Handelsgesetzgebung des Deutschen Reiches [Reprint 2021 ed.] 9783112395721, 9783112395714


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German Pages 1072 [1076] Year 1904

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Table of contents :
Vorrede zur fünften Auflage
Vorrede zur siebenten Auflage
Verzeichniß der gebrauchten Abkürzungen
I. Inhalt
II. Verzeichnis -er abgedruckten Gesetze nach der Zeitfolge geordnet
III. Vergleichende Gegenüberstellung der Artikel des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs und der Paragraphen des neuen Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897
Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche
Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897
Erstes Buch. Handelsstand
Zweites Buch. Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft
Drittes Buch. Handelsgeschäfte
Viertes Buch. Seehandel
Allgemeine Deutsche Wechselordnung unter Berücksichtigung der Nürnberger Novellen
Gesetz
Erster Abschnitt. Bon der Wechselfähigkei
Zweiter Abschnitt. Bon gezogenen Wechseln
Dritter Abschnitt. Bon eigenen Wechseln
Anhang
I Bankgesetz
II Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. (RGBl 375.)
III Münzgesetz vom 9./7. 73.¹ (RGBl. 233.)
IV 1 Gesetz, betr. die Inhaberpapiere mit Prämien
V. Reichsstempelgesetz vom 14. Juni 1900
VI. Vörsengesetz
VII Gesetz, betreffend die Abzahlungsgeschäfte
VIII. Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes
IX Gesetz, betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere
X Gesetz, betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen
XI Gesetz, betr. die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften
XII. Gesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
XIII Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt
XIV Gesetz, betreffend die Privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei
XV Bekanntmachung, betr. die Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands
XVI Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen
XVII Gesetz über das Verlagsrecht
XVIII Gesetz, betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe
XIX Schiffsvermessungs-Ordnung
XX Seemannsordnung
XXI Gesetz über das Auswanderungswesen
XXII Strandungsordnung
XXIII Verordnung zur Verhütung des Zusammenstossens der Schiffe auf See
XXIV Gesetz, betr. Sie Untersuchung von Seeunfällen
XXV Gesetz, betr. die Wechselstempelsteuer
XXVI Ausführungsgesetze und Verordnungen der einzelnen Bundesstaaten zum Handelsgesetzbuche
Sachregister
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Handelsgesetzgebung des Deutschen Reiches [Reprint 2021 ed.]
 9783112395721, 9783112395714

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Handelsgesetzgrbung des Deutschen Reiches. Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 einfchlietzltch des Seerechtes.

Allgemeine Deutsche Wechselordnung. Die ergänzenden Reichsgesetze. Die bundesstaatlichen Aussührungsbestimmungen zum Handelsgesetzbuche. ZITit ausführlichem Sachregister herausgegeben von

Dr. Emil Friedberg, jrtdnijf. Sächs. Geheimer Rath und o. ö. Prof, der Rechte an der Univ. Leipzig

Siebente, bis Ende 1903 fortgeführte Auflage.

Leipzig Verlag von Veit & Comp. 1904.

Maschinensatz von Oscar 'ärcinbnctter in Lc-.vzi^.

Vorrede zur fünften Auflage. Die in das Handelsrecht einschlagenden Rechtsvorschriften sind jetzt noch weniger als früher allein in dem neuen Handelsgesetzbuche und in der Wechselordnung zu finden. Auch die Reichsjustizgesetze, das Strafgesetzbuch, die ReichsKonkurs-, die Reichs-Gewerbe-Ordnung, das Gesetz über die An­ gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit u. s. w., vor allen Dingen aber das Bürgerliche Gesetzbuch müssen herangezogen werden. Wird doch namentlich auf dieses im neuen Handelsgesetzbuche oft ge­ nug verwiesen und empfangen doch vielfach die lückenhaften Normen des letzteren in dem ersteren die erforderliche Ergänzung und oft genug erst die richtige Bedeutung. Die von mir besorgte Ausgabe beabsichtigt, dieses ganze Material zusammenzusassen. Darum sind keine Erklärungen zum Gesetzestexte gegeben, wohl aber die einschlagenden Bestimmungen der gesammten Reichsgesetzgebung mit abgedruckt und sämmtliche Nebengesetze im Anhänge mitgetheilt worden. Ich glaube damit einem Bedürfnisse für die Vorlesungen über Handelsrecht, welches ich wenigstens stets empfunden habe, und wel­ ches durch keine der bisherigen Ausgaben befriedigt wird, abzuhelfen. Aber auch für kaufmännische Kreise und für die juristischen Praktiker, selbst für den Theoretiker, meine ich, wird es werthvoll sein, den ge­ sammten Rechtsstoff zusammengefaßt zu haben. Sind doch die erste­ ren noch weniger als die jungen Juristen in der Lage, sich das in dem Gesetzbuche enthaltene Material nach allen Seiten hin ergänzen zu können. Auf der Grundlage des alten Handelsgesetzbuches hat sich eine reiche Literatur entfaltet, und eine bedeutsame Rechtsprechung hat es nach allen Seiten ausgebaut. Beide sind zum Theil durch die Normen des neuen Handelsgesetzbuches veraltet. Aber auch da, wo dieses nur die alten Rechtssätze, zuweilen wörtlich, wiederholt, liegt darin eine Schwierigkeit für die Benutzung der alten Judikatur !•

und Literatur, daß die Paragraphenzählung des neuen Gesetzbuches nicht mit der Artikelzählung des alten — und dasselbe gilt für alle Gesetze, welche durch die Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 neue Paragraphenzahlen, durch die Einsührungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche und zum Handelsgesetzbuche auch wichtige Abänderungen erfahren haben — übereinstimmen; darum habe ich beim Handels­ gesetzbuche und allen diesen Gesetzen nicht nur die Artikel- und Paragraphenzahlen der früheren Gesetze in Klammern hinzugesetzt, sondern auch Tabellen beigegeben, welche nachweisen, ob die alten Gesetzesbestimmungen noch gelten, und wo sie jetzt zu finden sind. Bekanntlich sind zahlreiche Normen des alten Handelsgesetz­ buches im neuen fortgefallen, weil ihr Inhalt in das Bürgerliche Gesetzbuch übergegangen ist. Diese Paragraphen des letzteren habe ich an den betreffenden Stellen des Handelsgesetzbuches abdrucken lassen und die Artikelzahl des alten Handelsgesetzbuches in Klammern hinzugesügt. In späterer Zeit, wenn erst das Bürgerliche Gesetzbuch mehr in Fleisch und Blut des deutschen Volkes übergegangen sein wird, mag man sie in einer Ausgabe des Handelsgesetzbuches vielleicht missen. Jetzt aber, wo Juristen und Kaufleute die Gewöhnung haben, sie dort zu suchen, erschien es mir zweckmäßig, diese Hülfe zu ge­ währen. Ueber das aufgenommene Gesetzesmaterial geben zwei Register, darunter ein chronologisches, Auskunft. Das ausführliche Sach­ register bezieht sich auch auf die aufgenommcnen Nebcngcsetze. So darf ich denn hoffen, daß diese neue Ausgabe den Be­ dürfnissen des kaufmännischen Lebens, der Rechtsprechung und vor Allem des akademischen Unterrichts genügen werde. Leipzig, 15. Oktober 1898.

Vorrede zur siebenten Auflage.

Die sechste Auflage dieses Buches war Ende des Jahres 1900 erschienen. Sie brachte die Veränderungen, welche die Gesetzgebung bis dahin erfahren hatte, und zum ersten Male die Ausführungsgesetze und Verordnungen zum geltenden Handels­ gesetzbuche. Seit der Zeit hat die Gesetzgebungsmaschine leider nicht still gestanden. Eine ganze Zahl wichtiger und auch umfangreicher neuer Gesetze ist ergangen und die früheren haben mannigfache Aenderungen erfahren. Diese neue Auflage unternimmt es nun, den gestimmten auf das Handels- und Wechselrecht bezüglichen Gesetzesstoff in seiner jetzigen Geltungsform zu überliefern. Freilich sind schon jetzt wieder neue einschlagende Gesetze in Vorbereitung. Um daS Buch vor Veraltung zu schützen, ist deswegen am Schluß ein Falz eingelegt worden. Mit deffen Hülfe wird es ermöglicht, die neuen Gesetze, die nach ihrer Veröffentlichung nachbezogen werden können, einzufügen.

Leipzig, 22. Dezember 1903. Emil Friedberg.

verzeichniß der gebrauchten Äbkür;uazen. ADWO — Allgemeine Deutsche Wechselordnung. B = Berner Uebereinkommen. BG — Bundesgesetz. BGB = Bürgerliches Gesetzbuch. BGBl — Bundesgesetzblatt. LBl — Centralblatt für das Deutsche Reich. LPO — Civilprozeßordnung. EG LPO — Einführungsgesetz zur Civilprozeßordnung. EG A. AO — Einführungsgesetz zur Konkursordnung. EG A. StPO — Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung. G — Gesetz. GO = Gewerbeordnung. GS — Gesetzsammlung. GVG — Gerichtsversassungsgesetz. HGB — Handelsgesetzbuch. JMBl = Justiz-Ministerialblatt. AO — Konkursordnung. NoV. — Novelle. Reg.-Bl — Regierungsblatt. RG — Reichsgesetz. RGBl — Reichs-Gesetzblatt. RD = Reichsverfassung. StPO — Strafprozeßordnung. D — Verordnung. Die Artikel- und Paragraphenzahlen, welche in [ ] neben die der getteuden Gesetze gestellt sind, geben die frühere Zahlung an.

L Inhalt. Seite

Ginführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche.

Vom 10. Mai 1897 . 3 Vers. d. D. R. 4.................................... 3 CPO 293 [265] 4 G 7./4. 1900, 40 ..................................................................... 4 GBG 70. 100 ......................................................................... 4 101. 102......................................................................... 5 103-107 6 108-118. 23 ................................................................. 7 EG z. CPO 3. 13................................................................. 8 14. 15................................................................. 9 BGB 1559 9 Bremer B 12./2. 66: G23./4.76; 6./5. 77; 2., 11. 79; 12 /5. 83 24 Hamburg. G 22 /12. 65 .................................................. 26 Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897.

Erstes Buch. Handelsstand (§ 1—104).......................................... Erster Abschnitt. Kaufleute (8 1—7)............................................ CPO 52 [51]. 53 [51 a]......................................................... BGB 107. 112. 1645 ............................................................. 1655. 1822. 1823. 1827Abs. 2................................ 11. 11a............................................................................. BGB 1354. 1399 ..................................................................... 1405. 1435. 1395-1398 ............................................ 1412. 1442. 1443. 1452.1459—1462. 1530 .... 1531—1533. 1549 ......................................................... G 17./5. 98, 45 GO 14..................................................................................... 15. 15a. 34. 35 148. 4.................................................................................. EG z. HGB 5......................................................................... Zweiter Abschnitt. Handelsregister (§8—16)................................ G 17./5. 98. 125-131 132. 133—138 ..................................................................... 139—143 ............................................................................. 144—147 ............................................................................. 148. 149

28 28 28 28 29 29 29 30 31 32 32 32

34 34 36 36 37 38 39 40

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KO 112 [104]. 163 [151]........................................................... 40 190 [175]. 198 [184]. 205 [191] 41 Dritter Abschnitt. Handelsfirma (§17—36).................................... 42 GO 15a....................................................................................... 43 BGB 419. 1990. 1991. 1978 ............................................... 45 1979 ................................................................................... 46 CPO 729 [665b]. 727 [665]. 730 [666]. 731 [667] . . 46 732 [668].................................................................. 47 BGB 206 ................................................................................... 47 CPO 16 [18]. 17 [19]. 21 [22]. 22 [23]. 23 [24] .... 48 29—31. 180 [165]. 183 [168]. 184 [169]. 185 [169a] 49 KO 71 [64]..................... 49 238 [208].......................................................................... 50 BGB 12....................................................................................... 52 Vierter Abschnitt. Handelsbücher (§38—47»................................... 52 GO 38 Abs. 4........................................................................... 52 KO 1 Abs. 3. 117 [107] Abs. 2 52 CPO 286 [259]........................................................................... 54 422 [387]........................................................................... 54 423 [388]. 427 [392].444 [409].................................... 54 KO 122 [112] Abs. 2. 239[209]. 240 [210]....................... 55 241 [211J.......................................................................... 56 Fünfter Abschnitt. Prokura undHandlungsvollmacht (§ 48—58). 56 BGB 164—167 .......................................................................... 56 168—176. 674. 729 .................................................... 57 177 - 181. 370 58 31............................................................................................. 59 CPO 173 [159]...................................................................... 59 StGB 266 ................................................................................... 59 BGB 168. 167 Abs. 1. 672 ................................................... 60 ftC 23 [19a]. 27 [21a].......................................................... 60 GO 44................................................................................... 61 44a. 62 Bek. 27./11. 96 63 Sechster Abschnitt. Handlungsgehülfen und Handlungslehrlinge (8 59-83) 64 BGB 612 [Abs. 1]. 613.......................................................... 64 615. 624. 625. 629 .................................................... 65 GO 154. 105b. 139c.............................................................. 65 GO 139 d. 139 e. 139k.............................................................. 66 67 139 g. 139h........................................................................... Bek. 28./11. 1900 ...................................................................... 67 1391. 139k............................................................................ 68 1391. 139 m........................................................................... 69 KO 61 [54].............................................................................. 69 G 15./6. 83, 2.......................................................................... 69 G 19./7. 99, 1.......................................................................... 69 G 1./7. 69, 153 69

I. Inhalt.

ix

Seite

BGB 518. 252 .......................................................................... 842-845 ........................................................................... BGB 846. 254. 278. 831. 616.617 ........................................ fD 22 [19]............................................................................... BGB 628 Abs. 1. 347 .............................................................. 343 Abs. 1. 345 .............................................................. GO 120....................................................................................... Siebenter Abschnitt. Handlungsagentcn(§ 84—92)....................... BGB 665-668 .......................................................................... Achter Abschnitt. Handelsmäkler (§93—104;................................. StGB 266 ................................................................................... BGB 652—654 ........................................................................... 655. 456. 457 .................................................................. Zw eiteS Buch. Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft (§ 105-342)................................................................................... Erster Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft (§ 105—160) .... Erster Titel. Errichtung der Gesellschaft (g 105—108) .... BGB 705. 706 Abs. 1.............................................................. Zweiter Titel. Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander (§ 109—122)...................................................................... BGB 706 Abs.2, 3. 707. 708 .............................................. 717. 718.......................................................................... 712 Abs. 2. 671 Abs. 2, 3. 713. 664 ......................... 669 ................................................................................... Dritter Titel. Rechtsverhältniß der Gesellschafter zu Dritten (§ 123—130)....................................................................... KO 209 [198).......................................................................... 210 [199]—212 [201]...................................................... 244 [214]. 16 [14]. 51 [44]. 64 [57]. 68 [61] .... BGB 421................................................................................... 422. 719 ........................................................................... 721. 725 Abs. 2.............................................................. CPO 171 [157] Abs.2. 472 [434]...................................... 473 [435].476 [438]........................................................ BGB 421. 422 .......................................................................... 423—425 ........................................................................... Vierter Titel. Auflösung der Gesellschaft und Ausscheiden von Gesellschaftern 131—144).................................................... BGB 726 ................................................................................... BGB 723 Abs. 3...................................................................... CPO 828 [729].......................................................................... 829 [730].......................................................................... BGB 732. 738 .......................................................................... 739. 740 ........................................................................... Fünfter Titel. Liquidation derGesellschaft (§ 145—158) ... G 30./6. 1900, 136 ...............................................................

70 71 72 73 74 76 77 79 79 81 81 81 82 84 84 84 84 85 85 86 87 88

89 89 89 90 90 91 92 92 93 93 94 94 94 95 95 96 98 99 99 99

X

I. Inhalt. Seite

G 30./6. 1900, 138. 147. 148 ............................................. 100 G 30./6. 1900, 149-150. 158 ............................................. 101 BGB 735 .................................................................................. 103 Sechster Titel. Verjährung (§ 159—160)................................. 104 BGB 202. 204. 207. 208. 209 ............................................. 104 210—215.............................................................................. 105 216—217.............................................................................. 106 Zweiter Abschnitt. Kommanditgesellschaft (§ 161—177)..................... 106 Dritter Abschnitt. Aktiengesellschaft (§ 178—319)............................. 109 Erster Titel. Allgemeine Vorschriften (§ 178—209)................ 109 Zweiter Titel. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesell­ schafter (§ 210—230).......................................................... 120 BGB 799 Abs. 2, 800 .............................................................. 124 Dritter Titel. Verfassung und Geschäftsführung (§ 231—273) . 125 Vierter Titel. Abänderungen des Gesellschaftsvertrags iß 274—291) 138 Fünfter Titel. Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft (§ 292-311)...................................................................... 143 KO 207 [193]. 208 [194].............................................................. 143 244 [214] 143 Sechster Titel. Strafvorschriften (§312—319)............................... 149 Vierter Abschnitt. Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 320—334) 152 Fünfter Abschnitt. Stille Gesellschaft (§335-342) 157 BGB 723 .................................................................................. 158 125. 722 .......................................................................... 158 427. 713. 670. 730. 731. 733. 734. 752. 753 .. . 160 Drittes Buch. Handelsgeschäfte (§343—473)............................... 161 Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften (§ 343—372) .... 161 BGB 157. 133 .......................................................................... 161 KO 68 [61]...................................................................................161 BGB 249. 251 .................................................................... 162 CPO 287 [260].............................................................................. 162 BGB 521—524 .................................................................... 162 599. 600. 680. 300.690. 277. 336. 337-339 ... 163 340—344. 138. 765 .................................................... 164 766—773 .................................................................... 165 774—777 .................................................................... 166 778. 780. 781. 247.248 .............................................. 167 StGB 302 a................................................................................... 167 302b, c, 6,6, 360 Abs. 1 Nr.12, 367 Abs. 1 Nr. 16 168 G 24./5. 80 Art. 3 Abs. 5.......................................................... 168 G 19./6. 93 Art. 4......................................................................168 BGB 246 .................................................................................. 169 284. 288. 290 .................................................................. 169 782 .................................................................................. 170 812.......................................................................................171

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EG z. CPO 17.............................................................................. 171 BGB 370. 130. 675 ................................................................. 171 CPO 86 [82].................................................................................. 171 BGB 311. 313. 566.581 Abs. 2............................................... 172 145—151..............................................................................172 152—155. 131. 132 ..................................................... 173 GO 64.......................................................................................... 173 65—70 174 71.......................................................................................... 175 BGB 269. 270. 186—187 .................................................... 175 188-193. 271.272. 242 .............................................. 176 StGB 369 .................................................................................. 177 BGB 244. 245. 363. 783—785 .......................................... 178 786-792. 808 ............................................................. 179 CPO 1003 [837]—1005 [839]................................................180 1006 [839 a]—1010 [843]................................................ 181 1011 [844]-1017 [848]................................................182 1018 [850]—1022 [850 d]................................................ 183 1023 [850 e]—1024 Ab]. 2. [850 k]................................184 BGB 932-933. 929 ............................................................. 184 931. 934—936. 1207.1208 .......................................... 185 KO 43 [35]. 44[36].................................................................. 185 46 [38].................................................................................. 186 BZG 1./7. 69. 13. 14 186 StGB 259 .................................................................................. 186 BGB 1205. 12061235. 1221 .............................................. 187 1236—1243 ...................................................................... 188 1244. 1245. 1292. 1293 .......................................... 189 KO 48 [40]. 49 [41].................................................................. 189 EG z. KO 11. 12.......................................................................... 189 17.............................................................................. 190 CPO 831 [732}.............................................................................. 190 BGB 986 «bs. 2. 870. 1227. 1249. 268 Abj. 2, 3 ... 191 1228—1233 ...................................................................... 192 1234. 1246. 1247. 1277.1282 ..................................... 193 Zweiter Abschnitt. Handelskauf(§ 373—382)................................... 194 StGB 329 .................................................................................. 194 BGB 494—496 .......................................................................... 194 320. 447. 446. 433 Abs. 2. 448. 326. 325 Abs. 1 Satz 2 195 BGB 285. 286. 293—297. 453 ............................................. 196 383 Abs. 3. 346. 348 197 349—356. 454. 266. 764 ............................................. 198 762 ..................................................................... ., . . . 199 KO 18 [16].............................................................................. 199

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BGB 433 Abs. 2. 464. 462. 459. 460. 463. 477 .... 200 211 Abs. 2. 212. 203. 478. 479 ......................... 201 225 ................................................................................... 202 CPO 488 [449 a]......................................................................... 202 BGB 437 .................................................................................... 203 481-485 .......................................................................... 203 486—492 ........................................................................... 204 Dritter Abschnitt. Kommissionsgeschäft(383—406)....................... 205 BGB 627. 626 .......................................................................... 205 StGB 246 ................................................................................... 205 BGB 930 ................................................................................... 207 Vierter Abschnitt. Speditionsgeschäft (§407—415)...................... 211 BGB 196. 390. 852 .................................................................. 212 Fünfter Abschnitt. Lagergeschäft (§ 416-424)............................. 213 BGB 947—949 ........................................................................... 214 700. 607 ........................................................................... 214 608-610 ........................................................................... 215 Sechster Abschnitt. Frachtgeschäft(§ 425—452)............................... 216 BGB 323-325 ........................................................................... 217 327. 645 276 .................................................................. 218 368 ................................................................................... 220 1257 ................................................................................... 222 1209 ................................................................................... 223 Siebenter Abschnitt. Beförderung von Gütern und Personen aus den Eisenbahnen (g 453—473)........................................... 225 Viertes Buch. Seehandel (§ 474-905)........................................... 232 G betr. Abänderung seerechtlicher Vorschriften des Handels­ gesetzbuches 2./6. 02 ........................................... 232 Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften (§ 474- 483) .... 232 Berf. d. D. Reiches 13./4. 71. 54 .......................................... 232 EG z. HGB Art. 6...................................................................... 233 BGB 435. 1259-1261. 873. Abs. 2. 878. 879 ................. 233 880. 881. 1151. 1262. 1263 .......................................... 234 894. 895. 897. 898. 899 Abs. 2. 1264. 1265. 1118. 1121.......................................................................................235 1122. 1266—1269. 1254. 1170 236 1171. 1270. 1188. 1189 ........................................... 237 1271. 1272 ....................................................................... 238 G üb. d. Angelegenh. d. freiwill. Gerichtsbark. 17./5. 98. 100-105 .......................................................................... 238 106—114 .......................................................................... 239 115—124 .......................................................................... 240 BGB 97 ....................................................................................... 241 Zweiter Abschnitt. Rheder und Rhederei(§ 484—510)................... 242 CPO 904 [785], 3. 885[771] Abs. 1....................................... 242 BGB 756. 753. 755 Abs. 2...........................................................246

I. Inhalt.

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Dritter Abschnitt. Schiffer (§ 511—555)...................................... 249 BG 8./11. 67, 35 ......................................................................... 258 GO 31............................................................................................. 260 Vierter Abschnitt. Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern (§ 556-663)........................................................................ 261 G 22./5. 81 ................................................................................. 261 StGB 296 a.....................................................................................262 297 ..................................................................................... 263 Fünfter Abschnitt. Frachtgeschäft zur Beförderung von Reisenden (§ 664—678)........................................................................ 286 StGB 144 . ................................................................................. 287 CPO 709 [649] 287 Sechster Abschnitt. Bodmerei (§ 679—699)..................................... 289 BG 8./11. 67, 37 ........................................................................ 291 Siebenter Abschnitt. Haverei (§ 700—739)..................................... 294 Erster Titel. Große (gemeinschaftliche) Haverei und besondere Haverei (§ 700—733)............................................................ 294 G üb. d. Angelegenh. d. sreiwill. Gerichtsbarkeit v. 17.'5. 98. 149—153 ................................................................................. 302 154—158 ................................................................................. 303 CPO 875 [761]—876 [762]....................................................... 304 877—882. [763—768]........................................................... 305 Zweiter Titel. Schaden durch Zusammenstoß von Schiffen (§ 734—739)........................................................................ 305 StGB 145 ..................................................................................... 305 Achter Abschnitt. Bergung und Hülf-leistung in Seenoth (§ 740—753)........................................................................ 307 Neunter Abschnitt. Schiffsgläubiger (§ 754-777).......................... 310 KO 47 [39]..................................................................................... 310 G. 24 /3. 97, 162-166 310 167—171.....................................................................................311 CPO 858 [754a]. 1024 [850f]...................................................314 Zehnter Abschnitt. Versicherung gegen die Gefahren der Seeschiff­ fahrt (§ 778-900)................................................................ 318 Erster Titel. Allgemeine Vorschriften (§778—805)................. 318 Zweiter Titel. Anzeigen bei dem Abschluffe des Vertrag- (§ 806 bi- 811)..................................................................................... 324 Dritter Titel. Verpflichtungen de- Versicherten au- dem Ver­ sicherungsverträge (§ 812—819)............................................. 325 Vierter Titel. Umfang der Gefahr(§ 820—853)...................... 327 StGB 265 ..................................................................................... 328 Fünfter Titel. Umfang des Schadens (§ 854—881) 837 Sechster Titel. Bezahlung de- Schadens (§ 882—893) .... 344 Siebenter Titel. Aufhebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie (§ 894-900)................................................... 347 Elster Abschnitt. Verjährung (§ 901—905)...................................... 349

Seile

Allgemeine Deutsche Wechselordnung unter Berücksichtigung der Nürnberger Novellen.

Gesetz, betr. die Einführung der Allgem. Deutschen WechselOrdnung, der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgem. Deutschen Handelsgesetzbuches als Bundes­ gesetze, vom 5. Juni 1869 (§ 1—6)....................................... 353 EG z. HGB. Art. 21............................................................... 353 Hamb. B. 5./3. 49 ............................................................... 354 Preuß. V. 13./5. 67 354 Gesetz, betr. die Einführung der Allgem. Deutschen WechselOrdnung und des Allgem. Deutschen Handelsgesetz­ buches in Elsaß-Lothringen, v. 19./6. 72 (§ 1, 2, 16) . 355 Allgemeine Deutsche Wechselordnung. Erster Abschnitt. Von der Wechselfähigkeit «Art. 1—3)....................356 StGB 301 ............................................................................... 356 G 29./5. 68, 1 ....................................................................... 357 Zweiter Abschnitt. Von gezogenen Wechseln (Art. 4—95) .... 358 I. Erfordernisse eines gezogenen Wechsels (Art. 4—7> . . . 358 II. Verpflichtungen des Ausstellers (Art. 8)........................... 359 HI. Indossament (Art. 9—17)................................................... 359 IV. Präsentation zur Annahme «Art. 18—20).................... 360 V. Annahme (Akzeptation) (Art. 21—24,........................... 361 Postordnung 11.,6. 92, 22. I. II. XII............................. 361 XIII-XV. XVII....................................... 362 VI. Regreß auf Sicherstellung (Art. 25—29)........................ 363 1. Wegen nicht erhaltener Annahme (Art.25—28) . 363 2. Wegen Unsicherheit des Akzeptanten (Art. 29) . . 364 VII. Erfüllung der Wechselverbindlichkeit (Art. 30—40) . . . 365 1. ZahlungStag (Art. 30—35).................................. 365 2. Zahlung (Art. 36—40)...................................... 366 VIII. Regreß Mangels Zahlung (Art. 41—55)....................... 367 IX. Intervention (Art. 56—65)........................................... 370 1. Ehrenannahme (Art. 56—61)................................ 370 2. Ehrenzahlung (Art. 62—65)................................ 370 X. Vervielfältigung eines Wechsels (Art. 66—72) .... 371 1. Wechselduplikate (Art. 66—69)............................ 371 2. Wechselkopien (Art. 70—72) ............................... 372 XI. Abhanden gekommene Wechsel (Art. 73. 74)............... 373 XII. Falsche Wechsel (Art. 75. 76)........................................... 373 StGB 268—270 ............................................................... 373 Xm. Wechselverjährung (Art. 77—79 [80])............................... 374 CPO 267 [239]....................................................................374 XIV. Klagerecht des Wechselgläubigers (Art. 81—83) .... 375 CPO 592 [555]—597 [560]............................................... 375 598 [561]—605 [567a]...............................................376 708 [648]. 110 [102]. 538 [500]............................... 377

Seite GBG 202 ................................................................................. 377 KO 34 [27]. 30 [23]. 145 [133].......................................... 377 XV. Ausländische Gesetzgebung (Art. 84—86).......................... 378 XVI. Protest (Art. 87—90)............................................................ 378 XVII. Ort und Zeit für die Präsentation und andere im Wechsel­ verkehr vorkommende Handlungen (Art. 91—93) .... 379 XVIII. Mangelhafte Unterschriften (Art. 94. 95).......................... 380 Dritter Abschnitt. Von eigenen Wechseln (Art. 96—100) .... 380

Anhang. Bankgesetz v. 14. März 1875. Gesetz v. 18. Dezember 1889 385 Titel I. Allgemeine Bestimmungen (§ 1 — 11)..............................385 Titel II. Reichsbank (§ 12-41)....................................................... 388 Titel III. Privat-Notenbanken (§42—54)................................... 398 Titel IV. Strafbestimmungen (§55—59)...................................... 404 BGB 795 ..................................................................................... 404 StGB 145 a..................................................................................... 404 Titel V. Schlußbestimmungen (§60—66)................................... 406 G, betr. d. Abänderungend. Bankgesetzes v. 14. März 1875, v. 7. Juni 1899 ....................................................... 408 II. Hypothekenbankgesetz v. 13. Juli 1899 .................................. 409 BGB 1133.................................................................................414 1135.................................................................................415 1145 ............................................................................. 420 KO 153 [141]............................................................................ 421 155. 156 [143. 144] 422 III. 1. Münzgesetzv. 9.Julil873. (@20./4. 74; 6.'1.76; 1./6. 1900) 427 Sächs. B 24 /11. 74 .................................................................... 428 G, betr. die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, v. 4./12. 71 428 StGB 146-149 ........................................................................ 428 StGB 150—152 429 G., betr. die Abänderung des Art. 15 des Münz­ gesetzes v. 9./7. 73, v. 20. April 1874 .......................... 435 G., betr. die BereinSthaler österreich. Gepräges v. 28. Februar 1892, § 1..................................................................................... 436 Bek., betr. die Außerkurssetzung der BereinStaler österreichischen Gepräge- v. 8./11. 1900 ....................................................... 436 G, betr. die Ausgabe von Banknoten, v. 21./12. 74, II . . 437 III..................................................................................................438 2. G, betr. die Ausgabe von Reichskassenscheinen, v. 30. April 1874 .................................................................... 438 IV. . 1. G, betr. die In Haberpapiere mit Prämien, v.8.Juni!871 440 StGB 145 a..................................................................................... 440 2. G, betr. die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen, v. 4. Dezember 1899 . . 442 Grundbuchordnung v. 24. März 1897 44 Abs. 2 . . . 447 V. Reichsstempelgesetz v. 14. Juni 1900(1./7. 81; 29 /5. 85; 27./4. 94) 450

I.

1.

XVI

Inhalt. Seite

Aktien, Renten- und Schuldverschreibungen (§ 1[2]—5[6]) 450 Kauf- und sonstige AnschaffungSgeschäfte (§ 6[7]—21 . . 452 Spiel und Wette (§ 22—31 [30]).......................................... 456 Schiffsfrachturkunden (§ 32 [30 a]—40 [30 i]).....................458 Allgemeine Bestimmungen (§ 41 [31]—55 [45]) .... 460 Uebergangs- und Schlußbestimmungen (§ 56—57) . . . 463 Taris............................................................................................. 463 VI. Börsengesetz v. 22. Juni 1896 ................................................... 469 I. Allgemeine Bestimmungen über die Börsen und deren Organe (§ 1—28)................................................................ 469 GVG 173 ..................................................................................... 472 II. Feststellung deS Börsenpreises und Maklerwesen (§ 29—35) 474 Bek. d. BundeSrathes, betr. die Feststellung des Börsen­ preises von Werthpapieren, v. 28./6. 98 ..................... 476 III. Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel (§36—47) 478 Bek. des Bundesrathes, betr. die Zulassung von Werth­ papieren zum Börsenhandel v. 11./12. 96, 20./11. 1900 480 IV. Börsenterminhandel (§ 48—69).......................................... 487 V. [Kommissionsgeschäft (§ 70—74)] ausgefallen. VI. Straf- und Schlutzbestimmungen (§ 75—82)................. 491 VII. Gesetz, betr. die Abzahlungsgeschäfte, v. 16. Mai 1894 . 493 VIII. Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes v. 27. Mai 1896 .................................................................... 495 CPO 936 [814]. 940 [819]. 942 [820]...................................... 496 StGB 245 ..................................................................................... 497 Bek., betr. Bestimmungen für den Kleinhandel mit Garn, vom 20. November 1900, vom 17. November 1902 .... 497 Bek., betr. Bestimmungen für den Kleinhandel mit Kerzen, vom 4. Dezember 1901 ....................................................... 499 IX. Gesetz, betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbe­ wahrung fremder Werthpapiere, v. 5. Juli 1896 . 502 StGB 246 ..................................................................................... 504 52 Abs. 2. 247 Abs. 2, 3...............................................505 X. 1. Gesetz, betr. das Urheberrecht an Mustern und Mo­ dellen, v. 11. Januar 1876 ............................................... 506 G, betr. das Urheberrecht an Schriftwerken, 11./6. 70, 18 . 509 19—22.........................................................................................510 23—28 ..................................................................................... 511 29—32 ..................................................................................... 512 33—36. 38 ............................................................................ 513 2. Patentgesetz v. 7. April 1891....................................................... 514 Abschnitt I. Patentrecht (§1 — 12).............................................. 515 CPO 23 [24]............................................................................ 518 Abschnitt II. Patentamt (§ 13—19).......................................... 518 G, betr. d. Verhältnisse der Reichsbeamten, 31./3. 73 § 16 519 Abschnitt III. Verfahren in Patentsachen (§ 20—34) ... 521

I. II. in. IV. V. VI.

Seite

B 6. 12. 91 525 GBG 186 ................................................................................ 526 Abschnitt IV. Strafen und Entschädigungen (§ 35—40) . . 527 3. Gesetz, betr. die Patentanwälte, v. 21. Mai 1900 . . . 528 4. Gesetz, betr. den Schutz von Gebrauchsmustern, vom 1. Juni 1891 ........................................................................ 533 5. Verordnung zur Ausführung des Patentgesetzes vom 7 /4. 91 u. des G, betr. den Schutz v. Gebrauchs­ mustern, v. 1.6. 91. Vom 11. Juli 1891; 25. 10. 99 536 I. Patentangelegenheiten (§ 1—18)......................................... 537 V zur Ausführung d. Patentgesetzes v. 5. 6. 97, 6. 5. 99, 26. 5. 02 ............................................................................ 537 CPO 175 [161], 192 [175].................................................. 540 II. Angelegenheiten des Gebrauchsmusterschutzes (§ 19—24) . 541 III. Gemeinschaftliche Bestimmungen (§25—30)...................... 541 6. Gesetz zum Schutz der Waarenbezeichnungen v. 12. Mai 1S94 . . . ’............................................................................ 542 CPO 66 [63] - 69 66]. 76 k73]........................................546 BGB 868 .............................................................................. 546 StPO 459. 477 ...................................................................... 549 478. 479 .................................................................... 550 Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reich u. OesterreichUngarn über den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz v. 6. 12. 91.................................................. 551 7. Verordnung zur Ausführung des G zum Schutze der Waarenbezeichnungen v. 12./5. 1894 und deS G, betr. den Schutz von Gebrauchsmustern, v. 1./6. 1891, v. 30. Juni 1894 ....................................................... 555 Verordnung zur Ausführung des G. zum Schutze der Waaren bezeichn ungen v. 12./5. 1894, v. 10./5. 03 555 XL. 1. Gesetz, betr. d.Erwerbs-u.Wirthschastsgen offen schäften v. 1. 5. 89; G, betr. die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschastsgenossenschaften v. 1./5. 89, sowie den Geschäftsbetrieb von Konsumanstalten v. 12./8. 96, in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Mai 1898 ..................... 557 Abschnitt I. Errichtung der Genossenschaft (§ 1—16) . . . 557 EG z. KO 3. 6........................................................................557 Abschnitt II. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und der Genossen (§ 17—23)........................................................... 562 Abschnitt III. Vertretung und Geschäftsführung (§ 24—52) 564 Abschnitt IV. Revision (§ 53-64)...................................... 571 CPO 104 [98] Abs. 2. 105 .............................................. 572 794 Nr. 3 [702]...........................................................573 Abschnitt V. Ausscheiden einzelner Genossen (§ 65—77) . . 573 Friedberg, HandelSgesgbg.

7. Aufl.

II

XVIII

1. Inhalt.

Seite Abschnitt VI. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft (§ 78-97)........................................................................... 576 Abschnitt VII. Konkursverfahren und Haftpflicht der Genossen (§ 98-118)............................................................................ 581 KL 105 [97], 2, 3..................................................................... 581 87 [79]. 161 [149].......................................................... 582 144 '124]........................................................................... 583 CPO 726. 728. 731 [667]. 767 [686]................................. 584 768 [687j....................................................................... 585 KL 132 [120]...................................... 585 CPO 769 [688]. 770 [6-89].......................................... 586 KO 166 [153]. 168 [155]...................................................... 587 Abschnitt VIII. Besondere Bestimmungen (§ 119 — 145) . . 588 I. Für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht (§ 119-125)..................................................." .... 588 II. Für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschuß­ pflicht (§ 126—130)...................................................... 590 III. Für Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht (§ 131 — 142) .............................................. .... 590 IV. Für die Umwandlung von Genossenschaften i§ 143 bis 145 ............................................................................ 593 Abschnitt IX. Strafbestimmungen (§ 146 — 154 ................ 593 Abschnitt X. Schlußbestimmungen (§ 155—161)................. 595 2. Bekanntmachung, betr. die Führung des Genossenschastsregisters und die Anmeldungen zu diesem Register, vom 1. Juli 1899 .......................................... 597 1. Allgemeines (§ 1—11)...............................................................597 II. Eintragungen in das Geuosflnschastsregister (§ 12- 25> . 600 III. Tie Eintragungen in die Liste der Genossen (§ 26 37) 605 XII. Gesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, v. 20. April 1892 in der Fafsung der Bekanntm. v. 20. Mai 1898 ................................................................... 610 Abschnitt I. Errichtung der Gesellschaft (§ 1—12) . 610 Schutzgebietsgesetz v. 10./9. 1900, (§ 11—13)..................... 610 Abschnitt II. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesell­ schafter (§ 13—34)............................................................... 614 Abschnitt III. Vertretung und Geschäftsführung (§ 35—52) 619 Abschnitt IV. Abänderungen des Gesellschaftsverlrages §§ 148—150. 158 ...................................................... 101 1900 21. Aug. V,betr. Zeigen derNationalflagge durch Kauffahrteischiffe 825 1900 8. Nov. Bek. des Reichskanzlers, betr. dieAußerkurssetzung der Vereinsthaler österreichischen Gepräges............................... 436 1900 20. Nov. Bek., betr. die Ergänzung der Bestimmungen über die Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel 480 1900 20. Nov. Bek.,betr.Bestimmungen über den Kleinhandel mit Garn 497 1900 28. Nov. Bek., betr. die Einrichtung von Sitzgelegenheit für Angestellte in offenen Verkaufsstellen........................... 67 1901 12. Mai G über die privaten Bersicherungsunternehmungen . 759 1901 29. Mai G zur Abänderung des Ges., betr. das Flaggenrecht deutscher Kauffahrteischiffe............................................819 1901 19. Juni G über das Verlagsrecht............................................ 809 1901 4. Dez. Bek., betr. Bestimmungen für den Kleinhandel mit Kerzen 499 1901 23. Dez. V, betr. d. Verfahren und den Geschäftsgang des kaijerl. Aussichtsamts für Privatversicherung................................800 1901 30. Dez. G zur Abänderung der Strandungsordnung .... 906 1902 26. Mai V zur Ausführung des Patentgesetzes v. 7. April 91 537 1902 2. Juni G, betr. Abänderung seerechtlicher Vorschriften des Handelsgesetzbuches................................................................... 232 1902 2. Juni Seemannsordnung.....................................................................831 1902 2. Juni G, betr. die Verpflichtung der Kauffahrteischiffe zur Mitnahme Heimzuschafsender Seeleute...................... . 877 1902 2. Juni G, betr. die Stellenvermittelung für Seeleute . . . 880 190218. Juni Bek., betr.Aenderungen d. Eisenbahn-Verkehrsordnung696,697 1902 17. Nov. Bek., betr. Bestimmungen über den Kleinhandel mit Garn 497 1903 13. März B, betr. das Strafverfahren vor den SeemannSämtern 866 1903 23. März G zur Abänderung der Seemanusordnung........................845 1903 10. Mai V zur Ausführung des G zum Schutze der Waarenbezeichnungen............................................................................. 555 1903 25. Aug. Bek., betr. Abänderungd. Bestimmungen üb. d.Geschäftsbetrieb der Auswanderungsunternehmer und Agenten 886

Partikularrccht. Anhalt: G vom 20. April 1899 .................................................................... Baden: V, die Ausführung des BGB betr., 11. Okt. 1899. § 12. 15. 16 § 17—18. 74—80 ........................................................................................... V, den Vollzug des HGB § 81, sowie Art. 9 des EG zum HGB betr., vom 31. Dezember 1899 ...........................................................

945 947 948 949

Seite

Bayern: B vom 24. Dezember 1899.

§ 25—28 .................................. 949 § 29—30 ......................... . 950 Braunschweig: G vom 12. Juni 1899 ....................................................... 950 Bremen: B vom 12. Februar 1866 ........................................................... 24 G vom 23. April 1876; G vom 6. Mai 1877 .................................. 24 G vom 2. November 1879; G vom 12. Mai 1883 ......................... 24 G vom 18. Juli 1899, abgeändert 24./7. 1900 .................................. 953 G vom 18. Juli 1899, betr. die durch Einführung des BGB ver­ anlaßte Aenderung Bremischer Gesetze, Art. 3..................................955 G, betr. Lagerscheine und Warrants v. 13. Mai 1877 ..................... 955 Elsaß-Lothringen: G, betr. die Einführung der ADWO und des ADHGB, 19. Juni 1872, § 1. 2. 16............................................................... 353 G, betr. die Ausführung des RG über die Angelegenh. d. freiw. Ge­ richtsbarkeit, v. 6./11. 99. § 39—41 ............................................... 958 Hamburg: B vom 5. März 1849, 5—7 ................................................... 354 G vom 22. Februar 1865, 50 ............................................................... 26 G vom 69. Dezember 1899 .................................................................... 959 Verordnung, betr. Löschzeit für Segelschiffe im Hamburgischen Hasen, vom 29. Dezember 1899 960 Hessen: G vom 20. Juli 1899 .................................................................. 964 Lippe: G vom 27. November 1899 ......................................................... 966 Lübeck: G vom 30. Oktober 1899. g 164—171 .................................... 967 Mecklenburg-Schwerin : V vom 9. April 1899 .......................................... 968 Mecklenburg-Strelitz: B vom 9. April 1899 .......................................... 974 Oldenburg: G vom 15. Mai 1899. § 46. 47 ...................................... 977 Preußen: B vom 13. Mai 1867, 8—10 ................................................... 354 G vom 24. September 1899 ............................................................... 978 Ausf.-G z. BGB vom 20./9. 99. Art. 13.......................................... 978 Reuß ä. L: G vom 4. November 1899 ................................................. 982 Reuß j. L.: G vom 10. August 1899 .................................................... 983 Sachsen: B vom 24. November 1874 ...................................................... 428 V vom 10. November 1899 ......................................................... 985 I. Zur Ausführung des HandelSgesetzbuä)eS, § 1—7......................... 985 II. Zur Ausführung des Binnenschisfahrtsgesetzes und des FlößereigesetzeS, § 8................................................................................ 987 III.Schlußbestimmungen. § 9—11........................................................... 987 Sachsen-Altenburg: V vom 24. Juni 1899. § 43—47 ......................... 988 Sachsen-Coburg-Gotha: G vom 23. Oktober 1899 .................................. 989 Sachsen-Meiningen: G vom 14. August 1899 .......................................... 991 Sachsen-Weimar: B vom 10. April 1899 .............................................. 992 Schaumburg-Lippe: B vom 23. November 1899 ...................................... 993 Schwarzburg-Rudolstadt: G vom 11. Juli 1899 ...................................... 993 Schwarzburg-SonderShausen: G, betr. OrtSschützer und Handelsmäkler, 29. Juli 1889 ............................................................................................ 994 Waldeck: G vom 11. September 1899 ....................................................... 998 Württemberg: Ausführungsgesetz vom 28. Juli 1899. Art. 282 . . . 999 Friedberg, HandelSgcsgbg.

7. Auf!.

III

III. Vergleichende Gegenüberstellung der Artikel des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs und der Paragraphen des neuen Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897. S. = Satz, HS. — Halbsatz, — = gestrichen. ADHGB An. 1............ Art. 2 . . . Art. 3. . . . Art. 4... . Art. 5, 1 . . Art. 5, 2 . Art. 6 . . . . Art. 7. . . . Art. 8. . Art. 9. . . . Art. 10 . . . Art. 11 HS 1 Art. 11 HS 2 Art. 12, 1 . Art. 12, 2 . Art. 13 . . . Art. 14, 1 S. Art. 14, 1 S. 2 Art. 14, 2 . Art. 14, 3 . Art. 15 . . . Art. 16 . . . Art. 17, 1 . Art. 17, 2 . Art. 17,3HS.1 Art. 17,3HS.2 Art. 18, 1 . . Art. 18, 2 . . Art. 19 ... . Art. 19 ... . Art. 20 ... . Art. 21, 1 . . Art. 21, 2 . .

i

HGB v. 10./5.1897

— — 8 1. 1 § 6

— — — — § 4 §7

§8



§ 9

8 io 8 11

— — § § § § §

17 18 19, 1 19, 2 19, 4

§ 20

§29 § 12 § 30, 1. 2 § 13, 1 § 30, 3

! !

! ;

«DHGB Art. 21, 3 Art. 22 ... . Art. 23 . . AN. 24 . Art. 25, 1 Art. 25, 2 Art. 25, 3 Art. 26, 1 . Art. 26, 2 . Art. 27, 1 . Art. 27, 2 Art. 27, 3 Art. 28 ... . Art. 29, 1 Art. 29, 2 AN. 29, 3 . . Art. 30 ... . Art. 31 ... . Art. 32 ... . Art. 33 ... . Art. 34 ... . Art. 35 ... . Art. 36 ... . AN. 37, S. 1 . AN. 37, S. 2 . Art. 38 ... . Art. 39 ... . Art. 40 ... . Art. 41 ... . Art. 42, 1 S. 1 AN. 42, IS.2 Art. 42, 1 S. 3 Art. 42, 2 . .

HGB v. 10./5.1897 8 13, 2 § 22 §23 8 24 § 31, 1. 2 S. 1 8 15, S. 1 8 15, 2 8 14, S. 1 8 37, 1 S. 1 8 37, 2 — — §38 8 39, 1. 2 § 39, 3 S. 1 — §41 § 40, 2. 3 §43 §44 — — — §45 — § 46 — §47 §48 §49, 1 — — § 49, 2

ui. Vergleichung der Artikel des alten mit den Paragraphen des neuen HSv. XXXV

ADV«»

HSB v. 10./5.1897

Art. 43 . . • • § 50, 1. 2 Art. 44, 1 . . § 51 Art. 44, 2 — Art. 45, 11I Art. 45, 2 • . 8 83. 12 Art. 45, 3] Art. 45, 4 . . S 14 S. 1 Art. 46 . . § 15, 1. 2 Art. 47, 1 • • § 54, 1 - 8 54, 2 Art. 47, 2 — Art. 47, 3 Art. 48 . . • •" § 57 Art. 49 . . • - § 55, 1. 2; 87 Art. 50 . . • • §56 — Art. 51 . . Art. 52 . . Art. 53 . . /. § 58 Art. 54 . . - • § 52 — Art. 55 . . — Art. 56 . . § 59, 1 Art. 57 . . — Art. 58 . . 8 60; 61, 1; 76, 1 Art. 59 . . Art. 60 . . - - § 63; 76, 1 . § 66--69 Art. 61, 1 Art. 61, 2 . . §77 Art. 62, 1 • • § 70, 1; 77, 3 Art. 62, 2 Art. 63 . . • ' §71; 77, S Art. 64 . . . . § 72; 77, 3 Art. 65 . . §83 — Art. 66 . . Art. 67, 1 - ’ § 93 §97 Art. 67, 2 Art. 68 . .. — Art. 69 . . — Art. 70 . Art. 71 \ § 100 Art. 72 / * Art. 73 . . . . §94 Art. 74 . . § 101 Art. 75 . . — Art. 76 . . — Art. 77 . . Art. 78 . . — Art. 79, 1 / § 102 — Art. 79, 2 Art. 80 . . § 96 Art. 81 . . - §98 Art. 82 . . Art. 83 . . . ■ § 99

«DHSB

H«v V. 1O./5.1897

— Art. 84 . . . Art. 85, 1 . § 105, 1 Art. 85, 2 . Art. 86, 1 . § 106, 1 Art. 86, 2 Nr 1-3 . . . § 106, 2 Art. 86,2 Nr. 4 8 125, 4 Art. 87, 1 . § 107; 125, 4 Art. 87, 2 . § 15. 1. 2 Art. 88 . . . § 108; 12, 1 Art. 89 . . . § 14, 1 Art. 90 . . . § 109 Art. 91 . . . — Art. 92 . . . Art. 93, 1. 2 § 110 Art. 93, 3 . — Art. 94 . . Art. 95 . . . § 111 Art. 96 . . . 8 112 Art. 97 . . . § 113, 1. 3 Art. 98 . . . Art. 99 HS. 1 8 114, 2 Art. 99 HS. 2 8 116, 1 Art. 100 .. . § 115 Art. 101 8 117 Art. 102, 1. . § 114, 1 Art. 102, 2. . § 115, 1 Art. 103, 1. 2 § 116, 1. 2 Art. 103, 3. . §119 Art. 104 .. . 8 116, 3 Art. 105 .. . 8 118 Art. 106, 1. . 8 121, 1. 2 Art. 106, 2. . § 120, 2 Art. 106, 3. . 8 121, 1. 2 8 120 Art. 107 Art. 108 § 122 Art. 109 .. . § 121, 3 Art. 110 .. . § 123 Art. 111, 1. . 8 124, 1 Art. 111, 2. . Art. 112 .. . 8 128 Art. 113 . . 8 130 Art. 114, 1. . § 126, 1 — Art. 114, 2. . § 125; 15, 1. 2 Art. 115 Art. 116 .. . § 126, 2 Art. 117, 1. . § 126, 1 — Art. 117, 2. . Art. 118 .. . § 126, 1 — Art. 119 .. . — Art. 120 ...

«DHSV HSV v. 10./5.1897 Art. 121 . Art. 122 . Art. 123 . § 131; 132; 134 Art. 124 . - §132 Art. 125 . . § 133, 1. 2; 134 Art. 126 . . §135 Art. 127 . . §138 Art. 128 . . 8 140, 1 Art. 129, 1 . § 143, 1 Art. 129, 2 Art. 129, 3 § 143, 2 Art. 129, 4 § 14, S. 1 Art. 129, 5 . § 15, 1. 2 Art. 130,1 . § 140, 2 Art. 180,2 Art. 130,3 Art. 130,4 Art 131 . Art. 132 . § 141, 1 Art. 133 . . § 145; 146 Art. 134 . - §147 Art. 135, 1 2 § 146, 1 S. 1. 2; 3 Art. 135, 3 .§14, 1 Art. 135, 4 .§15, 1. 2 Art. 136 . . § 150, 1 HS. 1 Art. 137, 1 .§149 Art. 137, 2 Art. 138 . ' §151 Art. 139 . • §153 Art. 140 . • §152 Art. 141 . . § 155, 2 S. 1. 2 Art. 142 . . 8 155, 1. 3 Art. 143 . Art. 144, 1 ■ § 156 Art. 144, 2 Art. 144, 3 Art. 145 . Art. 146 . Art. 147 . Art. 148, 1 Art. 148, 2 . §160 Art. 149 . Art. 150, 1 2 § 161 Art. 150, 3 Art. 151, 1 . § 161, 2; 106 Art. 151, 2 § 162, 1 Art.l51,3S.l § 161, 2; 108; 12, 1 Art.l51,3S.2 § 162, 2 Art. 152 . - § 13, 1. 2 Art. 153 . . §161,2; 108,2; 12,1; 13, 1. 2

«DHSV HGB v. 10./5.1897 Art. 154 .. . § 161,2; 108; 14®. 1 Art. 155, 1. . § 162,2; 107; 108,1; 14 S. 1 Art. 155, 2 . . § 162, 2 Art. 155, 3 . . § 15, 1. 2 Art. 156 § 161, 2; 107; 108; 162, 3 Art. 157 §163 Art. 158 .. . § 161, 2; 164 Art. 159 §165 Art. 160 .. . §166 Art. 161, 1. 2 § 167; 168, 1; 169, 1 Art. 161, 3 . . §169 Art. 162 .. . § 168, 2 Art. 163, 1. 2 § 161, 2; 123 Art. 163, 3 . . §176 Art. 164, 1 . § 161, 2; 124, l Art. 164, 2 . Art. 165 .. . § 171; 172 Art. 166 . §173 Art. 167, 1 . . §170 Art. 167, 2. 3 Art. 168 .. . Art. 169 .. . Art. 170, 1 . . § 177 Art. 170, 2 . § 171, 2 Art. 171 § 161,2; 143; 162,3; 175 Art. 172 . . . § 161, 2 Art. 173, 1 . § 320, 1 Art. 173, 2. . § 320, 3; 179, 1 Art. 173, 3. 4 § 320, 3; 179, 2-4 Art. 173 a § 320,3; 180, 1-3.5 Art. 174 .. . 8 320, 3; 210, 2 Art. 174a . . Art. 175, 1 . . § 321, 1 S. 1. 2 Art. 175,2 Nr. 1—4, 6. 7 . § 322, 1. 2 Art.l75,2Nr.5 § 320, 3; 183, 1 Art. 175, 3. . § 320, 3; 182, 3 Art. 175a, 1 Nr. 1. . Art. 175 a, 1 Nr. 2. . . . § 320, 3; 184, 2 Art. 175 a, 1 Nr. 3. . . . § 320, 3; 183, 2 Art. 175 a, 1 Nr. 4. . . . § 320, 3; 185 Art. 175 a, 1 Nr. 5. . . . § 320, 3; 251

«DSSB

HS» v. 10./5.1897

Art. 175 a, 1 Nr. 6... . Art. 175a, 2 . Art. 175b . . Art. 175c. . . Art. 175« ter Srttkrl Bet eiten mit len Vern graulen les neuer HSB.

HSB V. 10./5.1897

«DHS« Art. 812 . Art. 813 . Art. 814 . Art. 815 . «rt. 816. Art. 817 . Art. 818 . Art. 819 . Art. 820 . Art. 821 Art. 822 . Art. 823 . Art. 824 . Art. 825 . Art. 826 . Art. 827 . Art. 828. Art. 829 . Art. 830 . Art. 831 . Art. 832 Art. 833 . Art. 834 . Art. 835 . Art. 836 . Art. 837 . Art. 838 . Art. 839 . Art. 840 . Art. 841 . Art. 842 . Art. 843 . Art. 844 . Art. 845 . Art. 846 . Art. 847 . Art. 848 . Art. 849 . Art. 850 . Art. 851 . Art. 852 . Art. 853 . Art. 854 . Art. 855 . Art. 856 . Art. 857 . Art. 858 . Art. 859 . Art. 860 . Art. 861 . Art. 862 .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

• ■ • • • •

• • ■ • •

• • •

. § 808 . 8 809 § 810 8 811 ■ § 812 • § 813 . 8 814 ■ 8 815 § 816 8 817 8 818 8 819 § 820 8 821 8 822 . 8 823 • 8 824 . 8 825 • 8 826 . 8 827 • 8 828 • 8 829 • 8 830 ■ 8 831 ■8 832 • 8 833 • 8 834 8 835 8 836 -1 837 838 8 839 • § 840 •§ 841 8 842 8 843 ■ 8 844 • 8 845 • 8 846 8 847 8 848 8 849 • 8 850 8 851 8 852 - 8 853 8 854 855 • 8 856 • 8 857 •§ 858

«DHSB

HAB 6.10./5.1897

Art. 863 . • 8 859 Art. 864 . • • 8 860 Art. 865 . 8 861 Art. 866 . 8 862 Art. 867 . 8 863 Art. 868 . 8 864 Art. 869 . ■ 8 865 Art. 870 . ■ 8 866 Art. 871 ■ 8 867 Art. 872 .■ 8 868 Art. 873 • 8 869 Art. 874 . 8 870 Art. 875 .■ • 8 871 Art. 876 | 872 873 Art. 877 Art. 878 . ■ 8 874 Art. 879 • ■ 8 875 Art. 880 . • • § 876 Art. 881 • ■ 8 877 Art. 882 • 8 878 Art. 883 • -8 879 Art. 884 . . 8 880 | Art. 885 • 8 881 1 Art. 886 8 882 | Art. 887 • 8 883 i Art. 888 • 8 884 — Art. 889 Art. 890 • 8 885 Art. 891 8 886 Art. 892 • 8 887 Art. 893 8 888 Art. 894 8 889 Art. 895 • 8 890 Art. 896 1 8 891 S.—1 Art. 896 S. 2 Art. 896 S. 3 § 891 S. 3 AN. 897 • • . 8 892 AN. 898 • ■ • 8 893 AN. 899 ■ 8 894 AN. 900 • 8 895 Art. 901 • • • 8 896 897 Art. 902 Art. 903 ■ 898 Art. 904 • • ■ 8 899 Art. 905 . • 8 900 Art. 906 - - 8 901 902 Art. 907 Art. 908 - 8 903 § 904 Art. 909 Art. 910 • 8 905 >Art. 911

in. vergleich, d. am 20. Mat 1898 vubl. Gesetze m. d. früh. Paragra-hea-ahien.

xlvii

Vergleichende Uebersicht der Paragraphen der durch Bekannt­ machung vom 20. Mat 1898 neu publiztrteu Gesetze mtt deren ursprünglichen Paragraphen.

Gesetz, betr. die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschasten. Vom 1. Mai 1889. Gesetz, betr. die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, vom 1. Mai 1889, sowie den Geschäftsbetrieb von Konsumanstalten. Vom 12. August 1896. Neue Alle Faffung Fassung § 1 § 1 § 2 § 2 § 3 § 3 § 4 § * § 5 § 5 8 6 § 6 § 7 § 7 § 8 § « § 9 § 9 § 10 § io § 11 § 11 § 12 8 12 6 13 § 13 § 14 § 14 § 15 § 15 § 16 § 16 § 17 § 17 § 18 § 18 § 19 § 19 § 20 § 20 § 21 § 21 § 22 § 22 § 23 § 23 § 24 § 24 § 25 § 25 § 26 § 26 § 27 § 27 § 28 § 28 § 29 § 29 § 30 § 30 § 30a § 31 § 32 § 30b § 31 § 33 § 32 § 34 § 33 § 35 § 34 § 36 § 35 § 37 § 36 § 38 § 39 § 37

Alte Sa!ssung § 38 8 39 § 40 § 41 § 42 § 43 § 44 § 45 § 46 § 47 § 48 8 49 § 50 § 51 § 52 § 53 8 54 § 55 § 56 §57 § 58 §59 § 60 § 61 §62 § 63 §64 §65 § 66 § 67 §68 §69 § 70 §71 §72 §73 §74 §75 §76

Neue Fassung § 40 § 41 § 42 § 43 8 44 8 45 46 47 8 48 8 49 8 50 8 51 § 52 § 53 8 54 8 55 56 I 57 § 58 § 59 § 60 § 61 § 62 § 63 § 64 § 65 § 66 § 67 § 68 § 69 § 70 § 71 § 72 § 73 § 74 § 75 § 76 § 77 § 78

Alte Faffung 8 77 § 78 8 79 8 80 8 81 8 82 8 83 § 84 8 85 8 86 § 87 8 88 8 89 8 90 8 90a 8 90b 8 90c 90d § 91 | 92 8 93 8 94 8 95 8 96 8 97 8 98 8 99 8 100 | 101 102 8 103 8 104 8 105 § 106 § 107 § 108 § 109 § 110 8 111

Neue Fas!«ung 8 79 § 80 § 81 § 82 8 83 8 84 8 85 8 86 § 87 8 88 8 89 8 90 8 91 § 93 8 94 8 95 8 96 8 97 8 98 8 99 8 100 8 101 102 103 § 104 8 105 § 106 107 | 108 § 109 8 110 111 § 112 § 113 § 114 8 115 8 116 8 117 8 118

XLVin

in. Vergleichung der am 20. »at 1898 publtztrteu Gesetze

Alte Neue Fassung Fassung 8 112 8 119 § 113 § 120 8 114 § 115 8 121 § 122 § 116 § 117 8 123 8 118 § 124 8 119 8 125 § 120 § 126 8 127 8 121 8 122 8 128 8 123 8 129 8 124 8 130 § 125 § 131 8 126 § 132

«Ile Neue Fassung Fassung § 127 8 133 8 134 8 128 8 135 8 129 § 130 8 136 8 137 8 131 8 132 8 138 8 133 8 139 8 134 8 140 8 141 8 135 8 136 8 142 § 137 8 143 8 138 8 144 § 139 8 145 8 146 8 HO 8 147 § 141

Alte Seme Fassung Fassmng 8 142 8 1418 8 143 § 1419 § 144 8 15*0 8 145 8 15)1 8 1515 8 146 § 15(6 8 147 8 148 8 1577 § 149 8 1518 8 150 8 1599 8 151 8 152 8 16(0 § 153—: '0 — 8 171 8 1611

Gesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, vonn 20. April 1892. Alte Fassung 8 1 8 2 8 3 8 4 8 5 8 6 8 7 8 8 8 9 8 io 8 H 8 12 8 13 § 14 8 15 8 16 8 17 8 18 § 19 8 20 8 21 8 22 § 28 § 24 8 25 8 26 8 27 8 28 8 29

Reue Fassung 8 1 8 2 8 3 8 4 8 5 § 6 8 7 8 8 8 9 § 10 8 11 8 12 8 13 8 14 8 15 8 16 8 17 § 18 8 19 8 20 8 21 § 22 8 23 § 24 § 25 8 26 8 27 8 28 8 29

I I

l

I

Alte Fassung 8 30 8 31 8 32 8 33 8 34 8 35 8 36 8 37 8 38 8 39 8 40 8 41 § 42 8 43 § 44 8 45 8 46 8 47 8 48 8 49 8 50 8 51 8 52 8 53 8 54 8 55 8 56 8 57 § 58

Neue Fassung 8 30 8 31 8 32 § 33 8 34 § 35 8 36 8 37 8 38 8 39 — § 40 8 41 8 42 8 43 8 44 8 45 8 46 8 47 8 48 8 49 8 50 8 51 8 52 8 53 8 54 8 55 8 56 § 57

1 i

I | 1 i

i I

I ! i

Alte Fassung 8 59 8 59a 8 60 8 61 8 62 8 63 8 64 8 65 8 66 8 67 8 68 8 69 8 70 8 71 8 72 8 73 8 74 8 75 § 75a 8 75b 8 75c 8 76 8 77 8 78 8 79 8 SO 8 81 8 82

Neues Fassunia 8 58V 8 59 > 8 601 8 61 8 62' 8 63 8 64 8 65 8 66 8 67 8 68 — 8 69 8 70 8 71 8 72 8 73 8 74 8 75 8 76 8 77 8 78 8 79 8 80 8 81 8 82 8 83 8 84

Gesetz, betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juni 1895.

AltFassung 8 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 8 8 § 9 § io § 11 § 12 § 13 8 14 8 15 8 16 8 17 8 18 8 19 8 20 8 21 8 22 8 23 8 24 8 25 8 26 8 27 8 28 8 29 8 30 8 31 8 32 8 33 8 34 8 35 8 36 8 37 8 38 8 39 8 40 8 41 8 42 8 43 8 44 8 45 8 46

Nene Fassung 8 1 8 2 § 3 8 4 8 5 8 6 8 7 8 8 8 9 8 10 8 11 8 12 8 13 8 14 8 15 8 16 § 17 8 18 8 19 8 20 8 21 8 22 8 23 8 24 8 25 8 26 8 27 8 28 8 29 8 30 8 31 8 32 8 33 8 34 8 35 8 36 8 37 8 38 8 39 8 40 8 41 8 42 8 43 8 44 8 45 8 46

Friedberg, Handelsgesgbg.

Alte Neue Fassung Fassung 8 47 8 47 8 48 8 48 8 49 8 49 8 50 8 50 8 51 8 51 8 52 8 52 8 53 8 53 8 54 8 54 8 55 8 55 8 56 8 56 8 57 8 57 8 58 8 58 8 59 8 59 8 60 8 60 8 61 8 61 8 61a 8 62 8 62 8 63 8 63 8 64 8 64 8 65 8 65 8 66 8 66 8 67 8 68 8 67 8 69 8 68 8 69 8 70 8 70 8 71 8 72 8 71 — 8 72 8 73 8 73 8 74 8 74 8 75 8 75 8 76 8 76 8 77 8 77 8 78 8 78 8 79 8 79 8 80 8 80 8 81 8 81 8 82 8 82 8 83 8 83 8 84 8 84 8 85 8 85 8 86 8 86 8 87 8 87 8 88 8 88 8 89 8 89 8 90 8 90 § 91 8 91 7. Anfl.

Alte Neue Fassung Fassung 8 92 8 92 8 93 8 93 8 94 8 94 8 95 8 95 8 96 8 96 8 97 8 97 8 98 8 98 8 99 8 99 8 100 8 wo 8 101 8 101 8 102 8 102 8 103 8 103 8 104 8 104 8 105 8 105 8 106 8 106 8 107 8 107 8 108 8 108 8 109 8 109 8 110 8 111 8 HO 8 112 8 111 8 113 8 112 8 114 8 113 8 115 8 114 8 115 8 116 8 117 8 116 8 118 8 117 8 118 8 119 8 120 8 119 8 120 8 121 8 122 8 121 8 123 8 122 8 124 8 123 8 124 8 125 8 126 8 125 8 127 8 126 8 128 8 127 8 128 8 129 8 130 8 129 8 131— 137 — 8 138 8 130 8 139 8 131 8 140 8 132 8 133 8 141

IV

der alten und neuen

Vergleichende Uebersicht der Paragraphen Seemannsordnung. Alles

Ne ues

Neues

i

A ltes

@esetz Ge setz 8 1 8 1 8 21 ß8 2 § 3/ § 3 Abs. § 3 8 4 8 5 | 5 § 7 6 8 8 8 7 8 9 8 8 io 8 8 9 8 11 8 10 8 12 13 8 11 § 14 8 12 8 13 8 15 § 14 8 16 § 15 8 17 8 16 8 18 8 17 8 19 18 8 20 19 8 21 8 20 8 22 21 8 24 22 8 25 8 23 8 26 8 24 8 27 29 8 25 30 8 26 8 27 8 31 8 28 8 32 8 29 8 33 8 80 8 34 8 31 8 35 8 32 8 41 8 33 8 42 8 34 8 43 8 35 8 44 8 36 8 45 8 37 8 47 8 38 8 48

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G esetz Glesetz 8 49 8 39 50 8 40 8 52 8 41 § 53 42 § 54 43 8 44 8 56 8 45 8 56 8 46 8 57 8 48 | 59 61 8 49 8 50 8 62 8 51 8 64 8 521 89 65 8 53 l 54 8 66 8 8 55 8 68 8 56 8 69 8 57 8 70 8 58 8 71 8 59 8 72 8 73 8 60 8 74 8 61 8 75 8 62 | 76 8 63 77 8 64 8 65 8 78 8 66 8 79 8 67 8 80 8 69 | 81 82 8 70 8 83 8 71 § 72 Abs. 18 84 8 73 8 85 8 74 | 86 87 8 75 8 88 8 76 8 77 8 89 8 78 8 90 8 79 8 91

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@esetz Gesetz 8 80 8 92 81 8 8 93 8 82 8 94 8 83 8 95 8 84 Abs. 1-3,5 | 96 -Abs. 4 97 8 85 8 98 8 86 8 100 8 87 8 101 8 88 | 102 103 § 89 § 104 8 90 § 105 8 91 8 92 8 106 8 93 8 107 8 94 | 108 110 8 95 8 96 8 111 8 97 8 112 8 }_§ 113 8 99 Abs. 1, Nr. 7 — Abs. 1, Nr. 1 6, 8. Abs. 2 8 114 § 100 8 120 § lOlAbs. 1,S. 18 122 — S.2-5 8 123 - Abs. 2, 3 8 124 - Abs. 4 8 125 102 8 126 103 | 127 104 128 105 8 129 106 S. 1 8 130 — S. 2 8 131 § 107 8 132 8 108 8 133 134 8 109 | 137 8 110

Handelsgesetzbuch. Vom 10. Mai 1897.

(Nr. 2389.)

Einführungsgeseh )«m Handelsgesehbache. Vom 10. Mai 1897. (RGBl 1897 Nr. 23, S. 437 ff./ Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen re. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Art. 1. Das Handelsgesetzbuch tritt gleichzeitig mit dem Bürger­ lichen Gesetzbuch in Kraft. 1 Tas Allgemeine Teutsche Handelsgesetzbuch galt für Preußen 24 /6. 61 (in den 1866 einverleibten Provinzen waren die dortigen Einsührungsgesetze: Hannover 5./10. 64; KurHessen 3/5. 65; Nassau 2./10. 61; Frank­ furt a/M. 17./10. 62; Landgrafenthum Hessen 25./8. 63 in Geltung geblieben, indessen wurde durch B 24./8. 67 Art. 10 u. 11 das Preuß. G 24./6. 61 unter Aushebung der entgegenstehenden Bestimmungen eingesührt. In Schleswig-Holstein V 5./7. 67; Lauenburg 21./10. 68. Im Jahdegebiet galt nach G 9./3. 70 das hannöv. Einf.-G); Bayern 10./11. 61; Sachsen 30./10. 61; Württemberg 13./8. 65; Baden 6./8. 62; Hessen l./l. 63; Mecklenburg-Schwerin B 28./12. 63; Weimar G 18./8. 62; Mecklenburg-Strelitz V 28./12. 63; Oldenburg G 18./4. 64; Braun­ schweig G 14./9. 63; S.-Meiningen G 25./6. 62; S.-Altenburg G 21./10. 63; S.-Gotha 11./7. 62; S.-Koburg 19./2. 62; Anhalt (Anh.Bernburg G 14./7. 62 ist in Kraft geblieben; Anh.-Dessau-Köthen G 1./9. 63): Schwarzburg-Rudolstadt G 13./5. 64; Schwarzburg-Son­ dershausen G 30./5. 62; Waldeck G 11./2. 62; Reuß ä. L. G 12./5. 62; Reuß j. L. G 23./2. 63; Schaumburg-Lippe Aussührungs-D z. BG 5./6. 69 vom 11./12. 69; Lippe G 20./4. 64; Lübeck G 26./10. 63; Bremen V 11./5. 64; Hamburg G 22./12. 65; Elsaß-Lothringen G 19./6. 72; Helgoland V 22./3. 91. — Zum gemeinen Recht war es erhoben worden durch BG 5./6. 69 (BGBl 379), welches in Württemberg, Baden und Hessen galt nach Verf. d. Deutschen Bundes v. 31./12. 1870 Art. 80, (15 (BGBl 1870, 648); in Bayern nach RG 22./4. 1871 (RGBl 1871, 88). — Vgl. Verf. d. D. R. Art. 4. Der Beaufsichtigung Seitens des Reichs und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: 1. die Bestimmungen über ... den Gewerbebetrieb einschließlich des Versicherungs­ wesens ...; 2. die Zoll- und Handelsgesetzgebung...; 3. die Ordnung des Maß-, Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundirtem und unfundirtem Papiergeld; 4. die allgemeinen Be1*

4

SinführungSsefetz »um van-elS-esetzbuche.

Art. 2.

Ter sechste Abschnitt des ersten Buches des Handelsgesetzbuchs tritt mit Ausnahme des § 65 am 1. Januar 1898 in Straft. Ter siebente Abschnitt des dritten Buches des Handelsgesetz­ buchs kann durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths vor dem im Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkte in Kraft gesetzt werden. Art. 2. [1-3.] In Handelssachen kommen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur insoweit in Anwendung, als nicht im Handelsgesetzbuch oder in diesem Gesetz ein Anderes bestimmt ist.*1 stimmungen über das Banklvesen; 5. die Erfmdungspatente; 6. der Schutz des geistigen Eigenthums; 7. Organisation eines gemeinsamen Schutzes des deutschen Handels im Auslande, der deutschen Schifffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer konsularischer Vertretung, welche vom Reiche ausgestattet wird; 8. das Eisenbahnwesen, in Bayern vorbehaltlich der Bestimmung im Art. 46, und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs; 9. der Flößerei- und Schisssahrtsbetrieb aus den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren, sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle; desgleichen die Seeschisssahrtszeichen (Leuchtfeuer, Tonnen, Baken und sonstige Tagesmarken (Zusatz des G 3./3. 73]); 10. das Post- und Tele­ graphenwesen, jedoch in Bayern und Württemberg nur nach Maßgabe der Bestimmungen im Art. 52; 13. die gemeinsame Gesetzgebung über das gesammte bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Versahren (Fassung nach G 20/12. 73). 1 CPO 293 [265]. Das in einem anderen Staate geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittelung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnißquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Ersorderliche anzuordnen. G üb. d. Konsulargerichtsbarkeit 7./4. 00, 40 (RGBl 221): In Handelssachen finden die Vorschriften der im § 19 bezeichneten Ge­ setze nur soweit Anwendung, als nicht das im Konsulargerichtsbezirke geltende Handelsgewohnheitsrecht ein Anderes bestimmt. Handelssachen im Sinne des Abs. 1 sind die von einem Kaufmanne vor­ genommenen Rechtsgeschäfte der im § 1 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs be­ zeichneten Art sowie die Angelegenheiten, die eines der im § 101 Nr. 3a, d, e, f des Gerichtsverfassungsgesetzes ausgeführten Rechtsverhältnisse zum Gegenstände haben. GVG 70. Vor die Civilkammern einschließlich der Kammern für Handelssachen gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, welche nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. 100. Soweit die Landesjustizverwaltung ein Bedürfniß als vorhanden annimmt, können bei den Landgerichten für deren Bezirke oder für örtlich ab­ gegrenzte Theile derselben Kammern für Handelssachen gebildet werden.

Im Uebrigen werden die Vorschriften, der Reichsgesetze durch das Handelsgesetzbuch nicht berührt. Art. 3. Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs an deren Stelle. Solche Kammern können ihren Sitz innerhalb des Landgerichtsbezirks auch an Orten haben, an welchen das Landgericht seinen Sitz nicht hat. 101 (G 17./5. 98). Vor die Kammern für Handelssachen gehören nach Maßgabe der folgenden Vorschriften diejenigen den Landgerichten in erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage ein Anspruch geltend gemacht wird: 1. gegen einen Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs aus Ge­ schäften, welche für beide Theile Handelsgeschäfte sind; 2. aus einem Wechsel im Sinne der Wechselordnung oder aus einer der im § 363 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Urkunden; 3. aus einem der nachstehend bezeichneten Rechtsverhältnisse: a) aus dem Rechtsverhältnisse zwischen den Mitgliedern einer Handels­ gesellschaft oder zwischen dieser und ihren Mitgliedern oder zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Inhaber des Handelsgeschäfts, sowohl während des Bestehens als auch nach Auflösung des Gesell­ schaftsverhältnisses, ingleichen aus dem Rechtsverhältnisse zwischen den Vorstehern oder den Liquidatoren einer Handelsgesellschaft und der Gesellschaft oder deren Mitgliedern; b) aus dem Rechtsverhältnisse, welches das Recht zum Gebrauche der Handelsfirma betrifft; c) aus den Rechtsverhältnissen, welche sich auf den Schutz der Waarenbezeichnungen, Muster und Modelle beziehen; d) aus dem Rechtsverhältnisse, welches durch den Erwerb eines be­ stehenden Handelsgeschäfts unter Lebenden zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber entsteht; e) aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Prokuristen, Handlungs­ bevollmächtigten, Handlungsgehülfen, Handlungslehrling und dem Inhaber des Handelsgeschäfts, sowie aus dem Rechtsverhältnisse zwischen einem Dritten und demjenigen, welcher wegen mangelnden Nachweises der Prokura oder Handlungsvollmacht haftet; f) aus den Rechtsverhältnissen des Seerechts oder des Rechts der Binnenschifffahrt, insbesondere aus denjenigen, welche sich auf die Rhederei, auf die Rechte und Pflichten des Rheders oder Schiffs­ eigners, des Korrespondentrheders und der Schiffsbesatzung, auf die Bodmerei und die Haverei, auf den Schadensersatz im Falle des Zusammenstoßes von Schiffen, auf die Bergung und Hülfeleistung und auf die Ansprüche der Schiffsgläubiger beziehen. 102. Die Verhandlung des Rechtsstreits erfolgt vor der Kammer für Handelssachen, wenn der Kläger dies in der Klageschrift beantragt hat.

Art. 4. Die nach dem bürgerlichen Rechte mit einer Eintragung in das Güterrechtsregister verbundenen Wirkungen treten, sofern ein Ehegatte Kaufmann ist und seine Handelsniederlassung sich nicht in dem Bezirke des für den Wohnsitz des Ehemanns zuständigen Registergerichts befindet, in Ansehung der auf den Betrieb des In den Fällen der §§ 505, 506 [466, 467] der Civilprozeßordnung hat der Kläger den Antrag aus Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgerichte zu stellen. 103. Wird vor der Kammer für Handelssachen eine vor dieselbe nicht gehörige Klage zur Verhandlung gebracht, so ist der Rechtsstreit aus Antrag des Beklagten an die Civilkammer zu verweisen. Gehört die Klage oder die im Falle des § 506 [467] der Civilprozeßordnung erhobene Widerklage als Klage nicht vor die Kammer für Handelssachen, so ist diese auch von Amtswegen befugt, den Rechtsstreit an die Civilkammer zu ver­ weisen, so lange nicht eine Verhandlung zur Hauptsache erfolgt und auf die­ selbe ein Beschluß verkündet ist. Die Verlveisung von Amtswegen kann nicht aus denl Grunde erfolgen, daß der Beklagte nicht Kaufmann ist. 104. Wird vor der Civilkammer eine vor die Kammer für Handelssachen gehörige Klage zur Verhandlung gebracht, so ist der Rechtsstreit auf Antrag des Beklagten an die Kammer für Handelssachen zu verweisen. Ein Beklagter, welcher nicht in das Handelsregister eingetragen ist, kann den Antrag nicht darauf stützen, daß er Kaufmann ist. Der Antrag ist zurückzuweisen, wenn die im Falle des § 506 [467] der Civilprozeßordnung erhobene Widerklage als Klage vor die Kammer für Handelssachen nicht gehören würde. Zu einer Verweisung von Amtswegen ist die Civilkammer nicht befugt. Die Civilkammer ist zur Verwerfung des Antrages auch dann befugt, wenn der Kläger demselben zugestimmt hat. 105. Wird in einem bei der Kammer für Handelssachen anhängigen Rechtsstreite die Klage in Gemäßheit des § 280 [253] der Civilprozeßordnung durch den Antrag auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses erweitert oder eine Widerklage erhoben und gehört die erweiterte Klage oder die Widerklage als Klage nicht vor die Kammer für Handelssachen, so ist der Rechtsstreit auf Antrag des Gegners an die Civilkammer zu verweisen. Unter der Beschränkung des § 103 Absatz 2 ist die Kammer zu der Ver­ weisung auch von Amtswegen befugt. Diese Besugniß tritt auch dann ein, wenn durch Klagänderung ein Anspruch geltend gemacht wird, welcher nicht vor die Kammer für Handelssachen gehört. 106. Der Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an eine andere Kammer ist nur vor der Verhandlung des Antragstellers zur Sache zulässig. Ueber den Antrag ist vorab zu verhandeln und zu entscheiden. 107. Gegen die Entscheidung über Verweisung eines Rechtsstreits an die Civilkammer oder an die Kammer für Handelssachen findet kein Rechts­ mittel statt. Erfolgt die Verweisung an eine andere Kammer, so ist diese Entscheidung für die Kammer, an welche der Rechtsstreit verwiesen wird, bindend.

Handelsgewerbes sich beziehenden Rechtsverhältnisse nur ein, wenn die Eintragung auch in das Güterrechtsregister des für den Ort Der Termin zur weiteren mündlichen Verhandlung wird von Amtswegen be­ stimmt und den Parteien bekannt gemacht. 108. Bei der Kammer für Handelssachen kann ein Anspruch in Gemäßheit des § 64 [61] der Civilprozeßordnung nur dann geltend gemacht werden, wenn der Rechtsstreit nach den Bestimmungen des § 101 vor die Kammer für Handelssachen gehört. 109. Die Kammern für Handelssachen entscheiden in der Besetzung mit einem Mitgliede des Landgerichts als Vorsitzenden und zwei Handelsrichtern. Sämmtliche Mitglieder der Kammer für Handelssachen haben gleiches Stimmrecht. In Streitigkeiten, welche sich auf das Rechtsverhältniß zwischen Rheder oder Schiffer und Schiffsmannschaft beziehen, kann die Entscheidung durch den Vorsitzenden allein erfolgen. 110. Im Falle des § 100 Absatz 2 kann ein Amtsrichter Vorsitzender der Kammer für Handelssachen sein. 111. Das Amt der Handelsrichter ist ein Ehrenamt. 112. Die Handelsrichter werden auf gutachtlichen Vorschlag des zur Vertretung des Handelsstandes berufenen Organs für die Dauer von drei Jahren ernannt; eine wiederholte Ernennung ist nicht ausgeschlossen. 113. Zum Handelsrichter kann jeder Deutsche ernannt werden, welcher als Kaufmann oder als Vorstand einer Aktiengesellschaft in das Handelsregister eingetragen oder eingetragen gewesen ist, das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und in dem Bezirke der Kammer für Handelssachen wohnt. Personen, welche in Folge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind, können nicht zu Handelsrichtern ernannt werden. 114. An Seeplätzen können Handelsrichter auch aus dem Kreise der Schifsfahrtskundigen ernannt werden. 115. Die Handelsrichter sind vor ihrem Amtsantritte auf die Erfüllung der Obliegenheiten des ihnen übertragenen Amts eidlich zu verpflichten. 116. Die Handelsrichter haben während der Dauer ihres Amts in Be­ ziehung auf dasselbe alle Rechte und Pflichten richterlicher Beamten. 117. Ein Handelsrichter ist seines Amts zu entheben, wenn er eine der für die Ernennung erforderlichen Eigenschaften nachträglich verliert. Die Erhebung erfolgt durch den ersten Civilsenat des Oberlandesgerichts nach Anhörung des Betheiligten. 118. Ueber Gegenstände, zu deren Beurtheilung eine kaufmännische Begutachtung genügt, sowie über das Bestehen von Handelsgebräuchen kann die Kammer für Handelssachen auf Grund eigener Sachkunde und Wissenschaft entscheiden. 23. Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten, soweit dieselben nicht ohne Rücksicht auf den Werth des Streit­ gegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

der Handelsniederlassung zuständigen Gerichts erfolgt ist. Bei mehreren Niederlassungen genügt die Eintragung in das Register des Ortes der Hauptniederlassung. 1. Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswerth die Summe von dreihundert Mark nicht übersteigt; 2. ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes: Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Unter­ miether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Be­ nutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der vom Miether in die Miethsräume eingebrachten Sachen; Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeit­ gebern un-d Arbeitern hinsichtlich des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, sowie die in § 3 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Gewcrbegerichte, vom 29. Juli 1890 bezeichneten Streitigkeiten, insofern dieselben während der Dauer des Dienst-, Arbeits- oder Lohnverhältnisses entstehen; Streitigkeietn zwischen Reisenden und Wirthen, Fuhrleuten, Schissern, Flößern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäsen, welche über Wirthszechen, Fuhrlohn, Ueberfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, welche aus Anlaß der Reise entstanden sind; Streitigkeiten wegen Viehmängel; Streitigkeiten wegen Wildschadens; Ansprüche aus einem außerehelichen Beischlafe; das Aufgebotsversahren. EG. z. CPV 3. Die Civilprozeßordnung findet auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung, welche vor die ordentlichen Gerichte gehören. Insoweit die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für welche besondere Gerichte zugelassen sind, durch die Landcsgesetzgebung den ordent­ lichen Gerichten übertragen wird, kann dieselbe ein abweichendes Verfahren gestatten. 13. Die prozeßrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze werden durch die Civilprozeßordnung nicht berührt. Aufgehoben werden: 1. §2 des Gesetzes, betreffend die Aushebung der Schuldhaft, vom 29. Mai 1868; 2. Artikel 34—36, 37 Satz 2, 39, 77, 78, 79 Absatz 2, 488, 494, 889 des Handelsgesetzbuchs. Der Artikel 80 der Wechsel-Ordnung wird dahin abgeändert, daß die Verjährung auch nach Maßgabe der §§ 190 (jetzt: 207), 254 (jetzt: 281), 461 Absatz 2 (jetzt: 500), 471 Absatz 2 (jetzt: 510) der Civilprozeßordnung unter­ brochen wird. In den Fällen der Artikel 348 [§ 379], 365 [§ 388], 407 [§ 437] des Handelsgesetzbuches ist das im § 448 (jetzt: § 486) der Civilprozeßordnung bezeichnete Amtsgericht zuständig; auf die Ernennung, Beeidigung und Ver-

SinführungSgesetz |um HaudelSsesetzduche.

Art. 5—7.

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Wird die Niederlassung verlegt, so finden die Vorschriften des § 1559 des Bürgerlichen ®efej&ud)ä*1 2entsprechende 345 Anwendung. Art. 5. Auf Bergwerksgesellschaften, die nach den Vorschriften der Landesgesetze nicht die Rechte einer juristischen Person besitzen, findet der § 2 des Handelsgesetzbuchs keine Anwendung. Art. 6. Die Vorschriften der §§ 474, 475 des Handelsgesetz­ buchs finden auch im Falle der Veräußerung eines Seeschiffes, das nicht zum Erwerbe durch die Seefahrt bestimmt ist, sowie im Falle der Veräußerung eines Antheils an einem solchen Schiffe Anwendung. Art. 7. Die Vorschriften des § 495 und des § 486 Absatz 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs über die Haftung des Rheders für das Verschulden einer Person der Schifssbesatzung sowie die Vor­ schriften der §§ 734 bis 739 des Handelsgesetzbuchs über die Hafnehmung der Sachverständigen finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung in dem achten Titel des ersten Abschnittes des zweiten Buches entsprechende Anwendung. 14. Die prozeßrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, deren Entscheidung in Gemäßheit des § 3 nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung zu erfolgen hat, außer Kraft, soweit nicht in der Civilprozeßordnung auf sie verwiesen oder soweit nicht bestimmt ist, daß sie nicht berührt werden. Außer Kraft treten insbesondere: 1. die Vorschriften über die bindende Kraft des strafgerichtlichen Urtheils für den Civilrichter; 2. die Vorschriften, welche in Ansehung gewisser Rechtsverhältnisse einzelne Arten von Beweismitteln ausschließen oder nur unter Beschränkungen zulassen; 3. die Vorschriften, nach welchen unter bestimmten Voraussetzungen eine Thatsache als mehr oder minder wahrscheinlich anzunehmen ist; 4. die Vorschriften über die Bewilligung von Moratorien, über die Ur­ theilsfristen und über die Befugnisse des Gerichtes, dem Schuldner bei der Verurtheilung Zahlungsfristen zu gewähren; 5. die Vorschriften, nach welchen eine Nebenforderung als anerkannt gilt, wenn über dieselbe nicht entschieden ist. 15. Unberührt bleiben: 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Fortdauer des Gerichtsstandes einer Gesellschaft, einer Genossenschaft oder eines Vereins nach Auflösung derselben; über das Verfahren in Betreff der Sperre der Zahlung ab­ handen gekommener Jnhaberpapiere; über das Verfahren bei Streitigkeiten, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung derselben betreffen. Vgl. auch G ll./l. 76, 15 (Anhang IX, 1), 15./3. 75, 50 (Anhang I). 1 Verlegt der Mann nach der Eintragung seinen Wohnsitz in einen an­ deren Bezirk, so muk die Eintragung im Register dieses Bezirkes wiederholt werden. Die frühere Eintragung gilt als von neuem erfolgt, wenn der Mann den Wohnsitz in den früheren Bezirk zurückverlegt.

hing im Falle des Zusammenstoßes von Schiffen finden auch An­ wendung, wenn die Verwendung eines Schiffes zur Seefahrt nicht des Erwerbes wegen erfolgt. Art. 8. Aufgehoben werden: 1. das Gesetz, betreffend die Löschung nicht mehr bestehender Firmen und Prokuren im Handelsregister, vom 30. März 1888 (ReichsGesetzbl. S. 129); 2. der Artikel 80 der Wechselordnung; 3. der § 68 der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 (ReichsGesetzbl. S. 409) 4. der § 86 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend die Unfallversicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschiffahrt betheiligter Personen, vom 13. Juli 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 329). Art. 9. Die Gewerbeordnung wird dahin geändert: I. Als § 15 a werden folgende Vorschriften eingestellt: Gewerbetreibende, die einen offenen Laden haben oder Gast­ oder Schankwirthschaft betreiben, sind verpflichtet, ihren Fami­ liennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an der Außenseite oder am Eingänge des Ladens oder der Wirthschaft in deutlich lesbarer Schrift anzubringen. Kaufleute, die eine Handelsfirma führen, haben zugleich die Firma in der bezeichneten Weise an dem Laden oder der Wirthschaft anzubringen; ist aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit dem ausgeschriebenen Vornamen zu ersehen, so genügt die Anbringung der Firma. Auf offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien finden diese Vor­ schriften mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in Betreff der Namen der Gewerbetreibenden bestimmt ist. Sind mehr als zwei Betheiligte vorhanden, deren Namen hiernach in der Aufschrift anzugebert wären, so genügt es, wenn die Namen von zweien mit einem das Vorhandensein weiterer Betheiligter andeutenden Zusatz ausgenommen werden. Die Polizeibehörde kann im einzelnen Falle die Angabe der Namen aller Betheiligten anordnen. II. Als § 133 f wird folgende Vorschrift eingestellt: Eine Vereinbarung zwischen dem Gewerbeunternehmer und einem der im § 133a bezeichneten Angestellten, durch die der 1 Dieses Gesetz ist der neuen Seemannsordnung vom 2./6. 02 (Anh. XX, 1) gewichen.

Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstver­ hältnisses in seiner gewerblichen Thätigkeit beschränkt wird, ist für den Angestellten nur insoweit verbindlich, als die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen überschreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Angestellte zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist. III. Der § 148 erhält folgenden Zusatz: 14. wer den Vorschriften des § 15a zuwiderhandelt. Art. 10. Das Gesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirthschafts­ genossenschaften, vom 1. Mai 1889 (Reichs-Gesetzbl. S. 55)1 wird dahin geändert: I. An die Stelle des § 13 tritt folgende Vorschrift: Vor der Eintragung in das Genossenschaftsregister ihres Sitzes hat die Genossenschaft die Rechte einer eingetragenen Genossenschaft nicht. II. Der § 16 Absatz 4 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Der Beschluß hat keine rechtliche Wirkung, bevor er in das Genossenschaftsregister des Sitzes der Genossenschaft einge­ tragen ist. III. Der § 23 Absatz 4 fällt weg. IV. An die Stelle der §§ 28, 29 treten folgende Vorschriften: 8 28. Jede Aenderung des Vorstandes sowie die Be­ endigung der Vertretungsbefugniß eines Vorstandsmitgliedes ist durch den Vorstand zur Eintragung in das Genossen­ schaftsregister anzumelden. Eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung oder über die Beendigung der Vertretungs­ befugniß eines Vorstandsmitgliedes ist der Anmeldung beizu­ fügen und wird bei dem Gericht aufbewahrt. Die Vorstandsmitglieder haben ihre Unterschrift vor dem Gerichte zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen. 8 29. Eine Aenderung des Vorstandes, eine Beendigung der Vertretungsbefugniß eines Vorstandsmitgliedes sowie eine Aenderung des Statuts rücksichtlich der Form für Willens­ erklärungen des Vorstandes kann, solange sie nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen und öffentlich bekannt ge­ macht ist, von der Genossenschaft einem Dritten nicht ent­ gegengesetzt werden, es sei denn, daß dieser von der Aenderung oder Beendigung Kenntniß hatte. 1 Anhang X.

Nach der Eintragung und Bekanntmachung muß der Dritte die Aenderung oder Beendigung gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß er sie weder kannte noch kennen mußte. Für den Geschäftsverkehr mit einer in das Genossenschafts­ register eingetragenen Zweigniederlassung ist im Sinne dieser Vorschriften die Eintragung und Bekanntmachung durch das Gericht der Zweigniederlassung entscheidend. V. Der § 49 Absatz 1 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Ein Beschluß der Generalversammlung kann wegen Ver­ letzung des Gesetzes oder des Statuts im Wege der Klage an­ gefochten werden. Die Klage muß binnen einem Monat erhoben werden. Zur Anfechtung befugt ist jeder in der Generalversammlung erschienene Genosse, sofern er gegen den Beschluß Widerspruch zum Protokoll erklärt hat, und jeder nicht erschienene Genosse, sofern er zu der Generalversammlung unberechtigter Weise nicht zugelassen worden ist oder sofern er die Anfechtung darauf gründet, daß die Berufung der Versammlung oder die Ankündigung des Gegenstandes der Beschlußfassung nicht gehörig erfolgt sei. Außerdem ist der Vorstand und, wenn der Beschluß eine Maßregel zum Gegenstände hat, durch deren Ausführung sich die Mitglieder des Vorstandes und des Auf­ sichtsraths strafbar oder den Gläubigern der Genossenschaft haftbar machen würden, jedes Mitglied des Vorstandes und des Aussichtsraths zur Anfechtung befugt.

VI. Im §49 Absatz 4 wird das Wort „ungültig" ersetzt durch das Wort „nichtig".

VII. Im § 80 Absatz 2 Satz 1 werden die Worte „vom Vorstande" ersetzt durch die Worte: „von den Liquidatoren".

VIII. Der § 82 wird durch folgende Vorschriften ersetzt:

Die ersten Liquidatoren sind durch den Vorstand, jede Aende­ rung in den Personen der Liquidatoren, sowie eine Beendigung ihrer Vertretungsbefugniß ist durch die Liquidatoren zur Ein­ tragung in das Genossenschastsregister anzumelden. Eine Ab­ schrift der Urkunden über die Bestellung der Liquidatoren oder über die Aenderung in den Personen derselben ist der An­ meldung beizufügen und wird bei dem Gerichte aufbewahrt. Die Eintragung der gerichtlichen Ernennung oder Abberufung von Liquidatoren geschieht von Amtswegen. Die Liquidatoren haben ihre Unterschrift persönlich vor dem

Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche. Art. 10.

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Gerichte zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen. IX. Der § 87 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Die Liquidatoren haben die aus den §§ 26, 27, § 31 Absatz 1, § 32, §§ 42 bis 45, § 46 Absatz 2, § 49 sich ergebenden Rechte und Pflichten des Vorstandes und unterliegen gleich diesem der Ueberwachung des Aufsichtsraths. Sie haben sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. Die erste Bilanz ist zu veröffentlichen; die Bekanntmachung ist zu dem Genossenschaftsregister ein­ zureichen. X. Der § 88 Absatz 2 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschul­ dete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen. Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Vertheilung des Vermögens nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist. XL Der sechste Abschnitt erhält folgende Ueberschrift: „Auslösung und Nichtigkeit der Genossenschaft." Am Schluffe dieses Abschnittes werden folgende Vorschriften eingestellt: § 90a. Enthält das Statut nicht die für dasselbe wesent­ lichen Bestimmungen oder ist eine dieser Bestimmungen nichtig, so kann jeder Genosse und jedes Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsraths im Wege der Klage beantragen, daß die Genossenschaft für nichtig erklärt werde. 8 90b. Als wesentlich im Sinne des § 90a gelten die in den §§ 6, 7 und 125 bezeichneten Bestimmungen des Statuts mit Ausnahme derjenigen über die Beurkundung der Beschlüsse der Generalversammlung und den Vorsitz in dieser sowie über die Grundsätze für die Aufstellung und Prüfung der Bilanz. Ein Mangel, der eine hiernach wesentliche Bestimmung des Statuts betrifft, kann durch einen den Vorschriften dieses Ge­ setzes über Aenderungen des Statuts entsprechenden Beschluß der Generalversammlung geheilt werden. Die Berufung der Generalversammlung erfolgt, wenn sich der Mangel auf die Bestimmungen über die Form der Berufung bezieht, durch Einrückung in diejenigen öffentlichen Blätter, welche für die Bekanntmachung der Eintragungen in das Ge­ nossenschaftsregister des Sitzes der Genossenschaft bestimmt sind.

Betrifft bei einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht der Mangel die Bestimmungen über die Haftsumme, so darf durch die zur Heilung des Mangels beschlossenen Bestimmungen der Gesammtbetrag der von den einzelnen Genossen über­ nommenen Hastung nicht vermindert werden. 8 90c. Das Verfahren über die Klage auf Nichtigkeits­ erklärung und die Wirkungen des Urtheils bestimmen sich nach den Vorschriften des § 49 Absatz 3 bis 5 und des § 50. 8 90d. Ist die Nichtigkeit einer Genossenschaft in das Genossenschastsregister eingetragen, so finden zum Zwecke der Abwickelung ihrer Verhältnisse die für den Fall der Auslösung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Die Wirksamkeit der im Namen der Genossenschaft mit Dritten vorgenommenen Rechtsgeschäfte wird durch die Nichtig­ keit nicht berührt. Soweit die Genossen eine Haftung für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft übernommen haben, sind sie verpflichtet, die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Beträge nach Maßgabe der Vorschriften des folgenden Abschnitts zu leisten. XII. Im § 116 Absatz 2 werden die Schlußworte „ohne daß den letzteren die Einrede der Theilung zusteht" gestrichen. XIII. Der § 117 Absatz 3 wird gestrichen. XIV. Der § 127 Absatz 1 erhält folgenden Zusatz: Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung auszufordern. XV. Der § 148 Absatz 3 fällt weg. XVI. Der § 152 Absatz 1 erhält folgende Fassung: Tie Mitglieder des Vorstandes sind von dem Gerichte (§ 10) zur Befolgung der im § 8 Absatz 2, § 14, §§ 28, 30, § 59 Absatz 2, § 61, § 76 Absatz 2, § 77 Absatz 2 enthaltenen Vor­ schriften durch Ordnungsstrafen anzuhalten; die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. In gleicher Weise sind die Mitglieder des Vorstandes und die Liquidatoren zur Befolgung der im § 31 Absatz 2, § 45, § 46 Absatz 2, § 49 Absatz 4 und 5, § 82, § 83 Absatz 2, § 87 Absatz 1, § 148 Absatz 2 enthaltenen Vorschriften anzuhalten. Art. 11. Das Gesetz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, vom 20. April 1892 (RGBl S. 477)1 wird dahin geändert: I. Ter § 7 Absatz 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Gesellschaft ist bei dem Gerichte, in dessen Bezirke sie

1 Anhang XI.

ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. II. Der § 8 Absatz 3 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbe­ wahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. III. Der § 9 Absatz 3 erhält folgende Fassung: Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. IV. Der § 10 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Bei der Eintragung in das Handelsregister sind die Firma und der Sitz der Gesellschaft, der Gegenstand des Unter­ nehmens, die Höhe des Stammkapitals, der Tag des Ab­ schlusses des Gesellschaftsvertrages und die Personen der Ge­ schäftsführer anzugeben. Enthält der Gesellschaftsvertrag besondere Bestimmungen über die Zeitdauer der Gesellschaft oder über die Befugniß der Geschäftsführer oder der Liquidatoren zur Vertretung der Ge­ sellschaft, so sind auch diese Bestimmungen einzutragen. In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung be­ kannt gemacht wird, sind außer dem Inhalte der Eintragung die nach §5 Absatz4 getroffenen Festsetzungen und, sofern der Gesellschaftsvertrag besondere Bestimmungen über die Form enthält, in welcher öffentliche Bekanntmachungen der Gesell­ schaft erlassen werden, auch diese Bestimmungen aufzunehmen. V. An die Stelle des § 11 Absatz 1 tritt folgende Vorschrift: Vor der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft besteht die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche nicht. VI. Der § 12 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Auf die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister eines Gerichts, in dessen Bezirke sie eine Zweigniederlassung besitzt, finden die Bestimmungen im § 8 Absatz 1 und 2 keine Anwendung. Der Anmeldung ist eine von dem Gerichte der Hauptniederlassung beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrages und der Liste der Gesellschafter bei­ zufügen. Die Eintragung hat die im § 10 Absatz 1 und 2 bezeich­ neten Angaben zu enthalten. In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekannt gemacht wird, sind auch die im § 10 Absatz 3 bezeichneten Bestimmungen aufzunehmen, die nach § 5 Absatz 4 getroffenen Festsetzungen jedoch nur dann,

wenn die Eintragung innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesell­ schaft erfolgt. VIL Der § 15 Absatz 3 Satz 2 fällt weg. VIII. Der 8 20 Absatz 2 fällt weg. IX. Im § 23 und im § 27 Absatz 2 werden die Worte: „durch einen Makler oder zur Vornahme von Versteigerungen be­ fugten Beamten öffentlich verkaufen" ersetzt durch die Worte: „im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen". X. An die Stelle des § 39 treten folgende Vorschriften: Jede Aenderung in den Personen der Geschäftsführer so­ wie die Beendigung der Vertretungsbefugniß eines Geschäfts­ führers ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugniß beizufügen. Diese Bestimmung findet auf die Anmeldung zum Handelsregister einer Zweigniederlassung keine Anwendung. Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbe­ wahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. XI. Der § 40 fällt weg. XII. Im § 53 werden die Worte: „nach den Artikeln 224 bis 226 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs" ersetzt durch die Worte: „nach § 243 Absatz 1, 2, 4, §§ 244 bis 248 und § 249 Absatz 1, 2 des Handelsgesetzbuchs". XIII. An die Stelle des § 55 treten folgende Vorschriften: Die Abänderung des Gesellschaftsvertrages ist zur Ein­ tragung in das Handelsregister anzumelden. Bei der Eintragung genügt, sofern nicht die Abänderung die im § 10 Absatz 1 und 2 bezeichneten Angaben betrifft, die Bezugnahme auf die bei dem Gerichte eingereichten Urkunden über die Abänderung. Tie öffentliche Bekanntmachung findet in Betreff aller Bestimmungen statt, auf welche sich die im § 10 Absatz 3 und im § 12 vorgeschriebenen Veröffentlichungen beziehen. Die Abänderung hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist. XIV. Als § 59a wird folgende Vorschrift eingestellt: Auf die Anmeldungen zu dem Handelsregister eines Ge­ richtes, in dessen Bezirke die Gesellschaft eine Zweignieder­ lassung besitzt, finden die Bestimmungen im § 58 Absatz 2, Absatz 3 Nr. 1 und im § 59 Absatz 1 Nr. 4 keine Anwendung.

XV. Der fünfte Abschnitt erhält die Ueberschrift: „Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft."

XVI. An die Stelle des § 60 Absatz 1 Nr. 4 tritt folgende Vorschrift: 4. durch die Eröffnung des Konkursverfahrens; wird das Ver­ fahren nach Abschluß eines Zwangsvergleichs aufgehoben oder auf Antrag des Gemeinschuldners eingestellt, so können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. XVII. Der § 64 Absatz 3 fällt weg.

XVIII. An die Stelle des § 65 treten folgende Vorschriften: Die Auflösung der Gesellschaft ist außer dem Falle des Konkursverfahrens zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Tas Gleiche gilt von einer Fortsetzung der Ge­ sellschaft in den im § 60 Absatz 1 Nr. 4 bezeichneten Fällen. Tie Auflösung ist von den Liquidatoren zu drei ver­ schiedenen Malen durch die im § 30 Absatz 2 bezeichneten öffent­ lichen Blätter bekannt zu machen. Durch die Bekanntmachung sind zugleich die Gläubiger der Gesellschaft aufzufordern, sich bei derselben zu melden. XIX. Ter § 67 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Tie ersten Liquidatoren sind durch die Geschäftsführer, jede Aenderung in den Personen der Liquidatoren sowie eine Be­ endigung ihrer Vertretungsbefugniß ist durch die Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung der Liquidatoren oder über die Aenderung in den Personen derselben beizufügen. Tiefe Vorschrift findet auf die Anmeldung zum Handelsregister einer Zweigniederlassung keine Anwendung. Die Eintragung der gerichtlichen Ernennung oder Ab­ berufung von Liquidatoren geschieht von Amtswegen. Die Liquidatoren haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. XX. Der § 69 fällt weg. XXL An die Stelle des § 74 Absatz 2 treten folgende Vorschriften: Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der ge­ schuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen. Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Verkeilung des Vermögens nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist. 5 r i (* b b c r ij , Handclsgcsgbg. 7. Ausl.

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XXII. Hinter den § 75 werden im fünften Abschnitte folgende Vor­ schriften eingestellt: 8 75a. Enthält der Gesellschaftsvertrag nicht die nach § 3 Absatz 1 wesentlichen Bestimmungen oder ist eine dieser Bestimmungen nichtig, so kann jeder Gesellschafter, jeder Ge­ schäftsführer und, wenn ein Aufsichtsrath bestellt ist, jedes Mitglied des Aufsichtsraths im Wege der Klage beantragen, daß die Gesellschaft für nichtig erklärt werde. Die Vorschriften der §§ 272, 273 des Handelsgesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. 8 75 b. Ein Mangel, der die Bestimmungen über die Firma oder den Sitz der Gesellschaft oder den Gegenstand des Unternehmens betrifft, kann durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter geheilt werden. 8 75c. Ist die Nichtigkeit einer Gesellschaft in das Handels­ register eingetragen, so finden zum Zwecke der Abwickelung ihrer Verhältnisse die für den Fall der Auflösung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Tie Wirksamkeit der im Namen der Gesellschaft mit Dritten vorgenommenen Rechtsgeschäfte wird durch die Nichtigkeit nicht berührt. Tie Gesellschafter haben die versprochenen Einzahlungen zu leisten, soweit es zur Erfüllung der eingegangenen Verbind­ lichkeiten erforderlich ist. XXIII. An die Stelle der §§ 76, 77 treten folgende Vorschriften: 876. Die in diesem Gesetze vorgesehenen Anmeldungen zum Handelsregister sind durch die Geschäftsführer oder die Liquida­ toren, die int § 7 Absatz 1, § 12 Absatz 1, § 58 Absatz 1, § 59 Absatz 1 Nr. 3, § 78 Absatz 5 vorgesehenen Anmeldungen sind durch sämmtliche Geschäftsführer zu bewirken. 8 77. In Ansehung der in §§ 7,55, § 58 Absatz 1, § 59 Absatz 1 Nr. 3, § 78 Absatz 5 bezeichneten Anmeldungen zum Handels­ register findet, soweit es sich um die Anmeldung zum Handels­ register des Sitzes der Gesellschaft handelt, eine Verhängung von Ordnungsstrafen nach § 14 des Handelsgesetzbuchs nicht statt. XXIV. Im § 80 Absatz 1 Nr. 1 werden die Worte „Eintragung des Gesellschaftsvertrags" durch die Worte „Eintragung der Ge­ sellschaft" ersetzt. Art. 12. Das Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Ver­ hältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juni 1895 (RGBl 301)* wird dahin geändert: 1 Anhang XIII.

Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche. Art. 12.

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I. An die Stelle des § 26 tritt folgende Vorschrift:

Auf das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern finden die Vorschriften der §§ 425 bis 427, 430 bis 436, 439 bis 443, 445 bis 451 des Handelsgesetzbuchs Anwendung. II. Im § 36 Absatz 4 werden die Worte „gerichtlich oder in anderer sicherer Weise niederzulegen" ersetzt durch die Worte „in einem öffentlichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise zu hinter­ legen". Im § 52 Absatz 1, 3, im § 54 Absatz 2, 3, im § 77 Absatz 2 und im § 91 Absatz 3 werden die Worte „niederzulegen, Niederlegung, Niederlegungsverfahren, niedergelegt" ersetzt durch die Worte „zu hinterlegen, Hinterlegung, Hinterlegungs­ verfahren, hinterlegt".

III. Im § 52 werden die Absätze 2, 3 durch folgende Vorschriften ersetzt: Ist der Empfänger des Gutes nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme oder ergießt sich ein sonstiges Ablieferungs­ hinderniß, so hat der Frachtführer den Absender unverzüglich hiervon in Kenntniß zu setzen und dessen Anweisung einzuholen. Ist dies den Umständen nach nicht thunlich oder ist der Ab­ sender mit der Ertheilung der Anweisung säumig oder die Anweisung nicht ausführbar, so kann der Frachtführer nach der Bestimmung im Absatz 1 verfahren, auch wenn die Warte­ zeit noch nicht abgelaufen ist. Er kann, falls das Gut dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzug ist, das Gut auch gemäß § 373 Absatz 2 bis 4 des Handelsgesetzbuchs verkaufen lassen. Von der Hinterlegung und dem Verkaufe des Gutes hat der Frachtführer den Absender und den Empfänger unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Ist der Empfänger nicht zu er­ mitteln, so hat die Benachrichtigung von der Hinterlegung durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zu erfolgen; im Uebrigen dürfen die Benachrichtigungen unterbleiben, soweit sie unthunlich sind.

IV. Der § 55 erhält folgende Fassung: In den Fällen der §§ 53 und 54 hat der Frachtführer an einem der ortsüblichen Löschplätze anzulegen. Ist durch Ver­ einbarung dem Empfänger das Recht zur Anweisung des Lösch­ platzes eingeräumt, so finden die Bestimmungen im § 46 Absatz 2 und 3 Anwendung.

V. Ter §56 Absatz 2 fällt weg. Ter Absatz3 erhält folgende Fassung: Die Bestimmungen des § 42 Absatz 1 finden entsprechende Anwendung. VI. Im § 58 fällt der Absatz 3 weg; der Absatz 4 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Für den Verlust oder die Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunstgegenständen, Geld- und Werthpapieren haftet der Fracht­ führer nur, wenn ihm die Beschaffenheit oder der Werth des Gutes bei der Uebergabe zur Beförderung angegeben worden ist. VII. Der § 61 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Nach der Annahme des Gutes durch den Empfangsberech­ tigten können wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich erkennbar ist, Ansprüche nur geltend gemacht werden, wenn vor der Annahme der Zustand des Gutes durch amtlich bestellte Sachverständige sestgestellt ist. Wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich nicht erkennbar ist, kann der Fracht­ führer auch nach der Annahme des Gutes in Anspruch ge­ nommen werden, wenn der Mangel in der Zeit zwischen der Uebernahme des Gutes durch den Frachtführer und der Ab lieferung entstanden ist und die Feststellung des Mangels durch amtlich bestellte Sachverständige unverzüglich nach der Entdeckung und spätestens binnen einer Woche nach der An­ nahme beantragt wird. Ist dem Frachtführer der Mangel unverzüglich nach der Entdeckung und binnen der bezeichneten Frist angezeigt, so genügt es, wenn die Feststellung unver­ züglich nach dem Zeitpunkte beantragt wird, bis zu welchem der Eingang einer Antwort des Frachtführers unter regel­ mäßigen Umständen erwartet werden darf. Tie Kosten einer von dem Empfangsberechtigten beantragten Feststellung sind von dem Frachtführer zu tragen, wenn ein Verlust oder eine Beschädigung ermittelt wird, für welche der­ selbe Ersatz leisten muß. Ter Frachtführer kann sich auf die Vorschriften der Ab­ sätze 1, 2 nicht berufen, wenn er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigesührt hat. VIII. Als § 61a werden folgende Vorschriften eingestellt: Der Frachtführer hastet für den durch verspätete Ablieferung des Gutes entstandenen Schaden, es sei denn, daß die Ver­ spätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten.

Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so kann der Anspruch nicht geltend gemacht werden, es sei denn, daß der Frachtsührer die Verspätung durch Vorsatz oder grobe Fahr­ lässigkeit herbeigeführt hat. Tie Vorschrift int Absatz 2 findet auch auf andere Ansprüche gegen den Frachtsührer aus dem Frachtvertrag Anwendung, soweit die Ansprüche nicht den Vorschriften des §61 unterliegen. IX. Ter § 70 Absatz 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Wird der Antritt oder die Fortsetzung der Reise ohne Verschulden des Absenders zeitweilig verhindert, so braucht der Absender die Aufhebung des Hindernisses nicht abzuwarten, er kann vielmehr vom Vertrage zurücktreten. X. Ter § 72 fällt weg. XL Der § 87 Absatz 4 wird gestrichen. XII. Im § 89 Absatz 2 Satz 1, im § 97 Absatz 1 Satz 1 und im 8 103 Absatz 1 werden die Worte: „mit den im § 41 der Konkursordnung bezeichneten Wirkungen" gestrichen. XIII. Im § 89 Absatz 3 wird der letzte Satz durch folgende Vor­ schrift ersetzt: Tie Geltendmachung des Pfandrechts durch den Fracht­ sührer erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften, die für das Pfandrecht des Frachtführers wegen der Fracht und der Aus­ lagen gelten. XIV. Der § 91 Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Gegen Hinterlegung des beanspruchten Beitrags bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle hat die Auslieferung der Güter zu erfolgen. XV. Im § 102 wird die Nr. 6 durch folgende Vorschrift ersetzt: 6. die Forderungen, welche der Berufsgenossenschast nach den Vorschriften über die Unfallversicherung, der Versicherungs­ anstalt nach den Vorschriften über die Invalidenversicherung und den Gemeinden und Krankenkassen nach den Vorschriften über die Krankenversicherung gegen den Schiffseigner zustehen. XVI. Ter § 110 fällt weg. XVII. An die Stelle des § 111 tritt folgende Vorschrift: Wird außer dem Falle der Zwangsversteigerung das Schiff veräußert, so ist der Erwerber berechtigt, die Ausschließung der unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Pfandrechten im Wege des Aufgebotsverfahrens zu beantragen. XVIII. Ter § 112 wird durch solgende Vorschrift ersetzt: Die Vorschrift des § 111 findet keine Anwendung, wenn

nur der Antheil eines Miteigenthümers des Schiffes den Gegenstand der Veräußerung bildet. XIX. An die Stelle des § 114 tritt folgende Vorschrift: Insoweit bei der Zwangsversteigerung oder bei einer son­ stigen Veräußerung des Schiffes der Schiffseigner das Kauf­ geld eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, deren Pfandrechte in Folge der Zwangsversteigerung oder in Folge eines nach § 111 eingeleiteten Aufgebotsversahrens erloschen sind, persönlich in gleicher Weise, wie im Falle der Einziehung der Fracht. XX. Im § 118 wird die Nr. 8 gestrichen. XXL Der zehnte Abschnitt (§§ 121 bis 137) fällt weg. XXII. Ter § 138 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einsührungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. Art. 13. Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Texte des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschastsgenossenschasten, des Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, und des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, wie sie sich aus den in den Artikeln 10 bis 12 vorgesehenen Aenderungen ergeben, unter fortlaufender Nummern­ folge der Paragraphen und Abschnitte durch das Reichs-Gesetzblatt bekannt zu machend Hierbei sind die in den bezeichneten Gesetzen enthaltenen Ver­ weisungen auf Vorschriften des Allgemeinen Teutschen Handelsgesetz­ buchs durch Verweisungen auf die nach Art. 3 des gegenwärtigen Gesetzes an Die Stelle jener Vorschriften tretenden Vorschriften zu ersetzen. Den Verweisungen auf Vorschriften der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung sind diese Gesetze in der Fassung zu Grunde zu legen, welche sie durch das im Art. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehene Gesetz erhalten. Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften der im Absatz 1 bezeichneten Gesetze verwiesen ist, treten die ent­ sprechenden Vorschriften der durch den Reichskanzler bekannt ge­ machten Texte an ihre Stelle. Art. 14. Das Börsengesetz vom 22. Juni 1896 (Reichs-Gesetzbl. S. 157)1 wird dahin geändert: 1 Vgl. G 17./5. 98 (RGBl 342). Bek. 20./5. 98 (RGBl 369 ff.).

GwsL-nmt-resetz m» da»del-gesetzb«che. Art. 14—IS.

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I. Die §§ 33, 34 werden durch folgende Vorschriften ersetzt: 8 33. Das von dem Kursmakler zu führende Tagebuch ist vor dem Gebrauche dem Börsenvorstande zur Beglaubigung der Zahl der Blätter oder Seiten vorzulegen. Wenn ein Kursmakler stirbt oder aus dem Amte scheidet, ist sein Tagebuch bei dem Börsenvorstande niederzulegen. 8 34. Die Kursmakler sind zur Vornahme von Ver­ käufen und Käufen befugt, die durch einen dazu öffentlich ermächtigten Handelsmakler zu bewirken sind. II. Der § 45 Satz 2 fällt weg. III. Der § 58 Absatz 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Ehefrauen, die nicht Handelsfrauen sind, bedürfen der Ge­ nehmigung des Ehemannes. IV. Der §63 Absatz I Satz 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Für Ehefrauen, die nicht Handelsfrauen sind, genügt der Antrag des Ehemannes. V. Der § 69 erhält folgenden Absatz 2: „Diese Vorschrift wird durch die Vorschrift des § 764 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht berührt." VI. Die §§ 70 bis 74 fallen weg. Art. 15. Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze bleiben insoweit unberührt, als es in diesem Gesetze bestimmt oder als im Handelsgesetzbuch auf die Landesgesetze verwiesen ist. Soweit die Landesgesetze unberührt bleiben, können auch neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden. Art. 16. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Lagerscheine und Lagerpsandscheine, die Vorschriften über Lager­ scheine jedoch nur insoweit, als sie den § 363 Absatz 2 und die §§ 364, 365, 424 des Handelsgesetzbuchs ergänzen. Art. 17. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Checks. Art. 18. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über den Vertrag zwischen dem Brauer und dem Wirthe über die Lieferung von Bier, soweit sie das aus dem Vertrage sich ergebende Schuldverhältniß für den Fall regeln, daß nicht besondere Verein­ barungen getroffen werden. Art. 19. Unberührt bleiben: 1. für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin die §§ 51 bis 53, 55 der Verordnung vom 28. Dezember 1863, betreffend die Publikation des Handelsgesetzbuchs, sowie die zur Ab1 Anhang VI.

änderung dieser Verordnung ergangene Verordnung vom 22. Oktober 1869 2. für die freie Hansestadt Bremen die Verordnung vom 12. Februar 1866, betreffend die Löschung der Seeschiffe, nebst den dazu später ergangenen Gesetzen;2 1 5ic!)c 3. 246 zu § 501. 2 Die V v. 12./2. 66 (GS 2) wurde in § 7 abgeändert durch G 23./1. 76 54) und in dieser veränderten Gestalt nach einmal publizirt. Dann wurden die 2- 4 und 7 abgeändert durch G G./5. 77 (W3 32), S 2 durch G 2,/11 79, § 1 durch G 12./ä. 83. Demnach gelten jetzt folgende Normen: Im Interesse des Frachtgeschäftes wird in Betreff derjenigen Seeschiffe, deren Frachtgut nach der Stadt Bremen bestimmt ist, deren Tiefgang aber bei gewöhnlichem Wasserstande das Hinausfahren bis zur Stadt Bremen nicht gestattet, in Gemäßheit verfassungsmäßiger Beschlußnähme das Nachstehende verordnet. § 1. Hinsichtlich der Bestimmung des Wasserplatzes unterhalb Bremen, an welchem der Schisser das Schiss zur Löschung der Ladung hinzulegen hat, bleibt es bei dem bisherigen Recht, ins­ besondere bei der Verpflichtung des Schiffers, jeder rechtzeitigen Anweisung des Löschplatzes von Seiten der Ladungsempfänger Folge zu leisten. Unter allen Umständen gilt eine Anweisung als rechtzeitig, wenn sie innerhalb der nächsten 24 Stunden nach Ankunft des Schisses auf der Rhede von Bremer­ haven erfolgt. | In den Monaten November, Dezember, Januar und Februar und sobald außerdem die Weser nicht frei uom Eise ist, darf jedoch weder ein Ladungscmpsänger einen Platz zum Löschen der Ladung anweisen, noch ein Schiffer in Ermangelung einer Anweisung einen Löschplatz wählen, der nicht mit der Stadt Bremen durch eine Eisenbahn verbunden ist. § 2 i'6./5. 77, 2. 11 79) Der Transport des Frachtgutes vom Löschplatz nach Bremen geschieht aus Gefahr und Kosten des Ladungsempfängers, welcher daher das Frachtgut am Löschplätze in Empfang zu nehmen hat. | Wegen ver­ weigerter oder verzögerter Empfangnahme kommen die Vorschriften deö Handelsgesetzbuches «Art. 595 ff., jetzt § 594 ff.) über verlveigerte oder ver­ zögerte Abnahme zur Anwendung. | Die Uebernahme des Frachtgutes gilt erst nach Ankunft der Waare in Bremen als vollendet. Der Schisser ist verpflichtet, das Frachtgut am Löschplätze auszuliefern, ohne vorab die Zahlung der Fracht oder die Erfüllung der übrigen Obliegenheiten des Em­ pfängers beanspruchen zu können. Er ist jedoch berechtigt, die Auslieferung des Frachtgutes so lange zurückzuhalten, bis ihm durch eine ihm auszu­ händigende Bescheinigung einer hiesigen Bankanstalt nachgewiesen ist, daß die Fracht, sowie das ihm oder dem Verfrachter nach dem Frachtverträge oder dem Konnossemente außerdem Gebührende re., für ihn hinterlegt sei. | Welche Bankanstalten zur Annahme dieser Hinterlegungen ermächtigt sind, bestimmt die Handelskammer. Sie bringt dieselben am Anfänge eines jeden Kalender­ jahres zur öffentlichen Kunde. | Werden indeß Güter am Löschplatz zum Zweck der Lagerung belassen oder werden sie von da nicht nach dem. Be­ stimmungsort, sondern nach einem andereil Platz verladen, so gilt damit die Uebernahme als geschehen und tritt die Zahlnngspflicht des Empfängers nach

Maßgabe der Art. 615 ff. (jetzt § 614 ff.) des Handelsgesetzbuchs ein. § 3. Der Schiffer ist verpflichtet, auf Verlangen eines oder mehrerer der betheiligten Ladungscmpfänger von der ihm in den Art. 602 (§ 601) und 605 (§ 604) des Allgkm. Deutschen Handelsgesetzbuchs eingeräumten Befugniß, die Empfänger von Stückgütern zur unverzüglichen Empfangnahme derselben anzuhalten und im Falle der Verzögerung die Güter niederzulegen, nach Maßgabe der vor­ gedachten Artikel gegen jeden einzelnen Empfänger Gebrauch zu machen. 8 4 iG 6 /5. 77, 12./5. 83 v Im Falle der Verfrachtung eines Schiffes im Gan­ zen dauert die Löschzeit, falls unter den Parteien nicht Anderes verabredet ist:

1. bei -Segelschiffen bis zur Größe von 100

wenn dieselbe beginnt in der Periode

gemessenen Register.rons Netto Raumge zum 31. cnober z letzken Febr. 6 Tage halt einschließlich 6 Tage 7 „ 7 von über 1(X) bis 200 Reg Tone- einschließlich „ 200 „ 8 „ 300 8 400 „ 300 „ 10 „ 10 „ 400 „ 12 „ 12 500 „ 500 ,, 14 „ 13 600 15 „ 600 „ 700 14 15 700 „ 800 16 „ 17 „ 16 „ 800 „ 900 17 „ 900 „ 1000 18 „ 19 „ 1000 „ 1100 „ 18 19 20 „ „ 1100 „ 1200 „ 1200 „ 1300 20 21 „ „ 1300 „ 1400 21 22 23 I „ 1400 „ 1500 22 und so fort für: jede weitere 100 Toiiv 1 Tag mehr. 2. bei Dampfern bis zur Größe von 200 wenn dieselbe bcginnl in der Periode vom 1 Nov bis gemessenen Register-Tons Netto-Ranmge31[m si. cftot>er z. letzten Febr. halt einschließlich 3 Taue 4 Tage 4 von über 200 bis 300 Reg.-Tons einschließlich ö „ 400 5 6 „ „ 300 „ „ 400 „ 600 7 „ 6 7 800 8 „ „ 600 „ ,, „ 800 „ 1000 8 „ 9 „ 1000 „ 1200 10 „ 9 10 „ 1200 „ 1400 ,, 11 11 12 „ „ 1400 „ 1600 12 13 „ „ 1600 „ 1800 „ 1800 „ 2000 13 14 „ und so fort sü r jede weitere 100 Tons 1 Tag mehr, i Der Beginn der Löschzeit richtet sich nach Art. 595 BGB 764. Wird ein auf Lieferung von Waaren oder Wcrthpapieren

Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer fest­ bestimmten Frist bewirkt werden soll, so kann der andere Theil, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder nicht inner­ halb der bestimmten Frist erfolgt, von dem Vertrage zurücktreten oder, falls der Schuldner im Verzug ist, statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Erfüllung kann er nur beanspruchen, wenn er sofort nach dem Abläufe der Zeit oder der Frist dem Gegner anzeigt, daß er auf Erfüllung bestehe. Wird Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt und hat die Waare einen Börsen- oder Marktpreis, so kann der Unterschied des Kaufpreises und des Börsen- oder Marktpreises zur Zeit und am Orte der geschuldeten Leistung gefordert werden. Tas Ergebniß eines anderweit vorgenommenen Verkaufs oder Kaufes kann, falls die Waare einen Börsen- oder Marktpreis hat, dem Ersatzansprüche nur zu Grunde gelegt werden, wenn der Ver­ kauf oder Kauf sofort nach dem Abläufe der bedungenen Leistungs­ zeit und Lieferungsfrist bewirkt ist. Der Verkauf oder Kauf muß, wenn er nicht in öffentlicher Versteigerung geschieht, durch einen zu lautender Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsen- oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden Theile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen Theiles auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Theil aber diese Absicht kennt oder kennen muß 762. Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht be­ gründet. Das aus Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann deshalb nicht zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der ver­ lierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß. Börsengesetz v. 22 /6. 93 § 69 s. Anhang VI. KO 18 [16]. War die Lieferung von Waaren, welche einen Markt- oder Börsenpreis haben, genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer fest­ bestimmten Frist bedungen, und tritt die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach der Eröffnung des Verfahrens ein, so kann nicht die Erfüllung verlangt, sondern nur eine Forderung wegen Nichterfüllung geltend gemacht werden. Der Betrag dieser Forderung bestimmt sich durch den Unterschied -wischen dem Kaufpreise und demjenigen Markt- oder Börsenpreise, welcher an dem Orte der Erfüllung oder an dem für denselben maßgebenden Handelsplätze sich für die am zweiten Werktage nach der Eröffnung des Verfahrens mit der bedungenen Ersüllungszeit geschlossenen Geschäfte ergiebt. Ist ein solcher Markt- oder Börsenpreis nicht zu ermitteln, so findet die Bestimmung des ersten Absatzes keine Anwendung.

solchen Verkäufen oder Käufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise erfolgen. Auf den Verkauf mittelst öffentlicher Versteigerung findet die Vorschrift des § 373 Absatz 4 Anwendung. Von dem Verkauf oder Kaufe hat der Gläubiger den Schuldner unverzüglich zu benach­ richtigen ; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze ver­ pflichtet. 8 377.1 [347 Abs. 1-3, 350.] Ist der Kauf für beide Theile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Waare unverzüglich nach 1 BGB 433 (Art. 346) Abs. 2. Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. 464. Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§ 462, 463 462. Wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den Vor­ schriften der §§ 459, 460 459. Der Verkäufer einer Sache haftet dem Käufer dafür, dast sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch ausheben oder mindern. Eine unerhebliche Minderung des Werthes oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht. Der Verkäufer hastet auch dafür, daß die Sache zur Zeit des Ucbergangs der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat. 460. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlüsse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer ein Mangel der im § 459 Abs. 1 be­ zeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Abwesenheit des Fehlers zu­ gesichert hat, nur, wenn er den Fehler arglistig verschwiegen hat. zu vertreten hat, kann der Käufer Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen. 463. Fehlt der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft, so kann der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat. bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält. 477. Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung sowie der An­ spruch auf Schadensersatz wegen Mangels einer zugesicherten Eigenschaft ver­ jährt, sofern nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre von der Uebergabe an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.

der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungs­ mäßigem Geschäftsgänge thunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur Beendigung des Verfahrens fort. Die Vorschriften des § 211 Abs. 2 und des § 212 211 Abs. 2. Geräth der Prozeß in Folge einer Vereinbarung oder dadurch, daß er nicht betrieben wird, in Stillstand, so endigt die Unter­ brechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Die nach der Beendigung der Unterbrechung beginnende neue Verjährung wird dadurch, daß eine der Parteien den Prozeß weiter betreibt, in gleicher Weise wie durch Klagerhebung unterbrochen. 212. Die Unterbrechung durch Klagerhebung gilt als nicht erfolgt, wenn die Klage zurückgenommen oder durch ein nicht in der Sache selbst entscheidendes Urtheil rechtskräftig abgewiesen wird. Erhebt der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem Klage, so gilt die Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage unter­ brochen. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende Anwendung. 203. Die Verjährung ist gehemmt, solange der Berechtigte durch Stillstand der Rechtspflege innerhalb der letzten sechs Monate der Ver­ jährungsfrist an der Rechtsverfolgung verhindert ist. Tas Gleiche gilt, wenn eine solche Verhinderung in anderer Weise durch höhere Gewalt herbeigesührt wird. 206 s. S. 47. 207 s. S. 104. finden entsprechende Anwendung. Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der Ver­ jährung der anderen Ansprüche. 478. Hat der Käufer den Mangel dem Verkäufer angezeigt oder die Anzeige an ihn abgesendet, bevor der Anspruch aus Wandelung oder auf Min­ derung verjährt war, so kann er auch nach der Vollendung der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund der Wan­ delung oder der Minderung dazu berechtigt sein würde. Das Gleiche gilt, wenn der Käufer vor der Vollendung der Verjährung gerichtliche Beweisauf­ nahme zur Sicherung des Beweises beantragt oder in einem zwischen ihm und einem späteren Erwerber der Sache wegen des Mangels anhängigen Rechts­ streite dem Verkäufer den Streit verkündet hat. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so bedarf es der Anzeige oder einer ihr nach Abs. 1 gleichstehenden Handlung nicht. 479. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nach der Vollendung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vorher eine der im

202

HSB Buch III. HandelSgeschüfte. Lbschn. II. 8 378-382.

Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Waare als ge­ nehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war. Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige un­ verzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Waare auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt. Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen. 8 378. Tie Vorschriften des § 377 finden auch dann An Wendung, wenn eine andere als die bedungene Waare oder eine andere als die bedungene Menge von Waaren geliefert ist, sofern die geliefert^ Waare nicht offensichtlich von der Bestellung so er­ heblich abweicht, daß der Verkäufer die Genehmigung des Käufers als ausgeschlossen betrachten mußte. 8 379. [348 Abs. 1, 5.]*1 Ist der Kauf für beide Theile ein Handelsgeschäft, so ist der Käufer, wenn er die ihm von einem anderen Orte übersendete Waare beanstandet, verpflichtet, für ihre einstweilige Aufbewahrung zu sorgen. Er kann die Waare, wenn sie dem Verderb ausgesetzt und Ge­ fahr im Verzug ist, unter Beobachtung der Vorschriften des § 373 verkaufen lassen. 8 380. [352.] Ist der Kaufpreis nach dem Gewichte der Waare zu berechnen, so kommt das Gewicht der Verpackung (Tara­ gewicht) in Abzug, wenn nicht aus dem Vertrag oder dem Handels§ 478 bezeichneten Handlungen vorgenommen hat. Diese Beschränkung tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. 225. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden. Erleichterung der Verjährung, insbesondere Abkürzung der Verjährungsfrist, ist zulässig. 1 CPO 488 [449a]. Tie Beweisaufnahme kann, auch ohne daß die Voraussetzungen des § 485 (447) vorliegen, beantragt werden, wenn Mängel einer Sache oder eines Werkes sestzustellen sind, aus denen ein Recht gegen den Gegner hergeleitet werden soll, oder wenn der Zustand eines Gutes fest' zustellen ist, für dessen Beweis ein Kommissionär, Spediteur, Lagerhalter oder Frachtführer zu sorgen verpflichtet ist. Hat der Erwerber einer Sache dem Veräußerer einen Mangel angezeigt, oder die Annahme der Sache wegen Mangelhaftigkeit abgelehnt, so kann auch der Veräußerer die Beweisaufnahme nach Maßgabe des Abs. 1 beantragen. In gleicher Weise ist der Unternehmer eines Werkes zu dem Anträge berechtigt, wenn der Besteller ihm einen Mangel angezeigt oder die Abnahme des Werkes wegen Mangelhaftigkeit verweigert hat.

gebrauche des Ortes, an welchem der Verkäufer zu erfüllen hat,* sich ein Anderes ergiebt. Ob und in welcher Höhe das Taragewicht nach einem bestimmten Ansatz oder Verhältnisse statt nach genauer Ausmittelung abzuziehen ist, sowie, ob und wieviel als Gutgewicht zu Gunsten des Käufers zu berechnen ist oder als Vergütung für schadhafte und unbrauch­ bare Theile (Refaktie) gefordert werden kann, bestimmt sich nach dem Vertrag oder dem Handelsgebrauche des. Ortes, an welchem der Verkäufer zu erfüllen hat. g 381,2 Die in diesem Abschnitte für den Kauf von Waaren getroffenen Vorschriften gelten auch für den Kauf von Werthpapieren. Sie finden auch Anwendung, wenn aus einem von dem Unter­ nehmer zu beschaffenden Stoffe eine nicht vertretbare bewegliche Sache herzustellen ist. g 382. Tie Vorschriften der §§ 481 bis 492 des Bürger­ lichen Gesetzbuchs3 über die Gewährleistung bei Viehmängeln werden durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht berührt.

1 BGB 269 s. S. 175. 2 BGB 437. Der Verkäufer einer Forderung oder eines sonstigen Rechtes haftet für den rechtlichen Bestand der Forderung oder des Rechtes. Der Verkäufer eines Werthpapieres haftet auch dafür, daß es nicht zum Zwecke der Kraftloserklärung ausgeboten ist. 3 BGB 481. Für den Verkauf von Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen gelten die Vorschriften der §§ 459 bis 467, 469 bis 480 sS. 200 ff.] nur insoweit, als sich nicht aus den §§ 482 bis 492 ein Anderes ergiebt. 482. Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler (Hauptmängel) und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich innerhalb bestimmter Fristen (Gewähr­ fristen) zeigen. Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine mit Zu­ stimmung des Bundesraths zu erlassende Kaiserliche Verordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege ergänzt und abgeändert werden. Bek., betr. d. Hauptmängel u. Gewährsfristen beim Viehverkauf 27./3. 99 (RGBl 219). BGB 483. Die Gewährfrist beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchen: die Gefahr auf den Käufer übergeht. 484. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird vermuthet, daß der Mangel schon zu der Zeit vorhanden gewesen sei, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist. 485. Der Käufer verliert die ihm wegen des Mangels zustehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei Tage nach dem Ablaufe der Gewährfrist oder, falls das Thier vor dem Abläufe der Frist getödtet worden oder sonst verendet ist, nach dem Tode des Thieres den Mangel dem Verkäufer anzeigt oder die

204 HGB Buch III. Handelsgeschäfte. Äbschn. IL § 382. «dschn. IIL 8 383—385. Anzeige an ihn absendet oder wegen des Mangels Klage gegen den Verkäufer erhebt oder diesem den Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt. Der Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer beit Mangel arglistig verschwiegen hat. 486. Tie Gewährsrist kann durch Vertrag verlängert oder abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt an die Stelle der gesetzlichen Frist. 487. Ter Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung verlangen. Tie Wandelung kann auch in den Fällen der §§ 351 bis 353, ins­ besondere wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt werden; an Stelle der Rück­ gewähr hat der Käufer den Werth des Thieres zu vergüten. Tas Gleiche gilt in anderen Fällen, in denen der Käufer in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, insbesondere einer Verfügung über das Thier, auher Stande ist, das Thier zurückzugewähren. Ist vor der Vollziehung der Wandelung eine unwesentliche Verschlechterung des Thieres in Folge eines von dem Käufer zu vertretenden Umstandes ein­ getreten, so hat der Käufer die Werthminderung zu vergüten. Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er sie gezogen hat. 488. Der Verkäufer hat im Falle der Wandelung dem Käufer auch die Stoffen der Fütterung und Pflege, die Kosten der thierärztlichen Untersuchung und Behandlung sowie die Kosten der nothwendig gewordenen Tödtung und Wegschaffung des Thieres zu ersetzen. 489. Ist über den Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit anhängig, so ist auf Antrag der einen oder der anderen Partei die öffentliche Versteigerung des Thieres und die Hinterlegung des Erlöses durch einstweilige Verfügung anzuordnen, sobald die Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist. 490. Ter Anspruch auf Wandelung sowie der Anspruch auf Schadens­ ersatz wegen eines Hauptmangels, dessen Nichtvorhandensein der Verkäufer zugesichert hat, verjährt in sechs Wochen von dem Ende der Gewährfrist an. Im Uebrigen bleiben die Vorschriften des § 477 unberührt. An die Stelle der in den §§ 210, 212, 215 sS. 105] bestimmten Fristen tritt eine Frist von sechs Wochen. Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs aus Wande­ lung die Zahlung des Kaufpreises verweigern. Die Aufrechnung des Ansvruchs auf Schadensersatz unterliegt nicht der im § 479 sS. 201] bestimmten Be­ schränkung. 491. Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten Thieres kann statt der Wandelung verlangen, daß ihm an Stelle des mangelhaften Thieres ein mangelfreies geliefert wird. Auf diesen Anspruch sinden die Vorschriften der §§ 488 bis 490 entsprechende Anwendung. 492. Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen eines nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er eine Eigenschaft des Thieres zu, so finden die Vorschriften der §§ 487 bis 491 und, wenn eine Gewährsrist vereinbart wird, auch die Vorschriften der §§ 483 bis 485 ent­ sprechende Anwendung. Die im § 490 bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Gewährfrist nicht vereinbart wird, mit der Ablieferung des Thieres. 675 s. S. 171.

Dritter Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

g 383.1

[340 Abs. 1.] Kommissionär ist, wer es gewerbs­ mäßig übernimmt, Waaren oder Werthpapiere für Rechnung eines Anderen (des Kommittenten) in eigenem Namen zu kaufen oder zu verkaufen. g 384. [361.] Der Kommissionär ist verpflichtet, das über­ nommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahr­ zunehmen und dessen Weisungen zu befolgen. Er hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere von der Ausführung der Kommission unverzüg­ lich Anzeige zu machen; er ist verpflichtet, dem Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige herauszu­ geben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt Hut. Der Kommissionär hastet dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Dritten namhaft macht, mit bem er das Geschäft abgeschlossen hat. g 385.2 [362.] Handelt der Kommissionär nicht gemäß den Weisungen des Kommittenten, so ist er diesem zum Ersätze des Schadens verpflichtet; der Kommittent braucht das Geschäft nicht für seine Rechnung gelten zu lassen. 1 BGV 613 s. oben S. 64. 627. Hat der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnisse mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten, die diif Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden Pflegen, so ist die Kündigung auch ohne die im § 626 626. Das Dienstverhältniß kann von jedem Theile auch ohne Ein­ haltung der Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. bezeichnete Voraussetzung zulässig. Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, daß sich der Dienst­ berechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden Schaden -u ersetzen. 2 StGB 246. Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird wegen Unterschlagung mit Gefängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm anvertraut ist, mit Gefängniß bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. Der Versuch ist strafbar.

Die Vorschristen des §665 des Bürgerlichen Gesetzbuchs * bleiben unberührt. 8 38«. [363, 364.] Hat der Kommissionär unter dem ihm gesetzten Preise verkauft oder hat er den ihm für den Einkauf ge­ setzten Preis überschritten, so muß der Kommittent, falls er das Geschäft als nicht für seine Rechnung abgeschlossen zurückweisen will, dies unverzüglich auf die Anzeige von der Ausführung des Geschäfts erklären; andernfalls gilt die Abweichung von der Preisbestimmung als genehmigt. Erbietet sich der Kommissionär zugleich mit der Anzeige von der Ausführung des Geschäfts zur Deckung des Preisunterschieds, so ist der Kommittent zur Zurückweisung nicht berechtigt. Der Anspruch des Kommittenten auf den Ersatz eines den Preisunterschied über­ steigenden Schadens bleibt unberührt. 8 387. Schließt der Kommissionär zu Vortheilhafteren Be­ dingungen ab, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, so kommt dies dem Kommittenten zu Statten. Dies gilt insbesondere, wenn der Preis, für welchen der Kom­ missionär verkauft, den von dem Kommittenten bestimmten niedrigsten Preis übersteigt oder wenn der Preis, für welchen er einkaust, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht. 8 388.1 2 [363, 366 Abs. 1.] Befindet sich das Gut, welches dem Kommissionär zugesendet ist, bei der Ablieferung in einem be­ schädigten oder mangelhaften Zustande, der äußerlich erkennbar ist, so hat der Kommissionär die Rechte gegen den Frachtführer oder Schiffer zu wahren, für den Beweis des Zustandes zu sorgen und dem Kommittenten unverzüglich Nachricht zu geben; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Ist das Gut dem Verderb ausgesetzt oder treten später Ver­ änderungen an dem Gute ein, die dessen Entwerthung befürchten lassen, und ist keine Zeit vorhanden, die Verfügung des Kommittenten einzuholen, oder ist der Kommittent in der Ertheilung der Verfügung säumig, so kann der Kommissionär den Verkauf des Gutes nach Maßgabe der Vorschristen des § 373 bewirken. 8 389. [366 Abs. 2.] Unterläßt der Kommittent über das Gut zu verfügen, obwohl er dazu nach Lage der Sache verpflichtet ist, so hat der Kommissionär die nach § 373 dem Verkäufer zu­ stehenden Rechte. 8 390. [367.] Der Kommissionär ist für den Verlust und

1 BGB G65 s. oben S. 79. r CPO § 488 [449 a] s. oben zu § 379 S. 202.

die Beschädigung des in seiner Verwahrung befindlichen Gutes ver­ antwortlich, es sei denn, daß der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kauf­ manns nicht abgewendet werden konnten. Der Kommissionär ist wegen der Unterlassung der Versicherung des Gutes nur verantwortlich, wenn er von dem Kommittenten an­ gewiesen war, die Versicherung zu bewirken. 8 391» Ist eine Einkausskommission ertheilt, die für beide Theile ein Handelsgeschäft ist, so finden in Bezug auf die Ver­ pflichtung des Kommittenten, das Gut zu untersuchen und dem Kommissionär von den entdeckten Mängeln Anzeige zu machen, sowie in Bezug auf die Sorge für die Ausbewahrung des beanstandeten Gutes und auf den Verkauf bei drohendem Verderbe die für den Käufer geltenden Vorschriften der §§ 377 bis 379 entsprechende Anwendung. Der Anspruch des Kommittenten aus Abtretung der Rechte, die dem Kommissionär gegen den Tritten zustehen, von welchem er das Gut für Rechnung des Kommittenten gekauft hat, wird durch eine verspätete Anzeige des Mangels nicht berührt. 8 392*1 [368.] Forderungen aus einem Geschäfte, das der Kommissionär abgeschlossen hat, kann der Kommittent dem Schuldner gegenüber erst nach der Abtretung geltend machen. Jedoch gelten solche Forderungen, auch wenn sie nicht abge­ treten sind, im Verhältnisse zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderungen des Kom­ mittenten. 8 393. [369.] Wird von dem Kommissionär ohne Zustimmung des Kommittenten einem Dritten ein Vorschuß geleistet oder Kredit gewährt, so handelt der Kommissionär auf eigene Gefahr. Insoweit jedoch der Handelsgebrauch am Orte des Geschäfts die Stundung des Kaufpreises mit sich bringt, ist in Ermangelung einer anderen Bestimmung des Kommittenten auch der Kommissionär dazu berechtigt. Verkauft der Kommissionär unbefugt auf Kredit, so ist er ver­ pflichtet, dem Kommittenten sofort als Schuldner des Kaufpreises die Zahlung zu leisten. Wäre beim Verkaufe gegen baar der Preis geringer gewesen, so hat der Kommissionär nur den geringeren Preis

1 BGB 930. Ist der Eigenthümer im Besitze der Sache, so kann die Uebergabe dadurch ersetzt werden, daß zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältniß vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittel­ baren Besitz erlangt. Vgl. Depot-G 5./7. 96, Anh. IX.

und, wenn dieser niedriger ist als der ihm gesetzte Preis, auch den Unterschied nach § 386 zu vergüten. 8 394* [370.] Der Kommissionär hat für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Dritten, mit dem er das Geschäft für Rechnung des Kommittenten abschließt, einzustehen, wenn dies von ihm über­ nommen oder am Orte seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist. Ter Kommissionär, der für den Dritten einzustehen hat, ist dem Kommittenten für die Erfüllung im Zeitpunkte des Verfalls unmittelbar insoweit verhaftet, als die Erfüllung aus dem Vertrags Verhältnisse gefordert werden kann. Er kann eine besondere Ver gütung (Telkredereprovision) beanspruchen. 8 395. [373.] Ein Kommissionär, der den Ankauf eines Wechsels übernimmt, ist verpflichtet, den Wechsel, wenn er ihn in dossirt, in üblicher Weise und ohne Vorbehalt zu indossiren. 8 396. [371.] Der Kommissionär kann die Provision fordern, wenn das Geschäft zur Ausführung gekommen ist. Ist das Ge­ schäft nicht zur Ausführung gekommen, so hat er gleichwohl den Anspruch aus die Auslieserungsprovision, sofern eine solche orts gebräuchlich ist; auch kann er die Provision verlangen, wenn die Ausführung des von ihm abgeschlossenen Geschäfts nur aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grunde unterblieben ist. Zu dem von dem Kommittenten für Aufwendungen des Korn missionärs nach den §§ 6701, 6752 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu leistenden Ersätze gehört auch die Vergütung für die Benutzung der Lagerräume und der Beförderungsmittel des Kommissionärs. 8 397. [374 Abs. 1.] Ter Kommissionär hat an dem Kom­ missionsgute, sofern er es im Besitze hat, insbesondere mittelst Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann, ein Pfandrecht wegen der auf das Gut verwendeten Kosten, der Provision, der auf das Gut gegebenen Vorschüsse und Darlehen, der mit Rücksicht auf das Gut gezeichneten Wechsel oder in anderer Weise eingegangenen Verbindlichkeiten sowie wegen aller Forderungen aus laufender Rechnung in Kommissionsgeschäften. 8 398. [375 Halbsatz 1.] Ter Kommissionär kann sich, auch wenn er Eigenthümer des Kommissionsgutes ist, für die im § 397 bezeichneten Ansprüche nach Maßgabe der für das Pfandrecht gelten­ den Vorschriften3 4aus dem Gute befriedigen. *

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Siehe oben S. 160. Siehe oben S. 171. Siehe zu § 368 S. 187 s. ftO 44 [36] (oben zu § 366) S. 185.

8 399, [374 Abs. 2.] Aus den Forderungen, welche durch das für Rechnung des Kommittenten geschlossene Geschäft begründet sind, kann sich der Kommissionär für die im § 397 bezeichneten Ansprüche vor dem Kommittenten und dessen Gläubigern befriedigend 8 400* [376 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1.] Die Kommission zum Einkauf oder zum Verkaufe von Waaren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sowie von Werthpapieren, bei denen ein Börsen­ oder Marktpreis amtlich festgestellt wird, kann, wenn der Kommittent nicht ein anderes bestimmt hat, von dem Kommissionär dadurch aus­ geführt werden, daß er das Gut, welches er einkaufen soll, selbst als Verkäufer liefert oder das Gut, welches er verkaufen soll, selbst als Käufer übernimmt. Im Falle einer solchen Ausführung der Kommission beschränkt sich die Pflicht des Kommissionärs, Rechenschaft über die Abschließung des Kaufes oder Verkaufs abzulegen, aus den Nachweis, daß bei dem berechneten Preise der zur Zeit der Ausführung der Kommission bestehende Börsen- oder Marktpreis eingehalten ist. Als Zeit der Ausführung gilt der Zeitpunkt, in welchem der Kommissionär die Anzeige von der Ausführung zur Absendung an den Kommittenten abgegeben hat. Ist bei einer Kommission, die während der Börsen- oder Markt­ zeit auszuführen war, die Ausführungsanzeige erst nach dem Schlüsse der Börse oder des Marktes zur Absendung abgegeben, so darf der berechnete Preis für den Kommittenten nicht ungünstiger sein als der Preis, der am Schlüsse der Börse oder des Marktes bestand. Bei einer Kommission, die zu einem bestimmten Kurse (erster Kurs, Mittelkurs, letzter Kurs) ausgeführt werden soll, ist der Kommissionär ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Absendung der Ausführungsanzeige berechtigt und verpflichtet, diesen Kurs dem Kommittenten in Rechnung zu stellen. Bei Werthpapieren und Waaren, für welche der Börsen- oder Marktpreis amtlich festgestellt wird, kann der Kommmissionär im Falle der Ausführung der Kommission durch Selbsteintritt dem Kom­ mittenten keinen ungünstigeren Preis als den amtlich festgestellten in Rechnung stellen. 8 401. Auch im Falle der Ausführung der Kommission durch Selbsteintritt hat der Kommissionär, wenn er bei Anwendung pflicht­ mäßiger Sorgfalt die Kommission zu einem günstigeren als dem

1 KO 44 [36] (oben zu § 366) S. 185, 49, 4 [41, 8] (oben zu § 368) S. 189; BSB 326 s. S. 195. Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

14

210 VS« Buch IIL Handelsgeschäfte, «bschn. IIL S 402-406. «bschn. IV. § 407-412.

nach § 400 sich ergebenden Preise aussühren konnte, dem Kom­ mittenten den günstigeren Preis zu berechnen. Hat der Kommissionär von der Absendung der Ausführungs­ anzeige aus Anlaß der ertheilten Kommission an der Börse oder am Markte ein Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen, so darf er dem Kommittenten keinen ungünstigeren als den hierbei vereinbarten Preis berechnen.

g 402, Die Vorschriften des § 400 Absatz 2 bis 5 und des § 401 können nicht durch Vertrag zum Nachtheile des Kommittenten abgeändert werden. g 403. [376 Abs. 2 Satz 2.] Der Kommissionär, der das Gut selbst als Verkäufer liefert oder als Käufer übernimmt, ist zu der gewöhnlichen Provision berechtigt und kann die bei Kommissions­ geschäften sonst regelmäßig vorkommenden Kosten berechnen. g 404. Tie Vorschriften der §§ 397, 398 finden auch im Falle der Ausführung der Kommission durch Selbsteintritt Anwendung, g 405. [376 Abs. 3, 377.] Zeigt der Kommissionär die Aus­ führung der Kommission an, ohne ausdrücklich zu bemerken, daß er selbst eintreten wolle, so gilt dies als Erklärung, daß die Aus­ führung durch Abschluß des Geschäfts mit einem Dritten für Rech­ nung des Kommittenten erfolgt sei. Eine Vereinbarung zwischen dem Kommittenten und dem Kom­ missionär, daß die Erklärung darüber, ob die Kommission durch Selbsteintritt oder durch Abschluß mit einem Dritten ausgesührt sei, später als am Tage der Ausführungsanzeige abgegeben werden dürfe, ist nichtig. Widerruft der Kommittent die Kommission und geht der Wider­ ruf dem Kommissionär zu, bevor die Ausführungsanzeige zur Ab­ sendung abgegeben ist, so steht dem Kommissionär das Recht des Selbsteintritts nicht mehr zu.

g 406. [378.] Die Vorschriften dieses Abschnitts kommen auch zur Anwendung, wenn ein Kommissionär im Betriebe seines Handels­ gewerbes ein Geschäft anderer als der im § 383 bezeichneten Art für Rechnung eines Anderen in eigenem Namen zu schließen über­ nimmt. Das Gleiche gilt, wenn ein Kaufmann, der nicht Kom­ missionär ist, im Betriebe seines Handelsgewerbes ein Geschäft in der bezeichneten Weise zu schließen übernimmt. Als Einkaufs- und Verkaufskommission im Sinne dieses Ab­ schnitts gilt auch eine Kommission, welche die Lieferung einer nicht vertretbaren beweglichen Sache, die aus einem von dem Unternehmer zu beschaffenden Stoffe herzustellen ist, zum Gegenstände hat.

Vierter Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

8 407. [379, 387.] Spediteur ist, wer es gewerbsmäßig über­ nimmt, Gütersendungen durch Frachtführer odev durch Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines Anderen (des Versenders) in eigenem Namen zu besorgen. Auf die Rechte und Pflichten des Spediteurs finden, soweit dieser Abschnitt keine Vorschriften enthält, die für den Kommissionär geltenden Vorschriften, insbesondere die Vorschriften der §§ 388 bis 390 über die Empfangnahme, die Aufbewahrung und die Ver­ sicherung des Gutes, Anwendung. 8 408.1 [380 Abs. 1, 381 Abs. 2.] Der Spediteur hat die Versendung, insbesondere die Wahl der Frachtführer, Verfrachter und Zwischenspediteure, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hierbei das Interesse des Versenders wahrzu­ nehmen und dessen Weisungen zu befolgen. Der Spediteur ist nicht berechtigt, dem Versender eine höhere als die mit dem Frachtführer oder dem Verfrachter bedungene Fracht zu berechnen. 8 409. [381 Abs. 1.] Der Spediteur hat die Provision zu fordern, wenn das Gut dem Frachtführer oder dem Verfrachter zur Beförderung übergeben ist. 8 410.2 [382 Abs. 1.] Der Spediteur hat wegen der Fracht, der Provision, der Auslagen und Verwendungen sowie wegen der auf das Gut gegebenen Vorschüsse ein Pfandrecht an dem Gute, sofern er es noch im Besitze hat, insbesondere mittelst Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann. 8 411. [382 Abs. 3, 4.] Bedient sich der Spediteur eines Zwischenspediteurs, so hat dieser zugleich die seinem Normanne zu­ stehenden Rechte, insbesondere dessen Pfandrecht, auszuüben. Soweit der Vormann wegen seiner Forderung von dem Nachmanne befriedigt wird, geht die Forderung und das Pfandrecht des Bormanns auf den Nachmann über. Dasselbe gilt von der Forde­ rung und dem Pfandrechte des Frachtführers, soweit der Zwischen­ spediteur ihn befriedigt. 8 412. [385.] Der Spediteur ist,, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, befugt, die Beförderung des Gutes selbst auszuführen. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so hat er zugleich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters; er kann 1 BGB 254, s. oben S. 72. 2 KO 49 Abs. 1 Nr. 4 [41 Abs. 1 Nr. 8] s. oben S. 189. BGB 278 s. S. 72.

212 HSV Vuch III. HandelSgeschüste. «bsch». IV. § 413-415. «bschn.V. § 416-418.

die Provision, die bei Speditionsgeschäften sonst regelmäßig vor­ kommenden Kosten sowie die gewöhnliche Fracht verlangen. § 413. [384.] Hat sich der Spediteur mit dem Versender über einen bestimmten Satz Beförderungskosten geeinigt, so hat er aus­ schließlich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers. Er kann in einem solchen Falle Provision nur verlangen, wenn es besonders ver­ einbart ist. Bewirkt der Spediteur die Versendung des Gutes zusammen mit den Gütern anderer Versender auf Grund eines für seine Rech­ nung über eine Sammelladung geschlossenen Frachtvertrags, so finden die Vorschriften des Absatz 1 Anwendung, auch wenn eine Einigung über einen bestimmten Satz der Beförderungskosten nicht stattgefunden hat. Ter Spediteur kann in diesem Falle eine den Umständen nach angemessene Fracht, höchstens aber die für die Beförderung des einzelnen Gutes gewöhnliche Fracht verlangen. 8 414.*1 2 [386.] Tie Ansprüche gegen den Spediteur wegen Ver­ lustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Gutes verjähren in einem Jahre. Tie Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden. Die Verjährung beginnt im Falle der Beschädigung oder Min1 BGB 196. In zwei Jahren verjähren die Ansprüche: 1. der Kaufleute, Fabrikanten, Handwerker und derjenigen, welche ein Kunstgewerbe betreiben, für Lieferung von Waaren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfts mit Einschluß der Aus­ lagen, es sei denn, daß die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt; 2. der Eisenbahnunternehmungen, Frachtsuhrleute, Schiffer, Lohnkutschcr und Boten wegen des Fahrgeldes, der Fracht, des Fuhr- und Boteulohns, mit Einschluß der Auslagen. 390. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht auf­ gerechnet werden. Die Verjährung schließt die Ausrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung ausgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. 852. Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von der Begehung der Handlung an. Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerecht­ fertigten Bereicherung verpflichtet. 278 s. S. 72.

derung mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Ablieferung stattgefmiden hat, im Falle des Verlustes oder der verspäteten Ab­ lieferung mit dem Abläufe des Tages, an welchem die Ablieferung hätte bewirkt sein müssen. Die in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche können nach der Voll­ endung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn vorher der Verlust, die Minderung, die Beschädigung oder die verspätete Ab­ lieferung dem Spediteur angezeigt oder die Anzeige an ihn abge­ sendet worden ist. Der Anzeige; an den Spediteur steht es gleich, wenn gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises be­ antragt oder in einem zwischen dem Versender und dem Empfänger oder einem späteren Erwerber des Gutes wegen des Verlustes, der Minderung, der Beschädigung oder der verspäteten Ablieferung an­ hängigen Rechtsstreite dem Spediteur der Streit verkündet wird. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Spediteur den Verlust, die Minderung, die Beschädigung oder die verspätete Ablieferung des Gutes vorsätzlich herbeigeführt hat. 8 415» [388. 389.] Die Vorschriften dieses Abschnitts kommen auch zur Anwendung, wenn ein Kaufmann, der nicht Spediteur ist, int Betriebe seines Handelsgewerbes eine Güterversendung durch Frachtführer oder Befrachter für Rechnung eines Anderen in eigenem Namen zu besorgen übernimmt.

Fünfter Abschnitt.

Lagergeschäft.1

8 416. Lagerhalter ist, wer gewerbsmäßig die Lagerung und Aufbewahrung von Gütern übernimmt.2 8 417. Auf die Rechte und Pflichten des Lagerhalters in An­ sehung der Empfangnahme, Aufbewahrung und Versicherung des Gutes finden die für den Kommissionär geltenden Vorschriften der 88 388 bis 390 Anwendung. Treten Veränderungen an dem Gute, ein, welche dessen Entwerthung befürchten lassen, so hat der Lagerhalter den Einlagerer hiervon unverzüglich zu benachrichtigen. Versäumt er dies, so hat er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. 8 418. Der Lagerhalter hat dem Einlagerer die Besichtigung des Gutes, die Entnahme von Proben und die zur Erhaltung des Gutes nothwendigen Handlungen während der Geschäftsstunden zu gestatten. 1 EG z. HGB Art. 16. 2 EG Z. HGB Art. 2 Abs. 2; DZG 1./7. 69, 97 ff.

214

-SB Buch III. HandelSgeschüste. «bschn. V. tz 419-422.

8 41S. Im Falle der Lagerung vertretbarer Sachen ist der Lagerhalter zu ihrer Vermischung mit anderen Sachen1 von gleicher Art und Güte nur befugt, wenn ihm dies ausdrücklich gestattet ist. Der Lagerhalter erwirbt auch in diesem Falle nicht das Eigen­ thum des Gutes; aus dem durch die Vermischung entstandenen Gesammtvorrathe kann er jedem Einlagerer den ihm gebührenden An­ theil ausliefern, ohne daß er hierzu der Genehmigung der übrigen Betheiligten bedarf. Ist das Gut in der Art hinterlegt, daß das Eigenthum auf den Lagerhalter übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so findet: die Vorschriften dieses Abschnitts keine Anwendung.2 1 BGB 947. Werden bewegliche Sachen miteinander dergestalt ver­ bunden, daß sie wesentliche Bestandtheile einer einheitlichen Sache werden, so werden die bisherigen Eigenthümer Miteigentümer dieser Sache; die Antheile bestimmen sich nach dem Verhältnisse des Werthes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung haben. Ist eine der Sachen als Hauptsache anzusehen, so erwirbt ihr Eigen­ thümer das Alleineigenthum. 948. Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermischt oder vermengt, so finden die Vorschriften des § 947 entsprechende Anwendung. Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden sein würde. 949. Erlischt nach den §§ 946 bis 948 das Eigenthum an einer Sache, so erlöschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte. Erwirbt der Eigenthümer der belasteten Sache Miteigenthum, so bestehen die Rechte an dem Antheile fort, der an die Stelle der Sache tritt. Wird der Eigenthümer der belasteten Sache Alleineigenthümer, so erstrecken sich die Rechte auf die hinzutretende Sache. 2 BGB 700. Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, daß das Eigenthum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden die Vor­ schriften über das Darlehen Anwendung. Gestattet der Hinterleger den: Ver­ wahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden die Vor­ schriften über das Darlehen von dem Zeitpunkte an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag. Bei der Hinterlegung von Werthpapieren ist eine Vereinbarung der im Abs. 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird. 607. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen aus einem anderen Grund

Lagergeschäft.

g 420. Der Lagerhalter hat Anspruch auf das bedungene oder ortsübliche Lagergeld sowie aus Erstattung der Auslagen für Fracht und Zölle und der sonst für das Gut gemachten Aufwendungen, soweit er sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Von den hiernach dem Lagerhalter zukommenden Beträgen (Lagerkosten) sind die baaren Auslagen sofort zu erstatten. Die sonstigen Lagerkosten sind nach dem Ablaufe von je. drei Monaten seit der Einlieferung oder, wenn das Gut in der Zwischenzeit zurück­ genommen wird, bei der Rücknahme zu erstatten; wird das Gut theilweise zurückgenommen, so ist nur ein entsprechender Theil zu be­ richtigen, es sei denn, daß das auf dem Lager verbleibende Gut zur Sicherung des Lagerhalters nicht ausreicht. g 421. Ter Lagerhalter hat wegen der Lagerkosten ein Pfand­ recht an dem Gute, solange er es im Besitze hat, insbesondere mittelst Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber versügen kann, g 422. Ter Lagerhalter kann nicht verlangen, daß der Ein­ lagerer das Gut vor dem Ablaufe der bedungenen Lagerzeit und, falls eine solche nicht bedungen ist, daß er es vor dem Ablaufe von drei Monaten nach der Einlieferung zurücknehme. Ist eine Lager­ zeit nicht bedungen oder behält der Lagerhalter nach dem Ablaufe der bedungenen Lagerzeit das Gut auf dem Lager, so kann er die Rücknahme nur nach vorgängiger Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monate verlangen. Der Lagerhalter ist berechtigt, die Rücknahme des Gutes vor dem Ablaufe der Lagerzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungs­ frist zu verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. schuldet, kann mit dem Gläubiger vereinbaren, daß das Geld oder die Sachen als Darlehen geschuldet werden sollen. 608. Sind für ein Darlehen Zinsen bedungen, so sind sie, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, nach dem Ablaufe je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuerstatten ist, bei der Rück­ erstattung zu entrichten. 609. Ist für die Rückerstattung eines Darlehens eine Zeit nicht be­ stimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, daß der Gläubiger oder der Schuldner kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehen von mehr als dreihundert Mark drei Monate, bei Darlehen von geringerem Betrage einen Monat. Sind Zinsen nicht bedungen, so ist der Schuldner auch ohne Kündigung zur Rückerstattung berechtigt. 610. Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in« den Bermögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf Rückerstattung gefährdet wird.

216

VSV Buch III. Handelsgeschüste. «d?chn.V. §423.424. «bschn. VI. § 425-428.

8 423. Auf die Verjährung der Ansprüche gegen den Lager­ halter wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieserung des Gutes finden die Vorschriften des § 414 entsprechende Anwendung. Im Falle des gänzlichen Verlustes beginnt die Ver­ jährung mit dem Ablaufe des Tages, an welchem der Lagerhalter dem Einlagerer Anzeige von dem Verluste macht. 8 424. Ist von dem Lagerhalter ein Lagerschein ausgestellt, der durch Indossament übertragen werden kann, so hat, wenn das Gut von dem Lagerhalter übernommen ist, die Uebergabe des Lager­ scheins an denjenigen, welcher durch den Schein zur Empfangnahme des Gutes legitimirt wird, für den Erwerb von Rechten an dem Gute dieselben Wirkungen wie die Uebergabe des Gutes. Sechster Abschnitt.

Frachtgeschäft.

8 425. [390.] Frachtführer ist, wer es gewerbmäßig über nimmt, die Beförderung von Gütern zu Lande oder auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszuführen. 8 426.1 [391 Abs. 2, 392.] Ter Frachtführer kann die Ausstellung eines Frachtbriefes1 verlangen. Ter Frachtbrief soll enthalten: 1. den Ort und den Tag der Ausstellung; 2. den Namen und den Wohnort des Frachtführers; 3. den Namen dessen, an welchen das Gut abgeliefert werden soll (des Empfängers); 4. den Ort der Ablieferung; 5. die Bezeichnung des Gutes nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen; 6. die Bezeichnung der für eine zoll- oder steueramtliche Behänd lung oder polizeiliche Prüfung nöthigen Begleitpapiere; 7. die Bestimmung über die Fracht sowie im Falle ihrer Voraus bezahlnng eiuen Vermerk über die Vorausbezahlung; 8. die besonderen Vereinbarungen, welche die Betheiligten über­ andere Punkte, namentlich über die Zeit, innerhalb welcher die Beförderung bewirkt werden soll, über die Entschädigung wegen verspäteter Ablieserung und über die auf dem Gute haftenden Nachnahmen, getroffen haben; 9. die Unterschrift des Absenders; eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Unterschrift ist genügend. 1 Vgl. B Art. 6, 7 Abs. 1. BO § 51, 53 Abs. 1. (B — Berner Uebereinkommen Anhang XV, 2. VO — Verkehrsordnung Anhang XV, l.j

Lagergeschäft.

Frachtgeschäft.

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Der Absender haftet dem Frachtführer für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben. § 427.r [393.] Der Absender ist verpflichtet, dem Frachtführer die Begleitpapiere zu übergeben, welche zur Erfüllung der Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften vor der Ablieferung an den Em­ pfänger erforderlich sind. Er haftet dem Frachtführer, sofern nicht diesem ein Verschulden zur Last fällt, für alle Folgen, die aus dem Mangel, der Unzulänglichkeit oder der Unrichtigkeit der Papiere entstehen. § 428.1 2 [394.] Ist über die Zeit, binnen welcher der Fracht­ führer die Beförderung bewirken soll, nichts bedungen, so bestimmt sich die Frist, innerhalb deren er die Reise anzutreten und zu vollenden hat, nach dem Ortsgebrauche. Besteht ein Ortsgebrauch nicht, so ist die Beförderung binnen einer den Umständen nach an­ gemessenen Frist zu bewirken. Wird der Antritt oder die Fortsetzung der Reise ohne Ver­ schulden des Absenders zeitweilig3 verhindert, so kann der Absender 1 B Art. 10 Abs. 1. VO § 59 Abs. 1. 2 B Art. 18 Abs. 1, 2. VO § 65 Ms. 1, 2. 3 BGB 323. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrag dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich, den weder er noch der andere Theil zu vertreten hat, so verliert er den Anspruch auf die Gegenleistung; bei theilweiser Unmöglichkeit mindert sich die Gegenleistung nach Maßgabe der §§ 472, 473. Verlangt der andere Theil nach § 281 Herausgabe des für den ge­ schuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet; diese mindert sich jedoch nach Maß­ gabe der §§ 472, 473 insoweit, als der Werth des Ersatzes oder des Ersatz­ anspruchs hinter dem Werthe der geschuldeten Leistung zurückbleibt. Soweit die nach diesen Vorschriften nicht geschuldete Gegenleistung be­ wirkt ist, kann das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden. 324. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den der andere Theil zu ver­ treten hat, unmöglich, so behält er den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muß sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeits­ kraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. Das Gleiche gilt, wenn die dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes zu einer Zeit unmöglich wird, zu welcher der andere Theil im Verzüge der Annahme ist. 325. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile ob­ liegende Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, un­ möglich, so kann der andere Theil Schadensersatz wegen Nichterfüllung ver-

von dem Vertrage zurücktreten; er hat jedoch den Frachtführer, wenn diesem kein Verschulden zur Last fällt, für die Vorbereitung der Reise, die Wiederausladung und den zurückgelegten Theil der Reise zu entschädigen. Ueber die Höhe der Entschädigung entscheidet der Ortsgebrauch; besieht ein Ortsgebrauch nicht, so ist eine den Umständen nach angemessene Entschädigung zn gewähren. g 42S. [395, 397.] Ter Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung oder durch Versäumung der Lieferzeit entsteht, es sei denn, daß der Verlust, die Beschädigung oder die Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden sonnte«.1

langen oder von dem Vertrage zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat, berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach Maßgabe des § 280 Abs. 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage zurückzutreten. Statt des Anspruchs aus Schadensersatz und des Rücktritts­ rechts kann er auch die für den Fall des § 323 bestimmten Rechte geltend machen. Das Gleiche gilt in dem Falle des § 283, wenn nicht die Leistung bis zum Abläufe der Frist bewirkt wird oder wenn sie zu dieser Zeit theilweise nicht bewirkt ist. 326 s. S. 195. 327. Ans das in den §§ 325, 326 bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 356 sS. 197 f.] entsprechende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines Umstandes, den der andere Theil nicht zu vertreten hat, so haftet dieser nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be­ reicherung. 645. Ist das Werk vor der Abnahme in Folge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder in Folge einer von dem Besteller für die Ausführung ertheilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder un­ ausführbar geworden, ohne daß ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unter­ nehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des § 643 ausgehoben wird. Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt. 1 BGB 276. Der Schuldner hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. Die Vorschriften der §§ 827, 828 finden Anwendung.

Für den Verlust oder die Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunstgegenständen, Geld und Werthpapieren haftet der Frachtführer nur, wenn ihm diese Beschaffenheit oder der Werth des Gutes bei der Uebergabe zur Beförderung angegeben worden ist. 430. [396.]*1 Muß auf Grund des Frachtvertrags von dem Frachtführer für gänzlichen oder theilweisen Verlust des Gutes Er­ satz geleistet werden, so ist der gemeine Handelswerth und in dessen Ermangelung der gemeine Werth zu ersetzen, welchen Gut derselben Art und Beschaffenheit am Orte der Ablieferung in dem Zeitpunkte hatte, in welchem die Ablieferung zu bewirken war: hiervon kommt in Abzug, was in Folge des Verlustes an Zöllen und sonstigen Kosten sowie an Fracht erspart ist. Im Falle der Beschädigung ist der Unterschied zwischen dem Verkaufswerthe des Gutes im beschädigten Zustand und dem ge­ meinen Handelswerth oder dem gemeinen Werthe zu ersetzen, welchen das Gut ohne die Beschädigung am Orte und zur Zeit der Ab­ lieferung gehabt haben würde; hiervon kommt in Abzug, was in Folge der Beschädigung an Zöllen und sonstigen Kosten erspart ist. Ist der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers herbeigeführt, so kann Ersatz des vollen Schadens ge­ fordert werden. 8 431. [400.] Der Frachtführer hat ein Verschulden seiner Leute und ein Verschulden anderer Personen, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, in gleichem Umfange zu ver­ treten wie eigenes Verschulden. 8 432.2 [401.]3 Uebergiebt der Frachtführer zur Ausführung der von ihm übernommenen Beförderung das Gut einem anderen Frachtführer, so haftet er für die Ausführung der Beförderung bis zur Ablieferung des Gutes an den Empfänger. Der nachfolgende Frachtführer tritt dadurch, daß er das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbrief annimmt, diesem gemäß in den Frachtvertrag ein und übernimmt die selbständige Verpflichtung, die Beförderung nach dem Inhalte des Frachtbriefes auszuführen. Hat aus Grund dieser Vorschriften einer der betheiligten Fracht­ führer Schadensersatz geleistet, so steht ihm der Rückgriff gegen denjenigen zu, welcher den Schaden verschuldet hat. Kann dieser Die Haftung erlassen werden. i B Art. 34, 2) BGB 831 3 B Art. 27

wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus

37 Satz 1, 41. BO § 80, 83, 84, 88. s. S. 72. Abs. 1 u. 2, 47 Abs. 1. VO § 74 Abs. 1, 2.

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HSV Buch III. Handelsgeschäfte,

«bschn. VI. § 433-438.

nicht ermittelt werden, so haben die beseitigten Frachtführer den Schaden nach dem Verhältniß ihrer Antheile an der Fracht gemein­ sam zu tragen, soweit nicht festgestellt wird, daß der Schaden nicht auf ihrer Beförderungsstrecke entstanden ist. 8 433«. [407.]1 Der Absender kann den Frachtführer an­ weisen, das Gut anzuhalten, zurückzugeben oder an einen anderen als den im Frachtbriefe bezeichneten Empfänger auszuliefern. Die Mehrkosten, die durch eine solche Verfügung entstehen, sind dem Frachtführer zu erstatten. Das Verfügungsrecht des Absenders erlischt, wenn nach der Ankunft des Gutes am Orte der Ablieferung der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder von dem Empfänger Klage gemäß § 435 gegen den Frachtführer erhoben wird. Der Frachtführer hat in einem solchen Falle nur die Anweisungen des Empfängers zu be­ achten; verletzt er diese Verpflichtung, so ist er dem Empfänger für das Gut verhaftet. 8 434. [401.] Der Empfänger ist vor der Ankunft des Gutes am Orte der Ablieferung dem Frachtführer gegenüber berechtigt, alle zur Sicherstellung des Gutes erforderlichen Maßregeln zu ergreifen und dem Frachtführer die zu diesem Zwecke nothwendigen An­ weisungen zu ertheilen. Die Auslieferung des Gutes 2 kann er vor dessen Ankunft am Orte der Ablieferung nur fordern, wenn der Ab­ sender den Frachtführer dazu ermächtigt hat. 8 435. [405.]3 Nach der Ankunft des Gutes am Orte der Ablieferung ist der Empfänger berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Ver­ pflichtungen in eigenem Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen, ohne Unterschied, ob er hierbei in eigenem oder in fremdem Interesse handelt. Er ist insbesondere berechtigt, von dem Fracht­ führer die Uebergabe des Frachtbriefs und die Auslieferung des Gutes zu verlangen. Dieses Recht erlischt, wenn der Absender dem Frachtführer eine nach § 433 noch zulässige entgegenstehende An­ weisung ertheilt. 8 436. [406.]4 Durch Annahme des Gutes und des Fracht-

1 B Art. 15 Abs. 1, 4, 8. VO § 64 Abs. 1, 4, 8. 2 BGB 368. Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung auf Ver­ langen ein schriftliches Empsangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt wird, so kann er die Ertheilung in dieser Form verlangen. 3 B Art. 16 Abs. 2. VO § 66 Abs. 2. 4 B Art. 17. VO § 67.

briefs wird der Empfänger verpflichtet, dem Frachtführer nach Maß­ gabe des Frachtbriefs Zahlung zu leisten. 8 437,1 [407 Abs. 4.]2 Ist der Empfänger des Gutes nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme oder ergiebt sich ein sonstiges Ablieferungshinderniß, so hat der Frachtführer den Absender unverzüglich hiervon in Kenntniß zu setzen und dessen Anweisung einzuholen. Ist dies den Umständen nach nicht thunlich oder der Absender mit der Ertheilung der Anweisung säumig oder die Anweisung nicht ausführbar, so ist der Frachtführer befugt, das Gut in einem öffent­ lichen Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise zu hinterlegen. Er kann, falls das Gut dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Ver­ zug ist, das Gut auch gemäß § 373 Absatz 2 bis 4 verkaufen lassen. Von der Hinterlegung und dem Verkaufe des Gutes hat der Frachtführer den Absender und den Empfänger unverzüglich zu be­ nachrichtigen, es sei denn, daß dies unthunlich ist; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. 8 438. [408 Abs. 1, 2.]3 Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so sind alle Ansprüche gegen den Frachtführer aus dem Frachtvertrag erloschen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, soweit die Beschädi­ gung oder Minderung des Gutes vor dessen Annahme durch amt­ lich bestellte Sachverständige sestgestellt ist. Wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der.Annahme äußerlich nicht erkennbar ist, kann der Frachtführer auch nach der Annahme des Gutes und der Bezahlung der Fracht in Anspruch genommen werden, wenn der Mangel in der Zeit zwischen der Uebernahme des Gutes durch den Frachtführer und der Ablieferung entstanden ist und die Feststellung des Mangels durch amtlich bestellte Sachverständige unverzüglich nach der Entdeckung und spätestens binnen einer Woche, nach der Annahme beantragt wird. Ist dem Frachtführer der Mangel unverzüglich nach der Ent­ deckung und binnen der bezeichneten Frist angezeigt, so genügt es, wenn die Feststellung unverzüglich nach dem Zeitpunkte beantragt wird, bis zu welchem der Eingang einer Antwort des Frachtführers unter regelmäßigen Umständen erwartet werden darf. 1 CPO 488 [449 a] s. oben zu § 379 S. 202. 2 B Art. 19, 24. VO § 70. 3 B Art. 44 Abs. 1, 2 Nr. 1, 3, 4. VO § 90 Abs. 1, 2 Nr. 1, 3, 4.

Tie Kosten einer von dem; Empfangsberechtigten beantragten Feststellung sind von dem Frachtführer zu tragen, wenn ein Verlust oder eine Beschädigung ermittelt wird, für welche der Frachtführer Ersatz leisten muß. Der Frachtführer kann sich aus diese Vorschriften nicht berufen, wenn er den Schaden durch Vorsatz oder grobe £5ra^r^öffTßfeit1 her­ beigeführt hat. 8 439. [408 Abs. 3.]2 Auf die Verjährung der Ansprüche gegen den Frachtführer wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Gutes finden die Vorschriften des § 414 entsprechende Anwendung. Ties gilt nicht für die im § 432 Absatz 3 bezeichneten Ansprüche. g 440. [409 Abs. 1, 2.]3 4 Ter Frachtführer hat wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, insbesondere der Fracht- und Liegegelder, der Zollgelder und anderer Auslagen, sowie wegen der aus das Gut geleisteten Vorschüsse ein Pfandrecht an dem Gute. Tas Pfandrecht besteht, solange der Frachtführer das Gut noch im Besitze hat, insbesondere mittelst Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann. Auch nach der Ablieferung dauert das Pfandrecht fort, sofern der Frachtführer es binnen drei Tagen nach der Ablieferung gericht­ lich geltend macht und das Gut noch im Besitze des Empfängers ist. Tie im § 1234 Absatz 1* des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Androhung des Pfondverkaufs sowie die in den §§ 1237, 1241 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Benachrichtigungen sind an den Empfänger zu richten. Ist dieser nicht zu ermitteln oder ver­ weigert er die Annahme des Gutes, so hat die Androhung und Be­ nachrichtigung gegenüber dem Absender zu erfolgen. 6 g 441. [410.]7 Ter letzte Frachtführer hat, falls nicht int Frachtbrief ein Anderes bestimmt ist, bei der Ablieferung auch die 1 BGB 276 s. oben S. 218. 277 s. oben S. 163. 2 B Art. 45 Abs. 1, 2. Art. 46. VO 8 21. 3 B Art. 21, 22. 4 BGB 1234 s. zu § 371 S. 193. 5 BGB 1237 u. 1241 s. zu § 368 S. 188. 6 KO §§ 49 Abs. 1 Nr. 4 [41 Abs. 1 Nr. 8] s. S. 189. BGB 1257. Tie Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht finden aus ein Kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung. 7 B Art. 20.

Forderungen der Vormänner sowie die. auf dem Gute haftenden Nachnahmen einzuziehen und die Rechte der Vormänner, insbesondere auch das Pfandrecht, auszuüben. Das Pfandrecht der Vormänner besteht so lange als das Pfandrecht des letzten Frachtführers. Wird der vorhergehende Frachtführer von dem nachfolgenden befriedigt, so gehen seine Forderung und sein Pfandrecht auf den letzteren über. In gleicher Art gehen die Forderung und das Pfandrecht des Spediteurs auf den nachfolgenden Spediteur und den nachfolgenden Frachtführer über. 8 442. [412.]1 Ter Frachtführer, welcher das Gut ohne Be­ zahlung abliefert und das Pfandrecht nicht binnen drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht, ist den Vormännern ver­ antwortlich. Er wird, ebenso wie die vorhergehenden Frachtführer und Spediteure, des Rückgriffs gegen die Vormänner verlustig. Der Anspruch gegen den Empfänger bleibt in Kraft. 8 443. [411.] Bestehen an demselben Gute mehrere nach den §§ 397, 410, 421, 440 begründete Pfandrechte, so geht unter den­ jenigen Pfandrechten, welche durch die Versendung oder durch die Beförderung des Gutes entstanden sind, das später entstandene dem früher entstandenen vor.2 Diese Pfandrechte haben sämmtlich den Vorrang vor dem nicht aus der Versendung entstandenen Pfandrechte des Kommissionärs und des Lagerhalters sowie vor dem Pfandrechte des Spediteurs und des Frachtführers für Vorschüsse. 8 444. [413.] Ueber die Verpflichtung zur Auslieferung des Gutes kann von dem Frachtführer ein Ladeschein ausgestellt werden. 8 445. [414.] Der Ladeschein soll enthalten: 1. den Ort und den Tag der Ausstellung; 2. den Namen und den Wohnort des Frachtführers; 3. den Namen des Absenders; 4. den Namen desjenigen, an welchen oder an dessen Order das Gut abgeliefert werden soll; als solcher gilt der Absender, wenn der Ladeschein nur an Order gestellt ist; 5. den Ort der Ablieferung; 6. die Bezeichnung des Gutes nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen; 1 B Art. 23 Abs. 2. 2 BGB 1209. Für den Rang des Pfandrechts ist die Zeit der Bestellung auch dann maßgebend, wenn es für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt ist. 1257 s. S. 222.

224 HSV Buch HI. oandelsgeschäfte. «bschn.Vl. g 446-452. «bschn.vn. 8 453.

7. die Bestimmung über die Fracht und über die aus dem Gute haftenden Nachnahmen sowie im Falle der Vorausbezahlung der Fracht einen Vermerk über die Vorausbezahlung. Ter Ladeschein muß von dem Frachtführer unterzeichnet sein. Ter Absender hat dem Frachtführer auf Verlangen eine von ihm unterschriebene Abschrift des Ladescheins auszuhändigen. 8 446. [415.] Der Ladeschein entscheidet für das Rechtsver­ hältniß zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger des Gutes; die nicht in den Ladeschein aufgenommenen Bestimmungen des Fracht­ vertrags sind dem Empfänger gegenüber unwirksam, sofern nicht der Ladeschein ausdrücklich auf sie Bezug nimmt. Für das Rechtsverhältniß zwischen dem Frachtführer und dem Absender bleiben die Bestimmungen des Frachtvertrags maßgebend. 8 447. [416, 417.] Zum Empfange des Gutes legitimirt ist derjenige, an welchen das Gut nach dem Ladeschein abgeliefert werden soll oder auf welchen der Ladeschein, wenn er an Order lautet, durch Indossament übertragen ist. Der zum Empfange Legitimirte hat schon vor der Ankunft des Gutes am Ablieferungsorte die Rechte, welche dem Absender in Ansehung der Verfügung über das Gut zustehen, wenn ein Lade­ schein nicht ausgestellt ist. Der Frachtführer darf einer Anweisung des Absenders, das Gut anzuhalten, zurückzugeben oder an einen anderen als den durch den Ladeschein legitimirten Empfänger auszuliefern, nur Folge leisten, wenn ihm der Ladeschein zurückgegeben wird; verletzt er diese Ver­ pflichtung, so ist er dem rechtmäßigen Besitzer des Ladescheins für das Gut verhaftet.

