Harmonielehre Wiener Klassik : Theorie, Satztechnik, Werkanalyse 9783000089985, 3000089985

Volumes 1 and 2

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German Pages 341 Year 2002

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Harmonielehre Wiener Klassik : Theorie, Satztechnik, Werkanalyse
 9783000089985, 3000089985

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JRQusiktbeorie bistoriecb 156J

Wolfgang Budday

Harmonielehre Wiener Klassik Theorie - Satztechnik - Werkanalyse

Mit Beiheft: Satztechnische Ubungen die Harmoniekurse von W.A.Mozart und E.A.Forster

Verlag Berthold & Schwerdtner Stuttgart 2002

4

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Budday, Wolfgang: Harmonielehre Wiener Klassik Theorie - Satztechnik - Werkanalyse Stuttgart: Berthold & Schwerdtner, 2002 ISBN 3-00-008998-5

Der Abdruck der zahlreichen Literaturbeispiele erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Musikverlage G. Henle Munchen (Urtext-Ausgaben Klaviermusik, GA Haydn, GA Beethoven) und Barenreiter Kassel (GA Mozart, GA Schubert).

Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwendung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Dies, gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme.

Vertrieb: Musikhaus Berthold & Schwerdtner KonigstrafSe 28 70173 Stuttgart Tel. 0711 -297622 - 294347 Fax. 0711 - 293115 E-mail: [email protected] Internet: www.bertholdmusic.com

Alle Rechte vorbehalten Copyright Verlag Berthold & Schwerdtner Satz u. Notenbeispiele: Wolfgang Budday Druck: W. Kohlhammer Stuttgart Printed in Germany 2/2002

5

Vorwort Dieses Buch ist geschrieben fur all jene, die die Wiener klassische Musik, und hier im besonderen deren Harmoniebehandlung, aus dem mutmaBlichen Verstandnis der Komponisten kennenlernen wollen. Es bedient sich der Begriffe und Erklarungen der Zeit (Wien um 1800), die sich nicht unwesentlich von den heute gelaufigen unterscheiden. Das Buch setzt beim Leser also die Bereitschaft voraus, ggf. von bislang Selbstverstandlichem und Vertrautem, von unumstofilich gultig Geglaubtem Abstand zu nehmen und den Sichtweisen damaliger Zeit aufgeschlossen zu begegnen (um es vorweg zu sagen: der Leser wird hier nichts erfahren iiber Zwischendominanten, Par­ alleled Gegenklange oder Medianten, all diese Begriffe kannten die Wiener klassischen Komponisten nachweislich nicht!). Dieses Buch fordert den Leser zum eigenen Tun auf, indem es einen auf einschlagigen zeitgenossischen Quellen basierenden Harmonielehrgang anbietet, der in etwa dem entspricht, was ein angehender Musiker zur Zeit der Wiener Klassik im Harmonielehre - Unterricht gelernt hat. Dieser Lehrgang, den der Autor seit vielen Jahren mit Studenten praktiziert, garantiert nicht nur eine hochst solide satztechnische Ausbildung, sondern er fundiert in hohem Mafie den Einblick in harmonische Zusammenhange. Wer diesen Kursus durchgearbeitet hat, sollte keine Angst mehr vor der „ach so schwierigen" Harmonielehre haben, und er diirfte danach auch nicht mehr die von ihm so „geliebte" (vielleicht aber auch „verha6te") Funktionstheorie vermissen.

Dank sagen mochte ich - meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Heinrich Deppert, dem ich nicht nur ganz allgemein den verantwortlichen Umgang mit Musik und Musiktheorie verdanke, son­ dern im speziellen auch den Zugang zur Harmonie der Wiener Klassiker. Bereits Anfang der Siebzigerjahre habe ich im Studium durch ihn die Attwood-Studien kennengelernt. In vielen Jahren gemeinsamen Wirkens haben wir das „Problem Harmonielehre" und die Notwendigkeit einer historischen Orientierung diskutiert. Die Entstehung dieses Buches hat er mit wertvollen Hinweisen kritisch begleitet. - meinem Kollegen Herrn MA Christian Raff, der mir viele praktische, die Presenta­ tion des Buches betreffende Tips gab. Ohne den aufmunternden Zuspruch meiner lieben Frau ware dieses Buch nicht entstanden.

