliegen diese Vita zu schreiben, da Epiphanius ihn unter die Kleriker seiner Kirche aufgenommen und sich ein besonders enges Vertrauensverhältnis zwischen ihnen entwickelt hatte. Das verdeutlicht der kurze Hinweis, mit dem Ennodius die Reaktion seines Bischofs beschrieb, wenn ihn im Schlaf sexuelle Lust erfasste; zudem hatte Epiphanius Ennodius trotz seiner Jugend eine wichtige Aufgabe bei der Befreiung der italischen Kriegsgefangenen aus den Händen der Burgunder.20 Bei allen persönlichen Reminiszenzen ist die vita Epifani in erster Linie eine (kirchen-)politische Schrift und folglich ein historisches Werk. Immer wieder ist betont worden, dass sie sehr weltlich ausgerichtet ist und in ihr im Unterschied zu anderen Heiligenviten Wundererzählungen eine sehr untergeordnete Rolle spielen. In ihrer weltlichen Ausrichtung ähnelt sie den Lebensbeschreibungen des Ambrosius von Mailand, Fulgentius von Ruspe und Germanus von Auxerre, von denen die letztgenannte Ennodius

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Zur Abfassungszeit Cesa 27 ff., PCBE I 622, Vogel XVIII ff., Sundwall 21, Marconi (2013a) 150. Zu Theoderichs Friedenszeit VE 120 Anm. 104; der Hinweis auf den Lyoner Bischof Rustic(i)us (VE 151) ist indes kein sicherer Hinweis für eine Terminierung der vita Epifani, da Ennodius auch über den noch lebenden Bischof Avitus von Vienne (VE 173) in der Vergangenheitsform schreibt; s. hierzu Anm. 136. Barnish (1993, 13) vermutet, dass Ennodius eine frühere Fassung der VE an den Burgunderkönig Godigisel vor dessen Revolte 500 schickte. Ennodius, carm. 1,9 (= Vogel Nr. 43). VE 29 und 171.

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Einleitung

wohl als Vorbild diente.21 Offensichtlich entsprachen solche realistisch ausgerichteten Heiligenviten eher dem literarischen Geschmack der führenden, gebildeten Schichten des römischen Westreiches, wo das Heidentum und die von ihm geprägte Literatur noch eine größere Tradition und ein größeres Gewicht hatten. Welche Intention Ennodius mit seiner vita Epifani verfolgte, ist bereits an deren inhaltlicher Gliederung zu erkennen: Kapitel 1–6 7–20 21–25 26–35 36–42 43–50 51–75 76–78 79 80–94 95–101 101–104 105 106–108 109–121 122–135 136–181 182–189 190–199

Thema Prooemium Jugend, Charakter, Anfänge als Geistlicher Streit mit Burco Tätigkeit als Diakon Ordination als Bischof soziale Fürsorge, Askese Gesandtschaft zu Kaiser Anthemius seine Schwester Honorata Kaiser Glycerius Gesandtschaft zu König Eurich/ Besuch in Lérins Krieg zwischen Orestes und Odoaker Aufbau der Kirchen von Pavia Wundertätigkeit Gesandtschaft zu Odoaker Ticinum im Krieg zwischen Odoaker und Theoderich, Streit mit den Rugiern Gesandtschaft zu Theoderich Bitte Theoderichs, Gesandtschaft zu König Gundobad/ Godigesil Gesandtschaft zu Theoderich Rückkehr und Lebensende

Datierung ab 438/439 ab 458/459 466/467 471

474/475 476

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Wundererzählungen begegnen nur in VE 8, 84, 104 –105 und 177; vgl. Sotinel (1995) 588. Zum Forschungsstand Elm 169 ff. Nach Herrmann-Otto (1995, 201) ist sie »profanste Heiligenvita der Spätantike«. Zu literarischen Vorbildern Gillett 152–156; vgl. Voss 64, Pietrella 219, Kennell (2000) 126. Fontaine (401) sieht die Heiligenviten des Ennodius in der Tradition der laudatio funebris und »des wunderreichen orientalischen Heiligenlebens«. Vgl. die Gliederung von Cesa 28–30, Sotinel (1995) 605; Marotta Mannino (1995) 612 ff., Gillett 152–153.

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Einleitung

Abgesehen von dem Prooemium besteht die vita Epifani aus zwei größeren Abschnitten: 1. die Herkunft und geistliche Laufbahn des Epiphanius (VE 7–50), 2. dessen Gesandtschaften zu bedeutenden Herrschern in Italien und Gallien (VE 51–199).23 Anhand des ersten Teils lässt sich wie bei kaum einem anderen Kleriker der damaligen Zeit seine Laufbahn rekonstruieren. Mit fast 8 Jahren wurde Epiphanius 446/447 lector ecclesiasticus, 454/455 exceptor, 458/459 dia­ conus und schließlich 466/467 mit 28 Jahren episcopus.24 Aber Ennodius ging es nicht in erster Linie darum, den schnellen Aufstieg seines Heiligen hervorzuheben. Diese »Einführung« in die kirchliche Welt seines Protagonisten ist in einem engen Zusammenhang mit dem zweiten weitaus längeren Teil zu sehen. Ennodius’ Ziel ist es nämlich, dem Leser der damaligen Zeit einen neuen idealtypischen Politiker christlicher Prägung vor Augen zu führen.25 Im Gegensatz zu einem Senator wird die vornehme Herkunft des Epiphanius nur angedeutet,26 entscheidend sind dagegen seine christliche Herkunft, himmlische Wunderzeichen, die seine besondere Qualifikation ankündigen, und vor allem seine persönlichen Eigenschaften; denn Epiphanius war ein Mann mit einer seiner hohen und schnellen Auffassungsgabe und einem hervorragenden Gedächtnis, der keusch und asketisch lebte und auch als Bischof nur einfache Speisen zu sich nahm und sich nicht scheute, Strapazen auf sich zu nehmen.27 Zu seinen hervorstechenden Charakterzügen zählten Höflichkeit, Hilfsbereitschaft und Zurückhaltung, sodass er Ehrungen durch weltliche Herrscher mied und sich unablässig für die Armen einsetzte. Askese und Bischofsamt standen bei ihm nicht im Widerspruch.28 Und darüber hinaus besaß Epiphanius ein makelloses äußeres Erscheinungsbild, das nicht nur für seine Tätigkeit als Priester eine Voraussetzung war, sondern sein charismatisches Auftreten betonte.29 Ähnlich wie Jesus gab er den Menschen Hoffnung und Zuversicht durch seine Krankenheilungen, Gebete und Predigten und ließ sie so erfahren, dass die Güte Gottes bereits heilend am Werke ist und es sich lohnt für gerechtere Verhältnisse einzusetzen. 23 24

Zur »Zweiteilung der Vita« Elm 175 f. VE 8, 9–10, 26 und 36–42; zu seiner Tätigkeit als subdiaconus/ levita VE 18 Anm. 13. 25 Voss 64, Sotinel (1995) 597 f., Gallistl (2000) 14 ff.; Pietrella (221) spricht vom Typ des santo »politico«. 26 Zur Diskussion über Herkunft und Familie VE 7 und 76–77 Anm. 5, 66, 67. 27 Zu seiner Auffassungsgabe VE 9 ff., asketischen Lebensweise VE 28 ff., 47 ff. und 92; zu den Strapazen, die er z. B. auf seinen Reisen auf sich nahm, VE 83, 124, 147 ff., 184 und 191. 28 VE 10, 75 und 179. 29 VE 13 und 16. Elm (175) verweist auf die Übereinstimmung mit Sueton hinsichtlich der »rubrizierenden Darstellungsweise«.

Einleitung

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Aufgrund seiner geistigen Bildung und rhetorischen Fähigkeiten konnte es Epiphanius mit jedem gebildeten Senator aufnehmen, im Gegensatz zu den weltlichen Politikern war er aber kein von Ehrgeiz getriebener Karrierist. Seit seinem achten Lebensjahr lernte er sukzessive den Aufbau seiner Kirche kennen, allerdings drängte es ihn nicht in die verschiedenen Ämter, vielmehr wurde er in sie berufen. Mit seinem Bischof und geistlichem Ziehvater Crispinus lebte er im Einklang und nutzte ihn nicht aus, als er im Alter gebrechlich war. Obwohl mehrere fähige und vorbildliche Kleriker die Leitung des Bistums hätten übernehmen können, erfolgte die Berufung des Epiphanius zum Bischof von Pavia in einmütiger Zustimmung mit den mächtigen Senatoren in Mailand und der Bevölkerung. Von Ennodius wird er zwar wie ein Weltbeherrscher als totius orbis episcopus gefeiert, doch will Epiphanius als Bischof nicht herrschen, sondern in Demut seiner Gemeinde dienen.30 Der kirchliche Hintergrund bedeutete indes noch nicht, dass Epiphanius bei seinen Gesandtschaften grundsätzlich anders auftrat als ein römischer Senator. Erinnert sei hier an die Gesandtschaft, die der Patricius Severus 474 im Auftrag Kaiser Zenos zu dem Vandalenkönig Geiserich durchführte. Auch Severus wird für seine Zurückhaltung und seinen Sinn für Gerechtigkeit gerühmt und beeindruckte Geiserich durch seine Vernunft und die Weigerung großzügige Geschenke anzunehmen.31 Die rednerische Begabung seines Heiligen hebt Ennodius mit den vielen Reden hervor, die insbesondere den zweiten Teil der vita Epifani prägen. Indem er Epiphanius ausführlich zu Wort kommen lässt, stellt er ihn auf dieselbe Stufe mit bedeutenden Senatoren, die wie Theoderichs Berater Urbicus an Cicero geschult waren.32 Gleichzeitig greift Ennodius eine allgemeine Entwicklung der damaligen Zeit auf, da immer mehr Angehörige der Führungsschicht hohe kirchliche Ämter übernahmen und so das Ideal des Redners in die Kirche trugen.33 Hierfür ist Ennodius mit seiner Begeisterung für die Rhetorik, mit der er sich in verschiedenen Schriften befasste, selbst das beste Beispiel.34 Epiphanius’ rhetorisches Talent zeigt Ennodius nicht anhand von Predigten auf, sondern am Beispiel von dessen Tätigkeit als Gesandter. Die Durchführung von Gesandtschaften war keine Besonderheit des 5. Jh.s, sondern ein im Römischen Reich gängiges Mittel der Kommunikation. Städte und Provinzen tauschten sich auf diese Weise von jeher mit den 30 31 32 33 34

VE 37 ff., 41 und 44, vgl. VE 193. Nach Elm (171) stellte Epiphanius den »Idealtyp des puer senex« dar. Malchus fr. 5 (Blockley), Gillett 159 ff. Zu Urbicus VE 135; vgl. Leo und Laconius VE 85 und 168. Piétri 467. Vgl. Barnish (2003) 20 ff., Marconi (2013a) 60 ff.

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Statthaltern, dem Senat und dem Kaiser aus. Mit der Entstehung von Germanenreichen auf römischem Territorium seit dem frühen 5. Jh. und der damit einhergehenden Fragmentierung von Herrschaft bildete sich eine zusätzliche Kommunikationsebene aus zwischen den Höfen der germanischen Herrscher bzw. dem kaiserlichen Hof und einem Germanenfürsten. Epiphanius war gerade auf dieser Ebene tätig: Zum einen vertrat er die Interessen seiner Heimat Ligurien gegenüber einem einzigen Herrscher (Kaiser Anthemius, König Odoaker, König Theoderich), zum anderen vermittelte er zwischen Herrschern (Kaiser Nepos – König Eurich, König Theoderich – König Gundobad). Gesandtschaften zu Statthaltern oder kirchliche Missionen zu benachbarten Bistümern führte Epiphanius offensichtlich nicht durch; nur beiläufig wird erwähnt, dass er auf seinen Reisen das Kloster Lerinum und andere Bischöfe aufsuchte.35 Ganz gleich, ob er vor einem »barbarischen« oder römischen Herrscher auftrat und seine Bitten vortrug, Epiphanius tat dies immer in derselben Art und Weise. Er präsentierte sich als ein pacis suasor, concordiae auctor oder mediator, der mit seiner »geistlichen Macht gottlose Pläne aufspüren und ersonnene verbessern« kann.36 In einer Welt, die von existentieller Not und brutaler Gewalt geprägt war, trat er als ein Vermittler auf, der sich für seine Mitmenschen, insbesondere für seine Heimat einsetzte und unermüdlich nach Eintracht strebte.37 Besonders aufschlussreich für das Verhältnis von Kirche und Staat, geistlichem und weltlichem Herrscher ist die Rede, die Epiphanius auf seiner bedeutendsten Mission vor dem Burgunderkönig Gundobad, der als Mann des Krieges dargestellt und charakterisiert wird, hielt.38 Nach einem sehr einschmeichelndem Beginn (inexplicabilis, probatissime princeps, vestri amor) und der Betonung der Mühsal seiner winterlichen Reise hebt Epiphanius die Macht eines Priesters gerade beim Gottesgericht hervor und legt durch christliche Paradoxa (z. B. nemo maius accipiet quam qui nihil acceperit) die Vorteile eines großzügigen Verhaltens dar. Dann schildert er Vergehen der Burgunder, zeichnet aber von Gundobad das Bild eines guten und gerechten Königs, der angeblich nichts von den Schandtaten seiner Gefolgsleute wusste.39 35 36 37

38 39

Gillett 4 ff., 274. Zur Zunahme bischöflicher Gesandtschaften Pietri 452 ff.; es gab aber auch Senatoren, die in religiösen Fragen intervenierten. VE 70, 165; Gillett 156. Diesen Aspekt lässt Wiemer (593  ff.) in seiner Analyse der ostgotischen Herrschaft außer Acht. Deren Bezeichnung als »Gewaltgesellschaft« ist so zutreffend wie falsch zugleich, weil Gewalt ein gängiges Phänomen in Gesellschaften ist. VE 154 –163, 165. VE 154, 154 –156, 157–162.

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Bei der Beschreibung seiner vielfältigen Missionen betont Ennodius immer wieder, wie erfolgreich Epiphanius bei seinen Verhandlungen war. Doch stellt sich angesichts solcher Erfolge die Frage, wie glaubhaft und umfassend seine Berichte sind. Bei deren genauer Betrachtung fällt auf, dass viele interessante und wichtige Umstände verschwiegen und außer Acht gelassen werden; denn es ging Ennodius nicht so sehr um eine exakte Geschichtsschreibung, die die Hintergründe, Ursachen und Folgen eines Geschehens aufdeckt, sondern eher um die positive Darstellung der von ihm geschilderten Person.40 Dies wird bereits in der Geschichte über den Bauern Burco deutlich, der dem noch nicht zwanzigjährigen Epiphanius, als er in einem Grenzstreit zwischen ihm und der Kirche vermitteln wollte, mit einem Knüppel schwer verletzte. Wie der Streit ausging, berichtet Ennodius nicht, dafür hebt er hervor, dass Epiphanius mit seinem ihm eigenen Gleichmut den Bauern fair behandelte und ihn davor bewahrte, für seine Straftat gelyncht zu werden.41 In der Schilderung der Auseinandersetzung zwischen dem weströmischen Kaiser Anthemius und dessen Schwiegersohn Rikimer wird der eigentliche Hintergrund des Streites ebenso verschwiegen wie die Tatsache, dass die Vermittlung des Epiphanius ohne nachhaltige Wirkung blieb; denn bereits ein Jahr später brach der Bürgerkrieg zwischen den beiden Kontrahenten erneut aus.42 Ähnlich verfährt Ennodius bei dem Bericht über die nächste Mission zu dem Westgotenkönig Eurich. Hier übergeht er die Tatsache, dass vor und nach Epiphanius eine Gesandtschaft den König aufsuchte. Die politischen Umstände, die Kaiser Nepos zum Einlenken gegenüber dem Goten bewegten, werden ebenso wenig wie die Bedeutung des Friedensabkommens nicht erläutert.43 Bei seiner ausführlichen Darstellung der Mission zum Burgunderkönig Gundobad geht Epiphanius erst relativ spät auf die geplante Ehe zwischen Gundobads Sohn Sigismund und Theoderichs Tochter Ostrogotho ein (VE 163).44 Der eigentliche politische Zweck dieser Gesandtschaft, das Bündnis zwischen Burgundern und Ostgoten, wird nur am Rande erwähnt. Weitere diplomatische Kontakte, wie z. B. die des Papstes Gelasius zu 40

41 42 43 44

Vgl. Voss 54 ff. zum Verhältnis von Historiographie und Hagiographie. Als Vergleich bietet sich hier der Panegyricus auf Theoderich an, in dem Ennodius ebenfalls auf die Darstellung bestimmter Ereignisse verzichtete, die nicht gerade positiv für seinen »Helden« ausfielen; s. z. B. die Ermordung Odoakers; Rohr (1995) 61 f. VE 23–25. Vgl. VE 75 Anm. 63. VE 82 Anm. 72. Zur Gliederung der Rede Cesa 201.

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dem Lyoner Bischof Rustic(i)us oder der beiden Germanenkönige über die Hochzeit ihrer Kinder, werden gar nicht erwähnt. Im Mittelpunkt der Darstellung steht die Glorifizierung der Vermittlung durch einen Mann der Kirche, die sich in misericordia und clementia äußert. Epiphanius’ Handlungsweise ist indes nicht neu, vielmehr handelte er ganz im Sinne einer Vorstellung von Kirche und Staat, wie sie seit dem späten 4. Jh. in dem Verhältnis zwischen Ambrosius und Theodosius I. deutlich wurde und wie sie Papst Gelasius I. 494 in seiner Zweigewaltenlehre formulierte. Der Bischof steht in der Verantwortung für die Gemeinschaft der Gläubigen, die weltlichen Herrscher können von ihm nur lernen.45 Aber Ennodius geht es in seiner Vita um mehr: Er stellt Epiphanius als einen Mann dar, der den barbarischen Invasoren als einzelne Person erfolgreich trotzt und der mehr aufzubauen vermag, als ein Heer zerstören kann.46 Dabei scheut er nicht vor einer ganz ungewöhnlichen und übertriebenen Glorifizierung zurück, indem er den größten Erfolg seines Protagonisten, die Befreiung der italischen Kriegsgefangenen aus dem Burgunderreich, über den Erfolg Alexanders des Großen, des pacator orbis, stellt.47 Eine besondere Bedeutung kommt in der vita Epifani dem Gotenkönig Theoderich zu, der als rex eminentissimus und rex praestantissimus glorifiziert48 und von vornherein als Sympathieträger verklärt wird, weil er sofort die besonderen Fähigkeiten des Epiphanius erkannte und ihn ohne Einschränkung unterstützte. Warum sich der katholische Bischof aber dem arianischen Gotenkönig zuwandte, obwohl dessen Erfolg bei seinem Einmarsch in Oberitalien nicht sogleich zu erkennen war, bleibt unerwähnt.49 Dass Theoderich Epiphanius bei der Gewährung von Straffreiheit für ehemalige Gegner nicht voll und ganz zustimmte, fällt angesichts der wortreichen Schilderung des Ennodius kaum auf. Hier zeigt sich eine weitere, vor allem politische Intention des Verfassers. Als vorbildlicher Kirchenmann lebte Epiphanius im Einklang mit dem neuen Machthaber, der wiederum die katholische Kirche schonte.50 In der zweiten Hälfte der vita Epifani wird somit die Lobrede vorweggenommen, die Ennodius wenige Jahre später 507 auf Theoderich verfasste.51 Eine weitere lokalpolitische Wirkung der vita Epifani darf nicht übersehen werden. Unausgesprochen rückte durch sie Pavia, das damals noch Ticinum hieß, in den Mittelpunkt. Die Stadt erlebte in der Spätantike 45 46 47 48 49 50 51

Ullmann 198–212, Ensslin (1955) 662. VE 100. VE 175–176; s. hierzu Gallistl (2000) 14. VE 109, 122, 131, 136, 147. S. hierzu VE 109–110 und 136. Vgl. hierzu Ausbüttel (2012) 92–107. Vgl. Navarra (Contributo 1974) 326 und Rota 42 f.

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und dann vor allem unter dem Gotenkönig Theoderich einen ziemlichen Aufschwung. Verkehrsgünstig an einer wichtigen Straßenkreuzung und an einem schiffbaren Fluss nicht unweit vom Po gelegen, besaß sie zunächst nur eine Garnison, seit dem späten 3. Jh. eine bedeutende Münzprägestätte und seit dem Ende des 4. Jh.s eine Manufaktur zur Herstellung von Bogen, stand jedoch bis zum Ende des 5. Jh.s im Schatten der nahen Provinzmetropole Mailand, die bis 402 noch kaiserliche Residenzstadt gewesen war.52 Das änderte sich unter Theoderich, der in Ticinum nicht nur eine seiner oberitalischen Residenzen erbauen ließ, was das Stadtbild erheblich beeinflusste, sondern die Stadt auch mit Thermen und einem Amphitheater ausschmückte und für eine Erneuerung der Stadtmauer sorgte.53 Sicherlich belohnte der Gotenkönig mit diesen Maßnahmen die Stadt für ihre Treue während des Bürgerkrieges gegen seinen Rivalen Odoaker. Er hätte aber die damit verbundenen Kosten und den großen Aufwand nicht gescheut, wenn er nicht erkannt hätte, dass Ticinum ein günstiger Ausgangspunkt war, von dem man relativ schnell nach Gallien und Mittelitalien, insbesondere nach Rom gelangte. Dies hatte wiederum Epiphanius mit seinen vielen Gesandtschaften unter Beweis gestellt, durch die Ticinum geradezu zu einem Zentrum der italischen Diplomatie wurde.54 Gerade die Kontakte nach Gallien, wo die neu entstandenen Germanenreiche eine Bedrohung für die Apenninhalbinsel darstellten, waren besonders wichtig. Und es mag dies auch einer der Punkte gewesen sein, weshalb ihm als Bischof Maximus mit seinen Kontakten nach Gallien und Ennodius mit seiner gallischen Herkunft nachfolgten.55 Immerhin griff Theoderich ab 508 verstärkt in Gallien ein, wo er sich einen Teil der ehemals westgotischen Gebiete sicherte.56 52

Zur Bedeutung Ticinums Cracco Ruggini 277 ff., Majocchi 17 ff.; zum Bedeutungsverlust Mailands H. Leppin, RAC 23 (2009) 1159 ff. und 1163. Nach VE 53 residierte Rikimer noch in Mailand. Epiphanius musste sich anlässlich seiner Bischofsweihe nach Mailand begeben; VE 41–42, vgl. Sotinel (1995) 594. 53 Anon. Val. 71; Agnellus, lib. Pont. 94. In Pavia fand 524 auch der Prozess gegen Boëthius statt; Anon. Val. 87; Bullough 85, 87, 92. Die Stadtmauer war 3,1 km lang. Vgl. ferner die Bemerkung in VE 121 über Epiphanius’ Bemühung zur Erneuerung der Bürgerschaft Pavias. 54 Vgl. Cracco Ruggini 302 ff. Wie Amory (118 ff.) kann man hierin »the emergence of regional loyalties within the former empire« sehen, in erster Linie ging es aber darum, Pavia voranzubringen. 55 Maximus stand wahrscheinlich mit dem bedeutenden Bischof Avitus von Vienne in Kontakt, dem auch Epiphanius begegnet war; PCBE II 1475; Gillett (169), der betont, dass Epiphanius vorwiegend regionale Interessen vertrat, übersah diesen Aspekt. 56 Ausbüttel (2012) 121 ff.

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Nach der Darlegung der der vita Epifani zugrundeliegenden Intentionen stellt sich die Frage, auf welcher Quellengrundlage Ennodius sie verfasste. Obwohl er in ihrer Einleitung verspricht, Zeugen (testes) für die Taten seines Bischofs zu nennen, macht er im weiteren Verlauf seiner Biographie keine näheren Quellenangaben.57 Vieles dürfte ihm Epiphanius aufgrund ihres Vertrauensverhältnisses selbst berichtet haben, insbesondere den Inhalt seiner Reden, deren detaillierte Wiedergabe für eine Bischofsvita ungewöhnlich ist.58 Bestimmte Ereignisse, wie die Gesandtschaft zu den Burgundern, hatte Ennodius selbst erlebt und beschrieb sie als Augenzeuge. Aber auch der Mailänder Bischof Laurentius, der Epiphanius 493 zu Theoderich begleitete, kann Ennodius als Gewährsmann gedient haben.59 Bei Angaben über die Anfänge von Epiphanius’ klerikaler Laufbahn und den Wiederaufbau der Kirchen von Pavia dürfte Ennodius das »Archiv« des Bistums benutzt haben.60 Wie die vita Epifani rezipiert wurde, lässt sich nicht mehr genau sagen. In der Literatur finden sich nur wenige Hinweise auf sie. Paulus Diaconus, der aus einer angesehenen langobardischen Familie in Oberitalien stammte und sich höchstwahrscheinlich am Königshof in Pavia aufhielt, ist der einzige Schriftsteller des Frühmittelalters, von dem bekannt ist, dass er sie benutzte; seine vor 774 verfasste Historia Romana weist mehrere Bezüge zu ihr auf.61 Die Autoren der beiden Schriften transitus Sancti Epiphanii und translatio Sancti Epiphanii, die vor 893 bzw. nach 984 entstanden, haben ebenfalls auf die vita Epifani zurückgegriffen. Die große Verehrung, die Epiphanius in seiner Heimat zuteil wurde, spricht für eine häufige Lektüre seiner Vita. In der translatio Sancti Epiphanii wird er nach dem ersten bekannten Bischof Surus (Syrus), einem Enkelschüler des Apostelfürsten Petrus, als der bedeutendste Heilige Pavias aufgeführt, der aufgrund seiner Tugenden allen als Vorbild diente. Seine Rolle als mächtiger Schutzpatron, der sich erfolgreich für seine Gemeinde einsetzte, war dann 962/ 963 einer der wesentlichen Gründe für die Translation eines großen Teils seiner Reliquien über die Alpen nach Hildesheim.62

57 58 59 60 61 62

VE 6. Elm 172. Zu Laurentius’ Teilnahme an der Gesandtschaft VE 123–124. Vgl. Vogel XVIII. Paulus Diaconus, HR 15,3.5.8.16–19. Gallistl (2000) 55 ff. und (2006) 123 ff., Giese 520 ff.; Text und Übersetzung der translatio Sancti Epiphanii Kap. 7 Gallistl (2000) 154 –160; zu Surus PCBE II 2140. Auf die Verehrung des Epiphanius dürfte auch die relativ häufige Verbreitung seines Namens unter Klerikern im 6. Jh. zurückzuführen sein; PCBE I 637–655.

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Nach der vita Epifani schrieb Ennodius die vita Antoni, die allerdings keine konkreten Angaben über ihre Entstehungszeit enthält. Folgt man der chronologischen Anordnung der Werke des Ennodius, dann wäre sie um 506 entstanden. Wenn dieses Datum zutreffen sollte, dann müsste Antonius, der nach Ennodius ein hohes Alter erreichte, vor 446 geboren worden sein. Diese Überlegung lässt sich allerdings nicht mit der These in Einklang bringen, nach der der in der vita Antoni erwähnte Senator Severinus mit dem in Noricum wirkenden heiligen Severin identisch ist; denn der heilige Severin starb 482 und nach Ennodius’ Angabe war Antonius zu der Zeit, als Severinus starb, noch ein junger Mann. Das chronologische Problem ließe sich lösen, wenn man die Abfassungszeit der vita Antoni in die Zeit um 520, also kurz vor das Lebensende des Ennodius datiert oder davon ausgeht, dass Antonius sich nicht in die Obhut des heiligen Severin begab.63 Hinsichtlich Umfang und Inhalt unterscheidet sich die vita Antoni deutlich von der vita Epifani, wie ein Blick auf ihre Gliederung zeigt:64 Kapitel 1–5 6–14 15–17 18–37 18–24 25–29 30 31 32–33 34–37 38–41 42

Thema Prooemium Herkunft, Jugend, Erziehung als Geistlicher Reise nach Oberitalien Leben als Eremit Rückzug auf einen Berg Enttarnung eines Mörders zahlreiche Besuche Ortswechsel Vertreibung wilder Tiere Entscheidung für das Klosterleben in Lérins Lebensende in Lérins Schlusswort

Datierung 446–482 ?

504–520 ?

Am Anfang stimmen die beiden Heiligenviten vita Antoni und vita Epifa­ ni in ihrer Konzeption noch überein. Nach einer fast gleichlangen Vorrede wird der Heilige Geist angerufen und die Herkunft sowie die kirchliche Erziehung des Heiligen beschrieben. Anders als Epiphanius entschied sich Antonius aber nicht für die Laufbahn eines Geistlichen, sondern für ein Leben als Eremit. Dessen Schilderung bildet den eindeutigen Schwer63 64

Zur chronologischen Reihenfolge der Werke Rohr (1995) 16 ff., Gioanni (2006) CXLVII; s. zur Diskussion über die Lebensdaten des Antonius VA 9 Anm. 14; s. ferner VA 13 Anm. 20. Vgl. Buzzetti 16–50, Schöffberger 24.

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punkt der vita Antoni und veranlasste Ennodius zu einer anderen Form der Darstellung. Da das Leben eines Eremiten nicht so ereignisreich ist wie das eines Bischofs, boten sich für ihn kaum Möglichkeiten für längere Erzählungen. Neben der Darstellung der asketischen Lebensweise berichtet Ennodius lediglich ausführlich darüber, wie Antonius aufgrund seiner Menschenkenntnis einen Mörder enttarnte, der sich ihm anschließen wollte, und einen Bären vertrieb. Das wenig ereignisreiche Leben des Antonius verleitete indes Ennodius nicht dazu, seinem »Helden« irgendwelche Wunder zuzuschreiben.65 Hier ist er seinem Grundsatz einer realitätsbezogenen Darstellung treu geblieben. Im Vordergrund steht für Ennodius das Ringen des Antonius um ein tugendhaftes Leben als miles Christi. Während Epiphanius offensichtlich keine nennenswerten Probleme hatte, als Bischof mit seinem Ruhm fertig zu werden, wehrte sich Antonius mit aller Macht dagegen, durch sein anachoretisches Leben, das ihm hohes Ansehen und Verehrung einbrachte, dem Hochmut zu verfallen.66 Deshalb entschied er sich schließlich doch für ein Leben im Kloster. Dieser schwerwiegende Entscheidungsprozess wird von Ennodius relativ ausführlich und anschaulich geschildert. Dadurch wird seine Vita aber noch nicht zu einer »Tendenzschrift für die koinobitische Form des Askese«.67 Zum einen war für Antonius’ Entscheidung sein hohes Alter ausschlaggebend, zum anderen wird sein Leben in dem Kloster Lerinum zwar glorifizierend, doch wenig konkret dargestellt. So stellt sich die Frage, welche Absicht Ennodius mit der vita Antoni verfolgte. Dem Leben von Einsiedlern und Asketen stand Ennodius keineswegs ablehnend, sondern positiv gegenüber, wie seinem Zellulanendekret zu entnehmen ist.68 Am Ende seiner Heiligenvita gesteht er auch ein, wie sehr er Antonius bewunderte.69 Seine Vita oder irgendwelche anderen Schriften enthalten aber keinen Hinweis darauf, dass er ihn persönlich kannte, wie es bei Epiphanius der Fall war, und dass er eingehende Untersuchungen über ihn anstellte.70 Das mag einer der Gründe dafür sein, dass die Angabe historischer Fakten recht vage und ungenau bleibt.71 Die Intention des Werkes wird letztlich einigermaßen ersichtlich, wenn man den Anlass für seine Abfassung berücksichtigt. Gleich zu Beginn der vita Antoni bemerkt Ennodius, dass er sie im Auftrage eines ehrwürdigen Abtes

65 66 67 68 69 70 71

Marotta Mannino (1989) 354. Marotta Mannino (1989) 348 ff. Brunert 299. S. hierzu S. 13. VA 42. Rohr (2001) 112. Vgl. Kommentar zu VA 7–17.

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namens Leontius schrieb.72 Da Antonius im Kloster Lerinum starb, wird gemeinhin angenommen, dass Leontius diesem Kloster vorstand und in seiner Funktion als Abt Ennodius um die Biographie eines seiner Mönche bat. Diese Begründung erscheint auf den ersten Blick einleuchtend, da Ennodius aufgrund seiner gallischen Herkunft, über seine Bekanntschaft zu Epiphanius, der 474/475 Lerinum persönlich aufgesucht hatte,73 und über seine Verwandte Archotamia, deren Sohn als Mönch in Lerinum lebte,74 Beziehungen zu Lerinum besaß. Doch muss es verwundern, dass der Abt eines so renommierten Klosters, das als Zentrum der gallischen Geistlichkeit galt, in den eigenen Reihen keinen geeigneten Mönch fand, der bereit gewesen wäre, das Leben eines Mitbruders aufzuzeichnen,75 sondern sich an einen Geistlichen wandte, der stark in die Angelegenheiten der italischen Kirche involviert war. Zudem verbrachte Antonius nur die letzten beiden Lebensjahre in Lerinum, ohne etwas für das Kloster bewirkt zu haben, was einer eigenen Darstellung wert gewesen wäre. Dass er durch seine demütige und asketische Lebensweise offensichtlich eine große Anziehungskraft auf andere ausübte,76 reicht als Begründung für eine eigene Vita nicht aus. Der Abt von Lerinum hätte Ennodius auch detaillierter über Antonius’ Aufenthalt informiert, was offensichtlich nicht geschah; denn dessen Bericht über Antonius’ Zeit in Lerinum ist eher nichts sagend und voller Gemeinplätze.77 Informativer und ausführlicher ist dagegen der Bericht über Antonius’ Leben im Umkreis des Comer Sees, wo er die meiste Zeit seines Lebens an drei Orten verbrachte: zuerst im Veltlin, dann auf einem Berg nahe der Kapelle San Fedelino am Lago di Mezzola und schließlich auf einem nicht zu lokalisierenden Berg. An seinen beiden Rückzugsorten übte Antonius eine große Anziehungskraft auf die Bewohner der Umgebung aus, sodass sich, was Ennodius nur beiläufig erwähnt, zweimal eine klösterliche Gemeinschaft Gleichgesinnter bildete.78 Die Vermutung ist daher naheliegend, dass Leontius einer Kommunität am Comer See bzw. im Veltlin vorstand und ein besonderes Interesse daran hatte, die 72 73

74 75 76 77 78

VA 4 und Ennodius, epist. 5,6 (= Vogel Nr. 218). VE 93. Ob Eugippius, der Verfasser der vita Severini, sich zeitweise in Lerinum aufhielt und deshalb Ennodius zu der VA anregte, ist fraglich, zumal beide Autoren während des Laurentianischen Schismas den gegensätzlichen Parteien angehörten; Schwarcz 26 ff., Rohr (2001) 109 und 117–121. Zu Archotamia Ennodius, epist. 7,14 (= Vogel Nr. 319); Magani I 76, Prinz 55, Lumpe (1969) 33), Jenal 21, Rohr (2001) 111 f., Schröder 270, Marconi (2013a) 137 ff. Vgl. Brunert 286. VA 40. VA 38–41. VA 27, 28 und 38.

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Erinnerung an einen vorbildlichen Geistlichen aufrechtzuerhalten.79 Der wortgewandte Ennodius im nicht weit entfernten Mailand war für ihn der ideale Ansprechpartner, da er die asketisch-monastische Lebensweise in Ligurien propagierte. Ennodius wiederum konnte es nur recht sein, einen Heiligenkult in der eher entlegenen Bergregion im Norden des Comer Sees zu initiieren und beschrieb seinen Heiligen nach dem Vorbild des gleichnamigen Wüstenvaters und Eremiten Antonius.80 Dass er sich nur am Anfang einer Reihe von weiteren Erzählern über das Leben des Antonius sah, gesteht Ennodius am Ende seiner Vita selbst ein, indem er freimütig bekennt, dass es noch weitere Taten gäbe, die über Antonius zu berichten wären, und somit indirekt zugibt, dass sein Werk keineswegs vollständig sei und noch einiger Recherchen bedürfe.81 Jedoch etablierte sich anders als bei Epiphanius für Antonius kein länger anhaltender Kult – weder in den Diözesen Como oder Mailand noch in Lérins.82 Textausgaben und Übersetzungen Die beiden Heiligenviten des Ennodius sind bereits mehrfach ediert worden. Die vorliegende Version folgt größtenteils der allgemein anerkannten Ausgabe von Vogel in den Monumenta Germaniae Historica. Abweichungen und Varianten zu dieser Ausgabe sind in den Fußnoten angegeben. Für die vita Epifani liegen bereits eine deutsche Übersetzung von Fertig (1860), eine englische von Cook (1942) und eine italienische von Magani (1886)83 und Cesa (1988) vor. Fertigs Übersetzung ist allerdings unvollständig, da sie einige Textpassagen nicht berücksichtigt und oft den Inhalt lediglich paraphrasiert. Cesa kommt das Verdienst zu ihrer genauen Übersetzung einen ausführlichen, eher philologisch ausgerichteten Kommentar beigefügt zu haben. Die vita Antoni übersetzten Magani (1886)84 und Buzzetti (1904) in das Italienische. Buzzetti versah seine Übersetzung mit wenigen kritischen Anmerkungen. Schöffberger (1987) legte in seiner nicht publizierten Diplomarbeit, der die vorliegende Arbeit einige Anregungen verdankt, eine deutsche Übersetzung mit einem ebenfalls philologisch ausgerichteten Kommentar vor. 79 80 81 82 83 84

Zu Leontius VA 4 Anm. 5. Rohr (2001) 120, Brunert 293 ff. Über Ennodius’ Einstellung zur monastischen Lebensweise Marconi (2013a) 55 ff. Narranda servavi VA 42. Vgl. Buzzetti 51–55, der keine Belege aus dem Mittelalter für einen Antoniuskult vorlegen kann. Magani III 113–156. Magani III 162–170.

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Eine erneute Ausgabe der beiden Heiligenviten ist durchaus gerechtfertigt, da die Forschungen zu Ennodius in den letzten Jahren intensiviert worden sind. Zu nennen sind hier vor allem die Atti della giornata Ennodiana.85 Überdies profitiert die Ennodius-Forschung von dem vermehrten Interesse, das Althistoriker und Mediävisten seit über zwanzig Jahren der Übergangszeit von der Antike zum Mittelalter entgegenbringen. Ennodius’ Stil hebt sich durch den häufigen Gebrauch abstrakter Begriffe und durch eine durch Nomina geprägte Ausdrucksweise deutlich von anderen Autoren ab, die das Verständnis des Textes und folglich die Übersetzung nicht gerade erleichtern. Angesichts der eingehenden Untersuchungen zu seinem Sprachgebrauch wurde in der vorliegenden Textausgabe auf eine ausführliche Analyse seines Stils verzichtet.86

85 86

Vgl. die Literaturübersicht von Di Rienzo 152–155. Dubois 93–532, Rohr (1995) 27–51, Gioanni (2006) XCI-CXXXIII, Schröder 53–63, Rota 99–132. Bereits im Mittelalter wurde Ennodius’ Sprachstil als schwer verständlich bezeichnet; Di Rienzo 131 f.

MAGNI FELICIS ENNODI Vita beatissimi viri Epifani episcopi Ticinensis ecclesiae MAGNUS FELIX ENNODIUS Das Leben des seligen Epiphanius, des Bischofs der Kirche von Ticinum

Vita beatissimi viri Epifani episcopi Ticinensis ecclesiae (1)  Quamvis me urgueat suscipiendi operis anceps necessitas et e regione inpositus sit nec meo labore vacuus nec maledicorum disceptatione tractatus, in quo gemina cautio dictionis hinc ubertatem exspectet ingenii, inde etiam lingua divitibus narrandi frenos inponat, cum ipsas eminentissimas ut putantur in saeculo vana inflatione personas si quis ventoso nimium studuerit elevare praeconio aut intra gestorum terminum inopia eloquii continere, utrumque apud eas iudicetur ingratum. (2)  in laudibus enim ipsis turpe est illa cudere, quae nec ille, de quo narrantur, agnoscat: sicI iniuriosum et dolore dignum putatur, illud praeterire silentio, quod relatio vera possit adtollere. etenim res bene gestae veterum nostrorum pro referentis apud nos accipiunt facultate virtutem. (3)  nam vere aut perit notitiae aut adtenuatum transit ad posteros, quod ad explicandum pauper verborum vena susceperit, et illa (haud) II iusto liberior laudatio tantum decerpit gloriae, quantum falsitatis adiecerit. fit vero plerumque, ut fide carens cumulus minuat probe facta multorum et sit vana narratio quae crescit ex mendaciis, intempestiva et mendica nimium quae non pertransit ad terminum. (4)  Quocirca vitam beatissimi Epifani Ticinensis antistitis narraturus invoco sanctum spiritum testem actuum eius et comitem, ut ipsius auxilio gloriam conscientiae serenissimae, quam eidem concessit, tradam chartis victuris in saeculo, ut exemplum praebitura virtutum numquam fama moriatur. (5)  in quo tamen opere si me angustia non artaverit eloquentiae sub certa lege currentis, ut saltim cruda per ordinem digeram facta meritorum, nihil tamen de laboribus eius tam mediocre vel humile inveniam, ut necessariis illud bullis, ut plerique solent, vividi sermonis amplificem. (6)  testes etiam calentium citabo negotiorum et trophea illius adhuc fumantia et exornata de manubiis diabolicae nuditatis ostendam. nemo enim

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sic durch sed zu ersetzen, wie Vogel vorschlägt, ist nicht zwingend notwendig. Bollandus strich haud; Vogel ergänzte es; s. hierzu Krafft 192 f.

Das Leben des seligen Epiphanius, des Bischofs der Kirche von Ticinum (1)  Aus zwei Gründen sehe ich mich veranlasst, das Werk auf mich zu nehmen und die mir geradewegs auferlegte Abhandlung, bei der eine doppelte Vorsicht bei der Vortragsweise von nun an einen Überfluss an Talent erwartet und dann sogar die Sprache den Redegewandten Zügel anlegt, ist weder frei von Mühe noch von der Kritik der Lästerer; selbst bei Personen, die in unserer Zeit infolge eitler Aufgeblasenheit für äußerst herausragend gehalten werden, gilt beides als unangenehm, wenn irgendwer sich bemühte sie durch ein allzu schwülstiges Lob emporzuheben oder aufgrund fehlender Eloquenz die Taten begrenzt.1 (2)  Gerade bei Lobreden ist es eine Schande solche Taten zu preisen, die die Person, über die erzählt wird, nicht erkennt; so gilt es als beleidigend und bedauernswert, das mit Stillschweigen zu übergehen, was ein wahrhaftiger Bericht hervorheben könnte. In der Tat erhalten die Taten unserer Vorfahren bei uns ihre Glaubwürdigkeit entsprechend der Fähigkeit des Vortragenden. (3)  Denn das, was ein literarisch wenig begabter Schriftsteller übernommen hat zu erklären, wird wahrhaftig nicht zur Kenntnis genommen oder kommt abgeschwächt auf die Nachwelt, und jene allzu freie Lobrede2 nimmt so viel vom Ruhm weg, wie sie an Falschem hinzugefügt hat. In der Tat geschieht es meistens, dass ein Übermaß an Lob, das der Glaubwürdigkeit entbehrt, aufrichtig erworbene Taten vieler mindert und eine Erzählung, die aus Lügen erwächst, unglaubwürdig, unangemessen und allzu armselig ist wie die, die nicht zu einem Ende gelangt. (4)  Deshalb, um das Leben des seligen Epiphanius, des Bischofs von Ticinum, zu erzählen, rufe ich den Heiligen Geist als Zeugen und Begleiter seiner Handlungen an,3 damit ich mit seiner Hilfe den Ruhm seines sehr klaren Bewusstseins, das der Heilige Geist ihm zugestanden hat, den Seiten anvertraue, die in alle Ewigkeit fortdauern werden, damit niemals sein Ruf versiegen wird, der ein Beispiel an Tugenden bietet. (5)  Wenn mich dennoch in diesem Werk nicht ein Mangel der einer festen Regel unterliegenden Beredsamkeit so einschränken wird, dass ich der Reihe nach zumindest ohne Ausschmückung die verdienstvollen Taten aneinanderreihen werde, werde ich nichts von seinen Mühen als so mittelmäßig oder niedrig empfinden, dass ich es mit der erforderlichen Schwülstigkeit einer lebendigen Sprache steigern werde, wie es sehr viele zu tun pflegen. (6)  Ich werde auch Zeugen seiner noch wirkungsvollen Unternehmungen zitieren und Siege von ihm aufzeigen, die bis jetzt noch rauchen und geschmückt sind von der Beute, die dem Teufel entrissen wurde. Denn

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Vita beatissimi viri Epifani

sub oculis praesentia paene et nimium nota commemorat, nisi qui de veritate confidit, ut, quos forsitan ficta dicturus velut inpudentiae meae conscios evitarem, eorum auribus relegam illa quae cognovit aspectus. (7)  Igitur praefatus vir insignis Epifanius oriundo Ticinensis oppidi indigena fuit, patre Mauro generatus et matre Focaria editus, quae sancti etiam Mirocletis confessoris et episcopi tangebat prosapiem, hominibus ex liquido ingenuitatis fonte venientibus. sed quid illorum retexam sanguinis praerogativam, quorum familiae et nobilitatis caput est filius? (8)  qui sub decessore suo viro integerrimo Crispino pontifice caelestis militiae tirocinium orditus annorum ferme octo lectoris ecclesiastici suscepit officium signo ante caelitus demonstrato. nam dum esset in crepundiis lactantis infantiae, fulsisse eius cunabula superno lumine videre conplurimi, ut futuram mentis claritatem lustrans eum et praecedens fulgor ostenderet secuturumque splendorem in moribus iam tunc typica luce signaret. (9)  notarum in scribendo conpendia et figuras varias verborum multitudinem conprehendentes brevi adsecutus in exceptorum numero dedicatus enituit coepitque iam talis excipere, qualis possit sine bonorum oblocutione dictare. (10)  igitur processu temporis et laboris ad sextum decimum aetatis annum divino favore perductus cana consilia in annis puerilibus meditabatur. vernabat in illo prae ceteris mater bonorum operum verecundia. ita famulabatur antistiti libens, ut si quid operis gereretur ab altero, graviter ferret subreptum sibi fuisse servitium. (11)  accipiebat senes graviter, iuvenes comiter et cohercebat iam tunc facinorosos audacter. erat primis subiectus, prioribus sancta iniungentibus obsecundans, aequalibus blandus atque officiosus, sequentibus mera caritate communis: nulli se praeferens, cum religioso cursu per caelestem tramitem omnibus anteiret: laudationis amore vacuus, cum cottidie in eo laudanda adulescerent. (12)  cumque res gloria dignas per horarum momenta consummaret, perire fructum gloriae opinabatur atque mercedem, si praetulissent homines quod soli deo exhibebat abscondite. in summam, apostolici memor oraculi,

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niemand erinnert an das, was fast unter den Augen aller gegenwärtig und allzu bekannt ist, wenn er nicht irgendwie der Wahrheit vertraut, sodass ich das, was sie selbst gesehen haben, nicht ihnen zu Gehör bringen werde, die ich, falls ich vielleicht etwas Falsches sagen sollte, als Mitwisser meiner Unzulänglichkeit meide. (7)  Also4 der besagte ausgezeichnete Epiphanius stammte von Geburt an aus der Stadt Ticinum, gezeugt vom Vater Maurus und geboren von der Mutter Focaria, die sogar aus der Familie des heiligen Bekenners und Bischofs Mirocles stammte, beide waren eindeutig von edler Geburt. Aber warum soll ich an das Vorrecht ihrer Herkunft erinnern, deren Sohn die Spitze ihrer Familie und ihres Adels darstellt.5 (8)  Unter seinem Vorgänger, dem Bischof Crispinus, einem überaus integrem Mann,6 begann Epiphanius seinen Kirchendienst, indem er mit fast acht Jahren das Amt eines kirchlichen Lektors übernahm,7 nachdem ein Zeichen vom Himmel gesandt worden war. Denn während er noch im Säuglingsalter war, sahen sehr viele, dass seine Wiege in himmlischem Licht erstrahlte, sodass das ihn umgebende und prophetische Leuchten die zukünftige Klarheit seines Geistes offenbarte und den zukünftigen Glanz in seinen Sitten schon damals in einem typischen Licht ankündigte.8 (9)  Beim Schreiben erfasste Epiphanius in kurzer Zeit die Abkürzungen von Zeichen und die vielfältigen Zeichen, die eine Menge Wörter kennzeichnen, und wurde unter die Schreiber aufgenommen, er tat sich hervor und fing schon beim Diktat an solche Zeichen zu schreiben, wie sie Fachleute ohne Korrektur schreiben können.9 (10)  Daher, indem die Zeit voranschritt und die Arbeit zunahm, erreichte er durch die Gunst Gottes das 16. Lebensjahr und erteilte in jugendlichen Jahren Ratschläge wie ein erfahrener Mann.10 Als Mutter guter Werke gedieh in ihm vor allen anderen die Zurückhaltung. So begleitete er gern seinen Bischof, sodass, wenn irgendeine Arbeit von einem anderen ausgeführt wurde, er es schwer ertrug, dass ihm die Möglichkeit zu dienen genommen wurde. (11)  Die Alten empfing er würdevoll, die Jungen freundlich und wies schon damals mutig die Lasterhaften zurecht. Er ordnete sich den Oberen unter, gehorchte den Vorgesetzten, die ihm heilige Aufgaben auferlegten; zu Gleichaltrigen war er höflich und hilfsbereit und zu Untergebenen, freundlich in reiner Nächstenliebe; er stellte sich niemandem voran, obwohl er durch sein religiöses Verhalten auf dem himmlischen Pfad allen voranging; er war frei von dem Drang zur Lobrede, da täglich in ihm lobenswerte Eigenschaften heranwuchsen. (12)  Weil er jeden Augenblick ruhmreiche Taten vollbrachte, glaubte er, dass Frucht und Lohn des Ruhmes verlorengingen, wenn Menschen feststellten, was er im Verborgenen allein Gott darbrachte. Kurz, eingedenk

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adsentationes respuens in semetipso teste conscientia pro boni operis recognitione plaudebat.I (13)  Illud vero libandum esse non abnuo, quod formositas in illo lucis corporeae index animae fuit et tantum contra studium illius formae decus enituit, ut nec forti viro posset obpugnante subverti. ridebant genae, etiam cum animus maestitudine torpuisset, nitida simul labia commendabant dupliciter mella sermonum, nec non quocumque vertisset oculos, serenitatem mentis nuntiabat aspectus. (14)  frons cereae pulchritudinis et candoris illius, quae solis passa radios colorem traxit ab aethere; nares in tanto naturaliter splendore formatae, ut illas nequiret imaginibus corpora repraesentans pictor aemulari; manus teretes, prolixi digiti, de quibus aliquid et alienigena gauderet accipere; staturae proceritas decens, quae eminentiam secuturae dignitatis praefiguraret in membris nec tamen modum ornatissimae prolixitatis excederet. (15)  sed ne quis forsitan malitiosus interpres intempestive positum iactet, in viro tantarum virtutum de lepore carnis factam esse mentionem, cum in illa veteri mandatorum caelestium radice sit insitum,II sacerdotum corpora sagaci debere insinuatione lustrari, ne quid debile vel deforme, ne quid plus minusve esse contingat neve inolitam maculis cutem superficies foeda dedecoret, ne fractura manus aut fractura pedis aut gibbus indignum altaribus reddat antistitem: et clamet doctor gentium et electionis vas, hominem mundum ad eiusmodi debere officium pervenire, quod non solum de animae, sed etiam de corporis creditur nitore dixisse.III (16)  potissimum qui deformem ac debilem a libaminibus suis mandat arceri, invenitur eos, qui multipliciter grati sunt, libenter admittere, praesertim in quo lucem membrorum animae fulgor exuperat nec naturaliter illud terrenum decus aliquibus artificiis adiuvatur. (17)  Praestrictis ergo his quae oportuit non omitti, ut cui innotesceret opere vir inmensus praesentaretur et vultu, transeam ad illa, quae de cultoribus dei nostri non mediocriter laudanda fronte narrantur. erat in eodem

I II III

NT 2. Kor. 1,12. AT 3. Mose 21,18–22. NT Titus 1,7.

