Handbuch zur Geschichte Südosteuropas: Band 1 Herrschaft und Politik in Südosteuropa von der römischen Antike bis 1300 9783110643428, 9783110639667

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Inhalt
BAND 1. HERRSCHAFT UND POLITIK IN SÜDOSTEUROPA VON DER RÖMISCHEN ANTIKE BIS 1300
EINLEITUNG ZUR GESAMTREIHE: EIN HANDBUCH FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT. DIE GESCHICHTE SÜDOSTEUROPAS
KARTENTEIL
VORWORT ZU BAND 1
TEIL I: SÜDOSTEUROPA IM RÖMISCHEN IMPERIUM
1. ROM IN SÜDOSTEUROPA: ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN
1.1 EINFÜHRUNG
1.2 SÜDOSTEUROPA IN DER ANTIKEN GEOGRAPHIE UND HISTORIOGRAPHIE
1.3 FORSCHUNGSSTAND (BIBLIOGRAPHIE RAISONNÉE)
1.3.1 Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit
1.3.2 Vom ersten Ausgreifen Roms auf den Balkanraum bis zur Schlacht von Philippi
1.3.3 Vom Illyrienkrieg Caesars des Sohnes bis zum Tode Neros
1.3.4 Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus – vom 3. zum 4. Jahrhundert
1.3.5 Das spätantike Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas
1.3.6 Strukturen in Principat und Spätantike
2. SÜDOSTEUROPA IN DER ZEIT VON REPUBLIK UND PRINCIPAT: VORGESCHICHTE, ETABLIERUNG UND KONSOLIDIERUNG RÖMISCHER HERRSCHAFT
3. SÜDOSTEUROPA AM ÜBERGANG VOM PRINCIPAT ZUR SPÄTANTIKE: INVASIONEN UND BÜRGERKRIEGE, KRISE UND REORGANISATION
4. DAS SPÄTANTIKE SÜDOSTEUROPA VON THEODOSIUS I. BIS PHOKAS: ZWISCHEN OSTEN UND WESTEN
5. STRUKTUREN DES RÖMISCHEN UND SPÄTANTIKEN SÜDOSTEUROPA
5.1 SÜDOSTEUROPA IM PRINCIPAT (27 V. – 249 N. CHR.)
5.2 SÜDOSTEUROPA AM ÜBERGANG VOM PRINCIPAT ZUR SPÄTANTIKE (249 – 378 N. CHR.)
5.3 SÜDOSTEUROPA VON THEODOSIUS I. BIS PHOKAS (379 – 610 N. CHR.)
BIBLIOGRAPHIE ZU TEIL I: ABGEKÜRZT ZITIERTE QUELLEN – QUELLENAUSGABEN – FORSCHUNGSLITERATUR
TEIL II: SÜDOSTEUROPA ZWISCHEN BYZANZ UND DEN NEUEN HERRSCHAFTSUND REICHSBILDUNGEN (565 – 1300)
1. BYZANZ IN SÜDOSTEUROPA: ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN
2. BARBARISCHE HERRSCHAFTSBILDUNGEN IN SPÄTANTIKE UND FRÜHBYZANTINISCHER ZEIT
3. DAS ERSTE BULGARISCHE REICH: EINE FRÜHMITTELALTERLICHE GROSSMACHT ZWISCHEN BYZANZ UND DEM ABENDLAND
4. STRUKTURELLE MERKMALE BYZANTINISCHER PRÄSENZ IN SÜDOSTEUROPA
5. VERWALTUNGSSTRUKTUREN IN DEN BYZANTINISCHEN BALKANPROVINZEN
6. WIRTSCHAFT UND FINANZEN IN DEN BYZANTINISCHEN BALKANPROVINZEN (VERKEHRSWEGE, ANBAUPRODUKTE, METALLE, HANDEL, HANDWERK, GELD)
7. DER BALKANRAUM UND GRIECHENLAND IM RAHMEN DER POLITISCHEN ENTWICKLUNG DES BYZANTINISCHEN REICHES (565 – 1204)
8. DAS KÖNIGREICH UNGARN IN DER ARPADENZEIT
9. DER BALKAN VOM ENDE DES ERSTEN BULGARISCHEN REICHES BIS ZUM BEGINN DES ZWEITEN BULGARISCHEN REICHES
10. DAS ZWEITE BULGARISCHE REICH: VOM REICH DER ASENIDEN BIS ZUR OSMANISCHEN EXPANSION
11. DAS FRÜHE SERBIEN VON DEN ANFÄNGEN BIS ZUM ENDE DES 12. JAHRHUNDERTS
12. KROATIEN, DALMATIEN UND SLAWONIEN BIS 1527
13. GRIECHENLAND VOM 6. JAHRHUNDERT BIS ZUM VIERTEN KREUZZUG (565 – 1204)
14. FRÄNKISCHE HERRSCHAFT IM SÜDLICHEN BALKAN UND DEN VORGELAGERTEN INSELN
BIBLIOGRAPHIE ZU TEIL II: ABGEKÜRZT ZITIERTE QUELLEN – QUELLENAUSGABEN – FORSCHUNGSLITERATUR
ANHANG UND REGISTER
Verzeichnis der Beitragenden
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Handbuch zur Geschichte Südosteuropas: Band 1 Herrschaft und Politik in Südosteuropa von der römischen Antike bis 1300
 9783110643428, 9783110639667

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Als Reihe herausgegeben von Ulf Brunnbauer, Konrad Clewing und Oliver Jens Schmitt

HANDBUCH ZUR GESCHICHTE SÜDOSTEUROPAS

Herausgegeben von Fritz Mitthof, Peter Schreiner und Oliver Jens Schmitt Redaktion: Edvin Pezo

BAND 1: HERRSCHAFT UND POLITIK IN SÜDOSTEUROPA VON DER RÖMISCHEN ANTIKE BIS 1300 1. TEILBAND

ISBN 978-3-11-063966-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-064342-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-063986-5 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Library of Congress Control Number: 2019949220 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Coverabbildung: Porträtkopf aus Porphyr des römischen Kaisers Galerius (293 – 311 n. Chr.) Fundort: Romuliana/Gamzigrad; Aufbewahrungsort und ©: Narodni Muzej Zaječar Satz und Layout: Karen Giesenow – www.giesenow.de Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

HANDBUCH ZUR GESCHICHTE SÜDOSTEUROPAS BAND 1 HERRSCHAFT UND POLITIK IN SÜDOSTEUROPA VON DER RÖMISCHEN ANTIKE BIS 1300

Oliver Jens Schmitt, Konrad Clewing, Ulf Brunnbauer

EINLEITUNG ZUR GESAMTREIHE: EIN HANDBUCH FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT. DIE GESCHICHTE SÜDOSTEUROPAS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

ZIELE UND MERKMALE DES HANDBUCHS.............................................................. 1 DIE RAUMKONZEPTION DES HANDBUCHS: SÜDOSTEUROPA ALS GESCHICHTSREGION UND ARBEITSBEGRIFF............................................................................................. 7 Beispiele räumlicher Perspektivierung……………………………………………………………………………………10

GRUNDLINIEN DER HISTORIOGRAPHIE ZU SÜDOSTEUROPA UND IHRER ENTWICKLUNG................................................................................... 18 Die deutschsprachige Tradition…………………………………………………………………………………………………18 Innerregionale Betrachtungen……………………………………………………………………………………………………20 Imperiale Blicklinien: Byzantinistik und Osmanistik……………………………………………………………23 Mediävistik und Frühe Neuzeit-Forschung………………………………………………………………………………25 Entwicklungen der Historiographie zur „Moderne“………………………………………………………………26

RAUM UND MENTALE LANDKARTEN: „SÜDOSTEUROPA-“ UND „BALKAN-DISKURSE“................................................... 28 TECHNISCHE HINWEISE UND DANKSAGUNG....................................................... 34

KARTENTEIL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 VORWORT ZU BAND 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

HGSOE, Bd. 1

VII

HGSOE – BAND 1

Teil I: SÜDOSTEUROPA IM RÖMISCHEN IMPERIUM 1. R  OM IN SÜDOSTEUROPA: ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Fritz Mitthof 1.1 EINFÜHRUNG………………………………………………………………………………………67 Fritz Mitthof 1.2 SÜDOSTEUROPA IN DER ANTIKEN GEOGRAPHIE UND HISTORIOGRAPHIE………………………………………………………………………70 1.2.1 Geographie………………………………………………………………………………………………………………70 1.2.2 Historiographie……………………………………………………………………………………………………88

1.3 FORSCHUNGSSTAND (BIBLIOGRAPHIE RAISONNÉE)………………………………………………………… 110 Karl Strobel 1.3.1 Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit…………………………………………………………………………………… 110 Karl Strobel 1.3.2 Vom ersten Ausgreifen Roms auf den Balkanraum bis zur Schlacht von Philippi ………………………………………………………………………… 113 Karl Strobel 1.3.3 Vom Illyrienkrieg Caesars des Sohnes bis zum Tode Neros…………………………………………………………………………………………… 115 Karl Strobel / Bruno Bleckmann 1.3.4 Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus – vom 3. zum 4. Jahrhundert……………………………………………………………………………… 117 Simone Blochmann/Mischa Meier 1.3.5 Das spätantike Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas………………………………………………………………………… 122 Karl Strobel / Simone Blochmann / Mischa Meier 1.3.6 Strukturen in Principat und Spätantike……………………………………………………… 127

VIII

HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

Karl Strobel  ÜDOSTEUROPA IN DER ZEIT VON REPUBLIK UND PRINCIPAT: 2. S VORGESCHICHTE, ETABLIERUNG UND KONSOLIDIERUNG RÖMISCHER HERRSCHAFT. . . . . . . . . . . . . 131 2.1 SÜDOSTEUROPA IN DER JÜNGEREN VORRÖMISCHEN EISENZEIT……………………………………………………………… 131 2.1.1 V  olksnamen in der antiken Überlieferung und ihr historischer Hintergrund………………………………………………………………… 131 2.1.2 Thrakien im 4. und frühen 3. Jahrhundert v. Chr.……………………………………… 144 2.1.3 Das Vordringen von Trägern der Latènekultur nach Südosteuropa…… 153 2.1.4 Skiren und Bastarner………………………………………………………………………………………… 169  ie Genese der sogenannten klassischen dakischen Kultur 2.1.5 D des 1. vor- und nachchristlichen Jahrhunderts………………………………………… 170 2.1.6 Münzprägung und Münzzufluss in vorrömischer Zeit……………………………… 188 2.1.7 Siedlungen und Befestigungen in Südwestsiebenbürgen…………………… 202

2.2 V  OM ERSTEN AUSGREIFEN ROMS AUF DEN BALKANRAUM BIS ZUR SCHLACHT VON PHILIPPI…………………………………………………… 210 2.2.1 Die Illyrienkriege des 3. Jahrhunderts v. Chr.……………………………………………… 210 2.2.2 Die Periode der Makedonischen Kriege 215 – 167 v. Chr.……………………… 212  ie römische Provinz Macedonia und der Balkanraum 2.2.3 D bis zum Consulat Caesars 59 v. Chr.……………………………………………………………… 215 2.2.4 Das Zeitalter des Byrebistas an der unteren Donau……………………………… 224  ie östliche Adriaküste und ihr Hinterland 2.2.5 D bis zur Schlacht von Philippi………………………………………………………………………… 235

2.3 V  OM ILLYRIENKRIEG CAESARS DES SOHNES BIS ZUM TODE NEROS……………………………………………………………………… 243 2.3.1 Der Illyrienkrieg Caesars des Sohnes (35 – 33 v. Chr.)……………………………… 243  ie Feldzüge des Licinius Crassus 2.3.2 D an der unteren Donau (30 – 27 v. Chr.)………………………………………………………… 245 2.3.3 Moesia: Vom Militärdistrikt zur Provinz……………………………………………………… 247 2.3.4 Noricum: Vom Klientelstaat zur Provinz (16 v. Chr.)………………………………… 249  er erste pannonisch-dalmatische Aufstand, 2.3.5 D die Kämpfe in Thrakien und gegen die Daker (13 – 8 v. Chr.)………………… 252 2.3.6 Der zweite pannonisch-dalmatische Aufstand (6 – 9 n. Chr.)………………… 258 2.3.7 R  ömische Operationen an der unteren Donau unter Aelius Catus (7 – 12 n. Chr.)………………………………………………………………… 261 2.3.8 Thracia: Vom Klientelstaat zur Provinz (46 n. Chr.)………………………………… 262 2.3.9 D  almatien 42 n. Chr., die erste Usurpation in der Geschichte des Principats und die Entwicklung des mittleren und unteren Donauraumes bis 67 n. Chr.………………………… 263 HGSOE, Bd. 1

IX

HGSOE – BAND 1

2.4 K  RISEN UND EXPANSIONSPOLITIK IM WECHSELSPIEL: VOM VIERKAISERJAHR BIS IULIUS PHILIPPUS ……………………………… 267 2.4.1 D  er mittlere und untere Donauraum im Vierkaiserjahr und unter Vespasian (68 – 79 n. Chr.)…………………………………………………………… 267  ie Kriege Domitians an der unteren 2.4.2 D und mittleren Donau (85 – 96 n. Chr.)…………………………………………………………… 268  ie Dakerkriege Traians und die Einrichtung 2.4.3 D der Provinz Dacia (101 – 106 n. Chr.)…………………………………………………………… 273  er Donauraum unter Hadrian 2.4.4 D und Antoninus Pius (117 – 161 n. Chr.)………………………………………………………… 283  er Partherkrieg des Lucius Verus und die Auswirkungen 2.4.5 D der sogenannten Antoninischen Pest (162 – 167 n. Chr.)……………………… 287  ölkerbewegungen in Mittel- und Osteuropa 2.4.6 V im mittleren 2. Jahrhundert…………………………………………………………………………… 290  ie Rüstungen zum Donaukrieg und die Frage 2.4.7 D des Verhältnisses zwischen den beiden Augusti……………………………………… 292 2.4.8 Der Beginn der Donaukriege………………………………………………………………………… 294  er zweite Donaukrieg unter Marc Aurel 2.4.9 D und Commodus (177 – 180 n. Chr.)………………………………………………………………… 309 2.4.10 Der dritte Donaukrieg oder Krieg gegen die Burer unter Commodus (180 – 182 n. Chr.)… …………………………………………………………… 311 2.4.11 Der Donauraum unter Septimius Severus und Caracalla (193 – 217 n. Chr.)…………………………………………………………………… 313 2.4.12 Die Feldzüge des Iulius Maximinus in Germanien und an der mittleren Donau………………………………………………… 316 2.4.13 Die Karpenkriege unter Gordian III. und Iulius Philippus (238 – 249 n. Chr.)……………………………………………………… 318

Bruno Bleckmann  ÜDOSTEUROPA AM ÜBERGANG VOM PRINCIPAT 3. S ZUR SPÄTANTIKE: INVASIONEN UND BÜRGERKRIEGE, KRISE UND REORGANISATION. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 3.1 EINLEITUNG……………………………………………………………………………………… 325 3.2 INVASIONEN UND BÜRGERKRIEGE IM 3. JAHRHUNDERT………………… 329 3.3 DIE TETRARCHIE……………………………………………………………………………… 338… 3.4 KONSTANTIN DER GROSSE……………………………………………………………… 343 3.5 DIE KONSTANTINISCHE DYNASTIE…………………………………………………… 350 3.6 VALENTINIAN UND VALENS……………………………………………………………… 356 X

HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

Simone Blochmann / Mischa Meier  AS SPÄTANTIKE SÜDOSTEUROPA 4. D VON THEODOSIUS I. BIS PHOKAS: ZWISCHEN OSTEN UND WESTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 4.1 EINLEITUNG……………………………………………………………………………………… 361 4.2 VON THEODOSIUS I. BIS THEODOSIUS II. (379 – 450)…………………… 365 4.2.1 Adrianopel und die Folgen……………………………………………………………………………… 366 4.2.2 Auswirkungen auf das Illyricum…………………………………………………………………… 369  ie Hunnen im Balkanraum: 4.2.3 D Auswirkungen hunnischer Einfälle im Balkanraum und Griechenland……………………………………………………………………………………………… 371 4.2.4 Stabilisierungsversuche unter Theodosius II.…………………………………………… 376

4.3 VON MARKIAN BIS ZENON (450 – 491)…………………………………………… 378 4.4 VON ANASTASIOS BIS JUSTINIAN I. (491 – 565)……………………………… 383 4.4.1 A  uswirkungen auf Konstantinopel: Konflikte in Konstantinopel…………………………………………………………………………… 385 4.4.2 Der Aufstand Vitalians……………………………………………………………………………………… 388 4.4.3 Stabilisierungsbemühungen unter Anastasios und Justinian I.………………………………………………………………… 390

4.5 VON JUSTIN II. BIS PHOKAS (565 – 610)………………………………………… 396

5. S  TRUKTUREN DES RÖMISCHEN UND SPÄTANTIKEN SÜDOSTEUROPA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Fritz Mitthof / Karl Strobel 5.1 SÜDOSTEUROPA IM PRINCIPAT (27 V. – 249 N. CHR.)………………………………………………………………………… 403 5.1.1 Verwaltungseinheiten und Territorialgliederung…………………………………… 403 5.1.2 Militär und innere Sicherheit………………………………………………………………………… 408 5.1.3 Siedlungen und Urbanisierung……………………………………………………………………… 414 5.1.4 Verkehrswege……………………………………………………………………………………………………… 420

HGSOE, Bd. 1

XI

HGSOE – BAND 1

Bruno Bleckmann 5.2 SÜDOSTEUROPA AM ÜBERGANG VOM PRINCIPAT ZUR SPÄTANTIKE (249 – 378 N. CHR.)……………………………………………… 422 5.2.1 Territorialadministration………………………………………………………………………………… 422 5.2.2 Militär…………………………………………………………………………………………………………………… 427 5.2.3 Festungen…………………………………………………………………………………………………………… 431 5.2.4 Zentralorte…………………………………………………………………………………………………………… 434 5.2.5 Kaiserresidenzen… ……………………………………………………………………………………………… 436

Simone Blochmann / Mischa Meier

5.3 SÜDOSTEUROPA VON THEODOSIUS I. BIS PHOKAS (379 – 610 N. CHR.)……………………………………………………… 441 5.3.1 Militärische und administrative Strukturen……………………………………………… 441 5.3.2 Kirchliche Strukturen………………………………………………………………………………………… 446  egionale Entwicklungen: Siedlungsstrukturen 5.3.3 R in den Donau- und Balkanprovinzen…………………………………………………………… 451

BIBLIOGRAPHIE ZU TEIL I: ABGEKÜRZT ZITIERTE QUELLEN – QUELLENAUSGABEN – FORSCHUNGSLITERATUR . . . . . . . 461

XII

HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

Teil II: SÜDOSTEUROPA ZWISCHEN BYZANZ UND DEN NEUEN HERRSCHAFTSUND REICHSBILDUNGEN (565 – 1300) Peter Schreiner 1. B  YZANZ IN SÜDOSTEUROPA: ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 1.1 EINLEITUNG……………………………………………………………………………………… 535 1.2 WISSENSCHAFTSGESCHICHTLICHE VORBEMERKUNGEN………………… 538 1.2.1 Vom Humanismus zu den Pionieren…………………………………………………………… 538

1.3 FORSCHUNGSPROBLEME………………………………………………………………… 540

Walter Pohl 2. B ARBARISCHE HERRSCHAFTSBILDUNGEN IN SPÄTANTIKE UND FRÜHBYZANTINISCHER ZEIT. . . . . . . . . . 543 2.1 WAHRNEHMUNGEN UND QUELLEN………………………………………………… 543 2.1.1 Das Bild der „Barbaren“ und Steppenvölker… …………………………………………… 543 2.1.2 Lateinische und griechische Quellen…………………………………………………………… 548 2.1.3 Forschungsgeschichtliche Verortung… ………………………………………………………… 551 2.1.4 Kommentierte Bibliographie………………………………………………………………………… 555

2.2 DIE BARBAREN UND DIE UMWANDLUNG DER RÖMISCHEN WELT (300 – 565)………………………………………………… 558 2.2.1 „Völkerwanderung“ und „Fall Roms“…………………………………………………………… 558 2.2.2 Migration, Integration und neue Identitäten…………………………………………… 560 2.2.3 Die Goten in Südosteuropa……………………………………………………………………………… 564 2.2.4 Die Hunnen: der langsame Aufbau eines Steppenreiches…………………… 568 2.2.5 Die Barbaren und die Balkanprovinzen von 454 bis 565……………………… 574

2.3 DIE AWARENZEIT (565 – 800)…………………………………………………………… 581 2.3.1 Aufbau und Expansion des Awarenreiches: 558 – 626…………………………… 581 2.3.2 Das spätawarische Khaganat und sein Ende…………………………………………… 585 2.3.3 Strukturen des Awarenreiches……………………………………………………………………… 587 2.3.4 Die Awaren und die Slawisierung Südosteuropas…………………………………… 590 2.3.5 Von den Awaren zu den Ungarn…………………………………………………………………… 594

HGSOE, Bd. 1

XIII

HGSOE – BAND 1

Daniel Ziemann  AS ERSTE BULGARISCHE REICH: 3. D EINE FRÜHMITTELALTERLICHE GROSSMACHT ZWISCHEN BYZANZ UND DEM ABENDLAND. . . . . . . . . . . . . . . 601 3.1 QUELLEN…………………………………………………………………………………………… 601 3.2 SEKUNDÄRLITERATUR……………………………………………………………………… 606 3.3 DIE PROTOBULGARISCHE PERIODE………………………………………………… 608 3.3.1 B  ulgarische Herrschaftsbildung – 680/681 als Epochengrenze…………………………………………………………………………… 608 3.3.2 Khan Tervel und Justinian II.………………………………………………………………………… 611  errschaftsstrukturen in der Frühzeit 3.3.3 H des Ersten bulgarischen Reiches…………………………………………………………………… 612 3.3.4 Das dunkle 8. Jahrhundert……………………………………………………………………………… 614 3.3.5 Konsolidierung…………………………………………………………………………………………………… 616 3.3.6 Die Wende von 811…………………………………………………………………………………………… 617 3.3.7 Die Folgen – Krum vor Konstantinopel……………………………………………………… 619 3.3.8 Byzantinisierung………………………………………………………………………………………………… 621

3.4 DIE CHRISTIANISIERUNG UND DAS ZEITALTER SYMEONS DES GROSSEN………………………………………………………………… 624 3.4.1 Die Annahme des Christentums…………………………………………………………………… 624 3.4.2 Die Schüler Kyrills und Methods in Bulgarien…………………………………………… 627 3.4.3 Das goldene Zeitalter……………………………………………………………………………………… 627 3.4.4 Krieg mit Byzanz………………………………………………………………………………………………… 629 3.4.5 Die Ereignisse von 913……………………………………………………………………………………… 630

3.5 DER FALL NORDBULGARIENS UND DAS REICH SAMUILS………………… 632 3.5.1 Der Friede von 927…………………………………………………………………………………………… 632 3.5.2 Der Untergang Preslavs…………………………………………………………………………………… 633 3.5.3 Samuil…………………………………………………………………………………………………………………… 634

XIV

HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

Peter Schreiner 4. S TRUKTURELLE MERKMALE BYZANTINISCHER PRÄSENZ IN S ÜDOSTEUROPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 4.1 B  YZANTINISCHE VORBILDER UND EIGENSTÄNDIGE ENTWICKLUNGEN IM ÜBERBLICK………………… 639 4.1.1 P  olitische Strukturen in Byzanz als Vorbild für neue Staaten…………………………………………………………………………… 639 4.1.2 D  ie Bedeutung des byzantinischen Staates als Nachbar………………………………………………………………………………………………………… 640

4.2 DIE BEVÖLKERUNG…………………………………………………………………………… 644 4.2.1 Die Slawen…………………………………………………………………………………………………………… 644 4.2.2 Andere Ethnien…………………………………………………………………………………………………… 650 4.2.3 Die Juden……………………………………………………………………………………………………………… 654

Mihailo St. Popović 5. V  ERWALTUNGSSTRUKTUREN IN DEN BYZANTINISCHEN BALKANPROVINZEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 5.1 GRUNDZÜGE DER ADMINISTRATIVEN ENTWICKLUNG……………………… 657 5.1.1 Die Spätantike…………………………………………………………………………………………………… 657 5.1.2 Das 6. bis 12. Jahrhundert……………………………………………………………………………… 660 5.1.3 Das 13. bis 15. Jahrhundert…………………………………………………………………………… 663

5.2 THRAKIEN UND MAKEDONIEN ALS RÜCKGRAT DER BYZANTINISCHEN ADMINISTRATION AUF DER BALKANHALBINSEL ………………………………………………………… 665 5.2.1 Thrakien……………………………………………………………………………………………………………… 665 5.2.2 Makedonien………………………………………………………………………………………………………… 666

Mihailo St. Popović  IRTSCHAFT UND FINANZEN IN DEN BYZANTINISCHEN 6. W BALKANPROVINZEN (VERKEHRSWEGE, ANBAUPRODUKTE, METALLE, HANDEL, HANDWERK, GELD). . . . . . . . . . . . . . . . . . 673 6.1 DIE VERKEHRSWEGE………………………………………………………………………… 673 6.1.1 Die Via militaris und die Via Egnatia…………………………………………………………… 673 6.1.2 Straßentypologien und Flussschifffahrt……………………………………………………… 676

HGSOE, Bd. 1

XV

HGSOE – BAND 1

6.2 SIEDLUNGSSTRUKTUREN………………………………………………………………… 679 6.2.1 Dörfliche und städtische Gemarkungen……………………………………………………… 680 6.2.2 Der Begriff der „Stadt“… …………………………………………………………………………………… 681 6.2.3 Der Begriff der „ländlichen Siedlung“………………………………………………………… 682 6.2.4 Raumgliederungsmodelle……………………………………………………………………………… 685

6.3 WIRTSCHAFT… … ………………………………………………………………………………… 686 6.3.1 Handwerk……………………………………………………………………………………………………………… 686 6.3.2 Landwirtschaftliche Produktion…………………………………………………………………… 688 6.3.3 Weidewirtschaft………………………………………………………………………………………………… 688 6.3.4 Bergbau………………………………………………………………………………………………………………… 689 6.3.5 Grundbesitz und Steuerleistung…………………………………………………………………… 691 6.3.6 Handel und Jahrmärkte…………………………………………………………………………………… 693

Peter Schreiner  ER BALKANRAUM UND GRIECHENLAND IM RAHMEN 7. D DER POLITISCHEN ENTWICKLUNG DES BYZANTINISCHEN REICHES (565 – 1204) . . . . . . . . . . . . . 701 7.1 QUELLEN…………………………………………………………………………………………… 701 7.2 SEKUNDÄRLITERATUR……………………………………………………………………… 707 7.3 EIN EPOCHENÜBERBLICK AUS BYZANTINISCHER SICHT………………… 710 7.4 KIRCHENSTRUKTUR UND MISSIONIERUNGEN/HÄRETIKER…………… 712 7.5 POLITISCHE KOMPONENTEN – BYZANTINER, PERSER, ARABER, BULGAREN, SELDSCHUKEN – UND DAS PHÄNOMEN DES BYZANTINISCHEN ZWEIFRONTENKRIEGES……………………………… 715 7.6 DER BALKAN VOM ENDE DER HERRSCHAFT JUSTINIANS BIS ZUR GRÜNDUNG DES ERSTEN BULGARISCHEN REICHES (565 – 681)…… 717

Attila Zsoldos 8. DAS KÖNIGREICH UNGARN IN DER ARPADENZEIT. . . . . . . . . . 723 8.1 EINFÜHRUNG…………………………………………………………………………………… 723 8.2 QUELLEN, HANDBÜCHER, HISTORIOGRAPHIE………………………………… 724

XVI

HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

8.3 DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS UNGARN BIS 1301………………… 732 8.3.1 Von der Landnahme bis zur Krönung des ersten Königs……………………… 732 8.3.2 Die Geburt eines Königreichs in Mitteleuropa…………………………………………… 735 8.3.3 Krisen und Konsolidierungen im 11. und 12. Jahrhundert…………………… 737 8.3.4 Das Zeitalter der Reformen…………………………………………………………………………… 742 8.3.5 Der Mongolensturm und seine Folgen………………………………………………………… 744 8.3.6 Die Krise der königlichen Macht am Ende des 13. Jahrhunderts………… 746

8.4 HERRSCHAFTSAUFBAU UND GESELLSCHAFTLICHE ORDNUNG……………………………………………………… 749 8.4.1 Der König und die Regierung des Landes…………………………………………………… 749 8.4.2 Kirche und Königtum… ……………………………………………………………………………………… 753 8.4.3 Wirtschaft und Gesellschaft zwischen Freiheit und Zwang…………………… 755 8.4.4 Stadt und Königtum………………………………………………………………………………………… 762 8.4.5 Zuwanderer aus Ost und West……………………………………………………………………… 764



Anhang Peter Schreiner Byzanz und Ungarn in der Arpadenzeit: Historisch-bibliographische Bemerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767

Mihailo St. Popović  ER BALKAN VOM ENDE DES ERSTEN 9. D BULGARISCHEN REICHES BIS ZUM BEGINN DES ZWEITEN BULGARISCHEN REICHES . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 9.1 DIE AUFSTANDSBEWEGUNG DES ZAREN SAMUIL…………………………… 773 9.2 ZUM HERRSCHAFTSGEFÜGE IM 11. JAHRHUNDERT………………………… 776 9.3 DIE NEUEN MACHTVERHÄLTNISSE DES 12. JAHRHUNDERTS…………… 781

Daniel Ziemann 10. D AS ZWEITE BULGARISCHE REICH: VOM REICH DER ASENIDEN BIS ZUR OSMANISCHEN EXPANSION. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785 10.1 QUELLEN…………………………………………………………………………………………… 785 10.2 SEKUNDÄRLITERATUR UND FORSCHUNGSSTAND…………………………… 791

HGSOE, Bd. 1

XVII

HGSOE – BAND 1

10.3 V  ON DER REVOLTE ZUR UNABHÄNGIGKEIT: BULGARIEN UNTER PETĂR UND (IVAN) ASEN (1187 – 1197)…………… 796 10.4 D IE KONSOLIDIERUNG DES REICHES UND DIE KIRCHENUNION MIT ROM: ZAR KALOJAN (1197 – 1207) UND ZAR BORIL (1207 – 1218)………………………………………………………… 803 10.4.1 Das Lateinische Kaiserreich als neuer Nachbar……………………………………… 803 10.4.2 Das Reich unter Druck: Die Herrschaft Zar Borils…………………………………… 808

10.5 D  ER HÖHEPUNKT POLITISCHER MACHT UND DIE RÜCKKEHR ZUR ORTHODOXIE: IVAN II. ASEN (1218 – 1241)…………………………………………………………… 811 10.6 DIE POLITISCHE KRISE BULGARIENS MITTE UND ENDE DES 13. JAHRHUNDERTS: DIE MONGOLISCH-TATARISCHE OBERHERRSCHAFT………………………… 816 10.6.1 Der Zerfall der Zentralmacht und das Aufkommen regionaler Herrschaften…………………………………………………………… 816 10.6.2 B ulgarien zwischen inneren Krisen und tatarischer Vorherrschaft……………………………………………………………………… 821

Mihailo St. Popović 11. D AS FRÜHE SERBIEN VON DEN ANFÄNGEN BIS ZUM ENDE DES 12. JAHRHUNDERTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 11.1 STRUKTURGESCHICHTE…………………………………………………………………… 825 11.2 ZUM FORSCHUNGSSTAND………………………………………………………………… 829 11.3 QUELLEN…………………………………………………………………………………………… 831 11.4 D IE EINWANDERUNG AUF DIE BALKANHALBINSEL UND DIE CHRISTIANISIERUNG DER SERBEN…………………………………… 832 11.5 DAS FRÜHE SERBIEN ZWISCHEN BYZANZ UND BULGARIEN (1. HÄLFTE 7. JH. BIS MITTE 10. JH.)………………………………………………… 835 11.6 DAS FRÜHE SERBIEN UND DAS REICH DES ZAREN SAMUIL (MITTE 10. JH. BIS MITTE 11. JH.) … … ………………………………………………… 838 11.7 D AS FRÜHE SERBIEN AUF DEM WEG ZUM KÖNIGREICH (MITTE 11. JH. BIS ENDE 12. JH.)……………………………………………………… 840

XVIII

HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

Neven Budak 12. KROATIEN, DALMATIEN UND SLAWONIEN BIS 1527 . . . . . . . . 847 12.1 QUELLEN…………………………………………………………………………………………… 847 12.2 VON DEN HUMANISTEN ZU DEN PIONIEREN…………………………………… 853 12.3 DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES RAUMES ZWISCHEN DRAU UND ADRIA (CA. 600 – 1500)……………………………… 858 12.3.1 Kroatien und Dalmatien…………………………………………………………………………………… 858 12.3.2 Die Sklavinien und die Fürstentümer zwischen Drau und Save…………… 870 12.3.3 Dioclea………………………………………………………………………………………………………………… 872 12.3.4 Bosnien………………………………………………………………………………………………………………… 873 12.3.5 Das Fürstentum zwischen Drau und Save…………………………………………………… 874

12.4 HERRSCHAFTSSTRUKTUREN IN KROATIEN, DALMATIEN UND SLAWONIEN………………………………………………………… 876 12.4.1 Die fränkische Herrschaft zwischen Drau und Adria……………………………… 876 12.4.2 Kroatien………………………………………………………………………………………………………………… 877 12.4.3 Dalmatien…………………………………………………………………………………………………………… 885 12.4.4 Das Fürstentum „zwischen Save und Drau“: Niederpannonien……………………………………………………………………………………………… 890

12.5 D  IE VERWALTUNGSORGANISATION VOM 12. BIS ZUM BEGINN DES 16. JAHRHUNDERTS……………………… 895

Peter Schreiner 13. G RIECHENLAND VOM 6. JAHRHUNDERT BIS ZUM VIERTEN KREUZZUG (565 – 1204) . . . . . . . . . . . . . . . 905 13.1 GRIECHENLAND ALS RAUM……………………………………………………………… 907 13.2 GRIECHENLAND (FESTLAND) VOM ENDE DER HERRSCHAFT JUSTINIANS BIS ZUM BEGINN DES 9. JAHRHUNDERTS………………………………………… 908 13.3 GRIECHENLAND VOM 9. BIS ZUM ENDE DES 12. JAHRHUNDERTS…………………………………………………………………… 911 13.4 DIE PELOPONNES: 585 BIS ENDE DES 12. JAHRHUNDERTS…………………………………………… 915 13.5 GESAMTÜBERBLICK UND ZUSAMMENFASSUNG……………………………… 918 HGSOE, Bd. 1

XIX

HGSOE – BAND 1

Guillaume Saint-Guillain (unter Mitarbeit von Oliver Jens Schmitt) 14. F RÄNKISCHE HERRSCHAFT IM SÜDLICHEN BALKAN UND DEN VORGELAGERTEN INSELN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921 14.1 FORSCHUNGSGESCHICHTE……………………………………………………………… 921 14.2 QUELLEN…………………………………………………………………………………………… 924 14.3 H  ERRSCHAFT UND MACHT IM FRÄNKISCHEN GRIECHENLAND…………………………………………………… 927 14.3.1 Die unvollständige Eroberung des Byzantinischen Reiches (1204 – 1261)………………………………………………… 927 14.3.2 Größe und Untergang des Lateinischen Kaiserreichs Romania und des Königreichs Thessaloniki (1207 – 1261)… …………………………………… 930 14.3.3 Das Fürstentum Morea unter den Villehardouin……………………………………… 934 14.3.4 Das Fürstentum Morea zwischen Autonomie und Oberherrschaft der Anjou……………………………………………………………………… 937 14.3.5 Die letzten angevinischen Fürsten und der Untergang des Fürstentums Morea……………………………………………… 941 14.3.6 Das andere lateinische Griechenland: Mittelgriechenland im 14. – 15. Jahrhundert……………………………………………… 943 14.3.7 Die Welt der Inseln: zwischen der Konstruktion einer örtlichen Identität und venezianischer Herrschaft……………………… 945 14.3.8 Das venezianische Kreta………………………………………………………………………………… 950

BIBLIOGRAPHIE ZU TEIL II: ABGEKÜRZT ZITIERTE QUELLEN – QUELLENAUSGABEN – FORSCHUNGSLITERATUR . . . . . . . 957

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HGSOE, Bd. 1

Inhaltsverzeichnis

ANHANG UND REGISTER. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1039 Allgemeines Abkürzungsverzeichnis…………………………………………………………………………… 1039 Verzeichnis der Karten………………………………………………………………………………………………… 1043 Ortsnamenkonkordanz Teil I – antike Namen…………………………………………………………… 1044 Ortsnamenkonkordanz Teil II – heutige Namen………………………………………………………… 1048 Zeitleiste / Grunddaten……………………………………………………………………………………………… 1053 Personenregister………………………………………………………………………………………………………… 1061 Ortsregister / Geographisches Register……………………………………………………………………… 1091 Verzeichnis der Beitragenden zu Band 1…………………………………………………………………… 1121

HGSOE, Bd. 1

XXI

Oliver Jens Schmitt, Konrad Clewing, Ulf Brunnbauer

E INLEITUNG ZUR GESAMTREIHE: EIN HANDBUCH FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT. DIE GESCHICHTE SÜDOSTEUROPAS

ZIELE UND MERKMALE DES HANDBUCHS In der deutschen Wissenschaftstradition hat ein idealtypisches historisches Handbuch eine Aufgabe, die ebenso schlicht ist wie ambitiös. Denn die Gattung, so das Vorwort des beispielhaften Handbuchs der Geschichte Russlands soll in möglichst umfassender Weise den aktuellen Stand der fachwissenschaftlichen Erkenntnis übersichtlich und zuverlässig, aber auch in der Spannung ihrer Problemlösungen darbieten. Ein geschichtswissenschaftliches Handbuch muss den Studierenden und anderen interessierten Benutzern das Verständnis des historischen Prozesses ebenso ermöglichen wie den raschen Zugang zu den wichtigen Fakten im wissenschaftlichen Problemzusammenhang sowie zu den weiterführenden Hilfsmitteln.1

Als die drei Osteuropahistoriker Manfred Hellmann, Gottfried Schramm und Klaus Zernack 1981 diese Zeilen schrieben, war die Welt – zumal die informationstechnologische – eine andere als heute. Trotzdem ist mit ihren Worten die Grundaufgabe eines Handbuchs auch für unsere Zeit treffend auf den Punkt gebracht und der Maßstab definiert, an dem sich das „Handbuch zur Geschichte Südosteuropas“ zu messen hat. Den aktuellen Stand unseres Wissenschaftsbereiches „möglichst umfassend, zuverlässig und übersichtlich darzubieten“, ist immer noch nötig, ja sogar nötiger denn je. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die vorhandene Forschung stetig anwächst und sich auch die „Südosteuropäische Geschichte“ immer weiter binnendifferenziert; selbst von innerhalb des Faches ist es dadurch für den Einzelnen kaum mehr vollumfänglich zu überblicken. Die durch die Sprachenvielfalt unseres Forschungsfeldes bedingte zusätzliche Einschränkung seiner Übersichtlichkeit trägt dazu das ihre bei. Hinzu kommt heute ein weiteres Element, das keineswegs nur für Südosteuropa und seine Geschichte gilt, sondern für die Gattung „Handbuch“ insgesamt. In einem Zeitalter, in dem große Mengen an digitalen Informationen, oftmals unstrukturiert oder unverifiziert, zur Verfügung stehen, ist es erst recht dringend, eine wissenschaftlich fundierte Sichtung und Interpretation des kumulierten Wissens zu bieten. Ein Handbuch kann Orientierung in der Masse der sowohl digital als auch analog zugänglichen Informationen bieten; sein Ziel ist es, eine Interpretations- und Syntheseleistung zu erbringen, die übliche Gesamtdarstellungen nicht bewältigen können. Auch hilft

1 Manfred

Hellmann/Gottfried Schramm/Klaus Zernack, Vorwort; in: diess. (Hgg.), Handbuch der Geschichte Russlands. Bd. 1, Halbbd. I. Stuttgart 1981, V – VII, hier V.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-01

1

Einleitung zur Gesamtreihe

es, solche Darstellungen wie auch einzelne Forschungsarbeiten in größere Kontexte einzuordnen sowie vergleichende Perspektiven zu entwickeln. Unser „Handbuch zur Geschichte Südosteuropas“ soll demnach die Bandbreite des Faches so qualifiziert abbilden, dass dadurch ein Austausch möglich wird, der über die epochal, geographisch und anderweitig definierten Grenzen der individuellen Forschungsarbeit hinausgeht. In gleichem Ausmaß bezweckt das Handbuch eine Transferleistung, die sich nicht nur an Studierende des Faches, sondern auch an benachbarte Forschungsdisziplinen (Osteuropäische Geschichte, Byzantinistik, Osmanistik und weitere historisch arbeitende regionalwissenschaftliche Zugänge) richtet sowie an diejenigen Bereiche der Geschichts- und Sozialwissenschaft, die sich an noch größeren geographischen Zugängen oder an vergleichenden Analysen versuchen. Das scheint umso dringlicher, als der Südosten Europas entlang (gesamt-)europäisch und global ausgerichteter Blickachsen deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient als dies bisher der Fall ist. Europas Südosten kann etwa durch seine enge Verflechtung mit der Welt des östlichen Mittelmeers, des Schwarzen Meers und der Welt des Islam produktiv zu einer Neuperspektivierung europäischer Geschichte beitragen, die Europa von seinen Rändern und Verflechtungen her denkt. Die Beschäftigung mit der komplexen Geschichte Südosteuropas wirkt „deprovinzialisierend“ – für eine Geschichte Europas ebenso wie eine des Nahen Ostens beispielsweise –, da sie hilft, vermeintlich „allgemeine“ Muster der jeweiligen Geschichte zu hinterfragen.2 Fälle, in denen die europäische Geschichte bewusst vom (vermeintlichen) „Rand“ des Kontinents her geschrieben wurde, verdeutlichen schon bisher das damit verbundene Deutungspotenzial, das aber für Südosteuropa noch nicht ausreichend genutzt worden ist.3 In letzter Zeit wurde aus der Südosteuropaforschung heraus verstärkt auf die Bedeutung globaler Verflechtungen für historische Prozesse in Südosteuropa hingewiesen.4 Ein Handbuch wie dieses will vor diesem Hintergrund eine wichtige Übersetzungsleitung, Informationsquelle und Orientierung für jene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bieten, die sich für globale und vergleichende Fragen interessieren und Südosteuropa in den von ihnen verfolgten Kontexten positionieren wollen, aber nicht die Sprachkompetenz haben, um selbst über Südosteuropa zu forschen oder die dortige Forschung umfassend zu rezipieren.

2

Dies angelehnt an Dipesh Chakrabarty, Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference. Princeton/NJ 2 2007.

3

Außerhalb des Faches mustergültig für eine universalhistorische Deutung des 20. Jahrhunderts ist bereits (aber leider in der Südosteuropahistoriographie zu wenig beachtet) Dan Diner, Das Jahrhundert verstehen. Eine universalhistorische Deutung. München 1999; ähnlich Mark Mazower, Dark Continent. Europe’s Twentieth Century. New York 2000; und als gesamteuropäisch angelegte Forschungsleistung zu den teilweise auch balkanischen Zeitläuften, die dem Ersten Weltkrieg vorangegangen sind: Christopher Clark, The Sleepwalkers. How Europe Went to War in 1914. London u. a. 2012.

4

Zum Beispiel Marie-Janine Calic, Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region. München 2016; und am Beispiel der überseeischen Verflechtung durch Migration Ulf Brunnbauer, Globalizing Southeastern Europe. Emigrants, America, and the State since the Late Nineteenth Century. London u. a. 2016. Anregend, aber sehr knapp und mit Fokus auf das 19. und 20. Jh. siehe auch Mark Mazower, The Balkans. From the End of Byzantium to the Present Day. London 2001 (2000) sowie epochenübergreifend, jedoch essayhaft und noch stärker verkürzt den Versuch von Andrew Wachtel, The Balkans in World History. Oxford 2008.

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HGSOE, Bd. 1

Ziele und Merkmale des Handbuchs

Das vorliegende Handbuch sucht das vorhandene Forschungswissen über die Verfasstheit und die historischen Veränderungen im Südosten des europäischen Kontinents von drei Themenblöcken her zu erfassen: „Herrschaft und Politik“, „Wirtschaft und Gesellschaft“, „Sprache und Kultur“. Selbstredend ist die Zuordnung bestimmter Themen manchmal etwas arbiträr – wo ist etwa „Wirtschaftspolitik“ zuzuweisen? – und die Herausgeber sind sich über den kausalen Zusammenhang dieser Felder menschlichen Handelns durchaus bewusst. Aber mit diesem Prinzip der Organisation des vorhandenen Wissens wollen wir eine stärker problemorientierte Darstellung erreichen, die sich von den neuerdings vermehrt vorliegenden, vornehmlich chronologisch gegliederten Überblicksdarstellungen deutlich abhebt. Gerade für die bisher selten zu Gesamtsynthesen zusammengefassten oder auch nur in den allgemeinen Synthesen umfassend berücksichtigten Bereiche Wirtschaft und Gesellschaft sowie Kultur und Sprache leistet das Handbuch nicht nur „sammlerische“, sondern auch interpretatorische Pionierarbeit. Während den gesellschafts- und kulturhistorischen Blöcken jeweils zwei Bände gewidmet sein werden, sind es im politikhistorischen Block sogar drei: nämlich der vorliegende Eröffnungsband zur Geschichte politischer Ordnungen bis circa 1300, ein weiterer für die Zeit zwischen etwa dem Jahr 1300 und 1800 und schließlich einer zur Geschichte von 1800 bis nahe an die Gegenwart. Dass dieser Themenblock „Herrschaft und Politik“ damit umfänglicher repräsentiert ist als die beiden weiteren, spiegelt zum einen wider, dass hier deutlich mehr Forschung vorliegt und demnach im Handbuch aufzubereiten war. Außerdem kommt in jenem Themenblock in besonderer Weise ein spezieller Innovationsanspruch dieses Handbuchs zum Tragen: die Integration der antiken Geschichte der Region in die „Geschichte Südosteuropas“, und zwar nicht nur als Vorgeschichte der byzantinischen Herrschaft, sondern in ihrem eigenen Recht und in ihrer langwirkenden strukturellen Prägekraft (deren Ausmaß zum Beispiel ein Blick auf das frühmoderne Wegenetz in der Region schnell verdeutlichen kann). Dies spiegelt sich in einigen der zahlreichen Karten wider, die dieses Handbuch begleiten. Auch sonst geht unser Handbuch zur Geschichte Südosteuropas an vielen Stellen über die – an sich bereits sehr herausfordernde – „bloße“ Dokumentation von vorhandenen Forschungsergebnissen hinaus. „Südosteuropäische“ Geschichte als Geschichte einer größeren europäischen Region zu schreiben und dabei auch die Verflechtungen zu anderen Regionen in den Blick zu nehmen, wird zwar nicht erst in jüngster Zeit versucht.5 Jedoch ist eine tatsächlich gesamtregionale oder vergleichende Perspektive insgesamt keineswegs dominant, zumal nicht bei Arbeiten über einzelne Probleme. Bei weitem überwiegen nach wie vor, vor allem in der Region selbst, sehr stark nationalgeschichtlich angelegte Zugänge. Von dieser Literaturbasis hat selbstverständlich auch unser 5

Siehe wie eben; dazu als Kollektivwerk die Gesamtdarstellung Konrad Clewing/Oliver Jens Schmitt (Hgg.), Geschichte Südosteuropas. Vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart. Regensburg 2011; Ulf Brunnbauer/Klaus Buchenau, Geschichte Südosteuropas. Ditzingen 2018 (Schwerpunkt 19./20. Jh.); Oliver Jens Schmitt, Der Balkan im 20. Jahrhundert. Eine postimperiale Geschichte. Stuttgart 2019 (im Druck); dazu die älteren politikgeschichtlichen Standardwerke: Edgar Hösch, Geschichte der Balkanländer. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. München 5 2008 (Erstaufl. 1988); Barbara Jelavich, History of the Balkans. 2 Bde. Cambridge/MA 1984; Leften S. Stavrianos, The Balkans since 1453. New York 1958 und Peter F. Sugar, Southeastern Europe under Ottoman Rule, 1304 – 1804. Seattle/WA, London 1977. Vgl. auch Karl Kaser, Südosteuropäische Geschichte und Geschichtswissenschaft. Eine Einführung. Köln, Wien 2 2002 (Erstaufl. 1990).

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Einleitung zur Gesamtreihe

Handbuch zunächst auszugehen und die dort erzielten Ergebnisse wahrzunehmen und einzuordnen. Daraus ergibt sich zum einen die Aufgabe, der sprachlichen Vielfalt der einzelnen Historiographien so umfassend wie möglich gerecht zu werden. Eine vollkommene oder auch nur eine weitgehende Begrenzung der im Handbuch behandelten Forschungen und Materialien nur auf westsprachliche Literatur6 wäre eine grobe Engführung und würde grundlegenden wissenschaftlichen Standards nicht gerecht. Da indes nicht einmal die sprachgewandtesten unter den zu Südosteuropa Forschenden diesem Anspruch auf Abbildung des ganzen Forschungsstandes auf sich allein gestellt entsprechen könnten, impliziert ein Projekt wie das vorliegende Handbuch zur Erfüllung seiner eigenen Ansprüche intensiven kollegialen Austausch. Unser Handbuch dient daher auch dazu, lokal produziertes Wissen zu heben und in weitere Zusammenhänge zu integrieren – etwas, was die südosteuropäischen Historiographien aufgrund ihrer kargen materiellen Ausstattung oftmals selbst nicht vermögen. Damit wird aber nicht nur der Zweck der Kumulation von Wissen und Forschungsergebnissen verfolgt, sondern es geht insbesondere auch um die Überwindung der dominanten nationalhistorischen Engführung der Perspektive: Arbeiten, die historische Prozesse nur im Rahmen des vorabgesetzten „Containers“ der Nation beschreiben, verlieren die gerade für Südosteuropa so wichtigen regionalen und überregionalen Zusammenhänge aus den Augen. Mit einem Zugang, der die Gesamtregion ebenso wie die für ihre einzelnen Teile jeweils unterschiedlich konfigurierten überregionalen Verflechtungen in den Blick nimmt, können mithin neue Fragen aufgeworfen und bisherige Forschungsdesiderata angesprochen werden. Unser Handbuch soll daher nicht nur die bestehende Forschung resümieren, sondern auch Wege für produktive zukünftige Problemstellungen aufzeigen. Für einzelne Fragestellungen leisten Autorinnen und Autoren der verschiedenen Bände selbst originelle Forschungsarbeit, da sie längst nicht bei allem auf bestehende Forschung zurückgreifen konnten. Ebenfalls für ein Handbuch nicht ganz gewöhnlich ist, dass unser Projekt auch in Hinblick auf die Frage innovativ wirken soll, auf welcher Zeitachse die Geschichte Südosteuropa geschrieben werden kann. Vor allem handelt es sich um den schon erwähnten Brückenschlag zur Epoche des römischen Imperiums. Sie wurde im Laufe der jüngeren Forschungsgeschichte zur Region gemeinhin ausgeklammert oder zur bloßen Vorgeschichte reduziert. Auch innerhalb der drei editorischen Projekte des ehemaligen Südost-Instituts (heute Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung), die unserem Handbuchvorhaben ansonsten wegbereitend vorangegangen sind, hatte die römische Epoche noch keine Berücksichtigung gefunden.7 Dieser Brückenschlag zur Antike wird

6

Oder gar auf bloß englischsprachige Literatur; vgl. als Beispiel, obwohl dort anderssprachige Forschung eigentlich umfassend eingeflossen ist, mit Blick auf die angeführte Bibliographie Irina Livezeanu/Árpád von Klimó (Hgg.), The Routledge History of East Central Europe since 1700. Abingdon 2017.

7

Zunächst das vierbändige Biographische Lexikon zur Geschichte Südosteuropas (Hgg. Mathias Bernath/ Felix von Schroeder/Karl Nehring. München 1974 – 1981), das mittlerweile auch als online durchsuchbare Datenbank unter zur Verfügung steht; das Mitte der 1990er Jahre als Projekt begonnene und inzwischen in zwei Auflagen erschienene Lexikon zur Geschichte Südosteuropas (Hgg. Edgar Hösch/Karl Nehring/Holm Sundhaussen. Wien, Köln, Weimar 2004; Hgg. Holm Sundhaussen/ Konrad Clewing. 2., erweiterte und aktualisierte Aufl. Wien, Köln, Weimar 2016); sowie in unmittelbarem

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HGSOE, Bd. 1

Ziele und Merkmale des Handbuchs

am stärksten im vorliegenden ersten Band zum Ausdruck kommen. Er ist aber für die Betrachtung von Sprache, Kultur und gesellschaftlichen Veränderungen ebenfalls von erheblicher Bedeutung (man denke etwa an die überragende Rolle von religiösen Prägungen und in der Spätantike grundgelegten kirchlichen Strukturen). Über den rein inhaltlichen Erkenntnisgewinn hinaus dient diese zeitliche Ausweitung der Wiederaufnahme eines wissenschaftlichen Austausches, der in der internationalen Südosteuropaforschung ab den 1930er Jahren für längere Zeit fast völlig zum Erliegen gekommen ist. Eine der führenden Gründerfiguren des Faches, der Archäologe und Epigraphiker Carl Patsch (1865 – 1945), hat diesen Brückenschlag noch selbst verfolgt und dabei gezeigt, wie sehr davon sowohl „Alte“ als auch „Südosteuropäische Geschichte“ profitieren.8 Dieser erneuerte Brückenschlag wird hoffentlich dazu dienen, Problemstellungen aus der vergleichenden Imperienforschung sowie Fragen zum Verhältnis und zur Dauerhaftigkeit von Zentren und Peripherien sowie überhaupt zu historischen Kontinuitäten, Pfadabhängigkeiten und Strukturen genauso wie zu Diskontinuitäten und Brüchen in einer echten Langzeitperspektive für Südosteuropa neu aufzuwerfen. Auch mit Blick auf die innerregionale nationalhistorisch verfasste Forschungslandschaft ergibt der Brückenschlag besonderen Sinn, weil die Frage nach der eigenen „Altansässigkeit“ unter Rückgriff auf die Antike in Südosteuropa nicht nur die Politisierung von Geschichte, sondern auch die geschichtliche Forschung über die Epochen bis nahe heran an die Gegenwart überaus stark beschäftigt – ungeachtet dessen, dass die Frage nach dem „woher wir kommen“ aus nichtregionaler Sicht längst überkommen erscheinen mag. Immerhin unterscheidet sich Südosteuropa in der Tat von den anderen Regionen des östlichen Europa in langfristiger Sicht erheblich dadurch, dass es in praktisch allen seinen Teilen einmal römisches Reichsgebiet gewesen ist. Zudem liegen mit dem Griechischen und dem Albanischen zwei Sprachen vor, deren Präsenz auf die Antike verweist und ist mit dem Rumänischen eine Sprache vertreten – noch dazu die sprecherreichste der ganzen Region –, deren Ursprung in der römischen Epoche liegt. Es ergibt daher in mehrfacher Beziehung Sinn, den Untersuchungszeitraum für ein historisches Handbuch zu dieser Region nicht erst mit einem durch die Zuwanderung von Slawischsprachigen definierten „Mittelalter“ zu beginnen. Die zugrunde gelegte Zeitachse beginnt damit in der Epoche des Römischen Reiches. Und ungefähr analog zur „Sattelzeit“ (Reinhart Koselleck) spielt der Zeitabschnitt um 1800 auch für das Konzept dieses Handbuchs eine strukturierende Rolle. Wir sind uns gewiss der Problematik von Periodisierungen bewusst, zumal sobald unterschiedliche Bereiche des historischen Geschehens betrachtet werden. Sprache und Kultur oder wirtschaftlicher Strukturwandel folgen nicht zwangsläufig den Dynamiken politischer Umbrüche oder anderer einschneidender Ereignisse, konzeptionellem Zusammenhang mit dem Handbuch die Geschichte Südosteuropas von 2011 (Hgg. Clewing/ Schmitt). 8

Zu Patsch und seiner Bedeutung in dieser Hinsicht Nathalie Clayer, Carl Patsch et le musée national de Tirana (1922 – 1925). Construction nationale et expertise muséologique, Revue germanique internationale 16 (2012), 91–104; Daniel Baric, Archéologie classique et politique scientifique en Bosnie-Herzégovine habsbourgeoise. Carl Patsch à Sarajevo (1891 – 1918), Revue germanique internationale 16 (2012), 73–89; seine von Daniel Baric (Paris) edierten autobiographischen Aufzeichnungen sind für 2020 in Verantwortung des IOS als Band der Reihe DigiOst geplant.

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Einleitung zur Gesamtreihe

die traditionellerweise zur Absteckung von historischen Epochen herangezogen werden. Wie aber durch die Bände einzeln deutlich werden wird, erweist sich dennoch auch für Südosteuropa die Idee der „Sattelzeit“ als heuristisch sinnvolle Scheidelinie, die zur Organisation der Fülle des Materials herangezogen werden kann. Mit dieser relativ einfachen Periodisierung von vor und nach 1800 kommt auch zum Ausdruck, dass die am „abendländischen“ West- und Mitteleuropa gewonnene überkommene Epochenfolge „Antike, Mittelalter, Neuzeit“ für den Südosten Europas nur bedingt sinnvoll ist. Das gilt nicht nur wie angerissen für die Abgrenzung von „Antike“ und „Mittelalter“, sondern mehr noch für die schematische Übernahme einer um 1500 zu beginnenden „Neuzeit“ auf diesen Teil des Kontinents. Weder die Renaissance noch die Reformation, und damit auch die Gegenreformation, haben ihn außerhalb des ungarländischen Bereichs vergleichbar direkt und intensiv beeinflusst wie den Westen und die Mitte Europas. Das Osmanische Reich als eine der zentral prägenden Herrschaftsformen für den Großteil der Region lässt sich überhaupt nicht hinreichend in dieses Schema pressen. Eher als von Früher Neuzeit könnte man für den diesem Reich damals angehörenden Bereich viel präziser von „osmanischer Epoche“ sprechen. Es besteht indes kein Anlass, diese Fragen in ihrer Bedeutung zu überhöhen, so erkenntnisfördernd die stetige Beschäftigung der Geschichtswissenschaft mit dem Sinn und Unsinn von Epochengrenzen auch ist. Um zu erkennen, dass eine Abfolge von Antike, Mittelalter und Neuzeit kein global anwendbares historisches Schema ist, genügt schon längst jeder Blick in die weitere Ferne (von Europa aus betrachtet). Unsere Unterteilung in „Vormoderne“, für die Zeit bis ca. 1800, und „Moderne“, worunter hier vereinfachend die Jahrhunderte ab etwa 1800 zu verstehen sind, ist folglich in allererster Linie eine pragmatisch begründete Hilfsbegrifflichkeit – darin jedem sonstigen Epochenbegriff ähnlich, aber hier vielleicht in noch gesteigertem Maße. Unsere epochale Gliederung ist dabei keinesfalls als teleologische Sichtweise – dass etwa die ältere Geschichte strikt auf die „Moderne“ zugelaufen sei – zu verstehen. Wohl aber haben sich ab etwa 1800 analog zur Koselleck’schen Sattelzeit grundlegende strukturelle Änderungen ereignet und verdichtet: Mit der seit der napoleonischen Zeit langsam (aber auch nicht langsamer als in vielen Teilen Westeuropas!) einsetzenden Nations- und Nationalstaatsbildung und mit der beginnenden Aneignung von „europäischen“ Modellen durch die tonangebenden Teile der südosteuropäischen neuen Eliten9 haben sich im Verhältnis von Herrschaft und Bevölkerung, in den Mustern des Wirtschaftens und im sozialen Alltag, in den kulturellen und letztlich auch sprachlichen Praktiken aufgrund der Intensivierung von Staatlichkeit sowie technischem Wandel solch tiefgreifende Veränderungen vollzogen, dass sie bis in die Gegenwart prägend sind. Eine wesentliche Begleiterscheinung dieses Wandels, mit tiefer Bedeutung für die historische Forschungspraxis und damit auch für dieses Handbuch, war die Revolutionierung der Produktion 9 Diana

Mishkova, Domesticating Modernity. Transfer of Ideologies and Institutions in Southeastern Europe, in: Michael Stolleis u. a. (Hgg.), Konflikt und Koexistenz. Die Rechtsordnungen Südosteuropas im 19. und 20. Jahrhundert. Bd. 1: Rumänien, Bulgarien, Griechenland. Frankfurt/M. 2014, 723–754; Hannes Grandits, „Europäisierung“ im spätosmanischen Südosteuropa im 19. Jahrhundert. Von einer romantischen Idee zur rücksichtslosen Realpolitik, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2010 .

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Südosteuropa als Geschichtsregion und Arbeitsbegriff

und Archivierung von Wissen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang die ab etwa jener Zeitenwende um 1800 explosionsartige Zunahme bei der Entstehung von amtlichen und nichtamtlichen Dokumenten, die überdies zunehmend systematisch archiviert wurden; aber auch ganz allgemein die zunehmende Verschriftlichung von Kultur und Verwaltung, das steigende Bedürfnis des Staates, seine Bewohner und sein Territorium zu kennen, sowie das Entstehen von Universitäten und sonstigen wissenschaftlichen Institutionen haben seit damals das in und über die Region produzierte Wissen exponentiell ansteigen lassen. Die Geschichte der letzten beiden Jahrhunderte kann daher auf einer ganz anderen Quellenbasis geschrieben werden als für die Zeit davor. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass für die Zeit der „Moderne“, relativ zu ihrer Länge gesehen, so ungleich viel mehr Forschung vorliegt als für sämtliche Zeiten davor. Eben das war einer der pragmatischen Hauptgründe für die erfolgte Zweiteilung des Handbuchs in ein „davor“ und ein „danach“. Schließlich ist die Aufarbeitung von Quellen und Forschungsstand anhand der grundlegenden Forschungsfragen das für alle Beiträge des Handbuchs maßgebliche Prinzip. Aufgabe der einzelnen Bände ist es freilich zugleich, auch jeweils die Linien herauszuarbeiten, die über diese epochale Abgrenzung hinweg verlaufen.

 IE RAUMKONZEPTION DES HANDBUCHS: D SÜDOSTEUROPA ALS GESCHICHTSREGION UND ARBEITSBEGRIFF Nicht nur Zeit, sondern auch Raum ist eine zentrale Kategorie der Geschichtswissenschaft. In welchen geographischen Bezügen, an welchen Schauplätzen lokalisieren und analysieren wir historische Prozesse? Die Antworten auf diese Fragen entwerfen den Raum, anhand dessen Historikerinnen und Historiker ihre Gegenstände gliedern und zu beschreiben suchen. Jahre nach dem sogenannten „spatial turn“ in den Geistes- und Sozialwissenschaften kann dabei der Hinweis, dass – ähnlich wie die Epochenbegriffe – der Raumbegriff „Südosteuropa“ nicht als über die Zeiten hinweg als geographisch vorgegeben verstanden wird, keinen Anspruch auf Originalität erheben. Historischer Raum markiert Kommunikations- und Interaktionsbeziehungen einer bestimmten Dichte, die historisch gewachsen sind und sich daher auch verändern. Räume sind weder selbsterklärend, noch sind sie schon die Antwort auf Forschungsfragen; vielmehr handelt es sich bei ihnen um analytische Hilfsbegriffe, die demzufolge nicht für alle geschichtlichen Fragestellungen gleichmäßig taugen. Unserem Handbuchprojekt liegt die Ansicht zugrunde, dass es sich bei Südosteuropa um eine flexible, sich in der Zeit verändernde Geschichtsregion handelt.10 Gleichzeitig ist evident, dass 10

Vgl. zum Begriff und Verständnis von „Geschichtsregion“ (auch hinsichtlich relevanter Literaturangaben speziell zu „Ostmittel-“ und zu „Südosteuropa“) Stefan Troebst, „Geschichtsregion“. Historisch-mesoregionale Konzeptionen in den Kulturwissenschaften, in: European History Online/Europäische Geschichte Online (EGO). Mainz 2010-12-03; URL: . Ausführlicher und unter synonymer Verwendung von „Geschichtsregion“ und „historischem Raum“ Holm Sundhaussen, Die Wiederentdeckung des Raums.

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Einleitung zur Gesamtreihe

„Südosteuropa“ oder der enger gefasste parallele Raumbegriff „Balkan“ nicht einfach „nur“ geographische Denotationen sind, sondern mit kultureller Bedeutung aufgeladen sind, so dass diese Namen ihre eigene Geschichte besitzen, wie wir in Abschnitt 4 dieser Einleitung erörtern. Davor möchten wir aber darlegen, wie und wo wir in unserem Handbuch „Südosteuropa“ verorten. Denn abseits der Frage, wie eine Geschichtsregion konzipiert oder gar definiert werden kann, sind mit dem Raumbegriff wesentliche praktische Fragen verbunden: Irgendwo muss auch das ambitionierteste Handbuchprojekt die Grenzen dessen ziehen, wofür es sich interessiert, auch wenn diese Grenzen relativ willkürlich erscheinen. Das mag theoretisch nie ganz befriedigend sein – jede Region hat Nachbarregionen, die weitere Nachbarregionen haben, ohne die auch die Geschichte all dieser Regionen nicht geschrieben werden kann – aber dann hätten wir am Ende ein Handbuch der Geschichte unserer Welt anlegen müssen. So mutig waren wir dann doch nicht. Die räumliche Absteckung von Südosteuropa als (semantischer) Einheit ist selbstredend nicht überzeitlicher Herkunft. Sie ist vielmehr schrittweise aus der ab Beginn des 19. Jahrhunderts aufkommenden, philologisch orientierten Wiener Beschäftigung mit dem Raum der osmanisch beherrschten Teile Europas heraus entwickelt worden.11 Die dortigen Balkanphilologen und Sprachwissenschaftler Bartholomäus Jernej Kopitar (1780 – 1844) und Franz Ritter von Miklosich/ Miklošič (1813 – 1891) setzten sich dabei mit der gesamten sprachlichen Vielfalt der damaligen sogenannten „Europäischen Türkei“ auseinander, von der Ägäis bis nach Bosnien, also nicht etwa nur mit den slawischen Idiomen, sondern auch mit der Fülle nichtslawischer Sprachen (Neugriechisch, Albanisch, Rumänisch, Romanes).12 Sprachliche, aber auch religiöse Vielfalt wohnt dem Südosteuropabegriff daher von Beginn an inne. Zum anderen wurde er lange Zeit weniger durch Über Nutzen und Nachteil von Geschichtsregionen, in: Konrad Clewing/Oliver Jens Schmitt (Hgg.), Südosteuropa. Von vormoderner Vielfalt und nationalstaatlicher Vereinheitlichung. Festschrift für Edgar Hösch. München 2005, 13–33; am Beispiel Südosteuropas: Dietmar Müller, Southeastern Europe as a Historical Meso-Region. Constructing Space in Twentieth-Century German Historiography, European Review of History 10 (2003), H. 2, 393–408. 11

Zur Begriffsdiskussion vgl. die Lemmata „Balkan“, „Balkanforschung“ und „Südosteuropa“ in: Sundhaussen/ Clewing (Hgg.), Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, sowie Konrad Clewing/Oliver Jens Schmitt, Südosteuropa – Raum und Geschichte, in: diess. (Hgg.), Geschichte Südosteuropas, 7–15.

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Victor A. Friedman, After 170 years of Balkan Linguistics. Whither the Millennium? in: ders., Studies on Albanian and other Balkan Languages. Peja 2003, 485–502; Ingrid Merchiers, Cultural Nationalism in the South Slav Habsburg Lands in the Early Nineteenth Century. The Scholarly Network of Jernej Kopitar (1780 – 1844). München 2007; Gerhard Neweklowsky, Franz Miklosich (1813 – 1891). Begründer der österreichischen Slawistik. Wien 2015; Walter Lukan (Hg.), Franz Miklosich (Miklošič). Neue Studien und Materialien anlässlich seines 100. Todestages. Wien 1991 (= Österreichische Osthefte. Sonderheft, 33); Katja Sturm-Schnabel (Hg.), Der Briefwechsel Franz Miklosich’s mit den Südslaven. Korespondenca Frana Miklošiča z južnimi Slovani. Maribor 1991; Jože Toporišič (Hg.), Miklošičev zbornik. Mednarodni simpozij v Ljubljani od 26. do 28. junija 1991 [Sammelband zu Miklošič. Internationales Symposium in Ljubljana, 26. – 28. Juni 1991]. Ljubljana 1992. Zur Geschichte der älteren Wiener Slawistik grundlegend ist die Abhandlung von Stanislaus Hafner, Geschichte der österreichischen Slawistik, in: Josef Hamm/Günther Wytrzens (Hgg.), Beiträge zur Geschichte der Slawistik in nichtslawischen Ländern. Wien 1985, 11–88; Juliane Besters-Dilger/Heinz Miklas (Hgg.), Slawistik an der Universität Wien, 1849 – 1999. Wien 1999; Giovanna Brogi Bercoff/Pietre Gonneau/Heinz Miklas (Hgg.), Contribution à l’histoire de la slavistique dans les pays non slaves. Beiträge zur Geschichte der Slawistik in den nichtslawischen Ländern. Wien 2005; sowie: Symposiumsbeiträge. 150 Jahre Slawistik an der Universität Wien (= Wiener Slavistisches Jahrbuch 45 [1999]).

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direkte Herrschaftszusammenhänge geprägt als die ältere Bezeichnung „Europäische Türkei“. Und dennoch war er von Beginn an nicht frei von Untertönen, stellte er doch zumindest implizit die Zugehörigkeit des damit beschriebenen Raumes zum Osmanischen Reich infrage. Heute wird in der Regel der Balkan, das heißt der Raum südlich von Save und Donau sowie zwischen Adria, Ägäis und Schwarzem Meer, als Kernraum des Südosteuropabegriffes verstanden. Zu ihm hinzu umfasst Südosteuropa in den Definitionsversuchen zumeist auch das pannonische Becken, die historischen Gebiete Walachei und Moldau und die östliche Adriaküste bis nahe Triest und den slowenischen Raum, letzteres aufgrund der dichten Verbreitung südslawischer Idiome. Aus den vorhandenen langjährigen Forschungsdebatten übernimmt das vorliegende Handbuch ein Südosteuropakonzept, das als geographischen Kern eine Region absteckt, die von der Ägäis und damit von ganz Griechenland im Süden reichend den Balkanraum umfasst und ihn in seiner engen geschichtlichen Verflechtung mit den Regionen nördlich der Donau betrachtet, die im Norden und Westen von den Karpaten gerahmt werden. Hinzu kommen mit ebenso intensiver Betrachtung die außerbalkanischen Teile der südslawischen und rumänischen Sprachgebiete. Jenseits dessen werden ungarische (und historisch gesprochen „ungarländische“) Bezüge mit einbezogen, diese jedoch in erster Linie in ihrer Rückbindung und Rückwirkung an das soeben beschriebene engere Südosteuropa. Dabei versteht das Handbuch wie schon angedeutet jedwede Geschichtsregion als heuristisches Konstrukt, das epochalen und thematischen Erfordernissen anzupassen ist, also nicht durch diachron unveränderlich feste Außengrenzen definiert ist, sondern vielmehr sich durch flexible, sich oftmals verändernde Grenz- und Übergangsräume auszeichnet. In historischen Bestimmungsversuchen von Südosteuropa hat man mit gutem Grund wiederholt die mehrfache Überlagerung imperialer Erbschaften – Rom, Byzanz, das Osmanische und das Habsburgische Reich – als prägendes Element angesehen.13 Die Hervorhebung von derlei Erbschaften bedeutet indes in unserem Vorhaben keine Bevorzugung einer rein imperialen, vom jeweiligen Reichszentrum her definierten Perspektive. Denn einerseits soll hier auch der Blick von der (oftmals nur vermeintlichen) Peripherie auf die jeweiligen imperialen Zentren und darüber hinaus angestellt werden; und andererseits lässt sich der Prozess der äußeren und inneren Bildung von Nationalstaaten, der das 19. und 20. Jahrhundert prägt, nicht auf einen bloß post-imperialen Reflex reduzieren. Die unterschiedlichen Betrachtungsebenen und Blickwinkel – überregional, imperial, innerregional, nationalstaatlich, lokal – sind bei all dem vielfach komplementär; sie schließen sich nicht nur wechselseitig nicht aus, sondern oft bedingen sie einander. Das Bewusstsein für die notwendige Verschränkung dieser Perspektiven, das diesem Handbuch zugrunde liegt, verhindert auch, dass die Geschichte der Region nur als Abfolge von Punkten auf imperialen oder nationalstaatlichen Ereignisketten zu beschreiben wäre. Hier geht es nicht um Chronistik, sondern um das Aufzeigen von Zusammenhängen und die Erklärung von historischen Sachverhalten.

13

Auf den Punkt gebracht findet sich dieses Argument sowohl bei Maria Todorova, Historische Vermächtnisse als Analysekategorie. Der Fall Südosteuropa, in: Karl Kaser u. a. (Hgg.), Europa und die Grenzen im Kopf. Klagenfurt 2003, 227–251; und bei Holm Sundhaussen, Europa balcanica. Der Balkan als historischer Raum Europas, Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), 626–653.

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Ein auf die beschriebene Weise weiter gefasster Südosteuropabegriff bedeutet aber nicht, alle inbegriffenen kleineren Bereiche „ausschließlich“ als Teil Südosteuropas zu betrachten und deren Einbettung in andere, teils überlappende Geschichtsregionen zu ignorieren. Dies betrifft in unserem Handbuch insbesondere die schon angedeutete Frage, in welchem Ausmaß ungarische Geschichte Platz zu finden hat. Hier galt es vor allem, die besonders intensiven Wechselwirkungen zwischen dem pannonischen und dem Balkanraum herauszuarbeiten – eine Beziehungsgeschichte zwar von langer Dauer, aber nicht von immer gleicher Intensität. Zentrale Entwicklungen im südöstlichen Europa ließen sich jedenfalls nicht ohne einen Bezug auf die Geschichte der Ungarn erklären, und zwar keinesfalls nur für die Zeiten der gemeinsamen Zugehörigkeit zu in der Region wirksamen Reichsbildungen (wie dem Osmanischen). Zugleich verdeutlich das Beispiel auch, wie sich ein Raumbegriff verändert: Im Laufe des 20. Jahrhunderts wird die Einbettung Ungarns in südosteuropäische Kommunikations- und Interaktionsgeflechte immer schwächer. Das wird sich entsprechend auch in der Darstellung im Handbuch ausdrücken.

Beispiele räumlicher Perspektivierung Die im Handbuch verfolgte flexible Abgrenzung des Raumes Südosteuropa soll hier noch in vier Beispielrichtungen verdeutlicht werden. Sie reichen von der Bedeutung der urbanen Zentren für inner- und außerregionale Verflechtungen über die Migrationsgeschichte im Adriaraum zur Bedeutung der Steppe als Übergangszone zum osteuropäischen und zentralasiatischen Raum bis hin zu den allgemeineren maritimen Aspekten der Geschichte Südosteuropas. Alle diese Beispiele verdeutlichen auch den Erkenntniszugewinn, wenn die Kategorie „Südosteuropa“ in diese räumlichen Bezüge eingeschrieben wird, da sich daraus neue Perspektiven auf bekannte grundlegende Phänomene entwickeln lassen und sich bisher vernachlässigte beziehungshistorische Dimensionen auftun. Wie produktiv ganz grundsätzlich eine geographische Weiterung des forschenden Blickes sein kann, hat kürzlich Marie-Janine Calic mit dem Versuch einer globalhistorischen Einbettung Südosteuropas gezeigt, und schon etwas länger zurück hat Karl Kaser den Vorschlag formuliert, die Geschichten des Balkans und des Nahen Ostens als eine gemeinsame zu schreiben.14 1.

Z  u den Charakteristika der vormodernen Geschichte Südosteuropas gehört, dass die Städte mit zentralörtlichem Charakter für die Region oft an deren Rand – oder sogar knapp jenseits davon – lagen. Dies gilt in erster Linie für die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zentren Konstantinopel/Istanbul sowie Wien und Venedig. Der Blick der Forschung auf Südosteuropa bis ins frühe 20. Jahrhundert ist als eine Folge dieses Phänomens immer noch von der immensen Quellenfülle gekennzeichnet, die in diesen imperialen Zentren entstanden ist. Fachrichtungen wie die Byzantinistik und Osmanistik haben sich auch deshalb oft nur mühsam von einem dementsprechend imperial-zentralistischen Blick auf die Region gelöst. Alle drei Oberzentren wirkten als

14 Karl

Kaser, The Balkans and the Near East. Introduction to a Shared History. Wien, Köln, Weimar 2011; Calic, Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region.

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Magnete der Zuwanderung, und manche ethnische Gruppen besaßen zeitweilig dort und nicht in ihren Herkunftsgebieten ihre in absoluten Zahlen größte urbane Siedlungskonzentration – so war etwa Istanbul neben seinen vielen anderen Funktionen noch um 1900 womöglich vor Shkodra, Prizren und Skopje die größte „albanische“ Stadt.15 Nach den imperialen Hauptstädten erfüllten auch weitere rein geographisch vermeintlich periphere oder außerhalb gelegene Orte wie Thessaloniki, Smyrna, später auch Triest und in geringerem Maße Odessa ähnliche Funktionen. Als Handelshäfen groß geworden – das an sich viel ältere Smyrna im Wesentlichen ab dem 17. Jahrhundert, Triest im 18./19. und Odessa im 19. Jahrhundert –, zogen sie Zuwanderer aus ganz Südosteuropa an. In Smyrna waren das vor allem orthodoxe Griechen und katholische Levantiner, in Triest Griechen, Serben und vor allem Slowenen, in Odessa insbesondere Griechen und in seinem Umland Bulgaren und auch Serben. Triest, Thessaloniki und Smyrna bildeten in der Zeit des Hochnationalismus auch den Schauplatz von für das damalige Südosteuropa hochrelevanten, erbitterten und gewaltsamen Ethno- und zwischenstaatlichen Konflikten, die für jene Städte mit dem Verlust der internationalen Stellung im Handel und einer vollständigen (Smyrna 1922, Thessaloniki mit Blick auf seine Muslime ab 1912 und durch den deutschen Holocaust ab 1941) beziehungsweise weitgehenden ethnischen Homogenisierung (Triest nach 1918) endeten. Die Intensität dieser Konflikte um die Zugehörigkeit dieser Städte verdeutlichte dabei ihre über sie selbst hinausweisende gesellschaftliche, aber auch symbolische Bedeutung. Mit der Ermordung und Vertreibung seiner armenischen, griechischen und levantinischen Bevölkerung wurde Smyrna 1922 gewaltsam von seinen südosteuropäischen Bezügen getrennt – ähnlich wie eben der südbalkanische Zentralort Thessaloniki zwischen 1912 und 1941 durch Krieg, Vertreibung, Abwanderung und Shoah aus einer sephardisch-türkisch-griechisch-bulgarisch-levantinischen zu einer fast ausschließlich griechischen Stadt wurde, die jenseits ihres Hafens kaum noch Bedeutung über Griechenland hinaus ausübte.16 15

Zu den Griechen in Konstantinopel: Charēs Exertzoglu, Προσαρμοστικότητα και πολιτική ομογενειακών κεφαλαίων. Έλληνες τραπεζίτες στην Κωνσταντινούπολη. Tο κατάστημα „Ζαφίρης Ζαφειρόπουλος“ 1871 – 1881 [Anpassungsfähigkeit und Politik des Kapitals von Konationalen. Griechische Bankiers in Konstantinopel. Das Unternehmen Zaphires-Zapheiropulos]. Athen 1989; ders., Εθνική ταυτότητα στην Κωνσταντινούπολη τον 19ο αιώνα. O Ελληνικός Φιλολογικός Σύλλογος Κωνσταντινουπόλεως, 1861 – 1912 [Nationale Identität in Konstantinopel im 19. Jh. Der Griechische philologische Verein von Konstantinopel]. Athen 1996. Zum „albanischen Istanbul“ hingegen fehlt für die längere historische Einordnung eine wissenschaftliche Untersuchung, abgesehen von einer auf das 20. Jahrhundert konzentrierten kurzen Studie von Gilles de Rapper, Les Albanais à Istanbul. Istanbul 2000 (24 S., online zugänglich unter .

16

Aus der Fülle der in den letzten Jahren stark gewachsenen Literatur: Marina Cattaruzza, Trieste nell’Ottocento. Le trasformazioni di una società civile. Udine 1995; dies., Stadtbürgertum und Kaufmannschaft in Triest. 1749 – 1850, in: Robert Hoffmann (Hg.), Bürger zwischen Tradition und Modernität. Wien, Köln 1997, 225– 246; dies. (Hg.), Nazionalismi di frontiera. Identità contrapposte sull’Adriatico nord-orientale 1850 – 1950. Soveria Mannelli 2003; dies., Sozialisten an der Adria. Berlin 2011; Sacha Zala (Hg.), Die Moderne und ihre Krisen. Studien von Marina Cattaruzza zur europäischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Göttingen 2012; Roberto Finzi/Giovanni Panjek (Hgg.), Storia economica e sociale di Trieste. 2 Bde. Trieste 2001 – 2003; Andreas Helmedach, Das Verkehrssystem als Modernisierungsfaktor. Straßen, Post, Fuhrwesen und Reisen nach Triest und Fiume vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis zum Eisenbahnzeitalter. München 2002; Paul Dumont/

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2.

D  ie Adria bildet seit der Antike nicht nur einen vielfältig verflochtenen und integrierten politischen, kulturellen und ökonomischen Raum (siehe Punkt 4), sondern auch einen Migrationsraum. Im Süden behauptete Byzanz bis 1071 seine Besitzungen in der alten Magna Graecia auf der Appeninhalbinsel. Seine Nachfolger, die Normannen, setzten, wie vor ihnen die Römer und nach ihnen Staufer, Angevinen und Aragonesen, die süditalienische Expansion in den südwestlichen Balkan fort. Die weitgehende osmanische Eroberung der adriatisch-ionischen Küste (Ende des 15. Jh.s) trieb zehntausende Griechen, Albaner und Südslawen in die Flucht nach Venedig, den Marken, Apulien, der Basilicata, Kalabrien und Sizilien. Besonders die orthodoxen, später unierten albanischen Flüchtlinge in Süditalien haben sich bis heute als eigene italo-albanische Gemeinschaft, die Arbëresh, erhalten. Im 19. Jahrhundert wirkten sie mit ihren auf das Mittelalter zurückreichenden Kulturtraditionen und ihrer starken Beteiligung am italienischen Risorgimento, aber auch durch mitunter direkte Teilnahme an der balkanalbanischen Nationsbildung maßgeblich auf die Herausbildung einer albanischen Nationalidentität ein.17 Obwohl also räumlich außerhalb der Balkanhalbinsel liegend, sind außerregionale Migrantengruppen südosteuropäischer Herkunft durchaus auch Teil und möglicher Gegenstand einer historischen Betrachtung Südosteuropas. Das gilt insbesondere für die diversen „Diasporen“, die im 19. und 20. Jahrhundert Ideen- und Geldgeber unterschiedlicher Nationalbewegungen waren. Neben den albanischen Gemeinschaften in Unteritalien und vor allem ab dem 19. Jahrhundert auch in Ägypten (besonders prominent in Alexandria) sind hier etwa die in der ganzen Levante und Mitteleuropa verstreuten „griechischen“ Gemeinschaften zu nennen; oder die serbischen und bulgarischen Siedler im nördlichen Schwarzmeerraum sowie die seit dem frühen 20. Jahrhundert bestehenden, starken Auswanderergemeinschaften etwa von Kroaten, Serben, Makedoniern und Griechen in Nordamerika und Australien, später dann auch die „Gastarbeiter“ aus Jugoslawien und Griechenland in Mittel- und Nordeuropa, und noch näher an unserer Gegenwart Emigranten aus Albanien in Italien oder Rumänen in zahlreichen westeuropäischen Ländern. Aufgrund ihrer starken Migrationsdynamik ist südosteuropäische Geschichte

François Georgeon (Hgg.), Villes ottomanes à la fin de l’empire. Paris 1992; Ethem Eldem/Daniel Goffman/ Bruce Masters, The Ottoman City between East and West. Aleppo, Izmir, and Istanbul. Cambridge/MA 1999; Elena Frangakis-Syrett, The Commerce of Smyrna in the Eighteenth Century (1700 – 1820). Athens 1992; Paschalis M. Kitromilides/Alexis Alexandris, Ethnic Survival, Nationalism and Forced Migration. The Historical Demography of the Greek Community of Asia Minor at the Close of the Ottoman Era, Δελτίο Κέντρου Μικρασιατικών Σπουδών 5 (1984 – 1985), 9–44; Marie-Carmen Smyrnelis, Une société hors de soi. Identités et relations sociales à Smyrne aux XVIIIe et XIXe siècles. Paris, Louvain 2005; Hervé Georgelin, La fin de Smyrne. Du cosmopolitisme aux nationalismes. Paris 2005; Méropi Anastassiadou, Salonique (1850 – 1912). Une ville ottomane à l’âge des réformes. Leiden 1997; Mark Mazower, Salonica. City of Ghosts. Christians, Muslims and Jews, 1430 – 1950. London 2004; Patricia Herlihy, The Ethnic Composition of the City of Odessa in the Nineteenth Century, Harvard Ukrainian Studies 1 (1977), 53–78; dies., Odessa. A History, 1794 – 1914. Cambridge/ MA 1986. 17

Milan von Šufflay, Städte und Burgen Albaniens hauptsächlich während des Mittelalters. Wien 1924; Alain Ducellier, La façade maritime de l’Albanie au moyen âge. Durazzo et Valona du XIe au XVe siècle. Thessalonique 1981; ders. u. a., Les chemins de l’exil. Bouleversements de l’Est européen et migrations vers l’Ouest à la fin du moyen âge. Paris 1992; Brunehilde Imhaus, Le minoranze orientali a Venezia 1300 – 1510. Roma 1997; Ermanno Orlando, Migrazioni mediterranee. Migranti, minoranze e matrimoni a Venezia nel basso medioevo. Bologna 2014; Francesco Altimari (Hg.), I dialetti italo-albanesi. Studi linguistici e storico-culturali sulle comunità arbëreshe. Roma 1994.

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in hohem Maße translokal. Sie ist angesichts dieser konkreter Interaktionsbeziehungen schon vor dem späten 19. Jahrhundert auch in eurasischen, ab dann desgleichen in globalen Bezügen zu deuten.18 3.

D  ie lange Debatte um die Raumgrenzen Südosteuropas hat sich stark mit dem nördlichen (nordwestlichen) Ende der Region beschäftigt, vor allem mit der Abgrenzung gegenüber dem „konkurrierenden“ Raumkonstrukt (Ost-)Mitteleuropa. Wesentlich weniger Beachtung fand, dass in Richtung Nordosten der untere Donauraum ebenfalls einen breiten Übergangsbereich darstellt und überdies das eine Ende der großen eurasischen Steppenlandschaft bildet. Südosteuropäische Geschichte ist bislang kaum in die lange Geschichte dieser Großlandschaften eingeschrieben worden. Dabei ist der Raum vom Zweiten bis zum 18. Jahrhundert auf das engste mit der Dynamik der eurasischen Steppe verbunden. Erst die Eroberung des Krimchanats durch Russland (1783) und damit die Beseitigung des letzten politischen Erbes des Mongolenreiches im nordpontischen Raum hat den Faktor Steppe aus der politischen Geschichte Südosteuropas ausgeschaltet. In einer Betrachtung der langen Dauer hatte schon weit früher die Reichsmetropole am Bosporus über Jahrhunderte hinweg wandernde Steppenvölker angezogen. Byzanz und später das Osmanische Reich griffen von Außenposten auf der Krim in Migration und Politik der nordpontischen Steppe ein und betrieben eine regelrechte Vorfeldpolitik – man denke etwa an die Einbindung der Rus’ in byzantinisch-orthodoxe Zusammenhänge durch deren Christianisierung (988/989). Jenen Steppenvölkern gegenüber, die an die mittlere und untere Donau gelangten, brachte Byzanz ein ganzes Instrumentarium diplomatischer, militärischer und wirtschaftlicher Maßnahmen zum Einsatz, angefangen vom Föderatenwesen bis zur Ansiedlung und Christianisierung besiegter Kriegergruppen. Die heutige Dobrudscha und Nordbulgarien (zwischen dem Balkangebirge und der Donau) wiesen für Reitervölker günstige Bedingungen auf. Weideflächen und Wasser waren reichlich vorhanden. Nicht umsonst lagen die beiden ersten Zentren des Ersten bulgarischen Reiches, Pliska und Preslav, in jenem nördlichen Vorfeld des Balkangebirges. Zu wenig beachtet wird in der Geschichte Südosteuropas gemeinhin auch die Bedeutung der Kumanen, die von der Mitte des 11. Jahrhunderts bis zu ihrer Niederlage (und darüber hinaus) gegen die Mongolen (1223) eng mit dieser Geschichte verwoben waren. Die kumanische Herrschaft reichte bis an die Donau und trug offenbar zur sozialen Ausdifferenzierung in der Walachei bei. Kumanen spielten bei dem Aufstand von Bulgaren und Vlachen (1185) eine bedeutende Rolle, der zur Gründung des Zweiten bulgarischen Reiches führte. Spuren der süddanubischen Ansiedlung der Kumanen finden sich heute noch in Ortsnamen (zum Beispiel Kumanovo nordöstlich von Skopje). Tausende vor den Mongolen fliehende Kumanen ließen sich im ungarischen Königreich

18 Vgl.

an dieser Stelle als Beispiele für die neueste Forschung Brunnbauer, Globalizing Southeastern Europe; Holm Sundhaussen, Geschichte Südosteuropas als Migrationsgeschichte. Eine Skizze, Südost-Forschungen 65/66 (2006/2007), 422–477; mit Untersuchungen zu großräumigen innerregionalen Migrationen von Gegenden südlich der Donau in den Norden (Habsburgermonarchie, Donaufürstentümer, und auch Russisches Reich): Olga Katsiardi-Hering/Maria A. Stassinopoulou (Hgg.), Across the Danube. Southeastern Europeans and Their Travelling Identities (17th  – 19th C.). Leiden, Boston/MA 2017.

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nieder, wo sie von den Magyaren, einst selbst Zuwanderer aus der Steppe, erst nach einigen Jahrzehnten integriert werden konnten. Turkelemente als Ergebnis der Zuwanderung aus dem pontischen Raum gab es im europäischen Südosten daher schon lange vor den Osmanen. Mit dem osmanischen Vorstoß an die untere Donau, der Eroberung Kaffas auf der Krim (1475) sowie der moldauischen Häfen am Schwarzen Meer (Chilia und Akkerman, 1484) entstand dann erneut eine der byzantinischen Stellung vergleichbare Konstellation: Die Vormacht des Balkanraumes und Anatoliens, diesmal die Osmanen, griff in die Entwicklungen der Steppenwelt ein, nunmehr in Konkurrenz zu Polen-Litauen und zu Moskau. Die beiden rumänischen Fürstentümer, Moldau und Walachei, waren dem Kräftespiel in der nordpontischen Steppe besonders ausgesetzt. Eine rumänisch-ukrainische Beziehungsgeschichte, die nicht nur den Hetmanstaat, sondern auch kulturelle Einflüsse zu berücksichtigen hätte, ist allerdings noch kaum geschrieben worden. Man denke aber beispielsweise an den Kiewer Metropoliten moldauischer Herkunft Petro Mohyla/Petru Movilă, eine Schlüsselfigur der Kiewer Geistesgeschichte.19 Bedeutsam ist die Steppengeschichte der Frühen Neuzeit für Südosteuropa (und Anatolien) zudem wegen des anhaltenden Sklavenhandels über die Krim, wodurch zahlreiche Polen, Ukrainer, Weißrussen und Russen in das Osmanische Reich verschleppt wurden. Insgesamt hat die Steppe die Verfasstheit Südosteuropas zwar weniger verändert als der Zugriff der Osmanen aus Anatolien – doch nur der vergleichende Blick ermöglichte die Erklärung dieses Unterschieds. 4.

Ist die Steppe eine Art kontinentaler Ozean mit eigenen, stark vom Naturraum geprägten gesellschaftlichen Formen, so gilt dies analog auch für den maritimen Rahmen der Geschichte Südosteuropas. Das Meer – genauer: das Mittelmeer mit Adria und

19 Peter

Golden, Studies on the Peoples and Cultures of the Eurasian Steppes. Bucharest 2011; Florin Curta (Hg.), The Other Europe in the Middle Ages. Avars, Bulgars, Khazars, and Cumans. Leiden 2008; András Pálóczi Horváth, Petschenegen, Kumanen, Jassen. Steppenvölker im mittelalterlichen Ungarn. Budapest 1989; Valerij Stojanov, Kumanologija. 2 Bde. Sofija 2009; Paul Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier. A Political Study of the Northern Balkans, 900 – 1204. Cambridge/MA 2000; Şerban Papacostea, Românii în secolul al XIII-lea [Die Rumänen im 13. Jahrhundert]. Bucureşti 1993; Neagu Djuvara, Thocomerius – Negru Vodă. Un voivod cuman la începuturile Țării Românești [Thocomerius – Fürst Negru. Ein kumanischer Woiwode an den Anfängen der Walachei]. Bucureşti 2007; petschenegisch-kumanische, also vorosmanische Turkbevölkerung im oberen Strumatal untersuchen: Nadia Manolova-Nikolova/Penka Jéléva, Les localités au courant de Gorna Strouma pendant les 15 – 17ème siècles (Histoire brève), Bulgarian Historical Review 38 (2010), H. 1–2, 16–42, hier 26f.; Felicitas Schmieder/Peter Schreiner (Hgg.), Il codice cumanico e il suo mondo. Roma 2005; István Vásáry, Cumans and Tatars. Oriental Military in the Pre-Ottoman Balkans, 1185 – 1365. Cambridge/MA 2003; Denise Klein (Hg.), The Crimean Khanate between East and West (15th  – 18th Century). Wiesbaden 2012; Halil İnalcık, Sources and Studies on the Ottoman Black Sea. Bd. 1: The Customs Register of Caffa, 1487 – 1490. Boston/MA 1997; Dariusz Kołodziejczyk, Slave Hunting and Slave Redemption as a Business Enterprise. The Northern Black Sea Region in the Sixteenth to Seventeenth Centuries, Oriente Moderno N. S. 25 (2006), H. 1, 149–159; Ihor Ševčenko, The Many Worlds of Petro Mohyla. Harvard 1985; zu den moldauisch-osmanischen Beziehungen siehe die beispielhafte Untersuchung von Mihnea Berindei, La révolte de Ioan Vodă et les relations moldavo-ottomanes (I), Archiva Moldaviae 3 (2011), 27–55; (II), Archiva Moldaviae 4 (2012), 27–72; (III), Archiva Moldaviae 5 (2013), 27–51; Marian Coman, Putere şi teritoriu. Ţara românească medievală (secolele XIV – XV) [Macht und Territorium. Die mittelalterliche Walachei, 14. – 15. Jh.]. Iaşi 2013.

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Ägäis sowie das Schwarze Meer – spielt in der Raumdebatte und im Selbstverständnis der südosteuropäischen Geschichte freilich bislang kaum eine Rolle.20 Die Geschichte ihrer angrenzenden Meere gehört aber zu den grundlegenden Dimensionen der Vergangenheit der Balkanhalbinsel. Dies beginnt schon mit der bloßen Erkenntnis, dass bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die Verkehrsverbindungen zu Wasser, sofern sie nicht durch Entfernung oder Gebirgshindernisse unerreichbar waren, praktisch entlang der ganzen Großregion schneller und günstiger und meist auch sicherer waren als auf dem Land. Das Meer war für das milde Mikroklima in den Küstengebieten mitsamt der entsprechenden Landwirtschaft verantwortlich und versorgte Küstengemeinschaften mit Fisch, auf dessen Basis und durch Werftbau im späten 19. Jahrhundert lokale Industrialisierungsversuche starteten. Überdies war besonders im westlichen und südlichen Teil der Halbinsel städtisches Leben seit der Antike an der Küste verdichtet und vor allem kontinuierlich vorhanden, während die slawische Zuwanderung im Frühmittelalter das antike Städtewesen im Binnenland zerstörte; und sogar im verkehrsoffeneren östlichen Balkan (in der thrakischen Ebene) lagen mit wenigen Ausnahmen (z. B. Edirne/Adrianopel) die wichtigsten urbanen Siedlungen an der Küste. Für diese Städte war das Meer eine Lebensader, über die aber auch der Tod etwa in Form der Pest oder anderer Epidemien kommen konnte, weshalb der Verkehr über das Meer in der Neuzeit auch zu einem Ansatzpunkt für neuartige Quarantäne- und Sanitätsbestimmungen wurde.21 Die oft und zu Recht eingeforderte Einbettung einer Südosteuropäischen Geschichte in weitere Verflechtungszusammenhänge sollte also in Bündelung der beiden letztgenannten Aspekte viel stärker über eine Steppen- sowie Meeresgeschichte zu erfolgen, als dies bisher versucht worden ist.22 Dabei hatte einst bereits ein Autor wie der rumänische Historiker Gheorghe Brătianu (1898 – 1953) Südosteuropäische Geschichte als pontische Geschichte zu schreiben eingefordert und diesen Ansatz in einer großen Monographie umgesetzt. Gerade über die Schwarzmeerforschung ließe sich im südosteuropäischen 20

Vgl. für den Versuch eines Überblicks zur Bedeutung der mediterranen in der Südosteuropäischen Geschichte: Konrad Clewing, Südosteuropäische Geschichte, in: Mihran Dabag u. a. (Hgg.), Handbuch der Mediterranistik. Paderborn 2015, 447–456.

21

Siehe z. B. John Chircop/Francisco Javier Martínez (Hgg.), Mediterranean Quarantines, 1750 – 1914. Space, Identity and Power. Manchester 2018.

22

Die Wahrnehmungsschwäche liegt allerdings nicht nur auf Seiten der „Südosteuropäischen Geschichte“, sondern gilt weithin auch umgekehrt etwa auf Seiten der historischen Mediterranistik für deren südosteuropäischen Aspekte. Eindrücklich ist dies anhand der Geschichte des Mittelmeers von David Abulafia zu erkennen (The Great Sea. A Human History of the Mediterranean. London 2011), in welcher der Autor nicht nur Südosteuropäisches insgesamt kaum berücksichtigt, sondern sogar mit geographisch-formalistischer Begründung ausgerechnet die für die Mittelmeergeschichte so unerlässliche Kaiser- und Sultansstadt Byzanz/Konstantinopel/Istanbul aus der Betrachtung ausschließt (weil sie am Marmarameer und nicht am Mittelmeer liege). Man könnte dies als Beispiel dafür festhalten, wie irreleitend ein starrer historischer Raumbegriff wirken kann; hinzu kommt hier die unhinterfragte Bedeutung von nationalhistoriographischen (und „nationalgeographischen“) Traditionen auch im Westen Europas, da Abulafias Ausschlusskriterium lediglich aus englischsprachiger Binnenperspektive zunächst Sinn ergibt, weil dort (anders als etwa im deutschen Wortgebrauch) das Marmarameer nicht als Nebenmeer des Mittelmeeres gilt, sondern als völlig eigenständig zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer gelegen begriffen wird.

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Kontext Steppen- und Meergeschichte verbinden und diese rückkoppeln an die Erforschung der nordpontischen osteuropäischen Ströme.23 Die eingehende Untersuchung des italienischen Handels im Mittelalter sowie des nach der Öffnung der Meerengen (1774) wieder aufblühenden (Getreide-)Handels griechischer und italienischer Unternehmer zeigt jeweils Verbindungen zu weiteren europäischen Bezügen auf.24 Migrationsund Handelsverflechtungen im östlichen Mittelmeerraum bringen Südosteuropa mit der Levante und mit Nordafrika in Verbindung. Im Westen der Region schuf das Meer wiederum ein enges Interaktionsgeflecht zwischen Südosteuropa und den italienischen Kaufmannsrepubliken wie Venedig und Genua. Die habsburgisch-spanische Mittelmeerpolitik in der Frühen Neuzeit rückt mit dieser Perspektive ebenso in den Vordergrund wie lange später die Expansionsprojekte des italienischen Nationalstaates und des italienischen Faschismus in der Adria und der Ägäis. Im 19.  und 20. Jahrhundert wurde das Meer dann auch eine zentrale Projektionsfläche politischer und kultureller Projekte – man denke an die Versuche des Königreiches Jugoslawiens, sich auch als maritimer Staat zu positionieren. Die im Ursprung vor allem gegen Italien gewendete Organisation „Adria-Wacht“ (Jadranska straža) galt als 23

Aus der reichen Bibliographie: Stefan Troebst, Eine neue Südosteuropa-Konzeption? Der Balkan-SchwarzmeerKaukasus-Raum in politikwissenschaftlicher Sicht. Ein unvorgreiflicher Vorschlag zur Diskussion, Jahrbücher für Geschichte und Kultur Südosteuropas 2 (2000), 153–159; Charles King, The Black Sea. A History. Oxford 2004; Renate Pillinger u. a. (Hgg.), Die Schwarzmeerküste in der Spätantike und im frühen Mittelalter. Wien 1992; Gheorghe Brătianu, La Mer noire. Des origins à la conquête ottomane. Monachii 1969; Şerban Papacostea, La Mer noire du monopole byzantin à la domination des Latins aux détroits, Revue roumaine d’histoire 27 (1988), H. 1–2, 49–71; Virgil Ciocîltan, Mongolii şi Marea Neagra în secolele XIII – XIV. Contribuţia Cinghizhanizilor la transformarea bazinului pontic în placa turnantă a comerţului euro-asiatic [Die Mongolen und das Schwarze Meer. Der Beitrag der Dschingischaniden zur Verwandlung des Schwarzmeerraums in eine Drehscheibe des eurasischen Handels]. Bucureşti 1998; Ovidiu Cristea, Das Schwarze Meer (1261 – 1453) in der rumänischen Historiographie der letzten 50 Jahre, Jahrbücher für Geschichte und Kultur Südosteuropas 2 (2000), 79–89; ders./ Şerban Papacostea, Marea neagră. Puteri maritime – puteri terestre (sec. XIII – XVIII) [Das Schwarze Meer. Seemächte – Landmächte, 13. – 18. Jh.]. Bucureşti 2006; Michel Balard, La Romanie génoise. 2 Bde. Rome, 1978; Mihnea Berindei, Les Vénitiens en Mer noire aux XVIe  – XVIIe siècles, Cahiers du monde russe et soviétique 30 (1989), 207–224; ders., L’Empire ottoman et la route moldave avant la conquête de Chilia et Cetatea Albă, Revue roumaine d’histoire 30 (1991), H. 3–4, 161–188; ders./Gilles Veinstein, Les possessions ottomanes entre BasDanube et Bas-Dniepr. Reglements fiscaux et fiscalité de Bender-Aqkerman, Cahiers du monde russe et soviétique 22 (1981), 251–328; Paul Cernovodeanu, British Economic Interests in the Lower Danube and the Balkan Shore of the Black Sea between 1803 – 1829, Journal of European Economic History 5 (1976), 105–120; Vasil Gjuzelev, Medieval Bulgaria – Byzantine Empire – Black Sea – Venice – Genoa. Villach 1988; Svetlana Ivanova, Varna During the Late Middle Ages – Regional Versus National History, Études balkaniques (2004), H. 2, 109–143; Rumen Kowačev, Register aus dem osmanischen Archiv in Konstantinopel für die Stadt Varna und ihre Umgebung (2. Hälfte des 16. Jh.), Bulgarian Historical Review 31 (2003), H. 1–2, 29–68; Elena Grozdanova/Stefan Andreev, Die Städte an der bulgarischen Schwarzmeerküste (Ende des 15. bis zum 18. Jh.), Bulgarian Historical Review 15 (1987), H. 2, 15–33; siehe zudem die bulgarische Reihe „Bulgaria Pontica Medii Aevi“, bisher 7 Bde. Sofija 1981 – 2008; zum griechischen Schwarzmeerraum siehe die Zeitschrift Αρχείον Πόντου; Andreas Lyberatos, Between War and Trade. Remarks on the Political Constitution and Social Composition of the Greek Orthodox Community of Varna (19th Century), Études balkaniques 43 (2007), H. 2, 81–98; zu Trapezunt: Sergej P. Karpov, Istorija Trapezundskoj Imperii [Die Geschichte des Kaiserreichs von Trapezunt]. Moskva 2007.

24

Neben den in der vorigen Fußnote genannten Arbeiten siehe Patricia Herlihy, Russian Grain and Mediterranean Markets, 1774 – 1861. Diss. phil. Philadelphia 1963.

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Südosteuropa als Geschichtsregion und Arbeitsbegriff

mitgliederstärkster Verein im Zwischenkriegsjugoslawien. Die Wirkmächtigkeit maritimer Topoi im Zuge der Entwicklung des Massentourismus ist ohnehin evident, und die Frage von Seegrenze und Fischereirechten kann heute noch die Gemüter erregen – nicht nur zwischen Griechenland und der Türkei, sondern auch in Zagreb und Ljubljana. So reich die Einzelforschung zu einzelnen dieser Aspekte jedoch ist, so wurde bislang kaum versucht, ein umfassendes Konzept eines mediterranen Südosteuropa zu entwickeln. Für ein Teilphänomen, nämlich ein „venezianisches Südosteuropa“, wurden aber immerhin schon konzeptionelle Konturen formuliert. Venedig bietet sich für eine Modellbildung auch besonders an, da es für bald 800 Jahre (ca. 1000 – 1797) jenseits seiner oberitalienischen Terra ferma eine politische Macht mit Territorial-, vor allem aber maritimem Besitz in Südosteuropa dargestellt hat. Der von ihm beherrschte Streifen reichte von Istrien und Dalmatien über die albanische Küste, die Ionischen Inseln, die Morea (Peloponnes), die südliche Ägäis mit Kreta bis hin nach Zypern. In der langen Wirkung entstand so ein Raum, der zwar politisch nicht straff zusammengefasst war, doch in Rechtsanschauung, Wirtschaft und Kultur zahlreiche strukturellen Gemeinsamkeiten aufwies.25 Insgesamt gilt für die Zwecke des Handbuches Südosteuropa als gerade nicht-statische Geschichtsregion, deren Abgrenzungen nach Zeit und Fragestellung in vieler Hinsicht variabel sind. Diese Offenheit gegenüber anderen Geschichtsregionen und die unterschiedlichen Überlagerungen und Verflechtungen von überregionalen Beziehungen konstituieren das besondere Erkenntnispotenzial der Region; ihre inneren Differenzierungen sind auch wesentlich durch über diese Regionen übergreifende Bezüge, die von Ort zu Ort unterschiedlich waren, zu erklären.

25

Oliver Jens Schmitt, Venezianische Horizonte der Geschichte Südosteuropas. Strukturelemente eines Geschichtsraums in Mittelalter und Früher Neuzeit, Südost-Forschungen 65/66 (2006/2007), 87–116; ders., Das venezianische Südosteuropa als Kommunikationsraum, in: Gherardo Ortalli/Oliver Jens Schmitt (Hgg.), Balcani occidentali, Adriatico e Venezia fra XIII e XVIII secolo. Wien 2009, 77–101; Gherardo Ortalli/Oliver Jens Schmitt/ Ermanno Orlando (Hgg.), Il „Commonwealth“ veneziano. Venezia 2015. Für die Republik Genua gilt dies deutlich weniger, da sie zwar als Handelsmacht, nicht aber als Territorialherrin im ägäischen Südosteuropa auftrat. Die katalanische Herrschaft in Athen (1311 – 1388) wiederum war relativ kurzlebig und punktuell; die Bedeutung katalanischer Händler und Korsaren, die Stellung des zunächst aragonesischen (1442 – 1495), dann spanisch-habsburgischen Königreiches Neapel für die Balkangeschichte wird aber immer noch zu wenig beachtet. Ducellier, La façade maritime de l’Albanie au moyen âge; Constantin Marinescu, La politique orientale d’Alfonse V d’Aragon, roi de Naples (1416 – 1458). Barcelona 1994; Peter Bartl, Der Westbalkan zwischen spanischer Monarchie und osmanischem Reich. Zur Türkenkriegsproblematik an der Wende vom 16. zum 17. Jh. Wiesbaden 1974.

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Einleitung zur Gesamtreihe

 RUNDLINIEN DER HISTORIOGRAPHIE G ZU SÜDOSTEUROPA UND IHRER ENTWICKLUNG Die deutschsprachige Tradition In den letzten Jahren haben wichtige Arbeiten zur Entwicklung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Südosteuropa und ihrer konzeptionellen Prämissen das Verständnis von der Begrifflichkeit und den Raumkonzepten der historischen Südosteuropaforschung deutlich geschärft, und zwar nicht zuletzt, weil sie erstmals auch innerregionale Theorieansätze gleichwertig miteinbezogen haben.26 Dabei wurde erneut deutlich, dass Südosteuropa räumlich sehr unterschiedlich konzipiert worden ist. Es sind tendenziell die außerhalb der Region wirkenden Historikerinnen und Historiker, die einen weiteren Südosteuropabegriff anwenden. Das oben dargestellte Changieren der räumlichen Konzepte von Südosteuropa (bzw. von Balkan) lässt sich auch forschungshistorisch beobachten, wobei regelmäßig außerwissenschaftliche Kriterien ebenfalls eine Rolle gespielt haben, nicht zuletzt politische Projektionen. Der Südosteuropa-Begriff wurde, wie erwähnt, in Österreich im 19. Jahrhundert entwickelt. Er umfasste seinerzeit aber dezidiert gerade nicht Gebiete der Donaumonarchie, sondern die Region von deren Südostgrenze bis zur Ägäis und dem Schwarzen Meer. Die im Österreich-Ungarn der Dualismuszeit zwischen 1867 und 1918 betriebene Forschung befasste sich in Fortsetzung dieser zunächst primär „cisleithanischen“ beziehungsweise Wiener Anfänge ebenfalls vorrangig mit dem Balkan, in einem historischen, archäologischen, volkskundlichen, philologischen und sprachwissenschaftlichen Zugriff. Zentren waren die Universitäten Wien, Budapest, Graz und später das bosnisch-herzegowinische Landesmuseum in Sarajevo. Epochal konzentrierten sich die Historiker damals auf das Altertum und das Mittelalter. Geradezu ins Auge springt dabei die starke Verbundenheit ungarischer Forscherpersönlichkeiten mit dem politischen Leben und der ungarischen Balkanpolitik, zumal in Bosnien-Herzegowina (in besonders prominenter Weise Benjamin Kállay [1839 – 1903] und Ludwig/Lajos von Thallóczy [1854 – 1916]). Ganz ähnlich ist auch die eingehende Untersuchung des mittelalterlichen Albanien und die Erstellung eines heute noch grundlegenden Urkunden- und Regestenwerkes durch Historiker aus Wien, Agram/Zagreb und Budapest vor dem Hintergrund des ausgeprägten strategischen Interesses zu verstehen, das die Donaumonarchie an der Schaffung eines albanischen Nationalbewusstseins und letztlich eines albanischen Nationalstaates genommen hat.27 Bis 1918 besaß die Wiener Universität überdies eine zentralört-

26 Diana

Mishkova, Academic Balkanisms. Scholarly Discourses of the Balkans and Southeastern Europe, in: Roumen Daskalov u. a. (Hgg.), Entangled Histories of the Balkans. Bd. 4: Concepts, Approaches, and (Self-)Representations. Leiden, Boston/MA 2015, 44–114; dies., Regimes of „Balkan Historicity”. The Critical Turn and Regional Time in Studies of the Balkans before the First World War, in: dies./Balázs Trencsényi/Marja Jalava (Hgg.), „Regimes of Historicity“ in Southeastern and Northern Europe, 1890 – 1945. Discourses of Identity and Temporality. London/New York 2014, 21–42. Sowie nunmehr in der Gesamtschau durch dies., Beyond Balkanism. The Scholarly Politics of Region Making. London, New York 2019.

27 Kurt

Gostentschnigg, Wissenschaft im Spannungsfeld von Politik und Militär. Die österreichisch-ungarische Albanologie 1867 – 1918. Wiesbaden 2018.

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Grundlinien der Historiographie

liche Stellung für die Ausbildung junger Historiker besonders aus Bulgarien, Serbien und dem albanischen Raum sowie selbstredend auch aus den Provinzen der Doppelmonarchie. Wissenschaftsgeschichtlich bedeutete der Zusammenbruch Österreich-Ungarns 1918 daher einen tiefen Einschnitt. Zwar dauerte die wissenschaftliche Arbeit in Wien fort, auch durch vertriebene Forscher (zum Beispiel der bereits erwähnte Archäologe Carl Patsch, der das nunmehr jugoslawische Sarajevo verlassen musste). Doch setzten der baldige Tod bedeutender Gelehrter (Konstantin Jireček 1918, Vatroslav Jagić 1923) und die beschränkten materiellen Möglichkeiten des nur wider Willen selbständig gewordenen österreichischen Staates den Forschungen enge Grenzen. Ein von Patsch ins Leben gerufenes, stets nur ein prekäres Dasein fristendes Balkan-Institut wurde 1934 aus budgetären Gründen aufgelöst. Studenten aus Südosteuropa besuchten zwar weiterhin die Wiener Universität, jedoch vorwiegend aus revisionistisch gesinnten Verliererstaaten (beziehungsweise sich als Verlierer sehenden ethnonationalen Teilgesellschaften) der Pariser Friedensordnung. Es kamen also Albaner, Bulgaren und Kroaten, doch kaum mehr Serben oder Rumänen. Auch vor diesem Hintergrund wurde Wien als „südosteuropäischer“ Forschungsort im deutschsprachigen Raum seit 1930 zusehends von München abgelöst, wo in jenem Jahr das Südost-Institut eingerichtet wurde. Dieses gab bald darauf die bis heute bestehenden Südost-Forschungen heraus und schwenkte noch während der Dreißigerjahre vollends von seinen anfänglich vor allem „südostdeutschen“ zu genuin gesamtregionalen Perspektiven auf Südosteuropa um. Als universitäres Zentrum zunächst vor allem der anthropologisch-linguistischen Forschung zu Südosteuropa hatte sich in Deutschland bereits zuvor Leipzig herausgebildet, wo insbesondere der Balkanologe Gustav Weigand (1860 – 1930) wegbereitend wirkte. Unter dem NS-Regime konkurrierte Leipzig unter dem Historiker Georg Stadtmüller (1901 – 1985) zeitweise mit München, unterlag aber in dem von innerparteilichen und institutionellen Rivalitäten gekennzeichneten Ringen. Die beiden führenden Protagonisten, Fritz Valjavec (1909 – 1960) am Südost-Institut in München und Georg Stadtmüller in Leipzig, verwendeten beide den Südosteuropa-Begriff (und nicht jenen des Balkans). Sie füllten ihn in der Forschung aber unterschiedlich aus. Valjavec war Ungarndeutscher und beschäftigte sich eingehend mit dem pannonischen Raum im Rahmen der österreichischen Geschichte der Frühen Neuzeit. Sein südosteuropäisches Hauptwerk – die „Geschichte der deutschen Kulturbeziehungen zu Südosteuropa“, 5 Bde. München 1953 – 1970, weist wie auch seine vielbeachtete Abhandlung „Der Josephinismus“ (Brünn 1944) mit dem engeren Balkanraum kaum Berührungspunkte auf. Die von Valjavec verfolgte Theoriebildung zum Raum Südosteuropa entsprang denn auch seinem Verständnis von dieser Region als einer Betrachtungseinheit, nicht aber eines einheitlichen Kulturraumes. Georg Stadtmüller hingegen näherte sich Südosteuropa von der Byzantinistik her und arbeitete stark philologisch, linguistisch und kulturhistorisch, wie gerade seine „Forschungen zur albanischen Frühgeschichte“ (Wiesbaden ² 1966) und auch zahlreiche Aufsätze zur albanischen Geschichte belegen. Südosteuropa im weiteren Sinne, sogar unter Einschluss der böhmischen Länder, behandelte er dagegen in seiner 1985 zuletzt neu aufgelegten „Geschichte Südosteuropas“. Nach 1945 bestanden dann beide Zugänge in München neben- und zu einem erheblichen Teil in Konkurrenz zueinander, am außeruniversitären Südost-Institut und dem von Stadtmüller geleiteten Seminar für die Geschichte Ost- und Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU).

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Inhaltlich zusammengeführt wurden diese beiden Traditionslinien unter Stadtmüllers Nachfolger Edgar Hösch, der drei Jahrzehnte nach dem Tod von Valjavec 1990 auch Leiter des Südost-Instituts wurde, an welchem unvermindert ungarische Forschungsinteressen mit im Zentrum standen. An der LMU München entstand derweil mit der Münchner Zeitschrift für Balkankunde (1978 – 1996) ein Organ, das sich schon in seinem Titel der am Südost-Institut und dessen Südost-Forschungen vertretenen Vorstellung vom weiteren Südosteuropabegriff terminologisch und auch in der Arbeitsweise – durch enge Verbindung mit der universitären Byzantinistik und Osmanistik – entzog.

Innerregionale Betrachtungen Innerhalb der Region waren es nach 1918 nicht zufällig die beiden Siegermächte Serbien (als politisch tonangebender Teil des nunmehrigen südslawischen Staates) und Rumänien, die eigene Forschungszentren für gesamtregionale Raumstudien aufbauten, und zwar mit einer interessanten terminologischen Unterscheidung: Balkan im ersten gegen Südosteuropa im zweiten Fall. Das 1934 gegründete Balkan-Institut (Balkanološki institut) in Belgrad sah sich im Dienste einer politischen Idee, die den Balkan als eigenständigen Machtraum zwischen den traditionellen imperialen Zentren beziehungsweise deren Nachfolgestaaten verstand und definierte. Es propagierte nicht zuletzt auch die Existenz eines „Balkanmenschen“, der im Sinne der kulturgeographischen Arbeiten des politisch einflussreichen Geographen Jovan Cvijić (1865 – 1927) entworfen wurde.28 Die durch das Institut herausgegebene Zeitschrift Revue internationale des Études balkaniques war interdisziplinär angelegt und erreichte bis zu ihrer Einstellung durch die deutsche Besatzungsmacht im Jahr 1941 rasch eine breite Autorenschaft aus ganz Europa. „Balkan“ wurde in Belgrad im Sinne eines erweiterten Jugoslawien verstanden, unter Ausschluss von Ungarn und Rumänien. Der „Balkanmensch“ entsprach im Wesentlichen jenem sogenannten „dinarischen Typus“, den Cvijić in seiner Kulturanthropologie der Balkanhalbinsel als Archetypus des slawischen Berglandbewohners konzipiert und äußerst positiv konnotiert hatte; in dieser Auffassung bestimmte das geographische Milieu eine kulturelle Lebensform. Die serbische Balkanforschung war im Lichte dessen noch stärker politisiert und nicht minder auf eine eigene politische Hegemonie orientiert als die österreichisch-ungarische vor 1918. Der rumänische Zugang nahm deutlich früher institutionalisierte Gestalt an, als bereits 1914 Nicolae Iorga das Institut pour l’Étude de l’Europe Sud-Orientale gründete. Der Zugang unterschied sich vom serbischen in seinen Raumvorstellungen deutlich. Zwar wurde auch in Bukarest einem ethnischen Substrat (zumeist als thrakisch-getisch verstanden) für die Definition der

28

Zur Einordnung von Cvijićs Wirken zwischen methodischer Eigenständigkeit (er hatte 1889 bis 1893 als Stipendiat in Wien promoviert, wirkte aber bald darauf keineswegs nur als Rezipient, sondern auch als stark historisch angelegter Methodengeber zurück auf die österreichische und internationale Humangeographie) und national­ ideologischem Engagement siehe Konrad Clewing/Edvin Pezo, Jovan Cvijić als Historiker und Nationsbildner. Zu Ertrag und Grenzen seines anthropogeographischen Ansatzes zur Migrationsgeschichte, in: Markus Krzoska/ Hans-Christian Maner (Hgg.), Beruf und Berufung. Geschichtswissenschaft und Nationsbildung in Ostmittelund Südosteuropa im 19. und 20. Jahrhundert. Münster 2005, 265–297.

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Grundlinien der Historiographie

Untersuchungsregion Bedeutung beigemessen, doch kam hier historischen Erbschaften eine größere Relevanz zu als naturräumlichen Determinanten. Insbesondere wurden das byzantinisch-orthodoxe und nachbyzantinisch-osmanische Erbe als Quelle gesamtregionaler Gemeinsamkeit betont. Dabei spielte eine Rolle, dass die Rumänen – im Gegensatz zu Serbien – auf eine altgewachsene staatliche Kontinuität in Gestalt der Fürstentümer Walachei und Moldau verweisen konnten. Weniger ethnisch als kulturell-konfessionell ist demnach das damalige und noch heute fortwirkende rumänische Südosteuropakonzept zu verstehen, das ganz andere räumliche Schwerpunkte setzte als die Belgrader Konkurrenz. Der imperiale Metropolitanraum Konstantinopel/Istanbul, die westliche Schwarzmeerregion, der östliche und der zentrale Balkan, aber auch Festlandgriechenland – nicht zuletzt wegen der dortigen, nationalhistoriographisch rumänisch zu vereinnahmenden Aromunen – kennzeichnen dieses Raumkonzept. Anderen südosteuropäischen Teilen, so etwa Bosnien – lange Zeit der Zentralraum serbischer Projektionen – wurde und wird in dieser Betrachtungstradition hingegen kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Rumänische Südosteuropaforscher untersuchten auch weniger mündliche Überlieferung, sondern hochkulturelle Verflechtungen. Wichtigste Vertreter der Ausrichtung waren der schon genannte Universalhistoriker und Politiker Nicolae Iorga (1871 – 1940) sowie Victor Papacostea (1900 – 1962). In seinem (meist jedoch nur als Titel) vielzitierten Werk „Byzance après Byzance“ (Bukarest 1935) entwarf Iorga sein Konzept eines byzantinisch geprägten Osmanischen Reiches unter politisch-kultureller Führung eines byzantinisierten rumänischen Elements. Die von ihm 1924 begründete Revue Historique du Sud-Est Européen (die auf das schon von 1914 bis 1923 erschienene Bulletin de l’Institut pour l’Étude de l’Europe Sud-Orientale folgte) erschien zunächst bis 1947 und hat sich in Gestalt ihrer 1963 ins Leben gerufenen Fortsetzung als Revue des Études Sud-Est Européennes als eines der wichtigsten Fachorgane bis in die Gegenwart gehalten. Ihr verflechtungsgeschichtliches, auf Schriftkultur konzentriertes Profil hat sie sich unvermindert bewahrt. Die von Papacostea herausgegebene Zeitschrift Balcania wiederum veröffentlichte theoretisch anspruchsvolle Texte, wurde aber bis heute wegen ihrer kurzen Erscheinungsdauer in den umstrittenen Krisen- und Kriegsjahren 1938 – 1947 in der Forschungsgeschichte zu Unrecht wenig beachtet.29 Seit Mitte der 1960er Jahre nahm dann das kommunistische Rumänien die Tradition der heimischen Südosteuropaforschung wieder auf, auch um im Rahmen der UNESCO eine regionale kulturpolitische Führungsrolle zu beanspruchen. Konzeptionell wurde dabei – unausgesprochen – an die Zwischenkriegszeit angeknüpft. Multidisziplinäre Balkanforschung wurde nach 1945 auch in Jugoslawien und Bulgarien betrieben. Nach dem Scheitern des kommunistischen Balkanföderalismus im Kominformkonflikt (1948) konzentrierte sich die jugoslawische Forschung aber überwiegend auf das eigene Staatsgebiet. Ähnliches gilt für Bulgarien. Dort stellte das 1964 gegründete Institut für Balkanstudien (Institut za balkanistika) der Akademie der Wissenschaften eine Ausnahme von der sonstigen nationalhistorischen Engführung der Geschichtswissenschaft dar, vor allem in Bezug auf seine Forschung zur osmanischen Geschichte. Diese Fokussierung zeigte auch den primären Raumbezug 29

Obwohl sich die Revue des Études Sud-Est Européennes heute ausdrücklich außer auf die Revue Historique du SudEst Européen auch auf Balcania als Vorgängerorgan beruft; vgl. .

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an, wiewohl in der Forschung zur neueren Zeit auch Rumänien behandelt wurde. Weiterführende, konzeptionelle Beiträge zur Raumdiskussion erfolgten an diesem Institut keine. Allerdings gründete es eines der bis heute wichtigsten Fachorgane in der Region selbst, die Études balkaniques. Der Gründungsimpuls für das Institut war ohnehin weniger theoretischer als praktischer Natur gewesen: Es sollte die akademische Zusammenarbeit Bulgariens mit den anderen Ländern der Region im Rahmen der 1963 gegründeten Association internationale d’études du Sud-Est européen (AIESEE) organisieren. In Griechenland wurde 1953 in Thessaloniki das „Institut für die Erforschung der Haimoshalbinsel“ (Ίδρυμα Μελετών Χερσονήσου του Αίμου)30 errichtet, das gleichsam eine Blickachse von Süden aus einnahm und mit seinen in den letzten beiden Jahrzehnten allerdings stark verringerten Mitteln bis heute verfolgt. Hintergrund dieser zunächst auf griechisch-makedonische Zusammenhänge konzentrierten Balkanforschung waren das Trauma des Griechischen Bürgerkrieges, der befürchtete Gebietsverlust an Jugoslawien (bzw. an dessen Teilrepublik Makedonien) und die exponierte Lage Griechenlands im Kalten Krieg gegenüber den kommunistischen Nachbarn im Norden. Auch hier handelte es sich um eine Form der erweiterten Nationalgeschichte, die wie im Falle Serbiens und Bulgariens auch mit Blick auf die lange osmanische Epoche (also die Phase mangelnder Eigenstaatlichkeit) als Ethnogeschichte zu schreiben war. In der Region fehlte einzig in Albanien eine Balkanforschung: Das Land hatte zunächst einmal nach 1945 überhaupt erst ein eigenes Wissenschaftssystem aufzubauen, das in den bis dahin dreißig Jahren seit der Unabhängigkeit (1912 – 1945) nicht entstanden war. Der dezidiert nationale Zugang der dann ins Leben gerufenen Geschichtswissenschaft war aber kein albanisches Spezifikum. In allen Ländern der Region herrschte und herrscht eine nationalhistoriographische Betrachtungsweise vor; großregionale Blickachsen haben im Zuge dessen oftmals nur nationale Interessen über die Landesgrenzen hinaus verlängert. Interessant ist dabei, dass auch innerregional sowohl „Balkan“ wie „Südosteuropa“ ganz verschieden verstanden werden, und zwar ausgehend von dem jeweiligen räumlichen Schwerpunkt der eigenen Nation. So scheint im Falle der griechischen Balkanforschung ein erweiterter griechisch-orthodoxer Raum auf, eine Art Hinterland von Thessaloniki, ergänzt noch um eine serbisch-griechische Achse. Dem steht im Belgrader Fall ein in gewissem Maß um Albanien und Bulgarien erweitertes Jugoslawien mit besonderer Beziehung zu Griechenland gegenüber, und in der Bukarester Perspektive ein Kernland Rumänien mit einem südost- und südbalkanischen Hinterland. Umgekehrt könnte man eine Liste der jeweils entsprechend weniger beleuchteten Regionen aufstellen.

30

Haimos als griechische (und im 19. Jahrhundert darüber anfänglich auch noch im Deutschen häufig vorhandene) Bezeichnung für das Balkangebirge. Der ebenfalls geläufig gewordene englische Institutsname lautet denn auch in freier Übertragung „Institute for Balkan Studies“.

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Grundlinien der Historiographie

Imperiale Blicklinien: Byzantinistik und Osmanistik Einen speziellen räumlichen Zugang weisen auch die inner- und außerregional betriebenen imperienbezogenen Disziplinen auf, das heißt die Byzantinistik, die Osmanistik und in geringerer Institutionalisierung die historische Habsburgforschung. Byzantinistik und Osmanistik stützen sich in eigentümlichem Gleichklang vorwiegend auf das in der Reichshauptstadt Konstantinopel/Istanbul entstandene Quellenmaterial, seien es Urkunden und Akten oder erzählende Quellen. Die südosteuropäischen Besitzungen – in Byzanz als „Westen“ (dýsis), im Osmanischen Reich als Rum-eli (Römerland) – umschrieben, sind in dieser Blickweise Peripherie, wobei der hauptstadtnahe Raum, also in Blickrichtung Westen Thrakien und die nördliche Ägäis bis nach Thessaloniki, immerhin noch größere Aufmerksamkeit genießt. In einer Forschung, die den imperialen Blick reproduziert, rücken hauptstadtferne Regionen nahezu automatisch auch wissenschaftlich an den Rand. Hinzu kommt, dass für die Untersuchung des byzantinischen bzw. osmanischen Balkans ergänzend zum Griechischen und dem Osmanisch-Türkischen Kenntnisse der regionalen Sprachen (und Quellen) erforderlich sind, über die nur wenige außerregionale Byzantinisten und Osmanisten verfügen. Die Zahl beispielsweise der Osmanisten, die international zu mehreren Regionen des Balkans oder gar (unter Einbezug des osmanischen Ungarn) des erweiterten osmanischen Südosteuropas forschen, ist daher bescheiden.31 Die innerregionale Forschung zu den beiden balkanischen Imperien orientiert sich umgekehrt nahezu ausschließlich an einem nationalen Rahmen. Die bulgarische Byzantinistik und Osmanistik setzen sich demnach vornehmlich mit den sogenannten „bulgarischen Ländern“ auseinander

31

So hingegen Nicoară Beldiceanu, Timariotes chrétiens en Thessalie (1454/55), Südost-Forschungen 44 (1985), 45–81; ders., Les Roumains des Balkans dans les sources ottomanes, Revue des études roumaines 19–20 (1995/96), 7–21; Halil Inalcık, Timariotes chrétiens en Albanie au XVe siècle d’après un registre de timars ottoman, Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4 (1951), 118–138; ders., The Policy of Mehmed II towards the Greek Population of Istanbul and the Byzantine Buildings of the City, Dumbarton Oaks Papers 23/24 (1969/70), 231–249; Heath W. Lowry, The Shaping of the Ottoman Balkans, 1350 – 1500. The Conquest, Settlement & Infrastructural Development of Northern Greece. Istanbul 2008; ders., The Nature of the Early Ottoman State. Albany 2003; Colin Imber, The Ottoman Empire 1300 – 1481. Istanbul 1990; ders., The Ottoman Empire 1300 – 1650. Basingstoke 2 2009; Machiel Kiel, Yenice Vardar (Vardar Yenicesi-Giannitsa). A Forgotten Turkish Cultural Centre in Macedonia of the 15th and 16th Century, in: Willem J. Aerts/Williem Frederik Bakker/Arnold van Gemert (Hgg.), Studia Byzantina et Neohellenica Neerlandica. Leiden 1972, 300–329; ders., Art and Society of Bulgaria in the Turkish Period. Assen, Maastricht 1985; Machiel Kiel, Ottoman Architecture in Albania 1385 – 1912. Istanbul 1990; ders./Friedrich Sauerwein, Ost-Lokris in türkischer und neugriechischer Zeit (1460 – 1981). Passau 1994; ders., Das türkische Thessalien. Etabliertes Geschichtsbild versus osmanische Quellen, in: Reinhard Lauer/ Peter Schreiner (Hgg.), Die Kultur Griechenlands in Mittelalter und Neuzeit. Göttingen 1996, 109–196; ders., Turco-Bulgarica. Studies on the History, Settlement and Historical Demography of Ottoman Bulgaria. Istanbul 2013; Michael Ursinus, Regionale Reformen im Osmanischen Reich am Vorabend der Tanzimat. Reformen der rumelischen Provinzialgouverneure im Gerichtssprengel von Manastir (Bitola) zur Zeit der Herrschaft Sultan Mahmuds II. (1808 – 39). Berlin 1982; ders. (Hg.), Grievance Administration (Şikayet) in an Ottoman Province. The Kaymakam of Rumelia’s „Record Book of Complaints“ of 1781 – 1783. London 2005; ders., Sarajevo, an Ottoman City of Many Names and Disputed History. Bonn 2015; Markus Koller, Bosnien an der Schwelle der Neuzeit. Eine Kulturgeschichte der Gewalt (1747 – 1798). München 2004; ders., Albaner im Osmanischen Reich – ein historiographischer Überblick (17. und 18. Jahrhundert), in: Oliver Jens Schmitt/Eva Anne Frantz (Hgg.), Albanische Geschichte. Stand und Perspektiven der Forschung. München 2009, 81–105; ders., Eine Gesellschaft im Wandel. Die osmanische Herrschaft in Ungarn im 17. Jahrhundert (1606 – 1683). Stuttgart 2010.

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– ein Begriff, der die Existenz eines ethnischen bulgarischen Raums in den Perioden fehlender Eigenstaatlichkeit (1018 – 1185, 1393 – 1878) auszirkeln soll.32 Die bosnische Osmanistik betreibt entlang der gleichen Logik fast ausschließlich bosnische Landesgeschichte.33 Auf solche Weise besteht eine osmanistische Tradition in Bulgarien, Makedonien, Bosnien, Serbien, Griechenland, Albanien und Kosovo, wobei personell die bulgarische und die bosnische Forschung am besten ausgebaut sind. Ihre internationale Einbindung ist sehr unterschiedlich: Die griechische Osmanistik, obwohl jünger als in den Nachbarstaaten, hat sogleich Anschluss an die Mittelmeerforschung gefunden und schuf mit den Halkyonischen Tagen (Halcyon Days) eine Veranstaltungsreihe im kretischen Rethymnon, aus der bedeutende Bände hervorgegangen sind.34 Sprachliche Barrieren behindern aber in anderen Fällen bis in die Gegenwart die inner- wie außerregionale Wahrnehmung der jeweiligen nationalen Forschung. Selbst im südslawischen Bereich ist der osmanistische Austausch zwischen Sarajevo und Sofia eher bescheiden. Nördlich der Donau verfügt Ungarn dagegen über eine international sehr sichtbare, da früh auf westsprachliche Veröffentlichungen ausgerichtete Forschung, während die qualitativ hochstehende rumänische Tradition allgemein zu wenig wahrgenommen wird.35 Mangelnde Regionalkompetenz der außerregionalen Byzantinistik und Osmanistik, nationale Beschränkung und oftmals bescheidener Austausch (wenn nicht gar Rivalität) auf innerregionaler Ebene erklären, weswegen Südosteuropa in einem imperialen Rahmen in der Forschungspraxis bislang insgesamt nur fragmentarisch untersucht worden ist. Insbesondere für die quellenreiche osmanische Periode fehlen großregionale Überblicke. Entscheidende Fragen etwa der Bevölkerungsgeschichte müssen deshalb auch zum Zweck dieses Handbuchs mühsam durch das Zusammentragen von nationalhistoriographischen Mosaiksteinen beantwortet werden. 32

Siehe als Forschungsüberblick Elena Grozdanova, Bulgarian Ottoman Studies at the Turn of Two Centuries. Continuity and Change, Études balkaniques (2005), H. 3, 93–146.

33

Einen Überblick bietet: Markus Koller/Kemal H. Karpat (Hgg.), Ottoman Bosnia. A History in Peril. Madison/ WI 2004. Hauptorgan der bosnischen Osmanistik ist die Zeitschrift Prilozi za orijentalnu filologiju.

34

So Elisabeth A. Zachariadou (Hg.), The Ottoman Emirate (1300 – 1389). Rethymnon 1993; dies. (Hg.), The Via Egnatia under Ottoman Rule (1380 – 1699). Rethymno 1996; dies. (Hg.), The Kapudan Pasha. His Office and his Domain. Rethymno 2002; Antonis Anastasopoulos (Hg.), The Eastern Mediterranean under Ottoman Rule. Crete, 1645 – 1840. Rethymno 2008; ders. (Hg.), Political Initiatives „From the Bottom Up“ in the Ottoman Empire. Rethymno 2012; Elias Kolovos (Hg.), Ottoman Rural Societies and Economies. Rethymno 2015.

35 Géza

Dávid (Hg.), Ottomans, Hungarians, and Habsburgs in Central Europe. Leiden 2000; ders./Pál Fodor (Hgg.), Hungarian – Ottoman Military and Diplomatic Relations in the Age of Süleyman the Magnificent. Budapest 1994; diess. (Hgg.), Ransom Slavery along the Ottoman Borders (Early Fifteenth – Early Eighteenth Centuries. Leiden, Boston/MA 2007; Pál Fodor, The Unbearable Weight of Empire. The Ottomans in Central Europe – A Failed Attempt at Universal Monarchy (1390 – 1566). Budapest 2015; Gábor Kármán/Lovro Kunčević (Hgg.), The European Tributary States of the Ottoman Empire. Leiden 2013; Tahsin Gemil, Românii şi Otomanii în secolele XIV – XVI [Die Rumänen und die Osmanen im 14. – 16. Jh.]. Bucureşti 1991; Mihai Maxim, Ţările Române şi Înalta Poartă. Cadrul juridic al relaţiilor româno-otomane în eviul mediu [Die rumänischen Länder und die Hohe Pforte. Der rechtliche Rahmen der rumänisch-osmanischen Beziehungen im Mittelalter]. Bucureşti 1993; Nagy Pienaru, Les Pays roumains et le Proche Orient, Revue roumaine d’histoire 28 (1989), H. 3, 189–207 und 29 (1990), H. 1–2, 69–103; Viorel Panaite, Război, pace şi comerţ în Islam. Ţările române şi dreptul otoman al popoarelor [Krieg, Frieden und Handel im Islam. Die rumänischen Länder und das osmanische Völkerrecht]. Iaşi 2013.

24

HGSOE, Bd. 1

Grundlinien der Historiographie

Mediävistik und Frühe Neuzeit-Forschung Jenseits der beiden gefestigten imperienbezogenen Disziplinen hat sich auch keine übergreifende Balkanmediävistik etabliert. Der nationalhistoriographische Zugang sticht hier vielmehr sogar noch stärker ins Auge. Das oben erwähnte Sofioter Institut für Balkanstudien beschäftigte sich in seinen Anfangsjahren intensiv mit der „Ethnogenese der Balkanvölker“, einer damals vor allem identitätspolitisch motivierten Fragestellung.36 Dabei hat es nicht an Konzepten gefehlt, die Möglichkeiten eines gemeinsamen Daches dargeboten hätten. Der Begriff „Commonwealth“ hat sich in diesem Kontext besonders stark eingebürgert. In die Diskussion eingeführt wurde er von dem russisch-britischen Byzantinisten Dimitri Obolensky in dessen Monographie The Byzantine Commonwealth (London 1971). Gemeint war ein politisch-kultureller Raum, der von Byzanz geprägt war, den byzantinischen Kaiser auch als Quelle von Herrschaftslegitimität anerkannte, nicht aber von Byzanz politisch kontrolliert wurde. In Summe war das ein Raum, der nicht nur das orthodoxe Südosteuropa, sondern auch die Rus’ umfasste sowie auf das romkirchliche Dalmatien einwirkte. Für die osmanische Epoche bestanden die Analyserahmen eines osmanisch-muslimischen und orthodoxen Balkans lange Zeit eher schlicht nebeneinander. Dies weicht nun zunehmend einem stärker differenzierten Bild. Als innerregionalen reichskonformen Ordnungsversuch lässt sich im Zuge dessen das von der Forschung rekonstruierte Konzept eines osmanischen orthodoxen Südosteuropa deuten, als jene religionsbezogene Kulturform, die sich unter osmanischem Schirm von katholischen und protestantischen Einflüssen lange tunlichst abschottete, im 18. Jahrhundert aber in ihrem Elitensegment doch in einen westlich definierten Kommunikationszusammenhang geriet, nämlich den der europäischen Aufklärung. Das Konzept einer „neugriechischen Aufklärung“ wiederum entstand nach 1945 als Projekt westlich orientierter Historiker in Griechenland: es bezeichnete einen umfangreichen Transfer von Aufklärungsschrifttum in den orthodoxen Balkan in Gestalt griechischer Übersetzungsliteratur, kaum aber eigene originäre Beiträge aus der Region selbst.37 Der griechische Historiker Paschalis Kitromelides geht in seinem auf das 18. und frühe 19. Jahrhundert konzentrierten Entwurf aber ideengeschichtlich und mit Bezug auf die Hochkultur einen deutlichen Schritt weiter, denn er untersucht einen ganzen orthodoxen Kommunikationsraum mit griechischer Schriftsprache.38 Den osmanischen Balkan von Süden aus betrachten inzwischen auch andere neogräzistisch geprägte Balkanforscher. Sie unterstreichen besonders die Bedeutung des Griechischen als Liturgie-, Bildungs- und Handelssprache des osmanisch beherrschten, vornehmlich orthodoxen zentralen und südlichen Balkans bis in die frühe Phase der einzelnen

36

Siehe „Polovin vek Institut za balkanistika“, zu finden unter .

37

Kōnstantinos Th. Dēmaras, Νεοελληνικός διαφωτισμός [Neugriechische Aufklärung]. Athen 6 1993; Paschalēs M. Kitromēlidēs, Νεοελληνικός διαφωτισμός. Oι πολιτικές και κοινωνικές ιδέες [Neugriechische Aufklärung. Politische und soziale Ideen]. Athen 1996; ders., Η Γαλλική επανάσταση και η Νοτιοανατολική Ευρώπη [Die Französische Revolution und Südosteuropa]. Athen ² 2000.

38

Paschalis M. Kitromelides, Enlightenment, Nationalism, Orthodoxy. Studies in the Culture and Political Thought of South-Eastern Europe. Aldershot 1994; ders., Enlightenment and Revolution. The Making of Modern Greece. Cambridge/MA, London 2013.

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Einleitung zur Gesamtreihe

Nationsbildungen.39 Jüngst wurde dieses Modell erweitert durch den Münchner Historiker Ioannis Zelepos, der volksreligiöse Bewegungen – die sogenannten Kollyvaden – in den Blick genommen hat, die ebenfalls mit griechischer Leit- und Überdachungssprache in der späten Vormoderne vom Ägäisraum bis hinauf in die Moldau wirkten.40 Den institutionellen Rahmen im Hintergrund all dieser bislang vorrangig kulturhistorischen Untersuchungen bildete die orthodoxe Kirche des Konstantinopler Patriarchats innerhalb des Osmanischen Reiches. Stärker den osmanisch-muslimischen Aspekt bezieht aktuell eine Gruppe vorwiegend deutscher Südosteuropaforscher mit ein. Sie haben ein osmanisches Südosteuropa konzipiert, in dem das Reich den Rahmen für vielfältige gesellschaftliche und kulturelle Berührungen zwischen Orthodoxen und Muslimen darstellt, sowohl innerhalb der jeweils vielsprachigen Glaubensgemeinschaften wie auch zwischen denselben.41 Für die Zeit vor 1800 stellen alle Ansätze zu innerregional verflochtenen Perspektiven aber immer noch einen Randaspekt dar. Die Forschung bleibt weitgehend national zersplittert und ist in der Regel in hochspezialisierte Unterdisziplinen gegliedert. Für die längste Zeit der osmanischen Herrschaft und überhaupt für die „Vormoderne“ fehlen daher bis heute grundlegende großregionale Arbeiten zu Demographie, religiösem Wandel (Islamisierung42), aber auch zur Verwaltungs- und sogar zur politischen Geschichte.43 Das vorliegende Handbuch, das sich um einen strukturierten Überblick bemüht und bemühen muss, bildet also gerade für die Epochen vor 1800 eine schwierige Forschungslage ab.

Entwicklungen der Historiographie zur „Moderne“ Das bisher Gesagte gilt in spürbar geringerem Maße für die Zeit seit der Entstehung der Nationalstaaten in Südosteuropa. Zwar bestehen auch hier sehr ausgeprägte nationalhistorische Traditionen, denen indirekt (nicht zuletzt sprachbedingt) auch viele Forschende außerhalb der Region gefolgt

39

Maria A. Stassinopoulou/Ioannis Zelepos (Hgg.), Griechische Kultur in Südosteuropa in der Neuzeit. Wien 2008.

40 Ioannis

Zelepos, Orthodoxe Eiferer im osmanischen Südosteuropa. Die Kollyvadenbewegung (1750 – 1820) und ihr Beitrag zu den Auseinandersetzungen um Tradition, Aufklärung und Identität. Wiesbaden 2012. Einen orthodoxen Kommunikations-, Erzähl- und Erinnerungsraum, der Griechen, Slawen und Rumänen umfasste, untersuchte kürzlich Konrad Petrovszky, Geschichte schreiben im osmanischen Südosteuropa. Eine Kulturgeschichte orthodoxer Historiographie des 16. und 17. Jahrhunderts. Wiesbaden 2014.

41 Andreas

Helmedach/Markus Koller/Konrad Petrovszky/Stefan Rohdewald (Hgg.), Das osmanische Europa. Methoden und Perspektiven der Frühneuzeitforschung zu Südosteuropa. Leipzig 2013.

42 Vgl.

die monumentale kommentierte Bibliographie Gilles Grivaud/Alexandre Popovic (Hgg.), Les conversions à l’Islam en Asie Mineure et dans les Balkans aux époques seldjoukide et ottomane. Bibliographie raisonnée (1800 – 2000). Athènes 2011.

43

Übergreifende Ansätze zu Teilfragen bieten etwa: Fikret Adanır/Suraiya Faroqhi (Hgg.), The Ottomans and the Balkans. Leiden 2002; Oliver Jens Schmitt (Hg.), The Ottoman Conquest of the Balkans. Interpretations and Research Debates. Wien 2016.

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Grundlinien der Historiographie

sind oder noch folgen.44 Jedoch hat insbesondere die außerregionale Forschung für diese jüngeren Zeitabschnitte seit etwa 1800 doch viel häufiger vergleichende und gesamtregionale Fragestellungen verfolgt. Auch das Genre der großregionalen Überblicksdarstellung ist außerhalb der Region deutlich verbreiteter, was einerseits mit dem Fehlen nationalhistorischer Legitimationszwänge, andererseits mit anderen Lesererwartungen zusammenhängt. Angesichts der in geringerem Ausmaße institutionell – oder gar politisch – bestimmten Festlegungen sind bei diesen Autorinnen und Autoren die Festlegungen des Raumes, in dem Südosteuropas Geschichte geschrieben wird, sehr individuell bedingt. Auffällig ist aber jedenfalls die zunehmend geringe Präsenz Ungarns in solchen Gesamtdarstellungen. Genauso ist aber auch jenseits solcher Gesamtsynthesen eine zunehmende Engführung der außerhalb der Region betriebenen Forschung zur Geschichte Südosteuropas auf das 19. und 20. Jahrhundert zu bemerken, wodurch diese Forschung sich auch der oben dargelegten Möglichkeit begibt, aus einer Langzeitperspektive neue räumliche Perspektivierungen vorzunehmen. Der Zerfall Jugoslawiens trug mit seiner damals immanenten politischen Relevanz in den 1990er Jahren das Seine zur Beschleunigung dieser Entwicklung einer Konzentration auf jüngere Epochen bei, weil seine Erklärung weite Teile der stets beschränkten außerregionalen Forschungskapazitäten band. Damit einher ging indes nicht nur eine epochale, sondern auch eine räumliche Verengung: Jugoslawien wurde in der Praxis nicht selten zu einer Art Chiffre für die Geschichte Südosteuropas im 20. Jahrhundert, während die anderen Länder immer weniger internationale Aufmerksamkeit auf sich zogen. Innerregional wurden zeitgleich nach 1989 die vorhandenen balkanologischen Ansätze auf institutioneller Ebene erheblich geschwächt. Die Forschungsinstitute in Thessaloniki und Sofia45 haben ihre Unternehmungen stark reduziert, und das Belgrader Institut arbeitet zwar weiter, es hat sich aber der politischen Atmosphäre in Serbien und den Folgen der damit verbundenen Feindbilder gegenüber den Nachbarn in den letzten 30 Jahren kaum entziehen können. In allen Ländern der Region haben sich innergesellschaftlich am besten die nationalhistoriographischen Traditionen behaupten können, da sie weiterhin einen Beitrag zur Legitimierung nationaler Identitäten und des Nationalstaats leisten. Ansätze zu einer vergleichenden und verflechtenden Geschichte werden daher im südöstlichen Europa selbst heute vor allem von Forschenden getragen, die eher am Rande des etablierten Institutionengefüges stehen.

44

Außerhalb der Region ist die Tradition, sich individuell nur mit einem Land oder Sprachgebiet innerhalb dessen zu beschäftigen, in den Vereinigten Staaten am stärksten ausgeprägt. Der Hintergrund dürfte in der dortigen institutionellen Gliederung des Gesamtfachs Geschichte liegen, da der Rahmen vielerorts eine „Europäische Geschichte“ ist, in der neben einer Spezialisierung der Forschenden auf einzelne Länder keine weitere großregional perspektivierende Binnendifferenzierung des „Europäischen“ vorgesehen ist.

45

Wo allerdings in jüngster Zeit im Gegenzug die „südosteuropäische Geschichte“ an der Sofioter Universität erheblich ausgebaut worden ist.

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Einleitung zur Gesamtreihe

 AUM UND MENTALE LANDKARTEN: R „SÜDOSTEUROPA-“ UND „BALKAN-DISKURSE“ Eine der letzten englischsprachigen Überblicksdarstellungen über die moderne Geschichte unserer Region hat ins Deutsche übertragen den Titel „Vom Balkan zu Südosteuropa“.46 Damit wollte ihr Autor, der bekannte US-amerikanische Südosteuropahistoriker John Lampe, aber keine tektonische Plattenverschiebung anzeigen, sondern vielmehr eine Transformation des Charakters der Region: vom kulturell aufgeladenen Begriff Balkan, der landläufig mit Problemen verschiedenster Natur assoziiert worden ist, hin zu einer „normalen“ geographischen Gegend. Dieses Beispiel verdeutlich heute einen eigentlich selbstverständlichen, lange Zeit aber nicht reflektierten Sachverhalt: Jeder räumliche Zugang zu geschichtlichen Phänomenen entwirft in sich selbst und bei seinem Publikum Strukturen im Raum. Er konstruiert also immer mit an den Räumen, die er zu beschreiben sucht. Dabei spielen die Namen, die für einen Raum verwendet werden, eine wichtige Rolle, denn diese haben oftmals ihre eigene Geschichte und laden den mit ihnen bezeichneten Raum mit Bedeutung jenseits rein geographischer Abgrenzungen auf. Maria Todorova hat dies in ihrer Diskussion der Vorstellungen vom Balkan, wie sie im 19. und 20. Jahrhundert in vorwiegend französischen und englischsprachigen Reise- und Medienberichten artikuliert wurden, gezeigt.47 Die intellektuelle Konstruktion von Geschichtsräumen weist vor allem zwei große Fährnisse auf: zum einen jenes der Essenzialisierung, d. h. der Vorstellung, es gäbe unveränderliche Wesensmerkmale, die einen Raum und die in ihm existierenden Kulturen überzeitlich bestimmen. Zum anderen das Problem der „Containerisierung“: Geschichtsräume wurden in ihrer Analyse oft als beinahe hermetisch abgedichtet entworfen, so dass die Verbindungen über den „Container“ hinaus und durch ihn hindurch unbeachtet blieben. Für eine Diskussion der Konzeptualisierung von Südosteuropa spielen dabei nicht nur allgemeine methodologische Überlegungen zur Frage der heuristischen Zweckmäßigkeit des Begriffs „Region“ eine Rolle, wie sie in unterschiedlicher Intensität in verschiedenen Area Studies angestellt werden.48 Darüber hinaus geht es um das Problem der kulturellen Aufladung von Raumbegriffen, die so stark werden kann, dass die einem Raum zugeschriebenen Eigenschaften ihr Eigenleben entwickeln und die öffentliche und auf diesem Wege auch die wissenschaftliche Wahrnehmung jenes Raumes determinieren. Maria Todorova zeichnete in ihrem Buch einen Diskurs der Verwendung des Begriffs „Balkans“ zur Bezeichnung einer halb-europäisch, halb-asiatischen, nicht wirklich zivilisierten Region nach.49 Sie richtete damit das analytische Instrumentarium des sogenannten „Orientalismus“ (Edward Said) auf die mentalen Konstruktionen Südosteuropas – in einer ähnlichen

46

John R. Lampe, Balkans into Southeastern Europe. A Century of War and Transition. New York 2005.

47 Maria Todorova,

Imagining the Balkans. New York 1997 (und ergänzt 2 2009).

48

Für das östliche Europa vgl. v. a. Troebst, „Geschichtsregion“; für eine interessante begriffsgeschichtliche Diskussion von unterschiedlichen „Regionen“ Europas (und darin auch ein Beitrag zu Südosteuropa) siehe: Diana Mishkova/Baláz Trencsényi (Hgg.), European Regions and Boundaries. A Conceptual History. New York,Oxford 2017.

49

Todorova, Imagining the Balkans. Die deutsche Ausgabe erhielt durch den Verlag einen bezeichnenden Untertitel: Maria Todorova, Die Erfindung des Balkans. Europas bequemes Vorurteil. Darmstadt 1999.

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Raum und mentale Landkarten

Weise wie wenig zuvor der Historiker Larry Wolff hatte zeigen können, dass erst die (west-)europäische Aufklärung ein deutliches Verständnis vom „Osten Europas“ entwickelt und damit nicht nur eine Himmelsrichtung bezeichnet hat, sondern einen Raum der Despotie und Ignoranz.50 Die in den Titeln dieser Arbeiten – denen aus anderen Federn noch viele folgten – benutzten Begriffe „Erfindung“ und „Vorstellung“ verweisen auf den geteilten konstruktivistischen Ansatz. Ein wichtiges Thema dieser Ansätze war der Zusammenhang von Raumkonstruktionen und Machtausübung. In der konkreten Anwendung auf das Fach Südosteuropäische Geschichte wurde diese Debatte vor gleich mehreren spezifischen Hintergründen geführt. Zunächst nämlich hatte der Zerfall Jugoslawiens in den 1990-er Jahren ältere Stereotype speziell über den Balkan neu belebt, und diese Bezeichnung wurde vor allem in der breiteren Öffentlichkeit nicht selten als synonym zu „Südosteuropa“ empfunden. Der Balkan galt dabei vielen als ein besonders gewalttätiger Raum. Diese Aufladung mit Stereotypen war zuvörderst ein Phänomen der öffentlichen Diskurse, aber sie dehnte sich auch in die historische Publizistik und manche Segmente der eigentlichen Forschung aus. Spätestens als Teile der Region auch in der internationalen Diplomatie ausdrücklich als „Balkan“ bezeichnet wurden (nämlich in Gestalt des letztlich von der EU erfundenen Regionsbegriffs „Westbalkan“ zur Bezeichnung der außerhalb der EU gelegenen Teile des früheren Jugoslawien und Albanien), schärfte sich inner- und außerhalb der Region der Sinn für die damit verbundene machtpolitische Hebelwirkung zur Untermauerung westlichen Einwirkens auf eine „Problemregion“. Die in den späten 1990-er Jahren mit großer Vehemenz geführte Debatte über die wissenschaftliche Haltbarkeit der Raumbegriffe „Balkan“ und „Südosteuropa“ muss vor diesem tagesaktuellen Hintergrund verstanden werden. Eine besondere Bedeutung kam dabei Fragen der Europäizität zu – dies angesichts der 1999 rund um den Kosovokrieg51 aufkommenden integrationspolitischen Diskussionen um die südöstliche Erweiterung der Europäischen Union. Das Aufzeigen von unhaltbaren Vorurteilen gegenüber dem Balkan und die kritische Dekonstruktion von Raumbegriffen diente daher auch der Hinterfragung oder Widerlegung von in Öffentlichkeit und Politik weit verbreiteten Vorstellungen, dass es sich bei Südosteuropa „eigentlich“ nicht um eine europäische Region handeln würde. Mit der voranschreitenden europäischen Integration der Region hat die Debatte dann entsprechend deutlich an Emotionalität verloren.52

50 Larry Wolff, Inventing Eastern Europe. The Map of Civilization on the Mind of the Enlightenment. Stanford/CA

1996. Vgl. ähnlich auch schon vorher Hans Lemberg, Zur Entstehung des Osteuropabegriffs im 19. Jahrhundert. Vom „Norden“ zum „Osten“ Europas, Jahrbuch für Geschichte Osteuropas N.F. 33 (1985), 48–91, der den Wandel und die Aufladung des Begriffs auf das frühe 19. Jh. datiert.

51

Dessen Wirkung als integrationspolitischer Beschleuniger (durch die speziell im deutschen Außenamt entworfene neue Südosteuropastrategie) wird oft übersehen; vgl. dagegen, auch zur Gesamtregion, Konrad Clewing, Albanische Fragen, europäische Antworten. Makedonien und Kosovo als Prüfsteine für die EU als internationaler Akteur, in: Iskra Schwarcz/Arnold Suppan (Hgg.), Quo vadis EU? Osteuropa und die EU-Erweiterung. Wien, Berlin 2008, 447–476.

52

Vgl. z. B., und zwar bewusst entgegen der eigenen Überschrift, die gezielte Relativierung der früher mit der Debatte verbundenen Schärfe, mitsamt übersichtlicher Erörterung der Debatte selbst: Martina Baleva/Boris Previšić, Les Balkans n’existent pas! Plurale Erbschaften und interdisziplinäre Herausforderungen, in: diess. (Hgg.), „Den

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Einleitung zur Gesamtreihe

Die Kontroverse von damals hat einige wichtige Ergebnisse hinterlassen und damit nachhaltig die Reflexion über die Frage des Raumes in der Südosteuropaforschung befruchtet. In ihrem Zuge wurde zum einen, maßgeblich durch Holm Sundhaussen, aufgezeigt, dass einem historisch verstandenen Balkanbegriff sehr wohl geschichtliche und kulturelle Prägungen zugrunde liegen, besonders durch die byzantinische und osmanische imperiale Überschichtung.53 Maria Todorova selbst betonte ebenfalls das osmanische Erbe als ein konstitutives, aber eben auch dynamisches und mit der Zeit an Prägekraft verlierendes Element des historischen Raumes Balkan.54 In diesem Zusammenhang kann auch auf einen deutlich älteren Text von Mathias Bernath verwiesen werden, der in einem nicht-essentialistischen Sinne Südosteuropa als „Geschehenseinheit“ verstand und damit die Existenzberechtigung des Faches als mehr als nur eine Subdisziplin innerhalb der institutionell deutlich breiter aufgestellten „osteuropäischen Geschichte“ begründete.55 Heute würde man wohl von „Interaktionsraum“ sprechen.56 Auf ähnlicher theoretischer Grundlage wurde eine eigene Debatte über den in der Osteuropaforschung unter anderem von Oskar Halecki vertretenen Begriff der „Geschichtsregion“ geführt. Damit waren jeweils die Gesamtregionen, nicht aber als zum Beispiel innerhalb Südosteuropas ebenfalls als Regionen deutbare Räum wie Epirus oder Siebenbürgen gemeint. Letzteren – also Mesoregionen in Abgrenzung zu Großregionen wie Südost- oder Ostmitteleuropa – wurde lange Zeit kaum je Aufmerksamkeit zugewandt.57 Als besonders produktives Ergebnis der Debatten über den passenden Raumbegriff ist auch auf die damit in jüngster Zeit angestoßene Forschung über in der Region selbst geschaffene mentale Landkarten von ihr selbst zu verweisen. Denn in der prominenten Kritik der stereotypischen Aufladung von „Balkan“ und „Südosteuropa“ war kaum beleuchtet worden, dass Raumbegriffe nicht nur von außen, sondern auch von innen konstruiert werden, wobei diese beiden Perspektiven eng interagieren. Autorinnen und Autoren wie Diana Miškova, Rumen Daskalov und Basiles Gunares haben nunmehr die inhaltliche Füllung von „Balkan“ und

Balkan gibt es nicht“. Erbschaften im südöstlichen Europa. Köln, Weimar, Wien 2016, 7–24, hier speziell 21f. zur Relativierung. 53

Sundhaussen, Europa balcanica. Vgl. Ulf Brunnbauer, Südosteuropa, in: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2012, .

54 Maria

Todorova, Der Balkan als Analysekategorie. Grenzen, Raum, Zeit, Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), 470–492.

55 Mathias

Bernath, Südosteuropäische Geschichte als gesonderte Disziplin, Forschungen zur osteuropäischen Geschichte 20 (1973), 135–144.

56

Vgl. Ulf Brunnbauer, Der Balkan als translokaler Raum. Verflechtung, Bewegung und Geschichte, Südosteuropa Mitteilungen 51 (2011), H. 3, 78–94.

57

Manchmal wird auch ganz Südosteuropa als Meso-Region verstanden: Stefan Troebst, „Historical Meso-Region“. A Concept in Cultural Studies and Historiography. European History Online und Müller, Southeastern Europe; ein anderer Zugang bei Oliver Jens Schmitt/Michael Metzeltin (Hgg.), Das Südosteuropa der Regionen. Wien 2015, 7–37; vgl. auch Ulrike Tischler-Hofer/Karl Kaser (Hgg.), Provincial Turn. Verhältnis zwischen Staat und Provinz im südöstlichen Europa vom letzten Drittel des 17. bis ins 21. Jahrhundert. Frankfurt/M. u. a. 2017.

30

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Raum und mentale Landkarten

„Südosteuropa“ in der Region nachgezeichnet und aufgezeigt, wie diese Konzepte innerhalb und außerhalb der Region sowie zwischen unterschiedlichen Diskurssphären zirkulierten.58 Wenigstens in der deutschsprachigen Forschungslandschaft hat die Diskussion über den Raumbegriff auch das Bewusstsein dafür geschärft, dass „Balkan“ und „Südosteuropa“ nicht synonym sind und ihre jeweils eigene Begriffs- und Verwendungsgeschichten haben, die zu kennen Teil der notwendigen Begriffsreflexion ist.59 Südosteuropa, genauer eigentlich „der Südosten“, wurde in der NS-Raumideologie zu einem nicht unwichtigen Begriff, der in seiner weitesten Ausdehnung nicht nur den engeren Balkanraum südlich von Save und Donau sowie das pannonische Becken, sondern auch die böhmischen Länder umschließen konnte. Die Forschung zu diesem Raum ist daher während des Nationalsozialismus nicht von den politisch konnotierten Raumkonzepten zu trennen, auch wenn sie inhaltlich keineswegs darin aufging und methodisch beachtliche Überlegungen hervorgebracht hat.60 Nach 1945 wirkte „Südosteuropa“ als Begriff aber innerregional offenbar dennoch so wenig ideologisch aufgeladen, dass es von einer Unterorganisation der UNESCO, nämlich der über die Blockgrenzen hinweg tätigen Association internationale d’études du Sud-Est européen (AIESEE) verwendet wurde und bis heute wird.61 Mit ein Grund hierfür war, dass das Südosteuropa-Konzept der AIESEE weniger auf deutschen denn auf rumänischen Traditionen fußte und auf das weiter oben angesprochene, bereits vor 1914 von dem Universalhistoriker Nicolae

58

Eine hervorragende Zusammenfassung der innerregionalen Raumdebatten bieten Beiträge in Roumen Daskalov u. a. (Hgg.), Entangled History of the Balkans. Bd. 4: Concepts, Approaches and (Self-)Representation. Leiden 2017, insbesondere: ders., The Balkans. Region and Beyond, 1–43; Diana Mishkova, Academic Balkanisms. Scholarly Discourses of the Balkans and Southeastern Europe, 44–114; Alexander Vezenkov, Entangled Geographies of the Balkans. The Boundaries of the Region and the Limits of the Discipline, 115–256; siehe auch Diana Mishkova, The Politics of Regionalist Science. The Balkans as a Supranational Space in Late Nineteenth to MidTwentieth Century Academic Projects, East Central Europe 39 (2012), H. 2–3, 1–38; dies., The Balkans as an Idée-Force. Scholarly Projections of the Balkan Cultural Area, Civilisations. Revue internationale d’anthropologie et de sciences humaines 60 (2012), H. 2, 39–64; dies., In Search of Balkan Occidentalism, Tokovi istorije (2006), H. 1–2, 29–62; zu innerregionalen Balkandiskursen siehe das Werk von Basilēs Gunarēs, Τα Βαλκάνια των Ελλήνων. Από το Διαφωτισμό έως τον Α΄ Παγκόσμιο Πόλεμο [Der Balkan der Griechen. Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg]. Thessaloniki 2007; siehe daneben auch die zu wenig beachtete Untersuchung von Leften S. Stavrianos, Balkan Federation. A History of the Movement Toward Balkan Unity in Modern Times. Northampton/ MA 1944. Ein Beispiel innerbalkanischer Diskursbildung ist der Band Balkan i Balkanci [Der Balkan und die Balkanmenschen]. Beograd 1937, der einen „Balkanmenschen“, „Balkanrassen“, eine „Balkanfrau“ projiziert sowie lange vor Todorova einen westlichen Balkandiskurs kritisiert (59–69) und wie Todorova den „Westen“ als Feindbild aufbaut.

59

Vgl. Ulf Brunnbauer, Der Balkan, in: Europäische Geschichte Online (EGO), 2013, .

60 Mathias

Beer/Gerhard Seewann (Hgg.), Südostforschung im Dritten Reich. Institutionen – Inhalte – Personen. München 2002; Petra Svatek, Hugo Hassinger und Südosteuropa. Raumwissenschaftliche Forschungen in Wien (1931 – 1945), in: Carola Sachse (Hg.), „Mitteleuropa“ und „Südosteuropa“ als Planungsraum. Wirtschafts- und kulturpolitische Expertisen im Zeitalter der Weltkriege. Göttingen 2010, 290–311; dies., „Wien als das Tor nach dem Südosten“ – Der Beitrag Wiener Geisteswissenschaftler zur Erforschung Südosteuropas während des Nationalsozialismus, in: Mitchell G. Ash/Wolfram Niess/Ramon Pils (Hgg.), Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien. Göttingen 2010, 111–139.

61

Bogdan C. Iacob, From Periphery to Cardinal Borderland. The Balkans in Unesco. Sofia 2015 (CAS Working Paper Series, 7); s. .

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Einleitung zur Gesamtreihe

Iorga entwickelte Raumkonzept zurückging. Inner- wie außerregional wird der Südosteuropabegriff also seit dem 19. Jahrhundert verwendet. Der Balkan-Begriff wiederum hat in den mehr als 150 Jahren seines wissenschaftlichen und außerwissenschaftlichen Gebrauchs eine Fülle von Konnotationen angenommen: Ursprünglich als neutraler Terminus verwendet, abgeleitet vom Balkangebirge, dessen Ausdehnung die antike Geographie fälschlicherweise als sogenannte catena mundi (Weltenkette) vom Schwarzen Meer bis an die Adria reichen ließ, erhielt er besonders seit der Ermordung des serbischen Königs Aleksandar Obrenović (1903) und den beiden Balkankriegen (1912/1913) außerregional einen ausgesprochen negativen Gehalt. Dem gegenüber stand ein oft übersehenes positives, freilich stark exotisierendes und orientalisierendes Bild von einem unberührt wilden, edlen Balkan, das von ganz unterschiedlichen Kreisen gepflegt wurde, von britischen Reisenden und Abenteurern oder Karl May bis hin zur NS-Propaganda.62 Parallel dazu aber diente Balkan als positiv aufgeladener Kernbegriff für die Idee einer Vereinigung der Region („Balkanföderation“; zuletzt unter kommunistischem Vorzeichen vor allem von Tito zwischen 1944 und 1948 forciert), als Element eines nationalstaatlichen Selbstverständnisses (dies in Bulgarien), oder auch als Abgrenzungsinstrument gegen den als anders konstruierten Westen – eine Alteritätskonstruktion, die analog schon in Byzanz gegen „Lateiner“/ „Franken“ zu beobachten ist.63 Heute wird in wissenschaftlichen Werken „Balkan“ zumeist für eine enger abgesteckte, vor allem als Raum des kombiniert byzantinisch-osmanischen Erbes definierte Region verwendet, während

62

Vgl. zum Balkan als Ort des edlen, oder auch nicht so edlen „Wilden“: Vesna Goldsworthy, Inventing Ruritania. The Imperialism of the Imagination. New Haven/CT 1998.

63

Stavrianos, Balkan Federation; Hans Hartl, Der „einige“ und „unabhängige“ Balkan. Zur Geschichte einer politischen Vision. München 1977; aus der Fülle der Literatur zum mitteleuropäisch-westlichen Balkanbild und zumal griechischen Bildern vom Westen: Božidar Jezernik, Das wilde Europa. Der Balkan in den Augen westlicher Reisender. Wien, Köln, Weimar 2016; Michael Schmidt-Neke, Von Arnauten und Skipetaren. Albanien und die Albaner bei Karl May, Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 24 (1994), 247–284; ders., Pseudologia phantastica und Orientalismus. Albanien als imaginäre Bühne für Spiridion Gopčević, Karl May und Otto Witte, Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 36 (2006), 151−183; Edgar Hösch, Deutschland, Europa und der Balkan, Südosteuropa Mitteilungen 42 (2002), H. 4, 46–59; Kiril Petkov, Infidels, Turks and Women. The South Slavs in the German Mind, ca. 1400 – 1600. Frankfurt/M. u. a. 1997; Adolf Armbruster, Der Donau- Karpatenraum in den mittel- und westeuropäischen Quellen des 10. – 16. Jahrhunderts. Köln, Wien 1990; Mechthild Golczewski, Der Balkan in den deutschen und österreichischen Reise- und Erlebnisberichten 1912 – 1918. Wiesbaden 1981; Zoran Konstantinović, Deutsche Reisebeschreibungen über Serbien und Montenegro. München 1960; Josip Matešić/ Klaus Heitmann (Hgg.), Südosteuropa in der Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit vom Wiener Kongress (1815) bis zum Pariser Frieden (1856). München 1980; Stefan Troebst, „Macedonia heroica“. Zum MakedonierBild der Weimarer Republik, Südost-Forschungen 49 (1990), 293–364; ders., Von den „Preußen des Balkans“ zum „vergessenen Volk“. Das deutsche Bulgarien-Bild, Études balkaniques 40 (2004), H. 2, 61–71; Gerhard Gesemann, Der montenegrinische Mensch. Zur Literaturgeschichte und Charakterologie der Patriarchalität. Prag 1934; Nikolaj Aretov, Obrazi i avtoritetno ogledalo. Stereotipite za balkanite v anglijskata literatura [Bilder und ein autoritativer Spiegel. Balkan-Stereotypen in der englischen Literatur], Literaturna misăl 8 (2000), H. 2, 88–107; Peter Schreiner, Byzanz und der Westen. Die gegenseitige Betrachtungsweise in der Literatur des 12. Jahrhunderts, in: ders., Byzantinische Kultur. Eine Aufsatzsammlung. Bd. 4: Die Ausstrahlung. Hgg. Silvia Ronchey/Raimondo Tocci. Roma 2013, 551–580; Herbert Hunger, Graeculus perfidus – ‚Ιταλὸς ἰταμός. Il senso dell’alterità nei rapporti greco-romani ed italo-bizantini. Roma 1987.

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Raum und mentale Landkarten

Südosteuropa vor allem im Norden weiter ausgreift (Gebiete von Ungarn, Rumänien, Kroatien und Slowenien) – so, wie der Begriff wie dargelegt auch in unserem Handbuch zum Tragen kommt. Nach dem weitgehenden Abflauen des Gelehrtenstreits ist dabei nun Konsens, dass Raum als Deutungskategorie für historische Prozesse sinnvoll ist – und zwar auch aus pragmatischen Erwägungen: Geschichte ist mit Akteuren, mit Infrastrukturen, mit Orten verbunden, die nicht bloß willkürliche markierte Punkte auf einer Landkarte sind, sondern durch die historischen Prozesse miteinander in Verbindung gebracht werden. Nun stimmt es, dass Orte mit ganz unterschiedlichen anderen in Kontakt stehen, ja dass in der globalisierten Welt alles mit allem zusammenhängt – aber eben nicht alles in ein und derselben Intensität und Verdichtung. Wir verstehen hier Region als Relevanzraum, in dem Dinge passierten, die viel miteinander zu tun hatten – und in der Regel, aber eben auch nicht immer und überall, mehr als mit Dingen ganz anderswo in der Welt. Es mag also sein, dass die Geschichte vieler Orte in Südosteuropa auch in einem komplett anderen regionalen Rahmen sinnvoll geschrieben werden kann – wir haben die räumlichen Weiterungen der Perspektive, die nie für alle Teile der Region von gleicher Bedeutung sind, oben ja angedeutet. Aber wie auch die folgenden Bände des Handbuchs zu zeigen versuchen werden, ist Südosteuropa als flexible Geschichtsregion nicht nur ein heuristisches Hilfsmittel, und auch nicht nur Ergebnis gewachsener akademischer Institutionalisierung, sondern auch ein sinnvolles Paradigma, um die zu beschreibenden historischen Entwicklungen und Ereignisse zu interpretieren und zu erklären.

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Einleitung zur Gesamtreihe

TECHNISCHE HINWEISE UND DANKSAGUNG Jedes gedruckte Nachschlagewerk konkurriert heute „nolens volens“ mit der weltweit abrufbaren Verfügbarkeit von Inhalten der virtuellen Welt im Internet. Die ordnende und strukturierte Erschließung von Forschungsinhalten, die das Handbuch für sein Feld diesem freien Fluss von unsortierten Daten entgegen halten möchte, wurde schon eingangs als eine Reaktion darauf angesprochen. Jedoch kann und will sich unser Projekt selbst einem teilweise digitalen Prozedere auch nicht entziehen. Deshalb wurde als paralleler Bestandteil das „Online-Handbuch zur Geschichte Südosteuropas“ – https://hgsoe.ios-regensburg.de/ – geschaffen, das wiederum über Möglichkeiten verfügt, die ein gedrucktes Werk nicht hat. Nicht nur werden dort erste Textfassungen vorab zugänglich gemacht, es können außerdem Verbindungen zu einigen Datenbanken geknüpft und sonstige Materialien zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise ist dort bereits heute eine in ihrem Umfang wohl einmalige digitale Kartensammlung zur Geschichte Südosteuropas abrufbar. Nicht nur in dieser Hinsicht hat das Vorhaben eine teilweise hybride Erscheinungsform, die zu einer besseren Verankerung der sach- und fachkundigen Orientierungsleistung des Handbuchs zur Geschichte Südosteuropas in Wissenschaft und Gesellschaft beitragen soll. Dem Verlag De Gruyter Oldenbourg ist nämlich für seine Einwilligung zu danken, pro Band bis zu einem Drittel der Beiträge online (vorab) zu publizieren. Diese Beiträge finden sich dann jeweils in der Druckfassung in aktualisierter und endgültig edierter Form. Als Gegengewicht zu der Grundsatzentscheidung, alle Beiträge der gedruckten Fassung in deutscher Sprache zu bringen, diente dabei die Maßgabe, dass in der digitalen Fassung englisch eingereichte Texte überdurchschnittlich häufig zur Wiedergabe kommen. Dem vermeintlich unbegrenzten virtuellen Raum stehen die zwar üppigen, aber doch umfangsbegrenzten Handbuchbände samt den strukturierenden Redaktionsrichtlinien gegenüber. Im Detail müssen diese hier nicht ausgeführt werden. Hinzuweisen ist aber auf einige relevante Punkte, denen die Leserinnen und Leser mehrfach begegnen werden: a) Mit Ausnahme von einleitenden Kapiteln, die summarische Aussagen über Forschungsstand und Quellensituation machen, also den Charakter einer „bibliographie raisonnée“ tragen, werden Literaturangaben im ganzen gedruckten Handbuch als Kurztitel geführt. b) In den jeweiligen Abschnittsbibliographien werden dann sämtliche im Text erwähnten Literaturbelege vollständig angeführt. c) Kyrillische Autoren- und Titelangaben wurden transliteriert; bei griechischen Titeln trifft dies lediglich auf die Autorennamen und Publikationsorte zu, ansonsten wurde darauf verzichtet. Das ist pragmatisch damit begründet, dass für die Transkription vom griechischen in das lateinische Alphabet auch in der wissenschaftlichen Praxis mehrere Systeme bestehen, und dass dabei die einzig exakten Transliterationssysteme unüblich geblieben sind. d) Bei Titelangaben in südosteuropäischen Sprachen finden sich Titelübersetzungen in eckigen Klammern. Sofern diese Angaben englisch-, italienisch- oder französischsprachig

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Technische Hinweise und Danksagung

sind, ist dies als Hinweis zu verstehen, dass im zitierten Werk meist eine jeweils entsprechende westsprachige Zusammenfassung vorhanden ist. e) Bei griechischen Orts- und Personennamen wird in einzelnen Teilen des Handbuchs der zu betonende Vokal mit einem Akzentzeichen versehen, was als freundliches Angebot zu einer erleichterten korrekten Aussprache gemeint ist. Bei dem Griechischen entstammenden historischen Begriffen wird ansonsten mal mit deutscher Transkription gearbeitet, mal die Schreibung im griechischen Alphabet verwendet. Richtschnur für die jeweilige Wahl war das Vorhandensein (im ersten Fall) oder Nichtvorhandensein (im zweiten) von entsprechenden Einträgen in den maßgeblichen Nachschlagewerken von der Art des Lexikons des Mittelalters oder des Lexikons zur Geschichte Südosteuropas. f ) Sämtliche in diesem Band erwähnten Internetadressen wurden Ende September 2019 auf ihre Aktualität hin überprüft. Die redaktionelle Arbeit unterstützten in Regensburg die Studentischen Hilfskräfte Birgit Nemec, Jessica Motyka und Isabella Schumann; in Wien halfen die Universitätsassistentinnen Theresia Pantzer und Nadine Riegler mit. Ihnen allen ist an dieser Stelle ein großer Dank auszusprechen. Ein solcher gebührt außerdem Fatima Ajanović, David Kronawitter, Leo Levanić, Felix Lodermeier, Johannes Nüßer, Louisa Ohorn, Fabian Riesinger, Regina Staaden, Jasmina Venhari und Michael Wastl, die bei der Erstellung der Register und Literaturverzeichnisse mitgewirkt haben. Institutionell getragen wird das Handbuch vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS, Regensburg). Für das IOS ist das Handbuch eines seiner Leitprojekte, das seine Zielsetzung, sowohl eigene Grundlagenforschung zu betreiben als auch zentrale wissenschaftliche Dienstleistungen für das Fach anzubieten, geradezu idealtypisch illustriert. Zugleich spiegelt sich in dem Projekt auch ein Teil der Institutsgeschichte. Ein Handbuchprojekt wie dieses hat immer einen beträchtlichen Vorlauf: Als Konrad Clewing und Oliver Jens Schmitt im Mai 2007 im Zusammenwirken auch mit dem Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien und dem Rektorat der Universität Regensburg zu einem ersten explorativen Treffen nach Regensburg luden und unter Vordiskussion des Handbuchs in die Planung ihrer einbändigen „Geschichte Südosteuropas“ einstiegen, hieß das IOS in diesem Teil seiner Herkunft noch „Südost-Institut“ und war gerade erst von München nach Regensburg gezogen. Fünf Jahre später änderte sich der Name nach der Vereinigung von Osteuropa-Institut und Südost-Institut in Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, weitere fünf Jahre danach kam der Namenszusatz „Leibniz“ hinzu, nachdem das IOS in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen worden war. Das Handbuch zur Geschichte Südosteuropas verdeutlicht – wie auch die Buchreihen und Zeitschriften des Instituts –, dass das südöstliche Europa nach wie vor einen Hauptschwerpunkt in der Institutsarbeit darstellt (und auch in Zukunft bilden wird), aber heute eben in einem größeren, vergleichenden Kontext, wie das ja auch von neueren Zugängen in den Area Studies verlangt wird. Das Institut dankt dabei ganz besonders Edvin Pezo, der als zuständiger Redakteur und Koordinator des Handbuchs nicht nur die unzähligen Fäden dieses Großprojekts zusammenhält, sondern auch selbst Beiträge beisteuert.

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Einleitung zur Gesamtreihe

Die wichtigste wissenschaftliche Partnerinstitution beim Handbuchprojekt war für das IOS die Universität Wien, genau gesagt das Institut für Osteuropäische Geschichte, als der akademischen Heimat von Oliver Jens Schmitt. Mit dem 2017 gegründeten Forschungsbereich Balkanforschung am Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der von Oliver Jens Schmitt geleitet wird, kam ein weiterer wichtiger Partner hinzu, der das für die Südosteuropaforschung wichtige Tandem Regensburg-Wien zusätzlich stärkte. Als zweiter zentraler institutioneller Partner hat der Verlag De Gruyter Oldenbourg, mit dem das Institut schon seit Jahrzehnten erfolgreich zusammenarbeitet, dieses Projekt ermöglicht. Noch einmal: Ein Handbuch wie unseres mag auf den ersten Blick so gar nicht mehr in die heutige Zeit umfassender digitaler Informationsquellen passen – aber nicht nur wir als Herausgeber, sondern auch der De Gruyter Oldenbourg Verlag sind hier anderer Meinung. So schnell ist die Idee des Buches als universellem Wissensspeicher nicht aufzugeben! Von uns Herausgebern gilt dem Verlag jedenfalls unsere Dankbarkeit für die umfassende Unterstützung und die Bereitschaft, kaufmännisches Risiko für dieses editorische Großprojekt einzugehen. Kooperation ist ohnehin das zentrale Prinzip, auf dem unser Handbuch beruht. Wir möchten allen Autorinnen und Autoren herzlich für ihre Mitwirkung und insbesondere auch Geduld danken, denn einige müssen aufgrund der versetzten Publikationsweise der einzelnen Bände Jahre auf das fertige Ergebnis ihrer Arbeit warten. Ganz besonderer Dank richtet sich an die Herausgeber der einzelnen Bände: an Marie-Janine Calic (Ludwig-Maximilians-Universität, München), Hannes Grandits (Humboldt-Universität zu Berlin), Markus Koller (Ruhr-Universität Bochum), Fritz Mitthof (Universität Wien), Walter Puchner (Universität Athen), Klaus Roth (Ludwig-Maximilians-Universität, München), Peter Schreiner (Universität zu Köln), Christian Voß (Humboldt-Universität zu Berlin) und Ioannis Zelepos (Ludwig-Maximilians-Universität, München). Ein Bandherausgeber, der von Anfang an das Projekt begleitet und bereichert hat, ist nicht mehr unter uns: Holm Sundhaussen, der viel zu früh aus seinem Leben gerissen wurde. Er ist in 2015 Regensburg verstorben, am Tag nach einem Autorentreffen eines der Handbuchbände. Der tragische Tod Holm Sundhaussens ist für uns Auftrag zugleich, seinem Credo einer modernen Geschichte Südosteuropas gerecht zu werden, die sowohl die Besonderheiten der Region behandelt als auch ihre integrale Rolle in einer umfassenden Geschichte Europas herausstreicht.

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VORWORT ZU BAND 1

Die ersten drei Bände des Handbuchs zur Geschichte Südosteuropas behandeln Herrschaft und Politik auf den Betrachtungsebenen der Ereignis- und der Strukturgeschichte. Eine raum- und epochenübergreifende Darstellung der Ereignisse ist gerade für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert weniger leicht zugänglich als man annehmen würde. Ereignisgeschichte ist daher keine reine Pflichtübung. Die politische Geschichte des antiken Balkans etwa wird im vorliegenden Band erstmals seit vielen Jahrzehnten zusammenfassend auf dem neuesten Forschungsstand geboten. Neben der Ereignisgeschichte thematisieren die einzelnen Kapitel Herrschaft, verstanden als unterschiedliche Formen der Institutionalisierung von Macht. Dabei reicht das Spektrum von imperialen Verwaltungsstrukturen in Rom und Byzanz bis zu Steppenkriegerkonföderationen und Personenverbandssystemen. Diese werden je nach Kontext und Quellenlage untersucht, und zwar in einem breiten Spektrum, das von Herrschaftsideen, territorialer Gliederung, Organisation von Gefolgschaft bzw. Verwaltungspersonal reicht bis zur Gestaltung von Verkehrswesen oder Wirtschaft. Wie bereits in der Einleitung zum Gesamtwerk erwähnt, sind gerade im letzteren Bereich die Übergänge zum einschlägigen späteren Band über Wirtschaft und Gesellschaft fließend. Auch dieser strukturgeschichtliche Teil war schwerer zu erstellen, als man gemeinhin annehmen würde. Nicht selten entspringt das Dargebotene neuer Originalforschung, die für das Handbuch zu leisten war. Wie in der Einleitung zum Gesamtwerk auch schon angesprochen, wurden für das Themenfeld von Herrschaft und Politik in den Zeiten vor 1800, die im Handbuch sonst in einem Band behandelt werden, zwei volle Bände gewidmet. Die Herausgeber wählten diesen Weg, um Forschungen sichtbar zu machen, die Historiker gerade aus vergleichender Sicht besonders interessieren werden. Dies gilt für die antike Geschichte des Balkans, die hier in einzig dastehender Form geboten wird, und zwar in ihrem vollen Eigengewicht, d. h. nicht reduziert auf eine Vorgeschichte zu vermeintlich Bedeutenderem, das erst im Frühmittelalter einsetzt. Der Balkan war Teil der Alten Welt, und wenngleich der durch die slawische Einwanderung hervorgerufene Bruch mit der Antike am Balkan tiefer war als in den Westprovinzen des Imperiums, reicht das sprachliche Erbe des Römischen Reiches bis in die Gegenwart hinein – Balkanromanisch, Neugriechisch und Albanisch stehen in antiker Tradition. Balkangeschichte beginnt eben nicht mit der Zuwanderung der Slawen, die bis heute in der Region keine Mehrheit stellen gegenüber den Sprechern nichtslawischer Sprachen. Die vollumfängliche Einbindung der Alten Geschichte verfolgt aber auch einen anderen Zweck: Sie ermöglicht einen diachronen Imperienvergleich, der nicht nur neuzeitliche Reiche, sondern neben Byzanz eben auch Rom miteinbezieht. Gerade diese neue Perspektive entlang einer deutlich nach

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Vorwort zu Band 1

hinten verlängerten Zeitachse stellt einen erheblichen Mehrwert des gesamten Handbuchprojektes dar und wird hoffentlich vergleichende Deutungen befruchten. Der Leser findet aber auch Großkapitel zu Themen, die selten überhaupt zusammenhängend dargestellt werden und wenn, dann in Formen, die einem internationalen Publikum eher verschlossen blieben. Gemeint sind die nomadischen Herrschaftsbildungen, also die politischen Formationen von Kriegergruppen aus den nordpontischen Steppen, die insbesondere in Antike und Mittelalter den südosteuropäischen Raum nachhaltig prägten. Ungarn und Bulgaren leiten sich aus solchen Herrschaftsbildungen ab. Doch auch nicht bis in die neuere Zeit reichende Steppenkriegerherrschaften haben Politik und Gesellschaft des südöstlichen Europa stärker geprägt, als gemeinhin angenommen wird. Der vorliegende Band enthält daher umfangreiche Kapitel zu Awaren, Bulgaren und Magyaren. Gerade die mittelalterliche bulgarische Geschichte ist außerhalb Bulgariens schon lange nicht mehr auf dem letzten Forschungsstand in einer anderen Sprache als Bulgarisch einer internationalen Leserschaft zugänglich gemacht worden. Von besonderem Reiz ist es auch mitzuverfolgen, wie Rom und Byzanz mit dem steten Migrationsdruck aus der Steppe umgingen und wie sich aus dem Zusammenbruch der Reichsgewalt im 7. Jahrhundert eine neue politische und kulturelle Gemengelage ergab, die ihrerseits in Auseinandersetzung, Austausch und Abgrenzung zur imperialen Welt stand. Die allmähliche Eingliederung slawischer und nichtslawischer Zuwanderung in eine von Byzanz und Rom, diesmal im kirchlich-kulturellen Sinne, geprägte Region, die Integration über dauerhafte Herrschaftsbildung und Christianisierung ist ein Leitthema dieses Bandes. Diese Kapitel bieten reiches Vergleichsmaterial sowohl zum römischen Westen (von der iberischen Halbinsel bis nach Noricum) und zum römischen Süden und Südosten (Ägypten und Syrien) und deren jeweilige Umformung in romkirchliche mittelalterliche bzw. islamisch dominierte Herrschafts- und Gesellschaftsformen. Die Darstellung beginnt mit dem Ausgreifen Roms in den Adriaraum und nach Griechenland im Laufe des 3. Jahrhunderts v. Chr., unter eingehender Würdigung nicht nur der stark fragmentierten historiographischen und sonstigen literarischen Überlieferung, sondern auch der archäologischen, epigraphischen und numismatischen Reste. Die vorangehenden Jahrhunderte der späteren Eisenzeit (ab ca. 500 v. Chr.), für welche nur vereinzelte Textquellen wie Herodot, Thukydides und Xenophon vorliegen, die jeweils zeitlich und räumlich stark beschränkte Momentaufnahmen liefern und daher auch kein durchgängiges Narrativ ermöglichen, sind nur hinführend behandelt. Die früheren Epochen der Menschheitsgeschichte im Balkanraum, die ausschließlich über archäologische Funde zu erfassen sind, bleiben ausgeklammert.

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Vorwort zu Band 1

Der vorliegende erste Band reicht bis ca. 1300, wobei der Beitrag zu Kroatien und jener zum fränkischen Griechenland ein Stück über diese zeitliche Abgrenzung hinausgehen. Diese ist umso mehr cum grano salis zu verstehen, da Band 1 und 2 des Handbuchs anfangs als gemeinsamer konzipiert worden waren und daher enger miteinander verschränkt sind als andere Bände des Gesamtwerks. Der vorliegende Band des Handbuchs versucht wichtige Punkte aus dem Programm des Gesamtvorhabens des Handbuchs zur Geschichte Südosteuropas einzulösen, nämlich eine Erweiterung des epochalen und des räumlichen Blickfelds, hier zumal die Einbindung sowohl des maritimen wie des Steppenanteils. Ebenso wird der imperiale Zugriff auf die Region verschränkt mit dem Eigengewicht Südosteuropas innerhalb der Imperien und der Herausbildung eigener regionaler Herrschaftsstrukturen gegen und aus den Imperien heraus. So wird zum einen die Geschichte einer Großregion ernst genommen, zum anderen aber deren Einbettung in breitere mediterrane und eurasische Zusammenhänge gewährleistet. Die meisten Kapitel fassen nicht nur den Forschungsstand zusammen, sondern erbringen genuine Forschungsleistungen. Erst recht gilt dies aber für die Kapitel in ihrer Gesamtheit, also den ganzen Band. Es handelt sich um die umfangreichste forschungsbasierte und forschungsorientierte Gesamtdarstellung des antiken und früh- sowie hochmittelalterlichen Südosteuropas, die im Sinne des oben skizzierten Programms je verfasst worden ist. Auch für viele der hier ausführlich geschilderten Einzelthemen wird der nicht einschlägig sprachkundige und eingearbeitete Leser anderswo kaum so rasch und fundiert Orientierung erhalten. In diesem Sinne danken die beiden Bandherausgeber allen Beiträgern. Die Herausgeber hoffen, dass der Band es künftig ermöglichen wird, Südosteuropa in der Antike und dem Früh- und Hochmittelalter bei vergleichenden Arbeiten als integralen Teil der europäischen, mittelmeerischen und eurasischen Geschichte vollwertig zu berücksichtigen.

Wien und München, im Juni 2019 Fritz Mitthof

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Peter Schreiner

Oliver Jens Schmitt

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TEIL I: SÜDOSTEUROPA IM RÖMISCHEN IMPERIUM

1. R  OM IN SÜDOSTEUROPA: ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN

Fritz Mitthof

1.1

EINFÜHRUNG

Teil I des vorliegenden Handbuchs behandelt die Herrschaft Roms in Südosteuropa von ihren Anfängen um 200 v. Chr. bis zum endgültigen Aufgehen des Imperium Romanum in seinem Nachfolgereich Byzanz um 600 n. Chr., mithin einen Zeitraum von etwa 800 Jahren. Die ereignisgeschichtliche Darstellung ist in drei zeitliche Abschnitte unterteilt (Kap. 2–4), die nicht der üblichen Epochenunterteilung römischer Geschichte von Republik (im Osten: Hellenismus) – Kaiserzeit (Principat) – Spätantike (Dominat) folgen. Aus der Perspektive des Handbuchs erschien es sinnvoller, zwei im hier behandelten geographischen Raum verortete große Schlachten als Zäsuren zu wählen, nämlich diejenigen der Jahre 251 bei Abrittus (Razgrad) und 378 n. Chr. bei Adrianopel (Edirne), und zwar nicht so sehr aus dem Grund, weil beide Ereignisse für Rom mit katastrophalen Niederlagen und dem Tod der Herrscher im Gefecht endeten, sondern weil sie symptomatisch für vorübergehende Schwäche- und Krisenphasen des Römischen Reiches stehen, die mittel- und langfristig zu einem Umbau seiner Herrschaftsstrukturen geführt haben, nicht nur im Donau- und Balkanraum, sondern im gesamten Reich. Damit sind zugleich mehrere Motive angesprochen, die als durchgängige Leitlinien des folgenden Narrativs verstanden werden können: Zunächst die Tatsache, dass die Geschichte Roms in den Donau- und Balkanprovinzen sich mit einem konventionellen Drei-Schritt-Schema nach dem Muster Aufstieg-Blüte-Niedergang nicht adäquat beschreiben lässt; eher handelte es sich um einen wellenförmigen Prozess, mit einer sich mehrfachen wiederholenden Abfolge von Phasen der Verdichtung, Auflösung und Regeneration römischer Herrschaftsbildung. Zudem sind bei einem Vergleich einzelner Subregionen des Donau- und Balkanraumes Unterschiede in der Intensität der Herrschaftsdurchdringung sowie divergierende Entwicklungsrhythmen festzustellen. Gleichzeitig soll im Folgenden gezeigt werden, dass der Donau- und Balkanraum sich im Laufe der ersten 500 Jahre römischer Herrschaft gewissermaßen von einem Hinterhof des Reiches zur Kernzone gewandelt hat. Damit soll auch die Wahrnehmung der Bedeutung der Region für die Gesamtentwicklung des Reiches geschärft werden. Entscheidend ist dabei, dass die militärische Elite der Donauprovinzen in der Transformationsperiode des 3. – 4. Jahrhunderts maßgeblich zur Sicherung des Fortbestandes des Reiches beigetragen, über längere Zeit wesentliche Teile der neuen Reichselite geformt und letztlich sogar die Herrscher gestellt hat. Vor diesem Hintergrund sind Konzepte der aktuellen Imperiumstheorie, die Rom gerne als Musterfall verwendet, in neuem Licht zu betrachten, so etwa die Vorstellung von einer „Augusteischen Schwelle“ als jener exemplarisch

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

mit dem ersten Kaiser Roms verbundenen Entwicklungsstufe eines Imperiums, in welcher die Phase der gewaltsamen Expansion endet und die der inneren Befriedung und Konsolidierung einsetzt, ergänzt um die Idee einer quasi naturgegebenen Grenze für die maximale Ausdehnung eines Reiches in seiner jeweiligen Ausprägung und des Risikos für eine Überdehnung seiner Kräfte („Overstretch“). Gerade die Geschichte des Balkan- und Donauraumes zeigt, dass für eine solche Analyse eine stärkere Differenzierung notwendig ist, um die einzelnen Stadien der imperialen Entwicklung Roms angemessen zu beschreiben. Vernachlässigt wird dagegen in der vergleichenden Imperiumsforschung gerne das für Roms Entwicklung so bedeutsame Motiv der allmählichen Umformung der Peripherie (hier die Donauprovinzen) zu einer Kernzone bzw. umgekehrt der einstigen Kernzone des Reiches (hier Italien) zu einer inneren Peripherie („Hinterhof“), verbunden mit dem bereits angesprochenen Elitentausch. Es war aber gerade dieser gegenläufige Rollenwechsel, der Roms Geschichte im 3. – 4. Jahrhundert n. Chr., am Übergang von Principat zur Spätantike, entscheidend bestimmt hat. Zugleich ermöglicht es die hier gewählte Darstellungsweise, zwei strukturelle Defizite der modernen Geschichtsforschung zumindest ansatzweise zu beheben: zunächst den Umstand, dass die Geschichte des Imperium Romanum gerne schematisch in eine Geschichte des lateinischen Westens einerseits und des griechischen Ostens andererseits unterteilt wird. Dabei wird die hier interessierende Mittelzone zwischen Italien im Westen und Griechenland bzw. Kleinasien im Osten oftmals vernachlässigt oder sogar gänzlich ausgeblendet, mit der Folge, dass ihre elementare Funktion als Schnittstelle und Kontaktzone der beiden „Reichshälften“ weitgehend unerkannt bleibt. Zudem wird die Geschichte des römischen Südosteuropa aus althistorischer Sicht gerne im Format der Geschichte einzelner Provinzen bzw. als Kompilation von unverbundenen Provinzgeschichten beschrieben. Bei einem solchen Zugang kann die Provinzgeschichte sogar als Frühphase und Vorstufe der modernen Nationalgeschichte wahrgenommen werden. Auf diese Weise bleiben allerdings wesentliche verbindende Elemente und Zusammenhänge unerkannt, während gleichzeitig künstlich Grenz- und Bruch-, aber auch Kontinuitätslinien geschaffen werden und die antike Epoche in einen anachronistischen Interpretationszusammenhang gestellt wird. Solchen Tendenzen wird hier eine raum- und epochenübergreifende Gesamtgeschichte des römischen Südosteuropa gegenübergestellt, die gleichermaßen den inner- wie überregionalen Deutungszusammenhang berücksichtigt. Als Vorspann und Hinführung zu den ereignis- und strukturgeschichtlichen Partien in Kap. 2–5 bietet das nachstehende erste Kapitel einen Überblick über jene antiken Autoren und Werke, die der modernen Forschung als maßgebliche Quellengrundlage zum einen für die geographischadministrative und ethnische Gliederung Südosteuropas, zum anderen für das historische Narrativ dienen. Zugleich soll dieser Abschnitt deutlich machen, welchen Kenntnisstand die antiken Zeitgenossen über Südosteuropa hatten und unter welcher Perspektive sie den Raum und seine Geschichte wahrgenommen haben. Hieran schließt sich ein knapper Überblick über die aktuelle Forschungsliteratur an, gegliedert nach den Hauptabschnitten des Darstellungsteils. In Kap. 2.1 wird im Sinne eines Prologs die jüngere vorrömische Eisenzeit behandelt, in Kap. 5 geht es um die von Rom geschaffenen Herrschaftsstrukturen: Verwaltung, Militär, Urbanisierung, Verkehrswege; für die Spätantike treten die Themenfelder Residenzen und kirchliche Strukturen hinzu.

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Einführung

Alle Quellen, die nicht geographischer und historiographischer Natur sind, das heißt sowohl die übrigen Genres der antiken Literatur im weitesten Sinne (Dichtung, Satire, Rhetorik, Panegyrik, Fachschriftstellerei, für die christliche Zeit auch Märtyrerakten, Konzilsakten, Hagiographie etc.), sofern sie einen Bezug zum Donau- und Balkanraum erkennen lassen, sowie die gewaltige, dank Neufunden beständig wachsende Masse an epigraphischen, numismatischen und archäologischen Quellen werden in einem der Folgebände in Form einer Quellenkunde im Hinblick auf ihre jeweilige Bedeutung, Verteilung und Aussagekraft für den Historiker systematisch erschlossen. Dort werden auch die hier noch nicht behandelten strukturgeschichtlichen Aspekte ausführlich gewürdigt werden, und zwar einerseits zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, andererseits zur Sprach-, Religions- und Kulturgeschichte des römischen und spätantiken Südosteuropa, soweit diese Themen sich aus den genannten Quellen rekonstruieren lassen. Hierbei wird der Beschreibung der umfassenden und höchst komplexen Mobilitäts-, Migrations-, Transfer- und Interaktionsprozesse, die durch die römische Herrschaft initiiert wurden und zugleich ihren Charakter fortlaufend verändert haben, besondere Bedeutung zukommen. Schließlich soll in diesem Zusammenhang auch ein Abriss der Rezeptions- und Forschungsgeschichte geboten werden, der vom Zeitalter des Humanismus bis in die heutige Zeit reicht.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Fritz Mitthof

1 .2

 ÜDOSTEUROPA IN DER ANTIKEN GEOGRAPHIE S UND HISTORIOGRAPHIE

1.2 .1 Geographie In diesem Abschnitt werden jene antiken Werke geographischen Charakers vorgestellt, die unter anderem auch den Donau- und Balkanraum abdecken. Der chronologische Rahmen reicht von Augustus bis Justinian. Die Texte werden in der Abfolge ihrer Zeitstellung behandelt. Im Falle der Tabula Peutingeriana wird das mutmaßliche Datum der letzten Redaktionsstufe 435 n. Chr. angesetzt (s. u.). Frühmittelalterliche Texte, die ohnehin in starkem Maße auf der hier dargestellten früheren griechisch-römischen Tradition beruhen, so etwa die Cosmographia des sogenannten Geographen von Ravenna, sind nicht mehr erfasst. Die Bedeutung des hier präsentierten Schrifttums liegt zum einen darin, dass es uns erlaubt, den geographischen Kenntnisstand der Eliten der römischen Welt zu rekonstruieren und auf seinen Realitätsgehalt zu prüfen. Noch wichtiger scheint jedoch ein anderer Aspekt: Die Texte machen deutlich, dass das Bild, das man sich in der römischen und spätantiken Welt von den naturräumlichen Merkmalen Südosteuropas und von den dort beheimateten Völkerschaften machte, Gegenstand eines Diskurses war, der in nicht geringem Maße den Charakter eines imaginären Konstruktes hatte. Dies gilt besonders für das Barbaricum, in römischer Zeit die Zone jenseits der Donau, in deren Darstellung nach der Zeitenwende keine substantiellen Veränderungen mehr feststellbar sind. Die Gebiete diesseits der Donau hingegen wurden nach und nach in das Reich integriert, und dieser Prozess einer fortschreitenden Aneignung durch Rom lässt sich auch an der Entwicklung des geographischen Schrifttums ablesen, insofern die Texte sich immer mehr an römischen Herrschaftsstrukturen orientieren und in der letzten Phase sogar reine Verzeichnisse von Provinzen, Städten und Verkehrswegen als eigene Textgattungen (Laterculi und Itinerare) in den Vordergrund treten. Erfasst ist im vorliegenden Abschnitt auch die Notitia dignitatum, die eigentlich ihrer Zielsetzung nach keinen geographischen Text darstellt, sondern ein Verzeichnis der zivilen und militärischen Organe des Reiches bietet – die geographische Gliederung ist in diesem Fall also nur ein untergeordnetes Kriterium; dennoch ist die Notitia, ähnlich wie die übrigen hier versammelten geographische Werke, Ausdrucks des Willens zu einer systematisierenden Erfassung und Illustrierung der Welt in ihrer Gesamtheit und setzt damit in gewisser Weise eine Grundidee fort, die bereits in den beiden ersten im Folgenden besprochenen Texten, den Commentarii des M. Agrippa und der Geographie des Strabo, greifbar wird: die „Inventarisierung und Systematisierung der Welt“ aus der Perspektive des Römischen Reiches, das in seiner räumlichen Ausdehnung weitgehend mit der Ökumene gleichgesetzt wird.1 Historisch wirksam war das Weltbild, das in den hier besprochenen 1

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Das Stichwort „Inventarisierung“ ist inspiriert von Nicolet, L’inventaire du monde. Géographie et politique aux origines de l’Empire romain (die engl. Ausgabe verzichtet im Titel auf diesen Begriff: ders., Space, Geography, and

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Texten zum Ausdruck kommt, besonders deshalb, weil es der Reichselite und nicht zuletzt den Kaisern in seiner spezifisch römischen Form der Wahrnehmung des geographischen Raumes auf Basis griechisch-hellenistischer Traditionen als Grundlage für ihr politisches und militärisches Handeln diente. Auch von daher scheint ihre ausführliche Behandlung an dieser Stelle gerechtfertigt. Grundlagen der antiken Geographie

In der griechisch-römischen Antike dominierte die Auffassung, die Erde habe Kugelgestalt und sei fixer Mittelpunkt des Sonnen- und Sternensystems, das sich auf kreisförmigen Bahnen um diese bewegt; die Vorstellung von einer Erdscheibe gewann erst am Übergang zum Mittelalter allgemeine Bedeutung.2 Die bekannten und von Menschen besiedelten Landmassen wurden von den Griechen spätestens seit Aristoteles summarisch als „bewohnte (sc. Welt)“ (οἰκουμένη [γῆ]) und von den Römern, erstmals nachgewiesen für Pompeius, als „Erdkreis“ (orbis terrarum) bezeichnet.3 Man unterschied drei Kontinente: im Norden Europa, im Süden Libyen/Afrika und im Osten Asien. Die Grenze zwischen Europa und Asien wurde durch den Fluss Tanais (Don), die zwischen Asien und Afrika durch den Nil markiert. Gesichert schien auch die Annahme der Existenz eines äußeren Ringmeeres (Okeanós/Oceanus), das die Kontinente umströmt (von manchen wurde allerdings nur das Nordmeer als Teil des Ozeans aufgefasst). Als Eckpunkte der Welt galten im Norden die Britischen Inseln bzw. das sagenhafte Thule, im Westen die Säulen des Herakles (Straße von Gibraltar), im Osten der Mäotische See, d. h. das Mündungsgebiet des Don (Asowsches Meer), und im Süden Äthiopien. Überdies wurden fünf Klimazonen unterschieden (2 Polarzonen – 2 gemäßigte Zonen – 1 heiße Äquatorzone), die nach allgemeiner Annahme nicht nur die Lebensweise, sondern auch die Physis und den Charakter ihrer Bewohner prägten und zudem ein Zivilisationsgefälle von der Mitte nach Norden bzw. Süden bewirkten. In diesem geographischen Weltbild formten die Flüsse Don und Nil, in Verbindung mit den Ostküsten des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres, eine nord-südliche Hauptachse. Im rechten Winkel zu dieser stand eine zweite Äquatorial-Achse, bezeichnet als Diáphragma, die ausgehend von der Straße von Gibraltar in west-östlicher Richtung das Mittelmeer durchzog und sich in den Gebirgsketten Zentralasiens fortsetzte. Schnittstelle der beiden Achsen war die Insel Rhodos. Hieraus ergab sich eine markante Kreuz- bzw. – ohne Betonung der zentralasiatischen Gebirgskette, dagegen in Kombination mit dem durch den Ozean gebildeten Ringkreis – die sogenannte

Politics in the Early Roman Empire). Vgl. Engels, Augusteische Oikumenegeographie. 2

Für die Grundlagen der antiken Geographie s. etwa Bianchetti/Cataudella/Gehrke (Hgg.), Brill’s Companion to Ancient Geography; Ekschmitt, Weltmodelle; Brodersen, Terra cognita; Rathmann, Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume in der Antike.

3

Hierzu und zum Folgenden vgl. Stückelberger, Das Gesamtbild der Oikumene. Nur selten wurde in der antiken Geographie deutlich darauf hingewiesen, dass die Ökumene nicht einfach mit der Welt gleichzusetzen sei, sondern nur einen Teil von ihr ausmache, so etwa bei Strabo (s. u.), der zwischen „der bewohnten Welt, die sich bei uns befindet“ (ἡ οἰκουμένη [sc. γῆ] ἡ καθ’ ἡμᾶς) und „der Welt in ihrer Gesamtheit“ (ἡ ὅλη γῆ) unterscheidet, weshalb die Ökumene einer Insel in einem riesigen Meer gleiche (geogr. 2, 5, 4); zumeist wurde das Problem der Terra incognita jedoch vernachlässigt. Voraussetzung und Grundlage für die Annahme eines erweiterten Weltmodells wie etwa bei Strabo war die Erdumfangsberechnung des Eratosthenes (hierzu gleich).

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

T-O-Form, die in mittelalterlichen Weltkarten (mappae mundi) deutlich greifbar ist, aber auch die antike Kartographie mitgeprägt haben dürfte. Der Erdumfang wurde von Eratosthenes (zu diesem gleich) weitgehend exakt mit 252.000 Stadien = ca. 40.000 km bestimmt; später reduzierte Klaudios Ptolemaios (s. u.), veranlasst durch die Arbeiten von Posidonius (zu diesem ebenfalls gleich), diesen Wert auf 180.000 Stadien = ca. 33.000 – 35.000 km.4 Da die drei bekannten Kontinente in ihren damals gemutmaßten Dimensionen die Erdkugel nur zu einem Teil (zwischen einem Viertel und einer Hälfte) bedeckten, erschien die Annahme der Existenz weiterer Landmassen, also von Terra incognita entlang der Ränder der bekannten Kontinente oder in Gestalt einer oder sogar mehrerer Gegen-Erden, überaus plausibel.5 Die antike Tradition der Geographie als wissenschaftlicher Disziplin geht in die Zeit der vorsokratischen Philosophie des 6. – 5. Jahrhunderts v. Chr. zurück, beginnend mit Anaximander und Hekataios. Im Zeitalter des Hellenismus erreichte sie ihren Höhepunkt, vor allem mit den beiden Hauptwerken des Eratosthenes von Kyrene (ca. 276 – 194 v. Chr.), der „Richtigstellung der Geographie“ (diórthosis tes geographías) und dem Entwurf einer „Weltkarte“ (pinax tes oikuménes), sowie mit den Schriften des Hipparchos von Nikaia (ca. 190 – 120 v. Chr.). Diese Arbeiten sind allerdings, wie fast das gesamte geographische Schrifttum der vorrömischen Zeit, bis auf wenige Fragmente verloren. Als Basis unseres heutigen Kenntnisstandes fungieren solche Werke, die von der Zeitenwende bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. entstanden sind: Strabo, Pomponius Mela, Plinius d. Ä. und Ptolemaios (zu diesen gleich). Diese sind vollständig erhalten und dienen zugleich als unsere Hauptquelle für die verlorene ältere geographische Spezialliteratur. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich in der antiken Geographie zwei Darstellungsformen entwickelt: Die deskriptive Länderbeschreibung (Chorographie), oftmals illustriert mit Karten, und die astronomisch-mathematische Kartographie auf Grundlage eines Koordinatensystems von Längen- und Breitengraden und unter Anwendung von Projektionsverfahren. Hinzu traten seit frühesten Zeiten lineare, eindimensionale Formen der Raumerfassung, einerseits die „Küstenfahrt“

4 Siehe

Stückelberger, in: Ptol. geogr. (Stückelberger/Grasshoff ), 1.  Teilband, Einleitung, 25; ders., Das Gesamtbild der Oikumene, 255. Der von Eratosthenes angesetzte Standard des Längenmaßes Stadion betrug umgerechnet 157,5 m, der des Ptolemaios entweder 185 oder 197,3 m.

5

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Nordeuropa, Asien und Afrika wurden in ihrer Ausdehnung erheblich unterschätzt bzw. umgekehrt bekannte Teile von ihnen überdimensioniert dargestellt, z. B. Taprobane/Sri Lanka. Krates von Mallos (2. Jh. v. Chr.) postulierte sogar die Existenz von insgesamt vier bewohnten Welten. Versuche einer gezielten Erkundung oder gar Umfahrung der Kontinente zur Verifizierung wurden allerdings nur selten und in der Kaiserzeit und Spätantike überhaupt nicht mehr unternommen. Bekannt waren die Berichte des karthagischen Admirals Hanno (5. Jh. v. Chr.) über seine Fahrt entlang der westafrikanischen Küste und des Pytheas von Massilia (4. Jh. v. Chr.) über seine Fahrt von Gibraltar zu den Britischen Inseln, in die Nordsee und zur nicht lokalisierbaren Insel Thule. Römische Flottillen stießen darüber hinaus zur Zeit der Germanienfeldzüge unter Augustus und Tiberius bis zum Skagerrag vor; die Ostsee blieb unbekannt. Herodot berichtet von einer Afrika-Umfahrung der Ägypter unter Pharao Necho II. (ca. 600 v. Chr.). Man wusste auch von der Erkundung der westafrikanischen Küste durch den Historiker Polybios (ca.148/147 v. Chr.) und der Kanarischen Inseln durch Juba (20 v. Chr.). Ptolemaios lagen Berichte mehrerer Ostafrika- und Indienfahrer sowie vereinzelte Berichte über Reisen ins zentrale und fernöstliche Asien vor; s. Stückelberger, in: Ptol. geogr. (Stückelberger/Grasshoff ), 1. Teilband, Einleitung, 16–20. Die Seestrecke vom Roten Meer zur Westküste Indiens war zumindest in der Kaiserzeit dank des regen Indienhandels, der zur Überquerung des Indischen Ozeans die jahreszeitlich wechselnden Monsunwinde nutzte, gut bekannt.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

(períplous), zum anderen die Routenbeschreibung in Form des Itinerars. Beim Periplus lag der Schwerpunkt der Darstellung auf wichtigen Landmarken: Häfen bzw. Städte, Flussmündungen, Vorgebirge und Halbinseln, oftmals verbunden mit Angaben zu den Distanzen. Das Hinterland und küstenferne Regionen blieben dagegen ausgeblendet. Das Itinerar beschränkte sich auf die listenartige Nennung des Ausgangs- und Zielorts von Landrouten sowie Angaben zu den Etappenorten und Distanzen. Es existierten auch Verzeichnisse ausschließlich von Distanzangaben unter dem Titel Stadiasmós oder Miliasmós.6 Das geographische Schrifttum der Antike beschränkt sich nicht auf die Erfassung natürlicher Gegebenheiten, sondern beschreibt immer auch die Lebensweise, Sitten und Gebräuche der in den betreffenden Zonen lebenden Völkerschaften bzw. die Interaktion zwischen Mensch und Umwelt. Es hat daher immer auch eine ethnographische Perspektive. Dies gilt besonders für Darstellungen der unwirtlichen Randzonen der bekannten Welt, wo Mirabilien und Paradoxa, also Wundergeschichten und Gegenwelt-Motive, dominierten. Zugleich bestand in der Antike eine starke Überlappung zwischen Geographie und Historiographie. Geographische Werke erwähnen regelmäßig beiläufig historische Ereignisse, wie auch umgekehrt antike Geschichtsschreibung immer wieder, zumeist in Exkursen an exponierter Stelle, die Beschaffenheit des natürlichen Raumes thematisiert, in welchem die dargestellte historische Handlung spielt. Ferner enthält antike geographische Literatur vielfach auch Episoden mythologischen Charakters (besonders Gründungssagen) sowie antiquarische und etymologische Beobachtungen. Karten bzw. Darstellungen in kartenähnlicher Form dürften sowohl bei den Griechen als auch bei den Römern seit frühester Zeit existiert haben. Bisweilen werden solche Karten in antiken Werken explizit erwähnt. Zudem stehen viele geographische Werke in direkter Verbindung zu einer Karte, auf die sie verweisen, sei es als Erläuterung, sei es als Zeichenanleitung. Im Übrigen ist mit der Tabula Peutingeriana zumindest in einem Fall auf dem Weg über die mittelalterliche Überlieferung eine komplette Weltkarte erhalten, die sich auf eine antike Vorlage zurückverfolgen lässt (hierzu gleich). Daneben nimmt auch die Zahl der Karten und Lagepläne, die direkt aus der Antike und somit auf dem Originalträger (Papyrus, Leder/Pergament, Stein, Mosaik) überliefert sind, ständig zu; freilich sind die bislang bekannten Exemplare immer nur höchst fragmentarisch erhalten.7 Merkmale der Darstellung Südosteuropas in der antiken Geographie

Das dominierende Gliederungselement in der antiken Geographie Südosteuropas war die Donau. Gemeinhin wurde für diesen Hauptstrom abstrahierend ein geradliniger Verlauf von West nach Ost angenommen, der Europa in zwei Hälften teilte (so etwa bei Strabo; s. u.): Diesseits der Donau befand sich dieser Vorstellung zufolge die bekannte und zivilisierte Welt, jenseits der Donau 6

Die Begriffe sind abgeleitet von den Standard-Wegmaßen, gr. stádion und lat. milia (= Meilen).

7

Um einige Beispiele zu nennen: Der Artemidor-Papyrus (1. Jh. n. Chr.) enthält eine ansatzweise ausgeführte Karte der Iberischen Halbinsel. Die Mosaikkarte von Madaba (Arabia, heute Jordanien) aus dem 6. Jh. n. Chr. bildet Palästina und umgebende Regionen ab. Die sogenannte Forma urbis Romae bietet einen in Marmor gemeißelten Stadtplan Roms aus der Severerzeit. Zur Itinerarkarte auf dem Schild aus Dura-Europos siehe unten.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

erstreckte sich bis zum Ozean das nur zum Teil bekannte und in seiner Ausdehnung unterschätzte „Barbaricum“. Zudem wurde angenommen, dass sich als zweite Scheidelinie parallel zur oberen und mittleren Donau, unmittelbar an ihrem linken Ufer, eine ausgedehnte Wald- und Mittelgebirgszone erstrecke, der Herkynische Wald.8 Als drittes Gliederungselement galten die als durchgängige Linie wahrgenommenen, südlich der unteren Donau von der Adria zum Schwarzen Meer verlaufenden Gebirgsformationen, quasi ein antiker Vorgriff auf das neuzeitliche Konzept vom „Balkangebirge“ (s. wiederum unten zu Strabo).9 Als weitere Achsen zur Untergliederung des Barbaricums dienten quer zur Donau verlaufende, entweder nach Norden in den Ozean oder aber nach Süden in die Donau und ins Schwarze Meer entwässernde Flüsse: Rhein, Weser, Elbe, Weichsel bzw. Theiß, Olt, Sereth, Pruth, Dnjestr, Südlicher Bug, Dnjepr und Don. Zugleich wurde der Raum mithilfe ethnischer Sammelkategorien, die weitgehend artifiziellen Charakter hatten, grob unterteilt: Seit frühesten Zeiten wurde ein westlicher Teil, das Keltenland (Keltiké), und ein östlicher Teil, das Skythenland (Skythiké), unterschieden. Im Späthellenismus, offenbar angeregt durch die Schriften des Posidonius/Poseidonios von Apameia (ca. 135 – 55 v. Chr.), wurde auch das bis dahin nur vage erfasste Gebiet zwischen diesen beiden Zonen mit Hilfe von ethnischen Labels segmentiert, von denen zwei, Germanen und Daker, zu diesem Zeitpunkt Neuschöpfungen waren (s. u. Kap. 2.1, Abschnitt: Der Dakername): Östlich des Rheins begann jetzt nach allgemeiner Auffassung das Germanenland (Germaniké); an dieses schlossen sich die Zonen der Sarmaten bzw. der Sarmaten und Daker an. Deren westliche Grenze wurde teils im Raum von Theiß und rumänischen Westkarpaten verortet,10 teils aber auch mit Weichsel und Elbe verbunden.11 Hieraus ergab sich eine feste Abfolge von ethnischen Verbänden nördlich der Donau von West nach Ost: Gallier/Kelten – Germanen – Sarmaten – Daker/Geten – Skythen. Um die Wirkmächtigkeit dieses schematischen Raumkonzepts deutlich zu machen, ließe sich bemerken, dass die von Marc Aurel geplante (aber niemals verwirklichte) neue Provinz an der Mittleren Donau, die zwischen Germania und (der ebenfalls geplanten Provinz) 8

Eine wichtige Quelle hierzu ist der zweifellos authentische geographisch-ethnographische Exkurs in Caesars Bellum Gallicum (b. G. 6, 23–28), wo unter anderem auch der Heryknische Wald beschrieben wird, der bei den Helvetern, Nemetern und Raurakern beginne und sich von hier ostwärts längs der Donau bis zu den Dakern und Anartern hinziehe, eher er sich nach links (= Norden) wende und vom Fluss entferne; in Nord-Süd-Richtung sei er neun Tagesmärsche, von West nach Ost in 60 Tagesmärschen zu durchqueren (b. G. 6, 25). Siehe unten Kap. 2.1.1, Abschnitt: Der Dakername. – Die Vorstellung ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass die Abfolge Schwarzwald, Schwäbische und Fränkische Alb, Bayerischer Wald, Böhmerwald und Westkarpaten leicht als eine durchgängige Wald- und Gebirgskette am Nordufer der Donau wahrgenommen werden konnte.

9

Siehe etwa beim deutschen Geographen Johann August Zeune (1778 – 1853) in seinen „Erdansichten oder Abriss einer Geschichte der Erdkunde vorzüglich der neuesten Fortschritte in dieser Wissenschaft“, Berlin 1815.

10

Diese Vorstellung ist beispielweise in Caesars Germanen-Exkurs impliziert (s. o. Anm. 8), insofern das Germanenland (Germania) bei ihm vom Rhein im Westen bis zur Grenze Dakiens im Osten, also in etwa der Theiß-Linie bzw. den rumänischen Westkarpaten, reicht. Ähnlich definiert Tacitus die Flüsse Rhein und Donau als die West- und Südgrenze der Germanen zu den Galliern, Raetern und Pannoniern, während im Osten die Grenze der Germanen zu den Sarmaten und Dakern von wechselseitiger Furcht und Bergen (also den Karpaten) gebildet werde; der Rest sei vom Ozean umflossen (Germ. 1,1).

11

Für weitere Evidenz zu den Teilungslinien Elbe/Weichsel (Germanien-Dakien) und Dnjestr (Dakien-Sarmatien/ Skythien) s. auch unten zu Agrippa und Strabo sowie Kap. 2.1.1, Abschnitt: Der Dakername.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Marcomannia im Westen und Dacia im Osten gelegen wäre, den Namen Sarmatia hätte tragen sollen (s. u. Kap. 2.4.9), und dass im Zuge der Reorganisation der Provinzverwaltung unter Diokletian die östlichen Teile der Provinz Moesia inferior, die den Ostrand der Donaugrenze darstellten, unter dem Namen Scythia – in der Regel mit dem Zusatz minor/inferior, in Abgrenzung zum transdanubischen Skythien – verselbständigt wurden (s. u. Kap. 5.2.1). Die geographischen Commentarii und die Weltkarte des M. Agrippa

Nur noch in Fragmenten bzw. indirekt zu greifen, aber von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der antiken Geographie am Übergang vom Hellenismus zum Principat ebenso wie für die Kanonisierung eines auf Rom und sein Reich zentrierten Weltbildes als Produkt des augusteischen Zeitalters sind die geographischen Commentarii des M. Agrippa (64/63 – 12 v. Chr.), des Schwiegersohnes des Augustus, sowie die direkt mit diesem Werk zu verbindende Weltkarte. Agrippa hatte diese Karte für eine Säulenhalle in der Stadt Rom, die Porticus Vipsania, konzipiert; nach seinem frühen Tod wurde die Umsetzung des Vorhabens gemäß seinen Angaben von seiner Schwester begonnen und von Augustus vollendet (Plin. n. h. 3, 17).12 Der besondere Wert der Commentarii lag darin, dass Agrippa für die einzelnen römischen Provinzen und alle weiteren Regionen der erfassten Welt exakte Maßangaben zur Längen- und Breitenausdehnung in römischen Meilen zusammengestellt und damit die gesamte Landmasse schematisch in Rechtecke wechselnder Größe unterteilt hatte.13 Die betreffenden Daten haben später Eingang in die geographischen Bücher Plinius’ d. Ä. gefunden, der ihn ausgiebig zitiert (s. u.), und möglicherweise auch in die Geographiká Strabos (s. ebenfalls unten), der den Namen Agrippas aber nicht explizit erwähnt. Überdies lassen sich die Maßangaben aus Agrippas Werk in zwei separat überlieferten, in der Spätantike über eine verlorene Mittelquelle entstandene Kompendien greifen, die Divisio orbis terrarum und die Demensuratio provinciarum (ed. Brodersen), und sie sind schließlich auch in die Weltbeschreibung des iro-schottischen Mönchs Dicuil mit dem Titel De mensura orbis terrae (ca. 825 n. Chr.) eingeflossen; diese Werke scheinen allerdings die betreffenden Daten nicht direkt aus Agrippa zu schöpfen, sondern diesbezüglich über mehrere Stufen auf Plinius’ d. Ä. zurückzugehen.14 Ferner ist von verschiedener Seite gemutmaßt worden, dass die Tabula Peutingeriana von Agrippas Weltkarte abhängt (s. u.). Leider wird die Rekonstruktion der Commentarii des Agrippa anhand dieser Zeugnisse dadurch erschwert, dass die verschiedenen Überlieferungsstränge nicht nur inhaltlich voneinander abweichen, sondern dass auch die Wiedergabe der Distanzen in den Handschriften oftmals korrupt ist. 12

Edition der Fragmente der Commentarii: GLM (ed. Riese), p. 1–8; zu diesem Text und der Frage nach der Gestalt der Agrippa-Karte s. Detlefsen, Ursprung, Einrichtung und Bedeutung der Erdkarte Agrippas; Klotz, Die geographischen commentarii des Agrippa und ihre Überreste; Schnabel, Die Weltkarte des Agrippa als wissenschaftliches Mittelglied zwischen Hipparch und Ptolemaeus; sowie jetzt besonders Hänger, Die Karte des Agrippa, und Strobel, Das Bild Dakiens in der antiken Geographie, 196–201, mit einer Kritik der traditionellen Anschauungen; vgl. auch Weber, Tabula Peutingeriana. Kommentar, 21; Dilke, Greek and Roman Maps, 39–54. Zu Agrippas Säulenhalle s. Coarelli, Porticus Vipsania.

13

Siehe den Rekonstruktionsversuch bei Hänger, Die Karte des Agrippa, 140 bzw. Farbtafel 10.

14

Strobel, Das Bild Dakiens in der antiken Geographie, 199–201.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Zur Lage der Provinzen und Regionen Südosteuropas finden sich in der Divisio orbis terrarum folgende Angaben (mit Angabe der Himmelsrichtungen): Raetia, Noricum, Pannonia, IllyricumDalmatia-Liburnia werden zwischen Rhein (W), Dardania (O), Donau (N) und Adria (S) verortet; Germania zwischen Rhein (W), Weichsel (O), Ozean (N) und Donau (S); Dacia zwischen Weichsel (W) und Sarmatenwüste (O); östlich hiervon erstrecken sich Sarmatia und Scythia Taurica. In der Demensuratio provinciarum liegen Illyricum und Pannonia zwischen Drin (O), Boier- und Karnerwüste (W), Donau (N) und Adria (S); Germania, Raetia und Noricum östlich der Weichsel; Dacia bzw. Getica zwischen Sarmatenwüste (O), Weichsel (W), Ozean (N) und Donau (S); Sarmatia und Scythia Taurica zwischen Borysthenes (W), Ozean (N) und Schwarzem Meer (S); Macedonia, Hellespontus und westpontische Zone zwischen Dardania (O), Donau (N) und Ägäis (S). Bemerkenswert ist die Nichterwähnung Thrakiens in beiden Texten. Die hervorgehobene Stellung der Dardania ist, neben anderen, ein deutliches Indiz für eine nach-diokletianische Zeitstellung der verlorenen gemeinsamen Mittelquelle, von der beide Texte abhängen (zur Einrichtung dieser Provinz s. u. Kap. 5.1.1). Die Geographiká Strabos

Die Darstellung der Geographie (Geographiká) des Strabo aus Amaseia (gest. 24 n. Chr.) ist das älteste antike Werk zur Geographie, das sich erhalten hat. Von den 17 Büchern ist nur eines, das siebente, teilweise verloren.15 Eigentlich war das Werk von Strabo als Ergänzung zu seinen „Geschichtlichen Kommentaren“ (Historiká Hypmnémata) gedacht;16 von diesem historiographischen Werk in 43 Büchern sind jedoch nur wenige Fragmente auf uns gekommen. Strabo kannte nur Teile der Alten Welt in Autopsie, so etwa Kleinasien, Ägypten und Rom; ansonsten schöpft er, und dies gilt auch für Südosteuropa, aus den Werken seiner Vorgänger. Zugleich äußert er Kritik an deren Methoden. Auffällig ist dabei, dass er der Mythologie und dem heroischen Zeitalter großen Raum gibt und die ältere griechische Dichtung für die Geographie rational zu interpretieren sucht. In diesem Zusammenhang ist Strabo vor allem bemüht – im Widerspruch zu Eratosthenes –, Homer als einen in geographischen Dingen zuverlässigen Schriftsteller zu erweisen und diesem den Rang einer Autorität zu sichern, die durch Exegese zu erschließen sei. Strabo hat die Geographiká bis an sein Lebensende fortlaufend überarbeitet und ergänzt. Die Publikation erfolgte postum, möglicherweise sogar erst längere Zeit nach seinem Tod. So scheint Plinius d. Ä. (s. u.), der seine Quellen sorgfältig auflistet, Strabo nicht gekannt zu haben. Nach der Einführung in den Büchern 1 – 2 beschreibt Strabo die drei Kontinente Europa – Asien – Africa. Von den europäischen Büchern 3 – 8 ist Buch 7 dem Osten Europas gewidmet. Der Schluss dieses Buches fehlt; sein Inhalt lässt sich anhand von Fragmenten nur ungefähr rekonstruieren. Strabo beginnt mit der Feststellung, dass das östliche Europa von der Donau in zwei fast gleich große Hälften geteilt werde. Zunächst wolle er die Gebiete „außerhalb der Donau“ (7,1,1: ἐκτὸς τοῦ

15

Edition, Übersetzung und Kommentar: Radt, Strabons Geographica. Zur Einordnung s. Engels, Augusteische Oikumenegeographie.

16

Zu diesem Zusammenhang s. bes. Engels, Augusteische Oikumenegeographie.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

’´Ἴστρου), mit anderen Worten der transdanubischen Zone, darstellen, die vom Rhein bis zum Don und dem Mäotischen See reiche. Ausgangspunkt sind die Germanen, die zwischen Rhein und Elbe leben (7,1,3–7,2,4). Hierauf folgen weiter östlich die im Bereich der unteren Donau siedelnden Geten-Daker, wobei Strabo auch deren Verhältnis zu den Thrakern und ihre Untergruppen, besonders die Myser/Moeser, thematisiert; eingeflochten ist in diesen Abschnitt auch die Behandlung der Skythen und anderer ethnischer Gruppen wie Tyregeten, Bastarner und Roxolanen (7,3,1–7,4,7; für diesen Abschnitt s. u. Kap. 2.1, Abschnitt: Der Dakername). Im folgenden Hauptabschnitt des 7. Buches wird der cisdanubische Teil Osteuropas beschrieben (7,5,1: ἐντὸς τοῦ ’´Ἴστρου), der von der Adria bis zum Schwarzen Meer und zur Propontis (Marmarameer) reiche. An erster Stelle führt Strabo ein sekundäres Gliederungselement ein, nämlich mehrere parallel verlaufende Gebirgsketten, die sich von der Adria bis zum Schwarzen Meer erstecken und die Donauländer im Norden von Griechenland im Süden trennen würden (7,5,1). Strabo präsentiert hier also ein südliches Pendant zum Herkynischen Wald (s. o.), der von ihm bereits in 7,1,5 erwähnt wird.17 Im Anschluss beschreibt er die Zone nördlich dieser Gebirgskette, und zwar zunächst im Westen Illyrien (7,5,3–7,5,12) und dann im Osten die westpontische Küste von der Donaumündung bis Byzanz (7,6,1–7,6,2). Es folgen die Gebiete südlich derselben Gebirgskette, zunächst Epirus, sodann – ab hier nur noch in Fragmenten erhalten – Paionien, Makedonien und Thrakien. Damit endet das 7. Buch. In Buch 8 setzt Strabo seinen Weg nach Süden fort und beschreibt die Landschaften Griechenlands. Die Chorographia des Pomponius Mela

Die vollständig erhaltene Chorographia des anderweitig unbekannten Pomponius Mela, der aus Tingentera (Algeciras ?) an der Südküste Hispaniens stammte, ist eine Weltbeschreibung in drei Büchern im Genre des Periplus (s. o.) aus der Zeit des Kaisers Claudius, genauer aus dem Jahr 43/44 n. Chr.18 Buch 1 beschreibt die Mittelmeer- und Schwarzmeerküste von der Meerenge von Gibraltar über Nordafrika, Syrien und Kleinasien bis zum Don; Buch 2 die nördlichen Küsten des Schwarzen und Mittelmeeres, vom Don zurück zur Meerenge von Gibraltar, sowie die Inseln des Mittelmeeres; Buch 3 die äußere Umrundung der Kontinente Europa, Asien und Afrika von West nach Ost und zurück (also im Uhrzeigersinn), beginnend und endend wiederum bei Gibraltar. Die Küsten Südosteuropas, vom nördlichen Schwarzmeer bis zur Adria, werden in Buch 2, 1–57 behandelt; das Binnenland bleibt, dem Genre Periplus entsprechend, fast völlig unberücksichtigt.

17

Strabos Gedanke ist zwar grundsätzlich leicht nachzuvollziehen, aber unter moderner geologischer Perspektive falsch. Immerhin liefert er hier das antike Vorbild für die im frühen 19. Jh. n. Chr. von Gelehrten wie Johannes A. Zeune vertretene Vorstellung der Existenz eines durchgängigen, von den Alpen bis zum Schwarzen Meer verlaufenden Balkangebirges (s. o. Anm. 9), was in weiterer Folge die Übertragung des Begriffs „Balkan“ auf die gesamte südosteuropäische Zone bewirkt hat.

18

Edition, Übersetzung und Kommentar: Brodersen, Pomponius Mela, Kreuzfahrt durch die Alte Welt.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Die Naturalis historia Plinius’ d. Ä.

In den Büchern 3 – 6 seiner auf 37 Bücher angelegten, enzyklopädischen „Naturkunde“ (Naturalis historia) bietet Plinius d. Ä. (23/24 – 79 n. Chr.) eine ausführliche Weltbeschreibung.19 Im Kern hat diese Darstellung den Charakter eines Periplus und ähnelt damit der Chorographia des Pomponius Mela (s. o.). Ebenso wie Mela wählt auch Plinius die Straße von Gibraltar als Ausgangspunkt seiner Beschreibung, wobei er allerdings in Hispanien beginnt, und behandelt dann die drei Kontinente in der Reihenfolge Europa – Africa – Asia. Zugleich ist die Darstellung des Plinius aber, ganz anders als die des Mela, von zusätzlichen Informationsschichten überlagert, die er zum einen aus der älteren Literatur, zum anderen aus amtlichen Quellen wie etwa offiziellen Provinzverzeichnissen (formulae provinciarum) kompiliert hatte, die ihm als ranghohem Offizier und Beamten der Reichsverwaltung zugänglich waren. Dies hat zur Folge, dass Plinius auch das Binnenland umfassend abbildet. Überdies nennt er nicht nur wesentlich mehr geographische Punkte und führt wesentlich detailliertere Listen von Völkernamen an als Mela, sondern er bietet sogar eine regelrechte politische Geographie der Welt aus römischer Sicht. So zitiert er für die einzelnen Provinzen alphabetische Städtelisten, aber auch Listen administrativer Subeinheiten wie Gerichtsbezirken (Conventus) oder, im Falle Thrakiens, lokaler Sonderformen wie der Strategien (s. u. Kap. 5.1). Zudem präsentiert Plinius dem Leser vielfach Details zu Städten, die einen privilegierten römischen Rechtsstatus besaßen. Hinzu kommen umfangreiche Angaben zu Distanzen, und zwar nicht nur zwischen geographischen Punkten entlang der Küsten, wie sie im Genre des Periplus zu erwarten sind, sondern auch zu weiteren Seeverbindungen und vor allem zu Landstrecken. Besonderes Interesse verdienen allerdings seine Daten zur flächenmäßigen Ausdehnung der einzelnen Provinzen bzw. Länder in Form von Koordinatenmaßen. Bei diesen Angaben stützte Plinius sich hauptsächlich auf Agrippa (s. o.). Dies alles macht Plinius zu einer herausragenden Quelle gerade auch für den Donau- und Balkanraum, der hier erstmals in der antiken Geographie als zumindest in Ansätzen bereits politisch integrierter Bestandteil der römischen Welt präsentiert wird. Sein Text macht deutlich, dass die Implementierung römischer Herrschaftsstrukturen zur Zeit der Abfassung des Werks, also kurz nach der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr., in einzelnen Regionen Südosteuropas schon recht weit fortgeschritten war, und er zeigt uns zugleich, dass dieses Faktum von einem prominenten Mitglied der Reichselite, das im Laufe seiner Karriere hohe ritterliche Positionen bekleidete und somit zu den Hauptträgern der Reichsideologie zählte, auch so wahrgenommen wurde. Im Einzelnen sind für Südosteuropa folgende Abschnitte relevant: Buch 3, 141–145: Liburnien und Dalmatien; 146: Noricum; 147–148: Pannonia; 149: Moesia; 150: Maße des Illyricums; 151: Adriatische Inseln; Buch 4, 1–39: Epirus, Achaia, Thessalia, Macedonia; 40–51: Thracia; 52–74: Ägäische Inseln; 75–91: west- und nordpontischer Raum unter Einschluss von Sarmatien und Skythien.

19

Edition, Übersetzung und Kommentar: Winkler/König bzw. Brodersen, C. Plinus Secundus d. Ä., Naturkunde, Bücher 3–6.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Die Geographiké hyphégesis des Klaudios Ptolemaios

Der in Alexandria wirkende Klaudios Ptolemaios/Claudius Ptolemaeus (ca. 100 – 170 n. Chr.) verfasste um die Mitte des 2. Jahrhunderts auf Grundlage der älteren geographischen Literatur, vor allem der Arbeiten seines direkten Vorläufers Marinos von Tyros (ca. 80 – 130 n. Chr.), sowie eigener Reisetätigkeit eine „Einführung in die Geographie“ (Geographiké hyphégesis).20 Dieses Werk zielte auf eine Synthese des kartographischen Wissensstandes unter Berichtigung der vielen falschen Daten, die sich im Laufe der Zeit durch fehlerhafte Karten verbreitet hatten. Das Handbuch sollte für die Zukunft dauerhaft eine genaue Lokalisierung sämtlicher wichtigen geographischen Punkte der bekannten Welt (Siedlungen, Berggipfel, Vorgebirge, Seen, Biegungen und Mündungsarme von Flüssen etc.) ermöglichen und die Reproduktion der neuen, von Ptolemaios selbst erstellten Karten auf der Grundlage verlässlicher und standardisierter Daten ermöglichen. Grundlage hierfür war ein umfangreicher Katalog geographischer Punkte, für die anhand eines Koordinatensystems von Längen- und Breitengraden die exakte Position festgehalten wurde. Hinzu kamen Anleitungen zur Zeichnung der nunmehr maßgeblichen Karten unter Anwendung verschiedener Projektionsverfahren. Das Werk gliedert sich in drei Abschnitte: eine theoretische Einführung (Buch 1); den Katalog mit knapp 6.500 geographischen Punkten, die durch Koordinaten exakt verortet sind,21 und etwa 1.400 Völker- und Landschaftsnamen, die grob nach den Himmelsrichtungen lokalisiert werden (Bücher 2–7,4); und den Kartenatlas mit der Anleitung zur Zeichnung einer Welt- und von 26 Länderkarten (Bücher 7,5–8). An den römischen Herrschaftsstrukturen, die zu seiner Zeit ja bereits in voller Blüte standen, ist Ptolemaios im Gegensatz etwa zu Plinius d. Ä. allenfalls marginal interessiert. Zwar verwendet er die Provinzen als Gliederungsprinzip und erwähnt Kolonien oder Legionslager; zugleich nimmt er aber keine deutliche Abgrenzung oder Unterscheidung der Herrschaftsgebiete Roms von den übrigen Regionen der Welt vor. Sein Werk ist somit nicht als politische Geographie des Reiches konzipiert.22 Ein Indiz für die ungefähre Abfassungszeit des Werkes (bzw. der Vorlagen, aus denen Ptolemaios geschöpft hat) ergibt sich aus solchen Angaben, die einen Terminus post bzw. ante quem implizieren, so etwa die Erwähnung des Kolonialstatus für Städte, welche diesen, wie wir aus anderen Quellen wissen, in hadrianischer Zeit (117 – 138 n. Chr.) erlangt haben (so etwa geogr. 2, 15, 8: Mursa), und zugleich dem völligen Fehlen solcher Titel bei Städten, die diese unter Marc Aurel und Commodus verliehen bekamen (161 – 192 n. Chr.).23 Zugleich ist aber damit zu rechnen, dass Ptolemaios in manchen Fällen auch ältere Daten unkritisch übernommen und nicht mehr aktualisiert hat (s. u. zu Dacia). Europa ist bei Ptolemaios auf zehn Karten verteilt, von denen vier dem südosteuropäischen Raum gewidmet sind: Karte 5: Raetia und Vindelicia (am rechten Donauufer von den Adula-Alpen

20 Edition,

Übers. u. Kommentar: Ptol. geogr. (Stückelberger/Grasshoff ). Hinzu tritt als weitere Schrift des Ptolemaios der „Kanon bedeutender Städte“ (Ptol. can. [Stückelberger/Mittenhuber], Ergänzungsband).

21 Vgl.

Rinner, Zur Genese der Ortskoordinaten Kleinasiens in der Geographie des Klaudios Ptolemaios.

22 Vgl.

Stückelberger, Das Gesamtbild der Oikumene, 264–265.

23 Siehe

Stückelberger, in: Ptol. geogr. (Stückelberger/Grasshoff ), 1. Teilband, Einleitung, 18.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

östlich des Hinterrheins bis Inn), Noricum (Inn bis Cetius-Gebirge24), Pannonia inferior (CetiusGebirge bis Arrabona/Raab), Pannonia superior (Raab bis Save), Illyricum, unterteilt in Liburnia und Dalmatia; Karte 8: Europäisches Sarmatien (nordöstliches Europa zwischen Weichsel und Don, Schwarzem Meer und Ozean); Karte 9: Dacia (am linken Ufer der Donau von Tibiscus/Temesch bis Hierasus/Sereth bzw., im Hinterland, Tyras/Dnjestr), Moesia superior (am rechten Donauufer von Save bis Cebrus/Cibrica), Moesia inferior (Cibrica bis Donaudelta), Thracia (südlich des Haemusgebirges); Karte 10: Macedonia (südlich der Linie Dyrrhachium – Orbelos-Gebirge – Pangaion-Gebirge – Nestus-Mündung), Achaia (Mittelgriechenland und Peloponnes), Creta.25 Die Legionen werden ihren Lagern zugeordnet (s. u. Kap. 5.2), allerdings nicht immer richtig: So erscheint die XIV Gemina unter Flexum (Mosonmagyaróvár) statt Carnuntum. Für Thrakien werden mehrere Strategien genannt, aber wesentlich weniger als bei Plinius (s. o.). Besonders auffällig ist die Dacia-Karte, zum einen wegen der angenommenen übermäßigen Ausdehnung des Gebiets, zum anderen wegen der detaillierten Angaben zu Orten und Stämmen, deren Herkunft und Zeitstellung nicht genau geklärt werden können. In jedem Fall beschreibt Ptolemaios hier nicht das Dakien seiner Zeit, sondern ältere Zustände, die nicht nur in die Zeit vor der Einrichtung der Provinz unter Traian (106 n. Chr.), sondern sogar bis in die mittelaugusteische Zeit zurückreichen.26 Es wird daher in Dakien auch noch keine Legion erwähnt, und die von Traian gegründete Kolonie Sarmizegetusa fehlt; statt ihrer erscheint der gleichnamige, von Traian zerstörte dakische Königssitz. Zugleich ist die Hydrographie Dakiens unvollständig und fehlerhaft: Der Tibiscus wird mit der Theiß (Pathissus) verwechselt, der Hierasus mit dem Pruth (Pyretus); der Mureş (Marisus) fehlt gänzlich (zu dieser Problematik s. u. Kap. 2.1, Abschnitt: der Dakername). Die Schild-Karte aus Dura-Europos

Zu den bemerkenswerten Funden aus Dura-Europos, einem wichtigen Vorposten Roms an der syrischen Euphratgrenze, zählt das Fragment einer kartenähnlichen Zeichnung in Farbe auf der Leder- bzw. Pergamentbespannung eines Rundschilds. Auf diesem Schild hat offenbar ca. 230 – 235 n. Chr. ein Soldat die Etappen einer Marschroute bzw. Seereise festgehalten, die zunächst entlang der west- und nordpontischen Küste und von hier nach Trapezus (Pontos) und Artaxata (Armenien) führte. Ausgangs- und Zielort des Itinerars sind nicht erhalten. Die Stationen sind mit Vignetten gekennzeichnet. Sicher erkennbar sind Toponyme des west- und nordpontischen Raumes: Odessos (Varna), Bizone (Kavarna), Kallatis, Tomis, Histria, Tyras, Borysthenes (gemeint ist hier vermutlich die Stadt Olbia, die nahe der Flussmündung lag, und nicht der Fluss selbst) und Chersonesos, außerdem die Mündungen der Flüsse Panisos (?) und Donau.27 24

Zur ungeklärten Frage der Lokalisierung s. Lamm, Der Cetius Mons ist nicht der Wienerwald; die Ergebnisse der Autorin sind allerdings problematisch.

25

Für die Angaben des Ptolemaios zu diesen Karten und ihre Darstellung s. Ptol. geogr. (Stückelberger/Grasshoff ), 2. Teilband, 790–796, 804–819. Zur Beschreibung der Karten und ihren Auffälligkeiten s. Mittenhuber, Die Länderkarten Europas, 274, 277–281.

26

Zu Dakien bei Ptolemaios s. Strobel, Das Bild Dakiens in der antiken Geographie.

27 Edition:

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Cumont, Fragment de bouclier portant une liste d’étapes.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Das Itinerarium Antonini

Das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti, kurz Itinerarium Antonini, bietet eine umfangreiche, aber unsystematische und offenbar nicht in staatlichem Auftrag erstellte Kompilation von Fernstraßen im Römischen Reich, unter Auflistung der Stationen und Entfernungen. Die Anfänge der Sammlung reichen möglicherweise in die Zeit des Antoninus Pius zurück, wie der handschriftlich überlieferte Titel andeutet, doch wurde sie bis ins ausgehende 3. Jahrhundert n. Chr. mehrfach ergänzt und überarbeitet.28 Für den Donau- und Balkanraum ist neben den Hauptverbindungen im Save- und Drau-Korridor sowie entlang der Donau und der Meeresküsten unter Einschluss von Via Egnatia und Via diagonalis, die allesamt in ähnlicher Form auch in der Tabula Peutingeriana erscheinen, ein dichtes Netz von Nebenstraßen im nord-dalmatischen und pannonischen Bereich verzeichnet. Hingegen werden entsprechende Querverbindungen weiter südöstlich allenfalls ansatzweise wiedergegeben, so in Thrakien. Die Straßen Dakiens jenseits der Donau fehlen gänzlich. Der Laterculus Veronensis

Der Laterculus Veronensis ist ein Verzeichnis der Provinzen des Römischen Reiches aus dem frühen 4. Jahrhundert, das in einer Veroneser Handschrift des 7. Jahrhunderts überliefert ist.29 Südosteuropa ist dort unterteilt in die drei Diözesen Thraciae, Moesiae und Pannoniae. Die Diözese Thraciae umfasst 6 Provinzen: Europa, Rhodope, Thracia, Haemimontus, Scythia und Moesia inferior; – die Diözese Moesiae 12 Provinzen: Daciae [als Vorstufe für Dacia ripensis und mediterranea?], Moesia superior Margensis, Dardania, Macedonia, Thessalia, [Achaea], Praevalitana, Epirus nova und vetus, Creta; – die Diözese Pannoniae 7 Provinzen: Pannonia inferior, (Pannonia) Savensis, Dalmatia, Valeria, Pannonia superior, Noricum ripense und mediterraneum. Das exakte Datum der Abfassung dieses Verzeichnisses (sofern es überhaupt nur einen einzigen konkreten Moment abbildet und nicht verschiedene Zustände miteinander verbindet) war lange umstritten: Anfänglich wurde es auf ca. 297 datiert, dann auf ca. 305 – 314; mittlerweile obwiegt die Auffassung, dass es ins Jahr 314 zu setzen ist und damit die Verhältnisse noch vor dem Beginn des bewaffneten Konflikts zwischen Konstantin d. Gr. und Licinius dokumentiert.30

28 Editionen:

Cuntz und Löhberg; zu letzterer (der Erstauflage v. 2006) s. die Rezension von Michael Rathmann, in: H-Soz-Kult: . Zur Frage, welcher Kaiser mit dem Namen im Titel der Handschrift Antoninus gemeint ist, nämlich Antoninus Pius und nicht, wie lange Zeit vermutet, Caracalla, s. Löhberg (ed.), 402–409.

29 Edition: 30

Seeck, in: Notitia Dignitatum, p. 247–253.

Mommsen, Verzeichnis der römischen Provinzen, 489–517 = ders., Gesammelte Schriften, Teil 5, 561–588; Barnes, The New Empire of Diocletian and Constantine, 201–208 (mit Edition des Textes) sowie die Nachträge in: ders., Emperors, Panegyrics, Prefects, Provinces, Palaces (284–317), 548–550; vgl. Wilkes, Changes in Roman Provincial Organization, 706–713. Zuletzt Porena, Le origini della prefettura, 174f.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Das Itinerarium Burdigalense / Hierosolymitanum

Dieser Text verzeichnet sehr exakt die Route und die Stationen der Reise einer ungenannten Person im Jahre 333 – 334 von Burdigala (Bordeaux) ins Heilige Land.31 Dabei wurden die Einrichtungen des staatlichen Verkehrs- und Transportsystems (cursus publicus) genutzt: Herbergen (mansiones) und Wechselstationen (mutationes) sowie Quartiere in Städten (civitates). Auf der Hinreise führte die Reise durch den Donau- und Balkanraum, und zwar zunächst von Oberitalien durch den Drau- und Savekorridor zur Donau und dann entlang der Via diagonalis: Aquileia – Emona – Poetovio – Cibalae – Sirmium – Viminacium – Serdica – Philippopolis – Konstantinopel. Nach größeren Abschnitten seiner Reise bildet der Verfasser jeweils eine Zwischensumme: Von Aquileia bis Sirmium zählt er 412 Meilen, 10 Mansiones und 39 Mutationes, von Sirmium bis Serdica 314 Meilen, 24 Mutationes und 13 Mansiones, und von Serdica bis Konstantinopel 413 Meilen, 12 Mutationes und 20 Mansiones. Auf der Rückreise folgte seine Route, ausgehend von Herakleia am Marmarameer, das er offenbar mit dem Schiff direkt von Palästina aus erreicht hatte, der Via Egnatia über Thessalonike bis zu ihrem Endpunkt im Hafen von Aulon an der Adria, wo er sich nach Italien einschiffte. Der Abschnitt Herakleia – Aulon betrug insgesamt 688 Meilen, 58 Mutationes und 25 Mansiones. Die Expositio totius mundi et gentium

Die Expositio totius mundi et gentium („Darstellung der gesamten Welt und ihrer Völkerschaften“) ist eine kurze Abhandlung von weniger als 600 Zeilen, die zwischen 350 – 361 n. Chr. verfasst wurde.32 Eine Besonderheit des Textes liegt in der Nennung regionaler Produkte, weshalb der Text auch gerne als „Handelsgeographie“ tituliert wird. Daneben zeigt der Autor, der aus dem griechischen Osten stammte, großes Interesse für das Nebeneinander von römischen und barbarischen Bevölkerungselementen.33 Der südosteuropäische Raum wird in Kap. 50 – 53 behandelt. Dort werden knappe Notizen zu den Provinzen Thracia, Macedonia, Thessalia, Achaia, Epirus und Dalmatia geboten. Der Verfasser beschränkt sich, in der Tradition des Periplus stehend (s. o.), auf die Küstenzonen. Besonders deutlich zeigt sich dies beispielsweise dort, wo er auf Dardania zu sprechen kommt: Die Binnenprovinz wird von ihm nur indirekt thematisiert, insofern ihre Produkte über Macedonia ausgeführt werden. Er hebt dementsprechend auch nur wichtige Küstenstädte hervor: Konstantinopel, Herakleia, Thessalonike, Athen, Korinth, Nicopolis und Salona. Hingegen sei Dyrrhachium durch ein göttliches Strafgericht zerstört worden (gemeint ist offenbar das Erdbeben von 346 n. Chr.). Im Falle Thrakiens bemerkt er, dass die Provinz über starke und kampferprobte Männer verfüge, weshalb hier viele Soldaten rekrutiert würden (s. u. Kap. 3.1, Anm. 5). Als Produkte erscheinen für Thracia: „Früchte“ (gemeint ist vermutlich Getreide); Macedonia: Eisen und Blei (oder Stickwaren ?) sowie

31 Edition:

Cuntz, Itineraria Romana, p. 86–102.

32 Editionen:

Rougé, Expositio totius mundi et gentium; Drexhage, Die „Expositio totius mundi et gentium“.

33 Siehe Liccardo, Ethnicity and Geography in the Exposito totius mundi et gentium, in: .

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Schinken und Käse (aus Dardania); Thessalia: Getreide; Epirus: Fisch; Dalmatien: Käse, Holzbalken für Dachstühle und Eisen. Die Notitia Dignitatum

Die Notitia dignitatum, genauer die beiden Notitiae dignitatum tam civilium quam militarium in partibus orientis und in partibus occidentis, ist ein Verzeichnis aller zivilen und militärischen Dienststellen sowohl des östlichen als auch des westlichen Reichsteiles. Ihre Überlieferung beruht auf einem Codex des Speyerer Domstifts aus dem 9./10. Jahrhundert, der im Zeitalter des Humanismus wiederentdeckt wurde, zunächst im 15. Jahrhundert, dann erneut von Beatus Rhenanus (1485 – 1547), später aber verlorenging. Der heutige Kenntnisstand basiert auf mehreren Kopien dieses Codex, die nach seiner Wiederentdeckung im 15./16. Jahrhundert angefertigt wurden.34 Die Notitia dignitatum führt in 90 Kapiteln in hierarchischer und geographischer Ordnung bzw. nach Ressorts die hohen Amtsträger und Truppenkommandeure sowie ihr subalternes Personal bzw. die ihnen unterstellten militärischen Einheiten und deren Standorte auf. Sie bietet auf diese Weise ein Organisationsschema des Römischen Reiches in der Spätantike. Die Kapitel sind jeweils mit einführenden Bildtafeln versehen, welche Amtsinsignien, Waffen, Schildzeichen als Truppenembleme und Provinzdarstellungen in Form von Personifikationen oder schemenhaften Karten mit Ortsvignetten bieten. Hinsichtlich des Zwecks der Notitia dignitatum sind in der Forschung divergierende Auffassungen vertreten worden:35 Einerseits wurde ihr funktionaler Charakter als „Staatshandbuch“ für den Gebrauch des kaiserlichen Hofes und der hohen Beamtenschaft betont, andererseits ihr symbolischer Charakter als „Prachtkodex“ zur Repräsentation der Reichsideologie. Bisweilen wurde sogar vermutet, dass es sich um ein Dokument mit utopischen Zügen handele, das dem tatsächlichen Verfall des Reiches ein „Traumbild“ entgegengesetzt habe. Dem lässt sich entgegenhalten, dass die Notitia für den Osten, wo dies unter anderem anhand der ständig wachsenden Papyrusdokumentation aus Ägypten besonders genau nachverfolgt werden kann, ein höchst präzises Abbild der realen Gegebenheiten darstellt,36 und selbst im Westen ist die Überlieferungslage möglicherweise weniger komplex, als lange Zeit vermutet.37 Letztlich bilden die Alternativen „Staatshandbuch“ oder „Prachtkodex“ aber auch gar keinen strikten Gegensatz, da die Notitia einerseits auf eine lange 34

Maßgebliche kritische Ausgabe: Seeck, Notitia Dignitatum; die neue Ausgabe von Neira Faleiro, Notitia Dignitatum, bietet zwar Farbabbildungen der in den Kopien des 15./16. Jh.s enthaltenen Illustrationen, ist aber hinsichtlich des Textes weniger zuverlässig. Zur Geschichte der Handschrift s. Reeve, Notitia dignitatum.

35

Zur Diskussion und ihrer Bewertung s. bes. Scharf, Der Dux Mogontiacensis, 2–7, 309–316; zum aktuellen Stand zusammenfassend Johne, Notitia dignitatum; Springer, Notitia dignitatum; Wheeler, Notitia dignitatum, Or. 38 and the Roman Deployment in Colchis; Traina, Mapping the World under Theodosius II, 158–160; Palme, Notitia dignitatum; Slootjes, Notitia dignitatum; ferner Kaiser, Egyptian Units and the Reliability of the Notitia Dignitatum, 243–245; von den früheren Beiträgen seien hervorgehoben: Purpura, Sulle origini della Notitia dignitatum; Brennan, The Notitia dignitatum; Zuckerman, Comtes et ducs en Égypte autour de l’an 400; Kulikowski, The Notitia Dignitatum as a Historical Source; vgl. auch Millar, A Greek Roman Empire, 5–7.

36

Dies hat zuletzt Kaiser, Egyptian Units and the Reliability of the Notitia Dignitatum, nochmals aufgezeigt.

37

In diesem Sinne Scharf, Der Dux Mogontiacensis.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Tradition von für den Amtsgebrauch erstellten Vezeichnissen zurückgehen dürfte, andererseits der Archetyp der Speyerer Handschrift schon aufgrund der aufwändigen Buchmalerei zweifellos ein herausragendes Einzelstück dargestellt hat, das vermutlich im Auftrag des kaiserlichen Hofes für einen konkreten politischen Anlass angefertigt worden ist. Unklarheit besteht auch hinsichtlich der Datierung der Notitia dignitatum.38 Zum einen steht fest, dass das östliche Verzeichnis (Not. dign. or.) älter ist als das westliche (Not. dign. occ.), und dass mit Überarbeitungen bzw. Nachträgen und folglich mit chronologischen Schichten zu rechnen ist, besonders im Falle der militärischen Teile des westlichen Verzeichnisses; zum anderen ist völlig ungewiss, ob beide Verzeichnisse zunächst im Osten erstellt und dann im Westen überarbeitet wurden, oder ob der Notitia in ihrer heutigen Gestalt zwei ursprünglich separat und unabhängig voneinander angelegte Verzeichnisse zugrunde liegen, das eine im Osten, das andere im Westen – wobei, im Sinne einer dritten, vermittelnden Option, das östliche Verzeichnis bei der Erstellung des westlichen als Muster gedient haben könnte. Vielfach wurde gemutmaßt, dass das östliche Verzeichnis von Theodosius I. bei seinem Zug nach Italien 394 aus Konstantinopel mitgebracht und dort um sein westliches Pendant ergänzt wurde, etwa anlässlich der Reichsteilung zwischen seinen Söhnen Arcadius und Honorius 395 oder aber in den folgenden Jahren unter der Ägide des Heermeisters Stilicho vor dessen Sturz 408. In der Folgezeit, um 425, sei das westliche Verzeichnis nochmals teilweise ergänzt bzw. umgearbeitet worden – oder, nach anderer Ansicht, überhaupt erst entstanden. Insbesondere wurde wiederholt ein Zusammenhang der Anfertigung des Prachtkodex, auf welchen die Speyerer Handschrift zurückgeht, mit der Erhebung des vom Ostkaiser Theodosius II. unterstützten und in der Obhut seiner Mutter Galla Placidia befindlichen Kindkaisers Placidus Valentinianus (= Valentinian III.) zum Herrscher im Westen am 23. Okt. 425 erwogen. Hingegen hat Ralf Scharf 2013 vorgeschlagen, den Prachtkodex als Geschenk für Kaiser Ioannes zu deuten, den Vorgänger Valentinians III., der den Thron am 20. November 423, drei Monate nach dem Tode des Honorius, usurpiert hatte, sich aber nur zwei Jahre halten konnte.39 Ein gänzlich anderes Szenario geht von der Mutmaßung aus, dass nicht nur die beiden Verzeichnisse der Notitia dignitatum, sondern auch mehrere weitere Texte, die über den Speyerer Kodex überliefert sind und als Kernbestand der durch diesen repräsentierten Textsammlung zu gelten hätten, nach ca. 425 in Konstantinopel auf Veranlassung Theodosius’ II. erstmals in dieser Form zusammengestellt worden seien, möglicherweise, wie zuletzt von Giusto Traina vertreten, mit der Intention, ein Schulbuch zu schaffen.40 Dieser oströmische Hintergrund würde, so die Annahme, unter anderem auch erklären, dass die Not. dign. or. vor der Not. dign. occ. platziert worden sei, womit man den Vorrang des Ostreiches vor dem Westreich zum Ausdruck habe bringen wollen. Unabhängig von diesen Versuchen, die Genese der Notitia dignitatum historisch zu verorten, hat Anna Kaiser vor kurzem nochmals deutlich gemacht, dass

38

Siehe wiederum ebd., bes. 2–7, 309–316.

39

Ebd., 315f.

40

Traina, Mapping the World under Theodosius II, bes. 160–164, mit der älteren Literatur.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

das östliche Verzeichnis der Notitia um das Jahr 400 oder wenig später und damit in jedem Fall erst nach dem Tode Theodosius’ I. abgeschlossen worden ist.41 Die Notitia dignitatum liefert somit auch für den spätantiken Donau- und Balkanraum eine offizielle und weitgehend verlässliche Momentaufnahme der administrativen und militärischen Strukturen, deren Angaben sowohl in frühere und als auch spätere Zeiten extrapoliert werden können. Die Ursprünge dieses Verwaltungssystems reichen letztlich in die Reformepoche Diokletians und Konstantins d. Gr. zurück (s. u. Kap. 5.2.1–2). Freilich sind die soeben angesprochene Zeitdifferenz und damit auch die unterschiedlichen historischen Rahmenbedingungen, unter welchen die östlichen und westlichen Partien der Notitia aufgezeichnet worden sind, bei ihrer Verwendung als Quelle für die Geschichte Südosteuropas in besonderem Maße zu beachten: Die Angaben zu Konstantinopel mit dem Hof und den Präsentalarmeen sowie zu den drei Diözesen Thraciae, Macedonia und Daciae (letztere beide bilden das Ost-Illyricum) nebst den in dieser Zone eingerichteten Militärbezirken unter zwei Magistri militum und vier Duces erscheinen in der älteren Not. dign. or. (Endredaktion um 400),42 während die Diözese Pannoniae (= West-Illyricum) und die in ihrem Bereich stationierten Truppen des Comes Illyrici sowie vier weitere Dukate in der etwa ein Vierteljahrhundert jüngeren Not. dign. occ. erfasst sind (Endredaktion 422/423 oder 425?). Für eine genauere historische Analyse der betreffenden Angaben s. u. Kap. 5.2.1–2 und 5.3.1. Die Tabula Peutingeriana

Die um 1200 angefertigte Tabula Peutingeriana (eine Pergamentrolle mit den Maßen 6,75 m × 34 cm) ist eine Weltkarte, die über mehrere Zwischenstufen auf eine antike Vorlage zurückgeht. Sie ist weitgehend vollständig erhalten; lediglich links fehlt ein Segment mit der Iberischen Halbinsel sowie Teilen Westafrikas und Britanniens. Von Konrad Celtes (1459 – 1508) in einem süddeutschen Kloster (Reichenau ?) entdeckt, gelangte sie zunächst in den Besitz Konrad Peutingers (1465 – 1547); schließlich wurde sie 1738 von der Wiener Hofbibliothek erworben. Die markante, extrem gestauchte Form der Darstellung ist durch das Standardformat antiker Buchrollen bedingt.43 Heftig debattiert wird in der Forschung die Frage nach dem Archetyp der Tabula. Im Wesentlichen wurden drei Kandidaten genannt: die Wandkarte, die Agrippa in Rom für die Porticus Vipsania konzipiert hat und die nach seinem Tod von Augustus vollendet wurde (in diesem Sinne besonders Ekkehard Weber; zu Agrippa und seiner Porticus s. o.); eine Karte aus der Tetrarchenzeit 41

Kaiser, Egyptian Units and the Reliability of the Notitia Dignitatum, vornehmlich auf Grundlage der dokumentarischen Papyri, die militärische Einheiten nennen; in dieselbe Richtung, aber mit anderen Argumenten, bereits Zuckerman, Comtes et ducs en Égypte autour de l’an 400.

42

Im Einzelnen sind folgende Abschnitte für Südosteuropa relevant: Not. dign. or. 2–3: Praefecti praetorio per Orientem/per Illyricum; 5–6: Magistri militum praesentales; 8: Magister militum per Thracias; 9: Magister militum per Illyricum; 26: Vicarius Thraciarum; 27: Vicarius Macedoniae (Blatt fehlt); 39–42: Duces Scythiae, Moesiae secundae, Moesiae primae, Daciae ripensis. – Not. dign. occ. 2: Praefectus praetorio per Italias; 7: Truppenverzeichnis, u. a. des Comes Illyrici; 32–35: Duces Pannoniae secundae, Valeriae, Pannoniae primae, Raetiae; 45: Praeses Dalmatiae.

