Hauptsätze der Elementar-Mathematik zum Gebrauche an höheren Lehranstalten: Ausgabe A. [27. Aufl. des Stammbuches. Reprint 2018] 9783111689517, 9783111302119


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German Pages 292 Year 1912

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Table of contents :
Vorwort
Aus der Vorrede zur achtzehnten Auflage
Vorwort zur fünfundzwanzigsten Auflage
Vorwort zur sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Auflage
Inhalt
I. Planimetrie
II. Arithmetik mit Einschluß der Algebra und niederen Analysis
III. Ebene Trigonometrie
IV. Stereometrie
V. Sphärische Trigonometrie nebst Anwendung auf die mathematische Erd= und Himmelskunde
VI. Über den Koordinatenbegriss und einige Grundlehren von den Kegelschnitten
VII. Tafeln
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Hauptsätze der Elementar-Mathematik zum Gebrauche an höheren Lehranstalten: Ausgabe A. [27. Aufl. des Stammbuches. Reprint 2018]
 9783111689517, 9783111302119

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Dr. L. G. Mehler

Hauptsätze der Elementar-Mathematik CTeubeatbtitet von A. Schult«.Tigge«, Direktor des Realgymnasium« zu Rassel.

Ausgabe A.

Hauptsätze der

Elementar-Atathemarik zum Gebrauche an höheren Lehranstalten von

Dr. S. G. Mchl-r. Neubearbeiter von A. Gchulte-TigAes, Direktor de- Realgymnasiums zu Rasiel.

Ausgabe A. Siebenundzwanzigste Auflage des Stammbuches. Mit J97 Figuren im Text und auf l Tafel.

Berlin W. 35 Druck und Verlag von Georg Reimer

1912.

Vorwort. Herr F. G. Mehler, welcher als Mitglied unseres mathematischen Seminars Gelegenheit hatte, die Verteilung des Lehrstoffs zwischen meinem Herm Kollegen Dr. Luchterhand und mir auf unserem Gymnasium kennen zu lernen, hat sich bereitwillig der Mühe unter» zogen, die Hauptsätze der Mathematik, welcher wir bei unserem Unterricht bedürfen, in einer unseren Zwecken entsprechenden Weise zusammenzustellen. Wir wünschen ihm hiermit unseren Dank für seine Mühe auSzusprcchen, von der wir den erheblichsten Nutzen für unser Gymnasium zu hoffen berechtigt find. Berlin, bot 16. April 1859. Schellbach.

Au- der Vorrede zur achtzehnten Auflage. Wie aus dem Vorworte ersichtlich ist, verdankt daS vorliegende Buch seine Entstehung einer von Professor Schellbach gegebenen Anregung. Nachdem es mir im Sommerhalbjahre 1858 vergönnt gewesen war, allen Unterrichtsstunden, welche der Meister seines Fache- in den oberen Klaffen des Königlichen Friedrich-WilhelmsGymnafiums erteilte, beizuwohnen und so nicht nur die Endziele, bis zu welchen er seine Schüler führte, kennen zu lernen, sondem auch die Art und Weise, wie er sie mit den Elementen der von ihm gelehrten Disziplinen bekannt machte, folgte ich gem seiner Auf­ forderung, die Elemente der Mathematik nach dem von ihm fest­ gestellten Plane und unter seiner Mitwirkung zu bearbeiten. Bei der ersten Auflage konnte es durch den Zweck, dem das Buch nach dem Vorworte zunächst dienen sollte, gerechtfertigt erscheinen, wenn cs in einzelnen Abschnitten nur eine Zusammenstellung der Haupt-

VI

Vorwort.

sächlichsten Sätze ohne deren Begründung gab. Al- eS allmählich in immer weiteren Kreisen Beifall fand, erhielten auch seine einzelnen Teile nach und nach eine annähemd gleichmäßige Ausführung. Der Beteiligung SchelIbachs an der Herstellung der etnzelnm Auflagen ist in den Borreden zu denselben Erwähnung geschehen. DaS dort Gesagte darf ich diesmal wohl kurz dahin zusammenfassen, daß er durch vielfältige Anregungen und zahlreiche Berbefferungsvorschläge unablässig bemüht gewesen ist, das von ihm inS Leben gerufene Buch zu vervollkommnen, und es durch wertvolle eigene Beiträge (wie bett »Anhang zur Trigonometrie*, die »Elementare Entwicklung der ein­ fachsten transzendenten Funktionen* und den »Anhang* am Schluffe des Buches) bereichert hat. Die unveränderte geistige Frische, die noch vor zwei Jahren in den Briefen meines hochverehrten, damals bereits im 88sten Leben-jahre stehenden Lehrer- sich kundgab, und die er sich bi- zu seinem Lebensende bewahrte, ließ mich hoffen, daß er mit seinem freundschaftlichen Rate mir noch länger zur Seite stehen werde; doch am 29. Mai 1892 entriß ein unerwarteter Tod den hochverdienten Mann seinen Angehörigen und seinen zahlreichen Freunden und Verehrern. Die vorliegende neue Auflage bin ich bestrebt gewesen in voller Übereinstimmung mit den neuen Lehrplänen zu gestalten, und doch, wie es wohl selbstverständlich ist, unter möglichst vollständiger Er­ haltung des bisherigen Charakters und Inhaltes des Buche-. Es zeigte sich, daß nur wenige Abschnitte einer teilweisen und vorwiegend die Anordnung des Stoffe- betreffenden Umarbeitung bedurften, und daß im übrigen den neuen Lehraufgaben durch Htnzufügung einiger Ergänzungen entsprochen werden konnte.......... Elbing, den 24. Januar 1894. F. G. Mehler.

Vorwort zur fünfundzwanzigsten Auflage. Bei der Neubearbeitung von Mehlers »Hauptsätzen der Elementar­ mathematik* sah sich der Herausgeber einer doppelt schwierigen Auf­ gabe gegenüber: Auf der einen Seite galt es, daö Buch den unabweislichen Forderungen neuzeitlicher Methodik und auch den amüichen

LehrplLnea insbesondere der realistischen Anstatten anzupassen, ohne seine anerkannten Vorzüge zu beeinträchtigen; andererseits aber mußte Rücksicht genommen werden auf die außerordentlich weite Verbreitung des Leitfadens, und eS schien nicht mehr als recht und billig, die Gefühle derer zu schonen, denen das Buch in seiner bisherigen Gestalt durch langjährigen Gebrauch lieb und wert geworden war. Beiden Ansprüchen in einem Buche gerecht zu werden, erwies sich im Laufe der Bearbeitung immer mehr als unmöglich, und so blieb nur übrig, das Stammbuch in einer ergänzten, sonst aber wenig veränderten Form (Ausgabe A) beizubehalten, während daneben eine völlig neue Ausgabe als Ausgabe B erscheinen soll. Diese letztere wird den neueren Anschauungen über den Inhalt und die Methode des mathematischen Unterrichts weitreichenden Spielraum gewähren und soll, mit hinreichendem Übungsstoff versehen, in Unter» und Oberstufe getrennt erscheinen, die letztere wiederum in drei Bändchen (I. Synthetische Geometrie der Kegelschnitte in engster Verbindnng mit neuerer und darstellender Geometrie; II. Arithmetik, Trigonometrie, Stereometrie; III. Funktionale Geometrie (Graphische Darstellung von Funktionen, Analytische Geometrie der Ebene, Grundzüge der Differential- und Integralrechnung). Von diesen Bändchen ist das erste, auf dessen Vorwort hiermit hingewiesen sei, bereits erschienen. Hinsichtlich des Umfangs wird die Ausgabe B sich nach den Bedürf­ nissen der realistischen Anstalten richten. Bei der vorliegenden Ausgabe A hingegen mußte die Forderung maßgebend sein, die neue Auflage so zu gestalten, daß sie neben den älteren gebraucht werden könne. Demzufolge ist der bisherige Wort­ laut, von einzelnen unten näher bezeichneten Abschnitten abgesehen, möglichst unverändert beibehalten worden. Eine — für den Gebrauch neben den früherm Auflagen belanglose — Änderung wurde durch neuere sprachliche Anforderungen bedingt. So ist z. B. die Ver­ wendung der Wötter .welcher* und .derselbe* eingeschräntt, und es sind manche Fremdwörter wie Polygon, homolog, Resultat, Parallel­ epipedon durch die entsprechenden deutschen Ausdrücke ersetzt worden. Dagegen ist.— unter Zusammenfassung der beiden bisherigen arithmettschen Abschnitte und Absonderung der sphärischen Trigonometrie von der Stereometrie — die Bezifferung der Paragraphen, die durch die Einfchiebungm der ftüheren Auflagen allmählich unzweckmäßig geworden war, durchweg neu und einheitlich geregelt worden, wobei