8 448. [418.] Der Frachtführer ist zur Ablieferung des Gutes nur gegen Rückgabe des Ladescheins, auf dem die Ablieferung des Gutes bescheinigt ist, verpflichtet. 8 449. Im Falle des § 432 Absatz 1 wird der nachfolgende Frachtführer, der das Gut auf Grund des Ladescheins übernimmt, nach Maßgabe des Scheines verpflichtet. 8 450. Die Uebergabe des Ladescheins an denjenigen, welcher durch den Schein zur Empfangnahme des Gutes legitimirt wird, hat, wenn das Gut von dem Frachtführer übernommen ist, für den Erwerb von Rechten an dem Gute dieselben Wirkungen wie die Uebergabe des Gutes. 8 451. [420.] Die Vorschriften der §§ 426 bis 450 kommen auch zur Anwendung, wenn ein Kaufmann, der nicht Frachtführer ist, im Betriebe seines Handelsgewerbes eine Beförderung von Gütern

Frachtgeschäft.

Beförderung von Gütern und Personen auf de« Sifenbahnen.

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zu Lande oder aus Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszu­ führen übernimmt. 8 452. [421 Abs. 2.] Auf die Beförderung von Gütern durch die Postverwaltungen des Reichs und der Bundesstaaten finden die Vorschriften dieses Abschnitts keine Anwendung? Die bezeichneten Postverwaltungen gelten nicht als Kaufleute im Sinne dieses Ge­ setzbuchs. Siebenter Abschnitt.

Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen? 8 453. [422.]31 2 Eine dem öffentlichen Güterverkchre dienende Eisenbahn darf die Uebernahme von Gütern zur Beförderung nach einer für den Güterverkehr eingerichteten Station innerhalb des Deutschen Reiches nicht verweigern, sofern 1. der Absender sich den geltenden Beförderungsbedingungen und den sonstigen allgemeinen Anordnungen der Eisenbahn unter­ wirft ; 2. die Beförderung nicht nach gesetzlicher Vorschrift oder aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist; 3. die Güter nach der Eisenbahnverkehrsordnung oder den gemäß der Verkehrsordnung erlassenen Vorschriften und, soweit diese keinen Anhalt gewähren, nach der Anlage und dem Betriebe der betheiligten Bahnen sich zur Beförderung eignen; 4. die Beförderung mit den regelmäßigen Beförderungsmitteln möglich ist; 5. die Beförderung nicht durch Umstände, die als höhere Gewalt zu betrachten sind, verhindert wird. 1 Vgl. G über das Postwesen 28./10. 71; Weltpostvereinsver­ trag und Uebereinkommen dazu 15./6. 97 (RGBl 1071), G 20 /12. 99 (RGBl 715). Vgl. auch für Telegraphen an st alten: Telegraphenord­ nung 1./7. 97 (CBl f. d. D. Reich Nr. 24 S. 163), ® 18./12. 99 (RGBl 705). 2 Verkehrsordnung s. d. Eisenbahnen Deutschlands 15./11. 92 (Anhang XV, 1); Internationales Uebereinkommen über den Eisen­ bahnfrachtvertrag 14./10. 90 (Anhang XV, 2). G 7./6. 71 betr. die Ver­ bindlichkeit zum Schadensersätze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen rc. herbeigeführten Tödtungen und Körperver­ letzungen (RGBl 207). G 27./6. 73 betr. die Errichtung eines Reichs­ eisenbahnamtes (RGBl 164). G 3 /5. 86 betr. die Unzulässigkeit der Pfändung von Eisenbahnfahrbetriebsmitteln (RGBl 131), Bek. 17./3. 1887 (RGBl 153). s B Art. 2—5. VO § 6, 49, 50. g r icbberg, Handclsgcsgbg. 7. Aufl.

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HSV Buch III. Handelsgeschäfte, «bschn. VH. 8 454-459.

Die Eisenbahn ist nur insoweit, verpflichtet, Güter zur Be­ förderung anzunehmen, als die Beförderung sofort erfolgen kann. Inwieweit sie verpflichtet ist, Güter, deren Beförderung nicht sofort erfolgen kann, in einstweilige Verwahrung zu nehmen, bestimmt die Eisenbahnverkehrsordnung. Die Beförderung der Güter findet in der Reihenfolge statt, in welcher sie zur Beförderung angenommen worden sind, sofern nicht zwingende Gründe des Eisenbahnbetriebs oder das öffentliche Interesse eine Ausnahme rechtfertigen. Eine Zuwiderhandlung gegen diese Vorschriften begründet den Allspruch auf Ersatz des daraus entstehendell Schadens. 8 454. [421 Äbs. 1, 3.] Auf das Frachtgeschäft der demöffent

lichen Güterverkehre dienenden Eisenbahnen finden die Vorschriftell des vorigen Abschnitts insoweit Anwendung, als nicht in diesem Ab­ schnitt oder in der Eisenbahnverkehrsordnung ein Anderes bestimmt ist. 8 455.1 Die Eisenbahn ist verpflichtet, auf Verlangen des Ab­ senders den Empfang des Gutes unter, Angabe des Tages, an welchem es zur Beförderung angenommen ist, auf einem Duplikate des Frachtbriefs zu bescheinigen; das Duplikat ist von dem Absender mit dem Frachtbriefe vorzulegen. Im Falle der Ausstellung eines Frachtbriesduplikats steht dem Absender das iin § 433 bezeichnete Verfügungsrecht nur zu, wenn er das Duplikat vorlegt. Befolgt die Eisenbahn die Anweisullgen des Absendern, ohne die Vorlegung des Duplikats zu verlangen, so ist sie für den daraus entstehenden Schaden dem Empfänger, welchenl der Absender die Urkunde übergeben hat, haftbar. 8 456. [39a.]2 Tie Eisenbahn haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschüdigullg des Gutes in der Zeit von der Allliahme zur Besörderullg bis zur Abliefeiuug entsteht, es sei denll, das; der Schaden durch ein Verschulden oder eiue nicht von der Eisenbahn verschuldete Anweisung des Verfügungsberechtigten, durch höhere Gewalt, durch äußerlich nicht erkennbare Mängel der Ver Packung oder durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes, namentlich dllrch inneren Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage, ver ursacht ist. Die Vorschrift des § 429 Absatz 2 findet Anwendung. 8 457. Muß auf Grund des Frachtvertrages von der Eisen­ bahn für gänzlichen ober theilweisen Verlust des Gutes Ersatz ge­ leistet werden, so ist der gemeine Handelswerth und in dessen Er-

1 B Art. 8 Abs. 5, 15 Abs. 2. VO § 54 Abs. 5 Satz 1, 64 Abs. 2. 2 B Art. 30 Abs. 1. VO § 75 Abs. 1.

Beförderung von Güter« und Personen auf de« Eisenbahnen.

2*27

mangelung der gemeine Werth zu ersetzen, welchen Gut derselben Art und Beschaffenheit am Orte der Absendung in dem Zeitpunkte der Annahme zur Beförderung hatte, unter Hinzurechnung dessen, was an Zöllen und sonstigen Kosten sowie an Fracht bereits bezahlt ist. Im Falle der Beschädigung ist für die Minderung des im Absatz 1 bezeichneten Werthes Ersatz zu leisten. Ist der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt, so kann Ersatz des vollen Schadens ge­ fordert werden. 8 458. [400.]1 Tie Eisenbahn haftet für ihre Leute und für andere Personen, deren sie sich bei der Ausführung der Be­ förderung bedient.

8 459. [422.]2

Die Eisenbahn haftet nicht:

1. in Ansehung der Güter, die nach der Bestimmung des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief aufgenommenen Verein­ barung mit dem Absender in offen gebauten Wagen befördert werden, für den Schaden, welcher aus der mit dieser Beförderungs­ art verbundenen Gefahr entsteht;

2. in Ansehung der Güter, die, obgleich ihre Natur eine Ver­ packung zum Schutze gegen Verlust oder Beschädigung während der Beförderung erfordert, nach Erklärung des Absenders auf dem Frachtbrief unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung zur Beförderung aufgegeben worden sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder mit der mangelhaften Beschaffenheit der Verpackung ver­ bundenen Gefahr entsteht;

3. in Ansehung der Güter, deren Ausladen und Abladen nach der Bestimmung des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief ausgenommenen Vereinbarung mit dem Absender von diesem oder von dem Empfänger besorgt wird, für den Schaden, welcher auS der mit dem Ausladen und Abladen oder mit einer mangelhaften Verladung ver­ bundenen Gefahr entsteht; 4. in Ansehung der Güter, die vermöge ihrer eigenthümlichen natür­ lichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, Ver­ lust oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Ver-

1 B Art. 29. VO § 9. 2 B Art. 31. VO § 77.

228

VSB Buch III. dandelS-eschafte.

«bschn. VII. 8 460-465.

derb, außergewöhnliche Leckage, Austrocknung und Verstreuung, zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entsteht; 5. in Ansehung lebender Thiere für den Schaden, welcher aus der für sie mit der Be­ förderung verbundenen besonderen Gefahr entsteht; 6. in Ansehung derjenigen Güter, einschließlich der Thiere, welchen nach der Eisenbahnverkehrsordnung, dem Tarif oder nach einer in den Frachtbrief aufgenommenen Vereinbarung mit dem Ab­ sender ein Begleiter beizugeben ist, für den Schaden, welcher aus der Gefahr entsteht, deren Abwendung durch die Begleitung bezweckt wird. Konnte ein eingetretener Schaden den Umständen nach aus einer der im Absatz 1 bezeichneten Gefahren entstehen, so wird ver­ muthet, daß er aus dieser Gefahr entstanden sei. Eine Befreiung von der Haftpflicht kann auf Grund dieser Vorschriften nicht geltend gemacht werden, wenn der Schaden durch Verschulden1 der Eisenbahn entstanden ist. 8 460» [426.]2 Bei Gütern, die nach ihrer natürlichen Be­ schaffenheit bei der Beförderung regelmäßig einen Gewichtsverlust erleiden, ist die Haftpflicht der Eisenbahn für Gewichtsverluste bis zu den aus der Eisenbahnverkehrsordnung sich ergebenden Normal­ sätzen ausgeschlossen. Der Normalsatz wird, falls niehrere Stücke auf denselben Fracht brief befördert werden, für jedes Stück besonders berechnet, wenn das Gewicht der einzelnen Stücke im Frachtbriefe verzeichnet ist oder sonst festgestellt werden kann. Tie Beschränkung der Haftpflicht tritt nicht ein, soweit der Verlust den Umständen nach nicht in Folge der natürlichen Beschaffen­ heit des Gutes entstanden ist oder soweit der angenommene Satz dieser Beschaffenheit oder den sonstigen Umständen des Falles nicht entspricht. Bei gänzlichem Verluste des Gutes findet ein Abzug für Ge­ wichtsverlust nicht statt. 8 461» [427 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2.p Die Eisenbahnen können in besonderen Bedingungen (Ausnahmetarisen) einen im Falle des Verlustes oder der Beschädigung zu erstattenden Höchstbetrag fest­ setzen, sofern diese Ausnahmetarife veröffentlicht werden, eine Preis1 BGB § 276 s. oben S. 218. r B Art. 32. VO § 78. - B Art. 35, 41. VO § 81, 88.

Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen.

229

ermäßigung für die ganze Beförderung gegenüber den gewöhnlichen Tarifen der Eisenbahn enthalten und der gleiche Höchstbetrag auf die ganze Beförderungsstrecke Anwendung findet. Ist der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt, so kann die Beschränkung auf den Höchst­ betrag nicht geltend gemacht werden. 8 462. [427 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2.]1 Inwieweit für den Fall des Verlustes oder der Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunst­ gegenständen, Geld- und Werthpapieren die zu leistende Entschädi­ gung auf einen Höchstbetrag beschränkt werden kann, bestimmt die Eisenbahnverkehrsordnung. Die Vorschrift des § 461 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. § 463. [427 Abs. 1 Nr. I.]2 Ist das Interesse an der Lieferung nach Maßgabe der Vorschriften der Eisenbahnverkehrs­ ordnung in dem Frachtbriefe, dem Gepäckschein oder dem Besörderungsschein angegeben, so kann im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Gutes anßer der im § 457 Absatz 1, 2 bezeichneten Entschädigung der Ersatz des weiter entstandenen Schadens bis zu dem angegebenen Betrage beansprucht werden. Ist die Ersatzpflicht nach den Vorschriften des § 461 oder des § 462 auf einen Höchstbetrag beschränkt, so findet eine Angabe des Interesses an der Lieferung über diesen Betrag hinaus nicht statt. 8 464. [428.]3 Wegen einer Beschädigung oder Minderung, die bei der Annahme des Gutes durch den Empfänger äußerlich nicht erkennbar ist, können Ansprüche gegen die Eisenbahn nach § 438 Absatz 3 nur geltend gemacht werden, wenn binnen einer Woche nach der Annahme zur Feststellung des Mangels entweder bei Gericht die Besichtigung des Gutes durch Sachverständige oder schriftlich bei der Eisenbahn eine von dieser nach den Vorschriften der Eifen­ bahnverkehrsordnung vorzunehmende Untersuchung beantragt wird. Ist der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigesührt, so kann sie sich auf diese Vorschrift nicht berufen. 8 465. [425.]4 Für den Verlust von Reisegepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist, haftet die Eisenbahn nur, wenn das 1 B Art. 3 u. Auss.-Vest. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2. BO 8 30 Abs. 5, 50 B, 2. - B Art. 38. VO § 34 Abs. 2, 48 Abs. 2, 84, 85. 3 B Art. 44 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 Satz 1. HD § 90 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 Satz 1. 4 HD § 34 Abs. 3, 5.

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HSB Buch UL Handelsgeschäfte, «bschn. VII. 8 466—474.

Gepäck binnen acht Tagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem es aufgegeben ist, aus der Bestimmungsstation abgefordert wird. Inwieweit für den Fall des Verlustes oder der Beschädigung von Reisegepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist, die zu leistende Entschädigung aus einen Höchstbetrag beschränkt werden kann, be­ stimmt die Eisenbahnverkehrsordnung. Ist der Schaden durch Vor­ satz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt, so kann die Beschränkung auf den Höchstbetrag nicht geltend gemacht werden. Für den Verlust oder die Beschädigung von Reisegepäck, das nicht zur Beförderung aufgegeben ist, sowie von Gegenständen, die in beförderten Fahrzeugen belassen sind, haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr ein Verschulden zur Last fällt. § 466. [427 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 2.]1 . Dis Eisenbahn haftet für den Schaden, welcher durch Versäumung der Lieferfrist entsteht, es sei denn, daß die Verspätung von einem Ereignisse herrührt, welches sie weder herbeigeführt hat noch abzuwenden vermochte. Ter Schaden wird nur insoweit ersetzt, als er Den in dem Frachtbriefe, dem Gepäckschein oder dem Beförderungsschein als Interesse an der Lieferung nach Maßgabe der Eisenbahnverkehrs Ordnung angegebenen Betrag und in Ermangelung einer solchen An gäbe den Betrag der Fracht nicht übersteigt. Für das Reisegepäck kann an Stelle der Fracht durch die Eisenbahnverkehrsordnung ein anderer Höchstbetrag bestimmt werden. Inwieweit ohne den Nachweis eines Schadens eine Vergütung zu gewähren ist, bestimmt die Eisenbahnverkehrsordnung. Ter Ersatz des vollen Schadens kann gefordert werden, wenn die Versäumung der Lieferfrist durch Vorsatz oder grobe Fahrlässig­ keit der Eisenbahn herbeigeführt ist. § 467.2 Werden Gegenstände, die von der Beförderung aus­ geschlossen oder zur Beförderung nur bedingungsweise zugelassen sind, unter unrichtiger oder ungenauer Bezeichnung ausgegeben oder werden die für diese Gegenstände vorgesehenen Sichcrhcitsmaßrcgeln von dem Absender unterlassen, so ist die Haftpflicht der Eisenbahn aus Grund des Frachtvertrags ausgeschlossen. § 468. [430.]3 Für den Fall, daß auf dem Frachtbrief als Ort der Ablieferung ein nicht an der Eisenbahn liegender Ort be zeichnet wird, kann bestimmt werden, daß die Eisenbahn als Fracht­ führer nur für die Beförderung bis zur letzten Eisenbahnstation 1 B Art. 39—41. VO § 36, 48 Abs. 2, 85—88. 2 B Art. 43. VO § 89. 3 B Art. 30 Abs. 2. VO § 76 Abs. 1.

Beförderung von Gütern und Versoueu auf den Eisenbahnen.

231

hasten, bezüglich der Weiterbeförderung dagegen die Verpflichtungen des Spediteurs übernehmen soll. § 469. [429.]1 Wird die Beförderung auf Grund desselben Frachtbriefs nach § 432 Absatz 2 durch mehrere auf einander fol­ gende Eisenbahnen bewirkt, so können die Ansprüche aus dem Fracht­ vertrag, unbeschadet des Rückgriffs der Bahnen unter einander, im Wege der Klage nur gegen die erste Bahn oder gegen diejenige, welche das Gut zuletzt mit dem Frachtbrief übernommen hat, oder gegen diejenige, auf deren Betriebsstrecke sich der Schaden ereignet hat, gerichtet werden. Unter den bezeichneten Bahnen steht dem Kläger die Wahl zu; das Wahlrecht erlischt mit der Erhebung der Klage. Im Wege der Widerklage oder mittelst Aufrechnung können Ansprüche aus dem Frachtvertrag auch gegen eine andere als die bezeichneten Bahnen geltend gemacht werden, wenn die Klage sich auf denselben Frachtvertrag gründet. § 470.2 Ansprüche der Eisenbahn auf Nachzahlung zu wenig erhobener Fracht oder Gebühren sowie Ansprüche gegen die Eisen­ bahn auf Rückerstattung zu viel erhobener Fracht oder Gebühren verjähren in einem Jahre, sofern der Anspruch auf eine unrichtige Anwendung der Tarife oder auf Fehler bei der Berechnung gestützt wird. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe des Tages, mi welchem die Zahlung erfolgt ist. Die Verjährung des Anspruchs auf Rückerstattung zu viel er­ hobener Fracht oder Gebühren sowie die Verjährung der im § 439 Satz 1 bezeichneten Ansprüche wird durch die schriftliche Anmeldung des Anspruchs bei der Eisenbahn gehemmt. Ergeht auf die An­ meldung ein abschlägiger Bescheid, so beginnt der Lauf der Ver­ jährungsfrist wieder mit dem Tage, an welchem die Eisenbahn ihre Entscheidung dem Anmeldenden schriftlich bekannt macht und ihm die der Anmeldung etwa angeschlossenen Beweisstücke zurückstellt. Weitere Gesuche, die an die Eisenbahn oder an die vorgesetzten Be­ hörden gerichtet werden, bewirken keine Hemmung der Verjährung. 8 471. [423.]3 Die nach den Vorschriften des § 432 Absatz 1, 2, der §§ 438, 439, 453, 455 bis 470 begründeten Verpflichtungen der Eisenbahnen können weder durch die Eisenbahnverkehrsordnung noch durch Verträge ausgeschlossen oder beschränkt werden. Bestimmungen, welche dieser Vorschrift zuwiderlaufen, sind 1 B Art. 27 Abs. 3 u. 5, 28. BO § 74 Abs. 3, 4. 2 B Art. 12 Abs. 4 Satz 1—3. VO § 61 Abs. 4 Satz 1, 2. 3 B Art. 5. VO Eingangsbestimmungen.

232 HSV Buch Hl. Handelsgesch. «bschnvu. §472.473. Buch IV. Seeh. «bschn. 1.8 474.

nichtig. Tas Gleiche gilt von Vereinbarungen, die mit den Vor­ schriften der Eisenbahnverkehrsordnung im Widerspruche stehen. 8 472. Tie Vorschriften über die Beförderung von Personen aus den Eisenbahnen werden durch die Eisenbahnverkehrsordnung getroffen. 8 473. Bei einer dem öffentlichen Verkehre dienenden Bahnunternehmung, welche der Eisenbahnverkehrsordnung nicht unterliegt (Kleinbahn), sind insoweit, als in den §§ 453, 459, 460, 462 bis 466 auf die Vorschriften der Eisenbahnverkehrsordnung verwiesen ist, an deren Stelle die Beförderungsbedingungen der Bahnunternehmung maßgebend. Tie Vorschriften des § 453. unterliegt eine solche Bahnunter­ nehmung nur mit der Maßgabe, daß sie die Uebernahme von Gütern zur Beförderung auf ihrer Bahnstrecke nicht verweigern darf.

Viertes Buch.

Seehandel. ((3. -2 /6. 02 sRGBl 218]).

Erster Abschnitt. Allgemeine Borschriften.1

8 474.2

[439.J Wird ein zum Erwerbe durch die Seefahrt bestinnntes Schiff oder ein Antheil an einem solchen Schiffe (Schiffs 1 Verfassung des Deutschen Reiches 13 /4. 71 MWl 63* Art. 54: Tie Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine einheitliche Handels­ marine. | Tas Reich hat das Verfahren zur Ermittelung der Ladungsfähigkeit der Seeschiffe zu bestimmen, die Ausstellung der Meßbriefe, sowie die Schifsscertificate zu regeln und die Bedingungen festzustellen, von welchen die. Erlaubniß zur Führung eines Seeschiffes abhängig ist. | In den Seehasen und auf allen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen der einzelnen Bundesstaaten werden die Kauffahrteischiffe sämmtlicher Bundes­ staaten gleichmäßig zugelassen und behandelt. Die Abgaben, welche in den Seehäfen von den Seeschiffen oder deren Ladungen für die Benutzung der Schifsahrtsanstalten erhoben werden, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhn­ lichen Herstellung dieser Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen. | Auf allen natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Benutzung be­ sonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind, erhoben werden. Diese Abgaben, sowie die Abgaben für die Befahrung solcher künst­ lichen Wasserstraßen, welche Staatseigenthum sind, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Auf die Flößerei finden diese Bestimmungen insoweit An­ wendung, als dieselbe auf schiffbaren Wasserstraßen betrieben wird. | Auf fremde Schisse oder deren Ladungen andere oder höhere Abgaben zu legen, als von

den Schiffen der Bundesstaaten oder deren Ladungen zu entrichten sind, steht keinem Einzelstaate, sondern nur dem Reiche zu. 2 EG Z. HGB 10./5. 97 Art. 6. Tie Vorschriften der §§ 474, 475 des Handelsgesetzbuchs finden auch im Falle der Veräußerung eines Seeschiffs, das nicht zum Erwerbe durch die Seefahrt bestimmt ist, sowie im Falle der Veräußerung eines Antheils an einem solchen Schisse Anwendung. BGB 435. Der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Rechtes an einem Grundstück ist verpflichtet, im Grundbuch eingetragene Rechte, die nicht bestehen, aus seine Kosten zur Löschung zu bringen, wenn sie im Falle ihres Bestehens das dem Käufer zu verschaffende Recht beeinträchtigen würden. Das Gleiche gilt bei dem Verkauf eines Schiffes oder eines Rechtes an einem Schiffe für die im Schiffsregister eingetragenen Rechte. 1259. Für das Pfandrecht an einem im Schiffsregister eingetragenen Schisse gelten die besonderen Vorschriften der §§ 1260 bis 1271. 1260. Zur Bestellung des Pfandrechts ist die Einigung des Eigenthümers des Schiffes und des Gläubigers darüber, daß dem Gläubiger das Pfandrecht zustehcn soll, und die Eintragung des Pfandrechts in das Schiffsregister er­ forderlich. Tie Vorschriften des § 873 Abs. 2 und des § 878

873 Abs. 2. Vor der Eintragung sind die Betheiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärung gerichtlich oder notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem ein­ gereicht sind oder wenn der Berechtigte dem andern Theile eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgchändigt hat. 878. Eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 abgegebene Erklärung wird nicht dadurch unwirksam, daß der Be­ rechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamte gestellt worden ist. finden entsprechende Anwendung.

In der Eintragung müssen der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich ist, dec Zinssatz angegeben werden. Zur näheren Bezeichnung der Forderung kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.

1261. Tas Rangverhältniß der an dem Schiffe bestellten Pfandrechte bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 879 bis 881 und des § 1151.

879. Das Rangverhältniß unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abtheilung des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen. Sind die Rechte in verschiedenen Abtheilungen einge­ tragen, so hat das unter Angabe eines früheren Tages eingetragene Recht den Vorrang; Rechte, die unter Angabe desselben Tages eingetragen sind, haben gleichen Rang. Die Eintragung ist für das Rangverhältniß auch dann maßgebend, wenn die nach § 873 zum Erwerbe des Rechtes erforderliche Einigung erst nach der Eintragung zu Stande gekommen ist.

Eine abweichende Bestimmung des Rangverhältnisses bedarf der Eintragung in das Grundbuch. 880. Das Rangverhältniß kann nachträglich geändert werden. Zu der Nangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Aenderung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des § 873 Abs. 2 und des § 878 finden Anwendung. Soll eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten, so ist außerdem die Zustimmung des Eigenthümers ersorderlich. Tie Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder einem der Betheiligten gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruslich. Ist das zurücktretende Recht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften des § 876 entsprechende Anwendung. Der dem vortretenden Rechte eingeräumte Rang geht nicht dadurch verloren, daß das zurücktretende Recht durch Rechtsgeschäft aufgehoben wirb. Rechte, die den Rang zwischen dem zurücktretenden und dem vor­ tretenden Rechte haben, werden durch die Rangänderung nicht berührt. 881. Der Eigenthümer kann sich bei der Belastung des Grundstücks mit einem Rechte die Besugniß vorbehalten, ein anderes, dem Umfange nach bestimmtes Recht mit dem Range vor jenem Rechte eintragen zu lassen. Der Vorbehalt bedarf der Eintragung in das Grundbuch; die Ein tragung muß bei dem Rechte erfolgen, das zurücktreten soll. Wird das Grundstück veräußert, so geht die vorbehaltene Befugnis; auf den Erwerber über. Ist das Grundstück vor der Eintragung des Rechtes, dem der Vor­ rang beigelegt ist, mit einem Rechte ohne einen entsprechenden Vor­ behalt belastet worden, so hat der Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt eingetragene Recht in Folge der inzwischen eingetretenen Belastung eine über den Vorbehalt hinausgehende Be­ einträchtigung erleiden würde.

1151. Wird die Forderung getheilt, so ist zur Aenderung des Rangverhältnisses der Thcilhypotheken untereinander die Zustimmung des Eigenthümers nicht ersorderlich. 1262. Solange das Pfandrecht im Schiffsregister eingetragen ist, behält es im Falle der Veräußerung oder Belastung des Schisses seine straft, auch wenn der Erwerber in gutem Glauben ist. Ist das Pfandrecht mit Unrecht gelöscht, so gelten im Falle der Ver­ äußerung des Schisses die Vorschriften des § 936 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [f. S. 185] auch dann, wenn der Erwerber das Eigenthum ohne Uebergabe erlangt; die Vorschrift des § 936 Abs. 3 findet keine Anwendung. Wird ein Pfandrecht, welches dem mit Unrecht gelöschten Pfandrecht im Range Nachsicht, auf einen Dritten übertragen, so findet die Vorschrift des § 1208 Satz 1 [f. S. 185] Anwendung. 1263. Steht der Inhalt des Schiffsregisters in Ansehung eines Pfand­ rechts mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklänge, so kann die Berichtigung des Registers nach den für die Berichtigung des Grundbuchs geltenden Vor­ schriften der 88 894, 895, 897, 898

894. Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechtes an dem Grundstück, eines Rechtes an einem solchen Rechte oder einer Verfügungsberechtigung der im § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklänge, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustim­ mung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird. 895. Kann die Berichtigung des Grundbuchs erst erfolgen, nach­ dem das Recht des nach § 894 Verpflichteten eingetragen worden ist, so hat dieser auf Verlangen sein Recht eintragen zu lassen.

897. Die Kosten der Berichtigung des Grundbuchs und der dazu . erforderlichen Erklärung hat derjenige zu tragen, welcher die Berich­ tigung verlangt, sofern nicht aus einem zwischen ihm und dem Ver­ pflichteten bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt. 898. Die in den §§ 894 bis 896 bestimmten Ansprüche unter­ liegen nicht der Verjährung. verlangt werden. Ist ein Pfandrecht mit Unrecht gelöscht worden, so kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters nach § 899 Abs. 2, 899 Abs. 2. Die Eintragung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder aus Grund einer Bewilligung desjenigen, dessen Recht durch die Berichtigung des Grundbuchs betroffen wird. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Rechtes des Widersprechenden glaubhaft gemacht wird. eingetragen werden. Solange der Widerspruch eingetragen ist, gilt im Falle der Veräußerung oder Belastung des Schiffes dem Erwerber gegenüber das Gleiche, wie wenn das Pfandrecht eingetragen wäre.

1264. Die Haftung des Schiffes beschränkt sich auf den eingetragenen Betrag der Forderung und die Zinsen nach dem eingetragenen Zinssätze. Die Haftung für gesetzliche Zinsen und für Kosten bestimmt sich nach der für die Hypothek geltenden Vorschrift des § 1118. 1118. Kraft der Hypothek hastet das Grundstück auch für die gesetz­ lichen Zinsen der Forderung sowie für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsver­ folgung. Ist die Forderung unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann das Pfandrecht ohne Zustimmung der im Range gleich­ öder nachstehenden Berechtigten dahin erweitert werden, daß das Schiff für Zinsen bis zu fünf vom Hundert haftet. 1265. Das Pfandrecht erstreckt sich auf das Zubehör des Schiffes mit Allsnahme der Zubehörstücke, die nicht in das Eigenthum des Eigenthümers des Schiffes gelangt sind. Auf die Haftung der Zubehörstücke finden die für die Hypothek geltenden Vorschriften der §§ 1121, 1122

1121. Erzeugnisse und sonstige Bestandtheile des Grundstücks sowie

Zubehörstücke werden von der Haftung frei, wenn sie veräußert und von dem Grundstücke entfernt werden, bevor sie zu Gunsten des Gläu­ bigers in Beschlag genommen worden sind. Erfolgt die Veräußerung vor der Entfernung, so kann sich der Er­ werber dem Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß er in An­ sehung der Hypothek in gutem Glauben gewesen sei. Entfernt der Er­ werber die Sache von dem Grundstücke, so ist eine vor der Entfernung erfolgte Beschlagnahme ihm gegenüber nur wirksam, wenn er bei der Entfernung in Ansehung der Beschlagnahme nicht in gutem Glauben ist. 1122. Sind die Erzeugnisse oder Bestandtheile innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft von dem Grundstücke getrennt worden, so erlischt ihre Haftung auch ohne Veräußerung, wenn sie vor der Beschlagnahme von dem Grundstück entfernt werden, es sei denn, daß die Entfernung zu einem vorübergehenden Zwecke ersolgt. Zubehörstücke werden ohne Veräußerung von der Haftung frei, wenn die Zubehöreigenschaft innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor der Beschlagnahme aufgehoben wird. entsprechende Anwendung. 1266. Die Vorschriften der §§ 1205 bis 1257 finden insoweit keine Anwendung, als sich daraus, daß der Pfandgläubigcr nicht den Besitz des Schiffes erlangt, Abweichungen ergeben. In dem Falle des § 1254 1254. Steht dem Pfandrecht eine Einrede entgegen, durch welche die Geltendmachung des Pfandrechts dauernd ausgeschlossen wird, so kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes verlangen. Tas gleiche Recht hat der Eigenthümer. tritt an die Stelle des Anspruchs auf Rückgabe des Pfandrechts das Recht, die Aushebung ves Pfandrechts zu verlangen. 1267. Der Verpfänder kann gegen Befriedigung des Pfandgläubigers die Aushändigung der zur Löschung des Pfandrechts erforderlichen Urkunden verlangen. Das gleiche Recht steht dem persönlichen Schuldner zu, wenn er ein rechtliches Interesse an der Berichtigung des Schiffsregisters hat.

1268. Der Pfandgläubiger kann seine Befriedigung aus dem Schiffe und dem Zubehöre nur auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften suchen. 1269. Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Ausgebotsverfahrens mit seinem Pfandrecht ausgeschlossen werden, wenn die im § 1170 oder die im § 1171

1170. Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Auf­ gebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn seit der letzten sich aus die Hypothek beziehenden Eintragung in das Grundbuch zehn Jahre verstrichen sind und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigenthümer in einer nach § 208 [f. S. 103] zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden ist. Besteht für die Forderung eine nach dem Kalender bestimmte Zahlungs­ zeit, so beginnt die Frist nicht vor dem Ablaufe des ZahlungStages.

Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erwirbt der Eigenthümer die Hypothek. Der dem Gläubiger ertheilte Hypothekenbrief wird kraftlos. 1171. Der unbekannte Gläubiger kann im Wege des Aufgebotsversahrens mit seinem Rechte auch dann ausgeschlossen werden, wenn der Eigenthümer zur Befriedigung des Gläubigers oder zur Kündigung berechtigt ist und den Betrag der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt. Die Hinterlegung von Zinsen ist nur erforderlich, wenn der Zinssatz im Grundbuch ein­ getragen ist; Zinsen für eine frühere Zeit als das vierte Kalenderjahr vor der Erlassung des Ausschlußurtheils sind nicht zu hinterlegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils gilt der Gläubiger als befriedigt, sofern nicht nach den Vorschriften über die Hinterlegung die Befriedigung schon vorher eingetretcn ist. Der dem Gläubiger er­ theilte Hypothekenbrief wird kraftlos. Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach der Erlassung des Ausschluß­ urtheils, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungs ­ stelle meldet; der Hinterleger ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er aus das Recht zur Rücknahme verzichtet hat. für die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt das Pfandrecht. Die Vorschrift des § 1171 ALs. 3 findet Anwendung.

1270. Aus das Pfandrecht für die Forderung aus einer Schuldver­ schreibung aus den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, finden die Vorschriften des § 1189, 1189. Bei einer Hypothek der im § 1187 bezeichneten Art kann für den jeweiligen Gläubiger ein Vertreter mit der Befugniß bestellt werden, mit Wirkung für und gegen jeden späteren Gläubiger bestimmte Verfügungen über die Hypothek zu treffen und den Gläubiger bei der Geltendmachung der Hypothek zu vertreten. Zur Bestellung des Vertreters ist die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.

Ist der Eigenthümer berechtigt, von dem Gläubiger eine Ver­ fügung zu verlangen, zu welcher der Vertreter befugt ist, so kann er die Vornahme der Verfügung von dem Vertreter verlangen. auf das Pfandrecht für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber finden auch die Vorschriften des § 1188 1188. Zur Bestellung einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung aus den Inhaber genügt die Erklärung des Eigenthümers gegenüber dem Grundbuchamte, daß er die Hypothek bestelle, und die Eintragung in das Grundbuch; die Vorschrift des § 878 findet Anwendung. Die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte nach § 1170 ist nur zulässig, wenn die im § 801 bezeichnete Vorlegungsfrist ver­ strichen ist. Ist innerhalb der Frist die Schuldverschreibung vorgelegt

oder der Anspruch aus der Urkunde gerichtlich geltend gemacht worden, so kann die Ausschließung erst erfolgen, wenn die Verjährung ein­ getreten ist. entsprechende Anwendung. 1271. Das Pfandrecht kann in der Weise bestellt werden, daß nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Schiff haften soll, bestimmt, im Uebrigen die Feststellung der Forderung Vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß in das Schiffsregister eingetragen werden. Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbctrag eingerechnet. 1272. Die Vorschriften der §§ 1260 bis 1271 gelten auch für das Pfandrecht an einer Schifsspart. G üb. d. Angelegenh. d. freiwilligen Gerichtsbarkeit 17./5. 98. 100. In Ansehung eines Pfandrechts an einem im Schifssregister ein­ getragenen Schiffe soll, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, eine Eintragung nur aus Antrag erfolgen. Der Zeitpunkt, in welchem der An­ trag bei der Registerbehörde eingeht, soll aus dem Anträge genau vermerkt werden. Antragsberechtigt ist Jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll. Die Vorschriften der §§ 14 bis 18 der Grundbuchordnung finden entsprechende Anwendung.

101. Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. 102. Zur Berichtigung des Schiffsregisters bedarf es der Bewilligung desjenigen, dessen Recht von der Berichtigung betroffen wird, nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Versugungsbeschränkung. 103. Ist eine Vormerkung oder ein Widerspruch auf Grund einer einstweiligen Verfügung eingetragen, so bedarf es zur Löschung nicht der Bewilligung des Berechtigten, wenn die einstweilige Verfügung durch eine vollstreckbare Entscheidung ausgehoben ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung eine Vormerkung oder ein Wider spruch eingetragen ist. 104. Soll die Uebcrtragung einer Forderung, für die ein Pfandrecht am Schiffe eingetragen ist oder für die ein solches Pfandrecht als Pfand hastet, eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Belastung der Forderung eingetragen werden soll.

105. Ein Pfandrecht am Schiffe darf nur mit Zustimmung des ein­ getragenen Eigenthümers, ein das Pfandrecht belastendes Recht nur mit Zustimmung des eingetragenen Pfandgläubigers gelöscht werden. Für eine Löschung, die zur Berichtigung des Schiffsregisters erfolgen soll, ist die Zustimmung nicht erforderlich, wenn die Unrichtigkeit des Registers nach­ gewiesen wird.

106. In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht er­ forderlich ist, in dem Eintragungsantrage sind der Name und die Ordnungs­ nummer, unter welcher das Schiff int Schiffsregister eingetragen ist, sowie die einzutragenden Geldbeträge in Reichswährung anzugeben. 107. Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Eintragungs­ bewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen vor der Registerbehörde zu Protokoll gegeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Ändere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei der Registerbehörde offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. Die Vorschriften der §§ 33 bis 38 der Gruudbuchordnung finden entsprechende Anwendung. 108. Für den Eintragungsantrag sowie für die Vollmacht zur Stellung eines solchen gelten die Vorschriften des § 107 Abs. 1 nur, wenn durch den Antrag zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung ersetzt werden soll. 109. Erklärungen, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen oder eine zur Stellung des Eintragungsantrags ertheilte Vollmacht widerrufen wird, bedürfen der im § 107 Abs. 1 vorgeschriebenen Form. 110. In den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, die Registerbehörde um eine Eintragung zu ersuchen, erfolgt die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde.

111. Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn derjenige, dessen Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Ist derjenige, dessen Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so findet die Vorschrift des Abs. 1 keine An­ wendung, wenn die Uebertragung oder die Aushebung des Rechtes eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erb­ lassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird. Das Gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist. 112. Bei einem Pfandrechte für die Forderung aus einer Schuldver­ schreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Urkunde vorgelegt wird. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines nach den §§ 1189, 1270 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs [f. S. 237] bestellten Vertreters oder aus Grund einer gegen diesen er­ lassenen gerichtlichen Entscheidung bewirkt werden soll.

113. Jede Eintragung soll den Tag, an welchem sie erfolgt ist, angeben und mit der Unterschrift des zuständigen Beamten versehen werden. 114. Die Eintragungen erhalten diejenige Reihenfolge, welche der Zeit­ folge der Anträge entspricht; sind die Anträge gleichzeitig gestellt, so ist, wenn unter den Eintragungen ein Rangverhältniß besteht, im Schiffsregister zu ver­ merken, daß die Eintragungen gleichen Rang haben.

Diese Vorschriften finden insoweit keine Anwendung, als das Rangverhältniß von den Antragstellern abweichend bestimmt ist. 115. Die Löschung eines Rechtes oder einer Verfügungsbeschränkuug erfolgt durch Eintragung eines LSschungsvermerkes. 116. Werden mehrere Schiffe mit einem Pfandrechte belastet, so ist aus dem Blatte jenes Schisses die Mitbelastung der übrigen von Amtswegen er­ kennbar zu machen. Das Gleiche gilt, wenn mit einem an einem Schisse be­ stehenden Psandrechte nachträglich noch ein anderes Schiss belastet wird. Soweit eine Mitbelastung erlischt, ist dies von Amtswegen zu vermerken. 117. Bei der Eintragung eines Pfandrechts für Theilschuldverschreibungen aus den Inhaber genügt es, wenn der Gesamtbetrag der Forderungen unter Angabe der Anzahl, des Betrags und der Bezeichnung der Theile eingetragen wird. 118. Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies bei der Ein­ tragung des Erben des Gläubigers von Amtswegen miteinzutragen, es sei denn, daß das eingetragene Recht der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt. 119. Ergiebt sich, daß die Registerbehörde unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Schiffsregister unrichtig geworden ist, so ist von Amtswegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amtswegen zu löschen. 120. Jede Eintragung ist baldthunlichst auf dem Schissscertisikat oder dem Schisfsbriefe zu vermerken. Wird eine Urkunde über die Pfandforderung vorgelegt, so ist die Ein' tragung auch auf dieser Urkunde unter kurzer Bezeichnung des Inhalts der Eintragungen, welche dem Pfandrecht int Range vorgehen oder gleichstehen, zu vermerken. Der Vermerk ist mit Unterschrift und Siegel zu versehen.

1*21. Jede Eintragung soll dem Antragsteller und dem eingetrageneil Eigenthümer sowie im Uebrigen allen aus dem Schisssregister ersichtlichen Personen bekannt gemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden. 122. Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß die Registerbehörde angewiesen wird, nach § 119 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzu­ nehmen. 123. Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung durch eine einst­ weilige Anordnung der Registerbehörde aufgeben, eine Vormerkung oder einen Widerspruch einzutragen. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amtswegen gelöscht, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder zurückgewiesen wird. 124. Bei der Einlegung der weiteren Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bedarf es der Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht, wenn die Beschwerde von dem Notar eingelegt wird, der die zu der Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt und im Namen eines An-

Part) veräußert, so kann die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zum Eigenthumsübergang erforderliche Uebergabe durch die zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber getroffene Vereinbarung ersetzt werden, daß das Eigenthum sofort auf den Erwerber über­ gehen soll. 8 475. [440.] In allen Fällen der Veräußerung eines Schiffes oder einer Schisfspart kann jeder Theil verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Veräußerung er­ theilt wird. 8 476. [441.] Wird ein Schiff oder eine Schiffspart veräußert, während sich das Schiff auf der Reise befindet, so ist im Verhält­ nisse zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber in Ermangelung einer anderen Vereinbarung anzunehmen, daß dem Erwerber der Gewinn der laufenden Reise gebühre oder der Verlust der laufenden Reise zur Last falle. 8 477. [442.] Durch die Veräußerung eines Schiffes oder einer Schiffspart wird in den persönlichen Verpflichtungen des Ver­ äußerers gegen Dritte nichts geändert. 8 478. [443 Abs. 2, 3.] Zubehör eines Schiffes sind auch die Schisssboote. Im Zweifel werden Gegenstände, die in das Schisssinventar eingetragen sind, als Zubehör des Schiffes angesehen. 8 479. [444.] Im Sinne dieses vierten Buches gilt ein see­ untüchtig gewordenes Schiss: 1. als reparaturunfähig, wenn die Reparatur des Schiffes über­ haupt nicht möglich ist oder an dem Orte, wo sich das Schiff befindet, nicht bewerkstelligt, das Schiff auch nicht nach dem Hasen, wo die Reparatur auszuführeu wäre, gebracht werden kann; 2. als reparaturunwürdig, wenn die Kosten der Reparatur ohne Abzug für den Unterschied zwischen alt und neu mehr betragen würden als drei Viertheile seines früheren Werthes. tragsberechtigten den Eintragungsantrag gestellt hat. Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt. 1 BGB 97. Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandtheile der Hauptsache zu sein, dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen be­ stimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehre nicht als Zubehör angesehen wird. » Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirthschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorüber­ gehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehör­ eigenschaft nicht auf. ,v rieb b c v >1, ^aiibebJgcfijbi]

7.

16

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VSV Buch IV. Geehandel. «bschn. L § 480—483. tofdjn. IL 8 484—491.

Ist die Seeuntüchtigkeit während einer Reise eingetreten, so gilt als der frühere Werth derjenige, welchen das Schiss bei dem Antritte der Reise gehabt hat, in den übrigen Fällen der­ jenige, welchen das Schiff, bevor es seeuntüchtig geworden ist, gehabt hat oder bei gehöriger Ausrüstung gehabt haben würde. 8 480. [435 Abs. 1 Nr. 3, 448.] Als Heimathshafen des Schisffes gilt der Hafen, von welchem aus die Seefahrt mit dem Schiffe betrieben wird. Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs, welche sich auf den Aufent­ halt des Schiffes im Heimathshafen beziehen, können durch die Landesgesetze auf alle oder einige Häfen des Reviers des Heimathshafcns ausgedehnt werden. 8 481.1 [445.] Zur Schiffsbesatzung werden gerechnet der Schiffer, die Schiffsofsiziere, die Schiffsmannschaft sowie alle übrigen auf dem Schiffe angestellten Personen. 8 482. [446 Abs. 1.] Tie Zwangsversteigerung eines Schiffes im Wege der Zwangsvollstreckung darf nicht angeordnet werden, wenn das Schiff zum Abgehen fertig (segelfertig) ist. Auch darf ein segel­ fertiges Schiff nicht mit Arrest belegt werden.2 Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn die Schuld, wegen deren die Zwangsversteigerung oder der Arrest stattfinden soll, zum Behufe der bevorstehenden Reise eingegangen ist. 8 483. [447.] Wenn in diesem vierten Buche die europäischen Häfen den außereuropäischen Häfen entgegengesetzt werden, so sind unter den ersteren sämmtliche Häfen des Mittelländischen, Schivarzen mit) Azowschen Meeres als mitbegrisfen anzusehen.

Zweiter Abschnitt.

Rheder und Rhederei.

8 484. [450.] Rheder ist der Gigenthümer3 eines ihm zum Er­ werbe durch die Seefahrt dienenden Schiffes. 1 In der Fassung des G. 2./6. 1902 ^RGBl 218V 2 CPO 904 [785]. Tie Haft ist unstatthaft .... 3. gegen den Schisser, die Schiffsmannschaft und alle übrigen auf einem Seeschiff angestellten Personen, wenn das Schiff zum Abgehen fertig (segelfertig) ist. Vgl. auch 885 [771] Abs. 1. Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein bewohntes Schiss herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitze zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. 3 Ges. über die Kriegsleistungen 13./6. 73, 23, 24 (RGBl 129), dazu V 1./4. 76 (RGBl 137). Ges. über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden. Fassung v. 24./Ö. 98, 10 (RGBl 361), dazu V 13./7. 98 (RGBl 921).

8 485. [451.] Der Rheder ist für den Schaden verantwortlich, den eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten durch ihr Ver­ schulden in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen zufügt. 8 486. [452.] Der Rheder haftet für den Anspruch eines Dritten nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht: 1. wenn der Anspruch auf em Rechtsgeschäft gegründet wird, welches der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befug­ nisse und nicht mit Bezug auf eine besondere Vollmacht ge­ schlossen hat; 2. wenn der Anspruch auf die Nichterfüllung oder auf die un­ vollständige oder mangelhafte Erfüllung eines von dem Rheder abgeschlossenen Vertrags gegründet wird, sofern die Ausführung des Vertrags zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört hat, ohne Unterschied, ob die Nichterfüllung oder die unvoll­ ständige oder mangelhafte Erfüllung von einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht; 3. wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung gegründet wird. Diese Vorschrift findet in den Fällen der Nr. 1, 2 keine An­ wendung, wenn den Rheder selbst in Ansehung der Vertragserfüllung ein Verschulden trifft oder wenn er die Vertragserfüllung besonders gewährleistet hat. 8 487. [453 Abs. 1.] Der Rheder haftet für die Forderungen der zur Schifssbesatzung gehörenden Personen aus den Dienst- und Heuerverträgen nicht nur mit Schiff und Fracht, sondern persönlich. 8 488. [455.] Der Rheder als solcher kann wegen eines jeden Anspruchs, ohne Unterschied, ob er persönlich oder nur mit Schiff und Fracht haftet, vor dem Gerichte des Heimathshafens (§ 480) belangt werden. 8 489. [456.] Wird von mehreren Personen ein ihnen ge­ meinschaftlich zustehendes Schiff zum Erwerbe durch die Seefahrt für gemeinschaftliche Rechnung verwendet, so besteht eine Rhederei. Der Fall, wenn das Schiff einer Handelsgesellschaft gehört, wird durch die Vorschriften über die Rhederei nicht berührt. 8 490. [457.] Das Rechtsverhältniß der Mitrheder unter ein­ ander bestimmt sich zunächst nach dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrage. Soweit eine Vereinbarung nicht getroffen ist, finden die nachstehenden Vorschriften Anwendung. 8 491. [458.] Für die Angelegenheiten der Rhederei sind die Beschlüsse der Mitrheder maßgebend. Bei der Beschlußfassung ent­ scheidet die Mehrheit der Stimmen. Die Stimmen werden nach der Größe der Schiffsparten berechnet; die Stimmenmehrheit für einen 16*

Beschluß ist vorhanden, wenn der Person oder den Personen, welche für den Beschluß gestimmt haben, zusammen mehr als die Hälfte des ganzen Schiffes gehört. Einstimmigkeit sämmtlicher Mitrheder ist erforderlich zu Be­ schlüssen, die eine Abänderung des Rhedereivertrags bezwecken oder die den Bestimmungen des Rhedereivertrags entgegen ober dem Zwecke der Rhederei fremd sind. § 492. [459.] Durch Beschluß der Mehrheit kann für den Rhedereibetrieb ein Korrespondentrheder (Schiffsdirektor, Schiffs disponent) bestellt werden. Zur Bestellung eines Korrespondent rheders, der nicht zu den Mitrhedern gehört, ist ein einstimmiger Beschluß erforderlich. Die Bestellung des Korrespondentrheders kann zu jeder Zeit durch Stimmenmehrheit widerrufen werden, unbeschadet des All spruchs aus die vertragsmäßige Vergütung. 8 493. [460 Abs. 1 bis 5.) Im Verhältnisse zu Dritten ist der Korrespondentrheder kraft seiner Bestellung befugt, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Geschäftsbetrieb einer Rhederei gewöhnlich mit sich bringt. Diese Befugniß erstreckt sich insbesondere auf die Ausrüstung, die Erhaltung und die Verfrachtung des Schiffes, auf die Versicherung der Fracht, der Ausrüstungskosten und der Havereigelder sowie auf die mit dem gewöhnlichen Geschäftsbetriebe verbundene Empfangnahme von Geld. Der Korrespondentrheder ist in demselben Umfange befugt, die Rhederei vor Gericht zu vertreten. Er ist befugt, den Schiffer anzustellen und zu entlassen; der Schiffer hat sich nur an dessen Anweisungen und nicht auch au die etwaigen Anweisungen der einzelnen Mitrheder zu halten. Im Namen der Rhederei oder einzelner Mitrheder Wechsel Verbindlichkeiten einzugehen oder Darlehen aufzunehmen, das Schiff oder Schiffsparten zu verkaufen oder zu verpfänden, sowie für das Schiff oder für Schiffsparten Versicherung zu nehmen, ist der Korrespondentrheder nicht befugt, es sei denn, daß ihm eine Vollmacht hierzu besonders ertheilt ist. 8 494. [461.] Durch ein Rechtsgeschäft,, welches der Korre­ spondentrheder als solcher innerhalb der Grenzen seiner Befugnisse schließt, wird die Rhederei dem Dritten gegenüber auch dann be­ rechtigt und verpflichtet, wenn das Geschäft ohne Nennung der ein­ zelnen Mitrheder geschlossen wird. Ist die Rhederei durch ein von dem Korrespondentrheder ab­ geschlossenes Geschäft verpflichtet, so haftell die Mitrheder in gleichem

Umfange (§ 486), als wenn das Geschäft von ihnen selbst ge­ schlossen wäre. § 495. [462.] Eine Beschränkung der im § 493 bezeichneten Befugnisse des Korrespondentrheders kann die Rhederei einem Dritten nur entgegensetzen, wenn die Beschränkung dem Dritten zur Zeit des Abschlusses des Geschäfts bekannt war.

§ 496. [463.] Der Rhederei gegenüber ist der Korrespondent­ rheder verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche von ihr für den Umfang seiner Befugnisse festgesetzt sind; er hat sich ferner nach den gefaßten Beschlüssen zu richten und die Beschlüsse zur Aus­ führung zu bringen. Im Uebrigen ist der Umfang seiner Befugnisse auch der Rhederei gegenüber nach den Vorschriften des § 493 mit der Maßgabe zu beurtheilen, daß er zu neuen Reisen und Unternehmungen, zu außer­ gewöhnlichen Reparaturen sowie zur Anstellung oder zur Entlassung des Schiffers vorher die Beschlüsse der Rhederei einzuholen hat. § 497. [464.] Der Korrespondentrheder ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Rhederei die Sorgfalt eines ordentlichen Rheders anzuwenden. § 498. [465.] Der Korrespondentrheder hat über seine die Rhederei betreffende Geschäftsführung abgesondert Buch zu führen und die dazu gehörigen Belege aufzubewahren. Er hat auch jedem Mitrheder auf dessen Verlangen Kenntniß von allen Verhältnissen zu geben, die sich auf die Rhederei, insbesondere auf das Schiff, die Reise und die Ausrüstung, beziehen; er hat ihm jederzeit die Einsicht der die Rhederei betreffenden Bücher, Briefe und Papiere zu gestatten. § 499. [466.] Der Korrespondentrheder ist verpflichtet, jederzeit auf Beschluß der Rhederei dieser Rechnung zu legen. Die Ge­ nehmigung der Rechnung sowie die Billigung der Verwaltung des Korrespondentrheders durch die Mehrheit hindert die Minderheit nicht, ihr Recht geltend zu machen. 8 500. [467 Abs. 1, 2 S. 1, 3.] Jeder Mitrheder hat nach dem Verhältnisse seiner Schiffspart zu den Ausgaben der Rhederei, insbesondere zu den Kosten der Ausrüstung und der Reparatur des Schiffes, beizutragen.

Ist ein Mitrheder mit der Leistung seines Beitrags im Ver­ zug und wird das Geld von Mitrhedern für ihn vorgeschossen, so ist er diesen zur Entrichtung von Zinsen von dem Zeitpunkte der Vorschüsse an verpflichtet. Durch den Vorschuß wird ein versicher­ bares Interesse hinsichtlich der Schiffspart für die Mitrheder be-

gründet. Im Falle der Versicherung dieses Interesses hat der säumige Mitrheder die Kosten der Versicherung zu ersetzen.1 8 501, [468.]2 Wenn eine neue Reise oder wenn nach der Beendigung einer Reise die Reparatur des Schiffes oder wenn die Befriedigung eines Gläubigers beschlossen worden ist, dem die Rhederei nur mit Schiff und Fracht haftet, so kann jeder Mitrheder, welcher dem Beschlusse nicht zugestimmt hat, sich von der Leistung der zur Ausführung des Beschlusses erforderlichen Einzahlungen dadurch be­ freien, daß er seine Schiffspart ohne Anspruch auf Entgelt aufgiebt. Ter Mitrheder, welcher von dieser Befugniß Gebrauch machen will, muß dies den Mitrhedern oder dem Korrespondentrheder binnen drei Tagen nach dem Tage des Beschlusses oder, wenn er bei der Beschlußfassung nicht anwesend und nicht vertreten war, binnen drei Tagen nach der Mittheilung des Beschlusses gerichtlich oder notariell kundgeben. Tie aufgegebene Schiffspart fällt den übrigen Mitrhedern nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Schiffsparten zu. 8 502. [469.] Tie Vertheilung des Gewinns und Verlustes geschieht nach der Größe der Schiffsparten. Tie Berechnung des Gewinns und Verlustes und die Aus1 BGB 756. Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Berichtigung seiner Forderung aus dem auf den Schuldner entfallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen. Die Vor­ schriften des § 755 Abs. 2, 3 755 Abs. 2. Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend gemacht werden. Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des gemeinschaft­ lichen Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach § 753 zu erfolgen. 753. Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über den Psandverkauf, bei Grund­ stücken durch Zwangsversteigerung, und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an einen Dritten unstatthaft, so ist der Gegen­ stand unter den Theilhabern zu versteigern. Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg, so kann jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt. finden Anwendung. 731 Satz 2 s. S. 160. 2 In Mecklenburg-Schwerin gelten statt des § 501 die §§ 9—21 der V vom 9 /4. 99. Siehe Anhang XXVI, 11.

zahlung des etwaigen Gewinns erfolgt jedesmal, nachdem das Schiff in den Heimathshafen zurückgekehrt ist oder nachdem es in einem anderen Hasen seine Reise beendigt hat und die Schiffsmannschaft entlassen ist. Außerdem muß auch vor dem erwähnten Zeitpunkte das ein­ gehende Geld, soweit es nicht zu späteren Ausgaben oder zur Deckung von Ansprüchen einzelner Mitrheder an die Rhederei erforderlich ist, unter die einzelnen Mitrheder nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Schiffsparten vorläufig vertheilt und ausgezahlt werden. 8 503. [470 Abs. 1, 2, Satz 2.] Jeder Mitrheder kann seine Schiffspart jederzeit und ohne Einwilligung der übrigen Mitrheder ganz oder theilweise veräußern. Tie Veräußerung einer Schiffspart, in Folge deren das Schiff das Recht, die Reichsflagge zu führen, verlieren würde, kann nur mit Zustimmung aller Mitrheder erfolgen. 8 504. [471.] Der Mitrheder, welcher seine Schiffspart ver­ äußert hat, wird, solange die Veräußerung von ihm und dem Er­ werber den Mitrhedern oder dem Korrespondentrheder nicht ange­ zeigt worden ist, im Verhältnisse zu den Mitrhedern noch als Mit­ rheder betrachtet und bleibt wegen aller vor dieser Anzeige be­ gründeten Verbindlichkeiten als Mitrheder den übrigen Mitrhedern verhaftet. Ter Erwerber der Schisfspart ist jedoch im Verhältnisse zu den übrigen Mitrhedern schon seit dem Zeitpunkte der Erwerbung als Mitrheder verpflichtet. Er muß die Bestimmungen des Rhedereivertrags, die gefaßten Beschlüsse und eingegangenen Geschäfte gleichwie der Veräußerer gegen sich gelten lassen; die übrigen Mitrheder können außerdem alle gegen den Veräußerer als Mitrheder begründeten Verbindlich­ keiten in Bezug auf die veräußerte Schiffspart gegen den Erwerber zur Aufrechnung bringen, unbeschadet des Rechtes des Erwerbers auf Gewährleistung gegen den Veräußerer. 8 505. [472.] Eine Aenderung in den Personen der Mit­ rheder ist ohne Einfluß auf den Fortbestand der Rhederei. Stirbt ein Mitrheder oder wird der Konkurs über das Ver­ mögen eines Mitrheders eröffnet, so hat dies die Auflösung der Rhederei nicht zur Folge. Eine Aufkündigung von Seiten eines Mitrheders oder eine Ausschließung eines Mitrheders findet nicht statt. 8 506. [473.] Die Auflösung der Rhederei kann durch Stimmenmehrheit beschlossen werden. Der Beschluß, das Schiff zu veräußern, steht dem Beschlusse der Auflösung gleich.

248 HGB Buch IV. Leehandel. Löschn. II. 8 507-510. Löschn. III. 8 511-514. Ist die Auflösung der Rhederei oder die Veräußerung des Schiffes beschlossen, so muß das Schiff öffentlich verkauft werden. Ter Verkauf kann nur geschehen, wenn das Schiff zu einer Reise nicht verfrachtet ist und sich in dem Heimathshafen oder in einem inländischen Hafen befindet. Ist jedoch das Schiff als reparatur­ unfähig oder reparaturunwürdig kondemnirt (§ 479), so kann der Verkauf, auch wenn das Schiff verfrachtet ist, und selbst im Aus land erfolgen. Soll von diesen Vorschriften abgewichen werden, so ist die Zustimmung aller Mitrheder erforderlich. § 507. [474.] Tie Mitrheder als solche haften Tritten, wenn ihre persönliche Haftung eintritt, nur' nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Schifssparten. Ist eine Schiffspart veräußert, so haften für die in der Zeit zwischen der Veräußerung und der im § 504 erwähnten Anzeige etwa begründeten persönlichen Verbindlichkeiten rücksichtlich dieser Schisfspart sowohl der Veräußerer als der Erwerber. 8 508. [475.] Tie Mitrheder als solche können wegen eines jeden Anspruchs, ohne Unterschied, ob dieser von einem Mitrheder oder von einem Tritten erhoben wird, vor dem Gerichte des Heimathshafens (§ 480) belangt werden. Tiefe Vorschrift kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Klage nur gegen einen Mitrheder oder gegen einige Mitrheder gerichtet wird. 8 509. [476.] Auf die Vereinigung zweier oder mehrerer Personen, ein Schiff für gemeinschaftliche Rechnung zu erbauen und zur Seefahrt zu verwenden, finden die Vorschriften der §§ 490, 491, 500, 505 sowie des' § 507 Absatz 1 und, sobald das Schiff vollendet und von dem Erbauer abgeliefert ist, außerdem die Vor­ schriften der §§ 503, 504, 506 sowie des § 507 Msatz 2 Anwendung; die Vorschrift des § 500 gilt auch für die Baukosten. Ein Korrespondentrheder (§ 492) kann schon vor der Vollendung des Schiffes bestellt werden; er hat in diesem Falle sogleich nach seiner Bestellung in Bezug auf den künftigen Rhedcreibetrieb die Rechte und Pflichten eines Korrespondentrheders. 8 510. [477.] Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zum Erwerbe durch die Seefahrt für seine Rechnung verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut, wird im Verhältnisse zu Tritten als der Rheder angesehen. Ter Eigenthümer kann denjenigen, welcher aus der Verwendung einen Anspruch als Schiffsgläubiger herleitet, an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern, es sei denn, daß die Verwendung ihm

gegenüber eine widerrechtliche und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war. Dritter Abschnitt. Schiffer.^

8 51L [478.] Der Führer des Schiffes (Schiffskapitän, Schiffer) ist verpflichtet, bei allen Tienstverrichtungen, namentlich bei der Er­ füllung der von ihm auszusührenden Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers anzuwenden. Er haftet für jeden durch sein Verschulden entstehenden Schaden, insbesondere für den Schaden, welcher aus der Verletzung der in diesem und den folgenden Ab­ schnitten ihm auferlegten Pflichten entsteht. 8 512. [479.] Diese Haftung des Schiffers besteht nicht nur gegenüber dem Rheder, sondern auch gegenüber dem Befrachter, Ab­ lader und Ladungsempfänger, dem Reisenden, der Schiffsbesatzung und demjenigen Schiffsgläubiger, dessen Forderung aus einem Kredit­ geschäfte (§528) entstanden ist, insbesondere dem Bodmereigläubiger. Ter Schisser wird dadurch, daß er auf Anweisung des Rheders gehandelt hat, den übrigen vorgenannten Personen gegenüber von der Haftung nicht befreit. Durch eine solche Anweisung wird auch der Rheder persönlich verpflichtet, wenn er bei der Ertheilung der Anweisung von dem Sachverhältniß unterrichtet war. 8 513. [480.] Der Schiffer hat vor dem Antritte der Reise dafür zu sorgen, daß das Schiff in seetüchtigem Stande, gehörig eingerichtet und ausgerüstet, gehörig bemannt und verproviantirt ist und daß die zum Ausweise für Schiff, Besatzung und Ladung er­ forderlichen Papiere an Bord sind. 8 514. [481.] Der Schisser hat zu sorgen für die Tüchtigkeit der Geräthschasten zum Laden und Löschen sowie für die gehörige Stauung nach Seemannsbrauch, auch wenn die Stauung durch be­ sondere Stauer bewirkt wird. Er hat dafür zu sorgen, daß das Schiff nicht überladen und 1 G 2./G. 02 betr. die Verpflichtung der Kauffahrteischiffe zur Mitnahme heimzuschaffender Seeleute (RGBl 212). B. 15./8. 76 über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammen­ stoß von Schiffen auf See (RGBl 181). V 29./7. 89 (Anhang XXIII). G 25./Z. 80 betr. die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des Deutschen Reichs (RGBl 181); V dazu 28./7. 80 (RGBl 183). S 4./12. 76 betr. die Schonzeit für den Fang der Robben (RGBl 233); B dazu 2O./3. 77 (RGBl 409). G 25./10. 67 (Anhang XVIII). Vgl. auch An­ merkung zu Buch IV, Abschn. 8.

daß es mit dem nöthigen Ballast und der erforderlichen Garnirung versehen wird. 8 515. [482.] Wenn der Schiffer im Auslande die dort geltenden Vorschriften, insbesondere die Polizei-, Steuer- und Zoll­ gesetze nicht beobachtet, so hat er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Desgleichen hat er den Schaden zu ersetzen, welcher daraus entsteht, daß er Güter ladet, von denen er wußte oder wissen mußte, daß sie Kriegskontrebande seien. 8 516. [483.] Sobald das Schiff zum Abgehen fertig ist, hat der Schiffer die Reise bei der ersten günstigen Gelegenheit anzutrcten. Auch wenn er durch Krankheit oder andere Ursachen verhindert ist, das Schiff zu führen, darf er den Abgang des Schiffes oder die Weiterfahrt nicht ungebührlich aufhalten; er muß vielmehr, wenn Zeit und Umstände gestatten, die Anordnung des Rheders einzuholen, diesem ungesäumt die Verhinderung anzeigen und für die Zwischen zeit die geeigneten Vorkehrungen treffen, im entgegengesetzten Falle einen anderen Schiffer einsetzen. Für diesen Stellvertreter ist er nur insofern verantwortlich, als ihm bei dessen Wahl ein Verschulden zur Last fällt.

8 517. [484.] Vom Beginne des Ladens an bis zur Beendigung der Löschung darf der Schiffer das Schiff gleichzeitig mit dem Steuermanne nur in dringenden Fällen verlassen; er hat in solchen Fällen zuvor aus den Schisfsofsizieren oder der übrigen Mann­ schaft einen geeigneten Vertreter zu bestellen. Dasselbe gilt auch vor dem Beginne des Ladens und nach der Beendigung der Löschung, wenn das Schiff in einem nicht sicheren Hasen oder aus einer nicht sicheren Rhede liegt. Bei drohender Gefahr oder wenn das Schiff sich in See be findet, muß der Schiffer an Bord sein, sofern nicht eine dringende Nothwendigkeit seine Abwesenheit rechtfertigt. 8 518. [485.] Wenn der Schiffer in Fällen der Gefahr mit den Schifssofsizieren einen Schiffsrath zu halten für angemessen findet, so ist er gleichwohl an die gefaßten Beschlüsse nicht gebunden; er bleibt stets für die von ihm getroffenen Maßregeln verantwortlich. 8 519. [486.] Auf jedem Schiffe muß ein Tagebuch geführt werden, in welches für jede Reise alle erheblichen Begebenheiten, seit mit dem Einnehmen der Ladung oder des Ballastes begonnen ist, ein zutragen sind. Das Tagebuch wird unter der Aufsicht des Schiffers von dem Steuermann und im Falle der Verhinderung des letzteren von dem

Schiffer selbst oder unter seiner Aufsicht von einem durch ihn zu be­ stimmenden geeigneten Schisfsmanne geführt. g 52V. [487.] Von Tag zu Tag sind in das Tagebuch ein­ zutragen : die Beschaffenheit von Wind und Wetter; die von dem Schiffe gehaltenen Kurse und zurückgelegten Entfernungen; die ermittelte Breite und Länge; der Wasserstand bei den Pumpen. Ferner sind in das Tagebuch einzutragen: die durch das Loth ermittelte Wassertiefe; jedes Annehmen eines Lootsen und die Zeit seiner Ankunft und seines Abganges; die Veränderungen im Personal der Schiffsbesatzung; die im Schiffsrathe gefaßten Beschlüsse; alle Unfälle, die dem Schiffe oder der Ladung zustoßen, und eine Beschreibung dieser Unfälle. Auch die auf dem Schiffe begangenen strafbaren Handlungen und die verhängten Disziplinarstrafen sowie die vorgekommenen Geburts­ und Sterbefälle1 sind in das Tagebuch einzutragen. Tie Eintragungen müssen, soweit nicht die Umstände es hindern, täglich geschehen. Das Tagebuch ist von dem Schiffer und dem Steuermanne zu unterschreiben. § 521. [459.] Die Landesgesetze können bestimmen, daß aus kleineren Fahrzeugen (Küstenfahrern und dergleichen) die Führung eines Tagebuchs nicht erforderlich ist. § 522. [490.] Der Schiffer hat über alle Unfälle, die sich während der Reise ereignen, sie mögen den Verlust oder die Be­ schädigung des Schiffes oder der Ladung, das Einlaufen in einen Nothhafen oder einen sonstigen Nachtheil zur Folge haben, mit Zu­ ziehung aller Personen der Schiffsbesatzung oder einer genügenden Anzahl von ihnen eine Verklarung abzulegen. Die Verklarung ist ohne Verzug zu bewirken und zwar: im Bestimmungshafen oder bei mehreren Bestimmungshäfen in demjenigen, welchen das Schiff nach dem Unfälle zu­ erst erreicht; im Nothhafen, sofern in diesem reparirt oder gelöscht wird; am ersten geeigneten Orte, wenn die Reise endet, ohne daß der Bestimmungshafen erreicht wird. 1 G 6./2. 75 (RGBl S. 23) über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, 61—64.

Ist der Schisser gestorben oder außer Stande, die Aufnahme der Verklarung zu bewirken, so ist hierzu der im Range nächste Schifssoffizier berechtigt und verpflichtet. 8 523. [491.] Die Verklarung muß einen Bericht über die erheblichen Begebenheiten der Reise, namentlich eine vollständige und deutliche Erzählung der erlittenen Unfälle unter Angabe der zur Abwendung oder Verringerung der Nachtheile angewendeten Mittel, enthalten. 8 524. [492.] Im Gebiete dieses Gesetzbuchs muß die Ver klarung, unter Vorlegung des Tagebuchs und eines Verzeichnisses aller Personen der Schisssbesatzung, bei dem zuständigen Gericht' angemeldet werden. Das Gericht hat nach Eingang der Anmeldung sobald als thunlich die Verklarung aufzunehmen. Der dazu anberaumte Termin wird in geeigneter Weise öffent­ lich bekannt gemacht, sofern die Umstände einen solchen Aufenthalt gestatten. Die Interessenten von Schiff 'und Ladung sowie die etwa sonst bei dem Unfälle Betheiligten sind berechtigt, selbst oder durch Ver­ treter der Ablegung der Verklarung beizuwohnen. Die Verklarung geschieht aus der Grundlage des Tagebuchs. Kann das geführte Tagebuch nicht beigebracht werden oder ist ein Tagebuch nicht geführt (§ 521), so ist der Grund hiervon anzugeben. 8 525. [493.] Der Richter ist befugt, außer den gestellten noch andere Personen der Schiffsbesatzung, deren Abhörung er an­ gemessen findet, zu vernehmen. Er kann zum Zwecke besserer Auf klärung dem Schiffer sowie jeder anderen Person der Schisssbesatzung geeignete Fragen zur Beantwortung vorlegen. Ter Schiffer und die zugezogenen übrigen Personen der Schiffs­ besatzung haben ihre Aussagen zu beschwören. Tie über die Verklarung aufgenommene Verhandlung ist in Urschrift aufzubewahren und jedem Betheiligten aus Verlangen eine beglaubigte Abschrift zu ertheilen. 8 526. [495.] Rechtsgeschäfte, die der Schiffer eingeht, während sich das Schiff im Heimathshafen befindet, sind für den Rheder nur dann verbindlich, wenn der Schiffer auf Grund einer Vollmacht gehandelt hat oder wenn ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund vorhanden ist. 1 Nach G 8./11. 67 (BGBl S. 143) sind im Auslande die Bundes­ konsulate dazu zuständig.

Zur Annahme der Schiffsmannschaft ist der Schiffer auch int Heimathshafen befugt. 8 527. [496.] Befindet sich das Schiff außerhalb des Heimathshafens, so ist der Schiffer Dritten gegenüber kraft seiner Anstellung befugt, für den Rheder alle Geschäfte und Rechtshandlungen vor­ zunehmen, welche die Ausrüstung, die Bemannung, die Berproviantirung und die Erhaltung des Schiffes sowie überhaupt die Aus­ führung der Reise mit sich bringen. Diese Besugniß erstreckt sich auch auf die Eingehung von Fracht­ verträgen: sie erstreckt sich ferner aus die Anstellung von Klagen, die sich auf den Wirkungskreis des Schiffers beziehen. 8 528. [497.] Zur Aufnahme von Darlehen, zur Eingehung von Käufen auf Borg sowie zum Abschluß ähnlicher Kreditgeschäfte ist der Schiffer nur dann befugt, wenn es zur Erhaltung des Schiffes oder zur Ausführung der Reise nothwendig, und nur in­ soweit, als es zur Befriedigung des Bedürfnisses erforderlich ist. Ein Bodmereigeschäft einzugehen, ist er nur dann befugt, wenn es zur Ausführung der Reise nothwendig, und nur insoweit, als es zur Befriedigung des Bedürfnisses erforderlich ist. Die Gültigkeit des Geschäfts ist weder von der wirklichen Ver­ wendung noch von der Zweckmäßigkeit der unter mehreren Kredit­ geschäften getroffenen Wahl noch von dem Umstand abhängig, ob dem Schiffer das erforderliche Geld zur Verfügung gestanden hat, es sei beim, daß der Dritte in bösem Glauben war. 8 529. [498.] Auf den persönlichen Kredit des Rheders Ge­ schäfte abzuschließen, insbesondere Wechselverbindlichkeiten für den Rheder einzugehen, ist der Schiffer nur aus Grund einer ihn hierzu ermächtigenden Vollmacht (§ 486 Absatz. 1 Nr. 1) befugt. Ver­ haltungsmaßregeln und dienstliche Anweisungen, die der Schisser vom Rheder erhält, genügen nicht, die persönliche Haftung des Rheders dem Dritten gegenüber zu begründen. 8 530. [499.] Die Besugniß zum Verkaufe des Schiffes hat der Schiffer nur im Falle dringender Nothwendigkeit und nur, nachdem diese durch das Ortsgericht nach Anhörung von Sachver­ ständigen und mit Zuziehung des deutschen Konsuls, wo ein solcher vorhanden, festgestellt ist. Ist keine Gerichtsbehörde und auch keine andere Behörde, welche die Untersuchung übernimmt, am Orte vorhanden, so hat der Schiffer zur Rechtfertigung seines Verfahrens das Gutachten von Sachver­ ständigen einzuholen und, wenn dies nicht möglich ist, sich mit anderen Beweisen zu versehen. Der Verkauf muß öffentlich geschehen.

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HSV Buch IV. Seehandel.

Adschn. III. § 531-540.

8 831. [500.] Der Rheder, welcher die gesetzlichen Befugnisse des Schiffers beschränkt hat, kann dem Dritten die Nichteinhaltung dieser Beschränkungen nur entgegensetzen, wenn sie dem Dritten bekannt waren. 8 532. [501.] Hat der Schiffer ohn? besonderen Auftrag für Rechnung des Rheders aus eigenen Mitteln Vorschüsse geleistet oder sich persönlich verpflichtet, so stehen ihm gegen den Rheder wegen des Ersatzes keine größeren Rechte als einem Tritten zu. 8 533. [502.] Durch ein Rechtsgeschäft, welches der Schiffer in seiner Eigenschaft als Führer des Schiffes, sei es mit, sei es ohne Bezeichnung des Rheders, innerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse schließt, wird der Rheder dem Tritten gegenüber berechtigt und die Haftung des Rheders mit Schiff und Fracht begründet. Der Schiffer selbst wird dem Dritten durch das Rechtsgeschäft nicht verpflichtet, es sei denn, daß er eine Gewährleistung für die Erfüllung übernimmt oder seine Befugnisse überschreitet. Die Haftung des Schiffers nach Maßgabe der §§ 511, 512 wird hierdurch nicht ausgeschlossen. 8 534. [503.] Auch dem Rheder gegenüber sind für den Umfang der Befugnisse des Schiffers die Vorschriften der §§ 526 bis 530 maßgebend, soweit nicht der Rheder diese Befugnisse be­ schränkt hat. Ter Schiffer ist verpflichtet, von dem Zustande des Schiffes, den Begebnissen der Reisen, den von ihm geschlossenen Verträgen und den anhängig gewordenen Prozessen den Rheder in fortlaufender Kenntniß zu erhalten und in allen erheblichen Fällen, namentlich in den Fällen der §§ 528, 530 oder wenn er eine Reise zu ändern oder einzustellen sich genöthigt findet, oder bei außergewöhnlichen Reparaturen und Anschaffungen, die Ertheilung von Verhaltungs­ maßregeln nachzusuchen, sofern die Umstände es gestatten. Zu außergewöhnlichen Reparaturen und Anschaffungen, selbst wenn er sie mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln des Rheders bestreiten kann, darf er nur im Falle der Nothwendigkeit schreiten. Wenn er sich das zur Bestreitung eines Bedürfnisses nöthige Geld nicht anders verschaffen kann als durch Bodmerei oder durch den Verkauf von entbehrlichem Schiffszubehör oder von entbehrlichen Schisssvorräthen, so hat er diejenige Maßregel zu ergreifen, welche für den Rheder mit dem geringsten Nachtheile verbunden ist. Er muß dem Rheder nach der Rückkehr in den Heimathshafen und außerdem, so oft es verlangt wird, Rechnung legen. 8 535. [504.] Im Interesse der Ladungsbetheiligten hat der

Schiffer während der Reise zugleich für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen. Werden zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes be­ sondere Maßregeln erforderlich, so liegt ihm ob, das Interesse der Ladungsbetheiligten als deren Vertreter wahrzunehmen, wenn thunlich ihre Anweisungen einzuholen und, soweit es den Verhältnissen entspricht, zu befolgen, sonst aber nach eigenem Ermessen zu ver­ fahren und überhaupt thunlichst dafür zu sorgen, daß die Ladungs­ betheiligten von solchen Vorfällen und den dadurch veranlaßten Maß­ regeln schleunigst in Kenntniß gesetzt werden. Er ist in solchen Fällen namentlich auch berechtigt, die Ladung ganz oder zu einem Theile zu löschen, äußerstenfalls, wenn ein er­ heblicher Verlust wegen drohenden Verderbs oder aus sonstigen Gründen anders nicht abzuwenden ist, zu verkaufen oder behufs der Beschaffung der Mittel zu ihrer Erhaltung und Weiterbeförderung zu verbodmen, sowie im Falle der Anhaltung oder Ausbringung zu reklamiren oder, wenn sie auf andere Weise seiner Verfügung ent­ zogen ist, ihre Wiedererlangung außergerichtlich und gerichtlich zu betreiben. § 536. [505.] Wird die Fortsetzung der Reise in der ur­ sprünglichen Richtung durch einen Zufall verhindert, so ist der Schiffer befugt, die Reise in einer anderen Richtung fortzusetzen oder sie auf kürzere oder längere Zeit einzustellen oder nach dem Ab­ gangshafen zurückzukehren, je nachdem es den Verhältnissen und den möglichst zu berücksichtigenden Anweisungen entspricht. Im Falle der Auflösung des Frachtvertrags hat er nach den Vorschriften des § 632 zu verfahren. g 537. [506.] Auf den persönlichen Kredit der Ladungs­ betheiligten Geschäfte abzuschließen, ist der Schiffer auch in den Fällen des § 535 nur auf Grund einer ihn hierzu ermächtigenden Vollmacht befugt. g 538. [507.] Außer den Fällen des § 535 ist der Schiffer zur Verbodmung der Ladung oder zur Verfügung über Ladungstheile durch Verkauf oder Verwendung nur befugt, soweit es zum Zwecke der Reise nothwendig ist. g 539. [508.] Gründet sich das Bedürfniß auf eine große Haverei und kann der Schiffer ihm durch verschiedene Maßregeln abhelfen, so hat er diejenige Maßregel zu ergreifen, welche für die Betheiligten mit dem geringsten Nachtheile verbunden ist. g 540. [509.] Liegt der Fall einer großen Haverei nicht vor, so ist der Schiffer zur Verbodmung der Ladung oder zur Ver­ fügung über Ladungstheile durch Verkauf oder Verwendung nur be-

fugt, wenn er dem Bedürfniß auf anderem Wege nicht abhelfen kann oder wenn die Wahl eines anderen Mittels einen unverhältnißmäßigen Schaden für den Rheder zur Folge haben würde. Auch in diesen Fällen kann er die Ladung nur zusammen mit dem Schiffe und der Fracht verbodmen (§ 680 Absatz 2). Er hat die Verbodmung vor dem Verkaufe zu wählen, es sei denn, daß die Verbodmung einen unverhältnißmäßigen Schaden für den Rheder zur Folge haben würde. 8 541. [510.] Die Verbodmung der Ladung oder die Ver­ fügung über Ladungstheile durch Verkauf oder Verwendung wird in den Fällen des § 540 als ein für Rechnung des Rheders ab­ geschlossenes Kreditgeschäft (§ 528, § 754 Nr. 6) angesehen. 8 542. [511.] In Bezug auf die Gültigkeit der in den Fällen der §§ 535, 538 bis 540 von dem Schiffer abgeschlossenen Rechts­ geschäfte finden die Vorschriften des § 529 Absatz 2 Anwendung. 8 543. [513.] Was der Schisser vom Befrachter, Ablader oder Ladungsempfänger außer der Fracht als Kaplaken, Primage oder sonst als Belohnung oder Entschädigung, gleichviel unter welchem Namen, erhält, hat er dem Rheder als Einnahme in Rechnung zu bringen. 8 544. [514.] Der Schiffer darf ohne Einwilligung des Rheders für eigene Rechnung keine Güter verladen. Handelt er dieser Vorschrift zuwider, so hat er dem Rheder die höchste am Ab­ ladungsorte zur Abladungszeit für solche Reisen und Güter be­ dungene Fracht zu erstatten, unbeschadet des Anspruchs des Rheders auf den Ersatz eines ihm verursachten höheren Schadens. 8 545. [515.] Der Schiffer kann, selbst wenn das Gegentheil vereinbart ist, jederzeit von dem Rheder entlassen werden, jedoch un­ beschadet seines Anspruchs auf Entschädigung. 8 546. [516.] Erfolgt die Entlassung, weil der Schisser un­ tüchtig befunden ist oder weil er seiner Pflicht nicht genügt, so er­ hält er nur dasjenige, was er von der Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile bis dahin verdient hat. 8 547? [517.] Wird ein Schiffer, der für eine bestimmte Reise angestellt ist, entlassen, weil die Reise wegen Krieg, Embargo oder Blokade wegen eines Einfuhr- oder Ausfuhrverbots oder wegen eines anderen Schiff oder Ladung betreffenden Zufalls nicht angetreten oder fortgesetzt werden kann, so erhält er gleichfalls nur dasjenige, was er von der Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile bis dahin verdient hat. Dasselbe gilt, wenn ein auf un­ bestimmte Zeit angestellter Schiffer aus einem der angeführten Gründe 1 3” der 3'tN'nmq deö (W 2 t». 02 3R6VBI 2OS;.

entlassen wird, nachdem er die Ausführung einer bestimmten Reise übernommen hat. Erfolgt in diesen Fällen die Entlassung während der Reise, so kann der Schiffer außerdem nach seiner Wahl entweder freie Rück­ beförderung nach dem Hasen, wo er geheuert worden ist, oder eine entsprechende Vergütung beanspruchen. Ein nach den Vorschriften dieses Gesetzbuchs begründeter An­ spruch auf freie Rückbeförderung umfaßt auch den Unterhalt während der Reise, sowie die Beförderung der Sachen des Schiffers. § 548.1 [518.] Wird ein Schiffer, der aus unbestimmte Zeit angestellt ist, aus anderen als den in den §§ 546, 547 angeführten Gründen entlassen, nachdem er die Ausführung einer bestimmten Reise übernommen hat, so erhält er außer demjenigen, was ihm nach den Vorschriften des § 547 gebührt, als Entschädigung noch die Heuer für einen Monat, und für die nach § 73 der Seemanns­ ordnung zu berechnende voraussichtliche Dauer seiner Reise nach dem Rückbeförderungshafen. 8 549.2 [519.] War die Heuer nicht zeitweise, sondern in Bausch und Bogen für die ganze Reise bedungen, so wird in den Fällen der §§ 546 bis 548 die verdiente Heuer mit Rücksicht auf den vollen Heuerbetrag nach dem Verhältnisse der geleisteten Dienste sowie des etwa zurückgelegten Theiles der Reise bestimmt. Zur Er­ mittelung der Heuer für einzelne Monate wird die durchschnittliche Dauer der Reise einschließlich der Ladungs- und Löschungszeit unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Schiffes in Ansatz ge­ bracht und danach die Heuer für die einzelnen Monate berechnet. Bei Berechnung der Heuer für einzelne Tage wird der Monat zu dreißig Tagen gerechnet.

8 550. [520.] Endet die Rückreise des Schiffes nicht in dem Heimathshafen und war der Schiffer für die Ausreise und die Rück­ reise oder auf unbestimmte Zeit angestellt, so hat der Schiffer An­ spruch auf freie Rückbeförderung nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, und auf Fortbezug der Heuer während der Reise oder nach seiner Wahl auf eine entsprechende Vergütung. 8 551. [521.] Der Schiffer, welcher auf unbestimmte Zeit an­ gestellt ist, muß, sobald er seine Reise angetreten hat, im Dienste verbleiben, bis das Schiff in den Heimathshafen oder in einen in­ ländischen Hafen zurückgekehrt und die Entlöschung erfolgt ist. Er kann jedoch seine Entlassung fordern, wenn seit der ersten 1 Fassung des G v. 2./6. 02 (RGBl 218). 2 Desgl. Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

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Abreise zwei oder drei Jahre verflossen sind, je nachdem sich das Schiff zur Zeit der Kündigung in einem europäischen oder in einem außereuropäischen Hafen befindet. Er hat in einem solchen Falle dem Rheder die zu seiner Ersetzung erforderliche Zeit zu gewähren und den Dienst inzwischen fortzusetzen, jedenfalls die laufende Reise zu beendigen. Ordnet der Rheder sofort nach der Kündigung die Rückreise an, so ist der Schiffer verpflichtet, das Schiff zurückzuführen.

8 552. [522.] Die Schissspart, mit welcher der Schiffer auf Grund einer mit den übrigen Rhedern getroffenen Vereinbarung als Mitrheder an dem Schiffe betheiligt ist, ist im Falle seiner unfrei­ willigen Entlassung auf sein Verlangen von den Mitrhedern gegen Auszahlung des durch Sachverständige zu bestimmenden SchätzungsWerths zu übernehmen. Dieses Recht des Schiffers erlischt, wenn er die Erklärung, davon Gebrauch zu machen, ohne Grund verzögert. 8 553. [523.]1 Falls der Schiffer nach dem Antritte des Dienstes erkrankt oder eine Verletzung erleidet, so trägt der Rheder die Kosten der Verpflegung und Heilbehandlung. Diese Verpflichtung erstreckt sich: 1. wenn der Schiffer wegen der Krankheit oder Verletzung die Reise nicht antritt, bis zum Ablaufe von drei Monaten seit der Erkrankung oder Verletzung; 2. wenn er die Reise angetreten hat, bis zum Ablaufe von drei Monaten nach dem Verlassen des Schiffes in einem deutschen Hafen und bis zum Ablaufe von sechs Monaten nach dem Ver­ lassen des Schiffes in einem anderen Hafen. Im Falle einer Verletzung hört die Verpflichtung des Rheders dem Verletzten gegenüber aus, sobald und soweit die Berufsgeuosseuschast die Fürsorge übernimmt. Der Rheder ist berechtigt, die Verpflegung und Heilbehandlung dem Schiffer in einer Krankenanstalt zu gewähren. Hat der Schiffer seinen Wohnsitz an dem Orte, wo er das Schiff verläßt, oder an dem Orte der Krankenanstalt, in welche er ausgenommen werdet! soll, so kann die Aufnahme nur erfolgen: 1. für den Schiffer, welcher verheiratet ist oder eine eigene Haus­ haltung hat, oder Mitglied der Haushaltung seiner Familie ist, mit seiner Zustimmung, oder unabhängig von derselben, i In der Fassung des G 2./6. 02 (RGBl 219). G 8./11. 67, 35 (BGBl S. 143). Die Bundeskonsulate sind befugt, an Stelle eines gestorbenen, erkrankten oder sonst zur Führung des Schiffes untauglich gewordenen Schiffers auf den Antrag der Betheiligten einen neuen Schissssührer einzusetzen.,

wenn die Art der Krankheit Anforderungen an die Behand­ lung oder Verpflegung stellt, welchen in der Familie des Er­ krankten oder Verletzten nicht genügt werden kann, oder wenn die Krankheit eine ansteckende ist, oder wenn der Zustand oder das Verhalten des Schiffers eine fortgesetzte Beobachtung er­ fordert ; 2. in sonstigen Fällen unbedingt. Ein Schiffer, der wegen Krankheit oder Verletzung außerhalb des Reichsgebiets zurückgeblieben ist, kann mit seiner Einwilligung und der des behandelnden Arztes oder des Seemannsamts nach einem deutschen Hafen in eine Krankenanstalt überführt werden. Ist der Schiffer außer Stande die Zustimmung zu erteilen, oder verweigert er sie ohne berechtigten Grund, so kann sie nach An­ hörung eines Arztes durch dasjenige Seemannsamt ersetzt werden, in dessen Bezirke der Schiffer sich zur Zeit befindet. Findet die Uebersührung statt, so erstreckt sich die Verpflichtung des Rheders stets nur bis zum Ablaufe von drei Monaten seit der Aufnahme in die Krankenanstalt des deutschen Hafens. Der Schiffer, welcher sich der Heilbehandlung ohne berechtigten Grund entzieht und hierdurch nach ärztlichem Gutachten die Heilung vereitelt oder wesentlich erschwert hat, verliert den Anspruch auf kostenfreie Verpflegung und Heilbehandlung. Ueber die Berechti­ gung des Grundes, sowie über Beginn und Dauer des Verlustes entscheidet vorläufig das Seemannsamt. Falls der Schiffer nicht mit dem Schiffe nach dem Heimathshafen, oder dem Hafen, wo er geheuert worden ist, zurückkehrt, gebührt ihm ferner freie Zurückbeförderung (§ 547) oder nach seiner Wahl eine entsprechende Vergütung. 8 553a»1 Die Heuer, einschließlich aller sonst bedungenen Vor­ theile, bezieht der erkrankte oder verletzte Schiffer: wenn er die Reise nicht antritt, bis zur Einstellung des Dienstes; wenn er die Reise angetreten hat, bis zu dem Tage, an welchem er das Schiff verläßt. Der Bezug der Heuer wird während des Aufenthalts in einer Arankenanstalt nicht gekürzt. Ist der Schiffer bei Vertheidigung des Schiffes zu Schaden gekommen, so hat er überdies auf eine angemessene, erforderlichen Falles von dem Richter zu bestimmende Belohnung Anspruch. 8 553d.Auf den Schiffer, welcher die Krankheit oder Ber~

1 Eingeschoben durch G 2./6. 02 (RGBl 220). - Tesgl.

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HG« Buch IV. Seehandel. «bschn. IIL 8 554—555. Abschn. IV. g 556.

letzung durch eine strafbare Handlung sich zugezogen oder den Dienst wwerrechtlich verlassen hat, finden die §§ 553, 553 a keine An­ wendung. § 554. [524.] Stirbt der Schiffer nach dem Antritte des Dienstes, so hat der Rheder die bis zum Todestage verdiente Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile zu entrichten; ist der Tod nach dem Antritte der Reise erfolgt, so hat der Rheder auch die Beerdigungskosten zu tragen. Wird der Schiffer bei Vertheidigung des Schiffes getödtet, so hat der Rheder überdies eine angemessene Belohnung zu zahlen. § 555. [526 Satz 1, 2, 4.] Auch nach dem Verluste des Schiffes ist der Schiffer verpflichtet, noch für die Verklarung zu sorgen und überhaupt das Interesse des Rheders so lange wahrzunehmen, als es erforderlich ist. Er hat für diese Zeit Anspruch aus Fortbezug der Heuer und auf Erstattung der Kosten des Unterhalts. Außerdem kann er freie Rückbeförderung (§ 547) oder nach seiner Wahl eine entsprechende Vergütung beanspruchend

1 GO 31 (Art. 527). Seeschifser, Seesteuerleute, Maschinisten der See­ dampfschisse und Lootsen müssen sich über den Besitz der erforderlichen Kennt­ nisse durch ein Besähigungszeugniß der zuständigen Verwaltungsbehörde aus" weisen. Ter Bundesrath erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Be­ fähigung. Die aus Grund dieses Nachweises ertheilten Zeugnisse gelten für das ganze Reich, bei Lootsen für das im Zeugniß angesührte Fahrwasser. Soweit in Betreff der Schiffer und Lootsen aus Strömen in Folge non Staatsverträgen besondere Anordnungen getroffen sind, behält es dabei fein Betnenden. (Vgl. §§ 34, 40, 53, 147.) Bet. 25 /9. 69 (BGBl 660) betr. die Prüfung der Seeschiffer und See­ steuerleute auf deutschen Kaussahrteischifsen; 30/5. 70 (RGBl 344); 21/12. 74 (Centr.Bl 1875, 51); 19/6. 75 (ebenda 371); 25./6. 75 (das. 376); G 11./6. 78 (Maschinisten aus Seeschiffen sRGBl 109]); Bel. 30 /6. 79 (CM s. d. T. R. 327); 2./12. 85 betr. Ergänzung der Vorschriften über die Prüfung der See­ schifser und Seesteuerleute re vom 25./9. 69 (RGBl 319); 12./2. 85 betr. Zu­ lassung als Schiffer auf kleiner Fahrt mit Hochseefischereisahrzeugen (RGBl 82); 6./8. 87 betr. den Nachweis der Befähigung als Seeschisser und Seesteuermann auf deutschen Kauffahrteischiffen (RGBl 395); 15./6. 88 betr. die Befähigungs­ zeugnisse für Schisser aus kleiner Fahrt mit Hochseesischereisahrzeugen und die Berechnung der Steuermannsfahrzeit (RGBl 185); 11./6. 91 betr. den Nach­ weis der Befähigung als Seeschiffer und Seesteuermann auf deutschen Kauf­ fahrteischiffen (RGBl 348); 26./7. 91 betr. die Vorschriften über den Be­ fähigungsnachweis und die Prüfung der Maschinisten aus Seedampfschissen der deutschen Handelsflotte (RGBl 359); 4./3. 99 betr. die Abänderung der Vor­ schriften über den Nachweis der Befähigung als Seeschiffer und Seesteuermann auf deutschen Kauffahrteischiffen (RGBl 134); 16./10. 02 (RGBl 265) betr.

Vierter Abschnitts

Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

8 556. [557.] Der Frachtvertrag zur Beförderung von Gütern bezieht sich entweder den Befähigungsnachweis u. die Prüfung der Maschinisten auf Seedampsschisfen der deutschen Handelsflotte. ^Abänderung des 8 6, 2 d. Bek. 26./7. 91.] Bek. betr. die Zulassung zur Führung von Hochseefischereifahrzeugen in der Jnlandsahrt 22./3. 1902 (RGBl 127). Bek. betr. die Besetzung der Kauffahrteischiffe mit Kapitänen und Schiffs­ ossizieren 16./6. 1903 (RGBl 247). 1 Der frühere IV. Abschn. Von der Schiffsmannschaft (Art. 528—556) war schon durch die alte Seemannsordnung (27./12. 1872) aufgehoben.

G betr. die Küstenfrachtfahrt 22./5. 81 (RGBl 98 sgeltend seit l. /l. 82] eingesührt für Helgoland 22/3. 91 sRGBl 22]). 1. Das Recht, Güter in einem deutschen Seehafen zu laden und nach einem anderen deutschen Seehafen zu befördern, um sie daselbst auszuladen (Küstenfrachtfahrt), steht ausschließlich deutschen Schiffen zu. 2. Ausländischen Schiffen kann dieses Recht durch Staatsvertrag oder durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths eingeräumt werden. 3. Der Führer eines auswärtigen Schiffes, welcher unbefugt Küstenfrachtsahrr betreibt, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Neben der Geldstrafe kann auf Einziehung des Schiffes und der unbe­ fugt beförderten Güter erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. Der § 42 des Strafgesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. 4. Bestehende vertragsmäßige Bestimmungen über die Küstenfrachtfahrt werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Dazu V 19./12. 81 (RGBl 275). Solche Verträge bestehen mit Belgien, Bek. 29./12. 81 (RGBl 215); Brasilien, Bek. 29./12. 81 (275); Costa Rica, Vertr. 30./1. 85, 2, 15 (86, 4); Columbien 23 /7. 92 (94, 471); Dänemark, Bek. 29./12. 81 (275); Dominika. Vertr. 30./1. 85, 2, 15 (86, 4); Ecuador 28./3. 87 (88, 136); Egypten 19./7. 92 (93, 17); Griechenland, Vertr. 9./7. 84, 14 (85, 31); Großbritannien, Bek. 29./12. 81 (275); Guatemala 20./9. 87 (88,238); Honduras 12./12. 87 (88,262); Italien, Bek. 29./12. 81 (275), Vertr. 4./5. 83, 12 (116), 6./12. 91 (92, 97); Japan 4./4. 96 (715); Internationale Gesellschaft des Kongo, Uebcreink. 8./11. 84, 2 (85, 213); Mexiko, Vertr. 5./12. 82, 4 (83, 249); Niederlande, Bek. 1./6. 86 (179); Norwegen, Bek. 29 /12. 81 (276); Oesterreich-Ungarn 6./12. 91 (92, 3); Oranje 28./4. 97 (98, 93); Paraguay 21./7. 87 (88, 178); Rumänien, Bek. 29 /12. 81 (276), 21./10. 93 (94, 1); Rußland 10./2. 94 (153); Schweden, Bek. 29./12. 81 (275); Siam, Bek. 29 /12. 84 (276); Spanien, Vertr. 12./7. 83, 18 (317, 328); Tonga, Bek. 29./12. 81 (276); Türkei 26./8. 90 (91, 117); Zanzibar

1. auf das Schiff im Ganzen oder einen verhältnißmäßigen Theil oder einen bestimmt bezeichneten Raum des Schiffes oder 2. auf einzelne Güter (Stückgüter). 8 557. [558.] Wird das Schiff im Ganzen oder zu einem verhältnißmäßigen Theile oder wird ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffes verfrachtet, so kann jede Partei verlangen, daß über den Vertrag eine schriftliche Urkunde (Chartepartie) errichtet wird. 8 558. [559.] In der Verfrachtung eines ganzen Schiffes ist die Kajüte nicht einbegriffen; es dürfen jedoch ohne Einwilligung des Befrachters in die Kajüte keine Güter verladen werden. 8 559. [560.] Bei jeder Art von Frachtvertrag (§ 556) hat der Verfrachter das Schiff in seetüchtigem Stande zu liefern. Er haftet dem Befrachter für jeden Schaden, der aus dem mangelhaften Zustande des Schiffes entsteht, es sei denn, daß der Mangel bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht zu entdecken war. 8 560. [561.] Der Schiffer hat zur Einnahme der Ladung das Schiff an den vom Befrachter oder, wenn das Schiss an Mehrere verfrachtet ist, von sämmtlichen Befrachtern ihm angewiesenen Platz hinzulegen. Erfolgt die Anweisung nicht rechtzeitig oder wird nicht von sämmtlichen Befrachtern derselbe Platz angewiesen oder gestatten die Wassertiese, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verord­ nungen oder Einrichtungen die Befolgung der Anweisung nicht, so bat der Schiffer an dem ortsüblichen Ladungsplatz anznlegen. 8 561. [562.] Sofern nicht durch Vertrag oder durch die ört­ lichen Verordnungen des Abladungshafens und in deren Ermangelung durch einen daselbst bestehenden Ortsgebrauch ein Anderes bestimmt ist, sind die Güter von dem Befrachter kostenfrei bis an das Schiff zu liefern, dagegen die Kosten der Einladung in das Schiff von dem Verfrachter zu tragen. 8 562. [563.] Der Verfrachter ist verpflichtet, statt der ver20./12. 85 (86, 261). — Vgl. Bck. 29.., 12. 81 betr. die durch das G 25./5. 81 über die Küstenschiffahrt nicht berührten vertragsmäßigen Bestimmungen (RGBl 276). StGB 296a. Ausländer, welche in deutschen Küstengewässern un­ befugt fischen, werden mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Ge­ fängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Neben der Geld- oder Gesängnißstrase ist auf Einziehung der Fanggeräthe, welche der Thäter bei dem unbefugten Fischen bei sich geführt hat, ingleichen der in dem Fahrzeuge enthaltenen Fische zu erkennen, ohne Unter­ schied, ob die Fanggeräthe und Fische dem Verurtheilten gehören oder nicht.

tragsmäßigen Güter andere, von dem Befrachter zur Verschiffung nach demselben Bestimmungshafen ihm angebotene Güter anzunehmen, wenn dadurch seine Lage nicht erschwert wird. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Güter im Vertrage nicht blos nach Art oder Gattung, sondern speziell be­ zeichnet sind.

8 563. [564.] Der Befrachter oder Ablader, welcher die ver­ ladenen Güter unrichtig bezeichnet oder Kriegskontrebande oder Güter verladet, deren Ausfuhr oder deren Einfuhr in den Bestimmungs­ hafen verboten ist, oder welcher bei der Abladung die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Polizei-, Steuer- und Zollgesetze, über­ tritt, wird, sofern ihm dabei ein Verschulden zur Last fällt, nicht blos dem Verfrachter, sondern auch allen übrigen im § 512 Absatz 1 bezeichneten Personen für den durch sein Verfahren veranlaßten Aufenthalt und jeden anderen Schaden verantwortlich. Dadurch, daß er mit Zustimmung des Schiffers gehandelt hat, wird seine Verantwortlichkeit den übrigen Personen gegenüber nicht ausgeschlossen. Er kann aus der Konfiskation der Güter keinen Grund her­ leiten, die Zahlung der Fracht zu verweigern. Gefährden die Güter das Schiff oder die übrige Ladung, so ist der Schiffer befugt, die Güter ans Land zu setzen oder in dringenden Fällen über Bord zu werfen. 8 564. [565.]1 Auch derjenige, welcher ohne Wissen des Schissers Güter an Bord bringt, ist nach Maßgabe des § 563 zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Der Schiffer ist befugt, solche Güter wieder ans Land zu setzen oder, wenn sie das Schiff oder die übrige Ladung gefährden, nöthigenfalls über Bord zu werfen. Hat der Schiffer die Güter an Bord behalten, so ist dafür die höchste am Abladungsorte zur Abladungszeit für solche Reisen und Güter bedungene Fracht zu bezahlen. 8 565. [566.] Der Verfrachter ist nicht befugt, ohne Er­ laubniß des Befrachters die Güter in ein anderes Schiff zu verladen. Handelt er dieser Vorschrift zuwider, so ist er für jeden daraus ent­ stehenden Schaden verantwortlich, es sei denn, daß der Schaden auch 1 StGB 297. Ein Reisender oder Schifssmann, welcher ohne Vor­ wissen des Schiffers, ingleichen ein Schiffer, welcher ohne Borwissen des Rheders Gegenstände an Bord nimmt, welche das Schiff oder die Ladung ge­ fährden, indem sie die Beschlagnahme oder Einziehung des Schiffes oder der Ladung veranlassen können, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.

dann entstanden und dem Befrachter zur Last gefallen sein würde, wenn die Güter nicht in ein anderes Schiff verladen worden wären. Auf Umladungen in ein anderes Schiff, die in Fällen der Noth nach dem Antritte der Reise erfolgen, finden die Vorschriften des Absatz 1 keine Anwendung. 8 566, [567.] Ohne Zustimmung des Abladers dürfen dessen Güter weder auf das Verdeck verladen noch an die Seiten des Schiffes gehängt werden. Die Landesgesetze können bestimmen, daß diese Vorschrift, soweit sie die Beladung des Verdecks betrifft, auf die Küstenschiffahrt keine Anwendung findet. § 567, [568.] Bei der Verfrachtung eines Schiffes im Ganzen hat der Schisser, sobald er zur Einnahme der Ladung fertig und bereit ist, dies dem Befrachter anzuzeigen. Mit dem auf die Anzeige folgenden Tage beginnt die Ladezeit. Ueber die Ladezeit hinaus hat der Verfrachter auf die Ab ladung noch länger zu warten, wenn es vereinbart ist (Ueberliegezeit). Für die Ladezeit kann, sofern nicht das Gegentheil bedungen ist, keine besondere Vergütung verlangt werden. Dagegen hat der Befrachter dem Verfrachter für die Ueberliegezeit eine Vergütung (Liegegeld) zu gewähren. 8 568. [569.] Ist die Dauer der Ladezeit durch Vertrag nichl festgesetzt, so wird sie durch die örtlichen Verordnungen des Ab ladungshafens und in deren Ermangelung durch den daselbst be stehenden Ortsgebrauch bestimmt. Besteht auch ein solcher Orts­ gebrauch nicht, so gilt als Ladezeit eine den Umständen des Falles angemessene Frist. Ist eine Ueberliegezeit, nicht aber deren Dauer, durch Vertrag bestimmt, so beträgt die Ueberliegezeit vierzehn Tage. Enthält der Vertrag nur die Festsetzung eines Liegegeldes, so ist anzunehmen, daß eine Ueberliegezeit ohne Bestimmung der Dauer­ vereinbart sei. 8 569. [570.] Ist die Dauer der Ladezeit oder der Tag, mit welchem die Ladezeit enden soll, durch Vertrag bestimmt, so beginnt die Ueberliegezeit ohne Weiteres mit dem Abläufe der Ladezeit. In Ermangelung einer solchen vertragsmäßigen Bestimmung beginnt die Ueberliegezeit erst, nachdem der Verfrachter dem Befrachter­ erklärt hat, daß die Ladezeit abgelaufen sei. Der Verfrachter kann schon innerhalb der Ladezeit dem Befrachter erklären, an welchem Tage er die Ladezeit für abgelaufen halte. In diesem Falle ist zum Ablaufe der Ladezeit und zum Beginne der Ueberliegezeit eine neue Erklärung des Verfrachters nicht erforderlich.

8 570«. [571.] Nach dem Ablaufe der Ladezeit oder, wenn eine Ueberliegezeit vereinbart ist, nach dem Ablaufe der Ueberliegezeit ist der Verfrachter nicht verpflichtet, auf die Abladung noch länger zu warten. Er muß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, spätestens drei Tage vor dem Ablaufe der Ladezeit oder der Ueber­ liegezeit dem Befrachter erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Ladezeit oder Ueberliege­ zeit nicht eher ab, als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage der Abgabe der Erklärung drei Tage verstrichen sind. Die in den Absätzen 1, 2 erwähnten drei Tage werden in allen Fällen als ununterbrochen fortlaufende Tage nach dem Kalender gezählt. 8 571. [572.] Die in den §§ 569, 570 bezeichneten Er­ klärungen des Verfrachters sind an keine besondere Form gebunden. Weigert sich der Befrachter, den Empfang einer solchen Erklärung in genügender Weise zu bescheinigen, so ist der Verfrachter befugt, eine öffentliche Urkunde darüber aus Kosten des Befrachters errichten zu lassen. 8 572. [573.] Das Liegegeld ist, wenn es nicht durch Ver­ trag bestimmt ist, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Hierbei ist auf die näheren Umstände des Falles, insbesondere auf die Heuerbeträge und die Unterhaltskosten der Schiffsbesatzung sowie auf den dem Verfrachter entgehenden Frachtverdienst, Rücksicht zu nehmen. 8 573. [574.] Bei der Berechnung der Lade- und Ueberliege­ zeit werden die Tage in ununterbrochen fortlaufender Reihenfolge gezählt; insbesondere kommen in Ansatz die Sonntage und die Feiertage sowie diejenigen Tage, an welchen der Befrachter durch Zufall die Ladung zu liefern verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen jedoch die Tage, an denen durch Wind und Wetter oder durch irgend einen anderen Zufall entweder 1. die Lieferung nicht nur der bedungenen, sondern jeder Art von Ladung an das Schiff oder 2. die Uebernahme der Ladung verhindert ist. 8 574. [575.] Für die Tage, die der Verfrachter wegen Ver­ hinderung der Lieferung jeder Art von Ladung länger warten muß, gebührt ihm Liegegeld, selbst wenn die Verhinderung während der Ladezeit eintritt. Dagegen ist für die Tage, die er wegen Ver­ hinderung der Uebernahme der Ladung länger warten muß, Liege­ geld nicht zu entrichten, selbst wenn die Verhinderung während der Ueberliegezeit eintritt.

8 575, [576.] Sind für die Dauer der Ladezeit nach § 568 die örtlichen Verordnungen oder der Ortsgebrauch maßgebend, so kommen bei der Berechnung der Ladezeit die Vorschriften der §§ 573, 574 nur insoweit zur Anwendung, als die örtlichen Verordnungen oder der Ortsgebrauch nichts Abweichendes bestimmen.

8 576, [577.] Hat sich der Verfrachter ausbedungen, daß die Abladung bis zu einem bestimmten Tage beendigt sein muß, so wird er durch die Verhinderung der Lieferung jeder Art von Ladung (§ 573 Absatz 2 Nr. 1) zum längeren Warten nicht verpflichtet. 8 577. [578.] Soll der Verfrachter die Ladung von einem Dritten erhalten und ist dieser Dritte ungeachtet der von dem Ver­ frachter in ortsüblicher Weise kundgemachten Bereitschaft zum Laden nicht zu ermitteln oder verweigert er die Lieferung der Ladung, so hat der Verfrachter den Befrachter schleunigst hiervon zu benach­ richtigen und nur bis zum Ablaufe der Ladezeit, nicht auch während der etwa vereinbarten Ueberliegezeit auf die Abladung zu warten, es sei denn, daß er von dem Befrachter oder einem Bevollmächtigten des Befrachters noch innerhalb der Ladezeit eine entgegengesetzte An­ weisung erhält. Ist für die Ladezeit und die Löschzeit zusammen eine ungetheilte Frist bestimmt, so wird für den im Absatz 1 erwähnten Fall die Hälfte dieser Frist als Ladezeit angesehen. 8 578. [574.] Der Verfrachter hat auf Verlangen des Be­ frachters die Reise auch ohne die volle bedungene Ladung anzutreten, tts gebührt ihm aber alsdann nicht nur die volle Fracht und das etwaige Liegegeld, sondern er ist auch berechtigt, soweit ihm durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht entgeht, die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern. Außerdem sind ihm die Mehrkosten, die ihm in Folge der Unvoll­ ständigkeit der Ladung etwa erwachsen, durch den Befrachter zu er­ statten. 8 579. [580.] Hat der Befrachter bis zum Ablaufe der Zeit, während welcher der Befrachter auf die Abladung zu warten ver­ pflichtet ist (Wartezeit), die Abladung nicht vollständig bewirkt, so ist der Verfrachter befugt, sofern der Befrachter nicht von dem Ver­ trage zurücktritt, die Reise anzutreten und die im § 578 bezeichneten Forderungen geltend zu machen.

8 580. [581.] Der Befrachter kann- vor dem Antritte der Reife, sei diese eine einfache oder eine zusammengesetzte, von dem Vertrag unter der Verpflichtung zurücktreten, die Hälfte der be­ dungenen Fracht als Fautfracht zu zahlen.

Im Sinne dieser Vorschrift wird die Reise schon dann als an­ getreten erachtet: 1. wenn der Befrachter den Schiffer bereits abgefertigt hat; 2. wenn er die Ladung bereits ganz oder zu einem Theile ge­ liefert hat und die Wartezeit verstrichen ist. g 881. [582.] Macht der Befrachter von dem im § 580 be­ zeichneten Rechte Gebrauch, nachdem Ladung geliefert ist, so hat er auch die Kosten der Einladung und Wiederausladung zu tragen und für die Zeit der Wiederausladung, soweit sie nicht in die Lade­ zeit fällt, Liegegeld (§ 572) zu zahlen. Die Wiederausladung ist mit möglichster Beschleunigung zu bewirken. Der Verfrachter ist verpflichtet, den Aufenthalt, den die Wieder­ ausladung verursacht, selbst dann sich gefallen zu lassen, wenn da­ durch die Wartezeit überschritten wird. Für die Zeit nach dem Ab­ laufe der Wartezeit hat er Anspruch auf Liegegeld und auf Ersatz des durch die Ueberschreitung der Wartezeit entstandenen Schadens, soweit der letztere den Betrag dieses Liegegeldes übersteigt. g 882. [583.] Nachdem die Reise im Sinne des § 580 an­ getreten ist, kann der Befrachter nur gegen Berichtigung der vollen Fracht sowie aller sonstigen Forderungen des Verfrachters (§ 614) und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der im § 615 bezeichneten Forderungen von dem Vertrage zurücktreten und die Wiederausladung der Güter fordern. Im Falle der Wiederausladung hat der Befrachter nicht nur die hierdurch entstehenden Mehrkosten, sondern auch den Schaden zu ersetzen, welcher aus dem durch die Wiederausladung verursachten Aufenthalte dem Verfrachter entsteht. Zum Zwecke der Wiederausladung der Güter die Reise zu ändern oder einen Hafen anzulaufen, ist der Verfrachter nicht verpflichtet, g 883. [584.] Der Befrachter ist statt der vollen Fracht nur zwei Drittheil als Fautfracht zu zahlen verpflichtet, wenn das Schiff zugleich auf Rückladung verfrachtet ist oder in Ausführung des Ver­ trags zur Einnahme der Ladung eine Fahrt aus einem anderen Hafen zu machen hat und in diesen beiden Fällen der Rücktritt früher erklärt wird, als die Rückreise oder die Reise aus dem Ab­ ladungshafen im Sinne des § 580 angetreten ist. g 884. [585 Abs. 1, 3.] Bei anderen zusammengesetzten Reisen erhält der Verfrachter, wenn der Befrachter den Rücktritt er­ klärt, bevor in Bezug auf den letzten Reiseabschnitt die Reise im Sinne des § 580 angetreten ist, als Fautfracht zwar die volle Fracht, es kommt von dieser jedoch ein angemessener Bruchtheil in Abzug, sofern die Umstände die Annahme begründen, daß der Verfrachter

in Folge der Aufhebung des Vertrags Kosten erspart und Gelegenheit zu anderweitigem Frachtverdienste gehabt habe.1 Ter Abzug darf in keinem Falle die Hälfte der Fracht übersteigen. § 585. [586.] Liefert der Befrachter bis zum Ablaufe der Wartezeit keine Ladung, so ist der Verfrachter an seine Verpflich­ tungen aus dem Vertrage nicht länger gebunden und befugt, gegen den Befrachter dieselben Ansprüche geltend zu machen, welche ihm zu­ gestanden haben würden, wenn der Befrachter von dem Vertrage zurückgetreten wäre (§§ 580, 583, 584). 8 586. [587.] Auf die Fautfracht wird die Fracht, welche der Verfrachter für andere Ladungsgüter erhält, nicht angerechnet. Tie Vorschrift des § 584 Absatz 1 bleibt unberührt. Ter Anspruch des Verfrachters aus Fautfracht ist nicht davon abhängig, daß er die im Vertrage bezeichnete Reise aussührt. Turch die Fautfracht werden die Ansprüche des Verfrachters auf Liegegeld und die übrigen ihm etwa zustehenden Forderungen (§ 614) nicht ausgeschlossen. 8 587. [588.] Ist ein verhältnißmäßiger Theil oder ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffes verfrachtet, so gelten die Vorschriften der §§ 567 bis 586 mit folgenden Abweichungen: 1. Ter Verfrachter erhält in den Fällen, in denen er sich nach diesen Vorschriften mit einem Theile der Fracht begnügen müßte, als Fautfracht die volle Fracht, es sei denn, daß sämmtliche Befrachter zurücktreten oder keine Ladung liefern. Von der vollen Fracht kommt jedoch die Fracht für die­ jenigen Güter in Abzug, welche der Verfrachter an Stelle der nicht gelieferten annimmt. 2. In den Fällen der §§ 581, 582 kann der Befrachter die Wieder­ ausladung nicht verlangen, wenn sie eine Verzögerung der Reise zur Folge haben oder eine Umladung nöthig machen würde, es sei denn, daß alle übrigen Befrachter zustimmen. Außer­ dem ist der Befrachter verpflichtet, sowohl die Kosten als auch den Schaden zu ersetzen, welche durch die Wiederausladung ent­ stehen. Machen sämmtliche Befrachter von dem Rechte des Rück­ tritts Gebrauch, so hat es bei den Vorschriften der §§ 581, 582 sein Bewenden. 8 588. [589.] Hat der Frachtvertrag Stückgüter zum Gegen­ stände, so muß der Befrachter auf die Aufforderung des Schiffers ohne Verzug die Abladung bewirken.

i CPO 286 [259] (Art. 585 Abs. 2) s. oben S. 54.

Ist der Befrachter säumig, so ist der Verfrachter nicht ver­ pflichtet, auf die Lieferung der Güter zu warten; der Befrachter muß, wenn die Reise ohne die Güter angetreten wird, gleichwohl die volle Fracht entrichten. Es kommt von der letzteren jedoch die Fracht für diejenigen Güter in Abzug, welche der Verfrachter an Stelle der nicht gelieferten annimmt. Ter Verfrachter, der den Anspruch auf die Fracht gegen den säumigen Befrachter geltend machen will, ist bei Verlust des Anspruchs verpflichtet, dies dem Befrachter vor der Abreise kund zu geben. Auf diese Erklärung finden die Vorschriften des § 571 Anwendung. 8 589. [590.j Nach der Abladung kann der Befrachter auch gegen Berichtigung der vollen Fracht sowie aller sonstigen Forderungen des Verfrachters (§ 614) und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der im § 615 bezeichneten Forderungen nur nach Maßgabe des § 587 Nr. 2 Absatz 1 von dem Vertrage zurücktreten und die Wieder­ ausladung der Güter fordern. Tie Vorschrift des § 582 Absatz 3 findet Anwendung. 8 590. [591.] Ist ein Schiff auf Stückgüter angelegt und die Zeit der Abreise nicht festgesetzt, so hat auf Antrag des Befrachters der Richter nach den Umständen des Falles den Zeitpunkt zu be­ stimmen, über welchen hinaus der Antritt der Reise nicht verschoben werden darf. 8 591. [592.] Bei jeder Art von Frachtvertrag hat der Be­ frachter innerhalb der Zeit, binnen welcher die Güter zu liefern sind, dem Schiffer zugleich alle zur Verschiffung der Güter erforderlichen Papiere zuzustellen. 8 592. [593.] Ter Schiffer hat zur Löschung der Ladung das Schiff an dem Platz hinzulegen, der ihm von demjenigen, an welchen die Ladung abzuliefern ist (Empfänger), oder, wenn die Ladung an mehrere Empfänger abzuliefern ist, von sämmtlichen Empfängern angewiesen wird. Erfolgt die Anweisung nicht rechtzeitig oder wird nicht von sämmtlichen Empfängern derselbe Platz angewiesen oder gestatten die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verord­ nungen oder Einrichtungen die Befolgung der Anweisung nicht, so hat der Schiffer an dem ortsüblichen Löschungsplatz anzulegen. 8 593. [594.] Sofern nicht durch Vertrag oder durch die örtlichen Verordnungen des Löschungshafens und in deren Er­ mangelung durch einen daselbst bestehenden Ortsgebrauch ein Anderes bestimmt ist, werden die Kosten der Ausladung aus dem Schiffe von dem Verfrachter, alle übrigen Kosten der Löschung von dem Ladungs­ empfänger getragen.

8 594. [595.] Bei der Verfrachtung des Schiffes im Ganzen hat der Schiffer, sobald er zum Löschen fertig und bereit ist, dies dem Empfänger anzuzeigen. Ist der Empfänger dem Schiffer unbekannt, so ist die Anzeige durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zu bewirken. Mit dem auf die Anzeige folgenden Tage beginnt die Löschzeit. Ueber die Löschzeit hinaus hat der Verfrachter nur dann auf die Abnahme der Ladung noch länger zu warten, wenn es verein­ bart ist (Ueberliegezeit). Für die Löschzeit kann, sofern nicht das Gegentheil bedungen ist, keine besondere Vergütung verlangt werden. Dagegen ist bcm Verfrachter für die Ueberliegezeit eine Vergütung (Liegegeld) zu gewähren. In Ansehung der Höhe des Liegegeldes finden die Vorschriften des § 572 Anwendung.

8 595. [596.] Ist die Dauer der Löschzeit durch Vertrag nicht festgesetzt, so wird sie durch die örtlichen Verordnungen des Löschungshafens und in deren Ermangelung durch den daselbst be­ stehenden Ortsgebrauch bestimmt. Besteht auch ein solcher Orts­ gebrauch nicht, so gilt als Löschzeit eine den Umständen des Falles angemessene Frist. Ist eine Ueberliegezeit, nicht aber deren Dauer, durch Vertrag bestimmt, so beträgt die Ueberliegezeit vierzehn Tage. Enthält der Vertrag nur die Festsetzung eines Liegegeldes, so ist anzunehmen, daß eine Ueberliegezeit ohne Bestimmung der Dauer­ vereinbart sei.

8 596. [597.] Ist die Tauer der Löschzeit oder der Tag, mit welchem die Löschzeit enden soll, durch Vertrag bestimmt, so beginnt die Ueberliegezeit ohne Weiteres mit dem Abläufe der Löschzeit. In Ermangelung einer solchen vertragsmäßigen Bestimmung beginnt die Ueberliegezeit erst, nachdem der Verfrachter dem Ern pfänger erklärt hat, daß die Löschzeit abgelaufen sei. Der Ver­ frachter kann schon innerhalb der Löschzeit dem Empsänger erklären, an welchem Tage er die Löschzeit für abgelaufen halte. In diesem Falle ist zum Ablaufe der Löschzeit und zum Beginne der Ueberliege zeit eine neue Erklärung des Verfrachters nicht erforderlich. Auf die im Absatz 2 erwähnten Erklärungen des Verfrachters finden die Vorschriften des § 571 Anwendung. 8 597. [598.] Bei der Berechnung der Lösch- und Ueber­ liegezeit werden die Tage in ununterbrochen fortlaufender Reihen­ folge gezählt; insbesondere kommen in Ansatz die Sonntage und die

Feiertage sowie diejenigen Tage, an welchen der Empfänger durch Zufall die Ladung abzunehmen verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen jedoch die Tage, an denen durch Wind und Wetter oder durch irgend einen anderen Zufall entweder 1. die Beförderung nicht nur der im Schiffe befindlichen, sondern jeder Art von Ladung von dem Schiffe an das Land oder 2. die Ausladung aus dem Schiffe verhindert ist. 8 598. [599.] Für die Tage, die der Verfrachter wegen der Verhinderung der Beförderung jeder Art von Ladung von dem Schiffe an das Land länger warten muß, gebührt ihm Liegegeld, selbst wenn die Verhinderung während der Löschzeit eintritt. Dagegen ist für die Tage, die er wegen Verhinderung der Ausladung aus dem Schiffe länger warten muß, Liegegeld nicht zu entrichten, selbst wenn die Verhinderung während der Ueberliegezeit eintritt. 8 599. [600.] Sind für die Dauer der Löschzeit nach § 595 die örtlichen Verordnungen oder der Ortsgebrauch maßgebend, so kommen bei der Berechnung der Löschzeit die Vorschriften bet §§ 597, 598 nur insoweit zur Anwendung, als die örtlichen Verordnungen oder der Ortsgebrauch nichts Abweichendes bestimmen. 8 600. [601.] Hat sich der Befrachter ausbedungen, daß die Löschung bis zu einem bestimmten Tage beendigt sein muß, so wird er durch die Verhinderung der Beförderung jeder Art von Ladung von dem Schiffe an das Land (§ 597 Absatz 2 Nr. 1) zum längeren Warten nicht verpflichtet. 8 601. [602.] Wenn sich der Empfänger zur Abnahme der Güter bereit erklärt, die Abnahme aber über die von ihm einzu­ haltenden Fristen verzögert, so ist der Schiffer befugt, die Güter unter Benachrichtigung des Empfängers in einem öffentlichen Lager­ haus oder sonst in sicherer Weise zu hinterlegen. Der Schiffer ist verpflichtet, in dieser Weise zu verfahren und zugleich den Befrachter davon in Kenntniß zu setzen, wenn der Em­ pfänger die Annahme der Güter verweigert oder sich über die An­ nahme auf die im § 594 vorgeschriebene Anzeige nicht erklärt oder wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist. 8 602. [603.] Soweit durch die Säumniß des Empfängers oder durch das Hinterlegungsverfahren die Löschzeit ohne Verschulden des Schiffers überschritten wird, hat der Verfrachter Anspruch aus Liegegeld (§ 594), unbeschadet des Rechtes, für diese Zeit, soweit sie keine vertragsmäßige Ueberliegezeit ist, einen höheren Schaden geltend zu machen. 8 603. [604.] Die Vorschriften der §§ 594 bis 602 kommen

auch zur Anwendung, wenn ein verhältnißmäßiger Theil ober ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffes befrachtet ist. § 604, [605.] Stückgüter hat der Empfänger auf die Auf­ forderung des Schiffers ohne Verzug abzunehmen. Ist der Em­ pfänger dem Schiffer unbekannt, so ist die Aufforderung durch öffent­ liche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zu bewirken. In Ansehung des Rechtes und der Verpflichtung des Schiffers, die Güter zu hinterlegen, gelten die Vorschriften des § 601. Die im § 601 vorgeschriebene Benachrichtigung des Befrachters kann durch öffentliche, in ortsüblicher Weise zu bewirkende Bekanntmachung erfolgen. Für die Tage, um welche durch die Säumniß des Empfängers oder durch das Hinterlegungsverfahren die Frist, binnen welcher das Schiff würde entlöscht worden sein, überschritten ist, hat der Ver­ frachter Anspruch auf Liegegeld (§ 594), unbeschadet des Rechtes, einen höheren Schaden geltend zu machen. g 605* [606.] Hat bei der Verfrachtung des Schiffes im Ganzen oder eines verhältnißmäßigen Theiles oder eines bestimmt bezeichneten Raumes des Schiffes der Befrachter Unterfrachtverträge über Stückgüter geschlossen, so bleiben für die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Befrachters die Vorschriften der §§ 594 bis 602 maßgebend. g 606. [607.] Der Verfrachter haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, daß der Verlust oder die Beschädigung aus Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten, g 607. [608.] Für Kostbarkeiten, Kunstgegenstünde, Geld und Werthpapiere haftet der Verfrachter nur, wenn diese Beschaffenheit oder der Werth der Güter bei der Abladung dem Schiffer angegeben worden ist. g 608. [609.] Bevor der Empfänger die Güter übernimmt, kann sowohl der Empfänger, als der Schiffer, um den Zustand oder die Menge der Güter festzustellen, ihre Besichtigung durch die zu­ ständige Behörde oder durch die zu dem Zwecke amtlich bestellten Sachverständigen bewirken lassen. Bei diesem Verfahren ist die am Orte anwesende Gegenpartei zuzuziehen, sofern die Umstände es gestatten. g 609. [610.] Ist die Besichtigung vor der Uebernahme nicht geschehen, so muß der Empfänger spätestens am zweiten Werktage nach dem Tage der Uebernahme die nachträgliche Besichtigung der Güter nach Maßgabe des § 608 erwirken, widrigenfalls alle An-

sprüche wegen Beschädigung oder theilweisen Verlustes erlöschen. Es macht keinen Unterschied, ob der Verlust oder die Beschädigung äußer­ lich erkennbar war oder nicht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf solche Verluste und Beschädigungen, die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einer Person der Schiffsbesatzung entstanden sind. 8 610. [611.] Die Kosten der Besichtigung hat derjenige zu tragen, welcher sie beantragt hat. Ist jedoch die Besichtigung von dem Empfänger beantragt und wird ein Verlust oder eine Beschädigung ermittelt, wofür der Ver­ frachter Ersatz zu leisten hat, so fallen diesem die Kosten zur Last. 8 611. [612 Abs. 1, 3, 4.] Muß auf Grund des Frachtvertrags für gänzlichen oder theilweisen Verlust von Gütern Ersatz geleistet werden, so ist der gemeine Handelswerth und in dessen Ermangelung der gemeine Werth zu ersetzen, welchen Güter derselben Art und Be­ schaffenheit am Bestimmungsorte der Güter bei Beginn der Löschung des Schiffes oder, wenn eine Entlöschung des Schiffes an diesem Orte nicht erfolgt, bei seiner Ankunft daselbst haben; hiervon kommt in Abzug, was in Folge des Verlustes an Zöllen und sonstigen Kosten, sowie an Fracht erspart ist. Wird der Bestimmungsort der Güter nicht erreicht, so tritt an dessen Stelle der Ort, wo die Reise endet, oder, wenn die Reise durch Verlust des Schiffes endet, der Ort, wohin die Ladung in Sicher­ heit gebracht ist. 8 612. [613.] Die Vorschriften des § 611 finden auch auf diejenigen Güter Anwendung, für welche der Rheder nach § 541 Ersatz leisten muß. Uebersteigt im Falle der Verfügung über die Güter durch Ver­ kauf der Reinerlös den int § 611 bezeichneten Preis, so tritt an die Stelle des letzteren der Reinerlös. 8 613. [614.] Muß auf Grund des Frachtvertrags für Be­ schädigung von Gütern Ersatz geleistet werden, so ist der Unterschied zwischen dem Verkaufswerthe der Güter im beschädigten Zustande und dem gemeinen Handelswerth oder dem gemeinen Werthe zu er­ setzen, welchen die Güter ohne die Beschädigung am Bestimmungs­ orte zur Zeit der Löschung des Schiffes gehabt haben würden; hier­ von kommt in Abzug, was in Folge der Beschädigung an Zöllen und sonstigen Kosten erspart ist. 8 614. [615.] Durch die Annahme der Güter wird der Em­ pfänger verpflichtet, nach Maßgabe des Frachtvertrags oder des Konnossements, auf deren Grund die Empfangnahme geschieht, die Fracht nebst allen Nebengebühren sowie das etwaige Liegegeld zu Friedberg, HandelSgesgbg. 7. Ausl.

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bezahlen, die ausgelegten Zolle und übrigen Auslagen zu erstatten und die ihm sonst obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen. Der Verfrachter hat die Güter gegen Zahlung der Fracht und gegen Erfüllung der übrigen Verpflichtungen des Empfängers aus­ zuliefern. g 615. [616.] Der Verfrachter ist nicht verpflichtet, die Güter früher auszuliefern, als bis die darauf haftenden Beträge zur großen Haverei, Bergungs- und Hülfskosten und Bodmereigelder bezahlt oder sichergestellt sind. Ist die Verbodmung für Rechnung des Rheders geschehen, so gilt diese Vorschrift unbeschadet der Verpflichtung des Verfrachters, für die Befreiung der Güter von der Bodmereischuld noch vor der Auslieferung zu sorgen. g 616. [617.] Der Verfrachter ist nicht verpflichtet, die Güter, mögen sie verdorben oder beschädigt sein oder nicht, für die Fracht an Zahlungsstatt anzunehmen. Sind jedoch Behältnisse, die mit flüssigen Waaren angefüllt waren, während der Reise ganz oder zum größeren Theile ausge­ laufen, so können sie dem Verfrachter für die Fracht und seine übrigen Forderungen (§ 614) an Zahlungsstatt überlassen werden. Durch die Vereinbarung, daß der Verfrachter nicht für Leckage haftet, oder durch die Klausel: „frei von Leckage" wird dieses Recht nicht ausgeschlossen. Das Recht erlischt, sobald die Behältnisse in den Gewahrsam des Abnehmers gelangt sind. Ist die Fracht in Bausch und Bogen bedungen und sind nur einige Behältnisse ganz oder zum größeren Theile ausgelaufen, so können diese für einen verhältnißmäßigen Theil der Fracht und der übrigen Forderungen des Verfrachters an Zahlungsstatt über­ lassen werden. g 617. [618.] Für Güter, die durch irgend einen Unfall verloren gegangen sind, ist keine Fracht zu bezahlen und die etwa vorausbezahlte zu erstatten, sofern nicht das Gegentheil bedungen ist. Diese Vorschrift kommt auch zur Anwendung, wenn das Schiff im Ganzen oder ein verhältnißmäßiger oder ein bestimmt bezeich­ neter Raum des Schiffes verfrachtet ist. Sofern in einem solchen Falle das Frachtgeld in Bausch und Bogen bedungen ist, berechtigt der Verlust eines Theiles der Güter zu einem verhältnißmäßigen Abzüge von der Fracht. g 618. [619.] Ungeachtet der nicht erfolgten Ablieferung ist die Fracht zu zahlen für Güter, deren Verlust in Folge ihrer natür­ lichen Beschaffenheit, namentlich durch inneren Verderb, Schwinden,

gewöhnliche Leckage, eingetreten ist, sowie für Thiere, die unterwegs gestorben sind. Inwiefern die Fracht für Guter zu ersetzen ist, die in Fällen der großen Haverei aufgeopfert worden sind, wird durch die Vor­ schriften über die große Haverei bestimmt. 8 61V. [620.] Für Güter, die ohne Abrede über die Höhe der Fracht zur Beförderung übernommen sind, ist die am Abladungs­ orte zur Abladungszeit übliche Fracht zu zahlen. Für Güter, die über das mit dem Befrachter vereinbarte Maß hinaus zur Beförderung übernommen sind, ist die Fracht nach dem Verhältnisse der bedungenen Fracht zu zahlen. 8 620. [621.] Ist die Fracht nach Maß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß Maß, Ge­ wicht oder Menge der abgelieserten und nicht der eingelieferten Güter für die Höhe der Fracht entscheiden soll. 8 621. [622.] Außer der Fracht können Kaplaken, Prämien und dergleichen nicht gefordert werden, sofern sie nicht ausbedungen sind. Die gewöhnlichen und ungewöhnlichen Kosten der Schiffahrt, wie Lootsengeld, Hafengeld, Leuchtfeuergeld, Schlepplohn, Quarantäne­ gelder, Auseisungskosten und dergleichen, fallen in Ermangelung einer entgegenstehenden Abrede dem Verfrachter allein zur Last, selbst wenn er zu den Maßregeln, welche die Auslagen verursacht haben, auf Grund des Frachtvertrags nicht verpflichtet war. Die Fälle der großen Haverei sowie die Fälle der Aufwendung von Kosten zur Erhaltung, Bergung und Rettung der Ladung werden durch die Vorschriften des Absatz 2 nicht berührt. 8 622. [623.] Ist die Fracht nach Zeit bedungen, so beginnt sie in Ermangelung einer anderen Abrede mit dem Tage zu laufen, der aus denjenigen folgt, an welchem der Schiffer anzeigt, daß er zum Antritte der Reise fertig und bereit sei, sofern aber bei einer Reise in Ballast diese Anzeige am Tage vor dem Antritte der Reise noch nicht erfolgt ist, mit dem Tage, an welchem die Reise angetreten wird. Ist Liegegeld oder Ueberliegezeit bedungen, so beginnt in allen Fällen die Zeitfracht erst mit dem Tage zu lausen, an welchem der Antritt der Reise erfolgt. Die Zeitfracht endet mit dem Tage, an welchem die Löschung vollendet ist. Wird die Reise ohne Verschulden des Verfrachters verzögert oder unterbrochen, so muß für die Zwischenzeit die Zeitfracht fort­ entrichtet werden, jedoch unbeschadet der Vorschriften der §§ 637,638. 18*

8 623« [624.] Der Verfrachter hat wegen der im § 614 er­ wähnten Forderungen ein Pfandrecht an den Gütern. Das Pfandrecht besteht, solange die Güter zurückbehalten oder hinterlegt sind; es dauert auch nach der Ablieferung fort, sofern es binnen 30 Tagen nach der Beendigung der Ablieferung gerichtlich geltend gemacht wird und das Gut noch im Besitze des Empfängers ist. Die nach § 366 Absatz 3, §368 für das Pfandrecht des Fracht­ führers geltenden Vorschriften finden auch für das Pfandrecht des Verfrachters Anwendung. Die im § 1234 Absatz l1 2des Bürgerlicher: Gesetzbuchs bezeich­ nete Androhung des Pfandverkaufs sowie in den §§ 1237-, 12413 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Benachrichtigungen sind an den Empfänger zu richten. Ist dieser nicht zu ermitteln oder ver­ weigert er die Annahme des Gutes, so hat die Androhung und Be nachrichtigung gegenüber dem Absender zu erfolgen. 8 624. [625.] Im Falle des Streites über die Forderungen des Verfrachters ist dieser zur Auslieferung der Güter verpflichtet, sobald die streitige Summe öffentlich hinterlegt ist. Nach der Ablieferung der Güter ist der Verfrachter zur Er­ hebung der hinterlegten Summe gegen angemessene Sicherheitsleistung berechtigt. 8 625. [627.] Hat der Verfrachter die Güter ausgeliefert, so kann er sich wegen der gegen den Empfänger ihm zustehenden For­ derungen (§ 614) nicht an dem Befrachter erholen. Nur soweit sich der Befrachter mit dem Schaden des Verfrachters bereichern würde, findet ein Rückgriff statt. 8 626. [628.] Hat der Verfrachter die Güter nicht ausgeliefert und von dem Rechte des Pfandverkaufs Gebrauch gemacht, jedoch durch den Verkauf eine vollständige Befriedigung nicht erhalten, so kann er sich an dem Befrachter erholen, soweit er wegen seiner For­ derungen aus dem zwischen ihm unb dem Befrachter abgeschlossenen Frachtverträge nicht befriedigt ist. 8 627. [629.] Werden die Güter vom Empfänger nicht ab­ genommen, so ist der Befrachter verpflichtet, den Verfrachter wegen der Fracht und der übrigen Forderungen dem Frachtverträge gemäß zu befriedigen. Bei der Abnahme der Güter durch den Befrachter kommen die Vorschriften der §§592 bis 624 mit der Maßgabe zur Anwendung, 1 Siehe oben S. 193. 2 Siehe oben S. 188. 3 Siehe oben S. 188.

daß an die Stelle des Empfängers der Befrachter tritt. Insbesondere steht in einem solchen Falle dem Verfrachter wegen seiner Forderungen das Zurückbehaltungs- und Pfandrecht an den Gütern nach den Vorschriften der §§ 623, 624 sowie das im § 615 bezeichnete Recht zu. 8 628. [630.] Der Frachtvertrag tritt außer Kraft, ohne daß ein Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet ist, wenn vor dem Antritte der Reise durch einen Zufall:

1. das Schiff verloren geht, insbesondere wenn es verunglückt, wenn es als reparaturunfähig oder reparaturunwürdig kon» demnirt (§ 479) und in dem letzteren Falle unverzüglich öffentlich verkauft wird, wenn es geraubt wird, wenn es aufgebracht oder angehalten und für gute Prise erklärt wird, oder 2. die im Frachtverträge nicht blos nach Art oder Gattung, sondern speziell bezeichneten Güter verloren gehen

oder 3. die nicht im Frachtverträge speziell bezeichneten Güter verloren gehen, nachdem sie bereits an Bord gebracht oder behufs der Einladung in das Schiff an der Ladungsstelle vom Schiffer übernommen worden sind. Gehen im Falle des Absatz 1 Nr. 3 die Güter noch innerhalb der Wartezeit (§ 579) verloren, so tritt der Vertrag nicht außer Kraft, sofern der Befrachter sich unverzüglich bereit erklärt, statt der verloren gegangenen andere Güter (§ 562) zu liefern, und mit der Lieferung noch innerhalb der Wartezeit beginnt. Er hat die Ab­ ladung der anderen Güter binnen kürzester Frist zu vollenden, die Mehrkosten dieser Abladung zu tragen und, soweit durch sie die Wartezeit überschritten wird, den dem Verfrachter daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. 8 629. [631.] Jeder Theil ist befugt, von dem Vertrage zurückzutreten, ohne zur Entschädigung verpflichtet zu sein:

1. wenn vor dem Antritte der Reise das Schiff mit Embargo belegt oder für den Dienst des Reichs oder einer fremden Macht in Beschlag genommen, der Handel mit dem Bestimmungsort untersagt, der Abladungs- oder Bestimmungshafen blokirt, die Ausfuhr der nach dem Frachtverträge zu verschiffenden

Güter aus dem Abladungshafen oder ihre Einfuhr in den Bestimmungshafen verboten, durch eine andere Verfügung von hoher Hand das Schiff am Auslaufen oder die Reise oder die Versendung der nach dem Frachtverträge zu liefernden Güter verhindert wird. In allen diesen Fällen berechtigt jedoch die Verfügung von hoher Hand nur dann zum Rücktritte, wenn das ein­ getretene Hinderniß nicht voraussichtlich von nur unerheb­ licher Dauer ist;

2. wenn vor dem Antritte der Reise ein Krieg ausbricht, in Folge dessen das Schiff oder die nach dem Frachtverträge zu ver­ schiffenden Güter oder beide nicht mehr als frei betrachtet werden können und der Gefahr der Aufbringung ausgesetzt würden. Die Ausübung der im § 562 dem Befrachter ertheilten Befugniß wird durch diese Vorschrift nicht ausgeschlossen.

8 630. [632.] Geht das Schiff nach dem Antritte der Reise durch einen Zufall verloren (§ 628 Absatz 1 Nr. 1), so endet der Frachtvertrag. Jedoch hat der Befrachter, soweit Güter geborgen oder gerettet werden, die Fracht im Verhältnisse der zurückgelegten zur ganzen Reise zu zahlen (Distanzfracht). Die Distanzfracht ist nur soweit zu zahlen, als der gerettete Werth der Güter reicht. 8 631. [633 Abs. I.]1 Bei der Berechnung der Distanzfracht kommt in Anschlag nicht allein das Verhältniß der bereits zurück­ gelegten zu der noch zurückzulegenden Entfernung, sondern auch das Verhältniß des Aufwandes an Kosten und Zeit, der Gefahren und Mühen, welche durchschnittlich mit dem vollendeten Theile der Reise verbunden sind, zu denen des nicht vollendeten Theiles.

8 632. [634.] Die Auflösung des Frachtvertrags ändert nichts in den Verpflichtungen des Schiffers, bei Abwesenheit der Betheiligten auch nach dem Verluste des Schiffes für das Beste der Ladung zu sorgen (§§ 535 bis 537). Ter Schiffer ist demzufolge berechtigt und verpflichtet, und zwar im Falle der Dringlichkeit auch ohne vor­ herige Anfrage, je nachdem es den Umständen entspricht, entweder die Ladung für Rechnung der Betheiligten mittelst eines anderen Schiffes nach dem Bestimmungshafen befördern zu lassen oder die Auflagerung oder den Verkauf der Ladung zu bewirken unb im Falle der Weiterbeförderung oder Auflagerung, behufs der Beschaffung der hierzu sowie zur Erhaltung der Ladung nöthigen Mittel, einen 1 Vgl. CPO 286 [259] Abs. 2 s. oben S. 54.

Kracht-eschüst -ur VeförderuLß von Güter«. 279 I- - ■ ■ — ------ Theil davon zu verkaufen oder im Falle der Weiterbeförderung die Ladung ganz oder zu einem Theile zu verbodmen. Der Schiffer ist jedoch nicht verpflichtet, die Ladung aus­ zuantworten oder zur Weiterbeförderung einem anderen Schiffer zu übergeben, bevor die Distanzfracht nebst den sonstigen Forderungen des Verfrachters (§ 614) und die auf der Ladung haftenden Beiträge zur großen Haverei, Bergungs- und Hülfskosten und Bodmerei­ gelder bezahlt oder sichergestellt sind. Auch für die Erfüllung der nach Absatz 1 dem Schiffer obliegen­ den Pflichten haftet der Rheder mit dem Schiffe, soweit etwas davon gerettet ist, und mit der Fracht. § 633. [635.] Gehen nach dem Antritte der Reise die Güter durch einen Zufall verloren, so endet der Frachtvertrag, ohne daß ein Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet ist; insbesondere ist die Fracht weder ganz noch theilweise zu zahlen, sofern nicht im § 618 das Gegentheil bestimmt ist. § 634. [636.] Ereignet sich nach dem Antritte der Reise einer der im §629 erwähnten Zufälle, so ist jeder Theil befugt, von dem Vertrage zurückzutreten, ohne zur Entschädigung verpflichtet zu sein. Tritt jedoch einer der im § 629 Absatz 1 Nr. 1 bezeichneten Zufälle ein, so muß, bevor der Rücktritt stattfindet, auf die Be­ seitigung des Hindernisses drei oder fünf Monate gewartet werden, je nachdem sich das Schiff in einem europäischen oder in einem außereuropäischen Hafen befindet. Die Frist wird, wenn der Schiffer das Hinderniß während des Aufenthalts in einem Hafen erfährt, von dem Tage der erhaltenen Kunde, andernfalls von dem Tage an berechnet, an welchem der Schiffer, nachdem er davon in Kenntniß gesetzt worden ist, mit dem Schiffe zuerst einen Hafen erreicht. Die Ausladung des Schiffes erfolgt mangels einer anderweitigen Vereinbarung in dem Hafen, in welchem es sich zur Zeit der Er­ klärung des Rücktritts befindet. Für den zurückgelegten Theil der Reise ist der Befrachter Distanz­ fracht (§§ 630, 631) zu zahlen verpflichtet. Ist das Schiff in Folge des Hindernisses in den Abgangs­ hafen oder in einen anderen Hafen zurückgekehrt, so wird bei der Berechnung der Distanzfracht der dem Bestimmungshafen nächste Punkt, welchen das Schiff erreicht hat, behufs der Feststellung der zurückgelegten Entfernung zum Anhalte genommen. Der Schiffer ist auch in den vorstehenden Fällen verpflichtet, vor und nach der Auflösung des Frachtvertrags für das Beste der Ladung nach Maßgabe der §§ 535 bis 537, 632 zu sorgen.

8 635. [637.] Muß das Schiff, nachdem es die Ladung ein­ genommen hat, vor dem Antritte der Reise im Abladungshafen oder nach dem Antritte der Reise in einem Zwischen- oder Nothhafen in Folge eines der im § 629 erwähnten Ereignisse liegen bleiben, so werden die Kosten des Aufenthalts, auch wenn die Erfordernisse der großen .Haverei nicht vorliegen, über Schiff, Fracht und Ladung nach den Grundsätzen der großen Haverei vertheilt, gleichviel ob demnächst der Vertrag aufgehoben oder vollständig erfüllt wird. Zu den Kosten des Aufenthalts werden alle im § 706 Nr. 4 Absatz 2 aufgeführten Kosten gezählt, diejenigen des Ein- und Auslaufens jedoch nur, wenn wegen des Hindernisses ein Nothhafen angelaufen ist. 8 636. [638.] Wird nur ein Theil der Ladung vor dem Antritte der Reise durch einen Zufall betroffen, der, ) trenn er die ganze Ladung betroffen hätte, nach den §§ 628, 629 den Vertrag ausgelöst oder die Parteien zum Rücktritte berechtigt haben würde, so ist der Befrachter nur befugt, eitthreber statt der vertragsmäßigen andere Güter abzuladen, sofern durch deren Beförderung die Lage des Verfrachters nicht erschwert wird (§ 562), oder von dem Vertrag unter der Verpflichtung zurückzutreten, die Hälfte der bedungenen Fracht und die sonstigen Forderungen des Verfrachters zu berichtigen (§§ 580, 581). Bei der Ausübung dieser Rechte ist der Befrachter nicht an die sonst einzuhaltende Zeit gebunden; er hat sich aber ohne Verzug zu erklären, von welchem der beiden Rechte er Gebrauch machen wolle, und, wenn er die Abladung anderer Güter wählt, die Abladung binnen kürzester Frist zu bewirken, auch die Mehr­ kosten dieser Abladung zu tragen und, soweit durch sie die Wartezeit überschritten wird, den dem Befrachter daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Macht er von keinem der beiden Rechte Gebrauch, so hat er auch für den durch den Zufall betroffenen Theil der Ladung die volle Fracht zu entrichten. Den durch Krieg, durch ein Einfuhroder Ausfuhrverbot oder durch eine andere Verfügung von hoher Hand unfrei gewordenen Theil der Ladung ist er jedenfalls aus dem Schiffe herauszunehmen verbunden. Tritt der Zufall nach dem Antritte der Reise ein, so hat der Befrachter für den dadurch betroffenen Theil der Ladung die volle Fracht auch dann zu entrichten, wenn der Schiffer diesen Theil in einem anderen als dem Bestimmungshafen zu löschen sich genöthigt gefunden und hierauf mit oder ohne Aufenthalt die Reise fort­ gesetzt hat. Die Vorschriften der §§ 617, 618 bleiben unberührt.

8 687. [639.] Abgesehen von den Fällen der §§ 629 bis 636 hat ein Aufenthalt, den die Reise vor oder nach ihrem Antritte durch Naturereignisse oder andere Zufälle erleidet, auf die Rechte und Pflichten der Parteien keinen Einfluß, es sei denn, daß der erkennbare Zweck des Vertrags durch einen solchen Aufenthalt ver­ eitelt wird. Der Befrachter ist jedoch befugt, während jedes durch einen Zufall entstandenen, voraussichtlich längeren Aufenthalts die bereits in das Schiff geladenen Güter auf seine Gefahr und Kosten gegen Sicherheitsleistung für die rechtzeitige Wiedereinladung aus­ zuladen. Unterläßt er die Wiedereinladung, so hat er die volle Fracht zu zahlen. In jedem Falle hat er den Schaden zu ersetzen, der aus der von ihm veranlaßten Wiederausladung entsteht. Ist der Aufenthalt durch eine Verfügung von hoher Hand herbeigeführt, so ist für die Dauer der Verfügung keine Fracht zu bezahlen, wenn diese nach Zeit bedungen war (§ 622). 8 638. [640.] Muß das Schiff während der Reise ausge­ bessert werden, so hat der Befrachter die Wahl, ob er die ganze Ladung an dem Orte, wo sich das Schiff befindet, gegen Berichtigung der vollen Fracht und der übrigen Forderungen des Verfrachters (§ 614) und gegen Berichtigung und Sicherstellung der im § 615 bezeichneten Forderungen zurücknehmen oder die Wiederherstellung abwarten will. Im letzteren Falle ist für die Dauer der Aus­ besserung keine Fracht zu bezahlen, wenn diese nach Zeit be­ dungen war. 8 689. [641.] Wird der Frachtvertrag nach den §§ 628 bis 634 aufgelöst, so werden die Kosten der Ausladung aus dem Schiffe von dem Verfrachter, die übrigen Löschungskosten von dem Befrachter getragen. Hat der Zufall jedoch nur die Ladung betroffen, so fallen die sämmtlichen Kosten der Löschung dem Befrachter zur Last. Das­ selbe gilt, wenn im Falle des § 636 ein Theil der Ladung gelöscht wird. Muß in einem solchen Falle behufs der Löschung ein Hafen angelaufen werden, so hat der Befrachter auch die Hafenkosten zu tragen. 8 640. [642 ] Die §§ 628 bis 639 kommen auch zur An­ wendung, wenn das Schiff zur Einnahme der Ladung eine Zureise in Ballast nach dem Abladungshafen zu machen hat. Die Reise gilt aber in einem solchen Falle erst dann als angetreten, wenn sie aus dem Abladungshafen angetreten ist. Wird der Vertrag, nach­ dem das Schiff den Abladungshafen erreicht hat, wenn auch vor dem Antritte der Reise aus dem letzteren, ausgelöst, so erhält der Verfrachter für die Zureise eine nach den Grundsätzen der Distanz­ fracht (§ 631) zu bemessende Entschädigung.

In anderen Fällen einer zusammengesetzten Reise kommen die §§ 628 bis 639 insoweit zur Anwendung, als die Natur und der Inhalt des Vertrages nicht entgegenstehen. 8 641. [643.] Bezieht sich der Vertrag nicht auf das Schiss im Ganzen, sondern nur auf einen verhältnißmäßigen Theil oder einen bestimmt bezeichneten Raum des Schiffes oder auf Stückgüter, so gelten die Vorschriften der §§ 628 bis 640 mit folgenden Ab­ weichungen : 1. in den Fällen der §§ 629, 634 ist jeder Theil sogleich nach dem Eintritte des Hindernisses und ohne Rücksicht auf dessen Tauer befugt, von dem Vertrage zurückzutreten; 2. im Falle des § 636 kann von dem Befrachter das Recht, von dem Vertrage zurückzutreten, nicht ausgeübt werden; 3. im Falle des § 637 steht dem Befrachter das Recht der einst­ weiligen Löschung nur zu, wenn die übrigen Befrachter ihre Genehmigung ertheilen; 4. im Falle des § 638 kann der Befrachter die Güter gegen Ent­ richtung der vollen Fracht und der übrigen Forderungen nur zurücknehmen, wenn während der Ausbesserung die Löschung dieser Güter ohnehin erfolgt ist. Die Vorschriften der §§ 587, 589 bleiben unberührt. 8 642. [644.] Nach der Beendigung jeder einzelnen Ab­ ladung hat der Schiffer dem Ablader unverzüglich gegen Rückgabe des etwa bei der Annahme der Güter ertheilten vorläufigen Em­ pfangsscheins ein Konnossement in so vielen Exemplaren auszustellen, als der Ablader verlangt. Alle Exemplare des Konnossements müssen von gleichem Inhalte sein, dasselbe Datum haben und ausdrücken, wie viele Exemplare ausgestellt sind. Der Ablader hat dem Schiffer auf Verlangen eine von ihm unterschriebene Abschrift des Konnossements zu ertheilen. Tie Ausstellung des Konnossements kann an Stelle des Schiffers durch einen anderen dazu ermächtigten Vertreter des Rheders er­ folgen. Das Konnossement kann mit Zustimmung des Abladers auch über Güter ausgestellt werden, die zur Beförderung übernommen, aber noch nicht abgeladen sind. 8 643. [645.] Das Konnossement enthält: 1. den Namen des Schiffers; 2. den Namen und die Nationalität des Schiffes; 3. den Namen des Abladers; 4. den Namen des Empfängers;

5. den Abladungshafen; 6. den Löschungshafen oder den Ort, an welchem Order über ihn einzuholen ist; 7. die Bezeichnung der abgeladenen oder zur Beförderung über­ nommenen Güter, deren Menge und Merkzeichen; 8. die Bestimmung in Ansehung der Fracht; 9. den Ort und den Tag der Ausstellung; 10. die Zahl der ausgestellten Exemplare. g 644. [646.] Auf Verlangen des Abladers ist das Konnosse­ ment, sofern nicht das Gegentheil vereinbart ist, an die Order des Empfängers oder lediglich an Order zu stellen. Im letzteren Falle ist unter der Order die Order des Abladers zu verstehen. Das Konnossement kann auch auf den Namen des Schiffers als Empfängers lauten. g 645. [647.] Der Schiffer ist verpflichtet, im Löschungs­ hafen dem legitimirten Inhaber auch nur eines Exemplars des Konnossements die Güter auszuliefern. Zur Empfangnahme der Güter legitimirt ist derjenige, an welchen die Güter nach dem Konnossement abgeliesert werden sollen, oder auf welchen das Konnossement, wenn es an Order lautet, durch Indossament übertragen ist. g 646. [648.] Melden sich mehrere legitimirte Konnossements­ inhaber, so ist der Schiffer verpflichtet, sie sämmtlich zurückzuweisen, die Güter in einem öffentlichen Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise zu hinterlegen und die Konnossementsinhaber, die sich ge­ meldet haben, unter Angabe der Gründe seines Verfahrens hiervon zu benachrichtigen. Er ist befugt, über sein Verfahren und dessen Gründe eine öffentliche Urkunde errichten zu lassen und wegen der daraus ent­ stehenden Kosten in gleicher Art wie wegen der Fracht sich an die Güter zu halten. g 647. [649.] Die Uebergabe des Konnossements an den­ jenigen, welcher durch das Konnossement zur Empfangsnahme legiti­ mirt wird, hat, sobald die Güter von dem Schiffer oder einem anderen Vertreter des Rheders zur Beförderung übernommen sind, für den Erwerb von Rechten an den Gütern dieselben Wirkungen wie die Uebergabe der Güter. g 648. [650.] Sind mehrere Exemplare eines an Order lautenden Konnossements ausgestellt, so können von dem Inhaber des einen Exemplars die im § 647 bezeichneten Wirkungen der Ueber­ gabe des Konnossements zum Nachtheile desjenigen nicht geltend ge­ macht werden, welcher auf Grund eines anderen Exemplars gemäß

§ 645 die Auslieferung der Güter von dem Schisser erlangt hat, bevor der Anspruch auf Auslieferung von dem Inhaber des ersteren Exemplars erhoben worden ist. g 649, [651.] Hat der Schiffer die Güter noch nicht aus­ geliefert, so geht unter mehreren sich meldenden Konnossementsin­ habern, soweit die von ihnen auf Grund der Konnossementsübergabe an den Gütern geltend gemachten Rechte einander entgegenstehen, derjenige vor, dessen Exemplar von dem gemeinschaftlichen Vormanne, welcher mehrere Konnossementsexemplare an verschiedene Personen übertragen hat, zuerst der einen dieser Personen dergestalt übergeben worden ist, daß sie zur Empfangnahme der Güter legitimirt wurde. Bei dem nach einem anderen Orte übersendeten Exemplare wird die Zeit der Uebergabe durch den Zeitpunkt der Absendung bestimmt. g 650, [652.] Ter Schiffer ist zur Ablieferung der Güter nur gegen Rückgabe eines Exemplars des Konnossements, auf wel­ chem die Ablieferung der Güter bescheinigt ist, verpflichtet.

g 651, [653.] Das Konnossement ist für das Rechtsverhältnis; zwischen dem Verfrachter und dem Empfänger der Güter maßgebend; insbesondere hat die Ablieferung der Güter an den Empfänger nach dem Inhalte des Konnossements zu erfolgen. Die nicht in das Konnossement aufgenommenen Bestimmungen des Frachtvertrags sind dem Empfänger gegenüber unwirksam, sofern nicht das Konnossement ausdrücklich aus sie Bezug nimmt. Wird in Ansehung der Fracht auf den Frachtvertrag verwiesen (zum Beispiel durch die Worte: „Fracht laut Chartepartie"), so sind hierin die Bestimmungen über Löschzeit, Ueberliegezeit und Liegegeld nicht als einbegriffen anzusehen. Für das Rechtsverhältniß zwischen dem Verfrachter und dem Befrachter bleiben die Bestimmungen des Frachtvertrags maßgebend,

g 652. [654.] Ter Verfrachter ist für die Richtigkeit der im Konnossement enthaltenen Bezeichnung der übernommenen Güter dem Empfänger verantwortlich. Seine Haftung beschränkt sich jedoch auf den Ersatz des Minderwerths, der sich aus der Nichtübereinstimmung der Güler mit der im Konnossement enthaltenen Bezeichnung ergiebt.

g 653. [655.] Die im § 652 erwähnte Haftung des Ver­ frachters tritt auch dann ein, toeim die Güter dem Schiffer in Ver­ packung oder in geschlossenen Gesäßen übergeben worden sind. Ist dies aus dem Konnossement ersichtlich, so ist der Verfrachter für die Richtigkeit der Bezeichnung der Güter dem Empfänger nicht verantwortlich, wenn ungeachtet der Sorgfalt eines ordentlichen

Schiffers die Unrichtigkeit der in dem Konnossement enthaltenen Bezeichnung nicht wahrgenommen werden konnte. Die Haftung des Verfrachters wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Uebereinstimmung der abgelieferten und der übernommenen Güter nicht bestritten oder daß sie vom Verfrachter nachgewiesen wird, g 654. [656.] Werden dem Schiffer Güter in Verpackung oder in geschlossenen Gefäßen übergeben, so kann er das Konnossement mit demZusatze: „Inhalt unbekannt" versehen. Enthält das Konnossement diesen oder einen gleichbedeutenden Zusatz, so ist der Verfrachter, falls der abgelieferte Inhalt mit dem im Konnossement angegebenen nicht übereinstimmt, nur insoweit verantwortlich, als festgestellt wird, daß er einen anderen als den abgelieferten Inhalt empfangen hat. g 655. [657.] Sind die im Konnossemente nach Zahl, Maß oder Gewicht bezeichneten Güter dem Schiffer nicht zugezählt, zuge­ messen oder zugewogen, so kann er das Konnossement mit dem Zu­ satze: „Zahl, Maß, Gewicht unbekannt" versehen. Enthält das Konnossement diesen oder einen gleichbedeutenden Zusatz, so hat der Verfrachter die Richtigkeit der Angaben des Konnossements über Zahl, Maß oder Gewicht der übernommenen Güter nicht zu vertreten, g 656. [658.] Ist die Fracht nach Zahl, Maß oder Gewicht der Güter bedungen und im Konnossemente Zahl, Maß oder Gewicht angegeben, so ist diese Angabe für die Berechnung der Fracht ent­ scheidend, wenn nicht das Konnossement eine abweichende Bestimmung enthält. Als eine solche ist der Zusatz: „Zahl, Maß, Gewicht un­ bekannt" oder ein gleichbedeutender Zusatz nicht anzusehen. g 657. [659.] Ist das Konnossement mit dem Zusatze: „frei von Bruch" oder: „frei von Leckage" oder: „frei von Beschädigung" oder mit einem gleichbedeutenden Zusatze versehen, so haftet der Ver­ frachter nicht für Bruch, Leckage oder Beschädigung, es sei denn, daß den Schisser oder eine Person, für die der Verfrachter verant­ wortlich ist, ein Verschulden trifft. g 658. [660.] Werden dem Schiffer Güter übergeben, deren Beschädigung, schlechte Beschaffenheit oder schlechte Verpackung sichtbar ist, so hat er diese Mängel im Konnossemente zu bemerken, widrigen­ falls er dem Empfänger dafür verantwortlich ist, auch wenn das Konnossement mit einem der im § 657 erwähnten Zusätze versehen ist. g 659. [661.] Hat der Schiffer ein an Order lautendes Konnossement ausgestellt, so darf er den Anweisungen des Abladers wegen Rückgabe oder Auslieferung der Güter nur dann Folge leisten, wenn ihm die sämmtlichen Exemplare des Konnossements zurück­ gegeben werden. Dasselbe gilt in Ansehung der Anforderungen eines Konnosse-

286 HS« «uch IV. Seehaudel. «bschn. IV. § 660—663. «bschn. V. § 664-670.

mentsinhabers auf Auslieferung der Güter, solange der Schiffer den Bestimmungshafen nicht erreicht hat. Handelt er diesen Vorschriften entgegen, so bleibt er dem recht­ mäßigen Inhaber des Konossements verpflichtet. Lautet das Konnossement nicht an Order, so ist der Schiffer zur Rückgabe oder Auslieferung der Güter auch ohne Beibringung eines Exemplars des Konnossements verpflichtet, sofern der Ablader und der im Konnossemente bezeichnete Empfänger in die Rückgabe oder Auslieferung der Güter willigen. Werden jedoch nicht sämmt­ liche Exemplare des Konnossements zurückgestellt, so kann der Schisser wegen der deshalb zu besorgenden Nachtheile zuvor Sicher­ heitsleistung fordern. 8 660, [662.] Die Vorschriften des § 659 kommen auch zur Anwendung, wenn der Frachtvertrag vor der Erreichung des Bestimmungshafens in Folge eines Zufalls nach den 88 028 bis 641 aufgelöst wird. 8 661, [663.] In Ansehung der Verpflichtungen des Schiffers aus den von ihm geschlossenen Frachtverträgen und ausgestellten Konnossementen hat es bei den Vorschriften der §§ 511, 512, 533 sein Bewenden. 8 662. [664.] Im Falle der Unterverfrachtung hastet für die Erfüllung des Unterfrachtvertrags, soweit dessen Ausführung zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört und von diesem übernommen ist, insbesondere durch Annahme der Güter und Ausstellung des Konnossements, nicht der Unterversrachter, fonbcm der Rheder mit Schiff und Fracht (§ 486). Ob und inwieweit im Uebrigen der Rheder oder der Unter­ verfrachter von dem Unterbesrachter in Anspruch genommen werden kann und ob im letzteren Falle der Unterversrachter für die Erfüllung unbeschränkt zu haften oder nur die auf Schiff und Fracht be­ schränkte Haftung des Rheders zu vertreten hat, wird durch diese Vorschrift nicht berührt. 8 663. [449.] Auf die Beförderung von Gütern zur See durch die Postverwaltung des Reichs und der Bundesstaaten finden die Vorschriften dieses Abschnitts keine Anwendung.

Fünfter Abschnitt. Frachtgeschäft zur Beförderung von Reisenden. * 8 664. [665.] Ist der Reisende in dem Ueberfahrtsvertrage genannt, so ist er nicht befugt, das Recht auf die Ueberfahrt an einen Anderen abzutreten. 1 G 2./6. 02 bett', die Verpflichtung der Kausjahrteischijse zur Mitnahme

g -SS. [666.] Der Reisende ist verpflichtet, alle die Schiffs­ ordnung betreffenden Anweisungen des Schiffers zu befolgen, g 666» [667.] Der Reisende, der sich vor oder nach dem Antritte der Reise nicht rechtzeitig an Bord begiebt, hat das volle Ueberfahrtsgeld zu bezahlen, wenn der Schiffer die Reise antritt oder fortsetzt, ohne auf ihn zu warten. g 667. [668.] Wenn der Reisende vor dem Antritte der Reise den Rücktritt von dem Ueberfahrtsvertrag erklärt oder stirbt oder durch Krankheit oder einen anderen in seiner Person sich ereignenden Zufall zurückzubleiben genöthigt wird, so ist nur die Hälfte des Ueberfahrtsgeldes zu zahlen. Wenn nach dem Antritte der Steife der Rücktritt erklärt wird oder einer der erwähnten Zufälle sich ereignet, so ist das volle Ueberfahrtsgeld zu zahlen. g 668. [669.] Der Ueberfahrtsvertrag tritt außer Kraft, wenn durch einen Zufall das Schiff verloren geht (§ 628 Absatz 1 Nr. 1).

g 669. [670.] Der Reisende ist befugt, von dem Vertrage zurückzutreten, wenn ein Krieg ausbricht, in Folge dessen das Schiff nicht mehr als frei betrachtet werden kann und der Gefahr der Aus­ bringung ausgesetzt wäre, oder wenn die Reise durch eine das Schiff betreffende Verfügung von hoher Hand aufgehalten wird. Das Recht des Rücktritts steht auch dem Verfrachter zu, wenn er in einem der vorstehenden Fälle die Reise aufgiebt oder wenn das Schiff hauptsächlich zur Beförderung von Gütern bestimmt ist und die Unternehmung unterbleiben muß, weil die Güter ohne sein Verschulden nicht befördert werden können. g 670. [671.] In allen Fällen, in denen nach den §§ 668, heimzuschaffender Seeleute (RGBl 212 (Anhang XX 2]). G 9./7. 97 über das Auswanderungswesen (RGBl 463). (Anhang XXL) StGB 144. Wer es sich zum Geschäft macht, Deutsche unter Vorspie­ gelung falscher Thatsachen oder wissentlich mit unbegründeten Angaben oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel zur Auswanderung zu verleiten, wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. GO 6 (f. Anhang XX, 1). EPO 709 [649]. Urtheile sind auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn sie betreffen ... 3. Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirthen, Fuhrleuten, Schiffern, Flößern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, welche über Wirthszechen, Fuhrlohn, Ueberfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, welche aus Anlaß der Reise entstanden sind. GVS 23 s. S. 7 zu EG z. HGB Art. 2.

288 HSB Buch IV. Seehaudel. L-schu. V. § 671—678. «bschu. VI. § 679-680.

669 der Ueberfahrtsvertrag ausgelöst wird, ist kein Theil zur Ent­ schädigung des anderen verpflichtet. Ist jedoch die Auflösung erst nach dem Antritte der Reise er­ folgt, so hat der Reisende das Uebersahrtsgeld nach dem Verhält­ nisse der zurückgelegten zur ganzen Reise zu zahlen. Bei der Berechnung des zu zahlenden Betrags ist die Vorschrift des § 631 maßgebend. § -71. [672.] Muß das Schiff während der Reise ausge­ bessert werden, so hat der Reisende, auch wenn er die Ausbesserung nicht abwartet, das volle Uebersahrtsgeld zu zahlen. Wartet er die Ausbesserung ab, so hat ihm der Verfrachter bis zum Wiederantritte der Reise ohne besondere Vergütung Wohnung zu gewähren, auch die nach dem Ueberfahrtsvertrag in Ansehung der Beköstigung ihm obliegenden Pflichten weiter zu erfüllen. Erbietet sich jedoch der Verfrachter, den Reisenden mit einer anderen gleich guten Schiffsgelegcnheit ohne Beeinträchtigung der übrigen vertragsmäßigen Rechte des Reisenden nach dem Be­ stimmungshafen zu befördern, und weigert sich der Reisende, von dem Anerbieten Gebrauch zu machen, so hat er auf Gewährung von Wohnung und Kost bis zum Wiederantritte der Reise nicht weiter Anspruch. 8 672. [673.] Für die Beförderung des Reiseguts, welches der Reisende nach dem Ueberfahrtsvertrag an Bord zu bringen be­ fugt ist, hat er, wenn nicht ein Anderes bedungen ist, neben dem Ueberfahrtsgelde keine besondere Vergütung zu zahlen. 8 673. [674.] Auf das an Bord gebrachte Reisegut finden die Vorschriften der §§ 561, 593, 617 Anwendung. Ist das Reisegut von dem Schisser oder einem dazu bestellten Dritten übernommen, so gelten für den Fall seines Verlustes oder seiner Beschädigung die Vorschriften der §§ 606 bis 610. Aus sämmtliche von dem Reisenden an Bord gebrachte Sachen finden außerdem die Vorschriften der §§ 5631 bis 565, 619 An­ wendung. 8 674. [675.] Der Verfrachter hat wegen des Ueberfahrtsgeldes an den von dem Reisenden an Bord gebrachten Sachen ein Pfandrecht. Das Pfandrecht besteht jedoch nur, solange die Sachen zurück­ behalten oder hinterlegt sind. 8 675. [676.] Stirbt ein Reisender, so ist der Schiffer ver­ pflichtet, in Ansehung des an Bord befindlichen Reiseguts des Ver1 Liehe Anmerkung zu § .'>64 3. 263.

Krachtgeschüst zur Beförderung eon Reisenden. Bodmerei.

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storbenen das Interesse der Erben nach den Umständen des Falles in geeigneter Weise wahrzunehmen. § 676, [677.] Wird ein Schiff zur Beförderung von Reisenden einem Dritten verfrachtet, sei es im Ganzen oder zu einem Theile oder dergestalt, daß eine bestimmte Zahl von Reisenden befördert werden soll, so gelten für das Rechtsverhältniß zwischen dem Ver­ frachter und dem Dritten die Vorschriften des vierten Abschnitts, so­ weit die Natur der Sache ihre Anwendung zuläßt. § 677. [678.] Wenn in den folgenden Abschnitten dieses Buches die Fracht erwähnt wird, so sind darunter, sofern nicht das Gegentheil bestimmt ist, auch die Ueberfahrtsgelder zu verstehen. § 678. [679.] Die auf das Auswanderungswesen sich be­ ziehenden Landesgesetze werden, auch soweit sie privatrechtliche Vor­ schriften enthalten, durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht berührt. Sechster Abschnitt. Bodmerei^

g 679. [680.] Bodmerei im Sinne dieses Gesetzbuchs ist ein Darlehnsgeschäft, welches von dem Schisser als solchem kraft der in diesem Gesetzbuch ihm ertheilten Befugnisse unter Zusicherung einer Prämie und unter Verpfändung von Schiff, Fracht und Ladung oder von einem oder mehreren dieser Gegenstände in der Art ein­ gegangen wird, daß der Gläubiger wegen seiner Ansprüche nur an die verpfändeten (verbodmeten) Gegenstände nach der Ankunft des Schiffes an dem Orte sich halten kann, wo die Reise enden soll, für welche das Geschäft eingegangen ist (Bodmereireise). g 680. [681.] Bodmerei kann von dem Schiffer nur in folgenden Fällen eingegangen werden: 1. während sich das Schiff außerhalb des Heimathshafens be­ findet, zum Zwecke der Ausführung der Reise nach Maßgabe der §§ 528, 538 bis 540, 542; 2. während der Reise im alleinigen Interesse der Ladungsbetheiligten zum Zwecke der Erhaltung und Weiterbeförderung der La­ dung nach Maßgabe der §§ 535, 542, 632. Im Falle des Absatz 1 Nr. 2 kann der Schiffer die Ladung allein verbodmen, in allen übrigen Fällen kann er zwar das Schiff oder die Fracht allein, die Ladung aber nur zusammen mit dem Schiffe und der Fracht verbodmen. In der Verbodmung des Schiffes ohne Erwähnung der Fracht ist die Verbodmung der Fracht nicht enthalten. Werden aber Schiff und Ladung verbodmet, so gilt die Fracht als mitverbodmet.

1 Vgl. GVG 101 Nr. 3 (S. 5 EG z. HGB Art. 2). Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

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Die Verbodmung der Fracht ist zulässig, solange diese der See­ gefahr noch nicht entzogen ist. Auch die Fracht desjenigen Theiles der Reise, welcher noch nicht angetreten ist, kann verbodmet werden. § 681. [682.] Die Höhe der Bodmereiprämie ist ohne Be­ schränkung dem Uebereinkommen der Parteien überlassen. Die Prämie umfaßt in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung auch die Zinsen.

8 682. [683.] Ueber die Verbodmung muß von dem Schiffer ein Bodmereibrief ausgestellt werden. Ist dies nicht geschehen, so hat der Gläubiger diejenigen Rechte, welche ihm zustehen würden, wenn der Schiffer zur Befriedigung des Bedürfnisses ein einfaches Kredit­ geschäft eingegangen wäre. 8 683. [684.] Der Bodmereigeber kann verlangen, daß der Bodmereibrief enthält: 1. den Namen des Bodmereigläubigers; 2. den Kapitalbetrag der Bodmereischuld; 3. den Betrag der Bodmereiprämie oder den Gesammtbetrag der dem Gläubiger zu zahlenden Summe; 4. die Bezeichnung der verbodmeten Gegenstände; 5. die Bezeichnung des Schiffes und des Schiffers; 6. die Bodmereireise; 7. die Zeit, zu welcher die Bodmereischuld gezahlt werden soll; 8. den Ort, wo die Zahlung erfolgen soll; 9. die Bezeichnung der Urkunde im Texte als Bodmereibrief oder die Erklärung, daß die Schuld als Bodmereischuld eingegangen ist, oder eine andere das Wesen der Bodmerei genügend be­ zeichnende Erklärung; 10. die Umstände, welche die Eingehung der Bodmerei nothwendig gemacht haben; 11. den Tag und den Ort der Ausstellung; 12. die Unterschrift des Schiffers. Die Unterschrift des Schiffers ist auf Verlangen in öffentlich beglaubigter Form zu ertheilen. 8 684. [685.] Auf Verlangen des Bodmereigebers ist der Bodmereibrief, sofern nicht das Gegentheil vereinbart ist, an die Order des Gläubigers oder lediglich an Order zu stellen. Im Letzteren Falle ist unter der Order die Order des Bodmereigebers zu verstehen. 8 685. [686.] Ist vor der Ausstellung des Bodmereibriefs die Nothwendigkeit der Eingehung des Geschäfts von dem deutschen

Konsul* und in dessen Ermangelung von dem Gericht oder der sonst zuständigen Behörde des Ortes der Ausstellung, sofern es aber auch an einer solchen fehlt, von den Schiffsoffizieren urkundlich bezeugt, so wird angenommen, daß der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts in dem vorliegenden Umfange befugt gewesen fei. Es findet jedoch der Gegenbeweis statt. § 686. [687.] Der Bodmereigeber kann die Ausstellung des Bodmereibriefs in mehreren Exemplaren verlangen. Werden mehrere Exemplare ausgestellt, so ist in jedem Exemplar anzugeben, wie viele ertheilt sind. Der Einwand, daß der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts überhaupt oder in dem vorliegenden Umfange nicht befugt gewesen sei, ist auch gegen den Indossatar zulässig.

§ 687. [688.] Die Bodmereischuld ist, sofern nicht in dem Bödmereibriefe selbst eine andere Bestimmung getroffen ist, in dem Bestimmungshafen der Bodmereircise und am achten Tage nach der Ankunft des Schiffes in diesem Hafen zu zahlen. Von den» Zahlungstag an laufen Zinsen von der ganzen Bod­ mereischuld einschließlich der Prämie. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Prämie nach Zeit bedungen ist; die Zeit­ prämie läuft aber bis zur Zahlung des Bodmereikapitals. 8 688. [689.] Zur Zahlungszeit kann die Zahlung der Bod­ mereischuld dem legitimirten Inhaber auch nur eines Exemplars des Bodmereibriefs nicht verweigert werden. Die Zahlung kann nur gegen Rückgabe dieses Exemplars ver­ langt werden, auf welchem über die Zahlung zu quittiren ist. 8 689. [690.] Melden sich mehrere legitimirte Bodmereibriefs­ inhaber, so sind sie sämmtlich zurückzuweisen, die Gelder, wenn die verbodmeten Gegenstände befreit werden sollen, öffentlich oder, falls dies nicht thunlich ist, sonst in sicherer Weise zu hinterlegen und die Bodmereibriefsinhaber, die sich gemeldet haben, unter Angabe der Gründe des Verfahrens hiervon zu benachrichtigen. Kann eine öffentliche Hinterlegung nicht erfolgen, so ist der Hinterleger befugt, über sein Verfahren und dessen Gründe eine 1 ® 8-/11. 67, 37 (BGBl 143): In Betreff der Befugniß der Konsuln zur Mitwirkung bei dem Verkaufe eines Schiffes durch den Schiffer und bei Eingehung von Bodmereigeschäften, sowie in Betreff der einstweiligen Streitig­ keiten zwischen Schiffer und Mannschaft sind die Vorschriften der Artikel 499 [jtjjt 530], 637, 647 [beide jetzt fortgefallen], 686 [jetzt 685] des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs maßgebend. — Gebühren dafür: vgl. Taris 15./3. 68 (BGBl 23), 1./7. 72 (RGBl 248).

öffentliche Urkunde errichten zu lassen und die daraus entstehenden Kosten von der Bodmereischuld abzuziehen. 8 690» [691.] Dem Bodmereigläubiger fällt weder die große noch die besondere Haverei zu Last. Soweit jedoch die verbodmeten Gegenstände durch große oder besondere Haverei zur Befriedigung des Bodmereigläubigers unzu­ reichend werden, hat er den hieraus entstehenden Nachtheil zu tragen. 8 691. [692.] Jeder ter verbodmeten Gegenstände haftet dem Bodmereigläubiger für die ganze Bodmereischuld. Sobald das Schiff im Bestimmungshafen der Bodmereireise angekommen ist, kann der Gläubiger die verbodmeten Gegenstände mit Arrest belegen lassen; zur Anordnung des Arrestes ist nicht er­ forderlich, daß ein Arrestgrund glaubhaft gemacht wird. 8 692. [693.] Der Schiffer hat für die Bewahrung und Erhaltung der verbodmeten Gegenstände zu sorgen; er darf ohne dringende Gründe keine Handlung vornehmen, durch welche die Ge­ fahr für den Bodmereigeber eine größere oder eine andere wird, als dieser bei dem Abschlüsse des Vertrags voraussetzen mußte. Handelt der Schiffer diesen Vorschriften zuwider, so ist er dem Bodmereigläubiger für den daraus entstehenden Schaden verantwort­ lich (§ 512). 8 693. [694.] Verändert der Schiffer willkürlich die Bodmerei­ reise oder weicht er von dem ihr entfprecfjenbcn Wege willkürlich ab oder setzt er nach ihrer Beendigung die verbodmeten Gegenstände von neuem einer Seegefahr aus, ohne das Interesse des Gläu­ bigers es gebietet, so haftet er dem Gläubiger für die Bodmerei­ schuld insoweit persönlich, als dieser aus den verbodmeten Gegen­ ständen seine Befriedigung nicht erhält, es sei denn, daß die unter­ bliebene Befriedigung durch die Veränderung der Reise oder die Abweichung oder die neue Seefahrt nicht verursacht ist. 8 694. [695.] Der Schiffer darf die verbodmete Ladung vor der Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers weder ganz noch theilweise ausliefern, widrigenfalls er dem Gläubiger für die Bodmereischuld insoweit persönlich verpflichtet wird, als dieser aus den ausgelieferten Gütern zur Zeit der Auslieferung hätte befriedigt werden können. Es wird vermuthet, daß der Gläubiger seine vollständige Be­ friedigung hätte erlangen können. 8 695. [696.] Hat der Rheder in den Fällen der §§ 692 bis 694 die Handlungsweise des Schissers angeordnet, so kommen die Vorschriften des § 512 Absatz 2, 3 zur Anwendung. 8 696. [697.] Wird zur Zahlungszeit die Bodmereischuld

nicht bezahlt, so kann sich der Gläubiger aus den verbodmeten Gegenständen befriedigen. Die Befriedigung erfolgt nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften. In Ansehung des Schiffes und der Fracht ist die Klage gegen den Schiffer oder den Rheder gn richten; das gegen den Schiffer ergangene Urtheil ist auch gegenüber dem Rheder wirksam. In Ansehung der Ladung ist die Klage vor der Auslieferung gegen den Schiffer zu richten.

Zum Nachtheil eines dritten Erwerbers, der den Besitz der ver­ bodmeten Ladung in gutem Glauben erlangt hat, kann der Gläubiger von seinen Rechten keinen Gebrauch machen.

8 6-7. [698.] Der Empfänger, dem bei der Annahme der verbodmeten Güter bekannt ist, daß auf ihnen eine Bodmereischuld haftet, wird dem Gläubiger für die Schuld bis zu dem Werthe, welchen die Güter zur Zeit ihrer Auslieferung haben, insoweit persönlich verpflichtet, als der Gläubiger, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätte befriedigt werden können. 8 6-8. [699.] Wird vor dem Antritte der Bodmereireise die Unternehmung aufgegeben, so ist der Gläubiger befugt, die sofortige Bezahlung der Bodmereischuld an dem Orte zu verlangen, an welchem die Bodmerei eingegangen ist; er muß sich jedoch eine Derhältnißmäßige Herabsetzung der Prämie gefallen lassen; bei der Herabsetzung ist vorzugsweise das Verhältniß der bestandenen zu der übernommenen Gefahr maßgebend. Wird die Bodmereireise in einem anderen als in ihrem Be­ stimmungshafen beendet, so ist die Bodmereischuld ohne einen Abzug von der Prämie in diesem anderen Hafen nach dem Ablaufe der vertragsmäßigen und in deren Ermangelung der achttägigen Zah­ lungsfrist (§ 687) zu zahlen. Die Zahlungsfrist wird von dem Tage der endgültigen Einstellung der Reise berechnet.

Soweit sich nicht aus den Vorschriften der Absätze 1, 2 ein Anderes ergiebt, kommen auch in diesen Fällen die Vorschriften der §§ 688 bis 697 zur Anwendung.

8 699. [700.]1 Die Anwendung der Vorschriften dieses Ab­ schnitts wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Schiffer zugleich Miteigenthümer oder Alleineigenthümer des Schiffes oder der Ladung oder beider ist oder daß er auf Grund einer besonderen Anweisung der Betheiligten die Bodmerei eingegangen ist. 1 BSB §§ 1259 ff. (Art. 701) (s. oben S. 233).

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dS» Buch IV. Lkehandkl. «dschn. VII. ZU. I. g 700-706.

Siebenter Abschnitt.

Haverei.

Erster Titel.

Große (gemeinschaftliche) Haverei und besondere Haverei.