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des Ausspruchs des Apostels, wies er Schmeicheleien zurück, und freute sich selbst, wenn sein Gewissen eine gute Tat anerkannte. (13)  Ich bestreite keineswegs, dass sogar dargelegt werden muss, dass bei ihm die Schönheit seines Körpers ein Ausdruck seiner Seele war und bei einer großen Anstrengung die Schönheit seiner Gestalt erstrahlte, sodass sie nicht unterdrückt werden konnte, auch wenn er als Mann tapfer dagegen ankämpfte.11 Seine Wangen lachten, auch wenn seine Seele vor Trauer gelähmt war; seine schönen Lippen verdoppelten zugleich die Süße seiner Reden, und wohin auch immer er blickte, verkündete sein Blick die Klarheit seines Geistes. (14)  Seine Stirn war von jenem Glanz und von wachsartiger Schönheit, die, den Strahlen der Sonne ausgesetzt, ihre Farbe vom Himmel erhielt;12 seine Nase war so natürlich schön geformt, dass ein Maler, der in seinen Bildern Körper darstellt, sie nicht hätte nachahmen können; seine Hände waren schlank, seine Finger lang, von denen ein Fremder sich freute, etwas zu empfangen; seine Statur war von anmutiger Größe, die in den Körpergliedern die außerordentliche Bedeutung der noch ausstehenden Würde vorwegnahm und dennoch nicht das wohlgeordnete Maß an Erhabenheit überschritt. (15)  Damit nicht irgendein boshafter Kritiker den Vorwurf erhebt, dass es nicht angemessen sei, bei einem so tugendreichen Mann die Anmut des Fleisches zu erwähnen, (sei daran erinnert, dass) in der berühmten alten Schrift mit den himmlischen Weisungen dargelegt wurde, dass die Körper der Priester kritisch geprüft werden müssen, damit nicht entweihe, was gebrechlich oder missgestaltet ist, was zu groß oder zu klein ist, damit nicht eine mit Flecken übersäte Haut abstoßend wirke, damit nicht eine gebrochene Hand oder ein gebrochener Fuß oder ein Buckel den Priester unwürdig mache für die Altäre: Auf dass der Lehrer der Völker und die Wahlurne verkünden, dass ein reiner Mensch zu einem solchen Amt gelangen muss, was, wie wir glauben, sich nicht nur auf die Reinheit der Seele, sondern auch des Körpers bezieht. (16)  Er (Gott), der vor allem befiehlt, dass ein Missgestalteter und Gebrechlicher von den Opferdiensten für ihn ferngehalten wird, stimmt zu, die, die auf vielfältige Weise willkommen sind, gern zuzulassen, insbesondere den, bei dem der Glanz der Seele die Anmut des Körpers überstrahlt und jene von Natur aus irdische Schönheit nicht durch irgendwelche Tricks aufgebessert wird. (17)  Nachdem ich kurz dargelegt habe, was nicht unbeachtet bleiben darf, damit ein bedeutender Mann ihm, dem er durch sein Werk bekannt wurde, auch in seiner physischen Erscheinung präsentiert wird, komme ich auf die Eigenschaft zu sprechen, die über die Verehrer unseres Gottes mit besonderem Lob erzählt wird. Epiphanius stimmte in seiner Rede mit der

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sermo ad doctrinam congruus, fabricatus ad blanditias, ad intercessiones iam tunc artifex, ad corripiendos singulos auctoritate plenus, ad exhortandos quosque necessario lepore dulcissimus: vox sonora, suco virilisI elegantiae condita, nec tamen agrestis ac rustica nec infracta gradatimque a mascula soliditate deposita. illum quicumque vidit, cum necdum dignitatum aliquod limen intrasset, omnia eum transisse credidit quae sequebantur insignia. (18)  Talis iam ad octavum decimum aetatis suae pervenit annum, in quo in secundo a levitis numero dedicatus senum coetibus puer adiunctus est. stupuere conplurimi, sed externi, qui mores illius cum aetatis inmaturitate iungcbant: seram credebant dignitatem hanc redditam esse qui noverant. (19)  at ille venerabilis Crispinus episcopus, favoris nescius, pertinaci tenens districtione censuram et quem numquam nisi bona conscientia duxit ad gratiam, sic eum mulcebat sensibus, ut morderet obtutu, et sub specie frontis rigidae clandestinum circa discipulum nutriebat affectum. pascebatur alumni sui optabili conversatione pater et in omnibus eius actibus oculos amoenabat. (20)  in quo tamen ille subdiaconii ordine nihil amplius quam biennio commoratus, meritorum suorum saltibus evectus exiluit, nec se diu intra angustias modici honoris anima est dives passa refrenari. festinabat ad leviticam dignitatem conscientia, quam numquam vota praesumpserant: exigebat conversatio quod desideria penitus ignorabant. (21)  Circa metas tamen praefati honoris et terminum unum eius opusculum summotenus libet adtingere. Summias vocitatur ager, qui in eo loci situs est, in quo terrenum marginem gulosus Padani gurgitis morsus adrodit et flexuose serpens fluvius largitur in conpendio alterius quod furatur ab altero, simulque fit lucrum finitimi aliena calamitas. (22)  de huius praedii finibus antiqua cum clericis Burco quidam lite certabat. ad quod iurgium dirimendum senile nimis et praeter quam conici possit annosum adhuc puer iste dirigitur. electus est enim, qui et fortiter inlatas intentiones exciperet et maturitate consilii inferendas temperaret. (23)  adtulit tamen quod solet omnium criminum mater intentio. nam processu sermonis et scandali ipse Burco, qui malitiae suae sordido lenocinaretur adsensu, summum facinus sine aliquo timore commisit. nam sanctum virum

I

Vgl. Ambrosius, off. 1,84.

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Lehre überein, war bedacht zu gefallen, schon damals geschickt beim Einlegen von Einsprüchen, voller Autorität, um Einzelne zu tadeln, sehr sanft um mit der notwendigen Liebenswürdigkeit zu ermahnen; seine Stimme war klangvoll, barg in sich die Kraft männlicher Eleganz, war dennoch nicht plump und derb, nicht schwach und nicht ohne männliche Festigkeit. Wer auch immer ihn sah, als er noch keine Würden innehatte, glaubte, dass er alle Ehren, die noch folgen sollten, erreicht habe. (18)  So war er, als er 18 Jahre alt wurde und in diesem Alter in die zweite Gruppe der Subdiakone aufgenommen wurde13 und als Knabe an den Versammlungen der Älteren teilnahm. Sehr viele staunten, aber es waren Leute von auswärts, die sein Verhalten in Verbindung mit der Unreife seines Alters brachten: Die, die ihn kannten, glaubten, dass er zu spät diese Würde erhalten habe. (19)  Aber der ehrwürdige Bischof Crispinus, der keine Begünstigung kannte und mit beharrlicher Strenge seine Aufsicht führte und niemandem, wenn nicht mit gutem Gewissen, seine Gunst erwies, erfreute Epiphanius so mit seinen Gefühlen, dass er (ihn) mit seinem Blick zurechtwies, und steigerte mit einem scheinbar strengen Blick heimlich die Zuneigung zu seinem Schüler.14 Wie ein Vater erfreute er sich an dem wünschenswerten Lebenswandel seines Zöglings und sah mit Vergnügen all seine Taten. (20)  Epiphanius blieb nicht länger als zwei Jahre im Stand eines Subdiakons,15 durch seine Verdienste tat er sich hervor, seine großartige Seele ertrug es aber nicht lange, durch die Enge eines anspruchslosen Amtes gezügelt zu werden. Seine Überzeugung beflügelte ihn im Amt eines Subdiakons, das er niemals in seinen Gebeten angestrebt hatte; sein Lebenswandel forderte ein, was er in seinem Streben völlig verneinte. (21)  Ich möchte jedoch eine kleine Tat von ihm, die ganz am Ende seines genannten Amtes geschah, ansprechen. Summias wird ein Grundstück genannt, das an der Stelle liegt, wo die gierige Strömung des Pos den Uferrand mit sich reißt und der sich in Windungen dahin schlängelnde Fluss dem einen zu seinem Vorteil schenkt, was er dem anderen stiehlt, und zugleich der Gewinn des Nachbarn zum Schaden für einen Fremden wird.16 (22)  Über die Grenzen dieses Landgutes stritt seit langem ein gewisser Burco mit den Klerikern.17 Mit der Schlichtung dieses Streits, der allzu lange über Jahre andauerte, mehr als man vermuten kann, wurde der noch junge Epiphanius beauftragt. Er wurde nämlich ausgewählt, weil er sich vorgetragene Anklagen geduldig anhörte und aufgrund seines reifen Urteils die vorzubringenden Anklagen zu mäßigen verstand. (23)  Dennoch bewirkte die Anklage, die Mutter aller Vergehen, was gewöhnlich geschieht. Denn im Verlauf seiner ärgerlichen Rede beging Burco, der sich von seiner Bosheit dazu hinreißen ließ, ohne jegliche Furcht ein absolutes Verbrechen. Er schlug den heiligen Mann so mit einem

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ita fuste percussit, ut sanguis protinus ebulliret. at ille paratissimus iram repressit nec vindictae spe provocatus efferbuit, turbatumque potius et adtonitum percussorem blandissimo delenibat affatu. (24)  ilico miseram se clamans et orbatam filio ob atrocitatem facti Capraria Burconis mater occurrit. crederes eam circa funus pignoris sui illa qua fugatur omne consilium in carorum mortibus lamentatione iactari. lambebat vestigia sanctissimi iuvenis heiulans mater et ‘parce’ clamabat illi, quem numquam ad indignationem vis ulla conpulerat. at ille supplicantem prohibebat, ne sibi invidiam rogando concitaret, ne se non merentem delati honoris sarcinis inpediret. turbata est repente civitas, omnium Christianorum in furorem versae mentes. (25)  Burco ad exitium poscebatur et in tanta hominum multitudine nemo placidus, nisi qui iniuriam fuerat passus, inventus est. flebat egregius pontifex de infirmitatibus suis et molestiis gaudente discipulo. nam ita satisfaciebat pro eo, qui putabatur inimicus, singulis, ut nec gloriam parcendo iactanter quaereret nec vindicando mandata caelestia praeteriret. (26)  Brevi post ad diaconii evectus infulas vicensimum annum aetatis ascendit, facie necdum bene barbata. turbabatur suscepti honoris tirocinio homo, qui iam ducem poterat implere Christianum. singulorum pro pudore declinabat aspectus, quem universa civitas quasi salutis signum aliquod adtendebat. (27)  interea supra dictus antistes omnem ecclesiasticae conversationis substantiam et divitias pauperum suorum in eius potestate committit volens ante episcopatum cognoscere, qualem futuris temporibus praepararet episcopum. et cum vix sit, ut ab eorum personis, de quibus successionis seritur quantulacumque suspicio, invidia temperetur, in istius gratia sibi credebat perire sanctus pater quidquid minus fuisset exhibitum: quaedam in illo sua, quaedam volebat esse maiora. (28)  at iste cottidianis profectibus etiam cupidissimi in oratione genitoris vota transcenderat. erat enim genitor, cuius eum per evangelium conceptum verbi caelestis semine feta alvus effuderat.I nam de pudicitia iuvenis mei quid loquar? in quo domum sibi statuerat castitas et continentia radices fixerat in profundum.

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NT 1. Kor. 4,15.

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Knüppel, dass sofort Blut hervorspritzte. Aber Epiphanius unterdrückte sehr gefasst seinen Zorn und, obwohl provoziert, brauste er nicht auf in der Hoffnung auf Rache, vielmehr besänftigte er den verwirrten und aufgebrachten Täter mit ruhigen Worten. (24)  Auf der Stelle eilte Capraria, Burcos Mutter, herbei und schrie, dass sie unglückliche Frau durch die grausame Tat ihren Sohn verlieren würde.18 Man könnte meinen, dass sie – wie beim Begräbnis eines Kindes jeder Rat ausgeschlagen wird – sich mit Wehklagen auf ihren toten Sohn werfen würde. Die Mutter umarmte (aber) heulend die Füße des heiligen jungen Mannes und rief ihm zu: »Verschone ihn, den niemals Gewalt dazu gebracht hatte sich zu entrüsten!« Aber jener hielt die Flehende (von sich) fern, damit sie durch ihre Bitte bei ihm keinen Hass hervorriefe, um ihn, der es nicht verdiene, an den Lasten der übertragenen Aufgabe zu hindern. (25)  Die ganze Stadt war plötzlich in Aufruhr, alle Christen waren voll Wut. Die Todesstrafe wurde für Burco gefordert und bei einer so großen Menschenmenge blieb niemand ruhig außer ihm, der die Gewalttat ertragen hatte. Der hervorragende Bischof weinte, während sein Schüler Genugtuung erfuhr über seine Gebrechlichkeit und Beschwerden. Denn er setzte sich so für ihn, den man für seinen Feind hielt, wie für jeden Einzelnen ein, dass er weder überheblich nach Ruhm strebte, indem er Schonung verlangte, noch die himmlischen Gebote außer Acht ließ, indem er Rache forderte.19 (26)  Kurze Zeit später wurde er, als ein Bart kaum das Gesicht bedeckte, zwanzig Jahre alt und erhielt die Ehrenzeichen eines Diakons.20 Der Mann, der schon das Amt eines christlichen Führers hätte ausfüllen können, wurde durch die Übernahme des Dienstes eines solchen Amtes verwirrt. Aus Scham wich er, auf den die gesamte Stadt gleichwohl wie ein Zeichen der Erlösung schaute, den Blicken Einzelner aus. (27)  Inzwischen gab Bischof Crispinus den gesamten Bestand des Kirchenvermögens und das Vermögen für seine Armen in seiner Amtsgewalt, weil er vor der Übernahme des Bischofsamtes wissen wollte, was für einen Bischof er für die Zukunft vorbereitete.21 Und obwohl es kaum geschieht, dass die Personen, die eine auch noch so geringe Hoffnung auf die Nachfolge hegen, ihren Neid beherrschen, glaubte der heilige Vater in seiner Gunst zu ihm, dass für ihn alles verlorenginge, was nicht ausreichend bestätigt worden wäre: Er wollte, dass einige seiner Eigenschaften bei Epiphanius größer seien als bei ihm. (28)  Aber dieser übertraf in seinen täglichen Fortschritten sogar die Wünsche, die sein Vater in seinem Gebet sehnlichst begehrte. Er war nämlich ein Vater, dessen durch den Samen des göttlichen Wortes fruchtbarer Leib ihn, durch das Evangelium empfangen, gebar. Was soll ich über die Keuschheit meines jungen Mannes sagen? Bei ihm hatte die Keuschheit für sich ein Zuhause gefunden und die Enthaltsamkeit tiefe Wurzeln geschlagen.

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Vita beatissimi viri Epifani

(29)  virum se esse nisi per patientiam laboris ignorabat; carnem habere, nisi cum moriturum se esse meminerat, nesciebat. quotiens tamen illum corporeus adpetitus, sicut ab ipso didici, ludebat imaginibus somniorum, ilico ad vigilias sanctas continuata ieiunia, standi diutissime necessitatem plena aviditate currebat, talemque bellatrix dextera animae suis certaminibus reddebat carnem, ut illi opus esset postea pro necessitate succurri. (30)  nec tamen refecto corpusculo indulgebat otio: utebatur lectione pro requie librorum venerabilium pro blandimentis instrumenta suscipiens. memoriter semel transcursa reddebat et, ne crederetur scripturarum divinarum tramitem verborum tantummodo celeritate transvolasse, pingebat actibus suis paginam quam legisset. (31)  si propheta fuisset in manibus, prophetantem videres codice amisso lectorem; si testamenti veteris recensuisset volumina, Moysi dignus aemulator incedebat, taliter ac si illum Israhelitica per desertum agmina sequerentur; si apostolicum lac verborum et mel dominicae passionis severitatem legis condiens scriptura index revelasset, continuo ex ore ipsius dulciora favis verba fluxerunt. postremo quid libri docuissent, vita signabatur. (32)  Domum taliter regebat ecclesiae, ut nec profusione immoderata commissam penum exhauriret nec odia sordenti parcitate contraheret. intercessionum etiam tunc certamina proludebat. nam ubicumque pro remediis miserorum episcopi mittebatur imperio, tanta exigebat beneficium arte supplicandi, ut sentirent sibi in causis profuisse conplurimi. ipsum per se episcopum non venisse. (33)  augebatur circa eum per dies singulos popularis affectus et magnis successibus cumulabatur amor, qui ex iudicio descendebat. desiderabatur in illo sacerdotium, cum nemo nutritoris eius optaret interitum. ipsum tamen ne odor quidem huius opinionis afflaverat; arbitrabatur ad profectum suum sufficere, si cum bona semper aestimatione serviret. (34)  postquam tamen invalida senectus et semper de infirmitatibus querula venerabilem virum Crispinum pontificem occupavit. istius sustentabatur manibus, in huius nitens erigebatur amplexus, pes illius erat oculus dextera: cuius ministerio, quidquid optasset fieri. ante iussionem suam videbat

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(29)  Er merkte nicht, dass er ein Mann sei, wenn nicht durch die Ausdauer der Arbeit, er wusste nicht, dass er aus Fleisch sei, sofern er nicht daran dachte, dass er sterben werde. Wie oft ihn dennoch körperliches Verlangen, wie ich von ihm selbst erfahren habe, in seinen Traumbildern erfasste, brach er sofort zu heiligen Nachtwachen auf durch unaufhörliches Fasten, voller Begierde sehr lange zu stehen, und die kriegerische rechte Hand seiner Seele richtete in ihren Kämpfen das Fleisch so zu, dass ihm später in seiner Not geholfen werden musste. (30)  Dennoch gönnte er seinem Körper, wenn er sich erholte, keine Ruhe: Das Lesen verehrungswürdiger Bücher diente ihm zur Erholung und als Mittel gegen Verlockungen. Einmal Gelesenes wiederholte er aus dem Gedächtnis und, damit man nicht glaubte, dass er die Worte der göttlichen Schriften nur überflogen habe, stellte er mit Gebärden den Inhalt der Seite dar, die er gelesen hatte. (31)  Wenn er in seinen Händen (das Buch eines) Propheten hielt, hätte man (ihn), den Leser, als Propheten sehen können, nachdem er das Buch zur Seite gelegt hatte; wenn er die Bände des Alten Testaments durchgegangen war, ging er als ein würdiger Nachahmer Moses’ einher, so wie jenem die israelitischen Scharen durch die Wüste folgten; wenn die Schrift, die die Strenge des Gesetzes mildert, die apostolische Milch der Worte und den Honig des Leidens des Herrn offenbarte, flossen aus seinem Mund unaufhörlich Worte süßer als Honigwaben. Überhaupt wurde durch sein Leben deutlich gemacht, was die Bücher gelehrt hatten. (32)  Er leitete so das Haus der Kirche, dass er weder durch unmäßige Verschwendung das anvertraute Vermögen erschöpfte noch Hass auf sich zog durch übermäßige Sparsamkeit. Auch damals übte er sich bei Auseinandersetzungen in Vermittlungen. Denn wohin auch immer er auf Befehl des Bischofs geschickt wurde, um den Armen zu helfen, forderte er mit einem so großen Geschick für Bitten eine Wohltat ein, dass sehr viele meinten, es für sie in ihren Angelegenheiten von Vorteil gewesen sei, dass nicht persönlich der Bischof gekommen sei. (33)  Mit jedem Tag nahm die Zuneigung des Volkes zu ihm zu und aufgrund seiner großen Erfolge wuchs die Liebe, die sich aus der öffentlichen Meinung ergab. Man sehnte sich nach ihm als Bischof, obwohl niemand den Tod seines Erziehers wünschte. Er selbst ahnte nichts von dieser Meinung; er glaubte, dass es für sein Fortkommen ausreiche, wenn er immer unter (allgemeiner) Anerkennung diene. (34)  Nachdem dennoch das kraftlose und stets über Schwäche klagende Alter den ehrwürdigen Bischof Crispinus ergriffen hatte, wurde er von dessen Händen gestützt, er stand auf, indem er sich auf seine Arme stützte, Epiphanius war sein Fuß, sein Auge und seine rechte Hand: Alles, was er sich wünschte, geschah durch dessen Hilfe. Vor seinem Befehl sah er es

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impletum. praesentiunt enim bonae mentes eorum desideria, quibus cum integritate famulantur. talis in diaconatu a vicensimo incipiens octo annos implevit. et quidem tunc status ecclesiae Ticinensis bona clericorum fruge pollebat. (35)  erant caelestes viri, quos iste a perfectione incipiens anteibat. fuit Silvester archidiaconus ea tempestate, homo in vetusta disciplinarum instructione probatissimus. fuit vir insignissimus Bonosus presbyter, tam nobilis sanctitate quam sanguine, Gallus quidem prosapia, sed caelestis indigena. fuere alii et numero plures et virtute praestantes, quorum idcirco facio mentionem, quia parva laude dignus est qui tantum miseris antefertur. (36)  Circa finem tamen vitae, quem spiritu praevidebat, sanctus antis­ tes Mediolanum vicinam expetiit civitatem, ubi nobilium germina messe quadam mundae ingenuitatis excreverant. quos visitationis gratia requisitos talibus vir dei sermonibus appellavit: (37)  ‘ecce, fili, iam me aetas conpellit ad transitum, iam originariam ad ius suum revocat terra particulam. commendo civitatem, commendo ecclesiam, commendo hunc, cuius labori et gratiae debeo quod usque ad hoc tempus vixi et grandaevus et debilis, cuius corporea soliditas et virtus animae inbecillitatem meam portavit sine fastidio, cuius ambulavi pedibus, tenui aliquid manibus, vidi oculis, ordinavi sermone. duo videbamur intuentibus, cum unus per concordiam fieret ex duobus’. (38)  haec Rusticio inlustri viro dicta penitus insederunt, qui in omni dicendi genere exercitatissimus tali est orsus eloquio: ‘scimus, sancte pater, scimus et profunda consideratione perspeximus, iuvenem istum non oportere pro aetatis inmaturitate censeri nec debere gravis consilii hominibus teneros pro quadam obice annos adferri. vir namque cana morum integritate probabilis geminata laude dignus est, si illi ad venerabile mentis imperium puerile corpus optemperet. vive tu tamen, vive, exemplum et forma bonorum operum, et uberiores in eo, si adhuc possunt crescere, lucidae conversationis fructus adiunge’. (39)  his dictis conticuit. at ille piissimus pontifex benivolentiae eius inpendens gratias, quod secum pari de discipulo aestimatione sentiret, dicto vale discessit atque Ticinum quasi ad sepulchrum festinans regressus est. qui aliquantis diebus emensis morbo regio perfusus lucem saeculi nostri superna habitatione cominutavit.

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erfüllt. Denn eine edle Gesinnung ahnt die Wünsche derer voraus, denen man uneigennützig dient. So verbrachte Epiphanius acht Jahre im Diakonat, das er mit zwanzig Jahren angefangen hatte. Damals blühte jedenfalls die Kirche von Ticinum auf durch die Hingabe ihrer Kleriker. (35)  Es waren heilige Männer, die er von Anfang an durch seine Vollkommenheit übertraf. Zu dieser Zeit lebte der Archidiakon Silvester, ein sehr erfahrener Mann in der Unterweisung alter Disziplinen; es lebte der sehr ausgezeichnete Priester Bonosus, hoch angesehen durch seine Heiligkeit ebenso wie durch seine Abstammung, zwar von der Herkunft her ein Gallier, aber ein Bewohner des Himmels.22 Es lebten (noch) andere, die hinsichtlich ihrer Zahl und Tugend hervorragten, die ich deshalb erwähne, weil derjenige ein kleines Lob verdient, der nur den Armseligen vorgezogen wird.23 (36)  Am Ende seines Lebens, das er im Geiste voraussah,24 suchte der heilige Bischof das benachbarte Mailand auf,25 wo die Sprösslinge der Adligen freimütig und offen heranwuchsen. Sie, die er seines Besuches wegen aufsuchte, sprach der Mann Gottes folgendermaßen an: (37)  »Seht, meine Söhne, schon zwingt mich mein Alter zum Sterben, schon fordert die Erde ihren Anspruch auf meinen winzigen Teil ein, der von ihr abstammt. Ich vertraue (Euch) die Gemeinde, ich vertraue (Euch) die Kirche, ich vertraue (Euch) ihn an, dessen Mühe und Gnade ich es verdanke, dass ich, hochbetagt und schwach, bis zu diesem Zeitpunkt lebte, dessen Körperkraft und seelische Stärke meine Schwachheit ohne Überdruss ertrug, durch dessen Füße ich ging, durch dessen Hände ich etwas hielt, durch dessen Augen ich sah, durch dessen Worte ich Anordnungen traf. Den Betrachtern erschienen wir als zwei Personen, obwohl durch Eintracht aus zweien eine einzige Person wurde.«26 (38)  Diese Worte beeindruckten den Senator Rusticius,27 der, sehr geübt in jeder Art der Rede, so zu sprechen begann: »Wir wissen, heiliger Vater, wir wissen und haben mit großer Aufmerksamkeit beobachtet, dass dieser junge Mann nicht nach seinem unreifen Alter beurteilt werden darf noch dürfen seine jungen Jahre besonnenen Männer als Hindernis dienen. Denn ein Mann, der aufgrund der Reife und Unbescholtenheit seines Charakters Anerkennung findet, verdient doppeltes Lob, wenn sein jugendlicher Körper dem ehrenwerten Befehl des Geistes gehorcht. Lebe Du dennoch, lebe, Beispiel und Ausdruck guter Werke, und verbinde in ihm, falls sie noch gedeihen können, noch reichere Früchte eines leuchtenden Lebenswandels.« (39)  Nach diesen Worten schwieg er. Aber der sehr fromme Bischof dankte ihm für sein Wohlwollen, weil er merkte, dass er gleichermaßen seinen Schüler wertschätzte, verabschiedete sich und ging fort; er kehrte nach Ticinum zurück, wie wenn er zu seiner Grabstätte eilte.28 Nachdem wenige Tage vergangen waren, erkrankte er an Gelbsucht und tauschte das Licht unserer Welt mit dem himmlischen Wohnsitz.

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(40)  Ex tempore in isto bonorum omnium consensus adducitur, magnus ilico in tota urbe concursus. rapitur a lamentatione funebri in gaudium populi consecrandus antistes. flebat iste intemperanter dolore mortis paternae, cui reddi debitas lacrimas promiscuae multitudinis laetitia non sinebat. resistebat in quantum poterat et indignum se iam apostolica imitatione clamitabat: sed tantum magis surgebat in eo dilectio cunctorum, quantum in multitudine magna solus erat, qui se vocitaret indignum. (41)  nunc quid pluribus utar, qui omnia explicare non valeo? finitimarum civitatum iunguntur studia et adtrahitur tanta collectio, ac si initiandus esset totius orbis episcopus. ducitur Mediolanum adhuc reluctans et magna si dimitteretur munera promittens, qui ut fieret, noluit spondere vel minima. consecratur cum omni celebritate cunctorum. exultabat mundus de tam sanctae ordinationis insignibus. (42)  extranearum habitatores urbium tanto se tripudio iactabant, quasi ipsis proprie profuturus infulas sacerdotales exceperit. aliquos tamen magnarum urbium incolas edax consumebat invidia, quod tantum oppidi Ticinensis angustia habere meruisset antistitem, cum apud ipsos sola pontifices metropolitanae iactantiae vocabula tuerentur. (43)  Exacto ergo dedicationis suae die Ticinum rediit convocatisque universis presbyteris ac ministris talibus eos instruxit et confortavit adloquiis: ‘quamvis me, fratres carissimi, inter primordia inmatura titubantem iudicii vestri et susceptae dignitatis pondus oppresserit, memini tamen quod magna gratiae vestrae debeam, cui maxima contulistis. (44)  et licet parendi vobis magis quam iubendi habuerim voluntatem, mutavi tamen per officium personam serviendi, animum non omisi. estote pacifici, estote unianimes; onus meum mecum dividite. fit enim ad portandum facilis sarcina, quam multorum colla sustentant. meam vobis communionem servandam cum omni humilitate polliceor, neque futurum esse quenquam, qui me, nisi cum deo nostro, possit offendere. (45)  auctorem bonorum operum servate pudicitiam; et ne iniuriosum putetis quod grand­aevos et presbyteros de continentia et integritate servanda puer appellat: conversatio, non anni, aut adulescentiam aperit aut senectam.I speculamini meae conversationis interna et, si indignum aliquid

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Vgl. AT Sprüche Salomos 4,8–9.

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(40)  Sogleich einigten sich alle Guten auf Epiphanius,29 sofort gab es einen großen Auflauf in der ganzen Stadt. Von der Klage beim Begräbnis wird er zur Freude des Volkes zur Bischofsweihe geholt.30 Er weinte maßlos aus Schmerz über den Tod des Vaters, bei dem der Jubel des Volkes nicht zuließ, dass ihm die schuldigen Tränen dargebracht werden. Er widersetzte sich, so viel er konnte, und beklagte, dass er nicht würdig sei schon den Aposteln nachzufolgen: Aber um so mehr steigerte sich die Liebe aller zu ihm, je mehr er in der großen Menge allein dastand, weil er rief, er sei unwürdig.31 (41)  Was soll ich jetzt noch sagen, der ich nicht alles darzulegen vermag? Die benachbarten Gemeinden schlossen sich dem Beifall an und es kam eine so große Menge zusammen, wie wenn der Bischof für den ganzen Erdkreis geweiht werden müsste. Er wird nach Mailand gebracht, während er sich noch sträubte und große Geschenke versprach, wenn man ihn nicht gehen ließe, er, der sogar kleine Geschenke für seine Wahl nicht versprechen wollte. Er wird geweiht unter dem großen Andrang aller.32 Die Welt jubelte über die Ehrenzeichen einer so heiligen Weihung. (42)  Die Bewohner fremder Städte bekundeten ihre Freude, als ob er die priesterlichen Ehrenzeichen erhalten habe um eigentlich ihnen zu helfen. Dennoch erfasste der gefräßige Neid einige Bewohner großer Städte, weil eine kleine Stadt wie Ticinum sich als würdig erwiesen hatte einen so großen Bischof zu haben, während bei ihnen Bischöfe ihren Anspruch allein mit dem Titel eines Metropoliten begründeten. (43)  Nachdem also der Tag seiner Weihung vorüber war, kehrte Epiphanius nach Ticinum zurück und, nachdem er alle Priester und (Kirchen-) Diener zusammengerufen hatte, unterwies und bestärkte er sie durch folgende Ansprache: »Obwohl, teuerste Brüder, mich, der ich aufgrund meiner Jugend und Unreife unsicher bin, die Last Eures Urteils und der übernommenen Würde bedrückt, erinnere ich mich dennoch, dass ich Eurer Gunst viel verdanke, dem Ihr sehr viel zukommen ließet. (44)  Auch wenn ich Euch eher gehorchen als befehlen will, habe ich dennoch durch mein Amt die Rolle des Dienens vertauscht, aber ich habe nicht meine Gesinnung aufgegeben. Seid friedfertig, seid einmütig, teilt meine Last mit mir. Denn eine Last, die viele Schultern tragen, lässt sich leicht tragen. Ich verspreche, dass ich die Gemeinschaft mit Euch in aller Demut bewahren werde, und es niemanden geben wird, der mich – außer mit unserem Gott – beleidigen kann. (45)  Bewahrt die Keuschheit als Urheberin aller guten Werke; und haltet nicht für eine Beleidigung, was ein junger Mann den Hochbetagten und Priestern sagt um Enthaltsamkeit und Keuschheit zu bewahren. Der Lebenswandel, nicht die Jahre, offenbaren Jugend oder Alter. Sucht nach Verborgenem in meinem Lebenswandel und tadelt, wenn Ihr etwas Unwür-

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agnoscitis, coercete. nemo ut ecelesiae principem admonere timeat, si probat errantem’. (46)  his ita dictis conticuit. surrexerunt omnes et consona quasi ex pristina meditatione, sub momentanea tamen voce dixerunt: ‘have, pater probatissime, have pontifex singularis. bonum te quidem universorum sensit electio, sed optimum etiam tua testantur alloquia. crescis sanctis meritis apud conscientiam nostram et aperiris luce operum supra quam porrigebatur opinio’. quibus breviter perstrictis suscepto omnes munere discesserunt. (47)  Mox sibi beatus antistes proprio ore leges, quibus se posset tenere, dictavit. primum statuit non lavandum, ne nitorem animae et interioris hominis fortitudinem balnea magis sordibus amica confringerent. deinde decreverat numquam esse prandendum, sed ne propositi sententiam supervenientum vis ulla temeraret et aut iactantiae nebulis aut avaritiae fama laederetur, definivit nunquam sibi cenandum, ut commutatio horarum ac per hoc semel in die reficiendi tempus adferret. (48)  cibos iussit sibi placere viliores nihilque in apparatione ferculorum nares saporemque suum posse offendere. nisi quod aromatibus condiretur. holerum et leguminis pascebatur epulis, sed neutrum horum usque ad satietatem capiens: vini quiddam parum, quam tamen exiguitatem apostolicae admonitionis memor sumebat ob stomachi cavendam debilitatem.I (49)  procedendum censuit omnibus in quolibet aeris terrore maturius, ita ut vigiliarum formam lectoribus antecedens ad ecclesiam praeberet episcopus. postquam vero ad altaris confinia pervenisset, nullam deliberavit futuram esse necessitatem, qua inde nisi inpletis sollemnibus posset abduci. iunctis pedibus usque ad consummationem mystici operis stare se debere constituit, ita ut umore vestigiorum locum suum depingeret et longe aspicientibus indicaret. (50)  intercessionum tantam sibi proposuit curam, ut ipsum se miseris inferre crederet molestiam, quam per neglegentiam a quibuscumque permisisset inferri. ad patientiam laboris tempore otii, necessitati ut sufficeret, corpus aptavit. hoc sibi vivendi pragmaticum vel disciplinae dogma proposuit adgressus est servavit inplevit.

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NT 1. Tim. 5,23.

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diges erkennt. Auf dass niemand fürchten möge einen Kirchenfürsten zu ermahnen, wenn er nachweist, dass er sich irrt.« (46)  Nach diesen Worten schwieg er. Alle erhoben sich und riefen einstimmig wie nach einem langen Nachdenken, dennoch spontan: »Sei gegrüßt, trefflichster Vater, sei gegrüßt einzigartiger Bischof. Als Guten hat Dich zwar die Wahl aller erkannt, aber sogar als Besten bezeugt Dich Deine Ansprache. Du wächst in unserem Bewusstsein durch Deine heiligen Taten und Du offenbarst Dich durch das Licht Deiner Werke mehr, als man über Dich meinte.« Nach dieser kurzen Rede gingen alle auseinander und versahen ihre Aufgaben. (47)  Bald gab sich der selige Bischof nach eigenem Bekunden Regeln, an die er sich halten konnte. Zuerst beschloss er nicht zu baden, damit nicht die Bäder, die mehr dem gemeinen Volk zugedacht sind, die Reinheit der Seele und die innere Stärke eines Menschen zunichte machen. Dann hatte er beschlossen, niemals zu frühstücken, aber, damit nicht Gäste den geplanten Vorsatz minderten und man ihm nicht hohle Prahlerei oder Geiz vorwerfen konnte, legte er fest, dass er niemals speisen dürfe, wenn nicht der Wechsel der Stunden einmal am Tag Zeit zur Erholung brächte.33 (48)  Er erlegte sich auf mit ziemlich einfachen Speisen auszukommen und, dass bei der Zubereitung von Gerichten seine Nase und sein Geschmack keinen Anstoß nehmen könnten, außer wenn es mit Gewürzen zubereitet werde. Er ernährte sich von Gemüse und Hülsenfrüchten, aber nahm nichts von ihnen zu sich, um sich zu sättigen, Wein trank er wenig, eingedenk des Apostelwortes nahm er dennoch eine Kleinigkeit zu sich, um eine Schwächung des Magens zu verhindern.34 (49)  Er meinte, bei jedem schrecklichen Wetter allen früher vorangehen zu müssen, auf dass er, indem er zur Kirche vorausging, als Bischof den Lektoren den Verlauf der Vigilien bestimmte.35 Nachdem er aber an den Abgrenzungen des Altars angekommen war, entschied er, dass ihn nichts davon abbringen könne, von dort wegzugehen, bevor nicht die feierlichen Handlungen abgeschlossen worden seien. Er entschied mit geschlossenen Füßen bis zur Vollendung des mystischen Werkes stehen zu müssen, auf dass er durch den Schweiß der Füße seinen Platz kennzeichnen und ihn denen, die von weitem zuschauten, anzeige. (50)  Er machte sich öffentlich so große Sorge um Fürsprachen, dass er glaubte, selbst den Armen eine Unannehmlichkeit zuzufügen, die ihnen aus Nachlässigkeit mit seiner Duldung zugefügt worden sei. In der Zeit der Muße gewöhnte er den Körper daran Mühe zu ertragen, damit er in einer Notsituation daran gewöhnt war. Diese Regelung für seine Lebensführung und diesen Grundsatz der Disziplin legte er fest, setzte er um, hielt er ein und erfüllte ihn.

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(51)  Mox vero per universum mundum sanctam illius conversationem illa, quae licet in gloriosis actibus tardior esse solet, fama non tacuit, sed ad aures Ricemeris, qui tunc secundis ab Anthemio principe habenis rempublicam gubernabat, detulit. nam imperatore Romae posito seminarium inter eos iecit scandali illa quae dominantes sequestrat invidia et par dignitas causa discordiae. (52)  surrexerat enim tanta rabies atque dissensio, ut mutuo bella praepararent, et praeterquam origo irarum proprios suggerebat stimulos, lis ipsa circumstantium consilio nutribatur. nutabat status periclitantis Italiae et adfligebatur ipsis discriminibus gravius, dum expectabat futura discrimina. (53)  interea apud Ricemerem patricium Mediolani ea tempestate residentem fit collectio Ligurum nobilitatis, qui flexis genibus soloque prostrati pacem orabant principum et, ut ab scandalo utraeque partes desinerent, occasiones gratiae ab una precabantur offerri. quid plura contexam? mulcetur Ricemer et velle se reparare concordiam permotus multorum fletibus pollicetur. ‘sed qui’ ait ‘potissimum huius legationis pondus excipiet? quem tantae molis cura maneat? quis est qui Galatam concitatum revocare possit et principem? nam semper, cum rogatur, exuperat qui iram naturali moderatione non terminat’. (54)  tunc uno omnes ore responderunt: ‘vester tantummodo ad pacem declinetur adsensus. est nobis persona nuper ad sacerdotium Ticinensis urbis adscita, cui et beluae rabidae colla submittunt, cui ante preces offeratur beneficium, quod a quolibet petiturus advenerit, cui est vultus vitae similis, quem venerari possit quicumque, si est catholicus et Romanus, amare certe, si videre mereatur, et Graeculus. (55)  iam si ad sermonem illius veniamus, numquam sic diras aspides verborum digitis incantator Thessalus violentis poterit evocare carminibus, quomodo ille effectum petitionis suae etiam a negaturis extorquet. pendet in arbitrio eius, cum loqui coeperit, sententia audientis. perdit ius suum qui excusare disposuit, si illi allegandi copia concedatur’. (56)  tunc patricius Ricemer ita respondit: ‘detulit ad me hunc hominem, quem exponitis, fama gloriosum, et in hoc magis admirationi mihi est, quod

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(51)  Der Ruhm über seine heilige Lebensführung verbreitete sich, auch wenn er ansonsten bei ruhmreichen Taten für gewöhnlich ziemlich langsam ist, bald36 über die ganze Welt und kam Rikimer zu Ohren, der damals an zweiter Stelle nach dem Kaiser Anthemius den Staat leitete.37 Denn nachdem der Kaiser in Rom eingesetzt worden war, säten der Neid, der die Herrschenden trennt, und die Gleichheit an Macht, der Grund für Zwietracht, unter ihnen die Saat des Streits. (52)  Es kam nämlich eine so große Wut und Feindschaft auf, dass sie gegenseitig zum Krieg rüsteten, und, wenn nicht schon der Ursprung der Streitigkeiten die eigene Wut anstachelte, wurde der Streit selbst durch den Rat ihrer Umgebung geschürt.38 Italien befand sich in einem gefährlichen Zustand und wurde durch ebendiese Streitigkeiten schwerer getroffen als durch die Erwartung der zukünftigen Auseinandersetzungen. (53)  Inzwischen fand bei dem Patricius Rikimer, der in dieser stürmischen Zeit in Mailand residierte, eine Versammlung der führenden Männer Liguriens statt,39 die mit gebeugten Knien und auf dem Boden ausgestreckt den Frieden der führenden Männer erbaten und, damit beide Parteien von dem Streit abließen, wünschten sie sich, dass eine Partei Zeichen des Entgegenkommens anböte.40 Was soll ich noch sagen? Rikimer wurde milde gestimmt und versprach aufgrund des Flehens vieler, dass er die Eintracht wiederherstellen wolle.41 »Aber«, sagte er, »wer wird die äußerst schwere Last dieser Gesandtschaft auf sich nehmen? Auf wen könnte die Sorge um eine so große Aufgabe warten? Wer ist es, der den rasenden Galater42 und Kaiser zur Vernunft bringen könnte? Denn immer, wenn er gebeten wird, behält er die Oberhand, der seinen Zorn nicht durch eine natürliche Selbstbeherrschung zügeln kann.«43 (54)  Darauf antworteten alle mit einer Stimme: »Ihr müsst lediglich dem Frieden zustimmen. Wir haben neulich eine Person als Bischof von Ticinum anerkannt, vor der wilde Ungeheuer ihren Hals verbeugen, dem man, bevor er seine Bitten vorträgt, die Wohltat gewährt, für die er im Auftrage von jemanden bat, dessen Anblick seiner Lebensführung entspricht, den jeder, wenn er Katholik und Römer ist,44 verehren und sicherlich auch ein Griechlein lieben kann, wenn er es verdient ihn zu sehen.45 (55)  Wenn wir schon auf seine Rede zu sprechen kommen, so wird niemals ein thessalischer Zauberer unheilvolle Nattern mit der Kraft seiner Worte, mit kraftvollen Gesängen herbeirufen können,46 wie jener sogar bei denen, die sich hartnäckig weigern, seiner Bitte zum Erfolg verhilft. Wenn er anfängt zu reden, richtet der Zuhörer seine Meinung nach seinem Urteil. Wenn ihm die Gelegenheit gegeben wird, sein Anliegen vorzutragen, verliert er sein Recht, der eine Entschuldigung vorbringen wollte.« (56)  Darauf antwortete der Patricius Rikimer, wie folgt: »Der Ruf dieses ruhmreichen Mannes, den ihr beschreibt, drang zu mir vor und ich

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cum omnes habeat laudatores, nullos eius, quibus per invidiam abundare solet novitas, prodit inimicos. ite ergo et rogate hominem dei, ut ambulet: iungite etiam meas preces’. (57)  egressi de concilio statim Ticinum petunt, causam narrant. fusis, ut istum laborem susciperet, beatus Epifanius rogatur lacrimis, qui ne extenuaret beneficium, si filios diutina supplicatione torqueret, antecessit desideria postulantum. quos tamen taliter adlocutus est: ‘quamvis tantae rei necessitas probatissimae personae pondus inquirat et titubet sub gravi fasce portitor inmaturus, affectum tamen quem debeo patriae non negabo.’ (58)  quibus breviter narratis, quoniam erat loquendi parcus, ad Ricemerem patricium perrexit, a quo simul visus et electus est. Mandato ergo sibi legationis ordine Romam petiit. in quo itinere quid molestiarum sustinuerit quidve virtutum gesserit, festinans ad maiora praetereo. (59)  mox tamen ut supra dictae urbis portas ingressus est, fama quae absentem illum notum fecerat, digito coepit ostendere. conversi ilico omnium oculi, stupuere mentes adtonitae, quod tantam sibi exhiberi reverentiam imago eius index sanctitatis exquireret. inexpiabilis se culpae reum fatebatur quilibet potentum, si tantum genua eius amplexus est. tollebatur clamor in caelum;I nemo illum in mortalium numero conputabat, cui omnia caelestis gratiae videbant bona constare. (60)  perfertur ad principem Anthemium, studio legationis episcopum venisse Liguriae, hominem quem nullus possit etiam dives eloquio sufficienter exponere. at ille: ‘callida mecum Ricemer et in legationibus suis arte decertat: tales dirigit, qui supplicatione expugnent quos ille lacessit iniuriis. perducite tamen ad me hominem dei, qui si possibilia precatur, admittam, si difficilia, supplicabo ne excusationem meam gravetur accipere. (61)  dubito tamen an Ricemer apud me quod poscit optineat, cuius scio votorum intemperantem esse personam et in condicionibus proponendis rationis terminum non tenere. sed veniat directus antistes

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Vgl. Vergil, Aen. 11,878.

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bewundere ihn umso mehr, weil, während alle ihn loben, seine neue Stellung keine Feinde mit sich bringt, die gewöhnlich aufgrund des Neides reichlich vorhanden sind. Geht also und bittet den Mann Gottes, dass er sich auf den Weg mache; verbindet Eure mit meinen Bitten.« (57)  Nachdem sie die Versammlung verlassen hatten, suchten sie sofort Ticinum auf und legten den Fall dar. Unter Tränen baten sie Epiphanius, dass er diese mühevolle Aufgabe übernehme; und er, um den Gefallen nicht zu mindern, wenn er seine Söhne durch langes Flehen quäle, kam den Wünschen der Bittenden zuvor. Sie sprach er folgendermaßen an: »Obwohl eine so gewichtige Angelegenheit das Ansehen einer erfahrenen Person erfordert und unter einer schweren Last ein unerfahrener Träger schwankt, werde ich dennoch meinem Vaterland die Zuneigung, die ich ihm schulde, nicht verweigern.« (58)  Nachdem er das kurz dargelegt hatte, da er sich beim Reden zurückhielt, brach er zu dem Patricius Rikimer auf, der ihn auserwählte, sobald er ihn sah. Nachdem ihm also die Leitung der Gesandtschaft übertragen worden war, suchte er Rom auf. Was er auf dieser Reise an Beschwerlichkeiten ertrug oder was er an Wundern vollbrachte,47 übergehe ich um schnell zu größeren Taten zu gelangen. (59)  Dennoch, sobald er die Tore der oben genannten Stadt betrat, fingen die Menschen an aufgrund des Rufes, der ihn in seiner Abwesenheit bekannt gemacht hatte, auf ihn zu zeigen. Alle Augen richteten sich sofort auf ihn, die Menschen staunten voller Begeisterung, weil sein Aussehen als Ausdruck seiner Heiligkeit es geradezu herausforderte, dass ihm so große Ehrfurcht entgegengebracht wurde. Jeder Mächtige bekannte, dass er der Angeklagte einer nicht zu sühnenden Schuld sei, wenn er nur seine Knie umarmte. Es erhob sich ein Geschrei zum Himmel: Niemand zählte ihn zu den Sterblichen, bei dem offensichtlich alle Güter der himmlischen Gnade vorhanden waren. (60)  Man meldete Kaiser Anthemius, dass ein Bischof Liguriens mit dem Ziel einer Gesandtschaft gekommen sei,48 ein Mann, den keiner, auch ein Redegewandter, ausreichend beschreiben könne. Aber er erwiderte: »Rikimer streitet mit mir auf eine schlaue Weise sogar bei seinen Gesandtschaften: Er schickt solche Männer, die durch ihr Flehen die erobern, die er durch seine Ungerechtigkeit provoziert. Bringt dennoch den Mann Gottes zu mir; wenn er fordert, was machbar ist, werde ich es zulassen; wenn er fordert, was unmöglich ist, werde ich darum bitten, dass er sich nicht weigert meine Entschuldigung anzunehmen. (61)  Dennoch bezweifele ich, ob Rikimer bei mir seine Forderung aufrechterhalten kann, von dem ich weiß, dass er in seinen Wünschen unbeherrscht ist und nicht die Grenzen der Vernunft einhält, wenn er seine

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et laudatam iam pridem praesentet effigiem’. egrediuntur officia palatina tota urbe: ‘iube, rogaris!’ audiebat episcopus. (62)  At venerabilis et saeculis omnibus probatus pontifex posteaquam introgressus est et proferendi sermonis donatus licentia, quamvis fugitivae potestatis insignia ostrum gemmasque rutilantes reverendae imaginis fulgore conpresserit – etenim quasi absente imperatore ita in se oculos traxerat singulorum –, tali tamen narratione incipiens ianuam oris reseravit: (63)  ‘summa caelestis domini, venerande princeps, est ordinatione dispositum, ut cui tantae reipublicae cura mandabatur, per catholicae fidei dogma deum et auctorem et amatorem pietatis agnosceret, per quem bellorum furorem pacis arma confringunt et calcans colla superbiae concordia superat, quod fortitudo non praevalet. sic namque David praedicabilem parcendi magis inimico animus reddidit quam intentio vindicandi.I sic perfecti saeculorum reges et domini supplicantibus indulgere caelesti arte didicerunt. supernae namque dominationis instar possidet, qui imperium suum pietate sublimat. (64)  hoc ergo Italia vestra freta iudicio vel Ricemer patricius parvitatem meam oratu direxit, indubitanter coniciens, quod pacem Romanus deo munus tribuat, quam precatur et barbarus. erit enim triumphus vestris proprie profuturus annalibus, si sine sanguine viceritis. simul nescio quae species fortior possit esse bellorum quam dimicare contra iracundiam et ferocissimi Getae pudorem onerare beneficiis. gravius enim percellitur, si postulata inpetret, quem puduit hactenus supplicare. (65)  tractandus deinde anceps bellandi eventus: in quo tamen, si ita praevaluerint peccata, certamine vestro regno defrudabitur quod partes utraeque perdiderint. nam quaecumque apud Ricemerem, si amicus est, salva sunt, cum ipso a vobis patricio possidentur. cogitate pariter, quia bene causae suae ordinem dirigit qui pacem primus obtulerit’. (66)  Hactenus admirandus pontifex prosecutus loquendi finem fecit. tunc princeps erigens oculos desertum se omnium vidit aspectibus atque in eum invitatos vultus esse cunctorum, quem admirari nec ipse desinebat. tunc alto trahens verba suspirio ita orsus est:

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AT 1. Samuel 24,5–8.

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Bedingungen stellt.« Bedienstete des kaiserlichen Palastes gingen in die ganze Stadt hinaus.49 »Bitte, du wirst gebeten«,50 hörte der Bischof. (62)  Aber nachdem der ehrwürdige und für alle Zeiten achtbare Bischof eingetreten war und die Erlaubnis erhalten hatte zu reden, obwohl er mit dem Glanz seines verehrungswürdigen Antlitzes die Zeichen der flüchtigen Macht, das Purpurgewand und die rötlich leuchtenden Edelsteine in den Schatten stellte – denn wie wenn der Kaiser abwesend wäre, zog er so die Blicke jedes Einzelnen auf sich – öffnete er die Tür des Mundes, indem er gleichwohl, wie folgt, anfing zu sprechen:51 (63)  »Durch die allerhöchste Anordnung des himmlischen Herrn, ehrwürdiger Kaiser, ist bestimmt worden, dass er, dem die Sorge um einen so bedeutenden Staat übertragen wurde, nach dem Grundsatz des katholischen Glaubens Gott als Schöpfer und Freund der Frömmigkeit anerkennt, durch den die Waffen des Friedens die Wut der Kriege brechen und die Eintracht den Hochmut besiegt, indem sie ihren Fuß auf seinen Nacken setzt, was die Tapferkeit nicht vermag. Denn so machte David mehr sein Vorsatz, den Feind zu schonen, rühmenswert als die Absicht ihn zu rächen. So haben die vollkommenen weltlichen Könige und Herren durch die himmlische Lehre gelernt, gegenüber Flehenden nachsichtig zu sein. Denn der besitzt etwas von der himmlischen Herrschaft, der seine Herrschaft durch Frömmigkeit erhöht.52 (64)  Euer Italien also, das auf mein Urteil vertraut,53 und sogar der Patricius Rikimer haben meine Wenigkeit mit einer Bitte geschickt, weil sie ohne Zweifel der Ansicht sind, dass ein Römer Gott den Frieden zum Geschenk macht, um den auch ein Barbar bittet. Denn ein Triumph kommt ausschließlich Euren Annalen zugute, wenn Ihr ohne Blutvergießen siegen werdet. Zugleich weiß ich nicht, welche Art von Kriegen tapferer sein kann als gegen den Zorn des wilden Goten54 zu kämpfen und ihn mit Wohltaten zu beschämen. Denn er wird um so schwerer erschüttert, wenn er, der sich bislang schämte um etwas zu bitten, seine Forderungen durchsetzt. (65)  Dann muss der zweifelhafte55 Ausgang eines Krieges bedacht werden: Gleichwohl wird in diesem Kampf, wenn die Verbrechen so stark sein werden, Eure Herrschaft um das beeinträchtigt, was beide Seiten verlieren. Denn alles, was bei Rikimer, wenn er ein Freund ist, unbeschadet bleibt, besitzt Ihr gemeinsam mit dem Patricius. Bedenkt zugleich, dass der, der als erster den Frieden anbietet, seine Angelegenheit gut ordnet.«56 (66)  Bis zu diesem Punkt sprach der bewundernswerte Bischof und beendete seine Rede. Dann blickte der Kaiser auf und sah, dass die Blicke aller nicht auf ihn gerichtet waren und die Augen aller auf ihn schauten, den er selbst nicht aufhörte zu bewundern. Dann, indem er tief Luft holte, begann er, wie folgt:

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(67)  ‘quamvis inexplicabilis mihi, sancte antistes, adversus Ricemerem causa doloris sit et nihil profuerit maximis eum a nobis donatum fuisse beneficiis, quem etiam, quod non sine pudore et regni et sanguinis nostri dicendum est, in familiae stemma copulavimus, dum indulsimus amori reipublicae quod videretur ad nostrorum odium pertinere. quis hoc namque veterum retro principum fecit umquam, ut inter munera, quae pellito Getae dari necesse erat, pro quiete communi filia poneretur? nescivimus parcere sanguini nostro, dum servamus alienum. (68)  nemo tamen hoc credat propriae causa factum esse formidinis. nam in tanta circumspectione salutis omnium solum pro nobis timere non novimus. bene enim apud nos conpertum est, perire imperatori laudem suae virtutis, qui pro aliorum cautella non metuit. sed ut tuae venerationi ad liquidum conatus illius aperiamus, quotiens a nobis maioribus donis cumulatus est Ricemer, totiens gravior inimicus apparuit. quanta contra rempublicam bella praeparavit? quantas externarum gentium per illum vires furor accepit? (69)  postremo etiam, ubi nocere non potuit, nocendi tamen fomenta suggessit. huic nos pacem dabimus? hunc intestinum sub indumento amicitiarum inimicum sustinebimus, quem ad foedus concordiae nec adfinitatis vincula tenuerunt? grandis cautio est adversarii animum cognovisse. etenim hostem protinus sensisse superasse est. perdunt semper deprehensa odia stimulos, quos occultata conceperant. (70)  sed si in his omnibus reverentia tua et vadesI et mediator accedit, qui potes spiritali indagine consilia nefanda invenire et inventa corrigere, pacem, quam et tu poscis, negare non audeo. postremo si solitae calliditatis astutia etiam te fefellerit, certamen iam vulneratus adsumat. me tamen statumque reipublicae tuis committo et commendo manibus et gratiam, quam supplicanti et profuso per se Ricemeri negare disposueram, per te primus exhibeo. (71)  profunda enim deliberatione conpendiis nostris in hac parte consulimus, si in incertis procellarum erroribus navem ex boni gubernatoris ordinatione flectamus. quis enim tibi excusare praesumat beneficium postulanti, cui oportuerat ante preces offerri?’ haec imperator. at venerabilis

I Statt vades passt eher vas (vadis).