VIII

Borwort.

aber die alten Paragraphenzahlen den neuen in Klammern hinzu­ gefügt find. Auch die Figuren find größtenteils erneuert und bei dieser Gelegenheit die Hülsslinien von den anderen durch Strichelung unterschieden worden. Von kleineren Hinzusügungen seien hervor­ gehoben: Umkehrungssätze vom Parallelogramm (I § 41, 42), geome­ trische Örter aus der Kreislehre (I §;62), Zusätze zu I § 74 und 75, andere Auslösung reziproker Gleichungen (II § 24, 26), andere Beweise für den Sinus- und Kofinussatz (III § 7,8), andere Ableitung der Formel für den Inhalt des Pyramidenstumpfs (IV § 27), Gleichungen der Ge­ raden durch einen und zwei Punkte (VI § 10), andere Ableitung der Ellipsengleichung (VI § 25), Tangentengleichungen (VI § 13,18,29, 38). An größeren Änderungen und Ergänzungen find zu vermerken: Der Beweis zu I § 115 (111) ist neu, und zwar weniger künstlich gestaltet worden. In der algebraischen Geometrie ist für die Be­ rechnung einzelner Dreiecksstücke ein anderer Ausgangspunkt gewählt worden, so daß man nicht unbedingt mehr nötig hat, auf die Berührungskreise und die von ihnen gebildeten Abschnitte einzugehen. Eine nähere Ausführung und Erweiterung ist der Zinseszins- und Rentenrechnung zuteil geworden; an eine etwas vereinfachte Ableitung des binomischen Satzes für positive ganze Exponenten schließt sich jetzt eine kurze Übersicht der Eigenschaften der Binomialkoeffizienten an. Auch die sphärische Trigonometrie hat in ihrem Aufball eine Ver­ einfachung erfahren, indem zunächst die Formeln des rechtwinkligen Dreiecks und mit ihrer Hülfe der Sinus- und die beiden Kosinussähe entwickelt sind. Es steht daher nunmehr frei — und das erscheint besonders wichtig für die Gymnasien —, mit der Ableitung dieser Formeln den theoretischen Teil der sphärischen Trigonometrie abzu­ schließen und sofort zu den Anwendungen überzugehen. Gänzlich neu sind als den amtlichen Lehraufgaben der Gymnasien entsprechend die folgenden Abschnitte hinzugefügt: Wahrscheinlichkeitsrechnung, wieder­ holender Aufbau des arithmetischen Lehrgangs, Anleitung zum perspek­ tivischen Zeichnen räumlicher Gebilde (mit Aufgaben und einer Figuren­ tafel), Anwendung der sphärischen Trigonometrie auf die mathematische Erd- und Himmelskunde. Alle im letzten Absatz erwähnten Änderungen und Ergänzungen haben außerdem Aufnahme gefunden in einem besonderen, für die Benutzer der früheren Auflagen bestimmten Ergänzungsheft, das demnach auf etwa 45 Seiten die nachstehenden Teile umfaßt:

Vorwort.

IX

1. Zur Lehre von den KreiSpolaren; 2. Aus der algebraischen Geometrie: Berechnung einzelner Dreiecksstücke; 3. Zinseszins- und Rentenrechnung; 4. Wahrscheinlichkeitsrechnung; 5. Binomischer Satz für positive ganze Exponenten; 6. Wiederholender Ausbau deS arithmettschen Lehrgangs; 7. Anleitung zum perspektivischen Zeichnen räumlicher Gebilde; 8. Sphärische Trigonometrie; 9. Anwendung der sphärischen Trigono­ metrie auf die mathematische Erd- und Himmelskunde. Dieses Ergänzungsheft ist zum Preise von M. —.40 zu haben und soll den Besitzern der vorangegangmm Auflagen deren Gebrauch neben der jetzigen ermöglichen. Es dürste sich aber auch jetzt schon als Ergänzung in den Klaffen eignen, die noch durchweg im Besitz früherer Auflagen find. Wie die Übersicht zeigt, kommen für den Gebrauch des Ergänzungshestes an den Gymnasien nur die oberen Klaffen in Betracht. Infolge der vorstehenden Erweiterungen deS Inhalts ließen sich Streichungen nicht vermeiden, wenn der Umfang de- Buches nicht wesentlich über dm bisherigen hinausgehm sollte. Ausgeschieden ist besonder- weniger Wichtiges auf arithmetischem Gebiet, ferner einzelne goniometrifche Formeln, § 222 und 233a, dazu einige Kegelschnittssätze, insbesondere solche über zwei Tangenten. Selbstverständlich handelt es sich hier nur um Sätze und Abschnitte, durch berat Aus­ scheidung der Zusammenhang des Ganzm nicht leidet und die sich im Unterricht gleichwohl, wo sich das Bedürfnis zeigt, leicht wieder ein­ fügen lasten. Zu ganz besonderem Danke ist der Herausgeber Herrn Professor Frenzel in Lauenburg i. P., der ihm die Ergebnisse langjähriger Erfahrung ftmndlichft zur Verfügung stellte, für seine wertvollm Ratschläge und Anregungen verpflichtet. Für die Mitteilung von Erfahrungen beim Gebrauch der neuen Auflage und VerbesserungsVorschläge würde der Unterzeichnete den Fachgmoffm stets dankbar sein, da es sein Wunsch ist, daß die Jubiläumsausgabe des .Metzler' dm vielm alten Freunden gefallen und sich neue hinzu erwerben möge. Caffel, im Dezember 1907. A. Schulte-Tigges.

Mehler-Schulle-rigye-. Elementar-Mathematik. 27. EufL

Vorwort zur sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Auflage. Die 27. Auflage ist wie die 26. ein fast ganz unveränderter Abdruck der vorhergehenden. Gestrichen find nur in der Übersicht auf S. 153 die beim gewöhnlichen Rechnen nicht vorkommenden und daher künstlich erscheinenden Formen; auch wurde auf S. 221 noch eine zweite Definition des Stundenwinkels zugelaffen. Zm übrigen sind nur eine Anzahl Druckfehler berichtigt worden. Cassel, im September 1909 und 1911. A. Schulte-Tigges.

Inhalt. Seite

I. Planimetrie. Einleitung....................................................................................... 1. Von den Winkeln und Parallelen...................................... 2. Von den geradlinigen Figuren.......................................... 3. Vom Kreise....................... ........................................................ 4. Von der Gleichheit und Ausmeffung der geradlinigen Figuren....................................................................................... 5. Von der Ähnlichkeit der Figuren......................................

28 35

6. Von dm regelmäßigen Vielecken und der Ausmeffung des Kreises................................................................................ 7. Erweiterung derÄhnlichkeitslehre........................................

44 49

8. Aufgaben auS der algebraischenGeometrie......................

68

1 2 7 21

II. Arithmetik mit Einschluß der Algebra und niederen Analysis. 1. Die vier Grundrechnungsarten.......................................... 75 2. Potenzen und Wurzeln......................................................... 90 3. Proportionen................................................................................100 4. Gleichungen..................................................... •.......................103 5. Kettenbrüche ................................................................................113 6. Logarithmen................................................................................122 7. Arithmetische und geometrische Reihen nebst Anwendungen 125 8. Kombinatorik und Wahrscheinlichkeitsrechnung............... 137 9. Binomischer Satz........................................................................142 10. Anwendungen des binomischen Satzes.................................. 147 11. Wiederholender Aufbau des arithmetischenLehrgangs . 152 in. Ebene Trigonometrie. Einleitung........................................................................................... 165