43

Antike Papyrusrollen haben eine reguläre Höhe von ca. 30 bis 35 cm.

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(Richard Talbert); oder aber eine Karte aus vorrömischer Zeit, die in der eingangs erwähnten griechisch-hellenistischen Tradition stand, etwa die Weltkarte des Eratosthenes (Michael Rathmann).44 In jedem Fall sind spätere Redaktionsstufen zu unterscheiden; selbst die zeitliche Ansetzung des Archetyps erst um 300 n. Chr. (Talbert) würde die Annahme einer Überarbeitung erfordern, da die Tabula Elemente enthält, die nicht vorkonstantinisch sein können. Luciano Bosio hat wegen dieser (teilweise christlichen) Elemente an die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts gedacht.45 Nach Weber wäre die Agrippa-Karte unter den Severern mit dem Straßennetz verbunden worden; die Endredaktion sei unter Theodosius’ II. (genauer 435 n. Chr.) erfolgt. Dissens besteht auch hinsichtlich des Zwecks der Tabula: Da sie das römische Straßennetz mit Stationen und Entfernungsangaben zumindest in Teilen detailliert wiedergibt, wurde lange Zeit vermutet, dass sie als Itinerarkarte bzw. illustrierte Reisekarte (itinerarium pictum/adnotatum) für römische Beamte und Militärs anzusprechen sei; diese Deutung ist allerdings ungewiss, weil die Tabula eine solche Zielsetzung – zumindest in der heute vorliegenden Form – nur unzureichend erfüllt hätte, da die betreffenden Angaben vielfach unvollständig oder fehlerhaft sind und sie zugleich aber auch Elemente enthält, die hierfür gar nicht notwendig sind. Der Donau- und Balkanraum ist im oberen Drittel der Segmente III – VII der Tabula dargestellt. Gut erkennbar sind die wichtigsten Fernstraßen entlang von Save, Drau und Donau sowie der adriatischen, nordägäischen und westpontischen Küste, verbunden mit bzw. ergänzt um Via Egnatia und Via diagonalis, sowie die thrakische Querverbindung von Philippopolis über den Troian-Pass nach Marcianopolis und Anchialus. Dakien ist über drei Straßen an das Verkehrsnetz südlich der Donau angebunden.46 Die Regionen jenseits der Donau bis zum Ringmeer (Ozean) sind, abgesehen von Dakien, auf einen schmalen Streifen reduziert, in welchem vereinzelte Völkernamen erscheinen.47 Der gravierende Irrtum, dass Drau und Save in der Tabula nicht in die Donau münden, sondern sich zunächst im Drinus (Drina) vereinen und dann sogar in die Adria entwässern, ist vermutlich einem nach-antiken Kopisten zuzuschreiben, der sich möglicherweise durch den schlechten Erhaltungszustand seiner Vorlage täuschen ließ.

44

Weber, Tabula Peutingeriana; ders., Zur Datierung der Tabula Peutingeriana; ders., Ein neues Buch und das Datierungsproblem der Tabula Peutingeriana; ders., Die Datierungen des Originals der Tabula Peutingeriana (dort auch zu früheren Vertretern dieser Meinung); Talbert, Rome’s World; Rathmann, Tabula Peutingeriana. Die einzige Weltkarte aus der Antike; ders. The Tabula Peutingeriana in the Mirror of Ancient Cartography; ders., Tabula Peutingeriana: Bekannte Thesen und neue Forschungsansätze.

45

Bosio, La Tabula Peutingeriana.

46

Im Westen führt eine Strasse von Viminacium über Lederata nach Tibiscum; sodann verbinden zwei Strassen den Bereich des Eisernen Tors mit Apulum: die eine von Tierna (Orsova) wiederum über Tibiscum und Sarmizegetusa, die andere von Drobeta über den Roten-Turm-Pass; von Apulum geht es dann nach Porolissum weiter. Vgl. Strobel, Das Bild Dakiens in der antiken Geographie, 201f.

47

Genannt sind am linken Ufer der Donau, dem Fluss folgend (* = Name verderbt): Marcomanni, Vanduli (= Vandali), Quadi, *Bur (= Buri ?), als Nachtrag Iuthungi, ferner umherstreifende Sarmaten (Sarmatae vagi), SarmatenEinöde (solitudines Sarmatarum), auf Wagen lebende Sarmaten (hamaxobii Sarmatae), *Lupiones (?) Sarmatae und die *Venadi Sarmatae; sodann im Hinterland bzw. östlich der Karpaten die *Blastarni (= Bastarni), *Dacpetoporiani (= Daci *Petoporiani ?), *Piti, Getae und *Venevi.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Der Laterculus des Polemius Silvius

Polemius Silvius, hochrangiger Beamter der Palastverwaltung im Westen, ist der Verfasser einer laut Widmung im Jahr 448/449 entstandenen, als „Verzeichnis“ (Laterculus) titulierten Sammlung verschiedener Texte vor allem chronographischen Charakters.48 Das Werk ist im Kern ein Kalender, bietet aber diverse listenartige Zusätze, so unter anderem auch ein Verzeichnis von 112 römischen Provinzen, das nach Diözesen geordnet ist. Für Südosteuropa sind dies: Illyricum (19 Provinzen): Dalmatia, Pannonia prima und secunda, Valeria, Praevalitana, Moesia superior, Epirus vetus und nova, Noricum ripense und mediterraneum, Savia, Dardania, Haemimontus, Dacia, Scythia, Creta, Achaia, Macedonia, Thessalia; Thraciae (6 Provinzen): Thracia prima und secunda, Moesia inferior, Scythia inferior, Europa, Rhodope. Diese Angaben sind, vor allem in Anbetracht der oben genannten angeblichen Zeitstellung der Liste, teilweise auffällig: Das Illyricum ist ungeteilt.49 Die Provinzen Thracia secunda = Haemimontus und Scythia (inferior) sind – offenbar versehentlich – zweimal aufgeführt. In der Liste des Illyricums fehlt die Provinz Macedonia salutaris. Im Fall der Provinz Dacia wird nicht zwischen Dacia ripensis und mediterranea unterschieden.50 Dies dürfte damit zu erklären sein, dass Polemius Silvius (oder seine Vorlage) sich auf ältere (Teil-)Verzeichnisse gestützt hat, die ins fortgeschrittene 4. Jahrhundert und eventuell sogar in die Tetrarchenzeit zurückreichten.51 Die Cosmographia des Iulius Honorius

Unter dem Namen eines ansonsten unbekannten Iulius Honorius ist ein spätantikes geographisches Werk in mehreren Rezensionen überliefert, das seinem Titel nach Erläuterungen einer (für uns verlorenen) Karte präsentiert.52 Dieses Werk (mutmaßlich aus dem 4./5. Jahrhundert n. Chr.) hat ungeachtet zahlreicher inhaltlicher Probleme konzeptionelle Besonderheiten: Die Angaben werden – wenig glaubhaft – auf eine Erdvermessung zurückgeführt, die unter Iulius Caesar und Augustus stattgefunden haben soll, durch vier Vermesser, die jeweils für eine Himmelsrichtung zuständig gewesen seien.53 In der Darstellung wird dementsprechend der Erdkreis in vier Segmente

48 Editionen:

Mommsen, Chron. Min. I, p. 511–551; die Provinzliste ebd., 524–542; Seeck, Notitia Dignitatum, p. 254–260. Für die im Laterculus enthaltene Kaiserliste und den historischen Abriss s. jetzt KFHist B 6 (2017). Zur Person des Verfassers s. PLRE II s. v. Polemius Silvius. Allgemein zum Text s. Weidemann/Weidemann, Römische Staatskalender aus der Spätantike.

49 Siehe

Mommsen, Verzeichnis der römischen Provinzen, 497f. = ders., Gesammelte Schriften, Teil 5, 569.

50

Siehe die einführenden Bemerkungen von Mommsen, Chron. Min. I, p. 532–533.

51

Für eine genaue Analyse des Laterculus im Hinblick auf die Entstehungszeit(en) der von Polemius Silvius verwendeten Vorlage(n) s. Wesch-Klein, Der Laterculus des Polemius Silvius, bes. 64–66 (mit der tabellarischen Gegenüberstellung von Laterculus Veronensis, Polemius Silvius und Notitia dignitatum auf S. 84–88); s. auch ebd., 85 (Anm. 136), zur Problematik der Verwendung der Provinzbezeichnung Dacia ohne einen differenzierenden Zusatz (ripensis/mediterranea) in Texten der nach-diokletianischen Zeit.

52

Edition: GLM [Riese], p. 21–53. Zum Werk s. Kubitschek, s. v. Iulius (Honorius) Nr. 277; vgl. auch Dilke, Greek and Roman Maps, 183f.

53

Zur spätantiken Tradition der Annahme, unter Caesar und Augustus habe eine Vermessung des Römischen Reichs stattgefunden, s. Brodersen, Terra cognita, 262–267.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

unterteilt, die als Viertelkreise des Ozeans angesprochen werden: Oceanus orientalis, occcidentalis, septentrionalis und meridianus. Noch auffälliger aber ist, dass neben der für solche Texte üblichen Auflistung von Provinzen, Städten, Gebirgen, Inseln und zugehörigen statistischen Daten in besonderer Weise die großen Flüsse hervorgehoben werden. So erscheinen im Abschnitt Oceanus occidentalis außer den Provinzen Pannoniae tres, Dalmatia und Moesia sowie den Städten Iadera, Salona, Brigantium, Naissus, Viminacium, Peuce, Singidunum, Sirmium, Mursa, Siscia, Aquincum, Brigetio, Carnuntum, Savaria und Poetovio auch vergleichsweise ausführliche Beschreibungen des Verlaufs der Flüsse Donau, Margus, Savus und Dravus. Hingegen werden für den Sektor Oceanus septentrionalis, der u. a. die Provinzen Thracia, Macedonia, Epirus und Achaia umfasst, nur einzelne Flüsse genannt, etwa Tanais, Borysthenes und nochmals die Donau in der nord- und westpontischen Zone. Hingegen fehlen Angaben zu den Flüssen des nordägäischen und adriatischen Raumes. Der Synékdemos des Hierokles

Der „Reisebegleiter“ (Synékdemos) des Hierokles Grammatikos, eines ansonsten unbekannten Autors, bietet ein Verzeichnis der Provinzen und Städte des oströmischen Reiches in früh-justinianischer Zeit (ca. 535 n. Chr.), das auf einem geographischen Werk aus der Zeit Theodosius’ II. basiert. Erfasst sind insgesamt 64 Provinzen und mehr als 900 Städte.54 Der Donau- und Balkanraum ist in die Diözesen Thraciae und Illyricum unterteilt, die wiederum folgende Provinzen umfassen: Diözese Thraciae (6 Provinzen): Europa (14 Städte), Rhodope (7 Städte), Thracia (5 Städte), Haemimontus (5 Städte), Moesia (7 Städte), Scythia (15 Städte); Diözese Illyricum (13 Provinzen): Macedonia prima (32 Städte), Macedonia secunda (8 Städte), Thessalia (17 Städte), Hellas bzw. Achaia (79 Städte), Creta (22 Städte), Epirus vetus (12 Städte), Epirus nova (9 Städte), Dacia mediterranea (5 Städte), Dacia ripensis (5 Städte), Dardania (3 Städte), Praevalitana (3 Städte), Moesia (5 Städte), Pannonia (2 Städte).

1.2 .2 Historiographie Der folgende Abschnitt gibt einen knappen Überblick über solche antiken historiographischen Werke, auf denen unsere Kenntnis der politischen und Ereignisgeschichte des Donau- und Balkanraumes im Wesentlichen beruht.55 Am Beginn stehen drei Autoren des klassischen Zeitalters (Herodot, Thukydides und Xenophon), deren Akme noch vor den Beginn jener Periode fällt, die den eigentlichen Gegenstand des vorliegenden 1. Teils des Handbuchs bilden, nämlich die Expansion Roms nach Südosteuropa ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. Jedoch lassen es die herausragende Bedeutung der Genannten als „Väter“ der antiken Geschichtsschreibung sowie die Tatsache, dass

54 Edition:

Honigmann, Le Synekdèmos d’Hiéroklès; zum Autor s. Brodersen, s. v. Hierokles [8].

55

Allgemein und grundlegend zur antiken Historiographie Feldherr/Hardy (Hgg.), The Oxford History of Historical Writing, Bd. 1. Einführend Meister, Die griechische Geschichtsschreibung.

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wir ihnen zugleich auch die frühesten historiographischen Nachrichten über den Balkanraum verdanken, gerechtfertigt erscheinen, sie an dieser Stelle in die Betrachtung miteinzubeziehen. Das Bild, das sich aus den im Folgenden behandelten Texten ergibt, ist leider höchst lückenhaft. Dies liegt in mehreren Faktoren begründet: Zunächst berichten diese Quellen zumeist nur ausschnitthaft und selektiv über einzelne historische Episoden und sind dabei in ihrem Interesse und Blickfeld auf einzelne Gestalten, Regionen oder Völkerschaften beschränkt; kein antiker Autor hatte jemals die Intention verfolgt, ein zeitlich wie räumlich übergreifendes Narrativ der donauländisch-balkanischen Geschichte vorzulegen. Ferner wird uns die Geschichte Südosteuropas in diesen Texten immer aus der Außensicht geboten; die hier vorgestellten Autoren stammten nicht aus der Zone, und nur wenige verfügten über intime Kenntnisse, etwa aufgrund von Autopsie oder persönlichen Kontakten; Herodot, Thukydides und Xenophon, die am Anfang der historiographischen Tradition zu den Balkanländern stehen, sowie Dexipp, dessen Skythiká einen Höhepunkt der spätkaiserzeitlichen Geschichtsschreibung darstellten, waren in dieser Hinsicht Ausnahmen (s. u.). Überdies war die Darstellung von historischen Episoden aus dem Donau- und Balkanraum in der Regel in den übergreifenden Zusammenhang einer griechisch-hellenistischen oder römischen Universalgeschichte eingebettet; unter einem solchen Blickwinkel war der Donau- und Balkanraum immer eine Randzone, die nur dann thematisiert wurde, wenn es für das Verständnis des Gesamtzusammenhangs unerlässlich schien; der eigentliche Fokus der Darstellung lag stets auf den jeweiligen politischen Zentren (in den Werken der Kaiserzeit und Spätantike war dies stets Rom). Schließlich ist zu bemerken, dass die wenigen Schriften, die dann doch in engerem Sinne Aspekte der Geschichte des Donau- und Balkanraums thematisieren, so etwa Appians Illyriké oder die soeben genannten Skythiká des Dexipp (s. u.), nur höchst fragmentarisch auf uns gekommen sind. All dies hat zur Folge, dass das von der antiken Historiographie gebotene Narrativ zur politischen und Ereignisgeschichte des Donau- und Balkanraums, soweit für uns heute überhaupt noch greifbar, einem Flickenteppich gleicht, der sich aus größtenteils unverbundenen Einzelinformationen zusammensetzt, deren Genauigkeit, Zuverlässigkeit und damit auch Quellenwert stark schwankt. Hieraus ergeben sich zahlreiche Fehlstellen hinsichtlich der zeitlichen und räumlichen Abdeckung des Stoffs sowie vielfältige perspektivische Verzerrungen, die aus den anderen Quellengruppen nur teilweise geschlossen oder korrigiert werden können. Das klassische Zeitalter

Herodot von Halikarnassos (ca. 485 – 424 v. Chr.) behandelt in neun Büchern die Kriege zwischen den Griechen und dem Perserreich bis zum endgültigen Sieg der Griechen in den Jahren 480 – 479 v. Chr. als Kulminationspunkt einer längeren Auseinandersetzung zwischen Europa und Asien, deren Anfänge er bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgt. Er ist der erste Autor, der für ein solches Werk, das von menschlichem Tun handelte und auf Erinnerung abzielte, den Begriff historía (in der ionischen Form historíe) verwendet, der eigentlich „Erkundung“ bedeutete. Er war methodisch um rationale Prinzipien bemüht und stützte sich, soweit ihm dies möglich war, auf Autopsie, ansonsten auf die Wiedergabe der (gegebenenfalls divergierenden) Aussagen seiner Informanten und Gewährsleute. In seine diachrone Darstellung sind aber auch, besonders für die Frühzeit, mythischlegendenhafte bzw. märchen- und novellenartige Erzählungen eingeflochten – ein Charakterzug,

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den seine späteren Kritiker mit dem Prädikat mythódes umschrieben. Hinzu treten längere ethnographische Exkurse, die sogenannten Logoi. Im Zuge seiner Recherchen unternahm er ausgedehnte Reisen, die ihn unter anderem in den nordwestlichen Schwarzmeerraum führten; sein Quartier befand sich in Olbia, von wo aus er den Hypanis/Südlichen Bug hinauffuhr. Für diese Zonen hat er zumindest partiell erstaunlich detailreiches Wissen anzubieten (hierzu gleich). Die Historien sind ca. 450 – 425 v. Chr. entstanden, teilweise in Athen, wo Herodot Auszüge in Vorlesungen der Öffentlichkeit präsentierte; vollendet hat er das Werk in seiner neuen Heimat Thurioi in Unteritalien, wohin er um das Jahr 444 ausgewandert war. Der Balkan- und Donauraum wird von Herodot vor allem in den Büchern 4, 5 und 7 im Rahmen der Beschreibung persischer Heerzüge in die Region thematisiert. In hist. 4, 1–144 schildert Herodot die Kampagne Dareios’ I. vom Jahr 513 v. Chr. Der Großkönig marschierte mit seinen Truppen, die von Kleinasien kommend am Bosporus übergesetzt waren, durch Thrakien (offenbar über das Strandscha/Strandža-Gebirge nach Anchialus), ging über die Donau und operierte für einige Zeit in der transdanubischen Zone, ehe er das Unternehmen erfolglos abbrechen musste, da die Gegner sich als Nomaden zunächst geschickt seinem Zugriff zu entziehen wussten und später sogar zum Gegenangriff übergingen. Eingefügt in den Feldzugsbericht ist der berühmte SkythenLogos, eine ausführliche Darstellung der verschiedenen skythischen Stämme und ihrer Nachbarvölker (hist. 4, 5–82 und 4, 99–117); es handelt sich um die ausführlichste Beschäftigung mit den Völkerschaften des hohen Nordens jenseits der Donau in der gesamten antiken Literatur. Nebenbei bietet Herodot eine kenntnisreiche Hydrographie des unteren Donau- und westpontischen Raumes, und er nennt in diesem Zusammenhang eine Liste aller bedeutenden Zuflüsse der Donau, deren Namen er offenbar von der lokalen Bevölkerung erfahren hatte (hist. 4, 48–49); die meisten dieser Hydronyme sind nur hier bezeugt.56 Eher kurz fällt dagegen die Beschreibung der Geten aus (hist. 4, 93–95); vor allem ihr Unsterblichkeitsglauben und die damit verbundene ZalmoxisReligion werden angesprochen. In hist. 5, 1–17 erfolgt die Schilderung des Zuges des von Dareios in Thrakien zurückgelassenen Satrapen Megabazos von der Propontis aus entlang der NordägäisKüste nach Paionien und Makedonien. In diesem Abschnitt werden die Thraker vorgestellt, unter Hinweis auf ihr enormes Menschen- und damit kriegerisches Machtpotential, ferner auf Merkmale ihrer Religiösität und weitere Eigenarten. Schließlich bietet Herodot in hist. 7, 101–127 eine Beschreibung des berühmten Zuges Xerxes’ I. von 480 v. Chr., der nach Überquerung des Hellesponts seine Armee durch Thrakien und Makedonien führte, ehe er sich nach Süden wandte und zu den Thermopylen und nach Athen vorstieß. In dieser Episode werden von Herodot für Thrakien unter

56

Herodot nennt als linke Zuflüsse der Donau: Porata/Pyretos, Araros, Naparis, Ordessos, Tiarantos, Maris; – als rechte Zuflüsse: Atlas, Auras, Tibisis, Athrys, Noes, Artanes, Skios, Angros und Brongos, Alpis und Karpis. Nur in wenigen Fällen scheint die Identifizierung durch Namenskontinuität oder andere Indizien gesichert, so für Porata = Pyretos/Pruth (einzig in diesem Fall nennt Herodot auch die griechische Namensform), Skios = Oiskos/Oescus/ Iskăr (Herodot erläutert, dass dieser Fluss das Haemusgebirge durchbricht, was nur für den Iskăr zutrifft) und Maris = Marisos/Mureș (der Fluss wird hier aber offenbar mit der Theiß gleichgesetzt, die in die Donau mündet). Tibisis könnte mit Tibiskos/Tibiscus/Temesch zusammenhängen; dies wäre aber ein linker Zufluss. Hinter Karpis und Alpis könnten sich die Gebirgsnamen Alpen und Karpaten verbergen. In den übrigen Fällen sind keine klaren Verbindungen zur Bezeichnungsweise von Donauzuflüssen in der griechisch-römischen oder nach-antiken Epoche zu erkennen.

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anderem die Orakelstätte des Dionysos in den südliche Rhodopen und der mit diesem Heiligtum verbundene Prophetendienst der Besser, eines Teilstammes der Satrer, hervorgehoben. Herodots Historien haben in jeder Hinsicht eine enorme Nachwirkung entfaltet. Er wurde von der Antike bis in die Neuzeit intensiv rezipiert. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass seine ethnographischen Betrachtungen über die Völkerschaften des Donau- und Balkanraumes und der west- und nordpontischen Welt regelrecht kanonisiert wurden. Sie haben ihre prägende Kraft bis an die Schwelle zur Moderne bewahrt. Der Athener Thukydides (ca. 460 – nach 404 v. Chr.) ist Verfasser einer Geschichte in acht Büchern des Peloponnesischen Krieges zwischen Athen und Sparta und ihren jeweiligen Verbündeten. Dieser Krieg zog sich, freilich mit längeren Unterbrechungen, über beinahe 30 Jahre hin (431 – 404 v. Chr.) und erfasste die gesamte griechische Welt ebenso wie ihre Randzonen. Thukydides’ Darstellung gilt als Meisterwerk der antiken Historiographie, nicht zuletzt wegen des hohen Maßes an kritischer Reflexion, die etwa im sogenannten Methodenkapitel (1, 22) zum Ausdruck kommt. Im Gegensatz zu Herodot, der eine fernere Vergangenheit behandelte, betrieb Thukydides Zeitgeschichte. Er hat große Teile des Werkes bereits während des Krieges verfasst, und als Quelle dienten ihm vor allem persönliche Kontakte mit beteiligten Personen aus beiden Lagern. Zugleich war er in der ersten Kriegsphase selbst in herausragender militärischer Kommandofunktion, nämlich als athenischer Strategós, in die Ereignisse involviert. Allerdings scheiterte er im Jahr 424 bei der Sicherung von Amphipolis, einer eminent bedeutsamen athenischen Neugründung des Jahres 437, am Unterlauf des Strymon und in der Nähe des an Edelmetall reichen Pangaion-Gebirges gelegen, gegen den Angriff des spartanischen Generals Brasidas. Dieses Versagen hatte zur Konsequenz, dass er sich in Verbannung begeben musste. Wo er sich die folgenden Jahrzehnte bis zu seinem Tod im frühen 4. Jahrhundert aufgehalten hat, bleibt unklar. Seine Geschichte endet im 8. Buch mit der Schilderung der Ereignisse des Sommers 411, und zwar mitten im Satz; offenkundig war es Thukydides nicht möglich, das Werk wie geplant abzuschließen. Xenophon (s. u.) hat es später fortgesetzt. Im vorliegenden Zusammenhang ist Thukydides aber nicht nur als exzeptioneller Geschichtsschreiber bedeutsam, sondern auch aus dem Grund, weil er mit der Welt der Thraker bestens vertraut war. Wie der Name seines Vaters Oloros zeigt, gab es enge diplomatische und sogar Heiratsbeziehungen seines Familienclans zum thrakischen Königsadel.57 Zudem wissen wir, dass Thukydides Eigentümer von Goldbergwerken auf der Thrakischen Chersones (Gallipoli) war, deren Einnahmen ihm seinen Lebensunterhalt auch nach der Verbannung garantierten. Dieser Hintergrund, seine Vertrautheit mit der Region und seine guten Kontakte zu hochrangigen Akteuren auf thrakischer Seite dürften auch der Grund gewesen sein, warum die Athener im Jahr 424 bei der

57

Wir wissen aus Herodot (hist. 6,39,1), dass Miltiades d. J. (550 – 489 v. Chr.), der Sieger der Schlacht von Marathon (490 v. Chr.), sich ca. 520 v. Chr. als Tyrann auf der Thrakischen Chersones etabliert und die Tochter des thrakischen Königs Oloros namens Hegesipyle geheiratet hatte. Aus dieser Verbindung ging Kimon (ca. 510 – 449 v. Chr.) hervor, mit welchem Thukydides laut dem Zeugnis Plutarchs entfernt verwandt war (Plut. Kimon 4). Hingegen dürfte Thukydides’ Vater Oloros Athener gewesen sein und den ausländischen Namen nur zum symbolischen Ausdruck der engen persönlichen (und wirtschaftlichen) Bindungen der Familie nach Thrakien geführt haben; dennoch scheint Thukydides von seinen Feinden als Sohn eines zugewanderten Thrakers diffamiert worden zu sein; s. Dana, Onomasticon Thracicum, 263f., s. v. Olorus; anders Rufin Solas, Thucydide en Thrace.

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Wahl der beiden zu entsendenden Kommandeure der geplanten militärischen Operationen an der nördlichen Ägäisküste für ihn gestimmt haben. Der thrakische Raum war für die Großmacht Athen von herausragender strategischer Bedeutung, und zwar im Hinblick auf die Kontrolle zum einen der nordägäischen Küstenzone, zum anderen des Zugangs zum Schwarzen Meer. Beides war für Athen lebenswichtig. Zudem verfolgte Athen das Ziel, durch ein Bündnis mit den Thrakern und besonders mit der erfolgreichen Herrschaftsbildung der Odrysen (hierzu gleich) die aufstrebende Regionalmacht Makedonien, die für Athen eine wachsende Konkurrenz darstellte, vom Nordosten her einzuhegen, auch vor dem Hintergrund einer für Athen gefährlichen Kooperation der Makedonen mit dem Perserreich. Die engen Beziehungen Athens zu den Thrakern lassen sich an mehreren Indizien ablesen, so der Präsenz thrakischer Bergleute in Attikas Silberminen, der besonderen Popularität des Bendis-Kultes in Athen, oder aber den schon angesprochenen Heiratsverbindungen zwischen dem thrakischen Adel und vornehmen Familien Athens. Solche Ehebündnisse dienten ansonsten vor allem als politisches Bindemittel zwischen den thrakischen Dynasten des Hinterlandes und den Eliten der griechischen Küstenstädte Thrakiens; die betreffenden Polisbürger konnten dann auch den diplomatischen Außenverkehr für die thrakischen Herrscher übernehmen. Beispielsweise berichtet Thukykdides unter dem Jahr 431 (2, 29) von der Verleihung des athenischen Bürgerrechts an einen gewissen Nymphodoros aus Abdera, der ein Schwager des Königs Sitalkes war (zu letzterem gleich), und Xenophon berichtet, König Seuthes II. habe ihm die Hand seiner Tochter angeboten (s. hierzu ebenfalls gleich). Das besondere Wissen des Thukydides über Thrakien hat sich auch in seinem Geschichtswerk niedergeschlagen. Besonders deutlich wird dies in seiner exkursartigen Beschreibung der Herrschaftsbildung der Odrysen unter ihrem König Sitalkes I., dem Sohn des Reichsgründers Teres I. (2, 95–101). Dieser Sitalkes nahm im Jahr 429/428 v. Chr. einen Thronstreit im makedonischen Königshaus zum Anlass, um mit seinem Heer von angeblich 150.000 Mann in das Land einzufallen. In diesem Zusammenhang beschreibt Thukydides die Strukturen des Odrysenreiches: Das Kernland erstrecke sich zwischen Haemus, Rhodopen, Schwarzem Meer und Hellespont; hinzu kämen im Norden die Geten zwischen Haemus und Donau, die zur Heeresfolge verpflichtet seien. Das Aufgebot zähle überdies auch verbündete autonome Thraker aus den Rhodopen, abhängige ebenso wie unabhängige Paioner aus den Gebieten im Südwesten (Grenzfluss Strymon) sowie unabhängige Triballer aus den nordwestlichen Donauregionen. Die Dimensionen des Kernreiches ließen sich wie folgt angeben: Entlang der Küste von Abdera bis zur Donaumündung sei eine Seereise von vier Tagen erforderlich; für eine Querung zu Fuß in gerader Linie von Süden nach Norden würden hingegen 11 Tage benötigt (ca. 500 km). Die Einkünfte des Königs betrügen 400 Talente (10.000 kg) an Gold und Silber (zum Vergleich: der mächtige Attische Seebund verfügte anfänglich über reguläre Einnahmen in der Größenordnung von 450 Silbertalenten); hinzu kämen zahlreiche Geschenke (vgl. u. zu Xenophon). Es handele sich daher, so Thukydides, um das mächtigste Herrschaftsgebilde zwischen der Adria und dem Schwarzen Meer. Xenophon aus Athen (ca. 430 – 354 v. Chr.), der Verfasser mehrerer Werke philosophisch-politischen und historiographischen Inhalts, stand Anfang 399 v. Chr. für einige Wochen als Söldnerführer in Diensten des odrysischen Teilherrschers Seuthes II. (ca. 405 – 391). Seuthes hatte im

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Kampf um die Rückgewinnung des väterlichen Thrones gegen seinen Rivalen Medokos/Amadokos (ca. 410 – 390) und im gleichzeitigen Konflikt mit benachbarten thrakischen Stämmen (v. a. den Thyni) die von Xenophon angeführten griechischen Hopliten (schwergerüstete, in geschlossener Formation kämpfende Fußsoldaten), deren Schlagkraft herausragend war, zu Hilfe gerufen. Xenophon berichtet über diese Episode in seinem Erstlingswerk „Der Marsch hinauf“ (Anábasis) – gemeint ist: von der Ägäisküste ins asiatische Binnenland. Darin beschreibt er den „Zug der Zehntausend“, also jenes griechischen, von Sparta unterstützten Hoplitenaufgebots, das im Bruderkampf zwischen Artaxerxes II. und Kyros d. J. um den persischen Thron auf Seiten des Letzteren gekämpft hatte. Diesen Truppen gelang nach dem Tod des Kyros in der Schlacht von Kunaxa am Euphrat (401 v. Chr.) unter der Leitung Xenophons sowie eines Spartaners, freilich verbunden mit erheblichen Strapazen und Verlusten, die Rückkehr aus Mesopotamien durch das Tigris-Tal und Anatolien zur Nordküste Kleinasiens und sodann per Schiff nach Byzantion auf der europäischen Seite des Bosporus. Hier angekommen, wurden die Soldaten von Seuthes angeworben und kämpften für ihn im thrakischen Hinterland von Byzantion. Der besondere Wert des ausführlichen Berichts Xenophons über seine Zeit bei Seuthes (anab. 7, 1–7) besteht darin, dass er zentrale Merkmale thrakischer Herrschaftspraxis und -repräsentation beschreibt, so unter anderem den auch schon von Thukydides angesprochenen Gabentausch (s. o.) zwischen dem Herrscher und seinen hochrangigen Gefolgsleuten: einerseits die aufwändigen Geschenke der Gefolgsleute an den Herrscher als Geste der Huldigung, andererseits die Ausstattung derselben Gefolgsleute durch den König mit Ehrenstellungen und Einkünften. Dementsprechend unterbreitete Seuthes dem Xenophon das Angebot, ihm neben dem Sold und mehreren Gespannen auch ein Städtchen am Meer (Bisanthe) sowie Ländereien zu überlassen, ihn in den erlesenen Kreis der Freunde des Königs aufzunehmen und sogar durch die Ehe mit einer seiner Töchter in seine Familie einzubinden. Xenophon ging hierauf nicht ein und kehrte stattdessen bereits im Februar 399 mit den übrigen Griechen nach Kleinasien zurück, um sich dort dem von den Spartanern wieder aufgenommenen Freiheitskampf gegen die Perser anzuschließen. Das Zeitalter des Hellenismus

Von der überaus reichen historiographischen Produktion des hellenistischen Zeitalters sind nur sehr geringe Teile im Original erhalten. Bis auf Fragmente verloren sind etwa die Werke des Theopompos von Chios, Ephoros von Kyme, Duris von Samos, Timagenes von Alexandreia und Poseidonios von Rhodos (zu diesem gleich). Das Meiste fassen wir nur indirekt in Form von Zitaten, Exzerpten oder als Paraphrase in den Schriften von Autoren, die wesentlich später gelebt haben. Dies gilt besonders für Berichte über das Zeitalter Philipps II. und Alexanders d. Gr. sowie dessen unmittelbarer Nachfolger (Diadochen). Für diese Epoche sind wir im Wesentlichen auf Diodor und Pompeius Trogus sowie Arrian angewiesen, die alle drei noch auf ältere und vor allem zeitgenössische Darstellungen der Ereignisse zurückgreifen konnten. Die Reihe der in substantieller Form erhaltenen Geschichtswerke setzt erst mit Polybios ein, der bereits in die mittelhellenistische Zeit fällt.

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Polybios von Megalopolis (ca. 200 – 120 v. Chr.), führender Repräsentant des Achäischen Bundes, wurde nach Roms Sieg über Perseus (168 v. Chr.) nach Italien deportiert und gelangte dort in das Umfeld der mächtigen Scipionen-Familie. Er entschloss sich, ein Geschichtswerk zu verfassen, das den Aufstieg Roms zur Weltmacht beschrieb und dabei seinen griechischen Landsleuten auch die tieferen Gründe dieses Erfolgs aufzeigte. Im Zentrum dieser auf 40 Bücher angelegten Historien, die zu den großen Meisterwerken der antiken Geschichtsschreibung zählen, steht der Zeitraum 220 – 167 v. Chr., es werden aber auch die Jahrzehnte davor und danach beschrieben. Vollständig erhalten sind nur die Bücher 1 bis 5; vom Rest sind nur Fragmente überliefert, besonders auf dem Weg über die sogenannten „Konstantinischen Exzerpte“, thematisch gegliederte Zitatsammlungen, die in Byzanz unter Konstantin VII. Porphyrogennetos (10. Jh.) angelegt wurden.58 Aus Polybios erfahren wir zwar nur gelegentlich über Vorfälle im Balkanraum. Dennoch ist er eine wichtige Quelle für die Ereignisse des 3. Jahrhunderts v. Chr., so etwa die Keltenzüge und die vorübergehende keltische Herrschaftsbildung in Thrakien (Reich von Tyle). Polybios’ Fortsetzer war der stoische Philosoph Poseidonios aus Apameia, später Bürger von Rhodos (ca. 135 – 55 v. Chr.). Poseidonios war hochgebildet und weitgereist, und er zeigte großes Interesse auch für die Geographie und Ethnographie. Von seinen Historien (52 Bücher), die bis zur Mitte der 80er Jahre des 1. Jahrhunderts v. Chr. reichten, sind zwar nur Fragmente überliefert, doch steht fest, dass er ganz erheblich zu einer Verbesserung des Kenntnisstandes seines Zeitalters und folgender Jahrhunderte über die nördlichen Zonen Europas und damit auch – als Zeitgenosse nicht nur der Kriege Roms gegen Mithridates VI. Eupator, sondern auch des Byrebistas – über die Völkerschaften des unteren Donauraumes wie Geten und Daker beigetragen hat. Diodorus Siculus aus Argyrion (1. Jh. v. Chr.) ist der Verfasser einer Weltgeschichte in 40 Büchern von den Anfängen bis in die eigene Zeit mit dem Titel Bibliothéke historiké, in welcher er auf ansonsten weitgehend verlorenen Werken der vorangehenden Jahrhunderte aufbaut. Das seinerseits nur teilweise vollständig erhaltene Werk (Bücher 1–5 und 11–20) bietet allenfalls fragmentarische Notizen zum südosteuropäischen Raum. Von besonderem Wert sind die Nachrichten zur makedonischen Expansion unter Philipp II. nach Illyrien und Thrakien sowie zu den militärischen Kampagnen der Nachfolger (Diadochen) Alexanders d. Gr. in der Zone, besonders die des Lysimachos gegen thrakisch-getische Herrscher. Der römische Ritter und spätere Senator sowie Suffektconsul L. Flavius Arrianus aus Nikomedeia (ca. 85/90 – 150 n. Chr.) hat mehrere historische Schriften verfasst, darunter auch über die Zeit Alexanders d. Gr. und der Diadochen. Vollständig erhalten ist die Schilderung des Zuges Alexanders gegen Dareios III. (Anábasis). In diesem Werk wird unter anderem gleich zu Beginn eine ausführliche Beschreibung der Kampagne des jugendlichen Herrschers des Jahres 335 v. Chr. nach Thrakien und an die untere Donau geboten.

58

Von den damals in kaiserlichem Auftrag erstellten Exzerpt-Sammlungen sind nur wenige überliefert, so diejenigen zu Aussprüchen, Tugenden und Lastern, Hinterhalten und Kriegslisten (Excerpta de sententiis, de virtutibus et vittis, de insidiis, de strategematis). Sie enthalten im Übrigen auch Textstellen aus ansonsten verlorenen kaiserzeitlichspätantiken Geschichtswerken, s. das Folgende zu Appian und Cassius Dio sowie Olympiodoros, Priskos und Malchos.

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Die Geschichte des 4. – 1. Jh.s v. Chr. aus der Perspektive des augusteischen Rom

Die römische Sicht auf die Geschichte des Donau- und Balkanraumes wird für uns erstmals im Zeitalter des Augustus fassbar, und zwar mit dem gewaltigen Werk des Titus Livius aus Padua (59 v. – 17 n. Chr.). Seine Geschichte Roms in 142 Büchern reichte von der Gründung der Stadt (Ab urbe condita) bis in die eigene Zeit (Endpunkt: Tod des älteren Drusus 9 v. Chr.). Möglicherweise war das Werk ursprünglich auf 150 Bücher angelegt und ist unvollendet geblieben. Erhalten sind die Bücher 1–10 und 21–45 zur Frühzeit Roms bis 167 v. Chr. Ansonsten existieren nur vereinzelte Fragmente sowie vor allem knappe Inhaltsbeschreibungen aller Bücher (Periochae). Daneben liegen uns Werke späterer Autoren vor, die Livius in verschiedener Form aufgegriffen und umgearbeitet haben: als Vorlage für die eigene Darstellung (z. B. Orosius); als Grundlage für eine gekürzte und zugleich überarbeitete Fassung – so die Epitome de Tito Livio des P. Annius Florus aus dem späten 1./frühen 2. Jh. n. Chr.; oder aber als Materialsammlung für eine thematische Abhandlung – so das in der Spätantike entstandene „Buch über göttliche Vorzeichen“ (Liber prodigiorum) des Iulius Obsequens, das alle entsprechenden Ereignisse des 2. – 1. Jahrhunderts v. Chr. aus Livius zusammenstellt. Ungeachtet dieser schwierigen Überlieferungssituation liefert Livius das Grundgerüst für die politische und militärische Ereignisgeschichte des südosteuropäischen Raumes im 3. – 1. Jahrhundert v. Chr., soweit Rom als expandierende Ordnungsmacht involviert war, und zwar besonders für die zahlreichen Feldzüge römischer Amtsträger in der Region. Livius ist auch unser Gewährsmann für jene bemerkenswerte Episode, wonach Philipp V. kurz vor seinem Tod, im Jahr 181 v. Chr., bei der Planung eines Überraschungsangriffs auf Rom und Italien den höchsten Gipfel des Haemusgebirges erklommen haben soll – gemeint ist, sofern die Nachricht überhaupt historisch sein sollte, wohl am ehesten das Rila-Gebirge mit dem Musala. Der König hatte nämlich gehört, dass man von der Spitze dieses Berges aus bis zu Adria, Donau, Schwarzem Meer und Alpen blicken könne, was sich dann aber als falsch erwies (Liv. 40, 21). Dagegen stehen die ebenfalls in augusteischer Zeit entstandenen Historiae Philippicae des aus Gallien stammenden Pompeius Trogus in 44 Büchern noch ganz in der Tradition der hellenistischen Geschichtsschreibung. Diesem Werk sind wertvolle Nachrichten über Ereignisse auf dem Balkan vor allem des 4. – 3. Jahrhunderts v. Chr. zu verdanken, insbesondere auch über die damaligen ethnischen Formationen und Wanderungsbewegungen. Überliefert ist das Werk allerdings nur in einer erheblich gekürzten Fassung, die auf einen spätantiken Autor namens M. Iunian(i)us Iustinus zurückgeht. Daneben existieren wie im Falle des Livius Beschreibungen des Inhalts der einzelnen Bücher (prologi). Die Principatszeit

Über die militärischen Ereignisse im Donau- und Balkanraum unter Augustus (63 v. – 14 n. Chr.) erfahren wir aus seinem Rechenschaftsbericht, den sogenannten „Taten des vergöttlichten Augustus“ (Res gestae divi Augusti = RGDA). Der erste Princeps hat diesen Bericht, in welchem er sein Lebenswerk nicht diachron, sondern in thematischer Ordnung vorstellt, in hohem Alter verfasst bzw. letztmalig redigiert. Veröffentlicht wurde das Dokument erst nach seinem Tod. Erhalten sind mehrere inschriftliche Kopien im lateinischen Original und/oder in griechischer Übersetzung aus der kleinasiatischen Provinz Galatia, darunter eine quasi vollständige Version aus Ankyra (Ankara).

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Ein Grundmotiv des Textes ist die Ausdehnung und Abrundung direkter römischer Herrschaft bis an den Rand der bewohnbaren Welt, unter anderem bis zur Donau, und die gleichzeitige Sicherung des vorgelagerten Barbaricums durch Erzwingung der Akzeptanz römischer Oberhoheit, so etwa im Falle der Daker. Der römische Ritter Velleius Paterculus (20/19 v. – nach 30 n. Chr.) ist Verfasser eines Abrisses der Geschichte Roms von den Anfängen bis zum Tod der Livia (29 n. Chr.) in zwei Büchern. Er hatte unter Tiberius als hochrangiger Offizier in Germanien und Pannonien gedient und kannte somit Teile des Donau- und Balkanraums aus eigener Anschauung. Das Werk liefert daher auch, was Südosteuropa betrifft, vor allem Nachrichten zur Geschichte des Illyricums in der Zeit von Caesar, Augustus und Tiberius. Der Sophist und Rhetor Dio Cocceianus aus Prusa in Bithynien (ca. 40 – nach 112), genannt Chrysostomos („Goldmund“), bereiste während seines Exils unter Domitian (oder eventuell erst kurz danach) als umherwandernder kynischer Asket neben der griechischen Ägäiswelt auch den westpontischen Raum. Gesichert sind Aufenthalte an der Unteren Donau sowie in Borysthenes (= Olbia). Hiervon zeugen zwei seiner 80 erhaltenen Reden, nämlich or. 12, 16–20: Olympikós und or. 36: Borysthenitikós. Hingegen ist seine in denselben Jahren entstandene Getengeschichte (Getiká) bis auf einzelne Fragmente verloren (s. u. Kap. 2.1.1, Abschnitt: Der Getenname). Bei Plutarchos von Chaironeia in Böotien (ca. 45 – 125), der ein umfangreiches moralischphilosophisches Schrifttum hinterlassen hat, greifen wir erstmals das Konzept der biographischen Sammlung, allerdings dezidiert nicht als Medium der Historiographie, sondern der vergleichenden Charakterstudie. Von seinen Einzelbiographien, darunter die Kaiserviten von Augustus bis Vitellius, sind nur Teile erhalten. Daneben verfasste er eine Serie von Parallelviten (Bíoi parálleloi), in welchen Staatsmänner der ferneren griechischen und römischen Vergangenheit, von den mythischlegendären Anfängen bis in die späte Republik, einander gegenübergestellt wurden. Einige dieser Texte bieten wertvolle Details zu Ereignissen der Geschichte des Donau- und Balkanraumes, etwa die Vita des Marc Anton. Die beiden Geschichtswerke des römischen Senators und Suffektconsuls P. Cornelius Tacitus (ca. 58 – 120), zwei Meisterwerke der kaiserzeitlichen Historiographie, behandeln den Donau- und Balkanraum zwar nur beiläufig, enthalten aber dennoch wertvolle Informationen: zum einen die Historien, die eigentlich der Geschichte der flavischen Dynastie gwidmet waren, von denen aber nur der Anfang mit den Ereignissen der Bürgerkriegsphase um 69 erhalten ist, wo etwa auch der Konflikt mit den Dakern beleuchtet wird, zum anderen sein Spätwerk, die Annalen, die zu großen Teilen erhalten sind, zu Ereignissen unter den iulisch-claudischen Kaisern, etwa den pannonischdalmatischen Aufständen. Hinzu tritt das Germanien-Buch, das unter anderem auch die Geographie und Ethnographie in der Zone nördlich der Mittleren Donau thematisiert (s. o. Anm. 10). Während Tacitus noch der Gattung der Annalistik als republikanischer Form der Geschichtsschreibung verpflichtet war, hat sein Zeitgenosse C. Suetonius Tranquillus (ca. 70 – nach 120), zuletzt Kanzleichef am Hofe Hadrians, mit seiner Sammlung der Viten römischer Herrscher (De vita Caesarum) von Caesar bis Domitian endgültig den Standard für die Strukturierung und Darstellung römischer Geschichte unter den Bedingungen der Monarchie etabliert. Das von ihm geprägte

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biographische Format als Grundelement eines durchgängigen historiograpischen Narrativs wurde später vielfach aufgegriffen, so von Marius Maximus, der Historia Augusta, der Enmannschen Kaisergeschichte oder den Verfassern der Breviarien des späteren 4. Jahrhunderts (s. u.). Die ausführlichen und detailreichen Lebensbeschreibungen, die nicht zuletzt auf Kenntnis stadtrömischen Archivmaterials beruhen, sind eine eminent wichtige Quelle für unsere Kenntnis der politischen und militärischen Geschichte des frühen Principats. Appian aus Alexandrien (ca. 90/95 – 160 n. Chr.) wirkte mehrere Jahrzehnte als Jurist und ritterlicher Beamter in der Stadt Rom. Seine römische Geschichte (Rhomaiká) in 24 Büchern folgt nicht dem konventionellen Schema einer auf Rom zentrierten Darstellung. Vielmehr sind die meisten Bücher des Werkes nach der programmatischen Leitformel Appians, eine Geschichte kat’ éthne bieten zu wollen, einzelnen Völkerschaften und Regionen des Reiches in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Eingliederung ins Römische Reich gewidmet. Nur für bestimmte Phasen wählt der Verfasser den traditionellen Zugang, so für den Hannibal- und die Mithridates-Kriege und vor allem für das Zeitalter der römischen Bürgerkriege. Die Geschichte des Imperium Romanum ist bei Appian also in parallel verlaufende Teilhandlungen aufgebrochen. In diesem singulären Konzept kommt das damals besonders in den Provinzialeliten erwachende neue Verständnis des Römischen Reiches als einer Summe von Großregionen mit jeweils unterschiedlicher historisch-ethnisch-kultureller Prägung und Identität zum Ausdruck. Von dem Werk ist allerdings kaum mehr als ein Drittel überliefert, so die Bücher 6–7 (Iberiké bzw. Annibaiké) und vor allem die Bücher 13–17 zu den Bürgerkriegen. Von den beiden Büchern, die Regionen des Donau- und Balkanraums behandelten, haben sich im Fall von Buch 9 (Makedoniké und Illyiké) immerhin der zweite Teil zum Illyricum komplett sowie weitere Fragmente in den Konstantinischen Exzerpten erhalten. Hingegen ist Buch 23 (Dakiké), das ein erst spät, nämlich von Traian erobertes Gebiet zum Gegenstand hatte und daher chronologisch fast am Ende des Werks stand, völlig verloren. Dem aus Nikaia stammenden Senator und zweifachen Consul Cassius Dio (ca. 164 – nach 229 n. Chr.) ist neben Livius die umfangreichste Darstellung der römischen Geschichte (80 Bücher) zu verdanken. Ganz in traditionellem Sinne, und somit im Kontrast zu Appian, ist dieses Werk auf Rom zentriert. Es reicht von den frühesten Anfängen der Stadt bis in die Lebenszeit des Verfassers, genauer bis ins Jahr seines zweiten Consulats (229), den er als Kollege des Kaisers Severus Alexander bekleiden durfte. Cassius Dio war im Zuge seiner senatorischen Laufbahn für mehrere Jahre im Donau- und Balkanraum aktiv, so als Statthalter von Oberpannonien und Dalmatien. Unter Caracalla fungierte er sogar als „Begleiter des Kaisers“ (comes Augusti), als dieser den Donauraum besuchte. Ohnehin lässt die Herkunft des Cassius Dio aus Bithynien ein tieferes Verständnis auch der westlichen Nachbarregionen seiner Heimat auf der europäischen Seite des Bosporus erwarten. Hinzu kommt schließlich, dass er als ranghohes Mitglied der Reichselite die Herrscher von Commodus bis Severus Alexander persönlich kannte und zudem Zugang zu Informationen aus dem direkten Umfeld des Palastes hatte. Von daher ist seinem Bericht grundsätzlich eine hohe Glaubwürdigkeit beizumessen, besonders für die Zeit der antoninischen und severischen Kaiser, die er als Zeitzeuge selbst miterlebt hat. Leider wird der besondere Quellenwert auch in diesem Fall durch die komplexe Überlieferungslage geschmälert: Im Original erhalten sind nur die Bücher 36–60, die den Zeitraum 68 v. – 47 n. Chr. abdecken, sowie Teile der Bücher 78 und 79 für die

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Jahre 216 – 218. Hinsichtlich der übrigen Partien sind wir mit verschiedenen Überlieferungswegen konfrontiert: teils wiederum mit den Konstantinischen Exzerpten, die einzelne wörtliche Zitate liefern, teils mit den erheblich gekürzten und paraphrasierten Versionen des Originaltextes aus der Feder zweier byzantinischer Autoren des 11. und 12. Jahrhunderts: Ioannes Xiphilinos und Ioannes Zonaras. Cassius Dio ist, was den Donauraum betrifft, unsere Hauptquelle zum einen für die Dakerkriege Traians, zum anderen – neben Herodian – für die Donaukriege unter Marc Aurel und Commodus, ferner aber auch für die dortigen Entwicklungen unter den Severern. Im erstgenannten Fall stützte er sich unter anderem auf zwei verlorene Werke, den von Traian selbst verfassten Kriegsbericht sowie auf die Getica des Leibarztes des Kaisers T. Statilius Crito. Herodianus (ca. 175 – 250 n. Chr.), wahrscheinlich ein kaiserlicher Freigelassener, der ursprünglich aus dem griechischen Osten des Reiches stammte, ist Verfasser einer Geschichte vom Zeitpunkt des Todes Marc Aurels bis zum Regierungsantritt Gordians III. (180 – 238 n. Chr.) in acht Büchern. Das Werk ist gänzlich aus der Perspektive der Herrscher und der Machtkämpfe um die Herrschaft konzipiert, bietet aber dennoch wichtige Informationen zu Ereignissen im Donauraum, besonders zum Germanenkrieg unter Commodus und zu den militärischen Operationen des Iulius Maximinus im Rahmen des Bürgerkriegs zwischen ihm und den Gordiani bzw. dem Senat in Rom. Die Historia Augusta (HA) ist eine weitgehend vollständig erhaltene Sammlung von Kaiserbiographien von Hadrian bis Carus und dessen Söhnen Carinus und Numerianus. Das Werk hat eine Lücke gleich zu Beginn, wo das Proömium fehlt, sowie im letzten Drittel für die Jahre 244 – 253. Es ist nach dem Vorbild und vermutlich auch im direkten Abschluss an Sueton gestaltet. Dies würde allerdings implizieren, dass am Anfang auch die Viten Nervas und Traians ausgefallen sind. Im Unterschied zu Sueton werden auch designierte Nachfolger, die bereits vor Herrschaftsantritt verstorben sind, und Usurpatoren, die niemals allgemein anerkannt waren, behandelt. Die Sammlung gibt vor, im Zeitalter Diokletians und Konstantins entstanden und von einem Autorenkollektiv verfasst worden zu sein. Tatsächlich stammt sie aber von einem einzigen (für uns nicht namentlich greifbaren) Autor und ist erst im späten 4. Jahrhundert bzw. um 400 niedergeschrieben worden. Die Verlässlichkeit und somit der Quellenwert schwanken innerhalb des Werkes stark: Für die Zeit von Hadrian bis Cacaralla und Elagabal beruht die Darstellung auf einer soliden Grundlage, namentlich auf der ansonsten verlorenen Vitensammlung des Marius Maximus. Für die folgenden Herrscher hingegen ist der Charakter vielfach problematisch und teilweise sogar offenkundig fiktiv. Dennoch ist die HA gerade auch für das 3. Jahrhundert eine Quelle von eminenter Bedeutung. Für die turbulenten Ereignisse im Donau- und Balkanraum mit ihrer einzigartigen Verkettung von barbarischen Invasionen, Usurpationen und Bürgerkriegen im Zeitraum zwischen Iulius Maximinus und dem Regierungsantritt Diokletians bietet sie das einzige durchgängige Narrativ. Überdies basiert die Darstellung zumindest in Teilen auf qualititav hochwertigen Quellen, die ansonsten fast völlig verloren sind, so etwa dem im Folgenden besprochenen Dexipp. P. Herennius Dexippus aus Athen (ca. 200 – 275 n. Chr.) war Zeitgenosse der Krise des 3. Jahrhunderts n. Chr. und hat die barbarischen Invasionen in den Donau- und Balkanraum unmittelbar miterlebt. Im Jahre 267/268 war er an der erfolgreichen Bekämpfung der Heruler bei ihrem damaligen Einfall nach Griechenland durch ein Aufgebot der Bürgermiliz von Athen und anderer Städte

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in führender Funktion als Kommandeur beteiligt. Von der antiken Überlieferung werden ihm drei Geschichtswerke zugeschrieben, erstens eine Diadochengeschichte, die er als junger Mann verfasst zu haben scheint und die wenig originell gewesen ist, sodann eine annalistisch aufgebaute, nach athenischen Archonten und römischen Consuln strukturierte Universalgeschichte (Chroniká oder Chroniké sýnopsis), die von der frühesten Zeit Athens und Roms bis zur Regierung des römischen Kaisers Claudius II. Gothicus reichte, also bis zum Jahr 269 n. Chr. Dieses Werk hat sich, wie es scheint, einiger Beliebtheit erfreut und wurde von den folgenden Historikergenerationen intensiv genutzt, nicht nur in Byzanz, sondern auch im lateinischen Westen. Als später viel gerühmtes Meisterwerk Dexipps haben jedoch die Skythiká zu gelten. Dexipp greift hier einen in der Ethno- und Historiographie des Altertums seit Herodot fest etablierten Oberbegriff auf: Skythen waren alle Völkerschaften jenseits der Unteren Donau und der Nordküste des Schwarzen Meeres bis ins Innere Asien, jener Gebiete also, die an der nordöstlichen Peripherie der griechischen Welt lagen und seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert das Vorfeld des römischen Herrschaftsbereichs entlang der Donau- und Karpatengrenze bildeten. Die Skythiká handeln aber nicht von dieser Zone selbst, sind also kein ethnologischer Traktat; vielmehr beschreiben sie die Kämpfe zwischen Römern und „Skythen“. Die Ereignisse, die Dexipp schildert, trugen sich daher auch vornehmlich im Balkan- und Ägäisraum zu. Dexipps Kniff, mit welchem er den Skythiká ihre innerliche Geschlossenheit verlieh, bestand darin, die militärischen Auseinandersetzungen Roms mit den zahlreichen Völkerschaften des mittleren und unteren Donauraums ebenso wie des nordpontischen Raumes, also mit Karpen, Goten, Herulern, Juthungen, Vandalen etc., zwischen den Jahren 238 bis 271 als einen einzigen großen zusammenhängenden Krieg darzustellen (s. u. Kap. 2.4.13). Damit erhob er das bellum Scythicum zu einer Art von Weltkrieg, also zu einem Thema von thukydideischer Dimension. Unlängst sind in einer Wiener Palimpsest-Handschrift bislang unbekannte Fragmente des Werks identifiziert worden (s. u. Kap. 3.2). Die pagane bzw. profane Historiographie des 4. – 5. Jahrhunderts 59

In der lateinischsprachigen Historiographie des 4. Jahrhunderts dominieren Breviarien, d. h. Abrisse der Geschichte Roms von der Stadtgründung oder aber von Augustus bis in die Zeit des jeweiligen Verfassers. Für die Kaiserzeit ist die Darstellung dabei stets als Aneinanderreihung von Kurzbiographien der Herrscher konzipiert. Die erhaltenen Werke sind alle in der zweiten Jahrhunderthälfte entstanden. Ihre Autoren gehörten der zivilen senatorischen Amtsaristokratie des Reiches an. Es handelt sich um: 1.) die Historiae Abbreviatae bzw. den Liber de Caesaribus des aus Afrika stammenden Provinzbeamten Sextus Aurelius Victor (ca. 320 – 390) für die Zeit von Augustus bis Constantius II. (Enddatum 360); Victor hielt sich damals (361) in Sirmium auf und wurde von Kaiser Julian zum Statthalter der Pannonia secunda erhoben;60 2.) das Kaiser Valens gewidmete

59

Zu diesem und den folgenden Abschnitten vgl. die alphabetisch angeordnete Kurzbeschreibung der Autoren und Werke bei Demandt, Die Spätantike, 8–43.

60

In der späteren Überlieferung wurde dieses Werk mit zwei weiteren, die von unbekannten Autoren stammen (Pseudo-Aurelius Victor), nämlich die Origo gentis Romanae (für die Frühzeit) und den Liber de viris illustribus urbis Romae (für die Republik), zu einer Gesamtgeschichte Roms verbunden (Corpus Aurelianum bzw. Historia tripertita).

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Breviarium ab urbe condita des aus Gallien stammenden Hofbeamten und Teilnehmers am Perserfeldzug Julians Eutropius (gest. nach 390), das von Romulus bis zum Tod Jovians (364) reicht; 3.) das gleichzeitig entstandene Breviarium des Ruf(i)us Festus, der ebenfalls unter Valens als Provinzund Hofbeamter im Osten wirkte; dieses Werk schildert die Geschichte Roms von den Anfängen bis zum Abzug Jovians aus Nisibis (363), legt dabei aber einen besonderen Fokus auf die Entwicklung des Reiches, die Provinzen und den Reichsosten; 4.) die extrem knapp gehaltene Epitome de Caesaribus von Augustus bis zum Tod Theodosius I. (395), deren Verfasser unbekannt bleibt.61 Diese vier Werke, ebenso wie zum Teil auch die Historia Augusta (s. o.), hängen, wie aus zahlreichen Übereinstimmungen erschlossen werden kann, von einer heute verlorenen gemeinsamen Vorlage ab, der sogenannten Enmannschen Kaisergeschichte (EKG), die von Augustus mindestens bis Konstantin d. Gr. (337), eventuell aber auch bis in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts reichte.62 Die soeben angeführten Kompendien liefern uns das Grundgerüst der Ereignisgeschichte, besonders für die quellenarme Zeit der Soldatenkaiser – hier in Ergänzung zu Historia Augusta und Nebenüberlieferungen –63 sowie für die Zeit des späten 3. und des 4. Jh.s., die von der Historia Augusta nicht mehr abgedeckt sind – also für jene beiden Epochen, in welchen der Donau- und Balkanraum Schauplatz von heftigen Abwehrkämpfen Roms gegen barbarische Invasoren ebenso wie von wiederholten Bürgerkriegen war. Bisweilen besteht bei diesen Autoren eine gesteigerte Wahnehmung des Donau- und Balkanraumes und seiner Bedeutung für die allgemeine historische Entwicklung des Reiches, so etwa im Falle des Aurelius Victor bezüglich des Phänomens des „illyrischen Kaisertums“ und dem besonderen ethnisch-sozialen Hintergrund der betreffenden Herrscher (s. u. Kap. 3.1). Demgegenüber stehen die Res gestae („Tatenberichte“) des Ammianus Marcellinus aus Antiochien (ca. 330 – 400) in der älteren annalistischen Tradition.64 Ammian stand für einige Jahre als Gardist (protector) im Dienst des Heermeisters Ursicinus. Zusammen mit diesem hielt er sich zunächst im Westen (etwa in Köln), sodann im Osten an der persischen Front und zwischendurch vorübergehend auch in Sirmium auf (357). Im Alter ließ er sich in Rom nieder, wo er sein Geschichtswerk verfasste, das er um 395 vollendet hat. Ursprünglich deckte das Werk, das an Tacitus’ Annalen anschloss, in 31 Büchern den Zeitraum von Nerva bis Valens ab (96 – 378). Erhalten sind allerdings nur die Partien ab 353 (Bücher 14–31), also eben jene Phase, für die Ammian als Zeitzeuge gelten

61

Entgegen dem handschriftlich überlieferten Titel handelt es sich nicht um eine Kurzversion des Liber de Caesaribus Aurelius Victors, sondern um ein eigenständiges Werk, das nur teilweise auf diesem beruht.

62

Zur EKG, die nach dem Althistoriker Alexander Enmann (1856–1903) benannt ist, der ihre Existenz erstmals postuliert hat, s. Bleckmann, Überlegungen zur Enmannschen Kaisergeschichte; Burgess: On the Date of the Kaisergeschichte; ders., A Common Source for Jerome, Eutropius, Festus, Ammianus, and the Epitome de Caesaribus between 358 and 378.

63

Ein weiterer bedeutsamer, allerdings weitgehend verborgener historiographischer Überlieferungsstrang für die Zeit nach dem Ende des Werkes des Cassius Dio (229) bis ins 4. Jh. ist die sogenannte Leo- oder Symeonquelle, die über Petrus Patricius und den Anon. post Dion. (die möglicherweise miteinander identisch sind) sowie besonders Zonaras (zu diesen Autoren s. u.) fassbar ist; s. Bleckmann, Die Reichskrise des III. Jahrhunderts.

64 Siehe

Matthews, The Roman Empire of Ammianus; Barnes, Ammianus and the Representation of Historical Reality; Kelly, Ammianus Marcellinus.

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kann, der sich im engen Kontakt mit den Herrscherhöfen und handelnden Akteuren befand. Im Mittelpunkt seiner Darstellung stehen die Herrscher Constantius II., Constantius Gallus, Jovian, Julian, Valentinian, Valens und Gratian. Nicht wenige der von Ammian beschriebenen Episoden spielen im Donau- und Balkanraum, so besonders in Buch 21 der Zug Julians von Gallien durch das Illyricum gegen Constantius II. (361), ferner in Buch 30 der Tod Valentinians in Brigetio (Komárom) und die Erhebung Valentinians II. (375) sowie schließlich in Buch 31 die ausführliche Schilderung der Katastrophe von Adrianopel, die den düsteren Schlusspunkt des Werkes bildet (378). Ein eindrückliches Detail ist die Beschreibung des Passes von Succi an der Diagonalstrasse (Trajanovi vrata/Traianstor), der die natürliche Grenze zwischen dem Illyricum und der thrakischen Diözese markierte (Amm. 21,10). In der Tradition der griechischen Universalgeschichte standen hingegen die nur fragmentarisch erhaltenen „Historischen Kommentare“ (Historiká hypomnémata) in ursprünglich 14 Büchern des Sophisten und Rhetors Eunapios von Sardeis (ca. 347 –414).65 Sie waren als Fortsetzung der Chroniká des Dexipp (s. o.) angelegt. Nach einer kursorischen Darstellung der Jahre 270 – 355 im ersten Buch behandelte Eunap ausführlich die Regentschaften der Kaiser Julian bis Theodosius I. aus antichristlicher Perspektive. Nachträglich hat er das Werk bis 404 fortgeführt, eventuell auch über dieses Datum hinaus (bis 414 ?). Etwa zur selben Zeit ist das Kaiser Theodosius II. gewidmete Geschichtswerk des ebenfalls pagan orientierten Olympiodoros aus Theben in Ägypten (spätes 4. – frühes 5. Jh.) entstanden. In 22 Büchern, von denen wiederum nur spärliche Reste vorliegen, bot der Autor eine Darstellung der politischen Ereignisse von 407 – 425. Er hielt sich offenbar für einige Jahre am Hof des Westreichs unter Honorius auf und absolvierte wohl auch von hier aus 412 eine Gesandtschaft zu den Hunnen. Sein Werk scheint dementsprechend einen besonderen Fokus auf den Westen gelegt und dabei auch den mittleren Donauraum eingehender behandelt zu haben. Priskos von Panion in Thrakien (ca. 410/420 – 474), Hofbeamter und Senator im Ostreich, war 449 Mitglied einer Gesandtschaft zu Attila; es folgten Aufenthalte in Rom und Ägypten. In seinem nur in geringen Resten überlieferten Geschichtswerk, das in 8 Büchern den Zeitraum von ca. 434 – 474 abgedeckt zu haben scheint, kam den Außenbeziehungen Roms, besonders zu den Hunnen, und somit den Ereignissen im Donau- und Balkanraum eine besondere Bedeutung zu. Über den Fortsetzer des Priskos, Malchos von Philadelphia in Arabia, der im späten 5. Jahrhundert lebte, ist noch weniger gesichert. Sein Werk mit dem mutmaßlichen Titel „Byzantinische Geschichte“ (Byzantiaká) hatte offenbar Konstantinopel (= Byzanz) zum Zentrum. Es begann möglicherweise mit einem Abriss der Frühgeschichte von der Neugründung der Stadt durch Konstantin d. Gr. bis zum Schlussdatum des Priskos (330 – 474), worauf eine ausführliche zeithistorische Darstellung für den Zeitraum 474 – 491 folgte. Im 10. Jahrhundert war nur noch der Teil des Werkes bekannt, der den Zeitraum 474 – 480 behandelte. Heute existieren nur noch einzelne Fragmente.

65

Für Eunap und die im Folgenden besprochenen Autoren s. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire: Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus.

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Zosimos, vermutlich aus Syrien bzw. Palästina stammend und Ex-Fiskalanwalt, verfasste um 500 ein Geschichtswerk mit dem Titel „Neue Geschichte“ (Historía nea), das offenkundig unvollendet geblieben ist. Auf einen knappen Abriss der Kaiserzeit bis zum Regierungsantritt Diokletians (284) im ersten Buch folgt eine Darstellung des 4. und frühen 5. Jahrhunderts in den Büchern 2–6. Der Autor zeigt eine gegenüber dem Christentum und der Christianisierung überaus kritische, vom Leitmotiv des Niedergangs geprägte Haltung. Für den Zeitraum 270 – 404 stützte er sich besonders auf Eunap. Die spätantike christliche Historiographie

Ein frühes Zeugnis für die Wahrnehmung der Kaisergeschichte durch die Christen bietet die Schrift „Über die Todesarten der Christenverfolger“ (De mortibus persecutorum) die fälschlich dem Kirchenvater Lactantius (ca. 250 – 320) zugeschrieben wurde (s. jetzt Rougé/De Decker, De mortibus persecutorum). Die besondere Bedeutung des Werks liegt darin, dass es ausführlicher als andere erhaltene narrative Quellen über die Tetrarchenzeit bis zum Enddatum des Werks 313 berichtet und dabei besonders auch das Regierungshandeln solcher Herrscher beleuchtet, die den südosteuropäischen Raum in dieser Phase kontrollierten, und zwar Diokletian, Galerius, Maximinus Daia und Licinius, freilich in stark tendenziöser Verfärbung. Eusebius von Caesarea (260/264 – 339/340) hat mit dem Genre der „Kirchengeschichte“ (Historia ecclesiastica) eine völlig neue Form der Historiographie aus christlicher Perspektive geschaffen. Sein Werk in 10 Büchern, das von den Anfängen der Christengemeinde bis ins Jahr 324 reichte, wurde von späteren Autoren fortgesetzt, so besonders von Sokrates Scholastikos (380 bis nach 439), Sozomenos (gest. um 450), Theodoret von Kyrrhos (ca. 393 – 460) und Euagrios Scholastikos (ca. 536/537 – 600). Die „Geschichte gegen die Heiden“ (Historiae adversum paganos) in 7 Büchern des Paulus Orosius (ca. 375 – nach 418) bietet eine Universalgeschichte von der Weltschöpfung bis in die Zeit kurz nach der Einnahme Roms durch Alarich (410) in apologetischer Perspektive. Das Werk, das vom Kirchenvater Augustinus von Hippo (354 – 430) angeregt wurde und dem es auch gewidmet war, entwickelt eine Geschichtsdeutung im Sinne der geschichtsphilosophischen Grundgedanken, die Augustin in seinem Hauptwerk „Vom Gottesstaat“ (De civitate Dei) darlegt. Da Orosius viele für uns (teilweise) verlorene Quellen verwendet hat, darunter beispielsweise Livius oder Tacitus, ist seine Darstellung nicht nur für die Spätantike, sondern auch für die früheren Jahrhunderte von Bedeutung. Neben diesen erzählenden Darstellungen etablierte sich in der Spätantike die Chronik als tabellarisches, teils auch synoptisches, mehrere Systeme der Zeitrechnung verbindendes Genre der Historiographie, beginnend mit Adam bzw. Abraham. Wiederum war es Euseb, der hierfür das Vorbild schuf. Erhalten ist seine Chronik allerdings nur in übersetzten und ergänzten Versionen, so besonders die ins Latein konvertierte und zugleich bis 378 fortgeführte Fassung des Kirchenvaters Hieronymus (331/348 – 419/420). Zu den Kontinuatoren der Chronik des Hieronymus zählen: die „Gallische Chronik von 452“ (Betonung des südgallischen Raumes; Enddatum 452); – die Chronik des Hydatius (gest. um 469), Bischof von Aquae Flaviae (Chaves in Portugal), mit Fokus

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auf dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel (Enddatum 468); – die Chronik des Marcellinus Comes (gest. nach 534), einem aus dem Illyricum stammenden Hofbeamten unter Justin I. und Justinian (Enddatum 518). Weitere wichtige Vertreter der Textgattung sind die Chronik des Cassiodor (ca. 485 – 580),66 Hofbeamter und Schriftsteller im Ostgotenreich, von Adam bis 519 und das zwischen 631 – 641 verfasste Chronicon Paschale von Adam bis 628/629.67 In weiterer Folge entwickelte sich aus früheren chronographischen Ansätzen die Gattung der Weltchronik als einer nach durchlaufend gezählten Jahren untergliederten universalgeschichtlichen, zugleich aber auf Rom zentrierten Narratio, die mit der Schöpfung einsetzt und bis in die Zeit des jeweiligen Verfassers fortläuft. Solche Werke existierten in der Spätantike in größerer Zahl. Vollständig überliefert sind die Chronik des Ioannes Malalas aus Antiocheia (ca. 490 – 570) in 18 Büchern mit dem Enddatum 565 oder 574; – ferner des Mönchs Georgios Synkellos (spätes 8. – frühes 9. Jh.) unter dem Titel „Chronographische Auswahl“ (Eklogé chronographías), die jedoch unvollendet blieb und nur bis Diokletian reicht (284); sie wurde von Theophanes Confessor (ca. 760 – 818) bis 813 fortgeführt; – schließlich des Kirchenjuristen, Hofbeamten und Mönchs Ioannes Zonaras (Ende 10./Anf. 11. Jh.) mit dem Titel „Abriss der Geschichte“ (Epitomé historión) in 18 Büchern, die mit dem Jahr 1118 abschließt. Die profane Historiographie des Zeitalters Justinians und seiner Nachfolger

Prokopios von Caesarea (ca. 507 – nach 555) würdigt in umfassender Fom die Leistungen und Erfolge Justinians (527 – 565) als Kriegs- ebenso wie als Bauherr und berichtet zudem detailreich über dessen Regierungszeit. Die Feldzüge Justinians hat Prokop in acht Büchern (Bella) zum Perserkrieg im Osten (Bellum Persicum), zum Vandalenkrieg in Africa (Bellum Vandalicum) und zum Gotenkrieg in Italien (Bellum Gothicum) bis ins Jahr 552/553 dargestellt. Dieser Kriegsbericht ist als Elogium des Kaisers und zugleich auch seines Oberfeldherrn Belisarios konzipiert. Prokop war über viele Jahre Begleiter Belisars und daher als Augenzeuge bestens über diese militärischen Kampagnen informiert. Ebenfalls von einem panegyrischen Grundton getragen ist die 554/555 entstandene Schrift „Über die Bauten“ (De aedificiis), also die Bautätigkeit des Kaisers. Buch vier dieses Werks bietet für den Donau- und Balkanraum eine einzigartige Bestandsaufnahme für die Zeit Justinians: Zivilbauten, militärische Befestigungen, Brücken, Wasserleitungen, Kirchen, nicht zuletzt auch ganze Stadtanlagen wie die Neugründung Iustiniana Prima. Hingegen zeichnet Prokop in den sogenannten Anékdota (eigentlich: „Unveröffentlichtes“, zumeist wiedergegeben mit „Geheimgeschichte“), die er offenbar schon vor dem Tod Justinians abgeschlossen hat, die der Öffentlichkeit aber erst viel später, nach beider Ableben, bekannt geworden sein dürften, ein überaus negatives,

66

Cassiodor war auch Verfasser einer Gotengeschichte; hierzu s. u. den Abschnitt zu Jordanes.

67

Zu den hier angeführten Werken s. Mommsen (ed.), in: Chron. Min. I; Kötter/Scardino (Hg.), Gallische Chroniken; Burgess (Hg.), The Chronicle of Hydatius and the Consularia Constantinopolitana. Als profane Variante dieser listenartigen Form der historischen Aufzeichnung lassen sich die spätantiken Consularfasten nennen, die für einzelne Jahre neben den Namen der Consuln in sehr knapp gehaltenen Einträgen auch wichtige Ereignisse dokumentieren, so etwa die Consularia Constantinopolitana (509 v. – 468 n. Chr.).

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geradezu hasserfülltes Bild nicht nur des Kaisers, sondern auch von dessen Frau Theodora (gest. 548) wie auch der höfischen Welt. Nicht Zeitgeschichte, sondern die fernere Vergangenheit war hingegen das Thema des abermals nur aus wenigen Fragmenten bekannten Geschichtswerkes des Petros Patrikios (gest. um 565), eines hohen Würdenträgers am Hofe Justinians und Theodoras, der vielfach mit diplomatischen Missionen betraut wurde. Er behandelte die Kaiserzeit von der Einsetzung des zweiten Triumvirats bis Constantius II. (43 v. – 361 n. Chr.), offenbar in Form von Herrscherbiographien, und hat dabei unter anderem auf den ansonsten verlorenen Überlieferungsstrang der Leoquelle zurückgreifen können (s. o. Anm. 63). Fortsetzer des Prokop war Agathias (Scholastikos) von Myrina (ca. 532 – 580). Er beschreibt in seinen unvollendeten Historien in 5 Büchern die Ereignisse unter Justinian der Jahre 552 – 559. Hieran schloss sich das Geschichtswerk des Menander Protector an, eines Höflings unter Maurikios, der den Bericht des Agathias bis zum Tode Tiberios’ II. fortführte (558 – 582), und an dieses wiederum Theophylaktos Simokates aus Ägypten (frühes 7. Jh.), der unter Kaiser Heraklios hohe Ämter in Konstantinopel versah.68 Dessen vollständig erhaltenen Historien beschreiben in 8 Büchern die Ereignisse unter Maurikios (582 – 602), mit besonderem Schwerpunkt auf den Einfällen der Awaren und Slawen. Der Donau- und Balkanraum bildet hier zum letzten Mal die Kulisse eines antiken Geschichtswerks. Exkurs: Die Geschichtswerke des Jordanes Romana und Getica

(Karl Strobel) Die Person Jordanes69 kennen wir nur aus den Angaben, die er in seinen beiden Werken, einer kurzgefassten Chronik der römischen Geschichte De summa temporum vel origine actibusque gentis Romanorum (im Folgenden Romana) und seiner Goten-Geten-Geschichte De origine et actibus Getarum (im Folgenden Getica),70 gibt. Daraus lässt sich erschließen, dass die Famile des Jordanes zur Oberschicht der gotischen Föderaten gehörte, die in die administrativen Ränge der Verwaltungshierarchie in Militär und ziviler Administration bzw. auch in den administrativen Bereich 68 Siehe

Blockley, The History of Menander the Guardsman; Whitby/Whitby, The History of Theophylact Simocatta; Whitby, The Emperor Maurice and His Historian.

69

Zu Jordanes s. Goffart, The Narrators of Barbarian History, 20–111; Christensen, Cassiodorus, 62f., 84–123, bes. 101–103; zu Cassiodors verlorener Gotengeschichte in 12 Bänden und dem Verhältnis zu Iordanes vgl. Christensen, Cassiodorus. Zuletzt hat sich Wolf Liebeschuetz eingehend mit Jordanes auseinandergesetzt; die beiden Aufsätze von 2011 sind nun in seinen gesammelten Schriften wieder abgedruckt (Liebeschuetz, Making a Gothic History; ders., Why did Jordanes Write the Getica ?).

70

Die neue, reich kommentierte Ausgabe Iord. Get. [Grillone] mit italienischer Übersetzung verstärkt noch die Tendenz, durch Konjekturen einen Text zu präsentieren, der Jordanes oder der Überlieferung zugerechnete Fehler beseitigt, wobei Grillone meist von einer communis opinio über das Richtige ausgeht, die er in seinem breit angelegten Kommentar der Ausgabe präsentiert. Dabei wird nicht selten die tatsächliche Aussage durch unberechtigte Verbesserung verfälscht. Die Tendenz findet sich, allerdings in gemäßigterer Form, bereits in der kritischen Textausgabe Iord. Get. [Giunta/Grillone]. Ein Rückgriff auf die Ausgabe Iord. [Mommsen] empfiehlt sich durchaus und ist für die Romana noch immer maßgebend.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

der (arianischen) Kirche aufgestiegen waren. Sein Großvater war Notarius eines im Dienste Konstantinopels stehenden alanischen Heerführers Candac, er selbst Notarius des gotischen, mit den Amalern verwandten Magister militum Gunthigis, auch Baza genannt, gewesen (Get. 50, 265). Während beim Großvater noch die Deutung als Privatsekretär möglich wäre, aber ebenso eine offizielle Stellung in dem Stab Candacs in Scythia minor, kann die Position eines Notarius im Stab eines Magister militum nur als offizielle Funktion und Rangstellung verstanden werden.71 Jordanes betont, dass er erst nach seiner Bekehrung, zweifellos vom Arianismus zur Rechtgläubigkeit, als Autodidakt zu einem literarisch gebildeten Mann geworden sei.72 Noch zuvor und als Arianer sei er Notarius des Heermeisters gewesen. Über sein weiteres Leben wissen wir nichts; er hat sich aber offensichtlich in der 540er Jahren in Konstantinopel (und Umgebung ?) aufgehalten. Der Übertritt zur Rechtgläubigkeit und damit die Abkehr von der „gotischen Ketzerei“ kann sehr wohl eine Folge des Ausbruchs des ersten Gotenkrieges 535 n. Chr. gewesen sein. Ein Grundproblem ist die Glaubwürdigkeit der Ausführungen des Jordanes in den Vorworten zu den beiden Werken, die sehr stark von literarischen Konventionen geprägt sind. Im Vorwort der Romana, das den Widmungsbrief an einen an der Geschichte höchst interessierten nobilissimus frater Vigilius darstellen will und dabei das Programm und Ziel des Werkes vorstellt, schreibt Jordanes, dass er diesem Vigilius, dessen Person trotz verschiedener Identifizierungsversuche unbekannt bleibt, auch jenes Buch mitsende, das er für den gemeinsamen Freund Castalius über den Ursprung und die Taten der Geten geschrieben habe (Rom. proem. 4). Im Proömium der Getica wiederum schreibt Jordanes, er habe seine Arbeit an der Kurzfassung der römischen Geschichte auf die Bitte dieses frater Castalius hin unterbrochen, der ihn um eine Kurzfassung der 12 Bücher des Cassiodor über den Ursprung und die Taten der Geten gebeten habe. Diese habe er im Original aber nur drei Tage lang kursorisch einsehen können und schreibe deshalb die gewünschte Kurzfassung aus dem Gedächtnis (Get. proem. 1–2). Hinzugefügt habe er Material aus lateinischen und griechischen Vorlagen – letzteres offenkundig eine Fiktion – und Eigenes ergänzt. Cassiodor hatte seine Gotengeschichte zweifellos nach Konstantinopel mitgenommen, wohin er zusammen mit dem gefangenen Gotenkönig Witigis und zahlreichen Vertreter der gotischen Eliten aus Italien bzw. Ravenna 540 deportiert worden waren. Wann und unter welchen Umständen Jordanes daraus Exzerpte angefertigt hat, denn solche zeigen sich eindeutig in der Getica, bleibt offen. Eine Nacherzählung aus dem Gedächtnis heraus ist jedenfalls fiktiv. Fragt man nach dem Ziel der beiden Werke, die Jordanes mit Hilfe der Bibliotheken in Konstantinopel verfasst hat und in der Endfassung wohl kurz nach 552 n. Chr., den jüngsten in beiden Werken erwähnten Ereignissen, offenkundig gleichzeitig veröffentlichte, so ergibt sich aus der Analyse, dass sie jeweils für ein anderes Leserpublikum und mit einer anderen Zielsetzung geschrieben wurden; von einer gegenseitigen Komplementarität

71

Liebeschuetz, Why did Jordanes Write the Getica?, 149 ist der Ansicht, Jordanes sei nur ein Privatsekretär bzw. ein privater Mitarbeiter des Magister militum gewesen.

72

Get. 50, 265: „ego item quamvis agrammatus, Iordanes, ante conversionem meam notarius fui“ – „war ich, Jordanes, wiewohl ich kein Gelehrter bin, ebenfalls vor meiner Bekehrung Notar“ (Übersetzung: Martens). Jordanes spricht hier selbstverständlich nur vom Fehlen einer höheren literarischen Bildung.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

der beiden Werke (so Goffart und auch Liebeschuetz; s. o. Anm. 69) kann deshalb nur sehr eingeschränkt gesprochen werden. Jordanes hat für die Romana, eine kurzgefasste Chronik der römischen Geschichte, die er über Hieronymus an die Bibel angebunden hat, tatsächlich eine Reihe von Vorlagen direkt benutzt, so Ammianus Marcellinus, Orosius, Eutrop und Petrus Patricius, wohl auch Cassiodor; andere Quellenhinweise in der Romana wie der Getica sind offensichtlich aus zweiter oder dritter Hand übernommen, wiederum andere jedoch nur Beiwerk, um Gelehrsamkeit zu demonstrieren, einige sogar sicher fiktiv. Dies ist aber eine durchaus gängige Praxis von Literaten des Zeitalters gewesen, wie schon die Historia Augusta demonstriert. Mit der Sammlung des Materials für die Chronik hatte Jordanes, darin ist ihm sicher Glauben zu schenken, schon vor der Niederschrift der Getica begonnen und sich dabei auf dieses Material gestützt. Umso bedeutsamer sind die gravierenden Unterschiede oder „Fehler“, die bei einem Vergleich zwischen der Romana mit ihrer im Wesentlichen historisch zutreffenden Darstellung und der Getica zutage treten. Dies soll an einigen Beispielen analysiert werden. In der Getica konstruiert Jordanes unter Gleichsetzung der Geten mit den Goten eine GetenGoten-Geschichte.73 Daker erscheinen in dieser Schrift im Gegensatz zur Romana (§ 217 und 267) nicht. Sie waren das von den Römern vernichtend geschlagene Volk. Nur der geographische Begriff Dacia wird als Dacia antiqua für das zeitgenössische Gepidengebiet verwendet (Get. 12, 74). Ebenso wenig wie die Daker erscheint Traian als Daker- oder Getensieger in der Getica, sondern nur als Gründer von Marcianopolis und Nicopolis ad Istrum, hier natürlich bezeichnenderweise als Sarmatensieger (Get.16, 93; 18, 101). Jordanes bietet nach der Geschichtsklitterung einer GetenGoten-Vorgeschichte (Get. 10, 61–66) die Angabe (Get. 11, 67f.), dass „Dicineus“ (= Dekaineos) unter der Herrschaft des (Getenkönigs) Byrebistas (zur Namensform und zum Folgenden s. u. Kap. 2.2.4; zahlreiche Verschreibungen des Namens in der Textüberlieferung) nach „Gothia“ gekommen sei und dieser ihm fast königliche Macht gegeben habe, als Sulla an der Macht gewesen sei, wobei Jordanes hier drei römische Herrscher zählt, nämlich Sulla, Caesar und explizit als dritten C. (= Gaius; sic!) Tiberius, und damit eine unhistorische kontinuierliche Folge römischer Herrscher schafft. Für die Getica war hier ganz offenkundig an ein anderes Publikum als in der Romana mit einem mangelhaften Wissensstand gedacht. Auf den Rat des Dicineus hätten die Goten die Gebiete Germaniens, die nun die Franken besetzt haben, verwüstet. Caesar, der fast die ganze Welt unter seine Herrschaft gebracht und alle Königreiche unterjocht habe, der sogar die fernen Inseln im Ozean erobert und diejenigen, die den römischen Namen nicht gekannt hatten, tributpflichtig gemacht habe, dieser Caesar habe allein die Goten trotz häufiger Versuche (sic!) nicht unterwerfen können. Die Goten hätten auch die Herrschaft des „Gaius Tiberius“, des dritten römischen Herrschers, heil überstanden, weil sie alle Anweisungen des Dicineus eingehalten hätten. Dieser habe die Goten Philosophie, Ethik, Theologie, Physik, Logik und Astronomie gelehrt und damit aus dem Kreis der Barbaren herausgehoben (Get. 10, 69–72).

73

Iord. Get. 9, 58 [Mommsen]; vgl. zu der um 400 n. Chr. verbreiteten Gleichsetzung der Goten mit den Geten Claudian. b. Get. 28, 123.179 etc.; HA Maximin. 4, 4; Oros. 1, 16, 2.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

Jordanes bietet hier das zweifellos aus Cassiodor übernommene fiktive Bild des Dicineus als des „gotischen Aristoteles“, der die Goten Theologie, Philosophie, Ethik, Wissenschaft, richtige Lebensweise etc. gelehrt und sie damit aus der Reihe der Barbarenvölker herausgeführt habe. Auch die soziale Schichtung in die aristokratische Elite der Pileati, erkennbar am Tragen des Pileus und versehen mit priesterlichen Funktionen, und die freien Wehrfähigen, die Capillati bzw. Comati, wird zu einer von Dicineus eingeführten Innovation. Dieser sei von den Goten als höchste Autorität anerkannt worden, die sogar den Königen habe befehlen können (Get. 11, 71). Mit Tiberius endet die von Jordanes (Get. 11, 67–12, 73) gegebene Zeitspanne für das Wirken des Dicineus, in realen Daten wäre das 81/79 v. Chr. bis 14/37 n. Chr.! In Get. 13,76 nimmt Jordanes den Faden der Ereignisgeschichte wieder auf, mit Dorpaneus, i. e. Diurpaneus, als dem siegreichen Gegner der Römer in domitianischer Zeit, wobei er die Erzählung allein auf die römischen Niederlagen unter Oppius Sabinus und Cornelius Fuscus (85 und 86 n. Chr.) beschränkt (s. u. Kap. 2.4.2). Weder Decebalus noch dessen Vorgänger Duras noch die römische Eroberung werden erwähnt, ganz im Gegensatz zu Iord. Rom. 217. Charakteristisch ist Jordanes’ Darstellung des Gotenkrieges von 250 – 251 n. Chr., der zur Katastrophe des Decius bei Abrittus führte (s. u. Kap. 3.2). Hier wird eine erste, gegen Decius erfolgreiche Invasion unter der Führung des Ostrogota erfunden (Get. 16, 90–92), der selbst nun durch die Wiener Dexipp-Fragmente (s. o. zu Dexipp) als historisch erwiesen ist; allerdings ist dort nun seine vernichtende Niederlage gegen Decius bezeugt. Ein anderes charakteristisches Beispiel ist das Fehlen des ersten Gotenkrieges des Valens, der mit seinem Feldheer die Donau überschritt und tief in das gotische Gebiet vordrang. Athanarich hatte den Usurpator Procopius unterstützt, und gotische Hilfstruppen hatten die Grenze überschritten; im Übrigen werden Valens’ militärische Unternehmungen in der Überlieferung herabgesetzt, eine Folge seiner Niederlage bei Adrianopel 378. Im Jahr 369 kam es auf einem Schiff auf der Donau zu Verhandlungen und zu einem Friedensschluss mit Athanarich. Valens hatte die Operationen beenden müssen, da sich an der Persergrenze ein akuter Konflikt anbahnte. Ebenso fehlt in der Getica der erfolgreiche Gotenfeldzug Aurelians, der ebenfalls tief in das Gebiet nördlich der Donau vorstieß und in mehreren Schlachten das ostrogotische Heer unter König Cannabaudes vernichtete, was den Weg für die Amalersippe freimachte. Für die Schlacht von Adrianopel 378 werden die Ursachen des Konflikts und die Niederlage des Valens der römischen Seite zugeschoben. Als letztes Beispiel sei auf die Einnahme Roms durch Alarich hingewiesen. Zum einen spricht Jordanes nur von einem Einmarsch in Italien und einem Sieg über Stilicho, alles letztlich die Folge römischer Intrigen gegen die Goten; in Rom habe Alarich Zurückhaltung bei der Plünderung befohlen. Das einschneidende Ereignis sei erst die – jedoch in Wirklichkeit fiktive – zweite Plünderung der Stadt durch seinen Nachfolger Athaulf gewesen (Get. 30–31, 153–159). Zugleich wird die Politik Alarichs und der Goten durch eine Verfälschung der Chronologie für den Vandalenkönig Geiserich in ein besseres Licht gestellt.74 Bisher wurden derartige Abweichungen vom tatsächlichen Geschichtsverlauf als Fehler und Ungenauigkeiten eingestuft, jedoch steht dahinter, wie der Vergleich mit der Romana zeigt, ein zielgerichtetes Konzept. Mit der Erzählung von der nur kursorischen Einsicht in Cassiodors Gotengeschichte entlastet sich 74

Zu diesen „Fehlern“ und einseitigen Darstellungen auch Liebeschuetz, Why did Jordanes Write the Getica?

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Jordanes zum einen und wälzt zugleich die Verantwortung für die gezielten Auslassungen, Verfälschungen und Unrichtigkeiten in seiner Getica (naiv als Fehler zu verkaufen) auf Cassiodor ab, respektive gegebenenfalls auf ein nicht mehr so genaues Wissen um dessen Darstellung. Es stellt sich aber die berechtigte Frage, ob die Getica des Jordanes in einer ersten Fassung nicht schon in den späteren 540er Jahren geschrieben wurde und sich realiter an die im ersten Gotenkrieg 535/536–540/541 und insbesondere im Zusammenhang mit der Kapitulation Ravennas und der Gefangennahme des Witigis ins Ostreich und insbesondere nach Konstantinopel deportierten bzw. dort internierten Goten gerichtet hat, die, im Gegensatz zu dem wohl fiktiven Castalius, über keine genauen Kenntnisse der römischen Geschichte verfügten. Das Ende der Geschichtserzählung der Getica mit Witigis 540 n. Chr. stellt, wie mit gutem Grund anzunehmen ist, das ursprüngliche Ende des Werks dar. Liebschuetz betont zu Recht die eindeutig progotische Tendenz der Schrift, in der die Schuld an den römisch-gotischen Konflikten und ebenso an den römischen Niederlagen der römischen Seite und ihrer Politik zugewiesen wird.75 Jordanes hebt dagegen die militärische Überlegenheit der Goten hervor, und dass gerade die guten und klugen Kaiser die Goten als Partner gesehen und eingesetzt hätten, wofür er den Sieg auf den Katalaunischen Feldern über Attila entsprechend hervorhebt. Die wechselseitigen Vorteile einer Allianz von Römern und Goten werden vor Augen gestellt und eine entsprechende Politik Theoderich in den Mund gelegt, dessen Kriegshandlungen gegen das Reich in der Getica ausgeblendet werden (Get. 59, 304). Damit gab Jordanes diesen Vertretern der gotischen Elite die Argumente in die Hand, sich gegenüber den oströmischen Autoritäten als Partner und nicht als Gegner zu empfehlen und der Fraktion in Konstantinopel eine Antwort zu bieten, die auf den erneuten Krieg in Italien und eine Beseitigung beider Gotengruppen, auch des westgotischen Reiches, drängte. Den Goten in Ostrom bot er die Darstellung einer nur glorreichen Geschichte der Goten, die durch die Identifizierung mit den Geten in die griechische Antike eingebunden und zugleich aus dem Barbarentum herausgehoben werden. Für die gemeinsame Publikation mit der Romana wurde dann noch die Rechtfertigung für den zweiten Gotenkrieg Justinians und der Preis seines Sieges unter rühmender Hervorhebung des Belisar hinzugefügt (Get. 60, 307 und 315). Das war 552/553 unverzichtbar, wollte sich Jordanes nicht in Gefahr bringen; wahrscheinlich wurde er als abstammungsmäßiger Gote und früherer Arianer gerade auch wegen der Getica in Konstantinopel angegriffen.76 Mit der Romana wiederum empfahl sich Jordanes als Vertreter eines literarisch gebildeten Römertums und ließ durch die Rechtfertigung des Gotenkrieges Justinians und die Feier des Sieges des Kaisers und seines Generals an seiner Loyalität keinen Zweifel. Zugleich stellte er sich im Proömium der Romana als theologisch gebildeter rechtgläubiger Christ dar. Dass er beide Werke in Konstantinopel für ein lateinisches Publikum schrieb, war angesichts der gotischen Adressaten und eines dem Latein verpflichteten gebildeten Römertums nicht verwunderlich; im Übrigen

75

Ebd., bes. 139f.

76

Liebeschuetz verneint zu Recht die These, dass Jordanes die Getica geschrieben habe, um als Botschaft an einer friedlichen Neuordnung in Italien o. ä. mitzuwirken (ebd., 147f.). Wenn Liebschuetz als Resümee seiner Analyse die doppelte Loyalität in dem Werk des Jordanes betont, so ist dies um das doppelte Publikum, für das er schreibt, zu ergänzen.

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Südosteuropa in der antiken Geographie und Historiographie

dürfte Jordanes Griechisch nur marginal beherrscht haben. Es kommt hinzu, dass nicht nur in der Administration, sondern ebenso im kirchlichen Bereich, auch in der kirchlichen Administration, Latein in der Präfektur Illyricum und auch in der Diözese (Ost-) Illyricum noch Amts- bzw. Liturgiesprache war.77

77

Zu den konkurrierenden Autoritätsansprüchen Konstantinopels und Roms in dieser Zone und zum päpstlichen Vikariat s. u. Kap. 5.3.2.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

1.3

F ORSCHUNGSSTAND (BIBLIOGRAPHIE RAISONNÉE)

Karl Strobel

1.3 .1 Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit Die Literatur zum südosteuropäischen Balkanraum, zu Thrakien und dem unteren Donauraum hat in den letzten Jahrzehnten wichtige neue Anstösse erfahren. An Überblickswerken sei hier besonders verwiesen auf: Julia Valeva/Emil Nankov/Denver Graninger (Hgg.), A Companion to Ancient Thrace. Oxford u. a. 2015; Konstantin Boshnakov, Die Thraker südlich vom Balkan in den Geographika Strabons. Stuttgart 2003; Marjeta Šašel Kos, Appian and Illyricum. Ljubljana 2005; Dion Demicheli (Hg.), Illyria Antiqua. In Honorem Duje Rendić-Miočević. Zagreb 2017; Fanula Papazoglu, The Central Balkan Tribes in Pre-Roman Times. Triballi, Autariates, Dardanians, Scordisci and Moesians. Amsterdam 1978; Ljudmil V. Vagalinski (Hg.), The Lower Danube in Antiquity (VI c BC – VI c AD). Sofia 2007; Peter Delev, A History of the Tribes in South-Western Thrace in the First Millennium B. C. Sofia 2014; Athena Iakovidu (Hg.), Thrace in the Graeco-Roman World. Athens 2007; Zofia H. Archibald, The Odrysian Kingdom of Thrace. Orpheus Unmasked. Oxford 1998; dies., Ancient Economies in the Northern Aegean. Fifth to First Centuries BC. Oxford 2013; Jean-Luc Martinez u. a. (Hgg.), L’épopée des rois Thraces. Des guerres médiques aux invasions celtes 479 – 278 avant J.-C. Découvertes archéologiques en Bulgarie. Paris 2015; Ulrike Peter, Die Münzen der thrakischen Dynasten (5. – 3. Jahrhundert v. Chr.). Berlin 1997 (Nachdr. Berlin, New York 2015); ferner Alexander Fol (Hg.), Die Thraker. Das goldene Reich des Orpheus. Mainz 2004; ders. u. a. (Hgg.), Ancient Thrace. Sofia 2000; Jan Bouzek/Lidia Domaradzka (Hgg.), The Culture of the Thracians and their Neighbours. Proceedings of the International Symposium in Memory of Mieczysław Domaradski. Oxford 2005; Studia in honorem Alexandri Fol. Sofia 1995 (= Thracia 11); Alexander Fol u. a. (Hgg.), Studia in honorem Georgii Mihailov. Sofia 1995; Aliénor Rufin Solas u. a. (Hgg.), Armées grecques et romaines dans le nord des Balkans. Conflit et intégration des communautés guerrières. Danzig, Thorn 2013; Angelos G. Zannis, Le pays entre le Strymon et le Nestos: Géographie et histoire (VIIe  – IVe siècle av. J.-C.). Athènes 2012; Olivier Picard u. a., Thasos. Aufstieg und Niedergang einer griechischen Polis. Darmstadt 2019. Die für den südosteuropäischen Raum wichtigen Verbindungen und Interaktionen mit den Nachbarzonen, besonders mit dem Schwarzmeerraum, behandeln Manfred Oppermann, Thraker, Griechen und Römer an der Westküste des Schwarzen Meeres. Mainz 2007; Ion Niculiţă/ Aurel Zanoci/Mihail Băţ (Hgg.), Thracians and Circumpontic World. Proceedings of the Ninth International Congress of Thracology. 3 Bde. Chişinău 2004; Gocha R. Tsetskhladze (Hg.), The Black Sea, Greece, Anatolia and Europe in the First Millennium BC. Leuven u. a. 2011; ders. u. a. (Hgg.), The Bosporus. Gateway Between the Ancient West and East (1st Millennium BC – 5th Century AD). Oxford 2013; Gocha R. Tsetskhladze/Alexandru Avram/James Hargrave (Hgg.),

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https://doi.org/101515/9783110643428-05 | HGSOE, Bd. 1

Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

The Danubian Lands Between the Black, Aegean and Adriatic Seas (7th Century BC – 10th Century AD). Oxford 2015; Gocha R. Tsetskhladze (Hg.), Greek Colonisation. An Account of Greek Colonies and Other Settlements Overseas. 2 Bde. Leiden, Boston 2006 – 2008. Wesentliche Darstellungen zu den Kelten bzw. Trägern der Latènekultur (s. u. Kap. 2.1.4) bei Karl Strobel, Die Galater. Berlin 1996; Kurt Tomaschitz, Die Wanderungen der Kelten in der antiken literarischen Überlieferung. Wien 2002; Mitja Guštin/Miloš Jevtić (Hgg.), The Eastern Celts. The Communities Between the Alps and the Black Sea. Koper, Beograd 2011; Bernhard Maier, Geschichte und Kultur der Kelten, HdA III 10. München 2012 (allerdings weitgehende Ausblendung der Ostkelten bzw. des östlichen Latèneraumes); Olivier Buchsenschutz (Hg.), L’Europe celtique à l’âge du Fer VIIIe  – Ier siècles. Paris 2015. Ideologische Manipulationen und Konstrukte pseudohistorischer Ethnizitäten, die kein Phänomen der letzten Jahrzehnte sind, werden u. a. behandelt von Stefano Magnani/Carlo Marcaccini (Hgg.), Le identità difficili. Archeologia, potere, propaganda nei Balcani. Firenze 2007; Karl Strobel, Die Frage der rumänischen Ethnogenese. Kontinuität – Diskontinuität im unteren Donauraum in Antike und Frühmittelalter, Balkan-Archiv, N.F. 30–32 (2005 – 2007), 59–166; Cătălin N. Popa/Simon Stoddart (Hgg.), Fingerprinting the Iron Age. Approaches to Identity in the European Iron Age. Integrating South-Eastern Europe into the Debate. Oxford, Philadelphia 2014; Cătălin N. Popa, Modelling Identities. A Case Study from the Iron Age of South-East Europe. Cham (CH) 2018; Sebastian Brather/Victor Spinei/Alexander Rubel (Hgg.), Archaeology and Identity. Central and East Europe in the Earlier Middle Ages. București 2008. Zu den dogmatischen und ideologischen Tendenzen in der rumänischen Historiographie vgl. Lucian Boia, Istorie şi mit în conştiinţa românească [Geschichte und Mythos im rumänischen Bewusstsein]. București 1997; ders., Geschichte und Mythos. Über die Gegenwart des Vergangenen in der rumänischen Gesellschaft. Köln u. a. 2001 (Bonn, Hermannstadt 4 2017); Dan Alexe, Dacopatia şi alte rătăciri româneşti [Die Dakopathie und andere rumänische Irrwege]. București 2015; zu den schwerwiegenden Auswirkungen auf die historische und archäologische Forschung, die bis heute vielfach die Vorlage, Interpretation und Chronologie von Befunden bestimmen, vgl. Karl Strobel, Dacii. Despre complexitatea mărimilor etnice, politice şi culturale ale istoriei spaţiului Dunării de Jos [Die Daker. Zur Komplexität ethnischer, politischer und kultureller Größen der Geschichte des unteren Donauraumes], Studii şi Cercetări de Istorie Veche şi Arheologie 49 (1998 [1999]), H. 1, 61–95, H. 2, 207–227; Radu Vulpe, Reflecții despre problema geto-dacică [Überlegungen über das getodakische Problem], in: Scripta Prehistorica Miscellanea in honorem M. Petrescu-Dîmbovița. Iași 2005, 563–578; Virgil Mihailescu-Bîrliba, Impact of Political Ideas in Romanian Archaeology before 1989, Studia Antiqua et Archaeologica 3/4 (1996/1997), 157–160; ders., Nationalism in Romanian Archaeology up to 1989, Studia Antiqua et Archaeologica 3/4 (1996/1997), 161–164; Gheorghe Alexandru Niculescu, The Material Dimension of Ethnicity, New Europe College Yearbook  1 (1997/1998), 203–262; ders., Archaeology, Nationalism and the „History of the Romanians“ (2001), Dacia N. S. 48/49 (2004/2005), 99–124; Cătălin N. Popa/Russell Ó Ríagáin, Archaeology and Nationalism in Europe. Two Case Studies from the Northwest and Southeast of Europe, in: Russell Ó Ríagáin/Cătălin N. Popa (Hgg.), Archaeology and (De)Construction of National and Supra-National Polities, Archaeological Review from Cambridge 27 (2012), H. 2, 52–70;

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Cătălin N. Popa, The Trowel as Chisel. Shaping Modern Romanian Identity through the Iron Age, in: Victoria Ginn/Rebecca Enlander/Rebecca Crozier (Hgg.), Exploring Prehistoric Identity. Our Construct or Theirs? Oxford 2013, 164–174; ders., Late Iron Age Archaeology in Romania and the Politics of the Past, Dacia N. S. 59 (2015), 337–361. Tchavdar Marinov, Ancient Thrace in Modern Imagination. Ideological Aspects of the Construction of Thracian Studies in Southeast Europe (Romania, Greece, Bulgaria), in: Daskalov/Vezenkov (Hgg.), Entangled Histories, Bd. 3, 10–117, bes. 75ff. bietet eine detaillierte Darlegung der Entwicklung der bulgarischen Thrakologie und ihrer abwechselnden Modell- und Theorieströmungen, insbesondere in der hypothetischen Rekonstruktion der thrakischen Religion, so dem von Alexander Fol dogmatisierten Orphismus oder der spekulativen Rekonstruktion der Religion des Thrakischen Reiters oder der Großen Mutter. Zum Problem des Dakismus s. jetzt auch die drei folgenden, im Druck befindlichen Studien von Karl Strobel: Der „Dakerkönig Burebista“, der Mann der niemals lebte. Zur Geschichte des westpontischen Raumes im 1. Jh. v. Chr., in: François Bertemes (Hg.), „Endet das Lied des Meeres an der Küste“ – Archaeologie des Schwarzen Meeres im neuen Licht, Tagung Halle 21. – 23.11.2018; Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Italien und dem Alpenraum im historischen Kontext, in: Heimo Dolenz/Karl Strobel (Hgg.), Chronologie und vergleichende Chronologien zum Ausgang der römischen Republik und zur frühen Kaiserzeit (Klagenfurt 19. – 21.9.2018). Klagenfurt 2020, 12–50; Pseudofakten und Ethnonationalismus am Beispiel der „Geschichte der Daker“. Ein Beitrag zur Dekonstruktion axiomatischer Geschichtsbilder und ihrer Folgen in der Archäologie und Numismatik des Donau- und Balkanraumes, Arheologia Moldovei 42 (2019).

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Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Karl Strobel

1.3 .2 V  om ersten Ausgreifen Roms auf den Balkanraum bis zur Schlacht von Philippi Grundlegende Untersuchungen und Darstellungen zur Epoche und Region: Christopher John Smith/Liv Mariah Yarrow (Hgg.), Imperialism, Cultural Politics, and Polybius. Oxford 2012; Marjeta Šašel Kos, Appian and Illyricum. Ljubljana 2005; Fergus Millar, A Study of Cassius Dio. Oxford 1964; Benedikt Simons, Cassius Dio und die Römische Republik. Berlin, New York 2009; A. E. Astin/F. W. Walbank/M. W. Frederiksen (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 8: Rome and the Mediterranean to 133 BC. Cambridge 2 1989; J. A. Crook/A. Lintott/E. Rawson (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 9: The Last Age of the Roman Republic. 146–43 BC. Cambridge 2 1994; Erich S. Gruen, The Hellenistic World and the Coming of Rome. 2 Bde. Berkeley, Los Angeles 1984; Malcom Errington, A History of the Hellenistic World. Oxford 2008; Andrew Erskine (Hg.), A Companion to the Hellenistic World. Oxford u. a. 2003; Graham Shipley, The Greek World after Alexander 323 – 30 BC. London, New York 2000; Nicolas G. L. Hammond/Frank W. Walbank, A History of Macedonia. Bd. 3: 336 – 167 B. C. Oxford 1988; Nicolas G. L. Hammond, The Macedonian State. Oxford 1989; Joseph Roisman/Ian Worthington (Hgg.), A Companion to Ancient Macedonia. Oxford u. a. 2010; Carol J. King, Ancient Macedonia. London, New York 2018; Ian Worthington, Philip II of Macedonia. New Haven, London 2008; Klaus Bringmann, Geschichte der römischen Republik. München 2002; Herbert Heftner, Der Aufstieg Roms. Vom Pyrrhoskrieg bis zum Fall von Karthago (280 – 146 v. Chr.). Regensburg 2 2005; ders., Von den Gracchen bis Sulla. Regensburg 2006; Klaus Bringmann, Krise und Ende der römischen Republik (133 – 42 v. Chr.). Berlin 2003; Harriet I. Flower (Hg.), The Cambridge Companion to the Roman Republic. Cambridge ² 2014; Matthias Gelzer, Caesar. Wiesbaden 1960; Luciano Canfora, Caesar. Der demokratische Dictator. Eine Biographie. München 2004; Raimund Schulz, Herrschaft und Regierung. Roms Regiment in den Provinzen zur Zeit der Republik. Paderborn u. a. 1997; Christian Wendt, Sine fine. Die Entwicklung der römischen Außenpolitik von der späten Republik bis in den frühen Prinzipat. Berlin 2008; Werner Dahlheim, Gewalt und Herrschaft. Das provinziale Herrschaftssystem der römischen Republik. Berlin, New York 1977; Nathalie Barrandon/François Kirbihler (Hgg.), Administrer les provinces de la République romaine. Rennes 2010; Ernst Badian, Roman Imperialism in the Late Republic. Oxford 2 1968 (dazu Craige E. Champion [Hg.], Roman Imperialism, Readings and Sources. Oxford u. a. 2004); Dankward Vollmer, Symploke. Das Übergreifen der römischen Expansion auf den griechischen Osten. Stuttgart 1990; Jean-Louis Ferrary, Rome e le monde grec. Paris 2017; Ronald Syme, The Provincial at Rome and Rome and the Balkans 80 BC – AD 14. Exeter 1999; Ernst Badian, Foreign Clientelae. Oxford 1958 (dazu Martin Jehne/Francisco Pina Polo [Hgg.], Foreign Clientelae in the Roman Empire. A Reconsideration. Stuttgart 2015); Victor Cojocaru/ Altay Çoşkun/Mădălina Dana (Hgg.), Interconnectivity in the Mediterranean and Pontic World during the Hellenistic and Roman Periods. Cluj-Napoca 2014; Caroline Rödel-Braune, Im Osten nichts Neues? Stiftungen und Ehrungen römischer Magistrate im Osten des Römischen Reiches vom Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. bis zum Ende der Augusteischen Zeit. Heidelberg 2015.

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Zu Illyrien und Dalmatien vgl. John Chapman/Robert Shiel/Šime Batović, The Changing Face of Dalmatia. Archaeological and Ecological Studies in a Mediterranean Landscape. London 1996; Gianpaolo Urso (Hg.), Dall’Adriatico al Danubio. L’Illirico nel’età greca e romana. Pisa 2004; Maurizio Buora (Hg.), Gli Illiri e l’Italia. Treviso 2005; John J. Wilkes, Dalmatia. London 1969; Mirjana Sanader, Dalmatia. Eine römische Provinz. Mainz 2009; dies. (Hg.), Kroatien in der Antike. Mainz 2007; Sportula Dissertationum Marino Zaninović dicata = Opuscula Archaeologica 23/24 (1999 – 2000); Radmila Zotović, Population and Economy of the Eastern Part of the Roman Province of Dalmatia. Oxford 2002; David Davison/Vincent Gaffney/Emilio Marin (Hgg.), Dalmatia. Research in the Roman Province 1970 – 2001. Papers in Honour of J. J. Wilkes. Oxford 2006; Pierre Cabanes, Les Illyriens de Bardylis à Genthios, IVe  – IIe siècles av. J.-C. Paris 1988; John J. Wilkes, The Illyriens, Oxford u. a. 1995; Danièle Berranger-Auserve (Hg.), Épire, Illyrie, Macédoine. Mélanges offerts au Professeur Pierre Cabanes. Clermond-Ferrand 2007; L’Illyrie méridionale et l’Épire dans l’Antiquité. Bde. 1–5. Paris 1984 – 2011; Danijel Dzino, Illyricum in Roman Politics, 229 BC – AD 68. Cambridge 2010 (nicht fehlerfrei); Anto Pavić, Illyricum – Griechenland – Rom. Topographie, Kulturkontakte, Handelswege und die Entstehung urbaner Zentren an der Ostküste der Adria. Rahden 2018. Zu Thrakien und dem Schwarzmeerraum vgl. Manfred Oppermann, Thraker, Griechen und Römer an der Westküste des Schwarzen Meeres. Mainz 2007; Die Krim. Goldene Insel im Schwarzen Meer. Griechen – Skythen – Goten. Bonn 2013 (Begleitbuch zur Ausstellung; LVR-LandesMuseum Bonn); Dionisie M. Pippidi, Scythica Minora. Bucureşti, Amsterdam 1975; Jurij G. Vinogradov, Pontische Studien. Mainz 1997; Valeriya Kozlovskaya (Hg.), The Northern Black Sea in Antiquity. Cambridge 2017; Victor Cojocaru/Christoph Schuler (Hgg.), Die Außenbeziehungen pontischer und kleinasiatischer Städte in hellenistischer und römischer Zeit. Stuttgart 2014; Thomas Russell, Byzantium and the Bosporus. Oxford 2017; Jurij G. Vinogradov/Sergej D. Kryžickijn, Olbia. Eine altgriechische Stadt im nordwestlichen Schwarzmeerraum. Leiden u. a. 1995; David Braund/Sergei D. Kryzhitskiy, Classical Olbia and the Scythian World. Oxford 2007; Victor Cojocaru, Bibliographia classica orae septentrionalis Ponti Euxini. Bde. 1–2. ClujNapoca 2014 – 2018; Petre Alexandrescu/Wolfgang Schuller (Hgg.), Histria. Eine Griechenstadt an der rumänischen Schwarzmeerküste. Konstanz 1990; Manfred Oppermann, Die westpontischen Poleis und ihr indigenes Umfeld in vorrömischer Zeit. Langenweißbach 2004; Gocha R. Tsetskhladze/Alexandru Avram/James Hargrave (Hgg.), The Danubian Lands between the Black, Aegean and Adriatic Sea (7th Century BC – 10th Century AD). Oxford 2015; David Braund (Hg.), Scythians and Greeks. Cultural Interactions in Scythia, Athens and the Early Roman Empire. Exeter 2005; Richard Brzezinski/Mariusz Mielczarek, The Sarmatians 600 BC – AD 450. Oxford 2002; Iaroslav Lebedynsky, Les Sarmates. Paris 2002; Wilfried Seipel (Hg.), Gold der Steppe. Fürstenschätze jenseits des Alexanderreiches. Wien 2009; Christoph Baumer, The History of Central Asia. Bd. 1: The Age of the Steppe Warriors. London, New York 2012.

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Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Karl Strobel

1.3 .3 V  om Illyrienkrieg Caesars des Sohnes bis zum Tode Neros Grundlegende Literatur zur Epoche und inneren Ausgestaltung des Principats sowie der kaiserzeitlichen Reichsverwaltung und der Entwicklung der Provinzen: Alan K. Bowman/Edward Champlin/Andrew Lintott (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 10: The Augustan Empire. 43 BC – AD 69. Cambridge 2 1996; François Jacques/John Scheid, Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit 44 v. Chr. – 260 n. Chr. Bd. 1: Die Struktur des Reiches. Stuttgart, Leipzig 1998; Claude Lepelley (Hg.), Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit 44 v. Chr. – 260 n. Chr. Bd. 2: Die Regionen des Reiches. München, Leipzig 2001; Fergus Millar, The Emperor in the Roman World 31 BC – AD 337. London 2 1992; Agnes Bérenger, Le métier de gouverneur dans l’empire romain. Paris 2014; Rudolf Haensch/Johannes Heinrichs (Hgg.), Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit. Köln, Weimar, Wien 2007; Werner Eck, Die Verwaltung des römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit. Bde. 1–2. Basel, Berlin 1995 – 1998; ders., Ämter und Verwaltungsstrukturen in Selbstverwaltungseinheiten der frühen römischen Kaiserzeit, in: Thomas Schmeller u. a. (Hgg.), Neutestamentliche Ämtermodelle im Kontext. Freiburg 2010, 9–33; ders., Bürokratie und Politik in der römischen Kaiserzeit. Administrative Routine und politische Reflexe in Bürgerrechtskonstitutionen der römischen Kaiser. Wiesbaden 2012; Jean-Louis Ferrary/John Scheid (Hgg.), Il princeps romano. Autocrato o magistrato? Fattori giuridici e fattori sociali del potere imperiale da Augusto a Commodo. Pavia 2015; Loreta Pietanza, Indulgentia. Virtù e strumento amministrativo del princeps. Bari 2010; Valerio Marotta, Mandata Principum. Torino 1991; Elio Lo Cascio, Il Princeps e il suo impero. Bari 2000; Fergus Millar, Rome, the Greek World, and the East. Bd. 2: Government, Society & Culture in the Roman Empire. Chapel Hill, London 2004; Anne Kolb (Hg.), Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis. Prinzipien und Strategien der Administration im römischen Kaiserreich. Berlin 2006; dies. (Hg.), Infrastruktur und Herrschaftsorganisation im Imperium Romanum. Berlin 2014; Marco Maiuro, Res Caesaris. Ricerche sulla propietà imperiale nel Principato. Bari 2012; Anselmo Baroni (Hg.), Amministrare un imperio. Roma e le sue province. Trento 2007; Clifford Ando, Imperial Ideology and Provincial Loyalty in the Roman Empire. Berkeley 2000; Anne Kolb/Marco Vitale (Hgg.), Kaiserkult in den Provinzen des Römischen Reiches – Organisation, Kommunikation und Repräsentation. Berlin 2016; Elio Lo Cascio (Hg.), Diritto romano e economia. Due modi di pensare e organizzare il mondo (nei primi tre secoli dell’Impero). Pavia 2018; Luigi Capogrossi Colognesi, Law and Power in the Making of the Roman Commonwealth. Cambridge 2014; Rudolf Haensch (Hg.), Recht haben und Recht bekommen im Imperium Romanum. Das Gerichtswesen der Römischen Kaiserzeit und seine dokumentarische Evidenz. Warschau 2016. Zu Heerwesen und Grenzpolitik vgl. Lukas de Blois/Elio Lo Cascio (Hgg.), The Impact of the Roman Army (200 BC – AD 476). Leiden, Boston 2007; Karl Strobel, Zwischen Italien und den „Barbaren“. Das Werden neuer politischer und administrativer Grenzen in caesarisch-augusteischer

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Zeit, in: Oliver Hekster/Ted Kaizer (Hgg.), Frontiers in the Roman World. Leiden, Boston 2011, 199–231; Rudolf Asskamp/Tobias Esch (Hgg.), Imperium. Varus und seine Zeit. Münster 2010; Günther Moosbauer/Rainer Wiegels (Hgg.), Fines imperii – imperium sine fine? Römische Okkupations- und Grenzpolitik im frühen Principat. Rahden/Westf. 2011; J. Brain Campbell, The Emperor and the Roman Army 31 BC – AD 235. Oxford 1984; Michael Alexander Speidel, Heer und Herrschaft im römischen Reich der Hohen Kaiserzeit. Stuttgart 2009; Jonathan P. Roth, The Logistics of the Roman Army at War (264 BC – AD 235). Leiden u. a. 1999; Pierre Cosme, L’armée romaine. VIIIe s. av. J.-C. – Ve s. ap. J.-C. Paris 2007; Catherine Wolff/Patrice Faure, Les auxiliaires de l’armée romaine. Des alliés aux fédérés. Lyon 2016; Sara Elise Phang, Roman Military Service. Cambridge 2008; Werner Eck, Milites et pagani. La posizione dei soldati nella società romana, Rationes Rerum 3 (2014), 11–54; Thomas Fischer, Die Armee der Caesaren. Regensburg 2 2014; Ian Haynes, Blood of the Provinces. The Roman Auxilia and the Making of Provincial Society from Augustus to the Serverans. Oxford 2013; David J. Breeze/Rebecca H. Jones/Ioana A. Oltean (Hgg.), Understanding Roman Frontiers. Edinburg 2015; Cecilia Ricci, Security in Roman Times. Rome, Italy and the Emperor. London, New York 2017. Zur Iulisch-claudischen Dynastie vgl. Dietmar Kienast/Werner Eck/Matthäus Heil, Römische Kaisertabelle. Darmstadt 6 2017; Hildegard Temporini-Gräfin Vitzthum (Hg.), Die Kaiserinnen Roms. München 2002; Anne Kolb (Hg.), Augustae. Machtbewusste Frauen am römischen Kaiserhof. Berlin 2010; Helmut Halfmann, Marcus Antonius. Darmstadt 2011; Dietmar Kienast, Augustus. Princeps und Monarch. Darmstadt 5 2014; Jochen Bleicken, Augustus. Berlin 2000; Klaus Bringmann, Augustus. Darmstadt 2 2012; Lindsay Powell, Marcus Agrippa. Barnsley 2015; Yann Rivière (Hg.), Des réformes augustéennes. Rom 2012; Babara Levick, Tiberius the Politician. London, New York 1999; Robin Seager, Tiberius. Oxford u. a. ²2005; Anthony A. Barrett, Caligula. The Corruption of Power. London, New York 1989; Barbara Levick, Claudius. London, New York ²2015; Josiah Osgood, Claudius Caesar. Cambridge 2011; Jürgen Malitz, Nero. Oxford u. a. 2005; Jürgen Merten/Kristina Schulz (Hgg.), Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann. Trier, Darmstadt 2016; Shadi Bartsch u. a. (Hgg.), The Cambridge Companion to the Age of Nero. Cambridge 2017. Zu Südosteuropa allgemein Carl Patsch, Beiträge zur Völkerkunde von Südosteuropa. Bd. 5: Aus 500 Jahren vorrömischer und römischer Geschichte Südosteuropas. Teil 1: Bis zur Festsetzung der Römer in Transdanuvien. Wien, Leipzig 1932; Ronald Syme, The Provincials at Rome and Rome and the Balkans 80 BC – AD 14. Hg. von Anthony Birley. Exeter 1999; Danijel Dzino, Illyricum in Roman Politics 229 BC – AD 68. Cambridge 2010 (mehrfach problematisch); Péter Kovács, A History of Pannonia during the Principate. Bonn 2014 (nicht fehlerfrei); Karl Strobel, Dakien, der Donauraum und Rom. Ein spannungsreiches Wechselverhältnis, in: Orbis Antiquus. Studia in honorem Ioannis Pisonis. Cluj-Napoca 2004, 146–158; ders., Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten. Ein Konstrukt der Wissenschaftsgeschichte, in: Renate Lafer/ Karl Strobel (Hgg.), Antike Lebenswelten. Althistorische und papyrologische Studien. Berlin, New York 2015, 28–152; Livio Zerbini, Roma e le province del Danubio. Soveria Mannelli 2010.

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Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Karl Strobel / Bruno Bleckmann

1.3 .4 V  om Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus – vom 3. zum 4. Jahrhundert Allgemein: Dietmar Kienast/Werner Eck/Matthäus Heil, Römische Kaisertabelle. Darmstadt 6 2017; Manfred Clauss (Hg.), Die römischen Kaiser. München 3 2005; Hildegard TemporiniGräfin Vitzthum (Hg.), Die Kaiserinnen Roms. München 2002; Alan K. Bowman/Peter Garnsey/Dominic Rathbone (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 11: The High Empire. AD 70–192. Cambridge 2 2000; Alan K: Bowman/Averil Cameron/Peter Garnsey (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 12: The Crisis of Empire. AD 193 – 337. Cambridge 2 2005; Péter Kovács, A History of Pannonia during the Principate. Bonn 2014 (materialreich, aber mehrfach mit kritischer Vorsicht zu benützen); Karl Strobel, Kaiser Traian. Regensburg 2010 (grundlegend zu Domitian, Nerva und Traian); jetzt erweiterte 2. Auflage 2019. Zu den Kapiteln 2.4.1–3: Kenneth Wellesley, The Long Year AD 69. Bristol ²1989; Pierre Cosme, L’année des quatre empereurs. Paris 2012; Babara Levick, Vespasian. London, New York 1999; Philippe Tarel, Titus. Paris 2016; John D. Grainger, Nerva. London, New York 2003; Strobel, Kaiser Traian; Julian Bennet, Trajan Optimus Princeps. London, New York 2 2001 (wenig brauchbar, von einer Fülle von Fehlern gekennzeichnet); Karl Strobel, Die Donaukriege Domitians. Bonn 1989; ders., Untersuchungen zu den Dakerkriegen Traians. Bonn 1984; Strobel, Kaiser Traian2 ; Alexandre Simon Stefan, Les guerres daciques de Domitien et de Trajan. Rom 2005 (in Literatur ertrinkend, jedoch in der historischen Darstellung und der Interpretation archäologischer Befunde mehrfach unzuverlässig). Zur Person des M. Cornelius Nigrinus Curiatius Maternus jetzt Werner Eck, Prosopographische Nichtidentitäten. M. Cornelius Nigrinus Curiatius Maternus, Curiatius Maternus und Maternus – drei verschiedene Personen aus der Zeit der Flavier, Politica Antica 6 (2016), 99–110; zur Traianssäule Alexandre S. Stefan, La colonne Trajane. Édition illustrée avec les photographies éxécutées en 1862 pour Napoléon III. Paris 2015; Fritz Mitthof/Günther Schörner (Hgg.), Columna Traiani – Traianssäule. Siegesmonument und Kriegsbericht in Bildern. Wien 2017; Karl Strobel, Zum Gesamtkonzept des Traiansforums und zur aktuellen Diskussion um den Tempel des Divus Traianus, in: ebd., 59–68. Zu den Kapiteln 2.4.4–10: Anthony R. Birley, Hadrian. The Restless Emperor. London, New York 2 2000; Thorsten Opper, Hadrian. Machtmensch und Mäzen. Darmstadt 2009; Strobel, Kaiser Traian2 ; Jörg Fündling, Kommentar zur Vita Hadrians der Historia Augusta. 2 Bde. Bonn 2006; Bernard Rémy, Antonin le Pieux. Paris 2005; Barbara Levick, Faustina I and II. Oxford 2014; Anthony R. Birley, Marcus Aurelius. London 2 2000; Guido Migliorati, Iscrizioni per la ricostruzione storica dell’Impero Romano da Marco Aurelio a Commodo. Mailand 2011; Wolfgang Szaivert, Die Münzprägung der Kaiser Marcus Aurelius und Commodus (161/192). Wien 1989; Marcel van Ackeren (Hg.), A Companion to Marcus Aurelius. Chichester u. a. 2012; Susanne Börner, Marc Aurel im Spiegel seiner Münzen und Medaillons. Bonn 2012; Volker Grieb (Hg.), Marc Aurel – Wege zu seiner Herrschaft. Gutenberg 2017; Karl Strobel, Die Markomannenkriege und die neuen Provinzen Marc Aurels. Ein Modellfall für die Verflechtung von Innen- und

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Außenpolitik des römischen Reiches, in: Carinthia Romana und die römische Welt. Festschrift für Gernot Piccottini zum 60. Geburtstag. Klagenfurt 2001, 103–124; Péter Kovács, Marcus Aurelius’ Rain Miracle and the Marcomannic Wars. Leiden, Boston 2009 (nicht immer überzeugend); Stefan Groh/Helga Sedlmayer, Expeditiones Barbaricae. Krems 2015; Stefan Groh, Im Spannungsfeld von Macht und Strategie. Die Legio II Italica und ihre Castra von Ločica (Slowenien), Lauriacum/Enns und Albing (Österreich). Linz 2018; Fulvio Grosso, La lotta politica al tempo di Commodo. Turin 1964; Falko von Saldern, Studien zur Politik des Commodus. Rahden/Westf. 2003; Oliver Hekster, Commodus. An Emperor on the Crossroad. Amsterdam 2002. Eine zusammenfassende Darstellung der Grenz- und Außenpolitik von Antoninus Pius bis in die frühe Regierung des Commodus sucht Ragner Hund, Studien zur Außenpolitik der Kaiser Antoninus Pius und Marc Aurel im Schatten der Markomannenkriege. Rahden/Westf. 2017 unter breiter Heranziehung der Literatur, aber auch mit Fehlern behaftet, zu geben (berechtigte Korrekturen am Bild der Regierung des Antoninus Pius); mehrfach unrichtig die Ausführungen zu Truppen und archäologischen Befunden. In vielem heute überholt bzw. in Schlussfolgerungen oft zu unkritisch die Beiträge in Herwig Friesinger/Jaroslav Tejral/Alois Stuppner (Hgg.), Markomannenkriege – Ursachen und Wirkungen. Brno 1994. In wesentlichen Punkten problematisch Ulrike Riemer, Die römische Germanienpolitik. Von Caesar bis Commodus. Darmstadt 2006. Zum Osten des Reiches Fergus Millar, The Roman Near East 31 BC – AD 337. Cambridge/ MA, London 1993; Maurice Sartre, The Middle East under Roman rule. Cambridge/MA, London 2005; Michal Marciak, Sophene, Gordyene, and Adiabene. Three Regna Minora of Northern Mesopotamia Between East and West. Leiden, Boston 2017; Michael Sommer, Roms orientalische Steppengrenze. Palmyra – Edessa – Dura-Europos – Hatra. Eine Kulturgeschichte von Pompeius bis Diocletian. Stuttgart 2005; Ursula Hackl/Bruno Jacobs/Dieter Weber (Hgg.), Quellen zur Geschichte des Partherreiches. Textsammlung mit Übersetzungen und Kommentaren. Bde. 1–3. Göttingen 2010; Warwick Ball, Rome in the East. The Transformation of an Empire. London, New York ²2016. Zum Raum um das römische Dakien Ovidiu Ţentea/Ioan C. Opriş (Hgg.), Near and Beyond. The Roman Frontiers. Bucharest 2009; Coriolan H. Opreanu/Vlad-Andrei Lăzărescu, A Roman Frontier Marketplace at Porolissum in the Light of Numismatic Evidence. Cluj-Napoca, Zalău 2015; Alexandru Popa, Untersuchungen zu den römisch-barbarischen Kontakten östlich der römischen Provinz Dacia. Bonn 2015; Andrzej Kokowski/Christian Leiber (Hgg.), Die Vandalen. Die Könige, die Eliten, die Krieger, die Handwerker. Nordstemmen 2003; Robert Gindele, Die Entwicklung der kaiserzeitlichen Siedlungen im nordwestlichen Gebiet Rumäniens. Satu Mare 2010; Coriolan H. Opreanu, Dacia romană şi barbaricum [Das römische Dakien und das Barbaricum]. Timişoara 1998; Ion Ioniţă, Din istoria şi civilizaţia dacilor liberi. Dacii din spaţiul estcarpatic în secolele II – IV e. n. [Von der Geschichte und Zivilisation der Freien Daker. Die Daker im Ostkapartenraum im 2. – 4. Jh. u. Z.] Iaşi 1982. Es ist zu betonen, dass die traditionelle Tendenz der rumänischen Forschung, alle Anrainer des römischen Dakiens einschließlich Kostoboken und Karpen, sofern nicht eindeutig als Teil der Przeworsk- oder Sântana de Mureş-Černjachov-Kultur zu klassifizieren, für ein „dakisches Ethnos“ zu vereinnahmen und unter dem Begriff „Freie Daker“ zu subsumieren, einer Grundlage gänzlich entbehrt.

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Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Zu den Kapiteln 2.4.11–13: Anthony R. Birley, Septimius Severus. The African Emperor. London, New York 2 2002; Anne Daguet-Gagey, Septime Sévère. Paris 2000; Caracalla. Kaiser Tyrann Feldherr. Darmstadt 2013 (Begleitband der gleichnamigen Sonderausstellung, Limesmuseum Aalen); Achim Lichtenberger, Severus Pius Augustus. Studien zur sakralen Repräsentation und Rezeption der Herrschaft des Septimius Severus und seiner Familie (193 – 211 n. Chr.). Leiden/ Boston 2011 (ebd., 146–176, zur sakralen Repräsentation von Macrinus bis Galerius); Babara Pferdehirt/Markus Scholz (Hgg.), Bürgerrecht und Krise. Die Constitutio Antoniniana 212 n. Chr. und ihre innenpolitischen Folgen. Mainz 2012; Sonja Nadolny, Die severischen Kaiserfrauen. Stuttgart 2016; Leonardo de Arrizabalaga y Prado, The Emperor Elagabalus. Cambridge 2 2014; Samuel Christian Zinsli, Kommentar zur Vita Heliogabali der Historia Augusta. Bonn 2014; Karen Haegemans, Imperial Authority and Dissent. The Roman Empire in AD 235 – 238. Leuven 2010 (überholt zu den Feldzügen des Maximinus); Karl-Heinz Dietz, Senatus contra Principem: Untersuchungen zur senatorischen Opposition gegen Kaiser Maximinus Thrax. München 1980; Hartwig Brandt, Kommentar zur Vita Maximini et Balbini der Historia Augusta. Bonn 1996; Michael Alram, Die Münzprägung des Kaisers Maximinus Thrax. Wien 1989; Hartwin Brandt, Kommentar zur Vita Maximi et Balbini der Historia Augusta. Bonn 1996; Katrin Herrmann, Gordian III. Kaiser in einer Umbruchszeit. Speyer 2013; Christian Körner, Philippus Arabs. Berlin, New York 2002 (nicht unproblematisch; vgl. die Besprechung von Karl Strobel, Gnomon 79 [2007], H. 7, 630–641); Klaus-Peter Johne/Udo Hartmann (Hgg.), Die Zeit der Soldatenkaiser. Krise und Transformation des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. (235 – 284). 2 Bde. Berlin 2008. Alex Imrie, The Antonine Constitution. Leiden, Boston 2018, bietet eine neue Rekonstruktion des Textes des P. Giessen und eine englische Übersetzung, bei deren Lektüre allerdings die Probleme der Textrekonstruktion nicht erkennbar sind. Letztere geht von den vom Autor unabhängig von diesem Zeugnis entwickelten Thesen zu dem Rechtsakt Caracallas und zu seiner Bewertung ab. Die Beseitigung der dediticii aus dem Text kann nicht überzeugen und bildet damit ein grundsätzliches Problem. In der Gesamtsicht der Regierung Caracallas wird man Imrie nicht immer folgen können. Grundlegend in der Kritik an den historischen Schemata bei der Datierung und Deutung archäologischer Befunde Benedikt Grammer, Stadtentwicklung in Pannonien während der Soldatenkaiserzeit. Forschungsgeschichte und Methodik, Carnuntum Jahrbuch (2014), 9–54; ders., Stadtentwicklung in Pannonien während der Soldatenkaiserzeit. Das Beispiel der Befunde von Carnuntum und Aquincum, Carnuntum Jahrbuch (2015), 11–70. Allgemein zum 3. Jh. Michel Christol, L’empire du IIIe siècle. Paris 2 2006; David S. Potter, The Roman Empire at Bay AD 180 – 395. London, New York 2004; Marie-Henriette Quet (Hg.), La „crise“ de l’Empire romain de Marc Aurel à Constantin. Paris 2006; I. Mennen, Power and Status in the Roman Empire, AD 193 – 284. Leiden, Boston 2011; Peter Eich, Zur Metamorphose des politischen Systems in der römischen Kaiserzeit. Die Entstehung einer „personalen Bürokratie“ im langen dritten Jahrhundert, Klio (Beihefte) N.F. 9. Berlin 2005; Klaus-Peter Johne u. a. (Hgg.), Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit. Stuttgart 2006; auch Jean-Michel Carrié/Aline Rousselle, L’Empire romain en mutation. Des Sévères à Constantin (192 – 337). Paris 1999.  

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Mehrfach widersprüchlich die Beiträge in den Sammelwerken Oliver Hekster u. a. (Hgg.), Crisis and the Roman Empire. Leiden/Boston 2007; Johne/Hartmann (Hgg.), Die Soldatenkaiser; Thomas Fischer (Hg.), Die Krise des 3. Jahrhunderts; dem traditionellen Krisenmodell und seinen früheren Arbeiten weiterhin verhaftet Lukas de Blois, Image and Reality of Roman Imperial Power in the Third Century. The Impact of War. London, New York 2019; Karl Strobel, Das sogenannte 3. Jahrhundert n. Chr. im Spiegel historischer, regionaler und lokaler Diversität. Grundlagen einer historisch-archäologischen Quellenkritik, in: Martin Auer/Christoph Hinker (Hgg.), Römische Siedlungen und die „Reichskrise“ im 3. Jahrhundert n. Chr. (im Druck). Für die Phase der sogenannten Krise des 3. Jh.s Fritz Mitthof/Gunter Martin/Jana Grusková (Hgg.), Empire in Crisis. Gothic Invasions and Roman Historiography. Wien 2019; Toni Glas, Valerian. Kaisertum und Reformansätze in der Krisenphase des römischen Reiches. Paderborn 2014; Michael Geiger, Gallienus. Frankfurt 2 2015; John F. Drinkwater, The Gallic Empire. Stuttgart 1987; Thomas Fischer (Hg.), Die Krise des 3. Jahrhunderts n. Chr. und das Gallische Sonderreich. Wiesbaden 2012; Robert Göbl, Die Münzprägung des Kaiser Aurelianus (270/275). 2 Bde. Wien 1993; Udo Hartmann, Das Palmyrenische Teilreich. Stuttgart 2001; Sylviane Estiot, Monnaies de l’Empire romain XII.1 – 2 D’Aurélien à Florien (270 – 276 après J.-C.). Paris 2004; Gerald Kreucher, Marcus Aurelius Probus und seine Zeit. Stuttgart 2003 (dazu Karl Strobel, Gnomon 79 [2007], 630–641); Sylviane Estiot, Une campagne germanique de l’empereur Probus. L’atelier de Ticinum en 277–278, in: Ségolène Demougin u. a. (Hgg.), H.-G. Pflaum. Un historien du XXe siècle. Genf 2006, 207–247; Klaus Altmayer, Die Herrschaft des Carus, Carinus und Numerianus als Vorläufer der Tetrarchie. Stuttgart 2014 (dazu Sylviane Estiot, Revue des études anciennes 117 [2015], 171–182); Edmond Frézouls/Hélène Joffroy (Hgg.), Les empereurs illyriens. Strasbourg 1998; Giuseppe Guzzetta, Il „tesoro dei sei imperatori“ dalla baia di Camarina. Catania 2014; Sylviane Estiot, Le trésor d’or romain de Lava, Corse (terminus 272/273 de notre ère), Trésors monétaires 24 [2009/2010], 91–152. Wenig brauchbar Eugen Cizek, L’empereur Aurélien et son temps. Paris 1994; teilweise überholt Alaric Watson, Aurelian and the Third Century. London, New York 1999. Für das Zeitalter der Tetrarchie und des Hauses Konstantins d. Gr.: Hertwig Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Diokletian und Konstantin bis zum Ende der konstantinischen Dynastie (284 – 363). Berlin 1998; Frank Kolb, Diocletian und die Erste Tetrarchie. Berlin/New York 1987; ders., Herrscherideologie in der Spätantike. Berlin 2001; Alexander Demandt u. a. (Hgg.), Diokletian und die Tetrarchie. Berlin/New York 2004; Bernard Rémy, Dioclétien. L’Empire restauré. Paris 2016; Dieter Boschung/Werner Eck (Hgg.), Die Tetrarchie. Ein neues Regierungssystem und seine mediale Präsentation. Wiesbaden 2006; Simon Corcoran, The Empire of the Tetrarchs. Imperial Pronouncements and Government AD 284 – 324. Oxford 2 2000; Roger Rees, Diocletian and the Tetrarchy. Edinburgh 2004; Timothy D. Barnes, The Neqw Empire of Diocletian and Constantine. Cambridge/MA, London 1982; P. John Casey, Carausius and Allectus. The British Usurpers. London 1994; Guillaume Malingue, The Coinage of Domitius Alexander (308 – 310 AD). Bordeaux 2018; Bill Leadbetter, Galerius and the Will of Diocletian. London, New York 2009; Hartmut Leppin/Hauke Ziemssen, Maxentius. Mainz 2007; Ramiro Concu, L’empereur Maxence. Bari 2012; Vincent Drost, Le monnayage de Magnence. Zürich 2013;

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Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Timothy Barnes, Constantine. Dynasty, Religion and Power in the Later Roman Empire. Chicester 2011; David Potter, Constantine the Emperor. Oxford 2013; Alexander Demandt/Josef Engemann (Hgg.), Konstantin der Große. Trier 2006; diess., Imperator Caesar Flavius Constantinus. Konstantin der Große. Trier, Mainz 2007; Kai Ehling/Gregor Weber (Hgg.), Konstantin der Große. Zwischen Sol und Christus. Mainz 2011; Noel Lenski (Hg.), The Cambridge Companion to the Age of Constantine. Cambridge 2006; Johannes Wienand, Der Kaiser als Sieger. Metamorphosen triumphaler Herrschaft unter Constantin I. Berlin 2012; Raymond van Dam, The Roman Revolution of Constantine. Cambridge 2007; Klaus Martin Girardet, Der Kaiser und sein Gott. Das Christentum im Denken und in der Religionspolitik Konstantins des Großen. Berlin, New York 2010; Heinrich Schlange-Schöningen (Hg.), Konstantin und das Christentum. Darmstadt 2007; Ekkehard Mühlenberg, Die Konstantinische Wende. Gütersloh 1998; Salvatore Garraffo/Mario Mazza (Hgg.), Il tesoro di Misurata (Libia). Produzione e circolazione monetaria nell’età di Costantino Il Grande. Catania 2015; Pierre Maraval, Les Fils de Constantin. Paris 2013; Pedro Barceló, Constantius II. und seine Zeit. Stuttgart 2014; Richard Klein, Constantius II. und die christliche Kirche. Darmstadt 1977; Klaus Bringmann, Kaiser Julian. Darmstadt 2004; Klaus Rosen, Julian. Kaiser, Gott und Christenhasser. Stuttgart 2006; Hartmut Leppin, Von Constantin dem Großen zu Theodosius  II. Das christliche Kaisertum bei den Kirchenhistorikern Socrates, Sozomenos und Theodoret. Göttingen 1996; Beate Dignas/Engelbert Winter, Rome and Persia in Late Antiquity. Neighbours and Rivals. Cambridge 2007; Roland Steinacher, Rom und die Barbaren. Völker im Alpen und Donauraum (300 – 600). Stuttgart 2017.

HGSOE, Bd. 1

121

Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Simone Blochmann / Mischa Meier

1.3 .5 D  as spätantike Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas In den letzten Jahren sind für die Erforschung der ausgehenden Spätantike erhebliche Fortschritte erzielt worden. Ältere einführende Gesamtdarstellungen und Handbücher78 konnten damit konzeptuell und auch inhaltlich überwunden werden. Jüngere Darstellungen79 sind insbesondere um eine stärkere Einbindung kulturgeschichtlicher Aspekte bemüht. Dennoch bleiben Standardwerke wie das Handbuch von Arnold H. M. Jones zu den spätrömischen Verwaltungsstrukturen80 oder die einschlägigen Bände der Cambridge Ancient History81 weiterhin grundlegend.82 Das Paradigma der Transformation, das die Forschung seit den 1970er Jahren maßgeblich angeleitet hat, ist in den letzten Jahren in die Diskussion geraten, nicht zuletzt infolge der dezidierten Verknüpfung des Völkerwanderungsgeschehens – zumal auf dem Balkan – mit dem Diskussionskomplex um die Ursachen für den Untergang des Römischen Reiches durch Peter Heather.83 Dies hat zu Modifikationen und Schärfungen des Transformationsparadigmas geführt,84 neuere Gesamtdarstellungen hervorgebracht,85 aber auch problematische Versuche generiert, wie etwa die Ausdehnung der „Long Late Antiquity“ auf das gesamte „First Millenium“.86 Doch bleibt die sogenannte Völkerwanderung für den ostmitteleuropäischen Raum in der ausgehenden Spätantike der maßgebliche

78

Zum Beispiel Alexander Demandt, Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284 – 565 n. Chr. München ² 2007; Jochen Martin, Spätantike und Völkerwanderung. München 4 2010.

79

Vgl. etwa Stephen Mitchell, A History of the Later Roman Empire, AD 284 – 641. Malden/MA u. a. 2007; Philip Rousseau (Hg.), A Companion to Late Antiquity. Malden/MA u. a. 2009; John Fitzgerald Johnson (Hg.), The Oxford Handbook of Late Antiquity. Oxford 2012.

80

Arnold Hugh Martin Jones, The Later Roman Empire 284 – 602. A Social, Economic, and Administrative Survey. Bde. 1–2. Oxford 1964 (Nachdr. Baltimore 1986).

81 Averil

Cameron/Peter Garnsey (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 13: The Late Empire, A. D. 337 – 425. Cambridge 1998; Averil Cameron/Bryan Ward-Perkins/Michael Whitby (Hgg.), The Cambridge Ancient History. Bd. 14: Late Antiquity. Empire and Successors, A. D. 425 – 600. Cambridge 2000.

82

Ausgesprochen nützlich – gerade im Hinblick auf den osteuropäischen Raum – ist auch Cécile Morrisson (Hg.), Le Monde byzantine. Bd. 1: L’Empire romain d’Orient (330 – 641). Paris 2004.

83 Peter

Heather, Der Untergang des römischen Weltreichs. Stuttgart 2007; noch stärker zugespitzt argumentiert Bryan Ward-Perkins, The Fall of Rome and the End of Civilization. Oxford 2005.

84

Vgl. Walter Pohl, Rome and the Barbarians in the Fifth Century, Antiquité tardive 16 (2008), 93–101. Dezidiert mit Blick auf den ostmitteleuropäischen bzw. osteuropäischen Raum: John Haldon, The Empire that Would Not Die. The Paradox of Eastern Roman Survival, 640–740. Cambridge/MA, London 2016.

85

Zum Beispiel Peter Sarris, Empires of Faith. The Fall of Rome to the Rise of Islam, 500 – 700. Oxford 2011.

86 Garth

Fowden, Before and after Muh.ammad. The First Millennium Refocused. Woodstock 2014; dazu s. die Kritik von Steffen Patzold, Garth Fowdens „First Millennium“ aus mediävistischer Perspektive, Millennium 13 (2016), 47–52, und Mischa Meier, Die Spätantike, zeitlich und räumlich neu gefasst. Eine Zwischenbilanz aktueller Suchbewegungen, Historische Zeitschrift 304 (2017), 686–706.

122

https://doi.org/101515/9783110643428-09 | HGSOE, Bd. 1

Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Geschehniszusammenhang.87 Ihre Einbindung in den Rahmen einer eurasischen Verflechtungsgeschichte stellt eine Herausforderung für die Zukunft dar.88 Für die Geschichte Konstantinopels ist neben der älteren Monographie von Gilbert Dagron (in der es um die Entwicklung der Stadt zur Hauptstadt des Reiches geht) das Buch von Rene Pfeilschifter mit wichtigen Analysen zur Etablierung und Geschichte des sog. hauptstädtischen Kaisertums nunmehr das Standardwerk.89 Vernetzungen mit dem Balkanraum, insbesondere im Kontext des sog. Ostillyricumstreites, werden dort aber nicht angesprochen.90 Gut aufgearbeitet ist inzwischen der Ereigniskomplex um das erste Auftauchen der Hunnen im antiken Wahrnehmungshorizont (um 375), den gotischen Donauübergang sowie die Schlacht bei Adrianopel.91 Während Peter Heather dabei die zentrale Bedeutung der hunnischen Westbewegungen für das Völkerwanderungsgeschehen herausarbeiten konnte,92 hat die jüngere Forschung ihr

87

Dazu jetzt Mischa Meier, Geschichte der Völkerwanderung. Europa, Asien und Afrika vom 3. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. München 2019.

88 Ein

erster vielversprechender Entwurf: Johannes Preiser-Kapeller, Jenseits von Rom und Karl dem Großen. Aspekte der globalen Verflechtung in der langen Spätantike, 300 – 800 n. Chr. Wien 2018.

89 Gilbert

Dagron, Naissance d’une Capitale. Constantinople et ses institutions de 330 a 451. Paris 1974; Rene Pfeilschifter, Der Kaiser und Konstantinopel. Kommunikation und Konfliktaustrag in einer spätantiken Metropole. Berlin, Boston 2013.

90

Zur Ostillyricum-Problematik s. Ferdinand R. Gahbauer, Die Teilung des Imperium Romanum als Ursache für die ost-westliche Kirchenspaltung, Ostkirchliche Studien 34 (1985), H. 2–3, 105–127; Friedrich Lotter, Völkerverschiebungen im Ostalpen-Mitteldonau-Raum zwischen Antike und Mittelalter (375 – 600). Berlin, New York 2003; Malcolm Errington, Roman Imperial Policy from Julian to Theodosius. Chapel Hill 2006, 80–87; JanMarkus Kötter, Autonomie der illyrischen Kirche? Die Sixtus-Briefe der Collectio Thessalonicensis und der Streit um das kirchliche Illyricum, Millennium 9 (2012), 163–186.

91

Zu den Hunnen existiert mittlerweile reichhaltige Forschungsliteratur. Grundlegend ist weiterhin Otto J. Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen. Wien, Köln, Graz 1978 (Nachdr. Wiesbaden 1997). Eine nützliche knappe Einführung hat Timo Stickler, Die Hunnen. München 2007, vorgelegt. Weit ausgreifend, v. a. mit Blick auf die Hunnen im 5. Jh., ist Michael Maas (Hg.), The Cambridge Companion to the Age of Attila. Cambridge 2015 (dort auch Diskussionen zur kontroversen Frage der „Herkunft“ der Hunnen). Die Arbeit von Hyun J. Kim, The Huns, Rome and the Birth of Europe. Cambridge 2013, ist aufgrund zahlreicher fragwürdiger Thesen nur mit großer Vorsicht zu benutzen; wenig Neues bietet Tibor Schäfer, Die Hunnen und ihre Nachbarn. Geschichte einer hunnischen Gruppe von der Mongolei bis zur Bretagne. Herne 2014. Demgegenüber greifen die jüngeren Attila-Biographien in der Regel auch auf die hunnische Geschichte vor dem 5. Jh. aus, vgl. Edward A. Thompson, A History of Attila and the Huns. Oxford 1948 (trotz des Alters noch immer wichtig); Gerhard Wirth, Attila. Das Hunnenreich und Europa. Stuttgart 1999; Christopher Kelly, Attila the Hun. Barbarian Terror and the Fall of the Roman Empire. London 2008, sowie – konzeptionell teilweise veraltet – Klaus Rosen, Attila. Der Schrecken der Welt. München 2016. Zur besonderen Struktur des Hunnenverbandes s. zuletzt Mischa Meier, Der späte Attila und das Ende des „Hunnenreiches“. Spuren eines verhängnisvollen Strategiewechsels (im Druck). – Zur Geschichte der Goten ist weiterhin grundlegend Herwig Wolfram, Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. Entwurf einer historischen Ethnographie. München 3 1990; daneben – und teilweise auch als Korrektiv – s. aber auch Peter Heather, Goths and Romans, 332 – 489. Oxford 1991; ders., The Goths. Oxford 1996 (weit mehr als eine Einführung). Einen gänzlich anderen Ansatz als Wolfram und Heather wählt – mit weitaus größerer Skepsis gegenüber den literarischen Quellen – Michael Kulikowski, Die Goten vor Rom. Darmstadt 2009. Hans-Ulrich Wiemer bietet in seiner neuen Theoderich-Biographie faktisch auch eine Geschichte der Goten: Hans-Ulrich Wiemer, Theoderich der Große. König der Goten – Herrscher der Römer. München 2018.

92 Peter

Heather, The Huns and the End of the Roman Empire, English Historical Review 110 (1995), 4–41.

HGSOE, Bd. 1

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Augenmerk u. a. auf Ethnogeneseprozesse bei den Goten geworfen.93 Die Schlacht bei Adrianopel ist zuletzt auch unter militärgeschichtlichen Aspekten analysiert werden.94 Ihre Folgen werden weiterhin kontrovers diskutiert, insbesondere mit Blick auf das sog. Gotenfoedus von 382.95 Für die weitere Entwicklung der Ereignisse, insbesondere auch hinsichtlich der Auseinandersetzungen auf dem Balkan, stellt die Theodosius-Biographie von Hartmut Leppin einen willkommenen Ausgangspunkt dar.96 Für die Jahre ab 395 kann auf die Gotenbücher von Peter Heather und Michael Kulikowski sowie auf Wolfram Herwigs Gesamtdarstellung der gotischen Geschichte zurückgegriffen werden.97 Jüngere Literatur verarbeitet Mischa Meier in seiner Geschichte der Völkerwanderung.98 Unter Archäologen werden die Auswirkungen der gotischen und hunnischen Streifzüge in Gebiete des römischen Balkans kontrovers diskutiert; eine erste Orientierung geben Peter Heather in seiner Gesamtdarstellung des Untergangs des Römischen Reiches (eher selektiv) sowie die entsprechenden Kapitel in den einschlägigen Standardwerken, unter denen insbesondere der Sammelband von Andrew Poulter hervorzuheben ist.99 Zuletzt wurde die inzwischen stark diversifizierte Forschung hervorragend aufgearbeitet von Alexander Sarantis (mit dem Schwerpunkt auf dem 6. Jh.) – fortan Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit der Thematik.100 Für den westlichen Balkan bieten die Arbeiten von Rajko Bratož eine fundierte Grundlage für weitere Forschungen.101 93 Stellvertretend

für vieles: Walter Pohl, Die Völkerwanderung. Eroberung und Integration. Stuttgart 2 2005; Kulikowski, Goten vor Rom, mit divergierenden Ansätzen.

94 Dariusz

Brodka, Einige Bemerkungen zum Verlauf der Schlacht bei Adrianopel (9. August 378), Millennium 6 (2009), 265–279.

95

Zur Diskussion des Gotenfoedus s. Wolfram, Die Goten, 138–141; Heather, Goths and Romans, sowie Hartmut Leppin, Theodosius der Große. Darmstadt 2003; dort auch zu den Balkankriegen des Theodosius I. Vgl. ferner Guy Halsall, Barbarian Migrations and the Roman West, 376–568. Cambridge 2007, 182–185.

96

Leppin, Theodosius der Große.

97

Heather, Goths and Romans; Kulikowski, Die Goten vor Rom; Wolfram, Die Goten.

98

Meier, Völkerwanderung.

99 Vgl. Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs; Chris Wickham, Framing the Early Middle Ages. Euro-

pe and the Mediterranean 400 – 800. Oxford 2005; Morrisson, Le monde byzantin; Johnson, Handbook, sowie die einschlägigen Kapitel in der Cambridge Ancient History. – Andrew Poulter, The Transition to Late Antiquity. On the Danube and Beyond. Oxford 2007. Siehe auch John J. Wilkes, The Roman Danube. An Archaeological Survey, Journal of Roman Studies 95 (2005), 124–225.

100 Alexander

Sarantis, Justinian’s Balkan Wars. Campaigning, Diplomacy and Development in Illyricum, Thrace and the Northern World A. D. 527 – 65. Leeds 2016.

101 Vgl. Rajko Bratož, Med Italijo in Ilirikom. Slovenski prostor in njegovo sosedstvo v pozni antiki [Zwischen Italien

und dem Illyricum. Der slowenische Raum und seine Umgebung in der Spätantike]. Ljubljana 2014; ders. (Hg.), Westillyricum und Nordostitalien in der spätrömischen Zeit. Ljubljana 1996; ders., Die kirchliche Organisation in Westillyricum (vom späten 4. Jh. bis um 600) – Ausgewählte Fragen, in: O. Heinrich-Tamáska (Hg.), Keszthely-Fenékpuszta im Kontext spätantiker Kontinuitätsforschung zwischen Noricum und Moesia. Budapest u. a. 2011, 211–248; ders., Die Auswanderung der Bevölkerung aus den Pannonischen Provinzen während des 5. und 6. Jahrhunderts, in: Michaela Konrad/Christian Witschel (Hgg.), Römische Legionslager in den Rhein- und Donauprovinzen – Nuclei spätantik-frühmittelalterlichen Lebens? München 2011, 589–614; ders., Der Metropolitansprengel von Aquileia vom 5. bis zum frühen 7. Jahrhundert, in: Volker Bierbrauer/Hans Nothdurfter

124

HGSOE, Bd. 1

Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Einen Sonderfall stellt Pannonien dar, dessen Geschichte für das Völkerwanderungsgeschehen von zentraler Bedeutung ist, die aufgrund mangelnder Quellen und eines umstrittenen archäologischen Befundes aber kaum zugänglich ist.102 Zur oströmischen Geschichte des 5. bis 7. Jahrhunderts – und damit auch zur Geschichte Ostund Ostmitteleuropas existiert bislang keine übergreifende Darstellung.103 Die Ereignisse, auch in ihren strukturellen Zusammenhängen, erschließen sich am besten über die bislang vorliegenden Monographien zu einzelnen Kaisern sowie die dort zitierte Literatur.104 Die Bedeutung des Völkerwanderungsgeschehens im Osten hebt jetzt Mischa Meier hervor;105 sie wird auch in Walter Pohls Awaren-Buch herausgearbeitet.106 Einschlägig ist darüber hinaus die Darstellung von Roland Steinacher zu den Gepiden auf dem Balkan. Dort finden sich auch Diskussionen zu den Konsequenzen des Zusammenbruchs der hunnischen Machtbildung um 453/54 für den Donauraum;107 die damit zusammenhängenden Neuformationen der Goten diskutiert jetzt Hans-Ulrich Wiemer.108 Zum ost- und ostmitteleuropäischen Raum im späteren 6. sowie im 7. Jahrhundert, insbesondere zur Entstehung der Slawen, hat in den letzten Jahren Florin Curta grundlegende Arbeiten vorgelegt und die Forschung maßgeblich beeinflusst; sie sind in Verbindung mit Walter Pohls Awaren-Buch zu benutzen, das inzwischen in neuer Bearbeitung vorliegt.109

(Hgg.), Die Ausgrabungen im spätantik-frühmittelalterlichen Bischofssitz Sabiona-Säben in Südtirol I: Frühchristliche Kirche und Gräberfeld. München 2015, 665–700. 102 András

Mócsy, Pannonia and Upper Moesia. London 1974. Überblick bei Craig H. Caldwell III, The Balkans, in: John Fitzgerald Johnson (Hg.), The Oxford Handbook of Late Antiquity. Oxford 2012, 92–114, hier 95–102.

103 Eher

konzeptuell angelegt ist der Versuch von Mischa Meier, Ostrom-Byzanz, Spätantike-Mittelalter. Überlegungen zum „Ende“ der Antike im Osten des Römischen Reiches, Millennium 9 (2012), 187–253.

104 Leppin,

Theodosius der Große; Fergus Millar, A Greek Roman Empire. Power and Belief under Theodosius II (408 – 450). Berkeley, Los Angeles, London 2006; Christopher Kelly (Hg.), Theodosius II: Rethinking the Roman Empire in Late Antiquity. Cambridge 2013; Gereon Siebigs, Kaiser Leo I. Das oströmische Reich in den ersten drei Jahren seiner Regierung (457 – 460 n. Chr.). 2 Bde. Berlin, New York 2010; Rafal Kosiński, The Emperor Zeno. Religion and Politics. Krakau 2010; Fiona K. Haarer, Anastasius I. Politics and Empire in the Late Roman World. Cambridge 2006; Mischa Meier, Anastasios I. Die Entstehung des Byzantinischen Reiches. Stuttgart ² 2010; Hartmut Leppin, Justinian. Das christliche Experiment. Stuttgart 2011; Michael Maas (Hg.), The Cambridge Companion to the Age of Justinian. Cambridge 2005; Michael Whitby, The Emperor Maurice and His Historian. Theophylact Simocatta on Persian and Balkan Warfare. Oxford 1988; David M. Olster, The Politics of Usurpation in the Seventh Century. Rhetoric and Revolution in Byzantium. Amsterdam 1993; Walter E. Kaegi, Heraclius. Emperor of Byzantium. Cambridge 2003; Gerrit J. Reinink/Bernard H. Stolte (Hgg.), The Reign of Heraclius (610 – 641). Crisis and Confrontation. Leuven, Paris, Dudley/MA 2002.

105 Meier,

Völkerwanderung.

106 Jetzt

in engl. Neubearbeitung verfügbar: Walter Pohl, The Avars. A Steppe Empire in Central Europe, 567–822. Ithaca 2018.

107 Roland

Steinacher, Rom und die Barbaren. Völker im Alpen- und Donauraum (300 – 600). Stuttgart 2017.

108 Wiemer,

Theoderich.

109 Florin Curta, The Making of the Slavs. History and Archaeology of the Lower Danube Region, c. 500 – 700. Cam-

bridge 2001; ders., Southeastern Europe in the Middle Ages, 500 – 1250. Cambridge 2006; ders., The Beginning of the Middle Ages in the Balkans, Millennium 10 (2013), 145–214; ders., The Edinburgh History of the Greeks, c. 500 to 1050. The Early Middle Ages. Edinburgh 2011 (Nachdr. 2014); Pohl, Avars.

HGSOE, Bd. 1

125

Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

Zu den religiösen Kontroversen im Osten sind – aus theologischer Perspektive – insbesondere die Arbeiten von Alois Grillmeier zu nennen.110 Zu ihren politischen Konsequenzen sei exemplarisch verwiesen auf die Arbeiten von Rafal Kosiński (zur Situation unter Zenon),111 Mischa Meier (Anastasios)112 und Hartmut Leppin (Justinian).113 Zum Spezialfall des Aufstandes Vitalians (513 – 515), der mit dem Geschehen auf dem Balkan zu Beginn des 6. Jahrhunderts eng verknüpft war, existiert inzwischen ebenfalls eine solide Literaturlage.114 Wichtige Beobachtungen steuert zudem Hanns-Christof Brennecke in verschiedenen Untersuchungen aus kirchenhistorischer Perspektive bei.115 Allgemein zeichnet sich in der Forschung inzwischen die Tendenz ab, die religiösen und kirchenpolitischen Kontroversen nicht mehr als theologische Spitzfindigkeiten ohne historische Relevanz zu betrachten, sondern als integralen Bestandteil der spätrömischen Geschichte mit Auswirkungen auf verschiedenste Bereiche ernstzunehmen.116

110 Alois

Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 1: Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (451). Freiburg, Basel, Wien 3 1990; ders., Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 2,1: Das Konzil von Chalcedon (451). Rezeption und Widerspruch (451 – 518). Freiburg, Basel, Wien 2 1991; ders., Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 2,2: Die Kirche von Konstantinopel im 6. Jahrhundert. Freiburg, Basel, Wien 1989.

111 Kosiński, 112 Meier, 113 Leppin,

Zeno.

Anastasios I. Justinian.

114 Vgl.

Haarer, Anastasius, 164–181; Dan Ruscu, The Revolt of Vitalianus and the „Scythian Controversy“, Byzantinische Zeitschrift 101 (2009), 773–785; Meier, Anastasios I., 295–311; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 129– 135.

115 Uta

Heil/Annette von Stockhausen/Jörg Ulrich (Hgg.), Hanns Christof Brennecke. Ecclesia est in re publica. Studien zur Kirchen- und Theologiegeschichte im Kontext des Imperium Romanum. Berlin, New York 2007.

116 Vgl.

Neil McLynn, Ambrose of Milan. Church and Court in a Christian Capital. Berkeley 1994 (Ambrosius’ Einmischung in Streitigkeiten im Illyricum); Jan-Markus Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln. Das Akakianische Schisma (484 – 519) als kirchlicher Ordnungskonflikt der Spätantike. Stuttgart 2013 (zum Illyricum als Austragungsort theologischer Konflikte und deren politische Tragweite).

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HGSOE, Bd. 1

Forschungsstand (Bibliographie raisonnée)

Karl Strobel / Simone Blochmann / Mischa Meier

1.3 .6 Strukturen in Principat und Spätantike Zu den Strukturen des römischen Herrschaftsapparats: Raimund Schulz, Herrschaft und Regierung. Roms Regiment in den Provinzen in der Zeit der Republik. Paderborn 1997; François Jacques/John Scheid, Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit 44 v. Chr. – 260 n. Chr. Bd. 1: Die Struktur des Reiches. Stuttgart, Leipzig 1998; Claude Lepelley (Hg.), Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit 44 v. Chr. – 260 n. Chr. Bd. 2: Die Regionen des Reiches. München, Leipzig 2001; Werner Eck, Die Verwaltung des Römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit. 2 Bde. Basel, Berlin 1995 – 1998; ders. (Hg.), Lokale Autonomie und römische Ordnungsmacht in den kaiserzeitlichen Provinzen vom 1. bis 3. Jahrhundert. München 1999; ders., Bürokratie und Politik in der römischen Kaiserzeit. Wiesbaden 2012; Jean-Louis Ferrary/John Scheid (Hgg.), Il princeps romano. Autocrato o magistrato? Pavia 2015; Luigi Capogrossi Colognesi/Elena Tassi Scandone (Hgg.), La Lex de Imperio Vespasiani. Roma 2009; Felix K. Maier, Palastrevolution. Der Weg zum hauptstädtischen Kaisertum im Römischen Reich des vierten Jahrhunderts. Paderborn 2019; Nathalie Barrandon/François Kirbihler (Hgg.), Administrer les provinces de la République romaine. Rennes 2010; Frédéric Hurlet, Rome et l’Occident (IIe siècle av. J.-C. – IIe siècle apr. J.C.). Gouverner l’Empire. Rennes 2009; Agnes Bérenger, Le métier de gouverneur dans l’empire romain. Paris 2014; Anselmo Baroni, Amministrare und Impero. Roma e le sue province. Trento 2007; Rudolf Haensch, Capita Provinciarum. Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der römischen Kaiserzeit. Mainz 1997; ders./Johannes Heinrichs (Hgg.), Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit. Köln, Weimar, Wien 2007; Anne Kolb (Hg.), Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis. Berlin 2006; dies. (Hg.), Infrastruktur und Herrschaftsorganisation im Imperium Romanum. Berlin, New York 2014; Elio Lo Cascio/Dario Mantovani (Hgg.), Diritto romano e economia. Due modi di pensare e organizzare il mondo (nei primi tre secoli dell’Impero). Pavia 2018; Luigi Capogrossi Colognesi, Law and Power in the Making of the Roman Commonwealth. Cambridge 2014; Paul J. Du Plessis/ Clifford Ando/Kaius Tuori (Hgg.), The Oxford Handbook of Roman Law and Society. Oxford 2016; Anne Kolb, Transport und Nachrichtentransfer im Römischen Reich. Berlin 2000; Michael Rathmann, Untersuchungen zu den Reichsstraßen in den westlichen Provinzen des Imperium Romanum. Mainz 2003. Zur Erschließung der militärischen und administrativen Strukturen des spätrömischen Reiches empfiehlt sich ein erster Zugang über die Handbücher: Noch immer von Bedeutung sind die groß angelegten Werke von Arnold H. M. Jones und Ernst Stein.117 In den letzten Jahren wurden sie ergänzt durch Arbeiten von Roland Delmaire118 sowie – insbesondere für den Osten im Übergang 117 Jones,

The Later Roman Empire; Ernst Stein, Geschichte des spätrömischen Reiches. Bd. 1: Vom römischen zum byzantinischen Staate (284 – 476 n. Chr.). Wien 1928; ders., Histoire du Bas-Empire. Bd. 2, publié par J.-R. Palanque. Paris u. a. 1949 (Nachdr. Amsterdam 1968); ders., Opera Minora Selecta. Amsterdam 1968.

118 Roland

Delmaire, Largesses sacrées et res privata. L’aerarium imperial et son administration du IVe au VIe siècle. Paris, Rom 1989; ders., Les institutions du Bas-Empire romain, de Constantin à Justinien. Bd. 1: Les institutions

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-10

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Teil I: 1. Rom in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

zur byzantinischen Geschichte – von Wolfram Brandes119 und John Haldon.120 Zum Umbau der Territorialverwaltung unter Diokletian und Konstantin s. Pierfrancesco Porena, Le origini della prefettura del pretorio tardoantica. Von den Statthaltern handelt Wolfgang Kuhoff, Studien zur zivilen senatorischen Laufbahn im 4. Jh. n. Chr. Ämter und Amtsinhaber in Clarissimat und Spektabilität. Für die Phase bis in das frühe 5. Jahrhundert bleibt die Notitia dignitatum unsere Hauptquelle; sie wirft jedoch eine Reihe komplexer und ungelöster Fragen auf (s. o. Kap. 1.2.1). Zur Heeresorganisation und Kriegführung sind seit der weiterhin wichtigen Untersuchung von Dietrich Hoffmann121 zahlreiche jüngere Arbeiten erschienen.122 Die Ebene der lokalen Selbstverwaltung haben u. a. Wolf Liebeschuetz (als dezidierter Vertreter der Niedergangsthese) und Avshalom Laniado untersucht.123 Für die kirchlichen Strukturen in der spät- und poströmischen Antike wiederum wurden in den letzten Jahren mehrfach die Kontinuitäten zwischen Antike und Mittelalter, zum Beispiel über die Figur des Bischofs, betont.124 Zur Auswirkung der sogenannten Reichsteilung von 395 auf den Verwaltungsapparat s. jetzt Umberto Roberto/Laura Mecella (Hgg.), Governare e riformare l’Impero al momento della sua divisione. Oriente, Occidente, Illirico. Roma 2016.

civiles palatines. Paris 1995. 119 Wolfram

Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten. Untersuchungen zur byzantinischen Administration im 6. – 9. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2002.

120 Haldon,

Empire, mit weiteren Verweisen. Siehe auch Christopher Kelly, Ruling the Later Roman Empire. Cambridge/MA, London 2004.

121 Dietrich

Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer und die Notitia Dignitatum. Bde. 1–2. Düsseldorf 1969/1970.

122 Verwiesen sei lediglich auf: Yann Le

Bohec, L’armée romaine sous le Bas-Empire. Paris 2006 (dt. Ausg.: ders., Das römische Heer in der späten Kaiserzeit. Stuttgart 2010); Martijn Nicasie, Twilight of Empire. The Roman Army from the Reign of Diocletian until the Battle of Adrianople. Amsterdam 1998; Marco Rocco, L’esercito romano tardoantico. Persistenze e cesure dai Severi a Teodosio I. Padova 2012; A. D. Lee, War in Late Antiquity. A Social History. Malden/MA, Oxford 2007; Alexander Sarantis/Neil Christie (Hgg.), War and Warfare in Late Antiquity. Leiden, Boston 2013; Clemens Koehn, Justinian und die Armee des frühen Byzanz. Berlin 2018; zur Logistik Fritz Mitthof, Annona militaris. Die Heeresversorgung im spätantiken Ägypten. Ein Beitrag zur Verwaltungsund Heeresgeschichte des Römischen Reiches im 3. bis 6. Jh. n. Chr. 2 Bde. Firenze 2001.

123 John

H. W. G. Liebeschuetz, The Decline and Fall of the Roman City. Oxford 2001; Avshalom Laniado, Recherches sur les notables municipaux dans l’empire protobyzantin. Paris 2002. Vgl. auch Jens-Uwe Krause/ Christian Witschel (Hgg.), Die Stadt in der Spätantike – Niedergang oder Wandel? Stuttgart 2006 (wichtiges Standardwerk zur spätantiken Stadt); Joachim Henning (Hg.), Post-Roman Towns, Trade and Settlement in Europe and Byzantium. 2 Bde. Berlin, New York 2007 (mit besonderem Fokus auf den Balkan).

124 Claudia

Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity. Berkeley u. a. 2005. Hier wären zudem wiederum die Arbeiten von Rajko Bratož zu nennen, vgl. etwa dens., Bischofssitze und Kirchenorganisation in Slowenien, Römisches Österreich 39 (2016), 173 – 196. Vgl. auch Charles Pietri, La géographie de l’Illyricum ecclésiastique et ses relations avec l’Église de Rome (Ve  – VIe siècles), in: Villes et peuplement dans l’Illyricum protobyzantin. Actes du colloque de Rome (12 – 14 mai 1982). Rome 1984, 21–59, zu den Grundlagen der Kirchenorganisation auf dem Balkan in der Spätantike.

128

HGSOE, Bd. 1

Karl Strobel

→ KARTEN I – V

2. S  ÜDOSTEUROPA IN DER ZEIT VON REPUBLIK UND PRINCIPAT: VORGESCHICHTE, ETABLIERUNG UND KONSOLIDIERUNG RÖMISCHER HERRSCHAFT

2.1

 ÜDOSTEUROPA IN DER JÜNGEREN S VORRÖMISCHEN EISENZEIT

2 .1 .1 V  olksnamen in der antiken Überlieferung und ihr historischer Hintergrund Die in der antiken ethnographischen wie geographischen und historiographischen Überlieferung erscheinenden ethnischen Namen sind vielfach exonyme bzw. allonyme Sammelbezeichnungen, also Fremdbezeichnungen durch Dritte, aus zuerst griechischer bzw. hellenistischer und dann römischer Sicht, die in der Realität so weder ethnische noch politische Einheiten darstellten. Dazu gehören die Bezeichnung Thraker1, Geten oder Daker ebenso wie etwa der Taurisker-Name („Gebirgler“) für die Bevölkerungsgruppen in den Julischen Alpen und östlich davon in Slowenien bis Zentralkroatien, aber auch der Japoden-, Delmaten- oder der Pannonier-Name. Erst in dem Moment, wenn in diesen aus der Sicht Dritter benannten pseudo-ethnischen Großgruppen eine politisch-ethnische Einheit besonders hervorgetreten ist, wie etwa im 5. Jahrhundert v. Chr. in Thrakien die Odrysen, oder die hellenische Welt konkrete diplomatische Beziehungen mit bestimmten politischen Formationen aufgenommen hatte, verschwanden die Sammelbezeichnungen und machten den konkreten Einzelnamen von Civitates und Völkerschaften Platz. Gleiches gilt für die römische Seite, wenn sie mit bestimmten einheimischen Civitates Verträge schloss, sie zu bekämpfen hatte, oder deren Unterwerfung erzwang und sie in ihr territorial-administratives Herrschaftssystem eingegliederte.2 Charakteristisch ist die Auflistung der im Illyrienkrieg 35 – 34/33 v. Chr. von Caesar, dem Sohn des Göttlichen Iulius, dem späteren Augustus, besiegten Völkerschaften bei Appian (Ill. 16,46–48) mit 22 Volks- bzw. Stammesnamen, die teilweise nur hier belegt sind. So werden etwa für die jenseits des Küstengebirges wohnenden Japoden die Moëntiner, Avendeaten und Aurupiner genannt.3 Ein weiteres Beispiel ist etwa die Ersetzung des Tauriskernamens für die Bevölkerung 1

Liste einzelner thrakischer Völkerschaften bei Plin. n. h. 4,40f.; Liste der Aufgebote in der Armee des Sitalkes 429/428 v. Chr. bei dem Historiker, athenischen Strategen und thrakischen Fürsten Thukydides (2,95–101).

2

Vgl. etwa die japodischen Civitates der Parentini und Ortoplini in CIL 3, 15053 = ILS 5953b oder die Grenzziehung zwischen Neditern (Nedinum) und Coriniensern in Liburnien (ILS 5953 = ILJug 2871).

3

Das Gebiet der summarisch als Japoden bezeichneten regionalen Bevölkerungsgruppen erstreckte sich über die Gebirgsregionen der Dinarischen Alpen südlich von Postojna, d. h. über die Gebirgszüge Gorski Kotar, Velika Kapela, Mala Kapela, die Talsenken der Lika und östlich des Gebirgskammes über die Gebiete von Krbava, Ogulin,

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-11

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jenseits der Julischen Alpen entlang der Bernsteinstraße mit ihren Zentralorten Celeia und Emona durch den Noriker-Namen.4 Dennoch hielten sich antiquierte Bezeichnungen der älteren historiographischen und ethnographisch-geographischen Tradition in der antiken literarischen Überlieferung oft über Jahrhunderte, wie gerade der Skythenname zeigt, der für Völker in und aus dem Schwarzmeerraum noch in der byzantinischen Historiographie verwendet wurde. Der Getenname

So war für die griechische Welt der Getenname seit der Zeit der Kolonisation des Schwarzmeerraumes ein fester und vertrauter Begriff, mit dem sie die Stammesverbände beiderseits der unteren Donau zwischen Südkarpaten und Balkangebirge (Haemus) sowie dem Hinterland der griechischen Küstenstädte bis Olbia bezeichnete und gegenüber der „skythischen Zone“ abgrenzte (Strab. 7,3,2; 7,3,10). Erstmals historisch in Erscheinung treten die Geten durch ihren Widerstand, den sie Dareios I. auf seinem Skythenfeldzug 513 v. Chr. entgegensetzten; Herodot bezeichnet sie in diesem Zusammenhang als das tapferste Volk der Thraker (Herodot. 4,93; 4,118).5 Ihre Zugehörigkeit im ethnischen wie sprachlichen Sinne zur Völkergruppe der Thraker stand für die antiken Zeitgenossen fest.6 Der Getenname war im griechischen Sprachgebrauch die beherrschende exonyme Benennungstradition für die Völker vom Haemusgebirge nach Norden bis ins Hinterland von Tyras (Bilhorod-Dnistrowskyj) und bis zur Region von Olbia an der Mündung des Bug;7 die Bevölkerung zwischen Haemus und Nordägäis wiederum wurde summarisch als Thraker bezeichnet.

Plaški, Slunj, Bihać; vgl. Strab. 7,5,4; Šašel Kos, Appian and Illyricum, 104f., 422–437; Olujić, Nouvelles recherches, 215–221; ders., Japodes. Peuple méconnu. Die Lage des von Caesar dem Sohn erstürmten Hauptortes der transalpinen Japoden Metulum ist noch nicht geklärt. Die Funde aus der befestigten Höhensiedlung Velika und Mala Viničica nahe Ogulin zeigen möglicherweise die Lokalisierung an. Entgegen Strabon, der hier die Situation des späteren 3. und des früheren 2. Jh.s v. Chr. wiedergibt, hatten die Japoden die Kontrolle über den Nordteil der liburnischen Küste um Tarsatica (Rijeka) im späten 2. Jh. v. Chr. in der Folge des Tuditanus-Feldzuges (s. u. Kap. 2.2.5) endgültig verloren. 4 Vgl.

Strobel, Das frühe Stammesreich, 28–152.

5

Zur Geschichte des thrakischen Raumes bis 360 v. Chr. vgl. Zahrnt, Early History of Thrace.

6

Die Geten als Teil bzw. nördlicher Zweig der Thraker etwa bei Skymn. 664., 746f., 750; Propert. 4,3,9; Pomp. Mela 2,2,18; Serv. Aen. 3,35 (getische Thraker, bei Vergil a. O. aber Geten genannt); Strab. 7,3,2.10. Zur Problematik der oft axiomatischen Definitionen thrakischer Teilsprachen wie die einer thrako-dakischen, dako-getischen oder dako-moesischen Sprache bzw. einer thrakisch-dakischen Mischsprache anhand des sehr beschränkten Personenund Ortsnamensmaterials (Georgiev, Thrakisch und Dakisch; Russu, Die Sprache der Thrako-Daker) vgl. Janakieva, Thrakisch und Dakisch – Sprachen oder Dialekte?; dies., Grundsatzreferat 13. Thrakologenkongress 2017. Vgl. allgemein Detschew, Die thrakischen Sprachreste; Brixhe/Panayotou, Le Thrace; Brixhe, Zônè et Samothrace; Dana, Onomasticum Thracicum mit Supplementum (OnomThracSuppl). Ortsnamenmaterial bei Olteanu, Linguae Thraco-Daco-Moesorum – Toponyms Section. Selbstverständlich ist, sofern das Kon­strukt einer thrakischen Sprachengemeinschaft überhaupt zutrifft, dass in dem großen Raum zwischen Nordägäis und Dnjepr bzw. Schwarzmeerküste und Morava/Struma, der für den thrakischen Sprachraum in Anspruch genommen wird, mit der Entwicklung verschiedener, durchaus starker dialektaler Unterschiede zu rechnen ist. Das onomastische Material bietet nur sehr begrenzt Zugang zur tatsächlichen Bedeutung in einer unbekannten Sprache, wobei auf die Problematik rein etymologischer Deutungen mit Nachdruck hinzuweisen ist. Die Sprachwissenschaft erlaubt keine Rekonstruktion von Ethnien und frühen ethnogenetischen Prozessen in Südosteuropa.

7

Vgl. Strab. 2,5,30; 3,7,17.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Dion Cocceianus Chrysostomos von Prusa, der in den 90er Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. selbst Teile Dakiens und die nordwestpontischen Gebiete bereist hatte, spricht ganz selbstverständlich allein von Geten und getischem Land (or. 12,16–20; or. 36,1), wie er auch sein verlorenes Geschichtswerk mit Getiká betitelt hat (FGrHist 707). Julian läßt Traian in der Darstellung seiner Verdienste auf die Unterwerfung der Geten anstelle der Daker hinweisen (Iulian. Caes. 327 D), wie ja auch der Dakersieg Traians in inschriftlichen Zeugnissen aus dem Osten des Reiches mehrfach als Getensieg erscheint. T. Statilius Kriton, der Leibarzt und Freund des Kaisers, hatte seine Darstellung der Dakerkriege Traians in griechischer Sprache unter dem Titel Getiká verfasst. Byrebistas, der in der modernen Literatur meist in der falsch konstruierten Namensform Burebista erscheint (s. u. Kap. 2.2.4), wird von Strabon in augusteischer Zeit als „getischer Mann“, d. h. als Person getischer Ethnizität, bezeichnet, der über die Geten geherrscht habe, und Aelius Catus deportiert in mittelaugusteischer Zeit 50.000 Geten aus der norddanubischen Grenzzone in den südlichen Walachischen Ebenen, um ein Glacis zu schaffen (Strab. 7,3,11; 7,3,5; 7,3,10). Auch Arrian nennt in seiner aktuellen Auflistung der nördlichen Donauanrainer Markomannen, Quaden, sarmatische Jazygen, die Geten „die sich für unsterblich halten“, und anschließend die Hauptmasse der Sarmaten (anab. 1,3,1–2). In der Geschichtsklitterung, wie sie in dem Werk des Jordanes vorliegt, wird der Getenname unter Ausschluss des Dakernamens nicht nur weitergeführt, sondern durch die Gleichsetzung der Geten mit den Goten auf eine neue Ebene gehoben und eine Geten-Goten-Geschichte konstruiert.8 Appian hingegen verwendete in seinem verlorenen 23. Buch über die traianische Eroberung dem römischen Sprachgebrauch folgend den Titel Dakiké und das Ethnonym Dakoi.9 Der Getenname wurde aber auch in der lateinischen ethnographischen Tradition der Kaiserzeit nicht ganz verdrängt, wie nicht zuletzt die Definition des älteren Plinius zeigt (n. h. 4,80): Getae Daci Romanis dicti („die Geten, die von den Römern Daker genannt werden“). Der Getenbegriff blieb im griechischen, aber auch im antiken Sprachgebrauch allgemein eine feste Größe für die Völker an der unteren Donau und weiter nach Norden, genauer zwischen dem Schwarzen Meer im Bereich der Dobrudscha, dem Haemusgebirge, den Karpaten und den Gebieten „Skythiens“ im nordpontischen Raum. Cassius Dio gibt eine offensichtlich bei seinen zeitgenössischen griechischen Lesern des frühen 3. Jahrhundert n. Chr. noch immer notwendige Erläuterung für seine Bezeichnung der Kontrahenten der Römer als Daker (51,22,6–8): Die Daker

8

Iord. Get. 58; vgl. zu der um 400 n. Chr. verbreiteten Gleichsetzung der Goten mit den Geten Claudian. 28,123.179 u. a. m.; HA Maximini Duo 4,4; Oros. 1,16,2. Zu Cassiodors verlorener Gotengeschichte in 12 Bänden und dem Verhältnis zu Jordanes vgl. Christensen, Cassiodorus, Jordanes and the History of the Goths. Jordanes konnte Cassiodors Gotengeschichte, deren Konstruktion auf der verbreiteten Vorstellung aufbaute, dass Skythen, Goten und Geten dasselbe Volk seien, selbst aber stets den Gotennamen benutzte, in Konstantinopel nur kurz einsehen und arbeitete für seine Getica offensichtlich mit mehr oder weniger ausführlichen Notizen und ausgeschriebenen Passagen, die sein besonderes Interesse fanden, wobei er weiteres Material aus anderen Vorlagen mit einbaute. Zu Jordanes ebd., 84–123 (zu den Unterschieden zu Cassiodor etwa 62f., 109). Eine kritische Analyse der bei Jordanes gebotenen angeblichen Liste dakischer Könige nach „Burebista“ bei Brodersen, Könige im Karpatenbogen; allerdings sind seine Folgerungen nicht immer überzeugend, so etwa in der Annahme der Namensform Boirebista.

9

App. [Veh/Brodersen] I, S. 3 mit Frg. 18; in App. Syr. 167 ist hingegen nicht von Dakern die Rede, unrichtig deshalb die Übersetzung bei Veh/Brodersen loc. cit.

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seien so etwas wie Skythen,10 sie wohnten auf beiden Ufern des Istros (Donau), jene auf dieser Seite gehörten zu Mysien (Moesien) und würden Myser (Moeser)11 genannt, während die Bevölkerung jenseits des Istros Daker genannt werde und entweder eine Teilgruppe der Geten darstelle oder einen Verband von Thrakern, der zum dakischen Volkstum gehöre, das einst das Rhodopengebirge besiedelt habe.12 Letzteres wird allerdings in der sonstigen Überlieferung nirgends behauptet, auch nicht, dass die Moeser eigentlich die diesseitigen Daker seien. Dagegen erklärt Cassius Dio an anderer Stelle, dass Moeser und Geten das gesamte Gebiet zwischen Haemusgebirge und Donau bewohnten, einige jedoch im Laufe der Zeit ihren Namen geändert hätten (51,27,3). Nunmehr seien alle Völkerschaften, die nördlich von Dalmatien, Makedonien und Thrakien wohnen, unter der Bezeichnung Moesien zusammengefasst, das von Pannonien durch den Grenzfluss Save getrennt sei. Hier sind unterschiedliche Quellenvorlagen Dios erkennbar, die nicht harmonisiert wurden. Plinius nennt zum einen als Gruppen nördlich des Haemus zur Donau hin als Teil Thrakiens Moeser, Geten, Aeder, Scaugden und Clarien (n. h. 4,41), die drei letztgenannten sonst unbekannte Stämme wahrscheinlich an der Nordflanke des Gebirges, hingegen unter der Bevölkerung der Provinz Moesien in n. h. 3,149 Dardaner, Triballer, Timacher (Teilverband der Triballer am Timok) und Moeser. Sallust bezeichnet die Moeser als Geten (hist. 4,18 [Maur.]).  oeser, Triballer und die Kriegeraristokratie M der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe

Die Bevölkerung Untermoesiens zwischen unterem Oescus (Iskăr), Balkangebirge und der Donau wurde ursprünglich zu den Geten gerechnet, wobei wir jene mit ihrem Zentrum im Gebiet des Iatrus (Jantra) in den späteren Quellen als Moeser fassen. Durch die monumentale Grabanlage von Gagovo,13 die beiden benachbarten befestigten Siedlungen von Urum kale (Malkoto kale)/Urumža sărta (12 Hektar, 4. – 3. Jh., stark hellenisiert, Amphoren aus Thasos, Chios, Kos, Herakleia etc.) und Inovo kale (bis in frühaugusteische Zeit bestehend) mit den zugehörigen Hügelgräbern (Tumuli) bzw. Tumulus-Nekropolen des 5. – 3. Jahrhunderts v. Chr. wird hier ein regionales dynastisches Machtzentrum angezeigt, wozu noch die zahlreichen Tumuli bei Borovo-Koprivec mit dem Neufund einer reichen Frauenbestattung in einer Holzkammer mit Waffenbeigaben im Grabhügel

10

Die Rückführung auf die skythischen Daoi, der Cassius Dio hier folgt und die aus Timagenes stammen wird, verwirft Strab. 7,3,12 zugunsten seiner Ansicht, dass Daoi aufgrund des alten attischen Sklavennamens Daos ein älterer Name für die Daker sei. Die Sueben werden hier entsprechend der alten griechischen Einteilung der nördlichen Hemisphäre in Skythen (im Osten) und Kelten (im Westen) als Kelten bezeichnet.

11

In der typischen Methodik der antiken Ethnographie, aus gleichen oder ähnlichen (auch nur ähnlich klingenden) Namen auf gleiche oder eng verwandte Völker zu schließen, wurden die Moeser mit den kleinasiatischen Mysern gleichgesetzt (Strab. 7,5,2).

12

Offensichtlich ist es auf dem Umweg über die thrakischen Daoi zur Bezugnahme auf die Dioi bzw. das Diakōn genos im Rhodopengebirge (Thuk. 2,96,2; 7,27,1) gekommen.

13 Das

Grab im Tumulus von Gagovo mit zwei überkuppelten Rundkammern und zwei Vorkammern in Steinarchitektur besitzt in der ersten Phase eine Lehmziegelmauer als Außenfassade, der in der zweiten Phase eine breite Lehmziegelmauer mit Dromos und neuer Fassade vorgesetzt wurde; Stoyanov, The Newly Discovered Tomb; Stoyanova, Tomb Architecture, 163, 176; Valeva, The Decoration of Thracian Chamber Tombs 182.

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von Brestovica kommen. Hingegen sind die Triballer14 bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. als Ethnos fassbar (etwa Thuk. 2,96,4; 4,101,5). 335 v. Chr. wurden sie von Alexander d. Gr. durch einen Blitzfeldzug besiegt und die makedonische Oberherrschaft wiederhergestellt. Das ungefähre Gebiet des bedeutenden Stammesverbandes, dessen fester Zusammenhalt ihre militärischen Erfolge ermöglichte (Isokr. or. 12,227f.), erstreckte sich ursprünglich zwischen dem unteren Margus (Morava) und dem Oescus (Iskăr), jedoch wurden sie durch die Skordisker nach Osten bis zum Timacus (Timok) zurückgedrängt, konnten aber das Tal der Nišava und der unteren Südlichen Morava mit Naissus (Niš) halten. Im 2. – 1. Jahrhundert v. Chr. sind die Triballer die wesentlichen Träger der als Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe bezeichneten Kriegerelite15 in Westbulgarien16 sowie in Oltenien (konzentriert in Westoltenien) mit Ausstrahlung ins mittlere Muntenien (Popeşti) und Präsenz in Südwest-, West- und Mittelsiebenbürgen,17 die sich durch eine einheitliche Panoplie (komplette Rüstung bestehend aus Schwert, Lanze, Helm, Brustpanzer, Schild und Beinschienen) sowie im Grabkult (Brandbestattung unter Tumulus oder als Flachgrab, langes Schwert des Latènetyps, Lanzenspitzen, gekrümmte Dolche mit verzierten Klingen, Messer, runde Schildbuckel, Kettenpanzer, Gürtelbeschläge, Fibeln, sogenannte thrakische Pferdetrensen) ausweist. Damit verbindet sich

14

Vgl. Papazoglu, The Central Balkan Tribes, 9–86; Strab. 7,3,13; 7,5,11; als Nachbarn der Dardaner Plin. n. h. 4,3.

15

Vgl. Rustoiu, The Padea-Panagjurski Kolonii Group, 109–119; ders., Commentaria archaeologica et historica (I), 171–183; ders., Civilian and Funerary Space; Teleagă, Schwerter; Torbov/Anastassov, Le groupe „PadeaPanagjurski Kolonii“ (halten noch am Bezug auf die Skordisker fest); Łuczkiewicz/Schönfelder, Untersuchungen zur Ausstattung eines späteisenzeitlichen Reiterkriegers. Materialreich, aber ganz in dogmatischen historischen Vorstellungen gefangen und immer wieder zu wenig überzeugenden ethno-sozialen wie sozio-psychologischen Spekulationen greifend ist die Studie von Borangic, Seniorii războiului în lumea dacică, der ergänzend zum archäologischen Material und den hier vielfach problematisch interpretierten Quellen auf Psychologie, Anthropologie, Soziologie, Ethnologie sowie auf die geto-dakische, dann dakische „Spiritualität“ zurückgreifen möchte, was mehrfach zu fiktiven Konstrukten führt. Die Daker werden als ethno-kulturelle Einheit betrachtet, die nach dem 3. Jh. v. Chr. ein historischer „main player“ gewesen sei; die dakische Gesellschaft sei in Abkehr von der „Getic exuberance“ durch „military sobriety“ gekennzeichnet. Die Geto-Daker, die zwar durchgehend als ethnische Größe erscheinen, werden an anderer Stelle überraschend nur als Benennung ohne ethno-kulturelle Realität bezeichnet; doch seien die Geto-Daker von „Burebista“ vereinigt worden, der das dakische Königtum in den Orăştie-Bergen begründet habe. Damit seien die vielen lokalen Kleinkönige von einer „aggressiven vertikalen gesellschaftlichen Hierarchie“ in eine monarchische und priesterliche Zentralautorität übergeführt worden. Unter Burebista sei die Elite reorganisiert und eine Priesterschaft institutionalisiert worden; die Geschichtsklitterung des Jordanes wird hier direkt übernommen. Sicher sind die comati/capillati nicht als einfache Bevölkerung im Gegensatz zur „Aristokratie“ zu definieren, sie aber als aus der freien Bevölkerung rekrutierte Berufssoldaten sehen zu wollen, die direkt mit dem „dakischen König“ verbunden seien, bleibt ohne jede Grundlage. Es war offensichtlich die Bezeichnung der Kriegerverbände der breiten Schicht freier Bevölkerung. Den Selbstmord des von seinen Verfolgern eingeholten Decebalus „religiös, psychologisch und sozial“ analysieren und mit einem „mystischen Ritual“ des Königsselbstmords verbinden zu wollen, geht nun doch entschieden zu weit.

16

Zwischen Timok und Osam/Jantra mit einer südlichen Konzentration im Raum von Sofia bis Panagjurište und am Oberlauf der Struma; hinzu kommt eine Streuung an der oberen Tundža und am Nordrand des Haemus.

17

Diese neue aristokratisch-militärische Oberschicht unterhielt im 1. Jh. v. Chr. Beziehungen zu den Eliten im oberen Theiß-Gebiet, wie vereinzelte Bestattungen oder zumindest übermittelte Beigaben bei Zemplin (Tumulus 3) und Mala Kopanja zeigen (Marius, Războinici, 241–249). Verfehlt wäre es allerdings, dies mit der angeblichen „dakischen Expansion“ bis in die Slowakei unter „Burebista“ verbinden zu wollen. Zwei Bestattungen im gleichen Grabritus bilden die Tumuli 2 und 4 von Popeşti.

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offensichtlich die Nachricht bei Appian,18 dass ein Teil der Triballer vor dem Druck der Skordisker über die Donau zu den Geten gegangen sei (Ill. 3,5). Es handelt sich bei den Gräbern der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe, anfangs eher von Elitekämpfern zu Fuß, dann von aristokratischen Reiterkriegern, um einen verschiedene ethnischpolitische Verbände überspannenden Horizont einer Kriegeraristokratie mit gemeinsamen Formen der Repräsentation und Bewaffnung, die sich sehr stark an der zeitgenössischen Latène-Kriegeraristokratie, insbesondere der Skordisker, orientierte und auch den Brauch der rituellen Deformierung der Waffenbeigaben übernahm. Dieser Gräberhorizont datiert in die Zeitstufen La Tène (LT) C2 und D1, d. h. ca. 175 – 80/60 v. Chr. In Siebenbürgen stammen letzte Verteter dieser Tradition, primär an der Ausstattung mit dem Krummdolch erkennbar, aus einem kleinen Elitefriedhof bei Piatra Craivii (dem vorrömischen Apulum) während des späteren 1. Jahrhundert v. Chr.19 Die Ausbildung dieser in ihren Formen überregionalen Kriegerelite fällt somit in die 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. Die Annahme, dass die Fundorte dieser Gruppe im Gebiet nach dem Eisernen Tor und im westlichen Oltenien als die Kleinen Skordisker zu deuten seien, ist verfehlt.20 Hier wirkte ein westthrakischer Einfluss massiv in den Westteil der Walachischen Ebenen und nach Südwestund Mittelsiebenbürgen. Mit dem Zuzug von Gruppen aus dem Gebiet südlich der Donau ist zweifellos zu rechnen. Dabei ist zu betonen, dass innerhalb dieses Horizontes von Gräbern einer berittenen aristokratischen Kriegerelite trotz einheitlicher Panoplie, Übernahme latènezeitlichen Brauchtums und entsprechender Darstellung der sozialen Stellung des Toten gewisse regionale Differenzen im Ritus erkennbar sind, die unterschiedliche ethnische bzw. kulturelle Gruppen erkennen lassen, aus denen die Träger dieser sich offenkundig rasch über die untermoesische Donau nach Norden verbreitenden Eliten-Tradition stammten. Der Dakername

Der Dakername, dessen Etymologie zwar verschiedene Deutungen erfahren hat, aber doch im Ursprung mit großer Wahrscheinlichkeit auf ein Sozionymikon, auf die Selbstbenennung einer Kriegerelite („Wölfe“) zurückzuführen ist (s. u.), bildet das jüngste exonyme (Pseudo-)Ethnikon, das, von dritter Seite verwendet, als eine Sammelbezeichnung für eine größere Gruppe von Verbänden im unteren Donauraum, und zwar nördlich des Stromes, erscheint.21 Die geographisch bestimmte Definition „Daci montibus inhaerent“, die Florus aus den verlorenen letzten Büchern 18

Allerdings mit der für Timagenes, der Basis seiner Quellentradition, typischen Überspitzung, dass der Stamm im Kampf gegen die Skordisker untergegangen und nicht einmal mehr den dortigen Einwohnern bekannt sei.

19

Rustoiu/Gheorghiu, General and Particular. Weiteres illegal geborgenes Elite-Kriegergrab vergleichbarer Zeitstellung Plantos/Ciuta, New Discovered Archaeological Artifacts from Craiva „Piatra Craivii“. Popeşti, Tumulus 2 mit einem Fibeltyp der 2. Hälfte des 1. Jh.s v. Chr.

20

Vgl. bes. Rustoiu, The Padea-Panagjurski Kolonii Group, 109–119; dens., Commentaria archaeologica et historica (I), 171–183; dens., Civilian and Funerary Space. Die Keramikbeigaben sind handgeformte Ware aus dem getischen, dann als „dakisch“ apostrophierten Formenbestand.

21

Vgl. zusammenfassend Strobel, Die Daker und Dakien; dens., Das Bild Dakiens; dens. Kaiser Traian, 498–524; dens., Pseudofakten. Mehr allgemein zum römischen Barbarenbild Rubel, Überlegungen zum Barbarenbegriff; zur Darstellungstradition in der antiken Bildsprache Velcescu, Les Daces dans la sculpture romaine.

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des Livius in seinem Kapitel über das Bellum Dacicum zuerst gegen Cotiso und dann ab dem Jahre 10 v. Chr. unter Cn. Cornelius Lentulus Augur schöpfte (2,28),22 verband das Gebiet der Daker mit dem Bergland nördlich der unteren Donau; gleiches gilt für den noch jüngeren geographischen Begriff Dacia, was Jordanes pointiert zum Ausdruck bringt (Get. 12,73f.), wenn er es durch die umgrenzenden Gebirgsketten (der Karpaten) definiert, d. h. im Sinne von Siebenbürgen bzw. Transsylvanien: „(Dacia) corona montium cingitur“.23 Im Gegensatz zu dem in der griechischen Weltsicht und Literatur für die Völkerschaften beiderseits der unteren Donau und im Hinterland der Schwarzmeerküste zwischen Skythen und Thrakern fest verankerten Getennamen ist der Dakername eine offensichtlich allein dem römischen Sprachgebrauch zuzuordnende exonyme Sammelbezeichnung für die Bevölkerung nördlich der Donau und primär im Gebirgsraum der Karpaten. Dem entspricht die Definition des älteren Plinius (n. h. 4,80; s. o.), und auch Strabon setzt die den Griechen vertraute Benennung als Geten von der anderen als Daker ab (7,3,12, 304C,16–18), womit letztere eindeutig auf die römische Seite bezogen ist. Diesem Befund entspricht die Notiz, die Appian bei der Definition des Umfanges der römischen Herrschaft gibt (proem. 4,15): „die Geten, die jenseits der Donau sind, die man Daker nennt“. Der geographische Terminus Dacia selbst wurde offensichtlich erst in nachaugusteischer Zeit von römischer Seite geschaffen, wohl erst mit der Eroberung des Landes; die Oikumene-Karte des Agrippa kannte ihn jedenfalls nicht. C. Scribonius Curio, Consul 76 und Proconsul von Macedonia 75 – 73 v. Chr., hat bei seinen Operationen gegen Dardaner und Moeser als erster Römer die Donau erreicht.24 Nach Flor. 1,39,6 sei er bis an die Grenzen Dakiens gekommen, aber durch die dunklen Waldgebirge abgeschreckt worden, nach Dakien hinüberzugehen. Die geographische Bezeichnung Dakien ist hier aber von Florus aus seinem zeitgenössischen römischen Sprachgebrauch für das Gebiet jenseits der Donau genommen. Es ist ganz wesentlich, dass Cicero in seinen Briefen an Atticus zu seiner Trennung von Pompeius ausführt, er, Cicero, wolle nicht die Horden der Geten, Armenier und Kolcher gegen Rom führen, und scharfe Kritik an der engen Verbindung von Pompeius und seiner Partei zu den Fremdvölkern übt („tanta cum barbaris gentibus coniunctio“), wobei er sich auf die von Pompeius zu Byrebistas aufgenommene Verbindung bezieht (Att. 9,10,[11],3; 11,7[6],2). Daker erscheinen nirgends. Der Dakername findet sich erstmals im geographisch-ethnographischen Exkurs des 6. Buches von Caesars Bericht über den Gallischen Krieg (Commentarii de bello Gallico 6,11–28). Trotz verschiedener stilistischer und eher subjektiver Gegenargumente kann an der Authentizität des Exkurses festgehalten werden. Caesar beschreibt hier den Verlauf des Herkynischen Waldgebirges (b. G. 6,25,2f.): Es beginne bei den Helvetiern, Nemetern und Raurakern – offensichtlich gilt hier als Ausgangspunkt der Schwarzwald – und erstrecke sich parallel zur Donau bis zu den Gebieten der Daci und Anartes, wobei Caesar den Lauf des Stromes der damaligen geographischen Vorstellung folgend (vgl. Strab. 7,1,1) als in direkter Linie von West nach Ost bis zum Schwarzen Meer gerichtet sieht. Von dort, also dem Gebiet der Daker und Anarter, verzweige es sich zur Linken hin, d. h. nach Norden, in verschiedene, von der Donau abgewandte Richtungen und berühre wegen 22

„Die Daker saßen fest zwischen den Bergen“ (Übersetzung Laser).

23

„(Dakien) wird von einem Kranz von Bergen eingeschlossen“ (Übersetzung Martens).

24

Fest. 7,5; Eutr. 6,2; Iord. Rom. 216.

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seiner großen Ausdehnung die Gebiete vieler Völker. Es wird deutlich, dass noch Caesar aus seinen Vorlagen das ungarische Donauknie nicht kannte und wie Strabon von einem geradlinigen WestOst-Verlauf der Donau und des Gebirgszuges ausgegangen ist, der sich nach Caesars Wissensstand vom Rhein bis zu den Siebenbürger West- und Südwestkarpaten erstreckte, wo seine Informanten einen Teil der Bevölkerung des östlichen Randgebietes des Karpatenbeckens als Daker bezeichneten, wie dies später auch der ältere Plinius tut (n. h. 4,80). Die mächtige Stammesgruppe der Anarter ist im Nordwesten Rumäniens zu lokalisieren. Dagegen sind die oftmals als ältere Belege für eine Nennung der Daker angeführten Zeugnisse nicht als zeitgenössisch zu werten. Dies gilt besonders für Frontin. strat. 2,4,3, eine Notiz zu den Kämpfen des M. Minucius Rufus, Consul 110 und Statthalter Makedoniens 109 – 107/106 v. Chr., gegen Skordisker und „Daker“. Die genaue Benennung des Triumphes, den Minucius Rufus im Jahre 106 feierte, ist in den Triumphalfasten verloren, doch erscheinen in den übrigen Quellen nirgends Daker als seine Gegner.25 Die Ehreninschriften aus Delphi und Europos, welche das entscheidende Zeugnis darstellen, nennen den Sieg im Krieg gegen die galatischen Skordisker, Besser und die übrigen Thraker.26 Frontin verwendet den Getennamen überhaupt nicht und folgt offensichtlich dem lateinischen Sprachgebrauch der flavischen Zeit.27 In der offiziellen Benennung der Gegner Roms erscheinen die Daker stets als eine Bevölkerung nördlich der Donau, und zwar insbesondere seit dem Erreichen der unteren Donaulinie und der Unterwerfung der diesseitigen Völkerschaften der Thraker, Moeser und Geten in frühaugusteischer Zeit und in den weitergehenden Feldzügen unter Augustus,28 wie dies der erste Princeps selbst in seinen Res Gestae formuliert (RGDA 30,2): „Citra quod Dacorum transgressus exercitus meis auspiciis victus profligatusque est, et postea trans Danuvium ductus exercitus meus Dacorum gentes imperia populi Romani perferre coegit.“29 Dieser offiziellen Diktion folgt Horaz, wenn er bereits um 30 v. Chr. im zweiten Satirenbuch (sat. 2,6,53) und dann in den 23 v. Chr. publizierten Oden die Daker als einen der wesentlichen Gegner Roms erscheinen lässt.30 Der von Caesar für das Jahr 44 geplante Feldzug gegen Byrebistas erscheint bei Sueton retrospektiv als gegen die Daker gerichtet, die Pontus und Thrakien überschwemmt hätten (Iul. 44,3; Aug. 8,2); Augustus wiederum habe die Einfälle der Daker gebannt, indem drei ihrer Führer mit einer großen Menge Krieger niedergemacht wurden (Aug. 21,1). Für die Römer des 1. Jahrhunderts n. Chr. und der traianischen 25

InscrIt XIII 1, ad a. 106; Vell. 2,83 nennt skordiskische Gallier, Besser und die übrigen Thraker, Liv. per. 65 die Thraker, Flor. 1,39,5 die als Thraker bezeichneten Skordisker, Eutr. 4,27,5 Skordisker und Triballer.

26

Zwei Ehreninschriften in Delphi: Syll.3 710 A-C = ILS 8887 = CIL I2 , 2/1, 692 = HD 065139 und 022784; Ehreninschrift aus Europos (Makedonien): SEG 41, 570 = HD 053853.

27

Vgl. Frontin. strat. 1,10,4.

28

Vgl. Cass. Dio 54,36,2 (10 v. Chr.); 55,30,4.

29

„Als über diese (sc. die Donau) eine dakische Streifschar herüberkam, wurde sie unter mir als oberstem Kriegsherrn geschlagen und vernichtet, und mein daraufhin über die Donau geführtes Heer hat die dakischen Stämme gezwungen, den Anordnungen des römischen Volkes Folge zu leisten“ (Übersetzung E. Weber). Vgl. Flor. 2,28.

30

Hor. carm. 1,35,9 (geschrieben 33/31 v. Chr.; vor Actium); 3,6,14 (hätten Rom in der Zeit der Bürgerkrieg fast zu Fall gebracht, wohl 28 v. Chr. geschrieben); 2,20,18 (nun Furcht vor Roms Kohorten); 3,8,18 (Vernichtung des Cotiso); vgl. Günther, The First Collection of the Odes, bes. 212f., 402.

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Zeit ist der lateinische Sprachgebrauch eindeutig, wie das Dictum „Dacorum gens numquam fida“ zeigt, mit dem Tacitus die Geschichte der Beziehungen zwischen Römern und Dakern unter besonderer Gewichtung der Zeitgeschichte zusammenfasst (hist. 3,46,2-3).31 Hingegen spricht Appian bei Caesars Feldzugsplan und der nach Caesars Tod in Rom gesehenen Bedrohung für Makedonien im Gegensatz zu Sueton, der in Iul. 44,3 die Daker nennt, nur von Geten: Plan eines großen Feldzuges zuerst gegen die Geten, dann gegen die Parther (b. c. 2,459); Truppen nach Makedonien für den von Caesar geplanten Feldzug gegen die Geten verlegt (b. c. 3,93); Gerücht, die Geten seien auf die Nachricht vom Tode Caesars hin in die Provinz Macedonia eingefallen (b. c. 3,93), was eine römische Aufklärungsmission als unrichtig feststellte, aber eine von den Geten ausgehende Gefahr bestätigte (b. c. 3,96). Da Appian hier neben weiteren lateinischen Quellen auf das Geschichtswerk des Asinius Pollio, Truppenführer Caesars, Feldherr der Triumvirn und Proconsul von Macedonia, zurückgegriffen hat, ist dies umso bemerkenswerter; offensichtlich war dort Byrebistas eindeutig als Getenkönig bezeichnet. Gleiches gilt, wie oben gesagt, für Strabon und damit auch für Timagenes. Auch Velleius Paterculus (2,59,4) spricht davon, dass Caesar den jungen Octavian in den Getenund dann Partherkrieg mitnehmen wollte („mox belli Getici ac deinde Parthici habiturus commilitonem“). Bei Ovid schließlich erscheint der Dakername nie; die einheimischen Völker beiderseits des Unterlaufs der Donau sind für ihn, dem Sprachgebrauch in Tomis und den pontischen Städten folgend, die Geten; im weiteren Umfeld nennt er als barbarische Nachbarn Sarmaten, Bastarner, Skythen und Thraker. Cassius Dio wiederum führt am Anfang seiner zusammenfassenden Wertung der Dakerkriege und des Decebalus aus, dass er das gegnerische Volk mit dem Namen „Daker“ benenne, ohne zu verkennen, dass einige Griechen sie Geten nennen, „sei es mit Recht oder auch nicht“ (67,6,2). Er fügt hinzu, dass er die Geten als die Bevölkerung zwischen Haemus und Donau ansehe. Seinen Ausgang nahm der römische Dakerbegriff offenkundig von einer bestimmten, in ihrem Auftreten nicht auf einen einzelnen Stammesverband beschränkten militärischen Elite (PadeaPanagjurski Kolonii-Kriegergräberhorizont) im Raume Südwestrumäniens bis Mittelsiebenbürgen und wurde wahrscheinlich über die Kontakte italischer Händler entlang der Save vermittelt. Es handelt sich, wenn die durchaus begründete etymologische Deutung „Wölfe“ zutrifft, um ein die einzelnen ethnischen Namen konkreter Volksgruppen überlagerndes Sozionymikon, d. h. um die Selbstbenennung der Kriegerverbände aus diesem Raum. Somit ist in dem pseudo-ethnischen Dakernamen, wie mit gutem Grund anzunehmen ist, die Bezeichnung der Kriegerverbände der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe und der sich aus ihr heraus fortsetzenden Kriegerelite des mittleren und späteren 1. Jahrhunderts v. Chr. zu sehen; sein Aufkommen kann mit der Formierung dieser Kriegerschicht in Südwest-, West- und Mittelsiebenbürgen sowie im östlichen Banat und in Oltenien (s. u. Kap. 2.1.5, Abschnitt: Die Etablierung einer neuen Kriegerelite) verbunden werden. In den geographischen Daten, die Plinius d. Ä. aus den listenartigen Zusammenstellungen von Distanzangaben, Küstenstrecken sowie Längen- und Breitenausdehnungen römischer Provinzen in der Begleitschrift zu Agrippas Projekt einer Darstellung der römischen Oikumene übernommen hat, fehlt Dakien als geographische Region; der als Rechteck gedachte Raum vom Hister (Donau) bis zum 31

„Das Volk der Daker, das ja nie Treue kannte“ (Übersetzung J. Borst).

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nördlichen Ozean und zwischen Vistula (Weichsel) und Sarmatensteppe wird mit 1.200 mp Länge und 396 mp Breite als Gebiet skythischer Völkerschaften ausgewiesen.32 Agrippa war noch der traditionellen Aufteilung der nördlichen Hemisphäre in einen Westteil, früher als Keltiké, jetzt als Gallien und Germanien bezeichnet, und einen Ostteil, die Skythiké, gefolgt. Bei Pomponius Mela wird Germanien im Osten durch die Sarmaten begrenzt (3,25), Sarmatien wiederum im Westen durch die Vistula (3,33). Aus der hellenistischen Geographie in Kombination mit zeitgenössischem Wissen schöpft hingegen Plinius n. h. 4,79–80, wenn er unter den verschiedenen Völkerschaften, welche die nahe der Küste gelegenen Regionen nördlich der Hister (Donau)-Mündung innegehabt hatten, die Geten nennt, hingegen als die Bewohner der Berg- und Waldregionen zum Fluss Pathissum (Theiß) hin die von den Jazygen vertriebenen Daker. Als Grenzen Dakiens nennt dann Klaudios Ptolemaios im Westen den Tibiskos (Tibiscus, Timiş), der zugleich die Ostgrenze der „ausgewanderten Jazygen“ sei; er ist offenkundig mit der Theiß verwechselt (geogr. 3,7,1; 3,8,1). Die Ostgrenze wird beschrieben als die Biegung der Donau nach Norden bis Dinogetia und weiter als der Fluss Hierasos (Sereth), der bei Dinogetia in die Donau münde und nach Norden bis zur Biegung des Tyras (Dnjestr) verlaufe (geogr. 3,8,4). Der Hierasos ist dabei offenkundig mit dem Pyretos (Pruth) verwechselt, der tatsächlich von Dinogetia zuerst nach Norden, dann nach Nordnordwesten bis in die Nähe der Dnjestr-Biegung bei Chotin verläuft. Dieselbe falsche Gleichsetzung findet sich in Ptol. geogr. 3,10,13.16. Die West- und Ostgrenze Dakiens werden demnach bei Ptolemaios realiter durch Theiß und Pruth gebildet, eine Beschreibung, die so in claudisch-neronische Zeit zu setzen ist. Eine andere und deutlich ältere Abgrenzung Dakiens gegenüber den Sarmaten am Tyras (Dnjestr) gibt Ptolemaios hingegen in der Beschreibung des europäischen Sarmatien (geogr. 3,5,17). Seine Angaben zu den Völkerschaften dieses Raumes in geogr. 3,8,5 zeigen die Gliederung in einzelne ethnische Verbände und politisch-ethnische Einheiten; die Aufzählung der Dakien bewohnenden Völkerschaften gliedert Ptolemaios dabei in drei Spalten, einmal die Bewohner des Westteils, dann jene des mittleren Teils und schließlich des östlichen Teils, die alle drei dabei wiederum in seine Breitenzonen, jeweils von Westen beginnend, eingeordnet sind.33 Dies ergibt von West nach Ost jeweils in der Reihenfolge von Nord nach Süd: Anartoi – Predauensioi/Piedauensioi – Biephoi – Albokensioi – Saldensioi, 32

Plin. n.h. 4,81 = GLM Agrippa Frg. 18 (ed. Riese) mit 4,80, Z. 1–2 (mp = mille/milia passuum, die römische[n] Meile[n]). Vgl. ausführlich Strobel, Die Daker und Dakien; ders., Das Bild Dakiens.

33 Vgl.

Strobel, Die Daker und Dakien; ders., Das Bild Dakiens; ebd. zur Fehldeutung einer Inschrift aus Ilişua (siehe Petolescu, Inscripții latine din Dacia, 295 Nr. 800) mit dem vermeintlichen Ortsnamen Arkobadara bei Ptolemaios durch Nemeti, Finding Arcobadara. Tatsächlich ist bei Ptolemaios Arkobardava zu lesen, und in der besagten Inschrift ist territor(ii) [E]rcoba(torum) statt [A]rcoba(darensis) aufzulösen. Nach Nemeti sollen die bei Ptolemaios genannten Ethnē auf -ensioi wie die anderen Ethnonyme („the so-called Dacian tribes“) die Distrikte der römischen Binnenorganisation der Provinz vor der hadrianischen Reoganisation 120 n. Chr. darstellen, wobei sich der Geograph auf die zeitgenössische formula provinciae für Dakien gestützt habe, und auch die 44 Orte Dakiens bei Ptolemaios seien alle provinzzeitlich, genauer aus den ersten Jahren nach der Eroberung und beruhend auf einem „military itinerarium“. Nemetis Thesen bleiben ohne Grundlage. Für eine angeblich traianisch-hadrianische Zeitstellung der Toponyme und Ethnonyme bei Ptolemaios fehlt der Beweis, die behauptete Verwechslung der Colonia Sarmizegetusa mit Zarmizegéthousa tò basíleion bei Ptol. geogr. 3,8,9; 8,11,4; can. 9,2 ist auszuschließen. Teilweise problematisch und in der gleichen Tendenz Dana/Nemeti, Ptolémée et la toponymie de la Dacia (nicht überzeugend etwa zu Buridava oder die Konjektur des bei Ptol. geogr. 3,8,7 eindeutig bezeugten Patrouissa zu Patavissa/Potaissa, in Ptol. can. 9,2 im Übrigen nur nachträglich nach geogr. 3,8,7 eingetragen). Die einzigen römischen Ortsnamen, die von Ptolemaios aktualisierend aufgenommen sind, können alle nicht lokalisiert werden (Angustia,

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dann Teuriskoi34 – Rhatakensioi – Buridauensioi – Potulatensioi/Potulakensioi – Keiagisoi, dann K(o)istobokoi – Kauko(s)ensioi – Kotensioi – Sinsioi/Kinsioi – Piephigoi. Dies ist einer Vorlagentradition entnommen, die noch vor die mittelaugusteische Zeit zu setzen ist und weder die Apuli,35 die besiegten Gegner Roms, noch die Räumung des nördlichen Donauufers in den Walachischen Ebenen durch Aelius Catus kannte.36 Aktualisiert ist bei Ptolemaios lediglich das Eindringen der Jazygen in die Donau-Theiß-Tiefebene in claudischer Zeit. Als definierter geographischer Terminus erscheint die Bezeichnung Dacia selbst erstmals im Kontext der Eroberungskriege Traians und der Einrichtung der gleichnamigen Provinz. Die Bezeichnung Daker als Sammelethnikon war eine Entwicklung der römischen Sichtweise, hinter der sich in vorrömischer Zeit eine ganze Reihe von tatsächlichen Ethnonymen und Namen von politischen Formationen verborgen hat, wobei letztere ihre Bezeichnung entweder nach den dominierenden Vororten bzw. Herrschaftszentren oder nach der Zugehörigkeit zu einem größeren Verband respektive einer Region trugen und offenkundig in einer ursprünglich lateinischen Übertragung unter Verwendung des Suffixes -ensis in Ptolemaios’ Vorlage Marinos von Tyros ihren Eingang fanden.37 Die in der rumänischen Forschung vielfach geäußerte Ansicht, dass das verbreitete thrakische Ortsnamensuffix -dava (auch -daba, -deva; vergleichbar „-dorf“) einen befestigten Zentralort im Sinne eines Oppidums der keltischen Welt bezeichnen würde, ist jedoch unrichtig.38

wohl ein Südostkarpatenpass, kein Beleg für eine Identifizierung mit dem Auxiliarlager von Breţcu; Ulpianon; Praitoria Augusta; Piroum). 34 Dazu

Strobel, Beiträge zu Fragen, 179, 181f. Sie haben nichts mit den Tauriskern zu tun.

35

Consolatio ad Liviam, 387–388.

36

Bărbulescu, Relaţii daco-romane arbeitet die Zonen der Zerstörung bzw. Räumung der zentralen bzw. größeren Siedlungen zwischen Südkarpaten und unterer Donau heraus (Die Terminologie „Dacia meridională“ ist allerdings problematisch; richtiger wäre die Bezeichnung getisch), wobei die verheerende Wirkung der Operationen des Lentulus und Aelius Catus in der südlichen Zone Olteniens und Munteniens bis zur unteren Ialomiţa sowie entlang des Schil/Jiu und im Raum des mittleren Argeş deutlich wird. Plautius Sivanus wirkte im Nordosten Munteniens und im Vorfeld des Donaudeltagebietes. An wirtschaftlichen und politischen Zentralkomplexen blieben danach nur Ocniţa – Buridava (besondere Blüte 1. Jh. n. Chr., zahlreiche Importe aus dem Reichsgebiet) und die Zentren am Sereth übrig, wobei dort Poiana – Piroboridava enge wirtschaftliche Beziehungen zum römischen Gebiet zeigt. Ocniţa und die noch bestehenden größeren Siedlungen wie auch der Kultort Pietroasele-Gruiu Dării fielen dem Dakerkrieg Domitians zum Opfer. Im Zeitraum 89–100 n. Chr. bestanden zwischen Südkarpaten und Donau weder erkennbare politische Formationen noch eine Siedlungsstruktur. Dies schließt endgültig aus, dass die von Ptolemaios im Süden seiner Dacia vor der Zone der Buridavensioi im direkten Südkarpatenvorland genannten größeren Orte und politischen Formationen auf Informationen aus nachmittelaugusteischer Zeit beruhen könnten oder gar die erste Organisation des traianischen Dakien, zu dem ja die walachischen Gebiete gerade nicht gehörten, darstellen würde, wie mehrfach behauptet.

37

Buridavenses, Predavenses/Piedavenses bzw. Albocenses, Cauco(s)enses, Cotenses, Rhatacenses, Saldenses, Potulatenses/Potulacenses. Das lateinische Suffix, das Zugehörigkeit im weitesten Sinne bezeichnet (Gähwiler, Das lateinische Suffix -ensis), ersetzte sehr wahrscheinlich eine entsprechende einheimische Konstruktion. Cauca als Regionenname ist noch in gotischer Übernahme in Amm. 31,4,13 ad Caucalandensem locum altitudine silvarum inaccessum et montium erhalten und in den Ostkarpaten zu lokalisieren.

38 Vgl.

Russu, Die Sprache der Thrako-Daker, 36, 193; auch Florea, Dava et Oppidum, 16f.

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Zusammenfassend ist entgegen der rumänischen Geschichtsschreibung festzuhalten, dass es ein einheitliches dakisches Ethnos nie gegeben hat, ebenso wenig wie ein getisches oder thrakisches, und dass auch der geographische Begriff Dacia erst von römischer Seite geschaffen wurde.39 Between the 1st century BC and the 1st century AD the term Dacians received a general mean­ing and the final stage of this generalization process was marked by the appearance of the notion Dacia […]. […] The generalization is based on the Roman perception which might as well have been wrong. […] the written sources mention the Dacians in the entire area north of the Danube, this does not necessarily mean that the area was characterized by a material, linguistic, and political unity. […] it is hard to establish the location of the tribe that initially used this name.40

Mit dieser Aussage hebt sich Luca-Paul Pupeză von dem gerade seit Jahren wieder grassierenden „Dakismus“ ab.41 Schon zuvor hat er zusammen mit Horea Pop zu Recht vor dem Gebrauch der Begriffe Daker oder Geto-Daker für Siebenbürgen und seine westlichen wie nördlichen Randgebiete im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. gewarnt.42 Gleiches gilt für die außerkarpatischen Gebiete 39 Vgl.

Strobel, Dacii; ders., Die Frage der rumänischen Ethnogenese; ders., Die Daker und Dakien, bes. 169– 183; ders., Das Bild Dakiens, bes. 195–205; dens., Kaiser Traian, 121–129, 275–278, 498–524.

40

Pupeză, Veacul întunecat al Daciei, 452. Hingegen wird von Iosiv Vasile Ferencz und dem Umkreis des Museums Deva der pseudohistorische Epochenbegriff „epoca regatului dac“ („Epoche des dakischen Reiches“) für den rumänischen Raum und den gesamten Zeitraum vom 2. Jh. v. Chr. bis zur römischen Eroberung verwendet, so in den Beiträgen im Ausstellungskatalog Dacii din Câmpia Bănăteană (Timişoara 2014). Bezeichnend ist das im Titel deutlich werdende historische Konzept des Sammelbandes Ferencz/Pescaru, Daco-Geţii. 80 de ani de cercetări arheologice sistematice la cetăţile dacice din Munţii Orăştiei. Problematisch auch der unkritische Gebrauch von „getodakisch“ und „Geto-Daker“ gerade in den Arbeiten von Valeriu Sîrbu und Sebastian Matei für den dabei ethnisch einheitlich gesehenen Zeitraum vom 4. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr.; die Gruppe um Sabin Adrian Luca (Universität Sibiu, Bruckenthal-Museum Sibiu) erklärt das 5. – 4. Jh. v. Chr. zur ersten Phase der dakischen Zivilisation.

41

Teilweise geschichtsverfälschende Beiträge in dem Ausstellungskatalog I Daci (Mailand 1997), so Arbore Florescu/Popescu, Lo stato e la civiltà dei Daci. Nur noch als pseudowissenschaftliche Machwerke sind die Publikationen von Dan Oltean in dem einschlägigen Verlag „Editura Miracol“ (Religia Dacilor etc.) oder etwa die politisch-ideologisch ausgerichteten, jeder Wissenschaftlichkeit entbehrenden Schriften von F. Tucă und E. Siteanu einzustufen (vgl. Zugravu, Rezension). Zur „Dacianisation“ in populären, aber auch wissenschaftlichen Geschichtskonzepten und zur nationalistisch-ideologischen Entwicklung des Dakerbegriffs im Legitimationsstreben und national-völkischen Selbstverständnis des rumänischen Staates (Geten und Daker als ein Volk und als Ahnen der rumänischen Nation in der gesamten aktuellen Schulbuchliteratur) Popa, Late Iron Age Archaeology; ders., The Trowel as Chisel; ders./Ó Ríagáin, Archaeology and Nationalism in Europe; Niculescu, Archaeology.

42

Pop/Pupeză, Dacians and Celts, 191. Zu den Siedlungen und befestigten Anlagen (Palisaden oder Graben, Erdwall, Palisade bzw. Graben, Holz-Erde-Mauer) im Westen und Nordwesten Rumäniens Nemeth/Rustoiu/Pop, Limes Dacicus Ocidentalis (unrichtig allerdings die Befestigungen nördlich und westlich der Westkarpaten mit der „Autorität des dakischen Königreiches“ verbunden); Pop, Aşezări dacice; mehrere Befestigungen setzen im 2. Jh., die meisten jedoch im 1. Jh. v. Chr. ein; verschiedene Plätze enden mit Material des 1. Jh.s v. Chr., andere im frühen 1. Jh. n. Chr., andere mit Material der 2. Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. Ob die spät- und nachhallstattzeitlichen Kulturgruppen von der Ostslowakei über die Karpato-Ukraine nach Nord- und Nordwestrumänien (Sanislău-NirGruppe, Maramureș-Horizont u. a.) als „nordthrakisch“ (Dušek, Die Thraker im Karpatenbecken) oder gar später als thrako-dakisch anzusprechen sind, was unbewiesene ethnische und sprachliche Implikationen beinhaltet, ist mehr als fraglich. Man sollte den Begriff „jüngereisenzeitlich“ benutzen. Die nach Mitte 2. Jh. bzw. im frühen 1. Jh. v. Chr. entstehenden befestigten politischen und wirtschaftlichen Zentren Mala Kopanja, Solotvino (jüngere Phase) und Onceşti-Cetăţeaua sind Zeichen einer regionalen Zentralisierung politischer Macht und nicht die Folge einer immer wieder behaupteten dakischen Expansion „im Zeitalter des dakischen Königreiches“. Zu Mala Kopanja (Beginn in LT D1, Zerstörung des befestigten Zentrums im frühen 1. Jh. n. Chr., Weiterbestehen einer Ansiedlung im

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nördlich der unteren Donau bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. insgesamt, da mit der Terminologie „Geto-Daker“ nicht nur eine fiktive ethnisch-kulturelle Einheit, sondern eine oft pseudo-national verstandene und durch Kontinuität geprägte volksmäßige, angeblich bis heute wirkende Einheit auf rumänischem Boden konstruiert wird.43 Das axiomatische „ethnic labelling“ ist noch immer ein Grundproblem der rumänischen Forschung;44 diese Begriffe und Bezeichnungen sind eben nicht nur konventionelle Terminologie.45 So hat Ion Horațiu Crişan46 im Jahre 1955 entsprechend dem von Gheorghe Gheorghiu-Dej eingeschlagenen nationalistisch-stalinistischen Kurses die sogenannte „dakische Tasse“ als ethnisches Erkennungsmerkmal für „Daker“ erfunden und in der Folge die rumänische Archäologie die ganze vorrömische Keramik nördlich der Donau bis in die Nordkarpaten seit der späten älteren Eisenzeit im 6. bzw. 5. Jahrhundert v. Chr. für dakisch oder geto-dakisch oder dako-getisch erklärt. Dieses ethnische „Label“ für Erzeugnisse der materiellen Kultur wurde gerade in der Archäologie der Ostblockländer kritiklos übernommen und wird bis heute nicht nur in den Arbeiten älterer Kolleginnen und Kollegen weitergegeben, und zwar in einer eindeutigen Fortsetzung der verhängnisvollen Theoreme Gustaf Kossinnas, seiner Gefolgsleute und seiner Epigonen. Gerade in der slowakischen und polnischen Forschung werden die ethnischen Daker-Theoreme bis heute auf die Interpretation materiellen Fundgutes angewendet und führen etwa in der Slowakei zu haltlosen Konstrukten „dakischer“ Expansion und Einwanderung. Dabei sollte die Methode einer ethnischen Interpretation materieller, archäologisch erfasster Kulturgruppen oder gar nur ausgewählter, vermeintlich als ethnische Marker zu wertender Elemente des archäologischen Fundmaterials, insbesondere wenn es sich um langlebige Funktionstypen handelt, nach den einschlägigen Arbeiten Sebastian Brathers endgültig der Vergangenheit angehören.47 Die vielfach in Südosteuropa zu beobachtende Verweigerung der Abkehr von ethnischen Interpretationen archäologischer Befunde ist stets mit der Konstruktion der entsprechenden Nationalgeschichten verbunden.

1. Jh. n. Chr.; Vermischung von keltischen, nachhallstattzeitlichen einheimischen und südlichen Elementen, Ende 2. Jh. v. Chr. Erscheinen einer Gruppe von Kriegern der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe in der einheimischen Elite; vier apsidale Gebäude, eines mit eindeutigem Kultinventar) Kotyhoroshko, The Sacred Centre of the Upper Tisa Region. 43 Etwa

Gostar/Lica, Societatea geto-dacică; Vulpe/Zahariade, Geto-Dacii; bereits Pârvan, Getica im Sinne der Frühgeschichte des rumänischen Staatsterritoriums. Zur Problematik vgl. Strobel, Dacii.

44 Etwa

Sîrbu/Luca/Roman, Tombs, mit der axiomatischen Identifizierung der Padea-Panagjurski KoloniiKriegerelite als Geto-Daker bzw. Daker. Vgl. dazu Strobel, Dacii; ders., Die Frage der rumänischen Ethnogenese; Niculescu, Archaeology, Nationalism and the „History of the Romanians“.

45

Ein rein fiktives, ideologisch einschlägig aufgeladenes Konstrukt mit Rückgriff auf Herodots Zalmoxis-Erzählung bietet Crişan, Spiritualitatea geto-dacilor (ununterbrochene Kontinuität der Daker gleich Geto-Daker von der Hallstattzeit bis Decebalus).

46

Crişan, Ceaşca dacică; ders., Contribuţii la problema unitaţii culturii; ders., Problema locuirii daco-geţilor pe territoriul Slovaciei; ders., Zur Frage der dako-getischen Besiedlung auf dem Gebiet der Slowakei.

47

Brather, Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtlichen Archäologie; ders., Archäologische Kulturen und historische Interpretation(en). Zahlreiche Beiträge wieder abgedruckt in: ders./Spinei/Rubel (Hgg.), Archaeology and Identity. Siehe bereits Kap. 1.2.

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2.1 .2 Thrakien im 4. und frühen 3. Jahrhundert v. Chr. Feldzüge Philipps II. in Thrakien

In Thrakien brach das odrysische Königreich, das unter Kotys I. (383 – 360 v. Chr.) seinen Höhepunkt erlebt hatte, nach der Ermordung des Königs (Demosth. or. 23,119) in drei Teilreiche auseinander, eine Teilung, die durch den Friedensvertrag von 357 v. Chr. (IG II2 126) besiegelt wurde.48 Seit 356 setzte die Expansion Philipps II. von Makedonien (359–336 v. Chr.) in den thrakischen Raum ein; 352 wurde Kersebleptes, der bedeutendste unter den Teilherrschern, besiegt. 346 führte Philipp einen erfolgreichen Feldzug nach Thrakien, der auch die dortigen athenischen Garnisonen vertrieb, um schließlich in einem dreijährigen Krieg 342 – 340 die thrakischen Teilreiche zu beseitigen. Ein Vorstoß 340 über den Haemus (Balkangebirge) führte zu dem Heiratsbündnis mit dem Getenkönig Kotelas, dessen Tochter Philipps sechste Frau wurde, und zum diplomatischen Kontakt mit dem Skythenherrscher Ateas,49 der in die Dobruscha vorgedrungen war. Mit der Gründung der makedonischen Kolonie Philippopolis (Plovdiv) und weiterer Stützpunkte sicherte Philipp seine Herrschaft über Thrakien ab. Im Sommer 340 führte der Kronprinz Alexander einen Feldzug gegen die Maeder am Strymon (Struma), während Parmenion und Antipater gegen die Besser am oberen Nestos (Mesta) und in den westlichen Rhodopen vorgingen. Nach seinem Scheitern bei der Belagerung von Byzantion und Perinthos unternahm Philipp 339 einen Feldzug über den Haemus gegen Ateas, den er besiegte, wobei er die Skythen über die untere Donau zurückwarf. Bei dem Rückmarsch wurde er allerdings von den Triballern angegriffen und musste sich, selbst verwundet, unter erheblichen Verlusten, darunter der gesamte Troß, zurückziehen. Thrakien zur Zeit Alexanders des Großen

Im Frühling und Frühsommer 335 unternahm Philipps Sohn, als Alexander III. von Makedonien auf den Thron gelangt (= Alexander d. Gr., 356–323 v. Chr.), einen Blitzfeldzug nach Thrakien, um seine Autorität durchzusetzen und Rache für die Niederlage von 339 an den Triballern zu nehmen, die sich wahrscheinlich schon 346/345 formal der makedonischen Herrschaft unterworfen hatten (Arr. anab. 1,1,4–1,4,6).50 Alexander führte sein Heer von Amphipolis den Strymon aufwärts zum oberen Nestos, erkämpfte sich den Weg durch das Haemusgebirge zum oberen Iskăr und stieß in

48 Vgl.

Delev, Thrace from the Assassination of Kotys I; Archibald, Macedonia and Thrace; Müller, Philipp II; Worthington, Philip II of Macedonia; ders., By the Spear; umfassend Hammond/Griffith, A History of Macedonia, Bd. 2. Zur Gründung von Philippi 355 nach der Eroberung des thrakischen Gebietes zwischen unterem Strymon und Nestos Fournier (Hg.), Philippes.

49

Zu seiner Münzprägung jetzt Draganov, The Coinage of the Scythian Kings in the West Pontic Area, 33–61; dazu die Rezension von François de Callataÿ, in: Revue Belge de Numismatique et de Sigillographie 162 (2016), 356–361.

50

Hammond (From the Death of Philip to the Battle of Ipsus), in: Hammond/Walbank, A History of Macedonia, Bd. 3, 32–55; zur Rekonstruktion der Route Theodossiev, North-Western Thrace, 80–82; Boteva, An Attempt. Nach Arrians Angaben marschierte Alexander vom Strymon-Tal nördlich des Orbelos-Gebirges (Pirin-Gebirge) zum oberen Nestos, überschritt diesen, zog zum oberen Hebros (Marica) westlich von Philippopolis und erreichte am zehnten Tag den Haemus.

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das Kerngebiet der Triballer zwischen Timok und Iskăr vor. Nach der siegreichen Schlacht gegen die Triballer am Fluss Lyginos, vermutlich an der Botunja, erreichte Alexander nach dreitägigem Marsch die Donau, wahrscheinlich im Bereich der Ogosta-Mündung (Arr. anab. 1,2–3). Die mit Hilfe der über die Donau aus dem Schwarzen Meer herangeführten Schiffe versuchte Landung auf einer Flussinsel, wohin sich Triballer und Thraker zurückgezogen hatten, scheiterte, worauf Alexander in der Nacht die Donau mit einem Heeresteil von 1.500 Reitern und 4.000 Infanteristen überschritt, um eine demonstrative Militäraktion gegen die Geten am Nordufer des Stromes durchzuführen, denen er eine Niederlage beibrachte und eine befestigte getische Siedlung zerstörte.51 Die Triballer unter ihrem König Syrmos unterwarfen sich (Arr. anab. 1,3,3–1,4,6). Von Untermoesien aufbrechend führte Alexander im Sommer und Spätsommer 335 einen zweiten Blitzfeldzug gegen die illyrischen Dynasten Kleitos, den Sohn des Bardylis, und Glaukias, den König der Taulantier. Bei Alexanders Eroberungszug gegen das Perserreich waren thrakische Truppenverbände aus dem von Philipp eroberten Gebiet des Odrysenreiches, das nach 340 v. Chr. als makedonische Strategie eingerichtet worden war, neben den Elitetruppen der Paeonen und Agrianen im Einsatz. Außerdem waren angeworbene triballische und illyrische Söldnerverbände im Heer (Diod. 17,17,4). Als 331 der thrakische Stratege Memnon gegen Antipater rebellierte und einen Aufstand der Thraker entfachte, marschierte Antipater gegen ihn, schloss dann aber einen Waffenstillstand, da er sich gegen den Spartanerkönig Nabis wenden musste (Diod. 17,62,1–63,1). 326 wurden 5.000 thrakische Reiter und 7.000 Fußsoldaten rekrutiert und als Verstärkung zu Alexander gesandt (Curt. 9,3,21); die Kontrolle über die thrakische Strategie war damals wiederhergestellt. Der makedonische Stratege Zopyrion unternahm wahrscheinlich 326/325 einen Feldzug in die Gebiete der Geten nördlich des Haemus, scheiterte aber bei der Belagerung von Olbia und ging schließlich mit einer Armee von überliefert 30.000 Mann aus thrakischen Aufgeboten zugrunde.52 Thrakien in der Zeit des Lysimachos, des Seuthes III. und des Dromichaites

Nach Zopyrions Untergang hat der Odrysenherrscher Seuthes III.53 eine erfolgreiche Erhebung der Thraker initiiert (Curt. 10,1,45) und das odrysische Königtum wiederhergestellt. Nach dem Todes Alexanders wurde in der Reichsordnung von Babylon Thrakien 323 als eine von Makedonien getrennte Einheit und damit als eigenständige Satrapie dem Lysimachos,54 einem engen Vertrauten Alexanders d. Gr., übertragen. Im Frühling 322 kam es zu einer verlustreichen Schlacht zwischen 51

Die Insel Peuke, auf der sich Thraker und Triballer verschanzt hatten, ist vermutlich westlich der Ogosta-Mündung in die Donau zu suchen; vgl. Arr. anab. 1,3,4 zur Beschreibung der Insel.

52 Dazu

Delev, Thrace from the Assassination of Kotys I, 53f. Iustin, 12,2,16; Curt. 10,1,44.

53

Lund, Lysimachus, 22–33, 41. Sein Tod wird meist ca. 297 v. Chr. angenommen (Lund ebd., 22 nimmt für 331 ein Alter von 35 Jahren an), jedoch hat er Münzen noch nach dem Tode des Kassander geprägt; ferner ist IG II/III3 351 Rheboulas, dem Sohn Seuthes’ II. und Bruder Kotys’ I. (383 – 359 v. Chr.), gewidmet, und nicht einem Sohn des Seuthes III. Dieser kann somit sehr wohl erst nach 290 bzw. gegen 280 mit 60–70 Jahren verstorben sein. Seine Witwe Berenike, offensichtlich eine Makedonin, und ihre vier Söhne sind durch den Eid gegenüber dem wohl erst nach 281 anzusetzenden Dynasten Spartokos von Kabyle in der Seuthopolis-Inschrift belegt (­IGBulg III/2, 1731; Elvers, Der Eid der Berenike).

54

Zu ihm Lund, Lysimachus, bes. 20–50; zur Epoche Hauben/Meehus (Hgg.), The Age of the Successors.

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Seuthes, der nach Diodor 20.000 Infanteristen und 8.000 Reiter aufbieten konnte, und Lysimachos, aus der keine Seite als klarer Sieger hervorging (Paus. 1,9,6; Diod. 18,14,2–4, zweifellos eine für Lysimachos geschönte Version). Wahrscheinlich war Seuthes im Rahmen eines Abkommens auf das binnenthrakische Kerngebiet beschränkt, während Lysimachos die Küstenzonen der Nordägäis und des Schwarzen Meeres mit ihrem Hinterland und die Propontis beherrschte. 313 wurde die Revolte der pontischen Küstenstädte während des 3. Diadochenkrieges von den Geten und von Skythen aus dem nordwestlichen Schwarzmeerraum unterstützt (Diod. 19,73,1–10). Lysimachos zog gegen die rebellierenden Städte nach Norden, eroberte Odessos und Istros/Histria und besiegte die Skythen; Seuthes hingegen, der sich Antigonos Monophthalmos angeschlossen hatte, blockierte die Haemus-Pässe, doch konnte Lysimachos ihn schlagen und anschließend die Landungstruppen des Antigonos besiegen. Seuthes musste erneut die Oberhoheit des Lysimachos anerkennen. Kallatis kapitulierte 310/309 v. Chr. Als Hauptstadt seines Reiches gründete Lysimachos 309/308 am Ansatz der thrakischen Chersones Lysimacheia, und nach seinem wesentlichen Beitrag zu dem Sieg über Antigonos Monophthalmos und dessen Sohn Demetrios Poliorketes 301 bei Ipsos wurde ihm aus der Beute Kleinasien zugesprochen. Allerdings scheiterten seine beiden Feldzüge in den 290er Jahren gegen die unter Dromichaites vereinigten Geten. In der Phase der Diadochenkriege nach dem Tode Alexanders konnte König Dromichaites,55 dessen Kerngebiet mit seiner Hauptstadt Helis (Sborjanovo)56 in der Ludogorie-Region nahe Isperich lag, die getischen Stammesverbände zwischen Donaumündung und Balkangebirge nach 310 unter seiner Führung einen und sich gegen Lysimachos’ Expansion in die getischen Gebiete im Hinterland der Küstenstädte durchsetzen. Ein erster Feldzug unter dem Kommando des Agathokles, des Sohnes des Lysimachos, wahrscheinlich 297 v. Chr. endete mit der Gefangennahme des Agathokles, der aber bald freigelassen wurde; der Feldzug des Lysimachos selbst mit einem starken Heer zwischen 293 und 291 führte zu einer völligen Niederlage und zur Gefangennahme des Königs und seines Heeres (Memnon FGrHist 434, frg. 5; Diod. 21,11–12; Paus. 1,9,6f.). Nach der Verständigung der beiden Herrscher, die mit der Heirat des Dromichaites mit einer Tochter des Lysimachos bekräftigt wurde, ließ Dromichaites den König wieder frei, während Lysimachos die besetzten getischen Gebiete aufgeben musste. Kontakte Thrakiens zur griechischen Welt und Hellenisierung

Thrakien war durch die intensiven Beziehungen zur Ägäis und zu den Griechenstädten in der Propontis und an der Westküste des Schwarzen Meeres seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. einem starken Einfluss aus dem hellenischen Raum unterworfen, der sich im 4. Jahrhundert weiter intensivierte. Die Könige der südthrakischen Odrysen waren im späteren 5. Jahrhundert zur dominierenden Macht in Thrakien aufgestiegen und in enge Kontakte zum Ägäisraum getreten; ihre Reichsbildung 55

Diod. 21, fr. 11–12; Paus. 1,9,6; Strab. 7,3,8.14; Polyain. 7,25; Lund, Lysimachus, 43–49; Delev, Lysimachus, 384–401; Avram, The Getae, 65–75, allerdings mit unrichtiger Lokalisierung des Dromichaites als Herrscher nördlich der Donau; Paus. 1,9,6 ist dafür aber keine tragfähige Quelle.

56

Popov, Settlements 118f.; Stoyanov, Warfare 434; ders., The Getic Capital, 207–221; ders. u. a., 20 Years of Investigation; Stojanov u. a., Sborjanovo, Bd. 3.

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endete mit den Eroberungen Philipps II. Die Hellenisierung der thrakischen Eliten im 5.  und 4. Jahrhundert unter makedonischem Einfluss dokumentieren die Tumuli der Fürsten- und KönigsNekropolen von Aleksandrovo, wo bereits Gräber des 8. – 6. Jahrhundert v. Chr. aufgedeckt wurden, Kazanlăk nahe Seuthopolis, Panagjurska Sredna oder Šipka mit ihrer reichen Steinkammer­ architektur und Ausmalung.57 Die ältesten Grabanlagen mit Kammergräbern in Steinarchitektur datieren in die 1. Hälfte, um die Mitte und ins späte 5. Jahrhundert. Großtumuli des 4. Jahrhunderts noch mit Holzeinbauten, aber überaus reichen Goldbeigaben sind die Grablegen von Zlatinitsa/ Zlatinica (datiert 370/360) in Südostbulgarien und Topoltschane/Topolčane nördlich von Kabyle. Die engen Handelsbeziehungen zeigen sich in der im 3. Viertel des 5. Jahrhunderts gegründeten griechischen Handelsniederlassung Pistiros (Vetren)58 im Odrysenreich, die unter König Kotys I. ihre Blüte erlebte und eng mit den griechischen Städten an der nordägäischen Küste verbunden war; mit der Eroberung Philipps II. folgte hier ein deutlicher wirtschaftlicher Wandel, verbunden ­ istiros von jenen Keltenmit der Ansiedlung griechischer Neusiedler. Möglicherweise wurde 278 P gruppen zerstört, die das Reich von Tylis begründeten. Seine überregionale Bedeutung als Handelszentrum war verloren, die Siedlung lebte bis in die 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. als ein Zentrum der Metallverarbeitung von lokaler Bedeutung weiter. Charakteristisch für die Hellenisierung ist die nach griechischem Vorbild angelegte Stadt Seuthopolis, die Gründung Seuthes’ III.59 Die orthogonal konzipierte, aber nur fünf Hektar große Anlage, die nach dem Fundmaterial jedenfalls ab ca. 305 bewohnt war, folgte dem Schema makedonisch-hellenistischer Festungsstädte mit Militärkolonisten, wie sie in den Anlagen Philipps II. von Karyva, Pernik oder Bujuk kale zu finden sind.60 Seuthopolis bestand bis Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr.; eine Zerstörung anlässlich des Thrakienfeldzuges des Antiochos II. (vgl. Polyain. 4,16) 252 ist aufgrund der Amphorenimporte und des Münzbefundes wie des massiven Artilleriebeschusses durchaus naheliegend. Seuthes III. wurde, nach den deponierten Grabbeigaben zu schließen, in der zweiten Phase des Kammergrabes

57 Zusammenfassend

Stoyanova, Tomb Architecture; Valeva, The Decoration of Thracian Chamber Tombs; Stoyanov/Tonkova, La nécropole royale de Shipka; Stoyanov/Stoyanova, Early Tombs in Thrace. Die Errichtung der meisten Grabanlagen datiert zwischen Mitte 4. und Mitte 3. Jh. v. Chr.; eine kleine Zahl von Gräbern in dieser Tradition wurde in römischer Zeit neu angelegt. Die Grablegen wurden in der Regel mehrfach benutzt.

58

Bouzek u. a. (Hgg.), Pistiros. Von besonderer Bedeutung für Struktur des Handels ist die Vetren-Inschrift IGBulg V 5557 = SEG 43, 486 = 47, 1101 = 49, 911, die zwischen 359 und 352/351 datiert; Demetriou, Pistiros and the North Aegean Trade Network. Es werden von einem odrysischen Herrscher die Garantien und Privilegien einschließlich der Asylie für die Einwohner von Pistiros und griechische Kaufleute von Thasos, Maroneia und Apollonia – gemeint ist wohl eher die gleichnamige Stadt an der Nordägäisküste als Apollonia Pontica (vgl. Zannis, Le pays entre le Strymon et le Nestos, 177f.) – bestätigt, wobei ein entsprechendes vorausgehendes Abkommen durch Kotys I. genannt wird. Vorschläge, Pistiros mit Pistyros im Festlandsgebiet von Thasos oder mit Masteira zu identifizieren, bleiben ohne Grundlage.

59 Vgl.

Dimitrov/Chichikova, The Thracian City of Seuthopolis; Chichikova, The Thracian City of Seuthopolis; Tatscheva, Seuthes III., Seuthopolis und Kabyle; Nankov, The Fortification of Seuthopolis; ders., Beyond Hellenization; ders., Urbanization, 404–406. Nankov rechnet mit gutem Grund mit der Ansiedlung von thrakischen Rückkehrern der Alexander- und Diadochenheere.

60

Stoyanov, Warfare, 435.

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im Tumulus Goljama Kosmatka bei Kazanlăk symbolisch bestattet,61 wobei dem vor dem Eingang zum Grab separat bestatteten Kopf einer Bronzestatue des Königs besondere Bedeutung zukommt. Der Leichnam des Königs selbst konnte im Grab nicht beigesetzt werden; es ist durchaus möglich, dass Seuthes III. mit seinem Aufgebot Lysimachos in die Schlacht von Kouroupedion im Frühjahr 281 gefolgt und dort mit seinem Oberherrn gefallen war. Der Hellenisierungsprozess, der von den griechischen Kolonien Istros/Histria, Tomis, Kallatis und Odessos ausging, zeigt sich auch deutlich im getischen Raum nördlich des Haemus. Das bereits seit dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. bestehende Helis (Sborjanovo) war eine mit doppelter Befestigungsmauer umgebene, hellenistisch geprägte Stadtanlage von ca. 100 Hektar Gesamtfläche mit Akropolis (ca. 30 Hektar, aristokratische Quartiere, Königssitz) und Handwerker- und Händlervierteln in einer befestigten Unterstadt; die Stadt fiel in der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. einem Erdbeben zum Opfer. Die Verstärkung und Erweiterung der Befestigung im 1. Viertel des 3. Jahrhunderts zeichnet sich durch den Einbau hellenistischer Katapultartillerie aus. Nach der Aufgabe bestanden die Kultareale bis Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr. weiter. Die Grablege des Dromichaites wird mit guten Gründen in dem großartigen Karyatiden-Grab von Sveštari bei Helis (Sborjanovo) gesehen; dieses mit einer Prunkfassade versehene Kammergrab stellt einen nach innen gewendeten Tempelnachbau dar, in dem sich der Herrscher als vergöttlichter, alexandergleicher Heros darstellen ließ.62 Der Tumulus gehört zu einer Nekropole mit 36 Hügelgräbern, die ein überregionales Machtzentrum des 4. – 3./2. Jahrhunderts v. Chr. anzeigt. In das mittlere 4. Jahrhundert v. Chr. datiert der Tumulus von Agighiol am Südrand des Donaudeltas mit Dromos, Vorkammer, Grabkammer und Pferdekammer, der trotz der herausragenden Rüstungs- und Waffenbeigaben nach dem anthropologischen Befund zwei weibliche Bestattungen barg und offenkundig skythischen Einfluss zeigt.63 Weitere getische Zentren in der Dobrudscha finden sich in Adâncata I – Florii, Izvoarele (Vorgänger des römischen Sucidava), Dunăreni-Muzait (Vorgänger des römischen

61

Stoyanov/Stoyanova, Early Tombs in Thrace, 318–322; Stoyanova, Tomb Architecture, 161–164; Valeva, The Decoration of Thracian Chamber Tombs, 190f.; Dimitrova, The Tomb of King Seuthes (erste Anlage zu früh datiert und erneut in einer Fehlinterpretation als Kultstätte gedeutet); Manov, Der frühhellenistische Bronzekopf; Saladino, Il ritratto di Seuthes III. Ein Todesdatum in den späteren 280er Jahren stimmt mit den Beigaben durchaus überein. Die ursprüngliche Anlage (Fassade, zwei Vorkammern, monolithische Grabkammer) aus dem 3. Viertel des 4. Jh.s wurde erbrochen, die Marmortüre zerschlagen; lediglich drei Kinderzähne wurden gefunden. In der zweiten Phase baute man einen langen Dromos mit einer neuen Eingangsfassade an. Nach der Niederlegung der Grabbeigaben (Helm, Panzer, Beinschienen, Schwert, Speere, Goldring, Goldkranz etc., ein Fragment der Marmortüre) in der Grabkammer wurden die Eingänge der Vorkammern (erste Kammer Mitbestattung eines Pferdes) mit den Bruchstücken der ursprünglichen Marmortüre und Kalksteinblöcken wenig sorgfältig verschlossen, der Dromos verfüllt, der Bronzekopf aufgestellt und der Eingangsbereich zugeschüttet. Die Plünderung der ersten Grablege dürfte mit den Kampagnen des Lysimachos in Zusammenhang stehen.

62

Die skulpturale und ornamentale Ausstattung mit dem Naiskos der zentralen Grabkline datiert die Errichtung auf Ende 1./Anfang 2. Viertel des 3. Jh.s v. Chr.; Chichikova, The Caryatids Royal Tomb; Stoyanova, Tomb Architecture; Valeva, The Decoration of Thracian Chamber Tombs, 188–190.

63

Berciu, Das thrako-getische Fürstengrab von Agighiol; Teleagă, Die Prunkgräber aus Agighiol und Vraca. Zu den Beziehungen der Thraker zu den Skythen Braund, Thracians and Scythians; zur Dobrudscha in der älteren Eisenzeit Ailincăi u. a. (Hgg.), Lower Danube Prehistory.

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Sacidava) oder Satu Nou – Valea lui Voicu und Vadu Vacilor.64 Etwa um 200 v. Chr. datiert die diplomatische Mission der Stadt Histria in einer Phase schwerer Auseinandersetzungen mit einheimischen thrakischen Dynasten zu dem getischen König Zalmodegikos wegen der Freilassung von 60 Geiseln, ebenso zu dem skythischen Herrscher Rhemaxos,65 der eine Schutzherrschaft gegen „Tribute“ für griechische Küstenstädte ausübte. Entsprechende Beziehungen zwischen Odessos und dem Skythenkönig Kanitas bezeugt die Ende 3./Anfang 2. Jahrhundert zu datierende Inschrift IGBulg I2 41. Kulturelle Entwicklungen im getischen Raum nördlich der Donau

Eine eigene Entwicklung durchlief das getische Gebiet in der Großen Walachei.66 Dabei ist zu betonen, dass die traditionellen chronologischen Einteilungen der rumänischen Forschung (4. – 3. Jh. v. Chr., 2. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr. oder „geto-dakisch“ ab 4. Jh. v. Chr.) aufzugeben und durch eine differenzierte Stufung für die Räume zwischen Karpaten, Donau und Dnjestr-Gebiet zu ersetzen sind: 4. – 3., 3. – 2., 2. – 1. Jahrhundert v. Chr., mit Übergangsstufen 3./2. und 2./1. Jahrhundert v. Chr. Kleine befestigte Plätze als Sitze örtlicher Eliten sind in der ersten Phase (4. – 3. Jh. v. Chr.) auf das Gebiet der Flüsse Vedea und Teleorman konzentriert (Albeşti, Orbeasca de Sus, Trivalea-Moşteni, Râca-Tudoria), wobei das Fürstengrab von Peretu an der Vedea und die befestigte Siedlung von Orbeasca de Sus ein Machtzentrum im mittleren Muntenien der 2. Hälfte des 4. und in der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. anzeigen dürften.67 Hinzu kommt die befestigte Anlage von Cervenia am Zusammenfluss von Vedea und Teleorman.68 Eine Agglomeration von Siedlungen, die teilweise bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. belegt sind, findet sich entlang des Hochufers zur Donauniederung und zum See von Greaca zwischen Prundu und Căscioarele im Kreis Călăraşi.69 Zentrum 64

Zu den getischen Zentren in der rumänischen Dobrudscha vgl. Irimia, Consideraţii privind aşezările getice din Dobrogea; ders., Centres de pouvoir gètes préromains; ders./Conovici/Ganciu, Le site gétique de Satu Nou. Der Emplekton-Stein-Erde-Wall von Valea lui Voicu mit starkem hellenistischen Einfluss besteht im 3. Jh.; die befestigte Siedlung wird Ende des 3. Jh.s zerstört, eine Nachfolgesiedlung des 2. Jh.s in Vadu Vacilor errichtet, aber dann mit dem Wiederaufbau von Valea lui Voicu aufgegeben. Diese Siedlung zeigt noch augusteisches Material, ehe sie im frühen 1. Jh. n. Chr. geräumt wird.

65

IScM 1, 8 = SEG 18, 288; IScM 1, 15 = SEG 24, 1095 mit SEG 55, 792; Avram, The Getae, 67–69. Genannt sind die Missionen des Agathokles hinsichtlich des Konfliktes mit dem thrakischen Dynasten Zoltes und zu dem skythischen König Rhemaxos.

66 Zusammenfassend

Bătrînoiu, The Dynamics of Habitation in Walachia, die treffend von Geten und nicht von Geto-Dakern spricht; Sîrbu/Trohani, Cités et établissements fortifiés; Zanoci, Fortificaţiile geto-dacice; Măndescu, Cronologia perioadei timpurii a celei de-a doua epoci a fierul; Pavelet/Anton, Date privind aşezarea getică de la Bărcăneşti; Babeş, Spațiul carpato-dunărean în secolele III–II a. Chr., 517–530; Sîrbu/Matei, Quelques observations sur des centres fortifiés géto-daces; Bărbulescu, Relaţii. Problematisch ist bei den meisten Arbeiten die Verwendung des Kunstbegriffes „Geto-Daker“ als ethnisch konnotiertes Etikett. Für neueste Ergebnisse zu den hier und im Folgenden behandelten archäologischen Fundplätzen auf dem Gebiet Rumäniens vgl. das Repertoriul Arheologic Național (RAN) im Internet .

67

Moscalu, Das thrako-getische Fürstengrab von Peretu; Pătrașcu, Câteva materiale arheologice descoperite în cetatea getică Orbeasca de Sus.

68

Mirea, Cetatea de la Cervenia.

69

Sîrbu u. a., Aşezări din zona Căscioarele – Greaca – Prundu.

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ist der getische Dynastensitz Căscioarele-D’aia parte, dessen dreiphasige Befestigung eine Abfolge von Graben mit Palisade, dann Lehmziegel und Lehmanschüttung und zuletzt eine ZweischalenEmplektonmauer (Mauer mit einer aus Stein aufgebauten Außen- und Innenschale mit einer Füllung aus Bruchsteinen und Erde o. ä.) aus Fluss- und Kalksteinen mit Lehmfüllung zeigt. Die Siedlung, die einen wirtschaftlichen, politischen und religiösen Mittelpunkt der Region darstellt, ist bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. belegt. Unter den größeren offenen Siedlungen treten Zimnicea70 und Brăiliţa am Donauufer als wichtige Handelspunkte mit entsprechenden Importen hervor; beide bestehen bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. Gleiches gilt für Căscioarele. Im 3. Jahrhundert zeigen sich deutliche Veränderungen; die befestigten Plätze um Vedea und Teleorman enden, ebenso ältere größere Siedlungen in West- und Nordostmuntenien wie auch im Bereich von Argeş, Dâmboviţa und der unteren Ialomiţa. Als Zentralorte mit reichen Importen zeigen sich dann Căscioarele-D’aia parte und die neu entstandenen befestigten Siedlungen Pleaşov am unteren Olt und Tinosu in der subkarpatischen Zone. Typische Befestigungsformen sind Graben, Erdwall und Palisade. Die Neuerrichtung offener Siedlungen konzentriert sich im zentralen Muntenien, insbesondere um Dâmboviţa und unteren Argeş. Auch im 2. Jahrhundert v. Chr. enden die meisten älteren Siedlungen mit Ausnahme von Zimnicea, Piscul Crăsani und Bărăneşti (seit dem 4. Jh.) bzw. Cârlomăneşti, Sibiciu de Sus, Piscul Coconi, Cetăţeni,71 Vlădiceasca und Greaca-Prundu. Cârlomăneşti,72 Piscul Crăsani und Vlădiceasca entwickeln sich neben Tinosu zu befestigten regionalen Zentralorten, während am Argeş der neue befestigte Zentralort Popeşti73 entsteht. Weitere neue befestigte Siedlungen mit zentralörtlich-herrschaftlicher Funktion sind Radovanu Gorgana I und II,74 während hier Căscioarele-D’aia parte im 2. Jahrhundert endet, sowie Iedera oder Sprâncenata östlich des unteren Olt. Die Befestigung der Zugangsseiten mit Graben, Erdwall und Palisade bleibt gleich, offene Außensiedlungen sind verbreitet. Bestattungen der aristokratischen Kriegerelite im Beigabenschema der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe in Tumuli sind mit den Zentren Popeşti, Cetăţeni, Radovanu und Lăceni am Teleorman verbunden.75 Gräber der einfachen Bevölkerung sind charakteristischerweise unbekannt. Nur in Cetăţeni wird ein Zweischalen-Emplektonwall errichtet, die Talsiedlung bleibt unbefestigt; die enorme Menge von Amphoren dokumentiert die wirtschaftliche 70

Spânu, Contribuţii arheologice şi iconografice la cercetarea sitului „Cetate“ de la Zimnicea.

71

Babeş, Staţiunea geto-dacă de la Cetăţeni.

72

Ders., Staţiunea geto-dacă de la Cârlomăneşti; Matei, Dava de la Cârlomăneşti; Matei/Măgureanu, Public Space – Private Space in the Dava de la Cârlomăneşti; Măgureanu, Considerations. Natürliche Schutzlage am rechten Ufer der oberen Buzău, bedeutendes Kult- und Wirtschaftszentrum; ein fragmentarisches, vor dem Brand auf dem Gefäß angebrachtes Graffito bringt den Text [Βασι]λέως Β[---] (Matei, Dava de la Cârlomăneşti, 100). Dieses befestigte, regional dominierende Zentrum mit starker kultischer Komponente und Münzprägung endet im späteren 1. Jh. v. Chr. Das große Apsidengebäude mit öffentlicher Kultfunktion überlagert zwei Vorgängerbauten mit dekorierten Herden; ein Rechteckgebäude mit 5 × 5 Pfostengrubenreihen.

73

Vulpe, 50 years; Florea, Dava et Oppidum, 59–66; die dortige Tumulus-Nekropole zeigt die Bestattungen der aristokratischen Kriegerelite, deren Ausstattung der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe zugehört.

74 Mögliche

Münzstätte; Tumulusgrab mit Bestattung der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe; 2. – 1. Jh. v. Chr.; Şerbanescu/Schuster/Morintz, The Getic Dava from Radovanu.

75

Sîrbu, Mormintele tumulare din zona carpato-dunăreană; Łuczkiewicz/Schönfelder, Untersuchungen zur Ausstattung eines späteisenzeitlichen Reiterkriegers; Rustoiu, Commentaria archaeologica et historica (I), 171–183.

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Bedeutung des Ortes; wahrscheinlich wurden hier die Amphoren zum Weitertransport des Weines umgefüllt. In Pietroasa Mică – Gruiu Dării76 am Fuße der Südostkarpaten nahe Buzău wird die kleine Siedlung des 4./3. – 2. Jahrhundert v. Chr. in der Übergangsphase 2./1. Jahrhundert v. Chr. planiert und eine Befestigung in der Gestalt einer massiven Zweischalen-Emplekton-Mauer aus Kalksteinblöcken errichtet, die nach der Zerstörung der Anlage um Christi Geburt im 1. Jahrhundert n. Chr. in der Wiederaufbauphase als Ummauerung eines heiligen Bezirkes mit zahlreichen rituellen Depots diente. Nordwestlich von Buzău befindet sich in einem Seitental der oberen Buzău, die den Zugang zum Predeluş-Pass und damit ins Becken von Kronstadt bildet, die Festung von Târcov-Piatra cu lilieci, die nach einer unbedeutenden Belegung des Platzes im 4. – 3. Jahrhundert v. Chr. erst in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. errichtet wurde.77 Die offenen Siedlungen konzentrieren sich im Bereich von Argeş, Dâmboviţa und Colentina sowie in der östlichen subkarpatischen Zone wie um das Zentrum von Vlădiceasca. Gering ist dagegen die Zahl größerer Siedlungen in Westmuntenien. An der Donau liegen nur drei Siedlungen, Zimnicea, Olteniţa an der Argeş-Mündung und Borduşani. Es ist deutlich erkennbar, dass sich im 2. Jahrhundert regionale Machtstrukturen mit entsprechenden Zentralorten ausbildeten. Die wichtige Zone unterhalb des Olt-Durchbruches durch die Südkarpaten sowie bedeutender Salzminen am Rand der Südkarpaten beherrschte der ebenfalls in der Übergangsphase 2./1. Jahrhundert v. Chr. entstandene und im 1. Jahrhundert n. Chr. seine große Bedeutung erlangende, mit Graben, Wall und Palisade bzw. Holz-Erde-Mauer sowie Resten hellenistischen Quadermauerwerks auf der Zitadelle befestigte Zentralort bei Ocniţa/Ocnele Mari in einem Seitental des Olt, der von einer Reihe unbefestigter Siedlungen umgeben war und zweifellos mit dem vorrömischen Buridava zu identifizieren ist.78 Die Blüte dieses Zentralortes fällt nach dem überaus reichen Fundgut, starkem hellenistischem Einfluss und reichen römischen Importen in das 1. Jahrhundert n. Chr. Die Zitadelle (Festung I) stellt das politische und religiöse Zentrum dar und datiert ab der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Das überaus reiche, von Importen gekennzeichnete Fundmaterial zeigt ebenso wie der Münzstempel für die Nachprägung von Denaren und die Bezeugung eines lokalen

76

Sîrbu/Matei, Pietroasa Mică – „Gruiu Dării“.