8 700. [702.] Alle Schäden,* die dem Schiffe oder der Ladung oder beiden zum Zwecke der Errettung beider aus einer gemeinsamen Gefahr von dem Schiffer oder auf dessen Geheiß vorsätzlich zugefügt werden, sowie auch die durch solche Maßregeln ferner verursachten Schäden, ingleichen die Kosten, die zu demselben Zwecke aufgewendet werden, sind große Haverei. Die große Haverei wird von Schiff, Fracht und Ladung ge­ meinschaftlich getragen. 8 701. [703.] Alle nicht zur großen Haverei gehörigen, durch einen Unfall verursachten Schäden und Kosten, soweit die letzteren nicht unter den § 621 fallen, sind besondere Haverei. Tie besondere Haverei wird von den Eigenthümern des Schisses und der Ladung, von jedem für sich allein, getragen. 8 702. [704.] Die Anwendung der Vorschriften über die große Haverei wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Gefahr in Folge des Verschuldens eines Dritten oder auch eines Betheiligten herbeigeführt ist. Ter Betheiligte, welchem ein solches Verschulden zur Last fällt, kann jedoch nicht allein wegen des ihm entstandenen Schadens keine Vergütung fordern, sondern ist auch den Beitragspflichtigen für den Verlust verantwortlich, den sie dadurch erleiden, daß der Schaden als große Haverei zur Vertheilung kommt. Ist die Gefahr durch eine Person der Schiffsbesatzung ver­ schuldet, so trägt die Folgen dieses Verschuldens auch der Rheder nach Maßgabe der §§ 485, 486. 8 703. [705.] Die Havereivcrtheilung tritt nur ein, wenn sowohl das Schiff als auch die Ladung und zwar jeder dieser Gegen­ stände entweder ganz oder theilweise wirklich gerettet worden ist. 8 704. [706.] Die Verpflichtung, von einem geretteten Gegen­ stände beizutragen, wird dadurch, daß der Gegenstand später von einer besonderen Haverei betroffen wird, nur dann vollständig auf­ gehoben, wenn der Gegenstand ganz verloren geht. 8 705. [707.] Der Anspruch auf Vergütung einer zur großen Haverei gehörenden Beschädigung wird durch eine besondere Haverei, die den beschädigten Gegenstand später trifft, sei es, daß er von 1 Vgl. G. betr. die Untersuchung von Seeunfällen. 27 /7. 77 (Anhang XXIV).

neuem beschädigt wird oder ganz verloren geht, nur dann aufgehoben, wenn der spätere Unfall mit dem früheren in keinem Zusammen­ hänge steht, und nur insoweit, als der spätere Unfall auch den früheren Schaden nach sich gezogen haben würde, wenn dieser nicht bereits entstanden gewesen wäre. Sind jedoch vor dem Eintritte des späteren Unfalls zur Wieder­ herstellung des beschädigten Gegenstandes bereits Aufwendungen gemacht, so bleibt rücksichtlich dieser der Anspruch auf Vergütung bestehen. 8 706, [708.] Große Haverei liegt namentlich in den nach­ stehenden Fällen vor, vorausgesetzt, daß zugleich die Erfordernisse der §§ 700, 702, 703 insoweit vorhanden sind, als in den folgen­ den Vorschriften nichts Besonderes bestimmt ist: 1. Wenn Waaren, Schiffstheile oder Schiffsgeräthschaften über Bord geworfen, Masten gekappt, Taue oder Segel wegge­ schnitten, Anker, Ankertaue oder Ankerketten geschlippt oder ge­ kappt werden. Sowohl diese Schäden selbst als die durch solche Maßregeln an Schiff oder Ladung ferner verursachten Schäden gehören zur großen Haverei. 2. Wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder theilweise in Leichterfahrzeuge übcrgeladen wird. Es gehört zur großen Haverei sowohl der Leichterlohn als der Schaden, der bei dem Ueberladen in das Leichterfahrzeug oder bei dem Rückladen in das Schiff der Ladung oder dem Schiffe zugefügt wird, sowie der Schaden, den die Ladung auf dem Leichterfahrzeug erleidet. Muß die Erleichterung im regelmäßigen Verlaufe der Reise erfolgen, so liegt große Haverei nicht vor. 3. Wenn das Schiff absichtlich auf den Strand gesetzt wird, jedoch nur, wenn es zum Zwecke der Abwendung des Unterganges oder der Nehmung geschieht. Sowohl die durch die Strandung einschließlich der Ab­ bringung entstehenden Schäden als auch die Kosten der Ab­ bringung gehören zur großen Haverei. Wird das behufs der Abwendung des Unterganges auf den Strand gesetzte Schiff nicht abgebracht oder nach der Ab­ bringung reparaturunfähig befunden (§ 479), so findet eine Havereivertheilung nicht statt. Strandet das Schiff, ohne daß die Strandung zur Rettung von Schiff und Ladung vorsätzlich herbeigeführt ist, so gehören zwar nicht die durch die Strandung veranlaßten Schäden,

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HSB Buch IV. Leehandel, «dschn. VII. Tit. I. 8 707-709.

wohl aber die auf die Abbringung verwendeten Kosten und die zu diesem Zwecke dem Schiffe oder der Ladung absichtlich zu­ gefügten Schäden zur großen Haverei.

4. Wenn das Schiff zur Vermeidung einer dem Schiffe und der Ladung im Falle der Fortsetzung der Reise drohenden gemein­ samen Gefahr in einen Nothhafen einläuft, insbesondere wenn das Einlaufen zur nothwendigen Ausbesserung eines Schadens erfolgt, den das Schiff während der Reise erlitten hat. Es gehören in diesem Falle zur großen Haverei die Kosten des Einlaufens und des Auslaufens, die das Schiff selbst treffenden Aufenthaltskosten, die der Schiffsbesatzung während des Aufenthalts gebührende Heuer und Kost, die Auslagen für die Unterbringung der Schiffsbesatzung am Lande, solange die Besatzung nicht an Bord verbleiben kann, ferner, falls die Ladung wegen des Grundes, welcher das Einlaufen in den Nothhasen herbeigeführt hat, gelöscht werden muß, die Kosten des Verbringens von Bord und an Bord sowie die Kosten der Aufbewahrung der Ladung am Lande bis zu dem Zeit­ punkte, in welchem sie wieder an Bord gebracht werden kann. Die sämmtlichen Aufenthaltskosten kommen nur für die Zeit der Fortdauer des Grundes in Rechnung, der das Einlaufen in den Nothhasen herbeigesührt hat. Liegt der Grund in einer nothwendigen Ausbesserung des Schiffes, so kommen außerdem die Aufenthaltskosten nur bis zu dem Zeitpunkte in Rechnung, in welchem die Ausbesserung hätte vollendet sein können. Die Kosten der Ausbesserung des Schiffes gehören nur in­ soweit zur großen Haverei, als der auszubessernde Schaden selbst große Haverei ist.

5. Wenn das Schiff gegen Feinde oder Seeräuber vertheidigt wird. Die bei der Vertheidigung dem Schiffe oder der Ladung zu­ gefügten Beschädigungen, der dabei verbrauchte Schießbedarf und, falls eine Person der Schiffsbesatzung bei der Vertheidi­ gung verwundet oder getödtet wird, die Heilungs- und Begräbnißkosten sowie die nach den §§ 553, 554 dieses Gesetz­ buchs und den §§ 49, 51 der Seemannsordnung * zu zahlenden Belohnungen bilden die große Haverei. 6. Wenn im Falle der Anhaltung des Schiffes durch Feinde oder Seeräuber Schiff und Ladung losgekauft werden. Was zum Loskaufe gegeben ist, bildet nebst den durch den 1 Siehe Anhang XX 1 (S. 831).

Unterhalt und die Auslösung der Geiseln entstehenden Kosten die große Haverei. 7. Wenn die Beschaffung der zur Deckung der großen Haverei während der Reise erforderlichen Gelder Verluste und Kosten verursacht oder wenn durch die Auseinandersetzung unter den Betheiligten Kosten entstehen. Diese Verluste und Kosten gehören gleichfalls zur großen Haverei. Dahin werden insbesondere gezählt der Verlust an den während der Reise verkauften Gütern; die Bodmereiprämie, wenn das erforderliche Geld durch Bodmerei ausgenommen wird, und wenn dies nicht der Fall ist, die Prämie für die Versicherung des aufgewendeten Geldes, die Kosten für die Ermittelung der Schäden und für die Aufmachung der Rech­ nung über die große Haverei (Dispache). 8 707. [709.] Nicht als große Haverei, sondern als besondere Haverei werden angesehen: 1. die Verluste und Kosten, welche, wenn auch während der Reise, aus der in Folge einer besonderen Haverei nöthig ge­ wordenen Beschaffung von Geld entstehen; 2. die Reklamekosten, auch wenn Schiff und Ladung zusammen und beide mit Erfolg reklamirt werden; 3. die durch Prangen verursachte Beschädigung des Schiffes, seines Zubehörs und der Ladung, selbst wenn, um der Strandung oder Nehmung zu entgehen, geprangt worden ist. 8 708. [710.] In den Fällen der großen Haverei bleiben bei der Schadensberechnung die Beschädigungen und Verluste außer Ansatz, welche die nachstehenden Gegenstände betreffen: 1. nicht unter Deck geladene Güter; diese Vorschrift findet jedoch bei der Küstenschiffahrt insofern keine Anwendung, als Deck­ ladungen durch die Landesgesetze für zulässig erklärt sind (§ 566); 2. Güter, über die weder ein Konnossement ausgestellt ist noch das Manifest oder Ladebuch Auskunft giebt; 3. Kostbarkeiten, Kunstgegenstände, Geld und Werthpapiere, die dem Schiffer nicht gehörig bezeichnet worden sind (§ 607). 8 709. [711.] Ter an dem Schiffe oder dem Zubehöre des Schiffes entstandene, zur großen Haverei gehörige Schaden ist, wenn die Ausbesserung während der Reise erfolgt, am Orte der Aus­ besserung und vor dieser, sonst an dem Orte, wo die Reise endet, durch Sachverständige zu ermitteln und zu schätzen. Die Taxe muß die Veranschlagung der erforderlichen Ausbesserungskosten enthalten.

Sie ist, wenn während der Reise ansgebessert wird, für die Schadens­ berechnung insoweit maßgebend, als nicht die Ausführungskosten unter den Anschlagssummen bleiben. War die Aufnahme einer Taxe nicht ausführbar, so entscheidet der Betrag der auf die er­ forderliche Ausbesserung wirklich verwendeten Kosten. Soweit die Ausbesserung nicht während der Reise geschieht, ist die Abschätzung für die Schadensberechnung ausschließlich maßgebend. 8 710. [712.] Ter nach Maßgabe des § 709 ermittelte volle Betrag der Ausbesserungskosten bestimmt die zu leistende Vergütung, wenn das Schiff zur Zeit der Beschädigung noch nicht ein volles Jahr zu Wasser war. Dasselbe gilt von der Vergütung für einzelne Theile des Schiffes, namentlich für die Metallhaut, sowie für einzelne Theile des Zubehörs, wenn solche Theile noch nicht ein volles Jahr in Gebrauch waren. In den übrigen Fällen wird von dem vollen Betrage wegen des Unterschieds zwischen alt und neu ein Drittheil, bei den Anker­ ketten ein Sechstheil, bei den Ankern jedoch nichts abgezogen. Von dem vollen Betrage kommen ferner in Abzug der volle Erlös oder Werth der noch vorhandenen alten Stücke, welche durch neue ersetzt sind oder zu ersetzen sind. Findet ein solcher Abzug und zugleich der Abzug wegen des Unterschieds zwischen alt und neu statt, so ist zuerst dieser letztere und sodann von dem verbleibenden Betrage der andere Abzug zu machen. 8 711. [713.] Tie Vergütung für aufgeopferte Güter wird durch den Marktpreis bestimmt, welchen Güter derselben Art und Beschaffenheit am Bestimmungsorte bei dem Beginne der Löschung des Schiffes haben. In Ermangelung eines Marktpreises oder sofern über den Marktpreis oder dessen Anwendung, insbesondere mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der Güter, Zweifel bestehen, wird der Preis durch Sachverständige ermittelt. Von dem Preise kommt in Abzug, was an Fracht, Zöllen oder Kosten in Folge des Verlustes der Güter erspart wird. Zu den aufgeopferten Gütern gehören auch diejenigen, welche zur Deckung der großen Haverei verkauft worden sind (§ 706 Nr. 7). 8 712. [714.] Die Vergütung für Güter, die eine zur großen Haverei gehörige Beschädigung erlitten haben, wird bestimmt durch den Unterschied zwischen dem durch Sachverständige zu ermittelnden Verkaufswerthe, welchen die Güter im beschädigten Zustande am Be­ stimmungsorte bei dem Beginne der Löschung des Schiffes haben,

und dem im § 711 bezeichneten Preise nach Abzug der Zölle und Kosten, soweit sie in Folge der Beschädigung erspart sind. 8 713. [715.] Die vor, bei oder nach dem Havereifall ent­ standenen, zur großen Haverei nicht gehörenden Werthsverringerungen und Verluste sind bei der Berechnung der Vergütung (§§ 711, 712) in Abzug zu bringen. 8 714. [716.] Endet die Reise für Schiff und Ladung nicht im Bestimmungshafen, sondern an einem andern Orte, so tritt dieser letztere, endet sie durch Verlust des Schiffes, so tritt der Ort, wohin die Ladung in Sicherheit gebracht ist, für die Ermittelung der Ver­ gütung an die Stelle des Bestimmungsorts. 8 715. [717.] Die Vergütung für entgangene Fracht wird bestimmt durch den Frachtbetrag, welcher für die aufgeopferten Güter zu entrichten gewesen sein würde, wenn sie mit dem Schiffe an dem Orte ihrer Bestimmung oder, wenn dieser von dem Schiffe nicht er­ reicht wird, an dem Orte angelangt wären, wo die Reise endet. 8 716. [718.] Der gesammte Schaden, welcher die große Haverei bildet, wird über das Schiff, die Ladung und die Fracht nach dem Verhältnisse des Werthes des Schiffes und der Ladung und des Be­ trags der Fracht vertheilt. 8 717. [719.] Das Schiff nebst Zubehör trägt bei: 1. mit dem Werthe, welchen es in dem Zustand am Ende der Reise bei dem Beginne der Löschung hat; 2. mit dem als große Haverei in Rechnung kommenden Schaden an Schiff und Zubehör. Von dem im Absatz 1 Nr. 1 bezeichneten Werthe ist der noch vorhandene Werth derjenigen Ausbesserungen und Anschaffungen ab­ zuziehen, welche erst nach dem Havereifall erfolgt sind. 8 718. [720.] Die Ladung trägt bei: 1. mit den am Ende der Reise bei dem Beginne der Löschung noch vorhandenen Gütern oder, wenn die Reise durch den Verlust des Schiffes endet (§ 714), mit den in Sicherheit ge­ brachten Gütern, soweit in beiden Fällen diese Güter sich zur Zeit des Havereifalls an Bord des Schiffes oder eines Leichter­ fahrzeugs (§ 706 Nr. 2) befunden haben; 2. mit den aufgeopferten Gütern (711). 8 719. [721 Abs. 1, 3.] Bei der Ermittelung des Beitrags kommt in Ansatz: 1. für Güter, die unversehrt sind, der Marktpreis oder der durch Sachverständige zu ermittelnde Preis (§ 711), welchen sie am Ende der Reise bei dem Beginn und am Orte der Löschung des Schiffes, oder, wenn die Reise durch Verlust des Schiffes

endet (§ 714), zur Zeit und am Orte der Bergung haben, nach Abzug der Fracht, Zölle und sonstigen Kosten; 2. für Güter, die während der Reise verdorben sind oder eine zur großen Haverei nicht gehörige Beschädigung erlitten haben, der durch Sachverständige zu ermittelnde Verkaufswerth (§ 712), welchen die Güter im beschädigten Zustande zu der in Nr. 1 erwähnten Zeit und an dem dort bezeichneten Orte haben, nach Abzug der Fracht, Zölle und sonstigen Kosten; 3. für Güter, die aufgeopfert worden sind, der Betrag, welcher dafür nach § 711 als große Haverei in Rechnung kommt; 4. für Güter, die eine zur großen Haverei gehörige Beschädigung erlitten haben, der nach Nr. 2 zu ermittelnde Werth, welchen die Güter im beschädigten Zustande haben, und der Werths­ unterschied, welcher nach § 712 für die Beschädigung als große Haverei in Rechnung kommt.

8 720. [722.] Sind Güter geworfen, so haben sie zu der gleichzeitigen oder einer späteren großen Haverei im Falle ihrer Bergung nur beizutragen, wenn der Eigenthümer eine Vergütung verlangt.

8 721. [723.] Tie Frachtgelder tragen bei mit zwei Drittheilen: 1. des Bruttobetrags, welcher verdient ist; 2. des Betrags, welcher nach § 715 als große Haverei in Rech­ nung kommt. Ueberfahrtsgelder tragen bei nut dem Betrage, welcher im Falle des Verlustes des Schisses eingebüßt wäre (§ 670), nach Abzug der Kosten, die alsdann erspart sein würden.

8 722. [724.] Haftet auf einem beitragspflichtigen Gegenstand eine durch einen späteren Nothfall begründete Forderung, so trägt der Gegenstand nur mit seinem Werthe nach Abzug dieser Forderung bei. 8 723. [725.] Zur großen Haverei tragen nicht bei: 1. die Kriegs- und Mundvorräthe des Schiffes; 2. die Heuer und die Habe der Schiffsbesatzung; 3. das Reisegut der Reisenden. Sind Sachen dieser Art aufgeopfert oder haben sie eine zur großen Haverei gehörige Beschädigung erlitten, so wird dafür nach Maßgabe der §§ 711 bis 715 Vergütung gewährt; für Kostbar­ keiten, Kunstgegenstände, Geld und Werthpapiere wird jedoch nur dann Vergütung gewährt, wenn sie dem Schiffer gehörig bezeichnet worden sind (§ 607). Sachen, für die eine Vergütung gewährt wird, tragen mit dem Werthe oder dem Werthsunterschiede bei, welcher als große Haverei in Rechnung kommt.

Die im § 708 erwähnten Gegenstände sind beitragspflichtig, soweit sie gerettet sind.

Die Bodmereigelder sind nicht beitragspflichtig. § 724. [726.] Wenn nach dem Havereifall und bis zum Be­ ginne der Löschung am Ende der Reise ein beitragspflichtiger Gegen­ stand ganz verloren geht (§ 704) oder zu einem Theile verloren geht oder im Werthe verringert, insbesondere gemäß § 722 mit einer Forderung belastet wird, so tritt eine verhältnißmäßige Erhöhung der von den übrigen Gegenständen zu entrichtenden Beiträge ein. Ist der Verlust oder die Werthsverringerung erst nach dem Beginne der Löschung erfolgt, so geht der Beitrag, welcher auf den Gegenstand fällt, soweit dieser zur Berichtigung des Beitrags unzu­ reichend geworden ist, den Vergütungsberechtigten verloren.

8 725. [727.] Die Vergütungsberechtigten haben wegen der von dem Schiffe und der Fracht zu entrichtenden Beiträge die Rechte von Schiffsgläubigern. Auch in Ansehung der beitragspflichtigen Güter steht ihnen an den einzelnen Gütern wegen des von diesen zu entrichtenden Beitrags ein Pfandrecht zu. Tas Pfandrecht kann jedoch nach der Auslieferung der Güter nicht zum Nachtheile des dritten Erwerbers, welcher den Besitz in gutem Glauben erlangt hat, geltend gemacht werden. 8 726. [728.] Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrags wird durch den Havereifall an sich nicht begründet.

Der Empfänger beitragspflichtiger Güter wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon ein Beitrag zu entrichten ist, für den letzteren bis zu dem Werthe, welchen die Güter zur Zeit ihrer Auslieferung haben, insoweit persönlich ver­ pflichtet, als der Beitrag, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätte geleistet werden können. 8 727. [729.] Die Feststellung und Vertheilung der Schäden erfolgt an dem Bestimmungsort und, wenn dieser nicht erreicht wird, in dem Hafen, wo die Reise endet. 8 728. [730.] Der Schiffer ist verpflichtet, die Aufmachung der Dispache ohne Verzug zu veranlassen. Handelt er dieser Ver­ pflichtung zuwider, so macht er sich jedem Betheiligten verantwortlich.

Wird die Aufmachung der Dispache nicht rechtzeitig veranlaßt, so kann jeder Betheiligte die Aufmachung in Antrag bringen und betreiben.

8 729. [731 Absatz 1, 2.] Im Gebiete dieses Gesetzbuchs wird die Dispache durch die ein für allemal bestellten oder in deren Er-

mangelung durch die Vom Gerichte besonders ernannten Personen (Dispacheure) aufgemacht.1 Jeder Beteiligte ist Verpflichtet, die zur Aufmachung der Dis­ pache erforderlichen Urkunden, solveit er sie zu seiner Verfügung hat, namentlich Chartepartieen, Konnossemente und Fakturen, dem Dis­ pacheur mitzutheilen.2 1 Ueber die Befugniß der Bundeskonsuln vgl. G 8./11. 67, 36 (BGBl 143); Gebühren dafür: Taris 15./3. 68 Nr. 14 (BGBl 23); 1./7. 72 Nr. 13 (RGBl 249). 2 Gesetz über die Angel, der freiwill. Gerichtsbarkeit 17./5. 98. 149. Für die Verrichtungen, welche den Gerichten in Ansehung der nach dem Handelsgesetzbuch oder nach dem Gesetze, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, auszumachenden Dispache obliegen, ist das Amtsgericht des Ortes zuständig, an welchem die Vertheilung der Haverei­ schäden zu erfolgen hat. 150. Lehnt der Dispacheur den Auftrag eines Betheiligten zur Aus­ machung der Dispache aus dem Grunde ab, weil ein Fall der großen Haverei nicht vorliege, so entscheidet über die Verpflichtung des Dispacheurs aus An­ trag des Betheiligten das Gericht. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. 151. Auf Antrag des Dispacheurs kann das Gericht einem Betheiligten unter Androhung von Ordnungsstrafen aufgeben, dem Dispacheur die in seinem Besitze befindlichen Schriftstücke, zu deren Mittheilung er gesetzlich ver­ pflichtet ist, auszuhändigen. Die einzelne Strafe darf den Betrag von drei­ hundert Mark nicht übersteigen. 152. Der Dispacheur ist verpflichtet, jedem Betheiligten Einsicht in die Dispache zu gewähren und ihm aus Verlangen eine Abschrift gegen Erstattung der Kosten zu ertheilen. Das Gleiche gilt, wenn die Dispache nach dem Gesetze, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschisfahrt, von dem Schiffer ausgemacht worden ist, für diesen. 153. Jeder Betheiligte ist befugt, bei dem Gericht eine Verhandlung über die von dem Dispacheur ausgemachte Dispache zu beantragen. In dem Anträge sind diejenigen Betheiligten zu bezeichnen, welche zu dem Verfahren -ugezogen werden sollen. Wird ein Antrag auf gerichtliche Verhandlung gestellt, so hat das Gericht die Dispache und deren Unterlagen von dem Dispacheur einzuziehen und, wenn nicht offensichtlich die Voraussetzungen der großen Haverei fehlen, den Antragsteller sowie die von ihm bezeichneten Betheiligten zu einem Termine zu laden. Mehrere Anträge können von dem Gerichte zum Zwecke der gleich­ zeitigen Verhandlung verbunden werden. Die Ladung muß den Hinweis daraus enthalten, daß, wenn der Ge­ ladene weder in dem Termin erscheine noch vorher Widerspruch gegen die Dis­ pache bei dem Gericht anmelde, sein Einverständniß mit der Dispache ange­ nommen werden würde. In der Ladung ist zu bemerken, daß die Dispache und deren Unterlagen aus der Gerichtsschreiberei eingesehen werden können.

8 730. [732.] Für die von dem Schiffe zu leistenden Beiträge ist den Ladungsbetheiligten Sicherheit zu bestellen, bevor das Schiff den Hasen verlassen darf, in welchem nach § 727 die Feststellung und Vertheilung der Schäden zu erfolgen hat. Die Frist zwischen der Ladung und dem Termine muß wenigstens zwei Wochen betragen. 154. Erachtet das Gericht eine Vervollständigung der Unterlagen der Dispache für nothwendig, so hat es die Beibringung der erforderlichen Belege anzuordnen. Die Vorschriften des § 151 finden entsprechende Anwendung. 155. In dem Termin ist mit den Erschienenen über die Dispache zu verhandeln. Wird ein Widerspruch gegen die Dispache nicht erhoben und ist ein solcher auch vorher nicht angemeldet, so hat das Gericht die Dispache gegenüber den an dem Verfahren Betheiligten zu bestätigen. Liegt ein Widerspruch vor, so haben sich die Betheiligten, deren Rechte durch ihn betroffen werden, zu erklären. Wird der Widerspruch als begründet anerkannt oder kommt anderweit eine Einigung zu Stande, so ist die Dispache demgemäß zu berichtigen. Erledigt sich der Widerspruch nicht, so ist die Dis­ pache insoweit zu bestätigen, als sie durch den Widerspruch nicht berührt wird. Werden durch den Widerspruch die Rechte eines in dem Termine nicht erschienenen Betheiligten betroffen, so wird angenommen, daß dieser den Wider­ spruch als nicht begründet anerkenne. 156. Soweit ein Widerspruch nicht gemäß § 155 Abs. 3 erledigt wird, hat ihn der Widersprechende durch Erhebung der Klage gegen diejenigen an dem Verfahren Betheiligten, deren Rechte durch den Widerspruch betroffen werden, zu verfolgen. Die das Vertheilungsversahren betreffenden Vorschriften der §§ 878, 879 [764, 765] (f. S. 303) der Civilprozeßordnung finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß das Gericht einem Betheiligten auf seinen Antrag, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden, die Frist zur Er­ hebung der Klage verlängern kann und daß an die Stelle der Ausführung des Vertheilungsplans die Bestätigung der Dispache tritt. Ist der Widerspruch durch rechtskräftiges Urtheil oder in anderer Weise erledigt, so wird die Dispache bestätigt, nachdem sie erforderlichen Falles von dem Amtsgerichte nach Maßgabe der Erledigung der Einwendungen berichtigt ist. 157. Gegen die Verfügung, durch welche ein nach § 153 gestellter An­ trag aus gerichtliche Verhandlung zurückgewiesen oder über die Bestätigung der Dispache entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Einwendungen gegen die Dispache, welche mittelst Widerspruchs geltend zu machen sind, können nicht im Wege der Beschwerde geltend gemacht werden. 158. Die Bestätigung der Dispache ist nur für das gegenseitige Ver­ hältniß der an dem Verfahren Betheiligten wirksam. Aus der rechtskräftig bestätigten Dispache findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung statt. Für Klagen aus Ertheilung der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, durch welche Einwendungen gegen die in der Dispache sestgestellten Ansprüche

304 HSV Vuch IV. Seehandel, «dschn. VIL Xlt L § 731-733. TU. IL tz 734.

g 731. [733.] Der Schisser darf Güter, auf denen Haverei­ beiträge haften, vor der Berichtigung oder Sicherstellung der letzteren (§ 615) nicht ausliefern, widrigenfalls er, unbeschadet der Haftung der Güter, für die Beiträge persönlich verantwortlich wird. Hat der Rheder die Handlungsweise des Schiffers angeordnet, so kommen die Vorschriften des § 512 Absatz 2, 3 zur Anwendung. Das an den beitragspflichtigen Gütern den Vergütungsberech­ tigten zustehende Pfandrecht wird für diese durch den Verfrachter ausgeübt. Die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Ver­ frachter erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften, die für das Pfand­ recht des Verfrachters wegen der Fracht und der Auslagen gelten, g 732. [734.] Hat der Schiffer zur Fortsetzung der Reise, jedoch zum Zwecke einer nicht zur großen Haverei gehörenden Auf­ wendung, die Ladung verbodmet oder über einen Theil der Ladung durch Verkauf oder Verwendung verfügt, so ist der Verlust, den ein Ladungsbetheiligter dadurch erleidet, daß er wegen seiner Ersatzan­ sprüche aus Schiff und Fracht gar nicht oder nicht vollständig be­ friedigt werden kann (§§ 540, 541,612), von sämmtlichen Ladungsbetheiligten nach den Grundsätzen der großen Haverei zu tragen. Bei der Ermittelung des Verlustes ist im Verhältnisse zu bcii Ladungsbetheiligten in allen Fällen, namentlich auch im Falle des § 612 Absatz 2, die im § 711 bezeichnete Vergütung maßgebend. Mit dem Werthe, durch welchen diese Vergütung bestimmt wird, tragen die verkauften Güter auch zu einer etwa eintretenden großen Haverei bei (§ 718). g 733. [735 Abs. 2.] Die in den Fällen der §§ 635, 732 zu entrichtenden Beiträge und eintretenden Vergütungen stehen in allen rechtlichen Beziehungen den Beiträgen und Vergütungen in den Fällen der großen Haverei gleich? geltend gemacht werden, oder die bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge bestritten wird, ist das Amtsgericht zuständig, welches die Dispache bestätigt hat. Gehört der Anspruch nicht vor die Amtsgerichte, so sind die Klagen bei dem zuständigen Landgerichte zu erheben. 1 CPO 875 [761]. Das Gericht hat zur Erklärung über den Theilungsplan sowie zur Ausführung der Vertheilung einen Termin zu bestimmen. Ter Theilungsplan muß spätestens drei Tage vor dem Termine auf der Gerichts­ schreiberei zur Einsicht der Betheiligten niedergelegt werden. Die Ladung des Schuldners zu dem Termin ist nicht erforderlich, wenn sie durch Zustellung im Ausland oder durch öffentliche Zustellung erfolgen müßte. 876 [762]. Wird in dem Termin ein Widerspruch gegen den Plan nicht erhoben, so ist dieser in Ausführung zu bringen. Erfolgt ein Widerspruch, so

Zweiter Titel. Schaden durch Zusammenstoß von Schiffen. *

§ 734L [736.] Wenn zwei Schiffe zusammenstoßen und ent­ weder auf einer oder auf beiden Seiten durch den Stoß Schiff oder hat sich jeder bei demselben betheiligte Gläubiger sofort zu erklären. Wird der Widerspruch von den Betheiligten als begründet anerkannt oder kommt ander­ weit eine Einigung zu Stande, so ist der Plan demgemäß zu berichtigen. Wenn ein Widerspruch sich nicht erledigt, so erfolgt die Ausführung des Plans insoweit, als der Plan durch den Widerspruch nicht betroffen wird. 877 [763]. Gegen einen Gläubiger, welcher in dem Termine weder er­ schienen ist noch vor dem Termine bei dem Gerichte Widerspruch erhoben hat, wird angenommen, daß er mit der Ausführung des Plans einverstanden sei. Ist ein im Termine nicht erschienener Gläubiger bei dem Wider­ sprüche betheiligt, welchen ein anderer Gläubiger erhoben hat, so wird ange­ nommen, daß er diesen Widerspruch nicht als begründet anerkenne. 878 [764]. Der widersprechende Gläubiger muß ohne vorherige Auf­ forderung binnen einer Frist von einem Monate, welche mit dem Terminstage beginnt, dem Gerichte nachweisen, daß er gegen die beteiligten Gläubiger Klage erhoben habe. Nach fruchtlosem Abläufe dieser Frist wird die Aus­ führung des Plans ohne Rücksicht auf den Widerspruch angeordnet. Die Befugniß des Gläubigers, welcher dem Plane widersprochen hat, ein besseres Recht gegen den Gläubiger, welcher einen Geldbetrag nach dem Plane erhalten hat, im Wege der Klage geltend zu machen, wird durch die Versäumung der Frist und durch die Ausführung des Plans nicht ausge­ schlossen. 879 [765]. Die Klage ist bei dem Vertheilungsgericht und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gehört, bei dem Land­ gerichte zu erheben, in dessen Bezirke das Vertheilungsgericht seinen Sitz hat. Das Landgericht ist für sämmtliche Klagen zuständig, wenn seine Zu­ ständigkeit nach dem Inhalte der erhobenen und in dem Termine nicht zur Erledigung gelangten Widersprüche auch nur in Betreff einer Klage begründet ist, sofern nicht die sämmtlichen beteiligten Gläubiger vereinbaren, daß das Vertheilungsrecht über alle Widersprüche entscheiden solle. 880 [766]. In dem Urtheile, durch welches über einen erhobenen Widerspruch entschieden wird, ist zugleich zu bestimmen, an welche Gläubiger und in welchen Beträgen der streitige Theil der Masse auszuzahlen sei. Wird dies nicht für angemessen erachtet, so ist die Anfertigung eines neuen Plans und ein anderweites Vertheilungsverfahren in dem Urtheile anzuordnen. 881 [767]. Das Versäumnißurtheil gegen einen widersprechenden Gläubiger ist dahin zu erlassen, daß der Widerspruch als zurückgenommen anzusehen sei. 882 [768]. Auf Grund des erlassenen Urtheils wird die Auszahlung oder das anderweite Vertheilungsverfahren von dem Vertheilungsgericht an­ geordnet. 1 StGB 145. Wer die vom Kaiser zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See, 5 r i c b b e r g, Hcmbclsgk-sgbg. 7. Ausl.

20

306 HSV Buch IV. Seeh. «bschn.VU. Titll. §735-739. Abschn VIII. §740-744. Ladung allein oder Schiss und Ladung beschädigt werden oder ganz verloren gehen, so ist, falls eine Person der Besatzung des einen Schiffes durch ihr Verschulden den Zusammenstoß herbeigeführt hat, der Rheder dieses Schisses nach Maßgabe der §§ 485, 486 ver­ pflichtet, den durch den Zusammenstoß dem anderen Schiffe und dessen Ladung zugefügten Schaden zu ersetzen. Die Eigenthümer der Ladung beider Schiffe sind nicht ver­ pflichtet, zum Ersätze des Schadens beizutragen. Die persönliche Verpflichtung der zur Schiffsbesatzung gehörigen Personen, für die Folgen ihres Verschuldens aufzukommen, wird durch diese Vorschriften nicht berührt. § 735. [737.] Fällt keiner Person der Besatzung des einen oder des anderen Schiffes ein Verschulden zur Last, so findet ein Anspruch auf Ersatz des dem einen oder anderen oder beiden Schiffet, zugefügten Schadens nicht statt. Ist der Zusammenstoß durch beiderseitiges Verschulden herbei­ geführt, so hängt die Verpflichtung zum Ersätze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Zusammenstoß vorwiegend von Personen der einen oder der anderen Besatzung verursacht worden ist. 8 736. [738.] Tie Vorschriften der §§ 734, 735 kommen zur Anwendung ohne Unterschied, ob beide Schiffe oder das eine oder das andere sich in der Fahrt oder im Treiben befinden oder vor Anker oder am Lande befestigt liegen. 8 737. [739.] Ist ein durch den Zusammenstoß beschädigtes Schiff gesunken, bevor es einen Hafen erreichen konnte, so wird ver­ muthet, daß der Untergang des Schiffes eine Folge des Zusammen­ stoßes war. 8 738. [740.] Hat sich das Schiff unter der Führung eines Zwangslootsen befunden und haben die zur Schiffsbesatzung ge­ hörigen Personen die ihnen obliegenden Pflichten erfüllt, so ist der über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstöße von Schiffen auf See, oder in Betreff der Noth- und Lootsensignale für Schiffe auf See inib aus den Küstengewässern erlassenen Verordnungen übertritt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendsünfhundert Mark bestraft. V 7./1. 80 (RGBl 1) zur Verhütung des Zusammenstoßes der Schisse auf See. V 16./2. 81 (RGBl 25): suspendirt § 8 der V 7./1. 80; V 15./8. 76 (RGBl 189). V 29,/7. 89 (RGBl 171 (Anhang XXIII). Noth­ und Lootsen-Signalordnung 14./8. 76 (RGBl 187). Vgl. G 27./7. 77 (Anhang XXIV).

Rheder des Schiffes von der Verantwortung für den Schaden frei, welcher durch den von dem Lootsen verschuldeten Zusammenstoß ent­ standen ist. § 739* [741.] Die Vorschriften des Titels kommen auch zur Anwendung, wenn mehr als zwei Schiffe zusammenstoßen. Ist in einem solchen Falle der Zusammenstoß durch eine Person der Besatzung des einen Schiffes verschuldet, so haftet der Rheder des letzteren auch für den Schaden, welcher daraus entsteht, daß durch den Zusammenstoß dieses Schiffes mit einem anderen der Zu­ sammenstoß dieses anderen Schiffes mit einem dritten verursacht ist. Achter Abschnitt. Bergung und Hülfsleistung in Seenoth.*

8 740. [742.] Wird in einer Seenoth ein Schiss oder dessen Ladung ganz oder theilweise, nachdem sie der Verfügung der Schiffs­ besatzung entzogen oder von ihr verlassen waren, von dritten Per­ sonen an sich genommen und in Sicherheit gebracht, so haben diese Personell Anspruch auf Bergelohn. Wird außer dem vorstehenden Falle ein Schiff oder dessen Ladung durch Hülfe dritter Personen aus einer Seenoth gerettet, so haben diese nur Anspruch auf Hülfslohn. Der Schiffsbesatzung des verunglückten oder gefährdeten Schiffes steht ein Anspruch auf Berge- oder Hülfslohn nicht zu. 8 741. [743.] Wird noch während der Gefahr ein Vertrag über die Höhe des Berge- oder Hülsslohns geschlossen, so kann der Vertrag wegen erheblichen Uebermaßes der zugesicherten Vergütung angefochten und die Herabsetzung der letzteren auf das den Um­ ständen entsprechende Maß verlangt werden. 8 742. [744.] In Ermangelung einer Vereinbarung ist die Höhe des Berge- oder Hülsslohns unter Berücksichtigung aller Um­ stände des Falles nach billigem Ermessen in Geld festzusetzen. 8 743. [745.] Der Berge- oder Hülfslohn umfaßt zugleich die Vergütung für die Aufwendungen, welche zum Zwecke des Bergens und Rettens geschehen. Nicht darin enthalten sind die Kosten und Gebühren der Be­ hörden, die von den geborgenen oder geretteten Gegenständen zu entrichtenden Zölle und sonstigen Abgaben sowie die Kosten zum Zwecke der Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräuße­ rung dieser Gegenstände. ? 8 744. [746.] Bei der Bestimmung des Betrags des Berge1 Vgl. Strandungsordnung 17./5. 74 (Anhang XXII). 2 Vgl. Strandungsordnung 17./5. 74. 10, 34 (Anhang XXII).

oder Hülfslohns kommen insbesondere in Anschlag der bewiesene Eiser, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste, die geschehenen Aufwendungen, die Zahl der thätig gewesenen Personen, die Gefahr, der sie ihre Person und ihre Fahrzeuge unterzogen haben, sowie die Gefahr, die den geborgenen oder geretteten Gegenständen gedroht hat, und der nach Abzug der Kosten (§ 743 Absatz 2) verbliebene Werth der letzteren. 8 745. [747.] Der Berge- oder Hülfslohn darf ohne den übereinstimmenden Antrag der Parteien nicht auf einen Bruchtheil des Werthes der geborgenen oder geretteten Gegenstände festgesetzt werden. 8 746. [748.] Der Betrag des Bergelohns soll den dritten Theil des Werthes der geborgenen Gegenstände (§ 744) nicht über­ steigen. Nur ausnahmsweise, wenn die Bergung mit ungewöhnlichen Anstrengungen und Gefahren verbunden war und jener Werth zu­ gleich ein geringer ist, kann der Betrag bis zur Hälfte des Werthes erhöht werden. 8 747. [749.] Der Hülfslohn ist stets unter dem Betrage sestzusetzen, welchen der Bergelohn unter sonst gleichen Umständen erreicht haben würde. Aus den Werth der geretteten Gegenstände ist bei der Bestimmung des Hülfslohns nur eine untergeordnete Rücksicht zu nehmen. 8 748. [750.] Betheiligen sich mehrere Personen an der Bergung oder Hülfsleistung, so wird der Berge- oder Hülfslohn unter sie nach Maßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der einzelnen und im Zweifel nach der Kopfzahl vertheilt. Zur gleichmäßigen Theilnahme finb auch diejenigen berechtigt, welche sich in derselben Gefahr der Rettung von Menschen unterziehen. 8 749. [751.]1 Wird ein Schiff oder dessen Ladung ganz oder theilweise von einem anderen Schiffe geborgen oder gerettet, so wird der Berge- oder Hülfslohn zwischen dem Rheder, dem Schiffer und der übrigen Besatzung des anderen Schiffes in der Weise vertheilt, daß zunächst dem Rheder die Schäden am Schiffe und Betriebs­ mehrkosten ersetzt werden, welche durch die Bergung oder Rettung entstanden sind, und daß von dem Reste der Rheder eines Dampf­ schiffs zwei Drittel, eines Segelschiffs die Hälfte, der Schisser und die übrige Besatzung eines Dampfschiffs je ein Sechstel, eines Segel­ schiffs je ein Viertel erhält. Der auf die Schiffsbesatzung mit Ausnahme des Schiffers ent-

1 In der Fassung des G 2./G. 02 (RGBl 221).

fallende Betrag wird unter alle Mitglieder derselben mit besonderer Berücksichtung der sachlichen und persönlichen Leistungen eines Jeden vertheilt. Die Dertheilung erfolgt durch den Schiffer mittelst eines vor Beendigung der Reise der Besatzung bekannt zu gebenden Vertheilungsplans, der den jedem Betheiligten zukommenden Bruchtheil festsetzt. Gegen den Vertheilungsplan ist Einspruch bei demjenigen See­ mannsamte zulässig, welches nach Bekanntgabe des Plans zuerst an­ gegangen werden kann. Das Seemannsamt entscheidet nach An­ hörung der Betheiligten endgültig, unter Ausschluß des Rechtswegs, über den Einspruch und eine etwaige andere Vertheilung. Beglaubigte Abschrift der Entscheidung ist dem Rheder vom Seemannsamte mit thunlichster Beschleunigung mitzutheilen. Vereinbarungen, welche den Vorschriften der Abs. 1, 2 zuwider­ laufen, sind nichtig. Diese Vorschriften finden für den Fall der Bergung oder Rettung hiirdj Bergungs- oder Schleppdampfer keine Anwendung. 8 730. [752.] Auf Berge- und Hülfslohn hat keinen Anspruch: 1. wer seine Dienste aufdrängt, insbesondere ohne Erlaubniß des anwesenden Schiffers das Schiff betritt; 2. wer von den geborgenen Gegenständen dem Schiffer, dem Eigen­ thümer oder der zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige macht. 8 751. [753.] Wegen der Bergungs- und Hülfskosten, ins­ besondere auch wegen des Berge- und Hülfslohns, steht dem Gläu­ biger ein Pfandrecht an den geborgenen oder geretteten Gegenständen, an den geborgenen Gegenständen bis zur Sicherheitsleistung zu­ gleich das Zurückbehaltungsrecht zu. Auf die Geltendmachung des Pfandrechts finden die Vorschriften des § 696 entsprechende Anwendung. 8 752. [754.] Der Schiffer darf die Güter vor der Be­ friedigung oder Sicherstellung des Gläubigers weder ganz noch theilweise ausliesern, widrigenfalls er dem Gläubiger insoweit persönlich verpflichtet wird, als dieser aus den ausgelieferten Gütern zur Zeit der Auslieferung hätte befriedigt werden können. Hat der Rheder die Handlungsweise des Schiffers angeordnet, so kommen die Vorschriften des § 512 Absatz 2, 3 zur Anwendung. 8 753. [755.] Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hülfskosten wird durch die Bergung oder Rettung an sich nicht begründet. Der Empfänger von Gütern wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon Bergungs- oder Hülfs­ kosten zu berichtigen sind, für diese Kosten insoweit persönlich ver-

pflichtet, als sie, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten berichtigt werden können. Sind noch andere Gegenstände gemeinschaftlich mit den aus­ gelieferten Gütern geborgen oder gerettet, so geht die persönliche Haftung des Empfängers über den Betrag nicht hinaus, welcher bei einer Vertheilung der Kosten über sämmtliche Gegenstände auf die ausgelieferten Güter fällt.1 Neunter Abschnitt.

Schiffsgläubiger.2

8 754. [ 757 Nr. 2—10.] Tie nachbenannten gewähren die Rechte eines Schisfsgläubigers:

Forderungen

1 Art. 756 ist ausgefallen.

2 KO 47 [39]. Zur abgesonderten Befriedigung dienen die Gegenstände, welche der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen, für diejenigen, welchen ein Recht auf Befriedigung aus denselben zusteht. G 24./3. 97. Ueber die Zwangsversteigerung und dieZwangsverwaltung (RGBl 97). 162. Auf die Zwangsversteigerung eines im Schiffsregister eingetragenen Schisses finden die Vorschriften des ersten Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 163 bis 170 ein Anderes ergiebt. 163. Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich das Schiff befindet. Für das Verfahren tritt an die Stelle des Grundbuchs das Schiffsregister. Tic Berufsgenvssenschaft für die Unfallversicherung und die Versicherungs­ anstalt für die Jnvaliditäts- und Altersversicherung gelten als Betheiligte, auch wenn sic eine Forderung nicht angemeldet haben. 164. Tie Zwangsversteigerung darf, soweit sich nicht aus den Vor­ schriften deS Handelsgesetzbuchs oder des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juni 1895 (Reichs-Gesetzbl. S. 301) ein Anderes ergiebt, nur angeordnet werden, wenn der Schuldner das Schiff im Eigenbesitze hat. Die hiernach zur Begründung des Antrags auf Zwangs­ versteigerung erforderlichen Thatsachen sind durch Urkunden glaubhaft zu machen, soweit sie nicht bei dem Gericht offenkundig sind. Dem Antrag aus Zwangs­ versteigerung ist ein Zeugnis; der Registerbehörde über die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister beizusügen. 165. Bei der Anordnung der Zwangsversteigerung hat das Gericht zu­ gleich die Bewachung und Verwahrung des Schiffes anzuordnen. Die Be­ schlagnahme wird auch mit der Vollziehung dieser Anordnung wirksam. 166. Ist gegen den Schiffer auf Grund eines vollstreckbaren Titels, der auch gegenüber dem Rheder oder Schiffseigner wirksam ist, das Verfahren angeordnet, so wirkt die Beschlagnahme zugleich gegen den Rheder oder Schiffseigner. Der Schiffer gilt in diesem Falle als Betheiligter nur so lange, als er

1. die zu den Kosten der Zwangsvollstreckung nicht gehörenden Kosten der Bewachung und Verwahrung des Schiffes und

das Schiff führt; ein neuer Schiffer gilt als Betheiligter, wenn er sich bei dem Gerichte meldet und seine Angabe auf Verlangen des Gerichts oder eines Be­ theiligten glaubhaft macht. 167. Die Bezeichnung des Schiffes in der Bestimmung des Nersteigerungstermins soll nach dem Schiffsregister erfolgen. Tie Terminsbestimmung muß die Aufforderung an die Schisssgläubiger mit) die sonstigen Berechtigten enthalten, ihre Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes aus dem Schiffsregister nicht ersicht­ lich waren, spätestens im Vertheilungstermin anzumelden, widrigenfalls die Rechte bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses nicht berücksichtigt werden würden. 168. Befindet sich der Heimathshasen oder Heimathsort des Schiffes in dem Bezirk eines anderen Gerichts, so soll die Terminsbestimmung auch durch das für Bekanntmachungen dieses Gerichts bestimmte Blatt bekannt gemacht werden. Tie im § 39 Abs. 2 vorgesehene Anordnung ist unzulässig. 169. Die Vorschriften über das geringste Gebot finden keine Anwen­ dung. Das Meistgebot ist in seinem ganzen Betrage durch Zahlung zu be­ richtigen. Soweit die Berichtigung nicht im Vertheilungstermin erfolgt, ist für die Forderung gegen den Ersteher ein Pfandrecht an dem Schiffe in das Schiffs­ register einzutragen. Das Pfandrecht entsteht mit der Eintragung, auch wenn der Ersteher das Schiff inzwischen veräußert hat. Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das durch Rechtsgeschäft be­ stellte Pfandrecht an einem Schiffe Anwendung. 170. An die Stelle der nach § 94 Abs. 1 zulässigen Verwaltung tritt die gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes. Das Gericht hat die getroffenen Maßregeln aufzuheben, wenn der zu ihrer Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird. 171. Auf die Zwangsversteigerung eines ausländischen Schiffes, das, wenn es ein deutsches Schiff wäre, in das Schiffsregister eingetragen werden niüßte, finden die Vorschriften der §§ 162 bis 167, 169, 170 insoweit An­ wendung, als sie nicht die Eintragung in das Schiffsregister voraussetzen. Die Terminsbestimmung soll, soweit es ohne erhebliche Verzögerung des Versahrens thunlich ist, auch den aus den Schiffspapieren ersichtlichen Schiffs­ gläubigern und sonstigen Betheiligten zugestellt und, wenn das Schiff im Schiffsregister eines fremden Staates eingetragen ist, der Registerbehörde mit­ getheilt werden. Die Aushebung der vom Gericht angeordneten Ueberwachung und Ver­ wahrung des Schiffes sowie die Uebergabe an den Ersteher darf erst erfolgen, wenn die Berichtigung des Meistgebots oder die Einwilligung der Betheiligten nachgewiesen wird.

2.

3.

4. iTD CD

7.

8.

9.

10.

seines Zubehörs seit der Einbringung des Schisses in den letzten Hafen, falls das Schiff im Wege der Zwangsvollstreckung ver­ kauft wird; die öffentlichen Schiffs-, Schisfahrts- und Hafenabgaben, insbesondere die Tonnen-, Leuchtfeuer-, Quarantäne- und Hafengelder; die aus den Dienst- und Henerverträgen herrührenden For­ derungen der Schiffsbesatzung; die Lootsengelder, sowie die Bergungs-, Hülfs-, Loskaufs- und Reklamekosten; die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei; die Forderungen der Bodmereigläubiger, welchen das Schiff verbodmet ist, sowie die Forderungen aus sonstigen Kredit­ geschäften, die der Schiffer als solcher während des Aufenthalts des Schiffes außerhalb des Heimathshafens in Nothfällen ab­ geschlossen hat (§§ 528, 541), auch wenn er Miteigenthümer oder Alleineigenthümer des Schiffes ist; den Forderungen aus solchen Kreditgeschäften stehen die Forderungen wegen Liefe­ rungen oder Leistungen gleich, die ohne Gewährung eines Kredits dem Schiffer als solchem während des Aufenthalts des Schiffes außerhalb des Heimathshafens in Nothfällen zur Erhaltung des Schiffes oder zur Ausführung der Reise gemacht sind, soweit diese Lieferungen oder Leistungen zur Befriedigung des Be­ dürfnisses erforderlich waren; die Forderungen wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter und des im § 673 Absatz 2 erwähnten Reiseguts; die nicht unter eine der vorigen Nummern fallenden Forderungen aus Rechtsgeschäften, die der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse und nicht mit Bezug auf eine besondere Vollmacht geschlossen hat (§ 486 Absatz 1 Nr. 1), sowie die nicht unter eine der vorigen Nummern fallenden Forderungen wegen Nichterfüllung oder wegen unvollständiger oder mangel­ hafter Erfüllung eines von dem Rheder abgeschlossenen Vertrags, insofern die Ausführung des letzteren zu den Dienstobliegen­ heiten des Schiffers gehört hat (§ 486 Absatz 1 Nr. 2); die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffs­ besatzung (§ 485, § 486 Absatz 1 Nr. 3), auch wenn diese Person zugleich Miteigenthümer oder Alleineigenthümer des Schiffes ist; die Forderungen, welche der Berufsgenossenschaft nach den Vor­ schriften über die Unfallversicherung und der Versicherungsanstalt

nach den Vorschriften über die Invalidenversicherung gegen den Rheder zustehen. 8 755. [758.] Den Schifssgläubigern, welchen das Schiff nicht schon durch Verbodmung verpfändet ist, steht ein gesetzliches Pfandrecht an dem Schiffe und dem Zubehöre des Schiffes zu. Das Pfandrecht ist gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar. 8 756» [759.] Das gesetzliche Pfandrecht eines jeden dieser Schiffsgläubiger erstreckt sich außerdem auf die Bruttofracht der­ jenigen Reise, aus welcher seine Forderung entstanden ist. 8 757. [760.] Als eine Reise im Sinne dieses Abschnitts wird diejenige angesehen, zu welcher das Schiff von neuem aus­ gerüstet oder welche entweder auf Grund eines neuen Frachtvertrags oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird. 8 758. [761.] Den im § 754 unter Nr. 3 aufgeführten Schifssgläubigern steht wegen der aus einer späteren Reise entstan­ denen Forderungen zugleich ein gesetzliches Pfandrecht an der Fracht der früheren Reisen zu, sofern die verschiedenen Reisen unter den­ selben Dienst- und Heuervertrag fallen. 8 759. [762.] Auf das dem Bodmereigläubiger nach § 679 zustehende Pfandrecht finden dieselben Vorschriften Anwendung, welche für das gesetzliche Pfandrecht der übrigen Schisfsgläubiger gelten. Der Umfang des Pfandrechts des Bodmereigläubigers bestimmt sich jedoch nach dem Inhalte des Bodmereivertrags (§ 680). 8 760. [763.] Das einem Schiffsgläubiger zustehende Pfand­ recht gilt in gleichem Maße für Kapital, Zinsen, Bodmereiprämie und Kosten. 8 761* [764.] Die Befriedigung des Schiffsgläubigers aus dem Schiffe und der Fracht erfolgt nach den für die Zwangsvoll­ streckung geltenden Vorschriften.1 Die Klage kann sowohl gegen den Rheder als gegen den Schiffer gerichtet werden, gegen den letzteren auch dann, wenn sich das Schiff im Heimathshafen (§ 480) befindet; das gegen den Schiffer ergangene Urtheil ist auch gegenüber dem Rheder wirksam. 8 762. [765.] Auf die Rechte eines Schisfsgläubigers hat es keinen Einfluß, daß der Rheder für die Forderung bei deren Ent­ stehung oder später zugleich persönlich verpflichtet wird. Diese Vorschrift findet insbesondere auf die Forderungen der Schisfsbesatzung aus den Dienst- und Heuerverträgen Anwendung. 8 763. [766.] Gehört das Schiff einer Rhederei, so haften

1 3ie^ oben S. 310.

das Schiff und die Fracht den Schiffsgläubigern in gleicher Weise, als wenn das Schiff nur einem Rheder gehörte. 8 764. [767, 780 Abs. 1.] Das Pfandrecht der Schiffs­ gläubiger am Schiffe erlischt außer dem Falle der im Inland ersolgten Zwangsversteigerung des Schiffes auch durch den von dem Schiffer im Falle zwingender Nothwendigkeit auf Grund seiner ge­ setzlichen Befugnisse bewirkten Verkauf des Schiffes (§ 530); an die Stelle des Schisses tritt für die Schiffsgläubiger das Kaufgeld, solange es bei dem Käufer aussteht oder noch in den Händen des Schiffers ist. Diese Vorschriften finden auch aus sonstige Pfandrechte am Schiffe Anwendung. 8 765. [768.]1 Wird außer den im § 764 bezeichneten Fällen das Schiff veräußert, so ist der Erwerber berechtigt, die Ausschließung der unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Pfandrechten im Wege des Ausgebotsverfahrens zu beantragen.2 8 766. [770 Abs. I.]3 In Ansehung des Schiffes haben die Bewachungs- und Verwahrungskosten seit der Einbringung in den 1 Art. 769 ist ausgefallen. Vgl. oben S. 310. 2 CPO 858 [754 aj. Auf die Zwangsvollstreckung in dem Antheil an einem int Schiffsregister eingetragenen Schiffe (Lchiffspart) finden die Bestim­ mungen des § 857 [754] mit folgenden Abweichungen Anwendung. Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich der Heimathshasen oder der Heimathsort des Schiffes befindet. Dem Antrag aus Anordnung der Veräußerung der Partei ist ein Auszug aus dem Schiffsregister beizufügen, der alle die Part betreffenden Eintragungen enthält; der Auszug darf nicht älter als eine Woche sein. Ter Psändungsbeschluß soll dem Korrespondentrheder zugestellt werden; die Pfändung wird auch mit dieser Zustellung wirksam. Das Vollstreckungsgericht soll der Registerbehörde von der Erlassung des Psändungsbcschlusses unverzüglich Mittheilung machen. Ergiebt der Auszug aus dem Schiffsregister, daß die Part mit einem Pfandrechte belastet ist, welches einem anderen als dem betreibenden Gläubiger zusteht, so ist die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen. Die Verkeilung des Erlöses erfolgt in diesem Falle nach den Bestimmungen der §§ 873—882 [759—768]; Forderungen, für die ein Pfandrecht an der Part eingetragen ist, sind nach dem Inhalte des Schiffsregisters in den Theilungsplan aufzunehmen. 1024 [850 f] Abs. 1. Bei Aufgeboten, welche aus Grund der §§ 887, 927, 1104, 1112, 1162, 1170, 1171, 1269 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie auf Grund des § 765 des Handelsgesetzbuchs und des § 111 des Ge­ setzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juli 1895 ergehen, können die Landesgesetze die Art der Veröffentlichung ves Aufgebots und des Ausschlußurtheiles sowie die Aufgebotssrist anders bestimmen, als in den §§ 948, 950, 956 [825, 827, 833] vorgeschrieben ist. 3 Abs. 2 ist ausgefallen. Vgl. oben S. 310.

Letzten Hafen (§ 754 Nr. 1) vor allen anderen Forderungen der Schiffsgläubiger den Vorzug. 8 767. [771.] Von den im § 754 unter Nr. 2 bis 9 auf­ geführten Forderungen gehen die die letzte Reise (§ 757) betreffenden Forderungen, zu welchen auch die nach der Beendigung der letzten Reise entstandenen Forderungen gerechnet werden, den Forderungen vor, welche die früheren Reisen betreffen. Den im § 754 unter Nr. 3 aufgesührten Schiffsgläubigern ge­ bührt jedoch wegen der eine frühere Reise betreffenden Forderungen dasselbe Vorzugsrecht, welches ihnen wegen der eine spätere Reise betreffenden Forderungen zusteht, sofern die verschiedenen Reisen unter denselben Dienst- oder Heuervertrag fallen. Wenn die Bodmereireise mehrere Reisen im Sinne des § 757 umfaßt, so steht der Bodmereigläubiger denjenigen Schiffsgläubigern nach, deren Forderungen die nach der Vollendung der ersten dieser Reisen angetretenen späteren Reisen betreffen. 8 768. [772.] Die Forderungen, welche dieselbe Reise be­ treffen, sowie diejenigen, welche als dieselbe Reise betreffend anzusehen sind (§ 767), werden in nachstehender Ordnung berichtigt: 1. die öffentlichen Schiffs-, Schiffahrts- und Hafenabgaben (§ 754 Nr. 2); 2. die aus den Dienst- und Heuerverträgen herrührenden Forde­ rungen der Schiffsbesatzung (§ 754 Nr. 3); 3. die Lootsengelder sowie die Bergungs-, Hülfs-, Loskaufs- und Reklamekosten (§ 754 Nr. 4), die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei (§ 754 Nr. 5), die Forderungen aus den von dem Schiffer in Nothfällen abgeschlossenen Bodmerei- und sonstigen Kreditgeschäften sowie die diesen Forderungen gleich­ zuachtenden Forderungen (§ 754 Nr. 6); 4. die Forderungen wegen Nichtaülieferung oder Beschädigung von Ladungsgütern und Reisegut (§ 754 Nr. 7); 5. die im § 754 unter Nr. 8, 9 aufgeführten Forderungen. 8 769. [773.] Von den im § 768 unter Nr. 1, 2, 4, 5 auf­ geführten Forderungen sind die dort unter derselben Nummer auf­ geführten gleichberechtigt. Von den im § 768 unter Nr. 3 aufgeführten Forderungen geht dagegen die später entstandene der früher entstandenen vor; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt. Hat der Schiffer aus Anlaß desselben Nothfalls verschiedene Geschäfte abgeschlossen (§ 754 Nr. 6), so gelten die daraus her­ rührenden Forderungen als gleichzeitig entstanden. Forderungen aus Kreditgeschäften, namentlich aus Bodmerei-

vertrügen., die von dem Schiffer zur Berichtigung früherer unter § 768 Nr. 3 fallender Forderungen eingegangen sind, sowie For­ derungen aus Verträgen, die von ihm behufs einer Verlängerung der Zahlungszeit oder behufs der Anerkennung oder Erneuerung solcher früheren Forderungen abgeschlossen sind, haben auch dann, wenn das Kreditgeschäft oder der Vertrag zur Fortsetzung der Reise nothwendig war, nur dasjenige Vorzugsrecht, welches der früheren Forderung zustand. 8 770. Die im § 754 unter Nr. 10 bezeichneten Forderungen stehen allen übrigen Forderungen von Schiffsgläubigern ohne Rück­ sicht auf die Zeit ihrer Entstehung nach. 8 771. [774.] Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger an der Fracht (§ 756) ist nur so lange wirksam, als die Fracht noch aus­ steht oder die Frachtgelder in den Händen des Schiffers sind. Auch auf dieses Pfandrecht finden die Vorschriften der §§ 766 bis 770 über die Rangordnung Anwendung. Im Falle der Abtretung der Fracht kann das Pfandrecht der Schiffsgläubiger, solange die Fracht noch aussteht oder die Fracht­ gelder in den Händen des Schissers sind, auch dem neuen Gläubigergegenüber geltend gemacht werden. Soweit der Rheder die Fracht einzieht, haftet er den Schiffs­ gläubigern, welchen das Pfandrecht dadurch oder ganz zu einem Theile entgeht, persönlich, und zwar einem jeden in Höhe desjenigen Betrags, welcher sich für ihn bei einer Vertheilung des eingezogenen Betrags nach der gesetzlichen Rangordnung ergiebt. Dieselbe persönliche Haftung des Rheders tritt ein in Ansehung der am Abladungsorte zur Abladungszeit üblichen Fracht für die Güter, welche für seine Rechnung abgeladen sind. 8 772. [775.] Verwendet der Rheder die Fracht zur Befrie­ digung eines oder mehrerer Gläubiger, denen ein Pfandrecht an der Fracht zusteht, so ist er den Gläubigern, welchen der Vorzug gebührt hätte, nur insoweit verantwortlich, als er sie wissentlich verkürzt hat. 8 773. [776.] Soweit der Rheder in den Fällen der §§ 764, 765 das Kausgeld einzieht, haftet er den Schiffsgläubigern, deren Pfandrechte in Folge der Zwangsversteigerung, des Verkaufs oder des Aufgebotsverfahrens erloschen sind, in gleicher Weise persönlich wie den Gläubigern einer Reise im Falle der Einziehung der Fracht (88 771, 772). 8 774. [777.] Sendet der Rheder, nachdem er von der For­ derung eines Schiffsgläubigers, für die er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntniß erhalten hat, das Schiff zu einer neuen Reise (8 757) in See, ohne daß das Interesse des Schiffsgläubigers es

gebietet, so wird er für die Forderung in Höhe desjenigen Betrags zugleich persönlich verpflichtet, welcher sich für den Gläubiger ergeben haben würde, falls der Werth, den das Schiff bei dem Antritte der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rang­ ordnung vertheilt worden wäre. Es wird vermuthet, daß der Gläubiger bei dieser Vertheilung seine vollständige Befriedigung erlangt haben würde. Tie persönliche Verpflichtung des Rheders, welche aus der Ein­ ziehung der dem Gläubiger haftenden Fracht entsteht (§ 711), wird durch diese Vorschrift nicht berührt. 8 775. [778.] Tie Vergütung für Aufopferung oder Be­ schädigung in Fällen der großen Haverei tritt für die Schiffsgläubiger an die Stelle desjenigen, wofür die Vergütung bestimmt ist. Tasselbe gilt von der Entschädigung, die im Falle des Ver­ lustes oder der Beschädigung des Schisses oder wegen entzogener Fracht im Falle des Verlustes oder der Beschädigung von Gütern dem Rheder von demjenigen zu zahlen ist, welcher den Schaden durch eine rechtswidrige Handlung verursacht hat. Ist die Vergütung oder Entschädigung von dem Rheder ein­ gezogen, so haftet er in Höhe des eingezogenen Betrags den Schiffs­ gläubigern in gleicher Weise persönlich wie den Gläubigern einer Reise im Falle der Einziehung der Fracht (§§ 771, 772). 8 776. [779.] Tressen Schiffsgläubiger, die ihr Pfandrecht verfolgen, mit anderen Pfandgläubigern oder sonstigen Gläubigern zusammen, so haben die Schiffsgläubiger den Vorzug. 8 777. [781.]1 Von den auf den Gütern wegen der Fracht, der Bodmereigelder, der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hülfskosten (§§ 623, 679, 725, 751) haftenden Pfandrechten steht das wegen der Fracht allen übrigen nach; unter diesen übrigen hat das später entstandene vordem früher entstandenen den Vorzug; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt. Die Forderungen aus den von dem Schiffer aus Anlaß desselben Noth­ falls abgeschlossenen Geschäften gelten als gleichzeitig entstanden. In den Fällen der großen Haverei und des Verlustes oder der Beschädigung durch rechtswidrige Handlungen kommen die Vorschriften des § 775 und im Falle des von dem Schiffer zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes nach Maßgabe des § 535 Absatz 3 bewirkten Verkaufs die Vorschriften des § 764 und, wenn derjenige, für dessen Rechnung der Verkauf geschehen ist, das Kaufgeld einzieht, auch die Vorschrift des § 773 zur Anwendung. Art. 780 ist ausgefallen. Vgl. BGB 1259 sf. (obenS^233 s)UPO 858 [754 a] (oben S. 314).

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VS« Buch IV. Seehandel. »bschn. X. Tit. L 8 778-785.

Zehnter Abschnitt. Versicherung gegen die Gefahren der Seeschiffahrt.1

Erster Titel. Allgemeine Vorschriften.

§ 778. [782.] Jedes in. Geld schätzbare Interesse, welches Jemand daran hat, daß Schiff oder Ladung die Gefahren der See­ schiffahrt besteht, kann Gegenstand der Seeversicherung sein. 8 779. [783.] Es können insbesondere versichert werden: das Schiff; die Fracht; die Ueberfahrtsgelder; die Güter; die Bodmereigelder; die Havereigelder; andere Forderungen, zu deren Deckung Schiff, Fracht, Ueber­ fahrtsgelder oder Güter dienen; der von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwartete Gewinn (imaginäre Gewinn); die zu verdienende Provision; die von dem Versicherer übernommene Gefahr (Rückversiche­ rung). In der einen dieser Versicherungen ist die andere nicht enthalten. 8 780. [784.] Die Heuerforderung des Schiffers und der Schiffsmannschaft kann nicht versichert werden. 8 781. [785.] Ter Versicherungsnehmer kann entweder sein eigenes Interesse (Versicherung für eigene Rechnung) oder das Inter­ esse eines Dritten (Versicherung für fremde Rechnung) und im letz­ teren Falle mit oder ohne Bezeichnung der Person des Versicherten unter Versicherung bringen. Es kann im Vertrag auch unbestimmt gelassen werden, ob die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung genommen wird (für Rechnung „wen es angeht"). Ergiebt sich bei einer Versicherung für Rechnung „wen es angeht", daß sie für fremde Rechnung ge­ nommen ist, so kommen die Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung zur Anwendung. Die Versicherung gilt als für eigene Rechnung des Versicherungs­ nehmers geschlossen, wenn der Vertrag nicht ergiebt, daß sie für fremde Rechnung oder für Rechnung „wen es angeht" genommen ist. 1 Vgl. Hamburgische Allgemeine Seeversicherungsbedingungcn 1867. Bremische Seeversicherungsbedingungen, rev. 1875.

A 782. [786.] Die Versicherung für fremde Rechnung ist für den Versicherer nur verbindlich, wenn entweder der Versicherungs­ nehmer zur Eingehung der Versicherung von dem Versicherten beauf­ tragt war oder wenn der Mangel eines solchen Auftrags von dem Versicherungsnehmer bei dem Abschlüsse des Vertrags dem Versicherer angezeigt wird. Ist die Anzeige unterlassen, so kann der Mangel des Auftrags dadurch nicht ersetzt werden, daß der Versicherte der Versicherung nachträglich zustimmt. Ist die Anzeige erfolgt, so ist die Verbindlichkeit der Versicherung für den Versicherer von der nachträglichen Zustimmung des Ver­ sicherten nicht abhängig. Der Versicherer, für welchen nach diesen Vorschriften der Ver­ sicherungsvertrag unverbindlich ist, kann, auch wenn er die Unverbind­ lichkeit des Vertrags geltend macht, die volle Prämie beanspruchen. 8 783. [787.] Wird die Versicherung von einem Bevollmächtigten, einem Geschäftsführer ohne Auftrag oder einem sonstigen Vertreter des Versicherten in dessen Namen geschlossen, so ist im Sinne dieses Gesetzbuchs weder der Vertreter Versicherungsnehmer noch die Versicherung selbst eine Versicherung für fremde Rechnung. Im Zweifel wird angenommen, daß selbst die auf das Interesse eines benannten Dritten sich beziehende Versicherung eine Versicherung für fremde Rechnung sei. 8 784. [788.] Der Versicherer ist verpflichtet, eine von ihm unterzeichnete Urkunde (Polize) über den Versicherungsvertrag dem Versicherungsnehmer auf dessen Verlangen auszuhändigen. 8 785. [789.] Auf die Gültigkeit des Versicherungsvertrags hat es keinen Einfluß, daß zur Zeit des Abschlusses die Möglichkeit des Eintritts eines zu ersetzenden Schadens schon ausgeschlossen oder der zu ersetzende Schaden bereits eingetreten ist. Waren jedoch beide Theile von dem Sachverhältniß unterrichtet, so ist der Vertrag als Versicherungsvertrag ungültig. Wußte nur der Versicherer, daß die Möglichkeit des Eintritts eines zu ersetzenden Schadens schon ausgeschlossen war, oder wußte nur der Versicherungsnehmer, daß der zu ersetzende Schaden schon eingetreten war, so ist der Vertrag für den anderen, von dem Sach­ verhältnisse nicht unterrichteten Theil unverbindlich. Im zweiten Falle kann der Versicherer, auch wenn er die Unverbindlichkeit des Vertrags geltend macht, die volle Prämie beanspruchen. Im Falle, daß der Vertrag für den Versicherungsnehmer durch einen Vertreter abgeschlossen wird, kommt die Vorschrift des § 806 Absatz 2, im Falle der Versicherung für fremde Rechnung die Vor-

schrift des § 807 und im Falle der Versicherung mehrerer Gegen­ stände oder einer Gesammtheit von Gegenständen die Vorschrift des § 810 zur Anwendung. 8 786. [790.] Der volle Werth des versicherten Gegenstandes ist der Versicherungswerth. Die Versicherungssumme kann den Versicherungswerth nicht übersteigen. Soweit die Versicherungssumme den Versicherungswerth über­ steigt (Ueberversicherung), hat die Versicherung keine rechtliche Geltung. 8 787. [791.] Uebersteigt im Falle einer gleichzeitigen Ab­ schließung verschiedener Versicherungsverträge der Gesammtbetrag der Versicherungssummen den Versicherungswerth, so haften alle Ver­ sicherer zusammen nur in Höhe des Versicherungswerths, und zwar jeder einzelne für so viele Prozente des Versicherungswerths, als seine Versicherungssumme Prozente des Gesammtbetrags der Ver­ sicherungssumme bildet. Hierbei wird vermuthet, daß die Verträge gleichzeitig abgeschlossen seien. Mehrere Versicherungsverträge, über die eine gemeinschaftliche Polize ertheilt ist, sowie mehrere Versicherungsverträge, die an dem­ selben Tage abgeschlossen sind, gelten als gleichzeitig abgeschlossen. 8 788. [792.] Wird ein Gegenstand, der bereits zum vollen Werthe versichert ist, nochmals versichert, so hat die spätere Ver­ sicherung insoweit keine rechtliche Geltung, als der Gegenstand auf dieselbe Zeit und gegen dieselbe Gefahr bereits versichert ist (Doppel­ versicherung). Ist durch die frühere Versicherung nicht der volle Werth ver­ sichert, so gilt die spätere Versicherung, soweit sie auf dieselbe Zeit und gegen dieselbe Gefahr genommen ist, nur für den noch nicht versicherten Theil des Werthes. 8 789. [793.] Die spätere Versicherung hat jedoch ungeachtet der Eingehung der früheren Versicherung rechtliche Geltung: 1. wenn bei dem Abschlüsse des späteren Vertrags mit dem Ver­ sicherer vereinbart wird, daß ihm die Rechte aus der früheren Versicherung abzutreten sind; 2. wenn die spätere Versicherung unter der Bedingung geschlossen wird, daß der Versicherer nur insoweit hastet, als der Ver­ sicherte sich wegen Zahlungsunfähigkeit des früheren Versicherers an diesem nicht zu erholen vermag oder als die frühere Ver­ sicherung nicht zu Recht besteht; 3. wenn der frühere Versicherer mittelst Verzichtanzeige seiner Ver­ pflichtung insoweit entlassen wird, als zur Vermeidung einer Doppelversicherung nöthig ist, und der spätere Versicherer bei

der Eingehung einer späteren Versicherung hiervon benach­ richtigt wird. Dem früheren Versicherer gebührt in diesem Falle, obgleich er von seiner Verpflichtung befreit ist, die volle Prämie.

§ 790» [794.] Im Falle der Doppelversicherung hat nicht die zuerst genommene, sondern die später genommene Versicherung rechtliche Geltung, wenn die frühere Versicherung für fremde Rech­ nung ohne Auftrag genommen ist, die spätere dagegen von dem Ver­ sicherten selbst genommen wird, sofern in einem solchen Falle der Versicherte entweder bei der Eingehung der späteren Versicherung von der früheren noch nicht unterrichtet war oder bei der Eingehung der späteren Versicherung dem Versicherer anzeigt, daß er die frühere Versicherung zurückweise. Tie Rechte des früheren Versicherers in Ansehung der Prämie bestimmen sich in diesen Fällen nach den Vorschriften der §§ 895, 896. g 791. [795.] Sind mehrere Versicherungen gleichzeitig oder nach einander geschlossen worden, so hat ein späterer Verzicht auf die gegen den einen Versicherer begründeten Rechte keinen Einfluß auf die Rechte und Verpflichtungen der übrigen Versicherer. g 792. [796.] Erreicht die Versicherungssumme den Versiche­ rungswerth nicht, so haftet der Versicherer im Falle eines theilweisen Schadens für den Betrag des letzteren nur nach dem Verhältnisse der Versicherungssumme zum Versicherungswerthe.

g 793. [797.] Wird durch Vereinbarung der Parteien der Versicherungswerth auf eine bestimmte Summe (Taxe) festgestellt (taxirte Polize), so ist die Taxe unter den Parteien für den Ver­ sicherungswerth maßgebend. Der Versicherer kann jedoch eine Herabsetzung der Taxe fordern, wenn sie wesentlich übersetzt ist; ist imaginärer Gewinn taxirt, so kann der Versicherer eine Herabsetzung der Taxe fordern, wenn sie den Gewinn übersteigt, der zur Zeit des Abschlusses des Vertrags nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war. Eine Polize mit der Bestimmung „vorläufig taxirt" wird, so­ lange die Taxe nicht in eine feste verwandelt ist, einer nicht taxirten Polize (offenen Polize) gleichgeachtet. Bei der Versicherung von Fracht ist die Taxe in Bezug auf einen von dem Versicherer zu ersetzenden Schaden nur maßgebend, wenn es besonders bedungen ist. g 794. [798.] Wenn in einem Vertrage mehrere Gegenstände oder eine Gesammtheit von Gegenständen unter einer Versicherungs­ summe begriffen, aber für einzelne dieser Gegenstände besondere Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

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Taxen vereinbart sind, so gelten die Gegenstände, welche besonders taxirt sind, als abgesondert versichert.

8 795. [799.] Als Versicherungswerth des Schiffes gilt, wenn die Parteien nicht eine andere Grundlage für die Schätzung verein­ baren, der Werth, welchen das Schiff in dem Zeitpunkte hat, in welchem die Gefahr für den Versicherer zu laufen beginnt. Diese Vorschrift kommt auch zur Anwendung, wenn der Ver­ sicherungswerth des Schiffes taxirt ist. 8 796. [800.] Die Ausrüstungskosten, die Heuer und die Versicherungskosten können zugleich mit dem Schiffe oder besonders versichert werden, soweit sie nicht bereits durch die Versicherung der Bruttofracht versichert sind. Sie gelten nur dann als mit dem Schiffe versichert, wenn es vereinbart ist. 8 797. [801.] Die Fracht kann bis zu ihrem Bruttobeträge versichert werden, soweit sie nicht bereits durch die Versicherung der Ausrüstungskosten, der Heuer und der Versicherungskosten ver­ sichert ist. Als Versicherungswerth der Fracht gilt der Betrag der in den Frachtverträgen bedungenen Fracht und, wenn eine bestimmte Fracht nicht bedungen ist oder soweit Güter für Rechnung des Rheders ver­ schifft sind, der Betrag der üblichen Fracht (§ 619).

8 798. [802.] Ist bei der Versicherung der Fracht nicht be­ stimmt, ob sie ganz oder ob nur ein Theil versichert werden soll, so gilt die ganze Fracht als versichert. Ist nicht bestimmt, ob die Brutto- oder die Nettofracht ver­ sichert werden soll, so gilt die Bruttofracht als versichert. Sind die Fracht der Hinreise uni) die Fracht der Rückreise unter einer Versicherungssumme versichert, ohne daß bestimmt ist, welcher Theil der Versicherungssumme auf die Fracht der Hinreise und welcher Theil auf die Fracht der Rückreise fallen soll, so wird die Hälfte auf die Fracht der Hinreise, die Hälfte auf die Fracht der Rückreise gerechnet. 8 799. [803.] Als Versicherungswerth der Güter gilt, wenn die Parteien nicht eine andere Grundlage für die Schätzung verein­ baren, derjenige Werth, welchen die Güter am Orte und zur Zeit der Abladung haben, unter Hinzurechnung aller Kosten bis an Bord einschließlich der Versicherungskosten. Die Fracht sowie die Kosten während der Reise und am Be­ stimmungsorte werden nur hinzugerechnet, sofern es vereinbart ist. Diese Vorschriften kommen auch zur Anwendung, wenn der Versicherungswerth der Güter taxirt ist.

g 800. [804.] Sind die Ausrüstungskosten oder die Heuer, sei es selbständig, sei es durch Versicherung der Bruttofracht, ver­ sichert oder sind bei der Versicherung von Gütern die Fracht oder die Kosten während der Reise und am Bestimmungsorte versichert, so leistet der Versicherer für denjenigen Theil der Kosten, der Heuer oder der Fracht keinen Ersatz, welcher in Folge eines Unfalls er­ spart wird. g 801. [805.] Bei der Versicherung von Gütern ist der ima­ ginäre Gewinn oder die Provision, auch wenn der Bersicherungswerth der Güter taxirt ist, als mitversichert nur anzusehen, sofern es im Vertrage bestimmt ist. Ist im Falle der Mitversicherung des imaginären Gewinns der Versicherungswerth taxirt, aber nicht bestimmt, welcher Theil der Taxe sich auf den imaginären Gewinn beziehen soll, so wird an­ genommen, daß zehn Prozent der Taxe auf den imaginären Gewinn fallen. Wenn im Falle der Mitversicherung des imaginären Ge­ winns der Versicherungswerth nicht taxirt ist, so werden als ima­ ginärer Gewinn zehn Prozent des Versicherungswerthes der Güter (§ 709) als versichert betrachtet. Die Vorschriften des Absatz 2 kommen auch im Falle der Mit­ versicherung der Provision mit der Maßgabe zur Anwendung, daß an die Stelle der zehn Prozent zwei Prozent treten. g 802. [806.] Ist der imaginäre Gewinn oder die Provision selbständig versichert, der Versicherungswerth jedoch nicht taxirt, so wird im Zweifel angenommen, daß die Versicherungssumme zugleich als Taxe des Versicherungswerths gelten soll. g 803. [807.] Die Bodmereigelder können einschließlich der Bodmereiprämie für den Bodmereigläubiger versichert werden. Ist bei der Versicherung von Bodnlereigeldern nicht angegeben, welche Gegenstände verbodmet sind, so wird angenommen, daß Bod­ mereigelder auf Schiff, Fracht und Ladung versichert sind. Hierauf kann sich, wenn in Wirklichkeit nicht alle diese Gegenstände verbodmet sind, nur der Versicherer berufen. g 804. [808.] Hat der Versicherer seine Verpflichtungen erfüllt, so tritt er, soweit er einen Schaden vergütet hat, dessen Erstattung der Versicherte von einem Dritten zu fordern befugt ist, in die Rechte des Versicherten gegen den Dritten ein, jedoch unbeschadet der Vorschriften des § 775 Absatz 2 und des § 777 Absatz 2. Der Versicherte ist verpflichtet, dem Versicherer, wenn er es ver­ langt, auf dessen Kosten eine öffentlich beglaubigte Anerkennungs­ urkunde über den Eintritt in die Rechte gegen den Dritten zu ertheilen.

324 HGV Buch IV. Seeh. Sbffin. X. TU. I.8 805. £it. II. g 806-811. Xit. III. §812.813.

Der Versicherte ist verantwortlich für jede Handlung, durch die er jene Rechte beeinträchtigt. 8 805. [809.] Ist eine Forderung versichert, zu deren Deckung eine den Gefahren der See ausgesetzte Sache dient, so ist der Ver­ sicherte im Falle eines Schadens verpflichtet, dem Versicherer, nach­ dem dieser seine Verpflichtungen erfüllt hat, seine Rechte gegen den Schuldner insoweit abzutreten, als der Versicherer Ersatz geleistet hat. Der Versicherte ist nicht verpflichtet, die ihm gegen den Schuldner zustehenden Rechte geltend zu machen, bevor er den Versicherer in Anspruch nimmt. Zweiter Titel.

Anzeigen bei dem Abschlüsse des Vertrags. 8 806. [810.] Der Versicherungsnehmer ist sowohl im Falle der Versicherung für eigene Rechnung als im Falle der Versicherung für frembe Rechnung verpflichtet, bei dem Abschlüsse des Vertrags dem Versicherer alle ihm bekannten Umstände anzuzeigen, die wegen ihrer Erheblichkeit für die Beurtheilung der von dem Versicherer zu tragenden Gefahr geeignet sind, auf den Entschluß des letzteren, sich aus den Vertrag überhaupt oder unter denselben Bestimmungen ein­ zulassen, Einfluß zu üben. Wenn der Vertrag für den Versicherungsnehmer durch einen Vertreter abgeschlossen wird, so sind auch die dem Vertreter bekannten Umstände anzuzeigen. 8 807. [811.] Im Falle der Versicherung für fremde Rechnung müssen dem Versicherer bei dem Abschlüsse des Vertrags auch die­ jenigen Umstände angezeigt werden, welche dem Versicherten selbst oder einem Zwischenbeauftragten bekannt sind. Die Kenntniß des Versicherten oder eines Zwischenbeauftragten kommt jedoch nicht in Betracht, wenn ihnen der Umstand so spät bekannt wird, daß sie den Versicherungsnehmer ohne Anwendung außergewöhnlicher Maßregeln vor dem Abschlüsse des Vertrags nicht mehr davon benachrichtigen können. Tie Kenntniß des Versicherten fonmit auch dann nicht in Betracht, wenn die Versicherung ohne seinen Auftrag und ohne sein Wissen genommen ist. 8 808. [812.] Wird die in den §§ 806, 807 bezeichnete Verpflichtung nicht erfüllt, so ist der Vertrag für den Versicherer unverbindlich. Diese Vorschrift findet jedoch keine Anwendung, wenn der nicht angezeigte Umstand dem Versicherer bekannt war oder als ihm be­ kannt vorausgesetzt werden durfte.

8 809» [813.] Wird von dem Versicherungsnehmer bei dem Abschlüsse des Vertrags in Bezug aus einen erheblichen Umstand (§ 806) eine unrichtige Anzeige gemacht, so ist der Vertrag für den Versicherer unverbindlich, es sei denn, daß diesem die Unrichtigkeit der Anzeige bekannt war. Diese Vorschrift kommt zur Anwendung ohne Unterschied, ob die Anzeige wissentlich oder aus Irrthum, ob sie mit oder ohne Ver­ schulden unrichtig gemacht wird. 8 810, [814.] Wird bei einer Versicherung mehrerer Gegen­ stände oder einer Gesammtheit von Gegenständen den Vorschriften der §§ 806 bis 809 in Ansehung eines Umstandes zuwidergehandelt, der nur einen Theil der versicherten Gegenstände betrifft, so bleibt der Vertrag für den Versicherer in Ansehung des übrigen Theiles verbindlich. Der Vertrag ist jedoch auch in Ansehung des übrigen Theiles für den Versicherer unverbindlich, wenn anzunehmen ist, daß der Versicherer diesen Theil allein unter denselben Bestimmungen nicht versichert haben würde. 8 811. [815.] Dem Versicherer gebührt in den Fällen der §§ 806 bis 810, auch wenn er die gänzliche oder theilweise Unver­ bindlichkeit des Vertrags geltend macht, die volle Prämie. Dritter Titel. Verpflichtungen des Versicherten aus dem Versicherungsverträge.

8 812. [816.] Die Prämie ist, sofern nicht ein Anderes ver­ einbart ist, sofort nach dem Abschlüsse des Vertrags und, wenn eine Polize verlangt wird, gegen Auslieferung der Polize zu zahlen. Zur Zahlung der Prämie ist der Versicherungsnehmer verpflichtet. Wenn bei der Versicherung für fremde Rechnung der Ver­ sicherungsnehmer zahlungsunfähig geworden ist und die Prämie von dem Versicherten noch nicht erhalten hat, so kann der Versicherer auch den Versicherten zur Zahlung der Prämie in Anspruch nehmen. 8 813. [817.] Wird statt der versicherten Reise, bevor die Gefahr für den Versicherer zu laufen begonnen hat, eine andere Reise angetreten, so ist der Versicherer bei der Versicherung von Schiff und Fracht von jeder Haftung frei, bei anderen Versicherungen trägt er die Gefahr für die andere Reise nur dann, wenn die Ver­ änderung der Reise weder von dem Versicherten noch in dessen Auftrag oder mit dessen Zustimmung bewirkt ist. Wird die versicherte Reise verändert, nachdem die Gefahr für den Versicherer zu lausen begonnen hat, so haftet der Versicherer nicht für die nach der Veränderung der Reise eintretenden Unfälle.

326

HSB Buch IV. Seehandel, «bschn. X. Tit. IIL 8 814—819. Tit. IV. 8 820.

Er haftet jedoch für diese Unfälle, trenn die Veränderung weder von dem Versicherten noch in dessen Auftrag oder mit dessen Zustimmung bewirkt oder wenn sie durch einen Nothsall verursacht ist, es sei denn, daß sich der Nothfall auf eine Gefahr gründet, die der Versicherer nicht zu tragen hat. Die Reise ist verändert, sobald der Entschluß, sie nach einem anderen Bestimmungshafen zu richten, zur Ausführung gebracht wird, sollten sich auch die Wege nach beiden Bestimmungshäfen noch nicht geschieben haben. Diese Vorschrift gilt sowohl für die Fälle des Absah 1 als für die Fälle deS Absah 2.

8 814. [818.] Wenn von dem Versicherten oder in dessen Auf­ trage oder mit dessen Zustimmung der Antritt oder die Vollendung der Reise ungebührlich verzögert, von dem der versicherten Reise entsprechenden Wege abgewichen oder ein Hafen angelaufen wird, dessen Angehung als in der versicherten Reise begriffen nicht erachtet werden kann, oder wenn der Versicherte in anderer Weise eine Ver­ größerung oder Veränderung der Gefahr veranlaßt, namentlich eine in dieser Beziehung ertheilte besondere Zusage nicht erfüllt, so haftet der Versicherer nicht für die später sich ereignenden Unfälle. Diese Wirkung tritt jedoch nicht ein: 1. wenn anzunehmen ist, daß die Vergrößerung oder Veränderung der Gefahr keinen Einfluß auf den späteren Unfall hat üben können; 2. wenn die Vergrößerung oder Veränderung der Gefahr, nachdem die Gefahr für den Versicherer bereits zu laufen begonnen hat, durch einen Nothfall verursacht ist, es sei denn, daß sich der Nothfall auf eine Gefahr gründet, die der Versicherer nicht zu tragen hat; 3. wenn der Schiffer zu der Abweichung von dem Wege durch das Gebot der Menschlichkeit genöthigt worden ist.

8 815. [819.] Wird bei dem Abschlüsse des Vertrags der Schiffer bezeichnet, so ist in dieser Bezeichnung allein noch nicht die Zusage enthalten, daß der benannte Schiffer die Führung des Schiffes behalten werde. 8 816. [820.] Bei der Versicherung von Gütern hastet der Versicherer für keinen Unfall; soweit die Beförderung der Güter nicht mit dem dazu bestimmten Schiffe geschieht. Er haftet jedoch nach Maßgabe des Vertrags, wenn die Güter, nachdem die Gefahr für ihn bereits zu laufen begonnen hat, ohne Auftrag und ohne Zu­ stimmung des Versicherten in anderer Art als mit dem zur Be­ förderung bestimmten Schiffe weiter befördert werden oder wenn dies

in Folge eines Unfalls geschieht, es sei denn, daß sich der Unfall auf eine Gefahr gründet, die der Versicherer nicht zu tragen hat. § 817. [821.] Bei der Versicherung von Gütern ohne Be­ zeichnung des Schiffes oder der Schiffe (in unbestimmten oder un­ bekannten Schiffen) hat der Versicherte, sobald er Nachricht erhält, in welches Schiff versicherte Güter abgeladen sind, diese Nachricht dem Versicherer mitzutheilen. Im Falle der Nichterfüllung dieser Verpflichtung hastet der Versicherer für keinen Unfall, der den abgeladenen Gütern zustößt, g 818. [822.] Jeder Unfall ist, sobald der Versicherungs­ nehmer oder der Versicherte, wenn dieser von der Versicherung Kennt­ niß hat, Nachricht von dem Unfall erhält, dem Versicherer anzuzeigen, widrigenfalls der Versicherer befugt ist, von der Entschädigungs­ summe den Betrag abzuziehen, um den sie sich bei rechtzeitiger An­ zeige gemindert hätte. g 819. [823.] Der Versicherte ist verpflichtet, wenn sich ein Unfall zuträgt, sowohl für die Rettung der versicherten Sachen als für die Abwendung größerer Nachtheile thunlichst zu sorgen. Er hat jedoch, wenn thunlich, über die erforderlichen Maßregeln vorher mit dem Versicherer Rücksprache zu nehmen. Vierter Titel. Umfang der Gefahr,

g 820. [824.] Der Versicherer trägt alle Gefahren, denen Schiff oder Ladung während der Dauer der Versicherung ausgesetzt sind, soweit nicht durch die nachfolgenden Vorschriften oder durch Ver­ trag ein Anderes bestimmt ist. Er trägt insbesondere: 1. die Gefahr der Naturereignisse und der sonstigen Seeunfälle, auch wenn diese durch das Verschulden eines Dritten veranlaßt sind, wie Eindringen des Seewassers, Strandung, Schiffbruch, Sinken, Feuer, Explosion, Blitz, Erdbeben, Beschädigung durch Eis u. s. w.; 2. die Gefahr des Krieges und der Verfügungen von hoher Hand; 3. die Gefahr des auf Antrag eines Dritten angeordneten, von dem Versicherten nicht verschuldeten Arrestes; 4. die Gefahr des Diebstahls sowie die Gefahr des Seeraubs, der Plünderung und sonstiger Gewaltthätigkeiten; 5. die Gefahr der Verbodmung der versicherten Güter zur Fort­ setzung der Reise oder der Verfügung über die Güter durch Verkauf oder durch Verwendung zu gleichem Zwecke (§§ 538 bis 541, 732);

6. die Gefahr der Unredlichkeit oder des Verschuldens einer Person der Schifffsbesatzung, sofern daraus für den versicherten Gegen­ stand ein Schaden entsteht; 7. die Gefahr des Zusammenstoßes von Schiffen und zwar ohne Unterschied, ob der Versicherte in Folge des Zusammenstoßes un­ mittelbar oder ob er mittelbar dadurch einen Schaden erleidet, daß er den einem Dritten zugefügten Schaden zu ersetzen hat. 8 821. [825.] Dem Versicherer fallen die nachstehend bezeich­ neten Schäden nicht zur Last: 1. bei der Versicherung von Schiff oder Fracht: der Schaden, welcher daraus entsteht, daß das Schiff in einem nicht seetüchtigen Zustand oder nicht gehörig ausgerüstet oder bemannt oder ohne die erforderlichen Papiere (§ 513) in See gesandt ist; der Schaden, welcher außer dem Falle des Zusammenstoßes von Schiffen daraus entsteht, daß der Rheder für den durch eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten zu­ gefügten Schaden haften muß (§§ 485, 486); 2. bei einer auf das Schiff sich beziehenden Versicherung: der Schaden an Schiff und Zubehör, welcher nur eine Folge der Abnutzung des Schiffes im gewöhnlichen Gebrauch ist; der Schaden an Schiff und Zubehör, welcher nur durch Alter, Fäulniß oder Wurmfraß verursacht wird; 3. bei einer auf Güter oder Fracht sich beziehenden Versicherung der Schaden, welcher durch die Beschaffenheit der Güter, nament­ lich durch inneren Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage und dergleichen, oder durch mangelhafte Verpackung der Güter ent­ steht oder an diesen durch Ratten oder Mäuse verursacht wird; wenn jedoch die Reise durch einen Unfall, für den der Ver­ sicherer haftet, ungewöhnlich verzögert wird, so hat der Ver­ sicherer den unter dieser Nummer bezeichneten Schaden in dem Maße zu ersetzen, in welchem die Verzögerung dessen Ursache ist; 4. der Schaden, welcher sich auf ein Verschulden des Versicherten gründet,' und bei der Versicherung von Gütern oder imagi1 StGB 265: Wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt oder ein Schiff, welches als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Fuhrlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfünszig bis zu sechstausend Mark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrase nicht unter sechs Monaten ein, neben welcher aus Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann.

närem Gewinn auch der Schaden, welcher durch ein dem Ab­ lader, Empfänger oder Kargadeur in dieser ihrer Eigenschaft zur Last fallendes Verschulden entsteht.

8 822. [826.] Die Verpflichtung des Versicherers zum Ersatz eines Schadens tritt auch dann ein, wenn dem Versicherten ein An­ spruch auf dessen Vergütung gegen den Schiffer oder eine andere Person zusteht. Der Versicherte kann sich wegen des Ersatzes des Schadens zunächst an den Versicherer halten. Er hat jedoch dem Versicherer die zur wirksamen Verfolgung eines solchen Anspruchs etwa erforderliche Hülfe zu gewähren, auch für die Sicherstellung des Anspruchs durch Einbehaltung der Fracht, Erwirkung des Arrestes in das Schiff oder sonst in geeigneter Weise aus Kosten des Ver­ sicherers die nach den Umständen angemessene Sorge zu tragen (§ 818).

8 823. [827.] Bei der Versicherung des Schiffes für eine Reise beginnt die Gefahr für den Versicherer mit dem Zeitpunkt, in welchen! mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes ange­ fangen wird, oder, wenn weder Ladung noch Ballast einzunehmen ist, mit dem Zeitpunkte der Abfahrt des Schiffes. Sie endet mit dem Zeitpunkt, in welchem die Löschung der Ladung oder des Ballastes im Bestimmungshafen beendigt ist. Wird die Löschung von dem Versicherten ungebührlich verzögert, so endet die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Löschung beendigt sein würde, falls ein solcher Verzug nicht stattgefunden hätte. Wird vor der Beendigung der Löschung für eine neue Reise Ladung oder Ballast eingenommen, so endet die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes begonnen wird. 8 824. [828.] Sind Güter, imaginärer Gewinn oder die von verschifften Gütern zu verdienende Provision versichert, so beginnt die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter zum Zwecke der Einladung in das Schiff oder in die Leichterfahrzeuge vom Lande scheiden; sie endet mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter im Be­ stimmungshafen wieder an das Land gelangen. Wird die Löschung von dem Versicherten oder bei der Ver­ sicherung von Gütern oder imaginärem Gewinne von dem Ver­ sicherten oder von einer der im § 821 Nr. 4 bezeichneten Personen ungebührlich verzögert, so endet die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Löschung beendigt sein würde, falls ein solcher Verzug nicht stattgefunden hätte. Bei der Einladung und Ausladung trägt der Versicherer die Gefahr der ortsgebräuchlichen Benutzung von Leichterfahrzeugen.

8 828. [829.] Bei der Versicherung der Fracht beginnt und endet die Gefahr in Ansehung der Unfälle, denen das Schiff und dadurch die Fracht ausgesetzt ist, mit demselben Zeitpunkt, in welchem die Gefahr bei der Versicherung des Schiffes für dieselbe Reise be­ ginnen und enden würde, in Ansehung der Unfälle, denen die Güter und dadurch die Fracht ausgesetzt sind, mit demselben Zeitpunkt, in welchem die Gefahr bei der Versicherung der Güter für dieselbe Reise beginnen und enden würde. Bei der Versicherung von Ueberfahrtsgeldern beginnt und endet die Gefahr mit demselben Zeitpunkt, in welchem die Gefahr bei der Versicherung des Schiffes beginnen und enden würde. Ter Versicherer von Fracht und Ueberfahrtsgeldern haftet für einen Unfall, von dem das Schiff betroffen wird, nur insoweit, als Fracht- oder Ueberfahrtsverträge bereits abgeschlossen sind, und wenn der Rheder Güter für seine Rechnung verschifft, nur insoweit, als diese zum Zwecke der Einladung in das Schiff oder in die Leichterfahrzeuge bereits vom Lande geschieden sind. 8 826. [830.] Bei der Versicherung von Bodmerei- und Havereigeldern beginnt die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Gelder vorgeschossen sind, oder, wenn der Versicherte selbst die Havereigelder verausgabt hat, mit dem Zeitpunkt, in welchem sie ver­ wendet sind; sie endet mit dem Zeitpunkt, in welchem sie bei einer Versicherung der Gegenstände, welche verbodmet oder auf welche die Havereigelder verwendet sind, enden würde. 8 827. [831.] Die begonnene Gefahr läuft für den Ver­ sicherer während der bedungenen Zeit oder der versicherten Reise un­ unterbrochen fort. Der Versicherer trägt insbesondere die Gefahr auch während des Aufenthalts in einem Noth- oder Zwischenhafen und im Falle der Versicherung für die Hinreise und Rückreise wäh­ rend des Aufenthalts des Schiffes in dem Bestimmungshafen der Hinreise. Müssen die Güter einstweilen gelöscht werden oder wird das Schiff zur Ausbesserung an das Land gebracht, so trägt der Ver­ sicherer die Gefahr auch für die Zeit, während welcher sich die Güter oder das Schiff am Lande befinden. 8 828. [832.] Wird nach dem Beginne der Gefahr die ver­ sicherte Reise freiwillig oder gezwungen ausgegeben, so tritt in An­ sehung der Beendigung der Gefahr der Hasen, in welchem die Reise beendigt wird, an die Stelle des Bestimmungshafens. Werden die Güter, nachdem die Reise des Schiffes aufgegeben ist, in anderer Art als mit dem zur Beförderung bestimmten Schiffe nach dem Bestimmungshafen weiter befördert, so läuft in Betreff

der Güter die begonnene Gefahr fort, auch wenn die Weiterbeförderung ganz oder zu einem Theile zu Lande geschieht. Der Versicherer trägt in solchen Fällen zugleich die Kosten der früheren Löschung, die Kosten der einstweiligen Lagerung und die Mehrkosten der Weiter­ beförderung, auch wenn diese zu Lande erfolgt.

§ 829, [833.] Die Vorschriften der §§ 827, 828 gelten nur unbeschadet der Vorschriften der §§ 814, 816. 8 839. [834.] Ist die Dauer der Versicherung nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt, so wird die Zeit nach dem Kalender und der Tag von Mitternacht zu Mitternacht berechnet. Der Versicherer trägt die Gefahr während des Anfangstags und des Schlußtags. Bei der Berechnung der Zeit ist der Ort, wo sich das Schiff befindet, maßgebend. 8 831. [835.] Ist im Falle der Versicherung des Schiffes auf Zeit das Schiff bei dem Ablaufe der im Vertrage festgesetzten Versicherungszeit unterwegs, so gilt die Versicherung in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung als verlängert bis zur Ankunft des Schiffes im nächsten Bestimmungshafen und, falls in diesem ge­ löscht wird, bis zur Beendigung der Löschung (§ 823). Der Ver­ sicherte ist jedoch befugt, die Verlängerung durch eine dem Ver­ sicherer, solange das Schiff noch nicht unterwegs ist, kundzugebende Erklärung auszuschließen. Im Falle der Verlängerung hat der Versicherte für deren Dauer und, wenn die Verschollenheit des Schiffes eintritt, bis zum Abläufe der Verschollenheitsfrist die vereinbarte Zeitprämie fortzu­ entrichten. Ist die Verlängerung ausgeschlossen, so kann der Versicherer, wenn die Verschollenheitsfrist über die Versicherungszeit hinaus­ läuft, auf Grund der Verschollenheit nicht in Anspruch genommen werden. 8 832. [836.] Bei einer Versicherung nach einem oder dem anderen unter mehreren Häfen ist dem Versicherten gestattet, einen dieser Häfen zu wählen; bei einer Versicherung nach einem und einem anderen oder nach einem und mehreren anderen Häfen ist der Versicherte zum Besuch eines jeden der bezeichneten Häfen befugt.

8 833. [837.] Ist die Versicherung nach mehreren Häfen ge­ schlossen oder dem Versicherten das Recht Vorbehalten, mehrere Häfen anzulausen, so ist dem Versicherten nur gestattet, die Häsen nach der vereinbarten oder in Ermangelung einer Vereinbarung nach der den Schiffahrtsverhältnissen entsprechenden Reihenfolge zu be-

suchen; er ist jedoch zum Besuch aller einzelnen Häfen nicht ver­ pflichtet. Die in der Polize enthaltene Reihenfolge wird, soweit nicht ein Anderes sich ergiebt, als die vereinbarte angesehen. 8 834. [838.] Dem Versicherer fallen zur Last: 1. die Beiträge zur großen Haverei mit Einschluß derjenigen, welche der Versicherte selbst wegen eines von ihm erlittenen Schadens zu tragen hat; die in Gemäßheit der §§ 635, 732 nach den Grundsätzen der großen Haverei zu beurtheilenden Beiträge werden den Beiträgen zur großen Haverei gleich ge­ achtet; 2. die Aufopferungen, welche zur großen Haverei gehören würden, wenn das Schiff Güter und zwar andere als Güter des Rheders an Bord gehabt hätte; 3. die sonstigen zur Rettung sowie zur Abwendung größerer Nach­ theile nothwendig oder zweckmäßig aufgewendeten Kosten (§ 819), selbst wenn die ergriffenen Maßregeln erfolglos geblieben sind; 4- die zur Ermittelung und Feststellung des dem Versicherer zur Last fallenden Schadens erforderlichen Kosten, insbesondere die Kosten der Besichtigung, der Abschätzung, des Verkaufs und der Anfertigung der Dispache. 8 835. [839.] In Ansehung der Beiträge zur großen Haverei und der nach den Grundsätzen der großen Haverei zu beurtheilenden Beiträge bestimmen sich die Verpflichtungen des Versicherers nach der am gehörigen Orte im Inland oder im Ausland, im Ein­ klänge mit dem am Orte der Aufmachung geltenden Rechte aufge­ machten Dispache. Insbesondere ist der Versicherte, der einen zur großen Haverei gehörenden Schaden erlitten hat, nicht berechtigt, von dem Versicherer mehr als den Betrag zu fordern, zu welchen: der Schaden in der Dispache berechnet ist; andererseits haftet der Versicherer für diesen ganzen Betrag, ohne daß namentlich der Ver­ sicherungswerth maßgebend ist. Auch kann der Versicherte, wenn der Schaden nach dem am Orte der Aufmachung geltenden Rechte als große Haverei nicht an­ zusehen ist, den Ersatz des Schadens von dem Versicherer nicht aus dem Grunde fordern, weil der Schaden nach einem anderen Rechte, insbesondere nach dem Rechte des Versicherungsorts, große Haverei sei. 8 836. [840.] Der Versicherer haftet jedoch für die im § 835 erwähnten Beiträge nicht, soweit sie sich auf einen Unfall gründen, für den der Versicherer nach dem Versicherungsverträge nicht hastet. 8 837. [841.] Ist die Dispache von einer durch Gesetz oder Gebrauch dazu berufenen Person aufgemacht worden, so kann der

Versicherer sie wegen Nichtübereinstimmung mit dem am Orte der Aufmachung geltenden Rechte und der dadurch bewirkten Benachtheiligung des Versicherten nicht anfechten, es sei denn, daß der Versicherte durch mangelhafte Wahrnehmung seiner Rechte die Benachtheiligung verschuldet hat. Dem Versicherten liegt jedoch ob, die Ansprüche gegen die zu seinem Nachtheile Begünstigten dem Versicherer abzutreten. Dagegen ist der Versicherer befugt, in allen Fällen die Dispache dem Versicherten gegenüber insoweit anzufechten, als ein von dem Versicherten selbst erlittener Schaden, für den ihm nach dem am Orte der Ausmachung der Dispache geltenden Rechte eine Vergütung nicht gebührt hätte, gleichwohl als große Haverei behandelt worden ist. § 838. [842.] Wegen eines von dem Versicherten erlittenen, zur großen Haverei gehörenden oder nach den Grundsätzen der letzteren zu beurtheilenden Schadens haftet der Versicherer, wenn die Einleitung des die Feststellung und Vertheilung des Schadens be­ zweckenden ordnungsmäßigen Verfahrens stattgesunden hat, in An­ sehung der Beiträge, welche dem Versicherten zu entrichten sind, nur insoweit, als der Versicherte die ihm gebührende Vergütung auch im Rechtswege, sofern er diesen füglich betreten konnte, nicht erhalten hat. 8 839. [843.] Ist die Einleitung des Verfahrens ohne Ver­ schulden des Versicherten unterblieben, so kann er den Versicherer wegen des ganzen Schadens nach Maßgabe des Versicherungsvertrags unmittelbar in Anspruch nehmen. 8 840. [844.] Der Versicherer haftet für den Schaden nur bis zur Höhe der Versicherungssumme. Er hat jedoch die im § 834 Nr. 3, 4 erwähnten Kosten voll­ ständig zu erstatten, wenngleich die hiernach im Ganzen zu zahlende Vergütung die Versicherungssumme übersteigt. Sind in Folge eines Unfalls solche Kosten bereits aufgewendet, zum Beispiel Loskaufs- oder Reklamekosten verausgabt, oder sind zur Wiederherstellung oder Ausbesserung der durch den Unfall beschädigten Sache bereits Verwendungen geschehen, zum Beispiel zu einem solchen Zwecke Havereigelder verausgabt, oder sind von dem Versicherten Beiträge zur großen Haverei bereits entrichtet oder ist eine persön­ liche Verpflichtung des Versicherten zur Entrichtung solcher Beiträge bereits entstanden und ereignet sich später ein neuer Unfall, so haftet der Versicherer für den durch späteren Unfall entstehenden Schaden bis zur Höhe der ganzen Versicherungssumme ohne Rücksicht auf die ihm zur Last fallenden früheren Aufwendungen und Beiträge. 8 841. [845.] Der Versicherer ist nach dem Eintritt eines

Unfalls berechtigt, sich durch Zahlung der vollen Versicherungssumme von allen weiteren Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsverträge zu befreien, insbesondere von der Verpflichtung, die Kosten zu erstatten, welche zur Rettung, Erhaltung und Wiederherstellung der versicherten Sachen erforderlich sind. War zur Zeit des Eintritts des Unfalls ein Theil der ver­ sicherten Sachen der vom Versicherer zu tragenden Gefahr bereits entzogen, so hat der Versicherer, welcher von dem Rechte des Absatz 1 Gebrauch macht, den auf jenen Theil fallenden Theil der Versicherungs­ summe nicht zu entrichten. Ter Versicherer erlangt durch Zahlung der Versicherungssumme keinen Anspruch aus die versicherten Sachen. Ungeachtet der Zahlung der Versicherungssumme bleibt der Versicherer zum Ersätze derjenigen Kosten verpflichtet, welche auf die Rettung, Erhaltung oder Wiederherstellung der versicherten Sachen verwendet worden sind, bevor seine Erklärung, von dem Rechte Ge­ brauch zu machen, dem Versicherten zugegangen ist. 8 842. [846.] Ter Versicherer muß seinen Entschluß, von dem im § 841 bezeichneten Rechte Gebrauch zu machen, bei Verlust dieses Rechtes dem Versicherten spätestens am dritten Tage nach dem Abläufe desjenigen Tages erklären, an welchem ihm der Versicherte den Unfall unter Bezeichnung seiner Beschaffenheit und seiner unmittelbaren Folgen angezeigt und alle sonstigen auf den Unfall sich beziehenden Umstände mitgetheilt hat, soweit die letzteren dem Versicherten be­ kannt sind. 8 843. [847.] Ist nicht zum vollen Werthe versichert, so haftet der Versicherer für die im § 834 erwähnten Beiträge, Auf­ opferungen und Kosten nur nach dem Verhältnisse der Versicherungs­ summe zum Versicherungswerthe. 8 844. [848.] Die Verpflichtung des Versicherers, einen Schaden zu ersetzen, wird dadurch nicht wieder aufgehoben oder geändert, daß später in Folge einer Gefahr, die der Versicherer nicht zu tragen hat, ein neuer Schaden und selbst ein Total­ verlust eintritt. 8 845. [849.] Besondere Havereien hat der Versicherer nicht zu ersetzen, wenn sie ohne die Kosten der Ermittelung und Feststellung des Schadens (§ 834 Nr. 4) drei Prozent des Versicherungswerts nicht übersteigen; betragen sie mehr als drei Prozent, so sind sie ohne Abzug der drei Prozent zu vergüten. Ist das Schiff auf Zeit oder auf mehrere Reisen versichert, so sind die drei Prozent für jede einzelne Reise zu berechnen. Der Begriff dieser Reise bestimmt sich nach § 757.

8 846» [850.] Die im § 834 unter Nr. 1 bis 3 erwähnten Beiträge, Aufopferungen und Kosten muß der Versicherer ersetzen, auch wenn sie drei Prozent des Versicherungswerths nicht erreichen. Sie kommen jedoch bei der Ermittelung der im § 845 bezeichneten drei Prozent nicht in Berechnung.

8 847. [851.] Ist vereinbart, daß der Versicherer von be­ stimmteil Prozenten frei sein soll, so kommen die Vorschriften der §§ 845, 846 mit der Maßgabe zur Anwendung, daß an die Stelle der dort erwähnten drei Prozent die im Vertrag angegebene Anzahl von Prozenten tritt. 8 848. [852.] Ist vereinbart, daß der Versicherer die Kriegs­ gefahr nicht übernimmt, auch die Versicherung rücksichtlich der übrigen Gefahren nur bis zum Eintritt einer Kriegsbelästigung dauern soll, so endet die Gefahr für den Versicherer mit dem Zeitpunkt, in welchem die Kriegsgefahr auf die Reise Einfluß zu üben beginnt, insbesondere also, wenn der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch Kriegs­ schiffe, Kaper oder Blokade behindert oder zur Vermeidung der Kriegs­ gefahr ausgeschoben wird, wenn das Schiff aus einem solchen Grunde von seinem Wege abweicht oder wenn der Schiffer durch Kriegs­ belästigung die freie Führung des Schiffes verliert. Eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art wird namentlich angenommen, wenn der Vertrag mit der Klausel: „frei von Kriegsmoleft" abgeschlossen ist. 8 849. [853.] Ist vereinbart, daß der Versicherer zwar nicht die Kriegsgefahr übernimmt, alle übrigen Gefahren aber auch nach dem Eintritt einer Kriegsbelästigung tragen soll, so endet die Gefahr für den Versicherer erst mit der Kondemnation der versicherten Sache oder sobald sie geendet hätte, wenn die Kriegsgefahr nicht ausgenommen worden wäre; der Versicherer haftet aber nicht für die zunächst durch Kriegsgefahr verursachten Schäden, also insbesondere nicht: für Konfiskation durch kriegführende Mächte; für Nehmung, Beschädigung, Vernichtung und Plünderung durch Kriegsschiffe und Kaper; für die Kosten, welche entstehen aus der Anhaltung und Reklamirung, aus der Blokade des Aufenthaltshafens oder der Zurückweisung von einem blokirten Hafen oder aus dem freiwilligen Aufenthalte wegen Kriegsgefahr; für die nachstehenden Folgen eines solchen Aufenthalts: Ver­ derb und Verminderung der Güter, Kosten und Gefahr ihrer Entlöschung und Lagerung, Kosten ihrer Weiterbe­ förderung.

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HSV Buch IV. Seehandel, -löschn. X lit IV. § 850-853. TU. V. 8 854.

Im Zweifel wird angenommen, daß ein eingetretener Schaden durch Kriegsgefahr nicht verursacht sei. Eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art wird nament­ lich angenommen, wenn der Vertrag mit der Klausel: „nur für Seegesahr" abgeschlossen ist. 8 850» [854.] Ist der Vertrag mit der Klausel: „für be­ haltene Ankunft" abgeschlossen, so endet die Gefahr für den Ver­ sicherer schon mit dem Zeitpunkt, in welchem das Schiff im Bestim­ mungshafen am gebräuchlichen oder gehörigen Platze den Anker hat fallen lassen oder befestigt ist. Auch haftet der Versicherer nur: 1. bei der auf das Schiff sich beziehenden Versicherung, wenn ent­ weder ein Totalverlust eintritt oder wenn das Schiff abandonnirt (§ 861) oder in Folge eines Unfalls vor der Erreichung des Bestimmungshafens wegen Reparaturunfähigkeit oder wegen Reparaturunwürdigkeit verkauft wird (§ 873); 2. bei der auf Güter sich beziehenden Versicherung, wenn die Güter oder ein Theil der Güter in Folge eines Unfalls den Be­ stimmungshafen nicht erreichen, insbesondere wenn sie vor der Erreichung des Bestimmungshafens in Folge eines Unfalls ver­ kauft werden. Erreichen die Güter den Bestimmungshafen, so haftet der Versicherer weder für eine Beschädigung, noch für einen Verlust, der die Folge einer Beschädigung ist. Ueberdies hat der Versicherer in keinem Falle die im § 834 erwähnten Beiträge, Aufopferungen und Kosten zu tragen. 8 851? [855.] Ist der Vertrag mit der Klausel: „frei von Beschädigung außer im Strandungsfall" abgeschlossen, so haftet der Versicherer nicht für einen Schaden, der aus einer Beschädigung ent steht, ohne Unterschied, ob der Schaden in einer Werthsverringerung oder einem gänzlichen oder theilweisen Verlust und insbesondere darin besteht, daß die versicherten Güter gänzlich verdorben und in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört den Bestimmungshafen erreichen oder während der Reise wegen Beschädigung und drohenden Verderbs verkauft worden sind, es sei denn, daß das Schiff oder das Leichter­ fahrzeug, in welchem sich die versicherten Güter befanden, gestrandet ist. Der Strandung werden folgende Seeunfälle gleich geachtet: Kentern, Sinken, Zerbrechen des Rumpfes, Scheitern und jeder See­ unfall, durch den das Schiff oder das Leichterfahrzeug reparaturunfähig geworden ist. Hat sich eine Strandung oder ein dieser gleich zu achtender

1 Zu Art. 851—853 vgl. Strandungsordnung 17./5.74 (Anh. XXII .

anderer Seeunfall ereignet, so haftet der Versicherer für jede drei Prozent (§ 845) übersteigende Beschädigung, die in Folge eines solchen Seeunfalls entstanden ist, nicht aber für eine sonstige Be­ schädigung. Es wird vermuthet, daß eine Beschädigung, die möglicher­ weise Folge des eingetretenen Seeunfalls! sein kann, in Folge des Unfalls entstanden sei. Für jeden Schaden, der nicht aus einer Beschädigung entsteht, haftet der Versicherer, ohne Unterschied, ob sich eine Strandung oder ein anderer der erwähnten Unfälle zugetragen hat oder nicht, in derselben Weise, als wenn der Vertrag ohne diese Klausel abgeschlossen wäre. Jedenfalls haftet er für die im § 834 unter Nr. 1, 2, 4 erwähnten Beiträge, Aufopferungen und Kosten, für die im § 834 unter Nr. 3 erwähnten Kosten aber nur dann, wenn sie zur Ab­ wendung eines ihm zur Last fallenden Verlustes verausgabt worden sind. Eine Beschädigung, die ohne Selbstentzündung durch Feuer oder durch Löschung eines solchen Feuers oder durch Beschießen entstanden ist, wird als eine solche Beschädigung, von welcher der Versicherer durch die Klausel befreit wird, nicht angesehen. 8 852. [856.] Wenn der Vertrag mit der Klausel: „frei von Bruch außer im Strandungsfall" abgeschlossen ist, so finden die Vorschriften des § 851 mit der Maßgabe Anwendung, daß der Versicherer für Bruch insoweit haftet, als er nach § 851 für Be­ schädigung aufzukommen hat. 8 853. [857.] Eine Strandung im Sinne der §§ 851, 852 ist vorhanden, wenn das Schiss unter nicht gewöhnlichen Verhält­ nissen der Seeschiffahrt auf den Grund festgeräth und nicht wieder flott wird oder zwar wieder flott wird, jedoch entweder 1. nur unter Anwendung ungewöhnlicher Maßregeln, wie Kappen der Masten, Werfen oder Löschung eines Theiles der Ladung und dergleichen, oder durch den Eintritt einer ungewöhnlich hohen Fluth, nicht aber ausschließlich durch Anwendung ge­ wöhnlicher Maßregeln, wie Winden auf den Anker, Back­ stellen der Segel und dergleichen, oder 2. erst nachdem das Schiff durch das Festgerathen einen erheblichen Schaden am Schiffskörper erlitten hat. Fünfter Titel.

Umfang des Schadens. 8 854. [858.] Ein Totalverlust des Schiffes oder der Güter liegt vor, wenn das Schiff oder die Güter zu Grunde gegangen Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

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oder dem Versicherten ohne Aussicht aus Wiedererlangung entzogen sind, namentlich wenn sie unrettbar gesunken sind oder in ihrer ur­ sprünglichen Beschaffenheit zerstört oder für gute Prise erklärt sind. Ein Totalverlust des Schiffes wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß einzelne Theile des Wrackes oder des Inventars gerettet sind. 8 855. [859.] Ein Totalverlust in Ansehung der Fracht liegt vor, wenn die ganze Fracht verloren gegangen ist. 8 856. [860.] Ein Totalverlust in Ansehung des imaginären Gewinns oder in Ansehung der Provision, welche von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwartet werden, liegt vor, wenn die Güter den Bestimmungsort nicht erreicht haben.

8 857. [861.] Ein Totalverlust in Ansehung der Bodmereiund Havereigelder liegt vor, wenn die Gegenstände, welche verbodmet oder für welche die Havereigelder vorgeschossen oder verausgabt sind, entweder von einem Totalverlust oder dergestalt von anderen Un­ fällen betroffen sind, daß in Folge der dadurch herbeigeführten Be­ schädigungen, Verbodmungen oder sonstigen Belastungen zur Deckung jener Gelder nichts übrig geblieben ist. 8 858. [862.] Im Falle cines Totalverlustes hat der Ver­ sicherer die Versicherungssumme zum vollen Betrage zu zahlen, jedoch unbeschadet der nach § 800 etwa zu machenden Abzüge. 8 859. [863.] Ist im Falle des Totalverlustes vor der Zah­ lung der Versicherungssumme etwas gerettet, so kommt der Erlös des Geretteten von der Versicherungssumme in Abzug. War nicht zum vollen Werthe versichert, so wird nur ein verhältnißmäßiger Theil des Geretteten von der Versicherungssumme abgezogen. Mit der Zahlung der Versicherungssumme gehen die Rechte des Versicherten an der versicherten Sache auf den Versicherer über. Erfolgt erst imd) der Zahlung der Versicherungssumme eine vollständige oder theilweise Rettung, so hat auf das nachträglich Ge­ rettete nur der Versicherer Anspruch. War nicht zum vollen Werthe versichert, so gebührt dem Versicherer nur ein verhältnißmäßiger Theil des Geretteten. 8 860. [864.] Sind bei einem Totalverlust in Ansehung des imaginären Gewinns (§ 856) die Güter während der Reise so günstig verkauft, daß der Reinerlös mehr beträgt als der Versicherungswerth der Güter, oder ist für die Güter, wenn sie in Fällen der großen Haverei aufgeopfert worden sind oder wenn dafür nach Maßgabe der §§611, 612 Ersatz geleistet werden muß, mehr als jener Werth vergütet, so kommt von der Versicherungssumme des imaginären Ge­ winns der Ueberschnß in Abzug.

8 861. [865.] Der Versicherte ist befugt, die Zahlung der Versicherungssumme zum vollen Betrage gegen Abtretung der in An­ sehung des versicherten Gegenstandes ihm zustehenden Rechte in fol­ genden Fällen zu verlangen (Abandon): 1. wenn das Schiff verschollen ist; 2. wenn der Gegenstand der Versicherung dadurch bedroht ist, daß das Schiff oder die Güter' unter Embargo gelegt, von einer kriegführenden Macht aufgebracht, aus andere Weise durch Ver­ fügung von hoher Hand angehalten oder durch Seeräuber ge­ nommen und während einer Frist von sechs, neun oder zwölf Monaten nicht freigegeben sind, je nachdem die Aufbringung, Anhaltung oder Nehmung geschehen ist: a. in einem europäischen Hafen oder in einem europäischen Meere einschließlich aller Häfen oder Theile des Mittel­ ländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres oder b. in einem anderen Gewässer, jedoch diesseits des Vorgebirges der guten Hoffnung und des Kap Horn, oder c. in einem Gewässer jenseits des einen jener Vorgebirge. Die Fristen werden von dem Tage an berechnet, an welchem dem Versicherer der Unfall durch den Versicherten angezeigt wird (§ 818). 8 862. [866.] Ein Schiff, welches eine Reise angetreten hat, ist als verschollen anzusehen, wenn es innerhalb der Verschollenheits­ frist den Bestimmungshafen nicht erreicht hat, auch innerhalb dieser Frist den Betheiligten keine Nachrichten über das Schiff zuge­ gangen sind. Die Verschollenheitsfrist beträgt: 1. wenn sowohl der Abgangshafen als der Bestimmungshafen ein europäischer Hasen ist, bei Segelschiffen sechs, bei Dampf­ schiffen vier Monate; 2. wenn entweder nur der Abgangshafen oder nur der Be­ stimmungshafen ein außereuropäischer Hafen ist, falls er diesseits des Vorgebirges der guten Hoffnung und des Kap Horn belegen ist, bei Segel- und Dampfschiffen neun Monate, falls er jenseits des einen jener Vorgebirge belegen ist, bei Segel- und Dampfschiffen zwölf Monate; 3. wenn sowohl der Abgangs- als der Bestimmungshafen ein außereuropäischer Hafen ist, bei Segel- und Dampfschiffen sechs, neun oder zwölf Monate, je nachdem die Durchschnittsdauer der Reise nicht über zwei oder nicht über drei oder mehr als drei Monate beträgt. Im Zweifel ist die längere Frist abzuwarten.

8 863. [867.] Die Verschollenheitsfrist wird von dem Tage an berechnet, an welchem das Schiff die Reise angetreten hat. Sind jedoch seit dessen Abgänge Nachrichten von ihm angelangt, so wird von dem Tage an, bis zu welchem die letzte Nachricht reicht, die­ jenige Frist berechnet, welche maßgebend sein würde, wenn das Schiff von dem Punkte, an welchem es sich nach sicherer Nachricht zuletzt befunden hat, abgegangen wäre. 8 864. [868.] Die Abandonerklärung muß dem Versicherer innerhalb der Abandonfrist zugegangen sein. Die Abandonfrist beträgt sechs Monate, wenn im Falle der Verschollenheit (§ 861 Absatz 1 Nr. 1) der Bestimmungshafen ein europäischer Hasen ist und wenn im Falle der Aufbringung, An­ haltung oder Nehmung (§ 861 Absatz 1 Nr. 2) der Unfall sich in einem europäischen Hafen oder in einem europäischen Meere ein­ schließlich aller Häsen oder Theile des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres zugetragen hat. In den übrigen Fällen be­ trägt die Abandonfrist neun Monate. Die Abandonfrist beginnt mit dem Ablaufe der in den §§ 861, 862 bezeichneten Fristen. Bei der Rückversicherung beginnt die Abandonfrist mit dem Ablaufe des Tages, an welchem dem Rückversicherten von dem Ver­ sicherten der Abandon erklärt worden ist. 8 865. [869.] Nach dem Ablaufs der Abandonsrist ist der Abandon unstatthaft, unbeschadet des Rechtes des Versicherten, nach Maßgabe der sonstigen Grundsätze Vergütung eines Schadens in Anspruch zu nehmen. Ist im Falle der Verschollenheit des Schisses die Abandonsrist versäumt, so kann der Versicherte zwar den Ersatz eines Totalschadens fordern; er hat jedoch, wenn die versicherte Sache wieder zum Vor­ scheine kommt und sich dabei ergiebt, daß ein Totalverlust nicht vor­ liegt, aus Verlangen des Versicherers gegen Verzicht des letzteren auf die in Folge der Zahlung der Versicherungssumme nach § 859 ihm zustehenden Rechte die Versicherungssumme zu erstatten und sich mit dem Ersatz eines etwa erlittenen theilweisen Schadens zu begnügen. 8 866. [870.] Die Abandonerklärung muß, um gültig zu sein, ohne Vorbehalt oder Bedingung erfolgen und sich auf den ganzen versicherten Gegenstand erstrecken, soweit dieser zur Zeit des Unfalls den Gefahren zur See ausgesetzt war. Wenn jedoch nicht zum vollen Werthe versichert war, so ist der- Versicherte nur den verhältnißmäßigen Theil des versicherten Gegenstandes zu abandonniren verpflichtet. Die Abandonerklärung ist unwiderruflich.

8 867. [871.] Die Abandonerklärung ist ohne rechtliche Wirkung, wenn die Thatsachen, auf welche sie gestützt wird, sich nicht bestätigen oder zur Zeit der Mittheilung der Erklärung nicht mehr bestehen. Dagegen bleibt sie für beide Theile verbindlich, auch wenn sich später Umstände ereignen, deren früherer Eintritt das Recht zum Abandon ausgeschlossen haben würde. 8 868. [872.] Durch Abandonerklärung gehen auf den Ver­ sicherer alle Rechte über, die dem Versicherten in Ansehung des abandonnirten Gegenstandes zustanden.

Der Versicherte hat dem Versicherer Gewähr zu leisten wegen der auf dem abandonnirten Gegenstände zur Zeit der Abandon­ erklärung haftenden dinglichen Rechte, es sei denn, daß sich diese auf Gefahren gründen, für die der Versicherer nach dem Versicherungs­ vertrag aufzukommen hat. Wird das Schiff abandonnirt, so gebührt dem Versicherer des Schiffes die Nettosracht der Reise, aus welcher sich der Unfall zu­ getragen hat, soweit die Fracht erst nach der Abandonerklärung verdient ist. Dieser Theil der Fracht wird nach den für die Ermittelung der Distanzfracht geltenden Vorschriften berechnet. Den hiernach für den Versicherten entstehenden Verlust hat, wenn die Fracht selbständig versichert ist, der Versicherer der Fracht zu tragen.

8 869. [873.] Die Zahlung der Versicherungssumme kann erst verlangt werden, nachdem die zur Rechtfertigung des Abandons dienenden Urkunden dem Versicherer mitgetheilt sind und eine an­ gemessene Frist zu deren Prüfung abgelaufen ist. Wird wegen Ver­ schollenheit des Schiffes abandonnirt, so gehören zu den mitzutheilenden Urkunden glaubhafte Bescheinigungen über die Zeit, in welcher das Schiff den Abgangshafen verlassen hat, und über die Nichtankunft des Schiffes im Bestimmungshafen während der Ver­ schollenheitsfrist. Der Versicherte ist verpflichtet, bei der Abandonerklärung, soweit er dazu im Stande ist, dem Versicherer anzuzeigen, ob und welche andere den abandonnirten Gegenstand betreffende Versicherungen ge­ nommen sind, sowie ob und welche Bodmereischulden oder sonstige Belastungen darauf haften. Ist die Anzeige unterblieben, so kann der Versicherer die Zahlung der Versicherungssumme so lange ver­ weigern, bis die Anzeige nachträglich geschehen ist; wenn eine Zahlungs­ frist bedungen ist, so beginnt diese erst mit dem Zeitpunkt, in welchem die Anzeige nachgeholt wird. 8 870. [874.] Der Versicherte ist verpflichtet, auch nach der

Abandonerklärung für die Rettung der versicherten Sachen und für die Abwendung größerer Nachtheile nach §819 und zwar so lange zu sorgen, bis der Versicherer selbst dazu im Stande ist. Erfährt der Versicherte, daß ein für verloren erachteter Gegen­ stand wieder zum Vorscheine gekommen ist, so muß er dies dem Versicherer sofort anzeigen und ihm auf Verlangen die zur Erlangung oder Verwerthung des Gegenstandes erforderliche Hülfe leisten. Die Kosten hat der Versicherer zu ersetzen; auch hat er den Versicherten auf Verlangen mit einem angemessenen Vorschüsse zu versehen. 8 871. [875.] Der Versicherte muß dem Versicherer, wenn dieser die Rechtmäßigkeit des Abandons anerkennt, aus dessen Ver­ langen und auf dessen Kosten über den nach § 868 durch die Abandonerklärung eingetretenen Uebergang der Rechte eine öffentlich beglaubigte Anerkennungsurkunde (Abandonrevers) ertheilen und die auf die abandonnirten Gegenstände sich beziehenden Urkunden ausliefern. 8 872. [876.] Bei einem theilweisen Schaden am Schisse besteht der Schaden in dem nach den §§ 709, 710 zu ermittelnden Betrage der Ausbesserungskosten, soweit diese die Beschädigungen be­ treffen, welche dem Versicherer zur Last fallen. 8 873. [877.] Ist die Reparaturunfähigkeit oder Reparatur­ unwürdigkeit des Schiffes (§ 479) auf dem im § 530 vorgeschriebenen Wege sestgestellt, so ist der Versicherte dem Versicherer gegenüber be­ fugt, das Schiff oder das Wrack zum öffentlichen Verkaufe zu bringen; im Falle des Verkaufs besteht der Schaden in dem Unterschiede zwischen dem Reinerlös und dem Versicherungswerthe. Tie übernommene Gefahr endet für den Versicherer erst mit dem Verkaufe des Schiffes oder des Wrackes; auch haftet der Ver­ sicherer für den Eingang des Kaufpreises. Bei der zur Ermittelung der Reparaturunwürdigkeit erforder­ lichen Feststellung des Werthes des Schiffes im unbeschädigten Zu­ stande bleibt dessen Versicherungswerth, gleichviel ob er taxirt ist oder nicht, außer Betracht. 8 874. [878.] Der Beginn der Ausbesserung schließt die Aus­ übung des im § 873 dem Versicherten eingeräumten Rechtes nicht aus, wenn erst später erhebliche Schäden entdeckt werden, die dem Versicherten ohne sein Verschulden unbekannt geblieben waren. Macht der Versicherte von dem Rechte nachträglich Gebrauch, so muß der Versicherer die bereits ausgewendeten Ausbesserungs­ kosten insoweit besonders vergüten, als durch die Ausbesserung bei dem Verkaufe des Schiffes ein höherer Erlös erzielt worden ist.

8 87k. [879.] Bei Gütern, die beschädigt im Bestimmungs­ hafen ankommen, ist durch Vergleichung des Bruttowerths, den sie daselbst im beschädigten Zustande haben, mit dem Bruttowerthe, welchen sie dort im unbeschädigten Zustande haben würden, zu er­ mitteln, wie viele Prozente des Werthes der Güter verloren sind. Ebensoviele Prozente des Versicherungswerths sind als der Betrag des Schadens anzusehen. Die Ermittelung des Werthes, welchen die Güter im beschädigten Zustande haben, erfolgt durch öffentlichen Verkauf oder, wenn der Versicherer einwilligt, durch Abschätzung. Der Werth, welchen die Güter im unbeschädigten Zustande haben würden, bestimmt sich nach § 611 Absatz 1. Der Versicherer hat außerdem die Besichtigungs-, Abschatzungs­ und Verkausskosten zu tragen. 8 876. [880.] Geht ein Theil der Güter auf der Reise ver­ loren, so besteht der Schaden in ebensovielen Prozenten des Ver­ sicherungswerths, als Prozente des Werthes der Güter verloren ge­ gangen sind. 8 877. [881.] Sind Güter auf der Reise in Folge eines Unfalls verkauft worden, so besteht der Schaden in dem Unterschiede zwischen dem nach Abzug der Fracht, der Zölle und Verkaufskosten sich ergebenden Reinerlöse der Güter und deren Versicherungswerthe. Tie übernommene Gefahr endet für den Versicherer erst mit dein Verkaufe der Güter; auch haftet der Versicherer für den Eingang des Kaufpreises. Die Vorschriften der §§ 834 bis 838 bleiben unberührt. 8 878. [882.] Bei einem theilweisen Verluste der Fracht be­ steht der Schaden in demjenigen Theile der bedungenen oder in deren Ermangelung der üblichen Fracht, welcher verloren gegangen ist. Ist die Fracht taxirt und die Taxe nach § 793 Absatz 4 in Bezug auf einen von dem Versicherer zu ersetzenden Schaden maß­ gebend, so besteht der Schaden in ebensovielen Prozenten der Taxe, als Prozente der bedungenen oder üblichen Fracht verloren sind. 8 879. [883.] Bei einem imaginären Gewinn oder einer Provision, die von der Ankunft der Güter erwartet werden, besteht der Schaden, wenn die Güter in beschädigtem Zustand ankommen, in ebensovielen Prozenten des als Gewinn oder Provision versicherten Betrags, als der nach § 875 zu ermittelnde Schaden an den Gütern Prozente des Versicherungswerths der letzteren beträgt. Erreicht ein Theil der Güter den Bestimmungshafen nicht, so besteht der Schaden in ebensovielen Prozenten des als Gewinn oder Provision versicherten Betrags, als der Werth des in dem Bestim-

344 HSV Buch IV. Seehandel, «bschn. X. Tit. V. 8 880. 881. Tit. VI. § 882-886.

mungshafen nicht angelangten Theiles der Güter Prozente des Werthes aller Güter beträgt. Sind bei der Versicherung des imaginären Gewinns in Ansehung des nicht angelangten Theiles der Güter die Voraussetzungen des § 860 vorhanden, so kommt von dem Schaden der im § 860 be­ zeichnete Ueberschuß in Abzug.

8 880. [884.] Bei Bodmerei- oder Havereigeldern besteht im Falle eines theilweisen Verlustes der Schaden in dem Ausfälle, welcher sich darauf gründet, daß der Gegenstand, der verbodmet oder für den die Havereigelder vorgeschossen, oder verausgabt sind, zur Deckung der Bodmerei- oder Havereigelder in Folge späterer Unfälle nicht mehr genügt. 8 881. [885.] Der Versicherer hat den nach den §§ 872 bis 880 zu berechnenden Schaden vollständig zu vergüten, wenn zum vollen Werthe versichert war, jedoch unbeschadet der Vorschrift des § 800; war nicht zum vollen Werthe versichert, so hat er nach Maß­ gabe des § 792 nur einen verhältnißmäßigen Theil dieses Schadens zu vergüten. Sechster Titel.

Bezahlung des Schadens. 8 882. [886.] Der Versicherte hat, um den Ersatz eines Schadens fordern zu können, eine Schadensberechnung dem Versicherer mitzutheilen. Er muß zugleich durch genügende Belege dem Versicherer darthun :

1. sein Interesse; 2. daß der versicherte Gegenstand den Gefahren der See ausgesetzt worden ist; 3. den Unfall, auf den der Anspruch gestützt wird; 4. den Schaden und dessen Umfang. 8 883. [887.] Bei der Versicherung für fremde Rechnung hat sich außerdem der Versicherte darüber auszuweisen, daß er dem Ver­ sicherungsnehmer zum Abschlüsse des Vertrags Auftrag ertheilt hat. Ist die Versicherung ohne Auftrag geschlossen (§ 782), so muß der Versicherte die Umstände darthun, aus welchen hervorgeht, daß die Versicherung in seinem Interesse genommen ist. 8 884. [888.] Als genügende Belege sind im Allgemeinen solche Belege anzusehen, die im Handelsverkehre, namentlich wegen der Schwierigkeit der Beschaffenheit anderer Beweise, nicht beanstandet zu werden pflegen, insbesondere

1. zum Nachweise des Interesses: bei der Versicherung des Schiffes die üblichen Eigenthums­ urkunden ; bei der Versicherung von Gütern die Fakturen und Konnosse­ mente, sofern nach deren Inhalt der Versicherte zur Ver­ fügung über die Güter befugt erscheint; bei der Versicherung der Fracht die Chartepartien und Konnossemente; 2. zum Nachweise der Verladung der Güter die Konnossemente; 3. zum Nachweise des Unfalls die Verklarung uitb das Tagebuch, in Kondemnationsfällen das Erkenntniß des Prisengerichts, in Verschollenheitsfällen glaubhafte Bescheinigungen über die Zeit, in welcher das Schiff den Abgangshafen verlassen hat, und die Nichtankunft des Schiffes im Bestimmungshafen während der Verschollenheitsfrist; 4. zum Nachweise des Schadens und dessen Umfanges die den Gesetzen oder Gebräuchen des Ortes der Schadensermittelung entsprechenden Besichtigungs-, Abschätzungs- und Versteigerungs­ urkunden sowie die Kostenanschläge der Sachverständigen, ferner die quittirten Rechnungen über die ausgeführten Ausbesserungen und andere Quittungen über geleistete Zahlungen; in Ansehung eines theilweisen Schadens am Schiffe (§§ 872, 873) genügen jedoch die Besichtigungs- und Abschätzungsurkunden sowie die Kostenanschläge nur dann, wenn die etwaigen Schäden, die sich auf Abnutzung, Alter, Fäulniß oder Wurmfraß gründen, ge­ hörig ausgeschieden sind und wenn zugleich, soweit es ausführ­ bar war, solche Sachverständige zugezogen worden sind, die entweder ein für allemal obrigkeitlich bestellt oder von dem Ortsgericht oder dem deutschen Konsul und, in deren Er­ mangelung oder sofern deren Mitwirkung sich nicht erlangen ließ, von einer anderen Behörde besonders ernannt waren. § 885. [890.]1 Eine Vereinbarung, durch die der Versicherte vor dem Nachweise der im § 822 erwähnten Umstände oder eines Theiles dieser Umstände befreit wird, ist gültig, jedoch unbeschadet des Rechtes des Versicherers, das Gegentheil zu beweisen. Die bei der Versicherung von Gütern getroffene Vereinbarung, daß das Konnossement nicht vorzulegen ist, befreit nur von dem Nachweise der Verladung. 8 886. [891.] Bei der Versicherung für fremde Rechnung ist der Versicherungsnehmer ohne Beibringung einer Vollmacht des 1 Art. 899 ausgehoben durch EG z. CPO 13, 2 oben S. 8.

346

VSB Buch IV.

Seehandel, «bschn. X. titVI. 8 887—893. Tit VII. § 894.895.

Versicherten legitimirt, über die Rechte, die im Versicherungsverträge für den Versicherten ausbedungen sind, zu verfügen sowie die Ver­ sicherungsgelder zu erheben und einzuklagen. Diese Vorschrift gilt jedoch im Falle der Ertheilung einer Polize nur dann, wenn der Versicherungsnehmer die Polize beibringt. Ist die Versicherung ohne Auftrag genommen, so bedarf der Versicherungsnehmer zur Erhebung oder Einklagung der Versiche­ rungsgelder die Zustimmung des Versicherten. § 887. [892.] Im Falle der Ertheilung einer Polize hat der Versicherer die Versicherungsgelder dem Versicherten zu zahlen, wenn dieser die Polize beibringt. 8 888. [893.] Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, die Polize dem Versicherten oder den Gläubigern oder der Konkurs­ masse des Versicherten auszuliefern, bevor er wegen der gegen den Versicherten in Bezug auf den versicherten Gegenstand ihm zustehenden Ansprüche befriedigt ist. Im Falle eines Schadens kann der Ver­ sicherungsnehmer sich wegen dieser Ansprüche aus der Forderung, welche gegen den Versicherer begründet ist, und nach Einziehung der Versicherungsgelder aus den letzteren vorzugsweise vor dem Ver­ sicherten und vor dessen Gläubigern befriedigen. 8 889. [894.] Ter Versicherer macht sich dem Versicherungs­ nehmer verantwortlich, wenn er, während sich dieser noch im Besitze der Polize befindet, durch Zahlungen, die er dem Versicherten oder den Gläubigern oder der Konkursmasse des Versicherten leistet, oder durch Verträge, die er mit ihnen schließt, das im § 888 bezeichnete Recht des Versicherungsnehmers beeinträchtigt. Inwiefern sich der Versicherer einem Dritten, welchem Rechte aus der Polize eingeräumt sind, dadurch verantwortlich nracht, daß er über die Rechte Verträge schließt oder Versicherungsgelder zahlt, ohne sich die Polize zurückgeben zu lassen oder sie mit der erforder­ lichen Bemerkung zu versehen, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. 8 890. [895.] Wird der Versicherer ans Zahlung der Ver­ sicherungsgelder in Anspruch genommen, so kann er bei der Ver­ sicherung für fremde Rechnung Forderungen, die ihm gegen den Versichernngsnehrner zustehen, nicht aufrechnen. 8 891. [896 S. 1, 3.] Der Versicherte ist befugt, nicht nur die aus einem bereits eingetretenen Unfall ihm zustehenden, sondern auch die künftigen Entschädigungsansprüche einem Dritten abzu­ treten. Ist die Polize nach § 363 Absatz 2 an Order gestellt, so ist bei der Versicherung für fremde Rechnung zur Gültigkeit der ersten Uebertragung das Indossament des Versicherungsnehmers genügend.

§ 892. [897.] Wenn nach dem Ablaufe von zwei Monaten seit der Anzeige des Unfalls die Schadensberechnung (§ 882) ohne Verschulden des Versicherten noch nicht vorliegt, wohl aber durch ungefähre Ermittelung die Summe festgestellt worden ist, welche dem Versicherer mindestens zur Last fällt, so hat der letztere diese Summe in Anrechnung aus seine Schuld vorläufig zu zahlen, jedoch nicht vor dem Ablaufe der etwa für die Zahlung der Versicherungsgelder bedungenen Frist. Soll die Zahlungsfrist mit dem Zeitpunkte be­ ginnen, in welchem dem Versicherer die Schadensberechnung mit­ getheilt ist, so wird sie in dem bezeichneten Falle von der Zeit an berechnet, in welcher dem Versicherer die vorläufige Ermittelung niitgetheilt ist. 8 893. [898.] Der Versicherer hat: 1. in Havereifällen zu den für die Rettung, Erhaltung oder Wieder­ herstellung der versicherten Sache nöthigen Ausgaben in An­ rechnung aus seine später festzustellende Schuld zwei Drittheile des ihm zur Last fallenden Betrags, 2. bei Ausbringung des Schiffes oder der Güter den vollen Be­ trag der ihm zur Last fallenden Kosten des Reklameprozesses, sowie sie erforderlich werden, vorzuschießen. Siebenter Titel.

Aushebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie. 8 894. [899.] Wird die Unternehmung,, auf welche sich die Versicherung bezieht, ganz oder zu einem Theile von dem Versicherten aufgegeben oder wird ohne sein Zuthun die ganze versicherte Sache oder ein Theil dieser Sache der von dem Versicherer übernommenen Gefahr nicht ausgesetzt, so kann die Prämie ganz oder zu dem verhältnißmäßigen Theile bis auf eine dem Versicherer gebührende Ver­ gütung zurückgefordert oder einbehalten werden (Ristorno). Die Vergütung (Ristornogebühr) besteht, sofern nicht ein anderer Betrag vereinbart oder am Orte der Versicherung üblich ist, in einem halben Prozente der ganzen oder des entsprechenden Theiles der Ver­ sicherungssumme, wenn aber die Prämie nicht ein Prozent der Ver­ sicherungssumme erreicht, in der Hälfte der ganzen oder des verhältnißmäßigen Theiles der Prämie. 8 895. [900.] Ist die Versicherung wegen Mangels des ver­ sicherten Interesses (§ 778) oder wegen Ueberversicherung (§ 786) oder Doppelversicherung (§ 788) unwirksam und hat sich der Ver­ sicherungsnehmer bei dem Abschlüsse des Vertrags und im Falle der Versicherung für fremde Rechnung auch der Versicherte bei der Er-

348 VSV Buch IV. Seehandel, «bschn. X.TU.VH. 8 896-900. «bschn. XI. A 901-903.

theilung des Auftrags in gutem Glauben befunden, so kann die Prämie gleichfalls bis auf die im § 894 bezeichnete Ristornogebühr zurückgefordert oder einbehalten werden. 8 896* [901.] Die Anwendung der Vorschriften der §§ 894, 895 wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Versicherungsvertrag für den Versicherer wegen Verletzung der Anzeigepflicht oder aus anderen Gründen unverbindlich ist, selbst wenn der Versicherer un­ geachtet dieser Unverbindlichkeit aus die volle Prämie Anspruch hätte. 8 897. [902.] Ein Ristorno findet nicht statt, wenn die Gefahr für den Versicherer bereits zu laufen begonnen hat. 8 898. [903.] Wenn der Versicherer zahlungsunfähig ge­ worden ist, so ist der Versicherte befugt, nach seiner Wahl entweder von dem Vertrage zurückzutreten und die ganze Prämie zurückzu­ fordern oder einzubehalten oder auf Kosten des Versicherers nach Maßgabe des § 789 eine neue Versicherung zu nehmen. Dieses Recht steht ihm jedoch nicht zu, wenn ihm wegen der Erfüllung der Verpflichtungen des Versicherers genügende Sicherheit bestellt wird, bevor er von dem Vertrage zurückgetreten ist oder die neue Ver­ sicherung genommen hat. 8 899. [904.] Wird der versicherte Gegenstand veräußert, so können dem Erwerber die dem Versicherten nach dem Versicherungs­ vertrag auch in Bezug auf künftige Unfälle zustehende Rechte mit der Wirkung abgetreten werden, daß der Erwerber den Versicherer ebenso in Anspruch zu nehmen befugt ist, als wenn die Veräußerung nicht stattgcfunden hätte und der Versicherte selbst den Anspruch erhöbe. Ter Versicherer bleibt von der Haftung für die Gefahren be­ freit, welche nicht eingetreten sein würden, wenn die Veräußerung unterblieben wäre. Er kann sich nicht nur der Einreden und Gegenforderungen bedienen, welche ihm unmittelbar gegen den Erwerber zustehen, sondern auch derjenigen, welche er dem Versicherten Hütte entgegenstellen können, der aus dem Versicherungsverträge nicht hergeleiteten jedoch nur insofern, als sie bereits vor der Anzeige der Uebertragung ent­ standen sind. Durch diese Vorschriften werden die rechtlichen Wirkungen der mittelst Indossaments erfolgten Uebertragung einer Polize, die an Order lautet, nicht berührt. 8 900. [905.] Die Vorschriften des § 899 gelten auch im Falle der Versicherung einer Schisfspart. Ist das Schiff selbst versichert, so kommen sie nur zur An­ wendung, wenn das Schiff während einer Reise veräußert wird.

Versicherung gegen die Gefahren der Seeschiffahrt.

Verjährung.

349

Der Anfang und das Ende der Reise bestimmen sich nach § 823. Ist das Schiss auf Zeit oder für mehrere Reisen (§ 757) versichert, so dauert die Versicherung im Falle der Veräußerung während einer Reise nur bis zur Entlöschung des Schiffes im nächsten Bestimmungshafen (§ 813). Elfter Abschnitt.

Verjährung.

§ 901. [906.] Die im § 754 Nr. 1 bis 9 aufgeführten Forderungen verjähren in einem Jahre. Es beträgt jedoch die Ver­ jährungsfrist zwei Jahre: 1. für die aus den Dienst- und Heuerverträgen herrührenden Forderungen der Schifssbesatzung, wenn die Entlassung jenseits des Vorgebirges der guten Hoffnung oder des Kap Horn er­ folgt ist; 2. für die aus dem Zusammeustoße von Schiffen hergeleiteten Entschädigungsforderungen. 8 902. [907.] Die nach §901 eintretende Verjährung bezieht sich zugleich auf die persönlichen Ansprüche, die dem Gläubiger etwa gegen den Rheder oder eine Person der Schiffsbesatzung zustehen. 8 903. [908.] Die Verjährung beginnt: 1. in Ansehung der Forderungen der Schiffsbesatzung (§754 Nr. 3) mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem das Dienst- oder Heuerverhältniß endet, und, falls die Anstellung der Klage früher möglich und zulässig ist, mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem die Voraussetzung eintritt; jedoch kommt das Recht, Vorschuß- und Abschlagszahlungen zu verlangen, für den Be­ ginn der Verjährung nicht in Betracht; 2. in Ansehung der Forderungen wegen Beschädigung oder ver­ späteter Ablieferung von Ladungsgütern und Reisegut (§ 754 Nr. 7, 9) und wegen der Beiträge zur großen Haverei (§ 754 Nr. 5) mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem die Ablieferung erfolgt ist, in Ansehung der Forderungen wegen Nichtablieferung von Gütern mit dem Abläufe des Jahres, in welchem dasSchiff den Hafen erreicht, wo die Ablieferung erfolgen sollte, und wenn dieser Hafen nicht er­ reicht wird, mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem der Be­ theiligte sowohl hiervon als auch von dem Schaden zuerst Kennt­ niß erlangt. 3. in Ansehung der nicht unter Nr. 2 fallenden Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§ 754 Nr. 9) mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem der Bethei­ ligte von dem Schaden Kenntniß erlangt hat, in Ansehung der

Entschädigungsforderungen wegen des Zusammenstoßes von Schiffen jedoch mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem der Zusammenstoß stattgefunden hat; 4. in Ansehung aller anderen Forderungen mit dem Abläufe des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist. 8 904. [909.] Ferner verjähren in einem Jahre die auf den Gütern wegen der Bodmereigelder, der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hülfskosten. haftenden Forderungen sowie die wegen dieser Gelder, Beiträge und Kosten begründeten persön­ lichen Ansprüche. Tie Verjährung beginnt in Ansehung der Beiträge zur großen Haverei mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem die beitrags­ pflichtigen Güter abgeliefert sind, in Ansehung der übrigen Forderungen mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem die Fälligkeit ein­ getreten ist. 8 905. [910.1] Es verjähren in fünf Jahren die Forderungen des Versicherers und des Versicherten aus dem Versicherungsverträge. Tie Verjährung beginnt mit dem Ablaufe des Jahres, in welchem die versicherte Reise beendigt ist, und bei der Versicherung auf Zeit mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Versicherung zeit endet. Sie beginnt, wenn das Schiss verschollen ist, mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Verschollenheitsfrist endet. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Urville, den 10. Mai 1897. (L. s.)

Wilhelm. Fürst zu Hohenlohe.

1 Art. 911 ist ausgefallen.

Allgemeine

Deutsche Wechselordnung unter Berücksichtigung der Nürnberger Novellen.

Gesetz/ betreffend die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches als Bun­ desgesetze. Vom 5. Juni 1869. (BGBl 379.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ?c. verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt: g 1 Tie Allgemeine Deutsche Wechsel-Ordnung (Anlage A.) nebst den die Ergänzung und Erläuterung derselben betreffenden sogenannten Nürnberger Novellen (Anlage B.), [sowie das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (Anlage C.)] werden zu Bundesgesetzen er­ klärt und als solche in das gesammte Bundesgebiet eingeführt, jedoch unbeschadet der Vorschriften des Bundesgesetzes über die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundes­ flagge vom 25. October 1867 (BGBl 35) und des Bundesgesetzes über die Aufhebung der Schuldhaft vom 29. Mai 1868 (BGBl 237). g 2. Die bei oder nach der Einführung der Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Novellen fund des Handelsgesetzbuches^ in die einzelnen Bundesstaaten oder deren Landestheile im Wege der Landesgesetz­ gebung erlassenen Vorschriften bleiben als landesgesetzliche Vorschriften insoweit in Kraft, als sie nur eine Ergänzung und nicht eine Ab­ änderung einer Bestimmung der Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Novellen [ober des Handelsgesetzbuches^ enthalten. g 2. Insbesondere bleiben folgende auf die Einführung der Wechsel-Ordnung [und des Handelsgesetzbuches^ sich beziehende landes­ gesetzliche Vorschriften in Kraft:

1 EG z. HGB 1O./5. 1897, Art. 21: Unberührt bleiben die landesgesetz­ lichen Vorschriften zur Ausführung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung, soweit sie durch das Bundesgesetz vom 5. Juni 1869 (BGBl S. 397) aufrecht erhalten sind. Dies gilt jedoch nicht für die Vorschriften über kaufmännische Anweisungen. Friedberg, Handclsgesgbg. 7. Aufl.

23

354 Bundesgesetz, betr- d. Eins. d. ADNO, d. Nürnb. Nov. u. d. ADdSB als Bundesgesetze.

A. in Ansehung der Wechsel-Ordnung: die Vorschriften der §§ 5 bis 7 der für die freie und Hanse­ stadt Hamburg am 5. März 1849 in Bezug auf die Ein­ führung der Allgemeinen Teutschen Wechsel-Ordnung publizirten Verordnung1 und der entsprechenden §§ 8 bis 10 der Königlich Preußischen Verordnung, betreffend die Einführung der Allgemeinen Teutschen Wechsel-Ordnung in die Herzogthümer Holstein und Schleswig, Dom 13. Mai 1867;2 * * * 6 7 8 6 Tiefes Gesetz tritt am 1. Januar 1870 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Bundes-Jnsiegel.

Gegeben Schloß Babelsberg, den 5. Juni 1869. (L. 8.)

Wilhelm.

Gr. v. Bismarck-Schönhausen. 1 (Sammt d. Verordn. 21, 42: 5. Bei einem in Banko zahlbaren Wechsel vertritt die aus denselben gesetzte Anweisung, an welches Bankokonto

der Betrag abgeschrieben werden soll (Banko-Jndorso) die Stelle der vor dem Empfange vorzunehmenden Quittirung des Wechsels. 6. Ein aus Altona, zahlbar Hamburg, gezogener Wechsel gilt, wenn nicht ein bestimmter, in Hamburg wohnhafter Domiziliat darauf benannt ist, nicht als Domizilwechsel und ist daher in Altona zur Zahlung zu präsentieren. 7. Die in den Artikeln 56 und 62 der Wechsel-Ordnung enthaltene Vorschrift der Präsentation des Wechsels an die aus den Zahlungsort lautenden

Nothadressen gilt auch für Altonaische Nothadressen, welche sich auf einem aus Hamburg gezogenen, sowie für Hamburgische Nothadressen, welche sich auf einem aus Altona gezogenen Wechsel befinden. 2 GS 671, 8 — Hamb. V 8 5 u. s. w. anfangend: Bei einem in Altona in Hamburger Banko zahlbaren Wechsel ... 9 wie oben 6, doch mit dem Zusatze: Dasselbe gilt auch im umgekehrten Falle, wenn ein Wechsel

auf Hamburg, zahlbar Altona, gezogen werden sollte. 10 wie oben 7 mit dem Unterschiede in der Fassung: Gilt auch für Hamburgische Nothadressen, sowie für Altonaer Nothadressen, welche sich auf einem auf Hamburg gezogenen Wechsel befinden.

Gesetz, betreffend die Einführung der Allgemeinen.. Deutschen Wechselordnung und des Allgemeinen Deutschen Handels­ gesetzbuches in Elsaß-Lothringen. Vom 19. Juni 1872.

(GBl f. E.L. 213.) Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Deutschen Reiches nach erfolgter Zu­ stimmung des Bundesrathes, für Elsaß-Lothringen was folgt: 8 1. Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung und das All­ gemeine Deutsche Handelsgesetzbuch erlangen in der Fassung, in welcher sie in den Anlagen A und B enthalten sind, nebst den gegenwärtigen Einführungsbestimmungen mit dem 1. Oktober 1872 in Elsaß-Loth­ ringen Gesetzeskraft. Mit dem bezeichneten Zeitpunkte treten die bestehenden Gesetze und anderen Vorschriften über Handelsrecht, in so weit sie Materien betreffen, welche Gegenstand der zur Geltung gelangenden Gesetze sind, außer Kraft. 8 2. Die in den Handelsgesetzen der Staatsregierung oder den Fachministern eingeräumten Befugnisse gehen auf den Reichs­ kanzler sjetzt: Statthalters über. Ter Reichskanzler kann die Be­ fugnisse auf ihm untergeordnete Behörden übertragen. 8 16. Zu den Gerichtsbeamten, welche Protest aufnehmen können, gehören auch die Gerichtsvollzieher. Ueber das von den Letzteren hierbei zu führende Amtssiegel (Art. 88, Nr. 6 der Wechselordnung) wird der Generalprokurator Bestimmung treffen. Tie Register, in welche die Proteste nach Vorschrift des Ar­ tikels 90 der Wechselordnung eingetragen werden sollen, sind in der für die Repertorien vorgeschriebenen Form anzulegen und zu paragraphiren. Proteste dürfen nur von 9 Uhr Vormittags bis 6 Uhr Abends, zu einer früheren oder späteren Tageszeit aber nur mit Zustimmung der Protestaten erhoben werden. Die Beamten sind nicht gehalten, eine Abschrift der Protest­ urkunde zurückzulassen.

Urkundlich u. s. w.

Gegeben Berlin, den 19. Juni 1872. (L. 8.)

Wilhelm. Fürst von Bismarck.

Allgemeine Deutsche Wechselordnung.' (Mit den Nürnberger Novellen,betreffend die Ergänzung und Erläuterung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung.)

E r st e r A b sch n i t t. Bon der Wechselfähigkeit.

Art. 1. Wechselfähig ist Jeder, welcher sich durch Verträge verpflichten sann.31 2 1 Tie Wechsel-Ordnung ist zuerst durch G 26./11. 48 der provisorischen Centralgewalt publizirt worden. Danach durch folgende Landes-Einführungsgesetze bez. Verordnungen: Alt-Preußen V 6./1. 49, G 15./2. 50; Hohenzollern 7./1. 49; Hannover 7./4. 49; Kurhessen 26./10. 59; Holstein 23. 2. 54; sauen bürg 15./2. 58; N assa u 25./11. 48; Frankfurt a/M. 10./3. 49; 13 /12. 50; H essen - Homburg 28./4. 49; Bayern 25 /7. 50; Sachsen 25./4. 49; Söürttcniberg G./5. 49; Baden 19./2. 49; Hessen 4. /G. 49; Mecklenburg-Schwerin 28. 4. 49; Weiinar 23 /7. 49; Mecklenburg-Strelitz 28/4. 49; Olderlbürg 31./3. 49; Braunschweig 11./I. 49; S. - Meiningen 22/4. 49; S.-Alten bürg 8./12. 48; S.-Gotha 25./4. 49; S. - Koburg 27 /6. 49; Anhalt (Dessau-Köthen 14 /2., 14./3. 49; Bernburg 26./11. 48; 30/1. 51); Schwarzburg-Rudolstadt 2./1. 49; Schwarzburg-Sondershausen 21./3. 54; Waldeck 30./5. 49; Reuß ä.L. 5. /3. 56; Neuß j. L. 15./1. 49; Schaumburg-Lippe Erklär, d. Bundestagsgcsandten 29./I. 63; Lippe 5./7. 49; Lübeck 28./1. 49; Sternen 25./4. 49; Hamburg 21./2 , 5 /3. 49; Licchtensteili 20./11. 58. Vgl. oben S 3 ff. 2 Diese sind in den Tert aufgenoininen und durch lateinische Schrift ausgezeichnet. — Vgl. G 10./6. 69, bett, die Wechselsteinpelsteuer (Anhang XXVV 3 StGB 301. Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von demselben Schuldscheine, Wechsel, Empfangsbckcnntnisse, Bürgschaftsinstrumcnte oder eine andere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde ausstellen oder auch nur münd­ lich ein Zahlungsversprechen ertheilen läßt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausendsünfhundert Mark bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.

ADWO Abschn. I.

Von der Wechselfähigkeit.

Art. 1—3.

357

Art. 2.1 Der Wechselschuldner haftet für die Erfüllung der über­ nommenen Wechselverbindlichkeit mit seiner Person und seinem Vermögen. Dem Wechselgläubiger ist gestattet, neben der Exekution gegen die Person seines Schuldners gleichzeitig die Exekution in dessen Vermögen nachzusuchen.2 Jedoch ist der Wechselarrest nicht zulässig: 1. gegen die Erben eines Wechselschuldners; 2. aus Wechselerklärungen, welche für Korporationen oder andere juristische Personen, für Aktiengesellschaften, oder in Angelegenheiten solcher Per­ sonen, welche zur eigenen Vermögensverwaltung unfähig sind, von den Vertretern derselben ausgestellt werden; 3. gegen Frauen, wenn sie nicht Handel oder ein anderes Gewerbe treiben; Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, die Vollstreckung des Wechselarrestes auch noch auszuschliessen: a) gegen die Mitglieder der Ständeversammlung während der Dauer der letzteren, b) gegen Offiziere und Soldaten, Auditeure und Militärärzte und sonstige Militairbeamte, so lange sie sich im aktiven Dienste befinden, c) gegen Civilstaatsdiener im aktiven Dienste, d) gegen ordinirte Geistliche, e) gegen den Schiffer, die Schiffsmannschaft, sowie alle übrigen auf dem Schiffe angestellten Personen, wenn das Schiff zum Abgehen fertig (segelfertig) ist, f) wenn über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, oder der Schuldner zur Güterabtretung zugelassen worden ist, wegen der früher entstandenen Forderungen, und g) wenn der Schuldarrest wenigstens ein Jahr hindurch vollstreckt worden ist, wegen der früheren Forderungen desjenigen Gläubigers, welcher den Arrest beantragt, sofern derselbe nicht nachweist, dass dem Schuldner Befriedigungsmittel zu Gebote stehen.3

Art. 3. Findet! sich auf einem Wechsel Unterschriften von Per­ sonen, welche eine Wechselverbindlichkeit überhaupt nicht, oder nicht mit vollem Erfolge eingehen können, so hat dies auf die Verbind­ lichkeit der übrigen Wechselverpslichteten keinen Einfluß. 1 Artikel 2 mit Nov. 1 und 2 gelten nicht nach G 29./5. 68: 1. Der Personalarrest ist als Exekutionsmittel in bürgerlichen Rechtssachen insoweit nicht mehr statthaft, als dadurch die Zahlung einer Geldsumme oder die Leistung einer Quantität vertretbarer Sachen oder Werthpapiere erzwungen werden soll. (Gilt für die süddeutschen Staaten nach Verf. des Deutschen Reiches 31./12. 70, Art. 80, 8; G 22 /4. 71; für Elsaß-Lothringen durch franz. G 22./I. 67; — EG z. CPO 13, 1). An Stelle der Nov. 2 lautete der ursprüng­ liche Text der WO: Inwiefern aus Gründen des öffentlichen Rechts die Voll­ streckung des Wechselarrestes gegen andere als die vorgenannten Personen Be­ schränkungen erleidet, ist in besonderen Gesetzen bestimmt. 2 Nov. 1. 3 Nov. 2.

Zweiter Abschnitt. Bon gezogenen Wechseln.

I. Erfordernisse eines gezogenen Wechsels.

Art. 4. Die wesentlichen Erfordernisse eines gezogenen Wech­ sels sind: 1. die in den Wechsel selbst aufznnehmende Bezeichnung als Wechsel, oder, wenn der Wechsel in einer fremden Sprache aus­ gestellt ist, ein jener Bezeichnung entsprechender Ausdruck in der fremden Sprache; 2. die Angabe der zu zahlenden Geldsumme; 3. der Name der Person oder die Firma, an welche oder an deren Order gezahlt werden soll (des Remittenten); 4. die Angabe der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll; die Zäh­ ln ugszeit kann für die gesammte Geldsumme nur ein und dieselbe sein und1 nur festgesetzt werden: auf einen bestimmten Tag, auf Sicht (Vorzeigung, a vista :c.) oder auf eine bestimmte Zeit nach Sicht, aus eine bestimmte Zeit nach dem Tage der Ausstellung (nach dato), auf eine Messe oder einen Markt (Meß- oder Markt­ wechsel); 5. die Unterschrift des Ausstellers (Trassanten) mit seinem Namen oder seiner Firma; 6. die Angabe des Ortes, Monatstages und Jahres der Aus­ stellung; 7. der Name der Person oder die Firma, welche die Zahlung leisten soll (des Bezogenen oder Trassaten); 8. die Angabe des Ortes, wo die Zahlung geschehen soll; der bei dem Namen oder der Firma des Bezogenen angegebene Ort gilt für den Wechsel, insofern nicht ein eigener Zahlungsort angegeben ist, als Zahlungsort und zugleich als Wobnort des Bezogenen. Art. 5. Ist die zu zahlende Geldsumme (Art. 4 Nr. 2) in Buchstaben und in Ziffern ausgedrückt, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben ausgedrückte Summe. Ist die Summe mehrmals mit Buchstaben oder mehrmals mit Ziffern geschrieben, so gilt bei Abweichungen die geringere Summe. Art. 6. Der Aussteller kann sich selbst als Remittenten (Art. 4 Nr. 3) bezeichnen (Wechsel an eigene Order). 1 Nov. 3.

I. Erfordernisse e. ge-og. Wechsels. II. Berpslichtgn. d. Ausstellers. IIL Indossament. 359 Desgleichen kann der Aussteller sich selbst als Bezogenen (Art. 4 Nr. 7) bezeichnen, sofern die Zahlung an einem anderen Orte als dem der Ausstellung geschehen soll (trassirt-eigene Wechsel). Art. 7. Aus einer Schrift, welcher eines der wesentlichsten Er­ fordernisse eines Wechsels (Art. 4) fehlt, entsteht keine wechselmäßige Verbindlichkeit. Auch haben die auf eine solche Schrift gesetzten Er­ klärungell (Indossament, Akzept, Aval) keine Wechselkraft. Das in einem Wechsel enthaltene Zins versprechen gilt als nicht ge­ schrieben. 1 II.

Verpflichtungen des Ausstellers.

Art. 8. Der Aussteller eines Wechsels haftet für dessen An­ nahme und Zahlung wechselmäßig. III. Indossament.

Art. 9.

Der Remittent kann den Wechsel an einen anderen durch Indossament (Giro) übertragen. Hat jedoch der Aussteller die Uebertragung im Wechsel durch die Worte „nicht an Order" oder durch einen gleichbedeutenden Aus­ druck untersagt, so hat das Indossament keine wechselrechtliche Wirkung. Art. 10. Durch das Indossament gehen alle Rechte aus dem Wechsel aus den Indossatar über, insbesondere auch die Befugniß, den Wechsel weiter zu indossiren. Auch an den Aussteller, Bezogenen, Akzeptanten oder einen früheren Indossanten kann der Wechsel gültig indossirt und von denselben weiter indossirt werden. Art. 11. Das Indossament muß auf den Wechsel, eine Kopie desselben oder ein mit dem Wechsel oder der Kopie verbundenes Blatt (Alonge) geschrieben werden. Art. 12. Ein Indossament ist gültig, wenn der Indossant auch nur seinen Namen oder seine Finna auf die Rückseite des Wechsels oder der Kopie, oder auf die Alonge schreibt (BlankoIndossament). Art. 13. Jeder Inhaber eines Wechsels ist befugt, die auf demselben befindlichen Blanko-Indossamente auszusüllen; er kann den Wechsel aber auch ohne diese Ausfüllung weiter indossiren. Art. 14. Der Indossant haftet jedem späteren Inhaber des Wechsels für dessen Annahme und Zahlung wechselmäßig. Hat er aber dem Indossamente die Bemerkung „ohne Gewährleistung", „ohne Obligo" oder einen gleichbedeutenden Vorbehalt hinzugefügt, so ist er von der Verbindlichkeit aus seinem Indossamente befreit.

1 Nov. 4.

Art. 15. Ist in dem Indossamente die Weiterbegebung durch die Worte „nicht an Order" oder durch einen gleichbedeutenden Aus­ druck verboten, so haben diejenigen, an welche der Wechsel aus der Hand des Indossatars gelangt, gegen den Indossanten keinen Regreß. Art. 16. Wenn ein Wechsel indossirt wird, nachdem die für die Protesterhebung Mangels Zahlung bestimmte Frist abgelaufen ist, so erlangt der Indossatar die Rechte aus dem etwa vorhandenen Akzepte gegen den Bezogenen und Regreßrechte gegen Diejenigen, welche den Wechsel nach Ablauf dieser Frist indossirt haben. Ist aber der Wechsel vor dem 3iibon"onieTite bereits Mangels Zahlung protestirt worden, so hat dec Indossatar nur die Rechte seines Indossanten gegen den Akzeptanten, den Aussteller und Die­ jenigen, welche den Wechsel bis zur Protesterhebung indossirt haben. Auch ist in einem solchen Falle der Indossant nicht wechselmäßig verpflichtet. Art. 17. Ist dem Indossamente die Bemerkung „zur Einkassirung", „in Prokura" oder eine andere, die Bevollmächtigung ausdrückende Formel beigefügt worden, so überträgt das Indossament das Eigenthum an dem Wechsel nicht, ermächtigt aber den Indossatar zur Einziehung der Wechselforderung, Protesterhebung und Benach­ richtigung des Bormannes seines Indossanten von der unterbliebenen Zahlung (Art. 45), sowie zur Einklagung der nicht bezahlten und zur Erhebung der deponirten Wechselschuld. Ein solcher Indossatar ist auch berechtigt, diese Befugniß durch ein weiteres Prokura-In­ dossament einem Anderen zu übertragen. Dagegen ist derselbe zur weiteren Begebung durch eigentliches Indossament selbst dann nicht befugt, wenn dem Prokura-Indossamente der Zusatz „oder Order" hinzugefügt ist. IV. Präsentation zur Annahme.

Art. 18.

Der Inhaber eines Wechsels ist berechtigt, den Wechsel dem Bezogenen sofort zur Annahme zu präsentiren und in Ermangelung der Annahme Protest erheben zu lassen. Eine ent­ gegenstehende Uebereinkunft hat keine wechselrechtliche Wir­ kung. 1 Rur bei Meß- oder Marktwechseln findet eine Ausnahme dahin statt, daß solche Wechsel erst in der an dem Meß- oder Markt­ orte gesetzlich bestimmten Präsentationszeit zur Annahme präsentirt und in Ermangelung derselben protestirt werden können. Der bloße Besitz des Wechsels ermächtigt zur Präsentation des Wechsels und zur Erhebung des Protestes Mangels Annahme. 1 Nov. 5.

iv. Präsentation zur Annahme. V. Annahme (Akzeptation).

361

Art. 19. Eine Verpflichtung des Inhabers, den Wechsel zur Annahme zu Präsentiren, findet nur bei Wechseln statt, welche auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lauten. Solche Wechsel müssen, bei Verlust des wechselmäßigen Anspruchs gegen die Indossanten und den Aussteller nach Maßgabe der besonderen im Wechsel enthaltenen Bestimmung, und in Ermangelung derselben binnen zwei Jahren nach der Ausstellung zur Annahme präsentirt werden. Hat ein In­ dossant auf einem Wechsel dieser Art seinem Indossamente eine be­ sondere Präsentationsfrist hinzugefügt, so erlischt seine regelmäßige Verpflichtung, wenn der Wechsel nicht innerhalb dieser Frist zur Annahnie präsentirt worden ist. Art. 20. Wenn die Annahme eines auf bestimmte Zeit nach Sicht gestellten Wechsels nicht zu erhalten ist, oder der Bezogene die Datirung seines Akzeptes verweigert, so muß der Inhaber bei Ver­ lust des wechselmäßigen Anspruchs gegen die Indossanten und den Aussteller die rechtzeitige Präsentation des Wechsels durch einen innerhalb der Präsentationsfrist (Art. 19) erhobenen Protest fest­ stellen lassen. Der Protesttag gilt in diesem Falle für den Tag der Prä­ sentation. Ist die Protesterhebung unterblieben, so wird gegen den Akzep­ tanten, welcher die Datirung seines Akzeptes unterlassen hat, die Versallzeit des Wechsels vom letzten Tage der Präsentationsfrist an gerechnet. V.

Annahme (Akzeptation).1

Art. 21. Die Annahme des Wechsels muß auf dem Wechsel schriftlich geschehen. 1 Vgl. Post-Ordnung 11./6. 92, 22 (CBl 440): I. Im Wege des Postauftrags können. . . b) Wechsel an den Bezogenen behufs Einholung der Annahme-Erklärung versendet werden. II. Dem Postaustrage sind die . . . zur Annahme vorzuzeigenden Wechsel beizusügen. Die Vereinigung mehrerer Postaufträge zu einer Sendung ist nicht statthaft. Einem Postaustrage zur Geldeinziehung können mehrere Quittungen, Wechsel, Zinsscheine re. zur gleichzeitigen Einziehung von demselben Zahlungs­ pflichtigen beigefügt werden; die Gesammtsumme des einzuziehenden Betrages darf jedoch 800 Mark nicht übersteigen. Ebenso können einem Postaustrage mehrere Wechsel beigefügt werden, wenn sie auf den nämlichen Bezogenen lauten und gleichzeitig zur Annahme-Erklärung vorzuzeigen sind. . XII. Bei Postaufträgen zur Akzepteinholung erfolgt die Vorzeigung des Postauftrags und des beigefügten Wechsels an den Wechselbezogenen selbst oder an dessen Bevollmächtigten. Als bevollmächtigt wird, sofern der Bezogene nicht bei der Bestimmungs-Postanstalt eine im Besonderen auf die Annahme

Jede auf den Wechsel geschriebene und von dem Bezogenen unterschriebene Erklärung gilt für eine unbeschränkte Annahme, sofern nicht in derselben ausdrücklich ausgesprochen ist, daß der Bezogene entweder überhaupt nicht oder nur unter gewissen Einschränkungen annehmen wolle. Gleichergestalt gill es für eine unbeschränkte Annahme, toeini der Bezogene ohne weiteren Beisatz seinen Namen oder seine Firma auf die Vorderseite des Wechsels schreibt. Die einmal erfolgte Annahme kann nicht wieder zurückgenommen werden. Art. 22. Ter Bezogene kann die Annahme auf einen Theil der im Wechsel verschriebenen Summe beschränken. Werden dem Akzepte andere Einschränkungen beigefügt, so wird der Wechsel einem solchen gleichgeachtet, dessen Annahme gänzlich verweigert worden ist, der Akzeptant haftet aber nach dem Inhalte seines Akzeptes wechselmäßig. Art. 23. Der Bezogene wird durch die Annahme wechsel-

von Wechseln lautende Vollmacht niedergelcgt hat, postseitig jede solche Person angesehen, welche zur Empfangnahme von Ablieserungsscheinen über Sen­ dungen mit einer Werthangabe im Betrage von mehr als 400 Mark für den Bezogenen berechtigt ist. An Sonntagen und an gesetzlichen Feiertagen findet die Vorzeigung von Postaufträgen nicht statt. XIII. Die Annahme des Wechsels muß aus dem Wechsel schriftlich ge­ schehen. Tie Annahme gilt als verweigert, wenn dieselbe nur auf einen Theil der Wechselsumme erfolgt, oder wenn der Annahme-Erklärung andere Ein­ schränkungen beigefügt werden. XIV. Ter angenommene Wechsel wird von der Bestimmungs-Postanstalt ungesäumt an den Auftraggeber in einem Umschläge unter Einschreibung zu­ rückgesandt. XV. Diejenigen Wechsel, welche bei der ersten Vorzeigung mit einem schriftlichen Accept oder einer schriftlichen Annahmeverweigerung nicht versehen worden sind, werden nach sieben Tagen nochmals vorgezeigt, falls nicht der Auftraggeber durch einen Vermerk auf der Rückseite des Auftrags-Formulars ein anderes Verfahren vorgeschrieben hat. XVII. Hat der Auftraggeber auf der Rückseite des Postaustrags-Formulars nicht andere Bestimmungen getroffen (XVIII), so ist der Postaustrag nebst Anlagen an ihn zurückzusenden, sobald feststeht, daß der Zahlungspflich­ tige oder der Wechfelbezogene nicht zu ermitteln ist, oder daß die Zahlung und bei Postaufträgen zur Akzepteinholung die Annahme-Erklärung verweigert oder von dem Bezogenen oder seinem Bevollmächtigten eine die Verweigerung der Annahme ausdrückende oder ihr gleich zu achtende Erklärung auf den Wechsel niedergeschrieben wird.

V. «nuahme (Mtjrpttttion). VI. Re,red auf Sicherstellung.

363

mäßig verpflichtet, die von ihm akzeptirte Summe zur Verfallzeit zu zahlen. Auch dem Aussteller haftet der Bezogene aus dem Akzepte wechselmäßig. Dagegen steht dem Bezogenen kein Wechselrecht gegen den Aus­ steller zu.

Art. 24. Ist in dem Wechsel ein vom Wohnorte des Bezo­ genen verschiedener Zahlungsort (Art. 4 Nr. 8) angegeben (Domizil­ wechsel), so ist, insofern der Wechsel nicht schon ergiebt, durch wen die Zahlung am Zahlungsorte erfolgen soll, dies vom Bezogenen bei der Annahme auf dem Wechsel zu bemerken. Ist dies nicht ge­ schehen, so wird angenommen, daß der Bezogene selbst die Zahlung am Zahlungsorte leisten wolle. Der Aussteller eines Domizilwechsels kann in demselben die Präsentation zur Annahme vorschreiben. Die Nichtbeobachtung dieser Vorschrift hat den Verlust des Regresses gegen den Aussteller und die Indossanten zur Folge. VI. Regreß auf Sicherstellung. 1. Wegen nicht erhaltener Annahme.

Art. 25. Wenn die Annahme eines Wechsels überhaupt nicht, oder unter Einschränkungen, oder nur aus eine geringere Summe erfolgt ist, so sind die Indossanten und der Aussteller wechselmäßig verpflichtet, gegen Aushändigung des Mangels Annahme aufgenom­ menen Protestes genügende Sicherheit dahin zu leisten, daß die Be­ zahlung der im Wechsel verschriebenen Summe oder des nicht an­ genommenen Betrages, sowie die Erstattung der durch die Nichtan­ nahme veranlaßten Kosten am Verfalltage erfolgen werde. Jedoch sind diese Personen auch befugt, auf ihre Kosten die schuldige Summe bei Gericht oder bei einer anderen, zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt niederzulegen.

Art. 26. Der Remittent, sowie jeder Indossatar wird durch den Besitz des Mangels Annahme ausgenommenen Protestes ermäch­ tigt, von dem Aussteller und den übrigen Vormännern Sicherheit zu fordern unb im Wege des Wechselprozesses darauf zu klagen. Der Regreßnehmer ist hierbei an die Folgeordnung der Indossa­ mente und die einmal getroffene Wahl nicht gebunden. Der Beibringung des Wechsels und des Nachweises, daß der Regreßnehmer seinen Nachmännern selbst Sicherheit bestellt habe, bedarf es nicht.

Art. 27. Tie bestellte Sicherheit haftet nicht blos dem Regreß­ nehmer, sondern auch allen übrigen Nachmännern des Bestellers, insofern sie gegen ihn den Regreß auf Sicherstellung nehmen. Die­ selben sind weitere Sicherheit zu verlangen nur in dem Falle be­ rechtigt, wenn sie gegen Art oder Grüße der bestellten Sicherheit Einwendungen zu begründen vermögen.

Art. 28. Tie bestellte Sicherheit muß zurückgegeben werden: 1. sobald die vollständige Annahme des Wechsels nachträglich erfolgt ist; 2. wenn gegen den Regreßpflichtigen, welcher sie bestellt hat, binnen Jahresfrist, von: Verfalltage des Wechsels an gerechnet, auf Zahlung aus denl Wechsel nicht geklagt worden ist; 3. wenn die Zahlung des Wechsels erfolgt oder die Wechselkrast desselben erloschen ist. 2.

Wegen, Unsicherheit des Akzeptanten.

Art. 29.

Ist ein Wechsel ganz oder theilweise angenommen worden, so kann in Betreff der akzeptirten Summe Sicherheit nur gefordert werden: 1. wenn über das Vermögen des Akzeptanten der Konkurs (Debitversahren, Falliment) eröffnet worden ist oder der Akzeptant auch nur seine Zahlungen eingestellt hat. 2. wenn nach Ausstellung des Wechsels eine Exekution in das Vermögen des Akzeptanten fruchtlos ausgefallen oder wider denselben wegen Erfüllung einer Zahlungsverbindlichkeit die Vollstreckung des Personalarrestes verfügt worden1 ist. Wenn in diesen Fällen die Sicherheit voll dem Akzeptanten nicht geleistet und dieserhalb Protest gegen denselben erhoben wird, auch voll bcii auf dem Wechsel etlva benallnten Nothadressen die Anliahlne nach Ausweis des Protestes nicht zu erhalten ist, so fciiut der Inhaber des Wechsels und jeder Indossatar gegen Auslieferlillg des Protestes von feinen Vormännern Sicherstellung fordern. (Art. 25—28.) Ter bloße Besitz des Wechsels vertritt die Stelle einer Vollmacht, in den Nummer 1 und 2 genannten Fällen voll denl Akzeptantell Sicherheitsbestettullg zu fordern und, ivenn solche nicht zu erhalteil ist, Protest erheben zu lassen. Der Wechselinhaber ist berechtigt, in den Nummer 1 und 2 genannten Fällen auch von dem Akzeptanten im Wege des Wechselprozesses Sicherheits­ bestellung zu fordern.2 1 Vgl. Sinnt, zu Art. 2. 2 Nov. 6.

VI. Regretz auf Sicherstellung,

VII.

vn. Erfüllung der Wechselverbindlichkeit.

365

Erfüllung der Wechselverbindlichkeit. 1. Zahlungstag.

Art. 30. Ist in dem Wechsel ein bestimmter Tag als Zahlungs­ tag bezeichnet, so tritt die Versallzeit an diesem Tage ein. Ist die Zahlungszeit aus die Mitte eines Monats gesetzt worden, so ist der Wechsel am 15. dieses Monats fällig.

Ist die Zahlungszeit auf Anfang oder ist sie auf Ende eines Monats gesetzt worden, so ist darunter der erste oder letzte Tag des Monats zu verstehen.1 Art. 31. Ein auf Sicht gestellter Wechsel ist bei der Vor­ zeigung fällig. Ein solcher Wechsel muß bei Verlust des wechsel­ müßigen Anspruchs gegen die Indossanten und den Aussteller nach Maßgabe der besonderen im Wechsel enthaltenen Bestimmung, und in Ermangelung derselben binnen zwei Jahren nach der Allsstellung zur Zahlung präsentirt werden. §at ein Indossant auf einem Wechsel dieser Art seinem Indossamente eine besondere Präsentations­ frist hinzugefügt, so erlischt seine wechselmäßige Verpflichtung, wenn der Wechsel nicht innerhalb dieser Frist präsentirt worden ist. Art. 32. Bei Wechseln, welche mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Sicht oder nach Dato zahlbar sind, tritt die Versallzeit ein: 1. wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, an dem letzten Tage der Frist; bei Berechnung der Frist wird der Tag, an welchem der nach Dato zahlbare Wechsel ausgestellt oder der nach Sicht zahlbare zur Annahme präsentirt ist, nicht mitgerechnet; 2. wenn die Frist nach Wochen, Monaten, oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Viertel­ jahr) bestimmt ist, an demjenigen Tage der Zahlungswoche oder des Zahlungsmonats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tage der Ausstellung oder der Präsentation ent­ spricht; fehlt dieser Tag in dem Zahlungsmonate, so tritt die Verfallzeit am letzten Tage des Zahlungsmonats ein. Der Ausdruck „halber Monat" wird einem Zeitraume von 15 Tagen gleichgeachtet. Ist der Wechsel auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die 15 Tage zu­ letzt zu zählen. Art. 33. Respekttage finden nicht statt. Art. 34. Ist in einem Lande, in welchem nach altem Style gerechnet wird, ein im Jnlande zahlbarer Wechsel nach Dato aus­ gestellt, und dabei nicht bemerkt, daß der Wechsel nach neuem Style 1 Nov. 7.

datirt sei, oder ist derselbe nach beiden Stylen datirt, so wird der Verfalltag nach demjenigen Kalendertage des neuen Styls berechnet, welcher dem nach altem Style sich ergebenden Tage der Ausstellung entspricht. Art. 35. Meß- oder Marktwechsel werden zu der durch die Gesetze des Meß- oder Marktortes bestimmten Zahlungszeit, und in Ermangelung einer solchen Festsetzung an dem Tage Dor dem gesetz­ lichen Schlüsse der Messe oder des Marktes fällig. Dauert die Messe oder der Markt nur einen Tag, so tritt die Verfallzeit des Wechsels an diesem Tage ein.