1. Die trigonometrischen Funktionen spitzer und stumpfer Winkel und die Auflösung ebener Dreiecke.............. 165 2. Die Kreisfunktionen (Goniometrie).................... 176 IV. Stereometrie. 1. Bon der Lage der Ebenen und Geraden imRaume . 186 2. Von dm körperlichen Ecken.................................190 3. Von den Polyedern............................................ 193 4. Von dem Zylinder, dem Kegel und -erKugel .... 200 5. Anleitung zum perspektivischen Zeichnen räumlicher Gebilde.................................................................... 207 V. Sphärische Trigonometrie nebst Anwendung auf die mathematische Erd« und Himmelskunde. 1. Sphärische Trigonometrie........................................... 213 2. Anwendung auf die mathem. Erd« und Himmelskunde 220 VI. Über den Koordinatenbegrisf und einige Grund­ lehren von den Kegelschnitten. 1. Bestimmung der Lage von Punkten in der Ebme . . 229 2. Darstellung von Linim durch Gleichungm. Gleichungs« formen der Geraden und des Kreises......................... 233 3. Von der Parabel...................................................... 237 4. Von der Ellipse...................................................... 243 5. Von der Hyperbel...................................................... 252 Anhang..........................................................................258 VII. Tafeln. Natürliche Logarithmen und astronomisch • geographische Konstanten.............................................................. 266 Quadrat- und Kubikzahlen und -wurzeln......................... 267 Vierstellige Briggtsche Logarithmen der Zahlen................. 268 Vierstellige Logarithmen der SinuS und Tangenten.... 270 Tafeln der natürlichen SinuS und Tangmten.................... 274 Die metrischen Maße und Gewichte.................................. 278 Die griechischen Buchstaben............................................. 280

Erster Teil: Planimetrie. Einleitung. § 1. ;Der Raum ist nach allen Seiten ins Unendliche aus­ gedehnt. Der Raum ist teilbar. Die gemeinschaftliche Grenze zweier Raumteile heißt Fläche. Ein allseitig durch Flächen begrenzter Teil des Raumes heißt Körper. Die Flächen find teilbar durch Linien, die Linien durch Punkte. Der Punkt hat keine Ausdehnung. Durch Bewegung eines Punktes entsteht eine Linie. Eine Linie hat eine Ausdehnung, Länge. — Die gerade Linie ist der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten. Die durch zwei Punkte begrenzte gerade Linie heißt -er Abstand oder die Entfernung der beiden Punkte. Eine gerade Linie kann nach zwei Seiten hin (nach zwei entgegengesetzten Richtungen) unendlich weit verlängert werden. Durch zwei Punkte läßt sich nur eine gerade Linie ziehen. Zwei verschiedene gerade Linien können daher nicht mehr als einen Punkt gemein haben. Eine unbegrenzt gedachte gerade Linie wird auch eine Gerade, eine an der einen Seite durch einen Punkt begrenzte gerade Linie ein Strahl, ein durch zwei Punkte begrenzter Teil einer Geraden eine Strecke genannt. Eine Linie heißt gebrochen, wenn sie aus geraden Teilen besteht, die zu verschiedenen Geraden gehören. Eine Linie heißt krumm, wenn kein Teil der­ selben gerade ist. Durch Bewegung einer Linie entsteht (im allgemeinen) eine Fläche. Die Flächen sind nach zwei Hauptrichtungen ausgedehnt, sie haben zwei Dimensionen, Länge und Breite. — Die ein­ fachste Fläche ist die Ebene. Die Ebene nimmt jede gerade Linie, die durch zwei ihrer Punkte geht, vollständig in sich auf. Nehler-Schulte-rtggeS, Elementar-MaHematir. 27. Aufl.

2

I. Planimetrie.

Durch Bewegung einer Fläche entsteht (im allgemeinen) ein Körper. Die Körper haben drei Dimensionen, Länge, Breite und Dicke (oder Höhe). In besonderen Fällen kann die Bahn einer bewegten Linie wieder eine Linie und die Bahn einer bewegten Fläche wieder eine Fläche sein. Die Lehre von solchen geradlinigen und krummlinigen Gebilden, die in einer und derselben Ebene liegen, heißt ebene Geometrie oder Planimetrie; die Lehre von den Gebilden im Raume heißt körperliche Geometrie oder Stereometrie. § 2. Das einfachste krummlinige Gebilde, das die Planimetrie betrachtet, ist der Kreis. Ein Kreis entsteht, wenn eine Strecke sich um einen ihrer Endpunkte herumdreht, bis sie in ihre ursprüngliche Lage zurückkehrt. Die Strecke beschreibt alsdann die Kreisfläche, ihr sich bewegender Endpunkt die Kreislinie oder Peripherie. Der feste Punkt, um dm die Strecke sich dreht, heißt Mittelpunkt oder Zentrum, der unveränderliche Abstand der Punkte der Peripherie vom Mittelpnnkte heißt Radius oder Halbmesser des Kreises. Irgend ein Punkt der Ebene liegt innerhalb des Kreises, auf der Peripherie oder außerhalb des Kreises, je nachdem sein Abstand vom Mittelpunkte kleiner, ebenso groß oder größer als der Radius ist.

Erster Abschnitt.

Von den Winkeln und Parallelen. § 3. Erklärungen. 1) Ein Winkel (^Q wird gebildet durch zwei Strahlen, die von demselben Punkte aus­ gehen; die beiden Strahlen heißen die Schenkel, ihr Ausgangspunkt der Scheitel deS Winkels. Der Winkel, dessen Scheitel A und dessen Schenkel AB und AC sind, wird durch BAC oder CAB oder auch nur durch A oder durch einen zwischen die Schenkel gesetzten kleinen Buchstaben (z. B. *) bezeichnet. Die Größe eines Winkel ist unabhängig von der Länge der Schenkel. 2) Zwei Winkel sind gleich, wenn sie sich so aufeinanderlegen lassen, daß ihre Schenkel sich decken. 3) Ein Winkel entsteht, wenn ein in einem Punkte A begrenzter Strahl sich um diesen Punkt von einer bestimmten Lage AB aus-

gehend dreht. Irgend ein Punkt des Strahles, B, beschreibt hierbei einen Kreisbogen, und wenn der Strahl sich tun zwei gleiche Winkel BAF und FAQ gedreht hat, so find auch die von B durchlaufenen Bogen BF und FG gleich, weil, wenn man die gleichen Winkel auf­ einanderlegt, auch die Bogen zur Deckung kommen. Da der ganze so entstandene Winkel BAG aus den gleichen Teilen BAF mb FAG zusammengesetzt ist. so ist er doppelt so groß als -er Winkel BAF, mb auä) ber zugehörige Bogen BG ist doppelt so groß als der Bogen BF. Ebenso gehört auch zu einem dreimal so großen Winkel ein dreimal so großer Bogen usw. Man teilt die ganze Kreislinie in 360 gleiche Teile, die man Bogengrade nennt; die zugehörigen Winkel heißen Winkelgrade. Jeden Grad (°), sowohl den Bogengrad als auch den Winkelgrad, teilt man in 60 Minuten ('), jede Minute in 60 Sekunden ("). Jeder Winkel enthält also ebenso viele Grade, Minuten und Sekunden als der zugehörige Kreisbogen. 4) Ein Winkel (BAC), der durch eine halbe Umdrehung entsteht, dessen Schenkel (AB und AC) also in die entgegengesetzten Richtungen einer Ge­ raden fallen, heißt ein gestreckter oder flacher Winkel. Der zuge­ hörige Bogen ist ein Halbkreis und enthält daher 180* oder 10800' oder 648000"; der ganze Kreis enthält 1296000". 5) Die Hälfte eines gestreckten Fig. t. Winkels heißt ein Rechter (R). — Alle gestreckten und folglich auch alle rechten Winkel sind einander gleich. — Ist von den vier Winkeln, welche zwei gerade Linien (BC und DE) bilden, einer ein Rechter, so sind es auch die übrigen. 6) Wenn zwei gerade Linien sich unter rechten Winkeln durch­ schneiden, so sagt man, sie stehen aufeinander senkrecht (J_), oder die eine ist ein Lot (Perpendikel) auf der anderen. 7) Ein Winkel, der kleiner als ein gestreckter oder zwei Rechte ist, heißt hohl (konkav), und zwar spitz, wenn er kleiner als ein Rechter, stumpf, wenn er größer ist. Ein Winkel, der größer als ein gestreckter ist, heißt überstumpf oder erhaben (konvex). —