77

Akropolis und drei befestigte Terrassen. Ein weiterer befestigter Komplex an einem wichtigen Buzău-Übergang liegt bei Şuţeşti; die befestigte Siedlung Movila Crestată datiert 2. – 1. Jh. v. Chr.; verbunden ist ein Wall-Grabensystem zur Abtrennung eines Vorgebirges in einer ehemaligen Flussschleife. Sîrbu, Dava getica de la Grădiştea.

78 Vgl.

Berciu, Buridava dacică (problematisch hinsichtlich der Chronologie und der genauen Präsentation der Befunde); Strobel, Die Donaukriege Domitians, 54f.; Florea, Dava et Oppidum, 70–74; Wiederaufnahme der Grabungen durch Constantin A. Bărbulescu 2016. Der Komplex besteht aus einer tiefer gelegenen offenen Siedlung und drei Hügelkuppen (alle befestigt?), wobei die höchstgelegene von einer Akropolis und fünf Terrassen gebildet wird und das kultische und politische Zentrum darstellt. In einem der rituellen Depots fand sich ein römischer Gladius und ein augusteischer Denar. Bereits in traianischer Zeit wurde nur 300 m östlich die römische Siedlung von Ocnele Mari-Aval Baraj gegründet, die den Salzabbau fortsetzte und, nach der Masse der autochthonen Keramik zu schließen, mit der einheimischen Bevölkerung besiedelt wurde. Entgegen Bărbulescu, Relaţii daco-romane, 45f. ist ein Fortbestehen des befestigten Komplexes nach dem Dakerkrieg Domitians nicht nachweisbar.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Königtums79 die überregionale Wichtigkeit des Ortes mit engen Handelsbeziehungen zum römischen Gebiet im 1. Jahrhundert n. Chr. Die Bedeutung dieses Zentrums ist offensichtlich in Folge der augusteischen Clearings entscheidend gewachsen; es ist von einem durch ein Foedus geregelten Verhältnis der Dynasten von Buridara zum Imperium Romanum (vgl. Iord. Get. 13,76) auszugehen. Vom 2. Viertel des 2. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. wird Oltenien,80 insbesondere der westliche Teil, durch die Flachgräber der Kriegerelite der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe gekennzeichnet. Die teilweise bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. reichenden befestigten Siedlungen des 4. – 3. Jahrhunderts zeigen als Besonderheit Lehmziegelmauern, die teilweise durch Brandkatastrophen versiegelt sind und deren Vorbild in Thrakien (Pernik u. a.) liegt.81 Zahlreiche Siedlungen und befestigte Plätze enden mit dem 1. Jahrhundert v. Chr.82 Andere83 bestehen noch ins 1. Jahrhundert n. Chr. hinein, so Voita-La Cetate, Valea Stanciului und Vârț-Rovinari (Holz-Erde-Befestigung 1. Jh. v. und n. Chr.),84 welches den Zugang zum Vulkan-Pass kontrollierte und wo sich später in einer Entfernung von ca. 1 km das römische Holz-Erde-Lager von Pinoasa befindet. Ein regionales Zentrum ist in dem Siedlungskomplex am Mittellauf des Jiu bei Craiova/Bucovăţ, vermutlich das vorrömische Pelendava, zu fassen, dessen befestigte Siedlung Bucovăţ-La Jidovii aber bereits mit dem 1. Jahrhundert v. Chr. endet (3. – 1. Jh.). Hingegen besteht die einfach befestigte Siedlung ­Izvor-La Cetate nördlich von Craiova im 1. Jahrhundert n. Chr. Die große befestigte Anlage von Bâzdâna-Cetate wird im 1. Jahrhundert v. bis 1. Jahrhundert n. Chr. erneut besetzt, aber nur mehr als einfache Siedlung mit einem Erdwall befestigt. Im frühen 1. Jahrhundert v. Chr. wurde die auf einer dominierenden Felsenhöhe gelegene Festung von Polovragi an der Schlucht des Olteţ am Rand der Südkarpaten zwischen Jiu und Olt angelegt, zu der eine Talsiedlung (2. – 1. Jh. v. Chr.) gehört. Eine erste Befestigung mit einem Stein-Erde-Wall und Palisade wurde durch eine Emplektonmauer ersetzt; jedoch wurde die Zitadelle mit acht künstlich angelegten Terrassen bereits um die Zeitenwende zerstört.

79

Mehrere Scherben eines reich verzierten Pithos tragen eine vor dem Brand angebrachte Inschrift (SEG 30, 862; Arbore Popescu [Hg.], I Daci, 237), wobei aber gegenüber der bisherigen Rekonstruktion zwischen dem Fragment mit dem ersten Teil des Textes Βασιλε[– und den beiden anderen mit dem zweiten Teil –] Θιαμαρκ[ο]ς ἐποίει ein Abstand unbekannter Größe anzunehmen ist, so dass Titel und unbekannter Name des Königs im Genetiv zu ergänzen sind. Thiamarkos ist somit der Name des herstellenden spezialisierten Handwerkers.

80 Zu

Oltenien Gherghe, Așezări şi cetăţi geto-dacice din Oltenia; Calotoiu, Repertoriul descoperirilor arheologice din epoca geto-dacică în judeţul Gorj; Doina, Repertoriul descoperirilor arheologice din judeţul Gorj; Bărbulescu, Relaţii.

81

Zirra u. a., La station gétique fortifiée de „Cetatea Jidovilor“; Zanoci, Ferneinflüsse in der geto-dakischen Architektur; Babeş, Despre fortificaţiile Cetăţii „Jidovilor“. Entsprechend Coţofenii din Dos (4. – 3. Jh.), Bâzdâna-Cetate (4. – 2. Jh.), Morunglav (5. – 3. Jh.), Mărgăriteşti-Cetate (5. – 2. Jh. v. Chr.); ferner enden im 2. Jh. v. Chr. ViişoaraMoşneni-La Cetate (nur 2. Jh. v. Chr.), Bucovăţ, Brădeşti Bătrâni – Valea Rea.

82

Stoina/Păişani-La Cetate (4. – Anfang 1. Jh. v. Chr.), Toiagu (4./2. – 1. Jh. v. Chr.), Somănești und Bobaiţa (1. Jh. v. Chr.); offene Siedlungen: Vierşani, Românești, Bălăneşti (alle 2. – 1. Jh. v. Chr.), Țigănași (3. – 1. Jh. v. Chr.)

83

Ţicleni-Cetate, Socu-Bărbăteşti, Bumbeşti, Bala de Sus, Botoşeşti-Paia-Cetate.

84

Calotoiu, a. O. (wie Anm. 80), 94; Fundmaterial und Münzen des 1. Jh.s n. Chr., ein Gladius.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

2.1 .3 D  as Vordringen von Trägern der Latènekultur nach Südosteuropa Einen wesentlichen Einschnitt in die historische Entwicklung des südosteuropäischen Raumes stellte die Phase des Vordringens von Kelten, genauer gesagt, von Trägern der Latènekultur, geführt von einer mobilen Kriegeraristokratie und gestützt auf eine breite Schicht freier Krieger, in den Landnahmebewegungen und Heereszügen der frühen Latènezeit dar.85 Die frühere hochgradig vertikale soziale und politische Hierarchisierung (Fürstengräberhorizont) wurde durch dezentrale flachere Hierarchien innerhalb der Stammesgruppen und Sippenverbände ersetzt. Sozial breiter aufgestellte Kriegereliten und ihre aristokratischen Führungspersönlichkeiten mit einer ideologischen Selbstrepräsentation im heroischen Kriegertum ermöglichten eine höhere Mobilität und auch ethnogenetische Flexibilität. Es ist von einem komplexen Gemenge sozialer, religiöser, ideologischer und ökonomischer Faktoren auszugehen, die in der 2. Hälfte des 5. und in der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. in regional unterschiedlicher Zeitabfolge von der politisch-sozialen und ökonomischen Zentralisierung der späten Hallstattzeit zu einer Dezentralisierung von Macht, zu einer Aufgabe der in der hallstattzeitlichen Binnenkolonisation erschlossenen sekundären landwirtschaftlichen Regionen und zu einem mit Abwanderung und Wanderbewegungen verbundenen Bevölkerungsrückgang in Zentral- und Marginalzonen führte.86 Dies war mit einer schwerwiegenden Verschlechterung der zeitgenössischen klimatischen Bedingungen verbunden;87 Untersuchungen zeigen eine Abkühlung in der nördlichen Hemisphäre (Iron Age Cold Period), der um 400 eine schnell wirksame Klimaverschlechterung folgte, die mit einer veränderten Sonnenaktivität und verstärktem Vulkanismus zu korrelieren ist. Landwirtschaftlich benachteiligte Gebirgs-, Rand- und Mittelgebirgszonen, aber auch Flusslandschaften wurden davon zweifellos primär betroffen. Diese sich in der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts entwickelnde religiös-kulturelle, politische und soziale Dynamik der Frühlatènezeit (LT A) mit einer großen Mobilität von Kriegereliten und ihren Gefolgschaften wie auch von einsetzenden Wanderzügen aus Teilen von Stammesverbänden, Clans und Sippen erreichte rasch den mittleren Donauraum und das Karpatenbecken. Noch in der Periode LT A waren Niederösterreich, die Südslowakei, das Burgenland und Teile Nordwestungarns erfasst, in LT B1 (1. Hälfte des 4. Jh.s) das nördliche und westliche Ungarn; Gruppen erscheinen 85

Zusammenfassend zur Latènisierung und Ausbildung des ostkeltischen Raumes Szabó, Les Celtes de l’Est; ders., Celticité danubienne; Demoule, Migrations et théories migratoires; Hauschild, „Celticised“ or „Assimilated“?; Rustoiu/Berecki, Cultural Encounters and Fluid Identities; Schönfelder, Considérations sur les élites celtiques; ders., Archäologische Untersuchungen zur Elite der keltischen Gesellschaft; ders./Sievers (Hgg.), L’âge du Fer; Fernández-Götz, Identity and Power; ders., Contested Power; Pierrevelcin, Les relations entre la Bohême et la Gaule; ferner Strobel, Die Galater, bes. 153–164; Sîrbu/Vaida (Hgg.), Thracians and Celts (geht über das Thema weit hinaus); Szabó (Hg.), La nécropole celtique à Ludas-Varjú-dűlő; Rustoiu, Weapons as Symbols; Berecki (Hg.), Iron Age Chronology in the Carpathian Basin; Guştin/Kavur, Early La Tène Warrior Graves. Problematisch Džino, The Celts in Illyricum (seine Thesen von „common regional habitus“, kultureller Hybridisierung ohne Migrationsbewegungen etc. greifen zu kurz).

86

Vgl. etwa Grünewald u. a., Landnutzung; Hornung (Hg.), Mensch und Umwelt, Bd. 1.

87 Zur

Klimaentwicklung Sirocko (Hg.), Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung; Maise, Archäoklimatologie; Fischer, Neue Chancen für eine archäologische Klimaforschung; Grindean, Vegetation Responses; Opreanu/ Lăzărescu (Hgg.), Landscape Archaeology; Strobel, Das frühe Stammesreich, 65f.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

auch bereits im Donau-Drau-Save-Raum. Der Ostteil der Steiermark hat zusammen mit der pannonischen Nachbarregion bei der frühen Latènisierung des Ostalpenraumes eine bedeutende Stellung eingenommen. Hier wird eine Übergangsphase von der Späthallstattzeit zur frühen Latènezeit (LT  B1) fassbar, die einen komplexen Latènisierungsprozess mit wesentlicher autochthoner Komponente zeigt, wie er sich ebenso in der Slowakei, in Slowenien, Ungarn und Siebenbürgen88 abzeichnet. In den Phasen LT B1 – B2a (2. Hälfte 4. Jh.) sowie B2b (spätes 4. Jh.) – C1 weisen der Raum von der Slowakei bis Slowenien und Kroatien und andererseits das östliche Karpatenbecken mit Siebenbürgen relativ einheitliche kulturelle Entwicklungen auf, wobei die Frage nach den für einen überregionalen Markt arbeitenden Zentren von Waffen- und Schmuckproduktion noch zu klären ist. Die Führung der keltischen Migrationen lag primär bei mobilen Eliten in kleineren Familien- und Sippenverbänden und ihren Führern, die an der Spitze von hierarchisch organisierten Gesellschaften bzw. Gefolgschaftsverbänden standen. Der überaus hohe Anteil an Männern bzw. an waffentragenden Kriegern und Angehörigen der Kriegeraristokratie in der Bevölkerung während LT B2a – b, der für Migrationsbewegungen und Wanderzüge charakteristisch ist, dokumentiert sich in dem ungewöhnlich hohen Prozentsatz von Gräbern mit Waffenbeigaben in den Nekropolen, so beispielsweise in Pećine, Karaburma oder Pişcolt.  eltische Migration und Latènisierung K im Karpatenbecken (4. – 3. Jahrhundert v. Chr.)

Im 2. und 3. Viertel des 4. Jahrhunderts v. Chr. wurde der nordöstliche und östliche Teil des Karpatenbeckens sowie Siebenbürgen, beginnend in der Stufe LT B1 und insbesondere in der Stufe LT B2a, vom Einsiedeln von Trägern der Latènekultur mit ihrer führenden Kriegerelite erfasst, was sich bis ins Banat verfolgen lässt.89 In Siebenbürgen wie auch in der oberen Theiß-Region stand die einheimische nachhallstattzeitliche Bevölkerung einem Netz von Ansiedlungen dieser zuziehenden Gruppen als neuer Führungsschicht gegenüber, die weitreichende Beziehungen nach Süden und auch Kontakte zum Schwarzmeerraum entwickelte; zugleich traten beide Gruppen in enge Beziehungen.90 Die grundlegende Siedlungsstruktur der keltischen Latène-Phase sind Weiler mit ca. 10 – 15 Bewohnern. Scheibengedrehte Latène-Keramik dominiert in den Gräbern, hingegen die handgemachte Keramik in einheimischer, vorlatènezeitlicher Formen- und Typentradition in 88

Berecki, The Chronology of the Celtic Discoveries from Transylvania; ders., The La Tène Settlement of Moreşti; ders., Iron Age Settlement Patterns; Rustoiu, The Celts from Transylvania; ders., Indigenous and Colonists; Teleagă, Die La-Tène-zeitliche Nekropole von Curtuişeni; ders., Die La-Tène-zeitlichen Grabfunde aus Brateiu; Ferencz, Celţii pe Mureşului Mijlociu; Almássy, Typology and Chronology.

89

Rustoiu, Archäologische und historische Hinweise; ders., The Celts between Tisa and the Carpathians; ders., The Beginning of the Celtic Colonization; ders., The Celts from Transylvania; ders., Celto-Pontica; ders., The Celts and Indigenous Populations; ders., Weapons, Chariots and Warlike Elites; ders., Some Questions Regarding the Chronology of La Tène Cemeteries; ders., Thracians – Illyrians – Celts; ders./Usuţiu, Celtic Colonization in Banat; Rustoiu/Egri, The Celts from the Carpathian Basin; Pupeză, Some „Dark“ Aspects; ders., The Local Tradition Pottery; Pop/Pupeză, Dacians and Celts; Berecki, Rite and Ritual of the Celts; Vaida, Celtic Finds in North-East Transylvania.

90

In Fântânele-Dâmbu Popii (LT B1/beginnendes B2 – C1) enthalten 80 % der Gräber der Stufe LT B2 einheimische Ware, was die rasch erfolgte Integration der Vorbevölkerung dokumentiert.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

den Siedlungen. Letztere wurde anfangs als „dakisch“ angesprochen, jedoch ist sie kein ethnischer Marker, der auf zwei getrennte ethnische Gruppen in den Siedlungen hinweist. Die charakteristischen Typen und Formen der handgemachten Keramik finden sich auch in Ungarn, der Slowakei, ja bis Bayern (Berching-Pollanten). Bestimmte funktionsbezogene Typen erscheinen von der älteren Eisenzeit bis ins 5./6. Jahrhundert n. Chr. Die scheibengedrehte keltische Graphitton- und Kammstrichware wird kontinuierlich weiterproduziert und später typisch für den Horizont der sogenannten klassisch-dakischen Kultur. Die charakteristischen Kriegergräber (Waffenbeigabe) und die Wagengräber der aristokratischen Elite in Siebenbürgen (Turdaş – Coasta Viilor, LT B1; Vurpăr, LT B1/2; Toarcla, LT B2; Cristuru Secuiesc, LT C1) erstrecken sich über die Perioden LT B1, B2, B2/C1 und C1 und zeigen die Entwicklung eines einheitlichen Bestattungsstils. Charakteristisch ist die massive Zunahme des Fleischkonsums zwischen der Späthallstatt- und der Frühlatènezeit, was sich in der Beigabe von Fleisch- und Hiebmessern sowie Fleischbeigaben (in der Regel Schwein, daneben auch Schaf und Ziege) in den Gräbern zeigt. Darin spiegelt sich ein Charakteristikum der Latènisierung des Raumes. Die Funde fragmentierter handgemachter Keramik zeigen, wie betont, keine „dakische“ Keramik oder gar dakische Sonderbestattungen, sondern die gewöhnliche Siedlungskeramik der Zeit, die auf die hallstattzeitlichen Traditionen der einheimischen Bevölkerung zurückgeht und enge Beziehungen zur Keramik im Vorland der Ost- und Südkarpaten aufweist. Die Neuankommenden implantierten neue Formen der materiellen Kultur und rituelle Vorstellungen; aus der Kombination beider Traditionen formierte sich in einem „process of hybridization“ (Rustoiu, Some Questions Regarding the Chronology of La Tène Cemeteries, 246) eine neue soziale und kulturelle Welt. Es ist hervorzuheben, dass in den Gebirgsregionen der Beskiden wie der Wald-, West- und Nordkarpaten sowie in Siebenbürgen von der Kontinuität der späthallstattzeitlichen Bevölkerung auszugehen ist, die auch sonst durch die einsiedelnden Gruppen keineswegs verdrängt wurde, sondern mit und neben diesen lebte, wobei der relativ abgeschlossene Raum im Südosten Siebenbürgens gegen das Eindringen von Latène-Gruppen abgeschirmt blieb; die Latène-Funde umfassen West- und Zentralsiebenbürgen, nicht Südostsiebenbürgen. Im Olt-Defilee durch das PerşaniGebirge liegt bei Racoş-Augustin der beherrschende Zentralkomplex mit den befestigten Siedlungen von Tipia Racoşului, Piatra Detunată91 und Dealul Cornu sowie dem politisch-religiösen Zentrum von Tipia Ormenişului92; weitere Zentralorte des Raumes in der Gestalt komplex gegliederter

91

Costea u. a., Racoş-Piatra Detunată. Auf der hallstattzeitlichen Befestigung von Piatra Detunată (Terrassen I – VII, kontinuierliche Besiedlung seit dem 5. Jh. v. Chr.) sitzt die späteisenzeitliche Zweischalen-Emplektonmauer auf; Ausbau der Terrassen I – VII; besonders hinzuweisen ist auf die beiden großen Wohntürme (Unterbau aus massivem Zweischalenmauerwerk; Seitenlänge über 13 m), die durchaus mit Costeşti zu vergleichen sind. Auf der Terrasse I Fund des abgetrennten Nackenschutzes eines römischen Legionärshelms mit der eingepunzten Inschrift (centuria) Cl(audii) Corelius Acustus (AE 2009, 1178; falsche Lesung Costea, Tipia Ormenişului, 57; Helmtyp der 2. Hälfte des 1. Jh.s n. Chr., wahrscheinlich Beutestück aus den römischen Niederlagen 85 und 86 n. Chr., der Helm wurde vermutlich ohne Nackenschutz weiterverwendet). Die Zerstörung des hölzernen Wachturms am Nordeck der Befestigung war offensichtlich mit Kampfhandlungen verbunden, wie der Fund des oberen Teils eines menschlichen Skeletts zeigt.

92

Costea, Augustin – Tipia Ormenişului; ders., Din nou despre centrul de putere al dacilor; ders., Die Festungen aus dem Alt-Engtal. In der Deutung überzogen Costea, Centrul religios pandacic de la Augustin. Entgegen Costea

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Zentren finden sich in Komidava/Cumidava (Râşnov) und Covasna-Valea Zânelor (mehrfacher Zweischalen-Emplektonmauerring und Heiligtum/kultische Deponierungen).93 Hier entwickelten sich bereits seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. unter direktem Einfluss aus dem getischen Raum zwischen Ostkarpaten und Dnjestr Grundformen der sogenannten klassisch-dakischen Architektur (Zweischalen-Emplektonmauern, Bastionen, Turmhäuser, Heiligtümer mit kreisförmigen und apsidalen Grundrissen) in engen Kontakten zum östlichen getischen Karpatenvorland und zur Schwarzmeerküste. Ebenso wurden die Regionen Sălaj, Maramureş und östliches Satu Mare gegen das Eindringen von Latènegruppen durch jene mächtige einheimische Stammesgruppe mit Zentrum im Becken von Şimleu Silvaniei abgeschirmt, die mit den Anartern zu identifizieren ist.94 Am Zugang zu der Beckenlandschaft findet sich bei Porţ eine befestigte Anlage, die im Gegensatz zum restlichen Siebenbürgen vom 4./3. Jahrhundert v. Chr. an kontinuierlich belegt war. Die Innovationen wie Töpferscheibe, Bergbautechniken und vor allem die Eisentechnologie, welche die in den Karpatenraum einsiedelnden keltischen Gruppen mitbrachten, waren für die weitere Entwicklung des Raumes von größter Bedeutung.95 Dies ermöglichte den hohen Stand der Eisengewinnung und -verarbeitung, welche die reichen Erzvorkommen in Südwestsiebenbürgen nutzen konnte und die gerade sogenannte klassische dakische Kultur des 1. Jahrhunderts v. und n. Chr. auszeichnet. Die in Siebenbürgen, dem Banat und dem Vorland der rumänischen Westund Nordwestkarpaten in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. eingesiedelten Latènegruppen beteiligten sich an dem keltischen Söldnertum in der hellenistischen Welt, wie das Adelsgrab von Ciumeşti (Bezirk Satu Mare) zeigt,96 dessen Grabbeigaben in die Übergangsphase LT B2b – C1

stellt der große Apsidenbau auf der Gipfelterrasse das zentrale Heiligtum dar (vgl. Piatra Roşie), zu dem zuerst ein älterer Rundbau trat, der dann durch einen großen Rundbau mit umlaufender Porticus und zwei inneren Räumen mit apsidalem Abschluss auf Terrasse III ersetzt wurde. Seit dem 5. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. kontinuierlich besiedelt. Münzfunde des 4. und 3. Jh.s, Imitation makedonischer und römischer Münzen, eine LT-Fibel Typ Duchov, zahlreiche Importe, Imitation hellenistischer Keramik, Übernahme von scheibengedrehter Graphittonware, zahlreiche Amphoren 4. – 2./1. Jh. v. Chr., zahlreiche Waffenfunde. 93

Covasna: Akropolis-Plateau und 4 Terrassen, erste Befestigung Vallum mit Palisade, dann Zweischalen-Emplektonmauern mit Stein-Erde-Füllung; 1. Phase Ende 3./Anfang 2. Jh. v. Chr., Brandzerstörung im späten 1. Jh. v. Chr., sofortiger Wiederaufbau auf Planierschicht; Münzspektrum bis Titus, zuerst hellenistische, dann römische Importe dominant; Nähe zu Heilquellen und Eisenlagern; auf der zerstörten 2. Terrasse eine römische Militärstation; in den Hangbereichen des Berges weitere Terrassen; bereits hallstattzeitliche Vorgängeranlage. Crişan/Sîrbu, Covasna – Fairies Fortress; Crişan/Sîrbu (Hgg.), Dacii din Curbura Carpaţilor; Cavruc (Hg.), New Archaeological Discoveries in South-Eastern Transylvania; Costea, Die dakischen Festungen (allerdings hinsichtlich eines „thrako-dakischen“ Abwehrsystems völlig überzogen); ders., Repertoriul arheologic al Judeţul Braşov; zum vorrömischen Cumidava Râsnov-Dealul Cetății und Braşov-Pietrele lui Solomon RAN cod. 40376.02 und 40205.05; auch Stoica/ Stoica/Popa, Castele şi Cetaţi din Transilvania. Judetul Braşov; Costea/Crişan, Dacians and Celts in South-East Transylvania (Die keltischen Funde im südöstlichen Siebenbürgen enden vor der Olt-Enge; die Landschaft um den oberen Olt ist nicht berührt). Die Bergfestung liegt typisch im Hintergrund eines breiten, in die Berge führenden Tales; der Ort wurde zweifellos wegen seiner maximalen Schutzfunktion aufgesucht.

94

Strobel, Die Anarter; Pop, Fortificaţiile dacice; ders., Aşezări dacice.

95 Vgl. 96

Berecki (Hg.), Iron Age Crafts and Craftsmen; Rustoiu/Berecki, Celtic Elites and Craftsmen.

Rustoiu, Războinici şi societate; ders., Commentaria archaeologica et historica (I). Die von Rustoiu vorgeschlagene Datierung erst in die 2. Hälfte des 3. Jh.s v. Chr. ist angesichts der notwendigen Anhebung des Übergangs LT B2/C1 (Bestattungen der Landnahmegeneration in Pećine oder Karaburma bereits vor 300) zu spät.

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bzw. LT C1a weisen und das Grab damit um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. datieren. Unter den Beigaben stechen nicht nur der bekannte Helm und der Kettenpanzer hervor, sondern ebenso die in einer hellenistischen Werkstatt nach Maß gefertigten bronzenen Beinschienen, ein einzigartiger Fund in der keltischen Welt, der den Bestatteten als Söldnerführer und hohen Offizier im Dienst eines hellenistischen Heeres ausweist. Schon an den keltischen Heereszügen der Jahre 280 – 277 v. Chr. waren Kriegergruppen aus diesen Räumen sicher beteiligt. Keltische Landnahme und Latènisierung an der mittleren Donau (4. Jahrhundert v. Chr.)

In der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. hatte sich im mittleren Donauraum von Böhmen bis Ungarn ein neues großes, impulsgebendes Zentrum der Latènezivilisation ausgebildet. Keltische Wanderverbände hatten sich im späteren 4. Jahrhundert unter langwierigen Kämpfen mit den pannonischen Stammesgruppen im südpannonischen Raum etabliert und zugleich seit der Jahrhundertmitte die Kriegszüge gegen den südlich des Save-Raumes anschließenden illyrischen Raum eröffnet.97 In diesem Sinne trifft das Resümee zu, das Pompeius Trogus-Iustin 25,4 aus der griechischen Überlieferung heraus für die keltischen Migrationsbewegungen des 4. Jahrhunderts als Vorgeschichte der Züge nach Makedonien und Griechenland gibt. Für den griechischen Beobachter stellten sie sich von ihren Endpunkten, wo sie mit der griechischen Welt und ihrem Vorfeld in Berührung kamen, ausgehend als zwei Wanderströme dar, von denen der eine nach Italien, der andere durch die Zone zwischen Adria und Donau in den Donau-Save-Raum führte. Eine lange und schwere Auseinandersetzung hat sich für die Kelten bei ihrer Ansiedlung im Norden Serbiens und bei ihrem Vordringen nach Süden zweifellos zuerst mit den Autariaten ergeben.98 Zeitlich muss der Beginn des keltischen Ausgreifens in den bosnisch-serbischen Raum gegen die Autariaten ihren Kämpfen mit den Ardiaioi (s. u.) noch vor Mitte des 4. Jahrhunderts vorausgegangen sein. Die Stammesunion der Autariaten99 hatte sich seit dem 7. Jahrhundert gebildet und stellte im 5. Jahrhundert v. Chr. eine regional bedeutende Macht dar, welche die westlichen Teile des Triballergebietes (Bereich der Großen Morava und der unteren Westlichen Morava) unterworfen hatte.100 Der Verband der Autariaten ist in der nördlichen Herzegowina – wo das Naron (Neretva)-Tal

97

Vgl. Pomp. Trog. prol. 24 (qui Illyricum occuparunt im Sinne des umfassenderen römischen geographischen Begriffs der augusteischen Zeit); Pomp. Trog.-Iustin. 24,4,3.5. Die vorlatènezeitliche Zone im Norden Bosniens grenzt sich archäologisch nach Süden deutlich ab. Vgl. auch Ceka, Les Celtes en Illyrie méridionale. Der frühe Horizont keltischer Vorstöße spiegelt sich in den Funden von LT B1-Fibeln in Slawonien, Bosnien und im DrinaGebiet.

98

Polyain. 7,42,1 (offenkundig verkürzter Vorspann) erzählt ein Strategem der Kelten, mit dem sie die Autariaten besiegten. Sehr wahrscheinlich hat Theopomp getrennt davon eine ausführlichere Schilderung des langen Krieges gegen die Autariaten gegeben und dabei den keltischen Vorstoß gegen die Ardiaioi mitbehandelt.

99

Vgl. Strab. 7,5,1.6.11; Vasić, To the North of Trebenishte; ders., Gli Autariati; Šašel Kos, Appian and Illyricum, 122, 170–182; Ljuština/Dmitrović, Elements of Prestige; Dmitrović/Ljuština, Notes on the Grave Goods. Eine direkte Gleichsetzung der Autariaten mit der Glasinac-Kulturgruppe Bosniens, wie mehrfach vertreten, ist methodisch problematisch.

100 Theodossiev,

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North-Western Thrace, 75–85; Šašel Kos, Appian and Illyricum, 134, 154f., 165.

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bis gegen das Hinterland von Narona zu einem ihrer Teilstämme, den später nach ihrem Zerfall in den Quellen bezeugten Nare(n)sioi, gehörte101 –, im östlichen Bosnien und westlichen Serbien mit den Gebieten um die Drina sowie um die Große und Westliche Morava zu lokalisieren; zur Führungselite dieses Verbandes gehören die obermakedonisch beeinflussten reichen Fürstengräber von Pilatovići, Atenica/Čačak und Novi Pazar.102 Offensichtlich unter dem Druck keltischer Vorstöße war die Macht der Autariaten bereits um 335 v. Chr. stark geschwunden und der Verband schon allmählich in Auflösung. Alexander konnte sich jedenfalls damit begnügen, den Agrianenkönig mit dessen Gardetruppen gegen die Autariaten zu schicken (s. u.). Schließlich unterlagen sie den Skordiskern (Strab. 7,5,11) und zerfielen in ihre Teilstämme. Der erste uns konkret überlieferte militärische Stoß der Kelten hatte die illyrischen Ardiaioi103 getroffen; auf das Geschehen bezieht sich Theopomp von Chios, der Hofhistoriograph Philipps II., im 2. Buch seiner Philippiká.104 Frg. 40 berichtet zuerst über die Lebensgewohnheiten der Ardiaioi und dann über die darauf bezogene Kriegslist aus dem Krieg zwischen Ardiaioi und Kelten; die Stelle weist in die Jahre vor 345/344 v. Chr., als Philipp II. über die Region des oberen Schwarzen Drin seinen schwer erkämpften Feldzug gegen die Ardiaioi unter ihrem König Pleuratos I. führte (Pomp. Trog. prol. 8; Diod. 16,69,7). Die Wohnsitze dieses großen, später als Seeräuber bekannten Stammesverbandes lagen beiderseits des unteren Drilon (Drin), d. h. in Nordalbanien, und erstreckten sich nach Nordwesten entlang der Küste bis zum Naron (Neretva) sowie im Hinterland über Montenegro bis in die Herzegowina. Ihre nördlichen Nachbarn im Raum Montenegro und Herzegowina waren die Autariaten, mit denen eine langwierige Auseinandersetzung um die Salzvorkommen am oberen Naron, sehr wahrscheinlich um die Salzquellen bei Konjic südwestlich

101 Pseudo-Skylax

§ 24; vgl. Šašel Kos, Appian and Illyricum, 174–177, eBd. 179 zu den möglichen weiteren Teilstämmen. Zu den Nare(n)sioi vgl. App. Ill. 16; Plin. n. h. 3,143.

102 Vasić, To

the North of Trebenishte; Ljuština/Dmitrović, Elements of Prestige, bes. 128, 129–132.

103 Vgl.

Pol. 2,11,10; Strab. 7,5,3; 7,5,5, Z. 24–7,5,6; 7,5,7; 7,5,10–11; Šašel Kos, Appian and Illyricum, 166–182; auch Tomaschek, Ardiaioi; Polaschek, Pharos 1860–1866. Die Annahme, dass die Ardiaioi erst unter keltischem Druck oder zumindest erst nach dem frühen 4. Jh. zur Küste gewandert seien (sich z. T. widersprechend Šašel-Kos, Appian and Illyricum, 170f., 177f., 180f.), ist ohne Grundlage. Die Ardiaioi sind als eine größere Stammesunion aufzufassen, in der die Manioi, die Pseudo-Skylax (§ 24) an der Mündung des Naron und am Manios Kolpos lokalisiert, aufgingen. Ist der Name Manios Kolpos allerdings ein älterer geographischer Name, so könnte die Benennung Manioi lediglich daraus für die Küstenbewohner abgeleitet sein. Auch die Nestioi bzw. Nestiaioi beiderseits des illyrischen Nestos (Cetina) erscheinen nur bei Pseudo-Skylax (§ 24) und Eratosthenes (FGrHist 709, frg. 9), hier gegenüber der Insel Pharos (Hvar), wobei dieser Name kein wirkliches Ethnikon darstellt, sondern vom Flussnamen abgeleitet ist und so von den griechischen Seefahrern offensichtlich summarisch für die Bewohner der Region ohne Berücksichtigung einheimischer Stammesnamen gebraucht wurde.

104 Theopompos

(FGrHist 115, frg. 40); die Vermutung, der Text bei Athenaios (10,60,443 b–c), der die TheopompStelle überliefert, sei zu Autariaten zu verbessern (so Mócsy, Pannonia und Upper Moesia, 5 mit Anm. 30), ist unbegründet und paläographisch nicht zu rechtfertigen. Der 378/377 v. Chr. geborene und zuletzt noch unter Ptolemaios I. bis gegen 320 in Alexandria lebende Autor hat sein Geschichtswerk während seines längeren Aufenthalts am makedonischen Hof in den 40er Jahren begonnen; der bis 346/345 v. Chr. reichende Teil (bis Buch 30) war vermutlich kurz nach 340 fertiggestellt; das Gesamtwerk ist nach 324 (frg. 330) publiziert. Jedenfalls ergibt sich für die Passage ein Terminus ante quem von 338 v. Chr.

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von Sarajewo, ausgetragen wurde.105 Der keltische Vorstoß muss über Drina, Lim und Tara nach Montenegro und in die Herzegowina geführt haben. Als Ausgangsraum sind bereits Ostslawonien, Syrmien, die Vojvodina sowie der Osten des Karpatenbeckens anzusehen; dagegen leisteten die pannonischen Stämme im Save-Drau-Gebiet den keltischen Gruppen anhaltenden Widerstand.106 Unter dem Druck der siegreichen Kelten waren die Autariaten vor 310 v. Chr. zur teilweisen Aufgabe ihrer Wohnsitze im nördlichen Bosnien und im Nordwesten Obermoesiens gezwungen, was zum Ausweichen eines Teiles dieser Gruppe nach Paionien (Tal des Axios/Vardar und umliegende Bergregionen) führte.107 Diesem Wanderzug von 20.000 Männern, Frauen und Kindern trat Audoleon, der König der Paionen, entgegen, welchem der von Apollonia zurückkehrende Kassander zu Hilfe kam. Er zwang die besiegten Autariaten in ein Vertragsverhältnis und siedelte sie im Raume des Orbelos (Pirin)-Gebirges an der Grenze Makedoniens zu Thrakien an.108 279 v. Chr. sollte sich eine vermutlich bereits unter keltischer Oberhoheit stehende Gruppe aus dem Verband der Autariaten unter der Führung des Molistomos dem Plünderungszug nach Mittelgriechenland anschließen, der vor Delphi scheiterte.109 335 v. Chr. führte Alexander, wie oben ausgeführt (s. o. Kap. 2.1.2, Abschnitt: Thrakien zur Zeit Alexanders des Großen), einen Blitzfeldzug von Amphipolis aus den Strymon aufwärts zum oberen Nestos, erkämpfte sich den Weg durch das Haemusgebirge zum oberen Iskăr und stieß in das Kerngebiet der Triballer zwischen Timok und Iskăr vor. Nach der siegreichen Schlacht gegen die Triballer, vermutlich an der Botunja, erreichte Alexander nach dreitägigem Marsch die Donau, wahrscheinlich im Bereich der Ogosta-Mündung, und überschritt den Strom zu einer demonstrativen Aktion gegen die Geten am Nordufer, wo er eine getische Siedlung zerstörte. Die Triballer unter ihrem König Syrmos unterwarfen sich; ihr damaliges dynastisches Machtzentrum zeigen die Prunkgräber des mittleren und späteren 4. Jahrhunderts im Mogilanska-Tumulus von Vratsa110 an. Im Anschluss an diese Aktion kam es zu dem bekannten Zusammentreffen Alexanders 105 Strab.

7,5,11, basierend auf Theopomp; auch App. Ill. 7 (mit offenkundigem Missverständnis seiner Quellen, da die Ardiaioi im 3. Jh. ihre volle Machtblüte erreichten, als die Autariaten bereits verschwanden). Vgl. Šašel Kos, Appian and Illyricum, 166f.

106 Pomp. Trog.

prol. 24; Pomp. Trog.-Iustin. 24,4,3.5.

107 Diod.

20,19,1; Pomp. Trog.-Iustin. 15,2,1–2; Oros. 3,23,36f.; App. Ill. 8–9. Die Geschichte von der Froschplage, welche die Autariaten aus ihrer Heimat vertrieben habe (Diod. 3,30,3; Agatharchides von Knidos, GGM I, p. 151; Aelian. nat. anim. 17,41; bei Pompeius Trogus-Iustin und Orosius eine Frösche- und Mäuseplage), ist eine typische Legendenbildung zu dem Topos „göttliche Bestrafung durch Tierplagen“ und gehört in die Reihe der antiken Erklärungstopoi für Wanderbewegungen; nicht zutreffend ist deshalb der Versuch von Šašel Kos, Appian and Illyricum, 191, hier ein historisches Phänomen zu sehen, das auf einem Wirbelsturm basiere und quasi Frösche regnen ließ.

108 App. Ill. 8–9 lässt die Autariaten in einem 23tägigen Marsch in eine getische Sumpfregion nahe den Bastarnern aus-

weichen, offensichtlich eine Fehlinformation. Gleiches gilt für seine Kombination der Froschplage mit einer Strafe für den Angriff auf Delphi. Unrichtig Šašel Kos, Appian and Illyricum, 197 in ihrer Verteidigung Appians. Aus dieser Autariatengruppe stammten die 7.000 Söldner des Lysimachos 302/301 v. Chr. (Diod. 20,113,3; Polyain. 4,12,1).

109 App.

Ill. 8.; vgl. auch Šašel Kos, Appian and Illyricum, 188–190.

110 Torbov,

The Mogilanska Tumulus at Vratsa; Stoyanova, Tomb Architecture 163; Tonkova, Adornments 218f.; Teleagă, Die Prunkgräber aus Agighiol und Vraca; Großtumulus mit drei sukzessive angelegten Gräbern; letzte

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

in seinem Lager am triballischen Donauufer mit Gesandten offenbar jener Keltengruppen, von denen die Makedonen bereits wussten, dass sie gegen die Autariaten und Ardiaioi bis in die Nähe des Ionischen Meeres vorgestoßen waren.111 Die Gesandtschaft hatte den Abschluss eines Freundschaftsvertrages mit dem Makedonenkönig zum Ziel. Die Vereinbarung wurde, was bei Alexander überraschen muss, als unter gleichrangigen Partnern in der Form eines gegenseitigen kombinierten Freundschafts- und Symmachie-Abkommens abgeschlossen und von beiden Seiten beschworen. Bei dieser Gelegenheit antworteten die keltischen Gesandten auf die Frage Alexanders, was sie am meisten fürchten würden, nicht mit der vom König erwarteten Schmeichelei, sondern erklärten, sie würden sich lediglich davor fürchten, dass der Himmel auf sie herabfalle, sie würden aber natürlich die Freundschaft mit einem solchen Mann wie Alexander über alles stellen. Das unmittelbare Motiv der keltischen Seite für die Aufnahme engerer Beziehungen zu dem Makedonenkönig, die sich über Freundschaft und Gastfreundschaft hinaus auf ein Bündnis zur offensiven wie defensiven militärischen Zusammenarbeit erstreckte, war die gemeinsame Gegnerschaft gegen die illyrischen Völkerschaften und die Triballer, welche die Kelten in Obermoesien bis zum Timok zurückdrängten. Gleiches gilt für Alexander, der damit wichtige Verbündete im Rücken seiner Gegner wusste, was für den geplanten Übergang mit dem Gros seines Heeres nach Asien von wesentlicher Bedeutung war. Die keltischen Verbände haben nach dem Zeugnis des Jahres 335 früh weitreichende diplomatische Kontakte zu ihrem politischen Vorfeld aufgenommen, wobei sie sicherlich das Ausgreifen Makedoniens unter Philipp II., seine Kämpfe gegen die Illyrer und auch dessen Feldzug 339 gegen Skythen, Geten und thrakische Stämme wahrgenommen hatten. Jedenfalls haben sie auf das Erscheinen Alexanders im Jahre 335 von sich aus, und zwar kurzfristig, mit einer diplomatischen Initiative reagiert. Im Jahre 324/323 v. Chr. erschien dann neben zahlreichen Gesandten aus dem Westen auch eine keltische Gesandtschaft bei Alexander in Babylon, wo die freundschaftlichen Beziehungen und das Bündnisverhältnis erneuert wurden.112 Nach der Unterwerfung der Triballer wandte sich Alexander gegen die abgefallenen, von Philipp II. unterworfenen illyrischen Stämme in Nordalbanien, insbesondere gegen die Taulantier im Hinterland von Dyrrhachium. Gegen die Autariaten, die ihn auf dem Marsch wahrscheinlich über die Südliche Morava zum oberen Axios (Vardar) anzugreifen gedachten, schickte er Langaros, den König der Agrianen, der mit seinen Kriegern brandschatzend in deren Gebiet einfiel.113 Er selbst zog im Spätsommer 335 in das westliche Obermakedonien, wo die Grenzstadt Pelion von Kleitos, dem Sohn des Bardylis, besetzt worden war, der von Glaukias, dem König der Taulantier, unterstützt wurde (Arr. anab. 1,5,5–1,6,11).

Belegung noch 1. Viertel 3. Jh. v. Chr. Das zentrale Grab I enthielt zwei Frauenbestattungen mit Pferde- und Waffenbeigaben. 111 Quellengrundlage

ist Ptolemaios I. (FGrHist 138, frg. 2); Strab. 7,3,8; Arr. anab. 1,4,6–8 (nicht rein nach Ptolemaios). Arrian lokalisiert diese Kelten „dicht beim Ionischen Meerbusen“; die mehrfach vorgebrachte Vermutung, es handle sich um Kelten an der nördlichen Adria, ist haltlos. Arrians Angabe ist hier konkret zu verstehen.

112 Arr.

anab. 7,15,4–5; Diod. 17,113,1–4, bes. 2 (hier als Nachbarn Thrakiens bezeichnet); Iustin. 12,13,1–2.

113 Arr.

anab. 1,5,1–4. Vgl. Hammond (From the Death of Philip to the Battle of Ipsus), in: Hammond/Walbank, A History of Macedonia, Bd. 3, 32–55.

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Im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts v. Chr. können wir mit gutem Grund eine bereits vollzogene Landnahme keltischer Gruppen im nordserbischen Raum ansetzen, deren Nekropolen wie Karaburma oder Pećine in ihrer Belegung mit reichen Kriegergräbern schon mit dieser Landnahmegeneration vor bzw. gegen 300 v. Chr. eingesetzt haben dürften.114 Die sich daraus ergebenden Konsequenzen zur Datierung des Überganges der Phasen LT B2/B2b zu C1 im ostkeltischen Raum können hier nicht weiter diskutiert werden.115 Das erste in Gräberfeldern dokumentierte Erscheinen von Keltengruppen in Slawonien und südlich der Save bzw. im Nordteil Obermoesiens ist sicher nicht erst mit der Formierung des Großverbandes der Skordisker nach 279/278 zu verbinden. Die keltische Präsenz in Ostslawonien und Nordserbien muss wie im westlichen Karpatenbecken und in großen Teilen Siebenbürgens bereits Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. konsolidiert gewesen sein. Der erste keltische Heereszug in das unmittelbare Vorfeld der Diadochenreiche, der unter der Führung des Kambaules erfolgte, ist nur in wenigen Andeutungen überliefert,116 aber in die späte Regierungszeit des Kassander, d. h. vor seine Expedition nach Korkyra 298/297 und seinen Tod im Mai 297 zu datieren. Nach der bei Pausanias und seiner Vorlage im Kern fassbaren, offenkundig guten zeitgenössischen historiographischen Tradition war es das erste Mal, dass ein Keltenheer in das Vorfeld Makedoiniens vorstieß und bis nach Thrakien gelangte; hier hätten sie aber angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit der Griechen kehrtgemacht. Erweitert wird diese Kernüberlieferung durch die auf Theophrasts Ausführungen zum plötzlichen Auftreten von Quellen zurückgehende Überlieferung, nach der sich die von Kassander bedrängten Kelten ins Haemusgebirge geflüchtet hatten und dort den Wald rodeten, um eine Befestigung anzulegen. Dieses Geschehen muss im Westen des Haemusgebirges diesseits des thrakischen Machtbereiches des Lysimachos lokalisiert werden, also in dem Raum, wo sich Dardaner, Paionen und Triballer berührten. Das Eingreifen Kassanders dürfte ebenso wie zuvor dasjenige gegen die Autariaten durch eine Gefährdung Paioniens ausgelöst worden sein. Der keltische Vorstoß endete mit dem Rückzug der Kelten angesichts des militärischen Vorgehens Kassanders. Keltenzüge nach Illyrien, Griechenland, Thrakien und Kleinasien

Der Zusammenbruch des Lysimachosreiches über Makedonien, Thrakien und Kleinasien durch die Niederlage und den Tod des Diadochen im Frühjahr 281 gegen Seleukos I. sowie dessen folgende Ermordung durch Ptolemaios Keraunos, der sich daraufhin gewaltsam als König in Makedonien etablierte, hatten zu einer völligen Destabilisierung im Balkanraum geführt, die von den Kelten ausgenutzt wurde. Obwohl die Quellen darüber keine Informationen liefern, haben wir wohl mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass in der Nachfolge der zwischen Alexander und den Kelten 114 Vgl.

Pomp. Trog. prol. 24; Pomp. Trog.-Iustin. 24,4,3.5.

115 Entsprechend

Grob 22.

nun auch Kavur/Guštin, Contribution to Chronology. Zu Karaburma Blečić Kavur/Kavur,

116 Paus.

10,19,5; zu den Kämpfen gegen Kassander im Haemusgebirge siehe die auf Theophrast zurückgehende Überlieferung bei Sen. nat. quaest. 3,11,3; Plin. n. h. 31,53; vgl. auch Walbank (From the Battle of Ipsus to the Death of Antigonus Doson), in: Hammond/Walbank, A History of Macedonia, Bd. 3, 203–210, bes. 207f., 252. Die beiden Überlieferungsstränge wurden auf zwei verschiedene historische Ereignisse bezogen, wobei man den Kambaules-Zug als das spätere ansah. Diese Trennung ist jedoch nicht begründet.

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geknüpften Beziehungen auch intensivere diplomatische Kontakte zu den Herrschern in Makedonien und Thrakien, Kassander, Demetrios Poliorketes und Lysimachos, bestanden. Mit Abkommen wie mit Alexander ist durchaus zu rechnen. Ebenso dürfen wir sicher bereits mit keltischen Söldnern in den Heeren dieser Diadochen, insbesondere in jenem des Lysimachos, rechnen, wenn auch nicht in geschlossenen Gruppen oder in Verbänden solcher Größe, wie sie uns seit 277 v. Chr. begegnen, als von allen hellenistischen Herrschern Kelten teils als Söldner oder angeworbene Kriegergruppen, teils als ganze Stämme mit ihrem Familienanhang in Dienst genommen wurden. Dieses diplomatische Geflecht der Jahre vor 281 war zusammengebrochen. Bereits im Frühjahr 280 v. Chr. zogen drei keltische Heerhaufen unter der Führung der Heeres- und Gefolgschaftsführer Kerethrios, Brennos, Akichorios und Belgios (oder Bolgios) in drei Stoßrichtungen gegen Illyrien, Paionien und Thrakien.117 Die Heereszüge sind wohl den Verkehrswegen gefolgt, die durch das Flusssystem der Morava verliefen. Belgios wird über die Westliche obere Morava vorgestoßen sein, die zweite Gruppe unter Brennos und Akichorios über die Südliche Morava nach Paionien und die dritte Gruppe nach Westthrakien und in das Triballergebiet. Die Heereszüge nach Paionien und Thrakien kehrten noch 280 in ihr Ausgangsgebiet in Nordserbien zurück. Die Dardaner, die bereits durch den zweifachen Durchmarsch des Brennos und Akichorios betroffen waren, haben nun im Herbst 280 dem Heereszug des Belgios den Rückweg versperrt, dem sie sich mit ihrem ganzen Aufgebot von überlieferten 20.000 Mann entgegenstellten. Das Dardanergebiet118 grenzte im Süden an Nordwestmakedonien (Lynkestis und Pelagonien) sowie an Paionien119, im Westen an die illyrischen Stämme der Autariaten und Dassareten. Entgegen der üblichen Kartierung Obermakedoniens unter Ausschluss des Ochrid-Sees ist durch die Funde der Fürstengräber in Lychnidos (Ochrid) und Trebenište die Zugehörigkeit der Beckenlandschaft des Ochrid-Sees zu den obermakedonischen Fürstentümern erwiesen.120 Belgios ist nun wohl nach Süden ausgewichen, wo er im illyrisch-makedonischen Grenzgebiet auf Ptolemaios Keraunos traf, der hier gegen den Illyrerkönig Mounios und den geflüchteten Ptolemaios, Sohn des Lysimachos, im Felde stand (Pomp. Trog. prol. 24). Verhandlungen über ein Freundschaftabkommen und wohl die Erlaubnis zur Überwinterung oder für einen Durchzug durch Makedonien wurden von Keraunos zurückgewiesen, der auch das Angebot des Dardanerkönigs, mit seinen 20.000 Kriegern zu ihm zu stoßen, ablehnte. Im Januar/Februar 279 kam es zur Schlacht, in der das makedonische Königsheer zur Überraschung und zum Entsetzen der hellenistischen Welt von dem keltischen „Barbarenhaufen“ vernichtend geschlagen und der König getötet wurde. Belgios zog nach Zentralmakedonien, wo Panik ausbrach und die Eindringlinge erst im Frühsommer vertrieben werden konnten.

117 Vgl.

hierzu Strobel, Die Galater, 215–226.

118 Vgl.

auch Mihajlović, Tracing Ethnicity Backwards, bes. 101–104 zu einer kritischen Sicht traditioneller ethnischer Zuweisung.

119 Im Osten vom Rhodopengebirge unter Einschluß der Gebiete beiderseits des oberen Axios (Vadar) sowie um Scupi

(Skopje) begrenzt und im Nordosten mit dem Gebiet der paionischen Agrianen am oberen Strymon (Struma) an den Machtbereich der Triballer grenzend.

120 Sprawski,

The Early Temenid Kings to Alexander, bes. 133f.; Theodossiev, The Dead with the Golden Faces; David, Das goldene Antlitz.

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Zug des Brennos nach Griechenland (279/278 v. Chr.)

Auf die Nachricht von der Niederlage Makedoniens hin setzte sich im Sommer 279 ein großer Heereszug unter Brennos und seinem Unterführer Akichorios in Marsch. Zum Schutz der Heimat blieben mehr als 15.000 Mann zu Fuß und 3.000 Reiter zurück. In Makedonien wurde der Regent Sosthenes, der die Scharen des Belgios eben vertrieben hatte, in einer für die Kelten verlustreichen Schlacht geschlagen; die Kelten plünderten das flache Land, während sich die Bevölkerung in den befestigten Städten verschanzte. Ohne weiteren Widerstand zu finden zog Brennos durch Südmakedonien und Thessalien nach Mittelgriechenland, wo eine panhellenische Allianz an den Thermopylen eine Abwehrfront bildete, darunter 1.000 athenische Eliteinfanteristen. Die Aitoler mobilisierten ihr Gesamtaufgebot von rund 15.000 Hopliten, Reitern und Leichtbewaffneten, die Phoker 3.000 Infanteristen und 500 Reiter. Der Heereszug des Brennos dürfte auf etwa 30.000 Krieger zu schätzen sein. Der Durchbruchsversuch des Brennos scheiterte, worauf ein detachiertes Korps das aitolische Heimatgebiet angriff, wo es bei der Einnahme von Kallion zu einem Massaker und zu Massenvergewaltigungen kam, was die Kelten, verbunden mit dem keltischen Brauch der Opferung von Gefangenen und der Kopfjagd, bei den Zeitgenossen zum Inbegriff der Feinde der göttlichen und menschlichen Ordnung machte. Die Aitoler rückten zur Verteidigung ihres Landes ab, und die Thermopylensperre löste sich auf. Der darauffolgende Angriff des Brennos mit ausgewählten Truppen auf das panhellenische Heiligtum von Delphi scheiterte jedoch im Winter 279/278. Der Rückzug von Delphi wurde zur panikartigen Flucht, allerdings war Akichorios mit dem größeren Teil des Heeres und dem Tross im Lager bei Herakleia Tracheia geblieben. Brennos beging bei seiner Rückkehr ins Lager Selbstmord. Auf dem Rückzug nach Norden wurden die Kelten zuerst von den Aitolern, dann von den Thessalern, von Sosthenes und schließlich von den Dardanern angegriffen. Nicht alle Gruppen des geschlagenen Heereszuges kehrten zur Donau zurück, einige, so auch der am Brennos-Zug beteiligte Verband der Tektosagen, wandten sich nach Thrakien. Formierung der Skordisker an der mittleren Donau

Im Gebiet von Donau und unterer Morava formierte sich nun unter Einbeziehung der vorkeltischen Bevölkerung unter der Führung des Bathanattos der große Stammesverband der Skordisker.121 Strab. 7,5,12 gibt das Gebiet der Skordisker, „die entlang des Istros wohnen“, zweigeteilt an, einmal die Großen Skordisker zwischen dem Noaros und dem Margus (Morava), die Kleinen Skordisker jenseits davon bis zu den Triballern und Mysiern. Nach der Beschreibung des Noaros als westliche Grenze der Skordisker kann dieser Fluss nur mit der von Süden nach Norden fließenden, kurz vor Sirmium in die Save mündenden Drina gleichgesetzt werden. Ihr Gebiet umfasste das östliche Slawonien und die Region Syrmien (befestigte Siedlungen entlang des Bosut-Flusses, Stari Mikanovci, Vinkovci, Privlaka, Orolik, Gradina und Osijek am Unterlauf der Drau) und das

121 Pomp. Trog.-Iustin. 32,3,6.7–8; Athen. 6,234a-c = Poseid. frg. 402 [Theiler] = FGrHist 87, frg. 48d; Strobel, Die

Galater, 229f. mit Anm. 338.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

nördliche Obermoesien respektive Serbien.122 Mit den bei Strabon als im Besitz der Skordisker genannten Inseln in der Donau sind, angesichts von dessen überaus schemenhaften Wissen über die Region, Gebiete jenseits der Donau in der Batschka sowie beiderseits der unteren Theiß in der Vojvodina und im westlichen Banat (Plavna, Turski Šanac, Carnok, Židovar) mit ihren zahllosen Wasserläufen zu verstehen. Nach Süden hat sich der Machtbereich der Skordisker im 2. Jahrhundert v. Chr. bis nördlich von Skopje vorgeschoben, wie die Funde in der befestigten Höhensiedlung von Kacipup bei Oraovica und der großen Siedlung mit befestigter Akropolis von Kale Krševica zeigen, die das Becken von Vranje und den Nordausgang der Passage zwischen dem Oberlauf der Südlichen Morava und dem oberen Vardar kontrollierten.123 Von diesen Basen aus haben die Skordisker nach 167 ihre Angriffe auf Makedonien bzw. die römische Provinz Macedonia vorgetragen. Die Anlagen enden sehr wahrscheinlich mit dem Feldzug des L. Cornelius Scipio Asiagenus (Asiaticus), Proconsul von Macedonia 85 v. Chr. Eine Gruppe von handgemachter Keramik in diesen Fundplätzen aus dem Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. deutet auf die langfristige Bundesgenossenschaft mit dakischen Kriegern der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe aus Südwest- und Westsiebenbürgen hin, die auch Strab. 7,5,2 bezeugt. Im Banat bildete sich eine Vermischung von skordiskischen und dakischen Elementen aus, wie sie die befestigte Zentralsiedlung von Židovar bei Orešac südlich von Vršac dokumentiert.124 Nach ihrer vernichtenden Niederlage gegen Scipio Asiagenus (App. Ill. 3,6, wo Pannonien mit Paionien verwechselt ist; 5,12–14) zogen sich die Skordisker aus dem Süden ihres Machtbereiches zurück, womit sich ihr Kernbereich im Norden Obermoesiens und in Südostpannonien verstärkte, ebenso die Präsenz im südlichen Banat, was sich auch in den Horten der späten Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen aus dem mittleren 1. Jahrhundert v. Chr. spiegelt,125 die sehr wahrscheinlich mit dem Engagement skordiskischer Kontingente nun auf Seiten römischer Bürgerkriegsparteien bzw. mit der Politik der Ruhigstellung in der Bürgerkriegssituation durch Geldzahlungen zu verbinden sind.126

122 Vgl.

Popović, Skordisker; ders., Central Balkans; Tapavički-Ilić, Die Romanisierung der Skordisker; dies., Fortification System of the Scordisci; Mihajlović, Tracing Ethnicity Backwards, bes. 104–106, hier allerdings wenig überzeugend. Die These, die Skordisker hätten sich jenseits des Eisernen Tores auch über den Westteil Olteniens erstreckt (so noch Popović, Skordisker) ist überholt. Die Grenze der Machtbereiche der um die Vorherrschaft streitenden Taurisker und Skordisker lag im 2. und in der 1. Hälfte des 1. Jh.s v. Chr. in Syrmien und Ostslawonien am Mons Claudius (Plin. n. h. 3,148), der mit dem Požega-Papuk-Psunj-Mittelgebirge zwischen Drau und Save zu identifizieren ist. Zur Präsenz der Mokronog-Kulturgruppe in Zentralkroatien vgl. Dizdar, The La Tène Culture in Central Coatia; ders., Zvonimirovo Veliko polje, Bd. 1.

123 Popović,

… cum a Scordiscis Dacisque premeretur …; ders., Scordisker; ders., Scordisci; ders., Numismatic Finds; ders., Late Iron Age Ritual Pits; Tasić (Hg.), Scordisci.

124 Vgl.

Uzelac u. a., Židovar.

125 Vgl.

Ujes-Morgan, 1st Century BC Drachms of Apollonia and Dyrrhachium.

126 Vgl.

auch den Denarhort von Bosanski Šamac mit den beiden Schwerpunkten 90–80/75 und 50 – 31 v. Chr. nach den Prägedaten (insgesamt 147 v. Chr. – 31 n. Chr.); Bilić, A Hoard.

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Züge der Kelten nach Thrakien und Kleinasien (279 – 277 v. Chr.)

Von dem Heereszug des Brennos hatte sich bereits während des Durchzuges durch Dardanien ein Wanderverband, im Kern bestehend aus den Gruppen der Tolistobogier und Trokmer, unter der Führung des Leonnorios und des Lutarios und weitere 17 Häuptlinge als Unterführer getrennt und war zur Landnahme nach Thrakien gezogen, nach Polybios-Livius 20.000 Köpfe stark, darunter die Hälfte waffenfähige Krieger.127 Sie erkämpften sich wahrscheinlich über den Raum Serdica (Sofia) und das Hebros (Marica)-Tal den Weg bis an die Küste der Propontis, wobei sie von den berührten Gebieten Kontributionen einforderten. Im Winter 279/278 standen sie im Landgebiet von Byzanz, wo sie von Nikomedes I. von Bithynien in geschlossenen Verbänden einschließlich der Familienangehörigen als Verbündete (Symmachoi) angeworben wurden, und zwar für die im Kampf gegen den König des Seleukidenreiches Antiochos I. stehende sogenannte Nordliga (Byzanz, Kalchedon, Herakleia am Pontos, Nikomedes I., Mithradates I. von Pontos und sein Sohn Ariobarzanes, paphlagonisches Fürstentum von Gangra). Der Symmachievertrag, der zwischen den Keltenführern und Nikomedes I. und allen seinen Nachkommen unter Beischreibung der Partner der antiseleukidischen Allianz geschlossen wurde, sah als Gegenleistung für die Waffendienste der Kelten Soldzahlungen, die bewegliche Beute und Land zur Ansiedlung vor. Um die Jahresmitte 278 wurden die Kelten nach Bithynien geholt und 277 der nach Thrakien gezogene Verband der Tektosagen nachträglich in das Bündnis genommen und nach Kleinasien gebracht. Das ihnen für ihre erfolgreichen militärischen Dienste von Nikomedes I. und den Mithradatiden von Pontos 275/272 v. Chr. gegebene Land in Zentralanatolien führte dort unter Einbeziehung der zahlenmäßig weit überlegenen Vorbevölkerung zur Ausbildung der drei galatischen Stammesstaaten, die sich in 12 Tetrarchien gliederten und eine lockere Föderation bildeten. Neben diesen Formationen nennt Plin. n. h. 5,146 weitere 183 populi, die als Sippenverbände oder Clans zu sehen sind und über deren Sozialstruktur die Vorbevölkerung eingebunden und innerhalb von wenigen Generationen in Sprache und Identität „galatisiert“ wurde. Die galatische Oberschicht wiederum hatte bereits im 3. Jahrhundert die Kultur der hellenistischen Eliten Kleinasiens übernommen, wie beispielhaft die Befunde der städtischen Siedlungen Gordion oder Tavium zeigen, allerdings bis in die 160er Jahre am Brauch von Menschenopfern festgehalten. Aus den 279 im Donauraum zurückgebliebenen keltischen Kriegern formierte sich noch in der 2. Jahreshälfte ein weiterer Heereszug, nach Pompeius Trogus-Iustin (25,1,2–3) mit 15.000 Infanteristen und 3.000 Reitern, der nördlich des Haemusgebirges nach Osten zog und zuerst die Triballer, dann die Geten in Nordostbulgarien schlug und anschließend die Schwarzmeerküste entlang in die Propontis zog. Dort tauchte er in der 1. Hälfte des Jahres 277 vor der thrakischen Chersones (Halbinsel Gallipoli) und der Stadt Lysimacheia auf, wo Antigonos Gonatas mit Heer und Flotte lag. Verhandlungen über ein Bündnis führten nicht zum Erfolg, der überraschende Angriff bei Nacht auf das Lager des Antigonos endete mit der Niederlage der Kelten. Das damit gewonnene Prestige des Keltensiegers führte zur Anerkennung des Antigonos als König in Makedonien und damit zur Gründung des Antigonidenreiches. Für seinen Einmarsch in Makedonien hatte Antigonos 127 Liv.

38,16; dazu Strobel, Die Galater, 236–252; ders., State Formation by the Galatians of Asia Minor; ders., Die Galater und Galatien.

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kurze Zeit nach seinem Sieg über den keltischen Kriegerhaufen bei Lysimacheia im Sommer 277 v. Chr. einen Wanderverband unter der Führung des Kiderios und mehrerer weiterer Häuptlinge in der Propontis angeworben,128 die er zur Durchsetzung seines Herrschaftsanspruchs einsetzte. Für die Symmachieleistung war die Bezahlung von einem Goldstater für jeden Bewaffneten vereinbart, was eine Summe von 30 Talenten ausmachte und somit auf 9.000 Krieger schließen lässt. Von jetzt an haben alle hellenistischen Mächte keltische Söldner und ganze Kampfverbände in ihre Heere aufgenommen, was allerdings nicht immer konfliktfrei verlief.129 Das Grab mit LT C1-Schwert und hellenistisch-makedonischem Helm von Kazanlăk bei Seuthopolis oder die Bestattungen in Tumulus N1 von Philippopolis, in Sašova Mobila bei Šipka oder in Lychnidos weisen auf keltische Söldner im Offiziersrang hin.130 Das Keltenreich von Tylis in Thrakien

Noch 278 haben sich Kriegergruppen, die aus dem Süden zurückkehrten, und ganze Sippenverbände zu einem weiteren Wanderzug formiert, der unter der Führung des Kommontorios nach Südwestthrakien zog,131 wo sich der Teilverband unter Kiderios Antigonos Gonatas anschloss, während die Überlebenden aus der Niederlage von Lysimacheia die Scharen des Kommontorios verstärkt haben dürften. Kommontorios konnte sich gegen die Thraker und insbesondere die Odrysen durchsetzen und im östlichen Thrakien das Keltenreich von Tylis (oder Tyle) gründen. Es stellte eine ernsthafte Bedrohung für Byzanz dar, das sich zuerst von den Einfällen des Kommontorios in sein Landgebiet jeweils durch Geldgeschenke freikaufte und schließlich mit jährlichen Zahlungen von 80 Talenten Frieden und einen Freundschafts- und Symmachievertrag erkaufte, der Hilfe bei den ständigen Bedrohungen durch thrakische Angriffe beinhaltete. Dies hat sich für Byzanz bewährt, wie die Ereignisse des Jahres 220 v. Chr. zeigen. Ebenso ist von entsprechenden Zahlungen der Städte an der Schwarzmeerküste (Apollonia, Mesambria, Odessos, Dionysopolis) auszugehen. Als im Jahre 220 v. Chr. aufgrund der von Byzanz zur Deckung der finanziellen Belastung erhobenen Durchfahrtszölle für den Bosporus ein Krieg mit Rhodos ausbrach, in den Prusias I. von Bithynien als Gegner von Byzanz eingriff, wobei er zudem thrakische Bundesgenossen gewann, um Byzanz auf der europäischen Seite zu bedrängen, da intervenierte Kauaros, der letzte Herrscher von Tylis, zugunsten der Stadt.132 Er befreite sie von der thrakischen Belagerung und vermittelte

128 Polyain.

4,6,17; Strobel, Die Galater, 227f.

129 Strobel, 130 Dazu

Kelten und Galater als Symmachoi.

Emilov, Celts, 373f., 375.

131 Pol. 4,38,6; 45–46; Pomp. Trog. prol. 25; Pomp. Trog.-Iustin 32,3,6; Steph. Byz. s. v. Tylis [Billerbeck]; Strobel,

Die Galater, 232–236; Vagalinski (Hg.), In Search of Celtic Tylis in Thrace; Emilov, Celts, dessen erneut versuchte Reduzierung der Motive auch der Wanderzüge auf Plünderung und Erpressung von „Danegeld“ unter Leugnung des Zieles der Landnahme fehl geht. Teilweise überholt Bouzek, Celts and Thracians. Der Mal Tepe- Tumulus bei Mezek kann nicht als keltische Grablege gedeutet oder mit dem Reich von Tylis in Verbindung gebracht werden; Emilov/Megaw, Celts in Thrace?, 1–32. Mehrfach können die Thesen von Manov, In Search of Tyle (Tylis) nicht nachvollzogen werden.

132 Pol.

166

4,47–52.

HGSOE, Bd. 1

Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

einen Friedensschluss mit Prusias I., der noch im Winter 220/219 zustande kam. Prusias musste auf alles bisher Erreichte ersatzlos verzichten und die gesamte Beute herausgeben. Da er einem Sieg schon nahe war, muss die Macht des Kauaros für ihn eine wirkliche Bedrohung dargestellt haben, so dass er sich zu einem Vertrag mit solch ungünstigen Konditionen gezwungen sah. An anderer Stelle hebt Polybios in einer überaus positiven Zeichnung des Kauaros („wahrhaft königlich und hochgesinnt“) dessen Verdienste um Byzanz in diesem Krieg gegen Thraker und Bithynier und die Tatsache hervor, dass der Herrscher von Tylis für die Sicherheit der Handelsschifffahrt im südwestlichen Schwarzen Meer gesorgt habe.133 Er hat demnach eine Kontrolle oder eine gewisse Oberhoheit über die thrakische Schwarzmeerküste mit ihren griechischen Hafenstädten ausgeübt und mit Hilfe dieser Bundesgenossen auch über eine Seemacht verfügt. Da Polybios über den Niedergang der Macht des Kauaros im Zusammenhang der Jahre 214/212 v. Chr. berichtet,134 kann der Zusammenbruch des Keltenreiches von Tylis in diesen Zeitraum gesetzt werden. Das Gebiet der Tylenoi wurde von den Thrakern, wohl einer Allianz umliegender Dynasten unter odrysischer Führung, erobert, die Herrschaft des Kauaros zerstört und das keltische Ethnos in Thrakien ausgelöscht. Eine Folgewirkung der Vorgänge 220/219 v. Chr. ist anzunehmen; jedenfalls scheint der Auflösungsprozess schon 218 v. Chr. eingesetzt zu haben, als sich die Stammesgruppe der Aigosagen von Attalos I. von Pergamon anwerben und nach Kleinasien hinüberführen ließ (Pol. 5,77–78.111). Der Zusammenbruch des Reiches von Tylis führte zu einer Stärkung der Rolle der odrysischen Könige; Kotys verbündete sich mit Philipp V. und Perseus, nahm an der Schlacht von Pydna auf der Seite des Letzteren teil und schloss nach der Niederlage 168/167 v. Chr. ein politisches Bündnis mit Rom.135 Die Loyalität zu Rom bestimmte in der Folge die Politik dieser Dynastie, ebenso der nachfolgenden odrysisch-astaiischen Könige mit der Hauptstadt Bizye. Archäologisch gibt es nur wenige Spuren der Keltenzüge der Jahre 280 – 277 v. Chr. oder folgender Auseinandersetzungen mit dem sich etablierenden Reich von Tylis; für Pisti­ ros ist eine Zerstörung anzunehmen, ebenso für die Höhenfestung Krakra-Pernik am Oberlauf des Strymon (Struma). Das getische Zentrum Helis (Sborjanovo) war nicht betroffen, ebenso wenig Seuthopolis (bei Kazanlăk). Das Kerngebiet des Reiches von Tylis konzentrierte sich offensichtlich auf das verkehrsgeographisch wichtige Gebiet nördlich und südlich des Ostendes des Haemus bis zum Tonzos (Tundža) im Bereich von Kabyle.136 Westlich von Kabyle scheint die Festung von Cenino den südwestlichen Rand des Reiches zu bilden. Darüber hinaus haben seine Herrscher offensichtlich einen Streifen des östlichen Thrakien bis zum Territorium von Byzanz politisch und militärisch dominiert. Die

133 Ebd.,

8,22(24).

134 Ebd.,

8,22(24),3; 4,46,4.

135 Ebd.,

27,12; 30,17,1; Liv. 42,29; 44,42,2; 45,42,5–12.

136 Zur

Konzentration von LT C1–C2–Funden in der Region Šumen und im Hinterland von Varna Anastassov u. a., Walt Disney Comes to Bulgaria. Zusammenfassend Anastassov, The Celtic Presence in Thrace; Lazarov, The Celtic Tylite State in the Time of Cavarus.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

thrakische Siedlung Kabyle137 war 342/341 v. Chr. von Philipp II. erobert und zu einer hellenistischen Stadt ausgebaut worden; unter der Herrschaft des Lysimachos wurde sie dem thrakischen Vasallenherrscher Spartokos I. gegeben und, wie ihre autonome Münzprägung zeigt, nach 281 zu einer autonomen Stadtgemeinde, dann aber mit Bindung an verschiedene Dynasten wie Spartokos II., für den Münzen geprägt wurden. Als Teil des Reiches von Tylis prägte sie Münzen für die tylenischen Herrscher Orsoaltios, Kersibaulos und Kauaros.138 Inschriftenfragmente aus Kabyle weisen auf ein offenbar vertraglich geregeltes Verhältnis zu den Keltenkönigen hin.139 Kauaros ließ hier Silbermünzen im Stil postumer Alexander-Tetradrachmen, oft mit der Darstellung der Artemis Phosphoros, prägen. Seine Bronzeprägungen in vier Haupttypen wurden teils in Kabyle, teils in Arkovna und sicher auch in Odessos geprägt. Sehr ähnliche Tetradrachmen im postumen Alexandertyp wurden für die Kauaros vorausgehenden Herrscher Orsoaltios und Kersibaulos geprägt. Nördlich des Haemus befand sich ein Kerngebiet des Reiches im Stromgebiet der mittleren Kamčija sowie der Luda Kamčija und Provadjska Reka wie um Glavnica, das sich durch die Konzentration der für den alltäglichen Umlauf bestimmten Bronzeprägungen des Kauaros wie durch zahlreiche Latènefunde der Stufen B2/C1 und C1, aber auch C2 bis C2 spät auszeichnet.140 Von zentraler Bedeutung war hier die Höhenfestung von Arkovna im auslaufenden nordöstlichen ­Haemusgebirge, die wichtige Nord-Süd-verlaufende Verkehrswege beherrschte und mit den reichen Krieger- und Frauengräbern der Tumulus-Nekropole von Kalnovo verbunden ist. Offensichtlich bestand hier im Hinterland von Odessos eine keltische Gruppe noch über das Ende des Reiches von Tylis hinaus weiter. Die Lage des gleichnamigen, am Rand des Haemus gelegenen Haupt- und Residenzortes Tylis selbst141 ist bisher unbekannt, wobei eine Lokalisierung am Südrand des Gebirges, etwa im Gebiet der oberen Močurica, durchaus wahrscheinlich sein kann.142

137 Delev,

From Kouroupedion, 61f.; Popov, Settlements, 116f.; Ivanov (Hg.), Kabile I; Velkov (Hg.), Kabile II; Tatscheva, Seuthes III., Seuthopolis und Kabyle. Nach dem Ende des Reiches von Tylis wieder eine autonome Polis, die 72 v. Chr. von Lucullus erobert wurde; nach 46 n. Chr. mit einem römischen Militärlager verbunden.

138 E.

I. Paunov, Introduction to the Numismatics of Thrace, 272, 280f.

139 Dimitrov,

Celts, Greeks, Thracians in Thrace, bes. 56; Emilov, The Galatians and Cabyle.

140 Lazarov,

The Celtic Tylite State in the Time of Cavarus; Anastassov, The Celtic Presence in Thrace. In Tumulus I waren neben der reichen Waffenausstattung, darunter zwei LT C1–Schwerter und ein hellenistischer Helm attischen Typs, und Wagenteilen auch zwei Pferde mitbestattet.

141 Pol.

4,4,46 als basíleion bezeichnet; bei Steph. Byz. s.v. Tylis [Billerbeck] als thrakische Polis nahe dem Haemus. Zu den Quellen kritisch Emilov, Ancient Texts on the Galatian Royal Residence of Tylis (allerdings unrichtig zu Pomp. Trog. prol. 25 und überzogen zu Steph. Byz.).

142 Zur

Lokalisierungfrage die Beiträge in Vagalinski (Hg.), In Search of Celtic Tylis in Thrace; Lazarov, The Celtic Tylite State in the Time of Cavarus; auch Manov, In Search of Tyle (Tylis), dessen Thesen (Seuthopolis erste Hauptstadt der Kelten, zerstört durch Antiochos II., Flucht des Kauaros nach Arkovna) wenig überzeugen.

168

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

2.1 .4 Skiren und Bastarner Das Erscheinen der Skiren und Bastarner im nordpontischen Raum fiel in das mittlere bis späte 3. Jahrhundert v. Chr., verbunden mit der bastarnischen Landnahme zwischen Ostkarpaten und Dnjestr (Bukowina, mittlere und nördliche Moldau, Bessarabien) in der Zeit bis zum frühen 2. Jahrhundert v. Chr. (Poieneşti-Lukaševka-Kultur) sowie der Ausbildung der Zarubincy-Kulturgruppe in Polesien, dem Gebiet des mittleren Dnjepr und der unteren Desna.143 Eine weitere Siedlungzone lag im Ostteil der Lubliner Platte mit Südpodlasien zwischen mittlerem Wieprz und Bug. Die Ausbildung geht auf Wanderzüge germanischer Gruppen aus der Jastdorf-Kultur zwischen Elbe und Oder bis Holstein und Jütland zurück. Im Mischverband der Bastarner waren bedeutende Latène-Gruppen aus dem Raum Schlesien-Kleinpolen und der Mährischen Pforte sowie Elemente aus der frühen Phase der Przeworsk-Gruppe vertreten. Die Skiren („die Reinen“) setzten sich als geschlossene Kerngruppe von dem größeren, auf dem Wanderzug formierten Mischverband ab, der in Tracht und Militärstruktur deutlich mittellatènezeitlich geprägt war. Eine starke Präsenz von LT C-Trachtbestandteilen ist bei den Zarubincy-Gruppen festzustellen. Als Söldner erscheinen diese „Galater“ im Bosporanischen Reich in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. Auf die aktive Präsenz dieser „nördlichen Barbaren“, die damals noch summarisch als Galater benannt wurden, im westpontischen Raum bezieht sich das ca. 220 v. Chr. gefasste ProtogenesEhrendekret aus Olbia.144 Hinzu tritt nun mit der expliziten Nennung der Skiren und ihres Führers Atēs das 220/210 v. Chr. zu datierende Ehrendekret der Stadt Istros für Meniskos (SEG 52, 724); der Friede mit den Skiren wurde durch jährliche Geldzahlungen erkauft, wobei das Dekret bereits eine Erneuerung des Vertrages mit den Skiren anspricht. Die Poieneşti-Lukaševka-Kultur zwischen Karpaten und Dnjestr zeigt in keinem ihrer Gräberfelder getisches oder „dakisches“ Fundgut. Sie bricht im ausgehenden 1. Jahrhundert v. Chr. in den Räumen zwischen Karpaten und Pruth, aber auch in Südostpolen ab, wo die Przeworsk-Gruppen nach Süden vordringen. Dies dürfte mit den für die Bastarner verheerenden Niederlagen gegen Licinius Crassus (s. u. Kap. 2.3.2) zu verbinden sein oder aber bereits mit den Ursachen für ihren Wanderzug in den 30er Jahren zur unteren Donau. Die Gebiete wurden erst seit Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. von Kostoboken und Karpen wieder aufgesiedelt. Die Zarubincy-Kulturgruppe bestand weiter, bricht jedoch nach dem 3. Viertel des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Polesien und dem nördlichen Teil des mittleren Dnjepr-Gebietes ab, offenkundig als Folge der Südausdehnung des „gotischen“ Wielbark-Horizontes. Damit steht sehr wahrscheinlich jener Wanderverband in Verbindung, der Decebalus bei der Invasion Untermoesiens im 1. Dakerkrieg Traians (s. u. Kap. 2.4.3) unterstützt hat. Die Spät-Zarubincy-Gruppen konzentrieren sich im Raum des südlichen mittleren Dnjepr, der Desna, des südlichen Bug und 143 Vgl. Babeş, Poieneşti-Lukaševka-Kultur; ders., Rumänien und die Republik Moldau. § 2. Latènezeit und römische

Kaiserzeit, 473f.; Strobel, Die Galater, 159–161; Dąbrowska, Zarubincy-Kultur; Kokowski, Die PrzeworskKultur, 88–95. Ps.-Skymn. frg. 8 [Korenjak], eine vermutlich auf Demetrios von Kallatis zurückgehende Passage, nennt als Bevölkerung zwischen dem Tyras (Dnjestr) und dem nördlichen Mündungsarm der Donau Thraker (d. i. Geten) und die später zugewanderten Bastarner. Pomp. Trog. berichtete im 28. Buch im Anschluss an den Tod Alexanders von Epirus (wohl 250 v. Chr.) von der Bastarnerwanderung (prol. 28).

144 Syll.3

495; Strobel, Die Galater, 160f.; jetzt ausführlich Avram, Les premiers peuples germaniques sur le Bas Danube.

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169

Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

des Donez-Worskla-Gebietes; sie werden nach der Wende zum 3. Jahrhundert n. Chr. von dem Entstehen der Kiew-Kultur und der Černjachov-Kultur abgelöst. Mit diesen Gruppen verbinden sich dann die späteren Hinweise auf die Bastarner einschließlich ihrer Ansiedlung auf Reichsgebiet unter Kaiser Probus (276 – 282 n. Chr.) sowie das Wiedererscheinen der Skiren in der Völkerwanderungszeit. Philipp  V. von Makedonien (221 – 179 v. Chr.) bemühte sich, die Bastarner als Verbündete (Symmachoi) für den Kampf gegen die Dardaner zu gewinnen;145 so schickte er 184 v. Chr. eine Gesandtschaft zu ihnen, die in Begleitung von bastarnischen Adelsführern 182 zurückkehrte, wobei einer der Stammesfürsten seine Schwester für eine Heirat mit einem der Söhne Philipps anbot. Philipp V. bot den Bastarnern eine Ansiedlung nach einem Sieg über die Dardaner in deren Gebiet an. Philipp sandte daraufhin eine weitere Gesandschaft, um das entsprechende Abkommen mit Klondikos/Clondicus, dem Heerkönig des Gesamtverbandes, abzuschließen. 179 überschritt ein bastarnischer Heereszug unter Führung des Clondicus die untere Donau, doch verhinderte der Tod Philipps im Sommer 179 eine erfolgreiche Kooperation (Liv. 40,57,2–58,8). Nach Kämpfen und Plünderungen in Thrakien führte Clondicus mit angeblich 30.000 Kriegern, eine sicher weit überhöhte Zahl, im Bündnis mit den Skordiskern und thrakischen Hilfstruppen den Krieg gegen die Dardaner, deren Gesandtschaft im Frühjahr 176 v. Chr. in Rom von der Zusammenarbeit zwischen Perseus und den Bastarnern berichtete und um römische Hilfe bat.146 Nach einem Sieg über die Dardaner, aber verbunden mit dem Verlust des eigenen Lagers, kehrten die Bastarner im Winter 175 nach Norden über die Donau zurück, wobei sie beim Übergang über die eisbedeckte Donau erhebliche Verluste erlitten. Ein erneuter Heereszug 168 v. Chr. durch Thrakien mit 10.000 Reitern und ebensovielen Kriegern zu Fuß unter Clondicus zur Unterstützung des Perseus im 3. ­ aeder-Gebiet am Strymon kehrt, als Perseus die vereinbarte Makedonischen Krieg machte im M Soldzahlung nicht leisten wollte (Liv. 42,26,2–27,7).

2.1 .5 D  ie Genese der sogenannten klassischen dakischen Kultur des 1. vor- und nachchristlichen Jahrhunderts In der rumänischen Forschung werden die Kulturerscheinungen seit der Wende vom 2. zum 1. Jahrhundert v. Chr. bis zur römischen Eroberung, ausgehend vom Bild Südwestsiebenbürgens und des Komplexes in der Bergzone des Orăştie-Gebirges, als die Epoche der sogenannten klassischen dakischen Kultur beschrieben.147

145 Zu den gegen Philipp vorgebrachten Verleumdungen gehören die Berichte (etwa Liv. 38,35,4; 42,11,4), er hätte die

Bündnisse mit Bastarnern und Skordiskern für einen Angriffskrieg gegen Rom angestrebt. Vgl. Walbank, Philip V of Macedon, 236–257.

146 Pol.

25,6,2 (dazu Walbank, A Historical Commentary on Polybios, Bd. 3, 282); Liv. 41,19,4–11; Oros. 4,20,34f.

147 Vgl. Rustoiu

u. a. (Hgg.), Habitat und Gesellschaft; Rustoiu, The Celtic Horizon in Transylvania; ders., Civilian and Funerary Space; Ferencz, Celţii pe Mureşul mijlociu; Cosma/Rustoiu (Hgg.), Comerţ şi civilizaţie; Pupeză, Veacul întunecat al Daciei; ders., Ceramica daco-getică; Iaroslavschi, Tehnica la Daci; Glodariu, Arhitectura

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Unwissenschaftliche Konzepte des Geto-Dakismus

Es ist, wie schon betont, notwendig, sich von dem allumfassenden Geto-Dakismus der rumänischen Forschung zu lösen und den irreführenden, eine fiktive ethnisch-kulturelle Einheit suggerierenden Kunstbegriff der Geto-Daker, verbunden mit den Attributen „geto-dakisch“ oder „dakogetisch“, aufzugeben.148 Die gesamte in der rumänischen Forschung und Historiographie bisher entwickelte „Kulturgeschichte der Daker“ baut auf axiomatischen Vorannahmen oder einseitigen, vielfach kaum begründeten Hypothesen auf.149 Ebenso ist von der Fixierung der rumänischen Forschung auf die angebliche Staatsbildung durch „Burebista“, richtig wäre Byrebistas, in der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr.150 Abstand zu nehmen, mit der immer wieder die angebliche Errichtung eines „dakischen Festungssystems“ in Siebenbürgen oder gar der Beginn eines „gesamtdakischen“ religiösen Zentralortes im Komplex von Grădiştea Muncelului (= Grădiştea de Munte) verbunden wird, den man ohne wirkliche Grundlage mit Sarmizegetusa und der Regia des Decebalus zu identifizieren pflegt. Gleiches gilt für die immer wieder dogmatisch behauptete Kontinuität eines dakischen Zentralkönigtums von „Burebista“ bis Decebalus. Der „Burebista-Staat“ soll sogar eine neue soziale Struktur „der Daker“ geschaffen haben. Ebenso typisch ist die verbreitete Überschätzung der „dakischen Gefahr“ für das Imperium Romanum.151 Hinzu kommt eine traditionelle Fehldeutung der einzigen Stelle, an der Cassius Dio das Herrschaftszentrum des Decebalus erwähnt (Cass. Dio 68,8,3 = Xiph. 231, 13–16): Nach dem Scheitern der von Decebalus angebotenen Verhandlungen beginnt Traian 102 n. Chr. mit der Ersteigung der Höhen und nimmt unter Gefahren einen Hügel (!) nach dem anderen und nähert sich so den „königlichen Wohnstätten (Plural!) der Daker“ (τοῖς τῶν Δακῶν βασιλείοις). Am Ende des 1. Dakerkrieges verlässt Traian das kaiserliche Heerlager in „Zermizegethusa“ (codd. AB ζερμιγεζεθουσῃ, M ζερμιγεθουσῃ; Anfangssilbe dacilor; Gheorghiu, Dacii pe cursul mijlociu al Mureşului; Pop, Fortificaţiile dacice; Florea, Dava et Oppidum; Spânu, Tezaurele dacice. 148 Siehe

bereits oben Kap. 1 (die Ausführungen zu Forschungsstand und historischer Diskussion) und 2.1.1 (Abschnitt: Der Dakername). Teilweise sehr problematisch sind die rumänischen Beiträge in: Niculiţă/Zanoci/Băţ (Hgg.), Thracians and Circumpontic World.

149 Vulpe,

Reflecții despre problema geto-dacică, betont zu Recht, dass von den rund 1600 bekannten Fundstellen des 1. Jh.s v. – 1. Jh. n. Chr. nur ca. 1 % ausreichend aufgearbeitet und publiziert ist und nur 7 % überhaupt untersucht sind, allerdings meist nur mit Sondagen und schmalen Schnitten, wobei die problematischen Grabungsmethoden und die mangelnde Dokumentation bei vielen Ausgrabungen eine Auswertung nicht ermöglichen und chronologische Fragen statt mit Methoden der Archäologie durch axiomatisch übernommene historische Daten „geklärt“ werden. Obskure Formen nimmt der postkommunistische, nationalistisch-ideologische Dakismus in den Publikationen etwa von Dan Oltean an (s. o. Kap. 2.1.1, Abschnitt: Der Dakername; Oltean, Munţii Dacilor).

150 Beispielhaft

für die Überzeichnung Daicoviciu, Dacia de la Burebista la cucerirea romană; Crişan, Statul dac; ders., Burebista and His Time. Unrichtig in dieser Beziehung auch Florea, Dava et Oppidum, 147 „état archaïque centralisé“, „l’État dace“. Ioan Glodariu spricht stets von einem durchorganisierten dakischen Staat mit Institutionen und klaren Hierarchien; die Burg von Costeşti sei die Residenz des Burebista während seiner ganzen Herrschaft gewesen, der Grădiştea Muncelului der heilige Berg Kogaionon der Daker und Wohnsitz des Dekaineos. Vgl. etwa Glodariu, Introducere în Istoria antică; sehr problematisch in vielen Aspekten auch die Beiträge von Glodariu u. a. in: Istoria Românilor, Bd. 1, 667–843. Zusammenfassend Strobel, Pseudofakten.

151 Charakteristisch soeben Oltean/Hanson, Conquest Strategy, bes. 428: Dacia als ein Dorn in Roms Seite für rund

200 Jahre, Burebista und seine Nachfolger als kontinuierliche Bedrohung für Roms Hegemonie auf dem Balkan, kulminierend in „the rise of the powerful kingdom of Decebalus“.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

mit α-ε-Verschreibung152), legt noch Garnisonen in andere Teile des Landes und kehrt nach Italien zurück (Cass. Dio 68,9,7 = Exc. UG 47; nicht in Xiphilinus). Daraus ist selbstverständlich nicht abzuleiten, dass sich dieses zentrale kaiserliche Heerlager im „dakischen Sarmizegetusa“ auf dem Grădiştea de Munte befunden habe und dort 102 – 105 n. Chr. eine römische Garnison gelegen sei.153 In dem Parallelexzerpt Exc. UG 47 eroberte Traian nach den gescheiterten Verhandlungen einige befestigte Berge und fand dort Waffen, Kriegsmaschinen und Feldzeichen aus der Niederlage des Cornelius Fuscus 86 n. Chr., während Laberius Maximus eine starke Festung einnahm und die Schwester des Decebalus gefangennahm; dann begann Decebalus mit ernsten Verhandlungen, die zum Friedensschluss führten. Allein Klaudios Ptolemaios (geogr. 3, 8, 9) benennt den herrschaftlichen Zentralort vor der römischen Eroberung, für den er in seiner Vorlage die Koordinaten fand, Zarmizegethusa basileios (basileion), eine Präzisierung des Namens in seiner Vorlage zur Trennung von der gleichnamigen römischen Colonia, für die Ptolemaios jedoch offenkundig weder Nennung noch Angaben geboten waren. Cassius Dio wiederum kannte selbst den Ort der römischen Colonia Sarmizegetusa und die Region; in der 1. Hälfte 214 begleitete er Caracalla als Comes Augusti auf der Reise durch die Donauprovinzen nach Kleinasien, wobei der Kaiser auch Dakien und somit mit Sicherheit die Colonia als dessen Metropolis besuchte und dabei Gesandtschaften empfing, die ihm Geiseln für die Erneuerung der Foedera stellten.154 Den Namen Sarmizegetusa auf das Machtzentrum des Decebalus anzuwenden, hielt Cassius Dio offensichtlich für falsch. Die Namensgleichheit hat in der modernen Forschung wiederholt zur irrtümlichen Gleichsetzung dieses Sarmizegetusa mit der späteren gleichnamigen Colonia Sarmizegetusa an der Stelle des römischen Hauptlagers in der Haţeg-Ebene geführt, was mit massiven Fehlinterpretationen hinsichtlich des Verlaufs der Dakerkriege Domitians und Traians einherging.155 Wenn im Folgenden von Sarmizegetusa gesprochen wird, so ist damit jener historische weitläufige und vielgliedrige Komplex in den Orăştie- bzw. Şureanu-Bergen gemeint, der den Herrschaftsmittelpunkt des Decebalus seit 86 n. Chr. bildete. Das Problem der sogenannten „dakischen“ Keramik

Das Konzept der „dakischen Keramik“ geht auf die ethnonationalistischen Sichtweisen des späteren 19. und der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück und steht ganz in der Tradition der ethnischen Interpretation und Zuweisung von materiellen Befunden, die in Gustaf Kossinna und seinen Epigonen gipfelt und zu einem wichtigen Element der nationalsozialistischen Rassenideologie wurde (s. o. Kap. 2.1.1, Abschnitt: Der Dakername). Die letztlich in ethnonationalen Ideologemen

152 Zu

den Namensvarianten, die in den verschiedenen Quellen überliefert sind, vgl. Mitthof, Sarmizegetusa?

153 So

zuletzt wieder fälschlich Oltean/Hanson, Conquest Strategy, bes. 429f., 439–446, mit sehr problematischen Folgerungen.

154 Cass.

Dio 77,18,4; 78,8,4; Cassius Dio war unter Severus Alexander Statthalter von Dalmatien und Pannonia superior; zur Anwesenheit Caracallas HA Carac. 5, 4; Cass. Dio 77,16,7 mit 78,27,4; CIL 3, 1453. CFA 99b, Z. 5–10 vom Jahresende 213 bezieht sich nicht auf das Übersetzen von Thrakien nach Kleinasien mitten im Winter (!), sondern auf die sichere Ankunft des Kaisers im Winterquartier in Sirmium.

155 Die

Namensgleichheit betrifft auch die neuzeitlichen Ortsnamen: Grădiştea Muncelului/de Munte – Grădiştea Hațegului und Várhely, siehe Mitthof, Sarmizegetusa?

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

wurzelnde Kategorisierung von bestimmten Keramikformen und ihrer Machart als ethnische Marker des „dakischen Volkstums“ wurde von Ion Horaţiu Crişan 1955 in den Raum gestellt und entwickelte sich mit seinem systematisierenden, aber ganz den eigenen historischen Axiomen verpflichteten Standardwerk zur vorrömischen Keramik in Rumänien (Crişan, Ceramica daco-getică) zu einem über die rumänische Forschung hinauswirkenden Dogma. Die handgemachte, sogenannte „dakische“ Keramik entwickelte sich aus der spät- wie nachhallstattzeitlichen eisenzeitlichen Formen- und Typentradition insbesondere in jenen Gebieten, die nicht vom Einsiedeln keltischer Gruppen erfasst waren bzw. wo Gruppen in einheimischer Tradition neben zugezogenen Latènegruppen und latènisierten Eliten lebten.156 Die anderen Zen­ tralzonen für die Entwicklung dieser „dakischen“ Keramikwaren, so auch für die Funktionsformen der Grobkeramik unter Einschluss der sogenannten „dakischen Tasse“, einer allgemein verbreiteten Nutzform zur Beleuchtung, lagen zwischen Ostkarpaten und Dnjestr bzw. in der Großen Walachei, d. h. im eindeutig getischen Raum.157 Gleiches gilt für die Vorratstöpfe mit Noppen. Die eigentliche „klassisch-dakische“, scheibengedrehte Keramik, die sich erst seit der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. in Stufen und in einem Teil ihrer Formen sogar erst ab der Mitte oder Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. ausbildete, ist wiederum in der Herstellungstechnik einerseits auf die Produktion scheibengedrehter Latènekeramik und andererseits auf Einflüsse hellenistischer wie getisch-pontischer Keramik zurückzuführen.158 Die Graphitton- und Kammstrichware in LatèneTradition wird kontinuierlich weiterproduziert und ist typisch für den Horizont der dakischen Festungen im 1. Jahrhundert n. Chr. Der Einfluss der sogenannten „klassisch-dakischen“ Keramik erreichte den Raum Nordrumäniens im Laufe der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr., teilweise erst im 1. Jahrhundert n. Chr., ohne aber eine wirklich durchgehende Vereinheitlichung der Waren zu erreichen; die handgemachte Keramik des nördlichen Raumes zeigt sich als Fortentwicklung eines relativ homogenen nachspäthallstattzeitlichen Keramikhorizontes, der Siebenbürgen, Nordwestrumänien, die KarpatoUkraine, Nordostungarn und Slowakei sowie Moldawien bis zum Hinterland von Olbia und zum Bug umfaßt159 und mit dem Vordringen keltischer Gruppen im nördlichen Karpatenbecken und nach Siebenbürgen hinein nicht abbricht. Noch ins 1. Jahrhundert v. Chr. hinein überwiegt in Siebenbürgen handgemachte Keramik mit einer Typologie und Dekoration in Hallstatt-Tradition. Im 2. Jahrhundert v. Chr. fließen weder Münzen griechischer Prägungen noch hellenistische

156 Pupeză,

Veacul întunecat al Daciei; Berecki, The La Tène Settlement from Moreşti; Teleagă, Die La-Tènezeitlichen Grabfunde aus Brateiu.

157 Munteanu,

Les transformations ethniques; selbst Crişan, Ceramica geto-dacica, sieht die Entwicklung der „dakischen Tasse“ aus dem entsprechenden hallstattzeitlichen Typ heraus. Vgl. Moscalu, Ceramica thraco-getică.

158 Pupeză,

Some „Dark“ Aspects; Marinescu, Vestigii halstattiene; Németi, The Problem of Hand-made Pottery from La Tène (Celtic) Contexts; Pupeză, Ceramica daco-getică; ders., The Local Tradition Pottery; Cristescu, Contribuţii.

159 Vgl. Braund, Thracians and Scythians, 357f. Zu den Funden der Siedlung von Olteni (jud. Covasna) des 4. – 3. Jh.s

v. Chr., gelegen in Ostsiebenbürgen, Sîrbu, Comunitatea dacică.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Importkeramik, abgesehen von Einzelfunden im Kontext örtlicher Eliten, nach Siebenbürgen, wo bestimmte Typen dieser Keramik nur lokal imitiert werden.160 Es ist nochmals zu betonen, dass das ethnische Etikett „dakisch“ für den nord- und nordwestrumänischen Raum und noch mehr für den Bereich der Nord- und Nordostkarpaten und ihres Vorlandes verfehlt ist und zu gravierenden Missverständnissen führt (s. o. Kap. 1 und 2.1.1, Abschnitt: Der Dakername). Die immer wieder postulierte Zugehörigkeit dieser Räume zur kurzlebigen Herrschaftsbildung des Byrebistas (in der Literatur allgemein in der unrichtigen Namensform Burebista) ist zudem ganz unwahrscheinlich.161 Noch gravierender ist die irrige Tendenz in großen Teilen der Forschung, Formen der Grob- und Feinkeramik als ethnische Marker der „Daker“ bzw. „Geto-Daker“ zu definieren und daraus gar die Existenz eines einheitlichen dakisches Ethnos abzuleiten. Im letzten Jahrzehnt nimmt die Tendenz wieder verstärkt zu, chronologisch undifferenzierte Datierungen „1. Jh. v. Chr. bis römische Eroberung“ oder „1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.“ im Sinne einer vermeintlichen „klassisch dakischen Epoche“ für archäologische Fundplätze zu verwenden.162 Natürlich sind die einheimische Grobkeramik und handgemachte Waren mit ihrer Typen-, Formund Dekorkonsistenz nur schwer innnerhalb der Zeiträume 4./3. bzw. 3./2. Jahrhundert v. Chr. – 1. Jahrhundert n. Chr. chronologisch einzuordnen. Hingegen ist die Feinkeramik, insbesondere die bemalte Keramik, die konzentriert in den Elitezentren Südwestsiebenbürgens und insbesondere Sarmizegetusas auftritt, eine erst späte Entwicklung lokaler Ware unter dem direkten Einfluss von hellenistischen und frühkaiserzeitlichen Vorbildern im späteren 1. Jahrhundert n. Chr.163 Andererseits wird die Kontinuität der Entwicklung von der hallstattzeitlichen zur Keramik der sogenannten klassischen dakischen Kultur im Norden und Osten des Karpatenraumes immer deutlicher. Die Frage nach der „dakischen“ Religion

Auch eine „geto-dakische“ bzw. „dakische“ Religion lässt sich nicht rekonstruieren; die weit ausgreifenden Thesen, die man aus der doch beschränkten Aussagefähigkeit der materiellen Befunde (bei gleichzeitigem Fehlen von Bestattungen!) zu gewinnen sucht,164 bleiben in der Regel ohne wirkliche Basis,165 so auch die wiederkehrende Behauptung einer „fanatischen Religiosität“ der

160 Überzogen in der Sicht der Entwicklung von Handel und einheimischer Wirtschaft Glodariu, Considerații asupra

circulaţiei; ders., Relaţii comerciale; ders., Dacian Trade. Es ist stets zwischen dem Hinterland der Küstenstädte, der Zone entlang der unteren Donau und dem Binnenraum zu unterscheiden.

161 Strobel, Vorrömischer und frührömischer Geldverkehr in Noricum, bes. 84f. Zur Namensform Byrebistas und zu

seiner Herrschaft siehe unten Kap. 2.2.4.

162 So

etwa Berzovan/Pădurean, Fortificaţia.

163 Florea,

King.

Ceramica pictată dacică; Cristescu, Ceramica dacică; ders., Premise teoretice; ders., Feasting with the

164 Etwa

Sîrbu, Credinţe și pratici funerare; ders., Oameni; ders./Florea, Géto-Daces; von der Fülle obskurer pseudowissenschaftlicher, aber äußerst populärer Machwerke natürlich ganz abgesehen.

165 Das

Resümee aus dem Sammelband von Taufer (Hg.), Sguardi interdisciplinari sulla religiosità dei Geto-Daci, ist eindeutig. Es kann weder eine getische noch eine dakische Religion rekonstruiert werden.

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HGSOE, Bd. 1

Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Daker.166 Das Erscheinen der ahistorischen, religiös-mythisch zu verstehenden Zalmoxis-Gestalt in der griechischen Literatur und im philosophischen Diskurs seit Herodots schon in sich widersprüchlicher, auf unterschiedliche Gewährsleute zurückgehender Erzählung (4, 94–95)167 erweist ihn selbstverständlich weder als Gründer oder zentrale Gottheit einer getischen noch einer „getodakischen“ Religion. Aus rituellen Depots kann zwar auf vollzogene Rituale, nicht aber auf die zugrunde liegenden Glaubensvorstellungen geschlossen werden.168 Dabei ordnet sich das Bild ganz in den eisenzeitlichen Horizont von Thrakien bis Gallien und Germanien ein. Zu den religiösen Charakteristika gehört das Verschwinden archäologisch nachweisbarer Bestattungen in der 1. Hälfte des 2. Jahrhundert v. Chr. nach dem Horizont La Tène (LT) C1. Für die gesamte Periode 2. Jahrhundert v. Chr. – Ende 1. Jahrhundert n. Chr. sind im gesamten Raum nur rund 100 Gräber bekannt, von denen gerade ca. 20 in das 1. Jahrhundert n. Chr. fallen. Zudem gehören die Gräber der Zeit Mitte 2. – mittleres 1. Jahrhundert v. Chr. zu den Krieger- und Elitegräbern der PadeaPanagjurski Kolonii-Gruppe, insbesondere zu den Elitebestattungen in Tumulus-Nekropolen wie jenen von Călan und Cugir, Popeşti oder Brad.169 Dem liegt zweifellos ein radikaler Wandel im religiösen Denken und im Bestattungsbrauch zugrunde. Beim Verschwinden der Gräber während der Perioden LT C2 und D1/D2 handelt es sich aber um ein allgemein verbreitetes Phänomen im Bereich der Latènekultur und insbesondere im östlichen Latène-Raum. Die Fiktion eines „Staates des Burebista“

Es ist ferner mit Nachdruck auf das Problem hinzuweisen, dass die aufgrund von Keramikensembles und Importen konstruierten relativen Chronologien in der rumänischen Forschung stets mit den aus der Überlieferung rekonstruierten historischen Daten, aber ebenso mit pseudo-historischen Konstrukten verbunden werden, so insbesondere mit jenem des angeblichen „Staates des Burebista“ als eines quasi nach dem Vorbild des hellenistischen Makedonien durchorganisierten, das kulturelle, soziale wie religiöse Leben „der Daker“ vereinheitlichenden Staatsgebildes („unified State of the Dacians“) mit einer monarchischen Zentralmacht (mit Sitz natürlich in Sarmizegetusa).170 Ebenso 166 Überzogen

daraus abgeleitet von Florea/Pupeză, Les dieux tués, ein „totaler Krieg“ der Römer gegen die dakische Religion. Gerade die zitierten Parallelen wie Karthago, Korinth und Jerusalem zeigen die gegenteilige Motivation im Handeln der Römer.

167 Fritz/Russu,

Zalmoxis; Dana, Fontes ad Zalmoxin pertinentes; ders., Zalmoxis de la Herodot la Mircea Eliade; leider äußerst einflussreich erweist sich noch immer das mit spekulativen religionsgeschichtlichen Vergleichen und hypothetischen Konstrukten arbeitende Buch von Eliade, Zalmoxis. Die auf Herodot folgende Tradition ist ganz von griechischem Denken und dessen rationalistischer Mythenerklärung (als Gott, thrakischer König, Prophet, Lehrer, Religionsstifter oder Gesetzgeber) geprägt. Alle diachronischen Harmonisierungsversuche und Rückgriffe auf postulierte indoeuropäische Glaubensvorstellungen scheitern; das zugrunde gelegte Kontinuitätsaxiom ist verfehlt. Auch der Heilungsversuch von Bulzan, Some Aspects of Getian and Dacian Rulership, bleibt widersprüchlich und verfehlt.

168 Florea,

L’archéologie, betont nun die starken Unterschiede im archäologischen Befund, die eine grundlegende Diversität der religiösen Vorstellungen nach Zeit, Ort und sozialem Milieu erkennen lassen.

169 Pupeză,

The Immortal Thracians; Teleagă, Die Scheiterhaufen aus Cugir und Tarinci.

170 Mit Nachdruck weisen auf diese Grundprobleme Strobel, Dacii und Lockyear, The Late Iron Age Background to

Roman Dacia („distinct regional diversity“) hin. Siehe das Folgende, bes. Kap. 2.1.7 (zu Sarmizegetusa) und 2.2.4

HGSOE, Bd. 1

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

fiktiv ist das Bild eines auf „Burebista“ (d. h. Byrebistas) zurückgehenden Verteidigungssystems in Südwestsiebenbürgen um Sarmizegetusa oder das Konstrukt tiefgreifender religiöser Reformen durch Dekaineos und „Burebista“.171 An solche Pseudodaten werden archäologische Deutungen und Datierungen wie auch jene der vorrömischen Numismatik des Raumes bis heute gehängt. Dabei besteht zumindest in der kritischen rumänischen Forschung mittlerweile ein gewisser Konsens, dass der Komplex von Grădiştea Muncelului („Sarmizegetusa Regia“ mit dem sogenannten „Heiligen Bezirk“) erst spät beginnt, genauer gesagt Ende 1. Jahrhundert v./Anfang 1. Jahrhundert n. Chr., und seine volle Entwicklung in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. bzw. gegen Ende dieses Jahrhunderts fand.172 Die Anlage der Siedlungsterrassen und ihre Besiedlung setzt nicht vor dem 1. Jahrhundert n. Chr. ein. Die Bevölkerungskonzentration in der Gebirgsregion zwischen Faţa Cetei im Norden und dem Valea Roşie ist offensichtlich in einer relativ kurzen Zeitspanne entstanden und erreichte in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. ihre volle Entfaltung. Der erhebliche Bevölkerungszuzug ist sicher auf die Flucht- und Ausweichbewegungen größerer Bevölkerungsgruppen aus dem Banat, aus Oltenien und wesentlichen Teilen Munteniens während der römischen Feldzüge und Clearingsoperationen unter Vinicius, Lentulus und Aelius Catus173 zurückzuführen. In Siebenbürgen ist gleichzeitig eine Zunahme der Siedlungsdichte festzustellen. Der Daker-Geten-Exkurs des Pompeius Trogus

Die mit den vordringenden germanischen Heeres- und Wanderzügen der Skiren und Bastarner und ihrer Landnahme sowie Expansion verbundenen Abwehrkämpfe der Geten, die sich zweifellos nicht nur in Moldawien, sondern ebenso im Raum zwischen Ostkarpaten und Sereth sowie zwischen Sereth und Pruth abspielten, sind offenkundig der Hintergrund der Oroles-Episode (Pomp.

(zum Zeitalter des Byrebistas). Zur Problematisierung der Byrebistas-Überlieferung vgl. auch Brodersen, Könige im Karpatenbogen, 134–138. 171 Die

Überlieferung über ein Weinverbot durch Byrebistas (Strab. 7,3,11) steht in krassem Widerspruch zur archäologischen Evidenz (Amphorenimporte, Trinkgeschirr); vgl. Egri, Mediterranean Wine and Dacian Convivality; Sîrbu, Trăit-au geto-dacii de la Burebista la Decebal fără vin?. Der Versuch von Bulzan, Some Aspects of Getian and Dacian Rulership, die topische Notiz bei Timagenes-Strabon zu retten, scheitert.

172 Vgl. etwa Florea, Sarmizegetusa Regia – The Identity of a Royal Site?; Cristescu, Ceramica dacică; ders., Premi-

se teoretice; ders., Feasting with the King; gewisse Korrekturen bereits bei Glodariu, Addenda.

173 Siehe

unten Kap. 2.3.5 (Vinicius und Lentulus) und 2.3.7 (Aelius Catus). Zur Zerschlagung der Siedlungsstrukturen Bărbulescu, Relații daco-romane, 147. Selbst im Bereich der Mureş-Pforte enden die zentralen Orte Câmpuri Surduc und Bretea Mureşană-Măgura in augusteischer Zeit, in die auch der Hort von Rădulesti mit dem BronzeSimpulum gehört; ein deutlicher Rückgang des Fundgutes im 1. Jh. n. Chr. westlich von Deva ist festzustellen; Cristina Bodó, Vortrag 13. Thrakologenkongress 2017; dies./Sîrbu, The Fortification (hier allerdings aufgrund der rein historischen Argumentation Sîrbus noch die Annahme einer Existenz der Befestigungen während des 1. Jh.s n. Chr.). Auch die befestigten Anlagen (Tellsiedlung von Pecica, Cladova-Dealul Carierei, Săvârşin-Dealul Cetăţii, Vărădia de Mureş; unklar Şoimoş; Păuliş noch 1. Jh. n. Chr.) und mehrere Siedlungen am unteren Mureş enden mit dem 1. Jh. v. Chr.; ähnlich ist das Bild am Crişul Alb (Berindia, Clit); Rustoiu/Pop, Die Befestigungen, 25–60. Die befestigte Siedlung Unip-Dealu Cetăţuica südlich von Timişoara (bereits hallstattzeitlich mit Graben und Palisade befestigt) zeigt Material und Deponierungen des 2. und 1. Jh.s v. Chr.; vgl. Dacii din Câmpia Bănăţeană; die behauptete Belegung während der ganzen „epoca Regatului Dac“ („Epoche des dakischen Reiches“) einschließlich des 1. Jh.s n. Chr. basiert lediglich auf einer axiomatischen (ideologischen) Vorannahme.

176

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Trog.-Iustin. 32,3,16) sowie der viel diskutierten Passage vom Machtgewinn der Daker unter ihrem König Rubobostes („incrementa Dacorum per Rubobosten regem“) in der Inhaltsangabe zum 32.  Buch des Pompeius Trogus.174 Dieser lateinische Universalhistoriker der augusteisch-tiberischen Zeit hat zeitgenössische Quellen nur über einen vermittelnden Autor, mit einiger Sicherheit Timagenes, benutzt, der den Dakerbegriff zusätzlich zum gängigen Getenbegriff aus dem römischen Sprachgebrauch der frühaugusteischen Zeit in die griechische Literatur im Rahmen seines verlorenen historisch-ethnographischen Exkurses zur Geschichte der Geten eingeführt hatte. Zum anderen benutzt Pompeius Trogus durchgehend den in augusteischer Zeit für die Bevölkerungsgruppen nördlich der unteren Donau, die nicht als Bastarner oder Sarmaten erschienen, in Rom üblich gewordenen Dakernamen. Im 32. Buch, das in den Exzerpten Justins nur sehr verkürzt fassbar ist, berichtet Pompeius Trogus über die Ereignisse vom Tode des Philopoimen (183/182 v. Chr.) und dem Zug des Manlius Vulso gegen die „Gallier“ (d. h. Galater) 189 v. Chr. in Kleinasien bis zum Regierungsantritt des Antiochos IV. 175 v. Chr. Ein wesentlicher Abschnitt dieses Buches war dem makedonischen Bemühen um eine antirömische Allianz und in diesem Zusammenhang den Bastarnern und skordiskischen Galliern gewidmet, was die Gelegenheit bot, den Vorgängen in Südosteuropa breite Exkurse zu widmen (prol. 32: „Inde in excessu dictae res Illyricae“). Dabei wurde der zeitliche Rahmen des Buches (80er und 70er Jahre des 2. Jh.s v. Chr.) eindeutig überschritten; im Weiteren wurden die „origines Pannoniorum“, die Ursprünge der Pannonier, und die „incrementa Dacorum“, der Machtaufstieg der Daker, behandelt. Davon hat der Epitomator (Iustin. 32,3,16) nur die spektakuläre Maßnahme des Getenkönigs Oroles nach einer Niederlage gegen die Bastarner zur Steigerung der Kampfmoral übernommen. Von den Ausführungen des Pompeius Trogus zu Geten und Dakern blieb bei Iustin nur die Angabe, dass auch die Daker Abkömmlinge der Geten seien („Daci quoque suboles Getarum sunt“) und zwar eben jener Geten, die unter Oroles gegen die Bastarner kämpften; der Relativsatz, der zu Oroles überleitet („qui cum Orole rege“), wurde fälschlich auf die Daci bezogen, der eindeutige Satzbezug besteht jedoch zu den Getae. Seinen Daker-Geten-Exkurs hat Trogus offensichtlich aufgrund der Kämpfe gegen die Bastarner in dieses Buch eingefügt, ebenso jenen über die Pannonier wegen der Behandlung der Galli Scordisci, ihrer Niederlassung in Illyricum und der Kämpfe der Kelten gegen die Pannonier (Iustin. 24,4,5). Chronologisch lassen sich deshalb weder Oroles noch Rubobostes aus der Stellung des Exkurses heraus näher als in das 2. Jahrhundert v. Chr. einordnen. Allerdings können die zuerst wenig erfolgreichen Kämpfe des Oroles gegen die Bastarner, die wohl in der Region zwischen Ostkarpaten und Pruth zu lokalisieren sind, mit der Landnahme und Expansion der Bastarner in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. in Verbindung gebracht werden, was wiederum ihre Erwähnung im 32. Buch noch verständlicher macht. Die immer wiederkehrende Behauptung, dass in der Textgestalt „Rubobosten“ (weitere Formen in der Textüberlieferung: „Rubobusten“, „Ruboboten“) eine Verschreibung für „Burobosten“ und damit für „Burebista“ – richtige Namensform wie ausgeführt aber Byrebistas! – vorliegen würde

174 Vgl.

Strobel, Die Daker und Dakien, bes. 156–169.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

und entsprechend zu verbessern sei,175 ist ohne jede Grundlage und kann auch historisch nicht begründet werden. Der Machtaufstieg von offenkundig nördlich der Donau zu lokalisierenden machtpolitischen Formationen, dem der Abwehrerfolg des Oroles gegen die Bastarner vorausging, lässt insbesondere an die mittlere Moldau-Ebene mit den drei Zentralsiedlungen von Poiana, Brad und Răcătău176 am östlichen Sereth-Ufer177, sehr wahrscheinlich zu identifizieren mit Piroboridava, Zargidava und Tamasidava in Ptol. geogr. 3,10,15, denken sowie an den Raum der Buzău und des Trotuş178 oder an Südostsiebenbürgen und den dort aufblühenden Zentren von Racoş-Augustin und Covasna, die durch die getische Architektur Moldawiens deutlich beeinflusst sind. In Ostsiebenbürgen mit der zeitgenössischen Ausbeutung bedeutender Kupfer- und Eisenlagerstätten sowie Salzvorkommen bildete sich im 2. Jahrhundert v. Chr. ein dichtes Netz von meist kleineren Befestigungen, das allerdings nicht nur gegen das Ostkarpatenvorland und insbesondere gegen die Bastarnerbedrohung aus dem nördlichen Moldau-Gebiet abschirmte,179 sondern ebenso gegen das mittlere und westliche Siebenbürgen. Das Bild lässt auf kleinräumig organisierte politische Einheiten bis in die Zeit der römischen Eroberung schließen. Alle drei großen Zentren am Sereth zeichnen sich durch reiches späthellenistisches und römisches Importgut aus und erreichen ihre größte Ausdehnung im 1. Jahrhundert n. Chr., wobei sie sich unter Aufgabe der Befestigungen zu offenen Siedlungen entwickelten.

175 Boerma,

Historischer Kommentar zu Justins Epitome, 107. Die von Lica, The Coming of Rome in the Dacian World, erneut vertretene Gleichsetzung mit Rubobostes bleibt unbegründet; das von Lica darauf entwickelte Hypothesengebäude ist unhaltbar. Lica behauptet ohne jeden Beweis, dass Pompeius Trogus im 32. Buch die Vorgänge des mittleren 1. Jh. v. Chr. erzählt habe. Insgesamt ist den von Lica vorgetragenen Hypothesen, die Thesen N. Gostars fortsetzen und oftmals den Boden der Quellenevidenz verlassen, mit großer Skepsis zu begegnen; vgl. die Rezension des Verfassers in Eos 89 (2002), 168–173. Siehe zur Namensform Byrebistas unten Kap. 2.2.4.

176 Vgl.

Vulpe/Teodor, Piroboridava; Ursachi, Zargidava; David, Dava de la Brad; Cristescu, Contribuţii; Căpitanu, Cercetările arheologice în Dava de la Răcătău; auch Zanoci, Fortificaţiile geto-dacice. In Brad Zitadelle und durch Graben getrennte befestigte Außensiedlung auf dem Vorgebirge am östlichen Steilufer des Sereth, 4. – 3. Jh.s, dann ab 3. – 2. Jh. Belegung ohne Hiat, im späten 1. Jh. v. Chr. neue Befestigung, die Mitte 1. Jh. n. Chr. aufgegeben wird, Blüte 1. Jh. v.–1. Jh. n. Chr., griechische Importe, dann römische Importe dominierend; großes Gebäude mit 24 Räumen in Fachwerk, großes Apsidengebäude, Speicherbauten in massiver Pfostenbauweise, öffentlicher Platz, Rundheiligtum, Opferaltar. Bestattung der aristokratischen Elite in Tumulus-Nekropolen. Zu den Importen Popescu, Lamps; dies., Data on Moldmade Bowls; dies., Roman Pottery; zu den Münzfunden in Poiana Mitrea, Monedele descoperite în cetățuia geto-dacă de la Poiana (Die Münzen vom mittleren 2. bis späten 3. Jh. n. Chr. zeigt die wiederholte Besetzung des Platzes während römischer Kampagnen).

177 Die

irrtümliche geographische Gleichsetzung des Hierasos/Sereth mit dem Pruth bei Klaudios Ptolemaios führt dazu, dass die eigentlich am Ostufer des Sereth gelegenen Orte dort zwischen Pruth und Dnjestr zu liegen kommen.

178 Chirica/Constantinescu,

Descoperiri arheologice; Căpitanu/Ursachi, Cetatea dacică de la Moineşti. Das Trotuş-Tal, das über den Ghimeş-Pass ins obere Olt-Tal führt, dominieren die beiden jeweils ohne weitere Befestigungswerke in steiler Schutzlage liegenden Siedlungen von Târgu Ocna-Tiseşti (Cetățuia Titelca, seit Neolithikum aufgesucht, Keramik 3./2. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.) und Moineşti-Lucăceşti (4. – 3. Jh, 2. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr.; römische Importe). Die Keramik beider Plätze dokumentiert die klare Kontinuität in der Entwicklung von der hallstattzeitlichen zur sogenannten klassischen geto-dakischen Keramik.

179 Vgl.

178

Bereteu, Fortificaţia.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Lagerstätten und Bergbau im frühgeschichtlichen Siebenbürgen

Der Reichtum Siebenbürgens war schon seit dem Chalkolithikum durch seine Fülle an Erzlagerstätten (Gold, Silber, Blei, Eisen, Kupfer, Zinn) bestimmt; hinzu treten die wichtigen Salzvorkommen, deren Ausbeutung in der Antike in Salinae/Ocna Mureş ihr Zentrum hatte.180 Die bedeutendsten Gold- und Silbervorkommen befinden sich im sogenannten Goldenen Viereck in den metallreichen Westkarpaten (Apuseni-Gebirge) zwischen Baia de Criş, Brad, Baia de Arieș, Zlatna (Ampelum) und Săcărâmb mit dem Zentrum im Bereich von Roşia Montană (Alburnus Maior), wo neben Gold- und Silbererzen auch gediegenes Gold, Silber und Elektron vorkommt. Neben Goldwäscherei in den Flüssen und Ausbeutung der reichen Goldseifen als früheste Form der Nutzung, die im Gebiet von Baia de Criş bereits im 4./3. Jahrtausend v. Chr. (hier auch sehr früher Kupferbergbau) und in Baia de Arieş seit der Bronzezeit nachgewiesen ist, wurden Abbau durch Pingen und bergmännische Gewinnung der Erze durch die Anlage von Schächten und Stollen betrieben, wie in den Revieren von Roşia Montană und Brad-Ruda festgestellt. Kupfer wurde in antiker Zeit bei Deva und am oberen Olt abgbaut. Die bedeutendsten Eisenerzlager befinden sich in der Region von Hunedoara, weitere in den Orăştie- und Şureanu-Bergen, um Cugir und am Westrand des Banater Gebirges. Die Entwicklung der sogenannten „klassischen“ dakischen Kultur

In Moldawien mit der Dnjestr-Region und in der nördlichen Moldau-Ebene zwischen Ostkarpaten, Sereth und Pruth bedeutete das Erscheinen der Bastarner einen massiven Einschnitt in der reichen Siedlungslandschaft mit bisher rund 120 befestigten und zahlreichen unbefestigten Siedlungen des 7./6. – 3. Jahrhunderts v. Chr. in einer Konzentration am mittleren Dnjestr, um den mittleren Pruth und im mittleren Moldawien.181 Hier kommt es zu einem Siedlungsabbruch, wie etwa in den bedeutenden Stammeszentren von Saharna Mare oder am unteren Răut. Die zentrale, stark befestigte Siedlung Saharna Mare-Dealul Mănăstirii weist eine kontinuierliche Belegung für das 12. – 3. Jahrhundert v. Chr. auf. Im nördlichen Teil der rumänischen Moldauebene enden die großen befestigten Anlagen von Stăneşti (5 Hektar) und Arsura (30 Hektar) mit dem 3. Jahrhundert, während der im Fundmaterial und hinsichtlich der Importgüter überaus reiche, im 4. Jahrhundert einsetzende politische und wirtschaftliche Zentralort Buneşti-Avereşti (südöstlich von Iaşi) noch bis in die Wende zum 2. Jahrhundert v. Chr. fortbesteht. Das dortige Keramikmaterial ist charakteristisch für die Phase der Entwicklung und frühen Präsenz von Formen der sogenannten

180 Wollmann,

Der Erzbergbau; Slotta/Wollmann/Dordea (Hgg.), Silber und Salz in Siebenbürgen, Bd. 1 (bes. Hauptmann, Lagerstätten; Wollmann, Vorrömischer und römischer Bergbau); Bd. 4, 17–124 (Roşia Montană/ Alburnus Maior); Bd. 10, 1; Damian (Hg.), Alburnus Maior I (bes. Béatrice Cauuet u. a., 467–526); Cauuet/ Tămaş, Les travaux miniers.

181 Niculiţă/Teodor/Zanoci,

Butuceni; Niculiţă u. a., Stepele Bugeacului în mileniile II-I a. Chr.; Niculiţă/ Zanoci, Sistemul defensiv la traco-geţii din regiunea Nistrului mijlociu; Zanoci, Traco-geţii din bazinul Răutului inferior; Niculiţă/Zanoci/Băţ, Fortified Settlements; dies., Administrative, Religious and Cult Centers; dies., Newly Discovered Iron Age Sites near the Village of Stohnaia; Beiträge in: Zanoci/Ettel/Băţ (Hgg.), Fortified Sites from the 1st Millennium BC; Măndescu, Cronologia perioadei timpurii a celei de-a doua epoci a fierul; Niculiţă/Zanoci/Băţ, Evolutia habitatului; auch Niculiţă, Thraco-Getica.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

„dakischen Keramik“. In diesem Raum waren die Zentren von einem Netz offener Siedlungen umgeben. Dabei zeigen die großen Zentren des Raumes nicht nur Importe griechischer Amphoren, sondern auch eine Beeinflussung von den griechischen Küstenstädten in der Befestigungsarchitektur.182 In der Entwicklung der Kultarchitektur finden sich hier die Anfänge der Heiligtümer der sogenannten klassischen dakischen Kultur. Der Zusammenbruch der dicht mit offenen Siedlungen und befestigten Zentren besetzten getischen Landschaften in Moldawien und am mittleren Pruth, an deren Stelle die Geteneinöde Strabons ohne größere feste Siedlungen trat, war zweifellos mit erheblichen Bevölkerungsverschiebungen verbunden, die zu einer Bevölkerungsverdichtung und einem kulturellen Sprung insbesondere in Ost- und Südostsiebenbürgen, aber auch in Teilen der Dobrudscha führten.183 Der südliche Teil der Region zwischen Ostkarpaten und dem Sereth-Gebiet konnte sich halten und im 1. Jahrhundert v. Chr. einen Höhepunkt erreichen.184 Mit dieser Welle kamen die höherentwickelte Architektur wie Keramikproduktion und charakteristische religiöse Riten, was sich in den im 2. Jahrhundert v. Chr. aufblühenden Siedlungen und Zentren niederschlug. Mit diesen einschneidenden Wandlungsprozessen ist in den Zentren Südostsiebenbürgens seit der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. die frühe Ausformung von charakteristischen Elementen der „klassisch-dakischen“ Kultur in der Architektur zu beobachten (Zweischalen-Emplektonmauern mit unregelmäßigen, aber zugerichteten und geglätteten Blöcken als Außenschale; Turmbauten auf einem Sockel aus Emplekton-Mauerwerk; Rund- und Apsidenbauten als Heiligtümer; massive rechteckige Gebäude mit erhöhtem Boden auf parallelen Reihen von Steinbasen in verschiedenen Funktionen;185 Opferdeponierungen; Auftreten „dakischer“ 182 Verwendung

von bearbeiteten Steinen, luftgetrockneten und gebrannten Ziegeln, Bastionen, Toranlagen, Steinmauern in Kastenbauweise mit Füllung (so Cotnari), Zweischalenmauern mit Holzversteifung, Steinmauern mit Lehmbindung; charakteristische Beispiele Cotnari oder Butuceni. Zanoci, Fortificaţiile geto-dacice; ders., Ferneinflüsse in der geto-dakischen Architektur; ders./Banaru, Zwischen hallstattzeitlichen Traditionen und hellenistischen Einflüssen.

183 Sanie/Marin

(Hgg.), Geto-Dacii dintre Carpaţi şi Nistru; Babeş, Spatiul carpato-dunărean în secolele III – II a. Chr.; Costea, Dacii din sud-estul Transilvaniei; Crişan, Dacii din estul Transilvaniei; dies./Sîrbu (Hgg.), Dacii din Curbura Carpaţilor. Die von Viorica Crişan vertretene Chronologie (25 Siedlungen 2. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr., 168 Siedlungen 1. Jh. v. und n. Chr.) ist zu hinterfragen, da dieses Schema von der für Südwestsiebenbürgen entwickelten Chronologie ausgeht und die zeitlich vorausgehende Entwicklung kultureller wie religiöser Charakteristika im östlichen getischen Raum nicht berücksichtigt. Problematisch ist hier die Verwendung der Begriffe Geto-Daker und Daker in Sinne der Kontinuität eines axiomatisch vorgegebenen Ethnos. Zu Südwestsiebenbürgen siehe unten Kap. 2.1.5 (Abschnitt: Etablierung einer neuen Kriegerelite) und 2.1.7.

184 Vgl.

etwa Cristescu, Contribuţii.

185 Vgl.

Strobel, Kaiser Traian, 276f., 281–285, 513–517; ders., Sarmizegetusa and the Regia. Die traditionelle Rekonstruktion der Rechteckbauten auf eng stehenden, parallelen Reihen von Plinthen bzw. Säulentrommeln aus Kalkstein, Tuff oder Andesit bei Antonescu, Introducere în arhitectura dacilor, als rechteckige, nach außen offene Tempel in Holzkonstruktion mit eng stehenden Reihen von Holzsäulen auf den Steinbasen und einem Giebeldach nach hellenistischem Vorbild, aber ohne Cella oder Innenraum, ist verfehlt. Die Steinbasen trugen offensichtlich einen für schwere Lasten massiv konstruierten erhöhten Boden, der von Nässe geschützt war, und darauf große Holzgebäude, oftmals mit umlaufendem Vordach und Umgang, der in einigen Fällen auf einem äußeren Kranz von Kalkstein- oder Andesitpfeilerchen aufgesetzt war. Kleinere Gebäude neben den Rundheiligtümern können vermutlich als eine Form von Schatzhäusern angesprochen werden, andere Bauten als Lager- und Speicherbauten oder

180

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Keramikformen), wobei weitere Impulse wie Steinmetztechniken aus dem thrakisch-getischen Raum südlich der Donau und durch Kontakte mit den hellenistischen Städten an der Küste kamen.186 Die zahlreichen Importe, insbesondere Amphoren, dokumentieren die Anbindung an die Handelsströme des Schwarzmeerraumes und die griechischen Küstenstädte. Kultbauten in Holzund Lehm-Fachwerkkonstruktion bilden in der bisherigen Entwicklung innerhalb Siebenbürgens einen deutlichen Fremdkörper, ebenso das Zweischalen-Emplektonmauerwerk (in diesem sind innere und äußere Mauerschale durch Holzanker miteinander verbunden). Im Gegensatz zur geltenden Theorie der rumänischen Forschung mit der Fiktion rechteckiger Tempelbauten187 sind als Kultbauten nur Rundheiligtümer und große Apsidenbauten anzusprechen. Beides sind zugleich verbreitete Hausformen, doch heben sich die als Kultbauten anzusprechenden Rund- und Apsidenbauten durch ihre exponierte Lage und ihre Größe sowie ihr Inventar deutlich ab.188 Bestes Beispiel sind die beiden Apsidenbauten von Piatra Roşie, einmal das große Gebäude mit rechteckiger innerer Raumstruktur auf dem Gipfelplateau, zum anderen der auf der darunter liegenden Terrasse errichtete kleinere zweiräumige Apsidenbau, dessen Prominenz durch den gepflasterten Zugangsweg und das Inventar hervorgehoben ist. Die mit drei Türmen und einem Torbau ausgestattete Befestigungsmauer in Murus-Dacicus-Technik (Zweischalen-Quadermauer mit Holzbinder), die auf der Nordseite den nördlichen Teil des Plateaus abtrennte und auf der Ostseite zu den absteigenden Terrassen hin abriegelte, ist erst nachträglich errichtet worden.189 auch als Versammlungsräume. Vorausgehend und parallel zu beobachten ist die Bauweise solcher Rechteckbauten auf massivem Pfostenbau ohne Steinbasen. Die Deutung als Heiligtümer hat zuletzt auch Opreanu, Arhitectura epocii Latène; ders., Profan vs. sacru la Sarmizegetusa Regia, zu Recht in Zweifel gezogen; allerdings sind sie sicher nicht nur als Speicherbauten (horrea) zu interpretieren. Die Erwiderung von Florea, Despre temple, weist zwar auf Probleme in den Ausführungen Opreanus hin, kann jedoch die Tempelinterpretation nicht verteidigen. 186 Vgl.

auch oben Kap. 2.1.2, Abschnitt: Kulturelle Entwicklungen.

187 Rusu-Pescaru,

Sanctuarele Daciei: rechteckige Tempelbauten, Apsidengebäude, Rundheiligtümer; ebenso Bodó, Temples of the Oraştie Mountains; letztere ist mehrfach zu korrigieren, so ist Pietroasa lui Solomon kein Areal mit Säulentempeln auf Kalksteinplinthen, vielmehr sind zwei dieser Rechteckbauten als Lagerhäuser im Kontext über einer Metallwerkstatt der 1. Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. zu deuten; auch die vier teilweise sehr langgezogenen Rechteckbauten, einer davon nachweislich ein Getreidespeicher, in Costeşti sind keine Tempel; in Piatra Roşie muss der Bau auf 4 × 2 Kalksteintrommeln bei der Errichtung der Befestigung beseitigt worden sein. Auch in Piatra Craivii ist die axiomatische Deutung der Rechteckbauten auf Kalksteintrommeln und rechteckigen Sockeln (Terasa Balcun) als Heiligtümer (Plantos, Spaţii de cult) abzulehnen, ebenso in Căpâlna.

188 Ein

klassisches Ensemble bietet die oberste Terrasse in Tipia Ormenişului; siehe Anm. 92. Charakteristisch für die Entwicklung das Rundheiligtum mit apsidalem Innenraum in Butuceni; vgl. Niculiţă/Zanoci/Băţ, Administrative, Religious and Cult Centers.

189 Der

von Constantin Daicoviciu veröffentliche Plan der Anlage mit einer allseitig geschlossenen rechteckigen Festung mit fünf Türmen (Daicoviciu, Cetatea dacică de la Piatra Roşie), der bis heute regelmäßig abgedruckt und zur Interpretation verwendet wird, ist unrichtig und in Teilen fiktiv. Auf der Westseite findet sich nur eine abgestufte, offensichtlich zweiphasige Terrassenmauer, deren südlicher Abschnitt parallel zum großen Apsidengebäude verläuft, das nicht parallel, sondern in einem schrägen Winkel zur östlichen Festungsmauer steht. Ich danke ­Aurora Peţan für die Bereitstellung ihres neuen Vermessungsplanes mit Aufnahme der tatsächlichen Mauerverläufe; Überprüfung durch den Verf. vor Ort. Daicovicius Grabung beschränkte sich weitgehend auf die Freilegung von Mauern, die publizierte Dokumentation ist unzureichend, weder Stratigraphie noch Chronologie sind geklärt.Zur Murus-Dacicus-Bauweise Pupeză, Murus dacicus, aber ohne Klärung des zeitlichen Ansatzes; hierfür fehlen bisher stratifizierte Befunde.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Das Ende der Latène-Gruppen im Karpatenraum

Die kleinen eingewanderten Gruppen von Trägern der Latènekultur hatten sich in Weilern und kleinen Siedlungen offenbar vielfach auf Sippenbasis niedergelassen, wobei in den Dörfern spezialisierte handwerkliche Produktion betrieben wurde, während dann im 3. Jahrhundert v. Chr. größere Produktionsstätten (Eisenerzeugung, Schmiedebetriebe, Töpfereien) eine Konzentration der Produktion im ländlichen Raum anzeigen. Doch dann enden die diesen Latène-Gruppen zugehörigen Nekropolen mit der Übergangsphase La Tène (LT) C1/C2.190 Dieses Phänomen ist auch sonst im ostkeltischen Raum verbreitet; es zeigt einen grundsätzlichen rituellen Wandel im Bestattungswesen. In Siebenbürgen ist dies jedoch mit einem Umbruch im Siedlungswesen, mit der Ausbildung neuer Kultplätze und der erneuten Dominanz autochthoner Keramikformen verbunden. Denn auch Siedlungen enden offenbar in LT C2. Bisher sind nur ganz wenige Plätze mit kontinuierlicher Belegung bekannt. Die in den Latène-Siedlungen weit verbreitete handgemachte Keramik hatte die Formen und Typen der Keramik der älteren Eisenzeit fortgesetzt, wobei in Zentralsiebenbürgen enge Kontakte zum Ostkarpatenraum und dessen Vorland, aber auch Verbindungen zum südlichen Karpatenvorland deutlich sind.191 Diese Keramik wird kontinuierlich weitergeführt; zahlreiche Funktionstypen wie Vorratsgefäße, Ess- und Trinkgeschirr, Küchenkeramik sind bis in die römische Epoche zu verfolgen. Trotzdem wird auch die Produktion von scheibengedrehter Ware in Latène-Tradition (Graphitton- und Kammstrickware u. ä.) fortgesetzt. Eine ländliche Besiedlung in einheimischer Tradition und Lebensweise bestimmt nun das Bild, neue Siedlungsplätze werden angelegt. Allerdings ist Fundgut der Stufe LT D1 wie Fibeln etc. weithin verbreitet, insbesondere an Plätzen mit Elitenpräsenz bzw. mit Stellung im überregionalen Handelsnetz. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zum Vorland der Westkarpaten und dem oberen TheißGebiet mit seinen Oppida Zemplin, Bükkszentlászló, Gališ-Lovačka sowie mit einer großen Zahl von Fundorten unbefestigter Siedlungen mit handwerklicher Produktion, wo für die Phasen LT B1–D2 ein Miteinander von einheimischer nachhallstattzeitlicher Bevölkerung des nordkarpatischen Raumes und Trägern der Latènekultur zu sehen ist. Im nördlichen Ungarn und im Alföld besteht die keltische Streubesiedlung weiter, eine Präsenz dakischer Gruppen ist im 1. Jahrhundert v. Chr. nicht feststellbar.192 Allerdings sind bisher in Siebenbürgen nur wenige Siedlungsplätze mit dominanter Latène-Präsenz archäologisch ausreichend erforscht, und typisches LT C2-Fundgut ist auch in einheimischen Siedlungen durchaus zu finden. Primär ist mit einem erheblichen Abzug der keltischen Kriegerelite nach Süden zu rechnen, wo es in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. zu einer wesentlichen Verstärkung der Macht der Skordisker kommt. Gleichzeitig ist ein Zustrom getischer Bevölkerungsgruppen aus den Osten nach Siebenbürgen anzunehmen. Schließlich etablierte sich mit dem Horizont der Padea-Panagiurski Kolonii-Gruppe (s. o. Kap. 2.1.1, Abschnitt:

190 Vgl.

bes. Pişcolt; Németi, Necropola Latène de la Pişcolt; Zirra, Contribuţii la cronologia relativă a cimitirului de la Pișcolt; Dietrich, Locuirea celtică din Transilvania, Banat și Crișana; Rustoiu passim. Die verschiedenen Erklärungsmodelle für den Wandel fasst Măndescu, The „Dark“ Second Century BC in Transylvania, zusammen. Natürlich kann aber nicht von einem „Erscheinen der Daker“ in Siebenbürgen gesprochen werden.

191 Vgl.

Kap. 2.1.3; Ferencz, Celţii pe Mureşului mijlociu; Berecki, Iron Age Settlement Patterns.

192 Almássy,

182

Celts or Dacians (?).

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Moeser, Triballer) eine neue militärische und politische Elite in Oltenien und Südwestsiebenbürgen. Die Etablierung einer neuen Kriegerelite im südwestlichen Siebenbürgen und die Ausbildung aristokratischer Herrschaftssitze

Nachdem Befestigungen seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. im Donau-Karpatenraum weitgehend fehlten, setzen sie nun nach dem mittleren, in Teilen seit dem älteren 2. Jahrhundert v. Chr. wieder ein, um dann im frühen 1. Jahrhundert v. Chr. eine deutliche Präsenz zu entwickeln.193 Mit dem 2. Viertel des 2. Jahrhunderts v. Chr. beginnt so in weiten Teilen Siebenbürgens eine wesentliche Veränderung, während sich zugleich mit dem Erscheinen der Bestattungen einer neuen Kriegerelite, die sich als Teil der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe erkennen lässt, neue soziale und politische Strukturen entwickeln, und über den Transfer von Bewaffnung, Selbstdarstellung und Bestattungsritual hinaus offensichtlich eine gewisse Zuwanderung von der unteren Donau über Oltenien in das südwestliche und mittlere Siebenbürgen stattfindet. Politische, wirtschaftliche und religiöse Macht konzentrierte sich nun in kleinen Höhenbefestigungen als Sitzen lokaler Dynasten und Eliten sowie in einer Reihe von Zentralorten in der Form von Siedlungsagglomeration mit Höhenbefestigung im Zentrum. Die Besiedlung des Landes war durch offene Siedlungen geprägt.194 Im Gegensatz zu den Gräbern der aristokratischen Kriegerelite, die sich in Einzelfällen noch bis ins späte 1. Jahrhundert v. Chr. erstrecken und stets nur kleine (Geschlechter-)Friedhöfe bzw. Tumulus-Nekropolen bilden, sind Bestattungen der einfachen Bevölkerung seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. archäologisch nicht mehr zu fassen, was im 1. Jahrhundert n. Chr. für das Bestattungsritual des Raumes überhaupt gilt.195 Eine gewisse Ausnahme stellt die Nekropole von HunedoaraBurggarten dar, die mit dem befestigten Plateau Hunedoara-Dealul Sânpetru verbunden ist, das die Akropolis zu einer umfangreichen Außensiedlung bildete.196 In die erste Phase gehören die Brandgräber von Angehörigen der Kriegerelite, die der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe zuzurechnen sind und in das Ende des 2./Anfang 1. Jahrhundert v. Chr. datieren. Nach einem Hiat, in dem der Platz nach den Deponierungen als Kultareal diente, kommt es in der Mitte und 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu Sonderbestattungen von 47 Personen, davon 35 unter sechs Jahren, 193 Typologische

Zusammenstellung bei Pupeză, Veacul întunecat al Daciei, 251–262; Florea, Dava et Oppidum. In traditionellen historischen und chronologischen Schemata bewegt sich Natea, Locuinţe aristocratice în Dacia.

194 Vgl.

zur Siedlungsentwicklung Berecki, Iron Age Settlement Patterns; zu Südwestsiebenbürgen und mittlerem Mureş-Raum Gheorghiu, Dacii pe cursul mijlociu al Mureşului; Oltean, Dacia. Olteans Darstellung ist hinsichtlich der historischen Ausführungen zur vorrömischen Zeit leider unbefriedigend und im Wesentlichen von den vielfach nicht haltbaren Theses Licas (The Coming of Rome in the Dacian World) abhängig; siehe oben Anm. 175.

195 Babeş,

Descoperiri funerare; siehe oben Kap. 2.1.5, Abschnitt: Die Frage nach der „dakischen“ Religion.

196 Sîrbu

u. a., Vestigiile dacice de la Hunedoara. Auf dem sehr stark durch spätere Eingriffe beeinträchtigten Dealul Sânpetru wurden Reste einer traditionellen Zweischalen-Emplekton-Mauer auf Felsbettung festgestellt. Funde belegen die Besiedlung durch einheimische Gruppen seit der 2. Hälfte des 3. Jh.s v. Chr. Italische Importe und Beziehungen zu den Walachischen Ebenen bezeugen ebenso wie die Hortfunde eine überregionale Bedeutung. Der Raum um Hunedoara, wo in den Erzlagern vorrömische Abbauspuren (Tagebau und oberflächennahe Minen) festgestellt werden konnten, weist ein dichtes Netz von vorrömischen Siedlungen auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden hier die Münzen des Typs Rădueşti-Hunedoara geprägt.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

davon wiederum 20 unter einem Jahr, der Rest über 14 Jahre; jüngster Fund ist ein As Traians aus dem Jahr 100 (Woytek, Reichsprägung des Kaisers Traianus, 229f., Nr. 82a). Der Befund ist bisher ohne Parallele. Für die Entwicklung in Südwestsiebenbürgen und am mittleren Mureş war die Integrierung in das soziale Modell der aristokratischen Kriegergesellschaft der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe von entscheidender Bedeutung, mit der nach Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. wesentliche Einflüsse aus dem thrakisch-triballischen Raum bzw. von der unteren Donau über Oltenien nach Siebenbürgen kamen.197 Das Vorbild für die aristokratischen Wohntürme, besser Turmhäuser (Untergeschoß und oberes Stockwerk) mit massivem Quaderunterbau und aufgehender Konstruktion in Lehmziegel- oder Holz-Fachwerkbauweise ist aus dem thrakischen Raum übernommen, von den Turmburgen bzw. befestigten Hofanlagen mit zentralen Wohntürmen der thrakischen Aristokratie in geschützten Höhenlagen, aber in direkter Nähe zu fruchtbaren Talgründen und natürlichen Ressourcen wie Metallvorkommen.198 Die Zweischalen-Quaderbauweise des thrakisch-pontischen Raumes wurde für Turmuntergeschoße, Terrassen- und Festungsmauern übernommen, wobei man nach einer anfänglichen Experimentierphase, die sich in der Mauertechnik auf dem Gipfel von Piatra Craivii oder in dem Quaderbau auf der unteren Nordterrasse in Piatra Roşie dokumentiert, das System der Zweischalen-Quadermauer mit Holzbinder der sogenannten Murus-Dacicus-Konstruktion entwickelt hatte. Die Deckung der Dächer der Türme mit Dachziegeln hellenistischer Manier wurde übernommen. Die Anlage aristokratischer lokaler Herrschaftssitze auf geschützten Höhen, zuerst noch mit traditioneller Befestigungsmanier aus Erdwall und Palisade mit vorgelagerten Gräben, ist generell mit dem Einfluss des thrakisch-moesischen Raumes zu verbinden. Zu nennen sind hier Polovragi, Costeşti, Cucuiş und die offensichtlich in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. als Zentralort angelegte, mit Erdwall und Palisade befestigte Höhensiedlung von Cugir,199 die sich durch das Fürstengrab der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. (Brandbestattung; Helm, Kettenhemd, Panoplie, Prunkwagen mit zwei Zugpferden und ein Reitpferd) in der zugehörigen Tumulus-Nekropole heraushebt und das regionale Eisenerzrevier kontrollierte. Als aristokratischer Herrschaftssitz wird Cugir wohl im Lauf der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. von der Burganlage von Căpâlna abgelöst,200 welche in hervorragender Schutzlage, allerdings ohne eine zugehörige Talsiedlung und ohne strategische Bedeutung im rückwärtigen Sebeş-Tal lag. Dem Herrschaftszentrum, das sich in Hunedoara (Eisenmarkt) etablierte und die großen Eisenerzvorkommen kontrollierte, sind mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die Adelsgräber in den beiden Tumuli von Călan201 zuzuordnen. Die Zitadelle von Ardeu wurde wie auch ihr Wohnturm noch Mitte 197 Siehe 198 Xen.

oben Kap. 2.1.1, Abschnitt: Moeser, Triballer. anab. 7,2,21; Nankov, Urbanization, 406f.; Popov, Settlements, 120.

199 Rustoiu,

Civilian and Funerary Space; Teleagă, Schwerter, 296; die C14 –Daten geben für Tumulus 2 eine Datierung 160 – 95 v. Chr. Eine Parallele zu Cugir bildet die befestigte Höhensiedlung von Sighişoara-Wietenberg; Andriţoiu/Rustoiu, Sighişoara-Wietenberg, die bezeichnender Weise im 1. Jh. v. Chr. endet. Zur Region Popa, Valea Cugirului, 274–351.

200 Glodariu/Moga, 201 Frühes

184

Cetatea dacică de la Căpîlna; Strobel, Dacii.

1. Jh. v. Chr.; Rustoiu u. a., Mormântul tumular dacic de Călan (zwei Zugpferde, ein Reitpferd).

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

des 1. Jahrhunderts v. Chr. in traditioneller Bruchstein-Holz-Lehm-Konstruktion errichtet,202 die Abschnittsbefestigung des Adelssitzes von Arpaşu de Sus als Holz-Erde-Mauer mit vorgelagertem Graben. Zu den Zitadellen als Herrschaftssitzen gehören unbefestigte Außensiedlungen und ein landwirtschaftlich genutztes Umland respektive Vorfeld, wie dies im Falle von Cugir exemplarisch nachzuvollziehen ist (Siedlungsstellen außerhalb des planierten befestigten Gipfelplateaus auf angelegten Hangterrassen sowie auf der Niederterrasse und im fruchtbaren Tal des Cugir). Costeşti203, dessen älteste Phase aus einer Palisadenbefestigung des Gipfelplateaus und Spuren von Holzbauten besteht, wurde in der zweiten Phase mit einem zweiphasigen Holz-Erde-Ringwall befestigt, der auch die oberen Terrassen auf der Süd- und Südostseite einschloss. Es folgte die Errichtung zweier Turmhäuser auf dem Plateau, dann der Bau von drei einzeln stehenden Türmen auf der Südterrasse sowie von drei weiteren im Nord- und Osthang. Zur Abriegelung zum Sattel hin wurde ein halbkreisförmiger Abschnittswall mit Graben vorgelagert. Die vier Rechteckbauten mit erhöhtem Boden auf Kalksteinplinthen und -trommeln, drei davon unterhalb des Ringwalles, stellen keine Heiligtümer bzw. Tempel mit Holzsäulen dar, sondern Magazinbauten (s. o. Kap. 2.1.5, Abschnitt: Die Entwicklung der sog. „klassischen“ dakischen Kultur). In einem nächsten Schritt wurde eine Abschnittsmauer zwischen den Türmen II und III auf der Südterrasse mit einem Sockel in rein hellenistischer Quaderbauweise errichtet und abgewinkelt noch 80 m bis zu einem neuen Eckturm auf der Südostseite weitergeführt. Dahinter führte nun eine repräsentative Treppe zum vorderen Turmhaus hinauf. Somit war ein repräsentativer Herrschaftssitz mit einer Schaufront hellenistischen Stils entstanden. Die beiden Turmhäuser weisen eine zweite Bauphase auf, wobei sie vergrößert mit jeweils einem Mauersockel in Murus-Dacicus-Technik und aufgehendem Lehmziegelmauerwerk mit Holzversteifung neu errichtet wurden. Dabei wurde die Zugangstreppe teilweise überbaut. Zumindest der Sockel des vorderen Turmhauses war ursprünglich noch in einfacher Quaderbauweise errichtet. Lediglich eine Schutzfunktion für das Bergheiligtum, aber keinen erkennbaren strategischen Nutzen hatte die Befestigung von Piatra Roşie;204 die Anlage konnte ebenso wie etwa auch die Burg von Căpâlna von einer kleinen Truppe auf dem Zugangssattel blockiert und zur Kapitulation gezwungen werden. Einer systematischen Belagerung durch ein Heer konnten alle diese vorrömischen Befestigungen nicht standhalten; sie boten nur Schutz gegen Angriffe und Überfälle aus dem eigenen Milieu heraus. Während die Siedlung am Fuß des steilen Felsens von Băniţa in der 2. Hälfte des 2. Jahrhundert v. Chr. einsetzt, ist die hellenistischem Vorbild verpflichtete Burganlage wohl erst im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. erstanden. Parallel zu Băniţa ist die Errichtung der durch mittelalterliche Festungen 202 Ferencz,

Ardeu-Cetăţuie.

203 Ohne

Grundlage bleiben die Thesen von Stefan, Les guerres daciques, 113–156 zur Rekonstruktion der Anlage und ihrer Entwicklung. Florea, Dava et Oppidum, 154; Teodorescu, Cetatea dacă de la Costeşti; da die bisherigen, bereits in den 1920er Jahren begonnenen Ausgrabungen hinsichtlich der Dokumentation wie der Ausarbeitung einer Stratigraphie und einer auf dem Befund aufbauenden Chronologie, von einer ausreichenden Publikation ganz zu schweigen, unzureichend sind, bleiben die zeitlichen Zusammenhänge der verschiedenen Baumaßnahmen offen.

204 Daicoviciu,

Cetatea dacică de la Piatra Roşie; Florea, Dava et Oppidum, 154–156; siehe dazu oben Kap. 2.1.5, Abschnitt: Die Entwicklung der sog. „klassischen“ dakischen Kultur.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

überbauten Zitadellen auf den Burgbergen von Deva und Breaza zu sehen (Fundmaterial des 1. Jh.s n. Chr., typische Blöcke von Murus-Dacicus-Konstruktionen in sekundärer Verbauung); die Zitadelle von Deva, zu der eine Siedlung des 2./1. Jahrhunderts v. – 1. Jahrhunderts n. Chr. im Stadtbereich gehört, kontrollierte die Mureş-Pforte, Breaza das Tal des Hârtibaciu, der vor dem RotenTurm-Pass in den Olt mündet.205 Noch unerforscht ist die Anlage von Cozia-Vărful Piatra Coziei; auf einem Felsplateau mit abfallenden Steilwänden liegt eine ca. 30 Hektar große späteisenzeitliche Siedlung mit einer Abschnittsbefestigung auf dem Kamm, der zu zwei weiteren befestigten Plateaus mit Terrassierungen führt und den Zugang zum Gesamtkomplex bietet. Der Berg bietet eine weite Aussicht in das Mureş- und Strei-Tal und beherrscht den Korridor zwischen beiden Tälern, der die Talenge des Mureş umgeht und dessen Zugang vom römischen Lager Micia kontrolliert wurde. Die um die Wende vom 3. zum 2. Jahrhundert v. Chr. einsetzende Siedlung Miercurea Sibiului IV, die aus einer befestigter Akropolis und einer Außensiedlung besteht und den Durchgang zwischen dem Hermannstädter Becken und dem Raum von Sebeş kontrollierte, wurde in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. zerstört, wobei ein Münzhort mit 150 Dyrrhachium-Drachmen und 132 römischen Denaren (Schlussmünze L. Roscius Fabatus, 64 v. Chr.) unter die einstürzenden Wände eines großen repräsentativen Gebäudes in Fachwerkbauweise geriet.206 Als regionales Herrschaftszentrum folgte die stark befestigte Anlage von Tilişca-Cățănaş auf einem auf drei Seiten steil abfallenden, langgezogenen Bergrücken. Der hallstattzeitliche Erdwall von ca. 800 m Länge auf der Nord- und Nordwestseite wurde erneuert und erhöht, die Vorderfront mit Trockenmauerwerk versteift, der Innenraum planiert und 20 Terrassen angelegt, die durch einen weiteren vorgelagerten Holz-Erde-Abschnittswall von 1.260 m Länge auf der Nordseite geschützt wurden. Zahlreiche Wohn- und Werkstattgebaude wurden erfasst. Zur letzten Ausbauphase gehörte die Errichtung eines Turmes auf dem höchsten Punkt, von dem aus die gesamte Region nordwärts zu überblicken war, und eines zweistöckigen Turmhauses direkt hinter dem hohen Wall und neben dem Torbereich zum inneren Plateau, für dessen Errichtung der Fels teilweise abgearbeitet wurde. Die Mauerschalen des Sockels für das aufgehende Lehmziegelmauerwerk sind nur in einem kleinen Teilabschnitt in Murus Dacicus-Technik errichtet, sonst in gut gefügtem Quadermauerwerk.207 Das bedeutende politische und religiöse Zentrum von Piatra Craivii, das mit dem vorrömischen Apulon als Vorort der Apuli identifiziert werden kann und den Zugang zum Westsiebenbürger Goldrevier kontrollierte, aber auch die Region des mittleren Mureş dominierte, entwickelte sich seit dem Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. zu einer Agglomeration mit zahlreichen Siedlungsterrassen

205 Floca/Bassa,

Cetatea Deva; Luca (Hg.), Repertoriul arheologic al judeţului Hunedoara; zu Breaza Nägler, Cercetările din cetatea de la Breaza; von besonderer Bedeutung ist hier der Hortfund nachgeprägter römischer Denare der späten Republik, vier davon Gußimitationen; Poenaru-Bordea/Stîrbu, Tezaurul de denari romani republicani descoperit la Breaza.

206 Den

frühen Beginn zeigen die Münzfunde (frühe Philipp II.-Nachprägungen, Münzen des Typs Huşi-Vovrieşti). Natea, Locuinţe aristocratice în Dacia, 75–95. Zwei weitere Horte in der Region enden mit Denaren 56 v. Chr.

207 Florea,

Dava et Oppidum, 91; Lupu, Tilişca (überholte Chronologie); Revision durch die jüngsten Grabungen und Bearbeitungen (Bruckenthal-Museum Sibiu). Die hallstattzeitliche Anlage datiert in das 11. – 6. Jh. v. Chr. Survey des Verf.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

um den steil aufragenden, schroffen 1.078 m hohen Felsstock.208 Der Komplex erlebte im 1. Jahrhundert v. Chr. seine Blüte. Hinzu kommt eine Adelsnekropole mit einem Wagengrab und teilweise späten Gräbern noch in der ausklingenden Tradition der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe. Reiche Importe von Metall- und Glasgefäßen aus dem Mittelmeerraum, insbesondere Bronzegefäße für Bankette und sogar eine große Götterstatuette, Millefiori-Gläser, syro-palästinische Glaswaren, ferner hellenistische Importkeramik (kleinasiatische und pontische Sigillaten) und römische Importkeramik zeigen die Einbindung in den internationalen Handelsverkehr und eine aristokratische Elite, die ihre Macht in Reichtum und Luxusgütern dokumentierte. Bereits in spätaugusteisch-tiberischer Zeit erfolgte ein massiver Niedergang, gegen Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. ist das Zentrum gänzlich erloschen. Dies kann zu Recht mit der verheerenden Niederlage der Apuli gegen die Römer unter M. Vinicius verbunden werden (s. u. Kap. 2.3.5). In extrem exponierter Lage am Nordende des Felsstocks sind Teile eines abgewinkelten Mauerzuges aufgedeckt worden, und zwar in die einer noch vom Prinzip der Pfostenschlitzmauer beeinflussten Quadertechnik mit aufrechtstehenden Blöcken, welche die Mauerabschnitte unterteilen, in denen wiederum die Blöcke durch längs liegende Holzanker verkeilt wurden; teils konnten nur die Felsabarbeitungen erfasst werden.209 Offenkundig ist dies ein noch unvollkommener Versuch der Übernahme hellenistischer Bautechnik vor der Entwicklung der eigentlichen Murus-Dacicus-Quadertechnik. Schon aus klimatischen Gründen ist in dem Gipfelbereich weder eine Residenzfestung noch eine Höhensiedlung anzunehmen, vielmehr dürfte von einem Gipfelheiligtum ausgegangen werden, dessen Spuren durch die mittelalterliche Burganlage zerstört wurden. Neben Piatra Roşie kann dieser Felsgipfel zu Recht als Kultstätte, als heiliger Berg angesprochen werden. Befestigte, auf Höhen gelegene politische, wirtschaftliche und kultische Zentren im Mittelpunkt von zentralörtlichen Siedlungsagglomerationen und ländlichen Siedlungen folgen den Vorbildern des Gebietes südlich der Donau, wobei die Höhenbefestigungen der Triballer und Moeser oder jene von Arkovna zu erwähnen sind. Hierzu gehört Moigrad-Porolissum mit der Befestigung MoigradMăgura,210 wo sich vom späten 2. Jahrhundert v. Chr. bis zum Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr. ein primär kultisches Areal befand, in der zweiten Phase des 1. Jahrhunderts n. Chr. dann eine befestigte Siedlung. Das Zentrum der Siedlungslandschaft des Beckens von Şimleu Silvaniei211 bildet die große offene Siedlung am Fuß der Măgura Şimleului, wo sich ein Komplex von Befestigungen und Siedlungsplateaus bzw. -terrassen befindet. Die als Elitenresidenz ausgewiesene, mehrgliedrige Anlage Şimleu-Observator wurde ab Mitte 2. Jahrhunderts v. Chr. mit Graben, Holz-Erde-Wall und Palisade befestigt, endet aber schon Anfang 1. Jahrhundert n. Chr.; die Akropolis Şimleu-Cetate mit 208 Berciu

u. a., La forteresse dace; Moga, Aşezarea şi cetatea; Plantos, Buckle Types; eine Gesamtvorlage durch Cristinel Plantos unter Revision älterer Annahmen ist im Druck

209 Erhalten

ist nur die Innenschale der Mauer aus unregelmäßig geschnittenen Blöcken auf 13 bzw. 7 m Länge; die Nordseite hatte eine Länge von 14 m, der Verlauf auf der Westseite ist durch wenige Sondagen ungenügend geklärt, ein Südabschluss ist auch als Bettungsspur nicht vorhanden; die Ostseite des Felsstockes ist eine Steilwand. Vgl. Moga, Remarques sur le mur de la citadelle dace de Piatra Craivii.

210 Matei/Pop,

Măgura Moigradului; Pop, Moigrad-Porolissum.

211 Pop

u. a., Şimleu Silvaniei; Pop, Fortificaţiile dacice; ders., Arhitectură civilă şi habitat; ders., Din secretele fructierei dacice; ders./Csók, Necropola tumulară de la Şimleu Silvaniei.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

ihrer dreiphasigen Befestigung (Holz-Erde-Mauer, vorgelagerte Gräben und Palisaden, Torturm am Zugang) wurde im späteren 1. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Zahlreiche Hortfunde belegen Reichtum und wirtschaftliche Bedeutung der Region.

2.1 .6 Münzprägung und Münzzufluss in vorrömischer Zeit Ostkeltische Prägungen

Einen anderen wesentlichen Faktor in dem kulturgenetischen Prozess, der zur sogenannten klassischen dakischen Kultur führte, bildete, wie bereits betont, der technologische, wirtschaftliche und militärische Einfluss der Latènegruppen in Siebenbürgen,212 wobei die Technologie der Eisenverarbeitung von zentraler Bedeutung war. Latène-Präsenz und -Einfluss schlagen sich ebenso in der Übernahme der Münzprägung nieder, deren verschiedene Münztypen bis in augusteische Zeit im Rahmen des sogenannten ostkeltischen Münzwesens213 verbleiben. Auf den direkten Kontakt der sich territorial und ethnogenetisch formierenden Latène-Gruppen und der keltischen Krieger- sowie Söldnerverbände mit der hellenistischen Welt geht der Beginn der „ostkeltischen“ Münzprägung mit Imitationen nach dem Vorbild der Statere und Tetradrachmen Philipps II., Alexanders III., Philipps III. und des Lysimachos, einschließlich ihrer postumen Prägungen, sowie des Paionenkönigs Audoleon zurück.214 Diese Prägungen setzen nach 277 v. Chr. (sehr exakte Nachprägungen der makedonischen Münzen) bzw. ab Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. im unteren Donauraum wie im Karpatenbecken ein. Dies setzt sich rasch bis nach Böhmen, Mähren und Schlesien fort. In der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. hatte die südwestthrakische Münzprägung südlich der Donau mit den Tetradrachmen der Paionenkönige Lykkeios (359/358-340/335), Patraos (340/335315) und seines Nachfolgers Audoleon (315-286) und deren Nachprägung begonnen215, Ende des 4. Jahrhunderts setzt auch die getische Münzprägung nordlich des Haemus ein.216 Die „ostkeltische“ Silberprägung in der Nachahmung hellenistischer Tetradrachmen und Drachmen endet allgemein erst mit der dominierenden Präsenz der römischen Währung in der frühen Kaiserzeit, 212 Zum

Spätlatène-Einfluss, der sich mit hellenistischen Vorbildern verbindet, gehört die sich seit dem 1. Jh. v. Chr. entwickelnde bemalte Keramik (vgl. etwa Drăgan, Chronology).

213 Pink,

Die Münzprägung der Ostkelten und ihrer Nachbarn; Kostial, Kelten im Osten; Ziegaus, Kelten Geld, 189–285. „Ostkeltisch“ ist nur als moderne Konvention zu betrachten und keinesfalls ethnisch zu verstehen. Vgl. auch Strobel, Vorrömischer und frührömischer Geldverkehr in Noricum.

214 Le

Rider, Le monnayage d’argent et d’or de Philippe; Price, The Coinage in the Name of Alexander the Great and Philip Arrhidaeus; Dima, The Silver Coinage of Istros.

215 Hort

von Kavardarci (Lykkeios), Riesenhort von Režanci (IGCH 410+411; sogenannter Paeonian Hoard I-II sind illegal vekaufte Teile; Statere Philipp II. – Philipp III. [ermordet 317], Tetradrachmen Lykkeios und Patraos), das Fehlen von Audoleon-Münzen spricht für eine Verbergung im Zusammenhang der Kämpfe und Wirren 316–315 v. Chr.; Paunov, Zlatni stateri; Paulkovska, A Coin Hoard. Dem Režanci-Hort sind eine barbarisierte LykkeiosNachprägung und 34 Patraos-Imitationen zuzuweisen.

216 Dimitrov, Imitations of Greek Coins in the Getic State with Capital Helis?, 137–150; vgl. auch Preda, Monedele

geto-dacilor, 339.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

teilweise verbunden mit Nachprägungen römischer Denare in augusteischer bis claudischer Zeit, die innerhalb des Reiches wie etwa bei den Eraviskern und Skordiskern oder in Moesien durchaus offiziellen bis halboffiziellen Charakter zur Deckung von Lücken im Münzzufluss, selbst für die Besoldung römischer Truppen, haben konnten.217 Die keltisch-norddanuvische Prägezone

Für den Raum nördlich der unteren Donau wird heute besser neutral von einer keltisch-norddanuvischen Prägezone gesprochen, in der vorrangig die Münzen Philipps II. als Vorbild gewählt wurden und die sich einerseits bis zum oberen Theißgebiet, andererseits bis zum Dnjestr erstreckt, wobei die rumänische Forschung in der Regel von „geto-dakischer“ Münzprägung spricht.218 Dabei konzentrieren sich Prägung und Umlauf in der ersten Phase (2. Hälfte 3. bis mittleres 2. Jh. v. Chr.) auf das Banat, Nordoltenien, die zentrale Moldau-Ebene und Nordwestsiebenbürgen (Typ Crişeni-Berchieș)219. Die älteren Prägungen weisen einen Silberanteil von 90 – 98 % auf und richten sich auch im Gewicht nach ihren Vorbildern. Zum ältesten Prägehorizont in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gehören die Tetradrachmen des Typs Huşi-Vovrieşti220, deren zentrales Verbreitungsgebiet zwischen Ostkarpaten und Dnjestr mit Konzentration der Horte zwischen Ostkarpatentälern, Sereth und Pruth sowie im nördlichen Moldawien liegt. Charakteristisch für die Horte (über 90 % aller Münzen), so jenen von Epureni, ist die bewusste Zerschlagung der Münzen durch tiefe Einhackungen und Hiebe, was als Zeugnis einer sakralen Weihung zu werten ist. Die Präsenz der Tetradrachmen des Typs Huşi-Vovrieşti, deren spätere Stempel eine starke Barbarisierung des Münzbildes aufweisen, endet etwa Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. Der Typ wird oftmals als keltisch-bastarnisch bezeichnet, jedoch muss er den getischen Gruppen des Raumes noch vor dem Zusammenbruch ihres Siedlungsnetzes unter dem Druck von Skiren und Bastarnern Ende des 3./Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. (s. o. Kap. 2.1.5) zugewiesen werden. Die Münzen finden sich auch in Siebenbürgen und der Crişana (Kreischgebiet) bis in die Slowakei und den unteren Saveraum.

217 Callataÿ,

The Coinages Struck for the Romans in Hellenistic Greece; Picard, Thasische Tetradrachmen und die Balkankriege. Vgl. auch die späten keltischen Prägungen in Gallien und in den Truppenstandorten am Rhein.

218 Preda, Monedele geto-dacilor; ders., Istoria monedei în Dacia preromană; ders., Some Thoughts on the Coinages

of the Eastern Celts and the Geto-Dacians; Părpăuţă, Moneda în Dacia preromană, 59–112; Constantinescu u. a., Some Metallurgical Aspects of Ancient Silver Coins.

219 Părpăuţă,

Moneda în Dacia preromană, 62–71; Typen und Varianten der Typen Sighet, Jiblea, Rasa, Banat, Criciova, Ramna, Agriş-Şilinda, Tulghieş-Mireşu Mare sowie Crişeni-Berchieş (ältere Phase 3. Jh. sehr gute Stempelschneider, 14–14,5 g, später abgenutzte bzw. nachgeschnittene und imitierte Stempel; fast alle Stücke ohne Umlaufspuren). Zu den Horten und Fundmünzen Pop, Argintul dacic Sălăjean.

220 Munteanu/Chiriac,

The Hoard with Coins of „Huşi-Vovrieşti“ Type; 128 Münzen, 23 erhalten, darunter eine originale postume Philipp II.-Prägung von Amphipolis, Rest Imitationen, teils gute Stempel neben massiver Barbarisierung, aber noch mit Resten der Legende. Die tiefen Einhackungen in Nr. 1 – 13 sind als Zeugen einer sakralen Weihung zu verstehen. Părpăuţă, Moneda în Dacia preromană, 72–77 mit Karte. Ein zeitlich höherer Ansatz als bisher ergibt sich aus dem Befund von Miercurea Sibiului IV, wo eine Siedlung des 3. Jh.s v. Chr. mit einer Bevölkerung von Trägern der Latènekultur und autochthoner jüngereisenzeitlicher Bevölkerung im frühen 2. Jh. von einer befestigten Siedlung mit Kultareal, aber ohne Latènematerial, abgelöst wird.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Die jüngere Prägephase nördlich der Donau

Die jüngere Prägephase, in der Münzen der Macedonia Prima221 und von Thasos bzw. des ThasosTyps222 zu den Vorbildern hinzukommen, setzt um die Mitte des 2. Jahrhunderts mit einer sich ab ca. 120 v. Chr. steigernden Reduzierung der Münzgewichte und dann auch des Silberanteils sowie einer zunehmenden Abstrahierung der Münzbilder ein. Diese Münzen erscheinen in Siedlungshorizonten und Deponierungen zusammen mit Typ Thasos-Tetradrachmen und deren Imitationen sowie mit Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen und dann republikanischen Denaren. Zentrale Regionen des Münzwesens sind nun Muntenien, Mittel- und Westoltenien, die südliche Moldauregion mit Nordostmuntenien (Typen Dumbrăveni, Inoteşti-Răcoasa) und der mittlere Mureş-Raum mit Südwestsiebenbürgen (bes. Typen Aiud-Cugir, Răduleşti-Hunedoara). In Nordwestrumänien dominieren die Typen Medieşu Aurit. In Stil und Herstellungstypus bleibt auch dieser Horizont Teil des ostkeltischen Münzwesens. Die späten Prägungen ab der Wende 2./1. Jahrhundert v. Chr. bis zur frühaugusteischen Zeit heben sich durch völlige Abstraktion des Münzbildes, weiter verringertes Gewicht und einen starken Rückgang des Silberanteils ab, wobei er in Prägungen nach Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. wie im Typ Inoteşti-Răcoasa bis unter 30 % fallen kann; letzterer ist aus dem Typ Vârteju-Bucureşti abgeleitet und folgt auf den älteren Typ Dumbrăveni, die beide in Poiana (Piroboridava) geprägt wurden.223 Von besonderem Interesse ist die Münzprägung des Typs Vârteju-Bucureşti,224 die im mittleren Muntenien mit einem Schwerpunkt im Argeş-Bereich verbreitet ist, sich aber darüber hinaus bis Ostoltenien und in die Buzău-Region erstreckt und über die Donau nach Süden ausgreift. Die Prägungen zerfallen in eine ältere Phase bis in die 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. (7 – 8 g , ca. 80 % Silber) und eine jüngere (4 – 6 g , 50 – 60 % Silber), die noch nach Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. ausgeprägt wurde, sich nun aber stark auf das subkarpatische Gebiet beschränkt. Die Vârteju-Bucureşti-Prägungen mit reduziertem Silbergehalt (55 – 62 %) sind auch südlich der Donau in Zentralmoesien (Region von Ruse, Jantra-Gebiet) in Horten vertreten, wo sie ebenfalls geprägt wurden, wie eine Bronzepatrize für die Herstellung von Avers-Stempeln (Museum Ruse) zeigt.225 Hier dokumentiert sich die enge Verbindung der Regionen der mittleren Walachei und des benachbarten Nordbulgariens. Die von Evgeni Paunov vorgeschlagene Datierung für die südlich der Donau gefundenen Münzen vor 90/70 v. Chr. und damit vor das Erscheinen der Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen in der Region (diese hätten das „schlechte“ einheimische Geld verdrängt) ist nicht schlüssig; denn dies wäre kein Grund gewesen, 221 Prokopov,

The Silver Coinage of the Macedonian Regions. Nach dem Sieg Roms über Perseus 168 v. Chr. wurde das makedonische Reich in vier Bezirke unterteilt (s. u.  Kap. 2.2), die mit Ordnungsziffern bezeichnet wurden. Aufgrund der Silberminen dominierend in der Münzproduktion war der erste Bezirk: MAKEΔONΩN ΠΡΩΤΗΣ = Macedonia Prima (s. u. Kap. 2.3.4). Zur Lage bzw. zu den Grenzen der vier makedonischen Teilrepubliken s. Wittke/Olshausen/Szydlak, Historischer Atlas der antiken Welt, 186.

222 Ders.,

Die Silberprägung der Insel Thasos; Callataÿ, Les tétradrachmes hellénistiques au nom des Thasiens.

223 Zu

Poiana, wo anschließend römische Denare (mit entsprechendem Stempelfund) nachgeprägt wurden, Mitrea, Monedele descoperite în cetățuia geto-dacă de la Poiana; Vulpe/Teodor, Piroboridava.

224 Isvoranu

u. a., Tezaurul monetar geto-dacic; Isvoranu/Cojocaru, A Geto-Dacian Coin Hoard from the 1st Century BC; Petac/Georgescu, O monedă rară de tip Vârteju-Bucureşti.

225 Paunov,

190

From Koine to Romanitas, 186–190 mit Abb. 5.41.

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die 12 Horte aus der Region von Ruse mit über 1.300 Münzen nicht zu heben. Viel offensichtlicher ist der Zusammenhang dieser Horte mit dem Bastarner-Zug von 31/30 v. Chr. und den Operationen des Licinius Crassus.226 Nördlich der Donau sind zwei getrennte Münzstätten, Popeşti und Cârlomăneşti, anzunehmen; die Münzen des Cârlomăneşti-Vârteju-Bucureşti-Typs bilden auch hinsichtlich der Legierung eine eigene Gruppe. Der Zufluss römischer Prägungen

Im späteren 2. und frühen 1. Jahrhundert v. Chr. flossen die Tetradrachmen Typ Thasos in den Raum nördlich der Donau bis Nordwestrumänien, begleitet von Macedonia Prima-Tetradrachmen.227 Nachprägungen, offensichtlich mit mechanischer Stempelkopierung, und barbarisierte Imitationen sind bis Nordwestrumänien zu finden. Nachgeprägte Typ Thasos-Münzen zeigen in der Analyse Siebenbürger Silber; der Silbergehalt der Nachprägungen von Typ Thasos-Tetradrachmen und Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen liegt bei 95 – 97 %.228 In den 80er und 70er Jahren des 1. Jahrhunderts setzte der massive Zufluss von Denaren in Münzkonvoluten, die viele Denare mit langer Umlaufzeit enthielten, in den Balkanraum südlich der Donau ein, und gleichzeitig flossen die in Apollonia und Dyrrhachium unter römischer Kontrolle geprägten „Drachmen“ zu 3,4 g zu, realiter keine Drachmen, sondern Silberstücke zum Standard von 3 Scrupula wie die im ostadriatischen Raum beliebten älteren Victoriati.229 Der Zustrom römischer Denare, deren Hortung Konzentrationen in Südwest-, Zentral- und Ostsiebenbürgen sowie im Umkreis von Şimleu Silvaniei, ferner in Oltenien und Muntenien wie im Sereth-Gebiet aufweist, erfolgte erst mit zeitlichem Abstand. Die Problematik der Datierung der rumänischen Denar-Horte nach den Schlußmünzen ergibt sich aus der Tatsache, dass dabei die Zusammensetzung des Zustroms an Denaren, die Volumina der jeweiligen römischen Denarprägung wie ihre Verbreitung und der Zeitpunkt des Erscheinens großer geschlossener Münzensembles im Balkanraum zu berücksichtigen sind. Der Abstand zwischen Thesaurierung und Deponierung bleibt zudem offen. Es verwundert nicht, dass sich ein Höhepunkt der Horte nach den Schlussmünzen für den Zeitraum von 49 – 44 bis 32/31 v. Chr. zu ergeben scheint. Denn 49/48 und seit 44/42 v. Chr. fließen Denare in großer Masse in den Raum Thrakiens und der unteren Donau sowie nach Siebenbürgen, wobei die Legionsdenare des Antonius230 auf Grund ihres minderen Silbergehalts lange im Umlauf blieben und nicht in Horte kamen, dafür aber lokal nachgeprägt wurden, so auch in Dakien noch im 1. Jahrhundert n. Chr. Nach 30 v. Chr. wurden Tetradrachmen vom Staat aus dem Umlauf gezogen, weshalb als 226 Zahlreiche

Horte in Moesien und Nordthrakien schließen mit Denaren der Jahre 32/31 – 29 v. Chr., zweifellos ein Ergebnis der Operationen des Crassus. Siehe unten Kap. 2.3.2.

227 Callataÿ,

Putting the Balkan Silver Hoards (Vortragstext).

228 Constantinescu

u. a., Adulterations in First Century B. C., 759–765.

229 Paunov/Prokopov,

An Inventory of Roman Republican Coin Hoards and Coins from Bulgaria (IRRCHBulg); Părpăuţă, Moneda în Dacia preromană, Annex V – VII. Siehe den folgenden Abschnitt.

230 Massenausstoß

32/31 v. Chr. mit 87,5-92 % Silber. Paunov/Prokopov, Actium and the „Legionary“ Coinage of Mark Antony. Zur Entwicklung der Denarprägung vgl. Hollstein (Hg.), Metallanalytische Untersuchungen an Münzen der römischen Republik.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Ersatz grobe, vielfach barbarisierte Imitationen von späten Typ Thasos-Tetradrachmen lokal produziert wurden231. Sie sind nördlich der Donau bis Nordwestrumänien zu finden. 20/10 v. Chr. hat dann die römische Währung die hellenistischen Tetradrachmen in Münzumlauf und -präsenz im gesamten Raum abgelöst. Lokale Imitationen wurden zur Deckung des Bedarfs produziert232. Die Durchsetzung des Denars nördlich der Donau

Ein Zustrom römischer Denare in die Gebiete nördlich der Donau ist regional unterschiedlich frühestens ab den 50er Jahren, mit einiger Wahrscheinlichkeit aber nach 50 v. Chr. zu datieren.233 Charakteristisch ist immer wieder das gleichzeitige Erscheinen von abgegriffenen und nahezu prägefrischen Denaren in den Horten; so erscheint etwa eine Münzreihe republikanischer Denare ab 189/180 v. Chr. in einem Hort, der mit einer abgegriffenen Tiberius-Münze schließt und somit erst nach Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. deponiert worden ist. Der Zustrom hat offensichtlich in der 2. Hälfte der 30er Jahre seinen Höhepunkt erreicht. Erst im Zeitraum ca. 30/10 v. Chr. und nicht unter Byrebistas, wie insbesondere von Ioan Glodariu (Consideraţii asupra circulaţiei) angenommen, wird aufgrund der direkten Einbindung in das Vorfeld des Römischen Reiches und der Durchsetzung des Denars im Alltag südlich der Donau wie im intensiven Handel über den Strom hinweg234 die eigenständige Münzprägung der verschiedenen politischen Formationen in Siebenbürgen, den walachischen Ebenen und der südlichen Moldau-Ebene aufgegeben. Dies entspricht der endgültigen Ablösung von Münzen des hellenistischen Standards durch die römische Denarwährung südlich der Donau seit ca. 20/10 v. Chr. Ein besonderes Problem stellt dabei die zeitliche Einordnung der Nachprägung römisch-republikanischer Denare südlich und nördlich der unteren Donau.235 Nördlich der Donau tritt die sporadische Nachprägung römisch-republikanischer bis frühkaiserzeitlicher Denare, wobei die

231 Prokopov,

The Imitations of Late Thasian Tetradrachms.

232 Paunov,

Dies for Striking Republican and Early Imperial Coins from Moesia and Thrace; Davis/Paunov, Imitations of Republican Denarii from Moesia and Thrace. Die Kategorisierung der Imitationen durch Davis als „dakisch“ führt in die Irre.

233 Zu früh ist der Ansatz eines ersten Massenzustroms bei Lockyear, The Late Iron Age Background to Roman Dacia;

ders., Aspects of Roman Republican Coins found in Late Iron Age Dacia auf 75/65 v. Chr. Gerade sein Vergleich mit Horten in Italien und auf der Iberischen Halbinsel unter Bildung von Clustern entsprechender Zusammensetzung der Horte zeigt den zeitlichen Abstand: Cluster H: medianes Enddatum Italien 74, Spanien 74, Rumänien (47 Horte) 49 v. Chr.; Cluster A 42 – 45 – 15 v. Chr.; Cluster Γ 28 – 22 – 15 v. Chr. Die von Mihailescu-Bîrliba, Noi analize, in seiner Kritik an Lockyear ergänzend angeführten Horte verstärken noch die Grundtendenz des Bildes.

234 Vgl.

etwa das Erscheinen römischer Keramik in den getischen Zentren am Sereth, Poiana, Răcătău und Brad bzw. in Muntenien; Popescu, Roman Pottery; dies., Hellenistic and Roman Pottery in Pre-Roman Dacia.

235 Davis/Paunov,

Imitations of Republican Denarii from Moesia and Thrace, 389–413 (teils mit irrigem Bezug nach Preda u. a. auf „Burebista“ und „Dacian monetary“); Paunov, Dies for Striking Republican and Early Imperial Coins from Moesia and Thrace, 29–35; zum Material die von Phil Davis gestaltete Homepage „Imitations of Roman Republican Denarii“ (, updated 11/24/2009); François de Callataÿ, Putting the Balkan Silver Hoards in Broad Geographical and Historical Perspective (c. 130 – 30 BC), Vortrag auf dem 13. Thrakologenkongress 2017. Denarnachprägungen nördlich der Donau bei Părpăuţă, Moneda în Dacia preromană, 146–148.

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hybridisierende Imitation ersterer weitgehend überwiegt, an die Stelle der vorrömischen Münzprägung.236 Die Nachprägungen, darunter auch Serrati, sind teilweise extrem genau, wobei sich das mechanische Kopieren der Stempel wie das Nacharbeiten von Münzstempeln mit leichten Veränderungen nachweisen lässt, allerdings im Gewicht bei 3,01 – 4,26 g mit einem Mittel um oder knapp unter 3,5 g schwankend; Gußimitationen sind oft deutlich kleiner und leichter als die Originale.237 Die Feinheit liegt im Durchschnitt über 92 % bis um bzw. über 95 %.238 Nach den Turbulenzen hinsichtlich Feinheit und Gewichtsreduktion während des Bundesgenossenkrieges und des Bürgerkrieges unter Sulla fand der offizielle Denar in nachsullanischer Zeit 78/75 – 49 v. Chr. zu seiner Stabilität mit einer Feinheit von durchschittlich 97,05 % zurück, ehe der Silberanteil in den folgenden Bürgerkriegsphasen teilweise auf 95 – 93 % abfällt,239 so dass die republikanischen Imitationen nicht merklich abweichen. Andere Imitationen römischer Denare sind in traditioneller Weise stark stilisiert bzw. barbarisiert, so dass das Original oft kaum zu erkennen ist; der Kupferanteil kann bei diesen Münzen bis über 10 % ansteigen. Allerdings sind Kombinationen von barbarisierten und guten Stempelkopien auf einer Münze durchaus möglich. Einen hohen Stand der Prägetechnik bezeugt der Fund der 14 Münzstempel für Denarimitationen240 in Tilişca.241 In der Metallwerkstätte von Şimleu Silvaniei-Cetate242 fand sich ein Depot von römischen Denaren bis Tiberius, die offensichtlich im mittleren 1. Jahrhundert n. Chr. als Münzmetall für die 236 Chiţescu,

Les monnaies géto-daces de type romain républicain et impérial; dies., Numismatic Aspects of the Dacian State; Davis, Dacian Imitations of Roman Republican Denari; ders., A New Look on the Poroschia Hoard; Lockyear, Aspects of Roman Republican Coins found in Late Iron Age Dacia; Woytek u. a., Imitations of Roman Republican Denarii.

237 Der

mit 12 v. Chr. schließende Hort von Breaza enthält 11 Gußkopien von 5 Denaremissionen (85, 76, 54, 48/47, 41 v. Chr.).

238 Analysen

bei Lockyear, Aspects of Roman Republican Coins found in Late Iron Age Dacia; Woytek u. a., Imitations of Roman Republican Denarii.

239 Vgl.

auch Hollstein (Hg.), Metallanalytische Untersuchungen an Münzen der römischen Republik.

240 6

Avers- und 4 Reversstempel (AV+RV 148 und 79 v. Chr., nur AV oder RV 134, 130, 101, 86, 79, 74 v. Chr.), weitere völlig abgenutzte bzw. blanke Stempel; Lupu, Tilişca, 54, 80-84. Vgl. Glodariu/Iaroslavschi/Rusu, Die Münzstätte von Sarmizegetusa Regia (datieren den Fundkontext richtig ins 1. Jh. n. Chr.). Lupu, Tilişca, ging in einer traditionellen Sicht der „dakischen“ Geschichte davon aus, dass das Inventar der Münzwerkstatt vergraben wurde, als der Herrschaftssitz unter „Burebista“ seine Selbständigkeit verloren habe und in dessen Reich mit Zentrum in Südwestsiebenbürgen eingegliedert worden wäre. Herstellungstechnisch gehören die Stempel zu den Typen der späten Eisenzeit, die in Gallien im 1. Jh. v. Chr. zu finden sind (Ich danke Bernward Ziegaus für seine Erläuterungen).

241 Die

Stempel waren in einem kleineren Tongefäß offenkundig auf der Terrasse XX vergraben worden. Diese gehört zur Osterweiterung der Anlage durch den zusätzlichen unteren Abschnittswall; die Terrasse zeigt nur eine Kulturschicht des 1. Jh.s n. Chr. mit wenig Material und Spuren zweier verbrannter Holzbauten und gehört zur letzten Ausbauphase der Höhensiedlung.

242 Pop/Găzdac,

The Roman Hoard from Şimleul Silvaniei (51 republikanische, 3 kaiserzeitliche Denare; ab 189 v. Chr., dominant die Prägungen 90 – 74 sowie 49 – 42 v. Chr.; die älteren Münzen waren lange im Umlauf ). Ähnlich ist auch der Stăncuţa-Hort zu werten (34 Denare, 53 Typ Thasos-Tetradrachmen, darunter zahlreiche Nachprägungen, wobei sich Siebenbürger Silber durch erhöhten Goldanteil ausweist; 2 Silberbarren; die Spurenelemente des einen Barrens entsprechen der Signatur der Münzen, der zweite hat Silber einer abweichenden Signatur); vgl. die Analysen bei Lockyear, Aspects of Roman Republican Coins found in Late Iron Age Dacia, 170–174; Nachprägungen z.T. mit erhöhtem Kupferanteil.

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Nachprägung von Denaren dienten, wie die als mißlungen ausgesonderte Gußimitation eines Legionsdenars des Antonius zeigt. Die Kombinationen von principatszeitlichen Aversen mit republikanischen Reversen belegt die Fortsetzung der Nachprägungen und Imitationen im 1. Jahrhundert n. Chr.,243 wobei diese möglicherweise bis zu den Dakerkriegen Traians fortgedauert haben können, was die Stempel aus der 106 zerstörten Metallwerkstatt auf der vorrömischen Terrasse V von Grădiştea Muncelului nahelegen können.244 Weitere Denar-Münzstempel sind aus Poiana, Ocniţa, der Region Braşov (Kronstadt) und Ludeşti (Prototyp C. Marius Capito) bekannt, ein RV-Stempel des Typs Răduleşti-Hunedoara aus Pecica. Die Emissionsmenge solcher Münzen wurde in der Forschung stark überschätzt, wobei die Fiktion einer zentralistischen Monetarisierung des Wirtschaftslebens in einem „dakischen Staat“ des „Burebista“ (natürlich der Getenkönig Byrebistas) und seiner Nachfolger im Hintergrund stand. Es ist jedoch von kleinen Emissionsvolumina auszugehen, wobei die einzelnen Münzhorte hinsichtlich der Imitationen zu 85 – 90 % nur dort vorkommende Münzstempel und zahlreiche Stempelkoppelungen enthalten, so dass von sporadischen Prägungen und nur einem geringen Umlauf auszugehen ist.245 Die Annahme von Kris Lockyear, dass die Nachprägungen bezwecken sollten, den Erhalt römischer Zahlungen als Teil des eigenen Machtprestiges im Konkurrenzkampf der verschiedenen politischen Einheiten vorzutäuschen, als dieser Zustrom zum Erliegen kam, ist durchaus wahrscheinlich, allerdings möchte er dies fälschlich mit einem angeblichen Rückgang nach ca. 65 v. Chr. verbinden.246 Vielmehr ist nach den entsprechenden Zuwendungen durch Pompeius, die Caesarmörder sowie Octavian und Antonius mit der neuen Situation nach 30 v. Chr. und der Vernichtung des Cotiso ein Bruch eingetreten, in dessen Folge viel eher der Beginn von Nachprägungen an verschiedenen Orten, vielleicht sogar mit wandernden Münzwerkstätten, anzunehmen ist. Charakteristisch für das späte erste vor- und nachchristliche Jahrhundert sind große Horte mit offiziellen Denaren und lokalen Imitationen,247 so der Hort von Poroschia/Teleorman: 552 243 Woytek

u. a., Imitations of Roman Republican Denarii, 137 mit Anm. 30. Die ebd., 144, analysierte Münze mit nur 57 % Silber dürfte aus eingeschmolzenen späten vorrömischen Münzen geschlagen sein.

244 Glodariu/Iaroslavschi/Rusu,

Die Münzstätte von Sarmizegetusa Regia; 4 Aversstempel, einer nur als Bruchstück. Prototypen: C. Cassius, 126 v. Chr., gute Kopie; C. Hosidius Geta 68 v. Chr.; Denar des Tiberius, Lugdu­num 14 – 37 n. Chr., gute Kopie. Die Technik der Stempel findet ihre Parallele in solchen der ausgehenden Republik und frühen Kaiserzeit (Mitteilung Bernward Ziegaus). Zum Befund unten Kap. 2.1.7, Abschnitt: Der archäologische Komplex. Zu der Feinmetallwerkstatt gehörte auch die künstlerisch hochwertige Intaglio-Matrix aus Bronze römischer Herkunft (Florea, Matriţa de bronz).

245 Im

Poroschia-Hort finden sich 24 L. Procilius-Denare (80 v. Chr.), davon 3 reguläre Prägungen und 21 Nachprägungen mit gleichem Stempelpaar und einem Gewicht von 3,04 – 4,26 g, Durchschnitt bei 3,51 g; die 12 C. Piso Frugi-Imitationen zeigen alle Stempelkoppelungen oder gleiche Stempelpaare; vgl. Lockyear, Aspects of Roman Republican Coins found in Late Iron Age Dacia, 152–176; Davis, Dacian Imitations of Roman Republican Denari; ders., A New Look on the Poroschia Hoard. Zu hoch sind die Schätzungen des Anteils von Nachprägungen bei Lockyear, The Late Iron Age Background to Roman Dacia, 66.

246 Lockyear,

The Late Iron Age Background to Roman Dacia, 66. 70.

247 Davis,

Imitations of Roman Republican Denarii; ders., Aspects of Roman Republican Coins found in Late Iron Age Dacia. Weitere neuere Horte sind etwa: Balkan-Hort 2003/2004, über 1.000 Denare, 60 Imitationen; Rumänien 2001, ca. 5.000 Denare, ca. 100 Imitationen. In kleinen Horten kann der Anteil der Imitationen auf 15 – 30 % ansteigen.

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Münzen, davon 494 offizielle Prägungen bis M. Antonius 39 v. Chr., 9 barbarisierte Imitationen und 49 (oder 55) sehr genaue Nachprägungen (originale Prototypen 104 – 41 v. Chr.), wobei die offiziellen Denare vor ihrem Eintreffen in Muntenien bereits im Umlauf waren, während die Nachprägungen ohne Umlauf gehortet waren.248 Der Westsiebenbürger Hort mit über 6.000 Denaren bis Octavian 37 v. Chr. enthält 20 Imitationen mit 2,54 – 4,62 g und hybriden Kombinationen der Prototypen (85/119 v. Chr., 137/74 v. Chr. etc.), wobei mehrere Münzen typische Züge der Barbarisierung tragen. Hier gilt das Gleiche. Metallanalysen führen kaum weiter, da das Münzmetall aus eingeschmolzenen Münzen, zuerst wohl den hellenistischen Tetradrachmen, was durchaus rentabel war, gewonnen sowie mit anderen Metallressourcen vermischt werden konnte. Die großen Denarhorte waren offensichtlich das Ergebnis einer Thesaurierung nach dem Zufließen der Münzen im Kontext der Anhäufung von Prestige und Macht.249 Auch die Nachprägungen erfolgten nicht aus ökonomischen Motiven bzw. für den Münzumlauf. Nachprägungen wie die in den Raum nördlich der Donau zugeflossenen Denare wurden sofort zum Gegenstand der Thesaurierung und schließlich der Deponierung in Horten, wobei letzteres teils kultischen Charakter gehabt zu haben scheint, teils sicher auf die inneren Auseinandersetzungen nach dem Ende der Herrschaft des Byrebistas bzw. auf die massive Wirkung der römischen Feldzüge der mittelaugusteischen Zeit zurückgeht. Eine Monetarisierung des alltäglichen Wirtschaftslebens war in dem Raum nördlich der unteren Donau und insbesonderen in Siebenbürgen erst das Ergebnis der römischen Eroberung. Die Kosōn-Prägungen und postume Lysimachos-Prägungen

Ein besonderes numismatisches und historisches Problem stellen die sogenannten Kosōn-Statere dar, die allein und nie zusammen mit pseudo-lysimachischen Goldstateren in Hortfunden im Raum des Orăştie-Gebirges, offensichtlich im Bereich Grădiştea Muncelului, gefunden wurden.250 Alle sonstigen Kosōn-Münzen stammen aus neuzeitlichen sekundären Zusammenhängen.251 C. M. Petolescu fasste die gängige These der rumänischen Forschung zusammen: Die Kosōn-Münzen seien 43/42 v. Chr. im Auftrag des Brutus für die Bezahlung von Söldnern und Hilfstruppen geprägt worden, die Koson zu Brutus senden wollte, was nicht mehr zustande gekommen sei, weshalb die Münzen im königlichen Schatzhaus in Sarmizegetusa verblieben seien.252 Die andere verbreitete 248 Vgl.

Davis, A New Look on the Poroschia Hoard.

249 Ebenso

Lockyear, The Late Iron Age Background to Roman Dacia, 70.

250 Zusammenfassend zu den Hortfunden Mitthof, Vexatissimi

scher Pharnakes II. und Asandros.

nummi; ders., Goldstatere der bosporanischen Herr-

251 So

auch Ardevan, Die erste Entdeckung von Koson-Münzen, der allerdings eine Datierung ins 1. Jh. v. Chr. übernimmt; die von ihm vorgeschlagene Einbeziehung der Nachricht über einen nicht näher beschriebenen Schatzfund 1491 bei der königlichen Burg von Mühlbach (Sebeş) ist abzulehnen.

252 Petolescu,

Monedele regului Coson. Auch die historischen Interpretationen bei Winkler, Consideraţii despre moneda „Koson“; Iliescu, Sur les monnaies d’or à la légende KOΣΩN sind überholt. Vgl. ferner Munteanu, Despre descoperirile monetare de tip Koson; ders., Despre emiterea monedelor de tip Koson; ders., Some Remarks Concerning the Gold Coins; Dima/Ilie, Tezaurul de monede de tip Koson; Părpăuţa, Moneda în Dacia preromană, 132–137; Vîlcu, Sur les statères en or de type Koson, der sowohl die Brutus- wie Cotiso-These zurückweist.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

These geht von der Gleichsetzung der Legende KOΣΩΝ mit dem 29/28 v. Chr. von Crassus vernichteten Dakerkönig Cotiso aus und datiert die Münzen in die Zeit 44 – 29 v. Chr. Zuletzt legte ein Autorenkollektiv, das in den vergangenen Jahren Metallanalysen der Münzen durchgeführt hat,253 ein Deutungskonstrukt vor, das allein von der These ausgeht, dass die Kosōn-Silber- und Goldmünzen und die pseudo-lysimachischen Statere in einer gemeinsamen Münzstätte südlich der Donau, wohl in Makedonien unter Brutus (angeblich Monogramm BRV), hergestellt worden wären, der dazu auch das von einer thrakischen Dynastin ihm übergebene Gold und Silber (App. b. c. 4,10,75) verwendet hätte. Alle Münzen, Pseudo-Lysimachoi und Kosonen, seien für Brutus zur Bezahlung seiner thrakischen und balkanischen Verbündeten, zuerst Droueis und Koson, dann nur Koson als Empfänger, in einer sehr kurzen Zeit hergestellt worden. Nach der Niederlage der Caesarmörder habe „king Coson“ die aus ungeläutertem Siebenbürger Gold geprägten Kosonen ohne Monogramm in einer Werkstätte in Sarmizegetusa schlagen lassen, und zwar als „votive coins struck […] as offering for his survival“.254 Dieses Konstrukt geht von einer Reihe nicht nur unbewiesener, sondern auch falscher Voraussetzungen aus. Dabei sind zwei seit langem vertretene Axiome in Frage zu stellen, einmal, dass es sich bei der Legende KOΣΩΝ um den Personennamen eines Königs handeln würde, zum anderen, dass alle Prägungen in einen engen geschlossenen zeitlichen Kontext gehören würden. Dabei ist der Text mit größerer Wahrscheinlichkeit als Genetiv Plural eines uns unbekannten Sippen- oder Stammesnamens zu interpretieren. Gänzlich unhaltbar ist jedenfalls die These einer Gleichsetzung mit Cotiso. Auch ist es unstatthaft, die Funde im Raum des Orăştie-Gebirges allein als „votive deposits“ zu werten, da das Verstecken großer Edelmetallschätze durch Decebalus im Jahre 106 n. Chr. eindeutig belegt ist. Aurel Vîlcu vermutet, dass das geläuterte Gold, mit dem die Kosonen anfangs geprägt wurden, durch Zahlungen der pontischen Städte 55/48 v. Chr. zu Burebista (d. h. Byrebistas) zur Ausmünzung gelangt sei, was die ungenaue Metrologie, die ungewöhnliche Ikonographie und das Nichtzirkulieren erkläre; alle seien wahrscheinlich in Sarmizegetusa geprägt .255 Im Jahr 1803 beschreibt Abbé J. K. Eder 280 seit Herbst 1802 gefundene Goldstatere aus den Orăştie-Bergen (Csáta-Hort256), davon 277 Münzen als Prägungen des Lysimachos mit ca. 8,75 g , 2 Statere des Königs Pharnakes II. von Pontos und einen des Asandros. Asandros war Archon des Kimmerischen Bosporus bis 47/46 oder 46/45 v. Chr., dann herrschte er als König und wurde in dieser Stellung schließlich von Augustus anerkannt. Als Beizeichen der Pseudo-Lysimachoi nennt Eder Histria, Tomis, Kallatis und Byzantion und betont, dass die „Lysimachos“-Münzen überall in Siebenbürgen zu finden seien, was ihrer Präsenz bis Nordwestrumänien (Funde aus dem Becken von Şimleu ­Silvaniei) entspricht. Der Csáta-Hort von 1802/1803 zeigte vor allen Tomis und

253 Constantinescu

u. a., Cronologia monedelor dacice de argint și aur de tip Koson.

254 Constantinescu/Oberlaender-Tarnoveanu/Cristea-Stan,

Information on Silver and Gold Dacian „Koson“ Coins, Vortragstext: Internationaler Numismatikerkongress Rom 2015.

255 Vîlcu,

Sur les statères en or de type Koson.

256 Heute Ceata südöstlich von Costeşti; insgesamt angeblich 1.000 Stück, wahrscheinlich aber weit mehr Münzen. Als

Fundort wird der Dealul Arieşului genannt, also der Bergstock nördlich des Anineş-Tales. Vgl. Mitthof, Goldstatere vom Lysimachos-Typ.

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Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Kallatis als Münzstättenangabe. 1998 wurde auf der Terrasse Şesu Căprăreţei, 250 m nordöstlich des sogenannten Heiligen Bezirks, ein Hort von ca. 3.600 Pseudo-Lysimachoi, Statere mit Angabe der Münzstätten Histria, Kallatis, Tomis und Byzantion, illegal geborgen; hinzukommen etwa 10 Statere des Pharnakes II. und 12 Statere des Asandros, sowohl als Archon Jahr 1 – 4 wie auch als König Jahr 4, alle in prägefrischem Zustand. Die Pharnakes- und Asandros-Prägungen geben einen Terminus post quem von 44/43 v. Chr. für die Bildung der Horte, nicht jedoch für deren Verbergung im Orăştie-Gebiet. Die bisher analysierten pseudo-lysimachischen Statere mit Signatur Kallatis haben einen Feingehalt von 96 %;257 der Stempeltyp entspricht den Prägungen von Kallatis (Feingehalt um 96 – 97 % schwankend) unter der Kontrolle des Mithradates VI. Eupator, der in den westpontischen Küstenstädten diese Münzen mit leicht reduziertem Gewicht (8,24 – 8,15 g) zur Besoldung seiner Hilfstruppen prägen ließ.258 Auffallend sind jedoch der Abnutzungsgrad der Stempel und deren schlechterer Stil, der für die spätesten westpontischen Staterprägungen typisch ist. Zwei TomisStatere sind mit kopierten Stempeln geprägt, wobei der Reversstempel eindeutige Züge der Barbarisierung aufweist und darin mit den Kosōn-Averstempeln A und B vergleichbar ist.259 Auch der geringere Goldgehalt weist diese spätesten Tomis-Prägungen als Sondergruppe aus (91,9–92,9 %). Eine solche Sondergruppe erscheint auch unter den analysierten Kallatis-Stateren (91,9 – 93,1 %), wohl ebenfalls Nachprägungen. Die Pseudo-Lysimachoi und die Pharnakes- und Asandros-Statere sind in dem nicht aus der Strei, sondern aus den Bergen stammenden Schatzfund von 1543 mit einem Umfang von über 40.000 Stateren und den Horten von 1802/1803 und 1998 nie mit den Kosōn-Münzen vermischt. Seltene Streufunde von Pseudo-Lysimachoi sind im Gebiet Grădiştea Muncelului bekannt;260 bei allen Stücken dürfte es sich um verstreute Münzen aus den Funden von 1802/1803 handeln. Hingegen enthielten die Horte von 1803 und 1804 aus dem gleichen Gebiet ausschließlich KosōnStatere, die stets als prägefrisch bezeugt sind und nie im Umlauf waren.261 Bezeugt sind sie in

257 Zu

den Analysen Vîlcu u. a., Considerations Regarding the Greek Gold Coins; Constantinescu u. a., Archaeometallurgical Characterization of Ancient Gold Artefacts.

258 Callataÿ,

L’histoire des guerres mithridatiques, 139–150.

259 Eine

eindeutig barbarisierende Imitation sind die Stempel des Hohl-Staters Gerhard Hirsch, 12.2.2015, Lot 1601, geprägt auf einen plattierten Schrötling, allerdings mit einem Kern aus organischem Material.

260 Funde

während der österreichischen Fiskalgrabungen von 1803 bis 1804. Vgl. zusammenfassend Munţeanu, Despre descoperirile monetare de tip Koson; ders., Despre emiterea monedelor de tip Koson; ders., Some Remarks Concerning the Gold Coins; Peţan, Coin Finds at Grădiştea Muncelului. Zur Geschichte dieser Schatzfunde und Grabungen sowie ihrem historischen Kontext siehe Mitthof/Mádly, Antikes Gold in den Orăstie-Bergen und Dumitru, Monumentum antiquitatis conspicuum; zum weiteren wissens- und wissenschaftsgeschichtlichen Umfeld Haarmann, Sammeln und Graben für Herrscher und Vaterland. Auch unten Anm. 281.

261 Zu

den Kosōn-Funden Mitthof, Vexatissimi nummi; ebd. zu den typischen Erzähl- und Desinformationsstrategien der Raubgräber. Frühjahr 1804 ein Hort von ca. 1.000 Kosōn-Stateren an unbekanntem Ort gefunden; während der wiederaufgenommenen Fiskalgrabung 1804 12 Kosōn-Statere aus sekundärem Kontext; weiterer KosōnSchatzfund im Juni 1803 vom Grădiştea Muncelului-Gebiet gemeldet. 1996 illegal geborgener großer Hort von ca. 3.000 Stateren, der angeblich aus Luncani-Târsa stammen soll; aus illegalen Grabungen 1999–2003 angeblich ca. 2.300 Statere sowie 24 Goldspiralen in den Handel gelangt.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

der Literatur seit 1519/1520 (Briefwechsel Erasmus von Rotterdam/Fürstbischof Turzo von Breslau) und im Katalog der Sammlung des Herzogs von Este 1538/1541. Das Münzbild der KosōnStatere ist nach dem Vorbild zweier zeitlich weit auseinanderliegender Denare gestaltet, stellt aber keine Kopie dar: Avers (Consul zwischen zwei Lictoren nach links schreitend, im Abschnitt die griechische Legende KOΣΩΝ) – Vorbild: Denar des M. Junius Brutus (Avers Kopf der Libertas, ­LIBERTAS; Revers L. Junius Brutus, cos. 509, zwischen zwei Lictoren n. l. schreitend, voran ein Accensus, im Abschnitt BRVTVS, 54 v. Chr.; RRC 433); Revers (einen Kranz haltender und auf einem Szepter stehender Adler) – Vorbild: Revers der Denare des Q. Pomponius Rufus, 73 v. Chr. (RRC 398). Die Stempel modifizieren die Vorbilder erheblich; der massive stilistische Unterschied ist augenfällig, die teilweise als barbarisiert zu bezeichnende Qualität der Stempelschnitte weicht deutlich von den Goldprägungen der westpontischen Städte ab. Die These, der Adler mit Siegeskranz würde darauf hinweisen, dass die Münzen für die Bezahlung derjenigen bestimmt gewesen seien, die auf Seiten der Caesarmörder kämpfen sollten, ist verfehlt, ebenso, dass das Reversbild einen Bezug auf Brutus 43/42 v. Chr. darstellen würde. Die Prägungen für Brutus in Gold und Silber haben ganz andere Motive, insbesondere das Haupt der Libertas auf dem Avers, und sind im römischen Gold- und Silberstandard ausgemünzt (Aurei des Sulla zu 1/30, 10,7 – 10,9 g; Pompeius 71 v. Chr. zu 1/36, 9,1 g; Caesar zu 1/40, 8,19 g; Brutus zu 1/42, 8,1 g262). Das Monogramm im linken Feld des Averses ist weder in seiner komplexen noch in seiner vereinfachten Form zu BR oder gar BRV für Brutus aufzulösen, auch nicht zu BA für Basileus (wenn Ligatur, dann AB!). Es steht in der Tradition der Münzsignaturen auf den pseudo-lysimachischen Goldstateren der griechischen Städte. Für keinen Zeitgenossen wäre einer der beiden genannten Auflösungsvorschläge nachvollziehbar gewesen. Zudem ist es undenkbar, dass sich der Prägeherr mit einem solchen Monogramm dargestellt hätte; auch ist die Vermutung, dass ein Prägeherr den Namen des Empfängers anstatt des eigenen aufgeprägt hätte, kaum glaubhaft. Das Monogramm ist in seiner ursprünglichen Gestalt (Gruppe A) mit den komplexen Münzmeistermonogrammen vergleichbar, die aus Byzanz, Kallatis und insbesondere Istros bekannt sind, wobei auch der Adler des Revers Parallelen in den Prägungen von Istros findet.263 Die Analyse von 523 Kosōn-Stateren durch Jean Hourmouziadis zeigt, dass nur drei Aversstempel mit 10 Reversstempeln kombiniert sind (A/a.b, B/c-f, C/g-k);264 Koppelungen zwischen den Aversen kommen nicht vor. Gruppe C ist zweifellos die späteste Phase der Prägungen; als Prototyp dient ein Stempelpaar der Gruppe B, wobei das Monogramm auf dem Avers ausgelassen wurde. Gruppe B ist selbst nach dem Prototyp des Stempelpaares A/a unter Vereinfachung des Monogramms geschnitten. Der Stempel C wurde, wie weitere bekannt gewordene Exemplare zeigen, 262 Vgl.

hierzu auch Hollstein, The Aureus of Casca Longus. Longus’ Aurei haben ein Durchschnittsgewicht von 7,98 g.

263 Vgl.

Munteanu, Despre emiterea monedelor de tip Koson; ders., Some Remarks Concerning the Gold Coins. Zur Unterscheidung von drei Typen von Kosōn-Stateren (mit einfachem Monogramm, mit komplexem Monogramm und ohne Monogramm) s. Mitthof, Vexatissimi nummi, 111f.

264 Hourmouziadis,

KOΣΩN Gold Staters and Silver Drachmae. Avers A mit komplexem Monogramm, B mit vereinfachtem Monogramm und C ohne Monogramm und stark abstrahierter bzw. barbarisierter Personenzeichnung. Die Kombination A/b liegt im analysierten Bestand nur einmal vor, A/a hingegen mit 255 Stücken.

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mehrfach nachgeschnitten, auch ungereinigt und stark abgenutzt verwendet und schließlich „barbarisierend“ kopiert. Die Durchschnittsgewichte liegen bei 8,57 g für Gruppe A (8,50 – 9,26 g ), 8,37 g für B (8,36 – 8,40 g ) und 8,47 g für C, letztere Gruppe weist erheblich untergewichtige Stücke auf (6,38, 7,44, 7,61 g ). Jedoch liegt das Gewicht zahlreicher Stücke aus dem sogenannten Târsa-Hort mit 8,70 – 9,26 g deutlich über dem attischen Staterstandard von 8,6 g bzw. jenem der letzten Emissionsphase der westpontischen Städte von 8,2 – 8,4 g . Uneinheitlich sind die Schrötlinge in Durchmesser und Dicke (A: Durchmesser von 17 – 19 mm, B: 19 – 21 mm). Gruppe A entspricht dem geläuterten Münzgold der Statere der griechischen Küstenstädte des 2. Jahrhunderts v. Chr. (97 – 98,8 %), wobei die Signatur der Spurenelemente jener der Statere von Tomis nahezu gleichkommt;265 allerdings besitzt ein Teil der A/a-Statere nur einem Feingehalt von ca. 96 %. Auch die Gruppe B ist mit ihrem Feingehalt in der Goldlegierung den mithradatischen Prägungen (um 96 % schwankend) vergleichbar; sie gliedert sich aber in zwei Gruppen, einmal mit einem Feingehalt von ca. 96 % sowie mit einem von 92 – 95 %. Hingegen sind die Statere der Gruppe C ohne Monogramm aus ungeläutertem Gold geprägt, das als Fluss- und Seifengold in Siebenbürgen gewonnen wurde; der Feingehalt schwankt zwischen 80 und 90 % und entspricht den Analysen der Goldspiralarmreifen aus Sarmizegetusa wie anderer Goldobjekte aus nicht geläutertem Siebenbürger Alluvial-Gold. Auch die Gruppen A und B sind nach Stempel, Schrötlingen und Feingehalt deutlich voneinander getrennt. Die Prägungen sind demnach in zumindest drei unterschiedlichen Zeitphasen und wohl auch in unterschiedlichen Münz- bzw. Werkstätten erfolgt. Seit 2006 erscheinen in Numismatikerforen und seit 2008 im Handel die aus illegalen Kanälen stammenden Silberdrachmen mit der Legende Kosōn/Droueis, die Imitationen der Macedonia Prima-Tetradrachmen darstellen.266 Die Fundumstände sind unbekannt. Während dieser Münztyp bislang unbezeugt war, begegnen in der Literatur der frühen Neuzeit Hinweise auf die Existenz von silbernen Versionen der goldenen Kosōn-Statere, die aber vermutlich moderne Nachahmungen darstellen.267 Seit 2004 erscheinen nun aber silberne Kosonen in relativ großer Zahl im Handel, die auf einen illegal im Bereich von Sarmizegetusa geborgenen und außer Landes gebrachten Hort von angeblich 2.300 Stück stammen sollen.268 Gewichtmäßig liegen zwei Gruppen

265 Zu den Metallanalysen vgl. Vîlcu, Sur les statères en or de type Koson; ders. u. a., Some Considerations on Dacian

Gold Coins of Koson Type; Vasilescu u. a., Micro-SR-XRF Studies of Gold Provenance in Archaeology; Constantinescu u. a., Archaeometallurgical Characterization of Ancient Gold Artefacts.

266 Zusammenstellung

nach Auktionskatalogen Fischer-Bossert, Koson Droueis, 87f.; dazu Gorny & Mosch 229, 10.3.2015, Los 1129, 4,2 g. Sichergestellt bis 2015 163 Kosōn/Droueis-Drachmen. Einem grundsätzlichen Irrtum unterliegt S. Fischer-Bossert, wenn er diese Münzen als Typus A mit den Koson-Silberdrachmen als Typus B zu einem zusammenhängenden Prägekontext zusammenfasst. Zu den Silber-Kosōnen s. jetzt auch Mitthof, Vexatissimi nummi, 112f. u. ö.

267 Mitthof,

Vexatissimi nummi: Silber-Kosōne wurden schon in der älteren Fachliteratur des 16.-18. Jh.s erwähnt. Ob sich diese Hinweise sich auf Originalmünzen beziehen oder aber auf Falsa/Imitate (solche sind sicher nachweisbar), bleibt unklar.

268 Zusammenstellung

nach Auktionskatalogen Fischer-Bossert, Koson Droueis, 88; dazu La Galerie Numismatique Bogdan Stambului 4, 28.11.2004, 87 (erste Auktion); Meister und Sonntag 2004; Rauch 2013; Stracks 2013; Goldberg 20124; Lanz 2014; Jaquier 2014; Agora Auctions 2014; Bertolami Fine Arts 44, 2018. Sichergestellt bis 2015 213 Kosōn-Silberdrachmen.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

von Kosōn-Droueis-Drachmen vor, einmal 4,92 – 4,34 g mit mindergewichtigen Schrötlingen bis 4,24 g , und als zweite Gruppe deutlich dünnere Schrötlinge von 4,20 – 4,03 g sowie untergewichtige Exemplare mit schlechtem Stempelabdruck von 3,37 und 3,31 g (Lanz 135, 21.5.2007, 146; New York Sale 9, 13.1.2005, Lot 66); sie sind offensichtliche Überprägungen von Apollonia- oder Dyrrhachium-Drachmen. Auffallend ist die Unregelmäßigkeit der Schrötlinge. Mit 4,4 g Durchschnittsgewicht liegen sie über dem zeitgenössischen attischen Standard von 4,15 g wie auch dem älteren mit 4,3 g . Gleiches gilt für die Silberdrachmen mit der Legende KOΣΩΝ im Abschnitt.269 Diese sind mit dem Stempelpaar A/b der Kosōn-Statere geprägt, das nur einmal in Gold belegt ist und offensichtlich ursprünglich für die Prägung in Silber geschnitten war.270 Der Aversstempel A wurde dann mit dem neu geschnittenen Reversstempel a für die erste Phase der Goldprägungen benutzt. Es ist zu Recht davon auszugehen, dass die Silberprägung jener in Gold vorausgegangen ist. Die Größe der Münzbilder und Schrötlinge der ersten Goldprägung (A/b und A/a) bleibt gleich. Der durchschnittliche Silbergehalt von 95 – 98 % spricht ebenso wie die Zusammensetzung des Münzmetalls für das Einschmelzen älterer Silbermünzen. Den Terminus post quem für die KosōnSilberdrachmen stellt das Erscheinen der ursprünglich nur für Rom und Italien geprägten und in Umlauf gesetzten Denare des Jahres 54 v. Chr. im Balkanraum dar; dies kann nur mit den von Pompeius und Caesar aus Italien über die Adria geführten Truppen und den aus Italien stammenden Kriegskassen beider Parteien im Jahre 49 v. Chr. verbunden werden. Wann die Kosōn-Prägungen mit den Silberdrachmen tatsächlich begann, bleibt dabei offen. Die zweifellos älteren Silberdrachmen sind Imitationen der Macedonia Prima-Tetradrachmen, die anstelle der Legende MAKEΔONΩN ΠΡΩΤΗΣ die Legende KOΣΩN / ΔΡΟΥΕΙΣ in zwei Zeilen oberhalb und unterhalb der Keule des Herakles auf dem Revers tragen. Mehrere Avers- und Reversstempel sind erkennbar. Die Zusammensetzung der Silbermünzen gleicht stark den Thasosbzw. Typ Thasos-Tetradrachmen; so kann von einem Einschmelzen solcher Münzen für die Herstellung der Schrötlinge ausgegangen werden.271 Dabei zeigen die Macedonia Prima-Imitationen eine ältere Phase mit einem Mittelwert von 98 % Silber wie die hellenistischen Tetradrachmen und eine zweite Phase mit sehr einheitlicher Zugabe von Kupfer in die Schmelze und einem Mittelwert von 95 % Silber wie die späten Tetradrachmenprägungen auch der westpontischen Küstenstädte. Die deutlich, teilweise sogar stark barbarisierende Imitation der Macedonia Prima-Tetradrachmen durch die Kosōn-Droueis-Silberdrachmen ist in einen Zeitrahmen zu stellen, wo durch das Einströmen von Denaren und Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen zu den im Umlauf präsenten Macedonia Prima-Tetradrachmen die Notwendigkeit trat, Münzen mit kleinerer Wertigkeit als Äquivalent zur Verfügung zu haben, eine Notwendigkeit, die dann durch die allgemeine Verfügbarkeit von Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen rasch endete. Eine Datierung in die 80er Jahre, jedenfalls 269 Die

Exemplare UBS 77, 9.9.2008, Lot 640 und New York Sale 9, 13.1.2005, Lot 65 mit 3,04 g ; diese untergewichtigen Schrötlinge zeigen starke Korrodierung und sind offensichtlich von schlechter Legierung; eine antike Nachprägung ist nicht auszuschließen.

270 Hourmouziadis,

KOΣΩN Gold Staters and Silver Drachmae, 293–295.

271 Zu den Analysen Constantinescu

u. a., Cronologia monedelor dacice de argint și aur de tip Koson, allerdings mit Verdrehung der Prägephasen der Macedonia Prima-Imitationen und irreführendem Vergleich mit den römischen Denaren.

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vor der massiven Präsenz der Letztgenannten südlich der Donau seit 70/60 v. Chr., ist naheliegend. Die Silberdrachmen Droueis/Kosōn nach dem Vorbild der Macedonia Prima-Tetradrachmen sind mit Sicherheit wesentlich früher anzusetzen als die Kosōn-Silberdrachmen. Die Revers-Legende ΚΟΣΩΝ/ΔΡΟΥΕΙΣ ist als Genetiv Plural und Nominativ Singular oder Plural aufzulösen. Naheliegend ist die Interpretation des Genetivs Kosōn als Selbstbezeichnung und Kennzeichnung der emittierenden Gruppe oder Dynastie als „Männer/Volk/Sippe des Koso“ (Kosoi) nach der Abstammung von einem (mythischen) Ahnherrn oder Heros Koso, ein Herrschaft legitimierender dynastischer Name, der 32/31 v. Chr. für einen zeitgenössischen Getenkönig Coso im Zusammenhang seiner versuchten Parteinahme im Bürgerkrieg auf Seiten Caesars des Sohnes auch belegt ist (Suet. Aug. 63,2 nach Codd. M G V X).272 Als Ort der Prägung ist hinsichtlich der entsprechenden primären Präsenz der Macedonia Prima-Tetradrachmen (s. o. Abschnitt: Die jüngere Prägephase) das Gebiet zwischen Haemus und unterer Donau naheliegend. In Droueis kann mit gutem Grund ein regionaler Dynast, der die Prägung veranlasst hat, gesehen werden. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Kosōn/Droueis-Silbermünzen in gemeinsamen Horten mit Kosōn-Drachmen gefunden worden wären. Ihre Fundumstände sind völlig unbekannt. Der Anspruch, dass diese Münzen aus dem Orăştie-Gebirge/Sarmizegetusa Regia stammen sollen, wird allein aus der Kosōn-Nennung abgeleitet. Es gibt vielmehr Hinweise, die allerdings anonym bleiben, dass die Münzen aus dem östlichen Nordbulgarien stammen und später gefunden wurden. Zwischen den Prägephasen der Kosōn/Droueis-Drachmen und der Kosōn-Drachmen, ferner der Kosōn-Goldstatere der Gruppen A und B sind erhebliche Zeitunterschiede sowie unterschiedliche Prägestätten anzunehmen, wobei die Gruppen A und B noch dazu in je zwei Stufen der Legierungsentwicklung (A 2 und B 1 zu 96 %, B 2 zu 92 – 95 %) zerfallen. Das geläuterte Gold für die Münzen wurde offensichtlich durch das Einschmelzen von hellenistischen Goldmünzen (A 1) sowie solchen der Mithradates-Zeit (A 2, B 1) und von Schmuckgold bzw. unter Strecken der Schmelze (B 2) gewonnen. Die Gruppen A 2 und B 1 könnten auch gleichzeitig aus dem gleichen Stock an Münzmetall produziert sein, doch ist dies keinesfalls zwingend. Dass die Prägungen der Gruppen A und B offensichtlich nicht in einer regulären städtischen Münzstätte erfolgten, zeigen sowohl die großen Abweichungen im Schrötlingsgewicht wie auch im Stil der Münzstempel. Wann die Pseudo-Lysimachoi nach 43 v. Chr. als Horte konzentriert in den Raum des OrăştieGebirges verbracht wurden, bleibt ungeklärt; gleiches gilt für die Deponierung der Kosōn-Horte. Goldstatere des Lysimachos-Typs der westpontischen Küstenstädte wurden offensichtlich noch nach den 70er Jahren des 1. Jahrhunderts v. Chr. weitergeprägt, und zwar sehr wahrscheinlich in großer Masse gerade in der Zeit der Oberherrschaft des Byrebistas 48 – 44 v. Chr.273 Die Münzen mit der Angabe Byzantion als Münzstätte müssen allerdings noch aus der Zeit Mithradates VI. stammen oder älter sein, oder aber Imitationen darstellen. Dabei kann die verringerte Qualität der Stempel auf einen überhasteten Prägevorgang hinweisen oder u. U. auch auf ausmünzende Werkstätten außerhalb der Küstenstädte. Denn es kann festgestellt werden, dass die Stempelbilder 272 Mitthof,

Vexatissimi nummi, 146f., deutet ebenfalls die Möglichkeit an, dass Kosōn der Name eines Herrschers gewesen sein könnte, der den Urhebern der Münzen als heroischer Ahnherr galt.

273 So

nun auch F. de Callataÿ in persönlicher Diskussion 2017.

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teilweise sehr schlecht sind, ja den Charakter von barbarisierenden Imitationen haben. In mehreren Fällen sind stark abweichende Stempelbilder eindeutig imitiert. Die Kosōn-Goldprägungen sind zweifellos erst zu unbekannten Zeitpunkten nach dem Ende der Pseudo-Lysimachoi-Prägungen, die bis in die Zeit nach dem Ende des Byrebistas in großer Menge zur Verfügung standen, aufgenommen worden.274 Es ist durchaus möglich, dass erst Decebalus nach dem von Rom bestätigten Beginn seiner Herrschaft 89 n. Chr. als König der Daker die Edelmetallressourcen hier zusammengezogen hat. Auch könnten sie zu einem Teil bereits 86 – 88 n. Chr. bei der Übernahme der Führung im Kampf gegen Rom durch Decebalus und angesichts der römischen Offensiven hierher gelangt sein. Bereits im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. waren Goldstatere der westpontischen Küstenstädte in erheblicher Menge an getische und thrakische Fürsten des Hinterlandes, aber auch an Bastarner und Skythen bzw. Sarmaten geflossen. Dies muss sich unter der Oberherrschaft des Mithradates VI. Eupator zwischen 100 und 72 v. Chr. noch verstärkt haben, der aus diesem Raum massiv Söldner und Hilfskontingente rekrutiert hat. Die Prägung der Gruppe C ist wohl mit einiger Sicherheit erst unter Decebalus 89 – 101/105 n. Chr. (oder erst in Vorbereitung des 2. Dakerkrieges 104/105) erfolgt, der durch die Übernahme der Legende Kosōn an frühere Herrscher anzuknüpfen suchte. Offenkundig ist das einzige verbindende Element aller Kosōn-Prägungen die Berufung auf eine gemeinsame Abstammungslinie bzw. (pseudo-)ethnische Identität „der Kosonen“, der „Männer des Koso“, eine Prestige und Herrschaft legitimierende Tradition, die sich offenbar von einem dynastischen Ahnherrn herleitete.

2.1 .7 Siedlungen und Befestigungen in Südwestsiebenbürgen Wie bereits oben ausgeführt (s. o. Kap. 2.1.1 [Abschnitt: Moeser, Triballer] und 2.1.5 [Abschnitt: Die Etablierung einer neuen Kriegerelite]), beginnen sich mit dem Erscheinen einer neuen Kriegerelite, die als Teil der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe zu klassifizieren ist, neue soziale und politische Strukturen in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. von Oltenien bis ins südwestliche und mittlere Siebenbürgen zu etablieren. Als regionale oder auch nur lokale Zentren politischer und wirtschaftlicher Macht entwickeln sich nach einem Zeitraum ohne befestigte Siedlungen neue oder wiederbelegte Höhenbefestigungen als Sitze lokaler Dynasten oder als Zentralorte in der Form einer Siedlungsagglomeration mit Höhenbefestigung im Zentrum (sogenannter ostkeltischer „Oppidum“-Typ Zemplin). Die flächige Besiedlung des Landes war durch offene Siedlungen und Weiler geprägt. Im südwestlichen Siebenbürgen heben sich dabei die Felsstöcke von Piatra Craivii und Piatra Roşie als „heilige Berge“ heraus, die in ihrer Entwicklung im Übergang La Tène (LT) C2/D1 einsetzen. Die Anlage auf der schwer zugänglichen Bergspitze von Piatra Roşie, die keinerlei strategische Bedeutung hat und von einem Angreifer leicht zu blockieren war, ist als

274 Das entscheidende Indiz für die Richtigkeit dieser Spätdatierung der Horte ergibt aus dem von Mitthof, Goldstat-

ere der bosporanischen Herrscher Pharnakes II. und Asandros, erbrachten Nachweis, dass die Pseudo-Lysimachen in den großen Schatzfunden aus den Orăștie-Bergen mit solchen des Pharnakes II. und Asandros vergesellschaftet waren, woraus sich nach derzeitigem Kenntnisstand das Jahr 44/43 v. Chr. als Terminus post quem für die Thesaurierung dieser Münzhorte ergibt.

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ein Bergheiligtum mit entsprechenden Weihedepots zu werten, mit dem noch späte Latènefunde verbunden sind.275 Auf dem Plateau standen ein Apsidenbau als zentrales Heiligtum, zugehörig ein Deponierungsgraben für ausgemustertes Tempelinventar, ein kleines Depot-Gebäude mit erhöhtem Boden auf Kalksteinbasen und ein mehrteiliges Gebäude mit reichem Inventar; ein zweites Apsidengebäude wurde auf einer unterhalb gelegenen Terrasse errichtet; beide Komplexe waren über gepflasterte Treppenaufwege bzw. Wege zu erreichen. Die ursprünglich auch über die große Doline unterhalb des Plateaus erreichbare Höhle oberhalb der Nordterrasse am Fuß der Steilwand weist auf einen alt begangenen Kultplatz hin. Wann die Festungsmauer mit dem repräsentativen Torbau auf der Ost- und Nordseite des Apsidenbaus errichtet wurde, ist ungeklärt. Durch Raubgräber wurden eine Reihe von eisernen Prunkschilden, die zum deponierten Inventar der Kultgebäude gehörten, in einem Versteck illegal geborgen und zwischenzeitlich teilweise zurückgeführt. Lokale, in traditioneller Weise mit Palisaden, Erdwällen und vorgelagerten Abschnittswällen befestigte Adelsresidenzen entwickelten sich in Südwestsiebenbürgen in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. in Costeşti, Cucuiş-Dealul Golu, Cugir und Hunedoara/Eisenmarkt. Zu letzterer, welche das zentrale Eisenrevier kontrollierte, gehört die Tumulus-Nekropole von Călan nahe den kultisch verehrten Thermalquellen. Cugir hat offenkundig in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. seine dominierende Bedeutung an Costeşti verloren und wurde als Elitenresidenz aufgegeben, die aus Schutzgründen auf die Burg von Căpâlna verlegt wurde. Gleiches gilt für CucuişDealul Golu, eine Höhenbefestigung mit lang zurückreichender Besiedlung und einer starken, nun wiederbenutzten Befestigung mit Erdwall und Graben der älteren Eisenzeit, die seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. von mehreren Siedlungen umgeben war. Sie hatte ursprünglich zweifellos einen Großteil der fruchtbaren Niederung bis Orăştie und bis zum Mureş, insbesondere deren östlichen und nördlichen Teil, dominiert. Adelskrieger aus Costeşti und Hunedoara haben mit ihren Gefolgsleuten offenbar als Söldner im Dienste von Istros/Histria gestanden, wie der offensichtlich als verborgene, beim überstürzten Wiederaufbau vor dem 2. Dakerkrieg verstreute Hort von Bronzemünzen in der Burg von Costeşti und die vergleichbaren Exemplare in einem TumulusBrandgrab in Călan zeigen.276 Wahrscheinlich dürfte dieses Söldnerengagement innerhalb der weit gespannten Beziehungen der Kriegerelite der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe in die Zeit der Auseinandersetzung der Griechenstädte mit Antonius Hybrida 62/61 fallen (s. u. Kap. 2.3.3). Eine rein militärisch ausgerichtete Festungsanlage nach makedonisch-thrakischem Vorbild wurde wohl im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. auf dem Dealul Blidaru errichtet und später durch eine dreiphasige Annexfestung mit Kasematten erweitert.277 Nach einer Schleifung 102 n. Chr. wurde die Anlage 275 Siehe oben Kap. 2.1.5, Abschnitt: Die Etablierung einer neuen Kriegerelite; Ferencz/Bodó, Noi piese descoperite;

Florea/Ferencz, Un nouveau „bouclier“. Zu Piatra Roşie bereits oben Anm. 189.

276 Părpăuţă,

Moneda în Dacia preromană, 188f., Nr. 143 Münzfunde in Costeşti; Ardevan, Monedele greceşti de la Costeşti; Gheorghiu, Dacii pe cursul mijlociu al Mureşului, 187. 19 Münzen, 16 oder 18 vom gleichen Typ, Ende 2. Jh./Anfang 1. Jh. v. Chr. geprägt, deutlich abgegriffen, alle bis auf eine Münze mit Gegenstempeln, meistens sogar zwei Gegenstempeln. Drei entsprechende Münzen aus Călan, eine in Piatra Roşie (Părpăuţă, Moneda în Dacia preromană, 218, Nr. 342/I), weitere von den Terrassenanlagen des Dealul Făeragului.

277 Zusammenfassung

der Befunde bei Stefan, Les guerres daciques, 156–199. Die Zuweisung der ursprünglichen Anlage auf „Burebista“ (C. Daicoviciu u. a.) ist ohne jede Grundlage; die methodisch mangelhaften Ausgrabungen

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vor dem 2. Dakerkrieg wieder hergestellt. Hingegen wurde das vermeintliche dakische lineare Verteidigungssystem von Cioclovina-Ponorici im Türkenkrieg Josephs II. in Folge des osmanischen Einbruchs über den Vulkanpass errichtet.278 In Folge der massiven römischen Feldzüge der mittelaugusteischen Zeit unter Lentulus, Vinicius und schließlich Aelius Catus (s. u. Kap. 2.3.5 [Vinicius und Lentulus], 2.3.7 [Aelius Catus]) kam es zu einem starken Bevölkerungszustrom aus dem westlichen und südlichen Karpatenvorland in den schützenden Gebirgsgürtel Südwestsiebenbürgens. Außerdem machte die vernichtende Niederlage der Apuli, der bisherigen Vormacht im Raum des mittleren und unteren Mureş, den Weg frei für den Aufstieg der Dynasten von Costeşti, die sehr wahrscheinlich mit den Herren von Hunedoara verbunden waren, zur bestimmenden politischen Größe in Südwestsiebenbürgen und bis in den mittleren Mureş-Raum hinein. Das Talsystem im Bergland südlich und südöstlich von Costeşti bot den geflüchteten und abgewanderten Gruppen eine hervorragende Schutzlage. Hier erfolgte nun in offenkundig organisierter Weise im 1. Jahrhundert n. Chr. die Ansiedlung einer Bevölkerung von vermutlich ca. 10.000 – 15.000 Menschen unter Anlage hunderter künstlicher Siedlungsterrassen mit Häusern, Werkstätten, Speicherbauten und Heiligtümern. Die neu errichtete Sperrfestung von Blidaru und ein in manchen Bereichen dichtes Netz von isoliert stehenden Türmen mit Sockeln in Murus-Dacicus-Bauweise und aufgehenden Geschoßen in Lehmziegel und Fachwerk sollten Schutz bieten. Trotz der Hinweise auf Ausbeutung der kleineren Eisenerzlager der Bergregion kann die Ansiedlung einer so großen Bevölkerung, die völlig auf die Zufuhr von Getreide und Lebensmitteln aus den fruchtbaren Landstrichen im Mureş- und Streital wie um Sebeş und Haţeg angewiesen war, nur mit einem dominierenden Schutzbedürfnis erklärt werden, zumal die Lebensbedingungen schon klimatisch sehr ungünstig waren. Zudem musste das Erz oder Roheisen für die zahlreichen spezialisierten Schmiedebetriebe zweifellos aus den ergiebigeren und besser erschlossenen Revieren von Hunedoara und Cugir herangebracht werden. Gegenüber dem heutigen Landschaftsbild mit dichter Bewaldung nach dem Ende der massiven forstwirtschaftlichen Rodungen dürften im 1. Jahrhundert n. Chr. die Wälder im weiten Umkreis dem Holzbedarf der Siedlungsareale, Werkstätten und metallverarbeitenden Betriebe zum Opfer gefallen gewesen sein. Auch die gängige Hypothese, dass der nur über das schwer zugängliche Tal des Apa Oraşului zu erreichende, tief im rückwärtigen Gebirgsland zwischen den Gebirgstälern von Valea Alba und Valea Godeanului liegende Bergrücken von Grădistea Muncelului in einer Höhe von rund 1.000 Metern Meereshöhe, an dessen Süd- und Südostflanke ca. 80-90 Terrassen angelegt wurden, als „pandakischer Heiliger Berg“ (der dann gar noch mit dem Kogaionon des Zalmoxis gleichgesetzt wird) anzusehen wäre und so die Entwicklung religiös erklären würde, entbehrt jeder Grundlage. Es kommt hinzu, dass dieser seit den österreichischen Fiskalgrabungen 1803–1804 im Mittelpunkt des Interesses und der Spekulation stehende Komplex, der eben nicht mit Sarmizegetusa oder der Regia des Decebalus (oder gar jener des „Burebista“, d. h. Byrebistas) kritiklos gleichzusetzen ist, nur einen Teilbereich des gesamten Ensembles darstellt und insbesondere die große Zahl der teilweise monumentalen Terrassenkomplexe mit Murus-Dacicus-Mauern, Türmen und Befestigungen wie Vârful lui Hulpe erlauben keine Chronologie. Heutige Gestalt durch die tiefgreifende Restaurierung in den 1980ern. 278 Strobel,

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Die vermeintliche dakische Sperrstellung von Cioclovina-Ponorici.

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im Gebiet der Talsysteme von Anineş, Valea Mică, beginnend mit dem Terrassenkomplex Sub Cununi, nicht aufgearbeitet sind, was u. a. auch für das Făeragul- und Alun-Tal oder den Großteil der Anlagen von Feţele Albe gilt, ebenso für die Terrassenkomplexe am Culmea Şesului, Culmea Rudelor, Pustăiosu und Pietrosu oder für den Raum um Ursici (dakische Waffenfunde). Von einem geradezu protourbanen Zentrum kann im Raum Faţa Cetei gesprochen werden.279 Sarmizegetusa ist mit einiger Wahrscheinlichkeit als Benennung des gesamten aufgeschlossenen Siedlungsraumes dieser Bergregion und damit als Zentralort der Herrschaft des Decebalus zu sehen. Um es nochmals zu betonen: Der heute gebräuchliche Name „Sarmizegetusa Regia“ ist ein modernes Kunstprodukt und ebenso seine Gleichsetzung mit dem archäologischen Komplex von Grădistea Muncelului lediglich ein axiomatisch vorgegebenes Pseudofactum. Zentrale Probleme sind dabei die schweren methodischen Mängel der Grabungen und ihrer Dokumentation von den 50ern bis weit in die 90er Jahre des 20. Jahrunderts hinein, zum anderen die bisher völlig unzureichende Publikation der Grabungsbefunde.280 

279 Gheorghiu,

Dacii pe cursul mijlociu al Mureşului, 238. Begehungsbericht bei Peţan, Cetatea dacică de pe Vârful lui Hulpe. Bekannt sind römische Importkeramik, bemalte Feinkeramik, Eisenlupen, Quadermauern, verbrannte Lehmziegelbauten, Fund eines Hortes von Lysimachos-Stateren, römischer Denarhort bis Traian 98/99 n. Chr. bei Sub Cununi etc. Zusammenfassend Strobel, Kaiser Traian, 276–285, 515–517; ders., Sarmizegetusa and the Regia.

280 Unzureichend

auch die zusammenfassenden Publikationen Daicoviciu/Ferenczi/Glodariu, Cetăţii şi aşezări dacice în sud-vestul Transilvaniei; Glodariu/Iaroslavschi/Rusu, Cetăţii şi aşezări dacice în munţii Orăştiei (Neudruck 1996 mit einem zusätzlichen Beitrag Glodariu/Iaroslavschi/Rusu-Pescaru/Stănescu, Sarmizegetusa Regia. Capitala Daciei preromane). Mehrfach enttäuschend und meist auf älteren Forschungsmeinungen verharrend Ferencz/Pescaru (Hgg.), Daco-Geţii. Nur eine Zusammenfassung der Geschichtlegende um das „Königreich der Daker“ bietet Glodariu, Le royaume dace. Zu beachten sind die massiven Eingriffe in die archäologische Substanz durch die intensive Forstwirtschaft seit dem späten 18. Jh. (Forsteisenbahn Orăştie – Grădiştea de Munte mit Stichbahnen ins Valea Rea, Vale Miă de Munte, durch das Valea Grădiştei und Valea Godeanu bis zum Vârful Tâmpu und ins Anineş-Tal), bei der österreichischen Fiskalgrabung 1803 – 1804, in der folgenden Verwüstung durch die freigegebene Schatzsuche (Ackner, Decennal-Aufzeichnungen; Neigebaur, Dacien, bes. 97) sowie bei den „Restaurierungen“ (teilweise vollständiger Ab- und Wiederaufbau bzw. Beseitigung antiker Substanz) 1962 – 1966 und 1980 – 1981 und dem Bau der modernen Zufahrtsstraße mit früherem Parkplatzareal.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Der archäologische Komplex von Grădistea Muncelului in den Orăştie-Bergen („Sarmizegetusa Regia“) 281

Die Grabungen und deren Interpretation durch Constantin und Hadrian Daicoviciu sowie ihren Nachfolger Ioan Glodariu waren entscheidend von vorgegebenen historischen Postulaten bestimmt; eine beginnende Abkehr von Teilen dieser Axiome findet sich erst ab Mitte der 90er Jahre.282 Für die Entwicklung des Komplexes ist auf die Abfolge der Terrassen XI, X, IX–vorrömisch und IV–vorrömisch sowie auf die von hohen Mauern flankierte Treppenanlage hinzuweisen, welche den Zugang von den tiefer liegenden Terrassen des Südosthanges durch die bis zu 12 m hohe Terrassenmauer der Terrasse XI bildete. Diese Treppe war in vorrömischer Zeit der repräsentative Zugang zu dem Komplex. Von Terrasse XI führte ursprünglich ein breiter gepflasterter Treppenaufgang zu Terrasse X und dann flach ansteigend zu Terrasse IV-vorrömisch, wo er endete. Parallelen finden sich in Piatra Roşie oder Costeşti. Innerhalb der Terrasse X ist eine erste kleinere Terrassenanlage durch ihre teilweise abgebrochene, direkt auf dem Felsen aufsitzende Stützmauer bekannt, die noch nicht die hier sonst zu findende Murus-Dacicus-Konstruktion aufweist. Die später angelegte große Terrasse X trug einen rechteckigen Mehrzweckbau, dessen massiver Holzbau mit erhöhtem Boden auf Kalksteinsockeln ruhte und eine umlaufende, auf kleinen Kalksteinpfeilern aufsitzende Porticus besaß. In der dritten Phase wurde diese Anlage abgebaut, die Terrassenmauer zur Verstärkung verdoppelt, der Treppenaufgang in der Breite dabei halbiert und ein groß dimensionierter Rechteckbau auf 10 × 6 Andesit-Plinthen und Trommeln begonnen, der offensichtlich nicht mehr beendet wurde und zu Recht in die späte Regierung des Decebalus datiert wird. Die älteste Phase der künstlich aufgeschütteten Terrasse XI stellt die Errichtung der Terrassenmauer als Abschluss einer Senke mit Quellaustritt dar, die nun zu einer ebenen Terrasse aufgeschüttet wurde. Durch die innen angesetzten Türme war zu Beginn wohl ein gewisser fortifikatorischer Charakter gegeben, doch wurden die Türme bei den späteren Terrainerhöhungen überschüttet bzw. überbaut. Auf dem ältesten Niveau der Terrasse XI-Nord befindet sich eine Wohnbebauung der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Auf Terrasse XI–Süd wurde zuerst ein massives rechteckiges Holzgebäude (Typ des Rechteckmehrzweckbaus mit erhöhtem Boden) auf mächtigen Holzpfosten errichtet und nach dessen Beseitigung das Gelände aufplaniert; der Neubau des Rechteckbaus wurde auf 15 × 4 Kalksteinsockeln aufgesetzt (sogenannter Großer Kalksteintempel). Die vorgesetzte Porticus ruhte 281 Vgl.

ausführlich Strobel, Kaiser Traian, 276, 281–285, 513–518; ders., Sarmizegetusa and the Regia of Decebalus. Verdienstvoll ist die Zusammenführung von Literatur und publizierten Grabungsbefunden bei Stefan, Les guerres daciques, 17–276; allerdings sind Stefans Schlussfolgerungen und Rekonstruktionen vielfach nicht haltbar, sein Versuch, ein durch einen Ringwall befestigtes dakisches Oppidum zu erweisen, bleibt wie weitere seiner Rekonstruktionen ohne Substanz. Hilfreich auch Gheorghiu, Dacii pe cursul mijlociu al Mureşului, allerdings der traditionellen Chronologie verhaftet und stark von Ioan Glodariu abhängig. Wichtige Informationen bei Peţan, Sarmizegetusa Regia, allerdings mit Beibehaltung einer traditionellen Chronologie („Burebista“); dies., Sarmizegetusa Regia I. Zu den Funden des Kunsthandwerks Mateescu/Gheorghiu, Sarmizegetusa Regia. Cromatică şi decor. Zu den österreichischen Fiskalgrabungen 1803 – 1804 und den Funden Peţan, Sarmizegetusa Regia I, 84–171, 205–396; zu den Münzfunden ebd., 46–83 (großer Goldmünzenschatz 1790 Region Comărnicelul Cetei), 397–403 (1803 Pseudo-Lysimachen im Bereich Tăul; 1804 12 Kosōn-Statere, meist beim Auswaschen des Aushubs).

282 Glodariu,

Addenda; Florea/Suciu, Consideraţii preliminare; Florea, Excavations in Sarmizegetusa Regia. Aufarbeitung der Befunde durch Verf.

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auf dem üblichen Kranz von Pilastern, wobei nun bereits der Viereckturm der Terrassenmauer überbaut war. Aus der Nutzungsphase bzw. Planierung dieses Baus stammt ein As des Claudius. Auf dem erneut aufplanierten Niveau folgte ein Hallenbau in Holzpfostenbauweise mit Mittelpfosten zur Stützung des Giebeldaches und parallel dazu ein neuer rechteckiger Mehrzweckbau auf 6 × 3 Kalksteinsockeln (sogenannten kleiner Kalksteintempel). Das Niveau von Terrasse XI–Nord wurde etwa Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. erhöht und zuerst ein kleiner Rundtempel und nach dessen Beseitigung in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. der große Rundtempel in HolzLehm-Fachwerkbauweise und einer Kolonnade aus Holzsäulen errichtet.283 Zur letzten Ausbauphase gehört die Anlage eines Altars aus Andesitblöcken und die Errichtung zweier Schatzhäuser als kleine Rechteckbauten mit erhöhtem Holzboden auf Andesitsockeln. Letztes Nutzungsniveau sind römische Baustrukturen über den einplanierten dakischen Anlagen. Wie zu betonen ist, wurde der Komplex im schwer zugänglichen, rückwärtigen Tal des Apa Oraşului zwischen den Tälern von Valea Alba und Valea Godeanului erst nach dem Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. gegründet und fand seine volle Entwicklung erst in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr.284 Neben dem nur teilweise bekannten Terrassenkomplex von Feţele Albe mit zumindest einem großen Rundtempel285 sind insbesondere die großen Terrassen- und Siedlungskomplexe beiderseits der Täler Valea Mică und Valea Anineşului (auch Arieşului) sowie im Umkreis des Vârful lui Hulpe, Dealul Nederu und Vârtopele bisher nicht untersucht. Es kann somit nicht davon gesprochen werden, dass der Komplex Grădiştea Muncelului das Zentrum des gesamten Ensembles im Orăştie-Gebirge gebildet oder gar die Residenz des Decebalus dargestellt hätte. Vielmehr steht sein Gesamtbefund in deutlichem Gegensatz zu der Darstellung der Traianssäule, die eine stark befestigte großräumige Regia zeigt, die von Traian 106 besetzt wurde.

283 Mateescu,

Istoriile unui templu.

284 Der

Fund eines Denars des Jahres 71 v. Chr. auf Terrasse X ist selbstverständlich kein Beleg für eine Frühdatierung der Heiligtümer.

285 Weitere

entsprechende Kultbauten sind bisher in Pustiosu, Rudele und Meleia, Bau 5 Terrasse I anzunehmen.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Die römische Besetzung des Grădiştea Muncelului 286

Unmittelbar nach der Besetzung des Bergrückens im Sommer 106 und der Zerstörung aller Gebäude287 wurde ein temporäres Holz-Erde-Lager von ca. acht Hektar oberhalb der Terrassen IX – XI auf dem für die Kontrolle sowohl des westlichen wie des östlichen Terrassenkomplexes idealen Areal unterhalb der höchsten Hügelkuppe errichtet; der dort stehende typische isolierte Wachturm zur Kontrolle des Valea Alba wurde abgerissen. Danach begann eine umfassende Umgestaltung des Terrains. Die Gebäude auf den vorrömischen Terrassen IV und V, so jenes in der Nähe des Westtores, wurden niedergebrannt und vollständig geschleift, das Areal einplaniert. Dabei wurden die Werkstätten auf Terrasse V-alt, darunter Münz-, Gold- und Feinmetall- sowie Glaswerkstätten und eine Schmiede, zerstört und der Schutt bei der Planierung und Neuterrassierung des Geländes aufgeschüttet.288 Auf der rund 1 m hohen, einplanierten Überschüttung der Werkstätten/Terrasse V-alt wurde zuerst eine römische Schmiede eingerichtet, die mit dem ersten Lager zu verbinden ist. Die Terrassen- und Hangstützmauern der Terrasse IV-alt wurden abgebaut und die vergrößerte Terrasse  IV-neu angelegt, wobei der breite Treppenaufweg hoch überschüttet wurde. Auf Terrasse IV-alt, zu welcher der Treppenaufweg führte, ist zweifellos ein hervorgehobenes Gebäude anzunehmen, sehr wahrscheinlich ein großer Apsidenbau wie in Piatra Roşie als der ursprüngliche zentrale Kultbau des Komplexes vor der Errichtung des großen Rundtempels auf Terrasse XI. Der Bau wurde offensichtlich von den Römern gründlich beseitigt. Die Hügelkuppe wiederum wurde terrassiert, für die Anlage des Steinwalles überformt und mit einem Drainagesystem aus Tonröhren versehen. Dann folgte die Errichtung der römischen Steinfestung von ca. 2,8 Hektar mit Mannschaftsbaracken im Innern als ständige Garnison. Dafür wurden die Terrassen IV und V weiter 286 Strobel,

Kaiser Traian, 333–335, 517f.; ders., Sarmizegetusa and the Regia of Decebalus; zu den Befunden auch Stefan, Les guerres daciques, 323–355, der allerdings ein erstes großes römisches Lager 102 – 105 annehmen möchte, dem 106 die Errichtung der Steinfestung gefolgt sei. Gestützt auf die 2011 durch Airborne Laser Scan gewonnenen, relativ grob gerasterten Daten legen nun Oltean/Hanson, Conquest Strategy, neue Thesen zu Entwicklung des Areals vor. Ein wesentlicher Mangel ist dabei das Fehlen der eingemessenen Höhenlinien in das Digital Surface Model sowie eines intensiven Geländesurveys und der Berücksichtigung der zahlreichen Eingriffe durch die Forstarbeiten seit dem 18. Jh. und durch Grabungen seit 1803/1804, wodurch mehrfach Fehlinterpretationen zu vermeiden gewesen wären. Das postulierte dakische „hillfort“ um den Hügelgipfel mit ca. 1,6 Hektar, das 102 geschleift worden sei, und eine dakische Abschnittsbefestigung über den Bergrücken erweisen sich als Fiktion. Ohne Grundlage ist die Behauptung eines großen römischen Lagers bereits 102–105, verbunden mit einem ersten römischen Steinkastell, das die Daker 105 geschleift und die Römer 106 vergrößert wiederaufgebaut hätten; die Blöcke mit den Bauinschriften kommen eben nicht aus der Füllung zwischen den Mauerschalen des vermeintlichen Wiederaufbaus. Alle fanden sich in sekundärer Versturzlage (Auflistung der stark divergierenden Fundortangaben bei Opreanu, The Roman Fort at Grădiştea Muncelului, der zu Recht den ursprünglichen Berichten den Vorrang gibt; Stefan, Les guerres daciques, 349 – 355 nach den originalen Fundberichten). Richtig erkannt sind die beiden Holz-Erde-Lager, allerdings von 106 n. Chr.

287 So

auch auf den Terrassen VII, VIII und VIIIa mit mehreren Werkstätten (Glasherstellung, Holzverarbeitung, Schmiede, Kunstschmiede, Goldschmiedewerkstatt).

288 Ebenfalls

Fund der Intaglio-Matrix in der römischen Aufschüttung vor dem Südtor; zum Befund und den Funden, darunter fein bemalte Keramik Florea, Matriţa de bronz; Glodariu/Iaroslavschi/Rusu, Die Münzstätte von Sarmizegetusa Regia. Von dem vorrömischen Areal unter dem Südwall wurden auf der ursprünglichen dakischen Planierschicht nur zwei Gruben und eine Mulde gefunden, die mit Brandschutt und Steinen der geschleiften Wandsockel aufgefüllt waren. Im Füllmaterial einer Grube fanden sich drei Münzstempel, der vierte in der Mulde, jeweils zusammen mit Eisen- und Bronzeschlacken, verbranntem Hüttenlehm und einem Bleiobjekt.

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aufgeschüttet und neu planiert, wobei die römische Schmiede verschüttet und anschließend vom Südwall der Festung überbaut wurde. Der verkleinerte Südteil des Lagers wurde mit einer verstärkten Holz-Erde-Befestigung versehen und schloss nun an die Festung als Annexlager an. Darin wurde ein großes, seit 1804 mehrfach ausgegrabenes, aber im Befund unklares Steingebäude errichtet, das bisher als „Römisches Bad“ angesprochen wird. Eine neu angelegte geschotterte, teilweise auf einem Damm geführte Straße, die in großen Teilen mit den Straßengräben gut erhalten ist, führte vom Valea Godeanu den Bergrücken aufwärts zum Westtor der Festung und zum Annexlager. Die Mauer der Terrasse IX wurde weitgehend abgetragen und diese durch Aufschüttung massiv erweitert und erhöht sowie eine neue Terrassenmauer aus Spolien aufgeschichtet. Die vorrömische Bebauung ist unbekannt. Auf Terrasse IX-neu wurden große Horrea zur Versorgung der Truppen angelegt, ebenso ein Gebäude mit einem in Schwarz-Weiß-Mosaik verlegten Fußboden. Diese Horrea wurden beim Abzug der römischen Garnison, der sicher erst in hadrianischer Zeit erfolgte, in Brand gesetzt.289 Der Treppenaufgang von Terrasse XII zu Terrasse XI wurde 106 blockiert und zugeschüttet, so dass auch das Gelände westlich der Festung und des Annexlagers abgeschlossen war. Auf einem Planierungshorizont entstanden auf den Terrassen X und XI mehrere römische Gebäude; ferner wurden Kanäle, ein rundes Wasserreservoir und tönerne Wasserleitungen angelegt.

289 Vorrömische

Horrea auf rechteckigen Kalksteinsockeln bzw. auf massiver Holzpfostenkonstruktion mit verbranntem Getreide und verkohlten Gemüseresten wurden 1804 im Areal Tăul ergraben (Bericht vom 13.5.1804) bzw. jetzt im Areal Căprăreaţă, Terrasse I und II.

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2 .2

 OM ERSTEN AUSGREIFEN ROMS AUF DEN BALKANRAUM V BIS ZUR SCHLACHT VON PHILIPPI

2 .2 .1 Die Illyrienkriege des 3. Jahrhunderts v. Chr. 290 Mit dem Scheitern des Pyrrhos im Kampf gegen Rom und seinem Rückzug aus Italien 275 v. Chr. hatte Rom freie Hand zur Eroberung Süditaliens, die im Jahre 267 mit der Unterwerfung der Sallentiner abgeschlossen war. Den Küstenstreifen mit dem Hafenort Brundisium (Brindisi) mussten die Sallentiner an Rom abtreten; dieser bedeutende Hafenplatz war bereits seit der Bronzezeit ein wichtiger Handelspunkt in der südlichen Adria. Auf die römische Besetzung des Ortes 266 v. Chr. folgte 244 die Neugründung Brundisiums als latinische Kolonie. Rom beherrschte nun die gesamte Westküste der Adria von Ariminum (Rimini) im Norden bis zur Südspitze Apuliens. Es war geradezu selbstverständlich, dass Rom nach dem Ende des Ersten Punischen Krieges 241 und seiner Etablierung als maritimer Großmacht im Mittelmeergebiet eine Machtbildung zur See im Raum von Adria und Ionischem Meer nicht dulden würde. Zudem wurde durch die illyrischen Seeräuber und Plünderungszüge mit Übergriffen auf italische Schiffe und Kaufleute der sich verstärkende Warenverkehr mit Griechenland gestört. Die Schlagkraft der illyrischen Piratenflotten lag in ihren kleinen, sehr wendigen Schiffen, den Lemben. Agron, der König der Sardiaier, hatte von seinem Kernland an der Bucht von Kotor aus seine Macht über den südlichen Teil der dalmatinischen Küsten ausgedehnt. Nach seinem Tod 231 v. Chr. führte Teuta, seine Witwe und Nachfolgerin in der Herrschaft, diese Expansionspolitik fort. Ein Vorstoß nach Epirus führte zur Eroberung und Plünderung der Stadt Phoinike (Finiq), während die Flotten der Königin die Westküste Griechenlands bis hinunter zur Peloponnes heimsuchten. Italische Kaufleute wurden ausgeraubt, getötet oder wegen Lösegeld gefangen gehalten. Die griechische Kolonie Issa (Insel Vis) hatte sich beim Tod des Agron von Teutas Herrschaft losgesagt und wandte sich angesichts der Bedrohung durch die Königin an Rom um Hilfe. Der Senat nutzte diesen Anlass zum Eingreifen sofort. Eine Gesandtschaft von zwei Senatoren zu Teuta, die zur Belagerung der Stadt ansetzte, führte zur Ermordung zumindest eines Gesandten. Rom erklärte Teuta daraufhin den Krieg. 229 überfiel eine große illyrische Flotte noch dazu Korkyra (Korfu), besetzte die Insel und besiegte eine griechische Hilfsflotte; anschließend begann sie mit der Belagerung von Dyrrhachium (Durazzo/Durrës). Das Erscheinen der 200 Kriegsschiffe umfassenden Flotte des Consuls Cn. Fulvius Centumalus führte zur kampflosen Übergabe Korkyras an die Römer durch den dortigen Kommandeur Teutas, Demetrios von Pharos, der auf die römische Seite übertrat. Zwischenzeitlich hatte der andere Consul L. Postumius ein Heer von 22.000 Mann über die Adria nach Apollonia (Pojani) geführt, wo sich beide Streitkräfte vereinigten und nach Norden vorrückten. Die Griechenstädte Apollonia und Dyrrhachium stellten sich unter römischen Schutz, die südlichen Teilstämme der Illyrer unterwarfen sich, Issa wurde entsetzt und zahlreiche Küstenorte erstürmt. Parthiner und Atintanen schlossen Bündnisverträge mit Rom ab. Teuta behauptete sich zuerst noch in ihrem Kerngebiet 290 Pol.

2,2–12; 3,16,7; 3,18,1–19,13; App. Ill. 17–24; Cass. Dio fr. 49,1–7; fr. 53; SEG 23, 489; vgl. Cabanes, Les Illyriens de Bardylis à Genthios; Wilkes, The Illyriens, 156–180; Heftner, Der Aufstieg Roms, 184–187; Marasco, Interessi commerciali; Hammond, Illyris, Rome and Macedon in 229 – 205 B. C.; Coppola, Demetrio di Faro.

210

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

bei Rhizon (Risan), musste aber 228 v. Chr. um Frieden ansuchen. Roms Friedensdiktat zwang sie zum Verzicht auf alle verlorenen Gebiete; ferner musste sie eine hohe Kriegsentschädigung zahlen. Außerdem durften nur mehr jeweils zwei unbewaffnete illyrische Schiffe gemeinsam über die Linie Lissos (Lezha) hinaus nach Süden fahren. Demetrios von Pharos wurde als römischer Klientelfürst in dem eroberten Gebieten an der dalmatinischen Küste mit den Inseln Vis und Hvar eingesetzt. Korkyra und die Griechenstädte von Lissos bis zur Grenze von Epirus sowie Issa wurden für frei erklärt und durch Bündnisverträge der römischen Oberhoheit unterstellt, ebenso die illyrischen Stämme der Parthiner und Atintanen in ihrem Hinterland. Der vernichtenden Niederlage der norditalischen Kelten bei Telamon 225 v. Chr. folgte 223 – 222 die römische Eroberung Oberitaliens und bereits 221 ein Feldzug nach Istrien, welcher der Herstellung der römischen Kontrolle an der oberen Adria gegen istrische und liburnische Piraten diente. Die Veneter waren nun auf Dauer ein loyaler Bundesgenosse Roms. Demetrios von Pharos hatte hingegen die Bindung der römischen Seite durch die italischen Kelten dazu benutzt, im Bündnis mit Makedonien einen Großteil des ehemaligen Agron-Reiches unter seine Herrschaft zu bringen. 220 v. Chr. unternahm er einen Flottenzug bis in die Ägäis und einen Einfall in das Gebiet der römischen Bundesgenossen an der südillyrischen (albanischen) Küste. Rom antwortete im Frühjahr 219 mit einer Militäraktion, für die beide Consuln mit einer starken Flotte und einem Landheer entsandt wurden. Demetrios versuchte sich in den beiden festen Plätzen Dimale im Hinterland von Apollonia und Pharos (Hvar) zu verschanzen, jedoch nahmen die römischen Truppen Dimale nach kurzer Belagerung im Sturm und griffen daraufhin Pharos an, wo sie die 6.000 Mann illyrischer Elitetruppen aus der Stadt herauslockten und in offener Feldschlacht vernichteten. Pharos kapitulierte und wurde von den Römern zerstört. Demetrios floh an den Hof Philipps V. von Makedonien. Damit hatte Rom in Westalbanien zwischen Lissos und Kap Glossa ein Herrschaftsgebiet nach italischem Muster errichtet und die Kontrolle wie eine formale Oberhoheit über die dalmatinische Küste bis zum Golf von Salona erlangt. Die Herrschaft über die südillyrischen Stämme überließ Rom Skerdilaidas, dem Schwager Agrons und Dynasten der Labeates mit Zentrum in Skodra, der zwar zuerst Teuta unterstützt hatte, dann nach 228 v. Chr. seine Herrschaft über die südillyrischen Stammesgruppen festigte und sich als Rivale des Demetrios von Pharos im Zweiten Illyrischen Krieg Rom anschloss. Die Herrschaft über die Ardiaioi übernahm der nur durch seine Münzen bekannte Ballaios.291 212 trat Skerdilaidas mit seinem Sohn Pleuratos dem antimakedonischen Bündnis zwischen Rom und den Aitolern bei. Sein Sohn Pleuratos II. (206 bis ca. 181 v. Chr.), der schon seit ca. 212 als Mitregent an der Seite des Vaters stand, unterstützte Rom als Bundesgenosse im Ersten und Zweiten Makedonischen Krieg aktiv. Im Krieg gegen den Seleukiden Antiochos III. griff er 189 v. Chr. die Aitoler als dessen Verbündete mit einer Flotte von 60 Schiffen an.292 Sein Sohn Genthios (ca. 181 – 168 v. Chr.)293 gab die prorömische Politik seines Vaters auf und verweigerte Rom vor dem Beginn des Dritten

291 Vgl.

dazu Šašel Kos, The Illyrian King Ballaeus.

292 Liv.

31,28,1; 38,7,2; Pol. 18,47,1; 21,11,7.

293 Vgl.

Cabanes, Les Illyriens de Bardylis à Genthios, 311–322.

HGSOE, Bd. 1

211

Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Makedonischen Krieges die militärische Gefolgschaft, um dann 169 ein Bündnis mit König Perseus von Makedonien einzugehen. 169 mussten die Parthiner im Hinterland von Dyrrhachium Geiseln stellen, da Rom ihre Loyalität angesichts des Bündnisses zwischen Genthios und Perseus für unsicher hielt (Liv. 43,21,2–3). Genthios griff 169 mit 80 Schiffen die Küsten von Apollonia und Dyrrhachium an, wurde aber 168 von dem Praetor L. Anicius Gallus bei Bassiana geschlagen, durch die Belagerung seiner Residenz Skodra zur Kapitulation gezwungen und mit seiner Familie in Italien inhaftiert. Damit endete das illyrische Königtum; die für autonom erklärten Einzelstämme wurden durch Verträge zu Untertanen Roms, das aber noch auf eine direkte Herrschaft verzichtete. Die Parthiner stellten 168 den Römern Hilfstruppen im Dritten Makedonischen Krieg gegen Perseus (Liv. 44,10,13).

2.2 .2 Die Periode der Makedonischen Kriege 215 – 167 v. Chr. 294 Das massive Erscheinen Roms an der Westflanke des makedonischen Reiches beeinträchtigte Philipp V. in seiner Politik, eine Hegemonie auch über Epirus und die illyrischen Stämme an seiner Westgrenze zu erlangen sowie eine Basis an der Adriaküste zu gewinnen; der Versuch, dies über Demetrios von Pharos zu erreichen, war gescheitert. Der nach der vernichtenden römischen Niederlage bei Cannae 216 v. Chr. durchgeführte Flottenzug nach Illyrien endete mit einem raschen Rückzug, als eine römische Flotte erschien und deutlich machte, dass Rom seinen Machtbereich an der Ostküste der Adria zu behaupten gewillt war. Daraufhin nahm Philipp V. im Winter 216/215 v. Chr. Kontakt mit Hannibal auf. Der Bündnisvertrag sah die gegenseitige Waffenhilfe gegen alle Feinde beider Parteien, insbesondere natürlich gegen Rom, vor; Philipp V. ließ sich zusichern, dass im Falle eines Friedens durch Hannibal bzw. Karthago die Beseitigung des römischen Machtbereichs in Illyrien enthalten sein musste. In dem Vertrag wurden Parthiner und Atintanen als römische Klienten erwähnt (Pol. 7,9,13). 214 v. Chr. eröffnete Philipp V. den Ersten Makedonischen Krieg mit einem Flottenzug von 120 Schiffen ins Ionische Meer und griff die römischen Positionen an der Ostküste der Adria an. 213 besetzte er Lissos und brachte die Parthiner auf seine Seite. Eine römische Armee unter M. Valerius Laevinus deckte Brundisium, ging aber sofort zum Gegenangriff über, wobei das Lager Philipps vor Apollonia überrumpelt und die makedonischen Truppen in die Flucht gejagt wurden. Der makedonische Belagerungspark wurde erbeutet. Die Flotte des Laevinus blockierte die in der Aoos-Mündung vor Anker liegende makedonische Flotte, so dass Philipp seine Schiffe verbrennen und sein besiegtes Heer auf dem Landweg nach Makedonien zurückführen musste. In den Folgejahren sicherten die Römer die Küstenstädte mit Garnisonen und einer Flottenpräsenz, während Philipp wiederholt Angriffe nur auf das Hinterland des illyrischen Protektorats unternahm. Erst im Jahre 205, nachdem Philipp den Friedensschluss mit den Aitolern erzwungen hatte, sah Rom seine Position jenseits der Adria wieder gefährdet; der Proconsul P. Sempronius Tuditanus landete

294 Vgl.

Walbank, Philip V of Macedon; Hammond (The Reigns of Philip V and Perseus), in: ders./Walbank, A History of Macedonia, Bd. 3, 391–563.