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(67)  »Ich habe, heiliger Bischof, Grund für einen unaussprechlichen Groll auf Rikimer und es wird nichts nützen, dass er von uns mit außerordentlich großen Wohltaten bedacht wird, den wir sogar, was nicht ohne Rücksicht auf unsere Herrschaft und unser Blut gesagt werden darf, in den Stammbaum unserer Familie aufgenommen haben,57 während wir der Liebe zum Staat nachgaben, was anscheinend den Hass der Unsrigen hervorrief. Denn wer von den früheren Kaisern brachte es jemals fertig, dass sich unter den Geschenken, die dem mit einem Fell bedeckten Goten58 notgedrungen gegeben wurden, um des gemeinsamen Friedens willen die eigene Tochter befand?59 (68)  Wir konnten nicht unser eigenes Blut schonen, während wir fremdes retteten. Dennoch möge niemand glauben, dass dies aus Furcht um uns geschah. Denn in Abwägung des Wohlergehens aller waren wir nicht nur um uns besorgt. Wir wussten nämlich nur zu gut, dass ein Kaiser das Lob für seine Tapferkeit verliert, der sich nicht um den Schutz anderer sorgt. Aber um Deiner verehrungswürdigen Person seine Absichten klar zu machen: Rikimer erschien uns so oft als ein umso problematischerer Feind, wie oft er von uns mit größeren Geschenken überhäuft wurde. Was für große Kriege hat er gegen den Staat vorbereitet?60 Was für große Gewalt brachte durch ihn die Wut auswärtiger Völker mit sich?61 (69)  Schließlich fand er sogar, wo er uns nicht schaden konnte, dennoch Mittel um uns zu schaden. Ihm sollen wir Frieden schenken? Diesen Staatsfeind, den weder die Bande der Eintracht noch der Verwandtschaft in einem Bündnis hielten, sollen wir unter dem Anschein von Freundschaftsverträgen ertragen? Es ist eine gute Vorsichtsmaßnahme seinen Gegner zu kennen. Denn den Feind sogleich gespürt zu haben, heißt ihn besiegt zu haben. Immer verliert der Hass, der erkannt wird, seine Stacheln, die er verborgen bereithält. (70)  Aber wenn in all diesen Angelegenheiten Deine verehrungswürdige Person als Bürge und Vermittler kommt, der Du mit Deiner geistlichen Macht gottlose Pläne aufspüren und ersonnene verbessern kannst, wage ich es nicht, den Frieden, den Du forderst, auszuschlagen. Schließlich, wenn er sogar Dich mit seiner gewohnten Verschlagenheit getäuscht hat, möge er schon verwundet den Kampf aufnehmen. Ich empfehle und vertraue mich und die Lage des Staates Deinen Händen an und zeige als erster durch Dich ein Entgegenkommen, das ich anordnete, Rikimer zu verweigern, auch wenn er darum fleht und vor mir niederkniet. (71)  Denn nach gründlicher Überlegung handeln wir in dieser Sache in unserem Interesse, wenn wir bei unsicheren Irrfahrten im Sturm das Schiff nach der Anweisung eines guten Steuermanns lenken. Denn wer kann es wagen Dir als Bittsteller eine Wohltat zu verweigern, die vor Deinen Bitten hätte erwiesen werden müssten.« So sprach der Kaiser. Aber der

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sacerdos ‘gratias’ inquit ‘omnipotenti domino, qui pacem suam principis menti inseruit, quem ad instar superni dominatus vicarium potestatis suae voluit esse mortalibus’. (72)  Quibus breviter narratis, accepto etiam pro concordiae firmitate ab Anthemio sacramento, discessit festinans ad Liguriam reverti, quoniam resurrectionis dominicae tempus instabat. per quod maceratis ieiuniorum cruce corporibus carne frigida spiritus hilaris recalescit et, dum a redemptore nostro moriendo mors vincitur, fidelis spei cibis anima saginatur. (73)  vicesimo a se, cum Romam egressus est, futurum pascha dies promittebat. tanta tamen iter celeritate confecit, ut quarto decimo die inprovisus et famam praeveniens Ticinum ingrederetur, comitibus sane plurimis in via derelictis, quia nec abstinentiam eius sustinere poterant nec laborem. (74)  ecce concursus praestolantium tanti antistitis adventum: domi positum videre, quem nondum Romam egressum fuisse cognoverant. laetae urbis tripudia adtonito Ricemeri indicantur: pacem factam consono omnes ore clamitabant. exultatio infinita provinciarum et, sicut hominum mos est gratius habere quod redditur, quam si omnino non pereat, dulcior erat concordia quae post litem revocabatur et pax quae iam paene desperata contigerat. (75)  evocabatur reverendus pontifex, ut diu expectatum Mediolanensibus praesentaret aspectum. at ille, ne velut debitas gratiarum actiones praesens videretur exigere, visitationes eorum sub colorata specie declinabat. (76)  Igitur processu temporis et laboris cotidianis successibus vitae in eum meritum geminabatur. erat illi germana natu minor, religione non inpar, Honorata nomine, cuius vitam per singula virtutum genera longum est eloqui. sufficit tamen ad laudum eius cumulum dignam tanti viri sororem dixisse. hanc in ipso quo de legatione rediit consecravit anno. (77)  quam tamen inbuendam disciplinis caelestibus, quasi sancta illi natura non sufficeret, Luminosae cuidam feminae stupendae sanctitatis et singularis exempli commisit, cuius oporteret fortassis natalium culmina relegi, nisi insignior fuisset vita quam sanguine. haec enim fuit talis, de qua se crederet habere et ipse quod disceret, qui erudiendam consortem uteri

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verehrungswürdige Bischof sagte: »Dank dem allmächtigen Herrn, der seinen Frieden dem Geist des Kaisers eingab, der, wie er es wollte, nach dem Vorbild der himmlischen Herrschaft als Vertreter seiner Macht den Sterblichen dient.« (72)  Nachdem er das in aller Kürze gesagt und Anthemius zur Bekräftigung der Eintracht einen Eid abgelegt hatte,62 ging er fort und beeilte sich nach Ligurien zurückzukehren, da die Zeit der Auferstehung des Herrn bevorstand, in der ein fröhlicher Geist, nachdem sich die Körper mit der Marter des Fastens gequält haben, das kalte Fleisch erwärmt und, während unser Erlöser den Tod durch sein Sterben besiegt, die fromme Seele mit der Speise der Hoffnung genährt wird. (73)  Am 20. Tag vor dem Osterfest verließ er Rom. Er beendete seine Reise mit einer solchen Schnelligkeit, dass er am 14. Tag unvorhergesehen und ohne Ankündigung Ticinum betrat, indem er in der Tat die meisten Gefährten unterwegs zurückgelassen hatte, weil sie weder mit seiner Entsagung noch seiner Ausdauer mithalten konnten.63 (74)  Was für ein Auflauf derer, die die Ankunft ihres bedeutenden Bischofs erwarteten: Sie sahen ihn bereits daheim, von dem sie meinten, dass er Rom noch nicht verlassen habe. Die Freudentänze der Stadt werden dem erstaunten Rikimer gemeldet:64 Sie schrien alle wie aus einem Munde, dass Frieden geschlossen worden sei. Der Jubel der Provinzen war grenzenlos und, wie es die Gewohnheit der Menschen ist, das für willkommener zu halten, was wiederhergestellt wird, wie wenn es überhaupt nicht zugrundegeht, waren die Eintracht, die nach dem Streit erneuert wurde, und der Frieden, der schon fast für aussichtslos gehalten wurde, um so angenehmer. (75)  Der verehrungswürdige Bischof wurde herbeigerufen, damit er sich den Bewohnern Mailands zeigte, die ihn lange erwartet hatten. Aber er, damit er nicht durch seine Gegenwart die geschuldeten Danksagungen einzufordern schien, lehnte den Besuch unter einem schönen Vorwand ab.65 (76)  Also verdoppelte sich im Laufe der Zeit und durch die tägliche Abfolge seiner Mühe der Verdienst seines Lebens. Er hatte eine jüngere Schwester namens Honorata, die ihm in ihrer Frömmigkeit nicht nachstand. Es würde zu weit führen, deren Leben mit all ihren Tugenden zu erzählen. Um sie mit Lob zu überhäufen, reicht es dennoch nicht aus zu sagen, dass sie die eines so bedeutenden Mannes würdige Schwester war. Sie weihte er in eben dem Jahr, in dem er von seiner Gesandtschaft zurückkehrte.66 (77)  Um sie in die himmlischen Lehren einzuführen, als ob ihre heilige Natur nicht ausreichte, vertraute er sie Luminosa, einer Frau von bewundernswerter Heiligkeit und vorbildlichem Charakter, an, deren vornehme Abstammung wohl erwähnt werden müsste, wenn ihr Leben nicht edler als ihre Herkunft gewesen wäre.67 Sie war nämlich eine Frau, von der er glaubte, dass sie etwas habe, das er, der ihr seine Schwester zur Erziehung

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committebat. nam brevi apud hanc depositum antistitis pignus effloruit et ad maturitatem bonae frugis plantaria onusta perduxit. (78)  interea per propositum sibi callem vitae cursu praepeti sacerdos venerabilis incedebat eleemosynis sine retractatione operam dans, quod munus accipientibus vultu et animo blandissimo commendabat, ita ut cuicumque sermonis solius gratiam praestitisset, nequaquam se indonatum putaret abscedere. erat enim summum praemium, talem saltim vidisse pontificem. crescebat in dies singulos fama gloriosis successibus et totum paene mundum illius praedicatione conplebat. (79)  Defuncto tunc Ricemere vel Anthemio successit Olybrius, qui in ipsis exordiis diem clausit extremum. post hunc Glycerius ad regnum ascitus est, apud quem quanta pro salute multorum gesserit, studio brevitatis incido. nam supplicante sancto viro inlatam matri a dicionis suae hominibus concessit iniuriam, cum apud illum reverentia praefati sacerdotis esset etiam decessore sublimior. (80)  post quem ad regnum Nepos accessit. tunc inter eum et Tolosae alumnos Getas, quos ferrea Euricus rex dominatione gubernabat, orta dissensio est, dum illi Italici fines imperii, quos trans Gallicanas Alpes porrexerat, novitatem spernentes non desinerent incessere, e diverso Nepos, ne in usum praesumptio malesuada duceretur, districtius cuperet commissum sibi a deo regnandi terminum vindicare. hinc utrimque litium coeperunt fomenta consurgere, et dum neutrae partes conceptum tumorem vincendi studio deponunt, sic exuperabat causa discordiae. (81)  Adtigerat iam beatissimus vir octavum in sacerdotio annum, cum repente Nepotis animum submovendae dissensionis amor infudit, ut repulso simultatis veneno servaret inter reges caritas quod tueri arma vix poterant. evocantur ad consilium Liguriae lumina, viri maturitatis, quorum possit deliberatione labans reipublicae status reviviscere et in antiquum columen soliditas desperata restitui, tantique ad tractatum coiere ex iusso principis, quanti poterant esse rectores. (82)  seritur de ordinanda legatione sermo. in beatissimum virum Epifanium mentes omnium et oculi diriguntur. fiunt cunctorum sententiae, quasi unius et ore proferrentur et pectore. quid pluribus? cum laetitia Christi miles

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anvertraute, selbst lernte. Denn in Kürze blühte bei ihr die anvertraute Verwandte des Bischofs auf und brachte die Setzlinge voll guter Frucht zur Reife. (78)  Unterdessen ging der verehrungswürdige Bischof auf dem ihm vorgezeichneten Weg in schnellem Lauf voran und gab ohne zu zögern Almosen; dieses Geschenk überreichte er den Empfängern mit freundlichem Blick und Geist, so dass jeder, dem er allein die Gunst seiner Ansprache gewährte, glaubte, nicht ohne Geschenk fortzugehen. Denn es war eine hohe Auszeichnung einen solchen Bischof wenigstens gesehen zu haben. Von Tag zu Tag wuchs sein Ruf durch ruhmreiche Erfolge und erfüllte fast die ganze Welt mit seinem Lobpreis. (79)  Nachdem dann Rikimer68 und Anthemius gestorben waren, folgte Olybrius nach, der bald zu Beginn seiner Herrschaft starb.69 Nach ihm wurde Glycerius zum Herrscher berufen, bei dem ich in dem Bemühen um Kürze weglasse, was Epiphanius Großes für das Wohlergehen vieler vollbrachte.70 Denn auf Bitte des heiligen Mannes räumte er ein Unrecht ein, das (s)einer Mutter von Menschen seiner Herrschaft zugefügt worden war, denn bei Glycerius war die Achtung vor besagtem Bischof sogar größer als bei seinem Vorgänger.71 (80)  Nach ihm gelangte Nepos an die Macht.72 Zwischen ihm und den Goten, den Bewohnern Tolosas, die der König Eurich mit eiserner Hand regierte, entstand damals ein Streit, als sie, die den neuen Herrscher missachteten, nicht aufhörten in das Gebiet des italischen Reiches, das er über die Gallischen Alpen ausgedehnt hatte, einzufallen und dagegen Nepos, damit nicht eine falsche Erwartung zur Gewohnheit wurde, mit mehr Strenge die ihm von Gott zur Herrschaft anvertraute Grenze verteidigen wollte.73 Daher nahmen die Streitigkeiten auf beiden Seiten zu und während keine Seite die Hoffnung auf einen Sieg aufgab, gewann der Grund für die Zwietracht die Oberhand. (81)  Der selige Mann befand sich schon im achten Jahr seines Bischofs­ amtes, als plötzlich Nepos der Wunsch erfasste den Streit beizulegen, damit nach Beseitigung des Giftes der Feindschaft die Liebe unter den Herrschern bewahre, was die Waffen kaum schützen konnten. Zu einer Versammlung wurden die führenden Bürger Liguriens, erfahrene Männer, zusammengerufen, durch deren Überlegung der ins Wanken geratende Staat sich wieder beleben und die vermisste Stabilität wieder in ihre alte Lage gebracht werden kann, und auf Befehl des Kaisers kamen so viele zur Besprechung zusammen, wie viele von Einfluss sein konnten.74 (82)  Das Gespräch kam auf die Durchführung einer Gesandtschaft. Auf den seligen Epiphanius richteten sich die Gedanken und Augen aller. Die Meinung aller kam zustande, wie wenn sie aus einem Munde und aus einem Herzen vorgetragen wurde. Was soll ich mehr sagen? Mit Freude erfasste der

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occasionem laboris amplectitur et spe effectum praecipit, de negotii aestimatione confidens agendi speciem melioraturus inquirit, actionem paene conclamatam et valde difficilem caelestis potentiae praesidio percontatus est suscepit inplevit. (83)  cuius itineris molestias necessitatesque non valeam per ordinem digerere, nec si mihi centum linguarum fluminibus per meatus inriguos verba fundanturI. nam egressus de Ticinensi oppido, donec ad destinata loca pertingeret, tali viae suae fatigationem arte geminavit, ut si temperius iumentorum defectum considerantes in futurae mansionis diversoria successerunt, praeter psalmorum continuationem, praeter lectionis perseverantiam, quorum nihil nisi stando faciebat, eligebat secessum nemorea fronde conclusum. (84)  ubi conexis arborum brachiis nox domestica texeretur, quod solum refugus per umbracula opaca sol nesciret, et torum viridanti cespite gratia naturalis sterneret, ibi profusus in oratione continuis fletibus exortem pluviarum terram oculorum imbribus inrigabat. reddebantur arva illa fecunda orationum copia, quae frugum esse non poterant. (85)  Tali exercitio se macerans Tolosanam, in qua Euricus tunc rex degebat, urbem ingressus est, quem iam praevia opinio Gallorum auribus, qualis esset, intimaverat, sacerdotibus praecipue eiusdem regionis, quos adtonitos de advenientibus inquisitio profunda sollicitat. erat praeterea ea tempestate consiliorum principis et moderator et arbiter Leo nomine, quem per eloquentiae meritum non una iam declamationum palma susceperat. qui cum summo gaudio adventum pontificis indicavit notitiae publicae. (86)  evocatur ex tempore regi praesentandus antistes, ad quem ilico ut ingressus, vidit salutavit adgressus est: ‘quamvis te, stupende terrarum princeps, multorum auribus reddat virtutis fama terribilem, et gladii, quibus finitimos continua vastitate premis, segetem quandam inimici germinis metant, nullam tibi tamen superni gratiam numinis dira bellandi praestat ambitio nec ferrum fines tuetur imperii, si caelestis dominus offendatur. (87)  regem te habere memento, cui oportet considerare quid placeat, qui cum susceptum hominem portaret ad caelum, pro inmensae hereditatis

I

Vgl. Vergil, Aen. 6,625–627.

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Soldat Christi die Gelegenheit zur Mühsal und hoffte im voraus auf einen guten Ausgang; im Vertrauen auf die Wertschätzung seiner Unternehmung suchte er nach einer Möglichkeit sein Handeln zu verbessern, mit Hilfe der himmlischen Macht überdachte, übernahm und erfüllte er eine fast aussichtslose und sehr schwierige Aufgabe. (83)  Die Beschwerlichkeiten und Wechselfälle seiner Reise vermag ich nicht der Reihe nach darzulegen, auch wenn mit den Strömen von hundert Sprachen sich mir Worte durch bewässerte Wasserläufe ergießen sollten. Denn er verließ Ticinum und verdoppelte, bis er zu der bestimmten Gegend gelangte, die Anstrengungen seiner Reise auf solche Weise, dass er, wenn sie rechtzeitig die Erschöpfung der Lasttiere erkannten und in die Herberge der nächsten Raststation gelangten, er neben dem kontinuierlichen Vortrag von Psalmen, neben der fortwährenden Lesung (aus der Heiligen Schrift), was er beides nur im Stehen ausführte, einen abgeschiedenen Platz auswählte, der umgeben war von Laubbäumen.75 (84)  Dort, wo für eine gastliche Nacht durch die ineinander verwobenen Zweige der Bäume gesorgt wurde, indem die Sonne, da sie vor dem schattigen Schirm zurückwich, den Erdboden nicht kannte und die Gunst der Natur ein Lager mit grünendem Rasen ausbreitete, streckte er sich aus bei seinem Gebet und tränkte durch das ununterbrochene Fließen seiner Tränen die an Regen arme Erde. Durch die Fülle seiner Gebete wurden jene Äcker fruchtbar, die keine Früchte geben konnten. (85)  Sich durch solche Übung kasteiend betrat er Tolosa, wo damals König Eurich residierte; sein ihm vorauseilender Ruf hatte schon den Galliern zu Ohren gebracht, was für ein Mensch er war, vor allem aber den Priestern dieser Gegend, die voller Begeisterung über die Ankömmlinge eine tiefe Neugier erfasste. In dieser unruhigen Zeit war ferner Leiter und Vorsitzender des Rates des Herrschers ein Mann namens Leo, der durch das Verdienst seiner Beredsamkeit mehr als eine Auszeichnung für seine Vorträge empfangen hatte.76 Dieser zeigte mit großer Freude der Öffentlichkeit die Ankunft des Bischofs an. (86)  Sofort wird der Bischof gerufen, um sich dem König zu zeigen; er ging sofort zu ihm, sah ihn, begrüßte ihn und sprach ihn an:77 »Obwohl Dich, bewundernswerter Weltenfürst, der Ruf Deiner Tapferkeit in den Ohren vieler fürchterlich erscheinen lässt und die Schwerter, mit denen Du ununterbrochen die Gebiete der Nachbarn verwüstest, die Saat eines feindlichen Keimes ernten, wird Dir dennoch das unheilvolle Verlangen nach Krieg nicht die Gnade der himmlischen Gottheit erweisen und das Schwert nicht das Gebiet Deines Reiches schützen, wenn der Herr des Himmels beleidigt wird. (87)  Bedenke, dass Du einen Herrscher hast, dem es obliegt zu urteilen, was gefällt, der, weil er den aufgenommenen Menschen zum Himmel

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munere pacem discipulis iterata saepius admonitione commendatI, cuius nos praecepti necesse est esse custodes, praecipue cum noverimus virum fortem dici non posse quem vicerit indignatio. deinde perpendere nos convenit, quod nemo diligentius propria tuetur quam qui aliena non adpetit. (88)  quocirca Nepos, cui regimen Italiae ordinatio divina commisit, ad haec nos impetranda destinavit, ut reductis ad fidem mentibus terrae sibi convenae dilectionis iure socientur. qui licet certamina non formidet, concordiam primus exoptat. nostis in commune, quo sit dominiorum antiquitas limitata confinio, qua sustinuerint partes istae illarum rectores famulandi patientia. sufficiat, quod elegit aut certe patitur amicus dici, qui meruit dominus appellari’. Haec vir insignissimus Epifanius. (89)  At Euricus, gentile nescio quod murmur infringens, mollitum se adhortationibus eius vultus sui serenitate significat. Leo vero nominatus superius tanto adlocutionis ipsius tenebatur miraculo, ut crederet verbis huiuscemodi expugnari posse mentes, si fas est dici, etiam si contra iustitiam postularet. (90)  taliter tamen fertur ad interpretem rex locutus: ‘licet pectus meum lorica vix deserat et adsidue manum orbis aeratus includat necnon et latus muniat ferri praesidium, inveni tamen hominem, qui me armatum possit expugnare sermonibus. fallunt qui dicunt Romanos in linguis scutum vel spicula non habere. norunt enim et illa quae nos miserimus verba repellere et quae a se diriguntur ad cordis penetralia destinare. (91)  facio ergo, venerande papa, quae poscis, quia grandior est apud me legati persona quam potentia destinantis. accipe nunc fidem et pro Nepote pollicere, quod servet intemeratam concordiam, quoniam te promisisse iurasse est’. his dictis inito etiam pactionis vinculo verendus pontifex vale dicto discessit. (92)  ad quem statim precatorum turba dirigitur, ut secuturo die regis epulis interesset, quem ille iam conpererat iugiter per sacerdotes suos polluta habere convivia. cui excusavit dixitque sibi non esse in more positum alienis aliquando prandiis vesci, perendie se magis velle proficisci. quod constitutum maturavit implere et Tolosam tantis comitantibus egressus est,

I

Vgl. NT Joh. 14,27.

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trägt, als Geschenk für sein unermessliches Erbe durch öfter wiederholte Ermahnung seinen Jüngern den Frieden empfahl; wir müssen die Wächter seiner Lehre sein, zumal wenn wir erfahren, dass der nicht ein tapferer Mann genannt werden kann, den die Wut besiegt hat. Dann ist es an uns abzuwägen, dass niemand sorgfältiger das Eigentum schützt als der, der nicht fremde Güter begehrt. (88)  Daher beauftragte uns Nepos, dem Gottes Wille die Herrschaft über Italien anvertraute, uns Folgendes zu bitten, dass unsere benachbarten Länder, nachdem Vertrauen wieder hergestellt worden ist, sich aussöhnen mit dem Anspruch auf Zuneigung. Er, obgleich er Kämpfe nicht fürchtet, wünscht als erster Eintracht. Ihr wisst ebenfalls, wo die Grenze der alten Kaiserherrschaft verlief, mit welcher Geduld zu dienen diese Gebiete die neuen Herren ertrugen. Es möge ausreichen, dass er es vorzieht oder sicherlich duldet Freund genannt zu werden, der es verdiente, als Herr angeredet zu werden.«78 So sprach der ausgezeichnete Epiphanius. (89)  Aber Eurich, indem er irgendein barbarisches Gemurmel unterbrach,79 zeigte durch die Heiterkeit seines Blickes, dass er von dessen Ermahnungen besänftigt worden war. Der erwähnte Leo jedoch wurde durch seine Ansprache so verzaubert, dass er glaubte, dass durch solche Worte die Menschen eingenommen werden, obwohl er, wenn es gestattet ist zusagen, etwas im Widerspruch mit der Gerechtigkeit forderte. (90)  Dennoch soll der König zu einem Dolmetscher folgendermaßen gesprochen haben: »Obgleich meine Brust fast ständig ein Panzerhemd trägt, ein eherner Schild immer meine Hand beschützt und das Schwert hilft meine Flanke zu sichern, habe ich dennoch einen Mann gefunden, der einen Waffenträger wie mich mit seinen Reden besiegen kann. Sie täuschen sich, die sagen, die Römer haben keinen Schild und keine Pfeilspitzen auf ihren Zungen. Denn sie verstehen es sehr wohl jene Worte, die wir gesagt haben, zu erwidern, und die, die von ihnen ausgesprochen werden, auf das Innere unseres Herzens zu richten. (91)  Ich mache daher, verehrungswürdiger Bischof, was Du forderst, weil für mich die Person eines Gesandten wichtiger ist als die Macht seines Auftraggebers. Empfange nun meine Treue und versprich an Stelle von Nepos, dass er die Eintracht unverletzt bewahre, da Dein Versprechen einem Eid entspricht.« Nach diesen Worten wurde ein Bündnis eingegangen und der ehrwürdige Bischof ging fort, nachdem er sich verabschiedet hatte.80 (92)  Sofort wird zu ihm eine Schar von Bittstellern geschickt, damit er am folgenden Tag an dem Festmahl des Königs teilnehme, von dem er bereits erfahren hatte, dass er ständig Gastmahle abhalte, die von seinen Priestern entehrt werden.81 Er entschuldigte sich bei Eurich und sagte, dass er es nicht gewohnt sei sich irgendwann von den Mahlzeiten Fremder zu ernähren, auch wolle er lieber am übernächsten Tag abreisen. Er beeilte

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ut paene deserta urbs discedente nostro pontifice cerneretur. tantos enim in brevi devinxerat sibi caritate sincera, ut captivitatem flerent quos apud patriam remanere necessitas constringebat. (93)  inde tamen regrediens singula sanctarum habitationum loca visitavit: medianas insulas, Stoechadas Lerum ipsamque nutricemI summorum montium planam Lerinum adiit, unde singulos vitae flosculos decerpsit ex omnibus, quos in se boni germinis fomes insereret et ad maturitatis tempus gravida pomis caelestibus arbor adduceret. (94)  interea expectatum Italis lumen redditur et revertente singulari sacerdote per sudum rutilans iubar aperitur. Ticinum diu desideratus ingreditur, Nepoti effectum peractae legationis insinuat, et crescente laudum cumulo humilitas in eo pariter sentibat augmentum. (95)  Igitur dum talibus se disciplinis et laboribus Christi et dei nostri operarius exerceret, ecce ille quietis nescius et scelerum patrator inimicus magna dolorum incrementa conglutinat et inquirit, quibus virum integerrimum passionibus lacessiret. exercitum adversus Orestem patricium erigit et discordiae crimina clandestinus supplantator interserit. spe novarum rerum perditorum animos inquietat, Odovacrem ad regnandi ambitum extollit et, ut haec pernicies in Ticinensi civitate contingeret, Orestem ad eam fiducia munitionis invitat. (96)  episcopus cum omnibus ad se pertinentibus praesens invenitur. fit maximus in urbe concursus, praedandi rabies inardescit: ubique luctus, pavor ubique et mortis imago plurimaII. discurrebat ille sollicitus; poscebatur ad poenam, cuius substantiam notiorem fecerat amicitiarum fides antiquior. alii flammas ruituris aedibus subponebant, alii ad exitium poscebant dominum, pro cuius convenerat salute pugnari. (97)  currunt ad ecclesiae domum, totis direptionis incendiis aestuantes, dum quem videbant erogare plurima, perinmensa suspicabantur abscondere. pro nefas! thesauros cruda barbaries quaerebat in terra, quos ille ad caelestia secreta transmiserat. diripitur etiam sancta eius germana et seorsum ab eo captivitatis sorte deducitur. omnes nobilium a suis familiae sequestrantur. Luminosa gloriosissima femina parili necessitatis condicione constringitur. (98)  o dolor! utraeque ecclesiae flammis hostilibus concremantur, tota civitas quasi rogus effulgurat. cunctorum voces sacerdotem requirentium

I II

Apollinaris Sidonius, carm. 18,110. Vergil, Aen. 2,368.

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sich seinen Vorsatz zu erfüllen und verließ in Begleitung vieler Tolosa, sodass bei der Abreise unseres Bischofs die Stadt fast verlassen erschien. Denn so viele hatte er in Kürze durch seine aufrichtige Anteilnahme an sich gebunden, dass sie, die sich gezwungen sahen in der Heimat zu bleiben, die Gefangenschaft beweinten. (93)  Auf seiner Rückreise besuchte er einzelne Plätze, die von Heiligen bewohnt waren: Er suchte die in der Mitte befindlichen Inseln, die Stoechaden, Lerum und Lerinum, die flache Ernährerin höchster Berge, auf, wo er sich einzelne Lebensblüten von all denen pflückte, die in sich die Anlage eines guten Keimes trugen und die ein mit himmlischen Früchten beladener Baum zur Reife brachte.82 (94)  Inzwischen erscheint Italien das erwartete Licht und bei der Rückkehr des einzigartigen Bischofs erstrahlt rötliches Licht am wolkenlosen Himmel. Der lang Ersehnte betritt Ticinum, legt Nepos den Erfolg seiner durchgeführten Gesandtschaft dar83 und, während das Lob über ihn anwuchs, fühlte er zugleich, wie in ihm die Demut wuchs. (95)  Als er sich also als Arbeiter Christi und unseres Gottes in solchen Lehren und Mühsalen übte, siehe da, erdachte und ersann jener Unruhestifter und feindselige Vollstrecker von Verbrechen große Schmerzen, mit deren Leiden er den aufrichtigen Mann peinigte. Als heimlicher Betrüger baute er ein Heer gegen den Patricius Orestes auf und säte Zwietracht.84 In der Hoffnung auf Umsturz wiegelte er die Zerstörer auf, stachelte er Odoaker an nach der Herrschaft zu streben und, damit dieses Verderben auch Ticinum erreichte, lud er Orestes dorthin ein im Vertrauen auf dessen Befestigungsanlagen.85 (96)  Der Bischof befand sich bei all seinen Anhängern. In der Stadt kam es zu einem gewaltigen Aufruhr, die Wut zu plündern entbrannte: überall Trauer, überall Furcht und der Tod in vielen Formen. Epiphanius lief beunruhigt umher; man forderte Strafe für die, die man in allzu großem Vertrauen auf ihre alte Freundschaft zu sehr über das eigene Vermögen informiert hatte. Die einen legten Feuer an einsturzgefährdete Häuser, die anderen forderten den Tod für ihren Herren, für dessen Sicherheit sie hätten kämpfen sollen.86 (97)  Angefeuert von dem Drang zu plündern, liefen sie zum Haus der Kirche, weil sie vermuteten, dass er, der offensichtlich sehr viel spendete, unermesslich viel verbarg. Was für ein Gräuel! Die grausamen Barbaren suchten in der Erde Schätze, die er den Geheimnissen des Himmels anvertraut hatte. Es wird sogar seine heilige Schwester geraubt und fern von ihm als Gefangene fortgeführt. Alle Familien der Adligen werden von ihren Angehörigen getrennt. Die ruhmreiche Luminosa erleidet das gleiche Schicksal.87

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audiuntur. nemo periculi sui meminerat, dum maior ab illisI salutis portio divideretur. cui quamvis confusa in singulorum exitium turba fremeret, honor tamen et inter gladios inpendebatur. (99)  nam ilico non fuerunt quos potuit videre captivos: venerabilem germanam suam, priusquam in vesperam diei illius lux funesta laberetur, eripuit; plurimos etiam civium absolvit precatu suo, antequam durissimae condicionis vincla sentirent, matres familias praecipue, quas inmanior in hac necessitate poterat manere commoratio. (100)  postremo status civitatis, quem multitudo barbarica succidebat. unius fortissimae columnae sustentatus resurgebat auxilio, nec tantum ad delendum sufficiebat exercitus, quantum ad reparandum unius persona pontificis. sublato tamen Oreste et propter Placentinam urbem extincto depraedationis impetus conquievit. (101)  Post quem adscitus in regnum OdovacrisII tanto cultu insignem virum coepit honorare, ut omnium decessorum suorum circa eum officia praecederet. interea ne diu favillis domicilia divina premerentur, ante gloriosus antistes reaedificandi sumpsit animum quam expensas aut substantiam praeparandi. ingentis pretii fabricas sine nummorum adtollere condito non expavit, apostolicae admonitionis haud inscius, quod caelestia regna quaerentibus indeficiens iugiter census exuberet et de pleno semper inpertiat, quem non opprimit in largiendi voluntate paupertasIII. (102)  dicebat enim: ‘vix est, ut animum divitem possibilitas deserat, et difficillimum, ut sequatur abundantia hominem mente mendicum’. iam iamque tamen fastigia perfectionis maioris ecclesiae opus adtigerat aedificio et dedicationis insignibus adornato, extemplo alterius ecclesiae cum columnatus repente paries inpulsu callidi serpentis eiectus est. voluit experiri, si multiplici eius posset vexatione subverti. (103)  at ille violentior, ne malis eius cederet, adsurgebat et continuo sine alicuius passionis indicio ad reparationem ipsius plena se aviditate succinxit. nimio tamen universitas tenebatur miraculo, quod ab ipso templi tholo artifices cum ingenti machina corruerunt, nullus tamen eorum aut crure debilis factus est aut aliqua membrorum parte truncatus. quod orationibus episcopi contigisse cunctorum sensibus patuit, ut molem propriam ruina sustineret et a casu suo lapides suspenderentur.

I Statt ab illis eher ab illo. II Der Genitiv Odovacris ist unklar. Zu erwarten wäre hier der Nominativ Odovacar. III NT Luk. 12,31.

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(98)  Oh Jammer! Beide Kirchen88 brennen nieder durch die Flammen der Feinde, die ganze Stadt leuchtet auf wie ein Scheiterhaufen. Man hört die Rufe aller, die nach dem Bischof verlangen. Niemand dachte an seine Gefahr, solange man den größeren Teil der Rettung mit ihm teilte. Obwohl die Menge, die zum Verderben einzelner zusammenströmte, ihren Unwillen über ihn äußerte, wurde ihm dennoch Ehre auch unter den Schwertern zuteil. (99)  Denn alsbald gab es niemanden, den er als Gefangenen sehen konnte: Er befreite seine verehrungswürdige Schwester, bevor das Licht jenes unheilvollen Tages sich zum Abend neigte;89 durch seine Bitte befreite er auch sehr viele Bürger, ehe sie die Fesseln ihres harten Loses spürten, vor allem die Mütter von Familien, für die es ziemlich grausam sein konnte in dieser Notlage zu bleiben. (100)  Schließlich erhob sich die Stadt, die eine Menge Barbaren zu Fall brachte, dank der Unterstützung einer einzigen äußerst starken Säule, und ein Heer reichte nicht aus so viel zu zerstören, wie viel die Person eines einzigen Bischofs aufbaute. Nachdem jedoch Orestes beseitigt und bei Placentia getötet worden war, legte sich das Verlangen zu plündern.90 (101)  Nach Orestes gelangte Odoaker an die Macht und fing an den ausgezeichneten Mann mit so großer Achtung zu verehren, dass er die Ehrenbezeigung aller seiner Vorgänger ihm gegenüber übertraf. Inzwischen, damit die Gotteshäuser nicht lange unter Asche lagen, fasste der glorreiche Bischof den Plan sie wieder aufzubauen, bevor die Gelder oder das Material bereitlagen. Er schreckte nicht davor zurück teure Gebäude ohne finanzielle Absicherung zu errichten, im sicheren Vertrauen auf die Mahnung des Apostels, dass die, die das Reich Gottes suchen, ein unaufhörlich sprudelndes Vermögen haben und derjenige immer aus dem Vollen schöpft, den in seinem Willen zu schenken Armut nicht einschränkte.91 (102)  Denn er sagte: »Es geschieht selten, dass die Möglichkeit zu spenden einen Reichen verlässt, und es ist äußerst schwierig, dass ein geistig armseliger Mensch im Überfluss lebt.« Und schon war gleichwohl die Arbeit an der größeren Kirche fast vollendet92 und das Gebäude sogar mit den Zeichen für die Einweihung geschmückt worden, als sogleich auf Initiative der hinterlistigen Schlange die Säulenwand der anderen Kirche plötzlich zusammenstürzte; sie wollte ausprobieren, ob er durch ihre vielfachen Nachstellungen umgestimmt werden könne. (103)  Aber er reagiert viel tatkräftiger, um nicht vor ihren bösen Taten zurückzuweichen und ging sogleich ohne Anzeichen eines Leidens mit vollem Eifer daran, sie wieder aufzubauen. Ein riesiges Wunder hielt gleichwohl alle in seinem Bann; obwohl die Handwerker von der Kuppel der Kirche mit einer riesigen Maschine herabstürzten, brach sich dennoch niemand ein Bein oder verletzte sich an einem anderen Körperteil. Alle fühlten, dass das durch die Gebete des Bischofs geschehen sei, dass die

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(104)  stupendo tamen ordinationis eius cursu supra dicti operis perfectionem labor accepit. nam consummato maioris ecclesiae reparationem orditur. raptim ad fastigia priscae incolumitatis surrexisse conspexit domum dei, qui necdum conpererat inchoatam. quibus tamen ab eo celeriter exactis mox se in illum divinus favor ostendit. (105)  nam in eiusdem anni curriculo summa daemonum turba de obsessis coeperunt clamare corporibus, flagris se et cruciatibus nimiis, ut fugerent, sacerdote Epifanio imperante conpelli. quos ille modica cum fletu oratione profusa ad extima terrarum confinia transmittebat ac diversis vocibus heiulantes meritorum suorum urguebat imperio. sed cum talia per Christi gratiam iugiter faceret, nihil sibi de praesumptionum flatibus adsumebat. tollit enim illis boni meriti potentiam, quibus supercilium fiducia benignitatis adtulerit. (106)  Interea ne solis civitatem templorum aedibus videretur ornasse, fessis eiusdem urbis habitatoribus remediorum utilitate prospexit. nam directa legatione ad Odovacrem quinquennii vacationem fiscalium tributorum impetravit, ad quae beneficia per singulos dispertienda tanta se castitate continuit, ut nemo ex his minus acciperet quam is, quo fuerant inpetrante concessa. (107)  dum haec tamen gererentur, in perniciem Liguriae possessorum Pelagi, qui ea tempestate praetorio praefectus erat, repositus malitiae ardor efferbuit. nam coemptionum enormitate gravissima tributa duplicabat reddebatque onus geminum, quod simplex sustineri non poterat. unde mox ad sanctum virum oppressorum turba confluxit. qui laetus succurrendi occasiones amplectitur et pro cunctorum necessitate alacer ambulavit poposcit obtinuit. — (108)  sed quid frustra gestio singulorum species laborum eius vel formas eloqui, dum quod non explicat possibilitas, praesumit adfectus datque terminum latiora opinantibus sermonis angustia? fuerunt tamen ista sacratissimi vatis desideria, ut cum innumerabilia faceret, optaret de laudibus suis aut nulla aut pauca perstringi. unde si quid minus lingua pauper aperui, audientum et legentum sensibus derelinquo.

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einstürzende Wand ihr eigenes Gewicht aushielt und die Steine daran hinderte herabzufallen.93 (104)  Durch seine erstaunlich schnelle Anordnung konnte gleichwohl die Arbeit an dem oben genannten Bauwerk vollendet werden. Denn nach ihrem Abschluss begann er mit der Wiederherstellung der größeren Kirche. Er sah, dass das Haus Gottes, der noch nicht bemerkt hatte, dass mit seinem Bau begonnen worden war, rasch die Höhe des alten unversehrten Gebäudes annahm. Nachdem gleichwohl die Arbeiten schnell von ihm durchgeführt worden waren, offenbarte sich bald die göttliche Gunst ihm gegenüber. (105)  Denn im Laufe desselben Jahres fing eine große Schar von Dämonen an aus dem Körper der von ihnen besetzten Menschen zu schreien; auf Befehl des Bischofs Epiphanius wurden sie mit Geißeln und unter außerordentlichen Martern gezwungen zu fliehen. Er vertrieb sie, nachdem er unter Tränen ein kurzes Gebet gehalten hatte, in die entlegensten Gebiete der Erde und bedrängte sie, die mit verschiedenen Stimmen aufheulten, aufgrund der Macht seiner Verdienste.94 Aber, obwohl er solche Taten aufgrund der Gnade Christi ständig vollbrachte, gab er sich nicht aufgeblasen durch irgendwelche Erwartungen. Er nimmt nämlich jenen die Macht für eine gute Tat, die im Vertrauen auf seine Güte hochmütig geworden sind. (106)  Inzwischen, damit es nicht schien, dass er die Stadt nur mit Kirchen geschmückt habe, sorgte er sich um die erschöpften Bewohner der Stadt mit einer nützlichen Hilfeleistung. Denn mit einer an Odoaker gerichteten Gesandtschaft erreichte er eine Befreiung von den Steuerzahlungen für fünf Jahre; bei der Verteilung dieser Wohltaten an jeden Einzelnen zeigte er eine solche Zurückhaltung, dass niemand von ihnen weniger erhielt als der, auf dessen Bitte sie erlangt worden waren.95 (107)  Während sich dies gleichwohl zutrug, stürzte Pelagius, der in dieser unruhigen Zeit Prätorianerpräfekt war,96 die Grundbesitzer Liguriens durch seinen aufgestauten Hass ins Verderben. Denn durch gewaltige Aufkäufe verdoppelte er die unerträglichen Steuerlasten und vergrößerte die Last, die als einfache nicht ertragen werden konnte, um das Doppelte. Daher kam bald die Schar der Unterdrückten bei dem heiligen Mann zusammen. Er ergriff voll Freude die Gelegenheit zu helfen und angesichts der Notlage aller ging er voller Eifer los, forderte und setzte sich durch.97 (108)  Aber warum bemühe ich mich vergebens die Art und Weise seiner einzelnen Mühen vorzutragen, während das, was nicht erklärt werden kann, Leidenschaft voraussetzt und die Begrenztheit der Rede denen eine Grenze setzt, die mehr erwarten? Dennoch wünschte sich der allerheiligste Bischof, dass, obwohl er unzählige Taten vollbrachte, seinem Wunsch gemäß nichts oder wenig zu seinem Lob erzählt wird. Daher lasse ich meinen Zuhörern und Lesern etwas zurück, was ich, weil mir die Worte fehlen, kaum darlegen konnte.

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(109)  Post multas tamen quas apud Odovacrem regem legationes violentia supplicationis exegit, dispositione caelestis imperii ad Italiam Theodericus rex cum inmensa roboris sui multitudine commeavit; ad quem vir integerrimus, dum Mediolani iam positus esset, excurrit. quem cum ille regum praestantissimus cordis oculis inspexisset et solita iudicii sui sacerdotem nostrum libra pensaret, invenit in eo pondus omnium constare virtutum, cuius integritatem velut fabrilibus lineis ad perpendiculum mentis emensus est; quique tali apud suos de illo sermone usus est: (110)  ‘ecce hominem, cui totus oriens similem non habet, quem vidisse praemium est. cum quo habitare securitas. fortissimo muro Ticinensis civitas incolumi isto vallatur, quosI inpugnantum nulla vis possit obruere, quos nequaquam Balearis fundae transcendat excursus. si qua necessitas inter undas certaminum adcesserit, tutum est apud istum matrem familiasque deponere et expeditum excursibus militare bellorum’. (111)  Interea perduelles animos dediticii exercitus mutationum incendit ambitio, quorum caput Tufa fuit, homo in perfugarum infamio notitia veteri pollutus: qui concepit mente ingenti ut se desperatis partibus cum multitudine redderet. quod cum Theodericus rex principali sollicitudine cognovisset, continuo omnem illam, quam totus oriens vix sustinuit, contraxit manum atque ad Ticinensis civitatis se angustiam contulit. (112)  videres urbem familiarum coetibus scatentem, domorum inmanium culmina in angustissimis resecata tuguriis. cerneres a fundamentis aedificia inmensa migrare nec ad recipiendam habitantium densitatem solum ipsum posse sufficere. (113)  inter haec ille in bonis vir exercitatissimus, in quo animorum amplitudo cunctis pandebat adcessum, oportunum sibi coniciens tempus offerri, quo benignitatis suae pleno austro vela laxaret et portum gloriae per variarum notitiam gentium et actuum celebritatem secunda navigatione pertingeret: primore in loco, quod nullae chartae veterum, nulli librorum de quocumque locuntur annales, quod cum stupore relator adfirmet vel cum admiratione lector admittat, ut cum sagacissima gente habitans et quam nulla suspicionum aura praetervolat, in rebus dubiis, quando metus periculi etiam mitia contra quoslibet corda sollicitat, sic illis fidelissimus extitit, ut inimicos eorum toto devinctos teneret affectu et inter dissidentes principes solus esset qui pace frueretur amborum.

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Der Bezug von quos ist unklar.

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(109)  Nachdem er gleichwohl bei dem König Odoaker viele Gesandtschaften mit seiner Kraft der Bitte durchgeführt hatte,98 kam auf Anordnung des himmlischen Reiches König Theoderich mit einem gewaltigen Heer nach Italien;99 zu ihm eilte unser unbescholtener Mann, als er sich schon in Mailand niedergelassen hatte.100 Als der Herausragendste unter den Königen ihn mit den Augen des Herzens erblickte und unseren Priester mit seinem gewohnten ausgewogenen Urteil abschätzte, fand er, dass in ihm alle Tugenden Gewicht besaßen, dessen Integrität er im Geiste maß wie der Handwerker mit einem Lot; und bei den Seinen sprach er so über ihn: (110)  »Hier ist ein Mann, von dem der ganze Orient nicht Seinesgleichen hat,101 den zu sehen eine Belohnung ist, mit dem zu wohnen Sicherheit bedeutet. Solange er unverletzt ist, wird Ticinum von einer äußerst starken Mauer umgeben, die keine Kraft der Belagerer einstürzen kann, die in keiner Weise das Geschoss einer barbarischen Schleuder überwinden kann. Wenn man notgedrungen zwischen die Wogen der streitenden Parteien gerät, kann man ihm sicher die Mutter und Familien anvertrauen und sich ungehindert den Kriegsläufen hingeben.«102 (111)  Inzwischen erfasste die Feinde des Heeres, das sich ergeben hatte, das Verlangen die Seite zu wechseln; ihr Anführer war Tufa, ein Mann, dem schon von früher der üble Ruf eines Überläufers anhaftete:103 Er fasste den kühnen Plan, sich mit seinem Heerhaufen der Partei anzuschließen, die die Hoffnung aufgegeben hatte. Als König Theoderich das mit der Besorgnis eines Fürsten zur Kenntnis nahm, zog er unaufhörlich jenes Heer zusammen, dem der ganze Osten kaum standgehalten hat, und begab sich zu der beengten Stadt von Ticinum. (112)  Man hätte eine Stadt sehen können, die überquoll durch den Auflauf von Familien, die Dächer riesiger Häuser, die in sehr enge Hütten umgewandelt wurden; man hätte sehen können, dass gewaltige Gebäude von ihren Fundamenten abgetragen wurden und dennoch nicht ausreichten um die Masse an Bewohnern aufzunehmen. (113)  In dieser Situation dachte jener Mann, der in guten Dingen sehr geübt war, bei dem die Größe des Geistes sich allen öffnete, dass sich eine für ihn günstige Gelegenheit bot, um bei vollem Südwind die Segel seiner Wohltätigkeit loszumachen und den Hafen des Ruhmes dank der Kenntnisnahme verschiedener Völker und der Berühmtheit seiner Taten bei günstiger Fahrt zu erreichen: An erster Stelle, weil keine Urkunden der Alten, weil keine Geschichtsbücher darüber sprechen, was der Erzähler mit Staunen bestätigt und der Leser mit Bewunderung aufnimmt, zeigte er sich in einer verzweifelten Lage, als die Angst vor Gefahr auch die sanften Herzen gegen jeden beunruhigte, ihnen gegenüber so zuverlässig, dass er ihre Feinde, die ganz von Leidenschaft erfasst waren, zügelte und unter den zerstrittenen Fürsten er der einzige war, der sich des Friedens beider erfreute.