Die spitzen und stumpfen Winkel werden, im Gegensatz zum Rechten, schiefe Winkel genannt. 8) Wenn zwei Winkel zusammen zwei Rechte betragen, so heißt der eine das Supplement des anderen. Betragen zwei Winkel zusammen einen Rechten, so heißt der eine das Komplement des anderen. 9) Zwei Winkel heißen Nebenwinkel, wenn sie den Scheitel­ punkt und einen Schenkel gemein haben und die andern Schenkel in die entgegengesetzten Richtungen einer und derselben Geraden fallen. — Scheitelwinkel heißen zwei Winkel, wenn die Schenkel des einen die Verlängerungen der Schenkel des anderen sind. § 4. Lehrsatz. Nebenwinkel betragen zusammen zwei Rechte. Beweis. Die Winkel BAC und DAC bilden zusammen den gestreckten Winkel BAD, der sich ebensogut aus zwei rechten Winkeln zusammensetzen läßt. Zusätze, a) Der Nebenwinkel eines Winkels x ist gleich 2 R — x. b) Zu gleichen Winkeln gehören gleiche Nebenwinkel. § 5. Lehrsatz. Scheitelwinkel find einander gleich. / Beweis. Die Scheitelwinkel a und c haben beide / den Winkel b zum Nebenwinkel. Also ist sowohl a-\-b=2R als auch c + b=2R. Zwei Größen aber, y ü- 4Scheitelwinkel. §6. Erklärung. Werden zwei gerade Linien von einer dritten durchschnitten, so entstehen acht Winkel, vier innere (c, d,f, g) und vier äußere (a, b, h, i). Die an verschiedenen Schnitt­ punkten liegenden Winkel seht man in \ folgender Weise zueinander in Beziehung: ■f\f 1) Gegenwinkel oder korrespon­ & ----------hi \ dierende Winkel nennt man einen innern \ und einen äußern an derselben Seite derschneiFig. b. denden Linie (b u. g, d u. t, a u./, c u. h).

2) Wechselwinkel sind zwei innere oder zwei äußere an ver­ schiedenen Seiten der schneidenden Linie (c u. g,du. f,a u. *, b u. h). 3) Entgegengesetzte Winkel oder Ergänzungswinkel sind zwei innere oder zwei äußere an derselben Seite der schneidenden Linie (d u g, c u./, 6 u.», a u. h). 4) Konjugierte Winkel sind ein innerer und ein äußerer an verschiedenen Seiten der schneidenden Linie (z. B. d und h). Für die Anwendungen ist die vierte Gruppe entbehrlich. § 7. Lehrsatz. Ist ein Paar Gegenwinkel gleich, so find eauch die übrigen, und die Wechselwinkel find gleich, und je zwei entgegengesetzte Winkel betragen zusammen zwei Rechte. Beweis. Wird z. B. b = g voraus­ gesetzt, so folgt, da (nach § 5) b=c und g=h, daß 1) b = c=g = h. Fia. 6. Da nun die vier anderen Winkel die Neben­ winkel der genannten sind und zu gleichen Winkeln gleiche Neben­ winkel gehören, so ist auch: 2) « = AFB nach § 18, Folg.) Alle Dreiecke über derselben Gmndlinie und mit gleichem Winkel an der Spitze find also einem bestimmten Kreisabschnitte, der die Grundlinie zur Sehne hat, einbeschrieben. — Alle rechtwinkligen Dreiecke über derselben Hypotenuse find dem Halbkreis über der Hypotenuse einbeschrieben. 4) Zu gleichen Bogen desselben Kreises oder gleicher Kreise ge­ hören gleiche Peripheriewinkel. Und umgekehtt: Zu gleichen Peripherie­ winkeln gehören gleiche Bogen.

§ 55. Lehrsätze. 1) In jedem einem Kreise einbeschrie­ benen Vierecke (Kreisvierecke) beträgt die Summe zweier gegenüberliegenden Winkel zwei Rechte. Beweis. Zieht man die Radien MB und MD, so ist 3C C=iy< also A 4-6' =i (*-f-y). Aber x-\-y=4R, folglich A-\-C = 2 R. 2) Beträgt in einem Vierecke die Summe zweier gegenüberliegenden Winkel zwei Rechte, so läßt sich um das­ selbe ein Kreis beschreiben. § 56. Lehrsatz. Der Tangentenwinkel ist gleich dem Peri­ pheriewinkel im entgegengesetzten Kreisabschnitte. Beweis. Um zu geigen, daß der dm klei­ neren Kreisabschnitt einschließende Tangenten­ winkel CAB (x) gleich ist irgend einem der Pe­ ripheriewinkel in dem entgegengesetzten Kreisabschnttte, zeichne man denjenigen derselben, z, dessen einer Schenkel, AF, durch den Mittel­ punkt geht. Dann ist < (§ 54, 2), also auch y-l-zAber y -j- »—K (tz 52, Folg. 1); mithin y-s-L—§-t-z,oder z!—z. Femer ist auch der Tangentenwinkel DAB gleich dem Peripheriewinkel AGB, weil 3C DAB—2R—* (§ 4) und < AGB=2R—z (§ 55, 1). § 57. Lehrsätze. Wenn zwei Kreise sich schneidm, so liegm die beiden Durchschnittspunkte symmetrisch zu beiden Seiten der Ver­ bindungslinie ihrer Mittelpunkte (der Zentrale), d. h. der zweite Durchschnittspuntt kann erhalten werden, wenn man aus dem ersten auf die Zenttale das Lot fällt und dieses um sich selbst verlängert. Haben daher zwei Kreise einen Puntt auf der Zenttale oder deren Verlängerung gemein, so habm sie nur diesen einen gemein, sie berühren sich. Und umgekehtt: Berühren sich zwei Kreise, so geht die Zenttale durch den Berührungspuntt. — Hieraus und durch unmittelbare Anschauung ergeben sich folgende Sätze: 1) Liegen zwei Kreise außerhalb einander, so ist die Zenttale größer als die Summe der Radien. 2) Berühren sich zwei Kreise von außen, so ist die Zentrale gleich der Summe der Radien.

26

I. Planimetrie.

3) Schneiden sich zwei Kreise, so ist die Zentrale kleiner als die Summe und größer als die Differenz der Radien (§ 14). 4) Berühren sich zwei Kreise von innen, so ist die Zentrale gleich der Differenz der Radien. 5) Liegt ein Kreis ganz innerhalb eines anderen, so ist die Zentrale kleiner als die Differenz der Radien. Diese Sätze gelten auch umgekehrt und werden dann im all­ gemeinen indirekt bewiesen. § 58. Aufgabe. Um ein Dreieck den Kreis zu be­ schreiben. Die Auflösung ist enthalten in § 50. Lehrsätze. 1) Die drei Mittelsenkrechten (der Seiten) eines Dreiecks schneiden sich in einem Punkte. 2) Auch die drei Höhen eines Dreiecks (d. h. die Lote aus den Ecken auf die gegenüberliegenden Seiten) schneiden sich in einem Punkte. — Denn zieht man durch die Ecken Parallele zu den gegen­ überliegenden Seiten, so sind die Höhen des gegebenen die Mittelsenkrechten des umbeschriebenen Dreiecks. § 59. Ausgabe. An einen Kreis von einem außerhalb gelegenen Punkte Tangenten zu ziehen. ~ufl6fung. Man verbinde den gen Puntt A mit M, halbiere AM beschreibe um B mit BM einen und verbinde die Punkte C und D, ien dieser den gegebenen schneidet, l, so sind AC und AD die ver­ Fig. 50. langten Tangenten. Beweis. AC steht senkrecht auf MC nach § 54, 2) und be­ rührt daher den Kreis nach § 52. Lehrsatz. Die beiden von einem Punkte an einen Kreis gezogenen Tangenten sind gleich, und ihr Winkel wird durch die Ver­ bindungslinie ihres Durchschnittspunktes mit dem Mittelpuntt hal­ biert. (Beweis: A AMCsr^AMD nach §26, also AC—AD und < CAM—DAM.) § 60. Aufgabe. In ein Dreieck den Kreis zu be­ schreiben.

Vom Kreise.

27

Auflösung. Man halbiere zwei Winkel des Dreiecks, z. B. B und C. Der Punkt M in dem die Halbierungslinien sich schneiden, ist der Mittelpunkt und das von AI auf eine Seite (z. B. BC) gefällte Lot (AID) der Radius des zu konstruierenden Kreises. Beweis. Fällt man noch die Lote ME und MF, so ist (weil nach § 30, 3) jeder Punkt der Halbierungslinie eines Winkels von seinen Schenkeln gleiche Entfernungen hat) MD=ME und MD = MF. Der aus M mit MD beschriebene Kreis geht somit auch durch E und F, und dieser Kreis berührt die Seiten des Dreiecks in D, E und F nach § 52.