Vaihingen/Enz, im Herbst 2001

Wolfgang Budday

6

Hinweise zum Gebrauch des Buches Der erste Teil des vorliegenden Buches enthalt die eigentliche „Harmonielehre". In ihm werden alle wichtigen Inhalte in Anlehnung an die zeitgenossische Lehre progressiv fortschreitend dargestellt, parallel dazu wird in zahlreichen Werkausschnitten der direkte kompositorische Bezug zur Musik der Klassiker gesucht und aufgezeigt. Der Leser wird in diesem Buch aufgefordert, zur praktischen Verarbeitung des theoretisch Erfahrenen an einem Lehrgang teilzunehmen. Den Hintergrund hierfiir bilden zwei zeitgenossische Kurse in Harmonielehre, Mozarts Harmonieiibungen fur Tho­ mas Attwood (A 1-31) sowie ein Lehrgang von Emanuel Aloys Forster (F 1-31). Am Ende der einzelnen Kapitel unserer Abhandlung werden ausgewahlte Ubungen aus diesen beiden Lehrgangen zur eigenen satztechnisch-analytischen Bearbeitung empfohlen. Diese Ubungen werden im zweiten Teil des Buches einer Losung zugefuhrt und besprochen (auch jene ausgewahlten Beispiele aus Mozarts und Forsters Lehr­ gangen, die bereits in der Abhandlung vorgestellt werden, konnen naturlich nochmals eigenstandig bearbeitet werden; dies wird insbesondere bei Mozarts Ubungen nachdriicklich empfohlen). SoUte der „Kursus Harmonielehre" zu schnell fortschreiten, so stehen hierfiir „erganzende Ubungen" zur Verfugung. Auf diese „erganzenden Ubungen" wird im Ubungsteil an geeigneter Stelle hingewiesen (es handelt sich hierbei um die restlichen, zuvor noch nicht beriicksichtigten Beispiele aus Forsters umfanglichem Lehrgang); sie wer­ den im zweiten Abschnitt des Ubungsteils besprochen. Die „erganzenden Ubungen" bnngen keine neuen satztechnischen Problemstellungen, man wird sie also insbeson­ dere dann heranziehen, wenn zusatzlicher Ubebedarf besteht. Die Aufgaben, die die beiden Lehrgange zur Verfugung stellen, sind vollstandig im separaten Aufgabenheft enthalten. Dabei sind die beiden Kurse in ihrer urspriingli8£ be laSSen-^mtlich^ Aufgaben beider Lehrgange werden entweder in der H Abhandlung oder im Ubungsteil in einer moglichen Losung vorgestellt, tonartlichharmomsch analysiert und mehr oder weniger ausfuhrlich satztechnisch^ormal dis(eme Ubersicht lm Aufgabenheft erleichert ggf. das Auffinden im Buch).

An verschiedenen Stellen der Abhandlung wird noch auf „praktische Ubuneen" am ftnnach^deS

Ubungsteils befinden; diese schaf-

praktischen Umgang mit deTlVllterie ^tandnis "nd er5fJben einen eigenstandigen s f -i ivratene. Diese „praktischen Ubuneen" eehen ornRtfnA t=,ls auf den Au.or zurdck. sie ™den in Anlehnung an

Zur Zitierweise der Quellen: Alle Zitate aus den historischen Quellen werden kursiv wiedergegeben, wobei die genaue Quellenangabe in Klammern in den Haupttext eingefugt ist (§ oder Seitenzahl; bei mehrmaligem Zitat auch summarisch am Ende eines Abschnitt) - die Arbeit verzichtet bewufit auf FuBnoten. Bei den verschiedenen Publikationen Kirnbergers ist zusatzlich das Erscheinungsjahr der Quelle beigefugt. Bleibt eine Autorenangabe aus, so bezieht sich der § auf die theoretische Hauptquelle der Abhandlung, Forsters Anleitungzum General-Bass.

Das Quellen-Verzeichnis ist an zwei passenden Stellen in das Kapitel „GeneralbaB und Harmonielehre im 18 .Jahrhundert" aufgenommen.

Hinweis: Unter dem Stichwort „Hinweis" wird insbesondere auf Differenzen zwischen der histori­ schen Betrachtung und der heutigen systematischen Sichtweise hingewiesen.

Beachte: Unter dem Stichwort „beachte" (eingeruckt) werden wichtige Hinweise fur das Aussetzen und Analysieren der Ubungsbeispiele gegeben.

Leitton Einige besonders wichtige satz- und analysetechnische Dinge wer­ den wiederholt und dabei optisch hervorgehoben.

Verzeichnis der Abkiirzungen:

NB 52

Notenbeispiel Nr.52 der Abhandlung

NBU7

Notenbeispiel Nr.7 des Ubungsteils

A 23

Ubung Nr.23 aus den Attwood-Studien (W.A.Mozart)

F 17

Ubung Nr. 17 aus dem Harmonie-Lehrgang von E.A.Forster

GA

Grundabsatz, abgeschwachte tonikale Zasur

QA

Quintabsatz; formale Zasur auf der Dominante einer Tonart (halbe Kadenz)

Harmonische Analyse: die kleinen arabischen Zahlen uber der BaGstimme (bei den Literaturbeispielen darunter) geben die GeneralbalJ-Bezifferung wieder

#6,2

C:

d:

1, 2, 3 .. 7

C-Dur, d-Moll; Kennzeichnung der ab dieser Stelle gultigen Tonart (GroBbuchstabe = Dur, Kleinbuchstabe = Moll) die etwas grdfteren fett-kursiven Zahlen beziehen sich auf die BaGstim­ me und kennzeichnen die Stufe der an dieser Stelle gultigen Tonleiter. In Moll kennzeichnen die Ziffern die Tone der harmonischen Leiter.