2. Zahlung.

Art. 36. Der Inhaber eines indossirten Wechsels wird durch eine zusammenhängende, bis aus ihn hinuntergehende Reihe von Indossamenten als Eigenthümer des Wechsels legitimirt. Das erste Indossament muß demnach mit dem Warnen des Remittenten, jedes folgende Indossament mit dem Namen desjenigen unterzeichnet sein, welchen das unmittelbar vorhergehende Indossament als Indossatar benennt. Wenn auf ein Blanko-Indossament ein weiteres Indossa­ ment folgt, so wird angenommen, daß der Aussteller des letzteren den Wechsel durch das Blanko-Indossament erworben hat. Aus­ gestrichene Indossamente werden bei der Prüfung der Legitimation als nicht geschrieben angesehen. Die Echtheit der Indossamente zu prüfen, ist der Zahlende nicht verpflichtet. Art. 37. Lautet ein Wechsel auf eine Münzsorte, welche am Zahlungsorte keinen Umlauf hat, oder aus eine Rechnungswährung, so kann die Wechselsumme nach ihrem Werthe zur Versallzeit in der Landesmünze gezahlt werden, sofern nicht der Aussteller durch den Gebrauch des Wortes „effektiv" oder eines ähnlichen Zusatzes die Zahlung in der im Wechsel benannten Münzsorte ausdrücklich bestimmt hat. Art. 38. Ter Inhaber des Wechsels darf eine ihm angebotcne Theilzahlung selbst dann nicht zurückweisen, wenn die Annahme auf den ganzen Betrag der verschriebenen Summe erfolgt ist. Art. 39. Der Wechselschuldner ist nur gegen Aushändigung des quittirten Wechsels zu zahlen verpflichtet. Hat der Wechsel­ schuldner eine Theilzahlung geleistet, so kann derselbe nur verlangen, daß die Zahlung auf den Wechsel abgeschrieben und ihm Quittung auf einer Abschrift des Wechsels ertheilt werde. Art. 40. Wird die Zahlung des Wechsels zur Verfallzeit nicht gefordert, so ist der Akzeptant nach Ablauf der für die Protest­ erhebung Mangels Zahlung bestimmten Frist befugt, die Wechsel-

VII. Erfüllung der Wechselverbindlichkeit.

VIII. Regred Mangels Zahlung. 367

summe auf Gefahr und Kosten des Inhabers bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt niederzulegen. Der Vorladung des Inhabers bedarf es nicht.

VIII. Regreß Mangels Zahlung. Art. 41. Zur Ausübung des bei nicht erlangter Zahlung statthaften Regresses gegen den Aussteller und die Indossanten ist erforderlich: 1. daß der Wechsel zur Zahlung präsentirt worden ist, und 2. daß sowohl die Präsentation, als die Nichterlangung der Zahlung durch einen rechtzeitig darüber aufgenommenen Pro­ test dargethan nrirb.1 Die Erhebung des Protestes ist am ZahlungsLage zulässig, sie muß aber spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage geschehen. Art. 42. Die Aufforderung, keinen Protest erheben zu lassen („ohne Protest", „ohne Kosten" rc.), gilt als Erlaß des Protestes, nicht aber als Erlaß der Pflicht zur rechtzeitigen Präsentation. Der Wechselverpflichtete, von welchem jene Aufforderung ausgeht, muß die Beweislast übernehmen, wenn er die rechtzeitig geschehene Präsen­ tation in Abrede stellt. Gegen die Pflicht zum Ersätze der Protest­ kosten schützt jene Aufforderung nicht. Art. 48. Domizilirte Wechsel sind dem Domiziliaten, oder wenn ein solcher nicht benannt ist, dem Bezogenen selbst an dem­ jenigen Orte, wohin der Wechsel domizilirt ist, zur Zahlung zu präsentiren, und wenn die Zahlung unterbleibt, dort zu Protestiren. Wird die rechtzeitige Protesterhebung beim Domiziliaten verabsäumt, so geht dadurch der wechselmäßige Anspruch nicht nur gegen den Aussteller und die Indossanten, sondern auch gegen den Akzeptanten verloren. Art. 44. Zur Erhaltung des Wechselrechts gegen den Akzep­ tanten bedarf es, mit Ausnahme des im Artikel 43 erwähnten Falles, weder der Präsentation am Zahlungstage, noch der Erhebung eines Protestes. 1 Ueber die Gebühren der Reichskonsuln für die Aufnahme eines Pro­ testes vgl. Tarif 15./3. 68 Nr. 16 (BGBl 24); 1./7. 72 Nr. 28 (RGBl 251); über die Protestirung von Handelspapieren des Postaustragsverkehrs im Welt­ postverein Uebereink. 21./3. 85, 2 (RGBl 86, 115). Ueber die Beglaubigung des Wechselprotestes im Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn Vertr. 25./2. 80, 2 (RGBl 81, 5).

Art. 45. Der Inhaber eines Mangels Zahlung protestirten Wechsels ist verpflichtet, seinen unmittelbaren Vormann innerhalb zweier Tage nach dem Tage der Protesterhebung von der Nicht­ zahlung des Wechsels schriftlich zu benachrichtigen, zu welchem Ende es genügt, wenn das Benachrichtigungsschreiben innerhalb dieser Frist zur Post gegeben ist. Jeder benachrichtigte Vormann muß binnen derselben, vom Tage des empfangenen Berichts zu berechnenden Frist seinen nächsten Vormann in gleicher Weise benachrichtigen. Der In­ haber oder Indossatar, welcher die Benachrichtigung unterläßt oder dieselbe nicht an den unmittelbaren Vormann ergehen läßt, wird hierdurch den sämmtlichen oder den übersprungenen Vormännern zum Ersätze des aus der unterlassenen Benachrichtigung entstandenen Schadens verpflichtet. Auch verliert derselbe gegen diese Personen den Anspruch auf Zinsen und Kosten, so daß er nur die Wechsel­ summe zu fordern berechtigt ist. Art. 46. Kommt es auf den Nachweis der dem Vormanne rechtzeitig gegebenen schriftlichen Benachrichtigung an, so genügt zu diesem Zwecke der durch ein Postattest geführte Beweis, daß ein Brief von dem Betheiligten an den Adressaten an dem angegebenen Tage abgesandt ist, sofern nicht dargethan wird, daß der angekommene Brief einen anderen Inhalt gehabt hat. Auch der Tag des Em­ pfanges der erhaltenen schriftlichen Benachrichtigung kann durch ein Postattest nachgewiesen werden. Art. 47. Hat ein Indossant den Wechsel ohne Hinzufügung einer Ortsbezeichnung weiter begeben, so ist der Vormann desselben von der unterbliebenen Zahlung zu benachrichtigen. Art. 48. Jeder Wechselschuldner hat das Recht, gegen Er­ stattung der Wechselsumme nebst Zinsen und Kosten die Auslieferung des quittirten Wechsels und des wegen Nichtzahlung erhobenen Protestes von dem Inhaber zu fordern. Art. 46. Der Inhaber eines Mangels Zahlung protestirten Wechsels kann die Wechselklage gegen alle Wechselverpflichtete oder auch nur gegen Einige oder Einen derselben anstellen, ohne dadurch seinen Anspruch gegen die nicht in Anspruch genommenen Verpflich­ teten zu verlieren. Derselbe ist an die Reihenfolge der Indossamente nicht gebunden. Art. 50. Die Regreßansprüche des Inhabers, welcher den Wechsel Mangels Zahlung hat protestiren lassen, beschränken sich auf 1. die nicht bezahlte Wechselsumme nebst sechs Prozent jährlicher Zinsen vom Verfalltage ab, 2. die Protestkosten und anderen Auslagen, 3. eine Provision von ein Drittel Prozent.

Die vorstehenden Beträge müssen, wenn der Regreßpflichtige an einem anderen Orte als dem Zahlungsorte wohnt, zu demjenigen Kurse gezahlt werden, welchen ein vom Zahlungsorte auf den Wohn­ ort des Regreßpflichtigen bezogener Wechsel auf Sicht hat. Besteht am Zahlungsorte kein Kurs auf jenen Wohnort, so wird der Kurs nach demjenigen Platze genommen, welcher dem Wohnorte des Regreß­ pflichtigen am nächsten liegt. Der Kurs ist auf Verlangen des Re­ greßpflichtigen durch einen unter öffentlicher Autorität ausgestellten Kurszettel oder durch das Attest eines vereideten Mäklers oder, in Ermangelung derselben, durch ein Attest zweier Kaufleute zu be­ scheinigen. Art. 51. Der Indossant, welcher den Wechsel eingelöst oder als Rimesse erhalten hat, ist von einem früheren Indossanten oder von dem Aussteller zu fordern berechtigt: 1. die von ihm gezahlte oder durch Rimesse berichtigte Summe nebst sechs Prozent jährlicher Zinsen vom Tage der Zahlung, 2. die ihm erstandenen Kosten, 3. eine Provision von ein Drittel Prozent. Die vorstehenden Beträge müssen, wenn der Regreßpflichtige an einem anderen Orte als der Regreßnehmer wohnt, zu demjenigen Kurse gezahlt werden, welchen ein vom Wohnorte des Regreßnehmers auf den Wohnort des Regreßpflichtigen gezogener Wechsel auf Sicht hat. Besteht im Wohnorte des Regreßnehmers kein Kurs auf den Wohnort des Regreßpflichtigen, so wird der Kurs nach demjenigen Platze genommen, welcher dem Wohnorte des Regreßpflichtigen am nächsten liegt. Wegen der Bescheinigung des Kurses kommt die Be­ stimmung des Artikels 50 zur Anwendung. Art. 52. Durch die Bestimmungen der Artikel 50 und 51 Nummer 1 und 3 wird bei einem Regresse auf einen ausländischen Ort die Berechnung höherer, dort zulässiger Sätze nicht ausgeschlossen. Art. 53. Der Regreßnehmer kann über den Betrag seiner Forderung einen Rückwechsel auf den Regreßpflichtigen ziehen. Der Forderung treten in diesem Falle noch die Maklergebühren für Negozirung des Rückwechsels, sowie die etwaigen Stempelgebühren hinzu. Der Rückwechsel muß auf Sicht zahlbar und unmittelbar (a drittura) gestellt werden. Art. 54. Der Regreßpflichtige ist nur gegen Auslieferung des Wechsels, des Protestes und einer quittirten Retourrechnung Zahlung zu leisten verbunden. Art. 55. Jeder Indossant, der einen seiner Nachmänner be­ friedigt hat, kann sein eigenes und seiner Nachmänner Indossament ausstreichen. Friedberg, Hcnldclsgcsgbg. 7. Ausl.

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IX. Intervention. 1. Ehrenannahme.

Art. 56.

Befindet sich auf einem Mangels Annahme protestirten Wechsel eine auf den Zahlungsort lautende Nothadresse, so muß, ehe Sicherstellung verlangt werden kann, die Annahme von der Nothadresse gefordert werden. Unter mehreren Nothadressen ge­ bührt derjenigen der Vorzug, durch deren Zahlung die meisten Ver­ pflichteten befreit werden. Art. 57. Die Ehrenannahme von Seiten einer nicht auf dem Wechsel als Nothadresse benannten Person braucht der Inhaber nicht zuzulassen. Art. 58. Der Ehrenakzeptant muß sich den Protest Mangels Annahme gegen Erstattung der Kosten aushändigen und in einem Anhänge zu demselben die Ehrenannahme bemerken lassen. Er muß den Honoraten unter Uebersendung des Protestes von der geschehenen Intervention benachrichtigen und diese Benachrichtigung mit dem Proteste innerhalb zweier Tage nach dem Tage der Protesterhebung zur Post geben. Unterläßt er dies, so haftet er für den durch die Unterlassung entstehenden Schaden. Art. 59. Wenn der Ehrenakzeptant unterlassen hat, in seinen: Akzepte zu bemerken, zu wessen Ehren die Annahme geschieht, so wird der Aussteller als Honorat angesehen. Art. 69. Ter Ehrenakzeptant wird den sämmtlichen Nach­ männern des Honoraten durch die Annahme wechselmäßig verpflichtet. Diese Verpflichtung erlischt, wenn dem Ehrenakzeptanten der Wechsel nicht spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage zur Zahlung vorgelegt wird. Art. 61. Wenn der Wechsel von einer Nothadresse oder einem anderen Intervenienten zu Ehren angenommen wird, so haben der Inhaber und die Nachmänner des Honoraten keinen Regreß auf Sicherstellung. Derselbe kann aber von dem Honoraten und dessen Vormännern geltend gemacht werden. 2. Ehrenzahlung.

Art. 62.

Befinden sich auf dem von dem Bezogenen nicht ein­ gelösten Wechsel oder der Kopie Nothadressen oder ein Ehrenakzept, welche auf den Zahlungsort lauten, so muß der Inhaber den Wechsel spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage den sämmt­ lichen Nothadressen und dem Ehrenakzeptanten zur Zahlung vor­ legen, und den Erfolg im Proteste Mangels Zahlung oder in einem Anhänge zu demselben bemerken lassen. Unterläßt er dies, so ver-

IX Intervention.

X Vervielfältigung eines Wechsels.

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liert er den Regreß gegen den Adressanten oder Honoraten und deren Nachmänner. Weist der Inhaber die von einem anderen Inter­ venienten angebotene Ehrenzahlung zurück, so verliert er den Regreß gegen die Nachmänner des Honoraten. Art. 63. Dem Ehrenzahler muß der Wechsel und der Protest Mangels Zahlung gegen Erstattung der Kosten ausgehändigt werden. Er tritt durch die Ehrenzahlung in die Rechte des Inhabers (Art. 50 und 52) gegen den Honoraten, dessen Vormänner und den Akzeptanten. Art. 64. Unter Mehreren, welche sich zur Ehrenzahlung er­ bieten, gebührt demjenigen der Vorzug, durch dessen Zahlung die meisten Wechselverpflichteten befreit werden. Ein Intervenient, wel­ cher zahlt, obgleich aus dem Wechsel oder Proteste ersichtlich ist, daß ein Anderer, dem er hiernach nachstehen müßte, den Wechsel einzu­ lösen bereit war, hat keinen Regreß gegen diejenigen Indossanten, welche durch Leistung der von dem Anderen angebotenen Zahlung befreit worden wären. Art. 65. Der Ehrenakzeptant, welcher nicht zur Zahlungs­ leistung gelangt, weil der Bezogene oder ein anderer Intervenient bezahlt hat, ist berechtigt, von dem Zahlenden eine Provision von 7s Prozent zu verlangen.

X. Vervielfältigung eines Wechsels.

1. Wechselduplikate.

Art. 66. Der Aussteller eines gezogenen Wechsels ist ver­ pflichtet, dem Remittenten auf Verlangen mehrere gleichlautende Exemplare des Wechsels zu überliefern. Dieselben müssen im Kon­ texte als Prima, Sekunda, Tertia :c. bezeichnet sein, widrigenfalls jedes Exemplar als ein für sich bestehender Wechsel (Sola-Wechsel) erachtet wird. Auch der Indossatar kann ein Duplikat des Wechsels verlangen. Er muß sich dieserhalb an seinen unmittelbaren Vor­ mann wenden, welcher wieder an seinen Vormann zurückgehen muß, bis die Anforderung an den Aussteller gelangt. Jeder Indossatar kann von seinem Normanne verlangen, daß die früheren Indossa­ mente aus dem Duplikate wiederholt werden. Art. 67. Ist von mehreren ausgesertigten Exemplaren das eine bezahlt, so verlieren dadurch die anderen ihre Kraft. Jedoch bleiben aus den übrigen Exemplaren verhaftet: 1. der Indossant, welcher mehrere Exemplare desselben Wechsels an verschiedene Personen indossirt hat, und alle späteren In­ dossanten, deren Unterschriften sich auf den, bei der Zahlung 24*

nicht zurückgegebenen Exemplaren befinden, aus ihren Indossa­ menten ; 2. der Akzeptant, welcher mehrere Exemplare desselben Wechsels akzeptirt hat, aus den Akzepten auf den bei der Zahlung nicht zurückgegebenen Exemplaren. Art. 68. Wer eines von mehreren Exemplaren eines Wechsels zur Annahme versandt hat, muß auf den übrigen Exemplaren be­ merken, bei wem das von ihm zur Annahme versandte Exemplar anzutreffen ist. Tas Unterlassen dieser Bemerkung entzieht jedoch dem Wechsel nicht die Wechselkraft. Der Verwahrer des zum Akzepte versandten Exemplars ist verpflichtet, dasselbe Demjenigen auszu­ liefern, der sich als Indossatar (Art. 36) oder auf andere Weise zur Empfangnahme legitimirt. Art. 69. Der Inhaber eines Duplikats, aus welchem angegeben ist, bei wem das zum Akzepte versandte Exemplar sich befindet, kann Mangels Annahme desselben den Regreß auf Sicherstellung und Mangels Zahlung den Regreß auf Zahlung nicht eher nehmen, als bis er durch Protest hat feststellen lassen: 1. daß das zum Akzepte versandte Exemplar ihm vom Verwahrer nicht verabfolgt worden ist, und 2. daß auch auf das Duplikat die Annahme oder die Zahlung nicht zu erlangen gewesen.

2. Wechselkopien. Art. 70. Wechselkopien müssen eine Abschrift des Wechsels und der daraus befindlichen Indossamente und Vermerke enthalten und mit der Erklärung: „bis hierher Abschrift (Kopie)" oder mit einer ähnlichen Bezeichnung versehen sein. In der Kopie ist zu bemerken, bei wem das zur Annahme versandte Original des Wechsels anzu­ treffen ist. Das Unterlassen dieses Vermerkes entzieht jedoch der indossirten Kopie nicht ihre wechselmäßige Kraft. Art. 71. Jedes auf einer Kopie befindliche Original-Indossa­ ment verpflichtet den Indossanten eben so, als wenn es auf einem Originalwechsel stünde. Art. 72. Der Verwahrer des Originalwechsels ist verpflichtet, denselben dem Besitzer einer mit einem oder mehreren OriginalIndossamenten versehenen Kopie auszuliefern, sofern sich derselbe als Indossatar oder auf andere Weise zur Empfangnahme legitimirt. Wird der Originalwechsel vom Verwahrer nicht ausgeliesert, so ist der Inhaber der Wechselkopie nur nach Aufnahme des im Artikel 69 Nummer 1 erwähnten Protestes Regreß auf Sicherstellung und nach Eintritt des in der Kopie angegebenen Verfalltages Regreß auf

XL Abhanden gekommene Wechsel. XIL Falsche Wechsel.

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Zahlung gegen diejenigen Indossanten zu nehmen berechtigt, deren Original-Indossamente auf der Kopie befindlich sind.

XL Abhanden gekommene Wechsel.

Art. 73. Der Eigenthümer eines abhanden gekommenen Wechsels kann die Amortisation des Wechsels bei dem Gerichte des Zahlungs­ ortes beantragen. Nach Einleitung des Amortisationsverfahrens kann derselbe vom Akzeptanten Zahlung fordern, wenn er bis zur Amortisation des Wechsels Sicherheit bestellt. Ohne eine solche Sicherheitsstellung ist er nur die Deposition der aus dem Akzepte schuldigen Summe bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt zu fordern be­ rechtigt. Art. 74. Der nach den Bestimmungen des Artikels 36 legiti­ mste Besitzer eines Wechsels kann nur dann zur Herausgabe des­ selben angehalten werden, wenn er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm bei der Erwerbung des Wechsels eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt? XII. Falsche Wechsel? Art. 75. Auch wenn die Unterschrift des Ausstellers eines Wechsels falsch oder verfälscht ist, behalten dennoch das ächte Akzept und die ächten Indossamente die wechselmäßige Wirkung. 1 Vgl. jetzt CPO 1003 [837] ff. (oben zu HGB § 365 S. 180). 2 StGB 268. Eine Urkundenfälschung, welche in der Absicht begangen wird, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, wird bestraft, wenn 1. die Urkunde eine Privaturkunde ist, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, neben welchem aus Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. 2. ... Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gesängnißstrafe ein, welche bei der Fälschung einer Privaturkunde nicht unter Einer Woche, bei der Fälschung einer öffentlichen Urkunde nicht unter drei Monaten betragen soll. Neben der Gesängnißstrafe kann zugleich auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden. 269. Der fälschlichen Anfertigung einer Urkunde wird es gleich geachtet, wenn Jemand einem mit der Unterschrift eines Anderen versehenen Papiere ohne dessen Willen oder dessen Anordnungen zuwider durch Ausfüllung einen urkundlichen Inhalt giebt. 270. Der Urkundenfälschung wird es gleich geachtet, wenn Jemand von einer falschen oder verfälschten Urkunde, wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht.

Art. 76. Aus einem mit einem falschen oder verfälschten Akzepte oder Indossamente versehenen Wechsel bleiben sämmtliche Indossanten und der Aussteller, deren Unterschriften ächt sind, wechselmäßig ver­ pflichtet. XIII. Wechselverjährung.

Art. 77. Der wechselmäßige Anspruch gegen den Akzeptanten verjährt in drei Jahren vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet. Art. 78. Die Regreßansprüche des Inhabers (Art. 50) gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner verjähren: 1. in 3 Monaten, wenn der Wechsel in Europa, mit Ausnahme von Island und den Färöern, zahlbar war; 2. in 6 Monaten, wenn der Wechsel in den Küstenländern von Asien und Afrika längs des Mittelländischen und Schwarzen Meeres, oder in den dazu gehörigen Inseln dieser Meere zahlbar war; 3. in 18 Monaten, wenn der Wechsel in einem anderen außer­ europäischen Lande oder in Island oder den Färöern zahl­ bar war. Die Verjährung beginnt gegen den Inhaber mit dem Tage des erhobenen Protestes. Art. 79. Die Regreßansprüche des Indossanten (Art. 51) gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner verjähren: 1. in 3 Monaten, wenn der Regreßnehmer in Europa, mit Aus­ nahme von Island und den Färöern, wohnt; 2. in 6 Monaten, wenn der Regreßnehmer in den Küstenländern von Asien und Afrika längs des Mittelländischen und Schwar­ zen Meeres, oder in den dazu gehörigen Inseln dieser Meere wohnt; 3. in 18 Monaten, wenn der Regreßnehmer in einem anderen außereuropäischen Lande oder in Island oder den Färöern wohnt. Gegen den Indossanten läuft die Frist, wenn er, ehe eine Wechselklage gegen ihn angestellt worden, gezahlt hat, vom Tage der Zahlung, in allen übrigen Fällen aber vom Tage der ihm geschehenen Behändigung der Klage oder Ladung.1 [Art. 80. Die Verjährung (Art. 77—79) wird nur durch Behändigung der Klage unterbrochen, und nur in Beziehung auf denjenigen, gegen welchen die Klage gerichtet ist. Jedoch vertritt in dieser Hinsicht die von dem Ver­ klagten geschehene Streitverkündung die Stelle der Klage.2]

1 EG z. CPO 13 (s. oben zu EG z. HGB Art. 4 S. 8); 267 [239]. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die sonstigen Wirkungen der Rechts-

XIIL Wechselverjährung.

Xiv. Llagerecht des Wechselgläubigers.

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XIV. Klagerecht des Wechselgläubigers. 1

Art. 81. Die wechselmäßige Verpflichtung trifft den Aussteller, Akzeptanten und Indossanten des Wechsels, sowie einen Jeden, welhängigkeit bleiben unberührt. Diese Wirkungen, sowie alle Wirkungen, welche durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechts an die Anstellung, Mittheilung oder gerichtliche Anmeldung der Klage, an die Ladung oder Einlassung des Beklagten geknüpft werden, treten unbeschadet der Vorschrift des § 207 [190] mit der Erhebung der Klage ein. 2 Aufgehoben durch EG z. HGB 10./5. 1897 Art. 8 Nr. 2. 1 GVG 101 (s. oben S. 5). CPO 592 [555]. Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität anderer vertretbarer Sachen oder Werthpapiere zum Gegenstände hat, kann im Urkundenprozesse geltend gemacht werden, wenn die sämmtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Thatsachen durch Urkunden bewiesen werden können 593 [556]. Die Klage muß die Erklärung enthalten, daß im Urkunden­ prozesse geklagt werde. Die Urkunden müssen in Urschrift oder in Abschrift der Klage beigesügt werden. Im letzteren Falle muß zwischen der Zustellung des Schriftsatzes und dem Termine zur mündlichen Verhandlung ein der Einlassungssrist gleicher Zeitraum liegen. 594 [557]. Auf Grund prozeßhindernder Einreden harf die Verhand­ lung zur Hauptsache nicht verweigert werden; das Gericht kann jedoch die ab­ gesonderte Verhandlung über diese Einreden auch von Amtswegen anordnen. 595 [558]. Widerklagen sind nicht statthaft. Als Beweismittel sind bezüglich der Aechtheit oder Unächtheit einer Ur­ kunde, sowie bezüglich anderer als der im § 592 [555] erwähnten Thatsachen nur Urkunden und Eideszuschiebung zulässig. Die Antretung des Urkundenbeweises kann nur durch Vorlegung der Ur­ kunden erfolgen. Die Leistung eines Eides ist durch Beweisschluß anzuordnen. 596 [559]. Der Kläger kann, ohne daß es der Einwilligung des Be­ klagten bedarf, bis zum Schlüsse der mündlichen Verhandlung von dem Urkundenprozesse in der Weise abstehen, daß der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig bleibt. 597 [560]. Insoweit der in der Klage geltend gemachte Anspruch an sich oder in Folge einer Einrede des Beklagten als unbegründet sich darstellt, ist der Kläger mit dem Ansprüche abzuweisen. Ist der Urkundenprozeß unstatthaft, ist insbesondere ein dem Kläger ob­ liegender Beweis nicht mit den im Urkundenprozesse zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt, so wiro die Klage als in der gewählten Prozeßart unstatthaft abgewiesen, selbst wenn in dem Termine zur mündlichen Verhandlung der Beklagte nicht erschienen ist oder der Klage nur auf Grund von Einwendungen widersprochen hat, welche rechtlich unbegründet oder im Urkundenprozesse unstatthaft sind.

cher den Wechsel, die Wechselkopie, das Akzept oder das Indossament mitunterzeichnet hat, selbst dann, wenn er sich dabei nur als Bürge 598 [561]. Einwendungen des Beklagten sind, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis derselben nicht mit den im Urkundenprozesse zulässigen Be­ weismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozesse unstatthaft zurückzuweisen. 599 [562]. Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Ansprüche widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurtheilt wird, die Aus­ führung seiner Rechte vorzubehalten. Enthält das Urtheil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Ur­ theils nach Vorschrift des § 321 [292] beantragt werden. Das Urtheil, welches unter Vorbehalt der Rechte ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurtheil anzusehen. 600 [563]. Wird dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbe­ halten, so bleibt der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig. Soweit sich in diesem Verfahren ergiebt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, finden die Vorschriften des § 302 Satz 2—4 [274] An­ wendung. Erscheint in diesem Verfahren eine Partei nicht, so finden die Vorschriften über das Versäumnißurtheil entsprechende Anwendung. 601 [564]. Die Vorschriften der §§ 540, 541 [502, 503] finden irn Urkundenprozesse keine Anwendung. 602 [565]. Werden im Urkundenprozesse Ansprüche aus Wechseln im Sinne der Wechselordnung geltend gemacht (Wechselprozeß), so kommen die nachfolgenden besonderen Vorschriften zur Anwendung. 603 [566]. Wechselklagen können sowohl bei dem Gerichte des Zahlung^ orts als bei dem Gericht angestellt werden, bei welchem der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Wenn mehrere Wechselverpslichtete gemeinschaftlich verklagt werden, so ist außer dem Gerichte des Zahlungsorts jedes Gericht zuständig, bei welchem einer der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 604 [567]. Die Klage muß die Erklärung enthalten, daß im Wechsel­ prozesse geklagt werde. Die Einlassungsfrist beträgt, wenn die Klage am Sitze des Prozeßgerichts zugestellt wird, mindestens vierundzwanzig Stunden; wenn sie an einem anderen Orte innerhalb des Landgerichtsbezirkes, in welchem das Prozeßgericht seinen Sitz hat, zugestellt wird, mindestens drei Tage; wenn sie an einem anderen deutschen Orte zugestellt wird, mindestens eine Woche. Das Gleiche gilt von der Ladungsfrist, soweit sie nicht nach den allgemeinen Bestimmungen kürzer als die im ersten Satze festgestellte Einlassungssrist ist. Auf das Verfahren in den höheren Instanzen finden die Vorschriften deS Abs. 2 entsprechende Anwendung. 605 [567 a]. Soweit es zur Erhaltung des wechselmäßigen Anspruchs der rechtzeitigen Protesterhebung nicht bedarf, ist als Beweismittel bezüglich der Präsentation des Wechsels Eideszuschiebung zulässig.

(per aval) benannt hat. Die Verpflichtung dieser Personen erstreckt sich auf Alles, was der Wechselinhaber wegen Nichterfüllung der Zur Berücksichtigung einer Nebensorderung genügt, daß sie glaubhaft gemacht ist. 708 [648]. Auch ohne Antrag sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären: 4. Urtheile, welche im Urkunden- oder Wechselprozeß erlassen werden. CPO 110 [102]. Ausländer, welche als Kläger austreten, haben dem Beklagten aus dessen Verlangen wegen der Prozeßkosten Sicherheit zu leisten. Diese Verpflichtung tritt nicht ein: 2. im Urkunden- oder Wechselprozesse. 538 [500]. Das Berufungsgericht hat die Sache, insofern eine weitere Verhandlung derselben erforderlich ist, an das Gericht erster Instanz zurückzu­ verweisen : 4. wenn das angefochtene Urtheil im Urkunden- oder Wechselprozeß unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist. GVG 202. Während der Ferten werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen. Feriensachen sind: 5. Wechselsachen. KO 34 [27]. Wechselzahlungen des Gemeinschuldners können auf Grund des § 30 [23] Nr. 1 von dem Empfänger nicht zurückgefordert werden, wenn nach Wechselrecht der Empfänger bei Verlust des Wechselanspruchs gegen andere Wechselverpflichtete zur Annahme der Zahlung verbunden war. Die gezahlte Wechselsumme muß von dem letzten Wechselregreßschuldner oder, falls derselbe den Wechsel für Rechnung eines Dritten begeben hatte, von diesem erstattet werden, wenn dem letzten Wechselregreßschuldner oder dem Dritten zu der Zeit, als er den Wechsel begab oder begeben ließ, einer der im 8 30 [23] Nr. 1 erwähnten Umstände bekannt war. 30 [23]. Anfechtbar sind: 1. die nach der Zahlungseinstellung oder dem Anträge auf Eröffnung des Verfahrens von dem Gemeinschuldner eingegangenen Rechtsgeschäfte, durch deren Eingehung die Konkursgläubiger benachtheiligt werden, wenn dem anderen Theile zu der Zeit, als er das Geschäft einging, die Zahlungseinstellung oder der Eröffnungsantrag bekannt war; sowie die nach der Zahlungseinstellung oder dem Eröffnungsantrage erfolgten Rechtshandlungen, welche einem Konkursgläubiger Sicherung oder Be­ friedigung gewähren, wenn dem Gläubiger zu der Zeit, als die Hand­ lung erfolgte, die Zahlungseinstellung oder der Eröfsnungsantrag be­ kannt war; 2 145 [133]. Das Gericht hat nach der Erörterung einer jeden Forderung das Ergebniß in die Tabelle einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuld­ urkunden ist von dem Gerichtsschreiber die Feststellung zu vermerken. Die Eintragung in die Tabelle gilt rücksichtlich der festgestellten For­ derungen ihrem Betrage und ihrem Vorrechte nach wie ein rechtskräftiges Ur­ theil gegenüber allen Konkursgläubigern.

Wechselverbindlichkeit zu fordern hat. Der Wechselinhaber kann sich wegen seiner ganzen Forderung an den Einzelnen halten; es steht in seiner Wahl, welchen Wechselverpflichteten er zuerst in Anspruch nehmen will. Art. 82. Der Wechselschuldner kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche aus dem Wechselrechte selbst hervorgehen oder ihm unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen. Art. 83. Ist die wechselmäßige Verbindlichkeit des Ausstellers oder des Akzeptanten durch Verjährung oder dadurch, daß die zur Erhaltung des Wechselrechts gesetzlich vorgeschriebenen Handlungen verabsäumt sind, erloschen, so bleiben dieselben dem Inhaber des Wechsels nur soweit, als sie sich mit dessen Schaden bereichern wür­ den, verpflichtet. Gegen die Indossanten, deren wechselmäßige Ver­ bindlichkeit erloschen ist, findet ein solcher Anspruch nicht statt. XV. Ausländische Gesetzgebung.

Art. 84. Die Fähigkeit eines Ausländers, wechselmäßige Ver­ pflichtungen zu übernehmen, wird nach den Gesetzen des Staates be­ urtheilt, welchem derselbe angehört. Jedoch wird ein nach den Ge­ setzen seines Vaterlandes nicht wechselfähiger Ausländer durch Ueber­ nahme von Wechselverbindlichkeiten im Jnlande verpflichtet, insofern er nach den Gesetzen des Inlandes wechselfähig ist. Art. 85. Die wesentlichen Erfordernisse eines im Auslande ausgestellten Wechsels, sowie jeder anderen im Auslande ausgestellten Wechselerklärung, werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Erklärung erfolgt ist. Entsprechen jedoch die im Aus­ lande geschehenen Wechselerklärungen den Anforderungen des inlän­ dischen Gesetzes, so kann daraus, daß sie nach ausländischen Gesetzen mangelhaft sind, kein Einwand gegen die Rechtsverbindlichkeit der später im Jnlande auf den Wechsel gesetzten Erklärungen entnommen werden. Ebenso haben Wechselerklärungen, wodurch sich ein In­ länder einem anderen Inländer im Auslande verpflichtet, Wechsel­ kraft, wenn sie auch nur den Anforderungen der inländischen Gesetz­ gebung entsprechen. Art. 86. Ueber die Form der mit einem Wechsel an einem ausländischen Platze zur Ausübung oder Erhaltung des Wechselrechts vorzunehmenden Handlungen entscheidet das dort geltende Recht. XVI. Protest.

Art. 87. Jeder Protest muß durch einen Notar oder einen Gerichtsbeamten ausgenommen werden. Der Zuziehung von Zeugen oder eines Protokollführers bedarf es dabei nicht.

XV. AuSläad. Gesetzgebung. XVL Protest. XVIL Lrt u. Zeit für die Präsentation. 379

Art. 88. Der Protest muß enthalten: 1. eine ivörtliche Abschrift des Wechsels oder der Kopie und aller darauf befindlichen Indossamente und Bemerkungen; 2. den Namen oder die Firma der Personen, für welche und gegen welche der Protest erhoben wird; 3. das an die Person, gegen welche protestirt wird, gestellte Be­ gehren, ihre Antwort oder die Bemerkung, daß sie keine ge­ geben habe oder nicht anzutrefsen gewesen sei; 4. die Angabe des Ortes, sowie des Kalendertages, Monats und Jahres, an welchem die Aufforderung (Nr. 3) geschehen, oder ohne Erfolg versucht worden ist; 5. im Falle einer Ehrenannahme oder einer Ehrenzahlung die Erwähnung, von wem, für wen und wie sie angeboten und geleistet wird; 6. die Unterschrift des 9totard oder des Gerichtsbeamten, welcher den Protest ausgenommen hat, mit Beifügung des Amtssiegels. Art. 89. Muß eine wechselrechtliche Leistung von mehreren Personen verlangt werden, so ist über die mehrfache Aufforderung nur eine Protesturkunde erforderlich. Art. 90. Die Notare und Gerichtsbeamten sind schuldig, die von ihnen aufgenommenen Proteste nach deren ganzem Inhalte Tag für Tag und nach Ordnung des Datums in ein besonders Register einzutragen, das von Blatt zu Blatt mit fortlaufenden Zahlen ver­ sehen ist. XVII. Ort und Zeit für die Präsentation und andere im Wechsel­ verkehr vorkommende Handlungen.

Art. 91. Die Präsentation zur Annahme oder Zahlung, die Protesterhebung, die Abforderung eines Wechselduplikats, sowie alle sonstigen, bei einer bestimmten Person vorzunehmenden Akte müssen in deren Geschäftslokal, und in Ermangelung eines solchen, in deren Wohnung vorgenommen werden. An einem anderen Orte, z. B. an der Börse, kann dies nur mit beiderseitigem Einverständnisse ge­ schehen. Daß das Geschäftslokal oder die Wohnung nicht zu er­ mitteln sei, ist erst dann als festgestellt anzunehmen, wenn auch eine dieserhalb bei der Polizeibehörde des Orts geschehene Nachfrage des Notars oder des Gerichtsbeamten fruchtlos geblieben ist, welches im Proteste bemerkt werden muß. Art. 92. Verfällt der Wechsel an einem Sonntage oder all­ gemeinen Feiertage, so ist der nächste Werktag der Zahlungstag. Auch die Herausgabe eines Wechselduplikats, die Erklärung über die Annahme, sowie jede andere Handlung können nur an einem Werk-

380 «DWO «bschn.H. Art. 93-95. «bschn.Ill. Bon eigenen Wechseln, »rt. 96-100.

tage gefordert werden. Fällt der Zeitpunkt, in welchem die Vor­ nahme einer der vorstehenden Handlungen spätestens gefordert werden mußte, auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so muß diese Handlung am nächsten Werktage gefordert werden. Dieselbe Be­ stimmung findet auch aus die Protesterhebung Anwendung. Art. 93. Bestehen an einem Wechselplatze allgemeine Zahl­ tage (Kassirtage), so braucht die Zahlung eines zwischen den Zahl­ tagen fällig gewordenen Wechsels erst am nächsten Zahltage geleistet zu werden, sofern nicht der Wechsel auf Sicht lautet. Die im Artikel 41 für die Aufnahme des Protestes Mangels Zahlung be­ stimmte Frist darf jedoch nicht überschritten werden. XVIII. Mangelhafte Unterschriften.

Art. 94.

Wechselerklärungen, welche statt des Namens mit Kreuzen oder anderen Zeichen vollzogen sind, haben nur dann, wenn diese Zeichen gerichtlich oder notariell beglaubigt worden, Wechselkraft. Art. 95. Wer eine Wechselerklärung als Bevollmächtigter eines Anderen unterzeichnet, ohne dazu Vollmacht zu haben, haftet persönlich in gleicher Weise, wie der angebliche Machtgeber gehaftet haben würde, wenn die Vollmacht ertheilt gewesen wäre. Dasselbe gilt von den Vormündern und anderen Vertretern, welche mit Ueber» schreitung ihrer Befugnisse Wechselerklärungen ausstellen. Dritter Abschnitt. Bon eigenen Wechseln.

Art. 96. Die wesentlichen Erfordernisse eines eigenen (trockenen) Wechsels sind: 1. die in den Wechseln selbst aufzunehmende Bezeichnung als Wechsel, oder, wenn der Wechsel in einer fremden Sprache aus­ gestellt ist, ein jener Bezeichnung entsprechender Ausdruck in der fremden Sprache; 2. die Angabe der zu zahlenden Geldsumme; 3. der Name der Person oder die Firma, an welche oder an deren Order der Aussteller Zahlung leisten will; 4. die Bestimmung der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll (Art. 4, Nr. 4); 5. die Unterschrift des Ausstellers mit seinem Namen oder seiner Firma; 6. die Angabe des Ortes, Monatstages und Jahres der Ausstellung. Art. 97. Der Ort der Ausstellung gilt für den eigenen Wechsel, insofern nicht ein besonderer Zahlungsort angegeben ist, als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Ausstellers.

XVIII. Mangelhafte Unterschriften.

Von eigenen Wechseln.

381

Art. 98. Nachstehende, in diesem Gesetze für gezogene Wechsel gegebene Vorschriften gelten auch für eigene Wechsel: 1. die Artikel 5 und 7 über die Form des Wechsels; 2. die Artikel 9—17 über das Indossament; 3. die Artikel 19 und 20 über die Präsentation der Wechsel auf eine Zeit nach Sicht mit der Maßgabe, daß die Präsentation dem Aussteller geschehen muß; 4. der Artikel 29 über den Sicherheitsregreß mit der Maßgabe, daß derselbe im Falle der Unsicherheit des Ausstellers statt­ findet; 5. die Artikel 30—40 über die Zahlung und die Befugniß zur Deposition des fälligen Wechselbetrages mit der Maßgabe, daß letztere durch den Aussteller geschehen kann; 6. die Artikel 41 und 42, sowie die Artikel 45—55 über den Regreß Mangels Zahlung gegen die Indossanten; 7. die Artikel 62—65 über die Ehrenzahlung; 8. die Artikel 70—72 über die Kopien; 9. die Artikel 73—76 über abhanden gekommene und falsche Wechsel mit der Maßgabe, daß im Falle des Artikels 73 die Zahlung durch den Aussteller erfolgen muß; 10. die Artikel 78—96 über die allgemeinen Grundsätze der Wechselverjährung, die Verjährung der Regreßansprüche gegen die Indossanten, das Klagerecht des Wechselgläubigers, die ausländischen Wechselgesetze, den Protest, den Ort und die Zeit für die Präsentation und andere im Wechselverkehre vor­ kommende Handlungen, sowie über mangelhafte Unterschriften. Art. 99. Sigcne domizilirte Wechsel sind dem Domiziliaten oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, dem Aussteller selbst an demjenigen Orte, wohin der Wechsel domizilirt ist, zur Zahlung zu präsentiren und, wenn die Zahlung unterbleibt, dort zu protestiren. Wird die rechtzeitige Protesterhebung beim Domiziliaten verabsäumt, so geht dadurch der wechselmäßige Anspruch gegen den Aussteller und die Indossanten verloren. Bei nicht domizilirten eigenen Wechseln bedarf es zur Er­ haltung des Wechselrechtes gegen den Aussteller weder der Prä­ sentation am Zahlungstage, noch der Erhebung eines Protestes.1 Art. 100. Der wechselmäßige Anspruch gegen den Aussteller eines eigenen Wechsels verjährt in drei Jahren, vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet. 1 Nov. 8.

Anhang.

I

vankgesetz. Vom 14. März 1875. (RGBl 177.) G 18./12. 89. (RGBl 201.) G betr. die Abänderung des Bankgesetzes vom 14. März 1875, vom 7. Juni 1899. (RGBl 311.)

Titel I.

Allgemeine Bestimmungen.

g 1. Die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten kann nur durch Reichsgesetz erworben, oder über den bei Erlaß des gegen­ wärtigen Gesetzes zulässigen Betrag der Notenausgabe hinaus er­ weitert werden. Den Banknoten im Sinne dieses Gesetzes wird dasjenige Staats­ papiergeld gleich geachtet, dessen Ausgabe einem Bankinstitute zur Verstärkung seiner Betriebsmittel übertragen ist. § 2. Eine Verpflichtung zur Annahme von Banknoten bei Zahlungen, welche gesetzlich in Geld zu leisten sind, findet nicht statt und kann auch für Staatskassen durch Landesgesetz nicht be­ gründet werden. g 3. Banknoten dürfen nur aus Beträge von 100, 200, 500 und 1000 Mark oder von einem Vielfachen von 1000 Mark aus­ gefertigt werden. g 4. Jede Bank ist verpflichtet, ihre Noten sofort aus Prä­ sentation zum vollen Nennwerthe einzulösen, auch solche nicht nur an ihrem Hauptsitz, sondern auch bei ihren Zweiganstalten jederzeit zum vollen Nennwerthe in Zahlung anzunehmen. Für beschädigte Noten hat sie Ersatz zu leisten, sofern der In­ haber entweder einen Theil der Note präsentiert, welcher größer ist, als die Hälfte, oder den Nachweis führt, daß der Rest der Note, von welcher er nur die Hälfte oder einen geringeren Theil als die Hälfte präsentiert, vernichtet sei. Für vernichtete oder verlorene Noten Ersatz zu leisten ist sie nicht verpflichtet. g 5. Banknoten, welche in die Kasse der Bank oder einer ihrer Zweiganstalten oder in eine von ihr bestellte Einlösungskasse in beschädigtem oder beschmutztem Zustande zurückkehren, dürfen nicht wieder ausgegeben werden. g 6. Der Aufruf und die Einziehung der Noten einer Bank oder einer Gattung von Banknoten darf nur auf Anordnung oder mit Genehmigung des Bundesraths erfolgen. Die Anordnung erfolgt, wenn ein größerer Theil des Umlaufs Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

25

sich in beschädigtem oder beschmutztem Zustande befindet, oder wenn die Bank die Befugniß zur Notenausgabe verloren hat. Die Genehmigung darf nur ertheilt werden, wenn nachgewiesen wird, daß Nachahmungen der aufzurufendell Noten in den Verkehr gebracht sind. In allen Fällen schreibt der Bundesrath die Art, die Zahl und die Fristen der über den Aufruf zu erlassenden Bekanntmachungen, den Zeitraum, innerhalb dessen, und die Stellen, an welchen die Noten eingelöst werden sollen, die Maßgaben, unter denen nach Ablauf der Fristen eine Einlösung der aufgerufenen Noten noch stattzufinden hat, und die zur Sicherung der Noteninhaber sonst er­ forderlichen Maßregeln vor. Die nach dem Vorstehenden von dem Bundesrathe zu erlassen­ den Vorschriften sind durch das Reichsgesetzblatt zu veröffentlichen.^ 1 Vgl. Bekanntm. 7./6. 77, betr. den Aufruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Bayr. Hypotheken- und Wechselbank (RGBl 527); Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Rostocker Bank 19./2. 77 (RGBl 575), 9 /4. 78 (RGBl 11), 19 /10. 78 (RGBl 350); Bekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der von der vormaligen Preußischen Bank ausgegebenen Hundertmarknoten 15./3.78 (RGBl 6), 10./4. 78 (RGBl 12); Bekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Commerzbank in Lübeck 8./8. 86 (RGBl 259); Vekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Kölnischen Privatbank in Köln 7./7. 87 (RGBl 286); Bekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Hannoverschen Bank in Hannover 16./7. 89 (RGBl 169); Bekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Bremer Bank in Bremen 25./10. 89 (RGBl 199); Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Fünfhundcrtmarknoten des Leipziger Kassenvereins in Leipzig 4./7. 90 (RGBl 76); Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Noten der Magdeburger Privatbank in Magdeburg 9./12. 90 (RGBl 205); Bekanntm., betr. den Auf­ ruf und die Einziehung der Einhundert-, Zweihundert- und Fünshundertmarknoten der Provinzial-Aktienbank des Großherzogthums Posen in Posen 9./12. 90 (RGBl 206); Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Einhundert­ marknoten der Danziger Privat-Aktienbank in Danzig 25./12. 90 (RGBl 213); Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Chemnitzer Stadtbank 3./2. 91 (RGBl 12); Bekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der Noten der Magdeburger Privatbank 29./4. 93 (RGBl 153); Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Noten der Städtischen Bank zu Breslau 19./11. 93 (RGBl 263). Bekanntm., betr. den Ausruf und die Einziehung der Noten der Frankfurter Bank in Frankfurt a. M. 6./7. 01. (RGBl 262.) Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Noten der Bank für Süddeutschland in Darmstadt 5./6. 02. (RGBl 225 ) Bekanntm., betr. den Aufruf und die Einziehung der Noten der Landständischen Bank des Königl. Sächs. Markgraftums Oberlausitz in Bautzen 17./3. 03. (RGBl 270.)

8 7. Den Banken, welche Noten ausgeben, ist nicht gestattet: 1. Wechsel zu akzeptiren, 2. Waaren oder kurshabende Papiere für eigene oder für fremde Rechnung auf Zeit zu kaufen oder auf Zeit zu verkaufen, oder für die Erfüllung solcher Kaufs- oder Verkaufsgeschäfte Bürg­ schaft zu übernehmen. 8 8. Banken, welche Noten ausgeben, haben 1. den Stand ihrer Aktiva und Passiva vom 7., 15., 23. und Letzten jeden Monats, spätestens am fünften Tag nach diesen Terminen und 2. spätestens drei Monate nach dem Schlüsse jedes Geschäftsjahres eine genaue Bilanz ihrer Aktiva und Passiva, sowie den Jahres­ abschluß des Gewinn- und Verlustkontos durch den Reichsanzeiger auf ihre Kosten zu veröffentlichen. Die wöchentliche Veröffentlichung muß angeben 1. auf Seiten der Passiva: das Grundkapital, den Reservefonds, den Betrag der umlaufenden Noten, die sonstigen täglichen fälligen Verbindlichkeiten, die an eine Kündigungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten, die sonstigen Passiva; 2. auf Seiten der Aktiva: den Metallbestand (den Bestand an kursfähigem deutschen Gelde und an Gold in Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark berechnet), den Bestand: an Reichskassenscheinen, an Noten anderer Banken, an Wechseln, an Lombardforderungen, an Effekten, an sonstigen Aktiven. Welche Kategorieen der Aktiva und Passiva in der Jahresbilanz gesondert nachzuweisen sind, bestimmt der Bundesrath. Außerdem sind in beiden Veröffentlichungen die aus weiter­ begebenen im Jnlande zahlbaren Wechseln entsprungenen eventuellen Verbindlichkeiten ersichtlich zu machen. 8 v. Banken, deren Notenumlauf ihren Baarvorrath und den ihnen nach Maßgabe der Anlage zugewiesenen Betrag übersteigt, haben vom 1. Januar 1876 ab von dem Ueberschusse eine Steuer von jährlich fünf vom Hundert an die Reichskasse zu entrichten. 25*

Als Baarvorrath gilt bei Feststellung der Steuer der in den Kassen der Bank befindliche Betrag an kursfähigem deutschen Gelde, an Reichs-Kassenscheinen, an Noten anderer deutscher Banken und an Gold in Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark berechnet. Erlischt die Befugniß einer Bank zur Notenausgabe (§ 49), so wächst der derselben zustehende Antheil an dem Gesammtbctrage des der Steuer nicht unterliegenden ungedeckten Notenumlaufs dem Antheile der Reichsbank ju.1 * * 8 10, Zum Zweck der Feststellung der Steuer hat die Ver­ waltung der Bank am 7., 15., 23. und Letzten jedes Monats den Betrag des Baarvorraths und der umlaufenden Noten der Bank sestzustellen und diese Feststellung an die Aufsichtsbehörde einzu­ reichen. Am Schluß jedes Jahres wird von der Aufsichtsbehörde auf Grund dieser Nachweisungen die von der Bank zu zahlende Steuer in der Weise festgestellt, daß von dem aus jeder dieser Nach­ weisungen sich ergebenden steuerpflichtigen Ueberschusse des Noten­ umlaufs 5/t8 Prozent als Steuersoll berechnet werden. Die Summe dieser für jede einzelne Nachweisung als Steuersoll berechneten Be­ träge ergiebt die von der Bank spätestens am 31 Januar des folgenden Jahres zur Reichskasse abzuführende Steuer. 8 11. Ausländische Banknoten oder sonstige auf den Inhaber lautende unverzinsliche Schuldverschreibungen ausländischer Korpo­ rationen, Gesellschaften oder Privaten dürfen, wenn sie ausschließlich oder neben anderen Werthbestimmungcn in Reichswährung oder einer deutschen Landeswährung ausgestellt sind, innerhalb des Reichs­ gebietes zu Zahlungen nicht gebraucht werden.

z

Titel II. Reichsbank.

8 12. Unter dem Namen „Reichsbank" wird eine unter Aufsicht und Leitung des Reichs stehende Bank errichtet, welche die Eigenschaft einer juristischen Person besitzt und die Aufgabe hat, den Geldumlauf im gesummten Reichsgebiet zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und für die Nutz­ barmachung verfügbaren Kapitals zu sorgen. Die Reichsbank hat ihren Hauptsitz in Berlin. Sie ist be­ rechtigt, aller Orten im Reichsgebiete Zweiganstalten zu errichten.

1 Vgl. Bekanntmachungen 1./4. 76 (RGBl 124); 23./7. 76 (RGBl 176); 13 /10. 77 (RGBl 567); 25./7. 86 (RGBl 236); 15./3. 87 (RGBl 123); 25 /10. 89 (RGBl 200); 9./5. 90 (RGBl 68); 14./1. 91 (RGBl 9).

Der Bundesrath kann die Errichtung solcher Zweiganstalten an bestimmten Plätzen anordnen. 8 13.1 Die Reichsbank ist befugt, folgende Geschäfte zu be­ trüben : L Gold und Silber in Barren und Münzen zu kaufen und zu verkaufen; 2.. Wechsel, welche eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten haben, und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, ferner Schuldverschreibungen des Reichs, eines deutschen Staats oder inländischer kommunaler Korporationen, welche nach spätestens drei Monaten mit ihrem Nennwerthe fällig sind, zu diskontiren, zu kaufen und zu verkaufen; 3.. zinsbare Darlehne auf nicht länger als drei Monate gegen bewegliche Pfänder zu ertheilen (Lombardverkehr), und zwar: a) gegen Gold und Silber, gemünzt und ungemünzt, b) gegen zinstragende oder spätestens nach einem Jahr fällige und auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen des Reichs, eines deutschen Staats oder inländischer kommu­ naler Korporationen, oder gegen zinstragende, auf den In­ haber lautende Schuldverschreibungen, deren Zinsen vom Reiche oder von einem Bundesstaate garantirt sind, gegen voll eingezahlte Stamm- und Stammprioritätsaktien und Prioritätsobligationen deutscher Eisenbahngesellschaften, deren Bahnen in Betrieb befindlich sind, sowie gegen Pfandbriefe landschaftlicher, kommunaler oder anderer unter staatlicher Aussicht stehender Bodenkreditinstitute Deutschlands und deutscher Hypothekenbanken auf Aktien, zu höchstens drei Viertel des Kurswerthes. Diesen Pfandbriefen stehen gleich andere auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen der bezeichneten Institute und Bälden, welche auf Grund von Darlehnen ausgestellt werden, die an inländische kommunale Korporationen oder gegen Uebernahme der Garantie durch solche Korporation gewährt sind; c) gegen zinstragende, aus den Inhaber lautende Schuldver­ schreibungen nicht deutscher Staaten, sowie gegen staatlich garantirte ausländische Eisenbahn-Prioritätsobligationen, zu höchstens 50 Prozent des Kurswerthes, d) gegen Wechsel, welche anerkannt solide Verpflichtete auf­ weisen, mit einem Abschläge von mindestens 5 Prozent ihres Kurswerthes, 1 In der Fassung des G 7./6. 99 Art. 6.

e) gegen Verpfändung im Jnlande lagernder Kaufmanns­ waaren, höchstens bis zu zwei Drittheilen ihres Werthes; 4. Schuldverschreibungen der vorstehend unter 3. b. bezeichneten Art zu kaufen und zu verkaufen; die Geschäftsanweisung für das Reichsbank-Direktorium (§ 26) wird feststellen, bis zu welcher Höhe die Betriebsmittel der Bank in solchen Schuld­ verschreibungen angelegt werden dürfen; 5. für Rechnung von Privatpersonen, Anstalten und Behörden Inkassos zu besorgen und nach vorheriger Deckung Zahlungen zu leisten und Anweisungen oder Ueberweisungen an ihre Zweiganstalten oder Korrespondenten auszustellen; 6. für fremde Rechnung Effekten aller Art, sowie Edelmetalle nach vorheriger Deckung zu kaufen und nach vorheriger Ueber­ lieferung zu verkaufen; 7. verzinsliche und unverzinsliche Gelder im Depositengeschäst und im Giroverkehr anzunehmen; die Summe der verzins­ lichen Depositen darf diejenige des Grundkapitals und des Reservefonds der Bank nicht überpeigen; 8. Werthgegenstände in Verwahrung und Verwaltung zu nehmen. 8 14. Die Reichsbank ist verpflichtet, Barrengold zum festen Satze von 1392 Mark für das Pfund sein gegen ihre Noten umzutauschen. Die Bank ist berechtigt, auf Kosten des Abgebers solches Gold durch die von ihr zu bezeichnenden Techniker prüfen und scheiden zu lassen. 8 15. Die Reichsbank hat jeweilig den Prozentsatz öffentlich bekannt zu machen, zu welchem sie diskontirt (§ 13, 2) oder zins­ bare Darlehne ertheilt (§ 13, 3). Die Ausstellung ihrer WochenUebersichten erfolgt aus Grundlage der Bücher des ReichsbankDirektoriums und der demselben unmittelbar untergeordneten Zweig­ anstalten. 8 16. Tie Reichsbank hat das Recht, nach Bedürfniß ihres Verkehrs Banknoten auszugeben. Die An- und Ausfertigung, Einziehung und Vernichtung der­ selben erfolgt unter Kontrole der Reichsschulden-Kommission, fwelcher zu diesem Zwecke ein vom Kaiser ernanntes Mitglied hinzutritt.^ 8 17. Die Reichsbank ist verpflichtet, für den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Banknoten jederzeit mindestens ein Dritttheil in kursfähigem deutschen Gelde, Reichs-Kassenscheinen oder in Gold in Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark 1 Die eingeklammcrten Worte sind gestrichen durch Reichsschuldenordnung 19./3. 00, 20. (RGBl 133.)

gerechnet, und den Rest in diskontirten Wechseln, welche eine Verfall­ zeit von höchstens drei Monaten haben, und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Ver­ pflichtete haften, in ihren Kassen als Deckung bereit zu halten, g 18. Die Reichsbank ist verpflichtet, ihre Noten: a) bei ihrer Hauptkasse in Berlin sofort auf Präsentation, b; bei ihren Zweiganstalten, soweit es deren Baarbestände und Geldbedürfnisse gestatten, dem Inhaber gegen kursfähiges deutsches Geld einzulösen, g 19. Die Reichsbank ist verpflichtet, die Noten der, vom Reichskanzler nach der Bestimmung im § 45 dieses Gesetzes bekannt gemachten Banken sowohl in Berlin, als auch bei ihren Zweig­ anstalten in Städten von mehr als 30 000 Einwohnern oder am Sitze der Bank, welche die Noten ausgegeben hat, zum vollen Nennwerthe in Zahlung zu nehmen, so lange die ausgebende Bank ihrer Noteneinlösungspflicht pünktlich nachkommt. Die aus diesem Wege angenommenen Banknoten dürfen nur entweder zur Einlösung präsentirt oder zu Zahlungen an diejenige Bank, welche dieselben ausgegeben hat, oder zu Zahlungen an dem Orte, wo letztere ihren Hauptsitz hat, verwendet werden. Die Reichsbank ist ermächtigt, mit anderen deutschen Banken Vereinbarungen über Verzichtleistung der letzteren auf das Recht zur Notenausgabe abzuschließen. g 20. Wenn der Schuldner eines im Lombardverkehr (§ 13, Ziffer 3) gewährten Darlehns im Verzüge ist, ist die Reichsbank berechtigt, ohne gerichtliche Ermächtigung oder Mitwirkung das be­ stellte Faustpfand durch einen ihrer Beamten oder durch einen zu Ver­ steigerungen befugten Beamten öffentlich verkaufen, oder, wenn der verpfändete Gegenstand einen Börsenpreis oder Marktpreis hat, den Verkauf auch nicht öffentlich durch einen ihrer Beamten, oder durch einen Handelsmakler, oder, in Ermangelung eines solchen, durch einen zu Versteigerungen befugten Beamten zum laufenden Preise bewirken zu lassen, und sich aus dem Erlöse wegen Kapital, Zinsen und Kosten bezahlt zu machen. Dieses Recht behält die Bank auch gegenüber anderen Gläubigern und gegenüber der Konkursmasse des Schuldners. g 21. Die Reichsbank und ihre Zweiganstalten sind im gesammten Reichsgebiete frei von staatlichen Einkommen- und Gewerbe­ steuern. g 22. Die Reichsbank ist verpflichtet, ohne Entgelt für Rech­ nung des Reichs Zahlungen anzunehmen und bis auf Höhe des Reichsguthabens zu leisten.

Sie ist berechtigt, die nämlichen Geschäfte staaten zu übernehmen.1 2

für die Bundes­

8 23? Das Grundkapital der Reichsbank besteht aus einhundert­ undachtzig Millionen Mark, getheilt in vierzigtausend Antheile von je dreitausend und sechzigtausend Antheile von je eintausend Mark. Bon letzteren sind dreißigtausend Antheile bis zum 31. Dezember 1900 und dreißigtausend Antheile bis zum 31. Dezember 1905 zu begeben. Auf die Begebung findet der § 38 des Gesetzes vom 22. Juni 1896 (Prospektzwang) keine Anwendung. Die Antheile lauten auf Namen. Die Antheilseigner haften persönlich für die Verbindlichkeiten der Reichsbank nicht. 8 24.3 Aus dem beim Jahresabschlüsse sich ergebenden Rein­ gewinne der Reichsbank wird: 1. zunächst den Antheilseignern eine ordentliche Dividende von dreiundeinhalb Prozent des Grundkapitals berechnet, sodann 2. von dem Mehrbetrag eine Quote von zwanzig Prozent dem Re­ servefonds zugeschrieben, solange derselbe nicht den Betrag von sechzig Millionen Mark erreicht hat, 3. von dem weiter verbleibenden Reste den Antheilseignern ein Viertel, der Reichskasse drei Viertel überwiesen. Erreicht der Reingewinn nicht volle dreiundeinhalb Prozent des Grundkapitals, so ist das Fehlende aus dem Reservefonds zu ergänzen. Das bei Begebung von Antheilsscheinen der Reichsbank etwa zu gewinnende Aufgeld fließt dem Reservefonds zu. Dividendenrückstände verjähren binnen vier Jahren, von dem Tage ihrer Fälligkeit an gerechnet, zum Vortheile der Bank.

8 25. Die dem Reiche zustehende Aussicht über die Reichs­ bank wird von einem Bank-Kuratorium ausgeübt, welches aus dem Reichskanzler als Vorsitzendem und vier Mitgliedern besteht. Eines dieser Mitglieder ernennt der Kaiser, die drei anderen der Bundesrath. Das Kuratorium versanuuelt sich vierteljährlich einmal. In diesen Versammlungen wird ihm über den Zustand der Bank und alle darauf Bezug habenden Gegenstände Bericht erstattet und eine allgemeine Rechenschaft von allen Operationen und Geschäftsein­ richtungen der Bank ertheilt. 8 26. Die dem Reiche zustehende Leitung der Bank wird vom 1 Vgl. die Bekanntmachung betr. die Reichshauptkasse 29./12. 75 (CBl 821). 2 In der Fassung des G 7./6. 99 Art. 1. 3 In der Fassung des G 7./6. 99 Art. 2. Die Fassung des G 18./12. 86 ist dadurch ausgehoben.

Reichskanzler, und unter diesem von dem Reichsbank-Direktorium ausgeübt; in Behinderungsfällen des Reichskanzlers wird die Lei­ tung durch einen vom Kaiser hierfür ernannten Stellvertreter wahr­ genommen. Der Reichskanzler leitet die gesammte Bankverwaltung innerhalb der Bestimmungen dieses Gesetzes und des zu erlassenden Statutes (§ 40). Er erläßt die Geschäftsanweisungen für das ReichsbankDirektorium und für die Zweiganstalten, sowie die Dienstinstruk­ tionen für die Beamten der Bank, und verfügt die erforderlichen Abänderungen der bestehenden Geschäftsanweisungen (Reglements) und Dienstinstruktionen. 8 27. Das Reichsbank-Direktorium ist die verwaltende und aus­ führende, sowie die, die Reichsbank nach außen vertretende Behörde. Es besteht aus einem Präsidenten und der erforderlichen An­ zahl von Mitgliedern, und faßt seine Beschlüsse nach Stimmenmehr­ heit, hat jedoch bei seiner Verwaltung, überall den Vorschriften und Weisungen des Reichskanzlers Folge zu leisten. Präsident und Mitglieder des Reichsbank-Direktoriums werden auf den Vorschlag des Bundesraths vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt. 8 28. Die Beamten der Reichsbank haben die Rechte und Pflichten der Reichsbeamten. Ihre Besoldung, Pensionen und sonstigen Dienstbezüge, sowie die Pensionen und Unterstützungen für ihre Hinterbliebenen, trägt die Reichsbank.1 Der Besoldungs- und Pensionsetat des Reichs­ bank-Direktoriums wird jährlich durch den Reichshaushalts-Etat, der der übrigen Beamten jährlich vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrathe auf den Antrag des Reichskanzlers festgesetzt. Kein Beamter der Reichsbank darf Antheilscheine derselben besitzen. 8 29. Die Rechnungen der Reichsbank unterliegen der Revision durch den Rechnungshof des Deutschen Reichs. Die Form, in welcher die jährliche Rechnungslegung zu erfolgen hat, wird durch den Reichskanzler bestimmt. Die hierüber ergehenden Bestimmungen sind dem Rechnungshof mitzutheilen. 8 80. Die Antheilseigener üben die ihnen zustehende Be­ theiligung an der Verwaltung der Reichsbank durch die General1 Vgl. B betr. die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichs­ bankbeamten 8./6. 81 (RGBl 117); V betr. die Pensionen und Kautionen der Reichsbankbeamten 23./12. 75 (RGBl 380); dazu B 31./3. 80 (RGBl 97). V betr. die anderweite Anrechnung des Wohnungsgeldzuschusses bei Bemessung der Pension der Reichsbankbeamten 21./II. 02. (RGBl 281.)

Versammlung, außerdem durch einen aus ihrer Mitte gewählten ständigen Centralausschuß nach Maßgabe der nachfolgenden Be­ stimmungen aus. 8 31.1 Der Centralausschuß ist die ständige Vertretung der Antheilseigener gegenüber der Verwaltung. Er besteht aus fünfzehn Mitgliedern, neben welchen fünfzehn Stellvertreter zu wählen sind. Die Mitglieder und die Stellvertreter werden von der General­ versammlung aus der Zahl derjenigen Antheilseigener gewählt, welche auf ihren Namen lautende Antheilsscheine über einen Mindest­ betrag von je neuntausend Mark besitzen. Sämmtliche Mitglieder und Stellvertreter müssen im Reichsgebiet und wenigstens neun Mit­ glieder und neun Stellvertreter in Berlin ihren Wohnsitz haben. Ein Drittel der Mitglieder scheidet jährlich aus. Die Ausscheidenden sind wieder wählbar. Der Centralausschuß versammelt sich unter Vorsitz des Präsi­ denten des Reichsbank-Direktoriums wenigstens einmal monatlich, kann von demselben aber auch außerordentlich berufen werden. Er ist beschlußfähig bei Anwesenheit von mindestens sieben Mitgliedern; die Geschäftsanweisung wird festsetzen, in welchen Fällen und in welcher Reihenfolge die Einberufung von Stellvertretern zu be­ wirken ist. 8 32. Dem Centralausschuß werden in jedem Monat die wöchentlichen Nachweisungen über die Diskonto-, Wechsel- und Lom­ bardbestände, den Notenumlauf, die Baarfonds, die Depositen, über den An- und Verkauf von Gold, Wechseln und Effekten, über die Vertheilung der Fonds auf die Zweiganstalten zur Einsicht vorgelegt, und zugleich die Ergebnisse der ordentlichen und der außerordentlichen Kassenrevisionen, sowie die Ansichten und Vorschläge des ReichsbankDirektoriums über den Gang der Geschäfte im Allgemeinen und über die etwa erforderlichen Maßregeln mitgetheilt. Insbesondere ist der Centralausschuß gutachtlich zu hören: a) über die Bilanz und die Gewinnberechnung, welche nach Ablauf des Geschäftsjahres vom Reichsbank-Direktorium aufgestellt, mit dessen Gutachten dem Reichskanzler zur definitiven Fest­ setzung überreicht, und demnächst den Antheilseignern in deren außerordentlicher Generalversammlung mitgetheilt wird; b) über Abänderungen des Besoldungs- und Pensionsetats (§ 28); c) über die Besetzung erledigter Stellen im Reichsbank-Direktorium, mit Ausnahme der Stelle des Präsidenten, vor der Beschluß­ fassung des Bundesraths (8 27); 1 In der Fassung des G 7./6. 99 Art. 1.

d) über den Höchstbetrag, bis zu welchem die Fonds der Bank zu Lombarddarlehen verwendet werden können. Der Ankauf von Effekten für Rechnung der Bank kann nur erfolgen, nachdem die Höhe des Betrages, bis zu welcher die Fonds der Bank zu diesem Zwecke verwendet werden können, zuvor mit Zustimmung des Ccntralausschusses festgesetzt ist; e) über die Höhe des Diskontosatzes und des Lombard-Zinsfußes, sowie über Veränderungen in den Grundsätzen und Fristen der Kreditertheilung; f) über Vereinbarungen mit anderen deutschen Banken (§ 19), sowie über die in den Geschäftsbeziehungen zu denselben zu beobachtenden Grundsätze. Allgemeine Geschäftsanweisungen und Dienstinstruktionen sind dem Centralausschusse alsbald nach ihrem Erlasse (§ 26) zur Kennt­ nißnahme mitzutheilen. § 33, Die Mitglieder des Centralausschusses beziehen keine Besoldung. Wenn ein Ausschußmitglied das Bankgeheimniß (§ 39) verletzt, die durch sein Amt erlangten Aufschlüsse gemißbraucht oder sonst das öffentliche Vertrauen verloren hat, oder wenn durch dasselbe überhaupt das Interesse des Instituts gefährdet erscheint, so ist die Generalversammlung berechtigt, seine Ausschließung zu beschließen. Ein Ausschußmitglied, welches in Konkurs geräth, während eines halben Jahres den Versammlungen nicht beigewohnt, oder eine der Voraussetzungen seiner Wählbarkeit (§ 31) verloren hat, wird für ausgeschieden erachtet. 8 34. Die fortlaufende spezielle Kontrole über die Verwaltung der Reichsbank üben drei, von dem Centralausschusse aus der Zahl seiner Mitglieder auf ein Jahr gewählte Deputirte des Central­ ausschusses beziehungsweise deren gleichzeitig zu wählende Stell­ vertreter. Die Geschäftsanweisung wird festsetzen, in welchen Fällen und in welcher Reihenfolge die Einberufung von Stellvertretern zu bewirken ist. Die Deputirten sind insbesondere berechtigt, allen Sitzungen des Reichsbank-Direktoriums mit berathender Stimme beizuwohnen. Sie sind ferner berechtigt und verpflichtet, in den gewöhnlichen Geschäftsstunden und im Beisein eines Mitgliedes des ReichsbankDirektoriums von dem Gange der Geschäfte Kenntniß zu nehmen, die Bücher und die Portefeuilles der Bank einzusehen und den ordent­ lichen, wie außerordentlichen Kassenrevisionen beizuwohnen. Ueber ihre Wirksamkeit erstatten sie in den monatlichen Versammlungen des Centralausschusses Bericht.

Im Fall des § 33, Absatz 2 kann ein Deputirter bereits vor der Entscheidung der Generalversammlung durch den Centralausschuß suspendirt werden. 8 35. Geschäfte mit den Finanzverwaltungen des Reichs oder deutscher Bundesstaaten dürfen nur innerhalb der Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bankstatuts gemacht und müssen, wenn andere als die allgemein geltenden Bedingungen des Bankverkehrs in Anwen­ dung kommen sollen, zuvor zur Kenntniß der Deputirten gebracht, und, wenn auch nur Einer derselben daraus anträgt, dem CentralAusschuß vorgelegt werden. Sie müssen unterbleiben, wenn der letztere nicht in einer beschlußfähigen Versammlung mit Stimmen­ mehrheit für die Zulässigkeit sich ausspricht. 8 36. Außerhalb des Hauptsitzes der Bank sind an, vom Bundes­ rathe zu bestimmenden, größeren Plätzen Reichsbankhauptstellen zu errichten, welche unter Leitung eines aus wenigstens zwei Mitgliedern bestehenden Vorstandes, und unter Aufsicht eines vom Kaiser er­ nannten Bank-Kommissarius stehen. Bei jeder Reichsbankhauptstelle soll, wenn sich daselbst eine hin­ reichende Zahl geeigneter Antheilseigner vorfindet, ein Bezirksaus­ schuß bestehen, dessen Mitglieder vom Reichskanzler aus den vom Bank-Kommissar und vom Central-Ausschuß aufgestellten Vorschlags­ listen der am Sitz der Bankhauptstelle oder in dessen unmittelbarer Nähe wohnhaften Antheilseigner ausgewählt werden. Dem Ausschuß werden in seinen monatlich abzuhaltenden Sitzungen die Uebersichten über die Geschäfte der Bankhauptstelle und die von der Centralver­ waltung ergangenen allgemeinen Anordnungen mitgetheilt. Anträge und Vorschläge des Bezirksausschusses, welchen vom Vorstande der Bankhauptstelle nicht in eigener Zuständigkeit entsprochen wird, wer­ den von letzterem dem Reichskanzler mittelst Berichts eingereicht. Eine fortlaufende spezielle Kontrole über den Geschäftsgang bei den Bankhauptstellen nach Maßgabe der Bestimmungen in § 34 üben, so weit es ohne Störung der täglichen laufenden Geschäfte ge­ schehen kann, 2 bis 3 Beigeordnete, welche vom Bezirksausschuß aus seiner Mitte gewählt, oder, wo ein Bezirksausschuß nicht besteht, vom Reichskanzler nach Absatz 2 ernannt werden. 8 37. Die Errichtung sonstiger Zweiganstalten erfolgt, sofern dieselben dem Reichsbank-Direktorium unmittelbar untergeordnet werden (Reichsbankstellen), durch den Reichskanzler, sofern sie einer anderen Zweiganstalt untergeordnet werden, durch das ReichsbankDirektorium. 8 38. Die Reichsbank wird in allen Fällen, und zwar auch wo die Gesetze eine Spezialvollmacht fordern, durch die Unterschrift

des Reichsbank-Direktoriums oder einer Reichsbankhauptstelle ver­ pflichtet, sofern diese Unterschriften von zwei Mitgliedern des Reichs­ bank-Direktoriums beziehungsweise von zwei Mitgliedern des Vor­ standes der Reichsbankhauptstelle oder den als Stellvertretern der letzteren bezeichneten Beamten vollzogen sind. Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form die Unter­ schriften der Bankstellen eine Verpflichtung für die Reichsbank be­ gründen, wird vom Reichskanzler bepimmt und besonders bekannt gemacht. Gegen die Reichsbankhauptstellcn und Bankstellen können alle Klagen, welche auf den Geschäftsbetrieb derselben Bezug haben, bei dem Gerichte des Orts erhoben werden, wo die Zweiganstalt errichtet ist.

8 39. Sämmtliche bei der Verwaltung der Bank als Beamte, Ausschußmitglieder, Beigeordnete betheiligte Personen sind verpflichtet, über alle einzelne Geschäfte der Bank, besonders über die mit Pri­ vatpersonen und über den Umfang des den letzteren gewährten Kredits, Schweigen zu beobachten. Die Deputirten des Central­ ausschusses und deren Stellvertreter, sowie die Beigeordneten bei den Reichsbankhauptstellen sind hierzu vor Antritt ihrer Funktionen mittelst Handschlags an Eidesstatt besonders zu verpflichten. 8 40. Das Statut der Reichsbank wird nach Maßgabe der vorstehend in den §§ 12 bis 39 enthaltenen Vorschriften vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrath erlassen.1 2 Dasselbe muß insbesondere Bestimmungen enthalten: 1. über die Form der Antheilscheine der Reichsbank und der dazu gehörigen Dividendenscheine und Talons; 2. über die bei Uebertragung oder Verpfändung von Antheil­ scheinen zu beachtenden Formen; 3. über die Mortisikation verlorener oder vernichteter Antheil­ scheine, sowie über das Verfahren in Betreff abhanden ge­ kommener Dividendenscheine und Talons; 4. über die Grundsätze, nach denen die Jahresbilanz der Reichs­ bank aufzunehmen ist; 5. über Termine und Modalitäten der Erhebung der Dividenden­ öd über die Form, in welcher die Zusammenberufung der General­ versammlungen geschieht, sowie über die Bedingungen und die Art der Ausübung des Stimmrechts der Antheilseigner; die 1 Vgl. Statut 21./5. 75 (RGBl 203). V 3/9. 00 betr. Abänderung des Statuts der Reichsbank (RGBl 793). 2 In der Fassung des G 7./6. 99 Art. 4.

Ausübung des Stimmrechts darf jedoch nicht durch den Besitz von mehr als einem Antheilsscheine bedingt, noch dürfen mehr als dreihundert Stimmen in einer Hand vereinigt werden, wo­ bei ein Antheilsschein zu dreitausend Mark dem Rechte auf drei Stimmen und ein Antheilsschein zu eintausend Mark dem Rechte auf eine Stimme entsprechen soll; 7. über die Modalitäten der Wahl des Centralausschusses und der Deputirten desselben, der Bezirksausschüsse und der Bei­ geordneten bei den Reichsbankhanptstellen; 8. über die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie über die öffentlichen Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind; 9. über die im Fall der Aufhebung der Reichsbank (§ 41) ein­ tretende Liquidation; 10. über die Form, in welcher die Mitwirkung der Antheilseigner oder deren Vertreter zu einer durch Reichsgesetz festzustellenden Erhöhung des Grundkapitals herbeigeführt werden soll; 11. über die Voraussetzungen der Sicherstellung, unter denen Effekten für fremde Rechnung gekauft oder verkauft werden dürfen. § 41. Das Reich behält sich das Recht vor, zuerst zum 1. Januar 1891, alsdann aber von zehn zu zehn Jahren nach vor­ ausgegangener einjähriger Ankündigung, welche auf Kaiserliche An­ ordnung, im Einvernehmen mit dem Bundesrath, vom Reichskanzler an das Reichsbank-Direktorium zu erlassen und von letzterem zu veröffentlichen ist, entweder a) die auf Grund dieses Gesetzes errichtete Reichsbank aufzuheben und die Grundstücke derselben gegen Erstattung des Buch­ werthes zu erwerben, oder b) die sämmtlichen Antheile der Reichsbank zum Nennwerthe zu erwerben. In beiden Fällen geht der bilanzmäßige Reservefonds, so weit derselbe nicht zur Deckung von Verlusten in Anspruch zu nehmen ist, zur einen Hälfte an die Antheilseigner, zur anderen Hälfte an das Reich über. Zur Verlängerung der Frist nach Inhalt des ersten Absatzes ist die Zustimmung des Reichstages erforderlich.

Titel III. Privat-Notenbanken.

8 42. Banken, welche sich bei Erlaß dieses Gesetzes im Be­ sitze der Befugniß zur Notenausgabe befinden, dürfen außerhalb des-

jenigen Staates, welcher ihnen diese Befugniß ertheilt hat, Bank­ geschäfte durch Zweiganstalten weder betreiben, noch durch Agenten für ihre Rechnung betreiben lassen, noch als Gesellschafter an Bank­ häusern sich betheiligen. § 43. Die Noten einer Bank, welche sich bei Erlaß dieses Gesetzes im Besitze der Befugniß zur Notenausgabe befindet, dürfen außerhalb desjenigen Staates, welcher derselben diese Befugniß er­ theilt hat, zu Zahlungen nicht gebraucht werden. Der Umtausch solcher Noten gegen andere Banknoten, Papier­ geld oder Münzen unterliegt diesem Verbote nicht. g 44. Die beschränkenden Bestimmungen des § 43 finden auf diejenigen Banken keine Anwendung, welche bis zum 1. Januar 1876 folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Die Bank darf ihre Betriebsmittel nur in den im § 13 unter 1 bis 4 bezeichneten Geschäften, und zwar zu 4 höchstens bis zur Höhe der Hälfte des Grundkapitals der Bank und der Reserven, anlegen. Bezüglich des Darlehngeschäfts ist der Bank eine Frist bis zum 1. Januar 1877 eingeräumt, innerhalb welcher sie ihre Darlehne den Bestimmungen des § 13, Nummer 3 zu konformiren hat. Sie hat jeweilig den Prozentsatz öffentlich bekannt zu machen, zu welchem sie diskontirt oder zinsbare Darlehne gewährt. 2. Die Bank legt von dem sich jährlich über das Maß von 41/, Prozent des Grundkapitals hinaus ergebenden Reingewinn jährlich mindestens 20 Prozent so lange zur Ansammlung eines Reservefonds zurück, als der letztere nicht ein Viertheil des Grundkapitals beträgt. 3. Die Bank verpflichtet sich, für den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Banknoten jederzeit mindestens ein Drittheil in kursfähigem deutschen Gelde, Reichs-Kassenscheinen oder in Gold in Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark gerechnet, und den Rest in diskontirten Wechseln, welche eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten haben und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in ihren Kassen als Deckung bereit zu halten. 4. Die Bank ist verpflichtet, ihre Noten bei einer von ihr zu bezeichnenden Stelle in Berlin oder Frankfurt, deren Wahl der Genehmigung des Bundesraths unterliegt, dem Inhaber gegen kursfähiges deutsches Geld einzulösen.

Die Einlösung hat spätestens vor Ablauf des auf den Tag der Präsentation folgenden Tages zu erfolgen. 5. Die Bank verpflichtet sich, alle deutschen Banknoten, deren Umlauf im gesummten Reichsgebiete gestattet ist, an ihrem Sitze, sowie bei denjenigen ihrer Zweiganstalten, welche in Städten von mehr als 80 000 Einwohnern ihren Sitz haben, zu ihrem vollen Nennwerthe in Zahlung zu nehmen, so lange die Bank, welche solche Noten ausgegeben hat, ihrer Noten­ einlösungspflicht pünktlich nachkommt. Alle bei der Bank eingegangenen Noten einer anderen Bank dürfen, so weit es nicht Noten der Reichsbank sind, nur entweder zur Einlösung präsentirt, oder zu Zahlungen an diejenige Bank, welche die­ selben ausgegeben hat, oder zu Zahlungen an dem Orte, wo letztere ihren Hauptsitz hat, verwendet werden. 6. Die Bank verzichtet auf jedes Widerspruchsrecht, welches ihr entweder gegen die Ertheilung der Befugniß zur Ausgabe von Banknoten an andere Banken, oder gegen die Aushebung einer etwa bestehenden Verpflichtung der Landesregierung, ihre Noten in den öffentlichen Kassen statt baaren Geldes in Zahlung nehmen zu lassen, zustehen möchte. 7. Die Bank willigt ein, daß ihre Befugniß zur Ausgabe von Banknoten zu den in § 41 bezeichneten Terminen durch Be­ schluß der Landesregierung oder des Bundesraths mit ein­ jähriger Kündigungsfrist ausgehoben werden könne, ohne daß ihr ein Anspruch auf irgend welche Entschädigung zustande. Von Seiten des Bundesraths wird eine Kündigung nur ein­ treten zum Zwecke weiterer einheitlicher Regelung des Notenbank­ wesens oder wenn eine Notenbank den Anordnungen gegenwärtigen Gesetzes zuwidergehandelt hat. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, entscheidet der Bundesrath. Einer Bank, welche die vorstehend unter 1 bis 7 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt hat, kann der Betrieb von Bankgeschäften durch Zweiganstalten oder Agenturen außerhalb des im § 42 be­ zeichneten Gebiets aus Antrag der für den Ort, wo dies geschehen soll, zuständigen Landesregierung durch den Bundesrath gestattet werden. Banken, welche bis zum 1. Januar 1876 nachweisen, daß der Betrag der nach ihrem Statut oder Privileg ihnen gestatteten Noten­ ausgabe auf den Betrag des Grundkapitals eingeschränkt ist, welcher am 1. Januar 1874 eingezahlt war, sind von der Erfüllung der unter 2 bezeichneten Voraussetzung entbunden und erlangen mit der Gestattung des Umlaufs ihrer Noten im gesummten Reichsgebiete

zugleich die Befugniß, im gesummten Reichsgebiete durch Zweig­ anstalten oder Agenturen Bankgeschäfte zu betreiben. Dem Bundes­ rath bleibt Vorbehalten, diesen Banken einzelne der durch die Be­ stimmungen unter 1 ausgeschlossenen Formen der Kreditertheilung, in deren Ausübung dieselben sich bisher befunden haben, auf Grund des nachgewiesenen besonderen Bedürfnisses zeitweilig oder widerruf­ lich auch ferner zu gestatten und die hierfür etwa nothwendigen Be­ dingungen festzusetzen. 8 45.1 Banken, welche von den Bestimmungen im § 44 zu ihren Gunsten Gebrauch machen wollen, haben dem Reichskanzler nachzuweisen: 1. daß ihre Statuten den durch den § 44 aufgestellten Voraus­ setzungen entsprechen; 2. daß die erforderliche Einlösungsstelle eingerichtet ist. Sobald dieser Nachweis geführt ist, erläßt der Reichskanzler eine durch das Reichsgesetzblatt zu veröffentlichende Bekanntmachung, in welcher: 1. die beschränkenden Bestimmungen der §§ 42 und 43 oder des § 43 dieses Gesetzes zu Gunsten der zu bezeichnenden Bank als nicht anwendbar erklärt, 2. die Stelle, an welcher die Noten der Bank eingelöst werden, bezeichnet wird. 8 46. Kann die Dauer einer bereits erworbenen Befugniß zur Ausgabe von Banknoten durch eine vom Staate oder einer öffent­ lichen Behörde ausgehende, an einen bestimmten Termin gebundene Kündigung auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden, so tritt diese Kündigung zu dem frühesten zulässigen Termine kraft gegenwärtigen Gesetzes ein, es sei denn, daß die Bank den zulässigen Betrag ihrer Notenausgabe auf den am 1. Januar 1874 eingezahlten Betrag ihres Grundkapitals beschränkt und sich den Bestimmungen im § 44 unter 1 und 3 bis 7 unterworfen hat. Statutarische Bestimmungen, durch welche die Dauer einer Bank oder der derselben ertheilten Befugniß zur Notenausgabe von der unveränderten Fortdauer des Notenprivilegiums der Preußischen Bank abhängig gemacht ist, treten außer Kraft. 8 47. Jede Abänderung der Bestimmungen des Grundgesetzes, Statuts oder Privilegiums einer Bank, welche die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten bereits erworben hat, bedarf, so lange der Bank diese Befugniß zusteht, zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung

/9. 3.

1 Vgl. Bekanntmachungen 29./12. 75 (RGBl 390); 7./1. 76 (RGBl 2); 79 (RGBl 286); 18./5. 85 (RGBl 108). Friedberg, Handelsgcsgbg. 7. Ausl.

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des Bundesraths, sofern sie das Grundkapital, den Reservefonds, den Geschäftskreis oder die Deckung der auszugebenden Noten, oder die Dauer der Befugniß zur Notenausgabe zum Gegenstände hat. Landes­ gesetzliche Vorschriften und Konzessionsbedingungen, durch welche eine Bank bezüglich des Betriebs des Diskonto-, des Lombard-, des Effekten- und des Depositengeschäfts Beschränkungen unterworfen ist, welche das gegenwärtige Gesetz nicht enthält, stehen einer solchen Aenderung nicht entgegen. Die Genehmigung wird, nach Erfüllung der sonstigen gesetz­ lichen Erfordernisse, durch die betheiligte Landesregierung beantragt und muß versagt werden, wenn die Bank nicht von den Bestim­ mungen des § 44 Gebrauch macht. Die bayerische Regierung ist berechtigt, bis zum Höchstbetrage von 70 Millionen Mark die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten für die in Bayern bestehende Notenbank zu erweitern, oder diese Befugniß einer anderen Bank zu ertheilen, sofern die Bank sich den Bestimmungen des § 44 unterwirft. 8 48. Der Reichskanzler ist jederzeit befugt, sich nöthigenfalls durch kommissarische Einsichtnahme von den Büchern, Geschäfts­ lokalen und Kassenbeständen der Noten ausgebenden Banken die Ueberzeugung zu verschaffen, daß dieselben die durch Gesetz oder Statut festgestellten Bedingungen und Beschränkungen der Notenaus­ gabe innehalten, oder die Voraussetzungen der zu ihren Gunsten etwa ausgesprochenen Nichtanwendbarkeit der 88 42 und 43 oder des § 43 dieses Gesetzes erfüllen und daß die von ihnen veröffent­ lichten Wochen- und Jahresübersichten (§ 8), sowie die behufs der Steuerberechnung abgegebenen Nachweise (§ 10) der wirklichen Sach­ lage entsprechen. Das Aufsichtsrecht der Landesregierungen wird durch diese Be­ stimmung nicht berührt.

8 49. Die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten geht ver­ loren : 1. durch Ablauf der Zeitdauer, für welche sie ertheilt ist, 2. durch Verzicht, 3. im Falle des Konkurses durch Eröffnung des Verfahrens gegen die Bank, 4. durch Entziehung kraft richterlichen Urtheils, 5. durch Verfügung der Landesregierung nach Maßgabe der Sta­ tuten oder Privilegien.

8 50. Die Entziehung der Befugniß zur Notenausgabe wird auf Klage des Reichskanzlers oder der Regierung des Bundesstaates,

in welchem die Bank ihren Sitz hat, durch gerichtliches Urtheil aus­ gesprochen : 1. wenn die Vorschriften der Statuten, des Privilegiums oder des gegenwärtigen Gesetzes über die Deckung für die umlaufen­ den Noten verletzt worden sind oder der Notenumlauf die durch Statut, Privilegium oder Gesetz bestimmte Grenze über­ schritten hat; 2. wenn die Bank vor Erlaß der in § 45 erwähnten Bekannt­ machung des Reichskanzlers außerhalb des durch § 42 ihr angewiesenen Gebiets die in § 42 ihr untersagten Geschäfte betreibt, oder außerhalb des durch § 43 ihr angewiesenen Ge­ biets ihre Noten vertreibt oder vertreiben läßt; 3. wenn die Bank die Einlösung präsentirter Noten nicht bewirkt a) an ihrem Sitze am Tage der Präsentation, b) an ihrer Einlösungsstelle (§ 44, Nr. 4) bis zum Ablaufe des aus den Tag der Präsentation folgenden Tages, c) an sonstigen durch die Statuten bestimmten Einlösungs­ stellen bis zum Ablaufe des dritten Tages nach dem Tage der Präsentation; 4. sobald das Grundkapital sich durch Verluste um ein Drittel vermindert hat. Die Klage ist im ordentlichen Verfahren zu verhandeln. Der Rechtsstreit gilt im Sinne der Reichs- und Landesgesetze als Han­ delssache. In dem Urtheile ist zugleich die Verpflichtung zur Einziehung der Noten auszusprechen. 8 51. Das Urtheil ist erst nach Eintritt der Rechtskraft voll­ streckbar. Die Vollstreckung wird auf Antrag durch das Prozeß­ gericht verfügt. Das Gericht bestimmt zu diesem Zweck die Frist, innerhalb welcher von der Bankverwaltung die Bekanntmachung über die Einziehung der Noten zu erlassen ist. Sofern nicht der Konkurs über die Bank ausgebrochen ist, setzt das Gericht einen Kurator ein, welcher die Einziehung der Noten zu überwachen und, wenn die Bank den für diesen Fall vorgesehenen Verpflichtungen nicht nachkommt, die Liquidation der Bank beim Gerichte zu beantragen verpflichtet ist. Eingehende Noten sind von der Bank an eine vom Reichskanzler zu bezeichnende, am Sitze der Bank gelegene Kasse abzuliefern. 8 52. Sechs Monate, nachdem das Urtheil (§ 50) die Rechts­ kraft erlangt hat, zahlt die Bank an die vom Reichskanzler bezeich­ nete Kasse einen Betrag in baarem Gelde ein, welcher dem bis da­ hin nicht abgelieferten Betrage ihrer Noten gleichkommt. Dieser

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Baarbetrag wird ihr nach Maßgabe der weiter von ihr abgelieferten Noten und der verbleibende Rest nach Ablauf der letzten vom Bundes­ rathe für die Einlösung festgesetzten Frist zurückgezahlt. 8 53. Die an die Kasse abgelieferten Noten (§§ 51 und 52) werden in Gegenwart des Kurators der Kasse und des für die Ein­ ziehung der Noten bestellten Kurators vernichtet. Ueber die Ver­ nichtung wird ein gerichtliches oder notarielles Protokoll ausge­ nommen. Die Verwaltung der Bank ist befugt, an der Vernichtung durch zwei Abgeordnete Theil zu nehmen. Der für die Vernichtung bestimmte Termin ist ihr jedesmal spätestens acht Tage vorher von der der Kasse vorgesetzten Behörde anzuzeigen. Die Vernichtung kann in einem oder mehreren Terminen erfolgen. 8 54. Für diejenigen Korporationen, welche, ohne Zettelbanken zu sein, sich beim Erlaß dieses Gesetzes im Besitz der Befugniß zur Ausgabe von Noten, Kassenscheinen oder sonstigen auf den Inhaber ausgestellten unverzinslichen Schuldverschreibungen befinden, und für das von ihnen ausgegebene Papiergeld gelten in so lange, als sie von der Befugniß, Papiergeld in Umlauf zu erhalten, Gebrauch machen, die Bestimmungen der §§ 2 bis einschließlich 6, dann des § 43 und des § 47, Absatz 1 dieses Gesetzes, so weit sich derselbe aus die Befugniß zur Ausgabe von Papiergeld, auf deren Dauer, oder aus die Deckung des Papiergeldes bezieht. Titel IV.

Strasbestimmungen.

8 55. Wer unbefugt Banknoten oder sonstige auf den Inhaber lautende unverzinsliche Schuldverschreibungen ausgiebt/ wird mit 1 BGB 795. Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen aus den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden. Die Genehmigung wird durch die Zentralbehörde des Bundesstaats er­ theilt, in dessen Gebiete der Aussteller seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter denen sie erfolgt, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt ge­ macht werden. Eine ohne staatliche Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldver­ schreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden. StGB 145 a. Wer int Jnlande Schuldverschreibungen auf den In­ haber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche staatliche Genehmigung ausstellt und in den Verkehr

einer Geldstrafe bestraft, welche dem Zehnfachen des Betrages der von ihm ausgegebenen Werthzeichen gleichkommt, mindestens aber fünf­ tausend Mark beträgt. § 56. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark wird be­ straft, wer der Verbotsbestimmung des § 43 zuwider, Noten in­ ländischer Banken, oder Noten oder sonstige Geldzeichen inländischer Korporationen außerhalb desjenigen Landesgebiets, für welches die­ selben zugelassen sind, zur Leistung von Zahlungen verwendet. 8 57. Mit Geldstrafe von fünfzig Mark bis zu fünftausend Mark wird bestraft, wer der Verbotsbestimmung in § 11 zuwider, ausländische Banknoten oder sonstige auf den Inhaber lautende un­ verzinsliche Schuldverschreibungen ausländischer Korporationen, Ge­ sellschaften oder Privaten, welche ausschließlich oder neben anderen Werthbestimmungen in Reichswährung oder einer deutschen Landes­ währung ausgestellt sind, zur Leistung von Zahlungen verwendet. Geschieht die Verwendung gewerbsmäßig, so tritt neben der Geldstrafe Gefängniß bis zu einem Jahre ein. Der Versuch ist strafbar. 8 58. Mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark wird bestraft, wer den Bestimmungen im § 42 zuwider, für Rechnung von Banken als Vorsteher von Zweiganstalten oder als Agent Bankgeschäfte be­ treibt oder mit Banken als Gesellschafter in Verbindung tritt. Die gleiche Strafe trifft die Mitglieder des Vorstandes einer Bank, welche den Bestimmungen des § 7 entgegenhandeln, oder welche dem Verbote des § 42 zuwider a) Zweiganstalten oder Agenturen bestellen, oder b) die von ihnen vertretene Bank als Gesellschafter an Bank­ häusern betheiligen. 8 59. Die Mitglieder des Vorstandes einer Bank werden: 1. wenn sie in den durch die Bestimmungen des § 8 vorgeschrie­ benen Veröffentlichungen wissentlich den Stand der Verhältnisse der Bank unwahr darstellen oder verschleiern, mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft; 2. wenn sie durch unrichtige Aufstellung der im § 10 vorge­ schriebenen Nachweisungen den steuerpflichtigen Notenumlauf zu gering angeben, mit einer Geldstrafe bestraft, welche dem Zehn­ fachen der hinterzogenen Steuer gleichsteht, mindestens aber fünfhundert Mark beträgt; bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nenn­ werths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestensaber dreihundert Mark beträgt.

3. wenn die Bank mehr Noten ausgiebt, als sie auszugeben be­ fugt ist, mit einer Geldstrafe bestraft, welche dem Zehnfachen des zuviel ausgegebenen Betrages gleichkommt, mindestens aber fünfhundert Mark beträgt. Die Strafe zu 3 trifft auch die Mitglieder des Vorstandes solcher Korporationen, welche zur Ausgabe von auf den Inhaber lautenden unverzinslichen Schuldverschreibungen befugt sind, wenn sie mehr solche Geldzeichen ausgeben, als die Korporation auszugeben befugt ist.

Titel V.

Schlußbestimmungen.

8 60. Die §§ 6, 42 unt> 43, sowie die auf die letzteren be­ züglichen Strafbestimmungen in den §§ 56 und 58 gegenwärtigen Gesetzes treten am 1. Januar 1876 in Kraft. 8 61. Der Reichskanzler wird ermächtigt, mit der Königlich preußischen Regierung wegen Abtretung der Preußischen Bank an das Reich auf folgenden Grundlagen einen Vertrag abzuschließen 1. Preußen tritt nach Zurückziehung seines Einschußkapitals von 1,906,800 Thalern, sowie der ihm zustehenden Hälfte des Reservefonds die Preußische Bank mit allen ihren Rechten und Verpflichtungen mit dem 1. Januar 1876 unter den nachstehend Ziffer 2—6 bezeichneten Bedingungen an das Reich ab. Das Reich wird diese Bank an die nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu errichtende Reichsbank übertragen. 2. Preußen empfängt für Abtretung der Bank eine Entschädigung von fünfzehn Millionen Mark, welche aus den Mitteln der Reichsbank zu decken ist. 3. Den bisherigen Antheilseignern der Preußischen Bank wird die Besugniß Vorbehalten, gegen Verzicht auf alle ihnen durch ihre Bankantheilsscheine verbrieften Rechte zu Gunsten der Reichs­ bank den Umtausch dieser Urkunden gegen Antheilsscheine der Reichsbank von gleichem Nominalbetrag zu verlangen. 4. Die Reichsbank hat denjenigen Antheilseignern, welche nach den Bestimmungen der §§ 16 und 19 der Bankordnung vom 5. Oktober 1846 (Preuß. Gesetz-Samml. S. 435) die Heraus­ zahlung des eingeschossenen Kapitals und ihres Antheils an dem Reservefonds der Preußischen Bank verlangen, diese Zah­ lung zu leisten. 5. Die Reichsbank wird zur Erfüllung der von der Preußischen Bank durch Vertrag vom 28./31. Januar 1856 hinsichtlich 1 Vgl. den Vertrag 17.-18./5. 75 (RGBl 215).

der Staatsanleihe von sechzehn Millionen- fünfhundertachtund­ neunzigtausend Thalern übernommenen Verbindlichkeiten an Preußen für die Jahre 1876 bis einschließlich 1925 jährlich 621,910 Thaler in halbjährlichen Raten zahlen. Wird die Konzession der Reichsbank nicht verlängert, so wird das Reich dafür sorgen, daß, so lange keine andere Bank in diese Ver­ pflichtung eintritt, die Rente bis zu dem ebengedachten Zeit­ punkte der preußischen Staatskasse unverkürzt zufließe. 6. Eine Auseinandersetzung zwischen Preußen und der Reichsbank wegen der Grundstücke der Preußischen Bank bleibt Vorbehalten. 8 62. Der Reichskanzler wird ermächtigt: 1. diejenigen Antheilscheine der Reichsbank zu begeben, welche nicht nach § 61, Nr. 3 gegen Antheilscheine der Preußischen Bank umzutauschen sind, 2. auf Höhe der nicht begebenen Antheilscheine zur Beschaffung des nach § 23 erforderlichen Grundkapitals der Reichsbank verzinsliche, spätestens am 1. Mai 1876 fällig werdende Schatz­ anweisungen auszugeben. 8 63. Die Ausfertigung der Schatzanweisungen (§ 62, Nr. 2) wird der Preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden übertragen. Den Zinssatz bestimmt der Reichskanzler. Bis zum 1. Mai 1876 kann, nach Anordnung des Reichskanzlers, der Betrag der Schatz­ anweisungen wiederholt, jedoch nur zur Deckung der in Verkehr ge­ setzten Schatzanweisungen ausgegeben werden. 8 64. Die zur Verzinsung und Einlösung der Schatzanwei­ sungen erforderlichen Beträge müssen der Reichsschulden-Verwaltung aus den bereitesten Einkünften des Reichs zur Verfallzeit zur Ver­ fügung gestellt werden. 8 65. Tie Ausgabe der Schatzanweisungen ist durch die Reichs­ kasse zu bewirken. Die Zinsen der Schatzanweisungen verjähren binnen vier Jahren, die verschriebenen Kapitalbeträge binnen 30 Jahren nach Eintritt des in jeder Schatzanweisung auszudrückenden Fälligkeitstermins. 8 66. Die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs über die Ein­ tragung in das Handelsregister und die rechtlichen Folgen derselben finden auf die Reichsbank keine Anwendung.

Gesetz, betr. die Abänderung desBankgesetzes vom 14. März 1875. Vom 7. Juni 1899. (RGBl 311.)

Art. Art. Art. Art. Art.

1. 2. 3. 4. ö.

(Siehe oben zu § 23.) (Siehe oben zu § 24.) (Siehe oben zu § 31.) (Siehe oben zu § 48.) Der nach Maßgabe der Anlage zum § 9 des Bank' gesetzes der Reichsbank zustehende Antheil an dem Gesammtbetrage des der Steuer nicht unterliegenden ungedeckten Notenumlaufs, einschließlich der ihr inzwischen zugewachsenen Antheile der unter Nr. 2 bis 11, 15 bis 17, 21 bis 23 und 25 bis 33 bezeichneten Banken wird aus vierhundertundfünfzig Millionen Mark festgesetzt, unter gleichzeitiger Erhöhung des Gesammtbetrags auf fünshunderteinundvierzig Millionen sechshunderttausend Mark.

Art. 6. (Siehe oben § 13.) Art. 7. 8 1. Die Reichsbank darf vom 1. Januar

1901 ab nicht unter dem von ihr gemäß § 15 des Bankgesetzes jeweilig öffentlich bekannt gemachten Prozentsätze diskontiren, sobald dieser Satz vier Prozent erreicht oder überschreitet. Wenn die Reichsbank zu einem geringeren als dem öffentlich bekannt gemachten Prozentsätze diskontirt, so hat sie diesen Satz im Reichsanzeiger bekannt zu machen. 8 2. Der Bundesrath wird denjenigen Privatnotenbanken gegenüber, auf welche die beschränkenden Bestimmungen des § 43 des Bankgesetzes keine Anwendung finden, von dem vorbehaltenen Kündigungsrechte behufs Aufhebung der Befugniß zur Ausgabe von Banknoten zum 1. Januar 1901 Gebrauch machen, wenn diese Banken sich nicht bis zum 1. Dezember 1899 verpflichten, vom 1. Januar 1901 ab 1. nicht unter dem gemäß § 15 des Bankgesetzes öffentlich bekannt gemachten Prozentsätze der Reichsbank zu diskontiren, sobald dieser Satz vier Prozent erreicht oder überschreitet, und 2. im Uebrigen nicht um mehr als einviertel Prozent unter dem gemäß § 15 des Bankgesetzes öffentlich bekannt gemachten Pro­ zentsätze der Reichsbank zu diskontiren, oder falls die Reichs­ bank selbst zu einem geringeren Satze diskontirt, um nicht mehr als einachtel Prozent unter diesem Satze. 8 3. Handelt eine Privatnotenbank der nach § 2 einge­ gangenen Verpflichtung entgegen, so wird die Entziehung der

Anhang II.

Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899.

§ 1.

409

Befugniß zur Notenausgabe gemäß § 50 ff. des Bankgesetzes durch gerichtliches Urtheil ausgesprochen. Mitglieder des Vorstandes, Vorsteher einer Zweiganstalt, sonstige Angestellte oder Agenten einer solchen Bank, welche für Rechnung der Bank der von ihr eingegangenen Verpflichtung entgegen, unter dem nach § 2 zulässigen Prozentsätze diskontiren, werden mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark bestraft. Art. 8. Der Reichskanzler wird ermächtigt, die auf Grund des Artikels 1 dieses Gesetzes auszugebenden neuen Antheilsscheine im Wege öffentlicher Zeichnung zu begeben. Die Höhe des bei Begebung der neuen Antheilsscheine zu ent­ richtenden Aufgeldes und die Fristen für die Einzahlung des Gegen­ werths bestimmt der Reichskanzler.

Art. S. 8 1. Die Reichsbank zahlt am 1. Januar 1901 an die Reichskasse einen Betrag, welcher dem Nennwerthe der dann noch im Umläufe befindlichen Noten der vormaligen Preußischen Bank entspricht. 8 2. Das Reich erstattet der Reichsbank diejenigen Beträge, zu welchen sie vom 1. Januar 1901 ab Noten der im § 1 be­ zeichneten Art einlöst oder in Zahlung nimmt oder mit welchen sie für dieselben nach § 4 des Bankgesetzes Ersatz leistet. 8 3. Vom 1. Januar 1901 ab werden die Noten der vor­ maligen Preußischen Bank bei Feststellung des Notenumlaufs der Reichsbank gemäß §§ 8, 9, 10 und 17 des Bankgesetzes außer Ansatz gelassen. Art. 10. Die Artikel 1, 2, 5 und 6 dieses Gesetzes treten am 1. Januar 1901 in Kraft.

II

Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. (RGBl 375.) 8 1. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens in der hypothekarischen Beleihung von Grundstücken und der Ausgabe von Schuldverschrei­ bungen auf Grund der erworbenen Hypotheken besteht (Hypotheken­ banken), bedürfen zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebs der Geneh­ migung des Bundesraths. Ist in der Satzung einer Hypothekenbank bestimmt, daß die hypothekarischen Beleihungen nur im Gebiete desjenigen Bundes­ staats erfolgen dürfen, in welchem die Bank ihren Sitz hat, so steht

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Anhang II. Hy-othekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. § 2—5.

die Ertheilung der Genehmigung der Zentralbehörde dieses Bundes­ staats zu. Zu jeder Aenderung der Satzung einer Hypothekenbank ist die Genehmigung der nach den Abs. 1, 2 zuständigen Stelle erforderlich. 8 2. Offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragenen Genossenschaften und einzelnen Personen ist der Betrieb eines Unternehmens der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Art untersagt. 8 3< Die Hypothekenbanken unterliegen der staatlichen Aufsicht. Die Aussicht steht dem Bundesstaate zu, in welchem die Bank ihren Sitz hat. Die Aufsicht erstreckt sich aus den ganzen Geschäftsbetrieb der Bank und dauert auch nach deren Auflösung bis zur Beendigung der Liquidation fort. 8 4. Die Aufsichtsbehörde ist befugt, alle Anordnungen zu treffen, welche erforderlich sind, um den Geschäftsbetrieb der Bank mit den Gesetzen, der Satzung und den sonst in verbindlicher Weise getroffenen Bestimmungen im Einklänge zu erhalten. Die Aufsichtsbehörde ist namentlich befugt: 1. jederzeit die Bücher und Schriften der Bank einzusehen sowie den Bestand der Kasse und die Bestände an Werthpapieren zu untersuchen; 2. von den Verwaltungsorganen der Bank Auskunft über alle Ge­ schäftsangelegenheiten zu verlangen; 3. einen Vertreter in die Generalversammlungen und in die Sitz­ ungen der Verwaltungsorgane der Bank zu entsenden, die Be­ rufung der Generalversammlung, die Anberaumung von Sitz ungen der Verwaltungsorgane sowie die Ankündigung von Gegenständen zur Beschlußfassung zu verlangen und, wenn bem Verlangen nicht entsprochen wird, die Berufung, Anberaumung oder Ankündigung auf Kosten der Bank selbst vorzunehmen; 4. die Ausführung von Beschlüssen oder Anordnungen zu unter­ sagen, die gegen das Gesetz, die Satzung oder die sonst in ver­ bindlicher Weise getroffenen Bestimmungen verstoßen. Die Aufsichtsbehörde kann einen Kommissar bestellen, der unter ihrer Leitung die Aufsicht ausübt. Sie kann bestimmen, daß für die Thätigkeit des Kommissars eine Vergütung von der Bank an die Staatskasse zu entrichten ist; sie setzt den Betrag dieser Vergütung fest. 8 5. Die Hypothekenbanken dürfen außer der Gewährung hypo­ thekarischer Darlehen und der Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen nur folgende Geschäfte betreiben: 1. den Erwerb, die Veräußerung und die Beleihung von Hypo­ theken;

2. die Gewährung nicht hypothekarischer Darlehen an inländische Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder gegen Uebernahme der vollen Gewährleistung durch eine solche Körperschaft und die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf Grund der so erwor­ benen Forderungen; 3. die Gewährung von Darlehen an inländische Kleinbahnunter­ nehmungen gegen Verpfändung der Bahn und die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf Grund der so erworbenen For­ derungen; 4. den kommissionsweisen Ankauf und Verkauf von Werthpapieren, jedoch unter Ausschluß von Zeitgeschäften; 5. die Annahme von Geld oder anderen Sachen zum Zwecke der Hinterlegung, jedoch mit der Maßgabe, daß der Gesammtbetrag des hinterlegten Geldes die Hälfte des eingezahlten Grund­ kapitals nicht übersteigen darf; 6. die Besorgung der Einziehung von Wechseln, Anweisungen und ähnlichen Papieren. Verfügbares Geld dürfen die Hypothekenbanken nutzbar machen durch Hinterlegung bei geeigneten Bankhäusern, durch Ankauf ihrer Hypothekenpfandbriese und ihrer gemäß Abs. 1 Nr. 2, 3 ausgege­ benen Schuldverschreibungen, durch Ankauf solcher Wechsel und Werth­ papiere, welche nach den Vorschriften des Bankgesetzes vom 14. März 18751 von der Reichsbank angekauft werden dürfen, sowie durch Be­ leihung von Werthpapieren nach einer von der Hypothekenbank auf­ zustellenden Anweisung. Die Anweisung hat die beleihungsfähigen Papiere und die zulässige Höhe der Beleihung festzusetzen. Der Erwerb von Grundstücken ist den Hypothekenbanken nur zur Verhütung von Verlusten an Hypotheken oder zur Beschaffung von Geschäftsräumen gestattet. In Ansehung eines solchen Erwerbes stehen in jedem Bundesstaate Hypothekenbanken, die in dem Gebiet eines anderen Bundesstaats ihren Sitz haben, den einheimischen Hypothekenbanken gleich. 8 6. Der Gesammtbetrag der im Umlaufe befindlichen Hypo­ thekenpfandbriefe muß in Höhe des Nennwerths jederzeit durch Hypo­ theken von mindestens gleicher Höhe und mindestens gleichem Zins­ erträge gedeckt sein. Die Deckung muß, soweit Hypotheken an landwirthschaftlichen Grundstücken dazu verwendet werden, mindestens zur Hälfte aus Amortisationshypotheken bestehen, bei denen der jährliche Tilgungs­ beitrag des Schuldners nicht weniger als ein Viertheil vom Hundert 1 Anhang I.

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Anhang II. Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. 8 7—11.

des Hypothekenkapitals beträgt. Die Bank darf jedoch, falls solche Hypotheken vor der Zeit zurückbezahlt werden, an ihrer Stelle bis zum Ablaufe der planmäßigen Tilgungszeit Hypotheken anderer Art zur Deckung benutzen. Steht der Bank eine Hypothek an einem Grundstücke zu, das sie zur Verhütung eines Verlustes an der Hypothek erworben hat, so darf diese als Deckung von Hypothekenpfandbriefen höchstens mit der Hälfte des Betrags in Ansatz gebracht werden, mit welchem sie vor dem Erwerbe des Grundstücks durch die Bank als Deckung in Ansatz gebracht war. Ist in Folge der Rückzahlung von Hypotheken oder aus einem anderen Grunde die vorgeschriebene Deckung in Hypotheken nicht mehr vollständig vorhanden und ist weder die Ergänzung durch andere Hypotheken noch die Einziehung eines entsprechenden Betrags von Hypothekenpfandbriefen sofort ausführbar, so hat die Bank die fehlende Hypothekendeckung einstweilen durch Schuldverschreibungen des Reichs oder eines Bundesstaats oder durch Geld zu ersetzen. Die Schuld­ verschreibungen dürfen höchstens mit einem Betrag in Ansatz gebracht werden, der um fünf vom Hundert des Nennwerths unter ihrem jeweiligen Börsenpreise bleibt. 8 7. Die Hypothekenbanken dürfen Hypothekenpfandbriefe nur bis zum fünfzehnfachen Betrage des eingezahlten Grundkapitals und des ausschließlich zur Deckung einer Unterbilanz oder zur Sicherung der Pfandbriefgläubiger bestimmten Reservefonds ausgeben. 8 8. In den Hypothekenpfandbriefen sind die für das Rechts­ verhältniß zwischen der Hypothekenbank und den Pfandbriesgläubigern maßgebenden Bestimmungen, insbesondere in Betreff der Kündbarkeit der Hypothekenpsandbriefe, ersichtlich zu machen. Die Hypothekenbank darf aus das Recht zur Rückzahlung der Hypo­ thekenpfandbriese höchstens für einen Zeitraum von zehn Jahren ver­ zichten. Den Pfandbriefgläubigern darf ein Kündigungsrecht nicht eingeräumt werden. 8 9. Die Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen,, deren Ein­ lösungswerth den Nennwerth übersteigt, ist nicht gestattet. 8 10. Als Deckung für Hypothekenpsandbriefe dürfen nur Hypo­ theken benutzt werden, welche den in den §§ 11, 12 bezeichneten Er­ fordernissen entsprechen. 8 11. Die Beleihung ist auf inländische Grundstücke beschränkt und der Regel nach nur zur ersten Stelle zulässig. Die Beleihung darf die ersten drei Fünftheile des Werthes des Grundstücks nicht übersteigen. Die Zentralbehörde eines Bundes­ staats kann die Beleihung landwirthschastlicher Grundstücke in dem

Gebiete des Bundesstaats oder in Theilen dieses Gebiets bis zu zwei Drittheilen des Werthes gestatten. § 12. Der bei der Beleihung angenommene Werth des Grund­ stücks darf den durch sorgfältige Ermittelung festgestellten Verkaufs­ werth nicht übersteigen. Bei der Feststellung dieses Werthes sind nur die dauernden Eigenschaften des Grundstücks und der Ertrag zu berücksichtigen, welchen das Grundstück bei ordnungsmäßiger Wirth­ schaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann. Soweit vor der Beleihung die Grundstücke durch eine öffentliche Behörde des Gebiets, in welchem sie liegen, abgeschätzt werden, kann der Bundesrath bestimmen, daß der bei der Beleihung angenommene Werth auch den durch eine solche Abschätzung festgestellten Werth nicht übersteigen darf. Die zur Deckung von Hypothekenpsandbriefen verwendeten Hypo­ theken an Bauplätzen sowie an solchen Neubauten, welche noch nicht fertiggestellt und ertragsfähig sind, dürfen zusammen den zehnten Theil des Gesammtbetrags der zur Deckung der Hypothekenpfand­ briefe benutzten Hypotheken sowie den halben Betrag des eingezahlten Grundkapitals nicht überschreiten. Im Uebrigen sind Hypotheken an Grundstücken, die einen dauernden Ertrag nicht gewähren, insbe­ sondere an Gruben und Brüchen, von der Verwendung zur Deckung von Hypothekenpfandbriefen ausgeschlossen. Das Gleiche gilt von Hypotheken an Bergwerken. Hypotheken an anderen Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften Anwen­ dung finden, sind von der Verwendung zur Deckung von Hypotheken­ pfandbriefen ausgeschlossen, sofern die Berechtigungen einen dauern­ den Ertrag nicht gewähren. 8 13. Die Hypothekenbank hat auf Grund der Vorschriften des § 12 eine Anweisung über die Werthermittelung zu erlassen; die An­ weisung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Nimmt die Bank hypothekarische Beleihungen in dem Gebiet eines Bundesstaats vor, in dem sie nicht ihren Sitz hat, so ist die Anweisung auch der Aufsichtsbehörde dieses Bundesstaats einzu­ reichen. Ueber Beanstandungen, die von der Behörde erhoben werden, beschließt, wenn die Erledigung in anderer Weise nicht zu erreichen ist, der Bundesrath; die Beschlußfassung des Bundesraths wird auf Antrag durch den Reichskanzler herbeigesührt. 8 14. Die hypothekarischen Darlehen sind in Geld zu gewähren. Die Gewährung von Darlehen in Hypothekenpfandbriesen der Bank zum Nennwerth ist nur zulässig, wenn die Satzung der Bank sie gestattet und der Schuldner ausdrücklich zustimmt. In diesem Falle ist dem Schuldner urkundlich das Recht einzuräumen, die

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Anhang II. dypothekeubankgesetz vom 13. Juli 1899. § 15—17.

Rückzahlung der Hypothek nach seiner Wahl in Geld oder in Hypo­ thekenpfandbriefen der Bank, die derselben Gattung angehören wie die empfangenen, nach dem Nennwerthe zu bewirken. Hypotheken­ pfandbriefe, die bei der amtlichen Feststellung des Börsenpreises nicht unterschieden werden, gelten im Sinne dieser Vorschrift stets als zu derselben Gattung gehörig. 8 15. Die Grundzüge der Bedingungen für die hypothekarischen Darlehen sind von der Hypothekenbank festzustellen; die Grundzüge bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. In den Bedin­ gungen ist namentlich zu bestimmen, welche Nachtheile den Schuldner bei nicht rechtzeitiger Zahlung treffen sowie unter welchen Voraus­ setzungen die Bank befugt ist, die vorzeitige Rückzahlung der Hypothek zu verlangen. Nimmt die Bank Beleihungen in dem Gebiet eines Bundesstaats vor, in dem sie nicht ihren Sitz hat, so kann die Aufsichtsbehörde dieses Bundesstaats verlangen, daß ihr die Grundzüge der Dar­ lehensbedingungen eingereicht werden. Auf die Erledigung von Be­ anstandungen finden die Vorschriften des § 13 Abs. 2 Satz 2 ent­ sprechende Anwendung. Ter Aufsichtsbehörde des im Abs. 2 bezeichneten Bundesstaats ist auf ihr Verlangen alljährlich ein Verzeichniß der hypothekarischen Beleihungen einzureichen, welche die Bank in dem Gebiete des Bundes­ staats vorgenommen hat. Der Bundesrath kann Bestimmungen über Einrichtung und den Inhalt der Verzeichnisse erlassen. 8 16. In den von der Hypothekenbank verwendeten Darlehens­ prospekten und Antragsformularen sind alle Bestimmungen über die Art der Auszahlung der Darlehen, über Abzüge zu Gunsten der Bank, über die Höhe und Fälligkeit der Zinsen und der sonst dem Schuldner obliegenden Leistungen, über den Beginn einer Amorti­ sation und über die Kündigung und Rückzahlung aufzunehmen. 8 17. Im Falle einer Verschlechterung des beliehenen Grund­ stücks oder seiner Zubehörstücke, der ein unwirthschastliches Ver­ fahren des Besitzers nicht zu Grunde liegt, finden zu Gunsten der Hypothekenbank die Vorschriften der §§ 1133, 1135 des Bürger­ lichen Gesetzbuchs * über das Recht des Gläubigers auf sofortige Be1 BGB 1133. Ist in Folge einer Verschlechterung des Grundstücks die Sicherheit der Hypothek gefährdet, so kann der Gläubiger dem Eigenthümer eine angemessene Frist zur Beseitigung der Gefährdung bestimmen. Nach dem Ab­ laufe der Frist ist der Gläubiger berechtigt, sofort Befriedigung aus dem Grund­ stücke zu suchen, wenn nicht die Gefährdung durch Verbesserung des Grund­ stücks oder durch anderweitige Hypothekenbestellung beseitigt worden ist. Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Gläubiger nur

friedigung aus dem Grundstücke nur in Ansehung des Betrags An­ wendung, für welchen in dem verminderten Werthe des Grundstücks nicht mehr die nach dem Gesetz oder der Satzung erforderliche Deckung vorhanden ist. Ueber diesen Betrag hinaus darf sich die Bank für den Fall einer Verminderung des Werthes des Grundstücks das Recht, die vorzeitige Rückzahlung der Hypothek zu verlangen, nicht ausbe­ dingen. Die Bank darf sich für den Fall, daß ein Theil des Grundstücks veräußert und die Unschädlichkeit der Veräußerung für die Berech­ tigten nach Maßgabe der Landesgesetze von der zuständigen Behörde festgestellt wird, keine weiteren als die ihr gesetzlich zustehenden Rechte auf Sicherstellung oder Befriedigung Vorbehalten. Es darf nicht bedungen werden, daß die Bank im Falle ihrer Auflösung die vorzeitige Rückzahlung der Hypothek verlangen kann,

g 18. Dem Schuldner ist urkundlich das Recht einzuräumen, die Hypothek ganz oder theilweise zu kündigen und zurückzuzahlen. Das Recht der Rückzahlung darf nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Dieser Zeitraum beginnt mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Theilbeträgen mit der letzten Zahlung; wird nach der Auszahlung des Darlehens eine Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung ge­ troffen, so beginnt der zehnjährige Zeitraum mit der Vereinbarung. Die Kündigungsfrist darf neun Monate und bei Hypotheken, ivelche die Bank kündigen kann, auch die der Bank eingeräumte Kündigungsfrist nicht überschreiten. Soweit es nach diesen Vorschriften nicht gestattet ist, das Recht des Schuldners zur Rückzahlung der Hypothek auszuschließen, darf sich die Bank eine Rückzahlungsprovision oder die Bestellung einer Sicherheit bei der Kündigung nicht ausbedingen.

g 19. Bei Amortisationshypotheken darf zu Gunsten der Bank ein Kündigungsrecht nicht bedungen werden. Eine Vereinbarung, welche der Bank das Recht einräumt, aus besonderen, in dem Ver­ halten des Schuldners liegenden Gründen die Rückzahlung der Hypo­ thek vor der bestimmten Zeit zu verlangen, wird hierdurch nicht berührt. die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung gleichkommt. 1135. Einer Verschlechterung des Grundstücks im Sinne der §§ 1133, 1134 steht es gleich, wenn Zubehörstücke, auf die sich die Hypothek erstreckt, ver­ schlechtert oder den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zuwider von dem Grundstück entfernt werden.

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Anhang II. Hy-othekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. § 20—22.

Die Jahresleistung des Schuldners darf nur die bedungenen Zinsen und den Tilgungsbeitrag enthalten. § 20. Der Beginn der Amortisation darf für einen zehn Jahre nicht übersteigenden Zeitraum hinausgeschoben werden. Ist in einem solchen Falle in Folge der Hinausschiebung der Amortisation außer den bedungenen Zinsen ein Betrag an die Bank zu entrichten, so ist dieser in der Darlehensurkunde ersichtlich zu machen. Von dem Beginne der Amortisation an dürfen die Jahreszinsen von keinem höheren Betrag als von dem für den Schluß des Vorjahrs sich ergebenden Restkapitale berechnet werden; der Mehr­ betrag der Jahresleistung ist zur Tilgung zu verwenden. 8 21. Das Recht des Schuldners zur theilweisen Rückzahlung der Hypothek kann bei Amortisationshypotheken in der Weise be schränkt werden, daß eine Zahlung von der Bank nur angenommen zu werden braucht, wenn die Zahlung dazu bestimmt und geeignet ist, die Tilgungszeit unter Beibehaltung der bisherigen Höhe der Jahres leistungen um ein Jahr oder um mehrere Jahre abzukürzen. Die Vorschrift findet jedoch keine Anwendung, wenn der Betrag der Zahlung den zehnten Theil des Restkapitals erreicht und der Schuldner verlangt, daß die späteren Jahresleistungen unter Beibehaltung der ursprünglichen Tilgungszeit herabgesetzt werden; in diesem Falle darf bei den im § 6 Abs. 2 bezeichneten Hypotheken der jährliche Tilgungs­ beitrag weniger als ein Viertheil vom Hundert des ursprünglichen Kapitals betragen; die Bank hat einen neuen Tilgungsplan aufzu­ stellen. Die Bank darf sich von der Verpflichtung, in Ansehung des amortisirten Betrags die ihr behufs der Berichtigung des Grund buchs, der Löschung der Hypothek oder der Herstellung eines Theil­ hypothekenbriefs nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ob liegenden Handlungen vorzunehmen, im voraus nicht befreien. Die Bank hat nach Veröffentlichung der Jahresbilanz jedem Schuldner auf Verlangen mitzutheilen, welcher Betrag der Hypothek am Schlüsse des Vorjahrs amortisirt war. 8 22. Die zur Deckung der Hypothekenpfandbriese bestimmten Hypotheken sind von der Bank einzeln in ein Register einzutragen. Im Falle des § 6 Abs. 4 sind die ersatzweise zur Deckung be­ stimmten Werthpapiere gleichfalls in das Register einzutragen; die Eintragung hat die einzelnen Stücke zu bezeichnen. Innerhalb des ersten Monats eines jeden Kalenderhalbjahres ist eine von dem nach § 29 bestellten Treuhänder beglaubigte Ab­ schrift der Eintragungen, welche während des letzten Halbjahrs in dem Hypothekenregister vorgenommen worden sind, der Aufsichts-

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Hypothekeubankaesetz vom 13. Juli 1899. § 23—25.

behörde einzureichen. Die Abschrift wird von der Aufsichtsbehörde aufbewahrt. 8 23. Innerhalb des zweiten Monats eines jeden Kalender­ halbjahrs hat die Bank den Gesammtbetrag der Hypothekenpfand­ briefe, welche am letzten Tage des vergangenen Halbjahrs im Um­ läufe waren und den nach Abzug aller Rückzahlungen oder sonstigen Minderungen sich ergebenden Gesammtbetrag der am letzten Tage des vergangenen Halbjahrs in das Hypothekenregister eingetragenen Hypotheken sowie den Gesammtbetrag der an diesem Tage in das Register eingetragenen Werthpapiere und des in der Verwahrung des Treuhänders befindlichen Geldes im Deutschen Reichsanzeiger und in den für die Veröffentlichungen der Bank bestimmten Blättern bekannt zu machen. Sind in dem Register Werthpapiere oder solche Hypotheken ein­ getragen, die nicht ihrem vollen Betrage nach zur Deckung von Hypothekenpfandbriefen geeignet sind, so ist in dieser Bekanntmachung anzugeben, mit welchem Betrage die Werthpapiere oder die Hypo­ theken als Deckung nicht in Ansatz kommen. 8 24. Tie Jahresbilanz einer Hypothekenbank hat in getrennten Posten namentlich zu enthalten: 1. den Gesammtbetrag der zur Deckung der Hypothekenpfandbriefe bestimmten Hypotheken und Werthpapiere; 2. den Gesammtbetrag der rückständigen Hypothekenzinsen; 3. den Gesammtwecth der Grundstücke der Bank unter gesonderter Angabe des Werthes der Bankgebäude; 4. die Gesammtbeträge der Bestände an Geld, an Wechseln und an Werthpapieren, unter gesonderter Angabe des Betrags der eigenen Hypothekenpfandbriefe und Schuldverschreibungen der Bank; 5. den Gesammtbetrag der Forderungen der Bank aus Lombard­ geschäften; 6. den Gesammtbetrag der Guthaben bei Bankhäusern; 7. den Gesammtbetrag der im Umläufe befindlichen Hypotheken­ pfandbriese nach ihrem Nennwerthe, bei verschieden verzins­ lichen Hypothekenpfandbriefen den Gesammtbetrag jeder dieser Gattungen; 8. den Gesammtbetrag der Verbindlichkeiten der Bank aus der Annahme von Geld zum Zwecke der Hinterlegung. 8 25. Sind Hypothekenpfandbriefe zu einem geringeren Betrag als dem Nennwerth ausgegeben worden, so darf in die Aktiven der Bilanz ein Betrag ausgenommen werden, der vier Fünftheilen des Mindererlöses gleichkommt; von dem Mindererlös ist der Gewinn abFriedbcrg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

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Anhang II. dypothekenbantgesetz vom 13. Juli 1899. 8 26—28.

zuziehen, den die Bank durch den Rückkauf von HypothekenpsandBriefen zu einem geringeren Betrag als dem Nennwerth erzielt hat. Der demgemäß in die Bilanz eingestellte Aktivposten muß jährlich zu mindestens einem Viertheil abgeschrieben werden. In keinem Jahre dürfen die nach den Vorschriften des Abs. 1 in die Bilanz aufgenommenen Aktivposten zusammen mehr betragen als das Doppelte des Überschusses, den die Hypothekenzinsen für das Bilanzjahr ergeben, wenn von ihnen die Psandbriefzinsen und außer­ dem ein Viertheil vom Hundert der Gesammtsumme der Hypotheken abgezogen werden; auch dürfen die bezeichneten Aktivposten zusammen nicht den Betrag des ausschließlich zur Deckung einer Unterbilanz be­ stimmten Reservefonds übersteigen. Die durch die Ausgabe der Hypothekenpfandbriefe entstandenen Kosten, mit Einschluß der für die Unterbringung gezahlten Provi sionen, sind ihrem vollen Betrage nach zu Lasten des Jahres zu ver­ rechnen, in welchem sie entstanden sind. Ansprüche der Bank auf Jahresleistungen der Hypotheken­ schuldner für die auf das Bilanzjahr folgende Zeit dürfen nicht in die Aktiven der Bilanz ausgenommen werden. § 26, Sind Hypothekenpfandbriefe zu einem höheren Betrag als dem Nennwerth ausgegeben worden und hat die Bank auf das Recht verzichtet, die Hypothekenpfandbriefe jederzeit zurückzuzahlen, so ist der Mehrerlös, soweit er den Betrag von eins vom Hundert des Nennwerths übersteigt, in die Passiven der Bilanz einzustellen. Tie Bank darf über ihn während der Jahre, für welche die Rück' Zahlung der Hypothekenpfandbriefe ausgeschlossen ist, alljährlich nur zu einem der Zahl dieser Jahre entsprechenden Bruchtheile verfügen. Die Verfügung ist ausgeschlossen, solange ein Minder­ erlös der im § 25 Abs. 1 bezeichneten Art als Aktivposten in der Bilanz steht; zur Tilgung eines solchen Mindererlöses sowie zur Deckung des Verlustes, der für die Bank durch den Rückkauf von Hypothekenpfandbriefen 311 einem den Nennwerth übersteigenden Be trag entstanden ist, darf der Mehrerlös jederzeit verwendet werden. 8 27. In der Gewinn- und Verlustrechnung sind in getrennten Posten namentlich die Gesammtbeträge der in dem Geschäftsjahre von der Bank verdienten Hypothekenzinsen, Tarlehensprovisionen und sonstigen Nebenleistungen der Hypothekenschuldner sowie der Gesammt betrag der für das Geschäftsjahr von der Bank zu entrichtendell Pfandbriefzinsen anzugeben. 8 28. In dem Geschäftsbericht oder in der Bilanz sind er­ sichtlich zu machen: 1. die Zahl der zur Deckung der Hypothekenpfandbriefe bestimmtell

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Vy-othekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. 8 29. 30.

Hypotheken und deren Vertheilung nach ihrer Höhe in Stufen von hunderttausend Mark; 2. die Beträge, welche davon auf Hypotheken an landwirthschaftlichen und auf solche an anderen Grundstücken, auf Amorti­ sationshypotheken und auf andere Hypotheken, auf Hypotheken an Bauplätzen und an unfertigen, noch nicht ertragsfähigen Neubauten fallen; 3. die Zahl der Zwangsversteigerungen und die Zahl der Zwangs­ verwaltungen, welche in dem Geschäftsjahr auf Antrag der Bank bewirkt worden sind, sowie die Zahl der in dem Geschäftsjahre bewirkten Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen, an welchen die Bank sonst betheiligt war; 4. die Zahl der Fälle, in welchen die Bank während des Geschäfts­ jahrs Grundstücke zur Verhütung von Verlusten an Hypotheken hat übernehmen müssen, sowie den Gesammtbetrag dieser Hypo­ theken und die Verluste oder Gewinne, welche sich bei dem Wieder­ verkauf übernommener Grundstücke ergeben haben; 5. die Jahre, aus welchen die Rückstände auf die von den Hypo­ thekenschuldnern zu entrichtenden Zinsen herrühren, sowie der Gesammtbetrag der Rückstände eines jeden Jahres; 6. der Gesammtbetrag der im Geschäftsjahr erfolgten Rückzahlungen auf die Hypotheken, getrennt nach den durch Amortisation und den in anderer Weise erfolgten Rückzahlungen; 7. die Beschränkungen, welchen sich die Bank hinsichtlich der Rück­ zahlung der Hypothekenpfandbriefe unterworfen hat, getrennt nach den einzelnen Gattungen der Hypothekenpsandbriese. Die unter Nr. 3 bis 5 bezeichneten Angaben sind getrennt nach landwirthschaftlichen und anderen Grundstücken und nach den Haupt­ gebieten zu machen, auf welche sich die Geschäftsthätigkeit der Hypo­ thekenbank erstreckt. In dem Geschäftsbericht oder in der Gewinn- und Verlust­ rechnung sind der Mehrerlös und der Mindererlös anzugeben, welche in dem Geschäftsjahre durch die Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen zu einem höheren oder geringeren Betrag als dem Nennwerth ent­ standen sind. 8 28. Bei jeder Hypothekenbank ist ein Treuhänder sowie ein Stellvertreter zu bestellen. Die Bestellung erfolgt durch die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der Hypothekenbank. Die Bestellung kann jederzeit durch die Auf­ sichtsbehörde widerrufen werden. 8 30. Der Treuhänder hat darauf zu achten, daß die vorschrifts­ mäßige Deckung für die Hypothekenpfandbriefe jederzeit vorhanden

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ist; hierbei hat er, sofern der Werth der beliehenen Grundstücke ge­ mäß der von der Aufsichtsbehörde genehmigten Anweisung festgesetzt ist, nicht zu untersuchen, ob der festgesetzte Werth dem wirklichen Werthe entspricht. Er hat darauf zu achten, daß die zur Deckung der Hypotheken­ pfandbriefe bestimmten Hypotheken und Werthpapiere gemäß den Vorschriften des § 22 Abs. 1 in das Hypothekenregister eingetragen werden. Er hat die Hypothekenpfandbriefe vor der Ausgabe mit einer Bescheinigung über das Vorhandensein der vorschriftsmäßigen Deckung und über die Eintragung in das Hypothekenregister zu versehen. Eine in das Hypothekenregister eingetragene Hypothek sowie ein in das Hypothekenregister eingetragenes Werthpapier kann nur mit Zustimmung des Treuhänders in dem Register gelöscht werden. Die Zustimmung des Treuhänders bedarf der schriftlichen Form; sie kann in der Weise erfolgen, daß der Treuhänder seine Namensunterschrift dem Löschungsvermerk im Hypothekenregister beifügt. 8 31. Ter Treuhänder hat die Urkunden für die in das Hypo­ thekenregister eingetragenen Hypotheken sowie die in das Register eingetragenen Werthpapiere und das gemäß § 6 Abs. 4 zur Deckung der Hypothekenpfandbriefe bestimmte Geld unter dem Mitverschlusse der Bank zu verwahren; er darf diese Gegenstände nur gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes herausgeben. Er ist verpflichtet, Hypothekenurkunden sowie Werthpapiere und Geld auf Verlangen der Bank hcrauszugeben und zur Löschung im Hypothekenregister mitzuwirken, soweit die übrigen in das Register eingetragenen Hypotheken und Werthpapiere zur Deckung der Hypo­ thekenpfandbriefe genügen oder die Bank eine andere vorschrifts­ mäßige Deckung beschafft. Ist die Bank dem Hypotheken­ schuldner gegenüber zur Aushändigung der Hypothekenurkunde oder zur Vornahme der im § 1145 des Bürgerlichen Gesetzbuchs^ bezeich1 BGB 1145. Befriedigt der Eigenthümer den Gläubiger nur theilweise, so kann er die Aushändigung des Hypothekenbriefs nicht verlangen. Der Gläubiger ist verpflichtet, die theilweise Befriedigung auf dem Briefe zu vermerken und den Brief zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs oder der Löschung dem Grundbuchamt oder zum Zwecke der Herstellung eines Thcilhypothekenbriess für den Eigenthümer der zuständigen Behörde oder einem zuständigen Notare vorzulegen. Tie Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 gilt für Zinsen und andere Neben­ leistungen nur, wenn sie später als in dem Kalenderviertcljahr, in welchem der Gläubiger befriedigt wird, oder dem folgenden Vierteljahre fällig werden. Auf Kosten, für die das Grundstück nach § 1118 haftet, findet die Vorschrift keine Anwendung.

Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899. 8 32—35.

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neten Handlungen verpflichtet, so hat der Treuhänder die Urkunde auch dann herauszugeben, wenn die bezeichneten Voraussetzungen nicht vorliegen; wird die Hypothek zurückgezahlt, so ist in dem letzteren Falle das gezahlte Geld dem Treuhänder zur Verwahrung gemäß Abs. 1 zu übergeben. Bedarf die Bank einer Hypothekenurkunde nur zu vorübergehen­ dem Gebrauche, so hat der Treuhänder sie herauszugeben, ohne daß die Bank verpflichtet ist, eine andere Deckung zu beschaffen. 8 32. Der Treuhänder ist befugt, jederzeit die Bücher und Schriften der Bank einzusehen, soweit sie sich auf die Hypotheken­ pfandbriefe und auf die in das Hypothekenregister eingetragenen Hypotheken beziehen. Die Hypothekenbank ist verpflichtet, von den Kapitalrückzahlungen auf die in das Hypothekenregister eingetragenen Hypotheken sowie voll sonstigen für die Pfandbriefgläubiger erheblichen Aenderungen, welche diese Hypotheken betreffen, dem Treuhänder fortlaufende Mittheilung zu niachen. 8 33. Streitigkeiten zwischen dem Treuhänder und der Hypo­ thekenbank entscheidet die Aufsichtsbehörde. 8 34. Ter Treuhänder kann von der Hypothekenbank eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführung verlangen. Der Be­ trag der vereinbarten Vergütung ist der Aufsichtsbehörde anzuzeigen; in Ermangelung einer Einigung wird der Betrag durch die Aufsichts­ behörde festgesetzt. 8 35. Ist über das Vermögen der Hypothekenballk der Konkurs eröffnet, so gehen in Ansehung der Befriedigung aus den in das Hypothekenregister eingetragenen Hypotheken und Werthpapieren die Forderungen der Pfandbriefgläubiger den Forderungen aller anderen Konkursgläubiger vor. Das Gleiche gilt von Geld, das dem Treu­ händer zur Deckung der Hypothekenpsandbriefe in Verwahrung gegeben ist. Die Pfandbriefgläubiger haben unter einander gleichen Rang. In Betreff des Anspruchs der Pfandbriesgläubiger auf Befriedi­ gung aus dem sonstigen Vermögen der Bank finden die für die Absonderungsberechtigten geltenden Vorschriften der §§ 64 153, 155, 1561 2 1 S. oben S. 90. 2 KO 153 [141]. Gläubiger, von welchen abgesonderte Befriedigung be­ ansprucht wird, haben bis zum Ablaufe der Ausschlußfrist dem Verwalter den Nachweis ihres Verzichts oder ihres Ausfalls nach Maßgabe des § 64 zu führen. Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so werden die Forde­ rungen bei der vorzunehmenden Vertheilung nicht berücksichtigt. Zur Berücksichtigung bei einer Abschlagsvertheilung genügt es, wenn bis zum Ablaufe der Ausschlußfrist dem Verwalter der Nachweis, daß die Ver-

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Anhang II. Hypothekenbankgesetz vom 13. Anli 1899. 8 36. 37.

und des § 168 Nr. 31 der Konkursordnung (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 612) entsprechende Anwendung. Gehören zur Konkursmasse eigene Hypothekenpfandbriefe der Bank, die von dieser dem Bestand an Werthpapieren zugeschrieben sind, so werden sie bei der Berechnung der auf die einzelnen Hypo­ thekenpfandbriefe fallenden Antheile an dem Erlös aus den im Abs. 1 bezeichneten Gegenständen mitgezählt. Während des Konkurses der Hypothekenbank sind die Kosten einer Versammlung der Pfandbriefgläubiger, die nach den Vorschriften des Gesetzes, betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuld­ verschreibungen, berufen wird, aus dem zur vorzugsweisen Befrie­ digung der letzteren dienenden Theile der Konkursmasse zu berichtigen.

8 36. Treuhänder, die absichtlich zum Nachtheile der Pfandbrief­ gläubiger handeln, werden wegen Untreue nach § 266 des Strafgesetz buchs bestraft. 8 37. Wer für eine Hypothekenbank wissentlich Hypotheken­ pfandbriefe über den Betrag hinaus ausgiebt, welcher durch die in das Hypothekenregister eingetragenen Hypotheken und Werthpapiere oder das in der Verwahrung des Treuhänders befindliche Geld vor­ schriftsmäßig gedeckt ist, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher für eine Hypotheken­ bank wissentlich über eine in das Hypothekenregister eingetragene Hypothek oder über ein in das Register eingetragenes Werthpapier durch Veräußerung oder Belastung verfügt, obwohl die übrigen in das Register eingetragenen Hypotheken und Werthpapiere zur vorschriftsmäßigen Deckung der Hypothekenpfandbriese nicht ge­ nügen, sowie denjenigen, welcher die Vorschrift des § 31 Abs. 2 Satz 2 äußerung des zur abgesonderten Befriedigung dienenden Gegenstandes betrieben ist, geführt und der Betrag des muthmaßlichen Ausfalls glaubhaft gemacht wird, los) [143]. Gläubiger, welche bei einer Abschlagsvcrtheilung nicht be­ rücksichtigt worden sind, können nachträglich, sobald sie die Vorschriften der §§ 152, 153 erfüllt haben, die bisher festgesetzten Prozentsätze aus der Rest­ masse verlangen, soweit diese reicht und nicht in Folge des Ablaufes einer Ausschlußfrist für eine neue Verkeilung zu verwenden ist. 156 [144, Nr. 45]. Tie Antheile, mit welchen Gläubiger bei Ab­ schlagszahlungen nach Maßgabe des § 153 Abs. 2 und des § 154 Abs. 1 berück­ sichtigt worden sind, werden für die Schlußvertheilung frei, wenn bei dieser die Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 nicht erfüllt sind oder nach der Maß­ gabe des § 154 Abs. 2 die Berücksichtigung der bedingten Forderung aus­ geschlossen ist. 1 L. unten S. 587.

Hypotherenbanlgesetz vom 13. Auli 1899. 8 38—42.

423

zuwider es unterläßt, bei der Rückzahlung einer Hypothek das ge­ zahlte Geld dem Treuhänder zur Verwahrung zu übergeben. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf die Geldstrafe allein erkannt werden. 8 38. Wer für eine Hypothekenbank Hypothekenpfandbriefe ohne die nach § 30 Abs. 3 erforderliche Bescheinigung ausgiebt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. 8 39. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschrift des § 2 werden mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. 8 40. Den Hypotheken stehen im Sinne dieses Gesetzes die Grundschulden gleich. Hat die Bank ein Grundstück zur Verhütung von Verlusten an einer ihr an dem Grundstücke zustehenden Hypothek oder Grundschuld bei der Zwangsversteigerung erworben und an Stelle der gelöschten Hypothek oder Grundschuld für sich eine Grundschuld eintragen lassen, so findet auf diese die Vorschrift des § 6 Abs. 3 entsprechende Anwendung. 8 41. Werden von einer Hypothekenbank auf Grund nicht hypo­ thekarischer Darlehen, die an inländische Körperschaften des öffent­ lichen Rechtes oder gegen Uebernahme der Gewährleistung durch eine solche Körperschaft gewährt sind, Schuldverschreibungen ausgegeben, so finden auf diese Schuldverschreibungen und die ihnen zu Grunde liegenden Darlehensforderungen die Vorschriften des § 6 Abs. 1, 4 und der §§ 8, 9, 22, 23, 25, 26, 29 bis 38 entsprechende Anwendung. Die Schuldverschreibungen, welche die Hypothekenbank gemäß Abs. 1 ausgiebt, dürfen unter Hinzurechnung der im Umlaufe befind­ lichen Hypothekenpsandbriefe den für die letzteren im § 7 bestimmten Höchstbetrag nicht um mehr als den fünften Theil übersteigen. 8 42. Werden von einer Hypothekenbank auf Grund von Dar­ lehen, die an Kleinbahnuntcrnehmungen gegen Verpfändung der Bahn gewährt sind, Schuldverschreibungen ausgegeben, so finden auf diese Schuldverschreibungen und die ihnen zu Grunde liegenden Darlehens­ forderungen die im § 41 Abs. 1 angeführten Vorschriften ent­ sprechende Anwendung. Die von der Hypothekenbank in der be­ zeichneten Weise ausgegebenen Schuldverschreibungen stehen im Sinne der Vorschriften des § 7 und des § 41 Abs. 2 den Hypothekenpfand­ briefen gleich. Die Satzung der Bank kann bestimmen, daß auf Grund der Forderungen aus den gemäß Abs. 1 gewährten Darlehen und auf Grund der Forderungen aus Darlehen, die an Kleinbahnunter­ nehmungen gegen Uebernahme der Gewährleistung durch eine in-

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Anhang II.

Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899.

§ 43—46.

ländische Körperschaft des öffentlichen Rechtes gewährt sind, Schuld­ verschreibungen einer und derselben Art ausgegeben werden, denen beide Arten von Forderungen zur Deckung dienen. In dem Ge­ schäftsbericht oder in der Bilanz ist der Gesalnmtbetrag der Forde­ rungen der einen und der anderen Art ersichtlich zu machen. Im Uebrigen sind die für die Gewährung von Darlehen an Kleinbahnunternehmungen maßgebenden Grundsätze von der Hypo­ thekenbank festzustellen; die Grundsätze bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Vorschriften des § 13 Abs. 2 finden ent­ sprechende Anwendung. 8 43. Der § 17 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen den Inhabern von Pfandbriefen, die von Kreditanstalten, welche nicht zu Hypothekenbanken gehören, auf Grund von Hypo­ theken ausgestellt sind, ein Vorrecht vor allen anderen Konkurs­ gläubigern in Ansehung der Befriedigung ans den Hypotheken der Anstalt zusteht. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen den Inhabern von Schuldverschreibungen, die von Körperschaften des öffentlichen Rechtes, Aktiengesellschaften, Kom­ manditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften über ein Anlehen ausgestellt sind, ein Vorrecht vor nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern, deren Forderungen später entstehen, dadurch gewährt werden kann, daß die zu bevorrechtigenden Forderungen in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen werden. 8 44. Dieses Gesetz tritt, soweit sich nicht aus dem § 53 ein Anderes ergiebt, gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Krajl. 8 45. Auf die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Hypothekenbanken finden die Vorschriften des § 1 Abs. 1, 2 keine Anwendung. Auf die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in das Genossen­ schaftsregister eingetragenen Genossenschaften findet, sofern sie vor dem 1. Mai 1898 gemäß den Bestimmungen ihrer Satzung die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Geschäfte betrieben haben, die Vorschrift des § 2 keine Anwendung. 8 46. Die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Hypothekenbanken unterliegen den Vorschriften des § 5 insoweit nicht, als sie bis zum 1. Mai 1898 gemäß den Bestimmungen ihrer Satzung Geschäfte in weiterem als dem im § 5 bezeichneten Umfange betrieben haben.

Eine Hypothekenbank, die von dem Rechte des erweiterten Ge­ schäftsbetriebs nach Maßgabe des Abs. 1 Gebrauch macht, darf Hypo­ thekenpfandbriefe nur bis zum zehnfachen Betrage des eingezahlten Grundkapitals und des im § 7 bezeichneten Reservefonds ausgeben. Die Befugniß zur Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen ist auf beit doppelten Betrag des eingezahlten Grundkapitals und des im § 7 bezeichneten Reservefonds beschränkt, wenn bei dem Inkrafttreten des Gesetzes die von der Bank ausgegebenen Hypothekenpfandbriefe den doppelten Betrag des eingezahlten - Grundkapitals nicht über­ steigen. Der Betrag, bis zu welchem hiernach eine Bank Hypotheken­ pfandbriefe ausgeben darf, tritt auch im Sinne des § 41 Abs. 2 an die Stelle des im § 7 bestimmten Höchstbetrags. § 47. Beschließt eine Hypothekenbank, die nach § 46 nicht an die Vorschriften des § 5 gebunden ist, sich diesen Vorschriften zu unterwerfen und ihre Satzung demgemäß zu ändern, so ist, wenn im Zusammenhänge damit zugleich eine Herabsetzung des Grundkapitals stattfindet, die im § 289 Abs. 3, 4 des Handelsgesetzbuchs vorge­ sehene Sicherstellung der Gläubiger in Ansehung der Pfandbrief­ gläubiger nicht erforderlich, sofern die im Umlaufe befindlichen Hypo­ thekenpfandbriefe durch die in das Hypothekenregister eingetragenen Hypotheken vollständig gedeckt sind. 8 48. Eine Hypothekenbank, die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes das Recht besitzt, über den in den §§ 7, 41, 42 oder im § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 bestimmten Betrag hinaus Hypotheken­ pfandbriefe oder Schuldverschreibungen auszugeben, behält das Recht mit der Maßgabe, daß die Hypothekenpfandbriefe und die auf Grund von Darlehen an Kleinbahnunternehmungen aus­ gegebenen Schuldverschreibungen den zwanzigfachen Betrag des eingezahlten Grundkapitals nicht übersteigen dürfen und daß hierbei das eingezahlte Kapital nur insoweit berücksichtigt wird, als es innerhalb des Betrags verbleibt, auf welchen am 1. Mai 1898 das Grundkapital der Bank durch die Satzung festgesetzt war; die Schuldverschreibungen, welche die Bank auf Grund nicht hypothekarischer Darlehen an Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder gegen Uebernahme der Gewährleistung durch eine solche Körper­ schaft ausgiebt, dürfen unter Hinzurechnung der im Umlaufe befind­ lichen Hypothekenpfandbriefe und auf Grund von Darlehen an Klein­ bahnunternehmungen ausgegebenen Schuldverschreibungen den Be­ trag, bis zu welchem die Bank Hypothekenpfandbriefe ausgeben darf, nicht um mehr als den fünften Theil übersteigen. Auf Grund einer nach dem 1. Mai 1898 in das Handelsregister

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Anhang II. Hy-othelenbankgesetz vom 13. Juli 1899. 8 49—53.

eingetragenen Kapitalserhöhung dürfen Hypothekenpfandbriefe und Schuldverschreibungen nur nach den Vorschriften der §§ 7, 41, 42, 46 ausgegeben werden. Hierbei bleibt der Reservefonds, der bei Erreichung des nach Abs. 1 zulässigen Höchstbetrags vorhanden war, außer Betracht. Diese Vorschriften finden in dem Falle des § 46 Abs. 2 Satz 2 keine Anwendung.

8 49. Auf die Deckung der Hypothekenpfandbriefe durch Hypo­ theken, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von einer Hypo^ thekenbank gemäß den Bestimmungen ihrer Satzung erworben sind, finden die Vorschriften des § 6 Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 keine Anwendung. Die Vorschriften des § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3 und der §§ 18 bis 21 sind nur für Verträge maßgebend, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen werden. 8 50. Tie Vorschriften der §§ 24 bis 28 finden bei den be­ stehenden Hypothekenbanken erst auf die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und den Geschäftsbericht für das mit oder in dem Jahre 1900 beginnende Geschäftsjahr Anwendung. Aus die Verrechnung des Mindererlöses, der vor dein Inkraft­ treten dieses Gesetzes durch die Ausgabe von Hypothekenpfandbriefcn zu einem geringeren Betrag als dem Nennwerth entstanden ist, sowie aus die Verrechnung der Kosten der vor dem bezeichneten Zeitpunkt erfolgten Ausgabe üoit Hypothekenpfandbriefen finden die Vor­ schriften des § 25 keine Anwendung. Die Bank hat jedoch die zur Deckung eines solchen Mindererlöses oder solcher Kosten in die Aktiven der Bilanz aufgenommenen Posten, soweit die Aufnahme nach § 25 nicht zulässig sein würde, längstens binnen fünf Jahren abzuschreiben. Das Gleiche gilt bezüglich der vor denl Inkrafttreten dieses Gesetzes in die Aktiven der Bilanz ausgenommenen Ansprüche auf künftige Jahresleistungen der Darlehensschuldner.

8 51. Ist bei einer Hypothekenbank zur Zeit des Inkraft­ tretens dieses Gesetzes ein Staatskommissar mir der Überwachung der Pfandbriefausgabe betraut, so können die Obliegenheiten, welche nach § 22 Abs. 2 und den §§ 30 bis 32, 41, 42 von dem Treuhänder wahrzunehmen sind, dem nach § 4 Abs. 3 bestellten Kommissar über­ tragen werden. 8 52. Hat eine Hypothekenbank auf Grund von Rentenforderun­ gen, die vor dem 1. Januar 1899 als Reallasten in das Grundbuch eingetragen worden sind, besondere Schuldverschreibungen ausgegeben, so finden auf diese Schuldverschreibungen und auf die ihnen zu Grunde liegenden Rentenforderungen die Vorschriften der §§ 6, 22,

29 bis 35, des § 37 Abs. 2, 3, des § 41 Abs. 1 und des § 51 ent­ sprechende Anwendung. 8 53. Die bestehenden Hypothekenbanken haben mit der An­ legung der in den §§ 22, 41, 42, 52 vorgeschriebenen Register so zeitig zu beginnen, daß die Register am 1. Januar 1900 angelegt sind. Unverzüglich nach diesem Zeitpunkte haben sie der Aufsichts­ behörde anzuzeigen, daß die Anlegung der Register erfolgt ist. Eine von dem Treuhänder oder dem Kommissar der Aufsichtsbehörde be­ glaubigte Abschrift des Registers ist der Behörde mit thunlichster Be­ schleunigung einzureichen. Mit der Erstattung der im Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen An­ zeige erlöschen die Pfandrechte, welche für die Pfandbriefgläubiger nach den Landesgesetzen bestellt sind. Soweit einer Bank in der Satzung oder den Pfandbriefbedingungen die Verpflichtung zur Bestellung eines Pfandrechts für die Psandbriefgläubiger auferlegt ist, verlieren die hierauf bezüglichen Bestimmungen mit dem gedachten Zeitpunkt ihre Wirksamkeit. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Merok im Geiranger Fjord an Bord M. „Hohenzollern", den 13. Juli 1899. (L. 8.)

Wilhelm. Fürst zu Hohenlohe.

III1

Mirrrzgesetz vom 9./7. 73.*1

(RGBl. 233.)

Gesetz betr. die Abänderung des Art. 15 vom 9./7. 73 vom 20./4. 74, (RGBl 35). änderung des Art. 15 des Münzgesetzes 6./1. 76. (RGBl 3). — Gesetz betr. die Reichsgoldmünzen vom 4./12. 71 (RGBl Aenderungen im Münzwesen vom 1./6.

des Münzgesetzes Gesetz betr. Ab­ vom 9,/7. 73 vom Ausprägung von 404). Gesetz betr. 1900 (RGBl 250).

Art. 1. An die Stelle der in Deutschland geltenden Landes­ währungen tritt die Reichsgoldwährung. Ihre Rechnungseinheit bildet 1 Eingeführt in Elsaß-Lothringen, G v. 15./11. 74 (RGBl 131). Das Gesetz betr. die Ausprägung einer Nickelmünze zu zwanzig Pfennig vom 1. April 1886 (RGBl 67) ist durch G 1./6. 00, 3 aufgehoben worden.

die Mark, * wie solche durch § 2 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871, betressend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen (Reichs-Gesetzbl. S. 404), festgestellt worden ist.2 1 Vgl. Sachs. V 24./11. 74 (G u. VBl 442): Auf Grund eines Be­ schlusses des Bundesraths des Deutschen Reiches werden sämmtliche Behörden, öffentliche Beamten und Kassenstcllen angewiesen, sich im amtlichen Verkehre bei Abkürzung des Wortes Mark des Zeichens ausschließlich zu bedienen. 2 Das angeführte G bestimmt: § 1. Es wird eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus Einem Pfunde seinen Goldes 13^1/2 Stück aus­ gebracht werden. 8 2. Ter zehnte Theil dieser Goldmünze wird Mark genannt und in 100 Pfennig eingetheilt. § 4. Das Mischungsverhältniß der Reichs­ goldmünzen wird auf 900 Tausendtheile Gold und 100 Tausendtheile Kupfer sestgestellt. Es werden demnach 125,55 Zehn-Mark-Stücke, 62,775 ZwanzigMark-Stücke je Ein Pfund wiegen. § 9. Reichsgoldmünzen, deren Gewicht um nicht mehr als fünf Tausendtheile hinter dem Normalgewicht (§ 4) zurück­ bleibt (Passirgcwicht), und welche nicht durch gewaltsame oder gesetzwidrige Beschädigung am Gewicht verringert sind, sollen bei allen Zahlungen als voll­ wichtig gelten. —-------------- Die Reichsgoldmünzen werden, wenn dieselben in Folge längerer Cirkulation und Abnutzung am Gewicht so viel eingebüßt haben, daß sie das Passirgewicht nicht mehr erreichen, für Rechnung des Reichs zum Einschmelzen eingezogen. Auch werden dergleichen abgenutzte Goldmünzen bei allen Kassen des Reichs und der Bundesstaaten stets voll zu demjenigen Werthe, zu welchem sie ausgegeben sind, angenommen werden. Nach § 7 sott bei dem einzelnen Stücke „die Abweichung in Mehr oder Weniger im Gewicht nicht mehr als zwei und ein halb Tausendtheile seines Gewichts, im Fein­ gehalt nicht mehr als zwei Tausendtheile betragen." StGB 146. Wer inländisches oder ausländisches Metallgeld oder Papier­ geld nachmacht, um das nachgemachte Geld als echt zu gebrauchen oder sonst in Verkehr zu bringen, oder wer in gleicher Weise echtem Gelde durch Ver­ änderung an demselben den Schein eines höheren Werthes oder verrufenem Gelde durch Veränderung an demselben das Ansehen eines noch geltenden giebt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft; auch ist Polizeiaufsicht zulässig. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gesängnißstrafe ein. 147. Dieselben Strafbestimmungen finden aus denjenigen Anwendung, welcher das von ihm auch ohne die vorbezeichnete Absicht nachgemachle oder verfälschte Geld als echtes in Verkehr bringt, sowie auf Denjenigen, welcher nachgemachtes oder verfälschtes Geld sich verschafft und solches entweder in Verkehr bringt oder zum Zwecke der Verbreitung aus dem Auslande einsührt. 148. Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes empfängt und nach erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft. 149. Dem Papiergelde werden gleich geachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertre­ tende Jnterimsscheine oder Quittungen, sowie die zu diesen Papieren gehören-

Mün-sesetz vom 9. Juli 1873. Art. 2. 3-

429

Ter Zeitpunkt, an welchem die Reichswährung im gesammten Reichsgebiete in Kraft treten soll, wird durch eine mit Zustimmung des Bundesrathes zu erlassende, mindestens drei Monate vor dem Eintritt dieses Zeitpunktes zu verkündende Verordnung des Kaisers bestimmt? Tie Landesregierungen sind ermächtigt, auch vor diesem Zeitpunkte für ihr Gebiet die Reichsmarkwährung im Verordnungs­ wege einzuführen.

Art. 2.2*31 Art. 3. Außer den Reichsgoldmünzen sollen als Reichsmünzen, und zwar 1. als Silbermünzen: Fünsmarkstücke, Zweimarkstücke, Einmarkstücke, Fünfzigpfennigstücke; 2 2. als Nickelmünzen:

Zwanzigpfennigstücke4 den Zins-, Gewinnantheils- oder Erneuerungsscheine, welche von dem Reich, dem Norddeutschen Bunde, einem Bundesstaate oder fremden Staate oder von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korporation, Gesell­ schaft oder Privatperson ausgestellt sind. 150. Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Be­ schneiden, Abfeilen oder auf andere Art verringert und als vollgültig in Ver­ kehr bringt, oder wer solche verringerte Münzen gewohnheitsmäßig oder im Einverständnisse mit dem, welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar. 151. Wer Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere zur Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder dem letzteren gleich geachteten Papieren dien­ liche Formen zum Zwecke des Münzverbrechens angeschafft oder angesertigt hat, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. 152. Auf die Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes, sowie der im § 151 bezeichneten Gegenstände ist zu erkennen, auch wenn die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet. 1 Vgl. V vom 22./9. 75 (RGBl 303). 2 Aufgehoben durch G 1./6. 00, 2 (RGBl 250). 3 Die hier folgenden Worte: „und Zwanzigpsennigstücke" sind durch G 1./6. 1900 Art. 2 gestrichen worden: Die Zwanzigpfennigstücke aus Silber sind außer Kurs zu setzen. Hierbei finden die Vorschriften des Art. 1 Abs. 2 dieses Gesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß die Anordnung der Außerkurs­ setzung nicht vor dem 1. Januar 1902 erfolgen kann. 4 Gesetz betr. die Ausprägung einer Nickelmünze zu 20 Pfennig vom

Zehnpfennigstücke und Fünspsennigstücke; 3. als Kupfermünzen: Zweipfennigstücke und Einpfennigstücke nach Maßgabe folgender Bestimmungen ausgeprägt werden. 8 1. Bei Ausprägung der Silbermünzen wird das Pfund seinen Silbers in 20 Fünfmarkstücke, 50 Zweimarkstücke, 100 Einmarkstücke, 200 Fünfzigpfennigstücke' ausgebracht. Tas Mischungsverhältniß beträgt 900 Theile Silber und 100 Theile Kupfer, so daß 90 Mark in Silbermünzen 1 Pfund wiegen. Tas Verfahren bei Ausprägung dieser Münzen wird vom Bundesrath festgestellt. Bei den einzelnen Stücken darf die Ab­ weichung im Mehr oder Weniger im Feingehalt nicht mehr als drei Tausendtheile, im Gewicht2 nicht mehr als zehn Tausendtheile be­ tragen. In der Masse aber müssen das Normalgewicht und der Normalgehalt bei allen Tilbermünzen innegehalten werden.

8 2. Tie Silbermünzen über eine Mark tragen auf der einen Seite den Reichsadler mit der Inschrift: „Teutsches Reich" und mit der Angabe des Werthes in Mark, sowie mit der Jahreszahl der Ausprägung, auf der anderen Seite das Bildniß des Landes­ herrn beziehungsweise das Hoheitszeichen der freien Städte mit einer entsprechenden Umschrift und dem Münzzeichen. Turchmesser der Münzen, Beschaffenheit und Verzierung der Ränder derselben werden vom Bundesrathe jestgestettt. Ter Bundesrath wird er­ mächtigt, Fünfmarkstücke und Zweimarkstücke als Denkmünzen in anderer Prägung als Denkmünzen herstellen zu lassen.3 i./L 86 (RGBl 67). Allster 5trast gesetzt durch G 1./6. 00 Art. 1: Die Zwanzigpfennigstücke aus Nickel sind außer Kurs zu setzen. Hierbei finden die Vorschriften des Art. 1 Abs. 2 dieses Gesetzes mit der Maßgabe An­ wendung, daff die Außerkurssetzung nicht vor dem 1. Januar 1902 erfolgen darf. Bek. betr. die Außerkurssetzung der Zwanzigpsennigstücke aus Nickel 16./10. 02. (RGBl 267.) 1 Die hier folgenden Worte: „und 500 Zwanzigpfennigstücke" sind ge­ strichen durch G 1./6. 00. 2 Die hier folgenden Worte „mit Ausnahme der Zwanzigpfennigstücke" sind durch dasselbe Gesetz gestrichen worden. 3 Zusatz des G 1./6. 00.

8 S. Die übrigen Silbermünzen, die Nickel- und Kupfer­ münzen tragen auf der einen Seite die Werthangabe, die Jahres­ zahl und die Inschrift „Deutsches Reich", auf der anderen Seite den Reichsadler und das Münzzeichen. Die näheren Bestimmungen über Zusammensetzung, Gewicht und Durchmesser dieser Münzen, sowie über die Verzierung der Schriftseite und die Beschaffenheit der Ränder werden vom Bundesrathe festgestellt. 8 4. Die Silber-, Nickel- und Kupfermünzen werden aus den Münzstätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit er­ klärten, ausgeprägt. Die Ausprägung und Ausgabe dieser Münzen unterliegt der Beaufsichtigung von Seiten des Reichs. Der Reichs­ kanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrathes die auszu Prägenden Beträge, die Vertheilung dieser Beträge auf die einzelnen Münzstätten und die den letzteren für die Prägung jeder einzelnen Münzgattung gleichmäßig zu gewährende Vergütung. Die Be­ schaffung der Münzmetalle für die Münzstätten erfolgt auf An­ ordnung des Reichskanzlers. Art. 4? Der Gesammtbetrag der Reichssilbermünzen soll bis auf Weiteres fünfzehn Mark für den Kopf der Bevölkerung des Reichs nicht übersteigen. Zur Ausprägung dieser Münzen sind Landessilbermünzen soweit einzuziehen, als solche für die Neuprägung und deren Kosten erforder­ lich sind. Art. 5. Der Gesammtbetrag der Nickel- und Kupfermünzen soll zwei und eine halbe Mark für den Kops der Bevölkerung des Reichs nicht übersteigen. Art. 6. Von den Landesscheidemünzen sind: 1. die aus andere als Thalerwährung lautenden mit Ausschluß der bayerischen Heller und der mecklenburgischen nach dem Mark­ systeme ausgeprägten Fünf-, Zwei- und Einpfennigstücke, 2. die auf der Zwölftheilung des Groschens beruhenden Scheide­ münzen zu 2 und 4 Pfennigen, 3. die Scheidemünzen der Thalerwährung, welche auf einer anderen Eintheilung als der in 30 Groschen beruhen, mit Ausnahme der Stücke im Werthe von V12 Thaler bis zu dem Zeitpunkte des Eintritts der Reichswährung (Art. 1) einzuziehen. Nach diesem Zeitpunkte ist Niemand verpflichtet, Scheidemünzen in Zahlung zu nehmen als die mit der Einlösung derselben beauf­ tragten Kassen. 1 Fassung nach G 1./6. 00.

432

Anhang III1. Münzgesetz vom S. Juli 1873. Art. 7—9.

Art. 7. Die Ausprägung der Silber-, Nickel- und Kupfer­ münzen (Art. 3), sowie die vom Reichskanzler anzuordnende Ein­ ziehung der Landessilbermünzen und Landesscheidemünzen erfolgt auf Rechnung des Reichs. Art. 8. Die Anordnung der Außerkurssetzung von Landesmünzen und Feststellung der für dieselbe erforderlichen Vorschriften erfolgt durch den Bundesrath^ Tie Bekanntmachungen über Außerkurssetzung von Landes­ münzen sind außer in den zu der Veröffentlichung von Landesver­ ordnungen bestimmten Blättern auch durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen. Eine Außerkurssetzung darf erst eintreten, wenn eine Einlösungs­ frist von mindestens vier Wochen festgesetzt und mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufe durch die vorbezeichneten Blätter bekannt gemacht worden ist. Art. 9. Niemand ist verpflichtet, Reichssilbermünzen im Be­ trage von mehr als zwanzig Mark und Nickel- und Kupfermünzen im Betrage von mehr als einer Mark in Zahlung zu nehmen. Von den Reichs- und Landeskassen werden Reichssilbermünzen in jedem Betrage in Zahlung genommen. Der Bundesrath wird 1 Vgl. hierzu: Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Landcsgoldmünzen und der landesgesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellten aus­ ländischen Goldmünzen. Vom 6./12. 73 (RGBl 375); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Kronenthaler, sowie von Münzen des Konventionsfußes. Vom 7./3. 74 (RGBl 21); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Zwei­ guldenstücke süddeutscher Währung. Vom 2./7. 74 (RGBl 111); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung verschiedener Landes - Silber- und Kupfermünzen. Vom 19./12. 74 (RGBl 149); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Halbguldenstücke süddeutscher Währung, sowie der vor dem Jahre 1753 ge­ prägten Treißigkreuzerstücke und Fünszigkreuzerstücke deutschen Gepräges. Vom 7./6. 75 (RGBl 247); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Münzen der lübisch-hamburgischen Kurantwährung, sowie verschiedener anderer Landes­ münzen. Vom 21./9. 75 (RGBl 304); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Silber- llnd Bronzemünzen der Frankenwährung. Vom 21./9. 75 (RGBl 307); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung der Dreipfennigstücke deutschen Gepräges. Vom 17./10. 75 (RGBl 311); Bekanntm., betr. die Außer­ kurssetzung der Guldenstücke süddeutscher Währung, sowie die Einlösung der vom l./l. 76 ab außer Kurs tretenden Scheidemünzen süddeutscher Währung. Vom 10./12. 75 (RGBl 315); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung von Scheidemünzen der Thalerwährung. Vom 12./4. 76 (RGBl 162); Bekanntm. betr. die Außerkurssetzung der Zweithalerstücke und Eindrittelthalerstücke deutschen Gepräges. Vom 2./11. 76 (RGBl 221); Bekanntm., betr. die Außerkurssetzung verschiedener Landes-Silber- und Kupfermünzen. Vom 22./2. 78 (RGBl 3).

diejenigen Kassen bezeichnen, welche Reichsgoldmünzen gegen Ein­ zahlung von Reichssilbermünzen in Beträgen von mindestens 200 Mark oder von Nickel- und Kupfermünzen in Beträgen von mindestens 50 Mark auf Verlangen verabfolgen. Derselbe wird zugleich die näheren Bedingungen des Umtausches festsetzen.1

Art. 10. Die Verpflichtung zur Annahme und zum Umtausch (Art. 9) findet auf durchlöcherte und anders, als durch den gewöhn­ lichen Umlauf im Gewicht verringerte, ingleichen aus verfälschte Münz­ stücke keine Anwendung. Reichs-Silber-, Nickel- und Kupfermünzen, welche in Folge längerer Cirkulation und Abnutzung an Gewicht oder Erkennbarkeit erheblich eingebüßt haben, werden zwar noch in allen Reichs- und Landeskassen angenommen, sind aber auf Rechnung des Reichs ein­ zuziehen. Art. 11. (Uebergangsbestimmung.)

Art. 12. Die Ausprägung von Reichsgoldmünzen geschieht auch ferner nach Maßgabe der Bestimmung im §6 des Gesetzes, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, vom 4. Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 404), auf Rechnung des Reichs. Privatpersonen haben das Recht, auf denjenigen Münzstätten, welche sich zur Ausprägung auf Reichsrechnung bereit erklärt haben, Zwanzigmarkstücke für ihre Rechnung ausprägen zu lassen, so weit diese Münzstätten nicht für das Reich beschäftigt sind. Die für solche Ausprägungen zu erhebende Gebühr wird vom Reichskanzler mit Zustimmung des Bundesrathes festgestellt, darf aber das Maximum von 7 Mark aus das Pfund fein Gold nicht übersteigen.2 Die Differenz zwischen dieser Gebühr und der Vergütung, welche die Münzstätte für die Ausprägung in Anspruch nimmt, fließt in die Reichskasse. Diese Differenz muß für alle deutschen Münzstätten dieselbe sein. Die Münzstätten dürfen für die Ausprägung keine höhere Ver­ gütung in Anspruch nehmen, als die Reichskasse für die Ausprägung von Zwanzigmarkstücken gewährt.

Art. 13. Der Bundesrath ist befugt:3 1. den Werth zu bestimmen, über welchen hinaus fremde Gold1 2 3 (RGBl (RGBl

Vgl. Bek. 19 /12. 75 (CBl f. d. D. R. 802). Vgl. Bek. 8./6. 75 (CBl f. d. D. R. 348). Vgl. hierzu: Bekanntmachungen 16./4. 88 (RGBl 149), 30./4. 88 171), 7./7. 88 (RGBl 218), 2G./2. 89 (RGBl 37), 24./1, 93 6).

434

Anhang Hl 1. Mün-sesctz vom 9. Juli 1873. Art. 14.

und Silbermünzen nicht in Zahlung angeboten und gegeben werden dürfen, sowie den Umlauf fremder Münzen gänzlich zu untersagens 2. zu bestimmen, ob ausländische Münzen von Reichs-oder Landes­ kassen zu einem öffentlich bekannt zu machenden Kurse im in­ ländischen Verkehr in Zahlung genommen werden dürfen, auch in solchem Falle den Kurs festzusetzen.

Gewohnheitsmäßige oder gewerbsmäßige Zuwiderhandlungen gegen die vom Bundesrathe in Gemäßheit der Bestimmungen unter 1 getroffenen Anordnungen werden bestraft mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen.

Art. 14. Von dem Eintritt der Reichswährung folgende Vorschriften:

an gelten

8 1. Alle Zahlungen, welche bis dahin in Münzen einer in­ ländischen Währung oder in landesgesetzlich den inländischen Mün­ zen gleichgestellten ausländischen Münzen zu leisten waren, sind vorbehaltlich der Vorschriften Artikel 9, 15 und 16 in Reichsmünzen zu leisten. 1 Vgl. hierzu: Bekanntm., das Verbot des Umlaufs der österreichischen und ungarischen Ein- und Zweiguldenstücke und der niederländischen Ein- und Zweieinhalbguldenstücke betreffend. Vom 22./1. 74 (RGBl 12); Bekanntm., betr. das Verbot des Umlaufs der niederländischen Halbguldenstücke, sowie der österreichischen und ungarischen Viertelguldcnstücke. Vom 29./6. 74 (RGBl 111); Bekanntm., das Verbot des Umlaufs der finnischen Silbermünzen betreffend. Vom 16./10. 74 (RGBl 126); Bekanntm., das Verbot des Umlaufs fremder Silber- und Kupfermünzen betreffend. Vom 19./12. 74 (RGBl 152); Be­ kanntm., betr. das Verbot des Umlaufs polnischer eindrittel und einsechstel Talarastücke. Vom 2G./2. 75 (RGBl 134); Bekanntm., betr. das Verbot des Umlaufs fremder Scheidemünzen. Vom 16./4. 88 (RGBl 149); Bekanntm., betr. die Gestattung des Umlaufs der Scheidemünzen der Frankenwährung innerhalb der badischen Grenzbezirke. Vom 16./4. 88 (ebendas.). Vom 24./1. 93 (RGBl 6); Bekanntm., betr. die Gestattung des Umlaufs der Scheidemünzen österr. Währung innerhalb sächsischer Grenzbezirke. Vom 30./4. 88 (RGBl 171); Bekanntm., betr. die Gestattung des Umlaufs der Scheidemünzen der österr. und der Frankenwährung innerhalb bayerischer Grenzbezirke. Vom 7./7. 83 (RGBl 218); Bekanntm., betr. die Gestattung des Umlaufs der Scheide­ münzen der österr. Währung innerhalb preußischer Grenzbezirke. Vom 20./2. 89 (RGBl 37); Bekanntm., betr. die Gestattung des Umlaufs der Scheidemünzen der Frankenwährung innerhalb des Württembergischen Grenzbezirkes. Vom 20.,2. 89 (RGBl 38); Bekanntm., betr. den Umlauf von Scheidemünzen luxemburgischen Gepräges innerhalb deutscher Grenzbezirke. Vom 23./1. 02 (RGBl 37); Bek., betr. den Umlauf von Scheidemünzen niederländischen Ge­ präges innerhalb preußischer Grenzbezirke. V. 19./3. 03 (RGBl 58).

8 2. Die Umrechnung solcher Goldmünzen, für welche ein bestimmtes Verhältniß zu Silbermünzen gesetzlich nicht feststeht, ererfolgt nach Maßgabe des Verhältnisses des gesetzlichen Feingehaltes derjenigen Münzen, auf welche die Zahlungsverpflichtung lautet, zu dem gesetzlichen Feingehalte der Reichsgoldmünzen. Bei der Umrechnung anderer Goldmünzen werden der Thaler zum Werthe von 3 Mark, der Gulden süddeutscher Währung zum Werthe von l5/7 Mark, die Mark lübischer oder hamburgischer Kurant­ währung zum Werthe von l1/5 Mark, die übrigenMünzen derselben Währungen zu entsprechenden Werthen nach ihrem Verhältniß zu den genannten berechnet. Bei der Umrechnung werden Bruchtheile von Pfennigen der Reichswährung zu einem Pfennig berechnet, wenn sie einen halben Pfennig oder mehr betragen, Bruchtheile unter einem halben Pfennig werden nicht gerechnet.

8 3. Werden Zahlungsverpflichtungen nach Eintritt der Reichswährung unter Zugrundelegung vormaliger inländischer Geld­ oder Rechnungswährungen begründet, so ist die Zahlung vorbehalt­ lich der Vorschriften Artikel 9, 15 und 16 in Reichsmünzen unter Anwendung der Vorschriften des § 2 zu leisten.

8 4. In allen gerichtlich und notariell aufgenommenen Ur­ kunden, welche auf einen Geldbetrag lauten, desgleichen in allen zu einem Geldbetrag verurtheilenden gerichtlichen Entscheidungen ist dieser Geldbetrag, wenn für denselben ein bestimmtes Verhältniß zur Reichswährung gesetzlich feststeht, in Reichswährung, auszu­ drücken; woneben jedoch dessen gleichzeitige Bezeichnung nach der­ jenigen Währung, in welcher ursprünglich die Verbindlichkeit be­ gründet war, gestattet bleibt. Art. 15. An Stelle der Reichsmünzen sind bei allen Zahlungen bis zur Außerkurssetzung1 anzunehmen: 1. im gesummten Bundesgebiete an Stelle aller Reichsmünzen die Ein- [unb Zwei Malerstücke deutschen Gepräges unter Be­ rechnung des Thalers zu drei Mark;2 1 Durch die erfolgte Außerkurssetzung (vgl. Anm. zu Art. 8) ist der größte Theil des Art. 15 geltungslos geworden.

2 Vgl. hierzu G 20./4. 74 (RGBl 35). Einziger Artikel: Die Be­ stimmung im Art. 15, Ziffer 1 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 (RGBl 233) findet auf die in Oesterreich bis zum Schlüsse des Jahres 1867 geprägten Vereinsthalcr und Vereinsdoppelthaler Anwendung. G 28./2. 92 (RGBl 315) 1:

[2. im gestimmten Bundesgebiete an Stelle der Reichssilbermünzen, Silber­ kurantmünzen deutschen Gepräges zu 1/3 und Vs Thaler unter Berech­ nung des 1/3 Thalerstücks zu einer Mark und des 1/6 Thalerstücks zu einer halben Mark; 3. in denjenigen Ländern, in welchen gegenwärtig die Thalerwährung gilt, an Stelle der Reichs-, Nickel- und Kupfermünzen die nachbezeichneten Münzen der Thalerwährung zu den daneben bezeichneten Werthen:

Vi2 Thalerstücke zum Werthe von V15 ff ff ff „ „ „ Vs Groschenstücke „ Vs Vio uni) V12 „

25 Pfennig, 20 10 „ 5 „

4. in denjenigen Ländern, in welchen die Zwölftheilung des Groschens be­ steht, an Stelle der Reichs-, Nickel- und Kupfermünzen die aus der Zwölftheilung des Groschens beruhenden Dreipfennigstücke zum Werthe von 2l/2 Pfennig

5. in Bayern an Stelle der Reichskupfermünzen die Hellerstücke zum Werthe von ]/2 Pfennig; [6. in Mecklenburg an Stelle der Reichskupfermünzen die nach dem Mark­ system ausgeprägten Fünfpfennigstücke, Zweipfennigstücke und Ein­ pfennigstücke zum Werthe von 5, 2 und 1 Pfennig. „Der Bundesrath wird ermächtigt, die Außerkurssetzung der in Oesterreich bis zum Schlüsse des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler und Vereinsdoppel­ thaler unter Einlösung derselben auf Rechnung des Reichs zu dem Werthver­ hältnisse von drei Mark gleich einem Thaler anznordnen und die hierfür er­ forderlichen Vorschriften festzustellen." Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Außer­ kurssetzung der Vereinsthaler österreichischen Gepräges. Vom 8. November 1900. (RGBl 1013.) Aus Grund des § 1 des Gesetzes, betreffend die Vereinsthaler öster­ reichischen Gepräges, vom 28. Februar 1892 (Reichs-Gesetzbl. S. 315) hat der Bundesrath die nachfolgenden Bestimmungen getroffen. § 1. Tie in Oesterreich bis zum Schlüsse des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler und Vereinsdoppelthaler gelten vom 1. Januar 1901 ab nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel. Es ist von diesem Zeitpunkt ab außer den mit der Einlösung beauftragten Kassen Niemand verpflichtet, diese Münzen in Zahlung zu nehmen. § 2. Die Thaler der im § 1 dieser Bekanntmachung bezeichneten Gattung werden bis zum 31. März 1901 bei den Reichs- und Landeskassen zu dem Werthverhältnisse von drei Mark gleich einem Thaler sowohl in Zahlung als auch zur Umwechselung angenommen. § 3. Tie Verpflichtung zur Annahme und zum Umtausche (§ 2) findet auf durchlöcherte und anders als durch den gewöhnlichen Umlauf im Ge­ wichte verringerte sowie auf verfälschte Münzstücke keine Anwendung.

Die sämmtlichen sub 3 unb 4 verzeichneten Münzen, sind an allen öffent­ lichen Kassen des gesammten Bundesgebietes zu den angegebenen Werthen bis zur Außerkurssetzung in Zahlung anzunehmen.)

Der Bundesrath ist befugt zu bestimmen,1 2daß 3 die Einthalerstücke deutschen Gepräges, sowie die in Oesterreich bis zum Schlüsse des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler bis zu ihrer Außerkurs­ setzung nur noch an Stelle der Reichssilbermünzen, unter Berechnung des Thalers zu 3 Mark, in Zahlung anzunehmen sind. Eine solche Bestimmung ist durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und tritt frühestens einen Monat nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Art. 18? Bis zum 1. Januar 1876 sind sämmtliche nicht auf Reichswährung lautenden Noten der Banken einzuziehen? Von diesem 1 Zusatzbcstimmung durch das Gesetz, bctr. die Abänderung des Art. 15 des Münzgesetzes v. 9./7. 73. Bom 6./1. 76 (RGBl 3). — Vgl.Anmerk. zu Art. 15.

2 Art. 16 ist unanwendbar geworden. bestimmung.

Art. 17 enthält eine Uebergangs-

3 Vgl. Bankgesetz (Anhang I) und Gesetz, von Banknoten. Vom 21./12. 74 (RGBl 193).

betr.

die

Ausgabe

Artikel II. Zur Ausführung der Anordnungen, welche im Artikel 18 des Münzgesetzes vom 9./7. 73 (Reichs-Gesetzbl. 239) über die Einziehung der nicht auf Reichswährung lautenden Noten getroffen sind, wird Folgendes bestimmt: § 1. Eine Bank, welche zur Ausgabe von Banknoten befugt ist, darf vom 1. Juli 1875 ab Banknoten, welche auf Beträge von fünfzig Mark oder darunter lauten, wenn dieselben von ihr ausgestellt sind, nicht ausgeben und, wenn sie von einer anderen Bank ausgestellt sind, nur an die letztere in Zahlung geben oder bei derselben zur Einlösung Präsentiren. § 2. Die Mitglieder des Vorstandes einer Bank werden, wenn die Bank den Vorschriften des § 1 zuwider Noten ausgiebt, mit einer Geldstrafe bestraft, welche dem Vierfachen des gesetzwidrig ausgegebenen Betrages gleichkommt, mindestens aber eintausend Mark beträgt.