212

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

mit 11.000 Mann in Dyrrhachium, jedoch war er für einen Kampf mit Philipp zu schwach. Er nahm das Angebot epirotischer Gesandten an, einen Frieden zu vermitteln. Die Verhandlungen zwischen Philipp und Sempronius Tuditanus in der epirotischen Stadt Phoinike führten 205 zum Abschluss des Kompromissfriedens von Phoinike, in dem der König den römischen Machtbereich einschließlich der Oberhoheit über die Parthiner im Hinterland von Dyrrhachium anerkannte, selbst jedoch das von ihm eroberte Gebiet der Atintanen behalten konnte. Das Abkommen wurde von den Comitien in Rom bestätigt. Im Zweiten Makedonischen Krieg 200–197 v. Chr., der mit der Niederlage Philipps V. bei Kynoskephalai und dem folgenden Friedensschluss zu Ende ging,295 bildete das illyrische Protektorat mit den beiden zentralen Häfen Apollonia und Dyrrhachium die Basis für die Operationen der römischen Landheere gegen Makedonien. Philipp V. hatte im Jahre 198 im Norden von Epirus im Aoos-Tal eine strategisch wichtige Stellung bezogen, musste sich aber nach einer Niederlage gegen den Consul T. Quinctius Flamininus zurückziehen. Im Frieden von 197 hatte Philipp V. seine verbliebenen Positionen in Griechenland zu räumen und Gebiete an der Westgrenze Makedoniens an Pleuratos II. abzutreten, der von Flamininus mit den Städten Lychnis (Ochrid) und Parthos belohnt wurde.296 Neben dem illyrischen Dynasten Pleuratos hatte auch der Dardanerfürst Bato aktiv auf Seiten der Römer in den Krieg eingegriffen und Makedoniens Nordgrenze beunruhigt.297 Auf Eroberungen in Thrakien und entlang der nordägäischen Küste musste Philipp ebenfalls verzichten. Im Krieg gegen Antiochos III., der im Frühjahr 196 v. Chr., das entstandene Machtvakuum nutzend, den Hellespont überschritt und eine Expansionspolitik im thrakischen Raum eröffnete, zog das römische Heer im Jahre 190 v. Chr. unter dem formalen Kommando des Consuls L. Cornelius Scipio, in Wirklichkeit des P. Cornelius Scipio Africanus, des Siegers über Hannibal, durch Makedonien und die thrakische Küstenregion nach Kleinasien. Die Positionen des Antiochos diesseits des Hellespont waren verloren gegangen; im Frieden von Apameia war er 188 v. Chr. gezwungen, auf alle Gebiete jenseits des Taurus zu verzichten, die von Rom Pergamon übergeben wurden. Im Jahre 188 v. Chr. geriet das Heer des Cn. Manlius Vulso beim Rückmarsch aus Kleinasien nach der dortigen Strafexpedition gegen die Verbündeten des Antiochos in Thrakien in einen Hinterhalt und konnte sich nur unter erheblichen Verlusten und dem Verlust eines Teils der reichen Beute durchschlagen (Liv. 38,40,7f.). Die seleukidischen Besitzungen auf der thrakischen Chersones mit Lysimacheia fielen an Eumenes II. von Pergamon. Der Dritte Makedonische Krieg oder Perseus-Krieg (171–167 v. Chr.) fand bereits seit den Jahren 185/184 v. Chr. sein Vorspiel in massiven Interventionen Roms gegen die Interessen Makedoniens. Als Philipp V. Anzeichen dafür sah, dass Rom die Macht Makedoniens endgültig zu zerschlagen beabsichtigte, bemühte er sich, thrakische Fürsten und die keltischen Skordisker als Bundesgenossen zur Stärkung seiner Position zu gewinnen. 183 v. Chr. brachte er in einem Feldzug die thrakischen Völkerschaften im Hebros-Tal (Marica) unter seine Herrschaft und schloss ein

295 Vgl.

Pfeilschifter, Titus Quinctius Flamininus.

296 Pol.

18,47,12. Zu seiner Rolle auf römischer Seite Cabanes, Les Illyriens de Bardylis à Genthios, 302–306.

297 Liv.

31,28,1–3.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Bündnis mit den Odrysen wie mit den Bastarnern. Die Bündnisse wurden durch Heiraten bekräftigt. 181 stieß Philipp V. dann bis zum Kamm des Haemusgebirges vor.298 179 überschritt ein bastarnischer Heereszug unter Clondicus die untere Donau, doch verhinderte der Tod Philipps im Sommer 179 eine erfolgreiche Kooperation (Liv. 40,57,2–58,8). Clondicus führte mit angeblich 30.000 Kriegern im Bündnis mit Skordiskern und thrakischen Hilfstruppen den Krieg gegen die Dardaner, deren Gesandtschaft im Frühjahr 176 in Rom von der Zusammenarbeit zwischen Philipps Sohn und Nachfolger Perseus und den Bastarnern berichtete und um römische Hilfe bat.299 Nach einem Sieg über die Dardaner kehrten die Bastarner, da sie ihr Lager verloren hatten, im Winter 175 nach Norden über die Donau zurück. Ein erneuter Heereszug unter Clondicus durch Thrakien mit 10.000 Reitern und ebenso vielen Kriegern zu Fuß zur Unterstützung des Perseus machte 168 im Maeder-Gebiet am Strymon kehrt, da der König die vereinbarte Soldzahlung nicht leisten wollte (Liv. 42,26,2–27,7). Perseus’ Politik war in der Folge auf den Gewinn von Popularität in Griechenland gerichtet, was dort zu einem promakedonischen Stimmungsumschwung führte (Pol. 25,3,1–8). Gleichzeitig konnte er große Erfolge in Thrakien erringen. Die Verbindungen zu Antiochos III., Prusias  II. von Bithynien, zu Rhodos und den Aitolern sowie ein Bündnis mit Böotien und eine Dominanz in Thessalien führten die makedonische Macht bis 173 v. Chr. auf einen neuen Höhepunkt. Der römische Senat war nicht gewillt, den Wiederaufstieg Makedoniens zu tolerieren, das Auftreten Eumenes II. in Rom gegen Perseus tat ein Übriges. Bei Verhandlungen 172 sollte Perseus gedemütigt werden, während die römischen Kriegsvorbereitungen liefen. 171 überquerte ein römisches Heer von 30.000 Mann die Adria und marschierte nach Thessalien. 170 führte Perseus einen erfolgreichen Feldzug gegen die mit Rom verbündeten Dardaner, während die römischen Kräfte an der Grenze Makedoniens blockiert waren. Ein Teil des Koinons der Epiroten, das nach dem Frieden von 197 in die Amicitia Roms aufgenommen worden war, trat 170 auf die Seite des Perseus über, und zwar insbesondere die Molosser.300 Perseus’ Blitzfeldzug in das Grenzgebiet des römischen Herrschaftsbereichs in Illyrien war erfolgreich. Der Illyrerkönig Genthios verbündete sich mit Perseus. Im Sommer 168 wurde Perseus jedoch von L. Aemilius Paullus bei Pydna vernichtend geschlagen. Perseus floh nach Samothrake, wo er sich schließlich den Römern auslieferte. Makedonien wurde 167 vom Senat für frei erklärt und in vier tributpflichtige Teilstaaten geteilt, denen gegenseitige Verbindungen bis hin zu Grundstückserwerb oder Heiraten untersagt wurden. Zum Schutz der Grenzen wurden ihnen nur geringe Truppenstärken zugestanden. Die thrakische Südküste mit der Insel Thasos und deren Landterritorium wurde bis zum Hebros 166 dem ersten makedonischen Bezirk zugeschlagen. In Epirus, wo der Widerstand nach der Eroberung zahlreicher Städte im Sommer 168 zusammenbrach, gab der Senat die zu Perseus übergegangenen Landesteile der Molosser301 und Teile der Thesproten den heimkehrenden Truppen des Aemilius Paullus zur

298 Vgl.

Walbank, Philip V of Macedon, 242–250.

299 Pol.

25,6,2; dazu Walbank, A Historical Commentary on Polybius, Bd. 3, 282; Liv. 41,19,4–11; Oros. 4,20,34f.

300 Vgl.

Cabanes, Les Illyriens de Bardylis à Genthios, 284–304.

301 Zum

214

Molossergebiet vgl. Dausse, Prospections en pays molosse.

HGSOE, Bd. 1

Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

Verwüstung frei. Rund 70 Orte wurden geplündert und zerstört, 150.000 Menschen in die Sklaverei geführt. Das epirotische Koinon wurde in regionale, Rom unterworfene Koina zerschlagen und römische Landbesitzer angesiedelt. 27 v. Chr. wurde Epirus Teil der neuen Provinz Achaia. Mit der Vernichtung der makedonischen Macht hatte Rom allerdings ein Machtvakuum auf dem Balkan geschaffen, das Dardanern wie Skordiskern und zentralthrakischen Stämmen die Möglichkeit eröffnete, nach Süden vorzustoßen. Die als Republiken organisierten makedonischen Teilstaaten konnten dem nichts entgegensetzen, und so war Rom bald in eine langwierige Auseinandersetzung auf dem Balkan verwickelt. 158 v. Chr. erlaubte der Senat die Wiedereröffnung der makedonischen Gold- und Silbergruben; zugleich musste insbesondere der erste Distrikt im Auftrag Roms Münzen prägen, die für die Verfolgung der römischen Interessen und zur Finanzierung römischer Militärs eingesetzt wurden. Eine angenommene und meist auf 156 v. Chr. datierte erste Auseinandersetzung zwischen Römern und Pannoniern ist eine Fiktion der Forschung, denn Appian setzte die thrakischen Paionen fälschlich mit den Pannoniern gleich. In Wirklichkeit handelte es sich um das römische Eingreifen zum Schutz der makedonischen Nordgrenze.302 Der römische Feldzug endete aber mit einem Mißerfolg.

2.2 .3 D  ie römische Provinz Macedonia und der Balkanraum bis zum Consulat Caesars 59 v. Chr. 303 In den Jahren 150 – 148 v. Chr. kam es durch das Erscheinen des Andriskos, der unter der Behauptung, der Sohn des Perseus zu sein, Anspruch auf den makedonischen Thron erhob und durch die Unterstützung thrakischer Dynasten eine Armee sammeln konnte, zu einer Krise des von Rom in Griechenland etablierten Systems. Die wenigen Truppen der makedonischen Distrikte wurden überrannt, und Andriskos erhob sich als Philipp VI. von Makedonien zum König. Nach Scheinverhandlungen eröffnete Rom 149 den Vierten Makdonischen Krieg; jedoch endete das erste Kriegsjahr mit der vernichtenden Niederlage des Praetors P. Iuventius Thalna. 148 besiegte dann der Praetor Q. Caecilius Metellus mit pergamenischer Unterstützung Andriskos; die vier Distrikte wurden zu einer römischen Provinz umgewandelt und dort ständig eine römische Legion stationiert. Als Statthalter fungierte jeweils ein Praetor mit proconsularem Imperium und einer meist ein- bis zweijährigen Amtszeit. Dies war nun die Schlüsselposition für die römischen Militäraktionen im Balkanraum. Die vier Distrikte blieben als Verwaltungseinheiten bestehen, die Städte behielten ihre Selbstverwaltung. Im Gegensatz dazu wurde Achaia, wo L. Mummius mit der Eroberung und Plünderung von Korinth die Erhebung der Achäer und ihrer Bundesgenossen 146 v. Chr. niedergeschlagen hatte, erst von Augustus 27 v. Chr. als senatorische Provinz organisiert. 302 App.

Ill. 14,40–42 kombiniert mit dem Polybios-Fragment der Suda Pol. frg. 64; hierzu Walbank, A Historical Commentary on Polybius, Bd. 3, 748; Dreyer, Polybios, 29–36, bes. 34; zur problematischen und veränderten Textüberlieferung vgl. Grassl, Pannonii – Pannonioi – Paiones. Der vermeintliche erste römische Vorstoß bis Segestica-Siscia (breite Diskussion noch bei Šašel Kos, Appian and Illyricum, 375–389, bes. 379–381) ist eine Fiktion.

303 Vgl.

Kallet-Marx, Hegemony to Empire; Vanderspoel, Provincia Macedonia.

HGSOE, Bd. 1

215

Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Die römischen Auseinandersetzungen mit Skordiskern und Thrakern

Ein Pseudo-Philipp im Jahre 143 v. Chr., der wiederum von thrakischen Fürsten unterstützt wurde, war rasch vernichtet, doch im Jahre 141 begann die Folge römischer Auseinandersetzungen mit den nun auf dem Höhepunkt ihrer Macht stehenden Skordiskern mit der Niederlage des Praetors D. Iunius Silanus, der sich außerdem noch der Erpressung der Provinzialen schuldig gemacht hatte (Liv. per. 54). 135 konnte M. Cosconius einen Erfolg über die Skordisker in Westthrakien erringen (Liv. per. 56). Wahrscheinlich in der 2. Hälfte der 140er Jahre begann Cn. Egnatius mit dem Bau der Via Egnatia, die Dyrrhachium, Thessalonike und Amphipolis verband und die strategische Achse für die römische Herrschaft bildete (s. u. Kap. 5.1.4 und in Teil II, Kap. 6.1.1 sowie Karte II). 119 drangen die Skordisker in Nordmakedonien ein, der Praetor Sex. Pompeius wurde geschlagen und getötet, sein Quaestor M. Annius konnte hingegen die Skordisker in zwei Gefechten zurückschlagen. Die Auseinandersetzungen scheinen angedauert zu haben, denn 114 v. Chr. wurde der Consul C. Porcius Cato nach Makedonien entsandt, dort aber von den Skordiskern vernichtend geschlagen (Liv. per. 63; Flor. 1,39, 3f.; Cass. Dio 26, fr. 88). Daraufhin wurden in den Jahren 113 C. Caecilius Metellus Caprarius, der 111 den Triumph über die Thraker feierte, 112 M. Livius Drusus (110 Triumph über Skordisker und Makedonen304) und 110 jeweils einer der Consuln nach Makedonien entsandt, wobei der Consul des Jahres 110, M. Minucius Rufus, anschließend bis 107 als Proconsul amtierte. Während seine beiden consularischen Vorgänger gegen die Skordisker im Raum von Stobi kämpften, konnte Minucius Rufus große Erfolge gegen die „galatischen Skordisker, Besser und die übrigen Thraker“,305 darunter auch die Triballer, erringen, wobei er in einem Winterfeldzug über den Hebros vorstieß und in einer Schlacht siegte; im Jahre 106 feierte er den Triumph.306 101 – 100 v. Chr. besiegte der Praetor T. Didius die Caeni im Hinterland der Thrakischen Chersones, die mit dem Einzug des Attalidenreiches 133 an Rom gefallen war; außerdem sicherte er die Grenzen der Provinz gegen die Thraker.307 Didius gliederte das Gebiet der Caeni und der Thrakischen Chersones und damit die gesamte Küstenzone bis zur Grenze des Landgebietes von Byzanz an die Provinz Macedonia an. Er feierte 100 oder 99 seinen Triumph. 97 v. Chr. wurden die Dardaner und Maeder besiegt (Iul. Obs. 48,2), die hingegen den lange amtierenden Propraetor C. Sentius Saturninus308 92 schlagen konnten (Liv. per. 70). An den Beginn von dessen Statthalterschaft gehört auch die Euphenes-Episode (Diod. 37,5a), der als Prätendent für das makedonische Königtum auftrat, doch wurde die Krise ohne militärische Auseinandersetzung durch 304 Amm.

27,4,10. Dies zeigt, dass 112 – 111 v. Chr. auch Teile der Provinzbevölkerung im Aufruhr waren. Falsch zugeordnet ist die Information bei Flor. 1,39,5, Drusus hätte den Feinden das Überschreiten der Donau verboten; das ganze Kapitel zeigt eine Verwirrung der Chronologie. Die Information ist dem Feldzug des M. Terentius Varro Lucullus zuzuweisen.

305 Zwei

Ehreninschriften in Delphi: Syll.3 710 A – C = ILS 8887 = CIL I2 , 2/1, 692 = SEG 41, 516 = HD 065139 und 022784; Ehreninschrift aus Europos (Makedonien): SEG 41, 570 = HD 053853. Vgl. oben Anm. 26. Frontin. strat. 2,4,3 nennt, seinem zeitgenössischen lateinischen Sprachgebrauch folgend, Daker als Gegner des Rufus.

306 InscrIt XIII 1, ad a. 106; Amm. 27,4,10. Vell. 2,83 nennt skordiskische Gallier, Besser und die übrigen Thraker, Liv.

per. 65 die Thraker, Flor. 1,39,5 die als Thraker bezeichneten Skordisker, Eutr. 4,27,5 Skordisker und Triballer.

307 Flor.

1,39,5; Fest. 9,2; Amm. 27,4,10.

308 Brennan,

216

The Praetorship, 525f.

HGSOE, Bd. 1

Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

die Intervention des Odrysenherrschers Kotys beigelegt. Seit 110/109 v. Chr. weitete Mithradates VI. Eupator, König des pontischen Reiches, seine Macht im Schwarzmeerraum über das Bosporanische Reich und weitere östliche Küstenzonen aus; Olbia und Tyras waren nach 105 unter seiner Kontrolle. Rom, das in die Machtkonflikte zwischen Mithradates, Bithynien und Kappadokien durch diplomatisches Eingreifen involviert war, nahm Kontakt mit den westpontischen Griechenstädten auf und schloss sehr wahrscheinlich 101/100 einen Vertrag mit Kallatis, das sich damit außenpolitisch an Rom band (IScM 3, 1; Memnon FGrHist 434, frg. 22,4). Roms Kriege gegen Mithradates VI. Eupator von Pontos

Schwerwiegend war hingegen die Krise der römischen Herrschaft in der ersten Phase des Ersten Mithradatischen Krieges 89 – 87 v. Chr.309 Mithradates VI. Eupator hatte von seinem Königreich Pontos ausgehend eine Herrschaft rund um das Schwarze Meer aufgebaut; das Bosporanische Reich mit der Krim war in die pontische Herrschaft eingegliedert, und gestützt auf seine Flotte und goldgestützte Diplomatie hatte er ein Protektorat über die westpontischen Städte von Olbia und Tyras bis Apollonia errichtet. Deren Hinterland war eine wesentliche Basis für die Rekrutierung von Soldtruppen für die pontische Armee. Mit Gold aus den Münzstätten der Küstenstädte und diplomatischer Agitation konnten zahlreiche thrakische Stämme und Dynasten zu einem groß angelegten Einbruch in Makedonien bewegt werden, der im Westen bis nach Epirus reichte und zur Plünderung des Heiligtums von Dodona führte (Cass. Dio fr. 101,2; Liv. per. 76). Der römische Statthalter C. Sentius Saturninus konnte 88 den Thrakerkönig Sothimos, der nach der Plünderung ganz Makedoniens bis nach Griechenland vorgedrungen war, wieder nach Thrakien zurückdrängen (Oros. 5,18,30), wobei die Rom gegenüber loyal gebliebenen Dentheleten einen wesentlichen Anteil hatten (Cic. in Pison. 84). Q. Braetius (Bruttius) Sura, Legatus pro quaestore unter Sentius, operierte 88/87 v. Chr. erfolgreich gegen die Truppen des Mithradates in Griechenland vor der Ankunft Sullas (App. Mithr. 29,113–115; Plut. Sulla 11,5–8; IG IX/2, 613). Als jedoch Prinz Ariarathes und der General Taxiles 87 v. Chr. mit einem großen Heer die Meerengen überschritten und in Makedonien eindrangen, wurden Sentius’ Streitkräfte überrannt und Makedonien besetzt, wo Araiarathes sein Winterlager bezog (App. Mithr. 35,137; Memn. frg. 22,12). Während sich im pontischen Heer zahlreiche sarmatische, getische und thrakische Verbände befanden und der Gete Dromichaites eine wichtige Kommandostelle innehatte (App. Mithr. 42,126), blieben die Odrysen unter König Sadalas auf der Seite Roms; Sadalas’ Kavallerie unterstützte Sulla in den siegreichen Schlachten des Jahres 86 v. Chr. In Makedonien war das über die Via Egnatia kommende, zugleich gegen Mithradates und Sulla gesandte Heer der marianischen Partei unter dem Consul L. Valerius Flaccus erschienen, aber entlang der Südküste Thrakiens nach Kleinasien weitergezogen. In seinem Rücken kam es zu dem großen Einfall der Skordisker, Maeder und Dardaner, der durch Makedonien und Thessalien bis Delphi ging, wo das Heiligtum gebrandschatzt wurde. Sie wurden von

309 Zu

den Mithradatischen Kriegen Ballesteros Pastor, Mitrídates Eupátor; Callataÿ, L’histoire des guerres mithridatiques; Matyszak, Mithridates the Great; Højte (Hg.), Mithradates VI and the Pontic Kingdom; Vinogradov, Pontische Studien; Avram/Bounegru, Mithridates al VI-lea Eupator; Keaveney, Lucullus; Avram, Der Vertrag zwischen Rom und Kallatis.

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217

Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

L. Cornelius Scipio Asiagenes (Asiaticus), Praetor 86 v. Chr., zurückgeschlagen, der als popularer Statthalter in Makedonien 86/85 v. Chr. amtierte und in einem Feldzug den Skordiskern eine vernichtende Niederlage beibrachte und sie nach Norden zurücktrieb (App. Ill. 12–14; Brennan, The Praetorship, 133). Angeblich seien die wenigen überlebenden Skordisker bis zur Donau geflüchtet und hätten sich auf deren Inseln niedergelassen, eine typische, sicher auf die Darstellung im Geschichtswerk des Timagenes zurückgehende Übertreibung. Mit Maedern und Dardanern schloss Scipio Frieden. Scipio, der sich 83 als popularer Consul in Italien Sulla ergeben musste, verließ Makedonien, als Sulla 85 das Land besetzte und Straffeldzüge gegen die Dardaner, Maeder und benachbarte thrakische Stämme führte, ehe er nach Kleinasien marschierte (Gran. Licinian. 35,79– 81; App. Mithr. 55,224; Plut. Sulla 23; Liv. per. 83). Die Deditio der Dardaner und Dentheleten nahm Sulla entgegen. Appius Claudius Pulcher, Proconsul Makedoniens vom Sommer 78 bis zu seinem Tod auf dem Skordiskerfeldzung Mitte 76, war erfolgreich gegen die thrakischen Stämme im Rhodopengebirge vorgegangen und in das Skordiskergebiet vorgestoßen, wobei letztere vor seinem Tod bereits zu Tributzahlungen verpflichtet worden waren, was sie aber nicht einhielten.310 Roms Ausgreifen auf den westpontischen Raum

Die direkte Begegnung zwischen Rom und den Geten beginnt mit den im Hinterland der westpontischen Küste bis zur unteren Donau reichenden Operationen der beiden Proconsuln von Macedonia, C. Scribonius Curio (Consul 76, Proconsul 75 – 73 v. Chr.) und M. Terentius Varro Lucullus (73/72 – 71 v. Chr.),311 in Thrakien, Moesien und Scythia minor (Dobrudscha). Beide feierten für ihre Erfolge einen Triumph. Curio, der noch als Consul die Provinz von seinem verstorbenen Vorgänger Ap. Claudius Pulcher übernahm, führte im Jahre 75 die Operationen fort, konnte aber erst im Jahre 73 einen abschließenden Erfolg erringen.312 Bei den mühevollen und verlustreichen Kämpfen in den Gebirgen im Hinterland von Dyrrhachium meuterte eine von Curios fünf Legionen und wurde daraufhin aufgelöst. In seinen Operationen gegen Dardaner und Moeser hat Curio als erster Römer die untermoesische Donau erreicht. Die über Zentralthrakien hinausgehenden Aktionen des Lucullus in Scythia minor mit der Besetzung der Städte Apollonia, Kallatis, Parthenopolis, Tomis und Istros/Histria sowie einem demonstrativen Vorstoß bis zur Donau waren Teil des 3.  Mithradatischen Krieges (74 – 63 v. Chr.). Als erster römischer Feldherr kämpfte er erfolgreich gegen die Besser und die Gebirgsbevölkerung im Haemus und nahm Philippopolis, 310 Ihm

war Makedonien als Consul zugeteilt, doch musste er wegen einer Erkrankung in Italien bis 78 v. Chr. zurückbleiben. Liv. per. 91; Sallust. hist 1,127; 2,80 [Maur.]; Amm. 27,4,10; Oros. 5,23,17–19; Fest. 9,2; überzogen Flor. 1,39,6, er sei bis zu den Sarmaten gekommen. Münzer, Claudius Nr. 296.

311 Sallust.

hist. 4,18 [Maur.]; uninformiert App. Ill. 30,85f.; Eutr. 6,7,1; 6,8,1; 6,10; Fest. 9; Liv. per. 97,4; Oros. 6,3,4; Amm. 27,4,10f.; übertrieben Flor. 1,39,6, er sei bis zum Tanais und in die Maiotis vorgestoßen, es sei denn es handelte sich um einen Flottenzug. Vgl. Strobel, Der „Dakerkönig Burebista“; allgemein Cojocaru/Schuler (Hgg.), Die Außenbeziehungen.

312 Sallust.

hist. 2,80 [Maur.]; Liv. per. 92.95; Frontin. strat. 4,1,43 mit Sallust. hist. 2,38.44; dazu McGushin, Sallust, 226–228; Fest. 7,5; Eutr. 6,2; Iord. Rom. 216; Oros. 5,23,20; Amm. 29,5,22. Nach Flor. 1,39,6 sei Curio bis an die Grenzen Dakiens gekommen, aber von den dunklen Waldgebirgen abgeschreckt worden, nach Dakien hinüberzugehen. Die Bezeichnung Dakien ist hier aus dem späteren zeitgenössischen Sprachgebrauch genommen. Vgl. Strobel, Der „Dakerkönig Burebista“; allgemein Cojocaru/Schuler (Hgg.), Die Außenbeziehungen.

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

Uscudama, das spätere Hadrianopolis (Edirne), sowie Kabyle ein (Amm. 27,4,10; Fest. 9,3–6). Den norddanubischen Geten verbot er, den Unterlauf der Donau ins Hinterland der Küstenstädte zu überschreiten. Neben militärischen Mitteln setzte die römische Seite zur Untergrabung der Machtstellung des Mithradates VI. Eupator und seiner Allianzpolitik mit den westpontischen Völkerschaften auch massive Subsidienzahlungen ein, wie das nun massierte Auftreten entsprechender Münzen und insbesondere republikanischer Denare zeigt. Die griechischen Küstenstädte hatten seit 72 die römische Oberhoheit als vertraglich gebundene Socii (Bundesgenossen) anzuerkennen (Cass. Dio 38,10,3); Vertreter der römischen Autorität war der Statthalter der Provinz Macedonia. Byzantion, das seit den Makedonischen Kriegen auf Roms Seite stand, genoss die privilegierte Stellung eines Civitas libera et foederata. Zumindest Mesambria stand zeitweise unter direkter römischer Kontrolle durch eine römische Besatzung (IGBulg I2 314a). C. Antonius Hybrida, Consul 63 und Proconsul in Makedonien (Frühling 62 bis Ende 60 v. Chr.), der seine Statthalterschaft zur schamlosen Bereicherung auf Kosten der Provinzialen und durch Übergriffe auf die römischen Verbündeten in Thrakien nutzte,313 erlitt bei einem überraschenden Angriff der Dardaner eine schmachvolle Niederlage und rettete sich selbst durch Flucht. Bei seinem Beutezug gegen die Bundesgenossen im östlichen Moesien, wo er 62/61 v. Chr. im Territorium von Dionysopolis überwinterte (IGBulg I2 13, Z. 15f.), wurde er in der Nähe der Stadt Istros/Histria von den Bastarnern, die den Bewohnern Moesiens zu Hilfe gekommen waren, in die Flucht geschlagen, wobei seine Feldzeichen verloren gingen. Während Liv. per. 103 nur von Thrakien spricht, nennt die bei Cassius Dio fassbare Überlieferung als zweites Ziel seines Vorgehens Mysien und die Mysier, d. h. Moesien und seine Bewohner. Geten waren offenkundig nicht genannt, obwohl sich die Niederlage gegen die Bastarner im Hinterland von Istros/Histria abspielte und sie zweifellos die wesentlichen Gegner des Hybrida waren. Denn die verlorenen Feldzeichen befanden sich noch 28 v. Chr. in ihrer Hand (Cass. Dio 51,26,5). Unter Moesien wird hier offenkundig noch der ganze Raum zwischen Haemus und unterer Donau einschließlich der Dobrudscha verstanden.314 Die griechischen Küstenstädte kamen hingegen, wie das Beispiel von Dionysopolis zeigt, den Anordnungen des römischen Befehlshabers nach. Im Herbst 60 wurde C. Antonius Hybrida angeklagt und im folgenden Jahr trotz der Verteidigung durch Cicero verurteilt, worauf er ins Exil ging. C. Octavius, Praetor 61 v. Chr., sein Nachfolger in der Provinz (60 – 59 v. Chr.), brachte die Besser in einem Feldzug wieder unter römische Botmäßigkeit (ILS 47; Suet. Aug. 3,2; Vell. 2,59,2). Die Amtszeit des Proconsuls L. Calpurnius Piso Caesoninus (57 – 55 v. Chr.) war nach Ciceros Polemik wenig ruhmvoll, doch gab es Gefechte seiner Legaten an der Grenze zu Thrakien.315

313 Liv.

per. 103,8; Iul. Obs. 61a; Cass. Dio 38,10,1–3; 51,26,5; Cic. Att. 1,12,1 (1.1.61 v. Chr.) 1,16,16 (Dezember 60); 2,2,3; Alexander, Trials in the Late Roman Republic, 119f., Broughton, Magistrates II, 165f., 175f., 184.

314 Cass.

Dio 51,23,3; die Triballer erscheinen hier von den Moesiern getrennt, allerdings fälschlich die Dardaner im Land der Triballer lokalisiert.

315 Cic.

in Pison.; Münzer, Calpurnius Nr. 90.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Die Monetarisierung des unteren Donau- und Balkanraumes

Während die Monetarisierung in Teilen Süd- und Zentralthrakiens schon im 4. und frühen 3. Jahrhundert v. Chr. eingesetzt hatte und im Hinterland der Küstenstädte im 2./1. Jahrhundert schon einen gewissen Grad erreichte, spielte Münzgeld in weiten Teilen des Balkans, so auch in der Donauzone und im Gebiet zwischen Theiß und Pruth, im wirtschaftlichen Alltag offensichtlich bis in das mittlere, ja späte 1. Jahrhundert v. Chr. bzw. noch im 1. Jh. n. Chr. keine wesentliche Rolle, sondern diente nach dem Bild großer Horte mit Silber- und Goldmünzen, die oft keine Umlaufspuren zeigen, den Eliten des Raumes offenkundig zur Akkumulation von Reichtum und Prestige (s. o. Kap. 2.1.6). Kleine Nominale fehlen. Der Zufluss erklärt sich durch Beute, Sold für Hilfstruppen an die Adelsführer, Subsidien, Zuflüsse im Rahmen von Abkommen und die Unterstützung von Bundesgenossen wie die während des 1. Mithradatischen Krieges loyal gebliebenen Dentheleten. Hinzu kamen die an die angeworbenen Söldner und die Soldaten der römischen Hilfstruppen ausbezahlten Gelder, die diese nach ihrer Rückkehr mangels monetärem Marktgeschehens wiederum thesaurierten,316 und schließlich das Münzgeld der römischen Soldaten. Hinzu kamen für die aristokratischen Eliten die Einkünfte aus dem Handel mit Salz, Holz, Metallen und Edelmetallen, Eisen, Sklaven etc. In den frühen Münzhorten des Skordiskergebietes treten neben die posthumen Alexander- und Lysimachos-Tetradrachmen sowie Prägungen von Dyrrhachium, Apollonia, Athen und Thasos die Tetradrachmen des Typs Eselsohr, gefolgt vom Typ Kugelwange, für den vier Prägephasen mit zunehmender Gewichts- und Feingehaltreduktion und Abstrahierung des Münzbildes festzustellen sind.317 Im Zeitraum 166/158–90/80 v. Chr. sind die nach Thrakien und nach Norden in den Balkanraum fließenden Tetradrachmen-Prägungen, die regional unter römischer Autorität nicht kontinuierlich, sondern nach dem jeweiligen Bedarf der römischen Militärkassen hergestellt wurden, wobei abgenutzte Stempel aus vorhergehenden Prägephasen öfters mit den neu geschnittenen kombiniert werden, dominant im Münzspektrum jenseits der Grenzen Makedoniens: Emissionen der Tetra­ drachmen der Regionen Macedonia prima und secunda, erstere aufgrund der dortigen Silberminen dominierend, sowie die Tetradrachmenprägungen von Thasos bzw. der von Thasos unabhängigen

316 Callataÿ,

Les tétradrachmes hellénistiques au nom des Thasiens; ders., Armies Poorly Paid in Coins; ders., The Coinages Struck for the Romans in Hellenistic Greece; Părpăută, Moneda în Dacia preromană; Pop, Argintul dacic Sălăjean; Stan, The Phenomen of Roman Republican Coinage, möchte, der verfehlten These eines bedeutenden überregionalen Handelsgeschehens im vorrömischen Dakien (so Glodariu, Consideraţii asupra circulaţiei; ders., Relaţii comerciale ale Daciei cu lumea elenistică şi romană; ders., Dacian Trade; völlige Überbewertung der elitebezogenen Funde) folgend, das Erscheinen der römischen Denare nördlich der Donau im Kontext des Handels sehen, womit der Denar zur „Hauptwährung“ des Raumes geworden sei. Ebenso verfehlt ist die Übernahme der These, mit „Burebista“ sei in Dakien eine neue Sozialstruktur der Gesellschaft entstanden, was damit zu verbinden wäre; auch ist neuere Literatur nur beschränkt erfasst. Münzhorte in den Gebieten vor den Gebirgspässen zeigen nicht Handel, sondern Schwerpunkte der politischen Eliten an. Allein von den Schlussmünzen von Horten für die Datierung des Zuflusses auszugehen, führt zu einem falschen Bild (siehe etwa den Hort von Cuceu/Togul Mic: 488 Denare 209/8 – 54 v. Chr., 215 Denare nach 100 geprägt, diese teilweise stark abgegriffen, andere nahezu prägefrisch). Längst überholt Crawford, Republican Denarii in Romania.

317 Ziegaus,

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Kelten Geld, 193.

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

Emissionen des sogenannten Typ Thasos.318 Dominant waren nach 148 v. Chr. die Prägungen der Macedonia prima und die Thasos- bzw. die Typ Thasos-Tetradrachmen (1. Phase ca. 150 – 140, 2. Phase ca. 120/115 – 100/90, 3. Gruppe ca. 100/90 – 80 v. Chr.), letztere die hauptsächlich in Thrakien wie Obermoesien und ebenso beiderseits der unteren Donau (Untermoesien, Muntenien) präsenten Silbermünzen. Darüber hinaus verbreiteten sie sich einschließlich lokaler Nachprägungen ins Banat, nach Südostpannonien und Mittelsiebenbürgen. Hinzu kamen die ebenfalls nicht kontinuierlich seit dem mittleren 3. Jahrhundert v. Chr. produzierten Pseudo-Lysimachos- und PseudoAlexander-Prägungen der griechischen Küstenstädte in Gold und Silber, wobei hier insbesondere auf die späten Emissionen (125/110 – 72 v. Chr.) von Istros/Histria, Tomis, Kallatis und Byzanz hinzuweisen ist, die in ihrer letzten Phase unter der Oberherrschaft des Mithradates VI. Eupator von Pontos ausgeprägt und für die Bezahlung seiner Bundesgenossen im west- und nordwestpontischen Raum bestimmt waren.319 Außerdem haben die griechischen Küstenstädte mit diesen Goldmünzen noch in den 60er Jahren Söldner angeworben und thrakische wie getische Dynasten für ihre Unterstützung bezahlt. Eine letzte Phase dieser Ausprägung von Pseudo-Lysimachoi ist nach dem deutlichen Abfall in der Qualität der Münzstempel, viele offenbar flüchtig nachgeschnitten, mit der kurzlebigen Reichsbildung des Byrebistas (s. u. Kap. 2.2.4) zu verbinden. Die makedonischen Silberprägungen ab 167 werden von den MAKEΔΟNΩN ΠΡΩΤΗΣ (Macedonia prima)-Tetradrachmen nach attischem Standard dominiert, deren keineswegs kontinuierlich veranlasste Emissionen drei Gruppen bilden: ca. 158/150 – 149/148, 148 – ca. 120, 120 – 90/80 v. Chr.320 Ihre Verbreitung konzentriert sich in Horten in Westthrakien, Moesien bis östlich der Jantra (Schwerpunkt zwischen Augusta/Ogosta und Iatrus/Jantra und im Moravatal) sowie in Muntenien und Teilen Siebenbürgens (insbesondere Südwestsiebenbürgen), wobei sich hier ein deutlicher Zusammenhang mit der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe abzeichnet. Eine Hortungswelle im südlicheren Obermoesien und in Westthrakien mit Macedonia prima-Tetra­ drachmen der späten Gruppe ist zweifellos mit den Kämpfen gegen die Römer 114 – 73 v. Chr. zu verbinden. Bei der späten Gruppe der Prägungen zeichnet sich eine Verringerung des Münzgewichtes auf einen Mittelwert von 16,3 g ab.321 Alle von Rom erhobenen Steuern, Zölle und Sonderauflagen waren nach 167 bzw. 146 in Macedonia und Achaea in Drachmen berechnet, wodurch die Münzen der makedonischen Könige im 2. Jahrhundert v. Chr. eingezogen worden 318 Prokopov, Die Silberprägung der Insel Thasos; ders., The Silver Coinage of the Macedonian Regions; ders., Basic

Coin Types in Thrace; Paunov, From Koine to Romanitas; Callataÿ, Les tétradrachmes hellénistiques au nom des Thasiens; ders., Armies Poorly Paid in Coins; ders., The Coinages Struck for the Romans in Hellenistic Greece; Paunov/Prokopov, Inventory; auch Picard, Thasische Tetradrachmen und die Balkankriege.

319 Callataÿ,

L’histoire des guerres mithridatiques, bes. 139–150 zu den späten Pseudo-Lysimachos-Stateren von Istros/Histria, Tomis, Kallatis und Byzanz; ders., Royal Hellenistic Coinages. Zur pseudo-lysimachischen Goldprägung der westpontischen Städte seit dem mittleren 3. Jh. v. Chr. bis in die Zeit der mithradatischen Kriege vgl. Etac/Vîlcu, Syrian Wars and the Beginning of Lysimachus-type Staters at Tomis; diess., The Lysimachus Type Goldmintage from Odessos; Vîlcu u. a., Considerations Regarding the Greek Gold Coins.

320 Prokopov,

The Silver Coinage of the Macedonian Regions.

321 Ders.,

A Hoard of Tetradrachms; ders., The Silver Coinage of the Macedonian Regions; Hort östlich der Ogosta, nach 119 v. Chr. verborgen, 121 Macedonia prima-Tetradrachmen. Die älteren Münzen waren länger im Umlauf (16,9 – 16,7 g), die späteren dagegen nicht oder kaum (16,54 – 16,17 g, Mittelwert um 16,29 g).

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

waren. Mitte der 90er Jahre folgt zuerst in einer kurzen Prägephase die Emission mit den ReversLegenden MAKE/ΔONΩN und LEC/MAKEΔONΩN noch in Fortsetzung des Münzbildes der Macedonia prima-Emissionen, dann im Zeitraum ca. 93 – 88(?) v. Chr. die erste Phase der Tetradrachmen-Prägungen des AESILLAS / Q(uaestor)-Typs,322 die möglicherweise hauptsächlich in Thessalonike geprägt wurden. Diese ursprünglich mit dem nur hier belegten Provinzquaestor Aesilla zu verbindende Prägetätigkeit wird durch die Revers-Legende SVVRA.LEG / PRO.Q und dem Zusatz S(enti) I(ussu) auf dem Avers abgelöst; Prägeherr ist Q. Braetius (Bruttius) Sura, Legatus pro quaestore unter C. Sentius Saturninus, Propraetor 93 – 87 v. Chr.; Sura operierte 88/87 v. Chr. erfolgreich vor der Ankunft Sullas gegen die Truppen des Mithradates VI. in Griechenland. Er ließ auch thasische Tetradrachmen mit seiner Signatur prägen. Diese Prägeaktivität, die stets sporadisch erfolgte, scheint in ihrer Hauptphase mit der Euphenes-Episode zu Beginn der Statthalterschaft des Sentius verbunden zu sein; die Münzen waren wenig im Umlauf und wurden offenkundig 90 – 70 v. Chr. rasch gehortet. Verbreitet sind die Münzen in Nordmakedonien, Südwestthrakien und insbesondere im oberen und mittleren Strymon-Gebiet. Sie werden mit gutem Grund als Subsidienzahlungen an die Dentheleten, die 89/88 nicht von Rom abfielen, gedeutet. Die Münzen durchbrechen mit römischer Symbolik die bisherige, von römischer Seite beauftragte Prägepolitik. Die zweite Phase der Aesillas-Typ-Prägungen mit eher kleinen Emissionen und der nun obsoleten Legende AESILLAS Q fällt in die Zeit um/nach 71/70 v. Chr.323 Die beiden Gruppen sind in Stil, Gewicht und Durchmesser deutlich getrennt; die Münzen der zweiten Gruppe erscheinen hauptsächlich in Makedonien selbst und sind in Horten mit republikanischen Denaren vergesellschaftet. Hier erscheint auf dem Avers CAE.PRO zusätzlich zu der längst obsoleten, aber offenbar als Münzkennung beibehaltenen Reverslegende AESILLAS Q, was überzeugend mit einem nur hier bezeugten Statthalter nach 71 v. Chr. in Verbindung gebracht werden kann, dessen Name auf Cae- lautete. Die keineswegs kontinuierliche Prägetätigkeit der östlichen Münzstätten war im Kern stark vom Bedarf der römischen Heere und für politische Ziele gesteuert, was für die Macedonia prima- und Aesillas Typ-Tetradrachmen ebenso gilt wie für die späte athenische Tetradrachmenprägung oder die ephesischen Cistophoren.324 Ebenfalls eine letztlich römische Prägung sind die Tetra­drachmen im Namen von Maroneia, die mit Sulla zu verbinden sind.325 Die Horte mit griechischen Silbermünzen in Rumänien und Bulgarien machen fast die Hälfte aller entsprechenden Horte aus.326 322 Vorderseite

Kopf Alexanders, Rückseite Sella des römischen Magistrats und Fiscus (Militärkasse) des Quaestors. Gruppen I-III AESILLAS Q erst ohne, dann mit Münzstättenmarke; auch seltene Drachmen ausgeprägt. Gruppe IV zuerst mit dem Zusatz S(enti) I(ussu), dann Aesillas ersetzt durch Sura. Bauslaugh, Silver Coinage with the Types of Aesillas the Quaestor; Paunov, From Koine to Romanitas, 149f., 160–163; Tzvetkova, Die Aesillas-Münzen in Thrakien; Callataÿ, A New Look at the Coinage in the Name of Aesillas.

323 Gruppen

V-VI und VIII, dann Gruppe VII mit dem Zusatz CAE.PR auf dem Avers; Gruppe VIII zeigt eine schlechte Qualität der Prägungen. Abnahme des Durchschnittsgewichts von Gruppe I (16,69 g) zu VIII (16,24 g), dabei VI nur 16,14 g, VII hingegen 16,37 g.

324 Callataÿ, 325 Paunov,

More Than It Would Seem.

From Koine to Romanitas, 158–160.

326 Deutliche

Unterschiede zwischen Nordbulgarien (rund 14.500 republikanische Denare, 4.900 Apollonia/ Dyrrhachium, 3.900 Macedonia prima, 4.000 Typ Thasos, 60 Maroneia, 10 Athen) und Südbulgarien (7.500

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

Die Horte mit Tetradrachmen Typ Thasos konzentrieren sich im westlichen Niedermoesien bis zur Jantra, in West- und Zentral-Muntenien, am mittleren Mureş, in Südostsiebenbürgen und bis Nordwestrumänien, wobei die Münzen nördlich der Donau oft stark abgegriffen in die Thesaurierung gelangten. Auch hinsichtlich der Konzentration von Hortfunden (spät-)republikanischer Denare treten Rumänien327 (massiert im östlichen Oltenien, westlichen und zentralen Muntenien, Südostsiebenbürgen, Südwest- und Nordwestrumänien, Raum des unteren und mittleren Sereth) und Bulgarien (Nordwestbulgarien, oberer Strymon, östliches oberes Morava-System) deutlich neben Italien und Spanien als Schwerpunktregionen hervor. Nach 90/80 v. Chr. folgt die weite Verbreitung der Drachmen aus Apollonia und Dyrrhachium,328 realiter keine Drachmen, sondern Silberstücke zum Standard von 3 Scrupula (3,4 g) wie die im ostadriatischen Raum beliebten älteren Victoriati, parallel zum Zustrom römischer Denare aus Italien. Die Bedeutung der Leitmünze der Tetradrachme für den Balkanraum in der Mitte der 80er Jahre wird aber durch die sullanischen Prägungen von attischen Tetradrachmen des „Neuen Stils“ deutlich, die mit dessen Kampagnen nach Norden flossen. Eine deutliche Scheidung zeigt sich in den Horten zwischen den Regionen südlich und nördlich des Haemus. Dabei haben wir im Süden eine Dominanz der Tetradrachmen Thasos und Typ Thasos und deren lokale Imitationen, sodann makedonische Prägungen des Aesillas-Typs, Athen neuer Stil und schließlich Denare, im Norden wie in Westthrakien und Obermoesien Prägungen Typ Thasos, Macedonia prima, Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen (häufig leicht untergewichtig ausgeprägt zu 3,2 g) und insbesondere republikanische Denare. Südlich des Haemus fehlen Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen weitgehend. Der massive Zufluss von Denaren in Münzkonvoluten, die auch alte Denare mit langer Umlaufzeit enthalten, in den Balkan beginnt in den 80er und 70er Jahren;329 gleichzeitig fließen die in Apollonia und Dyrrhachium unter römischer Kontrolle und für die römischen Kassen geprägten Drachmen in großer Menge zu. Ihr massiver Ausstoß beginnt in den 80er Jahren; ihren Höhepunkt findet die Produktion zwischen 60 und 49/48 v. Chr., wobei der Silbergehalt deutlich reduziert und auch leicht untergewichtig ausgeprägt wurde.330 Sowohl der Denar wie die Apollonia/Dyrrhachium-Drachmen wurden offiziell im Wert mit der Drachme nach attischem Standard (4,2 – 4,3 g) gleichgesetzt, was beim Tausch mit der hellenistischen Tetradrachme einen Gewinn von rund 10 % (beim Denar mit 3,9 g) bzw. 20 % gab, wobei aber im Markt vermutlich die Apollonia/Dyrrhachium-Drachme 5:1 zur Tetradrachme gehandelt wurde. republikanische Denare, 30 Apollonia/Dyrrhachium, 300 Macedonia I, 2.900 Typ Thasos, 600 Athen, 150 Maroneia, 250 Aesillas); Münzzahlen und Hortstatistik nach Callataÿ, Putting the Late Hellenistic Balkan Coin Hoards in Broad Geographical and Historical Perspective (130 – 30 BC), Vortrag Kazanlâk 2017. Zu Rumänien Părpăuţă, Moneda în Dacia preromană, 113–129, 167–247 mit Tabellen VI-VIII und Karten 19–20. 327 Părpăuţă,

Moneda în Dacia preromană, 137–146, 319–430 mit Tabellen III-VIII und Karten 23–25.

328 Grigorova/Prokopov,

Les drachmes d’Apollonia et Dyrrachion; Meta, Le monnayage en argent de Dyrrhachion.

329 Denare

erscheinen zuerst in Südwestthrakien und im südlichen Obermoesien noch zusammen mit Macedonia prima-Tetradrachmen in Horten der späten 90er Jahre des 1. Jh.s v. Chr.

330 In

den Massenprägungen steigt der Kupferanteil auf 4 – 20 %, schließlich wurde in Kupfer-Zinn-Legierung (Weißbronze) als Silberersatz bzw. plattiert ausgeprägt, wahrscheinlich als Pompeius das Silber für seine Denarproduktion 49/48 benötigte. Constantinescu u. a., Adulterations in First Century B. C.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Diese monetäre Entwicklung ist zweifellos mit den verstärkten Kämpfen an der makedonischen Grenze seit 93 v. Chr. sowie den Mithradatischen Kriegen zu verbinden. Dabei fällt die Konzentration der entsprechenden Horte im moesischen Raum auf, deren Schlussmünzen (letzter Zufluss) zwischen ca. 90/80 und 60 v. Chr. datieren. Die Verbreitung der Apollonia/DyrrhachiumDrachmen, deren Prägung 49/48 v. Chr. endet, zeigt eine große Konzentration im Skordiskergebiet sowie im Gebiet der Triballer und Moeser bis in den Raum um die Jantra. Im Weiteren finden sie Eingang in das Münzspektrum der Walachei wie Siebenbürgens. In Untermoesien dominieren zwischen Timok und Jantra Horte mit republikanischen Denaren und Apollonia/DyrrhachiumDrachmen, wobei deren größte Konzentration zwischen Almus/Lom und Oescus/Iskăr bzw. im Gebiet des Oescus in Horten mit Schlussmünzen der Jahre ca. 80 – 73 v. Chr. zu finden ist, die vermutlich in Folge der Operationen von Curio und Lucullus nicht mehr geborgen wurden. Sie enthalten noch Münzen der späten Gruppe der Macedonia prima-Tetradrachmen. 49/48 und seit 44/42 v. Chr. fließen dann Denare in großer Masse in den Raum Thrakiens und der unteren Donau sowie nach Siebenbürgen, wobei die Legionsdenare des Antonius331 aufgrund ihres minderen Silbergehalts lange im Umlauf blieben und nicht in Horte kamen, dafür aber lokal nachgeprägt wurden, so auch in Dakien noch im 1. Jahrhundert n. Chr. Nach 30 v. Chr. wurden Tetradrachmen vom Staat aus dem Umlauf gezogen, weshalb als Ersatz grobe, vielfach barbarisierte Imitationen von späten Typ Thasos-Tetradrachmen lokal produziert wurden.332 Sie sind nördlich der Donau bis Nordwestrumänien zu finden. 20/10 v. Chr. hatte dann die römische Währung die hellenistischen Tetradrachmen in Münzumlauf und -präsenz im gesamten Raum abgelöst. Lokale Imitationen wurden zur Deckung des Bedarfs produziert.333

2.2 .4 Das Zeitalter des Byrebistas an der unteren Donau Der kurzlebige Zusammenschluss der politischen Formationen der Geten beiderseits der unteren Donau einschließlich Moesiens bis zur westpontischen Küste unter dem Getenkönig Byrebistas hatte diesem während des römischen Bürgerkrieges eine kurzzeitige Machtausdehnung über die Küstenstädte bis Tyras sowie über den Haemus nach Thrakien hinein ermöglicht. Es kann hier weder von einem Staat noch von einer organisierten Reichsbildung gesprochen werden; es handelte sich nur um eine Herrschaftsbildung, der die Initiative und die militärische Macht dieses Herrschers und seiner Gefolgschaft zugrunde lag. Schon gar nicht hat es sich um einen zentralistischen oder gar administrativ durchgeformten Staat im Sinne der hellenistischen Staaten gehandelt,

331 Massenausstoß

32/31 v. Chr. mit 87,5 – 92 % Silber. Paunov/Prokopov, Actium and the „Legionary“ Coinage of Mark Antony. Zur Entwicklung der Denarprägung vgl. Hollstein (Hg.), Metallanalytische Untersuchungen an Münzen der römischen Republik.

332 Prokopov,

The Imitations of Late Thasian Tetradrachms.

333 Paunov,

Dies for Striking Republican and Early Imperial Coins from Moesia and Thrace; Davis/Paunov, Imitations of Republican Denarii from Moesia and Thrace. Die Kategorisierung der Imitationen durch Davis als „dakisch“ führt in die Irre.

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HGSOE, Bd. 1

Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

mit dem eine „dakische Staatlichkeit“ beginnen würde, wie dies in Rumänien bis heute vertreten wird.334 Byrebistas und das Zeugnis der Akornion-Inschrift

Byrebistas – in den Quellen Byra- oder Byreb(e)ista(s); unrichtig die in der Moderne geprägte Form Burebista –,335 der in der auf dem entsprechenden Exkurs des Timagenes beruhenden Überlieferung bei Strabon stets als Gete erscheint (Strab. 7,3,5; 7,3,11) und dessen Name nicht den erkennbaren Schemata für eine „dakische“ Namensbildung entspricht, ist mit gutem Grund zu Beginn als Herrscher eines Getenverbandes im weiteren Hinterland von Dionysopolis (Balčik), vielleicht in der südwestlichen Dobrudscha336 bzw. in Nordbulgarien zu sehen. Die traditionell vorgetragene These, dass in der Ehreninschrift aus Dionysopolis für ihren vielfach um die Stadt verdienten Bürger Akornion der Ort „Argedava“ (Syll3 762 = IGBulg I2  13 mit Abb. 13/1–3 = Sherk 84) als Sitz des Vaters des Byrebistas erscheinen würde, ist unrichtig, ebenso die Annahme, dieser Ort sei mit dem in einer lateinischen Inschrift aus der Zeit Marc Aurels bezeugten Vicus Argidava337 zu identifizieren und Byrebistas als Herrscher eines Getenverbandes im Hinterland von Istros/Histria 334 Beispielhaft

für die im rumänischen Geschichtsbild zum Dogma gewordenen Überzeichnung der Burebista-Zeit (Begründung des ersten geeinten, freien und zentralistischen Staates auf rumänischem Boden etc.) ist Crişan, Burebista and His Time. Vgl. bereits Kap. 2.1.5, Abschnitt: Unwissenschaftliche Konzepte des Geto-Dakismus; Strobel, Pseudofakten; ders., Der „Dakerkönig Burebista“. Die bisher aufgrund rhetorischer Formulierungen des Dion von Prusa (or. 36, 1–6) angenommene Zerstörung von Olbia durch Byrebistas ist unzutreffend. Vielmehr fällt das Ereignis in die Zeit nach 44/43 v. Chr. und ist vielmehr im Zusammenhang von Auseinandersetzung zwischen den Expansionsbestrebungen des bosporanischen König Asandros, zu dessen Machtbereich Olbia sicherlich gehörte, und den Tyrageten zu sehen. Ebenso verfehlt ist die Annahme einer Zerstörung von Histria durch Byrebistas, die nur aus Dion indirekt abgeleitet wurde. Sie ist vielmehr in die Krisenjahre des Raumes 32/31–28 v. Chr. zu datieren.

335 Richtige

Form bei Strab. 7,3,11 [Radt]: Byrebistas; vgl. ebd., Komm. (Bd. 6, S. 262 zu 303C., Z. 34). Die inschriftlichen zeitgenössischen Zeugnisse bringen Βυρεβιστα (IGBulg I2 13, Z. 22; I 323, Z. 5) und Βυραβε[ι]/[σ]τα (IGBulg I2 13, Z. 33); bei Iord. Get. 11,67 verschrieben zu buruista, burusta, boroista und als byrruisia im Codex Ambrosianus, der dem Archetypus am nächsten steht. Die Namensform Burebista ist in den Quellen nicht belegt. Hingegen sind die dakischen Namen Dekinais/Dekaineus, Decebalus/Dekibalos, Diurpan(a)is/Diurpan(e)us und ihre Varianten zwischenzeitlich gut belegt, insbesondere bei den in die römische Armee rekrutieren Dakern seit neronischer Zeit (Dana, Les Daces dans les ostraca du désert oriental de l’Égypte; ders., Le nom du roi Decebale; AE 2006, 1833; AE 2015, 1902 ein Mattius, Prisci f(ilius), Dacus mit den Söhnen Diurdanus [= Diurpanus] und Dada). Der Name Byrebistas (mit kurzer erster Silbe!) passt hingegen nicht in das übliche sogenannte moesisch-dakische Namensschema (vgl. das Material bei Georgiev, Thrakisch und Dakisch) und ist wohl als im engeren Sinne thrakisch anzusprechen. Unrichtig Russu, Die Sprache der Thrako-Daker, 114, der von der Anfangssilbe būr- mit langem Vokal ausgeht; eine unrichtige Gleichsetzung von Βυρ- und Βουρ-/Būr- auch bei Georgiev, Prinzipien der Deutung der thrakischen zweistämmigen Personennamen, bes. 8. Zu bour-/būr-/bū- Dana, Onomasticon Thracicum, 71f., zu Byrebistas ebd., 74. Vgl. allgemein Brixhe/Panayotou, Le Thrace, bes. 196f.; überaus problematisch sind die in der Literatur zu findenden, axiomatischen Definitionen wie die einer thrako-dakischen, dako-getischen oder dako-moesischen Sprache bzw. einer thrakisch-dakischen Mischsprache.

336 Zu

den getischen Zentren in der Dobrudscha, wo jedoch nur wenige Plätze gut untersucht sind und beispielsweise das getische Troesmis noch unbekannt ist, s. o. Kap. 2.1.2, Abschnitt: Kontakte Thrakiens zur griechischen Welt und Hellenisierung. Die getische Siedlung von Adamclisi überspannt das 1. Jh. v. und n. Chr.

337 IScM

1, 358 mit Lupa 21231. In der letzten, am unteren Rand beschädigten Zeile ist eindeutig der Ansatz des G und nicht eines C zu erkennen; es ist also Argidava und nicht Arcidava zu lesen.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

zu erschließen.338 In Z. 6 des Ehrendekrets für Akornion ist eine erste erfolgreiche diplomatische Mission des Akornion im Auftrag von Dionysopolis zum Vater einer zuvor im verlorenen Text genannten Persönlichkeit genannt, die ihn nach AΡΓΕΔΑ[.]ΟΝ, d. h. Argedaion,339 führte. Argedaion ist als eines der regionalen getischen Dynastenzentren wohl diesseits der unteren Donau zu sehen. Da aber Byrebistas erst in Z. 22f. unter Hervorhebung seines Aufstiegs zum ersten und größten der Könige in Thrakien eingeführt wird, ist ein Bezug des Ortes Argedaion auf ihn oder die Annahme der Nennung seines Vaters in Z. 6 auszuschließen. Es bietet sich für Argedaion ein Vergleich zu der Benennung des heiligen Berges des Zalmoxis in Thrakien bzw. bei den Geten340 an, das Kogaionon óros, das nach Poseidonios-Strabon seinen Namen von dem vorbeifließenden Fluss hatte (Strab. 7,3,5). Hier ist auf einen Ortsnamen Kogaion und auf einen Flussnamen Kogas zurückzuschließen. Im Falle von Argedaion kann eine Verbindung mit einem allerdings nicht zu lokalisierenden Flussnamen Argedas als möglich erscheinen. Außer der aus der Gotengeschichte Cassiodors in einer vielfach fehlerhaften und fiktiven Geschichtsklitterung für eine Geten-Goten-Vorgeschichte (Iord. Get. 10,61–66) übernommenen Angabe bei Jordanes (Get. 11,67), dass „Dicineus“ (gleich Dekaineos, s. u.) unter der Herrschaft des Byrebistas nach „Gothia“ gekommen sei, als Sulla an der Macht war,341 wobei Jordanes hier nur drei römische Herrscher zählt, nämlich Sulla, Caesar und Gaius Tiberius (sic!), bleiben für Byrebistas und seinen Helfer Dekaineos nur die aus Timagenes’ Geten-Exkurs stammenden Informationen,

338 Suceveanu,

À propos d’Argedava; ders., Protos kai megistos (basileus); ders., Burebista et la Dobroudja mit Bezug auf „Argedava“; auch die Nähe des Fürstengrabes von Agighiol führt nicht weiter.

339 An

der beschädigten Stelle kann kein Y gestanden haben, auch kein Ρ (so von Kalinka, Antike Denkmäler in Bulgarien, 95 vermutet). Wie in der Erstpublikation von V. Latyšev 1896 richtig vermerkt, sind scheinbar die unteren Enden zweier eng stehender, paralleler vertikaler Hasten zu sehen. Allerdings ist die Ordination der Buchstaben in der Zeile unregelmäßig, und der Abstand zwischen dem sehr breiten A und dem O lässt nur einen Buchstaben zu. Zudem verläuft gerade hier eine Beschädigung des Steins, die offenbar für die zweite vermeintliche Haste verantwortlich ist. Bei zwei parallelen Hasten wäre nur an Π zu denken, doch ist dieser Buchstabe in der Inschrift sonst viel breiter gezogen und müsste noch an den Enden des Querbalkens zu erkennen sein. Auch zwei Iota sind unwahrscheinlich. Es bleibt nur ein Iota, dessen Stellung auch dem Ansatz nach einem vorausgehenden Buchstaben in anderen Zeilen entspricht. Deshalb ist der Ortsname nicht als ΑΡΓΕΔΑΥΟΝ (so Syll.³ 762) zu lesen, sondern als ΑΡΓΕΔΑIΟΝ. Die unrichtige Ergänzung -davon geht auf das Bemühen zurück, einen bei Ptolemaios oder in der Tabula Peutingeriana bezeugten Ort hineinzuinterpretieren.

340 Kein

„heiliger Berg der Geto-Daker“ und natürlich nicht in Siebenbürgen gelegen, wie von den Vertretern des rumänischen Dakismus konstant behauptet. In dem Zalmoxis-Kapitel Strab. 7,3,5 sind die Zeilen 9–11 ein aktualisierender Einschub Strabons in den Kontext seiner Vorlage. Die Benennung des Berges bezieht sich allein auf den dort in Z. 2 erscheinenden Aufenthaltsort des Zalmoxis. Zur getisch-thrakischen Gottheit Zalmoxis s. o. Kap. 2.1.5, Abschnitt: Die Frage nach der „dakischen“ Religion.

341 Iord.

Get. 11,67f. Selbstverständlich ist die Angabe für Byrebistas nicht konkret auf 81/80 v. Chr. zu werten, wie dies auch für andere Daten bei Cassiodor/Jordanes gilt; auf den Rat des Dicineus hätten „die Goten“ die Gebiete Germaniens, die nun die Franken besetzt haben, verwüstet. Die „Goten“ hätten auch die Herrschaft des „Gaius“ Tiberius (sic!) heil überstanden, weil sie alle Anweisungen des Dicineus eingehalten hätten (12,73). Dieser habe die „Goten“ Philosophie, Ethik, Theologie, Physik, Logik und Astronomie gelehrt und damit aus dem Kreis der Barbaren herausgehoben (Get. 10,69–72). Im Gegensatz zu dieser falschen Geschichtskonstruktion (Dicineus von Sulla bis Tiberius!) bietet Jordanes in seiner gleichzeitig geschriebenen römischen Kurzgeschichte eine zutreffende Chronologie. Die Geten-Goten-Geschichte des Jordanes richtete sich an ein nichtrömisches Publikum.

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

die Strabon überliefert.342 Hinzu kommen zwei entscheidende epigraphische Zeugnisse, einmal das eben genannte Ehrendekret für Akornion aus Dionysopolis sowie die Strategeninschrift aus Mesambria (IGBulg I2 323). In letzterer wird der Krieg gegen Byrebistas erwähnt, allerdings ist durch die fragmentarische Erhaltung nicht klar, ob er als König der Geten oder König der Thraker bezeichnet war. Eindeutig ist hingegen seine Einführung im Dekret für Akornion (Z. 22–25): Danach ist Byrebistas jüngst zum ersten und größten der über Thrakien herrschenden Könige aufgestiegen (Z. 22f.),343 und er habe das Land jenseits und diesseits des Stromes in Besitz genommen. Schon mit der Formulierung seiner Hervorhebung im Akornion-Dekret wird deutlich, dass er keineswegs andere Herrscher verdrängt oder beseitigt hatte, sondern in der jüngsten Vergangenheit zum Oberherrn über die verschiedenen Stammesverbände und politischen Einheiten aufgestiegen war und in Thrakien die Vorrangstellung beanspruchte. Für die Bürger von Dionysopolis war Byrebistas ein thrakischer Herrscher, was ihn möglicherweise ursprünglich im nordöstlichen Haemus-Gebiet lokalisieren lässt. Sogar seine Machtausdehnung auf die Gebiete beiderseits der Donau erscheint hier erst als Ergebnis seiner Machtpolitik. Akornion kann auch nicht, wie dies unter falscher Interpretation seiner ersten genannten Mission als zu Byrebistas’ Vater gerichtet angenommen wurde, als ein langjähriger Vertrauter des Getenkönigs angesehen werden; er war dies nur in den letzten Jahren. Die Mission nach Argedaion ist der offensichtlich chronologisch aufgebauten Beschreibung der Leistungen des Akornion für die Stadt Dionysopolis folgend eine erhebliche Zeitspanne vor dem Erscheinen des C. Antonius Hybrida erfolgt. Für diese Zeit sind mehrere Priesterämter aufgezählt (Z.  9–19): Übernahme des Priesteramtes des Großen Gottes, Wahl zum Sarapis-Priester, Übernahme des lange Jahre verwaisten Amtes des Dionysos-Priesters. Das Amt des Dionysos-Priesters füllte er auf eigene Kosten aus, obwohl Dionysopolis durch das Überwintern des Antonius Hybrida und seines Heeres 62/61 v. Chr. im Gebiet der Stadt (Z. 15f.) und die damit verbundenen Lasten in eine wirtschaftliche und finanzielle Krise geraten war, in der Akornion wiederum notwendige Ausgaben aus eigenem Vermögen übernahm (Z. 38–42). Die Ehrungen für Akornion wurden von Volk und Rat der Stadt nach seiner auch für Dionysopolis im Ergebnis vorteilhaften Mission zu Pompeius im Frühjahr 48 v. Chr., jedenfalls vor dem Sieg Caesars in der Schlacht bei Pharsalos am 9.8.48 beschlossen. Noch bevor Akornion mit Byrebistas in Kontakt trat, hatte er nach 62/61 noch die Priesterschaft der Götter von Samothrake auf Lebenszeit übernommen und die jährlichen Prozessionen und Opfer prunkvoll ausgerichtet (Z. 9–22). Ein Ansatz der Mission nach Argedaion 342 Lica, The Coming of Rome in the Dacian World, 62–92, 230–250, bietet ein „Burebista“-Konstrukt ohne Grund-

lage; unrichtig bereits zum Einleitungssatz von Strab. 7,3,11; ebenso sein Konstrukt einer Dekaineus-Biographie. Gleiches gilt für die Behauptung, Oroles und Burebista seien Zeitgenossen gewesen, ja Pompeius habe Oroles zum amicus et socius gemacht, und dieser habe damit die internationalen Beziehungen der Daker zu Rom begründet. Oroles sei damals einer der wichtigen Dynasten des Raumes gewesen und von Pompeius in sein „Sicherheitssystem im Schwarzmeerraum“ eingebunden worden. Auch sei Oroles derjenige, nach Lica und seinem Lehrer N. Gostar in Südmoldavien zu lokalisierende König, zu dem die ersten Missionen des Akornion aus Dionysopolis geführt hätten. Die völlig aus der Luft gegriffene Geschichte des Oroles im Kontext des 3. Mithradatischen Krieges, der Lica breiten Raum eingeräumt, ist ebenfalls Fiktion.

343 In

diese Formulierung wurden viel hineinspekuliert, so etwa eine Abwandlung des Titels König der Könige etc. Ausgesagt ist vielmehr, dass er sich über die anderen Könige bzw. Dynasten in Thrakien erhoben habe.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

in den frühen 60er Jahren respektive bald nach dem Ende der Operationen des Lucullus in Thrakien, Moesien und der Dobrudscha ist naheliegend. Die Inschrift bezeugt auch, dass Byrebistas erst erheblich nach der Antonius Hybrida-Episode ins Blickfeld von Dionysopolis gekommen ist. Da auch Cicero in seiner Invektive gegen Calpurnius Piso im Jahre 55 v. Chr. weder Byrebistas noch den Verlust der römischen Oberhoheit bzw. Kontrolle über die pontischen Küstenstädte, die der Aufsicht des Statthalters von Makedonien unterstellt waren, erwähnt, ist dies ein sicherer Terminus post quem für das Vordringen des Getenkönigs zur Küste mit den griechischen Küstenstädten. Akornion traf als Gesandter des Byrebistas im Frühjahr 48 v. Chr. vor der Schlacht bei Pharsalos in Herakleia Lynkou mit Pompeius zu Verhandlungen zusammen und konnte dem König die Bekräftigung des Wohlwollens des römischen Machthabers überbringen; auch zu diesem Zeitpunkt hatte Byrebistas sicher noch nicht auf das römische Küstenprotektorat übergegriffen oder den Haemus als Grenze der römischen Interessensphäre überschritten. Dies hätte Pompeius ein Zusammengehen mit Byrebistas unmöglich gemacht. Die Unterwerfung der Küstenstädte von Histria bis Apollonia (Dio Chrys. 36, 4–6) und die Ausdehnung seiner Macht über die westpontische Region und Thrakien (Suet. Iul. 44,3) ohne römische Reaktion sind erst während der Jahre des Bürgerkrieges nach Pharsalos 48 – 45 v. Chr. möglich. Dass eine Reihe von Städten bereits zuvor mit Byrebistas engeren diplomatischen Kontakt hatte, ist wahrscheinlich. Denkbar ist auch, dass Pompeius Byrebistas Zugeständnisse hinsichtlich eines politischen und wirtschaftlichen Einflusses auf die Küstenzone gemacht hatte, als er bereits nach seiner Landung in Griechenland im Jahre 49 mit den Geten respektive Byrebistas in Verbindung trat (Cic. Att. 9,11[10],3 vom 18.3.49 v. Chr.) und ihm den Status eines amicus populi Romani verlieh.344 Dies ist selbstverständlich im Kontext des Bürgerkrieges mit Caesar zu sehen, für den Pompeius Unterstützung und vor allem einer Sicherung seiner Flanke und seines Rückens bedurfte. Die Unterwerfung der Küstenstädte unter die Herrschaft des Byrebistas war zumindest im Falle von Mesambria mit mehrjährigen militärischen Auseinandersetzungen verbunden, wie die Strategen- und Taxiarchenweihungen IGBulg I2 324–326 an Dionysos Eleutheros, Athena Sotereia und Aphrodite (Pontia?) zeigen. Die Expansion des Byrebistas im unteren Donauraum

Byrebistas kurzlebige Machtausdehnung über die griechischen Schwarzmeerstädte ist 48/47 – 44 v. Chr. anzusetzen, in etwa parallel zu dem Versuch Pharnakes II., das väterliche pontische Reich in Kleinasien zurückzuerobern, der mit seiner Niederlage gegen Caesar bei Zela 47 v. Chr. endete. Zudem weisen die Statere des Pharnakes und des Asandros in den großen Staterhorten (s. o. Kap. 2.1.6, Abschnitt: Die Kosōn-Prägungen und postume Lysimachos-Prägungen) auf eine gewisse Zusammenarbeit zwischen ihm bzw. getischen Dynasten und den pontisch-bosporanischen Herrschern hin.345 Caesar war in der Fortsetzung des Bürgerkrieges zuerst in Ägypten und Kleinasien, dann

344 Die

ganzen hypothetischen Diskussionen („Königsvertrag“ etc.) bei Lica, The Coming of Rome in the Dacian World, 73ff., sind wenig sinnvoll.

345 Zum

Vorkommen solcher Münzen in den großen Hortfunden pseudo-lysimachischer Statere aus Südwestsiebenbürgen siehe Mitthof, Goldstatere der bosporanischen Herrscher Pharnakes  II. und Asandros. Pharnakes und Asandros strebten zweifellos Byrebistas als Verbündeten zu gewinnen und hatten getische Söldner angeworben.

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

in Africa und schließlich in Spanien bis 45 v. Chr. militärisch gebunden; Rom war außenpolitisch paralysiert. Die vorausgegangene rasche Expansion der Herrschaft des Byrebistas beiderseits der unteren Donau ist nur auf dem Hintergrund des Machtvakuums zu sehen, das der Untergang des Reiches des Mithradates VI. Eupator von Pontos im 3. Mithradatischen Krieg und der Rückzug des Pompeius aus dem Osten 62 v. Chr. schufen, ebenso als Konsequenz der Niederlage des Antonius Hybrida 62/61. Dessen Feldzug kann sehr wohl der Anlass gewesen sein, dass sich die getischen Dynasten und Stammesverbände unter einer gemeinsamen Führung zusammenschlossen, nachdem zuvor die Bastarner zu Hilfe geholt werden mussten. Diesem Zusammenschluss folgten dann, sei es auf diplomatischem Wege und mit Gold oder mit militärischem Zwang, weitere Gruppen im Gebiet zwischen Karpaten und Pruth sowie die Tyrageten in der sogenannten Geteneinöde bis zum Gebiet des Tyras (Dnjestr). Da Byrebistas mit den Skordiskern ein Bündnis einging (Strab. 7,5,2), ist davon auszugehen, dass sich auch die Triballer ihm untergeordnet hatten. Nördlich der Donau erstreckten sich seine Allianzen und Bündnisse jedenfalls über Südwestdakien und den mittleren Mureş-Raum, d. h. auf den Raum der Militär- und Adelselite der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe, bis ins Banat, wo am unterem Mureş und an der unteren Theiß (deren Mittel- und Oberlauf war noch Strabon und seinen Vorlagen unbekannt) die Grenze der mit ihm föderierten Stammesgruppen lag (Strab. 7,5,2). Das Zeugnis Strabons zu Byrebistas

In der von Strabon346 nach der griechischen Überlieferung auf die Legendengestalt Zalmoxis347 zurückgeführten „getischen“ Tradition sei an der Seite des Byrebistas als Herrscher über die Geten eine charismatische Priesterfigur mit gottähnlicher Verehrung als erster Ratgeber gestanden, und damals habe Dekaineos dieses Amt innegehabt (7,3,5, Z. 9–11; 16,239 „bei den Geten“).348 In der verkürzten Übernahme des Exkurses des Timaios zur jüngeren Getengeschichte berichtet Strabon (7,3,11; die frühere Geschichte der Geten wolle er, Strabon, übergehen) dann, dass Byrebistas, ein getischer Mann, die Führung seines Volkes erlangt habe, das durch zahlreiche Kriege schwer getroffen war, wobei zweifellos an die Feldzüge des Curio, Lucullus, und Hybrida zu denken ist; er habe seine Leute durch Übung, Disziplin, Befolgung seiner Befehle und die Enthaltung vom Wein zu alter Stärke gebracht und in wenigen Jahren ein großes Reich geschaffen, so dass er die meisten Nachbarvölker unter die Herrschaft der Geten gebracht habe. Um das Volk gefügig zu 346 Strabons

Vorlage für das Bild des Zalmoxis als Pythagoräer und für den religiösen Eifer der Geten (7,3,4, 297C, Z. 28–30; 7,3,5) war Poseidonios; der Tenor ist von der folgenden Polemik völlig abweichend. Poseidonios konnte Byrebistas in seinen bis Anfang 86 reichenden Historien noch nicht erwähnt haben. Strabon greift für seinen Getenabschnitt 7,3,2–14 hinsichtlich der älteren „Geschichte“ auf Herodot, Homer, Eratosthenes, Ephoros und Artemidor von Ephesos zurück.

347 Zu dieser ahistorischen Gestalt, deren Präsenz bis ins 1. Jh. v. Chr. nur als Konstrukt griechischen Denkens gegeben

war, siehe oben Anm. 340.

348 Iord.

Get. 11,67–72 bietet das von Cassiodor übernommene fiktive Bild des Dekaineos als des „gotischen Aristoteles“, der die „Goten“ Theologie, Philosophie, Ethik, Wissenschaft, richtige Lebensweise etc. gelehrt habe. Natürlich ist auch die soziale Schichtung in die aristokratische Elite der Pilleati, erkennbar am Tragen des Pileus (Filzkappe) und versehen mit priesterlichen Funktionen, und der freien Wehrfähigen, der Capillati bzw. Comati („Langhaarträger“), keine von Dekaineos eingeführte Innovation.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

machen habe er sich eines Scharlatans, nämlich des Dekaineos, bedient, der in Ägypten irgendwelche Vorzeichen gelernt hatte und bald zum Gott ausgerufen worden sei. Letzteres ist eine für Timaios typische Polemik. Dieser Dekaineos habe es bewerkstelligt, dass die Geten die Weinstöcke umgeschlagen und fortan ohne Wein gelebt hätten. Byrebistas sei für die Römer zur Bedrohung geworden, weil er ungestraft den Istros (Donau) überschritten349 und Thrakien bis zu den Grenzen Makedoniens sowie das illyrische Land geplündert habe, wo er die Boier und Taurisker völlig vernichtet habe. Er sei aber, noch ehe die Römer gegen ihn ins Feld zogen, gestürzt worden und sein Reich unter den Nachfolgern in mehrere Teile zerfallen. Strabon fügt noch aktualisierend hinzu, dass das Gebiet in mittelaugusteischer Zeit in fünf, ein andermal in vier Teile zerfallen war. Der Istros wird hier als Grenze der römischen Macht- und Interessenssphäre rückprojiziert, die Byrebistas überschritten habe. Anschließend führt Strabon den in Rom üblichen Dakernamen als eine alternative Benennung für den westlichen Teil der Geten ein (7,3,12; s. o. Kap. 2.1.1, Abschnitt: Der Dakername), durch deren Gebiet der Marisos (Mureş) fließe (7,3,13, Z. 1). Der Dakername sei den Griechen nicht vertraut, da sie mit diesen Dakern nicht in Berührung gekommen seien. Nachdem die Geten und Daker einst zu solcher Höhe aufgestiegen waren, dass sie nach Strabon (7,3,13) 200.000 Krieger ins Feld stellen konnten, eine Zahl, die so sicher zu hoch ist, hätten sie durch inneren Zwist und die Römer (d. h. die Feldzüge seit 30 v. Chr.) ihre Macht völlig eingebüßt, könnten aber noch jetzt (in mittelaugusteischer Zeit) ein Heer von 40.000 Mann aufstellen, was sich nun natürlich nur mehr auf die Gruppen nördlich der Donau bezog. Der geplante Feldzug Caesars gegen Byrebistas

Der von Caesar für das Jahr 44 geplante Feldzug gegen Byrebistas erscheint bei Sueton als gegen die Daker gerichtet, die Pontus und Thrakien überschwemmt hatten.350 Hingegen spricht Appian b. c. 2, 459 im Gegensatz zu Sueton nur von Geten: Plan eines großen Feldzuges zuerst gegen die Geten, dann gegen die Parther; Truppen nach Makedonien für den von Caesar geplanten Feldzug gegen die Geten verlegt (b. c. 3,93); Gerücht, die Geten seien auf die Nachricht vom Tode Caesars hin in die Provinz Macedonia eingefallen (b. c. 3,93), was eine römische Aufklärungsmission als unrichtig feststellte, aber eine von den Geten ausgehende Gefahr bestätigte (b. c. 3,96). Da Appian hier primär als Quelle auf das zeitgenössische Geschichtswerk des C. Asinius Pollio (ca. 76 v. – 5 n. Chr.) zurückgegriffen hat, ist diese Benennung umso bemerkenswerter; offenkundig waren dort Byrebistas nur als König der Geten und diese als die bedrohlichen Aggressoren bezeichnet.351 Auf der gleichen lateinischen Quellentradition basierend nennt Velleius Paterculus die Geten als Ziel des geplanten Balkanfeldzuges Caesars (2,59,4). Auch Strabon (7,3,5) führt im Rahmen seiner 349 Deutlich

ist hier die zeitgenössische Erfahrung und Sichtweise der augusteischen Zeit, wo Einfälle in Thrakien nur von jenseits der Donau kommen konnten und jedes Überschreiten der Donau von Rom unmittelbar militärisch beantwortet wurde. Für den Ausgangspunkt der Machtexpansion des Byrebistas ergibt die Passage nichts.

350 Suet.

Iul. 44,3: „Dacos, qui se in Pontum et Thraciam effuderant, coercere; mox Parthis inferre bellum“; Suet. Aug. 8,2: „Caesare […] expeditionem in Dacos et deinde in Parthos destinante“.

351 Zu

Asinius Pollio (Parteigänger Caesars, General der Triumvirn, feiert als Proconsul Makedoniens 39 einen Triumph) App. b. c. 2,346; Hose, Erneuerung der Vergangenheit, 177, 259–265, 303–306, 312, 314–316. Sein Geschichtswerk setzte die Historien des Sallust fort.

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

Behandlung der Geten aus, dass Caesar der Gott einen Feldzug gegen Byrebistas vorbereitet hat, als dieser über die Geten herrschte. Sueton seinerseits ging von der zeitgenössischen Diktion der Dakerkriege unter Domitian und Traian für die Feinde Roms an der unteren Donau aus, die wir auch bei Frontin und Tacitus finden. Byrebistas’ Krieg gegen Boier und Taurisker

Zu dem von Strabon als Vorlage benutzten Exkurs des Timagenes zu Illyrien gehörte die Darstellung des Krieges zwischen Byrebistas und den in Illyrien wohnenden, einander benachbarten Völkern der Boier und Taurisker. Dies übernimmt Strabon in zwei Passagen: Die Boier seien im Kampf gegen die Daker zugrunde gegangen und hätten ihr Land, das zu Illyrien gehöre, den Umwohnenden als Schafweide hinterlassen (5,1,6).352 Die Daker hätten einen Teil Illyriens öde gemacht, als sie die Boier und Taurisker unter Ekretosiros niederkämpften (7,5,2). Dabei kann der alleinige Gebrauch des Dakernamens in den beiden letztgenannten Passagen auf Timagenes oder erst auf Aktualisierungen Strabons zurückgehen, der auch den Danuvius-Namen für die Donau erst nachträglich in sein Werk eingefügt hat. Anlass des Krieges sei der Anspruch der Daker auf das Land jenseits des Flusses Marisos (Mureș) gewesen, der von den Bergen zum Istros (Donau) ströme und gegenüber den Skordiskern genannten Galatern einmünde und ihre Grenze gebildet habe (7,5,2). Letztere seien die Verbündeten der Daker gewesen. Strabons Aussage (5,1,6), dass jene einst in Italien so mächtigen Boier, die dann zusammen mit den Tauriskern in Illyrien gewohnt hätten, im Kampf gegen die Daker zugrunde gegangen seien und ihr Land den Umwohnenden als Schafweide hinterlassen hätten, ist somit als typisch für den dramatisierenden Stil und die rhetorische Zuspitzung in seiner Vorlage Timagenes zu sehen und selbstverständlich nicht wörtlich zu nehmen oder gar zur Grundlage historischer respektive archäologischer Theoriebildung zu machen. Erst Strabon hat die Formulierung des Timagenes dann mit dem von ihm vorgefundenen geographischen Begriff der Boiereinöde an der Bernsteinstraße kausal kombiniert.353 Die hier als verbündete Nachbarn angesprochenen Boier und Taurisker sind dagegen im Gebiet von mittlerer Save und Drau wie unterer Mur zu lokalisieren. Die Grenze der Machtbereiche der um die Vorherrschaft streitenden Taurisker und Skordisker lag im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. in Syrmien und Ostslawonien am Mons Claudius (Plin. n. h. 3,148), der mit dem Požega-Papuk-Psunj-Mittelgebirge zwischen Drau und Save zu identifizieren ist. Auf haltloser Spekulation beruht das in der Forschung verbreitete Konstrukt eines Feldzuges des Byrebistas bis in die Südslowakei, wobei das große, aber noch in augusteischer Zeit bestehende Oppidum von Bratislava354 zerstört worden sei. Gleiches 352 So

auch in Strab. 7,5,5 hinsichtlich des Kernlandes der Dalmater übernommen, das Scipio Nasica zur Schafweide gemacht habe.

353 Vgl.

Strobel, Die Boii – ein Volk oder nur ein Name?; ders., Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten; auch Trebsche, Das Wandern ist der Boier Lust? Zahlreiche Aspekte der Vernetzungen im pannonischen Raum und entlang der Bernsteinstraße behandeln die Beiträge in Karwowski/Ramsel, Boii – Taurisci (zu den skordiskischen Siedlungszentren in Ostslawonien ebd. Dizdar, Late La Tène Settlements in the Vinkovci Region).

354 Andrej

Vrtel (Vortrag Magdalensberg 2017; bereits ders., Bemerkungen zum Katastrophenhorizont) kann klar zwei Zerstörungshorizonte rekonstruieren, einen ersten, der spätlatènezeitliche Bauten und im Charakter römische Bauten in Parallele zum älteren Magdalensberghorizont mit Importen und Fundmaterial des Willersdorf- wie des

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

gilt für eine angebliche dakische Siedlungswelle in der Zeit der Herrschaft des Byrebistas in den Nord- und Nordwestteil des Karpatenbeckens. Hinsichtlich seiner Machtexpansion im Verbund mit den dakischen Kriegerverbänden der Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe355 wie den Skordiskern in das südliche Karpatenbecken bietet Caesars Erwähnung der Boier für das Jahr 58 v. Chr. einen vagen Terminus post quem (b. G. 1,5,4). Sehr wahrscheinlich fällt dies in die Jahre 55 – 50 v. Chr. Die Ursache des Konflikts lag einerseits in der Konfrontation zwischen den Skordiskern und den Keltenverbänden im mittleren Drau-Save-Raum, zum anderen offensichtlich in ihrem Ausgreifen unter der Führung des Ekretosiros über die Donau in Richtung auf die wirtschaftlich und strategisch zentrale Mureş-Pforte bzw. auf das goldreiche Westsiebenbürgen. Die tauriskischen und pannonisch-boischen Siedlungsgebiete im Save-Drau-Mur-Gebiet wurden, wie der archäologische Befund zeigt, von der Auseinandersetzung nicht berührt. Von einer „dakischen Expansion“ im Norden des Karpatenbeckens kann ebenso wenig die Rede sein. Die ephemere Reichsbildung des Byrebistas und das Ende seiner Herrschaft

Byrebistas kurzlebige Oberherrschaft über die getischen Verbände beiderseits der unteren Donau einschließlich Moesiens ermöglichte in der Phase des Machtvakuums während des römischen Bürgerkrieges nach Pharsalos seine Machtausdehnung über die Küstenstädte bis Tyras sowie über den Haemus nach Thrakien hinein bis ins weitere Vorfeld der Provinz Macedonia, auf die Caesar im Jahre 44 v. Chr. zu reagieren plante. Die Expansion der südpannonischen Kelten in das südöstliche

älteren Magdalensberg-Horizontes 60/50 – 40 bzw. 40 – 30/20 v. Chr. (Parallelen nun in der Spätlatènesiedlung von Vindobona) auf der Akropolis und die Befestigung der Oberstadt betroffen hat. Die Befestigung wird anschließend von einem römischen Gebäude überbaut, neue, teils mehrphasige Gebäude in römisch-italischer Bautradition werden auch in der Unterstadt errichtet; darauf folgt eine finale Zerstörung, die mit einem Massakerhorizont (Burgberg, Wasserstadt, Unterstadt) verbunden ist, spätaugusteisches Fundmaterial enthält und mit dem Zerstörungsund Massakerhorizont in Bratislava-Devin gleichzeitig ist. Zum Oppidum von Bratislava Strobel, Die Boii – ein Volk oder nur ein Name?, 55f.; Vrtel, The Internal Structure of Late Latène Settlement of Bratislava; Musilová/ Barta/Herucová (Hgg.), Bratislavský hrad; Musilova, Structural Analysis of the Celto-Roman Masonary Building on Bratislava’s Castle Hill. 355 Einen

Hinweis auf die sich über einen gewissen Zeitraum erstreckende Präsenz von Söldnern aus Südwestsiebenbürgen unter Adelsführern aus den Dynastensitzen von Costeşti und Hunedoara/Burgberg im Raum Istros/Histria bieten die 19 stark abgegriffene Bronzemünzen von Istros, davon 16 des gleichen Typs und mit einer Ausnahme alle mit einem, meist zwei Gegenstempeln, deren Prägezeit in das ausgehende 2. Jh. v. Chr. fällt, die verstreut in der Zitadelle von Costeşti gefunden wurden (Ardevan, Monedele greceşti de la Costeşti; Macrea, Monetele din cetatea dacă de la Costeşti, bes. 148 mit Nr. 2–20; Gheorghiu, Dacii pe cursul mijlociu al Mureşului, 187f.; zur Münzprägung von Istros Talmaţchi, Les monnaies autonomes). Die Gegenstempelung datiert in die ersten Jahrzehnte des 1. Jh.s v. Chr. Außerdem fanden sich eine Silberdrachme aus Istros und eine Bronzemünze von Mesambria. Zwei weitere Bronzemünzen von Istros kommen aus Piatra Roşie (Deponierung) und vom Dealul Făeragului bei Costeşti. Hinzu kommen drei entsprechende Bronzemünzen aus einem weiteren, noch nicht publizierten Tumulus-Brandgrab in Călan. Die zur Padea-Panagjurski Kolonii-Gruppe gehörenden Tumulus-Bestattungen berittener Adelskrieger in Călan stehen sehr wahrscheinlich mit dem Kultort der dortigen Thermalquelle in Zusammenhang, sind jedoch dem Adelszentrum von Hunedoara mit den bekannten Eisenerzlagern zuzuordnen. Aus den Funden kann nicht geschlossen werden, dass diese Krieger an einer Eroberung von Istros durch Byrebistas teilgenommen hätten, zumal die immer wieder behauptete Eroberung und Zerstörung der Stadt durch nichts belegt ist. Als Kriegsbeute sind diese Bronzemünzen kaum zu werten, als Beleg für eine Anwesenheit Byrebistas in Costeşti (oder gar seine dortige Residenz) sind die Münzen gänzlich ungeeignet.

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Karpatenbecken dürfte den Anschluss der Stammesverbände in Süd- und Westsiebenbürgen bis ins Banat zur Folge gehabt haben. Es handelte sich um eine Herrschaftsbildung, der nur die Initiative und die militärische Macht dieses Herrschers und seiner Gefolgschaft zugrunde lag. Entscheidend für den Plan Caesars (auch Strab. 7,3,5.11), im Jahre 44 einen Feldzug gegen Byrebistas’ Machtbildung zu führen, ist ohne Zweifel zum einen seine versuchte Einmischung in den Bürgerkrieg und seine Parteinahme für Pompeius gewesen. Cicero führt in seinen Briefen an Atticus zu seiner Trennung von Pompeius aus, er wolle nicht die Horden der Geten, Armenier und Kolcher gegen Rom führen, und er übt scharfe Kritik an der engen Verbindung von Pompeius und seiner Partei zu den Fremdvölkern („tanta cum barbaris gentibus coniunctio“), wobei er sich auf die von Pompeius zu Byrebistas aufgenommene Verbindung bezieht (Att. 9,10[11],3; 11,7[6],2). Der zweite Grund war die Expansion des Königs über das Haemusgebirge nach Thrakien in das von Rom beanspruchte Vorfeld der Provinz Macedonia und zur Schwarzmeerküste (Suet. Iul. 44,3), deren Städte seit der Eroberung durch M. Terentius Lucullus 72 v. Chr. zum römischen Machtbereich gehört hatten (62/61 als römische Socii belegt; Cass. Dio 38,10,3). Zudem war mit Byrebistas’ kurzlebiger Reichsbildung eine ernstzunehmende Bedrohung im Rücken des geplanten Partherkrieges entstanden. Der Feldzug kam durch die Ermordung des Diktators nicht mehr zustande, jedoch waren im Frühling 44 v. Chr. bereits sechs Legionen und eine große Zahl von Auxilien in die Provinz Macedonia verlegt worden (App. b. c. 3,92), also ein Heer von ca. 45.000 Mann. Byrebistas’ Herrschaft fand in einer inneren Revolte (Strab. 7,3,11), die vermutlich durch den Widerstand des Adels der verschiedenen Stammesverbände gegen eine Verstärkung der Königsherrschaft nach hellenistischem Vorbild getragen war, ihr Ende, zweifellos durch die Ermordung des Königs. Alle Versuche, dieses Ereignis später als 44 v. Chr. zu datieren, sind gescheitert.356 Denn nach Timagenes-Strabon (7,3,11, 304 C, Z. 12f. [Radt], der entscheidenden Quelle hierzu, ereignete sich der Sturz des Königs noch ehe die Römer das Heer gegen ihn zum Kampf bereitgestellt hatten, was auf die ersten Monate des Jahres 44 hinweist, als der Aufmarsch erst begonnen hatte. Von dem Zusammenbruch seiner Macht hatte man im Sommer 44 in Rom noch keine Kenntnis, als sich das Gerücht verbreitete, die Geten seien auf die Nachricht vom Tode Caesars hin plündernd in die Provinz Macedonia eingefallen (App. b. c. 3,93); die aus Rom entsandte Aufklärungsmission nach Makedonien fand dies nicht bestätigt, brachte jedoch die Befürchtung zum Ausdruck, dass ein solcher Einfall im Falle eines römischen Truppenabzuges durchaus möglich sei (App. b. c. 3,96). Im Oktober war aber das Heer in der Provinz auf eine Legion verringert, eine Legion war zu Dolabella nach Syrien verlegt, vier von Antonius nach Italien zurückgerufen. Eine Getengefahr wurde in den Diskussionen dieser Monate nicht mehr angesprochen; das Ende der Macht des Byrebistas-Reiches war nun offenkundig bekannt. Nach seinem Tode zerfiel der von getischen und dakischen Stammesgruppen bewohnte Raum in mehrere politisch-herrschaftliche Einheiten, nach

356 Anders

Lica, The Coming of Rome in the Dacian World, 62ff.; Dobesch, Zur Chronologie des Dakerkönigs Burebista; ders., Die Boier und Burebista (gestützt auf die als verfehlt erwiesenen Datierungsansätze R. Göbls für die boische Münzprägung und die überholte These einer Zerstörung des Oppidums von Bratislava durch die Daker Burebistas). Haltlos ist Licas Deutung von Strab. 7,3,11 in dem Sinne, dass „Burebista“ (sic!) seine Söhne bzw. Bluterben nachgefolgt seien und das Reich untereinander aufgeteilt hätten.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Strab. 7,3,11.13 in mittelaugusteischer Zeit (nördlich der Donau) einmal fünf, ein andermal vier größere politische Verbände.357 Der untere Donauraum nach dem Ende des Byrebistas

Die stark fragmentierend arbeitende Geten-Goten-Geschichte des Jordanes bietet in § 12,73 den folgenden Bericht über die Zeit nach Byrebistas: Nach dem Tod des von den „Goten“ und selbst ihren Königen als höchste Autorität anerkannten „Hohepriesters“ Dicineus (Iord. Get. 11, 71: „immo et regibus imperaret“; von einer Königswürde des Dekaineus/Dicineus selbst ist in den Quellen nirgends die Rede) wird ein rex et pontifex Comosicus als dessen Nachfolger als religiöse und politische Autorität genannt, dann ein rex Gothorum Coryllus, der 40 Jahre über seine Völker „in Dacia“ geherrscht habe. Dann bricht Jordanes diesen Berichtsstrang ab und schwenkt zu geographischen Themen über (Get. 74–75), wobei er nun eine Beschreibung der „Dacia antiqua“, des zeitgenössischen Gepidengebietes, gibt. Erst in § 13,76 nimmt er die Ereignisgeschichte mit Dorpaneus (Diurpaneus) als Gegner der Römer in domitianischer Zeit wieder auf, trennt diesen jedoch durch einen deutlich markierten Bruch von der Zeit der zuerst genannten Nachfolger des Dekaineos ab („longum namque post intervallum“). Über welchen Teil des ehemaligen Machtbereichs des Byrebistas respektive des Getengebietes sich die Herrschaft des Comosicus bzw. jene des Coryllus in der Zeitspanne bis zur Regierung des mit Augustus vermengten Tiberius (Get. 11,68; oben Anm. 341) erstreckt hat, bleibt offen. Eine auf Byrebistas folgende kontinuierliche Herrscherlinie gar im Sinne eines zentralen Königtums ist entgegen dem traditionellen Dogma der rumänischen Historiographie aus Jordanes nicht zu gewinnen. Andere zeitgleiche Herrscher des Raumes erscheinen hier nicht, weder Coso, der im Zusammenhang seiner versuchten Parteinahme im Bürgerkrieg auf Seiten Caesars des Sohnes als rex Getarum bezeichnet ist (Suet. Aug. 63,2 nach Codd. M G V X), noch Dicomes, sein Gegenspieler auf Seiten des Antonius, der bei Plutarch ebenfalls als Getenkönig erscheint (Plut. Ant. 63,4). Unpräzise ist Cass. Dio 51,22,8, wonach die Daker zu Caesar dem Sohn Gesandte geschickt hatten und, als ihre Bitten nicht erfüllt wurden, zu Antonius übergingen; Dicomes und Coso sind hier vermengt, wobei Dio den später üblichen Dakerbegriff benutzt. Cotiso, der 29 bzw. sehr wahrscheinlich 28 v. Chr. bei seinem Einfall über die Donau durch Licinius Crassus seinen Untergang als einer der drei unter Augustus mit ihren Heeren vernichteten „duces Dacorum“ (Suet. Aug. 21,1) fand, ist als König eines der norddanuvischen Herrschaftsverbände zu sehen. Der zweite, anonym bleibende dux war sicher der Führer der Invasion vom Winter 10 v. Chr., der dritte der Führer jenes Heeres von Dakern und Bastarnern, das M. Vinicius im westrumänischen Karpatenvorland besiegte (s. u. Kap. 2.3.5). Hingegen ist Scorylo, der bei Frontin (strat. 1,10,4) als „Dacorum dux“ erscheint und der seine eigenen Landsleute davon abbringen konnte, die Bürgerkriegssituation im Imperium für einen Einfall nutzen zu wollen, nicht näher zu lokalisieren. Die Episode gehört in die Zeit eines Bürgerkrieges, also entweder 357 Stammesverbände zwischen mittlerem Mureş und Donau bzw. in der südlichen Moldau von Süd nach Nord und je-

weils von West nach Ost bei Ptol. geogr. 3,8,5: Saldensioi, Keiag(e)isoi, Piephigoi, dann Albokensioi Potulakenioi/ Potulakensioi, Sinsioi/Kinsioi, dann Biephigoi, Burideēnsioi (nur als Konjektur Buridavensioi), Kotensioi. Hinzu kommen die bei Ptolemaios fehlenden Apuli. Mögliche Zentren Popeşti, Cârlomăneşti, Tinosu, Piscul Crăsani, Polovragi, Ocniţa/Buridava, Racoş-Augustin, Covasna, Apulon/Piatra Craivii, Poiana, Brad oder Răcătău.

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31/30 v. Chr. oder aber vielmehr 69 n. Chr. Scorylo, Träger eines gut belegten Personennamens, ist in keiner Weise mit Decebalus zu verbinden oder gar mit Coryllus gleichzusetzen, wie vielfach postuliert. Auch die mehrfach vertretene These, schon Scorylo habe die Daker unter seiner Herrschaft wieder geeint, ist ohne jede Grundlage. Offensichtlich war der Zerfall der Byrebistas-Herrschaft von militärischen Auseinandersetzungen begleitet, wie der Befund verschiedener wichtiger befestigter Orte nach der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. zeigt.358 Es ist nur Teil des rumänischen Kontinuitätsdogmas, dass der politisch-religiöse Komplex von Sarmizegetusa bereits unter „Burebista“ und „Decaeneus“ Zentrum des geeinten Dakerreiches geworden sei und dass diese gesamtstaatliche Tradition und Staatlichkeit durch seine Nachfolger dort weitergeführt worden wäre, um dann im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. wieder als vereinigtes Reich aller Daker zu erstehen.

2.2 .5 D  ie östliche Adriaküste und ihr Hinterland bis zur Schlacht von Philippi Nachdem Boier, Insubrer und Cenomanen im Bunde mit ligurischen Stämmen 201 v. Chr. den Kampf gegen Rom nochmals aufgenommen hatten, wurden diese in den Feldzügen der Jahre 197 – 191 v. Chr. endgültig unterworfen und die römische Herrschaft durch die Anlage von Straßen und Kolonien gesichert. Von 187 bis Ende der 170er Jahre wurden die Ligurer unterworfen, auch wenn es in den Jahren 166, 158 und 155 noch zu Kämpfen kam. Das Bündnis mit den Venetern hatte sich all die Jahre bewährt. Als im Jahre 186 eine keltische Wandergruppe aus dem slowenischen Raum über die Julischen Alpen kommend versuchte, in der Nähe des späteren Aquileia ein Oppidum zu gründen, reagierte der römische Senat zuerst nur mit einer Gesandtschaft zu den keltischen Verbänden jenseits der Adelsberger Pforte (Mons Ocra), damals summarisch als Taurisker bezeichnet, die jede Beteiligung abstritten, und ging erst 183 gegen die Ansiedelung vor.359 Die Kelten ergaben sich und zogen ab. In einer weiteren Gesandtschaft erklärte der Senat den keltischen Verbänden jenseits der Adelsberger Pforte, dass die Alpen für sie aus römischer Sicht als unüberschreitbare Grenze zu beachten seien. Zur Sicherung der Ostflanke Oberitaliens wurde 183 die Gründung der latinischen Kolonie Aquileia beschlossen und 181 in die Tat umgesetzt. 179 zog nochmals eine Gruppe von 3.000 Kelten nach Italien und bat den Senat um die Erlaubnis zur Ansiedlung. Auf Befehl des Senats hatten sie Italien zu verlassen.

358 Zu

verweisen ist etwa auf die großen befestigten Zentralsiedlungen von Cârlomănești-Cetăţuie nordwestlich von Buzău (Ende 2. bis Mitte 1. Jh. v. Chr.) oder Crăsanii de Jos – Piscu Crăsanilor; vgl. zusammenfassend Sîrbu/Matei, Quelques observations sur des centres fortifiés géto-daces, 111–117.

359 Zu

den keltischen Ansiedlungsversuchen und den Beziehungen zu den Tauriskern Strobel, Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, bes. 35–45.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Istrer, Liburner und Japoden

Die erste Phase des Krieges gegen die Istrer360 war im Jahre 181 v. Chr. mit der Gründung von Aquileia und der Sicherung des Handels- und Verkehrsweges zu den Timavus-Quellen sowie den Häfen von Tergeste (Triest) und Aegida (westlich von Koper an der Formio-Mündung), dem „proximum portum in Histriae fines“, verbunden. Der bedeutende karnische Küstenort Tergeste, von dem ein wichtiger Verkehrsweg durch den Karst zur Adelsberger Pforte führte, war seitdem unter römischer Kontrolle. 178/177 wurde dann das istrische Königreich mit seinem Zentrum in Nesactium erobert; der Istrerkönig Epulon beging bei der Einnahme von Nesactium zusammen mit den Einwohnern Selbstmord. Allerdings waren die Gebiete im Innern der istrischen Halbinsel noch nicht vollständig befriedet. Auch der Istername ist im Übrigen eine Sammelbezeichnung für unterschiedliche Stammesgruppen wie die Menocaleni, Fecusses oder Rundictes. Während des IstrienKrieges des Jahres 178 v. Chr. führte der Keltenfüst Catmelus auf römischer Seite ein Aufgebot von 3.000 Kriegern, wohl aufgrund eines Amicitia-Verhältnisses seines Bruders, des Königs über einen Teilverband der Karner mit Zentrum im unteren Isonzo- und oberen Natisone-Tal, mit Rom. Ein Drittel der istrischen Halbinsel wurde 177 dem ager populi Romani zugeschlagen (Küstenregion und fruchtbare Täler). Mit der Gründung der Colonia Pietas Iulia Pola Polentia Herculanea (Pula) durch Caesar wahrscheinlich in der Mitte der 40er Jahre und der Erhebung von Parentium (Poreč) zum Municipium durch Augustus (von Tiberius zur Colonia Iulia Parentium erhoben) kam der Romanisierungsprozess Istriens, das damals noch Teil der Provinz Illyricum war, ehe es durch Augustus zur Regio X Italiens geschlagen wurde, zu einem Abschluss. Die Liburner, als Piraten berüchtigt durch ihre schnellen Kriegsschiffe, die später von der römischen Flotte als Schiffstyp übernommen wurden, erscheinen als Bevölkerung der nördlichen dalmatinischen Küste und der vorgelagerten Inseln. Ihr Kerngebiet lag im Hinterland von Zadar. Typisch sind oft bereits seit der Bronzezeit bewohnte befestigte Siedlungen auf schwer zugänglichen Höhen wie Bribir, das spätere Municipium Varvaria. Der Liburnername ist eine Sammelbezeichnung für eine Reihe von Stämmen wie den Assariaten, Iadessinen oder Varvarinen. Die meisten ihrer jeweiligen Zentralorte erhielten in der Kaiserzeit den Status eines Municipiums. Die Liburner hatten sich offensichtlich schon seit 178 v. Chr. mit Rom arrangiert und ihren Handel mit Italien ausgebaut; seit 129 hatten sie die römische Oberhoheit im Rahmen eines Foedus anerkannt.361 Kampfhandlungen sind für diesen Raum nicht erwähnt. 129 v. Chr. schlug der Consul C. Sempronius Tuditanus auf seinem Feldzug gegen die Japoden eine Erhebung der auf das istrische Hochland zurückgedrängten Bevölkerung nieder.362 Dieser Teil 360 Vgl.

Liv. 41,1–6,1; 41,7,4–10; 41,8,4f.; 41,10,1–11,9; 41,13,6. Ein Angriff des Consuls M. Claudius Marcellus im Jahre 183 auf Istrien wurde vom Senat untersagt (Liv. 39,55,4f.). Vgl. Kaspar, Istrien in Prähistorischer Zeit; Rosada, Oppidum Nesactium; Salimbeni (Hg.), Per la storia di Trieste; zur Rolle Istriens im bronzezeitlichen Seeverkehr mit der mykenischen Welt Bursić-Matijašić, The Monkodonja Hillfort. Zu Pola Fischer, Das römische Pola; Letzner, Das römische Pula.

361 Vgl.

Šašel Kos, Appian and Illyricum, 323.

362 ILS

8885 = InscrAquil 28; CIL I2 625; Liv. per. 59,20; App. Ill. 10,30; Strobel, Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, 45, 90–92. Dieser Teil des Feldzuges dauerte nur 15 Tage. Unrichtig zu Tuditanus Dzino, Illyricum in Roman Politics, 70f.

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seiner Operationen war mit einer Flottenoperation verbunden, die entlang der liburnischen Küstenregion bis zur Mündung des Flusses Tityus (Titius, Krka) führte.363 Damit sollte der geplante Feldzug gegen die im Hinterland der Istrer und Liburner lebenden (diesseitigen) Japoden364 abgesichert werden. Die Histrer galten nunmehr als endgültig pazifiziert.365 Die Liburner erscheinen in der Folge in einem Vertragsverhältnis zu Rom. Den Triumph feierte er nach Auskunft der Triumphalfasten am 1.10.129 de Iapudibus. Tuditanus ist wahrscheinlich durch den nördlichen Teil Istriens nach Tarsatica (Rijeka) gezogen, wo die Flotte für den Nachschub sorgte, um dann von hier aus in die Regionen Gorski Kotar und Velika Kapela hinein zu operieren. Die diesseitigen Japoden erkannten die römische Oberherrschaft in einem Foedus an (Cic. Balb. 14,32). Im Jahre 119 unternahm der Consul L. Aurelius Cotta einen Feldzug gegen die Segestani.366 Deren Gleichsetzung mit Segestica367/Siscia am Zusammenfluss von Savus und Colapis, von Save und Kolpa/Kupa, ist nicht nur unbegründet, sondern auch historisch nicht möglich.368 Die von Cotta angegriffenen Segestani sind mit gutem Grund als Bevölkerung im mittleren Isonzo-Bereich und Ostfriaul zu sehen. Dem entspricht die Nennung eines zugrunde gegangenen karnischen Ortes Segesta bei Plin. n. h. 3,131, der sehr wahrscheinlich im Raum des oberen Natisone zu suchen ist, wo die befestigte Siedlung Monte Barda-Roba/San Pietro al Natisone vor dem Übergang in das Isonzotal eine mögliche Lokalisierung bietet. Die kurz darauf einsetzende Revolte der Segestani (App. Ill. 10,30) führte im Jahre 115 zu dem Feldzug des Consuls M. Aemilius Scaurus, der im gleichen Jahr entsprechend über die gallischen Karner triumphierte.369 Das karnische Segesta wurde entweder 119 oder 115 v. Chr. zerstört. Scaurus dürfte das offizielle amicitia-Verhältnis mit dem tauriskischen Verband im Rücken der Karner begründet haben, dessen Zentren Emona/Ljubljana und Celeia/Celje waren und der mit dem vorrömischen Nauportus den Ausgangspunkt der wichtigen Handelswege der Bernsteinstraße und der Save-Route kontrollierte. Der traditionelle Durchgang durch die Julischen Alpen am Mons Ocra (Adelsberger Pforte) war seit dem späten 2. Jahrhundert v. Chr. unter römischer Kontrolle.

363 Plin.

n. h. 3,129 (Zitat aus der Inschrift der Statuenbasis des Tuditanus).

364 Gebirgsregionen

von Gorski Kotar und westlich der Kämme von Velika und Mala Kapela. Liv. per. 59,20; App. b. c. 1,19; Ill. 10; zur Trennung zwischen dem inneralpinen Stammesverband der Japoden (App. Ill. 10,16) und jenem jenseits der Alpen (Ill. 17; 18–21; Westkroatien) mit dem Hauptort Metulum auch Šašel Kos, Appian and Illyricum, 426–430, 432–437.

365 Plin.

n. h. 3,129. Der Dichter Hostius schrieb für ihn das epische Gedicht Bellum Histricum.

366 App.

Ill. 10,30; Plut. Mar. 4; Cic. leg. 3,38–39; Strobel, Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, 45f. Die Textüberlieferung Segestanoi bei App. Ill. 10,30 ist eindeutig.

367 Dies ist der von Strabon aufgrund der zeitgenössischen augusteischen Quellen verwendete Ortsname (4,6,10; 7,5,2;

7,5,12).

368 Zuletzt

noch vertreten von Šašel Kos, Appian and Illyricum, 329–334; Dzino, Illyricum in Roman Politics, 72f. mit weitreichenden strategischen Spekulationen. App. Ill. 22–24 vermengt beide Orte unter dem Volksnamen Segestanoi bzw. dem Ortsnamen Segestē und spricht deshalb für Segesta gleich Segestica/Siscia von zwei früheren römischen Angriffen, die sich aber realiter auf die Ereignisse von 119 und 115 v. Chr. im Karnergebiet beziehen.

369 Der

Beleg der Triumphalfasten De Galleis Karneis für das Jahr 115 v. Chr. ist eindeutig; dagegen ist die Stelle bei Ps.-Aur. Vict., De viris illustribus 72.7 verderbt; spekulativ ist die Verbesserung zu „Carni (et) Taurisci“.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Dalmater, Issäer und Daorser

Im Gegensatz zu den Liburnern leisteten die Stämme der Dalmater (Delmater) südlich des Flusses Krka den Römern erbitterten und lang anhaltenden Widerstand. Von der Küstenzone zwischen Krka und Cetina sowie im Hinterland von Narona erstreckte sich ihr Gebiet tief in das Dinarische Bergland. Nach Strab. 7,5,5 bewohnten sie 50 befestigte Orte. Sie galten als das zahlenmäßig stärkste Volk der ganzen Region; wichtige Zentralsiedlungen waren Burnum, Andetrium, Tribulium, Petunium, Nareste, Oneum und der Hauptort Delminium (Plin. n. h. 3,22), letzterer in der großen Wallburg von Lib in der Nähe des späteren römischen Municipiums Delminium gelegen. Salona bildete die zentrale Hafenstadt der Region, die sich zum Hauptstützpunkt der römischen Präsenz entwickeln sollte und Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. über eine zahlenmäßig starke Gemeinde niedergelassener römischer Bürger (Conventus civium Romanorum) verfügte. 158 v. Chr. wandten sich die Issäer und die Daorser, die südöstlichen illyrischen Nachbarn der Dalmater, um Hilfe an Rom; der römische Gesandte consularen Ranges wurde von letzteren feindlich empfangen.370 Die römische Antwort erfolgte 156, als der Consul C. Marcius Figulus mit seinem Heer von Narona aus eine Feldzugskampagne führte, die ihm aber letztlich einen Misserfolg bescherte. Erst P. Cornelius Scipio Nasica konnte 155 in einem Vernichtungsfeldzug ins Binnenland den dalmatischen Hauptort Delminium einnehmen; er feierte einen Triumph über die Dalmater. Als die illyrischen Ardiaier und Pleraier durch Seeraub wieder die Sicherheit in der südlichen Adria in Frage stellten, wurden sie 135 v. Chr. durch den Consul Ser. Fulvius Flaccus besiegt und die Ardiaier ins Binnenland umgesiedelt (App. Ill. 10,29; Liv. per. 56; Strab. 7,5,6). 117 v. Chr. führte L. Caecilius Metellus, nach Appian ohne wirklichen Anlass, ein consularisches Heer gegen die Dalmater und feierte, mit reicher Beute heimgekehrt, erneut einen Triumph über die Dalmater.371 Nachdem die Dalmater den Bürgerkrieg in Italien zur Einnahme von Salona genutzt hatten, wurde 78 der Ex-Praetor C. Cosconius mit einem proconsularen Imperium entsandt, der Salona zurückeroberte und einen zweijährigen Feldzug gegen die Dalmater führte.372 Die Einrichtung der provincia in Illyrico durch Rom

Während man bisher die östliche Adriaküste mit ihrem Hinterland im Kriegsfalle als zeitlich beschränktes Aufgabengebiet einem Imperiumsträger übertragen hatte (provincia im eigentlichen Sinne), wurde durch die Lex Vatinia des Jahres 59 v. Chr.,373 in der die Provinzen Gallia Cisalpina und Illyricum für fünf Jahre Caesar als Proconsul übertragen wurden, die formale Einrichtung einer provincia in Illyrico als territorial-administrativ definiertes Provinzgebiet vollzogen. Als dessen Definition entlang der adriatischen Küstenlinie dienten offenkundig im Norden das römische

370 Vgl.

zu den Vorgängen 158 – 155 v. Chr. Pol. 32,9,12–13; Liv. per. 47.48; App. Ill. 11,31–32; Strab. 7,5,5; Front. strat. 3,6,2.

371 App.

Ill. 11,33; Liv. per. 62; Dzino, Illyricum in Roman Politics, 67.

372 Brennan,

The Praetorship in the Roman Republic, 424f.

373 Vgl.

etwa Canfora, Caesar, 98f.; auch Dzino, Illyricum in Roman Politics, 84, allerdings ebd., 81–83, vielfach überholt und unrichtig.

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Istrien sowie die Julischen Alpen und im Süden die Grenze der Provinz Macedonia, d. h. das Gebiet zwischen Tarsatica und Lissos mit den vorgelagerten Inseln. Es ist mit gutem Grund davon auszugehen, dass Caesar 60/59 einen Eroberungsfeldzug im Bereich der dalmatischen Küstenzone und ihres Hinterlandes sowie sehr wahrscheinlich bereits darüber hinaus über die Save-Region zur Donau geplant hatte, was die Skordisker als Gegner Roms auf dem Balkan ausschalten und den Anschluss an die Provinz Macedonia bringen sollte. Es war für ihn innenpolitisch überlebenswichtig, sich durch militärische Erfolge neben Pompeius stellen zu können. Nachdem Caesar aber zusätzlich die Provinz Gallia Transalpina durch Senatsbeschluss erhalten hatte, richtete sich sein Interesse sofort auf das für einen römischen Feldherrn wesentlich ehrenvollere und einträglichere Gallien, wo er eine zentrale Machtposition für seine innenpolitischen Ziele aufbauen und als Galliersieger höchsten Ruhm erlangen konnte. Die Provinz Illyricum unter Caesar

Caesar dürfte bereits als diplomatische Vorbereitung für einen Illyrienkrieg zur Flankensicherung, dann aber auch zur Absicherung Oberitaliens während der Feldzüge in Gallien die Beziehungen zu dem wohl seit 115 v. Chr. in einem Amicitia-Verhältnis zu Rom stehenden Regnum Noricum vertieft haben. Neben seinem Kerngebiet in Nordslowenien mit dem Zentrum Celeia/Celje und dem nun eine römische Händlerpräsenz aufweisenden vorrömischen Emona/Ljubljana kontrollierte es im Norden auch das Gebiet zwischen den östlichen karnischen Alpen bzw. den Karawanken und dem Alpenhauptkamm der Tauern nach Osten hin bis zum Gebirgszug der Koralpe und dem Bacherngebirge (Pohorje).374 Zudem lief über das Gebilde des Regnum Noricum der Import von Waffenstahl aus den hochwertigen Erzlagern im südlichen Burgenland (Oberpullendorfer Revier) wie auch aus Zentralslowenien, der für die umfangreichen Rüstungen Roms seit den 80er Jahren in großem Umfang benötigt wurde. Man kann in den 50er Jahren von einem Foedus ausgehen, in dessen Folge sich das Regnum Noricum zu einem römischen Vasallenstaat mit einer privilegierten Präsenz italischer Handelshäuser entwickelte. Denn für die enorme Aufrüstung Caesars während der Eroberung Galliens und dann während des Bürgerkrieges kann von einer weiteren Vertiefung der Einbindung des Regnum Noricum in das direkte Vorfeld der römischen Herrschaft ausgegangen werden, wie die Gründung von Iulium Carnicum vor dem Plöckenpass und Forum Iulii vor dem Übergang ins Isonzotal und damit zum Predil- und Wurzenpass nach der Eroberung des Karnergebietes von der oberen Piave bis zum Gebiet von Aquileia zeigen. In Folge dieses Vertrages wurde Caesar im Bürgerkrieg durch die Entsendung eines Korps von 300 Mann Adelskavallerie von Seiten eines namentlich nicht genannten rex Noricus im Jahre 49 unterstützt (Caes. b. c. 1,18,5); die Truppe dürfte längere Zeit Teil des Heeres Caesars geblieben sein und bei ihrer Rückkehr wohl zu einem weiteren Romanisierungsschub geführt haben. Neue archäologische Funde im Zollfeld in Mittelkärnten375 belegen nun, dass hier bereits in den 50er Jahren eine erste Niederlasung italischer 374 Vgl.

Strobel, Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, 28–152; ders., Die Entwicklung der Beziehungen.

375 Dolenz/Schindler

Kaudelka, Rivenimenti da una catastrofe (Zeitansatz auf ca. 60 – 40 v. Chr. zu korrigieren; Material LT D2a und caesarisch-vormagdalensbergzeitlich). Zeitgleiche römische Importe aus dem Kontext einer

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Händler entstand und damit die Erschließung der Kärntner Erzreviere im Görtschitz- und Lavanttal begann, deren Stahl auf direktem Wege nach Italien geliefert werden konnte. Im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Balkanpolitik durch Caesar 45/44 v. Chr., den großangelegten Rüstungen der Triumvirn 44/43, spätestens jedoch nach 40 v. Chr, als die massive Aufrüstung Caesars des Sohnes begann, dürfte das Regnum Noricum endgültig in den Status eines abhängigen Klientelstaates geraten sein. Bereits um 50 v. Chr. waren diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen durch Caesar über das Regnum Noricum hinaus entlang der Bernsteinstraße geknüpft, wie die Niederlassung römischer Händler in der spätlatènezeitlichen Großsiedlung Vindobona (Wien) und im großen Oppidum von Bratislava, dem Zentralort der voraugusteischen Civitas Boiorum (Wiener Becken, Neusiedler See/Nordburgenland, Weinviertel, Mähren, Südwestslowakei) zeigt, wo nun auch italische und istrische Importgüter zuströmten.376 In der neuen Provinz Illyricum selbst war Caesar kaum aktiv; im März empfing er eine Gesandtschaft von Tragurion, einer Kolonie von Issa, wobei es um die Bereinigung von Streitfragen hinsichtlich von Schifffahrt und Handel zwischen Issa, Tragurion und Iader gegangen zu sein scheint.377 Der Status von amicitia und libertas der Issäer wurde bestätigt. Zur Klärung entsandte Caesar seinen Legaten Q. Numerius Rufus nach Issa (CIL 3, 3078). Im Frühjahr 54 begab sich Caesar selbst wegen kriegerischer Unternehmungen der Pirusten im Vorfeld der Provinz sehr wahrscheinlich nach Salona und ordnete die Mobilisierung der römischen Bundesgenossen an, worauf die Pirusten ihm Geiseln stellten (Caes. b. G. 5,1,5–8). Auf den plötzlichen Überfall der außerhalb der Südostalpen lebenden Japoden auf das Gebiet von Tergeste/Triest im Sommer 52 antwortete Caesar 51/50 v. Chr. mit der Annexion des Karnergebietes an der Ostflanke der Gallia Cisalpina, mit der Gründung von Forum Iulii/Cividale, der Stationierung einer Legion in Aquileia und der Einrichtung einer römischen Colonia in Tergeste.378 Das Gebiet des Karst-Hinterlandes von Tergeste wurde mit seiner Bevölkerung der Colonia attribuiert, während das Vipava-Tal und der Durchgang durch die Julischen Alpen Aquileia zugeschlagen wurde. Die römische Kontrolle aus der Gallia Cisalpina heraus war bis Nauportus und den Beginn des Laibacher Moores ausgeweitet. Caesars indirektes Eingreifen im mitteldalmatischen Küstenraum 50 v. Chr., wo die Dalmater Promona, die Grenzfestung der Liburner, besetzt hatten, brachte keinen Erfolg; die von ihm entsandten Aufgebote der römischen Bundesgenossen wurden vernichtend geschlagen (App. Ill. 12,34). Caesar selbst war jedoch durch den sich abzeichnenden Bürgerkrieg gebunden. Mit dem

Eisenverhüttung im Lavanttal. Vgl. Strobel, Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, 69–75. 376 Strobel,

Die Boii – ein Volk oder nur ein Name?; Adler-Wölfl/Mosser, Die spätkeltisch-römische Siedlung am Rochusmarkt in Wien; diess., Archäologie am Rochusmarkt; Adler-Wölfl, Frührömische Funde aus Wien; Strobel, L’età augustea nelle Alpi orientali; ders., Die Boii – Ein Volk oder nur ein Name?, 59. Zum Oppidum von Bratislava oben Anm. 354.

377 RGDA

24; Caes. b. G. 2,35; 3,7.

378 Caes.

b. G. 8,24,3; App. Ill. 18,52; Strobel, Augustus und die Annexion des Alpenbogens, 445f., 451f. Vgl. auch Šašel Kos, Caesar, Illyricum and the Hinterland of Aquileia; entgegen der von Šašel Kos wiederholt vorgetragenen, aber unbegründet bleibenden These ist jedoch Emona nicht bereits unter Caesar römisch und auch nicht schon 33 v. Chr. Colonia; vgl. u. Kap. 2.3.4.

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Vom ersten Vom ersten Ausgreifen Ausgreifen Roms Roms auf den aufBalkanraum den Balkanraum bis zurbis Schlacht zur Schlacht von Philippi von Philippi (42. v. Chr.)

Bürgerkrieg wurde auch die mittlere Adria 49 – 47 v. Chr. zum Kriegsschauplatz.379 Salona, Iader und die meisten liburnischen Gemeinden standen auf der Seite Caesars, Issa mit seinen Kolonien und die Dalmater erklärten sich für Pompeius. Die caesarische Flotte unter C. Antonius und P. Cornelius Dolabella unterlag M. Octavius und L. Scribonius Libo, den Admirälen des Pompeius; C. Antonius wurde auf der Insel Curicum (Krk) zur Kapitulation gezwungen, allerdings scheiterte M. Octavius bei der Belagerung von Salona, die er nach Caesars Sieg bei Pharsalos abbrechen musste. 48 v. Chr. hatte Caesar Q. Cornificius als Quaestor pro praetore mit zwei Legionen nach Illyricum entsandt, wo es zu schweren Kämpfen mit M. Octavius und den Dalmatern kam. Als A. Gabinius nach Pharsalos 15 kürzlich in Italien ausgehobene Kohorten und 3.000 Reiter über Iader heranführte, konnte er Salona gegen die Belagerung durch Octavius unterstützen, wurde aber von den Dalmatern in einem Hinterhalt angegriffen, und seine Truppen wurden schließlich im Winter 48/47 fast aufgerieben, die Feldzeichen gingen verloren; er selbst starb in Salona an seiner Verwundung. P. Vatinius, Consul 47 v. Chr., konnte in der 1. Hälfte dieses Jahres die republikanische Flotte des M. Octavius besiegen und aus der Adria vertreiben. Dessen Hauptbasis Issa kapitulierte und verlor ihre bisherige bedeutende Stellung. Cornificius hatte Illyricum halten können. 46 wurde P. Sulpicius Rufus sein Nachfolger, dessen militärische Erfolge gegen die Dalmater mit einer Supplicatio gefeiert wurden (Cic. fam. 13,77). Nach Caesars Rückkehr aus Africa nach Rom bemühten sich die Dalmater 46/45 um eine Verständigung und erklärten sich bereit, Geiseln zu stellen und Tribut zu leisten (App. Ill. 13,37–38). Als Statthalter in Illyricum setzte Caesar 45 v. Chr. P. Vatinius380 ein, der mit einem Heer von drei Legionen und Auxiliarreiterei in der Provinz erschien und die römische Herrschaft wieder herstellte, wobei er tief ins dalmatische Hinterland vordrang und mehrere Oppida einnahm; seine Hauptbasis bildete Narona. Jedoch erhoben sich die Dalmater nach der Ermordung Caesars erneut und vernichteten ein römisches Korps von fünf Kohorten unter dem Legaten Baebius, worauf sich Vatinius nach Dyrrhachium zurückziehen musste. Sein Vorgehen gegen Brutus scheiterte, als 43 seine Soldaten zu diesem überliefen. Dennoch feierte Vatinius 42 v. Chr. seinen Triumph ex Illyrico. Die Provinz Illyricum unter den Caesarmördern und nach der Schlacht von Philippi

Als M. Iunius Brutus mit seinem Heer im Sommer 43 von Kleinasien nach Thrakien gezogen war, hatte ihm die Witwe des ermordeten Astäerkönigs Sadalas dessen Schatz ausgehändigt (App. b. c. 4,319f.). Der Sapäerkönig Rhaiskuporis schloss sich ihm an.381 Nur die Besser leisteten ihm Widerstand und mussten unterworfen werden (Cass. Dio 47,25,2). Rhaiskuporis ging aber schon in der Schlacht von Philippi zu den Triumvirn über. 44/43 v. Chr. hatte Brutus die Parthiner und Ardiaier auf der Seite der Caesarmörder verpflichtet, was ihre Bestrafung durch M. Antonius im Jahre 39 zur Folge hatte; dies führte wiederum zu einem Aufstand, den C. Asinius Pollio, Proconsul 379 Vgl.

hierzu Cic. Att. 11,17(16); App. Ill. 12,35–36; 25,71; b. c. 2,47,191; Caes. b. c. 3,9; B. Alex. 42–47; B. Afr. 10,2; Suet. Iul. 36; Flor. 2,13,30–34; Plut. Ant. 7,1; Cass. Dio 41,40–41; 42,11.

380 App.

Ill. 13,38–39; Cass. Dio 47,21,6; Cic. Phil. 10,10–13; fam. 5,9–11; Vell. 2,69,3–4.

381 App.

b. c. 4,369,431–438; Cass. Dio 47,25,2; PIR2 R 58.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Makedoniens 40 – 39, im Auftrag des Antonius niederschlug, während dieser selbst gegen die Ardiaier vorging (App. b. c. 5,320; Cass. Dio 48,41,6–7). In der Folge ging Asinius Pollio massiv gegen die Dalmater vor; im Oktober 39 feierte er den Triumph über die Parthiner.382 Mit der Kriegsbeute errichtete Asinius Pollio das Atrium Libertatis und die erste öffentliche Bibliothek in Rom (Suet. Aug. 29,5; Plin. n. h. 7,115; 35,10). L. Marcius Censorinus war von Antonius nach dem Sieg von Philippi 42 als Proconsul in Makedonien eingesetzt worden, wo er bis 40 v. Chr. residierte und im Jahre 39 einen Triumph ex Macedonia feierte (App. b. c. 5,320; PIR2 M 223). Er hatte die Aufgabe, die Provinz und ihre Grenzen wieder zu stabilisieren, wobei er erfolgreich gegen die bisher noch immer nicht endgültig niedergerungenen Dardaner vorging.

382 App.

242

b. c. 5,75,320; Flor. 2,25,10; Hor. carm. 2,1,12.15–16; PIR2 A 1241.

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Vom Illyrienkrieg Caesars des Sohnes bis zum Tode Neros

2.3

 OM ILLYRIENKRIEG CAESARS DES SOHNES V BIS ZUM TODE NEROS

2 .3 .1 Der Illyrienkrieg Caesars des Sohnes (35 – 33 v. Chr.) Nach der Ermordung Caesars an den Iden des März 44 erwuchs der Partei der Caesarianer durch Caesars testamentarische Adoption seines jungen Großneffen C. Octavius, des späteren Augustus, neben M. Antonius und zuerst in heftiger gegenseitiger Konkurrenz eine zweite Führungspersönlichkeit. C. Iulius Caesar Divi filius, der Sohn des Vergöttlichten Iulius Caesar, wie er sich nun nannte – seine innenpolitischen Gegnern gebrauchten, um die mangelnde leibliche Abstammung hervorzuheben, den Namen Octavianus. Er einigte sich in der Konferenz von Bononia (Bologna) mit Antonius und Lepidus auf die Bildung des Triumvirats, das sich durch ein Ermächtigungsgesetz uneingeschränkte Vollmachten geben ließ und die blutige Verfolgung ihrer Gegner in den Proscriptionen einleitete (Lex Titia, 27.11.43 v. Chr.). Am 23.10.42 wurde die Partei der Caesarmörder unter der Führung von Brutus und Cassius bei Philippi besiegt, ein Erfolg, der im Wesentlichen der Feldherrnqualität des Antonius zu verdanken war. Anfang 40 v. Chr. versuchte L. Antonius, der Bruder des Triumvirn, Caesar den Sohn in Italien zu stürzen, was zum Perusinischen Krieg (Perugia) und zur drohenden Konfrontation mit Antonius führte. Nach dem Ende des Perusinischen Krieges und dem Vertrag von Brundisium (Brindisi) mit Antonius im Herbst 40 v. Chr. sowie nach dem Sieg über Sextus Pompeius im Jahre 36 richtete sich die Politik Caesars des Sohnes auf den Gewinn persönlichen militärischen Prestiges durch einen Sieg über äußere Feinde und eine Erweiterung des Imperium Romanum. Ziel war die Wiederaufnahme der Eroberungspolitik Caesars in der Provinz Illyricum.383 Zugleich konnte damit die Position gegenüber der zu Antonius gehörenden Provinz Macedonia und den von Antonius kontrollierten Häfen von Apollonia, also Aulon (Vlorë) und Dyrrhachium (Durrës) gestärkt werden. Als Vorbereitung des im Jahre 35 v. Chr. eröffneten Illyrienkrieges wurde schon zuvor in Nauportus (Vrhnika) am Fluss Ljubljanica eine stark befestigte logistische Basis errichtet. Der erste Eroberungsfeldzug des Jahres 35 führte die Save hinab zur Unterwerfung der pannonischen Stämme beiderseits des Flusses und der tauriskischen Gebiete in Zentralslowenien und Nordkroatien, um die Donaulinie zwischen Drau- und Savemündung zu erreichen. Dazu wurde die gesamte Verkehrslinie von Nauportus über die Ljubljanica zur Save besetzt. Die Save bildete die zentrale Nachschublinie für die römischen Operationen. Das gesamte karnische Isonzo- und Idrijica-Gebiet mit den Gebirgstälern der oberen Save wurde erobert, befestigte Höhensiedlungen erstürmt oder geräumt. Auch die japodischen und tauriskischen Gebiete in Südwestslowenien wurden teils unter

383 App.

Ill. 15,45–17,49; 18,52–28,83; Cass. Dio 49,35–38; 43,8; Vell. 2.78,2. Strobel, Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, 50–56; ders., Die Entwicklung der Beziehungen; Istenič u. a. (Hgg.), Evidence of the Roman Army in Slovenia; Horvat (Hg.), The Roman Army between the Alps and the Adriatic; zu Nauportus ebd., 46–48, 104f.; Vojaković u. a., Late Republican Nauportus; Horvat u. a., The Port Area of Nauportus; zu Caesars Politik Kap. 2.2.5, Abschnitt: Die Provinz Illyricum unter Caesar; zu Appians Darstellung Šašel Kos, Appian and Illyricum, 393–471; zu Emona (Ljubljana) Ferle (Hg.), Emona. A City of the Empire; Gaspari, Prazgodvinska in rimska Emona; Vicić/Zupanek (Hgg.), Emona MM. Urbanisation of Space.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Kämpfen besetzt, ebenso die Gebiete der Colapiani um die obere und mittlere Kupa. Das Königreich Noricum (regnum Noricum) musste das Laibacher Becken, wo in Emona eine Militärbasis an der strategisch zentralen Laibacher Pforte entstand, die Gebiete an der oberen Save und um die obere Krka abtreten. Südlich der Karawanken blieb nur der Raum um das bisherige politische und wirtschaftliche Zentrum des Vasallenstaates in Celeia (Celje) ausgenommen. Während alle Gebiete bis Nauportus an Oberitalien angeschlossen und dort bald auch römische Legionäre rekrutiert wurden, inkorporierte man die anderen Gebiete in die Provinz Illyricum. Gegen die transalpinen Japoden wandte sich Caesar der Sohn selbst, wo er bei der Erstürmung von Metulum,384 des Hauptortes der transalpinen Japoden, auf hartnäckigen Widerstand traf, wobei er selbst leicht verwundet wurde und sich damit als Soldat unter Kameraden darstellen konnte. Der Kampf endete in einem Gemetzel, in dem die Japoden sich und ihre Familien töteten. Ein Aufstand der japodischen Posener wurde brutal erstickt. Der anschließende Feldzug des Jahres 35 v. Chr. zur Unterwerfung der Stämme der Pannonier zwischen unterer Drau und Save sowie im nördlichen Bosnien fand seinen Höhepunkt in der Belagerung und Erstürmung von Segestica (Sisak), bei der auch die neu erbaute Save-Flussflotte eingesetzt wurde. Nach der Erstürmung von Segestica wurden in einem abgetrennten Teil der Siedlung das Militärlager Siscia eingerichtet und dort 25 Kohorten unter Fufius Geminus stationiert (Cass. Dio 49,38,1–3). Siscia war nun die zentrale römische Basis zur Beherrschung der Savelinie und für die römische Logistik im ganzen Raum.385 Eine weitere römische Basis wurde anschließend in Sirmium (Sremska Mitrovica) errichtet, von wo bereits das Skordiskergebiet in Syrmien/Srem kontrolliert werden konnte. Zugleich beseitigte die römische Seeflotte die letzten Reste der Piraterie an der Ostküste der Adria, wobei die Tötung der Jungmannschaften und Verkauf der restlichen Bevölkerung in die Sklaverei der Abschreckung dienten. Nachdem im Frühjahr 34 v. Chr. eine Erhebung der Segesticaner von den örtlichen Truppen rasch niedergeschlagen werden konnte, eröffnete M. Vipsanius Agrippa den Feldzug gegen die Dalmater, die sich erneut in den Besitz von Promona gesetzt hatten; Caesar der Sohn, der im Frühjahr wegen der Unruhen in Pannonien nach Illyricum gekommen war, stieß von Norden kommend zu Agrippa vor Promona. Nach dem Fall der Stadt führte der Feldzug ins Innere des Dalmatergebietes, wo in einem Verwüstungsfeldzug schließlich die stark befestigte Höhensiedlung Setovia erreicht wurde, bei deren Belagerung Caesar der Sohn erneut leicht verwundet wurde und anschließend nach Rom zurückkehrte. Den Oberbefehl übernahm T. Statilius Taurus (PIR2 S 853). Bereits Anfang 33 v. Chr. kehrte Caesar der Sohn nach Dalmatien zurück, wo sich die erschöpften Stämme unterwarfen, Geiseln stellten, den Tribut nachzahlten und die erbeuteten Feldzeichen herausgaben. Angesichts der römischen Militärmacht von bis zu 12 Legionen und rund 60.000 Mann, die in mehreren Kolonnen operierten, haben zahlreiche Stämme ohne Kampfhandlungen die förmliche

384 Nicht

korrekt App. Ill. 19,54, die Einwohner hätten sich mit Kriegsmaschinen verteidigt, die von D. Iunius Brutus Albinus stammen würden; dieser wurde aber auf der Flucht von Antonius noch in Gallien getötet (Liv. per. 120; Vell. 2,64,1; App. b. c. 3,400 – 409); anders Dzino, Illyricum in Roman Politics, 109; Šašel Kos, The Death of Decimus Brutus

385 Zu

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Siscia Radman-Livaja, Siscia as a Roman Military Stronghold; Drnić (Hg.), Segestica and Siscia.

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Vom Illyrienkrieg Caesars des Sohnesbis zum Tode Neros

Unterwerfung (deditio) angeboten und die römische Herrschaft anerkannt, so auch die Daesidiaten in Zentralbosnien. Die römische Provinz Illyricum unter einem proconsularen Statthalter war nun auf einen Raum von Slowenien jenseits der Julischen Alpen mit Ausnahme der Zentralregion des regnum Noricum (Celeia – Marburger Becken – Poetovio) über Zentral- und Südkroatien, Slawonien, Südwestbosnien, Herzegowina und die nördlichen Teile Illyriens (Daorser, Pirusten, Ardiaier) ausgedehnt. Eine Durchdringung des Raumes hatte noch nicht stattgefunden, ebenso wenig die Einrichtung einer direkten, administrativ organisierten römischen Herrschaft.

2.3 .2 D  ie Feldzüge des Licinius Crassus an der unteren Donau (30 – 27 v. Chr.) Die versuchte Einmischung getischer Dynasten in das Geschehen der Bürgerkriege auf Seiten des Antonius sowie die bereits von Caesar gesehene Bedrohung der römischen Position auf dem Balkan ließen Caesar den Sohn nach dem Sieg von Actium am 2.9.31 über Antonius und Kleopatra VII. den Plan fassen,386 eine gesicherte römische Kontrolle im Vorfeld der Provinz Macedonia bis zur Donau zu schaffen. Wie Pompeius 49/48 und die Caesarmörder 44 – 42 v. Chr. suchten auch Antonius und Caesar der Sohn Bundesgenossen im Raum der unteren Donau für sich zu gewinnen. Während Antonius mit dem Getenkönig Dicomes diplomatische Beziehungen unterhielt (Plut. Ant. 63, 4), nahm Caesar der Sohn im Gegenzug solche Beziehungen mit dem Getenkönig (rex Getarum) Coso auf, mit dem er sogar über eine gegenseitige Heiratsverbindung verhandelt haben soll, wie die Propaganda des Antonius verbreitete.387 Mit der Aufgabe, die Situation im Vorfeld des römischen Makedonien nachhaltig im Sinne der Errichtung einer effektiven römischen Beherrschung zu bereinigen, entsandte Caesar der Sohn seinen Mitconsul des Jahres 30, M. Licinius Crassus, der sein Consulat zum 30. Juni 30 v. Chr. niederlegte, um anschließend als Proconsul von Macedonia mit Aufsicht über ganz Griechenland (die Provinz Achaia wurde erst 27 v. Chr. formell eingerichtet) das Kommando über das in Makedonien und Epirus stehende Heer von mindestens vier, wahrscheinlich fünf Legionen (IIII Scythica, V Gallica, V Urbana/Macedonica, XII Fulminata, X Fretensis)388 zu übernehmen.389 Caesar der Sohn selbst marschierte auf dem Landwege nach Ägypten, wo er Alexandria am 1. August 30 v. Chr. einnahm. 386 Die

Dakergefahr wurde entsprechend propagandistisch aufgebaut; vgl. Verg. georg. 2,497; Hor. sat. 2,6,53; carm. 3,6,13–16. Segestica/Siscia wurde als logistische Basis für einen Krieg gegen die Daker im Ostteil des Karpatenbeckens propagiert (Strab. 7,5,2).

387 Suet.

Aug. 63,2; die Textgestalt cosoni in den Codd. M, G, V und X ist eindeutig, die Konjektur cotisoni unnötig; vgl. jetzt auch Mitthof, Vexatissimi nummi, 137. Unpräzise Cass. Dio 51,22,8, wonach die auf beiden Seiten des Istros wohnenden Daker gleich Geten zu Caesar dem Sohn Gesandte geschickt hätten und, als ihre Bitten nicht erfüllt wurden, zu Antonius übergegangen seien; Dicomes und Coso sind hier vermengt.

388 Strobel, Die Legionen des Augustus. In Achaia standen 31/30 v. Chr. mehrere frühere Legionen des Antonius, um

neu formiert zu werden.

389 Hor.

carm. 3,8,18; Cass. Dio 51,23,2–27,3; Liv. per. 134.135; Flor. 2,26; 28,1; vgl. ILS 8810 (Huldigung der Athener an den Proconsul nach seiner vom Senat nicht anerkannten imperatorischen Akklamation durch das Heer nach dem Sieg über die Bastarner); Groag, Licinius (Crassus) Nr. 58; PIR2 L 186; Bleicken, Augustus, 310–315,

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Sehr wahrscheinlich 31 v. Chr., als die römischen Heere im Bürgerkrieg gebunden waren, und nicht erst 30, wie meist angenommen, hatte ein bastarnischer Heeres- und Wanderzug unter König Delon die Donau überschritten, die im mittleren Moesien lebenden Stämme sowie die nördlichen Teile der Dardaner besiegt und war 30/29 bis in das Gebiet der Dentheleten, die an die römische Provinz grenzten, vorgedrungen. Auch Kriegerverbände, sehr wahrscheinlich aus den Walachischen Ebenen und der Moldau, die nun in der römischen Diktion summarisch als Daker bezeichnet werden, erschienen bereits Anfang 30 auf dem Kriegsschauplatz südlich der Donau.390 Crassus hatte seine Provinz zwar sicher noch im Spätsommer 30 übernommen, die Eröffnung militärischer Operationen war aber in diesem Jahre nicht mehr zu erwarten. Der Vorstoß der Bastarner und der Hilferuf des Königs der Dentheleten an Rom boten Crassus in der 1. Hälfte des Jahres 29 die Rechtfertigung und den Anlass, aber auch die politische und strategische Notwendigkeit zum sofortigen Eingreifen. Crassus hatte, wie oben dargelegt, mindestens vier, eher fünf Legionen unter seinem Kommando. Seine Feldzüge waren nur durch ein Winterlager unterbrochen; sie fallen also ausschließlich in die Jahre 29 und 28 v. Chr. Im Jahre 29 schlug er die Bastarner, die völlig aufgerieben wurden, und die mit ihnen verbündeten Daker vernichtend. Dann begann er mit der Unterwerfung der moesischen Stämme zwischen Haemusgebirge und Donau. Schon im Jahre 29 wurden gefangene Daker bei den Gladiatorenspielen in Rom anlässlich der Einweihung des Tempels des Divus Iulius (18.8.29 v. Chr.) vorgeführt. Der Getenkönig Rholes leistete Crassus bei dessen erstem Feldzug gegen die Bastarner Waffenhilfe und wurde bei einem späteren Besuch in Rom von Augustus als „Freund und Verbündeter des römischen Volkes“ (amicus et socius populi Romani) bestätigt.391 Nähere Angaben zu seinem Herrschaftsbereich lassen sich nicht machen. Einen erneuten Vorstoß von Dakern und Bastarnern über die vereiste Donau im Winter 29/28 v. Chr., der bis ins obere Strymon-Gebiet vorgedrungen war,392 vernichtete Crassus im Frühjahr 28. Die Vernichtung des Heeres des dakischen Teilkönigs Cotiso dürfte sich bei diesen Kämpfen des Jahres 28 ereignet haben.393 In Cotiso ist der König eines norddanuvischen Herrschaftsverbandes 723f.: Mócsy, Der vertuschte Dakerkrieg des M. Licinius Crassus; Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, bes. 473–475. 390 Hor.

sat. 2.6,53; die Datierung ergibt sich aus den Versen 55f., wo die nach der Schlacht von Actium anstehende, aber noch nicht vollzogene Veteranenansiedlung erwähnt ist. Um die nach Actium entlassenen Veteranen zu beruhigen, hatte Caesar der Sohn mitten im Winter 31/30 v. Chr. nach Rom zurückkehren müssen, um die entsprechenden Anordnungen zu erlassen; im Frühjahr 30 begann er in Kleinasien den Marsch auf Ägypten (Suet. Aug. 17,3; Cass. Dio 51,4,2–5,1; RGDA 16,1–2).

391 Cass.

Dio 51,24,6–7. Unhaltbar die These von Lica, The Coming of Rome in the Dacian World, 138f., Rholes sei bei seinem Besuch in Rom für seine Verdienste zum persönlichen „verbündeten König und Freund“ (rex socius et amicus) Octavians (sic!) erhoben worden, nicht aber zum amicus et socius populi Romani.

392 Cass.

Dio 51,25,2–3; Flor. 2,28. Die Bastarner waren nach ihren schweren Verlusten im Vorjahr entgegen der Darstellung bei Cassius Dio sicher nicht die einzigen, wahrscheinlich nicht einmal die hauptsächlichen Gegner des Crassus. Die Siege gegen die Daker wurden in der Überlieferung offenkundig unterdrückt, die eine Tendenz zur Schmälerung der Erfolge des Crassus zeigt.

393 Hor.

carm. 3,8,18: „occidit Daci Cotisonis agmen“ (Übersetzung W. Richter: „Tot ist das Heer des Dakers Cotiso“); Flor. 2,28,18.

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zu sehen (Flor. 2,28,18); eine genauere Lokalisierung ist nicht möglich. Er war einer der drei unter Augustus mit ihren Heeren vernichteten duces Dacorum (Suet. Aug. 21,1). Bastarner und Daker wurden zum Frieden und zur Annahme der von Crassus diktierten Bedingungen gezwungen. Anschließend operierten die römischen Truppen in Zentralthrakien, wo Serden, Maeder und Besser sowie die übrigen Gebiete des Raumes mit Ausnahme des Territoriums des mit Rom verbündeten Odrysenreiches als Vasallenstaat unterworfen wurden. Eine nochmalige Erhebung der Moeser wurde niedergeschlagen. Das Eingreifen in die innergetischen Auseinandersetzungen in der Dobrudscha zwischen Rholes und dem Getenkönig Dapyx brachte weitere Erfolge, so die Rückgewinnung der 62/61 v. Chr. unter Antonius Hybrida verlorenen Feldzeichen bei der Einnahme der befestigten Siedlung Genukla, des an der Donau gelegenen Hauptortes des Getenkönigs Zyraxes, und die erneute und nun endgültige Eingliederung der westpontischen Städte in die Oberherrschaft Roms. Bis 27 v. Chr. hatte Crassus die römische Herrschaft über den gesamten Raum zwischen südlicher Morava, Timok, Donau und Schwarzmeerküste errichtet sowie Zentralthrakien unterworfen, ohne dass man aber sogleich eine direkte römische Beherrschung dieser Gebiete eingerichtet hätte. Das thrakische Königreich südlich des Haemus blieb römischer Vasallenstaat unter den Herrschern Rhoimetalkes I. (31 v. Chr. – vor 12 n. Chr.), Kotys V. (31 – 23 v. Chr.) und Rhaskuporis II. (23/18 – 12 v. Chr.). Nach seiner Abberufung feierte Crassus am 4.7.27 v. Chr. in Rom einen Triumph über Thrakien und die Geten (ex Thraecia et Geteis). Die Niederlegung der Rüstung des eigenhändig getöteten Königs der Bastarner als spolia opima im Tempel des Iupiter Feretrius durch Crassus hat aber Augustus verhindert; derartiger Ruhm konnte einem Mann, der nicht Angehöriger der eigenen Familie war, sondern sogar ein möglicher innenpolitischer Konkurrent hätte werden können, nicht mehr zugestanden werden. Dies war einer der Wendepunkte zwischen Republik und Monarchie. Der Friede mit den Bastarnern wurde durch eine Gesandtschaft, die zu Augustus kam, bestätigt, und die Bastarner wurden damit in ein Vertragsverhältnis zu Rom gebracht (RGDA 31,2).

2.3 .3 Moesia: Vom Militärdistrikt zur Provinz Bei der Aufteilung der Provinzen zwischen der Zuständigkeit des Senates und der zunächst auf 10 Jahre festgelegten Verfügungsgewalt des Augustus in der Form des imperium proconsulare wurden 27 v. Chr. die Provinz Macedonia und die neu eingerichtete Provinz Achaia mit Epirus dem Senat übergeben. Damit stellte sich aber für Augustus das Problem, dass auch das Kommando über die starken, hier stationierten Truppenteile an den Senat gefallen wäre.394 Dies konnte jedoch nicht die Absicht der Neuordnung sein, zumal so einer möglichen senatorischen Opposition zwei große Heeresverbände unmittelbar jenseits der Adria zur Verfügung gestanden hätten, da auch Illyricum eine proconsulare Provinz blieb. In Illyricum wurde das Problem durch die Bestellung enger Vertrauensmänner des Augustus wie P. Silius Nerva gelöst. Wir können deshalb zu Recht annehmen,

394 Vgl.

auch Kienast, Augustus, 89f.; Bleicken, Augustus, 326f., der allerdings das Problem des Heeres in Makedonien nicht diskutiert.

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dass bereits ab dem Jahre 27 v. Chr. für die in Makedonien und in der durch Abkommen zwischenstaatlichen Charakters (foedera) organisierten Randzone der Provinz stehenden Legionen und Auxilien ein eigenes militärisches Kommando für den exercitus in Macedonia (et Thracia?) unterhalb der Ebene der offiziellen proconsularen Provinzadministration und der Kommandogewalt des amtierenden Proconsuln geschaffen wurde, ein System, das wir ähnlich für Africa Proconsularis/ Numidien und bei den germanischen Heeresbezirken kennen. Dieses Kommando des exercitus in Macedonia (et Thracia?) unter einem proprätorischen Legaten des Princeps war für die Kontrolle des Raumes zuständig. Ihm unterstanden die nun jenseits der makedonischen Provinzgrenze stationierten Legionen (Militärbasen in Serdica, Naissus und Stobi). Durch das imperium proconsulare maius des Jahres 23 als die dem Proconsul von Makdonien übergeordnete Kommandogewalt war das Problem entschärft. Dieses regionale Militärkommando wurde während des ersten pannonisch-dalmatischen Krieges (s. u. Kap. 2.3.5) wahrscheinlich schon 13/12 v. Chr. von der makedonischen proconsularen Statthalterschaft gelöst und als administrativ eigenständiger Militärbezirk unter dem Kommando eines legatus Augusti pro praetore in der Folge des Einfalls der Skordisker und Dentheleten 14/13 in die Provinz Macedonia (Cass. Dio 54,20,3) organisiert.395 Der neue Militärdistrikt, dem auch die im Jahre 13 von Tiberius, dem Stief- und späteren Adoptivsohn und Mitregenten (ab 4 n. Chr.) sowie schließlich Nachfolger des Augustus, unterworfenen Skordisker bis zur Drina angegliedert wurden, erhielt den Namen Moesia. Im Zeitraum 15/14 v. Chr. hatte hingegen L. Tarius Rufus, Suffektconsul 16 v. Chr., noch als Proconsul von Macedonia und Achaia siegreich einen Einfall von Sarmaten zweifellos in die Dobrudscha und das östliche Untermoesien über die Donau zurückgeschlagen (Cass. Dio 54,20,3).396 M. Lollius hatte als Proconsul von Macedonia 19/18 v. Chr. die Besser besiegt, als er Rhoimetalkes, dem Onkel und Vormund der Söhne Kotys’ V., zu Hilfe kam (Cass. Dio 54,20,3). Hingegen kann M. (?) Primus, der im Jahre 22 in Rom wegen seines kriegerischen Vorgehens gegen die odrysischen Vasallen, das nicht durch einen Befehl des Augustus gedeckt war, angeklagt und verurteilt wurde, nur als Legat propraetorischen Ranges für den exercitus in Macedonia gesehen werden, nicht aber als Proconsul von Makedonien, da er den Consulat nicht bekleidet hatte (Cass. Dio 54,3,2–4; PIR2 P 946). Wahrscheinlich suchte Primus in die inneren Angelegenheiten des thrakischen Königreiches nach dem Tode des Kotys V. einzugreifen. Seine endgültige feste militärisch-administrative Organisation erhielt der neue Militärdistrikt mit großer Wahrscheinlichkeit 10/9 v. Chr. am Ende des ersten pannonisch-dalmatischen Krieges, als zwei Legionen an die Donau vorverlegt wurden, um die großen Einfallsrouten über die Donau 395 Zur

kontroversen Debatte um die Anfänge des römischen Moesien vgl. Strobel, Zur Geschichte der Legiones V (Macedonica) und VII (Claudia pia fidelis), bes. 523–528; ders., Die Legionen des Augustus, 51–66; ders., Dakien, der Donauraum und Rom; Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, 475–477; Burian, Moesi, Moesia mit Karte.

396 AE

1936, 18 [Bau einer Brücke durch Abteilungen der Legio X Fretensis über den Strymon nahe Amphipolis; die ungewöhnliche Abkürzung PRC PR ist wohl nur zu „pr(o)c(onsule) pr(ovinciae)“ aufzulösen]; Cass. Dio 54,20,3 (Namen verderbt überliefert). Vgl. PIR2 T 19. Der Aufstieg des Mannes aus niedrigen Verhältnissen basierte auf seiner Rolle als Flottenkommandant in der Seeschlacht von Actium.

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abzuriegeln, einmal das untere Moravatal (Raum von Viminacium), zum anderen das Tal des Iskăr (Raum von Oescus). Die Einrichtung einer Provinz Moesia ist, wie wir mit guten Gründen annehmen können, parallel zu der Teilung und Neuorganisation des Illyricum in der Zeit nach dem Ende des von Tiberius niedergeworfenen zweiten großen pannonisch-dalmatischen Aufstandes 9/10 n. Chr. in Angriff genommen worden (s. u. Kap. 2.3.6). Im Jahre 12 n. Chr. ist dann bereits C. Poppaeus Sabinus, Consul ordinarius 9 n. Chr., als Statthalter der in diesem Prozess abschließend eingerichteten Provinz Moesia belegt, eine Funktion, in der ihn Tiberius bis zum Jahre 35 n. Chr. beließ und ihm im Jahre 15 n. Chr. zudem die aus der Zuständigkeit des Senates genommenen Provinzen Macedonia und Achaia übertrug, die nun von diesem Vertrauensmann des Kaisers mitverwaltet wurden.397 Unterstützt wurde Sabinus durch Unterstatthalter praetorischen Ranges, die ebenfalls den Titel eines Legatus pro praetore trugen, aber wie sonst prätorische Legionslegaten dem consularen Statthalter untergeordnet waren. Vermutlich war gerade Sabinus mit der Durchführung dieser organisatorischen Maßnahme der Provinzeinrichtung beauftragt worden.398 Thrakien selbst blieb einschließlich der zugerechneten Gebiete des östlichen Untermoesien jenseits des Flusses Asamus (Osam) und der Dobrudscha unter der Kontrolle der thrakischen Vasallenkönige, die jedoch Ruhe und Sicherheit in der Zone nördlich des Haemus nur begrenzt gewährleisten konnten (Ovid. trist. 3,10,55; 4, 4,59). Die Zuständigkeit für die westpontischen Küstenstädte399 selbst lag hingegen bei den Legaten der neuen Provinz Moesien bzw. südlich des Haemus beim makedonischen Proconsul. Auch unter P. Memmius Regulus, Sabinus’ Nachfolger als legatus Augusti blieb Moesien mit Macedonia und Achaia vereinigt; von seinen Legaten als Unterstatthalter ist nur Martius Macer bekannt (PIR² M 343). 44 n. Chr. gab Kaiser Claudius (41 – 54 n. Chr.) die Provinzen Achaia und Macedonia an den Senat zurück (Cass. Dio 60,24,1; Suet. Claud. 25,1).

2.3 .4 Noricum: Vom Klientelstaat zur Provinz (16 v. Chr.) Das nach dem Illyrienkrieg südlich der Karawanken verbliebene Restgebiet der norischen Nordgruppe der Träger der latènezeitlichen Mokronog-Kultur im Großraum von Celeia war im Gegensatz zum oberen Savegebiet und dem Becken von Emona 35/34 nicht zur Provinz Illyricum 397 Tac. ann. 1,80,1; 6,39,3; PIR2

P 847. C. Poppaeus Sabinus erhielt durch die Förderung des Augustus und vor allem des Tiberius die für einen homo novus außergewöhnliche Ehre eines ordentlichen Consulats im Jahre 9 n. Chr.

398 Dies

erklärt die Aussage App. Illyr. 30, die Tiberius die Errichtung einer Provinzherrschaft in Moesien zuschreibt.

399 Die

Privilegierung Histrias als Civitas libera et immunis, als freier Stadtstaat ohne Abgabenpflicht, galt als zweite Gründung der Stadt (IScM 1, 191); vgl. Avram, Histria; zu Kallatis als Civitas foederata ders., Der Vertrag zwischen Rom und Kallatis; ders., Die „Freiheit“ von Tomis; ders., Le statut juridique des cités grecques. Neben Histria war auch Odessos eine Civitas libera et immunis, Tomis eine Civitas libera et foederata; den Freiheitsstatus erhielt die Stadt nach einem zeitweiligen Verlust von Hadrian zurück. Unklar ist der genaue Status von Dionysopolis. Avram hält ohne ausreichende Argumente an seiner These fest, dass erst die Sondermission des P. Vinicius 3/2 v. Chr. (unten Anm. 417) den Beginn der römischen Herrschaft über die pontischen Schwarzmeerstädte bedeutet hätte; auch die erneute Vermutung einer praefectura orae maritimae im Pontus als Organisationsform dieser Herrschaft ist abzulehnen. Die Territorien der Städte Mesambria, Anchialos und Apollonia, die weiterhin unter der Aufsicht des makedonischen Statthalters standen, waren formalrechtlich bis 46 n. Chr. ein Teil der Strategien (Bezirke) des thrakischen Vasallenreiches (IGBulg I2 378; 402; II 743; vgl. IGBulg I2 399).

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gekommen und wurde so 16 v. Chr. Teil der neuen römischen provincia in regno Norico. Seit 35 v. Chr. verstärkte sich zweifellos die römische Präsenz und Kontrolle im verbleibenden Teil des regnum Noricum südlich des Alpenhauptkammes mit seinem traditionellen Zentrum Celeia (Celje). Wohl als Reaktion auf den römischen Druck wurde der Magdalensberggipfel in Zentralkärnten als neuer zweiter Zentralort ausgebaut, wobei der ältere, auf die Frühhallstattzeit zurückgehende Ringwall erneuert und 30/20 v. Chr. vorgelagerte Annexwälle zum bestehenden Wall in Angriff genommen wurden.400 Von hier war der Zugang zu den Kärntner Eisenerzlagern mit ihrem natürlichen Mangananteil zu kontrollieren. Die Anbindung an Celeia war über Unterkärnten und den Raum Bleiburg gegeben. Eine solche Wiederbesetzung älterer Höhenbefestigungen findet sich im 2./1. Jahrhundert v. Chr. ebenso in vielen Orten Sloweniens. Auf dem Plateau am Südhang des Magdalensberges war, nachdem die frühe italische Händlerniederlassung bei Willersdorf/St. Michael von einem Hochwasser zerstört worden war, seit ca. 40 v. Chr. in staatlicher römischer Initiative ein groß ausgelegter Handelsplatz (forum mercantile) aufgebaut worden. Die Handelshäuser aus Aquileia waren durch ihre Agenten, Freigelassene mit Prokura und geschäftsfähige Sklaven mit Peculium, präsent. Als sich die Pannonier im Verein mit den Norikern 16 v. Chr. gegen Rom erhoben und einen offensichtlich überraschenden Einfall bis in das römische Istrien verübten (Cass. Dio 54,20,2–3), sind mit diesen Norikern wohl primär Gruppen südlich der Karawanken zu verbinden, die zu einem wesentlichen Teil bereits zur Provinz Illyricum gehörten. Der Proconsul von Illyricum, P. Silius Nerva, und seine Unterfeldherren zwangen zuerst die rebellierenden pannonischen Stämme zu einer erneuten deditio; dann gingen sie gegen die Noriker mit militärischer Macht vor, die sie „in die gleiche Sklaverei“, d. h. unter direkte römische Herrschaft brachten. Livius spricht ausdrücklich von einem bellum Noricum, mit dem er seine Darstellung der Eroberung des Alpenraumes durch die beiden Stiefsöhne des Augustus Drusus d. Ä. und Tiberius eingeleitet hatte (vgl. Flor. 2,21,3; 2,22); es ist somit entgegen der herrschenden Meinung keineswegs von einer nur friedlichen Annexion auszugehen. Die Rebellion des Jahres 16 v. Chr. nahm Augustus zum Anlass, den gesamten Klientelstaat einzuziehen und zu besetzen, womit zugleich der römische Aufmarsch über das obere Drautal gegen die Ostflanke der rätischen Stämme und zum Brenner für den im folgenden Sommer geplanten Alpenkrieg unbehindert von statten gehen konnte. Silius Nerva hatte diesen Krieg zur vollständigen Eroberung des Alpenbogens zuvor im Jahre 16 mit einem Feldzug zur Unterwerfung der südalpinen Völker nördlich von Brescia begonnen (Cass. Dio 54,20,1). Als Ursache der Erhebung ist mit gutem Grund eine massive Aushebung von Auxiliartruppen unter den pannonischen und norischen Gruppen in der Provinz Illyricum für den bevorstehenden Alpenkrieg anzunehmen; die zahlreichen Waffengräber einheimischer Auxiliare und selbst Legionäre dokumentieren die Rekrutierungen, Offiziersgräber die zu Rom übergetretene Führungselite. Auch vom Klientelstaat des regnum Noricum war zweifellos die Stellung von Hilfstruppen gefordert worden. Zudem wird man Durchmarschrechte und die Bereitstellung der Versorgung für die römischen Truppen verlangt 400 Strobel,

Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten; ders., L’età augustea nelle Alpi orientali; ders., Die Entwicklung der Beziehungen.

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haben. Dies dürfte auch nördlich der Karawanken massive Befürchtungen hinsichtlich römischer Annexionsabsichten und eine antirömische Stimmung ausgelöst haben. Nicht unwahrscheinlich ist, dass die Annexion des bis zum Tauernhauptkamm reichenden norischen Vasallenstaates sogar von Anfang an Teil der Planungen für den Alpenkrieg war, der ja die Schaffung einer geschlossenen Zone provinzialen Territoriums im Norden des italischen Bürgerlandes zum Ziele hatte. Die romtreuen Teile der Elite haben nach 16 v. Chr. von dem Umbruch profitiert, wie nicht zuletzt Bürgerrechtsverleihungen zeigen. Der Alpenkrieg von 15 v. Chr. führte zur Einrichtung der Provinzen Vindelica und Raetia sowie zur Ausdehnung der bereits 16 v. Chr. errichteten Provinz in regno Norico über den Alpenhauptkamm bis zur Donau westlich des Wiener Waldes.401 In Folge der pannonischen Revolte von 14 v. Chr. (s. u. Kap. 2.3.5) wurde Poetovio (Ptuj) zur Provinz Illyricum geschlagen und als römische Basis eingerichtet. Die Völkerschaften entlang der Bernsteinstraße unter Einschluss der Arabiates mit dem Zentralort im Oppidum Velem-Szentvid, dem vorrömischen Savaria, und der Civitas Boiorum mit dem Oppidum von Bratislava, dem vorrömischen Carnuntum, als Vorort sowie der unbefestigten spätlatènezeitlichen Großsiedlung von Vindobona und mit Sopron bzw. dem Ödenburger Becken (spätlatènezeitliches Oppidum von Scar[a]bantia/Sopron-Várhely)402 wurden durch vertragliche Bindung unter Anerkennung der römischen Oberhoheit und der weitgehenden Loyalitäts- und Leistungspflichten gegenüber dem imperium und der maiestas populi Romani in das System römischer Herrschaft einbezogen. Die römische Okkupation des Oppidums von Bratislava zeigt sich in der Zerstörung von Gebäuden auf der Akropolis des Burgberges und der Schleifung der spätlatènezeitlichen Befestigung, die von Gebäuden der römischen Okkupationsphase überbaut wurde. Wahrscheinlich während oder am Ende des ersten pannonisch-dalmatischen Krieges 9/8 v. Chr. wurde dieser Raum dem Aufgabenbereich des Statthalters in regno Norico zugeschlagen. Tiberius hatte 12 – 11 v. Chr. auch die weiteren keltischen Civitates (Hercuniates, Eravisker, Azaler) bis zur mittleren Donau durch entsprechende Foedera in die römische Herrschaft eingegliedert und der Aufsicht des illyrischen Statthalters zugewiesen.403 Die Eravisker begannen nun mit der Nachprägung von Denaren. Das Gebiet der Boier und Arabiates wurde nach der zweiten pannonischdalmatischen Revolte 6 – 9 n. Chr. von Noricum abgetrennt und Teil der neuen Provinz Illyricum inferius. Der Beginn römischer Militärpräsenz in Bratislava und Devin ist bereits ab 12/8 v. Chr. anzusetzen. 401 Strobel,

Die Boii – ein Volk oder nur ein Name?; ders., Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, bes. 28–35, 55–58, 113–118; ders., Augustus und die Annexion des Alpenbogens.

402 Zu

dem von der Zentralsiedlung Sopron kontrollierten Raum sind sicherlich die befestigten Siedlungen von Draßburg (Latène D2 bis 1. Hälfte 1. Jh. n. Chr.; Lexikon der keltischen Archäologie, Bd. 2, 1811), Sopron-Bánfalva (Wandorf ), Röjtök und das Oppidum von Schwarzenbach zu rechnen. Vgl. Lexikon der keltischen Archäologie, Bd.  2, 1686 – 1688, 1748 – 1752).

403 RGDA

30,1: „Pannoniorum gentes, quas ante me principem populi Romani exercitus numquam adit, devictas per Ti. Neronem, qui tum erat privignus et legatus meus, imperio populi Romani subieci protulique fines Illyrici ad ripam fluminis Danuvi“ („Die pannonischen Völkerschaften, zu denen vor meiner Regierungszeit nie ein Heer des römischen Volkes gelangt war, habe ich durch Tiberius Nero, der damals mein Stiefsohn und Legat war, der Herrschaft des römischen Volkes unterworfen und die Grenzen [der römischen Provinz] Illyricum bis ans Ufer der Donau vorgeschoben”); Vell. 2,39,3.

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Die Gründung der Bürgerkolonie Colonia Iulia Emona (eine Veteranenkolonie ist nicht nachweisbar) gegenüber der spätlatènezeitlichen Siedlung am Fuße des Schlossbergs von Ljubljana kann erst nach dem Ende des ersten pannonisch-dalmatischen Krieges 8 v. Chr. beschlossen worden sein, womit dann das seit 35 v. Chr. zur Provinz Illyricum gehörende Gebiet zwischen Nauportus und dem Pass von Atrans sowie im Südosten bis ca. 20 km vor Praetorium Latobicorum (Trebinje) als Territorium der zu gründenden Colonia zu Italien geschlagen wurde.404 6 n. Chr. war deren InsulaBebauung bereits vermessen und das Terrain vorbereitet, der Baubeginn unter Einsatz militärischer Baukommandos wurde aber durch den Ausbruch des zweiten pannonisch-dalmatischen Krieges 6 – 9 n. Chr. verzögert. Die Erbauung der neuen Stadtanlage wird in spätaugusteische bis tiberische Zeit datiert; im Jahre 14 n. Chr. war noch vor dem Tode des Augustus ein offizieller Großbau vollendet, den der Princeps und sein Mitregent Tiberius der Colonia gestiftet hatten und der sicherlich unter Einsatz militärischer Baukommandos errichtet worden war.405

2.3 .5 D  er erste pannonisch-dalmatische Aufstand, die Kämpfe in Thrakien und gegen die Daker (13 – 8 v. Chr.) Eine erneute Revolte pannonischer Stämme beiderseits der Save musste bereits im Jahre 14 v. Chr. niedergeschlagen werden (Cass. Dio 54,24,3); gleichzeitig war Tarius Rufus in Scythia minor (Dobrudscha) beschäftigt (s. o. Kap. 2.3.3). Diese Situation suchten die Skordisker 14/13 für einen Einfall nach Makedonien zu nutzen, an dem sich auch die Dentheleten beteiligten (Cass. Dio 54,20,3). Im Jahre 13 v. Chr. wurde gegen sie Tiberius, Consul im Jahre 13 zusammen mit P. Quinctilius Varus, als legatus Augusti consulari potestate, denn er war amtierender Consul, und mit dem Kommando zweifellos über die makedonisch-moesischen Truppenverbände ausgestattet, entsandt; er unterwarf die Skordisker mit solchem Nachdruck, dass sie ihm bereits im Jahre 12 loyale Waffenhilfe leisteten.406 Der damals amtierende Proconsul von Macedonia ist unbekannt. Die Operationen des Tiberius haben das Skordiskergebiet und das Flusssystem der Morava fest in römische Hand gebracht. Gleichzeitig wurde jedoch offensichtlich durch den zuerst erfolgreichen Skordiskervorstoß in Illyricum ein erneuter großer Aufstand der Pannonier und damit der große 13 – 8 v. Chr. andauernde pannonisch-dalmatische Krieg ausgelöst, der sich aus einer Serie wiederholter Erhebungen der

404 Strobel,

Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker in Kärnten, 46f., 50–53.

405 Bauinschrift

RINMS 34 mit Korrekturen bei Šašel Kos, Colonia Iulia Emona, 84f.; ausführliche Diskussion ebd., 84–87. Die unsichere Ergänzung [Divi Au]gusti f(ilius) für Tiberius ist jedoch unbegründet, ebenso die fragliche Ergänzung des Titels pontifex maximus für ihn. Die Inschrift datiert demnach sehr wahrscheinlich zwischen dem 26.6. und 19.8.14 n. Chr. Eine Verbindung mit dem Besuch des Drusus, des Sohnes des Tiberius, wie von Šašel Kos erwogen, ist nicht überzeugend; die Bauinschrift wäre dann Tiberius allein gewidmet gewesen. Nach dem Tod des Augustus wäre nicht mehr nach seiner tribunicia potestas datiert worden.

406 Vell.

2,39,3; Cass. Dio 54,31,3; Hieron. chron. p. 166 [Helm], allerdings mit der unrichtigen Einordnung in 15 v. Chr.

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pannonischen und dalmatischen Stämme zusammensetzte.407 Den Oberbefehl erhielt der durch die bis in das Frühjahr 13 dauernde Mission im Osten gesundheitlich angeschlagene Mitregent des Augustus M. Vipsanius Agrippa. Dessen Abreise verzögerte sich jedoch durch die Notwendigkeit der Erneuerung seiner tribunicia potestas um weitere fünf Jahre und seines für Missionen in den Provinzen jeweils mit jenem des Augustus gleichgestellten Imperium (proconsulare aequum).408 Augustus war am 4. Juli 13 nach Rom zurückgekehrt und stiftete die Ara Pacis. Agrippas Ankunft in Pannonien im Spätherbst 13 und der Beginn des Feldzuges trotz Einsetzen des Winters409 führten zu einer sofortigen Beruhigung der Lage, so dass Agrippa im Frühjahr 12 nach Italien zurückkehrte, in seiner Villa in Kampanien aber erkrankte und im März verstarb (Cass. Dio 54,28,2–3). Daraufhin erhoben sich die Pannonier erneut. Mit dem Oberkommando wurde nun Tiberius als legatus Augusti betraut, der bis Ende des Jahres 12 die Pannonier ein erstes Mal niedergeworfen hatte und dafür die Triumphinsignien als Ehrenzeichen des siegreichen Feldherrn (ornamenta triumphalia) erhielt, da Augustus die Feier des vom Senat zugesprochenen Triumphes verwehrte (RGDA 30,1; Cass. Dio 54,31,2–4; Vell. 2,96,2). Tiberius weilte im Winter 12/11 v. Chr. in Italien, wo er die ornamenta triumphalia feierlich verliehen bekam und am 12. Februar 11 Iulia, die Tochter des Augustus und Witwe des Agrippa, heiratete. Als im Herbst des Jahres 11 der Krieg gegen Pannonier und Dalmater durch Tiberius beendet schien und er wieder nach Italien zurückgekehrt war, wurde in Rom beschlossen, dass der Ianus-Tempel geschlossen werden sollte, womit der im gesamten Reich eingetretene Friedenszustand symbolisch zum Ausdruck gebracht wurde; Augustus und Tiberius reisten nach Gallien ab (Cass. Dio 54,34,2–3; 36,2; 55,2,4). Zu diesem Zeitpunkt wurde Illyricum auch formell vom Senat an Augustus übergeben (Cass. Dio 54,34,4). Erst die erneute Revolte der Dalmater im Jahre 10 v. Chr. veranlasste die nochmalige Entsendung des Tiberius nach Illyricum, das er dann im Herbst 10 endgültig verlassen hat (Cass. Dio 54,36,2–4). Am 16. Januar 9 feierte er für den Sieg seine ovatio ex Pannonia, eine kleine Form des Triumphes (Vell. 2,96,3; Cass. Dio 55,2,4; 55,8,1; Fast. Praen. ad diem), was ihn nun im Jahre 10 als Träger eines ihm in der Nachfolge des Agrippa für Illyricum verliehenen imperium proconsulare aequum, einer regional begrenzt Augustus gleichgestellten Kommandogewalt, ausweist. Die Nachricht bei Flor. 2,24,8, dass Augustus den Vinicius (verderbte Namensüberlieferung Vinnius) gegen die aufständischen Pannonier gesandt habe, ist mit der Nachricht bei Vell. 2,96,2 „bellum Pannonicum quod inchoatum Agrippa Marcoque Vinicio, avo tuo, […] per Neronem gestum est“ („wurde der pannonische Krieg, den Agrippa und Marcus Vinicius, dein Großvater, begonnen

407 Cass.

Dio 54,20,3; 28,1–3; 31,2–4; 34,3–4; RGDA 30,1; Vell. 2,39,3; Suet. Aug. 21,1.

408 Juli 13 v. Chr. Zu Agrippas Mission Kienast, Augustus, 122, 125, 366f.; Powell, Marcus Agrippa, bes. 188f.; PIR2

V 674. Zur Übertragung der Tribunicia Potestas jeweils für fünf Jahre 18 und 13 v. Chr. P. Köln 6, 249 = Augustus [Bringmann/Wiegandt] 177–179 fr. 177, ein Bruchstück der Leichenrede des Augustus auf Agrippa, ebd. zu seinem durch Gesetz sanktionierten übergeordneten Imperium in den Provinzen.

409 Cass.

Dio 54,28,1–2: Das Consuldatum für die Abreise ist mit dem Sterbejahr verwechselt, auch war Augustus nicht in Athen, sondern in Rom. Kienast, Augustus, 122, setzt die Abreise aus Italien erst im Winter 13/12 an. Dies ist zweifellos zu spät. Agrippa Postumus wurde entweder unmittelbar vor der Abreise des Agrippa Anfang Oktober gezeugt (Geburt bald nach dem 26.6.12 v. Chr.) oder aber erst bei der Rückkehr nach Italien und vor der tödlichen Erkrankung (Geburt im Herbst).

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hatten, durch [Tiberius] Nero geführt“) zu verbinden, d. h. Agrippa und Vinicius bildeten am Anfang des Krieges ein Team.410 In M. Vinicius (alternative Namensform Vinucius) ist der Legat des Agrippa zu sehen, der, nachdem dieser im Rahmen seines imperium proconsulare Illyricum als provincia zur Führung des Krieges übernommen hatte, aber aus innenpolitischen und wohl auch gesundheitlichen Gründen erst mit einiger Verzögerung auf den Kriegsschauplatz aufbrechen konnte, dorthin vorausgesandt worden war. In paralleler Weise hat Tiberius den Krieg in dem bis einschließlich 11 v. Chr. offiziell zum Senat gehörenden Illyricum als bevollmächtigter Stellvertreter des Augustus geführt. Vinicius dürfte in den Jahren 12 und 11 unter dem Oberbefehl des Tiberius weiter als Legat in Illyrien tätig gewesen sein, zumal Tiberius zeitweise in Italien weilte. Die Bindung Roms auf dem illyrischen Kriegsschauplatz 13/12 v. Chr., verbunden mit der Stellung von Hilfstruppen durch den thrakischen Vasallenstaat, ist zweifellos als Hintergrund für den erfolgreichen Aufstand der westthrakischen Besser unter dem Dionysos-Priester Vologaisos und den Umsturz gegen das thrakische Königshaus zu sehen (Cass. Dio 54,34,5–6; Flor. 2,27). Rhaskuporis II. wurde besiegt und getötet, Rhoimetalkes I. bis auf die thrakische Chersones (Halbinsel Gallipoli) zurückgedrängt. Da die römischen Truppen offenkundig aus Moesien und Thrakien abgezogen und alle verfügbaren Verbände im Westen gebunden waren, wobei zugleich am Rhein die geplante Germanien-Offensive durch Tiberius’ Bruder Drusus († 9 v. Chr. auf dem Rückweg von der Elbe zum Rhein) vorbereitet wurde, hat Augustus den Statthalter der Großprovinz Galatien, L. Calpurnius Piso Pontifex, Consul 15 v. Chr., der sein Provinzheer für die Kämpfe im TaurusGebirge konzentriert hatte, mit einem Teil seiner Verbände, darunter die Legionen VII (später Claudia) und V Macedonica, auf dem Seeweg von Pamphylien nach Thrakien kommandiert, wo Piso als legatus Augusti in Sondermission die große thrakische Revolte in einem blutigen dreijährigen Krieg niederringen konnte; für seine Erfolge wurden 11 und 10 v. Chr. Danksupplikationen dargebracht, und er erhielt nach Abschluss seiner Mission die ornamenta triumphalia.411 Nachdem gegen Ende des Jahres 11 v. Chr. bereits die dritte Schließung des Ianus-Tempels in Rom beschlossen worden war, musste diese aber unterbleiben, da die Daker im Winter die Donau auf dem Eis überschritten und im (südost-)pannonischen wie wahrscheinlich auch im obermoesischen Raum Plünderungszüge unternahmen (Cass. Dio 54,36,2; Flor. 2,28,19). Ausgangspunkt 410 Vgl.

zu M. Vinicius (Vinucius), Consul 19 v. Chr. und enger Vertrauter des Augustus (Suet. Aug. 71,2), Strobel, Beiträge zu Fragen der historischen Geographie; ders., Die Anarter; ders., Zur vermeintlichen Statthalterschaft des Domitius Ahenobarbus, mit einer verbesserten Rekonstruktion der Inschrift ILS 8965 = InscrIt 13/3, 91= HD030081= EDR072037: „[Marcus Vini]cius [P(ubli) f(ilius) co(n)s(ul)] / [proco(n)s(ul) XV] vir s(acris) f(aciundis) [q(uaestor) prae(tor)] / [legat(us) pro] pr(aetore) Augusti Caesaris in [Illyrico] / [primus t]rans flumen Danivium (sic!) [progressus] / [Apuloru]m et Basternarum exer[citum in acie] / [fudit fu]gavitque Cotinos O[sos --- (ca. 12 Buchst.) ---] / [--- (ca. 8 Buchst.) ---]s et Anarti[os in dicionem p(opuli) R(omani) redegit oder in deditionem recepit] / [leg(atus) pro pr(aetore) A]ugusti [Caesaris in Germania ---]“; möglich ist auch die Ergänzung [Dacoru]m et Basternarum. Zu den hier erwähnten Kampagnen des Vinicius s. gleich; zu seinem Proconsulat in der Provinz Asia IAph [2007] 3.101. In den Jahren 1 – 4 n. Chr. war Vinicius dann Statthalter der neuen Großprovinz Germanien und hatte das dort ausgebrochene „immensum bellum“ zu führen, wofür er die ornamenta triumphalia erhielt (Vell. 2,104,2).

411 Cass.

Dio 54,34,6–7; Vell. 2,98,1–2; Tac. ann. 6,10,3–5; CIL 3, 7386; Rémy, Les carrières sénatoriales, 129–131; Strobel, Zur Geschichte der Legiones V (Macedonica) und VII (Claudia pia fidelis); ders., Die Legionen des Augustus.

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des Vorstoßes war offenkundig das Banat. Die Herkunft dieser Verbände ist im südwest- und westdakischen Raum zu suchen. Da sich gleichzeitig die Dalmater wieder erhoben hatten, was Tiberius erneut in Illyricum band, wurde Cn. Cornelius Lentulus Augur, Consul 14 v. Chr., als legatus Augusti des moesischen Heeresverbandes mit der Abwehr der Daker betraut; Lentulus schlug die Invasoren, wobei nach Cotiso nun ein zweiter Dakerfürst mit seinem Heer den Untergang fand, und stieß dann über die untere Donau hinweg vor; ufernahe Gruppen wurden vertrieben und die an die moesische Donaulinie angrenzenden Stammesverbände gezwungen, die römische Oberhoheit in Form ungleicher Verträge (foedera iniqua) anzuerkennen (RGDA 30,2; Flor. 2,18,19; Strab. 7,3,11; Eutr. 7,9). Anschließend musste Lentulus sarmatische Vorstöße abwehren und sicherte im Osten die Donaulinie gegen die Sarmaten, deren Einfallswege über Moldawien und Ostmuntenien verliefen (Flor. 2,29). Die sarmatischen Gegner waren, wie die Ehreninschrift für Mokaporis, Stratege des Königs Rhoimetalkes I. aus Dionysopolis zeigt, der das thrakische Aufgebot für den Kampf gegen den „gemeinsamen Feind“ kommandierte (Lazarenko u. a., The Temple of the Pontic Mother, 36), die Jazygen. Die Inschrift aus Kallatis (Avram/Ionescu, Un nuovo patronus della città di Callatis) preist Lentulus, Legatus Augusti mit prätorischem Imperium, als Wohltäter und Patron der Stadt. Für seine Erfolge erhielt er die Triumphalinsignien für seinen Sieg de Getis (Tac. ann. 4,44,1), was den Schwerpunkt seiner Operationen an die untere bzw. moesische Donau verweist. Cornelius Lentulus war zweifellos im Jahre 10 Legat des moesischen Militärbezirkes, während Calpurnius Piso in diesem Jahr die große thrakische Erhebung endgültig niederwarf und den Klientelstaat der odrysischen Könige wiederherstellte.412 Für die Kämpfe gegen die Daker hat Calpurnius Piso die Legio V Macedonica an Lentulus abgegeben, die nun in Moesien verblieb. Wer 12 und 11 v. Chr. den moesischen Exercitus im Einsatz gegen Pannonier und Dalmater kommandiert hatte, ist nicht bekannt. Lentulus errichtete zum Schutz der Donaulinie auf dem südlichen Ufer praesidia, also Militärbasen (Flor. 2,28,19), wobei an frühe Lager im Raum von Viminacium und Oescus zu denken ist; auch in Singidunum ist seit 13 v. Chr. mit römischer Militärpräsenz zu rechnen. Lentulus’ Kommando endete sehr wahrscheinlich 6 v. Chr. Augustus verkündete in seinen Res Gestae, deren erste Fassung 2 v. Chr. abgeschlossen war: „Citra quod Dacorum transgressus exercitus meis auspiciis victus profligatusque est, et postea trans Danuvium ductus exercitus meus Dacorum gentes imperia populi Romani perferre coegit“ (RGDA 30,2).413 Dies kann sich nicht auf Licinius Crassus beziehen, der seinen Balkankrieg, in dem Cotiso unterging, als Proconsul unter eigenen Auspicien führte, auch nicht auf den Daker- und Sarmateneinfall des Jahres 6 n. Chr. in Moesien. Der Sieg über die dakische Heerschar, welche die Donau

412 Jedoch waren wiederholt Eingriffe der römischen Autorität erforderlich, so die Mission des P. Vinicius, ordentlicher

Consul 2 n. Chr., als legatus Augusti pro praetore in Sondermission nach Thrakien 3 – 2 v. Chr., wobei er auch die Verhältnisse für mehrere griechische Küstenstädten ordnete (PIR2 V 662; IScM III 57 Kallatis). Zu Tomis, das durch einen Vertrag den Status einer Civitas libera gesichert bekommt, vgl. Ardevan, Tomis sous Auguste; zu Dionysopolis IGBulg V 5011. Zum Kult des Augustus etwa IScM I 146 (Histria), III 58 (Kallatis).

413 „Ein

Heer der Daker, das die Donau überschritten hatte, wurde unter meinem Oberbefehl besiegt und völlig vernichtet, und als mein Heer später über die Donau geführt worden war, hat es die Stammesverbände der Daker gezwungen, den Befehlen des römischen Volkes Folge zu leisten“. Ergänzungen des lateinischen Textes nach der griechischen Fassung.

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überschritten hatte, kann somit nur auf den Einfall der Daker über die zugefrorene Donau zu Beginn des Jahres 10 v. Chr. bezogen werden. Damals ist offensichtlich der zweite der drei Führer der Daker, von denen Sueton (Aug. 21,1) spricht, mit seinem Heer untergegangen; der erste war zweifellos Cotiso. Aus der Formulierung „postea“, also nach dem Sieg diesseits der Donau, „trans Danuvium ductus exercitus meus“ kann aber nicht auf einen einzigen römischen Vorstoß geschlossen werden; „exercitus meus“ bezeichnet das unter dem kaiserlichen Oberbefehl stehende Heer als Ganzes. Eine derartige Formulierung kann eine ganze Serie von Operationen umschreiben, wie zahlreiche Parallelen zeigen. Die römische Seite suchte in der Folge eine dakische Bedrohung bereits im Vorfeld der Donaulinie zu bannen, wie auch Flor. 2,28 hervorhebt. Die untere Donau selbst wurde durch Flotteneinheiten kontrolliert, was zur Einrichtung einer ständigen moesischen Flotte auf dem Strom führte. In Oltenien und Muntenien wurde eine erste Serie von donaunahen Orten und Zentren zerstört bzw. aufgelassen;414 Teile der Bevölkerung flohen offensichtlich in den Schutz der Gebirgsketten Siebenbürgens. Die in dem pseudo-ovidianischen Gedicht Consolatio ad Liviam bezeugten Kämpfe mit dem Stammesverband der Apuli (v. 387f.), wo von der Vertilgung des Dacius Apulus, des dakischen Apulers, vom Erdkreis gesprochen wird, sind auf die Waffentaten der Söhne der Livia bezogen; damit sind sie von den Operationen des Lentulus getrennt und unter dem übergeordneten proconsularen Imperium des Tiberius, mit dem dieser 10 v. Chr. nach Illyricum zurückgekehrt war, erfolgt. Es war dies zweifellos der dritte römische Sieg, bei dem ein dakisches Heer mitsamt seinem Führer vernichtet wurde (Suet. Aug. 21,1). Dies ist mit den weit ausgreifenden Operationen des bereits genannten M. Vinicius (Vinucius),415 Consul 19 v. Chr., in den Norden des Karpatenbeckens zu verbinden, der in seiner Stellung als legatus Augusti pro praetore in Illyricum unter dem Oberbefehl des Tiberius als erster ein römisches Heer über die Donau geführt hat, wobei er ein Heer der dakischen Apuler und Bastarnern völlig besiegte. Vinicius war offensichtlich nach der Abreise des Tiberius nach Italien als dessen Nachfolger und erster legatus Augusti in die Statthalterschaft der Provinz eingesetzt worden. Der kriegserfahrene Vinicius war bereits als Legat des Agrippa 13 v. Chr. (s. o.) erfolgreich gegen die rebellierenden Pannonier zwischen Drau und Save bzw. beiderseits der Save vorgegangen und hat 12 – 11 unter Tiberius weitergedient. Vinicius hat während seiner Statthalterschaft, die bis 9/8 v. Chr. dauerte, zwei Feldzüge über die Donau hinweg geführt. In einer raumgreifenden Kampagne unterwarf er eine Reihe von Stämmen im Norden und Nordosten des Karpatenraumes, von denen in seiner Inschrift die Namen der Kotiner, Oser und Anarter noch fassbar sind.416 Die Lücke Z. 6/7 kann ein bis zwei weitere Stammesnamen enthalten haben, oder aber es waren Kotiner, Oser genannt, gefolgt von dem Hinweis auf einen weiteren militärischen Sieg. Operationsgebiet waren jedenfalls die Regionen von Gran, Eipel, Sajó und oberer Theiß wie unterem Someş. Es ist davon auszugehen, dass Vinicius 414 Bărbulescu, 415 Zu

Relaţii daco-romane.

ihm und zur Rekonstruktion seiner fragmentarischen Inschrift oben Anm. 415.

416 Siehe

oben Anm. 415. Die Oser sind keltische Bevölkerungsgruppen im Bereich des Matra-Gebirges und seines südlichen wie südöstlichen Vorlandes sowie des unteren und mittleren Eipeltales; die Kotiner werden damit nördlich des Matra-Gebirges und im Slowakischen Erzgebirge lokalisiert.

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mit seinem Heer von Sirmium die Donau aufwärts durch die Föderatengebiete der Hercuniates und Eravisker ins Gebiet der Azaler marschiert ist, westlich des Donauknies den Fluss überschritten hat und vermutlich zwischen Matra-Gebirge und Slowakischem Erzgebirge nach Osten bis in den nordwestrumänischen Raum zog. Sollte er die Route südlich des Matra-Gebirges genommen haben, so wäre der Ausgangspunkt nördlich von Aquincum (Budapest) anzunehmen. Die große Bedeutung des Anarter-Gebietes in Nordwestrumänien mit Zentrum im Raum um das Becken von Şimleu Silvaniei spiegelt der massive Zufluss von Dyrrhachium/Apollonia-Drachmen wie republikanischen Denaren, ein Zustrom, der auch die südliche Crişana und die mittlere Mureş-Region charakterisiert.417 Von dieser Kampagne des Vinicius zu trennen ist offensichtlich seine Überschreitung der Donau als erster römischer Feldherr, die jener durch Lentulus jenseits des Eisernen Tores an der unteren Donau vorausgegangen sein muss. Dieser Feldzug war zweifellos die direkte Antwort auf den dakischen Einbruch in Südpannonien. Wo Vinicius dabei ein Heer von Dakern und Bastarnern in der Schlacht vollständig besiegt hat, bleibt unsicher. Der Feldzug dürfte aber von dem Raum um Lugio aus zum unteren Mureş und in das Gebiet um die Mureş-Pforte sowie ins Banat geführt haben. Die besiegten Daker können mit gutem Grund mit den aufgrund ihrer Kontrolle der westdakischen Goldregion eine dominierende Stellung im Mureş-Raum einnehmenden Apuli identifiziert werden, deren vernichtende Niederlage in dem pseudo-ovidianischen Gedicht bezeugt ist. Dabei kann es sehr wohl zu einem ersten römischen Vordringen gegen Südwestdakien und zu einem Kampf im Bereich der Mureş-Pforte gekommen sein. Das im 1. Jh. v. Chr. blühende Zentrum von Piatra Craivii, dem vorrömischen Apulum, erlebte in der Folge einen dramatischen Niedergang. Es ist bezeichnend, dass in der Consolatio ad Liviam auf den kurzen Weg der Apuler zum Pontus, d. h. zum Raum jenseits der Ostkarpaten, ausdrücklich hingewiesen wird. Der Nachfolger des Vinicius war in der Führung der Großprovinz im Jahre 8 v. Chr. der schon in fortgeschrittenem Alter stehende, aber kriegserfahrene Sex. Appuleius geworden, der Sohn der Octavia Maior, der Halbschwester des Augustus, und zusammen mit Augustus im Jahre 29 v. Chr. Consul; er hatte im Jahre 26 einen Triumph ex Hispania gefeiert und wohl bereits 23/22 den Proconsulat von Asia bekleidet. Die Ruhe in der Provinz war jedoch noch nicht endgültig hergestellt, und Appuleius konnte erst im Jahre 8 v. Chr. die Befriedung der Pannonier und die Neuordnung der Provinz zu Ende bringen.418 Es ist nicht anzunehmen, dass er lange über das Jahr 8 hinaus amtiert, aber doch die von Tiberius eingeleitete Reorganisation des römischen Herrschaftsgebietes zu Ende geführt hat. Als Folge der römischen Operationen unter Vinicius endeten die befestigten Siedlungen und Zentralorte im Banat, am unteren Mureş und selbst im Bereich der Mureş-Pforte sowie auch in

417 Părpăuţă,

Moneda în Dacia preromană, bes. Karten 20, 23, 24.

418 Cassiod.

chron. a.u.c. 746 p. 135 [Mommsen]: „per Sextum Apuleium Pannonii subacti“ („sind die Pannonier durch Sextus Apuleius unterworfen worden“). Die vielfach angenommene Statthalterschaft des L.  Domitius Ahenobarbus im Illyricum hat keine Quellengrundlage; Strobel, Zur vermeintlichen Statthalterschaft des Domitius Ahenobarbus.

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Teilen der Crişana.419 Die Bevölkerung zog sich unter dem römischen Druck nach Südwestsiebenbürgen zurück, wo insbesondere das Gebiet in den Orăştie-Bergen einen natürlichen Schutz versprach und die regionale Vorherrschaft nach der vernichtenden Niederlage der Apuli auf die Dynasten mit Sitz in Costeşti überging, die im späteren 1. Jahrhundert v. Chr. bereits die örtliche Konkurrenz von Cucuiş beseitigt und das bisher vorrangige Zentrum von Cugir in den Hintergrund gedrängt hatten. Sie waren nun sehr wahrscheinlich auch die Oberherren über die Eisenregion von Hunedoara (Eisenmarkt) und das Haţeg-Becken. Diese neue Vormacht des Südwestsiebenbürger Raumes bis in den mittleren Mureş-Bereich dürfte rasch in Verhandlungen mit der römischen Seite getreten sein und sich in einem Foedus in das von Rom indirekt kontrollierte Vorfeld der Donaulinie eingeordnet haben, was bis zum Jahre 86 n. Chr. Bestand haben sollte.

2.3 .6 Der zweite pannonisch-dalmatische Aufstand (6 – 9 n. Chr.) Im Jahre 6 n. Chr. war von römischer Seite ein Zangenangriff auf den Kern des Reiches des markomannischen Königs Marbod in Böhmen geplant, für den Tiberius sechs Legionen und zahlreiche Auxilien 5/6 n. Chr. in Winterlagern beiderseits der Marchmündung bei Carnuntum, dem Oppidum von Bratislava, sowie in Devin und Engelhartstetten zusammengezogen hatte; C. Sentius Saturninus, der Statthalter Germaniens, marschierte von Mainz aus über die Mainlinie und Oberfranken nach Böhmen.420 Der Legat von Illyrien M. Valerius Messalla Messallinus begleitete Tiberius. Als die Vereinigung der beiden Heeressäulen fast erfolgt war und Tiberius an das Herrschaftszentrum des Marbod herangerückt war, brach erneut ein großer Aufstand der pannonischen und dalmatischen Stämme aus. Tiberius musste mit Marbod Frieden schließen und sich dem neuen Krisenherd zuwenden. Der Abmarsch der illyrischen Legionen hatte den Anlass zum erneuten großen Aufstand der pannonischen Stämme gegeben, die nach Vell. 2,110,3 200.000 Krieger und 9.000 Reiter aufbieten konnten, nach App. Ill. 22,63 100.000 Mann. Die geforderte Aufstellung von Hilfstruppen (Cass. Dio 55,29,2), die Steuern und die Lasten, die für die Versorgung des gegen Marbod marschierenden Feldheeres auferlegt waren, hatten die Stimmung angeheizt. Die dalmatischen Stämme

419 Siehe

oben Kap. 2.1.6; Rustoiu, În legătură. In Židovar ist für das 1. Jh. n. Chr. eine Nachbesiedlung festzustellen, die mit einer Brandzerstörung wohl 86/88 n. Chr. endete; seine Bedeutung als überregionales Zentrum hatte der Ort bereits verloren. Im Bereich des Donau-Defilees endeten die Befestigungen ebenfalls, nur in Divici ist ein Wiederaufbau nach einer Brandzerstörung im 1. Jh. n. Chr. sicher festzustellen, dies sicherlich mit Zustimmung der römischen Seite. Der befestigte Ort findet in einer Brandkatastrophe nach heftiger Belagerung durch römische Truppen 86 oder 88 n. Chr. seinen Untergang. Ein Fortleben der Befestigung Pescari-Cula im 1. Jh. n. Chr. ist bisher nicht belegt. Die befestigte dakische Siedlung von Socol-Palanacki Breg oberhalb der Nera-Mündung in die Donau, die den Donauübergang von Lederata – Stara Palanka kontrollierte, zeigt nach einer Zerstörung der Befestigung Ende des 1. Jh.s v. Chr. durch Fundmaterial des 1. Jh.s n. Chr. ein Fortbestehen offensichtlich bis zu dem Dakerkrieg Domitians.

420 Vell.

2,108–110,2; Cass. Dio 55,28,7; Tac. ann. 2,46; Kienast, Augustus, 369f.; Groh/Sedlmayer, Expeditiones Barbaricae; Salač/Bemmann (Hgg.), Mitteleuropa zur Zeit Marbods.

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schlossen sich der Erhebung an.421 Führer der Erhebung wurden der Daesidiate Bato, der Pannonier Pinnes und der Breuker Bato. Da eine Reihe von Stammesführern und Adeligen bereits in der römischen Armee als Auxiliaroffiziere gedient hatte, waren sie mit der römischen Taktik und Disziplin vertraut. Nach ersten Erfolgen der Aufständischen wurde die Erhebung zum Flächenbrand. Die Aufständischen stießen zum einen in Richtung Nauportus (Vrhnika) und Tergeste (Triest), d. h. auf den Durchgang durch die Julischen Alpen und damit in Richtung Aquileia vor, zum anderen in den Nordteil der Provinz Macedonia. Römische Händler und angesiedelte Veteranen wurden angegriffen, Teile der Provinz Macedonia verwüstet. Tiberius sandte den Statthalter von Illyricum Valerius Messalla Messallinus mit Truppen voraus, während er mit Marbod, der die Gelegenheit sicher dankend ergriff, einen Friedens- und Freundschaftsvertrag schloss. Messalla konnte trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit nach einer vorausgegangenen Niederlage gegen den Breuker Bato in der Feldschlacht doch einen ersten Sieg erringen und den Vormarsch der Aufständischen auf Siscia stoppen; der moesische Statthalter A. Caecina Severus entsetzte mit seinem geschwächten Provinzheer und der Reiterei des Thrakerkönigs Rhoimetalkes I. das belagerte Sirmium und konnte einen verlustreichen Sieg über Pinnes und Bato an der Drau erringen. Der Daesidiate Bato konnte Salona nicht einnehmen, verwüstete aber anschließend die Küstenregion bis Apollonia (Pojani), wobei er einen Sieg über römische Truppen errungen hat. Anschließend vereinigten sich die beiden Batos und besetzten den Mons Almus (Fruška Gora) im Norden von Sirmium. Die Reiterei des Rhoimetalkes konnte zwar einen begrenzten Sieg erkämpfen, Caecinas Operationen gegen die Stellung der Aufständischen blieben jedoch ohne Erfolg. Dann musste Caecina mit seinem Heer nach Moesien zurückkehren, um den zwischenzeitlichen Einfall von Dakern und Sarmaten zu bekämpfen. Tiberius und Messalla wiederum konzentrierten ihre Truppen im Raum von Siscia, wohin Velleius Paterculus Verstärkung aus Italien heranführte und Germanicus im folgenden Jahr in Italien ausgehobene Rekrutenverbände zur Verstärkung brachte. Dakische Gruppen hatten im Bunde mit Sarmaten die Gelegenheit im Jahre 6 n. Chr. zu einem Einbruch in Moesien genutzt, wo Caecina die Eindringlinge in der zweiten Jahreshälfte zurückschlug (Cass. Dio 55,29,3; 55,30,4). Im Jahre 7 vereinigte er sein Feldheer von zwei Legionen, da er mit Sicherheit einen Teil seines Heeres mit einer Legion zur Sicherung gegen erneute Einfälle in seinem Rücken zurückgelassen hat, mit den Verbänden des M. Plautius Silvanus, der drei Legionen, darunter die Legio VII (später VII Claudia Pia Fidelis) aus dem Osten, aus der Provinz Galatien, heranführte, wo er zuvor einen siegreichen Feldzug gegen die Isaurier im Taurus geführt hatte. Zusammen mit Silvanus und einem Fünflegionenheer sowie den thrakischen Reitern kehrte Caecina noch im Jahr 7 auf den Kriegsschauplatz zurück, wo die beiden Feldherrn beinahe eine Niederlage durch die Armee der beiden Batos erlitten, doch konnte Caecina sie schließlich in einem blutig 421 Vell.

2,110,2–117,1; Cass. Dio 55,28,7–31,1; 32,3–33,2; 34,5–7; 56,11,1–17,2; Ovid. Pont. 2,2,81–84; Suet. Tib. 16,2–17,2; vgl. Radman-Livaja/Dizdar, Archaeological Traces of the Pannonian Revolt 6–9 AD; Šašel Kos, Mit geballter Macht, 180–187; Dzino, Illyricum in Roman Politics, 142–155 (nicht immer überzeugend); zu den Legionen IV, V, VIII, IX, XI, XIII, XIV, XV, XX Strobel, Die Legionen des Augustus; zu Emona ders., Das frühe Stammesreich der keltischen Noriker, 51–53 (zwei temporäre Lager auf dem Areal der Colonia, ein zweiphasiges Lager auf dem rechten Ufer der Ljubljanica).

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erkämpften Sieg bei den Ulcae Paludes422 nahe Cibalae (Vinkovci) schlagen. Tiberius ließ einen brutalen Verwüstungskrieg gegen die Gebiete der Aufständischen führen. In Dalmatien übernahm Germanicus das Kommando und besiegte die Mäzäer in Westbosnien zwischen Una und Vrbas. Ende des Jahres 7 n. Chr. hatte Tiberius 10 Legionen, über 70 Kohorten und 14 Alen und mehr als 10.000 wieder zu den Waffen gerufene Veteranen auf dem pannonischen Kriegsschauplatz konzentriert. Nach Suet. Tib. 16,2 standen insgesamt 15 Legionen in diesem Krieg unter seinem proconsularen Oberkommando. Im Jahre 8 n. Chr. suchten Pannonier und Dalmater unter dem Druck von Hunger und Krankheiten bereits zu verhandeln, zugleich zerbrach die gemeinsame Front. Plautius Silvanus, nun Legat von Illyricum, erkämpfte im Jahre 8 mit der in Sirmium konzentrierten Heeresgruppe einen entscheidenden Sieg über die Breuker, die am 3. August 8 am Fluss Bathinus (Bosna) kapitulierten. Der Breuker Bato lieferte Pinnes an die Römer aus, wofür ihn Tiberius als Princeps der Breuker einsetzte. Im Gegenzug wurde er von dem Daesidiaten Bato angegriffen und getötet. Die Breuker erhoben sich erneut, wurden aber von Silvanus endgültig besiegt. Der Daesidiate Bato zog sich daraufhin nach Dalmatien zurück, während die pannonischen Stämme kapitulierten. Als Tiberius im Winter 8/9 n. Chr. vorübergehend nach Italien zurückkehrte, übernahm M. Aemilius Lepidus das Kommando über die Heeresgruppe in Siscia. Im Folgejahr ging die römische Seite unter dem Oberkommando des Tiberius konzentrisch gegen die Stämme im dalmatischen Raum vor; die Heeresgruppen wurden von Tiberius, Lepidus, Silvanus und Germanicus befehligt. In schweren Kämpfen wurden die befestigten Höhensiedlungen eingenommen, so Serretium, Andetrium, die Hauptbasis des Daesidiaten Bato, und Arduba. Die Daesidiaten, Pirusten und die anderen Stammesverbände waren entscheidend geschlagen und unterworfen. Im Sommer 9 n. Chr. war der Krieg zu Ende, wenn auch versprengte Gruppen von Aufständischen in den Bergen die Region noch über einige Zeit beunruhigten. Tiberius wurde der Triumph zugesprochen, Silvanus, Lepidus und Germanicus erhielten die ornamenta triumphalia. Auch Valerius Messalla erhielt die ornamenta triumphalia und nahm an der durch die Varus-Katastrophe im Teutoburger Wald verzögerten Feier des Triumphes des Tiberius im Jahre 12 n. Chr. teil. Der Kriegsverlauf hatte bereits eine faktische Teilung der bisherigen Großprovinz Illyricum in zwei militärische und logistische Aufgabenbereiche mit sich gebracht, was dann bei der Neuorganisation des Raumes 9/10 n. Chr. als dauerhafte und formale Teilung in Illyricum inferius (später allgemein Pannonia genannt) und Illyricum superius bzw. Dalmatia umgesetzt wurde.423 Die Grenze dürfte in Teilen dem Frontverlauf im Winter 8/9 n. Chr. vor der römischen Offenive in den dalmatischen Raum entsprochen haben. Die Provinz Pannonia wurde in der Folge 14 n. Chr. durch die Meuterei der drei pannonischen Garnisonslegionen VIII Augusta, IX Hispana und XV Apollinaris erschüttert.424 Die beim Bau der Reichsstraße von Nauportus nach Emona zur Umgehung des Laibacher Moores eingesetzten

422 Nicht

Volcae Paludes; siehe bereits Graf, Übersicht über die antike Geographie von Pannonien, 53f.

423 Strobel, 424 Tac.

260

Zur Diskussion um die Einrichtung der Provinz Pannonia.

ann. 1,16–30; Vell. 2,125; Cass. Dio 57,4,1–3.

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Arbeitsvexillationen plünderten Nauportus. Der jüngere Drusus, der Sohn des Tiberius, konnte die Meuterei rasch ersticken. Die dalmatischen Legionen VII und XI blieben von der Meuterei unberührt (Vell. 2,125,5); der dortige Statthalter P. Cornelius Dolabella führte mit deren Arbeitsvexillationen bis 19/20 n. Chr. ein großangelegtes Straßenbauprogramm durch und legte die Grenzen der einzelnen Civitates innerhalb der Provinz fest.

2.3 .7 R  ömische Operationen an der unteren Donau unter Aelius Catus (7 – 12 n. Chr.) Als Nachfolger des Caecina in der Führung des moesischen Heeres ist im Jahre 7 n. Chr. Sex. Aelius Catus, consul ordinarius 4 n. Chr., zu sehen, dessen Amtszeit sehr wahrscheinlich bis 11/12 dauerte, als Moesien dem Poppaeus Sabinus übergeben und in eine reguläre Provinz umgewandelt wurde. Die Stellung des Aelius Catus vereinigte, wie die inschriftlichen Zeugnisse nahelegen,425 nochmals die Funktionen des legatus Augusti des moesischen Heeres und des Proconsuls von Macedonia. Dies ist wohl aus der besonderen Situation seiner Amtszeit heraus zu erklären. In Reaktion und als Konsequenz aus dem neuerlichen Einfall in Moesien führte Catus eine Kampagne zur Umsiedlung von 50.000 Geten aus den Walachischen Ebenen durch (Strab. 7,3,10) und schuf damit ein geräumtes Glacis für die römische Donaulinie bis zum Rand der Südkarpaten. Die großangelegte Umsiedlungsaktion des Catus, die eine massierte Truppenpräsenz und ein entsprechendes militärisches Vorgehen nördlich der Donau beinhaltet hat, kann sicher erst nach dem Ende des zweiten pannonisch-dalmatischen Aufstandes etwa 9 – 11 n. Chr. angesetzt werden. Damals endeten die meisten der noch bestehenden Zentren und befestigten Siedlungen; damit ist auch die Brandzerstörung des großen befestigen Zentrums von Pietroasa Mică-Gruiu Dării westlich von Buzău zu verbinden.426 Nutznießer waren die Zentren Buridava am Olt (Ocnița, jud. Vâlcea) und Piroboridava am Sereth (Poiana, jud. Galați), die in ein enges Vertragsverhältnis zu Rom traten, ebenso die weiteren getischen Zentren Brad und Răcătău am Sereth einschließlich der wichtigen Siedlung Barboşi-Galaţi an der Sereth-Mündung. Als zentrale Basis für die Operationen des Aelius Catus muss ein römischer Militärkomplex an der Mündung des Oescus (Iskăr) gedient haben, wo von der Existenz eines großen augusteischen Uferkastells mit Landeplatz auszugehen ist, und ein weiterer an der Mündung der Augusta (Ogosta) für das römische Vorgehen im Bereich des unteren Jiu und bei Ratiaria.

425 IGR

I 654; AE 1949, 10; 1960, 378; AE 1966 = SEG 22, 158; vgl. PIR2 A 157; Mrozewicz, Prosopographia Moesiaca II (mit umfassender Bibliographie), der Aelius Catus eher als prätorischen Proconsul in Macedonia interpretieren möchte.

426 Bărbulescu, Relaţii daco-romane; Sîrbu/Matei, Quelques observations sur des centres fortifiés geto-daces; diess.,

Incinta dacică fortificată Pietroasele Mică; diess., Pietroasa Mică – „Gruiu Dării“; Sîrbu u. a., The Geto-Dacian Cult Place from Pietroasele Mică. Ende 2./Anfang 1. Jh. v. Chr. Zweischalenmauer aus grob zugehauenen Kalksteinblöcken und Holzversteifung; nach der Zerstörung im 1. Jh. n. Chr. nur mehr kultisch genutzt (Weihedepot mit zahlreichen Waffenfunden; die Befestigungsmauer für den Heiligen Bezirk wiederhergestellt), Ende des 1. Jh.s n. Chr. endgültig zerstört und verlassen.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Ebenfalls in die Amtszeit des Aelius Catus fällt nach Ovid der getische, zweifellos von transdanubischen Gruppen getragene Angriff auf die Festung Aegyssus, die dem odrysischen Klientelherrscher verloren ging. Die Festung wurde mit der Unterstützung römischer Truppen zurückgewonnen.427 Diese Einheiten hatte der offensichtlich für den Schutz der östlichen untermoesischen Donaulinie zuständige Legionslegat P. Vitellius auf Schiffen herangeführt. Die verbliebenen politischen Einheiten nördlich der unteren Donau waren nun durch die Feldzüge des Vinicius, Lentulus und Aelius Catus in ein Vertragsverhältnis zu Rom übergeführt, das die Anerkennung der römischen Hoheit enthielt und das sie in das Föderaten-Vorfeld der Reichsgrenze an der Donau eingliederte (Strab. 7,3,12.13; RGDA 30,2: „Dacorum gentes imperia populi Romani perferre coegit“; s. o. Anm. 418).

2.3 .8 Thracia: Vom Klientelstaat zur Provinz (46 n. Chr.) In der Führung seines übergeordneten Kommandos wurde C. Poppaeus Sabinus in Moesien, Makedonien und Achaia als Legat des Tiberius mit regionalem proconsularem Imperium von legati Augusti prätorischen Ranges als Unterstatthalter unterstützt, so 15 – 16 n. Chr. von L. Pomponius Flaccus, cos. ord. 17 n. Chr., der moesische und getische Stämme besiegte und Troesmis befreite;428 auch das Territorium von Histria war durch die Plünderungen in Mitleidenschaft gezogen worden. Tiberius veranlasste Pomponius Flaccus, den ritterlichen Funktionsträger Q. Iulius Vestalis, zwischenzeitlich vom Primipilat wohl zum Praefekten der römischen Flotte an der westpontischen Küste und in Moesien aufgestiegen, in Sondermission nach Histria zu senden, der die von Augustus der Stadt gegebenen Privilegien bestätigte und das Territorium von den plündernden Barbaren befreite.429 Die thrakischen Vasallenkönige, in innere Thronstreitigkeiten verwickelt, konnten die Kontrolle ihres Gebietes nördlich des Haemus nicht gewährleisten. Nach dem Tod des moesischen Unterstatthalters Latinius Pandusa (Tac. ann. 2,66) wurde Pomponius Flaccus im Jahre 19 n. Chr. von Tiberius als Sonderlegat nach Moesien entsandt, um die Rhaskuporis-Affäre zu bereinigen.430 Denn nach dem Tod des Rhoimetalkes I. hatte Augustus einen Teil des thrakischen Königreiches an dessen Bruder Rhaskuporis gegeben, den anderen an

427 Ovid.

Pont. 1,8,11–24; 4,7 (An Vestalis). Vgl. PIR2 V 743; Syme, History in Ovid. Das Kommando bei dieser Aktion hatte P. Vitellius als Legionslegat; der unter ihm dienende Primus Pilus (ranghöchster Centurio der Legion) Q. Iulius Vestalis zeichnete sich bei den Kämpfen besonders aus; zur Person s. u. Anm. 434.

428 Ovid.

Pont. 4,9,75–80; PIR2 P 715; Eck, L. P. Flaccus. Zu Sabinus siehe oben Kap. 2.3.7.

429 Neufund

einer Inschrift;  Bărbulescu/Buzoianu, L’espace ouest-pontique sous l’empereur Tibère (mit einigen historischen Missverständnissen); zu Iulius Vestalis, Sohn des Königs Cottius, des Herrschers der Alpes Cottiae in den Westalpen, seit 15/14 v. Chr. in dieser Funktion als ritterlicher römischer Funktionsträger, und Freund Ovids PIR2 I 621 sowie oben Anm. 432. Zum Kommando über die römischen Flotteneinheiten an der Schwarzmeerküste Ovid. Pont 4,7, 1–2. Zur Frage der Existenz einer ritterlichen Praefectura orae maritimae im Sinne eines militärisch-administrativen Amtes für die Ausübung der römischen Herrschaft über die Küstenstädte ablehnend auch Ruscu, On the praefectura orae maritimae.

430 Tac.

262

ann. 2,64,2–67; Vell. 2,129,1; Suet. Tib. 37,4; PIR2 L 125; P 715; R 60.

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Vom Illyrienkrieg Caesars des Sohnesbis zum Tode Neros

dessen Sohn Kotys. Ersterer setzte sich trotz Eingreifens des Tiberius in den Besitz des Reichsteils seines Neffen und ermordete diesen, als Latinius Pandusa die Herausgabe des Kotys verlangte. Flaccus brachte den mit ihm befreundeten Rhaskuporis in seine Gewalt und führte ihn nach Rom, wo er verurteilt und schließlich im Internierungsort Alexandria getötet wurde. Das Vasallenreich wurde unter seinem Sohn Rhoimetalkes II. und den drei unmündigen Söhnen des Kotys aufgeteilt, die in Rom erzogen wurden und den Praetorier Trebellenus Rufus als Vormund und Regenten gestellt bekamen. Diese Regelung führte zu Unruhe und schließlich im Jahre 21 n. Chr. zu einem Aufstand, bei dem der in Philippopolis eingeschlossene, als zu Rom-hörig angesehene König von Sabinus’ Legaten P. Vellaeus befreit werden musste (Tac. ann. 3,38,2–39,2). Für die Niederschlagung des großen Thrakeraufstandes des Jahres 26, der durch die Aushebungen von Auxiliareinheiten verursacht war, erhielt Poppaeus Sabinus die ornamenta triumphalia (Tac. ann. 4,46–51). Er wurde bei den schwierigen Kämpfen von dem Legaten Pomponius Labeo, der insgesamt acht Jahre in der Provinz diente,431 und Rhoimetalkes unterstützt. 38 n. Chr. setzte Kaiser Caligula (37 – 41 n. Chr.) Rhoimetalkes III., den in Rom erzogenen Sohn des Kotys, als thrakischen König ein, der von seiner Gemahlin 46 n. Chr. ermordet wurde (PIR2 R 68). Daraufhin zog Kaiser Claudius das Vasallenreich ein und errichtete die Provinz Thracia unter einem ritterlichen Procurator. Das bisher dem thrakischen Königreich angeschlossene östliche Untermoesien mit der Dobrudscha wurde mit der Provinz Moesien nun auch formalrechtlich vereinigt. Der massive Widerstand gegen die römische Annexion wurde von dem moesischen Legaten A. Didius Gallus niedergeschlagen; hierfür und für den Krieg im Bosporanischen Reich, wo er Mithradates absetzte und dessen Bruder Kotys als König einsetzte, erhielt er die ornamenta triumphalia.432

2.3 .9 D  almatien 42 n. Chr., die erste Usurpation in der Geschichte des Principats und die Entwicklung des mittleren und unteren Donauraumes bis 67 n. Chr. In der Provinz Dalmatien scheiterte im Jahre 42 bereits nach fünf Tagen der Versuch einer Usurpation gegen Kaiser Claudius, als sich der Statthalter L. Arruntius Camillus Scribonianus, ordentlicher Consul 32 n. Chr., zum Imperator ausrufen ließ; er wurde auf der Flucht auf der Insel Issa (Vis) ermordet.433 Die beiden Legionen des Provinzheeres erhielten für ihre bewiesene Loyalität den Ehrenbeinamen Claudia pia fidelis (VII Claudia, XI Claudia). Die Mitverschworenen aus dem Senatoren- und Ritterstand wurden nach Prozessen hingerichtet, so auch Annius Vicinianus, der Kopf der Verschwörung in Rom. Der erste Versuch senatorischer Kreise, von den bewaffneten Provinzen aus einen Herrscherwechsel zu erzwingen, weist bereits auf bald folgende Ereignisse voraus.

431 PIR2

P 726.

432 Osgood,

Claudius Caesar, 122–124; Tac. ann 12,15,1; 12,63,3; Birley, The Roman Government of Britain, 31–37; Stein, Die Legaten von Moesien, 25f.

433 Levick,

Claudius, 66–68; Suet. Claud. 13,2; Cass. Dio 60,15,1–16,8.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Im Karpatenbecken kam es in claudischer Zeit zu einer schwerwiegenden Veränderung. Schon zuvor war der sich seit 6 n. Chr. Rom gegenüber gemäß dem mit Tiberius geschlossenen Frieden neutral verhaltende Markomannenkönig Marbod (s. o. Kap. 2.3.6), der sich nach der VarusKatastrophe 9 n. Chr. nicht dem Arminius angeschlossen hatte, gestürzt worden (Tac. ann. 2,26; 2,45–46; 2,62–63; Vell. 2,119,5). Denn 17 n. Chr. geriet er in offenen Krieg mit Arminius, der nach der Abberufung des Germanicus freie Hand hatte. Ein Hilfsbesuch Marbods lehnte Tiberius ab und entsandte vielmehr seinen Sohn Drusus d. J. mit einem übergeordneten Imperium proconsulare an die mittlere Donau (Tac. ann. 2,62,1). Der im Exil lebende, von den Gotonen/Gutonen unterstützte Catualda griff im Jahre 18 Marbod an, konnte große Teile des markomannischen Adels auf seine Seite bringen und die Königsburg des Marbod, wo sich zahlreiche römische Händler angesiedelt hatten, und das benachbarte Kastell erstürmen. Beides kann mit gutem Grund mit der Spätphase des Oppidums von Bratislava, dem vorrömischen Carnuntum, und von Devin identifiziert werden; beide gingen in einem Massakerhorizont zugrunde. Marbod hatte sich unter dem Druck des sich anbahnenden Konflikts mit Arminius offensichtlich in die Nähe und Reichweite einer möglichen römischen Intervention zu seinen Gunsten zurückgezogen. Die römische Seite hatte ihre militärischen Basen in Bratislava und Devin wahrscheinlich 10 n. Chr. oder spätestens nach der Meuterei der pannonischen Legionen im Jahre 14 n. Chr. geräumt und dem Rom gegenüber loyalen Marbod überlassen. Um die Situation unter Kontrolle zu halten, haben römische Truppen unter dem Oberkommando des Drusus d. J. 18 n. Chr. die Donau überschritten, wie nun ein temporäres Lager der tiberischen Zeit bei Obersebern gegenüber von Enns als Basis für einen Vormarsch auf der Aist-Linie nach Südböhmen erstmals dokumentiert. In Enns entstand ebenfalls ein frühprincipatszeitliches Lager. Marbod wurde das Überschreiten der Donau in die Provinz Noricum gestattet und anschließend ein Wohnsitz in Ravenna zugewiesen. Doch auch Catualda wurde wurde bald darauf von einem Heer der Hermunduren vertrieben und floh zu den Römern, die ihn in Forum Iulii (Fréjus) internierten. Die Gefolgschaften des Marbod und des Catualda wurden von Drusus jenseits der Donau zwischen den Flüssen Waag und March angesiedelt und ihnen 19 n. Chr. der Quadenfürst Vannius als König gegeben. Damit begann die Ethnogenese des historischen Quadenstammes. Im Jahre 20 feierte Drusus für seine Erfolge einen Triumph ex Illyrico. Der von Drusus eingesetzte Quadenkönig Vannius hatte Reiterverbände der sarmatischen Jazygen aus dem nordwestlichen Schwarzmeerraum angeworben (Tac. ann. 12,29,3; 12,30,1). Mit dem Sturz des Vannius 51 n. Chr. herrenlos geworden, haben diese offensichtlich weitere jazygische Reiternomaden über die Nordkarpatenpässe nachgezogen und von einem Teil der Donau-TheißTiefebene Besitz ergriffen.434 Die Funde der frühsarmatischen Epoche sind auf das Gebiet zwischen den Linien Donauknie – Theiß und Donau – Mureş-Mündung konzentriert, nur wenige Funde erstrecken sich in die Crişana. Das früheste Material ist nicht vor Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu datieren, es setzt vielmehr in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts und verstärkt erst ab dem späten 1. Jahrhundert n. Chr. ein. Im Westbanat erscheinen sarmatische Funde erst nach 170/180 n. Chr. Die Ansiedlung wurde offensichtlich von Rom geduldet, da man sich einen Puffer gegenüber den

434 Grumeza,

Sarmatian Cemeteries from Banat, bes. 15–20. Die beginnende Landnahme ist zweifellos in die Überlieferungslücke in Tacitus’ Annalen 37 – 47 n. Chr. einzuordnen. Vgl. Plin. n. h. 4,80.

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Vom Illyrienkrieg Caesars des Sohnesbis zum Tode Neros

Dakern versprach. Den Terminus ante quem liefert die Praefatio zum 1. Buch der Naturales Quaestiones des Seneca (§ 9), das 62/65 n. Chr. datiert. Ihren Höhepunkt erreichte die römische Interventionspolitik nördlich der unteren Donau unter Kaiser Nero (54 – 68 n. Chr.), als Ti. Plautius Silvanus Aelianus, consul suffectus 45 n. Chr., wie wir aus seiner Ehreninschrift aus Tibur (Tivoli) wissen, während seiner moesischen Statthalterschaft ca. 57 – 67 n. Chr. in raumgreifenden Militäraktionen mehr als 100.000 Transdanuviani mit Fürsten, Frauen und Kindern nach Moesien verpflanzte und 61/62, obwohl sein Heer durch Truppenabgaben auf den armenischen Kriegsschauplatz geschwächt war, eine Wanderbewegung der Sarmaten offenbar in die zuvor von Bevölkerung geräumte Zone zwischen Donaumündung und Olbia unterdrückte.435 Die Zahl der Deportierten darf dabei nicht wörtlich genommen werden. Nicht betroffen waren die in engen Handelsbeziehungen stehenden Zentren Răcătău, Brad436 und Poiana (Piroboridava) in der Moldau-Region; allerdings werden die erst im späteren 1. Jahrhundert v. Chr. errichteten Befestigungsanlagen überall aufgelassen. Hingegen enden die an der Donau liegenden Siedlungen von Barboşi und Grădiştea (jud. Brăila), ferner Tinosu, Homorâci (jud. Prahovo) und das bereits in den Südkarpaten am Oberlauf der Dâmboviţa gelegene Cetăţeni.437 Neben diesen Operationen werden in der Inschrift des Plautius Silvanus Aelianus (s. Anm. 440) explizit Bastarner, Roxolanen und Daker genannt, zu deren Königen, die nun offensichtlich in einem Vertragsverhältnis mit Rom stehen, die von den Römern gefangenen oder bei Dritten erbeuteten Familienangehörigen zurückgeführt werden (Z. 18–20). Könige anderer, bisher unbekannter oder feindlicher Völkerschaften mussten sich am Donauufer den römischen Feldzeichen unterwerfen und Geiseln stellen (Z. 20f.). Den König der Krimskythen zwang er die Belagerung von Chersonesos (Sewastopol) aufzugeben. Durch die Neuansiedlung zahlreicher Menschen in der Provinz wurde der Ertrag der Landwirtschaft gesteigert, so dass Moesien erstmals Getreide für die stadtrömische Getreideversorgung liefern konnte (Z. 23-26). Frieden und Sicherheit der Provinz schienen langfristig gesichert, den Dakern war ein Überqueren der Donau verboten (Sen. nat. quaest. praef. 9). Mit Ausnahme der Vasallenherrschaft Buridava am Olt (Ocnița, jud. Vâlcea), welche die mittlere Zone des Südkarpatenvorlandes kontrollierte, existierten in den Walachischen Ebenen nur mehr

435 CIL

14, 3608 = ILS 986 = IDRE I 113, Z. 8-26: […] legat(o) pro praet(ore) Moesiae / in qua plura quam centum mil(ia) / ex numero Transdanuvianor(um) / ad praestanda tributa cum coniugib(us) / ac liberis et principibus aut regibus suis / transduxit motum orientem Sarmatar(um) / compressit quamvis parte(m) magna(m) exercitus / ad expeditionem in Armeniam misisset / ignotos ante aut infensos p(opulo) R(omano) reges signa / Romana adoraturos in ripam quam tuebatur / perduxit regibus Bastarnarum et / Rhoxolanorum filios Dacorum fratrum (l. fratrem oder fratres) / captos aut hostibus ereptos remisit ab / aliquis eorum obsides accepit per quem pacem / provinciae et confirmavit et protulit / Scytharum quoque rege{m} a Chersonensi / quae est ultra Borustenen obsidione summoto / primus ex ea provincia magno tritici modo / annonam p(opuli) R(omani) adlevavit […] (zur Deutung s. das Folgende); PIR2 P 480. Die Statthalterschaft folgte entgegen dem üblichen Schema dem Proconsulat in der Provinz von Asia.

436 Ursachi,

n. Chr.

Zargidava; kritische Beurteilung der Grabungen bei David, Dava de la Brad. Niveau IV des 1. Jh.s

437 Vgl.

Bărbulecu, Relaţii daco-romane; zu Cetăţeni (große offene Siedlung mit einer hoch gelegenen Zitadelle) jedoch Măndescu, Cetăţeni; ders., Importurile romane.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

kleinere offene Ansiedlungen im hügeligen Karpatenvorland.438 Das vorrömische Drobeta ist entweder in den Funden des 1. Jahrhunderts v. Chr. in Şimian-Ostrovul Şimian oder Drobeta-Turnu Severin – cartier Schela Cladovei fassbar, wobei letzterer Platz nach der gewaltsamen Räumung der Siedlungen in augusteischer Zeit, wie Material des 1. Jahrhunderts n. Chr. zeigt, zweifellos mit römischer Duldung eine erneute Besiedlung aufweist. Eine ebenfalls nicht über augusteische Zeit hinausgehende befestigte Höhensiedlung des 1. Jahrhunderts v. Chr. liegt rückwärtig oberhalb des Topolniţa-Tales bei Bobaiţa (com. Malovaţ), eine weitere Siedlung im Hinterland am Rand des Südkarpatenvorlandes bei Bala de Sus-La Fântână.

438 Eine Ausnahme bildet die auf einer nahezu unzugänglichen Höhe über dem Buzău-Tal im Randgebirge der Südkar-

paten angelegte Festung von Târcov (Akropolis-Plateau und drei Terrassen; Holz-Stein-Erde-Befestigung), die erst nach den Kampagnen des Silvanus angelegt worden sein dürfte; Matei, Elements for a Chronological Framework.

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HGSOE, Bd. 1

Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

2.4

 RISEN UND EXPANSIONSPOLITIK IM WECHSELSPIEL: K VOM VIERKAISERJAHR BIS IULIUS PHILIPPUS

2 .4 .1 D  er mittlere und untere Donauraum im Vierkaiserjahr und unter Vespasian (68 – 79 n. Chr.) Die Operationen des moesischen Statthalters unter Kaiser Nero Plautius Silvanus Aelianus (s. o. Kap. 2.3.9) hatten die Grenze an der unteren Donau mit ihrem Vorfeld aus dakischen respektive getischen Fürstentümern und politischen Formationen nördlich des Stroms nur scheinbar längerfristig stabilisiert. Die Verpflanzung größerer Bevölkerungsgruppen aus dem Raum nördlich der Donaumündung und aus Nordostmuntenien hatte den Raum für eine Expansion des sarmatischen Reitervolkes der Roxolanen439 freigemacht, diese aber zugleich in eine romfeindliche Haltung gebracht. Schon im Winter 67/68 n. Chr. waren sie über die Donau eingebrochen und hatten zwei römische Kohorten vernichtet (Tac. hist. 1,79,1). Das moesische Provinzheer, das durch die Truppenabgaben erst für den Armenienkrieg unter Cn. Domitius Corbulo, dann für den Judenkrieg unter dem Oberbefehl Vespasians geschwächt war, wurde im Sommer 68 durch die aus dem Osten herangeführte Legio III Gallica verstärkt. Nach dem Selbstmord Neros haben die pannonischen Legionen im Juni 68 Galba als Kaiser anerkannt. Nach dessen Ermordung am 15. Januar 69 unterstützten die Legionen in Pannonien, Dalmatien und Moesien Otho gegen den zu Jahresbeginn von den Rheinheeren zum Kaiser ausgerufenen Vitellius (Tac. hist. 1,76,1; Legionen VII Galbiana, XIII Gemina in Pannonien, XI Claudia, XIV Gemina in Dalmatien, VII Claudia, VIII Augusta, III Gallica in Moesien). Noch im Januar 69 brachen 9.000 sarmatische Reiter plündernd in Moesien ein, wo sie jedoch für sie überraschend auf die durch Auxilien verstärkte III Gallica trafen und eine vernichtende Niederlage erlitten (Tac. hist. 1,79). Der Statthalter Moesiens M. Aponius Saturninus und die drei Legionslegaten wurden von Otho ausgezeichnet. Für den Kampf gegen Vitellius befahl dieser im Frühjahr 69 den Zuzug der pannonischen und dalmatischen Legionen VII, XI, XIII und XIV, ebenso der drei moesischen III, VII und VIII, die jedoch nicht mehr rechtzeitig zu der Schlacht von Bedriacum (bei Cremona) am 14. April 69 eintrafen, die mit Othos Niederlage und seinem folgenden Selbstmord endete. Vitellius verlegte anschließend die Legio XIV Gemina nach Britannien. Als sich T.  Flavius Vespasianus, der Begründer der flavischen Dynastie, am 1. Juli 69 in Alexandria zum Kaiser ausrufen ließ, gefolgt von der Anerkennung durch die Heere in Judaea und Syrien, schlossen sich die moesischen Legionen unter der Führung der III Gallica der Usurpation an. Sie hatten bei ihrem Vormarsch bis Aquileia die Nachricht vom Sieg des Vitellius nur widerwillig aufgenommen. Dem folgten die pannonischen Legionen unter der Führung des M. Antonius Primus, Legat der VII Galbiana, der die Führung beim Einmarsch in Italien übernahm (Tac. hist. 3,1–5). Aponius Saturninus folgte mit den moesischen Legionen. Am 24./25. Oktober 69 siegten die Legionen Vespasians in der zweiten Schlacht von Bedriacum über die vitellianischen Rheinlegionen. Zur Sicherung der von Truppen weitgehend entblößten Donaulinie hatte man

439 Bârcă/Symonenko,

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Călăreţii stepelor.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

die Föderatenaufgebote der Markomannen und Quaden unter ihren Königen Sido und Italicus ins Heer aufgenommen und mit den Principes der sarmatischen Jazygen ein Bündnis geschlossen, deren Angebot eines Zuzuges aber abgelehnt und dafür die Stellung von Geiseln für das Wohlverhalten des Stammes verlangt.440 C. Licinius Mucianus, bisher Statthalter in Syrien, zog mit einem Expeditionskorps, das aus der Legio VI Ferrata und Vexillationen der anderen syrischen Legionen sowie Auxilien bestand, auf dem Landweg Richtung Italien, erhielt aber bereits in Thrakien die Nachricht vom Sieg bei Bedriacum. Aufgrund des weitgehenden Truppenabzuges aus Moesien brachen Daker, die „gens numquam fida“, wie Tacitus formuliert, den Frieden und fielen über die Donau ein, wo ihnen nach anfänglichen Erfolgen Mucianus mit seinem Expeditionskorps im November 69 entgegentrat und die Invasion zerschlug (Tac. hist. 3,46). Der als neuer Statthalter eingesetzte Fonteius Agrippa wurde jedoch im Frühjahr 70 bei einem erneuten Roxolaneneinfall besiegt und getötet (Ios. b. Iud. 7,89– 95); der von Vespasian mit starker Truppenmacht beauftragte Rubrius Gallus schlug die sarmatischen Scharen in mehreren Gefechten vernichtend und zwang auch die dakischen Grenznachbarn, zweifellos in einer in den Quellen nicht bezeugten Strafexpedition, in das römische Föderatenverhältnis zurück, das dann bis zum Jahre 85 stabil blieb (Iord. Get. 13,76). Das Herrschaftszentrum von Buridava am Olt (Ocnița, jud. Vâlcea) als letzter bestehender Machtbildung vor den Südkarpaten konnte seine engen Beziehungen zum Reich aufrechterhalten, ebenso Piroboridava (Poiana, jud. Galați) am Sereth, wie die reichen römischen Importe zeigen. Das moesische Donauufer wurde mit einer durchgehenden Kastelllinie ausgebaut. Bei der Reorganisation des römischen Heeres durch Vespasian (69 – 79 n. Chr.) waren nun die Legionen XIII Gemina (Poetovio) und XV Apollinaris (Carnuntum) in Pannonien, die IV Flavia in Dalmatien (Burnum) und die VII Claudia (Viminacium), V Macedonica (Oescus) und I Italica (Novae) in Moesien stationiert. Hinzu kamen die reorganisierten und verstärkten pannonischen und moesischen Donauflotten, nun Classis Flavia Pannonica und Classis Flavia Moesica, wobei der Kommandeur der letzteren auch die Aufsicht über die Donaulinie östlich von Novae (ripa Danuvii) bis zur Mündung hatte. Auch in Pannonien wurde der unter Kaiser Claudius mit der dauerhaften Stationierung der XV Apollinaris an der Donau im Jahre 50 (Tac. ann. 12,30), verbunden mit der Errichtung des Legionslagers Carnuntum, begonnene Aufbau von Garnisonen entlang der Donau vorangetrieben.

2.4 .2 D  ie Kriege Domitians an der unteren und mittleren Donau (85 – 96 n. Chr.) Die erste große Krise der römischen Donaugrenze, die in ihrem Umfang durchaus mit den Donaukriegen unter Marc Aurel zu vergleichen ist (s. u. Kap. 2.4.8 – 10), entwickelte sich im

440 Vgl.

268

auch ILS 985 = EDR 074546.

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Jahre 85 n. Chr.441 Der Konflikt scheint sich an der Politik Domitians, des jüngeren Sohnes des Vespasian und Nachfolgers seines früh verstorbenen Bruders Titus (81 – 96 n. Chr.), entzündet zu haben, die Kontrolle und die Leistungspflicht der durch Foedera in das indirekte römische Herrschaftssystem über das Vorfeld der Reichsgrenze eingebundenen Völkerschaften zu verschärfen. Es muss davon ausgegangen werden, dass auf dakischer Seite die Gefahr einer drohenden militärischen Intervention Roms gesehen wurde, denn der dakische Angriff erfolgte nach dem siegreichen Chattenkrieg von 83 und der Einrichtung der beiden germanischen Provinzen, womit der Abschluss der seit augusteischer Zeit offenen Germanienfrage propagiert werden konnte, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Jedoch hatte Domitian mit C. Oppius Sabinus, der 84 zusammen mit dem Kaiser den ordentlichen Consulat bekleidete, einen seiner engen Vertrauten zum moesischen Statthalter ernannt und sicher auch mit besonderen Direktiven ausgestattet. Der Angriff der Daker erfolgte im Hochsommer 85 unter der Führung des Diurpaneus, der wahrscheinlich an der Spitze einer Koalition von Stammesverbänden und Fürsten bzw. Adeligen und Kriegerverbänden aus Siebenbürgen bzw. Südostsiebenbürgen und dem Raum östlich der Karpaten sowie der Bevölkerungsgruppen in den nördlichen Randzonen Munteniens und Olteniens stand. Der Angriff traf die römische Seite völlig überraschend; Oppius Sabinus trat den Invasoren mit rasch mobilisierten Kräften entgegen, erlitt jedoch eine entscheidende Niederlage und fiel. Sein Kopf wurde von den Dakern als Trophäe eingebracht. Die römischen Auxiliarlager wurden überrannt und Siedlungen geplündert, die Legionslager von Novae und Oescus, wo sich die Überlebenden der Niederlage und Flüchtlinge verschanzt hatten, belagert. Domitian reagierte sofort; er brach in Begleitung der Prätorianer und des Gardepräfekten Cornelius Fuscus, der zugleich Chef des kaiserlichen Stabes war, von Rom auf. Die Legio IV Flavia wurde aus Dalmatien an die Front beordert, aus Obergermanien die I Adiutrix. Das pannonische Provinzheer marschierte unter seinem Statthalter L. Funisulanus Vettonianus heran. Weitere Expeditionskorps wurden aus dem Orient herangeführt. Neuer moesischer Statthalter wurde M. Cornelius Nigrinus Curiatius Maternus. In einer Serie von Siegen wurden die Invasoren bis November 85 über die Donau zurückgedrängt; Domitian kehrte nach Rom zurück und feierte im Frühjahr 86 einen Triumph über die Daker. Das durch die Niederlage des Oppius Sabinus angeschlagene Prestige nicht nur Roms, sondern gerade das Domitians, der die persönliche Sieghaftigkeit des Kaisers in das Zentrum der Herrscher­ ideologie gestellt hatte, musste selbstverständlich durch einen Rachefeldzug gegen Diurpaneus wiederhergestellt werden. Damit war im Jahre 86 Cornelius Fuscus beauftragt, der im Sommer die Donau mit einer Expeditionsarmee auf einer Schiffsbrücke überschritt, jedoch bereits beim ersten Treffen von Diurpaneus besiegt wurde und auf dem Schlachtfeld fiel. Sein Lager wurde geplündert, die Überlebenden flohen über die Donau zurück. Die Ereignisse haben sich sehr wahrscheinlich am Alutus (Olt) abgespielt; mit gutem Grund kann das Herrschaftszentrum des Diurpaneus mit Buridava, dem letzten noch verbliebenen politischen und wirtschaftlichen Zentrum vor den Südkarpaten, identifiziert werden. Beutestücke aus den römischen Niederlagen gelangten in das 441 Strobel,

Die Donaukriege Domitians; ders., Kaiser Traian, 108–129,140,151–153. Zu den pannonischen Kriegen ebd., 143–158.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Südostsiebenbürger Machtzentrum Racoş-Augustin, wie der Fund eines für die Weiterbenutzung abgeänderten Legionärshelm in Piatra Detunată zeigt (s. o. Anm. 91). Die Niederlage des Fuscus musste angesichts des eben gefeierten Triumphes innenpolitisch verheerend wirken und dürfte den Hintergrund für die gegen Domitian gerichtete Verschwörung des Jahres 87 bilden. Nach der Katastrophe des Fuscus brach Domitian erneut zum Kriegsschauplatz auf. Aus Britannien wurde die II Adiutrix abkommandiert, was mit der Aufgabe des eben eroberten mittleren und nördlichen Schottlands verbunden war, ebenso auxiliare Elitetruppen. Das Kommando für die erneute römische Offensive über die untere Donau hinweg hatte nun Cornelius Nigrinus, der durch seine Erfolge zum höchst dekorierten General Domitians aufstieg. Die Leiche des Fuscus wurde geborgen und bestattet, Diurpaneus vernichtet. Die Siege fallen in die Zeit September/Oktober 86. Das Zentrum von Buridava am Olt wurde ebenso beseitigt wie die in den Walachischen Ebenen verbliebenen kleineren Siedlungen.442 Zwischen Südkarpaten und unterer Donau erstreckte sich nun eine siedlungsleere Zone; mit einer erneuten Fluchtbewegung nach Siebenbürgen ist sicher zu rechnen. Das sich in nachaugusteischer Zeit machtvoll entwickelnde Südwestsiebenbürger Königtum mit Zentrum um Sarmizegetusa im Orăştie-Gebirge (s. o. Kap. 2.1.7) hatte sich an den Kämpfen bisher nicht beteiligt und sein Vertragsverhältnis mit Rom bewahrt. Doch angesichts der Entwicklung kam es hier noch vor der Niederlage des Fuscus zu einem folgenschweren Regierungswechsel, als Duras zurücktrat und Decebalus den Thron bestieg, der mit Domitian 85/86 n. Chr. diplomatischen Kontakt aufnahm und Frieden zu halten versprach. Dazu schlug er eine Erneuerung des Foedus vor, das allerdings nun Subsidienzahlungen an ihn enthalten sollte, was eine durchaus gängige Praxis der römischen Politik in solchen Vertragsverhältnissen gewesen ist. Im Falle der Ablehnung drohte Decebalus mit dem Kriegseintritt. Selbstverständlich lehnte Domitian eine solche erpresserische Offerte ab, während sich die geschlagenen Daker darum bemühten, Decebalus zu gewinnen und ihm die Fuscus-Beute und einen Teil der römischen Gefangenen übergaben. Als sie seine Führungsautorität uneingeschränkt anerkannt hatten, trat er an die Spitze der antirömischen Koalition, der sich wohl noch weitere Stammesverbände im weiteren Siebenbürger Raum anschlossen. Diese Entwicklung verlagerte das 442 Ende

von Pietroasa Mică; Denarhort von Poiana mit Schlussmünze 81 n. Chr. am Zusammenfluss von Jiu und Gilort; Zerstörung der ufernahen Plätze Socol, Divici, Drobeta; vgl. Bărbulescu, Relaţii daco-romane, der allerdings zu Unrecht von einem Fortbestehen von Buridava bis 101 n. Chr. oder einem Fortleben der Festung von Polovragi im 1. Jh. n. Chr. ausgeht. Ebenso unbegründet ist seine Annahme (56–58, 168–171), dass die Walachischen Ebenen und die südliche Moldau seit 89 unter direkter römischer Kontrolle und Besatzung gestanden seien und dass die römischen Kastelle in Muntenien wie Drajna de Sus bereits in domitianischer Zeit existiert hätten. Er greift damit eine alte, auf Radu Vulpe zurückgehende These wieder auf, dass die Walachischen Ebenen und die südliche Moldau mit Piroboridava bereits seit dem Frieden von 89 zur Provinz Moesia inferior gehört hätten. Das Pridianum der cohors I Hispanorum veterana equitata (Rom.Mil.Rec. 63 = CPL 112 = ChLA III 219; Stauner, Schriftwesen, 102–105) datiert auf den 16.9.105 n. Chr.; zu diesem Zeitpunkt hatte die Truppe, deren Hauptquartier sich in Stobi in der Provinz Macedonia befand, die aber zum untermoesischen Provinzheer gehörte, zahlreiche Abteilungen zu verschiedenen Missionen abgestellt; innerhalb der Provinz befand sich eine Vexillation im großen römischen Lager von Buridava am Olt (Namensübertragung; das damalige Holz-Erde-Lager ist archäologisch nicht mehr erfassbar; ich danke C. Schuster für die Details), eine andere Abteilung in Piroboridava „in praesidio“. Vgl. bereits Strobel, Untersuchungen zu den Dakerkriegen Traians, 132–134, 186f., 299f.

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Schwergewicht des Krieges an die obermoesische Donau. Als Konsequenz teilte Domitian noch vor seiner Rückkehr nach Rom Ende 86 die Großprovinz Moesien in Moesia superior und inferior, letztere übernahm Cornelius Nigrinus. Das Jahr 87 war mit den Vorbereitungen für einen Feldzug gegen Decebalus ausgefüllt. Im Obermoesien wurden die Legionen I und II Adiutrix, IV Flavia und VII Claudia stationiert; 89 bezog die IV Flavia dann das Lager von Singidunum. Mit dem Feldzug des Jahres 88 wurde L. Tettius Iulianus als neuer Statthalter von Moesia superior beauftragt. Allerdings zeigte sich bereits ein weiterer Krisenherd. Denn angesichts der römischen Niederlagen weigerten sich Markomannen und Quaden, der römischen Aufforderung zur Stellung von Hilfstruppen nachzukommen, wozu sie als Foederaten verpflichtet gewesen wären. 88 n. Chr. überschritt Iulianus von Viminacium aus die Donau und marschierte durch das Banat zum Eisernen Tor-Pass, der traditionellen Einfallspforte vom Banat nach Südwestsiebenbürgen, wo sich ihm Decebalus mit seinem Heer entgegenstellte, aber eine schwere Niederlage hinnehmen musste. Iulianus gelang der Durchbruch in die Haţeg-Ebene und in das Vorfeld des Reichszentrums im Orăştie-Gebirge, wobei er noch zwei weitere Siege errang, dann aber seine Truppen im Spätherbst in die Winterlager südlich der Donau zurückführte. Für 89 war zweifellos eine Wiederaufnahme des Feldzuges vorgesehen, sollte Decebalus nicht seine Unterwerfung anbieten. An die Eroberung von Gebieten nördlich der Donau hat Domitian offenkundig nie gedacht. Sein Ziel war die Wiederherstellung der uneingeschränkten römischen Oberhoheit über das Vorfeld der Donaulinie und eine Zerschlagung der antirömischen Allianz. Völlig überraschend kam es am 1. Januar 89, genau 20 Jahre nach der Revolte der Mainzer Legionen gegen Galba, wiederum in Mainz, dem Doppellegionslager der XIV Gemina und XXI Rapax, zur Usurpation des obergermanischen Statthalters L. Antonius Saturninus. Die Hintergründe bleiben im Unklaren. Die Usurpation wurde von dem niedergermanischen Statthalter A. Bucius Lappius Maximus bereits Mitte Januar 89 niedergeschlagen. Domitian, der sofort von Rom aufgebrochen war, zog nach Mainz, hielt ein brutales Strafgericht und unternahm einen erneuten kurzen Chattenfeldzug zur Kaschierung des Bürgerkrieges. Die Chatten, die der Aufforderung des Saturninus zum Zuzug gefolgt waren, unterwarfen sich erneut, offensichtlich ohne größere Kampfhandlungen. Daraufhin zog Domitian Rhein und Donau entlang nach Pannonien, um eine Strafexpedition gegen die vertragsbrüchigen Markomannen und Quaden durchzuführen und anschließend eine erneute Offensive gegen Decebalus unter seinem persönlichen Oberkommando durchführen zu lassen. Begleitet wurde der Kaiser von der untergermanischen Legio I Minervia und der aus Mainz abgezogenen XXI Rapax sowie einem aus Britannien gekommenen Expeditionskorps aus Vexillationen der II Augusta, IX Hispana, XX Valeria Victrix und Auxiliarverbänden. In Carnuntum erwartete ihn das pannonische Heer. Markomannen und Quaden versuchten die Strafexpedition abzuwenden, doch Domitian ließ die Gesandten hinrichten. Dieser ungenügend vorbereitete Erste Pannonische Krieg wurde zu einer persönlichen Niederlage Domitians. Die römischen Truppen mussten sich hinter die Donau zurückziehen. Zudem schlossen sich die bisher aufgrund ihrer Gegnerschaft zu den Dakern neutral gebliebenen Jazygen dem Bündnis von Markomannen und Quaden an. Die Front der Gegner Roms reichte nun von der Provinz Noricum bis zum Schwarzen Meer. Auf die Entwicklung reagierte Domitian als ein Realpolitiker, der auch den Verlust eigenen Prestiges in Kauf nahm, indem er mit Decebalus, der

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

nach den vorangegangenen Niederlagen eine solche Gelegenheit sicher bereitwillig annahm, Verhandlungen aufnahm und gegen Ende Juli 89 einen Kompromissfrieden schloss. Decebalus wurde als Vasallenkönig von Roms Gnaden über alle Daker eingesetzt; die Krönung mit dem Diadem vollzog Domitian in seinem neuen Hauptquartier Sirmium stellvertretend an Diegis, dem Bruder des Decebalus. Dieser hatte die erbeuteten Waffen, die Gefangenen und die Überläufer herauszugeben, Geiseln zu stellen und das römische Heer künftig zu unterstützen und Angriffe Dritter auf die Reichsgrenze zu verhindern. Im Gegenzug erhielt er Subsidien und technische Fachkräfte für den militärischen und zivilen Bereich. Decebalus stand in der Folgezeit loyal zu seinen Verpflichtungen und konnte zugleich als von Rom legitimierter Herrscher seine Macht über die Stammesverbände und politischen Formationen zwischen dem Vorland der Westkarpaten und dem Pruth festigen und ausbauen. Domitian kehrte im August nach Rom zurück und feierte im Herbst seinen zweiten Daker- und Germanentriumph, letzterer in Wirklichkeit für den Sieg über den Usurpator in Mainz. Nach dem Friedensschluss wurden die Legionen I und II Adiutrix nach Pannonien verlegt, wo erstere ihr Lager in Brigetio (Komorn), letztere in Aquincum (Budapest) bezog. Es ist nach der Umgruppierung der römischen Streitkräfte August/September 89 mit einem Vorgehen von Aquincum gegen die Jazygen und von Carnuntum bzw. Brigetio gegen die Markomannen und Quaden auszugehen. Von Obermoesien zog ein Expeditionskorps mit den Vexillationen von acht Legionen sowie Auxiliarreiterei und Bogenschützenverbänden von Obermoesien aus durch das nunmehrige Herrschaftsgebiet des Decebalus im Vorland der Westkarpaten in die nördliche Theißebene und damit in den Rücken von Jazygen und Quaden sowie gegen die Siedlungsräume der von beiden abhängigen Kotiner und Oser. Die Kampfhandlungen endeten sicher erst 90 n. Chr., allerdings ohne einen wesentlichen römischen Erfolg zu bringen, sondern wohl mit einem vorläufigen Friedensschluss, einem besseren Waffenstillstand. Nach dem Ende der Kämpfe suchte die römische Seite mit diplomatischen Mitteln und Subsidien tief in das germanische Hinterland von Markomannen und Quaden hineinzuwirken. 91/92 n. Chr. unterstützte Domitian den stammesübergreifenden Großverband der Lugier443 in einem Krieg mit den Markomannen mit einem Hilfskontingent von 100 Auxiliarreitern, eine eindeutige politische Geste. Außerdem wurden die Beziehungen zu den elbgermanischen Sueben vertieft. Als Reaktion darauf erneuerten Markomannen, Quaden und Jazygen ihr Bündnis und trafen Vorbereitungen, gemeinsam die Donau zu überschreiten. Dies bedeutete den Beginn des Zweiten Pannonischen Krieges. Etwa März/April 92 brach ein jazygisches Reiterheer in Pannonien ein und vernichtete die ihm entgegentretende Legio XXI Rapax mitsamt ihrem Legaten. Auch Markomannen und Quaden griffen die römische Donaulinie an. Domitian brach zu seinem Sueben- und Sarmatenfeldzug auf, von dem er erst Anfang Januar 93 nach Rom zurückkehrte. Ein römischer Sieg etwa Mitte August 92 führte zur Unterwerfung der Jazygen, gegen die sich die Römer zuerst

443 Tac. Germ. 43,2 (genannte Teilverbände: Harii, Holvecones, Manimi, Helsii, Naharnavali); 44,1; Cass. Dio 55,1,3;

Ptol. geogr. 2,11,10 (Omanni, Iduni, Buri als Teilverbände); später durch den älteren übergreifenden VandalenNamen wieder verdrängt; Träger des polyethnischen Przeworsk-Kulturkomplexes; Castritius, Wandalen, 169f.; Bierbrauer, Wandalen, 209–217; vgl. unten Kap. 2.4.6–8.

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wandten; von Osten wurden sie von Decebalus angegriffen, der ihnen Territorien im Bereich der mittleren Theiß und unteren Kreisch (Criş) abnahm. Den Siegeslorbeer für die victoria de Sarmatis legte Domitian im Januar 93 im Rahmen einer ovatio, einer reduzierten Form des Triumphes, auf dem Kapitol nieder. Die offensichtlich stark geschwächten Jazygen wurden in das römische Föderatensystem zurückgeführt und hielten bis 107/108 an ihrer Loyalität gegenüber Rom fest. Die germanischen Gegner waren jedoch noch nicht niedergerungen. Deshalb bereitete Domitian systematisch seinen Dritten Pannonischen Krieg vor, der jedoch nach seiner Ermordung am 18. September 96 durch eine Verschwörung seiner engsten Umgebung und von Granden der flavischen Partei im Jahre 97 erst unter dem von den Verschwörern inthronisierten Übergangskandidaten Nerva (96 – 98 n. Chr.) geführt wurde.

2.4 .3 D  ie Dakerkriege Traians und die Einrichtung der Provinz Dacia (101 – 106 n. Chr.) Mit dem Kommando für den noch von Domitian geplanten Feldzug gegen die Germanen war schon Mitte 96 Cn. Pinarius Aemilius Cicatricula Pompeius Longinus als Statthalter Pannoniens beauftragt worden. Für den Krieg wurde die Legio XIV Gemina aus Mainz an die Donau beordert, die XIII Gemina verließ Poetovio und errichtete ihr neues Lager in Vindobona. Pompeius Longinus konnte auf ein Heer von fünf Legionen, einer großen Zahl von Auxilien und sicher auch auf Vexillationskorps aus den moesischen Provinzen zurückgreifen. Über den Kriegsverlauf etwa Mai bis Oktober 97 liegen keine Informationen vor. Es gibt jedoch Hinweise, dass die römischen Truppen im March-Thaya-Gebiet bis Muşov vorgestoßen sind.444 Im Herbst boten die Germanen ihre Kapitulation und Unterwerfung an; die Nachricht des Sieges erreichte Rom kurz vor dem 27. Oktober 97. Nerva und Traian, der an diesem Tag adoptiert und zum Caesar, also zum designierten Nachfolger und Mitregenten, ernannt wurde, nahmen den Siegerbeinamen Germanicus an. Nach seiner Thronbesteigung am 28.1.98 reiste Traian (98 – 117 n. Chr.) nach Mitte des Jahres von den germanischen Provinzen nach Pannonien, wo er den offiziellen Friedensschluss mit Markomannen und Quaden in eigener Person vollzog und ihr Föderatenverhältnis wiederherstellte. Damit war die Lage auch an der mittleren Donau bereinigt, und der Erfolg an der Donau für den neuen Princeps monopolisiert.445 Die Aufgebote der beiden Stämme nahmen gemäß ihren vertraglichen Verpflichtungen in den Dakerkriegen Traians teil und sind auf den Reliefs der Traianssäule entsprechend hervorgehoben, um ideologisch den Unterschied zur Situation zu Zeiten des zum pessimus princeps und Gegenbild Traians stilisierten Domitians herauszustreichen. Die Inspektionsreise des neuen Kaisers durch die Donauprovinzen diente bereits der Vorbereitung seines großen expansionistischen Projekts, nämlich eines Angriffskrieges auf das Reich des 444 Groh/Sedlmayer,

Expeditiones barbaricae, bes. 167–176; Strobel, Kaiser Traian, 195–197.

445 Zu

den Umständen der Machtergreifung Traians, bei der nur knapp ein neuer Bürgerkrieg vermieden werden konnte und hinter der eine politisch und militärisch mächtige Fraktion der flavischen Partei unter der Führung von Sex. Iulius Frontinus und L. Iulius Ursus stand, Strobel, Kaiser Traian, 178–225.

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Decebalus mit dem Ziel der Eroberung der Dakergebiete und der Errichtung einer Provinz Dakien jenseits der unteren Donau.446 Dies sollte Traian die für seine Herrschaft notwendige Legitimationsbasis schaffen, da er weder über eine dynastische Legitimation verfügte, noch militärische Taten oder andere besondere Leistungen vorweisen konnte und seine Machtergreifung alles andere gewesen war als die propagierte „Wahl des Besten“.447 Der Angriffskrieg wurde propagandistisch gezielt vorbereitet und dabei der von Domitian geschlossene Friedensvertrag als unwürdiges, mit der Majestät Roms nicht zu vereinbarendes Werk eines unfähigen Tyrannen abqualifiziert, an das man sich nicht zu halten bräuchte. So wurden der Kriegsplan als bellum iustum, als gerechter Krieg, und gleichzeitig die Erwartung des vom neuen Kaiser praktisch garantierten Sieges propagiert. Von Herbst 98 bis Herbst 99 blieb Traian in den Balkanprovinzen, wo die militärischen und logistischen Vorbereitungen für den Angriffskrieg anliefen. Die Kunststraße durch die Durchbruchsschlucht der Donau, das Eiserne Tor, an der bereits unter Tiberius, Claudius und Domitian abschnittsweise gebaut worden war, wurde im Jahre 100 fertiggestellt (AE 1973, 473), die Stromschnellen, die bisher eine durchgehende Befahrung der Donau unmöglich gemacht hatten, durch den Bau des 3,2 km langen und 30 m breiten Schiffskanals bei Sip bis zum Frühling 101 umgangen (s. u. Kap. 5.1.4). Der erste Dakerkrieg Traians

Im Frühling 101 waren die Vorbereitungen beendet. Am 25. März 101 brach Traian von Rom an die Front auf, der Senat hatte Decebalus den Krieg erklärt. Aus Vindobona war die Legio XIII Gemina abgezogen und durch die XIV Gemina ersetzt worden, aus Vindonissa die XI Claudia als Flankendeckung nach Pannonien beordert. Die Zahl der Auxiliareinheiten wurde weiter erhöht. Die Provinzheere in Britannien und den beiden germanischen Provinzen entsandten Expeditionskorps, ein weiteres wurde von den Legionen in Syrien, Kappadokien und Judaea gebildet. Die im Gebirgskrieg geübten maurischen Berberreiter waren als Föderaten unter ihrem Fürsten Lusius Quietus aufgeboten, ebenso die schwer gepanzerten palmyrenischen Bogenschützenverbände und zahlreiche Spezialtruppen aus dem Osten des Reiches, aber auch balearische Schleuderer. Lusius Quietus sollte für seine Verdienste in beiden Dakerkriegen und im Partherkrieg in den Kreis der bedeutendsten römischen Heerführer aufsteigen und im Jahre 117 sogar die Würde eines Consuls erhalten. Hadrian ließ ihn als Gegner seiner Politik im Jahre 118 beseitigen. Markomannische und quadische Aufgebote wurden in vorderster Linie eingesetzt. Der Kaiser erschien mit der Gardekavallerie der 1.000 Equites Singulares Augusti und der Mehrzahl der Prätorianerkohorten. Der Gardepräfekt Claudius Livianus war Chef des kaiserlichen Stabes und bildete mit Traians engem Vertrauten Licinius Sura dessen engste Umgebung. Das pannonische Provinzheer stand in Unterpannonien bereit. Hinzu kamen Genie- und Pioniertruppen der römischen Flotten. Es waren mehr als 100.000 Mann mobilisiert. 446 Strobel,

Kaiser Traian, 226–238, 267–349; ders., Untersuchungen zu den Dakerkriegen Traians; Hauptquelle sind die Reliefs der Traianssäule, vgl. ders., Ein Kommentar zum Bildbericht des Zweiten Dakerkrieges.

447 Vgl.

zu den propagandistischen und ideologischen Konstrukten und zur innenpolitischen Motivation für den Angriffskrieg ders., Kaiser Traian, 226–266.

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Kurz nach dem 16. Mai 101 überschritt Traian mit einem Feldheer von rund 45.000 Mann die Donau auf einer Schiffsbrücke bei Viminacium und zog durch das Banat zum Eisernen Tor-Pass. Das pannonische Heer rückte durch die Tiefebene zur Mureş-Pforte vor, neben dem Eisernen-TorPass der zweite traditionelle Durchgang der Westkarpaten, das untermoesische Heer gegen das Vorland der Südkarpaten durch Oltenien und entlang des Olt zum Roten Turm-Pass. Decebalus leistete am Eisernen Tor-Pass in einer Schlacht nur geringen Widerstand, die römischen Truppen rückten in die Haţeg-Ebene vor. Doch in diesem Moment begann die Gegenoffensive des Decebalus im östlichen Untermoesien, der damit Traian zum Rückzug über die Donau zwingen wollte, was einen katastrophalen innen- und außenpolitischen Prestigeverlust bedeutet hätte. Dakische Reiterei und Infanterie sowie roxolanische Panzerreiter überschritten die Donau; die römischen Kastelle, darunter wohl auch das Legionslager von Novae, wurden von den Dakern unter Einsatz von Kriegsmaschinen angegriffen. Hinzu kamen Heeres- und Wanderzüge aus Bastarnern, verbunden mit dem Abbruch der Zarubincy-Kulturgruppe nach dem 3. Viertel des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Polesien und dem nördlichen Teil des mittleren Dnjepr-Gebietes, und aus nordkarpatisch-germanischen Verbänden, letztere aus dem Raum der Lipica-Kultur und der Lipica-Przeworsk-Mischkultur am oberen Dnjestr, in der Bukowina und in den Ausläufern des Nordostkarpatenbogens.448 In diesen Räumen machte sich wie im nordöstlichen Teil der Przeworsk-Kultur der Druck infolge der Bevölkerungsverschiebungen durch die Expansion der Wielbark-Gruppen („Goten“) bemerkbar. Decebalus hatte diese breite Allianz zweifellos mit der Aussicht auf Beute und Landnahme angesichts der römischen Kriegsvorbereitungen seit 98 gewonnen. Im Westen waren die zum multi-ethnischen Przework-Kulturkomplex gehörenden (Lugischen) Burer (Ptol. geogr. 2,11,10; Strab. 7,1,3; Tac. Germ. 43) seine Verbündeten, deren Gruppen in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. bereits in der Ostslowakei und Karpato-Ukraine sowie im oberen Theißbecken siedelten.449 Während die Invasoren nach Westen Richtung Oescus und zu den Pässen über das Haemusgebirge und nach Nordostthrakien vorrückten, wohl auch das Hinterland der Küstenstädte Histria, Tomis, Kallatis und Odessos plünderten, machte das untermoesische Provinzheer kehrt, und Traian führte auf der Donau schnelle Eingreiftruppen heran. Die Legio XI Claudia wurde aus Pannonien nach Untermoesien verlegt und durch die X Gemina aus Noviomagus (Nijmegen) ersetzt. Die I Minervia marschierte aus Bonn in ihrer Gesamtheit an die untere Donau. Zugleich fasste man den

448 Jüngereisenzeitliche

Gruppen mit keltischen, germanischen (Przeworsk-/vandilischer Komplex, Bastarner/Skiren) und sarmatischen Einflüssen; Teurisker, Kostoboker, Biesser, Karpianer bei Ptol. geogr. 3,5,21.24; 3,8,5; Strobel, Beiträge zu Fragen der historischen Geographie, 181f.; Popa, Bemerkungen zur Archäologie und Geschichte der Kostoboken; ders. Untersuchungen zu den römisch-barbarischen Kontakten, 21–24, 24–30 (zu den Prunkgräbern der 1. Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. von Kolokolin und Çižikov). Ptol. geogr. 3,5,21 lokalisiert sie nördlich des Peuke-Gebirges, des mittelgebirgsartigen Zentrums des Podolischen und Dnjepr-Hochlandes (Strobel, Das Bild Dakiens, 208–211), zugleich aber an der Nordgrenze des vorrömischen Dakien in der Bukowina (3,8,1.5).

449 Vgl.

Kotigoroșko u. a., The Necropolis of the Malaia Kopania Fortified Settlement; ders., The Sacred Centre of the Upper Tisa Region; Gindele, Die Problematik der barbarischen Siedlungen im Nord-Westen Rumäniens. Im Fundmaterial der 2. Hälfte des 1. Jh.s v. Chr. zeigt sich die Anwesenheit von Gruppen aus der Poieneşti-Lukaševkaund Zarubincy-Kultur, was durchaus mit den Bastarnern als Alliierten der Apuli im Kampf gegen Vinicius verbunden werden kann (siehe oben Kap. 2.3.5).