Besondere Leiterstufen in der BaBstimme: #6, b7

„erhohte" 6.Stufe (aufsteigend) bzw. „erniedrigte" 7.Stufe (absteigend) der melodischen Molltonleiter im BaB

M

'"!? d,eH DT b2W' im BaB (..doppeldominantischer Akkord mit dem Leitton zur Dominante)

b6

erniedrigte 6.Stufe in Dur (aus der Molltonleiter „entlehnte" 6.Stufe)

9

Besondere Akkordformen: lp

,/jicardische Terz", Moll-Kadenz mit „verdurter" Finalis

4n

„«eapolitanischer Sextakkord", Sonderform der kadenzierenden 4.Stufe in Moll (mit tiefalterierter Sexte)

5sf

die Dominantharmonie (Durakkord uber der 5.Stufe) wird durch Entfernen des Leittones ,,ausgeflohen" („s/uggir")

6d, bbd

der Zusatz d kennzeichnet all jene Flarmonien, die den Leitton zur Do­ minantharmonie in einer der Oberstimmen enthalten („r/oppeldominantisch"; insbesondere uber der 6. bzw. M.Leiterstufe im BaB)

4m

der Zusatz m kennzeichnet besondere Akkordbildungen, die auf die 4-6. bzw. b7. Stufe der melodischen Molltonleiter in einer der Oberstimmen zuruckgehen

2*, 4*, 7*

der Zusatz * kennzeichnet in die Durtonart „entlehnte" Akkorde unter Verwendung der 6.Stufe der Molltonleiter (uber verschiedenen BaBstufen)

Optische Kennzeichnung von Kadenzen und Progressionen: ganze Kadenz

1

halbe Kadenz (Quintabsatz) ,

£

ausgeflohene ganze Kadenz („cadenza sfuggita") TrugschluB intervallisch-harmonische BaB-Progressionen (innerhalb einer Tonart, aber auch modulierend) ktirzeres harmonisches Sinnglied, das in Form einer Progression durch verschiedene Tonarten gefuhrt wird

11

Inhalt Einleitung

17

A. Harmonielehre heute

17

B. GeneralbaB und Harmonielehre im 18.Jahrhundert

IB

C. Die Quellen zur Harmonie der Wiener Klassik

23

Grundlagen

28

A. Generalbafisatz

28

B. Stimmfiihrungsregeln

28

C. Kadenzen ganze Kadenz plagaler Anhang Grundabsatz halbe Kadenz Cadenza Inganno („Trugschlufl")

31 32 33 34 34 36

D. Tonartbegriff 38 Tonleiter 38 Ausweichung in verwandte und entfernte Tonarten 39 formliche und durchgehende Ausweichung; Transposition und Progression 40 E. Einfiihrung in die harmonische Analyse Zur Vorgehensweise bei E.A.Forster Literaturbeispiele Mozart

44 44 47

Kursus Harmonielehre - Theorie, Satztechnik, Analyse

54

I. „Vom ersten Stamm - Accorde und seinen abgeleiteten" der Dreiklang mit seinen Umkehrungen

54

A. Dreiklange in Grundstellung

55

12

Analyse A3 Die BaGfolge 5-6 Analyse A 7; Picardische Terz, Modulationskreis Analyse F 1; fallende Quintenprogression, durchgehende Ausweichung Verminderter Dreiklang B. Sextakkord Sextakkordkette

67 59 60 61 62 65

Sextakkorde auflerhalb der Kadenz Sextkkord uber der 7. Stufe der Leiter: (6-) 7-1 Sextakkord iiber der 2. Stufe der Leiter: 2-1, 2-3 Sextakkord iiber der 3.Stufe der Leiter

66 66 67 70

Sextakkorde im Vorfeld der Kadenz Sextakkord uber der 4.Stufe der Leiter Sextakkord iiber der 6.Stufe der Leiter: 6-5 Sextakkord iiber der 6.Stufe Dur mit chromatisch erhohter Sexte: 6d-5 Sextakkord iiber der #6.Stufe Moll mit chromatisch erhohter Sexte: #6d-5 Sextakkord iiber der 6.Stufe Moll mit chromatisch erhohter Sexte (iibermaBiger Sextakkord): 6d-5 UbermaBiger Sextakkord in Dur: b6d-5 Sextakkord iiber der erhohten #4. Stufe Sextakkord iiber der 4.Stufe Moll mit chromatisch erniedrigter Sexte („Neapolitaner")

71 71 73 74 75

80

Satztechnische Ubungen mit Sextakkorden Analyse A 12 Analyse A 14; Sextakkord iiber der 2.Stufe Analyse F 10; UbermaBiger Sextakkord

82 82 85 87

C. Quartsextakkord Quartsextakkord uber der 5.Stufe der Leiter (betont) Quartsextakkord uber der 5.Stufe der Leiter (unbetont) Satztechnische Ubungen mit Sext- und Quartsextakkorden Analyse A 17; Praparation des betonten Quartsextakkordes Analyse A 18; „gezielte Ausweichung" vor der Kadenz Analyse F 9; Ausfliehen der Kadenz D. Quartvorhalt

76 78 80

87 88 90 92 93 94 96 98

13

II. „Vom zweyten Stamm - Accorde und seinen abgeleiteten" vom Gebrauch der Septimenakkorde

100

A. Septakkord der V. Stufe Dur und Moll („charakteristischer Accord", Dominantseptakkord) Der charakteristische Septimenakkord iiber der 5.Stufe Der charakteristische Quintsextakkord iiber der 7.Stufe (l.Umkehrung): 7-1 Der charakteristische Terzquartakkord iiber der 2.Stufe (2.Umkehrung): 2-1, 2-3 Der charakteristische Sekundakkord iiber der 4.Stufe (3.Umkehrung): 4-3 Analyse F 15: regulare Auflosung der charakteristischen Akkorde Quintsextakkord iiber der erhohten #4.Stufe (Terzquartakkord iiber der 6.Stufe mit erhohter Sexte) zur Vorbereitung der Kadenz Besondere Auflosungen/Fortschreitungen der charakteristischen Akkorde Analyse F 20: besondere Auflosungen der charakteristischen Akkorde