§ 3. Die Banken sind verpflichtet, bis spätestens den 30. Juni 1875 dem Reichskanzler nachzuweisen, daß sie alle diejenigen Anordnungen getroffen haben, welche in Gemäßheit der für sie maßgebenden landesgesetzlichen und statutarischen Bestimmungen erforderlich sind, um die Einziehung ihrer sämmt­ lichen nicht auf Reichswähcung, sowie ihrer auf Reichswährung in Beträgen von weniger als einhundert Mark lautenden Noten längstens bis zum 31. De­ zember 1875 herbeizuführen. § 4. Die Banken sind ferner verpflichtet, dem Reichskanzler Behufs der Veröffentlichung spätestens am siebenten Tage eines jeden Monats den am letzten Tage des vorausgegangenen Monats vorhanden gewesenen Betrag

438 Anhang III 2. Gesetz, betr. d. AuSg. v. AeichSkassenschemen v. 30^ April 1874. g 1.2.

Termine an dürfen nur solche Banknoten, welche auf Reichswährung in Beträgen von nicht weniger als 100 Mark lauten, in Umlauf bleiben oder ausgegeben werden. Dieselben Bestimmungen gelten für die bis jetzt von Korpo­ rationen ausgegebenen Scheine. Das von den einzelnen Bundesstaaten ausgegebene Papiergeld ist spätestens bis zum 1. Januar 1876 einzuziehen und spätestens sechs Monate vor diesem Termine öffentlich aufzurufen. Dagegen wird nach Maßgabe eines zu erlassenden Reichsgesetzes eine Ausgabe von Reichspapiergeld stattfinden? Das Reichsgesetz wird über die Ausgabe und den Umlauf des Reichspapiergeldes, sowie über die den einzelnen Bundesstaaten zum Zweck der Einziehung ihres Papiergeldes zu gewährenden Erleichterungen die näheren Bestimmungen treffen.

III2

Gesetz, betr. die Ausgabe von Reichskassenscheinen. Vom 30. April 1874.

(RGBl 40.)

8 1. Ter

Reichskanzler wird ermächtigt, Reichskassenscheine zum Gesammtbetrage von 120 Millionen Mark in Abschnitten zu 5, 20 und 50 Mark ausfertigen zu lassen und nutet den Bundesstaaten nach dem Maßstabe ihrer durch die Zählung vom 1. Dezember 1871 festgestellten Bevölkerung zu vertheilen. Ueber die Bertheilung des Gesammtbetrages auf die einzelnen Abschnitte beschließt der Bundesrath.

8 2. Jeder Bundesstaat hat das von ihm seither ausgegebene Staatspapiergeld spätestens bis zum 1. Juli 1875 zur Einlösung öffentlich aufzurufen und thunlichst schnell einzuziehen. Zur Annahme von Staatspapiergeld sind vom 1. Januar 1876 der umlaufenden — der in den Bankkassen (einschließlich der Filiale, Agenturen und sonstigen Zweiganstalten) befindlichen — eintretendenfalls auch der nach erfolgter Einlösung vernichteten — Noten, nach den einzelnen Abschnitten (Appoints) gesondert, anzuzeigen. Artikel III. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1875 in Wirksamkeit. 1 Vgl. G 30./4. 74 (Anhang III 2'.

Gesetz, betr. die Ausgabe von ReichSkassenscheinen. 8 3—6.

439

an nur die Kassen desjenigen Staats verpflichtet, welcher das Papier­ geld ausgegeben hat.

8 3. Denjenigen Staaten, deren Papiergeld den ihnen nach 8 1 zu überweisenden Betrag von Reichskassenscheinen übersteigt, werden zwei Drittheile des überschießenden Betrages aus der Reichs­ kasse als ein Vorschuß überwiesen und zwar, so weit die Bestände der letzteren es gestatten, in baarem Gelde, so weit sie es nicht ge­ statten, in Reichskassenscheinen. Der Reichskanzler kassenscheine über den Höhe des zu leistenden als nöthig, in Umlauf

wird zu diesem Zwecke ermächtigt, Reichs­ im § 1 festgesetzten Betrag hinaus bis auf Vorschusses anfertigen zu lassen und, so weit zu setzen.

Ueber die Art der Tilgung dieses Vorschusses wird gleichzeitig mit der Ordnung des Zettelbankwesens Bestimmung getroffen. In Ermangelung einer solchen Bestimmung hat die Rückzahlung des Vorschusses innerhalb 15 Jahren, vom 1. Januar 1876 an gerechnet, in gleichen Jahresraten zu erfolgen.

Die aus den Vorschuß eingehenden Rückzahlungen sind zunächst zur Einziehung der nach vorstehenden Bestimmungen ausgesertigten Reichskassenscheine zu verwenden. 8 4. Diejenigen Bundesstaaten, welche Papiergeld ausgegeben haben, werden die ihnen ausgefolgten Reichskassenscheine (§§ 1 und 3), so weit der Betrag der letzteren den Betrag des ausgegebenen Staats­ papiergeldes nicht übersteigt, nur in dem Maße in Umlauf setzen, als Staatspapiergeld zur Einziehung gelangt. 8 5. Die Reichskassenscheine werden bei allen Kassen des Reichs und sämmtlicher Bundesstaaten nach ihrem Nennwerthe in Zahlung angenommen und von der Reichshauptkasse für Rechnung des Reichs jederzeit auf Erfordern gegen baares Geld eingelöst? Im Privatverkehr findet ein Zwang zu ihrer Annahme nicht statt.

8 6. Die Ausfertigung der Reichskassenscheine wird der Preu­ ßischen Hauptverwaltung der Staatsschulden unter der Benennung „Reichsschulden-Verwaltung" übertragen. Tie Reichsschulden-Verwaltung brauchbar gewordene Exemplare für leisten, wenn das vorgelegte Stück zu gehört und mehr als die Hälfte eines

hat für beschädigte oder un­ Rechnung des Reichs Ersatz zu einem echten Reichskassenscheine solchen beträgt. Ob in anderen

1 Vgl. G, betr. die Einführung der mit dem Datum vom 11. Juli 1874 ausgesertigten Reichskassenscheine. Vom 21./7. 84 (RGBl 172).

440 Anhang IV 1. Gesetz, betr. die Inhaberpapiere mit Prämien v. 8. Juni 1871. 6 1.2.

Fällen ausnahmsweise Ersatz geleistet werden kann, bleibt ityrem pslichtmäßigen Ermessen überlassen? 8 7. Vor der Ausgabe der Reichskassenscheine ist eine genaue Beschreibung derselben öffentlich bekamit zu machen? Tie Kontrole über die Ausfertigung und Ausgabe der Reichs­ kassenscheine übt die Reichsschulden-Kommission. 8 8. Von den Bundesstaaten darf auch ferner nur auf Grund eines Reichsgesetzes Papiergeld ausgegeben oder dessen Ausgabe ge­ stattet werden.

IV 1 Gesetz, betr. die Jnhaberpapiere mit Prämien? Vom 8. Juni 1871.

(RGBl 210.)

81 Auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen, in welchen allen Gläubigern oder einem Theile derselben außer der Zahlung der verschriebenen Geldsumme eine Prämie dergestalt zugesichert wird, daß durch Ausloosung oder durch eine andere auf den Zufall gestellte Art der Ermittelung die zu präiniirenden Schuldverschreibungen und die Höhe der ihnen zujallenden Prämie bestimmt werden sollen (Jn­ haberpapiere mit Prämien), dürfen innerhalb des Deutschen Reichs nur auf Grund eines Reichsgesetzes und nur zum Zwecke der An­ leihe eines Bundesstaates oder des Reiches ausgegeben werden. 8 2. Jnhaberpapiere mit Prämien, welche nach Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes, der Bestimmung im § 1 zuwider, im Jnlande ausgegeben sein möchten, imgleichen Jnhaberpapiere mit Prämien, welche nach dem 30. April 1871 im Auslande ausgegeben sind, dürfen weder weiter begeben, noch an den Börsen, noch an 1 Vgl. Bekanntmachung der Reichsschulden-Verwaltung vom 18./5. 76 (CBl f. b. D. R. 286). 2 Vgl. G, betr. den Schutz des zur Anfertigung von Reichskassen­ scheinen verwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung. Vom 2G./5. 85 § 1 (RGBl 165). 3 BGB 795. S. S. 404. StGB 145a. Wer im Jnlande Schuldverschreibungen aus den In­ haber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche staatliche Genehmigung ausstellt und in den Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nenn­ werths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommcn kann, mindestens aber dreihundert Mark betragt.

Gesetz, betr. die Jnhaderpapiere mit Prämien vom 8. Juni 1871. 8 3—6.

441

anderen zum Verkehr mit Werthpapieren bestimmten Versammlungs­ orten zum Gegenstand eines Geschäfts oder einer Geschästsvermittelung gemacht werden.

8 3. Dasselbe gilt vom 15. Juli 1871 ab von ausländischen Jnhaberpapieren mit Prämien, deren Ausgabe vor dem 1. Mai 1871 erfolgt ist, sofern diese nicht abgestempelt sind (§§ 4, 5).

8 4. Tie Schuldverschreibungen, deren Abstempelung erfolgen soll, müssen spätestens am 15. Julr 1871 zu diesem Zwecke ein­ gereicht werden. Für die Abstempelung ist eine Gebühr zu entrichten, welche für eine Schuldverschreibung, deren Nominalbetrag den Werth von Einhundert Thalern nicht übersteigt 5 Sgr. oder 17V2 Kr. S. W., für eine Schuldverschreibung, deren No­ minalbetrag den Werth von Einhundert Thalern übersteigt 10 „ „35 „ „ „ beträgt. Ter Ertrag dieser Abstempelungsgebühr fließt zur Reichskasse. 8 5? Der Bundesrath wird die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderliche Instruktion erlassen und in derselben festsetzen, unter welchen Umständen ein gutgläubiger Inhaber, der aus entschuldbaren Gründen die Einreichungsfrist versäumt hat, noch nachträglich Ab­ stempelung seiner Schuldverschreibungen erlangen kann. Ter Bundes­ rath wird ferner zur Berechnung der Stempel-Abgabe den Thaler­ werth der fremden Valuten feststellen, auch die Behörden bestimmen, bei welchen die Einreichung zur Abstempelung (§ 4) gu erfolgen hat. 8 6. Wer den Bestimmungen der §§ 1, 2 oder 3 zuwider­ handelt, verfällt in eine Geldstrafe, welche dem fünften Theile des Nennwerthes der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Papiere gleichkommt, mindestens aber Einhundert Thaler betragen soll. Mit Geldstrafe bis zu Einhundert Thalern oder Gefängniß bis zu drei Monaten wird bestraft, wer ein int § 2 oder § 3 bezeichnetes Jnhaberpapier mit Prämie öffentlich ankündigt, ausbietet oder em­ pfiehlt, oder zur Feststellung eines Kurswerthes notirt. 1 Vgl. hierzu: Bekanntm. vom 19./6. 71. (RGBl 255); vom 1./7. 71 (RGBl 304); vom 10./7. 71 (RGBl 314); vom 4./12. 71 (RGBl 408).

442 Anh. IV 2. Ses., bktr. d. gemeins. Rechte d. Bes. v. Schuldverschr. v. 4. Dez. 1899. 81-6.

IV 2 Gesetz, betr. die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuld­ verschreibungen. Vom 4. Dezember 1899.

(RGBl 691.)

8 1. Sind von Jemand, der im Jnlande seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat, im Jnlande Schuldverschreibungen mit im voraus bestimmten Nennwerthen ausgestellt, die nach dem Verhältnisse dieser Werthe den Gläubigern gleiche Rechte gewähren, und betragen die Nennwerthe der ausgegebenen Schuldverschreibungen zusammen mindestens dreihunderttausend Mark und die Zahl der ausgegebenen Stücke mindestens dreihundert, so haben die Beschlüsse, welche von einer Versammlung der Gläubiger aus diesen Schuld­ verschreibungen zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen gefaßt werden, nach Maßgabe dieses Gesetzes verbindliche Kraft für alle Gläubiger der bezeichneten Art. Tie Versammlung kann insbesondere zur Wahrnehmung der Rechte der Gläubiger einen gemeinsamen Vertreter für diese bestellen. Eine Verpflichtung zu Leistungen kann für die Gläubiger durch Beschluß der Gläubigerversammlung nicht begründet werden. 8 2. Sinkt der Gesanuntbetrag der im Umlaufe befindlichen Schuldverschreibungen unter einhunderttausend Mark oder sinkt die Zahl der im Umlaufe befindlichen Stücke unter einhundert, so ist dies von dem Schuldner unverzüglich im Teutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Von dem auf die Bekanntmachung folgenden Tage an können Gläubigerversammlungen auf Grund dieses Gesetzes nicht mehr abgehalten werden; mit dem bezeichneten Zeitpunkt erlischt das Amt eines von der Gläubigerversammlung bestellten Vertreters der Gläubiger. 8 3. Tie Versammlung wird durch den Schuldner berufen. Tie Versannnlung ist zu berufen, wenn Gläubiger, deren Schuld­ verschreibungen zusammen den zwanzigsten Theil des Gesammtbetrags der im Umlaufe befindlichen Schuldverschreibungen erreichen, oder ein von der Gläubigerversammlung bestellter Vertreter der Gläubiger die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe ver­ langen. Die Kosten der Berufung und Abhaltung der Versammlung trägt, soweit nicht in diesem Gesetz ein Anderes vorgeschrieben ist, der Schuldner. 8 4. Wird einem nach § 3 Abs. 2 gestellten Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Schuldner

Gesetz, detr. die gemeins. Rechte d.Besitzer v. Schuldverschretbun-en v. 4. Dez. 1899- 44 3

seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat, die Antrag­ steller ermächtigen, die Versammlung zu berufen. Hat in dem Zeitpunkt, in welchem der Antrag gestellt werden soll, der Schuldner im Jnlande weder einen Wohnsitz noch eine gewerbliche Nieder­ lassung, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk er zuletzt seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung gehabt hat. Wird der Antrag von Gläubigern gestellt, so haben diese ihre Schuldverschreibungen bei der Reichsbank, bei einem Notar oder bei einer anderen durch die Landesregierung dazu sür geeignet erklärten Stelle zu hinterlegen. Wird die Ermächtigung zur Berufung der Gläubigerversammlung ertheilt, so kann das Gericht zugleich über ben Vorsitz in der Versammlung Bestimmung treffen. Das Gericht entscheidet darüber, ob die durch den Antrag sowie die durch die Berufung und Abhaltung der Versammlung entstehenden Kosten von den Antragstellern oder von dem Schuldner zu tragen sind. Vor der Verfügung, durch welche über den Antrag auf Er­ mächtigung zur Berufung der Gläubigerversammlung oder über die Tragung der Kosten entschieden wird, ist soweit thunlich der Schuldner und, wenn ein Vertreter der Gläubiger bestellt ist, auch dieser zu hören. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. 8 S. Steht der Geschäftsbetrieb des Schuldners unter staatlicher Aufsicht, so hat das Gericht vor der im § 4 Abs. 4 bezeichneten Ver­ fügung auch die Aufsichtsbehörde zu hören. Die Aufsichtsbehörde kann die Gläubigerversammlung auf Kosten des Schuldners berufen oder die Berufung durch den Schuldner an­ ordnen. Sie hat das Recht, einen Vertreter in die Versammlung zu entsenden. 8 6. Die Berufung der Gläubigerversammlung erfolgt durch mindestens zweimalige Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger und in den sonstigen Blättern, durch welche für den Bezirk des im § 4 bezeichneten Gerichts die Eintragungen in das Handelsregister bekannt gemacht werden. An die Stelle der letzteren Blätter treten, wenn der Schuldner eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine ein­ getragene Genossenschaft ist, die für die Veröffentlichungen der Ge­ sellschaft oder der Genossenschaft bestimmten Blätter. Die Frist zwischen der letzten Bekanntmachung und dem Tage der Veröffentlichung ist so zu bemessen, daß mindestens zwei Wochen für die im § 10 Abs. 2 vorgesehene Hinterlegung der Schuldver­ schreibungen frei bleiben.

444 Anh. IV 2. Ses.,betr.d.gem. Rechte d.Bes. v.Tchuldverschr. v.4.Dez. 1899. §7—12.

Im Falle des § 4 muß bei der Berufung auf die gerichtliche Er­ mächtigung Bezug genommen werden.

8 7. Der Zweck der Versammlung soll bei der Berufung be­ kannt gemacht werden. Jedem Gläubiger ist aus Verlangen eine Ab­ schrift der Anträge zu ertheilen. Ueber Gegenstände, die nicht gemäß § 6 Abs. 1, 2 ihrem wesent­ lichen Inhalte nach angekündigt sind, können Beschlüsse nicht gefaßt werden. Die Vorschriften der §§ 3, 4, des § 5 Abs. 1, 2 und des § 6 Abs. 3 finden auf die Ankündigung von Gegenständen zur Beschluß­ fassung einer Versammlung entsprechende Anwendung. 8 8. Bei.dem Beginne der Versammlung ist ein Verzeichniß der erschienenen Gläubiger oder Vertreter von Gläubigern mit Angabe ihres Namens und Wohnorts sowie des Betrags der von Jedem ver­ tretenen Schuldverschreibungen aufzustellen. Tas Verzeichniß ist so­ fort nach der Aufstellung, spätestens aber vor der ersten Abstimmung zur Einsicht aufzulegen; es ist von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen. 8 9. Jeder Beschluß der Versammlung bedarf zu seiner Gül­ tigkeit der Beurkundung durch ein über die Verhandlung gerichtlich oder notariell aufgenommenes Protokoll. In dem Protokolle sind der Ort und der Tag der Verhandlung, der Name des Richters oder des Notars sowie die Art und das Er­ gebniß der Beschlußfassungen anzugeben. Das nach § 8 aufgestellte Verzeichniß der Theilnehmer der Ver­ sammlung sowie die Belege über die ordnungsmäßige Berufung der Versammlung sind dem Protokolle beizufügen. Die Beifügung der Belege über die Berufung der Versammlung kann unterbleiben, wenn die Belege unter Angabe ihres Inhalts in dem Protokoll aufgeführt werden. Das Protokoll muß von dem Richter oder dem Notar vollzogen werden. Tie Zuziehung von Zeugen ist nicht erforderlich. 8 10. Tie Beschlüsse bedürfen, soweit nicht in diesem Gesetz ein Anderes vorgeschrieben ist, der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Mehrheit wird nach den Beträgen der Schuldverschreibungen be­ rechnet. Bei Gleichheit der Stimmen entscheidet die Zahl der Gläubiger. Gezählt werden nur die Stimmen derjenigen Gläubiger, welche ihre Schuldverschreibungen spätestens am zweiten Tage vor der Ver­ sammlung bei der Reichsbank, bei einem Notar oder bei einer anderen durch die Landesregierung dazu für geeignet erklärten Stelle hinter­ legt haben.

Gesetz, -etr. die gemeius. Rechte d.Besitzer v. Schuldverschreibungen v. 4. Dez. 1899. 445

Das Stimmrecht kann durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden. Für die Vollmacht ist die schriftliche Form erforderlich und genügend. Der Schuldner ist für die in seinem Besitze befindlichen Schuld­ verschreibungen nicht stimmberechtigt. Soweit ihm an den Schuld­ verschreibungen ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, ist er aus Verlangen des Eigenthümers verpflichtet, die Schuld­ verschreibungen bei einer der im Abs. 2 bezeichneten Stellen in der Weise zu hinterlegen, daß, unbeschadet der Fortdauer des Pfandrechts oder Zurückbehaltungsrechts, dem Eigenthümer die Ausübung des Stimmrechts ermöglicht wird; die Kosten der Hinterlegung hat der Eigenthümer zu tragen und vorzuschießen. 8 11. Die Ausgabe oder Beschränkung von Rechten der Gläu­ biger, insbesondere die Ermäßigung des Zinsfußes oder die Be­ willigung einer Stundung, kann von der Gläubigerversammlung nur zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Konkurses des Schuldners beschlossen werden. Der Beschluß, durch welchen Rechte der Gläubiger aufgegeben oder beschränkt werden, bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen. Die Mehrheit muß min­ destens die Hälfte des Nennwerths der im Umlaufe befindlichen Schuldverschreibungen und, wenn dieser nicht mehr als zwölf Milli­ onen Mark beträgt, mindestens zwei Trittheile des Nennwerths er­ reichen; beträgt der Nennwerth der im Umlaufe befindlichen Schuld­ verschreibungen weniger als sechzehn Millionen, aber mehr als zwölf Millionen Mark, so muß die Mehrheit acht Millionen Mark erreichen. In diesen Fällen bleiben bei der Berechnung des Nennwerths der umlaufenden Schuldverschreibungen die im Besitze des Schuldners befindlichen Schuldverschreibungen, für welche das Stimmrecht nach § 10 Abs. 4 ausgeschlossen ist, außer Ansatz. Ter Schuldner ist verpflichtet, in der Gläubigerversammlung Auskunft über den Betrag der im Umlaufe befindlichen, zum Stimmen berechtigenden Schuldverschreibungen zu ertheilen. 8 12. Ein Beschluß der im § 11 bezeichneten Art muß für alle Gläubiger die gleichen Bedingungen festsetzen. Die Festsetzung un­ gleicher Bestimmungen ist nur mit ausdrücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger zulässig. Jedes sonstige Abkommen des Schuldners oder eines Dritten mit einem Gläubiger, durch welches dieser begünstigt werden soll, ist nichtig. Ein Beschluß der Ver­ sammlung, der durch Begünstigung einzelner Gläubiger zu Stande gebracht ist, hat den übrigen Gläubigern gegenüber keine verbindliche Kraft.

446 AKH.IV 2. Ges., betr. d. gem. Rechte d. Bes. v. Schuldverschr. v. 4. Dez. 18SS. 813-17.

Der Schuldner hat den Beschluß in der im § 6 Abs. 1 bezeich­ neten Weise bekannt zu machen. Auf die dem Nennwerthe der Schuldverschreibungen entsprechen­ den Kapitalansprüche kann durch Beschluß der Versammlung nicht verzichtet werden. § 13. Steht der Geschäftsbetrieb des Schuldners unter staat­ licher Aufsicht, so ist zu einem Beschlusse der im § 11 bezeichneten Art die Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde erforderlich. Die Aufsichtsbehörde hat die Ertheilung sowie die Versagung der Bestätigung öffentlich bekannt zu machen. 8 14. Beschließt die Versammlung die Bestellung eines Ver­ treters der Gläubiger, so muß zugleich der Umfang seiner Befugnisse bestimmt werden. Soweit der Vertreter zur Geltendmachung von Rechten der Gläu­ biger ermächtigt ist, kann durch Beschluß der Gläubigerversammlung die Befugnis; der einzelnen Gläubiger zur selbständigen Geltend­ machung ausgeschlossen werden. Ter Beschluß unterliegt den Vor­ schriften des 8 11 Abs. 2 bis 4, des § 12 Abs. 2 und des § 13. Zum Verzicht aus Rechte der Gläubiger ist der Vertreter nur auf Grund eines ihn hierzu im einzelnen Falle besonders ermäch­ tigenden Beschlusses der Gläubigerversammluug befugt. Ter Be­ schluß unterliegt den Vorschriften der §§ 11 bis 13. Führt der Vertreter für die Gesammtheit der Gläubiger einen Rechtsstreit, so hat er in diesem die Stellung eines gesetzlichen Ver­ treters. Für die Kosten des Rechtsstreits, welche den Gläubigern zur Last fallen, haftet der Schuldner, unbeschadet seines Rückgriffs gegen die Gläubiger. Sind mehrere Vertreter bestellt, so können sie, falls nicht ein Anderes bestimmt ist, ihre Befugnisse nur in Gemeinschaft ausüben. Ein Vertreter kann, unbeschadet des Anspruchs auf die ver­ tragsmäßige Vergütung, von der Gläubigerversammlung jederzeit abberufen werden. Ter Beschluß bedarf einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen; die Mehrheit muß, wenn dem Vertreter nach Maßgabe des Abs. 2 die ausschließliche Geltend­ machung von Rechten der Gläubiger übertragen ist, mindestens die Hälfte des Nennwerths der im Umlaufe befindlichen Schuldverschrei­ bungen betragen; die Vorschriften des § 11 Abs. 3, 4 und des § 12 Abs. 2 finden Anwendung. 8 15. Ist der Schuldner eine Gesellschaft oder juristische Person, deren Mitglieder in Versammlungen Beschlüsse fassen, so ist jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes bestellte Vertreter der Gläubiger

Gesetz, betr. die gemetns. Rechte d. Besitzer v. Schuldverschrei-ungen v. 4. Dez. 1899. 447

befugt, den Mitgliederversammlungen beizuwohnen und sich an den Berathungen zu betheiligen. Soweit nach den Gesetzen Schriftstücke, die sich auf die Ver­ handlungen in der Mitgliederversammlung oder auf die Vermögens­ lage oder den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft beziehen, den Gesell­ schaftern mitzutheilen sind, hat die Mittheilung in gleicher Weise auch an den Vertreter der Gläubiger zu erfolgen.

8 16. Die Befugnisse und Verpflichtungen eines Vertreters, dessen Bestellung gemäß § 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs * oder auf Grund einer bei Ausgabe der Schuldverschreibungen in verbind­ licher Weise getroffenen Festsetzung erfolgt, werden durch die nach diesem Gesetze vorgenommene Bestellung eines Vertreters nicht berührt. Tie Rechte, welche nach den Vorschriften des § 3 und des § 7 Abs. 3 einem von der Gläubigerversammlung bestellten Vertreter hin­ sichtlich der Berufung der Versammlung und der Ankündigung von Gegenständen zur Beschlußfassung zustehen, können auch von einem Vertreter der im Abs. 1 bezeichneten Art geltend gemacht werden. Auf Antrag von Gläubigern, deren Schuldverschreibungen zusainmen den fünften Theil des Gesammtbetrags der im Umlaufe befindlichen Schuldverschreibungen erreichen, kann das Gericht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, den Vertreter abberusen. Zuständig ist das im § 4 bezeichnete Amtsgericht. Vor der Verfügung, durch welche über den Antrag entschieden wird, sind soweit thunlich der Vertreter und der Schuldner zu hören. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. 8 17. Die Vorschriften des § 16 finden auch auf einen Ver­ treter Anwendung, der für die Besitzer von Schuldverschreibungen vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Gemäßheit des bisherigen Rechtes bestellt worden ist oder nach dem Inkraft­ treten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bis zu dem Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, in Gemäßheit des Landes­ rechts durch Eintragung in das Hypothekenbuch oder ein ähnliches Buch bestellt wird. Ein solcher Vertreter steht im Sinne des § 44 Abs. 2 der Grund­ buchordnung 1 2 einem nach § 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs be1 S. oben S. 237. 2 Grundbuch-O. 24/3. 97, 44 Abs. 2. Diese Vorschrift findet keine An­ wendung, wenn eine Eintragung auf Grund der Berichtigung eines nach § 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Vertreters oder auf Grund einer gegen diesen erlassenen gerichtlichen Entscheidung bewirkt werden soll.

448 Anh.IV2. Ges., betr. d. gem. Rechte d. Bef. v. Schuldverschr. v. 4. Dez. 1899. 818-2«.

stellten Vertreter gleich. Dasselbe gilt in Ansehung eines durch die Gläubigerversammlung bestellten Vertreters. 8 18. Ist über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so gelten in Ansehung der Versammlung der im § 1 be­ zeichneten Gläubiger die folgenden besonderen Vorschriften.

Die Versammlung wird von dem Konkursgerichte berufen und geleitet. Unverzüglich nach der Eröffnung des Konkurses ist eine Ver­ sammlung der Gläubiger zu berufen, um über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Konkursverfahren zu beschließen; die Berufung kann unterbleiben, wenn schon vorher von einer Ver­ sammlung über die Bestellung eines solchen Vertreters Beschluß gefaßt worden ist.

Das Konkursgericht hat außer den Fällen des § 3 Abs. 2 eine Versammlung der Gläubiger zu berufen, wenn dies von dem Konkurs­ verwalter, dem Ausschüsse der Konkursgläubiger oder der Aufsichts­ behörde verlangt wird. Die Stelle, bei welcher die Gläubiger die Schuldverschreibungen zu hinterlegen haben, wird durch das Konkursgericht bestimmt.

Die Vorschristen des § a Abs. 1, 2, des § 11 Abs. 1, des § 12 Abs. 3 und des § 13 finden keine Anwendung.

§ 19. Werden im Konkurse die Forderungen aus den Schuld­ verschreibungen durch den von der Glänbigerversammlung bestellten Vertreter der Gläubiger angemeldet, so bedarf es der Beifügung der Schuldverschreibungen nicht. Zur Erhebung der bei einer Vertheilung auf die Schuldverschreibungen fallenden Beträge ist die Vorlegung der Schuldverschreibungen erforderlich; aus die Erhebung findet die Vorschrift des § 14 Abs. 2 keine Anwendung. 8 29. Die in diesem Gesetze der Gläubigerversammlung und dem Vertreter der Gläubiger eingeräumten Befugnisse können durch Festsetzungen in den Schuldverschreibungen nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

8 21. Wer Schuldverschreibungen, die sich im Besitze des Schuldners befinden, einem Anderen zu dem Zwecke überläßt, das Stimmrecht der Vorschrift des § 10 Abs. 4 zuwider an Stelle des Schuldners auszuüben, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark bestraft. Tie gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher die Schuldverschreibungen zu dem be­ zeichneten Zwecke verwendet.

Gesetz, betr. die gemeius. Rechte d. Besitzer v. Schuldverschret-aase» v. 4. De». 1899. 449

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. g 22. Wer in der Bekanntmachung, die gemäß § 2 erlassen wird, oder in der Auskunft, die gemäß § 11 Abs. 4 in der Gläubiger­ versammlung ertheilt wird, wissentlich unwahre Angaben über That­ sachen macht, deren Mittheilung ihm nach den bezeichneten Vor­ schriften obliegt, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft.

Wer es unterläßt, die nach § 2 ihm obliegende Bekanntmachung zu bewirken, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. § 23. Wer sich besondere Vortheile dafür gewähren oder ver­ sprechen läßt, daß er bei einer Abstimmung in der Gläubigerversamm­ lung in einem gewissen Sinne stimme oder an der Abstimmung in der Gläubigerversammlung nicht Theil nehme, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft.

Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher besondere Vortheile dafür gewährt oder verspricht, daß Jemand bei einer Abstimmung in der Gläubigerversammlung in einem gewissen Sinne stimme oder an der Abstimmung in der Gläubigerversammlung nicht Theil nehme. § 24. Auf Schuldverschreibungen des Reichs, eines Bundes­ staats oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung. Dio Landesgesetze können jedoch bestimmen, daß die bezeichneten Vorschriften auch aus Schuldverschreibungen von Körperschaften des öffentlichen Rechtes An­ wendung finden.

g 25. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Versammlung und Vertretung der Pfandgläubiger einer Eisen­ bahn oder Kleinbahn in dem zur abgesonderten Befriedigung dieser Gläubiger aus den Bestandtheilen der Bahneinheit bestimmten Ver­ fahren. g 26. Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Ge­ setzbuch in Kraft.

Es findet auch auf die vorher ausgegebenen Schuldverschrei­ bungen Anwendung.

Friedberg, HandelSgcsgbg. 7. Ausl.

29

Anhang V. ReichSstem-elgesetz vom 14. Juni 1900. § 1—5.

450

V.

«eichSftempelgesetz vom 14. Juni 1900. G. 1./7. 81.

I.

29./5. 85.

(RGBl 260.)'

27./4. 94.

Aktien, Kuxe, Renten- und Schuldverschreibungen. (Tarifnummer 1 bis 3.)

8 1. [2.] Tie Verpflichtung zur Entrichtung der unter Nummer 1 bis 3 des anliegenden Tarifs bezeichneten Stempelabgabe wird er­ füllt durch die Zahlung des Abgabebetrags an eine zuständige Steuer­ stelle, welche aus dem vorzulegenden Werthpapiere Reichsstempel­ marken zum entsprechenden Betrage zu verwenden oder die Aufdrückung des Stempels zu veranlassen hat. In welchen Fällen und unter welchen Bedingungen der Ver­ pflichtung zur Versteuerung durch rechtzeitige Verwendung von Stempelmarken ohne amtliche Mitwirkung einer Steuerstelle genügt werden kann, bestimmt der Bundesrath. 8 2. [3.] Ausländische Werthpapiere, welche durch ein im Aus­ land abgeschlossenes Geschäft von einem zur Zeit des Geschäftsab­ schlusses int Inlande wohnhaften Kontrahenten angeschasft sind und 1 Durch das Reichsgesetz wegen Abänderung des Gesetzes betr. die Er­

vom 27. April 1894

hebung von Reichsstempelabgaben vom (RGBl 369)

sind

Absatz 2, § 13,

die

Bestimmungen des

§ 18 Absatz 1, § 25,

§ 3,

§ 28,

§ 4

§ 33

Absatz 2,

und

§ 8,

§ 12

§ 38 Absatz 2

der zuerst genannten Gesetze aufgehoben und durch neue Bestimmungen ersetzt worden. Den

unter

des Gesetzes

vvm

Berücksichtigung

dieser

29. yJiai 1885

mit

Aenderungen

einer

sich

ergebenden

Text

fortlaufenden Nummernfolge

der Abschnitte und Paragraphen als Rcichsstempelgesetz mit dem Datum des Gesetzes vom 27. April 1894 im Reichsgesetzblatte bekannt zu machen, ist der Reichskanzler durch Art. III des oben angeführten Gesetzes ermächtigt worden. Von dieser Ermächtigung hat der Reichskanzler in der Bekanntmachung betr. die Redaktion des Reichsstempelgesetzes vom 27. April 1894 (RGBl 381) Gebrauch gemacht. Ebenso ist der Reichskanzler durch G 14./9. 00 ermächtigt worden, die Fassung des Gesetzes mit fortlaufender Nummernfolge der Ab­ schnitte und Paragraphen unter dem Datum des G 14 /6. 00 durch das RGBl bekannt zu machen; dies ist RGBl S. 275 ff. geschehen. Die in Klammern gesetzten Ziffern beziehen sich aus G 27./4. 94. DazuAusführungsvorschristen und Bestimmungen Berechnung (CBl f. d. D. R. 94, 121).

über

die

Erhebung

und

ihm aus dem Ausland übersandt oder von ihm oder einem Vertreter aus dem Ausland abgeholt werden, sind von dem Erwerber binnen vierzehn Tagen nach der Einbringung der Werthpapiere in das In­ land zur Versteuerung anzumelden. Wer dieses unterläßt oder wer Werthpapiere der unter den Tarifnummern 1 bis 3 bezeichneten Art im Inland ausgiebt, veräußert, verpfändet oder ein anderes Geschäft unter Lebenden damit macht oder Zahlung darauf leistet, bevor die Verpflichtung zur Versteuerung erfüllt oder den Kontrolvorschriften des Bundesraths genügt ist, verfällt in eine Geldstrafe, welche dem fünfundzwanzigfachen Betrage der hinterzogenen Abgabe gleichkommt, mindestens aber zwanzig Mark für jedes Werthpapier beträgt. Tiefe Strafen treffen besonders und zum vollen Betrage Jeden, der als Kontrahent oder in anderer Eigenschaft an der Ausgabe, Veräußerung, Verpfändung oder an dem sonstigen Geschäfte theilgenommen hat. Dieselben Personen sind für die Entrichtung der Steuer solidarisch verhaftet. 8 3 [4.] Bevor stempelpflichtige inländische Werthpapiere zur Zeichnung aufgelegt werden, oder zu weiteren Einzahlungen auf solche ausgefordert wird, hat der Emittent hiervon der zuständigen Steuerstelle unter Angabe der Zahl, der Gattung und des Nenn­ werths der Stücke oder des Betrags der zu leistenden Einzahlungen nach Maßgabe eines von dem Bundesrathe zu bestimmenden For­ mulars Anzeige zu erstatten. Die Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift zieht Geldstrafe im Betrage von fünfzig bis fünfhundert Mark nach sich. 8 4. [5.] Die der Reichsstempelsteuer unterworfenen Werth­ papiere unterliegen in den einzelnen Bundesstaaten keiner weiteren Stempelabgabe (Taxe, Sportel rc.). Auch ist von der Umschreibung solcher Werthpapiere in den Büchern und Registern der Gesellschaft rc. sowie von den auf die Werthpapiere selbst gesetzten Uebertragungsvermerken (Indossa­ menten, Cessionen rc.) eine Abgabe nicht zu entrichten. Im Reinigen, insbesondere hinsichtlich der Urkunden über Ein­ tragungen in dem Hypothekenbuche (Grundbuche), bleiben die landes­ gesetzlichen Vorschriften unberührt. 8 5. [6.] Bezüglich der vor dem 1. Juli 1900 ausgegebenen inländischen und mit dem Reichsstempel versehenen ausländischen Werthpapiere bewendet es bei den bisherigen Vorschriften. Dasselbe gilt für die nach dem genannten Zeitpunkt ausgegebenen inländischen Werthpapiere in Ansehung der vorher geleisteten Zahlungen. Werthpapiere, welche lediglich zum Zwecke des Umtausches, das 29*

heißt behufs Erneuerung der Urkunde ohne Veränderung des ur­ sprünglichen Rechtsverhältnisses ausgestellt worden sind, bleiben steuer­ frei, wenn die zum Umtausche gelangenden Stücke ordnungsmäßig versteuert oder steuerfrei sind und den uont Bundesrathe zu erlassenden Kontrolvorschriften genügt worden ist.

II.

Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte.

(Tarifnummer 4.)

8 6. [7.] Die unter Tarifnummer 4 angeordnete Abgabe ist von allen im Inland abgeschlossenen Geschäften der bezeichneten Art zu erheben. Im Ausland abgeschlossene Geschäfte unterliegen der Abgabe, wenn beide Kontrahenten im Jnlande wohnhaft sind; ist nur der eine Kontrahent im Jnlande wohnhaft, so ist die Abgabe nur im halben Betrage zu entrichten. Bei kaufmännischen Firmen entscheidet für die Frage des Wohnorts der Sitz der Handelsniederlassung, welche das Geschäft abgeschlossen hat. Als im Ausland abgeschlossen gelten auch solche Geschäfte, welche durch briefliche oder telegraphische Korrespondenz zwischen einem Orte des Inlandes und einem Orte des Auslandes zu Stande ge­ kommen sind. 8 7. [8.] Bedingte Geschäfte gelten in Betreff der Abgabepflicht als unbedingte. Ist einem Kontrahenten ein Wahlrecht eingeräumt, oder die Befugniß, innerhalb bestimmter Grenzen den Umfang der Lieferung zu bestimmen, so wird die Abgabe nach dem höchstmöglichen Werthe des Gegenstandes des Geschäfts berechnet. Jede Verabredung, durch welche die Erfüllung des Geschäfts unter veränderten Vertragsbestimmungen oder gegen Entgelt unter denselben Vertragsbestimmungen auf einen späteren Termin ver­ schoben wird, gilt als neues abgabepflichtiges Geschäft. Ist das Geschäft von einem Kommissionär (§ 383 des Handels­ gesetzbuchs) abgeschlossen, so ist die Abgabe sowohl für das Geschäft zwischen dem Kommissionär und dem Dritten, als auch für das Ab­ wickelungsgeschäft zwischen dem Kommissionär und dem Kommittenten zu entrichten, sofern nicht die Bestimmung des § II Abs. 2 eintritt. Geschäfte, welche vorbehaltlich der Aufgabe („an Aufgabe") ab­ geschlossen werden, sind abgabepflichtig. Die Bezeichnung des defini­ tiven Gegenkontrahenten (die Aufgabe) ist steuerfrei, wenn dieselbe spätestens am folgenden Werktage gemacht wird; wird dieselbe später gemacht, so gilt sie als ein neues abgabepflichtiges Geschäft.

8 8. [9.] Zur Entrichtung der Abgabe ist zunächst verpflichtet: 1. wenn das Geschäft durch einen im Jnlande wohnhaften Ver­ mittler abgeschlossen ist, dieser, anderenfalls: 2. wenn nur einer der Kontrahenten im Jnlande wohnhaft ist, dieser, 3. wenn von den Kontrahenten nur der eine ein im Jnlande wohn­ hafter nach § 38 des Handelsgesetzbuchs zur Führung von Handelsbüchern verpflichteter Kaufmann ist, der letztere, 4. wenn es sich um das Abwickelungsgeschäst zwischen dem Kom­ missionär und dem Kommittenten handelt (§ 7 Abs. 3), der Kommissionär, 5. in allen übrigen Fällen der Veräußerer. Die im Jnlande wohnhaften Vermittler und die Kontrahenten haften für die Abgabe als Gesammtschuldner, indessen ist bei Ge­ schäften, für welche die Abgabe nur im halben Betrage zu entrichten ist (§ 6 Abs. 2), der nicht im Jnlande wohnhafte Kontrahent für die Entrichtung der Abgabe nicht verhaftet. Der Vermittler ist berechtigt, den Ersatz der entrichteten Abgabe von jedem für die Abgabe verhafteten Kontrahenten zu fordern. 8 9. [10.] Der zur Entrichtung der Abgabe zunächst Ver­ pflichtete hat über das abgabepflichtige Geschäft am Tage des Ge­ schäftsabschlusses eine Schlußnote auszustellen, welche den Namen und den Wohnort des Vermittlers und der Kontrahenten, den Gegenstand und die Bedingungen des Geschäfts, insbesondere den Preis sowie die Zeit der Lieferung ergeben muß. Die Unterschrift des Ausstellers ist nicht erforderlich. Die Schlußnote ist doppelt auf einem vorher gestempelten oder mit den erforderlichen Stempelmarken zu versehenden Formular aus­ zustellen, von dem je eine Hälfte für jeden der beiden Kontrahenten bestimmt ist. Spätestens am dritten Tage nach dem Tage des Ge­ schäftsabschlusses hat der Aussteller der Schlußnote die nicht für ihn bestimmte Hälfte der letzteren, wenn derselbe die Schlußnote aber als Vermittler ausgestellt hat (§ 8 Ziffer 1), deren beide Hälften ab­ zusenden. Vermittler haben diese Absendung und den verwendeten Stempel­ betrag in ihren Geschäftsbüchern zu vermerken. Der zur Entrichtung der Abgabe zunächst Verpflichtete darf un­ versteuerte Schlußnoten über das abgabepflichtige Geschäft nicht aus­ stellen und aus der Hand geben. 8 10. [11.] Ist einem für die Entrichtung der Abgabe verhaf­ teten Kontrahenten (§ 8 Abs. 2) eine zu niedrig versteuerte Schluß-

note zugestellt worden, so hat derselbe binnen vierzehn Tagen nach dem Tage des Geschäftsabschlusses den fehlenden Stempelbetrag auf der Schlußnote nachträglich zu verwenden; ist einem solchen Kontra­ henten eine versteuerte Schlußnote überhaupt nicht zugegangen, so hat derselbe seinerseits binnen der bezeichneten Frist nach Maßgabe der im § 9 Abs. 1 und 2 gegebenen Bestimmungen zu verfahren. Sind bei einem durch einen Vermittler abgeschlossenen Geschäfte (§ 8 Ziffer 1) zwei derartige Kontrahenten betheiligt, so hat jeder von ihnen nur die Hälfte des aus der zugestellten Schlußnote fehlenden Betrags nachträglich zu verwenden, im Falle des Nichteinganges der Schlußnote aber zu der von ihm auszustellenden Schlußnote nur die Hälfte des tarifmäßigen Stempels zu verwenden. Die nach den vorstehenden Bestimmungen mangels des Empfanges der Schlußnote entrichtete Abgabe ist zurückzuerstatten, wenn nachgewiesen wird, daß der zunächst Verpflichtete die ihm nach § 9 obliegenden Verpflichtungen rechtzeitig erfüllt hat. Die Entscheidung erfolgt im Verwaltungswege. 8 11. [12.] Eine Schlußnote kann mehrere abgabepflichtige Ge­ schäfte umfassen, insofern letztere demselben Steuersätze unterliegen und an demselben Tage und unter denselben Kontrahenten, welche in gleicher Eigenschaft gehandelt haben, abgeschlossen worden sind. Die Abgabe ist in diesem Falle von dem Gesammtwerthe der Ge­ schäfte zu berechnen. Wird bei Kommissionsgeschäften für einen auswärtigen Kom­ mittenten, welcher seinerseits als Kommissionär eines Dritten handelt, die Schlußnote mit dem Zusatze „in Kommission" ausgestellt, so bleibt das Abwickelungsgeschäft zwischen ihm und seinem Kommit­ tenten von der Abgabe befreit, wenn er die Schlußnote mit dem Ver­ merke versieht, daß sich eine versteuerte, über denselben Betrag oder dieselbe Menge und denselben Preis lautende Schlußnote mit zu be­ zeichnender Nummer (§ 14) in seinen Händen befindet. Umfaßt eine Schlußnote ein Kaufgeschäft und gleichzeitig ein zu einer späteren Zeit zu erfüllendes Rückkaufgeschäft über in der Tarif­ nummer 4 bezeichnete Gegenstände derselben Art und in demselben Betrage beziehungsweise derselben Menge (Report-, Deport-, Kost­ geschäft), so ist die Abgabe nur für das dem Werthe nach höhere dieser beiden Geschäfte zu berechnen. 8 12. [12a.] Führt der Kommissionär an demselben Tage eine Einkaufskommission und eine Verkaufskommission über Werthpapiere derselben Gattung durch Eintritt als Selbstkontrahent aus, so ist für jedes der beiden Geschäfte, insoweit sie sich ausgleichen, neben der tarifmäßigen Abgabe eine weitere Abgabe in Höhe der Hälfte des

Tarifsatzes zu entrichten, es sei denn, daß der Kommissionär zur Deckung eines der beiden Aufträge ein abgabepflichtiges Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen hat. Die Bestimmungen über die Er­ hebung der weiteren Abgabe und über die zur Sicherung dieser Er­ hebung erforderlichen Maßregeln, insbesondere über die Art der Buchführung, werden vom Bundesrathe getroffen. 8 13. Tauschgeschäfte, bei welchen verschiedene Abschnitte oder Stücke mit verschiedenen Zinsterminen von Werthpapieren derselben Gattung ohne anderweite Gegenleistung Zug um Zug ausgetauscht werden, sind steuerfrei. Uneigentliche Leihgeschäfte, das heißt solche, bei denen der Em­ pfänger befugt ist, an Stelle der empfangenen Werthpapiere andere Stücke gleicher Gattung zurückzugeben, bleiben steuerfrei, wenn diese Geschäfte ohne Ausbedingung oder Gewährung eines Leihgeldes, Ent­ gelts, Aufgeldes oder einer sonstigen Leistung und unter Festsetzung einer Frist von längstens einer Woche für die Rücklieferung der Werthpapiere abgeschlossen werden. Die darüber auszufertigenden Schlußnoten müssen diese Festsetzung sowie den Bermerk „Unent­ geltliches Leihgeschäst" enthalten. 8 14. Die Schlußnoten sind nach der Zeitfolge numerirt von denjenigen Anstalten und Personen, welche gewerbsmäßig abgabe­ pflichtige Kauf- und sonstige Anschasfungsgeschäfte betreiben oder ver­ mitteln, fünf Jahre lang, von anderen Personen ein Jahr lang auf­ zubewahren. 8 15. Ist bei dem Abschluß eines abgabepflichtigen Geschäfts zwischen zwei Kontrahenten, welche nicht nach § 38 des Handelsgesetz­ buchs zur Führung von Handelsbüchern verpflichtet sind, eine beider­ seits unterschriebene Vertragsurkunde ausgestellt worden, so bleiben die §§ 8, 9, 10, 11, 14 außer Anwendung. Die Kontrahenten sind verpflichtet, die Vertragsurkunde binnen vierzehn Tagen nach dem Geschäftsabschlüsse der Steuerbehörde zur Abstempelung vorzulegen; diese Verpflichtung erstreckt sich bei Geschäften, für welche die Abgabe nur im halben Betrage zu erheben ist (§ 6 Abs. 2), nicht auf den nicht im Jnlande wohnhaften Kontrahenten. 8 16. Bei Geschäften, für welche eine rechtzeitige Berechnung der Steuer nicht möglich ist, bleibt die Besteuerung unter den vom Bundesrathe festzusetzenden Maßgaben solange ausgesetzt, bis die Berechnung möglich wird. Der Bundesrath bestimmt ferner, unter welchen Umständen außerhalb dieses Falles, insbesondere bei im Aus­ land abgeschlossenen Geschäften, eine andere Frist zur Ausstellung der Schlußnoten eintreten kann. 8 17. Nach der näheren Bestimmung des Bundesraths dürfen

456

Anhang V. AeichSstempelgesetz vom 14. Juni 1900. § 18—27.

Stempelzeichen zur Entrichtung der in der Tarifnummer 4 ange­ ordneten Abgabe auf Kredit verabfolgt werden. 8 18. Geschäfte, welche nach Tarifnummer 4 abgabepflichtig sind, oder auf welche die Vorschrift unter „Befreiungen" zu dieser Tarifnummer Anwendung findet, sowie Schriftstücke über solche Ge­ schäfte sind in den einzelnen Bundesstaaten keinen Stempelabgaben (Taxen, Sporteln u.s.w.) unterworfen. Werden diese Schriftstücke in­ dessen gerichtlich oder notariell ausgenommen oder beglaubigt, so unterliegen sie, neben der in Tarifnummer 4 für das Geschäft vor­ geschriebenen Abgabe, den in den Landesgesetzen für gerichtliche oder notarielle Aufnahmen und Beglaubigungen etwa vorgeschriebenen Stempeln (Taxen, Sporteln u. s. w.). 8 19. Wer den Vorschriften im § 9 Abs. 1 und 2, § 10 Abs. 1 und 2 und § 15 zuwiderhandelt oder eine Schlußnote wahrheits­ widrig mit dem im § 11 Abs. 2 oder § 13 bezeichneten Vermerke versieht, oder im Falle der Tarifnummer 4a behufs Erlangung einer Steuerermäßigung unrichtige Nachweise vorlegt, hat eine Geldstrafe verwirkt, welche dem fünfzigfachen Betrage der hinterzogenen Abgabe oder der beanspruchten Steuerermäßigung gleichkommt, mindestens aber zwanzig Mark beträgt. Kann der Betrag der hinterzogenen Abgabe nicht festgestellt werden, so tritt statt der vorstehend bestimmten Strafe eine Geld­ strafe von zwanzig bis fünftausend Mark ein. 8 20. Wer, nachdem er auf Grund des § 19 bestraft worden, von neuem den dortselbst bezeichneten Vorschriften zuwiderhandelt, hat neben der im § 19 vorgesehenen Strafe eine Geldstrafe von einhundertfünszig bis fünftausend Mark verwirkt. Diese Rückfallsstrafe tritt ein ohne Rücksicht darauf, ob die frühere Bestrafung in demselben oder in einem anderen Bundesstaat erfolgt ist. Sie ist verwirkt, auch wenn die frühere Strafe nur theilweise ent­ richtet oder ganz oder theilweise erlassen ist. Dieselbe ist ausgeschlossen, wenn seit der Entrichtung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Zuwider­ handlung fünf Jahre verflossen sind. 8 21. Wer gegen die Vorschriften im § 9 Abs. 3 und § 14 verstößt, ist mit Geldstrafe von drei Mark bis fünftausend Mark zu bestrafen. III.

Spiel und Wette.

(Tarifnummer 5.)

8 22. Wer im Bundesgebiete Lotterien und Ausspielungen ver­ anstalten will, hat die Stempelabgabe für die gesammte planmäßige

Anzahl der Loose oder Ausweise über Spieleinlagen im voraus zu entrichten. Inwieweit Ausspielungen, bei welchen keine Spielausweise aus­ gegeben werden, zur Steuer heranzuziehen sind, ist vom Bundesrathe zu bestimmen und öffentlich bekannt zu machen. g 28. [22a.] Den Spieleinlagen stehen im Sinne der Tarif­ nummer 5 die Wetteinsätze bei öffentlich veranstalteten Rennen und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen gleich. Wer im Jnlande solche Wetteinsätze entgegennimmt, ist ver­ pflichtet, versteuerte Ausweise hierüber auszustellen. g 24. [23.] Vor der Entrichtung der Abgabe darf ohne Ge­ nehmigung der zuständigen Steuerstelle mit dem Loosabsatze nicht begonnen werden. Die Genehmigung kann von vorgängiger Sicher­ stellung der Abgabe abhängig gemacht werden. g 25. [24.] Wer ausländische Loose oder Ausweise über Spiel­ einlagen in das Bundesgebiet einführt oder daselbst empfängt, hat dieselben, bevor mit dem Vertriebe begonnen wird, spätestens binnen drei Tagen nach dem Tage der Einführung oder des Empfanges der zuständigen Behörde anzumelden und davon die Stempelabgabe zu entrichten. Ten ausländischen Loosen oder Ausweisen über Spieleinlagen stehen Ausweise über Einsätze bei ausländischen Wettuntermehmungen für öffentlich veranstaltete Rennen und ähnliche öffentliche Veranstaltungen gleich. Wer, ohne solche Ausweise vom Ausland ein­ zuführen, Wetten der bezeichneten Art vermittelt, ist, sofern er diese Vermittelung gewerbsmäßig betreibt, verpflichtet, versteuerte Aus­ weise über die Wetteinsätze auszustellen. Gewerbsmäßige Vermittler von Wetten der vorbezeichneten sowie der im § 23 bezeichneten Art unterstehen der Aufsicht der Steuer­ behörden nach näherer Bestimmung des Bundesraths. g 26. [25 ] Die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelab­ gabe wird erfüllt durch Zahlung des Abgabebetrags bei der zu­ ständigen Behörde. Ob und in welcher Weise eine Verwendung von Stempelzeichen stattzufinden hat, bestimmt der Bundesrath. g 27. [26.] Die Nichterfüllung der in den §§ 22, 23, 24 und 25 bezeichneten Verpflichtungen wird mit einer dem fünffachen Betrage der hinterzogenen Abgabe gleichkommenden Geldstrafe geahndet. Die­ selbe ist jedoch gegen den Unternehmer inländischer Lotterien oder Ausspielungen sowie gegen Jeden, welcher den Vertrieb ausländischer Loose oder Ausweise über Ausspielungen im Bundesgebiete besorgt, nicht unter dem Betrage von zweihundertundsünfzig Mark festzusetzen.

458

Anhang V.

Reichsstempelgesetz vom 14. Juni 1900. § 28—38.

Ist die Zahl der abgesetzten Loose oder die Gesammthöhe der Wetteinsätze nicht zu ermitteln, so tritt Geldstrafe von zweihundert­ undfünfzig bis fünftausend Mark ein. 8 28. [27.] Ein Anspruch auf Rückerstattung des eingezahlten Abgabebetrags ist ausgeschlossen; eine solche kann von der obersten Landesfinanzbehörde nur dann zugestanden werden, wenn eine be­ absichtigte Ausspielung erweislich nicht zu Stande gekommen ist. 8 29. [28.] Tie §§ 22 bis 28 leiden auf Staatslotterien deut­ scher Bundesstaaten keine Anwendung. Tie Stempelsteuer für die Loose der letzteren wird durch die Lotterieverwaltung eingezogen und in einer Summe für die Gesammtzahl der von ihr abgesetzten Loose zur Reichskasse abgeführt. Eine Abstempelung der Loose findet nicht statt. 8 30. [29.] Loose u. s. w. inländischer Unternehmungen, für welche vor dem 1. Juli 1900 die obrigkeitliche Erlaubniß ertheilt ist, unter­ liegen, sofern die Ziehung der Loose vor dem 1. Januar 1902 be­ endet ist, der Reichsstempelabgabe nur nach Maßgabe der bisherigen Bestimmungen. Ausländische Loose, welche vor dem 1. Juli 1900 eingesührt, auch binnen drei Tagen nach demselben angemeldet sind, und die Loose von Staatslotterien, deren Ausgabe auch nur für eine Klasse bereits vor diesem Zeitpunkte begonnen hat, unterliegen, sofern die Ziehung der Loose vor dem 1. Januar 1901 beendet ist, der Reichs­ stempelabgabe nur nach Maßgabe der bisherigen Bestimmungen. Für das Wetten an Totalisatoren aus inländischen Rennplätzen finden die bisherigen Bestimmungen bis zum 1. Januar 1901 An­ wendung. 8 31. [30.] Leffentliche Ausspielungen, Verloosungen und Lotterien, für welche die Reichsstempelabgabe zu entrichten ist, unter­ liegen in den einzelnen Bundesstaaten keiner weiteren Stempel­ abgabe (Taxe, Sportel u. s. w.). IV.

Schisfsfrachturkunden. (Tarifnummer 6.)

8 32. [30a.]

Tie Beförderung von Gütern im Schiffsverkehre zwischen inländischen und ausländischen Seehäfen oder zwischen in­ ländischen Flußhäfen und ausländischen Seehäfen darf nur erfolgen, wenn eine Urkunde der im Tarife bezeichneten Art ausgestellt wird. Die Ablieferung von Gütern, die im Schiffsverkehr vom Auslande nach dem Jnlande befördert sind, darf nur erfolgen, wenn eine Urkunde der bezeichneten Art ausgehändigt wird.

Auf den Postverkehr und die Beförderung des Gepäcks der Rei­ senden finden diese Vorschriften keine Anwendung. 8 33. [30b.] Die Verpflichtung zur Entrichtung der unter Nummer 6 des Tarifs bezeichneten Stempelabgabe liegt bei Urkunden, welche im Inland ausgestellt werden, dem Ablader, bei den im Aus­ land ausgestellten Urkunden dem Empfänger der Sendung ob. 8 34. [30c.] Wird eine Urkunde der bezeichneten Art im In­ land ausgestellt, so ist die Abgabe von einer Abschrift zu entrichten, die dem Rheder auszuhändigen, oder, falls diesem selbst die Ver­ pflichtung zur Entrichtung der Abgabe obliegt,, von ihm zurückzu­ behalten ist. Hat der Rheder seine Niederlassung im Auslande, so tritt an seine Stelle der inländische Vertreter. 8 35. [30d.] Tie Abgabe muß entrichtet werden bei im In­ land ausgestellten Schriftstücken, bevor die Aushändigung der Ur­ kunde durch den Ablader erfolgt, bei im Ausland ausgestellten binnen drei Tagen, nachdem die Urkunde in den Besitz des Empfängers der Sendung gelangt ist. Die Schriftstücke, von welchen die Abgabe zu entrichten ist, sind während der Dauer eines Jahres aufzubewahren. 8 36. [30e.] Ist die Entrichtung der Abgabe von den dazu verpflichteten Personen unterlassen worden, so ist sie von jedem ferneren Inhaber des nicht gestempelten Schriftstücks binnen drei Tagen nach dem Tage des Empfanges und jedenfalls vor der weiteren Aushändigung des Schriftstücks zu bewirken. 8 37. [30f.] Die im § 32 gedachte Verpflichtung wird erfüllt durch Verwendung von Vordrucken, die vor dem Gebrauche vorschrifts­ mäßig abgestempelt sind, oder von Stempelmarken nach näherer An­ ordnung des Bundesraths. Dem Bundesrathe steht auch die Bestimmung darüber zu, ob und in welchen Fällen die Entrichtung der Abgabe ohne Verwendung von Stempelzeichen erfolgen darf. 8 38. [30g.] Die Nichterfüllung der Steuerpflicht- wird mit einer Geldstrafe bestraft, welche dem fünfundzwanzigfachen Betrage der vorenthaltenen Abgabe gleichkommt, mindestens aber zwanzig Mark beträgt. Diese Strafe trifft besonders und zum vollen Betrage Jeden, der die ihm obliegende Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe nicht rechtzeitig erfüllt. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher der Vorschrift des § 32 zuwider Güter befördert oder ausliefert, ohne daß eine der vorgeschriebenen Urkunden ausgestellt oder ausgehändigt wird. Kann der Betrag der hinterzogenen Abgabe nicht festgestellt

460

Anhang V.

Reichsstempelgesetz vom 14. Juni 1900. 8 39—49.

werden, so tritt statt der im Abs. 1 gedachten Strafe eine Geldstrafe von zwanzig bis fünftausend Mark ein. 8 39. [30h.] Wer die Beförderung von Gütern als Gewerbe betreibt, hat, wenn er nach erfolgter Bestrafung auf Grund des § 38 von neuem der dort bezeichneten Vorschrift zuwiderhandelt, neben der Strafe des § 38 die im § 20 vorgesehene Rückfallsstrafe verwirkt. 8 40. [30L] Enthält ein Schriftstück außer der Beurkundung eines Frachtvertrags noch eine andere, einer landesgesetzlichen Stem­ pelabgabe unterliegende Beurkundung, so finden die landesgesetzlichen Vorschriften neben den Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung. Im Uebrigen unterliegen die Schriftstücke keiner weiteren Stem­ pelabgabe (Taxe, Sportel u. s. w.) in den einzelnen Bundesstaaten. V.

Allgemeine Bestimmungen.

8 41. [31.] Der Bundesrath erläßt die Anordnungen wegen der Anfertigung und des Vertriebs der nach Maßgabe dieses Gesetzes zu verwendenden Stempelmarken und gestempelten Formulare sowie die Vorschriften über die Form der Schlußnoten und über die Art der Verwendung von Marken. Er stellt die Bedingungen fest, unter welchen für verdorbene Marken und Formulare sowie für Stempel aus verdorbenen Werthpapieren Erstattung zulässig ist. 8 42. [32.] Stempelmarken, welche nicht in der vorgeschrie­ benen Weise verwendet worden sind, werden als nicht verwendet an­ gesehen. 8 43. [33.] In Beziehung auf die Verpflichtung zur Ent­ richtung der in diesem Gesetze festgestellten Abgaben ist der Rechtsweg zulässig. Tie Klage ist bei Verlust des Klagerechts binnen sechs Monaten nach erfolgter Beitreibung oder mit Vorbehalt geleisteter Zahlung zu erheben. Für die Berechnung dieser Frist sind die Be­ stimmungen der Civilprozeßordnung maßgebend. Zuständig sind ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes die Landgerichte. Soweit bei denselben Kammern für Handelssachen bestehen, gehört der Rechtsstreit vor diese. Die Revision sowie die Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte geht an das Reichsgericht. 8 44. [34.] Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder gegen die zu dessen Ausführung erlassenen Vorschriften, die im Gesetze mit keiner besonderen Strafe belegt sind, ziehen eine Ordnungsstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark nach sich. Dieselbe Strafe tritt ein, wenn in den Fällen der §§ 3, 19, 27 und 38 aus den Umständen sich ergiebt, daß eine Steuerhinterziehung nicht hat verübt werden können oder nicht beabsichtigt worden ist.

8 45. [35.] Die auf Grund dieses Gesetzes zu verhängenden Strafen sind bei Genossenschaften und Aktiengesellschaften gegen die Vorstandsmitglieder, bei Kommanditgesellschaften gegen die persönlich haftenden Gesellschafter, bei offenen Handelsgesellschaften gegen die Gesellschafter nur im einmaligen Betrage, jedoch unter Haftbarkeit jedes einzelnen als Gesammtschuldner festzusetzen. Ebenso ist in anderen Fällen zu verfahren, in denen bei einem Geschäfte mehrere Personen als Vertreter desselben Kontrahenten oder als gemein­ schaftliche Kontrahenten betheiligt sind. Auf die Verhängung der im § 20 vorgeschriebenen Rückfalls­ strafe finden diese Bestimmungen keine Anwendung.

8 46. [36.] Hinsichtlich des administrativen Strafverfahrens wegen der Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz, der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege, der Vollstreckung der Strafe sowie der Verjährung der Strafverfolgung finden die Vor­ schriften in § 17 Satz 1, §§ 18 und 19 des Gesetzes vom 10. Juni 1869, betreffend die Wechselstempelsteuer, sinngemäße Anwendung. Die aus Grund des gegenwärtigen Gesetzes erkannten Geldstrafen fallen dem Fiskus desjenigen Staates zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen ist. 8 47. [37.] Die Verwandlung einer Geldstrafe, zu deren Zah­ lung der Verpflichtete unvermögend ist, in eine Freiheitsstrafe findet nicht statt. Auch darf zur Beitreibung von Geldstrafen ohne Zu­ stimmung des Verurteilten, wenn dieser ein Deutscher ist, kein Grundstück subhastirt werden. 8 48. [38.] Unter den in diesem Gesetz erwähnten Behörden und Beamten sind, soweit das Gesetz nichts Anderes bestimmt, die betreffenden Landesbehörden und Landesbeamten verstanden. Welche dieser Behörden und Beamten die in dem Gesetz als zu­ ständig bezeichneten sind, bestimmen, sofern das Gesetz nichts Anderes verfügt, die Landesregierungen. Den Letzteren liegt auch die Kontrole über die betreffenden Be­ hörden und Beamten ob.

8 49. [39.] Die in den einzelnen Bundesstaaten mit der Be­ aufsichtigung des Stempelwesens beauftragten Behörden und Be­ amten haben die ihnen obliegenden Verpflichtungen mit den gleichen Befugnissen, wie sie ihnen hinsichtlich der nach den Landesgesetzen zu entrichtenden Stempelabgaben zustehen, auch hinsichtlich der in diesem Gesetze bestimmten Angaben wahrzunehmen. Der Prüfung der in Bezug auf die Abgabenentrichtung unteri Anhang XXV (S. 938).

462

Anhang V. NeichSftem-elgesetz vom 14. Juni 1900. 8 50—57.

liegen alle diejenigen, welche abgabepflichtige Geschäfte der unter Nummer 4 des Tarifs bezeichneten Art oder die Beförderung von Gütern im Schiffsverkehre (Nummer 6 des Tarifs) gewerbsmäßig betreiben oder vermitteln. Den revidirenden Beamten sind alle bezüglichen Schriftstücke und erforderlichen Falles auch die Geschäftsbücher zur Einsicht vorzulegen. Von anderen als den in Abs. 2 bezeichneten Personen kann die Steuerdirektivbehörde die Einreichung der auf bestimmt zu bezeich­ nende abgabepflichtige Geschäfte bezüglichen Schriftstücke verlangen. 8 50* [40.] Außerdem haben die Reichsbehörden, die Behörden und Beamten der Bundesstaaten und Kommunen, die von Handels­ vorständen eingesetzten Sachverständigenkommissionen und Schieds­ gerichte sowie die Notare die Verpflichtung, die Besteuerung der ihnen vorkommenden Urkunden zu prüfen und die zu ihrer Kenntniß ge­ langenden Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz bei der zuständigen Behörde zur Anzeige zu bringen. 8 51. [41.] Ter Bundesrath ordnet an, in welchen Fällen bei administrativen Straffestsetzungen Sachverständige zu hören sind; solche sind, wo Handelsvorstände bestehen, von diesen zu bezeichnen. Die Handelsvorstände können unter Berücksichtigung der be­ sonderen Verhältnisse und Gewohnheiten ihres Bezirkes zum Zwecke der Durchführung des Gesetzes und Sicherung der Entrichtung der Abgaben reglementarische Anordnungen erlassen; letztere bedürfen der Zustimmung der Landesregierungen. 8 52. [42.] Bezüglich der Vollstreckbarkeit und des Voll­ streckungsverfahrens werden die Reichsstempelabgaben den Landes­ abgaben gleichgeachtet. 8 53. [43.] Die Kassen des Reichs sind von der Entrichtung der durch dieses Gesetz unter Tarifnummer 1, 2, 3 angeordneten Abgaben befreit. Andere subjektive Befreiungen finden, soweit nicht ausdrücklich Ausnahmen angeordnet sind, nicht statt. Wegen der Entschädigung für die Aushebung solcher Befrei­ ungen, welche etwa auf lästigen Pfandrechtstiteln- beruhen, sowie wegen der Erstattung der von solchen Berechtigten entrichteten Stempelbeträge, kommen die entsprechenden Bestimmungen des Ge­ setzes, betreffend die Wechselstempelsteuer (§ 26 Abs. 2 bis 4), zur Anwendung. 8 54. [44.] Jedem Bundesstaate wird von der jährlichen Ein­ nahme, welche in seinem Gebiet aus dem Verkaufe von Stempel­ marken oder gestempelten Blankets oder durch baare Einzahlung von Reichsstempelabgaben erzielt wird, mit Ausnahme der Steuer von

Loosen der Staatslotterien, der Betrag von zwei Prozent aus der Reichskasse gewährt. 8 55. [45.] Der Ertrag der Abgaben fließt nach Abzug 1. der auf dem Gesetz oder auf allgemeinen Verwaltungsvorschristen beruhenden Steuererlasse und Steuererstattungen, 2. der nach Vorschrift des § 54 zu berechnenden Erhebungs- und Berwaltungskosten in die Reichskasse und ist den einzelnen Bundesstaaten nach dem Maßstabe der Bevölkerung, mit welcher sie zu den Matrikularbeiträgen herangezogen werden, zu überweisen.

VI.

Uebergangs- und Schlußbestimmungen.

8 56* Insoweit für das Rechnungsjahr 1900 die Erträge an Reichsstempelabgaben das Etats-Soll der Ueberweisungen aus den letzteren übersteigen, ist der Ueberschuß zur Verstärkung der Betriebs­ mittel der Reichskasse zurückzuhalten. 8 57, Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem zu erlassenden Gesetze, betreffend die deutsche Flotte, am 1. Juli 1900 in Kraft. Für das Gebiet der Insel Helgoland wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes durch Kaiserliche Verordnung unter Zu­ stimmung des Bundesraths festgesetzt. Tarif. r.

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8.

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1.

Gegenstand der Besteuerung

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der Stempelabgabe

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Bitten, Kuxe, Renten- und Schuldverschreibungen. 1.

a) Inländische Aktien, Aktienanthell-^ scheine und Retch-bankantheil-scheinv sowie Interim-scheine über Einzahlungen auf diese Werthpaptere . J 2 b) Ausländische Aktien und AktienantheUSscheine, wenn sie tm Jnlana auSgehändigt, veräußert, verpfände« oder wenn daselbst andere Geschäft« unter Lebenden damit oemacht öden Zahlungen darauf geleistet werden, unter der gleichen Voraussetzung auch Interim-scheine über Einzahlungen auf diese Werthpaptere . . . . J 2’/« Die Abgabe ist von jedem Stückes nur einmal -u entrichten.

1 vom Nennwerthe, bei Interims­ scheinen und nicht voll ge­ zahlten Namen-aktien vom Betrage der bescheinigten Einzahlungen, und zwar: zu 1 a in Abstufungen von 2 Mars, zu Id in Abstufungen von 21/, Mark für je 100 Mark oder einen Bruchtheil diese- Betrage». Bei inländischen Aktien u. s. w. erfolgt die Versteuerung zu­ züglich de» Betrag», zu wel' chem fie höher, al- der Nenn­ werth lautet, au-gegeben werden. Der nachweislich versteuerte

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Gegenstand der Besteuerung

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Stempelabgabe Betrag der JnterimSscheine wird auf den Betrag der demnächst etwa zu versteuern­ den Aktien u.s. w. angerechnet. Das Gleiche gilt von dem versteuerten Betrage nicht voll gezahlter Aktien bei späteren Einzahlungen. Ausländische Wertbe wer­ den nach den Vorschriften wegen Erhebung deS Wechsel­ stempels umgerechnet.

(1.)

c) Antheil-scheine gewerkschaftlich betrie­ bener Bergwerke (Kuxe, Kuxscheine)' Außerdem für alle nach dem 1. Jule 1900 auf Werthe der angegebenen! An ausgeschriebenen Einzahlungen^ soweit solche nicht zur Deckung von| Betriebsverlusten dienen oder zur, Lrhaliung deS Betriebs in seinem bisherigen Umfange bestimmt sind und Verwender werden...................... Zur Entrichtung deS Stempels für die nach dem 1. Juli 1900 auSgeI schriebenen Einzahlungen ist die Ge! werkschaft verpflichtet, und zwar spä^ testens zwei Wochen nach dem von der Gewerkschaftsvertretung festge-' I setzten Einzahlung-termine.

1

50

von jeder einzelnen Urkunde.

vom Betrage der Einzahlung, und zwar in Abstufungen von 1 Mark für je 100 Mark oder einen Bruchtheil dieses Betrags.

Befreit sind: u i

1

2.

Inländische Aktien und AktienantHeilsscheine sowie JnterimSscheine iiber Einzahlungen auf diese WerthPapiere, sofern sie von Aktiengesell-| schäften ausgegeben werden, welche nach der Entscheidung deS Bundes­ raths ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienen, den zur Bertheiluna gelangenden Reingewinn satzungs­ mäßig auf eine höchstens vierprozen­ tige Berzinsnng der Kapitaleinlagen beschränken, auch bei AnSloosunaen oder für den Fall der Auflösung nicht mehr olS den Nennwerlh ihrer An­ theile zusichern und bet der Auflösung den etwaigen Rest deS Gesellschafts­ vermögens für gemeinnützige Zwecke bestimmen. Die von solchen Aktiengesellschaften beabsichtigten Veranstaltungen müssen auch für die minder begüterten BolkSklassen bestimmt sein. a) Inländische für den Handelsverkehr bestimmte Renten- und Schuldver­ schreibungen (auch Privatobligatio­ nen), sofern sie nicht unter Nummer 3 fallen, sowie JnterimSscheine Über Einzahlungen auf diese Werthpa-iere

b) Renten- und Schuldverschreibungen ausländischer Staaten und Eifen-

6 vom Nennwertbe, bei Interims«

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2.

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(2.)

4.

Berechnung der Stempelabgabe

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Gegenstand der Besteuerung

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«qJo bahngesellschaften. wenn sie im Inland au-gehändigt, veräußert, verpfändet oder wenn daselbst andere Geschäfte unter Lebenden damit gemacht oder Zahlungen darauf geleistet werden, unter der gleichen Voraussetzung auch Interim-scheine über Einzahlungen auf diese Werthpapiere........................ Die Abgabe ist von jedem Stücke nur einmal zu entrichten. c.i Renten- und Schuldverschreibungen ausländischer Korporationen, Aktien­ gesellschaften oder industrieller Unter­ nehmungen und sonstige für den Han­ delsverkehr bestimmte ausländische Renten- und Schuldverschreibungen, sofern sie nicht unter 2 b fallen, wenn sie im Inland au-gehändigt, ver äußert, verpfändet oder wenn daselbst andere Geschäfte unter Lebenden da-i mit gemacht oder Zahlungen darauf ' geleistet werden, unter der gleichen Voraussetzung auch Interim-scheine über Einzahlungen auf diese Werth­ papiere •...................................................... Die Abgabe ist von jedem Stücke nur einmal zu entrichten.

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1

scheinen vom Betrage der bescheinigten Einzahlungen, und zwar: zu 2a und b in Abstufungen von 60 Pfennig, zu 2 e in Abstufungen von 1 Mart für je wo Mart oder einen Bruchtheil diese- Betrag-. Der nachweislich versteuerte Betrag der Interim-scheine wird auf den Betrag der demnächst etwa zu versteuern­ den Rentenverschreibungen u. f. w. angerechnet. Ist der Kapitalwerth von Rentenverschreibungen au» diesen selbst nicht ersichtlich, so gilt al» solcher der 25 fache Betrag der einjährigen Rente. Ausländische Werthe wer­ den nach den Vorschriften wegen Erhebung de» Wechsel­ stempel» umgerechnet.

1

Befreit sind:

1

1. Renten- und Schuldverschreibun­ gen de» Reich» und der Bundes­ staaten sowie Interim-scheine über Einzahlungen auf diese Werth­ papiere ; 3. die auf Grund de» Reich»gesetze» vom 8. Juni 1871 abgestemvelten ausländischen Jnhaderpapteremit Prämien. Anmerkung zu Tarif­ nummer 1 und 2. Der Aushändigung ausländischer Wertpapiere im Jnlande wird e» gleich geachtet, wenn solche Werth­ papiere, welche durch ein im Ausland abgeschlossenes Geschäft von einem zur Zeit de» Geschäftsabschlüsse- im Inlande wohnhaften Kontrahenten angeschafft sind, diesem aus dem Aus­ land übersandt oder von ihm oder einem Vertreter au» dem Lu-land abgeholt werden. Genußscheine und ähnliche zum Be­ zug eines Antheil» an dem Gewinn einer Aktienunternehmung berechti­ gende Werthpapiere, sofern sie sich nicht al» Aktien oder AktienantheilSschelne (Tarifnummer 1) oder al» Renten­ oder Schuldverschreibungen (Tarif­ nummer 2) darstellen, unterliegen einer festen Abgabe, die für Friedberg, Handelsgcsgbg.

7. Ausl.

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1. I

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2.

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Gegenstand der Besteuerung

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a) solche, welche al» Ersah an Stelle erloschener Aktien anSgegeben werden... .............................. b) alle übrigen, und zwar 1. inländische............................................ j 2. ausländische...................................... I beträgt. Bor dem 1. Juli 1900 auSgegebene Gennßscheine werden nach den bis­ herigen Bestimmungen besteuert. Inländische auf den Inhaber lautende i und auf Grund staatlicher Genehmi! flung auSgegebene Rentenund ! Schu'dverschreibungen der Kommunal­ verbände und Kommunen, der Kor­ porationen ländlicher oder städtischer Grundbesitzer, der Grnndkredit- und | Hypothekenbanken oder der Eisenbahn­ gesellschaften sowie JnterimSscheine i über Einzahlungen auf diese Werth| Papiere.............................................................

(2.)

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Berechnung der Sternpelabgabe

von jeder einzelnen Urkunde.

^von jeder einzelnen Urkunde.

vom Nennwerthe beziehungs­ weise vom Betrage der be­ scheinigten Einzahlungen nach Maßgabe der Vorschriften für die Abgabenberechnung bei inländischen Wertpapieren der unter Nummer 2 bezetchueten Art, und zwar in Abstufungen von 20 Pfennig für je 100 Mark oder einen Bruch­ theil dieses Betrag-.

| Kauf» und sonstige Anschaf­ fungsgeschäfte. 4. '■) Kaufund I geschäfte:

sonstige

AnschaffungS-

1. ausländische Banknoten, auSlän-i discheS Papiergeld, ausländische Geldsorten.......................................... j

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2. Werthpapiere der unter Rum-; mer 2a, 2b und 3 des Tarifs bezeichneten Art.............................. 3. Antheile von bergrechtlichen Gewerkfchaften oder die darüber auSgestellten Urkunden sKuxscheine, Bezugsscheine, Abtretungsscheine) 1 sonstige Werthpapiere der unter 1 bis 3 des Tarifs bezeichneten Art einschließlich der Genußschetne! Den Kauf- und sonstigen AnschaffungSgeschäften steht gleich die bei Errichtung einer Aktiengesellschäft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien erfolgende Zutheilung der Aktien auf Grund vorher­ gehender Zeichnung, die bei Er­ richtung einer Aktiengesellschaft statlfindende Uebernahme der Aktien durch die Gründer und die Ausreichung von Werthpapieren an den ersten Erwerber.

Ermäßigung.

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Hat ein Kontrahent nachweislich im Arbitrageverkehr unter die Tarif­ nummer 4a 1, 2 und 4 fallende Ge­ genstände derselben Gattung im Jnlande gekauft und im AuSlande verkaust oder umgekehrt, oder an dem einen Börsenplätze deS Auslandes gekauft und an dem anderen verkauft.

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vom Werthe de» Gegenstandes de» Geschäft» und zwar in Abstufungen von zu 4a 1 und 2: O^o Mark, zu 4a S: 1^> Mark, zu 4a 4: 0,M Mark, zu 4d O,4o Mark für je 1000 Mark oder einen Bruchtheil diese» Betrag». Der Werth de» Gegen­ stand«» wird nach dem ver­ einbarten Sauf- oder Liefe-

Lauf. N r.

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Steuersatz

Gegenstand der Besteuerung

vom

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Berechnung

der Stempelabgabe

1

(4.)

so ermäßigt sich die Stempelabgabe von jedem dieser Geschäfte, soweit deren Werthbeträge sich decken, zu Gunsten diese- Kontrahenten für die unter Tarifnummer 4a 1 und 8 fal­ lenden Gegenstände um ein Zwan­ zigstel und für die unter Tarrfnummet 4a 4 fallenden Gegenstände um ein Zehntel vom Tausend, wenn die beiden einander gegenüberstehenden Geschäfte zu festen Kursen an dem­ selben oder an »wei unmittelbar auf einander folgenden Börsentagen abgeschlosien sind. ES macht keinen Unterschied, ob der Kontrahent die Geschäfte im AuSlande selbst oder durch eine Metaverbindung abge­ schlossen hat. Unter den gleichen Voraussetzungen tritt die Steuerermäßigung (um ein Zwanzigstel vorn Tausend) ein, wenn An- und Verläufen von ausländischen Banknoten oder ausländischem Pa­ piergelde Geschäfte über Kontanten oder Wechsel gegenüberstehen. Eine einmalige, längstens halb­ monatliche Prolongation im Ausland abgeschlossener Geschäfte dieser Art bleibt steuerfrei. Die Geschäfte find zunächst nach dem vollen Betrage zu versteuern. Der BundeSrath erläßt die näheren Vorschriften darüber, auf Grund welcher Nachweise die Erstattung deS zuviel verwendeten Stempel» erfolgt. lb) Kaus- und sonstige Anschaffungs­ geschäfte, welche un ter Zugrundelegung von Usancen einer Börse geschloffen werden (Loko-, Zeit-, Fix-, Termin-, Prämien- u. s. w. Geschäfte), über Mengen von Waaren, die börsen­ mäßig gehandelt werden . . . . AIS börsenmäßig gehandelt gelten diejenigen Waaren, für welche an der Börse, deren Usancen für da» Geschäft maßgebend sind, Termtnpreise notirt werden, und bei Waaren, in denen der Börsentermlnhandel untersagt ist (§ 50 Abs. 1 und 3 des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896), diejenigen, für welche an der in Betracht kommen­ den Börse Preise für Zeitgeschäfte notirt werden. Befreiungen. Die vorbestimmte Abgabe wird erhoben: 1. fall» die Waaren, welche Gegen­ stand eine» nach Nummer 4b stempelpflichtigen Geschäft» sind, von einem der Vertragschließen­ den Im Inland erzeugt oder her­ gestellt sind;

rungSpreise, sonst durch den mittleren Börsen- oder Markt­ preis am Tage des Abschlüsse» bestimmt. Die zu den Werth, papieren gehörigen Zins- und GewinnantheilSscheme blei­ ben bei Berechnung der Ab­ gabe außer Betracht. Ausländische Werthe sind nach den Vorschriften ivegen Erhebung de» Wechselstempel» umzurechnen.

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führt wird.

und den §§ 727—729 8 727 s. S. 46. § 728 [665a]. Ist gegenüber dem Vorerben ein nach § 326 dem Nacherben gegenüber wirksames Urtheil ergangen, so finden auf die Ertheilung einer vollstreckbareil Ausfertigung für und gegen den Nacherben die Vorschriften des § 727 entsprechende Amvendung. Tas Gleiche gilt, wenn gegenüber einem Testamentsvollstrecker ein nach § 327 dem Erben gegenüber wirksames Urtheil ergangen ist, für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Erben. Eine vollstreckbare Ausfertigung kann gegen den Erben ertheilt werden, auch wenn die Verwaltung des Testamentsvollstreckers noch besteht. § 729 s. S. 46. erforderliche Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden, so hat der Gläubiger bei dem Prozeßgericht erster Instanz aus dem Urtheil auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel Klage zu erheben. 767 [686]. Einwendungen, welche den durch das Urtheil festgestelltcn Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozeßgericht erster Instanz geltend zu machen. Dieselben sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie be­ ruhen, erst nach dem Schlüsse derjenigen mündlichen Verhandlung, in welcher Einwendungen in Gemäßheit der Bestimmungen dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

Abschnitt VIL Konkursverfahren und Haftpflicht der Genossen. § 109—112.

585

gericht, bei welchem das Konkursverfahren anhängig ist, und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gehört, das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirke der Bezirk des Konkursgerichts gehört. g 110. [103.] Die eingezogenen Beträge sind bei der von der Gläubigerversammlung bestimmten Stelle (Konkursordnung § 132 [120])*1 zu hinterlegen oder anzulegen. g 111. [104.] Jeder Genosse ist befugt, die für vollstreckbar erklärte Berechnung im Wege der Klage anzufechten. Die Klage ist gegen den Konkursverwalter zu richten. Sie findet nur binnen der Nothsrist eines Monats seit Verkündung der Entscheidung und nur insoweit statt, als der Kläger den Anfechtungsgrund in dem Termine (8 107) geltend gemacht hat oder ohne sein Verschulden geltend zu machen außer Stande war. Das rechtskräftige Urtheil wirkt für und gegen alle beitrags­ pflichtigen Genossen. g 112. [105.] Die Klage ist ausschließlich bei dem Amts­ gerichte zu erheben, welches die Berechnung für vollstreckbar erklärt hat. Die mündliche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf der be­ zeichneten Nothfrist. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleich­ zeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Uebersteigt der Streitgegenstand eines Prozesses die sonst für die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte geltende Summe, so hat das Gericht, sofern eine Partei in einem solchen Prozesse vor der Der Schuldner muß in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwen­ dungen geltend machen, welche er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen im Stande war. 768 [687]. Die Bestimmungen des § 767 Abs. 1, 3 finden entsprechende Anwendung, wenn in den Fällen des § 726 Abs. 1, der §§ 727—729, 738, 742, 744, des § 745 Abs. 2 und des § 749 der Schuldner den bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommenen Eintritt der Voraussetzung für die Ertheilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbe­ schadet der Besugniß des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel in Gemäßheit des § 732 zu erheben. 1 KO 132 [120]. Die Gläubigerversammlung beschließt über eine dem Äemeinschuldner und dessen Familie zu bewilligende Unterstützung, über die Schließung oder die Fortführung des Geschäfts und über die Stelle, bei welcher, sowie über die Bedingungen, unter welchen die Gelder, Werthpapiere und Kost­ barkeiten hinterlegt oder angelegt werden sollen. Die Gläubigerversammlung beschließt, in welcher Weise und in welchen Zeiträumen der Verwalter ihr oder einem Gläubigerausschusse über die Ver­ waltung und Verwerthung der Masse Bericht erstatten und Rechnung legen soll.

586 Anh. X11. Gesetz, betr. die Erwerbs- u. WirthschastSgeirossenschaften, v. 1. Mai 188S.

Verhandlung zur Hauptsache daraus anträgt, durch Beschluß die sämmtlichen Streitsachen an das Landgericht, in dessen Bezirke es seinen Sitz hat, zu verweisen. Gegen diesen Beschluß findet die so­ fortige Beschwerde statt. Die Nothfrist beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. Ist der Beschluß rechtskräftig, so gelten die Streitsachen als bei bem Landgerichte anhängig. Die im Verfahren vor dem Amts­ gerichte erwachsenen Kosten werden als Theil der bei dem Land­ gerichte erwachsenen Kosten behandelt und gelten als Kosten einer Instanz. Die Vorschriften der Civilprozeßordnung §§ 769, 7701 [688, 689] über die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Auf­ hebung der Vollstreckungsmaßregeln finden entsprechende Anwendung. 8 113. [106.] Soweit in Folge des Unvermögens einzelner Genossen zur Leistung von Beiträgen der zu deckende Gesammtbetrag nicht erreicht wird, oder in Gemäßheit des auf eine Anfechtungsklage ergehenden Urtheils oder aus anderen Gründen die Berechnung ab­ zuändern ist, hat der Konkursverwalter eine Zusatzberechnung auf­ zustellen. Rücksichtlich derselben kommen die Vorschriften in §§ 106 bis 112 zur Anwendung. Die Aufstellung einer Zusatzberechnung ist erforderlichenfalls zu wiederholen. 8 114. [107.] Sobald mit dem Vollzüge der Schlußvertheilung (Konkursordnung § 1612 [149]) begonnen wird, hat der Konkurs1 CPO 769 [688]. Das Prozeßgericht kann aus Antrag anordnen, das; bis zur Erlassung des Urtheils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Ein­ wendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung ein­ gestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und daß die erfolgten Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die that­ sächlichen Behauptungen, welche den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen. In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche An­ ordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb welcher die Ent­ scheidung des Prozeßgerichts bcizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablaufe der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt. Die Entscheidung über diese Anträge kann über vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. 770 [689]. Das Prozeßgericht kann in dem Urtheile, durch welches über die Einwendungen entschieden wird, die in dem vorstehenden Paragraphen be­ zeichneten Anordnungen erlassen oder die bereits erlassenen Anordnungen auf­ heben, abändern oder bestätigen. In Betreff der Anfechtung einer solchen Entscheidung finden die Vorschriften des § 718 entsprechende Anwendung. 2 Siehe oben S. 582.

Abschnitt VIL Konkursverfahren und Haftpflicht der Genossen. 8 113—115.

587

Verwalter in der Ergänzung oder Berichtigung der Vorschußberechnung und der zu derselben etwa ergangenen Zusätze zu berechnen, wieviel die Genossen in Gemäßheit des § 105 an Nachschüssen zu leisten haben. Die Berechnung (Nachschubberechnung) unterliegt den Vor­ schriften in §§ 106 bis 109, 111 bis 113, der Vorschrift im § 106 Absatz 2 mit der Maßgabe, daß auf Genossen, deren Unvermögen zur Leistung von Beiträgen sich herausgestellt hat, Beiträge nicht vertheilt werden.

8 115, [108.] Der Verwalter hat, nachdem die Nachschuß­ berechnung für vollstreckbar erklärt ist, unverzüglich den gemäß § 110 vorhandenen Bestand und, so ost von den noch einzuziehenden Beiträgen hinreichender Bestand eingegangen ist, diesen im Wege der Nachtragsvertheilung (Konkursordnung § 166 [153])*1 unter die Gläubiger zu vertheilen. Außer den Antheilen auf die im § 168 (155)2 3der 4 Konkurs­ ordnung bezeichneten Forderungen sind zurückzubehalten die Antheile auf Forderungen, welche im Prüsungstermine von dem Vorstande ausdrücklich bestritten worden sind. Dem Gläubiger bleibt über­ lassen, den Widerspruch des Vorstandes durch Klage zu beseitigen. Soweit der Widerspruch rechtskräftig für begründet erklärt wird, werden die Antheile zur Vertheilung unter die übrigen Gläubiger frei. Die zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlichen Ueberschüsse hat der Konkursverwalter an die Genossen zurückzuzahlen. 1 KO 166 [153]. Wenn nach dem Vollzüge der Schlußvertheilung Beträge, welche von der Masse zurückbehalten sind, für dieselbe frei werden, oder Beträge, welche aus der Masse gezahlt sind, zur Masse zurückfließen, so sind dieselben von dem Verwalter nach Anordnung des Konkursgerichts auf Grund des Schlußverzeichnisses zur nachträglichen Vertheilung zu bringen. Die über die Verwaltung und Vertheilung solcher Beträge abzulegende Rechnung unterliegt der Prüfung des Konkursgerichts. Dasselbe gilt, wenn nach der Schlußvertheilung oder der Aufhebung des Verfahrens zur Konkursmasse gehörige Vermögensstücke ermittelt werden. 2 KO 168 [155]. Die Antheile 1. auf Forderungen, welche in Folge eines bei der Prüfung erhobenen Widerspruchs im Prozesse befangen sind, 2. auf Forderungen, welche von einer aufschiebenden Bedingung abhängen, 3. aus Forderungen, für welche eine abgesonderte Befriedigung beansprucht und der Vorschrift des § 153 Abs. 2 genügt ist, 4. auf Forderungen unter auflösender Bedingung, sofern der Gläubiger zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet ist und die Sicherheit nicht leistet, werden zurückbehalten.

588 Anh. X11. Gesetz, betr. die SrwerbS- u. WirthschaftSgenossenschasten, v. 1. Mai 1889.

§ 116. [109.] Eine Aushebung des Konkursverfahrens durch Zwangsvergleich findet nicht statt. Eine Einstellung des Verfahrens ist erst zulässig, nachdem mit dem Vollzüge der Schlußvertheilung begonnen ist. Die Zustimmung aller bei der letzteren berücksichtigten Konkursgläubiger ist beizu­ bringen. Inwieweit es der Zustimmung oder der Sicherstellung von Gläubigern bedarf, deren Forderungen nicht festgestellt sind, ent­ scheidet das Konkursgericht nach freiem Ermessen. 8 117. [HO.] Der Vorstand ist verpflichtet, den Konkurs­ verwalter bei den diesem in § 106 Absatz 1, § 109 Absatz 1, §§ 113, 114 zugewiesenen Obliegenheiten zu unterstütze^. 8 118. [111.] Die in diesem Abschnitte hinsichtlich des Vorstandes getroffenen Bestimmungen gelten auch hinsichtlich der Liquidatoren.

Achter Abschnitt. Besondere Bestimmungen. I.

Für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht.

8 119. [112.] Bei Genossenschaften mit unbeschränkter Haft­ pflicht darf ein Genosse nicht aus mehr als einen Geschästsantheil betheiligt sein. 8 120. [113 ] Die Beitrittserklärungen (§ 15) müssen die ausdrückliche Bemerkung enthalten, daß die einzelnen Genossen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar den Gläubigern derselben nach Maßgabe des Gesetzes mit ihrem ganzen Vermögen haften. 8 121. [115.] Sobald sich bei der Geschäftsführung ergiebt, daß das Vermögen der Genossenschaft einschließlich des Reservefonds und der Geschäftsguthaben zur Deckung der Schulden nicht aus­ reicht, hat der Vorstand die Generalversammlung zur Beschluß­ fassung, ob die Genossenschaft aufgelöst werden soll, zu berufen. Für den Fall, daß die Auslösung beschlossen wird, ist zugleich die im § 104 vorgesehene Beschlußfassung herbeizuführen. 8 122. [116.] Im Falle des Konkursverfahrens sind neben der Genossenschaft die einzelnen Genossen solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen den Konkursgläubigern für den Ausfall verhaftet, welchen diese an ihren bei der Schlußvertheilung (Konkursordnung § 161 [149])1 berücksichtigten Forderungen bei derselben erleiden. Nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termine, in welchem 1 Siehe oben S. 582.

Abschnitt VIII. Besondere Bestimmungen. § 119—125.

589

die Nachschubberechnung für vollstreckbar erklärt ist, können die Gläubiger, soweit sie bisher nicht befriedigt sind, die einzelnen Ge­ nossen in Anspruch nehmen. Festgestellte Forderungen, welche im PrüfungsteM'.ine von dem Vorstande oder den Liquidatoren nicht ausdrücklich ^stritten sind, können auch von den in Anspruch genommenen Genössen nicht be­ stritten werden. Das rechtskräftige Urtheil, welches in dem Prozeß über eine im Prüfungstermine von dem Vorstande oder den Liquidatoren be­ strittene Forderung für oder gegen dieselben ergeht, wirkt gegenüber allen Genojsen. In Ansehung einer im Konkursverfahren strittig gebliebenen Forderung kann, solange dieselbe nicht festgestellt ist, eine Vcrurtheilung der Genossen nicht erfolgen. g 123. [117.] Die Klage der Gläubiger gegen die einzelnen Genossen verjährt, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich eintritt, in zwei Jahren seit Ablauf der im § 122 Absatz 2 bestimmten Frist. Die Verjährung zu Gunsten eines Genossen wird durch Rechts­ handlungen unterbrochen, welche gegen die Genossenschaft oder von derselben vorgenommen werden; sie wird nicht unterbrochen durch Rechtshandlungen, welche gegen einen anderen Genossen oder von demselben vorgenommen werden. g 124. [118.] Soweit Genossen in Gemäßheit des § 122 Konkursgläubiger befriedigen, treten sie in die Rechte der letzteren gegen die Genossenschaft ein. g 125. [119.] Die Bestimmungen der §§ 122 bis 124 finden auf die in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Konkursverfahrens aus der Genossenschaft ausgeschiedenen Genossen (88 70, 76), welche nicht schon in Gemäßheit des § 75 der Haft­ pflicht unterliegen, wegen der bis zu dem Zeitpunkte ihres Aus­ scheidens von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten mit der Maßgabe Anwendung, daß der Anspruch der Gläubiger erst nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschußberechnung (§ 114) für vollstreckbar erklärt ist, erhoben werden kann. Dieser Anspruch erstreckt sich, wenn im Falle des Todes eines Genossen dessen Ausscheiden nach dem im § 77 Absatz 1 bezeich­ neten Zeitpunkte eingetragen ist, auf die bis zum Tage der Ein­ tragung von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten, so­ fern nicht der Erbe beweist, daß bei ihrer Eingehung dem Gläubiger der Tod des Genossen bekannt war.

590 Anh. X11. Gesetz, betr. die Erwerbs- u. WirthschastSgenossenschasten, v. 1. Mai 1889.

Für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpslicht.

IL

8 126. [120.] schränkung § 121

Die Bestimmungen des § 119 über die Be­ der Betheiligung auf einen Geschäftsantheil und des

über die Berufung der Generalversammlung im Falle der

Ueberschuldung finden aus die Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht Anwendung.

8 127. [121.] Die Beitrittserklärungen (§ 15) müssen die ausdrückliche Bemerkung enthalten, daß die einzelnen Genossen mit ihrem ganzen Vermögen verpflichtet sind, der Genossenschaft die zur

Befriedigung der Gläubiger derselben erforderlichen Nachschüsse nach Maßgabe des Gesetzes zu leisten.

8 128. [122.] Ist im Falle der Eröffnung des Konkurs­ verfahrens nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschubberechnung (§ 114) für vollstreckbar erklärt ist,

die

Befriedigung

oder

Sicherstellung

der im § 105 Absatz 1

bezeichneten Konkursgläubiger noch nicht bewirkt, so sind die hierzu erforderlichen Beiträge von den innerhalb der letzten achtzehn Monate

vor der Eröffnung des Konkursverfahrens ausgeschiedenen Genossen, welche nicht schon in Gemäßheit des § 75 oder des § 76 Absatz 4

der

Nachschußpflicht

unterliegen,

nach

Maßgabe

des

§ 105

zur

Konkursmasse zu leisten.

8 129. [123.] Der Konkursverwalter hat ohne Verzug eine Berechnung über die Beitragspslicht der Ausgeschiedenen auszustellen. In der Berechnung sind dieselben namentlich zu bezeichnen und

auf

sie

die Beiträge

zu

vertheilen,

soweit nicht das Unvermögen

Einzelner zur Leistung von Beiträgen vorauszusehen ist.

Im

Uebrigen

finden

die

Vorschriften

in

§ 106

Absatz 3,

§§ 107—109, 111—113 und 115 entsprechende Anwendung.

8 130. [124.] Durch die Bestimmungen der §§ 128, 129 wird die Einziehung der Nachschüsse von den in der Genossenschaft verbliebenen Genossen nicht berührt.

Aus den Nachschüssen der letzteren sind den Ausgeschiedenen die von diesen geleisteten Beiträge zu erstatten, sobald die Befriedi­

gung oder Sicherstellung der sämmtlichen im § 105 Absatz 1 be­ zeichneten Konkursgläubiger bewirkt ist. m.

Für Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht.

8 131. [125.] Bei Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht darf die Haftsumme der einzelnen Genossen (§ 2) nicht niedriger als der Geschäftsantheil sein. Die Haftsumme muß bei Errichtung der Genossenschaft durch

Abschnitt VIII. Bessndere Bestimmungen. § 126—137.

591

das Statut bestimmt werden. Die Bestimmung oder eine Abände­ rung derselben ist zu veröffentlichen (§§ 12, 16). 8 132. [126.] Zu einer Erhöhung der Haftsumme bedarf es einer Mehrheit von drei Biertheilen der in der Generalversammlung erschienenen Genossen. Das Statut kann noch andere Erfordernisse

aufstellen.

8 133. [127.] Eine Herabsetzung der Haftsumme kann nur unter Beobachtung der Bestimmungen erfolgen, welche für die Vertheilung des Genossenschaftsvermögens im Falle der Auflösung maß­ gebend sind (§ 82 Absatz 2, § 90 Absatz 1—3). Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufznfordern. Die Anmeldung des Herabsetzungsbeschlusses zum Genossen­ schaftsregister erfolgt nicht vor Ablauf des im § 90 Absatz 1 bezeich­ neten Jahres. Mit der Anmeldung sind die Bekanntmachungen des Beschlusses einzureichen. Zugleich hat der Vorstand die schriftliche Versicherung abzugeben, daß die Gläubiger, welche sich bei der Genossenschaft gemeldet und der Herabsetzung nicht zugestimmt haben, befriedigt oder sichergestellt sind.

8 134. [128.] Durch das Statut kann die Betheiligung des Genossen auf mehrere Geschäftsantheile, unter Festsetzung der höchsten Zahl derselben, gestattet werden. Die Bestimmung oder eine Abänderung derselben ist zu ver­ öffentlichen (§§ 12, 16).

8 135. [129.] Die Haftung eines Genossen, welcher auf mehr als einen Geschäftsantheil betheiligt ist, erhöht sich auf das der Zahl der Geschäftsantheile entsprechende Vielfache der Haftsumme. 8 136. [130.] Bevor der erste Geschäftsantheil erreicht ist, darf die Betheiligung des Genossen auf einen zweiten Geschäfts­ antheil seitens der Genossenschaft nicht zugelassen werden. Das Gleiche gilt von der Zulassung zu jedem weiteren Geschäftsantheile. 8 137. [131.] Ein Genosse, welcher auf einen weiteren Ge­ schäftsantheil betheiligt sein will, hat darüber eine von ihm zu unterzeichnende, unbedingte Erklärung abzugeben. Die Erklärung ist von dem Vorstände nach der Zulassung des Genossen zu dem weiteren Geschäftsantheile behufs Eintragung des letzteren in die Liste der Genossen dem Gerichte (§ 10) einzureichen. Zugleich hat der Vorstand schriftlich zu versichern, daß die übrigen Geschäftsantheile des Genossen erreicht seien. Die Betheiligung auf den weiteren Geschäftsantheil tritt mit der in Gemäßheit der vorstehenden Absätze erfolgten Eintragung in Kraft.

592 Anh. XI1. Gesetz, bete, die SrwerbS- u. WirthschastSgenossenschaften, v. 1. Mai 1889. Im Uebrigen kommen die Vorschriften des § 15 sprechenden Anwendung.

zur

ent­

8 138. [132.] Eine Uebertragung des Geschästsguthabens findet in dem Falle des § 134 an einen anderen Genossen nur statt, sofern dessen bisheriges Guthaben mit dem ihm zuzuschreibenden Betrage die der höchsten Zahl der Geschäftsantheile entsprechende Gesammtsumme nicht übersteigt. Hierauf ist die im § 76 vorge­ sehene Versicherung des Vorstandes zu richten. Im Uebrigen ver­ bleibt es bei den Bestimmungen im § 137. 8 139. [133.] Mit der Bilanz eines jeden Geschäftsjahres ist außer den im § 33 vorgesehenen Angaben über die Zahl der Ge­ nossen der Gesammtbetrag, um welchen in diesem Jahre die Geschästsguthaben sowie die Haftsummen der Genossen sich vermehrt oder vermindert haben, und der Betrag der Haftsummen zu veröffent­ lichen, für welche am Jahresschluß alle Genossen zusammen aufzu­ kommen haben.

8 140. [134.] Das Konkursverfahren findet bei bestehender Genossenschaft außer dem Falle der Zahlungsunfähigkeit in dem Falle der Ueberschuldung statt, sofern diese ein Viertheil des Betrages der Haftsummen aller Genossen übersteigt. Der Vorstand hat, wenn eine solche Ueberschuldung sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Jahres aufgestellten Bilanz ergiebt, die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen. Die Vorschriften des § 99 Ab­ satz 2, 3, § 100 finden entsprechende Anwendung. 8 141. [135.] Die einzelnen Genossen können über ihre Haft­ summe hinaus weder auf Leistung von Nachschüssen, noch von den Konkursgläubigern in Anspruch genommen werden. Im Uebrigen finden auf den Anspruch der Gläubiger die Bestimmungen in §§ 122 bis 125 Anwendung.

8 142. [136.] Außer dem Falle des § 90 kann in dem Falle, daß entgegen den Vorschriften in §§ 19, 22 der Gewinn oder das Geschäftsguthaben ausgezahlt wird, der Ersatzanspruch gegen die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsraths oder gegen die Liquidatoren von den Gläubigern der Genossenschaft, soweit sie von dieser ihre Befriedigung nicht erlangen können, selbständig geltend gemacht werden. Dasselbe findet gegen die Mitglieder des Vorstandes oder die Liquidatoren statt, wenn nach dem Zeitpunkte, mit welchem die Verpflichtung zum Anträge auf Eröffnung des Konkursverfahrens eingetreten ist, eine Zahlung geleistet wird, rücksichtlich des Ersatzes derselben. Die Ersatzpflicht wird den Gläubigern gegenüber dadurch nicht

Abschnitt VIIL Besondere Bestimmungen.

Abschn. IX. Strafbestimmungen.

593

aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschlusse der General­ versammlung beruht. IV. Für die Umwandlung von Genossenschaften.

g 143. [137.]

Eine Genossenschaft mit unbeschränkter Haft­ pflicht kann sich in eine solche mit unbeschränkter Nachschußpflicht nur unter Beobachtung der Bestimmungen umwandeln, welche für die Vertheilung des Genossenschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebend sind (§ 82 Absatz 2, § 90 Absatz 1 bis 3). Dasselbe gilt von der Umwandlung einer Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht oder mit unbeschränkter Nachschußpflicht in eine solche mit beschränkter Haftpflicht. Die Vorschriften im § 133 Absatz 2 finden entsprechende An­ wendung. g 144. [138.] Zu dem Beschluß auf Umwandlung einer Ge­ nossenschaft mit unbeschränkter Nachschubpflicht in eine solche mit unbeschränkter Haftpflicht oder einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht in eine solche mit unbeschränkter Haftpflicht oder mit unbeschränkter Nachschußpflicht bedarf es einer Mehrheit von drei Viertheilen der in der Generalversammlung erschienenen Genossen. Das Statut kann noch andere Erfordernisse aufstellen. g 145. [139.] Die Umwandlung (§§ 143, 144) ist auch gegenüber den vor der Eintragung des Beschlusses in das Genossen­ schaftsregister aus der Genossenschaft Ausgeschiedenen wirksam. Im Falle der Umwandlung einer Genossenschaft mit unbe­ schränkter Nachschußpflicht können dieselben für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nicht in Anspruch genommen werden, sofern ihr Ausscheiden früher als achtzehn Monate vor der Eintragung erfolgt ist. Im Falle der Umwandlung einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht bleibt der Anspruch gegen sie auf ihre bisherige Haft­ summe beschränkt. Neunter Abschnitt. Strafbestimmungen,

g 146. [140.] Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichts­ raths und Liquidatoren werden, wenn sie absichtlich zum Nachtheile der Genossenschaft handeln, mit Gefängniß und zugleich mit Geld­ strafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. g 147. [141.] Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichts­ raths und Liquidatoren werden mit Gefängniß bis zu einem Jahre Frlcdberg, HandclSgcsgbg. 7. Aufl.

38

594 Anh. X11. Gesetz, bete, die Erwerbs- u. WirthschaftSsmosseuschLste«, v. 1. Mat 1889.

und zugleich mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft, wenn sie in den von ihnen dem Gerichte (§ 10) zu machenden Anmeldungen, Anzeigen und Versicherungen wissentlich falsche Angaben machen, oder in ihren Darstellungen, ihren Uebersichten über den Vermögens­ stand der Genossenschaft, über die Mitglieder und die Haftsummen, oder den in der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen den Stand der Verhältnisse der Genossenschaft wissentlich unwahr darstellen. Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. 8 148. [142.] Mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit beiden Strafen zu­ gleich werden bestraft: 1. Die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsraths und die Liquidatoren, wenn länger als drei Monate die Genossenschaft ohne Aufsichtsrath geblieben ist, oder in dem letzteren die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern gefehlt hat; 2. die Mitglieder des Vorstandes oder die Liquidatoren, wenn entgegen den Vorschriften in §§ 99, 118, 140 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens unterlassen ist. Tie Strafe tritt nicht gegen Denjenigen ein, welcher nachweist, daß die Unterlassung ohne sein Verschulden geschehen ist. 8 149. [143.] Mitglieder des Vorstandes werden mit Geld­ strafe bis 311 sechshundert Mark bestraft, wenn ihre Handlungen onf andere als die im § 1 erwähnten geschäftlichen Zwecke gerichtet sind, oder wenn sie in der Generalversammlung die Erörterung von An­ trägen gestatten oder nicht hindern, welche auf öffentliche Angelegen­ heiten gerichtet sind, deren Erörterung unter die Gesetze über das Versammlungs- und Vereinsrecht fällt. 8 150. [144.] Die Mitglieder des Vorstandes eines Revisions­ verbandes werden, wenn unterlassen ist, die Versammlung in Ge­ mäßheit des § 59 Absatz 2 anzuzeigen, mit Geldstrafe bis zu sechs­ hundert Mark bestraft. Die Strafe tritt nicht gegen Denjenigen ein, welcher nachweist, daß die Unterlassung ohne sein Verschulden geschehen ist. 8 151. [145.] Wer sich besondere Vortheile dafür hat ge­ währen oder versprechen lassen, daß er bei einer Abstimmung in der Generalversammlung in einem gewissen Sinne stimme, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. 8 152. Personen, welche für einen Konsumverein den Waaren-

Abschnitt IX. Strafbestimmnngeu.

Abschn. X. Schlubbestimmungen. § 155.156.

595

verkauf bewirken, werden, wenn sie der Vorschrift des § 8 Absatz 4 zuwider wissentlich oder ohne Beobachtung der nach § 31 von dem Vorstande erlassenen Anweisungen Waaren an andere Personen als an Mitglieder oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft das Mitglied, welches seine Legitimation, durch die es zum Waarenverkauf in einem Konsumverein oder bei einem mit diesem wegen Waarenabgabe an die Mitglieder in Ver­ bindung stehenden Gewerbetreibenden berechtigt wird, einem Dritten zum Zweck unbefugter Waarenentnahme überläßt. Dritte, welche von solcher Legitimation zu demselben Zweck Gebrauch machen, oder auf andere Weise zu unbefugter Waaren­ abgabe zu verleiten unternehmen, werden in gleicher Weise bestraft. 8 153, Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark wird bestraft, wer Waaren, die er aus dem Konsumverein oder von einem mit diesem wegen Waarenabgabe in Verbindung stehenden Gewerbe­ treibenden auf Grund seiner Mitgliedschaft bezogen hat, gegen Ent­ gelt gewohnheitsmäßig oder gewerbsmäßig an Nichtmitglieder ver­ äußert. Diese Bestimmung findet keine Anwendung: 1. wenn ein Mitglied eines Konsumvereins die von ihm bezogenen Waaren in seiner Speiseanstalt oder an seine Kostgänger zum alsbaldigen persönlichen Verbrauch abgiebt; 2. wenn ein Konsumverein, welcher Mitglied eines anderen Kon­ sumvereins ist, die aus letzterem bezogenen Waaren an seine Mitglieder abgiebt. 8 154. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschrift des § 32 werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft. Zehnter Abschnitt. Schlußbest immun gen.

8 155. [146.] In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund der Bestim­ mungen dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Ein­ führungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. 8 156. [147.] Die Vorschriften in §§ 9 bis 11 des Handels­ gesetzbuchs [Art. 12 bis 14] finden auf das Genossenschaftsregister Anwendung. Die Eintragungen sind durch den deutschen Reichs­ anzeiger bekannt zu machen. Die anderen Blätter hat das Gericht zu bestimmen, für kleinere Genossenschaften nur ein anderes Blatt. 38*

596 *nt. XI1. Gesetz, betr. die Erwerbs, u. »irthschaftS-enossenschasten, v. 1. Mai 1889.

§ 157. [148.] Die Anmeldungen zum Genossenschaftsregister sind durch sämmtliche Mitglieder des Vorstandes oder sämmtliche Liquidatoren persönlich zu bewirken oder in beglaubigter Form ein­ zureichen. Die in 88 16, 28, 8 33 Absatz 2, § 51 Absatz 5, 8 63 Absatz 2, 8 84, 8 85 Absatz 2 vorgeschriebenen Anmeldungen und Ein­ reichungen müssen auch zu dem Genossenschaftsregister einer jeden Zweigniederlassung erfolgen. 8 158. [149.] Von der Eintragung eines beitretenden Ge­ nossen, der Eintragung oder Vormerkung des Austritts, der Aus­ schließung oder des Todes von Genossen, sowie von der Eintragung weiterer Geschäftsantheile in die Liste der Genossen hat das Gericht (8 10) dem Gerichte einer jeden Zweigniederlassung zur Berichtigung der dort geführten Liste Mittheilung zu machen. Jmgleichen ist die Eintragung der Auflösung einer Genossen­ schaft, sowie der Eröffnung des Konkursverfahrens zu dem Genossen­ schaftsregister einer jeden Zweigniederlassung mitzutheilen. 8 159. [151.] Gebühren für die Verhandlung und Entschei­ dung erster Instanz über die in vorstehendem Paragraphen bezeich­ neten Anträge, sowie für die Eintragungen und Vormerkungen werden nicht erhoben. Die Erhebung von Auslagen findet nach 88 79, 80 und 80 b des Gerichtskostengesetzes statt. 8 160. [152.] Die Mitglieder des Vorstandes sind von dem Gerichte (8 10) zur Befolgung der im 8 8 Absatz 2, 8 14, 88 28, 30, 8 61 Absatz 2, 8 63, § 78 Absatz 2, 8 79 Absatz 2 ent­ haltenen Vorschriften durch Ordnungsstrafen anzuhalten; die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. In gleicher Weise sind die Mitglieder des Vorstandes und die Liquidatoren zur Befolgung der im 8 33 Absatz 2, 8 47, § 48 Ab­ satz 2, 8 51 Absatz 4 und 5, § 84, § 85 Absatz 2, § 89, 8 157 Absatz 2 enthaltenen Vorschriften anzuhalten. Rücksichtlich des Verfahrens sind die Vorschriften maßgebend, welche zur Erzwingung der im Handelsgesetzbuch angeordneten An­ meldung zum Handelsregister gelten. 8 161. [171.] Tie zur Ausführung der Vorschriften über das Genossenschaftsregister und die Anmeldungen zu demselben erforder­ lichen Bestimmungen werden von dem Bundesrath erlassen. Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung Staatsbehörde (8 47) und höhere Verwaltungsbehörde (88 58, 59, 61, 81) zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundes­ staates bekannt gemacht.

Anh. XI2. Bekannt«.,betr.d.Kühr.d. SenvsseuschastSreg.u.d.Sameld.d.Register. 597

XI 2 Bekanntmachung, betreffend die Führung des GenossenschaftSregifters nnd die Anmeldungen zu diesem Register. Vom 1. Juli 1899.

(RGBl 347.)

Auf Grund des § 161 Absatz 1 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschastsgenossenschaften (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 810), hat der Bundesrath beschlossen, daß vom 1. Januar 1900 lab an die Stelle der §§ 3 bis 17 und der §§ 19 bis 35 der Be­ stimmungen über die Führung des Genossenschaftsregisters und die Anmeldungen zu demselben (Reichs-Gesetzbl. 1889 S. 150) die folgenden Vorschriften treten: I. Allgemeines.

g 1. Die Obliegenheiten des Richters und des Gerichtsschreibers bei der Führung des Genossenschaftsregisters und der Liste der Ge­ nossen sowie bet den auf die Eintragungen bezüglichen Verhand­ lungen bestimmen sich, soweit nicht durch Reichsgesetz oder durch diese Vorschriften besondere Anordnungen getrossen sind, nach den in den einzelnen Bundesstaaten für das Handelsregister geltenden Vorschriften. g 2. Die Eintragungen in das Genossenschaftsregister und in die Liste der Genossen erfolgen auf Grund einer Verfügung des Registergerichts. Werden die Geschäfte des Registerführers nicht von einem Richter wahrgenommen, so soll die Verfügung für das Ge­ nossenschaftsregister den Wortlaut, für die Liste der Genossen den Inhalt der Eintragungen feststellen. Die Eintragungen sind unverzüglich zu bewirken. Die erfolgte Eintragung ist bei der gerichtlichen Verfügung zu vermerken, g 8. Bon jeder Eintragung in das Genossenschaftsregister oder in die Liste der Genossen ist dem Vorstand oder den Liquidatoren Nachricht zu geben. Das Gleiche gilt von der Ablehnung einer be­ antragten Eintragung. Diese Benachrichtigungen sowie die in den Fällen der §§ 15, 72, 76, 77, 137 des Gesetzes weiter vorgeschriebenen Benachrich­ tigungen von Genossen und von Gläubigern oder Erben eines Ge­ nossen können ohne Förmlichkeiten, insbesondere durch einfache Post­ sendung erfolgen. Für die Benachrichtigungen über Eintragungen in die Liste der Genossen sind Formulare zu verwenden, deren Ausfüllung dem Gerichtsschreiber obliegt; die Benachrichtigung ist

in der Regel mittelst einer Postkarte zu bewirken, auf deren Rück­ seite sich das Formular befindet. Wird eine Eintragung abgelehnt, so sind die Gründe der Ab­ lehnung mitzutheilen. § 4. Die öffentliche Bekanntmachung einer Eintragung in das Genossenschaftsregister (Gesetz § 156; Handelsgesetzbuch § 10) ist zu veranlassen, sobald die Eintragung bewirkt ist und ohne daß eine andere Eintragung abgewartet werden darf. Z5. Für die Bekanntmachungen aus dem Genossenschaftsregister können neben dem Deutschen Reichsanzeiger andere als die für die Bekanntmachungen aus dem Handelsregister dienenden Blätter be­ stimmt werden. Hinsichtlich der Bekanntmachung der hiernach be­ stimmten Blätter finden die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche für die Bekanntmachung der zu den Veröffentlichungen aus dem Handelsregister benutzten Blätter gelten. Hört eines der Blätter im Laufe des Jahres zu erscheinen auf, so hat das Gericht unverzüglich ein anderes Blatt zu bestimmen. Bei kleineren Genossenschaften, für welche gemäß § 156 des Gesetzes neben dem Reichsanzeiger nur ein anderes Blatt zu be­ stimmen ist, hat die Auswahl dieses Blattes hauptsächlich mit Rück­ sicht auf die Verbreitung im Gerichtsbezirke zu erfolgen. Bei der Entscheidung, ob eine Genossenschaft zu den kleineren Genossen­ schaften zu rechnen ist, hat das Registergericht sowohl die Zahl der vorhandenen Mitglieder und die Größe des Genossenschaftsvermögens als die Art und den Umfang des Geschäftsbetriebs zu berücksichtigen. Die Bekanntmachungen im Deutschen Reichsanzeiger sind in einem bestimmten Theile des Blattes zusammenzustellen. 8 6. Die Vorschrift, daß Anmeldungen zum Genossenschafts­ register durch sämmtliche Mitglieder des Vorstandes oder durch sämmtliche Liquidatoren persönlich zu bewirken oder in beglaubigter Form einzureichen sind (Gesetz § 157 Absatz 1), gilt nur von den Anmeldungen, welche in dem Gesetz als solche ausdrücklich bezeich­ net sind. Dahin gehören : 1. die Anmeldung des Statuts (Gesetz §§ 10, 11); 2. die Anmeldung von Abänderungen des Statuts (Gesetz § 16) einschließlich der Anmeldung einer Herabsetzung der Haftsumme und der Umwandlung einer Genossenschaft nebst den von dem Vorstande hierbei abzugebenden Versicherungen (Gesetz §§ 133, 143, 144); 3. die Anmeldung einer Zweigniederlassung (Gesetz § 14) oder der Aufhebung einer solchen;

4. die Anmeldung der Bestellung, des Ausscheidens oder der vor­ läufigen Enthebung von Vorstandsmitgliedern und Liquidatoren (Gesetz §§ 10, 11, 28, 84, § 85 Abs. 2); 5. die Anmeldung der Auflösung einer Genossenschaft in den Fällen der §§ 78, 79 des Gesetzes. Die Anmeldung durch einen Bevollmächtigten ist ausgeschlossen. § 7. Für die sonstigen Anzeigen und Erklärungen, die zum Genossenschaftsregister oder zur Liste der Genossen zu bewirken sind, bedarf es weder der Mitwirkung sämmtlicher Vorstandsmitglieder oder Liquidatoren noch, soweit nicht ein Anderes vorgeschrieben ist, der beglaubigten Form (zu vergl. Gesetz § 33 Abs. 2, § 63 Abs. 2, § 89). Sind jedoch solche Anzeigen oder Erklärungen mit rechtlicher Wirkung für die Genossenschaft verbunden, so müssen sie in der für die Willenserklärungen des Vorstandes oder der Liquidatoren vor­ geschriebenen Form, insbesondere unter Mitwirkung der hiernach erforderlichen Zahl von Vorstandsmitgliedern oder Liquidatoren er­ folgen (Gesetz §§ 25, 85). Dahin gehören die sämmtlichen Ein­ reichungen, Anzeigen und Versicherungen, die bezüglich des Bei­ tritts und des Ausscheidens von Genossen sowie bezüglich der Be­ theiligung von Genossen auf weitere Geschäftsantheile von dem Vor­ stande zur Liste der Genossen zu bewirken sind (Gesetz § 15 Abs. 2, § 69, § 71 Abs. 2, § 76 Abs. 2, § 77 Abs. 2, § 137 Abs. 2, § 138). Die Einreichungen und Anzeigen können persönlich bei dem Gericht oder schriftlich mittelst Einsendung bewirkt werden. Im ersteren Falle wird über den Vorgang ein Vermerk unter Bezeich­ nung der erschienenen Vorstandsmitglieder oder Liquidatoren aus­ genommen ; im Falle schriftlicher Einreichung ist die ordnungsmäßige Zeichnung durch den Vorstand oder die Liquidatoren erforderlich. 8 8. Ist für eine Erklärung die beglaubigte Form erforderlich (§ 6 und § 36 Abs. 1 dieser Vorschriften, § 71 Abs. 2 des Ge­ setzes), so können außer den Notaren und den sonst zuständigen Be­ hörden und Beamten auch der Gemeindevorsteher sowie die Polizei­ behörde die Beglaubigung der Unterschriften bewirken. In den Fällen, in welchen die Abschrift einer Urkunde zum Ge­ nossenschaftsregister oder zur Liste der Genossen einzureichen ist, genügt, sofern nicht ein Anderes vorgeschrieben ist, eine einfache Ab­ schrift (Gesetz § 11 Abs. 2 Nr. 3, § 28, § 69 Abs. 2). Ist die Einreichung einer beglaubigten Abschrift vorgeschrieben, so hat die Beglaubigung durch eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar zu erfolgen (§ 14 Abs. 2, § 58, § 66 Abs. 2, § 69 Abs. 1 des Gesetzes, § 31 Nr. 2, 5 dieser Vorschriften).

600 Anh. XI2. Vekauntm., betr. d. Kühr. d. SeuossenschastSreg. u. d. Anmeld. z. d. Register.

8 0. Soll eine Eintragung im Genossenschaftsregister von Amtswegen gelöscht werden, weil sie wegen Mangels einer wesent­ lichen Voraussetzung unzulässig war (Gesetz über die Angelegen­ heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §§ 142, 143),1 so erfolgt die

Löschung durch Eintragung des Vermerkes: „Von Amtswegen ge­ löscht^. Die für die Löschung unzulässiger Eintragungen im Äenossenschastsregister maßgebenden Vorschriften finden auch auf die Liste der Genossen Anwendung.

8 10. Eine Eintragung in das Genossenschaftsregister oder in die Liste der Genossen, die durch eine spätere Eintragung ihre Bedeu­ tung verloren hat,

ist roth

zu unterstreichen oder in einer ihre

Leserlichkeit nicht beeinträchtigenden Weise zu durchstreichen.

8 11. Für die Eintragungen in das Genossenschaftsregister oder in die Liste der Genossen mit Einschluß der Vormerkungen so­ wie für

die

Verhandlung und

Entscheidung

erster

Instanz

über

Anträge auf solche Eintragungen werden Gebühren nicht erhoben; die Erhebung von Auslagen findet nach §§ 79, 80 und 80b des

Gerichtskostengesetzes

statt

(Gesetz

§ 159).

Für

die

Benachrichti­

gungen über Eintragungen in die Liste der Genossen werden Schreib­

gebühren nicht erhoben. II. Eintragungen in das Genossenschaftsregister.

8 12. Das Genossenschastsregister wird nach dem in den ein­ zelnen Bundesstaaten vorgeschriebenen Formulare geführt. Jede Genossenschaft ist auf einem besonderen Blatte des Re­ gisters einzutragen;

die für spätere

Eintragungen

noch erforder­

lichen Blätter sind freizulassen.

8 13. Für jede in das Register eingetragene Genossenschaft werden besondere Akten gehalten. In die Registerakten sind aufzunehmen die zur Eintragung in

das Register bestimmten Anmeldungen nebst den ihnen beigefügten

Schriftstücken, insbesondere den Zeichnungen von Unterschriften, die sonstigen dem Gericht eingereichten Urkunden

und Belege, soweit

sie sich nicht auf die Liste der Genossen beziehen (§ 27 Abs. 4),

ferner die gerichtlichen Verfügungen sowie die Mittheilungen anderer Behörden und die Nachweise über die Bekanntmachungen.

8 14. Jeder Eintragung ist außer der Angabe des Tages der Eintragung

und

der

Unterschrift

des

Registerführers

eine

Ver­

weisung auf die Stelle der Registerakten beizufügen, wo sich die zu

1 S. oben S. 38.

II. 6intragungcn in dos 6tnefftntoeftirtgifitr. § 12—17.

601

Grunde liegende gerichtliche Verfügung (§ 2 dieser Vorschriften) befindet. § 15. Vor der Eintragung des Statuts (Gesetz §§ 10 bis 12) hat das Gericht zu prüfen, ob das Statut den Vorschriften des Ge­ setzes genügt, insbesondere ob die in dem Statute bezeichneten Zwecke der Genossenschaft den Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes ent­ sprechen und ob das Statut die erforderlichen Bestimmungen (Ge­ setz §§ 6, 7, § 36 Abs. 1 Satz 2, § 131 Abs. 2 Satz 1) enthält. Die Eintragung des Statuts in das Register erfolgt durch Auf­ nahme eines Auszugs. Der Auszug hat die im § 12 Abs. 2, 4 des Gesetzes bezeichneten Angaben, bei Genossenschaften mit be­ schränkter Haftpflicht auch die Höhe der Haftsumme und im Falle des § 134 des Gesetzes die höchste Zahl der Geschäftsantheile, auf welche ein Genosse sich betheiligen kann, zu enthalten. Die Urschrift des Statuts (Gesetz § 11 Abs. 2 Nr. 1) ist zu den Akten zu nehmen; in dem Register ist auf die Stelle der Akten, wo das Statut sich befindet, zu verweisen. 8 16. Beschlüsse der Generalversammlung, die eine Abände­ rung der im § 15 Abs. 2 dieser Vorschriften bezeichneten Be­ stimmungen des Statuts oder die Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit beschränkten Genossenschaft zum Gegenstände haben, werden nach ihrem Inhalte, Beschlüsse, die eine sonstige Abänderung des Statuts betreffen, nur unter allgemeiner Bezeichnung des Gegen­ standes eingetragen (Gesetz § 16). Die eine der mit der Anmeldung eingereichten Abschriften des Beschlusses (Gesetz § 16 Abs. 3 Satz 1) ist zu den Akten zu nehmen; in dem Register ist auf die Stelle der Akten, wo die Abschrift sich befindet, zu verweisen. § 17* Im Falle der Umwandlung einer Genossenschaft (Ge­ setz §§ 143, 144) ist außer dem Umwandlungsbeschluß auch die durch den Beschluß bedingte Aenderung der Firma (Gesetz §§ 2, 3) und bei der Umwandlung in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht die Höhe der Haftsumme, sowie im Falle des § 134 des Gesetzes die höchste Zahl der Geschäftsantheile, auf welche ein Genosse sich betheiligen kann, einzutragen. In den im § 143 des Gesetzes bezeichneten Umwandlungsfällen sowie im Falle einer Herabsetzung der Haftsumme bei einer Genossen­ schaft mit beschränkter Haftpflicht (§ 133 daselbst) sind mit der An­ meldung des Beschlusses die Belege über die vorgeschriebenen Be­ kanntmachungen des Beschlusses einzureichen; zugleich haben die sämmtlichen Mitglieder des Vorstandes die im § 133 Abs. 2 des Gesetzes vorgesehene schriftliche Versicherung abzugeben. Die Ein-

602 Auh. XI2. Betannhn., betr. d. Kühr. d. SmossenschastSreg. u. d. Auwel-, z. d. Register.

tragung darf nur stattfinden, wenn zwischen der letzten der bezeich­ neten Bekanntmachungen und der Anmeldung ein Jahr verstrichen ist. Im Uebrigen finden die Vorschriften des § 16 Anwendung.

8 18. Die Anmeldung und Eintragung der Vorstandsmitglieder (Gesetz § 10 Abs. 1, § 28) hat mit dem Beginn ihres Amtes zu erfolgen. Dasselbe gilt für den Fall der Bestellung von Stellver­ tretern behinderter Vorstandsmitglieder (Gesetz § 35). Bei der Ein­ tragung sind die Vorstandsmitglieder nach Familiennamen, Vor­ namen, Beruf und Wohnort anzugeben. Die Beendigung der Vertretungsbefugniß eines Vorstandsmit­ glieds ist alsbald nach dem Ausscheiden des Mitglieds aus dem Vor­ stand anzumelden und einzutragen. Als Beendigung der Vertretungsbefugniß gilt auch eine vorläufige Enthebung durch den Aufsichtsrath (Gesetz § 40). Eine Beschränkung der Vertretungsbefugniß des Vorstandes kann nicht eingetragen werden.

8 19. Die Errichtung einer Zweigniederlassung außerhalb des Gerichtsbezirkes der Hauptniederlassung ist bei dem Gericht, in dessen Bezirke die erstere sich befindet, gemäß § 14 des Gesetzes zur Ein­ tragung anzumelden. Die Eintragung erfolgt nicht, bevor die Ein­ tragung der Hauptniederlassung nachgewiesen ist. Von der bewirkten Eintragung der Zweigniederlassung hat das Gericht dem Gerichte der Hauptniederlassung Mittheilung zu machen. Auf Grund dieser Mittheilung wird die Errichtung der Zweig­ niederlassung im Register der Hauptniederlassung vermerkt (Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §§ 131, 147). Die bei dem Gerichte der Hauptniederlassung zu bewirkenden Anmeldungen und Einreichungen zum Genossenschaftsregister haben mit Ausnahme des Falles der Auflösung der Genossenschaft in der gleichen Weise auch bei dem Gerichte jeder Zweigniederlassung zu erfolgen (Gesetz § 157 Abs. 2). Im Falle der Auslösung der Genossenschaft hat das Gericht der Hauptniederlassung von der in seinem Register bewirkten Ein­ tragung unverzüglich zu dem Genossenschastsregister einer jeden Zweigniederlassung Mittheilung zu machen; auf Grund dieser Mit­ theilung wird die Auflösung im Register der Zweigniederlassung vermerkt. Das Gleiche gilt im Falle der Konkurseröffnung sowie im Falle einer von Amtswegen im Register der Hauptniederlassung bewirkten Löschung (§§ 9, 22, 23 dieser Vorschriften). Wird abgesehen von den Fällen der Auflösung und der Nichtig­ keit der Genossenschaft eine Zweigniederlassung aufgehoben, so ist

IL Eintragungen in das SenossenschastSregister. § 18—21.

603

dies in der gleichen Weise, wie die Errichtung, bei dem Gerichte der Zweigniederlassung zur Eintragung anzumelden und auf Grund der Mittheilung dieses Gerichts über die bewirkte Eintragung im Register der Hauptniederlassung zu vermerken (Gesetz über die An­ gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §§ 131, 147). Wird eine Zweigniederlassung in dem Gerichtsbezirk errichtet, welchem die Hauptniederlassung angehört, so ist nur die Errichtung und der Ort der Zweigniederlassung durch den Vorstand anzumelden und in dem Register bei der Hauptniederlassung einzutragen. Diese Vorschrift findet im Falle der Aufhebung entsprechende Anwendung.

§ 20, Die Eintragung der Auflösung einer Genossenschaft in das Register der Hauptniederlassung erfolgt: 1. in den Fällen der §§ 78 und 79 des Gesetzes auf Grund der Anmeldung des Vorstandes, 2. in den übrigen Fällen von Amtswegen, und zwar in dem Falle des § 80 nach Eintritt der Rechtskraft des von dem Register­ gericht erlassenen Auflösungsbeschlusses, in dem Falle des § 81 auf Grund der von der zuständigen Verwaltungsgerichts- oder Verwaltungsbehörde erster Instanz dem Registergerichte mit­ getheilten rechtskräftigen Entscheidung, durch welche die Auf­ lösung ausgesprochen ist, im Falle der Eröfsnung des Konkurs­ verfahrens aus Grund der Mittheilung des Gerichtsschreibers des Konkursgerichts (Konkursordnung § 112) in dem letzteren Falle unterbleibt die Veröffentlichung der Eintragung (Gesetz § 102). In allen Fällen der Auflösung, außer dem Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens, sind die Liquidatoren von dem Vorstand anzumelden. Dies gilt auch dann, wenn die Liquidation durch die Mitglieder des Vorstandes als Liquidatoren erfolgt (Gesetz §§ 83, 84). Sind die Liquidatoren durch das Gericht ernannt, so geschieht die Eintragung der Ernennung und der Abberufung von Amts­ wegen (Gesetz § 84 Abs. 2). Ist über die Form, in welcher die Liqüidatoren ihre Willens­ erklärungen kundzugeben und für die Genossenschaft zu zeichnen haben, insbesondere über die Zahl der Liquidatoren, welche dabei mitwirken müssen, eine Bestimmung getroffen, so ist auch diese anzu­ melden und einzutragen (Gesetz § 85). Im Uebrigen finden die auf den Vorstand bezüglichen Vor­ schriften des § 18 entsprechende Anwendung. § 21. Sobald mit der vollständigen Vertheilung des Genossen1 oben S. 40.

604 Anh. XI2. Bekannt«., betr. d. Kühr. d. GenossenschastSreg. u. d. «»meld.). d. Register.

schaftsvermögens die Liquidation beendigt ist, haben die Liquida­ toren die Beendigung ihrer Vertretungsbefugniß zur Eintragung anzumelden.

Die Aufhebung oder Einstellung des Konkursverfahrens (Kon­ kursordnung §§ 163,1 2205,2 Gesetz § 116) ist auf Grund der Mit­ theilung des Gerichtsschreibers des Konkursgerichts im Genossen­ schaftsregister zu vermerken.

8 22. Soll eine Genossenschaft von Amtswegen als nichtig ge­ löscht werden, so ist in der Verfügung, welche nach § 142 Abs. 2, § 147 Abs. 2, 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der frei­ willigen Gerichtsbarkeit der Genossenschaft zugestellt wird, ausdrück­ lich darauf hinzuweisen, daß der Mangel bis zur Löschung durch Beschluß der Generalversammlung gemäß § 95 Abs. 2 bis 4 des Genossenschastsgesetzes geheilt werden kann. Die Löschung erfolgt durch Eintragung eines Vermerkes, der die Genossenschaft als nichtig bezeichnet. Das Gleiche gilt in dem Falle, daß die Genossenschaft durch rechtskräftiges Urtheil für nichtig erklärt ist (Gesetz §§ 94, 96). Im Uebrigen finden die Vorschriften des § 20 Abs. 2 bis 4 und des § 21 Abs. 1 entsprechende Anwendung.

8 23. Soll ein eingetragener Beschluß der Generalversamm­ lung von Amtswegen als nichtig gelöscht werden (Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit § 147 Abs. 3, 4),3 so erfolgt die Löschung durch Eintragung eines Vermerkes, der den Beschluß als nichtig bezeichnet. Das Gleiche gilt, wenn der Beschluß durch rechtskräftiges Urtheil für nichtig erklärt ist (Gesetz § 51 Abs. 5).

8 24. Schreibfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in einer Eintragung vorkommen, sind von dem Gerichte zu berich­ tigen, ohne daß es einer vorgängigen Benachrichtigung der Ge­ nossenschaft bedarf. Die Berichtigung erfolgt durch Eintragung eines Vermerkes. 8 25. Das Genossenschastsregister ist dauernd aufzubewahren. Die Registerakten (§ 13) können nach Ablauf von dreißig Jahren seit der Eintragung einer der im § 21 bezeichneten Thatsachen ver­ nichtet werden.

1 oben S. 40. 2 oben S. 41. 3 oben S. 39.

III. Die Eintragungen in die Lifte der Genossen. 8 26—29.

605

HI. Die Eintragungen in die Liste der Genossen.

8 26. Die Einsicht der Liste der Genossen ist Jedem gestattet (Gesetz § 12 Abs. 3). Die Vorschriften des § 9 Abs. 2, 3 des Handelsgesetzbuchs über die Ertheilung von Abschriften und Bescheinigungen aus dem Handelsregister und aus den zu dem Handelsregister eingereichten Schriftstücken finden auch auf die Liste der Genossen und auf die zu der Liste eingereichten Schriftstücke Anwendung. 8 27. Die Liste der Genossen wird für jede in das Register ein­ getragene Genossenschaft nach dem anliegenden Formulare geführt. Sie bildet eine besondere Beilage zum Genossenschaftsregister. Auf dem Titelblatte der Liste sind die Firma und der Sitz der Genossenschaft sowie Beginn und Ende des Geschäftsjahrs (Gesetz § 8 Abs. 1 Nr. 3, § 12 Abs. 1 Nr. 6) anzugeben. Bei jeder Eintragung ist der Tag der Eintragung anzugeben; eine Unterzeichnung der Eintragung ist nicht erforderlich. Die Anträge, Schriftstücke und Verfügungen, auf Grund deren die Eintragung stattfindet, sind mit der laufenden Nummer, unter welcher der Genosse in die Liste eingetragen ist, zu versehen und, nach Jahrgängen gesammelt, aufzubewahren. 8 28. Eine Liste der Genossen wird auch bei jedem Gerichte geführt, in dessen Register eine Zweigniederlassung der Genossen­ schaft eingetragen ist. Die Eintragungen in die Liste erfolgen nicht auf Grund unmittelbarer Anzeigen oder Anträge der Betheiligten, sondern auf Grund der von dem Gerichte der Hauptniederlassung dem Gerichte der Zweigniederlassung gemachten Mittheilungen über die in der Hauptliste bewirkten Eintragungen (Gesetz § 158 Abs. 1). 8 29. In den Spalten 1 bis 4 werden die Mitglieder der Ge­ nossenschaft unter laufenden Nummern nach Familiennamen, Vor­ namen, Beruf und Wohnort eingetragen. Als erste Mitglieder einer zur Eintragung angemeldeten Ge­ nossenschaft sind die Unterzeichner des Statuts einzutragen. Es ist darauf zu achten, daß diese auch in der mit der Anmeldung des Statuts von dem Vorstand eingereichten besonderen Liste (Gesetz § 11 Abs. 2 Nr. 2) aufgeführt sind. Bei der Eintragung eines Genossen, der nach der Anmeldung des Statuts der Genossenschaft beitritt, hat das Gericht zu prüfen, ob die Beitrittserklärung (Gesetz § 15) die Unterschrift des Genossen trägt, eine unbedingte ist und bei Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht oder unbeschränkter Nachschußpflicht die in den §§ 120, 127 des Gesetzes vorgeschriebene Bemerkung enthält, sowie ob die

606 Anh. XI2. Bekannt«., betr. d. Kühr. d. SenossenschastSre-. u. d. Anmeld. L. d. Register.

Einreichung ordnungsmäßig durch den Vorstand erfolgt ist (§ 7 dieser Vorschriften). Auf die Echtheit der Unterschrift und die Wirksamkeit der Bei­ trittserklärung erstreckt sich die Prüfung des Gerichts nicht; vielmehr bleibt es im Allgemeinen den Betheiligten überlassen, Mängel in dieser Richtung im Wege der Klage geltend zu machen. Eine Ab­ lehnung der Eintragung aus solchen Gründen ist jedoch nicht aus­ geschlossen, falls die Unwirksamkeit der Beitrittserklärung, ohne daß es weiterer Ermittelungen bedarf, aus den dem Gerichte bekannten Thatsachen sich als zweifellos ergiebt. Bei der Benachrichtigung des Genossell und des Genossenschafts­ vorstandes über die Vornahme der Eintragung (Gesetz § 15 Abs. 4, oben § 3) ist die laufende Nummer, unter welcher die Eintragung bewirkt ist, anzugeben. 8 30, Die Spalten 5 und 6 dienen zur Eintragung der wei­ teren Geschäftsantheile bei solchen Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht, deren Statut die Betheiligung der Genossen auf mehr als einen Geschäftsantheil gestattet (Gesetz §§ 134 bis 137). Der erste Geschäftsantheil wird nicht eingetragen. Die Eintragung erfolgt auf Grund der von dem Vorstand ein­ gereichten Betheiligungserklärung des Genossen und der schriftlichen Versicherung des Vorstandes, daß die übrigen Geschäftsantheile des Genossen erreicht seien. Bei der Einreichung der Urkunden ist die Nummer, unter wel­ cher der Genosse in die Liste eingetragen ist, anzugeben. Hinsichtlich der Prüfung der Urkunden finden die Vorschriften des § 29 Abs. 3, 4 entsprechende Anwendung. Bei anderen, als den im Abs. 1 bezeichneten Genossenschaften ist die fünfte und sechste Spalte der Liste mit Rücksicht auf die Mög­ lichkeit einer späteren Umwandlung der Genossenschaft offen zu lassen. 8 31. Tie Eintragung des Ausscheidens von Genossen erfolgt auf Grund der vom Vorstand eingereichten Urfnnben. Diese sind: 1. im Falle der Aufkündigung eines Genossen (Gesetz §§ 65, 69) die Kündigungserklärung des Genossen und die schriftliche Ver­ sicherung des Vorstandes, daß die Aufkündigung rechtzeitig er­ folgt sei; 2. im Falle der Aufkündigung des Gläubigers eines Genossen (Gesetz §§ 66, 69) die Kündigungserklärung des Gläubigers und die in Nr. 1 bezeichnete Versicherung des Vorstandes, außer­ dem beglaubigte Abschrift des rechtskräftigen Urtheils oder sonstigen Schuldtitels und des Beschlusses, durch welchen das Geschäftsguthaben des Genossen für den Gläubiger gepfändet

III. Die Eintragungen in die Liste der Genossen. § 30—32.

607

und diesem überwiesen ist, sowie des Protokolls des Gerichts­ vollziehers oder der sonstigen Urkunden, aus denen sich die Fruchtlosigkeit einer innerhalb der letzten sechs Monate vor der Pfändung und Ueberweisung des Geschäftsguthabens gegen den Genossen versuchten Zwangsvollstreckung ergiebt; 3. im Falle der Aufgabe des Wohnsitzes eines Genossen bei Ge­ nossenschaften, deren Statut die Mitgliedschaft an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirkes knüpft (Gesetz § 8 Abs. 1 Nr. 2, §§ 67, 69), die Austrittserklärung des Genossen oder Abschrift der an den Genossen gerichteten Erklärung, mit welcher die Genossenschaft das Ausscheiden des Genossen verlangt hat, sowie eine Bescheinigung der Polizei- oder Gemeindebe­ hörde über den Wegzug aus dem Bezirke; 4. im Falle der Ausschließung eines Genossen aus der Genossen­ schaft (Gesetz §§ 68, 69) Abschrift des Ausschließungsbeschlusses; 5. im Falle der Uebertragung des Geschästsguthabens (Gesetz §§ 76, 138) die zwischen dem Ausscheidenden und dem Er­ werber des Guthabens wegen der Uebertragung geschlossene Uebereinkunft oder eine beglaubigte Abschrift der Uebereinkunft und, falls der Erwerber bereits Mitglied der Genossenschaft ist, die schriftliche Versicherung des Vorstandes, daß das bisherige Geschäftsguthaben des Erwerbers mit dem ihm zuzuschreibenden Betrage den Geschäftsantheil oder — im Falle des § 138 des Gesetzes — die der höchsten Zahl der Geschäftsantheile ent­ sprechende Gesammtsumme nicht übersteigt, falls der Erwerber des Guthabens noch nicht Mitglied der Genossenschaft ist, seine vorschriftsmäßige Beitrittserklärung; 6. im Falle des Todes eines Genossen (Gesetz § 77) eine Anzeige des Sterbefalls; als solche genügt eine von den Angehörigen des Verstorbenen veröffentlichte oder der Genossenschaft er­ stattete Anzeige und mangels einer solchen die Erklärung des Genossenschaftsvorstandes, daß der Todesfall eingetreten sei. 8 32. In den Fällen der Aufkündigung des Genossen oder des Gläubigers eines Genossen hat die Einreichung der Urkunden durch den Vorstand spätestens sechs Wochen vor dem Schlüsse des Geschäfts­ jahrs (Gesetz § 69 Abs. 1) zu erfolgen. Die Einreichung der im Laufe des Geschäftsjahrs erfolgten Aufkündigungen kann bis zu dem bezeichneten Zeitpunkt aufgeschoben und zusammen bewirkt werden. Dasselbe gilt in den Fällen der Austrittserklärung wegen Auf­ gabe des Wohnsitzes und der Ausschließung; sind jedoch diese That-

608 Anh. XI2. Bekannt«., betr. d. Kühr. d. SenossenschaftSreg. u. d. Anmelü. z. d. Register.

fachen erst in den letzten sechs Wochen des Geschäftsjahrs eingetreten, so ist die Einreichung unverzüglich zu bewirken.

In den Fällen der Uebertragung des Geschäftsguthabens und des Todes eines Genossen hat die Einreichung durch den Vorstand unverzüglich zu erfolgen.

Bei der Einreichung der Urkunden ist die Nummer, unter wel­ cher der ausscheidende Genosse in die Liste eingetragen ist, anzugeben. Hinsichtlich der Prüfung der Urkunden finden die Vorschriften

des § 29 Abs. 3, 4 entsprechende Anwendung.

8 33* Das Ausscheiden von Genossen wird in den Spalten 7 bis 9 der Liste eingetragen. Außer

der

das

begründenden

Ausscheiden

Thatsache

(§ 31

Nr. 1 bis 6) ist in den Fällen der Aufkündigung, des Wegzugs aus

dem Bezirk und der Ausschließung in der Spalte 8 zugleich der

Jahresschluß,

zu

welchem

Aufkündigung,

die

Austrittserklärung

oder Ausschließung erfolgt ist, zu vermerken. Im Falle der Uebertragung des Geschäftsguthabens ist in der

Spalte 8 außer der Uebertragung die Person des Erwerbers und die laufende Nummer, unter welcher er in die Liste eingetragen ist Ist der Erwerber noch nicht Ge­

oder eingetragen wird, anzugeben.

nosse, so darf die Uebertragung nur gleichzeitig mit dem Beitritte

des Erwerbers eingetragen werden. Im Falle des Todes eines Genossen ist der Zeitpunkt des Todes zu vermerken.

8 34. Der Tag des Ausscheidens wird in der Spalte 9 ein­ getragen.

Ta mit den im Gesetze bestimmten Ausnahmen das Aus­

scheiden nur zum Schlüsse eines Geschäftsjahrs und nur nach er­

folgter Eintragung wirksam wird, so kann als Zeitpunkt des Aus­ scheidens

regelmäßig

nur

der

letzte

Tag

des

Geschäftsjahrs,

in

welchem die Eintragung stattfindet, eingetragen werden.

Soll nach den eingereichten zum

Schlüsse

des

laufenden,

Urkunden das Ausscheiden nicht

sondern

eines

späteren

Geschäfts­

jahrs stattfinden, so ist dieser spätere Zeitpunkt einzutragen. Wird die Einreichung der Urkunden oder die Eintragung selbst

erst nach dem Jahresschlüsse, mit welchem

finden sollte, bewirkt, so kann es

das Ausscheiden statt­

erst mit dem nächsten Jahres­

schlüsse wirksam werden; in diesem Falle ist deshalb der letztere Zeit­ punkt als Tag des Ausscheidens in die Liste einzutragen.

Eine Aus­

nahme gilt für die Eintragung des Ausscheidens bei Todesfällen,

indem hier das Ausscheiden des Erben nicht von der vorgängigen

Eintragung in die Liste abhängig ist (Gesetz § 77).

Auch bei ver­

späteter Einreichung der Todesanzeige ist deshalb der letzte Tag

III. Die Eintragungen in die Liste der Genossen. 8 33—37.

609

desjenigen Geschäftsjahrs, in welchem der Todesfall eingetreten ist, als Zeitpunkt des Ausscheidens einzutragen. Auf den Fall des Ausscheidens durch Uebertragung des Ge­ schäftsguthabens finden die vorstehenden Bestimmungen keine An­ wendung. In diesem Falle wird das Ausscheiden unmittelbar durch die Eintragung wirksam; der Tag der letzteren ist deshalb auch der Zeitpunkt des Ausscheidens und als solcher in der Liste zu vermerken. 8 35. Vormerkungen zur Sicherung des Ausscheidens (Gesetz § 71) werden in den Spalten 7 und 8 eingetragen. Die Ein­ tragung erfolgt auf Antrag des Genossen, welcher das Ausscheiden beansprucht, im Falle des § 66 des Gesetzes auf Antrag des Gläu­ bigers des Genossen. Die Thatsachen, auf welche der Anspruch ge­ gründet wird (rechtzeitig bewirkte Aufkündigung, Uebertragung des Geschästsguthabens, Tod des Erblassers u. s. w.), sind anzugeben; des Nachweises oder der Glaubhaftmachung bedarf es nicht.

Der Zeitpunkt, zu welchem das Ausscheiden beansprucht wird, ist ebenfalls in der Spalte 8 anzugeben. Er bestimmt sich nach den Grundsätzen, welche maßgebend sein würden, wenn statt der Vor­ merkung das Ausscheiden selbst einzutragen wäre (§ 34). In der Spalte 9 wird der hiernach vorgemerkte Zeitpunkt erst eingetragen, wenn das Ausscheiden durch Anerkenntniß des Vorstandes oder durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt ist und dies in die Liste ein­ getragen wird (Gesetz § 71 Abs. 2).

8 36. Ist die Unwirksamkeit einer Eintragung durch eine einstimmende Erklärung des betheiligten Genossen und des standes der Genossenschaft in beglaubigter Form anerkannt durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt, so ist dies auf Antrag der beiden Theile in der letzten Spalte einzutragen. Schreibfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in Eintragung vorkommen, sind von dem Gerichte durch einen merk in der letzten Spalte zu berichtigen.

über­ Vor­ oder eines

einer Ver­

8 37. Die Liste der Genossen ist dauernd aufzubewahren. Auf die nach Jahrgängen gesammelten Anträge, Schriftstücke und Verfügungen (§ 27 Abs. 4) findet die Vorschrift des § 25 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

Friedberg, HandelSgcsgbg. 7. Ausl.

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610 Snh. Hl. Gesetz, betr. die Gesellschaften mtt beschr. Haftung, v. 2V. April 1892. 81—5.

XU.

Gesetz, betr. Vie Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Bom 20. April 1892.

(RGBl 477.)i

In der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898.

(RGBl 846.)

Erster Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft.

8 1. Gesellschaften mit beschränkter Haftung können nach Maß­ gabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden.

8 2. Der Gesellschaftsvertrag bedarf des Abschlusses in ge­ richtlicher oder notarieller Form. Er ist von sämmtlichen Gesell­ schaftern zu unterzeichnen.

1 Schutzgebietsgesetz (Fassung v. 10./9. 00 RGBl 813). 11. Deutschen Kolonialgesellschaften, welche die Kolonisation der deut­ schen Schutzgebiete, insbesondere den Erwerb und die Verwerthung von Grund­ besitz, den Betrieb von Land- oder Plantagenwirthschast, den Betrieb von Bergbau, gewerblichen Unternehmungen und Handelsgeschäften in denselben zum ausschließlichen Gegenstand ihres Unternehmens und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichts­ bezirke haben, oder denen durch Kaiserliche Schutzbriefe die Ausübung von Hoheitsrechten in den deutschen Schutzgebieten übertragen ist, kann auf Grund eines vom Reichskanzler genehmigten Gesellschaftsvertrags (Statuts"! durch Beschluß des Bundesraths die Fähigkeit beigelegt werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht zu klagen und ver­ klagt zu werden. In solchem Falle hastet den Gläubigern für alle Verbind­ lichkeiten der Kolonialgesellschaft nur das Vermögen derselben. Tas Gleiche gilt für deutsche Gesellschaften, welche den Betrieb eines Unternehmens der im Abs. 1 bezeichneten Art in dem Hinterland eines deutschen Schutzgebiets oder in sonstigen dem Schutzgebiete benachbarten Bezirken zum Gegenstand und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichtsbezirke haben. Der Beschluß des Bundesraths und im Auszuge der Gesellschaftsvertrag sind durch den Reichsanzeiger zu veröffentlichen. 12. Der Gesellschaftsvertrag hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten: 1. über den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft; 2. über die Vertretung der Gesellschaft Dritten gegenüber; 3. über die Befugnisse der die Gesellschaft leitenden und der die Leitung beaufsichtigenden Organe derselben;

Die Unterzeichnung durch Bevollmächtigte ist nur auf Grund einer gerichtlich oder notariell errichteten oder beglaubigten Voll­ macht zulässig. 8 3. Der Gesellschaftsvertrag muß enthalten: 1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft, 2. den Gegenstand des Unternehmens, 3. den Betrag des Stammkapitals, 4. den Betrag der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage (Stammeinlage). Soll das Unternehmen auf eine gewisse Zeit beschränkt sein oder sollen den Gesellschaftern außer der Leistung von Kapital­ einlagen noch andere Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auf­ erlegt werden, so bedürfen auch diese Bestimmungen der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag. 4. Die Firma der Gesellschaft muß entweder von dem Gegenstände des Unternehmens entlehnt sein, oder die Namen der Gesellschafter oder den Namen wenigstens eines derselben mit einem das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses andeutenden Zu­ satze enthalten. Die Namen anderer Personen als der Gesellschafter dürfen in die Firma nicht ausgenommen werden. Die Beibehaltung der Firma eines auf die Gesellschaft übergegangenen Geschäfts (Handelsgesetz­ buch § 22 sArt. 22]) wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Die Firma der Gesellschaft muß in allen Fällen die zusätzliche Bezeichnung „mit beschränkter Haftung" enthalten. Das Stammkapital der Gesellschaft muß mindestens zwanzigtausend Mark, die Stammeinlage jedes Gesellschafters muß mindestens fünfhundert Mark betragen. Kein Gesellschafter kann bei Errichtung der Gesellschaft mehrere Stammeinlagen übernehmen. Der Betrag der Stammeinlage kann für die einzelnen Gesell­ schafter verschieden bestimmt werden. Derselbe muß in Mark durch hundert theilbar sein. Der Gesammtbetrag der Stammeinlagen muß mit dem Stammkapital übereinstimmen.

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4. über die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder; 5. über die Jahresrechnung und Bertheilung des Gewinns; 6. über die Auflösung der Gesellschaft und die nach derselben eintretende Vermögensvertheilung.

13. Die Gesellschaften, welche die im § 11 erwähnte Fähigkeit durch Beschluß des Bundesraths erhalten haben, unterstehen der Aufsicht des Reichs­ kanzlers. Die einzelnen Befugnisse desselben sind in den Gesellschastsvertrag aufzunehmen.

612 Anh. xil. Gesetz, betr. die Gesellschaften«, beschr. Haftung, v. 20. April 1892.8 6—12.

Sollen von Gesellschaftern Einlagen, welche nicht in Geld zu leisten sind, auf das Stammkapital gemacht oder soll die Vergütung für Vermögensgegenstände, welche die Gesellschaft übernimmt, auf Stammeinlagen angerechnet werden, so muß die Person des Gesell­ schafters, der Gegenstand der Einlage oder Uebernahme sowie der Geldwerth, für welchen die Einlage angenommen wird, oder die für die übernommenen Gegenstände zu gewährende Vergütung im Gesellschastsvertrage festgesetzt werden.

8 6. Tie Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschafts­ verträge oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß sämmtliche Gesell­ schafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer. 8 7» Die Gesellschaft ist bei dem Gericht, in dessen Bezirke sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzu­ melden. Die Anmeldung darf nur erfolgen, nachdem von jeder Stamm­ einlage, soweit nicht andere als in Geld zu leistende Einlagen auf das Stammkapital gemacht sind, ein Viertheil, mindestens aber der Betrag von zweihundertundsünfzig Mark eingezahlt ist. 8 8.

Ter Anmeldung müssen beigesügt sein: 1. der Gesellschaftsvertrag und im Falle des § 2 Absatz 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden, 2. die Legitimation der Geschäftsführer, sofern dieselben nicht im Gesellschaftsvertrage bestellt sind, 3. eine von den Anmeldenden unterschriebene Liste der Gesell­ schafter, ans welcher Name, Vorname, Stand und Wohnort der letzteren, sowie der Betrag der von einem jeden der­ selben übernommenen Stammcinlage ersichtlich ist, 4. in dem Falle, daß der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedarf, die Genehmigungsurkunde. In der Anmeldung ist die Versicherung abzugeben, daß die im § 7 Absatz 2 bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen be­ wirkt sind, und daß der Gegenstand der Leistungen sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet.

Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. § 9. Die Anmeldenden haften der Gesellschaft solidarisch für die Richtigkeit ihrer Angaben hinsichtlich der auf die Stammein­ lagen gemachten Leistungen (§ 7 Absatz 2). Verzichtleistungen oder Vergleiche der Gesellschaft in Betreff der ihr nach Absatz 1 zustehenden Ersatzansprüche sind unwirksam, so­ weit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft er­ forderlich ist. Auf einen Vergleich, welchen der Ersatzpflichtige im Falle der Zahlungsunfähigkeit zur Abwendung oder Beseitigung des Konkursverfahrens mit seinen Gläubigern abschließt, findet diese Bestimmung keine Anwendung. Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestiminungen ver­ jähren in fünf Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. A 19. Ber der Eintragung in das Handelsregister sind die Firma und der Sitz der Gesellschaft, der Gegenstand des Unter­ nehmens, die Hohe des Stammkapitals, der Tag des Abschlusses des Gesellschastsvertrages und die Personen der Geschäftsführer anzu­ geben. Enthält der Gesellschaftsvertrag besondere Bestimmungen über die Zeitdauer der Gesellschaft oder über die Befugniß der Geschäfts­ führer oder Liquidatoren zur Vertretung der Gesellschaft, so sind auch diese Bestimmungen einzutragen. In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekannt gemacht wird, sind außer dem Inhalte der Eintragung die nach § 5 Absatz 4 getroffenen Festsetzungen und, sofern der Gesellschaftsvertrag besondere Bestimmungen über die Form enthält, in welcher öffent­ liche Bekanntmachungen der Gesellschaft erlassen werden, auch diese Bestimmungen auszunehmen. 8 11. Vor der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft besteht die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche nicht. Ist vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch. 8 12. Auf die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister eines Gerichts, in dessen Bezirke sie eine Zweigniederlassung besitzt, finden die Bestimmungen im § 8 Ab­ satz 1 und 2 keine Anwendung. Der Anmeldung ist eine von dem Gerichte der Hauptniederlassung beglaubigte Abschrift des Gesell­ schaftsvertrages und der Liste der Gesellschafter beizufügen. Die Eintragung hat die im § 10 Absatz 1 und 2 bezeichneten

614 Anh. XII. Gesetz, betr. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. April 1892.813—19.

Angaben zu enthalten. In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekannt gemacht wird, sind auch die im § 10 Absatz 3 bezeichneten Bestimmungen aufzunehmen, die nach § 5 Absatz 4 getroffenen Festsetzungen jedoch nur dann, wenn die Eintragung innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Eintragung in das Handels­ register des Sitzes der Gesellschaft erfolgt.

Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter. 8 13. Die Gesellschaft nut beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs. 8 14. Der Geschäftsantheil jedes Gesellschafters bestimmt sich nach dem Betrage der von ihm übernommenen Stammemlage. 8 15. Die Geschäftsantheile sind veräußerlich und vererblich. Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäfts antheüe weitere Geschäftsantheile, so behalten dieselben ihre Selb­ ständigkeit. Zur Abtretung von Geschästsantheilen durch Gesellschafter bedarf es eines in gerichtlicher oder notarieller Form geschlostenenVertrages Der gerichtlichen oder notariellen Form bedarf auch eine Ver­ einbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsantheils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäfts­ antheile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. 8 16. Der Gesellschaft gegenüber gilt im Falle der Veräußerung des Geschästsantheils nur Derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Uebergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Die vor der Anmeldung von der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder von dem letzteren gegenüber der Gesellschaft in Bezug auf das Gesellschaftsverhältniß vorgenommenen Rechtshand­ lungen muß der Erwerber gegen sich gelten lassen. Für die zur Zeit der Anmeldung aus den Geschästsantheil

Abschnitt IL Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter.

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rückständigen Leistungen ist der Erwerber neben dem Veräußerer verhaftet. 8 17. Die Veräußerung von Theilen eines Geschäftsantheils kann nur mit Genehmigung der Gesellschaft stattfinden. Die Genehlnigung bedarf der schriftlichen Form; sie muß die Person des Erwerbers und den Betrag bezeichnen, welcher von der Stammeinlage des ungetheilten Geschästsantheils auf jeden der durch die Theilung entstehenden Geschäftsantheile entfällt. Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß für die Veräußerung von Theilen eines Geschäftsantheils an andere Gesell­ schafter, sowie für die Theilung von Geschäftsantheilen verstorbener Gesellschafter unter deren Erben eine Genehmigung der Gesellschaft nicht erforderlich ist. Die Bestimmungen im § 5 Absatz 1 und 3 über den Betrag der Stammeinlagen finden bei der Theilung von Geschäftsantheilen entsprechende Anwendung. Eine gleichzeitige Uebertragung mehrerer Theile von Geschästsantheilen eines Gesellschafters an denselben Erwerber ist unzulässig. Außer dem Falle der Veräußerung und Vererbung findet eine Theilung von Geschäftsantheilen nicht statt. Sie kann im Gesell­ schaftsvertrage auch für diese Fälle ausgeschlossen werden. 8 18. Steht ein Geschäftsantheil mehreren Mitberechtigten ungetheilt zu, so können sie die Rechte aus demselben nur gemein­ schaftlich ausüben. Für die auf den Geschäftsantheil zu bewirkenden Leistungen haften sie der Gesellschaft solidarisch. Rechtshandlungen, welche die Gesellschaft gegenüber dem Inhaber des Antheils vorzunehmen hat, sind, sofern nicht ein gemeinsamer Vertreter der Mitberechtigten vorhanden ist, wirksam, wenn sie auch nur gegenüber einem Mitberechtigten vorgenommen werden. Gegen­ über mehreren Erben eines Gesellschafters findet diese Bestimmung nur in Bezug auf Rechtshandlungen Anwendung, welche nach Ablauf eines Monats seit dem Anfalle der Erbschaft vorgenommen werden. 8 19. Die Einzahlungen auf die Stammeinlagen sind nach Verhältniß der letzteren zu leisten. Die Stammeinlagen können den Gesellschaftern außer dem Falle einer Herabsetzung des Stammkapitals weder erlassen noch gestundet werden. Eine Aufrechnung können die Gesellschafter nicht geltend machen; ebensowenig findet an dem Gegenstände einer nicht in Geld zu leistenden Einlage wegen Forderungen, welche sich nicht auf den Gegenstand beziehen, ein Zurückbehaltungsrecht statt. Eine Leistung auf die Stammeinlage, welche nicht in Geld

616 Auh. XII. Gesetz, bete. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. April 1892. § 20—27.

besteht oder welche durch Ausrechnung einer für die Ueberlassung von Vermögensgegenständen zu gewährenden Vergütung bewirkt wird, befreit den Gesellschafter von seiner Verpflichtung nur, soweit sie in Ausführung einer nach § 5 Absatz 4 getroffenen Bestimmung erfolgt. 8 20. Ein Gesellschafter, welcher den auf die Stammeinlage eingeforderten Betrag nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist zur Ent­ richtung von Verzugszinsen von Rechtswegen verpflichtet. 8 21. Im Falle verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsantheil, aus welchen die Zahlung zu erfolgen hat, er­ lassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittelst eingeschriebenen Briefes. Tie Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsantheils und der geleisteten Theilzahlungen zu Giinsteii der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittelst eingeschriebenen Brieses. Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrage oder den später auf den Geschäftsantheil eingeforderten Be­ trägen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Ge­ sellschafter verhaftet. 8 22. Wegen des Don dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht bezahlten Betrages der Stammeinlage ist der Gesellschaft der letzte und jeder frühere, bei der Gesellschaft angemeldete Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen verhaftet. Em früherer Rechtsvorgänger haftet nur, soweit die Zahlung von dessen Rechtsnachfolger nicht zu erlangen ist; dies ist bis zum Beweise des Gegentheils anzunehmen, wenn der letztere die Zahlung nicht bis zum Ablauf eines Monats geleistet hat, nachdem an ihn die Zahlungsaufforderung und an den Rechtsvorgänger die Benach­ richtigung von derselben erfolgt ist. Die Haftpflicht des Rechtsvorgängers ist auf die innerhalb der Frist von fünf Jahren auf die Stammeinlage emgeforderten Ein­ zahlungen beschränkt. Tie Frist beginnt mit dem Tage, an welchem der Uebergang des Geschäftsantheils auf den Rechtsnachfolger ord­ nungsmäßig angemeldet ist. Der Rechtsvorgänger erwirbt gegen Zahlung des rückständigen Betrages den Geschäftsantheil des ausgeschlossenen Gesellschafters. 8 23. Ist die Zahlung des rückständigen Betrages von Rechts­ vorgängern nicht zu erlangen, so kann die Gesellschaft den Geschäfts­ antheil im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen lassen. Eine

Abschnitt 11. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter.

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andere Art des Verkaufs ist nur mit Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters zulässig.

8 24. Soweit eine Stammeinlage weder von den Zahlungs­ pflichtigen eingezogen, noch durch Verkauf des Geschäftsantheils ge­ deckt werden kann, haben die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag nach Verhältniß ihrer Geschäftsantheile aufzubringen. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältniß auf die Uebrigen vertheilt. 8 25. Von den in den §§ 21 bis 24 bezeichneten Rechts­ folgen können die Gesellschafter nicht befreit werden. 8 26. Im Gesellschastsvertrage kann bestimmt werden, daß die Gesellschafter über den Betrag der Stammeinlagen hinaus die Ein­ forderung von weiteren Einzahlungen (Nachschüssen) beschließen können. Die Einzahlung der Nachschüsse hat nach Verhältniß der Geschüstsantheile zu erfolgen.

Die Nachschußpslicht kann im Gesellschastsvertrage auf einen bestimmten, nach Verhältniß der Geschästsantheile festzusetzenden Be­ trag beschränkt werden. 8 27. Ist die Nachschubpflicht nicht auf einen bestimmten Be­ trag beschränkt, so hat jeder Gesellschafter, falls er die Stammeinlage vollständig eingezahlt hat, das Recht, sich von der Zahlung des auf den Geschäftsantheil eingesorderten Nachschusses dadurch zu befreien, daß er innerhalb eines Monats nach der Aufforderung zur Einzah­ lung den Geschäftsantheil der Gesellschaft zur Befriedigung aus dem­ selben zur Verfügung stellt. Ebenso kann die Gesellschaft, wenn der Gesellschafter binnen der angegebenen Frist weder von der bezeich­ neten Befugniß Gebrauch macht, noch die Einzahlung leistet, dem­ selben mittelst eingeschriebenen Briefes erklären, daß sie den Geschäfts­ antheil als zur Verfügung gestellt betrachte. Die Gesellschaft hat den Geschäftsantheil innerhalb eines Monats nach der Erklärung des Gesellschafters oder der Gesellschaft im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen zu lassen. Eine andere Art des Verkaufs ist nur mit Zustimmung des Gesellschafters zulässig. Ein nach Deckung der Verkaufskosten und des rückständigen Nachschusses verbleibender Ueberschuß gebührt dem Gesellschafter. Ist die Befriedigung der Gesellschaft durch den Verkauf nicht zu erlangen, so fällt der Geschäftsantheil der Gesellschaft zu. Dieselbe ist befugt, den Antheil für eigene Rechnung zu veräußern. Im Gesellschastsvertrage kann die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen auf den Fall beschränkt werden, daß die auf den

618 Anh. XII. Sesetz, betr. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. AprU 1892.8 28—35.

Geschäftsantheil eingeforderten Nachschüsse einen bestimmten Betrag überschreiten. 8 28. Ist die Nachschubpflicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt, so finden, wenn im Gesellschaftsvertrage nicht ein Anderes festgesetzt ist, im Falle verzögerter Einzahlung von Nachschüssen die auf die Einzahlung der Stammeinlagen bezüglichen Vorschriften der §§ 21 bis 23 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt im Falle des § 27 Absatz 4 auch bei unbeschränkter Nachschußpflicht, soweit die Nachschüsse den im Gesellschaftsvertrage festgesetzten Betrag nicht überschreiten. Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß die Ein­ forderung von Nachschüssen, auf deren Zahlung die Vorschriften der §§ 21 bis 23 Anwendung finden, schon vor vollständiger Ein­ forderung der Stammeinlagen zulässig ist. 8 29. Die Gesellschafter haben Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn, soweit nicht im Gesellschastsvertrage ein Anderes bestimmt ist. Die Vertheilung erfolgt nach Verhältniß der Geschästsantheile. Im Gesellschaftsvertrage kann ein anderer Maßstab der Vertheilung festgesetzt werden. 8 30. Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesell­ schafter zurückgezahlt werden. Tie Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß durch die im Gesellschaftsvertrage für die Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blätter und in Ermangelung solcher durch die für die Bekanntmachungen aus dem Handelsregister bestimmten öffentlichen Blätter bekannt gemacht ist. Im Falle des § 28 Absatz 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Voll­ einzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen. 8 31. Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Er­ stattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter

nach Verhältniß ihrer Geschäftsantheile. Beiträge, welche von ein­ zelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem be­ zeichneten Verhältniß auf die übrigen vertheilt. Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden. Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren; die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. Fällt dem Verpflichteten eine bösliche Handlungsweise zur Last, so findet die Bestimmung keine Anwendung. Für die in den Fällen des Absatz 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaften: die Geschäftsführer, welchen in Betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, soli­ darisch zum Ersätze verpflichtet.

g 32. Liegt die im § 31 Absatz 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Falle verpflichtet, Be­ träge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnantheile bezogen haben, zurückzuzahlen.

g 33. Die Gesellschaft darf eigene Geschäftsantheile, auf welche die Stammeinlage noch nicht vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben. Sie soll auch eigene Geschäftsantheile, auf welche die Stamm­ einlage vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben, sofern nicht der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vor­ handenen Vermögen geschehen kann. g 34. Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsantheilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrage zugelassen ist. Ohne die Zustimmung des Antheilsberechtigten findet die Ein­ ziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsantheil erworben hat, im Gesellschaftsvertrage festgesetzt waren. Die Bestimmung im § 30 Absatz 1 bleibt unberührt. Dritter Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung.

g 38. Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dieselben haben in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämmtliche Geschäftsführer erfolgen. Ist der

620 «nh. XII. Gesetz, bett. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. April 1892.8 36-42.

Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt es, wenn dieselbe an einen der Geschäftsführer erfolgt. Die Zeichnung geschieht in der Weise, daß die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Namensunterschrift beifügen. 8 36. Die Gesellschaft wird durch die in ihrem Namen von den Geschäftsführern vorgenommenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Gesellschaft vorgenommen worden ist, oder ob die Um­ stände ergeben, daß es nach dem Willen der Betheiligten für die Gesellschaft vorgenommen werden sollte. 8 37. Tie Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber ver­ pflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschafts­ vertrag oder, soweit dieser nicht ein Anderes bestimmt, durch die Be­ schlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugniß der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an ein­ zelnen Orten stattfinden soll, oder daß die Zustimmung der Gesell­ schafter oder eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist. 8 38. Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen. Im Gesellschastsvertrage kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, daß wichtige Gründe denselben noth­ wendig machen. Als solche Gründe sind insbesondere grobe Pflicht­ verletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen. 8 39. Jede Aenderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugniß eines Geschäftsführers ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ter Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunden über die Be­ stellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Ver­ tretungsbefugniß beizufügen. Diese Bestimmung findet auf die Anmeldung zum Handelsregister einer Zweigniederlassung keine An­ wendung. Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. 8 40. [41.] Alljährlich im Monat Januar haben die Geschäfts-

Abschnitt III.

Vertretung und Geschäftsführung.

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führer eine von ihnen unterschriebene Liste der Gesellschafter, aus welcher Name, Vorname, Stand und Wohnort der letzteren sowie ihre Stammeinlage zu entnehmen sind, zum Handelsregister einzu­ reichen. Sind seit Einreichung der letzten Liste Veränderungen hin­ sichtlich der Person der Gesellschafter und des Umfangs ihrer Betheiligung nicht eingetreten, so genügt die Einreichung einer ent­ sprechenden Erklärung. 8 41. [42.] Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ord­ nungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen. Sie müssen in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres die Bilanz für das verflossene Geschäftsjahr nebst einer Gewinn- und Verlustrechnung aufstellen. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die bezeichnete Frist bis auf sechs Monate, bei Gesellschaften, deren Unternehmen den Betrieb von Geschäften in überseeischen Gebieten zum Gegenstände hat, bis auf neun Monate erstreckt werden. Für Gesellschaften, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens im Betriebe von Bankgeschäften besteht, ist die Bilanz innerhalb der vorbezeichneten Fristen in den im § 30 Absatz 2 bestimmten öffent­ lichen Blättern durch die Geschäftsführer bekannt zu machen. Die Bekanntmachung ist zum Handelsregister einzureichen. 8 42. [43.] Für die Aufstellung der Bilanz kommen die Vor­ schriften des § 40 [Art. 31] des Handelsgesetzbuchs mit folgenden Maßgaben zur Anwendung: 1. Anlagen und sonstige Vermögensgegenstände, welche nicht zur Weiterveräußerung, sondern dauernd zum Betriebe des Unter­ nehmens bestimmt sind, dürfen höchstens zu dem Anschaffungs­ oder Herstellungspreise angesetzt werden; sie können ohne Rücksicht auf einen geringeren Werth zu diesem Preise ange­ setzt werden, sofern ein der Abnutzung gleichkommender Be­ trag in Abzug oder ein derselben entsprechender Erneuernngsfonds in Ansatz gebracht wird; 2. die Kosten der Organisation und Verwaltung dürfen nicht als Aktiva in die Bilanz eingesetzt werden; 3. das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist als Aktivum in die Bilanz nur insoweit einzustellen, als die Einziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht, durch Verweisung auf den Geschäfts­ antheil sich von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien, nicht zusteht; den in die Aktiva der Bilanz aufgenommenen Nachschußansprüchen muß ein gleicher Kapitalbetrag in den Passiven gegenübergestellt werden;

622 Anh. XII. Gesetz, bete. d. Gesellschaften m. beschr. vaftung, v. 20. April 1892. § 43—50. 4. der Betrag des im Gesellschastsvertrage bestimmten Stamm­ kapitals ist unter die Passiva auszunehmen. Das Gleiche gilt von dem Betrage eines jeden Reserve- und Erneuerungs­ fonds, sowie von dem Gesammtbetrage der eingezahlten Nach­ schüsse, soweit nicht die Verwendung einer Abschreibung der betreffenden Passivposten begründet; 5. der aus der Vergleichung sämmtlicher Aktiva und Passiva sich ergebende Gewinn oder Verlust muß am Schlüsse der Bilanz besonders angegeben werden.

g 43. [44.] Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden. Insbesondere sind sie zum Ersätze verpflichtet, wenn den Be­ stimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsantheile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen im §9 Absatz 2 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben. Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen ver­ jähren in fünf Jahren. g 44. [4a.] Die für die Geschäftsführer gegebenen Vorschriften gelten auch für Stellvertreter von Geschäftsführern.

g 45. [46.] Die Rechte, welche den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in Bezug auf die Führung der Geschäfte zustehen, sowie die Ausübung derselben bestimmen sich, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, nach dem Gesellschastsvertrage. In Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschafts­ vertrages finden die Vorschriften der §§ 46 bis 51 Anwendung, g 46. [47.] Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen: 1. die Feststellung der Jahresbilanz und die Verkeilung des aus derselben sich ergebenden Reingewinns; 2. die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen; 3. die Rückzahlung von Nachschüssen; 4. die Theilung sowie die Einziehung von Geschäftsantheilen;

5. die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben; 6. die Maßregeln zur Prüfung und Ueberwachung der Geschäftsführung; 7. die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevoll­ mächtigten zum gesummten Geschäftsbetriebe; 8. die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesell­ schaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäfts­ führer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat. g 47. [48.] Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschluß­ fassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jede hundert Mark eines Geschäftsantheils gewähren eine Stimme. Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlußfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für Andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechts­ streites gegenüber einem Gesellschafter betrifft. g 48. [49.] Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Ver­ sammlungen gefaßt. Der Abhaltung einer Versammlung bedarf es nicht, wenn sämmtliche Gesellschafter schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären. g 49. [50.] Die Versammlung der Gesellschafter wird durch die Geschäftsführer berufen. Sie ist außer den ausdrücklich bestimmten Fällen zu berufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Insbesondere muß die Versammlung unverzüglich berufen werden, wenn aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergiebt, daß die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. g 50. [51.] Gesellschafter, deren Stammantheile zusammen mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. In gleicher Weise haben die Gesellschafter das Recht, zu ver-

624 Anh. XII. Gesetz, betr. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. April 1892. § 51—57.

langen, daß Gegenstände zur Beschlußfassung der Versammlung angekündigt werden. Wird dem Verlangen nicht entsprochen oder sind Personen, an welche dasselbe zu richten wäre, nicht vorhanden, so können die im Absatz 1 bezeichneten Gesellschafter unter Mittheilung des Sach­ verhältnisses die Berufung oder Ankündigung selbst bewirken. Die Versammlung beschließt, ob die entstandenen Kosten von der Gesell­ schaft zu tragen sind. 8 81. [52.] Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittelst eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden. Ist die Versammlung nicht ordnungsmäßig berufen, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämmtliche Gesellschafter an­ wesend sind. Das Gleiche gilt in Bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind. 8 82. [53.] Ist nach dem Gesellschaftsvertrage ein Aussichts­ rath zu bestellen, so finden auf denselben, soweit nicht im Gesell­ schaftsvertrage ein Anderes bestimmt ist, die für den Anfsichtsrath einer Aktiengesellschaft nach § 243 Absatz 1, 2, 4, §§ 244 bis 248 und § 249 Absatz 1, 2 [Art. 224 bis 226 Absatz 1] des Handelsgesetzbuchs geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsraths wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren. Vierter Abschnitt.

Abänderungen des Gefellschaftsvertrags.

8 53. [54.] Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages kann nur durch Beschluß der Gesellschafter erfolgen. Der Beschluß muß gerichtlich oder notariell beurkundet werden, derselbe bedarf einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen. Der Gesellschaftsvertrag kann noch andere Erfordernisse aufstellen. Eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschafts­ vertrage obliegenden Leistungen kann nur mit Zustimmung sämmt­ licher betheiligter Gesellschafter beschlossen werden. 8 54. [55.] Die Abänderung des Gesellschaftsvertrages ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

625

Abschnitt IV. Abänderungen des Sesellschaftsvertrages.

Bei der Eintragung genügt, sofern nicht die Abänderung die im § 10 Absatz 1 und 2 bezeichneten Angaben betrifft, die Bezug­ nahme auf die bei dem Gerichte eingereichten Urkunden über die Ab­ änderung. Die öffentliche Bekanntmachung findet in Betreff aller Bestimmungen statt, auf welche sich die im § 10 Absatz 3 und im § 12 vorgeschriebenen Veröffentlichungen beziehen. Die Abänderung hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Titzes der Gesellschaft eingetragen ist.

8 55. [56.] Wird eine Erhöhung des Stammkapitals be­ schlossen, so bedarf es zur Uebernahme jeder auf das erhöhte Kapital zu leistenden Stammeinlage einer gerichtlich oder notariell aufge­ nommenen oder beglaubigten Erklärung des Uebernehmers. Zur Uebernahme einer Stammeinlage können von der Gesell­ schaft die bisherigen Gesellschafter oder andere Personen, welche durch die Uebernahme ihren Beitritt zu der Gesellschaft erklären, zuge­ lassen werden. Im letzteren Falle sind außer dem Betrage der Stammeinlage auch sonstige Leistungen, zu welchen der Beitretende nach dem Gesellschastsvertrage verpflichtet sein soll, in der im Ab­ satz 1 bezeichneten Urkunde ersichtlich zu machen. Wird von einem der Gesellschaft bereits angehörenden Gesell­ schafter eine Stammeinlage auf das erhöhte Kapital übernommen, so erwirbt derselbe einen weiteren Geschäftsantheil. Die Bestimmungen im § 5 Absatz 1 und 3 über den Betrag der Stammeinlagen sowie die Bestimmung im § 5 Absatz 2 über die Unzulässigkeit der Uebernahme mehrerer Stammeinlagen finden auch hinsichtlich der auf das erhöhte Kapital zu leistenden Stamm­ einlagen Anwendung. 8 56. [57.] Soll auf das erhöhte Stammkapital eine Ein­ lage gemacht werden, welche nicht in Geld zu leisten ist, oder soll eine Vergütung für Vermögensgegenstände, welche die Gesellschaft übernimmt, auf eine Einlage angerechnet werden, so muß die Person desjenigen, welcher die Einlage zu leisten oder die Vermögeusgegenstände zu überlassen hat, sowie der Gegenstand der Einlage oder Ueberlassung und der Geldwerth, für welchen die Einlage ange­ nommen wird, oder die für den überlassenen Gegenstand zu ge­ währende Vergütung in dem Beschlusse auf Erhöhung des Stamm­ kapitals festgesetzt und in der im § 55 Absatz 1 bezeichneten Er­ klärung angegeben werden. Die Bestimmung im § 19 Absatz 3 findet die entsprechende An­ wendung. 8 57. [58.] Die beschlossene Erhöhung des Stammkapitals Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Ausl.

-10

626 «nh. XII. Gesetz, betr. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. April 1892. § 58-02.

ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, nachdem das erhöhte Kapital durch Uebernahme von Stammeinlagen gedeckt ist. Die Bestimmung im § 7 Absatz 2 über die vor der Anmeldung des Gesellschaftsvertrages zu leistende Einzahlung, sowie die Be­ stimmung im § 8 Absatz 2 über die in der Anmeldung abzugebende Versicherung finden entsprechende Anwendung. Der Anmeldung sind beizufügen: 1. die im § 55 Absatz 1 bezeichneten Erklärungen oder eine beglaubigte Abschrift derselben; 2. eine von den Anmeldenden unterschriebene Liste der Per­ sonen, welche die neuen Stammeinlagen übernommen hadert; aus der Liste muß der Betrag der von Jedem übernommenen Einlage ersichtlich sein. In Bezug auf die Verantwortlichkeit der Anmeldenden für die Richtigkeit ihrer Angaben finden die Bestimmungen im § 9 ent­ sprechende Anwendung. 8 58. [59.] Eine Herabsetzung des Stammkapitals kann nur unter Beobachtung der nachstehenden Bestimmungen erfolgen: 1. der Beschluß auf Herabsetzung des Stammkapitals muß von den Geschäftsführern zu drei verschiedenen Malen durch die int § 30 Absatz 2 bezeichneten Blätter bekannt gemacht werden; in diesen Bekanntmachungen sind zugleich die Gläubiger der Ge­ sellschaft aufzufordern, sich bei derselben zu melden;, die aus den Handelsbüchern der Gesellschaft ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern; 2. die Gläubiger, welche sich bei der Gesellschaft melden und der Herabsetzung nicht zustimmen, sind wegen der erhobenen An­ sprüche zu befriedigen oder sicherzustellen; 3. die Anmeldung des Herabsetzungsbeschlusses zur Eintragung in das Handelsregister erfolgt nicht vor Ablauf eines Jahres seit dem Tage, an welchem die Aufforderung der Gläubiger in ben öffentlichen Blättern zum dritten Male stattgefunden hat; 4. mit der Anmeldung sind die Bekanntmachungen des Beschlusses einzureichen; zugleich haben die Geschäftsführer die Versicherung abzugeben, daß die Gläubiger, welche sich bei der Gesellschaft gemeldet und der Herabsetzung nicht zugestimmt haben, be­ friedigt oder sichergestellt sind. Die Bestimmung im § 5 Absatz 1 über den Mindestbetrag des Stammkapitals bleibt unberührt. Erfolgt die Herabsetzung zum Zweck der Zurückzahlung von Stammeinlagen oder zum Zweck des Erlasses der aus diese geschuldeten Einzahlttngen, so darf der ver-

Abschnitt V.