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Beschluss, zwei neue Legionen aufzustellen, was dann zwischen den beiden Dakerkriegen verwirklicht wurde, um das Reichsheer wieder auf 30 Legionen aufzustocken. Die Roxolanen wurden in einem Kavallerietreffen in die Flucht geschlagen, ein Heeres- und Wanderzug, der in seinem Wagentreck die Familien mitführte, auf seinem Weg zum Šipka-Pass in einer nächtlichen Schlacht eingekesselt und massakriert. Bei dem Schlachtfeld in der Nähe des Zusammenflusses von Jantra und Rosica gründete Traian seine Siegesstadt Nicopolis ad Istrum. Das Gebiet zwischen Haemus und Donau wurde von West nach Ost systematisch gesäubert und die Gegner in der Süddobruscha zusammengedrängt, wo es zur größten und erbittertsten Schlacht beider Dakerkriege kam, ein römischer Sieg in einer Umfassungsschlacht, der unter schweren eigenen Verlusten errungen wurde. Die Siegesmeldung erreichte Rom wohl im November. Traian errichtete hier nach 102 einen Memorialkomplex mit jährlichen Leichenspielen und 109 das große Siegesdenkmal des Tropaeum Traiani bei Adamklissi, dessen Metopenreliefs einen Bildbericht der untermoesischen Kampagne liefern, der die Darstellung der Ereignisse auf der Traianssäule in Rom ergänzt. Entgegen der Erwartung des Decebalus hatten die Römer aber ihre Positionen in Südwestdakien gehalten; über die dortigen Kämpfe in der 2. Hälfte 101 n. Chr. fehlen Informationen. Hauptbasis war das große Militärlager an der Stelle der späteren Colonia Sarmizegetusa am Ausgang des Defilees des Eisernen Tor-Passes in die Haţeg-Ebene. Wahrscheinlich Ende März führte Traian ein neu zusammengestelltes Feldheer bei Viminacium über die Donau und vereinigte seine Truppen vor den Zugängen zum Orăştie-Gebirge. Nach Mittelsiebenbürgen schirmte ein Korps am mittleren Mureş ab. Das verstärkte untermoesische Heer unter M’. Laberius Maximus rückte in ganzer Breite gegen die Südkarpaten vor, zerstörte alle noch vorhandenen Siedlungen und brach über den Roten Turm-Pass nach Siebenbürgen ein, wobei die Schwester des Decebalus, die offensichtlich mit dem regionalen Dynasten verheiratet war, gefangen genommen wurde, vermutlich bei der Einnahme der Festung Tilişca. Decebalus war nun in Gefahr, im Osten abgeschnitten zu werden. Gleichzeitig besetzte Laberius Maximus den Raum von unterer Buzău und unterem Sereth, wo in der geräumten Siedlung von Piroboridava (Poiana) eine römische Basis und Garnison eingerichtet wurde. Das Verhältnis zu den geschlagenen Roxolanen wurde geregelt und ihnen die Zahlung von Subsidien zugesichert. Verhandlungsangebote des Decebalus scheiterten. Die römische Hauptmacht rückte von der Haţeg-Ebene über das Strei-Tal zum Eingang in das Orăştie-Tal und dann gegen die Festung von Costeşti vor. In drei Feldschlachten wurden die Daker geschlagen und die Burg von Costeşti eingenommen. Die Berberreiter des Lusius Quietus drangen für die Daker völlig überraschend in die Gebirgszone südlich des Kerngebietes von Sarmizegetusa mit der Residenz des Decebalus vor. Nach einer weiteren Niederlage ließ Decebalus seine Unterwerfung anbieten. Traian akzeptierte. Offensichtlich waren auch die römischen Truppen erheblich geschwächt und erschöpft; zudem mussten die Truppen auf jeden Fall jahreszeitlich bedingt im Herbst aus der Gebirgsregion zurückgezogen werden. Decebalus hatte Waffen, Kriegsmaschinen, Ingenieure und Überläufer herauszugeben, die Befestigungen zu schleifen, was in der Festung von Blidaru nachzuvollziehen ist, und die besetzten Gebiete in Südwestdakien sowie in den Walachischen Ebenen und der südlichen Moldau auch formell abzutreten. Außenpolitisch hatte er sich

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Rom unterzuordnen und auf die Anwerbung von Deserteuren und römischen Soldaten zu verzichten. In dem zentralen Lager 450 an der Stelle der späteren Colonia und Metropolis Ulpia Traiana Sarmizegetusa,451 wo sich dann 106 – 109/110 n. Chr. das militärische Hauptquartier der neuen Provinz befand,452 wurde seit 102 ein starkes Heereskorps aus Legions- und Auxiliarverbänden stationiert.453 Militaria und Rüstungsschrott, die Spuren von Kampfhandlungen tragen, aus einer

450 Durch

die jüngsten Grabungen ist die Existenz des großen Lagers mit einem Holz-Erde-Wall und zwei vorgelagerten Gräben endgültig gesichert; Băeştean, Castrul de la Sarmizegetusa; dies., O reconsiderare planului Coloniei; dies./Barbu, Ulpia Traiana Sarmizegetusa; für weitere Informationen danke ich Marius Barbu. Entgegen der bisher vertretenen Deutung ist der Beginn der Errichtung des später als Forum der Colonia dienenden sogenannten Forum Vetus (Piso [Hg.], Le Forum Vetus) zuerst als vergrößerter Neubau in Stein der in Holzbauweise errichteten Principia des Lagers zu sehen; dabei wurde dieses anfangs nur zu einem Teil für die Baumaßnahme abgerissen, der Rest mit der Basilika blieb in Funktion. Zur Ausbauphase des Lagers in Stein gehört bereits zuvor die Errichtung der beiden Horrea in Steinkonstruktion, wo sich Ziegel der noch frühesten Produktion der Legio IV Flavia Felix finden. Auch die Principia in Berzobis (siehe unten Anm. 460) wurden ca. 108/110 n. Chr. durch einen Neubau in Stein ersetzt. Dass an dem Aufbau der Colonia ab 110 Baukolonnen und Ingenieure des Heeres beteiligt waren, ist als selbstverständlich vorauszusetzen. Vgl. Strobel, Kaiser Traian, 323–325, 344f., 349.

451 Die

mehrfach geäußerten Gegenargumente von Alexandru Diaconescu und Ioan Piso, es habe an dieser Stelle nur die Gründung der zivilen Colonia gegeben, sind ohne Wert; Étienne/Piso/Diaconescu, Le rapport archéologique. Die Gründung der Colonia unter dem zweiten Statthalter der Provinz, D. Terentius Scaurianus (RMD 148), ist mit einiger Sicherheit in den Zusammenhang der umfangreichen Organisationsmaßnahmen des Jahres 110 mit weiteren umfangreichen Veteranenentlassungen in der neuen Provinz zu sehen.

452 Opreanu,

From Legionary Fortress to a Veteran Colony, stellt mit Berufung auf Schicht 9 im Forum Vetus, die er fälschlich als „in situ habitation layer, violently destroyed“ versteht, und deren Münzbefund (siehe unten Anm. 459) die These auf, dass es 118 zu einem massiven Angriff der Jazygen gekommen sei, das römische Heer vor Sarmizegetusa, wo sich das Hauptquartier des damals gefallenen Statthalters Iulius Bassus befunden habe, eine schwere Niederlage erlitten habe und der Brandhorizont Schicht 9 im Forum der Colonia durch diesen feindlichen Einfall verursacht worden sei. Die Errichtung der beiden Horrea in Stein sieht er bereits als erste öffentliche Bauten der Colonia ab ca. 110 innerhalb des bestehenden Holz-Erde-Lagers, obwohl er selbst deren eindeutig militärischen Plan betont, und den Bau des Stein-Forums an Stelle der Principia des Lagers möchte er mit Ioan Piso 113/114–116/117 datieren (dazu Anm. 470). Opreanu verfängt sich dabei in Spekulationen, wie auch seine Interpretation und Chronologie der Bauphasen unzutreffend ist. Das Problem, dass seine Rekonstruktion hinsichtlich der Funde Schicht 9 und der Militaria aus Insula 3, wo er eine „second phase of military structures“ postuliert, die Anwesenheit von massierten Kampfverbänden von Legionären und Auxilien in der bereits gegründeten und im Bau befindlichen Colonia ergeben würde, schiebt Opreanu beiseite. Eine solche gemischte Belegung des Geländes einer gegründeten Bürgerkolonie, die zudem den Rechtsstatus des ius Italicum hatte, aus aktiven Truppeneinheiten und zivilen Kolonisten mit städtischer Verwaltungsstruktur innerhalb der ehemaligen Lagerbefestigung wäre nicht nur einmalig, sondern ist schon rechtlich nicht möglich. Beim Gründungakt der Colonia wurde durch den Ritus die geheiligte Stadtgrenze, das Pomerium, durch den von einem weißen Stier und einer weißen Kuh gezogenen Pflug festgelegt, und anschließend mit dem Bau der neuen Stadtmauer begonnen.

453 Zahlreiche

Militaria zeigen die Anwesenheit von Legions- und Auxiliarverbänden in den Jahren 102–109/110 n. Chr. an. In der Ausgrabung der Insula 3 wurden einphasige Mannschaftsbaracken in Holz-Fachwerkbauweise erfasst; im Planierungshorizont nach deren Schleifung zur Errichtung der ersten Zivilbauten (sogenannte zweite Holzbauphase) kamen Militaria, darunter Katapultgeschoße verschiedenen Kalibers, und militärischer Metallschrott sowie Waffen und Rüstungsteile zu Tage, jedoch keinerlei Spuren eines Brandes oder einer gewaltsamen Zerstörung. Letzteres gilt auch für die jüngsten Grabungen, die diesen Horizont erfassen. offenkundig wurde das gesamte nicht mehr brauchbare, ausgemusterte oder von den Truppen zurückgelassene Material wie von den Kampfplätzen eingesammelter Militärschrott einfach einplaniert. Aus Horizont I Insula 3 kommen 2 Asse Domitians, ein Sesterz 98 – 99 n. Chr. und ein As MIR 14, 207c, der 104/105 – 107 datiert (Băeştean, Castrul de la

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mit Brandschutt durchsetzten Schicht, die während des Neubaus der Principia des Lagers in Stein wahrscheinlich 107/108 dort eingebracht wurde, können auch aufgrund des Münzbefundes der Beschädigung des noch ganz in Holz errichteten Lagers mit einem dakischen Angriff im Jahre 105 in Verbindung gebracht werden.454 Die durch Brand verwüsteten Teile des Lagers wurden offensichtlich nur provisorisch aufgeräumt und der Schutt gelagert. Die Legio IV Flavia bezog wahrscheinlich bereits als permanente Garnison das Lager von Berzobis.455 Der Westteil des besetzten Gebietes, Banat und Südwestsiebenbürgen bis zur Strei, wurde einschließlich des Nordwesten Olteniens mit dem Brückenkopf von Drobeta zu Moesia superior geschlagen, aber als eigener Militärbezirk unter einem consularen Legaten eingerichtet. Weitere Militärlager sind zweifellos entlang der Versorgungslinien zum Eisernen Tor-Pass besetzt worden. In Drobeta wurde ebenfalls eine starke Heeresabteilung zur Deckung des 103 begonnenen Baus der großen Donaubrücke, eine ingenieurtechnische Meisterleistung (hölzerner Oberbau auf 20 massiven Steinpfeilern) mit einer Länge von rund 1,2 km, stationiert. Untermoesien wurde über die Donau bis zum Südrand der Karpaten und um den unteren Sereth-Raum erweitert, römische Lager wurden am Olt und als Riegelstellung vor den Pässen nach Südostsiebenbürgen in Drajna de Sus, Sarmizegetusa, 139). Münzen bis 110 n. Chr. in diesem Horizont des Militärlagers, das ja bis 109/110 als römische Hauptbasis bestand, sind nicht überraschend; insgesamt zeigen die Fundmünzen eine starke Präsenz flavischer Prägungen sowie der Jahre 96 – 100; Bronzeprägungen 101 – 102 n. Chr. sind massiv vertreten (Găzdac/Cociş, Ulpia Traiana Sarmizegetusa). Eine Münzreihe aus der Abbruchschicht der Holz-Principia bringt Münzen von Divus Augustus bis 99 n. Chr. 454 Die

Schicht 9 (A. Diaconescu in Piso [Hg.], Le Forum Vetus, 69–72, und entsprechende Grabungsprofile), die in Teilen des Hofes des Steinforums und seiner Portiken, den Galerien 24 und 25 sowie in den Räumen 10 und 11 erfasst wurde, besteht aus Brandschutt (Asche, verkohlte Holz- und Balkenfragmente, Holzkohle, Lehm mit Asche vermischt, Klumpen verziegelten Lehms) und enthielt große Mengen von Militaria teilweise mit deutlichen Kampfspuren (Teile von Loricae Segmentatae sowie Ketten- und Schuppenpanzern, von Helmen, Schildbuckeln, Zeltheringe, Pioniergerät, Wagenteile, Katapultbolzen, Tesserae mit Truppenangaben u. a. m.), darunter eine komplette Manica (Panzerschutz des Schwertarmes), aber kaum Keramik. Es fehlen ferner Knochen, Abfälle oder Fragmente von Dachziegeln. Schicht 9 wurde nach dem Abbruch des ersten Teils des Holzforums oberhalb der entsprechenden Planierschicht sowie über dem Bauhorizont von Fundamenten und (teilweise) aufgehendem Mauerwerk, aber noch vor der Errichtung des Stylobats für die Portiken eingebracht. Weder Mauern noch die lehmigen Planierschichten zeigen Feuerspuren. Mit einem Brand vor Ort in den Holz-Principia kann Schicht 9 nicht in Verbindung gebracht werden. Der Brandschutt wurde sehr wahrscheinlich wegen seiner isolierenden Eigenschaften in den Neubau eingebracht. Von den Fundmünzen (Găzdac/Cociş, Ulpia Traiana Sarmizegetusa, 42–46; Găzdac, An Unknown Battle?) enthalten zwei Börsenfunde einmal 7 Bronzemünzen von Claudius bis 102 n. Chr., zum anderen 6 Denare von Caesar bis Domitian (Găzdac/Cociş, Ulpia Traiana Sarmizegetusa, Nr. 6–12 bzw. 34–39). Unter den Einzelfunden aus Schicht 9 datieren von 17 Prägungen Traians 98–102 (dazu 6 flavische Prägungen, 4 Asse Nervas) 11 Münzen mit nur zwei Typen in den Prägezeitraum 101 – 102 n. Chr. (ebd. 44–46). Nur 4 Münzen aus dieser Schicht gehören zum 5. Consulat Traians (103 – 111 n. Chr.): Denar Nr. 75 gehört zu Gruppe MIR 14, X/2 und Denarserie MIR 14, 197, 103 – 107 n. Chr.; As Nr. 79 richtiger MIR 14, Gruppe IX/2b, 104/105 – 107 n. Chr.; beide Münzen können noch 105 ins Lager gelangt sein. Sesterz Nr. 77 = MIR 14, 317a/319b, Gruppe X/2–4, 107 – 110 n. Chr.; As Nr. 80 = MIR 325b, 108 – 109/110 n. Chr. sind, wie auch Găzdac betont, sicher erst nachträglich während der Bauarbeiten in das Füllmaterial gelangt und bilden nur hierfür einen Terminus post quem.

455 Protase,

Castrul legiunii; Flutur, Castrul Berzobis; ders., Clădirile comandantului; Das Lager mit seiner HolzErde-Befestigung weist zwei Bauphasen auf (102/103 und 106 n. Chr.), die Principia zwei Holzphasen und nach 107/108 eine abschließende Steinbauphase; auch in Teilen des Lagers ist ein Umbau in Stein festzustellen. Unrichtig Opreanu, From Legionary Fortress to a Veteran Colony, 221, die Holzbauphase sei 117 beim Einfall der Jazygen zerstört worden.

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Mălăieşti, Tîrgşoru Vechi und Pietroasele (nur indirekt durch die spätantike Spolienverwendung nachgewiesen) unter Beteiligung von Vexillationen der Legionen I Italica, V Macedonica und XI Claudia aufgebaut. Ende 102 n. Chr. nahm Traian den Siegerbeinamen Dacicus an und feierte in Rom seinen Triumph über Daker und Sarmaten, von dem selbst der jüngere Plinius (ep. 8,4,2) sagt, dass er über ein unbesiegtes Volk gefeiert war, also nach römischem Verständnis ein falscher Triumph, im Übrigen einer der Standardvorwürfe gegen Domitian. Auch die Siegespropaganda in der Münzprägung konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ein Kompromissfrieden war, der Decebalus in seiner Stellung als römischer Vasallenkönig beließ und die hohen Siegeserwartungen nicht erfüllte. Wie aber der Brückenbau von Drobeta jedermann zeigte, war das Ziel einer Eroberung und Einverleibung Dakiens weiterhin gegeben. Für Traian war dies nur eine Pause, und auch Decebalus muss dies klar gesehen haben. Er rüstete wieder auf und stellte die geschleiften Befestigungen wieder her, andere wurden durch rasch errichtete Werke verstärkt, so etwa in Piatra Roşie durch ein zusätzliches Wallsystem in römischer Mauertechnik oder die Errichtung einer Befestigung mit einer traditionellen Emplekton-Mauer in Holz-Bruchstein-Konstruktion, wie in Szene LXXXIV/304 – LXXXVI/312 der Traianssäule dargestellt.456 Letztere ist sehr wahrscheinlich in den Höhenstellungen vor Sub Cununi zu lokalisieren, wo die enge Passage in das mittlere und obere Talsystem des Anineş wie des Valea Mică gesperrt werden konnte; in den dortigen großen Terrassenkomplexen und Befestigungen ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Regia des Decebalus zu suchen (s. o. Kap. 2.1.7). Der zweite Dakerkrieg Traians

In den Jahren 103 – 105 n. Chr. arbeitete die römische Diplomatie mit Erfolg daran, Decebalus von möglichen Verbündeten zu isolieren. 105 lief die römische Mobilisierung an. Die Legio I Minervia wurde wieder aus Bonn nach Obermoesien herangeführt und dem Kommando Hadrians, des Großneffen Traians, unterstellt. Aus Syrien kam, allerdings erst im Frühling 106, die Legio VI Ferrata, die neue II Traiana verstärkte das untermoesische, die neue XXX Ulpia das pannonische Heer. Als Traian im Mai 105 vom Senat Decebalus den Krieg erklären ließ und am 4. Juni 105 von Rom aufbrach, wurden von Pannonien bis Untermoesien 14, dann 15 Legionen konzentriert, mit den Auxilien und Aufgeboten der germanischen Föderaten sowie den palmyrenischen Bogenschützen und anderen Spezialtruppen 150.000 – 160.000 Mann. Die Jazygen waren militärisch aktive Bundesgenossen. Der Kaiser begab sich zur See und zu Land über mehrere Stationen auf die Anreise zum Kriegsschauplatz, denn die Offensive war aufgrund der bevorstehenden Annexion des Nabatäerreiches erst für 106 geplant. Angesichts der römischen Übermacht gingen dakische Adelige mit ihren Gefolgschaften in wachsender Zahl zu den Römern über (Cass. Dio 68,11,1–2). Aufgrund des sich erhöhenden Drucks auch im Inneren ergriff Decebalus für die Römer überraschend die Initiative und ging in einer präventiven Offensive gegen die römischen Stellungen in Südwestdakien unter

456 Strobel,

Ein Kommentar zum Bildbericht des Zweiten Dakerkrieges, 320f.

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dem Kommando des Pompeius Longinus vor. Dabei wurde auch das Hauptlager an der Stelle der späteren Colonia Sarmizegetusa angegriffen und in Teilen beschädigt. Die römischen Stellungen jenseits des Eisernen-Tor-Passes konnten nur mit Mühe und durch den Entsatz des Pompeius Longinus gehalten werden, wie der Bildbericht der Traianssäule anzeigt. Letzterer fiel durch eine List in die Hände des Decebalus, der damit Traian zu erpressen suchte, der inzwischen das Oberkommando übernommen hatte. Longinus beging in der Gefangenschaft Selbstmord. Anfang Mai 106 überschritt Traian mit seinem Feldheer die Donau auf der neuen Brücke bei Drobeta und vereinigte die römischen Truppen etwa Mitte Juni in der fruchtbaren Landschaft des mittleren Mureştales. Von dem schon 105 angelegten großen Lager an der Stelle der späteren Zivilstadt von Apulum rückten römische Kolonnen nach Mittelsiebenbürgen vor. Alle befestigten Anlagen und Siedlungen wurden zerstört. Das untermoesische Heer war gegen alle Südkarpatenpässe vorgerückt und besetzte das Gebiet zwischen Ostkarpaten und Pruth. Die dakischen Festungen und Siedlungen wurden zerstört oder geräumt und römische Lager an strategischen Positionen errichtet. Der Widerstand des Decebalus im Orăştie-Gebirge wurde in einer einzigen Feldschlacht gebrochen, die dakischen Festungen von Costeşti und Blidaru belagert und erstürmt. Angesichts der Blockade des unteren Anineş-Tales durch die dakischen Befestigungen begann der Aufbau einer römischen Zernierungslinie um die Regia des Decebalus und die zugehörigen befestigten Siedlungsterrassen im Raum von Valea Mică, Dealul Arieşului, Pădini, Valea Cetei und oberem Anineş-Bereich.457 Erkannt sind bisher die Lager von Costeşti-Dealul, Prisaca, Dealul Cornu Pietrii, Dealul Comărnicelului-Nordwestausläufer und Muncel, dort mit Teilstücken der beginnenden Circumvallatio.458 Vom Strei-Tal aus wurde der Comărnicel, der bereits 102 als Basisposition für den Angriff der Reiter des Lusius Quietus gedient hatte (wohl Lager II und III), wieder besetzt und eine vorgeschobene Stellung auf der Höhe über dem Valea Şesului am Dealul Şesului (ca. 1,6 ha) ca. 3 km östlich von Grădiştea Muncelului errichtet.459 Mit dem Lager am Dealul Cornu Pietrii waren bereits die Siedlungskomplexe des Platoul Vârtoapelor im Norden umgangen und der Zugang zu den Siedlungskomplexen im Bereich des Valea Mică geöffnet, vom Comărnicel aus der ganze Bereich um die Festung Vârful lui Hulpe und Pădini blockiert. Immer mehr Daker ergaben sich nun und baten Traian um Gnade. Angesichts der hoffnungslosen Lage beging ein Teil der Adelsgefolgschaft des Decebalus in dem weiträumigen befestigten Komplex seiner Residenz, der Regia, kollektiven Selbstmord, er selbst flüchtete in die Südkarpaten. 457 Karten

bei Peţan, Ceatea dacică de pe Vârful lui Hulpe; Stefan, Les guerres daciques, Fig. 239, 257a-b (allerdings mit falscher Rekonstruktion für 102 n. Chr. und unrichtigen historischen Folgerungen).

458 Vgl.

auch Stefan, Les guerres daciques, 283–319, zu den Lagern Jigur, Comărnicel I-III, Vârful lui Pătru und Muncel mit Luftbildern. Geländesurveys Aurora Peţan sowie Verf.; ergänzend Oltean/Hanson, Conquest Strategy (neues Lager am Dealul Şesului; die von den Autoren vorgeschlagenen römischen Angriffsrichtungen gehen in die Irre, da sie allein Grădiştea Muncelului als Angriffsziel annehmen) und die Aufnahmen in Google-Earth. Von Prisaca führt ein noch heute befahrbarer Höhenweg über Dealul Groâpa und Cioaca Ulmului (vermutliches Lager) zu Comarnicelului und Cornu Pietrii sowie zum Muncel in den Rücken von Feţele Albe und Grădiştea Muncelului.

459 Offensichtlich

zusammengehörig sind die jeweils in regelmäßig rechteckigem Grundriss mit Claviculae und Tituli errichteten temporären Lager von Jigorul, Comărnicel Ia/b und Vârful lui Pătru. Sie waren zur Kontrolle der Region länger besetzt, Comărnicel I wurde dabei durch einen Annex erweitert. Das Lager Luncani-Târsa 1,2 km südlich der Festung Blidaru ist bereits der Angriffsoperation auf Blidaru zuzuordnen.

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Traian besetzte die Regia, die geplündert wurde, und errichtete dort das Feldlager seines Begleit­ heeres. Durch Überläufer wurden die Verstecke der Schätze des Decebalus mit großen Mengen an Gold und Silber verraten; dennoch sind in der Folgezeit bis in die Gegenwart immer wieder Edelmetallhorte gefunden worden.460 Die Unterwerfung dakischer Adeliger und Stammesgruppen nahm nun immer größeren Umfang an. Ein letzter Widerstand des Decebalus gegen die verfolgenden römischen Truppen in Südostsiebenbürgen brach zusammen, er selbst beging auf der Flucht, von römischen Aufklärungsverbänden umstellt, Selbstmord.461 Siebenbürgen wurde bis in die Nordkarpaten hinein besetzt, ebenso die Gebiete um Someş und obere Theiß. Alle befestigten dakischen Siedlungen oder Zentren zwischen Theiß und dem Sereth-Gebiet wurden zerstört oder geräumt, die Bevölkerung musste sich in offenen dörflichen Siedlungen und Gehöften ansiedeln, die gesamte gesellschaftliche Gliederung der vorrömischen Gesellschaft wurde zerschlagen und alle Kultstätten beseitigt. Die Gebirgszonen der Südkarpaten wurden vollständig geräumt und im Areal von Grădiştea Muncelului ein wohl bis in die mittelhadrianische Zeit besetztes, festes römisches Truppenlager zur Kontrolle der Region eingerichtet.462 Der soziale wie religiöse und kulturelle Bruch war total; so wurden auch keine Civitates als Formen einheimischer Selbstverwaltung bzw. Gebietskörperschaften wie in anderen Provinzen eingerichtet. Die bisherigen Eliten waren entweder getötet oder gefangen oder zu den Römern übergegangen; letztere wurden teils in andere Provinzen verbracht oder unter völliger Assimilierung in die neue provinziale Elite eingegliedert. Die Jungmannschaften der übergegangenen Stammesverbände wurden in römische Auxilien rekrutiert und außer Landes gebracht, teilweise bis nach Ägypten.463 Hinzu kommt die Umsiedlung von größeren Bevölkerungsgruppen aus Siebenbürgen nach Oltenien und in die westliche und mittlere Große Walachei, Gebiete die nach den Clearings der augusteischen und neronischen Zeit sowie seit dem Dakerkrieg Domitians von Besiedlung entleert waren.

460 Vgl.

zusammenfassend Mitthof, Vexatissimi nummi.

461 Wir

besitzen den Grabstein desjenigen Reitersoldaten namens Ti. Claudius Maximus, der Decebal beinahe noch lebend ergriffen und nach dem Suizid dessen Haupt Kaiser Traian ins Feldlager nach Ranisstorum (ein nicht identifizierbarer Ort) überbracht hat (AE 1969/70, 583, Z. 16–18: „quod cepisset Decebalum et caput eius pertulisset ei Ranisstoro“). Der Kopf wurde dem Heer präsentiert und dann nach Rom geschickt, um dort in Form einer symbolischen Schändung die Gemonischen Stufen hinabgestoßen zu werden; s. Mitthof, Schurke oder tragischer Held? Der Selbstmord Decebals und die Zurschaustellung seines Hauptes sind auch auf der Traianssäule dargestellt.

462 Siehe

oben Kap. 2.1.7, Abschnitt: Die römische Besetzung des Grădiştea Muncelului; wenig überzeugend dazu Oltean/Hanson, Conquest Strategy. Durch Bauinschriften auf Mauerblöcken (Stefan, Les guerres daciques, 349–355) sind im Jahr 106 Vexillationen der Legionen II Adiutrix, IV Flavia und VI Ferrata belegt. Drei Blöcke mit Capricorn-Darstellungen wurden im Umfeld des Westtores gefunden; auf einem ist auf der von zwei Capricornen gehaltenen Kugel sehr wahrscheinlich die Ziffer IIII zu lesen (Siegesheraldik der Legio IV Flavia). Die Zuweisung der anderen Blöcke auf die Legio I Adiutrix, deren Wappentier der Capricorn war, bleibt ungesichert, aber möglich. Vgl. Piso, La Legio I Adiutrix; Opreanu, Roman Victory Symbolism, argumentiert richtig gegen eine Zuweisung aller Böcke auf die I Adiutrix; jedoch geht seine Ausschließung der Legion zu weit.

463 Dana,

Les Daces dans les ostraca du désert oriental de l’Égypte; ders./Matei-Popescu, Le recrutement des Daces; diess., Soldats d’origine dace; Strobel, Kaiser Traian, 354–356; insgesamt ebd., 350–365. Ausführlicher zu den Folgen der römischen Eroberung für Dakien s. u. Kap. 5.1.8.

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Im Herbst 106 n. Chr. vollzog Traian den Rechtsakt der Einrichtung der Provinz Dacia,464 die nun alle besetzten Gebiete nördlich der Donau mit Ausnahme der walachischen Ebenen und Südostsiebenbürgens umfasste. Diese kamen mit den Gebieten zwischen Ostkarpaten und unterem Sereth zur Provinz Moesia inferior. Erster Statthalter war Iulius Sabinus, der nach der endgültigen Stabilisierung der Lage in der ersten Hälfte 109 bereits Veteranenentlassungen vornehmen konnte (RMD  148). 110 n. Chr. wurde dann an der Stelle der bisherigen römischen Hauptbasis unter der Leitung des zweiten Statthalters D. Terentius Scaurianus die Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegetusa gegründet und mit einem weiten städtischen Territorium ausgestattet, die zudem das ius Italicum, d. h. das privilegierte italische Bodenrecht mit vollem Privateigentum, erhielt (Dig. 50,15,1,9).465 Eine große Zahl von Veteranen wurde in der neuen Provinz angesiedelt. Sie stellten künftig die führende Schicht in den römischen Siedlungen. Die einheimische Landbevölkerung wurde in die weniger fruchtbaren Teile Siebenbürgens abgedrängt oder bildete die Unterschicht in Siedlungen oder auf Gütern römischer Bürger. Militärische Schlüsselstellungen waren das Lager der XIII Gemina in Apulum, das Militärzentrum von Porolissum im Nordwesten und das Lager der IV Flavia in Berzobis im östlichen Banat. Bereits 107/108 wurde die zentrale Militärstraße von Apulum über Potaissa und Napoca nach Porolissum gebaut (CIL 3, 1627 = ILD 536).466 Die verbleibenden drei untermoesischen Legionen bezogen ihre Standorte in Novae, Durostorum und Troesmis. Die administrativ direkt erfassten Gebiete Dakiens beschränkten sich mit Ausnahme der Erzreviere in den Westkarpaten und des Banats östlich des durch Feuchtgebiete gekennzeichneten Raumes um Timiş, Bega und Theiß auf das Innere Siebenbürgens. Die Bevölkerungsgruppen außerhalb des Karpatengürtels waren tributpflichtig und der römischen Herrschaft und Kontrolle unterstellt.

464 Strobel,

Kaiser Traian, 350–365, 486f.

465 Scaurianus

ist ab 9.10.109 im Amt belegt (PIR2 T 88; RMD 148), ab 113 als Comes Augusti und Befehlshaber einer Heeresgruppe im Partherkrieg (Strobel, Kaiser Traian, 338, 349, 442, 449; unzutreffend PIR2 88); sein Nachfolger ist Q. Baebius Macer (RMD 225; 226). Gründungsinschrift Piso (Hg.), Le Forum Vetus, 214–216, Nr. 2; fragmentarische Bauinschrift vom Eingang des Forums ebd., 211–214, Nr. 1 mit Neuergänzung bei Piso, L’inscription monumentale, eBd. zu Alexandru Diaconescus Vorschlägen; Autopsie des Verf. Piso wie Diaconescu gehen in der Rekonstruktion der Zahl der Tribunicia Potestas wegen ihrer verfehlten Ablehnung eines der Colonia vorausgehenden Militärlagers von der falschen Annahme aus, dass nach der Gründung der Colonia erst das in Holz gebaute Forum errichtet sein müsse und damit die Fertigstellung des Steinforums nicht vor 116 oder 117 möglich sei. Auch rekonstruieren sie die dritte Zeile fälschlich mit Text in voller Länge. Entsprechend ist auch der nunmehrige Vorschlag von Ioan Piso in Teilen abzulehnen, vielmehr ist eine Datierung parallel zur Weihung des Traiansforums in Rom 112 n. Chr. sehr wahrscheinlich. Dies ergibt den folgenden Text: „[Im]p(erator) Ca[es(ar)] Div[i] N[e]rv[a]e f(ilius) Nerva Trai[anus Augustus] / [Ger]m[anicus Dacicus P]ontif(ex) Max(imus) Trib(unicia) Pot[est(ate) XVI Imp(erator) VI Co(n)s(ul) VI P(ater) P(atriae)] / [(vac.) Coloniae Ulpiae T]ra[i]anae Dacic(ae) [Sar]miz[egetusae forum dedit (vac.)]“. Das von Diaconescu im Mittelpunkt des in Stein gebauten Forums postulierte Tropaion ist unzutreffend; das nur bis maximal 0,85 m erhaltene massive Fundament trug vielmehr einen Aufbau mit Marmorquadern von 5,60 × 5,60 m und darauf, von Figuren gefangener Daker an den Ecken umgeben, auf einem Rundsockel von 2,20 m Durchmesser zweifellos die überlebensgroße Statue des siegreichen Kaisers und Koloniegründers. Zum Befund Piso (Hg.), Le Forum Vetus, 139–141; alle gefundenen Blöcke, darunter nur ein Block mit gerundeter Frontseite, waren aus dem Verband gerissen.

466 Hier sind frühe Militärlager vor der erst hadrianischen Konzeption der Truppendislozierung zu erwarten; belegt ein

solches etwa in Sighişoara.

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Am 11. Juni 107 wurde die Großprovinz Pannonien in Pannonia superior und inferior geteilt. Letztere übernahm Hadrian als erster Statthalter, der sich 107/108 in einem kurzen Krieg mit den bisher verbündeten Jazygen auseinandersetzen musste, die darüber enttäuscht waren, dass sie die von Decebalus eroberten Gebiete im Kreisch-Gebiet (Crişana) nicht zurückbekommen hatten. Traian verblieb noch bis in den Frühling 107 an der unteren Donau, wo nun auch in Ratiaria und Oescus römische Veteranenkolonien eingerichtet wurden. Am 25. oder 26. Mai 107 feierte er seinen zweiten Dakertriumph, diesmal ein wahrer Triumph über einen völlig besiegten Gegner. Aus der Kriegsbeute, neben 50.000 versklavten Kriegsgefangenen große Mengen Edelmetalls, finanzierte Traian seine monumentalen Bauprojekte, allen voran die Anlage des Traiansforums in Rom, wo nun er als siegreicher Imperator in den Mittelpunkt des Reiches trat und sich mit der Säule sein eigenes Heroisierungs- und Divinisierungsmonument schuf.467

2.4 .4 D  er Donauraum unter Hadrian und Antoninus Pius (117 – 161 n. Chr.) Mitte des Jahres 113 n. Chr. war Traian zu seinem Partherkrieg aufgebrochen.468 Mit einem Sieg im Osten auf den Spuren Alexanders wollte er zum größten Feldherrn der römischen Geschichte aufsteigen. Die Situation schien aufgrund eines dynastischen Bruderkrieges im Partherreich überaus günstig. Große Truppenmassen, gerade auch aus den Donauprovinzen, wurden in Syrien konzentriert. 114 wurde Armenien erobert, dann Teile der Adiabene und anschließend das Königreich Osrhoene besetzt. 115 folgte die Eroberung Mesopotamiens. Die Adiabene, Kernland des alten Assyrien, wurden besetzt, und im Herbst rückte Traian auf die Hauptstadt Ktesiphon vor, ohne dass sich der parthische Großkönig zur Schlacht stellte. Babylon, Seleukeia und Ktesiphon wurden kampflos besetzt. Traian unternahm anschließend einen Flottenzug bis zum Persischen Golf. Doch in der Zwischenzeit hatten sich die parthischen Parteien auf eine gemeinsame Gegenoffensive in Armenien, der Adiabene und Mesopotamien verständigt, während gleichzeitig der Unmut der Bevölkerung in den Städten über die Römer zur offenen Revolte angestachelt wurde. Der scheinbare Siegeszug wandelte sich 116 zum Fiasko. Die römische Gegenstrategie von Terror und brutaler Unterdrückung brachte nur vorübergehende Erfolge. Ein ganzes Heer unter der Führung eines consularen Legaten ging verloren. Weitere Truppenverbände wurden aus den Donauprovinzen heranbefohlen, ebenso aus Ägypten und Judaea. Der bereits Mitte 115 beginnende große Judenaufstand in der Kyrenaika und in Ägypten sowie auf Zypern wurde 116 zum Flächenbrand.469 Die militärischen Kräfte reichten nicht mehr aus. Im Frühjahr 117 erlitt Traian einen Schlaganfall und wurde zum Pflegefall. Hadrian übernahm, unterstützt von Traians Gattin Plotina Augusta, seiner Schwiegermutter Matidia Augusta und dem Gardepräfekten Attianus, die Führung des Reiches und brach den Partherkrieg ab. Nach dem Tod Traians auf der Rückreise nach Rom übernahm Hadrian 467 Strobel, 468 Ders., 469 Vgl.

Zum Gesamtkonzept des Traiansforums; ders., Kaier Traian, 369–387.

Kaiser Traian, 418–472.

nun auch Horbury, Jewish War under Trajan and Hadrian.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

am 11. August 117 die Herrschaft. Die Gegner einer Aufgabe der Expansionspolitik Traians wurden in der Folge beseitigt oder ausgeschaltet. Die Judenaufstände wurden unter Auslöschung des jüdischen Bevölkerungsteils in Ägypten, der Kyrenaika und auf Zypern niedergeschlagen. In Nordbritannien hatte der Abzug der Legio IX Hispana und von Auxilien aus Eburacum (York) die Situation destabilisiert und zu Einfällen geführt.470 Die römischen Truppen erlitten schwere Verluste, ehe die Rückkehr von Einheiten 118/119 n. Chr. die Lage bereinigte. In Mauretanien führten die Zwangsrekrutierungen für die Reiterverbände des Lusius Quietus zu Unruhen, die Turbo im Herbst und Winter 117 niederschlug. An der unteren Donau hatten Jazygen und Roxolanen bereits im Herbst 116 ihre Angriffe auf die Provinz Dakien und die untermoesischen Gebiete nördlich der Donau begonnen, denen sich weitere einheimische Gruppen im Vorfeld des Karpatengürtels anschlossen. Anfang des Jahres 117 übernahm der bewährte General C.  Iulius Quadratus Bassus, bisher Statthalter von Syrien, die Provinz Dakien. Die römischen Positionen im Sereth-Gebiet und in Muntenien wurden geräumt. Im Herbst 117 spitzte sich die Krise zu, als Bassus im Kampf fiel. Hadrian ließ zur Vorsicht den hölzernen Oberbau der Donaubrücke abtragen, der natürlich später wieder aufgebaut wurde.471 Der Kaiser zog im Oktober 117 n. Chr. mit einem gewaltigen Heerestross über Kleinasien auf den Balkan. In Verhandlungen mit dem Roxolanenkönig, der Bürgerrecht und Ritterrang bekam, wurde der Friede wiederhergestellt. Oltenien und ein Streifen östlich des Alutus (Olt) bis zu den Kronstädter Pässen, der spätere Limes Transalutanus, wurden mit Südostsiebenbürgen als eigenständige Provinz Dacia inferior unter einem ritterlichen Statthalter organisiert, die Provinz Dacia zu Dacia superior umbenannt. Die wiederaufgesiedelten Gebiete im mittleren Muntenien blieben unter römischer Kontrolle und eng mit der Provinz verbunden. Ausgestattet mit einem proconsularen Imperium entsprechend dem Range eines Praefectus Aegypti erhielt Marcius Turbo in einem Sonderkommando mit dem Oberbefehl über Unterpannonien und Oberdakien die Aufgabe, die Jazygen und dakische Gruppen im Westen der Provinz in einem Zangenangriff niederzukämpfen. 119 veranlasste er die Gründung der Provinz Dacia Porolissensis in Nordwestsiebenbürgen unter einem eigenen ritterlichen Statthalter. Einzige dakische Legionsgarnison war nun die Legio XIII Gemina in Apulum. Die IV Flavia bezog endgültig das Lager von Singidunum. Im Sommer/Herbst 131 kehrte Hadrian nochmals zu einer Inspektionsreise in die Balkanprovinzen zurück. Entgegen der These, dass das imperium proconsulare für den von Hadrian 136 zum Nachfolger vorgesehenen Aelius Caesar († 1. Januar 138 in Rom) über die beiden pannonischen Provinzen im Jahre 137 mit militärischen Operationen verbunden gewesen wäre,472 ist von einer rein innenpolitischen Maßnahme auszugehen, um den jungen Mann den Italien strategisch nächstgelegenen Provinzheeren vorzustellen und eine gewisse militärische Reputation zu vermitteln, beides für die Stabilität eines Thronwechsels ohne dynastische Legitimation von zentraler Bedeutung. 470 Zu

den ersten Jahren der Regierung Hadrians Strobel, Kaiser Traian, 473–497; zu Marcius Turbo ebd., 470, 478.

471 Dauerhafte

Benutzung und wiederholte Reparaturen bis in die Spätantike sind heute gesichert. Aus dem Verbund der Reparatur eines Pfeilers stammt eine Münze des Constantius II. Vgl. Găzdac u. a., Drobeta.

472 So

noch unrichtig, wenn auch abgeschwächt Kovács, A History of Pannonia, 107–109; dagegen Eck, Der angebliche Krieg des Aelius Caesar in Pannonien.

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Unter Antoninus Pius (138 – 161 n. Chr.) griff die römische Autorität im Zusammenhang einer inneren Krise bei den Quaden ein und installierte dort etwa im Jahre 142 n. Chr. einen neuen König, was der Kaiser mit der Münzlegende REX QUADIS DATUS („den Quaden ist ein König gegeben worden“) auf Sesterzen feiern ließ (BMCRE 1284).473 Zu Beginn seiner Regierung, jedenfalls vor dem Zeitpunkt der Romrede des Aelius Aristeides 143 n. Chr., kam es zu einem kleineren Konflikt an den Grenzen des römischen Dakien, ohne dass Genaueres darüber zu sagen wäre.474 Hingegen kam es im Vorfeld Dakiens 157 zu Kampfhandlungen gegen Germanen und Dakern, die Antoninus Pius offensichtlich als Siege verkünden ließ, für die er aber weder eine imperatorische Akklamation noch einen offiziellen Siegerbeinamen annahm.475 Auch der kommandierende Statthalter der Dacia superior, M. Statius Priscus Licinius Italicus,476 erhielt keine militärischen Auszeichnungen. Allerdings sollte der von ihm gestiftete Weihealtar für die Victoria Augusti und das Wohl des Kaisers am Platz des bisher noch nicht erfassten Siegesmonuments Traians in Sub Cununi im ehemaligen Sarmizegetusa seinen Dakersieg dokumentieren (CIL 3, 1416 = IDR III/3, 276). Noch in der Provinz wurde er für seinen Erfolg zum consul ordinarius für das Jahr 159 designiert, eine für einen ehemaligen Ritter ganz außergewöhnliche Ehrung. Die Kämpfe, die wohl 473 Entgegen

mehrfachen Vermutungen, so zuletzt Kovács, A History of Pannonia, 109–111, ist für Antoninus Pius kein bellum Germanicum an der mittleren Donau zu postulieren.

474 Ael.

Arist. or. 26,70 [Klein] „Wenn aber einmal irgendwo an den Grenzen Kämpfe aufflammten wie es in einem unermeßlich großen Reich natürlich ist angesichts der Tollheit (paranoia) der Geten, der mißlichen Lage der Libyer oder des Elends der Völker am Roten Meer […], dann verschwanden die Kriege rasch wieder ganz wie Mythen, und auch die Erzählungen über sie“; völlig überzogen dazu Hund, Außenpolitik, 111–114; weder die Bauarbeiten 138 und 140 im Kleinkastell Praetorium I (Copăceni; CIL 3, 13795–13796) noch die starke Rekrutierung 138/139 können auf eine „drohende Kriegsgefahr“ bezogen werden; letzteres ist eine Folge der massiven Rekrutierungen 112/113 für den Partherkrieg nach der Entlassungswelle um 110. Abzulehnen auch Piso, Fasti Provinciae Daciae II, 151–159 (nicht AE 1984, 943!); die Amtsbezeichnung „[pro l]eg(ato) et praef(ecto) prov(inciae) Dac[iae] Inferioris“ ist in AE 1983, 789 = HD 22558 für T. Flavius Priscus Gallonius Fronto Q. Marcius Turbo in keiner Weise gesichert, zu erwarten wäre „proc(uratori) pro leg(ato)“ wie bei seiner Sonderfunktion in Mauretania Caesariensis. Zu ergänzen ist vielmehr „pr[aefect(o) praet(orio) pr]oc(uratori) pro leg(ato) provin[c(iae)] Mauretan(iae) Caes[arien(is) et praef(ecto) A]eg(ypti) et praef(ecto) prov(inciae) Dac[iae] Inferioris“. Das Sonderkommando in Mauretania Caesariensis ist gleichzeitig mit jenem des Senators Uttedius Honoratus 143/144 – 145 n. Chr. in der Mauretania Tingitana (RMD 5, 398 [22.12.144]; IAM–S 307 = HD 001007, 28.10.144 n. Chr.) anzusetzen; Praefectus Aegypti war er demnach als Nachfolger des C. Avidius Heliodorus 140–142.

475 In

der übertrieben adulatorisch („optimus maximusque princeps“) formulierten offiziellen Bauinschrift für die Thermenwasserleitung in Karthago, die 157/158 datiert, erscheinen die Beinamen Britannicus, Germanicus und Dacicus (CIL 8, 12513 = ILTun 890), auf der Statuenweihung CIL 8, 20424 (157 n. Chr.) Germanicus und Dacicus.

476 Der

aus dem Ritterstand kommende Statius Priscus verdankte seinen Aufstieg seinen Auszeichnungen im Judenkrieg Hadrians; Antoninus Pius verlieh ihm senatorischen Rang. Nach Quästur, Volkstribunat und Prätur war er Legat der Legio XIV Gemina in Carnuntum, anschließend 156–158 Statthalter von Dacia superior, was mit dem gleichzeitigen Kommando über die XIII Gemina in Apulum verbunden war. Zu ihm Birley, The Roman Government of Britain, 151–155; PIR2 S 880. Die Virtus der XIII Gemina als Garant des Heils des Reiches wurde in einer Inschrift in Apulum geehrt (ILS 4006). Entgegen früheren Annahmen kann das Erscheinen einer Spezialeinheit von auxiliaren Vexillationssoldaten und einem ursprünglich irregulären Verband föderierter Berberreiter („vexillarii Africae et Mauretaniae et Caesariensis qui sunt cum Mauris gentilibus in Dacia superiore“) aus Nordafrika nicht mit diesem Geschehen verbunden werden; der Sonderverband ist nun sicher seit 146 in der Provinz belegt (Eck/ Pangerl, Zwei neue Diplome; ferner AE 2007, 1763 „vexillarii ex Africa qui sunt cum Mauris gentilibus“; CIL 16, 108; 152 n. Chr.).

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in den Regionen um obere Theiß und Someş wie in der Crişana zu lokalisieren sind, waren im Juli 158 jedenfalls beendet (CIL 16, 108). Die 140er Jahre waren hingegen an der mittleren Donau und im Karpatenbecken von einer stabilen Situation geprägt, so dass nach dem Beginn der massiven Kampfhandlungen mit den mauretanischen Berberstämmen 143/144,477 die erst 150/151 abgeschlossen werden konnten, kriegsstarke Kriegsvexillationen und auch ganze Einheiten (so die Ala II Pannoniorum aus Gherla, Dacia Porolissensis) aus den Auxiliarheeren der Provinzen Noricum, Pannonia superior und inferior, Moesia superior und inferior sowie Dacia Porolissensis nach Mauretanien verlegt werden konnten.478 Die Erhebung der Stämme war sehr wahrscheinlich mit der Aushebung ihrer Jungmannschaften zur Schwächung der Kampfkraft nach den ersten Unruhen und deren Verlegung nach Dacia superior verbunden.479 143/144 wurden die prokuratorischen Statthalter in Mauretania Caesariensis und Mauretania Tingitana durch Sonderkommanden ersetzt, einmal durch T. Flavius Priscus Gallonius Fronto Q. Marcius Turbo, zum anderen durch den Senator Uttedius Honoratus. Im nordwestlichen und nördlichen Schwarzmeergebiet wurde die Präsenz römischer Truppenund Flottenkontingente verstärkt.480 In den Thronstreit im Vasallenstaat des Bosporanischen Reiches griff Antoninus Pius zugunsten des T. Iulius Rhoemetalces ein (HA Pius 9,8); sein Kontrahent Ti. Iulius Eupator folgte dann 154 auf dem Thron. Der Angriff einer Sarmatengruppe auf das an der Mündung des Bug gelegene Olbia führte zur militärischen Intervention durch Vexillationen des untermoesischen Heeres und der Stellung von Geiseln durch die Barbaren.481 Eine römische Garnison wurde in der Stadt, einer Civitas foederata, stationiert.

477 IAM–S

307, Bitte des Municipiums Sala in Mauretania Tingitana um die Erlaubnis einer Statue für den im Herbst 144 bereits abgelösten Präfekten der Ala II Syrorum c. R., der der Stadt gegen die Nomaden zu Hilfe gekommen war.

478 In

Diplomen genannte Truppen, deren Veteranen während des Feldzuges in Mauretania Caesariensis entlassen wurden, „cum essent in expeditione Mauretaniae Caesariensis“, insgesamt 17 Alen, 5 aus Pannonia superior, 3 aus Pannonia inferior, 2 aus Moesia superior, 4 aus Moesia inferior, 3 aus Noricum: CIL 16, 99; RMD Mainz 32; 36; AE 2006, 1213 = ZPE 199, 2016, 198; ZPE 208, 2018, 229–236; in CIL 16, 179 und 180, 9.8.148 eine Vexillatio der Elitetruppe der Cohors III Batavorum milliaria in Pannonia inferior. Zu T. Varius Clemens, zuerst Präfekt der Ala II Pannoniorum mit dem Kommando über Vexillationen aus der Hispania Tarraconensis, dann 150 procuratorischer Statthalter der Mauretania Caesariensis, PIR2 V 185 sowie unten Kap. 5.1.5 (Die Entlassungen durch seinen Vorgänger Porcius Vetustinus datieren natürlich vor das Datum der Privilegierung durch CIL 16, 99!).

479 Eine

Begleitvexillatio führte die Ausgehobenen in die vorgesehene Provinz, wo beide bereits 146 belegt sind; die in diesem Diplom belegte Privilegierung betraf allerdings nur die Veteranen der begleitenden Auxiliarvexillationen; oben Anm. 481.

480 Sarnowski,

Das römische Heer im Norden des Schwarzen Meeres; Zubar, Zur römischen Militärorganisation in der Taurike; Ivantchik/Krapivina, A Roman Military Diploma Issued to a Sailor of the Classis Flavia Moesica; Gawroński u. a., The Early Empire Military Assemblages from the Crimean Peninsula; Karasiewicz-Szczypiorski, The Roman Army and the Walls of Chersonesos; allgemein: Die Krim. Goldene Insel im Schwarzen Meer.

481 HA

Pius 9,9; die Angreifer werden, um gekünstelt Wissen zu zeigen, als Tauroskythen bezeichnet. Vgl. Braund/ Kryzhitsky (Hgg.), Classical Olbia and the Scythian World.

286

HGSOE, Bd. 1

Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

2.4 .5 D  er Partherkrieg des Lucius Verus und die Auswirkungen der sogenannten Antoninischen Pest (162 – 167 n. Chr.) Der Hintergrund für die schwere Krise, welche die römischen Donauprovinzen unter Marc Aurel seit 170 n. Chr. erschütterte und mit dem Dritten Germanenkrieg unter Commodus im Jahre 182 endete, als dieser den Siegerbeinamen Germanicus Maximus annahm, ist zum einen in den Völkerverschiebungen um und nach der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. im Raum Germaniens zu sehen, zum anderen in den innenpolitischen und militärischen Folgen des Partherkrieges.482 Schon unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 138 hatte Antoninus Pius die römische Position im Pufferstaat Armenien verstärkt und ca. 140/142 einen König seiner Wahl als Thronfolger eingesetzt.483 Doch bereits am Ende der Regierung des Antoninus Pius nahmen die Spannungen in einem Maße zu, dass das syrische Provinzheer durch Herbeiführung von Vexillationen verstärkt wurde und auch der Partherkönig rüstete (ILS 1076; HA Pius 8,6; 12,7). Kurz nach dem Tod des Antoninus Pius am 7.3.161 und dem Beginn der Samtherrschaft von Marc Aurel und Lucius Verus besetzte der parthische Großkönig Vologaises III. Armenien und setzte den arsakidischen Prinzen Pakoros auf den Thron. Die römische Gegenoffensive in Armenien unter dem kappadokischen Statthalter M. Sedatius Severianus endete in der katastrophalen Niederlage von Elegeia mit Verlust der Legio IX Hispana. Im Frühjahr 162 stießen die Parther dann über den Euphrat nach Syrien vor und schlugen das syrische Provinzheer (HA Marc. 8,6; CIL 3, 6658); die Städte im Ostteil der Provinz waren direkt bedroht. Der romfreundliche König der Osrhoene floh zu den Römern und wurde erst 164 von den Römern wieder in Edessa auf den Thron gesetzt. Aus der Erfahrung der parthischen Geschichte mit ihren dynastischen Konflikten heraus ging Vologaises vermutlich davon aus, dass die Nachfolgefrage und der Übergang der Herrschaft zu dem ja in der Realität tatsächlich keineswegs friktions- und spannungsfreien Doppelaugustat in Rom zu einer Schwächung oder auch Lähmung der römischen Position führen würde. Die Konstruktion eines formal gleichberechtigten Doppelaugustats, das hier erstmals in der Geschichte Roms auftrat und nicht wie später bei Marc Aurel und Commodus (177 – 180 n. Chr.) bzw. Septimius Severus und Caracalla (198 – 211 n. Chr.) durch die Stellung des Vaters als Senior Augustus hierarchisch strukturiert war, stellte tatsächlich ein politisches und auch staatsrechtliches Risiko dar. Beide Augusti, die sich in ihrer Persönlichkeit diametral unterschieden, waren von Anfang an gezwungen, ihre jeweils eigene innenpolitische Stellung in Konkurrenz zu einander aufrechtzuerhalten und auszubauen. Als Lucius Verus im Sommer 162 n. Chr. zur Führung des Partherkrieges aufbrach, waren die Legionen I Minervia aus Bonn, II Adiutrix aus Aquincum und die V Macedonica aus Troesmis, jeweils begleitet von Elitetruppen des Auxiliarheeres, für die Ostfront in Marsch gesetzt (ILS 1098; 1031; 2311; 8977). P. Iulius Geminius Marcianus, der bisherige Legat der X Gemina in Vindobona, führte die Vexillationen der oberpannonischen Legionen in den Osten (ILS 1102). Entsprechende

482 Vgl.

bes. Strobel, Die Markomannenkriege und die neuen Provinzen Marc Aurels; ders., Zeitgeschichte unter den Antoninen; Weiss, Militärdiplome und Reichsgeschichte.

483 Zu

den Vorgängen in Osten Rémy, Antonin le Pieux, 245–249; 139 n. Chr. Prägung ARMENIA, 140/144 n. Chr. REX ARMENIIS DATUS; Strack 777; RIC 3, 619.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Vexillationen sind auch von den verbleibenden Legionen in Ober- und Untermoesien und Dakien anzunehmen. Das Lager in Aquincum wurde von einer Vexillation der IV Flavia aus Singidunum übernommen. Im Jahre 163 wurde Armenien von Statius Priscus zurückgewonnen und anschließend anstelle des Pakoros ein Angehöriger der früheren Königsdynastie von Emesa C. Iulius Sohaemus (PIR² I 582; S 761) auf den Thron gesetzt. 164 waren die Parther nach dem römischen Sieg bei Sura aus Syrien zurückgedrängt und der Euphrat nach Nordmesopotamien überschritten. M. Claudius Fronto,484 der das Kommando über die I Minervia für die Verlegung in den Osten innegehabt hatte, kämpfte als Kommandeur eines Armeekorps aus Legions- und Auxiliarverbänden erfolgreich in Armenien und anschließend von dort aus vorstoßend in Nordmesopotamien. 165 war er nach Italien zurückgekehrt, wo er in einer Sondermission an der Aushebung der Rekruten für die neu aufgestellten Legionen II und III Italica beteiligt war. Nach der Eroberung Nordmesopotamiens im Jahre 164 erfolgte 165 der Vorstoß unter dem Kommando des C. Avidius Cassius in das Kernland des Partherreiches; die beiden Metropolen Ktesiphon und Seleukeia am Tigris wurden erobert und gebrandschatzt. Die Kriegspolitik des Lucius Verus war seit den Erfolgen in Nordmesopotamien ohne Zweifel auf eine Eroberung des Westteils des Partherreiches auf den Spuren Traians gerichtet, der aber dabei gescheitert war. Dementsprechend nahm Verus August/ September 165 den Siegerbeinamen Parthicus Maximus, Größter Parthersieger, an.485 166 stieß Avidius Cassius jenseits des Tigris über die Media Adiabene (Hauptort Arbela, heute Erbil) in die Media Atropatene vor, was zur Annahme des Siegerbeinamens Medicus durch Lucius Verus führte, womit dieser die Siegestitulatur Traians (Germanicus, Dacicus, Parthicus) übertroffen hatte. Doch dann kam es zu einem überstürzten Rückzug der römischen Truppen, die von Avidius Cassius nach Syrien zurückgeführt wurden, wobei mangelnde Versorgung im Sommer 166 zum Tod vieler Soldaten führte. Ursachen für diesen Abbruch der Kriegspläne waren einerseits der Ausbruch einer Seuchenwelle in Mesopotamien und im Partherreich (Amm. 23,6,24; HA Verus 8, 2–3; Lukian. hist. conscr. 15), mit der sich das Heer offenbar im Raum Nisibis infizierte, dann die offenkundigen logistischen Probleme und schließlich ohne Zweifel der massive Druck Marc Aurels, der wohl in berechtigter Erinnerung an das Desaster unter Traian auf einen Friedensschluss ohne direkten Gebietsgewinn drängte, was so wohl kaum bei Lucius Verus auf Gegenliebe stieß. Der römische Gewinn beschränkte sich auf die Rückgewinnung des armenischen Vasallenstaates und den Gewinn der Osrhoene als Klientelstaat. Das Gebiet am mittleren Euphrat wurde von der Militärmacht Palmyras, offiziell ein Teil des Imperium Romanum und der Provinz Syria, übernommen. Am 12.10.166 feierte Verus nach seiner Rückkehr nach Rom den Triumph gemeinsam mit seinem Mitaugustus, erhielt die besondere Herrscherinsignie der corona civica und den Titel Pater Patriae, Vater des Vaterlandes. Mit den nach der Beendigung des Krieges nach Syrien zurückgezogenen und anschließend in ihre Heimatgarnisonen zurückkehrenden Truppen verbreitete sich in den Jahren 166 – 167 n. Chr.

484 ILS

1097 und 1098; Migliorati, Iscrizioni per la ricostruzione storica dell’Impero Romano, 218–222.

485 163

Annahme des Siegerbeinamens Armeniacus, 165 Parthicus Maximus, 166 Medicus; Marc Aurel als Mitaugustus und gleichberechtigter Imperiumsträger übernahm die Siegertitel erst nach anfänglichem Widerstand und mit deutlicher Verzögerung (164 Armeniacus, 166 Parthicus Maximus, Mitte 166 Medicus).

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

die Seuchenwelle, deren medizinische Natur bisher nicht endgültig geklärt werden konnte, die aber bei ihrem ersten Auftreten mit einer hohen Mortalitätsrate verbunden war, vom Orient über die europäischen Provinzen des Reiches und Italien.486 Rom erreichte die Infektion mit Rückkehrern oder Reisenden aus dem Osten im Frühherbst 166 kurz vor der Rückkehr des Lucius Verus, was den Arzt Galen zur fluchtartigen Abreise nach Pergamon veranlasste (Galen. script. min. II 96–98). Wenn auch die Thesen, dass die „Antoninische Pest“ einen Wendepunkt in der Geschichte des Reiches dargestellt habe oder gar der Beginn des wirtschaftlichen und demographischen Niederganges gewesen wäre, als überzogen zu gelten haben, so hat die in mehreren Wellen auftretende Seuche in Städten und Siedlungen mit großer Bevölkerungsdichte zu einer anfänglichen Mortalität von vermutlich 20 % oder 15 – 20 % der Bevölkerung geführt. Entsprechendes hat gerade in den römischen Truppenlagern und den Lagervorstädten zu gelten. Die Verlustrate im Heer dokumentiert die Veteranenliste des Rekrutenjahrgangs von 169 für die Legio VII Claudia in Viminacium (AE 2004, 1223); die 270 im Jahre 195 entlassenen Veteranen lassen auf mindestens 540 Rekruten schließen, rechnet man aber die mit Sicherheit anzunehmenden Verluste in den Donaukriegen 170 – 180 n. Chr., das weitere Auftreten der Seuche und den Bürgerkrieg gegen Pescennius Niger hinzu, so wurden im Jahre 169 mindestens 1.000 Rekruten als Mannschaftsersatz in die Legion aufgenommen, d. h. jedenfalls ca. 20 % des Mannschaftsbestandes. Dabei ist auch in den Vorjahren mit Verlusten durch die Seuche zu rechnen, so dass vermutlich 40 % oder mehr der Gesamtstärke der Legion zwischen 167 und 170 durch Rekruten ersetzt werden musste. Als Augenzeuge berichtet Galen von den vielen Toten unter den bei Aquileia im Winter 168/169 für den im Donauraum geplanten Feldzug des kommenden Jahres zusammengezogenen Truppenverbänden (Galen. script. min. II 98f.). In den wesentlich dünner besiedelten Landgebieten, soweit von der Krankheit erfasst, ist dagegen mit einer weit geringeren Mortalitätsrate zu rechnen. Die Seuche verzögerte den Beginn der geplanten römischen Offensive an der mittleren Donau in den Jahren 168 wie 169 – in diesen Jahren fanden nur vorbereitende Kampagnen statt –, und als Marc Aurel 170 seine Truppen endgültig in Marsch setzte, bestanden ihre Verbände zu einem erheblichen Teil aus erst kurz zuvor rekrutierten und noch wenig trainierten Mannschaften. Gerade der sicher anzunehmende Verlust an kriegserfahrenen bzw. langdienenden Centurionen, Decurionen und Unteroffizieren muss eine wesentliche Schwächung der Kampfkraft bedeutet haben.

486 Amm.

23,6,24; HA Verus 8,1–4; HA Marc. 17,2; Eutr. 8,12,2; Hieron. chron. ad ann. 172 p. 206 [Helm]; Oros. 7,15,5. Vgl. jetzt die Beiträge in Lo Cascio (Hg.), L’impatto della „Peste Antoniniana“, bes. Eck, Die Seuche unter Mark Aurel. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wird für eine Pockenepidemie argumentiert, ohne dass aber eine Zuweisung auf deren unterschiedliche Stämme bisher möglich wäre. Nachzuweisen ist zumindest eine frühere Pockenepidemie im Mittelmeerraum in Ägypten in der Mitte des 12. Jh.s v. Chr., wie die Mumie von Ramses V. zeigt. Zur erneut auflebenden Seuchenwelle zu Beginn der Regierung des Commodus etwa CIL 3, 5567 = IBR 7; P. Thmouis I 104, Z. 9–18; zur Seuchenwelle in Rom um 189 Cass. Dio 73,14,3–4; Herodian. 1, 12. Nicht überzeugend dagegen Klinkott, Parther – Pest – Pandora-Mythos.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

2.4 .6 V  ölkerbewegungen in Mittel- und Osteuropa im mittleren 2. Jahrhundert Eine langfristig veränderte Situation schufen die Völkerbewegungen, die im mittleren 2. Jahrhundert n. Chr. fassbar werden.487 Schon die Kampfhandlungen 157/158 n. Chr. im Vorfeld Dakiens gehören in diesen Kontext. Bereits unter Antoninus Pius hatten Gesandte von „armen und keinen Gewinn bringenden Barbarenvölkern“ in Rom um Aufnahme in das Reich angesucht, waren aber abgewiesen worden (App. pr. 7,26). Wohl 165/166 erschien ein Wanderverband von Langobarden und Obiern mit 6.000 Menschen, zweifellos der Elbe folgend, durch das Gebiet der Markomannen an der oberpannonischen Donau (HA Marc. 12,13; Cass. Dio 72,3, 1a = Petr. Patr. frg. 125). Nachdem sie von römischer Seite lange hingehalten wurden, überschritten sie 167 die Donau, wo sie von einer Auxiliarkohorte, entweder aus Quadrata oder aus Ad Statuas gestellt und von der Ala I Ulpia Contariorum milliaria civium Romanorum, die Ende 166 aus dem Partherkrieg in ihr Standlager in Arrabona (Győr) zurückgekehrt war, unter dem Kommando des M. Macrinius Avitus Catonius Vindex niedergeritten wurden.488 Die Germanen haben mit großer Wahrscheinlichkeit in der Südwestslowakei im Bereich der Schütt auf Einlass ins Reich gewartet. Zweifellos hatten die massiven Truppenabzüge in den Osten den Grenzanrainern eine Schwäche Roms signalisiert und die innergermanischen Bewegungen verstärkt. Während die Obier nur hier erwähnt werden, steht die Herkunft der Langobardengruppe außer Frage489 Diese Teilgruppe des suebisch-elbgermanischen Komplexes siedelte im 1. Jahrhundert n. Chr. beiderseits der Niederelbe bis westliches Mecklenburg; in Marwedel und Hagenow sind über mehrere Generationen zu verfolgende Machtzentren mit Fürstengräbern des Typs Lübsow erfasst. Ersteres endet Mitte des 2. Jahrhunderts, letzteres nach Mitte 2. Jahrhundert n. Chr. Im Verlauf des 2. Jahrhunderts ist ein weitgehender Siedlungsabbruch im Bereich der Niederelbe und Südwestmecklenburgs festzustellen, der Schwerpunkt des Siedlungsgebietes verlagert sich in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts in die nun aufgesiedelte Altmark, wo gegen Ende des 4. Jahrhunderts die Siedlungsgebiete ebenso wie in Nordostniedersachsen aufgelassen werden. Gleichzeitig verlagerte sich im 2. Jahrhundert der Schwerpunkt des semnonisch-elbgermanischen Komplexes nach Süden, wo sich nun im Raum von der Mittelelbe-Havel-Zone über Thüringen bis Nordbayern (Obermaingebiet) und in den Norden des Böhmer Beckens hinein der semnonisch-juthungische Großverband formierte.

487 Vgl.

Dąbrowska/Mączyńska, Przeworsk-Kultur; Kokowski, Die Przeworsk-Kultur (nicht immer unproblematisch); Castritius, Wandalen; Bierbrauer, Wandalen; Castritius, Die Vandalen; Mączyńska, Wielbark-Kultur; Bierbrauer, Goten; Pohl, Goten; Ioniţă, Sântana-de-Mureş-Černjachov-Kultur; Gomolka-Fuchs (Hg.), Die Sîntana de Mureş-Černjachov-Kultur; Kokowski, Schätze der Ostgoten; ders., Die Goten; Godłowski, Die Barbaren nördlich der Westkarpaten, 65–89; Gudea (Hg.), Römer und Barbaren.

488 ILS

1107; möglich wäre auch das vorherige Kommando des Vindex über die Ala III Augusta Thracum sagittaria, die wenig östlich des Legionslagers von Brigetio in Odiavum stationiert war. Doch ist ein Übergang der Germanen in der weiteren Umgebung von Brigetio wenig wahrscheinlich.

489 Vgl.

Eger, Langobarden; Voss, Hagenow; Laux, Marwedel; Nüsse-Karlsen, Germanien im 3. Jahrhundert n. Chr.; ders. Marwedel; ders., Die „Fürsten“ von Marwedel; Schuster, Lübsow.

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Die Träger des Wielbark-Kulturkomplexes verdrängten in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. von Pommern und der unteren Weichsel aus die Träger des Przeworsk-Kulturkomplexes aus Großpolen und besiedelten den Raum zwischen Warthe und Netze. Nach Mitte des 2. Jahrhunderts werden bis ca. 200/210 (Stufen B2b, B2/C1) das mittlere und westliche Pommern sowie Großpolen geräumt; der Siedlungsraum verlagert sich nach Südosten, wo die bisherigen PrzeworskRegionen in Masowien und Podlasien bis zum Bug und Unterlauf des Narew übernommen werden. Die Hauptsiedlungsgebiete sind nun Masowien, Podlasien, Polesien, der Raum des mittleren Bug, die Lubliner Platte, das Gebiet des Flusses Wieprz sowie das westliche Wolhynien und Podolien. Mit der Region Lublin und dem Hrubieszów-Becken hatten sie die zentralen Verkehrswege nach Südosten besetzt. Im frühen 3. Jahrhundert erscheinen dann ihre ersten Gräberfelder in der nördlichen und östlichen Moldau sowie am Ostufer des Dnjepr. Die Träger des Przeworsk-Kulturkomplexes verließen ihre nordöstlichen Siedlungsgebiete um die mittlere Weichsel in Kujawien, Masowien, Podlasien und im südlichen Großpolen, wobei in der Großregion Lublin auch Zerstörungen von Siedlungen und Kriegernekropolen, die vermutlich mit Kampfhandlungen zusammenhängen, erfasst werden. Allerdings blieben Teile der Bevölkerung mit den für sie typischen Waffengräbern zurück und gliederten sich in den neuen „gotischen“ Großverband ein. Auch in Mittelschlesien dünnt die Besiedlung aus. Der zweifellos multi-ethnische Przeworsk-Kulturkomplex, der von der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. bis zum Anfang des 6. Jahrhunderts n. Chr. mit jeweils sich entwickelnden gemeinsamen Charakteristika zu verfolgen ist, deckt sich im Kern mit jenen Stammesverbänden, die in der Überlieferung unter dem Vandalennamen oder als Teile dieses Großverbandes erscheinen. In der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts verstärkt sich die germanische Pzreworsk-Besiedlung südlich der Waldkarpaten im Gebiet der oberen Theiß und ihrer Zuflüsse; in Nordwestrumänien tritt ihre Präsenz nach 180 n. Chr. verstärkt neben die lokale einheimische Bevölkerung, deren Kultur stark durch die engen Verbindungen zur römischen Provinz geprägt war.490 Einen archäologischen Niederschlag findet der Druck der vandalischen Astingen auf die Heimatgebiete der Kostoboken in der Expansion von PrzeworskGruppen in das Gebiet des oberen Dnjestr, wo die entsprechenden Gräberfelder um 200 n. Chr. einsetzen, und in der Formierung der Zubrice-Gruppe in Wolhynien, die in enger Verbindung mit der Spät-Zarubincy-Kultur steht und mit dieser im Černjachov-Horizont aufgeht. Diese Bewegungen führten ab Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. zu Bevölkerungsverschiebungen innerhalb des Przeworsk-Komplexes und lösten einen Druck auf die Verbände der in der rumänischen Forschung mit einem Kunstbegriff als „Freie Daker“ bezeichneten Gruppen vor der Nordwest-, Nord- und Nordostgrenze des römischen Dakien aus. Andererseits wurden die Gruppen des Kostobokenverbandes im Raum des oberen Dnjestr/Südostgalizien sowie in Podolien und im südwestlichen Wolhynien (Ptol. geogr. 3,5,21) abgedrängt. Insgesamt waren die Kostoboken stark durch die Przeworsk-Kultur beeinflusst, andererseits auch von den Sarmaten; zumindest teilweise

490 Zu

der Region vgl. Gindele, Die Entwicklung der kaiserzeitlichen Siedlungen; ders., Die Problematik der barbarischen Siedlungen im Nord-Westen Siebenbürgens; ders., Die Siedlung in Moftinu Mic; ders., Töpferzentrum von Medieşu Aurit – Şuculeu; ders./Istvánovits, Csengersima-Petea; diess., Die römerzeitlichen Töpferöfen von Csengersima-Petea; Bader/Gindele, Aşezarea din epoca romană.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

sind sie als Träger einer Mischkultur anzusprechen.491 Eine „dakische“ Ethnizität ist im Übrigen weder für die Kostoboken noch für die Karpen zu erweisen; ihre Zurechnung zu den sogenannten Freien Dakern ist, wie schon betont, ohne Grundlage.492 In der Mitte des 2. Jahrhunderts hatte sich damit ein instabiles, durch die Bewegung von Gruppen und ganzen Verbänden gekennzeichnetes Vorfeld um die Grenzen des römischen Dakiens entwickelt, das insbesondere im Norden und Nordwesten virulent wurde.

2.4 .7 D  ie Rüstungen zum Donaukrieg und die Frage des Verhältnisses zwischen den beiden Augusti 493 Im Jahre 165 wurden in Italien die Aushebungen zur Aufstellung zweier neuer Legionen, der II und III Italica, durchgeführt, welche ursprünglich die Beinamen pia und concors (concordia), nicht jedoch Italica führten; auch damit hatten die beiden Augusti jeweils ihre eigenen Vertrauensleute beauftragt, M. Claudius Fronto (s. o. Anm. 488 und das Folgende) bzw. Cn. Iulius Verus, Consul 151 und Statthalter in Untergermanien, Britannien und Syrien.494 Grund hierfür war zum einen sicherlich die Absicht der Wiederaufstockung der Zahl der Legionen auf 30 wie am Ende der Regierung Traians, zum anderen die bereits im Partherkrieg Traians gemachte Erfahrung, dass eine massive Truppenkonzentration im Osten ohne verfügbare Reserven Krisen an anderen Grenzabschnitten heraufbeschwören konnte. Doch muss ebenso bedacht werden, dass die Aufstellung neuer Legionen seit Domitian stets mit der Absicht der Einrichtung neuer Provinzen verbunden war. Durch die Siege im Osten unter seinem Oberkommando, welches Marc Aurel nach dem Tod des Mitaugustus systematisch zu diskreditieren suchte,495 was sich in der Überlieferung niedergeschlagen hat, besaß Lucius Verus die charismatische Herrscherqualität der Sieghaftigkeit und das entsprechende Renommee beim Heer. Marc Aurel hatte dem nichts entgegenzusetzen und sah sich zur Aufrechterhaltung seiner Position im Herrscherkollegium augenfällig dazu gezwungen, seinerseits eine Reputation als Feldherr auf dem Kaiserthron aufzubauen. Dies konnte nur ein Germanensieg sein, der in seinem Prestige hoch über einem Sieg über die „Orientalen“ stand, und der verbunden mit der Schaffung neuer Provinzen „in Germania“ Lucius Verus’ Erfolge im Osten,

491 Vgl.

Popa, Bemerkungen zur Archäologie und Geschichte der Kostoboken; ders., Despre culturi arheologice şi identităţi etnice. Amm. 22,8,42 ordnet sie den sarmatisch-skythischen Völkern zu; in einer Inschrift aus Eleusis werden sie als Sauromaten bezeichnet.

492 Charakteristisch

die Publikation der großen Nekropole von Văleni, die zuerst den Karpen, dann den „Freien Dakern“ zugewiesen wurde; Ioniţă/Ursachi, La nécropole carpe; diess., Văleni.

493 Vgl.

Strobel, Die Markomannenkriege und die neuen Provinzen Marc Aurels.

494 AE

1956, 123 = HD 018033; Verus wurde von Ti. Claudius Proculus Cornelianus „ad dilectum […] per Italiam tironum (utriusque) leg(ionis) Italicae“ unterstützt. Noch im Jahre 170 beim Neubau der Stadtmauer von Salona erscheinen sie unter dem Namen „vexillationes leg(ionum) II Piae et III Concordiae“ (CIL 3, 1980 = 8570 = ILS 2287).

495 HA

Marc. 20,2–3; Niederlegung der gemeinsam angenommenen Siegerbeinamen (18. Emission, ab Januar/Februar 169 n. Chr.).

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ja sogar Augustus in den Schatten stellen würde. So hat Marc Aurel noch während der Abwesenheit des Mitaugustus im Osten in Rom mit der Propagierung der Notwendigkeit eines großen Germanenkrieges begonnen und damit zweifellos auch die Neuaufstellung neuer Legionen durch Aushebungen in Italien selbst begründet (HA Marc. 12,13f.; Verus 9,7). Die „Gefahr aus dem Norden“ dürfte entsprechend aufgebauscht worden sein. Nach der Rückkehr des Lucius Verus aus dem Osten setzte Marc Aurel darüber eine Debatte im Senat durch, wobei er betonte, dass es notwendig sei, dass beide Augusti den Oberbefehl in eigener Person führten. Lucius Verus, der an einem Germanenkrieg verständlicherweise als strahlender Sieger und Parthicus Maximus keinerlei Interesse hatte, wurde offenkundig widerstrebend dazu gebracht, dem Vorhaben zuzustimmen. Die Spannungen verdeutlicht auch das Verschwinden des Siegerbeinamens Medicus aus der Titulatur der Münzprägung ab dem 10. Dez. 166, ein deutlicher Affront gegen Lucius Verus, der aber zeigt, dass sich Marc Aurel noch als senior Augustus durchsetzen konnte. Er wollte Verus unter keinen Umständen allein in Rom zurücklassen, natürlich nicht, wie in den tendenziösen Quellen behauptet, wegen dessen ausschweifenden Lebenswandel, sondern weil dies seine eigene Stellung angesichts der immer deutlicheren Ansprüche des Lucius Verus auf eine bestimmende Rolle im Reichsregiment ebenso gefährdet hätte wie im Falle seines Todes die Existenz seiner Familie und insbesondere des präsumtiven Nachfolgers Commodus Caesar.496 Der Plan eines großen offensiven Germanenkrieges war jedoch in Rom keineswegs populär und weckte, verbunden mit dem Auftreten der Seuche, große Befürchtungen, denen durch Reinigungsrituale, zu denen Priester aus dem ganzen Reich zugezogen wurden, und ein siebentägiges Lectisternium (Göttermahl als besondere Form des Opfers) für die Götter im Jahre 167 entgegengetreten werden sollte (HA Marc. 12,1–2). Gleichzeitig führte aber das Wüten der Seuche in Rom zu einer allgemeinen Hysterie und hatte das Auftreten von Weltuntergangspredigern zur Folge (HA Marc. 13,3–6). Die Donaukriege Marc Aurels waren kein Vorspiel für die Völkerwanderung und auch keine Reaktion auf die in HA Marc. 22,1 gezeichnete Verschwörung aller Völker von Illyrien bis Gallien, wobei der spätantike Autor eine anachronistische Liste von Völkern zusammenschrieb, sondern sie gingen von dem auf Initiative Marc Aurels aufgrund innenpolitischer Motive beschlossenen, offensiven Germanenkrieg der römischen Seite aus. Hierzu wurde die Aufstockung des Legionsheeres benötigt.

496 Geboren

31.8.161, zum Caesar anläßlich des gemeinsamen Triumphes der beiden Augusti am 12.10.166 erhoben; Erhalt der Tribunicia Potestas und erste imperatorische Akklamation 27.11.176 (trib. pot. II ab 10.12.176), 1.1.177 erster Consulat, vor 17.6.177 Erhebung zum Augustus und damit zum formal gleichberechtigten Mitaugustus; allein das Amt des Pontifex Maximus hatte nur der Vater inne.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

2.4 .8 Der Beginn der Donaukriege 497 Im Jahre 167 n. Chr. hatten die beiden Augusti ihre Vertrauensmänner auf dem vorgesehenen Kriegsschauplatz an der Donau in Stellung gebracht. Ti. Claudius Pompeianus, Suffectconsul im Jahre 162,498 wurde Pannonia inferior übertragen, das dortige Heer neben der zurückgekehrten II Adiutrix um die neu aufgestellten Legionen II und III Italica, die hier ausgebildet und trainiert werden sollten, aufgestockt.499 M. Claudius Fronto wurde 167 zuerst Statthalter in Moesia superior und erhielt dann 168, als die Kaiser zum Germanenfeldzug aufbrachen, das kombinierte Kommando über Moesia superior und Dacia Apulensis (gleich Dacia superior). Pannonia superior erhielt M. Iallius Bassus Fabius Valerianus, Begleiter (comes) des Lucius Verus im Partherkrieg, und Moesia inferior übernahm Sex. Cornelius Agricola,500 Consul 154 und Vertrauter des Antoninus Pius, Statthalter von Obergermanien um 158 und in Britannien 161/162 – ca. 164, wo er Kämpfe an der Nordgrenze zu führen hatte und den Hadrianswall, der schon um 158 wieder besetzt worden war, ausbaute. Die nun beginnende Serie von Kriegen an der mittleren und unteren Donau, die mit kürzeren Unterbrechungen der Kampfhandlungen an den verschiedenen Fronten über mehr als fünfzehn Jahre andauern sollten, wurden offiziell als „expeditiones Germanicae“, „germanische Feldzüge“, geführt. Auch wenn nicht alle damaligen Gegner aus moderner Sicht als Germanen zu bezeichnen sind, so stellten diese doch an der mittleren Donau neben den sarmatischen Jazygen die Hauptgegner dar. Im Einzelnen wurden drei Feldzüge unter persönlichem kaiserlichen Oberkommando (expeditio) unterschieden: die „expeditio Germanica prima“ (168 – 176 n. Chr.) unter Marc Aurel, zunächst noch gemeinsam mit Lucius Verus begonnen und mit einem Triumph „de Germanis et de Sarmatis“ am 23.12.176 formal beendet, sodann die „expeditio Germanica secunda“, offiziell unter dem gemeinsamen Oberbefehl des Marc Aurel und des Commodus (178 – 180 n. Chr.), die Commodus nach dem Tod des Vaters am 17.3.180 mit dem Triumph über die Germanen wahrscheinlich am 22.10.180 offiziell abschloss, und schließlich die von Commodus im Spätsommer dieses Jahres eröffnete „expeditio Germanica tertia“ oder „expeditio Burica“, an der Commodus aber

497 Reicher

Literaturüberblick bei Hund, Außenpolitik; Kehne, Zur althistorischen Erforschung der Markomannenkriege, der dies allerdings zu einem erneuten Vortrag seiner eigenen überholten Thesen und problematischen Schlussfolgerungen nutzt. Zum archäologischen Kenntnisstand über die römischen Lager und Vormarschrouten nördlich der Donau Groh/Sedlmayer, Expeditiones barbaricae. Ein grober Überblick über die archäologischen Spuren bei Fischer, Archaeological Evidence of the Marcomannic Wars (Noricum ebd., 35f., allerdings unrichtig zu Hallstatt, Flavia Solva und Cetium/St. Pölten, zu korrigieren auch zu Salzburg und Ovilava/Wels; Raetien 32–35, jedoch ist das Kastell Böhming erst 181 in Stein neu errichtet, eine markomannenzeitliche Zerstörung ist auch weiterhin nicht nachweisbar, unrichtig zu Augsburg).

498 Eck/Pangerl,

Eine neue Bürgerrechtskonstitution.

499 Pompeianus

muss bereits in der 1. Hälfte des Jahres in der Provinz gewesen sein, wie die Veteranenentlassung CIL 16, 123 zeigt, eine Konstitution, die nach Abschluss des Verwaltungsganges am 5. Mai 167 in Rom promulgiert wurde. Eine Anwesenheit der Legio II Italica in Noricum 167–168 ist auszuschließen, da die Provinz noch von einem procuratorischen Statthalter geführt wurde.

500 Zu

294

ihm auch Birley, The Roman Government of Britain, 155–157.

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nicht mehr persönlich teilnahm, sondern als nomineller Oberbefehlshaber in Rom blieb (180 – 182 n. Chr.). Mit dem Aufbruch der beiden Kaiser von Rom im Frühjahr 168 n. Chr. begannen die Kampfhandlungen, allerdings zuerst von der Dacia Apulensis und Untermoesien aus im Raum um den mittleren und unteren Sereth, wo die Kostoboken das Vorfeld der römischen Provinzen zwischen Ost- und Südostkarpaten und unterer Donau durch das Erscheinen ihrer Kriegerverbände beunruhigten und die untermoesische Grenze angesichts der Schwächung der dortigen römischen Militärpräsenz wohl seit 165 angriffen.501 Dabei kam die nach Troesmis zurückgekehrte Legio V Macedonica im Verband des untermoesischen Heeres unter Calpurnius Agricola zum Einsatz.502 Der hier errungene Erfolg führte zur gemeinsamen 5. imperatorischen Akklamation der beiden Augusti, die in der 16. Münz-Emission (ca. Sommer 168) erscheint. Mit diesen Operationen sollte offensichtlich die östliche Flanke für die geplante Offensive im Karpatenbecken abgesichert werden.503 In der Ansprache im Prätorianerlager am 6. Januar 168 machte Marc Aurel noch keine Anspielung auf den bevorstehenden Aufbruch ins Feld (Frag. Vat. 195). Wohl im Frühling 168 haben die beiden Augusti dann in Begleitung der Prätorianer und des Prätorianerpräfekten Furius Victorinus, der im Partherkrieg mit den Konsularinsignien (ornamenta consularia)504 und militärischen Orden (dona militaria) ausgezeichnet worden war, Rom verlassen und sich nach Aquileia begeben. Im Vorjahr war es zu einer gesteigerten Unruhe im germanischen Vorfeld an der mittleren Donau gekommen, die von den Markomannen und den wandalischen Viktualen in einem innergermanischen Konflikt (Exc. UG 67) ausging; weitere Völkerschaften, die dem Druck durch die oben skizzierten Völkerverschiebungen ausgewichen waren, forderten ihre Aufnahme in das Reich, und die Quaden hatten offenbar in Kämpfen ihren König verloren (HA Marc. 14,1–5; Cass. Dio 72,3,1a). Zudem waren Markomannen und Quaden als Föderaten vertragsbrüchig geworden, da sie den Durchzug der Langobarden und Obier nicht verhindert hatten.

501 Zeugnis dafür dürfte der als Kind von den Kostoboken verschleppte und bei ihnen aufgewachsene, dann 171 n. Chr.

befreite Sallustius Fortunatus Costobocius sein, der davon seinen Beinamen erhielt (AE 1978, 837 = HD 004867).

502 ILS

2311 = IScM 5, 160. T. Valerius Marcianus, 145 in die V Macedonica rekrutiert, kämpfte unter Statius Priscus, Iulius Severus und Martius Verus im Partherkrieg, anschließend nach der Rückkehr der Legion nach Troesmis unter Agricola und nach der Verlegung nach Dakien unter Fronto in der „expeditio Germanica“.

503 Die

Darstellung der Donaukriege bei Kovács, A History of Pannonia during the Principate, 113–174; ders., Marcus Aurelius’ Rain Miracle, ist trotz der überbordenden Quellen- und Literaturdokumentation, allerdings unter Fortführung längst obsoleter Thesen gerade auch ungarischer Forscher, leider wenig zuverlässig. Neben zahlreichen Fehlern wie der Verwechslung der imperatorischen Akklamationen bis hin zur Fehlinterpretation und Fehleinordnung von Quellen und zu wenig tragfähigen Schlussfolgerungen und Mutmaßungen geht seine chronologische Rekonstruktion in die Irre, welche den Donauübergang des Kaisers und das Blitz- und Regenwunder ins Jahr 171 n. Chr. setzen möchte. Wenig sinnvoll ist die These, die von Lukian angesprochene Katastrophe eines römischen Heeres hätte sich in Pannonien abgespielt und Fronto sei erst später gefallen. Zutreffend ist seine Feststellung, dass auf der Marcussäule nur ein Bildbericht für den ersten Donaukrieg, und zwar korrekt für die Jahre 172–175, gegeben wird. Die Notwendigkeit einer grundlegenden Neuinterpretation des Bildberichtes der Säule bleibt auch nach dem Beitrag von Kovács bestehen.

504 Da die Prätorianerpräfekten nicht dem Senatoren-, sondern dem Ritterstand angehörten, war ihnen die Bekleidung

des Consulats versagt. Ersatzweise konnten ihnen allerdings die Konsularinsignien verliehen werden.

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Unter dem Eindruck der Verstärkung der römischen Heere und der Befürchtungen eines römischen Schlages schickten die verschiedenen Germanengruppen eine Gesandtschaft unter der Führung des Markomannenkönigs Ballomarius zu Iallius Bassus, welche Frieden und Treue gegenüber Rom eidlich versicherte. Die Quaden stimmten zu, einen von Rom autorisierten neuen König anzuerkennen. Damit schien die Situation bereinigt. Die beiden Kaiser waren zwischenzeitlich nach Aquileia gelangt, wo Lucius Verus aufgrund der Nachrichten aus Pannonien für einen Abbruch des Feldzugplanes plädierte, Marc Aurel aber auf einer Fortsetzung der Reise als Machtdemonstration bestand; mit dem Verlassen Aquileias und dem Zug nach Pannonien wurde die „expeditio Germanica“ eröffnet, wie sich in den FORTUNA REDUX-Prägungen505 in allen Münzmetallen für Marc Aurel und Lucius Verus in der 16. Emission, der zweiten dieses Jahres, die vermutlich ab Mai 168 in großer Stückzahl und verringertem Feingehalt ausgeprägt wurde, spiegelt. Der kaiserliche Tross dürfte auf der Reichsstraße von Aquileia kommend nach Carnuntum gezogen sein, wo aber dann nach einer Inspektion der Grenztruppen506 auf Drängen des Lucius Verus die Rückreise nach Aquileia angetreten wurde. Das kaiserliche Begleitheer hatte zwischenzeitlich durch die Seuche schwere Verluste, und auch der Prätorianerpräfekt Furius Victorinus war verstorben;507 als sein Nachfolger musste M. Bassaeus Rufus, der eben als neuer Praefectus Aegypti in Alexandria eingetroffen war, erst zurückbeordert werden. Die Kaiser begaben sich nach Aquileia ins Winterquartier. Aus dem geplanten Feldzug war nur eine Inspektionsreise zur weiteren Vorbereitung einer Offensive an der mittleren Donau geworden; die schwerwiegenden Verluste unter den Mannschaften der Legionen und Auxilien durch die Seuche und die notwendigen Maßnahmen zum Mannschaftsersatz machten wie auch der Dissens der Augusti einen unmittelbaren Kriegsbeginn unmöglich. In Aquileia grassierte im Winter 168/169 n. Chr. unter dem hier für das kommende Jahr versammelten kaiserlichen Begleitheer die Seuche mit großer Heftigkeit, weshalb Lucius Verus Anfang 169 den Abbruch des Germanenfeldzuges und die Rückkehr nach Rom in schweren Auseinandersetzungen mit Marc Aurel durchsetzte. Doch schon zwei Tage nach dem Verlassen Aquileias verstarb Lucius Verus auf der Reise bei Altinum (nahe des Flughafens von Venedig gelegen) an einem Schlaganfall (HA Verus 9,10f.; Galen. script. min. II 98f. „mitten im Winter“). Marc Aurel kehrte nach Rom zurück, ließ nun aber in der 18. Emission, die nach dem Tode des Mitaugustus bis Ende 169 aufgelegt wurde, den (erneuten) Aufbruch (profectio) des Kaisers in den Krieg und den zu erwartenden Sieg propagieren.

505 „Fortuna,

die Rückführerin“ sollte für eine erfolgreiche Heimkehr der Herrscher sorgen.

506 HA

Marc 14,5: „transcensis Alpibus longius processerunt composuerunt omnia, quae ad munimen Italiae atque Illyrici pertinebant“; d. h. Organisation und Verstärkung des Grenzschutzes an der Donau, Illyricum gleich Pannonien: Aus der Stelle kann entgegen Birley, Marcus Aurelius, 157; ders., The Roman Government of Britain, 157–161, nicht gefolgert werden, dass 168 die Praetentura Italiae et Alpium errichtet worden wäre. Q. Antistius Adventus Postumius Aquilinus, der im Partherkrieg ausgezeichnet worden war und den Suffectconsulat sehr wahrscheinlich 167 n. Chr. bekleidete, erhielt nach dem Amt des curator operum locorumque publicorum das Kommando als „legatus Augusti ad praetenturam Italiae et Alpium expeditione Germanica“, dessen Einrichtung erst eine Reaktion auf den Einbruch 170 bis nach Oberitalien gewesen ist.

507 CIL

6, 41143; zur Ehrenstatue vgl. HA Marc. 13,5; die Annahme, er sei im Kampf gefallen, ist ohne Grundlage; zu den Verlusten des Heeres Eutr. 8,12.

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Eine Wiederaufnahme des Kriegsplanes noch im selben Jahr 169 n. Chr. war jedoch nicht möglich, da zuerst die enormen Ausfälle an kampferfahrenen Legionären und Auxiliarsoldaten durch die Eingliederung einer großen Zahl von Rekruten ausgeglichen werden mussten (HA Marc. 17,2; 21,6–8). Als Notmaßnahme wurden Sklaven als Freiwillige in das Heer aufgenommen, in Dardanien und Dalmatien rekrutierte man unter Zusage der Amnestie die berüchtigten Räuberbanden und bildete spezielle Kampfeinheiten aus Gladiatoren; städtische Polizisten (Diogmitai) in den griechischen Städten wurden ebenfalls rekrutiert. Außerdem wurden in erheblichem Umfange germanische Söldner angeworben, darunter jene Sueben, die später nach ihrer ehrenvollen Entlassung als Zivilisten mit römischem Bürgerrecht in den Rheinlanden zu finden sind. Den großen finanziellen Problemen der Staatskasse bei der Finanzierung wurde durch eine „unverzinsliche Staatsanleihe“ begegnet, indem Marc Aurel zwei Monate lang Inventar des kaiserlichen Palastes und sogar Roben seiner Gemahlin versteigern ließ, wobei er den Käufern nach dem Ende des Germanenkrieges eine Rückgabe mit Erstattung des Kaufpreises in Aussicht stellte, falls jemand dies wolle (HA Marc. 17,4–5; 21,9). Die Abreise zur Eröffnung des Offensivkrieges an der mittleren Donau wurde im September 169 durch den Tod des jüngeren Bruders des Commodus, des Caesars M. Annius Verus (geb. wohl 162, neben Commodus Caesar seit 12.10.166) noch weiter verzögert; Commodus war nun alleiniger Caesar und klarer präsumtiver Nachfolger. Ende September/Anfang Oktober 169 reiste der Kaiser aus Rom ab. Wo er mit seinem Stab den Winter verbrachte, ist nicht bekannt. Aquileia oder Sirmium würden sich anbieten. Der erste Donaukrieg unter Marc Aurel: Die erste Phase 170 – 172 n. Chr.

In der 19. Emission, die ab dem 1. Januar 170 n. Chr. über mehrere Monate ausgegeben wurde, setzten sich die Profectio- und Victoria-Typen fort, zu denen die Typen Adlocutio („Ansprache an das Heer“) und Fortuna Redux (künftige glückliche Rückkehr) traten, was den Beginn des kaiserlichen Feldzuges verkündete. Nach dem Abbruch des ursprünglichen Feldzugsplanes und dem Tod des Lucius Verus hatte Marc Aurel ein vereinigtes Kommando über alle drei dakischen Provinzen (Tres Daciae) geschaffen, das er Claudius Fronto (s. o. Kap. 2.4.7 – 8) übertrug. Die Legio V Macedonica wurde 169 von Troesmis nach Dakien verlegt. In Vorbereitung des großen Angriffsfeldzuges des Jahres 170 wurde Frontos Kommando dann um Moesia superior erweiterte; ihm unterstanden damit wiederum vier Legionen (IV Flavia, VII Claudia, XIII Gemina, V Macedonica). Claudius Pompeianus (s. o. Kap. 2.4.8) hat Unterpannonien im Sommer 169 verlassen, um in Rom die Heirat mit Lucilla, der ältesten lebenden Tochter des Kaisers und Witwe des Lucius Verus, zu vollziehen; mit dieser Verheiratung schaltete Marc Aurel seine Tochter als Konkurrenz zu den mit fünf bzw. vier Jahren 166 zu Caesares und Thronfolgern erhobenen Söhnen Commodus und Annius Verus aus; letzterer starb im September 169. Der Nachfolger des Pompeianus in der Provinz ist unbekannt. Im Jahre 170 begleitete Pompeianus den Kaiser als Comes Augusti und maßgebender Berater für die Eröffnung des Donaukrieges nach Unterpannonien, wo der Kaiser persönlich das Oberkommando übernahm und mit einem Feldheer aus Einheiten des ober- und unterpannonischen Heeres die Donau wohl nördlich von Aquincum Anfang Mai 170 überschritt. Gleichzeitig marschierte

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ein starkes Feldheer unter Claudius Fronto wohl von Apulum aus über die Mureş-Pforte gegen die Jazygen vor. Diese Heeresgruppe wurde jedoch nach einigen scheinbar erfolgreichen Gefechten von den Jazygen, unterstützt von germanischen Verbündeten, vollständig vernichtet. 20.000  Römer und Fronto fielen,508 eine Katastrophe von dem Ausmaß der Varus-Niederlage. Marc Aurel musste sich unverzüglich hinter die Donau zurückziehen, Dakien war massiv bedroht und litt insbesondere im südwestlichen Teil unter feindlichen Einfällen.509 Das Programm der Münzprägung des Jahres 170, das bisher den kommenden Sieg des Kaisers propagiert hatte, wurde sofort abgebrochen und durch unverfängliche neutrale Formeln ersetzt. In den Tres Daciae, wohin die untermoesischen Legionen I Italica und XI Claudia bis auf die rückwärtigen Dienste, die in Novae und Durostorum verblieben, sofort als Verstärkung in Marsch gesetzt wurden, übernahm Sex. Cornelius Clemens das Kommando (ILS 1099 = CIL 8, 21056).510 Marc Aurel musste Teile seines Feldheeres in den Südabschnitt Unterpannoniens und nach Obermoesien verlegen; sein Hauptquartier schlug er in Sirmium auf. Nun brachen die Jazygen über das nördliche Unterpannonien tief ins Hinterland ein, wo sie große Beute machten und zahlreiche Gefangene verschleppten. Beim Friedensschluss 175 sollen sie 100.000 Gefangene zurückgegeben haben (Cass. Dio 72,16,1). Ebenso überrannten die Markomannen und Quaden mit weiteren Verbündeten die nur mehr wenig geschützte oberpannonische Grenze östlich der Porta Hungarica. Der militärisch stark besetzte Raum Vindobona – Carnuntum wurde von ihnen aus verständlichen Gründen nicht angegriffen,511 ebensowenig das Legionslager von Brigetio und seine Lagervorstadt. Der Gardepräfekt M. Macrinius Vindex, der dem Feind mit einem rasch aufgestellten Heer in Nordpannonien entgegentrat, wurde von den Markomannen besiegt und getötet (Cass. Dio 72,3,5). Die Invasoren drangen in raschen Vorstößen tief in das pannonische Provinzgebiet ein,512 ohne dass der Kaiser eine wirksame Abwehr organisieren konnte. Auf der zentralen Reichsstraße 508 Lukian.

Alex. 48; Fronto wurde postum vom Senat auf Antrag des Kaisers ein Ehrenmonument auf dem Traiansforum errichtet, dessen Inschrift erhalten ist; sie würdigt seine zunächst erfolgreichen Gefechte gegen Germanen und Jazygen sowie seinen Tod in der Schlacht nach tapferem Kampf für den Staat (CIL 6, 41142, Z. 24–26: „quod post aliquot secunda proelia adversus Germanos et Iazyges ad postremum pro re publica fortiter pugnans ceciderit“).

509 Mehrere

münzdatierte Brandzerstörungen von Villen im Territorium der Colonia Sarmizegetusa, die selbst geschützt werden konnte (AE 2003, 1516).

510 T.

Valerius Marcianus wurde noch im Jahre 170 als beneficiarius consularis der V Macedonica von Cornelius Clemens die ehrenhafte Entlassung zuteil; anlässlich seiner glücklichen Rückkehr in die Heimat setzte er in Troesmis einen Weihealtar (ILS 2311). Er hatte die Katastrophe überlebt.

511 So

gibt es auch keine Spuren für Angriffe im Raum von Scarbantia (Sopron). Im Vicus von Arrabona (Győr) ist dagegen eine Zerstörung deutlich zu fassen. Die häufige Postulierung von Zerstörungen in den pannonischen Auxiliarlagern ging von dem Axiom aus, dass dem umfassenden unter Commodus von Raetien bis Untermoesien durchgeführten Neubauprogramm der Kastelle in Stein – andere wurden grundlegend umgebaut bzw. erneuert – an der mittleren Donau stets eine markomannenzeitliche Zerstörung vorausgegangen sein müsse; dies führte zu Fehldeutungen.

512 Gabler,

Die archäologischen Evidenzen der markomannisch-sarmatischen Kriege (166 – 180 n. Chr.) in den Donauprovinzen, fasst seine früheren Ausführungen (oft auf ältere Literatur gestützt) zu Zerstörungshorizonten 170 und „178“ n. Chr. nochmals zusammen; unrichtig noch zum Auxiliarlager von Carnuntum und zur dortigen Zivilstadt, überholt zu Flavia Solva; keine nachweisbaren Spuren auch in Mursa. Die auf einen Sarmateneinfall zurückgehenden Zerstörungsschichten in Pannonia inferior sind aber entgegen Gabler nicht 178 n. Chr., sondern

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überschritt ein markomannisch-quadischer Heerbann nach Brandschatzungen in Celeia und seiner Umgebung die Julischen Alpen und lagerte vor Aquileia (Amm. 29,6,1; Cass. Dio 72,3,2). Die Großstadt wurde aber offensichtlich nicht angegriffen; als römische Truppen anrückten, wichen die Germanen nach Westen aus und plünderten Opitergium (Oderzo513), ehe sie von der Heeresgruppe des Pompeianus, in der sich Veteranenvexillationen unter dem Kommando des P. Helvius Pertinax, des späteren Kaisers, befanden, zerschlagen wurden (HA Pert. 2,4; Cass. Dio 72,3,2). Zur Sicherung Italiens wurde nach der Bereinigung der Lage in Oberitalien und im Vorfeld südlich der Karawanken bis Poetovio noch 170 die Praetentura Italiae et Alpium („Grenzwache für Italien und den Alpenraum“) als Sonderkommando geschaffen, dem als Kerntruppen Verbände der neuen Legionen II Pia und III Concors zugewiesen wurden, welche in der Folge die Benennung II Italica pia und III Italica concors erhielten.514 Aufgabe war die Sicherung des Vorfeldes der Südostalpen bis zu den Dinarischen Alpen, um damit die für die Versorgung und Logistik lebenswichtigen Verbindungslinien von Oberitalien und der nördlichen wie mittleren Adria aus zu schützen. Das Zentrum der Praetentura als rückwärtiger Militärzone wurde in Ločica nahe Celeia an der Reichsstraße, die der vorgeschichtlichen Route der sogenannten Bernsteinstraße folgte, zwischen Celeia und dem Pass von Atrans eingerichtet. Hier wurde ein großes Militärlager mit turmbewehrter Festungsmauer errichtet, das, wie die jüngsten Untersuchungen zeigen, nie für die Stationierung einer Legion vorgesehen war, sondern mit seinen überdimensionierten Horrea (Speicherbauten) und dem enormen Valetudinarium (Lazarett) offenkundig als rückwärtiges logistisches Zentrum und militärischer Verwaltungssitz geplant war; lediglich eine Vexillation der II Italica (1. und 2. Legionskohorte) war hier stationiert.515 Aus dem Osten des Reiches wurden Verstärkungen, so eine Vexillation der Legio XV Apollinaris aus Kappadokien herangeführt (AE 1998, 1087), aus Numidien eine solche der III Augusta (ILS 2747). Die psychologischen Folgen dieses ersten Barbareneinfalls in Italien seit den Kimbern 102/101 v. Chr. und des praktischen Verlustes der Kontrolle über den pannonischen Raum müssen in Verbindung mit dem Auftreten der Seuche jedenfalls im Moment gravierend gewesen sein. Die Autorität und auch die Legitimation des Kaisers waren auf das Schwerste angeschlagen. Ein Jahrhundert später wären wohl in der Folge Usurpationen zu erwarten gewesen.

170/171 und 173 anzusetzen (Schäden in den Lagervorstädten, nicht in den Auxiliarkastellen; sporadische Brandschäden auch in den Canabae und der Zivilstadt von Aquincum). Damit ist aber Gablers gesamte Chronologie, die sich allein auf die Funde von sekundär verbrannten Sigillaten „aus vermutlichen Zerstörungsschichten in Pannonien“ (aber nicht nur aus tatsächlichen Brandhorizonten!) stützt, revisionsbedürftig. Die in der ungarischen Forschung oft axiomatisch vertretene These eines tiefen sarmatischen Einbruchs in Unterpannonien im Jahre 178 ist ohne Grundlage und widerspricht auch der sonstigen Evidenz. 513 Von

einer Zerstörung der Stadt spricht Amm. 29,6,1; eine solche ist archäologisch aber nicht nachzuweisen. Keinerlei Spuren sind in Poetovio (Ptuj) oder Emona (Ljubljana) festzustellen. Im unbefestigten Municipium von Celeia (Celje), das an der Reichsstraße (Bernsteinstraße) lag, ist hingegen durch die jüngsten Grabungen ein Zerstörungshorizont fassbar.

514 Der

Einsatz von Bauvexillationen der Legionen bei der Errichtung der Stadtmauer von Salona im Jahre 170 (ILS 2287) weist darauf hin, dass Verbände der beiden Legionen bei der Bekämpfung der Invasion eingesetzt waren.

515 Groh,

Im Spannungsfeld von Macht und Strategie.

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Die Plünderungen in Pannonien und entlang der Route der Bersteinstraße haben primär das flache Land getroffen, befestigte Städte wurden offenbar umgangen, wenn auch suburbane Bereiche betroffen sein konnten.516 Die Versorgung der Truppen war durch den Verlust der Kontrolle über den pannonischen Raum in Frage gestellt, weshalb ein Sonderkommando unter M. Valerius Maximianus (PIR2 V 125) aus Vexillationen der misenatischen, ravennatischen und britannischen Flotte zusammengestellt wurde, um Getreide für die beiden pannonischen Heere aus Gallien auf der Donau heranzubringen (AE 1956, 124 = HD 002456).517 Die Aktion ist noch in den Herbst 170 zu datieren. 171 kommandierte Maximianus eine spezielle Aufklärungseinheit zur Beobachtung der Feindbewegungen in Pannonien und nahm an den Offensiven der Jahre 172 – 174 als Kommandeur der Ala I Hispanorum Aravacorum teil, die der Legio I Adiutrix zugeordnet war. Auf

516 Der

lange als klassischer Beleg einer Zerstörung durch den Germaneneinfall geltende Brand in der Insula XLI im ostnorischen Flavia Solva, der dann zu entsprechenden Datierungen unterschiedlichster Brandspuren als Markomanneneinfall diente (so etwa für die Villa von Rannersdorf ), wurde von Hinker, Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege, zu Recht zurückgewiesen. Das Schadfeuer betraf nur Teile der Insula, in allen anderen, auch aktuellen Grabungsflächen erscheint ein solcher Brandhorizont nicht; er ist auch sonst nirgends in der ostnorischen Siedlungslandschaft respektive im östlichen wie südöstlichen Umland des Municipiums vorhanden. Hinker (ebd., 168–188) hat auch die anderen postulierten markomannenzeitlichen Zerstörungen kritisch hinterfragt. In der Villa von Grünau findet sich eine Brandschicht nur in einem Raum (Terminus post quem 140/144), Katsch und Allersdorf fallen als Befunde aus. In den Vici von Saaz, Gleisdorf und Kalsdorf gibt es zwar einzelne Brandspuren, die nach dem Material 170/180 datiert werden, Brand- oder Zerstörungshorizonte liegen aber nicht vor. Das direkt um den Verlauf der großen Reichsstraße (Bernsteinstraße) errichtete, relativ kleine Municipium Aelium Salla (Zalalövő) wurde offensichtlich durch Plünderungen betroffen, ein durchgehender Zerstörungshorizont aber fehlt; in einem Brunnen am Stadtrand, der zu einer Töpferei gehörte, wurden Skelettteile gefunden, in geringer Entfernung auch zwei irreguläre Bestattungen (Redő/Mende/Bartosiewicz, Roman Period, 301f.); der Münzumlauf erlebte bis zur severischen Zeit einen deutlichen Einbruch. In Savaria (Szombathely) liefern Münzen einen Terminus post quem für Brandschutt, der außerhalb der Stadt gelagert wurde und offenbar von einem größeren Schadfeuer in der Stadt stammt, erst von 174/175 n. Chr.; die Restaurierung der Stadtmauer der Colonia in den 170er Jahren ist lediglich eine indirekte Folge der Einbrüche.

517 Was

hier und im Folgenden zu Valerius Maximianus gesagt wird, ist vor allem aus dieser Ehreninschrift aus Diana Veteranorum (Numidia) bekannt, die seine lange Laufbahn und dabei seine zahlreichen militärischen Funktionen im Donauraum sowie die Adlectio in den Senat wiedergibt: „M(arco) Valerio Maximiano […] praep(osito) orae gentium Ponti Polemoniani don(is) don(ato) bello P(h)art(hico) allecto ab Imp(eratore) M(arco) Antonino Aug(usto) et misso in procinctu Germanic(ae) exped(itionis) ad deducend(a) per Danuvium quae in annonam Panno(niae) utriusq(ue) exercit(uum) denavigarent praepos(ito) vexillation(um) clas(sium) praetor(iarum) Misenatis item Ravennatis item clas(sis) Brit(t)an(n)ic(ae) item equit(um) Afror(um) et Mauror(um) elector(um) ad curam explorationis Pannoniae praef(ecto) al(ae) I Aravacor(um) in procinctu Germanico ab Imp(eratore) Antonino Aug(usto) coram laudato et equo et phaleris et armis donato quod manu sua ducem Naristarum Valaonem interemisset et in eade(m) ala quartae militiae honor(em) adepto praef(ecto) al(ae) contar(iorum) don(is) don(ato) bello Ger(manico) Sar(matico) praep(osito) equitib(us) gent(ium) Marcomannor(um) Narist(arum) Quador(um) ad vindictam Orientalis motus pergentium honor(e) centenariae dignitatis aucto salario adeptus procurationem Moesiae inferioris eodem in tempore praeposito vexillationibus et ad detrahendam Briseorum latronum manum in confinio Macedon(iae) et Thrac(iae) ab Imp(eratore) misso proc(uratori) Moesiae super(ioris) proc(uratori) prov(inciae) Daciae Porolissensis a Sacratissimis Impp(eratoribus) in amplissimum ordinem inter praetorios allecto et mox leg(ato) leg(ionis) I Adiut(ricis) item leg(ato) leg(ionis) II Adiu(tricis) praep(osito) vexil(lationum) Leugaricione hiemantium item leg(ato) leg(ionis) V Mac(edonicae) item leg(ato) leg(ionis) I Italic(ae) item leg(ato) leg(ionis) XIII Gem(inae) item leg(ato) Aug(usti) pr(o) pr(aetore) [[leg(ionis) III Aug(ustae)]] don(is) don(ato) a nobilissimo [[principe M(arco) Aurelio Commodo Aug(usto)]] expeditione secunda Ger(manica) […]“.

300

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dem Feldzug gegen die Naristen518 173 im Verband mit der I Adiutrix unter Pertinax hat er mit eigener Hand Valao, den Führer der Naristen, getötet. Dieser Vorstoß nach Böhmen hinein ging aller Wahrscheinlichkeit nach von einem der beiden temporären Lager an der Aistmündung in die Donau (s. u. Abschnitt: Die Entwicklung in Raetien und Noricum), dem späteren Legionslager von Lauriacum (Enns) gegenüber, aus und war offenkundig eine Reaktion auf die vorausgegangenen germanischen Vorstöße aus dem südwestböhmischen Raum heraus. In einer charakteristischen Schutzlage wurde in Enns, wie von Groh, Im Spannungsfeld von Macht und Strategie, zu Recht erschlossen, ein erstes großes temporäres Lager in Form eines Parallelogramms mit Doppelspitzgraben angelegt, in dessen Mittelpunkt ein sehr einfach gestaltetes, relativ kleines und zum Lagergrundriss parallel gesetztes Stabsgebäude (Principia) in Holz-Lehmfachwerk errichtet wurde. In den Frühlingsmonaten 171 n. Chr. ist es offensichtlich zu Problemen mit der Disziplin der Truppen und zu einer Unzufriedenheit mit der Kriegführung des Kaisers gekommen, wie die appellativen Münztypen Concordia Exercituum und Fides Exercituum (Eintracht bzw. Treue der Heere) in der 22. Emission, ca. Juni bis September 171, zeigen. Doch wurden die Invasoren aus dem Provinzgebiet zur Donau zurückgedrängt. Erst im Herbst stellte sich ein entscheidender Erfolg ein, als der Kaiser die aus Pannonien zurückflutenden Markomannen bei dem Versuch, die Donau zu überqueren, stellte und vernichtend schlug (Cass. Dio 72,3,2–3; HA Marc. 21,10). Der Kaiser nahm die 6. imperatorische Akklamation an, was die 23. Emission ab Oktober 171 zusammen mit der Victoria Germanica-Prägung dokumentiert. Kaiserliches Hauptquartier wurde nun Carnuntum. In der 24. Emission (10.12.171 – 9.12.172), deren erste Prägungen den Beginn der römischen Gegenoffensive verkündeten, wird deren Eröffnung mit der Überschreitung der Donau519 durch den Kaiser und sein Begleitheer in der VIRTUS AUGUSTI-Prägung („Tüchtigkeit, Mut und Tatkraft des Kaisers“) dokumentiert.520 Der Angriff richtete sich gegen die Quaden, um die Front der Gegner in der Mitte aufzubrechen. Man hatte jedoch den Stand der militärischen Organisation des Gegners und die Probleme des Landes unterschätzt. So konnten zwei schwere Krisen nur mit viel Glück abgewendet werden, das man dem Einschreiten der Götter – von christlicher Seite des 518 Aus

Ptol. geogr. 2,11,5 ergibt sich, dass der zweite von ihm angeführte nördliche Zufluss der Donau, der aus dem Gabreta-Wald komme, nur der im Waldviertel (Weinsberger Wald) entspringende Kamp mit dem als Verkehrsweg wichtigen Kamptal sein kann, der nächste genannte Zufluss, der am Luna-Wald, offensichtlich die Kleinen Karpaten, entlangfließe, nur die March. Der Gabreta-Wald ist somit nicht der Böhmerwald, sondern das Mittelgebirgsland von Mühlviertel und Waldviertel zusammen mit den südöstlichen Ausläufern des Böhmer Waldes (so auch Ptol. geogr. 2,11,7). Die Naristen lokalisiert Ptol. geogr. 2,11,23 zwischen Sudeta-Gebirge und Gabreta-Wald. Der Mittelgebirgszug vom Fichtelgebirge bis zum Riesengebirge und Altvater-Gebirge war in Ptolemaios’ Vorlage als Sudeta-Gebirge bezeichnet. Die Elbquelle ist im Sudeta-Gebirge lokalisiert; Strobel, Das Bild Dakiens. Die lange vertretene Lokalisierung der Naristen in Nordbayern ist obsolet; vgl. Neumann/Günnewig, Naristen.

519 Zu

den bisher festgestellten, bis zur Mährischen Pforte reichenden römischen temporären Lagern (zumindest während einer Feldzugskampagne benutzt) vgl. Groh/Sedlmayer, Expeditiones Barbaricae; Kühlborn u. a., Rom auf dem Weg nach Germanien, 49ff., 163ff. Mit einiger Sicherheit anzunehmende Lager im Raum zwischen Olmütz und dem Oberlauf der Elbe sind bisher ebenso wenig erfasst wie solche im Bereich des Oberlaufes der Thaya und ihrer Zuflüsse. Auch in der Slowakei fehlen noch die sicher vorauszusetzenden Befunde, wie sie nun für die MarchRegion vorliegen.

520 Szaivert,

Die Münzprägung der Kaiser Marcus Aurelius und Commodus, Nr. 238.

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Christengottes – zuschrieb, nämlich das Blitz- und Regenwunder im Quadenland. Pertinax, für seine Verdienste 171 in den Senat adlegiert und vom Kaiser an die Spitze der Legio I Adiutrix gestellt, hatte an den Erfolgen wesentlichen Anteil (Hieron. chron. p. 207 [Helm]). Die Quaden baten um Frieden, was noch 172 zu einem ersten Friedensschluss führte, der mit den GERMANIA SUBACTA-Prägungen („Germanien ist unterworfen“) gefeiert wurde. Nach diesem Erfolg nahm Marc Aurel den Siegerbeinamen Germanicus an (Cass. Dio 72,3,5). Im Herbst trafen zahlreiche Gesandtschaften in Carnuntum ein, die teils um Frieden, wie die Quaden, baten, teils Bündnisse anboten (Cass. Dio 72,11,1–3). Eine Gruppe dieser Gesandten stand unter der Leitung des Battarios, eines erst zwölfjährigen Knaben; die von ihnen repräsentierten Stammesverbände haben nach dem Empfang von Subsidien in der Folge den Stammesführer Tarbos, der mit seinen Leuten nach Dakien gezogen war und Geld unter der Androhung von Krieg forderte, abgedrängt. Die Kotiner, welche die von ihnen zugesagte Waffenhilfe gegen die Markomannen nicht eingehalten und Taruttenius Paternus, der als militärischer Führer zu ihnen gesandt worden war, unwürdig behandelt hatten, wurden 173/174 n. Chr. in einer Strafexpedition teils eliminiert, teils, soweit sie rechtzeitig auf die römische Seite wechselten, nach Südpannonien umgesiedelt.521 Die Entwicklung in Raetien und Noricum

In Raetien und Noricum herrschte jedenfalls 170 – 171/172 n. Chr. völlige Ruhe; die Getreidetransporte für die Versorgung des Heeres während der Offensive dieses Jahres konnten problemlos auf der Donau herangeführt werden. Allerdings war das Auxiliarheer der beiden Provinzen zweifellos durch die Abgabe von Vexillationen und Truppenverbänden 170/171 erheblich geschwächt worden. Erst in Reaktion auf die Offensive in das markomannisch-quadische Gebiet kam es 172/173 in Raetien zu einem Einfall über die Cham-Further Senke und das Regental in den Raum Regensburg, wo die beiden Auxiliarkastelle Regensburg-Kumpfmühl und Regensburg sowie ihre Lagersiedlungen und ein Vicus zerstört wurden.522 An dem germanischen Angriff haben sich auch Verbände der semnonisch-elbgermanischen Hermunduren523 als Verbündete der Markomannen beteiligt. Eine größere Brandschicht in den Mannschaftsbaracken des Westkastells von Straubing und Brandschutt im Graben des benachbarten zweiten Kastells können durch Vergleich des Fundmaterials mit dem Regensburger Zerstörungshorizont verbunden werden. Der zwischen beiden Militärzentren liegende Vicus von Mangolding/Mintraching ging sehr wahrscheinlich in Flammen 521 Cass. Dio 72,12,3 zur gescheiterten Mission des P. Taruttenius Paternus; CIL 6, 32542 = EDR 121800, 223 n. Chr.:

zwei cives Cotini aus Mursa bzw. Cibalae in der Prätorianergarde; CIL 6, 32557 = EDR 121754, 249/251 n. Chr.; eine Liste von „cives Cotini ex Pannonia Inferiore“ in der Prätorianergarde.

522 Zur

Feststellung des flavisch gegründeten Auxiliarkastells von Regensburg wie zur Geschichte des Raumes jetzt Fischer/Dietz, Das römische Regensburg. Für Kumpfmühl gibt ein Dupondius von 171/172 den sicheren Terminus post quem für die Zerstörung. Zu Raetien Fischer, Zerstörungshorizonte. Die Annahme eines Baulagers der Legio II Italica für den Bau der Stadtmauer in Augsburg ist zwischenzeitlich überholt.

523 Hermunduren

als Gegner: HA Marc. 22,11; 27,10; Lokalisierung beiderseits des Elbsandsteingebirges, in Sachsen bis Vogtland und Nordmittelböhmen. Tac. Germ. 41–42; Vell. 2,106,2; als Nachbarn der Naristen und Markomannen Tac. Germ. a. O.

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auf. Ein isolierter Vorstoß von Plünderern scheint die Münchner Schotterebene erreicht zu haben, wo der Vicus von Gauting um 170 datierte Brand- und Zerstörungsspuren aufweist. Dabei ist aber zu betonen, dass eine Datierung aus dem archäologischen Material, insbesondere Terra Sigillata, heraus immer eine Schwankungsbreite von plus/minus 5 – 10 Jahren hat. Ein Grundproblem der Forschungen zu den möglichen materiellen Spuren der Markomannenkriege sind die zahlreichen Zirkelschlüsse, beispielhaft in der wechselseitigen Argumentation hinsichtlich des angeblichen Zerstörungshorizontes in Iuvavum (Salzburg) und dem Schadensfeuer in der Villa von Mondsee.524 Gleiches gilt für das wiederholt zu findende Postulat einer gleichzeitigen Brandzerstörung einer ganzen Siedlung aufgrund einzelner getrennter Grabungsbefunde.525 Ebenso erfolgten wahrscheinlich eher 173 als 172 im nördlichen Noricum Einbrüche über die Donau, wobei die Invasoren über das Kamptal ins Tullner Feld und über die Aist-Route ins Linzer Becken vorstießen.526 Nur im Kastell von Lentia (Linz) sind Brandschäden festgestellt, die um 170 angesetzt werden. Andere Kastelle der Limeslinie waren nicht betroffen. Die Eindringlinge wurden offenkundig rasch gestellt und zurückgeschlagen. Pertinax säuberte 173 die beiden Provinzen mit einer Heeresgruppe, die er als Legat der I Adiutrix befehligte, und wurde vom Kaiser für seine Erfolge mit dem Suffektconsulat belohnt, den er 175 in absentia bekleidete (HA Pert. 2,6–7). Im Gegensatz zu Raetien schritten die römischen Truppen im norischen Abschnitt der Donaulinie 173/174 unter dem Kommando des Pertinax zur Gegenoffensive. An den Einfallspforten nach Südböhmen wurden temporäre Lager errichtet, so auf dem Nordufer der Donau gegenüber von Enns und im Aisttal.527 Sie waren offenkundig Ausgangspunkt für das römische Vorgehen über die Aist-Linie in das südliche Böhmische Becken hinein. Hauptgegner waren dabei offensichtlich die Naristen, deren Führer von M. Valerius Maximianus getötet wurde (s. o. vorangehenden Abschnitt). Eine zweite römische Angriffslinie verlief über das Kamptal, wie das temporäre Lager von Plank am Kamp zeigt. Hier sind temporäre Basislager östlich von Krems in der Kampf-Niederung zu erwarten.

524 An

mehreren Fundstellen erfasste Brandspuren, deren Gleichzeitigkeit nicht erwiesen ist und die hypothetisch „in den Jahren um 170“ datiert werden, zeigen keine Zerstörung durch Feindeinwirkung und sind auch numismatisch nicht mit germanischen Vorstößen in Raetien zu verbinden; suburbane Villen waren nicht betroffen. Als Markomannenzerstörung erneut bei Kovacsovics, Iuvavum – Neue Beobachtungen zur Struktur der römischen Stadt; ein Münzhort in einem Werkstättenbereich (Bronzegießerei, Keramikbrennofen, Schmiede!), der einen Brand der 2. Hälfte des 2. Jh.s zeigt, schließt mit einem Sesterz 167/168, ist aber kein Beleg; die postulierte ursprüngliche Einmauerung in der Außenmauer von Haus B soll doch erst dem Brandhorizont folgen, unter deren im frühen 4. Jh. umgestürzten Mauerwerk die Münzen gefunden wurden.

525 So

gibt es für die Phase I der Holzfachwerkbauten in Cetium (St. Pölten) mehrere Brandbefunde, deren Gleichzeitigkeit aber nicht erwiesen ist und für die ein gemeinsamer Terminus post quem von 170 n. Chr. aus einem einzelnen Münzfund erschlossen werden soll. Es gibt entgegen mehrfacher Behauptung keine Bauinschrift, die einen Wiederaufbau bezeugen würde.

526 Zur Problematik der oft ganz schematischen Zuordnung von Brandspuren o. Anm. 515, 519, 526. In Zwentendorf

geht dem Neubau des Kastells um 200 eine Brandplanierung voraus; diese Brandschicht kann nicht markomannenzeitlich sein, da sonst in der Besetzung des Lagers ein Hiat von drei Jahrzehnten anzunehmen wäre.

527 Für

die Informationen danke ich Kollegen Stephan Groh, der die Publikation vorbereitet.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Anschließend an die Operationen des Jahres 173 wurde zur Sicherung der westlichen Flanke des Kriegsschauplatzes ein gemeinsames Kommando für Germania superior und Raetien gebildet, an dessen Spitze 179 – 180 P. Salvius Iulianus, Consul ordinarius im Jahr 175, stand, den Commodus im Rahmen der Säuberungen anlässlich der Lucilla-Verschwörung mit weiteren Vertrauten seines Vaters beseitigen ließ (PIR2 S 135). Für Noricum ist ein gemeinsames Kommando mit Pannonia superior mit gutem Grund zu vermuten. In Raetien errichtete ein Teil der Legio III Italica 174 das über mehrere Jahre besetzte Vexillationslager von Eining-Unterfeld (10,6 ha; Befestigung nur in Holz-Erde-Bauweise), anschließend wurde beschlossen, in Regensburg ein Legionslager für die Truppe zu errichten. 179 hatte die Bauvexillation der III Italica die Lagermauer mit Türmen und Toren für das neue große Legionslager fertiggestellt.528 Ein anderer Teil der Legion stand weiterhin im Feldheer an der Front. 180/181 wurde Raetien zur eigenständigen prätorischen Provinz.529 In Noricum wurde der Raum südlich der Kamp-Mündung durch die beiden Reiterregimenter (Ala I Augusta Thracum, Ala I Commagenorum sagittariorum) in Traismauer und Tulln sowie die 1.000  Mann starke Infanterieeinheit der Cohors Aelia Brittonum milliaria in Mautern und die Cohors V Breucorum civium Romanorum equitata, eine gemischte Einheit aus Infanterie und Reiterei (480 Mann, 120  Reiter), in Zwentendorf geschützt. Zur Kontrolle des Linzer Beckens und der Enns-Mündung wurde gegenüber der Aistmündung parallel zur Errichtung des Lagers Eining-Unterfeld ein erstes großes Holz-Erde-Lager in Enns errichtet, das sich durch die besondere Form der Anlage deutlich von regulären Legionslagern unterscheidet und nach 175 von der Legio II Italica übernommen wurde; auch die Lagervorstadt setzt im Fundmaterial vor 180 ein.530 Ein nachträglicher Ausbau des Lagers im Innern erfolgte unter Septimius Severus bis 202 (ILLPRON 961 = HD 028566). Das in Stein erbaute Legionslager von Albing, von dem nur der Lagerwall mit Türmen und Toren sowie die Principia errichtet waren, wurde nie fertiggestellt. Seine Datierung kann nun als Neubaumaßnahme unter Caracalla im Rahmen seiner Bauprojekte in den Donauprovinzen gesichert werden; die Bauarbeiten stellte man offenbar nach relativ kurzer Zeit ein, die Legion verblieb in Enns. Weiterhin von zentraler Bedeutung war das Lauriacum flankierende Reiterlager von Linz, das nun von der auch im Partherkrieg eingesetzten Ala I Pannoniorum Tampiana civium Romanorum milliaria victrix, einer 1.000 Mann starken Kavalleriedivision, bezogen wurde.

528 CIL 3, 11965 = HD 007887; Dietz, Der Text der Gründungsinschrift; ders., Zur Verwaltungsgeschichte Oberger-

maniens und Rätiens. Die ursprüngliche Fassung der Bauinschrift wurde 182 nach der Rückkehr der Feldvexillation aus dem Burerkrieg für die Titulatur des Commodus umgearbeitet, wobei der neue Siegerbeiname Germanicus Maximus prominent in der eradierten 3. Zeile platziert wurde. Eradiert wurde in Z. 5 der Name des Statthalters, der 179 das Oberkommando innehatte, während der lange als erster senatorischer Statthalter Raetiens betrachtete M. Helvius Clemens nur Legat der III Italica gewesen ist.

529 Q.

Spicius Cerialis ist durch drei Bauinschriften von Auxilien 181, 182 und 183 (IBR 279 = HD 058836; für eine Datierung nach 183 liegt kein Grund vor) als Statthalter belegt, ferner durch eine fragmentarische Inschrift aus Tasgetium, die vor der Nennung seiner Stellung abbricht; PIR2 S 800. Die Bauinschriften bringen wie üblich nur die Kurzformel leg. pr. pr. ohne weitere Angabe.

530 Sedlmayer,

Extra Muros, bes. 192–195; Freitag, Canabae et Municipium; zu Albing ebd., 195f.; Groh (oben Anm. 520). Vgl. ferner Ployer, Der norische Limes in Österreich, 34–37; Gassner/Pülz (Hgg.), Der römische Limes in Österreich, 181–183 (C. Gugl). Zur II Italica, allerdings mit notwendigen Korrekturen zu Ločica und der älteren Geschichte der Legion, Petrovitsch, Legio II Italica.

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Zweifellos wurde die II Italica ab 177 bis auf die rückwärtigen Dienste an der Front zum Einsatz gebracht und verblieb dort bis 182. Nach dem Markomannenfrieden als Reserve aufgrund der Nähe der Legionen in Vindobona und Carnuntum zur weiteren Verwendung verfügbar, wurde sie sehr wahrscheinlich 183 für die Kämpfe im Norden Britanniens dorthin verlegt, wo 183 der unbekannte Statthalter mit seiner Armee eine vernichtende Niederlage erlitten hatte und gefallen war.531 Commodus entsandte den bereits 177/178 – 180 in Britannien amtierenden L. Ulpius Marcellus erneut zur Bekämpfung der Feinde nach Britannien. Verstärkung des Provinzheeres war dringend geboten, wofür sich die II Italica angeboten haben dürfte. Den 184 errungenen Sieg feierte Commodus im Herbst mit der Annahme der siebten imperatorischen Akklamation und dem Siegerbeinamen Britannicus (51. Emission). Marcellus’ rigide Durchsetzung der Disziplin führte jedoch zu einer Meuterei der drei britannischen Legionen, die sogar in dem gescheiterten Versuch einer Kaisererhebung gipfelte (Cass. Dio 73,9,2a). Erst Pertinax, der Britannien nach der Absetzung des Marcellus 185 – 187 führte, stellte die Disziplin wieder her, bat allerdings Commodus schließlich um seine Ablösung, da die Legionen ihm feindlich gesinnt blieben. 185/186 verlegte Pertinax ein Vexillationskorps der drei aufrührerischen britannischen Legionen532 nach Obergermanien zur Bekämpfung des Bellum desertorum unter der Führung des Maternus;533 die Banden aus Provinzialen und Deserteuren waren in der Lage, die Legio VIII Augusta in Argentorate/Straßburg534 zu belagern, die für ihren Widerstand den Ehrenbeinamen „pia fidelis constans Commoda“ erhielt (CIL  11, 6053 = EDR 016416). Am 12.8.186 waren die Unruhen niedergeschlagen und die strafrechtliche Aufarbeitung im Gange (AE 1981, 691). Auch für die Legio II Italica ist eine entsprechende Verlegung in den ostgallisch-obergermanischen Raum anzunehmen. Anschließend wurde sie von ihrem Legaten 186/187 nach Noricum zurückgeführt, der dort als erster prätorischer Statthalter eingesetzt wurde.

531 Cass. Dio 73,8,1–9,4; HA Comm. 6,2; 8,4; HA Pert. 3,5–6.8–10; vgl. Birley, The Roman Government of Britain,

162–174.

532 Der

senatorische Cursus eines Homo novus, allerdings mit offensichtlicher Förderung (kein Legionstribunat bekleidet!), ist auf der schlecht erhaltenen, auf allen Seiten abgebrochenen fragmentarischen Inschrift einer Ehrenstatuenbasis (CIL 6, 41127 = EDR 093397) genannt. Die Ehrenstatue beschloss der Senat 191/192 auf Antrag des Commodus für den in seinem Amt offenkundig während der erneuten Seuchenwelle in Rom verstorbenen Consul suffectus, dessen Name nicht gesichert werden kann. Commodus schloss dabei an die Praxis unter seinem Vater an (HA Marc. 13,5). Der Mann war Legat der Legio VI Victrix in Britannien, dann der V Macedonica in Dakien, begleitete sehr wahrscheinlich Pertinax nach Britannien, erhielt dort das Kommando über die aus den aufrührerischen britannischen Legionen zusammengestellte Vexillation, die zur Beruhigung der Lage und für die Bekämpfung der bürgerkriegsähnlichen Unruhen in Gallien und Obergermanien dorthin geführt wurde. Ebendort, wie mit gutem Grund anzunehmen ist, übernahm er die II Italica mit dem Auftrag, sie nach Noricum zu führen und die Provinz als Statthalter zu übernehmen.

533 HA

Comm. 13,5; 16,2; Herodian. 1,10,1–7; 8. imperatorische Akklamation des Commodus im Herbst 186. Vgl. Alföldy, Die Krise des Römischen Reiches, 69–80; Grünewald, Bandits in the Roman Empire.

534 Natürlich

nicht „in Augsburg“, so Hund, Außenpolitik, 365.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Kämpfe im Vorfeld Dakiens und der Einfall der Kostoboken von 171 n. Chr.

Nach der katastrophalen Niederlage des Claudius Fronto im Frühsommer 170 n. Chr. (s. o. Abschnitt: Der erste Donaukrieg unter Marc Aurel) suchte sein Nachfolger Cornelius Clemens Dakien auch mit diplomatischen Mitteln wieder zu stabilisieren. Als sich der zur Grenze Dakiens vorrückende Wanderzug der wandalischen Astingen unter den Königen Raos und Raptos (Cass. Dio 72,12,1–3) mit der Forderung an Clemens wandte, für Waffenhilfe Geld und Land zur Ansiedlung zu erhalten, hat sie der Statthalter auf die Kostoboken gelenkt, welche wohl weiterhin im Osten Dakiens feindlich in Erscheinung traten. Die Astingen ließen ihre Frauen und Kinder unter dem Schutz der Römer zurück und griffen offensichtlich noch im Jahre 170 die Kostoboken in ihrem Siedlungsgebiet an, um dieses zu erobern. Die Astingen errangen einen vollständigen Sieg und holten ihre Familien aus der römischen Obhut nach. Da sie aber mit ihren Forderungen weiter eine Bedrohung darstellten, provozierte Clemens einen Angriff der Lakringen (Wielbark-Verband?), die sich in ihrem eigenen Siedlungsgebiet von den Astingen bedroht glaubten, auf letztere. Die Astingen erlitten eine schwere Niederlage und unterwarfen sich der römischen Hoheit. Sie erhielten Subsidien und die Aussicht auf die Zuteilung von Land zur Ansiedlung, wenn sie den Römern Waffenhilfe leisteten, eine Verpflichtung, die sie in der Folge erfüllten. Wie Petr. Patr. frg. 128 (Cass. Dio 72,11,6) bemerkt, haben damit Astingen und Lakringen Rom wichtige Dienste geleistet. Der Sieg der Astingen führte nun aber zum Abzug der Kostoboken unter ihrem König Pieporus535 nach Süden, wo sie 171 n. Chr. die weitgehend geschwächte Verteidigung an der östlichen untermoesischen Donau durchbrachen536 und über den Haemus nach Thrakien vordrangen. Von römischen Truppen verfolgt537 stießen sie durch Makedonien und Thessalien nach Mittelgriechenland vor, wo sie in der Phokis lokale Milizen unter der Führung des bei den Kämpfen gefallenen Mnasiboulos bei Elateia abwehrten (Syll³ 871; Paus. 10,34,5). Im südböotischen Thespiae wurde die paramilitärische Jugend (Neoi) mobilisiert (SEG 39, 1989, 456). Schließlich erreichten sie im September Attika, wo sie das Heiligtum von Eleusis brandschatzten.538 Letztendlich haben sie vor den römischen Truppen kapituliert, und ihr König wurde mit seiner Familie in Rom interniert. Der Kostobokeneinfall ist im Grunde nur eine militärisch eher wenig bedeutende Episode der Donaukriege, jedoch muss der Einfall bis Eleusis enorme psychologische Folgen gehabt und das

535 CIL

6, 1801 = ILS 854; Grabinschrift für Ziais, Tochter des Tiatus, Gattin des Pieporus rex Coisstobocensis, gesetzt von den Enkelkindern Natoporus und Drilgisa. Das Namensmaterial verbindet Elemente, die der thrakischen und der iranischen Dialektfamilie zuzuordnen sind.

536 Der

Decurio des Municipiums Tropaeum Traiani wurde von den Kostoboken getötet (IScM 4, 49), ebenso ein Einwohner der Stadt (ILS 8501 = IScM 4, 50).

537 Zu

ihrer Bekämpfung wurde ein Truppenverband unter dem Procurator L. Iulius Vehilius Iulianus nach Makedonien und Achaia gesandt (ILS 1327 = EDR 09523 „procurator Augusti et praepositus vexillationis per Achaiam et Macedoniam adversus Castabocas“). Vgl. Filippini/Gregori, Procuratores Augusti.

538 Entscheidend

für die Datierung ist die Subscriptio der Eleusinischen Rede des Aelius Aristeides (Ael. Arist. or. 22, p.  31 [Keil]). Aristeides hat die Rede unmittelbar nach dem Eintreffen der Nachricht von der Zerstörung des Heiligtums in Smyrna gehalten. Die Lebensaltersangabe 53½ Jahre ist offensichtlich gerundet (Geburt gemäß Horoskop 26. Nov. 117), zutreffend die Angabe des 12. Monats (23. Aug. – 23. Sept.).

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Vertrauen in die Pax Romana in den Binnengebieten des römischen Balkans erschüttert haben. Die Erneuerung und der Neubau von Stadtmauern, so 172 in Kallatis (Mangalia) oder Philippopolis (Plovdiv), waren eine direkte Konsequenz. Die römische Truppenpräsenz auf der Krim und an der Küste bis Olbia wurde verstärkt; Ti. Plautius Felix Ferruntianus, der als ritterlicher Militärtribun die Vexillation der Legio III Augusta aus Numidien auf den Kriegsschauplatz geführt und wohl im Jahre 173 für seinen Kampfeinsatz ausgezeichnet worden war, hat als Militärtribun der I Italica 174 – 175/176 das Kommando über die auf der Krim stationierten pontischen Vexillationen (der untermoesischen Legionen) geführt (ILS 2747 = Migliorati, Iscrizioni per la ricostruzione storica dell’Impero Romano, 521 – 523). Eine Sondermission des M. Valerius Maximianus als Procurator von Untermoesien und gleichzeitig Kommandeur eines Truppenverbandes zur Säuberung des makedonisch-thrakischen Grenzgebietes von Räuberbanden aus dem in Dardanien ansässigen Stamm der Brisei im Jahre 176 ist wohl als Nachhall der Destabilisierung des Raumes durch den Kostobokenzug zu sehen (s. o. Anm. 522).  er erste Donaukrieg unter Marc Aurel: D Die zweite Phase (173 – 175/176 n. Chr.)

Die römischen Operationen wandten sich 173 n. Chr. gegen die Markomannen und Naristen, wobei die römische Armee im Bereich der Flüsse March und Thaya nach Norden operierte. Im Herbst 173, als die römischen Truppen in Nordpannonien und nördlich der Donau konzentriert waren, kam es zu einem erneuten massiven Einbruch der Jazygen in Unterpannonien, wobei die sarmatischen Reiterverbände rasch tief vorstießen und abermals zahlreiche Gefangene verschleppten; bei ihrem Rückzug stellten sich die sarmatischen Reiterscharen in der Schlacht auf dem Eis der zugefrorenen Donau den verfolgenden römischen Truppen, wurden aber schwer geschlagen (Cass. Dio. 72,7,1–5; 13,1; 16,1). Daraufhin boten die Jazygen Frieden an, was Marc Aurel ablehnte, der beschlossen hatte, diese Feinde, die für die Katastrophe von 170 verantwortlich waren, auszutilgen. Um Zeit zu gewinnen, zog er die Verhandlungen in die Länge, bis die Sarmaten ihren König, der die Verhandlungen führte, absetzten und gefangen nahmen. 174 wurde neben der Fortsetzung der durch eine brutale Kriegsführung gekennzeichneten Operationen gegen die Markomannen und Naristen auch der Krieg gegen die Quaden wieder aufgenommen. Diese hatten die Friedensbedingungen gebrochen, indem sie die Jazygen unterstützt und flüchtende Markomannen aufgenommen hatten, weshalb sich der Kaiser getäuscht sah (Cass. Dio 72,11,2–3; 13,1–4; 14,1). Auch die 13.000 Kriegsgefangenen und Überläufer wurden nicht vertragsgemäß herausgegeben. Zudem hatten sie ihren von Rom anerkannten König Furtius verjagt und eigenmächtig Ariogaesus die Königswürde übertragen, was Marc Aurel nicht anerkannte, und er lehnte auch das Angebot einer Erneuerung des Friedensvertrages unter Rückgabe von 50.000 Gefangenen ab. Von den schwer bedrängten Naristen liefen 3.000 zu den Römern über und erhielten Land zur Ansiedlung im Reich (Cass. Dio 72,21). Der Markomannenkönig Ariogaesus wurde gefangen genommen und in Alexandria interniert. Markomannen und Quaden baten unter dem römischen Druck um Frieden und unterwarfen sich. Marc Aurel nahm die siebte imperatorische Akklamation an, die ca. Mitte August auf den Münzen der 27. Emission erscheint. Zu den Bedingungen gehörte neben der Stellung von Geiseln und der Herausgabe der Gefangenen und

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Überläufer eine Sperrzone von 10 Meilen am jenseitigen Donauufer. Außerdem hatten Markomannen, Quaden und Naristen die überlebende berittene Jungmannschaft ihres Stammesadels den Römern zu übergeben. Sie mussten den Kaiser 175 auf seinem Zug in den Osten des Reiches unter dem Kommando des M. Valerius Maximianus begleiten (s. o. Anm. 522) Nach dem Friedensschluss begann im Sommer 175 n. Chr. die als Vernichtungsfeldzug angelegte römische Offensive gegen die Jazygen, wozu das kaiserliche Hauptquartier nach Sirmium verlegt wurde. Einer Schlacht haben sich die mobilen sarmatischen Verbände offensichtlich entzogen. Mitten in die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen war aber die Nachricht von der Usurpation des syrischen Statthalters C. Avidius Cassius geplatzt, dem ein übergeordnetes Kommando über die Provinzen im Osten übertragen war. Da Marc Aurel zu dieser Zeit schon unheilbar erkrankt war (Petr. Patr. frg. 130) und nur mehr unter Einnahme eines Opiumpräparates leben konnte, hatte sich seine Gattin Faustina mit Avidius Cassius verabredet, dass dieser auf die Meldung vom Tod des Kaisers hin den Purpur ergreifen sollte; Avidius Cassius wiederum sicherte Faustina Sicherheit für sie und ihre Kinder zu. In einer Intrige seiner Gegner am Hof und um Commodus wurde Avidius Cassius ein gefälschtes Schreiben mit dem entsprechenden Inhalt zugespielt. Verabredungsgemäß ließ sich dieser in der 1. Aprilhälfte 175 von seinen Soldaten zum Kaiser ausrufen. Marc Aurel war nun gezwungen, sich auf einem Bürgerkrieg und einen Feldzug in den Osten des Reiches vorzubereiten. In Rom brachen Unruhen aus, weshalb Vexillationen des Heeres unter dem bisherigen unterpannonischen Statthalter C. Vettius Sabinianus Iulius Hospes nach Rom abkommandiert wurden (HA Marc. 25,2; ILAfr 281; PIR2 V 485). Commodus brach mit seinem Gefolge am 19. Mai von Rom zu seinem Vater auf. Die Usurpation des Avidius Cassius ging jedoch schon nach rund drei Monaten durch dessen Ermordung zu Ende. Um die Ruhe und Stabilität seiner Herrschaft im Osten wiederherzustellen, zog der Kaiser in Begleitung des Commodus und seiner Gattin Faustina, die auf der Reise starb, in den Osten, wo er den Winter 175/176 in Alexandria verbrachte. Die Usurpation hatte jedoch weitreichende Folgen (Exc. UG 60–62). Mit den schwer bedrängten, aber noch immer kampffähigen Jazygen wurde unter Abbruch des Kriegsplanes, der, wie mit guten Argumenten anzunehmen ist, zuerst nach der Ausschaltung von Kotinern und Jazygen die Einverleibung des Gebietes zwischen Unterpannonien und dem römischen Dakien vorsah, ein Frieden geschlossen, als der Sarmatenkönig Zantikos mit allen Sippenhäuptern bittflehend vor dem Kaiser erschien. Die Jazygen mussten 8.000 Reiter übergeben, von denen 5.500 nach Britannien geführt und in das dortige Heer eingegliedert wurden. Sie hatten eine Sperrzone von 20  Meilen vom Donauufer einzuhalten und 100.000 Gefangene zurückzugeben, eine so wohl überhöhte Zahl. Außerdem wurden ihre Zusammenkünfte beschränkt und überwacht. Boote durften sie nicht mehr besitzen und die Inseln in der mäandrierenden Donau nicht mehr betreten. Der Kaiser nahm den Siegerbeinamen Sarmaticus an. Den Markomannen, die sich strikt an die Friedensbedingungen hielten, wurde als Erleichterung die Sperrzone auf 5 Meilen halbiert. Als Marc Aurel am 27. November 176 nach Rom zurückkehrte, nahm er zusammen mit Commodus Caesar eine imperatorische Akklamation, seine achte, an und feierte am 23. Dezember 176 den Triumph über Germanen und Sarmaten. Commodus wurde Mitte 177 zum formal gleichrangigen Mitaugustus erhoben.

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

2.4 .9 D  er zweite Donaukrieg unter Marc Aurel und Commodus (177 – 180 n. Chr.) Die erste Phase des zweiten Donaukrieges, der im Jahre 177 begann, kommandierten Sex. Quintilius Maximus als oberpannonischer und Sex. Quintilius Condianus als unterpannorischer Statthalter (Cass. Dio 72,33,1); Gegner waren zum einen eine markomannisch-quadische Allianz mit elbgermanisch-hermundurischer Unterstützung sowie die Jazygen. Die Initiative ging von Markomannen und Quaden aus, die Jazygen schlossen sich, wie sie später erklärten, nur unter Druck an. Über den Verlauf der Kämpfe liegen kaum Quelleninformationen vor; nur ein archäologischer Befund ist sicher zuzuordnen, nämlich das 172 n. Chr. errichtete Holz-Erde-Kastell Contra-Brigetio (Iža), das den dortigen Donauübergang deckte. Es wurde nach dem Frühjahr 179 in einem überraschenden Überfall zerstört (münzdatierter Befund) und dann unter Commodus als Steinkastell wieder aufgebaut. In der Umgebung des Kastells sind bisher fünf temporäre Lager entdeckt worden. Bereits ab Herbst 177 führten Marc Aurel seine neunte und Commodus seine zweite imperatorische Akklamation (35. Emission); es musste also bereits ein erster wesentlicher Erfolg auf dem Schlachtfeld errungen worden sein. Die vereinigte Statthalterschaft der Tres Daciae und das dortige Provinzheer führte 178 – 180 Pertinax, ehe er nach dem Tod Marc Aurels zum Statthalter Syriens ernannt wurde (RMD 123). Am 3. August 178 brachen die beiden Augusti, Vater und Sohn, von Rom zur secunda expeditio Germanica in den zweiten Donaukrieg auf. Marc Aurels Erscheinen führte umgehend zu einer jazygischen Gesandtschaft, die um Erneuerung des Friedens unter erleichterten Bedingungen bat (Exc. UG 63–64). Darauf ging der Kaiser ein, um gegen Markomannen und Quaden freie Hand zu haben. Zur Stellung von Truppen gegen die Quaden waren sie aber ebenso wie die Burer erst bereit, als der Kaiser ihnen eidlich versicherte, den Krieg mit äußerstem Einsatz zu führen, damit sich beide Gruppen nicht im Falle eines römischen Friedensschlusses mit den Quaden diesen wieder als feindliche Nachbarn gegenüber stehen würden. Da die Sarmaten tatkräftige Waffenhilfe stellten, wurde ihnen eine Reihe von Beschränkungen erlassen. Außerdem gestattete die römische Seite, durch das Gebiet des römischen Dakiens, wenn vom dortigen Statthalter erlaubt, mit den Roxolanen Verbindung aufzunehmen. Marc Aurel konnte nun zahlreiche Gesandtschaften empfangen, die in ein geregeltes Verhältnis zu Rom kommen wollten; damit wurden die markomannisch-quadischen Gegner isoliert. Auch die Hermunduren schieden offensichtlich aus der Reihe der Gegner aus. Wahrscheinlich im Mai 179 n. Chr. konnte der mit einem starken Feldheer ins gegnerische Gebiet vorgedrungene Prätorianerpräfekt Taruttenius Paternus einen vernichtenden Sieg erringen (Cass. Dio 72,33,3–4). Ende 179 waren bereits 20.000 römische Soldaten in festen Winterlagern im Gebiet der Quaden und Markomannen stationiert (Cass. Dio 72,20,1); die Quaden suchten sich der Besetzung durch einen Abzug zu den Semnonen, d. h. zu dem semnonisch-elbgermanischen Großverband um die mittlere Elbe, zu entziehen, doch hatte der Kaiser die Durchgänge (Mährische Pforte sowie Übergang von der oberen March zur oberen Elbe) sperren lassen. Das Winterlager eines Vexillationskorps von 2.855 Legionären ist unter dem Kommando des zwischenzeitlich für seine Verdienste im prätorischen Range in den Senat adlegierte M. Valerius Maximianus, Legat

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

der II Adiutrix und „praepositus vexillationum Leugaricione hiemantium“ („Kommandeur der Legionsdetachments, die in Leugaricio überwintern“) in Lau- bzw. Leugaricio (Trenčin) im oberen Waagtal belegt.539 Diesmal sollte das Ziel der Errichtung einer direkten Herrschaft über die Gebiete zwischen Hercynischem Wald und Donau mit zwei neuen Provinzen Marcomannia und Sarmatia zur dauerhaften Absicherung der römischen Herrschaft an der mittleren Donau und damit in Südosteuropa erreicht werden. Mit dem Tod Marc Aurels am 17. März 180 n. Chr. in Vindobona an seinem langjährigen Leiden endete dieses Vorhaben, das Commodus nicht weiter zu verfolgen gedachte. Dessen Nachfolge war, da er schon formalrechtlich voll gleichberechtigter Augustus und Imperiumsträger war, nur mehr durch die Übernahme des Amtes des Pontifex Maximus gekennzeichnet.540 Zwar wurden die Operationen im Frühling wieder aufgenommen, und Commodus blieb noch rund ein halbes Jahr in Pannonien, doch war sein Ziel der Abschluss des Krieges durch Verträge mit Markomannen und Quaden, als diese, durch Menschenverluste und Nahrungsmangel erschöpft, vor ihm um Frieden baten (Cass. Dio 73,2,1), was Commodus zum Anlass seiner vierten imperatorischen Akklamation etwa Mai 180 nahm. Nach Rom zurückgekehrt feierte Commodus am 22. Oktober 180 seinen Triumph über die Germanen. Da auf der von ihm als Heroisierungsmonument für seinen Vater nach dem Vorbild der Traianssäule errichteten Marcussäule nur Marc Aurel als kriegsleitender Augustus dargestellt ist, kann sich deren Bildbericht nur auf den ersten Donaukrieg beziehen. Dass der Verzicht auf die Expansions- und Okkupationspläne des Vaters bei Teilen des kaiserlichen Consiliums, das die Augusti auf dem Feldzug begleitete, auf Ablehnung stieß, ist zu Recht anzunehmen; das Heer begrüßte hingegen das Ende der verlust- und entbehrungsreichen Kämpfe und den Rückzug aus den aus Sicht der Soldaten sicher unwirtlichen Regionen nördlich der Donau (so auch Herodian. 1,7,1, allerdings mit polemischer Tendenz). Die von Commodus den beiden germanischen Völkerschaften diktierten Bedingungen (Exc. UG  67) sahen eine Wiederinkraftsetzung des Vertrages von 174 n. Chr. vor, ferner die Herausgabe aller Gefangenen und Überläufer, die jährliche Lieferung von Getreide für das römische Heer, die Ablieferung von Waffen, die Beschränkung von Versammlungen, die nur einmal an einem einzigen Ort unter römischer Aufsicht durchgeführt werden durften, das Verbot, gegen Jazygen, Burer und Vandilen (wandalische Stammesgruppen) Krieg zu führen, sowie die Stellung von 13.000 Wehrfähigen durch die Quaden und eine etwas geringere Zahl durch die Markomannen, die ins Heer eingefügt und dort römisch sozialisiert wurden. Dafür verzichtete Commodus auf die jährliche 539 ILS

9122 (zur Lesung und Deutung Mitthof, Exercitus qui Laugaricione sedit; „der Heeresverband, der sich in Laugaricio niedergelassen hat“); AE 1956, 124 = HD 002456 (s. o. Anm. 522).

540 Völlig

überzogen die Herausstellung des Motivs der Herrschaftssicherung bei Commodus im Jahre 180 bei Hund, Außenpolitik, 356 – 368. Dass ein Kaiser „fernab von Rom“ die Regierung übernommen hat, stellte gar kein Problem dar, wie schon im Jahre 117 zu sehen war. Ohne Grundlage hierzu auch von Saldern, Studien zur Politik des Commodus, richtig dagegen etwa Hekster, Commodus. Dass sich die überlieferten Sterbeszenen in der Literatur als literarische Konstrukte mit einer anticommodianischen Tendenz erweisen, insbesondere Herodians suggestive Darstellung in 1, 4–6, ist außer Frage zu stellen. Von dem Bild eines überhasteten Abbruchs des Krieges und Aufbruchs nach Rom hat die Forschung bereits Abstand genommen. Unrichtig Hund, Außenpolitik, 354 zur vierten imperatorischen Akklamation. Vgl. auch Strobel, Commodus und Pertinax: „Perversion der Macht“ und „Restauration des Guten“?

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Aushebung von Jungmannschaften als Rekruten, was offenkundig Teil der Friedensschlüsse von 174 gewesen war und wohl ständige Unruhen ausgelöst hatte. Im Gegenzug räumten die römischen Truppen ihre festen Stellungen nördlich der Donau bis auf die Sperrzone von 10 Meilen. An die Adelsführer der römischen Bundesgenossen wurden Subsidien bezahlt und damit das Vorfeld in zweiter Linie stabil gehalten (Herodian. 1,6,8; Cass. Dio 74,6,1). Commodus erklärte den zweiten Donaukrieg, die „secunda expeditio felicissima Germanica“, für beendet.

2.4 .1 0 Der dritte Donaukrieg oder Krieg gegen die Burer unter Commodus (180 – 182 n. Chr.) Ein kriegerisches Nachspiel fand dieser Friedensschluss durch die Burer, die sich in der ihnen gegebenen Zusage getäuscht sahen, in der ihnen Marc Aurel zugesichert hatte, die Quaden vollständig unterwerfen zu wollen. Sie kündigten das Bündnis mit Rom auf und stießen gegen die Dacia Porolissensis vor, wobei sie Teile der unter indirekter römischer Herrschaft stehenden und wirtschaftlich eng mit der Provinz verbundenen Gruppen von „freien Dakern“, ethnisch gemischten Gemeinschaften im Raum von oberer Theiß und unterem Someş, vor sich hertrieben. Commodus, der sich im September auf die Rückreise nach Rom begab, erklärte noch vor seiner Abreise die „tertia expeditio Germanica“541 für eröffnet, die auch als „expeditio Burica“ bezeichnet wurde.542

541 Ausgangspunkt

der Diskussion ist der Grabstein des kaiserlichen Sklaven Chaeron in Altinum, der als Heeres­ intendant auf der expeditio II und der expeditio III Germanica fungierte (ILS 1574 = EDR 099155). Sehr unbefriedigend hierzu Kovács, A History of Pannonia during the Principate, 158 – 161, 171 – 174. Alföldy, Probleme rätischer Inschriften, versuchte aus der Bezeichnung des raetischen Statthalters Appius Claudius Lateranus als „legatus Augusti pro praetore legionis III Italicae“ auf seinem Weihealtar aus Augsburg (ILS 3203) und der fragmentarischen Inschrift von einer Ehrenstatue (CIL 6, 41127 = EDR 093397; s. o. Anm. 537) einen um 188 an der Grenze Raetiens und Noricums ausgetragenen Germanenkrieg zu postulieren und diesen mit der „expeditio III Germanica“ gleichzusetzen. Lateranus, der nicht mit dem Consul im Militärdiplom CIL 16, 131 gleichzusetzen ist (Migliorati, Iscrizioni per la ricostruzione storica dell’Impero Romano, 226f.; Eck/Wolff, Ein Auxiliardiplom aus dem Jahre 203; Alföldy, Probleme rätischer Inschriften), ist mit gutem Grund als zweiter prätorischer Statthalter zwischen Spicius Cerialis (180/181 – 182/183; s. o. Anm. 534) und C. Caerellius Sabinus, der 183 – 185 als Legat der XIII Gemina in Dakien belegt ist, anzusetzen. Es spricht nichts dagegen, dass die Titulatur zu Beginn nach dem Vorbild des numidischen Statthalters und Legaten der III Augusta formuliert wurde. Lateranus war in seinem letzten Amtsjahr bereits zum Consul designiert; seinen Suffektconsulat hat er dann 185 bekleidet.

542 Die in dem Xiphilinos-Exzerpt bis zur Unkenntlichkeit verkürzte Passage Cass. Dio 73,8,1, die von „gewissen Krie-

gen“ des Commodus gegen die Barbaren jenseits von Dakien spricht, in denen sich Clodius Albinus und Pescennius Niger ausgezeichnet haben, um dann breit die Person des Claudius Marcellus und den Krieg in Britannien zu übernehmen, kann sehr wohl auf diese expeditio bezogen werden, wobei in Dios Original mehrere gegnerische Gruppen angeführt gewesen sein dürften. Auch HA Comm. 6, 1 mit der Erwähnung von Erfolgen „in Sarmatien“ (nicht gegen die Sarmaten!) erweist keine weiteren Kampfhandlungen (d. h. im geographischen Verständnis alle Gebiete östlich von Germanien; zur geographischen Vorstellung Strobel, Das Bild Dakiens). Vgl. Dietz, Zum Ende der Markomannenkriege. Commodus hat zwar 188 eine Abreise ins Feld angekündigt (HA 12,8–9; FORTUNA REDUX-Prägung in der 58. Emission), dann aber Rom nicht verlassen. Ziel und Kontext bleiben unklar, am wahrscheinlichsten ist der in HA Comm. 9,1 erwähnte geplante Zug nach Africa.

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Als Nachfolger des Pertinax führte die Tres Daciae seit Frühsommer 180 bis ins Jahr 183 C. Vettius Sabinianus Iulius Hospes,543 während Valerius Maximianus 180 – 183 hintereinander die Legionen V Macedonica, I Italica und XIII Gemina kommandierte, ehe er 184/185 Statthalter Numidiens wurde.544 Die I Italica war zur Verstärkung des dakischen Heeres entweder 177 oder 180 vorübergehend in die Provinz verlegt worden. Der rasche Kommandowechsel ist nur im Zusammenhang entsprechender Operationen im Feld zu erklären; ein Kommandeur kann auch bei der Säuberung anlässlich der Lucilla-Verschwörung (2. Hälfte 181) abgelöst oder beseitigt worden sein. Unter den teilnehmenden Truppen war auch die im Feldheer stehende kriegsstarke Vexillation der III Italica, die sich anschließend mit dem in Regensburg stehenden Teil der Truppe vereinigte (CIL 3, 5937 = HD 060111). Der aus dem italischen Ritterstand stammende L. Pescennius Niger, der nach seiner Erhebung in den Senatorenstand 183 als Praetor in Rom amtierte, wurde für seine militärischen Leistungen noch als ritterlicher Offizier und wohl auch für seine erwiesene Loyalität gegenüber Commodus 181/182 als Quaestorier in den Senat adlegiert.545 Clodius Albinus nahm als Legat einer Legion oder als Praepositus vexillationum an den Kämpfen teil. Mit Pescennius Niger und Clodius Albinus treten hier die Rivalen des Septimius Severus in den Bürgerkriegen 193 – 197 erstmals in Erscheinung. Commodus hat bereits vor dem 15.  Mai 182 n. Chr.546 den Siegerbeinamen Germanicus Maximus angenommen, hingegen erscheint seine fünfte imperatorische Akklamation erst in der dritten Emission dieses Jahres (45. Emission) in der 2. Jahreshälfte. Damit war der Abschluss des dritten Donaukrieges erreicht. Da die für Vettius Sabinianus gesetzte Ehreninschrift in Thuburbo maius (Africa) in die Zeit seiner dakischen Statthalterschaft datiert, auf die unmittelbar jene in Pannonia superior 183 – 185 folgte, ist nicht erkennbar, ob er von Commodus erneut ausgezeichnet wurde, diesmal mit den consularen dona militaria. Für Valerius Maximianus ist die Dekorierung im Range eines Legionslegaten schon im Jahre 180 bezeugt (s. o. Anm. 522). Die Burer hatten bereits mehrfach um einen Waffenstillstand nachgesucht, was Commodus ablehnte. Nachdem sie nun militärisch entscheidend geschwächt waren, nahm Commodus ihre Bitte um Frieden an. Der Friedensschluss (Exc. UG 68 = Cass. Dio 73,3,1–2) sah die Stellung von Geiseln, die Herausgabe der Gefangenen und von weiteren 15.000 Gefangenen, die sich bei benachbarten Völkerschaften befanden und von den Quaden verkauft worden waren, und eine Sperrzone von fünf Meilen zur Grenze des römischen Dakiens vor. 12.000 Daker, die im nordwestlichen Vorfeld der Provinzen lebten und durch die Auseinandersetzung aus ihrem Land verdrängt worden 543 ILAfr

281; Cass. Dio 73,3,3; Migliorati, Iscrizioni per la ricostruzione storica dell’Impero Romano, 409–413; PIR2 V 485.

544 AE

1956, 124 (s. o. Anm. 522); Migliorati, Iscrizioni per la ricostruzione storica dell’Impero Romano, 395–401; PIR2 V 125.

545 Die

Versuche, Pescennius Niger und Clodius Albinus oder zumindest Pescennius Niger als Legaten der vereinigten dakischen Provinzen zu postulieren, sind ohne Grundlage geblieben. Pescennius Niger ist im Mai 183 als Prätor in Rom bei Sitzungen der Arvalpriesterschaft belegt (CIL 6, 2099 = EDR 020714; Birley, The Roman Government of Britain, 178f.). Die von Ioan Piso vorgeschlagene Lesung der Rasur in IDR III/5, 181 = HD 038266 ist nicht überzeugend.

546 CIL

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3, 10570 = 14464 = ILS 6870, vollendet und geweiht zu diesem Datum.

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waren und sich gegen Rom zu wenden begannen, wurden in die Provinz aufgenommen und ihnen Land zugeteilt (Cass. Dio 73,3,3). Dies hatte jedoch Unruhen unter der Provinzbevölkerung zur Folge (HA Comm. 13,5). Die weitere Regierung des Commodus ist durch ein umfassendes Bauprogramm in den Provinzen an Rhein und Donau gekennzeichnet, dessen Organisation und Konzeption von den örtlichen Statthaltern und als maßgeblicher Autorität in Rom von dem bis 185 zweitmächtigsten Mann neben Commodus, dem Prätorianerpräfekten Sex. Tigidius Perennis (PIR2 T 203), oblagen.547 Die „securitas provincialium suorum“, die Gewährleisung der Sicherheit des täglichen Lebens der Provinzbewohner gegen den „kleinen Grenzzwischenfall“, war zweifellos ein Anliegen des Kaisers.548

2.4 .1 1 Der Donauraum unter Septimius Severus und Caracalla (193 – 217 n. Chr.) Der südosteuropäische Raum des Imperium Romanum erholte sich nicht nur rasch von den Erschütterungen und den Seuchenwellen seit 166 n. Chr., sondern erreichte in den Jahrzehnten um 200 n. Chr. seine Blüte, die sich besonders in den Städten zeigt. Trotz vielfältiger Thesen und Spekulationen können für den Zeitraum nach dem Ende des Dritten Germanenkrieges unter Commodus 182 bis zum Ende der severisch-emesanischen Dynastie 235 und selbst darüber hinaus keine Kriegshandlungen an den Grenzen von Pannonien bis zur Donaumündung rekonstruiert werden, wie dies von zahlreichen Forschern immer wieder versucht wurde. So sind etwa ein vermeintlicher Alamanneneinfall 235/236 in den Norden Oberpannoniens oder eine Invasion in Untermoesien 242 ohne Grundlage. Die dazu herangezogenen Meilensteine, die eine Erneuerung von Straßen anzeigen oder nur aus propagandistischen Gründen errichtet waren, sind selbstverständlich kein Indiz. Ebenso problematisch ist die Postulierung von kriegerischen Ereignissen bzw. Einfällen in der Zeit von Caracalla bis Gordian  III. auf der Basis einer unkritischen Auflistung von Schatzfunden.549 Die Problematik des Zusammenhanges der Schlussmünzen von Horten mit dem Münz­ umlauf und dem Zustrom neuer Emissionen in den kursierenden Münzbestand, dessen Rückgang nach einem erneuten Höhepunkt unter Severus Alexander ein verbreitetes Phänomen darstellt, ist 547 Vgl.

RIU 1129 zum Bau von Burgi und Praesidia, Kleinkastellen und befestigten Grenzposten, zur Sicherung der unterpannonischen Donaulinie, wo der Flusslauf durch zahlreiche Inseln und Mäander gekennzeichnet war, durch eine Verdichtung der Grenzüberwachung gegen den heimlichen Übergang von kleinen Banden („ad clandestinos latrunculorum transitus oppositis“); vgl. Kovács, A History of Pannonia, 161–167, allerdings unrichtig in der Postulierung einer gesehenen Sarmatengefahr. Zu Raetien vgl. Dietz, Castellum Sablonetum und der Ausbau des rätischen Limes unter Kaiser Commodus; zum weit verbreiteten Auftreten von Räuberbanden und kleinen Gruppen von Plünderern Grünewald, Räuber, Rebellen, Rivalen, Rächer; Köster, Von Räubern und Gendarmen.

548 Entsprechende

Maßnahmen auch in Nordafrika; vgl. etwa CIL 8, 20816.

549 Eine

neue Zusammenstellung und Analyse bietet Varbanov, Barbarian Invasions; ferner Touratsoglou, Greece and the Balkans before the End of Antiquity, 138–194. Von den 355 balkanischen Hortfunden, die mit der Zeit Maximinus bis Decius verbunden werden – 202 in Untermoesien, 147 in Thrakien, dazu noch 54 in Dakien –, sind nur 10 % in ihrer Gesamtheit bekannt, weitere 17 % mit einem noch relevant auswertbaren Teilbestand.

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ebenso zu beachten wie der ganz selbstverständliche massive Zustrom von Prägungen unter Iulius Philippus im Kontext seines Karpenkrieges sowohl nach Untermoesien wie nach Dakien (Prägungen der Münzstätte Viminacium, PROVINCIA DACIA-Prägungen, Antoniniane). Münzen Gordians III., darunter eine überdurchschnittliche Zahl von östlichen Prägungen, kamen mit den Truppen aus dem Osten in den Donauraum. Ein Zufluss von Prägungen des Decius in den allgemeinen Münzumlauf ist wiederum vor dem Goteneinfall im Frühling 250 nicht zu erwarten.550 So ist die Masse der mit Philippus schließenden Horte zweifellos den Ereignissen von 250 – 251 oder noch 253 zuzuweisen. Außerdem muss strikt zwischen Verbergehorten aus dem aktuell vorhandenen Münzumlauf, sei es wegen Bürgerkrieg oder inneren Unruhen, im Kontext von Raub oder unter dem Eindruck einer feindlichen Bedrohung, und nicht geborgenen Thesaurierungshorten (Sparhorten) unterschieden werden; in letzteren wurden Denare und Antoniniane bis Severus Alexander und Gordian III. gegenüber aktuellen Emissionen bevorzugt. Zu den Thesaurierungen gehören auch Horte, die im Zusammenhang mit dem Abmarsch von Truppenkörpern in einen Feldzug in Verbindung stehen und von Soldaten in den Kastellen oder Gebäuden der Lagersiedlungen zur Sicherung verborgen wurden. Kleine Münzensembles, die mit einem Brand in einem Gebäude zusammenhängen, sind nicht weniger problematisch, da die lange Zeit in der archäologischen Forschung übliche Methode, Brandspuren in einem räumlich sehr begrenzten Ausschnitt einer Siedlung als kriegerische Brandzerstörung der Siedlung zu werten, bekanntermaßen zu gravierenden Fehlschlüssen geführt hat. Selbst in Kastellen kam es immer wieder zu zufälligen Bränden, von der gezielten „warmen“ Niederlegung bei Neubaumaßnahmen ganz zu schweigen. Dabei wurden vielfach in einem Zirkelschluss zwischen archäologischer und historischer Forschung postulierte Zerstörungshorizonte mit Ereignissen der historischen Überlieferung kombiniert. In der Silvesternacht 192 fiel Commodus der gut vorbereiteten Verschwörung seiner engsten Umgebung zum Opfer, und noch vor Mitternacht hatte Pertinax den Thron bestiegen. Die Verschwörer hatten wichtige Statthalterschaften mit eigenen Vertrauensleuten besetzen können; so erhielt Septimius Severus Oberpannonien, sein Bruder Geta Untermoesien. Auf die Ermordung des Pertinax am 28. März 193 und die schimpfliche Erhebung des Didius Iulianus durch die Prätorianer zum Kaiser antwortete Septimius Severus am 9. April 193 mit der Kaiserproklamation in Carnuntum. Mit seinen Truppen marschierte er auf Rom, Didius Iulianus wurde am 1. Juni 193 vom Senat abgesetzt und anschließend ermordet, Severus als Augustus anerkannt. Bezeichnend ist die Benennung des Marsches auf Rom als „felicissima expeditio urbica“, wobei expeditio bisher stets einen kaiserlichen Feldzug gegen äußere Feinde bezeichnet hatte. Mit Clodius Albinus, dem britannischen Statthalter, hatte sich Severus verständigt; er wurde zum Caesar erhoben. Im Osten hatte sich ebenfalls im April Pescennius Niger zum Kaiser ausrufen

550 Von

den 11 Horten, die anlässlich der Belagerung durch die Goten in Philippopolis verborgen wurden, enthalten nur vier Münzen des Decius, drei enden mit Iulius Philippus, die anderen mit Commodus, Caracalla, Severus Alexander bzw. Gordian III. Vgl. bes. Varbanov, Barbarian Invasions, 297ff. Zum Zustrom von Philippus-Prägungen in ein Lager im Norden Dakiens siehe etwa den Befund von Ilişua: Găzdac u. a., Arcobadara (Ilişua). Zu Münz­ umlauf und Hortbefund weiter ders., Monetary Circulation in Dacia. Die städtischen Prägungen von Nicopolis ad Istrum enden unter Gordian III., von Marcianopolis unter Philippus; entsprechende Schlussmünzen haben somit keinen Datierungswert.

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lassen. Sein Vordringen auf den Balkan blockierte Septimius Geta, während Severus mit einem Feldheer aus den Truppen der Donauprovinzen zu den Meerengen zog.551 Byzanz, das sich für Niger erklärt hatte, musste zwei Jahre lang belagert werden und wurde nach dem Fall der Stadt schwer bestraft. Die pannonischen Truppen hatten wesentlichen Anteil an den Siegen über Niger bei Kyzikos und Nikaia im November/Dezember 193 und am Sieg in der Entscheidungsschlacht bei Issos Ende März 194. Nach der Erhebung des 186 oder 188 geborenen Caracalla am 4. April 196 zum Caesar und dann zum Augustus war der Bürgerkrieg mit Albinus unabwendbar, der in der äußerst blutigen Schlacht bei Lugdunum am 19. Februar 197 besiegt und auf der Flucht getötet wurde. Wiederum waren die Aufgebote der pannonischen Provinzheere der Kern der severischen Armee gewesen. Unter den Städten, die Severus für ihre Loyalität in den Bürgerkriegen auszeichnete, waren auch die Colonia Aurelia Napoca und die Colonia Aurelia Apulensis, die das ius Italicum, d. h. das privilegierte italische Bodenrecht mit vollem Privateigentum, erhielten (Dig. 50,15,1,9). Die Municipia Napoca (Cluj-Napoca) und Apulum (Alba Iulia) waren von Commodus in den Rang von Coloniae erhoben worden. Nach seinem Sieg über die sich von Südthüringen und dem Elbe-Saale-Gebiet aus bis Mittelund Oberfranken als Juthungen (Euthungen) neu formierenden suebisch-elbgermanischen Stammesgruppen im September 213 n. Chr. – die abschließende Siegesnachricht vom Krieg gegen die später von den Römern summarisch als Alamanni nach der Selbstbezeichnung der Kriegerverbände zusammengefassten Gruppen traf in Rom am 6.10.213 ein – reiste Caracalla von Raetien in den Osten, wo er bereits vor Ende Dezember 213 in Nikomedeia (Izmit) eintraf.552 Alle Thesen über einen Feldzug Caracallas an der Donau oder einen längeren Aufenthalt in Dakien sind damit hinfällig. Vielmehr regelte er die Angelegenheiten dieser Grenzzonen während seines Aufenthaltes in Sirmium (IvEph 802). An der mittleren Donau wurde diplomatisch dafür gesorgt, dass die Freundschaft zwischen Markomannen und Vandalen zerbrach; den wegen zweifelhafter Loyalität angeklagten Quadenkönig Gaiobomarus ließ er zusammen mit seinem Gefolge hinrichten (Cass. Dio 79,20,3–4) und ersetzte ihn durch einen Rom genehmen Nachfolger. Eine Stipvisite in der Metropolis Dakiens, der Colonia Sarmizegetusa, regelte den Rest. Man erneuerte die Foedera mit den „dakischen“ Gruppen im Vorfeld der römischen Provinzen und verlangte die Stellung von Geiseln. Die kurzzeitige Erhebung dieser Gruppen nach der Ermordung Caracallas wurde durch die Rückgabe der Geiseln bereinigt (Cass. Dio 79,27,5). Im Jahre 214 n. Chr. ließ Caracalla durch C. Octavius Appius Suetrius Sabinus, den ordentlichen Consul dieses Jahres, in einer Sondermission die Grenze zwischen Pannonia superior und inferior neu ziehen (CIL 10, 5178 und 5398; Cass. Dio 79,13,2–3). Anschließend war Sabinus

551 Von

dieser Phase zeugt u. a. auch ein inschriftlich erhaltener Brief des Septimius Severus an die Bürger von Nicopolis ad Istrum (IGBulg 2, 659): Die Stadt war offenbar zeitweilig auf Seiten des Pescennius Niger gestanden und bemühte sich daher nach dem Ende des Bürgerkrieges ganz besonders um die Gunst des Siegers, worauf dieser allerdings sehr reserviert reagierte.

552 Die

Chronologie wurde durch neue Teile der Acta Fratrum Arvalium für das Jahr 213 richtiggestellt; EDR 020717 = CFA 99b, Z. 11–16; Opfer am 1.1.214 auf die Nachricht von der Ankunft in Nikomedeia hin.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

der erste consulare Statthalter von Unterpannonien, zu dem Brigetio mit dem Lager der I Adiutrix geschlagen wurde. Eine Militärexpedition ist unter Caracalla in das Hinterland von Tyras belegt, wobei die Gegner als Geten bezeichnet werden (ILS 7178 = ILBulg 18 = HD 028396; AE 1972, 548 = ILBulg 19). In den Gruppen, die Tyras bedrohten, ist das Erscheinen jener „gotischen“ Gruppen zu sehen, welche seit dem mittleren 2. Jahrhundert aus Pommern, Großpolen und von der mittleren Weichsel in einer zeitlich gestreckten Migration in den moldawisch-ukrainischen Raum zogen und dort zur Formation der polyethnischen Černjachov-Kultur im nordwestlichen Schwarzmeerraum führten.553 Wolhynien und das westliche Podolien waren in der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts bereits aufgesiedelt, die nördliche und östliche Moldau erreicht, und erste kleinere Gruppen finden sich bereits am Ostufer des Dnjepr. Der Kontakt mit den sarmatischen Reitervölkern führt zu einem deutlichen Wandlungsprozess. Im Bereich des Oberlaufs des westlichen Bug und in der Region Lublin (Hrubieszów-Becken) hatte sich die Masłomęcz-Gruppe gebildet, die durch enge Kontakte zum Reich und eine erhebliche Monetarisierung auffällt und wohl Kriegergruppen als Söldner für das römische Heer stellte. „Gotische“ Söldnerverbände bzw. gegen Bezahlung in römische Dienste unter eigenen Stammesadeligen getretene Aufgebote kämpften in den Orientkriegen des Septimius Severus, Caracallas und Gordians  III. Ein Heerführer wie Kniva (s. u. Kap. 3.2) hat mit großer Wahrscheinlichkeit seine strategische und taktische Schulung als Föderatenoffizier im römischen Heer erlangt. Ein gutes Beispiel für das in severischer Zeit zu beobachtende Söldnerwesen im römischen Heer ist der Juthunge L. Septimius Fidelis, der von Septimius Severus beim Eintritt in eine Legion das Bürgerrecht bekam, sich als Veteran in Köln niederließ und ein Handelsgeschäft mit teuren Farbstoffen für die Textilherstellung sehr wahrscheinlich zur Belieferung seiner früherer elbgermanischen Stammesgenossen betrieb (IKöln2 157).

2.4 .1 2 Die Feldzüge des Iulius Maximinus in Germanien und an der mittleren Donau Für den Perserkrieg ließ Kaiser Severus Alexander (222 – 235 n. Chr.) im Jahr 231 n. Chr. starke Expeditionskorps aus den Rhein- und Donauprovinzen in den Osten verlegen. Dies führte 233 zu Einbrüchen suebisch-elbgermanischer Kriegerverbände, in den späteren Quellen als Alamanni bezeichnet, aus dem nordbairischen Raum heraus in Obergermanien und Raetien, was wiederum Severus Alexander auf Druck der aus den bedrohten Regionen an Rhein und Donau kommenden Soldaten zum Abbruch des Perserkrieges und zur Rückführung der Truppen in den Westen zwang; der Kaiser zog zuerst nach Rom, wo er seinen Persertriumph feierte, und dann mit seiner Mutter Iulia Mamaea 234 nach Mainz, um den Germanenkrieg mit dem dort versammelten Feldheer zu eröffnen.

553 Vgl.

Mączyńska, Wielbark-Kultur; Bierbrauer, Goten; Pohl, Goten; Ioniţă, Sântana-de-Mureş-ČernjachovKultur.

316

HGSOE, Bd. 1

Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Um die Truppen des Feldheeres auf volle Stärke zu bringen, war schon zu Beginn des Perserkrieges ein eigenes Rekrutenkorps zur Ausbildung der in Italien wie in den Provinzen ausgehobenen Rekruten aufgestellt worden (Herodian. 6,3,1). Auf dem Marsch in den Osten stießen die Vexillationskorps der Donaulegionen und zahlreiche Auxilien zum Feldheer. Diese Truppen erlitten im Osten starke Verluste (Herodian. 6,6,2). Zur Auffüllung der Truppen des Feldheeres für den Germanenkrieg wurde erneut ein Rekrutenkorps mit den Aushebungen vor allem in Pannonien gebildet, dessen Führung dem bewährten, aus einer alten, im obermoesisch-thrakischen Grenzgebiet angesiedelten Veteranenfamilie stammenden Truppenführer ritterlichen Ranges und Comes Augusti C. Iulius Verus Maximinus übertragen wurde.554 Er setzte sich im Feldlager bei Mainz an die Spitze des Unmuts der Soldaten über das zögerliche Verhalten des Kaisers gegenüber den Germanen. Maxi­ minus wurde von den Soldaten in der 2. Februarhälfte 235 zum Augustus ausgerufen, Severus Alexander und seine Mutter wurden ermordet. In dem nun von Maximinus offensiv geführten Germanenkrieg von 235 – 236 drangen römische Heereskolonnen tief nach Germanien vor,555 einmal von der Wetterau aus ins Erfurter Becken und im Saalegebiet bis zur mittleren Elbe, zum anderen über Lahn und Fulda in den Leine-Aller-Raum und zur mittleren Elbe. Letztere wurde beim Rückmarsch mit ihrem Tross von germanischen Verbänden am Harzhorn angegriffen, wobei die Germanen unter dem massiven Beschuss der römischen Feldartillerie eine Niederlage erlitten. Die Hauptkolonne führte der Kaiser, wo er das versammelte gegnerische Aufgebot in den teilweise überfluteten Feuchtniederungen zwischen Elbe, Saale und Mulde in einer auch für die Römer verlustreichen Schlacht entscheidend besiegte. Hauptziel des Feldzuges war offensichtlich das Kerngebiet des neu formierten elbgermanischen, semnonisch-juthungischen (euthungischen) Großverbandes im Raum um die mittlere Elbe sowie im Saale-Elster-Mulde-Gebiet, dessen Führungselite in den Reichtumsgräbern der Haßleben-Leuna-Gommern-Gruppe seit der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. fassbar ist.556 Die 554 Herodian. 6,8,1–8; unklare Geographie in Herodian. 6,7,2–4; es ist zu beachten, dass Herodian offensichtlich auch

die Donau in Raetien und Noricum zu „Pannonien“ bzw. Illyrien rechnet (6,7,6). Behauptungen in der Überlieferung, Maximinus sei aus der untersten, ungebildeten Schicht über das Militär aufgestiegen, müssen unter dem Gesichtspunkt des maßlosen Hasses der senatorischen Elite ihm gegenüber gesehen werden. Herodian. 6,8,1 kann sehr wohl im Sinne einer ritterlichen Offizierskarriere bis hin zum Kommando über eine Legion und der ritterlichen Statthalterschaft in Mesopotamien aufgefaßt werden. Zu dieser Schicht der alten, auf dem Balkan angesiedelten Veteranenfamilien gehörte auch der aus Budalia bei Sirmium stammende, in die senatorische Führungselite aufgestiegene C. Messius Quintus Decius Valerianus, der spätere Kaiser Decius; vgl. Loriot, Un sénateur illyrien élevé à la pourpre; Birley, Decius Reconsidered.

555 Herodian.

7,2,1–9. Der Fund des Schlachtfeldes am Harzhorn, an einem Engpass der traditionellen Hauptverkehrsachse von der Wetterau über die Hessische Senke und das Leinetal nach Norddeutschland, widerlegt die teilweise äußerst negative Bewertung des Germanenkrieges. Vgl. Pöppelmann/Deppmeyer/Steinmetz (Hgg.), Roms vergessener Feldzug; Berger u. a., Die römisch-germanische Auseinandersetzung am Harzhorn; Moosbauer, Die vergessene Römerschlacht.

556 Nach

Mitte des 2. Jh.s expandierten diese suebisch-elbgermanischen Gruppen massiv nach Nordbayern und nach Nord- und Nordwestböhmen sowie in das Prager Becken, was in Böhmen im 3. Jh. zur Abdrängung der Markomannen führte. Vgl. Strobel, Pseudophänomene der römischen Militär- und Provinzgeschichte; Droberjar, Neue Erkenntnisse zu den Fürstengräbern; Becker, Das Fürstengrab von Gommern. Die ältere Annahme, dass in Thüringen die Hermunduren (Ermunduren) ansässig gewesen wären und sie mit den später belegten Thüringern gleichzusetzen seien, ist obsolet; vgl. Springer, Thüringer; Castritius u. a. (Hgg.), Die Frühzeit der Thüringer.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

reichen römischen Importe und die teilweise Übernahme römischer Sitten weisen nicht nur auf Kriegsbeute, sondern auch auf Adelskrieger hin, die im römischen Heer gedient haben. Besonders enge Verbindungen bestanden offenkundig später zum sogenannten Gallischen Sonderreich unter Postumus bis Tetricus. Die nachfolgenden Kämpfe von 236 können sich im oberen Maingebiet und südlichen Thüringen abgespielt haben. Für den Winter 236/237 begab sich Maximinus mit seinen Truppen nach Sirmium (Herodian. 7,2,9). Die Erfolge in Germanien brachten ihm die imperatorischen Akklamationen II – IV und den Siegerbeinamen Germanicus Maximus. Zahlreiche Germanen wurden als Söldner in das Heer aufgenommen (Herodian. 7,8,10). Das Jahr 237 war bis in den Winter 237/238 hinein mit Kampagnen des Maximinus gegen die Jazygen, aber auch germanisch-vandalische Gruppen557 im oberen Theiß-Gebiet, der Ostslowakei und Nordostungarn und gegen die Stammesverbände der sogenannten „Freien Daker“ im Vorfeld der West- und Nordwestgrenze der Provinzen erfüllt. Hier wirkte zweifellos der Druck von Bevölkerungsverschiebungen im Przeworsk-Komplex unter „gotischem“ Druck. Nicht belegt sind Kämpfe gegen Verbände im Vorfeld der Ostkarpaten und Muntenien, wo sich in der Nachfolge des aufgelösten Kostobokenverbandes die im 3. Jh. erscheinenden Karpen558 als neuer Machtfaktor etabliert hatten, jedoch offensichtlich in einem Föderatenverhältnis zu Rom standen, das ihnen jährliche Subsidienzahlungen gewährte. Maximinus feierte bis Ende 237 die imperatorischen Akklamationen V-VII und nahm die weiteren Siegerbeinamen Sarmaticus Maximus und Dacicus Maximus an. Als der Senat ihn Ende Januar 238 zum Staatsfeind erklärt hatte, sammelte Maximinus sein Feldheer in Sirmium und begann den Marsch nach Italien, der in der Belagerung von Aquileia im April 238 scheiterte und zur Ermordung des Kaisers führte.

2.4 .1 3 Die Karpenkriege unter Gordian III. und Iulius Philippus (238 – 249 n. Chr.) Die Situation in den Donauprovinzen war durch Maximinus’ energische Kriegsführung zunächst stabilisiert. Allerdings bahnte sich ein militärischer Konflikt mit den Karpen an, als der neue untermoesische Statthalter Tullius Menophilus, einer der Verteidiger von Aquileia gegen Maximinus, 238/239 den Karpen die gleichen Subsidien verwehrte, die damals an die Goten für ihr Föderatenverhältnis bezahlt wurden.559 Die Karpen, die Histria angriffen, wurden siegreich ab557 Nur

vage angedeutet in Herodian. 7 2,9. Von den zahlreichen, mit Maximinus’ Donaukrieg in Verbindung gebrachten Inschriften können nur zwei mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf bezogen werden, ILS 2309 (Angehöriger der II Italica) und AE 1909, 144 (Librarius des Legaten der I Adiutrix), vermutlich auch ILS 8502.

558 Ursprünglich

im Gebiet östlich des Oberlaufs des Dnjestr nördlich der Bastarner (Karpianoi; Ptol. geogr. 3,5,24), dann Sereth-Oberlauf und Moldau bis mittleres Moldawien. Siehe oben Kap. 2.4.6; Bichir, Archaeology and History of the Carpi; ders., Geto-Dacii din Muntenia în epoca romană; gegen dessen Konstrukt einer karpischen Kultur des 2. – 3. Jh. Popa, Untersuchungen zu den römisch-barbarischen Kontakten, 32–35.

559 PIR2

T 387; Petr. Patr.. frg. 8, eine wenig glaubwürdige Täuschungsgeschichte, welche die militärische Auseinandersetzung unterschlägt; auch Dexipp. T 6 [Martin] = T 6 [Mecella]. In der Forschung vielfach missverstanden HA Max. et Balb. 16,3, wo zwei getrennte Aussagen enthalten sind, einmal dass unter den Senatskaisern Pupienus und Balbinus, d. h. vor Mai 238 (unwahrscheinlich, da Menophilus zu den Verteidigern von Aquileia gehörte!), die

318

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Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

gewehrt560 und wagten während der dreijährigen Statthalterschaft des Menophilus keinen erneuten Angriff auf römisches Territorium. Offensichtlich hat der Athener Historiker Dexippos (ca. 210 – 275 n. Chr.) seine Skythiká, die Darstellung der Auseinandersetzung mit den Völkerschaften des Schwarzmeerraumes, mit der Erwähnung des Karpenkrieges von 238/239 n. Chr. als Vorspiel begonnen, der mit einem Angriff aus Istros verbunden war, jedoch zu keiner Zerstörung der Stadt führte, wie die unter Gordian III. fortgesetzte städtische Münzprägung und Bautätigkeit zeigt.561 Das Verhältnis zu den Goten, verbunden mit der Anwerbung von Söldnern bzw. Föderatenverbänden war zu diesem Zeitpunkt ungestört (Iord. Get. 16,89), wie gerade die Tatsache belegt, dass gotische Verbände einen nicht unwesentlichen Teil des Feldheeres Gordians  III. im Perserkrieg stellten (RGDS Z. 4). Der Perserkrieg begann mit dem erfolgreichen Einbruch des sasanidischen Heeres noch unter Ardašir I. 241 in die Provinz Mesopotamia.562 242 wurden starke Armeekorps und Elitetruppen aus dem Westen des Reiches in den Osten geführt,563 wo sich das kaiserliche Feldheer unter Gordian III. und seinem allmächtigen Gardepräfekten und Schwiegervater Timesitheus im Frühjahr 243 bei Antiochia versammelte und zum Feldzug aufbrach. Das Heer Šapurs I., 241/242, Nachfolger seines Vaters, wurde in der Schlacht bei Rhesaina nahe den Khabur-Quellen schwer geschlagen und Rhesaina, Karrhae, Nisibis, Singara sowie die verlorenen Kastelle zurückgewonnen. Der im Herbst/Winter 243/244 vorgetragene Angriff auf Ktesiphon führte im Februar 244 zur römischen Niederlage in der Schlacht von Misiche. Gordian III. erlag bald darauf seiner Verwundung. Kämpfe zwischen dem moesischen Heer und den Karpen stattgefunden hätten. Sodann, dass damals der Skythenkrieg begonnen habe, ferner dass es zur Zerstörung von Histria bzw. – bei Dexippos – von Istros gekommen sei (Dexipp. S 7 [Martin]: „zweifelhaft“; dazu Martin, ebd., 161). HA Max. et. Balb. 16,4–5 gehört wie zahlreiche weitere Nennungen des Dexippos durch den Autor der Historia Augusta in den Vitae der Maximini duo, Maximus et Pupienus und Gordiani tres zu den Pseudoreferenzen und fiktiven Quellenzitaten, mit denen diese Schrift zum Vortäuschen einer historiographischen Arbeitsweise angereichert ist. 560 In

HA Gord. 26,4 wird der Sieg über die Invasoren in Untermoesien und Thrakien direkt mit dem Zug Gordians  II. in den Perserkrieg nach Antiochia im Jahre 242 (hierzu gleich) verbunden; vgl. Brandt/Peter, Gordian III. und Thrakien. Menophilus’ Erfolge an der Donau fehlen in der Historia Augusta. Mehrere genauer datierte Münzhorte in Moesia inferior stehen wahrscheinlich mit diesen Ereignissen in Zusammenhang.

561 Ebenso

war sicherlich in den Notizen seiner Chronik, die bis Claudius II. reichte, für das entsprechende attische Archontenjahr der Karpenkrieg und der Angriff auf Istros erwähnt. Ein Beginn der Gotenkriege 238 kann aus der Passage der HA Max. et Balb. 16, 3 „sub his pugnatum est a Carpis contra Moesos. fuit et Scythici belli principium, fuit et Histriae excidium eo tempore“ selbstverständlich nicht abgeleitet werden (so fälschlich noch Wolfram, Die Goten und ihre Geschichte, 32; ders., Die Goten 54). Zu Istros/Histria Alexandrescu/Schuller (Hgg.), Histria; Avram/Bîrzescu, Fouilles récentes dans la zone sacrée d’Istros; Histria, histoire et archéologie en Mer Noire. Der Zerstörungshorizont des 3. Jh.s ist nach 258 n. Chr. zu datieren. Im Jahre 258 zog eine gotisch-nordpontische Streitmacht parallel zu Land und auf Schiffen die westliche Schwarzmeerküste entlang zum Bosporus und nach Bithynien (Zos. 1, 34, 1–3). Dabei sahen sie von Angriffen auf die offensichtlich noch gut geschützten und verteidigten Städte Histria, Tomis und Anchialos ab.

562 Fehlerhaft

zum Perserkrieg Herrmann, Gordian III. Kaiser in einer Umbruchszeit, 132ff. Die Offensive folgte erst der Eroberung des strategisch zentralen, antisasanidischen Hatra 12.4./30.9.240 nach zweijähriger Belagerung. Unrichtig eine Datierung des Falles von Nisibis und Carrhae noch unter Maximinus wie bei Kettenhofen, Die Eroberung von Nisibis und Karrhai.

563 Expeditionskorps

en.

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der Legionen aus Britannien, vom Rhein, Unterpannonien, Ober- und Untermoesien und Daki-

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

Das Heer rief M. Iulius Philippus, der nach dem Tod des Timesitheus Gardepräfekt geworden war, zum Kaiser aus. Philippus (in der Überlieferung aufgrund seiner Herkunft aus Schahba/später Philippopolis in der Provinz Arabia als Philippus Arabs bezeichnet) nahm sofort Friedensverhandlungen mit Šapur auf. Dieser erhielt für die Freilassung der römischen Gefangenen die enorme Summe von 500.000 Aurei, außerdem wurden die Räumung der Provinz Mesopotamia und ein Verzicht auf die römische Einflussnahme in Armenien vereinbart. Das Feldheer konnte ungehindert nach Nordmesopotamien zurückmarschieren. Zugleich wurden neue Verstärkungen an den Euphrat beordert, wo Philippus nur die den Euphrat entlang am weitesten vorgeschobenen Positionen räumte, sonst aber das römische Nordmesopotamien gegen Šapur behauptete, der versuchte, sich dennoch in den Besitz römischer Gebiete zu setzen. In einer erneuten Friedensvereinbarung musste der sasanidische Großkönig dies anerkennen. Die zur Verstärkung der angeschlagenen römischen Armee am raschesten heranzuführenden Verbände standen in Ober- und Untermoesien, was wohl zu einer weitgehenden Entblößung der unteren Donaulinie führte. Damit sahen die Karpen wohl im Sommer/Herbst 244 die Gelegenheit zu einem erfolgreichen Vorstoß gekommen, der sich in Dacia inferior und dem mittleren Untermoesien in einer ganzen Reihe von Münzhorten dokumentiert.564 Zur Bekämpfung der massiven Einbrüche marschierte Philippus 245 mit seinem Feldheer, darunter die gotischen und germanischen Föderatenverbände, über Thrakien an die Donaufront, wo er sehr wahrscheinlich in Sirmium sein Hauptquartier einrichtete und sich am 12.11.245 für den Winter im pannonischen Kurort Aquae aufhielt (FIRA 2, 657). Nachdem die Karpen 245 über die Donau zurückgetrieben waren, führte der Kaiser die römische Gegenoffensive 246 tief in die Gebiete der Karpen hinein;565 Philippus siegte in einer Feldschlacht, worauf sich die Karpen in eine offensichtlich große Befestigung in geschützter, uns unbekannter Lage zurückzogen, die Philippus belagerte.566 Ein karpisches Entsatzheer wurde von Philippus’ maurischen Kavallerie zerschlagen, ein Ausfall der Belagerten zurückgeschlagen, worauf sich die Karpen unterwarfen und um Frieden baten. Eine Vielzahl von Weihungen für das Kaiserhaus dokumentiert den Dank der Provinzbewohner. Die Befestigungen entlang des Olt wurden wiederhergestellt, die Colonia Romula durch den Bau einer Stadtmauer geschützt (ILS 510; 248 n. Chr.). Der unter den Severern nochmals ausgebaute Limes Transalutanus wurde aber erst beim Abzug der Truppen durch Decius 249 endgültig aufgegeben. Zur Besoldung der Truppen des Feldheeres und der dakischen Provinzen mussten diese die Provincia Dacia-Prägungen als Beitrag emittieren lassen. Im Spätsommer 247 n. Chr. war Iulius Philippus nach Rom zurückgekehrt und feierte seinen Triumph über die Karpen. Er erhielt den Siegerbeinamen Carpicus Maximus vom Senat zugesprochen; die Victoria Carpica-Emission feierte den Sieg. In der Folge wurde die glanzvolle 1.000-JahrFeier Roms vorbereitet, die vom 21. – 23. April 249 in Rom stattfand. Philippus hatte bei seiner 564 Überbewertet

wurde CIL 3, 1054, der Votivaltar des C. Valerius Sarapio, der aus der Gefangenschaft der Karpen befreit wurde; die Aufstellung des Altars in Apulum ist selbstverständlich kein Indiz, dass die Karpen weit nach Mittelsiebenbürgen vorgedrungen wären. Der Ort seiner Gefangennahme ist völlig offen.

565 Gute

Darstellung bei Zos. 1,20,1–2.

566 In diesen Kämpfen „ad castellum Carpiorum“ fiel ein Centurio der Prätorianergarde (RIU 5, 1155 = IDRE 2, 286).

320

HGSOE, Bd. 1

Krisen und Expansionspolitik im Wechselspiel: Vom Vierkaiserjahr bis Iulius Philippus

Abreise aus dem Donauraum drei verhängnisvolle Entscheidungen getroffen, wie aus den folgenden Ereignissen zu schließen ist. Er hatte seinen Schwager Marcius Otacilius Severianus mit einem übergeordneten Kommando über die Balkanprovinzen eingesetzt, in Parallele zu seinem Bruder Iulius Priscus als Rector Orientis. Dies führte zu Spannungen mit den örtlichen Kommandeuren. Zum anderen hatte er, nachdem 247 unter Bruch der Vereinbarungen mit Šapur I. auch der römische Einfluss in Armenien wiederhergestellt war (AE 1983, 530b; RGDS Z. 4), das kaiserliche Feldheer aufgelöst und dabei auch die gotischen Kontingente des Heeres entlassen, unter deren Offizieren sich Kniva befunden haben dürfte. Drittens hat er sehr wahrscheinlich aufgrund der finanziellen Enge nach den hohen Zahlungen an Šapur den Soldaten das Donativ für den siegreichen Karpen-Feldzug und zur Tausendjahrfeier Roms nur in enttäuschender Höhe ausbezahlt. Dies führte in der 2. Hälfte des Jahres 248 zur Usurpation des Ti. Claudius Marinus Pacatianus, des Legaten einer der moesischen Legionen, der aus einer in den consularen Rang aufgestiegenen Familie in Bostra stammte567 und sich von seinem Landsmann Philippus wohl nach entsprechender Bewährung im Karpenkrieg die Belohnung durch eine Statthalterschaft erwartet hatte. Er setzte sich in den Besitz der Münzstätte Viminacium, wo für ihn eine umfangreiche Prägetätigkeit entfaltet wurde. Hier zog er offensichtlich ein Feldheer aus Legionsvexillationen zusammen. Zudem schloss sich der Erhebung auch das unterpannonische Heer, zumindest die II Adiutrix, an. Allerdings brach die Usurpation nach relativ kurzer Zeit Anfang 249 zusammen, und Pacatianus wurde von den Soldaten erschlagen, wobei sich offensichtlich das untermoesische Heer gegen ihn wandte. Zur Bereinigung der Situation im Donauraum und Disziplinierung der Truppen entsandte Philippus im Frühling 249 den älteren angesehenen Senator Decius, der über den Suffektconsulat und mehrere wichtige Statthalterschaften bis zum Stadtpräfekten aufgestiegen war, mit einem außerordentlichen, provinzübergreifenden Sonderkommando nach Pannonien und Moesien.568 Dort wurde er von den aufrührerischen Truppen in Pannonia inferior und Moesia superior zum Kaiser ausgerufen, denen dabei sicher Straffreiheit zugesichert wurde. Die dakischen Heere schlossen sich offenkundig an. Da sich die Vexillationen des untermoesischen Heeres weigerten, die wieder angebrachten Bildnisse der beiden Philippi von den Feldzeichen zu entfernen, wurde von Decius der Legat der in Viminacium stehenden Legio VII Claudia beauftragt, gegen diese Vexillationen mit bewaffneter Macht vorzugehen, wobei der Widerstand gegen die Anerkennung des Decius

567 Vgl.

Körner, Philippus Arabs, 283f.

568 Zu

den Vorgängen liegen zwei Quellentraditionen vor, einmal bei Zosimos (1,21–22) und Zonaras (12,19,584), welche Decius von dem Willen zur Usurpation zu entlasten sucht und wo von den Goten nicht die Rede ist, zum anderen bei Jordanes (Get. 16,89–91), wo weder die Usurpation noch überhaupt der Kaiserwechsel erscheinen. Dafür wird ein wenig sinnvolles Konstrukt geboten: Decius sei zur Bekämpfung der einfallenden Goten unter Ostrogotha an die Donau geschickt worden, er habe diesen nicht besiegen können und daraufhin die römischen Truppen mit dem Vorwurf entlassen, sie seien durch ihre Nachlässigkeit für den Einfall verantwortlich. Dann sei Decius zu Philippus zurückgekehrt. Die entlassenen Soldaten fliehen zu Ostrogotha und bitten ihn um Hilfe. Dieser fällt daraufhin im Verbund mit anderen Stämmen erneut ins Reich ein. Damit wird Ostrogotha ein Erfolg über Decius zugeschrieben, um seine tatsächliche Niederlage gegen Decius zu kaschieren, die aus den neuen DexipposFragmenten bekannt ist (s. u. Kap. 3.2). Ohne Wert ist die Schilderung bei Ioann. Antioch. frg. 226 [Roberto], nach der Decius’ Usurpation in Rom stattgefunden hätte.

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Teil I: 2. Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft

gebrochen wurde.569 Ganze Gruppen von Soldaten des untermoesischen Heeres flüchteten daraufhin über die Grenze zu den Goten. Die Usurpation des Pacatianus und die darauf folgende Usurpation des Decius hatten zu einem Abbruch der Subsidienzahlungen an die gotischen Föderaten geführt. Decius, der nun den Namen Traians in seinen Individualnamen als Herrscher aufnahm – er nannte sich jetzt offiziell C. Messius Quintus Traianus Decius – und damit das Erbe des optimus princeps, der einst glanzvoll über die Daker gesiegt und damit die Etablierung der Herrschaft Roms an der Donau vollendet hatte, zum Programm erhob (s. u. Kap. 3.2), hat im Sommer 249 die Legionen der beiden moesischen Provinzen und sicher auch die II Adiutrix für seinen Marsch auf Rom zusammen mit Vexillationen der XIII Gemina und V Macedonica aus Dakien abgezogen. Die weitgehend schutzlosen Provinzen an der unteren Donau sollten sich nun einer zum Angriff entschlossenen Allianz von Goten und Karpen gegenübersehen.

569 TitAq

1, 213 = HD027768; Clodius Celsinus wurde von Decius als Dank zum Statthalter von Karien-Phrygien ernannt; Hild, Meilensteine, Straßen und das Verkehrsnetz der Provinz Karia, Nr. 2 und Nr. 15, 2–4.

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HGSOE, Bd. 1

Bruno Bleckmann

→ KARTE VI

3. S  ÜDOSTEUROPA AM ÜBERGANG VOM PRINCIPAT ZUR SPÄTANTIKE: INVASIONEN UND BÜRGERKRIEGE, KRISE UND REORGANISATION

3.1

EINLEITUNG

Die römische Geschichte des 3. und 4. Jahrhunderts ist eine Zeit von Bürgerkriegen und Kämpfen gegen äußere Feinde. Dabei kehrt nach einer Phase politischer Zerrissenheit und extremer innen- wie außenpolitischer Herausforderungen (251 – 285) mit Diokletian und der Tetrarchie (284/285 – 305) wieder relative Ruhe ein, bevor durch die Invasion der Goten von 376/378, die ihren Ausgangspunkt in der Schwarzmeerregion hat, erneut ein Zustand größerer Instabilität geschaffen wird. Diese Instabilität wird nach dem Tod Theodosius’ des Großen (395) dann katastrophale und für den Zusammenhang des Reichsganzen irreparable Folgen haben. Für den gesamten in diesem Kapitel zu behandelnden Zeitraum von der Regierungszeit des Kaisers Decius (249 – 251) bis zur Schlacht von Adrianopel (Edirne) 378 steht die Region Südosteuropa, bzw. – im Sprachgebrauch der seit der tetrarchisch-konstantinischen Zeit gültigen administrativen Geographie – die Präfektur/Teilpräfektur Illyricum1 und die Diözese Thrakien, eindeutig im Mittelpunkt der Reichsgeschichte. Zum einen liegt dies an den Verteidigungsanstrengungen des Reichs, die sich wegen der zahlreichen Barbareneinfälle am Grenzabschnitt der mittleren und unteren Donau konzentrierten, wo ein großer Teil der römischen Armee stationiert war. Zum anderen wurde die Region häufig durchquert, insbesondere wenn sich die römischen Armeen auf dem Landweg vom lateinischen Westen in den griechischen Osten oder umgekehrt bewegten, um zu anderen (Kriegs-) Schauplätzen zu gelangen. Meist geschah dies auf der bedeutendsten Landstraße Südosteuropas, der neuzeitlich als Diagonalstraße bzw. Via militaris bekannten Trasse 2 Diese führte von Belgrad (Singidunum) über Niš (Naissus), Sofia (Serdica), Plovdiv (Philippopolis) und Edirne (Adrianopel) nach Byzantion/Konstantinopel; der Anschluss nach Italien erfolgte über die Verkehrswege entlang von Save und Drau. Viele dieser Heeresbewegungen erfolgten im Rahmen von Bürgerkriegen zwischen östlichen und westlichen Prätendenten. Es ist insofern naheliegend, dass sich die Schauplätze des militärischen

1

Im administrativen Sprachgebrauch des 2. Jh.s stand Illyricum noch für den Zollbezirk (portorium publicum Illyrici et ripae Thraciae), vgl. Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 200. Im 3. Jh. begegnen dann auch der Begriff exercitus Illyricianus für die Donauarmee und die Personifikation des Illyricum (Genius Illyrici), so beispielsweise in der Münzprägung des Kaisers Decius (siehe das Folgende).

2

Zur dieser Straße s. u. Kap. 5.1.4 und in Teil II, Kap. 6.1.1 (mit weiterführender Literatur). Ein antiker Name ist für sie nicht bekannt.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-12

325

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

Schlagabtausches besonders häufig in Südosteuropa und hier vor allem entlang oder in der Nähe dieser Hauptkommunikationslinie befanden, wenn Armeen aus den entgegengesetzten Richtungen aufeinander zu marschierten. Dies verdeutlicht eine ganze Serie von Bürgerkriegsschlachten. So kämpften östliche und westliche Armeen 261 in Serdica, 285 an der Moravamündung, 313 auf dem thrakischen Campus Ergenus, 316 in Cibalae (Vinkovci) und auf dem Campus Ardiensis, 324 in Adrianopel und 351 in Mursa (Osijek) gegeneinander. Zur Bedeutung der fraglichen Region für die Reichsgeschichte trug ferner bei, dass im 3. und 4. Jahrhundert im nördlichen Balkan besonders intensiv rekrutiert wurde. Das lag vielleicht daran, dass – wie einige Quellenäußerungen suggerieren – die Hirten und Bauern dieser Gegend als besonders kampfkräftig angesehen wurden. Wichtiger war aber wohl ein anderes Motiv. Es war nämlich opportun, bei der Verteidigung der langen Donaugrenze auf Truppenbestände zurückzugreifen, die vor Ort im Hinterland rekrutiert werden konnten. Ein weiterer Grund für die damalige reichsgeschichtliche Bedeutung des Illyricums ist, dass gerade die Armee an der mittleren und unteren Donau in den wiederholten innenpolitischen Krisen als stets geschlossener und besonders starker Interessenverband auftrat und damit den Vorzug vor anderen Heeresgruppen im römischen Reich hatte. In den Bürgerkriegen von 193 und 238 konnten Septimius Severus und Iulius Verus Maximinus (in der späteren Überlieferung Maximinus Thrax genannt) auf den Rückhalt der illyrischen Truppen zählen.3 Und Decius beschwor in seinen Münzprägungen den „Genius exercitus Illyriciani“, nachdem ihm die Donauarmee im Kampf gegen Iulius Philippus (in späteren Zeitaltern als Philippus Arabs bezeichnet) gefolgt war. Unter den neuen Bedingungen des spätantiken Bewegungsheers verschoben sich zwar ab dem 4. Jahrhundert die Voraussetzungen für die Artikulation eines illyrischen Sonderinteresses, gleichwohl war dieses bei der Erhebung Vetranios (350; s. u. Kap. 3.5) oder der gegen den Willen des Valens und Gratian vorgenommenen Erhebung des Valentinian II. (375; s. u. Kap. 3.6) durchaus noch wirksam. Das besondere Identitätsbewusstsein erklärt sich freilich ausschließlich aus aktuellen Handlungszusammenhängen und hat kaum irgendeine ethnische Komponente gehabt. Die Vorstellung, Illyrer oder Pannonier hätten sich an der Peripherie des Reiches gewissermaßen einen unverbildeten Patriotismus bewahrt und dadurch zur Rettung des Reiches beigetragen,4 kann aus den Quellen, die in allgemeiner Form auf die militärische Tüchtigkeit von Illyrern und Thrakern verweisen,5 nicht belegt werden. Die römische 3

Angaben zu pannonischen Elitetruppen als Unterstützern des Maximinus finden sich bei Herodian. 7,8,11 (als Vortrupp der übrigen Donauarmee) und 8,6,1.

4

Vgl. etwa Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas, 52: „Die Illyrier und Pannonier wollten echte Römer sein“. Ebd., 53: „Merkwürdige Verbindung von illyrischem Provinzpatriotismus und römischem Reichsbewusstsein“. Prominent vertreten hat diese Ansicht Alföldi, Studien zur Geschichte der Weltkrise, 229–237. Kritisch bereits Mócsy, Pannonien und die Soldatenkaiser, hier 570. Man könnte hier auch das in der nationalsozialistischen Ideologie wurzelnde Konzept von Altheim, Soldatenkaiser 226ff., bes. 265–268, nennen, der die Illyrer als vermeintliche Träger echten Römertums im Religions- und Kulturkampf gegen die angeblich syrisch-orientalisch geprägte Herrschaft der Severerdynastie sieht. Gegen eine zu weitgehende Relativierung der Beobachtungen Alföldis spricht aber Géza Alföldy, Roman Pannonia from Andrew Alföldi to the Twenty-First Century, 303–305.

5

Vgl. Paneg. Lat. X/II,2,2 (289): „Quis enim dubitat quin multis iam saeculis, ex quo vires illius ad Romanum nomen accesserint, Italia quidem sit gentium domina gloriae vetustate, sed Pannonia virtute?“ (Übers. MüllerRettig: „Denn wer zweifelt daran, dass schon seit vielen Jahrhunderten, seit sich seine Macht dem Namen Roms

326

HGSOE, Bd. 1

Einleitung

Armee hat auch kaum durch den besonderen rustikalen Einschlag der Illyrer, wie er aus italischer Perspektive bisweilen in den spätantiken Quellen überbetont wird,6 eine wie auch immer geartete ursprüngliche, zwischenzeitlich verloren gegangene Kampfkraft zurückgewonnen. Vielmehr hat umgekehrt die stark ausgebaute militärische Infrastruktur an der Donau und an den zur Donau führenden Flusstälern, wie etwa Save, Morava und Timok, der Region überhaupt erst eine römische Identität verliehen. Das erklärt hinreichend die Orientierung illyrischer Soldaten am römischen Wertekanon, eine Orientierung, die freilich gelegentliche Erscheinungen von Söldnermentalität und Profitgier insbesondere bei den rasch wechselnden Usurpationen des 3. Jahrhunderts nicht ausschloss. Eine Facette dieser Problematik echten oder vermeintlichen illyrischen Sonderbewusstseins ist die Frage nach der Wahrnehmung der römischen Kaiser des 3. und 4. Jahrhunderts als genuin „illyrische“ Herrscher.7 Ein Großteil der römischen Kaiser dieser Zeit stammte aus dem Illyricum.8 Das

angeschlossen hat, Italien zwar durch das hohe Alter seines Ruhmes Herrin der Völker ist, Pannonien jedoch durch seine Tapferkeit?“) mit Nixon/Rodgers, In Praise of Later Roman Emperors, 55, Anm. 10. Siehe ferner Veget. epit. 1,28: „Dacos autem et Moesos et Thracas in tantum bellicosos semper fuisse manifestum est, ut ipsum Martem fabulae apud eos natum esse confirment“ (Übers. Müller: „Die Daker aber und Mösier und Thrakier waren offenkundig stets in solchem Maße kiegerisch, daß die Sagen behaupten, Mars selbst sei bei ihnen geboren.“). Die Betonung der militärischen Tüchtigkeit der Pannoniciani und Moesiaci bei Amm. 29,6,13 bezieht sich nur auf die beiden Legionen. Kriegerische Thraker: Amm. 26,7,5; Nov. Iust. 26 praef. und vor allem Expositio totius mundi 50: „[…] Thracia provincia et ipsa dives in fructibus et maximos habens viros et fortes in bello; propter quod et frequenter inde milites tolluntur.“ (Übers. Drexhage: „[…] die Provinz Thrakien, die ebenfalls reich an Früchten ist und sehr große, im Krieg tapfere Männer hat, dehalb werden dort häufig Soldaten ausgehoben.“). Siehe zu den Stellen Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer, Bd. 1, 209f. 6

Einen Bezug zwischen der illyrischen Herkunft der Kaiser und ihrem Einsatz für die res publica stellt in unklarer, von starker Bildungsüberlegenheit getragener Argumentation vor allem Aur. Vict. 39,26 her: „His sane omnibus Illyricum patria fuit: qui, quamquam humanitatis parum, ruris tame ac militiae miseriis imbuti satis optimi reipublicae fuere“ (Übers. Fuhrmann: „Sie waren allesamt in Illyrien beheimatet; sie eigneten sich, mit Bildung zwar wenig, mit den Drangsalen der Landwirtschaft und des Kriegsdienstes jedoch hinlänglich vertraut, vorzüglich für die Staatsverwaltung“). Zum rustikalen Charakter illyrischer Herrscher vgl. weiter Aur. Vict. 39,17: Maximian ist semiagrestis. Siehe ferner den Beinamen Armentarius („Großviehhirt“) des Galerius (Aur. Vict. 39,24) und die Charakterisierung des Valens als subagrestis ingenii (Amm. 31,14,5). Zu den Vorurteilen gegenüber Illyrern oder Pannoniern vgl. bereits Cass. Dio 59,36 (Pannonier müssen ein hartes Leben mit einem hartem Winter und ohne Öl und Wein führen), bei dem unter den besonders barbarischen Gewohnheiten der Pannonier das Biertrinken erwähnt wird (Pannonier müssen Getreide essen und trinken). Diese Bewertung existiert in der Spätantike fort, wie der Spitzname des Valens Sabaiarus zeigt (Amm. 28,8,2), mit der Erklärung, dass die sabaia der Name für das pannonische Bier ist. Vgl. Hieron. in Isaiam 7,19. Eine gute Zusammenstellung mit weiteren Passagen bei Patsch, Beiträge zur Völkerkunde in Südosteuropa, Bd. 4, 34–36, der allerdings zeittypisch diese Bewertungen teilt.

7

Siehe zu diesem Problem Frézouls/Jouffroy (Hgg.), Les empereurs illyriens; Johne, Die illyrischen Kaiser.

8

Bei nicht weiter zu präzisierender Herkunft aus dem Illyricum sind zu nennen: Claudius Gothicus, Florianus, Aurelianus, Constantius Chlorus, Severus II. Decius stammte aus der Gegend von Sirmium (Pannonia inferior); Probus aus Sirmium selbst; Diokletian aus der Gegend von Salona oder aus Salona selbst; Maximian wiederum aus Sirmium (Epit. Caes. 40,10 mit Paneg. Lat. X/II,2,2 ); Galerius aus Romuliana = Gamzigrad (Dacia ripensis) und Maximinus Daia aus Šarkamen in der Gegend von Negotin in der damaligen Dacia ripensis; Constantius Chlorus vielleicht aus Dalmatien, Konstantin aus Naissus; L. Domitius Alexander aus Pannonien (Aur. Vict. 40,17, vgl. allerdings Epit. Caes 40,20 und Zos. 2,12,3); Licinius aus Dacia nova (d. h. Dacia ripensis); Constantius II. aus Sirmium; Vetranio aus Moesia superior (Aur. Vict. 41,27); Jovian aus Singidunum; Valentinian und Valens aus Cibalae; Gratian aus Sirmium. Die entsprechenden Belege finden sich bei Kienast/Eck/Heil, Römische Kaisertabelle,

HGSOE, Bd. 1

327

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

hatte sich mit der Zunahme der Bedeutung der Militärpräsenz und der Rekrutierungspraxis für die Donauarmee ergeben.9 Die Rekrutierungspraxis schlug auf die Auswahl der Herrscher durch, weil ab der Mitte des 3. Jahrhunderts die senatorische Herkunft und die zwischenzeitliche Bekleidung ziviler Ämter keine unabdingbare Voraussetzung mehr für die Erlangung militärischer Führungspositionen darstellte. Vielmehr wurden diese Spitzenpositionen auf einem rein militärischen Karriereweg erreicht, der aus dem Illyricum rekrutierten Personen offen stand.10 Durch diese neuen Karrieremuster kam es zu einer Situation, in der untereinander bekannte und persönlich vernetzte Offiziere nacheinander oder auch nebeneinander an die Macht kamen, von Claudius Gothicus bis zu den Kaisern der Tetrarchie. Die Tatsache, dass die meisten Kaiser aus dem gleichen „illyrischen“ Milieu stammten, führte, wie die Mordkomplotte gegen Aurelian oder Probus zeigen, kaum zur inneren Geschlossenheit oder gar zur Bildung einer „Partei“.11 Im Übrigen gehörten zum Generalskorps des ausgehenden 3. Jahrhunderts, wie der Fall des aus Südgallien stammenden Carus zeigt, durchaus immer wieder auch Personen, die nicht aus dem Illyricum stammten.12 Noch weniger lässt sich für die Zeit der valentinianischen Dynastie die Wirksamkeit einer geschlossen operierenden pannonischen oder illyrischen Fraktion in der Führung der Reichsarmee nachweisen.13 Für die Erklärung von Ereigniszusammenhängen wird daher die illyrische Herkunft in den folgenden Darlegungen keine Rolle spielen.

unter den jeweiligen Kaisernamen. Für Galerius und Maximinus Daia ist darüber hinaus auf die durch die Grabungen von Gamzigrad und Šarkamen gebotenen Aufschlüsse hinzuweisen. Im Falle von Decius, der aus einer senatorischen Familie Mittelitaliens stammte, weist ihn der Geburtsort Budalia bei Sirmium nicht zwingend als „illyrischen“ Kaiser aus. Umgekehrt müssten die Söhne Konstantins, auch wenn sie nicht alle in Illyricum geboren worden sind, diesem Milieu zugerechnet werden. Aufgrund des Geburtsortsprinzips werden in der aktuellen Geschichtsdeutung serbischer Ausstellungsmacher 17 de facto „serbische“ Kaiser gezählt (vgl. Itinerarium Romanum Serbiae, z. B. ), wobei aufgrund des nationalistischen Konzepts die nur unweit von Sirmium (in Cibalae/Vinkovci) geborenen Kaiser Valentinian und Valens ebenso wie Diokletian ignoriert werden, obwohl sie in den gleichen Milieuzusammenhang gehören. Die Reihe von Kaisern mit Herkunft aus dem Donau- und Balkanraum sollte sich bis ans Ende des 6. Jh.s fortsetzen: Constantius III. aus Naissus, Anastasios aus Dyrrhachium, Justin und Justinian aus Dacia, Tiberios und Phokas aus Thracia. 9 Vgl. 10

Strobel, Strategy and Army, hier 278.

Den neuen Karrieretypus beschreibt Christol, Une carrière équestre; ders., La carrière de Traianus Mucianus; ders., Essai sur l’évolution. Zum Umbau der Reichselite um die Mitte des 3. Jh.s und insbesondere zur Verdrängung senatorischer Amtsträger aus den höchsten militärischen Kommandofunktionen siehe jetzt Hächler, Kontinuität und Wandel, bes. 173–190.

11 Gegen

Fitz, Das Jahrhundert der Pannonier, 52.

12

Zu der fiktiv ihm zugeschriebenen illyrischen Herkunft, die in der Moderne dann dazu geführt hat, ihm statt Narbonne Narona als Geburtsort zuzuweisen, kann verwiesen werden auf Zawadski, L’Histoire Auguste, hier 26f.

13

Siehe im Detail unten die Darstellung der Krise von 375.

328

HGSOE, Bd. 1

Invasionen und Bürgerkriege im 3. Jahrhundert

3.2

INVASIONEN UND BÜRGERKRIEGE IM 3. JAHRHUNDERT

Ab der Plünderung von Histria im Jahre 238, spätestens aber ab den 40er Jahren ist eine deutliche Verschärfung der Bedrohungslage an der unteren Donau und im Schwarzmeerbereich zu beobachten. Neben den Karpen, die in der Literatur auch als „Freie Daker“ benannt werden, übten vor allem Sarmaten und Goten Druck auf die Grenze aus. Die ab der Regierung des Iulius Philippus (244 – 249) gebildeten militärischen Kommandos über ganze Provinzgruppen, wie die des Severianus oder des Pacatianus, können bereits als Reaktion auf diesen Druck verstanden werden.14 Einen ersten kritischen Höhepunkt erreichte die Bedrohung am Ende der Regierung des Iulius Philippus und während der Regierungszeit des Decius (249 – 251). Letzterer hatte durch die Umstände seines Regierungsantritts, nämlich den Bürgerkrieg mit Iulius Philippus, wohl maßgeblich mitverschuldet, dass es zu einer zuvor nicht bekannten Eskalation der Problemlage kam; zugleich machte Decius durch Annahme des klangvollen Beinamens Traianus einige Wochen nach seinem Regierungsantritt deutlich, dass er sich in der Tradition des optimus princeps nicht nur einer senatsfreundlichen Haltung verpflichtet fühlte, sondern auch eine militärische Befriedung des Donauraums anstrebte.15 Vermutlich sind für die Zeit um 250 drei große Barbareninvasionen zu unterscheiden. Die erste ist vielleicht bereits 248 zu datieren und wurde nach Jordanes von Ostrogotha unternommen.16 Eine zweite Invasion, die ihren Höhepunkt in der vermutlich dann aufgegebenen Belagerung des sich im heutigen Nordosten Bulgariens befindenden Marcianopolis (Devnja) fand, 14

Derartige kombinierte Kommandos mehrerer benachbarter Donauprovinzen hatte es bereits im 2. Jh. gelegentlich gegeben, besonders in der Zeit der Germanenkriege Marc Aurels (s. o. Kap. 2.4.8; bestes Beispiel ist die Karriere des Claudius Fronto), doch wurden sie jetzt gewissermaßen zur Regel. Servianus kommandierte nach Zos. 1,19,2 die Truppen in Moesien und Makedonien. Gemeint sind wohl die in dieser Zeit noch zusammenhängenden moesischen Provinzen von Singidunum (Belgrad) bis zur Donaumündung und das Hinterland, das auch Thrakien mit umfasste. Häufiger erscheinen in den Quellen Angaben über ein Großkommando in Pannonien und Moesien, vgl. die Belege bei Fitz, Die Vereinigung, 113–121; Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 203–205. Dies bezieht sich vor allem auf eine Zusammenlegung des Kommandos über Pannonia inferior und Moesia superior. Dabei ist zu beachten, dass Pannonia inferior auf Kosten der Pannonia superior neu zugeschnitten und militärisch verstärkt wurde, vgl. Fitz, Das Jahrhundert der Pannonier, 53–56. In Einzelfällen scheint sich das Kommando aber auch auf die Moesia inferior zu erstrecken. Das gilt vor allem dann, wenn über Inhaber dieses Großkommandos ausgesagt wird, sie hätten die Goten bekämpft. Ob AE 1957, 325 auf die Existenz eines Pannonien, Makedonien und Dalmatien vereinigenden Großkommandos hinweist (PLRE I Anonymus 55), muss angesichts des Zustands der Inschrift offen bleiben. Zur Datierung des Karpenkriegs erst 247/248, also kurz vor den mit Decius einsetzenden Katastrophen, Piso, An der Nordgrenze des Römischen Reiches, 51–59 (Aufsatz: Der Krieg des Philippus gegen die Karpen), bes. 57.

15 Vgl.

Piso, Traianus Decius und die Provinz Dakien; Mitthof, Bemerkungen zu Kaiser Decius. Eine gezielte Vorbereitung des Abwehrkampfes des Decius nimmt Boris Gerov an. Siehe hierzu dens., Die Einfälle der Nordvölker, hier 131, mit Verweis etwa auf die Ausbesserung der Diagonalstraße und die Befestigung des Passes von Succi. Letzteres wird allerdings durch die Inschrift IGBulg IV 1989 (Soneium), einer Basis für Herennia Etruscilla, nicht wirklich nachgewiesen. Die programmatische Verbindung des Decius mit der Illyrienarmee ist eher eine Nachwirkung des Bürgerkriegs mit Iulius Philippus und steht nicht zwingend im Zusammenhang mit der seit Ende 249 aktuell gewordenen Gefährdungssituation; anders Gerov, Die Einfälle der Nordvölker, 132f.

16

Siehe die Ausführungen von Boteva, On the Chronology of the Gothic Invasions; Huttner, Von Maximinus Thrax bis Aemilianus, 197f. Zur Attacke des Ostrogotha cum suis auf Thrakien und Moesien siehe Iord. Get. 90–92. Huttner hält vor dem Hintergrund des damaligen Wissens die Erwähnung des Ostrogotha für die Endphase der Regierung des Philippus für eine „verzerrende Projektion mythisierender Historiographie“. Das ist angesichts seiner Erwähnung als Konkurrent Knivas im Wiener Dexippos-Palimpsest inzwischen anders zu beurteilen; siehe

HGSOE, Bd. 1

329

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

dürfte von einem Bündnis aus karpischen und gotischen Kriegergruppen betrieben worden sein.17 Eine weitere Invasion entfaltete sich in der Konkurrenz großer Kriegergruppen, die von Kniva und Ostrogotha geführt wurden und die eher in das Jahr 250 als 251 zu datieren ist. (Aufgrund der neuen Befunde des Wiener Dexippos-Palimpsests, der die Ereignisse von 250/251 beleuchtet, ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Jahren die bisherigen Forschungen und Rekonstruktionen überdacht und diskutiert werden.) Anscheinend überquerten gotische Gruppen die Donau an mehreren Stellen, wobei zwei Stoßrichtungen auszumachen sind.18 Unbefestigte Orte wurden zerstört,19 Nicopolis ad Istrum (Nikjup) und Philippopolis (Plovdiv) belagert,20 römische Truppen, die unter Decius zum Entsatz herbeigeeilt waren, bei Beroia/Beroe (Augusta Traiana/Stara Zagora) in einem Überaschungsangriff geschlagen und zum Rückzug an die Donau gezwungen, Philippopolis schließlich im Laufe eines noch unklar zu fassenden Geschehens erobert.21 Das beträchtliche militärische Geschick der gotischen Kriegergruppen im Kampf gegen reguläre römische Truppen oder bei Stadtbelagerungen lässt sich nur durch eine längere Erfahrung gotischer Söldner in der römischen Armee erklären.22 Goten waren etwa 243 im Feldzug Gordians III. gegen die Sasaniden engagiert worden. Besonders überlegen zeigte sich die Gruppe des Kniva, der bereits der Überraschungsangriff auf Decius bei Beroe und die Eroberung von Philippopolis gelungen war. Decius versuchte in Zusammenwirken mit dem Statthalter Niedermoesiens Trebonianus Gallus, die gotischen Krieger mit ihren Gefangenen und ihrer Beute bei ihrem Rückzug über die Donau

Wolfram, Ostrogotha, sowie Anm. 20. Zur Frage der weiteren Vorgeschichte von Abrittus siehe Piso, Bemerkungen zu Dexippos Vindobonensis (II). 17

Die Ereignisse um Marcianopolis ergeben sich aus der Analyse des Schatzes von Reka Devnja, der auf dem Gebiet der Stadt gefunden wurde, mit seinen 100 000 Silbermünzen, von denen nur sehr wenige in die Zeit des Decius gehören, vgl. Boteva, On the Chronology of the Gothic Invasions, 40. Zum Fund vgl. Mouchmov, Le trésor numismatique.

18

Siehe für den Übergang bei Novae und Oescus (Euscia) die Bestätigung durch den Bericht des Iord. Get. 101. Vgl. zur Rekonstruktion des Geschehens Wolfram, Geschichte der Goten, 55–57.

19 Vgl. 20

Gerov, Die Einfälle der Nordvölker, 133.

Vgl. zu Philippopolis ebd., 137. Zur Eroberung von Philippopolis geben jetzt die neuen Palimpsest-Fragmente des Dexippos (Dexippus Vindobonensis) Aufschluss, vgl. Martin/Grusková, „Scythica Vindobonensia“; diess., Neugelesener Text; diess., Zum Angriff der Goten unter Kniva. Engl. Übers. der Fragmente jetzt bei Jones, Further Fragments of Dexippus (2); Martin/Grusková., Ein neues Textstück; vgl. jetzt auch den Tagungsband Mitthof/ Martin/Grusková (Hgg.), Empire in Crisis; zum aktuellen Kenntnistand über die „Scythica Vindobonensia“ siehe ferner die Projekthomepage (FWF-Projekt P 28112-G25): .

21

Wolfram, Geschichte der Goten, 56.

22

Zu Goten in römischen Diensten s. o. Kap. 2.4.11 u. 13 sowie Mathisen, Barbarian Invasions or Civil Wars?; zur Fähigkeit der damaligen Invasoren, befestigte Städte zu erstürmen, s. Zecchini, Il problema poliorcetico; zur Schutzwirkung der in dieser Region seit dem 2. Jh. vorhandenen, besonders in Reaktion auf den Kostobokeneinfall von 171 (s. o. Kap. 2.4.8, Abschnitt: Kämpfe im Vorfeld Dakiens und der Einfall der Kostoboken) errichteten oder verstärkten Stadtmauern Poulter, Why did Most Cities in Moesia and Thrace Survive during the 3rd -Century Crisis?

330

HGSOE, Bd. 1

Invasionen und Bürgerkriege im 3. Jahrhundert

zu stellen. Dabei unterlag er im Frühjahr 251 in einem sumpfigen Gebiet bei Abrittus (Razgrad) gotischer Kriegslist.23 Der Nachfolger des Decius Trebonianus Gallus (251 – 253), der in den in Moesien gelegenen Militärlagern noch über intakte Truppenteile verfügte, konnte sich den Frieden durch die Gewährung des freien Abzugs der mit Beute beladenen Goten und durch die Zusicherung umfangreicher Subsidienzahlungen erkaufen. Dann zog er nach Rom ab.24 In der Folgezeit provozierte der neue Inhaber eines Großkommandos über Pannonien und Moesien, nämlich Aemilius Aemilianus, insbesondere durch die Unterlassung der Subsidienzahlungen einen neuen Gotenkrieg. Er führte sogar seine Armee über die Donau.25 Trotz seiner Erfolge vergrößerte er die Instabilität in der Region, weil er infolge seiner Siege gegen die Goten zum Kaiser ausgerufen wurde und Mitte 253 einen Teil der Armee nach Italien abzog. Die Konfrontationen, zunächst zwischen Trebonianus Gallus und Aemilianus (253), dann wenige Monate später zwischen Aemilianus und dem in Raetien von den dortigen Truppen zum Kaiser ausgerufenen Valerianus, hatten zur Folge, dass die Situation an der Donaugrenze nicht mehr kontrolliert wurde und nun zahlreiche größere Barbarengruppen tief in die Balkanhalbinsel eindrangen. Flankiert wurden diese Operationen durch Seeunternehmungen, die über das Schwarze Meer bis in das Marmarameer und zur Nordküste Kleinasiens führten. Die zeitliche Anordnung, der Umfang und die Zahl dieser Barbareneinfälle lässt sich derweil aufgrund der schwierigen Quellenlage nicht genau bestimmen.26 Teilweise ist nicht einmal bekannt, um welche Barbaren es sich handelte. Neben Goten und Karpen werden für die Raubzüge über die Donau „Boranen“

23

Das antike Abrittus hat nichts mit dem heutigen Abrit (bzw. Aptaat) im bulgarischen Teil der Dobrudscha zu tun, wie in der älteren Literatur gelegentlich angenommen, sondern lag, wie Inschriften mittlerweile eindeutig belegen, bei Razgrad. Waffen- und Ausrüstungsfunde lassen vermuten, dass das Schlachtfeld von 251 beim Dorf Drjanovec im Tal des Beli Lom zu lokalisieren ist, von Abrittus aus etwa 15 km in nordöstlicher Richtung bzw. flussabwärts gelegen; siehe Radoslavova/Dzanev/Nikolov, The Battle of Abritus. Zur antiken Überlieferung zur Schlacht und zu den bislang archäologisch erforschten Resten von Abrittus s. zuletzt Carrié/Moreau, L’agglomération romaine d’Abritus (Mésie inférieure/Mésie seconde). Hingegen sind die antiken Ruinen beim heutigen Abrit mit Zalpada zu identifizieren.

24

Hostilianus, der Sohn des Decius, wurde von Trebonianus Gallus vorübergehend als Mitkaiser anerkannt (Zos. 1,25,1; jedoch unrichtig Zosimus’ Bemerkung, dass Gallus den Hostilian adoptiert habe). Wenig später aber wurde er dann umgebracht, bzw. er verstarb an der Pest; vgl. Aur. Vict. 30,2 sowie Epit. Caes. 30,2. Die Epitome de Caesaribus erweckt in ihrer Erzählung allerdings eher den Eindruck, dass Hostilianus der vom Senat unterstützte Gegenkaiser des Trebonianus Gallus war und in Italien herrschte. Ohne erkennbare Grundlage ist die These, dass das große Grabmal in Viminacium das Mausoleum des Hostilianus sein könnte oder sonst Bezüge zwischen Hostilianus und Viminacium (als Todesort) bestehen, wie in der örtlichen Präsentation des Grabungsgeländes behauptet. Hingegen wurde lange Zeit mit guten Gründen vermutet, dass der Ludovisi-Schlachtensarkophag (Fundort Rom; heute befindet sich nur noch der Kasten des Sarkophags in Rom, der Deckel wird in Mainz verwahrt) auf Hostilianus zu beziehen sein könnte, was bedeuten würde, dass dieser vor den Toren Roms bestattet wurde; allerdings dürfte, wie eine neuerliche stilistische Analyse zeigt, eine etwas spätere Datierung des Sarkophags in die Jahre nach Trebonianus Gallus (251 – 253) eher zutreffen, womit unklar bleibt, wem er zuzuweisen ist; s. Künzl, Der Traum vom Imperium, bes. 67f., 95f.

25

Zos. 1,28,1f.

26

Vgl. Wolfram, Geschichte der Goten 57; Schwarcz, Gotische und herulische maritime Einfälle.

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Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

und „Urugunden“ erwähnt, wobei letztere wahrscheinlich mit Burgundern zu identifizieren sind.27 Bekannt sind vor allem die in dieser Zeit ergriffenen Verteidigungsmaßnahmen, etwa der Ausbau von Stadtbefestigungen oder die Errichtung von Sperren bei den Thermopylen28 und am Isthmos von Korinth.29 Wie viel davon bereits vom neuen Regime des Valerian und Gallienus (253 – 260) koordiniert und veranlasst wurde, bleibt unbekannt. Immerhin hatte Valerian aber unmittelbar nach seinem Herrschaftsantritt seinen Sohn Gallienus als Augustus ins Illyricum entsandt. Damit trat nun an die Stelle der für die Kaiserherrschaft riskanten Beauftragung eines Generals mit einem Großkommando über die Donauprovinzen das auf Dauer zukunftsträchtigere Modell des über das Illyricum herrschenden Teilkaisers. Vermutlich war Gallienus wohl zunächst vor allem vom großen Legionslager Viminacium aus aktiv, wo seit Gordian III. Reichsmünzen geprägt wurden.30 Auch nachdem sich Gallienus selbst aufgrund weiterer gravierender Probleme an die Rheingrenze begeben musste, wurde mit Valerian dem Jüngeren, der als Caesar in Sirmium residierte, die Kaiserpräsenz im Illyricum weiter aufrechterhalten. Da Valerian allerdings minderjährig war, wurde ihm mit Ingenuus ein Oberkommandeur der ihm unterstellten Truppen zur Seite gegeben.31 Valerian starb wohl schon 258. Als dann zwei Jahre später der ältere Valerian, also der Augustus und Vater des Gallienus, in Persien gefangen genommen wurde und auch die Sarmaten über die mittlere Donau einzufallen drohten, putschte Ingenuus gegen die Dynastie und provozierte mit seiner Erhebung erneut anarchische Verhältnisse. Gallienus (Alleinherrscher von 260 – 268) griff darauf mit seinem mobilen Bewegungsheer unter der Führung des Aureolus im Illyricum ein, wo er Ingenuus bei Mursa schlug. Dieser wurde nach der Niederlage von seinen eigenen Leuten umgebracht. Seine entflohenen Resttruppen erhoben den Regalianus, dessen Autorität freilich kaum über das im Norden Pannoniens gelegene Carnuntum hinausreichte und der wenig später ebenfalls

27

Zos. 1,27,1. Siehe zu den Boranern/Boraden und dem Einfall von 253 jetzt Glas, Valerian. Kaisertum und Reformansätze in der Krisenphase, 126.

28

Vgl. Synk. 466,1–7. Das griechische Selbstverteidigungsaufgebot an den Thermopylen, von dem im neuen Wiener Dexippos-Palimpsest die Rede ist, wird unter anderem von einem fünfmaligen Böotarchen Dexippos geführt, vgl. fol. 193 recto, Z. 5f. Gegen Martin/Grusková, „Dexippus Vindobonensis“, hier 107, ist dieser Dexippos nicht mit dem Historiker, sondern wohl mit dem Böotarchen Cn. Curtius Dexippus (IG VII 3426) zu identifizieren, vgl. Gengler, About Dexippus and Philostratus; Mallan/Davenport, Dexippus and the Gothic Invasions, 213f. Damit entfällt die Notwendigkeit, die Schilderung des Selbstverteidigungsaufgebots mit dem Kampf des Historikers Dexippos von 267/268 zu verbinden. Vielmehr sind Verbindungen zwischen der Erzählung des Palimpsests und Synkellos zu konstatieren: Die „Skythen“ verwüsten zunächst Thrakien und versuchen vergeblich Thessalonike zu belagern, bis sie schließlich zu den Thermopylen gelangen. Von Mallan/Davenport unabhängige Argumente für die Einordnung dieses Ereigniszusammenhangs in die Zeit um 262 (hauptsächlich wegen der auffälligen Parallelen zu HA Gall 5,2–6,1) jetzt bei Piso, Bemerkungen zu Dexippos Vindobonensis (I). Zur Alternative der beiden zeitlichen Ansätze siehe Grusková/Martin, Rückkehr zu den Thermopylen, 267–282, 270. Vgl. jetzt auch Rollinger/Schropp, Exercitus Romanus ad Thermopylas?; Eck, Marianus; sowie den Tagungsband Mitthof/Martin/ Grusková (Hgg.), Empire in Crisis; bes. Mecella, Kaiserliches Heer und Lokalmilizen in Aktion.

29 Vgl.

Goltz/Hartmann, Valerianus und Gallienus, hier 234; Befestigungen von Athen, Montana, Serdica, Philippopolis. Vgl. Schwarcz, Die gotischen Seezüge des 3. Jahrhunderts, 49. Sperre am Isthmos vgl. Zos. 1,29,3; Synk. 466,1–7.

30 Siehe 31

Göbl, Die Münzprägung der Kaiser, 96–99; Vasić, Imperial and Colonial Mint.

Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 205f.

332

HGSOE, Bd. 1

Invasionen und Bürgerkriege im 3. Jahrhundert

umgebracht wurde.32 Sehr viel bedrohlicher war für Gallienus dagegen die Usurpation von Macrianus und Quietus (260 – 261), die der Katastrophe der Gefangennahme Valerians durch den Sasanidenherrscher Schapur I. folgte. In ähnlicher Weise wie Valerianus und Gallienus herrschte hier ein Kaiserpaar mit regionaler Aufgabenverteilung: Quietus verblieb im Osten, während sich sein Bruder Macrianus in den Besitz eines Teils des Illyricums setzte. Da Gallienus das Illyricum für sich wiedergewinnen wollte, wurde die Region zum Schauplatz der Bürgerkriegskämpfe zwischen der östlichen und westlichen Reichshälfte. Der wohl bei Serdica ausgetragene Konflikt endete mit dem Sieg der überlegenen Reiterarmee des Generals des Gallienus Aureolus, zu dessen Streitmacht große Teile der Armee des Macrianus übergelaufen waren.33 Wie schwierig und anarchisch die Situation nach der Gefangennahme Valerians in Südosteuropa auch an anderen Stellen war, lassen die kontextlosen Nachrichten von einer rätselhaften, in Nordgriechenland zu lokalisierenden Usurpation des Valens und einer Militärrevolte in Byzantion erahnen.34 Die innenpolitisch prekäre Situation führte zu einem weitgehenden Kontrollverlust über die Donaugrenze. So konnten die Goten 262 Verwüstungen von Thrakien bis weit nach Kleinasien anrichten. Von 263 bis 267 blieb Südosteuropa dann, nachdem Gallienus die Wiederherstellung seiner Autorität gelungen war, von weiteren Angriffen verschont. Vermutlich dürfte der persönliche Einsatz des Kaisers, für den ein Aufenthalt in Athen belegt ist,35 dazu beigetragen haben. Allerdings sammelten sich gefährliche Kriegergruppen nun im entfernten Südrussland. Zudem hatte die maritime Unternehmung der neuen Kriegergruppe der Heruler 267 eine massive, nie dagewesene Heimsuchung der Meerengenregion am Bosporus und der griechischen und kleinasiatischen Ägäisküste mit ihrem Hinterland zur Folge.36 Für diesen Einfall von 267/268 liegen einige schlaglichtartige Detailangaben vor. Nach einem ersten vergeblichen Belagerungsversuch gegen Philippopolis37 fielen Ostgermanen über Thessalonike nach Griechenland ein. Gleichzeitig konnten die Heruler Athen einnehmen, wurden dann aber von einem athenischen Selbstverteidigungskommando in Kooperation mit den kaiserlichen, von Kleodemos und Athenaeus geführten Flottenabteilungen zurückgeschlagen. Die über das Festland in den Norden zurückkehrenden Scharen wurden schließlich am Nestos (Mesta) von Gallienus selbst, weitere Restscharen an einem Gebirge namens Gessax vom General des Gallienus Marcianus geschlagen.38 Neben den großen, in den Schriftquellen bezeugten Truppeneinsätzen muss es im turbulenten Geschehen dieser großen Invasion zahlreiche weitere Auseinandersetzungen mit zerstreuten Einzelgruppen gegeben haben, 32

Siehe zur Aufeinanderfolge der beiden Usurpationen Fitz, Ingenuus et Régalien; Göbl, Regalianus und Dryantilla; Dembski/Winter/Woytek, Regalianus und Dryantilla. Historischer Hintergrund.

33

HA tyr. trig. 12,13. Zu den Ereignissen vgl. Šašel, Bellum Serdicense.

34

HA tyr. trig. 19; Amm. 21,16,10; HA Gall. 6,8; 7,2 und 4.

35

HA Gall. 11,3–5. Vgl. Halfmann, Itinera Principum, 238. Siehe auch Armstrong, Gallienus in Athens. Zur Diskussion um die Motive des Aufenthalts des Kaisers in Athen, insbesondere zum Philhellenismus, vgl. jetzt Geiger, Gallienus, 256–259.

36

Einen aktuellen Überblick bietet jetzt Schwarcz, Gotische und herulische maritime Einfälle.

37

AE 1965, 114: Rettung von Philippopolis.

38

Zu Marcianus vgl. PLRE I, 553f.: Marcianus (2).

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333

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

etwa bei Scupi (Skopje) und Lychnidos (Ochrid).39 Münzhorte weisen auch auf eine weitere Invasion hin, die zu Lande über die Donaumündung in südlicher und südwestlicher Richtung erfolgte.40 Unmittelbar nach dem von Gallienus am Nestos davon getragenen Erfolg gegen die Barbaren kam es zu einer zweiten großen Angriffswelle von Herulern, Goten und Peucinern, an der im Übrigen auch einige versprengte Reste der ersten Welle teilnahmen.41 Das liegt daran, dass Gallienus nach seinen Erfolgen große Teile seiner Elitetruppen abziehen musste und nur die Armee des Marcianus in Illyricum verbleiben konnte. Denn in der Zwischenzeit hatte sich in Mailand der General Aureolus mit seinem großen mobilen Heer Postumus angeschlossen, der als Usurpator über Gallien herrschte. Gallienus wurde auf seinem Marsch nach Oberitalien von mehreren illyrischen Generälen begleitet, zu denen neben Heraclianus auch die späteren Kaiser Claudius und Aurelianus gehörten. Doch während der Belagerung von Mediolanum (Mailand) verständigten sich diese Generäle auf die Beseitigung des Gallienus (268).42 Der anschließend zum Kaiser erhobene Claudius eilte nach Kämpfen gegen germanische Invasoren in Italien rasch ins Illyricum zurück, um die durch die jüngsten innerrömischen Auseiandersetzungen geschaffene desolate Lage, nämlich den erneuten Einbruch von Goten in das Reich, zu bereinigen. Verstreut auffindbare Details erlauben einige Rückschlüsse über den Verlauf dieses Einbruchs von 268/269. Es handelte sich erneut um ein amphibisches Unternehmen, dessen erste, im Schwarzmeerraum ausgetragene Phase zu Plünderungen an der niedermoesischen Küste, insbesondere in Tomi und Marcianopolis, führte. Nach der Durchquerung der Meerengen und der Umfahrung des Athosgebirges wurden Thessalonike und Kassandreia heimgesucht, in einem anschließenden Zug ins Binnenland Doberos und die makedonische Landschaft Pelagonien verwüstet. Es folgte ein erstes kleineres Gefecht der Goten mit einem Eliteverband der römischen Reiterei. Das Gros der Barbarenschar wurde dann von Claudius bei Naissus geschlagen, der deshalb den Siegesbeinamen Gothicus annahm und als solcher auch der Geschichte bekannt geblieben ist. Reste der Barbaren gingen wiederum durch Hunger und Seuche zugrunde, andere Teile wurden von Tenagino Probus in Seekämpfen in der Ägäis vernichtet. Das Szenario von innenpolitischer Anarchie und Goteninvasion wiederholte sich ein weiteres Mal nach dem Tode des Claudius und führte dazu, dass Aurelian erneut auf dem Balkan gegen die Goten zu kämpfen hatte. Diesmal allerdings setzte dieser sogar mit seinem Heer über die Donau

39

Inschriftlich ist der Einsatz von Vexillationen der legio II Parthica und der legio III Augusta unter Führung des Aurelius Augustianus und des Cluentius Synforianus belegt. Zur Einordnung siehe Goltz/Hartmann, Valerianus und Gallienus, 287 mit Anm. 279.

40 Siehe

Gerov, Die Einfälle der Nordvölker, 146.

41

Beide Einfälle sind deutlich voneinander zu unterscheiden, die Dublettenhypothese von Alföldi obsolet. Siehe die unabhängig voneinander vorgenommenen Demonstrationen von Kotula, Νέσσος et Νάϊσσος; Kettenhofen, Die Einfälle der Heruler; Bleckmann, Die Reichskrise des III. Jahrhunderts, 191–201. Vgl. bereits Wolfram, Geschichte der Goten, 64.

42

Eine detaillierte Analyse findet sich bei Hartmann, Der Mord an Kaiser Gallienus.

334

HGSOE, Bd. 1

Invasionen und Bürgerkriege im 3. Jahrhundert

über.43 Aufgrund der erneuten Schwierigkeiten, diesmal im pannonischen Grenzabschnitt,44 und der Erfahrungen der vorangehenden Jahrzehnte nahm Aurelian anschließend eine umfassende Neuordnung der militärischen Dispositionen und der Provinzialordnung an der Donau vor. Dies sollte die Geschichte des römischen Südosteuropa auf Dauer prägen. Die schwierig zu verteidigende Ausbuchtung des römischen Grenzverlaufs, die die trajanische Eroberungspolitik mit sich gebracht hatte, wurde nämlich definitiv zurückgenommen, nachdem die Kontrolle einiger Gebiete Dakiens schon unter Gallienus nicht mehr gewährleistet werden konnte.45 Ein Großteil der dort ansässigen römischen Bevölkerung wurde südlich der Donau angesiedelt, wo sie zur Grenzsicherung beitrug.46 Zwischen Obermoesien und Niedermoesien wurde eine neue, südlich der Donau gelegene Provinz Dakien eingeschoben, die im Großen und Ganzen den späteren Provinzen Dacia ripensis und Dacia mediterranea entsprach. Zweifelsohne blieben im alten Dakien romanische Bevölkerungsreste zurück, so wie die Infrastruktur dann von den nachdringenden Goten (Terwingen) genutzt wurde. Eine Kontinuität zwischen dieser Restbevölkerung und der späteren, dort siedelnden rumänischen Sprachgruppe muss allerdings insbesondere auch aus sprachwissenschaftlichen Gründen verneint werden.47 Vereinzelte Baumaßnahmen an den Kastellen der unteren Donau könnten mit der Bemühung des Aurelian um die Befestigung der neuen Grenze erklärt werden. 275 wurde er aber, als er einen Krieg gegen die Goten vorbereitete, an der Militärstraße nach Byzantion im thrakischen Caenophrurium infolge einer Hofintrige von seinen Offizieren umgebracht.48 Nach einer anarchischen Zwischenphase übernahm der ebenfalls aus dem Illyricum (nämlich aus Sirmium) stammende 43

So jedenfalls HA Aur. 22,2 zum Sieg über Cannabas/Cannabaudes.

44

Zur Attacke der Vandalen 271 vgl. Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 211; Tausend, Bemerkungen zum Wandaleneinfall.

45

Siehe Eutr. 9,15,1; HA Aur. 39,7; mit Angaben zur Diskussion und weiteren Quellen Ruscu, L’abandon (I); ders., L’abandon (II); Hartmann, Claudius Gothicus, hier 315, Anm. 58. Umfassend zur Vorgeschichte der Aufgabe Dakiens Piso, Das verhängnisvolle Jahr 262. Zur Geschichte Südosteuropas in der Regierung Aurelians gehört auch die Erhebung eines Septimius in Dalmatien (vgl. Zos. 1,49,2 und Epit. Caes. 35,3), über die sonst nichts bekannt ist.

46

Umstritten ist, wie diese Provinz hieß; Dacia nova ist wohl nur eine von Lactantius geprägte Ausdrucksweise und ob Aurelian tatsächlich zunächst nur eine oder aber schon zwei dakische Provinzen schuf, wie es für die Folgezeit sicher überliefert ist. Eine ausführliche Diskussion erfolgt bei Hartmann, Claudius Gothicus, 315 (Anm. 58), und Glas/ Hartmann, Die Provinzverwaltung, hier 652–653. Der Fall der Mutter des Galerius (Lact., de mort. pers. 9,2) belegt den Umfang der Umsiedlungsmaßnahmen schon vor der Aufgabe des in drei Teilprovinzen untergliederten transdanubischen Dakien (tres Daciae); sie soll nämlich bei Angriffen der Carpen sich über den Fluss in rechtsdanubisches Gebiet gerettet haben (Lact., de mort. pers. 9,2: „mater eius Transdanuviana infestantibus Carpis in Daciam novam transiecto amne confugerat“).

47

Siehe zur diesbezüglichen Diskussion der Kontinuitätsthese und der alternativen These der Migration romanischer Bevölkerungsgruppen aus den rechts- in linksdanubische Gebiete in Mittelalter und Früher Neuzeit (mit deutlicher Ablehnung der Kontinuitätsthese) Dahmen, Externe Sprachgeschichte des Rumänischen, 1. Teilband, besonders 729–736, sowie Strobel, Die Frage der rumänischen Ethnogenese.

48

Ob Aurelian zuvor schon gegen die Karpen oder andere Barbaren (etwa Roxolanen) gekämpft und diese zwischen Carsium und Sucidava besiegt hatte, hängt an der problematischen Ergänzung von CIL III 12 456. Siehe zur Inschrift aus Durostorum (mit den Ergänzungen von R. Vulpe – I. Barnea) Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, hier 519 und 587–590; Hartmann, Das palmyrenische Teilreich, 391 (Anm. 109).

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335

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

Offizier Probus (276 – 282), der sich als Kandidat der östlichen Truppen gegen Florian durchsetzen konnte, die Macht. Nachdem er zunächst 276 die Region auf dem Weg nach Gallien durchquert hatte, war er in den Jahren 278 bis 279 an der Donaugrenze tätig.49 Den Sarmatenkrieg, den er zunächst an der mittleren Donau geführt haben soll, hat Géza Alföldy jedoch für unhistorisch gehalten. Das trifft aber wohl eher für die von der Historia Augusta geschilderten Details als für den Krieg selbst zu.50 So ist die auf den Münzen von Siscia (Sisak) wohl im Zusammenhang mit einem feierlichen Adventus gewürdigte „Wiederherstellung Illyricums“ vermutlich durch diese Aktionen zu erklären.51 Nur vage Informationen liegen indes für die folgenden Maßnahmen an der unteren Donau vor. Während sich nördlich des Stroms wohnende gotische Gruppen zum Frieden bereit fanden,52 wurde südlich des Stroms durch die Ansiedlung insbesondere von Bastarnern die Politik fortgeführt, die durch eine dichtere Besiedlung der grenznahen Gebiete deren Potential zur Abwehr gegen neue Invasoren erhöhen sollte.53 Der Anstrengung, die Bevölkerungsdichte im Hinterland zu vergrößern und die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern, dienten auch die Meliorisierungsmaßnahmen, zu denen Probus seine Truppen hinzuzog und die durch die Nachrichten zur Vorgeschichte seines Todes zufällig belegt sind.54 Demnach sollte das Umland des militärischen und administrativen Zentrums des Illyricums, der Heimatstadt des Probus Sirmium, durch das Ausheben von Entwässerungsgräben trockengelegt werden. Während dieser Arbeiten wurde Probus in einem „Eisernen Turm“ von seinen Soldaten umgebracht (282),55 allerdings kaum, wie in einer späten Tradition behauptet, aus Unzufriedenheit mit den angeblichen Erklärungen des Kaisers zur Disziplinierung des Heeres. Vielmehr hatten sich Soldaten den rebellischen Truppen aus Raetien und Noricum angeschlossen, die den Praefectus praetorio Carus zum Kaiser ausgerufen hatten. Zum Kaiser geworden, machte sich Carus (282 – 283) dann auf den Weg an die Ostgrenze des Reiches. Hierbei nutzte er die Truppen, die er in der Gegend von Sirmium konzentriert vorfand, um diese in einen Krieg gegen die grenznahen Sarmaten zu führen. Das Illyricum wurde anschließend der Verantwortung seines Sohnes Carinus überlassen. Dieser hatte in einer innerdynastischen Aufgabenverteilung den Westen des Römischen Reiches übernommen, während Carus selbst und sein jüngerer Sohn Numerian für den Osten zuständig waren. Ende 283 führte Carinus als Regent des Westens einen Feldzug gegen die Quaden, das germanische Nachbarvolk der Sarmaten, 49

Kreucher, Der Kaiser Marcus Aurelius Probus, 148–150.

50

HA Prob. 16,2. Siehe Kreucher, Der Kaiser Marcus Aurelius Probus, 149. Zweifel an der Historizität des Sarmatenkriegs des Probus finden sich bei Alföldy, Bellum Sarmaticum, hier 399, Anm. 40.

51

Restitutor Illyrici: RIC V 2, 95, Nr. 730. Hierzu und zu den zusätzlichen Adventusmünzen zuletzt Kreucher, Der Kaiser Marcus Aurelius Probus, 149, Anm. 393.

52

HA Prob. 16,3. Zur Aufnahme (receptio) kleinerer Gruppen von Sarmaten siehe Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 268.

53

HA Prob. 18,1; Zos. 1,71,1

54

Aur. Vict. 37,4 geht es allerdings nur um eine lokale, die Verteidigungsfähigkeit von Sirmium verbessernde Maßnahme. Das umfangreiche wirtschaftliche Programm zur Beendigung der „economic passivity of the Danubian provinces“ (Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 266) ist vermutlich ein Phantom. Die Angaben über den Weinbau (Aur. Vict. 37,3) betreffen genauso Gallien.

55

Epit. Caes. 37,4; Eutr. 9,17,3; Oros. 7,24,3.

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Invasionen und Bürgerkriege im 3. Jahrhundert

durch.56 Nach dem Tod des Carus in Ktesiphon kehrte sein Sohn Numerian (283 – 284 gemeinsam mit Carinus Augustus) von dort nach Europa zurück, wurde aber auf dem Rückweg in Kleinasien unter ungeklärten Umständen umgebracht. Erneut zogen Armeen durch das Illyricum, um den Schlagabtausch in einem Bürgerkrieg zu suchen: Von Osten näherte sich das Heer des neuen Prätendenten, des ehemaligen dux Moesiae Diokletian, von Westen die Armee des verbliebenen Mitglieds der alten Dynastie Carinus. Letzterer hatte bereits auf dem Hinmarsch in Oberitalien einen weiteren Usurpator, nämlich Sabinus Iulianus, der in Pannonien erhoben worden und dann in westliche Richtung vorgerückt war, besiegt.57 Die Details des entlang der Militärstraße ausgetragenen Bürgerkriegs zwischen Diokletian und Carinus sind in der späteren prodiokletianischen Tradition verschleiert worden, weil der letztlich dann überlebende Diokletian in diesen Kämpfen keineswegs den Sieg davon trug. Die Historia Augusta weiß immerhin von mehreren ausgetragenen Schlachten in einem schwierigen Krieg. Eine dieser Schlachten scheint bei Cornacum, wenige Kilometer südlich von Vukovar, ausgetragen worden zu sein.58 Dem folgten Auseinandersetzungen, als Carinus die Truppen des Diokletian in östliche Richtung zurückgedrängt hatte und nach Obermoesien gelangt war, vor allem dann in einer großen Schlacht bei Margum, zwischen Viminacium und Mons Aureus (285).59 Trotz seiner Siege wurde Carinus daraufhin, als er den flüchtenden Truppen Diokletians nachsetzte, von seinen eigenen Offizieren getötet.

56

Siehe zum Quadenkrieg des Carinus Alföldy, Bellum Sarmaticum; Altmayer, Die Herrschaft des Carus, Carinus und Numerianus, 157f. Mit dem Feldzug wird der große Fund von Šimanovci (in Syrmien) in Verbindung gebracht; vgl. hierzu Brunšmid, Nekoliko našašća novaca.

57

Siehe gegen die Annahme der Existenz von zwei Usurpatoren namens Iulianus, von denen der eine in Italien, der andere in Illyricum ausgerufen worden sein soll, die Quellendeutung von Bleckmann, Überlegungen zur Enmannschen Kaisergeschichte, hier 28, Anm. 56; weitere Literaturangaben zur Identifikation beider Usurpatoren finden sich bei Kienast/Eck/Heil, Römische Kaisertabelle, 263; Altmayer, Die Herrschaft des Carus, Carinus und Numerianus, 166–171.

58

Festy, De Trébonien Galle à Carin, besonders 249f.; zur Interpretation der Angabe der armenischen Fassung der Chronik Eusebs sowie später aus Euseb abgeleiteten syrischen Chroniken siehe jetzt Altmayer, Die Herrschaft des Carus, Carinus und Numerianus, 173.

59

Aur. Vict. 39,9–11; Eutr. 9,20,2; Itin. Burdig. 564, 8–9 p. 89 [Cuntz]. Die Angabe zum Ort der Schlacht apud Margum ist nicht ganz eindeutig: Gemeint ist vermutlich „bei (der Stadt) Margum“, die an der Mündung des gleichnamigen Flusses Margus (Morava) in die Donau lag (Požarevac – Dubravica – Orašje), doch könnte auch „am (Fluss) Margus“ zu verstehen sein; vgl. Halfmann, Itinera Principum, 242; Kienast/Eck/Heil, Römische Kaisertabelle, 261f.; Altmayer, Die Herrschaft des Carus, Carinus und Numerianus, 174.

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Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

3 .3

DIE TETRARCHIE

Mit der Regierung Diokletians (284 – 305) wurde der Kreis von Bürgerkriegen, Usurpationen und Barbareneinfällen unterbrochen und eine langjährige stabile Ordnung eingerichtet, die für Südosteuropa mit einer Zeit der Blüte verbunden war. Dauerhafte Kaiseraufenthalte in neu geschaffenen höfischen Zentren wie Sirmium, Serdica, Thessalonike festigten die zentrale Bedeutung der Region, nachdem die Mehrherrschaft und die damit verbundene Bildung mehrerer Schwerpunkte kaiserlicher Präsenz ein Prinzip monarchischer Herrschaftsorganisation geworden war, das bis zum Zerfall des Reiches nicht mehr aufgegeben wurde. Diokletian baute sein neues System der Mehrherrschaft stufenweise aus. Im ersten Stadium teilte er nach dem Muster der Vorgängerregierung des Carus und seiner Söhne seine Macht mit einem für den Westen abgeordneten Kaiser, nämlich Maximianus, zu dem er, was diesen Fall von früheren Herrschaftskonstellationen unterscheidet, keinerlei verwandtschaftliche Verbindung hatte. Diokletian selbst blieb nach der Aufteilung für den Osten zuständig, zu dem auch Illyricum und Thrakien in ihrer Gesamtheit gehörten. Neben der Bewältigung der Probleme an der Ostgrenze zählte daher die Sicherung der Donaugrenze zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit. An der mittleren Donau wurden in einer Serie schwer datierbarer Kämpfe Sarmaten, an der unteren Karpen und Goten bekämpft.60 Mit der Erhebung zweier neuer Unterkaiser mit Nachfolgerecht, den Caesares, war 293 der Aufbau der so genannten Tetrarchie – ein neuzeitlicher Begriff für die kaiserliche Viererherrschaft – vollendet. In dieser Tetrarchie hat der im Osten tätige Caesar Galerius nicht, wie lange angenommen, Südosteuropa (bzw. das Hinterland der Donaugrenze) von Pannonien bis zu den Meerengen als eigenes festumrissenes Teilkaisertum erhalten. Die diesbezüglichen Bemerkungen des Aurelius Victor zur angeblichen Reichsteilung von 293, die die Existenz einer südosteuropäischen Regionalherrschaft suggerieren könnten, sind nämlich anachronistisch aus dem Wissen über den Zuschnitt späterer Teilkaisertümer entwickelt worden.61 Der Unterkaiser Galerius wurde in den 90er Jahren des 3. Jahrhunderts vielmehr von seinem Oberkaiser Diokletian immer dorthin geschickt, wo direktes militärisches Eingreifen gefragt war, also gegen regionale Aufstände in Ägypten (294) und an die Grenze zum persischen Reich, wo er nach einigen Rückschlägen 298 einen triumphalen Erfolg erzielte. Diokletian, der sich in dieser Zeit wiederholt und oft gleichzeitig mit Galerius an der Ostgrenze aufhielt, bemühte sich in eigener Person nach 293 anfänglich auch um die Sicherung der Donaugrenze, vor allem gegen die Sarmaten an der mittleren und die Goten an der unteren Donau. Davon zeugt insbesondere die durch den Codex Iustinianus und andere Rechtstexte belegbare Inspektionsreise des Herrschers im Herbst 294 an der mittleren und unteren Donau, die ihn von

60 Vgl.

Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, 530. Angaben zur Verteidigung der Donau finden sich bei Seston, Dioclétien, Bd. 1, 129–136, 131 zu den Victoriae Sarmaticae, deren Datierung schwer fällt. Über die stereotyp wiederholten Victoriae Gothicae und Sarmaticae, die zum Charakteristikum seiner Regierung wurden, mokiert sich Lactantius (de mort. pers. 13,2). Siehe jetzt den Überblick bei Kovács, A History of Pannonia in the Late Roman Period, Bd. 1, 6–13.

61

Vgl. Aur. Vict. 39,30: „Illyrici ora adusque Ponti fretum Galerio (sc. commissa)“ (Übers. Fuhrmann: „wurde […] die illyrische Küste und das Gebiet bis zum Ufer des Schwarzen Meeres dem Galerius anvertraut“). Ähnlich schon Lact., de mort. pers. 18,6.