111 112 122

B. Septakkord der II. Stufe Dur und Moll Septakkord iiber der 2.Stufe der Leiter Quintsextakkord iiber der 4.Stufe der Leiter Terzquartakkord iiber der 6.Stufe der Leiter Sekundakkord iiber der 1 .Stufe der Leiter

123 12 5 126 127 129

101 102 104 105 105 109

C. 1. Septakkord der VII. Stufe Moll („enharmonischer Accord", verminderter Septakkord) Der verminderte Septakkord mit seinen Umkehrungen Die natiirlichen Auflosungen der enharmonischen Accorde TrugschluB 5-#5-6; plagale Folge 4-1 Die enharmonischen Akkorde im Durzusammenhang Der verminderte Septakkord iiber der #4.Stufe der Kadenz (mit Umkehrungen) Analyse F 21 (regulare Auflosung der enharmonischen Accorde) Kiinstliche Wendungen der enharmonischen Accorde

138 145 146

C. 2. Septakkord der VII. Stufe in Dur Septakkord iiber der #4.Stufe Dur Analyse F 25 (Septakkord der VILStufe Dur)

149 150 152

D. Septakkorde - Besonderheiten Progressionen mit Septakkorden Septakkorde auf anderen Stufen Ausweichung mit ligierten Sekundakkorden Der iibermaBige Quintsext- und Terzquartakkord Analyse A 25 (Septakkorde)

155 155 159 160 160 165

130 132 133 135 135

14

E. Nonenvorhalt; Orgelpunkt Nonen-Accord Quart-Nonen-Accord Analyse A 30 Orgelpunkt Vorgehaltene Akkorde

167 167 168

169 170 171

Harmonie und Modulation

172

I. Tonart und Harmonie

172

Analyse A 24 Regola dell'ottava Forsters Schema der Dur- und Molltonart

173 174 175

II. Modulation

182

A. Verwandtschaft der Tonarten

183 184

Attwood-Studien B. Modulation in verwandte Tonarten Theorie der Modulation bei E.A.Forster Modulation in den Attwood-Studien

185 185 186

C. Modulation in entfernte / fremde Tonarten Schrittweises Entfernen Schneller Wechsel in entfernte Tonarten

200

D. Enharmonik Enharmonik mit dem verminderten Septakkord Analyse A 29 Enharmonische Modulation mit dem iibermaBigen Quintsextakkord Teufelsmiihle

205 205

E. Harmonische Analyse ausgewiihlter Beispiele (Ausschnitte) J. Haydn, Streichquartett D op.33/6, 2.Satz E.A.Forster, Streichquintett a op.20, l.Satz W.A.Mozart, Klaviersonate F KV 533, 2.Satz L.van Beethoven, Klaviersonate Es op.7, 2.Satz

217 217 220

200 201

208

211

215

222 226

15

llbungsteil Kursus Harmonielehre - Satztechnische und analytische Ubungen

231

A. Dreiklange in Grundstellung (NB U 1) A 4 (NB U 2) A 5 (NB U 3) A 6

231 231 232 233

B. Sextakkorde (NB U 4) A 11 (NB U 5) F 8 (NB U 6) A 13

234 234 234 237

C. Sext- und Quartsextakkord (NB U 7) A 16 (NB U 8) A 19 (NB U 9) F 11

239 239 240 241

D. Charakteristische Akkorde (NB U 10) F 16 (NB U 11) F 19 (besondere Auflosungen charakteristischer Akkorde)

242 242 244

E. Enharmonische Akkorde (NB U 12) F 22 (NB U 13) F 24

246 246 248

F. Samtliche Septakkorde (NB U 14) F 26 (Septakkorde in Progressionen) (NB U 15) A 26 (Ausweichung mit ligierten Sekundakkorden) (NB U 16) A 31 (NB U 17) F 29 (NB U 18) F 30 (Orgelpunkt)

250 250 250 253 254 256

Erganzende Ubungen (nach Bedarf)

259

A. Dreiklange in Grundstellung (NB U 19) F 2 (NB U 20) F 3

259 259 259

16

(NB U 21) F 4 (NB U 22) F 5 (NB U 23) F 6 (NB U 24) F 7

260 261 262 263

B. Sext- und Quartsextakkorde (NB U 25) F 12 (NB U 26) F 13 (NB U 27) F 14

265 266 267

C. Charakteristische Akkorde (NB U 28) F 17 (NB U 29) F 18

268 268 269

D. Enharmonische Akkorde (NB U 30) F 23

271 271

E. Samtliche Septakkorde (NB U 31) F 27 (NB U 32) F 28 (NB U 33) F 31

272 272 274 276

Praktische Ubungen am Klavier

279

I. Ubungen in der Tonart

279

A. Ubungen mit Sext- und Quartsextakkorden

279

B. Ubungen mit Septakkorden

280

II. Modulation

281

A. Modulation in verwandte Tonarten Modulation mit tonartbezeichnenden Sextakkorden Modulation mit charakteristischen und enharmonischen Akkorden

281 282 283

B. Modulation in fremde Tonarten; Enharmonik Enharmonik mit dem verminderten Septakkord Enharmonik mit dem ubermaBigen Quintsextakkord; Tonart des Neapolitaners