Auflösung und Richtigkeit der Gesellschaft.

627

bleibende Betrag der Stammeinlagen nicht unter den im § 5 Absatz 1 und 3 bezeichneten Betrag herabgehen. § 59, [59 a.] Auf die Anmeldungen zu dem Handelsregister eines Gerichts, in dessen Bezirke die Gesellschaft eine Zweignieder­ lassung besitzt, finden die Bestimmungen im § 5 Absatz 2, Absatz 3 Nr. 1 und im § 58 Absatz 1 Nr. 4 keine Anwendung.

Münster Abschnitt.

Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft. 8 60. [60.] Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird aufgelöst: 1. durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrage bestimmten Zeit; 2. durch Beschluß der Gesellschafter; derselbe bedarf, sofern im Gesellschaftsvertrage nicht ein Anderes bestimmt ist, einer Mehr­ heit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen; 3. durch gerichtliches Urtheil oder durch Entscheidung des Ver­ waltungsgerichts oder der Verwaltungsbehörde in den Füllen der §§ 61 und 62; 4. durch die Eröffnung des Konkursverfahrens; wird das Ver­ fahren nach Abschluß eines Zwangsvergleichs aufgehoben oder auf Antrag des Gemeinschuldners eingestellt, so können die Ge­ sellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Im Gesellschaftsvertrage können weitere Auflösungsgründe fest­ gesetzt werden. 8 61. Die Gesellschaft kann durch gerichtliches Urtheil auf­ gelöst werden, wenn die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich wird, oder wenn andere, in den Verhältnissen der Gesellschaft liegende, wichtige Gründe für die Auflösung vorhanden sind. Die Auflösungsklage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Sie kann nur von Gesellschaftern erhoben werden, deren Geschäftsantheile zusammen mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals ent­ sprechen. Für die Klage ist das Landgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. 8 62. Wenn eine Gesellschaft das Gemeinwohl dadurch ge­ fährdet, daß die Gesellschafter gesetzwidrige Beschlüsse fassen oder gesetzwidrige Handlungen der Geschäftsführer wissentlich geschehen lassen, kann sie aufgelöst werden, ohne daß deshalb ein Anspruch auf Entschädigung stattfindet. Das Verfahren und die Zuständigkeit der Behörden richtet sich nach den für jheitige Verwaltungssachen landesgesetzlich geltenden

40*

628 Anh. xii. Gesetz, betr. d. Gesellschaften«. beschr.Haftung, v. 20. April 1892.8 63-71.

Vorschriften. Wo ein Verwaltungsstreitverfahren nicht besteht, kann die Auflösung nur durch gerichtliches Erkenntniß auf Betreiben der höheren Verwaltungsbehörde erfolgen. Ausschließlich zuständig ist in diesem Falle das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.

8 63» Ueber das Vermögen der Gesellschaft findet das Konkurs­ verfahren außer dem Falle der Zahlungsunfähigkeit auch in dem Falle der Ueberschuldung statt. Tie aus das Konkursverfahren über das Vermögen einer Aktien­ gesellschaft bezüglichen Vorschriften im § 207 Absatz 2, § 208 [§ 193 Absatz 2, § 194]1 der Konkursordnung finden auf die Gesellschast mit beschränkter Haftung entsprechende Anwendung.

8 64. Die Geschäftsführer haben die Eröffnung des Konkurs­ verfahrens zu beantragen, sobald die Zahlungsunfähigkeit der Gesell­ schaft eintritt oder aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe, des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz Ueberschuldung sich ergiebt. Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersätze aller nach diesem Zeitpunkt geleisteten Zahlungen verpflichtet. Auf den Ersatz­ anspruch finden die Bestimmungen im § 43 Absatz 3 und 4 ent­ sprechende Anwendung. 8 65. Die Auflösung der Gesellschaft ist außer dem Falle des Konkursverfahrens zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Das Gleiche gilt von einer Fortsetzung der Gesellschaft in den im § 60 Absatz 1 Nr. 4 bezeichneten Fällen. Tie Auflösung ist von den Liquidatoren zu drei verschiedenen Malen durch die im § 30 Absatz 2 bezeichneten öffentlichen Blätter bekannt zu machen. Durch die Bekanntmachung sind zugleich die Gläubiger der Gesellschaft aufzusordern, sich bei derselben zu melden.

8 66. In den Fällen der Auslösung außer dem Falle des Konkursverfahrens erfolgt die Liquidation durch die Geschäftsführer, wenn nicht dieselbe durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß der Gesellschafter anderen Personen übertragen wird. Auf Antrag von Gesellschaftern, deren Geschäftsantheile zu­ sammen mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals ent­ sprechen, kann aus wichtigen Gründen die Bestellung von Liquida­ toren durch das Gericht (§ 7 Absatz 1) erfolgen. Die Abberufung der Liquidatoren kann durch das Gericht unter derselben Voraussetzung wie die Bestellung stattfinden. Liqui­ datoren, welche nicht vom Gericht ernannt sind, können auch durch 1 Liehe oben S. 143.

Abschnitt V. Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft.

629

Beschluß der Gesellschafter vor Ablauf des Zeitraums, für welchen sie bestellt sind, abberusen werden.

8 67. Die ersten Liquidatoren sind durch die Geschäftsführer, jede Aenderung in den Personen der Liquidatoren sowie eine Be­ endigung ihrer Vertretungsbefugniß ist durch die Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunden über die Be­ stellung der Liquidatoren oder über die Aenderung in den Personen derselben beizufügen. Diese Vorschrift findet auf die Anmeldung zum Handelsregister einer Zweigniederlassung keine Anwendung. Die Eintragung der gerichtlichen Ernennung oder Abberufung von Liquidatoren geschieht von Amtswegen. Die Liquidatoren haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen.

8 68. Die Liquidatoren haben in der bei ihrer Bestellung bestimmten Form ihre Willenserklärung kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämmtliche Liquidatoren erfolgen. Die Bestimmung ist mit der Bestellung der Liquidatoren jur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Zeichnungen geschehen in der Weise, daß die Liquidatoren der bisherigen, nunmehr als Liquidationssirma zu bezeichnende,! Firma ihre Namensunterschrift beifügen. 8 69. [70.] Bis zur Beendigung der Liquidation kommen ungeachtet der Auflösung der Gesellschaft in Bezug aus die Rechts­ verhältnisse derselben und der Gesellschafter die Vorschriften des zweiten und dritten Abschnitts zur Anwendung, soweit sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes ergiebt. Der Gerichtsstand, welchen die Gesellschaft zur Zeit ihrer Auf­ lösung hatte, bleibt bis zur vollzogenen Vertheilung des Vermögens bestehen. 8 70. [71.] Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu er­ füllen, die Forderungen derselben einzuziehen, und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen; sie haben die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Zur Beendigung schwebender Ge­ schäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen.

8 71. [72.] Die Liquidatoren haben die aus §§ 36, 37, § 41 Absatz 1, § 43 Absatz 1, 2 und 4, § 49 Absatz 1 und 2, § 64 sich ergebenden Rechte und Pflichten der Geschäftsführer.

630 Anh. XII. Gesetz, betr. d. Gesellschaften m. beschr. Haftung, v. 20. April 1892. tz 72—80.

Sie haben sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. 8 72. [73.]

Das Vermögen der Gesellschaft wird unter die

Gesellschafter nach Verhältniß ihrer Geschäftsantheile vertheilt. Durch den Gesellschaftsvertrag kann ein anderes Verhältniß für die Vertheilung bestimmt werden. 8 73.

[74.]

Die Vertheilung darf nicht vor

Tilgung

oder

Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft und nicht vor Ablauf

eines Jahres seit dem Tage vorgenommen werden, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger (§ 65 Absatz 2) in den öffentlichen Blättern zum dritten Male erfolgt ist.

Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete

Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen.

Ist die Berichtigung einer Verbind­

lichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig,

so darf die Vertheilung des Vermögens nur erfolgen, wenn dem

Gläubiger Sicherheit geleistet ist. Liquidatoren, welche diesen Vorschriften zuwiderhandeln,

zum Ersätze der vertheilten Beträge solidarisch verpflichtet.

sind

Auf den

Ersatzanspruch finden die Bestimmungen im § 43 Absatz 3 und 4

entsprechende

Anwendung.

8 74. [75.]

Nach Beendigung der Liquidation sind die Bücher

und Schriften der Gesellschaft für die Dauer von zehn Jahren einem

der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung zu geben.

Der

einer

Be­

Gesellschafter oder der

Dritte

wird

in

Ermangelung

stimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Beschlusses der Ge­

sellschafter durch das Gericht (§ 7 Absatz 1) bestimmt.

Die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger sind zur Einsicht der

Bücher

können

und

Schriften

berechtigt.

von dem Gericht (§ 7

Absatz

Gläubiger der

Gesellschaft

1) zur Einsicht ermächtigt

werden.

8 75. [75a.] Enthält der Gesellschastsvertrag nicht die nach § 3 Absatz 1 wesentlichen Bestimmungen oder ist eine dieser Be­

stimmungen nichtig, so kann jeder Gesellschafter, jeder Geschäftsführer und, wenn ein Aufsichtsrath bestellt ist, jedes Mitglied des Aufsichts­

raths im Wege der Klage beantragen, daß die Gesellschaft für nichtig erklärt werde.

Die Vorschriften der §§ 272, 273 [Art. 222, 190a Abs. 2 bis 5,

190b] des Handelsgesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. § 76. [75b.]

Ein Mangel, der die Bestimmungen über die

Firma oder den Sitz der Gesellschaft oder den Gegenstand des Unter-

nehmens betrifft, kann durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter geheilt werden. g 77. [75 c.] Ist die Nichtigkeit einer Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen, so finden zum Zwecke der Abwickelung ihrer Verhältnisse die für den Fall der Auflösung geltenden Vor­ schriften entsprechende Anwendung. Die Wirksamkeit der im Namen der Gesellschaft mit Dritten vorgenommenen Rechtsgeschäfte wird durch die Nichtigkeit nicht berührt. Die Gesellschafter haben die versprochenen Einzahlungen zu leisten, soweit es zur Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten erforderlich ist. Sechster Abschnitt.

Schlußbestimmungen.

g 78. [76.] Die in diesem Gesetze vorgesehenen Anmeldungen zum Handelsregister sind durch die Geschäftsführer oder die Liquida­ toren, die im § 7 Absatz 1, § 12 Absatz 1, § 57 Absatz 1, § 58 Absatz 1 Nr. 3, § 80 Absatz 5 vorgesehenen Anmeldungen sind durch sämmtliche Geschäftsführer zu bewirken. g 79. [77.] In Ansehung der in §§ 7, 54, § 57 Absatz 1, § 58 Absatz 1 Nr. 3, § 80 Absatz 5 bezeichneten Anmeldungen zum Handelsregister findet, soweit es sich um die Anmeldung zum Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft handelt, eine Verhängung von Ordnungsstrafen nach § 14 des Handelsgesetzbuchs nicht statt, g 80. [78.] Wird eine Aktiengesellschaft zum Zweck der Um­ wandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgelöst, so kann die Liquidation derselben unterbleiben, wenn hinsichtlich der Errichtung der neuen Gesellschaft den nachstehenden Bestimmungen genügt wird. Das Stammkapital der neuen Gesellschaft darf nicht geringer sein als das Grundkapital der aufgelösten Gesellschaft. Den Aktionären ist durch öffentliche Bekanntmachung oder in sonst geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, mit dem auf ihre Aktien entfallenden Antheil an dem Vermögen der aufgelösten Gesellschaft sich bei der neuen Gesellschaft zu betheiligen. Die Aktien der sich beteiligenden Mitglieder müssen mindestens drei Viertheile des Grundkapitals der aufgelösten Gesellschaft darstellen. Der auf jede Aktie entfallende Antheil an dem Vermögen der aufgelösten Gesellschaft wird auf Grund einer Bilanz berechnet, welche der Generalversammlung der Aktionäre zur Genehmigung vorzulegen ist. Der Beschluß, durch welchen die Genehmigung er-

632 Anh. XII. Gesetz, betr. d. GeseUschaflen in. beschr. Haftung, v. 20. April 1892. g 81—84. folgt, bedarf einer Mehrheit von drei Viertheilen des in der General­ versammlung vertretenen Grundkapitals.

neue

Tie

Gesellschaft muß spätestens

binnen

einem Monate

nach Auslösung der Aktiengesellschaft zur Eintragung in das Handels-

register

angemeldet werden.

Die

Eintragung

darf nur erfolgen,

nachdem die Beobachtung der vorstehenden Bestimmungen nachge­ wiesen ist.

8 81. aufgelösten

[79.] In dem Falle des § 80 geht das Vermögen der Gesellschaft einschließlich ihrer Schulden mit der Ein­

tragung der neuen Gesellschaft in das Handelsregister auf diese von

Rechtswegen über. Jeder Aktionär, welcher bei der neuen Gesellschaft sich nicht betheiligt hat, kann von dieser die Auszahlung eines seinem Antheil an dem Vermögen der aufgelösten Gesellschaft entsprechenden Be­

trages verlangen. Unverzüglich nach

der

Eintragung

der

neuen

Gesellschaft

in

das Handelsregister sind die Gläubiger der ausgelösten Gesellschaft

nach Maßgabe der Bestimmungen des § 297 [Art. 343, 245] des

Handelsgesetzbuches durch die Geschäftsführer der neuen Gesellschaft aufzufordern, sich bei dieser zu melden.

Die Gläubiger, welche sich

melden und der Umwandlung nicht zustimmen, sind zu befriedigen oder sicherzustellen.

Tie Geschäftsführer sind den Gläubigern der

aufgelösten Gesellschaft persönlich und solidarisch für die Beobachtung

dieser Vorschriften verantwortlich.

8 82. [80.] Mit Gefängniß bis zu einem Jahre und zu­ gleich mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark werden bestraft: 1. Geschäftsführer schränkter

und

Haftung,

Mitglieder

einer

Gesellschaft

welche behufs Eintragung der

mit

be­

Gesell­

schaft in das Handelsregister, sowie Geschäftsführer, welche

behufs Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals in das Handelsregister dem Gericht (§ 7 Absatz 1) hinsichtlich

der Einzahlungen auf die Stammeinlagen wissentlich falsche

Angaben

machen;

2. Geschäftsführer einer Gesellschast mit beschränkter Haftung, welche, um die Eintragung einer Herabsetzung des Stamm­

kapitals in das Handelsregister zu erwirken, (§ 7 Absatz 1)

hinsichtlich der

Befriedigung

dem Gericht

oder

Sicher­

stellung der Gläubiger wissentlich eine unwahre Versicherung abgeben;

3. Geschäftsführer, Liquidatoren, sowie Mitglieder eines Auf­

sichtsraths oder ähnlichen Organs einer Gesellschast mit be­ schränkter Haftung, welche in einer öffentlichen Mittheilung

Änf). XIII. Gesetz, bete. d.prwalrcchtl.Vertz. d. Binnenschissitzri, ». 15.3uni 1895. 633

die Vermögenslage der Gesellschaft wissentlich unwahr dar­ stellen oder verschleiern. Zugleich kann aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. 8 83. [81.] Die Strafvorschriften der §§ 239 bis 241 [§ 209-211] der Konkursordnung finden gegen die Geschäfts­ führer einer Gesellschast mit beschränkter Haftung, welche ihre Zah­ lungen eingestellt hat oder über deren Vermögen das Konkursver­ fahren eröffnet ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben. 8 84. [82.] Die Geschäftsführer oder Liquidatoren einer Ge­ sellschaft mit beschränkter Haftung werden mit Gefängniß bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft, wenn entgegen den Vorschriften im § 64, § 71 Absatz 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens unterlassen ist. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. Straflos bleibt Derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens ohne sein Ver­ schulden unterblieben ist.

XIII

Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt? Vom 15. Juni

1895.

(RGBl 301.)

In der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898. (RGBl 868.)31 2

Erster Abschnitt.

Schiffseigner. 8 1. Schiffseigner im Sinne dieses Gesetzes ist der Eigen­ thümer eines zur Schiffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnen­ gewässern bestimmten und hierzu von ihm verwendeten Schiffes. 1 Siche oben S. 55. 56. 2 Vgl. oben S. 224 ff. 294 ff. 3 Ucbereink. (Teutschland, Belgien, Frankreich, Niederlande), Aichung der Binnenschiffe 4./2. 98 (RGBl 99 S. 299).

betr. die

634 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl. Verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

8 2. Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut, wird Dritten gegenüber als Schiffseigner im Sinne dieses Gesetzes angesehen. Ter Eigenthümer kann Denjenigen, welcher aus der Verwendung des Schiffes einen Anspruch als Schiffsgläubiger (§§ 102 bis 115) herleitet, an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern, sofern er nicht beweist, daß die Verwendung ihm gegenüber eine wider­ rechtliche und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war. 8 3, Der Schiffseigner ist für den Schaden verantwortlich, welchen eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten durch ihr Verschulden in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen zufügt. Zur Schiffsbesatzung gehören der Schiffer, die Schiffsmannschaft (§ 21) und alle übrigen aus dem Schiffe angestellten Personen mit Ausnahme des Zwangslootsen. 8 4. Der Schiffseigner haftet nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht: 1. wenn der Anspruch auf ein Rechtsgeschäft gegründet wird, welches der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Be­ fugnisse und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat; 2. wenn der Anspruch auf die Nichterfüllung oder auf die un­ vollständige oder mangelhafte Erfüllung eines von dem Schiffs­ eigner abgeschlossenen Vertrages gegründet wird, insofern die Ausführung des Vertrages zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört, ohne Unterschied, ob die Nichterfüllung oder die unvollständige oder mangelhafte Erfüllung von einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht; 3. wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung gegründet wird. Durch die vorstehenden Bestimmungen wird die persönliche Rostung des Schiffseigners im Falle eigenen Verschuldens desselben nicht berührt. Der Schiffseigner haftet jedoch, auch wenn er selbst das Schiff führt, für einen durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schaden ausschließlich mit Schiff und Fracht, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt. Sind mehrere Schiffe in einem Schleppzuge vereinigt, so erstreckt sich die Haftung nur auf dasjenige Schiff, welches den Schaden ver­ ursacht hat, und auf die Fracht dieses Schiffes. Der Fracht steht bei Schleppschiffen der Schlepplohn gleich. 8 5. Für die den Personen der Schiffsbesatzung aus dem Dienstverhältnisse zustehenden Forderungen haftet der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht.

8 6. Das Gericht des Ortes, von wo aus die Schiffahrt mit dem Schiffe betrieben wird (Heimathsort), ist für alle gegen den Schiffseigner als solchen zu erhebenden Klagen zuständig, ohne Unterschied, ob er persönlich oder nur mit Schiff und Fracht haftet. Unter mehreren hiernach in Betracht kommenden Orten gilt als Heimathsort der Ort, wo die Geschästsniederlassung, bei mehreren Niederlassungen die Hauptniederlassung und in Ermangelung einer Geschäftsniederlassung der Wohnsitz des Schiffseigners sich befindet. Ist der Heimathsort nicht sestzustellen, so gilt als solcher der Ort, wo der Schiffseigner zur Gewerbesteuer oder Einkommensteuer veranlagt wird. Zweiter Abschnitt. Schiffer.

8 7. Der Führer des Schiffes (Schiffer) ist verpflichtet, bei allen Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers anzuwenden. Er haftet für jeden durch die Vernachlässigung dieser Sorgfalt entstandenen Schaden nicht nur dem Schiffseigner, sondern auch den Ladungsbetheiligten (Absender und Empfänger), den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung, es sei denn, daß er auf An­ weisung des Schiffseigners gehandelt hat. Auch in dem letzteren Falle bleibt der Schiffer verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Schiffseigner die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu ertheilen, oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. Durch die Ertheilung der Anweisung wird der Schiffseigner persönlich verpflichtet, wenn er bei der Ertheilung von dem Sach­ verhältnisse unterrichtet war. 8 8. Der Schiffer hat vor Antritt der Reise darauf zu sehen, daß das Schiff in fahrtüchtigem Zustande, gehörig eingerichtet und ausgerüstet, sowie hinreichend bemannt ist, und daß die Schiffspapiere und Ladungsverzeichnisse an Bord sind. Er hat für die Tüchtigkeit der Geräthschaften zum Laden und Löschen, lür die gehörige Stauung der Ladung, sowie dafür zu sorgen, daß das Schiff nicht schwerer beladen wird, als die Trag­ fähigkeit desselben und die jeweiligen Wasserstandsverhältnisse es gestatten. Wenn der Schiffer im Auslande die daselbst geltenden Vor­ schriften, insbesondere die Polizei-, Steuer- und Zollgesetze nicht beobachtet, so hat er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Für die Fahrtüchtigkeit des Schiffes bei Antritt der Reise haftet

636 Anh. xiii. Gesetz, betr. d. privatrcchtl.Verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

den im § 7 Absatz 2 bezeichneten Personen auch der Schiffseigner persönlich, nicht nur mit Schiff und Fracht. 8 9. Wenn der Schiffer durch Krankheit oder andere Ursachen verhindert ist, das Schiff zu führen, so darf er den Antritt oder die Fortsetzung der Reise nicht ungebührlich verzögern; er muß vielmehr, wenn Zeit und Umstände es gestatten, die Anordnung des Schiffseigners einholen und für die Zwischenzeit die geeigneten Vor­ kehrungen treffen, im entgegengesetzten Falle aber einen anderen Schiffer einsetzen. Für diesen Stellvertreter ist er nur insofern verantwortlich, als ihm bei der Wahl desselben ein Verschulden zur Last fällt. 8 10. Ter Schiffer ist verpflichtet, von Beschädigungen des Schiffes oder der Ladung, von eingegangenen Geschäften, sowie von der Einsetzung eines anderen Schissers (§ 9) den Schiffseigner in Kenntniß zu setzen. Er hat in allen erheblichen Fällen, namentlich wenn er die Reise einzustellen oder zu ändern sich genöthigt findet, die Ertheilung von Verhaltungsmaßregeln bei dem Schiffseigner nachzusuchen, sofern es die Umstände gestatten. Im Interesse der Ladungsbetheiligten hat der Schiffer während der Reise für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen. Werden zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes besondere Maßregeln erforderlich, so hat er, wenn thunlich, die An­ weisung der Ladungsbetheiligten einzuholen, sonst nach bestem Er­ messen das Erforderliche selbst zu veranlassen und dafür zu sorgen, daß die Ladungsbetheiligten von dem Vorfall und den dadurch ver­ anlaßteil Maßregeln schleunigst in Kenntniß gesetzt werden. 8 11. Wird das Schiff oder die Ladung von einem Unfall betroffen, so ist der Schiffer berechtigt und auf Verlangen des Schiffs­ eigners oder eines Ladungsbetheiligten verpflichtet, vor dem Amts­ gerichte des Ortes, an welchem die Reise endet, und, wenn das Schiff vorher an einem anderen Orte längere Zeit liegen bleiben muß, vor Dem Amtsgerichte dieses Ortes eine Beweisaufnahme über den that­ sächlichen Hergang, sowie über den Umfang des eingetretenen Schadens und über die zur Abwendung oder Verzögerung desselben ange­ wendeten Mittel zu beantragen. Er hat sich selbst zum Zeugnisse zu erbieten und die zur Feststellung des Sachverhältnisses sonst dienlichen Beweismittel zu bezeichnen. 8 12. Zur Aufnahme des Beweises bestimmt das Gericht einen thunlichst nahen Termin, zu welchem der Schiffer und die sonst be­ zeichneten Zeugen zu laden sind. Dem Schiffseigner und den Ladungsbetheiligten ist von dem Termine Mittheilung zu machen, soweit es

ohne unverhältnißmäßige Verzögerung des Verfahrens geschehen kann. Die Mittheilung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. 8 13. Tie Aufnahme des Beweises erfolgt nach den Vor­ schriften der Civilprozeßordnung. Soweit hiernach nicht die Beeidigung des Schiffers ausgeschlossen ist, beschließt über dieselbe das Gericht nach freiem Ermessen. Die an Schiff und Ladung Betheiligten, sowie die etwa sonst durch den Unfall Betroffenen sind berechtigt, in Person oder durch Vertreter der Verhandlung beizuwohnen. Sie können eine Aus­ dehnung der Beweisaufnahme auf weitere Beweismittel beantragen. Das Gericht ist befugt, eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auch von Amtswegen anzuordnen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich erscheint. 8 14. In Bezug auf die Erhebung von Gebühren und Aus-lagen finden die für das Verfahren zur Sicherung des Beweises geltenden Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß als Gebühr nur die Hälfte der dort vorgesehenen Sätze und höchstens ein Betrag von dreißig Mark erhoben wird. Ist das Verfahren auf Verlangen eines Ladungsbetheiligten beantragt, so hat dieser die entstandenen Kosten zu erstatten, soweit er nicht Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall ihm entstandenen Schadens hat. Die Verpflichtung des Schiffseigners, dem Schiffer die verauslagten Kosten zu erstatten, wird hierdurch nicht berührt. In Fällen der großen Haverei findet die Vorschrift des § 84 Anwendung. 8 15. Befindet sich das Schiff weder am Heimatsorte, noch an einem Orte, an welchem der Schiffseigner eine Geschäftsnieder­ lassung hat, so ist der Schiffer Dritten gegenüber kraft seiner An­ stellung befugt, die Frachtforderungen einzuziehen, sowie für den Schiffseigner alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche die Ausführung der Reise erforderlich macht. Zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Veräußerung oder Verpfändung des Schiffes und zum Abschlüsse von Frachtver­ trägen ist der Schiffer nur auf Grund einer ihn hierzu ermächtigen­ den Vollmacht des Schiffseigners berechtigt. 8 16. Rechtsgeschäfte, welche der Schiffer eingeht, während das Schiff sich an einem der im § 15 Absatz 1 bezeichneten Orte be­ findet, sind für den Schiffseigner nur dann verbindlich, wenn der Schiffer auf Grund einer Vollmacht gehandelt hat, oder wenn ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund vorhanden ist. Zur Ausstellung von Ladescheinen ist der Schiffer ohne Unter­ schied des Ortes befugt.

638 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl. verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

8 17. Der Schiffseigner, welcher die gesetzlichen Befugnisse des Schiffers beschränkt hat, kann einem Dritten die Nichteinhaltung dieser Beschränkungen nur dann entgegensetzen, wenn er beweist, daß sie dem Dritten bekannt waren. 8 18. Dem Schiffseigner gegenüber sind für den Umfang der Befugnisse des Schiffers die Bestimmungen der §§ 15 und 16 eben­ falls maßgebend, soweit nicht der Schiffseigner diese Befugnisse be­ schränkt hat. 8 19. Durch ein Rechtsgeschäft, welches der Schisser in seiner Eigenschaft als Führer des Schiffes, sei es mit, sei es ohne Bezeich­ nung des Schiffseigners innerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse ge­ schlossen hat, wird der Schiffseigner dem Dritten gegenüber berechtigt und die Haftung des Schiffseigners mit Schiff und Fracht (§4 Nr. 1) begründet. Der Schiffer selbst wird dem Dritten durch das Rechtsgeschäft nicht verpflichtet, es sei denn, daß er dessen Erfüllung gewährleistet oder seine Befugnisse überschritten hat. 8 20. Der Schiffer untersteht, soweit nicht in diesem Gesetze ein Anderes bestimmt ist, den Vorschriften, welche für die im § 133a der Gewerbeordnung * bezeichneten Personen gelten. Das Dienstverhältniß des Schiffers kann, wenn nichts Anderes verabredet ist, von jebcm Theile mit Ablauf jedes Monats nach einer sechs Wochen vorher erklärten Kündigung aufgehoben werden. Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter welchen dem Schiffs­ eigner und dem Schiffer das Recht zusteht, die Auflösung des Dienstverhälnusses vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Inne­ haltung einer Kündiguiigsfrist zu verlangen, bewendet es bei den Bestimmungen der §§ 133b bis 133d1 2 der Gewerbeordnung. 1 GO 133 a. Das Dienstverhältniß der von Gewerbeunternehmern gegen feste Bezüge beschäftigten Personen, welche nicht lediglich vorübergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder einer Abtheilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte, Werkmeister und ähnliche Angestellte) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinentechniker, Bau­ techniker, Chemiker, Zeichner und dergleichen), kann, wenn nicht etwas Anderes verabredet ist, von icbem Theile mit Ablauf jedes Kalendervierteljahres nach sechs Wochen vorher erklärter Aufkündigung ausgehoben werden. 2 GO 133 b. Jeder der beiden Theile kann vor Ablauf der vertrags­ mäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aushebung rechtfertigender Grund vorliegt. 133 c. Gegenüber den im § 133a bezeichneten Personen kann die Aus­ hebung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangt werden:

Hat der Schiffer eine Reise angetreten, so ist er verpflichtet, bis zur Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, es sei denn, daß ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden ist. Wird das Dienstverhältniß vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Schiffer Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Schiffer sich einer Handlung schuldig gemacht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu rechtfertigen.

Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Schiffer zwar jederzeit seines Dienstes ent­ hoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die Zeit bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Dienstver­ hältnisses oder bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist. 1. wenn sie beim Abschluß des Dienstvertrages den Arbeitgeber durch Bor­

bringung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Dienstverhält­ nisses in einen Irrthum versetzt haben; 2. wenn sie im Dienste untreu sind oder das Vertrauen mißbrauchen; 3. wenn sie ihren Dienst unbefugt verlassen oder den nach dem Dienstver­ träge ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen beharrlich ver­ 4

weigern ; wenn sie durch anhaltende Krankheit oder durch eine längere Freiheits­ strafe oder Abwesenheit an der Verrichtung ihrer Dienste verhindert

werden; 5. wenn sie sich Thätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zu Schulden kommen lassen; 6. wenn sie sich einem unsittlichen Lebenswandel ergeben. In dem Falle zu 4 bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen deS Arbeitgebers für die Dauer von sechs Wochen in Kraft, wenn die Verrichtung der Dienste durch unverschuldetes Unglück verhindert worden ist.

Jedoch mindern sich die Ansprüche in diesem Falle um denjenigen Betrag, welcher dem Berechtigten aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung be­ stehenden Krankenversicherung oder Unfallversicherung zukommt. 133 d. Die im § 133 a bezeichneten Personen können die Auflösung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangen, 1. wenn der Arbeitgeber oder sein Vertreter sich Thätlichkeiten oder Ehr­ verletzungen gegen sie zu Schulden kommen lassen;

2. wenn der Arbeitgeber die vertragsmäßigen Leistungen nicht gewährt; 3. wenn bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses ihr Leben oder ihre Ge­ sundheit einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Dienstverhältnisses nicht zu erkennen war.

640 Anh. XIII. Gesetz, bete. d. privatrechtl. Berh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

Dritter Abschnitt.

Schiffsmannschaft.

8 21. Zur Schiffsmannschaft gehören mit Ausnahme des Schiffers die zum Schiffahrtsdienste auf dem Schiffe angestellten Personen der Schiffsbesatzung, insbesondere die Steuerleute, Boots­ leute, Matrosen, Schiffsknechte, Schiffsjungen, Maschinisten und Heizer. Die Schiffsmannschaft untersteht der Gewerbeordnung. 8 22. Die Verpflichtung des Schiffsmannes zum Dienstantritte beginnt, wenn nichts Anderes verabredet ist, mit dem Abschlüsse des Dienstvertrages. Tritt der Schifssmann den Dienst nicht binnen vierundzwanzig Stunden an, so braucht er nicht mehr angenommen zu werden. Der Anspruch des Schiffseigners auf Schadensersatz wird hierdurch nicht berührt. 8 23. Der Schiffsmann ist verpflichtet, in Ansehung des Schiffs­ dienstes den Anordnungen des Schiffers Folge zu leisten und jeder­ zeit alle für Schiff und Ladung ihm übertragenen Arbeiten zu verrichten. Er darf das Schiff ohne Erlaubniß des Schiffers nicht verlassen. Verunglückt das Schiff, so hat der Schifssmann für Rettung der Personen und ihres Gepäcks, sowie für Sicherstellung der Schiffs­ theile, der Geräthschaften und der Ladung den Anordnungen des Schiffers gemäß nach besten Kräften zu sorgen. 8 24. Wenn über die Zeit der Lohnzahlung nichts Anderes vereinbart ist, so kann der Schifssmann am Schluffe jeder zweiten Woche die Auszahlung des verdienten Lohnes verlangen. 8 25. Hinsichtlich der Aufkündigung eines auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dienstverhältnisses, sowie hinsichtlich der Voraus­ setzungen, unter welchen dem Schiffseigner und dem Schiffsmanne das Recht zusteht, die Auflösung des Dienstverhältnisses vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungs­ frist zu verlangen, finden die Bestimmungen der §§ 122 bis 124a der Gewerbeordnung mit der Maßgabe Anwendung, daß die sofortige Entlassung des Schifssmannes (§ 123 der Gewerbeordnung) auch stattfinden kann, wenn der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch den Eintritt des Winters verhindert wird. Nach Antritt der Reise ist der Schifssmann verpflichtet, bis zur Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, es sei denn, daß ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden ist. Wird das Tienstverhältniß vor der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte während der Reise ausgehoben, so hat der Schiffs-

Abschnitt III. Schiffsmannschaft. Abschnitt IV. Frachtgeschäft.

641

mann Anspruch aus die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Schiffsmann sich einer Handlung schuldig gemacht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu recht­ fertigen. Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Schisfsmann zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die Zeit bis zum Ende der vertragsmäßigen Dauer des Dienst­ verhältnisses oder bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist.

Vierter Abschnitt.

Frachtgeschäft. 8 26. Auf das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern finden die Vorschriften der §§ 425 bis 427, 430 bis 436, 439 bis 443, 445 bis 451 sArt. 390 bis 393, 396 bis 407, 408 Absatz 1 u. 3, 400 bis 412, 414 bis 420] des Handelsgesetzbuchs Anwendung. 8 27. Ist das Schiff im Ganzen verfrachtet, so hat der Fracht­ führer dasselbe zur Einnahme der Ladung an den von dem Absender ihm angewiesenen Platz hinzulegen. Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung der ertheilten Anweisung nicht ge­ statten, so kann der Frachtführer, falls der Absender aus die Auf­ forderung nicht unverzüglich einen geeigneten Ladeplatz bezeichnet, an einem der ortsüblichen Ladeplätze anlegen. Er hat bei der Wahl des Ladeplatzes das Interesse des Absenders thunlichst zu berück­ sichtigen. Die Verladung an verschiedenen Ladeplätzen des Abgangsortes vorzunehmen ist der Frachtführer nur verpflichtet, wenn dies besonders vereinbart ist. Er hat in diesem Falle Anspruch auf Ersatz der entstehenden Mehrkosten. Die Dauer der Ladezeit wird durch die übernommene Verpflichtung nicht berührt. 8 28. Sobald der Frachtführer zur Einnahme der Ladung bereit ist, hat er dies dem Absender anzuzeigen. Die Anzeige hat an einem Werktage vor dem Schluffe der ortsüblichen Geschäftsstunden zu erfolgen. Eine spätere oder an einem Sonntage oder allgemeinen Feiertage erfolgte Anzeige gilt als am näcksten Werktage erfolgt. Weigert sich der Absender, den Zeitpunkt des Empfanges der Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl.

41

642 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl. Berh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895. Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer befugt, auf Kosten

des Absenders eine öffentliche Urkunde darüber errichten zu lassen. 8 29» Mit dem auf die Anzeige der Ladebereitschaft folgenden Tage beginnt die Ladezeit.

Die Ladezeit beträgt bei Ladungen

bis

zu

-

-

50000

-

drei Tage,

-

-

100000

-

vier Tage

30000

Kilogramm zwei Tage,

und so fort in Stufen von 50000 Kilogramm je einen Tag mehr für jeder höhere Stufe bis zu Ladungen von 500000 Kilogramm; von

da ab steigt die Ladezeit für je 100000 Kilogramm um je einen Tag. Bei Ladungen über 1000000 Kilogramm beträgt die Lade­

zeit achtzehn Tage. Bei der Berechnung kommen auch diejenigen Tage in Ansatz,

an welchen der Absender, wenngleich ohne sein Verschulden, an der Lieferung der Ladung verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen die Sonntage und allgemeinen Feiertage sowie die Tage, an welchen durch zufällige Umstände, insbesondere durch Hochwasser oder Eisgefahr, die Verladung nicht nur der bedungenen, sondern jeder Art von Gütern

auf das Schiff verhindert ist.

Tic Vorschriften im Absatz 2 finden nur insoweit Anwendung, als

nicht durch Vereinbarung oder Verordnung der höheren Ver­

waltungsbehörde ein Anderes bestimmt ist. 8 30.

Wenn der Absender die Ladung nicht so zeitig liefert,

daß die Beladung innerhalb der Ladezeit vollendet werden kann, so gebührt dem Frachtführer Liegegeld für jeden Tag, um welchen in Folge dessen die Ladezeit überschritten wird. Für Tage, an denen

die Schiffahrt geschlossen ist, kann kein Liegegeld beansprucht werden. Die Bestimmung des § 30 gilt auch dann, wenn be­

8 31.

dungen ist, daß der Frachtführer nach Ablauf der Ladezeit noch länger

auf die Ladung warten soll (Ueberliegezeit). Die Ueberliegezeit beginnt mit dem Ablaufe der Ladezeit. Auf die Tauer und die Berechnung der Ueberliegezeit finden die Be­

stimmungen über die Ladezeit (§ 29 Absatz 2 bis 4) mit der Maß­

gabe Anwendung, daß die Ueberliegezeit in Ermangelung einer be­ sonderen Vereinbarung höchstens eine Woche beträgt. In Ermangelung vertragsmäßiger Festsetzung oder Ver­

8 32.

ordnung der höheren Verwaltungsbehörde beträgt das Liegegeld für

jeden Tag bei Schiffen von einer Tragfähigkeit bis

zu

50000

Kilogramm

-

-

100000

-

12 Mark, 15

-

und so fort in Stufen von 50000 Kilogramm je drei Mark mehr für jede höhere Stufe. Ueber die Tragfähigkeit entscheidet der Inhalt des Schiffsbriefes (§ 125 Absatz 3). Jeder angebrochene Tag wird als voller Tag gerechnet,

g 33. Nach Ablauf der Ladezeit oder der etwa vereinbarten Ueberliegezeit ist der Frachtführer nicht verpflichtet, noch länger auf die Lieferung der Ladung zu warten. Er muß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, bei Ladungen bis zu 10000 Kilogramm spätestens einen Werktag, bei Ladungen bis zu 50000 Kilogramm spätestens zwei Werktage, bei Ladungen über 50000 Kilogramm spätestens drei Werktage vor Ablauf der Ladezeit oder der Ueberliegezeit dem Absender erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Wartezeit nicht eher ab, als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage, an dem sie erfolgt ist, die vorstehend bezeichneten Fristen verstrichen sind. Auf die Er­ klärung finden die Bestimmungen im §28 Absatz 2, 3 entsprechende Anwendung. Die Wartezeit läuft in keinem Falle ab, bevor eine der Lade­ zeit gleichkommende Frist seit dem Tage, an welchem das Schiff den Ladeplatz erreicht hat, verstrichen ist. g 34. Hat der Absender bis zum Ablaufe der Wartezeit (§ 33) keine Ladung geliefert, so ist der Frachtführer an den Ver­ trag nicht länger gebunden und befugt, von dem Absender ein Drittel der bedungenen Fracht als Entschädigung zu verlangen. Hierdurch wird ein bereits begründeter Anspruch auf Liegegeld (§§ 30, 31) nicht berührt.

g 35. Hat der Absender bis zum Ablaufe der Wartezeit die Ladung nur theilweise geliefert, so ist der Frachtführer befugt, so­ fern der Absender nicht von dem Vertrage zurücktritt (§ 36), die Reise mit der unvollständigen Ladung anzutreten. Auf Verlangen des Absenders muß er die Reise jederzeit auch ohne die volle Ladung antreten. In diesen Fällen gebührt dem Frachtführer nicht allein die Fracht für die volle Ladung und das etwaige Liegegeld, sondern er ist auch berechtigt, soweit ihm durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht entgeht, die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern. Außerdem sind ihm die Mehr41*

644 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl.Verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15.)uni 1895. kosten, welche in Folge der Unvollständigkeit der Ladung ihm etwa erwachsen, zu erstatten. 8 36. Vor Antritt der Reise kann der Absender von dem Vertrage unter der Verpflichtung zurücktreten, den Frachtführer nach Maßgabe des § 34 zu entschädigen. Macht der Absender von diesem Rechte Gebrauch, nachdem Ladung geliefert ist, so muß er auch die Kosten der Verladung und Wiederausladung tragen. Ter Frachtführer ist verpflichtet, den Aufenthalt, welchen die Wiederausladung verursacht, sich gefallen zu lassen, selbst wenn da­ durch die Ladezeit und eine etwa bedungene Ueberliegezeit über­ schritten wird, wogegen ihm Liegegeld für die Zeit nach Ablauf der Ladezeit und außerdem Ersatz des durch die Überschreitung der Lade- und Ueberliegezeit entstandenen Schadens gebührt, soweit der letztere den Betrag des Liegegeldes übersteigt. Ter Frachtführer ist, wenn der Absender nach erklärtem Rück­ tritt die Wiederausladung über die Wartezeit hinaus verzögert, be­ rechtigt, die Güter selbst auszuladen und dieselben in einem öffent­ lichen Lagerhaus oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. 8 37. Nachdem die Reise angetreten ist, kann der Absender die Wiederausladung der Güter vor Ankunft derselben am Ab­ lieferungsorte nur gegen Berichtigung der vollen Fracht sowie aller sonstigen Forderungen des Frachtführers und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der Beiträge zur großen .Haverei und der Bergungs- oder Hülsskosten, welche auf den Gütern hasten, fordern. Im Falle der Wiederausladung hat der Absender nicht nur die hierdurch entstandenen Mehrkosten, sondern auch den Schaden zu ersetzen, welcher aus dem durch die Wiederausladung verursachten Aufenthalt dem Frachtführer entsteht. 8 38. Ist nicht das Schiff im Ganzen, sondern ein verhältnißmäßigerTheil oder ein bestimmt bezeichneterRaum desselben verfrachtet oder hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von 10000 Kilo­ gramm oder mehr zum Gegenstände, so kommen die Vorschriften der §§ 28 bis 37 mit folgenden Abweichungen zur Anwendung: 1. die Ladezeit beträgt für den einzelnen Absender bei einer von ihm zu liefernden Ladung bis zu 50000 Kilogramm einen Tag, - 100000 zwei Tage und so fort in Stufen von 50000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500000 Kilogramm; von da ab steigt die Ladezeit für je 100000 Kilogramm um je einen Tag; bei Ladungen über 1000000

Kilogramm beträgt die Ladezeit sechzehn Tage. Eine Ver­ pflichtung zur Entrichtung von Liegegeld (§ 30) tritt jedoch in keinem Falle vor Ablauf von drei Tagen seit dem Zeit­ punkte ein, mit welchem die Ladezeit einem der Absender gegen­ über zuerst zu laufen begonnen hat; der Frachtführer ist indeß nicht berechtigt, von mehreren Absendern gleichzeitig für den­ selben Tag das Liegegeld mehrfach zu beanspruchen; 2. der Frachtführer erhält in den Fällen des §34 und des § 36 Absatz 1 als Entschädigung nicht blos ein Drittel, sondern die Hälfte der Fracht, es sei denn, daß sämmtliche Absender keine Ladung liefern oder zurücktreten; 3. der Absender kann in den Fällen der §§ 36, 37 die Wieder­ ausladung nicht verlangen, wenn dieselbe eine Verzögerung der Reise zur Folge haben oder eine Umladung oder Um­ stauung nöthig machen würde, es sei denn, daß zugleich die Genehmigung aller übrigen Absender beigebracht und auch das Schiff durch die Wiederausladung nicht gefährdet wird. Außer­ dem ist der Absender verpflichtet, die Mehrkosten und den Schaden zu ersetzen, welche durch die Wiederansladung ent­ stehen. 8 39. Hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von weniger als 10000 Kilogramm zum Gegenstände, so muß der Ab­ sender auf die Aufforderung des Frachtführers ohne Verzug die Lieferung bewirken. Erfolgt die Lieferung nicht unverzüglich, so ist der Frachtführer nicht verpflichtet, auf die Lieferung der Güter zu warten, und kann, wenn er ohne dieselben die Reise antritt, die Hälfte der bedungenen Fracht als Entschädigung beanspruchen. Ter Frachtführer, welcher den bezeichneten Anspruch auf die Fracht gegen den säumigen Absender geltend machen will, ist bei Verlust des Anspruchs verpflichtet, dies dem Absender vor Antritt der Reise kundzugeben. Auf diese Erklärung; findet die Vorschrift des § 28 Absatz 3 Anwendung. Das Rücktrittsrecht des Absenders, sowie das Recht desselben, die Wiederausladung der Güter zu verlangen,, bestimmt sich nach den Vorschriften des § 38. 8 49. In den Fällen der §§ 38 und 39 hat der Fracht­ führer an einem der ortsüblichen Ladeplätze anzulegen. Ist durch Vereinbarung dem Absender das Recht zur Anweisung des Lade­ platzes eingeräumt, so finden die Bestimmungen des § 27 Absatz 2 und 3 entsprechende Anwendung. 8 41. In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung hat

646 «nh. XIIL Gesetz, betr. d. prtvatrechtl.Verh. d. Vinnenschifsahrt, v. 15. Juni 1895.

der Absender gepackte Güter auf das Schiss, lose Güter in das Schiff zu liefern, der Frachtführer dagegen die weitere Verladung der Güter zu bewirken. 8 42. Der Frachtführer hat die ihm hinsichtlich der Beladung obliegenden Arbeiten mit thunlichster Beschleunigung auszuführen. Zur Uebernahme der Güter an Sonntagen und allgemeinen Feier­ tagen ist er nicht verpflichtet, es sei denn, daß ein Nothsall vorliegt. Ist über die Zeit, binnen welcher der Frachtführer den Trans­ port bewirken soll, im Frachtverträge nichts bedungen, so ist die Reise binnen einer den Umständen des Falles angemessenen Frist anzutreten. 8 43. Der Frachtführer muß statt der vertragsmäßigen andere von demselben Absender nach dem Ablieferungsorte ihm angebotene Güter annehmen, wenn dadurch seine Lage nicht verschlechtert wird. 8 44. Ist die Beförderung mittelst eines bestimmten Schiffes bedungen, so darf der Frachtführer die Güter nicht in ein anderes Schiff verladen oder umladen. Im Falle einer Zuwiderhandlung hastet er für jeden Schaden, in Ansehung dessen er nicht beweist, daß derselbe auch dann entstanden und dem Absender zur Last gefallen sein würde, wenn die Güter nicht in das andere Schiff verladen worden wären. Ist die Beförderung mittelst eines bestimmten Schiffes nicht bedungen, so darf der Frachtführer in Ermangelung einer entgegen­ stehenden Vereinbarung bereits verladene Güter nicht ohne Erlaubniß des Absenders in ein anderes Schiff umladen, widrigenfalls er für allen, in Folge der Umladung entstehenden Schaden haftet. Aus die Umladung in ein anderes Schiff, welche in Fällen der Noth oder wegen niedrigen Wasserstandes erforderlich wird, sowie auf die übliche Umladung in Leichterschiffe an Hasenplätzen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. 8 45. Ter Absender, welcher unrichtige Angaben über die verladenen Güter macht oder Güter zur Verladung bringt, deren Ausfuhr oder deren Einfuhr in den Ablieferungsort verboten ist, oder welcher bei der Verladung die gesetzlichen Vorschriften, ins­ besondere die Polizei-, Steuer- oder Zollgesetze übertritt, wird, sofern ihm dabei ein Verschulden zur Last fällt, nicht blos dem Fracht­ führer, sondern auch den übrigen Ladungsbetheiligten, den beförderten Personen und der Schiffsbesatzung für den durch seine Handlungs­ weise veranlaßten Schaden verantwortlich. Dadurch, daß er mit Genehmigung des Frachtführers gehandelt hat, wird seine Verantwortlichkeit den übrigen Personen gegenüber nicht ausgeschlossen.

Er kann aus der Einziehung der Güter keinen Grund her­ leiten, die Zahlung der Fracht zu verweigern. Gefährden die Güter das Schiff oder die übrige Ladung, so ist der Frachtführer befugt, dieselben an das Land zu setzen oder in dringenden Fällen über Bord zu werfen. § 4S. Ist das Schiff im Ganzen verfrachtet, so hat der Frachtführer nach der Ankunft am Ablieferungsorte das Schiff zur Löschung der Ladung an den ihm von dem Empfänger angewiesenen Platz hinzulegen. Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit des Schiffes oder die örtlichen Verord­ nungen oder Einrichtungen die Befolgung der ertheilten Anweisung nicht gestatten, so kann der Frachtführer, falls der Empfänger auf die Aufforderung nicht unverzüglich einen geeigneten Löschplatz be­ zeichnet, an einem der ortsüblichen Löschplätze anlegen. Er hat bei der Wahl des Löschplatzes das Interesse des Empfängers thunlichst zu berücksichtigen. Die Ablieferung an verschiedenen Orten des Löschplatzes vorzu­ nehmen ist der Frachtführer nur verpflichtet, wenn dies besonders vereinbart ist. Er hat in diesem Falle Anspruch auf Ersatz der entstehenden Mehrkosten. Die Dauer der Löschzeit wird durch die übernommene Verpflichtung nicht berührt. 8 47. Sobald der Frachtführer zum Löschen bereit ist, hat er dies dem Empfänger anzuzeigen. Die Anzeige hat an einem Werktage vor dem Schlüsse der ortsüblichen Geschästsstunden zu erfolgen. Eine später oder an einem Sonntage oder allgemeinen Feiertage erfolgte Anzeige gilt als am nächsten Werktage erfolgt. Weigert sich der Empfänger, den Zeitpunkt des Empfanges der Anzeige zu bescheinigen, so ist der Frachtführer befugt, eine öffentliche Urkunde darüber auf Kosten des anderen Theiles errichten zu lassen. Wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist, so muß die Anzeige der Löschbereitschaft durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise erfolgen. 8 48. Mit dem auf die Anzeige der Löschbereitschaft folgenden Tage beginnt die Löschzeit. Die Dauer der Löschzeit bestimmt sich nach der aus die Ladezeit bezüglichen Vorschrift in § 29 Absatz 2. Bei der Berechnung kommen auch diejenigen Tage in Ansatz, an welchen der Empfänger, wenngleich ohne sein Verschulden, die Ladung abzunehmen verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen die Sonntage

648 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl. Verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

und allgemeinen Feiertage, sowie die Tage, an welchen durch zu­ fällige Umstände, insbesondere durch Hochwasser oder Eisgesahr die Löschung nicht nur der verladenen, sondern jeder Art von Gütern verhindert ist. Tie Vorschrift im Absatz 2 findet nur insoweit Anwendung, als nicht durch Vereinbarung oder Verordnung der höheren Ver­ waltungsbehörde ein Anderes bestimmt ist.

8 49. Wenn der Empfänger die Ladung nicht bis zum Ab­ laufe der Löschzeit abnimmt, so gebührt dem Frachtführer Liegegeld für jeden Tag, um welchen in Folge dessen die Löschzeit überschritten wird. Tie Höhe des Liegegeldes bestimmt sich nach § 32. Außer dem Liegegelde kann der Frachtsührer auch den Ersatz eines höheren Schadens verlangen, welcher ihm durch die Ueberschreitung der Löschzeit erwächst.

8 50. Die Bestimmung des § 49 Absatz 1 gilt dann, wenn bedungen ist, daß der Frachtführer nach Ablauf der Löschzeit noch weiter auf die Abnahme der Ladung warten soll (Ueberliegezeit). Der Ersatz eines das Liegegeld überschreitenden Schadens kann in diesem Falle nur wegen Ueberschreitung der Ueberliegezeit verlangt werden. Tie Ueberliegezeit beginnt mit dem Abläufe der Löschzeit. Auf die Tauer und die Berechnung derselben finden die Bestimmungen im § 29 Absatz 2 und § 48 Absatz 3 und 4 mit der Maßgabe An­ wendung, daß die Ueberliegezeit in Ermangelung einer besonderen Vereinbarung höchstens eine Woche beträgt. 8 51. Nach Ablauf der Löschzeit oder bpt etwa vereinbarten Ueberliegezeit ist der Frachtsührer nicht verpflichtet, aus die Löschung noch länger zu warten. Er muß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten, bei Ladungen bis zu 10000 Kilogramm spätestens einen Werktag, bei Ladungen bis zu 50000 Kilogramm spätestens zwei Werktage, bei Ladungen über 50000 Kilogramm spätestens drei Werktage vor Ablauf der Löschzeit oder der Ueberliegezeit dem Empfänger erklären. Ist dies nicht geschehen, so läuft die Wartezeit nicht eher ab, als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage, an dem sie erfolgt ist, die vorstehend bezeichneten Fristen verstrichen sind. Aus die Erklärung finden die Bestimmungen im § 47 Absatz 2, 3 entsprechende Anwendung. Die Wartezeit läuft in keinem Falle ab, bevor eine der Löschzeit

gleichkommende Frist seit dem Tage, an welchem das Schiff den Löschplatz erreicht hat, verstrichen ist. 8 52. Nach Ablauf der Wartezeit ist der Frachtführer be­ rechtigt, die Löschung selbst vorzunehmen und die Güter in einem öffentlichen Lagerhause oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen. Ist der Empfänger des Gutes nicht zu ermitteln oder ver­ weigert er die Annahme oder ergiebt sich ein sonstiges Ablieferungshinderniß, so hat der Frachtführer den Absender unverzüglich hiervon in Kenntniß zu setzen und dessen Anweisung einzuholen. Ist dies den Umständen nach nicht thunlich oder ist der Absender mit der Ertheilung der Anweisung säumig oder die Anweisung nicht aus­ führbar, so kann der Frachtführer nach der Bestimmung im Absatz 1 verfahren, auch wenn die Wartezeit noch nicht abgelaufen ist. Er kann, falls das Gut dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzug ist, das Gut auch gemäß § 373 Absatz 2 bis 4 [343] des Handels­ gesetzbuchs verkaufen lassen. Von der .Hinterlegung und dem Verkaufe des Gutes hat der Frachtführer den Absender und den Empfänger unverzüglich zu be­ nachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Ist der Empfänger nicht zu ermitteln, so hat die Be­ nachrichtigung von der Hinterlegung durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zu erfolgen; im Uebrigen dürfen die Benach­ richtigungen unterbleiben, soweit sie unthunlich sind. 8 53. Die §§ 47 bis 52 kommen auch dann zur Anwendung, wenn ein verhältnißmäßiger Theil oder ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffes verfrachtet ist oder der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von 10000 Kilogramm oder mehr zum Gegenstände hat. Die Löschzeit beträgt für den einzelnen Empfänger bei einer von ihm abzunehmenden Ladung bis zu 50000 Kilogramm einen Tag, „ „ 100000 „ zwei Tage und so fort in Stufen von 50000 Kilogramm je einen Tag mehr für jede höhere Stufe bis zu Ladungen von 500000 Kilogramm; von da ab steigt die Löschzeit für je 100000 Kilogramm um je einen Tag; bei Ladungen über 1000000 Kilogramm beträgt die Löschzeit sechzehn Tage. Eine Verpflichtung zur Entrichtung von Liegegeld oder zum Schadensersätze (§ 49), tritt jedoch in keinem Falle vor Ablauf von drei Tagen seit dem Zeitpunkte ein, mit welchem die Löschzeit einem der Empfänger gegenüber zuerst zu laufen begonnen hat. Der Frachtführer ist indeß nicht berechtigt, von mehreren Empfängern gleichzeitig für denselben Tag das Liege­ geld mehrfach zu beanspruchen.

650 «nh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl.Berh. -.Binnenschiffahrt, v. 15.Juni 1895. 8 54. Hat der Frachtvertrag Stückgüter im Gewichte von weniger als 10000 Kilogramm zum Gegenstände, so muß der Em­ pfänger auf die Aufforderung des Frachtführers ohne Verzug die Abnahme bewirken. Hinsichtlich der Aufforderung findet § 47 Absatz 4 und hin­ sichtlich der Hinterlegung des Gutes § 52 entsprechende Anwendung. Für die Tage, um welche durch die Säumniß des Empfängers oder durch das Hinterlegungsverfahren die Frist, binnen welcher das Schiff würde entlöscht worden sein, überschritten ist, hat der Fracht­ führer Anspruch auf Liegegeld unbeschadet des Rechts, einen höheren Schaden geltend zu machen. 8 55. In den Fällen der §§ 53 und 54 hat der Frachtführer an einem der ortsüblichen Löschplätze anzulegen. Ist durch Verein­ barung dem Empfänger das Recht zur Anweisung des Löschplatzes eingeräumt, so finden die Bestimmungen im § 46 Absatz 2 und 3 Anwendung. 8 56. Sofern nicht durch Vereinbarung ein Anderes bestimmt ist, hat der Empfänger gepackte Güter auf dem Schisse, lose Güter in dem Schiffe abzunehmen und die weitere Entladung zu bewirken. Die Bestimmungen des § 42 Absatz 1 finden entsprechende Anwendung. 8 57. Wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder theilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, so hat der Frachtführer dem Leichterschiffer eine Abschrift des Frachtbriefes oder Ladescheines sowie eine Bescheinigung über die Ladung, die der Leichterschiffe,: übernommen hat, zu behändigen. Die Dauer der Löschzeit wird dadurch, daß die Ladung ganz oder theilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, nicht ver­ ändert, vielmehr theilen sich Hauptschiff und Leichterfahrzeug in die­ selbe nach dem Verhältnisse der in dem Hauptschiffe verbliebenen und der in das Leichterfahrzeug überschlagenen Ladung. Ergeben sich bei der Berechnung Bruchtheile, so wird bis einhalb nach unten, über cinhalb nach oben abgerundet. Hat ein Leichterschiff Ladung von verschiedenen Hauptschiffen übernommen, so berechnet sich die Lösch­ frist selbständig für jede einzelne Ladung nach Maßgabe vorstehender Grundsätze. Der Empfänger hat nach der Reihenfolge der Anzeigen der Löschbereitschaft die Löschung vorzunehmen, ist aber nicht verpflichtet, Hauptschiff und Leichterschiff gleichzeitig zu löschen. Das von dem Empfänger bei Ueberschreitung der Löschzeit zu zahlende Liegegeld berechnet sich nach der Tragfähigkeit desjenigen Schiffes, bei dem die Löschzeit überschritten ist.

8 58. Der Frachtführer haftet für den Schaden, welcher seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Be­ schädigung des Frachtgutes entstanden ist, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigesührt ist, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Die Haftung des Frachtführers ist insbesondere ausgeschlossen, wenn der Verlust oder die Beschädigung aus einem mangelhaften Zustande des Schiffes nebst Zubehör oder der Lade- oder Löschgeräthschasten entstanden ist, welcher trotz der Sorgfalt eines ordent­ lichen Frachtführers nicht zu entdecken war. Für den Verlust oder die Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunst­ gegenständen, Geld und Werthpapieren haftet der Frachtführer nur, wenn ihm die Beschaffenheit oder der Werth des Gutes bei der Uebergabe zur Beförderung angegeben worden ist. 8 59. Der Frachtführer haftet nicht: 1. in Ansehung der Güter, welche nach Vereinbarung mit dem Absender auf Deck verladen oder in Schiffen ohne Verdeck be­ fördert werden, für den Schaden, welcher aus der mit dieser Beförderungs­ weise verbundenen Gefahr entstanden ist; 2. in Ansehung der Güter, welche, obgleich ihre Natur eine Ver­ packung zum Schutze gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transport erfordert, nach Inhalt des Frachtbriefes oder Lade­ scheines unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung aufge­ geben sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder der mangelhaften Beschaffenheit der Verpackung verbundenen Gefahr entstanden ist; 3. in Ansehung der Güter, deren Verladung und Ausladung von dem Absender oder Empfänger besorgt wird, für den Schaden, welcher aus der mit dem Verladen und Ausladen oder mit einer mangelhaften Verladung verbun­ denen Gefahr entstanden ist; 4. in Ansehung der Güter, welche vermöge ihrer eigenthümlichen natürlichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, Verlust oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Verderb, außergewöhnliche Leckage, Austrocknung und Ver­ streuung zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entstanden ist; 5. in Ansehung lebender Thiere, für den Schaden, welcher aus der mit ber

652 Auh. XIII. Gesetz, bete. d. privatrechtl. Berh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

dieser Thiere für dieselben verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist. Ist ein Schaden eingetreten, welcher nach den Umständen des Falles aus einer der bezeichneten Gefahren entstehen konnte, so wird bis zum Beweise des Gegentheils vermuthet, daß der Schaden aus der betreffenden Gefahr entstanden ist. Eine Befreiung von der Haftpflicht kann auf Grund der vor­ stehenden Bestimmungen nicht geltend gemacht werden, wenn nach­ gewiesen wird, daß der Schaden durch Verschulden des Frachtführers oder seiner Leute entstanden ist. 8 60. Tie Zentralbehörden der Bundesstaaten und bei den die Gebiete mehrerer Bundesstaaten berührenden Wasserstraßen der Bundesrath sind befugt, für gewisse Güter zu bestimmen, daß für ein Mindergewicht oder ein Mindermaß, das einhalb vom Hundert nicht übersteigt, der Frachtführer nicht verantwortlich sein soll, es sei denn, daß ihm nachweisbar ein Verschulden zur Last fällt. Sind lose geladene Güter von gleichartiger Beschaffenheit für verschiedene Empfänger an Bord, ohne daß die einzelnen Partien durch dichte Wände getrennt lagern, so ist das Mindergewicht oder Mindermaß und ebenso ein etwaiges Uebergewicht oder Uebermaß unter die einzelnen Empfänger nach dem Verhältnisse der für sie bestimmten Mengen zu vertheilen. 8 61. Nach der Annahme des Gutes durch den Empfangs­ berechtigten können wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich erkennbar ist, Ansprüche nur geltend gemacht werden, wenn vor der Annahme der Zustand des Gutes durch amtlich bestellte Sachverständige sestgestellt ist. Wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich nicht erkennbar ist, kann der Frachtführer auch nach der Annahme des Gutes in Anspruch genommen werden, wenn der Mangel in der Zeit zwischen der Uebernahme des Gutes durch den Frachtführer und der Ablieferung entstanden ist und die Feststellung des Mangels durch amtlich bestellte Sachverständige un­ verzüglich nach der Entdeckung und spätestens binnen einer Woche nach der Annahme beantragt wird. Ist dem Frachtführer der Mangel unverzüglich nach der Entdeckung und binnen der bezeich­ neten Frist angezeigt, so genügt es, wenn die Feststellung unver­ züglich nach dem Zeitpunkte beantragt wird, bis zu welchem der Eingang einer Antwort des Frachtführers unter regelmäßigen Um­ ständen erwartet werden darf. Tie Kosten einer von dem Empfangsberechtigten, beantragten Feststellung sind von dem Frachtführer zu tragen, wenn ein Verlust

ober eine Beschädigung ermittelt wird, für welche derselbe Ersatz leisten muß. Der Frachtführer kann sich auf die Vorschriften der Absätze 1, 2 nicht berufen, wenn er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. 8 62. [61a.] Der Frachtführer haftet für den durch ver­ spätete Ablieferung des Gutes entstandenen Schaden, es sei denn, daß die Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden Forde­ rungen bezahlt und das Gut angenommen, so kann der Anspruch nicht geltend gemacht werden, es sei denn, daß der Frachtführer die Verspätung durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. Tie Vorschrift im Absatz 2 findet auch auf andere Ansprüche gegen den Frachtführer aus dem Frachtvertrag Anwendung, soweit die Ansprüche nicht den Vorschriften des § 61 unterliegen. 8 63. [62.] Wenn die Fracht nach Maß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen ist, so ist die Angabe in dem Frachtbriefe oder Ladescheine über Maß, Gewicht oder Menge für die Berechnung der Fracht entscheidend. In Ermangelung einer solchen Angabe ist an­ zunehmen, daß Maß, Gewicht ober Menge der abgelieferten und nicht der übernommenen Güter für die Höhe der Fracht ent­ scheiden soll. 8 64. [63.] Für Güter, welche durch einen Unfall verloren gegangen sind, ist die Fracht nach dem Verhältnisse des zur Zeit des Unfalls bereits zurückgelegten Theiles der Reise zur ganzen Reise zu entrichten (Distanzfracht). Bei Berechnung der Distanzfracht kommt in Anschlag nicht allein das Verhältniß der bereits zurückgelegten Entfernung, sondern auch das Verhältniß des Aufwandes an Kosten, Zeit und Mühen, welche durchschnittlich mit dem vollendeten und dem nicht vollendeten Theile der Reise verbunden sind. 8 65. [64.] Für Güter, welche in Folge ihrer natürlichen Beschaffenheit zu Grunde gegangen oder an Gewicht vermindert sind, ist die volle Fracht zu bezahlen. Das Gleiche gilt in Ansehung von Thieren, welche unterwegs gestorben sind. 8 66. [65.] In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung fallen die Unkosten der Schiffahrt, insbesondere die Hasen-, Schleusen-, Kanal- und Brückengelder, die Lootsengebühren sowie die im regel­ mäßigen Verlaufe der Reise aufgewendeten Kosten für Schlepplohn und Ableichterung dem Frachtführer zur Last; dagegen gehören die Ufer-, Krahn- und Wiegegelder, imgleichen die Kosten einer auf Ver-

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Anh. XIII. Gesetz, betr. d. -rivatrechtl. Berh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

langen der Ladungsbetheiligten vorgenommenen Auseisung sowie die besonderen Kosten, welche durch die auf Verlangen der Ladungs­ betheiligten bewirkte Uebernahme oder Ablieferung der Güter bei Eis, Sturm, Hochwasser, zur Nachtzeit oder an Sonntagen und all­ gemeinen Feiertagen entstehen, zu denjenigen Auslagen und Auf­ wendungen, deren Ersatz der Frachtführer verlangen kann. . Tie Fälle der großen Haverei werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt. 8 67. [66.] Enthält der Frachtbrief oder Ladeschein die Be­ stimmung, daß der Frachtführer franko abzuliesern hat, so steht dies im Zweifel der Geltendmachung des Pfandrechts des Frachtführers (§ 440 [Art. 409] des Handelsgesetzbuchs) wegen der Zollgelder sowie wegen der sonstigen Auslagen und der Liegegelder für die Zeit nach dem Antritt der Reise nicht entgegen. 8 68. [67.] Wird der Antritt der Reise durch Zufall dauernd verhindert, so tritt der Frachtvertrag außer Kraft, ohne daß der eine Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet ist. Als dauernde Verhinderung ist es insbesondere anzusehen: 1. wenn das Schiff, mit welchem die Beförderung zu erfolgen hatte, verloren geht, oder derart beschädigt wird, daß die Reise nicht ohne eine umfassende Ausbesserung des Schiffes angetreten werden kann; als Ausbesserung dieser Art gilt namentlich eine solche, welche die vollständige Löschung der Ladung nothwendig macht; 2. wenn die zu befördernden Güter verloren gehen, vorausgesetzt, daß sie nicht blos nach Art und Gattung, sondern speziell im Frachtverträge bezeichnet oder bereits verladen oder doch von dem Frachtführer übernommen waren. 8 69. [68.] Wird nach dem Antritt der Reise die Fortsetzung derselben durch Zufall dauernd verhindert, so finden die Bestimmungen des § 68 mit der Maßgabe Anwendung, daß für den zurückgelegten Theil der Reise Distanzfracht (§ 64 Absatz 2) zu entrichten ist. 8 70. [69.] Im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes ist trotz der Auflösung des Frachtvertrages der Schiffer verpflichtet, bei Abwesenheit der Betheiligten für das Beste der Ladung zu sorgen. Er ist im Falle der Dringlichkeit berechtigt und verpflichtet, auch ohne vorherige Anfrage, je nachdem es den Umständen entspricht, entweder die Ladung für Rechnung der Betheiligten mittelst eines anderen Schiffes nach dem Ablieferungsorte befördern zu lassen oder die Auflagerung derselben zu bewirken. Von den getroffenen Maß­ regeln sind die Betheiligten unverzüglich in Kenntniß zu setzen. 8 71. [70.] Wird der Antritt oder die Fortsetzung der Reise

ohne Verschulden des Absenders zeitweilig verhindert, so braucht der Absender die Aufhebung des Hindernisses nicht abzuwarten, er kann vielmehr vom Vertrage zurücktreten. In diesem Falle sind dem Frachtführer die Kosten der Vor­ bereitung der Reise, die Kosten der Wiederausladung und für den zurückgelegten Theil der Reise Distanzfracht (§ 64 Absatz 2) zu vergüten. Muß der Frachtführer überwintern, so findet ein Rücktritt des Absenders nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmung nicht statt. In diesem Falle ist der Absender zur Zurücknahme der Güter nur nach den Bestimmungen der §§ 36 bis 39 berechtigt. g 72. [71.] Auf Verlangen des Absenders ist demselben von dem Frachtführer nach Verladung der Güter ein Ladeschein auszu­ stellen, durch welchen der Frachtführer sich zur Auslieferung der Güter an den legitimirten Besitzer des Scheines verpflichtet. Das Verlangen ist vor Beginn der Verladung der Güter zu stellen. Der Ladeschein hat außer den im § 445 [Art. 414] des Handels­ gesetzbuchs aufgeführten Angaben auch die Bezeichnung des Schiffes zu enthalten, in welches die Güter verladen sind. Wird der Ladeschein an die Order einer Person ausgestellt, welche am Ablieferungsorte weder ihren Wohnsitz noch eine Nieder­ lassung hat, so kann der Frachtführer die Bezeichnung einer Melde­ adresse verlangen, bei welcher ihm nach der Ankunft am Ablieferungs­ orte die Person des Ladescheinbesitzers bekannt zu geben ist. Die Meldeadresse ist auf dem Ladescheine zu vermerken. g 73. Der Frachtführer haftet für die Richtigkeit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung der Zahl, des Maßes oder des Gewichtes der verladenen Güter, es sei denn, daß durch den Zusatz: „Zahl, Maß, Gewicht unbekannt" oder durch einen gleichbedeutenden Vermerk ersichtlich gemacht ist, daß die Güter dem Frachtführer nicht zugezählt, zugemessen oder zugewogen sind. Erklärt sich der Absender bereit, die Zuzählung, Zumessung oder Zuwiegung der Güter auf seine Kosten vornehmen zu lassen, so ist der Frachtführer nicht berechtigt, einen Zusatz der im Absatz 1 bezeichneten Art in den Ladeschein auszunehmen. Die Bestimmungen des § 60 bleiben unberührt. g 74. Der Frachtführer haftet für die Richtigkeit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung der Güter, sofern er nicht beweist, daß die Unrichtigkeit der Bezeichnung bei Anwendung der Sorgfalt eines gewöhnlichen Frachtführers nicht zu erkennen war. Sind dem Frachtführer die Güter in Verpackung oder in ge­ schlossenen Gesäßen übergeben und ist dies aus dem Ladescheine zu

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ersehen, so trifft den Frachtführer keine Verantwortlichkeit für die richtige Bezeichnung des Inhalts, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise nachgewiesen wird. 8 75. In den Fällen des § 73 Absatz 1 und des § 74 beschränkt sich die Haftung des Frachtführers aus den Ersatz des Minderwerths, welcher aus der Nichtübereinstimmung der Güter mit der im Ladescheine enthaltenen Bezeichnung sich ergiebt. Fällt dem Frachtführer eine bösliche Handlungsweise zur Last, so hat er­ den vollen Schaden zu ersetzen. 8 76. Uebernimmt der Frachtführer Güter, deren Beschädigung, schlechte Beschaffenheit oder mangelhafte Verpackung bei der Ver^ ladung äußerlich erkennbar ist, so hat er den Mangel im Ladescheine zu vermerken, widrigenfalls er dem Empfänger für den aus dem Mangel sich ergebenden Minderwerth der Güter verantwortlich ist. 8 77. Für Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck haftet der Schiffseigner, sofern das Gepäck von dem Schiffer oder einer dazu bestellten Person übernommen ist, in gleicher Weise wie der Frachtführer für Frachtgüter. Er hat wegen des Frachtgeldes ein Pfandrecht an dem Gepäck, solange dasselbe zurückbehalten oder hinterlegt ist. Die Wirkungen und die Geltendmachung des Pfandrechts bestimmen sich im Uebrigen nach den für das Pfandrecht des Frachtführers an den Frachtgütern geltenden Vorschriften. Fünfter Abschnitt.

Haverei.

8 78. Große Haverei sind alle Schäden, welche einem Schiffe oder der Ladung desselben oder beiden zum Zweck der Errettung beider aus der gemeinsamen Gefahr von dem Schiffer oder aus dessen Geheiß vorsätzlich zugefügt werden, sowie auch die durch solche Maßregeln ferner verursachten Schäden einschließlich des Verlustes der Fracht für aufgeopserte Güter, desgleichen die Kosten, welche zu dem bezeichneten Zweck von dem Schiffer oder nach seiner Anweisung von einem der Ladungsbetheiligten aufgewendet werden. Tie große Haverei wird von Schiff und Ladung gemeinschaftlich getragen; die Havereivertheilung tritt jedoch nur ein, wenn sowohl das Schiff als auch die Ladung und zwar jeder dieser Gegenstände entweder ganz oder theilweise wirklich gerettet worden sind. Alle nicht zur großen Haverei gehörigen, durch einen Unfall verursachten Schäden und Kosten (besondere Haverei) werden von den Eigenthümern des Schiffes und der Ladung, von jedem für sich allein getragen.

§ 7S. Die Anwendung der Bestimmungen über große Haverei wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Gefahr in Folge des Ver­ schuldens eines Dritten oder auch eines Betheiligten herbeigeführt ist. Der Betheiligte, welchem ein solches Verschulden zur Last fällt, kann jedoch wegen der ihm etwa entstandenen Schäden keine Ver­ gütung fordern und ist den Beitragspflichtigen für den Verlust ver­ antwortlich, welchen sie dadurch erleiden, daß der Schaden als große Haverei zur Vertheilung kommt. Ist die Gefahr durch eine Persou der Schiffsbesatzung ver­ schuldet, so trägt die Folgen dieses Verschuldens auch der Schiffs­ eigner nach Maßgabe der §§ 3 und 4.

8 80* Die Verpflichtung, von einem geretteten Gegenstände beizutragen, wird dadurch, daß derselbe später von besonderer Haverei betroffen wird, nur dann vollständig aufgehoben, wenn der Gegen­ stand ganz verloren geht. 8 81. Der Anspruch aus Vergütung einer zur großen Haverei gehörenden Beschädigung wird durch eine besondere Haverei, welche den beschädigten Gegenstand später trifft, sei es, daß er von Neuem beschädigt wird oder ganz verloren geht, nur insoweit aufgehoben, als bewiesen wird, daß der spätere Unfall mit dem früheren nicht allein in keinem Zusammenhänge steht, sondern daß er auch den früheren Schaden nach sich gezogen haben würde, wenn dieser nicht bereits entstanden gewesen wäre. Sind jedoch vor Eintritt des späteren Unfalls zur Wiederher­ stellung des beschädigten Gegenstandes bereits Aufwendungen gemacht, so bleibt rücksichtlich dieser der Anspruch auf Vergütung bestehen.

8 82. In Bezug auf den Umfang der großen Haverei gelten, sofern die allgemeinen Voraussetzungen derselben vorhanden sind, die folgenden Bestimmungen: 1. Wenn Waaren, Schiffstheile oder Schifssgeräthschaften über Bord geworfen, Taue oder Segel weggeschnitten, Masten, Anker, Ankertaue oder Ankerketten gekappt worden sind, so gehören zur großen Haverei sowohl diese Schäden selbst, als die durch solche Maßregeln an Schiff oder Ladung ferner verursachten Schäden. 2. Wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder theilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, so gehört zur großen Haverei sowohl der Leichterlohn, als der Schaden, welcher bei dem Ueberladen in das Leichterfahrzeug oder bei dem Rückladen in das Schiff der Ladung oder dem Schiffe zu­ gefügt worden ist, sowie der Schaden, welcher die Ladung auf dem Leichterfahrzeuge betroffen hat. Friedberg, HandclSgesgbg.

7. Aufl.

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658 Anh. XIII. Gesetz, bete. d. privalrechtl. Verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895. Muß die Erleichterung im regelmäßigen Verlaufe der Reise erfolgen, so liegt große Haverei nicht vor. 3. Wenn das Schiff absichtlich festgesahren ist, um das Sinken desselben abzuwenden, oder wenn das Schiff absichtlich zum Sinken gebracht ist, um eine Zerstörung desselben und der Ladung durch Feuer zu verhüten, so gehören zur großen Haverei sowohl die durch die Maßregel entstandenen Schäden als auch die Kosten und Schäden der Abbringung oder Hebung. Wird das Schiff nicht abgebracht oder gehoben oder wird es nach der Abbringung oder Hebung als reparaturunfähig befunden, so findet eine Havereivertheilung nicht statt. Ist das Schiff gesunken, ohne daß dies zur Rettung von Schiff und Ladung vorsätzlich herbeigeführt war, so gehören zwar nicht die durch den Unfall veranlaßten Schäden, wohl aber die zur gemeinsamen Hebung von Schiff und Ladung ver­ wendeten Kosten sowie die zu diesem Zweck dem Schiffe oder der Ladung absichtlich zugesügten Schäden zur großen Haverei. 4. Wenn zur Abwendung einer durch Eisgang oder durch andere Umstände verursachten Gefahr, zu deren Beseitigung die ord­ nungsmäßige Bemannung des Schiffes nicht ausreicht, Hülfsmannschaften oder Schleppdampfer angenommen werden, so ge­ hören die hierdurch entstehenden Kosten und Schäden zur großen Haverei. Erfolgt die Annahme von Schleppdampfern oder Hülfsmannschaften im regelmäßigen Verlaufe der Reise, so liegt große Haverei nicht vor. 5. Wenn das Schiff wegen Eintritts des Winterfrostes gezwungen ist, einen Zwischenhafen aufzusuchen, so gehören zur großen Haverei die Kosten des Ein- und Auslaufens, die Schlepplöhne, die Hafengebühren, die für die Bewachung des beladenen Schiffes erforderlich gewordenen Kosten und, wenn zur Erleichterung des Schiffes die Ladung ganz oder theilweise in Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist, der Leichterlohn, sowie der durch die Leichterung entstandene Schaden gemäß der Bestimmung unter Nr. 2.

8 83. Wird außer dem Falle des § 82 Nr. 5 das Schiss ge­ nöthigt, die Reise zu unterbrechen und an einem Zwischenorte liegen zu bleiben, so gehören die durch den Aufenthalt an diesem Orte ent­ stehenden Kosten und Schäden nicht zur großen Haverei. 8 84. Wenn durch die Auseinandersetzung unter den Betheiligten Kosten entstehen, so gehören auch diese Kosten zur großen Haverei. Dies gilt insbesondere von den Kosten für die Ermittelung der

Schäden und für die Ausstellung der Rechnung über die große Haverei (Dispache).

8 85. In Bezug auf den Umfang und die Berechnung der für die große Haverei zu beanspruchenden Vergütungen und der für dieselbe zu leistenden Beiträge finden die auf die Seeschiffahrt bezüg­ lichen Bestimmungen der §§ 709 bis 720, 722 bis 724 sArt. 711 bis 722, 724 bis 726] des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung. Güter, welche sich zur Zeit des Havereifalles in einem Leichterfahr­ zeuge befunden haben (Handelsgesetzbuch § 718 sArt. 720]), sind jedoch nur unter der Voraussetzung beitragspflichtig, daß sie sich mit dem Schiffe in Gefahr befunden haben. Auch findet bei der Ermittelung des von der Ladung zu leistenden Beitrags (Handelsgesetzbuch § 719 sArt. 721]) ein Abzug des Zolles für gerettete Güter nur insoweit statt, als der Zoll noch nicht entrichtet ist. Bei der Schadensberechnung bleiben die Beschädigungen und Verluste außer Ansatz, welche betreffen: 1. diejenigen Güter, über die weder ein Frachtbrief oder Lade­ schein ausgestellt ist, noch das Manifest oder Ladebuch Aus­ kunft giebt; 2. die Kostbarkeiten, Gelder und Werthpapiere, welche dem Fracht­ führer nicht bezeichnet sind. Die Ausnahme unter Nr. 1 gilt nicht für den Hafenverkehr. 8 86. Die Vertheilung der Schäden erfolgt an dem Orte, wo die Reise endet.

8 87. Die Dispache ist von dem Schiffer unverzüglich auf­ zustellen. Derselbe ist berechtigt und auf Verlangen eines Betheiligten ver­ pflichtet, die Aufstellung einem Sachverständigen (Dispacheur) zu über­ tragen. In Ermangelung eines für Havereifälle bei der Binnen­ oder Seeschiffahrt ein für allemal bestellten Dispacheurs hat auf Antrag das Amtsgericht eine geeignete Person als Dispacheur be­ sonders zu bestellen. Jeder Betheiligte ist verpflichtet, die zur Aufstellung der Dispache erforderlichen Urkunden, soweit er sie zu seiner Verfügung hat, ins­ besondere Frachtbriefe, Ladescheine und Fakturen, dem Schiffer oder Dispacheur mitzutheilen. 8 88. Wird die Aufstellung der Dispache verzögert, so ist jeder Betheiligte, unbeschadet seines Anspruchs aus Ersatz des durch die Verzögerung entstandenen Schadens, befugt, die Aufstellung der Dis­ pache durch einen Dispacheur selbst zu veranlassen und zu betreiben.

8 89.

Die Vergütungsberechtigten haben wegen der von dem

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660 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl.Berh. -.Binnenschiffahrt, v. 15.Juni 1895.

Schiffe zu entrichtenden Beiträge die Rechte von Schiffsgläubigern (§§ 102 bis 115). Auch in Ansehung der beitragspflichtigen Güter steht den Ver­ gütungsberechtigten an den einzelnen Gütern wegen des von diesen zu entrichtenden Beitrags ein Pfandrecht zu. Tas Pfandrecht kann jedoch nach der Auslieferung der Güter nicht zum Nachtheile des dritten Erwerbers, welcher den Besitz in gutem Glauben erlangt hat, geltend gemacht werden. Tas an den beitragspflichtigen Gütern den Vergütungsberech­ tigten zustehende Pfandrecht wird für sämmtliche Berechtigte durch den Frachtführer ausgeübt. Die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Frachtführer erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften, die für das Pfandrecht des Frachtführers wegen der Fracht und der Auslagen gelten. 8 90* Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Bei­ trags wird durch den Havereifall nicht begründet. Ter Empfänger beitragspflichtiger Güter wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme der Güter bekannt ist, daß davon ein Beitrag zu entrichten sei, für den letzteren insoweit persönlich verpflichtet, als der Beitrag, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätte geleistet werden können. 8 91. Ter Schiffer darf Güter, aus welchen Havereibeiträge haften, vor deren Berichtigung oder Sicherstellung nicht ausliefern, widrigenfalls er für die Beiträge insoweit verantwortlich wird, als diese, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten geleistet werden können. Gegen Hinterlegung des beanspruchten Beitrags bei einer öffent­ lichen Hinterlegungsstelle hat die Auslieferung der Güter zu erfolgen. Wird diese Hinterlegung verzögert, so ist der Schiffer berech­ tigt, die Güter in einem öffentlichen Lagerhause oder in anderer sicherer Weise zu hinterlegen.

Sechster Abschnitt. Zusammenstoß von Schiffen, Bergung und Hülfeleistung. 8 92. In Bezug auf die Schadensersatzpflicht beim Zusammen­ stöße von Schiffen auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern finden die Vorschriften der §§ 734 bis 739 sArt. 736 bis 741] des Handels­ gesetzbuchs mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle des Rheders der Schiffseigner tritt. 8 93. Wird ein in Gefahr befindliches, von der Schiffsbe­ satzung verlassenes Schiff, oder wird aus einem solchen, vom Unter-

Abschnitt VI.

Zusammenstob von Lchiffen, Bergung und Hülfeleistung.

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gange unmittelbar bedrohten Schiffe die Ladung ganz oder theilweise geborgen, so hat der Berger Anspruch auf Bergelohn. Wird außer den bezeichneten Fällen ein Schiff oder dessen Ladung aus einer Schiffahrtsgefahr durch die Hülfe dritter Personen gerettet, so haben diese Anspruch auf Hülfslohn. Der Besatzung des Schiffes steht ein Anspruch auf Berge- oder Hülfslohn nicht zu. 8 94. In Ermangelung einer Vereinbarung wird die Höhe des Berge- oder Hülfslohnes unter Berücksichtigung der Umstände des Falles durch das Gericht nach billigem Ermessen festgesetzt. Ter Berge- und Hülfslohn umfaßt zugleich die Vergütung für die Aufwendungen, welche zum Zweck des Bergens und Rettens ge­ schehen sind. Richt darin enthalten sind die Kosten und Gebühren der Be­ hörden, die Kosten für die Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräußerung der geborgenen oder geretteten Gegenstände, sowie die auf diesen ruhenden Zölle und sonstigen Abgaben. Bei der Bestimmung des Betrages des Berge- oder Hülfslohnes kommen insbesondere in Anschlag: der bewiesene Eifer, die ver­ wendete Zeit, die geleisteten Dienste, die geschehenen Aufwendungen, die Zahl der thätig gewesenen Personen, die Gefahr, welcher die­ selben ihre Person, ihre Fahrzeuge oder ihre Geräthe ausgesetzt haben, sowie die Gefahr, welche den geborgenen oder geretteten Gegenständen gedroht hat, und der nach Abzug der Kosten (Absatz 3) verbliebene Werth derselben. 8 95, Haben sich mehrere Personen an der Bergung oder Hülfeleistung betheiligt, so wird der Berge- oder Hülfslohn unter dieselben nach Maßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der Einzelnen vertheilt. Zur entsprechenden Theilnahme sind auch diejenigen berechtigt, welche sich in derselben Gefahr der Rettung von Menschen unter­ zogen haben. Wird ein Schiff oder dessen Ladung von einem anderen Schiffe geborgen oder gerettet, so hat der Schiffseigner des letzteren einen angemessenen Theil des Berge- oder Hülfslohnes zu beanspruchen. 8 96. Auf Berge- und Hülfslohn hat keinen Anspruch: 1. wer seine Dienste aufgedrungen, insbesondere wer ohne Erlaub­ niß des anwesenden Schiffers das Schiff betreten hat; 2. wer von den geborgenen Gegenständen dem Schiffer, dem Eigen­ thümer oder der zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige ge­ macht hat. 8 97. Wegen der Bergungs- und Hülsskosten, einschließlich

662 «nh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl. verh. d. vinnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

des Berge- und Hülfslohnes, stehen dem Gläubiger im Falle der Rettung des Schisses die Rechte der Schisfsgläubiger (§§ 102 bis 115) und im Falle der Rettung von Gütern ein Pfandrecht an diesen zu. Geborgene Gegenstände können bis zur Sicherheitsleistung zurückbehalten werden. Die Pfandklage kann hinsichtlich des Schiffes und der Fracht und, solange die Ladungsgüter noch nicht ausgeliesert sind, auch hin­ sichtlich dieser gegen den Schiffer gerichtet werden. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Bergung oder Hülfeleistung stattge­ sunden hat. 8 98. Nach Auslieferung der Güter kann das Pfandrecht nicht zum Nachtheile eines dritten Erwerbers geltend gemacht werden, welcher den Besitz der geborgenen oder geretteten Güter in gutem Glauben erlangt hat.

8 99. Der Schiffer darf die Güter vor Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers nicht ausliesern, widrigenfalls er dem Gläubiger insoweit verantwortlich wird, als dieser, wenn die Aus­ lieferung nicht bewirkt wäre, aus den Gütern hätte befriedigt werden können. Hat der Schiffseigner die Auslieferung der Güter angeordnet, so finden die Vorschriften im § 7 Absatz 2, 3 Anwendung.

8 100. Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hülfskosten wird durch die Bergung oder Rettung nicht begründet. Ter Empfänger von Gütern wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme bekannt ist, daß davon Bergungs- oder Hülfskosten zu be­ richtigen sind, für diese Kosten insoweit persönlich verpflichtet, als sie, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätte be­ richtigt werden können. Sind noch andere Gegenstände gemeinschaftlich mit den ausge­ lieferten Gütern geborgen oder gerettet, so geht die persönliche Haftung des Empfängers nicht über den Betrag hinaus, welcher bei Vertheilung der Kosten über sämmtliche Gegenstände auf die ausgelieserten Güter fällt. 8 101. Für die der See zunächst gelegenen Binnengewässer können durch Verordnung der Landesregierungen hinsichtlich des Ver­ fahrens bei der Bergung und Hülfeleistung und hinsichtlich der zu­ ständigen Behörden, sowie hinsichtlich der Behandlung der geborgenen Gegenstände und der Festsetzung der Bergungs- und Hülfskosten die für die Seeschiffahrt geltenden Vorschriften für anwendbar erklärt werden.

Siebenter Abschnitt.

Schisfsgläubiger. 8 102. Die nachstehenden Forderungen gewähren die Rechte eines Schiffsgläubigers: 1. die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, insbesondere die Brücken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder; 2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung; 3. die Lootsengelder, sowie die Bergungs- und Hülfskosten, ein­ schließlich des Berge- und Hülfslohnes; die Beiträge zur großen Haverei; die Forderungen aus Geschäften, welche der Schiffer außer­ halb der im § 15 bezeichneten Orte zur Abwendung einer dringenden Gefahr von Schiff oder Ladung geschlossen hat, auch wenn der Schiffer Eigenthümer oder Miteigenthümer des Schiffes ist; 4. die Forderungen wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter und des im § 77 bezeichneten Reisegepäcks; 5. die nicht unter eine der vorigen Nummern fallenden Forderungen aus Rechtsgeschäften, welche der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§ 15, 16) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat, sowie die nicht unter eine der vorigen Nummern fallenden Forderungen wegen Nichterfüllung oder wegen unvollständiger oder mangelhafter Erfüllung eines von dem Schiffseigner geschlossenen Vertrages, insofern dessen Ausführung zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört hat (8 4 Nr. 2); die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§ 3, § 4 Nr. 3), auch wenn dieselbe Eigen­ thümer oder Miteigenthümer des Schiffes ist; 6. die Forderungen, welche der Berussgenossenschaft nach den Vor­ schriften über die Unfallversicherung, der Versicherungsanstalt nach den Vorschriften über die Invalidenversicherung und den Gemeinden und Krankenkassen nach den Vorschriften über die Krankenversicherung gegen den Schiffseigner zustehen.

g 103. Die Schiffsgläubiger haben an dem Schiffe nebst Zu­ behör ein Pfandrecht. Das Pfandrecht ist gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar. Die Befriedigung aus dem Pfande erfolgt auf Grund eines

664 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl.Berh. d.Vinnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

vollstreckbaren Titels nach den Vorschriften über die Zwangsvoll­ streckung. § 104. Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger erstreckt sich außerdem auf die Bruttofracht derjenigen Frachtfahrt, aus welcher ihre Forderung entstanden ist. Für die im § 102 unter Nr. 2 aufgeführten Forderungen der Schiffsbesatzung besteht ein Pfandrecht an der Fracht der sämmtlichen Frachtfahrten, welche unter den Dienstvertrag fallen, aus dem die Forderungen entstanden sind. Als Frachtfahrt gilt jede Reise, welche entweder auf Grund eines neuen Frachtvertrages oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird. Ter Fracht steht im Sinne dieses Abschnitts das für die Be­ förderung von Personen zu entrichtende Fahrgeld und bei Schlepp­ schiffen der Schlepplohn gleich. 8 105. Das einem Schiffsgläubiger zustehende Pfandrecht gilt in gleichem Maße für Kapital, Zinsen und Kosten. 8 106. Von den im § 102 unter Nr. 1 bis 5 ausgeführten Forderungen gehen die eine spätere Frachtfahrt betreffenden denjenigen vor, welche eine frühere Frachtfahrt betreffen. Zu den die letzte Frachtfahrt betreffenden Forderungen werden auch diejenigen gerechnet, welche nach Beendigung dieser Frachtfahrt entstanden sind. Für die im § 102 unter Nr. 2 ausgeführten Forderungen der Schisfsbesatzung bestimmt sich das Vorzugsrecht nach der letzten Fracht­ fahrt, welche unter den Dienstvertrag fällt, aus dem die Forderungen entstanden sind. 8 107. Die Rangordnung der Forderungen, welche dieselbe Frachtfahrt betreffen oder als dieselbe Frachtfahrt betreffend anzu^ sehen sind (§ 106), bestimmt sich durch die Nummernfolge, in welcher die Forderungen im § 102 aufgeführt sind. Von den unter Nr. 1, 2, 4 und 5 bezeichneten Forderungen haben die unter derselben Nummer ausgeführten den gleichen Rang ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Entstehung. Von den unter Nr. 3 bezeichneten Forderungen geht die später entstandene der früher entstandenen vor; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt. Forderungen, welche aus Anlaß eines und desselben Nothfalles entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. 8 108. Tie im § 102 unter Nr. 6 bezeichneten Forderungen stehen allen übrigen Forderungen von Schisssgläubigern, ohne Rück­ sicht auf die Zeit ihrer Entstehung, nach. 8 109. Das Pfandrecht des Schiffsgläubigers hat den Vor­ rang vor den sonstigen Pfandrechten an Schiff oder Fracht, für die

im § 102 unter Nr. 4 bis 6 aufgeführten Forderungen jedoch hin­ sichtlich des Schiffes nur insoweit, als jene Pfandrechte nicht früher entstanden sind. Soweit hiernach die sonstigen Pfandrechte an dem Schiffe der Forderung eines Schiffsgläubigers Vorgehen, haben sie zugleich den Vorrang vor den dieser Forderung nachstehenden Forderungen anderer Schiffsgläubiger. Erleidet ein Schiffsgläubiger, welchem der Schiffseigner nur mit Schiff und Fracht haftet, dadurch einen Ausfall an seiner Forderung, daß seinem Pfandrecht an dem Schiffe das Pfandrecht eines Gläubigers vorgeht, der nicht Schiffsgläubiger ist, so wird der Schiffseigner in Höhe dieses Ausfalles persönlich verpflichtet. 8 110. [111.] Wird außer dem Falle der Zwangsversteigerung das Schiff veräußert, so ist der Erwerber berechtigt, die Ausschließung der unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Pfandrechten im Wege des Aufgebotsverfahrens zu beantragen? 8 111. [112.] Die Vorschrift des § 110 findet keine An­ wendung, wenn nur der Antheil eines Miteigenthümers des Schiffes den Gegenstand der Veräußerung bildet. 8 112. [113.] Das Pfandrecht der Schisfsgläubiger an der Fracht ist so lange wirksam, als die Fracht noch aussteht oder die Frachtgelder in den Händen des Schiffers sind. Ties gilt auch int Falle einer Abtretung der Frachtforderung. Insoweit der Schiffseigner die Fracht eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, welchen dadurch das Pfand ganz oder zum Theil entgeht, persönlich, und zwar einem jeden in Höhe desjenigen Betrages, welcher für denselben bei Vertheilung' des eingezogenen Betrages nach der gesetzlichen Rangordnung sich ergiebt. Dieselbe persönliche Haftung des Schiffseigners tritt ein in Ansehung der am Abladungsorte zur Abladungszeit üblichen Fracht für Güter, welche für seine Rechnung abgeladen sind. Hat der Schiffseigner die Fracht zur Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger, welchen ein Pfandrecht an derselben zustand, verwendet, so ist er den Gläubigern, welchen der Vorzug gebührt hätte, nur insoweit verantwortlich, als erwiesen wird, daß er die­ selben wissentlich verkürzt hat. 8 113. [114.] Insoweit bei der Zwangsversteigerung oder bei einer sonstigen Veräußerung des Schiffes der Schiffseigner das Kaufgeld eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, deren Pfandrechte in Folge der Zwangsversteigerung oder in Folge eines

1 Bgl. zu MB § 765 S. 314.

666 «nh. XIIL Gesetz, betr. d. privattechtl. Verh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

nach § 110 eingeleiteten Aufgebotsverfahrens erloschen sind, persön­ lich in gleicher Weise, wie im Falle der Einziehung der Fracht. 8 114. [115.] Sendet der Schiffseigner, nachdem er von der Forderung eines Schiffsgläubigers, für welche er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntniß erhalten hat, das Schiff zu einer neuen Reise aus, ohne daß dies zugleich im Interesse des Gläubigers ge­ boten war, so wird er für die Forderung in Höhe desjenigen Be­ trages auch persönlich verpflichtet, welcher für den Gläubiger sich ergeben haben würde, falls der Werth, den das Schiff bei Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rang­ ordnung vertheilt worden wäre. Bis zum Beweise des Gegentheils wird angenommen, daß der Gläubiger bei dieser Vertheilung seine vollständige' Befriedigung erlangt haben würde. 8 115. [116.] Die Vergütung für Aufopferung oder Be­ schädigung in Fällen der großen Haverei tritt für die Schiffsgläubiger an Stelle des Gegenstandes, für den die Vergütung bestimmt ist. Dasselbe gilt von der Entschädigung, die wegen des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffes oder wegen der durch Verlust oder Beschädigung von Gütern herbeigeführten Entziehung der Fracht dem Schiffseigner von demjenigen gezahlt werden muß, welcher den Schaden durch eine rechtswidrige Handlung verursacht hat. Hat der Schiffseigner die Vergütung oder Entschädigung ein­ gezogen, so haftet er in Höhe des eingezogenen Betrages den Schiffs­ gläubigern persönlich in gleicher Weise wie den Gläubigern einer Reise im Falle der Einziehung der Fracht (§ 112). 8 116. [117.] Die wegen der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hülfskosten auf den Ladungsgütern haftenden Pfandrechte gehen den im § 443 [Art. 411] des Handelsgesetzbuchs be­ zeichneten Pfandrechten vor. Unter den ersteren Pfandrechten hat das später entstandene vor dem früher entstandenen den Vorzug; die gleich­ zeitig entstandenen sind gleichberechtigt; Forderungen, welche aus Anlaß desselben Nothfalles entstanden sind, gelten als gleichzeitig entstanden. In den Fällen der großen Haverei oder des Verlustes oder der Beschädigung durch rechtswidrige Handlungen finden die Vorschriften des Z 115 entsprechende Anwendung.

Achter Abschnitt. Verjährung. 8 117. [118.] Mit dem Ablaufe eines Jahres verjähren: 1. die öffentlichen Schiffs- und Schiffahrtsabgaben, insbesondere die Brücken-, Schleusen-, Kanal- und Hafengelder;

Abschnitt VIII. Verjährung.

Abschnitt IX. Schiffsregister.

667

2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung; 3. die Lootsengelder; 4. die Bergungs- und Hülsskosten einschließlich des Berge- und Hülfslohnes; 5. die Beiträge zur großen Haverei; 6. die Forderungen aus Geschäften, welche der Schisser kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§ 15, 16) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat; 7. die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffs­ besatzung (§ 3, § 4 Nr. 3, 88 7, 92).

§ 118. (119.) Tie Verjährung beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist. Neunter Abschnitt.

Schiffsregister. 8 119. [120.] Für Dampfschiffe und andere Schiffe mit eigener Triebkraft, deren Tragfähigkeit mehr als 15000 Kilogramm beträgt, sowie für sonstige Schisse mit einer Tragfähigkeit von mehr als 20000 Kilogramm sind Schiffsregister zu führen.

§ 120. [121.1 Das Schiffsregister wird bei dem zur Führung des Handelsregisters zuständigen Gerichte geführt. Die Landesregierungen sind befugt, die Führung des Registers für die Bezirke mehrerer Gerichte einem von diesen zu übertragen oder mit derselben da, wo die Führung der Register für Seeschiffe anderen Behörden obliegt, die letzteren zu betrauen. 8 121. [122.] Das Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht ist während der gewöhnlichen Dienststunden einem Jeden gestattet. Von den Eintragungen können gegen Erlegung der Kosten Abschriften gefordert werden, die aus Verlangen zu beglaubigen sind.

8 122. [123.] Jedes Schiff ist bei der Registerbehörde des Heimathsortes zur Eintragung in das Schiffsregister anzumelden. 8 123. [124.] Die Verpflichtung zur Anmeldung liegt dem Eigenthümer des Schiffes und, wenn mehrere Miteigenthümer vor­ handen sind, einem jeden von ihnen ob. Bei einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Aktienkommanditgesellschaft sind die persönlich hastenden Gesellschafter, bei einer juristischen Person, einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer eingetragenen Genossenschaft die gesetzlichen Vertreter zur Anmeldung verpflichtet.

668 Anh. XIII. Gesetz, betr. d. privatrechtl. Berh. d. Binnenschiffahrt, v. 15. Juni 1895.

Sind mehrere Verpflichtete vorhanden, so genügt die Anmeldung durch einen von ihnen.

8 124. [125.] Tie Anmeldung muß enthalten: 1. die Gattung und das Material sowie den Namen, die Nummer oder die sonstigen Merkzeichen des Schiffes; 2. die Tragfähigkeit und bei Dampfschiffen oder sonstigen Schiffen mit eigener Triebkraft die Stärke des Motors; 3. die Zeit und den Ort der Erbauung; 4. den Heimathsort; 5. den Namen und die nähere Bezeichnung des Eigentümers oder der Miteigentümer und im letzteren Falle die Größe des An­ theiles eines jeden Miteigenthümers; bei Handelsgesellschaften genügt, auch soweit sie nicht juristische Personen sind, die An­ gabe der Firma und des Sitzes der Gesellschaft; 6. den Rechtsgrund, auf welchem das Eigenthum oder die Eigen­ thumsantheile beruhen. Tie Angaben sind glaubhaft zu machen.

8 125. [126.] Jedes Schiff wird in das Schiffsregister unter einer besonderen Ordnungsnummer eingetragen. Tie Eintragung hat die im § 124 bezeichneten Angaben und den Tag der Eintragung zu enthalten. Ueber die Eintragung wird von der Registerbehörde eine Urkunde (Schisssbrief) ertheilt, in welche der vollständige Inhalt der Eintragung aufzunehmen ist. 8 126. [127.] Wenn Veränderungen in den eingetragenen Thatsachen oder Rechtsverhältnissen eintreten oder wenn das Schiff zu Grunde geht oder reparaturunfähig wird, so ist dies zur Ein­ tragung in das Schiffsregister anzumelden. In Bezug auf die Verpflichtung zur Anmeldung finden die Vor­ schriften der §§ 123, 124 entsprechende Anwendung. Zur Anmeldung der Veräußerung des Schiffes oder eines Antheiles an demselben ist der Erwerber verpflichtet. Ter Schisssbrief ist mit der Anmeldung einzureichen; die Ein­ tragung wird auf demselben durch die Registerbehörde vermerkt. Im Falle der Verlegung des Heimathsortes aus dem Register­ bezirke hat die Registerbehörde nach Vollzug der Eintragung den Schiffsbrief mit einer beglaubigten Abschrift des Registerinhalts der neuen Registerbehörde zur Bewirkung der Eintragung zu übersenden. 8 127. [128.] Tas Gericht hat die Betheiligten zu den ihnen obliegenden Anmeldungen durch Ordnungsstrafen anzuhalten. Tas Verfahren bestimmt sich nach den Vorschriften, welche für

Abschnitt IX. Schiffsregister.

Abschnitt X

Schlubbestimmungen.

669

die Verhängung von Ordnungsstrafen in Betreff der Anmeldungen zum Handelsregister gelten.

g 128. [129.] Die Landesregierungen können bestimmen, daß auch Schiffe von einer geringeren als der im § 119 bezeichneten Tragfähigkeit in das Schiffsregister einzutragen sind. Auf die An­ meldung und Eintragung solcher Schiffe finden die Bestimmungen dieses Abschnitts gleichfalls Anwendung.

g 129. [130.] Schiffe, welche beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in ein nach den Landesgesetzen geführtes Register für Binnenschiffe eingetragen find, bedürfen keiner erneuten Eintragung. Hinsichtlich der diese Schiffe betreffenden Eintragungen gelten die bezeichneten Register als Schiffsregister im Sinne des gegen­ wärtigen Gesetzes. Zehnter Abschnitt. Schlußbestimmungen.

g 130. [138.] In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einsührungsgesetzes zum Gerichts­ verfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. g 131. [139.] Bei Schiffen, welche nur zu Fahrten innerhalb desselben Ortes bestimmt sind, finden auf das Rechtsverhältniß des Schiffers, sowie auf die Beförderung von Gütern die Bestimmungen in 8 8 Absatz 4, §§ 15 bis 19, 27 bis 57 und § 72 Absatz 1 keine Anwendung. Durch die Landesregierungen kann bestimmt werden, daß Fahrten zwischen benachbarten Orten der Fahrt innerhalb desselben Ortes im Sinne des ersten Absatzes gleichstehen. Auf Schiffahrtsbetriebe, welche int Anschlüsse an den Eisenbahn­ verkehr geführt werden und der staatlichen Eisenbahnaufsichtsbehörde unterstellt sind, finden die vorhergehenden Bestimmungen dieses Ge­ setzes keine Anwendung. Das Gleiche gilt bezüglich des Betriebes' von Fähranstalten, soweit nicht der Betrieb mittelst frei schwimmender Schiffe stattfindet, g 132. [140.] Der Bundesrath ist befugt, Bestimmungen über den Befähigungsnachweis der Schiffer und Maschinisten für Binnen­ schiffe zu treffen. Bezüglich der Schiffahrt auf Seen, welche keine fahrbare Verbindung mit einer anderen Wasserstraße haben, steht die Befugniß der Landesregierung zu. Wer den Bestimmungen zuwider das Gewerbe eines Schiffers

670 Anh. XIV. Gesetz, betr. d. privatrechtl. verh. d. Flötzeret. v. 15. Amt1895. tz 1—9.

oder Maschinisten ausübt, wird mit Geldstrafe» bis zu dreihundert Mark bestraft. 8 133. [141.] Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung „höhere Verwaltungsbehörde" im Sinne dieses Ge­ setzes zu verstehen sind, wird durch die Zentralbehörde des Bundes­ staates bekannt gemacht.

XIV Gesetz, betreffend die Privatrechtlichen Berhaltnisse der Flößerei. Vom 15. Juni 1895. (RGBl 341.)

8 1. Floßführer ist, wer ein Floß auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern führt, gleichviel, ob er bei einem Unternehmer, welcher die Beförderung des Floßes übernommen hat (Frachtflößer), oder bei dem Eigenthümer des Floßes in Dienste steht, oder ob er die Beförderung des Floßes selbst als Frachtflößer übernommen hat. 8 2. Der Floßführer ist verpflichtet, bei seinen Obliegenheiten, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Floßführers anzuwenden. Er haftet für jeden durch die Vernachlässigung dieser Sorgfalt entstandenen Schaden nicht nur dem Dienstherrn, sondern auch dem Absender und dem Empfänger des Floßes, sowie den Personen der Floßmannschaft, es sei denn, daß er aus Anweisung des Dienstherrn gehandelt hat. Auch in dem letzteren Falle bleibt der Floßführer verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, dem Tienstherrn die nach Lage des Falles erforderliche Aufklärung zu ertheilen, oder wenn ihm eine strafbare Handlung zur Last fällt. 8 3. Der Floßführer hat vor Antritt der Reise dafür zu sorgen, daß das Floß fest und dauerhaft verbunden, gehörig aus­ gerüstet, insbesondere mit den nöthigen Reserveausrüstungsgegenständen versehen und hinreichend bemannt ist. Dauert die Reise voraussichtlich so lange, daß ein Uebernachten der Floßmannschaft auf dem Floße nöthig ist, so muß das letztere mit einem Schlafraume versehen sein. 8 4. Der Floßführer hat vor Antritt der Reise sich zu über­ zeugen, daß die Angaben über Stückzahl und Länge der Hölzer in den auf die Beförderung bezüglichen Urkunden (Frachtbrief, Liefer­ schein) richtig sind, und die Aenderung unrichtiger Angaben herbei-

Lnb. XIV. Gesetz, bete. d. privatrechtl. Verhältnisse d. Klötzerei, v. 15. Juni 1895. 671

zuführen. Unterläßt er dies, so wird bis zum Beweise des Gegen­ theils angenommen, daß der Floßführer die Hölzer in der Zahl und Länge, wie sie in den Urkunden verzeichnet sind, empfangen hat. Für Borkeverlust ist der Floßführer sowie der Frachtflößer nur im Falle einer böslichen Handlungsweise verantwortlich. g 5. Wenn der Floßführer durch Krankheit oder andere Ur­ sachen verhindert ist, das Floß zu führen, so darf er den Antritt oder die Fortsetzung der Reise nicht ungebührlich verzögern; er muß vielmehr, wenn Zeit und Umstände es gestatten, die Anordnung des Dienstherrn einholen und für die Zwischenzeit die geeigneten Vor­ kehrungen treffen, im entgegengesetzten Falle aber einen anderen Floß­ führer einsetzen. Für diesen Stellvertreter ist er nur insofern verantwortlich, als ihm bei der Wahl desselben ein Verschulden zur Last fällt. g 6. Der Floßführer ist verpflichtet, von Beschädigungen des Floßes, von Verlusten an Ausrüstungsgegenständen sowie von der Einsetzung eines anderen Floßführers (§ 5) den Dienstherrn in Kenntniß zu setzen. Er hat in allen erheblichen Fällen, namentlich wenn er die Reise einzustellen oder zu verändern sich genöthigt findet, die Ertheilung von Verhaltungsmaßregeln bei dem Tienstherrn nachzu­ suchen, sofern es die Umstände gestatten. g 7. Wenn der Floßführer nicht im Dienste eines Fracht­ flößers oder des Floßeigenthümers steht, sondern selbst als Fracht­ flößer die Beförderung des Floßes übernommen hat, so sind die in den §§ 5 und 6 vorgeschriebenen Mittheilungen an den Absender zu richten. g 8. Wird das Floß von einem Unfall betroffen, so ist der Floßführer berechtigt und auf Verlangen seines Dienstherrn, des Absenders oder des Empfängers des Floßes verpflichtet, vor dem Amtsgerichte des Ortes, an welchem die Reise endet, und, wenn das Floß vorher an einem anderen Orte längere Zeit liegen bleiben muß, vor dem Amtsgerichte dieses Ortes eine Beweisaufnahme über den thatsächlichen Hergang, sowie über den Umfang des eingetretenen Schadens und über die zur Abwendung oder Verringerung desselben angewendeten Mittel zu beantragen. Er hat sich selbst zum Zeug­ nisse zu erbieten und die zur Feststellung des Sachverhältnisses sonst dienlichen Beweismittel zu bezeichnen. g 9* Zur Aufnahme des Beweises bestimmt das Gericht einen thunlichst nahen Termin, zu welchem der Floßführer und die sonst bezeichneten Zeugen zu laden sind. Dem Dienstherrn des Floß­ führers sowie dem Absender und dem Empfänger des Floßes ist von

672 «nh. XIV. Gesetz, betr.d.-rivLtrechtt.Berh.d.Fl-tzerei, v. 15. Juni 1895. 8 10—16.

dem Termine Mittheilung zu machen, soweit es ohne verhältnißmäßige Verzögerung des Verfahrens geschehen kann. Tie Mittheilung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

8 10. Die Aufnahme des Beweises erfolgt nach den Vor­ schriften der Civilprozeßordnung. Soweit hiernach nicht die Beeidigung des Floßführers aus­ geschlossen ist, beschließt über dieselbe das Gericht nach freiem Er­ messen. Ter Dienstherr des Floßführers, der Absender und der Empfänger des Floßes, sowie die etwa sonst durch den Unfall Betroffenen sind berechtigt, in Person oder durch Vertreter der Verhandlung bei­ zuwohnen. Sie können eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auf weitere Beweismittel beantragen. Das Gericht ist befugt, eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auch von Amtswegen anzuordnen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich erscheint. 8 11. In Bezug auf die Erhebung von Gebühren und Aus­ lagen finden die für das Verfahren zur Sicherung des Beweises geltenden Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß als Gebühr nur die Hälfte der dort vorgesehenen Sätze und höchstens ein Betrag von dreißig Mark erhoben wird. Ist das Verfahren auf Verlangen des Absenders oder des Empfängers beantragt, so hat derselbe die entstandenen Kosten zu erstatten, soweit er nicht Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall ihm entstandenen Schadens hat. Die Verpflichtung des Dienstherrn, dem Floßsührer die verauslagten Kosten zu erstatten, wird hierdurch nicht berührt. 8 12. Sobald das Floß am Ablieferungsorte angekommen ist, hat der Floßsührer dies dem Empfänger anzuzeigen. Wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist, so muß die Anzeige durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise erfolgen.

8 13. Der Floßführer hat das Floß an dein ihm von dem Empfänger angewiesenen Platze festzulegen. Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn die Wassertiefe, die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen oder die Sperrung des Platzes durch andere Flöße oder durch Schiffe die Befolgung der ertheilten Anweisung nicht gestatten, so kann der Floß­ führer, falls der Empfänger auf die Aufforderung nicht unverzüglich einen geeigneten Platz bezeichnet, selbst einen Platz zum Festlegen des Floßes wählen. Bei der Auswahl dieses Platzes hat der Floßsührer das Interesse

«nh. XIV. Gesetz, bete. ». veiv-trechtl. Brrtz«lt»isse ». «lötzeni. ». 15. J»>« 1895. 6 7 3

des Empfängers thunlichst zu berücksichtigen; auch hat er ihm un­ verzüglich von der Festlegung des Floßes Mittheilung zu machen. Ist der von dem Empfänger bezeichnete Platz nur zeitweilig nicht zu erreichen, so ist der Floßsührer aus Verlangen des Empfängers verpflichtet, mit der Mannschaft so lange bei dem Floße zu bleiben, bis es an diesem Platze festgelegt ist. Die durch den Aufenthalt entstehenden Mehrkosten hat der Empfänger zu ersetzen. 8 14. Verweigert der Empfänger die Annahme des Floßes oder ist er nicht zu ermitteln, so ist der Floßführer befugt, das Floß einem Spediteur oder einem sonst geeigneten Dritten für Rechnung und Gefahr des Empfängers zu übergeben.

Er hat hiervon den Absender und„ falls der Empfänger be­ kannt ist, auch diesen unverzüglich zu benachrichtigen. 8 15. Zur Vornahme von Rechtsgeschäften für den Dienst­ herrn, insbesondere zur Einziehung der Frachtforderung desselben, ist der Floßführer nur auf Grund einer ihn hierzu ermächtigenden Vollmacht befugt. 8 16. Der Floßführer untersteht, soweit nicht in diesem Gesetze ein Anderes bestimmt ist, den Vorschriften, welche für die int § 133a der Gewerbeordnung* bezeichneten Personen gelten. Das Dienstverhältniß des Floßführers endigt, sofern nicht ein Anderes verabredet ist, mit der Vollendung der Reise und der Ab­ lieferung des Floßes. Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter welchen beiden Theilen das Recht zusteht, die Auflösung des Dienstverhältnisses vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungs­ frist zu verlangen, bewendet es bei den Bestimmungen der §§ 133 b bis 133 d der Gewerbeordnung.2 Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Floßführer zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die vertragsmäßige Dauer des Dienstverhältnisses. Wird das Dienstverhältniß vor der Ankunft des Floßes am Ablieferungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Floß­ führer Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Floßführer sich einer Handlung schuldig ge­ macht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu recht­ fertigen.

674 «nh. XIV. Gesetz, belr. d. privatrechtl. »erh. d.Flötzerei, v. 15. Juni 1895. % 17-25.

§ 17. Zur Floßmannschaft gehören mit Ausnahme des Floßführers alle zum Flößereidienste auf dem Floße angestellten Personen. Die Floßmannschaft untersteht der Gewerbeordnung. § 18. Die Verpflichtung des Floßmannes zum Dienstantritt beginnt, wenn nichts Anderes verabredet ist, mit dem Abschlüsse des Dienstvertrages. Tritt der Floßmann den Dienst nicht binnen vier­ undzwanzig Stunden an, so braucht er nicht mehr angenommen zu werden. Seine Verbindlichkeit zum Schadensersätze wird hierdurch nicht berührt. § 19. Der Floßmann ist verpflichtet, in Ansehung des Floß­ dienstes den Anordnungen des Floßführers Folge zu leisten und jederzeit alle für die Flößerei ihm übertragenen Arbeiten zu verrichten. Er darf das Floß ohne Erlaubniß des Floßführers nicht verlassen. Wird das Floß von einem Unfall betroffen, so hat der Floß­ mann für Rettung der Personen und für Sicherung der Floßtheile und der Geräthschaften den Anordnungen des Floßführers gemäß nach besten Kräften zu sorgen. 8 20. Wenn über die Zeit der Lohnzahlung nichts Anderes vereinbart ist, so kann der Floßmann am Schlüsse jeder zweiten Woche die Auszahlung des verdienten Lohnes verlangen. 8 21. Das Dienstverhältniß des Floßmannes endigt, sofern nicht ein Anderes verabredet ist, mit der Vollendung der Reise und der Ablieferung des Flosses. Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter welchen beiden Theilen das Recht zusteht, die Auflösung des Dienstverhältnisses vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit zu verlangen, finden die Bestimmungen der §§ 123 und 124a der Gewerbeordnung mit der Maßgabe An­ wendung, daß die sofortige Entlassung des Floßmannes auch statt­ finden kann, wenn der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch den Eintritt des Winters verhindert wird. Ist ein die sofortige Entlassung rechtfertigender Grund nicht vorhanden, so kann der Floßmann zwar jederzeit seines Dienstes enthoben werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche für die vertragsmäßige Dauer des Dienstverhältnisses. Wird das Dienstverhältniß vor der Ankunft des Floßes am Ablieferungsorte während der Reise aufgehoben, so hat der Floß­ mann Anspruch auf die Kosten der Rückreise nach dem Orte, an welchem er in Dienst getreten ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Floßmann sich einer Handlung schuldig ge­ macht hat, welche geeignet ist, seine sofortige Entlassung zu rechtfertigen. 8 22. Für die Beschädigungen, welche in Folge des Verschuldens des Floßführers oder einer Person der Floßmannschaft durch das

Lnh. XIV. Gesetz, betr. d. privatrechU. Verhältnisse d. Flützerei, v. IS. Juni 1895. 675

Floß verursacht werden, haftet der Eigenthümer mit dem Floße, un­ beschadet seines Rückgriffsrechts gegen den Frachtflößer und gegen die schuldigen Personen. Für das Verschulden eines Zwangslootsen ist der Eigenthümer nicht verantwortlich. Dem Entschädigungsberechtigten steht wegen seines Anspruchs ein Pfandrecht an dem Floße mit den im § 41 sjetzt § 49] der Konkurs­ ordnung' bezeichneten Wirkungen zu. Das Pfandrecht ist, solange das geflößte Holz noch ein geschlossenes Floß bildet, gegen jeden Be­ sitzer verfolgbar. Nach diesem Zeitpunkte kann das Pfandrecht nicht zum Nachtheile des dritten Erwerbers, der den Besitz in gutem Glauben erlangt hat, geltend gemacht werden. Die Klage kann, solange das Floß noch nicht abgeliefert ist, gegen den Floßführer gerichtet werden.

8 23. Eine persönliche Verpflichtung des Eigenthümers wird durch die Bestimmungen des § 22 nicht begründet. Soweit jedoch im Falle der Veräußerung des Floßes das Pfandrecht an diesem erlischt, haftet der Veräußerer in Höhe des Erlöses persönlich. Eine nach dem bürgerlichen Rechte begründete persönliche Haftung des Eigenthümers des Floßes oder des Frachtflößers wird hierdurch nicht berührt.

8 24. Wird ein in Gefahr befindliches, von der Floßbesatzung verlassenes Floß oder werden Theile eines Floßes, welche auf dem Wasser treiben oder an das Ufer getrieben sind, geborgen, so hat der Berger Anspruch auf Bergelohn. Wird außer den bezeichneten Fällen ein Floß durch die Hülfe dritter Personen aus einer Gefahr gerettet, so haben diese Anspruch auf Hülfslohn. Ter Besatzung des Flosses steht ein Anspruch auf Berge- oder Hülfslohn nicht zu. 8 25. In Ermangelung einer Vereinbarung wird die Höhe des Berge- oder Hülfslohnes unter Berücksichtigung, der Umstände des Falles durch das Gericht nach billigem Ermessen festgesetzt. Der Berge- und Hülfslohn umfaßt zugleich die Vergütung für die Aufwendungen, welche zum Zweck des Bergens und Rettens ge­ schehen sind. Nicht darin enthalten sind die Kosten, und Gebühren der Be­ hörden, die Kosten für die Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräußerung der geborgenen oder geretteten Gegenstände, sowie die auf diesen ruhenden Zölle und sonstigen Abgaben. 1 Siehe S. 189.

676 »«H.XIV. Gesetz, betr. tz.privatrechtt. »erh. d. Klötzerei, v. 15. Juni 1895. «26-33.

Bei der Bestimmung des Betrages des Berge- oder Hülsslohnes kommen insbesondere in Anschlag: der bewiesene Eifer, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste, die geschehenen Aufwendungen, die Zahl der thätig gewesenen Personen, die Gefahr, welcher dieselben ihre Person, ihre Fahrzeuge oder ihre Geräthe aufgesetzt haben, sowie die Gefahr, welche den geborgenen oder geretteten Gegenständen ge­ droht hat, und der nach Abzug der Kosten (Absatz 3) verbliebene Werth derselben.

8 2S. Haben sich mehrere Personen an der Bergung oder Hülfeleistung betheiligt, so wird der Berge- oder Hülfslohn unter dieselben nach Maßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der Einzelnen vertheilt. Zur entsprechenden Theilnahme sind auch Diejenigen berechtigt, welche sich in derselben Gefahr der Rettung von Menschen unter­ zogen haben. 8 27. Aus Berge- und Hülfslohn hat keinen Anspruch:

1. wer seine Dienste aufgedrungen, insbesondere wer ohne Erlaub­ niß des anwesenden Floßsührers das Floß betreten hat; 2. wer von den geborgenen Gegenständen dem Floßführer, dem Eigenthümer oder der zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige gemacht hat. 8 28. Wegen der Bergungs- und Hülfskosten, einschließlich des Berge- und Hülsslohnes, steht dem Gläubiger an den geborgenen oder geretteten Gegenständen ein Pfandrecht mit den im § 41 sjetzt § 49] der $onfur3orbnung1 bezeichneten Wirkungen zu. Geborgene Gegenstände können bis zur Sicherheitsleistung zurückbehalten werden. In Bezug auf die Verfolgbarkeit des Pfandrechts gegen dritte Besitzer finden die Bestimmungen des § 22 Absatz 2 und in Bezug aus die persönliche Verpflichtung des Eigenthümers des Floßes die Bestimmungen des § 23 Absatz 1 entsprechende Anwendung. Tie Pfandklage kann, solange die geretteten Gegenstände noch nicht an den Empfänger ausgeliefert sind, gegen den Floßführer ge­ richtet werden. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke die Bergung oder Hülfeleistung stattgefunden hat.

8 29. Die Pfandrechte für Bergungs- und Hülfskosten haben den Vorrang vor den Pfandrechten für Ansprüche wegen Beschädigung durch das Floß (§ 22). Unter mehreren Pfandrechten der ersteren Art geht das später entstandene dem früher entstandenen vor; mehrere 1 Siehe S. 189.

Anh. XIV. Gesetz, detr. d. prtvatrechtl. Berhältntsse d. Klötzerei, v. 15. Juni 1895. 677

Pfandrechte für Ansprüche wegen Beschädigung stehen im Range gleich. Beide Arten von Pfandrechten gehen allen sonstigen Pfand­ rechten vor.

§ 30. Mit dem Ablaufe eines Jahres verjähren:

1. die öffentlichen Abgaben für die Flößerei, insbesondere die Brücken-, Schleußen-, Kanal- und Hafengelder; 2. die aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen des Floßführers und der Floßmannschaft; 3. die Ersatzansprüche wegen Beschädigung durch ein Floß, sowie die Erstattungsforderung des Eigentümers des Floßes gegen den Frachtflößer und gegen den Floßführer oder die Floßmann­ schaft (§ 22 Absatz 1);

4. die Bergungs- und Hülfskosten, einschließlich des Berge- und Hülfslohnes;

5. die Forderungen des Frachtslößers wegen der Fracht mit Neben­ gebühren und Auslagen. Die Verjährung beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist.

§ 31. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage ein Anspruch auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichts­ verfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen.

g 32. Der Bundesrath ist befugt, Bestimmungen über den Befähigungsnachweis der Floßführer zu treffen. Bezüglich der Flößerei auf Wasserstraßen, auf welchen eine regelmäßige Schiffahrt nicht stattfindet, steht diese Befugniß der Landesregierung zu. Wer den Bestimmungen zuwider das Gewerbe eines Floßführers ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft, g 83. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1896 in Kraft.

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Anhang XV 1.

vertehrSordnnng für die Eisenbahnen Deutschlands.

XVI

Bekanntmachung, -etr. die Verkehrs-Ordnung für die Eisen­ bahnen Deutschlands. Vom 15. November 1892. (RGBl 923.) 18. Oktober 1895. (RGBl 445.) 15. November 1897. (RGBl 779.) 26. Oktober 1899. (RGBl 557. 18. Juni 1902. (RGBl 236.- 3. Februar 1904. (RGBl 29.) Gemäß dem vom Bundesrath in der Sitzung vom 26. Oktober 1899 auf Grund des Artikels 45 der Reichsverfassung gefaßten Be­ schlusses tritt mit dem 1. Januar 1900 an die Stelle der VerkehrsOrdnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892 die nachstehende

Liseubahn-VerKehrsorduung. I. Eingangsbestimmungen.

(1) Die Eisenbahn-Verkehrsordnung findet Anwendung auf die dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisenbahnen Deutschlands mit Ausnahme der Bahnunternehmungen, welche weder zu den Haupt­ eisenbahnen im Sinne der Betriebsordnung noch zu den Neben­ eisenbahnen im Sinne der Bahnordnung gehören (Kleinbahnen). 1 Bek., betr. die Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands 5./7. 92 (RGBl 691); 4 /3. 97 (RGBl 161); 23./5. 98 (RGBl 349); 8./7. 99 (RGBl 372); 22./1. 02 (RGBl 35). Bek. betr. die Bahnordnung für die Neben­ eisenbahnen Deutschlands 21./7. 92 (RGBl 764); 24./3.97 (RGBl 168); 23 /5. 98 (RGBl 355); G, betr. die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die beim Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken rc. herbeigesührten Tödtungen und Körperverletzungen, 7./6. 71 (RGBl 207). 1. Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein Mensch getödtet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebs-Unternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getödteten oder Verletzten verursacht ist. 2. Wer ein Bergwerk, einen Steinbruch, eine Gräberei (Grube) oder eine Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der DienstverrichLungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigesührt hat, für den dadurch entstandenen Schaden. 3. (Nach EinsG. z. BGB 42): § 3. Im Falle der Tödtung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Bermögcnsnachtheils zu leisten, den der Getödtete dadurch erlitten hat, daß wahrend der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Der Ersatzpflichtige

Auf den internationalen Verkehr findet die Verkehrsordnung nur insoweit Anwendung, als derselbe nicht durch besondere Bestim­ mungen geregelt ist. hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dein die Ver­ pflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber krast Gesetzes unterhaltspslichtig war oder unterhaltspslichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht aus den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadenersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Ersatzpslicht tritt auch dann ein, wenn der Tritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war. 3 a. Im Falle einer Körperverletzung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß in Folge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. 4. War der Getödtete oder Verletzte unter Mitleistung von Prämien oder anderen Beiträgen durch den Betriebs-Unternehmer bei einer Versicherungs­ anstalt, Knappschafts-, Unterstützungs-, Kranken- oder ähnlichen Kasse gegen den Unfall versichert, so ist die Leistung der Letzteren an den Ersatzberechtigten aus die Entschädigung einzurechnen, wenn die Mitleistung des Betriebs-Unter­ nehmers nicht unter einem Drittel der Gesammtleistung beträgt. 5. Die in den §§ 1 und 2 bezeichneten Unternehmer sind nicht befugt, die Anwendung der in den §§ 1 bis 3a enthaltenen Bestimmungen zu ihrem Vortheil durch Verträge (mittelst Reglements oder durch besondere Uebereinkunft) im Voraus auszuschließen oder zu beschränken. Vertragsbestimmungen, welche dieser Vorschrift entgegenstehen, haben keine rechtliche Wirkung. 6. Ausgehoben durch EG z. CPO § 13, 3. 7. (Nach EG. z. BGB 42.) Der Schadenersatz wegen Aushebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach § 3 Abs. 2 einem Dritten zu gewährende Schadenersatz ist für die Zukunst durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (s. oben S. 70) und des § 648, 6 der Civilprozeßordnung (jetzt 708, s. oben S. 377] finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die dem Ver­ letzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3 (jetzt 850] und für die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 (jetzt 850] der Civilprozeßordnung. Ist bei der Verurtheilung des Verpflichteten zur Entrichtung einer Geld­ rente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt worden, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen.

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Anhang XV 1.

Verkthrsorönuug fir die Eisenbahnen Deutschlands. 8 1—7.

(2) In den Fällen eines dringenden Berkehrsbedürfnisses so­ wie zum Zwecke von Versuchen mit neuen Einrichtungen können Ergänzungen und Aenderungen einzelner Vorschriften dieser Ord­ nung vom Reichs-Eisenbahn-Amt im Einverständnisse mit den betheiligten Landesaufsichtsbehörden bis auf Weiteres verfügt werden. Derartige vorläufige Verfügungen sind im Reichs-Gesetzblatte zu veröffentlichen. Die endgültige Regelung durch den Bundesrath ist thunlichst bald herbeizuführen. (3) Bestimmungen der Eisenbahnverwaltungen, welche die Ver­ kehrsordnung ergänzen, sind mit Genehmigung der Landesaufsichts­ behörde zulässig. Abweichende Bestimmungen können für Neben­ bahnen, wie auch dort, wo dies durch die Eigenart der Betriebsver­ hältnisse bedingt erscheint, von der Landesaussichtsbehörde mit Zu­ stimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts bewilligt werden. Bestim­ mungen der in diesem Absatz erwähnten Art bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme in die Tarife. Die Genehmigung muß aus der Veröffentlichung zu ersehen sein. IL Allgemeine Bestimmungen.

8 1. Pflichten der Eisenbahnbediensteten. (1) Die Bediensteten der Eisenbahnen haben im Verkehre mit dem Publi­ kum ein entschiedenes, aber höfliches Benehmen einzuhalten und sich innerhalb der Grenzen ihrer Dienstpflichten gefällig zu bezeigen. (2) Die Annahme von Vergütungen oder Geschenken für dienst­ liche Verrichtungen ist ihnen untersagt. (3) Den Bediensteten ist das Rauchen während des dienstlichen Verkehrs mit dem Publikum verboten. 8 2. Anordnungen der Bediensteten. Den dienstlichen An­ ordnungen der in Uniform befindlichen oder mit Dienstabzeichen oder mit einer Legitimation versehenen Bediensteten ist das Publi­ kum Folge zu leisten verpflichtet. 8. Die Forderungen nuf Schadenersatz (§§ 1 bis 3a) verjähren in zwei Jahren von dem Unfall an. Gegen denjenigen, welchem der Getödtete Unterhalt zu gewähren hatte (§ 3 Abs. 2), beginnt die Verjährung mit dem Tode. Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Ver­ jährung Anwendung. 9. Die gesetzlichen Vorschriften, nach welchen außer den in diesem Gesetze vorgesehenen Fällen der Unternehmer einer in den §§ 1, 2 bezeichneten Anlage oder eine andere Person, insbesondere wegen eines eigenen Verschuldens, für den bei dem Betriebe der Anlage durch Tödtung oder Körperverletzung eines Menschen entstandenen Schaden haftet, bleiben unberührt.

8 3. Entscheidung der Streitigkeiten. Streitigkeiten zwischen dem Publikum und den Bediensteten entscheidet auf den Stationen der Stationsvorsteher, während der Fahrt der Zugführer. 8 4. Beschwerdesührung. (1) Beschwerden können bei den Dienstvorgesetzten mündlich oder schriftlich angebracht, auch in das auf jeder Station befindliche Beschwerdebuch eingetragen werden. (2) Die Verwaltung hat baldmöglichst auf alle Beschwerden zu antworten, welche unter Angabe des Namens und des Wohnorts des Beschwerdeführenden erhoben werden. Beschwerden über einen Bediensteten müssen dessen thunlichst genaue Bezeichnung nach dem Namen oder der Nummer oder einem Uniform-Merkmal enthalten. 8 5, Betreten der Bahnhöfe und der Bahn. Das Be­ treten der Bahnhöfe und der Bahn außerhalb der bestimmungsmäßig dem Publikum für immer oder zeitweilig geöffneten Räume ist Jeder­ mann, mit Ausnahme der dazu nach den bahnpolizeilichen Vorschrif­ ten befugten Personen, untersagt. 8 6. Verpflichtung zum Transporte. (1) Die Beförde­ rung von Personen und Sachen einschließlich lebender Thiere kann nicht verweigert werden, sofern 1. den geltenden Beförderungsbedingungen und den sonstigen all­ gemeinen Anordnungen der Eisenbahn entsprochen wird, 2. die Beförderung mit den regelmäßigen Transportmitteln möglich ist, 3. nicht Umstände, welche als höhere Gewalt zu betrachten sind, die Beförderung verhindern. (2) Gegenstände, deren Ein- und Ausladen besondere Vorrich­ tungen nöthig macht, ist die Eisenbahn nur auf und nach solchen Stationen anzunehmen verpflichtet, wo derartige Vorrichtungen be­ stehen. 8 7. Transportpreise. Tarife. (1) Die Berechnung der Transportpreise erfolgt nach Maßgabe der zu Recht bestehenden, ge­ hörig veröffentlichen Tarife. Diese sind bei Erfüllung der gleichen Bedingungen für Jedermann in derselben Weise anzuwenden. (2) Tariferhöhungen oder sonstige Erschwerungen der Beförde­ rungsbedingungen treten nicht vor Ablauf von 6 Wochen nach ihrer Veröffentlichung in Kraft, sofern nicht der Tarif nur für eine bestimmte Zeit in Geltung gesetzt war. (3) Jede Preisermäßigung oder sonstige Begünstigung gegen­ über den Tarifen ist verboten und nichtig. (4) Begünstigungen bei Transporten für milde und für öffent­ liche Zwecke sowie solche im öffentlichen Interesse der Eisenbahnen sind mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörde zulässig.

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Anhang XV 1.

VerkehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands.

8 8—14.

8 8. Zahlungsmittel. Außer den gesetzlichen Zahlungs­ mitteln ist, wo das Bedürfniß vorhanden, auch das auf den aus­ ländischen Nachbarbahnen gesetzlichen Kurs besitzende Gold- und Silbergeld — jedoch mit Ausschluß der Scheidemünze — zu dem von der Verwaltung festzusetzenden und bei der betreffenden Ab­ fertigungsstelle durch Anschlag zu veröffentlichenden Kurse anzu­ nehmen, insoweit nicht der Annahme ein gesetzliches Verbot entgegensteht. 8 9» Haftung der Eisenbahn für ihre Leute. Die Eisen­ bahn haftet für ihre Leute und für andere Personen, deren sie sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

III. Beförderung von Personen. 8 10. Fahrpläne. Sonderfahrten. Absahrtsze it. (1) Die regelmäßige Personenbeförderung findet nach Maßgabe der Fahrpläne statt, welche vor dem Inkrafttreten öffentlich bekannt zu machen und rechtzeitig auf den Stationen auszuhängen sind. Aus ihnen müssen die Wagenklassen, mit denen die einzelnen Züge fahren, sowie die Gattung des Zuges zu ersehen sein. Die Fahr­ pläne der eigenen Bahn, welche zum Aushang auf den Stationen des eigenen Bahngebiets bestimmt sind, sind auf hellgelbem, die­ jenigen, welche zum Aushang aus anderen Bahnen bestimmt sind, auf weißem Papiere zu drucken. Außer Kraft getretene Fahrpläne sind sofort zu entfernen. (2) Sonderfahrten werden nach dem Ermessen der Verwaltung gewährt. (3) Für den Abgang der Züge sind die Stationsuhren maß­ gebend. 8 11 Fahrpreise. Ermäßigung für Kinder. (1) Die Fahrpreise werden nach dem Tarife bestimmt (§ 7). Auf jeder Station ist an geeigneter Stelle ein Tarif-Auszug auszuhängen oder auszulegen, aus dem die Fahrpreise nach solchen Stationen, für welche direkte Fahrkarten verkauft werden, ersichtlich sind. (2) Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahre, für welche ein besonderer Platz nicht beansprucht wird, sind frei zu befördern. Kinder vom vollendeten vierten bis zum vollendeten zehnten Lebens­ jahre sowie jüngere Kinder, falls für letztere ein Platz beansprucht wird, werden zu ermäßigten Fahrpreisen befördert. Finden Zweifel über das Alter der Kinder statt, so entscheidet einstweilen der dienst­ lich anwesende höchste Beamte. 8 12. Inhalt der Fahrkarten. Die Fahrkarte mufo die

Strecke, für welche sie Geltung hat, die Gattung des Zuges, die Wagenklasse sowie den Fahrpreis, sofern derselbe nicht Valutaschwan­ kungen unterliegt, enthalten.

§ 13. Lösung der Fahrkarten. (1) Der Verkauf der Fahr­ karten kann auf Stationen mit geringerem Verkehre nur innerhalb der letzten halben Stunde, auf Stationen mit größerem Verkehr innerhalb einer Stunde vor Abgang desjenigen Zuges, mit wel­ chem der Reisende befördert sein will, verlangt werden. Liegt jedoch zwischen zwei nach derselben Richtung abgehenden Zügen eine kürzere Zwischenzeit, so kann die Ausgabe der Fahrkarten für den später abgehenden Zug frühestens eine halbe Stunde vor dessen Abfahrts­ zeit gefordert werden. Fünf Minuten vor Abgang des Zuges er­ lischt der Anspruch auf Verabfolgung einer Fahrkarte. (2) Es kann verlangt werden, daß das zu entrichtende Fahr­ geld abgezählt bereitgehalten wird. (3) Auf der Abgangsstation ist bis spätestens 30 Minuten vor Abgang des betreffenden Zuges die Bestellung ganzer Wagen­ abtheilungen gegen Bezahlung höchstens so vieler Fahrkarten der betreffenden Klasse, als die Wagenabtheilung Plätze enthält, zulässig. Der Bestellung ist unter Ausfertigung eines Scheines stattzugeben, soweit die Zugsbelastung es erlaubt. Aus Zwischenstationen können ganze Abtheilungen nur dann beansprucht werden, wenn solche un­ besetzt in dem ankommenden Zuge vorhanden sind. In die Ab­ theilung dürfen nicht mehr Personen ausgenommen werden, als Fahrkarten bezahlt sind. Bestellte Abtheilungen müssen als solche mittelst einer Aufschrift erkennbar gemacht werden.

§ 14. Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahrkarten. (1) Die Fahrkarten geben Anspruch auf Plätze in der ent­ sprechenden Wagenklasse, soweit solche vorhanden sind. Wenn einem Reisenden ein seiner Fahrkarte entsprechender Platz nicht angewiesen werden kann, ihm auch nicht ein Platz in einer höheren Klasse zeit­ weilig eingeräumt wird, so steht ihm frei, die Fahrkarte gegen eine solche der niedrigeren Klasse, in welcher noch Plätze vorhanden sind, unter Erstattung des Preisunterschieds umzuwechseln, oder die Fahrt zu unterlassen und das bezahlte Fahrgeld zurückzuverlangen. (2) Ein Umtausch gelöster Fahrkarten gegen solche höherer oder niedrigerer Klassen oder nach einer anderen Station ist den Reisen­ den auf der Abgangsstation bis 5 Minuten vor Abfahrt des Zuges, soweit noch Plätze vorhanden sind, unter Ausgleich des Preis­ unterschieds gestattet, sofern die Fahrkarte noch nicht durchlocht ist oder nachweislich nur zum Betreten des Bahnsteigs benutzt wurde.

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Anhang XV 1.

VerkehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 8 15—20.

(3) Für Theilstrecken kann ein Uebergehen auf Platze einer höheren Klasse gegen Entrichtung eines im Tarife festzusetzenden Preiszuschlags sowohl aus der Abgangsstation als auf Zwischen­ stationen erfolgen. 8 15. Warteräume. Die Warteräume sind spätestens 1 Stunde vor Abgang eines jeden Zuges zu öffnen. Dem auf einer Uebergangsstation mit durchgehender Fahrkarte ankommenden Rei­ senden ist gestattet, sich in dem Warteraume derjenigen Bahn, auf welcher er die Reise sortsetzt, bis zum Abgänge des von ihm zu benutzenden nächsten Zuges aufzuhalten, in der Zeit von 11 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens jedoch nur, soweit der Warteraum während dieser Zeit ohnedies geöffnet sein muß. § 16. Ein- und Aussteigen. (1) Die Aufforderung zum Einsteigen in die Wagen erfolgt durch Abrufen oder Abläuten in den Warteräumen oder auf den Bahnsteigen. (2) Solange der Zug sich nicht in Bewegung befindet, ist das Ein- und Aussteigen, der Versuch oder die Hülfeleistung dazu sowie das eigenmächtige Oeffnen der Wagenthüren verboten. (3) Gleise dürfen vom Publikum nur an den hierfür bestimmten Stellen betreten oder überschritten werden. Bei dem Verlassen der Station ist der dazu bestimmte Ausgang zu benutzen. g 17. Anweisung der Plätze. Frauen-Abtheilungen. (1) Einzelne bestimmte Plätze werden nicht verkauft. Eine Aus­ nahme ist nur für bestimmte Züge mit besonderen Einrichtungen und für besonders ausgestattete Wagen zulässig. Beim Einsteigen ist es den: Reisenden gestattet, für sich und mitreisende Angehörige je einen Platz zu belegen. (2) Die Bediensteten sind berechtigt und auf Verlangen der Reisenden verpflichtet, denselben ihre Plätze anzuweisen. (3) Die mit durchgehenden Fahrkarten ankommenden Reisenden haben den Vorzug vor neu hinzutretenden. (4) Allein reisende Frauen sollen auf Verlangen möglichst nur mit Frauen in eine Abtheilung gesetzt werden. In jedem Zuge muß mindestens je eine Frauen-Abtheilung für die Reisenden der zweiten und der dritten Wagenklasse vorhanden sein, sofern in dem Zuge wenigstens 3 Abtheilungen der betreffenden Wagenklassen sich befinden. Auch in Zügen, in welchen sich Wagen mit geschlossenen Abtheilungen nicht befinden, ist thunlichst eine besondere Abtheilung für Frauen einzurichten. g 18. Tabackrauchen in den Wagen. (1) In der ersten Wagenklasse darf nur mit Zustimmung aller in derselben Abtheilung mitreisenden Personen geraucht werden. Die Eisenbahn kann jedoch

Abtheilungen erster Klasse für Raucher und für Nichtraucher ein­ stellen, welche als solche zu bezeichnen sind. (2) In den übrigen Wagenklassen ist das Rauchen gestattet. In jedem Personenzuge müssen jedoch Abtheilungen zweiter und, vorausgesetzt daß die Beschaffenheit der Wagen es gestattet, auch dritter Klasse für Nichtraucher vorhanden sein. (3) In den Nichtraucher- und in den Frauen-Abtheilungen ist das Rauchen selbst mit Zustimmung der Mitreisenden nicht gestattet. Auch dürfen solche Abtheilungen nicht mit brennenden Cigarren oder Pfeifen betreten werden. (4) Brennende Tabackspfeifen müssen mit Deckeln versehen sein. § 19. Versäumung der Abfahrt. (1) Nachdem das vor­ geschriebene Abfahrtszeichen durch die Dampfpfeise der Lokomotive oder die Mundpfeife des Zugführers gegeben ist, wird Niemand mehr zur Mitreise zugelassen. (2) Dem Reisenden, welcher die Abfahrtszeit versäumt, steht ein Anspruch weder auf Rückerstattung des Fahrgeldes, noch auf irgend eine andere Entschädigung zu. (3) Lautet die Fahrkarte auf einen bestimmten Zug, so kann sich der Reisende auch eines anderen, am nämlichen oder am folgen­ den Tage nach der Bestimmungsstation abgehenden Zuges bedienen, sofern er seine Fahrkarte ohne Verzug dem Stationsvorsteher vor­ legt und mit einem Vermerk über die Gültigkeit versehen läßt. Der gleiche Vermerk ist erforderlich, wenn die Fahrkarte auf einen bestimmten Tag lautet und der Reisende erst am folgenden Tage die Fahrt antreten will. Bei Benutzung eines höher tarifirten Zuges ist die Fahrkarte gegen Entrichtung des Preisunterschieds umzutauschen. Bei Benutzung eines niedriger tarifirten Zuges ist der Preisunterschied zu erstatten. f4) Eine Verlängerung der für Rückfahrten, Rundreisen und dergleichen festgesetzten Frist wird hierdurch nicht herbeigeführt. 8 29. Ausschluß von der Fahrt. (1) Personen, welche wegen einer sichtlichen Krankheit oder aus anderen Gründen die Mit­ reisenden voraussichtlich belästigen würden, sind von der Mitfahrt auszuschließen, wenn nicht für sie eine besondere Abtheilung bezahlt wird und bereitgestellt werden kann. Wird die Mitsahrt nicht ge­ stattet, so ist das etwa bezahlte Fahrgeld einschließlich der Gepäck­ fracht zurückzugeben. Wird erst unterwegs wahrgenommen, daß ein Reisender zu den vorbezeichneten Personen gehört, so erfolgt der Ausschluß auf der nächsten Station. Das Fahrgeld sowie die Ge­ päckfracht sind für die nicht durchfahrene Strecke zu ersetzen.

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Anhang XV 1.

Verkehr-ordnung für die SiseuLahuen Deutschland-. 8 21—24.

(2) 1 Die Beförderung von Pestkranken ist ausgeschlossen. An Aussatz (Lepra), Cholera (asiatischer), Flecksieber (Flecktyphus), Gelb­ fieber oder Pocken (Blattern) erkrankte oder einer dieser Krankheiten verdächtige Personen werden nur dann zur Beförderung zugelassen, wenn die beizubringende Bescheinigung des für die Abgangsstation zuständigen beamteten Arztes dies gestattet; sie sind in besonderen Wagen zu befördern; für Aussätzige und des Aussatzes Verdächtige genügt eine abgeschlossene Wagenabteilung mit getrenntem Aborte. An Typhus (Unterleibstyphus), Diphtherie, Scharlach, Ruhr, Masern oder Keuchhusten leidende Personen sind in abgeschlossenen Wagen­ abteilungen mit getrennten! Aborte zu befördern. Bei Personen, die einer dieser Krankheiten verdächtig sind, kann die Beförderung von der Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung abhängig gemacht werden, aus der die Art ihrer Krankheit hervorgeht. Für die Be^ förderung in besonderen Wagen oder Wagenabteilungen sind die tarifmäßigen Gebühren zu bezahlen. (3) Wer die vorgeschriebene Ordnung nicht beobachtet, sich den Anordnungen der Bediensteten nicht fügt oder den Anstand verletzt, wird ohne Anspruch auf den Ersatz des bezahlten Fahrgeldes von der Mitfahrt ausgeschlossen. Namentlich dürfen trunkene Per­ sonen zur Mitfahrt und zum Aufenthalt in den Warteräumen nicht zugelassen werden und sind, falls die Zulassung dennoch stattgefunden hat, auszuweisen. (4) Erfolgt die Ausweisung unterwegs oder werden die betreffen­ den Personen zurückgewiesen, nachdem sie ihr Gepäck bereits zur Abfertigung übergeben haben, so haben sie keinen Anspruch darauf, daß ihnen dasselbe anderswo, als auf der Station, wohin es abge­ fertigt worden, wieder verabfolgt wird. g 21. Kontrole der Fahrkarten. Bahnsteigkarten. (1) Tie Fahrkarte ist auf Verlangen beim Eintritt in den Warte­ raum, beim Betreten und beim Verlassen des Bahnsteigs, beim Ein­ steigen in den Wagen sowie jederzeit während der Fahrt vorzuzeigen und je nach den für die letzte Fahrstrecke bestehenden Einrichtungen kurz vor oder nach der Beendigung der Fahrt auf Erfordern abzu­ geben. (2) Wer ohne gültige Fahrkarte im Zuge Platz nimmt, hat für die ganze von ihm zurückgelegte Strecke und, wenn die Zugangs­ station nicht sofort unzweifelhaft nachgewiesen wird, für die ganze vom Zuge zurückgelegte Strecke das Doppelte des gewöhnlichen Fahr­ preises, mindestens aber den Betrag von 6 Mark zu entrichten. Der letztere Betrag ist auch für den Fall zu bezahlen, daß der i In der Fassung der Bek. 3./2. 04 (RGBl 29); in Kraft seit 1./3. 04.

Zug sich noch nicht in Bewegung gesetzt hat. Derjenige Reisende jedoch, welcher unaufgefordert dem Schaffner oder Zugführer meldet, daß er wegen Verspätung keine Fahrkarte habe lösen können, hat nur den gewöhnlichen Fahrpreis mit einem Zuschläge von 1 Mark, keinesfalls jedoch mehr als den doppelten Fahrpreis zu zahlen. In allen Fällen ist dem Reisenden eine Zuschlagskarte oder sonstige Bescheinigung zu verabfolgen. (3) Wer die sofortige Zahlung verweigert, kann ausgesetzt werden. (4) Den Eisenbahnverwaltungen bleibt überlassen, die Fälle, in denen von einem Zuschlag aus Billigkeitsgründen abzusehen ist oder andere Zuschläge als die im Abs. 2 erwähnten erhoben werden sollen, mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden nach Zustim­ mung des Reichs-Eisenbahn-Amts durch den Tarif einheitlich zu regeln. (5) Auf Stationen mit Bahnsteigsperre ist die Bahnsteigkarte beim Betreten des Bahnsteigs vorzuzeigen und bei dessen Verlassen abzugeben. Wer unbefugter Weise die abgesperrten Theile eines Bahn­ hofs betritt, hat den Betrag von 1 Mark und wenn festgestellt wird, daß er ohne gültige Fahrkarte einen Zug benutzt hat, die im Abs. 2 vorgesehenen Beträge zu bezahlen. 8 22. Verhalten während der Fahrt. (1) Während der Fahrt darf sich Niemand seitwärts aus dem Wagen beugen oder gegen die Thür anlehnen. Auch ist der Aufenthalt auf den etwa an den Wagen befindlichen Plattformen nicht gestattet. (2) Die Fenster dürfen nur mit Zustimmung aller in derselben Abtheilung mitreisenden Personen auf beiden Seiten des Wagens gleichzeitig geöffnet sein. Im Uebrigen entscheidet, soweit die Reisen­ den sich über das Oeffnen und Schließen der Fenster nicht verstän­ digen, der Schaffner. (3) Es ist untersagt, Gegenstände, durch welche Personen oder Sachen beschädigt werden können, aus dem Wagen zu werfen.

8 23. Beschädigung der Wagen. Der durch Beschädigung oder Verunreinigung der Wagen oder ihrer Ausrüstung verursachte Schaden ist zu ersetzen. Die Eisenbahn ist berechtigt, sofortige Zahlung oder Sicherstellung zu verlangen. Die Entschädigung er­ folgt, soweit hierfür ein Tarif besteht, nach Maßgabe desselben. Der Tarif ist auf Verlangen vorzuzeigen.

8 24. Verfahren auf Zwischen st ationen. Anhalten auf freier Bahn. (1) Bei Ankunft auf einer Station ist der Name derselben, die Dauer des Aufenthalts sowie der etwa stattfindende Wagenwechsel auszurufen. Sobald der Zug stillsteht, haben die

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Anhang XV 1.

Verkehr-ordnung für die Eisenbahnen Deutschland-. 8 25—27.

Bahnbediensteten nach der zum Aussteigen bestimmten Seite die Thüren derjenigen Wagen zu öffnen, aus denen Reisende auszu­ steigen verlangen. (2) Wer auf den Zwischenstationen seinen Platz verläßt, ohne ihn zu belegen, geht seines Anspruchs auf diesen Platz verlustig. (3) Wird ausnahmsweise außerhalb einer Station längere Zeit angehalten, so ist den Reisenden das Aussteigen nur mit aus­ drücklicher Bewilligung des Zugführers gestattet. Die Reisenden müssen sich dann sofort von dem Bahngleise entfernen, auch auf das erste mit der Dampfpfeise oder auf andere Weise gegebene Zeichen ihre Plätze wieder einnehmen. (4) Das Zeichen zur Weiterfahrt wird durch ein dreimaliges Ertönen der Dampfpfeife gegeben. Wer beim dritten Ertönen der Dampfpfeife noch nicht wieder eingestiegen ist, geht des Anspruchs auf die Mitreise verlustig. 8 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt. (1) Den Reisenden ist, unbeschadet etwaiger weitergehender, von der Eisen­ bahn bewilligter Vergünstigungen, gestattet, die Fahrt einmal, bei Rückfahrkarten auf dem Hin- und Rückwege je einmal zu unter­ brechen, um mit einem am nämlichen oder am nächstfolgenden Tage nach der Bestimmungsstation abgehenden Zuge weiter zu reisen. Solche Reisende haben auf der Zwischenstation sofort nach dem Verlassen des Zuges dem Stationsvorsteher ihre Fahrkarte vorzu­ legen und dieselbe mit dem Vermerke der Gültigkeit versehen zu lassen; Ausnahmen können in den Tarifen zugelassen werden. Falls der Zug, welchen sie zur Weiterfahrt benutzen wollen, höher tarifirt ist als derjenige, für welchen sie eine Fahrkarte gelöst haben, so ist eine den Preisunterschied mindestens deckende Zuschlagskarte zu lösen. (2) Eine Verlängerung der für Rückfahrten, Rundreisen und dergleichen festgesetzten Frist wird durch die Unterbrechung der Fahrt nicht herbeigeführt. Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann die Unterbrechung der Fahrt von besonderen, in die Tarife aufzu­ nehmenden Bedingungen abhängig gemacht oder für gewisse Fahr­ karten ganz ausgeschlossen werden. 8 26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebs­ störungen. (1) Verspätete Abfahrt oder Ankunft sowie der Aus­ fall eines Zuges begründen keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Eisenbahn. (2) Wird in Folge einer Zugverspätung der Anschluß an einen anderen Zug versäumt, so ist dem mit durchgehender Fahrkarte ver­ sehenen Reisenden, sofern er mit dem nächsten zurückführenden Zuge

ununterbrochen zur Abgangsstation zurückgekehrt ist, der bezahlte Preis für die Hin- und Rückreise in der auf der Hinreise benutzten Wagenklasse zu erstatten. (3) Dieser Anspruch ist bei Vermeidung des Verlustes vom Reisenden unter Vorlegung seiner Fahrkarte sogleich nach Ankunft des verspäteten Zuges dem Stationsvorsteher sowie nach Rückkehr zur Abgangsstation dem Vorsteher der letzteren anzumelden. Ueber diese Meldungen haben beide Stationsvorsteher Bescheinigung zu ertheilen. (4) Bei gänzlichem oder theilweisem Ausfall einer Fahrt sind die Reisenden berechtigt, entweder das Fahrgeld für die nicht durch­ fahrene Strecke zurückzusordern oder die Beförderung mit dem näch­ sten, auf der gleichen oder auf einer um nicht mehr als ein Vier­ theil weiteren Strecke derselben Bahnen nach dem Bestimmungsorte führenden Zuge ohne Preiszuschlag zu verlangen, sofern dies ohne Ueberlastung des Zuges und nach den Betriebseinrichlungen möglich ist und der Zug auf der betrefsenden Unterwegsstation fahrplan­ mäßig hält. (5) Wenn Naturereignisse oder andere Umstände die Fahrt auf einer Strecke der Bahn verhindern, so muß für die Weiterbeförderung bis zur fahrbaren Strecke mittelst anderer Fahrgelegenheiten thunlichst gesorgt werden. Die hierdurch entstandenen Kosten sind der Eisenbahn, abzüglich des Fahrgeldes für die nicht durchfahrene Eisen­ bahnstrecke, zu erstatten. (6) Den Eisenbahnverwaltungen bleibt überlassen, weitere Er­ leichterungen mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden nach Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts durch den Tarif einheitlich festzusetzen. (7) Betriebsstörungen und Zugverspätungen sind durch An­ schlag an einer dem Publikum leicht zugänglichen Stelle in deutlich erkennbarer Weise sofort bekannt zu machen. 8 27. Mitnahme von Hunden. (1) Hunde und andere Thiere dürfen in den Personenwagen nicht mitgesührt werden. (2) Ausgenommen sind kleine Hunde, welche auf dem Schoße getragen werden, sofern gegen deren Mitnahme von den Mitreisenden derselben Abtheilung Einspruch nicht erhoben wird. Die Mitnahme von größeren Hunden, insbesondere Jagdhunden, in die dritte Wagenklasse darf ausnahmsweise gestattet werden, wenn die Be­ förderung der Hunde mit den begleitenden Personen in abgesonder­ ten Abtheilungen erfolgt. Die Verpflichtung zur Zahlung der tarif­ mäßigen Gebühr für Beförderung von Hunden wird hierdurch nicht berührt. Friedberg, Hundelsgesgbg.

7. Aufl.

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(3) Die Beförderung anderer von Reisenden mitgenommener Kunde erfolgt in abgesonderten Behältnissen. Soweit solche in den Personenzügen nicht vorhanden oder bereits beseht sind, kann die Mitnahme nicht verlangt werden. Bei Aufgabe des Hundes muß ein Beförderungsschein (Hundekarte) gelöst werden. Gegen Rückgabe dieses Scheines wird der Hund nach beendeter Fahrt verabfolgt. Die Eisenbahn ist nicht verpflichtet, Hunde, welche nach Ankunft auf der Bestimmungsstation nicht sofort abgeholt werden, zu ver­ wahren. (4) Wer einen Hund ohne Beförderungsschein (Hundekarte) mit­ führt, hat die nachstehenden Beträge zu zahlen: a) bei rechtzeitiger Meldung (vergleiche § 21 Abs. 2) den Zuschlag von 1 Mark zu dem tarifmäßigen Preise, jedoch nicht über das Doppelte des letzteren, b) ohne solche Meldung das Doppelte des Preises, jedoch mindestens 6 Mark. In anderen als den irrt Abs. 2 erwähnten Fällen ist der Hund außerdem aus dem Personenwagen zu entfernen. Die Be­ stimmung unter § 21. (4) findet sinngemäße Anwendung. (5) Wegen sonstiger Beförderung von Hunden siehe § 30 Abs. 3 und §§ 44 ff. § 28. Mitnahme von Handgepäck in die Personen­ wagen. (1) Kleine, leicht tragbare Gegenstände können, sofern sie die Mitreisenden nicht durch ihren Geruch oder auf andere Weise belästigen und nicht Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften entgegen­ stehen, in den Personenwagen mitgeführt werden. Für solche in den Wagen mitgenommene Gegenstände werden Gepäckscheine nicht aus­ gegeben; sie sind von den Reisenden selbst zu beaufsichtigen. (2) Unter denselben Voraussetzungen ist Reisenden vierter Klasse auch die Mitführung von Handwerkszeug, Tornistern, Tragelasten in Körben, Säcken und Kiepen sowie von ähnlichen Gegenständen, welche Fußgänger mit sich führen, gestattet. (3) In der ersten, zweiten und dritten Wagenklasse steht dem Reisenden nur der über und unter seinem Sitzplatze befindliche Raum zur Unterbringung von Handgepäck zur Verfügung. Die Sitzplätze dürfen hierzu nicht verwendet werden. 8 29. Von der Mitnahme ausgeschlossene Gegenstände. (1) Feuergefährliche sowie andere Gegenstände, die auf irgend eine Weise Schaden verursachen können, insbesondere geladene Gewehre, Schießpulver, leicht entzündliche Stoffe und dergleichen, sind von der Mitnahme ausgeschlossen. (2) Die Eisenbahnbediensteten sind berechtigt, sich von der Be­ schaffenheit der mitgenommenen Gegenstände zu überzeugen. (3) Der Zuwiderhandelnde haftet für allen aus der Übertretung

des obigen Verbots entstehenden Schaden und verfällt außerdem in die durch die bahnpolizeilichen Vorschriften bestimmte Strafe. (4) Jagern und im öffentlichen Dienste stehenden Personen ist die Mitführung von Handmunition gestattet. Auch ist Begleitern von Gefangenentransporten die Mitführung geladener Schußwaffen unter der Voraussetzung gestattet, daß die Beförderung in besonderen Wagen oder Wagenabtheilungen erfolgt. (5) Der Lauf eines mitgeführten Gewehrs muß nach oben gerich­ tet sein.

IV. Beförderung von Reisegepäck. § 30. Begriff des Reisegepäcks. (1) Als Reisegepäck kann in der Regel nur das, was der Reisende zu seiner Reise bedarf, namentlich Koffer, Mantel- und Reisesäcke, Hutschachteln, kleine Kisten und dergleichen aufgegeben werden. (2) Doch können auch größere kaufmännisch verpackte Kisten, Tonnen sowie Fahrzeuge und andere nicht zum Reisebedarf zu rech­ nende Gegenstände, sofern sie zur Beförderung mit Personenzügen geeignet sind, ausnahmsweise als Reisegepäck zugelassen werden. Wegen der Fahrzeuge vergleiche auch § 6 Abs. 2. (3) Ebenso können kleine Thiere sowie Jagdhunde in Käfigen, Kisten, Säcken und dergleichen zur Beförderung als Reisegepäck angenommen werden. (4) Gegenstände, welche von der Beförderung als Frachtgut, sowie solche, welche nach § 29 von der Mitnahme in die Personen­ wagen ausgeschlossen sind, dürfen, bei Vermeidung der im § 53 Abs. 8 festgesetzten Folgen, auch als Reisegepäck nicht aufgegeben werden. (5) Ob und unter welchen Bedingungen die im § 50 B 2 be­ zeichneten Gegenstände zur Beförderung als Reisegepäck angenom­ men werden, bestimmen die Tarife. Wegen Beschränkung der Höhe des Schadensersatzes finden § 81 Abs. 2 und 3 und § 84 Abs. 4 entsprechende Anwendung. 8 31. Art der Verpackung. Entfernung älterer Be­ förderungszeichen. (1) Das Reisegepäck muß sicher und dauer­ haft verpackt sein. Bei mangelnder oder ungenügender Verpackung kann es zurückgewiesen werden. Wird derartiges Gepäck zur Be­ förderung angenommen, so ist die Eisenbahn berechtigt, auf dem Gepäckschein einen entsprechenden Vermerk zu machen. Die An­ nahme des Gepäckscheins mit dem Vermerk gilt als Anerkenntniß dieses Zustandes durch den Reisenden. (2) Auf den Gepäckstücken dürfen ältere Eisenbahn-, Post- und 44*

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Anhang XV1. Berkehrsordnuag für die Eisenbahnen Deutschlands.

8 3*2—34.

andere Besörderungszeichen sich nicht befinden. Wird in Folge der Nichtbeachtung dieser Vorschrift das Gepäck verschleppt, so haftet die Eisenbahn nicht für den daraus erwachsenen Schaden. g 32. Auflieferung des Gepäcks. Gepäckscheine. (1) Die Abfertigung des Reisegepäcks erfolgt innerhalb der im § 13 Abs. 1 für den Verkauf der Fahrkarten festgesetzten Zeit. (2) Tie Abfertigung von Gepäck, weiches nicht spätestens 15) Mi­ nuten vor Abgang des Zuges bei der Gepäck-Abfertigungsstelle aus­ geliefert ist, kann nicht beansprucht werden. Fahrzeuge, welche zur Beförderung als Reisegepäck zugelassen werden (§ 30 Abs. 2), müssen 2 Stunden vor Abgang des Zuges angemeldet imb spätestens 1 Stunde vorher zur Abfertigung aufgeliefert werben; auf Zwischen­ stationen kann auf eine Beförderung derselben mit dem vom Ab­ sender geivünschten Zuge nur dann gerechnet werden, wenn sie 24 Stunden vorher angemeldet worden sind. (3) Bei Abfertigung des Gepäcks ist dem Reisenden ein Gepäck­ schein auszuhändigen. (4) Tie Gepäckfracht ist bei der Abfertigung zu entrichten. (5) Wird in dringenden Fällen Gepäck ausnahmsweise unter Vorbehalt späterer Abfertigung unabgefertigt zur Beförderung zugelassen, so wird es bis zum Zeitpunkte der Abfertigung als zum Transport aufgegcben nicht angesehen. (6) Tasselbe gilt für die Annahme von Reisegepäck ans Halte­ stellen ohne Gepäckabfertigung. (7) Für die Abfertigung von Fahrrädern können durch die Tarife besondere Vorschriften gegeben werden. g 33. Auslieferung des Gepäcks. (1) Tas Gepäck wird mir gegen Rückgabe des Gepäckscheins ausgeliefert. Die Eisenbahn ist nicht verpflichtet, die Berechtigung des Inhabers zu prüfen. (2) Ter Inhaber des Gepäckscheins ist berechtigt, am Bestim­ mungsorte die sofortige Auslieferung des Gepäcks an der Ausgabe­ stelle zu verlangen, sobald nach Ankunft des Zuges, zu welchem das Gepäck ausgegeben wurde, die zur ordnungsmäßigen Ausladung und Ausgabe sowie zur etwaigen zoll- oder steueramtlichen Abfer­ tigung erforderliche Zeit abgelaufen ist. (3) Werden Gepäckstücke innerhalb 24 Stunden, Fahrzeuge innerhalb 2 Stunden nach Ankunft des Zuges nicht abgeholt, so ist das tarifmäßige Lagergeld oder Standgeld zu entrichten. Kommt das Fahrzeug nach 6 Uhr Abends an, so wird die Abholungsfrist vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet. (4) Wird der Gepäckschein nicht beigebracht, so ist die Eisen­ bahn zur Auslieferung des Gepäcks nur nach vollständigem Nach-

weise der Empsangsberechtigung gegen Ausstellung eines Reverses und nach Umständen gegen Sicherheit verpflichtet. (5) In der Regel ist das Gepäck nur auf der Station auszu­ liefern, wohin es abgefertigt ist. Das Gepäck kann jedoch auf Ver­ langen des Reisenden, sofern Zeit und Umstände sowie Zoll- und Steuervorschristen es gestatten, auch auf einer vorliegenden Station zurückgegeben werden. In einem solchen Falle hat der Reisende bei der Auslieferung des Gepäcks den Gepäckschein zurückzugeben und die Fahrkarte vorzuzeigen. (6) Fahrzeuge, welche unterwegs in einen anderen Zug über­ gehen müssen, brauchen erst mit dem nächstfolgenden Personcnzug am Bestimmungsort einzutreffen. 8 34, Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck. (1) Für das zur Beförderung aufgegebene Reisegepäck haftet die Eisenbahn nach den für die Beförderung von Gütern (Abschnitt VIII) geltenden Bestimmungen, soweit solche auf die Beförderung von Reisegepäck sinngemäße Anwendung finden können und sich nicht Abweichungen aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts ergeben. (2) Die etwaige Angabe des Interesses an der Lieferung ist spätestens eine halbe Stunde vor Abgang des Zuges, mit welchem die Beförderung geschehen soll, bei der Gepäck-Abfertigungsstelle unter Zahlung des tarifmäßigen Frachtzuschlags (§ 84 Abs. 3) zu bewirken; sie hat nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie von der Abfertigungsstelle im Gepäckscheine vermerkt ist. (3) Für den Verlust von Reisegepäck, das zur Beförderung auf­ gegeben ist, haftet die Eisenbahn nur, wenn das Gepäck binnen 8 Tagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem es aufgegeben ist (§ 33 Abs. 2), auf der Bestimmungsstation abgefordert wird. (4) Der Ersatz für den Verlust, die Minderung oder die Be­ schädigung von Reisegepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist, kann mit Rücksicht auf besondere Betriebsverhältnisse mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden unter Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts im Tarif auf einen Höchstbetrag beschränkt werden. Die Vorschrift des § 88 findet entsprechende Anwendung. (5) Der Reisende, welchem das Gepäck nicht ausgeliefert wird, kann verlangen, daß ihm auf dem Gepäckscheine Tag und Stunde der geschehenen Abforderung bescheinigt werde. (6) Für den Verlust, die Minderung uni) die Beschädigung von Reisegepäck, das nicht zur Beförderung aufgegeben ist (§§ 28 und 32), sowie von Gegenständen, die in beförderten Fahrzeugen belassen sind (§ 30 Abs. 2), haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr ein Verschulden zur Last fällt.

694

Anhang XV 1.

Verkehrsordnung für die visendahnen Deutschlands. 8 35—42.

8 35. In Verlust gerathene Gepäckstücke. (1) Fehlende Gepäckstücke werden nach Ablauf von 3 Tagen nach Ankunft des Zuges, zu welchem sie aufgegeben sind, als in Verlust gerathen be­ trachtet. (2) Falls das Gepäckstück später gefunden wird, ist hiervon der Reisende, sofern sein Aufenthalt sich ermitteln läßt, auch wenn er bereits Entschädigung erhalten hat, zu benachrichtigen. Derselbe kann innerhalb 30 Tagen nach Empfang der Wachricht verlangen, daß ihm das Gepäckstück gegen Rückerstattung des erhaltenen Scha­ densersatzes, und zwar nach seiner Wahl entweder kostenfrei am Be­ stimmungsort oder kosten- und frachtfrei am Aufgabeorte, verab­ folgt wird. 8 36. Haftung der Eisenbahn für verspätete Ankunft des Reisegepäcks. (1) Die Eisenbahn haftet für den Schaden, welcher durch die verspätete Auslieferung des Reisegepäcks (§ 33 Abs. 2) entsteht, es sei denn, daß die Verspätung von einem Ereig­ nisse herrührt, welches sie weder herbeigeführt hat noch abzuwenden vermochte. (2) Ist auf Grund der vorstehenden Bestimmung für Versäu­ mung der Lieferzeit Ersatz zu leisten, so ist der nachweislich ent­ standene Schaden zu vergüten und zwar: a) bei stattgehabler Angabe des Interesses an der Lieferung: bis zur Höhe des angegebenen Betrags; b) in Ermangelung einer solchen Angabe für je angesangene 24 Stunden der Versüumnng: höchstens 20 Pfennig für jedes Kilogramm des ausgebliebeneu Gepäcks, bei Fahrzeugen (§ 30) höchstens 30 Mark für jedes ausgebliebene Fahrzeug. (3) Ter § 88 findet entsprechende Anwendung. 8 37. Gepäckträger. Auf den Stationen sind, soweit eilt Bedürfniß besteht, Gepäckträger zu bestellen, die unter Verantwortlich­ keit der Eisenbahnverwaltung im Sinne von § 34 Abs. 1 und 4 dieser Ordnung aus Verlangen der Reisenden deren Reise- und Hand­ gepäck im Stationsbereiche nach und von den Wagen, Abfertigungs­ stellen u. s. w. zu schaffen haben. Die Gepäckträger müssen durch Dienstabzeichen erkennbar und mit einer gedruckten Dienstanweisung nebst Gebührentarif versehen sein. Sie haben auf Verlangen den Tarif vorzuzeigen, auch eine mit ihrer Wummer versehene Marke zu verabfolgen. Der Tarif ist auch an einem geeigneten Orte der Absertigungsstelle und der Ausgabestelle auszuhängen. 8 38. Aufbewahrung des Gepäcks. Auf größeren Sta­ tionen müssen Einrichtungen bestehen, welche es dem Reisenden ermöglichen, sein Gepäck gegen eine festgesetzte Gebühr zur vorüber-

V. Beförderung von Expreggut.

VL Beförderung von Leichen.

gehenden Aufbewahrung niederzulegen. diesem Falle als Verwahrer.

695

Die Verwaltung haftet in

V. Beförderung von Expreßgut.

8 39. Begriff des Expreßguts. Die Eisenbahnen können ai den Tarifen bestimmen, daß der Transport von (Gütern, welche sich zur Beförderung im Packwagen eignen, auch wenn sie nicht als Reisegepäck (§ 30) zur Aufgabe gelangen, auf Gepäckschein oder auf besonderen Besörderungsschein zulässig ist (Expreßgut). 8 40. Aufgabe und Auslieferung des Expreßguts. (1) Bei Abfertigung des Expreßguts mit Gepäckschein ist solcher in der Regel dem Absender auszuhändigen. In diesem Falle erfolgt die Auslieferung des Gutes am Bestimmungsorte gegen Rückgabe des Gepäckscheins. Jedoch kann auf Verlangen des Absenders der Gepäckschein auch der Sendung beigegeben werden, wenn diese mit der vollen Adresse des Empfängers versehen ist. In diesem Falle erfolgt die Auslieferung nach den besonderen Vorschriften jeder Ver­ waltung. (2) Bei Abfertigung des Expreßguts mit Beförderungs­ schein muß dieser die Sendung stets begleiten und das Gut mit der vollen Adresse des Empfängers versehen sein. Die Auslieferung er­ folgt am Bestimmungsorte nach den in den Tarifen enthaltenen Vor­ schriften.

8 41. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Reisege­ päck. Im Uebrigen finden auf die Beförderung von Expreßgut die Bestimmungen des Abschnitts IV sinngemäße Anwendung, soweit nicht durch die Tarife die Anwendung des Abschnitts VIII vorge­ sehen ist. VL Beförderung von Leichen.

8 42. Beförderungs-Bedingungen. (1) Der Transport einer Leiche muß, wenn er von der Ausgangsstation des Zuges er­ folgen soll, wenigstens 6 Stunden, wenn er von einer Zwischenstation ausgehen soll, wenigstens 12 Stunden vorher angemeldet werden. (2) Die Leiche muß in einem hinlänglich widerstandsfähigen Metallsarge luftdicht eingeschlossen und letzterer von einer hölzernen Umhüllung dergestalt umgeben sein, daß jede Verschiebung des Sarges innerhalb der Umhüllung verhindert wird.

(3) Die Leiche muß von einer Person begleitet sein, welche eine Fahrkarte zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat, in dem die Leiche befördert wird.

696 Anhang xv 1. BertehrSordmrag für die Eiieadahnen Deutschlands. 8 42. 43.

(3) 1 2Die Beförderung erfolgt mit Ausnahme der im Abs. 8 ausgeführteil Fällen mit Personenzügen; Beförderung in Schnellzügen kann nidjt oerlangt werden. Die Leiche muß, vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen, von einer Person begleitet sein, die eine Fahrkarte zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat, mit dem die Leiche befördert wird. (Liner Begleitung bedarf es nicht, wenn als Bestimmungsort eine Eisenbahnstation bezeichnet ist, unb der Ab­ sender bei der Aufgabestation das schriftliche oder telegraphische Versprechen des Empfängers hinterlegt, das; dieser die Sendung sofort nach Empfang der bahnseitigelt Benachrichtigung von ihrem Ein­ treffen abholeu lassen werde. Bei Sendungen au Leichenverbreumtngsanstalten und an Beerdigilngsinstitute genügt es, 101'1111 diese eine derartige Verpflichtung gegenüber der Eisenbahn in all­ gemeiner Form übernommen haben. (4) Bei der Aufgabe muß der vorschriftsmäßige, nach anliegen­ dem Formular - ausgefertigte Leichenpaß beigebracht werden, welchen die Eisenbahn übernimmt und bei Ablieferung der Leiche zurückstellt. Die Behörden, welche zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind, werden besonders bekannt geniacht. Der von der zuständigen Be­ hörde ausgefertigte Leichenpaß hat für den ganzen darin bezeichneten Transportweg Geltung. Die tarifmäßigen Transportgebühren müssen bei der Aufgabe entrichtet werden. Bei Leichentransporten, welche aus ausländischen Staaten kommen, mit welchen eine Verein­ barung wegen wechselseitiger Anerkennung der Leichenpässe abge­ schlossen ist, genügt die Beibringung eines der Vereinbarung ent­ sprechenden Leichenpasses der nach dieser Vereinbarung zuständigen ausländischen Behörde.

(5) Tie Beförderung der Leiche hat in einem besonderen, bedeckt gebauten Güterwagen zu erfolgen. Mehrere Leichen, welche gleich­ zeitig von dem nämlichen Abgangsorte nach dem nämlichen Be­ stimmungsort aufgegeben werden, können in einem und demselben (Güterwagen verladen werden. Wird die Leiche in einem ringsum­ schlossenen Leichenwagen befördert, so darf zum Eisenbahntransport ein offener Güterwagen benutzt werden. (6) Tie Leiche darf auf der Fahrt nicht ohne Noth umgeladen werden. Die Beförderung muß möglichst schnell und ununterbrochen bewirkt werden. Läßt sich ein längerer Aufenthalt auf einer Station

1 In der Fassung der Bek. lS./si. 1. 10. 02. 2 ''Anlage A (nicht mit abgedruckt).

02 (RGBl 23(51; in strasr seit

VI. Beförderung von Leichen.

nicht vermeiden, so ist der Güterwagen mit der Leiche thunlichst auf ein abseits im Freien gelegenes Gleise zu schieben. (7) Wer unter unrichtiger Bezeichnung Leichen zur Beförderung bringt, hat außer der Nachzahlung der verkürzten Fracht vom Ab­ gangs- bis zum Bestimmungsort einen Frachtzuschlag im vier­ fachen Betrage der Fracht zu entrichten.

(8) Bei dem Transporte von Leichen, welche von Polizeibehör­ den, Krankenhäusern, Strafanstalten u. s. w. an öffentliche höhere Lehranstalten übersandt werden, bedarf es einer Begleitung nicht. Auch genügt es, wenn solche Leichen in dicht verschlossenen Kisten aufgegeben werden. Die Beförderung kann in einem offenen Güter­ wagen erfolgen. Es ist zulässig, in den Wagen solche Güter mitzu­ verladen, welche von fester Beschaffenheit (Holz, Metall und der­ gleichen) oder doch von festen Umhüllungen (Kisten, Fässern und der­ gleichen) dicht umschlossen sind. Bei der Verladung ist mit besonderer Vorsicht zu verfahren, damit jede Beschädigung der Leichenkiste ver­ mieden wird. Von der Zusammenladung sind ausgeschlossen: Nahruugs- oder Gcnußmittel, einschließlich der Rohstoffe, aus welchen Nahrungs- oder Genußmittel hergestellt werden, sowie die in der Anlage L zu Z 50 der Verkehrsordnung aufgeführten Gegenstände. £6 von der Beibringung eines Leichenpasses abgesehen werden kann, richtet sich nach den von den Landesregierungen dieserhalb ergehenden Bestimmungen.

(9) Auf die Regelung der Beförderung von Leichen nach dem Bestattungsplatze des Sterbeorts finden die vorstehenden Bestim­ mungen nicht Anwendung.

§ 43»1 Art

der Abfertigung und der Auslieferung. (1) Die Abfertigung der Leichen erfolgt nach der Vorschrift des Tarifs entweder auf Grund von Beförderuugsscheincn, welche die Eisenbahn auszufertigen und dem Absender auszuhändigen hat, oder auf Grund von Frachtbriefen (§ 51), die andere Gegenstände nicht umfassen dürfen. Das Ausladen ist durch den Absender, das Abladen durch den Empfänger zu bewirken.

(2) Von dem Eintreffen einer Leiche auf der Bestimmungsstation ist der Empfänger auf seine Kosten ohne Verzug telegraphisch oder telephonisch oder durch besondere Boten zu benachrichtigen. War ein Beförderungsschein ausgestellt, so erfolgt die Auslieferung der Leiche gegen dessen Rückgabe. 1 Abs. 1 u. 2 in der Fassung der Bek. 18./6. 02 (RGBl 236), in Kraft feit 1./10. 02.

698 Anhang XV L. verkehrSordnung für die Lifen-ahneu Deutschlands. §44—48.

(3) Innerhalb 6 Stunden nach Ankunst des Zuges auf der Bestimmungsstation muß die Leiche abgeholt werden, widrigenfalls sie nach der Verfügung der Ortsobrigkeit beigesetzt wird. Kommt die Leiche nach 6 Uhr Abends an, so wird die Abholungsfrist vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet. Bei Ueberschreitung der Ab­ holungsfrist ist die Eisenbahn berechtigt, Wagenstandgeld zu erheben. VII. Beförderung von lebenden Thieren.

8 44, Bes ondere Beförderungsbedingungen. (1) Le­ bende Thiere werden nur unter der im § 6 Abs. 2 aufgeführtcn Voraussetzung zur Beförderung angenommen. (2) Die Beförderung kranker Thiere kann abgelehnt werden. Inwiefern der Transport von Thieren wegen der Gefahr einer Ver­ schleppung von Seuchen ausgeschlossen ist, richtet sich nach den be­ stehenden gesundheitspolizeilichen Vorschriften. (3) Zum Transporte wilder Thiere ist die Eisenbahn nur bei Beachtung der von ihr im Interesse der Sicherheit vorzuschreibenden Bedingungen verpflichtet. (4) Bei der Beförderung lebender Thiere ist die Eisenbahnver­ waltung Begleitung zu fordern berechtigt. Die Begleiter haben, so­ fern nicht der Stationsvorsteher Ausnahmen zuläßt, ihren Platz in den betreffenden Viehwagen zu nehmen und das Vieh während des Transports zu beaufsichtigen. Wenn sich Stroh, Heu oder andere leicht brennbare Stoffe in den Wagen befinden, so ist das Raucher: darin verboten, auch dürfen brennende Cigarren oder Tabackspfeifen beim Einsteigen nicht mitgenommen werden. Bei kleinen Thieren, insbesondere Geflügel, bedarf es der Begleitung nicht, wenn sie in tragbaren, gehörig verschlossenen Käfigen aufgegeben werden. Die Käsige müssen luftig und geräumig sein. (5) Der Absender muß das Einladen der Thiere in die Wagen fowie deren sichere Befestigung selbst besorgen und die erforderlichen Befestigungsmittel beschaffen. Das Ausladen liegt dem Empfänger ob. (6) Vorausbezahlung des Transportpreises kann gefordert werden. 8 45, Art der Abfertigung. Die Abfertigung der Thiere erfolgt — abgesehen von den Bestimmungen der §§ 27 und 30 Abs. 3 — nach der Vorschrift des Tarifs auf Grund von Beförde­ rungsscheinen, welche von der Eisenbahn auszufertigen und den: Absender auszuhändigen sind, oder auf Grund von Frachtbriefen (8 öl).

8 46. An- und Abnahme. (1) Die Eisenbahn hat bekannt zu machen, mit welchen Zügen die Beförderung von Thieren erfolgt. Die Annahme einzelner Stücke zur Beförderung hängt davon ab, ob geeigneter Raum vorhanden ist. (2) Die Eisenbahn kann durch den Tarif festsetzen, daß die Annahme von lebenden Thieren mit Ausnahme von Hunden an Sonn- und Festtagen ausgeschlossen oder auf bestimmte Stunden beschränkt wird. (3) Tie Thiere müssen rechtzeitig, einzelne Stücke mindestens 1 Stunde vor Abgang des Zuges, auf den Bahnhof gebracht wer­ den. Bei der Ankunft an dem Bestimmungsorte werden die Thiere gegen Rückgabe des Beförderungsscheins oder nach Aushändigung des Frachtbriefs an den Empfänger gegen dessen Bescheinigung aus­ geliefert. Das Ausladen und Abtreiben muß mindestens 2 Stunden nach der Bereitstellung und dem Ablaufe der zur etwaigen zolloder steueramtlichen Abfertigung erforderlichen Zeit erfolgen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Eisenbahn berechtigt, die Thiere auf Ge­ fahr und Kosten des Absenders in Verpflegung zu geben oder, falls sie deren ferneren Aufenthalt im Wagen oder aus dem Bahnhöfe gestattet, ein im Tarife festzusetzendes Standgeld zu erheben. 8 47. Lieferfrist für Thiere. (1) Die Lieferfrist setzt sich aus Expeditions- und Transportfrist zusammen und darf nicht mehr betragen als: 1. an Expeditionsfrist..............................................................1 Tag, 2. an Transportsrist für je auch nur angefangene 300 Kilometer............................................................................. 1 Tag. (2) Sie beginnt mit der auf die Abstempelung des Frachtbriefs oder Aushändigung des Beförderungsscheins folgenden Mitternacht und ist gewahrt, wenn innerhalb derselben das Vieh auf der Be­ stimmungsstation zur Abnahme bereitgestellt ist. (3) Der Laus der Lieferfristen ruht außer den Fällen des § 63 Abs. 6 auch für die Dauer des Aufenthalts des Viehes auf den Tränkestationen sowie für die Dauer der ärztlichen Viehbe­ schauung. (4) Die Auslieferung von Pferden und Hunden, welche mit Personenzügen befördert werden, kann in der im § 33 Abs. 2 und 6 bestimmten Frist verlangt werden. 8 48. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Güter. (1) Im Uebrigen finden auf die Beförderung von Thieren die Bestimmungen des Abschnitts VIII sinngemäße Anwendung. (2) Die Angabe des Interesses an der Lieferung hat bei den auf Befürderungsschein abgesertigten Thieren nur dann eine rechtliche

700 Anhang XV 1. Berlehrsorvimag für die Lifenvatznen Deutschlands. 8^49—51.

Wirkung, wenn sie von der Abfertigungsstelle der Abgangsstation im Besörderungsscheine vermerkt ist. vm. Beförderung von Gütern.