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HGSOE, Bd. 1

Die Tetrarchie

Sirmium und Singidunum62 über Viminacium mit Aufenthalten in Cuppae, Ratiaria, Cebrus, Variana, Appiaria und dem Kastell Transmarisca (Tutrakan) nach Durostorum (Silistra) führte, bevor er dann über Anchialos an der westlichen Pontosküste, Adrianopolis und Herakleia nach Nikomedeia in Bithynien zurückkehrte.63 Diese Aufenthalte gingen vor allem auch mit der Abnahme und Kontrolle der zahlreichen in dieser Zeit errichteten oder ausgebauten Befestigungsanlagen einher. Besonders umsichtig wurde die Verteidigung von Sirmium und der Savemündung organisiert. Die illyrische Kapitale wurde in Richtung Osten, also gegen die Sarmaten, durch die an der Donau angelegten Vorposten im Feindesland geschützt, was für das Jahr 294 in den an offiziösen Daten orientierten Consularia Constantinopolitana explizit festgehalten worden ist.64 Nach der Niederschlagung der erwähnten Aufstände in Ägypten wurde Galerius ab 295 an der unteren Donau eingesetzt. 295/296 führte er Krieg gegen Goten und Karpen, die den Limes zwischen dem am rechten Ufer der unteren Donau gelegenen Transmarisca und Durostorum durchbrochen und dabei nicht nur Transmarisca, sondern auch im Hinterland Tropaeum Traiani (Adamklissi) zerstört hatten.65 Die besiegten Goten wurden daraufhin südlich der Donau angesie62

Siehe zum langen Aufenthalt in Sirmium und Singidunum (September 293 – September 294) Barnes, The New Empire, 53. Angaben zur Dezennalienfeier in Pannonien finden sich bei Seston, Dioclétien, Bd. 1, 131 mit Anm. 4.

63

Einzelne Belege bietet Barnes, The New Empire, 53; ebenso für den niedermoesischen Grenzabschnitt Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, 530.

64

Die Handschrift der Cons. Const. ad ann. 294 p. 32 [Becker/Nickbakht] gibt hier den Text: „Constantio et Maximiano. His consulibus castra facta in Sarmatia contra Acinco et Bononia.“ (Übers. Nickbakht: „Constantius und Maximianus [sc. Galerius]: In diesem Jahr wurden Lager in Sarmatien gegenüber von Acincum und Bononia errichtet“). Auskunft zum Umfang dieses Gesamtsystems der Grenzbefestigung bei Sirmium gibt Jovanović, Archaeological Notes. Im Einzelnen gehören zum System: Jarak, Denovac (?), Kupinovo, Bjeljia, Čortanovci, Rakovac, Begeč (Onagrinum), gegenüber von Bononia (Banoštor) gelegen, und Titel (Contra Acumincum), gegenüber von Stari Slankamen (Acumincum) gelegen. Bononia und Acumincum lagen beide unmittelbar östlich von Sirmium. Die genaue Deutung des verderbten Platznamens Acinco an der zitierten Stelle ist allerdings ungewiss; statt auf Acumincum könnte er auch auf Aquincum (Budapest) zu beziehen sein; so Kovács, A History of Pannonia in the Late Roman Period, Bd. 1, Appendix 2, 265–276. Hingegen ist Bononia hier sicherlich mit dem pannonischen Ort (Banoštor) und nicht mit Bononia (Vidin) in der Provinz Dacia ripensis zu identifizieren. Umfassende Diskussion bei Becker/Nickbakht, 71–73.

65

Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, 530. Die Zerstörung von Tropaeum Traiani wird anlässlich des Wiederaufbaus durch Licinius belegt; vgl. zum Gotenkrieg der Tetrarchen Brennan, Diocletian and the Goths. Eine Identifizierung der Goten mit den Karpen ist ausgeschlossen, beide Völker waren an dem militärischen Vorstoß beteiligt. Wer die Karpensiege, die in Paneg. Lat. VIII/V,5,2 genannt sind, erfochten hat, wird nicht genau angegeben. Auch aus der von allen Tetrarchen ab 296 getragenen Siegertitulatur Carpicus geht dies nicht hervor; vgl. dazu Nixon/Rodgers, In Praise of Later Roman Emperors, 116 mit Anm. 2. Ebenso unklar formulieren die Cons. Const. ad ann. 295 p. 34 [Becker/Nickbakht], die den Karpensieg bzw. die anschließend vorgenommene Umsiedlung auf römisches Territorium in das Jahr 295 datieren. Siehe Hieron. chron. p. 226 [Helm], wo zusätzlich die Bastarner genannt sind. Seston, Dioclétien, Bd. 1, 132 datiert den Karpenkrieg wegen Paneg. Lat. VIII/V,5,2 (297) kurz vor dem 1.3.297. Barnes, The New Empire, 54 nimmt an, die Karpensiege seien von Diokletian errungen worden, dessen Balkanaufenthalt er dementsprechend über 294 hinausführt. Aufgrund der papyrologischen Dokumentation und aufgrund eines Gesetzes, das er dem Caesar Galerius zuschreibt und das in Damaskus erlassen wurde, möchte er ausschließen, dass Galerius in der Zeit bis 297 nach Illyricum gelangte, vgl. Barnes, The New Empire, 62f. Die Zuweisung eines Gesetzestextes an einen Caesar geht allerdings von einer unbewiesenen Gesetzgebungskompetenz der Unterkaiser aus. Ferner ist die papyrologische Dokumentation zu lückenhaft. Es ist, wie bereits ausgeführt, zu vermuten, dass Galerius als Caesar überhaupt kein Teilreich hatte, sondern dass er bald hierhin, bald dorthin geschickt wurde, so dass er oft genug auch gemeinsam mit Diokletian residierte. Explizit bezeugt

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delt. Vermutlich wurden aus ihnen jene Soldaten gotischer Herkunft rekrutiert, die im Aufgebot des Galerius für den triumphal beendeten Perserkrieg von 298 mitgezogen sein sollen.66 In den Jahren vor und nach dem Perserkrieg residierte Galerius vor allem in Sirmium, um in einem permanenten und ermüdenden Kleinkrieg die Sarmaten zu bekämpfen67 und um das pannonische Hinterland durch teilweise weitreichende infrastrukturelle Maßnahmen zu sichern. Dazu gehörte nicht nur die übliche Ansiedlung besiegter Völker, in diesem Fall der Karpen in Sopianae in der Valeria, aber auch in der Moesia secunda,68 sondern auch – in der Tradition des Probus – die Durchführung von Meliorations- und Kanalbauarbeiten. Zur gleichen Zeit wurde Unterpannonien in zwei kleinere Provinzen aufgeteilt, die Valeria und die Pannonia secunda.69 Damit sollte der administrative Zugriff verbessert und engmaschiger gestaltet werden. Zudem wurde in der zweiten Hälfte der 90er Jahre der Ausbau der Befestigungen an der mittleren und unteren Donau intensiviert. Exemplarisch verweisen für die Festungen Donje Butorke, Sexaginta Prista, Transmarisca, Durostorum und Halmyris die Reste von Inschriften, die nach einem einheitlichen Formular gestaltet worden sind, darauf, dass die Festungsbaupolitik der Tetrarchie zentral gesteuert wurde.70 Weitere Anlagen lassen sich durch Ziegelstempel oder die Feststellung typischer Baumerkmale wie Türme mit rundem oder rechteckigem Grundriss und Mauerwerk in Opus vittatum (eine Kombination aus Ziegeln und Steinquadern) ebenfalls der Epoche der Tetrarchie mit ihrer planvollen Baupolitik zuordnen.71 Diese Intensivierung des Festungsbaus ist mit den Anfängen des späteren Iord. Get. 91 einen Einsatz des Galerius gegen die Karpen, der zwischen seine Erhebung und den Perserkrieg von 297/298 fällt. Amm. 28,1,5 macht dagegen Diokletian für eine Umsiedlung der Karpen verantwortlich. Dass es sich um die in den Cons. Const. ad ann. 295 p. 34 [Becker/Nickbakht] beschriebene Aktion handelt, ist nicht auszuschließen, aber er konnte hierfür auch Galerius aus der Ferne dirigiert haben, wobei es Ammian ohnehin eher um die Datierung des Vorgangs in die Regierungszeit Diokletians geht. Vgl. ferner Oros. 7,25,12. Eine sehr späte Datierung der Karpenkriege des Galerius (erst um 304) nimmt Leadbetter, Galerius and the Will, 97–101 aufgrund der Analyse der tetrarchischen Siegertitulaturen vor. 66

Siehe Iord. Get. 110.

67

Den Dauerkleinkrieg beschreibt Seston, Dioclétien, Bd. 1, 135. Zur besonderen Situation an der ripa Sarmatica, wo der Lauf der Donau durch Waldinseln eine besondere Durchlässigkeit etwa für Angriffe mit Einbäumen bot, gibt Patsch Auskunft: Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 4, 3f.

68

Die Ansiedlung von Karpen in diesem Gebiet wird von Amm. 27,5,5 belegt, wo von einem vicus Carporum die Rede ist.

69

Explizit bezeugt bei Aur. Vict. 40,10. Zur gleichen Zeit muss auch die Aufteilung von Oberpannonien vorgenommen worden sein. Siehe Kovács, A History of Pannonia in the Late Roman Period, Bd. 1, 17–20.

70 Vgl.

Zahariade, The Halmyris Tetrarchic Inscription, besonders 229f. Für die archäologischen Befunde vgl. für Kladovo „Donje Butorke“ (bei Diana) Băjenaru, Minor Fortifications, 112 mit Torbatov, Terminologija za fortifikacionnite, hier 37 und 47; für Sexaginta Prista (Ruse) siehe Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, 583; für Transmarisca (Tutrakan) siehe Vagalinski/Petkov, New Data on the Fortifications; für Durostorum (Silistra), das in aurelianischer oder diokletianischer Zeit befestigt wurde, siehe Băjenaru, Minor Fortifications, 41; für Halmyris (Murighiol) ebd., 45. Siehe auch zur zentral gesteuerten Festungsbaupolitik der Tetrarchen Poulter, The Lower Danubian Frontier, hier 18–21.

71

Zu den unterscheidbaren archäologischen Typen der Festungsbauten (für diokletianische Zeit regelmäßige Anlagen mit runden Ecktürmen) Jovanović, Archaeological Notes. Tetrarchische Anlagen für den pannonischen Raum beschreibt Weiler, Beiträge zur Verwaltung Pannoniens, 142 (in Pannonien ausschließlich „für den valerischen und unterpannonischen Verlauf“): Castra ad Herculem, Solva (Esztergom), Castra Ulcisia (Szentendre), Csillaghegy,

340

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Die Tetrarchie

spätantiken Grenzheers, der ripenses, verbunden, indem Legionsabteilungen über mehrere dieser ausgebauten Kastelle verteilt wurden.72 Die Verantwortlichkeiten, die Galerius für die Donaugrenze und ihren Ausbau hatte, erklären möglicherweise, dass er nach dem Perserkrieg, sofern er nicht ohnehin mit Diokletian gemeinsam in Nikomedeia residierte, seine Zeit verstärkt in Thessalonike verbrachte. Dort wurde noch vor dem Herrschaftswechsel von 305, in dem Diokletian seine Macht abtrat und Galerius zum Oberkaiser des Ostens erhoben wurde, eine gewaltige tetrarchische Palastanlage errichtet.73 Für den Kaiser Diokletian spielte die südosteuropäische Region zum Zeitpunkt des Herrschaftswechsels zunächst insofern eine Rolle, als er nach 303 über die Donau in den Osten zurückgekehrt war und dabei anscheinend auch die Kastelle an der unteren Donau inspiziert hat.74 Die späte hagiographische Überlieferung könnte eventuell darüber hinaus einen Umweg über Dalmatien belegen. Ein solcher Umweg ist insofern nicht völlig unwahrscheinlich, da sich Diokletian vielleicht persönlich über die Fortschritte seines in Salona errichteten Rückzugspalastes hat informieren wollen.75 Spätestens mit dem Rückzug Diokletians in das Gebiet von Salona wird in den Quellen ein ephemeres Licht auf diese in römischer Zeit durchaus dichter besiedelte Region geworfen. Diokletian selbst war entweder aus Salona oder aus dessen Hinterland gebürtig, und die Wahl seiner Altersresidenz Aspalathos-Spalatum (Split) erfolgte sicher in der Hauptsache aus diesem Grunde.76 Weniger wahrscheinlich ist, dass sich Diokletian, der ab 305 als „senior Augustus“ (so der Titel des nicht mehr aktiven, „emeritierten“ Augustus) keineswegs zur Privatperson geworden war, gewissermaßen an der Peripherie des Reiches zurückziehen wollte. Vielmehr waren allein durch die Wahl eines Ortes an der See durchaus weiterhin Kontroll- und Kommunikationsmöglichkeiten

Aquincum und Transaquincum, Campona, Intercisa, Florentia und Contraflorentiam (Lugio), Teutiburgium, Onagrinum (contra Bononiam). Dass es in diokletianischer Zeit keine Bauaktivität am pannonischen Limes gegeben haben soll, hat Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 269–273 in einer kühnen Hypothese behauptet, die sich auf eine problematische Datierung von Wallanlagen im Barbaricum stützt (siehe zu diesen Anm. 103). Es gibt nur wenige sichere Anhaltspunkte für diokletianische Anlagen in Moesia prima und Dacia ripensis: Vgl. zu Zidinac Băjenaru, Minor Fortifications, 97; für Lepenski Vir: ebd., 100; zu Taliata (Donji Milanovac): ebd., 44; für Hinova die Diskussion ebd., 114f.; für Ljubičevac: ebd., 118. Diokletianische Anlagen an der unteren Donau beschreibt Ivanov, Das römische Verteidigungssystem, 538–540 zu Castra Martis (Kula), 552 zu Oescus II, 560 zu Teilen von Novae II und I, 583 zu Sexaginta Prista, 583–585 (innerstes Fort von Kynton). Zu Kynton (Nova Černa) auch: Băjenaru, Minor Fortifications, 126f. 72

Siehe unten Kap. 5.1.1–2.

73

Siehe unten Kap. 5.2.5.

74

Lact., de mort. pers. 17,4: „Sic aestate transacta per circuitum ripae Istricae“ (Übers. Städele: „So verstrich der Sommer, während er am Donauufer entlangzog“). Mit diesem Aufenthalt an der Donau bringt Davidescu, Cetatea romană, den Ausbau von Hinova (bei Drobeta) in Verbindung; siehe Bondoc, The Roman Rule, 68–70; anders Băjenaru, Minor Fortifications, 114f.

75

Auskunft über den Dalmatien-Aufenthalt Diokletians gibt Wilkes, Dalmatia, 419: Domnio erleidet am 10. April 304 in Salona das Martyrium und wird dabei mit vier Soldaten aus der Leibgarde des Kaisers hingerichtet, was ein Hinweis auf die Präsenz des Kaisers selbst ist. Siehe zum Martyrium des Domnio Bratož, Die diokletianische Christenverfolgung, hier 125. Explizit berichtet die hagiographische Tradition über die Präsenz Diokletians in Salona im Prozess gegen Anastasius, und zwar im August 304, was historisch nicht möglich ist. Siehe dazu ebd., 130.

76

Bulić, L’imperatore Diocleziano.

HGSOE, Bd. 1

341

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

vorhanden. Die Baumaßnahmen am Palast von Split/Spalatium waren schon lange vor dem Rückzug eingeleitet worden. Sie scheinen daher zu beweisen, dass der 305 vollzogene Rücktritt und die Übergabe der Herrschaft an die neuen Augusti Constantius und Galerius Ergebnis einer systematischen, von langer Hand vorgenommenen Planung waren und nicht einem ad hoc gefällten spontanen Beschluss Diokletians entsprangen.77

77

Kolb, Diocletian und die Erste Tetrarchie, 150f.

342

HGSOE, Bd. 1

Konstantin der Große

3.4

KONSTANTIN DER GROSSE

Mit der Oberkaiserherrschaft des Galerius (305 – 311), der nach dem überraschenden Tod seines Kollegen im Westen Constantius 306 zum ranghöchsten Augustus avancierte, setzt der Zerfall der tetrarchischen Ordnung ein. Mit Konstantin (d. Gr.), dem Sohn des Constantius, und Maxentius, dem Sohn Maximians, traten im Westen zwei zusätzliche Oberkaiser auf, die sich auf ihre dynastische Legitimation beriefen. Hinzu kam, dass Maximian, der gemeinsam mit Diokletian abgedankt hatte, mehrmals versuchte, den Thron für sich wieder zu erlangen. Von den beiden seit 305 anstelle von Galerius und Constantius amtierenden Unterkaisern, Maximinus Daia im Osten und Severus II. im Westen, ging letzterer in den folgenden Wirren unter. Schauplatz der langen Geschichte dieses Zerfalls war vor allem der südosteuropäische Raum, wo die meisten Bürgerkriegsauseinandersetzungen stattfanden und wo sich die rivalisierenden Kaiser mit ihren Armeen meistens aufhielten. Bereits die misslungenen Versuche des Galerius, Maxentius in Italien zu bekämpfen (307), wirkten auf diesen Raum ein. Nach dem Scheitern des Galerius wurde nämlich durch Diokletian, der aus Salona zu einer Kaiserkonferenz nach Carnuntum reiste, das tetrarchische System neu justiert und 308 Licinius zum neuen Augustus des Westens erhoben, mit Konstantin als nunmehr offiziell anerkanntem Unterkaiser. Er hatte zwar den Auftrag, Maxentius zu bekämpfen. Diesem Anspruch konnte er aber aufgrund seiner fehlenden Ressourcen nicht entsprechen. Als zweiter, sich in Südosteuropa aufhaltender Kaiser, wartete er stattdessen in Pannonien auf den Schlagabtausch und unternahm nur kleinere Aktionen gegen die Sarmaten.78 Wegen der nur provisorischen Einrichtung des Licinius im westlichen Illyricum ist eine genaue Grenze zwischen seinen und den Territorien des Galerius nicht zu ermitteln. Vermutlich musste sich Licinius auf Noricum und die pannonischen Provinzen beschränken, wo er sich in der Residenz Sirmium und wahrscheinlich auch in Siscia aufhielt.79 Dagegen gehörte der Osten des Illyricum zum Bereich des Galerius, der um diese Zeit auch den als Rückzugsort gewählten und vorbereiteten Kaisersitz Romuliana in den Hügeln westlich des Timoktals wiederholt aufgesucht haben dürfte. Das Endstadium seiner Krebskrankheit, das Laktanz mit abstoßenden Details schildert, verbrachte er im Palast von Serdica, wo er im April 311 auch das epochale Toleranzedikt erließ.80 Nach dem Tod des Galerius im Jahr 311 okkupierte Licinius dann handstreichartig (mit der Rückendeckung Konstantins) den Rest Südosteuropas bis zu den Meerengen und machte Serdica zu seiner Residenz.81 Sein Rivale Maximinus Daia, der seit 305 als Caesar des Ostens von Antiocheia

78

In ILS 664 feiert der dux von Noricum und Oberpannonien Senecio einen um 310 errungenen Sieg seines Herrn. Siehe Kovács, A History of Pannonia in the Late Roman Period, Bd. 1, 31, Anm. 108. Maxentius bereitete seinerseits von Raetien aus den Aufmarsch gegen Licinius vor; vgl. Zos. 2,14,1.

79

Siehe zu Sirmium als Residenzort Fitz, Die Verwaltung Pannoniens, Bd. 4., 1176; Barnes, The New Empire, 80.

80

Palast und Stadt von Serdica als Schauplatz der Krankheit des Galerius: Lact., de mort. pers. 33,7; Anon. Val. 8. Die Angabe im Chronograph. a. 354 (ed. Mommsen), 148 (in Dardania) ist nicht als Alternativangabe zu verstehen; gegen Barnes, The New Empire, 64 die Ausführungen zur Provinzeinteilung siehe Kap. 5.1. Serdica gehörte in dieser Zeit zur Provinz Dardania.

81

In Serdica wurde am 10. Juni 311 auch der als „Tafel von Brigetio“ bekannte Text verfügt (AE 1937, 232 = FIRA I 93), durch den Licinius mit Veteranenprivilegien seine Anhängerschaft für den bevorstehenden Schlagabtausch mit

HGSOE, Bd. 1

343

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

am Orontes (Antakya) aus regiert hatte, konnte aus der Erbmasse des Gebiets seines Onkels Galerius Kleinasien übernehmen, beanspruchte aber darüber hinaus auch dessen europäische Territorien. Infolgedessen eskalierte der Konflikt zwischen Licinius und Maximinus, und ihre Truppen standen sich am Bosporus gegenüber. Mit knapper Not wurde zwar der Bürgerkrieg fürs erste durch Verhandlungen verhindert.82 Doch nur kurze Zeit später, im Frühjahr 313, wurden die Territorialabsprachen wieder gebrochen, und Maximinus Daia fiel mit seinem Bewegungsheer über die Meerengen nach Thrakien ein und konnte zunächst Byzantion und Perinth-Herakleia einnehmen.83 Auf dem Campus Ergenus, d. h. in der Flussebene des Erginus (Ergene) bei Tzirallum (Çorlu) kam es auf dem Boden Südosteuropas nach einer langen Pause von einem Vierteljahrhundert erneut zu einem direkten Schlagabtausch zwischen römischen Armeen.84 Den nur 30 000 Mann des Licinius stand ein Heer von 70 000 Mann des Maximinus Daia gegenüber.85 Maximinus Daia verlor gleichwohl die Schlacht, konnte aber noch nach Kleinasien fliehen, wo er auf dem Rückzug nach Syrien in Kilikien bei Tarsos verstarb. Im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg zwischen Maximinus Daia und Licinius steht auch das Ende des Diokletian. Um eine Intervention Diokletians zugunsten des Maximinus Daia zu verhindern, hatte Licinius Diokletian wohl schon 313 in einer Art und Weise bedroht, dass dieser sich in seinem Palast von Split das Leben nahm.86 Die Residenz Split blieb ab dann weitgehend funktionslos, beherbergte aber eine Manufaktur, die Textilien für die Armee herstellte, ein sogenanntes Gynaeceum.87 Den Schlusspunkt unter die Herrschaft seiner ehemaligen Gönner Diokletian und Galerius setzte Licinius, indem er Prisca, die Gattin Diokletians, und

Maximinus Daia stärken wollte; vgl. Corcoran, The Empire of the Tetrarchs, 145–148. 82

Lact., de mort. pers. 36,2.

83

Ebd., 45,4–6.

84

Zur Rekonstruktion des ursprünglichen Textes des Lact., de mort. pers. 46,9 und zur Lokalisierung der Schlacht zwischen Lüleburgaz und Çorlu Grégoire, Deux champs de bataille. Zum gesamten Verlauf, vgl. Lact., de mort. pers. 46–47, der aus dieser auf südosteuropäischem Boden ausgetragenen Schlacht einen der Schlacht an der Milvischen Brücke gleichkommenden, religionspolitisch aufgeladenen Schlagabtausch zwischen dem „Christenfreund“ Licinius und dem Verfolger Maximinus Daia macht. Im Anschluss an diese Schlacht publizierte Licinius in Nikomedeia, im neu übernommenen Gebiet des Maximinus Daia, das Reskript, das fälschlicherweise als Toleranzedikt von Mailand bekannt geworden ist. Diese in Südosteuropa vom „Serben“ (im Sinne von auf späterem „serbischem Boden“ geborenen und dementsprechend vereinnahmten Personen) Licinius erreichten Erfolge spielen in dem von serbischer Staatsführung und serbisch-orthodoxer Kirche zum 1300. Geburtstag des „Toleranzedikts von Mailand“ organisierten Jubiläums keine Rolle, im Unterschied zu den Taten des (aus Naissus/Niš stammenden) „Serben“ Konstantin. Vgl. die Reden des Präsidenten Serbiens Tomislav Nikolić (2012–2017) und von Patriarch Irinej vom 17. Januar 2013 zur Eröffnung der Ausstellung „Edict of Milan 313–2013, Serbia.“, in: Popović/ Borić-Brešković (Hgg.), Constantine the Great, 8–11.

85

Vgl. Lact., de mort. pers. 45,7.

86

Ich folge hier der Version der Epit. Caes. 39,7.

87

Belamarić, GYNAECEUM Iovense Dalmatiae, geht davon aus, dass Split schon unter Diokletian als gynaeceum eingerichtet war und dass hierfür auch das ansonsten überdimensionierte Aquäduktsystem angelegt war. Meines Erachtens hängt die Maßnahme eher mit der sprichwörtlichen Vorsicht Diokletians zusammen, der um jeden Preis auch als Senior-Augustus die Versorgung seines Hofs und seiner Leibgarde sicherstellen wollte. Im Übrigen zeigt das Beispiel des Geländes von Gamzigrad, dass man bei der Berechnung der Größe einer Residenz keineswegs nur von dem von Mauern eingefassten Areal auszugehen hat.

344

HGSOE, Bd. 1

Konstantin der Große

Valeria, die Tochter Diokletians und Frau des Galerius, 315 in Thessalonike öffentlich hinrichten ließ.88 Seine Erfolge gegen Maximinus Daia hatte Licinius der Tatsache zu verdanken, dass ihm Konstantin als sein Verbündeter den Rücken freigehalten hatte, nachdem dieser sich selbst in den Besitz des Reichsteils des Maxentius gesetzt hatte (der Sieg war ihm 312 in der Schlacht an der Milvischen Brücke vor den Toren Roms gelungen). Die gute Nachbarschaft zwischen Konstantin und Licinius, die vor allem durch ein Heiratsbündnis – Licinius heiratete Constantia, die Schwester Konstantins – besiegelt worden war, sollte freilich nicht lange anhalten. Die früher in der Forschung herrschende Annahme, es sei schon 314 zum Konflikt zwischen den beiden Herrschern gekommen, ist jedoch inzwischen korrigiert worden. Vielmehr hat Licinius noch im Besitz des Illyricums seine Decennalienfeier vorbereiten können und die Provinzen Südosteuropas in ihrer Gesamtheit eine Zeit lang von Sirmium aus gelenkt.89 316 scheiterten aber Gespräche um eine Erweiterung des Herrscherkollegiums. In diesen Gesprächen war es darum gegangen, dass Bassianus, ein Schwager Konstantins, eine Caesarstellung mit einem Territorium zwischen den beiden Augusti bekleiden sollte.90 Weitere Intrigen führten dann schließlich zum Krieg. Konstantin marschierte über Emona (Ljubljana) und an der Drau entlang in Illyricum ein, bis er in der Umgebung von Cibalae (Vinkovci) mit 20 000 Mann auf die 35 000 Mann starken Truppen des Licinius stieß.91 Licinius verlor die Schlacht und floh in der Nacht nach Sirmium. Von dort begab er sich mit seiner Frau und seinem Sohn, dem Säugling Licinius dem Jüngeren, sowie mit dem gesamten Kaiserschatz weiter auf der Militärstraße in den Osten. Nachdem er den Oberbefehlshaber (dux) der Dacia ripensis zum Mitkaiser Valens ernannt hatte, führte ihn sein Weg über den Pass von Succi nach Adrianopel.92 Wie es Konstantin gelang, die Sperren von Succi (Trajanovi vrata, östlich von Sofia) zu überwinden, muss offen bleiben. Er konnte jedenfalls ohne Mühe in das thrakische Philippopolis gelangen. Im Flusstal der Arda (Campus Ardiensis) kam es dann zum Schlagabtausch zwischen seinem Bewegungsheer und der großen Armee, die Licinius von Adrianopel herangeführt hatte.93 Das Ergebnis dieser Schlacht kann nicht als eindeutiger Sieg Konstantins bezeichnet werden. Vielmehr gelang es Licinius, sich in nördliche Richtung nach Beroia/Beroe (Augusta Traiana/Stara Zagora) abzusetzen und die Nachschublinien Konstantins zu bedrohen,94 während Konstantin weiter in Richtung Byzantion vormarschierte. Angesichts des unvollständigen Sieges und vielleicht auch aus Rücksicht auf seine Schwester Constantia stimmte Konstantin einem Friedensschluss zu. Damit sicherte er 88

Lact., de mort. pers. 51,1–2.

89

Allgemeine Argumente finden sich bei Habicht, Zur Geschichte des Kaisers Konstantin, 360–378. Für die Tatsache, dass das Illyricum bis 316 von Licinius kontrolliert wurde, lassen sich die Befunde zur Feier der Decennalien in Naissus oder zu den Meilensteinen anführen; vgl. Mirković, Decennalia des Licinius; Grünewald, Constantinus Maximus Augustus, 109–112. Weiteres bei Bleckmann, s. v. Licinius, hier 139f.

90

Anon. Val. 14f.

91 Vgl.

Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer, Bd. 1, 209.

92

Anon. Val. 17.

93

Ebd., 17. Vgl. Grégoire, Deux champs de bataille, 585f.

94

Anon. Val. 18.

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345

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

sich den Besitz des größten Teils Südosteuropas, nämlich von ganz Illyricum, während sich Licinius mit der thrakischen Diözese, also der Gebiete östlich des Passes von Succi, begnügen musste.95 In den folgenden Jahren hielt sich Konstantin ununterbrochen in Südosteuropa auf, vor allem in den Residenzen Thessalonike, deren Hafen er ausbauen ließ, und Serdica. In Serdica, das er nach dem Zeugnis einer späten Quelle als „mein Rom“ bezeichnet haben soll,96 nahm er 317 die Erhebung seiner Söhne Crispus und Constantinus iunior zu Caesares vor.97 Belegt sind außerdem Aufenthalte Konstantins in Mediana, in der Nähe seiner Geburtstadt Naissus, sowie in Sirmium. Durch seine permanente Anwesenheit in Illyricum verfolgte Konstantin zwei Ziele. Einmal ging es darum, den nächsten zu erwartenden Bürgerkrieg gegen Licinius vorzubereiten. Sodann beabsichtigte Konstantin, wie seine Vorgänger, die Donaugrenze auszubauen und zu sichern. Diese Sicherung der Grenze hatte aber angesichts der expansiven Neigungen Konstantins bereits eine deutlich aggressive Komponente gegenüber Licinius. Denn den Sarmatenkrieg von 322 führte Konstantin nicht nur im Vorfeld des eigenen Territoriums, nämlich von Sirmium und Pannonien, aus. Vielmehr gelangte er bereits auf der sarmatischen Uferseite bis in die Gegend des Eisernen Tors und in das Gebiet von Bononia (Vidin). Dort war aber eine scharfe Unterscheidung zwischen den Gegenden, die Licinius als Vorfeld zu kontrollieren hatte und der Zone des eigenen Vorfelds naturgemäß nicht möglich.98 Erst recht gilt dies für die im Folgejahr unternommene Aktion gegen die Goten, die von der Dacia ripensis aus erfolgte. Dass sich Konstantin gerade in dieser Zone verstärkt militärisch engagierte, lässt den Schluss zu, dass er durch die Kriegführung an der mittleren Donau den Ausbruch von Feindseligkeiten mit Licinius bewusst in Kauf nahm. Tatsächlich gehörten gerade die Beschwerden des Licinius über diese Übergriffe seines Kaiserkollegen zu den Anlässen des zweiten Bürgerkriegs, der im Sommer 324 ausbrach.99 Dieser neue Bürgerkrieg zwischen Konstantin und Licinius lief in zwei Phasen ab, nämlich einer ersten europäischen und einer zweiten asiatischen Phase auf der anderen Seite der Meerengen. Höhepunkte der ersten, noch in Südosteuropa ausgetragenen Phase waren die Schlachten von Adrianopel und die Belagerung von Byzantion. Nach dem Sieg von Chrysopolis (324) wurde der abgesetzte Licinius in den Palast von Thessalonike verbannt, dann aber, weil er angeblich Goten von jenseits der Donau als Söldner anwerben ließ, auf Befehl Konstantins umgebracht (325). Schon 324 war Byzantion in Erinnerung an die von Konstantin an den Meerengen davon getragenen Siege in Konstantinopel umbenannt 95

Siehe bezüglich der europäischen Restbesitzungen des Licinius Anon. Val. 18: Thracia, Moesia minor, Scythia.

96

Anon. post Dion. frg. 15,1 [Müller]. Vgl. die Anspielung bei Vačkova, Serdica is my Rome.

97

Anon. Val. 19.

98

Zum Sarmatenkrieg Konstantins vgl. Wienand, Der Kaiser als Sieger, 335–350, mit der Behandlung des Problems der Prägungen Konstantins anlässlich des Sarmatensiegs und der detaillierten Diskussion von Porph. carm. 6,18– 21. Die aus dem Gedicht des Porphyrius zu etablierende Rekonstruktion zeigt, dass der Kaiser vom Grenzabschnitt in der Valeria bei Campona über die Gegend von Viminacium bis hinab nach Bononia (Vidin) tätig gewesen ist. Zu den Plätzen siehe auch Barnes, The New Empire, 75. In der Nähe von Bononia und Novae befand sich eine bei Prok. aed. 4,6,23 als „Krispas“ bezeichnete Festung, die von Justinian wieder aufgebaut worden war, also vorjustinianisch ist, und die man mit dem Thronfolger Crispus in Verbindung bringen könnte. Eine Identifizierung mit dem oberpannonischen Crispiana (Itin. Ant. 257) bei Arrabona (Győr) ist nicht möglich.

99

Vgl. Anon. Val. 21.

346

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Konstantin der Große

worden.100 Damit folgte Konstantin altem monarchisch-hellenistischem Brauch, der beispielsweise auch den Traian veranlasst hatte, eine Reihe von Ortschaften (z. B. Nicopolis ad Istrum; Nicopolis ad Nestum; Tropaeum Traiani; Augusta Traiana) so zu benennen, dass seine Sieghaftigkeit verewigt wurde. Etwas später fasste Konstantin aber darüber hinausgehend den Plan, die Stadt als neue Hauptresidenz auszubauen.101 Dabei knüpfte er an die in Residenzen wie Sirmium, Thessalonike und Nikomedeia (İzmit) beobachtbaren urbanistischen Muster an – etwa an das Nebeneinander von Palast und Hippodrom oder daran, dass diese Neugründungen als Erweiterung eines älteren Stadtgebiets konzipiert waren. Er dehnte aber die Dimensionen von Anfang an so aus, dass Konstantinopel mehr war als eine weitere Residenz tetrarchischen Typs. Es war auch weit mehr als ein neues administratives und militärisches Zentrum von Südosteuropa und Kleinasien, gewissermaßen in einer Vereinigung der Funktionen von Sirmium und Nikomedeia. Konstantinopel war vielmehr das dynastische Gegenstück zur traditionellen Kapitale Rom und wurde daher schon in der Zeit Konstantins mit einer Reihe von Gebäuden und Institutionen ausgestattet, die diese Gleichgewichtigkeit zum Ausdruck brachte, etwa durch den Bau eines Forums, die Schaffung eines Senats, die Verteilung von Getreiderationen etc. Wie die entsprechenden Prägungen zeigen, verkörperte CONSTANTINOPOLIS als komplementäres Gegenstück zur VRBS Rom auf einer ideellen Ebene in Gemeinschaft mit der alten Kapitale das imaginäre, gewissermaßen bipolare Rom der neuen Dynastie. Die Bedeutung dieses neuen Kraftzentrums, das erst nach einigen Jahrzehnten, ab Theodosius, definitiv die große, mit Rom konkurrierende Metropole geworden war,102 ist für die Geschichte Südosteuropas kaum zu unterschätzen. In späterer Zeit, und zwar noch im sogenannten dunklen 7. Jahrhundert, hat die Existenz dieser Kapitale dafür gesorgt, dass in der Gesamtregion (zumindest was Thrakien betrifft) Reste des antiken zivilisatorischen Niveaus erhalten blieben.103 Gleichwohl ist zu betonen, dass das Verhältnis zwischen Region und Zentrum am Anfang durchaus nicht von Einseitigkeit bestimmt war. Ohne ein reiches Hinterland (bis hin zur Wasserversorgung aus dem ostthrakischen Bizye [Vize]),104 ohne die in Thrakien und Makedonien existierenden Ressourcen einer an griechischen Städten reichen Region und ohne die durch die massive Militärpräsenz von Singidunum bis Marcianopolis sukzessiv ausgebaute Infrastruktur wäre die Gründung

100 Ebd.,

30.

101 Siehe

zur Gründung Konstantinopels und zur Gesamtanlage Berger, s. v. Konstantinopel, 435–483, mit der dort genannten Literatur.

102 Vgl.

Mango, Le développement urbain.

103 Vgl.

Dagron, Les villes dans l’Illyricum, 4.

104 Mango,

The Water Supply at Constantinople, bes. 13 zu Bizye. Siehe jetzt Crow/Bardill/Bayliss, The Water Supply of Byzantine Constantinople. Gemüse in unmittelbarer Stadtnähe: Koder, Gemüse in Byzanz, 49–56.

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Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

Konstantinopels kein Erfolg gewesen.105 Einen Teil der Ausstattung verdankte diese neue Kapitale den Provinzen Ostillyricums, etwa die aus Delphi herbeigeführte Schlangensäule mit Dreifuß106. Strategisch war die neue Gründung nicht zuletzt deshalb erfolgt, um – in gleicher Weise, in der Diokletian dies von Nikomedeia und Galerius von Serdica aus getan hatten – rasch auf die Bedrohungen an der unteren Donau reagieren zu können. Die tendenziöse pagane Geschichtsschreibung (die den Niedergang des Römischen Reiches mit der Christianisierung und der Vernachlässigung der traditionellen Kulte erklärte) hat diese Intentionen Konstantins karikierend in ihr Gegenteil verkehrt, indem sie davon ausgeht, Konstantin sei nach seiner Niederlassung in Konstantinopel und nach einem angeblich verlustreichen Feldzug gegen die Taifalen außenpolitisch inaktiv gewesen.107 In Wirklichkeit steht fest, dass die Donaugrenze gerade in den Jahren der Alleinherrschaft durch eine rege Festungsbautätigkeit gesichert wurde.108 Konstantin versuchte darüber hinaus, das Vorfeld effizient zu kontrollieren. Dies reichte vom Ausbau von Brückenköpfen im Barbaricum, von denen einer, nämlich Sucidava, sogar durch eine feste Brücke mit Oescus auf der römischen Seite verbunden wurde,109 bis hin zur Bekämpfung und Befriedung der Goten und Sarmaten in den Kriegen von 332 und 334.110 Die besondere Sorge um die Sicherung der Donaugrenze, die al-

105 Der

aus Philostorgios schöpfende Autor der anonymen Konstantinsvita BHG 365 hat einen Hinweis auf diese Blüte Thrakiens ausdrücklich in seinen Bericht über die Vorgeschichte der Gründung Konstantinopels eingefügt, vgl. Philost. 2,9a,2 [Bleckmann/Stein].

106 Vgl.

Bravi, Griechische Kunstwerke im politischen Leben Roms und Konstantinopels, 249–278. Neben der Schlangensäule sind der patriographischen Überlieferung zufolge weitere Kultbilder aus diesem Bereich nach Konstantinopel gelangt, etwa das Kultbild des Zeus von Dodona, die Musenbilder vom Helikon.

107 Zos.

2,31,3. Zur Interpretation abweichend: Speck, Wie dumm darf Zosimos sein?

108 Siehe

zur Befestigungspolitik Konstantins Aur. Vict. 41,18. Datierbar sind Festungsanlagen aus der Zeit Konstantins etwa durch die für diese Zeit typischen Grundrisse, nämlich U-förmige Türme und fächerförmige Ecktürme; vgl. hierzu Băjenaru, Minor Fortifications, 45 für die größeren Festungen von Dimum, Capidava und Dinogetia (Garvăn); zu Dinogetia: Barnea, La forteresse de Dinogetia, besonders 448 zur Datierung. Für Iatrus Krivina: Băjenaru, Minor Fortifications, 45 mit Vagalinski, Ne varietatem timeamus. Für Sacidava (Dunăreni): Băjenaru, Minor Fortifications, 45 mit Torbatov, Ukrepitelnata sistema, 88–95; siehe auch Scorpan, Sacidava. Kleinfestungen in Moesia prima und Dacia ripensis (vielleicht zum Teil schon aus der Zeit der Samtherrschaft mit Licinius): Sapaja, vgl. Băjenaru, Minor Fortifications, 94f.; Pincum (Veliko Gradište): ebd., 95 (vielleicht später); Gornea: ebd, 96 mit Benea, Dacia sud-vestică, 76–79; Smorna (Boljetin): Băjenaru, Minor Fortifications, 100– 102; Campsa (Ravna): ebd., 102f.; Porečka Reka (aus der Zeit Diokletians oder Konstantins): ebd., 104f. Vgl. für eine frühere Zusammenfassung Vasić/Kondić, Le limes romain et paléobyzantin, besonders 550–555, die Sapaja, Čezava-Novae, Diana, Boljetin, Pontes und vielleicht Ravna und Taliata in die Zeit nach 317 datieren.

109 Siehe

zum Bau der Brücke von 328 Chron. Pasch. (ed. Dindorf ), 527,16; ferner die konstantinische Prägung RIC VII, 331, Nr. 298. Vgl. Alföldi, Die Donaubrücke Konstantins; Patsch, Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 3,1; Tudor, Sucidava; ders., Les ponts romains; Bleckmann, Constantin und die Donaubarbaren, hier 45–53. Zur Festung Daphne (Oltenița), dem an der Mündung des Flusses Marisca in die Donau, gegenüber von Transmarisca, liegenden Brückenkopf vgl. Prok. aed. 4,7,7. Die Behauptung, das Lager Daphne sei auf konstantinischen Münzprägungen hervorgehoben worden, ist wohl obsolet; vgl. gegen Patsch, Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 3,1, 21f., und andere argumentierend Iliescu, Constantiniana Dafne; Olbrich, Constantiniana Daphne. Zur Bedeutung von Daphne vgl. Mitova-Džonova, Stationen und Stützpunkte, hier 507, deren Datierung der Festung in die Zeit des Constans allerdings nicht begründet wird.

110 Vgl.

hierzu zusammenfassend Rosen, Konstantin der Große, 350–352. Das in seiner Bedeutung oft überschätzte Foedus von 332 thematisiert Lippold, Konstantin und die Barbaren. In die Zeit der Alleinherrschaft Konstantins

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Konstantin der Große

lerdings trotz der Anknüpfung an traianische Themen nicht mit Plänen zu einer Wiedereroberung Dakiens verwechselt werden darf, fand in der Erhebung des Neffen Dalmatius zum Teilherrscher und Miterben ihren Abschluss. Im Unterschied zu den in den einzelnen Großregionen verteilten drei verbliebenen Söhnen des Konstantin (Constantinus II., Constans I. und Constantius II.) erhielt er einen militärischen Sonderauftrag, nämlich die Bewachung der ripa Gothica, also des vom Eisernen Tor zur Donaumündung reichenden, den Goten gegenüberliegenden Grenzabschnitts, wobei auch das Hinterland (Ostillyricum) bis zur Ägäis seiner Verwaltung überlassen wurde.111

soll nach Soproni, Der spätrömische Limes, dann auch die Errichtung der archäologisch nachweisbaren Langwälle im Alföld erfolgt sein. Möglicherweise sei der Sarmateneinfall von 332 sogar durch diese Arbeiten provoziert worden. Diese Wälle verlaufen zunächst in West-Ost-Richtung, dann etwa in einem Abstand von etwa 100 km parallel zur Theiß in Nord-Süd-Richtung. Das System endet auf der Höhe von Constantia und Viminacium. Andere Datierungsansätze verbinden die Errichtung diese Anlage mit Diokletian oder Constantius II. Siehe hierzu die weiteren Bemerkungen und kritische Gesamtwürdigung bei Dittrich, Die Beziehungen Roms, 80–84. Mit Dittrich sind diese Wallanlagen wohl als nachantik ganz aus der Darstellung der römischen Verteidigungspolitik auszuklammern; vgl. auch Fiedler, Zur Datierung der Langwälle. 111 Anon.

Val. 35. Vgl. ferner Epit. Caes. 41,20 und Zos. 2,31,2 zum Hinterland.

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Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

3 .5

DIE KONSTANTINISCHE DYNASTIE

Das System der vier Caesares, die unter der Leitung des Oberkaisers Konstantin standen und von denen zwei mit den Angelegenheiten der zentralen Region Südosteuropa beschäftigt waren, ist möglicherweise bereits als Skizze einer Nachfolgeordnung zu verstehen.112 Sicher ist dies jedoch nicht. Aber selbst wenn eine solche Nachfolgeordnung vorhanden gewesen sein sollte, wurde sie dadurch obsolet, dass Constantius II., der als erster der Söhne Konstantins beim zentralen Hofstaat eintraf, die Angehörigen der jüngeren Linie des Kaiserhauses, darunter auch den Caesar Dalmatius, beseitigen ließ. Nachdem bis September 337 eine Regelung absichtlich vermieden und in den offiziellen Dokumenten Konstantin als posthum herrschender Augustus angeführt worden war, trafen sich die drei Brüder in Pannonien und einigten sich auf eine Dreiteilung des Reiches sowie auf die gemeinsame Proklamation zu Augusti.113 Die in der Sekundärliteratur zu findende Hypothese, der älteste überlebende Sohn Konstantins, Constantinus II., habe nicht nur die (in dieser Zeit durch die Reichsteilungen allmählich sich konstituierende) gallische Präfektur, sondern auch die Vormundschaft über den formal Italien und Illyricum beherrschenden Constans ausgeübt, trifft nicht zu. Constans verwaltete in voller Souveränität seinen Reichsteil, der mit der späteren Großpräfektur Italia, Illyricum, Africa identisch war, und zwar vor allem von Sirmium und von Naissus (mit der Kaiservilla von Mediana) aus.114 Als der mit der Verteilung unzufriedene Constantinus II., der für sich letztlich immer die Alleinherrschaft beansprucht hatte, den Reichsteil des Constans überfiel, erreichte letzteren die Nachricht in der Dacia mediterranea.115 Die Absicht des Constantinus, letztlich bis nach Illyricum zu marschieren, wurde durch den Einsatz der Generäle des Constans unterbunden, die ihn bei Aquileia am Fluss Alsa abfingen und besiegten. Constans, der nunmehr im Besitz von zwei Dritteln des Römischen Reiches war, suchte seine Übermacht gegen seinen im östlichen Drittel als Kaiser verbliebenen Bruder Constantius II. auszuspielen. Infolgedessen wurde die zwischen Illyricum und Thrakien verlaufende Grenze im Rahmen dieser Konfrontationspolitik vorübergehend nicht nur zur scharfen Grenze im wirtschaftlichen Austausch,116 sondern auch zur ersten innerchristlichen konfessionellen Demarkationslinie. Beim Versuch, die Kirchenpolitik in seinem Sinne zu vereinheitlichen und Athanasius zu unterstützen, veranlasste Constans, dass unmittelbar an der Grenze der Dacia mediterranea, in Serdica, ein ökumenisches, von allen Bischöfen des Reiches besuchtes Konzil zusammentreten sollte. Die Bischöfe des Ostens machten sich zwar auf den Weg nach Serdica, versammelten sich aber zuvor noch im Reichsteil des Constantius im 112 Siehe

Chantraine, Die Nachfolgeordnung Constantins.

113 Zum

Treffen in Pannonien: Iulian. or. 1,19 a mit 20 b–c. Gegen die explizite Angabe Julians wird das Treffen oft in Viminacium (Moesia prima) lokalisiert, wo allerdings Athanasius lediglich mit Constantius, der auf dem Weg in den Westen war, zusammentraf. Vgl. zur Rekonstruktion der Ereignisse, die insgesamt in das Jahr 337, nicht in das Jahr 338, zu datieren sind: Bleckmann, Der Bürgerkrieg, hier 241–243; Kovács, A History of Pannonia in the Late Roman Period, Bd. 1, 68. Zum Treffen zwischen Constantius und Athanasius in Viminacium gibt Auskunft: Martin, Athanase d’Alexandrie, 394, Anm. 7.

114 Geklärt 115 Wohl

insbesondere durch Baldus, Ein Sonderfall höfischer Repräsentation.

in Mediana bei Naissus; vgl. zu „Dakien“ als Residenzort des Constans Zon. 13,5.

116 Lib.

or. 59, 169–172. Vgl. Portmann, Die politische Krise; ders., in: Fatouros/Krischer/Portmann (Hgg.), Libanios, Kaiserreden, 41f.

350

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Die konstantinische Dynastie

thrakischen Philippopolis, östlich des Passes von Succi. Dort beschlossen sie auch in der Frage der Anerkennung des Athanasius und seiner Auslegung der Beschlüsse des Konzils von Nikaia (325) eine von den Bischöfen des Westteils abweichende Glaubensformel.117 Damit deutete sich zum ersten Mal in der Kirchengeschichte eine konfessionelle Spaltung Südosteuropas und die zum Schisma von 1054 führende Entwicklung an. Allerdings sollte diese erste „Kirchenspaltung“ einen ganz ephemeren Charakter haben. Denn Constans konnte durch seine Drohungen die Rückkehr des Athanasius in den Osten durchsetzen. Die Zeit, in welcher der Balkan unter der konfliktreichen Herrschaft der Brüder Constantius II. und Constans geteilt blieb, endete bereits 350, als Constans durch die Erhebung des Magnentius Herrschaft und Leben verlor. Die starken illyrischen Truppen erhoben in dieser Situation den für Illyricum zuständigen Kommandeur des Bewegungsheers Vetranio zum Kaiser.118 Das war in Absprache mit der Kaiserschwester Constantina und dem für Illyricum zuständigen Praefectus praetorio Vulcacius Rufinus geschehen, der mit dem Kaiserhaus verwandtschaftlich verbunden war.119 Welche Motive Vetranio zur Erhebung trieben, ist umstritten und wird bereits in der literarischen Überlieferung verschieden dargestellt. Nach der bereits von einigen antiken Quellen nahegelegten Version handelte es sich um ein Manöver, in dem Vetranio im Interesse der konstantinischen Dynastie agierte und mit dem Illyricum für Constantius II. vor Magnentius gerettet werden sollte. Gemäß einer anderen Version war Vetranio genauso ein Usurpator wie Magnentius und verfolgte eigene machtpolitische Ziele gegen Constantius II.120 Entscheidend ist indes vor allem die Frage, wie die Beteiligung der Constantina zu werten ist, die entweder im Interesse ihres Bruders agierte oder aber ihre eigenen Ansprüche auf eine Beteiligung am Erbe Konstantins des Großen hatte und diese Ansprüche etwa in einer Ehe mit Vetranio durchsetzen wollte.121 Im Zusammenhang mit der Übernahme der Macht ließ Vetranio für sein illyrisches Heer auch Silbermünzen ausprägen, die an die Vision Konstantins erinnerten, sei es dass er damit an die Bewährung der in Illyricum verbliebenen Truppen Konstantins erinnern wollte, sei es dass er damit für den Sohn Konstantins Constantius warb.122 Aber selbst wenn Vetranio ursprünglich nur als Stellvertreter des Constantius agiert haben sollte, so verfestigte sich jedenfalls der eigene Machtanspruch sehr schnell. Um sein eigenes Territorium von Thrakien und dem Reichsteil des Constantius abzugrenzen, ließ er die Militärstraße bei Succi sperren. Constantius II. gelang es gleichwohl, kampflos bis in die Dacia mediterranea vorzurücken, vermutlich aufgrund von Absprachen mit dem Praefectus praetorio von

117 Vgl.

zu den Synoden von Serdica und Philippopolis Barnard, The Council of Serdica; Barnes, Athanasius and Constantius, 71–81. Auskunft zum Ort des Treffens gibt Barnard, The Site of the Council.

118 Vgl.

die Belege für die Generalsposition des Vetranio: PLRE I, 954 (Vetranio 1).

119 Siehe

PLRE I, 782f. (Rufinus 25). Vulcacius Rufinus war ab 347 für Illyricum zuständiger Praefectus praetorio. Er war der Bruder der Mutter des Cousins Constantius’ II., des späteren Caesar Gallus.

120 Drinkwater, 121 So

The Revolt and Ethnic Origin.

Bleckmann, Constantina, Vetranio und Gallus Caesar.

122 RIC

VIII Siscia, 369, Nr. 272 etc. Belege bei Wienand, Der Kaiser als Sieger, 263, Anm. 246. Ersteres vermutet Bleckmann, Constantina, Vetranio und Gallus Caesar, 47–49, letzteres jetzt wieder Dearn, The Coinage of Vetranio. Siehe bereits Bastien, Le monnayage de Magnence, 12.

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351

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

Illyricum Vulcacius Rufinus und seiner Schwester Constantina. Im Resultat wurde der überrumpelte Vetranio gezwungen, in einem zeremoniellen Akt am 25. Dezember 350 den Kaiserpurpur niederzulegen. Seinen Platz nahm darauf Gallus, der Cousin des Constantius, ein, der am 15. März in Sirmium zum Caesar erhoben wurde. Gleichzeitig wurde er mit der Schwester des Kaisers Constantina verheiratet, die auf diese Weise eine andere Möglichkeit für die Realisierung ihrer dynastischen Ambitionen gefunden hatte. Die Erhebung des Gallus erfolgte in einer Zeit, in der Constantius von Illyricum aus den Angriff auf Magnentius vorbereitete. Dieser kam dem Constantius jedoch zuvor, indem er seinerseits in den Osten vorrückte. Dabei nahm er im Herbst 350 zunächst die Sperranlagen, die in den Julischen Alpen den Zugang nach Illyricum kontrollierten, ein und besetzte beim Vorrücken an der Drau große Teile Noricums und Pannoniens, einschließlich der Kaiserresidenz Siscia.123 An der Mündung der Drau in die Donau verschanzten sich Magnentius in Mursa, Constantius II. in Cibalae. Dort hatte bereits 316 die große Schlacht zwischen Konstantin und Licinius stattgefunden, die anlässlich der Wiederholung des aktuellen Kampfes um die Herrschaft auch wieder in Erinnerung gerufen wurde.124 In der Ebene zwischen den beiden Städten wurde die für beide Seiten ausgesprochen verlustreiche Bürgerkriegsschlacht geschlagen, die als „Schlacht von Mursa“ Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat. Die literarische, an der kaiserzeitlichen Bürgerkriegsepik geschulte Tradition hat das Gemetzel in dieser Schlacht in besonders dramatischen Farben geschildert. Dafür gab vielleicht weniger die tatsächliche Tragik des Geschehens den Ausschlag als der Umstand, dass man von senatorischer Seite aus die Mitverantwortung des Constantius II. für das Bürgerkriegsgeschehen betonen wollte. Constantius II. hatte dagegen – was kaum erstaunt – einen positiveren Blick auf seine eigenen Leistungen im Kampf gegen Magnentius. Nach 353 ließ er an seine Bürgerkriegserfolge erinnern, nicht nur in Rom,125 sondern auch in Illyricum selbst. So wurde etwa Mursa selbst mit einem Triumphbogen, der an den Sieg gegen Magnentius erinnerte, geschmückt.126 Die Übernahme des Reichsteils des Magnentius, der durch den Sieg der Generäle des Constantius 353 abgeschlossen war, erforderte einen längeren Aufenthalt des Constantius in Italien. Doch auf die Nachricht vom Einbruch der Sueben, Quaden und Sarmaten eilte er 357 an die mittlere Donau.127 Dort verbrachte er die beiden folgenden Winter in Sirmium, flankiert vom 123 Details

schildert Šašel, The Struggle between Magnentius and Constantius, hier 722–724; Bastien, Le monnayage de Magnence, 18–20; Bleckmann, Die Schlacht von Mursa, besonders 75 zu den konfusen Informationen des Zosimos über die Operationen bei Atrans, Siscia und Mursa, bei denen offenkundig die Schlusskämpfe in Slawonien mit der Besetzung des westlichen Illyricums in unglücklicher Weise miteinander verbunden worden sind.

124 Iulian.

or. 1,37 b.

125 Amm.

16,10,1; Soz. 4,8.

126 Amm.

21,16,15 mit Hengst/Boeft/Teitler (Hgg.), Philological and Historical Commentary, 266f.

127 Einen

Überblick zum Aufenthalt von Constantius II. im Donauraum bietet Barceló, Constantius II. und seine Zeit, 146–180. Für die beiden Kampagnen des Constantius II.: Patsch, Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 3,1, 37–39; ders., Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 4, 4–6; Vulić, Konstantius’ Sarmatenkrieg; Dittrich, Die Beziehungen Roms, 53–85, dem ich für einige Details der Darstellung der Kampagnen des Constantius II. folge. Siehe für die Kampagne von 358 (Amm. 17,12 und 13) Szidat, Der Feldzug Constantius’ II. an der mittleren Donau. Siehe

352

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Die konstantinische Dynastie

Praefectus praetorio Anatolius, dessen besondere administrative Effizienz in den Quellen hervorgehoben wird.128 358 eröffnete Constantius den Angriff auf die Sarmaten und überschritt die Donau auf einer vermutlich zwischen Bononia und Onagrinum errichteten Schiffsbrücke.129 Er zog dann vermutlich durch die Batschka bis zur Höhe der Provinz Valeria, wo es zum offenen und für Constantius siegreichen Kampf gegen die freien Sarmaten kam. Noch auf feindlichem Territorium verhandelte er schließlich mit Häuptlingen sarmatischer und quadischer Gruppen und setzte einen neuen Sarmatenherrscher ein.130 Anschließend verlegte er sein Lager nach Brigetio und traf in der Nähe des Donauknies auf weitere Barbaren, diesmal ausschließlich auf Quaden, die die Kapitulation anboten.131 Nach der vermeintlichen, von der panegyrischen Quelle Ammians zweifelsohne übertrieben hervorgehobenen Befriedung des pannonischen Grenzabschnitts, wandte sich Constantius II. noch im gleichen Jahr auf der Höhe des Abschnittes der Moesia prima bei Viminacium erfolgreich gegen die Sarmatae Limigantes.132 Besiegt wurden nacheinander die Untergruppen der nach den gegenüberliegenden römischen Grenzkastellen benannten Amicenser und Picenser, die im Mündungsgebiet der Theiß bzw. leicht östlich davon siedelten.133 Die übrigen Limiganten kapitulierten und sollten in neue Siedlungsgebiete ziehen, um eine größere Distanz zur römischen Grenze zu schaffen. Gegen diese umgesiedelten Limiganten kam es 359 auf der Höhe von Aquincum – diesmal auf römischem Boden – zu neuen Kämpfen, die angeblich zur ihrer Vernichtung führten. Jedenfalls tauchen diese von da an nicht mehr in den Quellen auf.134 Sirmium war in der Zeit der Kriege des Constantius II. an der mittleren Donau nicht nur – etwa bei der triumphalen Ankunft, dem Adventus, nach einem ersten Erfolg gegen die Sarmaten – Zentrum kaiserlicher Repräsentation, sondern auch Schauplatz religionspolitischer Entscheidungen, die in den sogenannten von 357 bis 359 verabschiedeten vier sirmischen Formeln ihren Niederschlag gefunden haben. In ihnen ging es darum, die Art und Weise der Nachordnung von Gottsohn gegenüber Gottvater zu definieren.135 Während dieser Zeit erreichten auch einige lokale Vertreter jetzt zum Sarmatenkrieg des Constantius II. Kovács, A History of Pannonia in the Late Roman Period, Bd. 1, 103–129. 128 Reform

des cursus publicus durch Anatolius: In dessen Zeit fällt wohl auch die Renovierung der Heeresstraße von Atrans bis Sirmium, vgl. CIL III 3705.

129 Amm.

17,12,4.

130 Vgl.

Amm. 17,12,20: Einsetzung des Zizais. Bei Aur. Vict. 42,21 als bedeutender Erfolg des Constantius dargestellt.

131 Amm.

17,12,30.

132 Ebd., 17,13. In dieser abhängigen sarmatischen Bevölkerungsgruppe werden bisweilen Anten oder Slawen erkannt.

Einen wirklichen Anhaltspunkt hierfür gibt es nicht.

133 Ebd., 17,13,4; 19–20 mit Jonge, Philological and Historical Commentary, 332f. Eine Erklärung der beiden Volks-

namen bietet Patsch, Beiträge zur Völkerkunde (1925), 188f.

134 Barceló,

Constantius II. und die Limiganten.

135 Siehe

zur Bedeutung, die das Illyricum in dieser Zeit dann dementsprechend in den kirchengeschichtlichen Darstellungen gewinnt, die Zusammenstellung bei Cedilnik, Ilirik med Konstantinom Velikim, zusammengefasst in: dies., Das Illyricum im 4. Jahrhundert, dort besonders 53–63. Vgl. zu den Überresten kirchlicher Schriftstellertätigkeiten von Photinus bis zu Palladius von Ratiaria Bratož, Eine Region im Wandel, hier 201f.

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353

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

des illyrischen Episkopats wie Valens von Mursa und Ursacius von Singidunum nicht ganz zufällig den Höhepunkt ihres kirchenpolitischen Einflusses. Abgeschlossen wurde die Serie dogmatischer Beratungen dann in Konstantinopel. Diese Beratungen sollten nach den Vorstellungen des Constantius II. zur Bildung einer im Glauben (nämlich auf der Basis der als „homöisch“ bezeichneten Vorstellung, dass Gottsohn zwar Gottvater ähnlich, gleichwohl aber untergeordnet sei) vereinheitlichten Reichskirche führen sollten. Constantius selbst hatte sich im Herbst 359 auf dem Weg über die Militärstraße zu diesen Beratungen in die Hauptstadt begeben. Zu Beginn des Jahres 360 machte er sich dann auf, um im Osten den Persern entgegenzutreten. In Ausnutzung der Schwierigkeiten, der sich Constantius II. an der Ostgrenze ausgesetzt fand, erhob sich der Unterkaiser Julian im Februar 360 in Gallien.136 Das blieb nicht ohne Folgen für die Geschichte Südosteuropas. Denn nach dem Scheitern der langwierigen Verhandlungen mit Constantius II. beeilte sich Julian, einen möglichst großen Anteil des Römischen Reiches zu okkupieren. Dabei rückte er selbst, vom Oberlauf der Donau kommend, nach Illyricum vor und nahm über diesen ungewöhnlichen und auch überraschenden Weg im Mai 361 Sirmium ein,137 während gleichzeitig die beiden größeren Armeekorps auf den herkömmlichen Truppenwegen entlang von Drau und Save einmarschierten. Um sich die Herrschaft über Illyricum zu sichern und das Eingreifen von Streitkräften des Constantius zu verhindern, ließ Julian den strategischen Pass von Succi schließen und wartete in der Ebene von Naissus, in der kaiserlichen Villa von Mediana, die weitere Entwicklung ab. Trotz der Einnahme des Passes von Succi war die Macht Julians auch in den westlichen Reichsteilen, in denen er großenteils als neuer Augustus anerkannt wurde, keinesfalls gesichert. Die Übernahme von neuen Territorien jenseits der ihm als Caesar konzedierten gallischen Großpräfektur wurde in weiten Kreisen als illegitim betrachtet.138 Den besonderen Rechtfertigungszwang Julians verdeutlichen die von Naissus aus betriebenen Aktivitäten. Er empfing dort auf der einen Seite Gesandtschaften von Städten aus dem Illyricum, die zu ihm übergetreten waren, auf der anderen Seite aber versuchte er seinerseits durch Sendbriefe die Loyalität der neuen Untertanen zu gewinnen. Wie unsicher dabei die rückwärtigen Linien gesichert waren, zeigt insbesondere der von Truppenteilen unterstützte Abfall der wichtigen Stadt Aquileia.139 Möglicherweise war es die Überdehnung der eigenen geringen Kräfte, die Julian dazu bewegte, gerade am Pass von Succi halt zu machen. Bei einem weiteren Vorrücken entlang der Via militaris hätte eine Konfrontation mit der bedeutenden, in Thrakien zusammengezogenen Streitmacht des

136 Vgl.

zu Julian im Illyricum die korrespondierenden englischen Passagen in meinem Aufsatz über die Usurpation Julians in dem von Stefan Rebenich und Ulrich Wiemer herausgegebenen Brill’s Companion to Julian (im Druck).

137 Szidat,

Zur Ankunft Julians in Sirmium; Destephen, Le voyage impérial, 53.

138 Vgl.

die von Amm. 21,9,8 beschriebene Position des Lucillianus: „incaute, imperator, et temere cum paucis alienis partibus te commisisti.“ (Übers. Seyfarth: „Unvorsichtig und unbesonnen hast du dich, Kaiser, mit deiner geringen Begleitung in fremdes Gebiet begeben“). Übergriffe auf fremde partes, im Sinne von Reichsteilen, gelten als illegitim; vgl. die Klage des Licinius gegen Konstantin: Anon. Val. 1,21. Siehe ferner Philost. 3,1a [Bleckmann/ Stein].

139 Amm.

354

21,12.

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Die konstantinische Dynastie

Constantius II. erfolgen müssen. Allerdings fällt auf, dass Julian schon mit Beginn seiner Usurpation die Grenze zwischen Illyricum und Thrakien, also den Pass von Succi, als Ziel seines Anmarsches in den Blick genommen hat.140 Vermutlich war Julian der Überzeugung, dass er, sobald er den Besitz von zwei Dritteln des Römischen Reiches gesichert hatte, in gleicher Weise wie Constans ein Übergewicht gegenüber Constantius II. haben könnte.141 Die Angabe einer späten Quelle, Julian habe eine Begegnung des östlichen und des westlichen Heers an der Grenze der beiden Machtgebiete abwarten wollen, ist dagegen eine Rückprojektion der Ereignisse nach dem Tod des Constantius, als neben der westlichen Armee nun auch das Ostheer die Erhebung Julians akzeptierte.142

140 Ebd., 141 Vgl.

22,1,3; 21,5,6. Vgl. Philost. 6,5a [Bleckmann/Stein] und Soz. 5,1,3.

Rosen, Beobachtungen zur Erhebung Julians.

142 Zon. 13,11,8. Eine weiterhin mögliche Alternativdeutung findet sich bei Bleckmann, Die Reichskrise des III. Jahr-

hunderts, 364f.

HGSOE, Bd. 1

355

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

3 .6

VALENTINIAN UND VALENS

Zum erwarteten und von Julian vorbereiteten Bürgerkrieg kam es dann aber nicht, wenn man von den militärischen Operationen bei Aquileia absieht. Constantius II. verstarb überraschend Anfang November 361 auf dem Weg von Antiocheia nach Europa im kleinasiatischen Mopsukrene. Julian rückte daraufhin kampflos in Konstantinopel ein und wurde auch von den östlichen Truppen als Kaiser anerkannt. Seine Alleinherrschaft sollte freilich durch die Konzentration der Kräfte auf den Kampf gegen die persischen Sasaniden, der dann scheiterte, fatale Auswirkungen für die Sicherung der Donaugrenze haben. Das wurde vor allem ab den ausgehenden 60er Jahren immer deutlicher. Unmittelbar während des Perserkrieges blieb die Lage eher ruhig, ebenso während der langen Phase der Rückkehr des Reichsheers aus dem Perserkrieg, nachdem Julian bereits im Juni 363 unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen war. Der Rückzug der Armee nahm die vollständige Regierungszeit seines Nachfolgers Jovian ein. Nach dessen Unfalltod im Februar 364 erlangte ein pannonisches Bruderpaar das Kaisertum, nämlich die aus der Gegend von Cibalae (Vinkovci) stammenden Offiziere Valentinian und Valens. Die Erhebung des Valentinian I., der dann wenig später (im März) seinen Bruder Valens zum Mit-Augustus erhob, hat wenig mit pannonischen Seilschaften in der Armee zu tun. Sie ergab sich vielmehr als Ergebnis der Verhandlungen vor allem ziviler, nicht aus dem Illyricum stammender Würdenträger am Hofe des gerade verstorbenen Jovian. In der Regierung des Kaisers kamen zwar dann zahlreiche Pannonier in Spitzenpositionen, wirkten aber durchaus oft eher gegen- als miteinander. Von einer illyrischen Interessenidentität kann also auch für diese Zeit keine Rede sein.143 Nach den Ereignissen vom Februar/März 364 zogen die neu erhobenen Kaiser Valens und Valentinian gemeinsam über den Pass von Succi nach Illyricum. Dort wurden in der Dacia mediterranea, nämlich in der Kaiservilla von Mediana, die Grundzüge der neuen gemeinsamen Regierung vereinbart. Unmittelbar danach wurde dann in der Residenz Sirmium die Aufteilung der Ressourcen und Territorien bekannt gegeben. Valens erhielt als Juniorpartner die Präfektur Oriens von Thrakien bis an die Grenze zu den Sasaniden, während Valentinian I. zwei Drittel des Reiches und damit auch die Hauptverantwortung für die Sicherung von Illyricum übernahm. Wie an der Rheingrenze sorgte er auch an der oberen und mittleren Donau für die umfangreiche Errichtung von Burgi und Kleinkastellen.144 Einer der Schwerpunkte der Bautätigkeit lag dabei am Donauknie 143 Vgl.

dagegen noch Patsch, Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 4, 33, mit Verweis auf Amm. 26,1,4 und 6, wo Equitius und andere die Armee beeinflussen: „ut Pannonii fautoresque principis designati“ (Übers. Seyfarth: „zumal sie Pannonier und Anhänger des designierten Kaisers waren“). Für ein „starkes landsmannschaftliches Solidaritätsgefühl“ führt Patsch weitere Belege insbesondere aus Ammian an; vgl. ebd., 33–36. Gegen diese Annahme von politisch wirksamen pannonischen Seilschaften, die hier Patsch (S. 34) zu Parallelen mit den Albanern am Hofe des Sultans Abdul-Hamid II. macht, die weitere Albaner in Spitzenpositionen zogen, vgl. Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 291 und Demandt, Der Tod des älteren Theodosius, hier 618. Siehe zur prosopographischen Beschreibung der in der Erhebung von 364 einflussreichen militärischen und zivilen Würdenträger Szidat, Usurpator tanti nominis, 106–108.

144 Epigraphisch

sind vor allem die Bauinschriften des Heermeisters von Illyricum, Equitius, von Bedeutung vgl. Patsch, Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 4, 7–9; Soproni, Burgus-Bauinschrift; Dittrich, Die Beziehungen Roms, 88; Nuber, s. v. Valentinianischer Festungsbau; Beispiele für in die valentinianische Zeit datierbare Burgi und Kleinkastelle in Obermoesien und in der Dacia ripensis: Malo Golubinje (Burgusanlage), Băjenaru, Minor

356

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Valentinian und Valens

zwischen Solva und Ulcisia. Dort wurden auch Kastelle als Brückenköpfe im Gebiet der Quaden errichtet. Mit diesen Bauten, aber auch mit Feldzügen, die von Sirmium und vom pannonischen Abschnitt der Donau aus durchgeführt wurden, setzte Valentinian letztlich die Politik des Constantius II. fort.145 374 waren die Quaden mit den Sarmaten erneut in römisches Gebiet eingefallen, einerseits weil sie durch die Baupolitik Valentinians provoziert worden waren, vor allem aber aufgrund der durch Marcellianus veranlassten Beseitigung des Königs Gabinius.146 Die Barbaren plünderten zwar das Staatsgut Prista (40 km von Sirmium entfernt), Sirmium selbst aber wurde durch die Geistesgegenwart des Praefectus praetorio Probus gerettet, der in der Lage war, die Befestigungswerke rasch instand zu setzen.147 Das quadisch-sarmatische Heer wandte sich anschließend nach Norden zur Provinz Valeria, wo es auf zwei römische Kleinlegionen stieß. Valentinian war nun gezwungen, von der Rheingrenze mit seinem Bewegungsheer heranzueilen, weshalb er erst 375 einen Gegenangriff gegen die Quaden unternehmen konnte. Mit General Merobaudes wurde jedoch ein Teil der Truppen in das Gebiet der Quaden vorausgeschickt. Valentinian selbst hatte bei Aquincum zum Schein eine Schiffsbrücke bauen lassen, den Fluss aber unbemerkt an einer anderen Stelle überquert. Die erfolgreiche Kampagne sollte dann im nächsten Jahr fortgesetzt werden, und Valentinian überwinterte zunächst im pannonischen Savaria (Szombathely), dann in Brigetio (Szöny/Komárom). Während der Vorbereitungen verstarb der Kaiser allerdings in Brigetio an einem Schlaganfall, der durch eine heftige Wutattacke über das Gebaren einer quadischen Gesandtschaft provoziert worden sein soll. Die Feldzugsvorbereitungen wurden daraufhin von seinem Stab beendet, eine bereits errichtete Brücke abgebrochen. Die Gruppe von Offizieren und Amtsträgern, die bisher in Illyricum tätig gewesen war, setzte ohne Rücksprache mit den beiden verbliebenen Herrschern – zum einen Gratian, den 17-jährigen, bereits seit 367 als Mitregent fungierenden älteren Sohn Valentinians, der sich damals im Westen des Reiches aufhielt, zum anderen mit Valens, dem Bruder Valentinians, der im Osten weilte – den vor Ort anwesenden vierjährigen Valentinian II., den jüngeren Sohn Valentinians  I. und Halbbruder Gratians, als Kaiser ein, der den Mittelteil des Römischen Reiches beherrschen sollte.148 Es scheint bei dieser Erhebung vor allem um Rivalitäten

Fortifications, 105; Hajdučka-Vodenica (vielleicht Translucus ND Or. 2,27), vgl. ebd., 106f.; Rtkovo – „Glanija“, vgl. ebd., 116; Ušće Slatinske reke (vielleicht Halicaniburgu: Prok. aed. 4,6,18), ebd., 120 (nur der Burgus, die daneben gelegene Festung vom Quadriburgium-Typus ist älter); Mihaj Iovac – „Blato“, vgl. ebd., 121f. mit Jeremić, Watchtowers and Signal Towers, hier 312f.; Borđej, siehe Băjenaru, Minor Fortifications, 123f. Im Gebiet des Valens: Batin, siehe ebd., 125f. Bei einer Identifizierung von Dunavăţu de Jos mit Gratiana wäre auch dieser Platz in die valentinianische Zeit zu datieren, vgl. ebd., 131f. und Zahariade, Two Problems of Topography and Historical Geography, 137–148. 145 Siehe zu den Feldzügen des Constantius II. oben Anm. 128–130. Die Baupolitik des Valentinian II. verrät vielleicht

sogar einen aggressiveren Zugriff; vgl. Mráv, „Valentinianus ... “; ders., Quadian Policy of Valentinian I.

146 Zur

Geschichte des Einfalls Amm. 29,6,7–14. Für die weiteren Ereignisse ebd. 30,5 und 6.

147 Durch

die Beseitigung des Schutts, der sich in den Gräben der Verteidigungsanlage angehäuft hatte. Ein paralleler Befund ist archäologisch für Narona gesichert; vgl. Patsch, Zur Geschichte und Topographie von Narona, 20.

148 Siehe

zur komplizierten Geschichte der Erhebung des Valentininian II. Girardet, Die Erhebung Kaiser Valentinians II.; Kelly, The Political Crisis.

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357

Teil I: 3. Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike

der Hauptwürdenträger am Hofe Valentinians I. gegangen zu sein, von denen die einen im Westen bei Gratian verblieben waren, die anderen Valentinian in den Osten begleitet hatten. Die in Illyricum präsente Gruppe um Equitius, Probus und Merobaudes verhinderte mit der Erhebung Valentinians II., dass die Präfektur Italia, Illyricum et Africa durch eine konkurrierende Gruppe übernommen wurde, an deren Spitze der aus Illyricum stammende und in Gallien tätige Praefectus praetorio Maximinus stand. Durch Verhandlungen, in denen auch der Senat unter der Führung des Symmachus eine gewisse politische Bedeutung bekam, wurde schließlich ein Kompromiss gefunden. Maximinus musste gehen, und Valentinian II. wurde von Gratian anerkannt, so dass sich die Gruppe um Equitius, Probus und Merobaudes keines Staatsstreichs schuldig gemacht hatte. Allerdings durfte der Kindkaiser kein eigenes Gebiet verwalten, sondern Gratian schlug Illyricum zu seinem Herrschaftsgebiet und betrachtete sich als „Vater“ seines unmündigen Bruders. Während der Kämpfe gegen die Sarmaten und Quaden, die Valentinian I. durchführte, musste weiter im Osten dessen Bruder Valens, der für die thrakische Diözese zuständig war, den Grenzabschnitt der unteren Donau sichern. Insbesondere die Usurpation des Procopius (September 365 – Mai 366) hatte die Gefährdung an diesem Grenzabschnitt vergrößert, nicht zuletzt weil Procopius selbst zahlreiche Goten für sich als engagiert hatte. Von 366 – 369 residierte Valens in Marcianopolis, um den Krieg gegen die Goten zu führen, zunächst ohne dramatische Rückschläge. Bis weit in die siebziger Jahre des 4. Jahrhunderts konnte durch die regionalen Kriege und die Grenzbefestigung sowohl an der mittleren wie auch an der unteren Donau eine einigermaßen stabile Situation für das gesamte Hinterland des Grenzabschnitts gewahrt werden, auch wenn die dramatisierenden Erzählungen Ammians über die Einbrüche der Quaden und Sarmaten den Eindruck erwecken, als habe sich die römische Herrschaft immer am Rande der Katastrophe befunden. Entscheidend ist, dass sich Constantius II., Valentinian und auch Valens (im ersten Gotenkrieg) in der Lage gezeigt hatten, zu reagieren und im Vorfeld der Grenze zu agieren. Dies sollte sich am Ende dieses Jahrzehnts vollständig ändern. Die Katastrophe von Adrianopel (378), in der Valens unter ungeklärten Umständen ums Leben kam, wurde bereits vom Zeitgenossen Ammian mit der anderen Katastrophe, in der ein römischer Kaiser in Südosteuropa den Goten unterlag, nämlich derjenigen von Abrittus (25,1), in Verbindung gesetzt. Ammian (31,5,1–17) glaubte noch, dass sich der römische Staat auch nach Adrianopel in ähnlicher Weise erholen werde wie nach der Reichskrise des 3. Jahrhunderts. Diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen. Die Gegend südlich der Donau stand zwar bis ins ausgehende 6. Jahrhundert unter römischer Kontrolle. Durch die Größe und den Erfolg Konstantinopels und durch die starke Präsenz des Militärs an der Donau blieb Südosteuropa ferner insgesamt auch weiterhin eines der Gravitationszentren des Reiches. Die Zeit der Blüte, die für Südosteuropa mit dem 4. Jahrhundert einhergeht, war aber nach Adrianopel definitiv vorbei, während sich für andere Regionen des Reiches im 5. und 6. Jahrhundert durchaus noch Phasen größerer Prosperität konstatieren lassen.

358

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Simone Blochmann / Mischa Meier

→ KARTEN VII – IX

4. D  AS SPÄTANTIKE SÜDOSTEUROPA VON THEODOSIUS I. BIS PHOKAS: ZWISCHEN OSTEN UND WESTEN

4.1

EINLEITUNG

Geographisch beschäftigt sich dieser Beitrag vor allem mit den von Konstantinopel aus beherrschten Gebieten des Römischen Reichs. Die heutige geographische Zuordnung des Balkanraums zu Südosteuropa entspricht zwar weitgehend, aber nicht gänzlich den politischen Verhältnissen seit dem Ende des 4. Jahrhunderts. Nach dem Tod Theodosius’ I. am 17. Januar 395 wurde das Reich unter dessen Söhnen Honorius (395 – 423 Kaiser im Westen) und Arcadius (395 – 408 Kaiser im Osten) faktisch aufgeteilt. Damit wurde das Illyricum, das vorher mitten im Römischen Reich gelegen hatte, plötzlich zur Grenzregion. Obwohl man formal an der Einheit des Imperium Romanum festhielt, blieb in der Praxis die Teilung in einen Ost- und einen Westteil bis zum Ende des Römischen Reichs bestehen. Mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert, begannen sich die beiden Reichshälften schnell auseinanderzuentwickeln, so dass die Verständigung zunehmend schwieriger wurde.1 Die Zugehörigkeit der Präfektur Illyricum war nach der Teilung von 395 zunächst umstritten. Mit dem Tod des Honorius im Jahr 423 fielen die Diözesen Dacia und Macedonia an Konstantinopel. Die Grenzen zwischen Ost- und Westrom verschoben sich noch einmal weiter gen Westen, als das Westillyricum einschließlich Sirmiums (Sremska Mitrovica, Serbien; bis 441 Sitz der Präfektur Illyricum) entweder Ende 424/Anfang 4252 oder 4373 anlässlich der Hochzeit Valentinians III. und der Tochter des Theodosius II., Licinia Eudoxia, an Konstantinopel übertragen wurde. In

1

Zur Kommunikation zwischen Ost und West siehe etwa Meier, Eschatologie und Kommunikation im 6. Jahrhundert n. Chr. – oder: Wie Osten und Westen beständig aneinander vorbei redeten; ders., „Von fremd zu fremd“ – Gelasius I., Anastasios und die verlorene Einheit der Mittelmeerwelt; Föller/Schulz, Osten und Westen 400 – 600 n. Chr. Kommunikation, Kooperation und Konflikt. Allgemein zum (durchaus umstrittenen) Paradigma der „Reichsteilung“ Demougeot, De L’unité à la division de l’Empire Romain; ders., Le partage des provinces de l’Illyricum entre la „pars orientis“ et la „pars occidentis“; Sandberg, The So-Called Division of the Roman Empire in AD 395; Potter, The Unity of the Roman Empire; Meier, Die Teilung des Römischen Reiches in Ost und West. Zuletzt Heather, East and West in the Fifth Century. – Verwaltungstechnisch erfolgte eine Ausdifferenzierung bereits seit 364, vgl. Errington, Roman Imperial Policy from Julian to Theodosius, 79–168.

2

424 vereinbart, 437 durchgeführt nach Alföldi, Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien, Bd. 2, 93–96; Wilkes, A Pannonian Refugee of Quality in Salona, 388; Popović, Die süddanubischen Provinzen in der Spätantike, 103f.; Stickler, Aëtius. Gestaltungsspielräume eines Heermeisters im ausgehenden Weströmischen Reich, 42

3

Bury, A History of the Later Roman Empire, 225f. (Anm. 5); Várady, Das letzte Jahrhundert Pannoniens (376– 476), 308; Wilkes, The Archaeology of War, 748; Wozniak, East Rome, Ravenna and Western Illyricum, 358f.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-13

361

Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

weiten Teilen Pannoniens (Savia und Valeria) konnte die römische Herrschaft jedoch nicht aufrechterhalten werden, so dass in den 430er Jahren der Limes dort nicht mehr die Grenze des Römischen Reiches markierte.4 Diese Gebiete gerieten zunächst unter Kontrolle der Hunnen. Nachdem die hunnische Herrschaft 453 zusammengebrochen war, überließ der oströmische Kaiser Markian 454/455 die Provinzen bzw. Gebiete den Valamir-Goten (sog. pannonische Goten). Die Gegend um die Stadt Sirmium markierte damit faktisch die neue Grenze der römischen Herrschaft und damit die Westgrenze des Oströmischen Reichs. Wann und wie sich die Veränderungen im Detail vollzogen, ist allerdings nicht exakt rekonstruierbar. Strategisch war die Hauptstadt der Provinz Pannonia secunda wichtig, weil bisher von dort aus die römische Herrschaft über das Donaugebiet organisiert worden war. Durch ihre Lage an der unteren Save, nahe der Einmündung in die Donau, etwa auf halbem Weg an der wichtigsten Landroute von Italien nach Konstantinopel, besaß sie eine wichtige Brückenfunktion zwischen den beiden Reichshälften.5 Die neue Lage als Grenzstadt machte Sirmium in den folgenden Jahrzehnten zu einem bevorzugten Ziel für Plünderungszüge aus dem Barbaricum und zu einer immer wieder hart umkämpften Stadt.6 Die Region war nicht allein als Rekrutierungsbasis für das Heer, sondern unter anderem auch als Verbindung zwischen den beiden Reichshälften strategisch wichtig. Formal stellten seit den 430er Jahren die Diözesen Dacia und Macedonia die Grenze zwischen Ost- und Westrom dar, das Illyricum war aber immer wieder umstritten. Der politische Einfluss Konstantinopels reichte beispielsweise wesentlich weiter in den Westen hinein und war dort auch sichtbar. Den Zerfall der kaiserlichen Herrschaft im Westen und die für die Verbindung zwischen dem Ost- und Westteil des Reichs wichtige Lage des Westillyricum illustriert der Fall des Marcellinus († 468): In den 460er (eventuell auch schon in den 450er) Jahren gelang es diesem, in dem Machtvakuum, das im Westen entstanden war, eine unabhängige Machtbasis als Warlord aufzubauen. Die genauen Umstände sind umstritten; über seine Person ist kaum etwas bekannt. Sicher ist aber, dass er gebildet war und über erhebliche militärische Ressourcen verfügte, die dem zur Zeit Justinians wirkenden Historiker Prokopios von Kaisareia (Prokop) zufolge in Dalmatia zentriert waren. Prokop ist es auch, der Marcellinus als Vertrauten des Aëtius bezeichnet, der einen Aufstand angezettelt habe.

4

Siehe dazu Soproni, Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes, 105f.; Popović, Die süddanubischen Provinzen in der Spätantike, 123. Umstritten ist, ab wann die pannonische Grenze nicht mehr von römischen Truppen gesichert wurde. Für eine Auflösung Ende des 4. Jh.s Alföldi, Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien, Bd. 2, 70. Dagegen Várady, Das letzte Jahrhundert Pannoniens (376–476), 274. Alföldi datiert die Aufgabe römischer Verwaltung in der Valeria auf die Zeit zwischen 412 und 427, in der Pannonia prima auf 433 und in der Pannonia secunda auf die Zeit nach 424, aber vor 431/433 (Alföldi, Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien, Bd. 2, 71–94). Mit der Verlegung des Sitzes des Praefectus praetorio von Sirmium nach dessen Fall wohl im Jahr 441 nach Thessalonike sieht er einen endgültigen Einschnitt, selbst wenn römische Ansprüche auf Teile der Gebiete noch bis ins 6. Jh. aufrecht erhalten wurden.

5

Vgl. dazu Wilkes, The Archaeology of War, 747f.

6

Siehe dazu Kap. 4.4 u. 4.5; außerdem Mirković, Sirmium; Sirmium. Archaeological Investigations in Syrmian Pannonia, 12 Bde.

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Einleitung

Wolf Liebeschuetz nimmt an, dass Prokop mit der Formulierung Anführer der buccellarii des Aëtius beschreibt, die nach dessen Ermordung im Jahr 454 neue Positionen suchten – unter anderem in Dalmatia.7 Auf Basis dieser Nachricht wird häufig angenommen, dass Marcellinus gegen Valentinian III. rebelliert habe. Unklar ist allerdings, wie zuverlässig die Informationen sind, die vor allem auf Prokops Darstellung basieren. Bei Priskos, der den Ereignissen zeitlich näher steht, fehlt der Hinweis auf die Machtbasis in Dalmatia. Erst in Texten des 6. Jahrhunderts (Prokop und Damaskios) wird diese Verbindung hergestellt, weshalb Michael Kulikowski die Zuverlässigkeit dieser Information angezweifelt hat. Sicher ist damit zunächst einmal nur, dass Marcellinus als militärischer Befehlshaber erstmals nach dem Tod des Aëtius in Erscheinung tritt. Für den Neffen des Marcellinus, Iulius Nepos (Kaiser im Westen 474/475), ist die Bezeichnung als Oberbefehlshaber in Dalmatien (Magister militum Dalmatiae) dagegen in einem Gesetz Leons I. (457 – 474) dokumentiert.8 Im Jahr 474 griff er, wie zuvor auch Marcellinus, militärisch in Italien ein. In diesem Fall ist auch sicher, dass die militärische Intervention vom oströmischen Kaiser koordiniert wurde.9 Dass er vom Ostkaiser bereits als Magister militum Dalmatiae anerkannt wurde, erscheint wenig plausibel – wahrscheinlicher ist, dass Marcellinus als Warlord unabhängig von den Kaisern im Osten und Westen agierte. Erst im Jahr 468 – im Jahr seiner Ermordung – wurde ihm von Leon I. der Patricius-Titel verliehen. Mit dieser offiziellen Anerkennung und Aufwertung wollte der Kaiser möglicherweise ein Gegengewicht gegenüber dem Warlord Ricimer in Italien schaffen.10 Der Fall des Marcellinus zeigt exemplarisch nicht nur, wie die kaiserliche Kontrolle über den Westteil des Reichs im 5. Jahrhundert zunehmend erodierte und wie unterschiedliche Akteure bzw. Gruppen um die Herrschaft konkurrierten, um das Machtvakuum zu füllen. Er wirft auch ein Licht auf die Bemühungen Konstantinopels, die Situation zu stabilisieren, wofür man den weiterhin vorhandenen Einfluss auf das westliche Illyricum nutzte. Der Fall macht damit deutlich, in welchem Maße das westliche Illyricum von der politischen Situation im Westen genauso wie von den Kaisern in Konstantinopel beeinflusst wurde. Auch kirchenpolitisch war das Illyricum umstritten, denn die kirchlichen Zuständigkeitsbereiche entsprachen nicht den politischen Grenzen. Vielmehr beanspruchte der Bischof von Rom das gesamte Gebiet der Präfektur Illyricum für sich, ein Anspruch, der sich in der Einrichtung des Vikariats von Thessalonike gegen Ende des 4./Anfang des 5. Jahrhunderts manifestierte.11 Seit der

7

Prok. BV 1,6,7–9. Vgl. Liebeschuetz, Warlords and Landlords, 488. Zu Marcellinus siehe auch Henning, Periclitans res publica. Kaisertum und Eliten, 277–281; Kulikowski, Marcellinus „of Dalmatia“; MacGeorge, Late Roman Warlords, 15–67. Zu Ricimer siehe Anders, Flavius Ricimer, 467–480.

8

Cod. Iust. 6,61,5.

9

Kulikowski, Marcellinus „of Dalmatia“, 183.

10

Ebd., 188. Zu Ricimer siehe Anders, Flavius Ricimer.

11

Zur Einrichtung des Vikariats siehe unter anderem: Greenslade, The Illyrian Churches; Macdonald, Who instituted the Papal Vicariate of Thessalonica?; Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln, 73 (Anm. 197); Rist, Das apostolische Vikariat von Thessaloniki. Zum 5. und 6. Jh.: Pietri, La géographie de l’Illyricum ecclesiastique; Pallas, L’édifice cultuel chrétien et la liturgie dans l’Illyricum Oriental, 62–76.

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sog. Reichsteilung nahm das Illyricum sowohl politisch wie auch kirchlich eine wichtige Rolle als Streitobjekt und Austragungsort für Konflikte auf verschiedenen Ebenen ein. Aufgrund seiner politischen Zugehörigkeit zum Osten griff Konstantinopel dort (und zum Teil auch über die Grenzen hinaus) im Zuge der sich anbahnenden theologischen Auseinandersetzungen ab dem Ende des 4. Jahrhunderts immer wieder auch in kirchliche Angelegenheiten ein. Dieser Entwicklung sollte die Einrichtung des Vikariats von Thessalonike gegensteuern, indem sie die Region kirchlich dauerhaft an den lateinischen Westen band. Dadurch wurde die Diözese Thracia politisch von Konstantinopel aus verwaltet, wohingegen die Kirchen der Diözese Illyricum über einen Vikar, der vom Bischof von Rom eingesetzt wurde, weiterhin der Autorität Roms unterstanden. Dieser Anspruch wurde selbst dann noch aufrechterhalten, als die römische Herrschaft im Westen im Verlauf des 5. Jahrhunderts weitgehend erodiert war.12 Das Illyricum war also, insbesondere seit der „Reichsteilung“ 395, auf unterschiedlichen Ebenen umstritten. Dazu kam, dass der gesamte Balkanraum ab dem 4. Jahrhundert mit den Folgen der „Völkerwanderung“ konfrontiert war, selbst wenn ab dem 5. Jahrhundert der Westen den Großteil der Belastungen zu tragen hatte. Im 4. und 5. Jahrhundert war der Balkanraum zunächst Ziel gotischer und hunnischer Verbände.13 Die kriegerischen Auseinandersetzungen, ebenso wie die Ansiedlung etwa von Goten als foederati auf dem Gebiet des Oströmischen Reichs (zunächst in Thrakien, später aber vor allem in Pannonien) bedeuteten einen tiefen Einschnitt in das Leben der Bewohner in den Balkanprovinzen, der sich nicht nur in den Schilderungen der literarischen Quellen, sondern auch im archäologischen Befund widerspiegelt. Im späten 5. und 6. Jahrhundert setzte sich diese Entwicklung fort. Selbst wenn sich weiterhin zahlreiche Plünderungen und kriegerische Auseinandersetzungen – ab dem 6. Jahrhundert vor allem im Zusammenhang mit Slawen und Awaren – dokumentieren lassen, die Konstantinopel zeitweise bedrohlich nahekamen, ist aber auch erkennbar, dass die Kaiser ab Anastasios auf diplomatischem und militärischem Weg verstärkt Bemühungen unternahmen, den Balkanraum gegen solche Übergriffe abzusichern.14

12

Für das Vikariat von Thessalonike siehe unten Kap. 4.7.1.

13

Maas (Hg.), The Cambridge Companion to the World of the Age of Attila; Wolfram, Die Goten; Heather, The Goths.

14 Dazu

Haarer, Anastasius I., 104–114; Meier, Anastasios I., 141–148; Sarantis, Military Encounters and Diplomatic Affairs, 761.

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Von Theodosius I. bis Theodosius II. (379 – 450)

4.2

VON THEODOSIUS I. BIS THEODOSIUS II. (379 – 450)

Mit dem plötzlichen Auftauchen der Hunnen15 und den damit verbundenen Turbulenzen sollten sich die römischen Beziehungen zu den Terwingen und anderen gotischen Verbänden grundlegend verändern. Die umfangreichen militärischen und administrativen Reformen vor allem seit dem 3. Jahrhundert, begonnen zum Teil auch schon unter den Severern, hatten dazu geführt, die kaiserliche Herrschaft wieder zu stabilisieren, was sich vor allem im Osten deutlich auch auf die wirtschaftliche Situation auswirkte. Für das 4. und 5. Jahrhundert lassen sich dort trotz der strukturellen Probleme Zeichen für wachsende Prosperität finden.16 Doch ab dem 4. Jahrhundert hatten vor allem die politischen Umwälzungen an der nördlichen Reichsgrenze auf das Leben in den Balkanprovinzen gravierende Auswirkungen. Die Entstehung eines hunnischen Machtbereichs zunächst in den Steppen nördlich des Schwarzen Meeres, seit dem frühen 5. Jahrhundert zunehmend entlang der Donau nach Westen expandierend, drängte gotische Verbände (Terwingen und Greutungen) dazu, ab 376 um die Aufnahme ins Reich zu bitten. 17 15

Über die Herkunft der Hunnen liefern die spätantiken literarischen Quellen wenig Konkretes; vielmehr betonen sie die Fremdheit und das Unvermittelte. Sie machen damit ihr Auftauchen zu einem Schlüsselmoment für die Katastrophen, die in den Jahrzehnten darauf folgen sollten, und geben der als unübersichtlich wahrgenommenen Umbruchphase zumindest insofern eine Form (Barbaren und „Königsskythen“, die völlig unvermittelt die „barbarische“ Welt jenseits der Donaugrenze durcheinanderwirbeln, – u. a. – bei Amm. 31,2,1; Eunap. frg. 41 [Blockley]; Zos. 4,20,3–4 [Paschoud]; als apokalyptisches Volk bei Oros. 7,33,10; Hieron. epist. 77,8). Siehe zur Diskussion der spätantiken Erklärungsversuche für das Phänomen „Hunnen“ Pohl, Hunnen. Zu den Ansätzen in der modernen Forschung v. a. Stickler, Die Hunnen (historisch); Schmauder, Die Hunnen (archäologisch). Ansonsten immer noch grundlegend Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, sowie (in Teilen veraltet) Thompson, A History of Attila and the Huns; dazu außerdem de la Vaissière, Huns et Xiongnu; ders., The Steppe World and the Rise of the Huns; Heather, The Huns and the End of the Roman Empire in Western Europe; Atwood, Huns and Xiōngnú. Vielfach spekulative und problematische Thesen finden sich bei Kim, The Huns, Rome and the Birth of Europe. Hilfreiche Einführungen finden sich in jüngeren Attila-Biographien: Wirth, Attila. Das Hunnenreich und Europa; Kelly, Attila the Hun. Barbarian Terror and the Fall of the Roman Empire; Rosen, Attila. Der Schrecken der Welt (nur bedingt nützlich). Erkennen lässt sich aus den Quellen das Bild eines mobilen Kriegerverbandes, der sich aus zahlreichen einzelnen Gruppen zusammensetzte, ohne eine übergreifende Identität auszuprägen. Zusammenhalt der einzelnen Gruppen ebenso wie Hierarchien innerhalb des Verbandes wurden vielmehr durch den dauerhaften Zufluss von erbeuteten Gütern sichergestellt (Stickler, Die Hunnen, 77).

16

Das gilt neben den Zerstörungshorizonten auch für den Balkanraum. Daraus ergibt sich bisher kein eindeutiges Bild; archäologisch ist die Region allerdings auch noch nicht vollständig erschlossen.

17

Heather, Goths and Huns, 503. Siehe außerdem Batty, Rome and the Nomads, für die Auswirkungen, die die Entstehung hunnischer Machtbereiche im Schwarzmeer- und Donauraum auf bisher dort siedelnde gotische Verbände hatte. Heather zufolge lag der unmittelbare Einflussbereich der Hunnen in den 370er Jahren noch nicht unmittelbar an der nördlichen Grenze des Römischen Reichs, sondern weiter östlich, so dass die Verdrängung der Terwingen und Greutungen und die Entstehung neuer Machtbereiche nördlich und östlich der Reichsgrenze nur mittelbar auf die Hunnen zurückzuführen seien (Heather, The Huns and the End of the Roman Empire in Western Europe, 110; ders., Der Untergang des Römischen Weltreichs, 182–184; vs. Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 52–59). Zur Černjachov-Kultur, die in der Regel als gotisch (greutungisch) identifiziert wird, siehe Bierbrauer, Archäologie und Geschichte der Goten; Heather/Matthews, The Goths in the Fourth Century, 47–95; Heather, Invasion der Barbaren, 118–121; Ioniţă, Sântana-de-Mureş-Černjachov-Kultur; Kulikowski, Die Goten vor Rom, 68–70, 92–94; Todd, Die Zeit der Völkerwanderung, 101–104. Der literarische und archäologische Befund zum Ende der Černjachov-Kultur wird ausführlich diskutiert bei Bierbrauer, Archäologie und Geschichte der Goten, 117–133; ders., Zur chronologischen und regionalen Gliederung des ostgermanischen Fundstoffs des 5. Jahrhunderts in Südosteuropa. Vgl. auch für die Vorgeschichte dieser Völkerbewegungen oben Kap. 2.4.6. Erstmals sind die Terwingen als eigenständige Gruppe 291 belegt (als „pars alia Gothorum“ in: Paneg. Lat. III [XI],17,1), die anderen gotischen Verbände namentlich erst im Verlauf des 4. Jh.s: Not. Dig. or. 5,20; 5,61; 6,20; 6,

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4.2 .1 Adrianopel und die Folgen Ammian zufolge erschienen im Sommer dieses Jahres etwa 200.000 Flüchtlinge – Männer, Frauen und Kinder – an der Donaugrenze des Imperium Romanum. Selbst wenn diese Angaben nicht wörtlich zu verstehen sind, drücken sie zumindest aus, dass es sich um einen sehr großen Flüchtlingsstrom, weit außerhalb des Üblichen, gehandelt haben muss.18 Das Verhalten römischer Amtsträger und die Tatsache, dass Valens zunächst unabkömmlich war, weil er in Armenien in einen Krieg verwickelt war und daher die Mehrzahl seiner mobilen Truppen erst zwei Jahre später auf dem neu entstandenen Krisenherd auf dem Balkan einsetzen konnte, führte dazu, dass sich Terwingen und Greutungen, von denen anfangs nur den Terwingen die Ansiedlung auf Reichsgebiet gewährt worden war, zusammenschlossen. Die Folge war ein Aufstand, der am 9. August 378 in einer für die römische Seite verheerenden Niederlage in der Schlacht von Adrianopel (Edirne) endete: Valens fiel (die genauen Umstände seines Todes sind unklar)19 mit zwei Dritteln des römischen Ostheeres. Von den übrigen Verlusten konnte sich das Römische Reich in den kommenden Jahren nur langsam erholen.20 Hinzu kam, dass in der Folgezeit die siegreichen gotischen Verbände plündernd über den Balkan bis vor die Tore Konstantinopels zogen.21 Während Theodosius I. (379 – 395) als neuer Herrscher ab 379 im Osten zunächst vor die Herausforderung gestellt war, ein neues Heer aufzustellen, machten sich die Goten aus Mangel an Nahrungsmitteln von Thrakien, wo sie eine Zeit lang umhergezogen waren, auf den Weg in Richtung Westen (Dacia und Moesia prima). Weil sich auch dort die Versorgungslage nicht entscheidend besserte, teilten sie sich 380. Eine greutungische Gruppe, die auch Alanen und Hunnen umfasste,

61 (Vesi = Tervingi); Amm. 27,5,6; 31,3,1 (Greuthungi); Claudian. in Eutr. 2,152 (Ostrogothi). Dazu Wolfram, Die Goten, 34, 382 (Anm. 1 – 5). 18

Amm. 31,2,12; 3,1–8. Zu den Zahlen siehe auch Heather, The Huns and Barbarian Europe, 213. Zu den Auswirkungen der hunnischen Expansion auf die gotischen Siedlungsstrukturen Bierbrauer, Archäologie und Geschichte der Goten, 120. Umstritten ist, ob sich die Goten daraufhin den Hunnen unterwarfen oder ob doch Teile von ihnen weiterzogen und wohin (dazu ebd., 134–140). Zur sprachlichen Differenzierung zwischen Ost- (Osthrogoten) und Westgoten (Visigothen) Wolfram, Die Goten, 34–36. Zur Problematik solcher (Fremd-)Bezeichnungen siehe u. a. Pohl, Die Namen der Barbaren.

19

Über den Tod des Valens kursierten verschiedene Gerüchte. In den antiken Darstellungen lassen sich zwei Versionen erkennen: In einer Version soll der Kaiser, während er noch unter einfachen Soldaten kämpfte, obwohl die Niederlage nicht mehr aufzuhalten war, von einem Pfeil tödlich getroffen worden sein. Einer anderen Version zufolge soll er schwer verwundet von Leibwächtern und Eunuchen in ein Bauernhaus gebracht worden sein, das jedoch von Goten – in Unkenntnis, wer sich in dem Gebäude aufhielt – in Brand gesetzt worden sei (vgl. u. a. Amm. 31,13,12–17; Oros. 7,33,15; Ambros. fid. 2,16,141; Sokr. 4,38,8–11; Iord. Get. 138; zur ersten Version zeitnah auch Lib. or. 24,3–4 p. 2,515–516).

20

Zu den Verlusten zählten hochrangige Offiziere wie auch 16 komplette Einheiten. Die schon vor der Schlacht virulenten Rekrutierungsprobleme (die die Entscheidung des Valens, den Goten Zugang in das Imperium Romanum zu gewähren, mit beeinflusst hatten) wurden damit noch brisanter. Kompensieren konnte man die Verluste offenbar nur, indem man Einheiten aus dem Osten auf den Balkan verlegte und zudem die Rekrutierungsbasis erheblich ausweitete. Zu den Problemen, mit denen sich Theodosius I. bei der Neuaufstellung des Heeres nach der Schlacht von Adrianopel konfrontiert sah, Leppin, Truppenergänzungen in einer außergewöhnlichen Situation.

21

Amm. 31,16,5–6; Eunap. frg. 42, Z. 81–86 [Blockley].

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Von Theodosius I. bis Theodosius II. (379 – 450)

zog unter Alatheus und Saphrax nach Pannonien,22 die Terwingen unter Fritigern bewegten sich dagegen auf Theodosius zu. Nachdem Theodosius gegen die Terwingen erneut unterlegen war, schlugen die zu Hilfe geeilten Truppen Gratians immerhin Fritigern östlich des Illyricum und erzwangen ein Abkommen. Der Vertrag (Foedus), den Theodosius schließlich 382 abschloss, spiegelt die in vielen Kriegsjahren gewonnene Erkenntnis, dass das römische Heer zu dem Zeitpunkt nicht in der Lage war, die Goten entscheidend zurückzudrängen.23 Die inhaltlichen Bestimmungen des Vertrags sind in der Forschung ebenso umstritten wie die Konsequenzen. Geschuldet ist das im Wesentlichen der schwierigen Quellenlage. Bereits die Balkankriege des Theodosius in den drei vorangegangenen Jahren sind in ihren Details äußerst undurchsichtig. Das trifft ebenso auf die Beendigung der Kämpfe zu. Dass das Ende der Auseinandersetzungen aber in vertraglicher Form geregelt wurde, scheint relativ sicher; in seinen inhaltlichen Bestimmungen war das Foedus insofern ein Novum, als erstmals einem barbarischen Verband eine teilautonome Stellung auf römischem Territorium gewährt wurde.24 Im Ergebnis wurde den Goten Land, das sich zur Bewirtschaftung eignete, auf römischem Gebiet zwischen Donau und Balkangebirge (Haemus), im Norden der Diözesen Dacia und Thracia, zugewiesen. Dieses bekamen sie zwar nicht als Eigentum, aber doch als steuerfreien Besitz. Darüber hinaus erhielten sie Jahrgelder in unbekannter Höhe. Außerdem wurde ihnen garantiert, die eigenen Gesetze beibehalten zu können. Im Gegenzug verpflichteten sich die Goten, Kontingente für das römische Heer bereitzustellen – eine Strategie, auf die man auch bei anderen Gruppen im 5. und 6. Jahrhundert immer wieder zurückgriff, um die Kontrolle einzelner Gebiete zu gewährleisten oder Kriege zu führen.25 Ob die Goten römischen duces unterstellt waren oder weitgehend eigenständig blieben, lässt sich anhand der verfügbaren Quellen nicht eindeutig klären, doch ist

22

Wolfram, Die Goten, 127 zur Alatheus-Saphrax-Gruppe und ihren Bewegungen; dazu auch Bierbrauer, Zur archäologischen Nachweisbarkeit der „Alatheus-Safrax-Gruppe“ in Pannonien. Heather, The Goths, Kap. 5, geht dagegen davon aus, dass Pannonien kaum betroffen war.

23

Zu den Balkankriegen unter Theodosius I. siehe Errington, Theodosius and the Goths; Heather, Goths and Romans, 147–156; Kulikowski, Die Goten vor Rom, 152f.; Wolfram, Die Goten, 138f. Zu den foederati Heather, Foedera and foederati in the Fourth Century.

24

In den Consularia Constantinopolitana wird für den 3. Oktober 382 verzeichnet, dass sich die „gesamte gens der Goten“ („universa gens Gothorum“) ergeben habe (Cons. Const. ad ann. 382,2 p. 48 [Becker/Nickbakht]). Die Reichweite des Vertrags ist in der Forschung umstritten. Vielfach wurde er als Beginn des Auflösungsprozesses des Imperium Romanum gedeutet: als Vorbild für spätere Ansiedlungsverträge, die verschiedenen Verbänden Regionen überließen, für deren Kontrolle das Römische Reich nicht mehr die nötigen Ressourcen aufbringen konnte und aus denen sich später unabhängige politische Gebilde entwickelten. Vgl. dazu etwa Martin, Spätantike und Völkerwanderung, 36. Die Kritik richtet sich nicht nur gegen die Zuschreibung solch weitreichender Zusammenhänge, sondern auch gegen die Annahme, dass sich die genauen Bestimmungen eines Vertrags mit den Goten aus der Quellenlage sicher rekonstruieren lassen. Vgl. dazu Kulikowski, Die Goten vor Rom, 154. Ferner u. a. Halsall, Barbarian Migrations, 182–185; Heather, Goths and Romans, 158–165.

25

Das zeigt sich auch im archäologischen Befund: Die Verwendung von im Barbaricum gebräuchlichen Waffen im römischen Kontext deutet entweder auf die Übernahme von Waffen oder Techniken oder auf foederati/Verbündete im römischen Heer; dazu Kazanski, Barbarian Military Equipment.

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letzteres wahrscheinlich.26 Die weitreichenden Zugeständnisse markierten keine grundsätzliche Veränderung der römischen Strategie gegenüber barbarischen Verbänden; vielmehr waren sie der aktuellen Situation geschuldet, in der sich das Römische Reich nicht in der Lage sah, die Goten entscheidend zu besiegen.27 Dennoch war diese Art des Umgangs mit der kritischen Situation neu und schuf langfristig letztlich die Rahmenbedingungen dafür, dass sich von der römischen Herrschaft unabhängige politische Strukturen innerhalb des römischen Herrschaftsraumes (wie es in den 390er Jahren unter Alarich dann geschah) etablieren konnten. Eine Verwirklichung der von Themistius geäußerten Hoffnung, dass die Goten irgendwann in der römischen Bevölkerung der Balkanprovinzen aufgehen würden, dürfte mit diesen Vereinbarungen wohl weniger angestrebt worden sein; sie war wahrscheinlich auch eher rhetorischer Natur.28 In den Bürgerkriegen der folgenden Jahre sollte sich der Vertrag für den Kaiser als äußerst wertvoll erweisen, konnte er doch 388 gegen den Usurpator Maximus größere gotische Kontingente mobilisieren und ab 392/393 gegen Eugenius und Arbogast erneut auf diese zurückgreifen.29 Vor allem die großen Verluste, die die Goten in der Schlacht am Frigidus (im heutigen Slowenien) 394 hinnehmen mussten, führten jedoch nach ihrer von Stilicho erzwungenen Rückkehr auf den Balkan (395) in den folgenden Jahren zu Unruhen.30 Bis zum Tod des Theodosius I. (395) hielt das Bündnis trotz diverser Belastungsproben, zu denen auch Übergriffe auf Goten in einigen römischen Städten zählten.31

26 Vgl.

Halsall, Barbarian Migrations, 191; Heather, Goths and Romans, 158–165 für die Inhalte des Vertrags, 160–165 für den Dienst im römischen Heer.

27

Dazu Oros. 7,34,6–7; Them. or. 16 [Downey]; Synes. regn. 14–15; 19–22; Lib. or. 19,16 p. 2,391–392; Iord. Get. 145. Die Bestimmungen bedeuteten nicht, dass die Goten damit in der Bevölkerung des Römischen Reiches aufgingen. Vielmehr wahrten sie weitgehende Autonomie. Auch die Quellen zählen sie weiterhin zu den „fremden Völkern“ (Paneg. Lat. 12,22,3–5; Synes. regn. 19–21). Ähnlich auch Themistius, der dazu im Januar 383 schreibt: „Nicht wir waren die ersten, denen es begegnet ist, daß die, die sich vergangen hatten, Verzeihung erlangt haben und danach denjenigen, an denen sie sich vergangen hatten, nützlich wurden. Seht euch vielmehr die Galater [gemeint sind hier die im 3. Jh. v. Chr. ins zentrale Kleinasien zugewanderten Keltengruppen; s. o. Kap. 2.1.3] hier am Schwarzen Meer an! Sie kamen freilich unter dem Gesetz des Krieges nach Asien, vertrieben, was diesseits des Halys lebte, und siedelten sich hier an, wo sie auch jetzt noch wohnen. Weder Pompeius noch Lucullus vernichtete sie, obwohl es ihnen gut möglich gewesen wäre, auch nicht Augustus und seine Nachfolger, sondern sie verziehen ihnen ihr Unrecht und integrierten sie in das Römische Reich. Keiner würde wohl heute noch die Galater als Barbaren bezeichnen, sondern vielmehr als wahrhafte Römer. Zwar ist ihnen ihr alter Name geblieben, aber ihr Leben hat sich angeglichen. Sie zahlen Steuer wie wir, leisten Militärdienst wie wir, bekommen Beamte genauso wie die anderen und gehorchen denselben Gesetzen. Dies werden wir auch bald bei den Skythen [Goten] sehen können. Noch sind zwar ihre Untaten ganz frisch, bald aber werden wir sie als Gäste beim Trank und beim Essen empfangen, sie werden in gleicher Weise im Heer dienen und Leistungen für den Staat erbringen. Wären sie von Grund auf vernichtet worden, hätten wir außer den Thrakern auch noch die Skythen verloren.“ (Them. or. 16,211c–d [Übers. Leppin/Portmann]). In diesem Sinn zur Situationsgebundenheit und Autonomie: Heather, Liar in Winter, 204, 211. Dagegen Halsall, Barbarian Migrations, 180–184; Kulikowski, Nation versus Army. Zum Vertrag siehe außerdem u. a. Wolfram, Die dauerhafte Ansiedlung der Goten, 18.

28

Them. or. 14–16 [Downey]. Zur Rolle des Themistius unter Theodosius und als Quelle für die römische Politik gegenüber den Goten im Jahr 382: Heather, Liar in Winter, bes. 203–205.

29

Zos. 4,58; Ioh. Antioch. fr. 187; Oros. 7,37,19. Dazu Christie, From the Danube to the Po, 553.

30

Eunap. frg. 55 [Blockley]; Zos. 4,45,3; 48–49.

31

Zos. 4,40. Außerdem Eunap. frg. 59 [Blockley]; Zos. 4,56,1–4,57,1.

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4.2 .2 Auswirkungen auf das Illyricum Gleichzeitig erfassten die Geschehnisse in den Balkanprovinzen zunehmend auch den Westen des Imperium Romanum, als große Teile der Greutungen und Terwingen, vereinigt unter der Führung Alarichs, aus dem Illyricum über Noricum nach Italien zogen (erstmals 402). Mit dem Tod des Theodosius I. hatte sich die Lage für die Goten verändert. Die vertraglichen Bestimmungen wurden von Arcadius offenbar nicht anerkannt. Damit aber war die Versorgung von Alarichs Heer, das inzwischen auf dem Balkan aktiv war, unsicher geworden. Hinzu kam, dass Alarich auch in den Machtkämpfen zwischen Konstantinopel und Rom und am Kaiserhof in Konstantinopel selbst von Rufinus, dem Praefectus praetorio per Orientem und faktischen Regenten im römischen Osten, eine – ungewollte – Rolle spielte. Ob Alarich, dessen Goten bis vor Konstantinopel gezogen waren und das direkte Umland der Hauptstadt geplündert hatten, wirklich von Rufinus bestochen wurde, um mit dem Illyricum in jene Region zu ziehen, auf die Stilicho für den Westen Ansprüche erhob, ist nicht sicher. Das Ergebnis war aber, dass Alarich nach der Ermordung des Rufinus (395) in den kommenden Jahren in Griechenland, das in den 390er Jahren ohnehin schon von diversen Unruhen (so z. B. das Massaker von Thessalonike 390)32 erschüttert worden war, erheblichen Schaden anrichtete – zumindest ist dies das Bild, das Claudian von Alarichs Goten zeichnet.33 397 musste Stilicho seine Bemühungen aufgeben, die Goten zurückzudrängen und die illyrischen Gebiete für den Westen zu gewinnen. Die Goten erhielten daraufhin von Konstantinopel die Erlaubnis, nach Epirus vetus und Epirus nova zu ziehen. Außerdem wurde Alarich zum Oberbefehlshaber für das Illyricum (Magister militum per Illyricum) ernannt.34 Warum Alarich 401 das Illyricum verließ, um Richtung Italien zu ziehen, ist – wie viele Details zu diesen Jahren – umstritten. Möglicherweise hing die Entscheidung mit dem Sturz des gotischen Heermeisters Gaïnas in Konstantinopel (400) zusammen. Diskutiert wird aber auch, dass Konstantinopel 399/400 Pannonien an den Westen zurückgab und Alarichs Position damit prekär geworden war.35 Bis 405 kehrten die Goten unter Alarich aus Italien, wahrscheinlich in Absprache mit der inzwischen in Ravenna ansässigen Regierung des Westreiches,36 noch einmal nach Pannonien zurück. Auch dieses Mal wurde Alarich ein offizieller Titel verliehen, um den Konflikt zu

32 Dazu 33

Leppin, Theodosius der Große, 153.

Claudian. in Eutr. 2,211–218; Claudian. b. Get. 535–541. Zu einer Rekonstruktion der Ereignisse Halsall, Barbarian Migrations, 194f.; Burns, Barbarians within the Gates of Rome, 147–156. Archäologischer Befund: Robertson Brown, Banditry or Catastrophe? (relativierend); Chrysos, „Haben die Barbaren die Nationalgötter Griechenlands zerstört?“.

34 Vgl.

Halsall, Barbarian Migrations, 200; Wilkes, The Archaeology of War, 748. Zu einer detallierten Rekonstruktion der Ereignisse auf Basis der schwierigen Quellenlage Cameron, Claudian, 93–123; Meier, Alarich I.

35

Halsall, Barbarian Migrations, 201, lässt die Entscheidung offen. Die Rückgabe Pannoniens wird von Burns, Barbarians within the Gates of Rome, 166–178, in die Diskussion eingebracht. Heather, Goths and Romans, 206 dazu: „The full story of Alaric’s expulsion from the east is irrecoverable, but, given no indication to the contrary, the treaty of 397 probably lasted until Eutropius’ fall in August 399.“

36

Zos. 5,26; Olympiod. frg. 1,2; 5,2 [Blockley]; Oros. 7,38,2; Zos. 29.

HGSOE, Bd. 1

369

Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

entschärfen.37 Um die Probleme zu lösen, versagte die Strategie jedoch auch hier letztlich. Alarich wurde damit zwar in die Verwaltung des Reichs integriert, die Auseinandersetzungen zwischen Ost- und Westrom schufen aber ständig neue Interessenlagen, die sich einmal mehr insbesondere auf die Situation im zwischen beiden Reichshälften umstrittenen Illyricum auswirkten. Entsprechend konnten solche Maßnahmen nur kurzfristig verhindern, dass gotische Verbände nach Italien drängten. 405 zog Radagaisus mit seinem Heer über Pannonien nach Italien weiter.38 408 erschien dann dort erneut der Alarich-Verband.39 Die unklaren Machtverhältnisse im Balkanraum hatten auf das Leben in den Provinzen entlang der Donau unmittelbaren Einfluss: Wiederholte Überfälle durch gotische Gruppen und kriegerische Auseinandersetzungen machten das Leben dort erheblich unsicherer. Die Kriege betrafen bis in das späte 4./frühe 5. Jahrhundert allerdings zunächst vor allem die Balkanprovinzen. Zwar wurde auch Griechenland von den Veränderungen an der Nordgrenze in Mitleidenschaft gezogen, zumal die Goten bis vor Konstantinopel vordrangen und ab 397 Korinth, Argos und Sparta einnahmen sowie Attika (mit Ausnahme Athens) plünderten, bevor Arcadius ihnen 397 anbot, sich in der Präfektur Illyricum anzusiedeln. Hauptsächlich war aber zunächst das Leben in den grenznahen Balkanprovinzen betroffen. Insbesondere die weiter von Konstantinopel entfernten Gebiete an der Donaugrenze – vor allem Pannonien – litten unter der instabilen Lage und mussten zum Teil deutliche Bevölkerungsverluste hinnehmen oder sahen sich, manifest in der Befestigung von Villen oder dem Rückzug in nahegelegene befestigte Städte, mit deutlich sichtbaren Veränderungen konfrontiert.40 Die Erfahrungen mit den gotischen Verbänden in Griechenland und auf dem Balkan seit den 370er Jahren führten dazu, dass in den folgenden Jahrzehnten die Verteidigung entlang der Donaugrenze reorganisiert und verstärkt wurde. Neben solchen Maßnahmen lässt sich für die Regionen, die Ende des 4. Jahrhunderts von den Plünderungen und Verwüstungen besonders betroffen waren – das gilt vor allem für die Gebiete im nördlichen und mittleren Donauraum –, nachweisen, dass dort die Abgaben zum Teil erheblich reduziert wurden. Über solche Hinweise hinaus allerdings lässt sich – im Vergleich etwa zu den Auswirkungen der Plünderungen durch Vandalen in Sizilien und Italien ab den 440ern – auffallend wenig über die genaue Situation in der Region sagen.41 Das wirft

37

Claudian. Get. 535–540; Oros. 2,3,3; Halsall, Barbarian Migrations, 202–206 zu dem Titel und den damit verbundenen Privilegien.

38

Wolfram, Die Goten, 161; Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs, 231f.

39 Vgl.

Christie, From the Danube to the Po, 553.

40

Unter anderem Heather, Der Untergang des römischen Weltreichs, 226. Eine Ausnahme war Moesia, auch die thrakische Ebene blieb weitgehend, wenn auch nicht völlig, von gotischen Plünderungen verschont und profitierte von der Expansion Konstantinopels. Für den archäologischen Befund zu Nicopolis ad Istrum Poulter, Nicopolis ad Istrum. A Late Roman and Early Byzantine City.

41

Cod. Theod. 15,5,4 vom 22. April 424; Cod. Theod. 11,1,33 vom 10. Oktober 424 (oder Oktober 423) (= Cod. Iust. 10,16,12).

370

HGSOE, Bd. 1

Von Theodosius I. bis Theodosius II. (379 – 450)

zumindest die Frage auf, ob Plünderungen und Verwüstungen durch gotische Verbände wirklich immer einen derart scharfen Einschnitt bedeuteten, wie es die literarischen Quellen suggerieren.42

4.2 .3 D  ie Hunnen im Balkanraum: Auswirkungen hunnischer Einfälle im Balkanraum und Griechenland Mit der Entstehung eines konsolidierten hunnischen Machtgefüges unmittelbar an der Nordgrenze des Römischen Reichs verschärfte sich die Situation allerdings erheblich.43 Dieses Machtgefüge, das sich seit den 420er Jahren für die kommenden drei Jahrzehnte an der Donaugrenze verfestigte, ließ die römische Herrschaft erheblich schneller erodieren als in den Jahrzehnten zuvor, in denen die Region sich immer wieder mit gotischen Verbänden hatte arrangieren müssen. Durch die Entvölkerung ganzer Landstriche hatte sich ein Vakuum eröffnet, in das eingewanderte Gruppen vorstoßen und – insbesondere nach dem Zusammenbruch des Hunnenreiches ab 453 – von der römischen Herrschaft weitgehend unabhängige Strukturen bewahren konnten.44 Auch die in den 420er Jahren neu geschaffene Position des comes foederatorum konnte langfristig nicht dazu beitragen, das Leben in den Provinzen auf eine stabilere Grundlage zu stellen.45 Weitere Unsicherheit brachte die

42

Hinweise für eine solche Einschätzung finden sich nicht nur in der Gesetzgebung (die für die Beurteilung der Lage ein hohes Gewicht hat), sondern auch in literarischen Quellen: So konnte etwa Sozomenos (Soz. 9,6,1) in den 440er Jahren (vor dem Hintergrund der Instabilität, die die hunnischen Einfälle in Thrakien und Moesia verursacht hatten), die Lage – wenn auch mit Blick auf den Herrschaftsantritt Theodosius’ II. panegyrisch überhöht – immer noch folgendermaßen darstellen: „Der Ostteil des Reichs also war von Feinden befreit und wurde in bester Ordnung regiert, zur Überraschung aller, war doch der Herrscher noch jung. Der Westteil dagegen kam durch das Auftreten vieler Usurpationen nicht zur Ruhe.“ [Übers. Hansen]. Dazu Millar, A Greek Roman Empire, 41. Auch der archäologische Befund ist in dieser Hinsicht nicht immer eindeutig zu interpretieren, siehe etwa Robertson Brown, Banditry or Catastrophe?, 79–96; für einen archäologisch nachweisbaren Einbruch in der zweiten Hälfte des 4. Jh.s in Thrakien und Moesien dagegen Poulter, Cataclysm on the Lower Danube, bes. 231, 242f.

43

Heather, The Huns and the End of the Roman Empire in Western Europe, 14–17; Stickler, Die Hunnen, 55–88; Maas, Reversals of Fortune, 3f.: Die Beschreibung der politischen Organisation der Hunnen als primitiv, wie sie sich bei Ammian findet, wird in der aktuellen Forschung zunehmend infrage gestellt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bild, das in der Forschung von den Hunnen gezeichnet wird, insbesondere auch mit dem P. Heathers, bei Kim, The Huns, 43–69; vgl. dazu auch Matthews, The Roman Empire of Ammianus, 333f. Allgemein zu Ammian als Historiker und der Frage, wie sich dessen Spiel mit literarischen Traditionen auf die Darstellung der Hunnen auswirkt, Kelly, Ammianus Marcellinus; Barnes, Ammianus Marcellinus and the Representation of Historical Reality. Siehe zu den Hunnen im vorliegenden Handbuchband unten Teil II, Kap. 2 (Pohl, Barbarische Herrschaftsbildungen in Spätantike und frühbyzantinischer Zeit).

44

Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs, 360f., zum weitgehenden Erlöschen römischen Lebens nördlich des Balkangebirges; Tejral, Das Hunnenreich und die Identitätsfragen der barbarischen „gentes“.

45

Areobindus (PLRE II Ariobindus 2) wird oft als erster namentlich bekannter Amtsträger genannt. Wie zuverlässig die Quellen in dieser Hinsicht sind, ist aber umstritten. Ebenso kontrovers werden auch die Ausdifferenzierung des Amtes sowie Funktion und Status der Amtsträger diskutiert: Dazu Jones, The Later Roman Empire, 665; Haldon, Byzantine Praetorians, 100f.; McMahon, The Foederati, the Phoideratoi, and the Symmachoi of the Late Antique East, 33–36.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

Unzuverlässigkeit einiger im Grenzbereich ansässiger verbündeter Verbände bzw. deren Etablierung von Machtbereichen. Hinzu kam, dass die römische Herrschaft in Pannonien seit dem späten 4. Jahrhundert infolge der Besetzung durch Hunnen und Goten faktisch zusammengebrochen war. Die Region konnte nach 420 nur kurzzeitig wieder ins Reich integriert werden, nachdem Aëtius zur Unterstützung des Usurpators Johannes (Kaiser im Westen von 423 bis 425) hunnische Verbündete von dort zu Hilfe gerufen hatte. Die Situation war aus der unklaren Nachfolge und dreimonatigen Vakanz in Rom nach dem Tod des Honorius entstanden. Theodosius II. erkannte Johannes nicht als Kaiser an, sondern setzte 424 stattdessen Valentinian III. als neuen Augustus im Westen ein. Die Tatsache, dass Theodosius II. die Hunnen – zumindest nach einer umstrittenen Bemerkung des Marcellinus Comes zum Jahr 427 – kurzzeitig aus Pannonien zurückdrängte, lässt sich als Reaktion darauf verstehen, dass Hunnen nach dem Tod des Honorius in der Nachfolgefrage im Westen mitgewirkt hatten.46 Der Fall illustriert jedenfalls erneut, wie labil die Machtverhältnisse im Westen waren und wie sie sich auf das westliche Illyricum auswirkten. Grundsätzlich handelte es sich aber nur um ein kurzzeitiges Eingreifen. Trotz dieses Zwischenspiels und der strategischen Bedeutung der Region als Verbindung zwischen Ost- und Westteil des Reiches – die Route Sirmium/Singidunum nach Aquileia war für militärische Unternehmungen selbst im späten 6. Jahrhundert noch nutzbar – zählte Pannonien seit den 420ern oder 430er Jahren nicht mehr zum Römischen Reich. Damit muss aber, wie Neil Christie und andere betonen, dies nicht zwangsläufig mit der vollständigen Zerstörung provinzialen Lebens und einem unmittelbaren Verlust römischer Infrastruktur einhergegangen sein, zumal die Gebiete auch für die Hunnen und deren Nachfolger wichtig waren, beispielsweise um deren Heere zu unterhalten.47 Außerdem blieben die Kontakte in die Region weiterhin bestehen, weil von oströmischer Seite zum einen immer noch Ansprüche bestanden und

46

Marcell. Com. ad ann. 427,1 p. 76 [Mommsen]: „Pannoniae, quae per quinquaginta annos ab Hunnis retinebantur, a Romanis receptae sunt“ („Pannonien, das über fünfzig Jahre von den Hunnen gehalten wurde, ist von den Römern zurückgeholt worden.“). Iord. Get. 166 behauptet, die Hunnen seien von Römern und Goten aus Pannonien vertrieben worden. Zur Diskussion dieser Nachricht siehe etwa Nagy, Reoccupation of Pannonia from the Huns (Quellenkritik); Croke, Evidence for the Hun Invasion of Thrace, 354; Zecchini, Aezio. L’ultima difesa dell’Occidente Romano, 145f.; Wolfram, Die Goten, 257f.; Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 57f., der deutlich auf die mit der Nachricht verbundenen Unklarheiten hinweist und vermutet, dass Marcellinus übertrieben habe; Wirth, Attila, 43f. („Am wenigsten aber wird man an eine gewaltsame Aktion von Seiten Roms denken dürfen, Byzanz kam dafür ohnehin nicht in Frage“); Schmauder, Die Hunnen, 74. Stickler, Aëtius, 41–43, 106f., vermutet einen innenpolitischen Hintergrund für die Rückkehr der pannonischen Länder in den römischen Herrschaftsbereich (receptio Pannoniarum): Im Zuge der Einsetzung Valentinians III. im Westen sei es 424 zu einer Übereinkunft gekommen, wonach die traditionell zwischen Ost- und Westreich umstrittenen Diözesen Dacia und Macedonia (Ostillyricum) an Konstantinopel abgetreten werden sollten. Die militärischen Kampagnen, die 427 zur Rückeroberung Pannoniens geführt hätten, seien von Felix (dem Mann Konstantinopels im Westen) durchgeführt worden und hätten aus oströmischer Sicht der territorialen Absicherung der neu hinzugewonnenen Gebiete gedient. Várady, Das letzte Jahrhundert Pannoniens, 278–282, vermutet dahinter die Einlösung einer Forderung von hunnischer Seite, die im Zuge der Unterstützung des Usurpators Johannes ausgehandelt worden sei. Dagegen Stickler, Aëtius, 42.

47

Christie, From the Danube to the Po, 553 (zum archäologischen Befund für Pannonien bes. 554–563); dazu auch Tejral, Les fédérés de l’Empire et la formation des royaumes barbares, 139; Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 339–350.

372

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Von Theodosius I. bis Theodosius II. (379 – 450)

zum anderen die Region zur Sicherung der Reichsgrenzen – wenngleich nicht immer mit gleich hoher Priorität – wichtig war.48 Im Jahr 422 fielen die Hunnen unter der Herrschaft Ruas von der ungarischen Steppe aus in Thrakien ein.49 Von römischer Seite hatte man dem zunächst nichts entgegenzusetzen, zumal an der Ostgrenze gegen die Perser Truppen benötigt wurden. So gelang es der hunnischen Seite erstmals, jährliche Zahlungen in Höhe von 350 Pfund Gold zu erpressen.50 Noch schwieriger gestaltete sich die Situation in den 440er Jahren: Während Ostrom ab 441 an der Ostgrenze des Reichs in einen Krieg mit den Persern verwickelt war und sich das oströmische Heer darüber hinaus in Sizilien für einen Vorstoß gegen die Vandalen in Afrika sammelte, so dass die militärischen Ressourcen anderweitig gebunden und auf dem Balkan zunächst nicht verfügbar waren, ergriffen die Hunnen erneut die Initiative. So wurden 441/442 Viminacium (Kostolac) und Naissus (Niš) eingenommen, namentlich werden auch Ratiaria (Arčar), Sirmium (Sremska Mitrovica), Singidunum (Belgrad), Margum (Požarevac – Dubravica – Orašje) und Constantia (in Thrakien) erwähnt – soweit dies aus den verstreuten Quellenberichten rekonstruiert werden kann.51 Eine noch größere Katastrophe für das Oströmische Reich stellten aber die hunnischen Angriffe nur ein paar Jahre später dar: 447 wurde das inzwischen auf dem Balkan zusammengezogene oströmische Heer von Hunnen geschlagen. Die Quellen berichten von verheerenden Verlusten, unter anderem fiel auch der Oberbefehlshaber (Magister militum) Arnegisclus. Nachdem die Hunnen Teile des Heeres beim Fluss Utus (Wit) besiegt und das strategisch wichtige Marcianopolis (Devnja) eingenommen hatten, gelang es Attila, auch noch die letzten militärischen Kontingente auf der Halbinsel der thrakischen Chersonesos (Gallipoli) zu schlagen.52 Danach war der Weg frei bis nach Konstantinopel. Im nordöstlichen Illyricum wurden die meisten der großen römischen Städte und Handelspunkte von den Hunnen eingenommen. In den Quellen finden die Ereignisse ab 441 einen deutlichen Niederschlag, auch wenn es nicht einfach ist, daraus ein klares Bild der Ereignisse

48

Siehe dazu unten Kap. 4.4 u. 4.5; Wozniak, East Rome, Ravenna and Western Illyricum. Zu Pannonien siehe Christie, The Survival of Roman Settlement along the Middle Danube; zu den Auswirkungen des Zusammenbruchs der römischen Herrschaft in Pannonien und insbesondere in der Region um Sirmium Eadie, City and Countryside in Late Roman Pannonia, bes. 33–37.

49

Klar datiert nur in Marcell. Com. ad ann. 422,3 p. 75 [Mommsen], der davon berichtet, dass die Hunnen Thrakien verwüstet hätten. Weitergehende Informationen liefert er jedoch nicht. Vgl. ansonsten Prisk. frg. 2 p. 226 [Blockley]; Theodor. 5,37,4–10. Dazu Croke, Evidence for the Hun Invasion of Thrace, 347–367, für die Rekonstruktion bes. 352.

50

Vgl. Prisk. frg. 2 p. 226 [Mommsen].

51

Zu den hunnischen Angriffen 441/442 und 447 siehe etwa Thompson, A History of Attila and the Huns, 78–86, 90–94 (mittlerweile allerdings v. a. in Datierungsfragen überholt); Stein, Histoire du Bas-Empire, Bd. 1, 291f.; Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 80–93; Croke, Anatolius and Nomus, 159f.; Blockley, East Roman Foreign Policy, 62f.; Wirth, Attila, 58–65, 69–74; Heather, Untergang des römischen Weltreichs, 349–351; Kim, The Huns, 70–73; Kelly, Neither Conquest nor Settlement, bes. 199–102. Die Quellen zu den Ereignissen 441/442 bei Zecchini, Aezio, 260 (Anm. 12 u. 13), 177 (Anm. 34). Zuckerman, L’Empire d’Orient et les Huns, bes. 164–168, glaubt, dass die Kämpfe der Jahre 441/442 und 447 jeweils Höhepunkte eines größeren, zusammenhängenden Krieges waren.

52

Theophan. chron. a.m. 5942 p. I 101 [de Boor].

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

zu rekonstruieren.53 So ist es beispielsweise schwierig, in der Chronik des Theophanes (um 800) die Ereignisse der 440er Jahre genauer zuzuordnen. Die wohl zeitgenössische Chronica Gallica,54 die sich sonst auf die Ereignisse in Gallien konzentriert, erwähnt für das Jahr 447 aber explizit die Zahl von 70 Städten – in der ebenfalls zeitnah entstandenen Vita des Hl. Hypatios sind es sogar 100 –, die die Hunnen auf dem Balkan eingenommen haben sollen. Bereits im Jahr 442 sei Thrakien verwüstet worden, bevor die Hunnen bis nach Mittelgriechenland zu den Thermopylen vorstießen.55 An Aufzählungen dieser Art lässt sich ermessen, welchen Eindruck die hunnischen Erfolge selbst im Westen bei den Zeitgenossen hinterließen. Auf das Leben in der Region hatten die hunnischen Überfälle nachhaltigen Einfluss: ”Their [die Hunnen] presence is generally agreed to mark the end of whatever survived of major cities linked by still passable roads, and a transition to a form of settlement based on fortified towns and fortresses significantly different from the former system.“56 Ruas Nachfolgern Bleda und Attila gelang es mit solchen Angriffen, den Abschluss neuer Verträge (Vertrag von Margum [Požarevac – Dubravica – Orašje] 434/435, Anatolios-Vertrag 447, Anatolios-Nomos-Vertrag 449/450)57 zu erzwingen, in denen festgelegt wurde, die ohnehin schon hohen Zahlungen nochmals zu erhöhen.58 Unter zunehmendem hunnischen Druck verschoben sich auf römischer Seite die Prioritäten. Waren es in den vergangenen Jahrzehnten vor allem gotische 53

Für eine Diskussion (und kritische Auseinandersetzung mit der Darstellung bei Theophanes) vgl. Kim, The Huns, 213f., im Anschluss an Maenchen-Helfen, The World of the Huns, 113 (= Die Welt der Hunnen, 82–86); Kelly, Neither Conquest nor Settlement, 199–203 (dort auch die weiteren Quellenbelege), sowie Blockley, East Roman Foreign Policy, 62–67. Für einen Überblick über die Veränderungen der Beziehungen zwischen Hunnen und Rom in dieser Zeit siehe Kim, The Huns, 43–88.

54 Dazu

Kötter/Scardino (Hg.), Gallische Chroniken.

55

Einfall nach Thrakien: Chron. Gall. a. 452, 130 p. 73 [Scardino/Kötter]; 70 bzw. 100 Städte: ebd., 132, p. 73; Kallinik. vita Hypat. 52 p. 292 [Bartelink]. Beklagt wurde, dass keine Hilfe aus dem Westen entsandt worden sei: Chron. Gall. a. 452, 132 (ebd.). Kall. Vita Hypat., 139, p. 21ff.; Theophan. chron. a.m. 5942 p. I 101 [de Boor]; Marcell. Com. ad ann. 447 p. 82 [Mommsen]; Burgess, Gallic Chronicle, 80; dazu auch Kim, The Huns 70f.

56

Wilkes, The Archaeology of War, 749. Ähnliche Einschätzungen bei Milinković, Stadt oder „Stadt“, 162: „Seit dem Beginn der Romanisierung in [sic] Inneren des Balkans scheint der Hunnensturm der stärkste Einschnitt gewesen zu sein.“ Ähnlich Heather, Der Untergang, 361: „[…] eine beispiellose Katastrophe für das römische Leben auf dem Balkan“. Zum Krieg des Jahres 447 Chon. Gall. a. 452, 132 p. 73 [Scardino/Kötter]; Marcell. Com. ad ann. 447,2 („ingens bellum“); 447,4; 447,5 p. 82 [Mommsen]; Iord. Rom. 331; Chron. Pasch. p. 586,4–5; Kall. Vita Hypat. 52 p. 292–294 [Bartelink] siehe Anm. 56; vgl. Malal. p. 279,45–48 [Thurn]; Thompson, A History of Attila, 90–94; Bóna, Das Hunnenreich, 85–88; Wirth, Attila, 69–74; Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs, 357–362; Zuckerman, L’Empire d’Orient et les Huns; Rosen, Attila, 136–138. Kim, The Huns, 71, hebt die katastrophalen Auswirkungen des Krieges hervor. Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 87–93, vermutet, dass erste Angriffe auf römisches Gebiet zunächst von hunnischen Verbänden ausgingen, die nicht Attilas Kontrolle unterlagen. Aus diesem Grund habe der oströmische Gesandte Senator (PLRE II Senator 4) damals den Seeweg zu Attila wählen müssen (vgl. Prisk. fr. 9,2 p. 236 [Blockley]). Erst als es vor allem über die Flüchtlingsfrage zu erneuten Unstimmigkeiten gekommen sei, habe Attila selbst den Krieg eröffnet (Prisk. fr. 9,1 p. 234 [Blockley]).

57

Anatolios, Magister militum praesentalis, hatte in den vorangehenden Jahren die Truppen im Osten kommandiert und handelte nun als Gesandter den Friedensvertrag mit den Hunnen aus (Prisk. 15,3 p. 296 [Blockley]). Nomos gehörte wie Anatolios zu den hochrangigsten Patriziern und Offizieren (Prisk. frg. 15,3 p. 296f. [Blockley]).

58

Theodor. 5,36,4; Sokr. 7,43. Maas, Reversals of Fortune, 8; Kelly, Neither Conquest nor Settlement, 193–208; Blockley, East Roman Foreign Policy, 60.

374

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Von Theodosius I. bis Theodosius II. (379 – 450)

Verbände gewesen, die als akute Bedrohung wahrgenommen wurden, rückte mit den Hunnen nun die Donaugrenze in den Fokus militärischer und diplomatischer Aktivitäten.59 Neu war, dass nun nicht mehr nur das Leben in unbefestigten Siedlungen auf dem Land durch Plünderungen und Überfälle als gefährlich galt, sondern durch die Hunnen erstmals auch gut befestigte Städte, die den gotischen Angriffen noch hatten standhalten können, eingenommen wurden. Genaue Kenntnisse der Verhältnisse im römischen Osten sowie der technischen und strategischen Voraussetzungen, ebenso der Einsatz römischer Kriegsgefangener (Baumeister, Ingenieure usw.) dürften die Eroberungen erheblich beschleunigt haben.60 Während der 440er Jahre konnten die Hunnen bis zu den Thermopylen vorstoßen; weite Teile des Illyricum und Thrakiens wurden entvölkert, womit die römische Herrschaft an der Donau zwischen Pannonien und Novae (Stăklen bei Svištov) in Moesia secunda faktisch erlosch.61 Archäologisch lassen sich Siedlungsunterbrechungen, die auf das Ende des 4./Anfang des 5. Jahrhunderts datiert werden, sowohl auf dem Land als auch in den Städten im heutigen Serbien und Nordmakedonien nachweisen.62 Allerdings ist noch unklar, erstens wie repräsentativ solche Zerstörungshorizonte für die Region und die Zeit tatsächlich sind und ob sich diese in jedem Fall präzise datieren und einzelnen, in den literarischen Quellen überlieferten Konflikten zuordnen lassen.63 Letztlich mussten sich die römischen Regierungen in dieser Situation zu weitreichenden Zugeständnissen gegenüber Attila bereit erklären. Ob Attila dabei vom Westreich pannonische Gebiete an der Save abgetreten wurden, ist allerdings umstritten. Konstantinopel jedenfalls gestand den Hunnen im Anatolios-Vertrag (447) 6.000 Goldpfund als Kompensation für nicht gezahlte 59 Vgl.

Maas, Reversal of Fortune, 19.

60 Dazu

Eadie, City and Countryside in Late Roman Pannonia, 37; Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs, 351f.; Prisk. frg. 6 p. 230–232 [Blockley].

61

Eine abweichende Einschätzung bei Millar, auch mit Blick auf die ungewöhnliche Situation, dass die lange Herrschaft des Theodosius II. von keinem Usurpator herausgefordert wurde. Damit bestreitet er jedoch nicht die z. T. gravierenden Folgen der hunnischen Überfälle (Millar, A Greek Roman Empire, 82f.). Zu den demographischen und wirtschaftlichen Folgen der hunnischen Überfälle für den Balkanraum siehe Lenski, Captivity among the Barbarians, 232–238. Dass die Beschlüsse des Konzils von Chalkedon (451) 458 vom Ostkaiser Leon I. nicht an die Bischöfe der Moesia prima und Dacia ripensis geschickt wurden, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Bischöfe der Diözese Illyricum nicht anwesend waren: „The bishops of the diocese of Illyricum are striking by their absence: they were under Roman jurisdiction and will not have been willing to sign a letter arguing (in effect) against the pope; we learn from Leo, ep. 117 ([Schwartz] ACO 2,4 p. 70, 10–14) that in 453 Anatolius was again pressing the Illyrican bishops to sign.“ (Price/Gaddis, The Acts of the Council of Chalcedon, 128 [Anm. 81]). Interpretiert als Zeichen dafür, dass zumindest in dieser Zeit – vor dem Hintergrund der Hunnen – der Kontakt zu den Regionen abbrach, bei Milinković, Stadt oder „Stadt“, 161. Die Abwesenheit der Bischöfe dürfte ebenso wie die Tatsache, dass der oströmische Kaiser die Bekanntmachung nicht an die illyrischen Bischöfe schickte, eher damit zusammenhängen, dass diese der Jurisdiktion Roms unterstanden, nicht jedoch mit einem möglichen Abbruch der Kommunikation bedingt durch die hunnischen Einfälle in der Region.

62

So z. B. in Singidunum, Sirmium, Čačak, Stobi, Heracleia Lyncestis (Milinković, Stadt oder „Stadt“, 162). Als mögliches Beispiel für Siedlungskontinuität führt Mihailo Milinković dagegen, nach Popović, (The Fortress of Ras, 294), Pazarište bei Novi Pazar in Südwestserbien an. Poulter, The Use and Abuse of Urbanism in the Danubian Provinces; ders., Nicopolis ad Istrum. A Roman, Late Roman and Early Byzantine City, 34f.; ders., Cataclysm on the Lower Danube, 242–246.

63 Vgl.

Milinković, Stadt oder „Stadt“, 162.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

Tribute, jährliche Zahlungen in Höhe von 2.100 Goldpfund64 sowie die Auslieferung aller Flüchtlinge zu. Darüber hinaus wurden die hunnischen Gebiete auch im Osten klar von den römischen getrennt – durch eine Pufferzone (fünf Tagesreisen breit, ca. 150 km) südlich der Donau von Pannonien bis Novae, die unbewirtschaftet bleiben musste, faktisch aber unter hunnischer Kontrolle stand.65 Für weite Teile der Balkanprovinzen hatte dies zur Folge, dass sie auch in den folgenden Jahren Übergriffen schutzlos ausgeliefert waren.66 Steuereinnahmen aus der Region brachen langfristig massiv ein. Noch Anastasios verfügte in einem Gesetz aus der Zeit um 500 Steuererleichterungen für die thrakische Diözese, „weil die Bauernschaft aufgrund der Barbareneinfälle reduziert ist und die Naturalabgaben nicht ausreichen für die dort stationierten Soldaten“.67

4.2 .4 S  tabilisierungsversuche unter Theodosius II. Dass man von römischer Seite in großem Umfang Befestigungen verstärkte, lässt sich als Reaktion auf das Bedrohungsszenario verstehen. Konstantinopel hatte bereits 413 neue massive Stadtmauern erhalten, die bei einem Erdbeben am 26. Januar 447 beschädigt und angesichts der hunnischen Bedrohung innerhalb weniger Tage repariert wurden.68 In Griechenland wurden am Isthmos von Korinth, den Thermopylen und in Kassandreia im 5. Jahrhundert Wälle errichtet, die den Zugang zur Peloponnes kontrollieren und Invasionen abwehren sollten.69 Außerdem wurde 441 oder 442 die Verwaltung Illyriens von Sirmium ins umfangreich verstärkte Thessalonike verlegt.70 64 Damit

wurden die Zahlungen, die 434/435 im Vertrag von Margum ausgehandelt worden waren, verdreifacht (Prisk. frg. 2,2,15–46 p. 224f. [Blockley]; dazu Pohl, Hunnen, 250f.).

65

Prisk. frg. 9,3 p. 236–240; 11,1 p. 242 [Blockley]. Dazu Stickler, Die Hunnen, 73; Kelly, Neither Conquest nor Settlement, 201; Kim, The Huns, Rome and the Birth of Europe, 72; Pohl, Hunnen, 251; ders., Migrations, Ethnic Groups, and State Building. Außerdem Schwarcz, Die Goten in Pannonien und auf dem Balkan, 51; Demandt, Die Spätantike, 168. Im Anatolios-Nomos-Vertrag 449/450 gab Attila diese Pufferzone freiwillig wieder auf.

66

Kim, The Huns, Rome and the Birth of Europe, 71.

67

Cod. Iust. 10,27,2,10 (ca. 491–505).

68

Asutay-Effenberger, Die Landmauer von Konstantinopel-İstanbul.

69 Dazu

Crow, Fortifications and the Late Roman East, 415; Dinchev, The Fortresses of Thrace and Moesia in the Early Byzantine Period. Die Mauern am Isthmos von Korinth werden auf das frühe 5. Jh. datiert und mit den gotischen Einfällen unter Alarich in den 390er Jahren in Verbindung gebracht: Gregory, Isthmia, Bd. 5; ders., Procopius on Greece, 110–113; Kardulias, From Classical to Byzantine, 57–106.

70

Nov. Iust. 11,94. Dazu Alföldi, Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien, Bd. 2, 92 (bes. Anm. 5). Zu den Auswirkungen auf das Leben im Balkanraum siehe auch Lenski, Captivity among the Barbarians. Insgesamt formten die zahlreichen Überfälle zwischen dem Ende des 4. und der Mitte des 5. Jh.s das provinziale Leben, vor allem in den Grenzregionen des Imperium Romanum, erheblich um und führten dazu, dass die Regionen – und das gilt für den Balkanraum und Griechenland im Besonderen – verstärkt befestigt wurden. Sarantis, Military Encounters and Diplomatic Affairs, 764, spricht in diesem Zusammenhang von „militarised landscape“. Thessalonike beispielsweise erhielt in der Zeit neue massive Stadtmauern. Diese werden üblicherweise auf die Mitte des 5. Jh.s datiert, ein Zusammenhang mit der Verlegung der Verwaltung liegt also nahe. In ihrer Anlage sollten die Mauern

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Von Theodosius I. bis Theodosius II. (379 – 450)

Darüber hinaus versuchte man insbesondere in den späten 440er Jahren auf diplomatischem Wege, die hunnischen Herrschaftsstrukturen zu destabilisieren. Die genauen Maßnahmen sind in den Quellen nur schwer nachzuvollziehen. Im Sommer 449 entsandte Konstantinopel aber jedenfalls eine Delegation mit dem Ziel, die Hunnen wegen ausstehender Zahlungen zu beschwichtigen, und dem geheimen Auftrag, Attila zu ermorden.71 Die Pläne wurden zwar aufgedeckt, die Tatsache, dass man das Risiko eines Attentats einging, um das hunnische Machtgefüge entscheidend zu schwächen, zeugt aber auf oströmischer Seite von guten Kenntnissen über die hunnischen Machtstrukturen.72 Insgesamt scheint man die Vor- und Nachteile in solchen Fällen im Vorfeld genau gegeneinander abgewogen zu haben; mit dem Attentatsversuch auf Attila griff man jedenfalls auf ein Instrument zurück, das in der Spätantike Teil der römischen Strategie im Umgang mit barbarischen Verbänden war.73

Stärke demonstrieren, in dieser Funktion waren sie auch mit den 30 Jahre vorher errichteten theodosianischen Landmauern vergleichbar. Gleichzeitig ist die Architektur der Mauern als Reaktion auf neue militärische Herausforderungen interpretierbar. Denn die Kreuze in der Mauer, die schon von Weitem sichtbar waren, signalisierten, dass die Stadt nicht nur Teil eines christlichen Reiches war, sondern auch von Christus selbst beschützt wurde. Zu dieser Deutung Crow, Fortifications and Urbanism in Late Antiquity, 94–98, bes. 96. 71

Prisk. frg. 11,1 p. 244f.; 11,2,1–24 p. 246; 11,2,205–221 p. 256 [Blockley].

72 Vgl.

Meier, Dealing with Non-State Societies.

73 Dazu Lee, Abduction and Assassination, 13–23, bes. 22; Meier, Dealing with Non-State Societies; zur Diplomatie

Nechaeva, Embassies, Negotiations, Gifts; Sarantis, Eastern Roman Management of Barbarian States, 55–61; Blockley, East Roman Foreign Policy, bes. 129–163.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

4 .3

VON MARKIAN BIS ZENON (450 – 491)

Nach dem Tod Attilas 453 zerfiel das hunnische Reich rasch. Für die kommenden Jahre ist die Überlieferungssituation insgesamt mit den Darstellungen bei Jordanes und Malchos wieder deutlich besser. Allerdings sind die Ereignisse für Pannonien nur schwer im Detail rekonstruierbar, weil die Quellenlage zu dieser Region weiterhin dünn bleibt und zudem die Situation nach dem Zusammenbruch des Attila-Reiches unübersichtlich war und es auf Jahre hinaus blieb. Aus Jordanes, dessen Fokus auf der Geschichte der Goten liegt, und wenigen, überdies schwer einzuordnenden Hinweisen bei Priskos und Marcellinus Comes lässt sich keine einheitliche, durchgängige Darstellung entwickeln, da die Texte nur punktuelle Einblicke bieten.74 Erkennen lässt sich aber, dass der Zerfall des Attila-Reiches dazu führte, dass sich verschiedene Verbände, die bereits vorher unter hunnischer Herrschaft in der Region gesiedelt hatten und nach dem Zusammenbruch des Attila-Reiches frei geworden waren, gegen Attilas Söhne zusammenschlossen und in der Schlacht am Nedao (vielleicht im heutigen Slowenien oder Kroatien, eine genaue Lokalisierung ist nicht möglich) in Pannonien 454 oder 455 einen entscheidenden Sieg gegen die Hunnen und mit ihnen verbündete Gruppen errangen. Wie genau sich die Koalitionen zusammensetzten, ist im Bericht des Jordanes nicht eindeutig erkennbar. Deutlich wird aber, dass ein Verbund von Gepiden, Suevi/ Suebi, Herulern und anderen Gruppen, angeführt von dem gepidischen König Ardarich, siegreich war, während Hunnen und die Mehrheit hunnischer Goten auf der Verliererseite standen.75 Für die Balkanprovinzen änderte die neue Lage nichts an der permanenten Bedrohung, sie führte aber zu einer grundsätzlichen Neuordnung der politischen Landschaft jenseits von Donau und Save in den Jahren nach 455. In das Vakuum, das mit dem endgültigen Zusammenbruch der hunnischen Herrschaft im Westillyricum entstanden war, stießen in den kommenden Jahrzehnten an der Donau- und Savegrenze unterschiedliche rivalisierende Gruppen wie Ostgoten (zunächst Pannonien, dann Griechenland),76 Heruler,77 Gepiden,78 Sarmaten, Rugier (in der Gegend um Arkadiopolis [Bergule/Lüleburgaz] in Ostthrakien), Skiren (Scythia minor und Moesia inferior),

74

Dietz, Schriftquellen zur Völkerwanderungszeit im pannonischen Raum (von 378 – 584 n. Chr.). Zu den Quellen (Jordanes, Priskos von Panium, Malchos von Philadelphia, Johannes von Antiocheia, Marcellinus Comes, Malalas, Theophanes) vgl. auch Heather, Goths and Romans, 230–239. Dazu Blockley, The Development of Greek Historiography. Zu Malchos und den Goten Wiemer, Kaiserkritik und Gotenbild im Geschichtswerk des Malchos von Philadelpheia; zu Priskos Baldwin, Priscus of Panium. Zum Charakter der gotischen Verbände in der Zeit Wiemer, Die Goten in Italien, sowie jetzt ders., Theoderich der Große, 108–132. Dagegen die Darstellung bei Schwarcz, Die Goten in Pannonien und auf dem Balkan, der in seiner Darstellung der älteren Forschung folgt. Dazu auch Iord. Get. 268 und 282. Darüber hinaus zu dem Thema u. a. Bierbrauer, Zum pannonischen Ostgotenreich (456/457–473) aus archäologischer Sicht; Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs, 405–408; ders., Goths and Romans, 240–308; für die Rekonstruktion bis ins 6. Jh.: Pohl, Die Gepiden, 264–273.

75 Dazu

Pohl, Die Gepiden, 254–262. Für Pannonien siehe Christie, The Survival of Roman Settlement along the Middle Danube; Alföldi, Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien, Bd. 2, 57–104.

76

Zu den Ostgoten Moorhead, Theoderic in Italy; zuletzt Arnold/Bjonrlie/Sessa (Hgg.), A Companion to Ostrogothic Italy; Wiemer, Theoderich der Große.

77

Zu den Herulern siehe Steinacher, The Heruls; ders., Rom und die Barbaren.

78

Siehe dazu Anm. 81, 105 u. 111.

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Von Markian bis Zenon (450 – 491)

hunnische Gruppen und (ab dem frühen 6. Jh.) Langobarden79 vor. Weiter östlich stiegen bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts die Awaren zur dominierenden Macht auf.80 Insgesamt wurde die Lage im Balkanraum, einschließlich Griechenlands, mit den unterschiedlichen Verbänden, die um die Kontrolle insbesondere der Grenzregionen in Pannonien konkurrierten, damit deutlich unübersichtlicher – auch wenn Ostrom über Ansiedlungen und Föderatenverträge (u. a. mit den Gepiden) neue Stabilität zu schaffen versuchte. Die militärische Expedition des dem Ostkaiser Markian (450 – 457) als Usurpator geltenden Westkaisers Avitus (455 – 456) im Herbst 455, als solche nur bei Sidonius Apollinaris belegt, galt wohl noch der Rückgewinnung der an die Hunnen übergegangenen Savia und eventuell der Pannonia prima. Durchschlagender Erfolg war dem Unternehmen aber nicht beschert, so dass das nordwestliche Illyricum unter Gepiden und Suevi weiter außerhalb des Römischen Reichs verblieb. Im Nordwesten etablierten sich in den Jahrzehnten nach dem Zusammenbruch der hunnischen Herrschaft die Heruler. Der Nordosten Pannoniens blieb weitgehend unbesiedelt.81 Die Quellen berichten für Pannonien vereinzelt von städtischem Leben. Darüber aber, wie sich die Bevölkerung im Einzelnen zusammensetzte und wie das Leben in der Region organisiert war, fehlen Informationen. Archäologische Funde etwa in Gorsium (Tác), Sopianae (Pécs) und Keszthely-Fenékpuzsta weisen auf die Existenz christlichen und wohl auch römischen Lebens bis ins 6. Jahrhundert hin, insgesamt ist es aber schwer, ethnische und religiöse Gruppen klar voneinander zu trennen, weil davon auszugehen ist, dass sich die Bevölkerung der Balkanprovinzen inzwischen aus unterschiedlichsten Gruppen barbarischer und römischer Herkunft zusammensetzte.82 Die Donau und die Save stellten durch die weiterhin aufrechterhaltenen römischen Ansprüche auf die Gebiete in Pannonien zwar die nördliche Reichsgrenze dar, faktisch wurde die Region aber nur indirekt durch Föderatenverträge gesichert. Darüber hinaus konzentrierte man sich von oströmischer Seite darauf, entweder auf diplomatischem Weg die Verbände gegeneinander auszuspielen

79

Pohl, The Empire and the Lombards.

80

Theophan. chron. a.m. 6050 p. I 232 [de Boor]; Malal. 489. Erstmals innerhalb des byzantinischen/oströmischen Reiches werden die Awaren Ende 557/Anfang 558 erwähnt (zur Datierung Pohl, Die Awaren, 339), im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Bündnisses mit Justinian I., das ihnen Zahlungen aus Konstantinopel gewährte und erlaubte, an der Nordgrenze des Reichs ihre Herrschaft zu festigen. In den Quellen werden sie, ebenso wie die Bulgaren, oft auch als „Hunnen“ bezeichnet (Pohl, Die Awaren, 4). Siehe zu den Awaren ebenso unten in Teil II den Handbuchbeitrag von Walter Pohl: Kap.  2.3. Zu Rugiern und Gepiden siehe Steinacher, Rom und die Barbaren.

81

Christie, The Survival of Roman Settlement along the Middle Danube, 328.

82

Sarantis, The Justinianic Herules, 383: „The distinction between barbarian and Roman in such areas was not at all clear-cut.“ Dazu Pohl/Reimitz (Hgg.), Strategies of Distinction; Mathisen, Provinciales, Gentiles, and Marriages between Romans and Barbarians; Greatrex, Roman Identity in the Sixth Century. Zum archäologischen Befund in Pannonien Christie, The Survival of Roman Settlement along the Middle Danube, 326; außerdem Bratož, Die Auswanderung der Bevölkerung aus den pannonischen Provinzen während des 5. und 6. Jahrhunderts. Zum Leben in den Grenzzonen in Pannonien siehe die Beiträge in Vida (Hg.), The Frontier World. Zum städtischen Leben in Pannonien bzw. den angrenzenden Gebieten in Noricum siehe Eugippius, Vita Severini 2.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

oder in einzelnen militärischen Initiativen in die dortigen Machtkämpfe einzugreifen, denn strategisch blieb die Region als Verbindungsraum wichtig.83 In den Jahren unmittelbar nach dem Zusammenbruch der hunnischen Herrschaft weiteten in Pannonien zunächst noch gotische Verbände ihre Machtbereiche aus. Bevor sie 473 weiter Richtung Osten und ab 489 nach Italien zogen, wurden ihnen nach Jordanes vom Ostkaiser Markian (450 – 457) große Teile der Pannonia secunda und Valeria zugewiesen.84 Ob dies, wie Jordanes behauptet, tatsächlich durch Markian erfolgte, ist nicht sicher, denn die Region war bereits seit den 430er Jahren faktisch nicht mehr Teil des Imperium Romanum. Außerdem waren die Goten wahrscheinlich auch schon von den Hunnen dort angesiedelt worden. In diesem Zeitraum hatte der Gote Valamir die pannonischen Goten wohl zu einem Verband zusammengeführt, der für die Hunnen zu einem ernsthaften Konkurrenten um die Herrschaft in Pannonien wurde. Daher ist es wahrscheinlicher, dass, wie Peter Heather annimmt, es in den Verhandlungen mit Markian eher darum ging, diese Verhältnisse zu bestätigen.85 Bereits unter Markians Nachfolger Leo I. kam es nach Überfällen im Illyricum zu einem neuen Vertrag, in dem den Goten von oströmischer Seite Goldzahlungen in Höhe von jährlich 300 Pfund Gold zugesprochen wurden. Darüber hinaus scheint Leo allerdings gleichzeitig darauf gesetzt zu haben, die Goten, die strategisch wichtige Gegenden im Illyricum kontrollierten, gegen die Skiren auszuspielen. Diese waren bis zur entscheidenden Niederlage gegen die Goten 469/470 (Schlacht am Fluss Bolia, nicht genau lokalisierbar) der Hauptgegner der Goten und unterhielten, ebenso wie die Goten, engen Kontakt mit Konstantinopel.86 Nach der Niederlage gegen die Goten entkam ein Sohn des in der Schlacht gefallenen Anführers der Skiren, Hunulf, nach Konstantinopel. In den kommenden Jahren wurden die verbliebenen Skiren in das oströmische Heer integriert, Hunulf zum Magister militum per Illyricum ernannt, bis er sich 479 – nachdem er in Konstantinopel in Ungnade gefallen war – seinem Bruder Odoaker in Italien anschloss, wohin dieser nach der Niederlage an der Bolia geflohen war.87

83

Dazu ausführlich Sarantis, Military Encounters and Diplomatic Affairs, 763–776. Zur Anerkennung als foederati de Vingo, 5th -Century Danubian foedera and foederati. Zum Ausspielen und – möglichst kleinräumig angelegten – militärischen Aktionen als Strategien im Umgang mit barbarischen Verbänden Blockley, East Roman Foreign Policy, 139f.

84

Zur Neuordnung nach dem Zusammenbruch der hunnischen Herrschaft Iord. Get. 268 und 282. Nach Schwarcz, Die Goten in Pannonien und auf dem Balkan, 52–59, erhielten die Ostgoten große Gebiete der Pannonia prima und secunda, evtl. auch den Südwesten der Valeria (Iord. Get. 268). Zum Aufstieg der pannonischen Goten, den Machtkämpfen nach dem Zusammenbruch des hunnischen Machtbereichs und der Neuordnung bis in die 460er Jahre Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 108–127; Heather, Goths and Romans, 244, 249. Zu den Quellen (Jordanes, Priskos von Panium, Malchos von Philadelphia, Johannes von Antiocheia, Marcellinus Comes, Johannes Malalas, Theophanes) vgl. ebd., 230–239.

85

Heather, Goths and Romans, 240–247: „Divisions among the Huns, defeated by the Gepids, and Gothic unification altered the balance of power, so that when it came to a specific test of strength between Valamer and Attila’s sons, the Goths prevailed“ (ebd., 246).

86

Ebd., 247–250. Zum Krieg zwischen Goten und Skiren Prisk. Prisk. frg. 45 p. 352 [Blockley]; Iord. Get. 276.

87

Steinacher, The Heruls, 338–341.

380

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Von Markian bis Zenon (450 – 491)

473 verließen die Goten aus nicht ganz geklärten Gründen, wahrscheinlich aber wegen des Todes Valamirs und der andauernden Konkurrenz mit anderen Verbänden, Pannonien.88 Ein Teil zog Richtung Italien und Gallien;89 ein anderer Teil dagegen unter Thiudimir, dem Nachfolger Valamirs, nach Makedonien und dann zwischen 474 und 476 weiter in die Moesia secunda. Ein Jahr später übernahm nach dem Tod Thiudimirs sein Sohn Theoderich (der Große, 451/456 – 526) die Führung der Gruppe. Mit der Verlagerung nach Osten kam Theoderich allerdings mit einem anderen gotischen Verband in Thrakien90 in Konflikt, der unter der Führung von Theoderich Strabo 473 mit Konstantinopel einen Vertrag ausgehandelt hatte und damit wohl auch als foederatus anerkannt worden war. Dieser Vertrag garantierte ihm Jahresgelder; im Gegenzug leisteten diese thrakischen Goten dem Kaiser militärischen Dienst.91 Darüber hinaus wurde Theoderich Strabo zum Magister militum praesentalis ernannt. Generell waren die thrakischen Goten eng mit den Ereignissen am Hof in Konstantinopel verbunden. Dazu zählte auch die Usurpation des Basiliskos (Kaiser 475/476) kurz nach dem Herrschaftsantritt Zenons, nachdem dieser eine härtere Linie gegenüber den Goten angekündigt hatte.92 Da ein vergleichbarer Vertrag mit den pannonischen Goten Theoderichs nicht finanzierbar war, versuchte der Kaiser, die rivalisierenden Gruppen gegeneinander auszuspielen und dadurch zu schwächen. Die Folgen der kaiserlichen Strategie hatte in den kommenden Jahren vor allem die römische Bevölkerung in der Region zu tragen.93 Auch größere Städte bekamen die umherziehenden gotischen Verbände zu spüren; die Verteidigung wurde aus Mangel an Vertrauen in die kaiserliche Herrschaft oft von der lokalen Bevölkerung übernommen. In Thessalonike brachen 478/479 beispielsweise Unruhen aus, als sich die Nachricht verbreitete, dass sich die Goten näherten, und befürchtet wurde, dass der Praefectus praetorio per Illyricum die Stadt – im Auftrag des Kaisers – den Goten überlassen werde. Statuen des Kaisers wurden daraufhin gestürzt und der Amtssitz des Präfekten angegriffen. Die Lage beruhigte sich erst, als der Erzbischof die Schlüssel und damit die Verteidigung der Stadt übernahm.94 Die Präsenz dieser gotischen Verbände auf dem Balkan und die diversen dokumentierten Zerstörungen betrafen 88

Iord. Get. 56,283; zur Diskussion Heather, Goths and Romans, 249f.

89

Zum Ostgotenreich in Italien Heather/Matthews, The Goths in the Fourth Century, 216–258, sowie zuletzt Arnold/Bjonrlie/Sessa (Hgg.), A Companion to Ostrogothic Italy; Wiemer, Theoderich der Große.

90

Zur genauen Lokalisierung Heather, Goths and Romans, 257.

91

Malchos frg. 18,4, 12–22 p. 434; 20, 1–3 p. 434 [Blockley]; Iord. Get. 282. Dazu Wiemer, Die Goten in Italien, 599 (Anm. 25).

92

Heather, Goths and Romans, 253–256, 272–275; Wolfram, Die Goten, 270.

93

Malchos frg. 20, 199–204 p. 446 (Hinweis auf Dardania); zu den Folgen frg. 20, z. B. 3–20; 93–99, p. 434f.; 440 [Blockley]; Wilkes, The Archaeology of War, 749. Gotische Verbände sind in der Zeit in der Gegend nördlich des Haemus-Gebirges, bei Novae und Marcianopolis, in der thrakischen Ebene sowie in Rhodope und Dardania belegt. Für diese Gegenden ist in den Quellen zum Teil explizit dokumentiert, dass diese entvölkert worden seien. Dazu kam, dass der Aufbau einer Flotte durch die Vandalen in Nordafrika beispielsweise zur Folge hatte, dass in den 460er und 470er Jahren die Ionischen Inseln, die westliche Peloponnes und wohl auch Athen immer wieder Überfälle zu befürchten hatten.

94

Dort war das Heer der Goten des Theoderich während der Verhandlungen mit Konstantinopel, wohl in kaiserlichem Auftrag, untergebracht. Organisiert wurde die Versorgung vom Erzbischof aus dem Steueraufkommen der Stadt. Zu Dyrrhachium siehe Zu Thessalonike Malchos frg. 20, 5–19 p. 434–436; zu Stobi, Thessalonike und

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381

Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

jedoch nicht alle Gebiete. Während für die thrakische Ebene und Dardania beispielsweise berichtet wird, dass ganze Landstriche fruchtbaren Bodens brach gelegen hätten, scheinen die Gebiete an der Küste Dalmatiens und der Adriaküste in Epirus weitgehend unberührt geblieben zu sein, jedenfalls finden sich in den Quellen Hinweise auf anhaltenden Wohlstand.95 481 starb Theoderich Strabo; dem verbliebenen Theoderich (der Große) gelang es daraufhin, die beiden gotischen Verbände zu vereinen. Sie dauerhaft ins Imperium Romanum zu integrieren, glückte aber auch in dieser veränderten Lage nicht, so dass Theoderichs Goten 487 plündernd bis vor Konstantinopel zogen.96 Seit den 470er Jahren hatte man die Lage durch die Ansiedlung der gotischen Verbände in Thrakien zu entspannen versucht. Die Versuche blieben jedoch erfolglos, wobei sich die Angebote Konstantinopels offenbar auch auf weitgehend unbewohnte Gebiete beschränkten.97 Eine Lösung für die Goten unter Theoderich fand sich letztlich erst, als diese 488 im Auftrag des Ostkaisers Zenon (474 – 491) nach Italien weiterzogen und dort ihren Machtbereich dauerhaft etablierten. Einige gotische Verbände, insbesondere bei Castra Martis (Kula) in Dacia ripensis, in Scythia minor, Moesia inferior (z. B. um Nicopolis ad Istrum) sowie Teile der thrakischen Goten verblieben jedoch weiterhin im Ostteil des Reiches.98

Heraklea ebd., 39–99, p. 436–440 [Blockley]. Dazu Schwarcz, Die Goten in Pannonien und auf dem Balkan, 74f. 95

Malchos frg. 20, 202–204, p. 446; 18,4,4–7, p. 434 [Blockley]; für die Küstenregionen Malchos frg. 20, 141– 143, p. 442 [Blockley]; Bowden, Epirus Vetus.

96 Dazu

Wiemer, Die Goten in Italien, 599f. Ausführlich Heather, Goths and Romans, 304; ders., The Goths, 111f.; Wolfram, Die Goten, 268–278.

97

Wolfram, Die dauerhafte Ansiedlung der Goten auf römischem Boden, 20f. Dazu auch Claude, Zur Ansiedlung barbarischer Föderaten in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts.

98

Wiemer, Die Goten in Italien, 601–615; Schwarcz, Die Goten in Pannonien und auf dem Balkan, 83; Wiemer, Theoderich der Große, 180–192.

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Von Anastasios bis Justinian I. (491 – 565)

4.4

VON ANASTASIOS BIS JUSTINIAN I. (491 – 565)

Während verschiedene Verbände noch damit beschäftigt waren, ihre Macht an der Donau zu konsolidieren, nutzte der neue oströmische Kaiser Anastasios (491 – 518), selbst in Dyrrhachium (Durrës) geboren, die Gelegenheit, um die römische Herrschaft an der Donaugrenze Ende des 5. Jahrhunderts auf eine neue Grundlage zu stellen. Den größten Erfolg hatte er damit in Scythia minor, bei der Kontrolle des Schwarzen Meeres und der Donau.99 In den folgenden Jahrzehnten sollten die oströmischen Kaiser den Balkanprovinzen und der Neuorganisation der römischen Herrschaft deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen, zumal das Oströmische Reich nicht nur mit Anastasios, sondern auch mit seinen Nachfolgern Justin I. (518 – 527) und Justinian (527 – 565) von Kaisern beherrscht wurde, die den Balkanprovinzen entstammten. Allerdings wurden die kaiserlichen Anstrengungen trotzdem immer wieder eingeholt – nicht nur von weiteren Plünderungen und Eroberungen,100 sondern auch von innerrömischen Auseinandersetzungen, wie beispielsweise dem Aufstand Vitalians (513 – 515) an der unteren Donau und in der Schwarzmeerregion unter Anastasios101 oder den militärischen Unternehmungen zur Unterstützung des Westreichs und zur Rückeroberung verlorener Gebiete im Westen im 6. Jahrhundert unter Justinian. Zeitgleich spitzen sich die Konflikte mit den Persern Anfang des 6. Jahrhunderts (Krieg von 502 – 506) wieder zu.102 Da die militärischen Ressourcen weitgehend im Osten gebunden waren, reagierte Ostrom hauptsächlich mit diplomatischen Offensiven, um Situationen, die unmittelbar die Stabilität im Osten berührten, wieder unter Kontrolle zu bekommen. Im Jahr 504 annektierte der Gote Theoderich – mittlerweile Herrscher in Italien – Pannonia secunda und damit auch das strategisch wichtige Sirmium. Die Region wurde als Provinz in das italische Ostgotenreich eingegliedert, Teile davon – Bassiana, an der Verbindungsstraße zwischen Sirmium (Sremska Mitrovica) und Singidunum (Belgrad) gelegen – wurden jedoch schon 510 wieder an Ostrom abgetreten und die Beziehungen damit zumindest in der offiziellen Lesart wieder entspannt.103 Zuvor hatte sich die Stadt in einem Gebiet befunden, das, seit die Goten in den 470er Jahren Pannonien verlassen hatten, von Gepiden kontrolliert wurde.104 Für Konstantinopel, das mit den Gepiden vertraglich verbunden war, hatte die Region bisher als Puffer gegenüber den Ostgoten gedient, die nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft im Westen unter Theoderich versuchten, ihren Einflussbereich in Richtung Osten auszudehnen und damit auch den Zugang nach Italien zu kontrollieren. Mit der Einnahme Sirmiums Anfang des 5. Jahrhunderts reichte der gotische Einflussbereich 99

Siehe zum Schutz Konstantinopels vor Barbarenangriffen durch die Langen Mauern als 56 km lange Befestigung zwischen Propontis (Marmarameer) und Schwarzem Meer unten Anm. 112.

100 Für

21.

einen Überblick über die Einfälle in Griechenland Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 13–47, bes.

101 Siehe

dazu unten Kap. 4.4.2.

102 Greatrex, 103 Dazu

Rome and Persia at War, 502–532.

Moorhead, Theoderic in Italy, 186f.; Meier, Anastasios I., 235.

104 Cassiod.

var. 7,4. Pohl, Die Gepiden und die gentes an der mittleren Donau nach dem Zerfall des Attilareiches, 263–269; Kharalambieva, Gepids in the Balkans. Zu Cassiodor siehe Bjornlie, Politics and Tradition; Kakridi, Cassiodors Variae.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

nun aber bis nach Dalmatien und in Teile der Pannonia prima. Dass Pannonien früher Siedlungsgebiet der Ostgoten und vor allem auch ehemals Teil der italischen Präfektur gewesen war, dürfte für die Ansprüche, die Theoderich formulierte, zentral gewesen sein. Dazu kam, dass Rom, aber auch Konstantinopel, auf kirchenpolitischer Ebene territoriale Ansprüche erhoben.105 Große Teile der Pannonia secunda gehörten als Provinz nun zum italischen Ostgotenreich. Verteidigt wurde die Region zunächst durch Bündnisse mit Herulern, die Ende des 5. Jahrhunderts unter Anastasios wahrscheinlich in der Nähe von Singidunum in der Gegend um Bassiana siedelten, sowie regionalen Warlords, wie dem mutmaßlichen Gepiden Mundo, der in der Moesia secunda seinen Machtbereich auszuweiten versuchte.106 All dies machte die Lage für Ostrom schwer kontrollierbar. Der Magister militum per Illyricum Sabinianus hatte dieser Entwicklung trotz Unterstützung durch bulgarische Krieger daher wenig entgegenzusetzen, obwohl Anastasios durch die Verlegung von Heereskontingenten seit den 490er Jahren den Zugriff auf die Gegend wiederherzustellen versuchte.107 In der Schlacht bei Horreum Margi (Ćuprija) wurde Sabinianus im Jahr 505 vernichtend geschlagen. Erfolgreicher waren langfristig die diplomatischen Bemühungen Konstantinopels. In ihren Details lassen sich diese zwar nicht mehr nachvollziehen, aber sie führten dazu, dass Theoderich innerhalb des Mächtesystems, das er selbst durch eine aggressive Heiratspolitik gegen Ostrom geformt hatte, zunehmend isoliert wurde. Zur Reaktion Konstantinopels gehörte auch, dass die Heruler, die Anfang des 6. Jahrhunderts noch Verbündete der Goten gewesen waren,108 auf die römische Seite überwechselten. Nach einem Aufstand als foederati um das Jahr 510 wurde ihnen dann erneut erlaubt, auf oströmischem Gebiet im Illyricum, möglicherweise westlich von Singidunum und südlich der Save, also in Gebieten zusätzlich zu denen in der Gegend um Bassiana, zu siedeln. Aufgrund dieser Regelungen stellten die Heruler mindestens bis unter Justinian auch Kontingente für das oströmische Heer. Unter Justinian I. wurden im Jahr 527 wohl die vertraglichen Bestimmungen nochmals geändert. In der Folge sollen die Heruler dem Historiker Prokop zufolge zum Christentum übergetreten sein.109

105 Für

diese Zeit lassen sich insbesondere die territorialen Ansprüche der römischen Kirche anhand der Korrespondenz des Gelasius mit illyrischen Bischöfen gut nachvollziehen (vgl. mit Verweisen Meier, Anastasios I., 224). Kompliziert wurde die Situation zusätzlich durch das im Westen seit 498 (bis 514) herrschende Laurentianische Schisma – ein Streit, der um die Besetzung des Bischofsstuhls in Rom ausgebrochen war – und die Auswirkungen des Akakianischen Schismas (dazu ebd. 238–249, bes. 242f., 250; Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln); zur Situation der Kirche in den Balkanprovinzen s. u. Kap. 4.7.

106 Zu

den Herulern siehe Prok. BG 6,14,23–28 sowie den „Heruler-Exkurs“ Prok. BG 6,14,1–7. Dazu Steinacher, The Heruls, 345–356; ders., Rom und die Barbaren, 136–143. Zu Mundo Croke, Mundo the Gepid.

107 Dazu

Sarantis, The Justinianic Herules, 370; ders., Justinian’s Balkan Wars, 124f.

108 Cassiod.

var. 4,2.

109 Prok.

BG 6,14,33–42. Wie viele Heruler tatsächlich konvertierten, ist umstritten – nach Malal. 18,6 waren es nicht alle Heruler, sondern ein herulischer König und einige Adlige sowie Familienangehörige. Sicher ist aber, dass zumindest der bei Malalas erwähnte König und einige hochrangige Heruler 528 in Konstantinopel empfangen wurden und deren Konversion zum Christentum an Epiphanias aufwändig inszeniert wurde. Zur Politik Konstantinopels gegenüber den Herulern unter Justinian Sarantis, The Justinianic Herules, 365–381, zur Konversion 371–373 (mit einer detaillierten Diskussion der Quellen); Steinacher, The Heruls, 350–356. Zur Konversion als Strategie Konstantinopels im Umgang mit barbarischen Verbänden v. a. ab Justinian Blockley, East Roman

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Von Anastasios bis Justinian I. (491 – 565)

Die veränderte Politik gegenüber den Herulern unter Justinian sowie ihre Ansiedlung in der Region deutet Alexander Sarantis als Teil umfassender strategischer Erwägungen, um den Balkanraum militärisch abzusichern. Die Ansiedlung der Heruler habe demzufolge – neben Naissus (Niš, an der strategisch wichtigen Verbindungsstraße zwischen Konstantinopel über den Balkan bis nach Singidunum gelegen, Hauptstützpunkt des Magister militum per Illyricum), Serdica (Sofia, Hauptstadt der Dacia mediterranea) und der neugegründeten Stadt Iustiniana Prima (als neuer Sitz des Praefectus praetorio geplant) – der zusätzlichen Sicherung des Zugangs zum oströmischen Teil des Illyricum und damit auch der Wege nach Thrakien und Konstantinopel gedient. Forciert worden sei die politische Neuausrichtung durch die ab 526 geschwächte ostgotische Präsenz im Westillyricum. Dazu passe auch, dass der Warlord Mundo, der zuvor ein Verbündeter der Ostgoten war, im Jahr 529 vom oströmischen Kaiser zum Magister militum per Illyricum ernannt wurde und in dieser Funktion in den folgenden Jahren die Ostgoten aus Dalmatien verdrängte. Das nutzten allerdings gleich die Gepiden, um im Jahr 536 die Kontrolle über Sirmium zu übernehmen und sich damit in der Region bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts als neuer Hauptgegner Ostroms zu etablieren.110

4.4 .1 A  uswirkungen auf Konstantinopel: Konflikte in Konstantinopel Auch auf die Hauptstadt Konstantinopel wirkte sich die unruhige Lage auf dem Balkanraum aus. Mit dem Bau der „Langen Mauern“ trug Anastasios den wiederholten Einfällen in Thrakien mit der Errichtung eines massiven Befestigungswerks Rechnung. Der Wall zog sich über eine Länge von 56 Kilometern vom Schwarzen Meer im Norden bis zum Marmarameer im Süden und riegelte den Zugang nach Konstantinopel und seinem Umland von Westen ab. Der Schutz der Stadt wurde damit zusätzlich zu den eindrucksvollen Verteidigungsmauern, die seit Theodosius II. die Landseite Konstantinopels sicherten, seit dem frühen 6. Jahrhundert noch einmal verstärkt. Bis zum Jahr 626 schützten die umfangreichen Befestigungen die Stadt sehr effektiv. Nur in wenigen Ausnahmen wie dem Bulgareneinfall im Jahr 540 und dem Angriff durch Kutriguren 558/559 – im letzteren Fall waren die Mauern zum einen vorher nicht mehr instand gehalten worden und hatten zum anderen durch ein Erdbeben im Jahr zuvor gelitten –, boten sie keinen ausreichenden Schutz.111 Der Kaiser

Foreign Policy, 141. Zu den Ereignissen Anfang des 6. Jh.s auch Meier, Anastasios I., 223–237. Zu den Ereignissen in Dalmatia Prok. BG 5,5,2; 5,7,1–10,5,7,26–37. Für einen Überblick über Pannonien im 6. Jh. – aber auch allgemein ab dem 4. Jh. – Christie, The Survival of Roman Settlement along the Middle Danube, bes. 329–333. 110 Sarantis,

The Justinianic Herules, 374–381; ders., Justinian’s Balkan Wars, 40–51. Zu den Gepiden unter Justinian auch Pohl, Die Gepiden.

111 Zum

Schutz der Hauptstadt vor Barbarenangriffen durch die Langen Mauern Chron. Pasch., Bd. I, p. 609, 18; 610,7f.; Prok. aed. 4,9,7–13 (in der Darstellung gegenüber den Bauten unter Justinian aber nicht ausreichend gewürdigt; dazu Meier, Anastasios I., 142); anders die Würdigung bei Euagr. 3,38 (zu den weiteren Quellenbelegen ebd., 382). Zu den Langen Mauern Crow, The Long Walls of Thrace; Crow/Ricci, Investigating the Hinterland of Constantinople. Zum Angriff durch die Bulgaren im Jahr 540 siehe Prok. aed. 4,9,8; zu den Kutriguren 558/559 siehe Agath. 5,13,5. Für einen Überblick über den Ausbau der Befestigungen an der Donau Haarer, Anastasius I., 109–124; Meier, Anastasios I., 147f.; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 124–129. Außerdem für Beispiele

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ordnete außerdem die Verwaltung der nun zusätzlich abgesicherten Region neu, indem er sie zwei vicarii unterstellte. Allerdings griff Justinian I. schon 535 erneut in die administrativen Strukturen Thrakiens ein, wohl wegen wiederholter Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den beiden Amtsträgern. Er unterstellte die Region zukünftig nur noch einer Person, dem praetor Iustinianus in Thracia, und stellte die Diözese Thrakien für den restlichen Verwaltungsbereich wieder her.112 Das Oströmische Reich war allerdings nicht nur mit wiederholten Plünderungszügen und sich immer wieder neu formierenden Verbänden an den Grenzen des Reichs im Balkanraum beschäftigt, sondern auch mit theologischen Diskussionen, die in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts, spätestens seit dem Konzil von Chalkedon, immer schärfer ausgetragen wurden und insbesondere unter Anastasios I. zu zahlreichen Gewaltausbrüchen führten. In der Hauptstadt Konstantinopel selbst verdichteten sich die Konflikte in besonderer Weise, zeitigten nachhaltige Rückwirkungen aber auch auf den Balkanraum. Das Konzil von Chalkedon (heutiger Stadtteil Istanbuls Kadıköy), im Jahr 451 von Kaiser Markian einberufen, hatte die verhärteten Positionen nach jahrelangen christologischen Streitigkeiten zusammenbringen sollen.113 Während im 4. Jahrhundert die theologischen Diskussionen um die Trinitätsfrage kreisten, hatten sich die Debatten im 5. Jahrhundert zu erbittert geführten Auseinandersetzungen um die Frage verschoben, in welchem Verhältnis eine menschliche und göttliche Natur in Christus existierte. Die Konzilsbeschlüsse von Chalkedon beruhigten den christologischen Streit jedoch keineswegs, gerade im Osten (in Syrien, Ägypten und Teilen Palästinas) stießen sie auf Widerstand, und auch aus Rom wurden Bedenken – allerdings nicht gegen die theologischen Inhalte – geäußert. Der Blick auf die Einheit des Oströmischen Reiches prägte den Umgang der nachfolgenden Kaiser mit den Konfliktparteien. Miaphysiten (mia phýsis = eine Natur) vertraten in dem Streit die Position, dass Christus die göttliche, die menschliche Natur in sich aufgenommen und diese sich dort miteinander vereinigt hätten. Dem stand die Zweinaturenlehre gegenüber, die die Vorstellung von einer Vermischung strikt ablehnte. Auf dem Konzil von Chalkedon im Jahr 451 setzten sich die Anhänger einer gemäßigten Zweinaturenlehre durch, die Differenzen waren damit aber nicht beigelegt, weil die Ergebnisse des Konzils nicht überall akzeptiert wurden. Die Versuche der Kaiser, den Streit zu einer Einigung zu bringen,114

Barnea, Contributions to Dobrudja History under Anastasius I; Scorpan, Limes Scythiae; Angelova/Bucharov, Durostorum in Late Antiquity, 65–72. Auch wenn die genaue Datierung der Mauern umstritten ist, scheint Anastasios auf der Grundlage des archäologischen Befundes als Auftraggeber sicher zu sein. Diskutiert wurden Datierungen zwischen dem Ende des 5. Jh.s und dem Jahr 512. Wegen der widersprüchlichen Quellenaussagen ist eine exakte Datierung trotz der zahlreichen Versuche kaum möglich, das erste Jahrzehnt des 6. Jh.s aber sehr wahrscheinlich. Zur Datierung der Anlage unter Anastasios Croke, The Date of the „Anastasian Long Wall“ in Thrace, 61–74; Haarer, Anastasius I., 108; Ditten, Protobulgaren und Germanen im 5 – 7. Jahrhundert, 58; dagegen als Erweiterung einer seit der Mitte des 5. Jh.s bestehenden Anlage Stein, Histoire du Bas-Empire, Bd. 2, 89f.; Harrison, The Long Wall in Thrace, 33f. 112 Meier,

Anastasios I., 146f. (Anm. 203), und Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 137–149, zu den administrativen Reformen.

113 Für

einen Überblick über die komplexen theologischen Konfliktlinien im 5. und 6. Jh. und die zahlreichen Einigungsversuche auf verschiedenen Konzilen siehe Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. 2,1.

114 Vor

allem das Henotikon, ein Erlass Zenons aus dem Jahr 582, eigentlich ein Kompromissangebot an die zerstrittenen Parteien im Umgang mit den Konzilsbeschlüssen von Chalkedon, provozierte in den folgenden Jahrzehnten

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führten allerdings zur weiteren Verhärtung der Fronten und neuen Konflikten zwischen Rom und Konstantinopel, wie dem Akakianischen Schisma (484 – 519) – einer Kirchenspaltung, die sich an der Ablehnung des Henotikons in Rom entzündet hatte, obwohl das kaiserliche Edikt selbst eigentlich von Zenon als Kompromissformel für Ägypten angedacht war.115 In Konstantinopel kam es durch die fehlende Kompromissfähigkeit zwischen den Konfliktparteien insbesondere unter Anastasios zu zahlreichen Aufständen, die ihre Sprengkraft aus der komplizierten Gemengelage politischer und religiöser Konflikte bezogen. Um die religiöse Einheit des Ostens, der seit dem Konzil von Chalkedon gespalten war, zugunsten der Miaphysiten zu forcieren, hatte der Kaiser nach einem Konzil, das er im Jahr 509 in Antiocheia einberufen hatte, gefordert, dass sich die Patriarchen explizit von den Beschlüssen des Konzils von Chalkedon distanzierten.116 Dieser religionspolitische Kurswechsel heizte in den folgenden Jahren die Auseinandersetzungen zwischen Chalkedon-Anhängern und -gegnern noch einmal an. Einen vorläufigen Höhepunkt fand der Konflikt im sog. Staurotheis-Aufstand 512 – benannt nach dem Zusatz zu einem zentralen Lobhymnus, der der göttlichen Trinität gilt (Trisagion) –, aber auch in der kurz darauf folgenden Rebellion Vitalians in Thrakien (513 – 515).117 Im Staurotheis-Aufstand entluden sich die Spannungen, die sich in den vorangegangenen Jahren gerade auch in der Hauptstadt immer weiter zugespitzt hatten, und wuchsen sich zu einer ernsthaften Bedrohung für Anastasios’ Herrschaft aus. Auslöser für den Aufstand war die Durchsetzung der miaphysitischen Politik, die Anastasios in den Jahren zuvor forciert hatte, durch die Ankündigung, dem Trisagion die Formel („Der Du für uns gekreuzigt wurdest, erbarme dich unser!“) hinzuzufügen. Die Anhänger des Chalkedonense fühlten sich dadurch provoziert, die ohnehin schon angespannte Lage spitzte sich dramatisch zu. In der Folge kam es in Konstantinopel zu gewaltsamen Unruhen, in deren Verlauf mehrere Konkurrenten um die kaiserliche Herrschaft – darunter möglicherweise auch jener Vitalian, der in den nächsten Jahren auf dem Balkan mit einem Aufstand für weitere Unruhe sorgte – ins Spiel gebracht wurden.118

zahlreiche Komplikationen. 115 Kötter,

Zwischen Kaisern und Aposteln. Zum Henotikon Euagr. 3,14; Brennecke, Chalkedonense und Henotikon. Zu den theologischen Konfliktlinien siehe Meier, Anastasios I., 39–52.

116 Meier,

Anastasios I., 261.

117 Die

ausführlichste spätantike Schilderung findet sich bei Johannes von Antiocheia; weitere Informationen liefern aber auch Theophanes, Malalas und, als zeitgenössischer Autor, Marcellinus Comes. Für die Rekonstruktion und Diskussion des Aufstandes vgl. Meier, Anastasios I., 295–311; Haarer, Anastasius I., 163–182; Greatrex, Flavius Hypatius, bes. 132–135; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 129–135; speziell zu Marcellinus Comes Croke, The Chronicle of Marcellinus, 116–120.

118 Meier,

Anastasios I., 362–382, zu Vitalian ebd., 275; für einen Überblick über die Ereignisse bes. 279; ders., Σταυρωθεὶς δι’ ἡμᾶς. Der Aufstand gegen Anastasios im Jahr 512.

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4.4 .2 Der Aufstand Vitalians Mit diesen Konflikten eng verwoben war die Entwicklung eines neuen Konfliktherdes auf dem Balkan, der sich kurz darauf 513/514 mit dem Aufstand Vitalians, wohl comes foederatorum in Moesia secunda, Scythia minor und Thrakien, abzeichnete. Zeitgenössischen Aussagen zufolge war er zumindest teilweise barbarischer Herkunft.119 Anfänglich ein regionaler Konflikt, entwickelte der Aufstand schnell eine Dynamik, die weite Teile des Balkanraums erfasste. Den mittelbaren Zusammenhang bildete die Zuspitzung der kirchenpolitischen Auseinandersetzungen unter Anastasios. Das Beispiel zeigt, wie eng politische Fragen mit religiösen Konflikten verbunden waren und welche Dynamik Konflikte wie der Aufstand Vitalians durch die komplizierten religionspolitischen Strukturen im Illyricum bekommen konnten.120 Unmittelbarer Auslöser für den Aufstand war anscheinend die Umstrukturierung der Versorgungsbasis von Föderatenheeren. Der kaiserliche Erlass führte dazu, dass der Magister militum per Thracias Hypatios den Föderatentruppen Vitalians die annona militaris entzog, so dass größere Truppenkontingente auf die Versorgung durch die lokale Landbevölkerung angewiesen waren. Das löste gerade in Thrakien, dessen wirtschaftliche Erträge nach zahlreichen Einfällen von Bulgaren121 ohnehin schon gering waren,122 sowohl im Heer als auch unter der ansässigen Bevölkerung erheblichen Unmut aus. Dass es Vitalian anfangs primär um eine gerechtere Behandlung der thrakischen Truppen gegangen zu sein scheint, passt in dieses Bild. Hypatios gelang es nicht, den Aufstand Vitalians unter Kontrolle zu bringen, zumal Vitalian diesem offenbar ein Heer von beträchtlicher Größe entgegenstellen konnte, da auch Truppen aus den Grenzgebieten der Moesia secunda und Scythia minor sowie der Dux Moesiae secundae, 119 Nach

Marcell. Com. ad ann. 514,1 p. 98; 519,3 p. 101 [Mommsen] „Skythe“; nach Pseudo-Zacharias von Mytilene (HE 7,13b) „Gote“.

120 Vgl.

Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 130; Meier, Anastasios I., 309f. Die religiöse Komponente des Aufstands betont Ruscu, The Revolt of Vitalianus, 774.

121 Meier, Anastasios I., 137–141. In lateinischen Quellen taucht die Bezeichnung „Bulgaren“ ab dem Ende des 5. Jh.s

auf. Griechische Quellen verwenden in dieser Zeit zumeist die Bezeichnung „Hunnen“ als Kennzeichnung ihrer Fremdheit und als Bezeichnung für die Steppenvölker. Als Bulgaren werden sie lediglich bei Malalas, Johannes Antiochenus und Zonaras bezeichnet. Sofern die griechischen Autoren konkreter werden, differenzieren sie zwischen Kutriguren, Utiguren und anderen Gruppen. Insgesamt spiegelt diese Unbestimmtheit wohl die Unübersichtlichkeit, die sich daraus ergab, dass man sich ständig in Veränderung begriffenen Verbänden gegenübersah. Erkennen lässt sich aber, dass sie sich in der zweiten Hälfte des 5. Jh.s formierten. Als Bulgaren bezeichneten sich wohl hunnische Verbände, die bis in die 530er Jahre in den Balkanprovinzen plünderten. Ab der Mitte der 540er Jahre dominieren dann die Kutriguren das Geschehen (Pohl, Die Awaren, 23f.). Allerdings werden in den Quellen oft spätere Verhältnisse auf das 6. Jh. übertragen, was die Zuordnung erschwert. „In der Zeit Justinians ist weder ‚Bulgaren‘ noch ‚Onoguren‘ als Oberbegriff bezeugt. Jordanes nennt Bulgaren und Onoguren nebeneinander, ‚Zacharias‘ dazu noch Kutriguren und andere. Alle diese Völker galten als Hunnen.“ (ebd., 25). Über Kutriguren und Utiguren ist immerhin bekannt, dass sie sich als miteinander verwandt betrachtet und zudem dieselbe Sprache gesprochen hätten (Menand. frg. 2 p. 42–44 [Blockley]). Laut Prokop BG 4,4 zählten beide zu den „Hunnenvölkern“, von denen die Utiguren östlich des Asowschen Meeres und die Kutriguren westlich davon gesiedelt hätten. Dazu Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht.

122 Cod. Iust. 10,27,2 (ca. 491–505: Regelung der Versorgung des Heeres in Thrakien, die wegen der Überfälle und des

gesunkenen Steueraufkommens prekär geworden war). Dazu auch Curta, Peasants as „Makeshift Soldiers for the Occasion“, bes. 206. Zu den Überfällen in Thrakien und im Illyricum ab dem Ende des 5. Jh.s Meier, Anastasios I., 138.

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Maxentius, den Aufstand unterstützten. Spannungen scheinen sich zusätzlich aus dem Verhältnis zwischen Kontingenten, die, möglicherweise meist barbarischer Herkunft,123 dauerhaft im Balkanraum stationiert waren, und höherrangigen Feldherren, die aus Konstantinopel für befristete Zeit entsandt wurden, ergeben zu haben.124 Nachdem es Vitalian gelungen war, das Gebiet von Thrakien bis ans Schwarze Meer – einschließlich Anchialos (Pomorie) und Odessos (Varna), eine strategisch wichtige, reiche Goldvorräte bergende Stadt – unter Kontrolle zu bringen, zog er mit seinem Heer wahrscheinlich im Jahr 514, eventuell auch schon 513, zum ersten Mal vor Konstantinopel.125 Nach ersten Verhandlungen, in denen Anastasios den Aufständischen zunächst eine Entschädigung für die Vergehen des Hypatios sowie Gespräche mit der römischen Kirche in dogmatischen Fragen zugesagt hatte,126 initiierte der Kaiser umfangreiche Maßnahmen. Dazu gehörte unter anderem, dass er Kyrillos, den Nachfolger des Hypatios als Magister militum per Thracias, beauftragte, das Problem militärisch zu lösen. Dieser Plan scheiterte jedoch, denn Kyrillos wurde von Vitalian ermordet und das kaiserliche Heer von bulgarischen Verbündeten bei Akris nahe Odessos vernichtend geschlagen. Vitalian übernahm daraufhin die Kontrolle über Scythia und Moesia secunda und zog Ende 514/Anfang 515 mit seinem Heer zum zweiten Mal nach Konstantinopel.127 Anastasios sah sich angesichts der Bedrohung zu weitreichenden Zugeständnissen gezwungen. Dazu zählten unter anderem die Ernennung Vitalians zum Magister militum per Thracias, die Beendigung des Akakianischen Schismas und die Einberufung einer Synode unter Teilnahme des Papstes in Herakleia (Marmara Ereğlisi). Gerade die Forderung, das Akakianische Schisma128 zu beenden, brachte Vitalian wohl auch die Unterstützung illyrischer Bischöfe. Das Schisma ging auf die theologischen Verwerfungen seit dem Konzil von Chalkedon 451 zurück und hatte die Westund Ostkirche seit dem Jahr 484 tief gespalten. Das geforderte Konzil fand jedoch nie statt, weil weder der oströmische Kaiser noch der Papst größeres Interesse an seiner Einberufung zeigten. Die Vorbereitungszeit für die Synode nutzte Anastasios allerdings, um den Widerstand gegen Vitalian

123 Die

Zusammensetzung der foederati ist umstritten, zumal die Quellenlage dünn ist: Jones, The Later Roman Empire, 664: „From all this it emerges that federates were in the main barbarians (though Romans were probably accepted).“ Außerdem Elton, Warfare in Roman Europe, 91–96, zu den unterschiedlichen Möglichkeiten der Integration in das römische Heer. Dazu auch die Debatte um die „Barbarisierung des Heeres“ (Stickler, The foederati, 497–499). Zur Bedeutung des Begriffs foederati Heather, Foedera and foederati in the Fourth Century (für die Situation im 4. Jh.); Chrysos, Legal Concepts and Patterns for the Barbarians’ Settlement on Roman Soil; Pohl, The Empire and the Lombards, 78–86 (für einen Überblick über die sich wandelnde Bedeutung bis ins 6. Jh.).

124 Vgl.

Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 132f.: „By appointing such men to high commands in the Balkans, Anastasius perhaps intended to wrest control of the military-administration of the region from barbarian cliques. This backfired spectacularly as Vitalian’s troops brutally confronted theses Roman generals.“ (Zitat: 133).

125 Die

Datierung der drei Gelegenheiten, an denen Vitalian seine Truppen nach Konstantinopel führte, variiert, je nach Präferenz einzelner spätantiker Darstellungen (dazu Greatrex, Flavius Hypatius, 126 [Anm. 15], 133 [Anm. 30]; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 129f. [Anm. 95]). Die Datierung auf 514, 514/515 und 515/516 basiert auf der Darstellung des Marcellinus Comes (dazu Croke, The Chronicle of Marcellinus, 117).

126 Theod.

Anagn. 474 p. 135 [Hansen]; Theophan. chron. a.m. 6002 p. I 152,25–27 [de Boor].

127 Meier,

Anastasios I., 298; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 129–135.

128 Dazu

ausführlich Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln.

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zu organisieren.129 Dazu zählten auch Gespräche mit illyrischen Bischöfen in Konstantinopel in den Jahren 515 und 516. Allerdings scheiterten diese offenbar; jedenfalls war das Ergebnis, dass mehrere der illyrischen Bischöfe, die sich infolge der Streitigkeiten demonstrativ vom Metropoliten in Thessalonike abgewandt hatten, in Konstantinopel starben oder in Arrest genommen wurden.130 Nachdem Vitalian 515 oder 516 zum dritten Mal nach Konstantinopel gezogen war, um die Einhaltung der Zusagen durchzusetzen, gelang es den kaiserlichen Truppen, die Aufständischen zu besiegen und Vitalian nach Thrakien zurückzudrängen.131

4.4 .3 S  tabilisierungsbemühungen unter Anastasios und Justinian I. Neben solchen innerrömischen Konflikten erschwerten die Machtkämpfe jenseits der Donau die ab Anastasios deutlich intensivierten Bemühungen zur Stabilisierung der Balkanprovinzen und der Reichsgrenzen. Erhebliche Probleme bereitete vor allem der Umstand, dass man es von römischer Seite mit immer neuen Situationen und Gegnern zu tun hatte. Seit Attila hatte keines der Barbarenreiche seine Herrschaft dauerhaft etablieren können – auch weil die oströmische Diplomatie darauf zielte, dass die politische Geographie durch die Rivalität der Gruppen möglichst kleinräumig und unübersichtlich blieb. So hatten etwa die in Pannonien ansässigen Gepiden als Föderaten auch Justinian lange dabei unterstützt, die Ostgoten in Dalmatia in Schach zu halten. Das Bündnis zerbrach jedoch, als Justinian 537 Dalmatia zurückerobern konnte und die Langobarden die Aufgabe der Gepiden übernahmen. Diplomatische Beziehungen zwischen Ostrom und den Langobarden sind ab dem Jahr sicher 539 dokumentiert. Forciert wurde die Neuausrichtung der oströmischen Diplomatie dadurch, dass die Gepiden nach der Verdrängung der Ostgoten aus Pannonien Sirmium eingenommen hatten und von dort aus immer wieder Überfälle im Balkanraum unternahmen. Um dem zu begegnen, unterstützte Justinian I. gezielt immer wieder die Langobarden auch aktiv in deren Konflikten mit den Gepiden. Er bediente sich damit einer Strategie, die in vielen Situationen vorher auch schon angewandt worden war, um die politische Landschaft an den Reichsgrenzen möglichst kleinteilig zu halten. Darüber hinaus führten militärische Unternehmungen in Italien unter Justinian zu einem verstärkten Interesse an den Entwicklungen im Westillyricum

129 Zu

den Vorbereitungen des Konzils zwischen Konstantinopel und Rom Meier, Anastasios I., 301–304 (dort auch die Quellen). Zum Scheitern: Theod. Anagn. 487 p. 138 [Hansen]; Theophan. chron. a.m. 6004 p. I 154,25–28 [de Boor]; Grumel, Les regestes des actes du Patriarcat du Constantinopel, Bd. 1,1, 141 (Nr. 189), 116 (Nr. 331); Sev. Ant. epist. 39 p. 296 [Brooks].

130 Von

den Gesprächen in Konstantinopel kehrten wohl nur die beiden einflussreichen dakischen Bischöfe Domnio (Bischof in Serdica) und Evangelus (Bischof in Pautalia) wieder ins Illyricum zurück. Vgl. Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 131; Meier, Anastasios I., 303.

131 Meier,

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Anastasios I., 304–311.

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– entsprechend widmet der Historiker Prokop ihnen auch in seiner Darstellung viel Raum – und einem aktiven Engagement, um den Zugang nach Italien zu erleichtern.132 Ähnlich kompliziert waren die Verhältnisse an der unteren Donau. Die größte Gefahr ging dort im 6. Jahrhundert von Bulgaren und Slawen aus. Die Überfälle führten dazu, dass Justinian I. die militärischen Expeditionen in Italien immer wieder unterbrechen musste, um sich aktiver in die Machtkämpfe im Balkanraum einzumischen und die römischen Interessen dort verteidigen zu können.133 Während einige Bulgaren – unter Zenon zwischenzeitlich als Verbündete gegen die Ostgoten gewonnen – in dieser Zeit noch für römische Heere rekrutiert wurden, zogen in den 540er und 550er Jahren Kutriguren plündernd durch oströmische Provinzen bis vor Konstantinopel. Sie verwüsteten dabei in den 540er Jahren Thrakien und Illyrien und überwanden sogar die Langen Mauern vor Konstantinopel. Weiteren Bulgaren gelang es, weit nach Griechenland bis an den Isthmos von Korinth vorzudringen. Nach dem Bericht Prokops plünderten Kutriguren 539 oder 540 das Illyricum und Thessalien und verwüsteten Achaia, die Zuverlässigkeit der Informationen ist im Detail allerdings umstritten.134 Auf das Leben in den Balkanprovinzen wirkten sich die wiederholten Überfälle nicht nur kurzfristig aus. Bereits seit dem Anfang des 5. Jahrhunderts lassen sich im Balkanraum gesellschaftliche Veränderungen nachvollziehen, die im Verlauf des 6. Jahrhunderts immer deutlicher sichtbar wurden. Diese wurden zwar nicht ausschließlich, aber zu einem nicht unerheblichen Teil von den regelmäßigen Überfällen und Plünderungen – nicht nur aus dem Barbaricum, sondern auch von Verbünden im Oströmischen Reich (oft nicht nur Barbaren, sondern beispielsweise auch verarmte Bauern, Sklaven und desertierte Soldaten) – angestoßen.135 Archäologische Studien deuten darauf hin, dass der ländliche Raum deutliche Bevölkerungsverluste hinnehmen musste. Die Villenkultur war im Balkanraum seit dem Ende des 4. Jahrhunderts – in einzelnen Regionen wie nördlich des Balkangebirges (Haemus) bereits seit der Mitte des 3. Jh.s – in Auflösung begriffen.136 Dazu kam, dass die zunehmende Militarisierung die Probleme für die Landbevölkerung noch zusätzlich beförderte. Städtisches Leben beschränkte sich immer mehr auf die Küstenregionen (z. B. Thessalonike, Mesembria, Salona und Konstantinopel). Wirtschaftliche Verbindungen zum Hinterland 132 Prok.

BG 7,33,10, zur Hinwendung zu den Langobarden; 7,34,46f.: Absicherung des Friedens zwischen Gepiden und Langobarden durch oströmische Truppen in Pannonien – und eventuell auch, um den Zugang nach Italien zu kontrollieren; so Pohl, The Empire and the Lombards, 94; dagegen Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 308. Zu den Entwicklungen in Pannonien Pohl, The Empire and the Lombards, 87–112; Wozniak, Byzantine Diplomacy and Lombard-Gepidic Wars.

133 Pohl,

The Empire and the Lombards, 92. Zu den frühen Slawen siehe Curta, The Making of the Slavs.

134 Zur

Frage, ob es sich bei dem Berichteten um ein Ereignis handelte oder ob mehrere unterschiedliche zusammengeführt wurden, vgl. Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 15.

135 Ab

541 (543 im Illyricum und Italien) wirkten sich wiederholte Pestwellen zusätzlich auf die demographische Entwicklung aus. Dazu Meier, Die sogenannte Justinianische Pest und ihre Folgen; Horden, Mediterranean Plague in the Age of Justinian, bes. 135–139 zur regionalen Verbreitung und den unterschiedlichen Wellen (die fünfte Welle begann 597 und war in Thessalonike zuerst nachweisbar); Leven, Die „Justinianische“ Pest; Meier, Prokop, Agathias, die Pest und das „Ende“ der antiken Historiographie; ders., The „Justinianic Plague“.

136 Henning, Südosteuropa zwischen Antike und Mittelalter, 35, 108–112; Poulter, Cataclysm on the Lower Danu-

be, 231, 242.

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brachen zunehmend ab.137 Prokop bezeichnet das Thrakien unter Justinian als „Skythenwüste“.138 Eines der wichtigsten Rekrutierungsgebiete fiel damit für Konstantinopel weitgehend aus. Steuererleichterungen und administrative Veränderungen lassen sich als Reaktionen auf dieses Phänomen verstehen, konnten der Entwicklung aber höchstens situativ begegnen.139 Justinian I. versuchte die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Zum einen bemühte er sich, durch Geldzahlungen den Frieden zu sichern; zum anderen griff er auf die bewährte römische Strategie im Umgang mit entsprechenden Problemen zurück und versuchte bestehende Rivalitäten zwischen einzelnen Gruppen wie den Utiguren und Kutriguren auszunutzen, um sie gegeneinander auszuspielen. Gleichzeitig baute er damit die Awaren, die unter seinen Nachfolgern zunehmend zu einem ernsthaften Problem werden sollten, als neue Verhandlungspartner auf.140 Darüber hinaus wurde die Nordgrenze durch ein Befestigungsprogramm (mehrfach gestaffelte Kastellketten) vor weiteren Einfällen eindrucksvoll gesichert, auch wenn diese aus eigenen Kräften langfristig trotzdem nicht mehr lange zu halten war. Begünstigt wurden die ständigen Einfälle in den 540er und 550er Jahren im gesamten Balkanraum (Kutriguren, Utiguren, Gepiden und Slawen in Thrakien, dazu kam ein Aufstand herulischer foederati) auch dadurch, dass Justinian zeitgleich wesentliche militärische Ressourcen an Konfliktherden in Italien und an der Ostgrenze des Reiches konzentrierte. 559 zogen noch einmal kutrigurische Bulgaren durch Moesien und Thrakien. Ein Teil der Gruppe konnte an den Thermopylen aufgehalten werden, ein anderer gelangte über die Langen Mauern vor Konstantinopel und wurde erst dann vom aus dem Ruhestand reaktivierten Feldherrn Belisar kurz vor der Stadt zurückgedrängt.141 Unter dem Eindruck solcher Ereignisse vermitteln die Quellen ein Bild, das von den Angriffen dominiert wird. Den Einfällen unter Justinian (ab den 550er Jahren dann v. a. Slawen und Awaren) bis in die 560er Jahre standen aber immer wieder auch militärische Erfolge auf oströmischer Seite gegenüber, die zusammen mit den diplomatischen Aktivitäten, einem umfangreichen Bauprogramm und weiteren administrativen Veränderungen die Stabilität Ostroms sicherten – auch wenn die Überfälle in einzelnen Regionen trotzdem großen Schaden anrichten konnten.142 Insgesamt beschränkten sich die Maßnahmen von oströmischer Seite ab dem Ende des 5. Jahrhunderts, wie gezeigt, keineswegs nur auf die Rückeroberung, sondern auch auf die längerfristige

137 Curta, 138 Prok.

The Making of the Slavs, 200, 203.

Anek. 18, p. 157.

139 Zu

den Bemühungen bereits unter Anastasios, der Entwicklung entgegenzuwirken, siehe Anm. 123. Außerdem Nov. Iust. 32, 128, 148, 162 (Versuch, dem Bevölkerungsrückgang in Haemimons und Moesia inferior entgegenzuwirken); Cod. Iust. 10,27,2.

140 Prok.

BG 8,18f. Dazu Syrbe, Reiternomaden des Schwarzmeerraums; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 302– 305; Pohl, Die Awaren, 43–48, zur anfänglichen Unterschätzung der Awaren in Konstantinopel und der oströmischen Diplomatie gegenüber den Awaren als neuer ernstzunehmender Gegner ab dem Ende der 550er Jahre. Siehe ebenso Pohls Beitrag im vorliegenden Handbuch (Teil II, Kap. 2.3)

141 Vgl.

Meier, Justinian, 77, 100f.; Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 15.

142 Die

Stabilität betont Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 372. Dagegen Dunn, Continuity and Change in the Macedonian Countryside, 578–580.

392

HGSOE, Bd. 1

Von Anastasios bis Justinian I. (491 – 565)

Kontrolle. Entsprechend machten sich Anastasios und ihm darin folgend Justinian I. an die Reorganisation der Verwaltung. Thrakien, das von Überfällen, Raubzügen und Kriegen besonders betroffen war143 und deutliche Bevölkerungsverluste hatte hinnehmen müssen, wurde mit den weniger betroffenen Regionen Zypern, Karien und den ägäischen Inseln in der im Jahr 536 neu geschaffenen quaestura exercitus – eine Verwaltungseinheit mit Sitz in Odessos (Varna, in Bulgarien) am Schwarzen Meer – zusammengelegt, um die Versorgung der Truppen an der unteren Donau sicherzustellen, die dadurch mit Proviant aus dem Ägäisraum und Syrien beliefert werden konnten. Dieser Verwaltungseinheit stand ein Prätor vor, der mit speziellen und erweiterten Befugnissen ausgestattet war; er ergänzte die administrativen Reformen, nach denen seit dem Jahr zuvor in Thrakien ein Prätor für die Verwaltung der Gegend um die Langen Mauern zuständig war. Für eine solche Organisation der Versorgung musste er allerdings keine völlig neuen Strukturen schaffen, sondern konnte auf bereits länger erprobte Mechanismen zur Belieferung der Truppen zurückgreifen.144 Im Zuge der umfangreichen administrativen Reformen unter Justinian I. verlegte man wohl als Demonstration der römischen Stärke gegenüber der lokalen Bevölkerung einen Teil der Verwaltung zurück in den Norden in die speziell für diesen Zweck gegründete Stadt Iustiniana Prima (Caričin Grad).145 Bereits Anastasios hatte einige Energie in den umfangreichen Aus- und Neubau der Befestigungen im Balkanraum investiert.146 Unter Justinian I. wurden solche Bemühungen fortgeführt. Dessen Befestigungsprogramm stärkte die Verteidigung auf dem ganzen Balkan weiter.147 Datiert wird dieses Bauprogramm üblicherweise auf den Zeitraum der 520er und 143 Dazu

Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 16, 21.

144 Siehe

dazu auch unten Kap. 5.3.1. Für die Reformen in Thrakien: Nov. Iust. 26 (18. Mai 535); für die Einführung des Quaestor exercitus: Nov. Iust. 41 (18. Mai 536) und 50 (1. September 537). Dazu Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 139–149; Curta, The Making of the Slavs, 9–26; Liebeschuetz, Warlords and Landlords, 114.

145 Nov.

Iust. 11. Allerdings ist unklar, ob die Verwaltung tatsächlich verlegt wurde oder ob es bei den Plänen blieb. Dazu Bavant, Caričin Grad and the Changes in the Nature of Urbanism; ders., Iustiniana Prima (Caričin Grad) [Lokalisierung Iustiniana Primas in Caričin Grad]; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 149–161; Rizos, Cities, Architecture and Society in the Eastern and Central Balkans und Wilkes, The Archaeology of War, 751f. (Anm. 25), geben einen Überblick über die weiteren Möglichkeiten der Lokalisierung Iustiniana Primas neben Caričin Grad. Siehe auch Snively, Iustiniana Prima.

146 Bülow,

The Fort of Iatrus in Moesia Secunda, 472. Zu den Problemen, die Bauphasen Anastasios oder Justinian zuzuordnen, Rizos, Cities, Architecture and Society in the Eastern and Central Balkans, 125; Crow, The Anastasian Wall and the Lower Danube Frontier, 401; Whitby, The Emperor Maurice and his Historian, 717–735; zu den Problemen, die einzelnen Bauten kaiserlichem Auftrag zuzuschreiben: Liebeschuetz, The Lower Danube Region under Pressure, 105.

147 Wilkes,

The Roman Danube (systematischer Überblick über den archäologischen Befund zu den Befestigungen entlang der Donaugrenze); Ivanov, Das römische Verteidigungssystem an der unteren Donau; Bülow, The Fort of Iatrus in Moesia Secunda (beide zu Moesia, neben Iatrus u. a. Novae); Poulter, Nicopolis ad Istrum. A Roman, Late Roman and Early Byzantine City; Scorpan, Limes Scythiae; Zahariade, Scythia Minor, 61–119; Băjenaru, Minor Fortifications in the Balkan-Danubian Area from Diocletian to Justinian, 43–50, bes. 43 und 48 (Befestigungsanlagen in der Moesia secunda und Dacia ripensis, u. a. Bononia [Vidin] und Romuliana als zentrale Befestigungsanlage in der Dacia ripensis); Milinković, Höhensiedlungen des 6. und 7. Jahrhunderts in Serbien; Dinchev, The Fortresses of Thrace and Dacia in the Early Byzantine Period; Rizos, Cities, Architecture and Society in the Eastern and Central Balkans, 125–128; Torbatov, Ukrepitelnata sistema na provincija Skitija, 188–193 (zu Scythia minor, bes. Tomis, Odessos, Istria, als große Befestigungsanlagen im Kontrast zu vielen befestigten Siedlungen im Balkanraum); Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 161–197, mit weiterer Literatur.

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393

Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

530er Jahre – die genaue Chronologie und Identifikation einzelner Bauphasen ist umstritten. Das Bauprogramm fiel damit in eine Phase, in der Konstantinopel sowohl in Afrika als auch in Italien militärisch die Oberhand gewann und vor allem der Balkanraum nicht von barbarischen Einfällen erschüttert wurde. Prokop, dessen Nutzbarkeit als Quelle für das justinianische Bauprogramm ebenfalls umstritten ist,148 gibt einen Einblick in den Umfang der Arbeiten. Demnach sollen in den Balkanprovinzen mehr als 600 Bauten zur Verteidigung fertiggestellt worden sein – so viele wie in keiner anderen Region des Oströmischen Reiches.149 Disktutiert wird die Frage, ob angesichts solcher Bemühungen von einer regelrechten Strategie der oströmischen Regierung im 6. Jahrhundert gesprochen werden kann. Lange war man davon ausgegangen, dass die Bauinitiativen und diplomatischen Aktivitäten im 5. und 6. Jahrhundert Reaktionen gewesen seien, die in der Regel situativ oder der zwischenzeitlichen Entspannung insbesondere an den Reichsgrenzen im Osten (Perser) sowie Nordafrika und Italien entsprungen seien. Diese habe es erlaubt, anderen Regionen im Reich wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen.150 Geschuldet ist ein solches Bild zum einen dem Umstand, dass man die Entwicklungen vor dem Hintergrund der politischen Situation im 4. und 5. Jahrhundert bewertet, in der beide Teile des Römischen Reichs mit zahlreichen verheerenden Einfällen barbarischer Verbände vor erhebliche Probleme gestellt wurden und das Westreich sogar zerbrach; dieser Eindruck wird oft auch auf die generelle Entwicklung und damit auch auf das 6. Jahrhundert übertragen.151 Zum anderen erschwert die Quellenlage den Zugang, da die literarische Überlieferung (Malalas, Marcellinus Comes, Agathias, Menander, Jordanes) nur ein fragmentarisches Bild von der Situation im Balkanraum ergibt oder, wie bei Prokop, der Region von vornherein im Vergleich zu den Persern, Vandalen und Goten wenig Aufmerksamkeit widmet. Selbst wenn sich Prokop, wie in der Schrift „de aedificiis“, explizit mit dem justinianischen Bauprogramm beschäftigt, zeichnet er ein Bild, das davon geprägt ist, die verheerenden Folgen der, zumindest seiner Darstellung zufolge, ständigen

148 Zur Datierung der Schrift Montinaro, Byzantium and the Slavs in the Reign of Justinian; ders., Power, Taste and

the Outsider. Für die Datierung des Bauprogramms und Identifikation einzelner Phasen siehe die Diskussion in Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 172–176.

149 Für

eine Diskussion des Bauprogramms Curta, Southeastern Europe in the Middle Ages, 45f.; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 161–198, bes. 162f. (für eine Zusammenstellung der Bauten auf der Grundlage Prokops, strukturiert nach Provinzen) und 188–198; Liebeschuetz, The Lower Danube Region under Pressure, 108–110 (zu Veränderungen des Charakters römischer Siedlungen im 6. Jh.).

150 Whitby,

The Late Roman Army and the Defense of the Balkan, 140f.

151 Vgl.

z. B. für eine Diskussion der strukturellen Änderungen Curta, The Making of the Slavs, 181–186; Wozniak, Byzantine Diplomacy and the Lombard-Gepidic Wars, 147–158; für den archäologischen Befund u. a. Poulter (Hg.), The Transition to Late Antiquity; Crow, The Anastasian Wall and the Lower Danube Frontier; Sarantis, Military Encounters and Diplomatic Affairs, 761: „The material evidence for an end to the villa economy, the disappearance of un-walled cities in open plains, and the proliferation of fortifications in isolated locations are used to highlight military insecurity, dislocation and decline. Indeed, in light of the widespread barbarian invasions and settlement of the Balkan provinces in the late 4th  – 5th c., life was, unsurprisingly, in many ways not as rosy as it had been in the Roman era. Within this narrative, the late 5th to 6th c. period is seen at best as a brief and limited respite.“

394

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Von Anastasios bis Justinian I. (491 – 565)

Überfälle aufzuzeigen.152 Alexander Sarantis hat jedoch zuletzt die Ansicht vertreten, dass sich die militärischen und diplomatischen Anstrengungen unter Anastasios und Justinian I. durchaus als politische Strategie deuten lassen, mit denen der Balkanraum zunehmend wieder unter römische Kontrolle gebracht worden sei.153

152 Vgl. Sarantis, Military Encounters and Diplomatic Affairs, 760–762; ders., Eastern Roman Management of Bar-

barian States. Zu Prokop Kaldellis, Classicism, Barbarism, and Warfare; Colvin, Reporting Battles and Understanding Campaigns in Procopius and Agathias; Montinaro, Power, Taste and the Outsider; Sarantis, Procopius and the Different Types of Northern Barbarian.

153 Vgl.

Sarantis, Justinian’s Balkan Wars; ders., Military Encounters and Diplomatic Affairs, 761; so Maas, Reversals of Fortune, 20: „[T]he Balkans always came first“.

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395

Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

4 .5

VON JUSTIN II. BIS PHOKAS (565 – 610)

Seit dem 6. Jahrhundert sind an der unteren Donau immer wieder Überfälle von Slawen dokumentiert. 517 taucht ihr Name in den Quellen zum ersten Mal in entsprechenden Zusammenhängen auf; ab der Mitte des Jahrhunderts häufen sich die Belege.154 Noch 545 wurden sie von den Herulern zurückgeschlagen, seit den 520er Jahren sind jedoch immer wieder, ab den 540er Jahren intensiviert, Überfälle von slawischen Gruppen dokumentiert. 549 verwüsteten slawische Gruppen Thrakien und das Illyricum und nahmen mit Topeiros, gelegen am unteren Nestos, erstmals auch eine römische Stadt ein. Im Jahr 551 gelang es, Slawen, deren Ziel Thessalonike war, nach Dalmatia zurückzudrängen. Andere slawische Verbände jedoch zogen im selben Jahr bis vor die Mauern Konstantinopels und verwüsteten die thrakische Ebene. Ein Jahr später sind weitere slawische Gruppen dokumentiert, die plündernd durch das Illyricum zogen.155 Dass die Überfälle unter Justinians Nachfolgern die oströmische Herrschaft im Balkanraum wesentlich stärker destabilisieren konnten, ergab sich daraus, dass sich die politische Situation entscheidend verändert hatte. Zum einen hatten sich in Pannonien die Kräfteverhältnisse verschoben. 567, zwei Jahre nach dem Tod Justinians I. und nach einem Kurswechsel unter seinem Nachfolger Justin II., unterlagen die Gepiden einer langobardisch-awarischen Koalition. Nur ein Jahr später verließen die Langobarden Pannonien in Richtung Italien. Damit konnten awarische Verbände, nachdem sie sich an der nördlichen Reichsgrenze durch Siege gegen Utiguren, Kutriguren und Türken durchgesetzt und gegenüber Konstantinopel – unerfüllte – Forderungen zur Ansiedlung auf oströmischem Gebiet erhoben hatten,156 Mitte der 560er Jahre in das im mittleren Donauraum entstandene Machtvakuum vorstoßen. Dadurch sicherten sie ihre Vormachtstellung im Barbaricum und avancierten ab 568 zu einer dauerhaften und ernsthaften Bedrohung des Oströmischen Reiches. Die awarischen Überfälle seit den 570er Jahren fielen mit solchen weiterer slawischer Verbände zusammen, die besonders das Illyricum zum Ziel hatten. Zum anderen stellte sich für Konstantinopel die Situation in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts besonders bedrohlich dar, weil die oströmischen Kaiser nach den unter Justinian I. noch einmal intensivierten Bemühungen die Kontrolle über Italien endgültig aufgeben mussten und militärische Ressourcen zudem längerfristig in Konflikten mit den Persern im Osten gebunden waren.157

154 Die

Slawen sind in den Quellen insgesamt schwer zu greifen, der Name scheint eine Selbstbezeichnung zu sein. Sicher ist aber, dass sich frühslawische Kulturen im 5. Jh. in der Gegend nordöstlich der Karpaten etablierten. Jordanes verortete sie östlich der Gepiden (außerhalb des Karpatenbeckens), wo der Hauptteil der Slawen gesiedelt habe. In den spätantiken Quellen werden sie im 6. Jh. greifbar, insbesondere mit den Berichten von regelmäßigen Einfällen in den 530er Jahren an der unteren Donau: Prok. BG 7,38; 7,14. Dazu Pohl, Die Awaren, 94–98; Curta, The Making of the Slavs, 36–43.

155 Prok.

BG 7,38 u. 40; 8,25.

156 Dazu

Pohl, Die Awaren, 45–48, dort auch eine kritische Auseinandersetzung mit der problematischen Überlieferung in Bezug auf die Ansiedlungsfrage (45f.). Siehe ebenso unten in Teil II: Kap. 2.2 u. 2.3.

157 Men. fr. 12,1–8; Paulus HL 2,7; Pohl, Die Awaren, 52–57; ders., The Empire and the Lombards, 96f.; Christie,

The Lombards, 58–63 für die Ereignisse in den 560ern in Pannonien.

396

HGSOE, Bd. 1

Von Justin II. bis Phokas (565 – 610)

Seit 577 nahmen Überfälle durch slawische und awarische Gruppen nochmals zu. Den Bemühungen unter dem aus Thrakien stammenden Tiberios (578 – 582), die Gefahr einzudämmen, indem man auf die bewährte Strategie zurückgriff, bestehende Rivalitäten zwischen Awaren und Slawen auszunutzen, war jedoch insgesamt nur wenig Erfolg beschieden.158 Wie es Jahrzehnte zuvor die Hunnen getan hatten, so gelang es den Awaren, befestigte Städte einzunehmen, wie beispielsweise 581/582 nach dreijähriger Belagerung Sirmium, dessen Verteidigung von kaiserlicher Seite – wie auch in anderen Fällen – offenbar nur mühsam organisiert werden konnte.159 Die Angriffe konzentrierten sich zwar auf Gebiete nördlich des Balkangebirges. Die römische Herrschaft im Balkanraum destabilisierten sie aber – anders als noch unter Justinian I. – insgesamt erheblich,160 zumal seit den frühen 580er Jahren wohl auch Überfälle durch Slawen in Griechenland dazukamen, die in den Quellen allerdings nicht immer eindeutig von denen durch Awaren zu trennen sind bzw. die oft wohl auch unter awarischer Herrschaft koordiniert wurden.161 Diese Probleme, die sich im Balkanraum seit der Mitte des 6. Jahrhunderts verdichteten, dauerten auch unter Tiberios’ Nachfolger Maurikios (582 – 602) an und prägten seine gesamte Herrschaft. Die Rekonstruktion der Ereignisse auf dem Balkan für diese Zeit ist nicht einfach, da man für die Darstellung der Situation vor allem auf Theophylakt Simokates und von ihm abhängige Quellen angewiesen ist.162 Erkennbar ist aber, dass sich bereits im Sommer 583 mit erneuten Awaren-Einfällen und weiteren Forderungen von deren Seite der Vertrag, der nach der Einnahme Sirmiums (Sremska Mitrovica) ausgehandelt worden war, erledigt hatte. Neben jährlichen Zahlungen in Höhe von 80.000 Solidi (spätantike Standard-Goldmünze) war mit dem ersten Vertrag auch Sirmium an die Awaren gefallen. Singidunum (Belgrad), dessen strategische Bedeutung als Grenzposten nach dem Verlust Sirmiums gewachsen war, war dabei hart umkämpft, fiel schließlich 158 Für

das vom Quaestor exercitus Johannes organisierte und von Awaren unterstützte militärische Unternehmen gegen die Slawen siehe Menand. frg. 21 p. 192–195 [Blockley]; Euagr. 209,27–210,2 (für die umfangreiche Rekrutierung in den Balkanprovinzen). Zur Strategie im Umgang mit den Verbänden Sarantis, Eastern Roman Management of Barbarian States, 55.

159 Menand.

frg. 25,2,90 p. 226 [Blockley]. Liebeschuetz, The Lower Danube Region under Pressure, 109f. und 113 zur Veränderung der Städte im 6. Jh.

160 Der Verlust Sirmiums hatte hohen Symbolwert: „Der römische Balkan als ganzes war Ende der siebziger Jahre mehr

als je zuvor unter Belagerungszustand; die römische Ordnung der Provinzen reduzierte sich immer mehr auf das Festungssystem, dem Justinian Gestalt gegeben hatte. Die alte Kaiserstadt an der Save zu halten, war für die Moral der Verteidiger entscheidend; es symbolisierte die Bereitschaft, eine Festung auch in aussichtsloser Situation zu behaupten.“ Pohl, Die Awaren, 70–76 (Zitat: 73). Zur Bedeutung, die Sirmium beigemessen wurde, Menand. frg. 25,2 p. 222–227 [Blockley]; Pohl, Die Awaren, 359 zu den Quellen, die den Fall der Stadt kommentieren.

161 Curta,

The Edinburgh History of the Greeks, 16f.; Pohl, Die Awaren, 106f. zur Zusammensetzung solcher Verbände am Beispiel der durch die Miracula Sancti Demetri (s. u. Anm. 168) gut dokumentierten Belagerung Thessalonikes im Jahr 586. Ebd., 71, 88, 104 für die Aneignung römischer Belagerungstechniken durch die Awaren, die die Einnahme oströmischer Städte ermöglichte (Prisk. frg. 6 p. 230f. [Blockley]; dazu Mirac. S. Demetr. 1,14,138f. p. 148f.; 1,14,146–155 p. 152–156 [Lemerle]).

162 Zur Abhängigkeit der Darstellung der Situation auf dem Balkan unter Maurikios von Theophylakt, dessen Quellen

zum Balkan und den eigenen begrenzten Kenntnissen vor Ort, ebenso wie zu den Problemen, die Chronologie zu rekonstruieren Whitby, The Emperor Maurice and His Historian. Zum archäologischen Befund Curta, Still Waiting for the Barbarians?; eine Diskussion des Befundes und der literarischen Quellen in: Whitby, The Emperor Maurice and His Historian, 92–137.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

aber unter die Kontrolle der Awaren. Darüber hinaus wurden unter anderem Anchialos (Pomorie) und Viminacium (Kostolac) zerstört, wobei letzteres danach in den Quellen nicht mehr erwähnt wird.163 Nachdem die römischen Zahlungen abermals erhöht worden waren, zogen die Awaren sich ab 584 zunächst aus dem Oströmischen Reich zurück, unternahmen jedoch weiterhin immer wieder Plünderungszüge. Auch die Raubzüge von slawischen Verbänden dauerten an. Die slawischen Plünderungen dieser Jahre waren aber wohl in der Regel nicht mit denen der Awaren in irgendeiner Form koordiniert. Allerdings gehen die Quellen davon aus, dass hinter größeren Aktionen wie beispielsweise der Belagerung Thessalonikes der awarische Khagan stand. Ansonsten profitierten die Slawen von der Instabilität, die die Awaren verursacht hatten.164 Da Maurikios zeitgleich in einen Krieg mit den Persern verwickelt war, der die militärischen Kräfte abermals im Osten band und für die Balkanregion nicht verfügbar machte, begnügte man sich zunächst mit Lösegeldzahlungen an die Awaren. Auch Überfälle durch slawische Gruppen dauerten an. 584 drangen sie bis zu den Mauern Konstantinopels vor, darüber hinaus litten in den folgenden Jahren die Gebiete bis zur Peloponnes weiter unter slawischen Überfällen. Nach den Kutriguren 558/559 gelangten nun auch die Slawen bis zu den Langen Mauern, so dass der Kaiser diese mit verstärktem Personal verteidigen musste. Slawische Überfälle lassen sich ansonsten in weiter von Konstantinopel entfernten Gebieten wie Macedonia und Griechenland, darunter 586 Thessalonike und um 584 Korinth, nachweisen.165 Erhebliche Probleme bereiteten auch die ab 586 erneut zunehmenden Einfälle von Awaren – nach Theophylakt wurden Städte von Durostorum (Silistra), Tropaeum Traiani (Adamklissi) bis hin nach Zaldapa (beim heutigen Abrit, nicht zu verwechseln mit dem antiken Abrit(t)us = Razgrad) und Marcianopolis (Devnja, Hauptstadt der Moesia inferior) erobert.166 Die – wenn auch letztlich erfolglosen – Belagerungen Thessalonikes wohl durch Slawen in den Jahren 581 und 586 finden in zeitgenössischen Quellen ihr Echo.167 Die 163 Viminacium:

Pressure, 117.

164 Dazu

Theophyl. Sim. 1,4,4 [de Boor/Wirth]; dazu Liebeschuetz, The Lower Danube Region under

Whitby, The Emperor Maurice and His Historian, 142f.

165 Zu Thessalonike s. u. Anm. 186–171; zu Korinth (um 584), Mich. Syr. chron. 10,2; Curta, The Edinburgh Histo-

ry of the Greeks, 17, zur Datierung auf 584 oder kurz davor; Pohl, Die Awaren, 108, für eine Datierung auf 584 und gegen eine völlige Zerstörung der Stadt. Dafür spricht die Erwähnung der Stadt in späteren Quellen und der archäologische Befund, weshalb Pohl davon ausgeht, dass von der Zerstörung vor allem die Unterstadt betroffen gewesen sei. Dazu Charanis, On the Slavic Settlement in the Peloponnesus; ders., The Slavs, Byzantium, and the Historical Significance of the first Bulgarian Kingdom, 8. Für die Gegend um Thessalonike sind insgesamt ab den 580ern zahlreiche Überfälle in den Quellen dokumentiert: Ein Überblick findet sich bei Curta, The Edinburgh History of the Greeks; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars, 375–389. Allerdings ist es bei den widersprüchlichen Informationen nicht leicht, die genauen Abläufe in den ersten Jahren unter Maurikios’ Herrschaft im Detail nachzuvollziehen.

166 Theophyl.

Sim. 1,8,10f. [de Boor/Wirth]. Siehe zu Abrittus (Razgrad) oben den Handbuchbeitrag von Bruno Bleckmann, Kap. 3.2, Anm. 23.

167 Nach

der Angabe in der Sammlung wurde Thessalonike an einem Sonntag, am 22. September, während der Herrschaft des Maurikios angegriffen. Demnach kämen entweder das Jahr 586 oder 597 in Frage. In der Forschung ist die Datierung umstritten, wenn auch 586 insgesamt für plausibler gehalten wird, da sich eine solche Datierung besser in die Auseinandersetzungen mit den Awaren in den 580ern einfügt. Für die Datierung auf 586 Lemerle, Les plus anciens recueils des Miracles de Saint Démétrius, Bd. 2, 49–69; so auch Kardaras, The Episode of Bousas

398

HGSOE, Bd. 1

Von Justin II. bis Phokas (565 – 610)

Ereignisse gaben der Verehrung des Hl. Demetrios zusätzlichen Auftrieb. Bereits seit dem ersten Viertel des 6. Jahrhunderts spiegelte sich die Verehrung im Stadtbild in monumentalen Bauten wider.168 Gesteigert wurde diese nach 586 nun nochmals, da Demetrios die Rettung der Stadt vor den Belagerern zugeschrieben wurde.169 Greifbar wird die intensivierte Verehrung in einer Sammlung von 15 Wundergeschichten, die um das Wirken des Heiligen kreisen. Herausgegeben wurde die Sammlung zu Anfang des 7. Jahrhunderts vom Erzbischof der Stadt Johannes. Der Erzählung zufolge seien die Slawen nach einwöchiger Belagerung durch Demetrios’ Eingreifen mit Leichtigkeit zurückgeschlagen worden.170 Von oströmischer Seite begegnete man der unsicheren Situation mit der Verstärkung der Verteidigung jenseits von Adrianopel.171 Bereits im Jahr 585 war es mit einem Sieg bei der Festung Ansinon gelungen, die Slawen aus der Astike (eine fruchtbare Region der thrakischen Ebene, einstiges Gebiet des thrakischen Stammes der Astai und ehemalige Strategie) zurückzudrängen. Ein kohärenter Plan, um ihren Einfällen zu begegnen, existierte jedoch nicht. Vielmehr reagierte man situativ auf einzelne Probleme. Dazu kam, dass sich die Truppen, die für die Verteidigung der strategisch wichtigen Punkte an der Donau zuständig waren, nur schwer zusammenziehen und zu einem schlagkräftigen Heer organisieren ließen.172 Jedenfalls berichten verschiedene Quellen von Schwierigkeiten, Truppen zur Verteidigung zu organisieren. Unter anderem wurden Einheiten aus Italien und Armenia verlegt, um für Einsätze in Thrakien zur Verfügung zu stehen.173 Nach Theophylakt konnten aber immerhin die größeren und besser verteidigten Städte in der thrakischen Ebene Beroia/Beroë (Augusta Traiana/Stara Zagora), Diocletianopolis (Hisarja) und Philippopolis (Plovdiv) sowie auch Adrianopolis den Überfällen durch Awaren in diesen Jahren standhalten, jeweils verteidigt (586/587) and the Use of Siege Engines by the Avars; Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 18 (dort auch die Argumente, die in der Diskussion angeführt werden); Pohl, Die Awaren, 104. Gegen die Datierung auf 586 z. B. Vryonis, The Evolution of Slavic Society and the Slavic Invasions in Greece; Korres, Some Remarks on the First Major Attempts of the Avaroslavs to Capture Thessaloniki, 172, 176f. 168 Dazu

Ćurčić, Christianization of Thessalonikē, 226–231.

169 Dort erscheint der Hl. Demetrios einem Verwandten des illyrischen Präfekten im Traum, worin er die personifizier-

te gute Ordnung (Eutaxía) daran hindert, die Stadt zu verlassen, indem er sie daran erinnert, wie sehr sie gerade in diesen Zeiten gebraucht werde. Auch in den anderen Wundergeschichten wird die Sorge des Heiligen für das Wohl der Stadt immer wieder betont (Mirac. S. Demetr. 1,112f. p. 127f.; 1,115 p. 129 [Lemerle]); Hoddinott, Early Byzantine Churches in Macedonia and Southern Serbia, 148f. Dazu Skedros, Saint Demetrios of Thessaloniki, 125; ders., Civic and Ecclesiastical Identity in Christian Thessalonike, 257. Zum Kult auch Tăpkova-Zaimova, Le culte de saint Démétrius à Byzance et aux Balkans.

170 Es

handelt sich um eine Sammlung mehrerer Wundergeschichten über den Hl. Demetrios und seine Taten für das Wohlergehen Thessalonikes. Die Bedrohung der Stadt durch die Barbaren ist dabei zwar nicht das Hauptthema, wird im Zusammenhang der hagiographischen Darstellung des Stadtheiligen aber immer wieder detailliert geschildert. Der erste Teil wurde wohl unter Herakleios verfasst, die Fortsetzung wird in das Ende des 7. Jh.s datiert. Dazu Koder, Anmerkungen zu den Miracula Sancti Demetrii; Skedros, Saint Demetrios of Thessaloniki, 107–115; Pohl, Die Awaren, 8, 102; Bauer, Eine Stadt und ihr Patron, 32–36.

171 Whitby,

The Emperor Maurice and his Historian, 144f.; Mich. Syr. chron. 10,21, p. 361; Strategikon 10,4. Zur wenig erfolgreichen Reaktion bzgl. Thessalonikes siehe Mirac. S. Demetr. 1,128 p. 137 [Lemerle].

172 Whitby,

The Emperor Maurice and his Historian, 143; Johannes von Ephesos 6,25.

173 Whitby,

The Emperor Maurice and his Historian, 147f.

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Teil I: 4. Das spätantike Südosteuropa zwischen Osten und Westen (379 – 610)

durch die Einwohner. Die militärischen Unternehmungen auf dem Balkan unter dem Kommando des Priskos in den 580ern waren insgesamt nur bedingt erfolgreich. Mit Anchialos (Pomorie), als Versorgungszentrum eine der wichtigsten Städte im südöstlichen Balkanraum, wurde jener Ort von Awaren eingenommen, den Maurikios kurz zuvor (wohl im Herbst 590) auf einer der seltenen Gelegenheiten, an denen die oströmischen Kaiser die Hauptstadt verließen, selbst besucht hatte. Die Awaren wiederum boten römischen Städten an, die Steuern künftig an sie abzugeben, um auf diese Weise unter ihren Schutz gestellt zu sein.174 Die militärischen Auseinandersetzungen zogen sich durch die 590er Jahre. Die Feldzüge gegen Slawen und Awaren in den 590ern (wohl 593 – 595) unter Priskos und Petros (der Bruder des Maurikios) waren wieder erfolgreicher, aber auch jetzt mit den kleinteiligen Unternehmungen immer wieder von Niederlagen und zahlreichen Verhandlungen begleitet. So wurde beispielsweise Singidunum awarischem Einfluss entzogen, woraufhin sich von den Awaren kontrollierte Gebiete auf Dalmatia beschränkten. Von römischer Seite wagte man sogar Vorstöße über die Donau. Mit diesen Unternehmungen gelang es offensichtlich, die römische Herrschaft zumindest zum Teil und vor allem dort, wo Städte überlebt hatten und weiter unter römischer Kontrolle standen, wieder herzustellen. Der Friedensvertrag, der 598 mit den Awaren geschlossen wurde, setzte dann explizit die Donau als Reichsgrenze fest und sicherte Konstantinopel außerdem die Möglichkeit zu, bei Bedarf auch jenseits dieser Grenze auf awarischem Gebiet gegen die Slawen militärisch vorzugehen. Den Awaren wurde vor allem eine nochmalige Erhöhung der Jahrgelder auf 120.000 Solidi zugesichert. Die Auseinandersetzungen dauerten dennoch an. 599 gelang es den vereinigten Truppenkontingenten, die Awaren in ihrem Territorium in Pannonien entscheidend zu schwächen.175 Trotz solcher Erfolge meuterten im Jahr 602 Teile der Truppen auf dem Balkan. Die Gründe dafür sind undurchsichtig, waren wahrscheinlich aber ein Amalgam aus Unzufriedenheit über die intensivierten Belastungen, Angst vor Statusverlust bei der geplanten Verlegung von weiteren Truppenkontingenten aus Armenien auf den Balkan und angekündigten Umstrukturierungen in der Versorgung des Heeres. Da Maurikios’ Herrschaft ohnehin nicht besonders stabil war, bedeutete die Ausrufung des Phokas im Heer das Ende seiner Herrschaft. Trotz der militärischen Erfolge in der zweiten Hälfte der Herrschaft des Maurikios wirkten sich die Zerstörungen insgesamt nachhaltiger aus, zumal sich damit die schon lange vorher begonnene Desintegration einzelner Regionen fortsetzte, was selbst für Landstriche und Städte an der adriatischen und ägäischen Küste und Gebiete in Macedonia galt, in denen die römische Verwaltung wiederhergestellt worden war oder aufrecht erhalten wurde.176 Der Sturz des Maurikios hatte gravierende Folgen für die Situation im Balkanraum. Waren in den vergangenen Jahren wichtige militärische Erfolge gelungen, so konnte sein Nachfolger Phokas (602 – 610) – wie Tiberios aus Thrakien stammend – die aufwändige Strategie nicht aufrechterhalten und die römische Herrschaft nach den damit erzielten Erfolgen nicht nachhaltig konsolidieren,

174 Mich.

Syr. chron. 10,21, p. 361; Whitby, The Emperor Maurice and his Historian, 155–165.

175 Pohl,

Die Awaren, 154f.

176 Whitby,

400

The Emperor Maurice and his Historian, 165–169.

HGSOE, Bd. 1

Von Justin II. bis Phokas (565 – 610)

zumal die Konflikte an der Ostgrenze erneut aufgeflammt waren und die Revolte des Herakleios die Aufmerksamkeit weiter in den Osten lenkte, so dass die Verteidigung der nordöstlichen Reichsgrenze sich abermals auf die Stärkung von Befestigungen beschränkte.177 Der Donauraum ging in dieser Zeit endgültig verloren.178

177 Ebd.,

184.

178 Einen

konzisen Überblick über die Situation im 7. Jh. bietet Curta, The Beginning of the Middle Ages in the Balkans; außerdem ders., Still Waiting for the Barbarians?; ders., Southeastern Europe in the Middle Ages.

HGSOE, Bd. 1

401

5. S  TRUKTUREN DES RÖMISCHEN UND SPÄTANTIKEN SÜDOSTEUROPA

Fritz Mitthof / Karl Strobel

5.1

SÜDOSTEUROPA IM PRINCIPAT (27 V. – 249 N. CHR.)

5 .1 .1 Verwaltungseinheiten und Territorialgliederung Rom etablierte mit der Einführung des Provinzialsystems ab dem Ende des Ersten Punischen Krieges (241 v. Chr.) in allen außer-italischen Gebieten einen dreistufigen Verwaltungsaufbau: Auf der untersten Ebene gab es Gebietskörperschaften lokalen Zuschnitts, vor allem Civitates (römische und peregrine Städte oder vorrömische politische Körperschaften/Stämme) bzw. Poleis (Stadtstaaten hellenisch-hellenistischer Tradition und Rechtsform), die sich in Selbstverwaltung durch örtliche Eliten befanden.1 Als mittlere Ebene diente die Provinz unter der Leitung eines aus Rom für ein oder mehrere Jahre entsendeten, zumeist senatorischen Statthalters und seines Stabes, und auf höchster Ebene befand sich das Reichszentrum, zunächst repräsentiert durch Senat und Volk von Rom (SPQR = senatus populusque Romanus) und dessen stadtrömischen Organe – Senat, Magistrate und Volksversammlungen (Comitien) –, die später in ihren politischen Funktionen vom Kaiser abgelöst wurden. In weiterer Folge wurden in den Provinzen als zusätzliche Mittelebene einerseits Gerichtsbezirke für die Rechtsprechung durch den Statthalter (conventus iuridici) etabliert, zum anderen Regionalund Provinziallandtage (Concilia, Koiná, Conventus) als Parallelstruktur zur römischen Provinzialadministration, welche den Civitates bzw. Poleis die Möglichkeit zu gemeinsamen Handeln, insbesondere in der Ausübung des Loyalitätskultes gegenüber Rom bzw. den römischen Kaisern (provinzialer Herrscherkult) sowie zur Vertretung von Anliegen und Interessen vor den römischen Autoritäten gab. Koiná waren eine Erscheinung der griechischen Poliswelt und haben sich daher in Südosteuropa nur dort entwickelt, wo es entsprechende Traditionen und Strukturen gab: in Makedonien, Thrakien und an der westpontischen Küste. Sie wurden von einem jährlich wechselnden Oberpriester (Archiereús) aus den städtischen Eliten geleitet, der zugleich als Oberbeamter fungierte (Pontarch, Thrakarch, Makedonarch; s. u. Kap. 5.1.3). Grundsätzlich handelte es sich um provinzweite 1

Das in den Besitz des Populus Romanus übergegangene Territorium der Provinzen war größtenteils in römische und peregrine Civitates sowie – im östlichen, hellenisch-hellenistisch geprägten Teil des Reiches – in Poleis mit ihrem städtischen Territorium gegliedert (s. u. Kap. 5.1.3); zu einem geringeren Teil stand es unter direkter römischstaatlicher bzw. kaiserlicher Verwaltung. Zum Bodenrecht in den Provinzen Strobel, „Römische Vici“ – „Militärische Vici“ – „Zivile Vici“, bes. 38–41.

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Versammlungen; im Falle des westpontischen Koinons waren dagegen zunächst nur sechs und später fünf Küstenstädte beteiligt (Histria, Tomis, Kallatis, Dionysopolis, Odessos und Mesembria [letzteres wurde 202 n. Chr. zur Provinz Thracia geschlagen]), während der auf die Donau ausgerichtete binnenländische Westteil der Provinz Niedermösien unbeteiligt blieb. Am Übergang zur Spätantike wurden im Zuge einer weiteren Verdichtung des Verwaltungsapparats nicht nur die Provinzen verkleinert, sondern zwei zusätzliche Zwischenebenen eingezogen: Unterhalb der obersten Ebene der Kaiser und Palastverwaltung – die Herrscher agierten in der Übergangszeit des späten 3. bis späten 5. Jh.s in der Regel als mehrköpfiges Kollegium und waren damit physisch an mehreren Punkten im Reich präsent, ehe nach dem Ende des Kaisertums im Westen im späten 5. Jh. Konstantinopel als einziger Herrschaftssitz verblieb – wurden anfänglich drei, dann vier Prätoriumspräfekturen geschaffen; diese Präfekturen wiederum waren in Diözesen gegliedert, die jeweils Gruppen von Provinzen umfassten (s. u. Kap. 5.2.1 u. 5.3.1). In der hohen Kaiserzeit war das gesamte Reich in etwa 40 Provinzen unterteilt; im ausgehenden 4. Jahrhundert bestand es aus 15 Diözesen und etwas mehr als 110 Provinzen. Südosteuropa zählte in der hohen Kaiserzeit etwa 10 und in der Spätantike 25 Provinzen in vier Diözesen. Die staatsrechtlichen Grundlagen dieses Provinzialsystems wurden mit der Schaffung des Principats auf Dauer neu definiert. Im Januar 27 v. Chr. legte Caesar der Sohn seine außerordentlichen triumviralen Vollmachten nieder, behielt nur das Imperium und die Amtsgewalt als amtierender Consul und erhielt im Gegenzug neben zahlreichen Ehrungen für die „Wiederherstellung der Republik“ (res publica restituta) den neu geschaffenen Ehrennamen Augustus, der Erhabene, sowie das proconsulare Imperium (imperium proconsulare) auf 10 Jahre für die noch nicht befriedeten Provinzen, in denen natürlich die Masse des Heeres stand, das seit 29 v. Chr. zu einem stehenden Reichsheer umgewandelt wurde. Damit war der entscheidende Schritt von der Militärdiktatur der Triumviralzeit zum System des Principats, zu einer Militärmonarchie mit einer Verfassungsfassade, getan. In der Folge dieser Aufteilung der Provinzen zwischen Senat und Augustus trugen die in traditioneller Form vom Senat bestellten Provinzstatthalter, die nur noch in den „Senatsprovinzen“ amtierten, den Titel Proconsul, die von Augustus stellvertretend für die Ausübung seiner Kommandogewalt (imperium proconsulare) in den „kaiserlichen Provinzen“ bestellten senatorischen Statthalter den Titel eines Legaten des Augustus mit delegiertem prätorischen Imperium (legatus Augusti pro praetore). Die Aufgaben und Befugnisse dieser Legaten für ihren jeweiligen Amtsbereich (provincia) wurden durch entsprechende Anweisungen des Augustus festgelegt (mandata principis).2 Beide Typen von Provinzen wurden je nach ihrer Bedeutung bzw. ihrem Ansehen oder nach der 2

Zwischen der Provincia im ursprünglichen Sinne des Begriffs als dem einem Imperiumsträger zugewiesenem Amtsund Aufgabenbereich und der Provincia als Form der administrativen territorialen Gliederung des Imperium Romanum besteht der grundsätzliche Unterschied in der territorialen Definition des jeweiligen Gebietes, in dem das delegierte oder vom Senat übertragene proconsulare Imperium Gültigkeit hatte. Der Princeps als eigentlicher Imperiumsträger konnte im Rahmen seiner Beauftragungsschreiben den Aufgabenbereich eines Legaten über die territorial-administrative Provinzeinheit hinaus erweitern, etwa zur Führung eines Feldzuges jenseits der Provinzgrenzen. Der Amtsbereich eines Provinzstatthalters konnte dabei sehr wohl nicht untertänige, sondern in einem Vertragsverhältnis an Rom gebundene, nach internationalem Recht weiterhin eigenstaatliche Gebilde (civitates liberae, civitates foederatae bzw. liberae et foederatae) mit umfassen, die den Befehlen des römischen Volkes, vertreten durch den Imperiumsträger oder seinen Delegierten, Folge zu leisten hatten.

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Stärke der militärischen Besatzung entweder von einem Statthalter prätorischen oder aber von einem höher eingestuften Statthalter consularen Ranges verwaltet. Durch das Augustus im Jahre 23 v. Chr. durch Volksgesetz (lex) verliehene „höherrangige proconsulare Imperium“ (imperium proconsulare maius) auf Lebenszeit war seine Befehlsgewalt auch den proconsularen Statthaltern des Senats übergeordnet und galt außerdem unter Aufhebung der Begrenzung durch das Pomerium, die rituelle Stadtgrenze Roms, auch innerhalb Italiens und Roms.3 Hinzugewonnene, als neue Provinzen eingerichtete Gebiete wurden der Verwaltung des Princeps zugeschlagen. Es ist dabei grundsätzlich zu beachten, dass die Einrichtung einer Provinz als eines auf Dauer geschaffenen, territorial definierten Aufgabenbereichs für einen senatorischen Legaten oder einen ritterlichen Präfekten als den Delegierten des Princeps, des Inhabers des Imperium proconsulare, einen politisch-rechtlichen Akt darstellte und keineswegs eine flächige militärische Besetzung oder gar eine administrative Durchdringung beinhaltete beziehungsweise zur Voraussetzung hatte.4 Kleinere kaiserliche Verwaltungseinheiten ohne Legionsbesatzung wurden als Amtsgebiete ritterlichen Präfekten, später mit dem Titel Procurator, als Stellvertretern des Princeps übergeben.5 Alle hochrangigen Truppenkommandeure (senatorische Legionslegaten sowie ritterliche Präfekten der Auxiliar- bw. Hilfstruppeneinheiten und Flotten) wurden vom Princeps ernannt. Auf dieser Grundlage hat Rom im südosteuropäischen Raum eine über Jahrhunderte wirksame Territorialordnung geschaffen: Durch die Einrichtung der Provinz Macedonia im Jahre 148 v. Chr., an die in weiterer Folge der nordägäische Küstenstreifen bis zum Hellespont (Dardanellen) angegliedert wurde, beginnt die administrative Neugestaltung Südosteuropas innerhalb des Imperium Romanum. Die nächsten wesentlichen Schritte waren die Institutionalisierung der Provinz Illyricum im Jahre 59 und ihre Ausweitung im Illyrienkrieg 35 – 33 sowie dann 12/11 v. Chr. bis zur mittleren Donau. Mit der Annexion des Regnum Noricum 16 v. Chr. und der Ausweitung des betreffenden Gebiets im Alpenkrieg 15 v. Chr. über den Alpenhauptkamm nach Norden bis zur Donau war mit der neuen Provinz in regno Norico der Südostalpenraum in das administrative System des Reiches eingegliedert. 9/10 n. Chr. wurde Illyricum entlang einer Linie südlich der Save in zwei Provinzen geteilt, nämlich das Bergland im Süden (Dalmatien) und das Tiefland im Norden (Illyricum inferius); letzteres wurde fortan als Pannonia bezeichnet.

3

Cass. Dio 53,32,5; AE 1996, 885 = CIL II2 /5, 900, Z. 32–36; IRT 301 (Feldzug des Proconsul Africae sub auspiciis des Augustus); Kienast, Augustus, 105–109. Die weiteren Grundlagen der faktischen Stellung des Augustus als Alleinherrscher waren der 31 – 23 v. Chr. jährlich bekleidete Consulat, nach dessen Niederlegung das ihm verliehene Imperium consulare und die Tribunicia Potestas, die ihm 23 v. Chr. übertragene volle, vom eigentlichen Amt losgelöste Amtsgewalt eines Volkstribuns; deren jährliche automatische Erneuerung wurde zur Zählung der Regierungsjahre der römischen Kaiser.

4 Vgl. 5

Strobel, Zur Diskussion um die Einrichtung der Provinz Pannonia, 256f.

Eine Ausnahme war Ägypten, das wegen seiner besonderen strategischen und machtpolitischen Bedeutung seit 30 v. Chr. trotz seiner Garnison von drei, später zwei und am Ende nur noch einer Legion von einem ritterlichen Präfekten (Praefectus Aegypti) als Stellvertreter des Princeps verwaltet wurde, dessen rechtliche Gleichstellung mit einem Proconsul durch Volksgesetz sanktioniert war; s. Dig. 1,17,1; vgl. Jördens, Statthalterliche Verwaltung. Auch die in Ägypten stationierten Legionen hatten als Ausnahmefall nicht, wie sonst üblich, senatorische, sondern ritterliche Kommandeure.

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Der rechte Uferstreifen der Donau von der Savemündung (unter Domitian und Traian zeitweise schon ab der Drau) bis zum Delta – unter Einschluss des Moravabeckens, des Timoktals sowie der Dobrudscha – bildete die Provinz Moesia (11/12 n. Chr.). Der Raum südlich des zu Moesien gehörigen Uferstreifens entlang der unteren Donau bis zur westpontischen und nordägäischen Küste wurde zur Provinz Thracia (46 n. Chr); diese reichte im Osten bis Hellespont, Propontis und Bosporus und im Westen bis zum Nestus (Mesta) bzw. bis zu den Höhenzügen zwischen den Tälern von Strymon (Struma) und Axios (Vardar). Unter Traian schließlich wurde Dacia als einzige Provinz jenseits der Donau eingerichtet (106 n. Chr.); sie umfasste Siebenbürgen und Oltenien sowie die östlichen Teile des Banats. Hingegen waren Muntenien und Moldau, also die Zone zwischen Karpaten, Olt und Pruth, unter Traian nur vorübergehend an Moesien angegliedert, wurden dann aber von seinem Nachfolger Hadrian wieder geräumt. Die zeitweise von Rom kontrollierten Stützpunkte im sogenannten Regnum Boporanum entlang der nordpontischen Küste bzw. auf der Krim fielen in die Zuständigkeit des Statthalters von (Nieder-)Moesien. Der Aufgabenbereich (politisch und militärisch) des Statthalters der Provinz Macedonia erstreckte sich anfänglich bis weit nach Illyrien hinein und im Osten bis zur westpontischen Küste und Donau. Die südlich gelegenen Landschaften Griechenlands (Thessalien, Mittelgriechenland und die Peloponnes mit den ägäischen Inseln) waren zunächst ebenfalls der Aufsicht des Statthalters von Macedonia unterstellt, wurden dann aber unter Augustus (27 v. Chr.) zur eigenständigen Provinz erhoben. Zur Zeit Traians schließlich wurde Epirus aus der Provinz Macedonia herausgelöst und verselbständigt. Im Laufe der Kaiserzeit kam es zu mehreren Provinzteilungen: Moesia (unter Domitian; 86. Chr.) und Pannonia (unter Traian; 106/107 n. Chr.) wurden jeweils in einen höher und einen tiefer gelegenen Landesteil (superior und inferior) untergliedert. In Dakien entwickelte sich ein Komplex von drei Teilprovinzen (Tres Daciae): Neben der alten Kernprovinz, die direkt dem consularen Statthalter unterstand (Dacia superior oder Apulensis), wurden zwei procuratorische Sprengel (Dacia inferior oder Malvensis und Dacia Porolissensis) eingerichtet, die sich ebenfalls unter dessen Oberkommando befanden. Gelegentlich kam es zu Verschiebungen der Provinzgrenzen. Besonders gut fassbar sind für uns etwa die Grenzkorrekturen in der Frühzeit des Principats zwischen Illyricum, Noricum und Italien im Raum von Emona, Celeia und Poetovio; ferner die Vorrückung der Grenze der Moesia inferior vom Hinterland des unteren Donauufers südwärts in thrakisches Gebiet bis zum Hauptkamm des Haemus und der bereits angesprochene Transfer eines kleinen Abschnitts der westpontischen Küste mit Mesembria von der Moesia inferior in die Thracia unter Septimius Severus; schließlich der Wechsel Brigetios unter Caracalla von der Pannonia inferior in die superior, wodurch beide pannonischen Provinzen fortan über jeweils zwei Legionen verfügten (Vindobona und Carnuntum – Brigetio und Aquincum; s. u. Kap. 5.1.2). Von solchen kleineren Korrekturen der Grenzverläufe abgesehen blieb die hier beschriebene Ordnung bis in die Regierungzeit Kaiser Aurelians (270 – 275 n. Chr.) unverändert. Eine erste wesentliche Neuerung brachte damals nach der Aufgabe des transdanubischen Dakiens die

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Einrichtung einer neuen dakischen Provinz südlich der Donau, wofür Teile von Ober- und Untermoesien sowie Westthrakien herangezogen wurden (s. u. Kap. 5.2.1). Durch die Neugliederung der Provinzen in tetrarchischer Zeit wurde die Ostgrenze Dalmatiens gegenüber Moesia superior und der neuen Provinz Praevalitana zurückgenommen, was für die administrative Teilung zwischen der Praefectura Italia/Dioecesis Pannoniae und Praefectura Illyricum/Dioecesis Moesiae entlang des sogenannten „Meridians von Skodra“6 (Skutari) im 4. Jahrhundert und damit für die „Reichsteilung“ von 395 von Relevanz sein sollte (s. o. Kap. 4.1). Die meisten Provinzen Südosteuropas hatten einen kaiserlichen Legaten (legatus Augusti pro praetore) aus dem Senatorenstand zum Statthalter. Zumeist waren dies – der Stärke der militärischen Besatzung von zwei Legionen entsprechend (sonstige Truppen nicht gerechnet) – Legaten consularen Ranges, so im Falle der noch ungeteilten Provinzen Moesia, Pannonia und Dacia sowie – nach der Teilung – der beiden moesischen Provinzen (seit Domitian), Pannonia superior (seit Traian) und der Tres Daciae (seit Marc Aurel). Hingegen amtierten in Dalmatia, Pannonia inferior und Dacia superior phasenweise Statthalter prätorischen Ranges: in Dalmatia seit der Verlegung der Legionen an die Donau, in Pannonia inferior bis zur Aufwertung der Provinz durch den Anschluss von Brigetio unter Caracalla, in Dacia superior in der Zeit zwischen den Reorganisationen Hadrians und Marc Aurels (ca. 118–168). Im Zuge der Reorganisation der Reichsverwaltung 27 v. Chr. wurden Macedonia und Achaia sowie Illyricum dem Senat anvertraut und seitdem von Proconsuln prätorischen Ranges verwaltet. Allerdings kehrte Illyricum bereits 11 v. Chr. wieder unter kaiserliche Kontrolle zurück. Macedonia wurde unter Augustus und Tiberius ebenfalls dem Senat wieder entzogen, allerdings nur vorübergehend, und überdies für kurze Phasen mit Moesia und Achaia administrativ vereint. Das vergleichsweise unbedeutende Epirus stand seit Traian unter einem ritterlichen Procurator. Die einstmaligen Klientelreiche Noricum und Thracia waren nach ihrer Einziehung zunächst ebenfalls einem ritterlichen Procurator unterstellt. Im Laufe des 2. Jahrhunderts wurden beide Provinzen aber aufgewertet und der Statthalterposten mit senatorischen Legaten des Kaisers wiederum im prätorischen Rang besetzt. Bei Thracia geschah dies unter Traian, bei Noricum unter Commodus, verbunden mit der Stationierung einer Legion in Lauriacum/Enns-Lorch (s. u. Kap. 5.1.2). In manchen Teilen Südosteuropas existierten ältere Verwaltungseinheiten, die von Rom zunächst beibehalten wurden. Dies gilt vor allem für die in Thrakien (ähnlich wie in Ägypten) in hellenistischer Zeit geschaffene Unterteilung des Landes in Strategien mit vom König bestellten Oberbeamten, den Strategen, die militärische und zivile Funktionen vereinten. Nach der Annexion Thrakiens unter Claudius und dann vor allem im Zuge der Urbanisierungspolitik Traians verloren die Strategien ihre Bedeutung und wurden zunächst in ihrer Zahl reduziert und schließlich ganz 6

Der „Meridian von Skodra“ kam bereits im Vertrag von Misenum (39 v. Chr.) zur Anwendung, als die Machtsphären Caesars des Sohnes und Marc Antons definiert wurden (Appian, b. c. 5,274); besondere Bedeutung erhielt er bei der „Reichsteilung“ nach dem Tode Theodosius’ I. (395 n. Chr.); s. Karte VII. Zu seiner modernen Rezeption als vermeintlicher „Bruchstelle zweier Welten“ (Dahlheim, Die Antike, 630f.), nämlich dem „lateinischen Westen“ und dem „griechischen Osten“, s. Weiler, Zur Frage der Grenziehung; Weiler nennt allerdings nicht die Drina als den Fluss, welchem diese Linie südlich der Save zunächst folgt, ehe sie die Dinarischen Alpen quert und bei Skodra die Adria erreicht, sondern die weiter östlich gelegene Kolubara.