286 286

265

2g7

17

Einleitung A. Harmonielehre heute Alle gangigen, heute in Gebrauch befindlichen Lehrwerke zur Harmonie hangen bewuBt oder unbewuBt idealistischen Vorstellungen an; sie gehen davon aus, daB mehr oder weniger „naturgegebene Gesetze" den Bereich Harmonie regeln, individuelle oder zeitliche Differenzierungen deren generelle Giiltigkeit letztlich nur bestatigen. Beispiele von Schutz, Bach, Schubert oder Schonberg stehen in diesen Biichern direkt nebeneinander und werden am selben „uneingeschrankt giiltigen" Begriffssystem gemessen. Im Zentrum dieser Harmonielehren stehen die drei „Hauptfunktionen" Tonika, Subdominante und Dominante, auf die alles harmonische Geschehen quasi „naturgesetzlich" zuriickgeftihrt wird. Dabei spielt der Begriff der „Tonalitat" eine zentrale Rolle; er wurde seit etwa 1890 in den Arbeiten Hugo Riemanns entwickelt und danach vielfach fortgeschrieben und differenziert. „Tonalitat" ist definiert durch eine groBe Summe von Akkorden, die unter Zuhilfenahme von Hilfsbegriffen letztlich auf die Tonika als Hauptklang beziehbar wird. Mit dem Begriff der „Tonalitat", der dem fortgeschrittenen harmonischen Denken des spaten 19. Jahrhunderts Rechnung zu tragen versucht, wird der prazise definierte altere Tonart- und Modulationsbegriff aufgegeben und durch einen umfassenden, in seinen Grenzen letztlich nicht festgelegten Begriff ersetzt (nach weitverbreiteter Vorstellung gehort eben alles dazu, was mit dem Begriffssystem nur irgendwie erklarund beziehbar ist). Dies fuhrt in der Praxis heutiger Analyse (nicht nur Wiener Klassischer Musik) bisweilen zur volligen Entstellung einstmals gedachter harmonischer und tonartlicher Zusammenhange, wie eine Vielzahl von Publikationen belegen. Erstaunlicherweise sind bis heute weder im Bereich der Hochschul-Musiktheorie noch innerhalb der universitaren Musikwissenschaft ernstzunehmende Ansatze sichtbar, die dieses System in Frage stellen und sich stattdessen um ein historisch angemessenes, den Komponisten und ihrer Musik gerecht werdendes Verstehen bemuhen. Mit „Reparaturvorschlagen" am System, wie sie bisweilen geauBert werden, diirfte dem Problem wohl kaum beizukommen sein! Die vorliegende Harmonielehre unterscheidet sich insofern von alien anderen gangi­ gen Harmonielehren, als sie ihre Aussagen erstmals auf einen wohlbestimmten Zeitraum eingrenzt (die „Wiener Klassiker") und dabei ihr zur Erklarung benutztes Be­ griffssystem so exakt wie moglich aus den historisch einschlagigen Quellen gewinnt: alle zur Analyse herangezogenen Musikbeispiele sind von Haydn, Mozart und Beet­ hoven (Schwerpunkt Klaviermusik; am SchluB ein Beispiel von Forster), alle Theorie- und Ubungsbeispiele sind aus einschlagigen zeitgenossischen Quellen. Der historische Ansatz geht davon aus, daB musikalische Harmonie (jenseits der von der Natur gegebenen akustischen Voraussetzungen) ein von menschlichem Geist hervorgebrachtes Produkt ist, das einem standigen begrifflichen Wandel unterliegt, den es an jedem historischen Punkt von Neuem aufzudecken gilt. Jeder verantwortungs-

18

bewuBte (und nach Ansicht des Autors letztlich nur gewinnbringende) analytische Umgang mit Musik muB jenem BewuBtsein versuchen nahe zu kommen, das die zur Diskussion stehende Musik hervorgebracht hat. Das BewuBtsein eines Komponisten wird durch ein System von Begriffen bestimmt, das gepragt ist durch die verschiedenartigsten Einfliisse und Erfahrungen, die ein jedes Musikerleben kennzeichnen. Dieses Begriffssystem wird aller Erfahrung nach entscheidend festgelegt durch die Ausbildung, die ein junger Musiker erfahrt, wahrend Differenzierungen und Veranderungen im Laufe eines jedes groBen Musikerlebens wohl das ausmachen, was den sich wandelnden Fortgang der Musikgeschichte kennzeichnet. Das wichtigste (einzige?) Hilfsmittel, dem Denken vergangener Zeiten auf sicherem Wege naher zu kom­ men, ist das unvoreingenommene und umfassende Studium der historischen Quellen, deren Relevanz dann freilich stets am Kunstgegenstand zu uberpriifen, zu differenzieren oder ggf. auch zu korrigieren ist (im vorliegenden Falle sind die theoretischen Quellen schon deshalb tiber jeden Zweifel erhaben, da sie auf direkt beteiligte und dazu auBerst kompetente Mitstreiter zuriickgehen!). Besserwisserei des spaterGeborenen erweist sich bei diesem Vorgehen als ein schlechter Ratgeber.