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(114)  adplicabat enim ad conpendium unius quicquid praestabatur ab altero, et reverentia personae suae atque dulcedine sic largientis temperabat animum, ut nullatenus accenderetur, si aliquid a se beneficii per episcopum et inimicus acciperet. ille fuit, circa quem concordiam et pugnantes servarent et cuius quietem bella non laederent. (115)  iam si ad illud veniamus, quod cotidiana et ipsos pascebat humanitate raptores et illis intra civitatem sumptuum necessaria ministrabat, qui foris praedia illius continua vastitate deleverant. nam tot milia hominum uno eodemque tempore, cum diversa poscerent, reficiebat blanditiis, humiliabat adloquio, pascebat muneribus. si cuius liberi uxorque inimicis a qualibet parte fuissent intercipientibus occupati, ilico supplicationis illius pretio reddebantur suis, quos auri redimere non potuisset effusio. (116)  regi aptissimus et prae sanctis omnibus venerabilis existebat, ut quoscumque Romanorum bellandi licentia hominum eius fecisset esse captivos, mox illi restitueret, quem sola intellegebat aliorum libertate ditari. deinde enumerare nequeam, quanta ille subiugatorum agmina solo proprio reddidit, quanta ne vexarentur inposuit. (117)  iam si illa retexam, quas inimicorum sustinuit insolentias, quibus laboravit inmissionibus, quali procellas pessimorum virtute contempsit: ad haec enarranda lingua non sufficiet. iuvat enim certa quaeque decerpere, ubi sunt omnia admiranda quae referas. sub tali cruce triennium duxit, soli deo dolorum suorum secreta manifestans, a quo ministrari sibi clandestinum poscebat auxilium. (118)  Post hinc digressis Gothis civitas Ticinensis Rugis est tradita, hominibus omni feritate immanibus, quos atrox et acerba vis animorum ad cotidiana scelera sollicitabat. diem putabant perisse, qui illos sine facinore casu aliquo interveniente fugisset. quos tamen beatissimus antistes sermonum suorum melle delenibat, ut effera corda auctoritati submitterent sacerdotis et amare discerent, quorum pectora odiis semper fuisse dedicata cognovimus. (119)  mutata est per meritum illius perversitas naturalis, dum inhonoris mentibus radix peregrinae apud illos affectionis inseritur. qui sine grandi stupore credat dilexisse et timuisse Rugos episcopum et catholicum et

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(114)  Denn er erreichte zum Vorteil des einen, was von einem anderen gewährt wurde, und durch die Achtung seiner Person und durch seine Sanftmut mäßigte er so den Sinn eines Spenders, dass er keineswegs in Wut entbrannte, wenn von seiner Wohltat der Feind durch den Bischof etwas erhielt. Er war es, dem gegenüber die Kämpfenden Eintracht bewahrten und dessen Frieden Kriege nicht störten. (115)  Ich möchte schon berichten, dass er selbst die Räuber täglich aufgrund seiner Menschlichkeit nährte und sie innerhalb der Stadt mit dem Lebensnotwendigen versorgte, die außerhalb seine Besitzungen ständig durch Verwüstungen zerstörten. Denn in ein und derselben Zeit richtete er so viele Menschen, obwohl ihre Forderungen in die entgegengesetzte Richtung gingen, durch seinen Zuspruch auf, wies sie durch seine Ansprache zurecht und half ihnen mit Geschenken. Wenn irgendjemandes Kinder und Ehefrau von Feinden einer Partei bei einem Raubzug gefangengenommen worden waren, wurden sie, die eine umfangreiche Zahlung in Gold nicht hätte loskaufen können, sofort den Ihren unter dem Preis seines Bittgebetes zurückgegeben. (116)  Für den König war er der passende Mann, der in seiner Verehrung alle Heiligen überragte, sodass er ihm, den er, wie er einsah, allein durch die Freilassung anderer beschenken konnte, bald alle Römer überstellte, die die Willkür der Kriegsführung zu Gefangenen seiner Leute gemacht hatte. Daher kann ich nicht aufzählen, wie viele Gefangene er dem eigenen Boden zurückgab, wie viele er davor bewahrte, dass sie gequält wurden. (117)  Wenn ich das schon wiederhole, welche Beleidigungen der Feinde er ertrug, unter welchen Angriffen er litt, mit was für einer Geduld er über die Attacken von Kriminellen hinwegsah: Um das zu erzählen reicht meine Sprache nicht aus. Denn es bereitet Freude alle wahren Ereignisse zu erzählen, an denen alles bewundernswert ist, was man berichten kann. Ein solches Kreuz ertrug er drei Jahre lang, indem er allein Gott die Geheimnisse seiner Leiden anvertraute, von dem er verlangte, dass er ihm heimlich seine Hilfe anbot. (118)  Dann, nach dem Abzug der Goten, ist Ticinum den Rugiern übergeben worden, Menschen von ungeheuerlicher Wildheit, deren unbeugsames und grausames Wesen sie täglich zu Verbrechen antrieb.104 Sie hielten jeden Tag für verloren, an dem sie nicht durch irgendeinen Zufall den Einwohnern von Ticinum ein Verbrechen zugefügt hatten. Dennoch besänftigte sie der selige Bischof durch die Süße seiner Reden, sodass sie ihre wilden Herzen der Autorität des Bischofs unterwarfen und zu lieben lernten, sie, deren Herzen, wie wir wissen, sich immer dem Hass hingegeben hatten. (119)  Durch sein Verdienst änderte sich ihr angeborenes Fehlverhalten, indem ihrem widerspenstigen Geist eine ihnen fremde Leidenschaft eingepflanzt wurde. Wer möchte ohne großes Staunen glauben, dass die Rugier,

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Romanum, qui parere regibus vix dignantur? cum quibus tamen integrum paene biennium exegit taliter, ut ab eo flentes discederent etiam ad parentes et familias regressuri. (120)  Postquam vero perfuncta res est misero exitialique bello et vicit is, cuius post triumphum spoliatum vagina gladium nullus aspexit, qui praesumptionem exercitus sui cum proelio terminavit, ilico adgressus est venerandus pontifex de urbis suae reparatione tractare, quam ut primum dignis conpleret habitatoribus, spiritalis prospexit deliberatione consilii. (121)  et licet eam precatu illius faciente nullus in vastitatem temporalis procellae turbo dispulerat, parum tamen credebat posse sufficere, si post ruinam omnium Liguriae civitatum TicinusI suis tantum contenta indigenis exultaret. coepit finitimarum urbium certos quosque de civibus flosculos legere atque ad suos hortos cultor diligens plantaria iam probata portare, de quibus frugi et idoneus aptissima carperet poma possessor. (122)  Interea subita animum praestantissimi regis Theoderici deliberatio occupavit, ut illis tantum Romanae libertatis ius tribueret, quos partibus ipsius fides examinata iunxisset: illos vero, quos aliqua necessitas diviserat, ab omni iussit et testandi et ordinationum suarum ac voluntatum licentia submoveri. qua sententia promulgata et legibus circa plurimos tali lege calcatis universa Italia lamentabili iustitio subiacebat. (123)  itur rursus ad illum, qui manu medica publicis consueverat subvenire vulneribus, cuius fonte aerumnarum saepe fuerat ardor extinctus. qui dum se diceret solum ad tantam sarcinam sustinendam posse sufficere, rogatur pariter venerabilis Laurentius Mediolanensis episcopus. qui profecti una Ravennam etiam pariter pervenerunt, suscepti reverenter. (124)  postquam illis agendi aditus reclusus est, beatus Laurentius necessarium duxit illi potissimum perorandi copiam dari, cuius vestigia frequentium legationum laboriosus callis adtriverat et per tramitem huius­ cemodi itineris cursitantem non semel hispidum castrensis pulvis effecerat. qui tali publicas petitiones est orditus eloquio:

I Statt Ticinus hier Ticinum.

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die es kaum für würdig hielten, Königen zu gehorchen, einen katholischen und römischen Bischof geehrt und geachtet haben. Gleichwohl verbrachte er mit ihnen so fast zwei volle Jahre, sodass sie sogar, als sie zu ihren Eltern und Familien zurückkehrten, weinend von ihm gingen. (120)  Nachdem aber der elende und unheilvolle Krieg überstanden war und der siegte, nach dessen Triumph keiner mehr ein der Scheide entrissenes Schwert sah,105 der mit seinem Kampf der Willkür seines Heeres ein Ende setzte, machte sich der verehrungswürdige Bischof sofort daran, über den Wiederaufbau seiner Stadt zu verhandeln; mit der Eingebung seines himmlischen Rates sorgte er dafür, dass er sie zuerst mit würdigen Einwohnern belebte. (121)  Auch wenn dank seines Gebetes kein Sturm der unruhigen Zeit sie vollständig verwüstet hatte, glaubte er dennoch, dass es kaum ausreichen könne, wenn nach dem Untergang aller Städte Liguriens Ticinum sich freute, nur weil es sich mit seinen Einwohnern zufriedengab. Er fing an alle reinen Blüten unter den Bürgern benachbarter Städte zu sammeln und wie ein gewissenhafter Gärtner schon treffliche Setzlinge zu seinen Gärten zu bringen, von denen ein besonnener und geschickter Eigentümer die besten Früchte ernten würde.106 (122)  Inzwischen fasste der herausragende König Theoderich plötzlich die Entscheidung, dass er nur jenen das Recht auf Freiheit eines Römers zugestand, die in bewährter Treue seinen Parteigängern verbunden gewesen waren; er befahl, dass in der Tat jene, die sich aus irgendeiner Notlage heraus von ihm getrennt hatten, jegliches Recht verlieren sollten ihre Anordnungen und ihren Willen zu testieren. Nachdem diese Entscheidung öffentlich bekanntgegeben worden war und durch ein solches Gesetz die Gesetze, die sehr viele betrafen, mit Füßen getreten worden waren, geriet ganz Italien unter einen bedauernswerten Zustand im Gerichtswesen.107 (123)  Wiederum ging man zu ihm, der es gewohnt war mit heilender Hand die öffentlichen Wunden zu lindern, durch dessen Quelle oft die Glut des Kummers gelöscht worden war. Als er sagte, dass er allein nicht in der Lage sei eine so große Last zu tragen, wurde auch der ehrwürdige Laurentius, der Bischof von Mailand, gebeten.108 Sie brachen gemeinsam auf, erreichten sogar gleichzeitig Ravenna, wurden respektvoll empfangen.109 (124)  Nachdem ihnen die Audienz gewährt wurde um ihr Anliegen vorzutragen, hielt es der selige Laurentius für sinnvoll, ihm vor allen die Gelegenheit zu geben die Bitte vorzutragen, 110 dessen Füße durch den beschwerlichen Pfad zahlreicher Gesandtschaften geschwächt waren und den, obwohl er den Weg einer solchen Reise lief, nicht einmal der Staub des Lagers beschmutzt hatte. Er fing an die öffentlichen Bitten, wie folgt, vorzutragen:

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(125)  ‘quantus, invictissime princeps, per innumerabiles successus felicitatem tuam favor divinus evexerit, si per ordinem relegam, agnoscis te votorum parcum maiora semper a deo nostro beneficia accepisse quam optasse memineris. sufficit tamen horum unum narrare sed maximum, quod apud te principem ibi servorum tuorum causas agimus, ubi solebat inimicus tuus huius solii possessione gaudere. (126)  habes plurimum Christo redemptori nostro quod debeas: pro quibus rogamus, ipse largitus est. cavendum nobis est, ne offendatur auctor muneris, si quod praestitit non amemus. diu suspendo fiduciam meam: placet ire per singula, quae fando conperi quaeque perspexi accessisse tibi divinitatis auxilio. (127)  scis quae te pollicebaris acturum, quando confertissimis inimicorum cuneis urguebaris et circa muros Ticinensis civitatulae hostilis litui clangor streperet, quando armis numero adversarii praestantiores subsistere sola tecum dimicante caelitus invisibili virtute non poterant. audebat te adgredi, qui exercitus tuos nuda aestimatione pensabat: solaciorum tuorum pondus omnis bellandi apparatus sustinere non valuit. (128)  quotiens utilitatibus tuis aer ipse servierit, si recenses, tibi caeli serena militarunt, tibi convexa pluvias pro voto fuderunt. quis resistere dexterae tuae ausus fuit et cum gratia superna pugnanti? quotiens inimici tui ceciderunt mucronibus sodalium suorum? (129)  quotiens tibi vicit qui pro hostium tuorum utilitate certabat? his ergo donis caelestibus vicissitudinem inpensa circa homines pietate restitue. mysticae oblationis holocausta sunt supplicantum lacrimas non sperni. illud certe perpende, qualibus in regno successeris. quos si, ut liquet, malitia expulit, casus illorum necesse est ut sequentes informet. ruina praecedentiumI posteros docet: cautio est semper in reliquum lapsus anterior. non sine exemplo militat qui respicit, qua causa decessor eiectus est. (130)  his freta Liguria vestra nobiscum profusa supplicat, ut legum vestrarum beneficia sic tribuatis innocentibus, ut noxios absolvatis. exigua est apud deum nostrum misericordia, si illos tantum laesio non sequatur,

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Symmachus, rel. 3,6.

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(125)  »Unbesiegter König, wenn ich der Reihe nach durchgehe, welch große Gunst Gottes Dein Glück durch unzählige Erfolge befördert hat, erkennst Du, dass Du bei aller Zurückhaltung an Wünschen von unserem Gott immer größere Wohltaten empfangen hast, als Du Dir in Deiner Erinnerung gewünscht hast. Dennoch reicht es aus einen einzigen, aber sehr großen Gunstbeweis zu nennen, nämlich dass wir vor Dir als Fürsten ebenda die Streitfälle Deiner Diener verhandeln, wo Dein Feind sich für gewöhnlich des Besitzes dieses Throns erfreute.111 (126)  Du hast sehr viel von dem, was Du Christus, unserem Erlöser, schuldest: Er selbst übergab Dir jene, für die wir bitten. Wir müssen uns davor hüten, dass nicht der Urheber eines Geschenkes beleidigt wird, wenn wir nicht das lieben, was er gegeben hat. Lange schwankte ich in dem, was ich sagen sollte: Einzeln möchte ich Deine Taten durchgehen, die, wie ich vom Hörensagen weiß und selbst gesehen habe, Dir mit Gottes Hilfe widerfahren sind. (127)  Du weißt, was Du versprachst zu tun, als Du von den dicht gedrängten Reihen der Feinde bedrängt wurdest und rund um die Mauern der kleinen Stadt Ticinum112 der Klang des feindlichen Schlachthorns ertönte, als die an Waffen und Zahl ziemlich überlegenen Feinde keinen Widerstand leisten konnten, weil allein mit Dir eine unsichtbare Macht vom Himmel kämpfte. Er (der Feind) wagte es, Dich anzugreifen, der Deine Heere nur grob abschätzte: Keine Kriegsmaschine war stark genug um der Macht Deiner Helfer standzuhalten.113 (128)  Wenn Du bedenkst, wie oft Dir gerade das Wetter von Nutzen war, heiterer Himmel half Dir militärisch, bewölkter Himmel ergoss Deinem Wunsch gemäß für Dich Regen. Wer wagte es Deiner Rechten zu widerstehen, die mit göttlicher Gnade kämpfte? Wie oft fielen Deine Feinde durch die Schwerter ihrer Gefährten? Wie oft siegte jemand für Dich, der zum Vorteil Deiner Feinde kämpfte? (129)  Also aufgrund dieser himmlischen Geschenke führe einen Wechsel herbei, indem Du Milde gegenüber den Menschen walten lässt. Es ist das Opfer eines mystischen Geschenks, dass die Tränen demütig Bittender nicht verachtet werden. Wäge gründlich ab, welchen Menschen Du in Deiner Königsherrschaft nachgefolgt bist. Wenn sie, wie es offenbar ist, ihre Bosheit vertrieb, ist es notwendig, dass ihre Nachfolger aus ihrem Fall lernen. Aus dem Untergang der Vorgänger ziehen die Nachfolger ihre Lehren: Der Sturz des Vorgängers ist immer eine Warnung für die Zukunft. Er, der bedenkt, aus welchem Grund sein Vorgänger vertrieben worden ist, leistet nicht ohne Vorbild seinen Dienst. (130)  Darauf vertrauend bittet Euer Ligurien114 mit uns kniefällig, dass ihr die Wohltaten Eurer Gesetze so den Unschuldigen erweist, wie Ihr die Schuldigen freisprecht. Bei unserem Gott ist es eine kleine Barmherzigkeit,

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qui reatu carent: culpas dimittere caeleste est, vindicare terrenum’. post haec siluit. (131)  At eminentissimus rex infit, quo loquente adtonita de voluntate eius corda pavor artabat: ‘quamvis te, venerabilis episcope, pro meritorum tuorum luce suspiciam et multa apud me confusionis tempore reposuisses beneficia, quibus frui te convenit tranquillitate revocata, regnandi tamen necessitas qua concludimur misericordiae quam suades non ubique pandit accessum. et inter res duras nascentis imperii pietatis dulcedinem censurae pellit utilitas. (132)  exemplorum caelestium testimonio assertio mea nititur. offendisse legimus principem, qui caelitus destinatum neci inimicum subduxit exitio. poenam meruit lenitas, quam potuit intulisse districtioI. ultionem suscipit qui detractat inferre: vim divini iudicii aut adtenuat aut contemnit qui hosti suo, cum potitur, indulget. (133)  iustitia coercendi sunt, quos constat gratiam non secutos. vitia transmittit ad posteros qui praesentibus culpis ignoscit. nam quod de redemptoris nostri patientia loqueris, illos vere amplectitur lac gratiae, quos austeritas legis informat. nunquam a medico ad plenissimam curationem aeger adductus est, nisi ab illo, qui primum putria ferro membra desecuit et latentem penitus e sinu viscerum produxit inluviem. qui criminosos patitur inpune transire, ad crimina hortatur insontes. (134)  tamen quia precibus vestris, quibus superna assentiunt, obsistere terrena non possunt, omnibus generaliter errorem dimittemus. nullius caput noxa prosternet, quoniam potestis et apud deum nostrum agere, ut sceleratae mentes a propositi sui perversitate discedant. paucos tamen, quos malorum incentores fuisse cognovi, locorum suorum tantummodo habitatione privabo, ne forte exurgens necessitas vicinos inveniat nutritores et malorum adiuta successibus bella consurgant.’ (135)  his praecellentissimus rex dictis virum inlustrissimum Vrbicum acciri iubet. qui universa palatii eius onera sustentans Ciceronem eloquentia, Catonem aequitate praecesserat: cui praecepit ut generalis indulgentiae pragmaticum promulgaret; quod ille ad omnem benignitatem paratissimus ilico

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AT 1. Samuel 15,3.8–9 und 28,18.

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wenn nur die ohne Strafe bleiben, die keine Schuld haben: Schuld zu vergeben ist himmlisch, zu rächen irdisch.« Danach schwieg er. (131)  Aber der hervorragende König erwiderte und, während er sprach, schnürte Angst die von seinem Willen erschütterten Herzen zu: »Obwohl ich Dich, ehrwürdiger Bischof, im Glanz Deiner Taten bewundere und Du mir viele Wohltaten in einer turbulenten Zeit erwiesen hast, die Du, nachdem der Frieden wiederhergestellt wurde, genießen sollst, eröffnet dennoch die Rücksichtnahme auf die Königsherrschaft, durch die wir eingeengt werden, nicht überall den Zugang zur Barmherzigkeit, für die Du eintrittst. Und unter den harten Bedingungen einer entstehenden Herrschaft vertreibt der Vorteil einer strikten Vorgehensweise die Süße der Barmherzigkeit. (132)  Meine Äußerung stützt sich auf das Zeugnis himmlischer Beispiele. Wir lesen, dass ein Fürst gesündigt hat, der einen Feind, der vom Himmel dem Tod geweiht ist, dem Untergang entreißt. 115 Milde hat die Strafe verdient, die Strenge nicht zufügen konnte. Er, der die Rache ablehnt, geht das Risiko ein sie auf sich zu ziehen: Er schwächt oder missachtet die Macht des göttlichen Urteils, der gegenüber seinem Feind, wenn er ihn in seiner Gewalt hat, Nachsicht übt. (133)  Auf gerechte Weise müssen die bestraft werden, die bekanntlich nicht die Gnade Gottes erlangten. Er gibt die Fehler an die Nachkommen weiter, der in der Gegenwart Schuld verzeiht. Denn was Du über die Geduld unseres Erlösers sagst, erfasst in Wahrheit die Milch der Gnade auch für jene, die die Strenge des Gesetzes unterweist. Niemals ist ein Kranker von einem Arzt vollkommen geheilt worden, wenn nicht von dem, der zuerst mit einem Messer die morschen Glieder abschnitt und die tief verborgene Fäulnis aus den Eingeweiden herausholte. Er, der duldet, dass Verbrecher straflos davonkommen, hält Unschuldige zu Verbrechen an. (134)  Dennoch, weil die Erde sich nicht Euren Bitten, denen der Himmel zustimmt, entgegenstellen kann, werden wir allgemein allen ihr Vergehen verzeihen. Eine Strafe wird niemandes Haupt treffen,116 da Ihr bei unserem Gott bewirken könnt, dass Menschen mit verbrecherischer Gesinnung von der Torheit ihres Vorhabens ablassen. Dennoch werde ich wenigen, von denen ich weiß, dass sie Verbrechen anstifteten, lediglich das Recht nehmen, auf ihren Gütern zu wohnen, damit sie nicht bei einer zufällig aufkommenden Notlage bei ihren Nachbarn Unterstützung finden und nicht Kriege entstehen, weil Verbrechen Erfolg hatten.«117 (135)  Nachdem er das gesagt hatte, befahl der vortreffliche König, den Senator Urbicus herbeizuholen, der, obwohl er alle Aufgaben seines Palastes überwachte, Cicero an Beredsamkeit, Cato an Gerechtigkeit übertraf:118 Ihm befahl er, einen allgemeinen Straferlass zu veröffentlichen: Diesen verfasste er, der zu jeder Wohltat bereit war, sofort in einer solchen Kürze

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tanta brevitate et luce contexuit, ut et illa culparum genera cognoscerentur abolita, quae putabantur fuisse reservata. (136)  Interea secretius rex praestantissimus sacerdotem venerandum Epifanium imperat evocari, quem tali conpellat affatu: ‘iudicii nostri ex ipsa sententia, gloriose antistes, pondus intellege, ut, cum tot in regni nostri circulo pontifices esse videantur, tu potissimum in tanta re quasi unicus eligaris. nec enervata per meritum tuum huiusmodi aestimatores inludit opinio. (137)  solus esse iuste crederis, cuius splendore tamquam globis lunaribus minorum siderum lumen obtunditur et modicae lucis radii praefulgida conscientiae suae luce fuscantur. quis quaerat noctis lampadam, ubi solis iubar effulgurat? quis candelae praesidium, ubi caminis indesinentibus fidei pyra succenditur? postremo talem a me oportet dirigi, qualem suscipiens libenter auscultet. (138)  vides universa Italiae loca originariis viduata cultoribus. in tristitiam meam segetum ferax spinas atque iniussa plantaria campus adportat, et illa mater humanae messis Liguria, cui numerosa agricolarum solebat constare progenies, orbata atque sterilis ieiunum cespitem nostris monstrat obtutibus. interpellat me terra, quocumque respicio uberem vinetis faciem, cum aratris inpexa contristat. (139)  o dolor! nullus umor illorum labris infunditur, quos a vini copia Oenotrios vocavit antiquitas. haec quamvis Burgundio inmitis exercuit, nos tamen, si non emendamus, admisimus. populatae patriae cessamus succurrere, et aurum apud nos habetur in conditis? quid interest, pecuniis an ferro adversariorum animos inclinemus? obtulisse quod mentes capiat hosti vicisse est, occuluisse superari. (140)  suscipe ergo Christo adiuvante huius laboris sarcinam, ex qua communem habeamus in caelesti repromissione mercedem, quia novus iste propriis insignibus titulus laudis adcrescit, per manus tuas de oppugnatoribus nostris sine sanguine triumphare. princeps eorum Gundobadus est, cui reverentiam tui vetustas inseruit, quem videndi te nimia cupido stimulat.

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und Klarheit, dass man erfuhr, dass auch jene Schuld vergeben worden ist, von der man meinte, dass sie bestraft würde.119 (136)  Inzwischen befahl der hervorragende König, dass der verehrungswürdige Bischof Epiphanius zu einer Geheimaudienz geladen werde, den er folgendermaßen ansprach: »Erkenne, ruhmreicher Bischof, aus eben diesem Urteil unsere große Wertschätzung, dass Du, obwohl in dem Bereich unseres Königreiches120 so viele Bischöfe zu sein scheinen, hauptsächlich in einer so bedeutenden Angelegenheit als einziger ausgewählt wirst. Und keine durch Dein Verdienst geschmälerte Meinung verhöhnt eine derartige Wertschätzung. (137)  Wir glauben, dass Du allein der rechte Mann bist, durch dessen Glanz wie durch die Mondkugel das Licht der kleineren Sterne gemindert wird und Strahlen eines schwachen Lichtes durch das strahlende Licht seines Glaubens verdunkelt werden. Wer soll die nächtliche Beleuchtung suchen,121 wo das helle Licht der Sonne aufleuchtet? Wer benötigt die Hilfe einer Kerze, wo die Glut des Glaubens durch ein nicht auszulöschendes Feuer entzündet wird? Schließlich muss ich einen solchen Mann losschicken, dem der, der ihn aufnimmt, gerne zuhört. (138)  Du siehst, dass alle Gegenden Italiens122 ihrer ursprünglichen Bewohner beraubt sind. Zu meinem Bedauern trägt das an Pflanzen reiche Feld Dornensträucher und Unkraut und Ligurien, die Mutter menschlicher Ernte, das gewöhnlich eine zahlreiche Nachkommenschaft an Ackerbauern hatte, gewährt verwaist und unfruchtbar unseren Blicken einen ausgedörrten Boden. Wohin auch immer ich schaue auf eine an Weingärten reiche Landschaft, betrübt mich das Land, wenn es, nicht von Pflügen durchkämmt, vor sich hin dämmert.123 (139)  Oh Schmerz! Kein Tropfen befeuchtet die Lippen jener, die wegen ihres Überflusses an Wein in alter Zeit Oenotrier124 genannt wurden. Obwohl der wilde Burgunder das bewirkte,125 haben wir gleichwohl Schuld auf uns geladen, wenn wir keine Abhilfe schaffen. Hören wir auf einer verwüsteten Heimat zu helfen und wird Gold bei uns in Verstecken aufbewahrt? Was macht es für einen Unterschied, ob wir die Feinde mit Geld oder Schwert umstimmen? Dem Feind anzubieten, was er begehrt, heißt ihn besiegt zu haben, es ihm zu verbergen, von ihm besiegt zu werden. (140)  Übernimm daher mit Christus’ Hilfe die Last dieser Mühe auf Dich, damit wir durch sie den gemeinsamen Lohn in der himmlischen Verheißung erhalten, weil ein neuer Lobestitel für meine ausgezeichneten Unternehmungen erwächst, durch Deine Hände über meine Feinde ohne Blutvergießen zu triumphieren. Deren Fürst ist Gundobad, dem das Alter Ehrfurcht vor Dir eingeflößt hat, der ein großes Verlangen hat Dich zu sehen.126

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(141)  mihi crede, pretium captivitatis Italicae erit vester aspectus. redemptos putabo esse quos cupio, si ad terras illas talis redemptor accesserit. quam magno suffragio vincuntur oculi, quibus te offerimus! sed quid demoror manus arva poscentiaI? polliceor tibi redivivum statum Liguriae, polliceor soli laetitiam et post Transalpinam peregrinationem reducem fecunditatem. ex accidenti aurum tibiII commodatur pro qua talis legatus acturus est.’ (142)  Ad haec episcoporum lux Epifanius respondit: ‘quanto, venerabilis princeps, pectus meum tripudio repleveris, si sermone posset ambiri, pro divitiis meritorum tuorum inmeditata et continua verba profunderem. sed quam sermoni meo interceptus denegetur successus, monstrant lacrimae gaudiorum, quas dolorum alumnas nunc parturit exultatio. (143)  proinde intellege, ad referendas optimo regi tam pro nobis quam pro se ipso gratias plus me sentire posse quam eloqui. iustitia prius an bellorum exercitatione an, quod his praestantius est, omnes retro imperatores te pietate superasse commemoremIII? habes unde gentis nostrae rectores accuses: tu redimis, quos illi persaepe aut permiserunt fieri aut fecerunt ipsi captivos. (144)  David legimus pro singularis laudationis exemplo idcirco maxime caelorum proximitates indeptum, quod oblato manibus suis Sauli pepercit inimico et in testimonio concessae potestatis exuviarum eius particulam rapuit, per quam et licentiam probaret et votumIV. deus boneV, in quanta remuneratione huius factum suscipis pro tot milium oppressorum libertate tractantis, qui illum pro unius servati hominis sanguine sublimasti! (145)  perage ergo coepta festinus et felicitatis tuae oblationem laetus adporta meque, quamvis sim paratus, stimula, ne in offerendo tam odorato sacrificio tarditatis obice refreneris. Christi redemptoris nostri erit concedere, sicut ex operibus futurum conicimus, ut vere holocausta tua per meas manus possis offerre. (146)  precor tamen, ut indultu clementiae tuae Victor, Taurinatis urbis episcopus, comes mihi et particeps huius itineris adiungatur, in quo clarum est epitomam omnium constare virtutum. quo socio adhibito de deo nostro securus spondeo, nullum effectum propriis petitionibus abnegandum.’

I II III IV V

Lukan 1,29. Vogel schlägt statt tibi rei vor. Vergil, Aen. 11,126. AT 1. Samuel 24,4–13. deus bone ungewöhnliche Form des Vokativ.

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(141)  Glaube mir, Euer Anblick wird der Preis für die italischen Gefangenen sein. Ich glaube, dass die, die ich haben will, erlöst werden, wenn in jenes Land ein solcher Erlöser kommt. Mit wie großer Zustimmung wird der Blick dessen gefesselt, dem wir Dich präsentieren. Aber warum zögere ich den Äckern die Arbeitskräfte zu geben, die sie fordern? Ich verspreche Dir, dass Ligurien wieder aufblühen wird, ich verspreche, dass das Wachstum und die Fruchtbarkeit des Bodens nach Deiner Reise über die Alpen zurückkehren werden. Aus unserem Bestand wird Dir Gold überlassen, das ein solcher Gesandter für seine Verhandlung benötigt.«127 (142)  Darauf erwiderte Epiphanius, das Licht der Bischöfe: »Wenn ich es in Worte fassen könnte, mit welch großer Freude Du, ehrwürdiger Fürst, mein Herz erfüllt hast, würde ich ganz natürlich und ununterbrochen Worte finden für den Reichtum Deiner Verdienste. Aber, wie meiner Rede der Erfolg verweigert wird, zeigen die Tränen der Freude, die als Tochter des Schmerzes nun die Freude hervorbringt. (143)  Wisse also, dass ich mehr fühle, als ich sagen kann, um dem besten König Dank zu sagen so für uns wie für ihn selbst. Soll ich daran erinnern, dass Du eher an Gerechtigkeit oder an Kriegserfahrung oder, was noch besser ist als sie, an Milde alle früheren Kaiser überragst.128 Du hast Gründe, weswegen Du die Lenker unseres Volkes anklagen kannst:129 Du kaufst die frei, bei denen sie entweder sehr oft hinnahmen, dass sie zu Gefangenen wurden, oder die sie selbst zu Gefangenen machten.130 (144)  Wir lesen als ein Beispiel für ein einzigartiges Lob, dass David deshalb am meisten dem Himmel nahe kam, weil er seinen Feind Saul, nachdem er in seine Hände gefallen war, verschonte und als Zeichen der ihm übertragenen Macht nur einen kleinen Teil von dessen Kleidung an sich nahm, durch den er seine Macht und Redlichkeit bestätigte. Guter Gott, wie sehr wirst Du Dich ihm erkenntlich zeigen, der es auf sich nimmt, über die Freilassung so vieler Tausender an Unterdrückten zu verhandeln, der Du David dafür erhöht hast, weil er einen einzigen Menschen rettete!131 (145)  Führe also schnell das Vorhaben aus und spende fröhlich Deinen Segen und treib mich an, obwohl ich bereit bin, dass Du nicht durch das Angebot einer so großen Gefälligkeit aufgrund meiner Langsamkeit aufgehalten wirst.132 Von Christus, unserem Erlöser, wird es abhängen zu erlauben, dass Du in der Tat Deine Opfer durch meine Hände anbieten kannst, wie wir annehmen, dass es aufgrund seiner Werke sein wird. (146)  Gleichwohl bitte ich darum, dass es mir durch Deine Gnade erlaubt ist, Victor, den Bischof von Turin, als Gefährten und Teilnehmer auf meine Reise mitzunehmen, der dafür berühmt ist alle Tugenden in sich zu vereinen. Mit ihm als Begleiter gelobe ich im Vertrauen auf unseren Gott, dass keine unserer Bitten ausgeschlagen wird.«133

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(147)  Quibus auditis rex eminentissimus adnuit. at tremendus pontifex dicto vale discessit. ex tempore portandae pro redemptione pecuniae destinantur, suscipiuntur: egreditur, Ticinum inpiger venit. et quamvis adhuc hiemali torpore Martius mensis glaciales fluminibus frenos inponeret et cana nivibus iuga Alpium transituris minarentur exitium, sed mortiferum frigus et concretas algore glebas fidei ardor exuperat. numquam in gelu labitur, cuius fundamentum petra solidavit. (148)  ordinato ergo itineris sui viatico profectus est. diceres quod universa inpelleret quae poterat retinere necessitas, nec cibi ipsius capiendi mora sustinebatur: et cum singulos cum ipso positos ille plenus discriminibus callis turbaret, solus inter pericula timere non noverat quem spes vitae certa comitabatur. (149)  interea illa quae itineris eius fuit semper praevia et in apparatu diligens praecessit fama et tanta Gallos insignium eius relatione conplevit, ut quasi superni numinis adventu aut praesentia turbarentur. concurrebat omnis aetas et sexus, et quos a vicinitate viae ipsius longa intervalla seiunxerant, ardor animi proximabat. quicquid habuit quisque pretiosum obtulit et, si non habuit, aliunde mercatus est: patria ubique, ubique opulenta diffusio. (150)  inemptis dapibus mensae cumulabantur peregrinorumI et illis, quas nisi conparatas incolae habere non poterant, escis sine pretio utebantur externi. tunc quoscumque indigentum repperit, illis quae erant donata dispersit. domi forisque pascebat miseros, neque fieri potuit, ut quod ad ipsum delatum est, pauperum usibus subtraheretur. (151)  Hoc ordine mira celeritate Lugdunum ingressus est, ubi Rusticius tunc episcopalem cathedram possidebat, homo qui et in saecularis tituli praefiguratione sacerdotem semper exhibuit et sub praetexta fori gubernatorem gessit ecclesiae. qui trans Rhodanum fluvium adventui ipsius spiritalis laetitiae copia repletus occurrit, causam commeationis inquirit, quae essent astutiae regis edocuit. quem ne inopinantem obiectionum aut responsionis calliditas inveniret, intra penetrale pectoris certaminum se prolusione firmabat. (152)  quem postquam Gundobadus terrae illius dominus venisse cog­ novit, ‘ite’ inquit ad suos ‘et videte hominem quem et meritis et vultu semper

I

Vergil, georg. 4,133.

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(147)  Nachdem er das gehört hatte, gab der herausragende König seine Zustimmung. Und der ehrwürdige Bischof verabschiedete sich und ging fort. Sofort wurden die für den Freikauf bestimmten Gelder festgelegt und in Empfang genommen. Er ging fort und kam eilig nach Ticinum. Und obwohl in winterlicher Erstarrung der März134 die Flüsse mit eisigen Zügeln bändigte und die schneebedeckten Höhen der Alpen denen, die sie überqueren wollen, Verderben androhten, besiegte das Feuer seines Glaubens die tödliche Kälte und die durch die Kälte zugefrorene Erde. Er glitt niemals auf dem Eis aus, dessen Fundament der Fels stärkte. (148)  Nachdem er also die Vorbereitungen für seine Reise getroffen hatte, brach er auf. Man hätte sagen können, das alles, was ihn notgedrungen hätte zurückhalten können, antrieb, und er duldete keinen Verzug selbst bei der Aufnahme von Speisen; und wenn der gefahrenreiche Bergpfad einzelne seiner Begleiter beunruhigte, kannte er allein bei Gefahr keine Furcht, den die feste Hoffnung auf das Leben begleitete.135 (149)  Inzwischen eilte ihm sein Ruf voraus, der immer seiner Reise voranging und ihm umsichtig den Empfang bereitete, und erfasste die Gallier so sehr durch die Erzählung seiner Wunder, dass sie wie bei der Ankunft oder Gegenwart einer himmlischen Gottheit verwirrt wurden. Jedes Alter und Geschlecht lief herbei und sie, die große Entfernungen von seiner Wegstrecke trennte, kamen voller Begeisterung herbei. Jeder bot alles Kostbare, was er hatte, an und, wenn er nichts hatte, kaufte er es woanders: Überall war für ihn Heimat, überall ein reichlicher Empfang. (150)  Die Tische der Wanderer wurden mit nicht gekauften Speisen überhäuft und die Fremden bedienten sich ohne zu bezahlen jener Speisen, die die Bewohner nur gegen Bezahlung erhalten konnten. Dann verteilte er an alle Bedürftigen, die er traf, das, was ihm geschenkt worden war. Daheim und in der Fremde speiste er die Armen und es konnte nicht geschehen, dass das, was ihm selbst übergeben worden ist, den Bedürftigen weggenommen wurde.136 (151)  Auf diese Weise betrat er unglaublich schnell Lyon, wo damals Rusticius den Bischofssitz innehatte, ein Mann, der bei der Ausübung eines weltlichen Amtes sich immer als Bischof bewährte und im Richtergewand sich wie ein Lenker der Kirche verhielt.137 Erfüllt von geistlicher Freude eilte er über die Rhône seiner Ankunft entgegen, erfuhr den Grund seines Besuches und informierte ihn über die Hinterlistigkeit des Königs.138 Damit die Schlauheit seiner Einwände oder Erwiderung ihn nicht unvermutet traf, bereitete sich Epiphanius vor, indem er sich in Gedanken die Auseinandersetzung vorstellte. (152)  Nachdem Gundobad, der Herrscher des Landes, erfahren hatte, dass er gekommen war, sagte er: »Geht und sucht den Mann, den ich hinsichtlich seiner Verdienste und seines Ansehens stets mit der Person des

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ego Laurenti martyris personae coniunxi. qui quando nos videre velit inquirite et cum iusserit invitate.’ mox ad eum omnis Christianorum principi adsistentium turba confluxit, qui affatim admiratione capiebantur, quod illa tot linguarum fama tam minorem se in isto, quamvis esset ampla, monstraret, cui numquam sufficeret paupertate sermonum, quamvis ditior iusto esset in reliquis. (153)  constitutus ergo videndi regem dies: ad quem cum ingressus est, salutavit, et sua utrique visione laetati sunt. dedit summo viro Victori licentiam, si iuberet ipse, principium legationis ordiri. qui ad illum omne pondus rettulit, ut fuit ad cunctam humilitatem paratissimus. (154)  E vestigio decus Italiae antistes noster talibus verbis regem coepit adfari: ‘inexplicabilis mihi dudum, probatissime princeps, vestri amor inposuit per iter istud contra naturam et tempus bella suscipere et crustati montis pericula non timere, quibus dum in metallum aquas artaverit coagulatum ex liquore minatur exitium. transcendi alienis mensibus ninguidos saltus, posui gressus quos in suis locis vis frigoris obligabat, postremo mortem non timui, ut tibi celer praemium aeternae lucis adferrem. (155)  inter duos optimos reges testimonium in caelestibus dicturus adhibeor, si quod ille misericorditer postulat, tu clementer adcommodes. munus repromissionis dominicae aequa lance dividite, et cum ambo amplius habueritis, damna nemo lugebit. certate, duces invictissimi, et alterutrum vos exequendo praecepta mystica superate. in qua conflictatione sic bravium victor accipiet, ut victus praemium non amittat. sequimini consilium meum, et ambo superiores, ambo pares extabitis. (156)  redimere cupit ille captivos, tu sine pretio redde genitalibus glebis. mihi credite, nemo uberius in hac causa, nemo maius accipiet quam qui nihil acceperit. defrudabitur praemium partis illius atque ad tua conpendia lucrum transit alterius, si quos et vendere gloriosum est donare disponas. pro quantum dispendii de pollicitatione divina offerenti aurum in hoc negotio, si remittatur, infligit vel quantam pauperiem, si suscipiatur, adportat! (157)  divites exercitus tuos faciet contempta pecunia, adquisita mendicos. audi Italorum supplicum voces et de te praesumentium preces serenus admitte. audi Italiam numquam a te divisam et multum de animi tui clementia

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Märtyrers Laurentius verbunden habe.139 Fragt ihn, wann er uns sehen will, und ladet ihn ein, wenn er es wünscht.« Bald kam bei Epiphanius die ganze Schar der Christen zusammen, die dem Fürsten diente;140 sie wunderte sich sehr, dass das Gerede so vieler Menschen, obwohl es groß war, ihn so klein darstellte, da der Mangel an Worten niemals für ihn ausreichte, obwohl bei den übrigen Menschen das Gerede reichlicher ausfiel als erlaubt. (153)  Also wurde ein Tag für die Audienz beim König festgelegt: Als er auf ihn zuging, begrüßte er ihn und beide freuten sich zu sehen. Er gab Victor als Ranghöchstem die Erlaubnis, wenn er selbst es wünsche, den Grund der Gesandtschaft darzulegen. Dieser, zu jeder Art von Demut bereit, überließ Epiphanius die schwere Aufgabe. (154)  Auf der Stelle fing unser Bischof, die Zierde Italiens, an mit den folgenden Worten den König anzusprechen: »Eine unerklärliche Liebe zu Euch,141 aufrechtester Fürst, brachte mich lange dazu, auf dieser Reise gegen Natur und Zeit Krieg zu führen und nicht die Gefahren eines eisbedeckten Berges zu fürchten, durch die, während er Wasser hart macht wie Metall, ein Unheil droht durch die gefrorene Flüssigkeit. Ich habe in unpassenden Monaten verschneite Gebirge überschritten, ich setzte meine Schritte, die die Kraft der Kälte auf der Stelle festhielt, schließlich fürchtete ich nicht den Tod, um Dir schnell das Geschenk des ewigen Heils zu bringen. (155)  Ich werde einmal herangezogen, um zwischen zwei herausragenden Königen im Himmel Zeugnis abzulegen,142 wenn Du gnädig gewährst, was Theoderich in seinem Mitgefühl für andere fordert. Teilt mit gleicher Waage den Lohn der göttlichen Verheißung und, wenn Ihr beide mehr haben werdet, wird niemand um den Nachteil trauern. Wetteifert, unbesiegte Heerführer, und übertrefft einander im Befolgen der heiligen Vorschriften. In diesem Wettstreit wird der Sieger den Preis so empfangen, dass der Besiegte nicht seine Belohnung verliert. Folgt meinem Rat und Ihr werdet beide überlegen sein, beide gleich dastehen. (156)  Theoderich will die Gefangenen auslösen, gib Du sie der heimatlichen Erde ohne Lösegeld zurück. Glaubt mir, niemand wird in dieser Angelegenheit reichlicher, niemand mehr empfangen als der, der nichts empfangen wird. Der Vorteil für Theoderichs Seite wird geschmälert und zu Deinem Vorteil wandelt sich der Gewinn eines anderen, wenn Du Dich entschließt diejenigen zu schenken, die zu verkaufen ruhmvoll ist. Welch großen Nachteil hinsichtlich der göttlichen Verheißung bringt dem Anbieter in diesem Handel das Gold, wenn es zurückgeschickt wird, und welch große Armut bringt es, wenn es angenommen wird. (157)  Verachtet wird das Geld Dein Heer reich machen, angenommen bettelarm. Höre die Stimmen der flehentlich bittenden Italer und nimm gelassen die Bitten derer an, die etwas von Dir erwarten. Höre das Italien, das niemals von Dir getrennt wurde und das viel Vertrauen in Deine Gnade

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confidentem, quae si una voce uteretur, haec diceret: quotiens pro me, si reminisceris, ferratum pectus hostibus obtulisti? quotiens pugnasti consilio, ne bella subriperent, ne aliquis meorum duceretur in quacumque orbis parte captivus? quos nunc detines, tu nutristi. (158)  dolose mihi virtus tua beneficium praestitit, si quos ab extraneis tutatus est custos invasit. quis catenarum nexibus inpeditus durae sorti non uberiores lacrimas exhiberet, cum se ad condicionem liberator inpelleret? quis se subduceret, cum armorum tuorum crepitus audiretur, in quo in necessitatibus tutissimum habuere perfugium? (159)  elisis collo manibusI matrona sublimis cum traheretur ad vincula, promisit sibi vindicem te futurum. virgo ab stupratoris insidiis pudorem suum tibi credebat displicere posse si perderet. in summam, capti sunt, quos nemo fugientes invenit. agricolarum laboriosae stirpesII et duris exercitatae ligonibus suboles, quos per terram suam pascit infabricata simplicitas, cum loris colla necterentur et palmas vinciret arta conexio, nihil pro defensione sua aliud clamitabant: (160)  scimus et evidenter agnoscimus, nonne vos estis Burgundiones nostri? videte, ne ante pium regem quae facitis excusetis et illa urbanorum consuetudine crimina subprimatis. quotiens istae, quas ligare praesumitis, manus domino communi tributa solverunt? novimus quia ille fieri ista non iussit. (161)  hac auctoritate miseri pro solaciis utebantur. multos tamen integritatis tuae fiducia fecit interimi, dum capti superbius responderunt. redde ergo residuos patriae, redde origini, redde gloriae tuae. antiquus dominus provinciam dilige, quam et modernus amplectitur. remitte quamvis ad alienam dicionem, qui se et ibi positi tuos esse cognoscant. (162)  parum enim gratiae inpendimus illius imperio, cuius misericordiae nil debemus. vacua sentibus illam quam bene nosti Liguriam et reple culturis. quantum muneribus tuis obnoxia sit intelleget, si faciem suam aliquando cognoverit. domesticum tibi semper est indulgere supplicibus, sicut superbos obprimere. sic in utroque fortissimusIII, ibi per gladium, hic per temperantiam triumphos adquires. nostris nostrorumque movereIV fletibus.

I

Der Satz, der mit elisis collo manibus beginnt, gehört zu Kap. 159; falsche Angabe in MGH AA. II Horaz, carm. 3,6,37. III Lumpe (204) schlägt fortissimos vor, was besser zum Sprachgebrauch des Ennodius passt. IV Statt movere muss es moveare heißen.

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setzt, das, wenn es mit einer einzigen Stimme spräche, Folgendes sagen würde: Wie oft botest Du für mich, wenn Du Dich erinnern solltest, den Feinden Deine gepanzerte Brust?143 Wie oft hast Du mit Absicht danach gestrebt, dass keine Kriege aufkommen, dass nicht irgendeiner von den Meinen in irgendeinen Teil der Erde gefangen abgeführt wird? Du hast die ernährt, die Du jetzt gefangen hältst. (158)  Deine Tapferkeit erwies mir trügerisch eine Wohltat, wenn der Wächter die bedrängt, die er vor Fremden schützte. Wer, gehindert durch die Windungen der Ketten, würde über sein hartes Schicksal nicht reichlicher Tränen vergießen, während sein Befreier ihn in eine solche Lage zwingt? Wer würde sich heimlich entfernen, während das Rasseln Deiner Waffen gehört wird, das in Notsituationen für die sicherste Zuflucht gehalten wurde? (159)  Als eine ehrbare Ehefrau mit an den Hals gebundenen Händen in die Gefangenschaft abgeführt wurde, versprach sie, dass Du ihr Rächer sein wirst. Eine Jungfrau glaubte Dir missfallen zu können, wenn sie ihre Keuschheit durch die Nachstellungen eines Vergewaltigers verlöre. Überhaupt – sie wurden gefangengenommen, die niemand auf der Flucht antraf. Der arbeitsame Nachwuchs der Bauern und die in mühsamem Ackerbau geübten Kinder, die in großer Schlichtheit von ihrem Land lebten, während ihre Hälse durch Fesseln verbunden wurden und enge Schnüre ihre Hände fesselten, schrien nichts anderes zu ihrer Verteidigung:144 (160)  »Wir wissen es und sehen es genau: Seid Ihr nicht unsere Burgunder. Seht zu, dass Ihr nicht vor Eurem frommen König entschuldigt, was Ihr macht, und jene Verbrechen nach der Gewohnheit der Städter verschweigt! Wie oft haben diese Hände, die Ihr zu fesseln wagt, dem gemeinsamen Herrn Tribute bezahlt?145 Wir wissen, dass er nicht befahl, dass dieses geschehe.« (161)  Die Unglücklichen bedienten sich Deines Ansehens als Trost. Dennoch bewirkte das Vertrauen in Deine Redlichkeit, dass viele umkamen, indem sie als Gefangene recht hochmütig antworteten. Gib also die Überlebenden ihrer Heimat zurück, gib sie ihren Ahnen zurück, gib sie zu Deinem Ruhm zurück! Liebe als ehemaliger Herr das Gebiet, das der neue Herr in sein Herz geschlossen hat!146 Übergib sie gar in eine fremde Herrschaft, die dort angekommen erkennen, dass sie die Deinen sind! (162)  Denn zu wenig Gunst gewähren wir dessen Herrschaft, dessen Barmherzigkeit wir nichts schulden. Befreie jenes Ligurien, das Du gut kennst, von den Dornensträuchern und bereichere es durch Landbau! Es wird erkennen, wie viel es Deinen Geschenken verdankt, wenn es irgendwann seine Schönheit wahrnimmt. Es ist immer eine Eigenschaft von Dir, gegenüber den Bittenden nachzugeben, gleichwie die Hochmütigen zu unterdrücken. So Du in beidem sehr tapfer bist, wirst Du dort durch das Schwert, hier durch Mäßigung Triumphe erlangen. Du wirst durch unser Weinen und das der Unseren bewegt.

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(163)  sic in successione regni istius legitimus tibi heres adcrescat, et per spem adultae progeniesI ad Burgundionum gubernacula reviviscas. et licet hoc deo tribuas, adice et illud, quod nec hominibus externis istud inpendis. iam tibi Italiae dominus etiam necessitudinis adfinitate coniungitur. sit fili tui sponsalicia largitas absolutio captivorum, offerat pactae suae munus quod et Christus accipiat.’ (164)  haec cum dixisset, commonito sancto collega Victore surrexit, et usque ad pectus regium lacrimantes et cum omnibus propter adstantibus capita submiserunt. Tunc rex probatissimus, ut erat fando locuples et ex eloquentiae dives opibus et facundus adsertor, verbis taliter verba reposuit: (165)  ‘belli iura pacis suasor ignoras et condiciones gladio decisas concordiae auctor evisceras. lex est certantium quem putas errorem. frenum nesciunt inimicitiae, quem tu, Christianae lucis iubar, ostendis. proeliis temperantiam nullus adnectit, quae oris tui nitore, egregie moderator, adtollitur. statuta sunt dimicantium, quicquid non licet tunc licere. (166)  ista sibi forte quies vindicet quae narrasti: hostem suum qui non laesit adiuvit. paulatim adversarius a regni sui mole succiditur, cuius imperii radices vicibus amputantur. reposui regi partium illarum contumeliam, quam putas inlatam. ludificatus specie foederis nihil egi studiosius, nisi ut, quod est cautelae, apertos inimicos agnoscerem. (167)  concedat tamen divinitatis adsensus, ut solidatum inter nos foedus longa aetate servetur. invenient partes illae constantem in amicitia, quem senserunt perniciosum sibi fuisse dum litigat. vos tamen, sancti viri, ad domos, in quibus manetis, sine tribulatione discedite, dum ego animae meae et regni utilitate discussa, quae me conveniat praestare, pronuntiem.’ his auditis pontifices abscesserunt. (168)  At ille vocato Laconio, cui et rerum et verborum fides ab illo semper tute mandata est, quem et praerogativa natalium et avorum curules per magistrae probitatis insignia sublimarunt, cum quo confert quotiens et pia

I Statt progenies muss es progeniei heißen.