Lehrsätze. 1) Die Halbierungslinien der drei Winkel eines Dreiecks schneiden sich in einem Punkte, dem Mittelpunkte des ein« beschriebenen Kreises. 2) Me Halbierungslinien eines Winkels und der beiden Außenwinkel an der gegenüberliegenden Seite schnei­ den sich ebenfalls in einem Punkte, dem Mittelpunkte eines äußeren Be­ rührungskreises, d. h. eines Kreises, der eine Seite des Dreiecks von außen, die beiden anderen in ihren Ver- A längerungen berührt. S'st- 5'2§ 61. Aufgabe. Über einer Strecke als Sehne einen Kreisbogen zu zeichnen, der einen gegebenen Winkel als Peripheriewinkel faßt. Auflösung. Man lege an AB einen dem gegebenen gleichen Winkel BAC, errichte in A das Lot auf AC und in D, der Mitte von A B, das Lot ans A B und beschreibe um den Durch­ schnittspunkt beider, M, mit A1A einen Kreis­ bogen, so ist jeder auf AB ruhende Peripherie­ winkel, z. B. AFB und AGB, dem gegebenen Winkel gleich nach § 56. § 62 (—). Geometrische Örter: 1) Der Fig. 53. geometrische Ort für die Spitzen aller Dreiecke

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I. Planimetrie.

über einer gegebenen Grundlinie und mit gegebenem Winkel an der Spitze ist der Kreisbogen über der Gmndlinie, der den gegebenen Winkel als Peripheriewinkel faßt (§ 54, 3; § 61). 2) Der geometrische Ort für die Spitzen aller rechtwinkligen Dreiecke über gegebener Hypotenuse ist der Halbkreis über der Hypo­ tenuse (§ 54, 3). Welches find die geometrischen Örter für den Mittelpunkt eines Kreises, der 3) bei gegebenem Radius p durch einen gegebenen Punkt P geht (§ 30, 4a), 4) bei gegebenem Radius p eine gegebene Gerade L berührt (§ 39, Sinnt.), 5) bei gegebenem Radius p einen gegebenen Kreis M vom Radius r (außen oder innen) berührt (§ 57), 6) durch zwei gegebene Puntte P, und Pt geht (§ 30, 4b), 7) zwei gegebene Gerade L, und Lt berührt (§ 30, 4c), 8) eine Gerade L in einem gegebenen Puntte P berührt (§ 52, Folg. 2), 9) einen Kreis M in einem gegebenen Puntte P berührt (§ 57)?

Vierter Abschnitt.

Von der Gleichheit und Ausmessung der gerad­ linigen Figuren. A. Flächengleichheit. § 63 (62 u. 63). Bemerkung. In jedem Parallelogramm (oder Dreieck) kann man irgend eine Seite als Grundlinie bezeichnen, und man nennt dann Höhe den Abstand der Grundlinie von der gegenüberliegenden Seite (oder Ecke). Parallelogramme, sowie Drei­ ecke, von gleicher Höhe lassen sich zwischen dieselben Parallelen stellen. Lehrsätze. 1) Parallelogramme von gleicher Gmndlinie und Höhe haben gleichen Flächeninhalt.

Beweis. Man denke sich die Parallelogramme auf einer und derselben Grundlinie ruhend und zwischen dieselben Parallelen gestellt; sie seien ABDC und ABFE. Da AC = BD, < ACE=BDF, DFC. Nun ist aber ferner: AB AC . AB AC . ., AB AB DF DC 0i>tX DF~ A'C Un" '"^lich DF — A,ß,i

mithin DF=A'Balso A DFCzLA'B'C (§ 26) und demnach AABC^A'B’C.

§85. Vierter Ähnlichkeitssatz. Zwei Dreiecke find ähnlich, wenn zwei Seiten des einen zwei Seiten deß anderm proportioniert und die der größeren Seite gegmüberliegenden Winkel gleich find. AC

RC

Beweis. Es sei BOAC, ^j = ~,^:A = A'. Macht man wiederum CD=CA' und CF — Off, so ist wie vorhin DF\AB, also A ABC e-> DFC, ferner ■Z£D = A und folglich D — Ä. Hieraus folgt: DFC^A'B'C (§ 26), mithin A ABC A'EfC. § 86. Lehrsatz. Zwei Dreiecke, die einen Winkel gleich haben, verhalten sich wie die Produkte der diesen Winkel einschließenden Seiten. Beweis. Es seien die Dreiecke ABC A und ADE mit dem gemeinschaftlichen Winkel A gegeben, und es sei EC gezogen, so ist nach § 72, 4) AABC _ AB A AEC__AC AAEC~ AE’ AADE AD'

und hieraus folgt durch Multiplikation: AABC AB.AC AADE~ AD. AE'

§ 87. Lehrsatz. Ähnliche Dreiecke verhalten sich wie di« Qua brate gleichliegender Seiten. Beweis. 3ft AABC so ist 3rC= ACD = n'.A&D,, ADE=n*. A,D,EX. Hieraus folgt durch Addition: ABCDE=n\ AxBtCxDxEiy oder ABCDE «’ 6' AlBlClDlEl a\ b\ § 89. Erklärung. Eine Strecke c heißt die mittlere (geometrische) Proportionale zu zwei anderen a und b, wenn a:c=c:b oder c* = a.b (das Quadrat der Strecke e gleich dem

Produkte der Streckm a und 6) ist. (Vergl. II § 15.) § 90. Lehrsatz. Im rechtwinkligen Dreieck ist 1) jede Kathete die mittlere Proporttonale zu ihrer Projektion auf die Hypotenuse und der ganzen Hypotenuse, 2) die Höhe die mittlere Proporttonale zu den beiden Abschnitt« der Hypotenuse. Beweis. Ist •§( ACB = R und CDJ.AB, so ist A ACDr* ABC nach § 83 (^A = A, < ADC=ACB = R), daher:

Anmerkung. Aus la) und lb) ergibt sich durch Additton: AC*+ BC* = AD. AB + BD. BA = (AD +BD). AB=AB. AB, oder

AC* BC* — AB*. Mit Rücksicht aus § 72, 3) erhält man hieraus den Pythagoreischen Lchrsatz. Ebenso ergibt sich aus 1) der Lehr­ satz in § 67 und aus 2) der Lehrsatz: Das Quadrat über der Höhe eines rechtwinkligen Dreiecks ist gleich dem Rechteck aus den Ab­ schnitten der Hypotenuse.

Von der Ähnlichkeit der Figurm.

43

Die Aufgabe, ein Rechteck in ein Quadrat zu verwandeln, kann demnach gelöst werden durch Konstruktion der mittleren Pro­ portionale zur Grundlinie und Höhe deS Rechtecks. (Siehe die fol­ gende Aufgabe.) § 91. Aufgabe. Zu zwei gegebenen Sttecken a und b die mittlere Proportionale zu konstmiereu. Auflösung 1). Man trage auf einer Geraden nebeneinander die Sttecken AD — o, DB=b ab und beschreibe über AB den Halbkreis, der das in D auf AB errichtete Lot in C schneidet; alSdann ist CD die mittlere Proporttonale zu a und b (§ 54, 2 und § 90, 2). Auflösung 2). Man benutze § 90,1). Fig. 79. § 92. Lehrsätze: 1) Wenn sich zwei Sehnen innerhalb oder (verlängert) außerhalb de- Kreises schneiden, so ist -aö Produkt aus den Abschnitten der einen gleich dem auS den Abschnitten der anderen. Beweis. ES ist A ABE ABM nach § 82. Daher ist •§£ und weil im zweitm Dreieck AM= MB, so ist im ersten AB = BC. Folglich ist auch MC= BC, mithin •3C z=Vt und somit ® + z = 2y oder ABM= 2 AMB. Jeder der Basiswinkel de- gleichschmkligen Dreieck- ABM ist also das Doppelte deS Winkel- y an der Spitze, und folglich ist y bet fünfte Teil von 180* oder der zehnte Teil von 360*. Anmerkung 1. Da- regelmäßige Fünfeck wird konstruiert, indem man fünf Eckm des regelmäßigm ZehneckS in der Weise ver­ bindet, daß jedesmal eine übersprungm wird. Anmerkung 2. Ist #10 die Seite de- regelmäßigm Zehnecks (=MC), so folgt au- der Proportion AC MC . , r — s„ «I. = r* — r«I#, + r»„ = r*, MC ' AM’ 6a& gtg. 84.