B. GeneralbaB und Harmonielehre im 18.Jahrhundert Das 18.Jahrhundert hat eine Vielzahl von Abhandlungen hervorgebracht, die sich mehr oder weniger umfanglich der Lehre von der „Harmonie" widmen. In der ersten Jahrhunderthalfte, die kompositorisch noch ganz vom Denken im GeneralbaB beherrscht wird — das kompositorisch-harmonische Geschehen wird von der BaBstimme aus bestimmt, durch hinzugefugte Ziffern werden die dariiber erklingenden Akkorde gekennzeichnet - steht naturgemaB die Lehre vom GeneralbaB im Vordergrund. Der GeneralbaB ist eine italienische Errungenschaft des 17.Jahrhunderts, er verbreitete sich, unterstiitzt durch die damalige Vorherrschaft der italienischen Musik in ganz Europa, schnell nach Norden und gewann auch dort zunehmend an EinfluB. Da er hier auf durchaus eigenstandige, unterschiedliche musikalische Traditionen traf, mmmt es nicht Wunder, daB sich noch die deutschen GeneralbaBlehren des 18. Jahrhunderts je nach Provenienz in Darstellung und Auspragung nicht unwesentlich voneinan er unterscheiden (auch sind die italienischen Einfliisse bei den verschiedenen Autoren unterschiedhch). Insbesondere konnen mittel- und norddeutsche (protestan­ tise e ) von sii eutsch-osterreichischen („katholischen") Auspragungen unterschieden werden, wobei letztere naturgemaB dem italienischen Denken naherstehen. Die fur die Musikausbildung im suddeutsch-osterreichischen Raum wohl wichtigste eneralbaBlehre jener Zeit sind die im Jahre 1719 publizierten Fundamenta Partiturae von Matthaeus Gugl (urn 1683-1721). Gugl war vermutlich Schuler von Georg Domn r fH^Fr-^lber' ^ 1717 Nachfolger von J.B.Samber als Salzburger Domorganist. Sem kurz und anschauhch abgefaBtes Buch erfuhr zwischen 1719 und di& gWBe Verbreitung ™d Beliebtheit dieses LlLwerks F^hftenWemK werks. Es hat offenbar die Lehre in der Region iiber Jahrzehnte beherrscht, erst

19

gegen Ende des Jahrhunderts erscheint im Wiener Raum von Albrechtsberger eine neue GeneralbaBlehre (ca.1791). Es muB angenommen werden, daB Leopold Mozart (auch W.A.Mozart?) und Joseph Haydn in jungen Jahren mit Gugls Werk befaBt waren, dessen Inhalte diirften jedenfalls in etwa dem entsprechen, was diese Musiker damals gelernt haben. Gugls Werk steht in der direkten Nachfolge von Sambers Schriften. Die GeneralbaBlehre Gugls ist ahnlich aufgebaut wie die Abhandlungen von Samber und dann auch noch von Albrechtsberger (das Mozart falschlich (?) zugeschriebene Fundament des Generalbasses, Wien 1817, folgt ebenfalls dieser Anlage): in einem ersten Teil wird die Kenntnis der Signaturen und die korrekte satztechnische Behandlung der Akkorde zusammenhangend vermittelt, eine notwendige Voraussetzung fur den GeneralbaBspieler und Organisten; dies geschieht derart, daB von der Sekunde aufsteigend bis zur None alle aus diesen Intervallen entspringenden Klange abgehandelt werden. In einem zweiten Teil wird der Lernende darauf vorbereitet, sich den GeneralbaB kompositorisch nutzbar zu machen: anhand des BaBstimmen-Verlaufs (auf- und abwarts schreitende Folgen, Spriinge auf und ab in den verschiedenen In­ tervallen) werden die daraus entspringenden GeneralbaBbezifferungen erlautert. Wahrend die systematisch an der zunehmenden IntervallgroBe orientierte Abhandlung der Akkorde eine Eigenschafit suddeutscher GeneralbaB-Abhandlungen zu sein scheint, knupft die „natiirliche Bezifferung" der verschiedenartigen BaB-Fortschreitungen stark an italienische Praxis an (Gasparini). Im mittel- und norddeutschen Raum sind von Niedt iiber Heinichen, Mattheson, Kellner und C.Ph.E.Bach zum Teil sehr umfangliche GeneralbaBlehren erschienen, die auf durchaus unterschiedliche Weise und nach verschiedenartigen, nicht immer klar bestimmbaren Ordnungsprinzipien die einzelnen GeneralbaB-Signaturen abhandeln (ohne die angefuhrte konsequente Ordnung nach zunehmender IntervallgroBe). Beim Vergleich etwa der Arbeiten des sachsischen Hof-Kapellmeisters Johann David Heinichen (1711 und 1728) mit C.Ph.E.Bachs Versuch (zweiter Teil von 1762) wer­ den die Unterschiede der groBen musikalischen Traditionen Italien und Mitteldeutschland sichtbar. C.Ph.E.Bachs Lehrbuch diirfte in der Ausbildung und Lehre von Christian Gottlob Neefe (1748-1798), dem Bonner Lehrer Beethovens, eine wichtige Rolle gespielt ha­ ben. Wahrend das Lehrwerk fur Haydns Ausbildung sicher nicht mehr in Frage kommt - er war im Jahre 1762 bereits Kapellmeister bei Fiirst Esterhazy -, ist es sehr wahrscheinlich, daB auch Forster (1748-1823), der im Jahr des Erscheinens gerade 14 Jahre alt war, mit diesem Buch in jungen Jahren befaBt war (eine Abschrift des Versuchs ist von ihm erhalten). - Die Verbindungen, Zusammenhange und Abhangigkeiten zwischen den einzelnen Lehrwerken wie auch ihre moglichen direkten Einfliisse auf die Musiker wurden bislang nicht umfassend wissenschaftlich untersucht.