8 49. Direkte Beförderung. Die Eisenbahn ist verpflichtet, Güter zur Beförderung von und nach allen für den Güterverkehr ein­ gerichteten Stationen anzunehmen, ohne daß es für den Uebergang von einer Bahn auf die andere einer Vermittelungsadresse bedarf. 8 50. Von der Beförderung ausgeschlossene oder nur bedingungsweise zugelassene Gegenstände. A. Von der Beförderung sind ausgeschlossen: 1. diejenigen Gegenstände, welche dem Postzwang unterworfen sind; 2. diejenigen Gegenstände, welche wegen ihres Umfanges, ihres Gewichts oder ihrer sonstigen Beschaffenheit nach der An­ lage und dem Betrieb oder auch nur einer der Bahnen, welche an der Ausführung des Transports Theil zu nehmen haben, sich zur Beförderung nicht eignen; 3. diejenigen Gegenstände, deren Beförderung aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist; 4. alle der Selbstentzündung oder Explosion unterworfenen Gegenstände, soweit nicht die Bestimmungen in Anlage Bl Anwendung finden, insbesondere: a) Nitroglycerin (Sprengöl) als solches, abtropfbare Ge­ mische von Nitroglycerin mit an sich explosiven Stoffe»; b) nicht abtropsbare Gemische von Nitroglycerin mit pulver­ förmigen, an sich nicht explosiven Stoffen (Dynamit und ähnliche Präparate) in loser Masse; c) Pikrinsäure Salze sowie explosive Gemische, die Pikrin­ säure oder chlorsaure Salze enthalten; 1 Nicht mit abgedruckt. Vgl. Vckanntm. bett. Aenderungen der Anlage B zur Vcrkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands 23./2. 93 (RGBl 9); Bekanntm. 15./12. 93 (RGBl 267); 18./3. 94 (RGBl 329); Set. 9./2. 95 betr. eine neue Fassung der Anl. B zur Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands (RGBl 101); Set. 1./7. 95 (RGBl 354); 9./2. 96 (RGBl 9); 19./7. 96 (RGBl 193); 7./7. 97 (RGBl 595); 15./11. 97 (RGBl 779); 22./11. 97 (RGBl 781); 19./6. 98 (RGBl 913); 17./4. 99 (RGBl 265): 2/7. 00 (RGBl 318); 24./12. 00 (RGBl 01, 1); 25./11. 01 (RGBl 491); 30.1. 02 (RGBl 41); 23 /11. 02 (RGBl 281); 7./12. 02 (RGBl 294); 2-/2. 03 (RGBl 6); 15. 3. 03 (RGBl 47); 13./6. 03 (RGBl 245); 15./8. 03 (RGBl 269); 3./2. 04 (RGBl 29).

d) Knallquecksilber, Knallsilber und Knallgold sowie die da­ mit dargestellten Präparate; e) solche Präparate, welche Phosphor in Substanz beige­ mischt enthalten; f) geladene Schußwaffen. B. Bedingungsweise werden zur Beförderung zugelassen: 1. Die in Anlage B verzeichneten Gegenstände. Für deren Annahme und Beförderung sind die daselbst getroffenen näheren Bestimmungen maßgebend. 2. Gold- und Silberbarren, Platina, Geld, geldwerthe Münzen und Papiere, Dokumente, Edelsteine, echte Perlen, Preti­ osen und andere Kostbarkeiten, ferner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten. Unter welchen Bedingungen diese Gegenstände zur Be­ förderung angenommen werden, bestimmen die Tarife. Wegen Beschränkung der Höhe des Schadensersatzes siehe § 81 Abs. 2. Als geldwerthe Papiere sind nicht anzusehen: gestempelte Postkarten, Postanweisungs-Formulare, Briefumschläge und Streifbänder, Postfreimarken, Stempelbogen und Stempelmarken sowie ähnliche amt­ liche Werthzeichen. 3. Diejenigen Gegenstände, deren Verladung oder Beförderung nach der Anlage und dem Betrieb einer der betheiligten Bahnen außergewöhnliche Schwierigkeit verursacht. Die Beförderung solcher Gegenstände kann von jedes­ mal zu vereinbarenden besonderen Bedingungen abhängig gemacht werden. 4 Eisenbahnfahrzeuge, sofern sie auf eigenen Rädern laufen. Sie müssen sich in lauffähigem Zustande befinden. Lokomo­ tiven, Tender und Dampfwagen müssen von einem sachver­ ständigen Beauftragten des Absenders begleitet sein. C. Die bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenstände dürfen nicht bahnlagernd gestellt werden. 8 51* Inhalt des Frachtbriefs. (1) Jede Sendung muß von einem Frachtbriefe begleitet sein, welcher folgende Angaben enthält: a) Ort und Tag der Ausstellung. b) Die Bezeichnung der Versandstation. c) Die Bezeichnung der Bestimmungsstation und der Bestimmungs­ bahn, den Namen und den Wohnort des Empfängers sowie die etwaige Angabe, daß das Gut bahnlagernd gestellt ist. Bei

702

Anhang XV 1.

VtrkehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands,

g 52.

Versendung von Gütern nach Orten, welche an einer Eisen­ bahn nicht gelegen, oder nach Eisenbahnstationen, welche für den Güterverkehr nicht eingerichtet sind, ist vom Absender die Eisenbahnstation zu bezeichnen, bis zu welcher das Gut be­ fördert werden soll; der Empfänger hat den Weitertransport zu besorgen, sofern nicht für diesen von der Eisenbahn Ein­ richtungen getroffen sind (§ 68 Abs. 3). d) Die Bezeichnung der Sendung nach ihrem Inhalte, die Angabe des Gewichts oder statt dessen eine den besonderen Vorschriften der Versandbahn entsprechende Angabe; ferner bei Stückgut die Anzahl, Art der Verpackung, Zeichen und Nummer der Frachtstücke. Die Eisenbahn ist jedoch berechtigt, die letzteren Angaben auch bei Gütern in Wagenladungen zu verlangen, sofern die diese bildenden Frachtstücke derartige Bezeichnungen zulassen (§ 58 Abs. 4). Die in Anlage B aufgesührten Gegenstände sind unter der daselbst gebrauchten Bezeichnung in den Frachtbrief aufzunehmen. e) Das Verlangen des Absenders, Ausnahmetarife unter den tut § 81 für zulässig erklärten Bedingungen zur Anwendung zu bringen. f) Die etwaige Angabe des Interesses an der Lieferung (§ 84 ff.). g) Die Angabe, ob die Sendung als Eilgut oder als Frachtgut zu befördern ist (§ 56). h) Das genaue Verzeichnis; der für die zoll- oder steueramtliche Behandlung oder die polizeiliche Prüfung nöthigen Begleit­ papiere (§ 59). i) Den Frankaturvermerk im Falle der Vorausbezahlung der Fracht oder der Hinterlegung eines Frankaturvorschusses (§ 61). k) Die auf dem Gute haftenden Nachnahmen, und zwar sowohl die erst nach Eingang auszuzahlenden, als auch die von der Eisenbahn geleisteten Baarvorschüsse (§ 62). l) Bei Sendungen, welche einer zoll- oder steueramtlichen Ab­ fertigung unterliegen, die zu berührende Absertigungsstelle, falls der Absender eine solche zu bezeichnen wünscht. Die Eisenbahn hat eine derartige Vorschrift zu befolgen. Im Uebrigen bleibt die Wahl des Transportwegs aus­ schließlich dem Ermessen der Eisenbahn überlassen; letztere ist jedoch verpflichtet, das Gut auf demjenigen Wege zu befördern, welcher nach den Tarifen den billigsten Frachtsatz und die günstigsten Transportbedingungen darbietet. m) Die Unterschrift des Absenders mit seinem Namen oder seiner

Firma sowie Angabe seiner Wohnung. Die Unterschrift kann durch eine gedruckte oder gestempelte Zeichnung ersetzt werden, n) Den etwaigem Antrag auf Ausstellung eines Frachtbrief-Du­ plikats oder eines Aufnahmescheins (§ 54). (2) Die Aufnahme weiterer Erklärungen in den Frachtbrief, die Ausstellung anderer Urkunden anstatt des Frachtbriefs sowie die Beifügung anderer Schriftstücke aum Frachtbrief ist unzulässig, so­ fern dieselben nicht durch die Verkehrsordnung für statthaft er­ klärt sind. 8 82. Form des Frachtbriefs. (1) Zur Ausstellung des Frachtbriefs sind Formulare nach Maßgabe der Anlage C und D1 zu verwenden, welche auf allen Stationen zu den im Tarife festzu­ setzenden Preisen käuflich zu haben sind. Dieselben müssen für ge­ wöhnliche Fracht auf weißes Papier, für Eilfracht gleichfalls auf weißes Papier, jedoch mit einem auf der Vorder- und Rückseite oben und unten am Rande anzubringenden karminrothen Streifen, gedruckt sein. Für die Frachtbriefe ist Schreibpapier zu verwenden, welches die von dem Reichs-Eisenbahn-Amte festzusetzende Beschaffen­ heit besitzt. (2) Es können jedoch durch die Landesaufsichtsbehörde mit Zu­ stimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts für regelmäßig wiederkehrende Transporte zwischen bestimmten Orten sowie für Sendungen, welche zur Weiterbeförderung über See bestimmt sind, Abweichungen von den Vorschriften des ersten Absatzes zugelassen werden. (3) Die Frachtbriefe müssen zur Beurkundung ihrer Ueber­ einstimmung mit den desfallsigen Vorschriften den Kontrolstempel einer inländischen Eisenbahn tragen. Die Stempelung erfolgt bei den nicht für Rechnung der Eisenbahn gedruckten Frachtbriefen gegen eine im Tarif festzusetzende Gebühr und kann verweigert werden, sofern nicht gleichzeitig mindestens 100 Frachtbriefe vorgelegt werden. (4) Sofern der auf dem Frachtbriefformulare für die Beschrei­ bung der Güter vorgesehene Raum sich als unzureichend erweist, hat dieselbe auf der Rückseite der für die Adresse bestimmten Hälfte des Formulars nach Maßgabe der Spalten des Frachtbriefs zu er­ folgen. Reicht auch dieser Raum nicht aus, so sind dem Frachtbriefe besondere, die Beschreibung enthaltende und vom Absender zu unter­ zeichnende Blätter im Formate des Frachtbriefs fest anzuheften, auf welche in diesem besonders hinzuweisen ist. In den erwähnten Fällen ist in den vorgedruckten Spalten des Frachtbriefs das Gesammtgewicht der Sendung unter Angabe der für die Tarifirung maßgebenden 1 Nicht mit abgedruckt.

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Anhang XV 1. Berkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. § 53.

Bezeichnung der Transportgegenstände, nöthigenfalls unter Schei­ dung derselben nach Tarifklassen, anzugeben. Den beigegebenen Blättern ist der Abfertigungsstempel der Versandstation aufzudrücken. (5) Es ist gestattet, auf der Rückseite der für die Adresse be­ stimmten Hälfte des Frachtbriefs die Firma des Ausstellers aufzu­ drucken. Ebendaselbst können auch — jedoch ohne Verbindlichkeit und Verantwortlichkeit für die Eisenbahn — die folgendeil nachricht­ lichen Vermerke angebracht werden: „Don Sendung des N. N.", „im Auftrage des N. N.", „zur Verfügung des N. N.", „zur Weiterbeförderung an N. N.", „versichert bei N. N.". Diese Ver­ merke können sich nur auf die ganze Sendung beziehen. (6) Die stark umrahmten Theile des Formulars sind durch die Eisenbahn, die übrigen durch den Absender auszusüllen. Bei Aufgabe von Gütern, welche der Absender zu verladen hat, sind Don diesem auch die Nummer und die Eigenthumsmerkmale des Wagens an der vorgeschriebenen Stelle einzutragen. (7) Mehrere Gegenstände dürfen nur dann in einen und den­ selben Frachtbrief ausgenommen werden, wenn das Zusammenladell derselben nach ihrer Beschaffenheit ohne Nachtheil erfolgen kann und Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschristen nicht entgegensteheil. Dell laut § 50B bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenständen sind besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben. Werden bedingungsweise zur Beförderung zugelassenc Gegenstände, für welche die Vereinigullg mit anderem Gegenständen in ein Frachtstück nach Anlage B Nr. XXXV gestattet ist, mit anderen Gütern zusammen zur Beförderung in Wagen­ ladungen aufgegeben, so bedarf es der Beigabe eines besonderen Frachtbriefs für diese Gegenstände nicht. Für derartige Wagen­ ladungen genügt ein Frachtbrief, in welchem jedoch die mir be­ dingungsweise zugelassenen Güter als solche durch Hinzufügung des Wortes „(bedingungsweise)" ausdrücklich bezeichnet werden müssen. Den nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung vom Absender aufzuladenden oder vom Empfänger abzuladenden Gütern sind besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben. (8) Die Versandstation kann verlangen, daß für jeden Wagen ein besonderer Frachtbrief bcigegeben wird. 8 53, (1) Haftung für die Angaben im Frachtbriefe. Bahnseitige Ermittelungen. Frachtzuschläge? (1) Der Ab-

1 Fassung der Bek. 18./10. 95 (RGBl 445); in Kraft getreten am 15./11. 95.

sender haftet für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben und Erklärungen und trägt alle Folgen, welche aus unrichtigen, ungenauen oder ungenügenden Er­ klärungen entspringen. (2) Die Eisenbahn ist jederzeit berechtigt, die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen mit den Angaben des Frachtbriefs zu prüfen und das Ergebniß festzustellen. Der Berechtigte ist einzuladen, bei der Prüfung zugegen zu sein, vorbehaltlich des Falles, wenn die letztere auf Grund polizeilicher Maßregeln, die der Staat im Interesse der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu ergreifen berechtigt ist, stattsindet. Erscheint der Berechtigte nicht, so sind zwei Zeugen beizuziehen. (3) Zur Ermittelung des Gewichts und der Stückzahl einer Sendung ist die Eisenbahn jederzeit berechtigt. Die Eisenbahn ist verpflichtet, das Gewicht der Stückgüter bei der Aufgabe festzu­ stellen. Ausdrücklichen Anträgen des Absenders auf Feststellung der Stückzahl oder des Gewichts der Wagenladungsgüter ist die Eisenbahn gegen eine im Tarife festzusetzende Gebühr stattzugeben verpflichtet, sofern die Güter vermöge ihrer Beschaffenheit eine der­ artige Feststellung ohne erheblichen Aufenthalt gestatten und die vorhandenen Wägevorrichtungen ausreichen. Einem Antrag auf bahnseitige Gewichtsfeststellung ist in allen Fällen, wo die Fracht tarifmäßig nach dem Gewichte berechnet wird, gleichzuachten, wenn der Absender im Frachtbriefe kein Gewicht angegeben hat. (4) Dem Absender steht frei, bei der Ermittelung des Gewichts und der Stückzahl zugegen zu sein. Verlangt der Absender, nachdem die Feststellung seitens der Eisenbahn bereits erfolgt ist, vor der Verladung der Güter eine nochmalige Ermittelung der Stückzahl oder des Gewichts in seiner Gegenwart, so ist die Eisenbahn berech­ tigt, auch dafür die tarifmäßige Gebühr zu erheben. (5) Die Feststellung des Gewichts wird von der Versandstation durch den Wägestempel auf dem Frachtbriefe bescheinigt. (6) Für die Beladung der Wagen ist das daran vermerkte Ladegewicht maßgebend. Eine stärkere Belastung ist bis zu der an den Wagen angeschriebenen Tragfähigkeit insoweit zulässig, als nach der natürlichen Beschaffenheit des Gutes nicht zu befürchten ist, daß in Folge von Witterungseinflüssen während des Transports die Belastung über die Grenze der Tragfähigkeit hinausgehen werde. Eine die Tragfähigkeit überschreitende Belastung — Ueberlastung — ist in keinem Falle gestattet. Bei solchen außerdeutschen Wagen, die nur eine, die zulässige Belastung kennzeichnende, dem Lade­ gewichte der deutschen Wagen entsprechende Anschrift tragen, darf Friedberg, Handelsgcsgbg. 7. Ausl.

45

706 Anhang XV 1. verlehrSordnung für die Sifenbahneu Deutschlands. 8 54.

das angeschriebene „Ladegewicht" oder die angeschriebene „Trag­ fähigkeit" bei der Beladung keinesfalls um mehr als 5 Prozent überschritten werden. (7) Bei unrichtiger Angabe des Inhalts einer Sendung oder bei zu niedriger Angabe des Gewichts einer Wagenladung sowie bei Ueberlastung eines vom Absender selbst beladenen Wagens ist — abgesehen von der Nachzahlung des etwaigen Frachtunterschieds und dem Ersätze des entstandenen Schadens sowie den durch strafgesetzliche oder polizeiliche Bestimmungen vorgesehenen Strafen — ein Fracht­ zuschlag an die am Transporte betheiligten Eisenbahnen zu zahlen, dessen Höhe wie folgt festgesetzt wird: (8) Wenn die im § 50 A Ziffer 4 und in der Anlage B auf­ geführten Gegenstände unter unrichtiger oder ungenauer Inhalts­ angabe zur Beförderung aufgegeben oder die in Anlage B gegebenen Sicherheitsvorschriften bei der Aufgabe außer Acht gelassen werden, so beträgt der Frachtzuschlag 12 Mark für jedes Brutto-Kilogramm des ganzen Versandstücks. (9) In allen anderen Fällen unrichtiger Inhaltsangabe beträgt der Frachtzuschlag, sofern die unrichtige Inhaltsangabe eine Fracht­ verkürzung herbeizuführen nicht geeignet ist, 1 Mark für den Fracht­ brief, sonst das Doppelte des Unterschieds zwischen der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für den angegebenen und der für den ermittelten Inhalt, mindestens aber 1 Mark. (10) Im Falle zu niedriger Angabe des Gewichts einer Wagen­ ladung beträgt der Frachtzuschlag das Doppelte des Unterschieds zwischen der Fracht, welche für das angegebene und für das ermittelte Gewicht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation zu ent­ richten ist. (11) Im Falle der Ueberlastung (Abs. 6) eines vom Absender selbst beladenen Wagens beträgt der Frachtzuschlag das Sechsfachüberstei­ gende der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für das die zulässige Belastung übersteigende Gewicht. Diese Bestimmung ist auch für solche Gegenstände, deren Fracht tarifmäßig nicht nach dem Gewichte berechnet wird, sinngemäß anzuwenden. Ist insbesondere die Fracht nach der Ladefläche zu berechnen, so erfolgt die Ermitte­ lung des Frachtzuschlags in der Weise, daß zunächst die nach der Ladefläche des verwendeten Wagens berechnete Fracht als Fracht für das im einzelnen Falle zulässige höchste Belastungsgewicht angesehen, der sich hiernach für das höchste Belastungsgewicht ergebende Fracht­ betrag sodann verhältnißmäßig auf das Uebergewicht übertragen und der für das Uebergewicht gefundene Frachtbetrag sechsfach genommen wird.

(12) Wenn gleichzeitig eine zu niedrige Gewichtsangabe und eine Ueberlastung vorliegt, so wird sowohl der Frachtzuschlag für zu niedrige Gewichtsangabe (Abs. 10), als auch der Frachtzuschlag für Ueberlastung (Abs. 11) erhoben. (13) Ein Frachtzuschlag wird nicht erhoben: a) bei unrichtiger Gewichtsangabe und bei Ueberlastung, wenn der Absender im Frachtbriefe die Verwiegung verlangt hat, b) bei einer während des Transports in Folge von Witterungs­ einflüssen eingetret-'Uen Ueberlastung, wenn der Absender nach­ weist, daß er bei Beladung des Wagens das daran vermerkte Ladegewicht nicht überschritten hat.

8 54. Abschluß des Frachtvertrags. (1) Der Fracht­ vertrag ist abgeschlossen, sobald das Gut mit dem Frachtbriefe von der Versandstation zur Beförderung angenommen ist. Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe der Tagesstempel der Abfertigungsstelle aufgedrückt. (2) Die Abstempelung hat ohne Verzug nach vollständiger Auf­ lieferung des in demselben Frachtbriefe verzeichneten Gutes und auf Verlangen des Absenders in dessen Gegenwart zu erfolgen. (3) Der mit dem Stempel versehene Frachtbrief dient als Be­ weis über den Frachtvertrag. (4) Jedoch machen bezüglich derjenigen Güter, deren Ausladen nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung von dem Absender besorgt wird, die An­ gaben des Frachtbriefs über das Gewicht und die Anzahl der Stücke gegen die Eisenbahn keinen Beweis, sofern nicht die Nachwägung oder Nachzählung seitens der Eisenbahn erfolgt und dies auf dem Frachtbriefe beurkundet ist. (5) Die Eisenbahn ist verpflichtet, auf Verlangen des Absenders den Empfang des Frachtguts, unter Angabe des Tages der An­ nahme zur Beförderung, auf einem ihr mit dem Frachtbriefe vorzu­ legenden, als solches zu bezeichnenden Duplikat des Frachtbriefs zu bescheinigen. Der Antrag auf Ertheilung des Duplikats ist vom Absender auf dem Frachtbriefe zu vermerken. Die Eisenbahn hat durch Aufdrückung eines Stempels zu bestätigen, daß dem Antrag entsprochen ist. (6) Das Duplikat hat nicht die Bedeutung des Original-Fracht­ briefs und ebensowenig diejenige eines Konnossements (Ladescheins). (7) Bei solchen Gütern, welche nicht in ganzen Wagenladungen aufgegeben werden, kann mit Zustimmung des Absenders an Stelle des Duplikats ein als solcher zu bezeichnender Aufnahmeschein aus-

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Anhang XV I.

VertehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands.

8 55. 56.

gestellt werden, welcher dieselbe rechtliche Bedeutung wie das Dupli­ kat hat. (8) Auf Wunsch des Absenders kann der Empfang des Gutes auch in anderer Form, insbesondere mittelst Eintrags in ein Quittungsbuch u. s. w. bescheinigt werden. Eine derartige Bescheinigung hat nicht die Bedeutung eines Frachtbrief-Duplikats oder eines Auf­ nahmescheins. 8 55. Vorläufige Einlagerung des Gutes. (1) Die Eisenbahn ist nur verpflichtet, die Güter zum Transport anzunehmen, soweit die Beförderung derselben erfolgen kann. (2) Tie Eisenbahn ist jedoch verpflichtet, die ihr zugeführten Güter, deren Beförderung nicht sofort erfolgen kann, soweit die Räumlichkeiten es gestatten, gegen Empfangsbescheinigung mit dem Vorbehalt in einstweilige Verwahrung zu nehmen, daß die Annahme zur Beförderung und die Aufdrückung des Abfertigungsstempels auf den Frachtbrief (§ 54 Abs. 1) erst dann erfolgt, wenn die Beförde­ rung möglich ist. Der Absender hat im Frachtbriefe sein Einver­ ständnis; mit diesem Verfahren zu erklären. In diesem Falle haftet die Eisenbahn bis zum Abschlüsse des Frachtvertrags als Ver­ wahrer. (3) Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde ist die Eisenbahn berechtigt, im Falle sie Wagenladungsgüter, deren sofortige Beförde­ rung nicht möglich ist, gleichwohl zum Transport annimmt, mit dem Absender zu vereinbaren, daß für die Sendung die Lieferfrist von dem Tage an zu rechnen ist, an welchem die Absendung that­ sächlich erfolgt. Der Absender hat sein Einverständniß auf dem Frachtbriefe zu erklären Und aus dem Frachtbrief-Duplikate zu wieder­ holen. Tie Eisenbahn ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Absendung auf dem Frachtbriefe durch Aufdrückung eines besonderen Stempels ersichtlich zu machen und diesen Zeitpunkt dem Absender ohne Ver­ zug mitzutheilen. 8 56. Auflieferung und Beförderung des Gutes. (1) Das Gut muß in den von der Eisenbahn sestzusetzenden Dienst­ stunden aufgeliefert und, falls die Verladung nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung dem Absender obliegt, innerhalb derselben verladen werden. Bei einer nach und nach stattfindenden Auflieferung der mit demselben Frachtbrief aufgegebenen, von der Eisenbahn zu verladenden Sen­ dung ist, sofern die Auflieferung durch den Absender über 24 Stun­ den verzögert wird, die Eisenbahn berechtigt, ein im Tarife festzu­ setzendes Lagergeld zu erheben. Dasselbe gilt in dem Falle, wenn von der Eisenbahn zu verladende Güter mit unvollständigem oder

unrichtigem Frachtbrief ausgeliefert sind und die Berichtigung nicht binnen 24 Stunden nach der Beanstandung erfolgt. Wegen der Anfuhr der Güter durch Rollfuhrunternehmer der Eisenbahn siehe § 68. (2) Die Beförderung erfolgt, je nach der Bestimmung im Fracht­ brief, als Eilgut oder als Frachtgut. (3) An Sonn- und Festtagen wird gewöhnliches Frachtgut nicht angenommen und am Bestimmungsorte dem Empfänger nicht verab­ folgt. Eilgut wird auch an Sonn- und Festtagen, aber nur in den ein für allemal bestimmten, durch Aushang an den Abfertigungs­ stellen sowie in einem Lokalblatte bekannt zu machenden Tageszeiten angenommen und ausgeliefert. (4) Die Beförderung der Güter findet in der Reihenfolge statt, in welcher sie zur Beförderung angenommen worden sind, sofern nicht zwingende Gründe des Eisenbahnbetriebs oder das öffentliche Interesse eine Ausnahme rechtfertigen. Eine Zuwiderhandlung gegen diese Vorschriften begründet den Anspruch auf Ersatz des daraus entstehenden Schadens. (5) Die Eisenbahnen sind verpflichtet, Einrichtungen zu treffen, durch welche die Reihenfolge der Güterabfertigung festgestellt werden kann. (6) Die Bereitstellung der Wagen für solche Güter, deren Ver­ ladung der Absender selbst zu besorgen hat (siehe Abs. 1), muß für einen bestimmten Tag nachgesucht und die Auflieferung und Verladung in der von der Eisenbahn zu bestimmenden Frist vollendet werden. Diese Frist ist durch Anschlag an den Absertigungsstellen sowie in einem Lokalblatte bekannt zu machen. (7) Erfolgt die Auflieferung und Verladung nicht innerhalb dieser Frist, so hat der Absender nach deren Ablaufe das im Tarife festzusetzende Wagenstandgeld zu bezahlen. Dasselbe gilt in dem Falle, wenn Güter, die von dem Absender zu verladen sind (siehe Abs. 1), mit unrichtigem oder unvollständigem Frachtbrief auf­ geliefert werden und die Berichtigung nicht innerhalb der festge­ setzten Ladefrist erfolgt. Auch ist die Eisenbahn berechtigt, den Wagen auf Kosten des Bestellers zu entladen und das Gut auf dessen Gefahr und Kosten auf Lager zu nehmen. Bei Bestellung des Wagens ist auf Verlangen der Eisenbahn eine den Betrag einer Tagesversäumniß deckende Sicherheit zu bestellen. Wenn die Eisenbahn fest zugesagte Wagen nicht rechtzeitig stellt, so hat sie dem Besteller eine dem Wagenstandgeld entsprechende Entschädigung zu zahlen. (8) Der Lauf der in den Abs. 1 und 7 vorgesehenen Fristen

710 Anhang XV 1. Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. § 57—59.

ruht an Sonn- und Festtagen sowie für die Dauer einer zolloder steueramtlichen Abfertigung, sofern diese nicht durch den Ab­ sender verzögert wird. Der Absender hat die Dauer der Abfer­ tigung nachzuweisen.

8 57* Beförderung in gedeckten oder in offenen Wagen. (1) Der Absender ist, sofern nicht eine Bestimmung der Verkehrsordnung, oder Zoll-, Steuer- und polizeiliche Vorschriften oder zwingende Gründe des Betriebs entgegenstehen, berechtigt, durch schriftlichen Vermerk auf dem Frachtbriefe zu verlangen: 1. daß bei denjenigen Gütern, welche nach dem Tarif in offen ge­ bauten Wagen befördert werden, die Beförderung in gedeckt gebauten Wagen erfolge, 2. daß bei denjenigen Gütern, welche nach dem Tarif in gedeckt gebauten Wagen befördert werden, die Beförderung in offen gebauten Wagen stattsinde. (2) Im ersteren Falle kann die Eisenbahn einen im Tarife festzusetzenden Zuschlag zur Fracht erheben. (3) Der Taris bestimmt, ob und unter welchen Bedingungen auf den im Frachtbriefe zu stellenden Antrag des Absenders Decken für offen gebaute Wagen miethweise überlassen werden. 8 58. Verpackung und Bezeichnung des Gutes. (1) So­ weit die Natur des Frachtguts zum Schutze gegen Verlust, Minde­ rung oder Beschädigung auf dem Transport eine Verpackung nöthig macht, liegt die gehörige Besorgung derselben dem Absender ob. (2) Ist der Absender dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so ist die Eisenbahn, falls sie nicht die Annahme des Gutes ver­ weigert, berechtigt zu verlangen, daß der Absender auf dem Fracht­ briefe das Fehlen oder die Mängel der Verpackung unter spezieller Bezeichnung anerkennt und der Versandstation hierüber außerdem eine besondere Erklärung nach Maßgabe des vorgeschriebenen For­ mulars (Anlage E)1 ausstellt. Sofern ein Absender gleichartige der Verpackung bedürftige Güter unverpackt oder mit denselben Mängeln der Verpackung auf der gleichen Station aufzugeben pflegt, kann er an Stelle der besonderen Erklärung für jede Sendung ein für allemal eine allgemeine Erklärung nach dem in der An­ lage F vorgeschriebenen Formular abgeben. In diesem Falle muß der Frachtbrief außer der oben vorgesehenen Anerkennung einen Hinweis auf die der Versandstation abgegebene allgeineine Erklärung enthalten. Solche Formulare sind von der Abfertigungsstelle be­ reit zu halten. 1 Nicht mit abgedruckt.

(3) Für derartig bescheinigte sowie für solche Mängel der Ver­ packung, welche äußerlich nicht erkennbar sind, hat der Absender zu haften und jeden daraus entstehenden Schaden zu tragen be­ ziehungsweise der Bahnverwaltung zu ersetzen. Ist die Ausstellung der gedachten Erklärung nicht erfolgt, so haftet der Absender für äußerlich erkennbare Mängel der Verpackung nur, wenn ihm ein arglistiges Verfahren zur Last fällt. (4) Die Stückgüter sind in haltbarer, deutlicher und Verwechse­ lungen ausschließender Weise, genau übereinstimmend mit den An­ gaben im Frachtbrief, äußerlich zu bezeichnen (signiren). (5) Die Eisenbahn ist berechtigt zu verlangen, daß Stückgüter vom Absender mit der Bezeichnung der Bestimmungsstation in dauerhafter Weise versehen werden, sofern deren Beschaffenheit dies ohne besondere Schwierigkeit gestattet. 8 59, Zoll-, Steuer-, Polizei- und statistische Vor­ schriften. (1) Der Absender ist verpflichtet, dem Frachtbriefe die­ jenigen Begleitpapiere beizugeben, welche zur Erfüllung der etwa bestehenden Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschristen vor der Abliefe­ rung an den Empfänger erforderlich sind. Er haftet der Eisenbahn, sofern derselben nicht ein Verschulden zur Last fällt, für alle Fol­ gen, welche aus dem Mangel, der Unzulänglichkeit oder Unrichtig­ keit dieser Papiere entstehen. (2) Der Eisenbahn liegt eine Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit derselben nicht ob. (3) Die Zoll-, Steuer- und Polizeivorschriften werden, solange das Gut sich auf dem Wege befindet, von der Eisenbahn erfüllt. Sie kann diese Ausgabe unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit einem Spediteur übertragen oder gegen eine im Tarife festzusetzende Ge­ bühr selbst übernehmen. In beiden Fällen hat sie die Verpflich­ tungen eines Spediteurs. (4) Falls der Absender eine Art der Abfertigung beantragt hat, welche im gegebenen Falle nicht zulässig ist, so hat die Eisenbahn diejenige Abfertigung zu veranlassen, welche sie für das Interesse des Absenders am Vortheilhaftesten erachtet. Der Absender ist hier­ von zu benachrichtigen. (5) Der Verfügungsberechtigte kann der Zollbehandlung ent­ weder selbst oder durch einen im Frachtbriefe bezeichneten Bevoll­ mächtigten beiwohnen, um die nöthigen Aufklärungen über die Tarifirung des Gutes zu ertheilen und seine Bemerkungen beizufügen. Diese Befugniß begründet nicht das Recht, das Gut in Besitz zu nehmen oder die Zollbehandlung selbst vorzunehmen. (6) Bei der Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte steht dem

712 Anhang XV 1. BerlehrSordnung für die Sisendahnen Deutschlands.

§ 60—62.

Empfänger das Recht zu, die zoll- und steueramtliche Behandlung zu besorgen, falls nicht im Frachtbrief etwas Anderes festgesetzt ist. (7) Bezüglich der Güter, welche über die Grenzen des deut­ schen Zollgebiets ein-, aus- oder durchgeführt werden, sind die reichsgesetzlichen Bestimmungen, betreffend die Statistik des Waarenverkehrs, und die dazu erlassenen Ausführungsvorschriften zu be­ achten. Die Beschaffung der nach diesem Gesetz erforderlichen An­ meldescheine in Betreff der Ein-, Aus- und Durchfuhr liegt dem Absender beziehungsweise Empfänger ob. Sofern solche eisenbahn­ seitig bewirkt wird, kommen dafür die im Tarife festzusetzenden Gebühren zur Erhebung. Anmeldescheine, welche mit dem Stem­ pel des Kaiserlichen Statistischen Amtes nicht versehen sind, unterliegen behufs Feststellung ihrer Uebereinstimmung mit dem vorgeschriebenen Formulare der zuvorigen Abstempelung seitens der Eisenbahn gegen die im Tarife sestzusetzende Gebühr. 8 60. B erechnung der Fracht. (1) Die Grundsätze für die Frachtberechnung sind im Tarif (§ 7) anzugeben. (2) Außer den im Taris angegebenen Frachtsätzen und Ver­ gütungen für besondere im Tarife vorgesehene Leistungen dürfen nur baare Auslagen erhoben werden, insbesondere Aus-, Ein- und Durchgangsabgaben, nicht in den Tarif aufgenommene Kosten für Ueberführung und Auslagen für Ausbesserungen an den Gütern, welche in Folge ihrer äußeren oder inneren Beschaffenheit zu ihrer Erhaltung nothwendig werden. Diese Auslagen sind gehörig festzustellen und in dem Frachtbrief ersichtlich zu machen, welchem die Beweisstücke beizugeben sind. (3) Wenn die Eisenbahn die Güter von der Behausung des Absenders abholen oder aus Schiffen löschen läßt, oder an die Behausung des Empfängers oder an einen anderen Ort, z. B. nach Packhösen, Lagerhäusern, Revisionsschuppen, in Schiffe u. s. w. bringen läßt, so sind die durch die Tarife oder durch Aushang an den Abfertigungsstellen bekannt zu machenden Gebühren hierfür zu ent­ richten. Der Rollfuhrmann hat seinen Gebührentarif bei sich zu tragen und aus Verlangen vorzuzeigen. 8 61. Zahlung der Fracht. Ansprüche wegen unrich­ tiger Frachtberechnung; Verjährung solcher Ansprüche. (1) Werden die Frachtgelder nicht bei der Ausgabe des Gutes zur Beförderung berichtigt, so gelten sie als auf den Empfänger angewiesen. Die Versandstation hat im Falle der Ausstellung eines Frachtbrief-Duplikats auch in diesem die frankirten Gebühren, welche von ihr in den Frachtbrief eingetragen wurden, zu spezisiziren. (2) Bei Gütern, welche nach dem Ermessen der annehmenden

Bahn schnellem Verderben unterliegen oder wegen ihres geringen Werthes die Fracht nicht sicher decken, kann die Vorausbezahlung der Frachtgelder gefordert werden. (3) Wenn im Falle der Frankirung der Betrag der Gesammtfracht beim Versand nicht genau bestimmt werden kann, so kann die Versandbahn die Hinterlegung des ungefähren Frachtbetrags fordern. (4) Wurde der Taris unrichtig angewendet oder sind Rechnungs­ fehler bei der Festsetzung der Fracht und der Gebühren vorgekommen, so ist das zu wenig Geforderte nachzuzahlen, das zu viel Erhobene zu erstatten und zu diesem Zwecke dem Berechtigten thunlichst bald Nachricht zu geben. Zur Geltendmachung von Frachterstattungs­ ansprüchen ist der Absender oder Empfänger berechtigt, je nachdem der eine oder der andere die Mehrzahlung an die Eisenbahn geleistet hat. Zur Nachbezahlung zu wenig erhobener Frachtbeträge ist nach Auslieferung des Gutes derjenige verpflichtet, welcher die Fracht bezahlt oder nach Abs. 3 hinterlegt hat. § 90 Abs. 1 findet aus die in diesem Absatz erwähnten Ansprüche keine Anwendung. (5) Ansprüche der Eisenbahn aus Nachzahlung zu wenig er­ hobener Fracht oder Gebühren sowie Ansprüche gegen die Eisen­ bahn aus Rückerstattung zu viel erhobener Fracht oder Gebühren (Abs. 4) verjähren in einem Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Zahlung erfolgt ist. (6) Die Verjährung des Anspruchs auf Rückerstattung zu viel erhobener Fracht oder Gebühren wird durch die schriftliche Anmel­ dung des Anspruchs bei der Eisenbahn gehemmt. Ergeht auf die Anmeldung ein abschlägiger Bescheid, so beginnt der Lauf der Ver­ jährungsfrist wieder mit dem Ablaufe desjenigen Tages, an wel­ chem die Eisenbahn ihre Entscheidung dem Anmeldenden schriftlich bekannt macht und ihm die der Anmeldung etwa angeschlossenen Beweisstücke zurückstellt. Weitere Gesuche, die an die Eisenbahn oder an die vorgesetzten Behörden gerichtet werden, bewirken keine Hemmung der Verjährung. (7) Hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung bewendet es bei den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften. 8 62. Nachnahme. (1) Dem Absender ist gestattet, das Gut bis zur Höhe des Werthes desselben mit Nachnahme zu belasten. Bei denjenigen Gütern, für welche die Eisenbahn Vorausbezahlung der Fracht zu verlangen berechtigt ist (§ 61 Abs. 2), kann die Be­ lastung mit Nachnahme verweigert werden. (2) Für die aufgegebene Nachnahme wird die tarifmäßige Pro­ vision berechnet. Die Berechnung von Provision ist auch für baare

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Anhang XV 1. Verkehrsordnuug für die Eisenbahnen Deutschlands,

g 63.

Auslagen der Eisenbahn gestattet. Provisionsfrei sind die von den Eisenbahnen nachgenommenen Frachtgelder, die tarifmäßigen Neben­ gebühren, als: Frachtbrief-, Wäge-, Signir-, Lade-, Krahngelder, Zollabfertigungsgebühren u. s. w., ferner die statistische Gebühr des Waarenverkehrs sowie Portoauslagen und die Rollgelder der von der Bahnverwaltung bestellten Fuhrunternehmer. (3) Als Bescheinigung über die Auflegung von Nachnahmen dient der abgestempelte Frachtbrief, das Frachtbrief-Duplikat oder die anderweit gestattete Bescheinigung über Aufgabe von Gütern. Auf Verlangen werden außerdem besondere Nachnahmescheine, und zwar gebührenfrei ertheilt. (4) Die Eisenbahn ist verpflichtet, sobald der Betrag der Nach­ nahme von dem Empfänger bezahlt ist, den Absender hiervon zu benachrichtigen und demselben die Nachnahme auszuzahlen. Dies findet auch Anwendung auf Auslagen, welche vor der Aufgabe für das Frachtgut gemacht worden sind. Ist im Tarife die Auszahlung der Nachnahme vom Ablauf einer bestimmten Frist abhängig gemacht, so entfällt die Nothwendigkeit einer besonderen Benachrichtigung. (5) Ist das Gut ohne Einziehung der Nachnahme abgeliefert worden, so haftet die Eisenbahn für den Schaden bis zum Betrage der Nachnahme und hat denselben dem Absender sofort zu ersetzen, vorbehaltlich ihres Rückgriffs gegen den Empfänger. (6) Baarvorschüsse können zugelassen werden, wenn dieselben nach dem Ermessen des abfertigenden Beamten durch den Werth des Gutes sicher gedeckt sind.

8 63. Lieferfrist. (1) Die Lieferfristen sind durch die Tarife zu veröffentlichen und dürfen die nachstehenden Maximalfristen nicht überschreiten: a. für Eilgüter: 1. Expeditionsfrist 1 Tag, 2. Transportfrist für je auch nur angefangene 300 Kilometer . 1 Tag; b. für Frachtgüter: 1. Expeditionsfrist ................................................................ 2 Tage, 2. Transportfrist bei einer Entfernung bis zu 100 Kilometer . . 1 Tag, bei größeren Entfernungen für je auch nur ange­ fangene weitere 200 Kilometer.................................1 Tag.

(2) Wenn der Transport aus dem Bereich einer Eisenbahn­ verwaltung in den Bereich einer anderen anschließenden Verwaltung übergeht, so berechnen sich die Transportfristen aus der Gesammt-

entfernung zwischen der Aufgabe- und Bestimmungsstation, wäh­ rend die Expeditionssristen ohne Rücksicht auf die Zahl der durch den Transport berührten Verwaltungsgebiete nur einmal zur Be­ rechnung kommen. (3) Den Eisenbahnverwaltungen ist gestattet, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Zuschlagssristen für folgende Fälle festzusetzen: 1. Für solche Güter, deren Beförderung von und nach abseits von der Bahn gelegenen Orten (Güternebenstellen) die Eisen­ bahn übernommen hat. 2. Für außergewöhnliche Verkehrsverhältnisse, wobei es zulässig ist, die Zuschlagsfristen ausnahmsweise vorbehaltlich der Genehmigung der Aufsichtsbehörde festzusetzen. 3. Für den Uebergang auf Bahnen mit anderer Spurweite. Die Zuschlagsfristen sind gehörig zu veröffentlichen. Aus der Bekanntmachung muß zu ersehen sein, ob und durch welche Behörde die Genehmigung ertheilt, oder ob eine solche Vorbehalten ist. Im letzteren Falle muß die nachträglich erfolgte Genehmigung inner­ halb 8 Tagen durch eine besondere Bekanntmachung veröffentlicht werden. Die Festsetzung von Zuschlagssristen ist wirkungslos, wenn die nachträgliche Genehmigung von der Aufsichtsbehörde versagt, oder die ertheilte Genehmigung nicht rechtzeitig veröffentlicht wird. (4) Die Lieferfrist beginnt, abgesehen von dem Falle des § 55 Abs. 3, mit der auf die Annahme des Gutes nebst Frachtbrief (§ 54 Abs. 1) folgenden Mitternacht und ist gewahrt, wenn inner­ halb derselben das Gut dem Empfänger oder derjenigen Person, an welche die Ablieferung gültig geschehen kann, an die Behausung oder au das Geschästslokal zugeführt ist oder, falls eine solche Zuführung nicht zugesagt oder ausdrücklich verbeten ist (§ 68 Abs. 5), wenn innerhalb der gedachten Frist schriftliche Nachricht von der erfolgten Ankunft für den Empfänger zur Post gegeben oder solche ihm aus andere Weise wirklich zugestellt ist. (5) Für Güter, welche bahnlagernd gestellt sind, sowie für solche Güter, deren Empfänger sich die Benachrichtigung schriftlich ver­ beten haben, ist die Lieferzeit gewahrt, wenn das Gut innerhalb derselben auf der Bestimmungsstation zur Abnahme bereitgestellt ist. (6) Der Lauf der Lieferfristen ruht für die Dauer der zolloder steueramtlichen oder polizeilichen Abfertigung sowie für die Dauer einer ohne Verschulden der Eisenbahn eingetretenen Betriebs­ störung, durch welche der Antritt oder die Fortsetzung des Bahn­ transports zeitweilig verhindert wird. (7) Ist der auf die Auflieferung des Gutes zur Beförderung

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Anhang XV 1.

BerlehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands,

g 64—66.

folgende Tag ein Sonntag ober Festtag, so beginnt bei gewöhnlichem Frachtgute die Lieferfrist 24 Stunden später. (8) Falls der letzte Tag der Lieferfrist ein Sonntag ober Fest­ tag ist, so läuft bei gewöhnlichem Frachtgute die Lieferfrist erst an dem darauf folgenden Werktag ab.

§ 84. Verfügungsrecht des Absenders. (1) Der Ab­ sender allein hat das Recht, die Verfügung zu treffen, daß das Gut diif der Versandstation zurückgegeben, unterwegs angehalten oder an einen anderen, als den im Frachtbriefe bezeichneten Em­ pfänger am Bestimmungsort oder auf einer Zwischenstatton über auf einer über die Bestimmungsstation hinaus oder seitwärts ge­ legenen Station abgeliefert werde. Anweisungen des Absenders wegen nachträglicher Auflage, Erhöhung, Minderung ober Zurück­ ziehung von Nachnahmen sowie wegen nachträglicher Frankirung können nach dem Ermessen der Eisenbahn zugelassen werden. Nach­ trägliche Verfügungen oder Anweisungen anderen als des ange­ gebenen Inhalts sind unzulässig. (2) Dieses Recht steht indeß im Falle der Ausstellung eines Frachtbrief-Duplikats oder eines Aufnahmescheins (§ 54 Abs. 5 und 7) dem Absender nur dann zu, wenn er das Duplikat oder den Aufnahmeschein vorlegt. Befolgt die Eisenbahn die An­ weisungen des Absenders, ohne die Vorlegung zu verlangen, so ist sie für den daraus entstehenden Schaben bem Empfänger, welchem ber Absender die Urkunde zu übergeben hat, haftbar. (3) Derartige Verfügungen des Absenders ist die Eisenbahn zu beachten nur verpflichtet, wenn sie ihr durch Vermittelung der Versandstation zugekommen sind. (4) Tas Verfügungsrecht des Absenders erlischt, auch wenn er das Frachtbrief-Duplikat oder den Aufnahmeschein besitzt, sobald nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder die von dem letzteren nach Maßgabe des § 66 erhobene Mage der Eisenbahn zugestellt worden ist. Ist dies geschehen, so hat die Eisenbahn nur die Anweisungen des be­ zeichneten Empfängers zu beachten, widrigenfalls sie demselben für das Gut haftbar wird.

(5) Die Eisenbahn darf, unbeschadet des ihr bei Nachnahmen und Frankaturen zustehenden Ermessens, die Ausführung ber im Abs. 1 vorgesehenen Anweisungen nur dann verweigern ober ver­ zögern, ober solche Anweisungen in veränderter Weise ausführen, wenn durch die Befolgung derselben der regelmäßige Transport­ verkehr gestört würde.

(6) Die im ersten Absätze dieses Paragraphen vorgesehenen Verfügungen müssen mittelst schriftlicher und vom Absender unter­ zeichneter Erklärung nach dem Formular (Anlage G)1 erfolgen. Die Erklärung ist im Falle der Ausstellung eines FrachtbriefDuplikats oder eines Aufnahmescheins auf der betreffenden Urkunde zu wiederholen, welche gleichzeitig der Eisenbahn vorzulegen und von dieser dem Absender zurückzugeben ist. (7) Jede in anderer Form gegebene Verfügung des Absenders ist nichtig. (8) Die Eisenbahn kann den Ersatz der Kosten verlangen, welche durch die Ausführung der im Abs. 1 vorgesehenen Verfügungen entstanden sind, insoweit diese Verfügungen nicht durch ihr eigenes Verschulden veranlaßt worden sind. Diese Kosten sind im Tarif ein für allemal sestzusetzen. 8 65. Transporthindernisse. (1) Wird der Antritt oder die Fortsetzung des Eisenbahntransports ohne Verschulden des Ab­ senders zeitweilig verhindert, so hat — abgesehen von dem Falle des Abs. 3 dieses Paragraphen — die Eisenbahn den Absender um anderweitige Verfügung über das Gut anzugehen. (2) Der Absender kann vom Vertrage zurücktreten, muß aber die Eisenbahn, sofern derselben kein Verschulden zur Last fällt, für die Kosten der Vorbereitung des Transports, die Kosten der Wieder­ ausladung und die Ansprüche in Beziehung auf den etwa bereits zurückgelegten Transportweg durch Zahlung der in den Tarifen festzusetzenden Gebühren entschädigen. (3) Wenn die Fortsetzung des Transports aus einem anderen Wege stattfinden kann, so ist, unbeschadet der aus Rücksichten des allgemeinen Verkehrs ergehenden Anordnungen der Aufsichtsbehörde, der Eisenbahn die Entscheidung überlassen, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, das Gut auf einem anderen Wege dem Bestimmungsorte zuzuführen oder es anzuhalten und den Absender um anderweitige Anweisung anzugehen. (4) Ist ein Frachtbrief-Duplikat oder Aufnahmeschein ausgestellt worden und befindet sich der Absender nicht im Besitze der aus­ gestellten Urkunde, so dürfen die in diesem Paragraphen vorgesehenen Verfügungen weder die Person des Empfängers, noch den Bestim­ mungsort abändern. 8 66. Ablieferung des Gutes. (1) Die Eisenbahn ist ver­ pflichtet, am Bestimmungsorte dem bezeichneten Empfänger gegen Bezahlung ihrer durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen 1 Nicht mit abgedruckt.

718 Anhang XV 1. LerkehrSordnrmg für die Atsenba-nen Deutschlands. § 67. 68.

und gegen Bescheinigung des Empfanges (§ 68 Abs. 7) den Fracht­ brief und das Gut auszuhändigen. (2) Der Empfänger ist nach Ankunft des Gutes am Bestim­ mungsorte berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen im eigenen Namen gegen die Eisenbahn geltend zu machen, sei es, daß er hierbei im eigenen oder im fremden Interesse handle. Er ist insbesondere berechtigt, von der Eisenbahn die Uebergabe des Fracht­ briefs und die Auslieferung des Gutes zu verlangen. Dieses Recht erlischt, wenn der Absender der Eisenbahn eine nach Maßgabe des § 64 zulässige entgegenstehende Anweisung ertheilt hat. (3) Als Ort der Ablieferung gilt, vorbehaltlich der Festsetzungen im § 68 Abs. 1 bis 3, die vom Absender bezeichnete Bestimmungs­ station. Soll nach der Vorschrift des Frachtbriefs das Gut an einem an der Eisenbahn gelegenen Orte abgegeben werden oder liegen bleiben, so gilt, auch wenn im Frachtbrief ein anderweiter Be­ stimmungsort angegeben ist, der Transport als nur bis zu jenem ersteren, an der Bahn liegenden Orte übernommen, und die Ab­ lieferung hat an diesem zu erfolgen. (4) Die Empfangsbahn hat bei der Ablieferung alle durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, insbesondere Fracht und Nebengebühren, Zollgelder und andere zum Zwecke der Ausfüh­ rung des Transports gehabte Auslagen sowie die auf dem Gute haftenden Nachnahmen und sonstigen Beträge einzuziehen, und zwar sowohl für eigene Rechnung als auch für Rechnung der vorhergehen­ den Eisenbahnen und sonstiger Berechtigter. Die Empfangsbahn hat gegebenenfalls das Pfandrecht der Eisenbahn an dem Gute (H.G.B. §§ 440 ff.) geltend zu machen.

8 67. Verpflichtung des Empfängers durch An­ nahme des Gutes und des Frachtbriefs. Durch Annahme des Gutes und des Frachtbriefes wird der Empfänger verpflichtet, der Eisenbahn nach Maßgabe des Frachtbriefs Zahlung zu leisten. Vergleiche jedoch § 61 Abs. 4 wegen Berichtigung der Frachtansätze. 8 68. Verfahren bei Ablieferung des Gutes. (1) So­ weit das Abladen der Güter nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung der Eisenbahn obliegt, hat diese zu bestimmen, ob die Güter dem Empfänger an seine Behausung zuzuführen sind oder ob ihm über die Ankunft Nachricht zu geben ist. Auf den Stationen, wo hiernach die Güter dem Empfänger zugeführt werden sollen, ist dies durch Aushang an den Abfertigungsstellen bekannt zu machen. Ueber die Ankunft

der Dom Empfänger abzuladenden Güter ist diesem auf seine Kosten, vorbehaltlich der nachstehenden Ausnahmen, stets Nachricht zu geben. Sie erfolgt nach Wahl der Eisenbahn schriftlich durch die Post oder besonderen Boten, unter Angabe der Frist, innerhalb wel­ cher nach § 69 Abs. 2 das Gut abzunehmen ist, soweit nicht eine andere Art der Benachrichtigung zwischen dem Empfänger und der Eisenbahn schriftlich vereinbart worden ist. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn der Empfänger sich dieselbe verbeten hat, sowie bei bahnlagernd gestellten Gütern. Für die Ausfertigung der Benach­ richtigung darf eine Gebühr nicht berechnet werden. (2) Die Benachrichtigung hat bei gewöhnlichem Gute spätestens nach Ankunft und Bereitstellung des Gutes zu erfolgen. Bei Eilgut muß, sofern nicht außergewöhnliche Verhältnisse eine längere Frist unvermeidlich machen, die Benachrichtigung binnen 2 Stunden, die Zuführung an die Behausung des Empfängers binnen 6 Stunden nach Ankunft erfolgen. Diese Fristen ruhen an Sonn- und Fest­ tagen von 12 Uhr Mittags, an Werktagen von 6 Uhr Abends bis zum Anfänge der Dienststunden des folgenden Tages. Die Fest­ setzungen über die Lieferfrist (§ 63) werden hierdurch nicht berührt. (3) Die Eisenbahn kann, wo sie es für angemessen erachtet, Rollfuhrunternehmer zum An- und Abfahren der Güter innerhalb des Stationsorts oder von und nach seitwärts gelegenen Ortschaften bestellen, auch an letzteren Güternebenstellen einrichten. Die Roll­ fuhrunternehmer gelten als Leute der Eisenbahn im Sinne des § 9 der Verkehrsordnung. Vergleiche § 60 Abs. 3. (4) Sind für Güter, deren Bestimmungsort nicht an der Eisenbahn gelegen oder eine nicht für den Güterverkehr eingerichtete Station ist, seitens der Verwaltung Einrichtungen zum Weiter­ transporte nicht getroffen, so hat die Eisenbahn, wenn nicht wegen sofortiger Weiterbeförderung vom Absender oder Empfänger Ver­ fügung getroffen ist, entweder den Empfänger nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen zu benachrichtigen oder die Güter mittelst eines Spediteurs oder einer anderen Gelegenheit nach dem Bestim­ mungsort auf Gefahr und Kosten des Absenders weiter befördern zu lassen. (5) Diejenigen Empfänger, welche ihre Güter selbst abholen oder sich anderer als der von der Eisenbahn bestellten Fuhrunter­ nehmer bedienen wollen, haben dies der Güter-Abfertigungsstelle rechtzeitig vorher, jedenfalls noch vor Ankunft des Gutes, auf Er­ fordern der Abfertigungsstelle unter glaubhafter Bescheinigung ihrer Unterschrift, schriftlich anzuzeigen. Die Befugniß der Empfänger, ihre Güter selbst abzuholen oder durch andere als von der Eisen-

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Anhang XV 1.

VerlehrSardnnng für die Eisenbahnen Deutschlands.

§ 69.

bahn bestellte Fuhrunternehmer abholen zu lassen, kann von der Eisenbahn im allgemeinen Verkehrsinteresse mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde beschränkt oder aufgehoben werden. (6) Müssen Güter den bestehenden Vorschriften zufolge nach den Abfertigungsräumen oder nach Niederlagen der Zoll- oder Steuerverwaltung oder nach sonstigen in den Vorschriften bezeichneten Räumen verbracht werden, so geschieht dies durch die Eisenbahn, auch wenn der Empfänger sich die Selbstabholung Vorbehalten hat, es sei denn, daß die Eisenbahn ihm die Vorführung überläßt. (7) Die Auslieferung des Gutes erfolgt gegen Zahlung der etwa darauf haftenden Fracht- und sonstigen Beträge und gegen Aus­ stellung der Empfangsbescheinigung. Letztere hat sich auf die ein­ fache Anerkennung des Empfanges zu beschränken; weitere Erklä­ rungen, namentlich über tadellosen oder rechtzeitigen Empfang, dür­ fen nicht gefordert werden. Güter, welche nicht durch die Eisen­ bahn zuzuführen sind, werden dem Empfänger auf Vorzeigung des seitens der Eisenbahn quittirten Frachtbriefs zur Verfügung ge­ stellt, und zwar die vom Empfänger auszuladenden aus den Ent­ ladeplätzen, die übrigen Güter in den Abfertigungsräumen (aus den Güterböden). (8) Der Empfänger ist berechtigt, bei der Auslieferung von Gütern deren Nachwägung in seiner Gegenwart auf dem Bahnhöfe zu verlangen. Diesem Verlangen muß die Eisenbahn bei Stückgütern stets, bei Wagenladungsgütern insoweit, als die vorhandenen Wäge­ vorrichtungen dazu ausreichen, nachkommen. Gestatten die Wäge­ vorrichtungen der Eisenbahn eine Verwiegung von Wagenladungs­ gütern auf dem Bahnhöfe nicht, so bleibt dem Empfänger überlassen, die Verwiegung da, wo derartige Wägevorrichtungen am nächsten zur Verfügung stehen, in Gegenwart eines von der Eisenbahn zu bestellenden Bevollmächtigten vornehmen zu lassen. Ergiebt die Nachwägung kein von der Eisenbahn zu vertretendes Mindergewicht, so hat der Empfänger die durch die Verwiegung entstandenen Kosten oder die tarifmäßigen Gebühren sowie die Entschädigung für den etwa bestellten Bevollmächtigten zu tragen. Dagegen hat die Eisen­ bahn, falls ein von ihr zu vertretendes und nicht bereits aner­ kanntes Mindergewicht festgestellt wird, dem Empfänger die ihm durch die Nachwägung verursachten Kosten zu erstatten. 8 69, Fristen für die Abnahme der nicht zugerollten Güter. (1) Die nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung durch die Eisenbahn aus­ zuladenden Güter sind binnen der im Tarife festzustellenden lager­ zinsfreien Zeit, welche nicht weniger als 24 Stunden nach Absendung

beziehungsweise Empfang (vergleiche § 68 Abs. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 4) der Benachrichtigung betragen darf, während der vorgeschriebenen Geschäftsstunden abzunehmen. (2) Die Fristen, binnen welcher die von dem Empfänger ab­ zuladenden Güter durch denselben auszuladen und abzuholen sind, werden durch die besonderen Vorschriften jeder Verwaltung festgesetzt und sind, sofern sie für deren ganzes Gebiet gleichmäßig erlassen werden, durch den Tarif, anderenfalls auf jeder Station durch Aus­ hang an den Abfertigungsstellen sowie durch Bekanntmachung in einem Lokalblatte zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Erfolgt die Benachrichtigung über die Ankunft des Gutes durch die Post, so beginnen diese Fristen frühestens 3 Stunden nach der Aufgabe des Benachrichtigungsschreibens zur Post. (3) Für bahnlagernd gestellte sowie für solche Güter, deren Em­ pfänger sich die Benachrichtigung schriftlich verbeten haben, beginnt der Lauf der im Abs. 1 und 2 erwähnten Fristen mit Ankunft des Gutes. (4) Der Laus der Entlade- und Abholungssristen (Abs. 2) ruht während der Sonn- und Festtage sowie für die Dauer einer zolloder steueramtlichen Abfertigung, sofern diese nicht durch den Ab­ sender oder den Empfänger verzögert wird. Seitens der letzteren ist die Dauer der Abfertigung nachzuweisen.

(5) Wer das Gut nicht innerhalb der in diesem Paragraphen erwähnten Fristen abnimmt, hat ein in den Tarifen festzusetzendes Lagergeld oder Wagenstandgeld zu bezahlen. Auch ist die Eisen­ bahn berechtigt, die Ausladung der nach den Vorschriften dieser Ord­ nung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung vom Empfänger auszuladenden Güter auf dessen Gefahr und Kosten zu besorgen. (6) Dagegen ist die Eisenbahn zum Ersätze der nachgewiesenen Kosten der zwar rechtzeitig, aber vergeblich versuchten Abholung eines Gutes in dem Falle verpflichtet, wenn das Gut auf Benachrichtigung des Empfängers von der Ankunft nicht spätestens innerhalb 1 Stunde nach dem Eintreffen des Abholers zur Entladung oder Abgabe bereitgestellt ist. (7) Wenn der geregelte Verkehr durch große Güteranhäufungen gefährdet wird, so ist die Eisenbahn zur Erhöhung der Lagergelder und der Wagenstandgelder und, wenn diese Maßregel nicht ausreichen sollte, auch zur Verkürzung der Ladefristen und zur Beschränkung der lagerzinsfreien Zeit für die Dauer der Anhäufung der Güter, und zwar alles dieses unter Beachtung der für die Festsetzung von Friedberg, HandelSgesgbg. 7. Aufl.

4G

722 Anhang XV 1. BertehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. §70—74. Zuschlagsfristen im § 63 Abs. 3 Ziffer 2 gegebenen Vorschriften berechtigt. § 70. Ablieferungshindernisse. (1) Ist der Empfänger des Gutes nicht zu ermitteln, verweigert oder verzögert er die An­ nahme oder die Abnahme oder ergiebt sich ein sonstiges Abliefe­ rungshinderniß, so hat die Empfangsstation den Absender durch Vermittelung der Versandstation von der Ursache des Hindernisses unverzüglich in Kenntniß zu setzen und dessen Anweisung einzuholen. In keinem Falle darf das Gut ohne ausdrückliches Einverständniß des Absenders zurückgesendet werden. (2) Ist die Benachrichtigung des Absenders den Umständen nach nicht thunlich oder ist der Absender mit der Ertheilung der Anweisung säumig oder die Anweisung nicht ausführbar, so hat die Eisenbahn das Gut auf Gefahr und Kosten des Absenders auf Lager zu nehmen und dabei die Sorgfalt eines ordentlichen Kauf­ manns anzuwenden. Sie ist jedoch nach ihrem Ermessen auch be­ rechtigt, solche Güter unter Nachnahme der darauf haftenden Kosten und Auslagen bei einem öffentlichen Lagerhaus oder einem Spedi­ teur für Rechnung und Gefahr dessen, den es angeht, zu hinter­ legen. (3) Tie Eisenbahn ist ferner befugt: a) Güter der im ersten Absatz erwähnten Art, wenn sie dem schnellen Verderben ausgesetzt sind, oder wenn sie nach den ört­ lichen Verhältnissen weder eingelagert noch einem Spediteur übergeben werden können, sofort, b) Güter, welche weder vom Empfänger abgenommen noch vom Absender zurückgenommen werden, frühestens 4 Wochen nach Ablauf der lagerzinsfreien Zeit, falls aber deren Werth durch längere Lagerung oder durch die daraus entstehenden Kosten unverhältnißmäßig vermindert würde, auch schon früher, ohne weitere Förmlichkeit bestmöglich zu verkaufen. Von dem be­ vorstehenden Verkauf ist der Absender womöglich zu benachrichtigen, auch ist ihm der Erlös nach Abzug der Kosten zur Verfügung zu stellen. (4) Von der Hinterlegung und dem vollzogenen Verkaufe des Gutes ist der Absender und der Empfänger unverzüglich zu benach­ richtigen, es sei denn, daß dies unthunlich ist. Im Falle der Unterlassung ist die Eisenbahn zum Schadensersätze verpflichtet. 8 71. Feststellung von Verlust und Beschädigung des Gutes seitens der Eisenbahn. (1) In allen Verlust-, Minderungs- und Beschädigungsfällen haben die Eisenbahnverwaltungen sofort eine eingehende Untersuchung vorzunehmen, das Ergebniß

schriftlich festzustellen und dasselbe den Betheiligten auf ihr Ver­ langen mitzutheilen. (2) Wird insbesondere eine Minderung oder Beschädigung des Gutes von der Eisenbahn entdeckt oder vermuthet oder seitens des Verfügungsberechtigten behauptet, so hat die Eisenbahn den Zustand des Gutes, den Betrag des Schadens und, soweit dies möglich, die Ursache und den Zeitpunkt der Minderung oder Beschädigung ohne Verzug protokollarisch festzustellen. Eine protokollarische Feststellung hat auch int Falle des Verlustes stattzufinden. (3) Zur Feststellung in Minderungs- und Beschädigungssällen sind unbetheiligte Zeugen oder, soweit dies die Umstände des Falles erfordern, Sachverständige, auch womöglich der Verfügungsberech­ tigte beizuziehen. 8 72. Feststellung von Mängeln des Gutes durch amt­ lich bestellte Sachverständige oder durch die Gerichte. Je­ dem Betheiligten steht, unbeschadet des in dem § 71 vorgesehenen Verfahrens, das Recht zu, die Feststellung einer Beschädigung oder Minderung des Gutes durch Sachverständige, welche von dem Ge­ richt oder einer anderen zuständigen Behörde ernannt sind, vor­ nehmen zu lassen. Bei diesem Verfahren ist auch dann, wenn die Sachverständigen nicht durch das Gericht ernannt sind, die Eisen­ bahn zuzuziehen. 8 73. Aktivlegitimation. Reklamationen. (1) Zur Geltendmachung der aus dem Eisenbahnfrachtvertrage gegenüber der Eisenbahn entspringenden Rechte ist nur derjenige befugt, welchem das Verfügungsrecht über das Frachtgut zusteht. Bezüglich der Berechtigung zur Erhebung von Frachterstattungsanträgen vergleiche § 61 Abs. 4. (2) Vermag der Absender das Duplikat des Frachtbriefs, den Aufnahmeschein oder eine Bescheinigung der Versandstation, daß eine solche Urkunde nicht ausgestellt ist, nicht beizubringen, so kann er seinen Anspruch nur mit Zustimmung des Empfängers geltend machen, es wäre denn, daß er den Nachweis beibringt, daß der Empfänger die Annahme des Gutes verweigert hat. (3) Außergerichtliche Ansprüche (Reklamationen) sind mit einer Bescheinigung über den Werth des Gutes und, wenn dem Em­ pfänger der Frachtbrief übergeben ist, mit diesem schriftlich anzu­ bringen. Die Eisenbahnen haben derartige Ansprüche mit thunlichster Beschleunigung zu untersuchen und, sofern nicht eine gütliche Verständigung erfolgt, mittelst schriftlichen Bescheids zu erledigen. 8 74. Haftpflicht mehrerer an der Beförderung betheiligter Eisenbahnen. (1) Diejenige Bahn, welche das Gut mit dem 46*

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Anhang XVI.

Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands.

6 75—77.

Frachtbriefe zur Beförderung angenommen hat, haftet für die Aus­ führung der Beförderung auch auf den folgenden Bahnen bis zur Ablieferung des Gutes an den Empfänger. (2) Jede nachfolgende Bahn tritt dadurch, daß sie das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbrief annimmt, diesem gemäß in den Frachtvertrag ein und übernimmt die selbständige Verpflichtung, die Beförderung nach dem Inhalte des Frachtbriefs auszuführen. (3) Tie Ansprüche aus dem Frachtverträge können jedoch — unbeschadet des Rückgriffs der Bahnen unter einander — im Wege der Klage nur gegen die erste Bahn oder gegen diejenige, welche das Gut zuletzt mit dem Frachtbrief übernommen hat, oder gegen die­ jenige, auf deren Bctriebsstrecke sich der Schaden ereignet hat, ge­ richtet werden. Unter den bezeichneten Bahnen steht dem Kläger die Wahl zu. Das Wahlrecht erlischt mit Erhebung der Klage. (4) Im Wege der Widerklage oder mittelst Aufrechnung können Ansprüche aus dem Frachtvertrag auch gegen eine andere als die bezeichneten Bahnen geltend gemacht werden, wenn die Klage sich auf denselben Frachtvertrag gründet. (5) Hat auf Grund dieser Vorschriften eine der betheiligten Bahnen Schadensersatz geleistet, so steht ihr der Rückgriff gegen die­ jenige Bahn zu, welche den Schaden verschuldet hat. Kann diese nicht ermittelt werden, so haben die betheiligten Bahnen den Scha­ den nach dem Verhältniß ihrer Antheile an der Fracht gemeinsam zu tragen, soweit nicht festgestellt wird, daß der Schaden nicht auf ihrer Besörderungsstrecke entstanden ist. Die Befugniß der Eisen­ bahnen, über den Rückgriff im voraus oder im einzelnen Falle andere Vereinbarungen zu treffen, wird durch die vorstehenden Bestim­ mungen nicht berührt. 8 75. Haftpflicht der Eisenbahn für Verlust, Minde­ rung oder Beschädigung des Gutes im Allgemeinen. (1) Die Eisenbahn haftet, vorbehaltlich der Bestimmungen in den folgenden Paragraphen, für den Schaden, welcher durch Verlust, Minderung oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Annahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, daß der Scha­ den durch ein Verschulden oder eine nicht von der Eisenbahn ver­ schuldete Anweisung des Verfügungsberechtigten, durch höhere Ge­ walt, durch äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung oder durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes, namentlich durch inne­ ren Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage, verursacht ist. (2) Der Ablieferung an den Empfänger steht die Ablieferung an Zoll- und Revisionsschuppen nach Ankunft des Gutes auf der Bestimmungsstation sowie die nach Maßgabe der Verkehrsordnung

stattfindende Ablieferung des Gutes an Lagerhäuser oder an einen Spediteur gleich.

8 76. Beschränkung der Haftung bezüglich des Be­ stimmungsorts. (1) Ist auf dem Frachtbrief als Ort der Ab­ lieferung ein nicht an der Eisenbahn liegender Ort bezeichnet, so be­ steht die Haftpflicht der Eisenbahn als Frachtführer nur bis zur letzten Eisenbahnstation. In Bezug auf die Weiterbeförderung treten die Verpflichtungen des Spediteurs ein. (2) Für Sendungen nach solchen seitwärts gelegenen Orten jedoch, nach welchen die Eisenbahn Einrichtungen für die Weiterbeförde­ rung getroffen hat (§ 68 Abs. 3), erstreckt sich die Haftpflicht der Eisenbahn als Frachtführer auf den ganzen Transport.

8 77. Besch rünkungder Haftpflicht bei besonderen Ge­ fahren. (1) Die Eisenbahn hastet nicht: 1. in Ansehung der Güter, die nach der Bestimmung dieser Ord­ nung oder des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief aus­ genommenen Vereinbarung mit dem Absender in offen gebauten Wagen befördert werden, für den Schaden, welcher aus der mit dieser Beförderungs­ art verbundenen Gefahr entsteht; hierunter ist auffallender Gewichtsabgang oder der Verlust ganzer Stücke nicht zu verstehen; 2. in Ansehung der Güter, die, obgleich ihre Natur eine Ver­ packung zum Schutze gegen gänzlichen oder theilweisen Verlust oder Beschädigung während der Beförderung erfordert, nach Er­ klärung des Absenders auf dem Frachtbriefe (§ 58) unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung zur Beförderung aufge­ geben sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder mit der mangelhaften Beschaffenheit der Verpackung verbundenen Gefahr entsteht; 3. in Ansehung der Güter, deren Auf- und Abladen nach der Be­ stimmung dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief aufgenommenen Vereinbarung mit dem Ab­ sender von diesem oder von dem Empfänger besorgt wird, für den Schaden, welcher aus der mit dem Auf- und Ab­ laden oder mit einer mangelhaften Verladung verbundenen Gefahr entsteht; 4. in Ansehung der Güter, die vermöge ihrer eigenthümlichen natürlichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, gänzlichen oder theilweisen Verlust oder Beschädigung, nament-

726 Anhang XV 1. BerkehrSsrdmmg für die Sifendnhnea Deutschlands. 878—81.

lich Bruch, Rost, inneren Verderb, außergewöhnliche Leckage, Austrocknung und Verstreuung zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entsteht; 5. in Ansehung lebender Thiere, für den Schaden, welcher aus der für sie mit der Beförderung verbundenen besonderen Gefahr entsteht; 6. in Ansehung derjenigen Güter, einschließlich der Thiere, wel­ chen nach dieser Ordnung, dem Tarif oder einer in den Fracht­ brief aufgenommenen Vereinbarung mit dem Absender ein Be­ gleiter beizugeben ist, für den Schaden, welcher aus der Gefahr entsteht, deren Ab­ wendung durch die Begleitung bezweckt wird. (2) konnte ein eingetretener Schaden den Umständen nach aus einer der im Absatz 1 bezeichneten Gefahren entstehen, so wird ver­ muthet, daß er aus dieser Gefahr entstanden sei. (3) Eine Befreiung von der Haftpflicht kann auf Grund dieser Vorschriften nicht geltend gemacht werden, wenn der Schaden durch Verschulden der Eisenbahn entstanden ist. § 78. Beschränkung der Haftung bei Gewichtsver­ lusten. (1) Bei Gütern, die nach ihrer natürlichen Beschassenheit bei der Beförderung regelmäßig einen Gewichtsverlust erleiden, ist die Haftpflicht der Eisenbahn für Gewichtsverluste bis zu nachstehen­ den Normalsätzen ausgeschlossen. (2) Der Normalsatz beträgt 2 Prozent bei flüssigen und feuchten sowie bei nachstehenden trockenen Gütern: geraspelte und gemahlene Farbhölzer, Rinden, Wurzeln, Süßholz, geschnittener Taback, Fettwaaren, Seifen und harte Oele, frische Früchte, frische Tabacksblätter, Schafwolle, Häute, Felle, Leder, getrocknetes und gebackenes Obst, Thierflechsen, Hörner und Klauen, Knochen (ganz und gemahlen),

getrocknete Fische, Hopfen, frische Kitte. (3) Bei allen übrigen trockenen Gütern der im Abs. 1 be­ zeichneten Art beträgt der Normalsatz 1 Prozent. (4) Der Normalsatz wird, falls mehrere Stücke aus denselben Frachtbrief befördert werden, für jedes Stück besonders berechnet, wenn das Gewicht der einzelnen Stücke im Frachtbriefe verzeichnet ist oder sonst sestgestellt toerben kann. (5) Die Beschränkung der Haftpflicht tritt nicht ein, soweit der Verlust den Umständen nach nicht in Folge der natürlichen Be­ schaffenheit des Gutes entstanden ist, oder soweit der angenommene Satz dieser Beschaffenheit oder den sonstigen Umständen des Falles nicht entspricht. (6) Bei gänzlichem Verluste des Gutes findet ein Abzug für Gewichtsverlust nicht statt.

8 79. Vermuthung für den Verlust des Gutes. Der zur Klage Berechtigte kann das Gut ohne weiteren Nachweis als in Verlust gerathen betrachten, wenn sich dessen Ablieferung um mehr als 30 Tage nach Ablauf der Lieferfrist (§ 63) verzögert. 8 80. Höhe des Schadensersatzes bei Verlust oder Minderung des Gutes. Muß auf Grund des Frachtvertrags von der Eisenbahn für gänzlichen oder theilweisen Verlust des Gutes Ersatz geleistet werden, so ist der gemeine Handelswerth und in dessen Ermangelung der gemeine Werth zu ersetzen, welchen Gut derselben Art und Beschaffenheit am Orte der Absendung in dem Zeitpunkte der Annahme zur Beförderung hatte, unter Hinzurech­ nung dessen, was an Zöllen und sonstigen Kosten sowie an Fracht bereits bezahlt ist. Vergleiche jedoch § 88. 8 81. Beschränkung der Höhe des Schadensersatzes durch die Tarife. (1) Die Eisenbahnen können in besonderen Be­ dingungen (Ausnahmetarisen) einen im Falle des Verlustes, der Minderung oder der Beschädigung zu erstattenden Höchstbetrag fest­ setzen, sofern diese Ausnahmetarise eine Preisermäßigung für die ganze Beförderung gegenüber den gewöhnlichen Tarifen der Eisen­ bahn enthalten und der gleiche Höchstbetrag auf die ganze Beförde­ rungsstrecke Anwendung findet. (2) Den Eisenbahnen ist ferner gestattet, im Falle des gänz­ lichen oder theilweisen Verlustes oder der Beschädigung von Kostbar­ keiten, Kunstgegenständen, Geld und Werthpapieren zu leistende Ent­ schädigung in den Tarifen auf einen Höchstbetrag zu beschränken.

728 Anhang XV 1.

Verkehrsordnung für die SNendahneu Deutschlands, g 82—87.

(3) Wegen der Fälle, in denen voller Ersatz zu leisten ist, ver­ gleiche § 88. 8 82. Wiederauffinden des Gutes. (1) Der Entschädi­ gungsberechtigte kann, wenn er die Entschädigung für das in Ver­ lust gerathene Gut in Empfang nimmt, mit der Quittung den Vor­ behalt machen, daß er, für den Fall, als das Gut binnen 4 Mo­ naten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden wird, hiervon seitens der Eisenbahnverwaltung sofort benachrichtigt werde. Ueber den Vorbehalt ist eine Bescheinigung zu ertheilen. (2) In diesem Falle kann der Entschädigungsberechtigte inner­ halb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht verlangen, daß ihm das Gut nach seiner Wahl an dem Versand- oder an dem im Fracht­ brief angegebenen Bestimmungsorte kostenfrei gegen Rückerstattung der ihm bezahlten Entschädigung ausgeliesert werde. (3) Wenn der im ersten Absatz erwähnte Vorbehalt nicht gemacht worden ist, oder wenn der Entschädigungsberechtigte in der im zweiten Absätze bezeichneten dreißigtägigen Frist das dort vorge­ sehene Begehren nicht gestellt hat, oder endlich, wenn das Gut erst nach 4 Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden wird, so kann die Eisenbahn über das wieder aufgesundene Gut srei verfügen. 8 83. Höhe des Schadensersatzes bei Beschädigung des Gutes. Im Falle der Beschädigung des Gutes ist für die Minde­ rung des im § 80 bezeichneten Werthes Ersatz zu leisten. Ist für den zu ersetzenden Werth des Gutes aus Grund der Bestimmungen des § 81 im Tarif ein Höchstbetrag festgesetzt, so wird der für die Beschädigung zu leistende Ersatz verhältnißmäßig gekürzt. Ver­ gleiche jedoch § 88. 8 84. Angabe des Interesses an der Lieferung. Ihre Voraussetzungen. (1) Der Absender kann das Interesse an der Lieferung mit den in den §§ 85 ünd 87 vorgesehenen Rechtswirkungeu im Frachtbrief angeben. In diesem Falle ist ein im Tarife festzu­ setzender Frachtzuschlag zu entrichten. (2) Die Summe, zu welcher das Interesse an der Lieferung angegeben wird, muß im Frachtbrief an der dafür vorgesehenen Stelle mit Buchstaben eingetragen werden. (3) Der Frachtzuschlag ist für untheilbare Einheiten von je 10 Mark und 10 Kilometer zu berechnen und darf 2,5 Pfennig für 1 Kilometer und für je 1000 Mark des als Interesse angegebenen Betrags nicht übersteigen. Der geringste zur Erhebung kommende Frachtzuschlag beträgt für den ganzen Durchlauf 40 Pfennig. Ueberschießende Beträge werden aus 10 Pfennig abgerundet.

(4) Ist die Ersatzpslicht nach den Vorschriften des § 81 auf einen Höchstbetrag beschränkt, so findet eine Angabe des Interesses an der Lieferung über diesen Betrag hinaus nicht statt. § 85. Höhe des Schadensersatzes für Verlust, Minde­ rung oder Beschädigung bei Angabe des Interesses an der Lieferung. Hat eine Angabe des Interesses an der Lieferung stattgefunden (§ 84), so kann im Falle des Verlustes, der Minderung oder der Beschädigung des Gutes außer der in den §§ 80 und 83 bezeichneten Entschädigung der Ersatz des weiter entstandenen Scha­ dens bis zu dem angegebenen Betrage beansprucht werden. 8 86. Haftung für Versäumung der Lieferfrist. Die Eisenbahn haftet für den Schaden, welcher durch Versäumung der Lieferfrist (§ 63) entstanden ist, es sei denn, daß die Verspätung von einem Ereignisse herrührt, welches sie weder herbeigeführt hat noch abzuwenden vermochte. 8 87. Höhe des Schadensersatzes bei Versäumung der Lieferfrist. (1) Wenn auf Grund des vorhergehenden Paragraphen für Versäumung der Lieferfrist Ersatz zu leisten ist, so können folgende Vergütungen beansprucht werden: I. Wenn eine Angabe des Interesses an der Lieferung nicht stattgefunden hat: 1. ohne Nachweis eines Schadens, falls die Verspätung 12 Stun­ den übersteigt: beieiner Verspätung bis einschließlich 1 Tag Vio der Fracht, 2 Tage 2/10 * * * 3 3/io ' 4 Vio von längerer Dauer 5/io 2. Wird der Nachweis eines Schadens erbracht, so kann der Betrag des Schadens bis zur Höhe der ganzen Fracht beansprucht werden. II. Wenn eine Angabe des Interesses an der Lieferung stattge­ funden hat: 1. ohne Nachweis eines Schadens, falls die Verspätung 12 Stun­ den übersteigt: beieiner Verspätung bis einschließlich 1 Tag2/i0 der Fracht, 2 Tage Vio 3 6/io -

-

-

-

-

-

4

-

8/10 -

von längerer Dauer die ganze Fracht. 2. Wird der Nachweis eines Schadens erbracht, so kann der Be­ trag des Schadens beansprucht werden.

730 Anhang XV1. DerlehrSordnung für die vifendahnen Deutschlands. 8 88—91.

In beiden Fällen darf die Vergütung den angegebenen Betrag des Interesses nicht übersteigen. (2) ist keine (3) gleiche §

Beweist die Eisenbahn, daß kein Schaden entstanden ist, so Vergütung zu leisten. Wegen der Fälle, in denen voller Ersatz zu leisten ist, ver­ 88.

8 88. Schadensersatz bei lässigkeit der Eisenbahn. Ist grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn Fällen Ersatz des vollen Schadens

Vorsatz oder grober Fahr­ der Schaden durch Vorsatz oder herbeigeführt, so kann in allen gefordert werden.

8 89. Verwirkung der Ersatzansprüche. Werden Gegen­ stände, die von der Beförderung ausgeschlossen oder zur Besörderung nur bedingungsweise zugelassen sind, unter unrichtiger oder unge­ nauer Bezeichnung aufgegeben, oder werden die für diese Gegen­ stände vorgesehenen Sicherheitsmaßregeln von dem Absender unter­ lassen, so ist die Haftpflicht der Eisenbahn auf Grund des Fracht­ vertrags ausgeschlossen.

8 90. Erlöschen der Ansprüche nach Bezahlung der Fracht und Annahme des Gutes. (1) Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute hastenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so sind alle Ansprüche gegen die Eisenbahn aus dem Frachtvertrag erloschen. (2) Hiervon sind jedoch ausgenommen: 1. Entschädigungsansprüche für Schäden, die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigefühn worden sind; 2. Entschädigungsansprüche wegen Verspätung, wenn sie spätestens am vierzehnten Tage, den Tag der Annahme nicht mitgerechnet, bei einer der nach § 74 in Anspruch zu nehmenden Eisenbahnen schriftlich angebracht werden; 3. Entschädigungsansprüche wegen solcher Mängel, die gemäß § 71 oder 72 festgestellt worden sind, bevor der Empfänger das Gut angenommen hat, oder deren Feststellung nach § 71 hätte er­ folgen sollen und durch Verschulden der Eisenbahn unter­ blieben ist; 4. Entschädigungsansprüche wegen solcher Mängel, die bei der An­ nahme äußerlich nicht erkennbar waren, jedoch nur unter nach­ stehenden Voraussetzungen: a) es muß unverzüglich nach der Entdeckung des Mangels und spätestens binnen einer Woche nach der Annahme zu dessen Feststellung entweder bei Gericht die Besichtigung des Gutes durch Sachverständige oder schriftlich bei der Eisenbahn eine

gemäß § 71 vorzunehmende Untersuchung des Gutes bean­ tragt werden; b) der Berechtigte muß beweisen, daß der Mangel während der Zeit zwischen der Annahme zur Beförderung und der Ab­ lieferung entstanden ist. (3) Es steht dem Empfänger frei, die Annahme des Gutes, auch nach der Annahme des Frachtbriefs und Bezahlung der Fracht, insolange zu verweigern, als nicht seinem Antrag auf Feststellung der von ihm behaupteten Mängel stattgegeben ist. Vorbehalte bei der Annahme des Gutes sind wirkungslos, sofern sie nicht unter Zu­ stimmung der Eisenbahn erfolgt sind. (4) Wenn von mehreren auf dem Frachtbriefe verzeichneten Gegenständen einzelne bei der Ablieferung fehlen, so kann der Em­ pfänger in der Empfangsbescheinigung die nicht abgelieferten Gegen­ stände unter spezieller Bezeichnung derselben ausschließen. 8 91, Verjährung der Ansprüche gegen die Eisen­ bahn wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder Verspätung des Gutes. (1) Die Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Abliefe­ rung des Gutes verjähren in einem Jahre. (2) Die Verjährung beginnt im Falle der Beschädigung oder Minderung mit dem Abläufe des Tages, an welchem die Ablieferung stattgefunden hat, im Falle des gänzlichen Verlustes oder der verspä­ teten Ablieferung mit dem Ablaufe der Lieferfrist. (3) Die Verjährung wird durch die schriftliche Anmeldung des Anspruchs bei der Eisenbahn gehemmt. Ergeht auf die Anmeldung ein abschlägiger Bescheid, so beginnt der Lauf der Verjährungsfrist wieder mit dem Tage, an welchem die Eisenbahn ihre Entscheidung dem Anmeldenden schriftlich bekannt macht und ihm die der Anmel­ dung etwa angeschlossenen Beweisstücke zurückstellt. Weitere Ge­ suche, die an die Eisenbahn oder an die vorgesetzten Behörden ge­ richtet werden, bewirken keine Hemmung der Verjährung. (4) Für die Unterbrechung der Verjährung bewendet es bei den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften. (5) Die im Absatz 1 bezeichneten Ansprüche können nach der Vollendung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn vorher der Verlust, die Minderung, die Beschädigung oder die verspätete Ab­ lieferung der Eisenbahn angezeigt oder die Anzeige an sie abgesendet worden ist. Der Anzeige an die Eisenbahn steht es gleich, wenn gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt oder in einem zwischen dem Absender und dem Empfänger oder einem späteren Erwerber des Gutes wegen des Verlustes, der Minderung,

732 Anhang XV 2. Internat. Uebereinkommen über d.Visenbahnfrachtverkehr. Art. 1.2. der

Beschädigung

oder

der

verspäteten

Ablieferung

anhängigen

Rechtsstreite der Eisenbahn der Streit verkündet wird. (6) Die Vorschriften dieses Paragraphen finden keine Anwen­

dung, wenn die Eisenbahn den Verlust, die Minderung, die Beschä­

digung oder die verspätete Ablieferung des Gutes vorsätzlich herbei­

geführt hat.

Sie finden ferner keine Anwendung auf Rückgriffs­

ansprüche der Eisenbahnen unter einander.

XV 2 Internationales Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr.* Vom 14. Oktober 1890

(RGBl 1892, 793). Zusatzübereinkommen

16. Juni 1898 (RGBl 1901, 295).

S. M. der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Teutschen Reichs, S. M. der König der Belgier, der Präsident

der Französischen Republik, S. M. der König von Italien, S. M. der König der Niederlande, Prinz von Oranien-Nassau, Großherzog von Luxemburg,

S.

M.

der

Kaiser

von Oesterreich,

König

von

Böhmen u. s. w. und Apostolischer König von Ungarn, zugleich in Vertretung des Fürstenthums Liechtenstein, S. M. der Kaiser aller Reußen und der Schweizerische Bundesrath

haben sich entschlossen, auf Grund des in ihrem Auftrage aus­ gearbeiteten und

in dem Protokoll d.

d.

Bern,

17.

Juli

1886,

niedergelegten Entwurfes, ein internationales Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr abzuschließen und zu diesem Zwecke als

ihre Bevollmächtigten ernannt [folgen die Namens, welche nach gegen­ seitiger Mittheilung ihrer, in guter und gehöriger Form befundenen

Vollmachten über nachstehende Artikel übererngekommen sind:

Art. 1. Das gegenwärtige internationale Uebereinkommen findet Anwendung auf alle Sendungen von Gütern, welche auf Grund eines durchgehenden Frachtbriefes aus dem Gebiete eines der vertrag­

schließenden Staaten in das Gebiet eines anderen vertragschließen­ den Staates aus denjenigen Eisenbahnstrecken befördert werden, welche

1 Die Aussührungsbestimmungen sind in den Anmerkungen mitgetheilt. Das Protokoll ist am Schluß abgedruckt.

zu diesem Zwecke in der anliegenden Liste/ vorbehaltlich der in Art. 58 vorgesehenen Aenderungen, bezeichnet sind. Die Bestimmungen, welche zur Ausführung des gegenwärtigen Uebereinkommens von den vertragschließenden Staaten vereinbart werden, sollen dieselbe rechtliche Wirkung haben, wie das Uebereinkommen selbst. Art. 2. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Uebereinkommens finden keine Anwendung auf die Beförderung folgender Gegenstände: 1. derjenigen Gegenstände, welche auch nur in einem der am Transport betheiligten Gebiete dem Postzwange unterworfen sind; 2. derjenigen Gegenstände, welche wegen ihres Umsangs, ihres Gewichts oder ihrer sonstigen Beschaffenheit, nach der Anlage nnd dem Betriebe auch nur einer der Bahnen, welche an der Ausführung des Transportes theilzunehmen haben, sich zur Beförderung nicht eignen; 1 Die Liste (Anlage 1 des Uebereinkommens) ist hier nicht mit abgedruckt worden. Die Liste ist ergänzt und berichtigt worden durch die Bekanntm. vom 18./1. 93 (RGBl 1); 2S./2. 93 (16); 27./3. 93 (138); 14./4. 93 (147); 1. /5. 93 (153); 2Ö./5. 93 (187); 15./6. 93 (200); 11./8. 93 (240); 26./9. 93 (257); 13 /10. 93 (262); 8./3. 94 (277); 31./3. 94 (338); 27./4. 94 (401). Bek. 4./7. 94 (RGBl 94, 499); 26./11. 94 (RGBl 94, 533); 22 /12. 94 (RGBl 94, 541); II. Liste: Bek. 26./1. 95 (RGBl 95, 61); Ergänzungen dazu: Bek. 28./2. 95 (RGBl 95, 177); 3./8. 95 (RGBl 95, 429); 5./9. 95 (RGBl 95, 441); 3./10. 95 (RGBl 95, 443); 30 /10. 95 (RGBl 95, 451); 14./12. 95 (RGBl 95, 462); 19./1. 96 (RGBl 96, 7); III. Liste: Bek. 6./2. 96 (RGBl 96, 13); Ergänzungen dazu: Bek. 2./5. 96 (RGBl 96, 105); /7. 3. 96 (RGBl 96, 182); Zusatzvereinbarung 16./7. 95 (RGBl 95, 465). Dazu Bek. 7./11. 96 (RGBl 711); 20./9. 96 (RGBl 707); Ergänzungen dazu: 20./4. 96 (RGBl 704); ll./l. 97 (RGBl 3); IV. Liste: Bek. 6./3. 97 (RGBl 27); Ergänzungen dazu: 28./4. 97 (RGBl 191); 7./5. 97 (RGBl 721); 29 /5. 97 (RGBl 462); 24./6. 97 (RGBl 589); 29./7. 97 (RGBl 611); 2/8. 97 (RGBl 723); 10./9. 97 (RGBl 727); 4./10. 97 (RGBl 757); 22./11. 97 (RGBl 782); 18./12. 97 (RGBl 791); 22./1. 98 (RGBl 4); V. Liste: Bek. 2./2. 98 (RGBl 7); Ergänzungen dazu: 4./3. 98 (RGBl 32); Bek. 15./6. 98 (RGBl 911); Bek. 23./8. 98 (RGBl 1032); 28 /10. 98 (RGBl 1185); 28./12. 98 (RGBl 1317); 25./1. 1900 (RGBl 11); 4./8. 1900 (RGBl 787); 10./11. 1900 (RGBl 1009); VII. Liste: 11./3. 01 (RGBl 17); 2. /5. 01 (RGBl 125); 15./8. 01 (RGBl 294); 17./9. 01 (RGBl 351); 25./IO. 01 (RGBl 391); 4./2. 02 (RGBl 44); 30./4. 02 (RGBl 135); 2./6. 02 (RGBl 223); 17./7. 02 (RGBl 259); 20 /10. 02 (RGBl 268); 9./11. 02 (RGBl 277); 3./12. 02 (RGBl 291); 24./1. 03 (RGBl 3); VIII. Liste: 27./3. 03 (RGBl 125); Ergänzungen dazu: 2./5. 03 (RGBl 214); 7./6. 03 (RGBl 243); 15./8. 03 (RGBl 269); 11/11. 03 (RGBl 285); 11/12. 03 (RGBl 3111: 7./1. 04 (RGBl 2).

734 Anhang XV 2. Internat. Uebereinkommen ü. d. Stsen-ahnfrachtvertehr. Art. 3—6. 3. derjenigen Gegenstände, deren Beförderung auch nur auf einem der

am

Transporte

beteiligten Gebiete

aus» Gründen

der

öffentlichen Ordnung verboten ist.

Art. 3. Die Ausführungsbestimmungen * werden diejenigen Güter bezeichnen, welche, wegen ihres großen Werthes, wegen ihrer beson­ deren Beschaffenheit oder wegen der Gefahren, welche sie für die Ordnung und Sicherheit des Eisenbahnbetriebes bieten, vom inter­

nationalen Transporte nach Maßgabe dieses Uebereinkommens aus­ geschlossen oder zu diesem Transporte nur, bedingungsweise zuge­

lassen sind. 1 Z 1. Von der Beförderung find ausgeschlossen: 1. Gold- und Silberwaaren, Platina, Geld, geldwerthe Münzen und Pa­ piere, Dokumente, Edelsteine, echte Perlen, Pretiosen und andere Kost­ barkeiten; 2. Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten; 3. Leichen; 4. Schießpulver, Schießbaumwolle, geladene Gewehre, Knallsilber, Knall­ quecksilber, Knallgold, Feuerwerkskörper, Pyropapier, Nitroglycerin, Pikrinsäure Salze, Natronkokes, Dynamit, sowie alle anderen der Selbst­ entzündung oder Explosion unterworfenen Gegenstände, ferner die ekel­ erregenden oder übelriechenden Erzeugnisse, insofern die in dieser Nummer aufgeführten Gegenstände nicht unter den bedingungsweise zugelassenen ausdrücklich aufgezählt sind. Die in Anlage 1* verzeichneten Gegenstände werden nur unter den da­ selbst aufgesührten Bedingungen zur Beförderung zugelassen. Denselben sind besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben. Es können jedoch zwei oder mehrere Vertragsstaaten in ihrem gegen­ seitigen Verkehr für Gegenstände, welche vom internationalen Transporte aus­ geschlossen oder nur bedingungsweise zugelassen sind, leichtere Bedingungen vereinbaren. — Solche Vereinbarungen sind getroffen worden mit OesterreichUngarn 15./7. 92 (RGBl 1039), Nachtrag dazu 24 /3. 93 (RGBl 134); 25./Ö. 93 (RGBl 241); 29./1. 94 (RGBl 113); 15./5. 02 (RGBl 137. 153); Luxemburg 29 /5. 93 (RGBl 189); 14./10. 93 (RGBl 262); 29./1. 94 (RGBl 113); 5./2. 94 (RGBl 149); 30./4. 94 (RGBl 403); 10./5. 94 (RGBl 440); 17./5. 96 (RGBl 108); 16./9. 96 (RGBl 703); 26./8. 98 (RGBl 161); 8./2. 02 (RGBl 45); 9./7. 02 (RGBl 256): 17./2. 03 (RGBl 25); Nieder­ lande, Schweiz 29./1. 94 (RGBl 113); 8./1. 02 (RGBl 4). Ebenso ist zwischen den Regierungen Frankreichs, Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande eine solche Vereinbarung am 9./8. 93 (in Kraft seit 1./3. 94) getroffen worden (Ztschr. s. Internat. Eisenb., 2, S. 41 ff.). * Die Anlage 1 stimmt betreffs der Mehrzahl der Gegenstände mit An­ lage D zum § 48 des Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands überein.

Art. 4. Die Bedingungen der gemeinsamen Tarife der Eisen­ bahnvereine oder Verbände, sowie die Bedingungen der besonderen Tarife der Eisenbahnen haben, sofern diese Tarife auf den inter­ nationalen Transport Anwendung finden sollen, insoweit Geltung, als sie diesem Uebereinkommen nicht widersprechen; anderenfalls sind sie nichtig. Art. 5. Jede nach Maßgabe des Art. 1 bezeichnete Eisenbahn ist verpflichtet, nach den Festsetzungen und unter den Bedingungen dieses Uebereinkommens, die Beförderung von Gütern im internatio­ nalen Verkehr zu übernehmen, sofern 1. der Absender den Anordnungen dieses Uebereinkommens sich unterwirft; 2. die. Beförderung mit den regelmäßigen Transportmitteln mög­ lich ist; 3. nicht Umstände, welche als höhere Gewalt zu betrachten sind, die Beförderung verhindern. Tie Eisenbahnen sind nur verpflichtet, die Güter zum Trans­ port anzunehmen, soweit die Beförderung derselben sofort erfolgen kann. Tie für die Versandstation geltenden besonderen Vorschriften bestimmen, ob dieselbe verpflichtet ist, die Güter, deren Beförderung nicht sofort erfolgen kann, vorläufig in Verwahrung zu nehmen. Tie Beförderung der Güter findet in der Reihenfolge statt, in welcher sie zum Transport angenommen worden sind, sofern die Eisenbahn nicht zwingende Gründe des Eisenbahnbetriebes oder das öffentliche Interesse für eine Ausnahme geltend machen kann. Jede Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen dieses Artikels begründet den Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens.

Art. 6. Jede internationale Sendung (Art. 1) muß von einem Frachtbrief begleitet sein, welcher folgende Angaben enthält: a) Ort und Tag der Ausstellung; b) die Bezeichnung der Versandstation, sowie der Versandbahn; c) die Bezeichnung der Bestimmungsstation, den Namen und den Wohnort des Empfängers; d) die Bezeichnung der Sendung nach ihrem Inhalt, die Angabe des Gewichtes oder statt dessen eine den besonderen Vorschriften der Versandbahn entsprechende Angabe; ferner bei Stückgut die Anzahl, Art der Verpackung, Zeichen und Nummer der Frachtstücke; e) das Verlangen des Absenders, Spezialtarife unter den in den Artikeln 14 und 35 für zulässig erklärten Bedingungen zur Anwendung zu bringen;

736 Anhang xv 2. Internat. Ueberetnkommen über d. Sisenbahnfrachtverkehr. Art. 6.

f) die Angabe des deklarirten Interesses an der Lieferung (Art. 38 und 40);

g) die Angabe,

ob das

Gut in

Eilfracht

oder in

gewöhnlicher

Fracht zu befördern fei;

h) das

genaue

Verzeichniß der für die zoll- oder steueramtliche

Behandlung oder polizeiliche Prüfung nöthigen Begleitpapiere;

i) den Frankaturvermerk im Falle der Vorausbezahlung der Fracht oder

der

Hinterlegung

eines

Frankaturvorschusses

(Art. 12

Abs.3);

k) die auf

dem Gute haftenden Nachnahmen, und zwar sowohl

die erst nach Eingang

auszuzahlenden, als auch die von der

Eisenbahn geleisteten Baarvorschüsse (Art. 13);

l) die Angabe des einzuhaltenden Transportweges, unter Bezeich­

nung der Stationen, wo die Zollabfertigung stattfinden soll. In Ermangelung dieser Angabe hat die Eisenbahn denjeni­

gen Weg zu wählen, welcher ihr für den Absender am zweck­

mäßigsten

scheint.

Für

die

Folgen

dieser

Wahl

hastet

die

Eisenbahn nur, wenn ihr hierbei ein grobes Verschulden zur Last fällt. Wenn der

Absender den Transportweg angegeben hat,

ist

die Eisenbahn nur unter den nachstehenden Bedingungen be­

rechtigt, für die Beförderung der Sendung einen anderen Weg zu benutzen:

1. daß die Zollabfertigung immer in den vom Absender be­

zeichneten Stationen stattfindet; 2. daß keine höhere Fracht gefordert wird, als diejenige, welche hätte bezahlt werden müssen, wenn die Eisenbahn den int

Frachtbrief bezeichneten Weg benutzt hätte; 3. daß die Lieferfrist der Waare nicht länger ist, als sie ge­

wesen

wäre,

wenn

die

im

Sendung auf dem

Frachtbrief

bezeichneten Wege ausgesührt worden wäre;

4.1 Lat die Versandstation einen anderen Transportweg gewählt,

so hat sie davon dem Absender Nachricht zu geben. m) die Unterschrift des Absenders mit seinem Namen oder seiner

Firma, sowie die Angabe seiner Wohnung.

Die Unterschrift

kann durch eine gedruckte oder gestempelte Zeichnung des Ab­ senders ersetzt werden, wenn die Gesetze oder Reglemente des Versandortes es gestatten. Die näheren Festsetzungen über die Ausstellung und den Inhalt

1 Zusatz v. 16./6. 96, 1 (RGBl 01, 298).

des Frachtbriefes, insbesondere das zur Anwendung kommende Formular, bleiben den Ausführungsbestimmungen1 Vorbehalten. Die Aufnahme weiterer Erklärungen in den Frachtbrief, die Ausstellung anderer Urkunden anstatt des Frachtbriefes, sowie die Beifügung anderer Schriftstücke zum Frachtbriefe ist unzulässig, so­ fern dieselben nicht durch dieses Uebereinkommen für statthaft er­ klärt sind. Die Eisenbahn kann indeß, wenn es die Gesetze oder Regle1 § 2 Fassung des ang Zusapübereinkommeus | Zur Ausstellung der inter ualwnalen Frachtbriefe sind Formulare nach Maßgabe der Anlage 2 zu ver­ wenden Dieselben müssen für gewöhnliche Fracht aus weißes Papier, für Eilsrachl gleichfalls auf weißes Papier, mit einem auf der Vorder- und Rück­ seite oben und unten am Rande anzubringeuden rothen Streifen gedruckt sein Tic Frachtbriefe müssen zur Beurkundung ihrer Uebereinstimmung mit den diessallsigen Vorschriften den ^ontrolsteinpel einer Bahn oder eines Bahnkompleres des Versandlandes tragen Der Frachtbrief — und zwar sowohl der Vordruck als die geschriebene Ausfüllung — soll entweder in deutscher oder in französischer Sprache aus­ gestellt rocrbcn Im Falle, daß die amtliche Gesprächssprache des Landes der Versand­ station eine andere ist, kann der Frachtbrief in dieser amtlichen Geschäftssprache ausgestellt lverden, muß aber alsdauu eine genaue Uebersepung in deutscher oder französischer Sprache enthalten. Die stark umrahmten Theile des Formulars sind durch die Eisenbahnen, die übrigen durch den Absender auszufüllen. Mehrere Gegenstände dürfen nur dann in einen und denselben Fracht­ brief ausgenommen werden, wenn das Zusammenladen derselben nach ihrer Beschaffenheit ohne Nachtheil erfolgen kann und Zoll-, Steuer- oder Polizei­ vorschriften nicht entgegenstehen. Den nach den Bestimmungen der geltenden Reglemente vom Absender bezw Empfänger aus- und abzuladenden Gütern sind besondere, andere Gegen­ stände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben. Auch kann die Versandstation verlangen, daß für jeden Wagen ein be­ sonderer Frachtbrief beigegeben wird. Es ist — jedoch ohne jede Verbindlichkeit und Verantwortlichkeit für die Eisenbahn — gestattet, auf dem Frachtbriefe folgende nachrichtliche Vermerke auzubringen: von Sendung des N. N. im Auftrage des N. N. zur Verfügung des N. N. zur Weiterbeförderung an N. N. versichert bei N. N. Diese Vermerke können sich nur auf die ganze Sendung beziehen und müssen auf dem unteren Theile der Rückseite des Frachtbriefs eingetrag-n lverden Friedberg, HandelSgcsgbg. 7 Aufl.

47

738 Anhang XV 2. Internat. Uebereinkommen ü. d. Eisenbahnfrachtverkehr. Art. 7. 8.

mente des Versandortes vorschreiben, vom Absender außer dem Fracht­ brief die Ausstellung einer Urkunde verlangen, welche dazu bestimmt ist, in den Händen der Verwaltung zu bleiben, um ihr als Beweis über den Frachtvertrag zu dienen. Jede Eisenbahnverwaltung ist berechtigt, für den internen Dienst ein Stammheft zu erstellen, welches in der Versandstation bleibt und mit derselben Nummer versehen wird, wie der Frachtbrief und das Duplikat.

Art. 7. Der Absender haftet für die Richtigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben und Erklärungen und trägt alle Folgen, welche aus unrichtigen, ungenauen oder ungenügenden Erklärungen entspringen. Tie Eisenbahn ist jederzeit berechtigt, die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen mit den Angaben des Frachtbriefes zu prüfen. Die Feststellung erfolgt nach Maßgabe der am Orte des Vorganges bestehenden Gesetze oder Reglemente. Der Berechtigte soll gehörig eingeladen werden, bei der Prüfung zugegen zu sein, vorbehaltlich des Falles, wenn die letztere auf Grund polizeilicher Maßregeln, die der Staat im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu ergreifen berechtigt ist, stattfindet.

Hinsichtlich des Rechts und der Verpflichtung der Bahnen, das Gewicht oder die Stückzahl des Gutes zu ermitteln oder zu kontroliren, sind die Gesetze und Reglemente des betreffenden Staates maß gebend. Bei unrichtiger Angabe des Inhalts einer Sendung oder bei zu niedriger Angabe des Gewichts sowie bei Ueberlastnng eines vom Absender beladenen Wagens ist — abgesehen von der Nachzahlung des etwaigen Frachtunterschieds und dem Ersätze des entstandenen Schadens sowie den durch strasgesetzliche oder polizeiliche Bestimmungen vorgesehenen Strafen — ein Frachtzuschlag an die am Transporte beteiligten Eisenbahnen nach Maßgabe der Ans sührungsbestimmungen^ zu zahlen.

Ein Frachtzuschlag1 2 wird nicht erhoben: a. bei unrichtiger Gewichtsangabe von Gütern, zu deren Verwiegung die Eisenbahn nach den für die Versandstation geltenden Bestimmungen verpflichtet ist; 1 In der Fassung des Zusatzübereinkommens v IG 'G 98, 1 (RGBl 01, 298). 2 § 3 sFassung des miß. Zusatzübereinkommens ] Wenn die im Para­ graph 1 Ziffer 4 und in der Anlage 1 aufgeführten Gegenstände unter un-

b. bei unrichtiger Gewichtsangabe oder bei Ueberlastung, wenn der Absender im Frachtbriefe die Verwiegung durch die Eisenbahn verlangt hat; e. bei einer während des Transports in Folge von Witterungs­ einflüssen eingetretenen Ueberlastung, wenn der Absender nach­ weist, daß er bei der Beladung des Wagens die für die Versand­ station geltenden Bestimmungen eingehalten hat.* Art. 8. Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald das Gut mit dem Frachtbriefe von der Versandstation zur Beförderung an­ genommen ist. Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe der Datumstempel der Versandstation aufgedrückt. Die Abstempelung hat ohne Verzug nach vollständiger Aus­ lieferung des in demselben Frachtbriefe verzeichneten Gutes und aus Verlangen des Absenders in dessen Gegenwart zu erfolgen. Der mit dem Stempel versehene Frachtbrief dient als Beweis über den Frachtvertrag. richtiger oder ungenauer Deklaration zur Beförderung aufgegeben oder die in Anlage 1 gegebenen Sicherheitsvorschriften bet der Aufgabe außer Acht gelassen werden, betragt der Frachtzuschlag 15 Franken für jedes Brutto-Kilogramm des ganzen Versandstücks. In allen anderen Fällen beträgt der im Artikel 7 des Uebereinkommens vorgesehene Frachtzuschlag für unrichtige Inhaltsangabe, sofern diese eine Frachtverkürzung herbeizuführen nicht geeignet ist, 1 Frank für den Fracht­ brief, sonst das Doppelte des Unterschieds der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für den angegebenen und der für den ermittelten Inhalt, mindestens aber 1 Frank. Im Falle zu niedriger Angabe des Gewichts beträgt der Frachtzuschlag das Doppelte des Unterschieds zwischen der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für das angegebene und der für das ermittelte Gewicht. Im Falle der Ueberlastung eines vom Absender beladenen Wagens beträgt der Frachtzuschlag das Sechsfache der Fracht von der Aufgabe- bis zur Be­ stimmungsstation für daS die zulässige Belastung übersteigende Gewicht. Wenn gleichzeitig eine zu niedrige Gewichtsangabe und eine Ueberlastung vorliegt, so wird sowohl der Frachtzuschlag für zu niedrige Gewichtsangabe, als auch der Frachtzuschlag für Ueberlastung erhoben. Der Frachtzuschlag für Ueberlastung (Absatz 4) wird erhoben: a) bei Verwendung von Wagen, die nur eine, die zulässige Belastung kennzeichnende Anschrift tragen, wenn das angeschriebene „Ladegewicht" oder die angeschriebene „Tragfähigkeit" bei der Beladitng um mehr als 5 Prozent überschritten ist; b) bei Verwendung von Wagen, welche zwei Anschriften tragen, und zwar „Ladegewicht" (Normalbelastung) und „Tragfähigkeit" (Maximal­ belastung), wenn die Belastung diese Tragfähigkeit überhaupt übersteigt." 1 Dieser 5. Absatz ist durch das cit. Zusatzübereinkommen eingeschoben. 47*

740 Anhang X>2. Internat. Urbkreiukommen ü. d. Sisenbahnfrachtverkehr. Art. 9—11.

Jedoch machen bezüglich derjenigen Güter, deren Ausladen nach den Tarifen oder nach besonderer Vereinbarung, soweit eine solche in dem Staatsgebiete, wo sie zur Ausführung gelangt, zulässig ist, von dem Absender besorgt wird, die Angaben des Frachtbriefes über das Gewicht und die Anzahl der Stücke gegen die Eisenbahn keinen Beweis, sofern nicht die Nachwiegung bezw. Nachzählung seitens der Eisenbahn erfolgt und dies auf dem Frachtbriefe beurkundet ist.

Die Eisenbahn ist verpflichtet, den Empfang des Frachtgutes, unter Angabe des Datums zur Annahme der Beförderung, auf einem ihr mit dem Frachtbriefe vorzulegenden Duplikate desselben zu be­ scheinigen. Dieses Duplikat hat nicht die Bedeutung des Originalfracht­ briefes und eben so wenig diejenige- eines Konnossements (Lade­ scheins).

Art. 9. Soweit die Natur des Frachtgutes zum Schutze gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transporte eine Verpackung nöthig macht, liegt die gehörige Besorgung derselben dem Absender ob. Ist der Absender dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so ist die Eisenbahn, falls sie nicht die Annahme des Gutes verweigert, berechtigt, zu verlangen, daß der Absender auf dem Frachtbriefe das Fehlen oder die Mängel der Verpackung unter spezieller Bezeichnung anerkennt und der Versandstation hierüber außerdem eine besondere Erklärung nach Maßgabe eines durch die Ausführungsbestimmungen festzusetzenden Formulars ausstellt?

Für derartig bescheinigte, sowie für solche Mängel der Ver­ packung, welche äußerlich nicht erkennbar sind, hat der Absender zu haften und jeden daraus entstehenden Schaden zu tragen, bezw. der Bahnverwaltung zu ersetzen. Ist die Ausstellung der gedachten Erklärung nicht erfolgt, so haftet der Absender für äußerlich erkenn-

1 § 4 der Aussührungsbestimmungen (in der Fassung des ang. Zusatz­

übereinkommens). Für die im Artikel 9 des Ucbercinkommens vorgesehene Erklärung ist das Formular in Anlage 3 (hier nicht mit abgedruckt) zu ge­ brauchen. Sosern ein Absender gleichartige der Verpackung bedürftige Güter unver­ packt oder mit denselben Mängeln der Verpackung auf der gleichen Station auszugcben Pflegt, kann er an Stelle der besonderen Erklärung für jede Sendung ein für allemal eine allgemeine Erklärung nach dem in der An­ lage 3a vorgesehenen Formular abgeben. In diesem Falle must der Fracht­ brief außer der im Artikel 9 Absatz 2 vorgesehenen Anerkennung einen Hin­ weis auf die der Versandstation abgegebene allgemeine Erklärung enthalten.

bare Mängel der Verpackung nur, wenn ihm ein arglistiges Ver­ fahren zur Last fällt. Art. 10. Der Absender ist verpflichtet, dem Frachtbriefe die­ jenigen Begleitpapiere beizugeben, welche zur Erfüllung der etwa bestehenden Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften vor der Abliefe­ rung an den Empfänger erforderlich sind. Er haftet der Eisenbahn, sofern derselben nicht ein Verschulden zur Last fällt, für alle Folgen, welche aus dem Mangel, der Unzulänglichkeit oder Unrichtigkeit dieser Papiere entstehen. Der Eisenbahn liegt eine Prüfung der Nichtigkeit und Voll­ ständigkeit derselben nicht ob. Die Zoll-, Steuer- mib Polizeivorschristen werden, so lange das Gut sich auf dem Wege befindet, von der Eisenbahn erfüllt. Sie kann diese Ausgabe unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit einem Kommissionär übertragen oder sie selbst übernehmen. In beiden Fällen hat sie die Verpflichtungen eines Kommissionärs. Der Verfügungsberechtigte kann jedoch der Zollbehandlnng ent­ weder selbst, oder durch einen im Frachtbrief bezeichneten Bevoll­ mächtigten beiwohnen, um die nöthigen Aufklärungen über die Tarisirung des Gutes zu ertheilen und seine Bemerkungen beizu­ fügen. Diese dem Verfügungsberechtigten ertheilte Befugniß begründet nicht das Recht, das Gut in Besitz zu nehmen oder die Zollbehand­ lung selbst vorzunehmen. Bei der Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte steht dem Empfänger das Recht zu, die zoll- und steueramtliche Behandlung zu besorgen, falls nicht im Frachtbriefe etwas Anderes festgesetzt ist. Art. 11. Die Berechnung der Fracht erfolgt nach Maßgabe der zu Recht bestehenden gehörig veröffentlichten Tarife. Jedes Privatübereinkommen, wodurch einem oder mehreren Absendern eine Preisermäßigung gegenüber den Tarifen gewährt werden soll, ist verboten und nichtig. Dagegen sind Tarifermäßigungen erlaubt, welche gehörig veröffentlicht sind und unter Erfüllung der gleichen Bedingungen Jedermann in gleicher Weise zu Gute kommen. Außer den im Tarife angegebenen Frachtsätzen und Vergütungen für besondere im Tarife vorgesehene Leistungen' zu Gunsten der Eisenbahnen dürfen nur baare Auslagen erhoben werden — ins­ besondere Aus-, Ein- und Durchgangsabgaben, nicht in den Tarif aufgenommene Kosten für Ueberführung und Auslagen für Repara­ turen an den Gütern, welche in Folge ihrer äußeren oder inneren Beschaffenheit zu ihrer Erhaltung nothwendig werden. Diese Auslagen sind gehörig festzustellen und in dem Frachtbriefe ersichtlich zu machen, welchem die Beweisstücke beizugeben sind.

742 Anhang XV 2. Internat. Uedereinlommeu ü. d. Sisenbahafrachtverkehr. Art. 12—14.

Art. 12.1 2 Werden die Frachtgelder nicht bei der Aufgabe des Gutes zur Beförderung berichtigt, so gelten sie als auf den Em­ pfänger angewiesen. Bei Gütern, welche nach dem Ermessen der annehmenden Bahn schnellem Verderben unterliegen oder wegen ihres geringen Werthes die Fracht nicht sicher decken, kann die Vorausbezahlung der Fracht­ gelder gefordert werden. Wenn im Falle der Frankirung der Betrag der Gesammtfracht beim Versand nicht genau bestimmt werden kann, so kann die Ver­ sandbahn die Hinterlegung des ungefähren Frachtbetrages fordern. Wurde- der Tarif unrichtig angewendet oder sind Rechnungs­ fehler bei der Festsetzung der Frachtgelder und Gebühren vorgekommen, so ist das zu wenig Geforderte nachzuzahlen, das zu viel Er­ hobene zu erstatten. Ein derartiger Anspruch auf Rückzahlung oder Nachzahlung verjährt in einem Jahre vom Tage der Zahlung an, sofern er nicht unter den Parteien durch Anerkenntniß, Vergleich oder­ gerichtliches Urtheil festgestellt ist. Auf die Verjährung finden die Bestimmungen des Artikel 45 Absatz 3 und 4 Anwendung. Tie Be stimmung des Artikel 44 Absatz 1 findet keine Anwendung. Art. 13.3 Dem Absender ist gestattet, das Gut bis zur Höhe des Werthes desselben mit Nachnahme zu belasten. Bei denjenigen Gütern, für welche die Eisenbahn Vorausbezahlung der Fracht zu verlangen berechtigt ist (Artikel 12 Absatz 2), kann die Belastung mit Nachnahme verweigert werden. Für die aufgegebene Nachnahme wird die tarifmäßige Provision berechnet. Tie Eisenbahn ist nicht verpflichtet, dem Absender die Nachnahme eher auszuzahlen, als bis der Betrag derselben vom Empfänger bezahlt ist. Dies findet auch Anwendung auf Auslagen, welche vor­ der Ausgabe für das Frachtgut gemacht worden sind. Ist das Gut ohne Einziehung der Nachnahme abgeliefert wor­ den, so hastet die Eisenbahn für den Schaden bis zum Betrag der 1 Aussührungsbestimmungcn § ä (eingeschoben durch das aug. Zusatzübereinkommen). Die Versandstation hat im Frachtbrief-Duplikate die srankirten Gebühren, welche von ihr in den Frachtbrief eingetragen wurden, zu spezisiziren. Zur Erhebung der im Artikel 12 Absatz 4 des Übereinkommens vor­ gesehenen Ansprüche gegen die Bahnverwaltung genügt in dem Falle, wenn die Frachtgelder bei der Aufgabe des Gutes zur Beförderung berichtigt wurden, die Beibringung des Frachtbrief-Duplikats. 2 In der Fassung des ang. Zusatzübcreinkommcns. 3 Abs. 1 in der Fassung des ang. Zusatzübcrcinkommens.

Nachnahme und hat denselben dem Absender sofort zu ersetzen, vor­ behaltlich ihres Rückgriffs gegen den Empfänger. Art. 14. Die Ausführungsbestimmungen1 werden die allge­ meinen Vorschriften betreffend die Maximallieferfristen, die Berech1 § 6. Die Lieferfristen dürfen die nachstehenden Maximalfristen nicht überschreiten: a) für Eilgüter: 1. Expeditionssrist.................................................. 1 Tag; 2. Transportfrist für je auch nur angesangcnc 250 Kilometer.................................................. 1 Tag; b) für Frachtgüter: 1. Expeditionsfrist.................................................. 2 Tage; 2. Transportfrist für je auch nur angesangene 250 Kilometer.................................................. 2 Tage. Wenn der Transport aus dem Bereiche einer Eisenbahnverwaltung in den Bereich einer anderen anschließenden Verwaltung übergeht, so berechnen sich die Transportfristen aus der Gesammtentfernung zwischen der Ausgabeund Bestimmungsstation, während die Expeditionsfristen ohne Rücksicht auf die Zahl der durch den Transport berührten Verwaltungsgebiete nur einmal zur Berechnung kommen. Die Gesetze und Reglemente der vertragschließenden Staaten bestimmen, inwiefern den unter ihrer Aufsicht stehenden Bahnen gestattet ist. Zuschlags­ fristen für folgende Fälle sestzusetzen: 1. für Messen; 2. für außergewöhnliche Verkehrsverhältnisse; 3. wenn das Gut einen nicht überbrückten Flußübergang oder eine Verbindungs­ bahn zu passiven hat, welche zwei am Transport theilnehmende Bahnen verbindet; 4. für Bahnen von untergeordneter Bedeutung, sowie für den Uebergang aus Bahnen mit anderer Spurweite. Wenn eine Eisenbahn in die Nothwendigkeit versetzt ist, von den in diesem Paragraphen Ziffer 1 bis 4 für die einzelnen Staaten als fakultativ zulässig bezeichneten Zuschlagsfristen Gebrauch zu machen, so soll sie auf dem Frachtbriefe den Tag der Uebergabe an die nachfolgende Bahn mittelst Ab­ stempelung vormerken und die Ursache und Dauer der Lieferfristüberschreitung, welche sie in Anspruch genommen hat, auf demselben angeben. Die Lieferfrist beginnt mit der auf die Annahme des Gutes nebst Fracht­ brief folgenden Mitternacht und ist gewahrt, wenn innerhalb derselben das Gut dem Empfänger oder derjenigen Person, an welche die Ablieferung giltig geschehen kann, nach den für die abliesernde Bahn geltenden Bestimmungen zugestellt bezw. avisirt ist. Dieselben Bestimmungen sind maßgebend für die Art und Weise, wie die Uebergabe des Avisbriefes zu konstatiren ist. Der Lauf der Lieferfristen ruht für die Dauer der zoll- oder steuer­ amtlichen oder polizeilichen Abfertigung, sowie für die Dauer einer ohne Ver­ schulden der Eisenbahn eingetretenen Betriebsstörung, durch welche der Antritt oder die Fortsetzung des Bahntransports zeitweilig verhindert wird.

744 Anhang XV 2. Internat. Ukdtreinkommkn ü. d. Eisenbahnfrachtverkkhr. An. 15—17. nung, den Beginn, die Unterbrechung und das Ende der Lieferfristen feststellen. Wenn nach den Gesetzen und Reglementen eines der Vertrags­ staaten Spezialtarife zu reduzirten Preisen und mit verlängerten Lieferfristen gestattet sind, so können die Eisenbahnen dieses Staates diese Tarife mit verlängerten Lieferfristen auch im internationalen Verkehr anwenden. Jrn Uebrigen richten sich die Lieferfristen nach den Bestim­ mungen der im einzelnen Falle zur Anwendung kommenden Tarife. Art. 15.1 Ter Absender allein hat ba^ Recht, die Verfügung zu treffen, das; bas Gut auf der Versandstation znrnekgegeben, unterwegs ungehalten oder an einen anderen als den int Frachtbriefe bezeichneten Empfänger am Bestimmungsort oder auf einer Zwischen station oder anf einer über die Bestimmungsstation hinaus oder seitwärts gelegenen Station abgeliefert werde. Anweisungen des Ab­ senders wegen nachträglicher Auflage, Erhöhung, Minderung oder Zurückziehung von Nachnahmen sowie wegen nachträglicher Frankirung können nach deut Ermessen der Eisenbahn zngelassen werden. Nachträgliche Verfügungen oder Anweisungen anderen als des an gegebenen.Inhalts sind unzulässig. Tiefes Recht steht indes; dem Absender nur dann zu, wenn er das Duplikat des Frachtbriefes vorweist. .Hat die Eisenbahn die Anweisungen des Absenders befolgt, ohne die Vorzeigung des Du plikatfrachtbriefes zu verlangen, so ist sie für den daraus entstan­ denen Schaden dem Empfänger, welchem der Absender dieses Duplikat übergeben hat, haftbar. Derartige Verfügungen des Absenders ist die Eisenbahn zn be­ achten nur verpflichtet, wenn sie ihr durch Vermittlung der Versand station zugekommen sind. Das Verfügungsrecht des Absenders erlischt, auch wenn er das Frachtbriesduplikat besitzt, sobald nach Ankunft des Gutes am Be stimmungsorte der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder die Ist der auf die Auflieferung der Waare zum Transport folgende Tag ein Sonntag, so beginnt die Lieferfrist 24 Stunden später. Falls der letzte Tag der Lieferfrist ein Sonntag ist, so läuft die Liefer­ frist erst an dem darauffolgenden Tage ab. Diese zwei Ausnahmen sind auf Eilgut nicht anwendbar. Falls ein Staat in die Gesetze oder in die genehmigten Eisenbahnrcglemente eine Bestimmung in Betreff der Unterbrechung des Waarentransportes an Sonn- und gewissen Feiertagen aufnimmt, so werden die Transportfristen im Verhältnis; verlängert. 1 Abs. 1 in der Fassung des ang. Zusatzäbereiukommens.

Von bem letzteren nach Maßgabe des Art. 16 erhobene Klage der Eisenbahn zugestellt worden ist. Ist dies geschehen, so hat die Eisen­ bahn nur Anweisungen des bezeichneten Empfängers» zu beachten, widrigenfalls sie demselben für das Gut haftbar wird. Tie Eisenbahn darf die Ausführung der im Absatz 1 vorge­ sehenen Anweisungen nur dann verweigern oder verzögern, oder solche Anweisungen in veränderter Weise ausführen, wenn durch die Be­ folgung derselben der regelmäßige Transportverkehr gestört würde. Tie im ersten Absätze dieses Artikels vorgesehenen Verfügungen müssen mittelst schriftlicher und vom Absender unterzeichneter Er­ klärung nach dem in den Ausführungsbestimmungen vorgeschriebenen Formulare erfolgen? Tie Erklärung ist aus dem Frachtbriefdublikat zu wiederholen, welches gleichzeitig der Eisenbahn vorzulegen und von dieser dem Absender zurückzugeben ist. Jede in anderer Form gegebene Verfügung des Absenders ist nichtig.

Tie Eisenbahn kann den Ersatz der Kosten verlangen, welche durch die Ausführung der im Absatz 1 vorgesehenen Verfügungen entstanden sind, insoweit diese Verfügungen nicht durch ihr eigenes Verschulden veranlaßt worden sind.

Art. 16. Tie Eisenbahn ist verpflichtet, am Bestimmungsorte dem bezeichneten Empfänger gegen Bezahlung der im Frachtbriefe ersichtlich gemachten Beträge und gegen Bescheinigung des Em­ pfangs den Frachtbrief und das Gut auszuhändigen. Der Empfänger ist nach Ankunft des Gutes am Bestimmungs­ orte berechtigt, die durch den Frachtverkehr begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen in eigenem Namen gegen die Eisenbahn geltend zu machen, sei es, daß er hier­ bei in eigenem oder in fremdem Interesse handle. Er ist insbe­ sondere berechtigt, von der Eisenbahn die Uebergabe des Frachtbriefes und die Auslieferung des Gutes zu verlangen. Dieses Recht er­ lischt, wenn der im Besitz des Duplikats befindliche Absender der Eisenbahn eine nach Maßgabe des Art. 15 entgegenstehende Ver­ fügung ertheilt hat. Als Ort der Ablieferung gilt die vom Absender bezeichnete Bestimmungsstation.

Art. 17.

Durch Annahme des Gutes und des Frachtbriefes

1 § 7 der Ausführungsbestimmungen wiederholt die Bestimmung be­ treffs des Formulars (Anl. 4 des Uebereinkommens). Von dem Abdruck ist abgesehen.

746 Anhang XV 2. Internat. Uebereinkommen ü. d. Eisenbahnfrachtvertehr. Art. 18—25.

wird der Empfänger verpflichtet, der Eisenbahn die im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge zu bezahlen.

Art, 18. Wird der Antritt oder die Fortsetzung des Eisenbahn­ transportes durch höhere Gewalt oder Zufall verhindert und kann der Transport auf einem anderen Wege nicht stattsinden, so hat die Eisenbahn den Absender um anderweitige Disposition über das Gut anzugehen. Der Absender kann vom Vertrage zurücktreten, muß aber die Eisenbahn, sofern derselben kein Verschulden zur Last fällt, für die Kosten zur Vorbereitung des Transportes, die Kosten der Wieder ausladung und die Ansprüche in Beziehung auf den etwa bereits zurückgelegten Transportweg entschädigen. Wenn im Falle einer Betriebsstörung die Fortsetzung des Trans Portes auf einem anderen Wege stattfinden kann, ist die Entschei düng der Eisenbahn überlassen, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, den Transport auf einem anderen Wege dem Bestimmungsorte zuzuführen, oder den Transport anzuhalten und den Absender um anderweite Anweisung anzugehen. Befindet sich der Absender nicht im Besitze des Frachtbrief duplikats, so dürfen die in diesem Artikel vorgesehenen Anweisungen weder die Person des Empfängers, noch den Bestimmungsort ab ändern. Art. 19. Das Verfahren bei Ablieferung der Güter, solvie die etwaige Verpflichtung der Eisenbahn, das Gut einem nicht an der Bestimmungsstation wohnhaften Empfänger zuzuführen, richtet sich nach den für die abliefernde Bahn geltenden gesetzlichen und regle mentarischen Bestimmungen. Art. 20. Die Empfangsbahn hat bei der Ablieferung alle durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, insbesondere Fracht und Nebengebühren, Zollgelder und andere zum Zwecke der Aus­ führung des Transportes gehabte Auslagen, sowie die auf dem Gute haftenden Nachnahmen und sonstigen Beträge einzuziehen, und zwar sowohl für eigene Rechnung, als auch für Rechnung der vorher­ gehenden Eisenbahnen und sonstiger Berechtigter. Art. 21. Tie Eisenbahn hat für alle im Art. 20 bezeichneten Forderungen die Rechte eines Faustpfandgläubigers an dem Gute. Dieses Pfandrecht besteht, so lange das Gut in der Verwahrung der Eisenbahn oder eines Dritten sich befindet, welcher es für sie inne hat.

Art. 22. Die Wirkungen des Pfandrechts bestimmen sich nach dem Rechte des Landes, wo die Ablieferung erfolgt.

Art. 23. Jede Eisenbahn ist verpslichtet, nachdem sie bei der Aufnahme oder der Ablieferung des Gutes die Fracht und die an­ deren aus dem Frachtverträge herrührenden Forderungen eingezogen hat, den betheiligten Bahnen den ihnen gebührenden Antheil an der Fracht und den erwähnten Forderungen zu bezahlen. Die Ablieferungsbahn ist für die Bezahlung der obigen Beträge verantwortlich, wenn sie das Gut ohne Einziehung der darauf haf­ tenden Forderungen abliefert. Der Anspruch gegen den Empfänger des Gutes bleibt ihr jedoch Vorbehalten. Die Uebergabe des Gutes von einer Eisenbahn an die nächst­ folgende begründet für die erstere das Recht, die letztere im Konto­ korrent sofort mit dem Betrage der Fracht und der sonstigen For­ derungen, soweit dieselben zur Zeit der Uebergabe des Gutes aus dem Frachtbriefe sich ergeben, zu belasten, vorbehaltlich der endgül­ tigen Abrechnung nach Maßgabe des ersten Absatzes dieses Artikels. Aus dem internationalen Transporte herrührende Forderungen der Eisenbahnen unter einander können, wenn die schuldnerische Eisen­ bahn einem anderen Staate angehört als die sorderungsberechtigte Eisenbahn, nicht mit Arrest belegt oder gepfändet werden, außer in dem Falle, wenn der Arrest oder die Pfändung auf Grund einer Entscheidung der Gerichte des Staates erfolgt, dem die forderungs­ berechtigte Eisenbahn angehört. In gleicher Weise kann das rollende Material der Eisenbahnen mit Einschluß sämmtlicher beweglicher, der betreffenden Eisenbahn gehörenden Gegenstände, welche sich in diesem Material vorfinden, in dem Gebiete eines anderen Staates als desjenigen, welchem die be­ treffende Eisenbahn angehört, weder mit Arrest belegt noch gepfändet werden, außer in dem Falle, wenn der Arrest oder die Pfändung auf Grund einer Entscheidung der Gerichte des Staates erfolgt, dem die betreffende Eisenbahn angehört. Art. 24. Bei Ablieserungshindernissen hat die Ablieferungs­ station den Absender durch Vermittelung der Versandstation von der Ursache des Hindernisses unverzüglich in Kenntniß zu setzen. Sie darf in keinem Falle ohne ausdrückliches Einverständniß des Ab­ senders das Gut zurücksenden. Im Uebrigen richtet sich — unbeschadet der Bestimmungen des folgenden Artikels — das Verfahren bei Ablieferungshindernissen nach den für die abliefernde Bahn geltenden gesetzlichen und regle­ mentarischen Bestimmungen. Art. 25. In allen Verlust-, Minderungs- und Beschädigungs­ fällen haben die Eisenbahnverwaltungen sofort eine eingehende Unter­ suchung vorzunehmen, das Ergebniß derselben schriftlich festzustellen

748 Anhang XV 2. Internat. Utderrinkommen ü.d. Eisendahnfrachtverkehr. Art. 26—31. und dasselbe den Betheiligten auf ihr Verlangen, unter allen Um­

ständen aber der Versandstation mitzutheilen.

Wird insbesondere eine Minderung oder eine Beschädigung des

Gutes von der Eisenbahn entdeckt oder vermuthet, oder seitens des Verfügungsberechtigten behauptet, so hat die Eisenbahn den Zustand

des Gutes, den Betrag des Schadens und, soweit dies möglich, die Ursache und ben Zeitpunkt der Minderung oder Beschädigung ohne

Verzug protokollarisch festzustellen.

Eine protokollarische Feststellung

hat auch im Falle des Verlustes stattzusinden.

Tie Feststellung richtet sich nach den Gesetzen und Reglementen

des Landes, wo dieselbe stattfindet. Außerdem steht jedem der Betheiligten das Recht zu, die ge­ richtliche Feststellung des Zustandes des Gutes zu beantragen.

Art. 26. nationalen

Zur gerichtlichen Geltendmachung der aus dem inter­ Eisenbahnfrachtvertrage gegenüber der Eisenbahn ent­

springenden Rechte ist nur Derjenige befugt, welchem das Verfügungs

recht über das Frachtrecht zusteht. Vermag* der Absender das Frachtbrief-Duplikat nicht vorzu­

zeigen, so kann er seinen Anspruch nur mit Zustimmung des Em psängers geltend machen, es wäre denn, daß er den Nachweis bei­

bringt, daß der Empfänger die Annahme des Gutes verweigert hat.

Art. 27. Diejenige Bahn, welche das Gut mit dem Fracht­ briefe zur Beförderung angenommen hat, haftet für die Ausführung des Transportes auch auf den folgenden Bahnen der Beförderungs­

strecke bis zur Ablieferung.

Jede nachfolgende Bahn tritt dadurch, daß sie das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbriefe übernimmt, nach Maßgabe des letz­

teren in den Frachtverkehr ein und übernimmt die selbständige Ver­ pflichtung, den Transport nach Inhalt des Frachtbriefes auszusühren. Die Ansprüche aus dem internationalen Frachtverträge können

jedoch — unbeschadet des Rückgriffs der Bahnen gegen einander — im Wege der Klage nur gegen die erste Bahn oder gegen diejenige,

welche das Gut zuletzt mit dem Frachtbriefe übernommen hat, oder gegen diejenige Bahn gerichtet werden, auf deren Betriebsstrecke der

Schaden sich ereignet hat.

Unter den bezeichneten Bahnen steht dein

Kläger die Wahl zu. Die Klage kann nur vor einem Gerichte des Staates anhängig

gemacht werden, in welchem die beklagte Bahn ihren Wohnsitz hat

und welches nach den Gesetzen dieses Landes zuständig ist. 1 In bei Fassung des miß. Z u sa tz übe re i n k o in m e n s.

Das Wahlrecht unter den im dritten Absätze erwähnten Bahnen erlischt mit der Erhebung der Klage. Art. 28. Im Wege der Widerklage oder der Einrede können Ansprüche aus dem internationalen Frachtverträge auch gegen eine andere als die im Art. 27 Absatz 3 bezeichneten Bahnen geltend ge­ macht werden, wenn die Klage sich auf denselben Frachtvertrag gründet. Art. 29. Die Eisenbahn haftet für ihre Leute und für andere Personen, deren sie sich bei Ausführung des von ihr übernommenen Transportes bedient.

Art. 30. Die Eisenbahn haftet nach Maßgabe der in den fol­ genden Artikeln enthaltenen näheren Bestimmungen für den Schaden, welcher durch Verlust, Minderung oder Beschädigung des Gutes seit der Annahme zur Beförderung des Gutes bis zur Ablieferung ent­ standen ist, sofern sie nicht zu beweisen vermag, daß der Schaden durch ein Verschulden des Verfügungsberechtigten oder eine nicht von der Eisenbahn verschuldete Anweisung desselben, durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes (namentlich durch inneren Verderb, Schwin­ den, gewöhnliche Leckage) oder durch höhere Gewalt herbeigeführt worden ist. Ist auf dem Frachtbrief als Ort der Ablieferung ein nicht an der Eisenbahn liegender Ort bezeichnet, so besteht die Haftpflicht der Eisenbahn auf Grund dieses Uebereinkommens nur für den Trans­ port bis zur Empfangsstation. Für die Weiterbeförderung finden die Bestimmungen des Art. 19 Anwendung.

Art. 31.1 Die Eisenbahn haftet nicht: 1. in Ansehung der Güter, welche nach der Bestimmung des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief aufgenommenen Ver­ einbarung mit dem Absender in offen gebauten Wagen transportirt werden, für den Schaden, welcher aus der mit dieser Transportart verbundenen Gefahr entstanden ist; 2. in Ansehung der Güter, welche, obgleich ihre Natur eine Ver­ packung zum Schutze gegen Verlust, Minderung oder Beschä­ digung auf dem Transport erfordert, nach Erklärung des Ab­ senders auf dem Frachtbriefe (Art. 9) unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung aufgegeben sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder mit der mangelhaften Beschaffenheit der Verpackung ver­ bundenen Gefahr entstanden ist; 3. in Ansehung derjenigen Güter, deren Auf- und Abladen Ziffer 1. 3. 6 in der Fassung des ang. Zusatzübereinkonnncns.

750 Anhang XV

Internat. Uebereinkommenü.d.Eisenbahnfrachtverkehr. Art. 32—36.

nach Bestimmung des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief aufgenommenen Vereinbarung mit dem Absender, soweit eine solche in dem Staatsgebiete, wo sie zur Ausführung gelangt, zulässig ist, von dem Absender beziehungsweise dem Empfänger besorgt wird, für den Schaden, welcher aus der mit dem Auf- und Ab­ laden oder mit mangelhafter Verladung verbundenen Wcfahr entstanden ist;

1.

in Ansehung der Güter, welche vermöge ihrer eigenthümlichen natürlichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, Verlust, Minderung oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Verderb, außergewöhnliche Leckage, Austrocknung und Verstreuung zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entstanden ist; 5. in Ansehung lebender Thiere: für den Schaden, welcher aus der mit der Beförderung dieser Thiere für dieselben verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist; 6. in Ansehung derjenigen Güter, einschließlich der Thiere, welchen nach der Bestimmung des Tarifs oder nach einer in den Fracht­ brief aufgenommenen Vereinbarung mit dem Absender ein Be­ gleiter beigegeben ist, für den Schaden, welcher aus der Gefahr eutstauden ist, deren Abwendung durch die Begleitung bezweckt wird. Wenn ein eingetretener Schaden nach den Umständen des Falles aus einer der in diesem Artikel bezeichneten Gefahren entstehen konnte, so wird bis zum Nachweise des Gegentheils vermuthet, daß ver Schaden aus der betreffenden Gefahr wirklich entstanden ist.

Art. 32. In Ansehung derjenigen Güter, welche nach ihrer natürlichen Beschaffenheit bei dem Transporte einen regelmäßigen Verlust an Gewicht erleiden, ist die Haftpflicht der Eisenbahn für Gewichtsverluste bis zu dem aus den Aussührungsbestimmungen' sich ergebenden Normalsatze ausgeschlossen. Tiefer Satz wird, im Falle mehrere Stücke auf einem und dem1 § 8 Der Normalsatz für regelmäßigen Gewichtsverlust beträgt zwei Prozent bei flüssigen und feuchten, sowie bei nachstehenden trockenen Gütern: geraspelte und gemahlene Farbchölzcr. Rinden, Wurzeln, Süßholz, geschnittener Tabak, Fettwaaren, Seifen und harte Ocle, frische Früchte, frische Tabaks­ blätter, Schafwolle, Häute, Felle, Leder, getrocknetes und gebackenes Obst, Thierflechscn, Hörner und Klauen, Knochen (ganz und gemahlen), getrocknete Fische, Hopfen, frische Kitte. Bei allen übrigen trockenen Gütern der in Art. 32 des Uebereinkommens bezeichneten Art beträgt der Normalsatz 1 Prozent.

selben Frachtbrief befördert worden sind, für jedes Stück besonders berechnet, wenn das Gewicht der einzelnen Stücke im Frachtbriefe verzeichnet oder sonst erweislich ist. Diese Beschränkung der Haftpflicht tritt nicht ein, insoweit nach­ gewiesen wird, daß der Verlust nach den Umständen des Falles nicht in Folge der natürlichen Beschaffenheit des Gutes entstanden ist, oder daß der angenommene Prozentsatz dieser Beschaffenheit oder den sonstigen Umständen des Falles nicht entspricht. Bei gänzlichem Verlust des Gutes findet ein Abzug für Ge­ wichtsverlust nicht statt. Art. 33. Der zur Klage Berechtigte kann das Gut ohne wei­ teren Nachweis als in Verlust gerathen betrachten, wenn sich dessen Ablieferung um mehr als 30 Tage nach Ablauf der Lieferfrist (Art. 14) verzögert. Art. 34. Wenn auf Grund der vorhergehenden Artikel von der Eisenbahn für gänzlichen oder theilweisen Verlust des Gutes Ersatz geleistet werden muß, so ist der gemeine Handelswerth, in dessen Er­ mangelung der gemeine Werth zu ersetzen, welchen das Gut derselben Art und Beschaffenheit am Versandorte zu der Zeit hatte, zu welcher das Gut zur Beförderung angenommen worden ist. Dazu kommt die Erstattung dessen, was an Zöllen und sonstigen Kosten, sowie an Fracht etwa bereits bezahlt worden ist. Art. 35. Es ist der Eisenbahn gestattet, besondere Bedingungen (Spezialtarife) mit Festsetzung eines im Falle des Verlustes, der Minderung oder Beschädigung zu ersetzenden Maximalbetrages zu veröffentlichen, sofern diese Spezialtarife eine Preisermäßigung für den ganzen Transport gegenüber den gewöhnlichen Tarifen jeder Eisenbahn enthalten und der gleiche Maximalbetrag auf die ganze Transportstrecke Anwendung findet. Art. 36. Der Entschädigungsberechtigte kann, wenn er die Ent­ schädigung für das in Verlust gerathene Gut in Empfang nimmt, in der Quittung den Vorbehalt machen, daß er für den Fall, als das Gut binnen vier Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden wird, hiervon seitens der Eisenbahnverwaltung sofort benachrichtigt werde. Ueber1 den Vorbehalt wird eine Bescheinigung ertheilt. In diesem Falle kann der Entschädigungsberechtigte innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht verlangen, daß ihm das Gut nach seiner Wahl an den Versand- oder an den im Frachtbriefe an­ gegebenen Bestimmungsort kostenfrei gegen Rückerstattung der ihm bezahlten Entschädigung ausgeliefert werde. 1 Zusatz des ang. Zusatzübereinkommens.

752 Anhang xv2. Internat. Uebereinkommen ü. d. Eisenbahnfrachtverkehr. Wrt. 37—44.

Wenn der im ersten Absätze erwähnte Vorbehalt nicht gemacht worden ist, oder wenn der Entschädigungsberechtigte in der im zweiten Absätze bezeichneten 30tägigen Frist das dort vorgesehene Begehren nicht gestellt hat, oder endlich, wenn das Gut erst nach 4 Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden wird, so kann die Eisenbahn nach den Gesetzen ihres Landes über das wieder aufge­ fundene Gut verfügen.

Art. 37. Im Falle der Beschädigung hat die Eisenbahn den ganzen Betrag des Minderwerthes des Gutes zu bezahlen. Im Falle die Beförderung nach einem Spezialtarife im Sinne des Art. 35 stattgefunden hat, wird der zu bezahlende Schadensbetrag verhältnißmäßig reduzirt. Art. 38. Hat eine Deklaration des Interesses an der Lieferung stattgefunden, so kann dem Berechtigten im Falle des Verlustes, der Minderung oder der Beschädigung, außer der durch den Art. 34 und bezw. durch den Art. 37 festgesetzten Entschädigung noch ein weiterer Schadensersatz bis zur Höhe des in der Deklaration fest­ gesetzten Betrages zugesprochen werden. Das Vorhandensein uiib die Höhe dieses weiteren Schadens hat der Berechtigte zu erweisen. Di: Aussührungsbestimmungen* setzen den Höchslbetrag des Frachtzuschlages fest, welcher im Falle einer Deklaration des In­ teresses an der Lieferung zu zahlen ist.1 2 Art. 39. Die Eisenbahn hastet für den Schaden, welcher burcsj Versäumung der Lieferfrist (Art. 14) entstanden ist, sofern sie nicht beweist, daß die Verspätung von einem Ereignisse herrührt, welches sie weder herbeigeführt hat, noch abzuwenden vermochte. Art. 40. Im Falle der Versäumung der Lieferfrist können ohne Nachweis eines Schadens folgende Vergütungen beansprucht werden: Bei einer Verspätung bis einschließlich Vio der Lieferfrist: Vio der Fracht, 1 §9 |in der Fassung des ang. 3ii|n(u'ibercinTonimcib3]. Tie Summe, jit welcher das Interesse an der Lieferung dcklarirt wird, muß im Frachtbries an der dafür vorgesehenen Stelle mit Buchstaben eingetragen werden. In diesem Falle wird der Frachtzuschlag für untheilbare Einheiten von je 10 Franken und 10 Kilometern berechnet und darf 0,025 Franken für ein Kilometer und für je 1000 Franken des Betrags der deklarirten Summe nicht übersteigen. Ter geringste zur Erhebung kommende Frachtznschlag beträgt für den ganzen Turchlatlf 50 Gentimen. 2 Fassung des ang. Zusatzübereinkominens.

bei einer Verspätung bis einschließlich 7io der Lieferfrist 7io der Fracht, bei einer Verspätung bis einschließlich 7io der Lieferfrist 7io der Fracht, bei einer Verspätung bis einschließlich 7io der Lieferfrist Vio der Fracht, bei einer Verspätung von längerer Dauer: 5/io der Fracht. Wird der Nachweis eines Schadens erbracht, so kann der Be­ trag bis zur Höhe der ganzen Fracht beansprucht werden. Hat eine Deklaration des Interesses stattgefunden, so können ohne Nachweis eines Schadens folgende Vergütungen beansprucht werden: Bei einer Verspätung bis einschließlich 7io der­ Lieserfrist: 7io der Fracht, bei einer Verspätung bis einschließlich V1O ber Lieferfrist: 7io der Fracht, bei einer Verspätung bis einschließlich 7io der Lieferfrist: 7io der Fracht, bei einer Verspätung bis einschließlich 7io der Lieferfrist: 7io der Fracht, bei einer Verspätung von längerer Dauer: die ganze Fracht. Wird der Nachweis eines Schadens erbracht, so kann der Be­ trag des Schadens beansprucht werden. In beiden Fällen darf die Vergütung den deklarirten Betrag des Interesses nicht über­ steigen. Art. 41. Die Vergütung des vollen Schadens kann in allen Fällen gefordert werden, wenn derselbe in Folge der Arglist oder der groben Fahrlässigkeit der Eisenbahn entstanden ist. Art. 42. Der Forderungsberechtigte kann 6% Zinsen der als Entschädigung festgesetzten Summe verlangen. Diese Zinsen laufen von dem Tage, an welchem das Entschädigungsbegehren gestellt wird. Art. 43. Wenn Gegenstände, welche vom Transport ausge­ schlossen oder zu demselben nur bedingungsweise zugelassen sind, unter unrichtiger oder ungenauer Deklaration zur Beförderung auf­ gegeben, oder wenn die für dieselben vorgesehenen Sicherheitsvor­ schriften vom Absender außer Acht gelassen werden, so ist jede Haft­ pflicht der Eisenbahn auf Grund des Frachtvertrages ausgeschlossen. Art. 44. Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haften­ den Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so sind alle Ansprüche gegen die Eisenbahn aus dem Frachtverträge erloschen. Hiervon sind jedoch ausgenommen: 1. Entschädigungsansprüche, bei welchen der Berechtigte nachweisen Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Aufl. 48

754 Anhang XV 2. Internat. Ueberetnko»«en L. d. Stsen-ahnfrachtverkehr. Art. 45—47.

kann, daß der Schaden durch Arglist oder grobe Fahrlässigkeit

der Eisenbahn herbeigeführt worden ist; 2. Entschädigungsansprüche wegen Verspätung, wenn die Rekla­

mation spätestens am vierzehnten Tage, den Tag der Annahme

nicht mitgerechnet, bei einer der nach Art. 27 Abs. 3 in An­ spruch zu nehmenden Eisenbahnen angebracht wird;* 3. Entschädigungsansprüche wegen solcher Mängel, deren Fest­ stellung gemäß Art. 25 vor der Annahme des Gutes durch den Empfänger erfolgt ist, oder deren Feststellung nach Art. 25

hätte

erfolgen sollen und

der

Verschulden

durch

Eisenbahn

unterblieben ist;

4. Entschädigungsansprüche

wegen

nicht

äußerlich

erkennbarer

Mängel, deren Feststellung nach der Annahme erfolgt ist, je­ doch nur unter nachstehenden Voraussetzungen: a) Es

und

muß

unmittelbar

spätestens

sieben

nach

der

Tage

nach

Entdeckung der

des

Schadens

Empfangnahme

des

Gutes der Antrag auf Feststellung gemäß Art. 25 bei der

Eisenbahn oder dem zuständigen Gerichte angebracht werden; b) der Berechtigte

muß

beweisen,

daß der Mangel

während

der Zeit zwischen der Annahme zur Beförderung und der

Ablieferung entstanden ist.

War indessen die Feststellung des Zustandes des Gutes durch den Empfänger auf der Empfangstation möglich und hat die Eisenbahn

sich

bereit

erklärt,

dieselbe

dort

vorzunehmen,

so

findet die Bestimmung unter Nr. 4 keine Anwendung. Es steht dem Empfänger frei,

die Annahme des Gutes, auch

nach Annahme des Frachtbriefes und Bezahlung der Fracht, info­

lange zu verweigern, als nicht seinem Anträge auf Feststellung der

von ihm behaupteten Mängel stattgegeben ist. Annahme des Gutes sind wirkungslos,

Vorbehalte bei der

sofern sie nicht unter Zu­

stimmung der Eisenbahn erfolgt sind.

Wenn von mehreren auf dem Frachtbriefe verzeichneten Gegen­ ständen einzelne bei der Ablieferung fehlen, so kann der Empfänger

in der Empfangsbescheinigung (Art. 16) die nicht abgelieferten Gegen­

stände unter spezieller Bezeichnung derselben ausschließen. Alle in diesem Artikel erwähnten Entschädigungsansprüche müssen

schriftlich erhoben werden.

Art. 45.12 Entschädigungsforderungen wegen Verlustes, Minde­ rung, Beschädigung oder Verspätung, insofern sie nicht durch An1 Fassung des ang. Zusatzübereinkommens. 2 Absatz 4 durch das ang. Zusatzübereinkommen eingeschoben.

erkenntniß der Eisenbahn, Vergleich oder gerichtliches Urtheil fest­ gestellt sind, verjähren in einem Jahre und im Falle des Art. 44 Nr. 1 in drei Jahren.

Die Verjährung beginnt im Falle der Beschädigung oder Min­ derung an dem Tage, an welchem die Ablieferung stattgefunden hat, im Falle des gänzlichen Verlustes eines Frachtstückes oder der Ver­ spätung an dem Tage, an welchem die Lieferfrist abgelaufen ist.

Bezüglich der Unterbrechung der Verjährung entscheiden die Gesetze des Landes, wo die Klage angestellt ist. Wenn der Berechtigte eine schriftliche Reklamation bei der Eisen­ bahn einreicht, so wird die Verjährung für so lange gehemmt, als die Reklamation nicht erledigt ist. Ergeht auf die Reklamation ein abschlägiger Bescheid, so beginnt der Laus der Verjährungsfrist wieder mit dem Tage, an welchem die Eisenbahn ihre Entscheidung dem Reklamanten schriftlich bekannt macht und ihm die der Reklamation etwa angeschlossenen Beweisstücke zurückstellt. Der Beweis der Ein­ reichung oder der Erledigung der Reklamation sowie der der Rück­ stellung der Beweisstücke obliegt demjenigen, der sich auf diese That­ sachen beruft. Weitere Reklamationen, die an die Eisenbahn oder an die vorgesetzten Behörden gerichtet werden, bewirken keine Hem­ mung der Verjährung.

Art. 4S. Ansprüche, welche nach den Bestimmungen der Art. 44 und 45 erloschen oder verjährt sind, können auch nicht im Wege einer Widerklage oder einer Einrede geltend gemacht werden. Urt. 47. Derjenigen Eisenbahn, welche auf Grund der Bestim­ mungen dieses Uebereinkommens Entschädigung geleistet hat, steht der Rückgriff gegen die am Transporte betheiligten Bahnen nach Maßgabe folgender Bestimmungen zu: 1. Diejenige Eisenbahn, welche den Schaden allein verschuldet hat, hastet für denselben ausschließlich. 2. Haben mehrere Bahnen den Schaden verschuldet, so haftet jede Bahn für den von chr verschuldeten Schaden. Ist eine solche Unterscheidung nach den Umständen des Falles nicht möglich, so werden die Antheile der schuldtragenden Bahnen am Schadensersätze nach den Grundsätzen der folgenden Nr. 3 festgesetzt. 3. Ist ein Verschulden einer oder mehrerer Bahnen als Ursache nicht nachweisbar, so haften die sämmtlichen am Transport betheiligten Bahnen mit Ausnahme derjenigen, welche beweisen, daß der Schaden auf ihrer Strecke nicht entstanden ist, nach Verhältniß der reinen Fracht, welche jede derselben nach dem

756 Anhang XV 2. Internat, llebereinkominen ü. d. Sisenbahnfrachtvertehr. Art. 48—56.

Tarife im Falle der ordnungsmäßigen Ausführung des Trans­ portes bezogen hätte. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer der in diesem Artikel bezeichneten Eisenbahnen wird der Schaden, der hieraus für die Eisen­ bahn entsteht, welche den Schadensersatz geleistet hat, unter allen Eisenbahnen, welche an dem Transport theilgenommen haben, nach Verhältniß der reinen Fracht vertheilt.

Art. 48. Die Vorschriften des Art. 47 finden auch auf die Fälle der Versäumung der Lieferfrist Anwendung. Für Versäumung der Lieferfrist haften mehrere schuldtragende Verwaltungen nach Verhältniß der Zeitdauer der auf ihren Bahnstrecken vorgekommenen Versäumniß. Die Vertheilung der Lieferfrist unter den einzelnen an einem Transporte betheiligten Eisenbahnen richtet sich, in Ermangelung anderweitiger Vereinbarungen, nach den durch die 9Iu3füli)rungd=* bestimmungen* festgesetzten Normen.

Art. 49. Eine Solidarhast mehrerer am Transporte betheiligter Bahnen findet für den Rückgriff nicht statt.

Art. 50. Für den im Wege des Rückgriffs geltend zu machen­ den Anspruch der Eisenbahnen unter einander ist die im Entschädi­ gungsprozeß gegen die rückgriffnehmende Bahn ergangene endgültige 1 § 10. Die nach Art. 14 des Uebereinkommens und § 6 dieser Aus­ führungsbestimmungen im einzelnen Falle für einen internationalen Trans­ port sich berechnende Lieferfrist vertheilt sich auf die am Transport theilnehmenden Bahnen, in Ermangelung einer anderweitigen Verständigung, in fol­ gender Weise: 1 Im Nachbarverkehre zweier Bahnen: a) die Expeditionsfrist zu gleichen Theilen; b) die Transportsrist pro rata der Streckenlänge (Tariflänge), mit der jede Bahn am Transporte betheiligt ist. 2 Im Verkehre dreier oder mehrerer Bahnen: a) die erste und letzte Bahn erhalten ein Präzipuum von je zwölf Stunden bei Frachtgut und sechs Stunden bei Eilgut aus der Expedilionssrist; b) der Rest der Expeditions­ frist und ein Drittel der Transportfrist werden zu gleichen Theilen unter allen betheiligten Bahnen vertheilt; c) die übrigen zwei Drittel der Transportfrist pro rata der Streckenlänge (Tarislänge), mit der jede Bahn am Transporte betheiligt ist. Etwaige Zuschlagssristen kommen derjenigen Bahn zu Gute, nach deren Lokaltarifbestimmungen sie im gegebenen Falle zulässig sind. Die Zeit von der Auflieferung des Gutes bis zum Beginne der Liefer­ frist kommt lediglich der Versandbahn zu Gute. Wird die Lieferfrist im Ganzen eingehalten, so kommt vorstehende Ver­ theilung nicht in Betracht.

Entscheidung hinsichtlich der Verbindlichkeit zum Schadensersatz und der Höhe der Entschädigung maßgebend, sofern den im Rückgriffs­ wege in Anspruch zu nehmenden Bahnen der Streit in gehöriger Form verkündet ist und dieselben in der Lage sich befanden, in dem Prozesse zu interveniren. Die Frist für diese Intervention wird von dem Richter der Hauptsache nach den Umständen des Falles und so kurz als möglich bestimmt.

Art. 51. Insoweit nicht eine gütliche Einigung erfolgt ist, sind sämmtliche betheiligte Bahnen in einer und derselben Klage zu be­ langen, widrigenfalls das Recht des Rückgriffs gegen die nicht be­ langten Bahnen erlischt. Der Richter hat in einem und demselben Verfahren zu ent­ scheiden. Den Beklagten steht ein weiterer Rückgriff nicht zu.

Art. 52. Die Verbindung des Rückgriffsverfahrens mit dem Entschädigungsverfahren ist unzulässig. Art. 53. Für alle Rückgriffsansprüche ist der Richter des Wohn­ sitzes der Bahn, gegen welche der Rückgriff erhoben wird, ausschließ­ lich zuständig. Ist die Klage gegen mehrere Bahnen zu erheben, so steht der klagenden Bahn die Wahl unter den nach Maßgabe des ersten Ab­ satzes dieses Artikels zuständigen Richtern zu.

Art. 54. Die Befugniß der Eisenbahnen, über den Rückgriff im Voraus ober im einzelnen Fall andere Vereinbarungen zu treffen, wird durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt.

Art. 55. Soweit nicht durch das gegenwärtige Uebereinkommen andere Bestimmungen getroffen sind, richtet sich das Verfahren nach den Gesetzen des Prozeßrichters. Art. 56. Urtheile, welche auf Grund der Bestimmungen dieses Uebereinkommens von dem zuständigen Richter in Folge eines kontra­ diktorischen oder eines Bersäumnißverfahrens erlassen und nach den für den urtheilenden Richter maßgebenden Gesetzen vollstreckbar ge­ worden sind, erlangen im Gebiete sämmtlicher Bertragsstaaten Voll­ streckbarkeit, unter Erfüllung der von den Gesetzen des Landes vor­ geschriebenen Bedingungen und Formalitäten, aber ohne daß eine materielle Prüfung des Inhalts zulässig wäre. Auf nur vorläufig vollstreckbare Urtheile findet diese Vorschrift keine Anwendung, eben­ sowenig auf diejenigen Bestimmungen eines Urtheils, durch welche der Kläger, weil derselbe im Prozesse unterliegt, außer den Prozeßkosten zu einer weiteren. Entschädigung verurtheilt wird. Eine Sicherstellung für die Prozeßkosten kann bei Klagen,

758 Anhang XV 2. Internat. Lederetukommeu ü.d.Eisenbahafrachtverkehr. Protokoll.

welche auf Grund des internationalen Frachtvertrags erhoben werden, nicht gefordert werden.1 * Art. 57—59. (Bildung eines Centralamtes.)-

Protokoll. Im Begriffe, an die Unterzeichnung des am heutigen Tage ge­ troffenen Abkommens zu schreiten, haben die unterzeichneten Bevoll­ mächtigten erklärt und vereinbart, was folgt: I. In Betreff des Art. 1 besteht darüber allseitiges Einverständniß, daß Sendungen, deren Abgangs- und Endstation in dem Gebiete desselben Staates liegen, nicht als internationale Transporte zu betrachten sind, wenn dieselben aus einer Linie, deren Betrieb einer Verwaltung dieses Staates angehört, das Gebiet eines fremden Staates nur transitiren.3 Wenn die Transitstrccken nicht dein Betrieb einer Verwaltung dieses Staates angehören, so können die betheiligten Regierungen durch Sonderabkommen vereinbaren, daß solche Trans­ porte gleichwohl nicht als internationale zu betrachten sind. Im weiteren ist man darüber einverstanden, daß die Bestim­ mungen dieses Uebereinkommens keine Anwendung finden, wenn eine Sendung von irgend einer Station eines Staatsgebietes entweder nach dem Grenzbahnhofe des Nachbarstaates, in welchem die Zoll­ behandlung erfolgt, oder nach einer Station stattfindet, welche zwischen diesem Bahnhöfe und der Grenze liegt; es sei denn, daß der Ab­ sender für eine solche Sendung die Anwendung des gegenwärtigen Uebereinkommens verlangt. Die Bestimmung gilt auch für Trans­ porte von dem genannten Grenzbahnhose oder einer der genannten Zwischenstationen nach Stationen des anderen Staates. II. In Betreff des Art. 11 erklären, die unterzeichneten Be­ vollmächtigten, daß sie keine Verpflichtung eingehen können, welche die Freiheit ihrer Staaten in der Regelung ihres internen Eisen­ bahnverkehrs beschränken würde. Sie konstatiren übrigens, jeder für den von ihm vertretenen Staat, daß diese Regelung z. Z. mit den im Art. 11 des Uebereinkommens festgestellten Grundsätzen sich im Einklänge befinde, und sie betrachten es als wünschenswerth, daß dieser Einklang erhalten bleibe. III. Es wird ferner anerkannt, daß durch das Uebereinkommen 1 § 11. Die in den vorhergehenden Ausführungsbestimmungen in Franken

ausgedrückten Summen sind in den vertragschließenden Staaten, in welchen

die Frankenwährung nicht besteht, durch in der Landeswährung ausgedrückte Beträge zu ersetzen. - Dazu Reglement betr. die Errichtung eines CentralamteS. 3 Hinzugesügt durch das ang. Zusatzübereinkommen.

Anhang XV11. Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen. § 1.

759

das Verhältniß der Eisenbahnen zu dem Staate, welchem sie ange­ hören, in keiner Weise geändert wird, und daß dieses Verhältniß auch in Zukunft durch die Gesetzgebung jedes einzelnen Staates ge­ regelt werden wird, sowie daß insbesondere durch das Uebereinkommen die in jedem Staate in Geltung stehenden Bestimmungen über die staatliche Genehmigung der Tarife und Transportbedingungen nicht berührt werden. IV. Es wird anerkannt, daß das Reglement, betreffend die Er­ richtung eines Centralamtes, sowie die Ausführungsbestimmungen zu dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr und die Anlagen 1, 2, 3 und 4 dieselbe Kraft und Dauer haben sollen, wie das Uebereinkommen selbst. V. 1 2Hinsichtlich des Artikel 60 ist allseitig anerkannt, daß das internationale Uebereinkommen für jeden betheiligten Staat auf drei Jahre von dem Tage des Inkrafttretens desselben und weiter auf se drei Jahre insolange verbindlich ist, als nicht einer der betheiligten Staaten spätestens ein Jahr vor Ablauf eines Trienniums den übrigen Staaten die Absicht erklärt hat, von dem Uebereinkommen zurückzutreten. Das gegenwärtige Protokoll, welches zugleich mit dem am heutigen Tage abgeschlossenen Uebereinkommen ratifizirt werden soll, ist als ein integrirender Bestandtheil dieses Uebereinkommens zu be­ trachten und hat dieselbe Kraft und Dauer wie dieses letztere selbst?

XVII

Gesetz über die privaten Bersicherungsnnternehmungen. Vom 12. Mai 1901 (RGBl 139). I. Einleitende Vorschriften.

8 1. Privatunternehmungen, welche den Betrieb von Versiche­ rungsgeschäften zum Gegenstände haben, unterliegen, vorbehaltlich der in den §§ 116, 117, 122 gegebenen Vorschriften, der Beaufsichti­ gung nach Maßgabe dieses Gesetzes. 1 Hinzugesügt durch das ang. Zusatzübereinkommen. 2 ang. Zusatzübereinkommen Art. 4. Das gegenwärtige Zusatzüberein­ kommen hat dieselbe Dauer und Wirksamkeit wie das Uebereinkommen vom 14. Oktober 1900, von dem es einen integrirenden Bestandtheil bildet. Die Ratifikation wird Vorbehalten. Die Niederlegung der Ratifikations-Urkunden soll sobald als möglich stattfinden, und zwar in derselben Form wie bei dem Uebereinkommen selbst und den Zusatzvereinbarungen. Es tritt drei Monate nach der Niederlegung der Ratifikationen in Kraft.

760

Anhang XVI1. Gesetz über -ie privaten BersichernngSunternehmnngen. 8 2—9.

Als Versicherungsunternehmungen im Sinne dieses Gesetzes sind solche Personenvereinigungen nicht anzusehen, die ihren Mitgliedern Unterstützung gewähren, ohne ihnen einen Rechtsanspruch darauf einzuräumen. § 2. Die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmungen wird, sofern ihr Geschäftsbetrieb durch die Satzung oder die sonstigen Geschäftsunterlagen auf das Gebiet eines Bundesstaats beschränkt ist, durch Landesbehörden, anderenfalls durch die hierzu bestellte Reichsbehörde ausgeübt. 8 3, Die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmungen, deren Geschäftsbetrieb auf das Gebiet eines Bundesstaats beschränkt ist, kamr auf Antrag dieses Bundesstaats mit Zustimmung des Bundesraths durch Kaiserliche Verordnung der Reichsbehörde über­ tragen werden.1 Im Einvernehmen mit den betheiligten Landesregierungen kann der Reichskanzler bestimmen, daß Unternehmungen, deren Geschäfts­ betrieb sich zwar über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt, aber sachlich, örtlich oder hinsichtlich des Personenkreises eng begrenzt ist, durch die Landesbehörde desjenigen Bundesstaats beaufsichtigt werden, in dessen Gebiete sie ihren Sitz haben.

n. Zulassung zum Geschäftsbetriebe. 8 4. Versicherungsunternehmungen bedürfen zum Geschäftsbe­ triebe der Erlaubniß der Aufsichtsbehörde. Mit dem Antrag auf Ertheilung der Erlaubniß ist der Geschäfts­ plan einzureichen, welcher den Zweck und Die Einrichtung des Unternehmens, das räumliche Gebiet des beabsichtigten Geschäfts­ betriebs sowie namentlich auch diejenigen Verhältnisse klarzulegen hat, aus denen sich die dauernde Erfüllbarkeit der künftigen Ver­ pflichtungen des Unternehmens ergeben soll. Als Bestandtheile des Geschäftsplans sind insbesondere einzureichen: 1. der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung, sofern die Unter­ nehmung auf solchen beruht, 2. die allgemeinen Versicherungsbedingungen und die technischen Geschäftsunterlagen, soweit solche nach der Art der zu betreibenden Versicherungen erforderlich sind. 8 5, Die Ertheilung der Erlaubniß erfolgt unabhängig von dem Nachweis eines Bedürfnisses und, sofern nicht der Wirkungs1 V betr. die Beaufsichtigung hessischer und bremischer privater Versiche­ rungsunternehmungen 3./2. 02 (RGBl 43).

kreis des Unternehmens nach dem Geschäftsplan auf eine bestimmte Zeit oder auf ein kleineres Gebiet beschrankt ist, ohne Zeitbeschrän­ kung beziehungsweise für den Umfang des Reichs. § 6. Die Erlaubniß darf Personenvereinigungen, welche die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsätze der Gegenseitigkeit betreiben wollen, nur ertheilt werden, wenn diese Vereinigungen in der Form von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (§§ 15 bis 53) errichtet werden. Zum Betriebe der verschiedenen Arten der Lebensversicherung sowie zum Betriebe der Unfall-, Haftpflicht-, Feuer- oder Hagelver­ sicherung darf die Erlaubniß außer Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit nur an Aktiengesellschaften ertheilt werden. Als Lebensversicherung im Sinne dieses Gesetzes gilt auch die Jnvaliditäts-, Alters-, Wittwen-, Waisen-, Aussteuer und Militär­ dienstversicherung, gleichviel ob auf Kapital oder Renten. § 7. Die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe darf nur versagt werden, wenn 1. der Geschäftsplan gesetzlichen Vorschriften zuwiderläuft; 2. nach dem Geschäftsplane die Interessen der Versicherten nicht hinreichend gewahrt sind oder die dauernde Erfüllbarkeit der aus den Versicherungen sich ergebenden Verpflichtungen nicht genügend dargethan ist; 3. Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß ein den Gesetzen oder den guten Sitten entsprechender Geschäfts­ betrieb nicht stattfinden wird. Die Erlaubniß kann von der Stellung einer angemessenen Sicher­ heit abhängig gemacht werden, wobei deren Zweck und die Be­ dingungen für die Rückgabe festzustellen sind. § 8. Der Gesellschaftsvertrag einer Aktiengesellschaft soll die einzelnen Versicherungszweige, auf welche sich der Geschäftsbetrieb erstreckt, sowie die Grundsätze für die Anlegung des Vermögens festsetzen und ersichtlich machen, ob das Versicherungsgeschäft ledig­ lich unmittelbar oder zugleich auch mittelbar (durch Rückversicherung) betrieben werden soll. Bei Unternehmungen, die durch eine Satzung geregelt sind, sollen die im Abs. 1 bezeichneten Angaben in der Satzung enthalten sein. 8 9. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen sollen die­ jenigen Bestimmungen enthalten sein, welche getroffen werden: 1. über die Ereignisse, bei deren Eintritte der Versicherer zu einer Leistung verpflichtet ist, und über die Fälle, in denen aus be­ sonderen Gründen diese Verpflichtung ausgeschlossen oder auf-

762 Unhang XV11. Gesetz über die -riVLte» VerstcherungSunternehumnge». 8 10—14.

gehoben sein soll (wegen unrichtiger Angaben im Anträge, wegen Aenderungen während der Vertragsdauer u. s. w.); 2. über die Art, den Umfang und die Fälligkeit der dem Versicherer obliegenden Leistungen; 3. über die Feststellung und Leistung des vom Versicherten an den Versicherer zu entrichtenden Entgelts und über die Rechtsfolgen eines Verzugs in der Entrichtung des Entgelts; 4. über die Dauer, insbesondere eine stillschweigende Verlänge­ rung, über die Kündigung, sowie über die sonstige gänzliche oder theilweise Aufhebung des Versicherungsvertrags und die Verpflichtungen des Versicherers in den Fällen der letzteren Art (Storni, Rückkauf, Umwandlung der Versicherung, Reduktion und dergleichen); 5. über den Verlust des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag in Folge der Versäumung von Fristen; 6. über das Verfahren im Falle von Streitigkeiten aus dem Ver­ sicherungsvertrag, über das zuständige Gericht und die Be­ stellung eines Schiedsgerichts; 7. über die Grundsätze und Maßstäbe, nach denen die Versicherten an den Ueberschüssen Theil nehmen; 8. bei Lebensversicherungen über die Voraussetzungen und den Um­ fang von Vorausbezahlungen oder Darlehen auf Versicherungs­ scheine (Policen). Bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit können die im Abs. 1 bezeichneten Gegenstände statt in den allgemeinen Versiche­ rungsbedingungen in der Satzung geregelt werden. Abweichungen von den allgemeinen Versicherungsbedingungen zu Ungunsten des Versicherten sind nur aus besonderen Gründen sowie unter der Bedingung statthaft, daß der Versicherungsnehmer vor dem Abschlüsse des Vertrags auf diese Abweichungen ausdrück­ lich hingewiesen worden ist und sich hiernach schriftlich damit ein­ verstanden erklärt hat. g 10. Vor dem Abschlüsse des Versicherungsvertrags ist dem Versicherungsnehmer ein Exemplar der maßgebenden allgemeinen Versicherungsbedingungen gegen eine besonders auszufertigende Em­ pfangsbescheinigung auszuhändigen. Das Gleiche gilt, soweit es sich um Versicherung auf Gegenseitigkeit handelt, auch von der Satzung des Vereins. Auf solche Feuerversicherungen, deren Abschluß im Börsen­ verkehr oder nach Börsenusance erfolgt, findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung.

Die Aufsichtsbehörde kann weitere Ausnahmen von den Vor­ schriften des Abs. 1 zulassen.

8 11. Der Geschästsplan einer Lebensversicherungsunterneh­ mung hat die von ihr angenommenen Tarife sowie die Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven vollständig darzustellen, namentlich auch den anzuwendenden Zinsfuß und die Höhe des Zuschlags zur Nettoprämie anzugeben. Auch ist anzugeben, ob und in welchem Maße bei der Berechnung der Prämienreserve eine Methode angewandt werden soll, nach welcher anfänglich nicht die volle Prämienreserve zurückgestellt wird, wobei jedoch der Satz von zwölseinhalb per Mille der Versicherungssumme nicht über­ schritten werden darf. Die als Grundlage der Berechnungen dienenden Wahrscheinlichkeitstaseln, insbesondere über die Sterblichkeit und die Jnvaliditäts- undl Krankheitsgefahr, sind beizufügen. Für jede Versicherungsart (Versicherung auf den Lebensfall — auf den Todesfall, Kapitalversicherung — Rentenversicherung u.s.w.) sind die zur Berechnung der Prämien und der Prämienreserven dienenden Formeln vorzulegen und durch ein Zahlenbeispiel zu er­ läutern. Sollen auch Versicherungen mit erhöhter Prämie übernommen werden, so ist in dem Geschäftsplane ferner anzugeben, ob und nach welchen Grundsätzen hierfür eine besondere Prämienreserve ge­ bildet werden soll. 8 12. Soweit Kranken- oder Unfallversicherungsunternehmun­ gen Versicherungen nach Art der Lebensversicherung unter Zugrunde­ legung bestimmter Wahrscheinlichkeitstafeln betreiben, insbesondere die Versicherung von Renten, Versicherungen mit Prämienrückgewähr oder sonstige die Ansammlung von Prämienreserven erfordernde Versicherungen übernehmen, finden die Vorschriften des § 11 ent­ sprechende Anwendung.

8 13. Jede Aenderung des Geschäftsplans ist der Aufsichtsbe­ hörde anzuzeigen und bedarf, bevor sie in Kraft gesetzt wird, ihrer Genehmigung. Die Genehmigung darf nur aus den Gründen des § 7 versagt werden. 8 14. Jedes Uebereinkommen, wodurch der Versicherungsbe­ stand eines Unternehmens in seiner Gesammtheit oder in einzelnen Zweigen mit den darauf bezüglichen Reserven und Prämienüber­ trägen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden soll, be­ darf der Genehmigung der für die betheiligten Unternehmungen zu­ ständigen Aufsichtsbehörden. Die Genehmigung darf nur aus den Gründen des § 7 versagt werden.

764 Anhang XV11. Gesetz über die privaten VersicheruugSnnternehmungen. § 15—25.

IIL Bersicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. § IS. Ein Verein, welcher die Versicherung seiner Mitglieder nach dem Grundsätze der Gegenseitigkeit betreiben will, erlangt durch die von der Aufsichtsbehörde ertheilte Erlaubniß zum Geschäfts­ betrieb als „Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit" die Rechts­ fähigkeit. 8 16. Die in Betreff der Kaufleute im ersten und dritten Buche des Handelsgesetzbuchs gegebenen Vorschriften, mit Ausnahme der §§ 1 bis 7 finden auf die Versicherungsvereine aus Gegenseitigkeit entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nicht ein Anderes be­ stimmt. § 17. Die Verfassung eines Versicherungsvereines auf Gegen­ seitigkeit wird durch die Satzung bestimmt, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht. Die Satzung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkun­ dung. § 18. Die Satzung hat den Namen (die Firma) und den Sitz des Vereins zu bestimmen. Die Firma soll den Sitz des Vereins erkennen lassen. Auch ist in der Firma oder in einem Zusatz auszudrücken, daß Versicherung auf Gegenseitigkeit betrieben wird. 8 19. Für alle Verbindlichkeiten des Vereins haftet den Vereins­ gläubigern nur das Vereinsvermögen. Eine Haftung der Mitglieder gegenüber den Gläubigern des Vereins findet nicht statt. 8 29. Die Satzung soll Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft enlhaiten. Der Erwerb der Mitgliedschaft setzt die Begründung eines Versicherungsverhältnisses mit dem Vereine voraus. Die Mitgliedschaft endigt, soweit nicht die Satzung ein Anderes bestimmt, mit Beendigung des Versicherungsverhältnisses. 8 21. Die Beiträge der Mitglieder und die Leistungen des Vereins an die Mitglieder dürfen bei gleichen Voraussetzungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen sein. Der Verein darf Versicherungsgeschäftc gegen feste Prämien in der Art, daß die Versicherungsnehmer nicht Mitglieder des Vereins werden, nur betreiben, soweit die Satzung dies ausdrücklich gestattet. 8 22. In der Satzung ist die Bildung eines Gründungsfonds vorzusehen, der zur Deckung der Kosten der Errichtung des Vereins sowie als Garantie- und Betriebsfonds zu dienen hat. Die Satzung soll die Bedingungen, unter denen der Fonds dem Vereine zur Verfügung steht, enthalten und insbesondere bestimmen, in welcher Weise eine Tilgung des Gründungsfonds erfolgen und ob und in welchem Umfange den Personen, welche den Gründungsfonds zur

Verfügung gestellt haben, ein Recht zur Theilnahme an der Ver­ waltung des Vereins eingeräumt sein soll. Der Gründungsfonds ist baar einzuzahlen, soweit nicht die Satzung an Stelle der Baarzahlung die Hingabe eigener Wechsel gestattet; als Baarzahlung gilt nur die Zahlung in deutschem Gelde, in Reichskassenscheinen sowie in gesetzlich zugelassenen Noten deutscher Banken. Denjenigen, welche den Gründungsfonds zur Verfügung ge­ stellt haben, darf ein Kündigungsrecht nicht eingeräumt werden. In der Satzung kann ihnen außer einer Verzinsung aus den Jahres­ einnahmen eine Betheiligung an dem aus der Jahresbilanz sich ergebenden Überschüsse zugesichert werden; die Verzinsung darf vier, die gesammten Bezüge dürfen sechs vom Hundert des baar eingezahlten Betrags nicht übersteigen. Der Gründungsfonds darf in Antheile zerlegt werden, über welche Antheilscheine ausgegeben werden können. Eine Tilgung des Gründungsfonds darf nur aus den Jahres­ einnahmen erfolgen und nur in dem Maße, als die Bildung des im § 37 vorgesehenen Reservefonds fortgeschritten ist; sie muß be­ ginnen, nachdem die Kosten der Errichtung und die im ersten Ge­ schäftsjahr entstandenen Kosten der Einrichtung getilgt worden sind. 8 23. Die Aufsichtsbehörde kann gestatten, von der Bildung eines Gründungsfonds Abstand zu nehmen, wenn nach der Natur der zu betreibenden Geschäfte oder durch besondere Einrichtungen eines Unternehmens anderweitige Sicherheit gegeben ist. 8 24. Die Satzung hat darüber Bestimmung zu treffen, ob die Deckung der Ausgaben erfolgen soll 1. durch einmalige oder wiederkehrende Beiträge im voraus, und zwar mit Vorbehalt von Nachschüssen oder unter Ausschluß von Nachschüssen mit oder ohne Vorbehalt der Kürzung der Bersicherungsansprüche, 2. durch Beiträge, die nach Maßgabe des eingetretenen Bedarfs umgelegt werden. Die Satzung kann einen Höchstbetrag festsetzen, auf welchen die Pflicht zur Zahlung von Nachschüssen oder Umlagen beschränkt ist. Eine Beschränkung, wonach die Ausschreibung von Nachschüssen oder Umlagen nur zum Zwecke der Deckung von Versicherungsan­ sprüchen der Mitglieder stattfinden darf, ist unzulässig. 8 25. Zu den Nachschüssen oder Umlagen haben auch die im Laufe des Geschäftsjahrs ausgeschiedenen Mitglieder beizutragen. Die Beitragspflicht dieser Mitglieder sowie der im Laufe des Ge­ schäftsjahrs eingetretenen Mitglieder bemißt sich nach dem Ver-

766 «nhauß XVI1. Gesetz über die primtten VersicherunßSunternehmungen. 8 26—34.

hältnisse der Zeitdauer der Mitgliedschaft innerhalb des Geschäfts­ jahres. Bemißt sich die Höhe des von dem einzelnen Mitgliede zu leistenden Nachschub- oder Umlagebetrags nach der Höhe des im voraus erhobenen Beitrags oder der Versicherungssumme, so ist bei der Berechnung, wenn im Laufe des Geschäftsjahrs eine Erhöhung oder Herabsetzung des Beitrags oder der Versicherungssumme ein­ getreten ist, der höhere Betrag zu Grunde zu legen. Die Vorschriften der Ws. 1, 2 finden nur insoweit Anwendung, als nicht die Satzung ein Anderes bestimmt. § 26. Gegen eine Forderung des Vereins aus der Beitrags­ pflicht kann das Mitglied eine Aufrechnung nicht geltend machen, g 27. Die Satzung soll über die Voraussetzungen, unter denen die Ausschreibung von Nachschüssen oder Umlagen zu erfolgen hat, insbesondere darüber Bestimmung treffen, inwieweit zuvor die sonst vorhandenen Deckungsmittel (Gründungssonds, Rücklagen) zu ver­ wenden sind. Die Satzung soll ferner bestimmen, in welcher Weise die Nach­ schüsse oder Umlagen ausgeschrieben oder eingezogen werden, g 28. Die Satzung hat über die Form Bestimmung zu treffen, in der die Bekanntmachungen des Vereins zu erfolgen haben. Bekanntmachungen, die durch öffentliche Blätter erfolgen sollen, sind, wenn der Geschäftsbetrieb des Vereins sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt, in den Reichsanzeiger einzu­ rücken. Ist der Geschäftsbetrieb auf das Gebiet eines Bundesstaats beschränkt, so kann die Landes-Zentralbehörde an Stelle des Reichs­ anzeigers ein anderes Blatt bestimmen. Weitere Blätter bestimmt die Satzung. g 29. Tie Satzung hat über die Bildung eines Vorstandes, eines Aussichtsraths und eines obersten Organs (Versammlung von Mitgliedern oder Vertretern der Mitglieder) Bestimmung zu treffen. Die durch das oberste Organ auszuübenden Obliegenheiten können auf mehrere dem Vorstand und dem Aufsichtsrath über­ geordnete Organe vertheilt sein. g 30. Der Verein ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk er seinen Sitz hat, von sämmtlichen Mitgliedern des Vorstandes und des Aus­ sichtsraths zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Von jeder Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe (§ 15) hat die Aufsichtsbehörde dem Registergerichte Mittheilung zu machen, g 31. Der Anmeldung sind beizufügen: 1. die Urkunde über die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe; 2. die Satzung;

3. die Urkunden über die Bestellung des Vorstandes und des Aufsichtsraths; 4. die Urkunden über die Bestellung des Gründungssonds nebst einer Erklärung des Vorstandes und des Aufsichtsraths darüber, inwieweit der Gründungsfonds durch Baarzahlung gedeckt und in ihrem Besitz ist. Die Mitglieder des Vorstandes haben ihre Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. Die der Anmeldung beigefügten Schriftstücke werden bei dem Gericht in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift aufbewahrt. 8 32. Bei der Eintragung in das Handelsregister sind die Firma und der Sitz des Vereins, die Versicherungszweige, auf welche sich der Betrieb erstrecken soll, die Höhe des Gründungsfonds, der Tag, an dem die Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb ertheilt ist, und die Mitglieder des Vorstandes anzugeben. Enthält die Satzung besondere Bestimmungen über die Dauer des Vereins oder über die Befugniß der Mitglieder des Vorstandes oder der Liquidatoren zur Vertretung des Vereins, so sind auch diese Bestimmungen einzutragen. 8 33. In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekannt gemacht wird, sind außer dem Inhalte der Eintragung aufzunehmen: 1. eine Angabe darüber, ob die Deckung der Ausgaben durch Bei­ träge im voraus oder im Umlageverfahren erfolgen soll, und im ersteren Falle, ob mit Ausschluß oder mit Vorbehalt von Nachschüssen, ob die Beitragspflicht beschränkt ist oder nicht, und ob eine Kürzung der Versicherungsansprüche Vorbehalten ist (8 24); 2. die im § 28 bezeichneten Festsetzungen; 3. die Art der Bestellung und Zusammensetzung der Vereins­ organe ; 4. Name, Stand und Wohnort der Mitglieder des ersten Aufsichts­ raths; 5. die Form, in der die Berufung des obersten Organs erfolgt. 8 34. Auf den Vorstand finden die Vorschriften der §§ 231 bis 239, 241, 242 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß das von Beschlüssen der Generalversammlung Ge­ sagte von den Beschlüssen des obersten Organs gilt und daß an die Stelle des § 236 Abs. 1 und des § 241 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs folgende Vorschriften treten: 1. die Mitglieder des Vorstandes dürfen, sofern die Satzung nicht ein Anderes bestimmt, ohne Einwilligung des Aufsichtsraths

768 Anhang XV11. Gesetz über die privaten Bersicherungsunternehmungen. 8 35—39.

weder ein Handelsgewerbe betreiben, noch dem Vorstand oder Aufsichtsrath einer gleichartigen Versicherungsunternehmung an­ gehören; 2. die Mitglieder des Vorstandes sind insbesondere zum Schadens­ ersätze verpflichtet, wenn entgegen den Vorschriften des Gesetzes eine Verzinsung oder Tilgung des Gründungssonds oder eine Vertheilung des Vereinsvermögens erfolgt oder wenn Zah­ lungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit des Vereins eingetreten ist oder seine Ueberschuldung sich ergeben hat. 8 35, Auf den Aufsichtsrath finden die Vorschriften der §§ 243 bis 249 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe entsprechende An­ wendung, daß die der Generalversammlung übertragenen Aufgaben von dem obersten Organe wahrgenommen werden, und daß an die Stelle des § 243 Abs. 4 Satz 2, des § 245 Abs. 1 und des § 249 Abs. 3 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs folgende Vorschriften treten: 1. die Satzung hat zu bestimmen, ob für einen Beschluß des obersten Organs, durch den die Bestellung zum Mitgliede des Aufsichtsraths widerrufen wird, eine besondere Mehrheit er­ forderlich sein soll; 2. eine nach dem Jahresüberschusse bemessene Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsraths darf nur von dem Betrage ge­ währt werden, welcher verbleibt, nachdem sämmtliche Abschrei­ bungen und Rücklagen bewirkt worden sind und nachdem sür diejenigen Personen, welche gegen Zusicherung einer Betheili­ gung am Ueberschusse den Gründungsfonds zur Versügung ge­ stellt haben, der nach §§ 22 Abs. 3 bedungene Antheil am Ueberschuß in Abzug gebracht worden ist; 3. die Mitglieder des Aufsichtsraths sind insbesondere zum Schadensersätze verpflichtet, wenn mit ihrem Wissen und ohne ihr Einschreiten die im § 34 Nr. 2 bezeichneten Handlungen vorgenommen werden. 8 36, Auf das oberste Organ finden die für die General­ versammlung der Aktionäre gegebenen Vorschriften der §§ 250, 251, des § 252 Abs. 3, 4, der §§ 253, 256 bis 261, 264, 265, des § 266 Abs. 1, des § 267 Abs. 1, 2, der §§ 268 bis 273 des Handelsgesetzbuchs und, wenn als oberstes Organ die Versammlung der Mitglieder bestellt ist, auch die Vorschriften des § 252 Abs. 2 und der §§ 254, 255, 263 des Handelsgesetzbuchs mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung: 1. soweit nach diesen Vorschriften einer Minderheit von Aktio­ nären, deren Antheile den zehnten oder den zwanzigsten Theil des Grundkapitals erreichen, gewisse Rechte gewährt sind, hat die

Satzung die erforderliche Minderheit der Mitglieder des obersten Organs zu bestimmen; 2. die bezeichneten Vorschriften bleiben insoweit außer Anwen­ dung, als sie eine Hinterlegung von Aktien oder die Angabe des Betrags der vertretenen Aktien vorschreiben; 3. die Aufsichtsbehörde kann bei der Erlaubniß zum Geschäfts­ betriebe gestatten, daß die Kosten der Errichtung und die im ersten Geschäftsjahr entstehenden Kosten der Einrichtung, so­ weit sie weder die Hälfte des gesummten Gründungsfonds noch den baar eingezahlten Theil übersteigen, auf mehrere, höchstens jedoch auf die ersten fünf Geschäftsjahre vertheilt werden und der jedesmal verbleibende Rest als Aktivum in die Bilanz ein­ gestellt wird. Die Satzung hat die Form, und soweit nicht nach Abs. 1 die §§ 254, 255 des Handelsgesetzbuchs zur entsprechenden Anwendung gelangen, auch die Voraussetzungen und die Frist für die Berufung des obersten Organs zu bestimmen.