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(163)  So möge in der Nachfolge Deiner Königsherrschaft Dir ein legitimer Nachfolger heranwachsen, und in der Hoffnung auf einen heranwachsenden Nachkommen, der über die Burgunder herrscht, mögest Du wieder aufleben.147 Auch wenn Du dieses Gott zuschreibst, beachte auch, dass Du dieses nicht fremden Menschen gewährst. Schon wird Dir der Herr Italiens durch das Band der Verwandtschaft verbunden sein. Die Freigabe der Gefangenen sei das Verlobungsgeschenk Deines Sohnes, er möge seiner Verlobten ein Geschenk machen, das auch Christus empfängt.«148 (164)  Nach dieser Rede erhob er sich, nachdem er seinem heiligen Amtsbruder Victor ein Zeichen gegeben hatte, und weinend senkten sie mit allen, die danebenstanden, ihr Haupt zum König hin. Dann antwortete der rechtschaffene König, begabt im Reden, mit dem Mittel der Redekunst reich ausgestattet und ein redegewandter Verteidiger, seiner Rede mit folgenden Worten: (165)  »Als Vertreter des Friedens kennst Du nicht die Rechte des Krieges und als Urheber der Eintracht höhlst Du die mit dem Schwert gefällten Entscheidungen aus. Es ist das Gesetz der Kämpfenden, was Du für einen Irrtum hältst. Feindschaften kennen nicht den Zügel, den Du, Glanz des christlichen Lichts, zeigst. Keiner legt den Kämpfen Mäßigung auf, die Du, hervorragender Vermittler, durch den Glanz Deiner Rede hervorhebst. Die Regeln für die Kämpfenden lauten, dass alles, was nicht erlaubt ist, dann erlaubt ist. (166)  Dieser Friede möge für sich zufällig das beanspruchen, was Du gesagt hast: Er unterstützte seinen Feind, der ihn nicht verletzte. Ein Gegner wird allmählich von der Größe seiner Königsherrschaft umgehauen, deren Wurzeln durch die Wechselfälle der Herrschaft abgetrennt werden. Ich habe dem König jener Gebiete die Schmach erwidert, von der Du meinst, dass sie ihm zugefügt wurde. Genarrt durch den Anschein eines Bündnisses habe ich nichts eifriger betrieben, außer offensichtliche Feinde zu erkennen, was eine Vorsichtsmaßnahme ist. (167)  Dennoch möge Gott durch seine Zustimmung gewähren, dass das zwischen uns geschlossene Bündnis lange eingehalten werde. Jene Parteien werden mich dauerhaft in Freundschaft finden, von dem sie meinten, dass er ihnen zum Verderben gereiche, während er mit ihnen stritt. Doch Ihr, heilige Männer, geht ohne Furcht fort zu Euren Häusern, in denen Ihr Euch aufhaltet, bis ich, nachdem ich den Vorteil für meine Seele und mein Königreich abgewogen habe, verkünde, was ich meine, gewähren zu können.« Nachdem sie das gehört hatten, gingen die Bischöfe fort. (168)  Aber Gundobad rief Laconius zu sich, dem er in Taten und Worten immer sicher vertraute, den der Vorrang der Geburt und die kurulischen Ämter der Vorfahren durch eine rechtschaffene Amtsführung auszeichneten;149 mit ihm besprach er sich so oft, wie er über fromme und religiöse

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et religiosa meditatur – et sicut non est cum vitiis sociata nobilitas nec adstringitur ad inlecebras lux naturae, si quid ille benigne facere voluerit, duplicari iste hortatur adhibitus. (169)  cui princeps ‘vade’ inquit ‘Laconi, et tota votorum tuorum vela suspende. et sacerdos a nobis et beatus Epifanius libenter auditus est, cuius te precibus fuisse permotum, cum apud nos verba faceret, animorum indices lacrimae testabantur. vade et pleno pectore dicta sententias, per quas pactionis illius durissimae nexus inrumpas. (170)  liceatI omnibus Italis, quoscumque Burgundionum nostrorum metus captivitatis fecit esse captivos, quos famis necessitas, quos periculorum timor advexit, postremo quoscumque concessit aut addixit consensus principis sui, noster absolvat. at paucos quos quasi ardore proeliandi tunc ab adversariorum suorum dominatione rapuerunt, pro illis pretii quantulumcumque percipiant, ne detestabiles apud illos fiant certaminum casus, quorum cum discrimina sustinuerint, lucra non sentiant.’ (171)  Post praeceptum venerandi regis inpiger ille verborum saltibus indulgentiae species aut formas exposuit et chartas ad insignem antistitem detulit. quas ille cum expectatissima devotione suscepit et portitorem tanti doni ambienter amplexus est. qui postquam rumor innotuit, tanta istius iam liberae multitudinis frequentia subito adstitit, ut desolata crederes esse etiam incolis rura Gallorum. nam testis huius rei ego sum, per cuius manus pictacia ad clusuras iussio sacerdotis elicuit, quadringentos homines die una de sola Lugdunensi civitate redituros ad Italiam fuisse dimissos. (172)  identidem per singulas urbes Sapaudiae vel aliarum provinciarum factum indubitanter agnovimus, ita ut istorum, quos solae preces beatissimi viri liberarunt, plus quam sex milia animarum terris patriis redderentur. eorum vero, qui redempti auro sunt, numerum ad liquidum cognovisse non potui, quia inter eos etiam multos fuga eripuit. sic factum est, ut tunc ad liberationem omnium subiugatorum transeundi occasio concessa sufficeret. (173)  postquam tamen pecuniarum ille cumulus effusus est, continuo ad expensas redemptionis suggessit necessaria illa, quae ibi est thesaurus ecclesiae, Syagria, cuius prolixam quaerit vita narrationem: sufficit tamen ut ex operibus agnoscatur quae verba transcendunt. dedit etiam praestantissimus

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Vogel schlägt liqueat vor, Hartel ilicet.

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Taten nachdachte – und wie der Adel nicht mit Lastern verbunden ist und das Licht der Natur sich nicht mit Verlockungen verbindet, ermahnte dieser, wenn er hinzugezogen wurde, das zu verdoppeln, was Gundobad bereitwillig gestatten wollte. (169)  Zu ihm sagte der Fürst: »Geh, Laconius, und hisse alle Segel Deiner Wünsche. Den gesegneten Priester Epiphanius habe ich gerne gehört, von dessen Bitten Du sehr bewegt worden bist, als er vor uns sprach, wie die Tränen als Zeichen der Seele bezeugen. Geh und setze aus ganzem Herzen die Bescheide auf, durch die Du die Verpflichtungen jenes sehr harten Abkommens aufhebst.150 (170)  Alle Italer mögen wir befreien, die die Furcht vor Gefangenschaft zu Gefangenen unserer Burgunder machte, die eine Hungersnot, die Angst vor Gefahren in die Gefangenschaft führte, schließlich alle, die Ihr Fürst uns überließ oder zusprach. Aber die wenigen, die die Unseren gleichwohl in der Hitze des Kampfes damals den Händen ihrer Gegner entrissen, für sie sollen sie ein kleines Entgelt erhalten, damit sie die Zufälle der Kämpfe nicht verabscheuen, deren Vorteile sie nicht einsehen, nachdem sie Gefahren aushielten.«151 (171)  Gemäß der Anweisung des verehrungswürdigen Königs verfasste Laconius sofort in erhabenen Worten Äußerungen der Nachsicht und überbrachte Urkunden dem ausgezeichneten Bischof. Epiphanius empfing sie mit der erwarteten Ehrerbietung und umarmte leidenschaftlich den Überbringer eines so großen Geschenks. Nachdem diese Nachricht bekannt geworden war, erschien plötzlich eine so große Zahl schon freier Menschen, dass man hätte glauben können, dass die Ländereien der Gallier auch von ihren Einwohnern verlassen worden seien. Denn ich, durch dessen Hände der Bischof die Verzeichnisse zu den Kastellen bringen ließ, bin Zeuge dieser Sache, dass an einem einzigen Tag aus Lyon 400 Menschen, die nach Italien zurückkehren wollten, entlassen worden sind.152 (172)  Ohne Zweifel wissen wir, dass dasselbe auch in einzelnen Städten Sapaudiens und sogar anderer Provinzen geschah, sodass von ihnen, die der selige Mann allein durch seine Bitten befreite, mehr als 6000 Menschen dem Heimatland zurückgegeben wurden.153 Aber von denen, die mit Geld losgekauft worden sind, konnte ich keine genaue Zahl in Erfahrung bringen, weil auch viele von ihnen flohen. So geschah es, dass damals das Zugeständnis, alle Unterdrücker zu verlassen, zur Befreiung ausreichte. (173)  Nachdem jedoch der Geldbetrag ausgegeben worden war, schenkte die berühmte Syagria, die dort als Schatz der Kirche gilt, deren Leben eine umfassende Erzählung erfordert, unaufhörlich das Erforderliche für die Kosten des Freikaufs:154 Dennoch reicht es aus, sie durch ihre Werke zu kennen, die Worten überlegen sind. Auch Avitus von Vienne, der herausra-

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inter Gallos Avitus Viennensis episcopus, in quo se peritia velut in divorsorio lucidae domus inclusit. (174)  quid pluribus? auro illorum ex maxima parte actum est, ne Gallis diutius servitum pubes Ligurum duceretur. nec in uno loco summus vir in illa se regione continuit. ne forsitan in longinquo degentes dominorum feritas inpediret. fuit Genavae, ubi Godigisclus germanus regis larem statuerat, qui formam fraternae deliberationis secutus bonis operibus eius se socium dedit. (175)  brevi tamen tantae liberatorum falanges remissae sunt, ut videres longe lateque agminibus ferventia itinera cum laude dei nostri, tum etiam splendidissimi sacerdotis Epifani, cuius ministerio atque labore erepti fuerant, redeuntium. et ne tanti lux nostra tropheo muneris privaretur atque ab oculis ipsius pulcherrimum spectaculum tolleretur, ipse cum his remeavit. videres duci in triumphis caelestibus vulgus liberum et pro mactandorum sanguine terram madefieri lacrimis exultantum, cum Heliae currum istarum cohortium ductor scanderet et quadriiugumI ad caelestia pro merito suo raperetur excursu. (176)  non sic Pelleus princeps Alexander, quem pacatorem orbis vocavit vana laudatio, captum gentium duxit examen, ut iste revocavit. ecce tunc conperimus armatorum mentes sanctitate superatas et cessisse precibus electi principem, qui obvium semper lanceis petusII ingessit. quantum acutior fuitIII verborum quam ferri lammina. hinc lector agnosce: expugnavit sermo cui se gladii subduxerunt. (177)  dum ergo tertio mense cum tali tropheo Ticinum remearet antistes, ut Tarantasiam venit (sic enim vocitatur oppidum Alpibus vicinum), ibi quaedam mulier gravi inmundi spiritus vexatione laborabat; quae continuo percepta benedictione absoluta discessit. ipse tamen suis inopinatus nec suspicantium oculis adstitit. visus est subito, de quo vix credebatur aliqui posse rumor audiri. (178)  Mox tamen ut rediit, curis ex more animum fatigat, ne forte quibus absolutionem deus noster per illum dederat, proprii census possessione turbarentur, praecipue ob nobilium considerationem personarum, quibus

I Statt quadriiugum muss es quadriiugorum heißen. II Statt petus muss es pectus heißen. III Vgl. Ennodius, carm. 1,9,131 (dictio zum 30-jährigen Amtsjubiläum des Epiphanius = Vogel Nr. 43).

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gendste unter den gallischen Bischöfen, spendete, bei dem sich die Weisheit einschloss, als ob sie Zuflucht suchte in einem leuchtenden Haus.155 (174)  Was soll ich noch mehr sagen? Durch deren Gold wurde größtenteils ermöglicht,156 dass die Jugend Liguriens fortgeführt wurde um nicht länger den Galliern zu dienen. Und nicht an einem einzigen Ort hielt sich der vorzügliche Mann in jenem Gebiet auf, damit nicht vielleicht die Grausamkeit ihrer Herren die, die weit weg lebten, daran hinderte zu gehen. Er war in Genf, wo Godigisel, der Bruder des Königs, seinen Hof hatte, der dem Ratschlag seines Bruders folgte und sich zum Verbündeten für dessen gute Werke machte.157 (175)  In kurzer Zeit sind doch so große Scharen an Befreiten zurückgeschickt worden, dass man weit und breit Straßen hatte sehen können, die glühten durch die Scharen derer, die mit dem Lob auf unseren Gott und auch auf den angesehenen Bischof Epiphanius, durch dessen Hilfe und Einsatz sie befreit worden waren, zurückkehrten. Und damit Epiphanius, unser Licht, nicht des Siegeszeichen eines so großen Geschenks beraubt und das allerschönste Schauspiel nicht seinen Augen entzogen wurde, ging er mit ihnen zurück.158 Man hätte sehen können, wie ein freies Volk in himmlischen Triumphzügen geführt wird und dass anstelle des Blutes von Schlachtopfern die Erde feucht wurde durch die Tränen Jubelnder, als der Anführer dieser Scharen den Wagen des Helias bestieg und er durch den Lauf des Viergespanns für seinen Verdienst zu dem Himmel fortgerissen wurde.159 (176)  So führte nicht Pellas Fürst Alexander, den eitles Lob als Friedensbringer der Erde preist, eine Schar gefangener Völker an, wie sie dieser zurückholte.160 Siehe da, damals erfuhren wir, dass Krieger durch einen Heiligen umgestimmt161 werden konnten und ein Fürst, der immer seine Brust den Lanzen entgegenhielt, den Bitten eines Auserwählten gewichen ist. Wie viel schärfer war die Klinge des Wortes als die des Schwertes. Leser, lern daraus: Seine Rede besiegte ihn, dem sich Schwerter beugten. (177)  Als der Bischof also im dritten Monat mit einem solchen Siegeszeichen nach Ticinum zurückkehrte, kam er nach Tarantasia (so wird eine Stadt nahe den Alpen genannt);162 dort litt eine Ehefrau unter der schweren Misshandlung durch einen unreinen Geist; sie ging, nachdem sie seinen Segen empfangen hatte, sogleich befreit fort. Doch erschien Epiphanius selbst unvermutet vor seinen Anhängern, als sie es nicht vermuteten. Er wurde plötzlich gesehen, von dem, wie man glaubte, kaum irgendeine Nachricht vernommen werden konnte. (178)  Doch, sobald er zurückgekehrt war, ließ ihm wie gewöhnlich die Sorge keine Ruhe, dass vielleicht die, denen unser Gott durch ihn die Freiheit gewährt hatte, durch den Besitz ihres eigenen Vermögens beunruhigt würden, hauptsächlich bei der Betrachtung der adligen Personen, für die ein

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inmanior apud suos poterat constare calamitas, si vitam inopem reduces sustinerent et de peregrinationis incommodis sola misericordiae solacia perdidissent. (179)  ad regem invictissimum Theodericum per se mox ire noluit, ne forte laboris sui vicissitudinem in relatione gratiarum aut in exhibitione munerum coram positus videretur exigere. flagitat enim quasi debitam retributionem, qui profligatis principum iussionibus ipse quid actum sit actor adnuntiat. hoc ergo ille totius acuminis vir prospiciens declinare gestiebat. (180)  scripsit tamen et quae gesta sint loqui commisit epistulis, ne aut tacendo contemptor aut occurrendo per adrogantiam pronuntiaretur intemperans. quantum tunc, admirande pontifex, tua plus egit absentia, quantum imperavit humilitas deprehensa, dicant illi, quos de exulibus ditissimos reddidisti. (181)  igitur omnia, quae a piissimo rege pro miseris per paginam petiit singularis antistes, incunctanter obtinuit. serenus praestitit copiam supplicanti, cui pro conpensatione laboris sui hoc credebatur posse sufficere. quicquid per illum beneficii redemptus et pauper acciperet. (182)  Postquam tamen omnes qui revocati fuerant indultu praeferendi principis iure suo donati sunt, perfunctam molestiarum suarum molem admirabilis censebat episcopus, cum necdum biennio exacto a deliberatae quietis gremio tamquam a portu cumba velis inlata tempestate propellitur. nam infirmis Ligurum et labantibus umeris vix ferenda tributorum sarcina mandabatur. (183)  rursus ad te, adflictorum consolator, adcurritur. doceris frustra reddidisse patriae cives, si illis in solo avito periclitantibus non adesses. et quia apud te nunquam fatigatus est qui rogavit, suscepisti causas infelicium et te protinus ad recidiva onera praeparasti. Ravennam pro nobis regem rogaturus excurris, quam, ne ibi quisquam post Gallicana insignia laudaret, effugeras. minas caeli procellarumque discrimina, adhuc quasi aevi integer aut valentia corporis munitus, exuperas. (184)  nunquam tibi ad officium animorum se membra quamvis invalida subduxerunt. frigus, pluviae, Padus, ieiunia, navigatio, periculum, tonitrua, sine tecto mansio, in ripis fluminis incerti paene sine terra portus, virtuti tuae

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größeres Unglück bei den Ihren existieren konnte, wenn sie als Heimkehrer ein armseliges Leben führten und von den Nachteilen des Aufenthalts in der Fremde allein den Trost des Mitleids verloren hatten.163 (179)  Zu dem unbesiegbaren König Theoderich wollte er von sich aus sobald nicht gehen, damit er nicht zufällig beim Bericht der Danksagungen oder bei der Aushändigung der Geschenke öffentlich eine Gegenleistung für seine Mühe zu fordern schien. Gleichwohl forderte er freilich die geschuldete Gegenleistung, indem er, nachdem er die Befehle der Fürsten ausgeführt hatte, selbst als Unterhändler meldete, was geschehen war. Jener scharfsinnige Mann sah dieses also voraus und wollte es vermeiden.164 (180)  Doch schrieb er und vertraute seinen Briefen an, was geschehen war,165 damit er nicht entweder durch sein Schweigen für ein Verächter (des Hofes) oder bei der Darstellung durch Arroganz für maßlos gehalten wurde. Wie viel mehr, bewundernswerter Bischof, bewirkte Deine Abwesenheit, wie viel seine offensichtliche Bescheidenheit einforderte, können jene sagen, die Du von Verbannten zu sehr reichen Menschen machtest. (181)  Daher erhielt er unweigerlich alles, was der einzigartige Bischof von dem frommsten König für die Armseligen in seinem Schreiben erbat. Erfreut gewährte Theoderich eine Menge dem Bittenden, von dem er glaubte, dass als Ausgleich für seine Mühe alles ausreichen könne, was durch ihn als Wohltat der Freigekaufte und der Arme empfingen. (182)  Nachdem doch alle, die zurückgeholt worden waren, auf Geheiß des lobenswerten Fürsten in ihr Recht eingesetzt worden waren, meinte der Bischof, dass er die Last seiner Beschwerlichkeiten bewältigt hätte, als er nach noch nicht einmal zwei Jahren166 aus dem Schoß der erhofften Ruhe losgerissen wurde wie ein Kahn aus seinem Hafen mit vollen Segeln bei aufkommendem Sturm. Denn den kraftlosen und schwachen Schultern der Ligurer wurde die kaum zu ertragende Last von Tributen aufgebürdet. (183)  Wiederum eilte man zu Dir, den Tröster der Mutlosen. Du wurdest belehrt, vergebens die Bürger der Heimat zurückgegeben zu haben, wenn Du ihnen, die auf dem ererbten Boden in Not geraten waren, nicht hülfest. Und weil bei Dir der, der bittet, niemals enttäuscht wurde, übernahmst Du die Anliegen der Unglücklichen und bereitetest Dich sofort auf die wiederkehrenden Mühen vor. Du eiltest nach Ravenna,167 das Du gemieden hattest, damit Dich dort niemand nach Deinen ausgezeichneten Taten in Gallien lobte, um den König für uns zu bitten. Du überwandtest die Drohungen des Himmels und die Gefahren der Stürme wie einer, der noch jung an Jahren und durch die Kraft des Körpers gestärkt. (184)  Niemals ließ Dich Dein Körper, obgleich schwach, im Stich, wenn Du Dich für Menschen einsetztest. Kälte, Regen, der Po, Hunger, Schifffahrt, Gefahr, Donner, eine Herberge ohne Dach, unsichere Häfen fast ohne Land an den Flussufern – waren angenehm für Deine Tugend und

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dulcia fuerunt et grata successui. contristatus est de praesentia tui et illo eminentissimus rex, qui te videre ambienter optabat. exposuisti necessitates nostras adventu tuo, antequam diceres, et quales tecum habitantium lacrimae conpulerint, docuerunt superata discrimina. (185)  Ast ubi ad principem tamen ingressus est, ita loqui coepit: ‘solita, rex venerabilis, mentis tranquillitate famulorum preces intellege. et me ad postulanda necessaria et vos ad tribuenda usus informat. lex tua est, ductor invicte, misereri iugiter. tu semper nutristi spem intercessionum in posterum, dum praesentibus non resistis. viam supplicationi nostrae patefecit ad reliqua semper apud vos beneficii fides impetrati. Liguribus tuis largire quod proferas, tribue quod reponas. (186)  futurorum quaestus est temporalis indulgentia. boni principis mos est cum virtutibus amare famam et regnum ita ordinare, tamquam ad stirpis suae posteros transiturum. nutantes domini haec tantum quae accipiunt diligunt, firmissimi illa potius quae dimittunt. (187)  sic terris semina parva committimus, ut multiplicata capiamus: fenus sine crimine fit triplicatum. boni imperatoris est possessoris opulentia. concede immunitatem anni praesentis Liguriae, qui eos ab externis, qui supplicant, reduxisti. quam uberem praesentem nativitatem habuerimus, clementia vestra adstantes interroget. nemo illi mentitur, cui serviunt qui convincant.’ (188)  ad haec princeps: ‘licet nos inmanium expensarum pondus inlicitetI et pro ipsorum quiete legatis indesinenter munera largiamur, tamen vis meritorum tuorum tractatibus nostris reverenter intervenit. opus est fieri quicquid iniunxeris, iuvat omne quod praecipis. aestimamus enim conpendiis nostris adici illud, quod ipse decerpseris. (189)  nihil tu quasi ex accidenti depreceris, qui habes a nobis plurima quae reposcas. duas tamen praesentis indictionis fiscalis calculi partes cedemus, tertiam tantummodo suscepturi, ne aut aerarii nostri angustia Romanis pariat maiora dispendia aut supplicatio tua expectata patriae gaudia non reportet.’ taliter praefato regi egit gratias summus antistes, a quo vale dicens abscessit. (190)  Heu dolor atque gemitus! omnibus quasi supremi officii vel ultimae visitationis studio inpiger occurrebat. et cum domus ipsius Christianae multitudinis turbas evomeret, ipse tamen omnium penetralia adibat. nullum

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Vogel schlägt sollicitet vor, Hartel inplicitet.

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willkommen für den Erfolg. Der herausragende König, der Dich gerne zu sehen wünschte, wurde betrübt durch Deine Gegenwart. Bevor Du sprachst, legtest Du durch Deine Ankunft unsere Notlage dar, und die überwundenen Gefahren belegten, wie sehr Dich die Tränen Deiner Mitbewohner anrührten. (185)  Dann, sobald er doch vor den Fürsten trat, fing er so an zu sprechen: »Höre, ehrwürdiger König, mit der gewohnten Gelassenheit Deines Geistes die Bitten Deiner Diener. Die Erfahrung bringt mich dazu Notwendiges zu fordern, Euch es zu gewähren. Es ist Dein Grundsatz, unbesiegter Heerführer, sich sofort zu erbarmen. Du hast immer die Hoffnung auf Widersprüche für die Zukunft genährt, während Du Bitten der Gegenwart nicht ablehnst. Das Vertrauen in eine erlangte Wohltat öffnete immer den Weg für unsere Bitte nach weiteren Wohltaten. Schenke Deinen Ligurern das, dessen Du Dich rühmen kannst,168 teile Ihnen zu, was Du aufbewahrst. (186)  Eine momentane Nachsicht ist ein Gewinn für die Zukunft. Ein guter Fürst ist es gewohnt mit seinen Tugenden den Ruhm zu lieben und sein Königreich so zu bestellen, wie wenn es auf die Nachkommen seiner Familie übergeht. Schwache Herren lieben nur das, was sie erhalten, sehr starke eher das, was sie loslassen. (187)  So vertrauen wir der Erde wenige Samen an, damit wir sie vervielfacht erhalten: Der Ertrag verdreifacht sich ohne Schuld. Der Reichtum eines Grundbesitzers zeichnet einen guten Herrscher aus. Gewähre Ligurien Immunität für das laufende Jahr, der Du die, die Dich bitten, aus der Fremde zurückgeführt hast. Eure Gnade frage die Anwesenden, welch reiche Ernte wir zurzeit gehabt haben. Niemand belügt ihn, dem die, die eine Aussage widerlegen können, dienen.«169 (188)  Darauf sagte der Fürst: »Auch wenn es die Last gewaltiger Ausgaben uns nicht erlaubt und wir unaufhörlich an die Gesandten Geschenke verteilen, damit sie Ruhe geben, steht doch die Kraft Deiner Verdienste ehrerbietig unseren Überlegungen entgegen. Das, was Du auferlegst, muss gemacht werden, alles, was Du anordnest, ist förderlich. Denn wir glauben, dass das, was Du selbst uns abverlangst, zu unserem Vorteil ist. (189)  Du mögest nichts gleichwohl zufällig erbitten, der Du von uns sehr viel von dem erhältst, was Du forderst. Doch erlassen wir zwei Drittel der Steuerrechnung der gegenwärtigen Indiktion, um nur ein Drittel zu erhalten, damit nicht entweder die Mittellosigkeit unserer Staatskasse den Römern größeren Schaden zufügt oder Deine Bitte nicht die erwartete Freude der Heimat bringt.«170 Der oberste Bischof sagte dem König, der auf solche Weise sprach, Dank und ging von ihm Lebewohl sagend. (190)  O weh, Schmerz und Seufzen! Zu allen eilte er sofort wie um die letzte Verpflichtung oder den letzten Besuch abzuleisten. Und da sein Haus die Scharen der christlichen Menge nicht aufnahm, besuchte er doch selbst die Häuser aller. Bei niemandem, der durch die Trägheit

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humanae mentis crassitudine hebetatum tangebat tam funesta suspicio, quod instaret transitus eius, quem ille spiritus revelatione cernebat. (191)  ninguido aere et quali solent homines ad tecta confugere Ravennam egressus est et per omnes Aemiliae civitates celer venit, tamquam ad sepulchri receptaculum properans: omnibus sacerdotibus in itinere positis munificus communis adfabilis et quasi exagellam relinquens se ipso praestantior. ut Parmam tamen eiusdem viae ingressus est civitatem, continuo eum coagulatus in vitalibus umor infudit, quem catarrhum medici vocant, qui se medullitus inserens in ruinam publicam saeviebat. (192)  sed quid formidas, oratio? quid velut navifragos scopulos perhorrescis? velis nolis: cuius vita etsi strictim dicta est, narrandus est obitus, quoniam nulla protensione libelli, nullis dilationibus promulgatae laudis transitus ipsius poterit occultari. et quamvis velut Scylleos canes et patulas Carybdis fauces fragoso discrimina murmure minitantes velificans carina diffugiat, obitus eius naufragium non omittit. quid fletus narrare metuo, quos continua semper necesse est ut monstret effusio? (193)  ergo dum se oppido Ticinensi nunc misero propinquavit, quasi alacer et sanus apparuit. quod licet cum omnium exultationibus ob reditum suum introisset, ilico gaudia vertit in lacrimas, aegrum se esse die ipsa significans, altera graviorem. et cum grandior per dies singulos appareret infirmitas, adiuta est inperitia medicorum. stabant mussitantes et adtoniti populi, casum in uno homine totius provinciae considerantes et funus mundi metuentes. septimo tamen die inopinatum scelus, ineffabilis calamitas, inexplicabilis luctus accessit. (194)  sed cum beatissimus cerneret pontifex sarcina carnis abiecta maturius se ad purum aetheris evolare fulgorem, cuius vox semper illa fuit ‘mihi vivere Christus est et mori lucrum’I, laeto animo ac vultu sereno illos versiculos Daviticos saepius repetebat: ‘misericordias tuas, domine, in aeternum cantabo: in generatione et progenie adnuntiabo veritatem tuam in ore meo’II. et illud: ‘in manus tuas, domine, commendo spiritum meum.’III

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NT Phil. 1,21. AT Psalm. 89,2 AT Psalm. 31,6 und NT Lukas 23,46.

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des menschlichen Geistes geschwächt war, kam so der traurige Verdacht auf, dass sein Abschied bevorstand, den jener durch die Offenbarung des (Heiligen) Geistes sah. (191)  Bei schneeiger Luft, bei der Menschen gewöhnlich ihre Häuser aufsuchen, verließ er Ravenna und eilte schnell durch alle Städte der Aemilia,171 wie wenn er zu dem Zufluchtsort seines Grabes eilte:172 Zu allen Bischöfen, die er auf seinem Weg antraf, war er freigebig, freundlich, leutselig und übertraf sich selbst, als wolle er gleichwohl einen letzten Eindruck zurücklassen.173 Doch sobald er Parma, eine Stadt auf demselben Weg, betrat, ergoss sich unaufhörlich eine in seinen Organen geronnene Flüssigkeit, die die Ärzte als Katarrh bezeichnen, die, wenn sie sich ins Innerste ergießt, zum allgemeinen Verfall führt.174 (192)  Aber warum bist Du entsetzt, Rede? Warum erschrickst Du wie vor Schiffe brechenden Klippen? Ob Du willst oder nicht: Auch wenn sein Leben flüchtig erzählt worden ist, muss über seinen Tod berichtet werden, da ja durch keine Verlängerung des Berichts, durch kein Aufschieben des bekannten Lobs sein Tod verheimlicht werden kann. Und obwohl ein segelndes Schiff gleichsam die Hunde der Scylla und die offenen Schlunde der Charybdis,175 die mit donnerndem Getöse Gefahren androhen, meiden kann, kann man nicht den Schiffsbruch seines Todes außer Acht lassen. Warum fürchte ich mich, über die Tränen zu berichten, die, um sie zu zeigen, notgedrungen unaufhörlich fließen. (193)  Während er sich der nun unglücklichen Stadt Ticinum näherte, erschien er gleichwohl gesund und munter. Auch wenn er sie unter dem Jubel aller über seine Rückkehr betrat, verwandelte er sogleich die Freude in Tränen, da er an dem einen Tag zu erkennen gab, dass er krank sei, an dem anderen, dass er ziemlich schwach sei. Und obwohl seine Schwäche von Tag zu Tag offenkundiger wurde, wurde sie von dem Unwissen der Ärzte gefördert, standen die Leute flüsternd und verwirrt da, weil sie in einem einzigen Menschen den Untergang der gesamten Provinz sahen und das Ende der Welt fürchteten. Doch am siebenten Tag geschah das unvermutete Unglück, das unaussprechliche Unheil, die unerklärliche Trauer.176 (194)  Aber als der selige Bischof sah, dass er die Last des Fleisches abwarf177 und frühzeitig zum reinen Licht des Himmels emporschwebe, sprach er immer »Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn«, und fröhlich und mit heiterem Blick wiederholte er die bekannten Verse Davids »Dein Erbarmen, Herr, werde ich in Ewigkeit singen; von Geschlecht zu Geschlecht werde ich mit meinem Munde Deine Wahrheit verkünden« und den bekannten Ausspruch »In Deine Hände, Herr, empfehle ich meinen Geist«.

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(195)  nec non adiciebat de perfectione securus: ‘confirmatum est cor meum in domino et exaltatum est cornu meum in deo salutari meo’I, ut hymnis et canticis et in morte resonans ad sedem suam caelestis anima remearet, quae quinquagesimum octavum aetatis annum duxit ad tumulum, triginta in hac sacerdotali, qualem etsi excerptim lector adtendis scalptam, conversatione exemit. (196)  Illud namque silentio praeterire non debeo, quod eius sanctae reliquiae usque in diem tertium, quo cum summa veneratione reconditae dinoscuntur, tanto lumine ac decore vestitae cunctorum visae sunt oculis, ut splendorem vitae vultus signaret defuncti et depositam gloriam iam nunc percepisse gloriosum vas crederetur, in quo vere fuit thesaurus magni regis inclusus. (197)  quae ibi fuerunt flumina lacrimarum, quanti planctus, silebo, ne post annosa curricula novellum dolorem scriptor incutiam. quaecumque ibi mater venit, liberatum clamavit ab illo filium: quaecumque uxor, maritum: quaecumque soror, fratrem: qui caelebs, se ipsum. postremo in illa tanta hominum multitudine et conventu, ut audenter dicam, totius orbis nemo fuit qui beneficiis illius aliquid non deberet. (198)  Sed quaeso iam temperemus a luctibus, contractam tristitia resolvamus frontem. excelsa cum deo possidet, ob cuius obitum maeremus in terris. sed quid faciam, quod remediatoris vestri singultus verba dissiciunt, lacrimae ora perfundunt, mugitum resonat omne quod loquor? et intellego quod numquam ad flentem flens bene veniat consolator. haec sancto patri et doctori peritissimo idoneus affectu, non scientia, inpendi, utII aliquos de conversatione illius flosculos relegerem, ut est longum iter agentibus in usu positum, qui non omnes obvios consalutant.III (199)  tu mihi, anima apud redemptorem nostrum praepotens, tribue, ut cura vacuus et pectore liber munda tibi sicut debentur praeconia mundus exsolvam. de cetero habentem in te post deum fiduciam non relinquas et, quem religionis titulis insignisti, religiosorum in divinam repromissionem redde participem.

I II III

AT 1. Samuel 2,1. Symmachus, in Val. 1,14. NT Lukas 10,4.

Das Leben des seligen Epiphanius

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(195)  Und in der Gewissheit über seine Vollkommenheit fügte er hinzu: »Mein Herz ist gestärkt im Herren und mein Haupt erhöht in Gott, meinem Heiland.«, so dass seine himmlische Seele durch Hymnen und Gesänge im Tode widerhallend zu ihrem Wohnsitz zurückkehrte. Er wurde im 58. Lebensjahr begraben, davon verbrachte er 30 Jahre in dem Priesteramt, das Du, Leser, auszugsweise skizziert vorfindest.178 (196)  Ich darf nicht mit Schweigen übergehen, dass seine heiligen Reliquien bis zu dem dritten Tag,179 an dem sie bekanntlich in höchster Verehrung bestattet wurden, mit so großem Leuchten und herrlicher Verkleidung von allen gesehen wurden, dass der Blick des Verstorbenen den Glanz seines Lebens verdeutlichte und man glaubte, dass der abgelegte Ruhm ein ruhmreiches Gefäß erhalten habe, in dem wahrhaftig der Schatz eines großen Königs eingeschlossen ist.180 (197)  Ich verschweige, welche Tränenströme es dort gab, wie groß die Trauer, damit ich nach dem Ablauf von Jahren mir als Schreiber keinen neuen Schmerz zufüge. Jede Mutter, die dorthin kam, schrie, dass ihr Sohn durch ihn befreit worden sei, jede Gattin ihr Ehemann, jede Schwester ihr Bruder, der Ehelose er selbst. Schließlich bei einer solchen Menge und Versammlung an Menschen, um es beherzt zu sagen, gab es niemanden auf der ganzen Welt, der nicht irgendetwas seinen Wohltaten schuldete. (198)  Aber ich bitte darum, dass wir jetzt unsere Trauer mäßigen, wir unsere durch Trauer faltige Stirn auflockern. Er besitzt mit Gott den Himmel, wir trauern wegen seines Todes auf der Erde. Aber was soll ich machen, da Schluchzen die Worte dessen, der Euch tröstet, unterbrechen, sich Tränen in mein Gesicht ergießen, alles, was ich sage, wie ein Wehklagen klingt? Ich weiß sehr wohl, dass niemals ein Weinender zum Weinenden als guter Tröster kommt. Ich habe diese Worte dem heiligen Vater und kundigsten Lehrer gewidmet aufgrund meiner Leidenschaft, nicht aufgrund meiner Kenntnis, um Blüten aus seinem Lebenswandel aufzubewahren, wie es üblich ist bei denen, die eine lange Reise machen, auf dass sie nicht alle, die ihnen begegnen, begrüßen. (199)  Du, bei unserem Erlöser mächtige Seele, gewähre mir,181 dass ich ohne Sorge und frei von Herzen Dir reinen Lobgesang, wie geschuldet, ordentlich darbringe. Im Übrigen lasse mich, der ich nach Gott auf Dich vertraue, nicht im Stich und lasse mich, den Du mit den Ehrentiteln Deiner Religion ausgezeichnet hast,182 wie die Gläubigen an der göttlichen Verheißung teilhaben.

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Zu dem Stil und Zweck des 1. Kapitels, das aus einem Anakoluth besteht, Cesa 119 ff., zur anceps necessitas Sotinel (1995) 586 ff.; vgl. VA 4–5.

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Krafft (192 ff.) befürwortete die Ergänzung von haud, da sich so die gegensätzlichen Positionen nicht vermischen. Gleichzeitig ersetzt er das Attribut liber durch liberalis und übersetzt falsitas mit einem »Mangel an Beredsamkeit«. Indem man haud aber weglässt, passt der Inhalt des Satzes besser zur nachfolgenden Aussage; vgl. Cesa 120–121. Zu dieser Textstelle vgl. Ennodius, dictio 13,3 (= Vogel Nr. 451).

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Die Anrufung des Heiligen Geistes am Beginn einer solchen Vita ist nicht ungewöhnlich. Diesen Topos, den er auch in VA 6 verwendet, übernahm Ennodius von Hieronymus, VHilarionis 1 PL 23, Sp. 29; ihm liegt der Gedanke zugrunde, dass der Heilige Geist einen Menschen mit den nötigen Eigenschaften ausstattet, die ihn zum Heiligen machen; Schöffberger 27, Marotta Mannino (1989) 341.

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Zu dem charakteristischen und nicht ungewöhnlichen Gebrauch von igitur als Einleitung für die eigentliche Biographie Voss 64 f.; so auch VA 6.

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Epiphanius wurde zwischen Juni 438 und August 439 geboren; PCBE I 637; das Datum ergibt sich aus der Aussage, dass er 36 Jahre alt bzw. 8 Jahre Bischof war, als Nepos 474/475 regierte; VE 81. Über die soziale Herkunft der Eltern ist nichts weiter bekannt. Von ihren Namen darauf zu schließen, dass der Vater ein maurischer Soldat im Dienste der Römer und die Mutter eine Köchin war, die als Freigelassene (liberta) den Haushalt eines Soldaten führte, ist fraglich; so Bücheler 628. Mirocles (auch Merocles, Myroclis) war als Bischof von Mailand einer der bedeutendsten Bischöfe Italiens und nahm an der Synode im Lateranpalast teil, die sich mit den Streitigkeiten in der nordafrikanischen Kirche befasste; PCBE II 1509–10. Da sich seine Amtszeit in die Jahre 313 und 314 datieren lässt, dürfte Mirocles das historische Treffen von Constantin und Licinius in der Residenzstadt Anfang 313 miterlebt haben, auf dem sie ihr Bündnis und die weitere Vorgehensweise gegen Maximinus Daia, aber auch die Behandlung der Christen besprachen; Eusebius HE 10,5,2–14 und Lactanz MP 48,2–12. In dem vorliegenden Text wird Mirocles

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als confessor bezeichnet; diese Bezeichnung wurde seit dem 3. Jh. in der christlichen Literatur für Märtyrer verwendet. Da Mirocles nach der Tolerierung der Christen in Mailand kein Martyrium mehr erlitten haben dürfte, wollte Ennodius mit diesem Titel eher seine fromme und asketische Lebensweise betonen; Cesa 123. Epiphanius entstammte somit zumindest mütterlicherseits aus einer angesehenen Familie mit einer langen christlichen Tradition. Dass er von vornehmer und nicht von niederer Herkunft war, dafür sprechen der Hinweis auf die sanguinis praerogativa sowie seine Bildung und sein sicherer Umgang mit Senatoren und den mächtigen Herrschern seiner Zeit. Ennodius spielt allerdings Epiphanius’ Abstammung herunter, da er ihn als Vertreter eines höheren als des senatorischen Adels, nämlich des geistlichen Adels preist; dazu passt auch die an das Glaubensbekenntnis angelehnte Formulierung über seine Eltern; zur Kontroverse über Epiphanius’ Herkunft Cesa 122–124 und (1986) 237, Herrmann-Otto (1995) 202 ff. und (1997) 47 ff., Elm 170, Gallistl 15 f. 6

Crispinus ist neben Epiphanius der einzige bekannte Bischof Ticinums aus dem 5. Jh.; vor 446/447 trat er sein Amt an und hatte es bis 466/467 inne; er war einer der führenden Bischöfe Italiens; PCBE I 506–507, Lanzani (1984) 358 und 364, Lanzoni (1927) 987, Hoff 1 und 45. Auf Crispinus als Lehrer des Epiphanius verweist Ennodius auch in carm. 1,9,115 (= Vogel Nr. 43).

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Lektoren im jugendlichen Alter kamen damals des Öfteren vor und lassen sich auch in Rom, Nordafrika und Gallien nachweisen; Lafontaine 148.

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Es ist eines der wenigen Wunder, die Ennodius in der VE erzählt. Mit ihm will er verdeutlichen, dass Epiphanius bereits seit seiner Geburt von Gott auserwählt war; Marotta Mannino (1995) 613. Vgl. zu dieser Textstelle Ennodius, carm. 1,9,90 ff. (= Vogel Nr. 43).

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Wie die staatlichen Amtsträger verfügten in der Spätantike die Bischöfe über exceptores, die auch als notarii bezeichnet wurden und als Stenographen oder Kopisten tätig waren. Auch andere exceptores stiegen wie Epiphanius zu Bischöfen auf, was die Attraktivität ihres Amtes bzw. einer kirchlichen Laufbahn erhöhte; Teitler 48, 93, 99, 131. In Ticinum befand sich offensichtlich eine Schule für Stenographen; vgl. Lanzani (1995) 30 f.

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10 Diese Erzählung erinnert an die Erzählung bei Lukas (2,46–52), nach der Jesus zu seinen Lehrern im Tempel sprach; Marotta Mannino (1995) 614 f. 11 Die ausführliche Beschreibung von Epiphanius’ Aussehen in VE 13–14 ist für eine Hagiographie ungewöhnlich, allerdings beschreibt Ennodius in Anlehnung an Vorgaben im AT hier eine Idealfigur; Cesa 129–131, Marotta Mannino (1995) 615, Marconi (2012) 87 und (2013a) 39; vgl. Ennodius’ Ausführungen über Epiphanius’ Aussehen in carm. 1,9,74 ff. (= Vogel Nr. 43). Auf eine ähnliche Weise wird auch Theoderich im Panegyricus idealisiert; Rota 422. 12 quae kann sich nur auf pulchritudine beziehen und nicht auf das Adjektiv cereae; s. dagegen Cesa 81. 13 In dem lateinischen Text steht levita; diese Bezeichnung ist mit dem Titel subdiaconus gleichzusetzen. Ein Subdiakon war einem Diakon als Helfer unterstellt. Es gab in der Spätantike Regelungen, nach denen man erst im 20. Lebensjahr vom Lektor zum Subdiakon aufstieg; Th. Klauser, RAC 3 (1957) s. v. Diakon, 897–898; Cesa 133; vgl. VE 20, der dort erwähnte subdiaconii ordo bezieht sich auf die Tätigkeit als Levit; zum Klerikerstand Noethlichs 136 ff. Dass Epiphanius außerordentlich jung war bei der Übernahme des Subdiakonats belegt die Aufstellung von Faivre 380–385; vgl. Lafontaine 147. 14 Vgl. NT Lukas 2,52. 15 Das Amt eines Subdiakons sollte ein Kleriker eigentlich 4 Jahre bekleiden, ehe er zum Diakon aufstieg; Th. Klauser, RAC 3 (1957) s. v. Diakon, 898. Nach Lafontaine (147) lag das Eintrittsalter in den Diakonat bei 30 Jahren, wurde aber im Westreich aufgrund von Problemen bei der Rekrutierung nicht eingehalten. 16 Da Ticinum direkt am Ticino liegt, verfügte das Bistum mit dem Grundstück Summias über Grundbesitz im Süden außerhalb der Stadt. Nach Lanzani (1987, 410 und 1995, 31) handelt es sich bei Summias um den heutigen Sommo Lomellina; vgl. Cesa 134 ff. 17 Über Burco liegen keine weiteren Angaben vor; sein germanischer Name könnte dafür sprechen, dass er mit einem germanischen Heerführer nach Oberitalien gekommen war und dort nach seinem Militärdienst Land auf dem Gebiet der civitas von Ticinum erworben hatte. Dass

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Epiphanius mit der Schlichtung des Rechtsstreites beauftragt wurde, ist insofern nichts Ungewöhnliches, als der Diakon als »Geschäftsführer« einer Gemeinde nicht nur liturgische Aufgaben wahrnahm, sondern sich auch um rechtliche Angelegenheiten kümmerte; Th. Klauser, RAC 3 (1957) s. v. Diakon, 899. Unklar bleibt, ob Burco der katholischen Gemeinde angehörte; s. hierzu Anm. 19. Das Ereignis datiert in die Zeit 458/ 459; PCBE I 350–351; vgl. Bullough 93,118. 18 Auch über Capraria liegen keine weiteren Informationen vor. 19 Ennodius lässt den Leser im Unklaren darüber, wie der Rechtsstreit um das Gut Summias ausging, da er sich ganz auf das neue, vorbildliche Verhalten seines Heiligen konzentriert. Die Hinweise auf die turbata civitas und den Bischof sind Indizien dafür, dass der Rechtsstreit vor dem Bischofsgericht ausgetragen wurde. 20 Der Diakonat war in der Spätantike ein wichtiges seelsorgerisches und karitatives Amt, das die Grundlage für den Aufstieg in der Ämterhierarchie der Kirche bildete. Obwohl sie den Presbytern nachgeordnet waren, stiegen viele Diakone zu Bischöfen auf, weil sie durch ihre Tätigkeit und die enge Beziehung zu ihrem Bischof Einblicke in die Verwaltung und Leitung der Kirchengemeinde erhielten; Domagalski 23 ff.; zu den Tätigkeiten eines Diakons vgl. VE 22 und 27. 21 Das Vermögen der Kirche war seit der Constantinischen Wende stetig gestiegen; so war der Bischof von Rom im 5. Jh. einer der größten Grundbesitzer Italiens. Neben den Einnahmen aus ihrem Grundbesitz profitierte die Kirche vor allem von Spenden und Schenkungen. Von den Einnahmen musste der Unterhalt der Kirchenbauten und der Lebensunterhalt der Kleriker finanziert werden. Sozusagen als gesonderten »Haushaltsposten« auf der Ausgabenseite nennt Ennodius die Aufwendungen für die karitativen Tätigkeiten des Bischofs; zum Kirchenvermögen Jones II 894 ff. Indem Crispinus Epiphanius zu seinem »Ökonom« bestellte, machte er ihn mit einem wichtigen Bereich der Verwaltung seines Bistums vertraut, der Epiphanius nicht zu unterschätzende Einblicke in das interne Leben seiner zukünftigen Gemeinde verschaffte. 22 Zu Bonosus und Silvester PCBE I 345, PLRE II 240–241 und PCBE II 2071. Aus ihren Reihen wählten die Diakone einen »Sprecher«, den archidiaconus, der als erster Anwärter auf das Bischofsamt galt; Th. Klauser, RAC 3 (1957) s. v. Diakon, 901. Zu dem Ausdruck homo in

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vetusta disciplinarum instructione probatissimus, der auf Silvesters umfangreiche Kenntnisse in der Lehre der Kirche anspielt, Marconi (2013a) 33 Anm. 137. 23 Auch wenn Ennodius es nicht offen ausspricht, so lässt gerade diese Bemerkung erahnen, dass entgegen seiner Darstellung die Berufung des Epiphanius nicht ganz unumstritten war, zumal er noch recht jung war und andere Kleriker in der kirchlichen Hierarchie über ihm standen. Wie in anderen Bistümern so gab es auch in Ticinum offensichtlich eine recht große Gruppe an Klerikern, deren genaue Zahl nicht bekannt ist, sondern sich lediglich aus den Angaben für andere Bistümer, die bei 60, 80 oder mehr als 100 Klerikern liegen, erahnen lässt; Jones II 910 ff. Ennodius’ Anmerkung über die Kleriker Ticinums belegt auch, wie sehr sich Bischof Crispinus um den Aufbau eines angesehenen und leistungsfähigen Klerus gekümmert hat; Lanzani (1987) 408 ff. Entgegen der Übersetzung Cesas (85) wird der Ausdruck facio mentionem nicht verneint. 24 Die Bemerkung über den spiritus erinnert an die Formulierung in VE 190, mit der mit spiritus eindeutig der Heilige Geist gemeint ist; Marotta Mannino (1995) 624. 25 Mit der Verlegung der Kaiserresidenz 402 nach Ravenna verlor Mailand zwar an Bedeutung, als Metropole der Provinz Liguria besaß es weiterhin zumindest regionale Bedeutung. Entsprechend der weltlichen Stellung seiner Stadt erlangte der Bischof von Mailand seit dem 4. Jh. überregionale Bedeutung durch sein großes kirchenpolitisches Engagement; Ausbüttel (1988) 104; H. Leppin, RAC 23 (2009) s. v. Mailand, 1159–75. 26 Die Nominierung eines Bischofs durch seinen Vorgänger, die sehr stark von dessen Reputation abhing, war kein Indiz von Schwäche, sondern kam in der Spätantike häufig vor und war somit ein wesentliches Merkmal für einen heiligen Bischof; Norton 209 f. Immerhin hatte Epiphanius bereits wie ein Koadjutor das Bistum von Ticinum geleitet; VE 26–36. 27 Herrmann-Otto (1995, 203 Anm. 14) sieht in Rusticius einen Angehörigen der mailändischen Munizipalaristokratie. In dem lateinischen Text wird Rusticius aber als inlustris vir bezeichnet. Hierbei handelte es sich um den höchsten senatorischen Rangtitel, den ab 440 nur noch die Senatoren trugen, die mit Sitz und Stimme im Senat vertreten

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waren; Ausbüttel (1988) 112–116. Allerdings ist unklar, ob Rusticius diesen Rangtitel bereits 467 besaß oder erst zu dem Zeitpunkt, als Ennodius die VE schrieb; PCBE II 1950 und PLRE II 962, Cesa 142. Da Crispinus vor den nobilium germina (VE 36) sprach, gehörte Rusticius mit zu den nobiles seiner Stadt; vgl. VE 53 collectio Ligurum nobilitatis. Dass er Präfekt oder consularis Liguriae war, ist nicht belegt; Hoff 45, Lotter (1973) 133. Inwieweit sich Rusticius nach Crispinus’ Besuch in die Bischofswahl von Ticinum einmischte, geht aus dem Text nicht hervor. Nach Ennodius reichten allein seine lobenden Worte und seine Autorität aus, die Nominierung des Epiphanius zu befördern. Doch dürften vor dieser Begegnung bereits Gespräche zur Bischofswahl stattgefunden haben. Die kurze Rede des Rusticius (VE 38) beeindruckte offensichtlich den Anhang des Bischofs Crispinus und dürfte im Hinblick auf die in Mailand stattfindende Bischofsweihe nicht unwichtig gewesen sein; s. hierzu VE 41. Nach Norton (53), der davon ausgeht, dass Epiphanius aufgrund seiner niederen Abstammung benachteiligt war, verhalf ihm erst Rusticius mit seiner offenen Unterstützung zum Bischofsamt. 28 Die Formulierung ad sepulchrum festinans und das damit verbundene Bild eines todkranken Menschen, der nach Hause eilt, wiederholt sich in dem Bericht über das Lebensende des Epiphanius; ad sepulchri receptaculum properans VE 191. 29 Mit den Guten (boni) sind wohl die führenden Bürger Ticinums gemeint. Zur Bischofswahl s. auch Ennodius, carm. 1,9,53 ff. (= Vogel Nr. 43). 30 Bis ins 6. Jh. wurde der Bischof insbesondere in den kleineren Bistümern vom Klerus und vom Volk gewählt; Norton 52 ff., 244 f. Wenn Ennodius von dem bonorum omnium consensus spricht, spezifiziert er daher nicht genau die Gruppe der Wähler. Ob Ennodius mit der Formulierung magnus in tota urbe concursus andeuten wollte, dass es bei der Bischofswahl zu einem Tumult kam, ist fraglich, da er in VE 33 noch auf den popularis affectus gegenüber Epiphanius hinweist; vgl. hierzu Lotter (1973) 112, 133, 148 ff. Mit 28 Jahren war Epiphanius ein sehr junger Bischof; üblich war damals eher ein Alter von 40 Jahren; Lafontaine 147–150, 359. 31 Ein solch ablehnendes Verhalten des Kandidaten war bei Bischofswahlen im 4. bis 6. Jh. geläufige Praxis. Asketen wie Epiphanius dokumentierten damit ihre Frömmigkeit und Bescheidenheit. Norton

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(191–197) spricht daher bei dem nolo episcopari von einem »feature of the hagiographical genre«. 32 In Italien besaß jede Stadt einen eigenen Bischof. Die Weihe eines lokalen Bischofs nahm der Metropolit der Provinzhauptstadt, in diesem Falle der Bischof von Mailand, vor; zur Entwicklung dieses Systems Norton 25 f. Erst durch die Weihe wurde der Bischof in seinem Amt bestätigt; Lotter (1973) 148 ff. 33 Die ausführliche Beschreibung seiner asketischen Lebensweise (VE 47–50) soll zeigen, wie sehr es Epiphanius verstand, das Leibliche dem Geistlichen unterzuordnen, und wie selbstbeherrscht und charakterfest er war; vgl. Sulpicius Severus, VMartini 26,2. Marconi (2013a, 38–40), die auf Ambrosius’ Schrift de officiis als Vorbild für eine solche Lebensweise verweist, vermutet, dass solche Regeln im Osten strenger eingehalten wurden als im Westen, was den Vorbildcharakter seiner Lebensführung noch mehr betonen würde. 34 Epiphanius’ asketische Lebensweise war so vorbildlich, dass er keinen cellulanus benötigte, wie es später der Metropolit Laurentius für seine Kleriker forderte; vgl. Ennodius, opusc. 7 (= Vogel Nr. 8); s. Einleitung S. 13. 35 Die vigiliae sind Gottesdienste, die nachts oder frühmorgens gehalten werden. Ob Epiphanius mit seinem Verhalten den Lektoren die Bibeltexte vorgab, ist fraglich; eher wollte er als leuchtendes Vorbild erscheinen; vgl. Cesa 147–148. 36 Zwischen der Ordination als Bischof und der nun folgenden Beschreibung der Gesandtschaft zu Anthemius lagen rund fünf Jahre; insofern passt der Ausdruck mox nicht. Ennodius benutzte ihn dennoch, um zu verdeutlichen, wie gefragt und engagiert Epiphanius bald nach seiner Amtseinführung war. 37 Flavius Ricemer war der Sohn eines Sueben und einer Westgotin, der Tochter des Gotenkönigs Vallia. Als Heermeister (456–472) wurde er zum Kaisermacher des weströmischen Reiches. So rebellierte er mit Maiorian gegen Kaiser Avitus, setzte aber dann 461 Maiorian ab und bestimmte Libius Severus zu dessen Nachfolger. Nachdem Rikimer ihn angeblich 465 umgebracht hatte, regierte er allein das Westreich bis zur Thronbesteigung des Anthemius; PLRE II 942–945; Anders 73–246. Anthemius hatte eine militärische Laufbahn absolviert und

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amtierte wohl von 454 bis 467 als Heermeister. Als Schwiegersohn des oströmischen Kaisers Marcian galt er als dessen Nachfolger, konnte sich aber nicht gegen Leo I. (457–474) durchsetzen, der ihm allerdings auf den Kaiserthron des weströmischen Reiches verhalf. Am 12. April 467 wurde Anthemius in Rom zum Kaiser ausgerufen; PLRE II 96–98; Henning (1998) 42–46, 199–202 und 248 ff. Der Formulierung des Ennodius ist nicht zu entnehmen, dass er Rikimer und Anthemius hinsichtlich ihres Ranges und ihrer Macht gleichstellte; Anders 220. Die Bezeichnung des Staates als respublica wertet Sotinel (602) als Hinweis auf die römische Herrschaft im Unterschied zu der der Germanen; vgl. VE 63, 67, 69, 70 und 81. In seiner Rede bezeichnet Theoderich seine Herrschaft korrekt als regnum nostrum (VE 136), da er die Position eines rex innehatte, im Panegyricus spricht Ennodius dagegen wieder von respublica; Rota 42 38 Ennodius bleibt mit seinen Aussagen sehr im Allgemeinen und nennt keinen konkreten Grund für die anstehende militärische Auseinandersetzung. Als Gründe werden die Niederlage des Kaisers 468 gegen die Vandalen, die seine Position schwächte, zumal er die Unterstützung der oströmischen Truppen verlor, sein angespanntes Verhältnis zur katholischen Kirche und zu weiten Kreisen der Senatsaristokratie sowie seine antigotische Politik in Gallien, die den Intentionen Rikimers widersprach, angenommen. Der Konflikt brach offen aus, als Anthemius den magister officiorum Romanus, einen Freund Rikimers, nach einer Rebellion hinrichten ließ und Rikimer mit seiner Absetzung rechnen musste; wenn die Vermutung zutreffen sollte, dass Romanus aus Norditalien kam, wird die Empörung der Ligurer über Anthemius um so verständlicher; Johannes Antioch., frg. 207 (= Priscus frg. 62 Blockley); PLRE II 947, Henning (1998) 163 f. und vor allem Anders 208–226. Über den Streit zwischen Rikimer und Anthemius und den Vermittlungsversuch des Epiphanius berichtet auch Paulus Diaconus, HR 15,3. 39 Mit der ungewöhnlichen Bezeichnung collectio Ligurum nobilitatis sind die Vertreter des Landtages der Provinz Liguria gemeint. Da einem solchen Landtag Vertreter der Reichsaristokratie und die führenden Ratsherren, die principales, angehörten, ist die Bezeichnung nobilitas durchaus berechtigt. Ursprünglich richteten die Provinziallandtage Feste und Kulte zu Ehren des Kaisers aus, die aber durch die Christen zunehmend an Bedeutung verloren; in den Vordergrund trat immer mehr die Vertretung von weltlichen Interessen. Die Provinz Liguria war zwischen 385 und 397 durch die Teilung der Provinz Aemilia et

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Liguria entstanden und umfasste den Nordwesten der Apenninhalbinsel vom Alpenrand bis zur Mittelmeerküste; Ausbüttel (1988) 70–84, 98 f. Vgl. Prokop, BG 2,7,35; die dort erwähnte ligurische Gesandtschaft bestand aus »angesehenen Bürgern«. 40 Dass in dem Konflikt zwischen Rikimer und Anthemius prorömische und probarbarische Parteien versuchten ihre Interessen durchzusetzen, lässt sich dem vorliegenden Bericht nicht entnehmen; vgl. Clemente 265 f. Interessant ist, dass die führenden Männer Liguriens mit ihrer Proskynese den Heermeister wie einen Kaiser begrüßten; Anders 220. 41 Der Arianer Rikimer war durchaus ein »Barbar«, der auf Ausgleich bedacht war und sich daher mit der italischen Aristokratie und der katholischen Kirche arrangierte; er bekannte sich zu seinem christlichen Glauben, förderte aber nicht den Arianismus; Mathisen 25, Anders 328, 332; vgl. Anm. 38. 42 Anthemius wurde in Konstantinopel geboren; da auch seine Familie nicht aus Galatien in Kleinasien stammte, ist die Bezeichnung als Galater genauso negativ gemeint wie die als Griechlein; VE 54 Anm. 45; PLRE II 96, Cesa 152 f., Henning (1998) 42 f. 43 Rikimer wird mit seiner kurzen Rede als vorsichtiger Politiker dargestellt, der vor den Zornesausbrüchen des Kaisers zurückschreckte, was allerdings seinem bislang gezeigten rücksichtslosen Verhalten widerspricht. 44 Nach Lumpe (1969, 27) kommt der Ausdruck catholicus Romanus in dieser Form nur bei Ennodius vor; s. auch VE 119; vgl. Sotinel (1995) 596. Mit dieser Bezeichnung wird eine Gegenposition zu dem »griechischen« Kaiser Anthemius aufgebaut und indirekt auf sein angespanntes Verhältnis zur katholischen Kirche hingewiesen; Kennell (2000) 207, Anders 327. 45 In der Bezeichnung Graeculus zeigt sich die ablehnende Haltung der Römer gegenüber Anthemius, den Rikimer bereits als Galata concitatus (VE 53) betitelte. Die Bezeichnung von Oströmern als Griechen war damals weit verbreitet und spricht dafür, dass es keine mediterrane Gemeinschaft mehr gab; Amory 119 ff. Henning (2006, 178 ff.) vermutet, dass weder Rikimer noch die ligurischen Adligen Anthemius mit diesen Formulierungen abqualifizierten, sondern sich Ennodius diese Formulierungen ausgedacht habe.