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Die wichtigsten Quellen zum GeneralbaB (chronologisch): Niedt, Friedrich Erhardt, Musikalische Handleitung oder griindlicher Unterricht, Hamburg 1700 Samber, Johann Baptist, Manuductio ad organum, Salzburg 1704 Niedt, Friedrich Erhardt, Handleitung zur Variation, Hamburg 1706 (Nachdruck beide Teile Knuf 1976) Samber, Johann Baptist, Continuatio ad Manuductionem organicam, Salzburg 1707 Gasparini, Francesco, L'armonicopratico al cimbalo, Venezia 1708 (ND New York 1967) Heinichen, Johann David, Neu erfundene und Griindliche Anweisung zu vollkommener Erlernung des General-Basses, Hamburg 1711 (ND Kassel 2000) Gugl, Matthaeus, Fundamenta partiturae in compendio data, Salzburg 1719 Mattheson, Johann, Exemplarische Organisten-Probe, Hamburg 1719 Heinichen, Johann David, Der Generalbass in der Composition, Dresden 1728 (Nachdruck Olms) Mattheson, Johann, Grosse Generalbafischule, Hamburg 1731 (= zweite, vermehrte Auflage der Exemplarischen Organisten-Probe; ND Olms 1968) Mattheson, Johann, Kleine Generalbafi-Schule, Hamburg 1735 (ND Laaber 1980) Kellner, David, Treulicher Unterricht im Generalbafi, Hamburg 1737 (Nachdruck Olms 1979) Bach, Carl Philipp Emanuel, Versuch iiber die wahre Art das Clavier zu spielen Zweyter Theil, Berlin 1762 (ND Leipzig 1969) Albrechtsberger, Johann Georg, Kurzgefafite Methode den Generalbass zu erlernen, Wien (ca.1791) Mozart, Wolfgang Amadeus (?), Kurzgefafite Generalbafi-Schule, Wien (1817)

Auf die weitere Entwicklung des harmonischen Denkens im Verlauf des 18.Jahrhunderts hatte der franzosische Komponist und Musiktheoretiker JeanPhilippe Rameau (1683-1764) ganz entscheidenden EinfluB. Er verfaBte zahlreiche theoretische Schriften (von 1722 bis in die Fiinfzigerjahre), deren neuartige theoretische Grundlegung das harmonische Denken auch im deutschsprachigen Raum der zweiten Jahrhunderthalfte (im Norden wie im Siiden) allmahlich grundlegend veranderte. Die Ruckfuhrung der barocken Akkordvielfalt auf grundtonfundierte Dreiklange und Septimenakkorde mit lhren „Umkehrungen" geht auf Rameau gleichermafien zuruck wie die fiktive basse fondamentale" (deutsch „FundamentalbaB" oder "GrundbaB ), die die Abfolge der Harmonie-Grundtone und damit letztlich den ganzen Fortgang der Harmome zu regeln trachtet. Die erste deutschsprachige Abhandlung, die ihrem Aufbaue nach Rameausche PrinundQVefCorner F"edrich Wl.lhelm Marpurgs Handbuch bey dem Generalbasse in iei Tdlen 1?55' 1757 Und 1758 erschien" Maipurg mitmsVuZ 7 T ( 795) lernte die neuen Ideen Rameaus wahrend eines Aufenthaltes in Frank-