=

§ 100. fintieren. /

/

jL

Fig. 85.

Aufgabe.

= Y (V5-1).

Ein regelmäßiges Fünfzehneck zu ton«

Auflösung. Man mache die Sehnen AB v und AC bezw. gleich den Seiten des regelmäßigm \ Sechs- und Zehnecks, so ist die Sehne BC die ) Seite des regelmäßigm Fünszehnecks. Denn Bogen j BC =i — -iV = tV der Peripherie. 7* § 101. Lehrsatz. Die Seiten und folglich die Umfänge zweier regelmäßigm Vielecke von gleicher Seitenzahl verhalten sich wie die Radien

Von den regelmäßige» Vielecken und der Ausmessung deS Kreises.

47

der ihnen umbeschriebenen oder der ihnen einbeschriebenen Kreise, und ihre Flächmräume wie die Quadrate dieser Radien. Beweis. Zieht man die Radien nach dm Eckpunkten der Viel­ ecke, so werden diese in ähnliche Dreiecke zerlegt. § 102. Aufgabe. Aus dem RadiuS r eines Kreises und der als bekannt angenommenen Seite »„ des einbeschriebenen regelmäßigen »-EckS 1) die Seite «*, des einbeschriebenen regelmäßigen 2n-Ecks, 2) die Seite S. des umbefchriebenen regelmäßigen »-Ecks zu berechnen. Auslösung. In der Figur sei Sehne AB=»n, AC= BC=t*, die zum Zentriwinkel AMB gehörige, durch C gelegte Tangente DE=Sn.

sänge deS um- und einbeschriebenen »»-Ecks, so ist Um: un = S,: «„ also nach der letztm Formel Läßt man nun die Seitenzahl » unendlich groß werden, so wird sn verschwindend klein, und der Wert der Quadratwurzel geht in dm Wert 1 über. ES nähern sich also Z7« und «. einer und derselben Grenze. Man betrachtet es nun nicht nur als Grundsatz, daß der Kreisbogen AB größer ist als die Sehne AB, sondern auch, daß er kleiner ist als die Tangente DE, oder, was dasselbe ist, kleiner als die Summe der durch seine Endpunkte begrenzten Tangmten AG und BG. Daher liegt die Größe deS KrciSumfangeS stets zwischen den Werten von u, und Un, und der gemeinschaftliche Grenzwert, dem diese sich nähern, ist gleich dem Kretsumfange. § 104 (102b). Die Flächen des um- und einbeschriebenen »»-EckS verhalten sich wie die Quadrate der Settm oder Umfänge, nähem sich also bei unbeschränkt wachsmder Seitmzahl ebenfalls

48

L Planimetrie.

eine» gemeinschaftlichen Grenzwerte, dem JnhaUe -es Kreises. Hier­ nach gilt der Sah: § 105 (102c). Der Umfang (bezw. Inhalt) eines Kreises ist gleich dem eines ihm etnbeschriebenen oder umbeschriebenen regel­ mäßigen Vielecks von unendlich großer Seitenzahl. Folgerung. Die Umfänge zweier Kreise verhalten sich wie die Radien und die Flächen wie die Quadrate der Radien (§ 101): p:p'=r:r';

§ 106 (103). 1) Lehrsatz. Bei allen Kreisen ist daS Verhältnis des Umfang- zum Durchmesser gleich einer und derselben Zahl. Beweis. Au- p: p'= 2r: 2r' ergibt sich:

-P-Pi. 2r

2r

2) Bemerkung. Das Verhältnis des KreisumfangS zum Durchmsßer wird durch n bezeichnet: 3) Folgerung. Der Kreisumfang ist gleich dem Produkte deS Durchmessers und der Zahl n, oder gleich dem Produkte deS Halb­ messers und der Zahl 2n: p = n . 2r, oder: P — 2n . r. 4) Folgerung. Der halbe Umfang eines Kreises, dessen Halb­ messer der Längeneinheit gleich ist, beträgt n Längeneinheiten. 5) Berechnung derZahl nr. Setzt man >-—1, so ist nach§ 102: **.=V2 — y4^«T; S. = 2«, : yi=5".

Rach diesen Formeln kann man die Seiten einer Reihe dem Kreise vom Radius 1 ein» oder umbeschriebener regelmäßigen Vielecke, von denen jedes die doppelte Seitenzahl des vorhergehenden hat, nach und nach berechnen, wenn man die Seite des ersten einbeschrtebenen Vielecks kennt. Geht man z. B. vom Sechseck aus, so ist: », = 1 S, = 1,154701 »„=0,517638 S„ =0,535898 und durch Multiplikation mit den halben Seitenzahlen 3, 6, . . . ergeben sich die halben Umfänge der Vielecke. Dadurch wird der Wert der Zahl n nach und nach in immer engere Grenzen einge­ schlossen. Aus bet iolaenden Tabelle, in welche auch die kleinen

Erweiterung der ÄhnIichkeitSlehre.

49

Halbmesser der einbefchriebenm Vielecke, d. h. die Abstände ihrer Seiten vom Mittelpunkte (gleich MF=\]/A *2), aufgenommen find, erkennt man, daß das 1536-Eck für n den Näherungswert 3,14159 liefert. Durch weiter fortgesetzte Näherung hat man gefunden: —

71 = 3,14159265358979 . . .

Näherungswerte find: y (ArchimedeS) und Seitenzahl 6 12 24 48 96 192 384 768 1536

(Metius).

Kleiner Halbm. Halber Umfang Halber Umfang b. d. einb. Vielecks b. einb. Vielecks umbefchr. Vielecks 0,866025 0,965926 0,991445 0,997859 0,999464 0,999866 0,999966 0,999992 0,999998

3,46410 3,21539 3,15966 3,14609 3,14271 3,14187 3,14166 3,14161 3,14160

3,00000 3,10583 3,13263 3,13935 3,14103 3,14145 3,14156 3,14158 3,14159

§ 107 (104). 1) Lehrsatz. Der Inhalt eines KreiseS ist gleich der Hälfte deS Produkte- auS seinem Umfang und Radius. (Der Beweis folgt aus § 105 und § 72, 5.) 2) Folgerung. @6 ist also J=\p.r, ober J=rtr.r, ober J=nr'. 3) Zusatz. Der Inhalt eines Kreissektors ist gleich der Hälfte deS Produktes auS seinem Bogen b und seinem Radius r. Beträgt die Länge eines Kreisbogen- a Radien (d. h. ist fie gleich ra) so ist der zugehdrige Kreissektor — ibr = \r*a. Enthält der Bogen (oder der Zentriwinkel) y Grad, so ist der Kreissektor =

,

wie daraus hervorgeht, daß jeder zu einem Bogen von 1° gehörige Sektor der 360ste Teil der ganzen Kreisfläche ist.

Siebenter Abschnitt.

Erweiterung der Ähnlichkeitslehre. A. Harmonische Punkte und Strahlen. § 108 (105). 1)Erklärung. Eine Strecke (AB) heißt harmo­ nisch geteilt, wenn fie innen und außen (in folglich 7V-4 tj = -• m -f- 71 77)---- 71 771---- 7t

s, A

§ 109 (106). 1) Erklärung. Eine Größe heißt öas harmo­ nische Mittel zu zwei anderen, wenn ihr reziproker Wert daS arith­ metische Mittel (d. h. die halbe Summe) der reziproken Werte der beiden anderen ist. 2) Lehrsatz. Eine harmonisch geteilte Strecke ist da- harmo­ nische Mittel zu den Abständen der Tetlpunkte von dem nicht zwischen ihnen liegenden Endpunkte der Strecke. Beweis. AuS CA: CB= DA:DB folgt CA. DB=DA. CB, also CA.(AD—AB)—DA. {AB—AC), 2CA.DA=DA.AB+ CA. AB,

3) Lehrsatz. Die Hälfte einer harmonisch geteilten Strecke ist das geometrische Mittel der Abstände der Teilpunkte vom HalbterungSpunkte der Strecke. A

CBM

D

Fig. 88.