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46 Cesa (153) bezieht diesen Ausdruck eher auf marsische Schlangenbeschwörer. 47 Über die Reisen von Gesandtschaften und die von ihnen benutzten Transportmittel Gillett 238 ff. 48 Aufgrund des fehlenden Artikels kann man im Lateinischen den Titel episcopus Liguriae als offizielle Amtsbezeichnung verstehen. Wenn es eine solche Amtsbezeichnung gegeben haben sollte, dann hätte sie dem Bischof der ligurischen Metropole Mailand zugestanden. Die vorliegende, allgemein gehaltene Bedeutung ist indes ein weiteres sprachliches Mittel, mit dem Ennodius die Bedeutung des Epiphanius herausstellen will. Obwohl es sich um einen der ausführlichsten Berichte über eine Provinzialgesandtschaft an den Kaiser handelt, lässt Ennodius’ Darstellung einige Fragen offen: So bleibt unklar, wo Epiphanius mit seiner Gesandtschaft in Rom unterkam, wie er den kaiserlichen Hof auf seine Ankunft aufmerksam machte und warum ihn Anthemius sofort sprechen wollte; zur Frage des Empfangs von Gesandtschaften Cesa 155 ff. und Gillett 244 ff., der darauf hinweist, dass Epiphanius bei keiner seiner Gesandtschaften Schreiben seiner Auftraggeber überreichte. Prokop (BG 2,7,35–38) berichtet ebenfalls von einem Geistlichen, dem Mailänder Bischof Datius, der 537 die Interessen Liguriens gegenüber dem oströmischen Feldherren Belisar in Rom vertrat; vgl. PCBE I 532. 49 Mit den officia palatina sind wahrscheinlich die Mitarbeiter des magister officiorum gemeint, der im spätantiken Hofrat des Kaisers die wichtigste Position innehatte und die Sitzung des Konsistoriums vorbereitete; Clauss 15, 62. 50 Die Verbform iube bedeutet hier wohl so viel wie »bitte«; ThLL 7,2, 584. 51 Mit der Schilderung von Epiphanius’ Auftritt verdeutlicht Ennodius einmal mehr den wirkungsvollen Gegensatz zwischen geistlicher und weltlicher Macht bzw. oströmischem Prunk. Ennodius schreibt leider nicht, an welchem Ort Epiphanius vor dem Kaiser auftrat. 52 Ennodius entwirft in der Rede seines Bischofs ein Idealbild weltlicher Herrschaft, dem er später in der Rede des Burgunderkönigs Gundobad (VE 165–166) das Bild eines Kriegsherren entgegensetzt; vgl. Rota 37 ff.

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53 Epiphanius macht sich an dieser Stelle zum Fürsprecher ganz Italiens, obwohl ihn nur der ligurische Provinziallandtag beauftragt hatte; Henning (1998) 163 f.; vgl. VE 52 54 Zu Rikimers Herkunft s. Anm. 37; durch ihre gegenseitigen Diffamierungen blamierten sich letztlich Rikimer und Anthemius, während sich Epiphanius zurückhielt und so sein Ansehen vermehrte; vgl. Amory 202. 55 Zur Bedeutung von anceps in diesem Zusammenhang Cesa 158. 56 Bei Epiphanius’ Rede fällt auf, dass der Bischof keine konkreten Angaben für ein Friedensangebot machte, sondern eher taktisch-moralische Überlegungen dem Kaiser mitteilte, die gegen einen Feldzug nach Oberitalien sprachen. Zur sprachlichen Problematik dieser Textstelle Cesa 158 f. 57 Anthemius hatte Rikimer mit seiner Tochter Alypia verheiratet, um ihn so an sich zu binden und seine Herrschaft über Italien abzusichern; PLRE II 61–62; vgl. Anm. 37. 58 Zu den Vorurteilen über Goten hinsichtlich ihres Auftretens und Aussehens Wolfram 234 ff. 59 Hier übersieht Anthemius bzw. Ennodius, dass schon vorher Töchter von Kaisern wie Theodosius, Honorius, Valentinian III. und Leo I. germanische Feldherren geheiratet hatten; vgl. Demandt 504–505. 60 Anthemius spielt an dieser Stelle auf die Auseinandersetzungen seiner Vorgänger mit Rikimer an; s. Anm. 37. 61 Diese Aussage bezieht sich wohl kaum auf Rikimers Erfolge über die Vandalen im Jahr 456, sondern eher darauf, dass sein Verhalten Anthemius daran hinderte, zu Gunsten seiner Verbündeten in Gallien einzugreifen; Wolfram 188 f. 62 Nach Paulus Diaconus (HR 15,3) schloss der Kaiser mit Epiphanius einen Vertrag (foedus), den Rikimer brach. 63 Da nach dem Julianischen Kalender 471 der Ostersonntag auf den 28. März fiel (www.arndt-bruenner.de), verließ Epiphanius Rom am 9. März und erreichte Ticinum am 15. März. Der Hinweis auf seine

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Schnelligkeit, mit der er die anderen Teilnehmer der Gesandtschaft hinter sich ließ, spricht dafür, dass seine Reise nur 6 bis 7 und nicht 14 Tage dauerte. Nach den Berechnungen des orbis.stanford.edu betrug die Entfernung zwischen Ticinum und Rom 551 km, die Soldaten in einem Eilmarsch in knapp 10 Tagen bewältigen konnten. Epiphanius hätte bei einer Reisedauer von einer Woche aber 80 bis 90 km pro Tag zurückgelegt und wäre damit fast doppelt so schnell gewesen wie ein Soldat, weil er kein Marschgepäck mit sich führte. Unklar bleibt, ob Epiphanius für sich das Recht in Anspruch nahm, für seine Reise an den kaiserlichen Hof die Staatspost (cursus publicus) zu benutzen, was seit dem frühen 4. Jh. den Bischöfen zustand. Allerdings hätte ein solches Verhalten seiner asketischen, enthaltsamen Lebenseinstellung widersprochen. 64 In seiner Darstellung legt Ennodius nicht näher dar, wie Rikimer von Epiphanius über das Verhandlungsergebnis mit Anthemius informiert wurde. Da der Heermeister den Bischof offiziell mit der Mission beauftragt hatte (VE 58), ist davon auszugehen, dass Epiphanius ihn auch über seine Unterredung mit dem Kaiser ausführlich unterrichtete, da er ihn ansonsten brüskiert hätte. Die vorliegende Textstelle spricht dafür, dass sich Rikimer ebenfalls in oder nahe Ticinum aufhielt, als Epiphanius dort eintraf. Cesa (162) vermutet, dass Rikimer sich bereits auf dem Vormarsch nach Rom befand für den Fall, dass Anthemius den Frieden verweigert hätte. 65 Ein Besuch in Mailand, wo er allenfalls die Ligurum nobilitas angetroffen hätte, hätte Epiphanius nach dem Treffen mit Rikimer in Ticinum nur noch dazu gedient, sich bejubeln zu lassen. Nach MacGeorge (251) kam Epiphanius nicht nach Mailand, weil die Gesandtschaft ein Fehlschlag war und er nicht alle Forderungen Rikimers an Anthemius durchsetzen konnte; vgl. Anders 221. In der Tat kam es 472 zu einem Bürgerkrieg, in dessen Verlauf Rikimer mehrere Monate Rom belagerte. Anthemius wurde nach der Eroberung der Stadt umgebracht; Paulus Diaconus, HR 15,3; Ausbüttel (2007) 109; PLRE II 96–98 ; s. auch Anm. 126. 66 Honorata, über die keine weiteren Angaben vorliegen, wurde demnach 471 geweiht; PCBE I 1004–1005. Asketisch lebende Frauen, die in einem Gelübde Keuschheit schworen, lassen sich seit der Mitte des 4. Jh.s in Italien nachweisen. Gerade in den führenden Schichten fand das Ideal eines enthaltsamen Lebens viele Nachahmerinnen. Für Ticinum liefert diese Textstelle den ersten Hinweis auf eine asketisch

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lebende Frau. In der katholischen Kirche stand allein dem Bischof das Recht zu, durch eine consecratio oder velatio (Übergabe des Schleiers) Frauen in ihren neuen Status als virgines sacrae aufzunehmen. Folglich unterstanden sie, die innerhalb der Kirche einen eigenen Stand bildeten, auch seinem persönlichen Schutz und seiner persönlichen Aufsicht. Mit seiner Weihe verstieß Epiphanius übrigens gegen ein Gesetz des Kaisers Maiorian, durch das er 458 festgelegt hatte, dass Frauen sich erst im 40. Lebensjahr der Jungfrauenweihe unterziehen dürften und bei einer Zuwiderhandlung ein Drittel ihres Besitzes verlören (novell. Maior. 6); denn bei der Weihe seiner jüngeren Schwester war Epiphanius selbst erst 32/33 Jahre alt. Da diese Regelung nicht in den Codex Justinianus aufgenommen wurde, verlor sie offensichtlich bald ihre Wirkung. Zu den asketischen Frauengemeinschaften Jenal 22 ff., 134, 683 ff., 756 ff., 833 ff. Nach ihrem Tod wurde Honorata eine ähnliche Verehrung zuteil wie ihrem Bruder. Um 870 wurden ihre Gebeine in das Kloster S. Maria Vecchia gebracht; Gallistl (2000) 17, 47. 67 Luminosa stammte wahrscheinlich aus einer senatorischen Familie und war vielleicht mit Luminosus verwandt, einem guten Bekannten des Ennodius, der in Rom lebte, und den Ennodius bat, zu seinen Gunsten bei Papst Symmachus zu intervenieren; PCBE II 1335, PLRE II 692. Wenn diese Annahme zutreffen sollte, erklärt sich auch, warum Ennodius auf einmal seine Erzählung unterbricht, um über Luminosa zu berichten. Luminosa war aufgrund ihrer sozialen Stellung und vorbildlichen Lebensweise die »Leiterin« einer weiblichen Asketengemeinschaft, die sich nicht abgeschieden von der übrigen Bevölkerung außerhalb, sondern innerhalb Ticinums aufhielt; denn als Orestes 476 die Stadt besetzte, gerieten Luminosa und Honorata in Gefangenschaft (VE 96–100). Eine solche Frauengemeinschaft, die an die 20 Personen umfassen konnte, versah karitative oder handwerkliche Tätigkeiten. In Ticinum existierte sie noch zu der Zeit, als Ennodius Bischof war, sodass er sie mit dieser Notiz indirekt würdigte; vgl. Jenal 22 ff., 134 ff. Bis 836 lässt sich eine Frauengemeinschaft an der Kirche SS. Vincen­ tius et Gaudentius nachweisen, in der Epiphanius bestattet wurde; Gallistl (2000) 17 und (2006) 124. 68 Mommsen (431) plädierte dafür, den Namen Rikimers zu streichen, weil Ennodius ihn fälschlicherweise als Kaiser bezeichnete. Dies geht aber aus dem Text nicht hervor. Vielmehr macht Ennodius darauf aufmerksam, dass die beiden Widersacher Rikimer und Anthemius, die er als gleichrangig ansah (VE 51), in demselben Jahr starben.

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69 Anicius Olybrius stammte aus der sehr angesehenen Senatorenfamilie der Anicii und war ein Schwiegersohn des Kaisers Valentinian III. Der oströmische Kaiser Leo I. hatte ihn nach Italien geschickt, um Frieden zwischen Rikimer und Anthemius zu stiften, doch ließ sich Olybrius im April 472 gegen Leos Willen selbst zum Kaiser ausrufen, starb aber bereits am 2. November 472; PLRE II 796–798; Henning (1998) 47–50 und 202–203. 70 Der comes domesticorum Glycerius war seit dem 3. März 473 Kaiser, wurde aber, da ihn Ostrom nicht anerkannte, im Juni 474 von Julius Nepos abgesetzt. Nach seiner Absetzung wurde er nicht, wie oft angenommen, Bischof von Mailand, sondern von Salona in Dalmatien. Möglicherweise stammte Glycerius aus Ligurien und war mit Ennodius verwandt, was eine Begründung für seine positive Darstellung wäre angesichts seiner kurzen Amtszeit; PLRE II 514; Cracco Ruggini 290, Henning (1998) 50–51 und 203–204; PCBE I 933–934. 71 Unklar bleibt, für wessen Mutter sich Epiphanius beim Kaiser ein­ setzte, da Ennodius kein Possessivpronomen verwendet, das für Klar­heit sorgen könnte. Überhaupt bleiben seine Ausführungen sehr vage, sodass nur Eingeweihte verstehen konnten, worum es eigentlich ging. Als Erklärung bieten sich mehrere Möglichkeiten an: So kann es sich um Glycerius’ oder Epiphanius’ Mutter oder einfach nur um irgendeine Mutter gehandelt haben, der ein nicht näher spezifiziertes Unrecht von ihren Mitmenschen widerfuhr. Allerdings drängen sich bei diesen Vermutungen weitere Überlegungen auf. Wenn es die Mutter des Kaisers gewesen war, stellt sich die Frage, warum sie sich nicht direkt an ihren Sohn, sondern an einen Bischof wandte. Wenn es Epiphanius’ Mutter Focaria war (VE 7), dann hätte sich Epiphanius für die Interessen seiner eigenen Familie eingesetzt, was wiederum erklären würde, warum Ennodius diesen Fall, der im Kontrast zur selbstlosen Haltung seines Heiligen stünde, nicht näher erläuterte. Im Falle einer anderen Frau hätte Epiphanius hingegen einmal mehr seine Fürsorge unter Beweis gestellt. Inwieweit es sich hier um Streitigkeiten einer Römerin mit der gallischen Urbevölkerung oder gotischen Einwanderern handelte, bleibt Spekulation; Cesa 164. Nach Näf (119) blieben die Untertanen, die Glycerius’ Mutter beleidigt hatten, straflos. 72 Iulius Nepos, der eine Nichte der Ehefrau des oströmischen Kaisers Leo I. geheiratet hatte, war Heermeister von Dalmatien. Von dort zog er nach Italien und regierte vom 19./24. Juni 474 bis zum 28. August 475 als Kaiser. Danach zog er sich wieder nach Dalmatien zurück,

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wo er am 9. Mai 480 in Salona ermordet wurde; PLRE II 777–778; Henning (1998) 51–55 und 204–208. 73 Unter König Eurich (466–484) erlangte das nach seiner Hauptstadt benannte Tolosanische Reich der Westgoten seine größte Ausdehnung. Nachdem Eurich das Foederatenverhältnis mit den Römern gekündigt hatte, dehnte er zunächst seine Herrschaft nach Spanien und dann nach Südgallien aus. 470 überschritt er mit seinen Truppen die Rhône, 473 fielen die Auvergne, Arles sowie Marseille in seine Hände; PLRE II 427– 428; Henning (1998) 306–311; Wolfram 186–195. 74 Nepos hatte 474 zunächst mit Ecdicius einen den Goten nicht freundlich gesonnenen Heermeister ernannt. Die unter der Leitung des quaestor sacri palatii Licinianus durchgeführte Gesandtschaft hatte zu keiner Verständigung geführt. Als Anfang 475 der oströmische Kaiser Zeno, der Nepos bislang Rückhalt gegeben hatte, sich aufgrund einer Verschwörung aus Konstantinopel zurückziehen musste, schien es auch für Nepos ratsam, eine Verständigung mit Eurich herbeizuführen; Henning 306 ff. Fraglich ist, ob mit dem consilium der Provinziallandtag Liguriens gemeint ist; denn Nepos rief hier wohl alle mächtigen Personen, unter ihnen auch Geistliche wie Epiphanius, zu einer Versammlung zusammen. Dass sich der Kaiser dabei auf Ligurien beschränkte, lässt sich mit der Nachbarschaft dieser Provinz zu Gallien begründen; vgl. Cesa 169. Über die Mission des Epiphanius berichtet einmal mehr Paulus Diaconus (HR 15,5). 75 Der Hinweis auf iumenta und mansiones spricht dafür, dass Epiphanius den Landweg nach Tolosa nahm. Nach dem orbis.stanford.edu hätte er dann die Route über Vercellae, Segusio – und somit über die Alpen –, Arelate und Narbo bis Tolosa eingeschlagen, was einer Entfernung von 810 km entsprach, die in ca. 30 Tagen zu bewältigen war. Zur Rückreise VE 93. 76 Leo, der auch von dem Dichter Sidonius Apollinaris mehrfach erwähnt wird, war ein römischer Senator, der sowohl bei Eurich als auch bei dessem Nachfolger und Sohn Alarich II. (484–507) eine führende Position als Vorsitzender des Hofrates einnahm. Für die Annahme, dass er kein einfacher consiliarius war und das besondere Vertrauen des Gotenkönigs genoss, spricht seine Präsenz gleich zu Beginn der Audienz, die er mit seiner »Anzeige von Epiphanius’ Ankunft« vorbereitete; zu der Diskussion über seine Tätigkeit als quaestor oder magister officiorum Maier 126 f., Gillett 249 ff.

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77 An dem kleinen gotischen Königshof ging es anscheinend informeller zu als an dem Hof des Kaisers; Wolfram 208–213. 78 Nach der Erörterung religiöser Gründe für einen Frieden kommt Epiphanius in VE 88 auf den eigentlichen Kernpunkt zu sprechen. Zunächst legt er dar, dass ein Angriff gegen Nepos, eine Beleidigung Gottes sei, da der Kaiser von Gott eingesetzt sei, dann betont er die Kampfbereitschaft des Kaisers, erklärt aber gleichzeitig, dass der Machtbereich des Kaisers begrenzt sei. Damit leitet er zu dem entscheidenden Zugeständnis des Kaisers an den Gotenkönig über, dem Epiphanius in dem letzten Satz seiner Rede gestattet, den weströmischen Kaiser nicht als dominus, sondern als amicus anzureden; er galt mit einer solchen Anrede als gleichrangiger Gesprächspartner, der in einem amicitia-Verhältnis zum Kaiser stand, aber auch ein höheres Maß an Eigenständigkeit besaß, weil der Kaiser nicht mehr über ihm stand; zur Forschungslage über diesen Vertrag Henning (1998) 311. Zu dominiorum statt dominorum antiquitas Cesa 171. 79 Der Ausdruck gentile murmur bezeichnet den gallo-romanischen Dialekt, der am Hofe des Gotenkönigs gesprochen wurde, und steht für den Gegensatz zu der Hochsprache des Epiphanius; vgl. Marconi (2013a) 127 ff. 80 Ganz im Sinne von Ennodius’ Darstellung und Zielsetzung wird Eurich als ein waffenstarrender Krieger dargestellt, der sich allein der Rede eines Geistlichen beugen muss. Wie bei Anthemius wurde der Vertrag mit einem Eid besiegelt (VE 72). Eurich akzeptierte demnach den Vertrag, indem ihm Epiphanius unter Eid ein Treueversprechen gab. Es handelte sich somit um ein Friedensabkommen ohne irgendwelche detaillierten Regelungen. Im Sommer 475 schickte daher Nepos vier gallische Kleriker zu Eurich, die nicht weiter bekannte Punkte aushandelten. Dabei dürfte es sich vor allem um die Anerkennung der von den Goten eroberten Gebiete, wie z. B. Clermont, gehandelt haben; Henning (1998) 309. 81 Eurich war wie viele andere germanische Herrscher Arianer. Die unterschiedliche Glaubensauffassung war aber kein Hinderungsgrund für Verhandlungen mit einem katholischen Bischof. Allerdings wollte sich Epiphanius als katholischer Geistlicher nicht mit den arianischen Priestern des Königs an einen Tisch setzen. Die Priester, die ihn bei seiner Ankunft begeistert begrüßten (VE 85), waren daher die katholischen Priester der romanisch-katholischen Bevölkerungsmehrheit.

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82 Bei den Stoechades insulae handelt es sich um die Îles d’Hyères nahe Toulon an der Côte d’Azure. Lerum (Ste. Marguerite) und Lerinum (St. Honorat) bilden die heutigen Îles de Lérins. Auf Lerinum hatte sich bereits seit dem frühen 5. Jh. aufgrund seiner abgeschiedenen Lage, die einerseits gute Voraussetzungen für ein zurückgezogenes asketisches Leben bot, andererseits vor den Einfällen germanischer Truppen schützte, ein religiöses Zentrum gebildet, das das kirchliche Leben in Gallien bestimmte, indem es zahlreiche Bischöfe hervorbrachte und einige Klostergründungen betrieb; Prinz 47–87; James S. Alexander, TRE 21 (1991) s. v. Lérins, 10–16; Marconi (2013a) 42 ff. Auf seiner Rückreise nahm Epiphanius offensichtlich den mit 880 km etwas längeren, aber mit einer Reisedauer von ca. 13 Tagen deutlich schnelleren Weg entlang der südgallischen Küste. Nach den Angaben von orbis.stanford.edu reiste er demnach bis Narbo und segelte von dort über Massilia bis nach Genua, von wo er wieder den Landweg einschlug. Zu den Bezeichnungen medianae insulae und nutrix summorum montium Cesa 173 ff. 83 Die Formulierung ist so gehalten, dass man meinen könnte, Nepos habe auf Epiphanius in Ticinum gewartet und ihn dort empfangen. Wie im Falle Rikimers dürfte der Kaiser die Rückkehr des Bischofs in seiner Stadt abgewartet und ihn dann um seinen Bericht gebeten haben; vgl. Cesa 174. Die Tatsache, dass sich Nepos während der mehrwöchigen Gesandtschaftsreise des Epiphanius in Oberitalien aufhielt, könnte dafür sprechen, dass er im Falle eines Scheiterns der Friedensverhandlungen mit seinen Truppen bereitstand, um über die Alpen in Gallien einzumarschieren. 84 Orestes diente 449–452 dem Hunnenkönig Attila als notarius und amtierte 475–476 als Heermeister in Süd-Gallien; von dort zog er 476 nach Ravenna und machte seinen Sohn Romulus Augustulus zum Kaiser; PLRE II 811–812. 85 Flavius Odovacer war um 433 als Sohn des Thüringers Edeco und einer Skirin geboren worden. Sein Vater hatte Attila als enger Vertrauter gedient und dabei Orestes kennen gelernt, der als Sekretär am Hofe des Hunnenkönigs tätig war. Odoaker hatte sich 463/469 als Anführer sächsischer Piraten in Nordgallien hervorgetan und zog um 470 mit einigen Gefolgsleuten über Noricum nach Italien, um sich der römischen Armee anzuschließen, in der er mit Hilfe Rikimers Karriere machte. Am 23. August 476 riefen die nichtrömischen Truppen in Italien Odoaker zu ihrem König (rex) aus. Er amtierte aber nicht als

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»König von Italien«. Unter diesem Titel ist vielmehr ein »Gefolgsherr« zu verstehen. Nach seiner Proklamation zum König zog Odoaker mit seinen germanischen Truppen, die vornehmlich aus Skiren, Thüringern und Herulern bestanden, nach Ticinum, wo sich Orestes aufhielt. Odoaker ließ ihn gefangen nehmen und in Piacenza hinrichten. Am 4. September 476 nahm er Ravenna ein und setzte Romulus Augustulus ab, den er allerdings am Leben ließ und nach Campanien schickte, wo er ein Landgut erhielt; PLRE II 791–793; Henning (1998) 58–70. Interessanterweise wird dieser »letzte weströmische Kaiser« von Ennodius nicht erwähnt; seine Absetzung sah er offensichtlich nicht als einschneidendes, epochales Ereignis; Näf 119. 86 Mit dominus könnte Orestes gemeint sein, der dann von seinen eigenen Gefolgsleuten im Stich gelassen worden wäre. Ennodius beschreibt hier aber ein Bild, nach dem sich während der Besetzung der Stadt die alten sozialen Bindungen auflösten; nur der Bischof mit seinem unbeirrbaren Glauben an Gott bot Halt; vgl. VE 100. Es war nicht das erste Mal, dass Ticinum in dieser Zeit von feindlichen Truppen heimgesucht wurde; zu Beginn des 5. Jh.s bedrohten die Westgoten unter Alarich und 452 die Hunnen unter Attila die Stadt; Paulus Diaconus, HR 14,11; vgl. Clemente 264, Cracco Ruggini 284 ff. 87 Zu Luminosa VE 77 Anm. 65. 88 Es handelte sich wahrscheinlich um die den Mailänder Märtyrern und Heiligen geweihten Kirchen SS. Gervasius et Protasius und SS. Naza­ rius et Celsus. Als Friedhofskirchen lagen sie außerhalb der antiken Stadt. Die von Ennodius beschriebenen Zerstörungen fanden aber nach seinen Angaben in urbe statt. Im späten 5. Jh. gab es somit nur wenige Kirchenbauten in Ticinum. Der heilige Martin, der spätere Bischof von Tours, dürfte, als er vor 350 in Ticinum aufwuchs, nicht so sehr von dessen Kirchenbauten geprägt worden sein; Sulpicius Severus, VMartini 2,2.4. Viele Kirchenbauten, darunter die Vorgängerbauten der heutigen Kirchen San Pietro und San Michele entstanden erst zur Zeit des Ennodius bzw. unter der Herrschaft der Ostgoten; Bullough 90 ff., 118–126; Lanzani (1984) 364–366 und (1995) 26 ff., Bartolozzi Casti – Mazzilli Savini 361, 407–409. 89 Zu Epiphanius’ Schwester Honorata VE 76 Anm. 66.

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90 Da Orestes bereits am 28. August 476 in Ticinum gefangen genommen wurde, dauerte die Besetzung und Plünderung der Stadt nur wenige Tage. 91 Ohne genaue Planung vertraute Epiphanius auf den Enthusiasmus seiner Gemeindemitglieder, um den Wiederaufbau der Kirchen voranzutreiben. Dass sich Bischöfe finanziell an dem Bau von Kirchen beteiligten, ist sehr selten belegt. Hier war einmal mehr die liberalitas vermögender Bürger gefragt. Mit seinem Verhalten bildete Epiphanius somit keine Ausnahme; Caillet 423 f., Haensch 174 ff. 92 Die ecclesia maior diente wahrscheinlich als Bischofskirche; es dürfte sich bei ihr um die Kirche SS. Gervasius et Protasius gehandelt haben, in der auch ab einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt der Sarkophag des Paveser Bischofs und Hauptheiligen Surus aufbewahrt wurde; Lanzani (1995) 26 f., Bartolozzi Casti – Mazzilli Savini 361; vgl. VE 98 Anm. 88. Ein Nachfolgebau der Kirche Ss. Gervasio e Protasio existiert heute noch im Norden Pavias, während die Kirche für die SS. Nazarius et Celsus im Laufe der Zeit verschwand. 93 Die spätantiken Kirche waren nicht so hoch wie die des Mittelalters (vgl. die noch erhaltene Kirche Sant’ Eufemia in Grado, die aus dieser Zeit stammt), sodass allein schon aufgrund der relativ geringen Fallhöhe der Sturz der Bauarbeiter und Handwerker glimpflich verlief. 94 Eine ähnliche Wunderheilung vollbrachte Epiphanius 494 nach seiner Rückkehr aus dem Burgunderreich; VE 177. Als Parallele im NT bietet sich Matthäus 8,16 an; Marotta Mannino (1995) 622. 95 Bei dem Ausdruck directa legatione bleibt unklar, ob Epiphanius selbst zu Odoaker reiste, der in Ravenna residierte, oder ob er eine Gesandtschaft zu dem König schickte. Sollte er selbst gereist sein, stellt sich die Frage, warum Ennodius die anscheinend doch erfolgreiche Gesandtschaft nur beiläufig erwähnt. Im Falle einer von ihm initiierten Gesandtschaft wäre es bemerkenswert, dass nicht die Curialen der Stadt, sondern der Bischof selbst die Gesandtschaft bestimmte. Dies könnte wiederum mit der Finanzierung der in VE 101 genannten Kirchenbauten zusammenhängen. Mit einer fünf Jahre währenden vacatio fiscalium tributorum erkannte Odoaker an, was Ticinum durch seinen Gegner Orestes widerfahren war, und gewann so die Stadt für sich. Wenn eine Steuerbefreiung ausgesprochen wurde, dann durften die Bürger ihre Einnahmen unversteuert behalten; folglich hätte

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Epi­phanius keine beneficia zu verteilen gehabt. Denkbar ist, dass er bereits erhobene Steuerbeträge neu verteilte. Dass er nicht allgemein irgendwelche Wohltaten verteilte, dafür spricht die Formulierung quae beneficia, durch den ein enger Bezug zu den fiscalia tributa hergestellt wird. 96 Über Pelagius liegen keine weiteren Angaben vor; vgl. PLRE II 857; Henning (1998) 107. 97 Bei den coemptiones handelte es sich um den Zwangsankauf von Nahrungsmitteln, mit denen Großstädte und Heere verpflegt werden konnten; Ausbüttel (1998) 76, Karayannopulos 97 ff. Die Belastungen der ligurischen Grundbesitzer könnte darin bestanden haben, dass zu geringe Preise bezahlt wurden und/oder ihnen zu wenig an Nahrungsmitteln für den eigenen Bedarf übrig blieb. Die Auseinandersetzung mit Pelagius ist von der in VE 106 genannten mit Odoaker zu trennen, da sie ganz Ligurien betraf und nicht nur Ticinum. Angesichts der Erfolge des Epiphanius wäre zu erwarten, dass Ennodius die Gesandtschaften zu Odoaker und Pelagius ausführlich beschrieben hätte; zur Begründung der kurzen Berichte s. hierzu VE 109 Anm. 98. 98 Außer den in VE 106 und 107 genannten legationes hat sich Epiphanius offensichtlich noch in anderen Fragen für seine Mitbürger bei dem rex Odoaker eingesetzt, was angesichts dessen relativ langer Alleinherrschaft von 13 Jahren nicht zu verwundern braucht; dass diese Gesandtschaften nicht näher ausgeführt werden, ist auf die engen Beziehungen der Bischöfe von Ticinum Epiphanius und Ennodius zu Theoderich zurückzuführen. So hätte Ennodius damit rechnen müssen, dass, wenn er seinen Protagonisten bei einer Audienz mit lobenden Worten über Odoaker zitiert hätte, er sich den Unmut Theoderichs zugezogen hätte. Allerdings wird Odoaker in der VE keineswegs negativ dargestellt (vgl. VE 101, 106) ganz im Unterschied zum Panegyricus auf Theoderich, den Ennodius vermutlich drei Jahre später 507 verfasste. In ihm wird Odoaker von Ennodius als intestinus populator, der sich nicht sonderlich um die Staatseinnahmen kümmerte, tyrannus und orbis concussor diffamiert (paneg. 23, 24, 36; vgl. 39 f., 52 = Vogel Nr. 263); Rohr (1995) 213. 99 Flavius Theodericus (um 453 – 30.08.526) gehörte der einflussreichen Familie der Amaler an. Sein Vater war der Gotenkönig Theodemer, seine Mutter dessen Konkubine Erelieva, die später zum katholischen Glauben übertrat. 461 kam Theoderich als Geisel seines Stammes an

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den kaiserlichen Hof in Konstantinopel, wo er nicht nur die römische Kultur näher kennen lernte, sondern auch Erfahrungen in der Politik und Verwaltung des Reiches sammelte. Nach seiner Rückkehr aus der Geiselhaft 471 bewährte sich Theoderich in mehreren Feldzügen auf dem Balkan. Kaiser Zeno (474–491) ernannte ihn daraufhin 476 zum Heermeister am Hofe. Während dieser Zeit vereinte Theoderich die dort lebenden Goten zum neuen Stammesverband der Ostgoten. Um ihn zusammenhalten zu können, musste er ihm ein gemeinsames militärisches Ziel geben. Zunächst nahm Theoderich an Zenos Feldzügen in Kleinasien teil, dann marschierte er mit seinen Truppen plündernd durch Thrakien gegen die Bulgaren und sogar gegen Konstantinopel. In dieser für ihn heiklen Situation betraute Zeno Theoderich mit einem Feldzug gegen seinen vermeintlichen Gegner Odoaker. Beide kamen überein, dass der Gote im Falle eines Sieges bis zur Ankunft des Kaisers über Italien herrschen sollte. Im Spätsommer 488 brach Theoderich mit seinem Heereszug, der 20 000 Krieger, mit Frauen und Kindern rund 100 000 Menschen umfasste, auf und zog von Novae in Moesien über Pannonien nach Oberitalien, wo er am 28. August 489 am Isonzo zum ersten Mal auf seinen Feind Odoaker traf. Überrascht von der Ankunft der Goten trat Odoaker, zumal er sich bei Verona geschlagen geben musste, am 30. September 489 den Rückzug nach Ravenna an. Theoderich sicherte sich zunächst die Herrschaft über Oberitalien, wo sich ihm Mailand und Pavia ergaben; PLRE II 1077–1084; Ausbüttel (2012) 17–56. Zur positiven Bewertung der Ankunft Theoderichs als Beginn einer neuen Zeit in Italien vgl. Ennodius, opusc. 5,20 (= Vogel Nr. 438); Vitiello 43, Rohr (1995) 15. 100 Ennodius erläutert nicht weiter, warum sich Epiphanius bald nach Theoderichs Ankunft dem Gotenkönig zuwandte. Da der Machtkampf mit Odoaker noch nicht endgültig entschieden war, wäre es verständlich gewesen, wenn sich der Bischof auch im Interesse seiner Stadt abwartend verhalten hätte. Dass Epiphanius von der Legitimierung Theoderichs durch den oströmischen Kaiser Zeno wusste, ist fraglich. Allenfalls kann er durch Gerüchte von dem Abkommen zwischen ihm und dem Kaiser gehört haben. Indem Ennodius den Goten als rechtmäßigen Herrscher bezeichnet, stilisiert er ihn zugleich zu einem von Gott bestimmten Herrscher. In seiner Glorifizierung Theoderichs, die den Goten als Herrscher eines neuen Zeitalters erscheinen lässt und gleichzeitig von der »Barbarei« unter Odoaker absetzt (VE 97 und 100), wirkt der vorliegende Bericht geradezu prophetisch und nimmt viel von dem späteren guten Verhältnis zwischen Ennodius und dem Gotenkönig vorweg und reiht sich so in die panegyrische Literatur

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des frühen 6. Jh.s ein; vgl. Cracco Ruggini 296, Rohr (1995) 15, Rota 40 ff. 101 Der Hinweis auf den Orient beruht darauf, dass Theoderich vom Balkan stammte und mit seinen Truppen auch in Kleinasien gekämpft hatte; s. hierzu Anm. 99. 102 Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Epiphanius und Theoderich erwähnt auch Paulus Diaconus (HR 15,17). 103 Tufa war von 489 bis 493 Heermeister Odoakers; im September 489 lief er zu Theoderich über, um aber bereits Ende 489 bei der Belagerung von Faventia zu Odoaker zurückzukehren. 493 fiel er in einer Schlacht zwischen Tridentum und Verona; PLRE II 1131; Ausbüttel (2012) 57–59. 104 Das germanische Volk der Rugier, das nicht weit von Italien entfernt nördlich der Donau in Noricum lebte, hatte Kaiser Zeno gegen Odoaker aufgewiegelt, der die Rugier aber zweimal besiegen konnte. Unter ihrem König Friderich schlossen sich die Rugier dann dem Heer Theoderichs an; PLRE II 484–485; Wolfram 278–282. 105 Diese Bemerkung gilt als indirekter Hinweis für die Datierung der VE; denn erst 504 führte Theoderich wieder einen Krieg, als er die Gepiden angriff; Vogel XIX, Ausbüttel (2012) 115 ff. 106 Nach Marconi (2013a, 104) sind mit ad suos hortos die kirchlichen Einrichtungen gemeint und wird mit dem Adjektiv probatus auf die Gläubigen angespielt: vgl. Magani I 291. 107 Mit dem oströmischen Kaiser Zeno hatte Theoderich vereinbart, dass er an dessen Stelle über Italien herrschen würde (praeregnaret, Anon. Val. 49). Auch wenn er im Unterschied zum römischen Kaiser keine Gesetze erließ, so griff er doch auf eine andere Form der kaiserlichen Gesetzgebung zurück, indem er in Form eines Ediktes allgemein verbindliche Regeln für die Rechtsprechung festlegte. Mit der in VE 122 genannten sententia ist eine der ersten bekannten Konstitutionen des Königs gemeint, mit der er die bürgerliche Vollfreiheit (Romana libertas) der Anhänger seines Gegners Odoaker einschränkte, indem er ihnen untersagte irgendwelche Willensbekundungen abzugeben und beglaubigen zu lassen. Daher durften sie kein Testament und keinen Kauf- oder Pachtvertrag abschließen sowie keine vermögens­

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rechtliche Befugnisse an andere Personen übertragen und waren so Theoderich ausgeliefert. Da eine solche Maßnahme, mit der die Anhänger sogenannter Tyrannen bzw. Usurpatoren bestraft wurden, unter den römischen Kaisern üblich war, wandte Theoderich geltendes Recht an. Für die genannten Rechtsakte waren die Statthalter oder die Stadtmagistrate zuständig, die Dokumente, wie z. B. Testamente, in die gesta municipalia aufnahmen. Folglich erging Theoderichs sententia an alle Provinzen und Städte, die nun unter der Rechtsunsicherheit litten, die Theoderichs Konstitution auslöste; Ensslin (1942), 266–280; Cesa 189, Ausbüttel (1988) 213 ff. zu den gesta municipalia und (2012) 82 ff. Zur Regelung der faciendorum testamentorum licentia s. das um 500 erlassene edictum Theoderici 28; vgl. Sotinel (1995) 603, Lafferty 256 f. 108 Laurentius, der vor dem Sommer 489 zum Bischof geweiht wurde, war nach dem Papst der führenden Bischöfe Italiens. Für die Gesandtschaft zu Theoderich empfahl ihn wohl die Tatsache, dass er sich weigerte die Tore seiner Stadt zu öffnen, als Odoaker Mailand belagerte. Während des Laurentianischen Schismas spielte er 502 eine führende Rolle als Vermittler. Laurentius von Mailand starb zwischen 503 und 506. Zwischen ihm und Ennodius bestand eine enge Bindung; s. Einleitung S. 10 ff.; PCBE II 1239–1242. Moorhead (30) vermutet, dass Laurentius sich nicht auf die »Schmeicheleien« Odoakers einließ (Ennodius, dictio 1,12), aber Theoderich nicht aktiv unterstützte. 109 Über die Länge und Dauer einer Reise nach Ravenna s. VE 183 Anm. 167. 110 Es ist nicht auszuschließen, dass Ennodius hier die Rolle und Funktion des Laurentius herunterspielt. Als Metropolit und somit ranghöherer Bischof dürfte er die Eingangsrede gehalten haben; vgl. Gillett 162. 111 Cesa (191) weist darauf hin, dass Epiphanius hier einen ähnlichen Tonfall wie Ambrosius (ep. 61 und 62) anschlägt und gegenüber Theoderich mehr oder weniger deutlich erklärt, dass er bei der Führung seines Reiches nicht dem Beispiel seines Vorgängers Odoaker folgen solle. 112 Da Ticinum eine aufstrebende Stadt war, darf man die Bezeichnung civitatula nicht allzu ernst nehmen, auch wenn Ennodius sich beim Gebrauch von Diminutiven zurückhielt; zur Entwicklung Ticinums s. Einleitung S. 20 ff.; Bullough 83; vgl. Cesa 185.

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113 Epiphanius spricht in dieser Textstelle eine nicht weiter bekannte Situation an, in der Theoderich im Kampf um Ticinum in Bedrängnis geriet, weil Odoakers Heer ihm zahlenmäßig überlegen war; vgl. VE 111. 114 Der Hinweis auf Ligurien als Bittsteller ist insofern bemerkenswert, als Ennodius in VE 122 schreibt, dass die von Theoderich veranlasste Strafregelung ganz Italien betraf. Da Epiphanius mit dem Bischof von Mailand vor Theoderich erschien, könnte man annehmen, dass ihn erneut die führenden Personen bzw. der Landtag von Ligurien um eine Intervention gebeten hatten, auch wenn dies in VE 123 nicht ausdrücklich gesagt wird. 115 Epiphanius spielt hier auf König Saul an, der den Zorn Gottes auf sich gezogen hatte, weil er sich dessen Willen widersetzte und nach einem erfolgreichen Feldzug die Amalekiter verschont hatte; AT 1. Sam. 15 und 28,18; vgl. Marotta Mannino (1995) 619 ff. 116 Mit nullius caput noxa ist keine Kapitalstrafe gemeint. Theoderich versprach vielmehr, dass er nach dem Bürgerkrieg niemanden mehr umbringen wolle; vgl. Cesa 193. 117 Der Entzug der locorum suorum habitatio bedeutete, dass die Betroffenen ins Exil gehen mussten. Gemäß Dig. 48,22,5 gab es drei Formen der Verbannung: 1. Dem Exilanten wurde untersagt, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten; 2. Der Exilant durfte sich nur an einem bestimmten Ort aufhalten oder 3. wurde auf eine Insel verbannt. Mit der Verbannung konnte der Verlust des Bürgerrechts und des Vermögens verbunden sein. Mit seinem Vorschlag wich Theoderich nicht viel von seiner in VE 122 erwähnten Maßnahme ab; sein Zugeständnis lag darin, dass er zusicherte, nur wenige (pauci) zu bestrafen. Damit ging er wohl auf den Vorschlag des Epiphanius ein, nur die Schuldigen zu bestrafen (VE 130). 118 Urbicus leitete wahrscheinlich als quaestor sacri palatii die Hofkanzlei Theoderichs, zu dessen Aufgabe, die juristische und rhetorische Fähigkeiten voraussetzte, das Verfassen von Reskripten und Gesetzen gehörte; PLRE II 1191; Maier 139 ff., Gillett 249 ff. 119 Diese Textstelle gewährt einen kurzen Einblick in die damalige Verwaltungspraxis. Der König legte den Rahmen für den Erlass fest, der Hofbeamte formulierte in einem generalis indulgentiae pragmaticum

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konkrete Hinweise zur Umsetzung der Strafbestimmung. Bei einem pragmaticum handelte es sich um eine besondere Form des Reskripts, das kürzer war als eine lex; Kussmaul 77 ff., 81. Inwieweit Urbicus den Wünschen der ligurischen Bischöfe entgegenkam, ist nicht bekannt. Ob er sich dabei über Theoderich, dessen Bildung oft zu unrecht als gering bezeichnet wurde, ohne Weiteres hinwegsetzte, ist zu bezweifeln. 120 Die Bezeichnung regnum ist korrekt, da Theoderichs offizieller Titel rex lautete; Ausbüttel (2012) 75. 121 Mit noctis lampada ist wohl das Mondlicht gemeint; vgl. Cesa 194. 122 Hier handelt es sich um eine Übertreibung; von dem Bürgerkrieg 489–493 waren vor allem die Provinzen Oberitaliens betroffen. 123 Diese und die nachfolgenden Textstellen über die desolate Lage Liguriens sind in zweifacher Hinsicht interessant: Sie zeigen zum einen, wie sehr ein Landstrich unter den Folgen eines Einfalls feindlicher Truppen leiden konnte, zum anderen erlauben sie, was bislang kaum berücksichtigt wurde, indirekt Rückschlüsse auf die Ansiedlung der Ostgoten in Italien. So weit sich diese rekonstruieren lässt, erhielten die Ostgoten herrenlose und brachliegende Güter vor allem in Norditalien. Ihr Bedarf an Ackerland war indes nicht so groß, dass sie die infolge des Burgundereinfalls verwaisten Güter für sich beanspruchten; zum Forschungsstand über die Ansiedlung der Goten Ausbüttel (2012) 66 ff., Lafferty 221–234. 124 Von dem griechischen Wort für Wein (oinos) leitet sich der poetische Ausdruck Oenotria für Süditalien und schließlich die Bezeichnung Oenotrii für alle Bewohner Italiens ab. 125 Mit der Formulierung Burgundio inmitis spielte Theoderich auf den Beutezug an, den die Burgunder unter ihrem König Gundobad 490 nach Oberitalien unternommen hatten. Den Anlass hierfür bot wahrscheinlich ein Bündnisangebot Odoakers, von dem er sich erhoffte, dass durch einen Angriff von Westen die Goten in Oberitalien geschwächt würden; Ausbüttel (2007) 112, Kaiser 58 f. 126 Gundobad war der Sohn des Burgunderkönigs Gundioc. 472 holte ihn der Heermeister Rikimer, der seine Tante geheiratet hatte, nach Italien, damit er ihn im Kampf gegen Anthemius unterstützte, den Gundobad dann selbst am 11. Juli 472 in Rom umbrachte. Bald darauf berief ihn

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der neue Kaiser Olybrius nach Rikimers Tod am 19. August 472 zum Heermeister. Gundobad unterstanden somit die gesamten Truppen im Westen des Reiches. Am 3. März 473 ließ er den Befehlshaber der kaiserlichen Leibgarde Glycerius, der über familiäre Beziehungen nach Gallien verfügte, zum neuen Kaiser ausrufen. Als der oströmische Kaiser den Heermeister von Dalmatien Julius Nepos mit einer Streitmacht nach Italien schickte, zog sich Gundobad überraschend in das Burgunderreich zurück, weil er wohl eine Niederlage und eine Bestrafung für die Ermordung des Anthemius befürchtete. Allerdings musste er sich die Herrschaft über das Burgunderreich mit seinem Bruder Godigisel teilen, der das kleinere Genfer Reich regierte, wäh­ rend Gundobad mit dem Lyoner Reich der größere Teil zufiel. Als es zum Machtkampf zwischen Odoaker und Theoderich kam, nutzte der Burgunderkönig die Gelegenheit aus, fiel 490 in Italien ein und nahm 6000 Italiker gefangen; PLRE II 524–525; Henning (1998) 232 f., 257 f.; Kaiser 52 ff., Ausbüttel (2007) 109 ff. Gundobad war ein gläubiger Christ, der z. B. mit Avitus, dem Bischof von Vienne, in engem Kontakt stand. Dass Gundobad Epiphanius sehen wollte, ist entweder auf dessen Ruf oder nicht weiter bekannte persönliche Kontakte zurückzuführen, die während seines Einfalls in Italien zustande gekommen sein müssen; vgl. VE 152; Cesa 196–197. Offensichtlich hatte Gundobad im Vorfeld der Verhandlungen über die Freilassung der gefangenen Italiker Theoderich signalisiert, dass er bereit sei mit Epiphanius zu verhandeln. 127 Der Transport von Gold war heikel, da auf den verschiedenen Verkehrswegen ständig mit Überfällen gerechnet werden musste. Zudem stellte ein solcher Transport eine Vertrauensfrage dar. In den Händen eines Asketen wie Epiphanius schien das Gold am ehesten sicher zu sein. Interessanterweise sprach Theoderich die Notlage Liguriens an und nicht Epiphanius; Näf 120. Denkbar ist, dass er deren Beseitigung wie viele andere Ligurer außerhalb seiner Einflussmöglichkeiten sah. 128 Zur panegyrischen Formulierung dieses Satzes Cesa 198, die zurecht darauf hinweist, dass Ennodius im Unterschied zu Cassiodor Theoderich höher stellte als die römischen Kaiser und ihn somit zum positiven Gegenpol machte. 129 Anstatt von imperatores spricht Epiphanius nun von (gentis nostrae) rectores. Mit diesem Ausdruck, mit dem gewöhnlich die Statthalter bezeichnet wurden, spielt er wohl auf die verschiedenen Herrscher und Amtsträger an, die die Geschicke Italiens bestimmten; vgl. Cesa 198.