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abgeschafft (hierzu gleich) – ein weiteres Indiz, dass Rom auch in solchen Regionen mit etablierten fremden Verwaltungstraditionen längerfristig die Stadt als Untereinheit der Provinz durchsetzte (in Ägypten erfolgte die Umstellung des Verwaltungssystems von Strategien zu Civitates sogar erst unter den Severern). In der Kaiserzeit begegnen in den Donauprovinzen gelegentlich auch Begriffe für kleinere Verwaltungsdistrikte, besonders regio und territorium. Der Charakter dieser Einheiten scheint je nach Kontext ein unterschiedlicher gewesen zu sein, und sie sind offenkundig auch niemals systematisch und flächendeckend etabliert worden. Gelegentlich scheinen diese Einheiten ein Stadtgebiet zu meinen (etwa in den Herkunftsangaben von donauländischen Soldaten auf stadtrömischen Grabsteinen, die Provinz, Region und Dorf als Ausdruck eines dreistufigen administrativen Systems nennen),7 viel öfter aber handelt es sich um kleinere territoriale Gebilde, die entweder nur einen Teil eines Stadtgebietes ausmachten oder aber gänzlich außerhalb städtischer Organisation standen,8 besonders wenn es sich um Zonen von besonderem wirtschaftlichen Wert handelte, die sich in Staatsbesitz befanden (Bergreviere, Salinen, Forste etc.). Wir treffen auf diese Bezeichnungen vor allem im Zusammenang mit der Tätigkeit von militärischen Amtsträgern mit polizeilichadministrativen Aufgaben (centuriones oder beneficiarii), die an wichtigen Punkten Posten bezogen (statio); deren Sprengel wurde gerne als regio oder territorium bezeichnet, weshalb sie manchmal auch den Titelzusatz regionarius führten.

5.1 .2 Militär und innere Sicherheit Die Donaugrenze, die im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. sukzessive ausgebaut wurde,9 gehörte zu den militärisch am stärksten gesicherten Zonen des Reiches. Etwa ein Drittel der gesamten römischen Armee war hier stationiert, mit etwa 10 von ca. 30 Legionen zu faktisch jeweils ca. 5.000 Mann sowie mit ca. 50.000 von reichsweit ca. 150.000 Mann Auxiliartruppen, die größtenteils in Infanterie- und Reitereinheiten sowie Mischverbänden (cohortes, alae, cohortes equitatae) von jeweils 500 oder 1.000 Mann organisiert waren. Insgesamt zählte die Donauarmee also gut 100.000 Mann. Hinzu kamen zwei Provinzflotten, von denen die eine (classis Flavia Pannonica) von ihrem mutmaßlichen Standort in Taurunum (Belgrad-Zemun) aus den Mittellauf der Donau bis zum Eisernen Tor und deren Zuflüsse, vor allem Drau, Save und Theiß, sowie möglicherweise auch Teile

7

Für eine solche dreistufige Verwaltungsgliederung provincia – regio – vicus und somit die Gleichsetzung einer Region mit einem Stadtterritorium als Gebietskörperschaft (in diesem Fall Nicopolis ad Istrum) siehe etwa den stadtrömischen Grabstein CIL 6,2933 (2.–3. Jh.) mit folgender Herkunftsangabe des Verstorbenen: „[…] natus ex provincia Moesia inferiore regione Nicopolitana vico Saprisara […]“.

8

Ein Beispiel für eine Region als Teil eines Stadtgebietes bietet die militärische Bauinschrift AE 2000, 1268 aus Marcianopolis (151 – 152 n. Chr.): „[…] per fines civitat[is Mar]cianopolitano[run re]gion[e] Gelegetiorum […]“; vgl. auch die enge Parallele unten Anm. 18.

9

Unter Claudius beginnt der Aufbau ständiger Garnisonen in ausgebauten Truppenlagern (Legionslager und Auxiliarkastelle); unter Vespasian ist ein verstärkter Ausbau festzustellen; unter Domitian schließlich erfolgt der volle Ausbau, unter Einschluss der neuen Legionslager in Vindobona, Brigetio, Aquincum und Singidunum.

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des Oberlaufes der Donau bis nach Raetia überwachte, während die andere (classis Flavia Moesica) mit Hauptstützpunkt in Noviodunum zum einem auf dem Unterlauf des Stromes vom Eisernen Tor bis ins Delta, zum anderen entlang der westlichen Küste des Schwarzen Meeres bis zur Krim operierte. Die Legionslager waren am rechten Ufer der Donau aufgereiht: Vindobona (erst Legio XIII Gemina, dann X Gemina), Carnuntum (XV Apollinaris, dann XIV Gemina), Brigetio (I Adiutrix), Aquincum (II Adiutrix), Singidunum, (IV Flavia), Viminacium (VII Claudia), Oescus (V Macedonica, später nach Troesmis und schließlich nach Potaissa verlegt), Novae (I Flavia), Durostorum (XI Claudia) und Troesmis (V Macedonica aus Oescus, später nach Potaissa verlegt). Zudem wurde im Zuge der Eroberung Dakiens zunächst die XIII Gemina (Apulum) und später die V Macedonica (Potaissa) von der Donau in die neue Provinz abkommandiert. Schließlich wurde unter Marc Aurel und Commodus auch der Oberlauf der Donau durch die beiden Legionen, die ursprünglich für die Germanenkriege neu aufgestellt worden waren, dauerhaft gesichert: die II Italica in Lauriacum (Enns-Lorch) und die III Italica in Castra Regina (Regensburg). Zwischen den Legionslagern war in weitgehend regelmäßigen Abständen der Großteil der Auxiliartruppen aufgestellt. Teilweise sicherten Auxiliarverbände aber auch besonders wichtige strategische Positionen im Hinterland, so etwa in Sostra entlang der Straße von der Donau über den Trojan-Pass nach Philippopolis oder in Kabyle am Knie des Tonzos (Tundža). Die römische Armee versah mannigfaltige Aufgaben, die weit über die Kriegführung und militärische Sicherung des Reiches nach außen hinausgingen. Sie fungierte nach innen neben den regulären Behörden der Provinz und der Städte sowie den Sklaven und Freigelassenen des Kaisers, die vornehmlich dessen umfangreichen und weit verstreuten Besitzungen und Monopole verwalteten, als dritte Säule des Staatsapparates. Dies impliziert, dass die Armee nicht nur polizeiliche Funktionen ausübte, sondern auch administrative und technisch-logistische Aufgaben übernahm: Der wesentliche Teil des subalternen Verwaltungsapparates im Büro (Officium) des Statthalters und seiner Garde wurde von den in der jeweiligen Provinz stationierten Einheiten gestellt; die Armee war maßgeblich am Ausbau der Infrastruktur beteiligt, was die Beschaffung oder Produktion von Baumaterial (Holz, Steine, Ziegel etc.) miteinschloss; schließlich hat das Militär im Bergbau militärisch sichernd und technisch unterstützend mitgewirkt. Über die logistischen Mechanismen, welche eine adäquate Versorgung der Armee garantieren sollten, liegen für den Donauraum so gut wie keine geeigneten Quellen vor. Wie das System grundsätzlich funktioniert hat, ist vor allem dank der Papyruszeugnisse aus Ägypten bekannt. In der Principatszeit wurde eine gemischtes System aus drei Komponenten praktiziert: Belieferung durch Privatunternehmer im Staatsauftrag (conductores), staatliche Requisition und Eigenversorgung. Später, ab dem 3. Jahrhundert, und vor allem ab den diokletianisch-kostantinischen Reformen um 300 n. Chr., wurde ein ausschließlich vom zivilen Verwaltungsapparat gesteuertes Versorgungsystem auf Basis der neu eingeführten Naturalsteuern und unter Heranziehung der städtischen Eliten für die Einsammlung der Proviantmittel, deren Transport zu den Truppenlagern und ihre Ausgabe an die Soldaten nach Maßgabe von standardisierten Tagesrationen etabliert (annona militaris).

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In jedem Fall ist davon auszugehen, dass nicht erst in der Spätantike, sondern auch bereits im Principat die massive Konzentration von Truppen entlang der Donau nur zu einem Teil aus dem Hinterland der Truppenlager versorgt werde konnte; vielmehr war die Heranführung von Proviantmitteln aus anderen Regionen des Reiches mit hohem agrarischen Ertrag und geringerer Belastung durch permanent stationierte Truppen erforderlich. Zudem besteht kein Zweifel, dass die großen Truppenlager besonders auch aus logistischen Gründen immer in unmittelbarer Nähe von schiffbaren Gewässern angelegt wurden, da eine Versorgung ausschließlich auf dem Landweg unmöglich gewesen wäre. Über die obere Donau bestand eine gute Anbindung der Donau- und Balkanzone nach Raetien und von dort nach Germanien und Gallien, über Save und Drau nach Italien, über die untere Donau ins Schwarze Meer und von dort weiter ins Mittelmeer. Für die Spätantike können wir das System einer Fernversorgung von Truppen aus weit entfernten Reichsteilen, den sogenannten pastus militum, dank inschriftlicher Zeugnisse aus den Legionslagern der unteren Donau gut greifen, und zwar für Novae und Oescus (s. u. Kap.  5.3.1 mit Anm.  153); ähnliche Mechanismen, vor allem eine Belieferung der Donautruppen aus dem Schwarzmeer-, Ägäis- und Levanteraum, dürften auch schon im Principat üblich gewesen sein. Die vielfältigen Aufgaben des Heeres brachten es im Übrigen mit sich, dass sich in der Regel nur ein Teil des Stammpersonals einer Einheit tatsächlich im jeweiligen Standlager aufhielt. Bei größeren Kampagnen der Kaiser wurden zeitweilig ganze Einheiten abgezogen oder zumindest – besonders im Fall der Legionen – Detachements (vexillationes) gebildet, die nicht selten in einiger Entfernung vom Standlager, oft auch über den Donauraum hinaus, operierten. Vexillationen der Donaulegionen kamen regelmäßig auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen der kaiserzeitlichen Geschichte zum Einsatz, und die Donaulegionen bildeten überdies seit dem Bürgerkrieg von 69 n. Chr. einen wesentlichen militärischen Faktor in den inneren Auseinandersetzungen. Zudem wurden Soldaten für verschiedene Dienstverrichtungen abkommandiert. Einen Eindruck hiervon im Sinne einer zufälligen Momentaufnahme liefert das sogenannte „Hunt-Pridianum“, der Tagesbericht einer Auxiliareinheit aus der Armee der Provinz Moesia inferior aus der Zeit der Dakerkriege Traians.10 Die betreffende Einheit war damals im rückwärtigen Raum, d. h. weit im Süden in Stobi (Macedonia), stationiert. Viele ihrer Soldaten waren inner- wie außerhalb der eigentlichen Stationierungsprovinz der Einheit tätig: für die Nachschubsicherung im dakischen Kriegsgebiet jenseits der Donau; für die Bemannung von Kleinkastellen wie desjenigen von Piroboridava (Poiana) am Sereth-Fluss; für die Requisition von Vieh im Haemusgebirge; und sogar für die Beschaffung von Kleidung im fernen Gallien. Die hohe dienstliche Mobilität der Militärangehörigen wie überhaupt der enorme Bedarf der Armee an Versorgungsgütern und Transportmitteln, die zur Ausübung ihrer Aufgaben unerlässlich waren, brachten für die Zivilbevölkerung vielfach auch erhebliche Lasten mit sich. Der requirierende Zenturio im Roman des Apuleius (ca. 123 – 170 n. Chr.) mit dem Titel „Metamorphosen“ bzw. „Der Goldene Esel“, der um die Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. in Griechenland spielt, stellt

10

ChLA III 219 = Rom.Mil.Rec. 63; vgl. Lappé, Trans Danuvium in expeditionem; Stauner, Das offizielle Schriftwesen des römischen Heeres, 102–104.

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keineswegs eine literarische Fiktion dar, sondern war für die Reichsbewohner tägliche Realität.11 Mitunter versuchte die Zivilbevölkerung, sich durch Petitionen an den Statthalter oder gar an den Kaiser vor den Forderungen des Militärs zu schützen. Ein spektakuläres Beispiel liefert die berühmte Inschrift aus Skaptopara im Strymontal, welche zum Hintergrund hat, dass die Soldaten zweier benachbarten Militärlager wegen der warmen Quellen des Ortes sich auf eigene Faust Quartier nahmen und von der Bevölkerung aushalten ließen.12 Eine immense strukturelle Belastung für die Zivilbevölkerung und eine besondere Herausforderung für die wirtschaftliche Leistungskraft der Donau- und Balkanprovinzen stellten Truppenbewegungen, Feldzüge und Kaiserreisen dar.13 In solchen Situationen hatten besonders die Gemeinden entlang der jeweiligen Marschroute bzw. im Operationsgebiet Proviant und Quartier bereitzustellen.14 Ereignisse dieser Art, die den Donau- und Balkanraum betrafen, kamen bereits im 1. und 2. Jahrhundert regelmäßig vor, häuften sich aber erheblich mit der zunehmenden Frequenz von Bürgerkriegen. Die innenpolitische Destabilisierung führte letztlich sogar dazu, dass vom ausgehenden 2. bis ins ausgehende 4. Jahrhundert immer wieder Bürgerkriegsschlachten auf dem Balkan ausgetragen wurden (s. o. Kap. 3.1). Hinzu kamen die längeren Kriege und Abwehrkämpfe entlang der Donau gegen auswärtige Feinde, zunächst unter Traian und Marc Aurel, dann in der Krise um die Mitte des 3. Jahrhunderts. All dies dürfte erhebliche ökonomische Ressourcen der Region gebunden haben. Eine andere Realität, die Apuleius in den Metamorphosen ebenfalls bunt ausmalt, ist die Präsenz von Wegelagerern, versinnbildlicht besonders in der schillernden Figur eines Räuberhauptmanns mit dem vom Autor kaum zufällig gewählten Namen „Haemus“.15 Dieser hatte mit seiner Bande erfolgreich die Provinz Macedonia heimgesucht, dann aber den Fehler begangen, während er an der Küste des Ionischen Meeres bei Actium sein Unwesen trieb, einen kaiserlichen Procurator zu überfallen. Darauf gab der Kaiser Anweisung, die Leute des Haemus zu liquidieren, was durch den Einsatz von Militär unverzüglich geschah. Allein nach Thessalien entkommen brach Haemus dann in Gutshöfe und Gehöfte ein. Diese Roman-Episode lässt erahnen, dass die Verkehrswege im Reich unsicher waren, besonders in entlegenen Gebirgs-, Wald- oder Sumpfgebieten, die rechtsfreie Räume darstellten, in denen die römische Ordnungsmacht quasi nicht präsent war, und dass Siedlungen in der Nachbarschaft solcher Zonen der ständigen Gefahr von nächtlichen Überfällen ausgesetzt waren. Dies gilt im besonderen Maße für die Bergregionen Dalmatiens, Nordmakedoniens/Dardaniens, Thrakiens und Dakiens, die für die Existenz eines der staatlichen Autorität gegenüberstehenden Bandenwesens 11

Apul. met. 9, 39f.; zur Problematik: Mitthof, Annona militaris, Bd. 1, 11–28.

12

IGBulg IV 2336= AE 1994, 1552; vgl. Hallof, Die Inschrift von Skaptopara; Hermann, Hilferufe aus römischen Provinzen, 18–27; Hauken, Petition and response, 74–139.

13

Zu Kaiserreisen Halfmann, Itinera Pincipum; für die Spätantike im Donau- und Balkanraum Destephen, Le voyage impérial. Längere Reisen durch den Donau- und Balkanraum haben beispielsweise Hadrian und Caracalla unternommen.

14

Das System ist aus Ägypten und Kleinasien gut bekannt; s. Mitthof, Annona militaris, Bd. 1, 51–81.

15

Apul. met. 5,2–8,2; vgl. Riess, Apuleius und die Räuber, 247–348.

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berüchtigt waren.16 Bestätigt wird dies durch Grabinschriften, die für Opfer von Räubern (interfectus/occisus a latronibus) errichtet wurden.17 Die Sicherung nach innen war somit ein wichtiges Tätigkeitsfeld der Armee, und eine Gruppe von Bauinschriften aus der Zeit des Antoninus Pius macht dies exemplarisch deutlich: Damals wurden in Thrakien, also vermeintlich in tiefster Friedenszeit und zudem in einer befriedeten Binnenprovinz, zum Schutz der Provinz (ob tutelam provinciae) befestigte Stützpunkte, turmartige Kleinkastelle und Wach- bzw. Signaltürme (praesidia, burgi und phruria) in größerer Zahl entlang der wichtigsten Reichsstrassen durch den Balkan angelegt.18 Der Limes entlang der Donau und des östlichen Karpatenbogens war, wie auch an den anderen Reichsgrenzen, keine befestigte Verteidigungslinie, sondern eine Übergangszone zum Barbaricum, die der Überwachung, Sicherung und Abschreckung diente, unter Nutzung des Stromes als eines natürlichen und effizienten Annäherungshindernisses.19 Zugleich bildete der Fluss eine wichtige Kommunikations-, Transport- und Nachschublinie, die seit den Baumaßnahmen Traians am Eisernen Tor durchgängig schiffbar war. Das Vorfeld auf dem jenseitigen Ufer war in Ufernähe teilweise geräumt, darüber hinaus mit direkter oder indirekter römischer Präsenz durchsetzt, vor allem auch zum Zwecke der Aufklärung (militärische Vorposten, Handelsstützpunkte etc.). Heimlich einsickernde Gruppen konnten in der Regel erst nach ihrem Übertritt auf römischen Boden verfolgt und bekämpft werden;20 aber auch bei größeren Attacken war eine Abwehr direkt

16

Vgl. die Rekrutierung von Räubern aus Dalmatien und Dardaniens ins reguläre Militär (HA Marc. 21, 7) oder die Sondermission des M. Valerius Maximianus zur Bekämpfung einer Bande von Räubern aus dem Stamm der Brisei im Grenzgebiet von Macedonia und Thracia: „ad detrahendam Briseorum latronum manum in confinio Macedoniae et Thraciae“ (AE 1956, 124).

17

Zwei Beispiele: 1.) In der Grabinschrift CIL 3,1579 aus Ad Mediam (Mehadia) wird erwähnt, dass ein vornehmer Mann aus Drobeta (Turnu Severin) von Räubern getötet worden war; der Mord war dann von seinen Angehörigen gerächt worden – wie genau, erfahren wir leider nicht; 2.) Sharankov, A Verse Epitaph, publiziert eine Inschrift, die vom Schicksal eines Kasandros aus Pautalia (Kjustendil) zeugt, der auf dem Weg durchs Gebirge verraten und von Räubern ermordet worden war; sein Bruder, der sich auf die Suche nach ihm begeben hatte, konnte nur noch den Leichnam bergen. – Es sei an dieser Stelle betont, dass sich hinter der Bezeichnung latro (bzw. latrunculus) gelegentlich mehr als nur einfache Kriminelle verborgen haben dürften, so wenn sich Kriminalität mit sozialem Protest oder gar politischem Widerstand gegen Rom verband; s. etwa die Brisei in der vorangehenden Anm. In manchen Fällen stellten die latrones auch aus dem Barbaricum eingesickerte Kriegergruppen dar; s. u. Anm. 20, wo barbarische Eindringlinge als latrunculi bezeichnet werden.

18

ILBulg 211: „Imp(erator) Caes(ar) T(itus) Ael(ius) Hadrian(us) Antoninus Aug(ustus) Pius […] praesidia et burgos ob tutelam provinci(ae) Thraciae fecit […] per fines civitatis Serd(ic)ensium regione Dyptens(ium?) prasidia n(umero) IIII burgi XII phruri n(umero) CIX.“

19

Der Begriff limes ist in dieser Verwendung als übergreifende Bezeichnung der militärisch gesicherten und teilweise befestigten Grenzzone des Römischen Reiches modern; die Römer verstanden unter Limes eine Grenzlinie bzw. einen Grenzweg.

20

Eine Serie von militärischen Bauinschriften aus Pannonia inferior aus der Zeit des Commodus bezeugt den Versuch, dem unbemerkten Übersetzen von kleineren Gruppen von „Räubern“ (clandestini latrunculi) über den Fluss durch Errichtung von Militärposten und turmartigen Kleinkastellen entlang des Ufers vorzubeugen: RIU 5, 1127 (Intercisa/Dunaújváros): „Imp(erator) Caes(ar) M(arcus) Aur(elius) Commodus Antoninus Aug(ustus) Pius […] ripam omnem burgis a solo exstructis item praesidis per loca opportuna ad clandestinos latrunculorum transitus oppositis munivit […]“.

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Südosteuropa im Principat (27 v. – 249 n. Chr.)

am Ufer nur selten möglich.21 In der Regel wurde gegen Invasoren im Hinterland vorgegangen, oder sie wurden sogar erst auf ihrem Rückweg an die Donau abgefangen. Das letztgenannte Ereignismuster ist besonders typisch für die Krise des 3. Jahrhunderts, als größere und schlagkräftige barbarische Kriegerverbände von mehreren 10.000 Mann tief ins Reich vorstießen und von der römischen Armee erst gestellt wurden, wenn sie sich beutebeladen und daher nur langsam und schwerfällig die Reichsstraßen entlangziehend wieder dem Fluss näherten. Der sogenannte Augsburger Siegesaltar, eine Weihung für die Siegesgöttin (Dea sancta Victoria), dokumentiert eine solche Episode für das Jahr 260 n. Chr., als ein Verband von Iuthungen, der mit tausenden Gefangenen aus Italien kommend auf der Via Claudia über die Alpen (Reschen- und Fernpass) zur Donau vorrückte, am Lech von römischen Truppen gestellt und vernichtet und die Gefangenen befreit wurden.22 Das Geschehen von Abrittus (Razgrad) im Frühjahr 251 n. Chr., als Kaiser Decius dem Gotenkönig Kniva im Tal des Beli Lom den Weg nach Norden versperrte, jedoch in der folgenden Schlacht unterging, folgt demselben Schema (s. o. Kap. 3.2). Die Ereignisse dieser Zeit machen auch deutlich, dass die Zivilbevölkerung in solchen Fällen oftmals gezwungen war, sich an den militärischen Abwehrmaßnahmen zu beteiligen oder diese sogar ganz allein zu tragen. Ersteres bezeugt wiederum der Augsburger Altar, der besagt, dass der Sieg von Soldaten aus Raetia und Germania und einem Volksaufgebot (populares) gemeinsam errungen wurde; letzteres gilt etwa für die Kämpfe am Engpass der Thermopylen, der den Weg nach Mittelgriechenland sperrte, als ein tumultuarisches Aufgebot der Athener und anderer Griechenstädte eine barbarische Invasion abwehren konnte.23 Besonders die Verteidigung von Städten war zumeist von den Einwohnern selbst zu leisten. Hierbei erwies es sich als Glücksfall, dass im unteren Donau- und Balkanraum die wichtigsten Städte nach den Kostobokeneinfällen der siebziger Jahre des 2. Jahrhunderts (s.o. Anm. 21) ihre Fortifikationen erheblich verstärkt hatten. Anders als etwa im westlichen Kleinasien, wo es solche Vorkehrungen nicht gab und besonders die Städte Bithyniens daher beim Herulersturm nicht verteidigt werden konnten, sondern die Bevölkerung fliehen musste, boten die Stadtmauern hier wirksamen Schutz gegen plündernde Horden. Die Angreifer waren aus technischen und logistischen Gründen nicht zu längeren Belagerungen fähig und haben daher bei ihren ersten Angriffen auf die untere Donauregion um die Mitte des 3. Jahrhunderts ihre Erstürumungsversuche erfolglos abbrechen müssen, so etwa in den Fällen von Nicopolis ad Istrum, Marcianopolis und Thessalonike

21

Man denke etwa an den Einfall der Kostoboken (s. o. Kap. 2.4.8, Abschnitt: Kämpfe im Vorfeld Dakiens und der Einfall der Kostoboken). Grabsteine für Opfer der Kostoboken: AE 2005, 1315 (Scupi): AE 1901, 49 und AE 1964, 252 (Tropaeum Traiani).

22 AE

1993, 1231: „Deae sanctae Victoriae ob barbaros gentis Semnonum sive Iouthungorum die VIII et VII Kal(endarum) Maiar(um)caesos fugatosque a militibus prov(inciae) Raetiae sed et Germanicianis itemque popularibus excussis multis milibus Italorum captivor(um) […]“.

23

Der genaue Zeitpunkt dieser Episode, die aus den neuen Wiener Dexipp-Fragmenten bekannt ist, bleibt unbekannt (s. o. Kap. 3.2). Die Nutzung der Thermopylen als Abwehrstellung gegen Invasoren aus dem Norden hatte, wie dort ebenfalls thematisiert wird, eine lange Tradition.

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– die einzige Ausnahme, Philippopolis, fiel durch Verrat.24 Zugleich ist festzustellen, dass es unter extremen Umständen auch zu einer Konspiration von Teilen der römischen Zivilbevölkerung mit den Invasoren kommen konnte.25

5.1 .3 Siedlungen und Urbanisierung Entlang der Meeresküsten Südosteuropas existierten seit alters griechische Stadtstaaten vom PolisTyp – im Sinne von politisch selbständigen und wirtschaftlich autarken Bürgergemeinden mit Rat (Bulé), Volksversammlung (Ekklesía) und Jahresbeamten (Árchontes) –, deren Gründungen als Pflanzstädte (Apoikien) mutterländischer oder kleinasiatischer Städte zu einem großen Teil bis in die archaische und klassische Zeit zurückreichten (8.–5. Jh. v. Chr.), vor allem entlang der nordägäischen und westpontischen Küsten sowie im Bereich von Hellespont, Propontis und Bosporus, aber auch an der östlichen Adriaküste. Dieser äußere Gürtel von Urbanität hat die Gesamtentwicklung des Raumes ganz entscheidend mitgeprägt. Weitgehend bedeutungslos blieben dagegen binnenländische Polis-Gründungen des hellenistischen Zeitalters – Ansätze hierzu gab es besonders in Thrakien (etwa Kabyle, Philippopolis, Seuthopolis; s. o. Kap. 2.1.2 sowie das Folgende); stattdessen dominierten abseits der Küsten weiterhin die traditionellen Siedlungsformen nicht-urbanen Charakters: offene oder befestigte Plätze als Zentren für Landwirtschaft, Handwerk und Handel; Burgen; Heiligtümer; Herrschersitze. Lediglich das Konzept des Handelsstützpunktes (Empórion), an dem sich Fremde niederlassen, Handel und Feldbau betreiben und auch Grund erwerben konnten, scheint zweitweise von den lokalen Herrschern mit Erfolg vorangetrieben worden zu sein (Beispiel Pistiros; s. o. Kap. 2.1.2 mit Anm. 58). In der Kaiserzeit haben sich für Geschäftszwecke niedergelassene Römer in Form von Körperschaften auf nicht-römischem Boden konstituiert: „cives Romani consistentes + Ortsangabe“. In den Städten an der Schwarzmeerküste haben sie sogar eigene Phylen (Abteilungen der Bürgerschaft) gebildet (hierzu gleich). Zu einer echten Urbanisierung der binnenländischen Regionen Südosteuropas kam es erst im Zuge der Implementierung römischer Herrschaftsstrukturen. Letztlich strebte Rom eine flächendeckende Aufteilung der Provinzgebiete auf lokale Selbstverwaltungseinheiten in Stadtform an, nach Möglichkeit unter Einbindung vorhandener lokaler Eliten. Nach römischem Verständnis kamen hierzu vor allem zwei Rechtsformen in Frage: die Colonia, die durch die Deduktion (Ansiedlung) römischer Bürger, in dieser Zeit vornehmlich Veteranen, geschaffen wurde, und das Municipium, das aus der Verleihung des Stadtrechts an eine vorhandene nicht-römische Gemeinde hervorging. Alle Kolonien und Munizipien besaßen Institutionen nach dem Vorbild der Stadt Rom, nämlich 24

Wie es den Goten gelang, in Philippopolis einzudringen, ist jetzt aus den neuen Dexipp-Fragmenten bekannt (s. o. Kap. 3.2).

25

Indizien hierfür liefert wiederum der neue Wiener Dexipp (s. o. Kap. 3.2). Für Kleinasien ist dieses Szenario explizit durch Gregors des Wundertäters dokumentiert; s. Volk, Krisenphänomene im nördlichen Kleinasien des 3. Jh. n. Chr., 38–40. Für innere soziale Konflikte als Auslöser des Verrats einer von auswärtigen Feinden Roms belagerten Stadt am Beispiel des 253 n. Chr. von den Persern gestürmten und geplünderten Antiocheia am Orontes s. jetzt Mecella, La ΙΣΤΟΡΙΑ di Pietro Patrizio e il saccho di Antiochia del 253 d. C.

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Magistrate (vor allem Duoviri und Ädilen bzw. Quattuorviri) und einen Rat (Curia), der je nach Bedeutung der Stadt mit ca. 50 – 150 Ratsherren (Dekurionen bzw. Curiales) besetzt war. In der fortgeschrittenen Kaiserzeit konnten diese beiden Formen von Stadtrecht auch rein titular an bereits existierende Siedlungen verliehen werden. Besonders begehrt war der vornehme Status als Colonia. Welchem Kaiser die Stadt jeweils ihre Gründung bzw. Stadtrechtverleihung verdankte, war an ihrem offiziellen Namen erkennbar, der begleitend zur Statusbezeichnung stets auch ein vom Gentilnamen des betreffenden Herrschers abgeleitetes Adjektiv beinhaltete: colonia Ulpia, Aelia, Aurelia etc. bzw. municipium Ulpium, Aelium, Aurelium etc. Mit der Vergabe des Stadtrechts war die Promulgation eines Stadtgesetzes verbunden, das den institutionellen Rahmen definierte und in Form von Bronzetafeln auf dem zentralen Platz veröffentlicht wurde. Was den Donauraum betrifft, so sind größere Partien eines solchen Gesetzes vor wenigen Jahren aus Troesmis bekannt geworden; kleine Fragmente kennen wir aus Ratiaria (Arčar), Lauriacum (Lorch) und Vindobona (Wien).26 Diese Praxis der kaiserlichen Städtepolitik wurde bis an die Mitte des 3. Jahrhunderts beibehalten; danach verloren solche Aspekte des öffentlichen Lebens infolge der allgemeinen politisch-sozialen Transformation sehr rasch und komplett ihre Bedeutung. Neben den römischen Coloniae und Municipia wurden von den Kaisern aber auch Städte geschaffen, die nicht-römisch organisiert waren und damit rechtlich außerhalb des römischen Staatsverbandes verblieben. Dies gilt besonders für das Polis-Modell, das etwa von Traian in Thrakien mehrfach aufgegriffen wurde, etwa im Fall von Nicopolis ad Istrum. Man wird annehmen dürfen, dass in solchen Fällen die Siedler vornehmlich aus dem griechisch-kleinasiatischen Raum stammten. Ein besonderer Katalysator für die Stadtentwicklung des Donauraumes waren die bereits genannten Legionslager (s. o. Kap. 5.1.2), denen eine herausragende ideologisch-politische Funktion im Zuge der Herrschaftsetablierung Roms zukam und die gleichzeitig aufgrund des besonderen Bedarfs und der enormen finanziellen Liquidität römischer Legionäre bedeutende Konsumzentren nicht nur für Güter des Grundbedarfs, sondern auch für teure Handelswaren darstellten. Wie alle Legionslager verfügten sie einerseits über eine Lagervorstadt in unmittelbarer Nähe zu den Lagermauern, d. h. auf militärischem Territorium (Canabae).27 Hinzu kam eine Zivilsiedlung (Vicus) in der vorgeschriebenen Entfernung von einer Meile (teilweise mit dem gallischen Maß leuga bezeichnet); diese Bannmeile diente als Glacis für das Legionslager. In vielen Fällen hat die Zivilstadt recht bald (zumeist im Laufe des 2. Jh.s) den Munizipal- oder gar Kolonialstatus erworben; gelegentlich ist die Stadtrechtverleihung allerdings auch erst in späterer Phase (unter den Severern) erfolgt, und dann wurden nicht mehr unbedingt der Vicus, sondern gegebenenfalls die Canabae mitsamt dem 26 Troesmis:

Eck, Die lex Troesmensium; – Ratiaria: ders., Fragment eines neuen Stadtgesetzes; Rafetseder, Die Stadtgesetzfragmente der colonia Ulpia Traiana Ratiaria; – Vindobona: ders., Das Stadtgesetzfragment von Vindobona; – Lauriacum: Freitag, Canabae et Municipium; Rafetseder, Das Stadtgesetzfragment von Vindobona.

27

Im Falle der Auxiliarlager werden diese Lagerdörfer in der Forschung mitunter nicht als Canabae, sondern mit einem modernen Kunstbegriff als „military vici“/„vici militares“ bezeichnet; s. Oltean/Hanson, Military vici in Roman Dacia; Matei-Popescu, On the Origins of the municipium Hadrianum Drobetense; Kovács, Territoria, Pagi and Vici in Pannonia, 144; ders., A History of Pannonia during the Principate, 105–107; ablehnend dagegen Strobel, „Römische Vici“ – „Militärische Vici“ – „Zivile Vici“, 36.

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Lager zur Stadt erhoben – ein solches Szenario deutet sich für Vindobona an, wo der Vicus seit dem späten 2. Jahrhundert bereits im Niedergang begriffen war, oder für Lauriacum, wo niemals ein von Lager und Canabae räumlich getrennter Vicus existiert zu haben scheint.28 Eine sehr spezielle Entwicklung zeigt Apulum, wo beide Zentren, zunächst der Vicus und später auch die Canabae, zeitversetzt das Stadtrecht erlangt haben, mit der Folge, dass sich hier auf engstem Raum eine Doppelstadt entwickelte. An zwei Legionsstandorten, Oescus und Troesmis, hat sich die Stadtentwicklung erst nach dem Abzug der Legion vollzogen. Der ländliche Raum wurde durch größere Siedlungen strukturiert, die auf Latein hauptsächlich als vicus bzw. auf Griechisch als κώμη bezeichnet wurden.29 Der Vicus als nicht-städtischer Siedlungstyp war eine Gebietskörperschaft mit einer inneren Verfasstheit und politischen Öffentlichkeit und einer Gerichtsbarkeit als Zentralort unterer Ebene auf dem Territorium einer Stadt. Fehlten die Kriterien einer inneren Verfasstheit, so besaß der Vicus zumindest das Marktrecht (nundinae); damit waren seine Funktionsträger zur Marktaufsicht und Marktgerichtsbarkeit sowie zum Einziehen der im Marktgeschehen anfallenden Steuern und Gebühren befugt. An der Spitze der Gemeindeorganisation standen jährlich gewählte magistri vici, die Träger der örtlichen Autorität und der Vertretung gegenüber der städtischen Verwaltungsebene oder staatlichen Organe waren. Im südöstlichen, hellenisch-hellenistisch geprägten Teil Südosteuropas wurde der Bereich der nicht-städtischen, d. h. nicht als Stadt (Polis) organisierten Siedlungen mit dem Begriff Kóme abgedeckt. Solche Kómai waren geschlossene Siedlungen mit Gemeindeorganisation und eigener, ausgewiesener Gemarkung, aber im Gegensatz zur Stadt ohne Ummauerung und rechtlich wie administrativ unselbstständig gegenüber den Poleis, auf deren Territorien sie lagen. Der Begriff Kóme beinhaltete ebenfalls die Vorstellung der Verfasstheit, also einer anerkannten, wenn auch beschränkten Selbstständigkeit mit Institutionen der Selbstverwaltung gegenüber den Städten wie auch gegenüber dem Großgrundbesitz. Die am stärksten urbanisierte Zone des Balkanraumes war die adriatische Küstenregion, wo die Gründung griechischer Küstenstädte bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. einsetzt (Epidamnos/ Dyrrhachium 627 v. Chr.). Pharos (Hvar) wurde 385/384 gegründet und erlebte im 4. Jahrhundert v. Chr. seine Blüte, Issa (Vis) war etwas früher entstanden. Eine große Zahl von einheimischen Küstenstädten und -orten wurde stark durch den griechischen Einfluss geprägt, so Iader/Zadar, Salona/ Solin, Aspalathos/Split, Epidaurum/Cavtat, Rhizon/Risan, Skodra/Skhodra/Skutari oder Lissos/ Lezhë. Die zahlreichen Einwanderer aus Italien in diese Städte organisierten sich als conventus civium Romanorum. Iader, Salona und Narona (Nin) wurden von Caesar für ihre Treue im Bürgerkrieg 28

Lauriacum ist ein Sonderfall: Als Caracalla in Albing das neue Legionslager errichten ließ, wurden die Canabae des ersten Lagers zum Municipium erhoben. Nach dem Tod Caracallas wurde das Albing-Projekt aufgegeben, und die Legion kehrte nach Enns-Lorch zurück; der Municipalstatus blieb erhalten, die Stadt lag damit auf dem ursprünglichen Militärterritorium vor der Südwestfront des Lagers. Der Teil der Lagervorstadt zwischen der Nordwestfront und der Flussniederung bildete die neuen Canabae.

29

Zum Folgenden s. Strobel, „Römische Vici“ – „Militärische Vici“ – „Zivile Vici“, bes. 33–35. Andere gängige Bezeichnungen waren etwa pagus für die Landgemeinde oder kastellum. So hießen beispielsweise im Bergrevier der Provinz Dakien die kleinen Höhensiedlungen der zugewanderten Illyrer kastella; vgl. Noeske, Studien zur Verwaltung und Bevökerung der dakischen Goldbergwerke, 275–277.

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zu römischen Kolonien erhoben, wobei der Akt meist nach der Ermordung des Diktators von den Triumvirn oder Caesar dem Sohn vollzogen wurde. Salona entwickelte sich zum größten Hafen an der Adriaküste. Tarsatica (Rijeka-Trsat) erhielt von Augustus Municipalstatus, ebenso Aenona (Nin). Hauptorte der drei Gerichtsbezirke in der Provinz waren Salona, Narona und Scardonia (Skradin). In der hohen Kaiserzeit überdeckte ein dichtes Netz von Municipien die Küstenzone und ihr direktes Hinterland. In Aequum (Čitluk) im Hinterland von Salona gründete Claudius eine Veteranenkolonie. Die Zivilsiedlung von Burnum bestand nach dem Abzug der Legio IV Flavia 85 n. Chr. an die Dakerfront weiter und wurde von Hadrian zum Municipium erhoben. Der Kaiserkulttempel in Narona wurde ca. 10 v. Chr. errichtet.30 Die beiden wichtigsten Städte im südlichen Unterpannonien, Siscia und Sirmium, wurden von Vespasian, Mursa von Hadrian in den Rang einer Colonia erhoben; Cibalae erhielt diesen Status unter Marc Aurel. In Obermoesien gründete Domitian in Scupi (Skopje) die Veteranenkolonie Colonia Flavia Felix Dardanorum, Ulpiana wurde zuerst als Civitas von Traian eingerichtet, später zum Municipium erhoben. Diesen Status erhielt Naissus (Niš) unter Marc Aurel. Die Zivilsiedlung von Viminacium wurde unter Hadrian Municipium, unter Gordian III. 239 n. Chr. Colonia, jene von Singidunum (Belgrad) Municipium unter Marc Aurel, Colonia in severischer Zeit. In Untermoesien wurden die beiden traianischen Veteranenkolonien Ratiaria und Oescus 107 n. Chr. gegründet. Troesmis erhielt unter Marc Aurel nach dem Abzug der Legio V Macedonica nach Dakien (170 n. Chr.) den Munizipalrang, ebenso Tropaeum Traiani (Adamklissi) und Montana. Die Zivilsiedlungen von Novae und Durostorum (Silistra) erlangten den municipalen Status in severischer Zeit bzw. wiederum unter Marc Aurel. Im thrakischen und getischen Raum der vormakedonischen Zeit finden sich zahlreiche befestigte Siedlungen mit zentralörtlicher Funktion; das Polis-Modell der griechischen Küstenstädte blieb aber ein Fremdkörper, obwohl die Gründung hellenischer Apoikien an der Nordägäisküste mit der Gründung von Thasos um 680 v. Chr. begann, die Propontis Mitte des 7. Jahrhunderts erfasst wurde und die Gründung von Istros/Histria durch Milet 657/656 datiert wird, wenn auch Funde des mittleren 7. Jahrhunderts bisher auf Orgame beschränkt sind, jene von Apollonia auf 610 und von Odessos 575 v. Chr. Die zentraleren Siedlungen und die befestigten aristokratischen Wohnsitze waren als ein gerade in den Räumen von Tonzos und Hebros durchaus verdichtetes Netzwerk an den Verkehrswegen, an den fruchtbaren Tallandschaften und am Vorkommen natürlicher Ressourcen ausgerichtet. Eine wesentliche Veränderung brachten die Städtegründungen Philipps II., nämlich Philippi, Heraclea Sintica, Masteira und insbesondere das strategisch zentral gelegene Philippopolis, wohl mit der Organisation nach dem Muster einer makedonischen Stadt, sowie Kabyle, das nach der Räumung der Vorbevölkerung mit frühhellenistischer Befestigungsmanier 341/340 neu gegründet und mit Neusiedlern besetzt wurde; die Verwaltung hatte wahrscheinlich ein königlicher Epistates. Alexander gründete bei seinem Feldzug 340 Alexandropolis anstelle des zerstörten Vorortes der Maeder am mittleren Strymon. Auf die hellenistisch geprägten einheimischen Stadtanlagen von Seuthopolis und Helis ist bereits hingewiesen worden (s. o. 2.1.2).

30

Marin/Vickers (Hgg.), The Rise and Fall of an Imperial Shrine.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Orte mit Zentralfunktion, befestigte Siedlungen in Schutzlagen, größere und kleinere Festungen mit Residenz- und Kontrollfunktionen, befestigte Höfe und befestigte Wohntürme wie Marktorte und einzelne Siedlungsagglomerationen prägen das archäologische Bild des vorrömischen Siedlungswesens, das kleinräumig-regional strukturiert gewesen ist. Insbesondere in den gebirgigeren Regionen, so auch in den Bereichen von oberem Strymon, Nestos oder südlicher Morava, bleibt das Siedlungswesen in hellenistischer Zeit in den traditionellen jüngereisenzeitlichen Formen. Dabei stellt sich das Problem, dass in den Ebenen und im fruchtbaren Hügelland die offenen ländlichen Siedlungen und Dörfer mit Häusern in leichter Bauweise – wohl auch auf Grund der massiven Bodeneingriffe der Mechanisierung der Landwirtschaft Bulgariens in den 1950er Jahren – nur unzureichend erfasst sind. Einzige Zeugnisse sind offensichtlich an vielen Stellen Gruben, die in ihrer scheinbaren Einzelstellung vielfach als „ritual pits“ missdeutet wurden. Die griechische Historiographie und Ethnographie spricht sicher zu Recht vom großen Bevölkerungsreichtum des Raumes zwischen Donau und Ägäis. Gegenüber dem 5. bis 3./2. Jahrhundert v. Chr. ist allerdings im Laufe des 2. und im 1. Jahrhundert eine deutliche Abnahme der archäologisch bekannten Siedlungen festzustellen; von den größeren Siedlungen behalten nur wenige ihre Bedeutung bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. Darin sind ohne Zweifel die Auswirkungen der römischen Feldzüge bis in augusteische Zeit zu sehen. Eine Kontinuität zwischen der vorrömischen und römischen Periode ist nur in Einzelfällen gegeben. Auch die in den Räumen von Iskăr (Oescus) und Jantra (Iatrus) angelegten befestigten Siedlungen des 4. und 3. bis 2./1. Jahrhundert v. Chr. enden spätestens in frühaugusteischer Zeit. In Thrakien entwickelt sich eine neue Konzentration der einheimischen Elite um Beroe/Augusta Traiana (Stara Zagora). In römischer Zeit lebt die Tradition der aristokratischen Bestattungen in Tumuli über gebauter Grabarchitektur teilweise mit mitbestatteten Pferden und Wagen wieder auf (Philippopolis, Augusta Traiana, Südostthrakien).31 Besonders treten die Bestattungen von römischen Offizieren aus der einheimischen Elite hervor, wie dies der silberne Gesichtsmaskenhelm aus einem Grab bei Philippopolis dokumentiert. Die Niederlassung römischer Bürger in den Städten an der Schwarzmeerküste als organisierte Gemeinschaften innerhalb der Polis dokumentieren die Phylen der Römer in Histria, Tomis, Dionysopolis und Odessos, als Vereinigung im Konvent der cives Romani consistentes Callatis.32 Während nach der Annexion 44 n. Chr. nur zwei römische Kolonien in Thrakien gegründet wurden, einmal die Colonia Claudia Aprensis zur Absicherung der Annexion des zentralen unteren Hebrus-Raumes, zum anderen die Colonia Flavia Pacensis Deultensium, wurde die Regierung Traians nach dem Ende des 2. Dakerkrieges zur entscheidenden Phase der kaiserlichen Städtegründungen und Stadtrechtsverleihungen, wobei zum einen Poleis mit ausgedehnten Territorien neu eingerichtet wurden, so Traianopolis, Plotinopolis, Nicopolis ad Istrum als Siegesstadt nach dem 1. Dakerkrieg, Ulpia Nicopolis ad Nestum33 und Marcianopolis, letzteres ein zentraler 31

Amand, La réapparition; Başgelen, Arif Müfid Mansel’s Excavations.

32

IScM 3, 83; vgl. Matei-Popescu, The Western Pontic Greek Cities, 180.

33

Ohne Grundlage bleibt die Vermutung, dieses Nicopolis könnte bereits von Antonius nach dem Sieg bei Philippi gegründet sein; alter Dynastensitz Keipara noch in flavischer Zeit Sitz einer thrakischen Strategie (IGBulg IV 2338). Zur Münzprägung der Stadt Komnick, Die Münzprägung.

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Verkehrsknoten. Zahlreiche einheimische Siedlungen erhielten den Status einer Polis, d. h. hellenistisches Stadtrecht: Ulpia Serdica, Ulpia Pautalia, Augusta Traiana (Beroa), Ulpia Anchialos, Ulpia Topeiros und Ulpia Bizya. Damit war eine neue administrative Gliederung der Provinz in Form der Stadtterritorien anstelle der bisherigen Einteilung in Strategien getreten (s. o. 5.1.2). Letztere hatten sich von den 50 vorrömischen Strategien (Plin. n. h. 4,40) durch römische Reorganisationsmaßnahmen auf 33 und Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. auf 14 verringert (Ptol. geogr. 3,8–10). Vollendet wurde diese Entwicklung durch die Gründung von Hadrianopolis/Adrianopel (Edirne) durch Hadrian. Eine wesentliche Änderung der Grenzziehung zu Moesia inferior nahm Septimius Severus vor, als er das Gebiet von Nicopolis ad Istrum und Marcianopolis zu Moesia inferior schlug und damit den Haemus-Kamm zur Provinzgrenze machte. Eine Gründung Hadrians zu Ehren des Divus Traianus Parthicus ist sehr wahrscheinlich Parthicopolis (Sandanski) in Südwestthrakien, bereits in der Provinz Macedonia gelegen.34 Im römischen Dakien begann die Urbanisierung mit der Gründung der Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegetusa 110 n. Chr., deren ausgedehntes Stadtterritorium den Großteil Südwestsiebenbürgens umfasste. Durch die massive Zuwanderung aus dem Reich und die Niederlassung einer großen Zahl von Veteranen entwickelte sich ein dichtes Netz von Städten, das allerdings den östlichen Teil Siebenbürgens aussparte. Einen Sonderfall bildet Apulum (Alba Iulia), wo sich neben dem Legionslager zwei städtische Siedlungen entwickelten, einmal das aus dem Vicus hervorgegangene Municipium Aurelium Apulum, das bereits unter Commodus zur Colonia erhoben wurde, sowie das aus den Canabae entwickelte Municipium Septimium, das vermutlich unter Philippus Arabs Koloniestatus erlangte. Napoca und Drobeta wurden Municipium unter Hadrian35 und Colonia unter Marc Aurel bzw. Septimius Severus, Romula Municipium unter Marc Aurel und Colonia unter Philippus Arabs. Severische Municipia waren Porolissum, Potaissa (vorlegionszeitlicher Vicus), Dierna (Tsierna) und Ampelum; der municipale Status von Tibiscum ist erst unter Gallienus gesichert. Den Höhepunkt hatte der Urbanisierungsprozess des südosteuropäischen Raumes in der Antike bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. erreicht. Mit Ausnahme der wirtschaftlich und verkehrsmäßig abgelegenen Regionen und von Gebieten unter direkter staatlicher Verwaltung wie den Bergwerksregionen war der Raum zwischen Adria, Donau und Schwarzem Meer unter Einschluss Siebenbürgens und Olteniens großenteils in städtischen Territorien organisiert. In Moesia inferior wurde Marcianopolis nach der Zuweisung zu dieser Provinz durch Septimius Severus zu einem wesentlichen Verwaltungszentrum mit Sitz des für die Heeresbesoldung zuständigen provinzialen Finanzprocurators.36 Tomis war die bevorzugte Statthalterresidenz mit Sitz des Koinón der westpontischen Städte. In Obermoesien war Viminacium Statthaltersitz und Sitz der Finanzprokuratur, Naissus ein zentraler Ort für die Statthaltertätigkeit im obermoesischen Binnenraum.37

34

SEG 51, 836: Brief des Antoninus Pius (158 n. Chr.).

35

Siehe jetzt Matei-Popescu, On the Origins of the municipium Hadrianum Drobentese.

36 Vgl. 37

Haensch, Capita Provinciarum, 334–336.

Vgl. ebd., 336–338.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Philippopolis fungierte als Sitz des thrakischen Koinóns, an dessen Spitze meist einheimische Aristokraten als Archiereís bzw. Thrakarchen standen (zu den Koiná s. o. 5.1.1). Der Statthaltersitz in Perinthos selbst lag am Rande der Provinz, weshalb Philippopolis, wo sich auch der Sitz des provinzialen Finanzprocurators befand, und Serdica nach den Zeugnissen häufig von den römischen Statthaltern aufgesucht wurden. Das Verwaltungszentrum der Provinz Dalmatia war Salona, jenes der Provinz Macedonia Thessalonike (Colonia unter Decius). Sitz des makedonischen Koinóns war jedoch Beroia/Beroe (Veria), das lange Zeit den Vorrang als Metropolis beanspruchte. In Niederpannonien fungierten Aquincum als Sitz des Statthalters und vielleicht Gorsium als Sitz des Provinz-Conciliums. In Oberpannonien waren dies Carnuntum (Statthalter) und Savaria (ProvinzConcilum). In den Tres Daciae diente Apulum als Sitz des consularen Legaten. Das Provinz-Concilium sowie der Finanzprocurator der Teilprovinz Dacia Apulensis residierten in Sarmizegetusa, und der Präsidialprocurator der Dacia Porolissensis in Napoca. Im Falle der dritten Teilprovinz Dacia Malvensis bleibt das administrative Zentrum unbekannt.

5.1 .4 Verkehrswege Geographisch ist der Raum südlich der Donau von den Südostalpen bis zur Schwarzmeerküste und der Ägäis in großen Teilen durch Gebirgslandschaften geprägt, so die dalmatischen Küstengebirge, die Gebirgszüge von Bosnien, der Herzegowina und von Montenegro, das serbische Bergland, das Balkangebirge (Haemus), die südostthrakischen Gebirge, die Rhodopen und das albanischnordmakedonisch/makedonische Bergland. Die Verkehrswege und Kommunikationslinien werden in diesen Bergregionen durch die eingeschnittenen Flusstäler bestimmt, so durch das Stromsystem der Drina, der Morava (Margus), des Vardar (Axios), der Struma (Strymon), des Iskăr (Oescus) und der Jantra (Iatrus), um nur die wichtigsten zu nennen. Ein zentraler Korridor führte über Vardar und südliche Morava von der Ägäisküste zur Donau, ein anderer über Struma und Iskăr. Hinzu kommt die Querverbindung von Naissus (Niš) über Serdica (Sofia) zum Hebrostal (Marica), die zur Propontis führt. Die zentralen logistischen und strategischen Achsen des Imperium Romanum in Südosteuropa waren einerseits die Reichsstraße entlang der Donau, welche die Lager des seit Domitian an der Donau konzentrierten Heeres verbunden hat. Von Axiopolis aus führte eine Transversale durch die Dobrudscha nach Tomis, das sich zum zentralen Hafen für die Versorgung der unteren Donaulinie entwickelte. Zum anderen waren es die von Aquileia ausgehenden Reichsstraßen zur Donaulinie (Aquileia – Emona – Celeia – Poetovio – Scarbantia – Carnuntum; Aquileia – Emona – Siscia – Sirmium). Wahrscheinlich in der 2. Hälfte der 140er Jahre v. Chr. begann Cn. Egnatius mit dem Bau der Via Egnatia, die Dyrrhachium mit Thessalonike und Amphipolis verband und die ab 129 v. Chr. bis in die Propontis nach Perinthos, Herakleia und Byzantion weitergebaut wurde. Sie bildete sowohl in der späten Republik wie in der Kaiserzeit die strategische Hauptachse für die römische Herrschaft auf dem Balkan und als Landverbindung in den Osten des Reiches. Die zentrale Nord-Süd-Transversale von Viminacium bzw. Margum über Naissus, Scupi und Stobi erreichte die Via Egnatia bei Herakleia Pelagonia bzw. von Stobi aus Amphipolis. Eine Mitteltransversale

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Südosteuropa im Principat (27 v. – 249 n. Chr.)

war die Straße von Naissus über Serdica nach Philippopolis, Hadrianopolis und Byzantion (sog. Via militaris). Von Serdica aus führte eine strategisch wichtige Straße nach Oescus, von dort eine bereits in neronischer Zeit bestehende Transversale über den Haemus nach Philippopolis.38 Mit der Gründung von Nicopolis ad Istrum und Marcianopolis waren zwei weitere zentrale Knotenpunkte des vor allem im untermoesischen Raum verdichteten Straßennetzes geschaffen. Von Philippopolis führte eine weitere Straße über Beroe/Augusta Traiana und Kabyle zum Hafen von Mesembria. Die Donau als die Hauptkommunikationslinie des römischen Heeres und seiner Logistik war bis zum Bau des Schiffskanals von Sip als Teil von Traians Vorbereitungen des Ersten Dakerkrieges zur Umgehung der Stromschnellen des Eisernen Tores nicht durchgehend befahrbar, wenn auch seit tiberischer Zeit eine Treidel- und Kontrollstraße als Kunststraße abschnittsweise durch die Schlucht des Donaudurchbruches vorgetrieben worden war. Mit der Fertigstellung des Schiffskanals war die Donau durchgehend für die römischen Flussflotten befahrbar.39 Seit der Vollendung der Donaubrücke von Drobeta im Jahre 105 n. Chr. war das römische Dakien über zwei Reichsstraßen angebunden, zum einen von Viminacium aus über den Donauübergang von Lederata nach Berzobis (Lager der Legio IV Flavia bis 118/119), Tibiscum und zur Colonia Sarmizegetusa und weiter nach Apulum, zum anderen von Drobeta über den Vulkanpass nach Sarmizegetusa sowie zum Olt und über den Roten-Turm-Pass nach Apulum. Die Straße entlang des unteren Olt war über den Donauübergang von Sucidava mit Oescus verbunden. Im Inneren Siebenbürgens führte die Reichsstraße von Apulum über Potaissa, das spätere Lager der Legio V Macedonica, und Napoca nach Porolissum, der Schlüsselstellung im Nordwesten der römischen Provinz.

38

Zum Ausbau der Infrastruktur entlang der Straße unter Nero s. etwa die Bauinschrift CIL 3,6123 aus der Station Viamata (Michilci): „Nero Claudius divi Claudii f(ilius) […] tabernas et praetoria per vias militares fieri iussit […]“.

39

Über die Umgehung der gefährlichen Stromschnellen am Eisernen Tor durch Bau eines Kanals unterrichtet uns die Inschrift AE 1973, 475: „Imp(erator) Caesar divi Nervae f(ilius) Nerva Traianus Aug(ustus) […] ob periculum cataractarum derivato flumine tutam Danuvi navigationem fecit.“

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Bruno Bleckmann

5.2

 ÜDOSTEUROPA AM ÜBERGANG VOM PRINCIPAT S ZUR SPÄTANTIKE (249 – 378 N. CHR.)

Die Ereignisse, die die Geschichte Südosteuropas im Zeitraum zwischen der Thronbesteigung des Decius und der Schlacht von Adrianopel prägten und die in den vorangehenden Ausführungen dargestellt worden sind (s. o. Kap. 3), haben trotz ihrer Dramatik den Aufbau von Strukturen nicht verhindert, sondern eher – durch die ständige Präsenz von Kaisern und Heeren – gefördert und beschleunigt. Darin unterscheidet sich diese Geschichte von der der nachfolgenden Epochen. Der Trend zum Aufbau lange anhaltender neuer Strukturen lässt sich auf mehreren Feldern nachvollziehen, nämlich Territorialadministration, Dislozierung des Militärs, Bau oder Ausbau von Festungen, Entwicklung der Zentralorte und Etablierung von Kaiserresidenzen.

5.2 .1 Territorialadministration Um die Mitte des 3. Jahrhunderts geriet das seit Augustus endgültig fixierte System der Provinzverwaltung (s. o. Kap. 5.1.1) in Auflösung. Zum einen wurden temporär übergreifende Provinzkommanden geschaffen, um die militärische Abwehr äußerer Feinde mit mehr Schlagkraft zu versehen. Zugleich setzte ein Prozess der Verdrängung des Senatorenstands aus dem militärischen Kommando ein. Senatoren wurden immer häufiger von Stellvertretern aus dem Ritterstand ersetzt, den agentes vice praesidis. Letztlich mündete diese Entwicklung, die sich bereits im späten 2. Jahrhundert andeutet,40 in der strikten Trennung von zivilen und militärischen Kompetenzen und unterschiedlicher Laufbahnen von zivilen und militärischen Statthaltern (praesides und duces) und bewirkte die Entstehung zweier hermetisch getrennter Verwaltungssphären. In dieselbe Epoche fällt die Räumung des transdanubischen Dakien. Ersatzweise wurde am rechten Ufer auf dem Boden der beiden moesischen Provinzen ein neues Dakien (Dacia nova) geschaffen, wohl auch, um den zahlreichen Flüchtlingen symbolisch eine Heimat zu geben. Diese Provinz erscheint wenig später in den Quellen zweigeteilt unter den Namen Ufer-Dakien (Dacia ripensis) und Binnen-Dakien (Dacia mediterranea).41 In der Zeit Diokletians (284 – 305) und Konstantins (306/324 – 337) erhielt Südosteuropa die administrative Territorialgliederung, die bis in die nach-justinianische Zeit Bestand hatte und die auch die kirchlichen Strukturen prägen sollte. Die Bildung dieser neuen Gliederung hat Jahrzehnte in Anspruch genommen. Vorstufen dieser neuen administrativen Gestalt sind schon in der 40

So etwa in der Ehreninschrift für den Statthalter der drei dakischen Provinzen M. Claudius Fronto aus Sarmizegetusa (CIL 3,1457), wo der Geehrte im abschließenden Elogium als fortissimus dux amplissimus praeses bezeichnet wir. Beide Begriffe, Dux und Praeses, dienten damals noch als informelle Bezeichnung für den militärischen und den zivilen Aspekt der Befehlsgewalt eines Provinzstatthalters traditioneller Prägung; im Laufe des 3. Jh.s wandelten sie sich zu offiziellen Bezeichnungen separater Amtsträger.

41

Wann genau die Teilung erfolgt ist, unter Aurelian, Carus oder Diokletian, bleibt unklar; s. das Folgende.

422

https://doi.org/101515/9783110643428-15 | HGSOE, Bd. 1

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Reichskrise des 3. Jahrhunderts zu greifen. Vereinzelt wurden in dieser Zeit bereits Kleinprovinzen gebildet. So scheint etwa die Aufteilung der Provinz Achaia in einen größeren Teil südlich der Thermopylen und der Bildung von Thessalien in die Zeit Valerians zu fallen.42 Eventuell wurde auch das neue cisdanubische Dakien, wie oben bemerkt, schon vor Diokletians Regierungsantritt geteilt. In umfangreicherer Form sind diese neuen Kleinprovinzen dann freilich erst unter Diokletian gebildet worden, nach dem berühmten und hier wohl in der Sache zutreffenden Bericht des Laktanz aus fiskalischen Gründen.43 Allerdings kommen wohl auch andere Motive hinzu, die nicht unbedingt eine Verwaltungsrationalität widerspiegeln.44 Ferner ist selbst für das Zeitalter Diokletians nicht mit einer auf einen Schlag erfolgten Provinzialreform zu rechnen, sondern es hat während dieser langen Periode mehrere Experimente mit der Aufteilung von größeren Provinzen gegeben.45 Einige Provinzen, wie Dalmatia, von der nur ein kleines Stück südöstlich der Bucht von Kotor der neuen Provinz Praevalitana zugeschlagen wurde, wurden vom Teilungsprozess gar nicht erfasst,46 in anderen Provinzgruppen lassen sich mehrere Stufen verfolgen. Die Aufteilung der Pannonia inferior, aus der die Provinz Valeria ausgegliedert wurde, wurde wohl nach dem Karpensieg des Galerius vorgenommen, spätestens vor 303.47 Eine Zeitlang scheint ein Zustand bestanden zu haben, in dem es drei pannonische Provinzen – nämlich die zwei unterpannonischen Provinzen und die Pannonia superior – gab,48 bis auch Pannonia superior aufgeteilt und aus ihr die neuen Provinzen Pannonia prima und Savia gebildet wurden.49

42

Diese Aufschlüsse werden durch die neuen Dexipp-Fragmente aus Wien möglich (s. o. Kap. 3.2). Die Provinz Hellas (= Achaia) wird dort ausdrücklich als „Hellas innerhalb der Thermopylen“ bezeichnet, ferner wird ein Grenzland zwischen Makedonien und Thessalien beschrieben; vgl. Grusková/Martin, Ein neues Textstück aus den „Scythica Vindobonensia“, 38.

43

Lact., de mort. pers. 7,4.

44

Ausdrücklich für die Schaffung der Provinz Valeria durch Amm. 19,11,4 bezeugt. Nicht nur die Benennung, auch die Einrichtung der Provinz erfolgt zu Ehren der Tochter Diokletians: „Valeriam venit, partem quondam Pannoniae, sed ad honorem Valeriae Diocletiani filiae et institutam et ita cognominatam“.

45

Das zeigt sich auch für andere Regionen des Römischen Reiches, vgl. Zuckerman, Sur la liste de Vérone et la province de Grande Arménie, 620. Besonders lehrreich im Hinblick auf eine mehrfache Reorganisation zwischen dem späten 3. und frühen 4. Jh. ist das dank der Papyri gut dokumentierte Beispiel Ägyptens; s. Palme, Praesides und Correctores der Augustamnica.

46

Wilkes, Dalmatia, 417.

47 Vgl. Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 396 (Anm. 33). Man hat zwar aus Aur. Vict. 40,9–10 den Eindruck, die

Umbenennung sei erst unmittelbar vor dem Tod des Galerius erfolgt, aber CIL 3,10981 verweist darauf, dass die Teilung Pannoniens schon vor 303 stattgefunden haben muss. Zur Frage s. auch Fitz, Die Verwaltung Pannoniens, Bd. 3, 1177–1181. Zum Zusammenhang mit dem Karpensieg von 296: Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 273.

48

Vgl. Optat. Milev. 26,33 [Ziwsa]; Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 396 (Anm. 34). Die Nichterwähnung der Provinz Savia im Itinerarium Burdigalense (s. o. Kap. 1.2.1) auf dem Weg von Poetovio zur Pannonia secunda ist dagegen kein Indiz dafür, dass diese Provinz in spätkonstantinischer Zeit noch nicht existierte; vgl. Fitz, Die Verwaltung Pannoniens, Bd. 3, 1183. Fitz weist darauf hin, dass unter Konstantin in dem später zur Savia gehörenden Aquae Iasae der Praeses der Pannonia superior bauen lässt. Die Teilung Oberpannoniens muss nach 316 stattgefunden haben.

49

Siehe zur Diskussion über die Grenzen der Valeria und Pannonia prima Soproni, Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes, 23f.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

In ähnlicher Form wie für die Geschichte der pannonischen Provinzen scheint es auch eine längere und kompliziertere Entwicklung gegeben zu haben, bevor es zu der aus der reifen spätantiken Provinzialordnung bekannten Bildung der dakischen Provinzen südlich der Donau kam. Vielleicht gab es eine Zeitlang bereits ab Carus oder sogar Aurelian interimistisch schon zwei dakische Provinzen.50 In tetrarchisch-konstantinischer Zeit gab es aber wohl zunächst (wieder) wohl nur eine dakische Provinz, die spätere Dacia ripensis, und eine Provinz Dardania, bevor – anscheinend erst ziemlich spät, nämlich nach der Besitzergreifung Illyricums durch Konstantin – die Dacia mediterranea von Dardania abgeteilt wurde. Dardania bestand dann in der geschrumpften Form nur noch aus den Territorien von Scupi, Ulpianum und dem Municipium Dardanorum.51 Dass auch in späterer Zeit – aus welchen Gründen auch immer – neue Provinzen gebildet werden konnten, zeigt die Aufteilung der Provinz Macedonia in Macedonia und Macedonia salutaris, die in die späten 80er Jahre des 4. Jahrhunderts gehört. Auch der Zuschnitt einmal gebildeter und schon länger existierender Provinzen konnte bei Gelegenheit geändert werden. So gehörte etwa Poetovio unter Constantius nicht mehr zur aus Oberpannonien hervorgegangenen Savia, sondern zu Noricum.52 Auch zwischen Valeria und Pannonia inferior (später secunda) wurden die Grenzen verändert, so dass das Kastell Ad Militare, in dem in der Zeit der Zweiten Tetrarchie die Legio VI Herculia stationiert war und das 306 zur Pannonia inferior gehört haben muss, später im Territorium der Provinz Valeria lag.53 In der Zeit Diokletians wurden auch die Diözesen geschaffen, die mehrere Provinzen unter der Verwaltung eines Vicarius zusammenfassten. Der einige Jahre später, nämlich 314, zur Zeit 50

Alles hängt an AE 1912, 200 (Bov bei Serdica): „Caro et Carino / Aug(ustis) Gaianus / pr(a)eses finem / posui inter du[as / D]acias dila[psum] / […]“ (= ILBulg 188, dort geringfügig abweichende Fassung). Vgl. Filow, Die Teilung des Aurelianischen Dakiens; Vetters, Dacia ripensis, 6; PLRE Gaianus 1; PIR2 G 18. Zweifel an der Echtheit der im Kunsthandel aufgetauchten Inschrift äußert Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 211f. Den in der Inschrift beschriebenen Vorgang versteht man, sofern die Ergänzung dila[psum] richtig ist, in der Tat nur mit Mühe; was soll es heißen, dass Gaianus eine „zerfallene Grenze“ zwischen den beiden dakischen Provinzen setzt? Das Problem ist bei Altmayer, Die Herrschaft des Carus, Carinus und Numerianus, 349, nicht behandelt, der darüber hinaus die Inschrift fehlerhaft wiedergibt. Filov ist übrigens der spätere, 1945 hingerichtete Ministerpräsident der deutschfreundlichen Regierung gewesen.

51

Von zwei dakischen Provinzen ab der Zeit Aurelians geht Vetters, Dacia ripensis, 6, aus. Mattingly, The Imperial Recovery, 301: Es gab bis in die konstantinische Zeit nur eine einzige dakische Provinz, wie der Laterculus Veronensis zeige, der nur eine Provinz Dakien kenne. Cod. Theod. 2,19,2 zeige, dass Dakien 321 noch nicht geteilt war. Für diese These lassen sich auch weitere Argumente anführen: Serdica gehörte in der Zeit der Tetrarchie zur Provinz Dardania. Wenn nämlich der Chronograph. a. 354 p. 148 [Mommsen] den Galerius in Dardania sterben lässt, ist daraus nicht zu schließen, Galerius sei nicht in Serdica verstorben; anders Barnes, The New Empire, 64, und Leadbetter, Galerius and the Will of Diocletian, 242. Die Dacia mediterranea war in dieser Zeit noch nicht gebildet, Serdica gehörte vielmehr wie Naissus zur Dardania; vgl. zu Naissus als Stadt Dardaniens Mócsy, Pannonia and Upper Moesia, 274, mit Verweis auf CIL 6,32937. Hinzuweisen ist auch auf die Tatsache, dass in Tekija Ziegelstempel mit der Aufschrift DAR und DARDANIA neben DRP auftauchen, vgl. Cermanović-Kuzmanović, Tekija, 41, 50, 199. Möglich wäre somit, dass auch die Dacia ripensis am Anfang zur Dardania gehörte. Das scheint mir die Nicht-Erwähnung dakischer Provinzen in Eutr. 10,5 zu erklären: „omnique Dardania, Moesia, Macedonia potitus numerosas provincias occupavit“ (von Konstantin).

52

Vgl. die Quellen bei Saria, s. v. Poetovio, 1172f., der allerdings die Verschiebung unmittelbar mit den Provinzialreformen Diokletians in Verbindung bringt.

53

AE 1964, 226, mit Nagy, Zu den Militär- und Verwaltungsreformen Diocletians im pannonischen Raum.

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der gemeinsamen Herrschaft von Konstantin und Licinius, entstandene Laterculus Veronensis (s. o. Kap. 1.2.1), erwähnt noch eine Großdiözese Moesiae, die mit dem späteren östlichen Illyricum identisch ist, kennt aber ansonsten bereits die über Jahrhunderte gültige Anordnung der Diözesen Thraciae und Pannoniae. Die Zuweisung der Kleinprovinzen an die Diözesen und die Benennung dieser Provinzen steht in diesem Dokument – von einigen Ausnahmen abgesehen54 – bereits fest und entspricht dem, was sich dann in anderen Quellen in gelegentlicher Erwähnung oder in Form von Listen, etwa bei Polemius Silvius, der Notitia dignitatum oder im Synekdemos des Hierokles (zu all diesen s. o. Kap. 1.2.1), nachweisen lässt.55 Zur nordwestlichen Diözese Pannoniae, also zum westlichen Illyricum, gehören seit den diokletianisch-konstantinischen Reformen Pannonia prima, Valeria, Pannonia secunda, Savensis/Savia, Dalmatia, Noricum mediterraneum und Noricum ripense. Das östliche Illyricum, im Laterculus Veronensis noch als Großdiözese Moesiae erfasst, ist in späteren Verzeichnissen in zwei Diözesen unterteilt: Die Diözese Macedonia mit sechs Provinzen, nämlich Achaia, Thessalia, Macedonia, Epirus vetus, Epirus nova und Creta, sowie die Diözese Daciae mit fünf Provinzen, nämlich Dacia mediterranea, Dacia ripensis, Moesia prima, Dardania und Praevalitana. Die seit Diokletian durchgängig zur Präfektur Oriens gehörende Diözese Thraciae umfasst wiederum sechs Provinzen: Europa, Haemimontus, Rhodope, Thracia, Moesia secunda und Scythia. Diese Diözesen der spätantiken Territorialverwaltung Südosteuropas bleiben, was die Rolle ihrer Chefs, der Vicarii, betrifft, eher schattenhaft. Ohnehin gab es nur zwei Vikare, da die Diözesen Pannoniae und Daciae als Immediatbezirk des illyrischen Prätoriumspräfekten keinen eigenen Vikar hatten.56 Prominent sind vor allem Vikare Makedoniens geworden, wenn sie in Beziehungen zum literarischen Milieu traten.57 Noch dürftiger sind die Spuren der Vikare Thrakiens. Am markantesten ist noch der Vicarius Capitolinus, der wie seine Kollegen in der makedonischen Diözese eine besondere Verantwortung bei der Durchsetzung der Religionspolitik Julians hatte.58 Viel deutlicher zeichnet sich dagegen die Rolle der nach den Diözesen in einer zweiten Stufe, noch in spätkonstantinischer Zeit oder aber erst unter dessen Söhnen, gebildeten regionalen Prätoriumspräfekturen.59 Administrativ und strategisch waren Thrakien und Illyricum scharf 54

Der Laterculus spricht von Pannonia inferior und superior statt von Pannonia secunda und prima, von Thracia prima und Thracia secunda statt Thracia und Haemimontus. Erste Erwähnung von Pannonia secunda in CIL 9,2566 = ILS 1253.

55

Konzilsakten und Briefe treten als Quellen hinzu, vgl. z. B. den Brief Innozenz I. an Rufus (ep. 13), PL 20, 515– 517.

56

Allerdings ist die Identität dieser Diözesen zählebig gewesen, was sich an der Tatsache zeigt, dass es noch am Anfang des 7. Jh.s beim Prätoriumspräfekten von Illyricum in Thessalonike ein makedonisches und ein dakisches Büro gibt; s. Dagron, Les villes dans l’Illyricum protobyzantin, 2.

57

Beziehungen zu Libanios beim 362 amtierenden Vicarius Macedoniae Musonius (PLRE I, Musonius 2), ferner beim mutmaßlichen Vikar, der 363 amtierte (PLRE I, Aristophanes). Vgl. auch PLRE I, Thalassius 3.

58

PLRE I, Capitolinus 2: Aemilianus wird wegen der absichtlichen Zerstörung von Altären in Durostorum auf Befehl des Capitolinus hingerichtet.

59

Zur Debatte um den Zeitpunkt der Bildung der regionalen Großpräfekturen Migl, Die Ordnung der Ämter, 9–23; Porena, Le origini della prefettura, bes. 571–575.

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voneinander getrennt. Thrakien gehörte zur überdimensionierten Präfektur Oriens, dessen Präfekt dann von Konstantinopel aus das Gebiet gut kontrollieren konnte, während Illyricum in späterer Zeit (bis zur Reichsteilung von 395) überwiegend der Präfektur Italia, Illyricum et Africa zugeordnet war.60 Aber unmittelbar nach der Ablösung des kollegialen Systems der Prätoriumspräfekten, die in einem Mehrherrschaftssystem nebeneinander agierten,61 durch ein System regionaler Prätoriumspräfekturen in der Zeit Konstantins war Illyricum eine ganze Zeit lang selbständige Präfektur. Noch als Alleinherrscher behielt Constantius II. eine eigene Präfektur für Illyricum bei (mit den Präfekten Lollianus, Anatolius, Florentius), und Gratian kehrte wieder zu diesem Prinzip zurück (mit Iulius Ausonius, Hermogenianus, Eutropius). Einen wirklich systematisch-rationalen Charakter hatte die Verwaltung in Südosteuropa ebenso wenig wie in anderen Teilen des Römischen Reiches. Ein Instanzenzug war, schon deshalb, weil es nicht überall Vikare gab, nicht ausgebildet. Die Größe der Provinzen fiel völlig verschieden aus. Der Rang der Provinzstatthalter wurde bewusst unterschiedlich ausgestaltet. Das zuletzt gebildete Savia wurde nur von einem Corrector verwaltet, während Pannonia prima und Valeria unter einem Praeses und die traditionell militärisch besonders bedeutende Provinz Pannonia inferior/secunda unter einem Consularis standen.62 Der hochrangige Proconsul von Achaia, dessen Amt Konstantin wieder eingeführt hatte, war dem Vikar nicht untergeordnet. Der Präfekt befand sich zwar an der Spitze eines großen bürokratischen Apparats, wobei in seinem Büro mehrere hundert oder tausend Personen arbeiteten, aber der Chef dieses Büros (der Princeps) unterstand der Zentrale in Konstantinopel (konkret dem Magister officiorum). Es ging darum, durch solche Kontrollmechanismen den Zugriff des Kaisers auf die Beamten zu sichern. Aus diesem Grunde blieben auch bestimmte Teile der Rüstung und Bevorratung für das Heerwesen der Kontrolle des Präfekten entzogen. Die Oberaufsicht über die staatlichen Produktionsbetriebe für Waffen, Uniformen etc. (fabricae) oder über die kaiserlichen Rüstkammern (armamentum) hatte hier wieder der Magister officiorum.

60

Zur dann erfolgenden Teilung vgl. Demougeot, Le partage des provinces de l’Illyricum.

61

Die nominell von mehreren Prätoriumsinschriften gemeinsam errichteten Kollegialinschriften sind nicht als Zeugnisse für ein persönliches Treffen der betreffenden Beamten zu verstehen, auch nicht im südosteuropäischen Raum. Vgl. zu ILS 8929 aus Oescus (Inschrift der Prätoriumspräfekten Diokletians und Maximians Afranius Hannibalianus und Iulius Asclepiodotus vermutlich aus Anlass der Quinquennalien), Porena, Le origini della prefettura, 129. Die Inschrift aus Tropaeum Traiani (CIL 3,13734 = ILS 8938), die von Petronius Annianus und Iulius Iulianus, Präfekten Konstantins bzw. des Licinius, gesetzt wurde, zeigt allenfalls eine Koordination der Bemühungen um die Grenzverteidigung und dürfte wieder mit einem Herrscherjubiläum zusammenhängen, vgl. ebd. (Porena), 309–333.

62

Zu der gundsätzlichen Unterscheidung der spätantiken Typen von Zivilstatthaltern, zum einen Praeses, Corrector und Consularis sowie zum anderen Proconsul, s. Kuhoff, Studien zur zivilen senatorischen Laufbahn im 4. Jh. n. Chr., bes. 50–111, 178–186.

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5.2 .2 Militär Die herausragende Bedeutung des Militärs für die Region in unserer Epoche ergibt sich aus einer Vielzahl bereits behandelter Gründe.63 Hauptgrund für die massive Präsenz des Militärs war die lange, mit zahlreichen Lagern versehene Donaugrenze, die durch die im Hinterland angelegten Festungen weiter verstärkt wurde. Damit zusammenhängend war das südosteuropäische Gebiet lange Zeit das wichtigste römische Rekrutenreservoir.64 Die durch Südosteuropa verlaufenden Ost-WestVerbindungen hatten in innerrömischen Konflikten zentrale Bedeutung. Diesseits und jenseits der Grenze zwischen Illyricum und Thrakien wurden insbesondere in Situationen der unmittelbaren Bürgerkriegsvorbereitung wie etwa zwischen 316 und 324, zwischen 350 bis 351 oder 361 Truppen massiert.65 Aufgrund der bewegten Ereignisgeschichte stellt sich die Frage, inwiefern für die Geschichte des 3. und 4. Jahrhunderts eine von stabileren Verhältnissen ausgehende Zustandsbeschreibung des Heerwesens in Südosteuropa möglich ist, in der Art und Weise, in der sie von der Hauptquelle, der Notitia dignitatum (s. o. Kap. 1.2.1), suggeriert wird. Auch das auffälligste Strukturmerkmal der spätantiken Armee, die Aufteilung in eine Grenzarmee und in ein Bewegungsheer, kann nämlich immer nur in einer Momentaufnahme präsentiert werden, da Teile des Grenzheers als Pseudocomitatenses dann doch in das Bewegungsheer abgezogen66 und umgekehrt ehemalige Einheiten von Elitetruppen früherer Bewegungsheere, etwa die Reste des mobilen Heers des Gallienus, sich in späteren Zeiten dann als Teile des Grenzheers wiederfinden. Zudem gehörten seit Beginn der hier zur behandelnden Epoche von Anfang an auch irreguläre Truppen, insbesondere Söldnertruppen germanischen Ursprungs,67 mit zum römischen Heeresaufgebot. Um die Truppengeschichte Südosteuropas im 3. und 4. Jahrhundert zu verstehen, muss man sich zunächst die alte Aufstellung der Legionen an der Donaugrenze vergegenwärtigen, die in der Ereignisgeschichte des 3. Jahrhunderts weiter von Bedeutung waren. Selbst nach der Zäsur der Reichskrise blieben durchaus noch die Namen der traditionellen Legionen im Grenzheer greifbar und waren aus den Legionen hervorgegangene Truppenteile an den alten Standorten zu finden.68 Im Einzelnen gilt dies für die Legio X Gemina in Vindobona69 und die XIV Gemina in 63

Siehe oben Kap. 3 (im ereignisgeschichtlichen Teil die Verweise auf die Maßnahmen Diokletians, Konstantins und Valentinians) sowie für die früheren Jahrhunderte Kap. 5.1.2.

64

Siehe die Zusammenstellung der einschlägigen Belege bei Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer.

65

Die Besetzung Illyricums durch Julian veranlasste Constantius II., Truppen in Thrakien zusammenzuziehen, worauf Julian dann seinerseits mit dem Zusammenziehen von illyrischen Truppen reagierte: Anm. 21,13,22.

66

Zum Begriff Pseudocomitatenses vgl. Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer. Zu den „Grenzformationen und Besatzungstruppen, die unter Konstantin oder Constantius II. in das Bewegungsheer übernommen worden sind“, zählt Hoffmann etwa die Lanciarii mit ihren nach Garnisonsorten benannten Abteilungen der Savarienses, Sbeonses, Augustenses, ferner die aus Diana und Daphne abgezogenen Dianenses, Constantini Dafnenses und Ballistarii Dafnenses (ebd., 225).

67

Vgl. etwa den auf dem Balkan wirkenden und mit konsularischen Insignien versehenen Herulergeneral Naulobatus. Die Heruler des Naulobatus sind anscheinend später dann Teil des spätantiken Bewegungsheers geworden, vgl. Zuckerman, L’armée, 150.

68

Zur Dislozierung von Legionen im Donauraum im 1.–3. Jh. s. o. Kap. 5.1.2.

69

Not. dign. occ. 34,25.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Carnuntum70, die I Adiutrix in Brigetio71, die II Adiutrix in Aquincum72, die IV Flavia in Singidunum73, die VII Claudia im Doppellager von Viminacium74, die I Italica in Novae75 und die XI Claudia Pia Fidelis in Durostorum76. Die beiden Legionen des geräumten transdanubischen Dakien wurden auf dem Boden der neuen eingerichteten Provinz Dacia ripensis stationiert: die XIII Gemina in Ratiaria und die V Macedonica, wie schon während der frühen Kaiserzeit, in Oescus.77 Die Spuren dieser traditionsreichen Truppen, die sich im spätantiken Truppenverzeichnis der Notitia dignitatum finden, lassen die bewegte Geschichte dieser Legionen ab dem 3. Jahrhundert erahnen. Abordnungen aus den Legionen (Vexillationen) begleiteten die Kaiser in ihren zahlreichen Einsätzen gegen Usurpatoren oder gegen den äußeren Feind.78 Wiederholt berichten die Quellen über diese Zusammenziehung solcher aus Legionsteilen zusammengefügten Expeditionsheere. Deshalb, und weil es immer mehr darauf ankam, in einem möglichst geschlossenen Kordon von Festungen an der Grenze eingreifen zu können, wurde die Stationierung geschlosser großer Truppen in großen Lagern in der Spätantike unterlassen. Das, was von den traditionsreichen Legionen übriggeblieben war, wurde vielmehr in kleinere und zahlreichere Lager entlang der Grenze verteilt.79 Der als ripa legionis bezeichnete Grenzabschnitt wurde dann nicht mehr nur vom alten Legionslager, sondern von weiteren Lagern aus, in denen die Detachements der Stammlegion garnisoniert waren, verteidigt.80 Auch für die Hauptsitze der Legionen, die jetzt nur noch 500 – 1.000 anstelle der einstigen (nominell) 6.000 bzw. (faktisch) 5.000 Mann zählten, waren kleinere Kastelle vorgesehen.81 Die 70

Ebd. 34,26.

71

Ebd. 33,51.

72

Ebd. 33.

73

Not. dign. or. 41,30.

74

Ebd. 41,31.

75

Ebd. 40,30. Derda/Dyczek u. a. (Hgg.), Novae. Legionary Fortress and Late Antique Town, Bd. 1; Mrosewicz, Römische Städte an der Niederdonau in der Umbruchzeit.

76

Not. dign. or. 40,33.

77

Ebd. 42,33; vgl. Poulter, The Transition to Late Antiquity, 29. Die Legion war vermutlich in Oescus II, östlich von der alten Siedlung, stationiert: Mrosewicz, Römische Städte an der Niederdonau in der Umbruchzeit, 119 (Anm. 105), unter besonderer Berücksichtigung der Stadt Novae.

78

Teile der Legio V Macedonica und XIII Gemina wurden von Diokletian 298 n. Chr. nach Ägypten verlegt; s. Mitthof, Annona militaris, Bd. 1, 223f. Dort ist die erstgenannte Einheit noch unter Justinian unter der pseudoethnischen Bezeichnung Macedones zu fassen (s. ders., Das Dioskoros-Archiv und die militärischen Reformen Justinians in der Thebais). Mittlerweile ist durch einen neuen Oxyrhynchus-Papyrus sogar die zeitweise Rückverlegung von Soldaten dieser Legionen in die Dacia ripensis um das Jahr 315, also offenbar im Zuge der Kriegsrüstungen des Licinius gegen Konstantin, nachzuweisen (s. Mitthof, Militärische Beziehungen zwischen Dakien und Ägypten im Zeitalter der Tetrarchie).

79

Dietz, Cohortes, ripae, pedaturae.

80

Zum Beispiel für Legio XI Claudia neben Durostorum auch Candidiana, Transmarisca und Popina, für Legio V Macedonica neben Oescus auch Augustae, der Brückenkopf Sucidava, Cebrus, Veriniana (vgl. zum kombinierten Zeugnis von Ziegelstempeln und der Notitia dignitatum Poulter, The Transition to Late Antiquity, 32f.).

81

Aus tetrarchischer Zeit stammen die Legionslager von Troesmis und Noviodunum. Dort standen die legio II Herculia bzw. die legio I Iovia. Die Lager haben jeweils eine Größe von 1,5 und 2 ha, waren als von vornherein für

428

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Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike (249 – 378 n. Chr.)

alten Hilfstruppen, Alen und Kohorten, verschwanden dagegen im neuen System. Ihre Stellungen wurden durch die an den Grenzen disponierten Truppen eingenommen. Nach ihrem Dienst wurden die Soldaten der Donautruppen als Veteranen insbesondere in verwüsteten und unbewohnten grenznahen Gegenden angesiedelt. Als Gegenleistung für die Bebauung dieser Gebiete erhielten diese Veteranen das Privileg, keine Steuern bezahlen zu müssen. Durch diese und andere Entwicklungen, etwa dadurch, dass in der spätantiken Gesellschafts- und Rechtsordnung der Soldatenberuf erblich wurde, entwickelte sich ein Status, in dem aus Soldaten der Grenztruppen (milites limitanei bzw. riparenses), die völlig in die Gesellschaft ihrer Umgebung integriert waren, mehr und mehr sesshafte Bauern wurden. Zum Grenzschutz gehörte auch die Donauflotte, die von befestigten Flottenstationen, Kastellen und im Schutze von zusätzlich an der Donau errichteten Seitenkanälen operierte.82 Neben den Grenztruppen waren im Landesinnern Teile des Bewegungsheers (milites comitatenses) aufgestellt. Die mit dem Kommando dieses Bewegungsheers beauftragten Generäle waren im Laufe des 4. Jahrhunderts Kommandeure über regionale Militärsprengel geworden – der magister militum per Illyricum und der magister militum per Thracias, auch wenn zusätzlich dem Kaiser zwei magistri militum praesentales zur Seite standen.83 Die Truppen standen im rückwärtigen Raum zur Verfügung, als letzte Auffangstellung gegen die Barbaren, aber auch um Schlagabtausche in den permanenten Bürgerkriegen vorzubereiten. Die Notitia dignitatum nennt als Aufenthaltsorte dieser Einheiten Odessos, Marcianopolis, Naissus etc. Einige der im Hinterland liegenden Befestigungen könnten mit der Präsenz solcher an den rückwärtigen Linien stationierten Truppen erklärlich sein.84 Die beiden Verzeichnisse der Notitia dignitatum für den Osten und den Westen beschreiben dabei Zustände zum einen aus den Jahren um 400 (Not. dign. or.), zum anderen um 425 n. Chr. (Not. dign. occ.); s. o. Kap. 1.2.1. Die Zusammensetzung des Bewegungsheers dieser Zeit ist das Ergebnis mehrerer parallel verlaufender Entwicklungen. Zu diesem Bewegungsheer gehören zunächst Truppenteile, die ursprünglich Detachements der großen, an den Grenzen stationierten Legionen waren. Zusätzlich wurden für das Bewegungsheer neue Truppenteile aus dem illyrischen Hinterland rekrutiert, die sich als kampfstärker als die alten Legionen erwiesen, was dazu führte, dass die Auxiliareinheiten neuen Typs im Bewegungsheer den höchsten Rang einnehmen. Exemplarisch hierfür sind die Ioviani und Herculiani anzuführen, eine Doppeleinheit, die aus der eine Kleinlegion konzipiert, vgl. Poulter, The Transition to Late Antiquity, 31. Zur geringeren Mannschaftsstärke spätantiker Legionen s. Mitthof, Annona militaris, Bd. 1, 228f. 82

Eine solche Anlage mit Kanälen und Werften stellt Securisca-Dimum (Quintodimum) dar. Der zwischen Ad Malum und Kurvingrad bei Kinette abzweigende Kanal wurde noch im Mittelalter als Winterhafen benutzt. Vgl. hierzu insgesamt Mitova-Džonova, Stationen und Stützpunkte, 504–509. Zu den Häfen an der Donauflotte, so etwa in Aquae (Prahovo), vgl. Wawrzinek, In portum navigare; Bounegru/Zahariade, Les forces navales du bas Danube.

83

Zusätzlich gab es einen magister militum Orientis; vgl. zu den insgesamt fünf Generalsposten in der Not. dign. für den Osten Zuckerman, L’armée, 143–180.

84 Vgl. Whitby,

The Late Roman Army and the Defence of the Balkans, 144, der auch Diokletianopolis (Hisarja) als Ort einer Einquartierung des Bewegungsheers erklärt. Zu diesem Platz s. u. Kap. 5.2.3.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

illyrischen Spezialtruppe der mit Bleipfeilen schießenden mattiobarbuli hervorgegangen sind und die in der spätrömischen Militärhierarchie ganz oben standen.85 Eine große Rolle spielten bei den Auxiliartruppen auch Einheiten, deren Namen oder Schildzeichen einen germanischen Ursprung belegen. Zu den Truppenteilen, die sich aus Legionsdetachements gebildet hatten, gehören die Scythae und Daci, die wohl auf die entsprechenden ursprünglichen Herkunftsprovinzen Scythia und Dacia südlich der Donau zurückzuführen sind, ferner die ebenfalls auf die Provinz der ursprünglichen Stationierung hinweisenden Pannoniciani und Moesiaci. Bei den erst später aus dem Limitanheer übernommenen Pseudocomitatenses erinnerten z. B. die Namen der Timacenses, der Scupenses oder der Ulpianenses an den Ursprung dieser Truppen im Hinterland der Reichsgrenze.86 Eine zunächst irregulär gebildete Einheit illyrisch-südosteuropäischen Ursprungs war wohl auch die Doppeltruppe der Lanciarii-Mattiarii, deren Existenz erst ab der Zeit Constantius  II. belegt ist.87 Schließlich fällt im Bewegungsheer die große Bedeutung von Reitern auf, die im massiven Verband kämpften und es rechtfertigten, dass im Kommando des Bewegungsheers dem Magister peditum der Magister equitum gegenübergestellt wurde. Einige der Truppen gingen aus berittenen Einheiten hervor, die die Kaiser der Tetrarchie als Reiter begleiteten. Andere waren aus der Reiterarmee hervorgegangen, die bereits unter Gallienus gebildet worden ist. Einige dieser Truppen trugen als Hinweis auf ihren Ursprung den Zusatz Illyriciani. Diese Equites Illyriciani tauchen als Equites Dalmatae, Equites Mauri etc. auf., wobei Dalmater und Mauren ihren lokalen Bezug bereits früher verloren hatten. Einige dieser illyrischen Reiter konnten vom Pferd aus den Bogen handhaben, wie das für die Sagitarii anzunehmen ist. Eine weitere Komponente des Bewegungsheers hatte ihren Ursprung im kaiserlichen Stabulum, nach Hoffmann dem Pferdepark der Reiterarmee. In das Bewegungsheer gingen dann schließlich auch neue Elitetruppen ein, die Konstantin geschaffen hatte. Denn die Prätorianer waren nach einer Phase, in der sie gerade aus dem illyrischen Raum rekrutiert wurden, nach der Niederlage des Maxentius 312 n. Chr. als Truppe aufgelöst worden. Kaisernahe Leibgardisten waren nunmehr die Scholae palatinae, die nicht vom Magister militum, sondern vom Magister officiorum kommandiert wurden. Die ursprünglich aus Illyricum oder Thrakien hervorgegangenen Truppenteile des Bewegungsheers blieben anders als die Grenztruppen nicht in heimatnaher Verwendung. Vielmehr sind etwa die Undecimani in der Bestandsaufnahme der Notitia dignitatum in Spanien belegt.88 Aber auch 85

Vgl. Veget. epit. 1,17; Aur. Vict., Caes. 39,18. Zur Geschichte dieser Elitetruppe: Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer.

86

Vetters, Dacia ripensis, 20. Diese Truppen erhielten den Namen von den Garnisonsorten Timacum minus, Scupi, Ulpiana.

87

Erklärung der Details bei Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer, 221. Der Übertritt aus einer moesischen Legion und von den Lanciariern als Spezialtruppe in die Prätorianerkohorte ist etwa für einen Valerius Tertius belegt (CIL 6,2759). Diese Teile der Prätorianerkohorte sind dann letztlich im Bewegungsheer aufgegangen.

88

Die Vexillation der XI Claudia war nach Aquileia geschickt worden und hatte von dort 298 den Maximian nach Spanien begleitet, so Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer, 229. Für das Beispiel der von Diokletian 298 nach Ägypten verlegten Detachements der V Macedonica und XIII Gemina, die laut Auskunft eines neuen Papyrusdokuments um das Jahr 315, vermutlich anlassbezogen (Rüstungen des Licinius für den Bürgerkrieg mit

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Südosteuropa am Übergang vom Principat zur Spätantike (249 – 378 n. Chr.)

für das Bewegungsheer führten die Zwänge der spätantiken Gesellschafts- und Rechtsordnung dazu, dem System die Flexibilität zu nehmen. Der aus Savaria gebürtige Heilige Martin wurde gezwungen, wie sein Vater im Militär zu dienen, auch wenn seine Einheit, wie seine Biographie zeigt, immer noch so beweglich blieb, dass er in Gallien eingesetzt wurde. Die durch die Erblichkeit des Soldatenberufs gegebenen Rekrutierungszwänge führten dazu, dass Valens es bevorzugte, statt Rekruten aus den Provinzen Geld zu erhalten, mit dem er flexiblere gotische Söldner bezahlen konnte.

5.2 .3 Festungen Bevölkerungs- und Städtedichte im südosteuropäischen Raum blieben in der Spätantike regional sehr verschieden. Einige Regionen hatten dabei ihre Eigenarten aus vergangener Zeit, andere wurden in ihrer Identität erst in jüngerer Zeit geformt. Von früheren Generationen geprägt war das dichte Geflecht griechischer Städte mit oft winzigem Stadtterritorium in der Ägäis, auf der Peloponnes, in Mittelgriechenland, an der makedonisch-thrakischen, westpontischen und teilweise auch ostadriatischen Küste.89 Obwohl insgesamt diese Gebiete schon lange kulturell gegenüber Kleinasien ins Hintertreffen geraten waren, behielten sie mit Thessalonike, Philippi, Athen und Korinth Zentren von überregionaler Bedeutung. Als zweite Zone ist die dalmatische und albanische Küste einschließlich eines bis nach Bosnien-Herzegowina und in das Innere Albaniens sich erstreckenden Hinterlandes zu benennen, das partiell sehr viel dichter besiedelt war als in späteren neuzeitlichen Epochen.90 Als dritte Verdichtungszone lässt sich zum einen die Kette der Zentren nennen, die an der Diagonalstrasse östlich von Singidunum lagen, insbesondere Städte wie Serdica, Philippopolis, Adrianopel und vor allem Konstantinopel, zum anderen an der mittleren und unteren Donau selbst angelegte Kastelle und Städte91 sowie die Positionen im rückwärtigen Raum, die die Verbindungen zwischen Donau und Diagonalstrasse sicherten. Die Täler der rechts zur Donau führenden Flüsse, deren Mündung durch Kastelle gesichert waren, sind vor allem in spätantiker

Konstantin) und nur zu Teilen und vorübergehend, in die Dacia ripensis zurückverlegt wurden, s. Mitthof, Militärische Beziehungen zwischen Dakien und Ägypten im Zeitalter der Tetrarchie. 89

Macedonia prima zählt immerhin bei Hierokles 32 Städte, während die sehr viel kleinere Provinz Macedonia secunda nur 8 Städte hat.

90

Patsch, Beiträge zur Völkerkunde von Südosteuropa, Bd.  6, 18, hat für den von ihm erkundeten adriatischen Landstreifen die Existenz von 57 römischen Orten festgestellt, davon 16 sehr ausgedehnten wie Slivno, Glušci, Motkovic, Doljani etc. Eine Differenzierung, was die Situation des 3.–4. Jh.s betrifft, ist für diese Gebiete kaum möglich. Bowden, Epirus Vetus, 4, der die Situation von Epirus Vetus dahingehend beschreibt, dass in der Zeit vom 3. bis zum frühen 5. Jh. ein Niedergang bei Bauten „associated with public life“ zu beobachten ist. Zu einer massiven Befestigung der Städte wie Butrint oder Nicopolis kommt es erst in der zweiten Hälfte des 5. Jh.s. Ein Gesamtbild für den westlichen Balkan bietet Wilkes, The Archaeology of War. Sichere Datierungen sind hier nur in den wenigsten Fällen möglich, so dass man vom summarischen Ergebnis ausgehen muss, dass es einen zunehmenden Ausbau von befestigten Positionen gab, die im 6. Jh. ein dichtes Netzwerk bildeten. Eine besondere Bedeutung scheint das späte 4. Jh. zu haben, das nicht mehr in den Horizont dieses Kapitels fällt.

91

Zum Städtewesen im südosteuropäischen Raum vom 1. bis zum 3. Jh. s. o. Kap. 5.1.3.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Zeit sehr viel dichter besiedelt gewesen als in vorangehender Zeit.92 Die Zunahme der Bedeutung dieser dritten Zone insgesamt ist das deutlichste Charakteristikum der in diesem Teilkapitel beschriebenen Epoche. Die Notwendigkeiten der Verteidigung bestimmten und strukturierten zumindest den grenznahen Raum. Nach dem Wegfall der Provinzen nördlich der Donau wurde die militärische Präsenz am Südufer erhöht, indem immer mehr Garnisonen aneinandergereiht wurden. Eine moderne Überblicksdarstellung zählt, sich auf eine antike Liste stützend, 104 Garnisonsplätze an der Donau.93 Die Veränderungen zwischen dem kaiserzeitlichen und dem spätantiken Festungssystem waren dabei vielleicht, vom Wegfall der Großlegionskastelle abgesehen, geringer als es den Anschein hat, da unter den archäologisch erschließbaren Befestigungen der Spätantike solche der Kaiserzeit gelegen haben können.94 Ähnliche Probleme bieten Anlagen aus dem 6. Jahrhundert, die solche des 4. Jahrhunderts überdecken können. Insgesamt aber nahm dabei die Zahl der Befestigungsanlagen von Diokletian bis zu Valentinian I. kontinuierlich zu. Kleinfestungen dienten dazu, die Lücken immer enger zu schließen. Zum Grenzsystem gehörte neben den Plätzen auf der römischen Seite der Donau eine ganze Reihe von Brückenköpfen, die eine Kontrolle des Vorfeldes möglich machen sollte.95 Wie in anderen Gegenden des Reiches wurden zusätzlich auch im rückwärtigen Raum befestigte Strukturen angelegt. Neben dem Mauerkranz von Städten, der keine bloß repräsentative Bedeutung hatte, sondern eine effiziente Verteidigung bot – so konnte sich Sirmium mit seinen im 4. Jh. verstärkten Befestigungen noch im 6. Jh. lange gegen awarische Eroberungsversuche wehren und musste erst mühsam ausgehungert wurden – gab es im rückwärtigen Raum eine Fülle von großen und kleinen Befestigungen. Bereits in der Zeit der Reichskrise wurden Befestigungen dieser Art vorangetrieben. Bei den Städten trafen die Goten bereits auf ummauerte Städte wie Philippopolis, das letztlich durch Kriegslisten und den Einsatz von Leitern eingenommen wurde (s. o. Kap. 5.1.2).96 Um Militär und Zivilbevölkerung zu schützen, errichtete man schon während der Epoche der

92

Für das Timoktal sind dann unter Justinian 37 Festungen bekannt, ein Teil ist bereits in unserer Epoche ausgebaut worden, vgl. Petrović, Timacum Minus und die Kastelle im Timoktal. Für den Iskăr wäre auf Čumakovci zu verweisen, dessen antiker Name unbekannt ist (zum Ort Vetters, Dacia ripensis, 14), für den Vid auf Ăglen (an der Strasse Sofia-Pleven).

93

Vgl. zu den Angaben der Not. dign. Zuckerman, L’armée, 145. Zuckerman geht davon aus, dass die Notitia für den Osten den Zustand von 401 wiedergibt (s. o. Kap. 1.2.1). Überblicksdarstellungen zu den Befestigungen an der unteren Donau: Wilkes, The Roman Danube; Băjenaru, Minor Fortifications; Ćurčić, Architecture in the Balkans. Im ereignisgeschichtlichen Teil (s. o. Kap. 3) sind Festungen an der Donau erwähnt worden, die sich jeweils aufgrund archäologischer und/oder epigraphischer Indizien präziser mit den Regierungen Diokletians, Konstantins oder Valentinians I. in Verbindung bringen lassen.

94 Vgl.

Poulter, The Transition to Late Antiquity, 27.

95

Drobeta bzw. Pontes/Transdrobeta, der Ort der alten traianischen Brücke; Oescus und Sucidava; Aquincum und Contra Aquincum usw.; zu Drobeta Zahariade, Late Roman Drobeta I.

96

Diese Details sind jetzt durch die neuen Dexipp-Fragmente aus Wien (s. o. Kap. 3.2) bekannt geworden. Siehe zu der zuletzt unter Marc Aurel (vgl. IGBulg III/1, 878) ausgebauten Befestigung von Philippopolis Topalilov, Philippopolis, 373f.

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Reichskrise auch im Binnenland befestige Plätze.97 Zusätzlich zu diesem Verteidigungsystem gehört ebenfalls die Anlage von Sperren an Straßen, die ins Binnenland führen, in spektakulärer Weise etwa an den Thermopylen, wo bereits während der Kämpfe des 3. Jahrhunderts die durch Anschwemmungen erweiterte Route zwischen Gebirge und Meer mit Befestigungen versehen wurde.98 Beispiel einer raschen Befestigung wären zudem die nach den Herulereinfällen in den 70er Jahren errichtete neue Stadtmauer Athens oder die ebenfalls als Reaktion auf die Goteneinfälle renovierte Stadtmauer von Pautalia.99 Befestigte Strukturen im Binnenland sind in besonders großer Zahl aus tetrarchischer Zeit bekannt. Für den Bereich an der unteren Donau ließe sich Diokletianopolis anführen, das mit aller Wahrscheinlichkeit mit Hisarja (mit imposanten Ruinen aus tetrarchischer Zeit) identifiziert werden kann; es liegt zwar nicht an der Diagonalstrasse, gleichwohl aber an der Strecke von Philippopolis zur Donau (Oescus) und hat, wie der Verlauf des Awarenangriffs des Jahres 587 zeigt,100 durchaus eine für die Sicherung des Binnenlandes wichtige Funktion gehabt. Offenkundig ging es vor allem darum, durch eine gut befestigte urbanistische Struktur mit warmen Thermen und einem unregelmäßigen Amphitheater nördlich der Diagonalstrasse für größere Heeres- und Zivilistengruppen Ressourcen und Aufenthaltsmöglichkeiten bereit zu halten und auch Rückzugsmöglichkeiten über das Balkangebirge zu sichern.101 Für das ebenfalls am Nordrand der thrakischen Ebene gelegene und ebenfalls stark befestigte Beroia/Beroe/Augusta Traiana (Stara Zagora) kann eine solche Funktion für die Kampagne des Licinius nachgewiesen werden kann. Licinius zog sich nach dem Sieg Konstantins in der Schlacht von Adrianopel nordwärts nach Beroe zurück und konnte auf diese Weise die Verbindung zu den Donaufestungen und zu den nördlich der Donau wohnenden Goten halten.102 Eine ähnliche Funktion wäre für die mittlere Donau neben den größeren, relativ nah an der Donau liegenden Zentren wie Sirmium oder Savaria einem Ort wie dem in tetrarchischer Zeit zu Herculia umbenannten Gorsium zuzuweisen, der mit einer neuen

97

CIL 3,12376 belegt die Errichtung einer Burg in Montana „propter tutelam castrensium et civium Montanensium“. Vgl. dazu Rankov, A Contribution to the Military and Administrative History of Montana, 58–61; Poulter, The Transition to Late Antiquity, 29; ders., The Lower Danubian Frontier in Late Antiquity, 15.

98

Spätantike Befestigungen im Bereich der Thermopylen: Cherf, Carbon-14 Chronology for the Late Roman Fortifications of the Thermopylai Frontier. Befestigungen am Isthmos werden in den literarischen Quellen für die Reichskrise erwähnt, vgl. o. Kap. 3.2. In der Spätantike weiter befestigt: Kardulias, From Classical to Byzantine.

99

Katsarova, Pautalia, 266f. Sehr unbestimmte, aber möglicherweise auch schon vor das Zeitalter der Tetrarchie fallende Verstärkung der Befestigungen in Nicopolis ad Istrum; vgl. Rousseva-Slokoska, Sur le problème de système de fortification de Nicopolis ad Istrum; Poulter, Nicopolis ad Istrum. A Late Roman and Early Byzantine City; Ivanov, Nicopolis ad Haemum/Nicopolis ad Istrum, 119f. Nicopolis befand sich an der wichtigsten Verbindungsstraße, die es für den Weg von der Donau über das Balkangebirge gab, auf der gleichen Verbindung, an der südlich vom Balkan Beroe/Augusta Traiana lag, vgl. ders., Nicopolis ad Haemum/Nicopolis ad Istrum, 113. Befestigt wurden auch kleinere durch das Balkangebirge führende Pässe, vgl. Preshlenov, A Late Antique Pattern of Fortification in the Eastern Stara Planina Mountain.

100 Erwähnt 101 Zu

bei Theophyl. Sim. 2,17,1 [de Boor/Wirth].

den archäologischen Befunden von Diokletianopolis vgl. Madzharov, Diokletianopolis.

102 Zu

den Ereignissen s. o. Kap. 3.4. Zu Augusta Traiana/Beroe vgl. Ivanov, Augusta Traiana/Beroe. Zu den diversen Namensformen Beroe, Beroa, Beroia etc. ebd., 468.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Befestigung versehen war.103 Tetrarchische Gründungen, die sehr weit im Landesinnern und auch weitab von der Diagonalstraße lagen, sind wohl dagegen rarer gewesen. Ein Beispiel stellt das nur durch eine literarische Erwähnung bekannte Diokletianopolis in Thessalien dar.104 Für die folgende Epoche, nämlich die Zeit des Licinius und des Konstantin, hatten die im Hinterland errichteten Befestigungen auch andere Zwecke als die Barbarenabwehr. Der Vorbereitung des Bürgerkriegs gegen Licinius dienten große Baumaßnahmen Konstantins beispielsweise in Thessalonike105. Bei Tropaeum Traiani und Abrittus106 ist vielleicht eine ähnliche Funktion für den von Licinius gegen Konstantin verteidigten Restbereich zu denken, wobei grosse Horrea die Aufnahme von Bürgerkriegsarmeen ermöglichten.107

5.2 .4 Zentralorte Für die spätantiken Kleinprovinzen ist die Bestimmung von Hauptstädten weniger schwierig als für frühere Epochen der Kaisergeschichte mit den ausgedehnteren Provinzen (s. o. Kap. 5.1.3), auch wenn Ammianus Marcellinus in seiner Aufzählung der bedeutendsten Orte Thrakiens keinen Unterschied zwischen Hauptstädten und sonstigen wichtigen Ort erkennen lässt.108 Das liegt daran, dass sich die Bedeutung von Hauptstädten in der kirchlichen Hierarchie widerspiegelte.109 Mit wenigen Ausnahmefällen, etwa was Valeria und den mutmaßlichen Hauptort Sopianae (Pécs) betrifft,110 gibt es eine relative Eindeutigkeit bei der Feststellung von Hauptorten für die übrigen

103 Das

gilt dann, wenn Gorsium mit Tać identisch ist. Das wird allerdings von Alföldy, Die großen Götter von Gorsium, bestritten.

104 Hierzu

Dagron, Les villes dans l’Illyricum protobyzantin, 6, mit Verweis auf Prok. aed. 4,1,40–42.

105 Zos.

2,22,1. Da diese Stadt im 3. Jh. wiederholt Belagerungen durch Ostgermanen abgewehrt hat, gab es dort schon in dieser Zeit eine stärkere Befestigung. Zur Geschichte der Befestigung Belēnes, Τα Τείχη της Θεσσαλονίκης, mit Spieser, Les remparts de Thessalonique.

106 Zu den aus konstantinischer Zeit stammenden Befestigungen in Abrittus s. Ivanov, Abritus/Abrittus, 177–181, so-

wie 188f. zu dem dazugehörigen horreum; Radoslavova, Abritus – eine spätrömisch-byzantinische Stadt in Moesia Secunda; Poulter, The Transition to Late Antiquity, 36. Carrié/Moreau, L’agglomération romaine d’Abritus.

107 Vielleicht

ist diese Erklärung der Annahme von Poulter, The Transition to Late Antiquity, 35, vorzuziehen, der die Dimensionen von Tropaeum Traiani ausschließlich als „imperial propaganda“ erklärt. In der Festung Ulmetum in der Scythia minor war ein Soldat stationiert, der später in der Bürgerkriegsarmee des Licinius fiel („qui in proelio Romanorum Calchedonia contra adversarios decessit“), vgl. die von Poulter angeführte und interpretierte Inschrift AE 1922, 72 = 1997, 1317; vgl. auch Poulter, The Lower Danubian Frontier in Late Antiquity, 27f.

108 Amm.

27,5,12–13 zählt einfach nur die großen Städte der jeweiligen Provinzen der Diözese Thrakien auf, also beispielsweise für Moesia secunda neben Marcianopolis auch Durostorum, Nicopolis und Odessos.

109 Eindeutige Verweise auf die Metropolen bietet etwa der Synekdemos des Hierokles, wo allerdings die Provinzen des

westlichen Illyricum fehlen (s. o. Kap. 1.2.1).

110 Der

Hauptstadtrang von Sopianae wird von Fitz, Die Verwaltung Pannoniens, Bd. 3, 1180f., bestritten, da nur eine Überinterpretation von Amm. 28,1,5 dafür spreche. Auf der anderen Seite weist ders., Das Jahrhundert der Pannonier, 66, auf einen U-förmigen Palast hin, den er dahingehend deutet, dass die Stadt vorübergehend Statthaltersitz war. Zu den archäologischen Resten Fülep, Sopianae. The History of Pécs during the Roman Era.

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Provinzen dieser Region, nämlich Sirmium (Sremska Mitrovica) für die Pannonia secunda, Siscia (Sisak) für Savia, Salona (Solin) für Dalmatia, Savaria (Szombathely) für Pannonia prima, Virunum für Noricum mediterraneum (bei Maria Saal); Ovilavis (Wels) für Noricum ripense, Korinth für Achaia, Thessalonike für Macedonia,111 Gortyns für Creta, Larissa für Thessalia, Dyrrhachium für Epirus nova, Nicopolis für Epirus vetus sowie Serdica (Sofia) für Dacia mediterranea, Ratiaria (Arčar) für Dacia ripensis,112 Viminacium (Kostolac) für Moesia prima, Scupi (Skopje) für Dardania und Doclea (Duklja)113 für die Provinz Praevalitana; Herakleia (Marmara Ereğlisi) für Europa, Philippopolis (Plovdiv) für Thracia,114 Adrianopel (Edirne) für Haemimontus, Traianopolis für Rhodope, Marcianopolis (Devnja)115 für Moesia secunda und schließlich Tomis (Constanţa)116 für Scythia. In diesen Orten residierten nicht nur die Statthalter, sondern viele von ihnen gewannen auch durch die Ansiedlung anderer, in der Spätantike in der Zahl deutlich verstärkten und systematisierten Funktionen staatlicher zentralörtliche Bedeutung, wobei die Stationierung von Militär und Kommandoposten hier auszuklammern ist, auch wenn enge Bezüge zu den übrigen staatlichen Tätigkeiten bestehen. Im Einzelnen sind etwa die seit dem 3. Jahrhundert dezentralisierten Prägestätten der Reichsmünzprägung zu nennen, nämlich Siscia, Sirmium, Serdica, Thessalonike, Heraclea und Konstantinopel, die auf den Prägungen mit entsprechenden Abkürzungen erscheinen.117 Unter den Sitzen von fabricae, wo die Herstellung von Waffen für die römische Armee monopolisiert war, fällt neben Ratiaria, Thessalonike, Marcianopolis und Adrianopel mit Horreum Margi eine Stadt 111 Für

die spätere Macedonia secunda kommt Stobi hinzu.

112 Zu Ratiaria s. Velkov, Ratiaria. Eine römische Stadt in Bulgarien. Der nach dem Ende des Kommunismus teilweise

mit schweren Baumaschinen umgegrabene Platz muss als völlig zerstört gelten. Die sichtbar gewordenen Dimensionen der Stadt, die mit einer Mauer aus Opus mixtum (Gussmauerwerk) versehen war, entsprechen der Charakterisierung als „großer und bevölkerungsreichen Stadt“ durch Prisk. frg. 9,1 p. 234 [Blockley]. Bestandsaufnahme bei Giorgetti, Ratiaria and its Territory, bes. 30–33 zu Ratiaria in der Spätantike.

113 Zu

Doclea Sticotti, Die römische Stadt Doclea in Montenegro.

114 Topalilov,

Philippopolis.

115 Angelov,

Marcianopol. Zur Bedeutung der zur großen Festung ausgebauten Stadt: Mrosewicz, Römische Städte an der Niederdonau in der Umbruchzeit, 119 (Anm. 105).

116 Auf

dem Gebiet der Stadt Constanţa, die ihren Namen von einem Kastell Constantiana (von Constantius II.) in unmittelbarer Nähe von Tomi hatte. Tomi selbst, das einige bauliche Reste aus der Spätantike hat, behielt in der Spätantike seinen Namen und wird von Amm. 27,4,12 sowie von Soz. 6,21; 7,21 erwähnt. Zur Geschichte von Tomi vgl. Danov, s. v. Tomi. Vgl. Stoian, Tomitana – Contribuţii la istoria orăşului Tomi.

117 Eine

zusammenfassende Darstellung der komplizierten Geschichte der Münzprägestätten auf dem Balkan fehlt. Für eine Zusammenschau mit dem Forschungsstand der frühen 1980er zur Geschichte der Prägestätten zwischen 337 und 361 vgl. Kent, The Roman Imperial Coinage VIII, 339–347 (Siscia), 382f. (Sirmium), 395–400 (Thessalonike), (Herakleia) 427f. Die Städtenamen erscheinen meist im Münzabschnitt der Reversseite, entweder als Städtekürzel wie SIS oder mit vorangestelltem SM (Sacra Moneta). Ungewöhnlich ist, dass unter Julian die Münzprägestätte Herakleia mit der relativ ausführlichen Namensform HERACL erscheint, vgl. ebd., 428. Die Münzstätte Siscia wurde von Gallienus gegründet und war dann ab Diokletian mit einer wechselnden Zahl von Werkstätten in Betrieb. Sirmium war nur kurzfristig unter Konstantin in Betrieb, dann wieder von 351 bis 365. Serdica spielte nur kurzfristig eine Rolle, die dominante Münzstätte blieb Thessalonike, die in der Tetrarchie eingerichtet wurde. Daneben prägte Herakleia trotz der Nähe von Konstantinopel weiter, wenn auch in geringem Ausmaß. Konstantinopel prägte unmittelbar bald nach der Umbenennung von Byzanz durch Konstantin im November 324.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

auf, die nicht Provinzhauptstadt war.118 Weitere zentralörtliche Funktionen sind in der Finanz- und Domanialverwaltung zu konstatieren. Mit großen Büros waren schließlich die Hauptorte der die Provinzen übergreifenden Verwaltungen ausgestattet, nämlich Sirmium in seiner Funktion als Sitz des Prätorianerpräfekten von Illyricum, Thessalonike und in mehrfacher Hinsicht natürlich Konstantinopel als Sitz einer Reihe zentraler höfischer Institutionen, aber auch des Prätorianerpräfekten des östlichen Reichsteils.

5.2 .5 Kaiserresidenzen Eine im Vergleich zu anderen Regionen auffällige Besonderheit stellen die im 3. und frühen 4. Jahrhundert entstandenen Kaiserresidenzen dar, jedenfalls was ihre Dichte und Differenzierung in der Funktion betrifft. Der Kontext dieses Aufbaus von Residenzen in tetrarchischer und konstantinischer Zeit ist bereits im ereignisgeschichtlichen Teil dargestellt worden (s. o. Kap. 3.3 u. 3.4). An kaiserlichen Residenzen lassen sich drei Haupttypen unterscheiden, nämlich die Residenzen in großen Städten, in denen der Kaiserpalast einen eigenen Stadtteil ausmacht oder prägt, die großen kaiserlichen Villen und die tetrarchischen Rückzugspaläste, wobei es Übergangs- und Zwischenformen gibt. Im Einzelnen gibt es große Unterschiede zwischen dem, was archäologisch nachweisbar ist, und dem, was in den schriftlichen Quellen über die Kaiserresidenz ausgesagt wird. Auf die großen Kaiserresidenzen in Südosteuropa ist im ereignisgeschichtlichen Teil mehrfach eingegangen worden. Neben Konstantinopel, das die erfolgreichste dieser Residenzen werden sollte, handelt es sich um Sirmium, Serdica und Thessalonike. Für Sirmium gibt es einige Reste der spätantiken Bautätigkeit, die allerdings nur eine ungefähre Vorstellung von der antiken Topographie erlauben, etwa zur Verbindung zwischen dem Komplex des Kaiserpalastes und einem groß dimensionierten Circusbau (Hippodrom), der 527 m lang war,119 während die in den literarischen Quellen wiederholt erwähnte Savebrücke lange nur durch Vermutungen lokalisiert werden konnte.120 Von der kaiserlichen Präsenz in Serdica lassen sich nur wenige Reste ausmachen. Die ursprüngliche Siedlung wurde im ausgehenden 3. oder beginnenden 4. Jahrhundert neu befestigt und entspricht dem Areal von Serdica I. Das weitere, im Nordwesten angelegte, mit einem Mauerring von etwa 1300 m versehene Areal kann am ehesten mit der Erweiterung der Stadt in der tetrarchischen Epoche erklärt werden. Bauten aus der tetrarchisch-konstantinischen Epoche, die möglicherweise mit der Palastanlage identifiziert werden können, finden sich auch im Süden der ummauerten 118 Not.

dign. occ. 9,21 (Lauricum); 9, 20 (Carnuntum); 9,19 (Acunicum); 9,18 (Sirmium); Not. dign. or. 11,39 (Horreum Margi); 11,37 (Naissus); 11,38 (Ratiaria); 11,34 (Marcianopolis). Vgl. Aiello, Le fabbriche di armi nelle province danubiane in età tardoantica, der vor allem die Frage behandelt, warum die meisten der fabricae nur Schilde, nicht Schwerter herstellten. Schwertschmieden befanden sich vielleicht auch in den Lagern.

119 Zum

spätantiken Sirmiums s. u.  Kap. 5.3.3 (Abschnitt: Sirmium); zum hier beschriebenen Circus s. Jeremić, L’hippodrome de Sirmium à la lumière de nouvelles recherches, 7.

120 Siehe aber zur Entdeckung von „remains of timber supporting bridge elements“ 1995 und 2003 ders., Main Urban

Communications in Sirmium, 92f.

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Struktur von Serdica I.121 Viel sichtbarer als in Sirmium und Serdica sind die Reste der tetrarchischen Residenz von Thessalonike, etwa in dem zwar vor der Stadt errichteten, aber in die Gesamtanlage integrierten (großen) Bogen des Galerius, der (vor der Errichtung von Romuliana-Gamzigrad wohl als Mausoleum geplanten) Rotunde und den Überresten der Palastanlage mit repräsentativen Räume wie dem Oktogon und einem weiteren, 40 m langen und 17 m breiten Vestibül mit reichem Mosaikboden.122 Der Palast hatte mehrere Peristylanlagen. Eine Straße führte direkt auf einen eigenen Hafen. Wie in Rom, Sirmium oder Konstantinopel war der Palast mit einem Circusbau (Hippodrom) kombiniert, so dass der Kaiser von seiner Loge aus mit dem Volk von Thessalonike kommunizieren konnte. Dieser Circus sollte unter Theodosius als Schauplatz eines von Truppen angerichteten Gemetzels an der Zivilbevölkerung traurigen Ruhm gewinnen. Thessalonike als Residenz wurde zunächst von Galerius als Caesar bezogen, später sollten dort Licinius und dann Konstantin, der von Thessalonike aus den Bürgerkrieg gegen seinen Schwager vorbereitete, wohnen. Die Abfolge der verschiedenen Besitzer scheint Spuren im Baugeschehen und im Dekor hinterlassen zu haben, etwa in der Umarbeitung eines Porträts der missliebig gewordenen Galeria Valeria, der Tochter Diokletians und Gattin des Galerius, auf dem „Kleinen Galeriusbogen“. Einer der spektakulärsten römischen Überreste auf dem Balkan stellt der in Aspalathos, einige Kilometer von Salona, errichtete Rückzugspalast des Diokletian in Split dar, der das Gerüst der späteren Stadt bildete. Das zur Meerseite mit einer Loggia versehene Geviert von 191 mal 157 bzw. 151 m ist stark befestigt und folgte mit dem Cardo und Decumanus dem Lagerschema. Im Mittelpunkt des nicht ganz symmetrischen Komplexes der Innenbauten stand das in die spätere Kathedrale eingegangene, als Zentralbau gestaltete Mausoleum, das in einem Tempelbezirk mit Peripteros-Tempeln und einem Prostylos-Tempel eingefügt ist. Der zum Meer orientierte Wohnbezirk verfügte über Banketträume und eine Aula zu Empfangs- und Repräsentationszwecken, was dem Umstand entspricht, dass es sich bei Split nicht um die Villa eines Privatmannes, sondern eines zwar nicht mehr aktiven, gleichwohl aber im Kaiserrang verbliebenen Mitglied des Herrscherkollegiums handelt. Das belegen auch die auf Monumentalität zielenden Ausmaße, mit 2 m dicken Außenmauern, die zur Seeseite hin sich 24 m hoch erheben. Nur späte Quellen lassen explizit Salona, auf dessen Territorium Aspalathos lag, als Geburtsort Diokletians gelten. Durch die Analogie mit den Palästen des Galerius und Maximinus in der Dacia ripensis, die am Ort der Geburt der Kaiser errichtet waren, scheint aber der Zusammenhang zwischen der Wahl des Ortes des Rückzugspalastes und des Geburtsorts auch nunmehr für Split gesichert. Für Galerius sind diese Zusammenhänge durch die Entdeckungen von Gamzigrad unweit von Zaječar am westlichen Rand des Timoktals definitiv gesichert. Die auffällige in Kastellform errichtete Residenz war zwar wegen der Größe ihrer Ruinen schon früh bekannt und von Felix Philipp Kanitz (1829 – 1904) erstmals beschrieben. Die Identifizierung mit Romuliana, dem nach der Mutter des Galerius benannten Geburtsort des Galerius (Epit. Caes. 40,16), ist durch eine

121 Vačkova, 122 Siehe

Serdica is my Rome.

zur Residenz von Thessalonike Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie, Bd. 2, 726–730.

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Archivolteninschrift mit der von einem Kranz umringten Akklamation „Felix Romuliana“ gesichert.123 Die Verbindung mit Galerius wird auch durch weitere Details nahegelegt, wie vor allem durch den dort entdeckten Porträtkopf einer großen Statue – s. das Coverbild zum vorliegenden Band – aus dem den Kaisern vorbehaltenen Porphyr und durch die Pilaster mit der Darstellung der Tetrarchen. Wie für Mediana ist der Mosaikschmuck eher zurückhaltend, vor allem, wenn man ihn mit dem zeitgenössischen Parallelbefund von Piazza Armerina vergleicht. Dafür lassen sich aber Erklärungen finden, etwa, dass man bis zur Ankunft der entsprechenden Spezialistentruppe ein provisorisches und bescheideneres Mosaik legte oder dass man aus der gegenwärtigen Perspektive dazu neigt, die Mosaikböden gegenüber der Kostbarkeit übriger Ausstattungen überzubewerten. Immerhin ist in Gamzigrad aus der Nordhälfte des Palatium eine figürliche Darstellung des Dionysos, mit Becher und Thyrsosstab, erhalten. Auf jeden Fall steht die Innenbebauung mit zwei sorgfältig errichteten Tempeln, einem Wohngebäude mit Aula, Peristyl und mit Konchen ausgestatteten Banketträumen, einem 30 mal 45 m großen Getreidespeicher, mit Thermen etc. auf der Höhe der damaligen Architekturkunst. Das gilt auch für die Bauskulpturen, bei denen auf die Felicitas temporum verweisende dionysische Motive wie Reben und militärische Themen begegnen und deren Fundzusammenhang auf eine aufwendige Tordekoration hinzuweisen scheint. Auf eine längere Baugeschichte mit einem Wechsel der Planungen weisen die beiden Mauerringe hin. Die als unregelmäßiges Viereck (bzw. da eine Seite des Mauerverlaufs geknickt ist, als Fünfeck) errichtete Innenmauer ist, wie das Fehlen der Verbindungen zwischen den Türmen zeigt, nicht fertiggestellt worden, sondern wurde durch eine dickere und wehrhaftere Mauer umgeben, die als unregelmäßiges Geviert mit einer Seitenlänge von 195 mal 234 m und mit großen zehneckigen Türmen errichtet wurde. Interessant ist Gamzigrad durch den in letzter Zeit zunehmend besser erkennbaren Kontext. Zum einen war die Anlage, deren Haupttor nach Osten gerichtet war, unmittelbar auf den ungefähr 1 km östlich auf einer Höhe in Sichtweite gelegenen Konsekrationsbezirk Magura bezogen, wo zwei große Tumuli und zwei mausoleenartige Zentralgebäude standen, die mit der Verbrennung und Bestattung des Galerius und seiner Mutter zu erklären sind.124 Zum andern haben geomagnetische Prospektionen ergeben, dass außerhalb der Mauer sich zahlreiche Neben- und Versorgungsgebäude befanden, so dass die Residenz in der Lage war, das Personal des mitreisenden Hofs und des begleitenden Militärs aufzunehmen. In relativer Nähe von Gamzigrad befand sich eine zwar kleiner dimensionierte, typologisch aber ähnliche Residenz, nämlich die von Šarkamen, ebenfalls am westlichen Rand des Timoktals, gut zwanzig Kilometer westlich von Negotin. Wie die Anlage von Gamzigrad wurde auch diese Anlage

123 AE

1986, 425. Die Handschriften der Epit. Caes. haben die Akkusativform Romulianum und Romulianam. Romulianum wurde trotz Prok. aed. 4,4,3 bis zu den Entdeckungen von Gamzigrad bevorzugt, vgl. Epit. Caes. [Festy], S. 182 Anm. 21.

124 Ein

direkt an der Straße nach Gamzigrad aufgebautes, in etwa 200 m vom Bestattungsplatz gelegenes Tetrapylon hob zusätzlich die Bedeutung des Ortes hervor. Vgl. zu den Silberfunden: Popović, Trépied et vaisselle en argent provenant du monument consécrateur n° 1 à Magura.

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bereits von Kanitz bemerkt und beschrieben.125 Sie ist zwar mit 0,85 ha und Seitenlängen von unter 100 m wesentlich kleiner als die Anlage von Gamzigrad, weist aber die gleichen Besonderheiten der Kombination einer befestigten Residenz mit einem Memorialkomplex auf. Der imperiale Bezug ist insbesondere durch die Mausoleenbauten und die Porphyrfragmente einer thronenden Statue gesichert, ferner durch die reichen Goldschmuckfunde. Zumindest Gamzigrad wurde, wie die umgebende Struktur von Baulichkeiten zeigt, trotz der Besonderheiten als Rückzugsresidenz gleichzeitig schon während der aktiven Regierungszeit des Kaisers als Aufenthaltsort genutzt, was sich durch die relativ günstige Lage nahe der Donau am Ausgang des Timoktals erklärt.126 Hier ergibt sich eine gewisse Gemeinsamkeit mit der großen Kaiservilla von Mediana, die in unmittelbarer Nähe von Naissus errichtet wurde und auch aus den literarischen Quellen als kaiserlicher Aufenthaltsort belegt ist. Im Unterschied zu Gamzigrad befand sich allerdings Mediana, das aus einer Straßenstation hervorging, direkt an der Via militaris und damit an der Hauptverbindungstrasse zwischen Rom und dem Osten des Reiches. Der ungefähr 40 ha große Komplex hatte im Unterschied zu Gamzigrad keine ummauerten Teile. In der Mitte des Komplexes stand eine große, mit einem Peristyl ausgestattete Villa. Im Osten der Anlage war ein Speicher und ein als Kaserne gedeutetes Gebäude in U-Form zu finden; es schlossen sich im Norden und Süden weitere Wohnkomplexe und Villen an. Einen ähnlichen Rückzugspalast dürfte Maximianus Herculius in der Nähe von Sirmium errichtet haben lassen, da die Epitome de Caesaribus ausdrücklich hervorhebt, der Palast sei dort entstanden, wo die Eltern als Tagelöhner tätig gewesen waren.127 Als eine mit Mediana vergleichbare Kaiservilla dürfte in der Dacia mediterranea Scretisca anzusehen sein, eine Villa, die nordwestlich der zwischen 316 und 324 immer wieder aufgesuchten Residenz Serdica liegt und die Dinčev in naheliegender Weise mit den „visites fréquentes de Constantin le Grand“ verbinden möchte. Mit dem Apsisraum von 25,50 mal 15 m besitzt diese Villa eine Aula, die die größte in Dakien und Thrakien ist.128 Neben den Villen in der Nähe städtischer Residenzen gab es weitere Villen, die durchaus isoliert standen. Von einer solchen Kaiservilla erfährt man durch den Bericht des Ammian über die Erhebung des jungen Valentininian  II., der mit seiner Mutter in der Villa Murocincta lebt, die

125 Dies.,

Šarkamen (Eastern Serbia), A Tetrarchic Imperial Palace.

126 Durch

das Timoktal führte die kürzeste Verbindung zwischen Adria und der unteren Donau, vgl. zu dieser durch die Tabula Peutingeriana bekannten, militärisch bedeutenden Strasse von Lissus über Naissus zur Donau Wilkes, The Archaeology of War.

127 Epit.

Caes. 40,10: „nam etiam nunc haud longe Sirmio eminet locus palatio ibidem constructo, ubi parentes eius exercebant opera mercennaria“.

128 Vgl.

dazu Dintchev, Romuliana et les résidences de basse antiquité de Dacia et de Thracia. Zu Scretisca (Kostinbrod) ders., Kăsnorimskata rezidencija Scretisca. Im Suburbium-Bereich der kaiserlichen Residenz Serdica sind weitere Villen nachweisbar, von denen viele in das 4. Jh. gehören, etwa eine Villa bei Banki, bei Lichov vir, eine von den Ausgräbern mit dem Konzil von Serdica in Verbindung gebrachte Kirchenanlage und ein Mausoleum bei Lozenec im Süden von Sofia. S. dazu Kirova, Serdica/Serdika, 246–254. In ähnlicher Form war später Konstantinopel von Kaiservillen umgeben, neben dem Sonderfall des Hebdomon etwa die Villa Caesariana in Melantias (Amm. 31,11,1), die Valens auf dem Weg nach Adrianopel aufsuchte.

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hundert Meilen von Brigetio (Komárom/Komorn) entfernt war.129 Diese Residenz wird mit der Villa Bruckneudorf bei Parndorf am Neusiedler See identifiziert.130 Welche der weiteren zahlreichen Villae rusticae in Pannonien im kaiserlichen Besitz waren,131 muss offen bleiben. Auch im Fall von Keszthely-Fenékpuszta am Plattensee, das in der fortgeschrittenen Spätantike zu einem Binnenkastell mit einer Dimension von 392 mal 348 m und 2,60 m dicken Außenmauern ausgebaut war und noch in awarischer Zeit anscheinend Zentrum blieb,132 könnte eine solche Villa rustica in kaiserlichem Besitz Ausgangspunkt späterer Bauaktivitäten geworden sein.

129 Amm.

30,10,4.

130 Vgl.

Zabehlicky, Die römische Palastvilla in Bruckneudorf.

131 Vgl.

hierzu Thomas, Römische Villen in Pannonien.

132 Heinrich-Tamáska

(Hg.), Keszthely–Fenékpuszta im Spiegel der Jahrtausende. Die Grenzen zwischen Villa und Kastell sind fließend. Selbst in der offenen Struktur von Mediana gab es auf jeden Fall Anlagen für das Militär, das den Kaiser zu schützen hatte.

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Südosteuropa Südosteuropa von von Theodosius I. Theodosius I. bis bis Phokas Phokas (379 – 610 (379 – 610 n. Chr.) n. Chr.)

Simone Blochmann / Mischa Meier

5.3

 ÜDOSTEUROPA VON THEODOSIUS I. S BIS PHOKAS (379 – 610 N. CHR.)

5.3 .1 Militärische und administrative Strukturen Die ausführlichsten Informationen über die militärischen und administrativen Strukturen im 4. Jahrhundert liefert die Notitia dignitatum aus dem 1. Viertel des 5. Jahrhunderts.133 Darüber hinaus bieten Prokop und Rechtssammlungen wie der Codex Iustinianus und die justinianischen Novellen insbesondere für den Zeitraum vom 5. Jahrhundert bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts wertvolle Hinweise zur zivilen und militärischen Organisation des Römischen Reiches. Die Zeit danach ist deutlich schwieriger zu rekonstruieren: Zum einen nimmt der Umfang der juristischen Quellen seit den 540er Jahren deutlich ab und die literarischen Quellen wie Agathias, Euagrios, Johannes Malalas, Theophylakt Simokates, Menander, Johannes von Ephesos und das Chronicon Paschale bieten tendenziell eher punktuelle Informationen.134 Zum anderen lassen sich deutliche Veränderungen in der Verwaltungspraxis beobachten; wie genau sich diese gestaltete, was sich änderte und warum bzw. unter welchen Bedingungen, lässt sich zum Teil aber im Detail nur schwer nachvollziehen und ist in der Forschung umstritten.135 Nach den Reformen unter Diokletian und Konstantin war das Reich in zunächst noch drei Präfekturen unterteilt: Oriens (einschließlich der Provinzen Moesia inferior und Thracia bis Libya), Illyricum, Italien und Africa sowie Gallien (einschließlich Britannien und Tingitana); später waren es vier Präfekturen: Gallien, Italien mit Nordafrika, Illyricum und Oriens. In den Auseinandersetzungen des 5. Jahrhunderts gingen die Gebiete im Westen verloren, wobei jedoch zumindest Italien und Africa als Präfektur unter Justinian I. wieder integriert wurden. Diözesen, verwaltet von Vikaren, bildeten die nächste Organisationseinheit. Die Provinzen, die wiederum kleiner als die Diözesen waren, wurden von Statthaltern verwaltet.136 Die kleinste Verwaltungseinheit bildete die Stadt. Diese Hierarchien stellten das wesentliche Organisationsprinzip sowohl bei gerichtlichen als auch bei fiskalischen Angelegenheiten dar. Das Oströmische Reich war der Notitia dignitatum zufolge im Gegensatz zu den beiden zivilen Prätoriumspräfekturen Oriens (mit Sitz in Antiochia) und Illyricum (mit Sitz in Thessalonike, vorher Sirmium) militärisch in drei Zonen aufgeteilt, die unter dem Kommando der regionalen Heermeister (magistri militum) von Oriens, der thrakischen Diözese (Thraciae) und Illyricum standen.

133 Zur

Problematik der Notitia dignitatum als Quelle s. o. Kap. 1.2.1. Das im Folgenden relevante Ost-Verzeichnis (Not. dign. or.) wurde im Jahr 400/401 oder wenig später abgeschlossen.

134 Howard-Johnston, 135 Vgl.

Witnesses to a World Crisis, 37–59.

dazu Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 4f., 8–17, bes. 10.

136 Siehe

oben Kap. 5.2.1 sowie ferner Stein, Histoire du Bas-Empire, Bd. 2, 39–50.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-16

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Die thrakische Diözese, die im zivilen Bereich der Präfektur Oriens zugeordnet war, konstituierte innerhalb der militärischen Strukturen damit einen eigenen Bereich.137 Nach der Notitia dignitatum waren für die Grenzzone der thrakischen Diözese (Moesia secunda und Scythia) zwei duces zuständig. In Moesia secunda befanden sich eine Flotte und 22 Einheiten, sechs davon als legiones (riparenses) in Novae (zwei Legionen), Sexaginta Prista, Transmarisca (zwei Legionen) und Durostorum.138 Für Scythia ist ein Dux dokumentiert, der 23 Einheiten befehltigte, davon sieben Legionen, die – wohl unter anderem – in Axiopolis (Cernavodă), Troesmis, Noviodunum (zwei Legionen) und Aegissus (bei Tulcea) stationiert waren.139 Im Illyricum ist ein Dux, der das Kommando über zwei Flotten und 30 Einheiten innehatte, belegt. Als ständiger Konfliktherd bekannt, waren hier neun der Einheiten stationiert.140 Daneben ist ein Dux der Moesia prima dokumentiert, der zwei Flotten und 27 Einheiten befehligte, wovon drei Legionen waren, stationiert in Singidunum, Viminacium (Kostoloac) und Cuppae (Golubac) unmittelbar an der Donaugrenze.141 Schätzungen über die Größe des Heeres basieren auf Informationen aus literarischen und papyrologischen Quellen und Nachrichten, die die Notitia dignitatum über die Anzahl der Einheiten liefert – wobei die Größe der Einheiten umstritten ist.142 Für die Zeit nach dem 4. Jahrhundert finden sich vor allem bei Agathias (5,13,7) Zahlenangaben – auch wenn im Einzelnen umstritten ist, wie er zu einer Gesamtstärke von 150.000 Mann unter Justinian kommt, ob er beispielsweise auch die Grenzheere mit einrechnet.143 John Haldon geht von 300.000 Soldaten als einer realistischen Einschätzung der Gesamtgröße des Oströmischen Heeres aus.144 Diskutiert wird auch die Zusammensetzung des Heeres bzw. der Einheiten, geleitet vor allem von der Frage nach der sogenannten „Barbarisierung“ des Heeres. Grundlage für die Diskussion um die Zusammensetzung sind die

137 Vgl.

Not. dign. or. 7–9. Zu den militärischen Strukturen Südosteuropas nach der Not. dign. s. o. Kap. 1.2.1 (Abschnitt: Notitia dignitatum) und vor allem 5.2.1. Wie lückenhaft die Darstellung der Notitia dignitatum ist, zeigt beispielsweise der Umstand, dass sie keinerlei Informationen darüber enthält, wo die magistri militum stationiert waren oder wie sich die Kommunikation mit anderen Amtsträgern gestaltete. Einen Einblick in die komplexen Kommunikationsmechanismen und die Abgrenzung von Zuständigkeitsbereichen vermittelt z. B. Millar, A Greek Roman Empire, 46–50.

138 Not.

dign. or. 40. Für eine Übersicht siehe Millar, A Greek Roman Empire, 48f.

139 Not.

dign. or. 39.

140 Ebd.,

42.

141 Ebd.,

41. Über die Darstellung in der Notitia dignitatum hinaus siehe Lee, War in Late Antiquity, 9–13, 74–100.

142 Zur

Diskussion siehe Mitthof, Annona militaris, Bd. 1, 217–231; außerdem Tomlin, The Legions in the Late Empire, 169.

143 Die

grundsätzliche Unterscheidung zwischen Grenztruppen (limitanei) und beweglichen Truppen (comitatenses) findet sich seit deren endgültiger Etablierung in konstantinischer Zeit im frühen 4. Jh. kontinuierlich auch noch im 6. Jh., auch wenn die Quellen nicht immer anhand dieser Terminologie differenzieren; dazu Lee, The Empire at War, 117; ders., War in Late Antiquity, 77, zu den Auswirkungen fehlender terminologischer Differenzierungen auf Schätzungen zur Größe des Heeres nach dem 4. Jh.

144 Vgl.

Haldon, Warfare, State and Society in the Byzantine World, 99–101; siehe außerdem Lee, War in Late Antiquity, 77f.

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Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas (379 – 610 n. Chr.)

Ansiedlung von foederati auf römischem Land, die Namen der Einheiten, die Hinweise auf deren Zusammensetzung zu liefern scheinen und die scheinbare Zunahme von Namen barbarischer Herkunft in hochrangigen militärischen Positionen.145 Die Aufsicht über die militärischen Ressourcen fiel in den Aufgabenbereich des einflussreichen Amtes des Magister officiorum.146 In Zusammenarbeit mit lokalen Amtsträgern überwachte dieser die Organisation und Ausstattung der Heere. Seit den 390er Jahren wurde – wofür bisher die Prätoriumspräfekten zuständig gewesen waren – den Magistri officiorum die Überwachung der wohl ab dem Ende des 3. Jahrhunderts zentral koordinierten Waffenfabriken übertragen. Diese fanden sich, bedingt durch die militärischen Bedrohungen, besonders im Norden147 und Osten des Reichs. Mit Ausnahme einiger spezialisierter Produktionsstätten an der Donau (Ratiaria, Aquincum, Carnuntum, Lauriacum) lagen diese nicht unmittelbar an den Reichsgrenzen, um die Gefahr von Verlusten zu reduzieren.148 Die Produktionsstätten einer zentralen Steuerung zu unterwerfen, diente wohl nicht nur der Verbesserung der Logistik, sondern auch der Verhinderung von Usurpationen. Die Verlagerung in den Verantwortungsbereich des Magister officiorum bedeutete gleichzeitig, dass der Kaiser einen direkteren Zugriff und bessere Kontrollmöglichkeiten über die Produktion der militärischen Ausstattung hatte.149 443 wurden die ohnehin umfangreichen rechtlichen Befugnisse des Magister militum um die gerichtliche Autorität über die Grenzheere erweitert.150 Seit 529 wurde der Prätoriumspräfekt dann wie auch der Quaestor sacri palatii (so etwas wie „Justizminister“ des Reiches) zu der Instanz erhoben, die den militärischen Gerichten insgesamt übergeordnet war.151 Die zentrale Aufgabe der immer komplexer werdenden Verwaltung des Oströmischen Reiches bestand darin, die Steuerabgaben zu koordinieren, diese an den situativen Bedarf anzupassen, und Recht zu sprechen. Aufgeteilt war die Verwaltung neben der schon erwähnten hierarchischen Organisation in drei Bereiche, von denen die Prätoriumspräfekten den wichtigsten übernahmen.152 Ihre Autorität beruhte auf umfangreichen Befugnissen. Sie waren dafür verantwortlich, für den Unterhalt 145 Vgl.

Lee, War in Late Antiquity, 84f., wendet sich gegen diesen Eindruck (so auch Elton, Warfare in Europe, 145–152, 272–278); Lee, War in Late Antiquity, 219 zum Befund für das Oströmische Reich.

146 Vgl.

zum Aufgabenbereich des Magister officiorum Haldon, Economy and Administration, 41. Die Proviantversorgung des Heeres fiel in die alleinige Zuständigkeit der Prätoriumspräfekten; s. das Folgende.

147 Zum

Beispiel in Horreum Margi (Ćuprija), Sirmium (Sremska Mitrovica) und Salona sowie möglicherweise in Thessalonike und Naissus (Niš); siehe Lee, War in Late Antiquity, 91. Zu den Erzvorkommen im Balkanraum siehe Haldon, Economy and Administration, 33; Edmondson, Mining in the Later Roman Empire and Beyond.

148 Zur

zentralen Koordination und Verteilung James, The fabricae, 263–269; Lee, War in Late Antiquity, 90–92, für eine Zusammenstellung bekannter Produktionstätten, dazu auch Not. dig. 11,18–39 für den Westen und Not. dig. 9,16–38 für den Osten, bestätigt durch literarische Quellen und Inschriften (dazu James, The fabricae, 257–261).

149 Vgl.

dazu Lee, War in Late Antiquity, 93f.

150 Nov.

Theod. 24.

151 Haldon,

Economy and Administration, 42; Haase, Untersuchungen zur Verwaltung des spätrömischen Reiches unter Kaiser Justinian; Stein, Histoire du Bas-Empire, Bd. 2, für eine Übersicht über den Aufbau der Verwaltung im 6. Jh.

152 Vgl.

Haldon, Economy and Administration, 42f., für einen Überblick über die Organisation der Oströmischen Verwaltung in justinianischer Zeit.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

des Heeres und der Beamten zu sorgen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich tätig waren. Um dies sicherzustellen, erhoben sie die jährlichen Naturalabgaben (annona), deren Eintreibung und Weitertransport, einschließlich eventueller Kompensation bei Ausfällen, üblicherweise die lokalen Eliten übernahmen.153 Ab dem 5. oder späten 4. Jahrhundert wurden die Steuerabgaben in Form von Naturalien zunehmend durch Geldzahlungen ersetzt (adaeratio).154 Zu den erwähnten fiskalischen Aufgaben waren die Prätoriumspräfekten mit der Verwaltung des öffentlichen Transport- und Postwesens betraut. Darüber hinaus überwachten sie die staatlichen Waffenlager und waren für viele Bereiche des öffentlichen Lebens zuständig, beispielsweise für die Errichtung und Instandsetzung öffentlicher Bauten, die Sorge für die öffentliche Ordnung und die Rechtsprechung.155 Der Aufgabenbereich der Prätoriumspräfekten war damit weitreichend. Allerdings verschwand das Amt im 7. Jahrhundert. In der Forschung wird das in der Regel mit dem „Verschwinden der städtischen Kurien“ bis in die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts in Verbindung gebracht, welche von den Präfekturen mit ihrer Organisationsstruktur auch in personaler Hinsicht nicht hätte kompensiert werden können.156 Eine Ausnahme in dieser Entwicklung stellte allerdings der Praefectus praetorio per Illyricum dar, dessen Amt wahrscheinlich spätestens um die Mitte des 7. Jahrhunderts zum ἔπαρχος/ὕπαρχος der Stadt Thessalonike umgewandelt wurde bzw. darin aufging. Begründet lag diese Entwicklung wohl darin, dass Slawen und Awaren ab der Mitte des 6. Jahrhunderts weite Gebiete der Prätoriumspräfektur Illyricum in Besitz nahmen, so dass diese danach faktisch auf Thessalonike beschränkt war.157 Umfangreiche Reformen der oströmischen Verwaltung wurden unter Justinian  I. angestoßen. Der Kaiser reagierte damit auf mehreren Ebenen auf die fehlende Effizienz des komplexen Verwaltungsapparates, der wegen der geringen Kontrollmöglichkeiten außerdem für Korruption anfällig war. Er reagierte darüber hinaus auf die schwierige Versorgungslage verschiedener Regionen (hier v. a. Moesia secunda und Scythia) und auf die Umgestaltung der kaiserlichen Rolle

153 Zu

den mit der Erhebung und dem Transport der Naturalabgaben für den Unterhalt der spätantiken Armee verbundenen Fragen siehe Mitthof, Annona militaris, Bd. 1. Für die Belieferung der Truppen entlang der unteren Donau mit Proviant aus dem Ägäisraum und der Levante im Rahmen des pastus militum, die bis zur Mitte des 5. Jh.s inschriftlich dokumentiert ist, siehe neben Mitthof, Annona militaris, Bd. 1, 192–197, auch Łajtar, A Newly Discovered Greek Inscription at Novae (Moesia Inferior); ders., Another Greek Inscription from Novae (Moesia Inferior) Associated with pastus militum; Sarnowski, Accepta pariatoria und pastus militum, für die Diskussion des inschriftlichen Befundes. Vgl. oben Kap. 5.1.2 sowie ferner Lee, War in Late Antiquity, 86; Jones, The Later Roman Empire, 458–462, zur Verteilung entlang der unteren Donau zur Versorgung des Heeres; einen Einblick liefern auch die Funde aus Iatrus und Dičin (Gradište): dazu Poulter, The Transition to Late Antiquity on the Lower Danube, 166–174, 177f.

154 Vgl.

Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 49. Für das Funktionieren der adaeratio siehe Lee, War in Late Antiquity, 87; dort auch eine Zusammenfassung der Forschungsdiskussionen.

155 Brandes, 156 Ebd.,

Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 49.

50. Hinweis auf regionale Unterschiede: ders., Byzantine Cities in the Seventh and Eighth Centuries, 30f.

157 Ders.,

Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 53f.: Stadteparchen sind nicht nur für Thessalonike nachweisbar, aber insofern besonders, als sich das Amt hier aus der zwangsweisen Reduzierung der Prätoriumspräfektur auf die Stadt ergab. Die Entwicklung ist auf der Basis der Quellenlage nicht ganz sicher zu datieren (dazu ebd., 54).

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Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas (379 – 610 n. Chr.)

(Sakralisierung).158 Systematische Reformen betrafen vor allem die Gesetzgebung und die Koordination der Ressourcenverteilung. In diesen Bereich fiel der 536 von Justinian  I. eingesetzte Quaestor Iustinianus exercitus („justinianischer Heeres-Quästor“) mit Sitz in Odessos (Varna), womit Justinian bereits länger etablierte Formen der Truppenversorgung verstetigte.159 Das Amt bedeutete faktisch eine zusätzliche Prätoriumspräfektur, da dem Quaestor exercitus die gleichen administrativen und juristischen Kompetenzen sowie Militär zugewiesen wurden. Zuständig war der Amtsträger speziell für die Verwaltung der Provinzen Caria, Zypern, Kykladen, Moesia secunda und Scythia. Da der Quaestor damit weit auseinanderliegende Gebiete zu betreuen hatte, wird angenommen, dass die Regelung dazu diente, in Fortführung der Tradition des Pastus militum (s. das Vorangehende) die Versorgung der besonders unsicheren Grenzprovinzen Scythia und Moesia secunda durch eine engere Anbindung an reichere Provinzen zu koordinieren.160 Auf militärischer Ebene wurde die Verteidigung der Langen Mauern neu strukturiert. Ab 535 war dafür der Prätor von Thrakien zuständig, womit er frühere Reformen unter Anastasios anpasste.161 Auch auf städtischer Ebene, der kleinsten Verwaltungseinheit, lässt sich im 5./6. Jahrhundert ein verstärkter struktureller Wandel nachvollziehen. Die Organisation städtischen Lebens durch die Kurialen wurde immer mehr von Bischöfen und ihrem Verwaltungsapparat übernommen.162 Die Gesetzgebung unter Anastasios und Justinian I. bietet einen guten Einblick in die Organisation städtischen Lebens und die zunehmende Bedeutung von Bischöfen im 6. Jahrhundert. Sie bildet eine Entwicklung ab, in der Bischöfe mehr und mehr für die Versorgung und Verteidigung der Städte und des Umlandes verantwortlich waren. So wird erwähnt, dass ortsansässige Landbesitzer unter dem Vorsitz des Bischofs dafür verantwortlich waren, die Getreideversorgung der Stadt sicherzustellen, während die Einflussmöglichkeiten von Statthaltern auf die Besetzung von städtischen Ämtern und der Einfluss von Kurialen zunehmend beschnitten wurden.163

158 Dazu

Meier, Das andere Zeitalter Justinians, 115–136; ders., Der Monarch auf der Suche nach seinem Platz, 529–538.

159 Kötter,

Autonomie der illyrischen Kirche?

160 Vgl. Nov. Iust. 41 (536); Nov. Iustin. II 11 (575); dazu Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 59f.; Lee, The

Empire at War, 120; Haldon, Warfare, State and Society in the Byzantine World, 68.

161 Vgl.

Haldon, Economy and Administration, 50; zu den Verteidigungsanlagen insgesamt siehe Crow, Fortifications and the Late Roman East, 412–421; für die Langen Mauern und deren Funktion im Verteidigungssystem ebd., 414–418; ders./Ricci, Investigating the Hinterland of Constantinople; zur Einordnung in den Ausbau des Verteidigungssystems im 6. Jh. siehe Sarantis, Military Encounters and Diplomatic Affairs.

162 Dazu

Laniado, Recherches sur les notables municipaux; Haldon, Economy and Administration, 52f., zur städtischen Verwaltung. Zur spätantiken Stadt insgesamt Holum, The Classical City in the Sixth Century; Liebeschuetz, The Decline and Fall of the Roman City, 104–168; ders., The Government of the Late Roman City; Rapp, The Elite Status of Bishops in Late Antiquity; dies., Holy Bishops in Late Antiquity; zur Archäologie Real, Die Bischofsresidenz in der spätantiken Stadt.

163 Nov.

Iust. 8 (535); 65 (538); 128 (545). Siehe dazu Curta, The Making of the Slavs, 121, 124; Liebeschuetz, Decline and Fall of the Roman City; Lee, From Rome to Byzantium AD 363 to 565, 199–222.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

5.3 .2 Kirchliche Strukturen Die kirchenpolitische Organisation orientierte sich im Wesentlichen an den administrativen Strukturen. Belegt findet sich das bereits in den Kanones 4 bis 6 und implizit im Kanon 7 des Konzils von Nikaia aus dem Jahr 325.164 Auch in Justinians 11. Novelle findet sich dieser Zusammenhang bestätigt. Darin wird beschrieben, wie die illyrische Präfektur von Sirmium auf Thessalonike übergeht. Der Bischof der neuen Präfektur soll damit auch seine neuen Rangrechte erhalten haben.165 Die Verlagerung nach Thessalonike ergab sich vor allem daraus, dass gerade die Gebiete in Pannonien durch die Migrationsbewegungen umstritten waren. Dass die Grenze zwischen dem Ost- und Westteil des Römischen Reichs mitten durch das Illyricum verlief, machte die Region auch in kirchenpolitischen Angelegenheiten zum Streitobjekt. Im Illyricum konzentrierten sich, bedingt durch die geographische Lage, seit dem Ende des 4. Jahrhunderts Konflikte in besonderer Weise. Formal gehörte die gesamte Region bis zum Ende des 4. Jahrhunderts – mit Ausnahme einer kurzen Zeitspanne 379 – 380 – zum Westreich. Politisch ab 395 im Zuge der „Reichsteilung“ etwa zur Hälfte zum Osten gehörig, nahm das Illyricum seitdem eine wichtige Rolle als Zankapfel und Austragungsort für die Konflikte zwischen beiden Reichsteilen ein.166 Besonders deutlich wird das an der Einrichtung des päpstlichen Vikariats von Thessalonike. Zwischen Rom und Konstantinopel: Das Vikariat von Thessalonike

Mit der politischen Zugehörigkeit zum Osten griff Konstantinopel im Illyricum im Zuge der sich anbahnenden kirchlichen Konflikte und langwierigen theologischen Auseinandersetzungen um die „richtige“ Lehre ab Ende des 4. Jahrhunderts immer wieder auch in kirchenpolitische Angelegenheiten ein. Um dieser Entwicklung zu begegnen und die Region dauerhaft kirchlich eng an den lateinischen Westen zu binden, wertete der Bischof von Rom wohl Anfang des 5. Jahrhunderts Thessalonike zum päpstlichen Vikariat auf.167 Die Stadt war – noch bevor Mitte des 5. Jh.s der Verwaltungssitz dorthin verlegt wurde – unter Theodosius I. aufgewertet worden, was sich in umfangreichen Bauaktivitäten Ende des 4./Anfang des 5. Jahrhunderts niederschlug, mit denen Thessalonike unter christlichen Vorzeichen umfassend umgestaltet wurde.168 Mit der neuen Regelung durch die Entscheidung in Rom wurde seitdem die thrakische Diözese von Konstantinopel aus regiert. Die Kirchen der Diözese Illyricum unterstanden, obwohl politisch Ostrom zugehörig, mit einem Vikar, der vom Bischof von Rom eingesetzt wurde, in kirchenpolitischen Angelegenheiten

164 COGD

1,86–166 p. 21–23.

165 Kötter, 166 Dazu

Autonomie der illyrischen Kirche?, 184 (Anm. 72). Nov. Iust. 11.

Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln, 103; außerdem Destephen, Une province romaine, 171–175.

167 Dazu

Greenslade, The Illyrian Churches, 25–29; Kötter, Autonomie der illyrischen Kirche?; Fuhrmann, Widerstände gegen den päpstlichen Primat im Abendland; Frazee, The Popes and the Balkan Churches; Macdonald, Who Instituted the Papal Vicariate of Thessalonica?

168 Zu

Thessalonike u. a. Ćurčić, Christianization of Thessalonikē, 222–231; Skedros, Civic and Ecclesiastical Identity in Christian Thessalonike; Bakirtzis, Late Antiquity and Christianity in Thessalonike.

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weiterhin der Autorität Roms. Dieser Anspruch von Seiten Roms wurde selbst dann noch aufrechterhalten, als die römische Herrschaft im Westen im Verlauf des 5. Jahrhunderts erodiert war.169 Als umstritten gilt nicht nur der Zeitpunkt, an dem das Vikariat eingerichtet wurde, sondern auch die kirchenrechtliche Stellung des Vikars.170 Angelegt ist die Problematik bereits in der Quellenlage. Die Informationen über die kirchliche Organisation des Illyricum stammen vor allem aus Briefen von Kaisern und Päpsten des 4. und 5. Jahrhunderts in der Collectio Thessalonicensis. Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung von Dokumenten anlässlich einer umstrittenen Bischofswahl in Larissa (in Thessalien), die 531 verhandelt wurde, weil Konstantinopel die Rechtmäßigkeit der Wahl angezweifelt hatte. In der Sammlung dienen die päpstlichen Ansprüche im Illyricum als Beleg für die Rechtmäßigkeit der Wahl. Auch wenn die einzelnen Dokumente der Sammlung einer genauen Einordnung in den jeweiligen Kontext bedürfen, wird diese nicht insgesamt als eine Fälschung betrachtet, sie diente in ihrer Zusammenstellung aber der Durchsetzung der im 6. Jahrhundert erhobenen Ansprüche von Seiten Roms.171 Zu den Kompetenzen des vom Papst bestellten Vikars gehörten die Aufsicht über die Metropoliten von Illyrien, die Überwachung von Bischofsweihen und die Einberufung und Leitung von Konzilen im Einflussbereich der illyrischen Kirche, also über die Diözesen Macedonia und Dacia und damit über die Grenzen der zivilen Diözese hinaus. Außerdem kam dem Obermetropoliten des Illyricum die Aufgabe zu, Konfliktfälle zu prüfen und bei Bedarf mit den anderen Bischöfen der Provinz eine Lösung zu finden.172 Diese Rechte wurden allerdings nicht erst mit der Einrichtung des Vikariats geschaffen, vielmehr wurde damit der traditionelle Rang Thessalonikes im östlichen Illyricum formal bestätigt.173 Die Vorrangstellung war auch mit der Einrichtung des Vikariats nicht immer unumstritten, sondern war auf die Akzeptanz durch die anderen Bischöfe angewiesen. In einer solchen Gemengelage konnten auch regionale Rangstreitigkeiten in einer umstrittenen Region schnell zu einem Austragungsort der ohnehin bestehenden reichskirchlichen

169 Vgl.

Pietri, La géographie de l’Illyricum ecclesiastique.

170 Kötter,

Zwischen Kaisern und Aposteln, 163 (Anm. 2), weist auf den engen Zusammenhang zwischen Datierung und Einschätzung der rechtlichen Stellung des päpstlichen Vikars hin. Für die Datierung werden unterschiedliche Möglichkeiten diskutiert. Zur Einrichtung des Vikariats in der unübersichtlichen Lage zu Ende des 4. Jh.s bzw. nach 378 vgl. Greenslade, The Illyrian Churches, bes. 27 (plädiert selbst für eine frühe Datierung Ende des 4. Jh.s). Gegen eine Frühdatierung ins 4. Jh.: Macdonald, Who instituted the Papal Vicariate of Thessalonica?, für die Einrichtung ebd., 412. Für die Datierung ins frühe 5. Jh. auch Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln, 73 (Anm. 197); Rist, Das apostolische Vikariat von Thessaloniki, 653.

171 Vgl.

Kötter, Autonomie der illyrischen Kirche?, 164f., zur Diskussion dieser Sammlung. Zur Erörterung um die Echtheit, die wiederholt angezweifelt wurde, Friedrich, Über die Sammlung der Kirche von Thessalonich und das päpstliche Vicariat für Illyricum, 771–887; dagegen Schwartz, Die sog. Sammlung der Kirche von Thessalonich, 141–143; außerdem u. a. Honig, Beiträge zur Entwicklung des Kirchenrechts, 30–45; Streichhan, Die Anfänge des Vikariates von Thessalonich.

172 Erstmals

präzisiert im Sixtus-Brief an die Bischöfe der illyrischen Kirchenprovinzen vom 8. Juli 435: Coll. Thessal. 12. Außerdem Coll. Thessal. Nr. 50 = Silva-Tarouca 22,34–40, zur Bischofsweihe Leo epist. 6 (Coll. Thessal. Nr. 23 = Silva-Tarouca 67–69).

173 So

auch Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln, 73 (Anm. 197). Zur Bedeutung der Stadt in der apostolischen Tradition als Gründung des Paulus siehe Koester, Archäologie und Paulus in Thessalonike.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Hierarchiestreitigkeiten werden, wenn sich die unterschiedlichen Konfliktparteien mit ihren Anliegen an Rom und Konstantinopel wandten. An wen man sich wandte, war jedoch in hohem Maße von der religionspolitischen Ausrichtung abhängig.174 Eine solche Situation ergab sich zum Beispiel im Jahr 421, als Theodosius II. in einem Brief vom 14. Juli 421, adressiert an den Prätoriumspräfekten des Illyricum, sein Mitspracherecht in illyrischen Kirchenangelegenheiten einforderte. Vorausgegangen war dem Edikt eine missglückte Bischofswahl in Korinth.175 Zahlreiche Bischöfe wandten sich daraufhin mit der Bitte um Bestätigung ihrer Entscheidung an Rom. Eine Gruppe thessalischer Bischöfe dagegen artikulierte ihre Unzufriedenheit gegenüber Theodosius II., der daraufhin an den Prätoriumspräfekten schrieb.176 Die kirchenpolitische Zugehörigkeit der Region blieb auch in den folgenden Jahrzehnten weiter umstritten und wurde insbesondere während des Akakianischen Schismas (484 – 519), einem langwierigen Streit um die Rangstellung der Bischofssitze von Rom und Konstantinopel sowie der Anerkennung des Henotikon und der Frage nach seiner Vereinbarkeit mit den Beschlüssen von Chalkedon 451, aktualisiert.177 In den Ereignissen, die sich nur wenige Jahre, nachdem Pannonia secunda von den Goten eingenommen worden war, zutrugen, spiegeln sich die komplizierten religions- und kirchenpolitischen Verhältnisse der Region wider. In den 490er Jahren hatte sich der Bruch zwischen Ost- und Westkirche weiter vertieft. In der Folge widmeten beide Seiten dem Illyricum verstärkt Aufmerksamkeit. Die miaphysitisch178 orientierte Religions- und Kirchenpolitik des Anastasios ab der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts im 6. Jahrhundert stieß gerade im Balkanraum zum Teil auf erheblichen Widerstand.179 Bei dem geplanten Konzil in Herakleia (Perinthos/Marmara Ereğlisi) fanden diese Konflikte ihre Fortsetzung.180 Im Balkanraum gestalteten sich die Beziehungen zwischen Konstantinopel und Rom weiter kompliziert. Die Ansprüche von Seiten Roms wurden auch nach dem Zusammenbruch der

174 Kötter, 175 Zum

Autonomie der illyrischen Kirche?, bes. 167–173.

christlichen Korinth siehe Limberis, Ecclesiastical Ambiguities, 444.

176 Vgl. Kötter, Autonomie der illyrischen Kirche?, 179; Cod. Theod. 16,2,45; Bonifatius epist. 9–11. Dazu Millar,

A Greek Roman Empire, 53f.; ausführlicher Rist, Das apostolische Vikariat von Thessaloniki, 654–656; darin auch weitere Beispiele für die komplizierten Verhältnisse im Illyricum und die Bemühungen von Seiten Roms um die Aufrechterhaltung des Einflusses im Illyricum. Für die Entwicklung des Vikariats im 5. und 6. Jh. siehe u. a. Pietri, La géographie de l’Illyricum ecclesiastique; Pallas, L’édifice cultuel chrétien et la liturgie dans l’Illyricum Oriental, 62–76. Nach Millar wurde das Gesetz trotz seiner Rücknahme 438 in den Codex Theodosianus aufgenommen: Cod. Theod. 16,2,45. Millar folgt der Darstellung in der Collectio Thessalonicensis, ohne sich explizit mit der Quelle auseinanderzusetzen. Der von ihm benannte Umstand, dass das Gesetz 438 – obwohl es aufgehoben worden sei – in den Codex Theodosianus Eingang gefunden hätte, ließe sich erklären, wenn man die römischen Ansprüche und die Darstellungsabsicht des Sixtus in Rechnung stellt. So Kötter, Autonomie der illyrischen Kirche?, 179f.

177 Siehe

dazu oben Kap. 4.4.1. Zum Schisma Kötter, Zwischen Kaisern und Aposteln.

178 Siehe

oben Kap. 4.4.1.

179 Hormisd. epist. 1 p. 741f. [Thiel] = Coll. Avell. 109. Siehe dazu oben die Kap. 4.4.1 u. 4.4.2; Meier, Anastasios I.,

301.

180 Vgl.

Leppin, Justinian, 67f. Zum geplanten Konzil von Herakleia und den Zusammenhängen mit dem Aufstand Vitalians und der religionspolitischen Linie des Anastasios vgl. Meier, Anastasios I., 295–311, bes. 301–304.

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Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas (379 – 610 n. Chr.)

römischen Herrschaft im Westen aufrechterhalten, und dies, obwohl das Vikariat als Institution Mitte des 5. Jahrhunderts offenbar schnell an Bedeutung verloren hatte.181 Entscheidend zurückgedrängt wurde der römische Einflussbereich auf dem Balkan dann 535 unter Justinian im mittleren und nördlichen Teil des Illyricum mit der Einrichtung des Erzbistums Iustiniana Prima. Der Anspruch der neugegründeten Stadt182 spiegelte sich auch in der Architektur und der Größe der christlichen Bauten.183 Die Einflussmöglichkeiten des Bischofs von Thessalonike wurden damit erheblich eingeschränkt, zumal sein Territorium fast halbiert wurde und sich auf den vorwiegend griechischsprachigen Teil im Süden und Westen des Illyricum beschränkte.184 An den Grenzen des Reiches: Die kirchliche Organisation in Scythia minor

Eine mögliche weitere Besonderheit in der kirchenpolitischen Organisation stellten die Strukturen in Scythia minor auf der nordöstlichen Balkanhalbinsel zwischen Donau und Schwarzem Meer (heutige Dobrudscha) dar. In der Regel umfasste ein Bischofssitz das Territorium einer Stadt. Nach den Beschlüssen des Konzils von Nikaia 325 hatte jede Stadt ihren eigenen Bischofssitz mit dazugehörigem Territorium einzurichten.185 Für Scythia minor galt das offenbar nicht in dieser Form. Umstritten ist in der Forschung, ob Tomis (Constanţa) ab der Mitte des 5. Jahrhunderts der Bischofssitz war, der für die gesamte Provinz zuständig war. In der Stadt nahe der Grenze des Oströmischen Reichs residierten auch der Dux Scythiae (d. h. der militärische Statthalter) sowie weitere wichtige Verwaltungsbeamte, wie der Praeses provinciae (Zivilstatthalter). Entsprechung findet eine solche Deutung des Ranges und Zuständigkeitsbereichs von Tomis in den Quellen. So dokumentieren Sozomenos, Theodoret und ein im Codex Iustinianus überliefertes Gesetz aus dem Jahr 480 die Sonderstellung des Bischofs von Tomis, dem im Gegensatz zur sonst üblichen Regelung die Leitung der Städte in Scythia minor zukomme.186 Unter Anastasios wurde Tomis dann zum Metropolitensitz erhoben. Zurückgeführt wird die besondere Autorität des Bischofs von Tomis in der Regel auf die unsichere Lage in der Region, die wiederholt unter Plünderungen

181 Rist,

Das apostolische Vikariat von Thessaloniki, 660f., zu den Gründen. Außerdem Frazee, The Popes and the Balkan Churches.

182 Nov. 183 Zu

Iust. 11 (14.4.535).

Iustiniana Prima siehe Curta, The Making of the Slavs, 130–133; Snively, Iustiniana Prima.

184 Vgl.

Rist, Das apostolische Vikariat von Thessaloniki, 661.

185 Danach wurde festgelegt, dass bei jeder Stadtgründung ein neuer Bischofssitz einzurichten und ein Bischof zu wäh-

len sei. Für die Situation in den anderen Donau- und Balkanprovinzen siehe Poulter, The End of Scythia Minor; ders., The Lower Danubian Frontier in Late Antiquity; Migotti, Evidence for Christianity in Roman Southern Pannonia (Northern Croatia), 19–25; Ulbert, Die religiöse Architektur im östlichen Illyricum; Chevalier, Ecclesiae Dalmatiae, Bd. 2; Cod. Iust. 1,3,35.

186 Soz. (7,19,2) 6,21,3: „Zum Beispiel heißt es auch von Scythia (minor), daß es aus einem derartigen Grunde seinem

Glauben treu blieb. Diese Provinz hat viele Städte, Dörfer und Kastelle, ihre Metropole ist die reiche Großstadt Tomis, die von der Einfahrt aus auf der linken Seite an der Küste des Euxeinos genannten Meeres liegt. Bis heute herrscht dort der alte Brauch, daß es für die Kirchen der ganzen Provinz nur einen Bischof gibt.“ [Übers. Hansen]; Vgl. Theodor. 4,31; Cod. Iust. 1,3,35.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

und Verwüstungen durch gotische und hunnische Verbände zu leiden hatte. Hinweise auf solche Zusammenhänge liefert das unter Zenon erlassene Gesetz, das bestätigt, dass Tomis der Garant für die Stabilität in einer Region sei, die von „Barbaren“ bedroht werde und wirtschaftlich in einem desolaten Zustand sei.187 Sicher belegt ist die besondere Rolle und überregionale Bedeutung der Stadt.188 Umstritten ist aber, inwieweit die Formulierungen in den Schriftquellen bedeuten, dass Tomis damit tatsächlich der einzige Bischofssitz in Scythia minor war, zumal archäologisch zahlreiche Kirchen in der Region nachweisbar sind.189 Möglicherweise baute die Aufwertung des Bischofssitzes auf einer ohnehin schon existierenden Bedeutung als kirchliches Zentrum auf und reagierte auf mehrere Probleme: Erstens war die Lage politisch durch wiederkehrende Plünderungen und Überfälle instabil. Zweitens erlangten die innerchristlichen Streitigkeiten ab dem 4./5. Jahrhundert gerade bei der Nähe zu den Grenzen des Reichs in Scythia minor besondere Bedeutung. Die innerchristlichen Auseinandersetzungen mit den Homöern und die Missionierung auf beiden Seiten der unteren Donau dürften die Bedeutung von Tomis im 4. und 5. Jahrhundert zusätzlich gefördert haben.190 Drittens reagierte die Aufwertung ab der Mitte des 5. Jahrhunderts möglicherweise auf die Ansprüche Konstantinopels und damit auf die Möglichkeit für das Patriarchat Konstantinopel, seinen Einfluss auszuweiten.191 Wohl der Autorität des Bischofs von Tomis untergeordnet, kommen als weitere Bischofssitze in Scythia minor Kallatis (Mangalia), Tropaeum Traiani (Adamklissi),192 Histria und Axiopolis (Cernavodă) in Frage;193 die Liste kann auf der Grundlage des bisherigen archäologischen Befundes 187 Vgl.

Cod. Iust. 1,3,35; Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 271, zur Erhebung zum Metropolitensitz.

188 Vgl.

Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 29. Zur Bedeutung von Tomis innerhalb dieser Strukturen schreibt Ellis, Elusive Places, 250: „It is remarkable that, of all the signatories of these documents [d. h. Konzil von Chalcedon und Ephesos], the ecclesiastical representatives from Tomis in Scythia Minor were repeatedly the only ones to designate and thus emphasize their provincial space, demonstrating the extent to which they were identified with their province as well as with their city.“ Für eine Übersicht über die Bischöfe siehe auch Zugravu, Itineraria ecclesiastica in Scythia Minor. Diskutiert werden auch hier die genaue Ausgestaltung des besonderen Status’ sowie die Gründe für die Gewährung eines solchen Ranges. Dazu Chrysos, Zur Entstehung der Institution der autokephalen Erzbistümer, 263, 279f.; Siebigs, Kaiser Leo I., Bd. 1, 522; Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 29.

189 So

Pârvan, Epigraphic Contributions to the History of Daco-Roman Christianism; darauf aufbauend Ellis, Elusive Places, 249. Auf der Basis der Auswertung des literarischen und v. a. des archäologischen Befundes erscheinen die kirchlichen Strukturen dort in der gesamten Region tief verankert. Zu neueren Studien zum Christentum im Nordosten des Römischen Reichs siehe Oppermann, Das frühe Christentum an der Westküste des Schwarzen Meeres und im anschließenden Binnenland.

190 Zur

Unterstützung der Bedeutung von Tomis in den innerchristlichen Auseinandersetzungen gegen die Homöer vgl. Cod. Theod. 16,1,3,4. Dazu Magnou-Nortier, Le code Théodosien, 98f. (Anm 10).

191 Vgl.

Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 29.

192 Zum

Bauboom und der Bedeutung im frühen 6. Jh. Ellis, Elusive Places, 242–245.

193 Ellis

verweist darauf, dass sich ab dem frühen 6. Jh., insbesondere unter Anastasios, Justin I. und Justinian I., zusammen mit einem wirtschaftlichen Aufschwung zahlreiche neue Kirchenbauten in der Region und inschriftlich immerhin für Kallatis ein weiterer Bischof nachweisen lassen. Dazu Ellis, Elusive Places, 249. Außerdem Popescu,

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Südosteuropa von Theodosius I. bis Phokas (379 – 610 n. Chr.)

um Zalpada (Abrit), Capidava (Topalu), Argamum (Capul Dolojman), Beroe (Piatra Frecăței), Troesmis (Turcoaia), Halmyris (Murighiol), Aegissus (bei Tulcea) und Noviodunum (Isaccea) ergänzt werden.194

5.3 .3 R  egionale Entwicklungen: Siedlungsstrukturen in den Donau- und Balkanprovinzen Die Entwicklung des Lebens in den Donau- und Balkanprovinzen zwischen dem späten 4. und frühen 7. Jahrhundert hing erheblich davon ab, wie stark dieses von Kriegen, Plünderungen oder Naturkatastrophen betroffen war, und verlief regional z. T. sehr unterschiedlich. Grundsätzlich sind im Balkanraum aber bereits ab dem späten 5. Jahrhundert signifikante Veränderungen in den Siedlungsformen erkennbar – früher als in anderen Regionen des Oströmischen Reiches, forciert wohl vor allem durch die besonderen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Auswirkungen lassen sich an der Villenkultur beobachten, die im Balkanraum (allerdings nicht nur hier) seit dem Ende des 4. Jahrhunderts in Auflösung bzw. Umstrukturierung begriffen war. In das 5. und 6. Jahrhundert fällt eine Phase, in der Siedlungen – nach früheren Phasen im späten 2. Jh. und um 300 – erneut vermehrt befestigt bzw. in höhere Lagen (Höhensiedlungen) verlegt wurden,195 und Städte verloren ihren urbanen Charakter.196 Die sehr gut erforschten Städte Abrittus/Abritus (bei Razgrad, im nordöstlichen Bulgarien) in Moesia secunda und Nicopolis ad Istrum (in der Nähe des an der Jantra gelegenen Veliko Tărnovo, Bulgarien) in Moesia inferior liefern dafür zahlreiches archäologisches Material. Das spätantike Abrittus entstand nahe der antiken Siedlung auf einer Anhöhe und entwickelte sich zu einer der größten Städte der Provinz. Im frühen 4. Jahrhundert wurde die Verteidigung durch ein neu errichtetes Kastell verstärkt. Ab dem Ende des 4. Jahrhunderts entwickelte sich die Stadt zu einem Bischofssitz und war trotz wiederholter Zerstörungen – zwischen 367 – 378 und 447, das Kastell wurde 585 schwer in Mitleidenschaft gezogen und danach aufgegeben – bis ins 6. Jahrhundert ein wichtiges Handelszentrum und durch das Kastell für die Die kirchliche Organisation der Provinz Scythia Minor vom vierten bis ins sechste Jahrhundert – auch zu weiteren Überlegungen bezüglich der Bischofssitze und einer Übersicht über die Kirchenbauaktivitäten (mit Aktualisierungen in Ellis, Elusive Places, 248) in Scythia. 194 Vgl.

Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 175. Ein Ausblick auf die kirchlichen Strukturen aus der Mitte des 7. Jh.s – oder zumindest der Anspruch darauf, diese abzubilden – findet sich in der Liste der Bischofssitze des Patriarchats von Konstantinopel (einschließlich des Balkanraums) in der Notitia des Pseudo-Epiphanius. Zur Entstehungsgeschichte und Datierung vgl. Jankowiak, Notitia 1 and the Impact of Arab Invasions on Asia Minor; für eine Übersicht siehe die online-Datenbank ToposText: .

195 Siehe

oben Kap. 4.4.3.

196 Zum

Ende der Villenkultur in ihrer bekannten Form seit dem 4. Jh. siehe etwa die Beiträge in Bowden (Hg.), Recent Research on the Late Antique Countryside; Mulvin, Late Roman Villas in the Danube-Balkan Region. Für Städte vgl. Lavan, Recent Research in Late Antique Urbanism; Dunn, The Transition from Polis to Kastron in the Balkans (III – VII cc.); Brogiolo/Ward-Perkins (Hgg.), The Idea and Ideal of the Town between Late Antiquity and the Early Middle Ages; Kirilov, The Reduction of the Fortified City Area in Late Antiquity. Betont wurde in der Forschung zuletzt, dass ein solcher Befund nicht zwingend gleichbedeutend mit einem Niedergang sein muss.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Sicherung der Grenze und der Verbindungen nach Odessos, Marcianopolis und Sexaginta Prista militärisch bedeutend. In einer fruchtbaren Region gelegen, diente die Stadt der Versorgung des Heeres am nahegelegenen Donaulimes. Unter Justinian I. wurden die Verteidigungsanlagen nochmals erneuert, die Stadt verlor aber ab dem Ende des 6. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung und wurde aufgegeben.197 Das 30 km von der Donau entfernte, in einer Ebene am Nordufer der Rosica (nahe der Jantra, einem Nebenfluss der Donau) gelegene Nicopolis ad Istrum befand sich an der Kreuzung der Straße, die von Odessos (Varna) in den Westen führte, mit der Verbindung, die von Novae über das Balkangebirge nach Konstantinopel und weiter in den Osten verlief. Auch hier wurden die Befestigungen im späten 3./frühen 4. Jahrhundert verstärkt. Im 5. und 6. Jahrhundert wurde die Stadt um einen stark befestigten Teil im Südosten erweitert. Nach der Zerstörung gaben die Einwohner die Stadt auf und wanderten bis ins 7. Jahrhundert in das nahegelegene und durch eine tief eingeschnittene Schlucht schwerer zugängliche Veliko Tărnovo ab.198 Nachvollziehen lassen sich die Entwicklungen im Balkanraum auch an der Stadt Tomis sowie an der Geschichte der illyrischen Städte Sirmium (Sremska Mitrovica) und Iustiniana Prima (Caričin Grad). Scythia minor, bes. Tomis 199

Tomis (Constanţa) übernahm nicht nur in der Organisation der Kirche in Scythia minor eine zentrale Rolle, sondern als Sitz des Dux Scythiae und weiterer hochrangiger Verwaltungsbeamten auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht.200 Für das städtische Leben wird im 4. Jahrhundert eine verstärkte Präsenz des Christentums auch hier zwar angenommen. Baulich lässt sich ein konkreter Ausdruck im Stadtbild für das 4. Jahrhundert aber kaum nachweisen. Damit stellt Tomis in dieser Zeit keineswegs eine Ausnahme dar.201 Da sich Valens und Theodosius I. wegen der politisch instabilen Situation im 4. Jahrhundert längere Zeit in Scythia aufhielten, wird die gezielte Förderung christlicher Bauten gerade für jene Phase angenommen. Literarische Quellen (Sozomenos und Zosimos) belegen für das Ende des 4. Jahrhunderts zwei, eventuell drei Kirchen. Von wem diese genutzt wurden, ist nicht sicher; dokumentiert sind aber – ohne dass ein konkreter Bezug zu

197 Hoddinott,

Bulgaria in Antiquity; Velkov, s. v. Art. Abritus; Radoslavova, Abritus; Carrié/Moreau, L’agglomération romaine d’Abritus.

198 Poulter,

Nicopolis ad Istrum. A Roman, Late Roman and Early Byzantine City; Ivanov, Nicopolis ad Istrum; Whittow, Nicopolis ad Istrum.

199 Madgearu,

The Province of Scythia and the Avaro-Slavic Invasions; ders., The Downfall of the Lower Danubian Late Roman Frontier; Poulter, The End of Scythia Minor; Scorpan, Limes Scythiae; Madgearu, The End of Town-Life in Scythia Minor; Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor; Popescu, Das Frühchristentum in Rumänien; Zahariade, Scythia Minor.

200 Hervorgehoben

sei, dass das in Scythia minor nicht ausschließlich für Tomis galt, sondern beispielsweise auch Axiopolis ein wichtiges Handels- und Verteidigungszentrum und damit einen der strategisch wichtigsten Orte der Provinz darstellte. Zumindest Ende des 6. Jh.s ist für die Stadt zudem ein Bischofssitz nachweisbar. Dazu Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 62f.

201 Vgl.

u. a. Brands, Die spätantike Stadt und ihre Christianisierung, 9–24; Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 68 speziell zu Tomis, ohne Einordnung in reichsweite Phänomene, aber im Vergleich zu anderen Städten in Scythia minor.

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einzelnen Kirchen sicher herstellbar wäre – ganz verschiedene Gruppen, darunter Homöer, Goten oder foederati.202 Dass für die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts keine archäologischen Funde vorliegen, wird oft mit Plünderungen und Überfällen durch hunnische Verbände in Verbindung gebracht, zumal diese Erklärung durch die zentrale Rolle, welche die Hunnen in den Darstellungen spätantiker Autoren allgemein spielen, nahegelegt wird. Inwiefern solche Erklärungsmuster tatsächlich für die Situation nutzbar sind, bleibt aber jeweils im Einzelfall zu prüfen. Gut dokumentiert ist in den literarischen Quellen die zunehmende Bedeutung des Bischofs für das städtische Leben auch in Tomis – wie insgesamt für Städte an der mittleren und unteren Donau. Für Tomis lässt sich dies anhand des ältesten archäologisch nachweisbaren Sakralbaus aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts auch archäologisch durch die zentrale Lage innerhalb der Stadt und die architektonische Gestaltung nachvollziehen.203 Zugleich lässt sich die Monumentalität der Anlage durchaus als ein Zeichen für wirtschaftlichen Wohlstand deuten. Diesen Eindruck bestätigen auch weitere Kirchenbauten in Form von Neubauten und Erweiterungen schon existierender Kirchen, die dann ab dem Ende des 5. Jahrhunderts, vor allem aber in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts, in das Stadtgebiet eingegliedert wurden und in zunehmender Dichte das Stadtbild von Tomis prägten. Dass dafür bewusst traditionelle Bauten zerstört wurden, lässt sich nicht nachweisen.204 Die vielen Kirchen mit Krypten, die ab dem Ende des 5. Jahrhunderts neu entstanden, sowie Memorial- und Votivinschriften und die zunehmende Präsenz von Reliquien verweisen auf neue, intensivierte Formen von Frömmigkeit im städtischen Raum.205 Diskutiert wird jedoch noch, wie solche Veränderungen, die sich für Scythia minor in Tomis gut nachvollziehen lassen, genau einzuordnen sind. Gerade im Zusammenhang mit veränderten Formen von Frömmigkeit werden diese oft als Reaktion auf die ständig präsente Bedrohung durch Plünderungen, Belagerungen, Kriege und Naturkatastrophen gesehen. In diesen Kontext wird auch der Ausbau der Versorgungsund Verteidigungsanlagen gestellt, auf den sich – wenn auch nicht ausschließlich – die kaiserliche Baupolitik in Tomis, wie auch in vielen anderen Städten im Donau- und Balkanraum im 5. und 6. Jahrhundert, verstärkt verlagerte. Für Tomis ist insbesondere die Stadtmauer zu nennen, die wohl

202 Vgl.

Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 70f.

203 Vgl. ebd., 71. Im Falle von Scythia beispielsweise auch dokumentiert und archäologisch erschlossen für Histria und

Tropaeum (Madgearu, The End of Town-Life in Scythia Minor, 211).

204 Für Tomis

ist bisher nur bekannt, dass im 6. Jh. das Amphitheater abgetragen wurde; Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 63–65. Zur Verortung der einzelnen bisher bekannten Kirchenbauten im Stadtgebiet siehe ebd., 71. Demnach ist davon auszugehen, dass es im spätantiken Tomis deutlich mehr Kirchen gegeben hat, als sie archäologisch nachweisbar sind, zumal es keine großflächigen Grabungen gibt und die mögliche Nutzung von Häusern als Kirchen eine Identifikation als solche erschweren.

205 Angenommen

wird die Verehrung (unter anderem) des Hl. Georg, insbesondere auch wegen der Stationierung militärischer Einheiten, des Hl. Menas (in Scythia sonst nur noch für Capidava bekannt) sowie lokaler Märtyrer. Es erscheint allerdings auf der Grundlage des archäologischen Befundes kaum möglich, die Kirchen bestimmten Gruppen, die für Scythia minor und auch für Tomis z. T. bekannt sind, genauer zuzuordnen. Dazu Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 65–68.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

unter Anastasios und Justinian I. massiv verstärkt wurde. Auffällig ist dabei die religiöse Aufladung auch solcher eigentlich funktionaler Bauten, die auch in Tomis erkennbar ist.206 Diskutieren lässt sich auch, ob es sich bei den skizzierten Entwicklungen in jedem Fall um Reaktionen auf Krisenphänomene handelte oder ob sich die Entwicklungen in weiterem Sinne als Transformationsprozess charakterisieren lassen.207 Für Tomis, wie auch für andere Städte in Scythia minor wie Kallatis (Mangalia), Histria, Tropaeum Traiani (Adamklissi), Troesmis (Turcoaia), lassen sich die Veränderungen im städtischen Leben ebenso deutlich erkennen. Die rege Bauaktivität, die in Scythia minor vor allem in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts einsetzte, wird in der Regel als Indiz für die wiederhergestellte wirtschaftliche Prosperität und ein verändertes, aber funktionierendes städtisches Leben gedeutet.208 Trotzdem sind aber solche Entwicklungen, die in Scythia minor keineswegs auf Tomis beschränkt waren, wohl immer einzuordnen in einen zum Teil gravierend veränderten Charakter städtischen Lebens. Forciert wurden diese Veränderungen durch Einfälle von slawischen und awarischen Verbänden ab 576. Sie beschleunigten sich noch einmal durch die politisch instabile Situation (Usurpation 602) in der Region und eine große Welle von Einfällen dann ab 614. Im Kontext dieser einschneidenden Veränderungen bewahrte in Scythia minor am Donaulimes nur Durostorum im 7. Jahrhundert seinen städtischen Charakter. Auch durchaus prosperierende Städte wie Tomis und Kallatis, die nicht unmittelbar an der Reichsgrenze lagen, waren von dieser Entwicklung betroffen und verloren ab dem Ende des 6. Jahrhunderts weitgehend ihren urbanen Charakter, wurden im Zuge awarischer und slawischer Einfälle Ende des 6. Jahrhunderts zerstört, aber damals noch nicht alle aufgegeben.209 Einige Festungen (Dinogetia, Capidava, Sacidava) wurden Anfang des 7. Jahrhunderts durch Brände zerstört, möglicherweise im Kontext der Usurpation des Phokas.210

206 Die

sogenannte Große und die Kleine Basilika waren in die Mauer eingebunden und besaßen Ziegelbrennereien, waren also für die Organisation des Aufbaus der Verteidigungsanlage von Bedeutung, außerdem finden sich dort Inschriften, auf denen göttlicher Schutz für die erneuerte Stadt angerufen wurde, wie sie auch für andere Städte in der Balkanregion bekannt sind; ebd., 66–68. Zur Stadtmauer auch Popescu, Die spätgriechischen Inschriften aus Klein-Skythien, 170; für Belege zu Philippopolis siehe insgesamt Hoddinott, Bulgaria in Antiquity, 291; Velkov, Cities in Thrace and Dacia in Late Antiquity, 153.

207 Für

Scythia z. B. Poulter, The End of Scythia Minor; Scorpan, Limes Scythiae. Dagegen im Anschluss an aktuelle Tendenzen, Entwicklungen der Spätantike als Transformationsprozess zu beschreiben, Madgearu, The Province of Scythia and the Avaro-Slavic Invasions; ders., The Downfall of the Lower Danubian Late Roman Frontier; ders., The End of Town-Life in Scythia Minor; Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor.

208 Vgl.

Curta, The Making of the Slavs, 124–126. Zur Deutung Born, Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor, 62, 69.

209 Eine

Liste zerstörter Städte findet sich bei Theophylakt Simokates (1,8,10 [de Boor/Wirth], 54); Theophan. chron. a.m. 6079 p. I 257 [de Boor]. Dazu Lemerle, Invasions et migrations dans le Balkans.

210 Vgl.

Poulter, The End of Scythia Minor, 204; Madgearu, The End of Town-Life in Scythia Minor, 208, 213f. „Ruralization began in the last two decades of the 6th century and continued through the first two decades of the next. One of its final results was to wipe out the differences between the territory of the South-Danubian provinces and the barbarian North-Danubian area.“ (Zitat: 214).

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Sirmium 211

Sirmium, das wegen seiner strategisch günstigen Lage – an der Save bzw. an der Straße, die von Italien über Singidunum (Belgrad) in die östlichen Provinzen führte, und zugleich in direkter Verbindung zur Donaugrenze –212 zu einem wichtigen strategischen und wirtschaftlichen Standort ausgebaut wurde, prosperierte insbesondere im 4. Jahrhundert. Ihrer politischen Bedeutung als ehemalige kaiserliche Residenz (phasenweise bereits seit der Mitte des 3. Jh.s, besonders dann aber von diokletianischer bis in konstantinische Zeit) entsprechend erlebte sie die Phase intensivster Bautätigkeit in den ersten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts insbesondere mit der Ausweitung der Stadtgrenze und dem Ausbau des Palastviertels durch den Anbau des monumentalen Hippodroms. Die Bedeutung der Stadt ergab sich bis zum Ende des 4. Jahrhunderts im Wesentlichen aus ihrer Rolle als Verwaltungsstandort in Pannonien. Die Stadt war Sitz der Prätoriumspräfektur Illyricum, bis diese 441 nach Thessalonike verlegt wurde, und der pannonischen Diözese. Außerdem war sie Aufenthaltsort der Kaiser, die dort seit Diokletian regelmäßig residierten;213 Theodosius I. wurde 379 in Sirmium zum Kaiser gekrönt. Im Illyricum war die Stadt neben Salona, der Hauptstadt der Provinz Dalmatia und Metropolitansitz, Aquileia (Hauptstadt von Venetia et Histria) und Serdica (Diözese Dacia, Metropolitansitz)214 ein wichtiger Bischofssitz in der Region.215 Ihre Autorität, die ihr auch den Vorrang gegenüber Salona sicherte, beruhte auf den zahlreichen Märtyrern, die insbesondere für die Christenverfolgungen 303/304 dokumentiert sind.216 Dazu zählte eventuell auch jener Demetrios, der im griechischen Raum als einer der wichtigsten Märtyrer verehrt wurde, was beispielsweise für Thessalonike ab dem 5. und intensiviert ab dem 6. Jahrhundert nachweisbar

211 Dazu

Popović, Sirmium (Sremska Mitrovica); Bratož, Die Geschichte des frühen Christentums im Gebiet zwischen Sirmium und Aquileia; Mirković, Kontinuität und Diskontinuität bei der Entwicklung der Stadt Sirmium; spezieller Popović, Typology and Decoration of Roman Houses in Sirmium; ders./Ochsenschlager, Der spätkaiserzeitliche Hippodrom in Sirmium; Popović, Sirmium: Imperial Residence, Pannonian Metropolis and Christian „Head of Illyricum“.

212 Dazu

Popović, Sirmium (Sremska Mitrovica), 18f.

213 Für

Sirmium siehe oben Anm. 6. Darüber hinaus zu weiteren Bauwerken des 4. Jh.s ebd., 22–28. Zum Hippodrom, der bisher nur teilweise durch Grabungen lediglich zwischen 1969 und 1971 erforscht wurde Popović/ Ochsenschlager, Der spätkaiserzeitliche Hippodrom in Sirmium.

214 Zu

Serdica Curta, The Making of the Slavs, 129f.

215 Der

Vorrang Sirmiums in Pannonien ist schon relativ früh, ab der ersten Hälfte des 4. Jh.s., dokumentiert, allerdings noch nicht in der Bezeichnung als Metropolitansitz. Zur Entwicklung nach der Eroberung durch die Hunnen Bratož, Die Geschichte des frühen Christentums im Gebiet zwischen Sirmium und Aquileia, 539–542. Zum Kontext siehe Pillinger (Hg.), Neue Forschungen zum frühen Christentum in den Balkanländern.

216 Für

Aquileia sind nach Rajko Bratož elf Märtyrer namentlich zu bestimmen, für Salona neun (und evtl. zwölf weitere), für Sirmium dagegen sind es mindestens 24: Bratož, Die Geschichte des frühen Christentums im Gebiet zwischen Sirmium und Aquileia, 511, 512 für Märtyrer weiterer, auch kleinerer Städte in der Region – tendenziell sind die meisten Märtyrer jedoch in den größeren Städten nachweisbar. Darüber hinaus siehe auch ders., The Development of Early Christian Research in Slovenia and Istria between 1976 and 1986, 2345–2388, 2382–2388; Popović, Die süddanubischen Provinzen in der Spätantike. Zur Identifikation durch archäologische Forschungen Bratož, Die Geschichte des frühen Christentums im Gebiet zwischen Sirmium und Aquileia, 515–517. Sicher belegt sind für Sirmium Irinaeus und Synerotes, deren Verehrung in Sirmium durch Kirchen belegt ist, außerdem Anastasia, Hermagoras/Hermogenes; vgl. Popović, Sirmium (Sremska Mitrovica), 20.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

ist – auch wenn nicht sicher ist, ob es sich dabei wirklich um denselben Demetrios handelt.217 Darüber hinaus kam Sirmium im Zuge innerchristlicher Auseinandersetzungen im 4. Jahrhundert eine wichtige Rolle zu. Für das Illyricum sind homöische Bischöfe belegt, unter anderem auch Bischöfe aus Sirmium, daher wurden in der Mitte des 4. Jahrhunderts mehrere Konzilien in der Stadt abgehalten. Die Auseinandersetzungen hatten sich an der Frage entzündet, in welchem Verhältnis Gottvater zu Christus stehe. Der sogenannte trinitarische Streit, ausgehend von den Überlegungen des Presbyters Arius in Alexandria, entfachte im 4. Jahrhundert innerchristliche Auseinandersetzungen immer wieder, vor allem in der Zeit zwischen Konstantin und Theodosius I. Über die Missionierung im germanischen Raum und die Annahme des Christentums arianischer Prägung überdauerten die Auseinandersetzungen aber das 4. Jahrhundert. Das Grundproblem führte schnell dazu, dass weitere Detailprobleme verhandelt wurden, über die das Christentum weiter in unterschiedlichste, zum Teil erbittert verfeindete Gruppierungen zersplitterte. Die homöische Position wird in den Jahren nach dem Konzil von Nikaia als eigenständige Position erkennbar, die von Constantius II. und kurz darauf Valens von kaiserlicher Seite explizit gefördert wurde.218 Auch in Sirmium spiegelten sich die innerchristlichen Konfliktlinien des 4. Jahrhunderts. Die dokumentierten Konflikte waren auch hier weit komplizierter, als es die zeitgenössische Zuspitzung innerchristlicher Konflikte auf die Polarisierung zwischen „orthodox“ und „häretisch“ zuließe. Dazu kam, dass die Konflikte immer auch ein Ergebnis der wechselnden Unterstützung der einzelnen Gruppen durch die Kaiser waren. So konnte sich Photinos, seit 343 Bischof in Sirmium, trotz seiner Schriften,219 die auf mehreren Konzilien als häretisch eingestuft wurden, lange als Bischof halten, bis er 351 von einem weiteren in Sirmium abgehaltenen Konzil schließlich verbannt wurde. Im Jahr 361 wurde er unter Julian rehabilitiert und erneut als Bischof in Sirmium eingesetzt, wohl um die innerchristlichen Konflikte zu forcieren. Nur drei Jahre später wurde Photinos unter Julians Nachfolger Valens aber schon wieder abgesetzt und endgültig verbannt.220 Trotzdem wurden die Grundideen seiner Lehre auch in den Jahrzehnten danach immer wieder aufgegriffen.221 Durch die Ansiedlung von 217 Zur

Verehrung des Hl. Demetrius in Thessalonike siehe oben Anm. 168–171; außerdem zur schwierigen Rekonstruktion einer möglicher Reliquientranslation von Sirmium nach Thessalonike Bauer, Eine Stadt und ihr Patron, 36.

218 Brennecke,

Augustin und der „Arianismus“, 178; Hauschild/Drecoll (Hgg.), Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, 90.

219 Darin

ging es ebenfalls um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Gott und Jesus. Mit seiner Antwort auf diese Frage wich Photinos allerdings recht weit von den zeitgenössischen Diskussionen ab, wenn er Jesus nicht als göttliches Wesen, sondern als Mensch verstand, der von Gott zu seinem Sohn erhöht worden sei. Dazu Williams, Monarchianism and Photinus of Sirmium.

220 Mirković,

Kontinuität und Diskontinuität bei der Entwicklung der Stadt Sirmium, bes. 87–89. Zu Unruhen unter Constantius II. in Sirmium siehe Altercatio Heracliani laici cum Germinio episcopo Sirmiensi, PL Suppl. I, acc. A. Hermann, Paris 1958, col. 347. Zu der andauernden Zersplitterung Ende des 4. Jh.s und der Einmischung des Ambrosius in die Kirchenstreitigkeiten McLynn, Ambrose of Milan, 88–99. Zu den theologischen Inhalten Bratož, Die Geschichte des frühen Christentums im Gebiet zwischen Sirmium und Aquileia, 520–531. Nach der Zerstörung Sirmiums flüchteten sich viele Einwohner nach Salona, dessen Kirche auch dadurch aufgewertet wurde (vgl. ebd., 523, 529f., 540f.).

221 Zur

Gleichsetzung von Bonosianern mit den Anhängern der Lehre des Photinos siehe Schäferdiek, Bonosus von Naissus, Bonosus von Serdika und die Bonosianer.

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Goten in Pannonien und die geographische Nähe zum Ostgotenreich waren in Sirmium trotz des Beschlusses auf dem Konzil von Konstantinopel und der kaiserlichen Politik ab Theodosius I. auch über das 4. Jahrhundert hinaus homöische Einflüsse sichtbar.222 Die Bedeutung Sirmiums für das Illyricum zeigt sich nicht allein daran, sondern wurde auch auf den Konzilien von Nikaia (325) und Aquileia (381) besonders hervorgehoben.223 Archäologisch sind in Sirmium allerdings nur zwei den Hl. Irinaeus und Synerotes geweihte Kirchen, ein Martyrium mit Kapelle sowie die Stadtkirche, die wahrscheinlich dem Hl. Demetrios geweiht war, nachgewiesen. Letztere wurde auf den Überresten eines Vorgängerbaus Anfang des 5. Jahrhunderts errichtet, schon kurz darauf aber zerstört.224 Die Geschichte Sirmiums im 5. und 6. Jahrhundert war wechselvoll, geprägt immer wieder von Plünderungen, Belagerungen durch Goten und Gepiden und der Aufgabe der römischen Herrschaft in Pannonien. Obwohl die Stadt entsprechend umkämpft war, erhielt Konstantinopel noch im 6. Jahrhundert die Ansprüche auf die Stadt aufrecht – vor allem wohl wegen ihrer symbolischen Bedeutung als ehemalige Kaiserresidenz und durch die Lage unmittelbar an der Reichsgrenze. Die wechselvolle Geschichte spiegelt sich auch im archäologischen Befund. Siedlungsspuren sind im südlichen Teil der Stadt archäologisch nachweisbar. Die Stadt zerfiel mit der Zeit immer mehr in kleinere Siedlungen, eine Entwicklung, die sich auch für andere Städte im Balkanraum beobachten lässt.225 Die kurze Phase, für die die römische Herrschaft unter Justin II. (567 – 582) wieder hergestellt wurde, ändert an diesem Befund nichts, zumal die Stadt kurz danach nach dreijähriger Belagerung im Jahr 582 den Awaren überlassen und ein Jahr später durch einen Großbrand völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde.226 Einige wenige Funde stellen das Bild eines stetigen Niedergangsprozesses städtischen Lebens zumindest in seiner Eindeutigkeit in Frage. So werden zwei wertvolle, in das späte 6./frühe 7. Jahrhundert datierte Gürtelschnallen mit aller Vorsicht zumindest als Hinweis auf materiellen Wohlstand gesehen, auch wenn die Funde bisher für Sirmium Ausnahmen geblieben sind und auch die systematische archäologische Erschließung für den Zeitraum bisher noch aussteht.227

222 Deliyannis,

Ravenna in Late Antiquity, 140; für eine Diskussion der Differenzierung zwischen orthodox und homöisch am Beispiel der Kirchen im ostgotischen Ravenna ebd., 139–200.

223 Sirmium als caput

Illyrici (Gesta Conc. Aquil. act. 16, 335, p. 184.). Zur Bedeutung Sirmiums bzw. seiner Bischöfe in theologischer Hinsicht und deren z. T. auch dokumentierter reichsweiter Vernetzung, z. B. Hesychius (Bischof von Salona 406–426) im Briefkontakt mit Papst Zosimus, Augustinus, Johannes Chrysostomus, außerdem Hieronymus, dessen Herkunft in Dalmatia, Histria bzw. Pannonia lokalisiert wird (Bratož, Die Geschichte des frühen Christentums im Gebiet zwischen Sirmium und Aquileia, 531–536).

224 Popović,

Sirmium (Sremska Mitrovica), 29.

225 Dazu

ebd., 29f.; Popović, Desintegration und Ruralisation der Stadt im Ost-Illyricum, 550–554; Curta, The Making of the Slavs, 133f.

226 Griechische Inschrift, in Ziegelstein eingeritzt: K(ύρι)ε. Βοήτι τῆσ πόλεος κὲ ῥύξον τὸν Ἄβαριν κὲ πύλαξον τὴν Ῥωμανίαν

κὲ τὸν γράψαντα. Ἀμήν. „Herr (sc. Jesus Christus)! Hilf der Stadt, weise die Awaren zurück und behüte das Land der Römer (Romania) und denjenigen, der dies geschrieben hat. Amen.“ SEG 39, 1096.

227 Vgl.

Popović, Sirmium (Sremska Mitrovica), 31.

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Teil I: 5. Strukturen des römischen und spätantiken Südosteuropa

Iustiniana Prima 228

Seit Anastasios I. lassen sich umfangreiche Bemühungen zur militärischen Sicherung des Balkanraums greifen, die unter Justinian I. fortgesetzt wurden. Die im 6. Jh., wohl kurz vor 535, neu gegründete Stadt Iustiniana Prima (Caričin Grad)229 war Teil der Verteidigungsstrategie auf dem Balkan und explizit als neuer Sitz der Prätoriumspräfektur Illyricum geplant, um die Verwaltung der Region neu zu organisieren und die große Entfernung zwischen Macedonia prima und Pannonien mit der Verlegung des Verwaltungszentrums weiter nach Norden zu überbrücken. Als Hauptstadt eines Erzbistums geplant, war sie mit der Rechtsprechung über mehrere Diözesen beauftragt.230 Weil in Novelle 11 der Schwerpunkt auf der Unabhängigkeit des Bischofs von Iustiniana Prima gegenüber Thessalonike hervorgehoben wird, wird die Neugründung auch als Konkurrenz für die Stellung Thessalonikes auf dem Balkan gedeutet.231 Umgesetzt wurden solche Pläne aber nicht oder nur bedingt, da zumindest der Praefectus praetorio per Illyricum weiter in Thessalonike blieb und der Statthalter von Dacia mediterranea in Serdica (Sofia). Der Ort war daher in erster Linie ein kirchliches Zentrum und eine Garnisonsstadt,232 die allerdings nach dem Tod Justinians I. schnell wieder an Bedeutung verlor und für die eine Siedlungskontinuität – wie für viele andere Städte auf dem Balkan – nur bis ins späte 6./frühe 7. Jahrhundert nachweisbar ist.233 Der urbane Kern, der zwischen den 20er/30er und 70er Jahren des 6. Jahrhunderts234 entstand, gliedert sich in drei Gebiete: die Akropolis, die obere und die untere Stadt, wozu auch Vorstadt, 228 Siehe

Snively, Iustiniana Prima; Bavant/Ivanišević, Iustiniana Prima (Caričin Grad); Bavant, Caričin Grad and the Changes in the Nature of Urbanism.

229 Die

Identifizierung von Iustiniana Prima mit Caričin Grad bleibt hypothetisch, weil sie inschriftlich bisher nicht bestätigt wurde; sie gilt aber als sehr wahrscheinlich. Erstens passt die Lage Caričin Grads zu den Angaben, die Prokop und die Novellen Justinians zu Iustiniana Prima liefern. Zweitens ist die Siedlung eine der wenigen, die im 6. Jh. auf dem Balkan überhaupt neu gegründet wurden. Zudem liegt sie drittens an keiner wichtigen Verkehrsverbindung, was nur eine geplante Gründung zu Ehren des in der Nähe geborenen Justinian plausibel erscheinen lässt. Dazu Bavant/Ivanišević, Iustiniana Prima, 108f.

230 Nov.

Iust. 11. Dazu Snively, Iustiniana Prima, 640.

231 Nov.

Iust. 11. Snively, Iustiniana Prima, 643.

232 „It

is not without interest that when describing Justiniana Prima, though referring to administrative buildings, Procopius mentioned no civic administration, and no structures of that sort have been found.“ (Curta, The Making of the Slavs, 131). Prok. aed. 6,1.

233 Bavant/Ivanišević, Iustiniana Prima, 108f.; Curta,The Making of the Slavs, 130. In der Novelle 131 aus dem Jahr

545 wird entsprechend nur noch die Bedeutung der Stadt für die kirchliche Verwaltung betont. Die Verlegung der Präfektur wird vor allem auf Basis der Einrichtung eines neuen Erzbistums angenommen; ein Überblick dazu bei Snively, Iustiniana Prima, 642f. Vorgeschlagen wurde auch, dass Iustiniana Prima nach 545 Ulpiana – nach seiner Zerstörung durch ein Erdbeben 518 unter Justinian wiederaufgebaut und in Iustiniana Secunda umbenannt (bevor die Stadt im späten 6./frühen 7. Jh. zerstört und verlassen wurde) – als Hauptstadt von Dardania ablöste – auch um eine Rivalität zwischen den Bischofssitzen Serdica und Iustiniana Prima zu vermeiden (Curta, The Making of the Slavs, 130). Ebenso wie eine sichere Lokalisierung auf Grundlage der wenigen literarischen Quellen nicht möglich ist, gilt das auch für eine Rekonstruktion der kirchlichen Verwaltung des Illyricum, die in den Quellen nur in Ansätzen erkennbar ist. Zu einem Überblick über die (literarischen) Quellen siehe auch Snively, Iustiniana Prima, 639.

234 Zu

den Bauphasen vgl. Curta, The Making of the Slavs, 132. Es ist umstritten, ob die verschiedenen Bauphasen, die sich erkennen lassen, gleichzeitig auch eine stadtplanerische Änderung bedeuteten. Darüber hinaus wird die

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Verteidigungsanlagen und die Bauten in der unmittelbaren Umgebung gezählt werden.235 Der angedachten Funktion und der Entstehungszeit entsprechend fehlen in der Stadtplanung öffentliche Bauten wie Tempel, Theater, Amphitheater oder Hippodrom. Das Stadtbild dominieren vor allem Kirchenbauten. Als Neugründung im 6. Jahrhundert überlagerten die Bauten auch keine ältere pagane Bausubstanz. Zudem war die Stadt mit keiner christlichen Vergangenheit verbunden, da die Kirchen offenbar nicht an Stätten christlicher Martyrien erinnerten und auch nicht über Märtyrer- oder Heiligengräbern errichtet wurden. Angenommen wird daher, dass sich die Bedeutung der Stadt in erster Linie aus ihrer angedachten Funktion als Verwaltungszentrum und ihrer Bedeutung als Geburtsort des Kaisers speiste. Die acht Kirchen der Stadt, die bei Ausgrabungen seit 1912 freigelegt worden sind, unterscheiden sich in Grundriss und Aufbau alle voneinander, gehen aber wohl von Vorbildern in Konstantinopel und Thessalonike aus.236 Trotz der ambitionierten Stadtplanung teilte Iustiniana Prima aber das Schicksal vieler anderer Städte und Siedlungen ab den letzten Jahrzehnten des 6. Jahrhunderts; auch hier ging der urbane Charakter verloren, und die Stadt zerfiel in kleinere Siedlungseinheiten.237

dritte Bauphase auch als slawische Siedlung nach den Einfällen im 6. und frühen 7. Jh. gedeutet, wofür sich aber – zumindest auf Grundlage des archäologischen Befundes – keine Belege finden lassen (in diesem Sinne Curta, The Making of the Slavs, 132f.; Bavant, La ville dans le nord de l’Illyricum, 282–285). 235 Innerhalb

der Oberstadt stellte die Akropolis mit einer eigenen Stadtmauer einen in sich abgeschlossenen Bereich dar. Dort befanden sich die Bischofskirche, zu der auch das einzige, dafür aber monumentale Baptisterium der Stadt gehörte, sowie weitere Gebäude, die als Empfangssaal und Verwaltungszwecken dienten; dazu der Überblick bei Bavant/Ivanišević, Iustiniana Prima, 112–117. Auch der Rest der Oberstadt, entstanden ab 535, wurde von Kirchenbauten dominiert. Darüber hinaus wird dort als Teil eines größeren Gebäudekomplexes, der zum Teil direkt mit der Stadtmauer verbunden war, das Stabsgebäude (principia) verortet; dazu die Diskussion in ebd., 121f. Daneben sind dort eine villa urbana sowie zahlreiche Läden, Häuser und Gebäude gefunden worden, die Rückschlüsse auf das öffentliche und wirtschaftliche Leben der Stadt zulassen (Curta, The Making of the Slavs, 131). Auch in der unteren Stadt, wohl ab 550 entstanden, finden sich ebenfalls zahlreiche Kirchen. Die Mauern, die Teil einer umfangreichen Befestigung waren, sind in den letzten Jahren archäologisch gut untersucht worden (Bavant/ Ivanišević, Iustiniana Prima, 122–127).

236 Vgl.

Curta, The Making of the Slavs, 131.

237 Vgl.

ebd., 133; Poulter, The Use and Abuse of Urbanism in the Danubian Provinces, 125.

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BIBLIOGRAPHIE ZU TEIL I: ABGEKÜRZT ZITIERTE QUELLEN – QUELLENAUSGABEN – FORSCHUNGSLITERATUR

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS: ANTIKE AUTOREN UND WERKE, RECHTSSAMMLUNGEN, INSCHRIFTEN/PAPYRI/MÜNZEN UND SONSTIGE ABKÜRZUNGEN 1. Antike Autoren und Werke Aelian. nat. anim. = Aelianus, De natura animalium Ael. Arist. or. = Aelius Aristides, Orationes Agath. = Agathias, Historiae Ambros. fid. = Ambrosius, De fide ad Gratianum Amm. = Ammianus Marcellinus, Res gestae Anon. post Dion. = Anonymus post Dionem (i. e. Anonymus, qui Dionis Cassii historias continuavit) Anon. Val. = Anonymus Valesianus App. = Appianus: pr. = praefatio; b. c. = bella civilia; Ill. = Illyrica; Mithr. = Mithridaticus; Syr. = Syrica Apul. met. = Apuleius, Metamorphoses Arr. anab. = Arrianus, Alexandri anabasis Athen. = Athenaeus, Deipnosophistae Aur. Vict. Caes. = S. Aurelius Victor, Liber de Caesaribus B. Afr. = Corpus Caesarianum, Bellum Africum B. Alex. = Corpus Caesarianum, Bellum Alexandrinum Bonifat. epist. = Bonifatius, Epistulae Caes. = C. Iulius Caesar: b. G. = de bello Gallico; b. c. = de bello civili Cass. Dio = Cassius Dio, Historia Romana

Xiph. = Xiphilinus



Exc. UG = Excerpta Ursiniana: Excerpta tituli περὶ πρέσβεων ἐθνικῶν πρὸς ῾Ῥωμαίους

Cassiod. = Cassiodorus: chron. = Chronica (a. u. c. = anno urbis conditae); var. = Variae

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Bibliographie Teil I

Chron. Gall. a. 452 = Chronica Gallica anni 452 Chron. Pasch. = Chronicon Paschale Chronograph. a. 354 = Chronographus anni 354 Cic. = M. Tullius Cicero: Att. = Epistulae ad Atticum; Balb. = Pro L. Balbo; fam. = Epistulae ad familiares; in Pisonem = Oratio in Pisonem; leg. = de legibus; Phil. = Orationes Philippicae Claudian. = Claudius Claudianus: in Eutr. = In Eutropium; b. Get. = Bellum Geticum Coll. Thessal. = Collectio Thessalonicensis Cons. Const. = Consularia Constantinopolitana Dexipp. = Dexippus Dio Chrys. or. = Dio Chrysostomos, Orationes Curt. = Q. Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni Demosth. or. = Demosthenes, Orationes Diod. = Diodorus Siculus, Bibliotheca historica Epit. Caes. = Epitome de Caesaribus Euagr. = Euagrius, Historia ecclesiastica Eugipp. vita Severini = Eugippius, Vita Severini Eunap. = Eunapius Eutr. = Eutropius, Breviarium ab urbe condita Fest. = Ruf(i)us Festus, Breviarium Flor. = P. Annius Florus, Epitoma de Tito Livio Frontin. strat. = S. Iulius Frontinus, Strategemata Galen. script min. = Galenus Pergamenus, Scripta Minora Gesta Conc. Aquil. = Gesta Concilii Aquileiensis Gran. Licinian. = Granius Licinianus HA = Historia Augusta: Aur. = Aurelianus; Carac. = Caracalla; Comm. = Commodus; Gall. = Gallieni duo; Gord. = Gordiani tres; Marc. = Marcus Antoninus; Max. et Balb. = Maximus et Balbinus; Maximin. = Maximini duo; Pert. = Pertinax; Pius = Antoninus Pius; Prob. = Probus; tyr. trig. = Tyranni triginta; Verus Herodot. = Herodot, Historiae Herodian. = Herodianus, Ab excessu divi Marci Hieron. = Hieronymus: chron. = Chronicon; epist. = Epistulae; in Isaiam Hor. = Q. Horatius Flaccus: carm. = Carmina; sat. = Saturae Hormisd. epist. = Hormisdas papa, Epistulae Ioann. Antioch. = Ioannes Antiochenus, Historia chronica

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Abkürzungsverzeichnis

Ioann. Ephes. = Ioannes Ephesius, Historia ecclesiastica Iord. = Iordanes: Get. = Getica; Rom. = Romana Ios. b. Iud. = Flavius Josephus, De bello Iudaico Isocr. or. = Isocrates, Orationes Itin. Ant. = Itinerarium Antonini Itin. Burdig = Itinerarium Burdigalense Iul. Obs. = Iulius Obsequens, Liber prodigiorum Iulian. = Iulianus Imperator: or. = Orationes; Caes. = Caesares Iustin. = M. Iunian(i)us Iustinus, Liber historiarum Philippicarum (s. u. zu Pomp. Trog.) Kallinik. vita Hypat. = Kallinikos, Vita Hypatii Lact. de mort. pers. = Lactantius, De mortibus persecutorum Lat. Pol. Silv. = Laterculus Polemii Silvii Lat. Veron. = Laterculus Veronensis Leo epist. = Leo papa, Epistulae Lib. or. = Libanius, Orationes Liv. = T. Livius, Ab urbe condita; per. = Periochae Lucian. = Lucianus Samosatensis: Alex. = Alexander; hist. conscr. = Quomodo historia conscribenda sit Malal. = Ioannes Malalas Marcell. Comes = Marcellinus Comes Menand. = Menander Protector Mirac. S. Demetr. = Miracula Sancti Demetri Mich. Syr. = Michael Syrus Not. dign. = Notitia dignitatum; occ. = Occidentis; or. = Orientis Olymp. = Olympiodorus Optat. Milev. = Optatus Milevitanus Oros. = Paulus Orosius, Historiae adversum paganos Ovid. = P. Ovidius Naso: Pont. = Epistulae ex Ponto; trist. = Tristia Paneg. Lat. = Panegyrici Latini XII Paul. Diac. = Paulus Diaconus, Historia Langobardorum Paus. = Pausanias, Graeciae descriptio Petr. Patr. = Petrus Patricius Philost. = Philostorgius, Historia ecclesiastica Plin. epist. = C. Plinius Caecilius Secundus (Plinius minor), Epistulae

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Bibliographie Teil I

Plin. n. h. = C. Plinius Secundus (Plinius maior), Naturalis historia Plut. = Plutarchus: Ant. = Antonius; Mar. = Marius; Sulla Pol. = Polybius, Historiae Polyain. = Polyainus, Strategemata Pomp. Mela = Pomponius Mela, De chorographia Pomp. Trog. = Pompeius Trogus: Pomp. Trog.-Iustin.; prol. = Prologi N.B.: Mit dem Kürzel „Pomp. Trog.-Iustin.“ sind solche Textpartien bezeichnet, die Iustin aus dem von ihm paraphrasierten Werk, den Historiae Philippicae des Pompeius Trogus, geschöpft hat, nur mit „Iustin.“ (s. o.) hingegen solche Überleitungspartien, die er eigenständig verfasst hat; die unabhängig von Iustin überlieferten Inhaltsangaben der einzelnen Bücher der Historiae Philippicae schließlich werden mit „Pomp. Trog. prol.“ zitiert. Porph. carm. = P. Optatianus Porphyrius, Carmina Poseid. = Poseidonios Prisk. = Priskos Proc./Prok. = Prokopios: aed. = De aedificiis; anek. = Anecdota; BG = Bellum Gothicum; BV = Bellum Vandalicum Propert. = Sex.Propertius, Carmina Ps.-Aur. Vict. de vir. ill. = Pseudo-Aurelius Victor, De viris illustribus urbis Romae Ps.-Skylax = Pseudo-Skylax Ps.-Skymn. = Pseudo-Sykmnos Ps.-Zacharias = Pseudo-Zacharias Rhetor Ptol. = Klaudios Ptolemaios: geogr. = Geographike hyphegesis; can. = Canon Sallust. hist. = C. Sallustius Crispus, Historiae Skymn. = Skymnos Sen. nat. quaest. = Seneca, Naturales quaestiones Serv. Aen. = Servius, Commentarius in Vergilii Aeneida Sev. Ant. epist. = Severus Antiochenus, Epistulae Sidon. carm. = Sidonius Apollinaris, Carmina Sokr. = Sokrates Scholastikos, Historia ecclesiastica Soz. = Sozomenos, Historia ecclesiastica Steph. Byz. = Stephanus Byzantius, Ethnica Strab. = Strabo, Geographica Strategikon = Strategikon des Maurikios Suet. = C. Suetonius Tranquillus: Aug. = Divus Augustus; Iul. = Divus Iulius; Tib. = Tiberius Synkell. = Georgios Synkellos, Eklogé chronographías

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Abkürzungsverzeichnis

Synes. regn. = Synesius, De regno Tac. = P. Cornelius Tacitus: ann. = Annales; hist. = Historiae; Germ. = De origine et situ Germanorum Them. or. = Themistius, Orationes Theod. Anagn. = Theodoros Anagnostes (Theodorus Lector) Theodor. = Theodoretos, Historia ecclesiastica Theophan. chron. = Theophanes, Chronographia (a. m. = anno mundi) Theophyl. Sim. = Theophylaktos Simokates/Theophylactus Simocatta Thuc. = Thucydides, Historiae Veget. epit. = P. Flavius Vegetius Renatus, Epitoma rei militaris Vell. = C. Velleius Paterculus, Historia Romana Verg. georg. = Vergilius, Georgica Xen. anab. = Xenophon, Anabasis Zon. = Ioannis Zonaras, Epitome Historiarum Zos. = Zosimus, Historia nova

2. Rechtssammlungen Cod. Iust. = Codex Iustinianus Cod. Theod. = Codex Theodosianus Coll. Avell. = Collectio Avellana Dig. = Digesta Frg. Vat. = Fragmenta Vaticana Nov. Iust. = Novellae Iustiniani Nov. Iustin. II = Novellae Iustini II Nov. Theod. = Novellae Theodosii II

3. Inschriften, Papyri, Münzen AE = L’Année Épigraphique. Paris 1888 –  BMCRE = H. Mattingly/R. A. G. Carson, Coins of the Roman Empire in the British Museum. London 1923 – 1963. BGU = Aegyptische Urkunden aus den Königlichen/Staatlichen Museen zu Berlin, Griechische Urkunden. Berlin 1895 –  ChLA = Chartae Latinae Antiquiores. Basel, Dietikon/ZH 1954 – 

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Bibliographie Teil I

CFA = J. Scheid, Commentarii fratrum Arvalium qui supersunt. Les copies épigraphiques des protocoles annuels de la confrérie arvale (21 av. – 304 ap. J.-C.). Rome 1998. CIL = Corpus Inscriptionum Latinarum. Berlin 1863 –  CPL = R. Cavenaile, Corpus Papyrorum Latinarum. Wiesbaden 1956 – 1958. EDR = Epigraphic Database Roma, . EDH = Epigraphische Datenbank Heidelberg, . Fasti Praen. = Fasti Praenestini FIRA = S. Riccobono/J. Baviera (Hgg.), Fontes iuris Romani anteiustiniani. 3 Bde. 2 1968. IAM-S = Inscriptions antiques du Maroc 2. Inscriptions latines. Supplément. Paris 2003. IAph [2007] = J. Reynolds, C. Roueché, Inscriptions of Aphrodisias, . IBR = F. Vollmer, Inscriptiones Baivariae Romanae, sive inscriptiones provinciae Raetiae adiectis Noricis Italicisve. München 1915. IDR = Inscriptiones Daciae Romanae. București 1975 –  IDRE = C. C. Petolescu, Inscriptiones Daciae Romanae. Inscriptiones extra fines Daciae repertae. București 1996 –  IvEph = H. Wankel u. a. (Hg.), Die Inschriften von Ephesos. Bonn 1979 – 1984 IG = Inscriptiones Graecae, Berlin 1903 –  IGBulg = G. Mihailov, Inscriptiones Graecae in Bulgaria repertae. Sofia 1958 – 1997. IGCH = Inventory of Greek Coin Hoards IGR = R. Cagnat, Inscriptiones Graecae ad Res Romanas Pertinentes. Paris 1906 – 1927. IKöln2 = B. Galsterer/H. Galsterer, Die römischen Steininschriften aus Köln. Mainz 2 2010. ILAfr = R. Cagnat/A. Merlin/L. Chatelain, Inscriptions latines d’Afrique (Tripolitaine, Tunisie et Maroc). Paris 1923. ILBulg = B. Gerov, Inscriptiones Latinae in Bulgaria repertae. Sofia 1989 –  ILD = C. C. Petolescu, Inscripții latine din Dacia – Inscriptiones Latinae Daciae. București 2005. ILJug = A. Šašel/J. Šašel, Inscriptiones Latinae quae in Iugoslavia repertae et editae sunt. Ljubljana 1963 – 1986. ILLPRON = M. Hainzmann/P. Schubert, Inscriptionum Lapidarium Latinarum Provinciae Norici usque ad annum MCMLXXXIV repertarum indices. Berlin 1986. ILS = H. Dessau (Hg.), Inscriptiones Latinae Selectae. Berlin 1889 – 1916. ILTun = A. Merlin (Hg.), Inscriptions Latines de la Tunisie. Paris 1944. InscrAquil = J. B. Brusin, Inscriptiones Aquileiae. 3 Bde. Udine 1991 – 1993. InscrIt = Inscriptiones Italiae. Roma 1931 – 

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Abkürzungsverzeichnis

IRT = J. M. Reynolds/J. B. Ward-Perkins, The Inscriptions of Roman Tripolitania. Rome 1952. IScM = Inscriptiones Scythiae Minoris Graecae et Latinae. București 1980 –  Lupa = Bilddatenbank „Ubi erat lupa“, . MIR = Moneta Imperii Romani. Wien 1989 –  P. Thmouis I = S. Kambitsis (Hg.), Le Papyrus Thmouis 1, colonnes 68–160. Paris 1985. RGDA = E. Weber (Hg.), Augustus. Meine Taten. Res gestae Divi Augusti. Lateinisch-griechischdeutsch. Berlin, Boston 7 2015. RGDS = Res gestae Divi Saporis RIC = Roman Imperial Coinage. London 1923 – 1994. Revised edition London 1984 –  RINMS = M. Šašel Kos, The Roman Inscriptions in the National Museum of Slovenia. Ljubljana 1997. RIU = Die römischen Inschriften Ungarns. Budapest, Amsterdam 1972 –  RMD = M. M. Roxan, Roman Military Diplomas. London 1978 –  Rom.Mil.Rec. = R. O. Fink, Roman Military Records on Papyrus. Cleveland 1971. RRC = M. H. Crawford, Roman Republican Coinage. 2 Bde. London u. a. 1974. SEG = Supplementum Epigraphicum Graecum, 1923 –  Strack = P. L. Strack, Untersuchungen zur römischen Reichsprägung des zweiten Jahrhunderts. 3 Bde. Stuttgart 1931 – 1937. Syll3 = F. Hiller von Gaertringen u. a. (Hgg.), Sylloge inscriptionum Graecarum. 3 1915  –  1924. TitAq = P. Kovács – Á. Szabó, Tituli Aquincenses. Budapest 2009 – 

4. Sonstige Abkürzungen BHG = Bibliotheca Hagiographica Graeca COGD = Conciliorum Oecumenicorum Generaliumque Decreta CSEL = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum FGrHist = Fragmenta Graeca Historica FHG = Fragmenta Historicorum Graecorum GLM = Geographi Latini minores MGHAA = Monumenta Germaniae Historica, Auctores Antiquissimi PIR2 = Prosopographia Imperii Romani. Editio altera PL = Patrologia Latina PLRE = Prosopography of the Later Roman Empire TAVO = Tübinger Atlas des Vorderen Orients

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Bibliographie Teil I

ZITIERTE TEXTAUSGABEN UND ÜBERSETZUNGEN ANTIKER AUTOREN UND WERKE

Ael. Arist. or. 20 [Klein] = Die Romrede des Aelius Aristides. Herausgegeben, übersetzt und mit Erläuterungen versehen von Richard Klein. Darmstadt 1983. Ael. Arist. or. 22 [Keil] = Aelii Aristidis Smyrnaei quae supersunt omnia edidit Bruno Keil. Volumen II orationes XVII – LIII continens. Berlin 1958, p. 28–31. Amm. [Seyfarth] = Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte. Lateinisch und Deutsch und mit einem Kommentar versehen von Wolfgang Seyfarth. 4 Bde. Berlin 1968 – 1971. Anon. post Dion. = Anonymus, qui Dionis Cassii historias continuavit, FHG IV, p. 191–199. App. [Veh/Brodersen] = Appian von Alexandria, Römische Geschichte. Übersetzt von Otto Veh. Durchgesehen, eingeleitet und erläutert von Kai Brodersen. Stuttgart 1987 – 1989. Augustus [Bringmann/Wiegandt] = Augustus. Schriften, Reden und Aussprüche. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Klaus Bringmann und Dirk Wiegandt. Darmstadt 2008. Cass. Dio [Boissevain] = Cassii Dionis Cocceiani Historiarum romanarum quae supersunt edidit Ursulus Philippus Boissevain. 5 Bde. Berlin 1895 – 1931. Cassiod. chron. [Mommsen] = Cassiodori Senatoris chronica ad a. DXIX, in: Chron. Min. II, p. 109–161. Chron. Gall. a. 452 [Kötter/Scardino] = Gallische Chroniken. Ediert, übersetzt und kommentiert von Jan-Markus Kötter und Carlo Scardino. Gallische Chronik von 452 (KFHist G 7). Paderborn 2017, 3–176. Chron. Min. I – III [Mommsen] = Chronica Minora saec. IV. V. VI. VII. Edidit Theodorus Mommsen. MGHAA 9, 1–3. Berlin 1892 – 1898. Chronograph. a. 354 [Mommsen] = Chronographus anni CCCLIIII, in: Chron. Min. I, p. 13–148. Coll. Thessal. [Silva-Tarouca] = Epistularum Romanorum pontificum ad vicarios per Illyricum aliosque episcopos Collectio Thessalonicensis. Recensuit C. Silva-Tarouca. Roma 1937. Cons. Const. [Becker/Nickbakht] = Consularia Constantinopolitana und verwandte Quellen. Ediert, übersetzt und kommentiert von Maria Becker, Bruno Bleckmann, Jonathan Gross und Mehran A. Nickbakht (KFHist G 1). Paderborn 2016. S. 1–158. Demensuratio provinciarum [Brodersen] = Demensuratio provinciarum und Divisio orbis terrarum, in: C. Plinius Secundus d. Ä., Naturkunde. Lateinisch-deutsch. Buch VI Geographie: Asien. Herausgegeben und übersetzt von Kai Brodersen, S. 329–366. Divisio orbis terrarum [Brodersen] = ebd. Dexipp. [Martin] = Gunther Martin, Dexipp von Athen. Edition, Übersetzung und begleitende Studien. Tübingen 2006. Dexipp. [Mecella] = Dexippo di Atene. Testimonianze e frammenti. A cura di Laura Mecella. Tivoli (Roma) 2013. Epit. Caes. [Festy] = Michel Festy (Hg.): Pseudo-Aurélius Victor. Abrégé des Césars. Paris 1999. Eunap. [Blockley] = Roger C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire: Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. Liverpool 1981 – 1983. Expositio totius mundi [Drexhage]: Hans-Joachim Drexhage, Die ’Expositio totius mundi et gentium’. Eine Handelsgeographie aus dem 4. Jh. n. Chr. Eingeleitet, übersetzt und mit einführender Literatur versehen. Münstersche Beiträge zur Antiken Handelsgeschichte (MBAH) 2 (1983) 3–42. Expositio totius mundi [Rougé] = Expositio totius mundi et gentium. Introduction, text critique et traduction, notes et commentaire par Jean Rougé. Paris 1966. Flor. [Laser] = Florus, Römische Geschichte. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Günter Laser. Darmstadt 2005. FGrHist = Felix Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker. Berlin 1923ff. FHG = Fragmenta Historicorum Gracorum. Collegit, disposuit … Carolus Mullerus. Paris 1848 – 1873. Galen. script. min. = Claudii Galeni Pergameni Scripta Minora. Recensuerunt Ioannes Marquardt, Iwanus Mueller, Georgius Helmreich. Leipzig 1884 – 1893. Gesta Conc. Aquil. = M. Zelzer (Hg.), Sancti Ambrosi opera: Epistularum liber decimus, Epistulae extra collectionem, Gesta concilii Aquileiensis (CSEL 82,3). Wien 1982. GLM [Riese] = Alexander Riese (Hg.), Geographi Latini minores. Heilbronn 1878.

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Zitierte Textausgaben und Übersetzungen antiker Autoren und Werke Hierokles, Synekdemos [Honigmann] = Ernest Honigmann, Le Synekdèmos d’Hiérokles et l’opuscule géographique de Georges de Chypre. Bruxelles 1939. Hieron. chron. [Helm] = Rudolf Helm (Hg.), Eusebius Caesariensis, Werke. Band 7: Die Chronik des Hieronymus. Berlin, Boston 1956. Hormisd. epist. [Thiel] = Andreas Thiel (Hg.), Epistolae Romanorum pontificum genuinae, et quae ad eos scriptae sunt a S. Hilaro usque ad Pelagium II: 1: A. S. Hilaro usque ad S. Hormisdam. Königsberg 1868. Ioann. Antioch. [Roberto]: Umberto Roberto (Hg.), Ioannis Antiocheni fragmenta ex historia chronica. Berlin, New York 2005. Iord. Get. [Giunta/Grillone] = Iordanis De origine actibusque Getarum, a cura di Francesco Giunta/Antonino Grillone. Roma 1991. Iord. Get. [Grillone] = Iordanes Getica. Edizione, traduzione e commento a cura di Antonino Grillone. Paris 2017. Iord. Get. [Martens] = Wilhelm Martens/Alexander Heine, Gotengeschichte. Nebst Auszügen aus seiner Römischen Geschichte. Essen u. a. 1985. Iord. Get. [Mommsen] = Iordanis Romana et Getica. Recensuit Theodorus Mommsen (MGHAA 5.1). Berlin 1882. Itin. Ant. [Cuntz] = Itineraria Romana. Volumen prius: Itineraria Antonini Augusti et Burdigalense. Edidit Otto Cuntz. Editio stereotypa editionis primae. Conspectum librorum recentorium adiecit Gerhard Wirth. Stuttgart 1990, S. 1–85: Imperatoris Antonini Augusti itineraria provinciarum et maritimum. Itin. Ant. [Löhberg] = Stefan Löhberg, Das „Itinerarium provinciarum Antonini Augusti“. 2., überarbeitete und korrigierte Auflage. Berlin 2010. Itin. Burdig. [Cuntz] = Itineraria Romana. Volumen prius: Itineraria Antonini Augusti et Burdigalense. Edidit Otto Cuntz, ebd. (s. o. Itin. Ant. [Cuntz]), S. 86–102: Itinerarium Burdigalense. Iul. Obs. [Hillen] = Iulius Obsequens: Text und Übersetzung in: T. Livius, Die antiken Inhaltsangaben und die Fragmente der Bücher XLVI – CXLII. Lateinisch und deutsch herausgegeben von Hans Jürgen Hillen. Düsseldorf, Zürich 2000, S. 122ff. Iustin. [Emberger/Laser] = Justin, Römische Weltgeschichte. Bd. I: Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Peter Emberger, unter Mitarbeit von Antonia Jenik. Darmstadt 2015; Bd. II: Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Günter Laser, unter Mitarbeit von Antonia Jenik, Darmstadt 2016. Kallinik. vita Hypat. [Bartelink]: Gérard J. M. Bartelink (Hg.), Callinicos. Vie d’Hypatios. Paris 1971. KFHist = Kleine und fragmentarische Historiker der Spätantike. Paderborn 2015ff. Lat. Veron. [Seeck] = Laterculus Veronensis: in: Notitia Dignitatum, accedunt Notitia Urbis Constantinopolitanae et Latercula provinciarum. Edidit Otto Seeck. Berlin 1876, p. 247–253. Lat. Pol. Silv. [Mommsen] = Polemii Silvii Laterculus, in: Chron. Min. I, p. 511–551. Lat. Pol. Silv. [Seeck] = Laterculus Polemii Silvii: in: Notitia Dignitatum, ebd. (s. o. Lat. Veron.), p. 254–260. Leo epist. 117 [Schwartz]: Eduard Schwartz (Hg.), Acta Conciliorum Oecumenicorum, t. 2: Concilium Chalcedonense, vol. 4: Leonis papae I epistularum collectiones. Berlin, Leipzig 1932, 69–70. Malal. [Thurn] = Ioannes Thurn (Hg.), Ioannis Malalae Chronographia. Berlin, Boston 2012. Malchos [Blockley]: Roger C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. Liverpool 1981 – 1983. Marcell. Com. [Mommsen] = Marcellini v. c. comitis chronicon ad a. DXVIII continuatum ad a. DXXXIV, in: Chron. Min. II, p. 37–108. Menand. [Blockley] = Roger C. Blockley, The History of Menander the Guardsman. Introductory Essay, Text, Translation and Historical Notes. Liverpool 1985. Mich. Syr. chron. [Chabot] = Chronique de Michel le Syrien, Patriarche Jacobite d’Antioche (1166 – 1199). Par J.-B. Chabot. Paris 1899 – 1910. Mirac. S. Demetr. [Lemerle] = Paul Lemerle, Les plus anciens recueils des miracles de saint Démétrius et la pénétration des Slaves dans les Balkans. Paris 1979 – 1981. Not. dign. [Seeck] = Notitia Dignitatum, accedunt Notitia Urbis Constantinopolitanae et Latercula provinciarum, edidit Otto Seeck. Berlin 1876. Not. dign. [Neira Faleiro] = Concepción Neira Faleiro, La Notitia Dignitatum. Nueva edición crítica y comentario histórico. Madrid 2005. Olympiod. [Blockley] = Roger C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. 2 Bde. Liverpool 1981 – 1983. Optat. Milev. [Ziwsa] = Carolus Ziwsa (Hg.), S. Optati Milevitani libri VII (CSEL 26), Prag, Wien, Leipzig 1893. Paneg. Lat. [Müller-Rettig] = Brigitte Müller-Rettig, Lobreden auf römische Kaiser. Darmstadt 2008 – 2014. Petr. Patr. = Petri Patricii fragmenta, in: FHG IV, p. 181–191.

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Bibliographie Teil I Philost. [Bleckmann/Stein] = Bruno Bleckmann/Markus Stein (Hgg.), Philostorgios. Kirchengeschichte. Paderborn 2015. Plin. n. h. 3–4 [Winkler/König] = C. Plinius Secundus der Ältere. Naturkunde/Naturalis historia. Bücher III/IV: Geographie: Europa. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Winkler in Zusammenarbeit mit Roderich König. Düsseldorf, Zürich 2 2002. Plin. n. h. 5 [Winkler/König] = C. Plinius Secundus der Ältere. Naturkunde/Naturalis historia. Buch V: Geographie: Afrika und Asien. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Winkler in Zusammenarbeit mit Roderich König. Düsseldorf, Zürich 1993. Plin. n. h. 6 [Brodersen] = C. Plinius Secundus d. Ä. Naturkunde/Naturalis historia. Buch VI: Geographie: Asien. Herausgegeben und übersetzt von Kai Brodersen. Zürich, Düsseldorf 1996. Pomp. Mela [Brodersen] = Pomponius Mela, Kreuzfahrt durch die Alte Welt (De chorographia). Zweisprachige Ausgabe von Kai Brodersen. Darmstadt 1994. Pomp. Trog.-Iustin. = Pompeius Trogus, überliefert von Iustin; zur Ausgabe s.o. Iustin. Poseid. [Theiler] = Poseidonios. Die Fragmente. Herausgegeben von Willy Theiler. I: Texte. II: Erläuterungen. Berlin, New York 1982. Prisk. [Blockley] = Roger C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire: Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. Liverpool 1981 – 1983. Ps.-Skymn. [Korenjak]: Martin Korenjak (Hg.), Die Welt-Rundreise eines anonymen griechischen Autors („PseudoSkymnos“). Hildesheim u. a. 2003. Ptol. can. [Stückelberger/Mittenhuber] = Klaudios Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband mit einer Edition des Kanons bedeutender Städte. Herausgegeben von Alfred Stückelberger und Florian Mittenhuber. Basel 2009. Ptol. geogr. [Stückelberger/Grasshoff ] = Klaudios Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Hgg. Alfred Stückel‑ berger/Gerd Grasshoff. 2 Teilbände. Unter Mitarbeit von Florian Mittenhuber u. a. Basel 2 2017. Sallust. hist. [Maur.] = C. Sallustii Crispi historiarum reliquiae. Edidit Bertoldus Maurenbrecher. 2 Fasc. Leipzig 1891 – 1893. Sev. Ant. epist. 39 [Brooks] = A Collection of Letters of Severus of Antioch. Edited and translated by E. W. Brooks. Patrologia Orientalis. Bd. 12/2. Turnhout 1919, p. 295–305. Sokr. [Hansen] = Günther Christian Hansen, Sokrates: Kirchengeschichte, Berlin 1995. Soz. [Hansen] = Günther Christian Hansen, Sozomenos. Historia ecclesiastica – Kirchengeschichte. Turnhout 2004. Steph. Byz. [Billerbeck] = Stephani Byzantii Ethnica. Recensuit Germanice vertit adnotationibus indicibusque instruxit Margarethe Billerbeck. Berlin, New York 2006 – 2017. Strab. [Radt] = Strabons Geographica. Mit Übersetzung und Kommentar herausgegeben von Stefan Radt. Göttingen 2002 – 2011. Strategikon [Dennis/Gamillscheg] = Das Strategikon des Maurikios. Einführung, Edition und Indices von George T. Dennis. Übersetzt von Ernst Gamillscheg. Them. or. [Schenkl/Downey] = Themistii Orationes quae supersunt. Recensuit Henricus Schenkl (†), opus consummavit Glanville Downey. Vol. I. Leipzig 1965. Them. or. [Leppin/Portmann]: Hartmut Leppin/Werner Portmann (Übers.):  Themistios, Staatsreden. Stuttgart 1998. Theod. Anagn. [Hansen] = Günther Christian Hansen (Hg.), Theodoros Anagnostes. Kirchengeschichte. 2., durchgesehene Auflage. Berlin, New York 1995. Theophan. chron. [de Boor] = Theophanis Chronographia. Recensuit Carolus de Boor. Leipzig 1883 – 1885. Theophyl. Sim. [de Boor/Wirth] = Theophylacti Simocattae historiae. Edidit Carolus de Boor. Editionem correctiorem curavit explicationibusque recentioribus adornavit Peter Wirth. Stuttgart 1972. Veget. epit. [Müller] = Publius Flavius Vegetius Renatus, Abriß des Militärwesens. Lateinisch und deutsch, mit Einleitung, Erläuterungen und Indices von Friedhelm L. Müller. Stuttgart 1997. Zos. [Paschoud] = Zosime. Histoire Nouvelle. Texte établi et traduit par François Paschoud. Paris 1971 – 1989.

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Forschungsliteratur

FORSCHUNGSLITERATUR Bei Titelangaben in südosteuropäischen Sprachen finden sich Titelübersetzungen in eckigen Klammen. Sofern diese Angaben englisch-, italienisch- oder französischsprachig sind, ist dies als Hinweis zu verstehen, dass im zitierten Werk meist eine entsprechende westsprachige Zusammenfassung vorhanden sind. Dies gilt teilweise auch für die deutschen Übersetzungen, sofern diese dem Werk entnommen sind. Wird im Werk keine westsprachige Übersetzung des Titels geboten, so wurde diese von Herausgebern bzw. Redaktion beigefügt.

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TEIL II: SÜDOSTEUROPA ZWISCHEN BYZANZ UND DEN NEUEN HERRSCHAFTSUND REICHSBILDUNGEN (565 – 1300) KAPITEL 1 UND 2

Peter Schreiner

1. B YZANZ IN SÜDOSTEUROPA: ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN

1.1

EINLEITUNG

Für die geographische Charakterisierung des Byzantinischen Reiches, bestehend aus den beiden großen Komplexen Asien und Europa, bedient sich eine anonyme Chronik des 10. Jahrhunderts, der sogenannte Theophánes Continuatus, der inhaltlich die 811 endende Chronik des Theophánes Confessor weiterführt, eines bildhaften Vergleichs der Körperteile: Asien und Europa stellen nach dem Willen des Schöpfers Kopf und Schwanz dar, in deren Mitte das Meer mit den Inseln liegt.1 Die Byzantiner folgten hier dem aus der Antike übernommenen Europa-Begriff, um den durch Bosporus und westliche Schwarzmeerküste begrenzten Teil ihres Reiches zu bezeichnen, an dessen äußerstem Rand sich auch die Hauptstadt Konstantinopel (Byzantion) befand.2 Die Bedeutung dieses Landesteils im Sinne des eigentlichen Hinterlandes Konstantinopels unterstreicht auch die Feststellung zu Beginn des zweiten Buches einer Abhandlung zu den byzantinischen Verwaltungseinheiten („de thematibus“), dass „es angebracht ist, dass Byzantion an der Spitze der Herrschaft im europäischen Landesteil stehe, da es ja Kaiserstadt sei und sie, als von Konstantin d. Gr. ihren Namen ableitend, eine hervorragende Rolle in der Welt habe.“3 Im byzantinischen Staatsdenken und mehr noch in seiner rhetorischen Ausgestaltung war „Europa“ identisch mit jenem Raum, den die spätere Forschung zunächst mit Balkan oder Südosteuropa bezeichnete, dessen Grenzen aber im Norden (nach dem Ende der römischen Staatsverwaltung) keine genaue Festlegung erfahren haben. Das vorkonstantinische Byzantion spielte politisch keine konsolidierende Rolle im südosteuropäischen Raum, trug aber durch die Bündelung des Straßensystems 1

Chronographiae quae Theophanis Continuati nomine fertur Libri I – IV. Rec. anglice verterunt indicibus instruxerunt Michael Featherstone et Juan Signes-Codoñer nuper repertis schedis Caroli de Boor adiuvantibus. Boston/MA, Berlin 2015, 108, Z.  1–7; vgl. Johannes Koder, Politisches Raumdenken orthodoxer Kulturen. „Euromediterraneum“ und „Eurasien“, zwei überkontinentale Modelle der Byzantiner, Ostkirchliche Studien 58 (2009), 365–382, bes. 379.‘‘

2 Johannes

Koder, ‘Ὁ ὅρος Εὐρώπης ὡς ἔννοια χώρου στὴ βυζαντινὴ ἱστοριογραφία [Die Definition Europas als Landesbegriff in der byzantinischen Historiographie], in: Βυζάντιο καὶ Εὐρώπη. Α’ Διεθνής Βυζαντινολογική Συνάντηση, Δελφοί, 20 – 24 Ιουλίου 1985 Byzantium and Europe. First International Byzantine Conference, Delphi, 20 – 24 July, 1985. Athen 1987, 63–74.

3

Costantino Porfirogenito. De thematibus. Introduzione, testo critico, comm. a cura di A. Pertusi. Città del Vaticano 1952, 84, Z. 1–3; dieser zweite Teil des Traktats stammt nicht aus der Zeit Konstantins VII., sondern wurde erst am Ende des 10. Jh.s abgefasst (ebd., 39–43), doch ist diese chronologische Feststellung im Rahmen der vorliegenden Untersuchung von sekundärer Bedeutung.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-17

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Teil II: 1. Byzanz in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

dazu bei, diese Region von der Seite des Marmarameeres her wirtschaftlich zu erschließen und ihn sogar mit Asien zu verbinden.4 Die Umwandlung des alten Byzantion zu einer der Hauptstädte des Reiches, eine bis zu einem gewissen Grade städtebauliche Orientierung am Alten Rom, die Errichtung eines ständigen Kaisersitzes in der Stadt seit Theodosios I. (376 – 395) und schließlich das politische Ende des Weströmischen Reiches (476) waren Faktoren, die den Reichsschwerpunkt von einer relativen Mitte (Rom) an die nordöstlichen Randprovinzen legten und diesen eine ungeahnte politische Aufwertung ermöglichten. Trotz seines janusartigen Charakters blieb aber Konstantinopel eine Stadt, die nach Asien, nicht nach Europa blickte. Wenngleich durch freiwillige und erzwungene Zuwanderung aus dem Westen, besonders auch aus Rom selbst, bis ins 6. Jahrhundert Konstantinopels lateinischer Anteil in Sprache und Kultur nicht unerheblich war und auch politisch motivierte Förderung und Pflege erfuhr,5 war das griechische Element (das schon an den östlichen Ufern des Bosporus und des Marmarameeres vorherrschend war) in der Hauptstadt selbst tonangebend. Im europäischen Teil waren nur die Provinzen Macedonia, Thracia und die Schwarzmeerregionen von Mösien sprachlich mehrheitlich gräzisiert. Eine tiefgehende kulturelle Gräzisierung hat aber nur die Provinz Macedonia, auch dank ihres Mittelpunktes Thessaloniki, erfahren. Der gesamte (politisch an Konstantinopel gebundene) Raum nördlich dieser „Grenze“ war nur oberflächlich latinisiert und überhaupt nicht gräzisiert und blieb weiterhin stark von illyrisch-dakisch-thrakischen Elementen beeinflusst, die an der römischen Hochkultur (im lateinischen oder griechischen Gewande) wenig oder überhaupt nicht Anteil nahmen. Die zwangsweise oder freiwillige Niederlassung von (überwiegend) germanischen Stämmen seit dem 2. Jahrhundert trug zudem dazu bei, dass die kulturellen Einflüsse der römisch-griechischen Welt überwiegend an der Oberfläche geblieben waren. Die Gründung Konstantinopels als Kaisersitz war, so könnte man sagen, zu spät erfolgt, um auch den nördlichen Provinzen noch politisch und kulturell nutzbar zu sein. Der Christianisierung und dem Christentum kam in diesen Regionen noch lange Zeit keine staatstragende Bedeutung zu, besonders nicht im Sinne einer Bindung an Konstantinopel. Eine Darstellung der Christianisierung des Balkanraumes ist nicht Gegenstand dieses Kapitels, aber äußere Gegebenheiten der frühen Missionierung waren nicht ohne Folgen für die politische Entwicklung dieses Raumes und müssen daher wenigstens als Fakten angeführt werden. Mangels eines festen Zentrums, wie es erst ab der Mitte des 4. Jahrhunderts Konstantinopel bot – wobei die umstrittene kirchliche Rangordnung dieser Stadt auch ein Missionierungshindernis darstellte –, geschah die Missionierung der Donauprovinzen überwiegend vom Westen aus und weit weniger aus einem Bereich, in dem die griechischsprachige Liturgie vorherrschend war.6 Die Zahl der Städte (und damit der Bischofssitze) 4

Die ausführlichste Untersuchung zum antiken Byzantion ist immer noch E. Oberhummer/J. Miller/ W. Kubitschek, s. v. Byzantion, in: Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Bd. 3,1. Stuttgart 1897, 1116 – 1158. Das Zusammenwirken des antiken Byzantion mit dem umgebenden Raum hat aber in der Forschung nur eine geringe Rolle gespielt, die vielleicht auch der historischen Wirklichkeit entspricht. Wichtig war das in Byzantion zusammenlaufende Straßensystem, das ausführlich erstmals Albrecht Berger, Regionen und Straßen im frühen Konstantinopel, Istanbuler Mitteilungen 47 (1947), 349–414, behandelt.

5 G.[ilbert]

Dagron, Aux origines de la civilisation byzantine. Langue de culture et langue d’état, Revue Historique 241 (1969), H. 1, 23–56.

6

Adolf von Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten. Bd. 1: Die Mission in Wort und Tat. Leipzig 1924, 773–797; Jaques Zeiller, Les origines chrétiennes dans les provinces

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HGSOE, Bd. 1

Einleitung

war in diesen Provinzen immer um ein Vielfaches geringer als in Kleinasien. Die kriegerischen Ereignisse während der Völkerwanderungszeit haben ihre Zahl noch weiter dezimiert.7 Zudem verfing sich die griechische Missionierung in den Streitigkeiten um den Arianismus und führte damit auch staatspolitisch zu einer Schwächung der Region. Am meisten aber trug zu dieser Schwächung der kirchlich-politischen Bindungen an Konstantinopel die Tatsache bei, dass, ausgenommen Thrakien und die Schwarzmeerregionen Mösiens, alle übrigen Kirchensitze bis in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts und darüber hinaus der Jurisdiktion Roms unterstanden, da die Kirche die (als vorübergehend deklarierte) sogenannte Reichstrennung von 395 nicht übernommen hatte. Die für die Osthälfte des Römischen Reiches, das dem späteren „Byzantinischen Reich“ in unserer heutigen wissenschaftlichen Nomenklatur entsprach, seit Konstantin charakteristische Einheit von Kirche und Staat war gerade in dieser politisch neuralgischen Zone durch den kirchenrechtlichen Einfluss Roms nicht gewährleistet und vielfach auch konkret nicht gegeben. In der älteren byzantinistischen Forschung, die überwiegend auch die (Neu-)Gründung Konstantinopels mit der „Gründung“ oder dem „Beginn“ des Byzantinischen Reiches gleichsetzte, spielte die Frage von Kontinuität und Diskontinuität mit dem Römischen Reich der Antike (bis ins 6. Jahrhundert) eine große Rolle.8 Auch wenn diese Diskussion heute überwiegend ein Teil der Wissenschaftsgeschichte geworden ist (der aber sehr zur Klärung der Zeitgrenzen beigetragen hat), bleiben die Balkanprovinzen ein Musterbeispiel für das Weiterleben der Problematik oder doch ein Beispiel für die Berechtigung der Frage: Wieso hat an keiner Stelle im östlichen Teil des Römischen Reiches (oder geographisch gesehen im Osten der italienischen Halbinsel) die antike Welt ein so deutliches, entschiedenes und oft auch abruptes Ende gefunden wie in diesem Raum, Griechenland eingeschlossen? Der Neubeginn im Sinne einer Re-Byzantinisierung, der geographisch unterschiedlich zwischen dem 7./8. Jahrhundert (Griechenland) und dem 10./11. Jahrhundert (Bulgarien) anzusetzen ist, ist ganz unter dem Aspekt von Konstantinopel als Hauptstadt zu sehen und hätte ohne diesen neuen Mittelpunkt nicht erfolgen können. Zu Recht hat die Forschung im Mangel fast jeglicher Kontinuität zwischen Antike und Mittelalter besonders auf der Balkanhalbinsel eine der zentralen Trennungslinien zwischen dem römisch-spätantiken und dem byzantinischen Staat gesehen.9

danubiennes de l’empire Romain. Paris 1918; Hans-Dieter Döpmann, Bulgarien als Treffpunkt von östlichem und westlichem Christentum in frühbyzantinischer Zeit, in: Renate P,0illinger (Hg.), Spätantike und frühbyzantinische Kultur Bulgariens zwischen Orient und Okzident. Referate, gehalten im Rahmen eines gemeinsam mit dem Bulgarischen Forschungsinstitut in Österreich organisierten Arbeitsgesprächs vom 8. bis 10. November 1983. Wien 1986, 57–69, schreibt (64): „das 5. und 6. Jh. erweist sich als eine Blütezeit des kirchlichen Lebens auf dem Balkan. In allen größeren Orten gab es Bistümer“. Diese Behauptung müsste in erster Linie durch archäologische Funde bestätigt werden, da die Listen kirchlicher Versammlungen und geographische Städtelisten (wie der Synékdemos) ein chronologisch uneinheitliches Bild bieten. 7

Siehe dazu die Verteilung städtischer Siedlungen auf Karte 15 bei Michael F. Hendy, Studies in the Byzantine Monetary Economy, c. 300 – 1450. Cambridge 1985, 74.

8 G.[ünther]

Weiss, Antike und Byzanz. Die Kontinuität der Gesellschaftsstruktur, Historische Zeitschrift 224 (1979), 529–560, dazu Alexander Kazhdan/Giles Constable, People and Power in Byzantium. An Introduction to Modern Byzantine Studies. Washington 1982, 117–139 (Kapitel: „Continuity or Change: Byzantium through the Years“).

9

Argumente und Literatur: Peter Schreiner, Byzanz, 565 – 1453. München 4 2011, 148f.

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537

Teil II: 1. Byzanz in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

1 .2

WISSENSCHAFTSGESCHICHTLICHE VORBEMERKUNGEN

1 .2 .1 Vom Humanismus zu den Pionieren 10 Ansätze zu einer eigenständigen Geschichtsschreibung im Balkanraum gehen schon auf das 15. Jahrhundert zurück.11 Die früheste dem Raum zwischen Donau und Adria gewidmete Darstellung stammt aus der Feder des Ragusaner Benediktiners Mauro Orbini (ca. 1540 – 1611/14), doch liegen ihm zum Teil höchst umstrittene Quellen (wie die Chronik des Priesters von Diokleia) zugrunde.12 Weitgehend unbeachtet blieb der erste Abriss zur Geschichte der Herrscherfamilien im Balkanraum, verbunden mit einem historischen Kommentar auf der Basis der byzantinischen Geschichtsschreiber im Pariser Corpus, in der Historia Byzantina von Charles du Cange.13 Bis in jüngste Zeit unbekannt war das Archivium tripartitum inclytae provinciae Bulgariae aus der Feder des biographisch wenig greifbaren (ungarischen?) Franziskaners Blasius Kleiner, das wohl 1761 verfasst wurde.14 Die modernen Bearbeiter dieser Ausgabe sind den zugrunde liegenden Quellen nicht nachgegangen, doch scheint es, dass in erster Linie oder ausschließlich das Pariser (oder vielleicht vom Abfassungsort her eher das Venezianer) Corpus der byzantinischen Geschichtsschreiber verwendet wurde. Die in Frankreich und England am Ende des 18. Jahrhunderts entstandene Geschichtsschreibung zum Byzantinischen Reich folgt überwiegend dem Schema byzantinischer Historiker und deren konstantinopolitanischen Geschichtsbild, in dem den Balkanländern (ebenso wie anderen Reichsteilen) nur marginale und punktuelle Bedeutung zukommt. Die frühen Gesamtdarstellungen

10

Einen wissenschaftsgeschichtlichen Überblick bringt auch Vasil Gjuzelev, Zaraždanie na naučnoto napravlenie v bălgarskata medievistika [Die Entstehung einer wissenschaftlichen Richtung in der bulgarischen Mediävistik], in: ders., Săčinenija v pet toma [Werke in fünf Bänden]. Bd. 1: Apologija na Srednovekovieto. Pokrăstvane i christijanizacija na bălgarite [Apologie des Mittelalters. Bekehrung und Christianisierung der Bulgaren]. Sofija 2013, 150–169.

11

Dieser Bereich wurde erst in allerjüngster Zeit auf breiter und gründlicher Basis erforscht von Konrad Petrovszky, Geschichte schreiben im osmanischen Südosteuropa. Eine Kulturgeschichte orthodoxer Historiographie des 16. und 17. Jahrhunderts. Wiesbaden 2014.

12 Mauro

Orbini, Il regno dei Slavi hoggi corrottamente detti Schiavoni. Historia. München 1985 (Nachdr. d. Ausg. aus Pesaro v. 1601); obwohl diese Abhandlung keine neuen Informationen bringt, verrät sie doch bemerkenswerte Quellenstudien. So hat Orbini für die frühe byzantinisch-bulgarische Geschichte die (lat.) Übers. der Historia Tripartita des Anastasius Bibliothecarius herangezogen (vgl. Peter Schreiner, „De Bulgarorum originibus“. Frühe gedruckte Nachrichten zu den Bulgaren, in: Rosina Kostova [Hg.], Srednovekovnijat čovek i negovijat svjat. Sbornik v čest na 70-ta godišnina na prof. d.i.n. Kazimir Popkonstantinov [Der mittelalterliche Mensch und seine Welt. Festschrift Kazimir Popkonstantinov]. Veliko Tărnovo 2014, 103–116); für alle Teile des Werkes von Orbini verdient die Quellenfrage nochmals aufgenommen zu werden, zumal die Untersuchung von Miroslav Pantić in der Einleitung zur serbischen Übersetzung des Regno dei Slavi (Kraljevstvo Slovena. Beograd 1968, XI–CVIII) kaum bekannt ist.

13

Carolus [Charles] du Fresne du Cange, Historia Byzantina duplici commentario illustrata. Prior familias ac stemmata imperatorum Constantinopolitanorum complectitur, alter descriptionem urbis Constantinopolitanae. Paris 1680, 305–325 (der hier behandelte historische Abschnitt „series historica et genealogica rerum Bulgariae“).

14

Francisco Javier Juez Galvez (Hg.), Blasii Kleiner Archivium tripartitum inclytae provinciae Bulgariae. Madrid 1997 (lat. Text mit span. Übers.).

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Wissenschaftsgeschichtliche Vorbemerkungen

von Claude Le Beau und Edward Gibbon schreiben ihre byzantinischen Quellen mit eigenen Worten und Interpretationen aus,15 und auch spätere Darstellungen geben einer Regionalgeschichte oder einem regionalgeschichtlichen Schwerpunkt keinen gesonderten Raum.

Es gibt auch Ausnahmen, und sie betreffen gerade das südöstliche Europa. Die Anfänge einer byzantinischen Regionalgeschichte gehen auf Jakob Philipp Fallmerayer und seine „Geschichte des Kaiserthums Trapezunt“ sowie auf seine „Geschichte der Halbinsel Morea“ zurück, die im vorliegenden Zusammenhang allein interessiert. Fallmerayer legt (im ersten Band) den Schwerpunkt ganz auf den Wandlungsprozess im Balkanraum zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert und greift speziell jene byzantinischen Quellen heraus, die diesen Zeitraum behandeln.16 Aber auch sein Ziel war letztlich die Geschichte der Peloponnes. Inhaltlich, doch ideologisch zum Teil in starkem Gegensatz, steht in seiner Folge die „Geschichte Griechenlands“ von Carl Hopf.17 Im Gesamtrahmen eines zweitausendjährigen historischen Zusammenhanges behandeln George Finlay und Gustav F. Hertzberg die Geschichte der Balkanprovinzen des Römischen und Byzantinischen Reiches, jedoch mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der Geschichte Griechenlands.18 Erst Konstantin Jireček, um diesen Abriss mit einem Gelehrten des 19. Jahrhunderts enden zu lassen, widmete sich in modern wissenschaftlicher Weise in seiner „Geschichte der Bulgaren“ (1876) wieder zentral dem Balkan,19 gefolgt von einer „Geschichte der Serben“ zur frühen und mittelalterlichen Geschichte des westlichen Balkanraumes,20 während die 1765 verfasste, aber erst seit 1914 im Druck zugängliche „Slavobulgarische Geschichte“ des Paisij Chilendarski eher den Anfang einer nationalbulgarischen Geistesgeschichte darstellt.21 15 Claude

Le Beau, Histoire du Bas Empire en commençant à Constantin le Grand. Bde. 12–13. Paris 1767 – 1786; Edward Gibbon, The History of the Decline and the Fall of the Roman Empire. 12 Bde. London 1786 – 1788.

16

Jakob Philipp Fallmerayer, Geschichte der Halbinsel Morea. 2. Bde. Stuttgart, Tübingen 1830 und 1836; zur wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung s. Oliver Jens Schmitt, Ist Fallmerayer der Begründer der historischen Südosteuropaforschung?, in: Claudia Märtl/Peter Schreiner (Hgg.), Jakob Philipp Fallmerayer (1790 – 1861). Der Gelehrte und seine Aktualität im 21. Jahrhundert. Konferenz der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Kommission für interdisziplinäre Südosteuropaforschung der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (München, 6. Juni 2011). München 2013, 93–103, und Peter Schreiner, An den Anfängen einer geschichtlichen Darstellung des byzantinischen Reiches. Mit unedierten Scripten Fallmerayers aus der Nachlass-Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek im Anhang, in: ebd., 33–92.