Beweis. Ist Dein äthalbiert, so folgt auS CA.DB=DA.CB: (MA — MC) {.MB + MC) = (MA + MC) {MC — MB), oder nach Auflösung der Klammem: MC' = MA. MB. § 110 (107). Erklärung. Vier Gerade, die durch rinnt Punkt nach vier harmonischen Punkten gezogm find, heißen vier harmonische Strahlen oder ein harmonisches Strahlcnbüschel. Folgerungen. 1) Zwei Seiten eines Dreiecks, die Mittellinie zur dritten und die Parallele zur drtttm auS dem Schnittpunkt der beiden ersten bilden ein harmonisches Strahlenbüschel. (§ 108, 3.) 2) Zwei sich schneidende Gerade und die Halbtemngslinien ihrer Winkel bilden ein harmonisches Strahlenbüschel. (§ 79.) § 111 (108). Lehrsatz. Jede Gerade wird durch vier harmo­ nische Strahlen in vier harmonischen Punkten geschnitten.

o 01.ML

Beweis. ES feien A, C, B. D vier harmonische Punkte, also FA, FC, FB, FD vier harmonische Strahlen. Zieht man durch B zu AF die Parallele GH, so wird BG=BH, weil BG

CB' BE

DB

und nach der Voraussetzung CA_ DA CB~ DB ist. Zieht man ferner durch B die alle vier Strahlen schneidende Gerade A'C'BD', so wird nach § 108, 2) A'B in C und D' har­ monisch geteilt. Also find sowohl G, B, H und der unendlich ent* fernte Punkt der Geraden GH, als auch A', C, B, D’ harmonische Punkte. Jede nicht durch B gehende Gerade, welche die vier Strahlen schneidet, ist einer bestimmten durch B gehenden parallel, und ihre Abschnitte find denen der letzteren nach § 76 proportioniert, also wird auch fie in vier harmonischen Punkten geschnitten. Zusätze. 1) Auf einer Parallelen zu einem von vier harmo­ nischen Strahlen begrenzen die drei anderen zwei gleiche Strecken. 2) Durch drei Strahlen ist der vierte, dem einen von ihnen zu­ geordnete harmonische Strahl eindeutig bestimmt. (Dmn er muß irgend eine die drei Strahlen schneidende Gerade in dem vierten harmonischen Punkte zu den drei Schnittpunkten treffen.) § 112 (108a). Lehrsatz. Stehen zwei zugeordnete Strahlen aufeinander smkrecht, so Halbterm fie die Winkel der beiden andern Strahlen. Beweis. Wird vorausgesetzt, daß FA±FB, so ist auch GH ±FB und AFBGzLFBH (§ 20), also < BFG = BFH. Der Strahl FA halbiert den Nebenwinkel des Winkels CFD. Zusatz. Halbiert in einem harmonischen Strahlenbüschel ein Strahl den Winkel zweier andern, so steht er auf dem zugeordnetm Strahl senkrecht. Beweis. Halbiert FB den Winkel CFD, so verhält sich BC: BD = FC : FD, also auch AC: AD=*FC: FD, oder FA halbiert dm Außenwinkel deS Dreieck- CFD, steht also aus FB senkrecht.

Erweiterung der Ähnlichkeitslehr«.

53

8 118 (109). 1) Lehrsatz. Errichtet man über dem Abstand zweier zugeordneten harmontschm Punkte alS Durchmesser einen Kreis, so haben die i Abstände aller Punkte desselben von den beiden anderen harmonischen Punkten ein konstante- Verhältnis. Ng. 90. Beweis. Cs ist nach § 112 für jeden Punkt F des Kreises 3C AFC= BFC, daher nach § 79: FA: FB = CA:CB. 2) Zusatz. Der geometrische Ort aller Punkte, deren Entfernun­ gen von zwei gegebenen Punkten (A und E) ein gegebene- Verhältnis (m: n) haben, ist der Kreis, der den Abstand der. beiden Punkte nach diesem Verhältnis teilt und den Abstand der Tetlpunkte zum Durchmesser hat. (Apollontscher KreiS.) Beweis. Es sei F ein Punkt des Orte-, also FA: FB = m:n. Teilt man die Strecke AB in C und D nach dem Verhältnis m:» und zieht FC und FD, so halbieren diese Linien nach § 79, Zus. den Winkel AFB und seinen Nebenwinkel, und es ist folglich -3C CFD ein Rechter. Daher liegt notwendig der Punkt F auf dem Kreise mit dem Durchmesser CD. Auch genügt nach 1) jeder Punkt dieses Kreise- der für F aufgestellten Bedingung. § 114 (110). 1) Erklärung. Ein vollständiges Vierseit wird gebildet durch vier sich schneidende gerade Linien (AB, AC, BD, CF). Ein vollständiges Vierseit hat sechs Ecken (A, F, B, G, C, D) und drei Diagonalen (AG, FD, BC). 2) Lehrsatz. Jede der Diagonalen eines vollständigen Vierseitwird durch die beiden anderen harmonisch geteilt. A Beweis. Man denke sich zu BC, BD, BA den vierten, BC zugeordneten, und ebenso zu CB, CF, CA den vierten, CB zugeord­ neten harmonischen Strahl. Jeder dieser Strahlen trifft die Diagonale AGI in dem vierten, dem Punkt I zu-

geordneten harmonischen Punkte zu A, G und 1; bie Strahlen schneiden sich also auf AG. Jeder der beiden Strahlen trifft aber auch die Diagonale FDL in dem vierten, dem Punkt L zugeordneten harmonischen Punkte zu F, D und L; die Strahlen schneiden sich also auch auf der Diagonale FD. Ihr Durchschntttspunkt muß daher notwendig in dm Punkt E fallen, wo AG und FD sich schneiden; d. h. es ist die Diagonale AG in H und /, und FD in E und L harmonisch geteilt. Zieht man ferner AL, so find die Strahlm AB, AI, AC, AL harmonisch, weil sie durch die harmonischen Punkte F, E, D, L gehen; sie teilen mithin auch die Diagonale BC harmonisch in / und L.

B. Von den Kreispolaren. § 115 (111). 1) Lehrsatz. Wenn beliebig viele Sehnen eines Kreises (oder ihre Verlängerungen) fich in einem festen Punkte schneidm, so werdm sie sämtlich durch dm festen Punkt und eine bestimmte Gerade harmonisch geteilt. — Diese Gerade heißt die Polare de- festen Punkte-, und der feste Punkt heißt der Pol der Geraden. c Beweis, a) Innerhalb des Kreises ä/(Fig. 92) sei der feste Punkt A gegeben. Man ziehe durch ihn den Durchmesser BC und eine beliebige Sehne DE, bestimme auf BC und DE den äußeren, dem Punkte A zugeordneten harmonischen Teilpunkt F bezw. G und ziehe von E und F nach den harmonischen Punkten B, C, A, F bezw. D, E, A, G die Strahlen, soweit fie nicht schon vor­ handen find. Dann find die von E und F ausgehenden Strahlen­ büschel harmonisch, und eS ist, da E, Ex, E, Et in einem Punkte. D. Vom Ahnlichkeitspunkt.

§ 124 (116). 1) Zieht man von einem Punkte M Strahlen nach den Ecken eines Vielecks (A BCD) und trägt auf ihnen, bezw. aus ihren Verlängerungen von 4/aus Strecken ab, die diesen Strahlen pro­ portioniert find, so ist das dadurch bestimmte neue Vieleck (A'B'C'D bezw. A"B”C'D") dem gegebenen ähnlich. — Denn die entsprechen­ den Seiten find nach § 75 parallel, und hieraus folgt leicht, daß die Winkel bezüglich gleich und die Seiten proportioniert sind. 2) Ähnliche Vielecke heißen ähnlichliegend (haben eine ähn­ liche Lage), wenn die entsprechenden Seiten parallel sind und die