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130 Zu den verschiedenen Gruppen unter den captivi s. VE 170. 131 Zu der Gefangennahme König Sauls durch David AT 1. Sam. 24,1–8. Den Vergleich zu David zieht Ennodius ganz bewusst, um so das Ansehen Theoderichs zu erhöhen, indem er ihn über David stellt. 132 Durch die Formulierung in offerendo tam odorato sacrificio wird deut­lich, dass der bereits mit David verglichene Gotenkönig Gott ein Opfer darbringt mit der Absicht, die gefangenen Italiker zu befreien. 133 Über Victor von Turin und die Hintergründe seiner Wahl als Begleiter des Epiphanius liegen keine weiteren Angaben vor; s. PCBE II 2275. Ein Grund für seine Teilnahme könnte die Tatsache gewesen sein, dass aus seiner Diözese aufgrund ihrer Nähe zu dem Burgunderreich sehr viele Gefangene stammten; Cesa 199; möglich ist aber auch, dass Victor gute Kontakte zu den Burgundern besaß. 134 Die Reise fand demnach im Frühjahr 494 statt. Zur Reise in das Burgunderreich s. auch Ennodius, carm. 1,9,129 ff. (= Vogel Nr. 43). 135 Der kürzeste und schnellste Weg über die Alpen führte nach den Angaben des orbis.stanford.edu über das Aosta-Tal, den Genfer See und Vienne nach Lyon und dauerte bei einer Länge von 543 km knapp 20 Tage. Denkbar ist aber auch, dass Epiphanius zunächst nach Turin reiste, um seinen Amtsbruder Victor zu treffen, und von dort aus die Alpen überquerte. 136 Mit seinem Bericht über Epiphanius’ Reise nach Lyon wollte Ennodius zeigen, dass sich sein Kandidat anders verhielt als so mancher Senator auf einer Gesandtschaftsreise. Während ein Senator bei wohlhabenden Bürgern Unterkunft fand und sich von ihnen versorgen ließ, suchten die Einheimischen Epiphanius auf, ließen sich die Armen und Bedürftigen von dem Bischof versorgen. Ganz im Sinne der Aufforderung Christi die Armen, Schwachen, Lahmen und Blinden zu einem Mahl einzuladen (NT Lukas 14,13) praktizierte Epiphanius selbst auf einer so wichtigen Reise wie zu den Burgundern christliche Nächstenliebe. 137 Der Senator Rustic(i)us diente dem burgundischen König als Richter (Statthalter?), bevor er Bischof von Lyon wurde; er starb wahrscheinlich am 25. April 501; PLRE II 964. Obwohl Ennodius von Rustic(i)us in der Vergangenheitsform spricht, wird diese Stelle als indirekter Hinweis für die Datierung der VE genommen, da anzunehmen ist,

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dass Ennodius sein Ableben ausdrücklich vermerkt hätte; Vogel XIX. Als Parallele bietet sich der Bericht über Avitus von Vienne an, über den Ennodius noch zu dessen Lebzeiten im Perfekt schrieb; VE 173. 138 Papst Gelasius hatte an Rustic(i)us einen Brief geschrieben, in dem er ihm eher beiläufig Epiphanius’ Mission der Gefangenenbefreiung ankündigte und indirekt aufforderte seinen Amtsbruder zu unterstützen. Der Brief ist auf den 25. Januar 494 datiert. Dies spricht dafür, dass der Gesandtschaft bereits einige Monate vor ihrem Beginn weiterreichende Verhandlungen und Absprachen vorausgingen, als es die Darstellung des Ennodius vermuten lässt. Bei ihrem Zusammentreffen informierte Epiphanius Rustic(i)us über den Stand des Akakianischen Schismas; Gelasius, Thiel ep. 13. 139 Der Diakon Laurentius erlitt 258 in Rom sein Martyrium. Vor seiner Hinrichtung verteilte er den Kirchenschatz, dessen Herausgabe Kaiser Valerian von ihm verlangt hatte, unter die Armen. Seine Verehrung fand bald großen Zuspruch in der Bevölkerung. Die über seinem Grab an der via Tiburtina errichtete Kapelle wurde zu einer der fünf Hauptkirchen Roms; aber auch außerhalb Roms erfreute sich der Laurentius-Kult großer Beliebtheit. So entstanden um 400 in Ravenna und vor 491 nahe Tours ihm zu Ehren geweihte Kirchen; K. H. Krüger – J. Engemann, LMA 5 (1991) s. v. Laurentius, 1757–59. Auf die Verbreitung dieses Kultes ist sicherlich zurückzuführen, dass relativ viele Kleriker in der Spätantike den Namen Laurentius trugen; PCBE II 1234–65. 140 Im Unterschied zu anderen germanischen Völkern, bei denen die Arianer dominierten, gab es bei den Burgundern auffallend viele Katholiken nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in führenden Positionen und sogar in der Königsfamilie. Dies erklärte auch den großen Zulauf, der Epiphanius bei seiner Ankunft in Lyon zuteil wurde; Kaiser 152–157. 141 Der Wechsel zwischen tu und vos, wie er in dieser Rede vorkommt, ist nicht ungewöhnlich und begegnet auch in den Briefen des Ennodius; Gioanni (2006) XLII ff. 142 Diese Feststellung passt zu der Zweigewaltenlehre, die Papst Gelasius ebenfalls 494 in einem Brief (Thiel ep. 12,2) an Kaiser Anastasius I. darlegte. In ihr unterschied Gelasius zwischen der auctoritas sacrata pontificum und der regalis potestas. Die erste Gewalt stufte er um so höher ein, als die Geistlichen in divino examine Rechenschaften für

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die weltlichen Herrscher ablegen mussten. Das bedeutet aber noch nicht, dass Epiphanius trotz des zeitlichen Zusammenhangs aufgrund seiner Beziehungen zum Papst dessen Gewaltenlehre übernahm; vielmehr griff er mit seiner Bemerkung auf eine seit langem bestehende Vorstellung von Kirche und Staat zurück; vgl. Einleitung S. 20 ff. 143 Mit dieser Bemerkung nimmt Epiphanius die Taten vorweg, deretwegen Gundobad in VE 158 als custos und liberator bezeichnet wird. 144 Epiphanius hatte sich vor der Audienz offensichtlich über viele Einzelschicksale berichten lassen. 145 Die Bezeichnung dominus communis bezieht sich auf den römischen Kaiser, der insbesondere bei den Burgundern große Anerkennung fand. 146 Mit antiquus dominus ist Gundobad als ehemaliger faktischer Herrscher, mit modernus dominus Theoderich als neuer Herrscher gemeint. Mit den Attributen ist folglich nicht die Form ihrer Herrschaftsausübung gemeint. Das Adjektiv modernus begegnet erst in dieser Zeit. Zu weiteren Interpretationen Cesa 203. 147 Das Verständnis dieses Satzes bereitet sprachlich und inhaltlich Schwie­ rig­keiten. Die Einleitung mit sic ist nicht sinnvoll, da der Satz nicht logisch an den vorhergehenden Satz anschließt. Die Verwendung des Possessivpronomens in dem Ausdruck regni istius ist ungewöhnlich; eher passt hier das Pronomen vestri; vgl. VE 154. Der Wunsch nach einem legitimus heres für den Burgunderkönig ist insofern unverständlich, als Gundobad mit Sigismund bereits einen Sohn als potentiellen Nachfolger hatte. Daher ist nicht auszuschließen, dass Epiphanius hier, wenn auch verklausuliert, auf eine andere Situation anspielt. Mit der geplanten Hochzeit zwischen Sigismund und Theoderichs Tochter Ostrogotho bot sich die Möglichkeit, dass deren Sohn zugleich die Herrschaft über die Burgunder und Ostgoten übernahm. Der Ausdruck heres wäre dann durch nepos zu ersetzen. In der Tat wurde Sigismunds Sohn Sigerich eine solche Absicht unterstellt; Gregor Tur., HF 3,5. Allerdings spielte Sigerich bei Theoderichs dynastischen Überlegungen keine entscheidende Rolle, schon gar nicht nach der Hochzeit seiner Tochter Amalasuintha mit dem Goten Eutharich Cilliga; vgl. Shanzer 226 ff., 255 f. 148 Bei der Freilassung der Gefangenen handelte es sich letztlich um ein Brautgeschenk, da Gundobads Sohn Sigismund Theoderichs Tochter

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Ostrogotho heiratete und zu diesem Zweck nach Rom reiste; Jordanes, Getica 297; Anon. Val. 63, Gregor Tur., HF 3,5; PLRE II 138–139 und 1009. Auf den Friedensschluss mit den Burgundern spielt Ennodius auch in seinem panegyricus 54 an. Moorhead (52) datiert die Hochzeit fälschlicherweise in die Zeit vor Epiphanius’ Reise nach Lyon. 149 Laconius gehörte zu der Gruppe von »hochadligen Romanen«, die am Hofe des Burgunderkönigs als consiliarii tätig waren und dessen Entscheidungen in Gesetzen, Reskripten oder Mandaten zusammenfassten; Maier 124–128, Gillett 249 ff., PLRE II 653 zur Identität mit Personen gleichen oder ähnlichen Namens. Im Unterschied zu Leo, dem »Berater« Eurichs (VE 85), war er bei der Audienz nicht zugegen. Ennodius, der Laconius bei dieser Gelegenheit kennenlernte, stand danach mit ihm im Briefwechsel und hielt mit dieser Bemerkung die Erinnerung an seinen Standesgenossen wach. 150 Es ist nicht klar, welche pactio durissima gemeint ist; vgl. VE 170. 151 Gundobad teilte die gefangenen Italiker in vier Gruppen ein: Personen, 1. die sich gleich freiwillig den Burgundern ergeben hatten, 2. die aus einer Notlage (Hunger, Angst) übergelaufen waren, 3. die ihr princeps den Burgundern zugesprochen hatte, 4. die burgundische Krieger im Kampf erbeutet hatten. Mit dem Fürst könnte Odoaker gemeint sein, der Gundobad durch ein foedus, in dem er ihm offensichtlich alle Gefangenen überließ, nach Italien holte; VE 139 Anm. 125. Dass Gundobad nur die vierte Gruppe gegen Zahlung eines Lösegeldes gehen ließ, erscheint wenig wahrscheinlich, da die gefangenen Italiker Arbeitskräfte waren, von denen seine Untertanen profitierten; vgl. Paulus Diaconus, HR 15,18. Ähnlich großzügig wie der Burgunderkönig verhielt sich 474 Geiserich bei der Freigabe seiner Gefangenen; Malchus fr. 5 (Blockley). 152 Die burgundische Hofverwaltung hatte die Übergabe der Gefangenen offensichtlich systematisch geplant. Auf Anweisung des Königs erhielt Epiphanius chartae, in denen höchstwahrscheinlich stand, dass ein Gefangener freizulassen sei. Ob diese chartae mit den pictacia (pitta­ cia) identisch waren, wie Cesa (205) meint, ist fraglich. Es könnte sich bei ihnen um Verzeichnisse gehandelt haben, was wiederum bedeuten würde, dass die Burgunder Listen ihrer Gefangenen geführt hätten; zu diesem Begriff Magani II 314, Marconi 26 f. Eine solche Maßnahme erwies sich gerade für die Grenzregionen, die durch cl(a)usurae (Grenzbefestigungen) gesichert werden mussten, als sinnvoll. Trotz

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aller Planungen lief die Befreiungsaktion vor allem in der »Hauptstadt« Lyon aus dem Ruder. 153 Sapaudia bezeichnet ein Gebiet am Genfer See zwischen Jura und Alpen. Von 6000 captivi spricht auch Paulus Diaconus (HR 15,18). Wenn die Burgunder die Freilassung so vieler Sklaven ohne Weiteres verkrafteten, spräche das für den Wohlstand ihres Landes; zur Lage der Sklaven im Burgunderreich Kaiser 137 ff. 154 Syagria entstammte sehr wahrscheinlich einer senatorischen Familie und unterstützte die Kirche auch durch die Gründung von Kirchen und Klöstern; PLRE II 1041. 155 Alcimus Ecdicius Avitus entstammte einer Senatorenfamilie und war mit dem namhaften Dichter Sidonius Apollinaris verwandt; um 494 übernahm er von seinem Vater die Leitung des Bistums von Vienne, die er bis um 518 innehatte; PLRE II 195–196. 156 Der von Theoderich bewilligte Goldbetrag (VE 141 und 173) reichte demnach bei weitem nicht für den Loskauf der Gefangenen aus; Shanzer 229. 157 Godigisclus / Godigisel herrschte von 474 bis 500 über das Genfer Reich der Burgunder; 500 überwarf er sich mit Gundobad; PLRE II 516. Dass in seinem Reich italische Kriegsgefangene lebten, spricht für seine Teilnahme an dem Einfall in Ligurien. Die Hoffnung auf einen Friedensschluss mit den Ostgoten dürfte auch ihn bewogen haben, sich Gundobad anzuschließen. 158 Zu dem Weg der Rückreise s. VE 177 Anm. 162. 159 Der Prophet Elias galt als Mahner der Mächtigen; das Viergespann des Feldherren wird zum Triumphwagen des Propheten; Gallistl (2000) 14; K. Wessel, RAC 4 (1959) s. v. Elias, 1141 ff., 1153 ff. 160 In den Alexanderromanen wird berichtet, dass der Makedonenkönig mit seinem Versuch scheiterte, zum Himmel aufzusteigen; Gallistl (2000) 14. 161 Zu dem Gegensatz armatus und Heiliger vgl. VE 90.

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162 Nach den vorliegenden Angaben trat Epiphanius die Rückreise im Juni 494 an. Da er durch Tarantasia / Darantasia (Tarentaise bei Albertville) kam, dürfte ihn sein Weg von Genf über den Kleinen St. Bernhard und das Aosta-Tal nach Ticinum geführt haben. 163 Die Rückkehr von Gefangenen in ihre früheren Besitz- und Rechtsverhältnisse, das sogenannte postliminium, stellte ein immer wiederkehrendes Problem dar, wie die gesetzliche Bestimmungen CTh 5,7,1.2 zeigen. 164 Dass sich Epiphanius nach seiner Rückkehr von einer Gesandtschaft nicht bei seinem Herrscher meldete, war bereits eine Gewohnheit von ihm; vgl. VE 75. 165 Der Brief, in dem Ennodius berichtet, dass er von den Cottischen Alpen zurückgekehrt sei und von Ravenna aufbrechen werde, bezieht sich nicht auf diese Zeit, da er aus dem Jahr 508 stammt; Ennodius, epist. 6,38 (= Vogel Nr. 305); Cesa 208, Schröder 299 ff. 166 Die letzte Gesandtschaft des Epiphanius fand im Winter 496/497 statt. 167 Eine Reise nach Ravenna dauerte nach den Angaben des orbis.stanford. edu 6 bis 9 Tage bei einer Strecke von 354 bis 384 km. Aufgrund der Anspielungen in VE 182–184 könnte Epiphanius einen großen Teil der Strecke mit dem Schiff zurückgelegt haben. 168 Zur Bedeutung von proferas Cesa 208. 169 Mit den Personen qui convincant sind wohl die gotischen comites gemeint, die Theoderich in den Grenzprovinzen und vor allem in den norditalischen Städten einsetzte; sie hatten ein militärisches Kommando inne und durften in die Rechtsprechung und in das Steuerwesen eingreifen; Ausbüttel (1988) 204–210. 170 Die Gewährung von Steuernachlässen war in der Spätantike keine Seltenheit. Die Kaiser machten von diesem Recht gerade in Notzeiten, z. B. nach Kriegen und Naturkatastrophen, Gebrauch. Für Italien sind in der Spätantike Steuernachlässe in einer Höhe von 80 bis 100 Prozent überliefert, sodass der von Theoderich gewährte Nachlass von 66 Prozent nicht sehr hoch ausfiel; Ausbüttel (1988) 141 und 224 Anm. 15. Unter dem aerarium ist eine Kasse der kaiserlichen Finanzverwaltung zu verstehen, die unverändert unter Theoderich fortbestand. So

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verwaltete der comes sacrarum largitionum die Einnahmen durch die Handels-, Rekruten- und Salzsteuer. 171 Epiphanius kehrte offensichtlich zu Fuß zurück. Indem er die via Aemilia benutzte, kam er über Bononia, Mutina, Parma und Placentia nach Ticinum. 172 Einer ähnlichen Formulierung bediente sich Ennodius bei der Beschreibung der Rückkehr des Bischofs Crispinus nach Ticinum; VE 39. 173 Zu dem Ausdruck exagella Cesa 209 ff. 174 Über die allgemeine Bedeutung von Epiphanius’ Tod vgl. VE 193. Da Epiphanius bei kaltem Winterwetter die Rückreise antrat, ist denkbar, dass er sich eine Infektion holte und an einer Lungenentzündung in Verbindung mit einer Sepsis starb. 175 Die bereits aus der Odyssee bekannten Ungeheuer Scylla und Charybdis stehen für eine schwierige Schiffspassage durch eine Meerenge; vgl. Cesa 210. 176 Mit dem Hinweis, dass Epiphanius am 7. Tag starb, wird verdeutlicht, dass er an dem Tag des Herrn starb; Marotta Mannino (1995) 623. 177 Über den Körper als Gefängnis der Seele P. Courcelle, RAC 9 (1982), 304 –318. 178 Zu Epiphanius’ Lebensdaten s. Einleitung S. 15 ff., PCBE I 637–639. 179 Nach Marotta Mannino (1995, 623) spielt diese Zeitangabe auf die Auferstehung Christi an. 180 Cesa (212) weist zu recht darauf hin, dass im Unterschied zu anderen Heiligenviten keine Wunder im Zusammenhang mit Epiphanius’ Tod erzählt werden. Epiphanius wurde außerhalb der Stadt in der Kirche SS. Vincentius et Gaudentius beigesetzt, die bald darauf ihm zu Ehren ecclesia S. Epiphanii hieß. Diese Kirche, die heute nicht mehr existiert, lag auf dem Gebiet des botanischen Gartens. Einen Teil der Reliquien ließ Otto der Große 962/963, als er sich wegen seiner Kaiserkrönung in Italien aufhielt, nach Hildesheim bringen, wo sie bis heute im Dom aufbewahrt werden. Die in Pavia verbliebenen Reliquien des Epiphanius fanden 1805 in der Kirche San Francesco (Grande) d’ Assisi ihre

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letzte Ruhestätte; sie befinden sich dort in einer Seitenkapelle unter dem Altarbild über die Steinigung des heiligen Stephan; Hoff 2, Gallistl (2000) 18 ff., 55 ff. und (2006) 124 ff. 181 Der Abschluss einer Heiligenvita mit einem Gebet ist nicht ungewöhnlich; Cesa 212. 182 Ennodius deutet mit dieser Bemerkung an, dass ihn Epiphanius in den Stand eines Klerikers eingeführt hatte; Schröder 23.

MAGNI FELICIS ENNODI Vita beati Antoni MAGNUS FELIX ENNODIUS Das Leben des seligen Antonius

De vita beati Antoni Praefatio (1)  Vt proeliantes adsurgunt bucinis, ut equorum celeritas ad potiorem cursum ferrata calce provocatur, ita dum maiorum virtus sollicitat ingenia novella, confortat. qui cana exercitia et veterum gesta relegit, ad disciplinarum frugem propositis laudum praemiis inardescit. imago praecedentis gloriae ut ad posteros veniat, linguarum catena retinetur. non licet per aetates perire, si quid lectio serenis actibus amica susceperit. (2)  itaque eloquentiae diuturnitas mortalis naturae sine congressionis periculo vincit angustiam, per quam optimorum conversatio ipsis decedentibus nescit occasum. restituitur quidem corpus origini et destinatus a superis spiritus ad proprium recurrit auctorem: quorum tamen probitas libris mandata fuerit, eorum vitalis est obitus. (3)  dicat forsitan interpres austerior: abiurat praedicationis dulcedinem perfuncta mens saeculo et carnis vinculis absolutus non desiderat, quae inter incerta mundi gessit, agnosci: sed illos humanus carcer sine libertatis dispendio refudit opifici, dum inter polluta gradiens nitorem suum anima deo nostro intenta geminavit et per mandatorum caelestium lineas lenocinantem huius lucis non sensit errorem. nobis vero ista reviviscant, nobis profutura serventur, quibus si ab studio deest sectari meliora, de illorum, qui facem conversationis suae praeferunt, venire debet exemplo. (4)  Tu autem, venerabilis abba Leonti, qui id mihi operis iniunxisti, adiuva oratione titubantem et siccitatem stili sanctarum precum imbre locupleta. facies enim, ut confido, meritis praecipuum, quod adgredi me ipse iussisti. pronum est beatitudini tuae ieiunam eloquentiam fecundis innocentiae ferculis ampliare. (5)  credite mihi, vos respiciet extortae aut culpa aut genius dictionis, cuius nisi substantiam religiosa auctoritate firmaveris, videbitur iudicii tui

Über das Leben des seligen Antonius Vorrede (1)  Wie Wettkämpfer sich beim Signalzeichen erheben, wie schnelle Pferde mit eisenbeschlagenen Hufen zu einem schnelleren Lauf angespornt werden, so ermutigt die Tugend der Vorfahren junge begabte Menschen, sofern sie sie anstachelt.1 Wer ehrwürdige Handlungen und Taten der Alten erneut vorträgt, begeistert für eine Verbesserung der Erziehung, indem als Preis Lob in Aussicht gestellt wird. Damit die Nachwelt eine Vorstellung von dem vorangegangenen Ruhm erhält, wird sie durch die Fessel der Sprache festgehalten. Es kann nicht über die Zeiten hinweg etwas verlorengehen, wenn eine Lektüre, die leuchtenden Taten gewogen ist, sich seiner annimmt. (2)  Daher besiegt eine dauerhaft nachwirkende Beredsamkeit ohne Gefahr eines Angriffs die Enge der sterblichen Natur, durch die die Lebensweise der Besten kein Ende kennt, obwohl sie selbst sterben. Der Körper wird jedenfalls in seinen ursprünglichen Zustand versetzt und der von Gott bestimmte Geist kehrt zu seinem Schöpfer zurück:2 Da deren Redlichkeit doch Büchern anvertraut ist, spendet deren Tod Lebenskraft.3 (3)  Ein ziemlich strenger Kritiker könnte vielleicht sagen: Eine Seele, die die Welt überstanden hat, schwört dem Reiz der Verkündigung ab und derjenige, der von den Fesseln des Fleisches befreit worden ist, begehrt nicht, dass das anerkannt wird, was er unter den Ungewissheiten der Welt vollbracht hat; aber der menschliche Kerker gibt jene nicht ohne den Verlust der Freiheit dem Schöpfer zurück,4 solange die auf unseren Gott ausgerichtete Seele, die zwischen den Sünden einherging, ihren Glanz verdoppelte und durch die Richtlinien der himmlischen Gebote nicht den verlockenden Irrweg unseres Lebens spürte. Aber das möge uns beleben, zu unserem Nutzen bewahrt werden, wenn wir von dem Bemühen ablassen besseren Vorbildern zu folgen; es muss von dem Vorbild derer kommen, die die Fackel ihrer Lebensweise vorantragen. (4)  Du aber, ehrwürdiger Abt Leontius, der Du mir dieses Werk aufgetragen hast, hilf mir mit einem Gebet, wenn ich unsicher bin, und bereichere den trocknen Ausdruck mit einem Regenguss an frommen Bitten.5 Denn Du machst, worauf ich vertraue, durch Deine Verdienste das zu einem außerordentlichen Werk, das Du selbst mir auftrugst in Angriff zu nehmen. Für Dich als seligem Mann ist es kein Problem, eine fade Rede durch schmackhafte Beispiele der Unschuld zu bereichern. (5)  Glaubt mir, auf Euch6 wird es zurückfallen, falls eine abverlangte Rede nachlässig oder gut ausgeführt wurde, wenn Du nicht deren Inhalt mit Deiner religiösen Autorität stärkst. Die Unsicherheit in dem Vertrauen

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De vita beati Antoni

clauda fides delegisse minus idoneum, cui venerandi laboris provinciam commisisti.

Descriptio vitae beatissimi Antoni Monachi (6)  Igitur beati Antoni narraturus insignia primum sancti spiritus mihi maiestas invocanda est, ut qui illum rebus divitem fecit, me in his explicandis per linguae frena moderetur et labiorum sordes profetici carbonis diluere maturet incendioI, ne conscientiae nebulis lucem conversationis illius aut amplissimis pauperem faciam laudibus aut infantia arente devenustem. (7)  benedicitur indivisa trinitas deus noster, qui servum suum Antonium tanta virtutum dote sublimem circa Danubii fluminis ripas in civitate Valeria Secundino patre lucis huius ianuam iussit intrare. qui quamvis de splendore natalium conscientiae iubar hauserit, tamen fulgorem stirpis praecipuae morum radiis obumbravit, vincens decorem sanguinis ingenii claritate, dum coruscantem germinis sui lampadam actuum serenitate transcendit, et factus est victor stemmatis sui, per quod universos nascendo superavit. (8)  qui dum adhuc de matris penderet uberibus, quem praescivit dei gratia non reliquit, nec passa est inopem favoris existere dispensatio caelestis, quem remunerandis plenum studiis adprobavit. qui ne sancti instituta propositi per parentum blandimenta frangeret, annorum ferme octo genitoris tutela nudatus est. (9)  mox tamen ad inlustrissimum virum Severinum ignara fuci aetas evolavit, qui dum eum mulceret osculis, futura in puero bona quasi trans­ acta relegebat. fuit enim, cuius meritis nihil esset absconditum. ille hunc sibi futurum participem pia ubique voce praedicabat, credo, ut incipientis tirocinia spes adnuntiata solidaret. (10)  Sed postquam beatus vir humanis rebus exemptus est, Constanti antistitis ea tempestate florentissimi iunctus obsequiis gloriosis operibus vitae rudimenta dedicavit. qui eum inter ecclesiasticos exceptores

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AT Jesaja 6,6–7.

Über das Leben des seligen Antonius

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auf Dein Urteil wird den Anschein erwecken, Du habest einen weniger Geeigneten ausgewählt, dem Du die Durchführung einer ehrwürdigen Arbeit anvertraut hast.7 Die Lebensbeschreibung des seligen Mönches Antonius (6)  Daher8 muss ich, um die hervorragenden Leistungen des seligen Antonius zu erzählen, zuerst die Erhabenheit des Heiligen Geistes anrufen,9 damit er, der ihn an Taten reich ausstattete, bei deren Darlegung meiner Sprache Zügel auferlegt und schnell die Niedertracht der Lippen mit dem Kohlenfeuer des Propheten verscheucht, damit ich nicht durch den Nebel meines Gewissens das Licht seiner Lebensweise einerseits durch sehr großes Lob abschwäche, andererseits durch ein dürftiges Redetalent verunstalte.10 (7)  Gepriesen sei die ungeteilte Dreieinigkeit, unser Gott, der seinen Diener Antonius, der durch eine so große Gabe an Tugenden herausragte, befahl an den Ufern der Donau in der Stadt Valeria11 durch seinen Vater Secundinus die Tür unseres Lichtes zu betreten. Obwohl er das helle Licht seines Gewissens aus dem Glanz seiner Familie aufnahm, verhüllte er dennoch den Glanz seiner hervorragenden Abstammung mit den Strahlen seiner Sitten und besiegte die Zierde seines Blutes mit der Klarheit seines Geistes, während er den schillernden Glanz seines Geschlechts durch die Erhabenheit seiner Taten übertraf, und er wurde zum Sieger seines Stammbaumes, durch den er alle aufgrund seiner Geburt überragte.12 (8)  Während er noch an der Mutterbrust hing, ließ die Gnade Gottes, die um seine Zukunft wusste, ihn nicht im Stich, und die himmlische Entscheidung duldete nicht, dass er ohne ihre Gunst lebte, den sie gesegnet hat als jemanden, der voller belohnenswerter Bemühungen war. Damit er die Absichten des heiligen Plans nicht infolge seiner Zuneigung zu den Eltern durchkreuzte, ist er mit fast 8 Jahren der Obhut des Vaters entzogen worden.13 (9)  Dennoch eilte er bald in einem Alter, das keine Verstellung kennt, zu dem Senator Severinus,14 der, als er ihn mit Küssen liebkoste, die zukünftigen in dem Knaben gleichwohl angelegten guten Eigenschaften erkannte. Denn es gab nichts, das ihm aufgrund seiner Verdienste verborgen blieb. Er pries Antonius überall mit frommen Worten als seinen zukünftigen Partner, wie ich meine, damit die in Aussicht gestellte Erwartung die Lehrzeit15 des Anfängers stärkte. (10)  Aber nachdem der selige Mann den irdischen Dingen entrissen worden war, widmete er die Anfänge seines Lebens ruhmreichen Werken im Gefolge des in dieser unruhigen Zeit sehr angesehenen Bischofs Con­ stantius,16 der anordnete, dass er unter den Schreibern17 der Kirche seinen

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caelestem militiam iussit ordiri. erat enim venerabilis sacerdos Antoni nostri patruus. (11)  sed numquam ille magisterii rigorem consanguinitatis lege mollivit nec fecit securum de necessitudine discipulum non timere, cui gratiam doctoris nisi censura non praestitit. tantus fuit circa sectatorem diligentiae modus, quantum iudicia contulerunt: meritum suum in facie monitoris agnovit. (12)  sed iam peccatorum consummatio Pannoniis minabatur excidium, iam succisa radice substantiae regionis illius status in pronum deflexerat. per incursus enim variarum gentium cotidiana gladiorum seges messem nobilitatis absciderat et fecundas humani germinis terras ira populante desolabat. (13)  iam Franci Heruli Saxones multiplices crudelitatum species beluarum more peragebant; quae nationum diversitas superstitiosis mancipata culturis deos suos humana credebant caede mulceri nec umquam propitia se habere numina, nisi cum ea aequalium cruore placassent. cessare confidebant iram caelicolum innocentis effusione sanguinis, qui ut in gratiam redirent cum superis suis, propinquorum consueverant mortes offerre. (14)  quoscumque tamen religiosi titulus declarabat officii, hos quasi sereniores hostias immolabant, aestimantes quod piorum iugulis divinitatis cessaret indignatio et fieret materia gratiae locus offensae. inter quas temporum procellas Constantius pontifex, ne quid in mundo haberet subsidii terra hostibus deputata, humana lege liberatus est. (15)  Post cuius resolutionem Antonium nostrum famuli ad Italiae partes, quibus caelitus fuerat deputatus, Christo duce perducunt. principe loco Tellinae vallis, quae id sortita est vocabuli, limen ingreditur; quam montium ex utroque latere brachiis fabricata naturae ditat amoenitas et de verticibus fecundis amnium plebe locupletat uber solum, quod avaris respondet iuxta desideria inmoderata cultoribus, non tamen ita aristis praegravidum aut dotatum pascuis aut arbustis conpositum aut fluminibus laetum, ut non ei plus supervenientis personae gratia praestaret quam ipsius originis variata et distincta formositas.

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himmlischen Dienst18 begann. Denn der ehrwürdige Priester war ein Onkel unseres Antonius.19 (11)  Aber niemals milderte er seine strenge Erziehung aufgrund der verwandtschaftlichen Verbindung, auch ließ er es nicht zu, dass sich der Schüler, der sich aufgrund der Verwandtschaft sicher fühlte, nicht fürchtete, und erwies ihm die Gunst des Lehrers nur durch seine Strenge. Das Ausmaß an Sorge um seinen Schüler entsprach dem, wie er seine Urteile mitteilte: Seine Leistung erkannte Antonius an dem Gesicht des Mahners. (12)  Aber schon drohte durch die Zunahme an Sünden den pannonischen Provinzen20 der Untergang, schon hatte sich der Zustand jener Gegend, nachdem die Wurzel ihrer Existenz abgeschlagen worden war, dem Abgrund zugeneigt. Denn durch den Ansturm verschiedener Völker hatte die alltägliche Saat an Schwertern die Ernte an Adel abgeschnitten und entvölkerte mit zerstörerischer Wut die an Menschen reichen Ländereien. (13)  Schon vollbrachten Franken, Heruler und Sachsen wie Ungeheuer vielfältige Formen an Grausamkeiten;21 diese verschiedenen Stämme, die sich abergläubischen Kulten hingaben, glaubten, dass ihre Götter durch den Mord von Menschen besänftigt werden könnten und sie niemals ihnen gewogene Gottheiten hätten, wenn sie sie nicht mit dem Blut ihrer Mitmenschen beschwichtigten. Sie waren der Überzeugung, dass der Zorn der Götter durch das Vergießen unschuldigen Blutes weiche; um sich mit ihren Göttern auszusöhnen, waren sie gewohnt, den Leichnam von Verwandten anzubieten.22 (14)  Gerade alle, die sich durch den Titel eines geistlichen Amtes zu erkennen gaben, diese opferten sie gleichwohl als erhabenere Opfertiere, weil sie meinten, dass durch die Ermordung frommer Menschen die Empörung der Gottheit nachlasse und die Ursache für die Kränkung sich in einen Beweis für Milde wandle. In den Stürmen dieser Zeit ist Bischof Constantius von der Vereinbarung mit den Menschen befreit worden, sodass das den Feinden bestimmte Land auf der Welt keinen Schutz mehr hatte.23 (15)  Nach dessen Erlösung führten Diener24 unseren Antonius unter Christi Führung in die Gegenden Italiens, die ihm vom Himmel bestimmt worden waren. Als ersten Ort betrat er die Schwelle zum Veltlin, das diesen Namen durch Zufall erhalten hat:25 Seine liebliche Natur, die auf beiden Seiten durch die Ausläufer der Berge entsteht, bereichert es und von den ergiebigen Anhöhen stattet es mit einer Menge Flüsse den fruchtbaren Boden aus, der den maßlosen Wünschen der gierigen Bauern entspricht; doch ist er nicht so angefüllt mit Ähren, gesegnet mit Weiden, wohlgeordnet mit Weinstöcken oder reich an Flüssen, dass ihn die Gunst einer plötzlich hinzukommenden Person nicht noch mehr auszeichnete als die vielfältige und prächtige Schönheit seines eigenen Ursprungs.26

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(16)  illic Mario presbytero, qui spiritibus inmundis dominabatur, adiunctus est: quia haec est rerum condicio, ut novi hominis mores divulget inventa sodalitas, et qui ignoratur per originem, similium clarescat affectu. deprehenditur mens secreta per socios, et cui non licet ad liquidum supervenientis aestimare conscientiam conceditur, ut de suis deprehendat externos. (17)  nam cum eum beatus Marius illis oculis, quibus mentes videntur, inspiceret et interioris decorem hominis absconditis percontaretur optutibus, voluit eum clericorum sociare collegio et inter ecclesiasticos coetus praestantem meritis dedicare personam. sed fugit honorem velut veneni poculum, qui semper potentiam credidit subiacere et servire patienter praetulit regali dominatui. (18)  Ne tamen diu humanae conversationis mixtus inlecebris societatem contagionis hauriret, elegit secessum haud procul a beati martyris Fidelis sepulchro, ubi Larius Ionii marmoris minas deponit, quando ne evagetur longius, obiectis ripis resistunt frena telluris. illic inserto nubibus vertice mons coruscat, qui sublimitate sua vincit aspectum. sed quam superbus est magnitudine, tam difficilis ascensu. (19)  nam nullis ante monachum nostrum patuit gressibus nec per praerupta saxorum humani generis admisit formidine repugnante vestigium. in praecisis cautibus tuta feris longum praebuit nullo exterrente cubilia, eo bestiis blandior, quo terribilius agricolarum minatur excursui. in hoc dei famulus sedem delegit, in quo sola fuit placendi causa, quia nequaquam lenocinabatur aspectibus. (20)  nihil secum amplius nisi parum leguminis et ligonem, quo terram sollicitaret, de mundi beneficiis adsumens, dedicavit callem subiecta asperitate nescitum. iuga illa indomitam naturae legem Antonio congrediente perdiderunt. reserata itinera post ingressum eius patuere cupientibus. (21)  invenit illic tamen duos senes, quos iam ita inter lustra beluarum habitatio longa miscuerat, ut nihil de illis mundo fama nuntiaret, quorum vitam conscientiamque plene videor elocutus, cum expetitam pro dei timore

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(16)  Dort schloss er sich dem Priester Marius an, der unreine Geister zu beherrschen wusste:27 Denn das (menschliche) Wesen ist folgendermaßen beschaffen, dass eine erworbene Freundschaft den Charakter eines unbekannten Menschen offenbart, und er, der durch seine Abstammung unbekannt ist, durch die Zuneigung Gleichgesinnter erstrahlt. Die verborgene Gemütslage eines Menschen wird durch seine Gefährten erkannt und ihm, dem es nicht möglich ist, das Gewissen einer hinzugekommenen Person klar zu erkennen, wird zugestanden, Auswärtige über seine Weggefährten zu erkennen. (17)  Denn als der selige Marius ihn mit jenen Augen musterte, mit denen die Gemütslage durchschaut wird, und den Anstand im Inneren des Menschen mit geheimen Blicken erkundete, wollte er ihn in die Gemeinschaft seiner Kleriker aufnehmen und eine durch ihre Verdienste herausragende Person in die Kreise der Kirche einführen. Aber Antonius, der glaubte, dass die Macht immer unterlegen sei, und der es vorzog geduldig der Herrschaft seines Königs zu dienen, mied die Ehre wie einen Giftbecher.28 (18)  Damit er dennoch nicht lange, verwirrt durch die Verlockungen der menschlichen Lebensweise, in Kontakt mit üblem Einfluss geriet, wählte er einen abgeschiedenen Ort nicht weit von dem Grab des seligen Märtyrers Fidelis,29 wo der Comer See die Bedrohungen des Ionischen Meeres ablegt,30 weil das Land mit den davorliegenden Ufern ihm Zügel auflegt, sodass er sich nicht weiter ausbreiten kann. Dort ragt ein Berg mit einem Wolken verhangenen Gipfel heraus, der durch seine Erhabenheit den Anblick verwehrt. Aber wie er durch seine Größe hoch ist, so schwierig ist seine Besteigung.31 (19)  Denn vor unserem Mönch stand er keinen Begehungen offen und ließ durch seine steilen Felsen nicht zu, dass ein Mensch ihn betrat, da er Furcht einflößte. In den abschüssigen Felsen bot er lange den wilden Tieren ein sicheres Lager, da sie niemand aufschreckte; je abschreckender er einen Streifzug der Bauern bedrohte, desto verlockender war er für die wilden Tiere. Auf diesem Berg wählte der Diener Gottes seinen Wohnsitz, der ihm allein aus diesem Grund gefiel, weil er keineswegs durch Ausblicke lockte. (20)  Von den Annehmlichkeiten der Welt nahm er nicht mehr mit sich als ein wenig Hülsenfrüchte und eine Hacke, um die Erde aufzulockern, und legte, nachdem er die Unebenheiten des Geländes beseitigt hatte, einen noch unbekannten Bergpfad an. Jener Berg verlor die Bedingung seiner ungezähmten Natur, als Antonius auf ihn traf. Erschlossene Wege standen nach seinem Einzug denen offen, die sie betreten wollten.32 (21)  Dennoch traf er dort zwei Greise, die durch den langen Aufenthalt inmitten der Lager wilder Tiere so mit ihnen eins geworden waren, dass die Welt nichts von ihnen vernahm; deren Leben und Überzeugung glaube ich ausführlich angesprochen zu haben, wenn ich ihre aus Furcht vor Gott

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habitationem sine nube vulgavi. brevi post horum unus absumptus est, et terreni carceris mole deposita aetheriam valitudinem felix anima resumpsit. (22)  nam absolutionis eius tempore columna ignea beati Antonii oculis ingesta est ad caelum usque pertingens, credo, ut venerabilis viri fides et ardor ille vitiorum decoctor typico monstraretur incendio. tunc dum ibi dei cultor tota disciplinis caelestibus virium suarum vela laxaret et per sinus animae corporisque extrudentia paleas flabra susciperet: cuius vigilias ieiunia lectionis adsiduitatem iure replicarem, nisi haberem digniora memoratu: numquam ille cibum sumpsit nisi fatiscente corpusculo, numquam nisi exemptis officii muniis sollicitudinem quiete laxavit. (23)  sed quid retexam, quae perfectionis habuerit instrumenta perfectus aut per quos gradus ad celsa conscenderit, quem liquido declaratum est optinere sublimia? scivit ille sic per labores varios disciplinarum liniamenta sectari, ut numquam adsumeret adrogantiam de labore; et cum omnia essent digna praeconiis quae gerebat, dispendium virtutis credidit fuisse laudatum. (24)  sic totum de eius actibus opinionis luce radiabat, ut nihil praeberetur ostentui. praeminebat censura mentis in corpore et iracundiam, quam contra culpas anima eius susceperat, facies infucata pingebat. videres adversus flagitia mundana torvos oculos et indefessa contra saeculi blanditias Christi militem bella tractare. quando illa imago statum suum resolvit in risum et ab ordinis proprii rigore laetitiae debilitate confracta est? (25)  Interea dum velut obsignatum monachi in universis implet officium. vir quidam, quem sponsae suae amor in facinus inpulerat et ad effusionem humani sanguinis affectu et indignatione provocarat, dum conscientiam se credit fugere mutatione terrarum et in aliis provincias partibus innocentiam reperiri, quam furore duce perdiderat, velatum simplicitate ad secreta heremi portavit homicidam, putans in dei obsequio constitutis de actibus suis praeter effigiem nil patere.

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aufgesuchte Wohnstatt ohne Verschleierung bekanntgemacht habe. Kurz darauf ist einer von ihnen gestorben und, nachdem er die Last des irdischen Kerkers abgelegt hat, nahm seine glückliche Seele das himmlische Wohlbefinden wieder auf. (22)  Denn zum Zeitpunkt seiner Erlösung zeigte sich dem seligen Antonius eine Feuersäule, die sich bis zum Himmel erstreckte, ich glaube, damit der Glaube und die Leidenschaft des ehrwürdigen Mannes, die Sünden vernichten, in einem bildlichen Feuer gezeigt wurden.33 Es geschah damals, als dort der Verehrer Gottes alle Segel seiner Kräfte für die himmlischen Unterweisungen losließ und er die Winde aufnahm, die die Spreu hinaustrieben durch die Schlupfwinkel seiner Seele und seines Körpers: Seine Nachtwachen, sein Fasten, seine ausdauernde Lektüre könnte ich zu Recht darlegen, wenn ich nichts Würdigeres zu berichten hätte: Niemals nahm er eine Speise zu sich, außer wenn sein Körper ermattete, niemals ersetzte er die Unruhe durch Ruhe, wenn er nicht von den Pflichten seines Dienstes entbunden war.34 (23)  Aber warum soll ich wiederholen, welche Mittel zur Vervollkommnung der Vollkommene besaß oder über welche Stufen er zu den Höhen aufstieg, bei dem klar und deutlich wurde, dass er Erhabenes besaß. Er verstand es durch verschiedene Anstrengungen die Richtlinien seiner Lebensgewohnheiten so zu befolgen, dass er niemals durch seine Anstrengung hochmütig wurde:35 Und weil alles, was er tat, der Lobpreisung würdig war, meinte er, dass es ein Nachteil der Tugend sei gelobt zu werden. (24)  So erstrahlten alle seine Taten im Lichte des guten Rufes, dass er nichts zur Schau stellte. Die strenge Geisteshaltung ragte an seinem Körper hervor und sein farbloses Gesicht färbte sich durch den Zorn, den seine Seele gegen Nachlässigkeiten auf sich lud. Da hätte man sehen können, wie der Soldat Christi gegen die Schandtaten der Welt seine finsteren Blicke richtete und gegen die Verlockungen der Welt unermüdlich Krieg führte. Wann gab seine Erscheinung sich dem Lachen hin und wurde sie von der Strenge seines eigenen Standes durch die Schwäche der Fröhlichkeit zunichtegemacht?36 (25)  Inzwischen, während er die wie durch eine Urkunde festgeschriebene Pflicht eines Mönches gänzlich erfüllte, brachte ein Mann, den die Liebe zu seiner Braut zu einem Verbrechen verleitet und durch Leidenschaft und Empörung dazu gebracht hatte, das Blut eines Menschen zu vergießen, weil er glaubte, dass er seinem Gewissen durch einen Standortwechsel entfliehen und seine Unschuld, die er, von Wut geleitet, verloren hatte, in anderen Teilen der Provinz wieder erlangen könne, einen sich unschuldig gebenden Mörder zu dem abgeschiedenen Ort der Einöde, weil er glaubte, dass bei seinem Gehorsam gegenüber Gott von den begangenen Taten sich nichts offenbare außer seiner persönlichen Erscheinung.37

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(26)  artifici humilem simulavit optutu et per dolosi commenta consilii fabricata subiectione conpositus cautioribus scelerum sordes texit obstaculis. difficile est praeter deum deprehendere, quicquid obsequendi argumentis involvitur. provide flagitium celat abiectio. raro in lucem erumpunt crimina, quae auctor obtemperandi scierit fuco sepelire. (27)  protinus tamen adfuit ille index consuetus et latentis secreta conscientiae divinae vocis clave reseravit, in his sermonibus adorsus Antonium, quando eum plus quam homo possit docuit agnovisse, illum denudans, qui crasso indumento latronem tegebat: ‘cave’ inquiens ‘ne tanti criminis reum sancto velis miscere collegio, ne lupum ovibus, agnis viperam neglegens aestimator adiungas. (28)  iste animam dei manibus concessam per elisi fragmenta gutturis effugavit et internecivo fratris furore constricti vitam e sedibus suis, dum infert faucibus vincla, dissolvit. hunc debitum sequitur exitium nec a iugo supplicii erit alienus, qui humano sanguini non perpercitI. misericordia est circa facinorosos servata districtio. ergo sopori terminum ponens mandatorum caelestium hostem depelle, ne candida conversatio tecum habitantium fusca supervenientis contagione violetur’. (29)  ilico divinis obsecutus imperiis hominem vocat, mentientem convincit, feriato ore male conscii omnia eius gesta persequitur. expavit deprehensus, cum flagitia sua recenseri videret ab homine, quae sine humani generis teste commiserat. viaticum poposcit, fugam tremens adparavit. continuo tamen pedisequa reum ultio conprehendit et expiatum scelus patratoris morte nuntiavit. ita sermo iusti viribus carere non potuit. (30)  Interea sanctus vir per regiones finitimas insidiatricis famae linguis innotuit, quae ne pareret de celebritate iactantiam, ante provisa sunt remedia, quam morbus adolesceret. qui enim grandaevus aut debilis duce diligentia

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Isidorus, epistola secundi Pelagii papae Benigno archiepiscopo decreta, in: Paulus Hinschius, Decretales pseudo-isidorianae et capitula Angilramni, Leipzig 1863, 727.

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(26)  Mit seinem Blick täuschte er einen dem Schöpfer unterwürfigen Menschen vor und durch die Erfindung eines verbrecherischen Planes verband er mit einer zurechtgelegten Unterwürfigkeit die Gemeinheiten seiner Verbrechen mit recht listigen Hintertreibungen.38 Es ist schwierig, Gott ausgenommen, all das zu erfassen, was in Beweise für einen Gehorsam gehüllt wird. Vorsichtig verschleiert eine Demütigung eine Schandtat. Selten kommen Verbrechen ans Licht, die der Täter unter dem Vorwand des Gehorchens zu verbergen wusste. (27)  Dennoch half sofort der vertraute Fingerzeig und öffnete mit dem Schlüssel der himmlischen Stimme die Geheimnisse des verborgenen Gewissens;39 mit der folgenden Äußerung wandte er sich an Antonius, weil er ihn unterwies, mehr wahrzunehmen, als ein Mensch vermag und jenen bloßstellte, der mit einem groben Mantel einen Mörder umgab; er sagte: »Hüte Dich, den Angeklagten eines so schweren Verbrechens in Deine heilige Gemeinschaft aufnehmen zu wollen, durch ein nachlässiges Urteil einen Wolf mit Schafen, eine Schlange mit Lämmern in Verbindung zu bringen.40 (28)  Dieser da vertrieb eine den Händen Gottes anvertraute Seele, indem er die Kehle durch Erwürgen zerstörte, und befreite das Leben des mit mörderischer Wut gefesselten Bruders aus seinem Wohnsitz, indem er einen Strick an dessen Kehle legte. Diesen Sünder ereilt das Verderben und er wird nicht fern sein von dem Joch der Todesstrafe, der das Blut eines Menschen nicht verschonte. Barmherzigkeit ist gleichzusetzen mit der Strenge, die bei Verbrechen eingehalten wird. Schließe also Du, der Du der Schläfrigkeit ein Ende setzt, den Feind der himmlischen Gebote aus, damit nicht das reine Gespräch Deiner Mitbewohner durch den schmutzigen Einfluss eines Dahergelaufenen befleckt wird.« (29)  Sofort rief er, der den göttlichen Befehl befolgte, den Menschen zu sich, überführte ihn als Lügner und erläuterte ihm mit ruhiger Stimme alle seine Taten, derer er sich kaum bewusst war. Ertappt erschrak er, als er bemerkte, dass seine Verbrechen, die er ohne einen Mitmenschen als Zeugen begangen hatte, von einem Menschen durchschaut wurden. Er bat um eine Wegzehrung und bereitete zitternd seine Flucht vor. Dennoch erfasste die Strafe, die ihm unaufhörlich auf dem Fuße folgte, den Angeklagten und verkündete, dass das Verbrechen durch den Tod des Mörders gesühnt worden sei.41 So konnte die Rede des Gerechten nicht ihre Wirkung verfehlen. (30)  Inzwischen wurde der heilige Mann in den benachbarten Gebieten durch die Sprache des überall auflauernden Geredes bekannt; damit es nicht infolge der Berühmtheit Prahlerei hervorbrachte, wurden Heilmittel angewendet, bevor die Krankheit ausbrach. Denn welcher hochbetagte oder schwache Mensch passierte mit der Sorgfalt als Führerin nicht die steilen

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non itineris illius transmeabat abrupta, cum dantibus valitudinem desideriis etiam aegritudines corpora non tenerent? (31)  hac perterritus frequentia ad secretiora heremi beatus Antonius credidit evolandum, ne singulorum devotio inamabilis adrogantiae mater existeret et de multiformi gratia rigidioris propositi ruina nasceretur. mox tamen secessus, quem pendula rupes commendabat, electus est, in quo annis plurimis solus et vere monachus vitam sine humani generis consorte transegit. (32)  dabat feras pro sodalibus montana solitudo. mugitus ursi aliarumque beluarum minax inmurmuratio pro blandae confabulationis communione ponebatur. denique ea tempestate ursus petulantior gloriae plus daturus caules ipsius puberibus foliis laetioresI et quadam domino hilaritate gestientes inmani ingrediens contritione vastavit, ita ut nusquam de simplici fruge spes residua linqueretur. (33)  quem ille baculo mulcatum districtius abire praecipiens testem virtutis suae et nuntium passionis ad alias ire bestias mox coegit, ut impleretur domini fidelis pollicitatio, quae sectatoribus suis totius veneni et omnium ferarum promisit obsequiumII. rursus tamen gradienti ei per destinatum callem rugiens se fera suggessitIII, quam ille sola iussione turbatam iter fecit aperire et occupata viae claustra deserere. (34)  Sed ecce iterum alis pernicibus per proditionis suae ordinem dei servum, in quo loci degeret. fama vulgavit, aliud de ipso pro sententiarum varietate diversis opinantibus. tunc liquido patuit per occursus multiplices nihil obstare cupientibus: planari ardua, solidari scissa, pendentia non timeri. (35)  sed potioribus insidiis, ne per adrogantiam hostis subriperet, fortiori consilio manus opposuit, ne iam grandaevus perderet, quod inter tirocinia virtute servasset. acrius enim circa robustos diaboli certamen est et maioribus copiis illos adgreditur, qui conflictus eius experti roboris sudore domuerunt. universa tamen secum ipse pertractans brevi animum suum adlocutione firmavit:

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Vergil, Aen. 12,413. NT Markus 16,18; vgl. Lukas 10,19. se obtulerit Hartel 712.