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reich kennen und machte sie als erster in den Funfzigerjahren in Deutschland publizistisch bekannt. Seine Systematische Einleitung in die Musikalische Setzkunst (1757), eine Ubersetzung von D'Alemberts Elemens de musique (1752; D'Alemberts Werk gibt eine kurze, allgemeinverstandliche Zusammenfassung von Rameaus Theorie), hatte nachhaltigen EinfluB auf die deutsche Musiktheorie der folgenden Jahrzehnte. Dies wird deutlich sichtbar zum Beispiel im zweiten Teil von Lohleins ClavierSchule (1765), der eine klar nach den neuen Prinzipien geordnete Abhandlung der Akkorde gibt. Eine wirklich neue Satzlehre im Sinne Rameaus scheint erstmals umfassend in den Schriften Kirnbergers realisiert, insbesondere in seiner Kunst des reinen Satzes Tl. 1 (1771) sowie in dem Lehrwerk Grundsdtze des Generalbasses als erste Linien zur Composition (1781; dazu Die wahren Grundsdtze zum Gebrauch der Harmonie, 1773, von J.A.P.Schulz nach Angaben Kirnbergers verfaBt). Kirnberger (1721-1783) war als junger Mann Schiiler Bachs in Leipzig, dessen Lehrgrundsatze er auch wiederzugeben vorgibt; in Wirklichkeit steht er aber der Lehre Rameaus weitaus naher als den Bachschen Prinzipien. Wahrend die Aneignung der Grundsatze Rameaus im mittel-/norddeutschen Raum in den Siebzigerjahren bereits nachhaltig vollzogen ist, hat das neue Denken im konservativeren siiddeutsch-osterreichischen Raum offenbar zogerlich, vermutlich erst iiber die norddeutschen Quellen Eingang gefunden (in den Neunzigerjahren werden in Wien die Schriften Kirnbergers von 1773 und 1781 nachgedruckt). Forsters Anleitung zum General-Bass (1805), die unseren Ausfuhrungen als Flauptquelle zugrunde liegt, spiegelt diese Neuerungen erstmals in gedruckter Form klar wider. (Ein Sonderfall stellt gewissermaBen Joseph Riepel dar; er kennt Rameaus Demonstration von 1750 und spricht im dritten Band seiner Kompositionslehre 1757 von den Dreiklangen und Septakkorden mit ihren Umkehrungen. Seine Akkordklassifikation in vollkommene, unvollkommene und chromatische Akkorde orientiert sich letztlich aber noch immer an den Intervallen). Leopold Mozart diirfte schon friihzeitig Kontakte zu Schriften Marpurgs gehabt haben, er erwahnt ihn 1756 in seiner Violinschule als verdienten Schriftsteller (nicht aber Rameau!). Der von Mozart fur seinen Schiiler Attwood im Jahre 1785 aufgesetzte Harmoniekursus ist klar in diesem neuen Sinne angelegt (Dreiklang mit Umkeh­ rungen, Septakkorde mit Umkehrungen). Ob Mozart in dem Kurs seiner eigenen Ausbildung folgte oder ob er mit der neuen Lehre erst allmahlich konfrontiert wurde, ist nicht geklart. Im ersten Falle hatte sich der Vater Anfang der Sechzigerjahre nur auf Marpurgs Handbuch stutzen konnen, das allerdings als praktischer Harmonielehrgang kaum in Frage kommt. In jedem Falle nehmen die Harmonieiibungen fur Attwood zu diesem Zeitpunkt in Wien eine Sonderstellung ein (von der Qualitat her gibt es bis zu Forsters Ubungen 1818 sowieso nichts annahernd Vergleichbares). Mit dem Eindringen von Rameaus neuartiger Theorie ins Denken der Komponisten nimmt natiirlich auch der alte GeneralbaB veranderte Gestalt an. Er bleibt zwar noch lange Zeit als das gewohnte Werkzeug fur die Vermittlung von Harmonie erhalten

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(auch wenn er mit dem ausgehenden Barock seine Bedeutung fur die kompositorische Praxis verliert), kann sich des Einflusses der vollig neuartigen, letztlich nur auf zwei Akkordgestalten basierenden Theorie aber nicht entziehen. Die Harmoniebehandlung erfahrt insofern eine differenzierte Auspragung, als der GeneralbaB nun auch vom GrundbaB her, aus diesem durch Einbringen von Akkordumkehrungen hervorgebracht gedacht werden konnte. In der zweiten Jahrhunderthalfte wird der EinfluB Rameaus schon in der Anlage der Lehrwerke klar sichtbar (stark satztechnisch orientierte Schriften tragen das Wort „GeneralbaB" noch weiterhin im Titel, zunehmend aber kommt nun die „Anweisung zur Harmonie" ins Spiel - die „GeneralbaBlehre" verandert sich zur „Harmonielehre"): die Akkorde werden nun als Dreiklange und Septimenakkorde mit ihren dazugehorigen Umkehrungen in zwei groBen Gruppen abgehandelt.

Die wichtigsten Quellen zur „Harmonielehre" (chronologisch): Rameau, Jean-Philippe, Traite de I 'harmonie, Paris 1722 Rameau, Jean-Philippe, Nouveau systeme de musique theorique, Paris 1726 Rameau, Jean-Philippe, Generation harmonique, Paris 1737 Rameau, Jean-Philippe, Demonstration du principe de I'harmonie, Paris 1750 (ND Rameau, Complete theoretical writings, American Institute of Musicology 1967 ff.) Alembert, Jean le Rond D', Elemens de musique, theorique etpratique, Paris 1752 Marpurg, Friedrich Wilhelm, Handbuch bey dem Generalbasse und der Composition, 3 Teile Berlin 1755, 1757, 1758 (ND Olms 1974) Marpurg, Friedrich Wilhelm, Systematische Einleitung in die Musicalische Setzkunst nach den Lehrsatzen des Herrn Rameau, Leipzig 1757 (ND Leipzig 1980) Riepel, Joseph, Griindliche Erklarung der Tonordnung insbesondere, Frankfurt/Leipzig 1757 (ND Wien 1996) Lohlein, Simon, Clavier-Schule, Leipzig und Ziillichau 1765 f o h a f " P ^ l h PP' 1771 (ND Olms 1968)

Die Kunst des

reinen Satzes in der Musik, l.Teil, Berlin

Kirnberger, Johann Phihpp, Die wahren Grundsdtze zum Gebrauch der Harmonie, Berlin und Komgsberg 1773 (ND Olms 1970) Kirnberger, Johann PhiHpp, Grundsdtze des Generalbasses als erste Linie zur Com­ position, Berlin (1781), (ND Olms 1974) Ch1S7S7h; einerAnleitu^zur Composition, 3 Teile Rudolstadt 1782, Leipzig 1787, Leipzig 1793 (ND Olms 1969) GemnM^P'elen,

Halle und Leipzig U800

zur Harmonielehre undjur den Generalha/S, Prag 1 * 8 0 2 1802 (dazu. Notenbeispiele zum musikalischen Vorlemngsbuch)

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Generalbafi, Wien 1805

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