60

I. Planimetrie.

durch entsprechende Eckm gelegten Geraden ein Strahlenbüschel bilden. Sein Scheitel heißt der äußere oder innere Ähnlichkeitspunkt der Vielecke, je nachdem er die Abstände entsprechender Ecken außen oder innen teilt. Im ersten Falle find die entsprechenden Seiten gleich gerichtet, im zweiten entgegengesetzt gerichtet. (M ist der äußere Ähnlichkeitspunkt zu ABCD und A'B’CD', der Innere zu ABCD und A"B”C"D".) Das konstante Verhältnis zweier entsprechenden Strahlen oder Seiten heißt -a- ÄhnltchkeitsverhältntS. Jeder beliebige durch den Ähnlichkeitspunkt gelegte Strahl heißt ein Ähnltchkeitsstrahl. Irgend zwei Punkte, die in Bezug auf die beiden ähnlichen und ähnlichliegenden Vielecke entsprechende Lage haben, liegen aus demselben Ähnltchkeitsstrahl, so z. B. bei zwei ähnlichen und ähnlichliegenden Dreiecken die Mittelpunkte der umbeschriebenen, sowie auch die der einbeschriebenen Kreise. § 125 (117 a). Zwei krumme Linien find ähnlich und ähnlich­ liegend, wenn fie auf allen fie schneidenden Sttahlen eine- bestimmten Büschels proportionierte Strecken begrenzen. Der Scheitel de- Büschels ist der Ähnlichkeitspunkt der Linien. § 126 (117 b). 1) Zwei Kreise besitzen in jeder Lage einen äußeren und einen inneren Ähnlichkeitspuntt. Beweis. Zieht man in dem einen Kreise einen beliebigen RadiuS MB und in dem anderen den dazu parallelen Durchmesser DMC, so wird MM' durch die Geraden BC und BD stets in denselben Punkten A und J getroffen; denn es ist AM:AAf = BM: CM'= r: »•', und JM: JM' = BM: DM'= r:r'. Auch ist für jeden beliebigen durch A oder J gehenden Strahl AB:AC=r :r' und Jß :JD = r: r', d. h. die Peripherien begrenzen auf allen durch A und J gehenden Strahlen proportio­ nierte Sttecken. 2) Die Zentrale wird durch die Ähnlichkeitspunkte harmonisch nach dem Verhältnis der Radien geteilt. 3) Liegen die Kreise außerhalb einander, so fällt A in den Schnitt­ punkt der äußeren, J in den der inneren gemeinschaftlichen Tangenten. Schneiden sich die Kreise, so fällt J in das gemeinschaftliche Flächen-

Erweiterung der Ähnlichkeitslehre.

61

stück beider. Berühren sie sich von außen (innen), so ist der Be­ rührungspunkt der innere (äußere) Ähnlichkeitspunkt. Liegt der eine KretS ganz innerhalb deS anderen, so liegen A und J beide in dem kleinerm Kreise. § 127 (117c). Lehrsatz. Die drei äußeren ÄhnlichkeitsPunkte zu je zweim von drei Kreisen liegen in einer Geraden, ebenso jeder äußere und die beiden nicht zugehörigen inneren. Beweis. ES seien r„r„r, die Radien der Kreise A/,, Af„ M„ die Ähnlichkeit-punkte zu Mt und M, seien At und /, usw. Dann ist: AZ, At_r, A/, A,__ r, MtAt~7t' MtÄt

AZ, A,

rt

Das Produkt der drei Verhältnisse, nach denen die Seiten des Dreiecks As, AZ, Mt geteilt find, ist also gleich 1; nach § 121 liegen also die Tetlpunkte At, A,, At auf einer Geraden. Ebenso beweist man den zweitm Teil bei Satze-. Die vier Geraden AtA^Att A,J,Jt, AtJ,J,, AtJtJt heißen die Ähnlichkeit-achsen der drei Kreise. Zusatz. Serben zwei Kreise von demselben dritten gleichartig, d. h. beide von außen oder beide von innen, (bezw. ungleichartig.

d. h. der eine von außen, der andere von innen) berührt, so liegen die Berührungspunkte mit dem äußeren (bezw. inneren) ÄhnltchkettS-punkte in gerader Linie.

62

I. Planimetrie.

§ 128 (118). Lehrsatz. Zn jedem Dreieck (ABC) liegt der Mittelpunkt M des umbeschriebenen Kreises mit dem Schwerpunkte 8, dem Mittelpunkte As des die Seiten (in A', B',C) halbierenden Kreiseund dem Höhenschnittpuntte E in derselben Geraden. — Der Punkt H ist der äußere, S der innere Ähnlichkeitspunkt der Kreise M und M'. Beweis. Der Schwerpunkt S ist der innere Ähnlichkeitspunkt der Dreiecke ABCnni A'B'C, und das ÄhnlichkeitsverhältniS ist gleich 2:1 (§ 80). Die Kreismittel­ punkte M und As sind ent­ sprechende Punkte beider Dreiecke, die Gerade MM' geht also durch 8, und es ist SM=2SM'. Der Punkt M ist der Schnitt­ punkt der Mittelsenkrechten des Dreiecks ABC, kann aber auch als Höhenschntttpuntt des Dreiecks A'B'C' aufgefaßt werden und ist als solcher der entsprechende Punkt zu dem Höhenschnittpunkte H deDreiecks ABC. Also geht auch EM durch 8, und es ist ES = 2 SM. ES folgt nun weiter, daß ES=4SM', EM=ES+SM=6SM' und EM'=ES—SM'= 3SM' ist. Also ist EM: EM'= SAl: SAT — 2:1, d. h. die Punkte E und 8 teilen die Zentrale MM' nach dem Verhältnis der Radien, find also die ÄhnlichkeitSpuntte der Kreise. Zusatz. Da EM' = \EM, EF1 AB und MC AB ist. so ist das Lot von As auf FC die Mittelsenkrechte von FC, also der Puntt M’ gleich weit von F und C entfernt, und ebenso auch von E und B', sowie auch von D und A'. Der Kreis, der die Seiten halbiett, geht also durch die Fußpunkte der Höhm. Sind ferner a,ß,y die Schnittpunkte der Höhen des Dreieck- ABC mit dem Kreise As, so ergibt sich, da E der äußere Ähnlichkeitspuntt der Kreise ist, daß Ea = \EA, Eß = iEB, Ey = iEC ist. ES liegen also bet jedem Dreiecke die Mitten der drei Seiten, die Fußpunkte der drei Höhen und die Mtttm der Teile der Höhen

zwischen dem Höhenschnittpunkte und den Ecken auf einem und demselben Kreise. (KreiS der neun Punkte, Feuerbachscher Kreis.)

E.

Von den Potenzlinien und dem Apollonischm Problem.

§ 129 (119). 1) Unter der Potenz eines Punktes in Bezug auf einen Kreis versteht man daS konstante Produkt der Abschnitte -er durch ihn geteilten Sehnen. Je nachdem der Punkt außerhalb oder innerhalb des Kreises liegt, ist die Potenz gleich dem Quadrate der aus dem Puntte an den Kreis gelegten Tangente oder gleich dem Quadrate -er Hälfte der durch ihn gezogenm kleinsten Sehne (§ 92). Im ersten Falle ist daher die Potenz des Punktes P in Bezug auf einen Kreis M vom Radius r gleich PAP — r%, im zweiten gleich r’— PAP.

2) Potenzlinie (oder Chordale) zweier Kreise heißt der geo­ metrische Ott eines Punttes, der in Bezug auf bttde Kreise gleiche Potenzen und gleichartige Lage hat (b. h. außerhalb beider oder inner­ halb beider liegt). — Für jeden Punkt -er Potenzlinie find also entweder die an die bttden Kreise gelegten Tangenten oder die in den Kreisen gezogenen kleinsten Sehnen gleich lang. § 130(119, 3 u. 4). 1) Lehrsatz. Die Potenzlinie zweier Kreise ist ritte auf der Zentrale senkrecht stehende Gerade und teilt die Zentrale so, -aß die Differenz der Quadrate der Abschnitte gleich der Differenz der Quadrate der Radien ist. Beweis. Ist P ein Punkt der Potenzlinie, so ist nach § 129,1) PAP—r’= PAPr'* oder r'- PAP=r'*—PAf',

je nachdem P außerhalb oder innerhalb der Kreise liegt. In beiden Fällen ist also PAP —PM'*=rt— /*, folglich, wenn Q die Pro­ jektton des Punktes P auf MAP ist: QAP + QP* — (QM'* -l- QP>) = r* — 7-". d. h. QAP — QM" = r* — r". Nach § 143, 6) kann die Strecke MAT nur in einem Punkte Q so geteilt werden, wie es die letzte Gleichung verlangt. Alle Puntte der Potenzlinie geben also auf MM' projiziert

64

I. Planimetrie.

denselben Punkt Q, mithin ist die Potenzlinie die in