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Abhänge jenes Weges, obwohl keine Krankheiten seinen Körper erfassten, während die Sehnsucht nach ihm Kraft verlieh.42 (31)  Durch diese häufigen Besuche abgeschreckt, glaubte der selige Antonius zu einem noch geheimeren Ort der Einöde entfliehen zu müssen, damit nicht die Verehrung durch Einzelne zur Ursache für den ungeliebten Hochmut wurde und infolge der vielfältigen Gunstbeweise ein recht fester Vorsatz in sich zusammenbrach. Doch wurde bald ein abgeschiedener Ort ausgewählt, den eine überhängende Felswand anbot, an dem er viele Jahre allein und wie ein richtiger Mönch sein Leben ohne Gesellschaft eines Menschen führte.43 (32)  Die Einsamkeit der Berge machte die wilden Tiere zu Gefährten.44 Das Brummen des Bären und die bedrohlichen Laute anderer Tiere ersetzten eine Gemeinschaft, die sich freundlich unterhielt. In dieser Zeit nun verwüstete ein recht ausgelassener Bär,45 um Antonius noch mehr Ruhm einzubringen, die Strünke, die mit jungen Blättern üppiger gediehen und mit einer gewissen Heiterkeit gegenüber dem Herren ausgelassen waren, indem er sich an sie machte und eine gewaltige Zerstörung anrichtete, so dass nirgendwo die Hoffnung auf einen gewöhnlichen Ertrag blieb. (33)  Indem er mit einem Stock auf ihn einschlug, befahl er ihm recht streng fortzugehen und brachte ihn alsbald dazu, als Zeugen für seine Tapferkeit und als Verkünder seines Leidens zu den anderen Tieren zugehen, damit die verlässliche Verheißung des Herrn erfüllt würde, die seinen Begleitern Macht über jedes Gift und alle wilden Tiere versprach. Doch als er auf einem eingeschlagenen Bergpfad ging, fügte sich ihm wiederum ein brüllendes Tier, das, allein durch seinen Befehl verwirrt, er dazu brachte den Weg frei zu machen und den von ihm versperrten Durchgang des Weges zu verlassen. (34)  Aber siehe da – wiederum machte das Gerede mit schnellen Flügeln nach der Regel seines Verrats allgemein bekannt, an welchem Ort der Diener Gottes lebte, während die verschiedenen Leute entsprechend der Vielfalt der Meinungen anderes über ihn selbst glaubten. Da wurde es durch die vielfältigen Begegnungen deutlich offenbar, dass denen, die danach verlangten, nichts im Wege stand: Steile Anhöhen wurden eingeebnet, Spalten zusammengefügt und Bedrohungen nicht mehr gefürchtet.46 (35)  Aber mit einem besseren Trick, damit ihn der Feind nicht durch den Hochmut entreiße, fasste er einen noch mutigeren Plan, damit er nicht hochbetagt zugrunde richte, was er an Tugend in seinen Lehrjahren bewahrt hatte. Denn der Kampf des Teufels gegen die Starken ist immer recht heftig und mit größeren Truppen greift er jene an, die die Kämpfe mit ihm im Schweiße ihrer erfahrenen Stärke überstanden haben. Doch wägte er alles bei sich ab und stärkte seine Seele in einer kurzen Ansprache:47

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(36)  ‘quid agimus, mens adhuc mundani oneris fasce depressa, quam nondum ad auctorem suum corporeus carcer evomuit? non tibi certa est de perfectione fiducia, dum adhuc includeris fragilitate carnali. periculis plenaI sunt, quae videntur esse tutissimaII. lenocinia hostis tui intellegis, dum universorum voce laudaris. vide quantis labores insidiis! absconditum esse non licet quod adimus. latebram nostram persecutio manifestat hostilis. (37)  sanctorum expetamus exercitum et illam Lirinensis insulae cohortem inriguo inquiramus ardore! quem solum hactenus pulsavit adversarius, timebit inter inimicam sibi multitudinem constitutum. instructa proeliis acies illa semper invigilat et variis perfossum ictibus abigit infestantem. quot bella illis diabolus intulit, numerant tot triumphos. non metuunt, quotiens adesse Satanan, ut dimicantes acuant, classico fuerit stridente nuntiatum. semper eruditos et fortes reddidit cotidiana decertatio, quomodo prolixior pax solutos’. (38)  His dictis dimissam fratribus cellulamIII, quos ibidem praedicti amor congregaverat, apud Lirinum inprovisus adparuit. nuntiavit virum insignium meritorum facies ieiunii pallore decorata. nam dum secreti nitorem hominis splendidissima macies indicaret, non defuit actuum eius praeco consuetus, inmaculatam conversationis ipsius speciem sub verborum abundantia et relationis ubertate describens. mixtus grandaevis et praecipuis gestorum suorum lampadam non minori intellexit igne rutilare. metitus est fomitis sui lucem, dum vidit alieni: (39)  quasi inter ornamenta caeli et sidera pleno fulgore micantia supervenientis astri claritudo societur; certant sine invidia geminare radios et per augmenta luminis speciem superare novitatis: alia prolixiori crine faciem suam stella commendat, alia puriore, unam ditat potior flamma, nobilitat alteram per spatia nocturna sincerior. sic Antonium nostrum per universas locorum mutationes a Christo veniens disciplina comitata est. (40)  providit tamen, ne cui in illa nutrice sanctorum insula, cum praestaret meritis, praeferri videretur honoribus, sciens in humilitatis radice plantatum ad centenos fructus adsurgere. blandus iuvenibus, gravis maturis,

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Plenus mit Dativ ungewöhnlich. Isidorus, epistola secundi Pelagii papae Benigno archiepiscopo decreta, in: Paulus Hinschius, Decretales pseudo-isidorianae et capitula Angilramni, Leipzig 1863, 727. Der Vorschlag dimissa … cellula (Sirm. 176,36) lässt sich besser übersetzen, da dann zwei ablativi absoluti vorlägen. Ansonsten wäre das Objekt auf kein Verb zu beziehen.

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(36)  »Was soll ich machen, eine vom Bündel der irdischen Last bedrückte Seele, die des Körpers Kerker noch nicht zu ihrem Schöpfer freigegeben hat? Du hast kein festes Vertrauen in Deine Vollkommenheit, solange Du gefangen gehalten wirst durch die Schwäche des Fleisches. Das, was sehr sicher zu sein schien, ist voller Gefahren. Du durchschaust die Verlockungen des Feindes, während Du von allen gelobt wirst. Sieh, mit welch großen Nachstellungen Du Dich herumschlägst! Es darf nicht verborgen sein, dem ich mich nähere. Die Verfolgung des Feindes offenbart mein Versteck. (37)  Möge ich mich dem Heer der Heiligen anschließen und mit erfrischender Leidenschaft jene Schar auf der Insel Lerinum aufsuchen!48 Wen allein der Feind misshandelte, den wird er, aufgenommen in einer ihm feindlich gesonnenen Gruppe, fürchten. In Kämpfen erprobt ist jene Schlachtreihe immer wachsam und vertreibt den Angreifer mit verschiedenen Hieben durchbohrt. Wie viele Kriege der Teufel mit ihnen anfing, so viele Triumphe zählen sie. Sie fürchten nicht, wie oft durch das Ertönen des Signals gemeldet worden ist, dass Satan anwesend ist, um die Kämpfenden anzuspornen. Der tägliche Kampf brachte immer erfahrene und tapfere Menschen hervor, wie ein recht langer Frieden zügellose.«49 (38)  Nachdem er dies gesagt und die Zelle den Brüdern überlassen hatte,50 die sich dort aus Liebe zu dem eben Erwähnten zusammengefunden hatten, erschien er unvermutet auf Lerinum.51 Ein durch die Blässe des Hungerns geschmücktes Gesicht kündete einen Mann von ausgezeichneten Verdiensten an. Denn solange die herrliche Magerkeit den Glanz eines abgeschieden lebenden Menschen anzeigte, fehlte nicht der gewohnte Verkünder seiner Taten, der die reine Form seiner Lebensweise mit einem Überschwang an Worten und in einem ausführlichen Bericht beschrieb. Inmitten hochbetagter und hervorragender Menschen erkannte er, dass der Glanz seiner Taten in keinem geringeren Feuer leuchtete. Er maß das Licht seines Zündstoffes, während er das eines Fremden sah:52 (39)  Wie wenn unter den Kostbarkeiten des Himmels und unter den in vollem Glanz funkelnden Sternen der Glanz eines neu hinzukommenden Sterns aufgenommen wird, wetteifern sie neidlos die Strahlen zu verdoppeln und durch die Zunahme des Lichts die Pracht des Neuen zu übertreffen: Der eine Stern zeichnet sein Aussehen mit einem ausgedehnteren, der andere mit einem reineren Schweif aus, ein mächtigeres Feuer bereichert den einen, ein reineres den anderen durch die nächtlichen Weiten. So begleitete unseren Antonius über alle Ortswechsel eine von Christus kommende Erziehung. (40)  Doch sorgte er dafür, dass er auf der Insel, die Heilige hervorbrachte, obwohl er durch seine Verdienste herausragte, keinem durch Ehrungen vorgezogen zu werden schien, weil er wusste, das, was mit der Wurzel der Demut eingepflanzt wurde, zu hundertfachen Früchten emporwächst.53 Höflich zu den Jungen, gewichtig gegenüber den Erwachsenen, gelehrt zu den

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De vita beati Antoni

doctus peritis, submissus existendo simplicibus, totam illam dominici gregis legionem distinctam actu, variatam gentibus, quasi unam animam in sua affectione collegit. (41)  ibi biennio se ipso potior mundi istius sarcinam deponens, victor insidiarum, quas antiqui serpentis parat astutia, diem nostrum et lucem praesentis saeculi perpetui luminis adeptione commutavit. taceo qualiter vitam ipsius mortis claritudo signaverit, ne universa digerens non tam veritatem narrasse quam praedicti laudibus videar inmoratus. (42)  veluti si quis consitum lucum frondium densitate reppererit, ex quo coronam ferro stringente subripiens genium silvae, dum praesumit parva, non amovet: melioribus equidem de Antonii nostri factis, quae stilo non adtigi, narranda servavi. vincar forte eloquentiae flumine, nemo me circa illum superabit affectu. habeat qui secutus fuerit de peritiae messe iactantiam, mihi gratiam beati hominis nemo praeripiet, qui ad explicanda eius bona primus accessi.

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Kundigen, bescheiden durch seine Existenz zu den Einfachen, versammelte er eine ganze Legion der Herde des Herrn, die sich durch ihre Handlung auszeichnete, verschieden an Völkern war, gleichwohl eine einzige Seele in ihrer Liebe bildete. (41)  Dort legte er, nachdem er zwei Jahre lang über sich gesiegt hatte, die Last dieser Welt ab, als Sieger über Nachstellungen, die die Hinterlist der alten Schlange legt,54 tauschte er unseren Tag und das Licht der gegenwärtigen Welt gegen das Erreichen des ewigen Lichtes ein. Ich übergehe, wie die Klarheit seines Todes sein Leben schmückte, damit ich, indem ich alles ausführe, aufgehalten durch die Lobpreisungen des vorher Erwähnten, nicht so die Wahrheit erzählt zu haben scheine, wie ich sie erzählt habe. (42)  Wie wenn jemand einen angepflanzten Hain mit dichtem Laub gefunden hat, aus dem er mit einem Schwerthieb eine Baumkrone herausreißt, er nicht die Existenz des Waldes beseitigt, solange er sich nur eine Kleinigkeit nimmt: Besseren Menschen habe ich jedenfalls von den Taten unseres Antonius erzählenswerte aufgespart, die ich beim Schreiben nicht angesprochen habe. Vielleicht übertrifft man mich an Redefluss, an Wohlwollen zu ihm wird mich niemand übertreffen. Der Nachfolger möge Ruhm erlangen durch seinen Ertrag an Kenntnis, mir wird niemand die Zuneigung zu dem seligen Mann nehmen, der ich es als erster unternahm seine Vorzüge zu schildern.

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Kommentar

Kommentar 1

Die Kampfesmetaphorik zu Beginn der VA entspricht dem Tenor einer Lebensbeschreibung, in der das Leben eines Asketen wie Antonius als militia Christi, als Kampf gegen Versuchungen dargestellt wird; vgl. VA 9, 10, 28, 37; Schöffberger 24, Marotta Mannino (1989) 338.

2

Obwohl christlich gemeint, entstammen Ausdrücke wie origo, superi und auctor einer eher »heidnischen« Wortwahl; Schöffberger 25.

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Nach Marotta Mannino (1989, 339) vertritt Ennodius hier neuplatonisches Gedankengut.

4

Zu dem Bild des Körpers als Kerker der Seele, das der platonischen Lehre entstammt, vgl. VA 41 und VE 194; Brunert 293.

5

Leontius dürfte mit dem gleichnamigen Abt identisch sein, an den Ennodius einen Brief schrieb (epist. 5,6 = Vogel Nr. 218). Sowohl in der VA als auch in diesem Brief wird nicht angegeben, welchem Kloster Leontius vorstand. Dass er Abt von Lérins war, wird aufgrund der Tatsache angenommen, dass Antonius die letzten zwei Lebensjahre dort verbrachte. Die Bitte an Leontius, den Verfasser mit einem Gebet zu unterstützen, wenn er beim Schreiben der von ihm angeregten Vita unsicher ist, könnte dafür sprechen, dass er im Umfeld des Ennodius lebte und so im unmittelbaren Kontakt mit ihm stand. Für diese Annahme spricht auch, dass Ennodius die Leontius unterstehenden Mönche als fratres mei et conservi bezeichnet (epist. 5,6,4–5) und viele Ereignisse, über die in der VA berichtet wird, sich in der Umgebung des Comer Sees abspielten; vgl. Einleitung S. 25 ff. Nach PCBE I 161 könnte Leontius eine Gemeinschaft im Veltlin geleitet haben. Sundwall (36) vermutet dagegen, dass er aufgrund der Kontakte zu Ennodius’ Schwester Euprepia in Gallien, möglicherweise in Arles, als Abt tätig war. Russo (1996a, 541 ff.; 1996b, 20–22; 2001,83 f.) sieht in ihm aufgrund der Angaben in PLRE II 672 zu Leontius 18 einen Verwandten des Ennodius. Vgl. ferner Rohr (2001) 111 f., 118 und Brunert 286–288, die allerdings von seiner Position als Abt von Lérins ausgehen, aber durchaus kritisch fragen, warum sich auf Lerinum kein Biograph für Antonius fand.

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Nachdem er Leontius in VA 4 noch mit tu angeredet hat, verwendet Ennodius nun die höflichere Anrede im Plural; vgl. Schöffberger 26.

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Schöffberger (14) bezieht den si-Satz auf den nachfolgenden Hauptsatz mit videbitur.

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Wie in VE 7 leitet auch hier Ennodius mit dem Wort igitur die eigentliche Lebensbeschreibung ein; zu Sallust als Vorbild für diese Betonung Marotta Mannino (1989) 341.

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Zur Anrufung des Heiligen Geist vgl. VE 4 Anm. 3.

10 Zum Problem der Übertreibung und fehlenden Eloquenz bei der Darstellung von Heiligen vgl. VE 1. Schöffberger (27 ff.) verweist darauf, dass Ennodius wie der Prophet Jesaja (6,5–7) den Mund als Werkzeug der Verkündigung sieht; vgl. Buzzetti 22. 11 Eine civitas namens Valeria ist an der Donau nicht bezeugt. Da sich an dieser Textstelle keine Textverderbnis oder ein Abschreibfehler nachweisen lässt, ist die Vermutung naheliegend, dass es sich um eine Verwechselung mit der Provinz Valeria handelt, die unter Diocletian aus der Provinz Pannonia inferior hervorging und bis zur Donau reichte. Lotter (1971, 300–301 und 1976, 227) vermutet indes, dass der Autor oder Schreiber aufgrund eines Schreib- oder Lesefehlers aus dem Namen Lav(o)ria(co) versehentlich den Namen Val(e)ria machte; vgl. Vogel XXXII ff., Rohr (2001) 112. Schwarcz (27) setzt ohne nähere Begründung Valeria mit Sopianae (Pécs) gleich, weil er von der Provinz Valeria als Herkunftsort ausgeht. 12 Über Antonius’ Vater Secundinus liegen keine weiteren Angaben vor; PLRE II 12. Bemerkungen wie splendor natalium, fulgor stirpis prae­ cipuae und decor sanguinis sprechen dafür, dass Antonius aus einer hochangesehenen, wenn nicht gar senatorischen Familie stammte; vgl. ex liquido ingenuitatis fonte, sanguinis praerogativa, nobilitas VE 7. Da das cognomen Secundinus in Noricum eindeutig häufiger belegt ist als in Pannonien, nimmt Lotter (1971, 301 ff.) an, dass Antonius’ Vater aus Noricum und möglicherweise aus Lauriacum stammte. Die inschriftlichen Belege, auf die sich Lotter beruft, stammen indes vornehmlich aus dem 3. Jh. und liegen rund 200 Jahre vor der Geburt des Antonius; vgl. Alföldy 255, 268–269. Folglich können sie aufgrund der großen zeitlichen Distanz schwerlich als Indiz für die regionale Herkunft seiner Familie dienen. 13 Epiphanius begann ebenfalls mit fast 8 Jahren seine kirchliche Laufbahn; VE 8. Da Lektoren im Kindesalter damals nicht ungewöhnlich

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waren, kann man aus dieser Tatsache für Antonius nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass er so früh in den Dienst der Kirche trat, weil seine Mutter oder sein Vater gestorben waren; Buzzetti 23, Wolff 30. 14 Der Titel vir inlustris / inlustrissimus war im 5. Jh. das höchste Rangprädikat für einen Senator; Ausbüttel (1988) 115. Lotter (1970, 205; 1971, 303–305; 1976, 252; 1982, 17 ff.) setzt aufgrund dieses Titels den heiligen Severinus von Noricum mit dem Konsul von 461 Flavius Severinus gleich, der wahrscheinlich der Großvater des bekannten Philosophen Boëthius war; PLRE II 1001. Seine These hat in der Forschung eine Diskussion darüber hervorgerufen, ob die Bezeichnung nicht auch in einem untechnischen Sinn als besonderer Ausdruck für bekannte Persönlichkeiten zu verstehen ist; Wolff 30–36, Stockmeier 362 ff. Entscheidend ist hier aber der Sprachgebrauch bei Ennodius. Mit dem Titel vir inlustris bezeichnete er fast immer Personen senatorischen Ranges; Belege bei Lotter (1970) 206 und (1976) 235 ff., Rohr (2001) 114 f. Doch lässt er den senatorischen Rangtitel auch weg, wenn die senatorische Herkunft der genannten Person bekannt oder offensichtlich ist wie bei Leo und Laconius, den Beratern Eurichs und Gundobads, oder den Bischöfen Rustic(i)us von Lyon und Avitus von Vienne; VE 85, 151, 168, 173. Die Angabe des Titels vir inlustris war an dieser Stelle der VA für Ennodius unerlässlich, weil er in Severinus nicht einen Geistlichen, sondern einen hochgestellten Mann sah, der Antonius’ Anlagen richtig erkannte. Eugippius, obwohl auch er senatorische Rangtitel verwendet, bezeichnete dagegen den hleiligen Severinus nicht als Senator, sondern mit anderen Epitheta als Mann der Kirche; Eugippius, epist. ad Paschasium 9–10 und VSeverini 1 und 46,1 illustris femina Barbaria. Die Gleichsetzung des inlustrissimus vir Severinus mit dem heiligen Severinus wirft zudem einige chronologische Fragen auf. Den Schriften des Eugippius (epist. ad Paschasium 10, VSeverini 1) ist über das frühere Leben seines Heiligen nur zu entnehmen, dass er aus Italien stammte (homo omnino Latinus), in eine Wüste im Ostreich ging und nach Attilas Tod aus dem Osten nach Ufernoricum kam. Allerdings ist umstritten, ob dies um 467 oder bereits um 454 geschah; zum Forschungsstand Thompson 115–116, Schwarcz 25 ff. und 30 f. Wenn die frühere Datierung zutreffen sollte, kann es sich bei Severinus nicht um den gleichnamigen Konsul von 461 gehandelt haben. Der heilige Severinus starb am 8. Januar 482, nachdem er wenige Jahre zuvor die (römischen) Bewohner dazu gebracht hatte, das Grenzgebiet Noricums zu verlassen; Eugippius, VSeverini 43,9 und 44,6. Antonius erlebte selbst noch in jungen Jahren das Lebensende seines kirchlichen Lehrmeisters; VA 10. Wenn der heilige Severinus ihn

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mit fast 8 Jahren in seine Obhut genommen haben sollte, dann dürfte Antonius spätestens 473 geboren worden sein. Dieser Überlegung widerspricht eine Angabe in seiner Vita, nach der Antonius hochbetagt (grandaevus), also im Alter von mehr als 60 Jahren starb; VA 35. Da Ennodius seine VA um 506 verfasste, müsste Antonius aber vor 446 zur Welt gekommen sein und hätte den heiligen Severinus bald nach dessen Ankunft in Noricum kennengelernt, sofern man diese in die Zeit um 454 datiert. Das Problem ließe sich lösen, wenn man die Abfassungszeit der VA in das Lebensende des Ennodius um 520 datierte; dann wäre Antonius beim Tod des heiligen Severinus über 20 Jahre alt gewesen; vgl. Gioanni (2006) CXLVII ff. Dem widerspricht aber die Einordnung von Ennodius’ Werken in die Zeit von 495/496 bis 513; Sundwall 13, 37, 72–83; Rohr (1995) 16 ff. Buzzetti (44) und Russo (1996b, 26 Anm. 51 und 2001, 84) meinen indes, dass die Altersangabe grandaevus nicht wortwörtlich aufzufassen sei, sondern im weiteren Sinn den Gegensatz zwischen jung und alt betone. Dagegen spricht aber der Gebrauch dieses Adjektivs bei Ennodius, der z. B. Epiphanius’ Vorgänger Crispinus zu Recht ebenfalls als grandaevus bezeichnet; VE 37 und 45, VA 30 und 38; vgl. Marconi (2013a) 101 Anm. 349. Zu bedenken ist ferner, dass Eugippius in seiner vita Severini mit keinem Wort den heiligen Antonius erwähnt, obwohl er sonst verschiedene Mönche nennt. Bei Ennodius wäre zu erwarten gewesen, dass er, wenn er den heiligen Severinus gemeint hätte, ihn gerade aufgrund seiner überragenden Bedeutung entsprechend herausgehoben hätte, wie er es sonst bei anderen Geistlichen tat (VE 35, 151, 173), zumal der Ruf des heiligen Severinus schon zu seinen Lebzeiten bis nach Mailand reichte; Eugippius, VSeverini 26,1; Schwarcz 29. Nach Rohr (2001, 113) wird der heilige Severinus in der VA »als Pneumatiker mit seherischen Gaben« dargestellt. 15 Der Ausdruck tirocinium bezeichnet eigentlich die Dienstzeit eines Rekruten und wurde gewählt in Bezug auf die Bezeichnung des Kirchendienstes als militia Christi; vgl. caelestis militia VA 10. 16 Ennodius gibt nicht an, wo Constantius Bischof war. Eugippius erwähnt in der VSeverini 30,2 einen sanctus Constantius, der Bischof von Lauriacum war und dem der heilige Severinus durch einen Mönch rechtzeitig vor einem Überfall der Feinde warnte; Lotter (1976) 233 f. Allerdings stehen die Angaben in der VSeverini in einem gewissen Widerspruch zu denen in der VA. Wie Eugippius (VSeverini 31,6) berichtet, verließen die Romani unter Severinus’ Führung Lauriacum; dies geschah also vor seinem Lebensende 482. Nach der vorliegenden

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Textstelle der VA stand Constantius auch nach Severinus’ Tod seiner »römischen« Gemeinde vor; vgl. dagegen Rohr (2001) 114–115. Wenn Constantius mit Antonius’ Onkel identisch sein sollte, dann wäre Antonius als Kind bzw. als Jugendlicher von Pannonien donauaufwärts gezogen. Zum Lebensende des Constantius VA 14 Anm. 23. 17 Zu den exceptores vgl. VE 9 Anm. 9; auch Epiphanius begann als exceptor. Die Existenz von exceptores spricht für eine »funktionierende kirchliche Verwaltungsorganisation«, die es aber in Lauriacum um 480 kaum noch gab; vgl. Lotter (1971) 306. 18 Zu den Bezeichnungen für den Kirchendienst VA 9. Schwarcz (27) vermutet ohne nähere Begründung, dass Antonius in einem Kloster in Favianis (Mautern) lebte. 19 Die Bezeichnung des Antonius als noster deutet auf eine gewisse Nähe und Vertrautheit hin; vgl. VA 39 und 42. Epiphanius wird am Beginn der VE nicht so bezeichnet aufgrund seiner höheren Position und seines größeren Ansehens. Dies spricht einmal mehr dafür, dass Antonius aus Ennodius’ Umfeld stammte; vgl. Anm. 5 zu Leontius. Für den Hinweis danke ich Frau B.-J. Schröder. 20 Gemeint sind die Provinzen Pannonia superior und inferior. 21 Aus anderen Quellen sind Einfälle der Heruler, Alamannen, Thüringer und Rugier in den Nordwesten Noricums überliefert, auf denen sie Städte wie Austuria, Ioviacum und Batavis eroberten und zerstörten und die Bevölkerung drangsalierten; Eugippius, VSeverini 24,3; 25,3; 27,1 ff.; 31,4; Paulus Diaconus, HR 1,19; Alföldy 223–224. Die Rugier, die unter ihrem König Flaccitheus (453 – 482) im Nordwesten Noricums lebten, wurden wiederum von den Goten bedrängt; Eugippius, VSeverini 5,1; PLRE II 473. Einfälle der Franken und Sachsen sind im Unterschied zu den Herulern nicht überliefert. Lotter (1971, 292) begründet die Tatsache, dass Ennodius die Alamannen nicht erwähnt, mit der opportunistischen Haltung des Autors, der die mit Theoderich verbündeten Alamannen und Thüringer nicht diffamieren wollte; allerdings kam das Bündnis mit den Thüringern nicht, wie Lotter annimmt, 506, sondern erst 510 zustande; Ausbüttel (2012) 125 f. Da Chlodwig 491/492 die Thüringer und bis 506 die Alamannen unterworfen hatte, könnte Ennodius sie durchaus unter der Bezeichnung Franken subsumiert haben. Für die Erwähnung der Sachsen lässt sich keine Begründung finden, denn Noricum lag überhaupt nicht in

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dem Einzugsbereich ihrer Feldzüge. Eine Textverderbnis lässt sich für diese Stelle nicht ausmachen. Da seit 506 die Spannungen zwischen Theoderich und den Franken zunahmen, kann man den Hinweis auf sie auch als eine Spitze des Ennodius gegen sie deuten; zu Theoderichs Außenpolitik Ausbüttel (2012) 117 ff. Die Erwähnung der Heruler bietet für Lotter (1971, 293 und 1976, 225) den terminus ante quem für die Datierung der VA, da die Langobarden das Reich der Heruler 508 zerstörten. Jedoch ist die Datierung dieses Ereignisses nicht ganz sicher; es könnte auch 510 geschehen sein; Tejral 56 f. Zudem ist denkbar, dass Ennodius die Heruler einfach als Reminiszenz an ihre frühere Herrschaft erwähnte. 22 Vgl. Eugippius, VSeverini 24,3. Dieser ethnographische Exkurs ist für eine Heiligenvita ungewöhnlich. Rohr (2001, 115–116) sieht in ihm eine Kritik an den Franken, die als grausam und trotz des Übertritts ihres Königs Chlodwig zum Christentum als unglaubwürdig dargestellt und somit mit anderen heidnischen Stämmen auf eine Stufe gestellt werden. Allerdings kann sich Ennodius hier genauso ungenau geäußert haben wie an anderen Stellen der VA. 23 Für Schöffberger (32–33) bieten sich für die syntaktische Einordnung der Partizipialkonstruktion terra hospitibus deputata folgende Möglichkeiten an: Dieser Ausdruck kann nicht nur das Subjekt des Finalsatzes sein, sondern auch ein ablativus absolutus, der in diesen Finalsatz gehört oder von dem dieser Finalsatz abhängig ist. In der letztgenannten Variante wäre Constantius das zum ablativus absolutus sinngemäß gehörende Subjekt. Abgesehen von der Wortstellung ergibt diese Variante keinen Sinn, weil durch sie Constantius als ein Bischof erschiene, der sich mit den Feinden seiner Gemeinde arrangiert hätte. Wann Constantius starb, ist unbekannt. Wenn er mit dem gleichnamigen Bischof von Lauriacum gleichzusetzen ist, dann dürfte er um 480 nicht mehr am Leben gewesen sein; denn zu diesem Zeitpunkt führte der heilige Severinus die Römer aus Lauriacum fort und verteilte sie im Hinterland Noricums auf andere Städte; Eugippius, VSeverini 31,6; Alföldy, 224 f. Rohr (2001, 115) vermutet ohne nähere Begründung, dass Constantius vor 488 starb; vgl. Schwarcz 27. Nach seiner Auffassung könnte mit dem Ausdruck humana lege liberatus gemeint sein, dass Constantius nicht eines natürlichen Todes gestorben sei, sondern den damals als erstrebenswert geltenden Märtyrertod erlitten hätte. 24 Antonius wanderte wahrscheinlich mit anderen Klerikern nach Oberitalien aus. Wenn er tatsächlich von Lauriacum aufbrach, könnte er

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über Raetien über Augusta Vindelicum nach Brigantium am Bodensee und dann rheinaufwärts über Curia und den Splügenpass ins Veltlin gezogen sein, was einer Strecke von rund 750 km entsprochen hätte; vgl. die Angaben im orbis.stanford.edu. 25 Es ist dies das erste Mal, dass in der lateinischen Literatur das Tal der Adda als vallis Tellina bezeichnet wird; Buzzetti 37; zur Rezeption der Textstelle in der Regionalgeschichte Russo (1996b) 28 ff. und (2001) 86–87. Der Name leitet sich wohl von dem Ort Tellius ab, vielleicht dachte Ennodius aber an das Substantiv tellus. 26 Es ist in Heiligenviten durchaus üblich, die Gegend, in der sich ein Heiliger aufhielt, als locus amoenus darzustellen, der durch die Ankunft eines Heiligen noch mehr aufgewertet wird; Schöffberger 35 ff., Marotta Mannino (1989) 344. 27 Der Priester Marius, der vermutlich nicht mehr lebte, als Ennodius die VA verfasste, war offensichtlich für seine Tätigkeit als Exorzist bekannt und eine wichtige moralische und kirchliche Instanz im Veltlin. Die Tatsache, dass ihm ein clericorum collegium (VA 17) unterstand, spricht nicht so sehr für eine Stellung als Abt, sondern eher für eine »bischofsähnliche« Stellung. So könnte er den Bischof von Como in diesem Gebiet vertreten haben; Magani (III 163) bezeichnet ihn als sacerdote e forse corepiscopo; vgl. PCBE II 1411–12, Buzzetti 37 ff., Russo (1996b) 30 f. und (2001) 87, Marconi (2013a) 101 Anm. 349. Ob sich Antonius Marius eher bewusst oder zufällig anschloss, bleibt unklar; Marotta Mannino (1989) 345. Zu dem Ausdruck spiritus inmundus vgl. VE 177. 28 Antonius hielt eine kirchliche Laufbahn für nicht erstrebenswert und schlug somit einen anderen Weg ein als Epiphanius und sein Biograph Ennodius. Gerade dieser Punkt dürfte Ennodius bei seiner Darstellung gereizt haben, da er sich in seinem praeceptum de cellulanis mit ähnlichen Fragen befasst hat. Weitere Beispiele für eine solche Entscheidung bei Lotter (1976) 81 f. Zum clericorum collegium des Marius Anm. 27; vgl. VE 35 und 43. 29 Die Überlieferung des Namens ist umstritten. Dass hier nicht ein Märtyrer namens Felix, sondern Fidelis gemeint ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass nur der Letztgenannte am Comer See verehrt wird. So gibt es eine Kirche San Fedele in Como und eine Kapelle San Fedelino in Novate Mezzola am rechten Ufer der Mera kurz vor ihrer Mündung

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in den Lago di Mezzola, der im Laufe der Zeit durch die Ablagerungen der Adda vom Comer See getrennt wurde. Der heilige Fidelis kam während der diocletianischen Christenverfolgung ums Leben. In Mailand getauft, befreite er dort gefangen gehaltene Christen. Nachdem seine Gefährten von Soldaten Kaiser Maximians ergriffen worden waren, floh er auf einem Schiff über den Comer See. In Samólaco fiel Fidelis dann in die Hände seiner Verfolger und erlitt dort sein Martyrium. Nach dem Mailänder Kalender wird seiner am 28. Oktober gedacht. Seine Erwähnung in VA 18 ist der erste Beleg für seine Existenz. Der nächste Hinweis befindet sich in einer Urkunde Lothars I. aus dem Jahre 824, in der dem Bischof von Como ein monasteriolum Sancti Fidelis zugesprochen wird; MGH Diplomatum Karolinorum, Tomus III Urkunde 3, S. 55 ff. Alle weiteren Zeugnisse stammen aus späterer Zeit; Magani III 162; Acta Sanctorum (elektron. Ressource), Brüssel 2005 s. v. acta S. Fidelis. Im 10. Jh. wurden Fidelis Gebeine in die Kirche nach Como gebracht; Lanzoni (1927) 975–977. Wenn sich Antonius in der Nähe der Fidelis-Kapelle niedergelassen haben sollte, hätte er am Nordrand des Comer Sees gelebt; Buzzetti 38 f. und 43, Russo (2001) 85. Dass Eremiten sich in der Nähe eines Märtyrergrabes aufhielten, ist nicht ungewöhnlich; VAntonii PG 26, 853–854; Brunert 290. 30 Zur Charakterisierung des zwischen Griechenland, Sizilien und Italien liegenden Ionischen Meeres vgl. Ovid, fast. 4,566 und Lucan 6,27. Zu der Landschaft des lacus Larius äußerte sich Ennodius auch in einem Brief an den Konsular Faustus Niger; Ennodius, epist. 1,6 (= Vogel Nr. 10); Schröder 106 f. Zu weiteren Lesungen dieser Textstelle Buzzetti 43 f. 31 Der Rückzug an einen entlegenen Ort ist charakteristisch für einen Anachoreten und gehört daher in die Darstellung seines Lebens; Schöffberger 35. Im Gegensatz zum Veltlin erscheint der Berg als locus horridus; Marotta Mannino (1989) 346. Zum Rückzug in eine unwegsame Gegend vgl. Hieronymus, VHilarionis 31,9 PL 23, Sp. 46 und VPauli 5 PL Sp. 23, 21. 32 Mit diesen Bemerkungen will Ennodius veranschaulichen, wie sein Heiliger die Natur bändigte und erschloss. 33 Nach christlicher Auffassung besaß das Feuer eine reinigende Wirkung; vgl. Marotta Mannino (1995) 621.

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34 Vgl. Ennodius’ Ausführungen zur asketischen Lebensweise des Epiphanius; VE 47–48; R. Arbesmann, RAC 7 (1966) s. v. Fasten, 447–493. Zu den Mönchsregeln Cassianus, inst. 5,14. 35 In dem Hinweis, dass Antonius frei von adrogantia war, sieht Brunert (293) eine versteckte Kritik an Eremiten, deren Lebensweise ein derartiges Verhalten bewirkte. 36 Das »Lachverbot« hing mit dem Streben zusammen sich stoisch und folglich frei von Affekten zu geben; Sulpicius Severus, VMartini 27,1; Jacques Fontaine, Sulpice Sevère. Vie de Saint Martin, Paris 1969, Bd III 1103–06; zu dieser Textstelle. vgl. VAntonii 67 PG 26, Sp. 939; Hilarius, sermo 26,2; Brunert 293. 37 In diesem längeren, unübersichtlichen Satz wird im letzten Teil ganz deutlich gesagt, dass es sich um einen homicida handelt. Schöffberger (38–39) bemerkt, dass es eigentlich se portavit homicidam heißen müsste, das Reflexivpronomen aber weggelassen worden sei, um den Gegensatz zwischen dem Auftreten des Mannes und seinem wahren Charakter zu verdeutlichen. 38 Die Darstellung des Mannes erinnert sehr an die Darstellung des hinterlistigen Satans. 39 Mit göttlicher Hilfe ist Antonius in der Lage, den wahren Charakter und das Wesen des sich gottesfürchtig gebenden Mannes zu erkennen. Durch die folgende direkte Rede wird diese Hilfe noch mehr verdeutlicht. 40 Hier wird auf das Bild des guten Hirten angespielt; vgl. NT Joh. 10,12. Der Hinweis auf das sanctum collegium spricht dafür, dass Antonius nicht gänzlich als Eremit lebte, sondern Gleichgesinnte um sich versammelt hatte, denen sich der Mörder anschließen wollte; vgl. VA 31 und 38. 41 Der Ausgang dieser Geschichte erinnert an die Erzählung über Petrus, der den Betrug eines Ehepaares aufdeckte, das daraufhin tot zu Boden fiel; NT Apostelgeschichte 5,1–11; Schöffberger 41. 42 Krankenheilungen sind immer wieder ein Chrakteristikum eines Heiligen und gehören zu seiner Vita; vgl. Sulpicius Severus, VMartini 7,1–7.

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43 Es war nicht Menschenfeindlichkeit, die Antonius veranlasste, sein Refugium aufzugeben, sondern das Streben nach einem ganz auf Gott ausgerichteten Leben. Mit vere monachus ist nicht das Leben eines Mönches, sondern das eines Eremiten gemeint. 44 Auch Jesus lebte in der Wüste mit wilden Tieren; NT Marcus 1,13; vgl. Sulpicius Severus, dial. 1,25; Schöffberger 43. 45 Ob dem Bär hier eine symbolische Bedeutung als Macht des Bösen oder gar des Teufels zukommt, ist fraglich, weil diesem Tier verschiedene Bedeutungen zugeschrieben werden; S. Zenker, RAC 1 (1950) s. v. Bär, 1145 f.; vgl Schöffberger 44. Mann kann die Geschichte aber auch einfach als eine besondere Begegnung zwischen Mensch und Tier auf sich wirken lassen. 46 Schöffberger (45) verweist hier auf die »freie Paraphrase« von NT Lukas 3,4 –6. 47 Die folgende Rede (VA 36–37) ist die einzige, in der Ennodius Antonius selbst zu Wort kommen lässt. Sie ist von zentraler Bedeutung, weil Antonius in ihr darlegt, warum er nach einem jahrelangen Leben als Eremit sich auf einmal für das Klosterleben entscheidet; vgl. Marotta Mannino (1989) 350. Nach Lumpe (1969, 30 ff.) erinnert der Abschnitt über Antonius’ Hinwendung zum Klosterleben an das praeceptum de cellulanis des Ennodius (opusc. 7,6–8 = Vogel Nr. 8). 48 Es wäre aufgrund seines Alters naheliegend gewesen, wenn Antonius sich für eine nicht weit entfernte klosterähnliche Gemeinschaft in Oberitalien entschieden hätte. Allerdings war das Klosterleben dort zu Beginn des 6. Jh.s noch ohne besondere Ausprägung und bot kein einheitliches Bild. Wenn Antonius ein Schüler des heiligen Severinus war, dann hätte es sich für ihn auch angeboten, sich der Mönchsgemeinschaft an dessen Grabstätte in Lucullanum bei Neapel anzuschließen; zur Entwicklung des Klosterlebens in Italien Prinz 331, Jenal 12 ff., 135 ff., 157–162, 216–221. Dass Antonius’ Wahl gerade auf Lerinum fiel, überrascht insofern, als diese Mönchsinsel vor allem Gläubige aus Gallien anzog, unter denen sich viele Söhne aus angesehenen Familien befanden; aber das dürfte für Antonius nach seinem langen Leben als Eremit nicht ausschlaggebend gewesen sein, sondern eher das von den lerinischen Mönchen praktizierte »ägyptische Anachoretentum«; Pricoco 86 ff., Brunert 298, Prinz 56 ff. Eine gewisse Parallele ist in dem Leben des heiligen Martin zu finden, der aus Illyrien stammend,

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ein monasterium bei Mailand gründete und sich dann auf die Insel Gallinaria bei Genua zurückzog, ehe er nach Gallien kam; Sulpicius Severus, VMartini 6,4.5; vgl. Jenal 21. 49 Die Anspielungen auf den militärischen Bereich passen zu der Bezeichnung des Kirchendienstes als caelestis militia (VA 10) und zu dem Tenor der Vita; vgl. VA 28. 50 Diese Aussage steht im Widerspruch zu dem Leben des Antonius als vere monachus (VA 31). Auch an seinem letzten Zufluchtsort lebte Antonius nicht ganz allein, sondern in Gemeinschaft mit anderen, wenn auch wenigen Mönchen. 51 Die Strecke vom Comer See nach Lérins beträgt immerhin rund 650 km. Antonius war daher wohl mehr als zwei Wochen unterwegs, sofern er nicht mit einem Schiff entlang der Küste fuhr. 52 Zu der Lichtsymbolik, die in diesem und in dem folgenden Kapitel anklingt, Schöffberger 48, 52 ff. 53 Das Bild von den centeni fructus galt ursprünglich für die Märtyrer und wird hier auf die Mönche übertragen, die ein martyrium spirituale auf sich nehmen; Schöffberger 48. 54 Erneute Anspielung auf den Satan; vgl. VA 26, 35, 37. Zur Formulierung vgl. NT Offenbarung 12,9 und 20,2.

Abkürzungen AS AT CIL CSEL ILS LMA MGH AA NT PCBE PG PL PLRE RAC RE TRE VA VE

Acta Sanctorum Altes Testament Corpus Inscriptionum Latinarum Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Inscriptiones Latinae Selectae (hg. von H. Dessau) Lexikon des Mittelalters Monumenta Germaniae Historica, Scriptores. Auctores Antiquissimi Neues Testament Prosopographie Chrétienne du Bas-Empire 2 Italie, Bd I und II Patrologiae cursus completus; series Graeca Patrologiae cursus completus; series Latina The Prosopograhy of the Later Roman Empire Reallexikon für Antike und Christentum Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft Theologische Realenzyklopädie Vita Antoni (Ennodius, opusc. 4 = Vogel Nr. 240) Vita Epifani (Ennodius, opusc. 3 = Vogel Nr. 80)

Die Abkürzung der Zeitschriften erfolgte nach dem Verzeichnis der Année Philologique.

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Register Adda  164, 165 Aemilia   100 aerarium 135 Akakianisches Schisma  s. Akakios Akakios (Patriarch v. Konstantinopel)  9, 12, 131 Alamannen 162 Alarich 121 Alarich II.  118 Alexander d. Gr.  20, 94, 134 Alpen  58, 84, 118, 120, 130, 134 Alypia 114 Amalasuintha 132 Amaler 123 Ambrosius (Bischof von Mailand  14, 20 amicitia-Verhältnis 119 Anastasius I.  11, 12, 131 Anicii  10, 117 Ansiedlung (von Germanen)  128 Anthemius  15, 18, 48–58, 110–115, 119, 128, 129 Antonius von Lérins  13, 22–25, 142–156 passim, 158–168 passim Antonius (Eremit)  26 Aosta-Tal  120, 135 Archidiakon 107 Archotamia 25 Arianer  112, 119, 131 Arles  10, 118 Aquileia 11 Askese/ Asketen  15, 16, 24, 109, 110, 115, 116, 148ff., 158, 166 Attila  120, 121, 160 Augusta Vindelicum  164 Auvergne 118 Austuria 162 Avitus (Bischof von Vienne)  14, 21, 94, 129, 131, 134, 160 Avitus (Kaiser)  110 Batavis 162 Belisar 113 Bischof(samt)  44ff., 107f., 108ff. (Nominierung), 16, 115, 120 Bischofsgericht 107

Bodensee 164 Boëthius 10 Bologna 136 Bonosus  42, 107 Brigantium 164 Burco  15,19, 36, 38, 106ff. Burgunder  80, 88, 92, 122, 128, 129, 130, 131, 133, 134 Campanien 121 Capraria  38, 107 Cato 78 Chalcedon (Konzil von)  9, 11 Charybdis  100, 136 Chlodwig 162 Cicero  17, 78 clausurae 133 Clermont 119 coemptiones 123 Comer See  25, 146ff., 158, 164, 165, 168 Como  164, 165 comes domesticorum 117 comes sacrarum largitionum 136 comites (Gothorum) 135 consecratio 116 consiliarius  118, 133 Constantin 104 Constantius (Bischof)  142, 144, 161, 162, 163 Cottische Alpen  135 Crispinus (Bischof von Pavia)  17, 32, 36–40, 105, 107 –109, 161 Curia (Stadt)  164 Curialen 122 Dalmatien  117ff., 129 Datius (Bischof von Mailand)  113 David  52, 82, 100, 130 Diakon(at)  15,16, 38, 106, 107, 131 Donau  142, 159 Ecdicius 118 Edeco 120 edictum Theoderici  125ff.

182

Register

Elias  94, 134 Ennodius, Magnus Felix  9–25 passim, 105, 106, 107–137 passim, 158–168 passim Epiphanius  10, 11, 13–17, 19, 21, 31–102 passim, 104–137 passim, 159, 162, 164 Erelieva 123 Eremit  23f., 146ff., 165, 167 Eugippius  25, 160, 161 Euprepia 158 Eurich  15, 18, 19, 58–62, 118, 119, 133, 160 Eutharich 132 exceptor  16, 105, 162 Exorzist 164 Faustus Niger  10, 165 Faventia 125 Favianis 162 Felix (Märtyrer)  164 Fidelis (Märtyrer)  146, 164, 165 Flaccitheus 162 Focaria  32, 104, 117 Foederaten 118 Franken  144, 162 Friderich 125 Fulgentius von Ruspe 14 Galater  48, 112 Gallinaria (Insel)  168 Geiserich  17, 133 Gelasius I.  20, 131 Genf  10, 94 Genfer See  130, 134 Genua  120, 168 Gepiden 125 Germanus von Auxerre  14 Gesandtschaftswesen  17ff., 113, 122, 135 gesta municipalia 125 Glycerius  15, 58, 117, 129 Godigisel  14, 15, 94, 129, 134 Goten  52, 54, 72, 110, 114, 118–121, 124, 128, 162 Grundbesitzer 68 Gundioc 28 Gundobad  15, 18, 19, 84–94, 113, 128, 129, 132, 133, 160

Heermeister   110ff., 115, 117, 118, 120, 124, 125, 128, 129 heilige Jungfrauen  116 Heiliger Geist  30, 104, 108, 142, 159 Heruler  121, 144, 162, 163 Hildesheim  22, 136 Honorata  15, 56, 115, 116, 121 Honorius 114 Hormisdas  11, 12 Hunnen 121 Îles d`Hyères  120 inlustris vir  42, 108, 142, 160 Ionisches Meer  165 Ioviacum 162 Isonzo 124 Italien  62, 64, 70, 80, 86, 92, 110, 117, 121, 125, 129, 135, 144, 160 Jesus  16, 167 Julianische Kalender  114ff. Jura 134 Kirchenbau  66ff., 122 Kleiner St. Bernhard  135 Klosterleben  24f., 167f. Konstantinopel  10,12, 118, 124 Krankenheilungen 166 Kriegsgefangene   86ff., 130, 133ff. Lachverbot 166 Laconius (Senator)  17, 90, 92, 133, 160 Lago di Mezzola  25, 165 Langobarden 163 Larius  s. Comer See Lateran 104 Laurentianisches Schisma  25, 126 Laurentius (Märtyrer)  86, 131 Laurentius (Bischof von Mailand)  10, 11, 13, 22, 74, 110, 126 Laurentius (Gegenpapst)  11 Lauriacum  159, 161–163 Lektor  16, 32, 46, 105, 106, 159 Leo (Senator)  17, 60, 118, 133, 160 Leo I. (Kaiser) 111, 114, 117 Leontius  25, 140, 158 Lérins/ Lerinum  15, 18, 23–26, 64, 120, 154, 158, 167, 168 Lerum  64, 120

Register Levit  16, 36, 106 Libius Severus  110 Licinianus 118 Licinius 104 Ligurien/ Ligurer  48, 58, 109, 111, 114 (Landtag), 108, 111 (Provinz), 10, 26, 50, 56, 68, 74–82, 88, 90, 96, 111, 113, 115, 118, 123, 127, 129, 134 Lothar I.  165 Lucullanum 167 Luminosa  56, 64, 116, 121 Luminosus 116 Lyon  10, 84, 92, 130, 131, 133 magister officiorum  111, 113, 118 Mailand  10, 21, 25, 26, 36, 44, 56, 70, 108, 110, 113, 115, 117, 124–127, 161, 168 Maiorian  110, 116 Marcian 111 Marius (Priester)   146, 164 Marseille  118, 120 Martin von Tours  121, 167f. Maurus  32, 104 Maximinian (Kaiser)  165 Maximinus Daia  104 Maximus (Bischof von Pavia)  11, 14, 21 Maximus (Senator)  13 Mera 164 Metropolit  110, 126 militia Christi 158, 161, 168 Mirocles (Bischof von Mailand)  32, 104ff. Mönche  158ff., 167 Mutina 136 Narbo 118 Nazarus 11 Neapel 167 Nepos, Julius  18, 19, 58, 62, 64, 104, 117–120, 129 Noricum  23, 120, 125, 159–163 notarii  105, 120 Novae 124 Novate Mezzola  164 Odoaker  15, 19, 21, 64–70, 120–129, 133

183

officia palatina  52, 113 Olybrius, Anicius  58, 117, 129 Orestes  64, 66, 120–122 Ostrogotho  19, 132, 133 Otto I.  136 Pannonien   124, 144, 159, 162 Parma  100, 136 Paulinus (Diakon)  14 Paulus Diaconus  22 Pavia  10, 12, 15, 20f., 22, 42, 44, 50, 56, 60, 64, 66, 70 –76, 84, 94, 100, 105–109, 114–116, 120–127, 135, 136 Pelagius  68, 123 Petrus  22, 166 Piraten 120 Placentia  66, 136 Po  21, 36, 96 postliminium 135 Priester (Presbyter)   34, 106 (Aussehen), 62, 119 (Arianer), 107 principales 111 Proskynese 112 quaestor sacri palatii  118, 127 Raetien 164 Ravenna  11, 14, 96, 100, 108, 120–122, 126, 131, 135 Rechtsprechung 125 Reskripte  127ff., 133 rex (Italien)  120 Rhône  84, 118 Rikimer  19, 21, 48–58, 110–117, 120, 128 Rom  48, 50, 56, 113, 114ff., 128, 131 Romanus  11, 111 Romulus Augustulus  120, 121 Rugier  72, 125, 162 Rusticius (Senator)  42, 108ff. Rustic(i)us (Bischof von Lyon)  14, 20, 84, 130, 131, 160 Sachsen  144, 162ff. Salona  117ff. Samólaco  165 Sant’ Eufemia  122 San Fedele/ Fedelino  25, 164 San Francesco d’ Assisi  136

184

Register

SS. Gervasius et Protasius  66, 121, 122 S. Maria Vecchia  116 San Michele  121 SS. Nazarius et Celsus  66, 121 San Pietro  121 SS. Vicentius et Gaudentius  116, 136 Sapaudia  92, 134 Saul  82, 127, 130 Scylla  100, 136 Secundinus  142, 159 Segusio 118 Senat (von Rom)  12 Severin (Heiliger)  23f., 142, 160, 161, 163, 167 Severinus, Flavius (Senator)  22, 142, 160 Severus (Senator)  17 Sidonius Apollinaris  118 Sigerich 132 Sigismund  19, 90, 132 Silvester (Archidiakon)  42, 107ff. Skiren  120ff. Sopianae 159 Splügenpass 164 Staatspost 115 Steuern  122ff., 135 (Befreiung), 68, 98 Stoechades insulae  64, 120 Subdiakon  16, 36, 106 Sueben 110 Summias (Sommo Lomellina) 36, 106ff. Surus (Syrus, Bischof von Pavia)  22, 122 Syagria  92, 134 Symmachus (Papst)  10, 11, 13, 116

Tarantasia/ Tarentaise  94, 135 Theodemer 123 Theoderich 10–20 passim, 70–102 passim, 106, 111, 123–135, 162, 163 Theodosius I.  20, 114 Thüringer  120ff., 162 Ticinum  s. Pavia Toulouse  58, 60, 62, 118 Tours 131 transitus/translatio Sancti Epiphanii 22f. Tridentum 125 Tufa  70, 125 Urbicus (Senator)  17, 78, 127 Valentinian III.  114, 117 Valeria (Provinz)  142, 159 Valerian 131 Vallia 110 Vandalen  111, 114 velatio 116 Veltlin  25, 144, 164, 165 Verbannung 127 Vercellae 118 Verona   124, 125 via Aemilia 136 Victor (Märtyrer) 12 Victor (Bischof von Turin)  82, 86, 90, 130 Vienne 130 Vigilien  46, 110 Zeno  17, 118, 124, 125 Zweigewaltenlehre 131