8 37. Die Satzung hat die Bildung einer Rücklage, die zur Deckung eines aus dem Geschäftsbetriebe sich ergebenden außerge­ wöhnlichen Verlustes zu dienen hat (Reservefonds), insbesondere die Beträge zu bestimmen, welche hierzu jährlich zurückzulegen sind, und den Mindestbetrag, bis 511 dessen Erreichung die Zurücklegung zu erfolgen hat. Aus den Gründen, aus denen von der Bildung eines Gründungssonds Abstand genommen werden darf (§ 23), kann die Aufsichtsbehörde auch gestatten, von der Bildung eines Reserve­ fonds abzusehen. 8 38. Ein nach der Bilanz sich ergebender Ueberschuß kommt, soweit er nicht nach der Satzung dem Reservefonds oder anderen Rücklagen zuzuführen oder zur Vertheilung von Tantiemen zu verwenden oder auf das nächste Geschäftsjahr zu übertragen ist, zur Bertheilung unter die in der Satzung bestimmten Mitglieder. Die Satzung hat über den Maßstab der Vertheilung sowie darüber zu bestimmen, ob die Bertheilung nur unter die am Schluffe des Geschäftsjahres vorhandenen oder auch unter ausgeschiedene Mit­ glieder erfolgen soll. Die Bertheilung darf erst erfolgen, nachdem die Kosten der Errichtung und ersten Einrichtung (§ 36 Abs. 1 Nr. 3) getilgt sind.

8 39. Die Satzung kann nur durch Beschluß des obersten Organs geändert werden. Die Vornahme von Aenderungen, die nur die Fassung betreffen, Friedberg, Handclsgesgbg.

7. Aufl.

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770 Anhang XV11. Gesetz über die privaten BersicheruugSunternehmungen. § 40—47.

kann durch Beschluß des obersten Organs dem Aufsichtsrath über­ tragen werden. Der Aufsichtsrath kann durch Beschluß des obersten Organs ermächtigt werden, den Aenderungsbeschluß für den Fall, daß die Aufsichtsbehörde vor der Genehmigung die Vornahme von Aende­ rungen verlangt, diesen Aenderungen zu unterziehen. Der Beschluß des obersten Organs bedarf, wenn durch ihn ein Versicherungszweig aufgegeben oder ein neuer eingeführt werden soll, einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen; die Satzung kann noch andere Erfordernisse aufstellen. Zu sonstigen Beschlüssen der im Abs. 1 bis 3 bezeichneten Art bedarf es einer solchen Mehrheit nur dann, wenn die Satzung nicht andere Erforder­ nisse aufstellt.

g 40. Die Aenderung der Satzung ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist die Genehmigungs­ urkunde beizufügen. Bei der Eintragung genügt, soweit nicht die Aenderung die im § 32 bezeichneten Angaben betrifft, die Bezugnahme auf die bei dem Gericht eingereichten Urkunden über die Aenderung. Die öffent­ liche Bekanntmachung findet in Betreff aller Bestimmungen statt, auf welche sich die im § 33 vorgeschriebenen Veröffentlichungen be­ ziehen. Die Aenderung hat keine Wirkung, bevor sie bei dem Gericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen worden ist. g 41. Die Vorschriften des § 39 Abs. 1 bis 3 finden auf Aenderungen der nach § 9 festgesetzten allgemeinen Versicherungs­ bedingungen entsprechende Anwendung. Der Aufsichtsrath kann durch die Satzuiig oder durch Beschluß des obersten Organs ermächtigt werden, dringliche Aenderungen der allgemeinen Versicherungsbedingungen mit Genehmigung der Auf­ sichtsbehörde vorläufig vorzunehmen. Diese Aenderungen sind dem obersten Organe bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu setzen, wenn das oberste Organ dies verlangt. Durch eine Aenderung der Satzung oder der allgemeinen Ver­ sicherungsbedingungen wird ein bestehendes Versicherungsverhältniß nur berührt, wenn der Versicherte der Aenderung ausdrücklich zu­ stimmt. Dies gilt nicht von der Aenderung solcher Bestimmungen, für welche die Satzung ausdrücklich vorsieht, daß ihre Aenderung auch mit Wirkung für die bestehenden Versicherungsverhältnisse ge­ schehen kann.

g 42. Durch den Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit wird der Verein aufgelöst. g 43. Die Auflösung des Vereins kann nur durch das oberste Organ beschlossen werden. Zu dem Beschlusse bedarf es einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen, sofern nicht die Satzung andere Erforder­ nisse aufstellt. Mitglieder des obersten Organs, welche gegen die Auflösung gestimmt haben, smd berechtigt, gegen den Auflösungs­ beschluß Widerspruch zum Protokolle zu erklären (§ 74). Der Beschluß bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Von der Genehmigung hat die Aufsichtsbehörde dem Registergerichte Mittheilung zu machen. Die zwischen den Mitgliedern und dem Vereine bestehenden Versicherungsverhältnisse erlöschen mit dem in dem Beschlusse be­ stimmten Zeitpunkte, frühestens jedoch mit dem Ablaufe von vier Wochen, mit der Wirkung, daß die bis zu diesem Zeitpunkt ent­ standenen Versichernngsansprüche gcltciib gemacht, im Uebrigen aber nur die für künftige Versicherungsperioden vorausbezahlten Beiträge, abzüglich der hierfür aufgewandten Kosten, zurückgefordert werden können. Auf die Versicherungsverhältnisse aus der Lebensversicherung finden die Vorschriften des Abs. 4 keine Anwendung. Diese Ver­ sicherungsverhältnisse bleiben unberührt, soweit die Satzung nicht ein Anderes bestimmt. g 44. Die Vorschriften des § 43 Abs. 1, 2 Satz 1 finden auf Beschlüsse, die ein Übereinkommen der im § 14 bezeichneten Art zum Gegenstände haben, entsprechende Anwendung. g 45. Die Auflösung des Vereins ist außer dem Falle des Konkurses durch den Vorstand zur Eintragung in das Handels­ register anzumelden. g 46. Nach der Auflösung des Vereins findet die Liquidation statt, sofern nicht über sein Vermögen der Konkurs eröffnet ist. Bis zur Beendigung der Liquidation gilt der Verein als fort­ bestehend, soweit nicht aus den folgenden Vorschriften oder dem Zwecke der Liquidation ein Anderes sich ergiebt; insbesondere kann die Ausschreibung und Einziehung von Nachschüssen oder Umlagen (§§ 24 ff.) erfolgen. Neue Versicherungen dürfen nicht mehr übernommen, die be­ stehenden nicht erhöht oder verlängert werden. g 47. Auf die Liquidation finden die Vorschriften des § 295 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2, der §§ 296 bis 299 und des § 302 des Handels­ gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Auf Antrag des Aussichts-

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772 Anhang XVI1. Gesetz über die privaten BersicherungSunternehmungen. § 48—53.

raths ober einer in ber Satzung zu beftimmenben Minderheit von Mitgliedern kann aus wichtigen Grünben bie Ernennung von Liquibatoren burch bas Gericht erfolgen, in bessert Bezirk ber Verein seinen Sitz hat. Die Abberufung von Liquibatoren kann burch bas Gericht unter benfelben Voraussetzungen wie bie Bestellung stattfinben. Die Vorschriften ber §§ 145, 146 bes Gesetzes über bie Angelegen­ heiten ber freiwilligen Gerichtsbarkeit * finben entsprechende Anwenbung. Eine Tilgung des Grünbungsfonbs barf erst erfolgen, nachbem bie Ansprüche sämmtlicher übrigen Gläubiger, insbesonbere bie Ansprüche ber Mitglieder aus dem Versicherungsoerhälmisse, be­ friedigt ober sichergestellt worden sind. Zum Zwecke ber Tilgung dürfen Nachschüsse oder Umlagen nicht erhoben werben. g 48. Das nach ber Berichtigung ber Schulden verbleibende Vermögen des Vereins wirb, sofern nicht in ber Satzung andere An­ fallberechtigte bestimmt sind, an die zur Zeit ber Auflösung vor­ handen gewesenen Mitglieder und zwar, sofern die Satzung nicht ein Anderes bestimmt, nach demselben Maßstabe vertheilt, nach welchem während des Bestehens des Vereins die Vertheilung des Ueberschusses stattfindet. Die Satzung kann vorschreiben, daß die Anfallberechtigten burch Beschluß des obersten Organs bestimmt werben. Auf die Ausführung der Vertheilung finben die Vorschriften des § 301 des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung. g 49. Durch die Eröffnung des Konkurses wirb ber Verein aufgelöst. Die Vorschriften des § 307 Abs. 2, 3 des Handelsgesetz­ buchs finben entsprechende Anwendung. g 50. Soweit den Mitgliedern oder ausgeschiedenen Mitgliedern nach dem Gesetz oder der Satzung eine Beitragspflicht obliegt (§§ 24 bis 26), haften sie im Falle des Konkurses dem Vereine gegen­ über für dessen Schulden. Ausgeschiedene Mitglieder gelten, wenn ihr Ausscheiden inner­ halb des letzten Jahres vor ber Konkurseröffnung stattgefunden hat, in Ansehung der Haftung für die Schulden des Vereins noch als dessen Mitglieder. g 51. Die Ansprüche auf Tilgung des Gründungsfonds stehen allen übrigen Konkursforderungen nach. Unter den letzteren werden die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnisse, soweit sie den zur Zeit ber Konkurseröffnung dem Verein angehörenben ober den innerhalb des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung ausge-

1 Siehe oben S. 39.

schiedenen Mitgliedern zustehen, im Range nach den Ansprüchen der sonstigen Konkursgläubiger befriedigt. Zur Tilgung des Gründungsfonds dürfen Nachschüsse oder Um­ lagen nicht erhoben werden.

8 52. Die Feststellung und Ausschreibung der im Falle des Konkurses erforderlichen Nachschüsse oder Umlagen erfolgt durch den Konkursverwalter. Dieser hat sofort, nachdem die Bilanz auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt worden ist (Konkursordnung § 124), zu berechnen, wieviel die Mitglieder zur Deckung des ut der Bilanz bezeichneten Fehlbetrags auf Grund ihrer Beitragspflicht vorschuß­ weise beizutragen haben. Aus diese Vorschußberechnung und die erforderlich werdenden Zusatzberechnungen finden die Vorschriften des § 106 Abs. 2, 3 und der §§ 107 bis 113 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wlrthschaftsgenossenschaften/ entsprechende An­ wendung. Sobald mit dem Vollzüge der Schlußvertheilung (Konkurs­ ordnung § 161) begonnen ist, hat der Konkursverwalter m Er­ gänzung oder Berichtigung der Vorschußberechnung und der etwa ergangeiien Zusätze die von den Mitgliedern zu leistenden Beiträge zu berechnen. Aus diese Berechnung und das weitere Verfahren finden die Vorschriften des § 114 Abs. 2 und der §§ 115 bis 118 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschasten, entsprechende Anwendung.

8 53. Auf Vereine, die bestimniungsgemäß einen sachlich, örtlich oder hinsichtlich des Personenkreises engbegrenzten Wirkungskreis haben, finden von den im Abschnitte III gegebenen Vorschriften nur der § 15, der § 17 Abs. 1, der § 18 Abs. 1, die §§ 19, 20, der § 21 Abs. 1, die §§ 22 bis 27, der § 28 Abs. 1, der § 37, der § 38 Abs. 1, 2, der § 39 Abs. 1 bis 3, die §§ 41 bis 44, der § 47 Abs. 2 und die §§ 50 bis 52 Anwendung. Die Uebernahme von Versiche­ rungen gegen feste Prämie ohne Erwerb der Mitgliedschaft durch den Versicherungsnehmer ist ausgeschlossen. Soweit sich nach Abs. 1 nicht ein Anderes ergiebt, hat es für die daselbst bezeichneten Vereine bei den für Vereine gegebenen allgemeinen Vorschriften der §§ 24 bis 53 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs- mit den Maßgaben sein Bewenden, daß 1 S. oben S. 587 s. 2 BGB § 24. Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt nnrd. § 25. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt.

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Anhang XVI1. Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen. § 53.

1 in den Fällen des § 29 und des § 37 Ws. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Stelle des Amtsgerichts die Aussichtsbehörde tritt, § 26. Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vorstand kann aus mehreren Personen bestehen. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtliche er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Ter Umfang seiner Vertrctungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. § 27. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Beschluß der Mit­ gliederversammlung. Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßiae Vergütung. Tie Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Un­ fähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anivendung fS. oben S. 87 f. 160.] § 28. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so erfolgt die Be­ schlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§ 32, 34. Ist eine Willenserklärung dem Verein gegenüber abzugeben, jo genügt die Abgabe gegenüber einem Mitgliede des Vorstandes. § 29. Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Hebung des Mangels auf An trag eines Betheiligten von dem Amtsgerichte zu bestellen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat. § 30. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß neben dem Vor­ stande für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Ver­ tretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel aus alle Rechts­ geschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. 8 31 s. oben S. 59. § 32. Tie Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültig­ keit des Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der er­ schienenen Mitglieder Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluß gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschlusse schriftlich erklären. § 33. Zu einem Beschlusse, der eine Aenderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder erforder­ lich. Zur Aenderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mit­ glieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muß schriftlich erfolgen. Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung, so ist zu jeder Aenderung der Satzung staatliche Genehmigung oder, falls die Verleihung

2. im Falle des § 45 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Vermögen an die Mitglieder nach dem im § 48 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmten Maßstabe zu Vertheilen ist. durch den Bundesrath erfolgt ist, die Genehmigung des Bundesraths er­ forderlich. § 34. Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Er­ ledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Vereine betrifft. § 35. Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustim­ mung durch Beschluß der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden. § 36. Tie Mitgliederversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten Fällen sowie dann zu berufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. § 37. Tie Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Theil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Theil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, die Mitglieder, welche das Ver­ langen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen und über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung Bestimmung treffen. Auf die Ermächtigung muß bei der Berufung der Versammlung Bezug genommen werden. § 38. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Tie Ausübung der Mitgliedschastsrechte kann nicht einem Anderen überlassen werden. § 39. Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Vereine berechtigt. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß der Austritt nur am Schlüsse eines Geschäftsjahres oder erst nach dem Ablauf einer Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen. § 40. Die Vorschriften des § 27 Abs. 1, 3, des § 28 Abs. 1 und der §§ 32, 33, 38 finden insoweit keine Anwendung, als die Satzung ein Anderes bestimmt. § 41. Der Verein kann durch Beschluß der Mitgliederversammlung auf­ gelöst werden. Zu dem Beschluß ist eine Mehrheit von drei Biertheilen der erschienenen Mitglieder erforderlich, wenn nicht die Satzung ein Anderes bestimmt. § 42. Der Verein verliert die Rechtsfähigkeit durch die Eröffnung des Konkurses. Der Vorstand hat im Falle der Ueberschuldung die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläu­ bigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie hasten als Gesammtschuldner. § 43. Dem Vereine kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er durch einen gesetzwidrigen Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet.

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Anhang XV11. Gesetz über die privaten BersicherungSunternehmungen. § 54.

Soll nach der Satzung ein Aussichtsrath bestellt werden, so finden die Vorschriften des § 36 Abs. 2, 3, der §§ 37 bis 40 und des Eurem Vereine, dessen Zweck nach der Satzung nicht auf einen wirthschastlrchen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt. Einem Vereine, der nach der Satzung einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zlveck nicht hat, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung bestimmten Zweck verfolgt. § 44. Tie Zuständigkeit und das Verfahren bestimmen sich in den Fällen des § 43 nach den für streit'ge Verwaltungssachen geltenden Vor­ schriften der Landesgesetze Wo ein Verwaltungsstreitversahren nicht besteht, finden die Vorschriften der §§ 20, 21 der Gewerbeordnung [f. S. 8811 Anwendung; die Entscheidung erfolgt in erster Instanz durch die höhere Ver­ waltungsbehörde, in deren Bezirke der Verein seinen Sitz hat Beruht die Rechtsfähigkeit aus Verleihung durch den Bundesrath, so erfolgt die Entziehung durch Beschluß des Bundesraths. § 45. Mit der Auslösung des Vereins oder der Entziehung der Rechts­ fähigkeit fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen. Durch die Satzung kann vorgeschrieben werden, daß die Anfallberechtigten durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans bestimmt werden. Ist der Zweck des Vereins nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, so kann die Mitgliederversammlung auch ohne eine solche Vorschrift das Vermögen einer öffentlichen Stiftung oder Anstalt zuweisen Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Ver­ mögen, wenn der Verein nach der Satzung ausschließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auslösung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu gleichen Theilen, anderenfalls an den Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hatte § 46. Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die Vor­ schriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft ent sprechende Amvendung. Ter Fiskus hat das Vermögen thunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden § 47 Fällt das Veremsvermögen nicht an den Fiskus, so muß eine Liquidation stattsinden § 48. Tie Liquidation erfolgt durch den Vorstand Zu Liquidatoren können auch andere Personen bestellt werden; für die Bestellung sind die für die Bestellung des Vorstandes geltenden Vorschriften maßgebend Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstandes, soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein Anderes ergiebt. Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so ist für ihre Beschlüsse Ueber­ einstimmung aller erforderlich, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. § 49. Die Liquidatoren haben die lausenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuzrehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläu­ biger zu befriedigen und den Ueberschuß den Ansallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Ge-

§ 41 Ws. 1, 2, 4 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirth­ schaftsgenossenschaften 1, entsprechende Anwendung. Darüber, ob ein Verein im Sinne des Abs. 1 als kleinerer Verein anzusehen ist, entscheidet die Aufsichtsbehörde. LV. Geschäftsführung der Versicherungsunternehmungen. 1.

Allgemeine Vorschriften. Rechnungslegung.

8 54. Zum Erwerbe von Grundstücken bedürfen Versicherungs­ aktiengesellschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, soweit es sich nicht um den Erwerb von ihnen beliehener Grundstücke im Zwangsversteigerungs­ verfahren handelt. Die Genehmigung ist zu ertheilen, wenn es sich außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens um die Sicheschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Vertheilung des Ueberschusses unter die Ansallberechtigten erforderlich sind. Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert. § 50. Die Auslösung des Vereins oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist durch die Liauidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekannt­ machung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die Bekanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen be­ stimmte Blatt, in Ermangelung eines solchen durch dasjenige Blatt, welches für Bekanntmachungen des Amtsgerichts bestimmt ist, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hatte. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt. Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern. § 51. Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit ausgeantwortet werden. § 52. Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläu­ biger zu hinterlegen. Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist. § 53. Liquidatoren, welche die ihnen nach dem § 42 Abs. 2 und den §§ 50 bis 52 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehen­ den Schaden verantwortlich; sie hasten als Gesammtschuldner. 1 S. oben S. 566 f.

778 Anhang XV11. Gesetz über die privaten BerstcherungSunternehmungev. § 55—59.

rang eingetragener Forderungen, ober wenn es sich um den Erwerb von Grundstücken handelt, die für die Zwecke des Geschäftsbetriebs bestimmt sind. In den Fällen des Abs. 1, auch soweit die Genehmigung der Aufsichtsbehörde nicht erforderlich ist, bedarf es der landesgesetzlich vorgeschriebenen staatlichen Genehmigung (Artikel 86 des Einfüh­ rungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) nicht. 8 55. Die Bücher einer Versicherungsunternehmung sind jähr­ lich abzuschließen; auf Grund der Bücher ist für das verflossene Ge­ schäftsjahr ein Rechnungsabschluß und ein die Verhältnisse sowie die Entwickelung des Unternehmens darstellender Jahresbericht an­ zufertigen und der Aufsichtsbehörde einzureichen. Soweit nicht in diesem Gesetz oder in sonstigen Reichsgesetzen oder durch den Bundesrath Vorschriften über die Buchführung und Rechnungslegung der Versicherungsunternehmungen getroffen sind, können nähere Vorschriften über die Fristen sowie die Art und Form des Rechnungsabschlusses und des Jahresberichts von der Aufsichtsbehörde erlassen werden. Versicherungsaktiengesellschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind verpflichtet, innerhalb des auf das Berichtsjahr folgenden Geschäftsjahres jedem Versicherten auf Verlangen ein Exemplar des Rechnungsabschlusses und des Jahresberichts mitzutheilen. Im übrigen kann die Aufsichtsbehörde darüber Bestimmung treffen, inwieweit und auf welche Weise alljährlich der Rechnungs­ abschluß und der Jahresbericht den Versicherten zugänglich zu machen oder zu veröffentlichen sind. Vor Erlassung von Vorschriften der in den Abs. 2, 3 bezeichneten Art hat die aufsichtführende Reichsbehörde den Versicherungsbeirath zu hören.

2. Besondere Vorschriften über die Prämienreserve bei der Lebensversicherung.

8 56. Die Prämienreserve sür Lebensversicherungen ist hin­ sichtlich der in Kraft stehenden Versicherungsverträge sür den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs, unter Anwendung der nach § 11 ange­ nommenen Rechnungsgrundlagen, getrennt nach den einzelnen Ver­ sicherungsarten zu berechnen und zu buchen. Durch mindestens einen mit der Berechnung der Prämienreserve öei Lebens- Kranken- oder Unsallversicherungsunternehmungen (§ 12) beauftragten Sachverständigen ist, unbeschadet der eigenen Verantwortlichkeit der Vertreter des Unternehmens, unter der Bilanz zu bestätigen, daß die eingestellte Prämienreserve gemäß Abs. 1

berechnet ist. Aus kleinere Vereine im Sinne des § 53 findet diese Vorschrift keine Anwendung.

8 57. Der Vorstand des Unternehmens hat dafür Sorge zu tragen, daß unverzüglich die der Berechnung gemäß § 56 entsprechen­ den Beträge dem Prämienreservefonds zugeführt und vorschrifts­ mäßig angelegt werden. Diese Zuführung darf nur insoweit unter­ bleiben, als im Auslande zu Gunsten bestimmter Versicherungen besondere Sicherheit aus der Prämieneinnahme gestellt werden muß. Der Prämienreservefonds (Gelder, Werthpapiere, Urkunden u. s. w.) ist gesondert von jedem anderen Vermögen zu verwalten und am Sitze des Unternehmens in einer der Aufsichtsbehörde bekannt zu gebenden Weise aufzubewahren; die Aufsichtsbehörde kann auch die Genehmigung zur Aufbewahrung an einem anderen Orte des Inlandes ertheilen. Die den Prämienreservefonds bildenden Bestände sind einzeln in ein Register einzutragen. Jedoch brauchen darin die Forderungen aus Vorauszahlungen oder Darlehen auf die eigenen Versicherungs­ scheine des Unternehmens (Policenbeleihungen), soweit sie zu den Beständen des Prämienreservesonds gehören, nur in einer Gesammtsumme nachgewiesen zu werden. Am Schlüsse eines jeden Geschäfts­ jahres ist der Aufsichtsbehörde eine bezüglich ihrer Uebereinstimmung mit dem Originale gerichtlich oder notariell beglaubigte Abschrift der im Laufe des Geschäftsjahrs bewirkten Eintragungen vorzu­ legen. Die Abschrift ist von der Aufsichtsbehörde aufzubewahren.

8 58. Bei Rückversicherungen hat das rückversicherte Unter­ nehmen die Prämienreserve auch für die in Rückversicherung gegebenen Summen nach den Vorschriften der §§ 56, 57 zu berechnen sowie selbst aufzubewahren und zu verwalten.

8 59. Die Anlegung der den Prämienreservefonds bilden­ den Bestände (§ 57) kann erfolgen: 1. in der im § 1807 Abs. 1 9lr. 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs für die Anlegung von Mündelgeld vorgeschriebenen Weise. Außerdem dürfen die Bestände bis höchstens zum zehnten Theile des Prämienreservefonds in Werthpapieren, welche nach landes­ gesetzlichen Vorschriften zur Anlegung von Mündelgeld zuge­ lassen sind, sowie in solchen auf den Inhaber lautenden Pfand­ briefen deutscher Hypotheken-Aktien-Banken angelegt werden, welche die Reichsbank in Klasse I beleiht; 2. gegen Verpfändung solcher Hypotheken oder Werthpapiere, in denen eine Anlegung nach Nr. 1 gestattet ist, bis zu fünfundsiebzig vom Hundert ihres Nennwerths, sofern aber der

780 Anhang XVI1. Gesetz über die privaten BersicherungSuuternehmungen. § 60—62.

Kurswerth niedriger ist, bis zu fünsundsiebzig vom Hundert des Kurswerths; 3. in der Weise, daß Vorauszahlungen oder Darlehen auf die eigenen Versicherungsscheine des Unternehmens (Policenbe­ leihung) nach Maßgabe der allgemeinen Versicherungsbedin­ gungen (§ 9 Nr. 8) gewährt werden; 4. mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in Schuldverschreibungen inländischer kommunaler Körperschaften, Schulgemeinden und Kirchengemeinden, wofern diese Schuldverschreibungen entweder von Seiten des Gläubigers kündbar sind oder einer regelmäßigen Tilgung unterliegen. Kann die Anlegung den Umständen nach nicht in einer dem Abs. 1 entsprechenden Weise erfolgen, so ist eine vorübergehende Anlegung bei der Reichsbank, bei einer Staatsbank oder bei einer durch die Aufsichtsbehörde dazu für geeignet erklärten anderen in­ ländischen Bank oder öffentlichen Sparkasse gestattet. 8 60. Bei der Anlegung der Bestände des Prämienreserve­ fonds nach der Vorschrift des § 59 Abs. 1 Nr. 1 darf die Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld ange­ nommen werden, wenn die Beleihung die ersten drei Fünftheile des Werthes des Grundstücks nicht übersteigt. Soweit jedoch die Zentral­ behörde eines Bundesstaats gemäß § 11 Abs. 2 des Hypotheken bankgesetzes soben S. 412] die Beleihung landwirtschaftlicher Grund­ stücke bis zu zwei Drittheilen des Werthes gestattet hat, darf die Sicherheit auch bei einer solchen Beleihung angenommen werden. Die Beleihungen dürfen der Regel nach nur zur ersten Stelle erfolgen. Beleihungen von Bauplätzen und solchen Neubauten, welche noch nicht fertiggestellt und ertragsfähig sind, sowie von Grundstücken, die einen dauernden Ertrag nicht gewähren, insbesondere von Gruben, Brüchen und Bergwerken, sind ausgeschlossen. Der bei der Beleihung angenommene Werth des Grundstücks darf den durch sorgfältige Ermittelung festgestellten Verkaufsmerth nicht übersteigen. Bei der Feststellung dieses Werthes sind nur die dauernden Eigenschaften des Grundstücks und der Ertrag zu berück­ sichtigen, welchen das Grundstück bei ordnungsmäßiger Wirthschaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann. Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde haben die Unternehmungen über die Werthsermittelung eine Anweisung zu erlassen, welche der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. 8 61. Dem Prämienreservefonds dürfen, -abgesehen von den zur Vornahme und Aenderung der Kapitalanlagen erforderlichen

Mitteln, nur diejenigen Beträge entnommen werden, welche durch Eintritt des Versicherungssalls, durch Rückkauf oder andere Fälle der Beendigung von Versicherungsverhältnissen frei werden. Durch die Eröffnung des Konkurses erlöschen die Lebensver­ sicherungsverhältnisse; die Versicherten können, unbeschadet ihrer weitergehenden Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnisse, den­ jenigen Betrag fordern, der als rechnungsmäßige Prämienreserve zur Zeit der Konkurseröffnung auf sie entfällt. In Ansehung der Befriedigung aus den in das Register der Bestände des Prämienreservefonds (§ 57 Abs. 3) eingetragenen Ge­ genständen gehen die Forderungen aus die rechnungsmäßige Prämien­ reserve insoweit, als für sie die Zuführung zu diesem Fonds vorge­ schrieben ist (§ 57 Abs. 1), den Forderungen aller übrigen Konkurs­ gläubiger vor. Unter einander haben sie gleichen Rang. In Betreff des Anspruchs der Versicherten auf Befriedigung aus dem sonstigen Vermögen der Unternehmung finden die für die Absonderungsberech ­ tigten geltenden Vorschriften der §§ 64,1 153, 155, 156,2 und des § 168 Nr. 33 der Konkursordnung entsprechende Anwendung,

g 62. Das Konkursgericht hat den Versicherten zur Wahrung der ihnen nach § 61 zustehenden Rechte einen Pfleger zu bestellen. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Konkursgericht. Dem Pfleger liegt ob, den Umfang des vorhandenen Prämien­ reservefonds festzustellen sowie die den Versicherten zustehenden An­ sprüche zu ermitteln und anzumelden.

Der Pfleger hat die Versicherten soweit thunlich vor der An­ meldung zu hören und von der erfolgten Anmeldung zu benachrich­ tigen, ihnen auf Verlangen auch sonst über die für ihre Ansprüche erheblichen Thatsachen Auskunft zu ertheilen. Das Recht des ein­ zelnen Versicherten zur Anmeldung bleibt unberührt. Soweit mit der Anmeldung des Versicherten eine Anmeldung des Pflegers in Widerspruch steht, gilt bis zur Beseitigung des Widerspruchs die dem Versicherten günstigere Anmeldung. Der Konkursverwalter hat dem Pfleger die Einsichtnahme aller Bücher und Schriften des Gemeinschuldners zu gestatten und ihm auf Verlangen den Bestand des Prämienreservefonds nachzuweisen. Der Pfleger kann für die Führung seines Amtes eine angemessene 1 S. oben S. 90. 2 S. oben S. 421 f. ’ S. oben S. 587.

782 Anhang XV11. Gesetz über die Privaten BersicheruagSunternehmungen. 8 63—68.

Vergütung zu verlangen. Die ihm zu erstattenden Auslagen und die Vergütung fallen dem Prämienreservefonds zur Last. Vor der Bestellung des Pflegers und vor der Festsetzung der Vergütung ist die Aufsichtsbehörde zu hören. 8 63* Auf Kranken- oder Unfallversicherungen der im § 12 be­ zeichneten Art finden die Vorschriften der §§ 56 bis 62 entsprechende Anwendung.

V. Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmungen.

1

Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörden.

8 64. Der Aufsichtsbehörde liegt es ob, den ganzen Geschäfts­ betrieb der Versicherungsunternehmungen, insbesondere die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften und die Einhaltung des Geschäftsplans, zu überwachen. Sie ist befugt, diejenigen Anordnungen zu treffen, welche ge­ eignet sind, den Geschäftsbetrieb mit den gesetzlichen Vorschriften und dem Geschäftsplan im Einklänge zu erhalten oder Mißstände zu beseitigen, durch welche die Interessen der Versicherten gefährdet werden oder der Geschäftsbetrieb mit den guten Sitten in Widerspruch gerälh. Zur Befolgung ihrer nach Abs. 2 erlassenen Anordnungen kann die Aufsichtsbehörde die Inhaber und Geschäftsleiter der Unter­ nehmungen durch Geldstrafen bis zu eintausend Mark anhalten. Solche Geldstrafen werden in derselben Weise beigetrieben wie Ge­ meindeabgaben. 8 65. Die Aufsichtsbehörde ist befugt, jederzeit die Geschäftsfüh­ rung und Vermögenslage eines Unternehmens auch nach der Richtung zu prüfen, ob die veröffentlichten Rechnungsabschlüsse und die Jahres­ berichte mit den Thatsachen und dem Inhalte der Bücher überein­ stimmen und ob die vorschriftsmäßigen Reserven vorhanden und vorschriftsmäßig angelegt und verwaltet sind. Die Inhaber, Geschäftsleiter, Bevollmächtigten und Agenten eines Unternehmens haben innerhalb ihrer Geschäftsräume der Auf­ sichtsbehörde auf Erfordern alle Bücher, Belege und diejenigen Schriften vorzulegen, welche für die Beurtheilung des Geschäfts­ betriebs und der Vermögenslage von Bedeutung sind, sowie jede von ihnen erforderte Auskunft über den Geschäftsbetrieb und die Vermögenslage zu ertheilen. Die Vorschriften des § 64 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Bei Versicherungsunternehmungen, die einen Aufsichtsrath, eine Mitgliederversammlung oder ähnliche Gesellschaftsorgane haben, ist die Aufsichtsbehörde befugt, Vertreter in die Versammlungen und Sitzungen dieser Organe zu entsenden; die Vertreter sind jederzeit

zu hören. Die Aufsichtsbehörde ist ferner befugt, die Berufung von Versammlungen und Sitzungen sowie die Ankündigung von Gegenständen zur Berathung und Beschlußfassung zu verlangen und, wenn dem Verlangen nicht entsprochen wird, die Berufung oder Ankündigung auf Kosten der Unternehmung selbst vorzunehmen. In den Versammlungen und Sitzungen, welche von der Aufsichtsbe­ hörde berufen sind, führt ein Vertreter der letzteren den Vorsitz. Als Vertreter der Aufsichtsbehörde sind Leiter und Beamte von öffentlichen Versicherungsanstalten ausgeschlossen.

8 66. Die Aufsicht hat sich auch auf die Liquidation eines Unternehmens und auf die Abwickelung der bestehenden Versiche­ rungen im Falle einer Untersagung oder einer freiwilligen Ein­ stellung des Geschäftsbetriebs sowie im Falle des Widerrufs der Zu­ lassung eines Unternehmens zu erstrecken.

8 67. Handelt eine Unternehmung fortgesetzt den ihr nach Maß­ gabe der Gesetze oder des genehmigten Geschäftsplans obliegenden Pflichten zuwider, oder ergeben sich bei Prüfung ihrer Geschäfts­ führung oder ihrer Vermögenslage so schwere Mißstände, daß bei Fortsetzung des Geschäftsbetriebs die Interessen der Versicherten gefährdet sind, oder befindet sich der Geschäftsbetrieb mit den guten Sitten in Widerspruch, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, den Ge­ schäftsbetrieb mit der Wirkung zu untersagen, daß neue Versiche­ rungen nicht abgeschlossen, früher abgeschlossene nicht erhöht oder verlängert werden können.

Im Falle der Untersagung des Geschäftsbetriebs ist die Auf­ sichtsbehörde berechtigt, alle diejenigen Anordnungen zu treffen, welche zur einstweiligen Sicherstellung des Vermögens der Unter­ nehmung im Interesse der Versicherten nöthig sind, insbesondere die Vermögensverwaltung geeigneten Personen zu übertragen. Die Vor­ schriften des § 64 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit hat die Unter­ sagung des Geschäftsbetriebs die Wirkung eines Auslösungsbeschlusses. Die Eintragung der Untersagung in das Handelsregister erfolgt auf Anzeige der Aufsichtsbehörde. 8 68. Das Konkursgericht hat, unbeschadet der Vorschrift im § 107 Abs. 1 der Konkursordnung, * auf Antrag der Aufsichtsbe1 KO 107, [99] Abs. 1: Die Abweisung des Eröffnungsantrages kann erfolgen, wenn nach dem Ermessen des Gerichts eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein zur Deckung der im § 58 Nr. 1, 2 1. die gerichtlichen Kosten für das gemeinschaftliche Verfahren,

784 Anhang XV11. Gesetz über die privaten BersicherungSunternehmnngen. 8 69—72.

Hörde den Konkurs über das Vermögen einer Versicherungsgesellschaft auf Aktien oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit zu eröffnen. Der Antrag auf Eröffnung des Konkurses kann nur von der Aufsichtsbehörde gestellt werden. Eine Anfechtung des Er­ öffnungsbeschlusses findet nicht statt. Sobald die Zahlungsunfähigkeit eintritt, hat der Vorstand der Aufsichtsbehörde Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, sobald sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz Ueberschuldung ergiebt. Diese Anzeigepflicht tritt an die Stelle der dem Vorstande durch andere gesetzliche Vorschriften auserlegten Pflicht, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Ueberschuldung die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Gehen bei Versicherungs­ vereinen auf Gegenseitigkeit mit Nachschuß- oder Umlagenpflicht aus­ geschriebene Nachschüsse oder Umlagen innerhalb fünf Monaten nach der Fälligkeit nicht ein, so hat der Vorstand zu prüfen, ob sich, wenn die nicht baar eingegangenen Nachschuß- oder Umlagebeträge außer Berücksichtigung bleiben, Ueberschuldung ergiebt; liegt eine solche Ueberschuldung vor, so ist innerhalb eines Monats nach dem Abläufe der bezeichneten Frist der Aufsichtsbehörde Anzeige zu machen. Die gleichen Pflichten liegen den Liquidatoren ob.

8 69* Ergiebt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmers, daß dieses zur Erfüllung seiner Verpflichtungen für die Dauer nicht mehr im Stande ist, die Vermeidung des Konkurses aber im Interesse der Versicherten ge­ boten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde die zu diesem Zwecke erforderlichen Anordnungen treffen sowie auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Aenderung der Geschäftsgrundlagen oder die sonstige Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Bestimmte Arten von Zahlungen, insbesondere Ge­ winnvertheilungen, und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen da­ rauf können zeitweilig verboten werden. Unter der im Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Voraussetzung ist die Aufsichtsbehörde berechtigt, nöthigenfalls die Verpflichtungen einer Lebensversicherungsunternehmung aus ihren laufenden Versiche­ rungen, dem Stande ihres Vermögens entsprechend, jedoch um höchstens dreiunddreißigeindrittel Prozent, zu ermäßigen.

2. die Ausgaben für die Verwaltung, Verwerthung und Vertheilung der Masse bezeichneten Massekosten ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird.

2. Verfassung und Verfahren der Aufsichtsbehörden.

8 70, Als aussichtführende Reichsbehörde wird ein Kaiserliches Aufsichtsamt für Privatversicherung mit dem Sitze in Berlin er­ richtet. Es besteht aus einem Vorsitzenden und der erforderlichen Zahl von ständigen und nichtständigen Mitgliedern. Der Vorsitzende und die ständigen Mitglieder werden auf Vor­ schlag des Bundesraths vom Kaiser ernannt, die nichtständigen Mit­ glieder vom Bundesrathe gewählt. Die Ernennung der ständigen Mitglieder erfolgt, soweit nicht einzelne Mitglieder, die im Reichs­ oder Staatsdienst ein anderes Amt bekleiden, für die Dauer dieses Amtes berufen werden, auf Lebenszeit. Die übrigen Beamten werden vom Reichskanzler ernannt. Die Mitglieder des Aufsichtsamts dürfen nicht gleichzeitig Leiter oder Beamte von öffentlichen Versicherungsanstalten sein. 8 71. Zur Erleichterung des Geschäftsverkehrs des Aufsichts­ amts für Privatversicherung mit den seiner Aufsicht unterstehenden Unternehmungen können nach Bedarf vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der betheiligten Landesregierung aus der Mitte der Landesbeamten besondere Kommissare bestellt werden, welche im Auftrag und nach näherer Anordnung des Amtes bestimmten Unter­ nehmungen gegenüber mit der Ausübung der unmittelbaren Aufsicht betraut werden. Die Bestimmung des § 70 Abs. 4 findet entsprechende An­ wendung. 8 72. Zur Mitwirkung bei der Aufsicht wird bei dem Amte ein aus Sachverständigen des Versicherungswesens bestehender Bei­ rath gebildet, dessen Mitglieder auf Vorschlag des Bundesraths vom Kaiser auf fünf Jahre ernannt werden. Die Mitglieder des Versicherungsbeiraths sind berufen, das Amt auf Erfordern bei Vorbereitung wichtigerer Beschlüsse gut­ achtlich zu berathen und bei den in den §§ 73 bis 76 bezeichneten Ent­ scheidungen mit Stimmrecht mitzuwirken. Sie verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt; für ihre Theilnahme an Sitzungen erhalten sie Tagegelder und Vergütung der Reisekosten nach festen, von dem Reichskanzler bestimmten Sätzen. Die Vorschriften des § 16 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhält­ nisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (RGBl S. 61)1 finden auf sie keine Anwendung. Die Bestimmung des § 70 Abs. 4 findet auch hier entsprechende Anwendung.

1 S. oben S. 519. Friedberg, HandelSgesgbg. 7. Aufl.

786 Anhang XV11. Gesetz ü-er die privaten BersicherungSunternehmnngen. § 73—75.

8 73. Das Aufsichtsamt für Privatversicherung entscheidet auf Grund mündlicher Berathung in der Besetzung von drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden unter Zuziehung von zwei Mitgliedern des Versicherungsbeiraths, 1. über die Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe 88 4 bis 7), 2. über die Genehmigung einer Aenderung des Geschäftsplans (§ 13), sofern bei dem Aufsichtsamte Bedenken bestehen, 3. über die Genehmigung einer Bestandsveränderung (§ 14), 4. über die Genehmigung der Auflösung eines Versicherungs­ vereins auf Gegenseitigkeit (§ 43), 5. über die Anerkennung eines Vereins als eines kleineren (§ 53), 6. über den Erlaß einer Anordnung der im § 64 Abs. 2 bezeich­ neten Art, sofern damit eine Strafandrohung nach § 64 Abs. 3 verbunden werden soll, 7. über die Untersagung des Geschäftsbetriebs (§ 67), 8. über die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses (8 68), 9. über den Erlaß einer Anordnung der im § 69 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bezeichneten Art. Tie Zuziehung der Mitglieder des Versicherungsbeiraths erfolgt in der Regel nach einer im voraus (§ 80) aufgestellten Reihenfolge. Weicht der Vorsitzende des Amtes aus besonderen Gründen von der Reihenfolge ab, so sind diese aktenkundig zu machen. Die Bestimmungen der Civilprozeßordnung über Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden auf alle zur Mitwir­ kung bei der Entscheidung berufenen Personen entsprechende An­ wendung. Vor der Ertheilung einer ablehnenden Entscheidung in den Fällen der Nr. 1 bis 5 und vor der Ertheilung einer Entscheidung in den Fällen der Nr. 6 bis 9 sind Vertreter der betheiligten Unter­ nehmungen zu hören und auf ihren Antrag zur mündlichen Verhand­ lung zu laden. Die ablehnenden Entscheidungen in den Fällen der Nr. 1 bis 5 und die Entscheidungen in den Fällen der Nr. 6 bis 9 sind mit Grün­ den zu versehen. In den Fällen der Nr. 1 bis 3 kann der Vorsitzende des Amtes einen ablehnenden Vorbescheid ergehen lassen; gegen diesen ist bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach der Zustellung der Antrag auf eine gemäß Abs. 1 bis 5 zu ertheilende Entscheidung statthaft. Sämmtliche Entscheidungen sind den Betheiligten zuzustellen. Die rechtskräftig erfolgte Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäfts-

betrieb und die Genehmigung einer Bestandsveränderung, sowie die Untersagung des Geschäftsbetriebs ist vom Aufsichtsamt im Reichs­ anzeiger öffentlich bekannt zu machen. § 74. Gegen die gemäß § 73 Abs. 1 ertheilten Entscheidungen steht den Betheiligten der Rekurs zu. Als Betheiligte gelten im Falle des § 73 Abs. 1 Nr. 4, wenn die Genehmigung des Auf­ lösungsbeschlusses versagt ist, nur der Vereinsvorstand, wenn der Auflösungsbeschluß genehmigt ist, nur diejenigen Mitglieder des obersten Organs, welche gegen den Auslösungsbeschluß Widerspruch zum Protokoll erklärt haben. Im Falle des § 73 Ms. 1 Nr. 5 gilt als Betheiligter nur der Vereinsvorstand, gegen dessen Antrag die Anerkennung des Vereins als eines kleineren versagt worden ist. Ueber den Rekurs entscheidet das Aufsichtsamt für Privatver­ sicherung in der Besetzung von drei. Mitgliedern einschließlich des Vor­ sitzenden unter Zuziehung von zwei Mitgliedern des Versicherungs­ beiraths sowie eines richterlichen Beamten und eines Mitglieds eines höchsten Verwaltungsgerichtshoss in einem deutschen Bundesstaate. Die richterlichen Beamten sowie die Mitglieder höchster Ver­ waltungsgerichtshöfe werden für die Dauer ihres Hauptamts auf Vorschlag des Bundesraths vom Kaiser ernannt. Bezüglich der Zuziehung der Mitglieder des Versicherungsbei­ raths gilt die Vorschrift des § 73 Abs. 2, bezüglich der Ausschließung und Ablehnung der zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Personen die Vorschrift des § 73 Abs. 3. § 75. Der Rekurs ist innerhalb eines Monats nach der Zu­ stellung der Entscheidung bei dem Aussichtsamte für Privatversiche­ rung schriftlich einzulegen und zu begründen. Der Rekurs gegen die nach § 67 Abs. 2 oder nach § 69 Abs. 1 Satz 2 von der Auf­ sichtsbehörde getroffenen Anordnungen sowie gegen die Entschei­ dung auf Stellung des Konkursantrags hat keine aufschiebende Wir­ kung. Von der Aufhebung der Entscheidung auf Stellung des Kon­ kursantrags hat das Aufsichtsamt für Privatversicherung dem Konkursgerichte Mittheilung zu machen. Das Konkursgericht hat das Verfahren einzustellen. An der Entscheidung über den Rekurs dürfen außer dem Vor­ sitzenden des Amtes Personen, die bei der angefochtenen Entschei­ dung mitgewirkt haben, nicht Theil nehmen. Der Vorsitzende des Amtes ernennt einen ersten und einen zweiten Berichterstatter; ein Berichterstatter muß aus den richterlichen Beamten oder aus den Mitgliedern höchster Verwaltungsgerichts­ höfe ernannt werden. Die Entscheidung erfolgt nach Ladung der Betheiligten auf

50*

788 Anhang XVI1. Gesetz über die privaten BersicherungSunternehmungen. 8 76—84.

Grund mündlicher und öffentlicher Verhandlung. Die Oefsentlichkeit kann aus den Gründen des § 173 des Gerichtsversassungsgesetzes* ausgeschlossen werden. § 76. Gegen eine nach § 65 Abs. 2, § 67 Abs. 2 oder § 98 von dem Aufsichtsamte für Privatversicherung erlassene Strafandrohung steht den Betheiligten bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach der Zustellung die Beschwerde zu; über die Beschwerde entscheidet das Amt in der im § 73 bestimmten Besetzung. 8 77. Soweit in diesem Gesetz ein Rechtsmittel nicht ausdrück­ lich zugelassen ist, steht den Betheiligten ein solches gegen Verfügun­ gen oder Entscheidungen des Aussichtsamts für Privatversicherung nicht zu. 8 78. Das Amt kann jeden ihm erforderlich erscheinenden Beweis erheben, insbesondere Zeugen und Sachverständige, auch eidlich, vernehmen oder vernehmen lassen. 8 79. Tie Gerichte und sonstigen ösfentlichen Behörden sind verpflichtet, den im Vollzüge dieses Gesetzes an sie ergehenden Er­ suchen des Amtes zu entsprechen. Die Ersuchen um eidliche Ver­ nehmungen sind an die zur eidlichen Abhörung von Zeugen und Sachverständigen zuständigen Landesbehörden zu richten. Als Kosten der Rechtshülfe sind der ersuchten Behörde die im § 79 des Gerichtskosiengesetzes bezeichneten baaren Auslagen zu erstatten. 8 80. Die Zahl und die Zuziehung der nichtständigen Mit­ glieder, die Formendes Verfahrens und der Geschäftsgang des Amtes sowie die Zusammensetzung des Versicherungsbeiraths und die Zu­ ziehung seiner Mitglieder werden, fomcit dieses Gesetz keine Vor­ schriften darüber enthält, durch Kaiserliche Verordnung unter Zu­ stimmung des Bundesraths geregelt. Die Verordnung ist dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnißuahme vorzulegen. 8 81. Die Kosten des Aufsichtsamts sür Privatversicherung und des Verfahrens vor dem Amte trägt das Reich. Als Gebühren für die Aufsichtstbätigkeit des Amtes werden von den seiner Aussicht unterstellten Versicherungsunternehmungen Jahresbeträge erhoben, welche nach den einer jeden Unternehmung im letzten Geschäftsjahr aus den im Inland abgeschlossenen Ver­ sicherungen erwachsenen Bruttoprämien (Beiträgen, Vor- und Rach­ schüssen, Umlagen), jedoch abzüglich der zurückgewährten Ueberschüsse oder Gewinnantheile, mit der Maßgabe bemessen werden, daß Eins vom Tausend nicht überschritten werden darf. Nach Anhörung des 1 S. oben S. 472.

Versicherungsbeiraths ist der Bundesrath befugt, einen anderweiten Vertheilungsmaßstab zu bestimmen. Der Gesammtbetrag der Gebühren soll annähernd die Hälfte der im letzten Reichshaushalts-Etat für das Amt festgesetzten fortdaueruden Ausgaben betragen. Die genaue Summe wird jährlich durch den Bundesrath bestimmt. Die Vertheilung der Gebühren erfolgt durch das Amt, welches die Unternehmungen unter Beifügung eines Vertheilungsplans auf­ fordert, die Gebühren an die Reichs-Hauptkasse innerhalb eines Monats einzuzahlen. Nach dem Ablaufe dieser Frist fömten die Gebühren nach den für die Betreibung öffentlicher Abgaben be­ stehenden Vorschriften eingezogen werden. 8 82. Das Amt kann bei einem Beweisverfahren, das durch unbegründete Anträge oder Beschwerden veranlaßt worden ist, so­ wie bei erfolgloser Einlegung eines Rechtsmittels die dadurch ver­ ursachten baaren Auslagen ganz oder theilweise den Antragstellern auferlegen. 8 83. Das Amt veröffentlicht jährlich Mittheilungen über den Stand der seiner Aufsicht unterliegenden Versicherungsunternehmun­ gen, sowie über seine Wahrnehmungen auf dem Gebiete des Ver­ sicherungswesens. Desgleichen veröffentlicht das Amt fortlaufend die Rechts- und Verwaltungsgrundsätze aus dem Bereiche seiner Thätigkeit. 8 84. Entscheidungen der aussichtführenden Landesbehörden, bei denen es sich um Gegenstände der im § 73 Abs. 1 bezeichneten Art handelt, können innerhalb eines Monats nach der Zustellung im Wege des Verwaltungsst-reitverfahrens -oder, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach den Vorschriften der §§ 20, 21 der Gewerbeordnung* angefochten werden. Im Uebrigen ist für das Verfahren 'der Landesbehörden bei Ausübung der Beaufsichtigung das Landesrecht maßgebend. 1 GO § 20. Gegen den Bescheid ist Rekurs an die nächstvorgesetzte Be­ hörde zulässig, welcher bei Verlust desselben binnen vierzehn Tagen, vom Tage der Eröffnung des Bescheides an gerechnet, gerechtfertigt werden muß. Der Rekursbescheid ist den Parteien schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein. § 21. Die näheren Bestimmungen über die Behörden und das Ver­ fahren, sowohl in der ersten als in der Rekurs-Instanz, bleiben den Landes­ gesetzen vorbehalten. Es sind jedoch folgende Grundsätze einzuhalten: 1. In erster oder in zweiter Instanz muß die Entscheidung durch eine kollegiale Behörde erfolgen. Diese Behörde ist befugt, Untersuchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachverständige zu laden

790 Anhang XV11. Gesetz über die privaten VerstcherungSnnternehmunge«. tz 85—92.

VI. Ausländische Verficherungsunternehmungen.

8 85.

Ausländische Versicherungsunternehmungen, die im Jnlande durch Vertreter, Bevollmächtigte, Agenten oder sonstige Ver­ mittler das Versicherungsgeschäft betreiben wollen, bedürfen hierzu der Erlaubniß. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf sie, soweit sich nicht aus den §§ 86 bis 91 ein Anderes ergiebt, entsprechende Anwendung. 8 86. Zur Entscheidung über den Antrag auf Ertheilung der Erlaubniß ist ausschließlich der Reichskanzler zuständig. Die Erlaubniß darf nur dann ertheilt werden, toemi 1. das Aufsichtsamt für Privatversicherung nach Anhörung des Versicherungsbeiraths sich gutachtlich dahin äußert, daß keiner der im § 7 bezeichneten Gründe zur Versagung der Erlaubniß vorliegt, 2. die Versicherungsunternehmung den Nachweis führt, daß sie am Sitze des Unternehmens unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Geticht klagen und verklagt werden kann, 3. die Unternehmung sich verpflichtet, innerhalb des Reichs­ gebiets eine Niederlassung zu unterhalten und für das In­ land einen Hauptbevollmächtigten zu bestellen, der inner­ halb des Reichsgebiets seinen Wohnsitz hat. Der Haupt­ bevollmächtigte gilt als ermächtigt, die Unternehmung zu vertreten, insbesondere die Versicherungsverträge mit Ver-

2.

3.

4. 5.

und eidlich zu vernehmen, überhaupt den angetretencn Beweis in vollem Umfange zu erheben. Bildet die kollegiale Behörde die erste Instanz, so ertheilt sie ihre Ent­ scheidung in össentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien, auch in dem Falle, wenn zwar Einwendungen nicht an­ gebracht sind, die Behörde aber nicht ohne weiteres die Genehmigung ertheilen will, und der Antragsteller innerhalb vierzehn Tagen nach Empfang des, die Genehmigung versagenden oder nur unter Be­ dingungen ertheilenden Bescheides der Behörde auf mündliche Verhand­ lung anträgt. Bildet die kollegiale Behörde die zweite Instanz, so ertheilt sie stets ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien. Als Parteien sind der Unternehmer (Antragsteller), sowie diejenigen Personen zu betrachten, welche Einwendungen erhoben haben. Die Öffentlichkeit der Sitzungen kann unter entsprechender Anwendung der §§ 173 bis 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes ausgeschlossen oder beschränkt werden.

sicherungsnehmern im Inland und über inländische Grund­ stücke mit verbindlicher Kraft abzuschließen, auch alle Ladun­ gen und Verfügungen für die Unternehmung in Empfang zu nehmen. Im Uebrigen entscheidet der Reichskanzler nach freiem Ermessen. 8 87. Zum Geschäftsbetrieb im Jnlande zugelassene aus­ ländische Versicherungsunternehmungen dürfen die Versicherungs­ verträge mit Versicherungsnehmern, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie Versicherungsverträge über inländische Grundstücke nur durch Bevollmächtigte abschließen, die im Inland ihren Wohnsitz haben. 8 88. Die den Inhabern oder Vertretern einer inländischen Unternehmung nach diesem Gesetz obliegenden Pflichten hat der für das Reichsgebiet bestellte Hauptbevollmächtigte einer ausländi­ schen Unternehmung zu erfüllen. 8 89. Für Klagen, die aus dem inländischen Versicherungs­ geschäfte gegen die Unternehmung erhoben werden, ist das Gericht zuständig, wo die Niederlassung (§ 86 Abs. 2 Nr. 3) sich befindet. Dieser Gerichtsstand darf nicht vertragsmäßig ausgeschlossen werden. 8 99. Die Vorschriften des § 56, des § 57 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3 und der §§ 58 bis 63 finden auf ausländische Unternehmungen nur hinsichtlich der im Inland abgeschlossenen Versicherungen An­ wendung. Der Prämienreservefonds für diese Versicherungen ist nach näherer Bestimmung des Aufsichtsamts für Privatversicherung in der Weise sicherzustellen, daß nur mit Genehmigung des letzteren darüber verfügt werden kann. 8 91. Die Beaufsichtigung der zugelassenen ausländischen Ver­ sicherungsunternehmungen nach Maßgabe dieses Gesetzes wird durch das Aussichtsamt für Privatversicherung ausgeübt. Auf Antrag des Reichskanzlers kann auch der Bundesrath gegen zugelassene ausländische Unternehmungen die Untersagung des Geschäftsbetriebs nach freiem Ermessen beschließen. Die Aus­ führung eines solchen Beschlusses liegt dem Aufsichtsamte für Privatversicherung ob. VH. UebergangSvorschristen.

8 92. Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in einem oder in mehreren Bundesstaaten landesgesetzlich zum Geschäftsbetriebe befugten Versicherungsunternehmungen bedürfen zur Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs in den von ihnen bisher eingehaltenen oder, sofern ihre Befugniß zum Geschäftsbetrieb auf besonderer Zulassung

792 AnhangXVI I. Gesetz über die privatenBersicheruugSunternehamngen. §93—101.

beruht, in den bisher durch die Zulassung gestatteten Grenzen keiner Erlaubniß nach Maßgabe dieses Gesetzes. 8 93* Diejenigen beim Inkrafttreten des Gesetzes zum Ge­ schäftsbetriebe befugten deutschen Unternehmungen, deren Geschäfts­ betrieb sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt oder welchen durch die Zulassung ein solcher Geschäftsbetrieb ge­ stattet ist, unterstehen der Aussicht des Aufsichtsamts für Privat­ versicherung; die Beaufsichtigung der übrigen deutschen Unter­ nehmungen wird durch Landesbehörden ausgeübt. 8 94. Beim Ablauf einer landesgesetzlich auf eine bestimmte Zeit erfolgten Zulassung bedarf es der Ertheilung einer neuen Erlaubniß durch die Aufsichtsbehörde nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wenn der Zeitraum vom Inkrafttreten dieses Gesetzes bis zum Ablaufe der auf eine bestimmte Zeit erfolgten Zulassung nicht mehr als sechs Monate beträgt, so gilt die Dauer der Zulassung als um ein Jahr verlängert.

8 95. Beruht die Zulassung einer Unternehmung aus einer widerruflichen Genehmigung, so unterliegt die Ausübung des Wider­ rufs solange dem freien Ermessen der Aufsichtsbehörde, als die Unternehmung nicht die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe nach Maß­ gabe dieses Gesetzes erlangt hat. 8 96. Versicherungsunternehmungen, die zur Zeit des Inkraft­ tretens dieses Gesetzes in einem oder in mehreren Bundesstaaten zum Geschäftsbetriebe befugt sind, können jederzeit die Zulassung nach Maßgabe dieses Gesetzes beantragen. Zur Ausdehnung ihres Geschäftsbetriebs auf einen anderen Bundesstaat ist die Erlaubniß des Aufsichtsamts für Privatversicherung erforderlich. 8 97. Soweit ein Uebergang der Aufsicht von Landesbehörden auf das Aussichtsamt für Privatversicherung stattfindet, gehen auf dieses kraft Gesetzes auch alle Rechte und Pflichten über, welche durch Kautionsbestellung, Hinterlegung, Eintragung von Schuld­ verschreibungen in ein Staatsschuldbuch oder in das Reichsschuld­ buch oder durch sonstige Sicherungsmaßregeln für die Landesbehörden begründet sind. In den vorstehend bezeichneten Fällen ist auf Ersuchen des Amtes der Gewahrsam und die Verwaltung der vorhandenen Kau­ tionen durch die Landesbehörden einstweilen, jedoch auf höchstens fünf Jahre, weiterzuführen. 8 98. Die bereits zugelassenen Versicherungsunternehmen haben der Aufsichtsbehörde auf Erfordern binnen einer von dieser zu be­ stimmenden Frist die zur Klarlegung ihres Geschäftsplans erforder-

lichen Angaben (§§ 4 bis 12) zu machen. Die Vorschriften des § 64 Abs. 3 finden entsprechende .Anwendung.

§ 99. Bei bereits zugelassenen Unternehmungen finden die Vorschriften der §§ 56 bis 63 auf die Prämienreserve derjenigen Lebensversicherungen, sowie derjenigen Kranken- oder Unfallver­ sicherungen der im § 12 bezeichneten Art Anwendung, welche nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen werden. Die Prämienreserve für die früher abgeschlossenen Versicherun­ gen ist, dem rechnungsmäßigen Soll entsprechend, binnen drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ans dem übrigen Vermögen einer Unternehmung auszusondern, dem nach Ms. 1 gebildeten Prämienreservefonds zuzuführen und gemäß § 57, § 61 Abs. 1 aufzubewahren, zu buchen und zu verwalten. Ausnahmsweise kann für eine bestimmte Versicherungsunternehmung die bezeichnete Frist durch den Reichskanzler auf Antrag der Landesregierung desjenigen Bundesstaats, in dessen Gebiete die Unternehmung ihren Sitz hat, verlängert werden; eine solche Verlängerung der Frist ist durch den Reichskanzler im Reichsanzeiger bekannt zu machen. Auf den gesummten Prämienreservefonds (Abs. 1, 2) finden die Vorschriften des § 61 Abs. 2, 3 und des § 62 mit dem Ab­ laufe von drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes oder mit dem Ablaufe der nach Abs. 2 Satz 2 durch den Reichs­ kanzler verlängerten Frist Anwendung, sofern sie nicht auf An­ trag einer Unternehmung durch die Aufsichtsbehörde schon zu einem früheren von dieser festzusetzenden und im Reichsanzeiger bekannt zu machenden Zeitpunkt in Wirksamkeit gesetzt werden. Die Anlegung der Prämienreserve in der durch die §§ 59, 60 vorgeschriebenen Weise ist für die älteren Versicherungen binnen einer Frist von fünf Jahren zu bewirken. Hinsichtlich bestimmter Theile der Prämienreserve können Ausnahmen durch die Aufsichts­ behörde gestattet werden.

8 109. Erachtet die Aufsichtsbehörde die Prämienreserve zur Sicherstellung einer dauernden Erfüllung der aus den Versicherungs­ verträgen sich ergebenden Verpflichtungen nicht für ausreichend, so kann sie, vorbehaltlich ihrer Besugniß zum Eingreifen nach den §§ 67 bis 69, zur Aenderung der Rechnungsgrundlagen oder sonsti­ gen Beseitigung der Mängel eine angemessene Frist gewähren.

8 101. Vereine, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsätze der Gegen­ seitigkeit betreiben und die Rechtsfähigkeit besitzen, unterliegen auch den Vorschriften dieses Gesetzes über die Versicherungsvereine auf

Gegenseitigkeit (Abschnitt III) mit Ausnahme der Vorschriften über die Bildung eines Gründungs- und eines Reservefonds. Auf die Anmeldung und Eintragung dieser Vereine finden die §§ 30 bis 33 entsprechende Anwendung. Die Aufsichtsbehörde hat nach dem Ablaufe der gemäß § 98 bestimmten Frist diejenigen Vereine, welche der Eintragungspflicht unterliegen, den für die Führung des Handelsregisters zuständigen Gerichten mitzutheilen. § 102. Den Vorschriften des Abschnitts III unterliegen nicht solche eingetragene Genossenschaften und solche nach dem sächsischen Gesetze vom 15. Juni 1868, betreffend die juristischen Personen, bestehende eingetragene Vereine, welche die Versicherung ihrer Mit­ glieder nach dem Grundsätze der Gegenseitigkeit betreiben. Auf die im Abs. 1 bezeichneten Genossenschaften und Vereine finden die Vorschriften des §' 68 Abs. 1, 2 Satz 1 bis 3, 5, auf die bezeichneten Vereine auch die Vorschriften des § 16 und des § 68 Abs. 2 Satz 4 entsprechende Anwendung. 8 103. Auf Vereine, die, ohne die Rechtsfähigkeit zu besitzen, zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsätze der Gegenseitigkeit betreiben, finden die Vorschriften des Abschnitts III keine Anwendung. Solche Ver­ eine können von der Aufsichtsbehörde aufgefordert werden, binnen einer bestimmten Frist ihre Zulassung gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes nachzusuchen; die Frist soll wenigstens sechs Monate be­ tragen. Kommt ein Verein einer solchen Aufforderung nicht nach, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, ihm den weiteren Geschäftsbetrieb zu untersagen; auf die Untersagung des Geschäftsbetriebs finden die Vorschriften des § 73 Abs. 1 bis 5, der §§ 74, 75 ent­ sprechende Anwendung. § 104. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine An­ wendung auf Versicherungsunternehmnngen, die sich bei seinem Inkrafttreten in Liquidation oder im Konkurse befinden.

VHL Strafvorschriften. § 105.

Wer der Aufsichtsbehörde gegenüber wissentlich falsche Angaben macht, um die Zulassung einer Versicherungsunternehmung zum Geschäftsbetriebe, die Verlängerung einer Zulassung oder die Genehmigung zu einer Aenderung der Geschäftsunterlagen oder des Versicherungsbestandes (§ 14) zu erlangen, wird mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden. § 106. Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark oder mit einer dieser Strafen werden die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder ähnlichen Organs, sowie die Liquidatoren einer Versicherungsgesell­ schaft auf Aktien oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitig­ keit bestraft, wenn sie wissentlich 1. den Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung über die Bildung von Reserven zuwider eine Gewinnvertheilung Vor­ schlägen oder zulassen; 2. den gesetzlichen Vorschriften über die Berechnung und Buchung, Verwaltung und Aufbewahrung der Prämien­ reserve (§§ 56 bis 61, 63, 99) zuwiderhandeln; 3. den satzungsmäßigen Vorschriften über die Anlegung von Geldbeständen zuwiderhandeln. 8 107. Sachverständige, welche die Berechnung der Prämien­ reserve bei Lebens-, Kranken- oder Unfallversicherungsunternehmun­ gen zu prüfen haben, werden, wenn sie die nach § 56 Abs. 2 unter der Vermögensübersicht abzugebende Erklärung wissentlich falsch ab­ geben, mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzig­ tausend Mark bestraft. Auch kann aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden. 8 108. Wer im Jnlande das Versicherungsgeschäft «ohne die vorgeschriebene Erlaubniß betreibt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher im Jnlande für eine daselbst zum Geschäftsbetriebe nicht befugte Unternehmung einen Versicherungsvertrag als Vertreter oder Bevollmächtigter abschließt oder den Abschluß von Versicherungsverträgen geschäftsmäßig ver­ mittelt. Die Vorschrift der Nr. 9 des § 360 des Strafgesetzbuchs ist, soweit sie sich auf Versicherungsunternehmungen im Sinne dieses Gesetzes bezieht, aufgehoben. 8 100. Mit Gefängniß bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark werden die Mitglieder des Vorstandes oder die Liquidatoren einer Versicherungsgesellschaft auf Aktien, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, einer ein-

796 AnhangXVH. Gesetz üderdie privatenBersicherungSunternehmungen. 8110—116.

getragenen Genossenschaft oder eines Vereins der im § 102 be­ zeichneten Art bestraft, wenn entgegen der Vorschrift des § 68 Abs. 2 der Aufsichtsbehörde eine der dort vorgeschriebenen Anzeigen nicht gemacht worden ist. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. Straflos bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß die Anzeige ohne sein Verschulden unterblieben ist. § 110. Die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder eines ähnlichen Organs, sowie die Liquidatoren eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit werden, wenn sie absichtlich zum Nachteile des Vereins handeln, mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden. 8 111. Die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder eines ähnlichen Organs, sowie die Liquidatoren eines Ver­ sicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, werden mit Gefängniß bis zu einem Jahre unb zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft, wenn sie wissentlich in ihren Darstellungen, in ihren Uebersichten über den Vermögensstand des Vereins oder in ihren Vorträgen vor dem obersten Organe den Stand des Vereins unwahr darstellen oder verschleiern. Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Uinstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden. 8 112. Die Vorschriften der §§ 239 bis 241 der Konkurs­ ordnung * finden gegen die Mitglieder des Vorstandes und die Liquidatoren eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, welcher seine Zahlungen eingestellt hat oder über dessen Vermögen das Konkurs­ verfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigen­ schaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben. 8 113. Die Vorschriften der §§ 106, 109 bis 112 finden auch auf die Mitglieder des Vorstandes, eines Aussichtsraths oder ähn­ lichen Organs, sowie die Liquidatoren eines solchen Vereins An­ wendung, der nach § 101 als Versicherungsverein auf Gegenseitig­ keit im Sinne dieses Gesetzes gilt. 1 S. oben S. 55. 56.

IX. Schlußvorschristen. 8 114. Zur Ausführung dieses Gesetzes kann der Bundes­ rath nach Anhörung des Versicherungsbeiraths Vorschriften erlassen. Er kann insbesondere Art und Form der Rechnungslegung der Unter­ nehmungen regeln und die näheren Voraussetzungen bestimmen, unter welchen ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit als kleinerer Verein im Sinne des. § 53 anzusehen ist. 8 115. Ter Vorstand einer Versicherungsunternehmung, deren Geschäftsbetrieb sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt, hat den Landes-Zentralbehörden derjenigen Bundesstaaten, in deren Gebieten sie Geschäfte betreiben will, bei der Eröffnung des Geschäftsbetriebs hiervon Anzeige zu erstatten. Jedes Versicherungsunternehmen hat in demjenigen Bundesstaat, auf dessen Gebiet es seinen Betrieb erstreckt, ohne daß sein Sitz in diesem Gebiete gelegen ist, auf Verlangen der Zentralbehörde dieses Staates unter der Voraussetzung einen.Hauptbevollmächtigten zu bestellen, daß der Geschäftsbetrieb in diesem Staate von einem solchen Umfang ist oder nach dem Geschäftsplane von einem solchen Umfange werden soll, daß darnach die Bestellung eines Hauptbevoll­ mächtigten sich rechtfertigt. Bestreitet das Unternehmen das Vor­ handensein dieser Voraussetzung, so entscheidet darüber der Bundes­ rath auf Grund der ihm vorzulegenden Nachweise. Das Verlangen kann von den Zentralbehörden mehrerer Bundesstaaten zusammen aus Bestellung eines gemeinschaftlichen Hauptbevollmächtigten ge­ richtet werden. Der Hauptbevollmächtigte muß seinen Wohnsitz innerhalb des betreffenden Bundesstaats beziehungsweise der zu­ sammengehenden Bundesstaaten haben; er gilt als ermächtigt, die Unternehmung zu vertreten, insbesondere die Versicherungsverträge mit Versicherungsnehmern des Bundesstaats beziehungsweise der zusammengehenden Bundesstaaten und über daselbst belegene Grund­ stücke mit verbindlicher Kraft abzuschließen, auch alle Ladungen und Verfügungen für die Unternehmung in Enrpfang zu nehmen. Zum Abschlüsse der Lebensversicherungsverträge ist jedoch die voraus­ gegangene Genehmigung der Zentralleitung der Unternehmung er­ forderlich, die in dem Vertrage zum Ausdrucke gebracht werden muß. Für Klagen, die aus dem Bersicherungsgeschäft innerhalb des Bundesstaats beziehungsweise der zusammengehenden Bundesstaaten gegen die Unternehmung erhoben werden, ist das Gericht zuständig, wo der Hauptbevollmächtigte seinen Wohnsitz hat. Dieser Gerichts­ stand darf nicht vertragsmäßig ausgeschlossen werden. 8 116.

Unternehmungen, welche die Versicherung gegen Kurs-

798 AnhangXVII. Gesetz ü-erdie private» BersicherungS»»1er»ehmua-eu. 8117—125.

Verluste oder die Transportversicherung oder ausschließlich die Rück­ versicherung zum Gegenstände haben, mit Ausnahme von Bersicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, bedürfen keiner Zulassung. Sie unterliegen auch keiner behördlichen Beaufsichtigung ihres Ge­ schäftsbetriebs; der Bundesrath kann jedoch anordnen, daß bestimmte Vorschriften dieses Gesetzes auch auf solche Unternehmungen An­ wendung finden. 8 117. Durch Beschluß des Bundesraths kann angeordnet werden: 1. daß die Vorschrift des § 6 Ws. 2 auch für andere als die dort bezeichneten Versicherungszweige gilt; 2. daß für Versicherungszweige, für welche die Vorschrift des § 6 Abs. 2 nicht gilt, die Vorschriften dieses Gesetzes ganz oder theilweise außer Anwendung bleiben. 8 118. Alle der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses Gesetzes unterliegenden Unternehmungen sind verpflichtet, dem Aussichts­ amte für Privatversicherung die von diesem erforderten statistischen Nachweise über ihren Geschäftsbetrieb einzureichen. Ueber die hier­ nach zu erfordernden statistischen Nachweise ist der Versicherungs­ beirath zu hören. 8 119. Die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften errichteten öffentlichen Versicherungsanstalten unterliegen den Vorschriften dieses Gesetzes nicht, sind jedoch verpflichtet, nach näherer Anordnung des Bundesraths bestimmte statistische Nachweise über ihren Geschäfts­ betrieb an das Aufsichtsamt für Privatversicherung einzureichen. 8 120. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach denen der Betrieb bestimmter Versicherungsgeschäfte öffentlichen Anstalten Vorbehalten ist. 8 121. Unberührt bleiben die landesrechtlichen Vorschriften über die polizeiliche Überwachung der Feuerversicherungsverträge nach ihrem Abschluß und der Auszahlung von Brandentschädigun­ gen; dagegen werden aufgehoben die landesrechtlichen Vorschriften, welche den Abschluß von Feuerversicherungsgeschäften von einer vorgängigen polizeilichen Genehmigung abhängig machen, sowie die landesrechtlichen Vorschriften, durch welche der unmittelbare Ab­ schluß von Feuerversicherungsverträgen mit solchen Vertretungen verboten wird, die sich nicht im Staatsgebiete befinden. Unberührt bleiben ferner die landesrechtlichen Vorschriften und die mit Landesbehörden getroffenen Vereinbarungen über die Ver­ pflichtungen der Feuerversicherungsunternehmungen in Bezug ans die Leistung von Mgaben für gemeinnützige Zwecke, insbesondere zur Förderung des Feuerlöschwesens oder zur Unterstützung von

Mitgliedern von Feuerwehren und sonstigen bei Hülfeleistung in Brandfällen verunglückten Personen oder ihrer Hinterbliebenen. Unberührt bleiben auch Verpflichtungen, welche nach dem Stande vom 1. Januar 1901 Feuerversicherungsunternehmungen in einem Bundesstaate nach Landesrecht oder auf Grund von Vereinbarungen mit Landesbehörden hinsichtlich der Uebernahme gewisser Versicherun­ gen obliegen, wenn die Unternehmung ihren Geschäftsbetrieb in dem Bundesstaate fortsetzt oder die Zulassung nach Maßgabe dieses Ge­ setzes erlangt. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen wird von der Aufsichtsbehörde nach Maßgabe dieses Gesetzes überwacht. 8 122. Den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen nicht die auf Grund des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfskassen vom 7. April 1876 (Reichs-Gesetzbl. S. 125) in der Fassung des Gesetzes vom 1. Juni 1884 (Reichs-Gesetzbl. S. 54) errichteten Kassen, die im § 75 Abs. 4 des Krankenversicherungsgesetzes bezeichneten, auf Grund landesrechtlicher Vorschriften errichteten Hülfskassen, die auf Grund der Gewerbeordnung von Innungen oder Jnnungsverbänden errichteten Unterstützungskassen sowie die auf Grund berggesetz­ licher Vorschriften errichteten Knappschaftskassen. 8 123. Die Vorschrift des § 39 Abs. 3 findet auf Versicherungs­ aktiengesellschaften entsprechende Anwendung. 8 124. Die Aufsichtsbehörde kann für Vereine auf Gegenseitig­ keit, die der Eintragungspflicht nicht unterliegen, hinsichtlich der Zulassung, der Geschäftsführung und der Rechnungslegung Ab­ weichungen von den Vorschriften der §§ 11, 12, 55 bis 57 gestatten Soweit die Abweichungen sich auf die Geschäftsführung und die Rechnungslegung beziehen, können sie insbesondere davon ab­ hängig gemacht werden, daß in mehrjährigen Zeiträumen auf Kosten des Vereins eine Prüfung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage durch einen Sachverständigen vorgenommen und der Prüfungs­ bericht der Aufsichtsbehörde eingereicht wird. 8 123. Die Vorschriften des, § 70, des § 98 Satz 1 und des § 101 Abs. 3 treten mit dem 1. Juli 1901 in Kraft. Bis zu dem gleichen Zeitpunkte werden die zur Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmungen zuständigen Landesbehörden durch die Landesregierungen bestimmt. Im Uebrigen wird der Zeitpunkt, mit welchem das Gesetz in Kraft tritt, mit Zustimmung des Bundesraths durch Kaiserliche Verordnung bestimmt. Im Königreiche Bayern tritt das Gesetz, soweit es sich um das Jmmobiliar-Versicherungswesen handelt, nur mit Zustimmung der Königlich bayerischen Regierung in Kraft.

800

Anh. XVI2. B. über d. Verfahren d. Aufsichtsamts f. Privatversicherung. 6 1—10.

XVI2

Verordnung, betreffend das Verfahren nnd den Geschäfts­ gang des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversicherung. Vom 23. Dezember 1901 (RGBl 498). I

Einteilung und Bearbeitung der Dienstgeschäfte.

8 1. Dem Präsidenten steht die Leitung und Beaufsichtigung des gesammten Dienstes bei dem Kaiserlichen Aufsichtsamte für Privatversicherung zu. Er vertheilt die Geschäfte und bestellt, soweit erforderlich, die Beauftragten und Vertreter der Behörde. 8 2. Der Präsident erledigt die durch besondere Bestimmung ihm überwiesenen Angelegenheiten (§ 73 Abs. 6, § 75 Abs. 3 des Gesetzes). Er ordnet die Einrichtung der Büreaus, der Akten und der Geschäftsregister; er hat die Verfügung in allen die Ver­ waltung des Amtes betreffenden Angelegenheiten, insbesondere in Personalsachen, sowie in denjenigen Angelegenheiten, welche das Haushalts- und Kassenwesen, die Diensträume und deren Ein­ richtung, die amtlichen Veröffentlichungen, die Bibliothek und ähn­ liche Gegenstände betreffen (Präsidialsachen). Der Präsident bezeichnet diejenigen sonstigen Sachen, deren Bearbeitung oder Revision er sich vorbehält. Er ist befugt, in jeder Sitzung den Vorsitz zu übernehmen; er vollzieht die Ausfertigungen linb Reinschriften in den ihm vorbehaltenen Sachen. 8 3. Tie stündige Vertretung des Präsidenten für dessen sämmtliche Dienstobliegenheiten steht den: Direktor und, solmld mehrere Direktoren bestellt sind, demjenigen Direktor zu, welcher vom Reichs­ kanzler (Reichsamt des Innern) zur ständigen Vertretung des Präsi­ denten bestimmt wird. Im Falle der Verhinderung des ständigen Vertreters erfolgt die Vertretung durch die anderen Direktoren und, sofern nicht der Reichskanzler, (Reichsamt des Innern) etwas Anderes bestimmt, in der Reihenfolge des Dienstalters durch die übrigen ständigen Mitglieder im Hauptamte. 8 4. Auf Vorschlag des Präsidenten kann der Reichskanzler (Reichsamt des Innern) die Einrichtung von Abtheilungen an­ ordnen, sowie deren Geschäftskreis, Leitung und Geschäftsgang be­ stimmen, insbesondere auch Anordnung darüber treffen, wieweit Abtheilungssitzungen an die Stelle der Gesammtsitzungen des Amtes (88 13 ft) treten. 8 5. Die Zahl der vom Bundesrathe zu wählenden nicht­ ständigen Mitglieder des Aufsichtsamts wird auf vier festgesetzt.

Durch Beschluß des Bundesraths kann die Zahl bis auf sechs er­ höht werden. Die nichtständigen Mitglieder werden durch den Staatssekretär des Innern mittelst Handschlags an Eidesstatt auf ihre Obliegen­ heiten verpflichtet. 8 6. Die zu den Rekursentscheidungen zuzuziehenden richter­ lichen Beamten und Mitglieder höchster Verwaltungsgerichtshöfe (§ 74 Ms. 2, 3 des Gesetzes) werden in gleicher Weise durch den Präsidenten des Aufsichtsamts verpflichtet. § 7. Die Geschäfte des Aufsichtsamts werden durch Ver­ fügung erledigt, sofern nicht a) das Gesetz die Entscheidung in Spruchsenaten vorschreibt (§§ 73 bis 76 des Gesetzes), oder b) der Präsident in bestimmten Fällen, in denen Anordnun­ gen oder Verfügungen zu erlassen sind, die Berathung und Beschlußfassung in einer Gesammtsitzung (§ 13) anordnet. II. Verficherungsbetrath.

8 8. Der Versicherungsbeirath (§ 72 des Gesetzes) besteht aus vierzig Mitgliedern. Nach Bedarf kann der Bundesrath auf Antrag des Reichskanzlers die Erhöhung dieser Zahl bis auf sechzig beschließen. Die Mitglieder des Versicherungsbeiraths werden unter Berück­ sichtigung ihrer besonderen Sachkunde von dem Präsidenten auf folgende Gruppen vertheilt: 1. auf das Gebiet der Lebensversicherung und der Krankenver­ sicherung ; 2. auf die Unfall- und die Haftpflichtversicherung; 3. auf die Viehversicherung, die Hagelversicherung und die sonstige landwirthschaftliche Versicherung; 4. auf die Feuerversicherung, sowie die Versicherung gegen Sturm­ schäden, Wasserschäden und Diebstahl; 5. auf die sonstigen verschiedenen Versicherungszweige. Die einzelnen Mitglieder können mehreren Gruppen zugetheilt werden. 8 9. Die Mitglieder des Versicherungsbeiraths werden durch den Präsidenten des Aufsichtsamts mittelst Handschlags an Eides­ statt auf ihre Obliegenheiten, insbesondere auch auf die Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet. Im Falle der Wiederberufung genügt die Verweisung auf die frühere Verpflichtung. 8 10. Zur gutachtlichen Berathung des Aussichtsamts wird Friedberg, HandelSgesgbg.

7. Aufl.

51

802 «nh. XVI2. V. über d. Verfahren d. AufsichtSamtS f.Privatversicherung. tz 11—15.

der Versicherungsbeirath, sofern seine Anhörung gesetzlich vorge­ schrieben ist, entweder in seiner Gesammtheit oder in einzelnen Gruppen nach näherer Bestimmung des Präsidenten berufen. In sonstigen Fällen kann der Präsident einzelne Mitglieder des Versicherungsbeiraths für die.Begutachtung in Anspruch nehmen. Sind nur einzelne Gruppen oder einzelne Mitglieder des Versicherungsbeiraths zu hören, so kann der Präsident bestimmen, daß statt mündlicher Berathung eine schriftliche Begutachtung erfolgt. 8 11. Zur Mitwirkung bei den verwaltungsgerichtlichen Ent­ scheidungen der §§ 73 bis 76 des Gesetzes sollen in den einzelnen Fällen Mitglieder derjenigen Gruppen des Versicherungsbeiraths zugezogen werden, welche für die betreffenden Versicherungszweige gebildet sind. Dementsprechend bestimmt der Präsident nach Art der zu entscheidenden Fälle die jedesmal zu betheiligenden Gruppen.

Innerhalb einer jeden Gruppe sind die Mitglieder zu den einzel­ nen Sitzungen, gleichviel ob es sich um eine Entscheidung in der ersten oder in der Rekursinstanz handelt, vorbehaltlich der Vor­ schriften im § 73 Abs. 2 des Gesetzes, in der alphabetischen Reihen­ folge ihrer Namen zuzuziehen. 8 12. Die Einladung der Mitglieder des Versicherungsbeiraths erfolgt von Amiswegen oder im Auftrage des Reichskanzlers (Reichsanlt des Innern) durch den Präsidenten des Aufsichtsamts. Die Einladung darf von den Mitgliedern des Versicherungs­ beiraths nur aus zwingenden Gründen, die auf Erfordern glaub­ haft zu machen sind, abgelehnt werden.

Dem Präsidenten oder einem von ihm hierzu beauftragten ständi­ gen Mitgliede des Aufsichtsamts steht die Leitung der mündlichen Berathungen des Versicherungsbeiraths zu. Den nichtständigen Mitgliedern des Aufsichtsamts steht es frei, den Gesammtsitzungen und den Gruppensitzungen des Versicherungs­ beiraths beizuwohnen. Sie sind von den Sitzungen unter Mittheilung der Tagesordnung zu benachrichtigen, sofern sie am Sitzungstage voraussichtlich in Berlin anwesend sein werden. Der Präsident kann zu den Berathungen des Versicherungs­ beiraths die ständigen Mitglieder des Aufsichtsamts, die dem Amte sonst beigegebenen Beamten, sowie besondere Sachverständige zu­ ziehen.

III. Gesammtsitzungen des Aufsichtsamts. 8 13. Zur Berathung wichtigerer Angelegenheiten kann auf Anordnung des Präsidenten (§ 7) und unter seinem Vorsitz

eine gemeinsame Berathung und Beschlußsassung in Äesammtsitzungen stattfinden. Zur Theilnahme sind alle ständigen und nichtständigen Mit­ glieder des Aufsichtsamis, sowie die zur Bearbeitung von Ge­ schäften der Mitglieder herangezogenen Hülssarbeiter einzuladen, soweit sie am Sitzungstage voraussichtlich in Berlin anwesend sein werden. Der Präsident kann bestimmen, daß für einzelne Gegenstände auch andere Beamte des Aufsichtsamts, sowie höchstens je zwei richterliche Beamte, Mitglieder eines höchsten Verwaltungsgerichts­ hofs (§ 74 Abs. 2 des Gesetzes) und Mitglieder des Berficherungsbeiraths zu den Sitzungen zugezogen werden. Bei der Einladung ist die Tagesordnung mitzutheilen. g 14. Tie Gesammtsitzungen sind nicht öffentlich. Stinrmberechtigt sind nur die eingeladenen und in der Sitzung anwesenden ständigen und nichtständigen Mitglieder des Aufsichts­ amts, sowie die zugezogenen richterlichen Beamten, Mitglieder höch­ ster Verwaltungsgerichtshöfe und Mitglieder des Versicherungs­ beiraths. Die von dem Bundesrathe gewählten Mitglieder nehmen ihre Stelle nach dem Vorsitzenden, also vor den übrigen Mitgliedern, und zwar in der Reihenfolge der Bundesstaaten, ein, denen sie angehören. Den nichtständigen Mitgliedern schließen sich unmittel­ bar die nebenamtlich berufenen ständigen Mitglieder an. Der Vorsitzende leitet die Berathungen, er stellt die Fragen und sammelt die Stimmen. Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebniß der Abstimmung werden gemäß § 15 entschieden, g 15. Für den mündlichen Vortrag in den Sitzungen wird ein Berichterstatter ernannt. Aus besonderen Gründen können Mit­ berichterstatter bestellt werden. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt, bei Stinrmengleichheit giebt der Vorsitzende den Ausschlag. Bilden sich in Beziehung auf Summen, über die zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden die für die größte Summe abgegebenen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebenen Stimmen solange hinzuge­ rechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt. Die Stimmen werden bei namentlicher Abstimmung in folgender Reihenfolge abgegeben: 1. von den Berichterstattern in der Reihenfolge ihrer Bestellung; 2. von den Mitgliedern des Versicherungsbeiraths;

804 Unh. XVI 2. v. über d. Verfahre» d. Aufstcht-amtS f. Privatversicherun-. § 16—25.

3. von den richterlichen Beamten und Mitgliedern höchster Ver­ waltungsgerichtshöfe ; 4. von den ständigen Mitgliedern im Hauptamte; 5. von den nebenamtlich berufenen ständigen Mitgliedern, 6. von den vom Bundesrathe gewählten Mitgliedenr; 7. von dem Vorsitzenden. Innerhalb der einzelnen Gruppen richtet sich die Reihenfolge der Abstimmung nach dem Dienstalter im Aufsichtsamte, bei gleichen: Dienstalter nach dem Lebensalter und zwar in allen Fällen dergestalt, daß der Jüngste zuerst stimmt. Bei den vom Bundesrathe gewählten Mitgliedenr ist die im § 14 Abs. 3 bestimmte Reihenfolge umgekehrt zur Anwendung zu bringen.

IV. Geschäftsgang und Verfahren bei den Senaten. § 16 Die Entscheidung der in den §§ 73 bis 76 des Gesetzes bezeichneten Angelegenheiten erfolgt durch Spnlchkollegien, welche die Bezeichnung „Senate" führen. Den Vorsitz in den Senaten führen der Präsident, der Direktor oder die nach Bedürfniß vom Reichskanzler (Reichsamt des Innern) mit dem Vorsitze zu betrauenden ständigen Mitglieder. Die Vertretung im Vorsitze wird durch den Präsidenten bebesonders geregelt. 8 17. Die nichtständigen Mitglieder des Aufsichtsamts sollen bei der Besetzung der Rekurssenate in den wichtigeren Angelegen­ heiten in der Regel betheiligt und zu dem Zwecke abwechselnd nach der im § 14 Abs. 3 bestimmten Reihenfolge berufen werden. 8 18. Tie Einberufung zu den einzelnen Sitzungen soll in der Regel mindestens zwei Wochen vor den Sitzungen erfolgen. 8 19. Ueber Ablehnungsgesuche (§ 73 Abs. 3, § 74 Abs 4 des Gesetzes) entscheidet der betreffende Senat durch Beschluß. 8 20. Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen und Berathun­ gen in den Sitzungen, er stellt die Fragen und sammelt die Stimmen. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Stellung der Fragen oder über das Ergebniß der Abstimmung entscheidet der Senat. Die Abstimmungen erfolgen nach Vorschrift des § 15. 8 21. Bei den nach §§ 73, 76 des Gesetzes zu erledigenden Sachen wird in der Regel nur ein Berichterstatter ernannt. Dieser hat ebenso wie der nach § 75 Abs. 3 des Gesetzes in Rekurs­ sachen zu ernennende erste Berichterstatter vor der mündlichen Be­ rathung einen schriftlichen Bericht nebst Gutachten vorzulegen; der zweite Berichterstatter hat ein schriftliches Gutachten vorznlegen.

Bom 23. Dezember 1901.

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8 22 Die Verhandlung beginnt mit der Darstellung des Sach­ verhalts durch den ersten Berichterstatter, demnächst sind die etwa erschienenen Betheiligten zu hören. Der Vorsitzende hat jedem Mitgliede des Senats auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. g 23. Die Verhandlung erfolgt unter Zuziehung eines ver­ eidigten Protokollführers. Von demselben ist ein Protokoll auf­ zunehmen, das den Gang der Verhandlung im Allgemeinen angiebt. Anträge und Erklärungen der Betheiligten, welche von den Schrift­ sätzen abweichen, sind in das Pwtokoll aufzunehmen. § 24 Das Aufsichtsamt kann Bevollmächtigte und Beistände, welche das mündliche Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig be­ treiben, von der mündlichen Verhandlung zurückweisen. Diese Vor­ schrift findet keine Anwendung auf Rechtsanwälte und auf Personen, denen das mündliche Verhandeln vor Gericht durch Anordnung der Justizverwaltung gestattet ist. g 25. Die Vorschriften der §§ 176 bis 182, 184 des Gerichts­ verfassungsgesetzes i über die Aufrechterhaltung der Ordnung finden entsprechende Anwendung. 1 GVG § 176. Ter Zutritt zu öffentlichen Verhandlungen kann un­ erwachsenen und solchen Personen versagt werden, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, oder welche in einer der Würde des Gerichts nicht entsprechenden Weise erscheinen. Zu nicht öffentlichen Verhandlungen kann der Zutritt einzelnen Personen vom Gerichte gestattet werden. Einer Anhörung der Betheiligten bedarf es nicht. Die Ausschließung der Öffentlichkeit steht der Anwesenheit der die Dienst­ aussicht führenden Beamten der Justizverwaltung bei den Verhandlungen vor dem erkennenden Gerichte nicht entgegen. § 177. Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung liegt dem Vorsitzenden ob. § 178. Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Ver­ handlung nicht betheiligte Personen, welche den zur Ausrechthaltung der Ord­ nung erlassenen Befehlen nicht gehorchen, können aus Beschluß des Gerichts aus dem Sitzungszimmer entfernt, auch zur Hast abgesührt und während einer in dem Beschlusse zu bestimmenden Zeit, welche vierundzwanzig Stunden nicht übersteigen darf, festgehalten werden. § 179. Das Gericht kann gegen Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachver­ ständige oder bei der Verhandlung nicht betheiligte Personen, welche sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, vorbehaltlich der strasgerichtlichen Verfolgung, eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark oder bis zu drei Tagen Haft festsetzen und sofort vollstrecken lassen. § 180. Das Gericht kann gegen einen bei der Verhandlung betheiligten Rechtsanwalt oder Vertheidiger, der sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig

806 «uh. XVI2. B. über d. Verfahreu d. AufsichtSamtS f. Privatversicherung. 8 26—32.

8 26. Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sach­ verständiger vernehmen zu lassen und die Aussagen eidlich zu er­ härten, finden die Bestimmungen der Civilprozeßordnung ent­ sprechende Anwendung. Insbesondere ist das Aufsichtsamt befugt, gegen Zeugen und Sachverständige, welche sich nicht oder nicht rechtzeitig zu den Sitzungen einfinden, oder ihre Aussage oder die Eidesleistung ohne Angabe eines Grundes oder noch dann ver­ weigern, nachdem der angeführte Grund für unerheblich erklärt ist, eine Geldstrafe bis zu dreihundert Mark festzusetzen. Kommt die Verhängung oder Vollstreckung von Zwangsmaßregeln in Frage, so ist das Amtsgericht zu ersuchen, in dessen Bezirke die Zeugen oder Sachverständigen ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt haben. Aus Militärpersonen, die dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, finden die Vor­ schriften des § 380 Abs. 4, § 390 Abs. 4, § 409 Abs. 3 der Civilprozeßordnung* Anwendung. Erfolgt nachträglich eine genügende Entschuldigung für das Verhalten des Zeugen oder Sachverständigen, so sind die getroffenen Anordnungen wieder aufzuheben. Die Zeugen und Sachverständigen erhalten Gebühren nach Maßgabe der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 689). macht, vorbehaltlich der strafgerichtlichen oder disziplinären Verfolgung, eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark sestsetzen. § 181. Die Vollstreckung der vorstehend bezeichneten Ordnungsstrafen hat der Vorsitzende unmittelbar zu veranlassen. § 182. Die in den §§ 177—181 bezeichneten Befugnisse stehen auch einem einzelnen Richter bei der Vornahme von Amtshandlungen außerhalb der Sitzung zu. § 184. Ist eine Ordnungsstrafe wegen Ungebühr festgesetzt, oder eine Person zur Haft abgesührt, oder eine bei der Verhandlung betheiligte Person entfernt worden, so ist der Beschluß des Gerichts und dessen Veranlassung in das Protokoll aufzunehmen. 1 CPO § 380 (345) Abs. 4. Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärperson erfolgt auf Ersuchen durch das Militärgericht, die Vorführung einer solchen Person durch Ersuchen der Militärbehörde. § 390 (355) Abs. 4. Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärperson erfolgt auf Er­ suchen durch das Militärgericht. § 409 (374) Abs. 3. Wörtlich ebenso.

8 27 Die vom Aufsichtsamt auf Grund der §§ 25, 26 fest­ gesetzten Strafen werden in derselben Weise beigetrieben wie Ge­ meindeabgaben und fließen in die Reichskasse. 8 28. Die Berathung über die Entscheidung erfolgt in nicht öffentlicher Sitzung auch in den Fällen, in denen auf Grund öffent­ licher Verhandlung (§ 75 Abs. 4 des Gesetzes) entschieden wird. Bei den Entscheidungen, die auf Grund mündlicher Verhand­ lung ergehen, dürfen nur Mitglieder mitwirken, vor denen diese Verhandlung stattgefunden hat. 8 29. In Rekurssachen verkündet der Vorsitzende das Ergebniß der Berathung in öffentlicher Sitzung. Die Verkündung kann auf eine spätere Sitzung vertagt werden; diese soll in der Regel binnen einer Woche stattsinden. Wird die Verkündigung der Gründe für angemessen gehalten, so erfolgt sie durch mündliche Mittheilung ihres wesentlichen Inhalts. 8 30. Die Entscheidungen werden nebst Gründen von den Berichterstattern entworfen und in der Urschrift von dem Vorsitzen­ den, den Berichterstattern und einem anderen Senatsmitgliede, das an der Entscheidung Theil genommen hat, unterzeichnet. Im Falle der Behinderung des Vorsitzenden erfolgt die Unterzeichnung durch das älteste mitwirkende ständige Mitglied. 8 31. Im Eingänge der Entscheidung sind die Mitglieder, welche an der Entscheidung Theil genommen haben, namentlich auf­ zuführen, auch ist der Sitzungslag zu bezeichnen, an dem die Ent­ scheidung erfolgt ist. Die Ausfertigungen der Entscheidungen werden mit der Ueberschrift versehen: „Im Namen des Reichs." Sie enthalten neben dem Siegel des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversicherung die Schlußformel: „Urkundlich unter Siegel und Unterschrift." „Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung." Die Vollziehung erfolgt durch den Vorsitzenden, im Falle seiner Behinderung durch das dem Dienstalter nach älteste ständige Mitglied des Aufsichtsamts, welches bei der Entscheidung mit­ gewirkt hat. 8 32. Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in der Entscheidung vorkommen, sind jederzeit auch von Amtswegen zu berichtigen. Ueber die Berichtigung einer aus Grund mündlicher Verhand­ lung ergangenen Entscheidung kann ohne neue mündliche Verhand­ lung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluß wird von dem

808 Anh. XVI 2. B. über d. Verfahren d. AufsichtSamtS f. Privatversicherung. 8 33—37.

Vorsitzenden und den Mitgliedern des Senats, die die Entscheidung unterzeichnet haben, erlassen; er wird auf der Urschrift der Ent­ scheidung und den Ausfertigungen vermerkt.

V. Schlußbestimmungen.

8 33*

Alle Zustellungen des Aufsichtsamts können mittelst eingeschriebenen Briefes durch die Post erfolgen. Läßt sich die Zustellung an die Person, der zugestellt werden soll, innerhalb des Deutschen Reichs nicht bewirken, so genügt die Bekanntmachung des Hauptinhalts der Entscheidung oder der Verfügung im Reichsanzeiger. Neben dieser Bekanntmachung soll jedoch der Hauptinhalt des zuzustellenden Schriftstücks auch durch Aushang während einer Woche in den Geschäftsräumen des Auf­ sichtsamts zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. Die Zustellung gilt in den Fällen des Abs. 2 als bewirkt, nach­ dem eine Woche nach dem Tage verstrichen ist, an dem die be­ treffende Nummer des Reichsanzeigers ausgegeben worden ist. 8 34. Das Verfahren vor dem Kaiserlichen Aufsichtsamte für Privatversicherung ist kostenfrei; ein Ersatz der durch dieses Ver­ fahren dem Aussichtsamte verursachten baaren Auslagen durch die Antragsteller findet nur in den Grenzen des § 82 des Gesetzes statt. Die auf Grund des § 82 des Gesetzes den Antragstellern auf­ erlegten baaren Auslagen werden in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben und fließen' in die Reichskasse. 8 35. Die Geschästssprache ich die deutsche. Eingaben, welche nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden nicht berücksichtigt. Antragsteller, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, haben bei Verhandlungen vor dem Aufsichtsamte für ihre Vertretung durch eine Person, welche der deutschen Sprache mächtig ist, Sorge zu tragen. Im Uebrigen finden die Bestimmungen der §§ 187 bis 193 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung. 1 GVG § 187. Wird unter Betheiligung von Personen verhandelt, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Die Führung eines Rebcnprotokolls in der fremden Sprache findet nicht statt; jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit der Richter dies mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache für erforderlich erachtet, auch in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu beglaubigende Uebersetzung beigesügt werden. Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unterbleiben, wenn die 6c* theiligten Personen sämmtlich der fremden Sprache mächtig sind.

Anhang XVII. Gesetz über das Verlagsrecht. 8 1.

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8 36. Borladungen und sonstige, nur dem Geschäftsbetriebe dienende formularmäßige Schreiben werden durch die Unterschrift eines dazu bestimmten Beamten und unter Beifügung des Siegels des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversicherung beglaubigt. Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung führt zwei Siegel, nämlich 1. ein großes Siegel, welches dem Siegel des Reichsgerichts ent­ spricht und nur bei förmlichen Ausfertigungen, insbesondere der Entscheidungen in den Fällen des § 73 Abs. 1, §§ 74, 75 des Gesetzes, gebraucht wird, 2. ein kleineres Siegel, welches den bei den Gesandtschaften des Deutschen Reichs eingeführten Siegeln entspricht, mit der Um­ schrift: „Kaiserliches Aussichtsamt für Privatversicherung." Die Ausfertigungen und Reinschriften ergehen unter der Unter­ schrift: „Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung." 8 37. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1902 in Kraft.

XVII Gesetz über das Verlagsrecht. Vom 19. Juni 1901 (RGBl 217).

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Durch den Verlagsvertrag über ein Werk der Literatur oder der Tonkunst wird der Verfasser verpflichtet, dem Verleger das § 188. Zur Verhandlung mit tauben oder stummen Personen ist, sofern nicht eine schriftliche Verständigung erfolgt, eine Person als Dolmetscher znzuziehen, mit deren Hülfe die Verständigung in anderer Weise erfolgen kann. § 189. Ob einer Partei, welche taub ist, bei der mündlichen Berhandlnttg der Vortrag zu gestatten sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Dasselbe gilt in Anwaltsprozessen von einer Partei, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist. § 190. Personen, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, leisten Eide in der ihnen geläufigen Sprache. § 191. Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten: daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Ist der Dolmetscher für Uebertragungen der betreffenden Art im allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid. § 192. Der Dienst des Dolmetschers kann von dem Gerichtsschreiber wahrgcnommen werden. Einer besonderen Beeidigung bedarf es nicht. § 193. Auf den Dolmetscher finden die Bestimmungen über Ausschließung und Ablehnung der Sachverständigen entsprechende Anwendung. Die Ent­ scheidung erfolgt durch das Gericht oder den Richter, von welchem der Dolmetscher zugezogen ist.

Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen. Der Verleger ist verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. 8 2. Der Verfasser hat sich während der Dauer des Vertrags­ verhältnisses jeder Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes zu enthalten, die einem Dritten während der Dauer des Urheber­ rechts untersagt ist. Dem Verfasser verbleibt jedoch die Befugniß zur Vervielfälti­ gung und Verbreitung: 1. für die Übersetzung in eine andere Sprache oder in eine andere Mundart; 2. für die Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form oder eines Bühnenwerkes in der Form einer Erzählung; 3. für die Bearbeitung eines Werkes der Tonkunst, soweit sie nicht blos ein Auszug oder eine Uebertragung in eine andere Tonart oder Stimmlage ist. Auch ist der Verfasser zur Vervielfältigung und Verbreitung in einer Gesammtausgabe befugt, wenn seit dem Abläufe des Kalen­ derjahrs, in welchem das Werk erschienen ist, zwanzig Jahre ver­ strichen sind.

8 3. Beiträge zu einem Sammelwerke, für die dem Verfasser ein Anspruch auf Vergütung nicht zusteht, dürfen von ihm anderweit verwerthet werden, wenn seit dem Ablaufe des Kalenderjahrs, in welchem sie erschienen sind, ein Jahr verstrichen ist. 8 4 Der Verleger ist nicht berechtigt, ein Einzelwerk für eine Gesammtausgabe oder ein Sammelwerk sowie Theile einer Gesammt­ ausgabe oder eines Sammelwerkes für eine Sonderausgabe zu ver­ werthen. Soweit jedoch eine solche Verwerthung auch während der Dauer des Urheberrechts einem Jeden freisteht, blecht sie dem Ver­ leger gleichfalls gestattet.

8 5* Der Verleger ist nur zu einer Auflage berechtigt. Ist ihm das Recht zur Veranstaltung mehrerer Auflagen eingeräumt, so gelten im Zweifel für jede neue Auflage die gleichen Abreden wie für die vorhergehende. Ist die Zahl der Abzüge nicht bestimmt, so ist der Verleger berechtigt, tausend Abzüge herzustellen. Hat der Verleger durch eine vor dem Beginne der Vervielfältigung dem Verfasser gegenüber abgegebene Erklärung die Zahl der Abzüge niedriger bestimmt, so ist er nur berechtigt, die Auflage in der angegebenen Höhe herzustellen. 8 6. Die üblichen Zuschußexemplare werden in der Zahl der zulässigen Abzüge nicht eingerechnet. Das Gleiche gilt von Frei-

exemplaren, soweit ihre Zahl den zwanzigsten Theil der zulässigen Abzüge nicht übersteigt. Zuschußexemplare, die nicht zum Ersatz oder zur Ergänzung beschädigter Abzüge verwendet worden sind, dürfen von dem Ver­ leger nicht verbreitet werden. 8 7. Gehen Abzüge unter, die der Verleger auf Lager hat, so darf er sie durch andere ersetzen; er hat vorher dem Verfasser An­ zeige zu machen. 8 8. In dem Umfang, in welchem der Verfasser nach den §§ 2 bis 7 verpflichtet ist, sich der Vervielfältigung und Verbreitung zu enthalten und sie dem Verleger zu gestatten, hat er, soweit nicht aus dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt, dem Verleger das ausschließ­ liche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung (Verlagsrecht) zu verschaffen. 8 9 Das Verlagsrecht entsteht mit der Ablieferung des Werkes an den Verleger und erlischt mit der Beendigung des Vertrags­ verhältnisses. Soweit der Schutz des Verlagsrechts es erfordert, kann der Ver­ leger gegen den Verfasser, sowie gegen Dritte die Befugnisse aus­ üben, die zum Schutze des Urheberrechts durch das Gesetz vorge­ sehen sind. 8 10. Der Verfasser ist verpflichtet, dem Verleger das Werk in einem für die Vervielfältigung geeigneten Zustand abzuliefern. 8 11. Ist der Verlagsvertrag über ein bereits vollendetes Werk geschlossen, so ist das Werk sofort abzuliefern. Soll das Werk erst nach dem Abschlüsse des Verlagsvertrags her­ gestellt werden, so richtet sich die Frist der Ablieferung nach dem Zwecke, welchem das Werk dienen soll. Soweit sich hieraus nichts ergiebt, richtet sich die Frist nach dem Zeitraum, innerhalb dessen der Verfasser das Werk bei einer seinen Verhältnissen entsprechen­ den Arbeitsleistung Herstellen kann; eine anderweitige Thätigkeit des Verfassers bleibt bei der Bemessung der Frist nur dann außer Betracht, wenn der Verleger die Thätigkeit bei dem Abschlüsse des Vertrags weder kannte noch kennen mußte. 8 12. Bis zur Beendigung der Vervielfältigung darf der Ver­ fasser Aenderungen an dem Werke vornehmen. Bor der Veran­ staltung einer neuen Auflage hat der Verleger dem Verfasser zur Vornahme von Aenderungen Gelegenheit zu geben. Aenderungen sind nur insoweit zulässig, als nicht durch sie ein berechtigtes Inter­ esse des Verlegers verletzt wird. Der Verfasser darf die Aenderungen durch einen Dritten vor­ nehmen lassen.

Nimmt der Verfasser nach dem Beginne der Vervielfältigung Aenderungen vor, welche das übliche Maß übersteigen, so ist er verpflichtet, die hieraus entstehenden Kosten zu ersetzen; die Ersatz­ pflicht liegt ihm nicht ob, wenn Umstände, die inzwischen eingetreten sind, die Aenderung rechtfertigen. 8 13. Der Verleger darf an dem Werke selbst, an dessen Titel und an der Bezeichnung des Urhebers Zusätze, Kürzungen oder sonstige Aenderungen nicht vornehmen. Zulässig sind Aenderungen, für die der Verfasser seine Ein­ willigung nach Treu und Glauben nicht versagen kann. 8 14. Ter Verleger ist verpflichtet, das Werk in der zweck­ entsprechenden und üblichen Weise zu vervielfältigen und zu ver­ breiten. Die Form unb Ausstattung der Abzüge wird unter Be­ obachtung der im Verlagshandel herrschenden Uebung, sowie mit Rücksicht auf Zweck und Inhalt des Werkes von dem Verleger bestimmt. 8 15. Der Verleger hat mit der Vervielfältigung zu beginnen, sobald ihm das vollständige Werk zugegangen ist. Erscheint das Werk in Abtheilungen, so ist mit der Vervielfältigung zu beginnen, sobald der Verfasser eine Abtheilung abgeliesert hat, die nach ord­ nungsmäßiger Folge zur Herausgabe bestimmt ist. 8 16. Der Verleger ist verpflichtet, diejenige Zahl von Ab­ zügen herzustellen, welche er nach dem Vertrag oder gemäß dem § 5 herzustellen berechtigt ist. Er hat rechtzeitig dafür zu sorgen, daß der Bestand nicht vergriffen wird.

8 17. Ein Verleger, der das Recht hat, eine neue Auflage zu veranstalten, ist nicht verpflichtet, von diesem Rechte Gebrauch zu machen. Zur Ausübung des Rechtes kann ihm der Verfasser eine angemessene Frist bestimmen. Nach dem Ablaufe der Frist ist der Verfasser berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten, wenn nicht die Veranstaltung rechtzeitig erfolgt ist. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Veranstaltung von dem Verleger ver­ weigert wird. 8 18. Fällt der Zweck, welchem das Werk dienen sollte, nach dem Abschlüsse des Vertrags weg, so kann der Verleger das Ver­ tragsverhältniß kündigen; der Anspruch des Verfassers auf die Ver­ gütung bleibt unberührt. Das Gleiche gilt, wenn Gegenstand des Verlagsvertrags ein Beitrag zu einem Sammelwerk ist und die Vervielfältigung des Sammelwerkes unterbleibt. 8 19. Werden von einem Sammelwerke neue Abzüge her-

gestellt, so ist der Verleger im Einverständnisse mit dem Heraus­ geber berechtigt, einzelne Beiträge wegzulassen. 8 20. Der Verleger hat für die Korrektur zu sorgen. Einen Abzug hat er rechtzeitig dem Verfasser zur Durchsicht vorzulegen. Der Abzug gilt als genehmigt, wenn der Verfasser ihn nicht binnen einer angemessenen Frist dem Verleger gegenüber beanstandet. 8 21. Die Bestimmung des Ladenpreises, zu welchem das Werk verbreitet wird, steht für jede Auflage dem Verleger 511. Er darf den Ladenpreis ermäßigen, soweit nicht berechtigte Interessen des Verfassers verletzt werden. Zur Erhöhung dieses Preises bedarf es stets der Zustimmung des Verfassers. 8 22. Der Verleger ist verpflichtet, dem Verfasser die verein­ barte Vergütung zu zahlen. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Ueberlassung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist eine an­ gemessene Vergütung in Geld als vereinbart anzusehen. 8 23. Die Vergütung ist bei der Ablieferung des Werkes zu entrichten. Ist die Höhe der Vergütung unbestimmt oder hängt sie von dem Umfange der Vervielfältigung, insbesondere von der Zahl der Druckbogen ab, so wird die Vergütung fällig, sobald das Werk vervielfältigt ist. 8 24. Bestimmt sich die Vergütung nach dem Absätze, so hat der Verleger jährlich dem Verfasser für das vorangegangene Ge­ schäftsjahr Rechnung zu legen und ihm, soweit es für die Prüfung erforderlich ist, die Einsicht seiner Geschäftsbücher zu gestatten. 8 25. Der Verleger eines Werkes der Literatur ist verpflichtet, dem Verfasser auf je hundert Abzüge ein Freiexemplar, jedoch im Ganzen nicht weniger als fünf und nicht mehr als fünfzehn zu liefern. Auch hat er dem Verfasser auf dessen Verlangen ein Exem­ plar in Aushängebogen zu überlassen. Der Verleger eines Werkes der Tonkunst ist verpflichtet, dem Verfasser die übliche Zahl von Freiexemplaren zu liefern. Bon Beiträgen, die in Sammelwerken erscheinen, dürfen Sonder­ abzüge als Freiexemplare geliefert werden. 8 26. Der Verleger hat die zu seiner Verfügung stehenden Abzüge des Werkes zu dem niedrigsten Preise, für welchen er das Werk im Betriebe seines Verlagsgeschästs abgiebt, dem Verfasser, soweit dieser es verlangt, zu überlassen. 8 27. Der Verleger ist verpflichtet, das Werk, nachdem es vervielfältigt worden ist, zurückzugeben, sofern der Verfasser sich vor dem Beginne der Vervielfältigung die Rückgabe Vorbehalten hat.

8 28. Die Rechte des Verlegers sind übertragbar, soweit nicht die Uebertragung durch Vereinbarung zwischen dem Verfasser und dem Verleger ausgeschlossen ist. Der Verleger kann jedoch durch einen Vertrag, der nur über einzelne Werke geschlossen wird, seine Rechte nicht ohne Zustimmung Les Verfassers übertragen. Die Zustimmung kann nur verweigert werden, wenn ein gewichtiger Grund vorliegt. Fordert der Verleger den Verfasser zur Erklärung über die Zustimmung auf, so gilt diese als ertheilt, wenn nicht die Verweigerung von dem Verfasser binnen zwei Monaten nach dem Empfange der Aufforderung dem Verleger gegenüber erklärt wird. Die dem Verleger obliegende Vervielfältigung und Verbreitung kann auch durch den Rechtsnachfolger bewirkt werden. Uebernimmt der Rechtsnachfolger dem Verleger gegenüber die Verpflichtung, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten, so haftet er dem Ver­ fasser für die Erfüllung der aus dem Verlagsvertrage sich ergebenden Verbindlichkeiten neben dem Verleger als Gesammtschuldner. Die §afhnig erstreckt sich nicht auf eine bereits begründete Verpflichtung zum Schadensersätze. 8 29. Ist der Verlagsvertrag aus eine bestimmte Zahl von Auflagen oder von Abzügen beschränkt, so endigt das Vertrags­ verhältniß, wenn die Auflagen oder Abzüge vergriffen sind Der Verleger ist verpflichtet, dem Verfasser auf Verlangen Auskunft darüber zu ertheilen, ob die einzelne Auflage oder die be­ stimmte Zahl von Abzügen vergriffen ist. Wird der Berlagsvertrag für eine bestimmte Zeit geschlossen, so ist nach dem Ablaufe der Zeit der Verleger nicht mehr zur Ver­ breitung der noch vorhandenen Abzüge berechtigt. 8 30. Wird das Werk ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig abgeliefert, so kann der Verleger, statt den Anspruch auf Erfüllung geltend zu machen, dem Verfasser eine angemessene Frist zur Ab­ lieferung mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Zeigt sich schon vor dem Zeitpunkt, in welchem das Werk nach dem Vertrag abzuliefern ist, daß das Werk nicht rechtzeitig abgeliefert werden wird, so kann der Verleger die Frist sofort bestimmen; die Frist muß so bemessen werden, daß sie nicht vor dem bezeichneten Zeitpunkt abläust. Rach dem Ablaufe der Frist ist der Verleger berechtigt, von dem Vertrage zurück­ zutreten, wenn nicht das Werk rechtzeitig abgeliefert worden ist; der Anspruch auf Ablieferung des Werkes ist ausgeschlossen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die recht­ zeitige Herstellung des Werkes unmöglich ist oder von dem Ver­ fasser verweigert wird oder wenn der sofortige Rücktritt von dem

Vertrage durch ein besonderes Interesse des Verlegers gerecht­ fertigt wird. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn die nicht rechtzeitige Ablieferung des Werkes für den Verleger nur einen unerheblichen Nach­ theil mit sich bringt. Durch diese Vorschriften werden die im Falle des Verzugs des Verfassers dem Verleger zustehenden Rechte nicht berührt. 8 31. Die Vorschriften des § 30 finden entsprechende An­ wendung, wenn das Werk nicht von vertragsmäßiger Beschaffen­ heit ist. Beruht der Mangel auf einem Umstande, den der Verfasser zu vertreten hat, so kann der Verleger statt des im § 30 vorgesehenen Rücktrittsrechts den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichter­ füllung geltend machen. 8 32. Wird das Werk nicht vertragsmäßig vervielfältigt oder verbreitet, so finden zu Gunsten des Verfassers die Vorschriften des § 30 entsprechende Anwendung. 8 33. Geht das Werk nach der Ablieferung an den Verleger durch Zufall unter, so behält der Verfasser den Anspruch auf die Vergütung. Im Uebrigen werden beide Theile von der Verpflich­ tung zur Leistung frei. Auf Verlangen des Verlegers hat jedoch der Verfasser gegen eine angemessene Vergütung ein anderes im Wesentlichen überein­ stimmendes Werk zu liefern, sofern dies auf Grund vorhandener Vorarbeiten oder sonstiger Unterlagen mit geringer Mühe geschehen kann; erbietet sich der Verfasser, ein solches Werk innerhalb einer angemessenen Frist kostenfrei zu liefern, so ist der Verleger verpflich­ tet, das Werk an Stelle des untergegangenen zu vervielfältigen und zu verbreiten. Jeder Theil kann diese Rechte auch geltend machen, wenn das Werk nach der Ablieferung in Folge eines Umstandes unter­ gegangen ist, den der andere Theil zu vertreten hat. Der Ablieferung steht es gleich, wenn der Verleger in Verzug der Annahme kommt. 8 34. Stirbt der Verfasser vor der Vollendung des Werkes, so ist, wenn ein Theil des Werkes dem Verleger bereits abgeliefert worden war, der Verleger berechtigt, in Ansehung des gelieferten Theiles den Vertrag durch eine dem Erben des Verfassers gegenüber abzugebende Erklärung aufrechtzuerhalten. Der Erbe kann dem Verleger zur Ausübung des im Abs. 1 bezeichneten Rechtes eine angemessene Frist bestimmen. Das Recht erlischt, wenn sich der Verleger nicht vor dem Ablaufe der Frist für die Aufrechterhaltung des Vertrags erklärt.

Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die Vollendung des Werkes in Folge eines sonstigen nicht von dem Verfasser zu vertretenden Umstandes unmöglich wird. 8 35. Bis zum Beginne der Vervielfältigung ist der Ver­ fasser berechtigt, von dem Verlagsvertrage zurückzutreten, wenn sich Umstände ergeben, die bei dem Abschlüsse des Vertrags nicht voraus­ zusehen waren und den Verfasser bei Kenntniß der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles von der Herausgabe des Werkes zurückgehalten haben würden. Ist der Verleger befugt, eine neue Auflage zu veranstalten, so findet für die Auflage diese Vorschrift entsprechende Anwendung. Erklärt der Verfasser auf Grund der Vorschrift des Abs. 1 den Rücktritt, so ist er dem Verleger zum Ersätze der von diesem gemachten Aufwendungen verpflichtet. Giebt er innerhalb eines Jahres seit dem Rücktritte das Werk anderweit heraus, so ist er zum Schadensersätze wegen Nichterfüllung verpflichtet; diese Ersatz­ pflicht tritt nicht ein, wenn der Verfasser dem Verleger den Antrag, den Vertrag nachträglich zur Ausführung zu bringen, gemacht und der Verleger den Antrag nicht angenommen hat. 8 36. Wird über das Vermögen des Verlegers der Konkurs er­ öffnet, so finden die Vorschriften des § 17 der Konkursordnung * auch dann Anwendung, wenn das Werk bereits vor der Eröffnung des Verfahrens abgeliefert worden war. Besteht der Konkursverwalter auf der Erfüllung des Vertrags, so tritt, wenn er die Rechte des Verlegers auf einen Anderen über­ trägt, dieser an Stelle der Konkursmasse in die sich aus dem Ver­ tragsverhältniß ergebenden Verpflichtungen ein. Die Konkursmasse haftet jedoch, wenn der Erwerber die Verpflichtungen nicht erfüllt, für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Wird das Konkursverfahren aufgehoben, so sind die aus dieser Haftung sich ergebenden Ansprüche des Verfassers gegen die Masse sicher zu stellen. 1 SlC § 17 (15). Wenn ein ztveiseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens von dem Gemeiuschuldner und von dem andern Theile nicht oder nicht vollständig erfüllt ist, so kann der Konkursverwalter an Stelle des Gemeinschuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung von dem andern Theile verlangen. Der Verwalter muß auf Erfordern des anderen Theils, auch wenn die Erfüllungszeit noch nicht eiugetreten ist, demselben ohne Verzug erllären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er aus der Er­ füllung nicht bestehen.

War zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens mit der Verviel­ fältigung noch nicht begonnen, so kann der Verfasser von dem Ver­ trage zurücktreten. 8 37. Auf das in den §§ 17, 30, 35, 36 bestimmte Rücktritts­ recht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 356 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ent­ sprechende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines Umstandes, den der andere Theil nicht zu vertreten hat, so haftet dieser nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. 8 38. Wird der Rücktritt von dem Verlagsvertrag erklärt, nachdem das Werk ganz oder zum Theil abgeliefert morgen ist, so hängt es von den Umständen ab, ob der Vertrag theilweise aufrecht­ erhalten bleibt. Es begründet keinen Unterschied, ob der Rücktritt auf Grund des Gesetzes oder eines Vorbehalts im Vertrag erfolgt. Im Zweifel bleibt der Vertrag insoweit aufrechterhalten, als er sich auf die nicht mehr zur Verfügung des Verlegers stehenden Abzüge, auf frühere Abtheilungen des Werkes oder auf ältere Auf­ lagen erstreckt. Soweit der Vertrag aufrechterhalten bleibt, kann der Verfasser einen entsprechenden Theil der Vergütung verlangen. Diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Vertrag in anderer Weise rückgängig wird. 8 39. Soll Gegenstand des Vertrags ein Werk fein, an dem ein Urheberrecht nicht besteht, so ist der Verfasser zur Verschaffung des Verlagsrechts nicht verpflichtet. Verschweigt der Verfasser arglistig, daß das Werk bereits ander­ weit in Verlag gegeben oder veröffentlicht worden ist, so finden die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, welche für die dem Verkäufer wegen eines Mangels im Rechte obliegende Gewährleistungspflicht gelten, entsprechende Anwendung. Der Verfasser hat sich der Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes gemäß den Vorschriften des § 2 in gleicher Weise zu enthalten, wie wenn an dem Werke ein Urheberrecht bestände. Diese Beschränkung fällt weg, wenn seit der Veröffentlichung des Werkes durch den Verleger sechs Monate abgelaufen sind. 8 40. Im Falle des § 39 verbleibt dem Verleger die Befugniß, das von ihm veröffentlichte Werk gleich jedem Dritten von neuem unverändert oder mit Aenderungen zu vervielfältigen. Diese Vor­ schrift findet keine Anwendung, wenn nach dem Vertrage die Her-

1 Siehe S. 74. 197. 198. Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Ausl.

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stellung neuer Auslagen oder weiterer Abzüge von der Zahlung einer besonderen Vergütung abhängig ist. 8 41. Werden für eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein sonstiges periodisches Sammelwerk Beiträge zur Veröffentlichung angenommen, so finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 42 bis 46 ein Anderes ergiebt. 8 42. Sofern nicht aus den Umständen zu entnehmen ist, das; der Verleger das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung erhalten soll, verbleibt dem Verfasser die anderweitige Verfügung über den Beitrag. Ueber einen Beitrag, für welchen der Verleger das ansschließ liche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung erhalten hat, darf der Verfasser anderweit verfügen, wenn seit dem Ablaufe des Kalenderjahrs, in welchem der Beitrag erschienen ist, ein Jahr verstrichen ist. Ist der Beitrag für eine Zeitung geliefert, so steht diese Befugniß dem Verfasser alsbald nach dem Erscheinen zu. 8 43. Der Verleger ist in der Zahl der von dem Sammelwerke herzustellenden Abzüge, die den Beitrag enthalten, nicht be­ schränkt. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 2 findet keine An­ wendung. 8 44. Soll der Beitrag ohne den Namen des Verfassers er scheinen, so ist der Verleger befugt, an der Fassung solche Aenderuu gen vorzunehmen, welche bei Sammelwerken derselben Art üblich sind. 8 45. Wird der Beitrag nicht innerhalb eines Jahres nach der Ablieferung an den Verleger veröffentlicht, so kann der Ver­ fasser das Vertragsverhältniß kündigen. Der Anspruch auf die Vergütung bleibt unberührt. Ein Anspruch auf Vervielfältigung und Verbreitung des Bei­ trags oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung steht dem Ver­ fasser nur zu, wenn ihm der Zeitpunkt, in welchem der Beitrag er­ scheinen soll, von dem Verleger bezeichnet worden ist. 8 46. Erscheint der Beitrag in einer Zeitung, so kann der Verfasser Freiexemplare nicht verlangen. Der Verleger ist nicht verpflichtet, dem Verfasser Abzüge zum Buchhändlerpreise zu überlassen. 8 47. Uebernimmt Jemand die Herstellung eines Werkes nach einem Plane, in welchem ihm der Besteller den Inhalt des Werkes sowie die Art und Weise der Behandlung genau vorschreibt, so ist der Besteller im Zweifel zur Vervielfältigung und Verbreitung nicht verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn sich die Thätigkeit auf die Mitarbeit an encyklopädischen Unternehmungen oder auf Hülfs- oder Neben-

Anhang XVIII. Gesetz, betr. das Klaggenrecht der Kauffahrteischiffe. 8 1. 2. 819 arbeiten für das Werk eines Anderen oder für ein Sammelwerk beschränkt. 8 48. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch dann An­ wendung, wenn derjenige, welcher mit dem Verleger den Vertrag abschließt, nicht der Verfasser ist. 8 49. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen dilrch Klage oder Widerklage ein Anspruch ans Grund der Vorschriften dieses Gesetzes gelten!) gemacht ist, wird die Verhandlung und Ent­ scheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungs­ gesetzes zum Gerichtsoerfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. 8 50. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1902 in Kraft.

XVIII Gesetz, betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe. Vom 22./G. 1899 (RGBl 319), 25./10. 671 (BGBl 35), 23 /12. 88 (RGBl 300), 20./5. 1901 (RGBl 184).

8 1. Die zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffe (Kauffahrteischiffe) mit Einschluß der Lootsen-, Hochseefischerei-, Bergungs- und Schleppfahrzeuge haben als Nationalflagge ausschließlich die Reichsflagge (Artikel 55 der Reichsverfassung) zu führen. Die Form der Reichsflagge und die Art ihrer Führung wird durch Kaiserliche Verordnung bestimmt. 8 2. Zur Führung der Reichsflagge sind die Kausfahrteischiffe2 nur dann berechtigt, wenn sie im ausschließlichen Eigenthume von Reichsangehörigen stehen. 1 Durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes (BGBl 70 647) Art. 80 auch in Württemberg, Baden und Hessen, durch G v. 22./4. 71 (RGBl 87) in Bayern eingeführt. Vgl. BO, betr. die Bundesflagge für Kauf­ fahrteischiffe, 25./10. 67 (BGBl 39); Flaggen- und Salut-Reglement 24./12. 67, 21./5. 78; Verfassung d. Deutschen Reiches 16./4. 71 (BGBl 63) Art. 55: Die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine ist schwarz-weiß-roth. G v. 15./4. 85, betr. die Befugniß der Seefahrzeuge, welche der Gattung der Kauffahrteischiffe nicht angehören, zur Führung der Reichsflagge (RGBl 89); B über die Führung der Reichsflagge 8./11. 92 (RGBl 1050); Schutzgebiets­ gesetz 25./7. 1900, 10 (RGBl 815). 2 Vgl. auch G über die Registrirung und Bezeichnung der Kauffahrtei­ schiffe 28./6. 73 (RGBl 184). Vgl. Vorschriften über die Registrirung und Bezeichnung der Kauffahrteischiffe v. 13./11. 73 (RGBl 367); Bekanntm. v. 1./9. 92 (RGBl 787): Abänderung des § 5, 1 der Vorschriften; An-

820 Anhang XVIII. Gesetz, behr. das Klaggenrecht der Kauffahrteischiffe. § 3—7.

Den Reichsangehörigen werden gleichgeachtet offene Handels­ gesellschaften und Kommanditgesellschaften, wenn die persönlich haften­ den Gesellschafter sämmtlich Reichsangehörige sind; andere Handels­ gesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristische Personen, wenn sie im Inland ihren Sitz haben, Kommanditgesellschaften auf Aktien jedoch nur dann, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämmtlich Reichsangehörige sind.

8 3* Verliert der Eigenthümer einer Schiffspart die Reichs­ angehörigkeit oder geht eine im Eigenthum eines Reichsangehörigen stehende Schiffspart in anderer Weise als durch Veräußerung (Han­ delsgesetzbuch § 503) aus einen Ausländer über, so behält das Schiff noch bis zum Ablauf eines Jahres das Recht zur Führung der Reichs­ flagge. Sind seit dem im Abs. 1 bezeichneten Ereignisse sechs Monate verstrichen, so hat das Registergericht die übrigen Mitrheder aus ihren Antrag zu ermächtigen, die Schissspart für Rechnung des Eigenthümers öffentlich versteigern zu lassen; über die Stellung des An­ trags beschließen die übrigen Mitrheder nach Stimmenmehrheit; die Stimmen werden nach der Größe der Schiffsparten berechnet. Bei der Versteigerung der Schiffspart können die Antragsteller mitbieteu. Der Zuschlag darf nur einem Inländer ertheilt werden. Diese Vorschriften kommen nur zur Anwendung, wenn die Schiffsparten der übrigen Mitrheder wenigstens zwei Drittheile des Schiffes umfassen.

8 4. Für die zur Führung der Reichsflagge befugten Kauffahr­ teischiffe sind in den an der See oder an Seeschifsahrlsstraßen belegenen Gebieten Schiffsregister zu führen. Tie Schiffsregister werden von den Amtsgerichten geführt. Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung des Re­ gisters für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden.*1 8 5. Tas Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht desselben ist Jedem gestattet. Von den Eintragungen können gegen Erlegung der Weisung f. d. deutschen Schiffsregister-Behörden, betr. die Eintragung der nach Schiffsvermessungsordnung vom 5. Juli 1872 ermittelten Vermessungsergeb­ nisse in die Schiffscertificat-Formularc, v. 5./L 73 (CBl 155); Anweisung f. d. deutschen Schiffsregister-Behörden wegen Bezeichnung der Ladungsfähig­ keit der im Auslande erworbenen, im Jnlande noch nicht vermessenen deutschen Schisse in den Schiffsregistern und Schiffseertisicaten v. 13./2. 74 (CBl 223). 1 Preußen 1./12. 99 (JMBl 753): Mecklenb.-Schwerin 18./11. 99 (Reg.Bl. 8221; Oldenb. 7., 12. 99 (GBl 689); Lübeck 16./2. 01; Hamburg 28./12. 99.

Kosten Abschriften gefordert werden, die auf Verlangen zu beglaubigen sind. 8 H. Ein Schiss kann nur in das Schiffsregister des Hafens ein­ getragen werden, von welchem aus, als dem Heimathshasen, die See­ fahrt mit dem Schiffe betrieben werden soll. Soll die Seefahrt von einem ausländischen Hafen oder von einem Hajen eines Schutzgebiets oder eines Konsulargerichtsbezirkes aus betrieben werden oder fehlt es an einem bestimniten Heimathshafen, so steht dem Rheder die Wahl des inländischen Registers frei. Hat der Rheder weder seinen Wohnsitz noch seine gewerbliche Nieder­ lassung im Bezirke des Registergerichts, so ist er verpflichtet, einen im Bezirke des Registergerichts wohnhaften Vertreter zu bestellen, welcher die nach diesem Gesetze für den Rheder begründeten Rechte und Pflichten gegenüber dem Registergerichte wahrzunehmen hat. Die Verpflichtung zur Bestellung eines Vertreters fällt weg, wenn das Registergericht seinen Sitz und der Rheder seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung im Reichsgebiete hat. 8 7. Die Eintragung in das Schiffsregister hat zu enthalten: 1. den Namen und die Gattung des Schiffes sowie das Unter­ scheidungssignal; 2. die Ergebnisse der amtlichen Vermessung; 3. die Zeit und den Ort der Erbauung, soweit sie festzustellen sind; 4. den Heimathshasen; 5. den Namen und die nähere Bezeichnung des Rheders; bei einer Rhederei den Namen und die nähere Bezeichnung sämmtlicher Mitrheder und des Korrespondentrheders so­ wie die Größe der den einzelnen Mitrhedern gehörenden Schiffsparten; bei Handelsgesellschaften, eingetragenen Genossenschaften und juristischen Personen die Firma oder den Namen und den Ort, an welchem sie ihren Sitz haben, bei offenen Handels­ gesellschaften außerdem den Namen und die nähere Be­ zeichnung sämmtlicher Gesellschafter, bei Kommanditgesell­ schaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien den Namen und die nähere Bezeichnung sämmtlicher persönlich haften­ den Gesellschafter; 6. die Angabe, daß in Ansehung der Reichsangehörigkeit der Be­ iheiligten die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind; 7. den Rechtsgrund, auf welchem die Erwerbung des Schiffes oder der einzelnen Schiffsparten beruht; 8. den Tag der Eintragung; 9. die Ordnungsnummer, unter der das Schiff eingetragen ist.

822 Anhang XVIII. Gesetz, brtr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe. § 8—14. 8 8. Die Eintragung in das Schiffsregister darf erst geschehen, nachdem das Recht des Schiffes zur Führung der Reichsflagge sowie alle im § 7 bezeichneten Thatsachen und Rechtsverhältnisse glaubhaft gemacht sind. Solange die amtliche Vermessung im Jnlande noch nicht hat stattfinden können, dürfen die Ergebnisse der Vermessung auf Grund der Vermessungsurkunde einer ausländischen Behörde oder rinc3 sonstigen glaubhaften Nachweises eingetragen werden. 8 9. Ist der Rheder zugleich Angehöriger eines fremden Staates, so hat er auf Verlangen des Registergerichts glaubhaft zu machen, daß das Schiff nicht in ein Schiffsregister dieses Staates eingetragen ist. Wird festgestellt, daß eine solche Eintragung besteht, so darf das Schiff nicht in ein inländisches Schiffsregister eingetragen werden.

8 10. Ueber die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister wird von dem Negistergericht eine mit dem Inhalte der Eintragung übereinstimmende Urkunde (Schiffs-Eertifikat) ausgestellt. Das Schiffs-Eertifikat hat außerdem zu bezeugen, daß die nach § 8 erforderlichen Nachweise geführt find und daß das Schiff zur Führung der Reichsflagge befugt ist.

8 11. Durch das Schiffs-Eertifikat wird das Recht des Schiffes zur Führung der Reichsslagge nachgewiesen. Das Recht zur Führung der Reichsslagge darf vor der Ertheilung des Schiffs-Certifikats nicht ausgeübt werden. Tas Schiffs-Eertifikat oder ein von dem Registergerichte be­ glaubigter Auszug aus dem Eertifikat ist während der Reise stets an Bord des Schiffes mitzuführen. 8 12. Erlangt ein im Auslande befindliches Schiff dadurch, daß es in das Eigenthum eines Reichsangehörigen gelangt, das Recht zur Führung der Reichsslagge, so kann das Schiffs-Eertifikat durch eine Bescheinigung ersetzt werden, die der Konsul/ in dessen Bezirke das Schiff sich zur Zeit des Eigenthumsüberganges befindet, über das Recht zur Führung der Reichsflagge ertheilt (Flaggenzeugniß). Das Flaggenzeugniß hat nur für die Dauer eines Jahres seit dem Tage der Ausstellung, darüber hinaus nur für die Dauer einer durch höhere Gewalt verlängerten Reise Gültigkeit. Ein Flaggenzeugniß kann auch behufs der ersten Ueberführung eines neuen Schiffes in einen anderen Hafen von dem Registergerichte 1 Vgl. G 8./11. 67, 37 (BGBl 143). Gebühren dafür: Tarif 15./3. 68 Nr. 3, 8 (BGBl 68, 22); 1./7. 72 Nr. 2, 30 (RGBl 247); über die Vor­ legung der Schissscertifikate bei den Schisssmeldungen an die Konsulate des Deutschen Reichs vgl. V 28./7. 80, 1 (RGBl 183).

des deutschen Erbauungshafens ausgestellt werden. Dieses Zeugniß hat nur sür die Dauer der Uebersührung Gültigkeit. Von der Ausstellung des Flaggenzeugnisses hat die ausstellende Behörde, wenn ein deutscher Hafen zum Heimathshafen des Schiffes bestimmt ist, dem Registergerichte dieses Hafens Anzeige zu machen. 8 13. Treten in den eingetragenen Thatsachen oder Rechtsver­ hältnissen Veränderungen ein, so sind sie in das Schiffsregister ein­ zutragen. Jede Eintragung ist baldthunlichst auf dem Schisfs-Certifikate zu vermerken. Die Aenderung des Namens des Schiffes bedarf der Genehmigung des Reichskanzlers. Geht das Schiff unter oder wird es als reparaturunfähig kondemnirt oder verliert es das Recht zur Führung der Reichsflagge, so ist es in dem Schiffsregister zu löschen und das Schiffs-Certisikat von dem Registergericht unbrauchbar zu machen. Das Gleiche gilt, wenn der Rheder zugleich Angehöriger eines fremden Staates ist, und sich ergiebt, daß das Schiff in ein Schiffsregister dieses Staates ein­ getragen ist. Im Falle der Verlegung des Heimathshajens aus dem Register­ bezirke hat das Registergericht nach Vollziehung der Eintragung das Schiffs-Certisikat mit einer beglaubigten Abschrift des Registerinhalts dem neuen Registergerichte zur Bewirkung der Eintragung zu über­ senden. 8 14. Die Thatsachen und Rechtsverhältnisse, welche gemäß § 13 eine Eintragung oder die Löschung im Schiffsregister erforderlich Ulachen, sind dem Registergericht anzuzeigen und glaubhaft zu machen. Verpflichtet hierzu sind: alle Personen, deren Namen nach § 7 Nr. 5 in das Schiffs­ register einzutragen sind, bei juristischen Personen, eingetragenen Genossenschaften und solchen Handelsgesellschaften, welche keine persönlich haften­ den Gesellschafter haben, die gesetzlichen Vertreter, in dem Falle des § 6 Abs. 2 Satz 2 statt des Rheders dessen Vertreter, in dem Falle eines Eigenthumswechsels, durch den das Recht des Schiffes zur Führung der Reichsflagge nicht berührt wird, auch der neue Erwerber des Schiffes oder der Schiffs­ part. Die Anzeige ist von dem Verpflichteten binnen sechs Wochen nach dem Ablaufe des Tages zu bewirken, an welchem er von der einzu­ tragenden Thatsache Kenntniß erlangt hat. Sind mehrere Verpflichtete vorhanden, so genügt die Anzeige durch einen von ihnen.

824 Anhang Xvni. Gesetz, bete. tzaS KlaggeurrAt der Kauffahrteischiffe. 8 15—22.

8 15. Ist eine Eintragung oder die Löschung im Schiffsregister erforderlich, so ist das Schisfs-Certifikat, und wenn der Inhalt eines von dem Registergericht ertheilten Auszugs aus dem Schijfs-Eertisikate berührt wird, auch dieser dem Gericht einzureichen. Zur Ein­ reichung verpflichtet ist außer den im § 14 bezeichneten Personen auch der Schiffer, sobald sich das Schiss in dem Hafen befindet, in dessen Register es eingetragen ist. Tas Gericht hat die Betheiligten zur Einreichung der Urkunden durch Ordnungsstrafen anzuhalten. Aus das Verfahren finden die Vorschriften der §§ 132 bis 139 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 771)1 ent­ sprechende Anwendung. Befindet sich das Schiff im Auslande, so hat aus Antrag das Registergericht ein neues Schiffs-Certifikat auszustellen und es dem Schisser gegen Rückgabe der nach Abs. 1 einzureichenden Urkunden durch Vermittelung einer deutschen Behörde aushändigen zu lassen. 8 16. Schisse von nicht mehr als 50 Kubikmeter Brutto-Raumgehalt sind auch ohne Eintragung in das Schiffsregister und Ertheilung des Schisss-Certifikats befugt, das Recht zur Führung der Reichsflagge auszuüben. 8 17. Ein in das Schiffsregister eingetragenes Schiff muß seinen Namen an jeder Seite des Bugs und seinen Namen sowie den Namen des Heimathshafens am Heck in gut sichtbaren und fest an­ gebrachten Schristzeichen führen. 8 18. Führt ein Schiss die Reichsslagge, ohne hierzu nach den Vorschriften der §§ 2, 3 berechtigt zu sein, so wird der Schiffer mit Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Auch kann auf Einziehung des Schiffes er­ kanntwerden, ohne Unterschied, ob es dem Verurtheilten gehört oder nicht; der § 42 des Strafgesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. 8 19. Führt ein Schiss den Vorschriften der §§ 11, 12 zuwider die Reichsslagge, so wird der Schiffer mit Geldstrafe bis zu drei hundert Mark oder mit .Hast bestrast. 8 20. Wer die ihm nach § 14 obliegende Verpflichtung nicht erfüllt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Haft bestraft. Wer gemäß Abs. 1 verurtheilt ist und seiner Verpflichtung nicht binnen sechs Wochen nach dem Eintritte der Rechtskraft des Urtheils genügt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Ge­ fängnis; bis zu zwei Monaten bestrast. Die gleiche Strafe tritt ein, 1 Siehe oben S. 36 f.

Som 22. Juni 1899.

825

wenn im Falle einer weiteren Verurtheilung die Verpflichtung nicht binnen der bezeichneten Frist erfüllt wird. 8 21. Befindet sich der Vorschrift des. § 11 Abs. 3 zuwider weder das Schisfs-Certisikat noch ein beglaubigter Auszug aus dem Certifikat an Bord des Schisses oder ist das Schiff nicht gemäß § 17 bezeichnet, so wird der Schiffer mit Geldstrafe bis zu einhundert­ undfünfzig Mark oder mit Hast bestraft. 8 22. Werden die von dem Kaiser erlassenen Bestimmungen über die Verpflichtung der Kauffahrteischiffe, die Flagge vor Kriegsschiffen und Küstenbefestigungen oder bei dem Einlaufen in deutsche Häfen zu zeigen/ nicht beobachtet, so wird der Schiffer mit Geldstrafe bis zu einhundertundsünszig Mark oder mit Haft bestraft. 1 Verordnung, betreffend Zeigen der Nationalflagge durch Kaussahrleischiffe. Vom 21. August 00. (RGBl 807.) Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2C. verordnen auf Grund des § 22 des Gesetzes, betreffend Flaggenrecht der Kaust sahrteischisse, vom 22. Juni 1899 (Reichs-Gesetzbl. S. 319) im Namen des Reichs, waS folgt: § 1. Teutsche Kauffahrteischiffe haben die Neichsflagge zu zeigen: a) beim Begegnen mit einem Schiffe Meiner Marine, welches die Reichskriegsslagge gesetzt hat, b) beim Pajsiren einer deutschen Küstenbefestigung, auf welcher die Kriegsflagge weht, wenn das Passiren innerhalb drei Seemeilen vom Strande beim tiefsten Ebbestand ab gerechnet erfolgt, c) beim Einlaufen in einen deutschen Hasen. § 2. Fremde Kauffahrteischiffe haben in den Fällen des § lb und c ihre Nationalflagge zu zeigen, ingleichen beim Begegnen mit einem Schisse Meiner Marine, welches die Reichskriegsflagge gesetzt hat, wenn die Begegnung inner­ halb der im § lb bezeichneten Grenze erfolgt. § 3. Tie Kommandanten Meiner Schisse haben die Befolgung der Vor­ schriften über die Flaggensührung durch die Kauffahrteischiffe zu überwachen. Sie sind daher berechtigt a) in den Fällen der §§ 1, 2 das Zeigen der Flagge erforderlichen Falles zu erzwingen, b) den Kauffahrteischiffen solche als Nationalflagge geführte Flaggen, welche den bestehenden Vorschriften nicht entsprechen, und solche von ihnen geführte Wimpel, welche dem Wimpel der Kriegsmarine ähnlich sind, wegzunehmen, auch die unbefugte Führung der Reichsflagge zu verhindern. § 4. Die Verpflichtung der Hafcnpolizeibehörden zum Einschreiten bei Nichtbefolgung der in den §§ 1 und 2 gegebenen Vorschriften wird durch die Bestimmung des § 3 nicht berührt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beige­ drucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

826 Anhang XVIIL Gesetz, betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe. 8 23—25.

8 23. Straflos bleibt in den Fällen der §§ 18 bis 22 derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß die Handlung oder Unterlassung ohne sein Verschulden erfolgt ist. 8 24. Die in den §§ 18, 19, 21 bezeichneten Handlungen sind auch dann strafbar, wenn sie im Ausland oder auf offener See begangen ioerden. Das Gleiche gilt von Zuwiderhandlungen gegen die int § 22 vorgesehenen Bestimmungen, sofern die Zuwiderhandlung auf eiuem deutschen Kauffahrteischiff erfolgt. 8 25. Der Bundesrath bestimmt:* 1. die Grenzen der Seefahrt im Sinne dieses Gesetzes (§ 1), 1 Bekanntmachung, betreffend Aussührungsbesti in m u n g e n zum § 2a des Flaggen-Gesetz es vom 22. Juni 1899.1 Vom 10. Nov. 1899. (CBl S. 380.) § 1. Als Seefahrt im Sinne des § 1 des Gesetzes vom 22. Juni 1899 ist in den nachstehend aufgeführten Revieren die Fahrt anzusehen: 1. bei Memel außerhalb der Mündung des Kurischen Haffs, 2. bei Pillau außerhalb des Pillauer Tiefs, 3. bei Neusahrwasser außerhalb der Mündung der Weichsel, 4. in der Putziger Wiek außerhalb Newa und Heisternest, 5. bei Dievenow, Swinemünde und Peenemünde außerhalb der Mündung der Dievenow und Swine sowie außer­ halb der nördlichen Spitze der Insel Usedom und der Insel Rüden, 6. bei Rügen östlich: außerhalb der Insel Rüden und dem Thiessower Höst, westlich: außerhalb Wittower Posthaus und der nördlichen Spitze von Hiddens-Oe sowie außerhalb des Bock bei Varhüst, 7. bei Wismar außerhalb Jackelsbergs-Riff, Hannibal-Grund, Schwcinskötel und Lieps sowie außerhalb Tarnewitz, 8. aus der Kieler Föhrde außerhalb Stein bei Labö und Bülk, 9. auf der Eckern Föhrde außerhalb Nienhof und Boknis,

1 Die dieser Bekanntmachung als Anlage beigefügten Muster werden hier nicht wiedergegeben.

827

Vom 22. Juni 1899.

2. den Umfang, in welchem die Ergebnisse der amtlichen Ver­ messung in das Schiffsregister einzutragen sind (§ 7 Nr. 2), 10. bei Flensburg, Sonderburg und Apenrade außerhalb Birknakke und Kekenis-Leuchtthurm sowie außer­ halb Tundtoft-Nakke und Kundshoved, 11. bei Hadersleben außerhalb Raadhoved, Insel Aarö, Insel Linderum und Orbyhage, 12. bei Husum außerhalb Nordstrand, 13. auf der Eider außerhalb Vollerwiek und Hundeknoll, 14. auf der Elbe außerhalb der westlichen Spitze des hohen Users (Dieksand) und der Kugelbake bei Döse, 15. aus der Weser außerhalb Cappel und Langwarden, 16. auf der Jade außerhalb Langwarden und Schillingshörn, 17. auf der Ems außerhalb der westlichen Spitze der Westermarsch (Utlands-Hörn) und Ostpolder Siel. Für die Schutzgebiete bleibt die Bestimmung der Grenzen der Seefahrt dem Reichskanzler oder dem von ihm hierzu ermächtigten Beamten überlassen. § 2. Als Ergebnisse der amtlichen Vermessung sind in das Schiffsregister einzutragen: 1. die nach § 25 der Schisssvermessungsordnung vom 1. März 1895 aufgenommenen Hauptmaste; 2. Der Raumgehalt des Schiffes, und zwar der Bruttoraumgehalt und der Nettoraumgehalt, jeder in Kubikmetern und Registertons nach folgendem Muster: Die Vermessung ist auf Grund der Schisssvermessungsord­ nung vorn 1. März 1895 (Reichs-Gesetzbl. 1895 S. 161) nach dem Verfahren erfolgt und es beträgt: Kubikmeter

a) der Bruttoraumgehalt des Schisses

.......................

b) der Nettoraumgehalt des Schiffes

......................

zu b) in Worten gleich

Registertons

Kubikmeter, Registertons.

Hat die Vermessung im Jnlande noch nicht stattfinden können, so ist dies imi Schiffsregister zu vermerken. Es sind alsdann diejenigen Angaben über

828 Lnhan« XVIII. Sesetz, bett, bis Alaggcnrecht btr Savffahrtetschisfe. 8 26. 26a.

3. die Einrichtung des Schisfs-Certifikats (§ 10), des beglaubigten Auszugs aus dem Schiffs-Certifikat (§ 11) und der Flaggen-

zeugnisse (8 12), Raumgehalt oder Ladungsfähigkeit einzutragen, welche sich aus den ander­ weitig, insbesondere durch eine ausländische Vermcssungsurkunde glaubhaft geführten Nachweisen ergeben. Die Art des Nachweises ist im Register zu vermerken. Eine Umrechnung in Kubikmeter und Registertous findet, wenn die Nachweise sich auf andere Maße beziehen, nicht statt (vergl. den Vermerk int § 3 Abs. 3). Wird das Schiff demnächst einer amtlichen Vermessung int Inland unter­ zogen, so ist deren Ergebniß gemäß Abs. 1 einzutragen. § 3. Tie Einrichtung des Schifjs-Certisikats erfolgt nach deut beiliegen den Muster. Tie Ausfertigung ist mit der Unterschrift und dem Siegel der ausstellenden Behörde zu versehen. Die Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Schiffs-Certifikat erfolgt gemäß § 2 mit folgenden Maßgaben: Ist das Schiff noch nicht im Jttlande vermessen, so ist an Stelle der nach § 2 vorgeschrjebenen Eintragung neben dem für diese bestimmten Platze das Folgende zu vermerken: Ter Tas schiff ist im Jnlande noch nicht vermessen. Tie (gegebenenfalls durch die Bezeichnung der ausländischen Bermessnngsnrknnde aus-

zufülleni glaubhaft gemachte -

Raumgehalt ----------- Ladungsfähtgkett

beträgt

(einzutragen die nactigelviesenen Angaben, soweit möglich nach Brutto- und Netto raumgchalt- das fremdländische Map ist genau zu bezeichnen.

Wird ein Schiff int Jnlande neu vermessen, so sind die Ergebnisse dieser Vermessung gemäß Abs. 2 unter der Rubrik „Veränderungen in den ein­ getragenen Thatsachen" einzutragen. An der im Abs. 3 bezeichneten Stelle ist in diesem Falle zu vermerken: Das Schiff ist neu vermessen. (Vergl. S. dieses Eertisieats.'» § 4. Ein beglaubigter Auszug aus dem Schiffs-Certisikate wird aus An­ trag des Rheders oder des Schtsfers von der Registerbehürde, lvelche das Schiffs-Certifikat ausgestellt hat, ertheilt. In den Auszug siitd die (Sin tragungen bei den ersten 6 Nummern des Schisfs-Certifikats und die Be­ zeugung des Flaggenrechts auszunehmen; er wird nach dem beilicgeitden Muster unter Unterschrift und Siegel der Behörde ausgesertigt. Tie Ein­ tragungen erfolgen nach dem jeweilig geltenden Inhalte des Schisfs-Certifikats. Veränderungen, welche nach der Ausfertigung eintreten, dürfen in den Aus­ zug nicht eingetragen werden. Der nach § 15 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. Juni 1899 in solchem Falle der Registerbehörde einzureichende Ausztlg ist zurückzubehalten und zu vernichten. Aus Antrag des Rheders Oder des Schiffers ist ein neuer, den veränderten Eintragungen im Schiffs-Certifikat entsprechender Auszug zu ertheilen.

4. die Art, wie die Anbringung der Namen am Schiffe auszu­ führen ist (§ 17).

8 26»* 1 2Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch Anwendung auf seegehende Lustyachten, auf ausschließlich zur Ausbildung von Seeleuten bestimmte Seefahrzeuge (Schulschiffe), sowie auf solche Seefahrzeuge, welche für Rechnung von auswärtigen Staaten oder deren Angehörigen im Inland erbaut sind. Machen solche Fahr­ zeuge von dem Rechte zur Führung der Reichsflagge Gebrauch, so unterliegen sie den für Kauffahrteischiffe geltenden Vorschriften. Durch Kaiserliche Verordnung * mit Zustimmung des Bundes­ raths kann die Geltung der im Abs. 1 bezeichneten Vorschriften auch auf andere nicht zum Erwerbe durch die Seefahrt bestimmte Seefahrzcuge erstreckt werden.

8 26a.3 4 Durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Buudesraths kann bestimmt werden, daß die Vorschriften dieses Gesetzes auch auf Binnenschiffe, die ausschließlich auf ausländischen Gewässern verkehren, Anwendung findend Die Schiffsregister für § 5. Tie Flaggenzeugnisse werden nach den beiliegenden Mustern An­ lage C (§ 12 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. Juni 1899) und Anlage D (§ 12 Abs. 2 a. a. O.) unter Unterschrift und Siegel der Behörde ausgesertigt. § 6. Die nach § 17 des Gesetzes vom 22. Juni 1899 vom Schisse zu führenden Namen sind in lateinischer Druckschrift von solcher Größe deutlich erkennbar anzubringen, daß 1. die Höhe der kleinsten Buchstaben mindestens zehn (Zentimeter, 2. die Breite der die Buchstaben bildenden Grundstriche mindestens Vö der Höhe der Buchstaben beträgt. Der Antrag auf Aenderung des Namens eines in das Schiffsregister ein­ getragenen Schiffes ist an die Registerbehörde zu richten, welche den Antrag mit begutachtendem Berichte dem Reichskanzler (Reichsamt des Innern) vorlegt. 1 In der Fassung des G 29 /5. 01 (RGBl 184). 2 B 5 /7. 03 (RGBl 257). 3 Eingeschoben durch dasselbe Gesetz. 4 Verordnung, betreffend dasFlaggenrechtdeutscherAinnenschiffe, die ausschließlich auf ausländischen Gewässern ver­ kehren. Vom 1. März 00. (RGBl 71.) § 1. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe, vom 22. Juni 1899 (Reichs-Gesetzbl. S. 319) finden auf Binnenschiffe, welche ausschließlich auf der unteren Donau oder in Ostasien aus dem Westslusse (Si-kiang), dem Dangtze-kiang und dem Pai-ho sowie aus deren Zu- und Nebenflüssen verkehren, Anwendung. § 2. Ueber die Einrichtung der Schiffsregister und deren Führung bei den von ihm bezeichneten Konsulaten hat der Reichskanzler nähere Bestim­ mungen zu treffen.

solche Schiffe werden bei den durch den Reichskanzler bestimmten deutschen Konsulaten geführt. § 27. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Schiffsregister von anderen Behörden als den Gerichten geführt werden. § 28. Unberührt bleiben die Vorschriften des § 10 des Schutzgebietsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900 S. 813).1 2 § 29. Soweit in anderen Gesetzen auf Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge, vom 25. Oktober 1867 verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes an deren Stelle. Der § 74 Nr. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (Reichs-Ge­ setzbl. 1898 S. 371)2 wird aufgehoben. § 30. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1900 in Kraft.

XIX

Schiffsvermessungs-Ordnung.3 Vom 20. Juni 1888. (RGBl 190.) 1. März 1895. (RGBl 161.) 22. Mai 1899. (RGBl 310.) (Auszug.) Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. Die nachstehenden Vorschriften finden Anwendung auf alle Schiffe, Fahrzeuge und Boote, welche ausschließlich oder vorzugs1 Schutzgebietsgesetz 25./7. 00, 10 (RGBl 813). Durch Kaiser!. Ver­ ordnung können Eingeborene der Schutzgebiete in Beziehung auf das Recht zur Führung der Reichsflagge (G, betr. das Flaggenrecht der Kauffahrtei­ schiffe v. 22. Juli 1899, RGBl S. 319) den Reichsangehörigen gleichgestellt werden. Die Führung der Kriegsflagge in Folge der Verleihung dieses Rechtes hat nicht die Wirkung, daß das betreffende Schiff als deutsches Seefahrzeug im Sinne des § 1 Absatz 1 Nr. 1 und § 3 Absatz 1 des See-Unfallversiche­ rungsgesetzes vom 30. Juni 00 (RGBl S. 716) gilt. 2 Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte ausschließlich zu­ ständig . . . 2. Für Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz vom 25. Oktober 1867, betr. die Nationalität der Kauffahrteischiffe rc. 3 Anweisung dazu 5./1. 73 (CM 156); 13./2. 74 (CBl 223); .Vorschrift 15./4. 79 (CBl 288); 30./3. 95 (CBl. 96); Bek. 25./7. 98 (RGBl 1017); Be­ stimmungen (CBl 73, 163. 316; 74, 323; 75, 324. 688; 76, 20. 221; 79, 144. 269; 80, 38; 88, 253).

Anhang XX 1. Seemannsordnung. Som 2. Juni 1902. § 1.

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weise zur Seefahrt im Sinne der Bekanntmachung1 betr. Aus­ führungsbestimmungen zum § 25 des Flaggengesetzes vom 22. Juni 1899, vom 10. November 1899 (CBl S. 380) bestimmt sind. Ten Landesregierungen bleibt überlassen, zu bestimmen, ob und in welchem Umfange Fahrzeuge unter 50 Kubikmeter Brutto-Raum­ gehalt, welche keine Einrichtungen zum dauernden Aufenthalt der Mannschaft haben, von der Vermessung ausgeschlossen bleiben können. 8 2. Zur Ermittelung der Ladungsfähigkeit der Schiffe wird deren Raumgehalt durch Vermessung festgestellt. Die Vermessung erstreckt sich mit den aus den nachstehenden Bestimmungen sich er­ gebenden Einschränkungen auf die unter dem obersten Deck des Schiffes befindlichen Räume und auf die auf oder über dem obersten Deck fest angebrachten Aufbauten. Das Ergebniß dieser Vermessung, in Körpermaß ausgedrückt, heißt der Brutto-Raumgehalt und nach Abzug der in dem § 14 näher bezeichneten Räume der Netto-Raumgehalt des Schiffes. 8 3. Tie Vermessung erfolgt nach dem in den §§ 4 bis 16 und 20 vorgeschriebenen vollständigen Verfahren. Ausnahmsweise kann jedoch nach Maßgabe der §§ 18 und 19 ein abgekürztes Verfahren zur Anwendung gebracht werden, wenn das Schiff ganz oder theilweise beladen ist, oder Umstände anderer Art die Vermessung nach dem vollständigen Verfahren verhindern. 8 4—20 betr. das Vermessungsverfahren; 8 21- 29 die Vermessungsbehörden und Ausfertigung der Meßbriefe; 8 30—35 Verpflichtungen der Erbauer, der Rheder und des Fahrers eines Schiffes in Bezug auf bv> Vermessung. Gebühren für die Vermessung. 8 36. Schlußbestimmungen. 8 37 39.

XXI Seemannsorvnung.2 Vom 2. Juni 1902 (RGBl 175), 23/3. 1903 (RGBl 57).

Erster Abschnitt. Einleitende Vorschriften.

8 1. [1.] Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf alle Kauffahrteischiffe (Gesetz vom §2. Juni 1899 § 1, RGBl 1899 1 S. oben S. 826. 2 GO 6. Das gegenwärtige Gesetz snrdet keine Anwendung auf die

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S. 319, RGBl 1901 S. 184)1 Anwendung, welche das Recht, die Reichsflagge zu führen, ausüben dürfen. Sie sind der Abänderung durch Vertrag entzogen, soweit nicht eine anderweitige Vereinbarung ausdrücklich zugelassen ist. Durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths kann bestimmt werden, inwieweit die Vorschriften dieses Ge­ setzes auf Binnenschiffe Anwendung finden, welche das Recht, die Reichsflagge zu führen, ausüben dürfen (Gesetz vom 22. Juni 1899 § 26 a).

8 2. [2, 3.] Kapitän im Sinne dieses Gesetzes ist der Führer des Schiffes (Schiffer), in dessen Ermangelung oder Verhinderung sein Stellvertreter. Schiffsoffiziere im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen zur Unterstützung des Kapitäns in der Führung des Schisses bestimmten Angestellten, welche zur Ausübung ihres Dienstes eines staatlichen Befähigungsnachweises bedürfen. Außerdem gelten als Schiffs­ offiziere die Aerzte, Proviant- und Zahlmeister. Schiffsmann im Sinne dieses Gesetzes ist jede sonstige zum Dienste auf dem Schiffe während der Fah^t für Rechnung des Rheders angestellte Person, ohne Unterschied, ob die Anmusterung (§ 13) erfolgt ist, oder nicht. Auch die weibliche Angestellte hat die Rechte Fischerei, die Errichtung und Verlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen, die advokatorische und NotariatsPraxis, den Gewerbebetrieb der Auswanderungsunternehmer und Auswan­ derungsagenten, der Versicherungsunternehmer und der Eisenbahnunterneh­ mungen, die Besugniß zum Halten össentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaften aus den Seeschiffen. G, betr. die Unfallver­ sicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschiffahrt betheiligter Personen 13./7. 87 (RGBl 326); V dazu 28./12. 87 (RGBl 537). Bek. 19./6. 95, betr. die Unfallversicherung der Besatzung von Hvchseefischereidampfern (RGBl 95, 351); Bek. 6./2. 96, betr. die Ausdehnung der Unfallversicherung aus die große Heringssischerei (RGBl 96, 53). S eennfallversicherungsgesetz 30./6. 00 (RGBl 716'. Invalide n v e r sicherungsgesetz in der Fassung v. 19./7. 99 (RGBl 463 . 1. Nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes werden vom vollendeten sechszehnten Lebens­ jahre ab versichert: 3. die gegen Lohn oder Gehalt beschästigten Personen der Schiffsbcsatzung deutscher Seefahrzeuge (G 13./7. 87 2, RGBl 329) und von Fahrzeugen der Binnenschiffahrt, Schiffsführer jedoch nur dann, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt zweitausend Mark nicht übersteigt. Die Führung der Reichsslagge aus Grund der gemäß Art. II § 7 Absatz 1 des G 15./3. 88 (RGBl 71) ertheilten Ermächtigungen macht das Schiff nicht zu einem deutschen Seefahrzeug im Sinne dieses Gesetzes. 1 Siehe oben S. 819.

und Pflichten des Schiffsmanns. Der Lootse gilt nicht als Schiffsmann. Die Gesammtheit der Schiffsleute bildet die Schiffsmannschaft.

8 3. [3 Abs. 1] Der Kapitän ist der Dienstvorgesetzte der Schiffsoffiziere und Schiffsleute. Seine Stellvertretung liegt, soweit nicht vom Rheder oder vom Kapitän hinsichtlich der Vertretung in einzelnen Dienstzweigen andenveitige Anordnung getroffen ist, dem Steuermann, in Ermangelung eines solchen dem Bestmann ob. Die Schiffsoffiziere sind Vorgesetzte sämmtlicher Schiffsleute. Auf die Schiffsoffiziere finden die für die Schiffsmannschaft oder den Schiffsmann geltendeil Vorschriften, soweit nicht ausdrücklich ein Anderes festgesetzt ist, Anwendung. Das dienstliche Verhältniß der Schifssoffiziere unter einander, insbesondere das Verhältniß zwischen Offizieren verschiedener Dienst­ zweige, bestimmt sich nach den vom Rheder oder vom Kapitän ge­ troffenen besonderen Festsetzungen. Auf Dampfschiffen ist jedoch während der Ausübung des Wachtdienstes der wachthabende Maschi­ nist dem wachthabenden Steuermann insofern untergeordnet, als er die von diesem nach der Maschine gegebenen Befehle auszusühren hat. Die außer den Schiffsi^fizieren in den einzelnen Dienstzweigen als Vorgesetzte geltenden Schifssleute werden vom Kapitän bestimmt und sind der Schiffsmannschaft durch Aushang bekannt zu geben. 8 4. Der Bundesrath erläßt Bestimmungen über Zahl und Art der Schiffsoffiziere, nut welchen die Schiffe zu besetzet: sind, so­ wie über den Grad des Befähigungszeugnisses, das der Kapitän und die Schiffsoffiziere besitzen müssen.1 Die Bestimmungen sind dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntniß­ nahme vorzulegen. 8 5. [4.] Seemannsämter mit den durch dieses Gesetz ihnen zugewiesenen Befugnissen und Obliegenheiten sind im Reichsgebiete die landesrechtlich, in den Schutzgebieten die vom Reichskanzler be­ stellten Behörden, im Auslande die Konsulate des Reichs für Hafen­ plätze. Die Einrichtung der Seemannsämter im Reichsgebiete steht den Landesregierungen nach Maßgabe der Landesgesetze zu. Ihre Ge­ schäftsführung unterliegt der Oberaufsicht des Reichs. Bei der Ent­ scheidung in den im § 122 bezeichneten Fällen müssen die Seemanns­ ämter innerhalb des Reichsgebiets mit einem Vorsitzenden und zwei schiffahrtskundigen Beisitzern besetzt sein. Ist ein Konsul Mitinhaber oder Agent der Rhederei des Schiffes, so ist er von der Wahrnehmung der im § 58 bezeichneten Geschäfte r S. GO 31 S. 260. Friedberg, Handelsgesgbg. 7. Ausl-

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eines Seemannsamts in Bezug auf dieses Schiff ausgeschlossen, wenn von dem beschwerdeführenden Schisfsoffizier oder der Mehr­ zahl der beschwerdeführenden Schiffsleute gegen seine Mitwirkung Widerspruch erhoben wird. 8 6. Die Schutzgebiete gelten im Sinne dieses Gesetzes als Inland. Deutsche Häsen im Sinne dieses Gesetzes sind nur die Häsen des Reichsgebiets.

Zweiter Abschnitt. Seefahrtsbücher und Musterung.

8 7. [5.] Niemand darf im Reichsgebiet als Schiffsmaun in Dienst treten, bevor er sich über Namen, Geburtsort und Alter vor einem Seemannsamt ausgewiesen und von demselben ein See­ fahrtsbuch ausgefertigt erhalten hat. Ist der Schisssmann ein Deutscher, so darf er vor vollendeten: vierzehnten Lebensjahre zur Uebernahme von Schiffsdiensten nicht zugelassen werden; auch hat er sich über seine Militärverhältnisse sowie, wenn er noch minderjährig ist, darüber auszuweisen, das; er von seinem gesetzlichen Vertreter zur Uebernahme von Schiffs­ diensten ermächtigt worden ist. Der Genehmig::ng des Vormund­ schaftsgerichts bedarf es nicht. Mit dem Seefahrtsbuch ist dem Schiffsmanue zugleich ein Ab­ druck der Seemannsordnung, des Gesetzes, betreffend die Verpflich­ tung der Kauffahrteischiffe >ur Mitnahme heimzuschaffender Seeleute, des Gesetzes, betreffend die Stellenvermittelung für Schiffsleute, und einer amtlichen Zusamuieustellung der Bestimmungen über die Militärverhältnisse der seemännischen und halbseemännischen Bevöl­ kerung auszuhändigen. Der Bundesrath bestimmt, inwieweit als Schiffslcute nur solche Personen angemustert werden dürfen, welche nach Untersuchung ihres körperlichen Zustandes für den zu übernehmenden Dienst geeig­ net sind. 8 8. [6.] Die für einen einzelnen Fall ertheilte Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters (§ 7) gilt im Zweifel als ein für allemal ertheilt. Kraft derselben ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung von Heuerverträgen oder die Erfüllung der sich ans einem solchen Vertrag ergebenden Verpflichtungen betreffen. 8 9. [7.] Wer bereits ein Seefahrtsbuch ausgefertigt erhalten hat, muß behufs Erlangung eines neuen Seefahrtsbuchs das ältere

vorlegen oder dessen Verlust glaubhaft machen. Daß dies geschehen, wird von den: Seemanusamt in dem neuen Seesahrtsbuche vermerkt. Wird der Verlust glaubhaft gemacht, so ist diesem Vermerke zugleich eine Bescheinigung des Seemannsamts über die früheren Rang- und Dienstverhältnisse sowie über die Dauer der Dienstzeit und über die dem Schiffsmann anzurechnenden Beitragswochen für die Invalidenversicherung/ soweit derselbe sich hierüber genügend ausweist, beizufügen.

8 10. [8 ] Wer nach Inhalt seines Seefahrtsbuchs angemustert ist, darf nicht von neuem angemustert werden, bevor er sich über die Beendigung des früheren Dienstverhältnisses durch den in das Seefahrtsbuch einzutragenden Vermerk (§§ 22, 25) ausgewiesen hat. Kann nach dem Ermessen des Seeinannsamts ein solcher Ver­ merk nicht beigebracht werden, so bient statt desselben, sobald die Beendigung des Dienstverhältnisses auf andere Art glaubhaft ge­ macht ist, ein vorn Seemannsamte hierüber einzutragender Vermerk im Seefahrtsbuche.

8 11. [9.] Einrichtung und Preis des Seefahrtsbuchs bestimmt der Bundesrath.1 2 Tie Ausfertigung erfolgt kosten- und stempelfrei. Das Seefahrtsbuch must über die Militärverhältuisse und die Invalidenversicherung des Inhabers Auskunft geben. 8 12. [10.] Der Kapitän hat die Musterung (Anmusterung, Abmusterung) der Schiffsmannschaft nach Mastgabe der folgenden Bestimmungen (§§ 13 bis 26) zu veranlassen. Der Kapitän oder ein zum Abschlüsse von Heuerverträgen be­ vollmächtigter Vertreter der Rhederei und der Schiffsmann müssen bei der Musterung zugegen sein; gewerbsmäßige Stellenvermittler für Schiffsleute dürfen als Vertreter nicht bestellt werden.

8 13. [11.] Die Anmusterung besteht in der Verlautbarung des mit dem Schiffsmanne geschlossenen Heuervertrags vor einem Seemannsamte. Sie must vor Antritt oder Fortsetzung der Reise, wenn dies aber ohne Verzögerung der Reise unausführbar ist, so­ bald ein Seemannsamt angegangen werden kann, erfolgen; die Gründe für die Verzögerung oder Unterlassung der Anmusterung sind in das Schiffstagebuch einzutragen. Geschieht die Anmusterung innerhalb des Reichsgebiets, so ist dabei das Seefahrtsbuch vorzulegen. 1 Vgl. Jnvalidenversicherungsgesetz 13./7. 99, 167, 2 (Fassung v. 19./7. 99 RGBl 463); Vorschr. 20 /12. 91 (CBl 481). Nr. 8. 2 21./12. 72; 19 /11. 87.

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Anhang XX 1. StnnannSordnung. Kam 2. Juni 1902. 8 14—25.

8 14. [12.]1 Die Anmusterungsverhandlung wird vom See­ mannsamt als Musterrolle ausgefertigt. Wenn die gesammte Schifssmannschaft nicht gleichzeitig mittelst Einer Verhandlung angemustert wird, so erfolgt die Ausfertigung auf Grund der ersten Verhandlung. Die Musterrolle must enthalten: Namen und Nationalität des Schiffes, Namen und Wohnort des Kapitäns, Namen, Wohnort und dienstliche Stellung jedes Schiffsmanns, den Hafen der Aus­ reise, die Bestimmungen des Heuervertrags, namentlich auch den tteberstundenlohnsatz (§ 35 Abs. 3, § 37 Abs. 3) und etwaige be­ sondere Verabredungen. Insbesondere must aus der Musterrolle erhellen, was dem Schiffsmanne für den Tag an Speise und Trank gebührt. Bei besonderen Verabredungen mit Schiffsoffizieren kann die Eintragung auf die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts be­ schränkt werden. Abreden, welche nach § 1 Abs. 2 unzulässig sind, dürfen nicht ausgenommen werden. Im Uebrigen wird die Einrichtung der Musterrolle vom Bundes­ rathe bestimmt.2 Die Musterrolle must sich während der Reise an Bord befinden; auf Erfordern ist sie dein Seemannsamte vorzulegen. 8 15. [13.] Wird ein Schiffsmaun erst lmcf) Ausfertigung der Musterrolle angemustert, so hat das Seemannsamt eine solche Musterung in die Musterrolle einzutragen. 8 16. [14 .] Bei jeder innerhalb des Reichsgebiets erfolgen­ den Anmusterung wird vom Seemannsamte hierüber und über die Zeit des Dienstantritts in das Seefahrtsbuch jedes Schiffsmanus ein Vermerk eingetragen, welcher zugleich als Ausgangs- oder Seepast dient. Außerhalb des Reichsgebiets erfolgt eine solche Eintragung nur, wenn das Seefahrtsbuch zu diesem Zwecke vorgelegt wird. Das Seefahrtsbuch ist demnächst vom Kapitän für die Darier des Dienstverhältnisses in Verwahrung zu nehmen. 8 17, [15.] Wird ein angemusterter Schiffsmann durch ein urrabwerrdbares Hindernis; außer Stand gesetzt, den Dicrrst anzu­ treten, so hat er sich hierüber sobald wie möglich gegen den Kapitän liiib das Seemannsamt, vor welchem die Anmusterung erfolgt ist, auszuweisen. Ter Kapitän hat das Seefahrtsbuch dein Schiffs­ mann oder dem Seemannsamte, vor welchem die Anmusterung er­ folgt ist, sobald als thunlich zu übersenden. 1 Zu 12, 13, 20—22, 27 vgl. G, bett, die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des Deutschen Reichs, 2S./3. 80 (R(ABl 181); V dazu 28./3. 80 (ebendas. 183). 2 B des Buudesrathes 18. '7. 91 (CBl 218).

8 18. [16.] Tie Abmusterung besteht in der Verlautbarung der Beendigung des Dienstverhältnisses seitens des Kapitäns und der aus diesem Verhältnis ausscheidenden Mannschaft vor einem Seemannsamte. Sie muß, sobald das Dienstverhältniß beendigt ist, erfolgen, und zwar, wenn nicht ein Anderes vereinbart wird, vor dem Seemannsamte desjenigen Hafens, wo das Schiff liegt, und nach Verlust des Schiffes vor demjenigen Seemannsamte, wel­ ches zuerst augegangen werden kann. 8 19. [17.j Vor der Abmusterung hat der Kapitän dem abzumnsternden Schiffsmann im Seefahrtsbuche die bisherigen Rangund Dienstverhältnisse und die Dauer der Dienstzeit zu bescheinigeu, auf Verlangen auch ein Führungszcugnist zu ertheilen. Das Zeug­ niß darf in das Seefahrtsbilch nicht eingetragen werden. Dasselbe ist kostell- und stempelfrei. 8 20. [18.j Die Unterschriften des Kapitäns unter der Bescheinigung und denr Zeugnisse (§ 19) werden von dem Teemanns­ amte, vor welchem die Abmusterung stattfindet, kosten- und stempel­ frei beglaubigt. 8 21. [19.] Verweigert der Kapitän die Ausstellung des Zeuguisses (§ 19), oder enthält dieses oder die Bescheiniguilg im See­ fahrtsbuche (§ 19) Angaben, deren Richtigkeit der Schiffsmann be­ streitet, so hat auf dessen Antrag das Seemannsaint den Sach­ verhalt zu untersuchen, und das Ergebniß der Untersuchung dem Schifssmanue zu bescheinigen. 8 22. [20.] Die erfolgte Abmusterung wird uom Seemanns­ amt in dem Seesahrtsbuche des abgemilsterten Schiffsmanns und in der Musterrolle vermerkt. 8 23. Sind seit der Ausfertigung der Musterrolle mindestens zwei Jahre verflossen, so ist auf Antrag des Kapitäns diesem vom Seemannsamt ein dem gegenwärtigen Bestände der Schiffsmann­ schaft entsprechender beglaubigter Auszug aus der Musterrolle zu ertheilen, welcher fernerhin als Musterrolle zu benutzen ist 8 24. [21.] Die Musterrolle sowie der etwa nach § 23 er­ theilte Auszug sind nach Beendigung derjenigen Reise oder derjenigen Zeit, auf welche die als Musterrolle ausgefertigte An­ musterungsverhandlung (§ 14) sich bezieht, dem Seemannsamte, vor welchem abgemustert wird, zu überliefern. Letzteres übersendet die Schriftstücke dem Seemannsamte des Heimathshafens und in Ermangelung eines solchen dem Seemanns­ amte des Registerhafens. 8 25. [22.] Erfährt der Bestand der Mannschaft Aenderun­ gen, bei welchen eine Musterung (§ 12) nach Maßgabe vorstehender

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Anhang XX 1. Lennannsordnung. Vom 2. Juni 1902. 8 26—33.

Bestimmungen ohne Verzögerung der Reise unausführbar ist, so hat der Kapitän, sobald ein Seemannsamt angegangen werden kann, bei demselben unter Darlegung der Hinderungsgründe die Musterung nachzuholen, oder, sofern auch diese nachträgliche Musterung nicht mehr möglich ist, den Sachverhalt anzuzeigen. Ein Vermerk über die Anzeige ist vom Seemannsamt in die Musterrolle und in die Seefahrtsbücher der betheiligten Schiffsleute einzutragen. 8 26. [23.] Die Kosten der Musterungsverhandlungen, ein­ schließlich der Ausfertigung der Musterrolle, fallen dem Rheder zur Last. Die Bestimmungen über die in gleicher Höhe für alle Seemannsämter innerhalb des Reichsgebiets festzustellenden Kosten er­ folgen durch den Bundesrath.

Dritter Abschnitt. Vertragsverhältniß.

8 27. [24.] Die Gültigkeit des Heuervertrags ist durch schriftliche Abfassung und durch den nachfolgenden Vollzug der An Musterung nicht bedingt. Jedoch ist dem Schiffsmanne bei der An henerung ein von dem Kapitän oder dem Vertreter der Rhederei (§ 12 Abs. 2) unterschriebener Ausweis (Heuerschein) zu geben, welcher enthüll: Namen des Schiffes, Angabe der Dienststellung, Angabe der Reise oder Dauer des Vertrags, Höhe der Heuer, Zeit und Ort der Anmusterung. Aufkündigungsfristen und sonstige die Lösung des Heuerver­ trags betreffende Zeitbestimmungen sollen für beide vertragschließende Theile gleich sein. Bei entgegenstehender Vereinbarung kann der Schiffsmann die dem anderen Theile zugestandene Frist oder Zeit­ bestimmung für sich in Anspruch nehmen. 8 28. Der Heuervertrag kann für eine Reise oder auf Zeit abgeschlossen werden. Ist bei der Anheuerung für eine Reise deren Endziel nicht angegeben, so läuft in Ermangelung andenveitiger Vereinbarung, unbeschadet der Vorschrift des § 69, der Heuervertrag bis zur Rückkehr in beit Hafen der Ausreise (§ 14). Bei Anheuerung auf unbestimmte Zeit sott im Heuervertrag eine Kündigungsfrist angegeben oder in anderer Weise über die i Bek. 22./2. 73 (CBl G2); 24./11. 85 (CBl 525); 17 /11. 99 ((£