17 Carl

Hopf, Geschichte Griechenlands vom Beginn des Mittelalters bis auf die neuere Zeit. 2 Bde. New York 1960 (Nachdr. d. Leipziger Ausg. v. 1867–1868).

18 George

Finlay, A History of Greece from its Conquest by the Romans to the Present Time. B. C. 146 to A. D. 1864. In 7 volumes. Bd. 4: Mediaeval Greece and the Empire of Trebizond. A. D. 1204 – 1461. Oxford 1877; Gustav Friedrich Hertzberg, Geschichte Griechenlands seit dem Absterben des antiken Lebens bis zur Gegenwart. Bd. 1: Von Kaiser Arkadius bis zum lateinischen Kreuzzuge. Gotha 1876.

19 Konstantin 20

Jireček, Geschichte der Bulgaren. Prag 1876.

Ders., Geschichte der Serben. Gotha 1911; siehe ebenso die aktualisierte serbische Übersetzung: Istorija Srba. Bd. 1: do 1537. Politička istorija [Geschichte Serbiens. Bd. 1: bis zum Jahr 1537. Politische Geschichte]. Beograd 1981.

21 Paisij

Chilandarski, Istorija slavjanobolgarskaja. Stăkmi za pečat po părvoobraza Jor. Ivanov [Altbulgarische Geschichte. Nach dem Original zum Druck vorbereitet von Jor. Ivanov]. Sofija 1914; zur bulgarischen

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Teil II: 1. Byzanz in Südosteuropa. Allgemeine Vorbemerkungen

1 .3

FORSCHUNGSPROBLEME

Die Interpretation der Entwicklung des unter byzantinischem Einfluss stehenden und zeitweise zum Byzantinischen Reich gehörenden südosteuropäischen Raumes ist oft recht unterschiedlichen Meinungen ausgesetzt. Dazu gehören Umfang und Intensität der slawischen Ansiedlung im griechischen Raum, die Bedeutung von Völkerbewegungen in den späteren Jahrhunderten (Bulgaren, Serben, Albaner, Valachen), die Staatsgründung des bulgarischen Reiches, das Verhältnis von bulgarischer und byzantinischer Staatsmacht, der Einfluss des serbischen Reiches, die Bedeutung der Kreuzzüge, insbesondere des Vierten, und das Vordringen der Osmanen bei unterschiedlichen politischen Konstellationen. Die Ursachen vieler unterschiedlicher Meinungen liegen in der Präponderanz byzantinischer schriftlicher Quellen und dem Mangel der eigenen unter den südosteuropäischen Völkern. Aber selbst byzantinische Quellen lassen oft über viele Jahrzehnte diesen Raum beiseite, wenn er für die auf Konstantinopel und den Kaiser bezogene Politik, die allein im Zentrum der Geschichtsschreibung steht, gerade keine Rolle spielt. Bis zum Beginn des 9. Jahrhunderts gibt es überhaupt nur drei Historiker, die Nachrichten über diesen Raum bringen (Theophýlaktos Simokátes, 7. Jahrhundert; Nikephóros Patriarches, 9. Jahrhundert; Theophánes Confessor, 9. Jahrhundert). Allein der Historiker Johannes Skylítzes (10./11. Jahrhundert) hat dem (seit 1014) wieder großenteils byzantinischen Südosteuropa ein deutliches Interesse entgegengebracht, wie auch der überwiegende Teil seiner handschriftlichen Überlieferung in diese Regionen führt.22 Das Fehlen einer erzählenden und großenteils (und dann sehr späten) annalistischen Geschichtsschreibung im orthodoxen Südosteuropa23 und das lange Fehlen eigener nationaler Quellen bei manchen Völkern (Vlachen, Albaner) führt zu einem kaum vermeidbaren Übergewicht der interpretatio byzantina. Das reiche eigene Schrifttum ist ganz auf das Interesse von Kirche und Mönchtum ausgerichtet und widmet weltlichen Dingen kaum Raum. Vorgänge von zentraler Bedeutung wie Zuwanderungen oder Staatsgründungen (Bulgarien) werden in der byzantinischen Geschichtsschreibung allein unter dem Gesichtspunkt eines neuen Gegners festgehalten, der nur insoweit interessiert, als es die eigene Politik berührt. Völker und Stämme, die frühestens seit dem 7. Jahrhundert mit der staatlichen Kultur des Byzantinischen Reiches und seit dem Ende des 9. Jahrhunderts mit dessen kirchlicher Kultur in Kontakt traten, werden in der Forschung eher unter dem Gesichtspunkt ihres byzantinischen Elementes (das in den Quellen aller Art vorwiegend greifbar ist) betrachtet als unter dem eigenen. Es fehlt vielfach an einem Pendant, das diese Gewichtung verändern kann, so dass eine ausgeglichene Deutung immer Schwierigkeiten bereitet.

Geschichtsschreibung siehe ausführlich Ivan Dujčev, Übersicht über die byzantinische Geschichtsschreibung, in: Veselin I. Beševliev/Johannes Irmscher (Hgg.), Antike und Mittelalter in Bulgarien. Berlin 1960, 51–69. 22 Peter

Schreiner, Johannes Skylitzes und Bulgarien, in: Georgi Petrov Bakalov/Ivan Džambov (Hgg.), Meždunarodna konferencija „Vizantijskoto kulturno nasledstvo i Balkanite“, septemvri 6 – 8.9.2001 [Internationale Konferenz „Das byzantinische kulturelle Erbe und der Balkan“, 6. – 8.9.2001]. Plovdiv [ca. 2002], 26–31.

23

Siehe dazu auch Petrovszky, Geschichte schreiben.

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Forschungsprobleme

Da den schriftlichen Quellen kaum mehr neue Interpretationen abgewonnen werden können und die Entdeckung neuer (Einzelnotizen, Marginalia, Inschriften) sehr begrenzt ist, muss, auch zur Eruierung der Ereignisgeschichte, die Erforschung der materiellen Kultur, der historischen Topographie,24 der Topolinguistik,25 der Siedlungsgeschichte und die Archäologie insgesamt stärker in den Mittelpunkt gestellt werden,26 Bereiche, in denen noch erhebliche Forschungsdefizite bestehen. Gewinnung und Beherrschung des Raumes lässt sich nur durch die archäologische Untersuchung der Siedlungen ermessen, wie sie (im bulgarischen Bereich) jüngst Tschavdar Kirilov und Andrey Aladzhov vorgelegt haben.27 Aber auch solche Untersuchungen zeigen noch große Diskrepanzen in der Datierung, die den Mangel schriftlicher Nachrichten schmerzlich erkennen lassen. Die epigraphische Forschung kann hier noch weitere Aufschlüsse bringen, wenn sie (unter Beachtung internationaler Normen) systematisch und flächendeckend vorgeht.28 Eine wesentliche Forderung bleibt dabei die Veröffentlichung der Grabungsergebnisse und ihre Einbeziehung in einen historischen Gesamtkontext.29

24

Siehe dazu die Bände der Tabula Imperii Byzantini, aber auch die Studien von Petăr Koledarov, Političeskaja geografija na srednovekovnata bălgarska dăržava [Die politische Geographie des mittelalterlichen bulgarischen Staates]. 2 Bde. Sofija 1979 – 1989.

25 Phaidon

Malingoudis, Studien zu den slavischen Ortsnamen Griechenlands. Bd. 1: Slavische Flurnamen aus der messenischen Mani. Wiesbaden 1981; Gottfried Schramm, Ein Damm bricht. Die römische Donaugrenze und die Invasionen des 5. – 7. Jahrhunderts im Lichte von Namen und Wörtern. München 1997.

26

Florin Curta hat in zahlreichen Arbeiten die Bedeutung der archäologischen Quellen nachdrücklich herausgearbeitet (s. beispielsweise ders., Text, Context, History, and Archeology. Studies in Late Antiquity and the Middle Ages. Bucureşti 2009, bzw. ders., The Making of the Slavs. Cambridge, New York 2001), dabei aber die Ankettung an schriftliche Nachrichten zum historischen Verständnis oft nicht genügend beachtet oder zumindest unterschätzt.

27 Tschavdar

Kirilov, Die Stadt des Frühmittelalters in Ost und West. Archäologische Befunde Mitteleuropas im Vergleich zur östlichen Balkanhalbinsel. Bonn 2006; Andrey Aladzhov, The Byzantine Empire and the Establishment of the Early Medieval City in Bulgaria, in: Falko Daim/Jörg Drauschke (Hgg.), Byzanz – Das Römerreich im Mittelalter. Bd. 3: Peripherie und Nachbarschaft. Regensburg 2010, 113–158.

28 Phaidon

Malingoudis, Die mittelalterlichen kyrillischen Inschriften der Hämus-Halbinsel. Bd. 1: Die bulgarischen Inschriften. Thessalonike 1979 (mehr nicht erschienen); Kazimir Popkonstantinov/Otto Kronsteiner (Hgg.), Starobălgarski nadpisi [Altbulgarische Inschriften]. 2 Bde. Salzburg 1994 – 1997; siehe zu griechischen Inschriften im thrakischen Raum Cathérine Asdracha, Inscriptions protobyzantines et byzantines dans la Thrace orientale et de l’île d’Imbros (IIIe –XVe siècles). Présentation et commentaire historique. Athènes 2003.

29

Beispielhaft unter diesem Aspekt Galina Fingarova, Die Baugeschichte der Sophienkirche in Sofia. Wiesbaden 2011.

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541

Walter Pohl *

→ KARTE X

2. B  ARBARISCHE HERRSCHAFTSBILDUNGEN IN SPÄTANTIKE UND FRÜHBYZANTINISCHER ZEIT

2.1

WAHRNEHMUNGEN UND QUELLEN

2 .1 .1 Das Bild der „Barbaren“ und Steppenvölker Unsere Informationen zu den Barbaren der Spätantike und des Frühmittelalters beruhen fast ausschließlich auf den Berichten ihrer gebildeten Gegner, später auch Untertanen. Ihre Vorurteile haben zum Teil noch die moderne Forschung beeinflusst. Deshalb soll diesem Kapitel ein Überblick der Fremdwahrnehmungen vorangestellt werden, auf denen unsere Quellen aufbauen. „Barbaren“ ist der Sammelbegriff, der sich in der Forschung für die außerrömische Bevölkerung oder für von ihr abstammende Gruppen auf dem Boden des Imperiums durchgesetzt hat. Er entspricht der griechisch/lateinischen zeitgenössischen Terminologie, vermittelt aber ein Geflecht abwertender Stereotypen und Vorurteile. Das lautmalerische Wort entstand ja als Nachahmung des „Gebrabbels“ der Nichtgriechen und wurde rasch mit teils sehr verächtlichen Zuschreibungen angereichert. Für den wissenschaftlichen Gebrauch ist das ein Nachteil; doch steht kein unproblematischer, ähnlich umfassender Terminus zur Verfügung. Auch „Nichtgriechen“/„Nichtrömer“ definiert ja eine vielfältige Bevölkerung durch das, was ihr aus der Außensicht fehlt, nämlich ihr Griechen- oder Römertum. Es ist daher zumindest nötig, uns über die in dem Begriff mitschwingenden Vorstellungen Rechenschaft abzulegen. Barbarenbilder wurden in vielerlei Genres der schriftlichen Überlieferung transportiert, in Reden und Briefen, Dramen und Gedichten, vor allem aber in der Geschichtsschreibung und Ethnographie.1 Barbaren galten als wild und unzivilisiert, unstet und treulos, grausam und gierig, schmutzig und in Felle gekleidet, sie tranken ungeheure Mengen unvermischten Weins, kannten in ihrer Prunksucht kein Maß, und ihre Frauen, wahre Amazonen, waren oft ebenso kämpferisch wie sie selbst. Dabei waren sie tapfer und ertrugen allerlei Entbehrungen viel leichter als die Angehörigen der Mittelmeerzivilisation. Deshalb waren sie als Soldaten sehr begehrt: In der Zeit des Prinzipats dienten sie in eigenen Auxiliar-Einheiten; seit dem 4. Jahrhundert wurde auch die

*

Diese Forschungen wurden vom Fonds zur wissenschaftlichen Forschung in Österreich (FWF) im Rahmen des SFB F 42 „VISCOM“ gefördert. Ich danke Falko Daim für wichtige Hinweise und kritische Lektüre des Textes sowie Nicola Edelmann für die formale Korrektur.

1 Kilian

Lechner, Hellenen und Barbaren im Weltbild der Byzantiner. Die alten Bezeichnungen als Ausdruck eines neuen Kulturbewußtseins. München 1954; Yves-Albert Dauge, Le Barbare. Recherche sur la conception romaine de la barbarie et de la civilisation. Bruxelles 1981; Klaus E. Müller, Geschichte der antiken Ethnographie und ethnologischen Theoriebildung. Wiesbaden 1986.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-18

543

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

reguläre römische Armee zunehmend mit Soldaten barbarischer Herkunft aufgefüllt.2 Barbaren wie der Vandale Stilicho, der Gote Gainas oder der Alane Aspar erreichten die höchsten KommandoPositionen. Das schuf ein beträchtliches Spannungsverhältnis zwischen der beiderseitigen Integrationsbereitschaft und den weiter virulenten Vorurteilen. Die römischen Barbarenbilder waren also durchaus flexibel. Die Anpassung an die spätantike Zivilisation konnte je nachdem als bewundernswerte Leistung gelobt oder als lächerlich verspottet werden. Eine der schärfsten Attacken gegen die Aufnahme gotischer „Skythen“ in Armee und Provinzen stammt von Synesios von Kyrene in „De regno“, einer belehrenden Lobrede auf Kaiser Arcadius.3 Durch die Christianisierung wurden die Vorstellungen von den Barbaren noch komplexer. Zunächst waren die Barbaren aus Sicht des christlichen Römers zudem noch Heiden, und die beiden Elemente des Fremdstereotyps blieben auch im Mittelalter eng verflochten. Durch die Bekehrung eines Barbaren war der wesentliche Schritt von der Fremdheit zur Gemeinschaft getan; das konnte wiederum durch Kirchenspaltungen weitgehend zunichte gemacht werden, zum Beispiel durch das arianische (eigentlich homöische) Bekenntnis der Goten.4 Selbst wo sie Heiden blieben, kamen den Barbaren wichtige Rollen im göttlichen Heilsplan zu: Die natürliche Moral der unverdorbenen Barbaren konnte als Mahnung an sündhafte Christen beschworen werden, wie Mitte des 5. Jahrhunderts bei Salvian.5 Barbareneinfälle waren als Strafe Gottes für die Sünden der Christen zu erklären; die Hunnen galten daher als virga furoris Dei, der Stock des Zornes Gottes.6 Die Barbaren des Nordens wurden nach ethnographischen Kategorien gegliedert; vor allem unterschied man zwischen Germanen (aus griechischer Sicht lange mit den Kelten gleichgesetzt) und Skythen. Den beiden Gruppen wurden auch verschiedene Lebensweisen und unterschiedliches Aussehen zugeschrieben; während die Germanen groß, blond und stattlich waren und vorwiegend zu Fuß kämpften, waren die Skythen Reiterkrieger und meist hässlich und kleinwüchsig. Ganz zum Unterschied von der modernen Kategorisierung nach sprachlichen und oft auch rassischen Kriterien galten die Goten der Spätantike als Skythen, da sie in den Steppen oder ihren Nachbarregionen siedelten und vielfach als Reiterkrieger auftraten.7 Für Südosteuropa bedeutet das, dass die hier geschichtswirksam werdenden Barbaren vor allem als Skythen betrachtet wurden. Deshalb ist hier noch auf das Bild von den Skythen/Steppenvölkern einzugehen. Die Steppenvölker der eurasischen Steppen waren aus der Sicht ihrer europäischen Nachbarn in der Antike wie im Mittelalter die Barbaren schlechthin. Ammianus Marcellinus berichtete gegen Ende des 4. Jahrhunderts von den Hunnen; sie lebten, ja schliefen auf ihren Pferden und seien

2

Alexander Demandt, Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian, 284–565 n. Chr. München 2 2007; Hugh Elton, Warfare in Roman Europe, AD 350–425. Oxford 1996.

3

Synésios de Cyrène. Bd. 5. Opuscules 2. Texte établi par Jacques Lamoureux. Trad. et commenté par Noël Aujoulat. Paris 2008, 108–114.

4

Guido M. Berndt/Roland Steinacher (Hgg.), Arianism. Roman Heresy and Barbarian Creed. Farnham 2014.

5

Salviani presbyteri Massiliensis. Libri qui supersunt rec. Carolus Halm. Berolini 1877.

6

Siehe unten Kap. 2.2.4.

7

Siehe unten Kap. 2.2.3.

544

HGSOE, Bd. 1

Wahrnehmungen und Quellen

deshalb schlecht zu Fuß, äßen Fleisch nur roh und tränken Blut, scheuten feste Gebäude und überträfen an Wildheit und Grausamkeit alle anderen Völker.8 Diese Beschreibung der erst vor kurzem im Blickfeld des Imperiums aufgetauchten Hunnen stützt sich auf eine lange Tradition klassischer Ethnographie, die bis auf Herodots Schilderung der Skythen zurückgeht.9 Ganz ähnliche Wahrnehmungsmuster finden wir später bei Awaren und Ungarn, und danach wieder bei Mongolen und Osmanen. Liudprand von Cremona wollte wissen, dass die Ungarn das Blut der Erschlagenen tränken, um noch mehr Schrecken zu erregen.10 Ein sehr barbarisches Ungarnbild vertrat noch im 12. Jahrhundert der babenbergische Bischof und Gelehrte Otto von Freising, dessen Bruder Adalbert übrigens mit der Schwester des Ungarnkönigs Béla II. (1131 – 1141) verheiratet war: „Die genannten Ungarn haben ein häßliches Gesicht, tiefliegende Augen, kleinen Wuchs, wilde Sitten und eine barbarische Sprache; man muß daher wirklich das Schicksal anklagen oder vielmehr sich über Gottes Langmut wundern, dass er ein so schönes Land solchen menschlichen Monstern – Menschen kann man sie ja nicht nennen – ausgeliefert hat.”11 Christliche Autoren übernahmen die antiken Steppenvölker-Stereotypen und ergänzten sie in unterschiedlichem Maß durch heilsgeschichtliche und oft auch apokalyptische Elemente. Den Khagan der Awaren beschrieb Theodor Synkellos in seinem Bericht von der Belagerung Konstantinopels 626 als „verderbliche Brut des ewigen bösen Geistes; er zeigte sich als Sohn des Teufels“, allerdings fügte der Autor hinzu: „nicht nach Notwendigkeit der Natur, sondern nach eigener Entscheidung, und alle teuflische Verworfenheit verkörperte sich in ihm.“12 Auch der einzige Barbarenherrscher, der bis dahin Konstantinopel je direkt angegriffen hatte, war also nicht von Natur aus schlecht. Verbreitet war die Identifikation von Steppenvölkern mit den biblischen Reitern der Apokalypse, den Völkern Gog und Magog der Johannes-Offenbarung (die wiederum auf eine ähnliche Stelle bei Ezechiel zurückgehen). Die Identifikation von Goten und Hunnen mit Gog und Magog war vom 4. bis zum 7. Jahrhundert unter christlichen Autoren heftig diskutiert worden; der Kirchenvater Hieronymus verwendete sie, während Augustinus sie ablehnte.13 Die Debatte 8

Ammianus Marcellinus. Römische Geschichte. Lateinisch und Deutsch. Mit Komm. vers. von Wolfgang Sey­ farth. Bd. 4. Berlin 1971, 31,3.

9

Otto Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen. Eine Analyse ihrer historischen Dimension. Wien, Köln, Graz 1978, 2–11.

10

Liudprand von Cremona. Antapodosis, in: MGH SS rer. Germ. 41. Hg. Joseph Becker. Hannover, Leipzig 3 1915, 1–158, 2,2, 36f.

11

Ottonis Gesta Friderici I. imperatoris, in: MGH SS rer. Germ. 46. Rec. G.[eorg] Waitz, curavit B.[ernhard] von Simson. Hannoverae, Lipsiae 1912, 1–161, 1,32, 50. Deutsch in: Bischof Otto von Freising und Rahewin. Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica. Übers., Hgg. Adolf Schmidt/Franz-Josef Schmale. Darmstadt 4 2000, 1,33, 193.

12

Theodorus Syncellus. Traduction et commentaire de l’homélie écrite probablement par Théodore le Syncelle sur le siège de Constantinople en 626. Hg. Ferenc Makk. Szeged 1975, 4f., 12; Walter Pohl, Die Awaren. Ein Steppenvolk in Mitteleuropa, 567–822 n. Chr. München 3 2015, 6.

13

Ezechiel 38,1–11; Apokalypse 20,7–8; Andrew R. Anderson, Alexander’s Gate, Gog and Magog, and the En­ closed Nations. Cambridge/MA 1932; Franz Bäuml (Hg.), Attila. The Man and His Image. Budapest 1993; Johannes Giessauf, Barbaren – Monster – Gottesgeißeln. Steppennomaden im europäischen Spiegel der Spät­antike und des Mittelalters. Graz 2006.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

wiederholte sich beim Auftauchen der Ungarn im Karpatenbecken; ein bald nach 900 geschriebener Brief des Bischofs Remigius von Auxerre argumentierte im Sinn des Augustinus gegen ihre Identifikation mit Gog und Magog.14 Die apokalyptischen Schreckensvisionen der Zeitgenossen konnten allerdings später zur Selbstdarstellung positiv gewendet werden. Der führende Intellektuelle seiner Zeit, Isidor von Sevilla, ließ im 7. Jahrhundert in seiner Gotengeschichte ohne negative Konnotation die Goten vom biblischen Gog abstammen, und die humanistischen Gelehrten am Hof des Matthias Corvinus führten stolz die Magyaren auf Magog zurück – beides ließ sich aus den etymologischen Vorstellungen der Zeit ableiten.15 Die in der Erinnerung aufbewahrte Fremdheit konnte bei Bedarf immer wieder als Selbstbild wie als Feindbild mobilisiert werden, gerade wenn die tatsächlichen Unterschiede sich längst aufgelöst hatten. Weniger bekannt ist, dass sich in unseren Quellen vereinzelt auch recht positive Wertungen der Barbaren finden. Das steht (wie in der Germania des Tacitus) oft im Kontext expliziter oder impliziter Zivilisationskritik, die Barbaren als unverdorbenes Gegenbild stilisierte. In diesem Sinn erzählt Prískos von einem ehemaligen römischen Kriegsgefangenen, der am Hunnenhof Karriere gemacht hatte und nun das einfache Leben der Hunnen mit Streitsucht, Neid und Steuerdruck im Römerreich kontrastierte.16 Johannes von Ephesos lobte Ende des 6. Jahrhunderts die Großzügigkeit der awarischen Eroberer von Sirmium (Sremska Mitrovica): Ihre Barmherzigkeit, die in Predigten verbreitet wurde, ist der Bewunderung der Christen würdig, aber auch ihrer Verdammung für diejenigen, die ihren Mitknechten gegenüber nicht solche Milde, ihren Verwandten nicht solches Mitleid zeigen.17

Auch wenn solche Nachrichten genauso topisch sind wie negative Stereotypen, sollten sie nicht ganz vernachlässigt werden. Der Historiker Prískos war auf seiner Gesandtschaftsreise zu Attila vom Hunnenkönig offensichtlich sehr beeindruckt und zeichnet ein im Wesentlichen positives Bild von ihm, das den Stereotypen direkt widersprach: Er hebt seine einfache Kleidung, die Mäßigung beim Essen und Trinken, die Geduld als Gerichtsherr und sein politisches Geschick hervor.18 Eine Folge der klassischen ethnographischen Tradition war es auch, dass neue Völker von Griechen und Römern häufig mit alten Namen bezeichnet wurden. Für alle europäischen Steppenvölker 14

R. C. Huygens (Hg.), Un témoin de la crainte de l’an 1000. La lettre sur les Hongrois, Latomus 15 (1956), H. 2, 225–239; siehe dazu Maximilian Diesenberger, Die Steppenreiter aus dem Osten – eine exegetische Herausforderung, in: Michael Stürzlinger (Hg.), Im Schnittpunkt frühmittelalterlicher Kulturen. Niederösterreich an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert. Die Vorträge des 27. Symposiums des Niederösterreichischen Instituts für Landeskunde, Hainburg. 3. bis 6. Juli 2007. Pölten 2008, 150–167.

15

Isidore of Sevilla. History of the Kings of the Goths, in: Conquerors and Chroniclers of Early Medieval Spain. Übers., Hg. Kenneth Baxter Wolf. Liverpool ²1999, 79–110; Bäuml (Hg.), Attila; András Róna-Tas, Hungarians and Europe in the Early Middle Ages. Budapest 1999, 423–438.

16

Priskos. Fragmenta, in: The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. Bd. 2: Text, Translation and Historical Notes. Übers., Hg. Roger C. Blockley. Cambridge 1983, 222–401, fr. 11,3.

17

Iohannis Ephesini Historiae ecclesiasticae pars tertia. Ed. [et] interpretatus est E.[rnest] W. Brooks. Lovanii 1964 (Reprint), 5,32, 256.

18

Priskos (ed. Blockley), fr. 11,3f.

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Wahrnehmungen und Quellen

des ersten nachchristlichen Jahrtausends ist der pauschale Gebrauch des Namens „Skythen“ bezeugt, der zu einer ethnographischen Kategorie geworden war. Auch der Hunnenname wurde in der Spätantike oft als übergeordnete Kategorie verwendet, was durch die vielen Gruppen dieses Namens durchaus adäquat war, auch wenn die Zuordnung im Einzelnen nicht der Selbstzuschreibung entsprechen mochte. Im Übrigen kam es häufig zu Namensübertragungen älterer Völker auf neuere im selben Gebiet. Deshalb wurden die Awaren in den Quellen auch Hunnen genannt, die Ungarn Hunnen und Awaren – letzteres allerdings nur im Westen. In Byzanz war für die Ungarn vor allem der Türkenname gebräuchlich. Byzantinische Autoren verwendeten für die Ungarn noch zahlreiche weitere, teils sehr alte Bezeichnungen, unter anderem Geten, Gepiden, Daker, Myser, Ugrovlachoi, Ugrier, Hunnen, Pannonier, Sarmaten und Skythen.19 Solche Namensübertragungen bedeuten selbstverständlich nicht, dass die verschiedenen Träger dieser Namen tatsächlich miteinander identifiziert werden könnten. Sie erleichterten aber den Zeitgenossen die Orientierung und waren gelegentlich propagandistisch nützlich. Die Awarenzüge Karls des Großen wurden nicht zuletzt dadurch gerechtfertigt, dass man nun den (awarischen) „Hunnen“ abnehmen könne, was diese einst unter Attila ihren Nachbarn geraubt hätten.20 Zeitgenossen wie moderne Geschichtswissenschaft haben die in Mittel- und Südosteuropa lebenden Steppenvölker des Frühmittelalters oft als Nomaden bezeichnet. Wahrscheinlich wäre es jedoch besser, den suggestiven Begriff „Nomadismus“ nicht zur Beschreibung von Hunnen, Awaren, Bulgaren und Ungarn zu verwenden. Denn zum Ersten wissen wir recht wenig über die tatsächliche Lebens- und Wirtschaftsweise vor allem der ersten Generationen der hier einziehenden Völker. Wo zeitgenössische Quellen den Begriff „nomadisierend“ (griechisch nomadikós, oder lateinisch peragrans) verwenden, geschieht das meist in moralisierender Absicht.21 Zum Zweiten ist in den weiten Steppen Eurasiens mit einer Vielfalt von Lebensweisen und ihrem Ineinandergreifen zu rechnen, wie es ja schon Herodot bei den Skythen beschreibt. Drittens aber wissen wir, dass große Teile der Neuankömmlinge in Europa sehr bald sesshaft wurden; Prískos beschreibt bei den Hunnen feste Dörfer, und die Archäologen haben auch bei den Awaren schon eine Reihe fester Siedlungen erschlossen.22 Entscheidendes Charakteristikum aller drei Steppenreiche im Karpatenbecken ist nicht der Grad der Sesshaftigkeit, sondern dass die herrschende Schicht von Reiterkriegern gebildet wurde. Ihr Erfolg beruhte nicht zuletzt auf hochspezialisierter Pferdezucht. Dazu waren bestimmte Umweltbedingungen, aber nicht unbedingt ständige oder saisonale Migrationen vonnöten. Man

19

Gyula Moravcsik, Byzantinoturcica. Bd. 2: Sprachreste der Türkvölker in den byzantinischen Quellen. Berlin 2 1958, 302. Siehe auch Róna-Tas, Hungarians and Europe, 271–314.

20

Josef Déer, Karl der Große und der Untergang des Awarenreiches, in: Helmut Beumann (Hg.), Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben. Bd. 1: Persönlichkeit und Geschichte. Düsseldorf 1967, 719–791; Pohl, Die Awaren.

21

Zum Beispiel für die Ungarn in Annales Fuldenses sive Annales regni Francorum Orientalis ab Einhardo, Ruodolfo, Meginhardo Fuldensibus Seligenstadi, Fuldae, Mogontiaci conscripti; cum continuationibus Ratisbonensi et Altahensibus. Post ed. G. H. Pertzii recogn. Fridericus Kurze. Hannoverae 1891, a. 894, 125. Siehe auch Wandern, Weiden, Welt erkunden. Nomaden in der griechischen Literatur. Ein Quellenbuch. Übers., Hgg. Michaela Rücker/Christine Taube/Charlotte Schubert. Darmstadt 2013; Alexander Weiss (Hg.), Der imaginierte Nomade. Formel und Realitätsbezug bei antiken, mittelalterlichen und arabischen Autoren. Wiesbaden 2008.

22

Priskos (ed. Blockley), fr. 11.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

sollte daher von Steppenreichen sprechen, die von Reiterkriegern getragen wurden, nicht von Nomadenreichen und (Halb-)Nomaden.

2.1 .2 Lateinische und griechische Quellen Die Geschichte der Barbaren Südosteuropas bis zum 9. Jahrhundert kennen wir (abgesehen von den bulgarischen Inschriften) nur aus griechischen und lateinischen (punktuell auch armenischen, syrischen oder arabischen) Berichten. Immerhin besaßen die Goten schon im 4. Jahrhundert eine eigene vernakulare Schriftlichkeit. Sie ging auf das Bekehrungswerk des Bischofs Wulfila zurück. Das Hauptzeugnis seiner Bemühungen ist die gotische Bibelübersetzung, die in einer im 6. Jahrhundert in Ravenna angefertigten Prunkhandschrift erhalten ist, dem Codex Argenteus (heute in Uppsala).23 Weitere in Italien überlieferte kürzere Texte sind Spuren einer in den spätantiken Balkanprovinzen entwickelten gotischen Liturgie und Kirchensprache.24 Von Hunnen und Awaren sowie von den Ungarn vor der Christianisierung gibt es so gut wie keine eigenen Schriftquellen. Die Ausnahme sind einige kurze Runeninschriften aus awarischen Zusammenhängen.25 Sicher den Awaren zuordenbar ist eine kurze Inschrift auf einem Knochen, der in einem Grab von Szarvas gefunden wurde. Vermutlich awarisch ist der Schatz von Nagyszentmiklós (heute Sânnicolau Mare), auf dessen Goldgefäßen sowohl Runen als auch kurze Inschriften in griechischen Buchstaben zu finden sind.26 Schon der griechisch geschriebene Text auf Schale 21 ist nicht leicht zu lesen, enthält aber den Titel „Boila Zoapan“: Das erste Element ist ein bei den Bulgaren bezeugter Rangtitel, das zweite ist wohl als Župan zu deuten. Für die Runentexte sind mehrere Entzifferungen vorgeschlagen worden, sowohl auf turksprachlicher als auch auf mongolischer Grundlage, was bei so kurzen Texten hypothetisch bleiben muss.27 Leider lässt sich aus den relativ wenigen awarischen Titeln und Namen, die überliefert sind, ähnlich wie bei den Hunnen nicht einmal die Sprachfamilie des Awarischen ableiten; vieles davon ist dem Namengut mehrerer Völker und Sprachen gemeinsam. Andere Quellen mit Selbstaussagen fehlen, obwohl solche aus anderen Steppenreichen der Zeit durchaus erhalten sind, von den hunnischen Münzen aus der

23

Tönnes Kleberg, The Silver Bible at Uppsala. Uppsala 1984.

24

Elfriede Stutz, Gotische Literaturdenkmäler. Stuttgart 1966; Piergiuseppe Scardigli, Die Goten. Sprache und Kultur. München 1973.

25

Walter Pohl, The Avars. A Steppe Empire in Central Europe, 567–822. Ithaca/NY 2018, 272.

26

Csanád Bálint, Der Schatz von Nagyszentmiklós. Archäologische Studien zur frühmittelalterlichen Metallgefäßkunst des Orients, Byzanz’ und der Steppe. Budapest 2010; Falko Daim u. a. (Hgg.), Der Goldschatz von Sânicolau (ungarisch: Nagyszentmiklós). Mainz 2018.

27

András Róna-Tas, Die Inschriften des Schatzes von Nagyszentmiklós, inTibor Kovács (Hg.): Gold der Awaren. Der Goldschatz von Nagyszentmiklós. Budapest 2002 (Ausstellungskatalog), 120–129; István Vásáry, Geschichte des frühen Innerasiens. Herne 1999.

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Wahrnehmungen und Quellen

Peripherie des Sassanidenreiches über die alttürkischen Orchon-Inschriften zu den bulgarischen Reliefs von Madara.28 Das bedeutet, dass wir unsere Nachrichten über die Verhältnisse an der mittleren Donau vom 5. bis zum 9. Jahrhundert aus den lateinischen und griechischen Berichten der Zeitgenossen schöpfen müssen. Manche Schlüsselereignisse sind in vielen Geschichtswerken bezeugt, wenn auch meist nur knapp, etwa das Vordringen der Hunnen nach Europa, die Kriegszüge Attilas nach Gallien und Italien sowie das Ende der Hunnenherrschaft; die Besetzung des Karpatenbeckens durch die Awaren, ihre Belagerung von Konstantinopel und ihre Niederlagen gegen die Heere Karls des Großen. Viele Texte behandeln Angriffe von Reiterkriegern auch in rein topischer Form als narrative Versatzstücke; etwa siedeln viele hagiographische Texte in Gallien ihre Wunderberichte im Kontext rein fiktiver Attacken der Hunnen auf die jeweilige Stadt an. Nur einige Werke geben ausführlichere Informationen, die Rückschlüsse auf die politischen Verhältnisse in den Steppenreichen und ihre Beziehungen zum Römischen Reich und andern Nachbarstaaten erlauben. Vom Erscheinen der Hunnen in Europa und seinen Folgen bis zur Schlacht bei Adrianopel 378 berichtet zeitnahe und aus Sicht eines heidnischen Offiziers im Ruhestand Ammianus Marcellinus. Über die militärischen Ereignisse hatte er gute Informationen, doch seine ethnographischen Exkurse über die Alanen und die (ihm zufolge ungleich barbarischeren) Hunnen sind wenig mehr als eine verdichtete Sammlung alter Topoi. Außergewöhnlich ist der Augenzeugenbericht des Prískos von einer Gesandtschaftsreise an den Hof Attilas im Donau-Theiß-Zwischenstromland 449/450. Leider ist sein Geschichtswerk, wie manche der Epoche, nur mehr in Fragmenten erhalten (vorwiegend in der Sammlung des Konstantin Porphyrogénnetos), sodass zwischen den Gesandtenberichten die Kriegsereignisse nur undeutlich hervortreten.29 Fragmentarisch erhalten ist auch das Werk des Malchos, bietet aber einige detaillierte Berichte von den Zügen der Ostgoten in den Balkanprovinzen in den 470er und 480er Jahren.30 Einen breiteren Überblick der Geschichte Südosteuropas bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts gibt die vieldiskutierte Getica des Jordanes, wahrscheinlich auf der Grundlage einer Gotengeschichte des Cassiodor, Senator und leitender Beamter im italischen Ostgotenreich.31 Jordanes war gotischer Herkunft, und seine Familie war im Dienst gotisch-alanischer Föderaten an der unteren Donau aufgestiegen. Die groß angelegte Konstruktion der Getica setzt die Goten mit Skythen, Amazonen, Geten und Dakern gleich und fügt dazu noch die Legende von der gotischen Herkunft aus Skandinavien sowie einen Stammbaum der Dynastie der Amaler bis zurück auf den nordischen Gott Gaut/Gapt. Umstritten ist, wie weit die Getica aus mündlicher

28

Michael Alram, Das Antlitz des Fremden. Die Münzprägung der Hunnen und Westtürken in Zentralasien und Indien. Wien 2016; Sergej G. Klyashtornyj. Old Turkic Runic Texts and History of the Eurasian Steppe. Hgg. Victor Spinei/Cristina Spinei. Bucharest 2008; Veselin Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften. Sofia 1979; Daniel Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht. Die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter (7.–9. Jahrhundert). Köln 2007, 189–198; Kiril Petkov, The Voices of Medieval Bulgaria, Seventh-Fifteenth Century. The Records of a Bygone Culture. Leiden 2008, 3–13.

29

Priskos (ed. Blockley).

30

Malchos, in: The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire, Bd. 2, 401–455.

31

Iordanis Romana et Getica. Rec. Theodorus Mommsen. Berolini 1882 (Nachdr. München 1982), 53–200.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Überlieferung schöpfen konnte; doch wäre die eher unorganische Einfügung skandinavischer Ursprünge in die konsequente Aneignung der ethnographischen Abfolge Skythen-Geten-DakerGoten kaum zu erklären, wenn sie nicht gotischen Herkunftsvorstellungen entsprochen hätte.32 Die Barbareneinfälle auf der Balkanhalbinsel während des Gotenkrieges (535–552) werden in Prokops Gotenkrieg recht eingehend behandelt; er schildert auch die Auseinandersetzungen zwischen Langobarden und Gepiden im Karpatenbecken.33 Über die awarische Reichsbildung und das Umfeld der ersten Einfälle in die Balkanprovinzen bis zur Eroberung von Sirmium 582 unterrichtet Menander Protector; auch bei den Fragmenten seines Werkes bleiben allerdings die eigentlichen Kriegsereignisse meist ausgespart.34 Ganz erhalten und teils sehr detailliert sind die Feldzugsschilderungen des Theophýlaktos Simokates für die Zeit zwischen 582 und dem Sturz des Mauríkios 602, auch wenn manches aus der Distanz von etwa einem halben Jahrhundert etwas durcheinander geraten scheint.35 Im 7. Jahrhundert nehmen die Nachrichten ab. Mehrere recht zeitgenössische Texte (das Chronicon Paschale, eine Predigt des Theodor Synkellos, ein Gedicht des Pisides) beleuchten die awarische Belagerung von Konstantinopel 626.36 Die Aufstände zu dieser Zeit im Westen des Awarenreiches schildert die sogenannte Fredegar-Chronik.37 Einige relevante Informationen finden sich aus der Sicht Konstantinopels in den Chroniken des Theophánes Confessor sowie des Patriarchen Nikephóros.38 Aus italischer Perspektive bietet die Langobardengeschichte des Paulus Diaconus Einblicke vom 6. bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts.39 Knappe Informationen zur letzten

32

Johannes Weissensteiner, Cassiodor/Jordanes als Geschichtsschreiber, in: Anton Scharer/Georg Scheibel­ reiter (Hgg.), Historiographie im frühen Mittelalter. Wien, München 1994, 308–325; Walter Goffart, The Narrators of Barbarian History (A. D. 550–800). Jordanes, Gregory of Tours, Bede and Paul the Deacon. Princeton/ NJ 1988; Alheydis Plassmann, Origo gentis. Identitäts- und Legitimitätsstiftung in früh- und hochmittelalterlichen Herkunftserzählungen. Berlin 2006; Arne Søby Christensen, Cassiodorus, Jordanes and the History of the Goths. Studies in a Migration Myth. Kopenhagen 2002, mit jeweils unterschiedlichen Ansätzen.

33

Prokop. Werke. Hg. Otto Veh. Bde. 2–4 (Kriege). München 1966–1971. Averil Cameron, Procopius and the Sixth Century. Berkeley/CA 1985.

34

Menander (Protector). The History of Menander the Guardsman. Hg., Übers. Roger C. Blockley. Liverpool 1985.

35

Theophylaktos Simokates. Geschichte. Übers. Peter Schreiner. Stuttgart 1985.

36

Chronicon Paschale, 284–628 AD. Übers., Hgg. Michael Whitby/Mary Whitby. Liverpool 1989; Leo Sternbach (Hg.), [Theodore Syncellus.] Homilia de Obsidione Avarica Constantinopolis. Analecta Avarica, in: Dissertationes philologicae Academiae Litterarum Cracoviensis 30 (1900), 297–365. Übersetzt von Roger Pearse, Theodore the Syncellus, Homily on the Siege of Constantinople in 626 AD (2007), unter: Ipswich 2007, 15. Januar 2018; Pisides, Bellum Avaricum, in: Giorgio di Pisida. Poemi. Bd. 1: Panegirici epici. Ed. critica, trad. e commento a cura di Agostino Pertusi. Ettal 1959, 176–200.

37

Herwig Wolfram/Herbert Haupt/Andreas Kusternig (Hgg.), Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts. Die vier Bücher der Chroniken des sogenannten Fredegar. Fontes historiam saeculorum septimi et octavi illustrantes. Darmstadt 1982.

38

The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813. Übers., Hgg. Cyril Mango/Roger Scott. Oxford 1997; Nikephoros. Patriarch of Constantinople. Short History. Text, Translation and Commentary by Cyril Mango. Washington/DC 1990.

39

Pauli Historia Langobardorum. Edentibus L.[udwig] Bethmann et G.[eorg] Waitz. Hannoverae 1878.

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Wahrnehmungen und Quellen

Phase des Awarenreiches enthalten die Annales regni Francorum sowie andere karolingerzeitliche Annalen. Schließlich versammelt das De administrando imperio des Konstantin Porphyrogénnetos wertvolle, wenn auch aus einer Distanz von bis zu drei Jahrhunderten teils auf Rückprojektionen gebaute Nachrichten über die Barbaren des Nordens.40

2.1 .3 Forschungsgeschichtliche Verortung Die Erforschung der südosteuropäischen Barbarenvölker war seit dem 19. Jahrhundert von drei Strömungen beeinflusst, die weltanschaulich und daher auch wissenschaftlich recht unterschiedliche Akzente setzten. Die erste und älteste dieser Richtungen baute kontinuierlich auf den Fremdvölkertopoi der zeitgenössischen Quellen auf und spann diese Feindbilder fort, meist im Kontext mehr oder weniger aktueller „Feinde aus dem Osten“, die explizit oder implizit mit den frühmittelalterlichen Barbarenvölkern verknüpft wurden. Auch die Berichte von hunnischen, awarischen oder ungarischen, aber auch gotischen oder slawischen Verwüstungen zivilisierter Länder fanden immer wieder Interesse und stützten sehr unterschiedliche Argumentationslinien. Vor allem in der Diskussion über die Gründe für den „Fall Roms“ spielten die Hunnen eine große Rolle, da man ihnen den Anstoß zur großen Völkerwanderung zuschrieb. Im späteren 18. Jahrhundert fragte sich Edward Gibbon, ob eine solche verheerende Invasion von Völkern aus dem entfernten Osten auch in seiner Zeit noch dem Britischen Empire gefährlich werden könnte (was er verneinte).41 Anfang des 19. Jahrhunderts behauptete Jakob Philipp Fallmerayer, die Griechen seiner Zeit seien nicht die Erben der alten Hellenen, da diese durch die Einfälle der Barbaren, von den Goten bis zu den Awaren, praktisch ausgerottet worden seien.42 Das Stereotyp der „Renner und Brenner“, deren Politik nur auf die Ausplünderung und Verwüstung möglichst weiter Landstriche ausgerichtet sei, hielt sich in der Steppenvölkerforschung bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.43 Der zweite Kontext, der die moderne Erforschung der frühmittelalterlichen Barbaren insgesamt prägte, war der Nationalismus, der seit dem 19. Jahrhundert besonders die Beschäftigung mit den nationalen Ursprüngen in der Völkerwanderungszeit und mit den mittelalterlichen Staatsbildungen förderte.44 Das betrifft auch die hier zu behandelnden Völker, obwohl einige davon bald nach dem Zerfall ihrer Reiche aus der europäischen Geschichte verschwanden. Vor allem die ungarische 40

Constantine Porphyrogenitus. De administrando imperio. Bd. 1. Übers., Hgg. Gyula Moravcsik/Romilly J. H. Jenkins. New, rev. ed. Washington/DC 1967; Bd. 2: Commentary. Ed. by R. J. Jenkins. London 1962.

41

Edward Gibbon. The History of the Decline and Fall of the Roman Empire. Hg. David Womersley. 3 Bde. London 1994.

42

Claudia Märtl/Peter Schreiner (Hgg.), Jakob Philipp Fallmerayer (1790–1861). Der Gelehrte und seine Aktualität im 21. Jahrhundert. München 2013, mit dem Beitrag von Walter Pohl, Ethnische Identitäten in Südosteuropa als Forschungsproblem, 143–154.

43

Arnulf Kollautz/Hisayuki Miyakawa, Geschichte und Kultur eines völkerwanderungszeitlichen Nomadenvolkes. Die Jou-Jan der Mongolei und die Awaren in Mitteleuropa. 2 Bde. Klagenfurt 1970.

44

Siehe z. B. Walter Pohl, National Origin Narratives in the Austro-Hungarian Monarchy, in: Patrick J. Geary/ Gábor Klaniczay (Hgg.), Manufacturing Middle Ages. Entangled History of Medievalism. Leiden 2013, 13–50.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Nationalgeschichtsschreibung nahm sich der Erforschung aller drei im Karpatenbecken beheimateter Steppenreiche an.45 Das führte dazu, dass im 20. Jahrhundert die ungarische Forschung, vor allem Archäologie und Sprachwissenschaft, in diesem Feld viele wesentliche Beiträge lieferte, die weiter westlich nicht immer adäquat rezipiert wurden. Doch verstrickte es diese Studien auch mehr oder weniger in nationale Betrachtungsweisen, die Kontinuität und Eigenständigkeit der Steppenvölker des Karpatenbeckens betonten. Wie das schon ungarische Chroniken des Mittelalters getan hatten, wurden die Ungarn in unterschiedlicher Weise als direkte Nachkommen Attilas, der Awaren und/oder der Onoguren und Bulgaren des 6./7. Jahrhunderts am Schwarzen Meer gesehen. Darüber hinaus führte die Suche nach der magyarischen „Urheimat“ (schon an sich ein ahistorischer Ansatz) zu kühnen Hypothesen, worin die Ursprünge der Ungarn über ein Jahrtausend in die Räume östlich des Urals zurückverfolgt wurden – ein Geschichtsmythos, der etwa bei der Feier des Millecentenariums der Landnahme im Jahr 1997 bei einer großen Ausstellung im Nationalmuseum als historische Tatsache präsentiert wurde.46 Diesen expansiven ungarischen Geschichtskonstruktionen standen ähnlich ehrgeizige Entwürfe benachbarter Nationalgeschichten gegenüber. Der Deutschnationalismus beruhte nicht zuletzt auf der Aneignung der „germanischen“ Vergangenheit; Goten und Gepiden wurden als „deutsche Stämme“ betrachtet.47 Die slawische Altertumskunde entwickelte, unter dem Einfluss des Panslawismus, Vorstellungen von urtümlicher slawischer Kultur und Zusammengehörigkeit.48 Im Grenzraum zwischen Slowenien und Österreich kam es noch nach 2000 zu erregten historischen Debatten über die Zugehörigkeit der Kärntner Slowenen.49 Bei den Kroaten suchte man sich (vor allem in der Ustaša-Zeit) durch gotische oder iranische Ursprünge von den Serben abzusetzen.50 Der Mythos der dakoromanisch-rumänischen Kontinuität, der besonders unter Ceauşescu gepflegt

45

Kritischer Überblick bei Csanád Bálint, A Contribution to Research on Ethnicity. A View From and On the East, in: Walter Pohl/Mathias Mehofer (Hgg.), Archaeology of Identity – Archäologie der Identität. Wien 2010, 145–182.

46

Siehe Mihály Szegedy-Maszák (Hg.), National Heritage – National Canon. Budapest 2001. Kritisch János M. Bak, Über einige Geschichtsmythen in Ungarn. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, in: Heidi Hein-Kircher/ Hans Henning Hahn (Hgg.), Politische Mythen im 19. und 20. Jahrhundert in Mittel- und Osteuropa. Marburg 2006, 147–157.

47

Ingo Wiwjorra, Der Germanenmythos. Konstruktion einer Weltanschauung in der Altertumsforschung des 19. Jahrhunderts. Darmstadt 2006.

48

Sebastian Brather, Slawenbilder. „Slawische Altertumskunde“ im 19. und 20. Jahrhundert, Archeologické rozhledy 53 (2001), 717–751.

49

Peter Štih, On Nationalized History, Myths and Stereotypes, in: ders., The Middle Ages Between the Eastern Alps and the Northern Adriatic. Select Papers on Slovene Historiography and Medieval History. Leiden 2010, 9–37.

50

Die gotische Herkunft der Kroaten verfocht zuerst der in Graz lehrende Ludwig Gumplowicz, Die politische Geschichte der Serben und Kroaten, Politisch-anthropologische Revue 1 (1902/1903), 779–789; die klassische Ausformung stammt von Kerubin Šegvić, Die gotische Abstammung der Kroaten, Nordische Welt 3 (1935), 447–465, 508–523, 570–588, 620–628 – ein Kleriker aus dem Kreis des Kardinals Stepinac. Siehe auch Stanko Guldescu, History of Medieval Croatia. Den Haag 1964.

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Wahrnehmungen und Quellen

wurde, sollte die Rumänen als ältestes der modernen Völker Südosteuropas ausweisen.51 All das führte zu unfruchtbaren Polemiken darüber, welches Volk die älteren Rechte auf bestimmte Gebiete hätte: Deutsche, Slawen, Ungarn oder Rumänen. Solche Auseinandersetzungen entzündeten sich etwa an der 1986 in Ungarn erschienenen „Geschichte Siebenbürgens“.52 Auf etwas anderer Ebene liegt eine weitere, durchaus auch national orientierte Aneignung der Geschichte der europäischen Steppenvölker; dabei dreht es sich um die Glorifizierung der „Herrenvölker“ aus der Steppe unter faschistischem Einfluss bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts. Oft wurde diesen Völkern (auch den Hunnen) dabei eine iranische, das heißt „indogermanische“ bzw. „arische“ Herkunft zugeschrieben.53 Der dritte Zusammenhang, in dem die Erforschung der südosteuropäischen Steppenvölker seit dem 19. Jahrhundert stand, ist schwerer ideologisch zuzuordnen. Auf abenteuerlustige Forscher ganz unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung hatte die Welt der eurasischen Steppe gerade in der Frühzeit ihrer wissenschaftlichen Erforschung große Faszination ausgeübt. Später stand statt kühnen Expeditionen, völkerkundlichen Studien und der Entdeckung unbekannter Kulturschätze entlang der Seidenstraße eher die intellektuelle Herausforderung im Mittelpunkt, die zahlreichen Sprachen und unterschiedlichen Quellen zu meistern, die für eine profunde Kenntnis der Geschichte Zentralasiens nötig sind. Dieser Auseinandersetzung verdankt auch die Erforschung der europäischen Steppenreiche viele Anregungen; dieses Feld war immer schon auf Interdisziplinarität angewiesen. Diese Forscher neigten allerdings lange dazu, die Erkenntnismöglichkeiten knapper Nachrichten und oft unklarer Informationen sehr optimistisch einzuschätzen und auf den Fragmenten weitreichende Konstruktionen und Modelle aufzubauen, die nicht einfach auf die europäischen Steppenvölker übertragen werden können.54 Ein weiteres methodisches Problem ergab sich aus den geschilderten Zugängen zur Steppenforschung. Völker, so meinte man, könnten der Geschichtserzählung Kontinuität verleihen – denn die Steppenreiche zerfielen meist schon nach wenigen Generationen, was einen staatengeschichtlichen Zugang recht kurzatmig machte. Dazu gab es zwei methodische Ansätze: Erstens konnte mit philologischen oder auch rassenkundlichen Befunden versucht werden, unterschiedliche Völker als Teile eines Volkes oder einer Völkerfamilie zu verstehen, also etwa als Iranier, Türken, Mongolen oder Ungarn. Dieser vielfach unreflektiert übernommene Ansatz setzt aber voraus, dass Sprache in jedem Fall identitätsbestimmend sein muss; auch verwandte Sprachen müssten demnach ein Gemeinschaftsgefühl ihrer Sprecher zur Folge haben. Das ist allerdings keineswegs selbstverständlich;

51

Nicolae Iorga, Geschichte des rumänischen Volkes im Rahmen seiner Staatsbildungen. 2 Bde. Gotha 1905. Zur Kritik: Lucian Boia, History and Myth in Romanian Consciousness. Budapest 2001.

52

Béla Köpeczi (Hg.), Erdély Története három kötetben [Geschichte von Siebenbürgen in drei Bänden]. Bd. 1. Budapest 1986. Engl. Ausgabe: History of Transylvania. Bd. 1. Boulder/CO 2001. Die rumänische Position: Dumitru Protase, La continuité Daco-Romaine. Cluj-Napoca 2001.

53

Franz Altheim u. a., Geschichte der Hunnen. 5 Bde. Baden-Baden 1959 – 1962.

54

Siehe z. B. Hans W. Haussig, Theophylakts Exkurs über die skythischen Völker, Byzantion 23 (1953), 275–436; Karoly Czeglédy, From East to West. The Age of Nomadic Migrations in Eurasia, Archivum Eurasiae Medii Aevi 3 (1983), 25–126.

HGSOE, Bd. 1

553

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

oft genügen schon recht geringe dialektale Unterschiede, um Distanzbewusstsein zu erzeugen.55 Schließlich sind die Sprachen der Hunnen und Awaren sowie vieler weiterer frühmittelalterlicher Steppenvölker kaum bekannt; vieles spricht für Gerhard Doerfers Hypothese, die Hunnen hätten eine heute ausgestorbene Sprache gesprochen.56 Zudem waren die meisten Steppenreiche recht polyglott (was etwa aus dem Attila-Reich bezeugt ist57). Der zweite, quellennähere Ansatz bemühte sich um die Identifikation ähnlicher oder in unterschiedlichen Sprachen überlieferter Völkernamen.58 Das ist aus zwei Gründen in den eurasischen Steppen besonders schwierig: Erstens gibt es viele ähnlich klingende Völkernamen, die aber offenbar unterschiedliche Gruppen bezeichneten (z. B. Oguren, Onoguren, Ugrier, Ungarn). Zweitens, und das macht die Sache noch komplizierter, sind diese Namen auch in ganz unterschiedlichen Sprachen und Schriftsystemen überliefert, vom Griechischen und Lateinischen über Armenisch, Persisch und Arabisch bis zu indischen Sprachen, Sogdisch, Türkisch oder Chinesisch. Besonders letzteres macht eine Identifikation mit in anderen Sprachen überlieferten Völkernamen äußerst schwierig. Die Gleichung Tujue = Türken mag lautlich noch einleuchten, die historisch durchaus naheliegende Gleichsetzung der Xiongnu mit den Hunnen und der Rouran mit den Awaren ist sprachlich kaum mehr nachvollziehbar. Dazu kommt die Erkenntnis, dass neue Steppenreiche oder abgespaltene Gruppen oft auch die Namen anderer, einst erfolgreicher Gruppen annahmen oder sie aus einem altertümlichen kultischen Wortschatz aussuchten.59 Wir sollten also die Kontinuität ethnischer Gruppen im Steppengebiet nicht überschätzen; viele Nachrichten deuten darauf hin, dass ethnische Vermischung und Fluktuation in den raschen politischen Szenenwechseln der Steppengeschichte häufig waren. So interessant daher die Suche nach den „Ursprüngen“ der europäischen Steppenvölker sein mag, von einer genaueren Bestimmung der zentralasiatischen Herkunft ihrer Kerngruppen dürfen wir uns weniger Aufschlüsse über ihre Organisationsformen und ihre Kultur erwarten als oft angenommen wurde. Bei Hunnen, Awaren und Ungarn muss man mit weitgehender Neuzusammensetzung auf dem Weg ins Karpatenbecken und nach der Ansiedlung dort rechnen, auch wenn prestigereiche Führungsgruppen durchaus von weither gekommen sein dürften.

55 Walter

Pohl/Bernhard Zeller (Hgg.), Sprache und Identität im frühen Mittelalter. Wien 2012.

56

Gerhard Doerfer, Zur Sprache der Hunnen, Central Asiatic Journal 17 (1973), 1–50.

57

Priskos (ed. Blockley), fr. 11.

58

Zur Problematik Pohl, Die Awaren, 10–12.

59

Omeljan Pritsak, Stammesnamen und Titulaturen der altaischen Völker, Ural-Altaische Jahrbücher 24 (1952), 49–104; Hans W. Haussig, Die Geschichte Zentralasiens und der Seidenstraße in vorislamischer Zeit. Darmstadt 1983; siehe auch unten das Beispiel der Awaren.

554

HGSOE, Bd. 1

Wahrnehmungen und Quellen

2.1 .4 Kommentierte Bibliographie 60 Neuere Handbücher oder Überblickswerke zum Gegenstand gibt es kaum, denn er liegt quer zu mehreren disziplinären Scheidelinien. Erstens betrifft er sowohl byzantinische als auch westliche Themen, griechische und lateinische Quellen. Zweitens überschreitet er eine wenn auch sehr undeutlich gewordene chronologische Scheidelinie. Spätantike und Frühmittelalter bzw. byzantinische Epoche überlappen in der neueren Forschung zusehends, jedenfalls vom 4. bis zum 6., oft auch 7. Jahrhundert. Jedenfalls umfassen Gesamtdarstellungen der „Völkerwanderungszeit“ meist die Periode von ca. 375 (Ankunft der Hunnen) bis 568 (langobardische Wanderung nach Italien, Gründung des Awarenreiches im Karpatenbecken). Goten und Hunnen werden meist im westlichen Zusammenhang gesehen, Awaren und Bulgaren im östlichen. Eine Überblicksdarstellung der südosteuropäischen Barbaren- oder auch nur Steppenvölker, etwa vom 4. bis zum 10. Jahrhundert, fehlt. Knappe Übersichten im Kontext der Geschichte Südosteuropas bieten John Fine und Florin Curta.61 Ein recht breit angelegter, wenn auch in manchem überholter Sammelband ging aus einer Tutzinger Tagung 1985 hervor.62 Überblicksdarstellungen der byzantinischen Balkanprovinzen, die auch viele hier diskutierte Fragen berühren, sind im Beitrag von Peter Schreiner sehr gut erfasst (s. u. Kap. 7). Einzelne Völker sind in der Forschung häufiger behandelt worden. Die Goten sind immer schon eines der großen Themen der Völkerwanderungszeitforschung gewesen. Immer noch den besten Überblick auch für die Zeit vor der Abwanderung der West- und Ostgoten nach Italien bietet die 1979 erstmals erschienene, vielfach neuaufgelegte und übersetzte Monographie von Herwig Wolfram.63 Speziell die frühere Geschichte der Goten behandelten Edward A. Thompson,64 Peter Heather (begleitet von einem englischen Quellenbuch)65 und Michael Kulikowski.66 Umstritten ist, wie weit die archäologischen Befunde entlang historisch erschlossener gotischer Wanderwege von der Ostseeküste an das Schwarze Meer und den Karpatenbogen, in die Balkanprovinzen und

60

Siehe im Handbuch auch die bibliographischen Angaben zum althistorischen Teil (Teil I, Kap. 1) sowie die Beiträge von Peter Schreiner (Teil II, Kap. 1, 4 und 7) und Daniel Ziemann (Teil II, Kap. 3 und 10), die in vielem auch die hier dargestellten Themen betreffen. Ich halte sie hier daher kurz.

61

John V. A. Fine, The Early Medieval Balkans. A Critical Survey from the Sixth to the Late Twelfth Century. Ann Arbor/MI 1991; Florin Curta, Southeastern Europe in the Middle Ages, 500 – 1250. Cambridge 2006.

62

Bernhard Hänsel (Hg.), Die Völker Südosteuropas vom 6.–8. Jahrhundert. Symposion Tutzing 1985. München 1987.

63

Herwig Wolfram, Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. Versuch einer historischen Ethnographie. München 5 2009; siehe auch ders., Gotische Studien. Volk und Herrschaft im frühen Mittelalter. München 2005; Walter Pohl, Goths and Huns, in: James McInerney (Hg.), Companion to Ethnicity in the Ancient Mediterranean. Oxford 2015, 555–568.

64

Edward A. Thompson, The Visigoths in the Time of Ulfila. Oxford 1966.

65

Peter J. Heather, Goths and Romans. 332–489. Oxford 1991/2 1994; ders./John Matthews, The Goths in the Fourth Century. Liverpool 1991; siehe auch Peter J. Heather, The Goths. Oxford, Cambridge/MA 1996.

66

Michael Kulikowski, Rome’s Gothic Wars. From the Third Century to Alaric. Cambridge 2006.

HGSOE, Bd. 1

555

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

nach Italien und weiter jeweils den Goten zugeschrieben werden können, wie es Volker Bierbrauer und Michel Kazanski unternommen haben.67 Die Literatur zu den europäischen Hunnen, und speziell zu Attila, ist fast unüberschaubar geworden; dabei halten sich leider die neuen Einsichten oft in Grenzen,68 manches ist recht spekulativ und auf Effekt abgezielt.69 Immer noch ein Klassiker ist Otto Maenchen-Helfens World of the Huns, der vieles an der nachfolgenden Forschung geprägt hat.70 Die mehrbändige „Geschichte der Hunnen“ von Altheim ist dagegen eher ein Sammelsurium von Einzeluntersuchungen, aus einer traditionellen „Herrenvölker“-Perspektive geschrieben.71 Wertvolle, wenn auch kontroversielle und manchmal überholte Beobachtungen gibt das wiederaufgelegte Werk von Edward A. Thompson.72 Nicht leicht lesbar ist Gerhard Wirths Buch über Attila und die Hunnen, aber viele Detailfragen werden darin zuverlässig erörtert.73 Archäologische Zusammenfassungen bieten István Bóna, Bodo Anke sowie der schmalere Band von Michael Schmauder.74 Die bewegte Geschichte des Karpatenbeckens in der Völkerwanderungszeit ist nicht zuletzt in Ungarn und seinen Nachbarländern erforscht worden. László Várady hat „das letzte Jahrhundert Pannoniens“ bis 476 detailliert und mit oft recht spekulativen Rekonstruktionen dargestellt.75 István Bónas Monographie über die Epoche der Gepiden und Langobarden beruhte auf exzellenter Kenntnis des archäologischen Forschungsstandes der Abfassungszeit.76 Bald darauf hat der Verfasser dieses Kapitels die Ereignisse der Zeit zwischen Hunnen und Awaren zusammengefasst.77 Seither gibt es manches an neuen archäologischen Funden und Befunden, über das vor allem

67

Volker Bierbrauer, Die Goten vom 1. – 7. Jahrhundert n. Chr. Siedelgebiete und Wanderungen aufgrund archäologischer Quellen, in: Eldrid Straume/Ellen Skar (Hgg.), Peregrinatio Gothica III. Kongress Fredrikstad (Norwegen). Oslo 1992, 9–43, sowie Michel Kazanski, Les Goths. Ier –VIIe après J.-C. Paris 1991.

68

Etwa in Klaus Rosen, Attila. Der Schrecken der Welt. München 2016.

69

Hyun Jung Kim, The Huns, Rome and the Birth of Europe. Cambridge 2013.

70

Otto Maenchen-Helfen, Welt der Hunnen. Herkunft – Geschichte – Religion – Gesellschaft – Kriegsführung – Kunst – Sprache. Wiesbaden 1997.

71 Altheim,

Geschichte der Hunnen.

72

Edward A. Thompson/Peter J. Heather, The Huns. The Peoples of Europe. Oxford, Cambridge/MA ²1996.

73

Gerhard Wirth, Attila. Das Hunnenreich in Europa. Stuttgart, Berlin, Köln 1999.

74

István Bóna, Das Hunnenreich. Budapest, Stuttgart 1991; Bodo Anke, Studien zur reiternomadischen Kultur des 4. bis 5. Jahrhunderts. 2 Bde. Weißbach 1998; Michael Schmauder, Die Hunnen – ein Reitervolk in Europa. Darmstadt 2009.

75

László Várady, Das letzte Jahrhundert Pannoniens 376–476. Budapest 1969.

76

István Bóna, Der Anbruch des Mittelalters. Gepiden und Langobarden im Karpatenbecken. Budapest 1976.

77

Walter Pohl, Die Gepiden und die Gentes an der mittleren Donau nach dem Zerfall des Attilareiches, in: Herwig Wolfram/Falko Daim (Hgg.), Die Völker an der mittleren und unteren Donau im 5. und 6. Jahrhundert. Wien 1980, 240–305.

556

HGSOE, Bd. 1

Wahrnehmungen und Quellen

Sammelbände und Ausstellungskataloge einen Überblick bieten.78 Die kleineren Barbarenvölker des Karpatenbeckens behandelte zuletzt Roland Steinacher.79 Für die Awaren kann der Verfasser auf ein eigenes Werk verweisen, eine 1988 erschienene Monographie, die 2018 in weitgehend überarbeiteter Übersetzung auf Englisch erschien.80 Zuvor hatten Arnulf Kollautz und Hisayuki Miyakawa, in etwas unsystematischer Form, und Alexander Avenarius, bewundernswert gedankenreich unter schwierigen Bedingungen nach der russischen Besetzung der Tschechoslowakei, Monographien über die Awaren vorgelegt.81 Die awarische Archäologie ist vielleicht das am raschesten expandierende Feld der Frühmittelalter-Archäologie, mit mindestens 60.000 ausgegrabenen Gräbern der Awarenzeit im Karpatenbecken, viele davon mit oft reichen Beigaben.82 Die Geschichte des frühmittelalterlichen Ostalpen- und Donauraumes einschließlich Pannoniens bis zum 9. Jahrhundert hat Herwig Wolfram untersucht.83 Von ihm stammt auch eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit einer Hauptquelle zum 9. Jahrhundert, der Conversio Bagoariorum et Karantanorum, zuletzt überarbeitet wiederaufgelegt in Ljubljana.84 Einen breiten Überblick zum Frühmittelalter im heutigen Slowenien und seinen Nachbargebieten bieten ein mehrbändiges, von Rajko Bratož herausgegebenes Sammelwerk und eine Aufsatzsammlung von Peter Štih.85

78

Wilfried Menghin/Tobias Springer/Egon Wamers (Hgg.), Germanen, Hunnen und Awaren. Schätze der Völkerwanderungszeit. Die Archäologie des 5. und 6. Jahrhunderts an der mittleren Donau und dem östlich-merowingischen Reihengräberkreis. Nürnberg 1987 (Ausstellungskatalog); Jürgen Bemmann/Michael Schmauder (Hgg.), Kulturwandel in Mitteleuropa. Langobarden – Awaren – Slawen. Bonn 2008; Morten Hegewisch (Hg.), Die Langobarden – Das Ende der Völkerwanderung. Bonn, Darmstadt 2008 (Ausstellungskatalog).

79

Roland Steinacher, Rom und die Barbaren. Völker im Alpen- und Donauraum (300–600). Stuttgart 2016.

80 Pohl,

Die Awaren; ders., The Avars. Siehe auch ders., Huns, Avars, Hungarians – Comparative Perspectives Based on Written Evidence, in: Jürgen Bemmann/Michael Schmauder (Hgg.), The Complexity of Interaction Along the Eurasian Steppe Zone in the First Millennium CE. Bonn 2015, 693–702.

81 Kollautz/Miyakawa,

Geschichte und Kultur eines völkerwanderungszeitlichen Nomadenvolkes; Alexander Avenarius, Die Awaren in Europa. Amsterdam 1974. Auf Serbisch erschien Jovan Kovačević, Avarski kaganat. Beograd 1977.

82

Csánad Bálint, Die Archäologie der Steppe. Steppenvölker zwischen Wolga und Donau vom 6. bis zum 9. Jahrhundert. Wien 1988 (im Kontext der osteuropäischen Steppen); Falko Daim, Avars and Avar Archaeology. An Introduction, in: Hans-Werner Goetz/Jörg Jarnut/Walter Pohl (Hgg.), Regna and Gentes. The Relationship between Late Antique and Early Medieval Peoples and Kingdoms in the Transformation of the Roman World. Leiden, Boston 2003, 463–570; Csanád Bálint, The Avars, Byzantium and Italy. A Study in Chronology and Cultural History. Budapest 2019.

83

Herwig Wolfram, Grenzen und Räume. Geschichte Österreichs vor seiner Entstehung 378–907. Wien 1995. Kürzerer Überblick: Walter Pohl, Von der römischen Herrschaft bis zur Karolingerzeit (15 v. Chr. bis 907), in: Thomas Winkelbauer (Hg.), Geschichte Österreichs. Stuttgart 2015, 33–62.

84

Conversio Bagoariorum et Carantanorum. Das Weißbuch der Salzburger Kirche über die erfolgreiche Mission in Karantanien und Pannonien. Herausg., übers., kommentiert und um die Epistola Theotmari wie um gesammelte Schriften zum Thema erg. von Herwig Wolfram. Ljubljana ²2012.

85 Bratož

(Hg.), Slovenija in sosednje dežele; Štih, The Middle Ages.

HGSOE, Bd. 1

557

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

2 .2

 IE BARBAREN UND DIE UMWANDLUNG D DER RÖMISCHEN WELT (300 – 365)

2 .2 .1 „Völkerwanderung“ und „Fall Roms“ Im populären Geschichtsbild ist immer noch die Vorstellung vorherrschend, die „Barbaren“ hätten das Römische Reich zerstört. Ob das (aus romanischer Sicht) unzivilisierte Plünderer waren, die den Untergang der klassischen Kultur hervorriefen, oder (aus deutschem Blickwinkel) moralisch überlegene Eroberer, die eine dekadente Zivilisation hinwegfegten, blieb umstritten. Seit dem 18. Jahrhundert verbreitete sich für diese Migrationsbewegungen der Begriff „Völkerwanderung“, der sich in der deutschsprachigen Forschung auch als Epochenbezeichnung durchsetzte („Völkerwanderungszeit“). In romanischen Sprachen, aber auch auf Englisch war dagegen meist von „les invasions barbares“ und ähnlich die Rede. Doch blieb die Annahme, die (vorwiegend germanischen) Barbaren hätten das Imperium Romanum zerstört, in der Forschung nicht unwidersprochen.86 Schon Edward Gibbon hatte in seinem einflussreichen mehrbändigen Werk The History of the Decline and Fall of the Roman Empire (1772–1789) die Ursache für den Untergang des Imperiums vor allem in den Auswirkungen des Christentums gesucht.87 Seither sind die Diskussionen nicht abgeflaut. Die Meinungen in der Forschung gehen schon darin auseinander, ob Rom und die klassische Zivilisation überhaupt „gefallen“ seien oder ob wir eher von einer „Umwandlung der Römischen Welt“ sprechen sollten.88 Im Laufe des 20. Jahrhunderts standen einander Verfechter von Katastrophe oder (römischer) Kontinuität gegenüber.89 Ein großes europäisches Forschungsnetzwerk der 1990er Jahre unter dem Titel The Transformation of the Roman World konkretisierte in vielen Bereichen die Vorstellung von einer allmählichen, wenn auch grundlegenden Wandlung, bei der vor allem die innere Dynamik der Entwicklung Roms entscheidend war. Das ist, in unterschiedlichen Ausprägungen, die derzeit in den Geschichtswissenschaften wohl verbreitetste Auffassung. Aus dieser Perspektive konnte man die Wanderungen und schließlich die Machtübernahme durch Barbaren als Folge, nicht als Ursache von Veränderungen der römischen Gesellschaft erklären.90 Betont wurde auch der weitgehend spätrömische Charakter der burgundischen, gotischen und fränkischen Königreiche Westeuropas.91 Auf der anderen Seite

86

Hervorragende Übersichten der Forschungsgeschichte bieten Demandt, Der Fall Roms; Wood, The Modern Origins of the Early Middle Ages.

87

Gibbon, The History (Hg. Womersley).

88

Überblick: Pohl, Die Völkerwanderung (2. Aufl); ders., Rome and the Barbarians in the Fifth Century.

89

Siehe u. a. Pohl (Hg.), Kingdoms of the Empire; ders./Reimitz (Hgg.), Strategies of Distinction; Goetz/Jarnut/Pohl (Hgg.), Regna et Gentes.

90

Am pointiertesten: Halsall, Barbarian Migrations, 507–518.

91 Geary,

558

Before France and Germany; am radikalsten: Goffart, Barbarian Tides.

HGSOE, Bd. 1

Die Umwandlung der Römischen Welt (300 – 365)

gibt es immer noch wichtige Stimmen in der Forschung, die den Barbaren die Schuld am Fall Roms und am Untergang der antiken Zivilisation geben.92 Diese Fragen vertieft zu diskutieren, ist nicht Aufgabe dieses Kapitels.93 Wichtig ist hier vor allem der Hinweis, dass die Debatten um Transformation oder Fall Roms sich immer noch zu sehr auf das Westreich konzentrieren. Der Gesamtzusammenhang sollte im Auge behalten werden. Das Ende des weströmischen Kaisertums 476 war ja keineswegs das Ende des Römischen Reiches. Noch fast ein Jahrhundert später konnte man davon ausgehen, dass ein um einige periphere Gebiete geschrumpftes Imperium sich behauptet hatte, und dass die Königreiche des Westens Teil einer gemeinsamen christlich-römischen Ökumene waren. Die direkte Herrschaft Roms endete in Britannien bereits um 410, in Italien 476 (um 535/554 wiedererrichtet zu werden), an der unteren Donau im frühen 7. Jahrhundert, in Syrien und Ägypten in den 630er und 640er Jahren. Nur im letzteren Fall handelte es sich um eine systematische und folgerichtige Eroberung durch islamische Heere. Wesentlich ist es also, die sehr verschiedenen regionalen Entwicklungen zu unterscheiden, aber auch gemeinsame Faktoren herauszuarbeiten.94 Die Balkanprovinzen sind in mancher Hinsicht ein Sonderfall. Sie waren schon im 3. Jahrhundert mehr als andere Reichsteile durch Goten- und Herulereinfälle in Mitleidenschaft gezogen worden. Die diokletianische Reform verstärkte die Investitionen entlang des Donaulimes, sodass vielerorts Militärlager ausgebaut wurden und florierende Siedlungen entstanden.95 Die Verlegung der Hauptstadt nach Konstantinopel unter Kaiser Konstantin I. (dem Großen) erhöhte die strategische Bedeutung vor allem Thrakiens und des Limes an der unteren Donau. Seit 375 führten gotische Rebellionen und hunnische Plünderungszüge zu beträchtlichen Zerstörungen; Prískos kam 449/450 auf seiner Gesandtschaftsreise durch verwüstete Landstriche, auch Naissus (Niš) war entvölkert. Im 6. Jahrhundert führte das Festungsbauprogramm, das Prokops schönfärberisches Auftragswerk De aedificiis etwas vordergründig Justinian zuschreibt, zur Konsolidierung einer nunmehr von befestigten Höhensiedlungen dominierten Siedlungslandschaft; sie ist archäologisch vielfach erschlossen.96 Um die Mitte des 6. Jahrhunderts verstärkten sich, vielleicht gerade wegen der wachsenden Prosperität, die Barbarenangriffe, für die Prokop und andere zeitgenössische Autoren Justinians ehrgeizige Kriege in Afrika, Italien und gegen die Perser und seine damit einhergehende Vernachlässigung

92 Demandt,

Die Spätantike, 593–608; Heather, The Fall of the Roman Empire; dt. Übers.: Der Untergang des Römischen Weltreichs; Ward-Perkins, The Fall of Rome.

93

Siehe Pohl, Völkerwanderung; ders., Übergänge von der Antike zum Mittelalter. Eine unendliche Debatte?, in: Michaela Konrad/Christian Witschel (Hgg.), Römische Legionslager in den Rhein- und Donauprovinzen – Nuclei spätantik-frühmittelalterlichen Lebens? München 2011, 47–61; ders., The Transformation of the Roman World Revisited.

94

Im vor allem wirtschaftlich und sozial orientierten Vergleich, leider unter Auslassung der Balkanprovinzen: Wickham, Framing the Early Middle Ages.

95

Siehe im Speziellen den Handbuchbeitrag von Bruno Bleckmann (Teil I, Kap. 3.3) sowie das althistorische Strukturkapitel in Teil I (Kap. 5).

96 Curta,

The Making of the Slavs, 120–189.

HGSOE, Bd. 1

559

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

des thrakisch-illyrischen Vorfeldes der Hauptstadt verantwortlich machten.97 Große awarische Heerzüge nach der Konsolidierung des Awarenkhaganates im Karpatenbecken, vor allem seit der Eroberung von Sirmium 582, gaben diesen Angriffen eine neue Dimension. Zeitgleich intensivierten sich niederschwelligere Raubzüge der Slawen, die nördlich der unteren Donau lebten. Bis 602 behielt Byzanz im Wesentlichen die Kontrolle über wichtige Festungen entlang der unteren Donau und versuchte sogar mehrfach, mit Offensivstößen ins Barbarenland nördlich der Donau die Ausgangsgebiete awarischer und slawischer Angriffe zu treffen. Doch diese Strategie ging nicht auf. Das Hinterland war bereits zu sehr in Mitleidenschaft gezogen. Der erneuerte Perserkrieg nach der Usurpation des Phokás, der rasch zu größeren Verlusten führte als irgendeiner der bisherigen Parther- oder Perserkriege, beschleunigte den raschen Verfall der byzantinischen Kontrolle über den Großteil der Balkanprovinzen.98 Bis auf einige Küstenstriche wurde das römische Südosteuropa zum Sonderfall. Nirgends sonst, wo das Imperium die Kontrolle verlor, vielleicht mit Ausnahme Britanniens und Noricums, wurde die römische Infrastruktur so komplett aufgegeben. Wenn es wo einen „Fall Roms“ und ein „Ende der Zivilisation“ gab (so der polemische Buchtitel von Bryan Ward-Perkins), so war das in den Balkanprovinzen der Fall: freilich nicht im 5., sondern im 7. Jahrhundert. Die Frage, wie sehr die Barbaren daran beteiligt waren, stellt sich hier anders als westlich wie östlich davon. Dieser Abschnitt des Bandes wird unseren Kenntnisstand dazu vorstellen.

2.2 .2 Migration, Integration und neue Identitäten Migrationen größerer geschlossener Gruppen im 4. bis 7. Jahrhundert waren nur ein Element einer relativ kontinuierlichen Zuwanderung von der Peripherie in die Zentren der antiken Mittelmeerkultur.99 Der Erfolg des römischen Imperiums war nicht zuletzt auf seine flexible und oft rücksichtslose Lenkung von Migrationsströmen zurückzuführen. Sein Reichtum beruhte zu wesentlichen Teilen auf der Arbeit von Sklaven, die von innerhalb oder außerhalb des Imperiums kamen und nach erfolgreichen Kriegen oder Sklavenjagden in seinen Kernländern angesiedelt wurden.100 Das waren in der Mehrzahl Arbeitskräfte, die für einfache körperliche Tätigkeiten in der landwirtschaftlichen und handwerklichen Produktion und der Hausarbeit eingesetzt wurden, aber auch Fachkräfte und Intellektuelle aus den eroberten hellenistischen Gebieten des Ostens. Vor allem für letztere waren Freilassung und sozialer Aufstieg möglich. Gesteuerte wie freiwillige Migration (etwa von Römern in die Provinzen) wurde zur Integration des riesigen Herrschaftsgebietes genützt. Militäreinheiten unterschiedlicher Herkunft wurden oft in weit entfernte Gebiete verlegt. Zunehmend 97 Sarantis,

Justinian’s Balkan Wars; Leppin, Justinian, 254–257 und 320–322; Liste der Angriffe: Curta, The Making of the Slavs, 116f.

98

Zum byzantinischen Kontext: Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates (1965), 44–77; Whittow, The Making of Orthodox Byzantium, 38–81; Haldon, Byzantium in the Seventh Century; sowie der Handbuchbeitrag von Peter Schreiner (s. u. Kap. 7).

99 Pohl, Die Entstehung des europäischen Weges. Dazu und zum Folgenden oben in Teil I Kap. 5, zu den Strukturen

des römischen und spätantiken Südosteuropa.

100 Harper,

560

Slavery in the Late Roman World.

HGSOE, Bd. 1

Die Umwandlung der Römischen Welt (300 – 365)

wurden „Barbaren“ von jenseits der Grenzen für den Dienst an Rom angeworben. Erfolgreiche Soldaten, die als Veteranen in ihre Heimat zurückkehrten, veränderten die agrarischen Gesellschaften nördlich der Donau und östlich des Rheins. Transnationale Netzwerke von spezialisierten Kriegern bildeten sich heraus. Push-, aber mehr noch Pull-Faktoren wirkten dabei zusammen, dass billige und willige Barbaren, zunehmend unter eigenen Anführern, seit dem 4. Jahrhundert den Großteil der bewaffneten Macht des Imperiums ausmachten. Ihr Aufstieg verstärkte den Zuzug. Mehr oder weniger gut integrierte römische Offiziere mit Migrationshintergrund wie Odoaker, Theoderich, Gundobad oder Chlodwig übernahmen dann im Laufe des 5. Jahrhunderts die Macht in römischen Provinzen. Gestützt auf wenige Zehntausende von Soldaten, ihre Familien und ihren Anhang, regierten sie jeweils über Gebiete mit einer Bevölkerung von mehreren Millionen.101 Ein entscheidender Vorteil dieser Heerführer barbarischer Abkunft (man könnte auch von Warlords sprechen) war, dass wesentliche Teile ihrer Truppen sich als ethnische Einheit empfanden und deshalb eher loyal blieben als Heere römischer Kommandanten, die den schwindenden Glanz Roms verkörperten. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl beruhte nicht notwendiger Weise auf tatsächlicher gemeinsamer Herkunft, sondern festigte sich durch das gemeinsame Schicksal. Es war nicht zuletzt das Resultat der Ausgrenzung und Verachtung der Barbaren, die im frühen 5. Jahrhundert bis zu Pogromen gegen die Zuwanderer führten. Selbst wo römische Generäle persönliche Loyalitäten bei ihren Truppen aufbauten, wie zum Beispiel der „letzte Römer“ Aetius, zerfielen diese nach ihrem Tod oder gingen zu ihren Gegnern über. Die Westgoten hingegen, die am Beginn des 5. Jahrhunderts viele Jahre lang als Söldner oder Feinde des Imperiums durch Italien und Gallien zogen, erhoben jedes Mal nach dem Tod eines Kommandanten einen anderen zum „König der Goten“. Herrschaft auf ethnischer Grundlage war eines der Elemente, die das werdende Europa von der klassischen Mittelmeerkultur unterschieden.102 Lange glaubte man, dass Volkszugehörigkeit vor allem durch Abstammung definiert ist, und dass die Völker, die sich in römischen Provinzen niederließen, ihre ethnischen Identitäten selbstverständlich mitgebracht hatten: Goten, Hunnen, Slawen oder Bulgaren wären demnach als mehr oder weniger geschlossene Verbände im Römerreich eingezogen. Die universale Reichsideologie des römischen Vielvölkerstaates wurde nach dieser Auffassung ersetzt durch die „gentilen“ Einheiten, die auf seinem Boden ihre Staaten errichteten.103 Nur die Kirche habe den universalen Gedanken bewahrt. Doch schon in den 60er- und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat die Mittelalterforschung zeigen können, wie komplex die Entstehungsprozesse, die „Ethnogenesen“, der Völker des Frühmittelalters verliefen.104 Zwar sind viele der Volksnamen, mit denen ab dem 5. Jahrhundert die neuen herrschenden Gruppen auf römischem Boden bezeichnet werden – Goten, Vandalen, Burgunder, Langobarden – zumindest in ähnlicher Form schon Jahrhunderte zuvor in den weiten 101 Wolfram, Das Reich und die Germanen (überarb. Neuausg.); ders., Das Römerreich und seine Germanen; Pohl,

Die Völkerwanderung (2. Aufl.). Siehe zuletzt Wiemer, Theoderich der Große, der den Zusammenhalt der Goten als „Gewaltgemeinschaft“ und mithin ihre militärische Loyalität mit dem Heerführer stark betont.

102 Pohl, 103 So

Migrations, Ethnic Groups, and State Building.

noch Wenskus, Stammesbildung und Verfassung.

104 Zur

Forschungsgeschichte: Pohl, Von der Ethnogenese zur Identitätsforschung.

HGSOE, Bd. 1

561

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Gebieten nördlich der Donau belegt. Doch die wandernden Verbände teilten sich wiederholt und bildeten sich wieder neu, wie bei den Goten anschließend zu zeigen ist. Ursprüngliche, meist kleine ethnische Gruppen vermischten sich während ihrer Wanderungen und schlossen sich zu größeren Einheiten zusammen, wobei die einzelnen Elemente sehr unterschiedlicher Herkunft sein konnten. Diese gentes waren daher im Ergebnis recht heterogen zusammengesetzt. Ihre Mitglieder konnten durchaus auch mehrere Identitäten haben, wie jener Franke, der sich auf einer pannonischen Inschrift „Francus ego cives Romanus miles in armis“ nennt, ob das Attribut Romanus sich nun auf den Bürger oder den Soldaten bezieht.105 Die bunten Pfeile, die auf Karten der Völkerwanderungszeit die Züge der einzelnen Völker durch ganz Europa darstellen, sind in dieser Hinsicht irreführend. Sie beschreiben sehr unterschiedliche Bewegungen: allmähliche Siedlungsverlagerungen, geplante Umsiedlungen, Plünderungszüge, Neustationierung von Truppen in römischen Diensten oder Fluchtbewegungen. Nie ist aber ein ganzes Volk gewandert. Immer gab es zum Beispiel mehrere gotische Gruppen: Greutungen nördlich des Schwarzen Meeres, Terwingen an der unteren Donau, Krimgoten, Kleingoten (Gothi minores) in den Balkanprovinzen, Ostrogothen und Vesi/ Visigothen, die später als Ost- und Westgoten umgedeutet wurden, Goten in römischen und hunnischen Diensten. Der Name und damit verbundene prestigeträchtige Vorstellungen und Traditionen hielten diese Gruppen zusammen und machten sie nach außen, vor allem für die Römer, wahrnehmbar.106 Bahnbrechend war auf diesem Gebiet das 1979 erschienene Buch von Herwig Wolfram über die Goten. Er führte für diese Prozesse der Neubildung von Völkern den in der Ethnologie verwendeten Begriff „Ethnogenese“ ein und berücksichtigte zugleich den Prozess der Integration der neuen Völker in der spätantiken Welt.107 Mit einiger Verspätung sind die Ansätze von Wenskus und Wolfram zum Verständnis ethnischer Prozesse der Spätantike und des Frühmittelalters kontrovers diskutiert worden; im Wesentlichen wurde dabei die Rolle der ethnischen Identitäten im Zuge der Umwandlung der römischen Welt überhaupt geleugnet.108 Das ist insofern wenig quellengerecht, als die Geschichtsschreibung der Zeit Völkern als kollektiven Akteuren eine bedeutende Rolle einräumt. Das entspricht sicherlich dem „mental mapping“ der Römer, das die Peripherien des Imperiums ordnen und kalkulierbar machen sollte. Freilich hätten die Römer ihr Imperium und die Barbarengebiete darüber hinaus nicht über ein halbes Jahrtausend unter Kontrolle halten können, wenn die Vorstellung, jenseits der Grenzen mit einer Welt von gentes konfrontiert zu sein, inadäquat gewesen wäre. Diese Einteilung

105 CIL

III 3576 = ILS 2814. Zur Lesung Romanus miles Rigsby, Two Danubian Epitaphs; siehe aber auch und die Parallelfälle von civis + Ethnonym bei Mathisen, Marriages between Romans and Barbarians, 147, und ders., „Roman“ Identity in Late Antiquity.

106 Nach dem Modell von Reinhard Wenskus, Stammesbildung und Verfassung, blieben nur Kerngruppen, die solche

Traditionen bewahrten (die „Traditionskerne“), stabil; um sie konnten sich neue Gruppen unter demselben Namen bilden. Das war ein wichtiger Schritt weg von essentialistischen Vorstellungen von einer biologischen Grundlage der Völker. Freilich überschätzte Wenskus wohl die Dauerhaftigkeit von Traditionen und Traditionskernen: siehe Pohl, Von der Ethnogenese zur Identitätsforschung.

107 Wolfram, 108 Goffart,

schung.

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Die Goten.

Barbarian Tides; Gillett (Hg.), On Barbarian Identity; Pohl, Von der Ethnogenese zur Identitätsfor-

HGSOE, Bd. 1

Die Umwandlung der Römischen Welt (300 – 365)

in gentes betraf dann auch die Barbaren auf Reichsgebiet. Das erleichterte die Kommunikation mit ihnen und ihre Rekrutierung in Einheiten der römischen Armee. Selbst dort, wo Fremdbezeichnungen nicht den gelebten Identitäten der Barbaren entsprachen, konnten sie manchmal zu Selbstbezeichnungen werden. Längerfristig setzten sich ethnische Einteilungen als Ordnungsprinzip der politischen Landschaft in Europa weithin durch. Neue Herrschaftsgebiete wurden zunächst im Westen, aber zunehmend auch in Osteuropa nach den Volksnamen benannt. Oft können wir zunächst den Gebrauch der Fremdbezeichnungen in den Quellen nachvollziehen. Erst später werden die Reiche und Fürstentümer der Bulgaren, Kroaten, Serben, Ungarn und anderer Gruppen in offiziellen oder informellen Selbstbezeichnungen fassbar. Das liegt in der Regel daran, dass Selbstaussagen gar nicht erhalten sind, kann aber in manchen Fällen auch auf schwankende Identitäten oder allmähliche Übernahme einer Fremdbezeichnung zurückgehen. Gar nicht selten hielten sich auch Übersetzungsgleichungen als Volksnamen, wie bei den Hellenen/Rhomäern = Griechen oder den Magyaren = Ungarn. Überliefert sind uns zudem in der Regel Selbstzuordnungen von Eliten, und wir wissen meist nicht, wie weit solche Identitäten in den unteren Schichten wirksam wurden. Das verhinderte freilich nicht ihre politische und kognitive Bedeutung. Klar ist jedenfalls, dass weder die frühmittelalterliche noch die heutige Geschichtserzählung ohne Volksnamen auskommen.109 Überhaupt ist die Frage, ob denn eine bestimmte Gruppe „ethnisch“ oder nicht war, wenig produktiv.110 Rein ethnische Identifikationen und Zugehörigkeiten sind die Ausnahme, nicht die Regel. Neben gens/ethnos spielten meist zugleich politische Loyalitäten (zum regnum), regionale Bindungen (zur patria), oft auch religiöses Bekenntnis eine Rolle; dazu kamen kleinräumigere Zugehörigkeiten. Es ist freilich sehr wohl von Interesse, die jeweilige Bedeutung dieser Elemente der Großgruppenbindung einschätzen zu können. Das erst erlaubt es, die Übergänge von civitas/polis, Provinz und gegebenenfalls romanitas als prägende Identitäten zu einer Einteilung nach gentes und regna nachzuvollziehen, gegenüber denen sich die römische Ordnung auch in Südosteuropa auf dem Rückzug befand. Aus der Sicht des antiken Imperiums hatte man vor allem die benachbarten Barbarengebiete nach gentes/ethnē eingeteilt; nur teilweise wurde auch die Bevölkerung von Provinzen so aufgefasst. Nun weiteten sich ethnische Kategorien auf ehemals römische Gebiete aus, und die Römer selbst galten in vielen Gegenden bald als ein Volk unter anderen. In diesem Sinn kann man Ethnizität zunächst als Einteilungsprinzip der Welt betrachten, das auch eine hierarchische Abstufung von Sammelnamen wie Germanen, Skythen oder Slawen bis hin zu kleineren Einheiten erlaubte. Dieses Schema ist uns aus zahlreichen Völkerlisten (etwa die Auflistungen der Schwarzmeervölker bei Prokop und Jordanes im 6. Jh.) vertraut. Es war nicht deckungsgleich mit den jeweiligen ethnischen Selbst-Identifikationen, beruhte aber meist auf recht guten Informationen. Die Modelle der frühmittelalterlichen „Ethnogenese“ wurden vor allem anhand der germanischen Völker in Mittel- und Westeuropa entwickelt.111 Im frühmittelalterlichen Südosteuropa

109 Pohl,

Ethnonyms and Early Medieval Ethnicity.

110 Ders.,

Introduction. Strategies of Identification.

111 Ders.,

Von der Ethnogenese zur Identitätsforschung.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

spielten zwei andere Formen ethnischer Prozesse eine wesentliche Rolle. Sowohl Steppenvölker als auch Slawen folgten zunächst nicht dem poströmischen Muster von Identitätsbildung durch Integration. Davon wird in den folgenden Teilkapiteln noch die Rede sein. Bedeutung und Ausprägungen ethnischer Identitäten unterschieden sich gerade in Südosteuropa recht gravierend. Die Goten, Gepiden und ähnliche Völker, die im 3.–6. Jahrhundert in Südosteuropa auftraten, bildeten sozial differenzierte und ethnisch unterscheidbare Verbände aus, die oft danach trachteten, sich herrschaftlich zu organisieren, aber auch als kleinere Gruppen in römischem Umfeld lange ihre Identität bewahren konnten. Expansive Steppenvölker wie Hunnen und Awaren konnten große Reiche aufbauen, in denen relativ kleine ethnische Gruppen, Dynastien oder Clans eine herausgehobene Stellung innehatten (die „königlichen Skythen“, wie das Prískos bei den Attila-Hunnen nannte). Diese Steppenreiche waren ethnisch deutlicher untergliedert und hierarchisiert als die ebenfalls polyethnischen Machtbildungen der gotischen Völker. Freilich gab es in den Perioden zwischen den Steppenimperien auch eine Machtbalance zwischen mittelgroßen Steppenreichen, wie das nach dem Zerfall des Attila-Reiches bis zum awarischen Siegeszug nördlich des Schwarzen Meeres der Fall war, als Akatziren, Utiguren, Kutriguren, Sabiren und andere hier in einem instabilen Gleichgewicht lebten; die Römer betrachteten sie als „hunnische Völker“.112 Gemeinsam war den Steppenvölkern, dass sie (mit Ausnahme kleinerer hunnischer Kontingente in der römischen Armee) nicht wie gotische Gruppen nach Integration in der spätantiken Gesellschaft strebten.113 Das taten auch die frühen Slawen nicht; doch war die frühslawische Bevölkerung ganz anders als die hunnischen und gotischen Völker organisiert. In Konstantinopel nahm man sie pauschal als Slawen wahr, für die auch der alte Name Veneter verwendet wurde (was der germanischen Fremdbezeichnung „Wenden“ entsprach). Der einzige ethnische Sondername, der im 6. Jahrhundert bezeugt ist, waren die Anten, die den Slawen zugeordnet wurden, aber an die Steppenzone angepasst waren und unter Königen lebten. Selbst wo die Byzantiner nördlich der Donau spezifische slawische Siedlungseinheiten unter namentlich bekannten Anführern attackierten, konnten sie diese nicht nach Stammesnamen differenzieren. Erst im Laufe des 7. und 8. Jahrhunderts zeichnen sich in den Quellen für die riesigen slawischen Siedlungsgebiete zwischen Ostsee und Ägäis allmählich ethnische Sondernamen ab. Die Slawen sind daher ein besonders interessanter Testfall für Konzepte von frühmittelalterlicher Ethnizität (s. u. Kap. 2.3.4).

2.2 .3 Die Goten in Südosteuropa Die Balkanprovinzen gehörten zu jenen Teilen des Reiches, die um die Mitte des 3. Jahrhunderts recht stark von Barbareneinfällen betroffen waren. Neben den schon wohlbekannten Carpen traten dabei erstmals Goten auf. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Goten mit jenen Gutonen zusammenhängen, die in den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten östlich der unteren

112 Ders.,

Die Awaren, 21–27.

113 Wolfram,

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Das Reich und die Germanen, 183–210.

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Die Umwandlung der Römischen Welt (300 – 365)

Weichsel erwähnt werden.114 Von einer Wanderung aus dieser Gothiscandza an der Ostsee in das Skythien am Pontus berichtet erst Jordanes im 6. Jahrhundert.115 Eine solche Bewegung lässt sich archäologisch gut nachvollziehen. Freilich können archäologische Mittel keinen Nachweis bieten, dass die südöstliche Ausbreitung der Wielbark-Kultur der frühen Kaiserzeit, ihr Verschwinden und der Beginn der Černjachow bzw. Sântana de Mureş-Kultur in jedem Fall Spuren einer gotischen Migration sind.116 Wie auch immer, in den Quellen zum 3. Jahrhundert erschienen angriffsbereite Goten in einem weiten Raum am Nordufer des Schwarzen Meeres und jenseits der unteren Donau. Größere gotische Plünderungszüge auf der Balkanhalbinsel begannen 238.117 Bald operierten auch gotische Kontingente in römischen Armeen. In den Jahren 250/251 stießen mehrere Heere auf Reichsboden vor und eroberten Philippopolis (Plovdiv). 251 gelang es dem Gotenkönig Kniva, das Heer des Kaisers Decius bei Abrittus (Razgrad) einzukesseln; der Kaiser und große Teile seiner Armee fielen. Neue Details über die Gotenkriege jener Jahre gehen aus den „Scythica Vindobonensia“, rezent entdeckten Fragmenten der Skythika des Dexippos, hervor.118 Demnach operierte parallel zu Kniva, allerdings weniger erfolgreich, eine gotische Gruppe unter Ostrogotha. Im Übrigen beruhen unsere Nachrichten von den Gotenkriegen des 3. Jahrhunderts vor allem auf den viel späteren Berichten der Historia Augusta, des Zosimos und des Jordanes. Eine neue Bedrohung ging ab 255 von den Goten am Schwarzen Meer aus, die sich im Verbund mit sarmatischen und bastarnischen Gruppen auf der Krim in den Besitz der bosporanischen Flotte gesetzt hatten. Sie plünderten zahlreiche Städte in den Küstenstrichen Kleinasiens. 268 war der Höhepunkt dieser (später von Goten nicht mehr bezeugten) Seezüge, als Goten gemeinsam mit Herulern in die Ägäis durchbrachen und viele Städte und Inseln plünderten, darunter Athen.119 Zugleich durchzogen westliche Goten die Balkanhalbinsel, wo sie aber in mehreren Schlachten von Claudius II. „Gothicus“ geschlagen wurden. 271 beendeten weitere Siege Aurelians diese Welle gotischer Plünderungszüge.120 Dennoch konsolidierten die gotischen Völker nun ihre Vormachtstellung in Skythien. Es entstanden drei getrennte Machtbereiche. Die Greutungen/Ostrogothen errichteten ein Steppenreich nördlich des Schwarzen Meeres, das seinen Höhepunkt Mitte des 4. Jahrhunderts unter König Ermanarich erreichte, über das wir jedoch wenig wissen.121 Nördlich der unteren Donau lag das Siedlungsgebiet der terwingischen Goten, die auch Vesier genannt wurden. Nordwestlich davon,

114 Strab.,

Geographika 7,1,3; Plin. n. h. 4,99; Tac. Germ. 44,1; Ptol., Geographika 3,5,8 (mit Lokalisierung).

115 Iordanis,

Romana et Getica (ed. Mommsen), 4,25–28, 60.

116 Wie

von Bierbrauer, Die Goten; Kazanski, Les Goths, 15–33, angenommen. Kritisch: Halsall, Barbarian Migrations, 133–136; Kulikowski, Rome’s Gothic Wars, 62–68.

117 Wolfram,

Die Goten, 54–62; Heather, The Goths, 40–47.

118 Grusková/Martin,

Ein neues Textstück aus den „Scythica Vindobonensia“; siehe außerdem oben die Quellenkunde in Teil I des Handbuches (Kap. 1).

119 Wolfram,

Die Goten, 62–65; Heather, The Goths, 38–44; Steinacher, Rom und die Barbaren, 57–66.

120 Wolfram,

Die Goten, 65f.

121 Die

Hauptquelle ist Iordanis, Romana et Getica (ed. Mommsen), 23,116–120, 88f.; 24,129f., 91f., der allerdings den angeblichen Amaler verklärt. Wolfram, Die Goten, 95–98; Steinacher, Rom und die Barbaren, 77–80.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

unter anderem im heutigen Siebenbürgen, wohnten die Gepiden, die von den Goten als nicht ganz ebenbürtige Stammverwandte betrachtet wurden.122 Am engsten waren die Kontakte der Römer zu den Terwingen, die auch die einzigen sind, über die bis 375 einiges bekannt ist.123 Abgesehen von einigen kleineren militärischen Auseinandersetzungen standen diese Goten zumeist in einem Vertragsverhältnis zu Rom und stellten offenbar regelmäßig Soldaten. Sie hatten keinen König, sondern bildeten zumindest bei Bedrohung von außen eine Föderation, die von einem Richter mit beschränkten Befugnissen koordiniert wurde. Bekannt ist der Richter Athanarich, der die Verteidigung gegen die Hunnen organisierte. Der traditionsbewusste Athanarich, dessen zeitweise als Geisel in Konstantinopel festgehaltener Vater ihm das Betreten römischen Bodens verboten hatte, war freilich nicht unumstritten. Mit seinem Rivalen Fritigern kam es sogar zu einem Bürgerkrieg. Die Goten Südosteuropas waren das erste Barbarenvolk, in dem das Christentum sich ausbreitete, und zwar nicht wie sonst oft üblich durch Bekehrung eines Anführers, sondern durch Mission von unten.124 Träger der Mission war Wulfila, dessen Vorfahren zur Zeit der gotischen Seezüge aus Phrygien verschleppt worden waren. Er war bereits Christ, als er in den 330er Jahren als junger Mann mit einer gotischen Gesandtschaft nach Konstantinopel kam, wo er eine fundierte Ausbildung erhielt; später wurde er zum Bischof des Gotenlandes geweiht.125 Nach siebenjährigem Aufenthalt unter den Goten wurde er ins römische Moesien vertrieben. Im terwingischen Gotenland wurden die Christen verfolgt, und zwar mit Methoden, die aus der römischen Christenverfolgung entlehnt waren. Die als Märtyrerlegende stilisierte Passio des Heiligen Saba, der 372 ertränkt wurde, gibt dennoch ein plausibles Bild der gotischen Gesellschaft nördlich der unteren Donau.126 Auch in Thrakien gab es gotische Gemeinden, unter denen Wulfila nun wirkte. Er hat die Bibel aus dem Griechischen ins Gotische übersetzt und damit das Gotische als erste germanische Sprache zur Schriftsprache gemacht. In der Kontroverse um den Arianismus, dem einige der Kaiser der konstantinischen Dynastie zuneigten, vertrat Wulfila eine damals im Reich politisch akzeptierte Position und versuchte nicht, wie oft angenommen, die Goten konfessionell von den Römern abzuheben. Längerfristig wurde die homöische Kompromisslinie, die sich schließlich unter den gotischen Völkern durchsetzte, von der katholischen Kirche als arianische Häresie bekämpft.127 Die gotischen Länder jenseits der römischen Grenzen wurden ca. 375 durch den Ansturm der Hunnen erschüttert.128 Im Bund mit den Alanen zerstörten sie zunächst in längeren Kämpfen das Reich der Ostrogoten nördlich des Schwarzen Meeres. Der greise Ermanarich soll nach seiner 122 Iordanis,

Romana et Getica (ed. Mommsen), 17,94–100, 82f.; Steinacher, Rom und die Barbaren, 56f.

123 Thompson, 124 Wolfram,

The Visigoths.

Die Goten, 84–94.

125 Auxentius von Durostorum, Epistola de fide, vita et obitu Wulfilae, auf den Seiten der Online-Bibliothek Bibliothe-

ca Augstana unter , 30.12.2017.

126 Thompson, 127 Whelan,

The Visigoths, 64–77.

Being Christian in Vandal Africa, 219–250; Berndt/Steinacher (Hgg.), Arianism.

128 Ammianus

Marcellinus (Hgg. Seyfarth), Bd. 4, 31,3f.; Wolfram, Die Goten, 95–98; Heather, Goths and Romans, 122–150; Kulikowski, Rome’s Gothic Wars, 123–143.

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Niederlage Selbstmord begangen haben. Die westlichen Goten besaßen offenbar nicht genügend Reiter, um es mit den Hunnen in offener Feldschlacht aufzunehmen, sodass Athanarich Schanzen bauen ließ. Doch noch vor deren Fertigstellung griffen die Hunnen an. Nun brach der terwingische Widerstand zusammen. Die beiden gotischen Verbände lösten sich auf. Athanarich zog sich mit einer Minderheit der Terwingen in die Karpaten zurück. Die Mehrheit der Terwingen unter seinem Rivalen Fritigern floh über die Donau ins Imperium. Eine ostrogothische Gruppe um den noch sehr jungen Thronerben, geführt von den beiden Duces Alatheus und Safrax, denen sich auch alanische und sogar hunnische Kontingente angeschlossen hatten, ging schließlich nach Pannonien. Diejenigen Goten, die nördlich des Limes verblieben, gerieten unter hunnische Herrschaft. Aus ihnen bildete sich der Verband, den die moderne Geschichtsschreibung Ostgoten nennt. Diejenigen Goten, die Zuflucht in den Balkanprovinzen gefunden hatten, können ab nun als Westgoten bezeichnet werden. Ammianus Marcellinus, von dem wir einen ausführlichen zeitgenössischen Bericht der folgenden Ereignisse haben, erzählt, dass der unerwartete Zustrom gotischer Flüchtlinge am Kaiserhof zunächst Anlass zur Hoffnung gab, man könnte nun den hohen Soldatenbedarf des Imperiums stillen.129 Doch die Offiziere, die 376 für die Betreuung der Zuwanderer zuständig waren, bekamen die Situation nicht unter Kontrolle und erzürnten die Goten durch Schikanen und hemmungslose Ausbeutung ihrer Notlage. Schließlich kam es zum Aufstand, dem sich auch andere Barbaren in römischem Dienst anschlossen. Im August 378 griff Kaiser Valens an der Spitze seiner Armee ein, unterschätzte den Ernst der Lage und wurde bei Adrianopel vernichtend geschlagen. Zum zweiten Mal nach Decius fiel ein Kaiser im Kampf gegen Goten. Nach dem Urteil des Ammianus war Adrianopel das schlimmste Massaker an römischen Truppen seit der Katastrophe von Cannae.130 Für die katholische Fraktion war das ein Gottesurteil gegen den Arianerfreund Valens, und die homöische Richtung im dogmatischen Streit verlor nun endgültig die kaiserliche Unterstützung. Die siegreiche Koalition von Adrianopel zerfiel bald, und wieder zogen verschiedene Barbarengruppen auf eigene Faust durch die Balkanprovinzen. Erst Theodosius I. gelang es, in einer Mischung von militärischem Containment und Verhandlungen die Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel wieder zu stabilisieren. Die Goten Fritigerns waren durchaus gewillt, für Versorgungssicherheit durch Eingliederung in die römische Militärverwaltung auf weitere Angriffe zu verzichten; allerdings als geschlossene Einheit unter eigenem Kommando. Der Vertrag (foedus), den Theodosius 382 mit den Westgoten schloss, war bahnbrechend: Erstmals wurde die Eingliederung einer autonomen Barbarengruppe in die römische Armee auf Reichsboden vertraglich vereinbart.131 Dieses Modell wurde im 5. Jahrhundert immer wieder angewendet, und es führte im Westen schließlich zur Ablösung der römischen Herrschaft durch zugleich als Könige legitimierte Kommandanten nominell römischer Einheiten. In den Balkanprovinzen hingegen, wo diese Lösung zur geschlossenen Integration barbarischer Kriegergruppen entstanden war, blieb das letztlich nur Episode.

129 Ammianus

Marcellinus (Hgg. Seyfarth), Bd. 4, 31,4–8; Wolfram, Die Goten, 125–138.

130 Ammianus

Marcellinus (Hgg. Seyfarth), Bd. 4, 31,12f. (Vergleich mit Cannae: 31,13,19).

131 Wolfram,

Die Goten, 140f.; Heather, Goths and Romans, 157–165.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Die Westgoten wurden zwischen Donau und Balkangebirge angesiedelt und kämpften vor allem gegen die Rivalen des Theodosius um den Kaiserthron. Ihre größte militärische Leistung im Dienst des Reiches war die Teilnahme an der Schlacht am Frigidus, an der Grenze zwischen Italien und Illyricum, wo 394 Theodosius I. den heidnischen Usurpator Eugenius besiegte; der verlustreiche Einsatz der Goten entschied die Schlacht.132 Bald darauf starb Theodosius, und der Anführer der Goten, Alarich, musste auf eigene Faust sehen, wie er sich für die Verluste am Frigidus entschädigen konnte. Zudem hatten hunnische Reiter im Winter 394/395 erstmals kurz die Donau überschritten, und die Westgoten mussten sich an der Grenze bedroht fühlen. Die folgenden sechs Jahre vergingen im Wechsel von Rebellion, Plünderungen und Verhandlungen auf der Balkanhalbinsel; Ziel Alarichs war es nun, sein Heer in reichere und weniger Gefahren ausgesetzte Gegenden verlegen zu können.133 397 wurden die Goten durch ein neues Foedus in Makedonien angesiedelt. Doch auch das war nur eine Zwischenlösung; 401 zogen die Goten Alarichs nach Italien ab, wo sie ein weiteres Jahrzehnt mit Kämpfen, scheinbar ziellosen Wanderungen und Verhandlungen zubrachten, bis hin zur Plünderung Roms im Jahr 410. Gleichzeitig suchte eine andere, vermutlich vor allem ostgotische Gruppe unter Radagaisus Italien heim. Für die Balkanprovinzen brachte der Abzug von Alarichs Goten zunächst eine Entlastung. Um 400 wurden im Ostreich auch eine Reihe weiterer gotischer Kommandanten, zum Teil mit ihren Truppen, eliminiert; der spektakulärste Fall war die Rebellion des verdienten Offiziers Gainas, der 400 vorübergehend mit seinen Truppen Konstantinopel besetzt hatte. Als der Aufstand scheiterte, wurden seine Soldaten, die in einer Kirche Zuflucht gesucht hatten, niedergemetzelt. Gainas selbst floh zu den Hunnen, die ihn aber umbrachten und seinen Kopf nach Konstantinopel schickten.134 Statt sich auf gotische Truppen als Schutz gegen die Hunnen zu verlassen, nahm Byzanz nun hunnische Hilfe gegen die lästig gewordenen gotischen Kommandanten in Anspruch. Kurzfristig stabilisierte das die politischen Verhältnisse in den Balkanprovinzen; längerfristig sollten die Hunnen zum militärischen Problem werden.

2.2 .4 Die Hunnen: der langsame Aufbau eines Steppenreiches Der hunnische Vorstoß um 375 kam auch deshalb so überraschend, weil schon lange kein großer Heerzug aus Zentralasien in den Steppen Osteuropas angekommen war. Woher genau die Hunnen kamen, ist nicht genau geklärt. Lange Zeit begnügte man sich mit der Erklärung, es handle sich um Nachfahren der Xiongnu.135 Otto Maenchen-Helfen hat diese Erklärung mit guten Gründen

132 Wolfram,

Die Goten, 144f.; Heather, Goths, 139–141; Demandt, Die Spätantike, 173.

133 Wolfram,

Die Goten, 145–158; Heather, Goths and Romans, 193–208; Kulikowski, Rome’s Gothic Wars,

134 Wolfram,

Die Goten, 155–158; Faber, Anti-Germanism in Constantinople.

154–169.

135 Hier

in der einfachen Pinyin-Transkription; in der älteren Literatur wird der Name nach Wade-Giles Hsiung-nu transkribiert. Zur Rolle der Xiongnu Di Cosmo, Ethnogenesis, Coevolution and Political Morphology; ders., Ancient China and its Enemies.

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zurückgewiesen; in jüngerer Zeit hat Etienne de la Vaissière sie, ebenfalls mit beachtenswerten Argumenten, in modifizierter Form wieder unterstützt.136 Das Problem besteht darin, dass nach dem Ende des Xiongnu-Reiches, das dem China der Han-Dynastie bis ins frühe 2. Jahrhundert n. Chr. einige Probleme bereitete, zunächst wenig von Xiongnu oder Hunnen zu hören ist. Im 4. und 5. Jahrhundert treten Hunnen hingegen nicht nur in Europa auf. Nördlich und östlich des persischen Sassanidenreiches bildeten sich neben- und nacheinander mehrere hunnische Reiche, darunter die Alkhan-Hunnen, die Kidariten und vor allem die Hephthaliten, auch weiße Hunnen genannt. Verbreitete sich der Hunnenname vor allem als Fremdbezeichnung137 oder kamen alle diese Völker letztlich aus der Tradition der Xiongnu? Jedenfalls ist diese Welle von hunnischen Reichsbildungen nicht aus der fernen Vorgeschichte des Xiongnu-Imperiums zu erklären, sondern zeigt eine aktuelle Konjunktur hunnischer Expansion. Der Anstoß dazu mag aus einem weiterbestehenden hunnischen Milieu mit Erinnerungen an die glorreiche Vergangenheit im Xiongnu-Reich gekommen sein. Ihre Dynamik konnte diese eurasiatische Ausbreitung hunnischer Reichsbildungen nur durch Integration unterschiedlicher Gruppen erhalten. Die spätantike wie die moderne Geschichtsschreibung haben die Wucht der hunnischen Invasion in Osteuropa hervorgehoben, die in kurzer Zeit die politische Ordnung der ganzen Region umstürzte.138 Dabei macht die relativ genaue Schilderung des hunnischen Vordringens bei Ammianus durchaus nicht den Eindruck einer unwiderstehlichen Machtentfaltung. Zuerst wurden die Alanen angegriffen und in ein Bündnis gegen die greutungischen Goten gezwungen.139 Bevor noch eine Entscheidung gefallen war, bewegte eine übertriebene fama, die den Schrecken des Bevorstehenden übertrieb, König Ermanarich zum Selbstmord. Alanen trugen dann die Hauptlast der Kämpfe gegen die Goten, wobei eine hunnische Abteilung auch auf gotischer Seite kämpfte. Nach dem Tod von Ermanarichs Nachfolger zerfiel sein Reich. Athanarich mit den zerstrittenen Terwingen wurde bei seinen Vorbereitungen zweimal (einmal davon nachts) von einem schnellen hunnischen Schlag überrascht; ohne eine entscheidende Niederlage erlitten zu haben, verließ der Hauptteil der Terwingen Athanarich und floh. Wieder war es die fama vom bisher unbekannten Volk, das alles auf seinem Weg zerstörte, die laut Ammianus die Goten in die Flucht schlug.140 Damit verschwinden die Hunnen (bis auf jene, die sich den Goten angeschlossen hatten) nicht nur aus Ammians’ Erzählung, sondern zunächst aus den Quellen überhaupt. Die Hunnen hatten in kurzer Zeit die in weitem Raum herrschenden Goten in die Flucht geschlagen, begnügten sich aber mit der reichen Beute, die sie gemacht hatten. Sie setzten nicht nach und nützen auch nicht das Chaos der folgenden Jahre in den Balkanprovinzen für eigenes Eingreifen. Es dauerte 20 Jahre, bis wir erstmals von einem hunnischen Einfall auf Reichsgebiet

136 Maenchen-Helfen, 137 So

Huns and Hsiung-nu; la Vaissière, Huns et Xiongnu.

Haussig, Die Geschichte Zentralasiens.

138 Siehe

etwa Heather, The Fall of the Roman Empire, der auf die Hunnen letztlich die strategische Dynamik zurückführt, die zum Fall (West-)Roms führte.

139 Ammianus 140 Ebd.,

Marcellinus (Hgg. Seyfarth), Bd. 4, 31,3,1–3.

31,3,3.

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hören; erst Attila (435 – 453) erreichte nach mehr als 50 Jahren eine Machtkonzentration, die ihm eine Vormachtstellung in großen Teilen Osteuropas verschaffte. Das ist in der Geschichte der Steppenimperien ungewöhnlich: Meist entstehen sie sehr rasch, von der Dynamik der ersten Erfolge und der dadurch erzeugten fama angetrieben. Zunächst bauten die Hunnen ihre Hegemonie über die pontischen Steppen aus; vermutlich hatten sie noch kein einheitliches Königtum. 395 überschritten sie den Kaukasus und plünderten in den nordöstlichen Randgebieten Ostroms, was vermuten lässt, dass ihr Herrschaftszentrum damals noch an der Maeotis lag.141 Bald darauf dürfte sich der Schwerpunkt der hunnischen Macht ins Karpatenbecken verschoben haben. Zumindest können der Abzug einer großen gotischen Gruppe unter Radagaisus nach Italien sowie der Vandalen und Alanen nach Gallien 405/406 auf die hunnische Westbewegung zurückgeführt werden.142 Allmählich verstärkten sich die diplomatischen Kontakte zwischen hunnischen Königen und Rom, aber auch die militärischen Unternehmungen von Hunnen in den Balkanprovinzen. Doch erst Attila gelang es, das militärische Potential der Hunnen und der zahlreichen angeschlossenen Völker effektiv zu nützen.143 In den 430er Jahren trat zunächst König Ru(g)a deutlicher hervor als seine Vorgänger; erstmals erfahren wir von vertraglich zugesicherten Jahrgeldern aus Konstantinopel für die Hunnen. Ihre Höhe war im Vergleich zu späteren Verträgen bescheiden: 350 Pfund Gold, das waren etwa 25.000 Gold-Solidi (Münzen mit etwa 4,5 Gramm Goldgewicht). Ruga verlangte auch als Erster die Auslieferung hunnischer Krieger, die in römische Dienste übergetreten waren. Um 435 folgten ihm die beiden Neffen Attila und Bleda, bauten ihre Oberherrschaft über den hunnischen Machtbereich aus und erhöhten den Druck auf Byzanz. Bei Margus an der serbischen Morava wurde ein Vertrag geschlossen, der nicht nur die hunnischen Jahrgelder auf 700 Pfund Gold verdoppelte, sondern auch die Auslieferung hunnischer Flüchtlinge und ein Lösegeld von 8 Solidi für jeden römischen Gefangenen vorsah, sowie einen Markt an der Grenze einrichtete; doch scheint man in Konstantinopel die Zahlungen bald wieder eingestellt zu haben. 441 griffen die Hunnen an, begünstigt dadurch, dass Ostrom in einem neuen Perserkrieg gebunden war und auch eine Flotte zur Rückeroberung Karthagos geschickt hatte. Vermutlich 441 fiel Viminacium/Kostolac, 442 folgten Margus, Sirmium, Singidunum (Belgrad), Naissus (Niš) und weitere Städte. Wieder wurde der Krieg durch einen Friedensvertrag und wohl mit der Verdoppelung des Tributs beendet. In den folgenden zehn ereignisreichen Jahren stieg das Hunnenreich zur Großmacht auf und forderte Ost- wie Westrom heraus.

141 Maenchen-Helfen, 142 Heather,

Die Welt der Hunnen, 38–42.

The Fall of the Roman Empire, 192–205.

143 Zu

den folgenden Ereignissen siehe Stein, Histoire du Bas-Empire, Bd. 1, 288–294 (immer noch eine der zuverlässigsten Zusammenfassungen der Ereignisgeschichte der Zeit); Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 59–93; Wirth, Attila, 51–68; Kim, The Huns, 97–108; Rosen, Attila, 97–147. Die Abweichungen zwischen den verschiedenen modernen Rekonstruktionen ergeben sich daraus, dass in den Quellen teils die Ereignisse der Hunneneinfälle von 441/442 und von 447 vermischt werden. Vom Geschichtswerk des Prískos sind leider nur die Passagen über die diplomatischen Kontakte erhalten geblieben.

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444 oder 445 beseitigte Attila seinen Bruder Bleda; den Brudermord nahm Byzanz offenbar zum Anlass, die Jahrgelder einzustellen. 447 erfolgte Attilas Großangriff, bei dem er weite Landstriche in Illyricum und Thrakien verwüstete und bis an die Thermopylen und in die Nähe der Hauptstadt vordrang. Im folgenden Vertrag wurde sein Jahrgeld auf 2.100 Pfund (fast 700 kg Gold) erhöht, das Lösegeld für Gefangene stieg auf 12 Solidi pro Kopf. Noch drastischer war, dass die Römer sich aus einem fünf Tagereisen breiten Streifen südlich der Donaugrenze von Singidunum bis Novae (Svištov) zurückziehen mussten; der Markt an der Grenze wurde nach Naissus verlegt. Priscus berichtet von seiner Gesandtschaftsreise im Jahr 449, dass die Stadt noch fast menschenleer war. Das ist charakteristisch für die hunnische Politik: Ganz zum Unterschied von Goten und anderen „Barbaren“ ging es nicht um die Kontrolle römischer Provinzen mit ihrer Infrastruktur oder um eine Eingliederung in das römische System zur Versorgung der Armee. Wenige Jahre nach 447 rückte Attila auch wieder von der Forderung ab, der fünf Tagreisen breite Streifen an der Grenze müsse unbewohnt bleiben. Bald nach 447, wahrscheinlich im Jahr 449, nahm der Historiker Prískos an einer oströmischen Gesandtschaft an den Hof Attilas teil und hat davon einen ausführlichen Bericht hinterlassen. Aus dieser Quelle schöpfen wir das meiste, was wir über die inneren Verhältnisse im Hunnenreich wissen.144 Die Hunnen betrachtete er als „Gemisch von Völkern“, das er pauschal sowohl als „Hunnen“ oder „Skythen“ bezeichnete. Eine führende Stellung nahm der Clan Attilas ein, den Prískos als „Königsgeschlecht“ (basileion genos) oder mit einem Ausdruck Herodots als „königliche Skythen“ bezeichnet. Einen Namen dieser Dynastie erfahren wir nicht. Christopher Atwood hat vor kurzer Zeit die Wichtigkeit der „Dynastonyme“ (wie etwa Ashina oder Osmanen) als politisches Identifikationssymbol in der Steppe betont; umso mehr überrascht es, dass dieses Erkennungszeichen bei den europäischen Hunnen unbekannt bleibt.145 Dieses Königsgeschlecht muss recht zahlreich gewesen sein; zwei seiner Mitglieder, die nach Byzanz geflohen waren, wurden sogleich nach ihrer Auslieferung gekreuzigt. Attila selbst hatte von verschiedenen Frauen zahlreiche Söhne, unter denen er eine gewisse Hierarchie etablierte. Eine zweite einflussreiche Gruppe gemischter Herkunft waren die sogenannten logades, eine untereinander konkurrierende Funktionselite von Beratern und Heerführern, zu der auch Attilas römische Sekretäre zählten. Dann kamen die „hunnischen“ Krieger, darunter die unterworfenen „hunnischen“ Völker wie die Akatziren nordwestlich des Schwarzen Meeres, die offenbar von Söhnen Attilas kommandiert wurden. Weniger angesehen, aber unter Führung ihrer eigenen Könige kämpften Ostgoten, Gepiden und andere Völker im Hunnenheer mit. Die Masse der unfreien Bevölkerung bestand aus abhängigen Bauern, Sklaven und Kriegsgefangenen von unterschiedlicher Herkunft. Prískos traf einen ehemaligen Kaufmann aus Viminacium, der nach seiner Verschleppung durch den Kampf im Hunnenheer seine Freiheit

144 Priskos 145 Ebd.,

(ed. Blockley), fr. 11–14, 242–295.

fr. 2, 226; fr. 9,2, 238; fr. 11,1, 244. Atwood, The Qai.

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erlangt hatte und sich als Hunne gab.146 Am Hof Attilas wurde daher Hunnisch, Gotisch und Latein gesprochen.147 Attila residierte in einem ausgedehnten, aus Holz gebauten Palastbezirk irgendwo zwischen Donau und Theiß, wo sich um seinen Palast eigene Residenzen seiner Ehefrauen, Söhne sowie der bevorzugten Berater gruppierten. Andere Familienmitglieder (etwa eine Witwe Bledas) geboten über eigene Dörfer. Von nomadischer Lebensweise hört man wenig; allerdings zogen Attila und seine Beauftragten öfters im Reich umher, um seine Herrschaft zur Geltung zu bringen. Von Attila selbst scheint Prískos durchaus beeindruckt gewesen zu sein; er beschreibt, wie er geduldig vor seinem Palast Recht sprach oder bei seiner Heimkehr von einem Umritt von singenden Mädchen empfangen wurde. Den Höhepunkt des Gesandtenberichtes bildet die Schilderung des Gastmahls bei Attila, bei dem der Hunnenkönig zum Unterschied von seinem glänzend aufgemachten Gefolge in einfachem, aber sauberen Gewand teilnahm und von einem hölzernen Teller aß.148 Sitzordnung und Reihenfolge der Trinksprüche folgten einem festgelegten Zeremoniell. Zwei Hunnen sangen von vergangenen Kriegstaten; dann brachte ein maurischer Spaßmacher mit einem Kauderwelsch aus Hunnisch, Latein und Gotisch alle zum Lachen. Die Verhandlungen der Gesandtschaft, an der Prískos teilnahm, standen unter keinem guten Stern. Ein Dolmetscher war in Konstantinopel beauftragt worden, ein Mordkomplott gegen Attila anzuzetteln, was aber sogleich aufflog. Dennoch verging der Zorn Attilas bald. Es wurde vor allem über Kleinigkeiten gesprochen: über Listen auszuliefernder Überläufer, über einen römischen Goldhändler, der angeblich ein den Hunnen zustehendes Beutestück entwendet hatte, oder über eine standesgemäße Braut für Attilas römischen Sekretär. Attilas Forderungen machen den Eindruck, dass er selbst nicht wusste, wie er seine militärischen Erfolge politisch umsetzen sollte. Seine Siege hatten eine außergewöhnliche Machtkonzentration zur Folge, die nur Bestand haben konnte, wenn Attila noch größere Unternehmungen begann. Die bereits weitgehend ausgeplünderte Balkanhalbinsel bot aber kaum mehr Ziele, die das erfolgsverwöhnte Hunnenheer zufriedenstellen konnten. Attilas Wendung nach Westen war daher naheliegend. 451 mobilisierte er sein Vielvölkerheer zum Zug nach Gallien, der in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gipfelte und sowohl für die römisch-westgotisch-alanisch-fränkische Allianz unter Aetius als auch für Attilas Heer hohe Verluste brachte. 452 marschierten die Hunnen nach Italien, eroberten Aquileia und besetzten ohne nennenswerte Gegenwehr Mailand. Im dortigen Kaiserpalast soll sich Attila als Herr beider römischer Kaiser inszeniert haben. Doch zog er sich bald ins Karpatenbecken zurück. Über Attilas Strategie in diesen Jahren ist viel spekuliert wurden. Wollte er das Westreich erobern und sich selbst zu seinem Herrn aufschwingen? Hat die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern

146 Priskos

(ed. Blockley), fr. 11,2, 266–273.

147 Ebd., fr. 13,3, 288. Ob Hunnisch eine türkische, mongolische, iranische oder keiner bekannten Sprachfamilie zuge-

hörige Sprache war, ist in nicht zuletzt wegen der etymologischen Vielfalt der Namen ungeklärt. Siehe MaenchenHelfen, Die Welt der Hunnen, 255–304; Doerfer, Zur Sprache der Hunnen.

148 Priskos

572

(ed. Blockley), fr. 13, 282–287.

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Westeuropa vor der Hunnenherrschaft gerettet?149 Unterstellt man Attila eine solche Strategie, fällt freilich die Erklärung schwer, warum sich das Hunnenheer sowohl aus Gallien als auch aus Italien bald wieder zurückzog. Das Ergebnis des Tages auf den Katalaunischen Feldern war kaum so eindeutig, wie es manche Quellen erscheinen lassen. Dass Papst Leo I. (440 – 461) mit himmlischer Unterstützung Attila zur Umkehr bewegen konnte, hat Leos Berater Prosper eindrucksvoll dargelegt, aber die Intention dahinter ist deutlich genug. Waren es Seuchen, ungünstige Orakel oder doch einfach die reiche Beute, die Attilas Soldaten heimbringen wollten? Es ist viel folgerichtiger, anzunehmen, dass Attila nie geplant hat, Italien oder Gallien dauerhaft zu besetzen. Auch die Awaren haben nie in römische Provinzen expandiert. Die „hunnische Alternative“, wie Herwig Wolfram das genannt hat, bestand darin, sich eben nicht ins römische System zu integrieren, wie das Goten, Vandalen oder Franken taten.150 Es ging darum, in einem kalkulierten Wechsel von Raubkriegen und einträglichen Friedensschlüssen den maximalen Ressourcentransfer zwischen der römischen Welt und dem Hunnenreich zu erzwingen: Gold und Silber, Prestigegüter und Sklaven. Wir wissen nicht, ob Attila im folgenden Jahr seine Kriegszüge fortgesetzt hätte, denn im Winter 453/454 ist er plötzlich gestorben. Jordanes gibt eine eindrucksvolle Schilderung von seinem Begräbnis, bei dem ihm zahlreiche Zeichen seiner Siege mitgegeben wurden.151 Bald nach seinem Tod kam es zum Krieg unter seinen zahlreichen Söhnen, jeweils in Allianzen mit unterworfenen Völkern; Attilas Reich zerfiel. Seine unruhige Politik hatte es nicht vermocht, dem mächtigsten Steppenreich, das bis dahin in Europa existiert hatte, eine stabilere Grundlage zu geben. Was Attila erreicht hatte, wird in den bei Jordanes zitierten Gesängen anlässlich seines Begräbnisses recht zutreffend charakterisiert: Der Hunnen vornehmster König Attila […], Herr der stärksten Völker, der mit vor ihm unerhörter Macht allein die skythischen und germanischen Königtümer besaß, beide Imperien Roms durch Raub der Städte schreckte, und durch Bitten besänftigt, dass der Rest nicht zur Beute werde, Jahrgelder annahm.152

Auch wenn Attilas glorreiche Jahre Episode blieben, im historischen Bewusstsein blieben sie außergewöhnlich stark verankert: vom Nibelungenlied bis zum Gemälde des Raffael in den Stanzen des Vatikans, von den Spitzenahnen Avitohol und Irnik der bulgarischen Fürstenliste bis zur ungarischen Historiographie, die Attilas Hunnen als Vorfahren der Magyaren vereinnahmten.153

149 Siehe z. B. Wirth, Attila, 90–93. Zuletzt nahm auch Kim, The Huns, 73–83, an, dass die Hunnen Gallien besetzen

wollten.

150 Wolfram,

Das Reich und die Germanen, 183.

151 Iordanis, Romana et Getica (ed. Mommsen), 49,254–258, 123–125, vermutlich aus Prískos geschöpft: Priskos (ed.

Blockley), fr. 24, 316–319; Maenchen-Helfen, Die Welt der Hunnen, 200–203.

152 Iordanis,

Romana et Getica (ed. Mommsen), 49,257, 124.

153 Bulgarische

Fürstenliste: Pritsak, Die bulgarische Fürstenliste, 76f. Skeptischer bei der Identifizierung mit Attila Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 42f. Die ungarische Aneignung Attilas beginnt mit den ersten Gesta Hungarorum des Magister P: Anonymus, The Deeds of the Hungarians (Übers. Rady/Veszprémy), 12, 14, 34 und 40.

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2.2 .5 Die Barbaren und die Balkanprovinzen von 454 bis 565 Attila hatte, nach Jordanes, seinen ältesten Sohn Ellac als Nachfolger vorgezogen, den er als König zu den Akatziren schickte. Dieser jedoch konnte sich gegen Attilas andere Söhne, „die wegen seiner ungehemmten Lust fast ein Volk ausmachten“, nicht durchsetzen.154 Man stritt über die Aufteilung der Herrschaft über Könige und ihre Völker, worauf die Gepiden unter Ardarich und andere unterworfene Völker selbst die Initiative ergriffen. Letztlich entstanden aus diesem Chaos zwei Parteien, deren Aufteilung sich nicht mehr genau rekonstruieren lässt. 454 kam es am (sonst unbekannten) Fluss Nedao zur Entscheidungsschlacht. Auf Seite der Verlierer war sicherlich Ellac, der dort fiel. Sehr wahrscheinlich ist auch, dass der Hauptteil der Ostgoten unter Führung der drei Brüder Walamir, Thiudimir und Vidimir zu den Unterlegenen gehörte. Unter den Siegern waren sicherlich die Gepiden unter König Ardarich, die ihr Reich im ehemaligen Kerngebiet der hunnischen Macht an der Theiß errichteten. Zumindest ein Sohn Attilas, Ardarichs Schwiegersohn Giesmos, blieb bei den Gepiden. Vermutlich zur Koalition der Sieger gehörten die Skiren, Sueben, Heruler und Rugier, die am Nordrand des Karpatenbeckens und östlich davon kleinere Königreiche errichteten, sowie die Reste der Sarmaten an der unteren Theiß. Damit war die Herrschaft der Hunnen über das Karpatenbecken beendet, Sieger und Besiegte mussten sich mit Rom arrangieren.155 Jordanes bietet eine ausführliche Liste der Völker und Gruppen, die nun auf Reichsgebiet übertraten oder jenseits der Donau römische Foederaten wurden. Sie ist aus mehreren Gründen interessant: Sie gibt Auskunft über barbarische Siedlungsstrukturen in Südosteuropa nach der Mitte des 5. Jahrhunderts; sie erlaubt Rückschlüsse auf die Gruppierungen, die beim Zerfall des Hunnenreiches eine Rolle gespielt hatten; und sie lässt retrospektiv Zusammensetzung und Umfang von Attilas Heeren erkennen. Viele Gruppen, die nun in römische Dienste traten, waren ethnisch gemischt. Jordanes stammte selbst aus einer von ihnen: Sein Großvater war Notar des Alanen Candac, der gemeinsam mit dem amalischen Goten Andages einen gotisch-alanisch-skirisch-sadagarischen Verband führte, der in der Scythia minor und der Moesia inferior angesiedelt wurde. Ein Verband von Sarmaten, Zemandren und Hunnen erhielt Castra Martis/Kula in der Dacia ripensis zugewiesen. Eine Gruppe unter rugischer Führung wurde bei Arkadiúpolis/Lüleburgaz stationiert. Attilas Lieblingssohn Ernac ließ sich an den Grenzen der Scythia minor nieder. Zwei seiner Verwandten (wohl mütterlicherseits), Emnetzur und Ultzindur, fanden mit ihrem Anhang am Utus/Vid in der Dacia ripensis Aufnahme; diese beiden Gruppen waren zu Jordanes’ Zeiten unter den lateinischen Namen Sacromontisii und Fossatisii bekannt. Andere Attilasöhne, darunter Dengizich, zogen sich in die pontischen Steppen zurück, griffen aber noch mehrfach südlich der Donau an.156 Auch die gotische Foederatenarmee, die später unter der Führung des Theoderich Strabo in den Balkanprovinzen in 154 Iordanis,

Romana et Getica (ed. Mommsen), 50,259–51,267, 125–127; Priskos (ed. Blockley), fr. 25, 318–321. Der Bericht bei Jordanes beruht auf Prískos, wobei Jordanes die Rolle der Goten in seiner Version wohl stilisiert hat; die unveränderte Aufnahme des Jordanes-Textes unter die Fragmente des Prískos bei Blockley ist daher wohl irreführend, vgl. Wolfram, Die Goten, 260.

155 Dazu und zum weiteren Verlauf: Wolfram, Die Goten, 259–268; Pohl, Die Gepiden; Steinacher, Rom und die

Barbaren, 94–120.

156 Wolfram,

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Die Goten, 259–262; Pohl, Die Gepiden, 260–264.

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scharfer Konkurrenz zum Ostgotenkönig Theoderich stand, ist vielleicht zu diesem Zeitpunkt in römische Dienste getreten. Die Ostgoten behaupteten sich in Pannonien und konnten einen Angriff der Attilasöhne bald nach 454 zurückschlagen. Sie hatten in Pannonien eine strategisch günstigere Position besetzt als ihre östlichen Nachbarn, die Gepiden. 469 wehrten die Goten am Fluss Bolia einen Angriff ihrer suebischen und skirischen Nachbarn ab.157 Keines der kleineren Königreiche an der Donau konnte sich längerfristig halten. Größere skirische, erulische und rugische Kontingente gingen nach Italien; die aus ihnen zusammengesetzte Armee rebellierte 476 und erhob den skirischen Prinzen Odoaker zum König, der den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus absetzte. Ein Teil der Sueben zog westwärts ab und vereinigte sich mit den Alemannen. Das Rugierreich an der niederösterreichischen Donau wurde 487 von Odoakers Truppen eliminiert; ihre Reste schlossen sich den Ostgoten Theoderichs an. Bald genügte den Ostgoten die bereits weitgehend zerfallene römische Infrastruktur in Pannonien nicht mehr; angeblich drängte das erfolgshungrige Heer König Thiudimir zum Aufbruch. Daraufhin zog die Mehrheit der Goten 473 in die Balkanprovinzen ab, wo bald sein Sohn Theoderich die Herrschaft übernahm.158 Ähnlich wie Alarich I. sieben Jahrzehnte zuvor, versuchte Theoderich mit einem Wechsel von Repressalien und Verhandlungen die Anerkennung seiner Position zu erreichen. Das konnte entweder ein einträgliches reguläres Kommando sein, wie es lange Jahre der 471 gestürzte Aspar in Konstantinopel innegehabt hatte, oder eine stabile Stellung als König einer Foederatenarmee auf Reichsboden, vergleichbar mit derjenigen, die die Westgoten in Gallien bereits erreicht hatten.159 Theoderichs Lage war dadurch kompliziert, dass die Regierung in Konstantinopel bereits mit seinem gotischen Namensvetter Theoderich Strabo zusammenarbeitete, den sie zeitweise als Alleinherrscher der Goten anerkannte und ihm 2.000 Goldpfund pro Jahr zusagte. Der Kaiser spielte recht erfolgreich die beiden Gotenkönige gegeneinander aus. In rasch wechselnden Konstellationen durchzog Theoderich die Balkanhalbinsel – von Pannonien nach Makedonien, von dort nach Novae, durch Thrakien und dann wieder westwärts zu einem gotischen Verwandten namens Sidimund, der bei Dyrrhachium (Durrës) über großen Besitz verfügte. Dieser Teil des Theoderich-Zuges ist in einem Fragment des Malchos besonders detailliert beschrieben, das beispielhaft den Wechsel von Plünderungen, grausamen Repressalien, Versorgungsengpässen, Verhandlungen, vorübergehender Zusammenarbeit mit lokalen Autoritäten und militärischen Zwischenfällen zeigt, der sowohl die Goten als auch die örtliche Bevölkerung in Mitleidenschaft zog.160 Ein logistisches Problem lag im langsamen Vorwärtskommen der Wagen, auf denen Familien und Besitztümer der gotischen Krieger befördert wurden.

157 Wolfram,

Die Goten, 264–266; Steinacher, Rom und die Barbaren, 112f.

158 Wolfram,

Die Goten, 267f.; Heather, Goths, 152–154.

159 Wolfram,

Die Goten 268–278; Ausbüttel, Theoderich der Große (2. Aufl.); Wiemer, Theoderich der Große,

108–145.

160 Malchos

(ed. Blockley), fr. 20, 434–451.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

481 starb Theoderich Strabo bei einem Reitunfall, und Theoderich, der Sohn Thiudimirs, hatte die schwierigste Phase seiner Karriere überwunden. Der Großteil des Heeres seines Konkurrenten ging nun zu ihm über. Noch einmal übte er durch Plünderungen in Mittelgriechenland Druck auf Kaiser Zeno aus, bis er 483 als Heermeister und Patricius eingesetzt wurde und 484 die Würde des Konsuls bekleidete. Der Friede hielt nicht lange. Schließlich fand sich eine Lösung, die das Patt zwischen dem Kaiser und seinem unbotmäßigen Heermeister löste. Zenon beauftragte Theoderich, nach Italien zu ziehen, Odoaker zu stürzen und im Namen des Kaisers selbst dort die Herrschaft zu übernehmen. 488 sammelten sich Goten und Verbündete in Novae, wohl etwa 20–30.000 Mann stark, und zogen nach Italien, das Theoderich in einem langen Krieg und letztlich durch den Bruch eines Vertrages mit Odoaker eroberte und dort formal im Namen des Kaisers regierte.161 Eine ähnliche Lösung auf der Balkanhalbinsel – Ansiedlung der Goten in einem autonomen und wirtschaftlich ausreichend starken Herrschaftsgebiet – hatte das Regime in Konstantinopel im Vorfeld der Hauptstadt letztlich nicht zugelassen. Mittelfristig führte der Abzug der Goten zu einer Erleichterung der Situation in den Balkanprovinzen, die im Laufe des 5. Jahrhunderts immer wieder schwer in Mitleidenschaft gezogen worden waren.162 Nun gab es einige Jahrzehnte lang weder auf Reichsboden noch jenseits der Grenzen eine Macht, die zu einer starken Bedrohung für die römischen Provinzen hätte werden können. Die Ostgoten beherrschten von Italien aus Dalmatien und eroberten 504 auch das südliche Pannonien sowie das bis dahin gepidische Sirmium, verfolgten darüber hinaus in Südosteuropa aber keine offensive Ziele.163 Das Gepidenreich blieb ein zumeist stabilisierender Faktor an der Nordgrenze des Imperiums. Allerdings kam es im Laufe des 6. Jahrhunderts zunehmend in Bedrängnis. Ein Grund dafür war auch das Vordringen der Langobarden. Der Name ist schon im ersten und zweiten Jahrhundert n. Chr., meist östlich der unteren Elbe, mehrfach bezeugt und verschwindet dann, bis er nach einer Lücke von über 300 Jahren bei Prokop und Jordanes wieder genannt wird. Demnach hatten sich Langobarden um 500 in den geräumten Siedlungsgebieten der Rugier an der niederösterreichischen Donau niedergelassen, um 510 ihre östlichen Nachbarn, die Heruler, besiegt und zum Abzug gezwungen, und waren dann unter König Wacho (ca. 510 – ca. 540) allmählich nach Pannonien vorgedrungen, das von einer recht gemischten Bevölkerung ohne starke politische Organisation bewohnt wurde. Der Beginn des Gotenkrieges in Italien 535 und der gotische Rückzug aus Südpannonien gab ihnen die Möglichkeit zu weiterer Expansion, die am ehesten 547 von Byzanz durch einen Vertrag legalisiert wurde.164 Die Gepiden hatten inzwischen wieder Sirmium besetzt, wo sich ein Zentrum spätrömischen Lebens entfaltete. Hier residierte ein Bischof, und offenbar wurden auch Münzen geprägt. Die beiderseitige Expansion löste einen Konflikt zwischen Gepiden und Langobarden aus, der in mehreren Kriegen ausgetragen wurde.

161 Wolfram,

Die Goten, 249–362; Moorhead, Theoderic in Italy; Barnish/Marazzi (Hgg.), The Ostrogoths.

162 Zu

den archäologischen Spuren der Barbarenzüge in den Balkanprovinzen und ihrer Folgen Poulter (Hg.), The Transition to Late Antiquity.

163 Wolfram, 164 Prokop,

576

Die Goten, 319–322; Steinacher, Rom und die Barbaren, 136–139.

Kriege (Hg. Veh), Bd. 3, 7,33, 655f.; Pohl, The Empire and the Lombards.

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Die erste Serie von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen 548 und 552, in die auch die Byzantiner involviert waren, endete schließlich ohne große Machtverschiebungen mit einem neuen Frieden. Sirmium blieb gepidisch.165 In den pontischen Steppen gab es eine Reihe von Völkern, die von den Römern zusammenfassend als Hunnen bezeichnet wurden. Diese Bezeichnung verdeckt freilich, dass sich ihre Zusammensetzung änderte. Die Erben Attilas konnten ihre Herrschaften offenbar nicht behaupten. Ein meist auf 463 datiertes Fragment des Priscus berichtet von einer Gesandtschaft der Saraguren, Oguren und Onoguren, die von den Sabiren vertrieben worden waren, die wiederum vor den Angriffen der Awaren geflüchtet waren.166 Um 480 werden erstmals „sogenannte“ Bulgaren erwähnt, die Kaiser Zeno gegen den Bund der beiden Theoderiche einsetzte; seither sind bulgarische Kontingente immer wieder in römischen Armeen zu finden, werden aber auch eigenständig aktiv.167 In den 540er Jahren kamen noch Kutriguren und Utiguren dazu, die zu beiden Seiten der Maeotis lebten. Aus der Mitte des 6. Jahrhunderts sind mehrere leicht voneinander abweichende Listen von Völkern der Schwarzmeersteppen überliefert.168 Die mit dem türkischen Suffix -gur benannten Völker sprachen offenbar eine ogurtürkische Sprache (in gemeintürkisch lautet das Suffix -guz).169 Freilich hatten nicht einfach neue „Hunnen“ die alten verdrängt; der archäologische Befund im 5. und 6. Jahrhundert deutet eher auf Besiedlungskontinuität.170 Das Verhältnis der -guren zu den Bulgaren ist nicht immer deutlich; zuweilen hat man den Eindruck, dass dieselben Gruppen gemeint sind und „Bulgaren“ ein pauschaler Ausdruck ist, der vor allem Reiterkrieger in römischen (oder später awarischen) Diensten beschreibt, die aus dieser Völkergruppe kamen.171 Keiner der regionalen Mächte nördlich des Schwarzen Meeres gelang es zwischen dem Tod Attilas und dem Einzug der Awaren, eine hegemoniale Stellung zu erringen; die Byzantiner vermochten es immer wieder, sie gegeneinander auszuspielen. Dennoch scheinen sich die Einfälle in die Balkanprovinzen im Laufe der Regierung Justinians (527–565) verschärft zu haben. Unter zeitgenössischen Kritikern (besonders pointiert in den Anekdota Prokops) wurde das so wahrgenommen, dass der Kaiser die Balkanprovinzen vernachlässigte und das militärische Potential des Imperiums auf die Eroberung des Westens konzentrierte. Tatsächlich scheint Justinian zur

165 Werner,

Die Langobarden in Pannonien, Bd. A (archäologisch teils überholt); Bóna, Anbruch des Mittelalters; Pohl, Migration und Ethnogenese der Langobarden.

166 Priskos

(ed. Blockley), fr. 40, 344. Mit den Awaren sind hier wahrscheinlich die Rouran gemeint, siehe unten Kap. 2.3.1.

167 Ioannis

Antiocheni fragmenta (ed. Roberto), fr. 303,74, 516.

168 Prokop, Kriege (Hg. Veh), Bd. 4, 8,4, 735–737, und ebd., 8,5, 737–745; Iordanis, Romana et Getica (ed. Momm-

sen), 5,35–37, 63; The Chronicle of Pseudo-Zachariah Rhetor (Übers. Greatrex/Phenix/Horn), 12,7, 448– 450; Agathias (Übers. Frendo), 5,11, 146.

169 Golden,

Nomads of the Western Eurasian Steppes; ders., The Stateless Nomads of Central Eurasia; Pohl, Die Awaren, 21–27.

170 Curta,

The North-Western Region of the Black Sea, 176.

171 Pohl,

Die Awaren, 227f.; ders., The Avars, 26–33; siehe unten den Handbuchbeitrag von Daniel Ziemann zum Ersten bulgarischen Reich (Kap. 3).

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Sicherung der Balkanprovinzen vor allem auf drei Strategien gesetzt zu haben: Erstens wurde das Festungssystem entlang des Limes, aber auch im Binnenland ausgebaut, wie es in Prokops „Bauten“ recht optimistisch beschrieben ist; doch zeigen zahlreiche archäologische Befunde, dass nach den Zerstörungen des 5. Jahrhunderts vielerorts wieder neue Prosperität einzog (etwa in Nicopolis ad Istrum [Nikjup] oder in Justiniana Prima [Caričin Grad]).172 Zweitens wurden Völker jenseits der Nordgrenze nach Möglichkeit vertraglich gebunden und erhielten, wenn auch vergleichsweise bescheidene, Jahrgelder, was in Konstantinopel wiederum Kritik hervorrief. Das enge diplomatische Netzwerk erlaubte auch, aggressive Mächte durch ihre Nachbarn unter Druck zu setzen. Drittens zwang der steigende Soldatenbedarf etwa im Goten- und Perserkrieg ohnehin dazu, bei den Nordvölkern Soldaten anzuwerben; hunnische, bulgarische, langobardische oder slawische Kontingente wurden für die römische Armee rekrutiert und waren entscheidend an den Siegen im Westen und an der Abwehr der Perser beteiligt. Paradoxerweise führten alle drei byzantinischen Maßnahmen aber zugleich zu einer Verstärkung barbarischer Aktivitäten. Sie beschleunigten die Herausbildung einer professionellen Kriegerschicht, der vielerlei Karrierechancen geboten wurden; und die Investitionen in die Balkanprovinzen und ihre wachsende Prosperität machten sie als Ziel von Plünderungszügen attraktiver. Raubzüge gab es in allen Größenordnungen, auch von Räuberbanden im Inneren, den sogenannten Skamaren; selbst Attilas Enkel Mundo, der später zum römischen General aufstieg, hatte sich zunächst so betätigt. Allmählich erreichten die Angriffe von außen wieder eine kritische Größe. Die größte Herausforderung bedeutete der Zug des Kutrigurenfürsten Zabergan im Jahr 558/559 ins Vorfeld Konstantinopels, der nur durch eine improvisierte Truppe des pensionierten Generals Belisar abgewendet werden konnte. Diese Tendenz zur Konzentration innerhalb der barbarischen Eliten im Norden Südosteuropas nützten bald darauf die Awaren. Eine weitere neue Gruppe, die in weitem Raum nördlich der Donau im Laufe des 6. Jahrhunderts erschien, waren die Slawen.173 Sie werden erstmals um 550 in den Gotenkriegen Prokops sowie in der Getica des Jordanes erwähnt. Der früheste Kontext dieser Erwähnungen betrifft eine Reise von Herulern aus Pannonien in die alte Heimat Thule (in Skandinavien?), auf der sie durch Slawenland kamen.174 Ab den 530er Jahren berichtet Prokop von slawischen Plünderungszügen in den Balkanprovinzen.175 Nach Jordanes betrafen diese Einfälle den Donauabschnitt zwischen Noviodunum (Issacea) beim Donaudelta und den Feuchtgebieten bei Mursa (Osijek).176 In den 540ern fand der langobardische Thronprätendent Hildigis bei einer Gruppe von Slawen Aufnahme, die ihn

172 Poulter,

Nicopolis ad Istrum; Whittow, Nicopolis ad Istrum. Allgemein siehe Poulter (Hg.), The Transition to Late Antiquity; Curta, Horsemen in Forts.

173 Allgemein:

Barford, The Early Slavs; Gojda, The Ancient Slavs; Curta, The Making of the Slavs; Mühle, Die Slaven im Mittelalter.

174 Prokop,

Kriege (Hg. Veh), Bd. 2, 6,15, 321.

175 Übersicht: 176 Iordanis,

578

Curta, The Making of the Slavs, 74–107.

Romana et Getica (ed. Mommsen), 5,34, 63.

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als ihren Herren anerkannten.177 Sowohl Prokop als auch Jordanes bringen die Slawen mit den aus der früheren römischen Kaiserzeit bekannten Venethi in Verbindung, die östlich der Weichsel lebten, und rechnen ihnen die ebenfalls erst rezent wahrgenommenen Anten nordöstlich des Karpatenbogens zu. Der Zusammenhang mit den Venethi geht allerdings vermutlich auf die germanische Fremdbezeichnung „Wenden“ zurück, die analog zu den „Walchen, Welschen“ für die westlichen Nachbarn gebildet wurde, und belegt daher nicht unbedingt eine Abkunft von diesen Venetern.178 Woher diese Slawen kamen, ist in der heutigen Forschung weiterhin umstritten und wird oft mit linguistischen oder archäologischen Argumenten diskutiert.179 Wahrscheinlich sind slawische Gruppen zuerst nördlich und/oder nordöstlich der Karpaten wahrnehmbar geworden, wo germanisch-sprachige Gruppen im Laufe des 4./5. Jahrhunderts abgezogen waren. Sie expandierten dann in andere Gebiete, wo die Abwanderung bisheriger Bewohner Raum schuf, etwa nach Böhmen und an den Nordrand des Karpatenbeckens.180 Deutlicher ist ihre Präsenz ab dem zweiten Drittel des 6. Jahrhunderts in der späteren Walachei nördlich der Donau, von wo auch die meisten Raubzüge in die Balkanprovinzen ihren Ausgang nahmen. Slawische Ausbreitung setzte offenbar keinen weitgehenden Bevölkerungsaustausch, ja nicht einmal unbedingt physische Expansion voraus; in manchen Fällen konnte sie auch die Ausbreitung eines Lebensmodells und nicht zuletzt der Sprache bedeuten. Eines der überraschenden Elemente der slawischen Expansion über weite Teile Osteuropas ist die weitgehende Einheitlichkeit der frühslawischen Sprache, die lange Zeit die gegenseitige Verständigung zwischen Ostsee und Ägäis ermöglichen konnte. Wie auch immer man diese rasche Ausbreitung slawischer Sprache und Lebensformen deutet, an einem methodischen Prinzip sollte festgehalten werden: Es hat keinen Sinn, von Slawen zu sprechen, lange bevor der Name in schriftlichen Quellen erscheint und „Slawen“ als historisch Handelnde fassbar werden. Bis sich der Slawenname unter den Nachbarn allgemein durchgesetzt hatte, sollte es fast ein Jahrhundert dauern. Im Westen sprach man allgemein von „Barbaren“, die sich in Südost- und Ostmitteleuropa ausbreiteten. Papst Gregor I. (der Große, 590 – 604) erhielt erst vom Exarchen von Ravenna um 600 die Information, dass es sich um Slawen handelte.181 Der übergreifende Slawenbegriff verbreitete sich also, wie schon Florin Curta herausgearbeitet hat, zunächst als Fremdbezeichnung.182 Es ist allerdings auffällig, dass wir zunächst keine Namen von slawischen Stämmen oder anderen partikularen Gruppen (mit Ausnahme der Anten) erfahren. Die im Übrigen wohlinformierten Byzantiner konnten die slawischen Feinde nördlich der unteren Donau nur nach dem Namen ihrer Anführer identifizieren. 177 Prokop,

Kriege (Hg. Veh), Bd. 3, 7,35, 671–673.

178 Dazu

und zum Folgenden Pohl, The Avars, 118–126. Siehe auch Curta, The Making of the Slavs, mit etwas anderen Akzenten.

179 Dolukhanov,

The Early Slavs (mit einer ganz spekulativen slawischen Vorgeschichte); Curta, The Making of the Slavs; Dzino, Becoming Slav, Becoming Croat; Holzer, Vorgeschichte der slavischen Sprachen; Ziółkowski, When Did the Slavs Originate?

180 Zum

Folgenden Pohl, Die Awaren, 94–98; ders., The Avars, 150–162.

181 Ders., 182 Curta,

The Avars, 155. The Making of the Slavs.

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579

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Die ethnographischen Informationen, die sich bei Prokop und anderen Autoren über die Slawen finden, sind noch unsicher und widersprüchlich. Slawen werden zunächst als Reiterkontingente in der byzantinischen Armee in Italien erwähnt, später nur mehr als Fußtruppen und amphibische Einheiten. Sie werden als besonders barbarisch lebende Menschen mit den Hunnen, aber auch mit den Geten (die man damals mit den Goten identifizierte) in Verbindung gebracht. Manchmal wird ihre besondere Grausamkeit betont, in anderen Fällen ihre Gastfreundschaft sogar für Kriegsgefangene. Ein Zug, der bei den frühen Slawen auffällt, ist ihre Bereitschaft, sich fremden Anführern unterzuordnen: dem langobardischen Prätendenten Hildigis ebenso wie einem Mann, der sich als römischer General Chilbudios ausgab, später auch dem fränkischen Wendenkönig Samo im 7. Jahrhundert.183 Im späteren 6. Jahrhundert, wie noch zu zeigen sein wird, werden slawische Anführer, archontes, in den Quellen fassbar, die teils sehr erfolgreiche Raubzüge in Thrakien durchführen und dann in ihre Siedlungsgebiete nördlich der Donau zurückkehren. Keiner von ihnen hat jedoch eine bleibende Herrschaft begründet.

183 Urbańczyk,

580

Foreign Leaders in Early Slavic Societies.

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Die Awarenzeit (565 – 800)

2.3

D IE AWARENZEIT (565 – 800)

2.3 .1 Aufbau und Expansion des Awarenreiches: 558 – 626 Im Winter 557/558 erschien in Konstantinopel die erste awarische Gesandtschaft, die aus den Steppen nördlich des Kaukasus angereist war. Die Neuankömmlinge erregten in der Hauptstadt durch ihre auffallende Haartracht einiges Aufsehen: „Die ganze Stadt lief zusammen, um sie zu sehen, denn man hatte ein solches Volk noch nie gesehen. Sie trugen nämlich ihr Haar hinten sehr lang, mit Schleifen gebunden und geflochten.“184 Vor Justinian traten sie sehr selbstbewusst auf und versprachen, sie könnten alle seine Feinde besiegen. Es war die Zeit kurz vor dem Kutrigureneinfall, und sie waren dem Kaiser höchst willkommen. Sie wurden mit reichen Geschenken und einem Bündnis, das ihnen Jahrgelder zusicherte, entlassen. Tatsächlich vergingen die folgenden Jahre mit einem Siegeszug durch die pontischen Steppen: Onoguren, hunnische Zalen, Sabiren und schließlich die Anten erwähnt Menander; darüber hinaus überwanden die Awaren die Utiguren (deren Jahrgelder sie später verlangten) und die Kutriguren (die 568 im Awarenheer bezeugt sind).185 Ebenso wie bei den Hunnen wird auch bei den Awaren seit langem diskutiert, woher sie eigentlich gekommen waren. Klar ist nur der Anlass, die rasche Expansion des alttürkischen Reiches aus der heutigen Mongolei. 552–555 wurde das Khaganat der Rouran beseitigt, 561/562 das Reich der Hephtaliten (oder „weißen Hunnen“), nördliche Nachbarn der Perser. Vieles spricht dafür, dass die Rouran (wie sie die Chinesen nannten) auch als Awaren bekannt waren. Die Sache wird freilich kompliziert dadurch, dass Theophýlaktos Simokates behauptet, die europäischen Awaren seien eigentlich Pseudoawaren, die sich diesen Namen nur beigelegt hätten, um ihre Feinde zu schrecken. In Wirklichkeit seien sie eine gemischte ogurische Gruppe, die nach ihren zwei Ahnen Var und Chunni, also Varchoniten hießen.186 Das ist oft als Spekulation des Theophylakt abgetan worden.187 Doch beruhte Theophylakts „Skythenexkurs“ zur Herkunft der Awaren in wesent‑ lichen Teilen auf einem Brief des Türkenkhagans; und wie schon Menander belegt, behaupteten die Türken, die Awaren seien in Wirklichkeit nur Varchoniten, ihre entflohenen Sklaven. Was die Türken vor allem erzürnte, war, dass die Awaren ebenso wie sie selbst den zuvor von den Rouran gebrauchten, höchstrangigen Khaganstitel beanspruchten. Es ist durchaus möglich, dass der erste bekannte Awarenkhagan Baian tatsächlich aus der (wohl sehr zahlreichen) Herrscherdynastie der Rouran stammte. Der Großteil der Rouran war allerdings, wie wir aus chinesischen Quellen wissen, nach Osten geflohen oder in mehreren Gemetzeln umgekommen. Die europäischen Awaren 184 The

Chronicle of Theophanes Confessor (Übers. Mango/Scott), 6050, 339f.; Pohl, Die Awaren.

185 Menander

(ed. Blockley), fr. 5,2f., 48–51.

186 The

History of Theophylact Simocatta (Übers. Whitby/Whitby), 7,8, 258f.; Pohl, The Avars, 33–47. Für die Version des Theophylakt, mit verschiedenen Hypothesen zur tatsächlichen Herkunft der Awaren: Haussig, Zur Lösung der Awarenfrage; Yu, Doubts About the Theory of Rouran-Avar Identity. Andere Interpretation bei Theophylaktos Simokates (Übers. Schreiner), 344 (Anm. 970).

187 Kollautz/Miyakawa,

Geschichte und Kultur eines völkerwanderungszeitlichen Nomadenvolkes, Bd. 1, 13–15; Czeglédy, East to West; la Vaissière, Maurice et le qaghan; Golden, Some Notes on the Avars and Rouran.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

waren also vermutlich recht heterogen aus verschiedenen „hunnischen“ und ogurischen Gruppen zusammengesetzt.188 Bald nach 560 standen die Awaren nördlich der Donau und verhandelten mit Byzanz um Land zur Ansiedlung und erhöhte Jahrgelder. Doch zugleich intensivierten sich die Kontakte Konstantinopels mit der aufstrebenden türkischen Macht, die auch als Verbündete im Perserkrieg interessant war. Die Türken aber forderten, mit den abtrünnigen Awaren keinen Vertrag zu schließen. Justinian taktierte daher, während die Awaren mit weiteren Angriffen auf barbarische Konkurrenten (darunter die Franken) ihre Vormacht auszubauen suchten. 565 übernahm Justin II. die Regierung und empfing kurz darauf eine awarische Gesandtschaft. Durch ihre Behandlung machte er den fundamentalen Wechsel seiner Außenpolitik deutlich: Es sollte keine Jahrgelder mehr geben. Das war zweifellos populär, führte aber binnen weniger Jahre in eine außenpolitische Umklammerung, aus der sich Byzanz nicht mehr befreien konnte. Im Osten löste es einen Perserkrieg aus, der über 20 Jahre dauern sollte. Im Norden und Westen führte es zu einem nachhaltigen Umsturz der Machtverhältnisse. Im Karpatenbecken war gerade 565 der alte Konflikt zwischen Langobarden und Gepiden wieder aufgeflammt. Die Gepiden unter Kunimund ersuchten in Konstantinopel als alte und zuverlässige Verbündete um Unterstützung und wurden abgewiesen. Alboin, der Langobardenkönig, konnte ein Bündnis mit den Awaren schließen. Er versprach ihnen das gesamte Gepidenland zu überlassen. Dieses Zugeständnis macht nur Sinn, wenn Alboin bereits vorhatte, das Siedlungsgebiet im Karpatenbecken aufzugeben. Bevor noch die Awaren eingreifen konnten, erlitten die Gepiden 567 eine vernichtende Niederlage. Ihr König Kunimund fiel, und Alboin heiratete seine Tochter Rosamunde. Alboin sammelte nun ein Heer, dem sich auch ein Teil der Gepiden anschloss, daneben Sueben, Sarmaten, Bulgaren und romanische Provinzialen. 568 zogen die Langobarden nach Italien ab, wo sie ein weitgehend binnenländisches Königreich und zwei Dukate in Mittelund Süditalien gründeten, während die Byzantiner die Küstengebiete behaupteten.189 Die Awaren konnten kampflos das gesamte Karpatenbecken besetzen; nur Sirmium hatten die Byzantiner an sich gebracht. Statt des berechenbaren Gepidenreiches hatten sie nun ein ungleich dynamischeres awarisches Khaganat zum Nachbarn im Nordwesten. Freilich dauerte es jahrelang, bis die Awaren sich an der mittleren Donau etabliert hatten und ihr militärisches Potential entfalten konnten. Immerhin erhielt Baian ab 575 ein Jahrgeld von 80.000 Solidi, über 1.000 Pfund Gold. Ein wesentlicher Schritt zur Ausweitung seines Machtbereiches war die Belagerung von Sirmium, die von 580 bis 582 dauerte und schließlich mit der Kapitulation der Stadt endete. 582 dürfte Baian gestorben sein, sein Sohn folgte ihm nach und begann eine wesentlich aggressivere Politik. Als seine Forderung nach einer Erhöhung der Jahrgelder abgelehnt wurde, eroberten die Awaren Singidunum und Viminacium und stießen bis Anchialos (Pomorie) am Schwarzen Meer vor. 585 folgte die Plünderung von Bononia (Vidin), Ratiaria (bei Arčar), Apiaria (Rjahovo), Durostorum (Silistra), Tropaeum Traiani (Adamklissi) und Marcianopolis (Devnja). 586 verlagerten sich die

188 Ausführlich 189 Ders.,

582

Pohl, Die Awaren, 27–36; ders., The Avars, 39–47.

Alboin und der Langobardenzug; ders., Die langobardische Reichsbildung; Borri, Alboino.

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Die Awarenzeit (565 – 800)

Kämpfe weiter südlich nach Thrakien, wo Mesembria (Nesebar), Philippopolis (Plovdiv) und Adrianopel widerstanden. Auch eine awarisch-slawische Belagerung von Thessaloniki scheiterte.190 In den Jahren seit 578 hatten sich auch die slawischen Plünderungszüge in Thrakien und in Griechenland intensiviert. Wie weit daran awarische Truppen beteiligt waren (möglicherweise in den Jahren 586 – 588), ist im Einzelnen nicht zu dokumentieren. Die awarischen Reiter zogen sich jedenfalls nach jedem Kriegszug wieder ins Karpatenbecken zurück und überwinterten nur in Ausnahmefällen einmal auf römischem Boden. Außer Sirmium wurde keine der eroberten Städte dauerhaft besetzt; sie wurden nur geplündert, die Einwohner in der Regel gegen Lösegeld freigegeben oder ins Karpatenbecken verschleppt. Auch von manchen slawischen Plünderergruppen wissen wir, dass sie wieder in die norddanubische Heimat zurückkehrten, etwa die des Ardagast oder des Dauritas. Das betraf vor allem Thrakien, wo die byzantinische Präsenz stärker war. Das drückt sich auch in der historiographischen Wahrnehmung aus. Theophylakt, dessen Erzählung aus teils sehr detaillierten Feldzugsberichten geschöpft ist, erwähnt fast nur Ereignisse in Thrakien sowie entlang der Donau.191 Von den Belagerungen von Thessaloniki wüssten wir nichts, wenn sie nicht in den Miracula S. Demetrii überliefert wären.192 In vielen Gebieten, wie etwa in Makedonien oder Hellas, intervenierten offenbar keine großen, von Konstantinopel entsandten Armeen. Slawen konnten sich dort leichter ansiedeln, ohne aus der Hauptstadt besonders wahrgenommen zu werden. Die strategische Situation der Byzantiner verbesserte sich nach dem Abschluss eines Friedensvertrages mit den Persern im Jahr 591. Die Kriegsberichte Theophylakts für die folgenden Jahre zeigen, dass sogar Singidunum wieder unter römischer Kontrolle stand. Das verhinderte nicht, dass awarische Heere mehrmals bis tief nach Thrakien vorstießen, vor allem 592 und 597/598, als die Awaren bei Tomis überwinterten und dann eine Pestepidemie im Awarenheer, der mehrere Söhne des Khagans zum Opfer fielen, zum Abbruch des Feldzuges führte. Auf der anderen Seite stießen in diesen Jahren römische Heere mehrmals über die Donau vor, etwa 592 und 594 gegen die Slawen jenseits der unteren Donau und 599 sogar ins Awarengebiet. Dort drang der Feldheer Prískos bis an die Theiß vor und errang mehrere Siege, durch die offenbar die Stellung des Khagans erschüttert wurde. Trotz mancher Offensiverfolge hatte aber Kaiser Mauríkios (582 – 602) seine strategischen Möglichkeiten überschätzt. Als er 602 der Armee befahl, im Land der Slawen zu überwintern, um ihrer dort in den kahlen Auwäldern leichter habhaft zu werden, rebellierten die Truppen und zogen nach Konstantinopel, wo sie Mauríkios ermordeten und Phokás zum Kaiser erhoben. Damit endet auch das Geschichtswerk Theophylakts; die weiteren Ereignisse auf der Balkanhalbinsel müssen aus viel kargeren Quellen rekonstruiert werden.193 Fast 700 Jahre hatte Rom im Orient gegen Parther und Perser Krieg geführt und dabei immer wieder Rückschläge einstecken müssen; aber selbst schwere Niederlagen wie diejenige Julians 363

190 Pohl, 191 Siehe

Die Awaren, 52–88; Whitby, The Emperor Maurice, 138–150.

unten den Handbuchbeitrag von Peter Schreiner (Kap. 7); Whitby, The Emperor Maurice.

192 Lemerle, 193 Pohl,

Invasions et migrations; Pohl, Die Awaren, 101–106.

Die Awaren, 128–162; ders., The Avars, 280–335; Whitby, The Emperor Maurice, 151–183.

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

führten zu wenig mehr als dem Verlust der wichtigen Grenzfestung Nisibis.194 Nun fielen überraschend widerstandslos Syrien und Ägypten an die Perser, Anatolien wurde immer wieder von persischen Heeren durchzogen. Parallel dazu zerstörten Awaren und Slawen die Reste der bereits ausgedünnten römischen Infrastruktur im Großteil der Balkanhalbinsel: Singidunum, Naissus, Serdica (Sofia), Philippopolis, letztlich auch Salona (bei Split) mussten aufgegeben werden. Nur einige Küstengebiete und das Umland der Hauptstadt blieben noch unter byzantinischer Kontrolle. Thessaloniki überstand mehrere slawische und awarische Belagerungen. Weder Awaren noch Slawen hatten ein Interesse daran, die römische Ordnung in den eroberten Gebieten zu erhalten: die Awaren, weil sie sich mit der (menschlichen) Beute wieder zurückzogen, und die Slawen, weil sie offenbar keine städtische, arbeitsteilige Gesellschaft bewahren wollten. Als Kaiser Herákleios (610–641) zu Beginn der 620er Jahre eine Offensive gegen die Perser vorbereitete, kam es noch einmal zu intensiven Verhandlungen mit den Awaren. Dabei entkam der Kaiser 623 bei einem aufwändig vorbereiteten Treffen mit dem Khagan außerhalb der Langen Mauern von Konstantinopel nur knapp einem awarischen Hinterhalt. Dennoch kam es wieder zu einem Vertrag, der den Awaren die bisher unerreichte Summe von 200.000 Goldsolidi – fast 3.000 Pfund – pro Jahr zusicherte. Während der Kaiser weit im Osten operierte, zogen im Sommer 626 Awaren und Perser vor Konstantinopel auf. Wegen der byzantinischen Seeherrschaft konnten die Perser vom asiatischen Ufer aus nicht aktiv in die Belagerung eingreifen, und die awarischen Reiter begnügten sich zumeist damit, den Ansturm der vor allem slawischen Fußtruppen zu kontrollieren. Entscheidend war ein slawischer Angriff auf mitgeführten Einbäumen vom Goldenen Horn her, der scheiterte. Damit musste der Khagan nach wenig mehr als einer Woche die Belagerung abbrechen. Die wunderbare Errettung der Stadt durch die Jungfrau Maria wurde Thema mehrerer Predigten, Gedichte und auch des „Hymnos Akatisthos“.195 In den kommenden beiden Jahren gelang es Herákleios tatsächlich, im Perserkrieg noch einmal eine Wende herbeizuführen und die Orientprovinzen wiederzugewinnen. Wenige Jahre später gingen sie durch die islamische Expansion endgültig verloren.196 Die Atempause nach 626/628 hatte nicht ausgereicht, um die byzantinische Position in den Balkangebieten noch einmal zu konsolidieren. Gravierende Folgen hatte der Rückschlag bei der Belagerung von Konstantinopel für das Awarenreich. Es war der letzte große Kriegszug gegen Byzanz. Das Prestige des Khaganats hatte Schaden erlitten, und seine offensive Dynamik war gebrochen. Aufstände forderten die awarische Herrschaft heraus: Der Franke Samo wurde als Anführer der Rebellen an der Westflanke des Reiches, wahrscheinlich in Böhmen und Mähren, König eines slawischen Reiches. Ein Bulgare kämpfte um 630 im Karpatenbecken um die Würde des Khagans und unterlag. In den pontischen Steppen errichtete der Bulgarenkhan Kuvrat in den 630er Jahren ein Großreich, das politisch und

194 Dignas/Winter,

Rome and Persia in Late Antiquity.

195 Howard-Johnston, The Siege of Constantinople in 626; Hurbanič, Konstantinopol 626; Peltomaa, The Image

of the Virgin Mary, 35; Pohl, Die Awaren, 248–255; ders., The Avars, 294–305.

196 Kaegi,

Heraclius, 156–228; Whittow, The Making of Orthodox Byzantium, 69–81; Haldon, The Empire that Would Not Die.

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kulturell tonangebend wurde, bis es seinerseits den Chasaren unterlag (s. u. den Handbuchbeitrag von Daniel Ziemann, Kap. 3).197 Dennoch vermochte sich das awarische Khaganat in seinem Kernraum, dem Karpatenbecken, noch fast zwei Jahrhunderte lang zu behaupten. Immer noch kontrollierten die Khagane die ungarischen Tiefebenen, das Donautal bis zur Enns, die ehemalige Pannonia Savia bis zur Grenze Italiens und den Großteil Siebenbürgens. Angriffe von Bulgaren, Franken oder Langobarden werden bis gegen Ende des 8. Jahrhunderts nicht berichtet, und die Slawen hatten nicht das Potential, die awarische Macht in ihrem Kerngebiet herauszufordern. Die in besseren Zeiten angehäuften Schätze dürften dazu beigetragen haben. Gerade in den Jahrzehnten nach der Niederlage von 626 erreichte die „goldene Zeit“ in den Gräbern der awarischen Elite, die verschwenderisch mit Grabbeigaben ausgestattet wurden, ihren Höhepunkt.198

2.3 .2 Das spätawarische Khaganat und sein Ende Ab 630 werden die Nachrichten über die Awaren spärlich. In byzantinischen Quellen enden sie mit einer awarischen Gesandtschaft, die vermutlich 679 Kaiser Konstantin IV. (668 – 685) zu einem Sieg über die Araber gratulierte. Kurz darauf wurde zwischen den Awaren und Byzanz das bulgarische Khanat errichtet. Es ist bemerkenswert, dass auch in Konflikten mit den Bulgaren kein Versuch der Byzantiner bekannt ist, sich mit den Awaren gegen sie zu verbünden. Die Politik in Südosteuropa hatte sich stark regionalisiert. An der Westflanke des Awarenreiches sind einige regionale Konflikte bekannt. 663 hatte sich der Dux von Friaul, Lupus, gegen den Langobardenkönig Grimoald (662 – 671) erhoben, der zu dieser Zeit in Süditalien gegen Kaiser Konstans II. (641 – 668) kämpfte. Grimoald rief die Awaren zu Hilfe; sie benötigten eine dreitägige Schlacht, um Lupus zu überwinden. Danach plünderten sie in Friaul, und Grimoald hatte einige Mühe, sie wieder aus dem Land zu werfen.199 Um 715 dürften die Awaren die Enns überschritten und einige Grenzorte geplündert haben, sodass der Bayernherzog dem Heiligen Emmeram von einer Missionsreise ins Awarenland abriet.200 Und um 740 rief Boruth, Dux der Karantanen, der seinen Sitz im heutigen Kärnten hatte, gegen awarische Angriffe die Bayern zu Hilfe. Die Awaren wurden vertrieben; Karantanien geriet unter bayerischen Einfluss und wurde schrittweise von Salzburg aus christianisiert.201

197 Werner,

Der Grabfund von Malaja Pereščepina; Pohl, Die Awaren, 256–273; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht.

198 Bálint,

Archäologie der Steppe; Tóth/Horváth, Kunbábony (wird heute meist nicht mehr als Khagansgrab betrachtet); Daim, Avars and Avar Archaeology; Pohl, The Avars, 335–343.

199 Pauli

Historia Langobardorum (edd. Bethmann/Waitz), 5,19, 151.

200 Arbeonis

episcopi Frisingensis (ed. Krusch), 33.

201 Conversio

104.

Bagoariorum et Carantanorum, in: Lošek, Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum, 90–135, 4,

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Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Insgesamt ist es bemerkenswert, dass, zum Unterschied von den Hunnen vor ihnen und den Ungarn nach ihnen, die Awaren keine größeren Plünderungszüge nach Westen unternahmen. Im 6. Jahrhundert werden drei Züge gegen die Franken, vermutlich nördlich der Karpaten, berichtet. Doch selbst wenn die ersten Treffen siegreich verliefen, zogen sich die Awaren wieder zurück; wahrscheinlich ging es vor allem um die symbolische Rangordnung. Im Ostalpenraum deckten die Awaren um 600 die Ausbreitung der slawischen Siedlung und halfen dabei, bayerische Gegenangriffe abzuwehren. Um 610 eroberten die Awaren das langobardische Cividale und verschleppten die Bevölkerung nach Pannonien; vielleicht waren sie dazu schon damals vom Langobardenkönig Agilulf ermuntert worden, der in einem engen Bündnis mit den Awaren stand, aber immer wieder Probleme mit den illoyalen Duces von Friaul hatte. Sonst respektierten die Awaren immer die Grenzen des fränkischen und langobardischen Herrschaftsbereiches. Die Grenze zu Bayern an der unteren Enns galt im 8. Jahrhundert als limes certus, der durch Eide und Verträge abgesichert war.202 Das Weiterbestehen des Awarenreiches nach dem Abbruch der Expansionsbestrebungen 626 wurde durch ein weitgehendes Gleichgewicht regionaler Mächte ermöglicht, die vielfach mehr mit inneren Konflikten als mit zwischenstaatlichen Kriegen beschäftigt waren und gar nicht die Mittel für eine weit reichende Expansionspolitik besaßen. Im Laufe des 8. Jahrhunderts begann die stärkste dieser Mächte, das Frankenreich, jedoch unter Führung der aufstrebenden Familie der Karolinger eine neue Phase der Expansion. 774 besetzte König Karl der Große das Langobardenreich, und 788 brachte er den bayerischen Dukat unter seine direkte Herrschaft. Damit standen die Awaren entlang ihrer gesamten Westgrenze den Franken gegenüber. Manches spricht dafür, dass sie den Bayernherzog Tassilo III. vor seinem Sturz unterstützt hatten, wie ihm von den Franken vorgeworfen wurde.203 Nun wurde das Khaganat selbst zum Ziel fränkischer Expansionspolitik.204 Im Herbst 791 unternahm Karl der Große einen wohlvorbereiteten Kriegszug donauabwärts ins Awarenland. Ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, zogen zwei fränkische Armeen an beiden Ufern der Donau bis an die Raab; selbst Befestigungen am Wiener Wald verteidigten die Awaren nicht. Eine Tierseuche, die den Großteil der fränkischen Pferde dahinraffte, zwang zum Umkehren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der mangelnde awarische Widerstand damit zusammenhing, dass die Seuche auch schon die Kavallerie des Khagans entscheidend geschwächt hatte.205 In den folgenden Jahren kam ein weiterer fränkischer Angriff nicht zustande, was auch am parallel geführten Sachsenkrieg lag. Doch hatte die offenbare Machtlosigkeit des Khagans zu schweren inneren Konflikten geführt. 795 wurde der Khagan nach längerem Bürgerkrieg gestürzt. Der Tudun, der vermutlich Pannonien kontrollierte, bot Karl seine Unterwerfung an und kam tatsächlich im Frühjahr 796 mit großem Gefolge ins Frankenreich, um sich taufen zu lassen. Inzwischen hatten die Franken die Schwäche des Awarenreiches bereits ausgenützt; noch 795 entsandte man von Friaul aus den

202 Pohl,

Die Awaren, 308–312.

203 Deér,

Karl der Grosse und der Untergang des Awarenreiches.

204 Pohl,

Die Awaren, 312–319; ders., The Avars, 376–389.

205 Ders.,

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The Avars, 381 u. 390.

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Slawen Woynimir/Vojnimir mit einer Schar, der den „Ring“ der Khagane plünderte.206 796 folgte eine Armee unter Karls Sohn, König Pippin von Italien, der beim Ring die Unterwerfung des neuen Khagans und seiner Gemahlin, der Katun, entgegennahm. Am Ufer der Donau hielten die mitgezogenen Bischöfe eine Synode ab, in der sie Fragen der Christianisierung des Awarenlandes besprachen. Pippin bemächtigte sich des Awarenschatzes und beförderte ihn auf vielen Wagen zum Vater nach Aachen, der ihn unter vielen Kirchen und Klöstern verteilte. Davon ist nur noch eine awarische Mantelschließe erhalten, die im katalonischen Kloster Sorpe aufbewahrt wird.207 Die fränkischen Hoffnungen auf Kontrolle des Raumes und Bekehrung der Bevölkerung erfüllten sich nur langsam. Bald kam es zu einem Aufstand, an dem gerade der Tudun führend beteiligt war und der sich jahrelang hinzog. Dann mussten die Franken immer wieder bei Konflikten zwischen Slawen und Awaren oder bei Rivalitäten zwischen awarischen Würdenträgern eingreifen, deren großspurige Titel nur mehr wenig mit der Realität zu tun hatten. 822 ist die letzte awarische Gesandtschaft bei Kaiser Ludwig dem Frommen bezeugt, dann verschwindet der Name aus der Ereignisgeschichte.208 Zugleich breitete sich im Süden und Osten des Karpatenbeckens, den die Franken nie wirklich unter Kontrolle bekamen, bulgarischer Einfluss aus. Mit dem wenig glorreichen Zusammenbruch des Khaganats nach fast einem Vierteljahrtausend verlor das Karpatenbecken seine politische Ordnung und wurde für ein Jahrhundert von rivalisierenden benachbarten Mächten kontrolliert.

2.3 .3 Strukturen des Awarenreiches Die Schriftquellen, die über die inneren Verhältnisse des Awarenreiches berichten, sind knapp; etwas ähnliches wie den Gesandtschaftsbericht des Prískos über Attilas Hunnen haben wir nicht. Menander und Theophylakt lassen einige interessante Details aufblitzen; weitere Hinweise finden sich in den lateinischen Quellen der Karolingerzeit. Viel aussagekräftiger ist das archäologische Material.209 Von keinem Volk des Frühmittelalters sind mehr Grabfunde erschlossen worden, obwohl auch Goten, Hunnen oder Langobarden in die Grabausstattung investierten. Die gesamte awarische Zeit hindurch wurde die Beigabensitte in einer großen Breite und Vielfalt gepflegt, sodass bereits über 80.000 beigabenführende Gräber ergraben wurden. Das ist nicht selbstverständlich und unterscheidet sich zum Beispiel diametral von slawischen Begräbnisbräuchen: Die frühen Slawen

206 Zum

Ring ders., Die Awaren, 306f.; ders., The Avars, 369–371.

207 Prohászka/Daim, 208 Pohl,

Der Kaiser auf der Mantelschließe.

Die Awaren, 320–327.

209 Überblick:

Awaren in Europa, 5–19; Daim (Hg.), Awarenforschungen; ders., Avars and Avar Archaeology; Stadler, Quantitative Studien zur Archäologie der Awaren, Bd. 1; Bollók/Csiky/Vida (Hgg.), Zwischen Byzanz und der Steppe; Pohl, The Avars, 100–116 und 335–352.

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pflegten Brandbestattung, sodass man allenfalls die Keramikgefäße für die Asche findet. Nur in der Walachei lassen sich Gräberfelder mit Grabbeigaben slawischen Gruppen zuordnen.210 Recht gute schriftliche Informationen haben wir für die politische Organisation der awarischen Herrschaft.211 Herrscher war der Khagan, ein Titel, der den imperialen Anspruch des Awarenreiches ausdrückte. Neben dem Titel war der Name zweitrangig; einen Namen kennen wir nur vom Reichsgründer Baian, und dann erst wieder von den christianisierten Awarenfürsten unter fränkischer Hoheit. Auf Baian folgte sein Sohn und dann dessen Bruder; mehr wissen wir nicht von der Herrschaftsnachfolge. Wie Attila hatten die Khagane offenbar viele Ehefrauen und daher auch zahlreiche Söhne. Ebenso wie bei den Hunnen ist auch der Name der Dynastie unbekannt, was darauf hindeutet, dass er nicht wie oft in Ost- und Zentralasien wesentlich für die Herrschaftsrepräsentation und für die Strukturierung der Geschichte war. Zumindest bis ins 7. Jahrhundert führte der Khagan in der Regel seine Armee selbst; mehrfach sind bei einem Kriegszug auch seine Söhne und einmal sogar seine Frauen erwähnt. Entscheidungen traf der Khagan, doch hatten darauf auch andere Würdenträger einigen Einfluss. Aus der frühen Awarenzeit erfahren wir die Namen von etwa einem Dutzend awarischer Funktionäre, die wohl eine ähnliche Stellung hatten wie die Logades unter Attila. Zumeist sind das Gesandte, gelegentlich auch militärische Anführer. Eine herausgehobene Stellung genossen Targitios und Apsich, die mehrfach unbedachte Entscheidungen des Khagans korrigierten; Apsich trat auch als Feldherr hervor. Beide sind im 6. Jahrhundert über 30 Jahre lang bezeugt. Worauf ihr Rang und Einfluss beruhte, bleibt unklar.212 Anders war das politische System, das in den karolingischen Quellen in der Verfallszeit des Khaganats sichtbar wird. Es war von einer Hierarchie von auch aus Zentralasien und/oder den Bulgaren bekannten Rangtiteln geprägt.213 Zweiter Herrscher neben dem Khagan war der Jugurrus; die (Haupt-)Frau des Khagans wurde als Katun bezeichnet. Vermutlich als Gouverneur der westlichen Reichshälfte fungierte der Tudun, der auch seine eigenen Truppen kommandierte. Tarkhan war ein Titel, der eher den Rang der optimates in der Entourage des Khagans als ihre Funktion beschrieb. Nach dem Zerfall des Khaganats werden auch die bulgarischen Rangtitel Kapkhan und Canizauci/ kanasybige erwähnt. Nun ist auch eine feste Residenz genannt, die als Ring oder campus bezeichnet wird.214 Kampos, Feld oder Lager, hieß auch das bulgarische Pliska im früheren 9. Jahrhundert, das von einer weiträumigen rechteckigen Einfriedung umgeben war.215 Eine ringförmige Struktur von Residenzen ist in Zentralasien mehrfach belegt, teils mit konzentrischen Kreisen nach außen abgegrenzt. Beim Ring der Awaren handelte es sich wohl um einen großen, mit einem oder mehreren 210 Brather,

Archäologie der westlichen Slawen; Barford, The Early Slavs; Walachei: Curta, The Making of the Slavs; die slawische Zuordnung ist aber nicht unumstritten.

211 Pohl,

Die Awaren 174–178; ders., The Avars, 215–220 und 352–372.

212 Kollautz, 213 Pohl, 214 Ders.,

The Avars, 269–272.

215 Petkov,

588

Die Awaren; Pohl, Die Awaren, 185–189.

Die Awaren, 293–307; ders., The Avars, 352–369. The Voices of Medieval Bulgaria, 11.

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Erdwällen oder Palisaden nach außen abgegrenzten, ringförmigen Bereich, in dem sowohl temporäre Strukturen als auch hölzerne Paläste standen. Hier befand sich jedenfalls der, nach Ausweis der karolingischen Quellen, ungeheuer große Schatz, den die Heere Karls des Großen erbeuteten. Einen Eindruck davon gibt wohl der 1799 gefundene Goldschatz von Nagyszentmiklós, heute Sânnicolau Mare im Banat, der im Wiener Kunsthistorischen Museum aufbewahrt wird.216 Der Schatz der Khagane speiste sich vor allem aus Jahrgeldern und Geschenken aus Byzanz. Falls die vertraglich vereinbarten Summen von 559 bis 626 einigermaßen regelmäßig gezahlt (oder, wie im Kriegsfall üblich, nach Friedenschluss nachgezahlt) wurden, machten sie in diesem Zeitraum insgesamt etwa 5 bis 6 Millionen Goldsolidi aus, das sind (bei 72 Solidi auf das Pfund) etwa 70.000 bis 80.000 Pfund. Das entsprach in etwa einem Jahresbudget des spätrömischen Gesamt­ reiches. Dazu kamen Erlöse aus dem Freikauf von Gefangenen, diplomatische Geschenke und Plünderungsgut – allerdings ist nicht davon auszugehen, dass in den illyrischen und thrakischen Festungen große Reichtümer lagerten. Der Ressourcentransfer aus Byzanz ins Awarenreich war also ganz beträchtlich.217 Die Verfügung über den Schatz gab den Khaganen die Möglichkeit, sich die awarischen Krieger und Eliten zu verpflichten und ihre Freigiebigkeit zu demonstrieren. Grundlage der awarischen Macht war das Heer. Die awarische Kampfweise folgte im Wesentlichen den erfolgreichen Vorbildern früherer Steppenreiter. Allerdings kombinierten die Awaren offenbar beide Typen der in der Antike üblichen Kavallerie, den berittenen Bogenschützen und den gepanzerten Lanzenreiter.218 Die Innovation, die die Awaren aus Zentralasien mitbrachten, war der eiserne Steigbügel, der den Reiterkampf erleichterte. Zahlreiche Waffenfunde in Gräbern bestätigen die Hinweise auf awarische Bewaffnung, die vor allem das sogenannte Strategikón des Mauríkios gibt, ein um 600 nicht zuletzt nach den Erfahrungen der Awarenkriege verfasstes Kriegshandbuch.219 Das Strategikón lässt auch erkennen, wie rasch die Byzantiner die militärtechnischen Errungenschaften der Awaren zu kopieren versuchten: die Reiterlanze mit einem Riemen in der Mitte; einen gefransten Halsschutz aus Filz und Wolle; den Brustschutz für die Pferde; eine lange Tunika, die beim Reiten übers Knie reichte; und awarische Zelte, vielleicht nach Art der Jurten. Die große Zahl der Reservepferde, die awarische Heere mitführten, erschwerte es den Spähern, die Zahl der Kämpfer zu schätzen. Sie führten auch zu einer taktischen Schwäche, da sich die Awaren auf dem Marsch oft aufteilen mussten, um genügend Futter für die Pferde zu finden. Mehrfach hätten römische Heere fast die vom Rest des Heeres getrennte Marschabteilung des Khagans überrumpelt. Die Zufuhr von Verpflegung benötigten die Awaren nur vor der Niederlassung im Karpatenbecken; etwa begnügte man sich nach einem Sieg über die Franken an der Elbe mit Nahrungsmitteln. Bald sorgten Tribute, slawische Bauern, Kriegsgefangene und die eigene Viehwirtschaft für 216 László/Rácz,

Der Schatz von Nagyszentmiklós; Kovács (Hg.), The Gold of the Avars; Bálint, Der Schatz von Nagyszentmiklós; Daim u. a. (Hgg.), Der Goldschatz von Sânnicolau Mare; Daskalov u. a. (Hgg.), The Nagyszentmiklós Gold Treasure (mit der sonst als überholt betrachteten Zuweisung ans bulgarische Khanat); Bühler u. a. (Hgg.), Der Goldschatz von Sânnicolau Mare.

217 Kiss,

Die Goldfunde des Karpatenbeckens.

218 Pohl,

Die Awaren, 170–174.

219 Maurice’s

Strategikon (Übers. Dennis), bes. 11,2, 360–369.

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ausreichende Versorgung. Wie weit es anfangs im Karpatenbecken noch nomadisierende Gruppen gab, ist schwer festzustellen. Vielleicht lässt sich ihre Existenz daraus ableiten, dass es aus der ersten Zeit nach der Ansiedlung relativ wenige archäologische Befunde gibt, die auf zentralasiatische oder zumindest osteuropäische Neuankömmlinge deuten. Dafür gibt es aus dem späten 6. und früheren 7. Jahrhundert vor allem in Pannonien zahlreiche große und reich ausgestattete Gräberfelder, die viel westliches Material enthalten (etwa in Zamárdi und Kölked). Vor allem um den Plattensee (in Keszthely und Umgebung) gab es in der Frühawarenzeit eine Blüte spätantiker und aktueller merowingischer Formen, die intensive Kontakte mit dem Frankenreich und Italien belegen. Auch byzantinische Importe sind vertreten.220 Im Laufe des 7. Jahrhunderts ist jedenfalls von einer vorwiegend ortsfesten Siedlungsstruktur mit Dörfern und länger belegten Friedhöfen auszugehen; zunehmend werden solche Siedlungen archäologisch erschlossen. Die goldreichen Gräber der Eliten zeigen Verbindungen in die pontischen Steppen.221 Im 8. Jahrhundert verschwinden diese reichen Bestattungen, es gibt kaum mehr Edelmetallbeigaben. Dafür erreichen Beigaben führende Gräber eine sehr weite räumliche und soziale Streuung. Bis in das bäuerliche Ambiente der Dörfer sind mehrteilige Gürtel mit Beschlägen aus gegossener Bronze verbreitet, die oft mit Greifen und Rankenmustern verziert sind. Die spät­ awarenzeitliche Kultur ist, zum Unterschied von den früheren Perioden, in diesem Sinn tatsächlich einheitlich „awarisch“.222 Ob diese kulturelle Vereinheitlichung mit verbreiteter ethnischer Selbstzuordnung als Awaren einherging, ist allerdings ungewiss. Nach der Auflösung des Khaganats kamen awarische Gruppen in Pannonien rasch unter Druck von Slawen, die bereits im awarischen Kernland gelebt haben könnten. Aus linguistischer Sicht ist auffällig, dass sich offenbar im 8. Jahrhundert noch keine Sprachgrenze zwischen West- und Südslawisch abzeichnet, was so gedeutet wurde, dass über das Karpatenbecken hinweg ein Besiedlungs- und daher Sprachkontinuum geherrscht haben dürfte, das erst in der Ungarnzeit unterbrochen wurde.

2.3 .4 Die Awaren und die Slawisierung Südosteuropas Um die Mitte des 6. Jahrhunderts, bevor die Awaren kamen, siedelten Slawen in der späteren Walachei sowie östlich und nördlich des Karpatenbogens, wobei der genaue Siedlungsumfang kaum abzuschätzen ist. Im Laufe des folgenden Jahrhunderts breiteten sie sich über große Teile Südosteuropas aus und expandierten auch westwärts in den Ostalpenraum sowie bis nach Böhmen und

220 Bierbrauer,

Die Keszthely-Kultur; Bárdos/Garam, Das awarenzeitliche Gräberfeld; Heinrich-Tamáska (Hg.), Keszthely-Fenékpuszta im Kontext spätantiker Kontinuitätsforschung; Müller, Die Gräberfelder von KeszthelyFenékpuszta; Vida, Conflict and Coexistence; ders., „They Asked to Be Settled in Pannonia…“.

221 Siehe

die Konferenzbeiträge „Betrachtungen zur Chronologie der Mittelawarenzeit“ (Konferenz, Budapest 2004), abgedruckt in: Antaeus 29–30 (2008), 29–576.

222 Garam, Der awarische Fundstoff im Karpatenbecken, 197–199; Bálint, Archäologie der Steppe, 161–167; Daim,

Avars and Avar Archaeology, 497–516; Szenthe, Crisis or Innovation?

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an die mittlere Elbe.223 Das war wohl die nachhaltigste unter den in diesem Kapitel beschriebenen Veränderungen. Zugleich verlief sie wesentlich weniger spektakulär als etwa die Wanderungen der Goten, der Zerfall des Römischen Reiches oder die hunnische, awarische oder bulgarische Reichsbildung. Das bedeutet auch, dass sie in den Schriftquellen viel schlechter dokumentiert ist. Slawische Schriftlichkeit setzte erst mit dem 9. Jahrhundert ein, und ihre Zeugnisse sind nur aus späteren Jahrhunderten überliefert. Dazu kommt, dass auch in den archäologischen Befunden frühe Slawen sehr schwer nachzuweisen sind.224 Vorherrschende Brandbestattung ohne Grabbeigaben, eine simple, handgeformte und recht unspezifische Keramik sowie einfache Hütten, meist Grubenhäuser, sind sowohl schwer zu finden als auch kaum eindeutig den Slawen zuzuordnen, selbst wenn man eine ethnische Zuordnung archäologischer Befunde im Prinzip für möglich hält. Vielleicht liegt es auch an dieser schwierigen Quellenlage, dass die Frage nach dem „warum“ der raschen slawischen Ausbreitung selten gestellt wurde.225 Die dramatischen Ereignisse der „germanischen“ Völkerwanderung führten im Endeffekt zu einer Verschiebung germanisch-sprachiger Siedlungsgebiete um einige hundert Kilometer nach Südwesten sowie nach England. Von den Steppenimperien der Hunnen und Awaren blieb keine fassbare Bevölkerung zurück. Dagegen wurde der überwiegende Teil der Osthälfte Europas bleibend slawisiert. Das kann kaum an der großen Zahl der Slawen vor dieser Expansionsbewegung gelegen sein – woher hätten denn so viele Slawen kommen sollen? Es beruhte auch nicht auf slawischer Machtergreifung über eine breite unterworfene Bevölkerung – im Gegenteil, slawisiert wurden die herrschenden Bulgaren. Die Ausbreitung der slawischen Bevölkerung war weitgehend abgeschlossen, bevor überhaupt die ersten größeren slawischen Gemeinwesen sichtbar wurden: das Samo-Reich, Karantanien, die Sklavinien an der Peripherie des Byzantinischen Reiches. Die slawische Expansion wurde in der Regel nicht von einer vorgängig bestehenden herrschaftlichen Ordnung angetrieben und organisiert, wie das bei den germanischen bzw. gotischen Gruppen oder den Steppenvölkern der Fall war. Dafür fehlt eine ganze Reihe von Anzeichen: Erstens werden Namen oder Titel von Anführern viel seltener in den Quellen genannt als bei den anderen in diesem Kapitel behandelten barbarischen Gruppen (die Ausnahmen in der Auseinandersetzung mit Byzanz sind noch zu diskutieren). Zweitens wird im 6. und weitgehend auch im 7. Jahrhundert keine stabile soziale Hierarchie, Aristokratie oder ein professionelles Kriegertum fassbar. Drittens haben wir kaum archäologische Hinweise auf die Repräsentation von Macht oder sozialem Status. Viertens gab es offenbar keinen Versuch, in besetzten römischen Gebieten eine Infrastruktur aufrechtzuerhalten, die direkt (über Grundherrschaft) oder indirekt (über eine Versorgung aus Steuereinnahmen oder aus byzantinischen Tributen) ein arbeitsfreies Einkommen sichern konnte.

223 Herrmann

(Hg.), Welt der Slawen; Gojda, The Ancient Slavs; Barford, The Early Slavs; Pohl, Die Awaren, 94–127; Curta, The Making of the Slavs; Mühle, Die Slaven im Mittelalter; Pohl, The Avars, 117–162.

224 Parczewski,

Die Anfänge der frühslawischen Kultur in Polen; Bemmann/Schmauder (Hgg.), Kulturwandel in Mitteleuropa; Curta, The Prague Type; ders., The Early Slavs; Fusek, Frühe Slawen im Mitteldonaugebiet; ders., Besiedlung der Westslowakei.

225 Das

folgende fasst meine Überlegungen aus Pohl, Die Awaren, 94–127, sowie in weiterentwickelter Form ders., The Avars, 150–162, zusammen.

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Fünftens sind in der Auseinandersetzung slawischer Gruppen mit Byzanz oder westlichen Mächten, zum Unterschied von allen anderen „Barbaren“, zunächst keine politische Kommunikation, keine Verhandlungen oder Gesandtschaften bezeugt. Nach Kriegen mit Hunnen und Awaren wurden die Bedingungen für den Rückkauf von Gefangenen bei Friedensverhandlungen vertraglich vereinbart; nach einer gescheiterten Belagerung von Thessaloniki kamen Slawen einzeln an die Stadtmauern, um für ihre Gefangenen Lösegeld zu bekommen. Nach anfänglichen Versuchen im Gotenkrieg hielt sich sechstens auch die Anwerbung slawischer Truppen in die römische Armee in Grenzen. Und siebentens ist eine stabile Gliederung in slawische Stämme oder Einzelvölker (mit Ausnahme der Anten) im 6. Jahrhundert noch kaum fassbar, was zumindest die Schwierigkeit der Byzantiner widerspiegelt, das kollektive Handeln slawischer Gruppen zuordnen zu können, vermutlich aber auch die kleinteilige Struktur slawischer Siedlung. In einigen Punkten mögen sich in den byzantinischen Berichten des 6. und 7. Jahrhunderts erwähnte slawische Gruppen von diesem allgemeinen Modell abheben. Hier sind, wie schon erwähnt, einige Anführer genannt – Ardagast, Peiragast, Dauritas, Musukios –, die nicht nur Raubzüge leiteten, sondern auch in der Heimat nördlich der Donau eine herausgehobene Stellung genossen.226 Zweifellos hatten hier wiederholte erfolgreiche Plünderungszüge zu einer beginnenden sozialen Differenzierung geführt. Es mag auch sein, dass Beigaben führende Gräber und andere Funde im Raum nördlich der unteren Donau mit einer solchen Differenzierung zusammenhängen. Florin Curta hat in einem Vergleich zwischen diesen Slawen und den terwingischen Goten des 4. Jahrhunderts im selben Raum vor allem Gemeinsamkeiten hervorgehoben.227 Diese Goten hatten tatsächlich ebenfalls keinen gemeinsamen König, doch immerhin einen Richter (der mit den Byzantinern verhandeln oder die gemeinsame Abwehr gegen die Hunnen organisieren konnte). Und ihre weitere Entwicklung verlief ganz anders; sie suchten die Integration als Berufssoldaten in das spätrömische System und schlossen sich letztlich unter einem König zu einer einheitlichen, ethnisch benannten Streitmacht zusammen (s. o. Kap. 2.2.3). Im 7. Jahrhundert werden dann in den Miracula S. Demetrii ethnische und herrschaftliche Strukturen im Umland von Thessaloniki sichtbar (s. u. den Beitrag von Peter Schreiner, Kap. 13). Perbund, der König der Runchinen und Strymonen („unsere slawischen Nachbarn“), war schon weitgehend hellenisiert, wurde aber wegen einer Intrige des byzantinischen Statthalters in den Aufstand getrieben.228 Der Bericht von diesen Auseinandersetzungen setzt die Struktur der „Sklavinien“ an der Peripherie des byzantinischen Machtbereichs und damit eine nunmehr bis zu einem gewissen Grad gelungene Integration voraus.229 Auf die Verhältnisse bei den Slawen im

226 Curta, 227 Ders.,

The Making of the Slavs, 311–334. Frontier Ethnogenesis in Late Antiquity.

228 Les plus anciens recueils (Hg. Lemerle), Bd. 1, 2,4, 198–221. Die Liste der slawischen Stämme, die gemäß diesem

Bericht um 670 den Aufstand Perbunds unterstützten, umfasst Strymonen, Runchinen, Drogubiten, Sagudaten, und Belezegiten. Einige davon werden schon in der Einleitung zum Bericht von der Belagerung unter Chatzon, wohl 616/617, genannt, was aber wohl eher die Verhältnisse zur Zeit der Niederschrift gegen Ende des 7. Jh.s wiedergibt: Les plus anciens recueils (Hg. Lemerle), Bd. 1, 2,1,179, 175.

229 Curta,

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Sklaviniai and Ethnic Adjectives; Chrysos, Settlements of Slavs.

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Allgemeinen lassen sich die byzantinischen Berichte des 6. und 7. Jahrhunderts über Slawen in ihrem beschränkten Wahrnehmungsbereich nicht einfach übertragen. Auch im Westen entstanden im 7. Jahrhundert an der fränkischen und langobardischen Grenze erste regionale slawische Herrschaften: die „Wendenmark“ des 7. bzw. Karantanien im 8. Jahrhundert im späteren Kärnten; das kurzlebige Königreich Samos in Böhmen (dem auch noch kein ethnischer Sondername beigefügt wird); und ein sorbischer Dukat nördlich davon.230 Sonst ist von ethnischen oder herrschaftlichen Verbänden noch wenig zu bemerken. Im Westen ist seit dem 7. Jahrhundert (aber nicht vorher) immerhin recht konsistent von Slawen oder Wenden die Rede. Die späte Nachricht des Konstantin Porphyrogénnetos von einer Zuwanderung und Taufe der Kroaten und Serben unter Kaiser Herákleios kann nicht für das 7. Jahrhundert verwendet werden.231 Sicherlich beruhte der Erfolg von Awaren und Slawen nicht zuletzt auf ihrer Komplementarität. Die zentral organisierten Reiterkrieger konnten auf die Erträge verstreut siedelnder slawischer Bauern zählen. Sie sicherten dafür die Ausbreitung slawischer Gruppen ab und holten sich ihrerseits bei Kriegszügen die Unterstützung slawischer Fußtruppen und Bootsleute, wo sie sie benötigten (zum Beispiel bei der Belagerung von Konstantinopel 626). Die Westgrenze des awarischen Machtbereiches entsprach lange Zeit recht genau der slawischen Siedlungsgrenze. Konkurrenz bestand bei den Raubzügen auf byzantinisches Territorium; die Awaren konnten wenig Interesse an einem Verschwinden der römischen Ordnung auf der Balkanhalbinsel haben, da ihre Macht ja auf dem Transfer von Prestigegütern aus dem Imperium beruhte. Weder Awaren noch Slawen strebten jedoch eine Integration in römischen Provinzen nach gotischer Art an. Das slawische Modell einer Ansiedlung in ehemaligen römischen Provinzen unter Aufgabe der gesamten Infrastruktur erwies sich letztlich als erfolgreicher als die immer auf kurzfristigen Erfolgen beruhende Strategie des Awarenreiches. Das führte im römischen Südosteuropa nach einem halben Jahrtausend oder mehr zu einem radikalen Rückgang der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Aus Sicht der römischen Eliten, und letztlich auch aus unserem Blickwinkel, bedeutete das einen Rückfall in die Barbarei: den Verfall von Städten, Kirchen, Dörfern, Straßen, handwerklicher Produktion, Handel und Geldwirtschaft. Es brachte aber auch das Ende von Steuern und Abgaben, die den landwirtschaftlichen Produzenten aufgebürdet wurden. Das mochte für die Unterschichten der römischen Provinzen eine gewisse Attraktivität haben. Es gibt in den Schriftquellen des 6./7. Jahrhunderts einzelne Hinweise auf römische Gefangene, die als freie Menschen unter den Slawen weiterleben konnten, oder die als Informanten nicht taugten, weil ihre Loyalität nun den Feinden

230 Bratož (Hg.), Slovenija in sosednje dežele; Eichert, Frühmittelalterliche Strukturen im Ostalpenraum; Conversio

Bagoariorum et Carantanorum (Übers. Wolfram); Štih, The Middle Ages.

231 Deutsch: Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal); gr. und engl.: Constantine Porphyrogenitus,

Bd. 1 (Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 29–32; Margetić, Konstantin Porfirogenet; Klaić, O problemima stare domovine; Pohl, Die Awaren, 261–268, und ders., The Avars, 311–318 (mit etwas veränderter Argumentation); Budak, Identities in Early Medieval Dalmatia; Dzino, Becoming Slav, Becoming Croat. Allgemein über Konstantin: Ševčenko, Re-reading Constantine Porphyrogenitus. Ein rezenter Versuch, eine frühere Quelle aus Konstantins Kapiteln über Kroaten und Serben herauszuarbeiten: Živković, De Conversione Croatorum et Serborum. A Lost Source; siehe außerdem unten den Beitrag von Neven Budak (Kap. 12).

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galt.232 Das ist immerhin ein Hinweis darauf, dass sich die Slawisierung riesiger (wenn auch nur mehr dünn besiedelter) Gebiete im Laufe weniger Generationen nur dadurch erklären lässt, dass auch zahlreiche Angehörige der Vorbevölkerung allmählich slawisiert wurden. Die Alternativen für die römerzeitliche Bevölkerung sind recht gut belegt. Vielfach hört man von Flucht und Abzug, etwa nach Italien (wo unter Papst Gregor dem Großen um 600 zugewanderte balkanische Bischöfe Probleme bereiteten), auf dalmatinische oder griechische Inseln, oder in die verbleibenden byzantinischen Städte, wie etwa Thessaloniki.233 Auch von ins Awarenreich verschleppten Gefangenen ist immer wieder die Rede, besonders, wenn ihnen, teils erst nach Generationen, die Flucht gelang. Ein Teil der Romanen, die in den Balkanprovinzen verblieben, wurde barbarisiert und überlebte als Wanderhirten; im späteren Mittelalter werden diese Vlachen als eigene ethnische Gruppe gut sichtbar. Der Name dieser Bevölkerungsgruppe, Vlachen, ist ebenso wie der Name Vinedi/Wenden aus dem germanischen Gebrauch (*walhoz) abgeleitet und bezeichnete ursprünglich die gallischen Volcae, dann die Gallier und Römer überhaupt.234 Schrittweise setzte sich in den Slawengebieten, beginnend in den Grenzgebieten zu den christlichen Ländern, eine neue soziale Differenzierung durch. Wo sich slawische Staaten bildeten, blieben sie noch lange instabil: Das Samo-Reich, Karantanien, die Sklavinien auf dem Balkan, der mährische Dukat verschwanden bald wieder, Byzanz oder das Frankenreich errangen wieder die Kontrolle über verlorene Gebiete. Doch die Slawen blieben, und sie blieben Slawen; slawische Sprache und Identität bewiesen eine hohe Bindekraft.

2.3 .5 Von den Awaren zu den Ungarn Vom 5. bis zum 7. Jahrhundert war das Karpatenbecken ein Knotenpunkt barbarischer Reichsbildungen und Migrationen gewesen, deren Auswirkungen sich weit über Südosteuropa, aber auch über Italien und Mitteleuropa erstreckten. Vom späteren 6. bis zum Ende des 8. Jahrhunderts lag hier das Machtzentrum eines Steppenreiches, dessen Aktionsradius am Höhepunkt seiner Macht bis Konstantinopel gereicht hatte. Im 9. Jahrhundert entstand an der mittleren Donau ein Machtvakuum, in dem benachbarte Mächte ihre Vorherrschaft zu etablieren versuchten. Mit der ungarischen Reichsbildung um 900 wurde das Karpatenbecken wieder Ausgangspunkt von weitreichenden Kriegszügen und einer Großmachtpolitik, die alle Nachbargebiete betraf (s. u. im Detail den Handbuchbeitrag von Attila Zsoldos, Kap. 8.3). Das karolingische Frankenreich hatte unter günstigen Umständen das Awarenreich Ende des 8. Jahrhunderts rasch unterworfen.235 Doch das bedeutete noch nicht, dass es die Mittel hatte, das

232 Pohl,

Die Awaren, 126f.

233 Koder,

Arethas von Kaisareia; Curta, The Edinburgh History of the Greeks.

234 Pohl/Haubrichs/Hartl

(Hgg.), Walchen, Romani und Latini.

235 Allgemein

zum Karolingerreich: Braunfels u. a. (Hgg.), Karl der Große; Schieffer, Die Zeit des karolingischen Großreichs 714–887; Becher, Karl der Große (6. Aufl.); McKitterick, The Frankish Kingdoms; dies., Karl der

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eroberte Gebiet tatsächlich zu beherrschen. Aus fränkischer Sicht zerfiel die eroberte Avaria in drei Zonen: Erstens das Donautal östlich der Ennsmündung und die westlichen Randgebiete Pannoniens, vor allem das Wiener Becken, wurden zum Kolonisationsgebiet, wo Stützpunkte errichtet und Kirchenbesitz vergeben wurde und risikobereite Zuwanderer die Chance auf Besitzmehrung hatten. Ähnliches galt für die spätere Krain. Der Osten des Karpatenbeckens blieb zweitens außerhalb fränkischer Kontrolle. Im restlichen Pannonien suchte man drittens nach verlässlichen Partnern, die unter karolingischer Oberhoheit eigene Herrschaften aufbauen konnten. Zu diesem Zweck unterstützten die Karolinger zunächst christianisierte Awarenfürsten, von denen sich aber keiner dauerhaft bewährte. Bald verließ man sich auf slawische Partner.236 Das gelang zunächst von Friaul aus, wo Dux Chadaloh eng mit Borna, dem slawischen Dux von Liburnien zusammenarbeitete; diesem schlossen sich auch die Guduscani in der Gacka und die Timociani/Timočani an, die vom Timok kamen – es war ein erster Ansatz zur kroatischen Reichsbildung, wobei aber „Kroaten“ hier noch nicht erwähnt werden.237 Ein Rivale Bornas, der Dux Ljudevit (Liudevitus), residierte unter fränkischer Oberhoheit in Siscia (Sisak) an der Save. 819 rebellierte er, worauf mehrere, zunächst wenig erfolgreiche fränkische Heerzüge in die Hunia, ins Hunnen- bzw. Awarenland, nötig wurden. Auch Borna wurde bei einem Angriff auf Siscia geschlagen. Erst 822 gelang es, Ljudevit zu vertreiben; der slawische Fürstensitz in Siscia behielt aber seine Bedeutung. Die militärische Präsenz der Franken in der Region führte auch dazu, dass nun von den Bulgaren abhängige Slawen, die Praedenecenti an der Donau unterhalb von Belgrad, anboten, sich stattdessen den Franken zu unterstellen. Das wiederum führte 827 zu einem bulgarischen Angriff auf Pannonien. Nun blieb auf Dauer die Verteidigung der Grenzen und die Aufrechterhaltung des Einflusses in Pannonien das defensive Ziel der fränkischen Politik. Nach dem Scheitern des awarischen Fürstentums ging es vor allem um die fränkische Kontrolle des nordpannonischen Gebietes, wo es keine einheimischen Slawenfürsten gab, die diese Aufgabe übernehmen konnten. Dabei wuchsen nördlich der Donau langsam Konkurrenten heran: das mährische Fürstentum, das seine Zentren in Mikulčice und Staré Město im heutigen Südmähren hatte.238 Diese Lokalisierung war übrigens Gegenstand von Debatten, da eine etwas unklare Nachricht bei Konstantin Porphyrogénnetos so verstanden werden kann, dass diese Megalē Morabia, wie er sie nennt, an der serbischen Morava lag.239 Doch belegen die fränkischen Quellen so enge Kontakte und erbitterte Konflikte zwischen Franken und Mährern, dass dieses mährische Reich nicht so weit außerhalb des tatsächlichen fränkischen Herrschaftsgebietes gelegen sein kann. Außerdem

Große; Fried, Die Anfänge der Deutschen; ders., Karl der Große. 236 Zum

Folgenden Wolfram, Grenzen und Räume, 241–248.

237 Siehe

unten den Beitrag von Neven Budak in Kap. 12, sowie Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 312–

315.

238 Daim,

Archaeology, Ethnicity and the Structures of Identification; Macháček, „Great Moravian State“; Kouřil, Great Moravia, 35–41.

239 Boba,

Moravia’s History Reconsidered; Bowlus, Franks, Moravians, and Magyars; Eggers, Das „Großmährische Reich“; dagegen Wolfram, Warum sollte Moravien nicht in Mähren gewesen sein?; Macháček, Disputes over Great Moravia.

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gibt es aus Mähren sehr reiche archäologische Quellen aus der Zeit – Mikulčice hatte zahlreiche Kirchen, über einen großen umfriedeten Raum verstreut –, die historisch sonst kaum erklärt werden können. Zudem unterscheidet die Bezeichnung Megalē Morabia, analog zu Scythia oder Asia maior oder Megalē Boulgaria, das außerhalb der ehemaligen römischen Grenzen gelegene Mähren von der Landschaft an der Morava in Serbien. Die Bezeichnung Großmähren betont also nicht, wie eine national gefärbte Geschichtsbetrachtung gerne suggerierte, die Größe und Bedeutung dieses mährischen Dukats der Slawen. Neuere archäologische Ergebnisse legen nahe, dass die mährischen Zentren als Knotenpunkte des Sklavenhandels ihre Bedeutung erlangten, der slawische Sklaven aus nördlicheren Gebieten zum Export in islamische Länder nach Venedig brachte.240 Das würde bedeuten, dass die Kämpfe des 9. Jahrhunderts in Pannonien und entlang der Save ebenfalls durch das Geschäft mit den Sklaven befeuert worden sein könnten. Bald nachdem sich Mojmír I. (ca. 830 – 846) als erster mährischer Dux durchgesetzt hatte, ging sein erfolgloser Rivale, Fürst Privina von Nitra (Neutra), 833 zu den Franken über und ließ sich taufen.241 Nach einigem Hin und Her erhielt Privina den Auftrag, sich an der Mündung der Zala in den Plattensee niederzulassen, wo er eine Festung namens Mosapurc errichtete. Hier befand sich für den Rest des Jahrhunderts das Herrschaftszentrum Pannoniens, wo zuerst Privina und dann sein Sohn Chozil regierten. Die Kämpfe in der ehemaligen Avaria, die in wechselnden Bündnissen zeitweise sogar zwischen König Ludwig „dem Deutschen“ (826–876) und seinem Sohn Karlmann (856–880) tobten, brauchen hier nicht im Einzelnen nacherzählt werden.242 In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, als die Macht des geteilten Karolingerreiches rasch abnahm, war das direkt fränkisch-bayerisch verwaltete Gebiet an der heute österreichischen Donau und in Karantanien umgeben von einem Kranz von slawischen Fürstentümern – der nun auch so benannte kroatische Dukat in Dalmatien und seinem Hinterland, Siscia an der Save, Mosapurc am Plattensee und Mähren, wovon die mittleren beiden zumindest nominell von den Franken abhängig waren. Konflikte entstanden durch die Tätigkeit der griechischen Missionare Konstantin/Kyrill(os) (†  869) und Method.243 Ihre Tätigkeit seit 863 im mährischen Fürstentum und bei Chozil in Mosapurc wurde 869 auch von Papst Hadrian II. (867 – 872) legitimiert, der sie zu Legaten für die Christianisierung der pannonisch-mährischen Slawen machte. Nach Konstantins Tod ernannte er Method zum Erzbischof von Sirmium. Methods Bemühungen stießen aber auf erbitterten Widerstand der bayerisch-fränkischen Kirche. In Salzburg wurde die Conversio Bagoariorum et Carantanorum geschrieben, ein Weißbuch, das die Salzburger Missionsgeschichte seit der Karantanenmission des 8. Jahrhunderts zusammenfasst und daraus ein Vorrecht auf die kirchliche Hoheit

240 McCormick,

Origins of the European Economy; Poláček, Ninth-Century Mikulčice; Macháček, „Great Moravian State“; Štefan, Great Moravia, Statehood and Archaeology.

241 Wolfram, 242 Ders.,

Liudewit und Priwina.

Grenzen und Räume, 248–272.

243 Dvorník,

Byzantine Mission among the Slavs; Tachiaos, Cyril and Methodius; Betti, The Making of Christian Moravia – siehe hierzu auch die Rezension von Paul Srodecki in den Jahrbüchern für Geschichte Osteuropas 64 (2016), H. 3, 493f.; Kouřil (Hg.), The Cyril and Methodius Mission.

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über Pannonien ableitet.244 870 wurde Method festgenommen und auf einer Regensburger Synode verurteilt. Erst auf päpstliche Intervention kam er 873 wieder frei, ging zunächst zu Chozil und schließlich bis zu seinem Tod 885 wieder nach Mähren. Anders als bei den etwa gleichzeitigen Auseinandersetzungen zwischen Rom und Konstantinopel um die Bulgarenmission ging es bei der mährisch-pannonischen Tätigkeit Methods nicht nur um eine Rivalität zwischen Ost- und Westkirche. Die bayerischen Diözesen hüteten eifersüchtig ihren Einflussbereich und ihre Besitzungen im gesamten fränkischen Ostland, betrieben die damit verbundenen Aufgaben aber nur mit eingeschränktem Engagement. Sie gestanden den neu entstandenen slawischen Fürstentümern keine eigenen Bistümer zu. Rom war von Nikolaus I. bis Johannes VIII. sehr gut informiert und interessiert an der Mission in Ostmitteleuropa. Zwar war die Haltung zur Mission Methods ambivalent, aber letztlich hat Johannes VIII. ihn zum episcopus Marahensis, zum Mährerbischof, ernannt – die erste, wenn auch noch kurzlebige slawische Kirchenprovinz. Dass Method in Mähren (wie es von seiner letzten Messe 885 berichtet wird) zuerst den Kaiser in Konstantinopel und dann den Mährerfürsten Zwentibald/Svatopluk I. segnete, nicht aber den Frankenkönig, störte nur die Franken. Die Schüler Methods wurden bald nach seinem Tod aus Mähren vertrieben, und dort wie in Pannonien blieb das langjährige Wirken der griechischen Slawenapostel Episode. Für die slawischen Kirchen wurden jedoch die Viten Konstantins und Methods Gründungstexte, die sich bis nach Bulgarien und Russland verbreiteten. Die entscheidende Wende in der geopolitischen Situation kam um 900. Für etwa ein Jahrhundert waren die Westhälfte des Karpatenbeckens sowie das Land an Drau und Save als Peripherie des Karolingerreiches organisiert gewesen. Die Macht dieses Imperiums war aber nun geschwunden. Bei seinem Versuch, die überregionale Stellung des Ostfränkischen Reiches zu erhalten, stützte sich König Arnulf von Kärnten nicht zuletzt auf ein Heer aus dem Ostland, in dem slawische und andere Gruppen mitkämpften. Doch seine Erfolge, bis hin zur Kaiserkrönung, blieben Episode. Inzwischen griffen die Mährer ins fränkische Pannonien aus. Doch nicht ihnen gelang es, hier ein überregionales Reich zu etablieren, sondern den Ungarn. Die Ungarn, oder nach der erst später belegten Selbstbezeichnung Magyaren, kamen, soweit sich das zurückverfolgen lässt, aus den Steppen nördlich des Schwarzen Meeres.245 Dort standen sie zumindest zeitweise unter chasarischer Herrschaft. Wie in vielen Fällen hat auch hier der Bericht in De administrando imperio des Konstantin Porphyrogénnetos für schwer auflösbare Kontroversen gesorgt.246 Wie viele byzantinische Autoren nennt er die Ungarn „Türken“ und behauptet, zuvor hätten sie Sabartoi asphaloi geheißen. Sie lebten nahe den Chasaren in einem Land namens Lebedia. Wie öfters bietet Konstantin noch eine zweite, abweichende Variante, nach der sie in einem Land namens Etelkuzu wohnten. Von den Petschenegen im Bündnis mit den Bulgaren vertrieben, besetzten sie die Megalē Morabia des Sphendokoplos/Svatopluk. Die zahlreichen Versuche, die

244 Conversio

Bagoariorum et Carantanorum (Übers. Wolfram).

245 Zur

ungarischen Frühgeschichte siehe u.a. Róna-Tas, Hungarians and Europe in the Early Middle Ages; Kristó, Die Geburt der ungarischen Nation; siehe auch Szücs, Zwei Fragmente; Brunner, Herzogtümer und Marken.

246 Die

Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), Kap. 38–40, 187–197.

HGSOE, Bd. 1

597

Teil II: 2. Barbarische Herrschaftsbildungen

Namen in dieser Herkunftserzählung zu deuten, kommen kaum ohne zirkuläre Argumente aus. Wegen der finno-ugrischen Sprache der Ungarn ist es wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil von ihnen aus der russischen Waldzone stammte, vielleicht aus dem Wolga-Kama-Gebiet. Dann kamen sie im Chasarenreich unter türkischen Einfluss, eigneten sich die Kampftechniken der Steppenreiter an und vermischten sich mit weiteren Gruppen. Weitergehende Rekonstruktionen einer ungarischen Wanderung, wie sie aus nationalgeschichtlicher Sicht teils noch heute vertreten werden, sind rein spekulativ. Jedenfalls dürften sie in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts östlich der Karpaten, doch nicht allzu weit vom Karpatenbecken entfernt gesiedelt haben, da ungarische Gruppen früh an der mittleren Donau auftauchten. Die Annales Bertiniani berichten zu 862, „bisher unbekannte Völker, Ungri genannt“, hätten das Reich Ludwigs des Deutschen verwüstet.247 881 kam es zu Kämpfen im Raum von Wien.248 Ebenso wie Hunnen und Awaren vor ihnen, wurden ungarische Reiterverbände im letzten Drittel des 9. Jahrhunderts vom Bedarf der Nachbarn an militärischer Unterstützung angezogen. Im Jahr 900 schrieb Erzbischof Theotmar von Salzburg einen Brief an den Papst, in dem er sich unter anderem gegen den Vorwurf verteidigte, mit den Ungarn bei heidnischen Schwüren auf Hund und Wolf ein Bündnis geschlossen zu haben. Die Mährer, von denen der Vorwurf kam, so schreibt er, „haben das schon viele Jahre getan. Sie haben eine gar nicht so kleine Anzahl von Ungarn bei sich aufgenommen und nach deren Gewohnheit ihre Häupter als falsche Christen ganz geschoren und sie (die Ungarn) auf unsere Christen losgelassen.“249 Es gab also offensichtlich ungarische Gruppen, die längere Zeit bei den Mährern verbrachten; andere wiederum kämpften in fränkischen Heeren, vor allem im Dienst König Arnulfs. 892 waren Ungarn in Arnulfs Heer, das gegen Mährer kämpfte. Im Jahr 894 verwüsteten die Ungarn selbst Pannonien, das danach zunehmend zu ihrem Stützpunkt wurde. 899/900 stießen sie bereits bis in die Poebene vor und plünderten auf dem Rückweg noch bayerische Grenzgebiete. Die ungarische „Landnahme“ war also kein einmaliger heroischer Zug über die Karpaten, sondern ein schrittweises Vordringen aus der zunehmend bedrohlichen Nachbarschaft der Petschenegen.250 Nun luden die Bayern den obersten Fürsten, den Kende Kur­ szán, zu einem Gastmahl und brachten ihn unter Missachtung des Gastrechtes um, was aber nicht den gewünschten Erfolg brachte. Sein Nachfolger war der Gyula Árpád, der Dynastiegründer. 907 ließen die Bayern ein großes Heer zur Verteidigung aufmarschieren, das aber bei Bratislava aufgerieben wurde.251 Von nun an überzogen die Ungarn große Teile des lateinischen Europa mit Raubzügen, bis nach Burgund und Apulien. Ähnlich wie bei den Awaren dauerte diese expansive 247 Annales

Bertiniani (Hg. Rau), 114; siehe auch Annales Alemannici (Hg. Lendi), a. 863, 180.

248 Annales

Iuvavenses (ed. Bresslau), a. 881, 742.

249 Epistola

Theotmari (Hg. Lošek), 138–157; Wolfram, Die Ungarn und das fränkisch–bayerische Ostland.

250 Zur

ungarischen Expansion Györffy, Landnahme, Ansiedlung und Streifzüge; Kristó, Die Arpadendynastie; ders., Hungarian History; Csernus/Korompay (Hgg.), Les Hongrois et l’Europe; Engel, The Realm of St. Stephen, 895–1526; Glatz (Hg.), Die ungarische Staatsbildung und Ostmitteleuropa; Diesenberger, Baiern, das Ostfränkische Reich und die Ungarn; Stürzlinger (Hg.), Im Schnittpunkt frühmittelalterlicher Kulturen.

251 Zehetmayer

598

(Hg.), Schicksalsjahr 907 – Die Schlacht bei Preßburg.

HGSOE, Bd. 1

Die Awarenzeit (565 – 800)

Phase etwa ein halbes Jahrhundert, nur dass sich die Plünderungszüge vor allem gegen Westen richteten.252 Erst allmählich wandten sich die Ungarn/„Türken“ auch gegen Osten. Byzantinische Quellen berichten von mehreren Vorstößen gegen das Imperium zwischen 934 und 961, die wohl auch bulgarisches Gebiet berührten.253 Andererseits wird auch von der Taufe ungarischer Fürsten in Konstantinopel berichtet. Die Schlacht auf dem Lechfeld, wo 955 der ostfränkische König Otto I. ein ungarisches Heer schlug, markiert das Ende der großen Kriegszüge nach Westen. Unter Géza und vor allem unter König Stephan gelang die Stabilisierung des Reiches, die sich auch in der Christianisierung ausdrückte.254 Die Ungarn waren das erste der Steppenvölker im Karpatenbecken, dem (wie zuvor den Bulgaren in Thrakien) die Integration in ihrer christlich-mitteleuropäischen Umwelt gelang. Das in einem relativ lockeren Zusammenschluss von Steppenreitern aufgebaute Machtpotential konnte in dauerhaftere Herrschaft umgesetzt werden. Dazu musste aber die Prestigeökonomie der Reiterkrieger, die auf Beute, Tribut und der Zirkulation beweglicher Geschenke beruhte, einer stabileren Versorgung der Oberschicht durch Land nach westlichem Vorbild weichen. Dabei wurde der expansive Charakter eines Steppenreiches aufgegeben. Doch die Erinnerung daran konnte in vielerlei Form konserviert und weiterentwickelt werden, um die Identitätsbedürfnisse einer längst sesshaft gewordenen feudalen Oberschicht zu befriedigen.

252 Pohl,

Steppenimperien in Mitteleuropa. Archäologische Spuren: Daim/Lauermann (Hgg.), Das frühungarische Reitergrab.

253 Theophanes

Continuatus (ed. Bekker), 913, 917.

254 Siehe

unten den Beitrag von Attila Zsoldos (Kap. 8), sowie ders., Die ostmitteleuropäischen Reichsbildungen um die erste Jahrtausendwende.

HGSOE, Bd. 1

599

TEIL II: SÜDOSTEUROPA ZWISCHEN BYZANZ UND DEN NEUEN HERRSCHAFTSUND REICHSBILDUNGEN (565 – 1300) KAPITEL 3 BIS 14

Daniel Ziemann

→ KARTEN XI – XIV

3. D  AS ERSTE BULGARISCHE REICH: EINE FRÜHMITTELALTERLICHE GROSSMACHT ZWISCHEN BYZANZ UND DEM ABENDLAND

3.1

QUELLEN

Die Rekonstruktion der Geschichte des Ersten bulgarischen Reiches muss sich in erster Linie auf byzantinische Quellen stützen, die die Sicht des südlichen Nachbarn wiedergeben und für byzantinisch-bulgarische Konflikte weitaus umfangreichere Informationen bieten als für Friedenszeiten. Für die ersten 120 Jahre zwischen dem Beginn des Ersten bulgarischen Reiches und dem Anfang des 9. Jahrhunderts stellen Theophánes Confessor1 und Patriarch Nikephóros2 die wichtigsten Quellen dar. Sie werden ergänzt durch Einzelinformationen aus den Miracula S. Demetrii,3 dem Suda genannten byzantinischen Lexikon,4 der armenischen Geographie des Ananias von Širak,5 der armenischen Geschichte des Movsēs Xorenac’i,6 Michael dem Syrer7 (Einwanderung der Bulgaren), den Akten des sechsten ökumenischen Konzils (Konstantinopel III)8 und dem arabischen Chronisten at-Tabarī9.

1

Theophánes Homologetes. Theophanis Chronographia. Rec. Carolus de Boor. 2 Bde. Lipsiae 1883 – 1885 (Nachdr. Hildesheim 1963); engl. Übers.: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813. Übers. Cyril Mango/Roger Scott. Oxford 1997.

2

Nikephoros. Patriarch of Constantinople. Short History. Text, Translation and Commentary by Cyril Mango. Washington/DC 1990.

3

Les plus anciens recueils des miracles de Saint Démétrius et la pénétration des Slaves dans les Balkans. Hg. Paul Lemerle. 2 Bde. Paris 1979 – 1981.

4 Ada

Adler (ed.), Suidae Lexicon. Bd. 1: A – G. Leipzig 1989 (Nachdr. Ausg. Stuttgart 1928).

5

The Geography of Ananias of Širak (Ašxarhac’oyc’). The Long and the Short Recensions. Übers., Hg. Robert H. Hewsen. Wiesbaden 1992.

6

Moses Khorenats’i. History of the Armenians. Übers., Hg. Robert W. Thomson. Cambridge/MA, London 1978.

7

Chronique de Michel le Syrien, Patriarche Jacobite d’Antioche (1166 – 1199). Übers., Hg. J.[ean] B.[aptiste] Chabot. Bruxelles 1963 (Nachdr. d. vierbändigen Pariser Ausg. v. 1899 – 1910).

8 Rudolf

Riedinger (ed.), Concilium Universale Constantinopolitanum Tertium. Bd. 2: Concilii actiones XII – XVIII, epistulae, indices. Berolini 1992.

9 Muh.ammad Ibn-G ˇ arīr at. -T.abarī. Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sassaniden. Aus der arab. Chronik

des Tabari. Übers., Hg. Th.[eodor] Nöldeke. Graz 1973 (Nachdr. d. Ausg. v. 1879); The History of al-T.abarī. Bd. 24: The Empire in Transition. Übers., Hg. David Stephan Powers. Albany/NY 1989.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-19

601

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Die Konflikte Anfang des 9. Jahrhunderts werden ausführlich von der „Chronik des Jahres 811“10 und dem eventuell mit ihr im Zusammenhang stehenden sog. Scriptor Incertus11 dargestellt. Für den Rest des 9. Jahrhunderts bieten Josephos Genésios, der sog. Theophánes Continuatus, die sog. Logothetenchronik des Symeón Mágistros, Léon Diákonos und andere meist byzantinische Quellen zahlreiche Informationen zu Bulgarien.12 Immerhin gibt es vor allem für das 9. Jahrhundert auch die sog. Protobulgarischen Inschriften, die meist in Griechisch abgefasst sind und wohl vom jeweiligen bulgarischen Herrscher in Auftrag gegeben wurden. Sie liefern wertvolle Hinweise unter anderem zur Bautätigkeit und zu Friedensverträgen.13 Eine interessante Quelle stellt die sog. „Bulgarische Fürstenliste“ dar, eine in drei Abschriften im Rahmen russischer Sammelhandschriften aus dem 15.  und 16. Jahrhundert überlieferte, bis in die Mitte des 8. Jahrhunderts reichende Herrscherliste mit dazugehörigen Zeitangaben in einer vielleicht altbulgarischen/asiatischen Zeitrechnung.14 Umstritten ist der Quellenwert der mit legendären Elementen durchsetzten sog. „Bulgarischen Apokryphen Chronik“ mit dem eigentlichen Titel „Erzählung des Propheten Isaias, wie er von einem Engel bis zum siebenten Himmel erhoben wurde.“15 Sie ist in Altkirchenslawisch verfasst und wird meist in das 11./12. Jahrhundert datiert. Für das 9. Jahrhundert und die Regierungszeit Boris/Michaels (852 – 889)

10 Ivan

Dujčev, La chronique byzantine de l’an 811, Travaux et Mémoires 1 (1965), 205–254 (erneut abgedruckt in: ders., Medioevo bizantino-slavo. Bd. 2. Roma 1968, 425–489).

11

Scriptor incertus. Testo critico, traduzione e note a cura di Francesca Iadevaia. Messina 1987.

12

Iosephi Genesii regum libri quattuor. Rec. Anni Lesmueller-Werner/Ioannes Thurn. Berolini, Novi Eboraci 1978; dt. Übers.: Byzanz am Vorabend neuer Größe. Überwindung des Bilderstreites und der innenpolitischen Schwäche (813 – 886). Die vier Bücher der Kaisergeschichte des Ioseph Genesios. Übers., Hg. Anni LesmüllerWerner. Wien 1989; Chronographiae quae Theophanis Continuati nomine fertur Libri I – IV. Rec. anglice verterunt indicibus instruxerunt Michael Featherstone et Juan Signes-Codoñer nuper repertis schedis Caroli de Boor adiuvantibus. Boston/MA, Berlin 2015; Chronographiae quae Theophanis Continuati nomine fertur Liber quo Vita Basilii Imperatoris amplectitur. Rec. anglice vertit indicibus instruxit Ihor Ševčenko; nuper repertis schedis Caroli de Boor adiuvantibus. Berlin 2011; Symeonis Magistri et Logothetae Chronicon. Rec. Stephanus Wahlgren. Berolini, Novi Eboraci 2006; Leonis Diaconi Caloënsis historiae libri decem et liber de velitatione bellica Nicephori Augusti e rec. Caroli Benedicti Hasii addita eiusdem versione atque annot. ab ipso recogn. Bonnae 1828; dt. Übers.: Nikephoros Phokas „Der bleiche Tod der Sarazenen“ und Johannes Tzimiskes. Die Zeit von 959 bis 976 in der Darstellung des Leon Diakonos. Übers. Franz Loretto. Graz 1961; engl. Übers.: The History of Leo the Deacon. Byzantine Military Expansion in the Tenth Century. Übers., Hgg. Alice-Mary Talbot/Denis F. Sullivan. Washington/DC 2005.

13 Veselin

Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften. Berlin 1963. Ergänzungen dazu in der bulg. Übers.: Părvobălgarski nadpisi. Vtoro preraboteno i dopălneno izdanie. Sofija 2 1992.

14

Jooseppi Julius Mikkola, Die Chronologie der türkischen Donaubulgaren, Journal de la Société Finno-Ougrienne 30/33 (1913 – 1918), 1–25; Michail Tichomirov, Imennik bolgarskich knjazej [Die bulgarische Fürstenliste], Vestnik drevnej istorii (1946), 81–90; Imennik na bălgarskite chanove [Die bulgarische Fürstenliste]. Übers., Hg. Ivan Bogdanov. Sofija 1981.

15 Ivan Dujčev, Iz starata bălgarska knižnina [Aus dem alten bulg. Schrifttum]. Bd. 1: Knižovni i istoričeski pametnici

ot Părvoto Bălgarsko Carstvo [Literatur- und Geschichtsdenkmäler aus dem Ersten bulgarischen Reich]. Sofija 2 1943; Vasilka Tăpkova-Zaimova/Anisava Miltenova, Istoriko-apokaliptičnata knižnina văv Vizantija i v srednovekovna Bălgarija [Historisch-apokalyptische Literatur in Byzanz und im mittelalterlichen Bulgarien]. Sofija 1996, bes. 139–160.

602

HGSOE, Bd. 1

Quellen

sind auch westliche Quellen heranzuziehen, wie die Fränkischen Reichsannalen,16 die Annales Fuldenses,17 Annales Bertiniani,18 Regino von Prüm,19 die Briefe Papst Nikolaus’  I.,20 Hadrians  II.,21 Johannes’  VIII.,22 Innozenz’  III. (1198 – 1216) (an Zar Kalojan mit Bezug auf Zar Samuil),23 der Liber Pontificalis,24 die Werke des Anastasius Bibliothecarius25 oder die Gedenkeinträge im Evangeliar von Cividale.26 Einige Informationen zu Bulgarien bieten zudem die vielleicht schon ursprünglich altslawisch abgefassten Lebensbeschreibungen Konstantin-Kyrills27 und Methods.28 Für die Geschichte des 9. Jahrhunderts sind auch die Werke des Bischofs Theophylakt von Ochrid/Ohrid/Ohër (Bischof ca. 1090 – 1109) wichtig, wie die Vita Kliments von Ochrid29 und

16

Annales regni Francorum. Inde ab A. 741. usque ad A. 829; qui dicuntur Annales Laurissenses Maiores et Einhardi. Post ed. G. H. Pertzii. Recogn. Fridericus Kurze. Hannoverae 1895 (Nachdr. 1950).

17

Annales Fuldenses sive Annales regni Francorum Orientalis ab Einhardo, Ruodolfo, Meginhardo Fuldensibus Seligenstadi, Fuldae, Mogontiaci conscripti; cum continuationibus Ratisbonensi et Altahensibus. Post ed. G. H. Pertzii recogn. Fridericus Kurze. Hannoverae 1891.

18

Annales de Saint-Bertin (Annales Bertiniani, lat.). Übers., Hgg. Felix Grat/Jeanne Vielliard/Suzanne Clémencet. Paris 1964.

19

Reginonis abbatis Prumiensis Chronicon. Cum continuatione Treverensi. Rec. Fridericus Kurze. Hannoverae 1890.

20

Nicolai I. papae epistolae. Ed. E. Perels, in: Epistolae Karolini aevi. Bd. 4. Rec. Ernestus Duemmler et al. Berlin 1995 (Nachdr. d. Ausg. v. 1925), 257–690.

21

Hadriani II. papae epistolae. Ed. E. Perels, in: ebd., 691–765.

22

Registrum Iohannis VIII. papae. Ed. E. Caspar, in: Epistolae Karolini aevi. Bd. 5. Rec. Gerhard Laehr et al., Berlin 1993 (Nachdr. d. Ausg. v. 1928), 1–272.

23

Epistola Calojannis Imperatoris Bulgarorum ad Papam, in: Innocentii III Romani pontificis opera omnia tomis quatuor distributa. Bd. 1. Rec. Jacques Paul Migne. [Paris] 1885, 1112C – 1113D.

24

Le Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire. Bd. 2. Übers., Hg. Louis Duchesne. Paris 2 1955.

25

Anastasii bibliothecarii epistolae sive praefationes. Edd. E. Perels/G. Laehr, in: Epistolae Karolini aevi, Bd. 5, 395–442; Anastasius. Anastasius Bibliothecarius, Interpretatio Synodi VIII, in: Anastasii abbatis, sanctae Romanae ecclesiae presbyteri et bibliothecarii, Opera omnia. Accurante Jacques Paul Migne. Bd. 3. Parisiis 2 1879, 9–196.

26 Uwe

Ludwig, Transalpine Beziehungen der Karolingerzeit im Spiegel der Memorialüberlieferung. Prosopographische und sozialgeschichtliche Studien unter besonderer Berücksichtigung des Liber vitae von San Salvatore in Brescia und des Evangeliars von Cividale. Hannover 1999.

27

Constantinus et Methodius Thessalonicenses. Fontes. Rec. Franciscus Grivec/Franciscus Tomšić. Zagreb 1960; Vita Constantini (Cyrilli), in: Textes vieux slaves. Bd. 1: Textes et glossaire. Hg. André Vaillant. Paris 1968, 1–40; Vita Constantini (Cyrilli), in: Žitija Kirilla i Mefodija [Die Lebensbeschreibungen von Kyrill und Method]. Hgg. D.[mitrij] S.[ergeevič] Lichačev u. a. Moskva, Sofija 1986 (Faks.-Ausg.), 42–180.

28

Vita Methodii, in: Textes vieux slaves (Hg. Vaillant), Bd. 1, 41–55; Žitije Mefodija [Das Leben des Hl. Method], in: Žitija Kirilla i Mefodija (Hgg. Lichačev u. a.), 183–210; Otto Kronsteiner, Žitie blaženaago Mefodia archiepiskoupa morav’skaago. Das Leben des Hl. Method, des Erzbischofs von Sirmium. Salzburg 1989.

29

Ilija G. Iliev, The Long Life of Saint Clement of Ohrid. A Critical Edition, Byzantinobulgarica 9 (1995), 62–120 [mit Quellenabdruck auf den Seiten 81–106; Theophylakt von Ochrid: „Βίος καὶ πολιτεία, ὁµολογία τε καὶ µερικὴ θαυµάτων διήγησις τοῦ ἐν ἁγίοις πατρὸς ἡµῶν Κλήµεντος ἐπισκόπου Βουλγάρων συγγραφεῖσα παρὰ τοῦ ἁγιωτάτου καὶ ἀοιδίµου ἀρχιεπισκόπου τῆς πρώτης Ἰουστινιανῆς καὶ πάσης Βουλγαρίας, κυροῦ Θεοφυλάκτου“].

HGSOE, Bd. 1

603

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

die Geschichte der fünfzehn Märtyrer von Tiberiópolis.30 Zur Residenz Zar Symeons finden sich Hinweise im Sechstagewerk des Exarchen Johannes31 und beim Mönch Tudor Doksov.32 Für das 10. Jahrhundert, von der Zeit Symeons des Großen bis zum Ende des Ersten bulgarischen Reiches, dominieren wiederum byzantinische Quellen wie Theophánes Continuatus, die Logothetenchronik, Léon Diákonos, die Werke des Konstantin Porphyrogénnetos und Johannes Skylítzes, um nur die wichtigsten zu nennen.33 Wichtige ergänzende Einblicke in das bulgarisch-byzantinische Verhältnis bieten der Briefwechsel zwischen dem Patriarchen Phótios34 (858 – 867 u. 877 – 886) und dem späteren Patriarchen Nikólaos I. Mystikós (901 – 907 u. 912 – 925) bzw. Kaiser Romanós I. Lakapenós (920 – 944) mit Boris/Michael und Zar Symeon,35 die Schrift Homilia de pace cum Bulgaris36 sowie die Akten des Ibéron-Klosters.37 Bisweilen bieten auch westliche Quellen bruchstückhafte Ergänzungen, wie Liudprand von Cremona,38 Thietmar von Merseburg,39 für Zar Sa-

30

Theophylakt von Ochrid, Theophylacti Achridensis historia martyrii XV martyrum Tiberiupolitanum, in: Theophylacti Achridensis, archiepiscopi Bulgariae, scripta ad historiam Bulgariae pertinentia. Secunda pars. Hg. Ilija G. Iliev. Sofija 1994, 42–79.

31 Rudolf

Aitzetmüller (Hg.), Das Hexaemeron des Exarchen Johannes. Bde. 1–7. Graz 1958–1975.

32

Athanasius. Discours contre les ariens de Saint Athanase. Version slave et trad. en français par A.[ndré] Vaillant. Sofija 1954.

33

Theophánes Continuatus (ed. Ševčenko); ab Buch 6 nach wie vor: Theophanes Continuatus, Joannes Cameniata, Symeon Magister, Georgius Monachus ex recognitione Immanuelis Bekkeri. Bonnae 1838; Symeonis Magistri (ed. Wahlgren); Leonis Diaconi Caloënsis historiae (ed. Hase); dt. Übers.: Nikephoros Phokas (Übers. Loretto); engl. Übers.: The History of Leo the Deacon (Übers. Talbot/Sullivan); Constantine Porphyrogenitus. De administrando imperio. Bd. 1. Greek Text Edited by Gy.[ula] Moravcsik, Engl. Transl. by R.[omilly] J. H. Jenkins. New, rev. ed. Washington/DC 1967; dt. Übers. Die Byzantiner und ihre Nachbarn. Die De administrando imperio genannte Lehrschrift des Kaisers Konstantinos Porphyrogennetos. Übers. Klaus Belke/Peter Soustal. Wien 1995; Costantino Porfirogenito. De thematibus. Introduzione, testo critico, comm. a cura di A.[gostino] Pertusi. Città del Vaticano 1952; Ioannis Scylitzae Synopsis historiarum. Editio princeps. Rec. Hans Thurn. Berlin, New York 1973; dazu die frz. Übers.: Jean Skylitzès. Empereurs de Constantinople. Texte traduit par Bernard Flusin et annoté par Jean-Claude Cheynet. Paris 2003 und die engl. Übers. von John Wortley: John Skylitzes. A Synopsis of Byzantine History 811 – 1057. Cambridge 2010.

34 Photii

Patriarchae Constantinopolitani Epistulae et Amphilochia. Rec. Leendert G. Westerink/B. Laourdas. 7 Bde. Leipzig 1983 – 1988; Nicholas I, Patriarch of Constantinople. Letters. Epistolae. Übers., Hgg. R. J. H. Jenkins/L. G. Westerink. Washington/DC 1973; Théodore Daphnopatès. Correspondance. Hgg., Übers. L. G. Westerink/J. Darrouzès. Paris 1978.

35

Nicholas I (Übers. Jenkins/Westerink); Theodoros Daphnopates (Übers. Westerink/J. Darrouzès).

36

Feodor I. Uspenskij, Neizdannoe cerkovnoe slovo o bolgarsko-vizantijskich otnošenjach v pervoj polovine X veka [Eine unedierte Erzählung zu den bulgarisch-byzantinischen Beziehungen aus der ersten Häfte des 10. Jh.], Lětopis Istoriko-Filologičeskago Obščestva pri Imperatorskom Novorossijskom Universitetě/Vizantijskoe otdelenie 2 (1894), 48–123; Ivan Dujčev, On the Treaty of 927 with the Bulgarians, Dumbarton Oaks Papers 32 (1978), 219–295.

37

Actes d’Iviron. Édition diplomatique. Bd. 1,1: Des origines au milieu du XIe siècle. Texte. Hgg. Jacques Lefort/ Nicolas Oikonomides/Denise Papachryssanthou. Paris 1985.

38

Liudprandi Cremonensis Antapodosis. Homelia Paschalis, Historia Ottonis, Relatio de legatione constantinopolitana. Cura et studio P.[aolo] Chiesa. Turnhout 1998.

39

Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung. Thietmari Merseburgensis episcopi Chronicon. Episcopi Chronicon. Hg. Robert Holtzmann. München 1986 (Nachdr. d. Ausg. v. 1935).

604

HGSOE, Bd. 1

Quellen

muil auch Ademar von Chabannes40 und vor allem die Chronik des Priesters von Diokleia.41 An orientalischen Quellen wäre unter anderem der Reisebericht des Ibrahim ibn Jakub zu nennen.42 Auch für das christliche Bulgarenreich sind die ebenso in kyrillischer und teilweise glagolitischer Schrift verfassten Inschriften heranzuziehen.43 Als Ergänzung zu der insgesamt eher dürftigen Quellenlage kommt der Numismatik und der Sigillographie bzw. Sphragistik große Bedeutung zu.44 Das Gleiche gilt natürlich auch für die Archäologie, hier insbesondere für die Ergebnisse der immer noch andauernden Ausgrabungen in den ehemaligen Zentren des Ersten bulgarischen Reiches, Pliska und Preslav.45

40

Ademarus Cabannensis Opera omnia. Bd. 1: Ademari Cabannensis Chronicon. Cura et studio P.[ascale] Bourgain. Turnhout 1999.

41 Tibor 42

Živković/Dragana Kunčer (Hgg.), Gesta regum Sclavorum. Bde. 1–2. Beograd 2009.

Relacja Ibrāhīma ibn Ja’kūba z podróży do krajów słowiańskich w przekazie al-Bekrīego. Relatio Ibrāhīma ibn Ja’kūb de itinere slavico, quae traditur apud al-Bekrī. Übers., Hg. Tadeusz Kowalski. Kraków 1946; dt. Übers.: Arabische Berichte von Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. Jahrhundert. Übers., Hg. Georg Jacob. Berlin u. a. 1927, 14–18.

43 Kazimir

Popkonstantinov/Otto Kronsteiner (Hgg.), Starobălgarski nadpisi – Altbulgarische Inschriften. Bde. 1–2. Salzburg 1994–1997.

44

Ivan J. Jordanov/Zhenya Zhekova, Catalogue of Medieval Seals of the Regional Historical Museum of Shumen. Shumen 2007, und Ivan Jordanov (Hg.), Corpus of Byzantine Seals from Bulgaria. Bde 1–3. Sofia 2003 – 2009; Jordanka Jurukova/Vladimir M. Penčev, Bălgarski srednovekovni pečati i moneti [Mittelalterliche bulgarische Siegel und Münzen]. Sofija 1990; Ivan Jordanov, Pečatite na preslavskite vladeteli, 893 – 971 [Siegel der Herrscher von Preslav, 893 – 971]. Sofija 1993; ders., Korpus na pečatite na srednovekovna Bălgarija [Corpus mittelalterlicher bulgarischer Siegel]. Sofija 2001.

45 Als

Ausgangspunkt sind nach wie vor die zahlreichen Grabungsartikel wichtig, mehr als die Hälfte von Karel Škorpil, abgedruckt in: Adoba-Pliska. Materialy dlja bolgarskich drevnostej [Adoba-Pliska. Materialien zu den bulgarischen Altertümern], Izvestija Russkogo Archeologičeskogo Instituta v Konstantinopole 10 (1905); für die neueren Grabungsergebnisse sind die Aufsätze in der Zeitschrift Pliska-Preslav, Bde. 1–10, bzw. die der Zeitschrift Preslav, Bde. 1–7, heranzuziehen. Neue Ergebnisse der Archäologie werden beispielsweise auch in den Zeitschriften Archeologija, Razkopki i proučvanija, Archeologičeski otkritija i razkopki vorgestellt. Einen Überblick über die Funde zur bulgarischen Frühgeschichte lieferte Rašo Rašev, Bălgarskata ezičeska kultura. VII – IX vek [Die bulgarische heidnische Kultur. 7. – 9. Jh.]. Sofija 2008; eine engl. Zusammenfassung der achäologischen Forschungen findet sich bei: Uwe Fiedler, Bulgars in the Lower Danube Region. A Survey of the Archaeological Evidence and of the State of Current Research, in: Florin Curta/Roman Kovalev (Hgg.), The Other Europe in the Middle Ages. Avars, Bulgars, Khazars, and Cumans. Leiden, Boston 2008, 151–236.

HGSOE, Bd. 1

605

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

3 .2

SEKUNDÄRLITERATUR

Nach der frühen Pionierleistung des, den Möglichkeiten seiner Zeit verhafteten, Paisij Chilendarski46 von 1762, war es Konstantin Jireček, der die erste wissenschaftliche Überblicksdarstellung zur Geschichte Bulgariens und damit auch zum Ersten bulgarischen Reich lieferte.47 Das in Details zwar überholte, bis heute jedoch unverzichtbare Standardwerk zur politischen Geschichte der beiden mittelalterlichen bulgarischen Reiche stellt aber die mehrbändige Ausgabe von Vasil Zlatarskis „Geschichte des bulgarischen Staates im Mittelalter“ dar. Die beiden ersten Bände von 1918 und 1927 widmen sich dem Ersten bulgarischen Reich.48 Wenige Jahre später folgte die erste, jedoch weniger detailreiche englischsprachige Überblicksdarstellung von Stephen Runciman.49 Für die Nachkriegszeit ist die russische Geschichte Bulgariens von Nikolaj Sevast’janovič Deržavin zu erwähnen.50 1971 erschien eine Monographie zur Entstehung Bulgariens von Dimităr Angelov.51 Das 1975 publizierte Buch Robert Brownings Byzantium and Bulgaria52 beschäftigt sich mit dem Wechselverhältnis der beiden Nachbarn. 1964 erstellte Veselin Beševliev die wissenschaftliche Edition der protobulgarischen Inschriften mit ausführlichen Kommentaren.53 Bedeutende zusammenfassende Darstellungen erfolgten in den 1980er Jahren. Der 1981 herausgegebene zweite Band der Geschichte Bulgariens fasste den Kenntnisstand der bulgarischen Forschung unter Beteiligung ihrer bekanntesten Vertreter zusammen.54 In deutscher Sprache erschien eine die heidnische Zeit umfassende Darstellung mit dem Titel „Die protobulgarische Periode der bulgarischen

46 Paisij

Chilendarski, Istorija slavjanobălgarska. Zografska černova ot 1762. [Slawobulgarische Geschichte. Der Entwurf aus dem Kloster Zografu aus dem Jahr 1762]. Übers., Hgg. Petăr Nikolov/Kiril Topalov. Sofija 1998 (Faksimileausgabe); Paisij Chilandarski, Istorija slavjanobolgarskaja. Stăkmi za pečat po părvoobraza Jor. Ivanov [Slawobulgarische Geschichte. Nach dem Original zum Druck vorbereitet von Jor. Ivanov]. Sofija 1914.

47 Konstantin 48

Jireček, Geschichte der Bulgaren. Hildesheim u. a. 1977 (Nachdr. d. Ausg. v. 1867).

Vasil N. Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava prez srednite vekove [Geschichte des Bulgarischen Staates im Mittelalter]. Bd. 1, Teil 2: Părvo bălgarsko carstvo. Ot slavjanizacijata na dăržavata do padaneto na Părvoto carstvo [Das Erste bulgarische Reich. Von der Slawisierung bis zum Fall des Ersten bulgarischen Reiches]. Sofija 3 2002 (Neudr. d. Ausg. v. 1918).

49 Steven

Runciman, A History of the First Bulgarian Empire. London 1930.

50

N.[ikolaj] S.[evast’janovič] Deržavin, Istorija Bolgarii [Geschichte Bulgariens]. Bd. 1: Proischoždenie bolgarskogo naroda i obrazovanie pervogo bolgarskogo gosudarstva na Balkanskom poluostrove [Die Herkunft des bulgarischen Volkes und die Entstehung des Ersten bulgarischen Reiches auf der Balkanhalbinsel]. Moskva 1945; ders., Istorija Bolgarii [Geschichte Bulgariens]. Bd. 2: Bolgarija vremeni pervogo i vtorogo carstv (679 – 1393) [Bulgarien in der Zeit des Ersten und Zweiten bulgarischen Reiches (679 – 1393)]. Moskva 1946.

51

Dimităr S. Angelov, Obrazuvane na bălgarskata narodnost. 2. prerab. i dop. izd. [Die Entstehung des bulgarischen Volkes. 2. überarb. u. erg. Ausg.]. Sofija 2 1981.

52 Robert

Browning, Byzantium and Bulgaria. A Comparative Study Across the Early Medieval Frontier. Los Angeles, Berkeley 1975.

53

Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften.

54

Dimităr S. Angelov/Borislav Primov/Petăr Petrov (Hgg.), Istorija na Bălgarija [Geschichte Bulgariens]. Bd. 2: Părva bălgarska dăržava [Das Erste bulgarische Reich]. Sofija 1981.

606

HGSOE, Bd. 1

Sekundärliteratur

Geschichte“ von Veselin Beševliev, dem besten Kenner der protobulgarischen Inschriften.55 Ivan Božilov legte 1983 eine Biographie Zar Symeons des Großen vor.56 Vasil Gjuzelev und Ivan Božilov verfassten 1999 eine Geschichte Bulgariens im Mittelalter, in die sie den neueren Forschungsstand zusammenfassend einarbeiteten.57 Florin Curtas’ Southeastern Europe in the Middle Ages aus dem Jahr 2006 bietet eine vor allem auch die archäologische Forschung einbeziehende moderne Überblicksdarstellung.58 Bis an das Ende des 9. Jahrhunderts reicht die Monographie „Vom Wandervolk zur Großmacht“ von Daniel Ziemann aus dem Jahr 2007.59 Panos Sophoulis widmete eine 2012 veröffentlichte englischsprachige Darstellung den byzantinisch-bulgarischen Konflikten des 8. und frühen 9. Jahrhunderts.60 2013 und 2015 erschienen der zweite und dritte Band einer neuen Überblicksdarstellung, herausgegeben von Plamen Pavlov (zweiter und dritter Band) und Georgi Vladimirov (dritter Band).61 Neben diesen Überblicksdarstellungen sind unzählige Einzelstudien zu Spezialthemen erschienen, hervorzuheben sind hier Autoren wie Aleksandăr Burmov, Veselin Beševliev, Vasilka Tăpkova-Zaimova, Ivan Dujčev, Vasil Gjuzelev und Peter Schreiner.62

55 Veselin Beševliev, Die protobulgarische Periode der bulgarischen Geschichte. Amsterdam 1981; eine bulg. Version

erschien unter dem Titel: Părvobălgarite. Istorija, bit i kultura [Die Protobulgaren. Geschichte, Sitte und Kultur]. Sofija 2008.

56

Ivan Angelov Božilov, Car Simeon Veliki (893 – 927). Zlatnijat vek na srednovekovna Bălgarija [Zar Symeon der Große (893 – 927). Das goldene Zeitalter des mittelalterlichen Bulgarien]. Sofija 1983.

57

Ivan Angelov Božilov/Vasil Todorov Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija VII – XIV vek [Geschichte des mittelalterlichen Bulgarien, 7 – 14. Jh.], Sofija 1999.

58 Florin

Curta, Southeastern Europe in the Middle Ages, 500 – 1250. Cambridge 2006.

59 Daniel

Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht. Die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter (7. – 9. Jh.). Köln, Weimar, Wien 2007.

60 Panos

Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 775 – 831. Leiden, Boston 2012.

61 Rašo

Rašev u. a., Bălgarska nacionalna istorija [Bulgarische Nationalgeschichte]. Bd. 2: Drevnite Bălgari. Starata Velika Bălgarija i nejnite naslednici v iztočna Evropa prez srednovekovieto [Die alten Bulgaren. Das alte Großbulgarien und seine Nachfolger in Osteuropa im Mittelalter]. Veliko Tărnovo 2013; Georgi Anatasov/Veselina Vačkova/Plamen Pavlov, Bălgarska nacionalna istorija [Bulgarische Nationalgeschichte]. Bd. 3: Părvo Bălgarsko carstvo (680 – 1018) [Erstes bulgarisches Reich (680 – 1018)]. Veliko Tărnovo 2015.

62 Aleksandăr

Burmov, Izbrani proizvedenija v 3 toma [Ausgewähle Werk in drei Bänden]. Bd. 1: Srednovekovnata istorija na Bălgarija [Die mittelalterliche Geschichte Bulgariens]. Sofija 1968. Veselin Beševliev, Bulgarischbyzantinische Aufsätze. London 1978. Vasilka Tăpkova-Zaimova (Hg.), Byzance et les Balkans à partir du VIe siècle. Les mouvements ethniques et les états. London 1979. Ivan Dujčev, Medioevo bizantino-slavo. Bd. 1: Saggi di storia politica e culturale. Roma 1965; ders., Medioevo bizantino-slavo. Bd. 2: Saggi di storia letteraria. Roma 1968; ders., Medioevo bizantino-slavo. Bd. 3: Altri saggi di storia politica e letteraria. Roma 1971; Ivan Dujčev, Medioevo bizantino-slavo. Bd. 4,1. Sofija 2 2007. Vasil Todorov Gjuzelev, Săčinenija v pet toma [Abhandlungen in fünf Bänden]. Bd. 2: Knjaz Boris Părvi. (852 – 889; † 907) [Fürst Boris I. (852 – 889; † 907)]. Sofija 2014; ders., Forschungen zur Geschichte Bulgariens im Mittelalter. Wien 1986; ders. (Hg.), Medieval Bulgaria, Byzantine Empire, Black Sea, Venice, Genoa. Villach 1988; ders., Pokrăstvane i christijanizacija na bălgarite. Izvorovedčesko izsledvane s priloženie [Taufe und Christianisierung der Bulgaren. Quellengestützte Untersuchung mit Deutung]. Sofija 2006; ders., Kavchanite i ičirgu boilite na bulgarskoto chanstvo-carstvo. VII – XI v. [Kavchane und Ičirgu boilen des bulgarischen Khaganats-Zarenreichs. 7. – 11. Jh.]. Plovdiv 2007; ders./Kiril Petkov, State and Church. Studies in Medieval Bulgaria and Byzantium. Sofija 2011. Peter Schreiner, Studia Byzantino-Bulgarica. Wien 1986; ders., Orbis Byzantinus. Byzanz und seine Nachbarn. Gesammelte Aufsätze 1970 – 2011 (Hgg. Alexandru Simon/Cristina Spinei). Bucureşti, Brăila 2013.

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607

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

3 .3

D IE PROTOBULGARISCHE PERIODE

3 .3 .1 B  ulgarische Herrschaftsbildung – 680/681 als Epochengrenze Wie bei anderen Ethnogeneseprozessen des Frühmittelalters, so bleiben auch bei den Bulgaren viele Aspekte im Dunkeln. Traditionelle, von ethnischen Kontinuitäten ausgehende Sichtweisen bestimmten über Jahrzehnte hinweg die Forschung. Hypothesen zur ethnischen Zusammensetzung der in den byzantinischen Quellen meist Βούλγαροι genannten Gruppen orientierten sich stets an den Forschungstendenzen ihrer Zeit. Meist geht man von einer slawischen Bevölkerungsmehrheit und einer protobulgarischen Führungsschicht aus, wobei beide Begriffe vor allem linguistische Gruppen bezeichnen.63 Die sog. Protobulgaren sind wohl aus Zentralasien nach Europa eingewandert. Βούλγαροι oder lat. Bulgares werden seit dem Ende des 5. Jahrhunderts im Balkanraum erwähnt.64 Mal treten sie als Verbündete der Byzantiner auf, mal als plündernde Reiterverbände in den römischen Provinzen. Bulgaren bildeten auch innerhalb des Awarenreiches eine wichtige Gruppe.65 Diese Hinweise legen eine gewisse Kontinuität bulgarischer Präsenz im Balkanraum nahe. Daher erhebt sich die Frage, inwieweit die Herrschaftsbildung der Bulgaren zwischen der Donau und dem Schwarzen Meer ab 680/681 die Folge einer Einwanderung einer bestimmten Gruppe darstellt oder ob es sich nicht vielmehr um die kontinuierliche Stabilisierung eines schon länger in diesem Bereich siedelnden Elements handelt.66 Neben Bulgaren nennen die Quellen auch weitere Gruppen, bei denen die Forschung von Verbindungen, wenn nicht gar Übereinstimmungen mit den Bulgaren ausgeht. Darunter fallen die wohl nördlich des Schwarzen Meeres zu lokalisierenden Oguren, Onoguren, Unnogunduren, Kutriguren, Utiguren und nicht zuletzt die Hunnen, die als Sammelbezeichnung von Autoren wie Prokop und anderen für eine ganze Gruppe von Völkerschaften verwendet werden, auch lange nachdem das eigentliche Hunnenreich zugrunde gegangen war.67 Die Beziehung zwischen diesen Gruppen bzw. Völkern und den Bulgaren wird in der Forschung nach wie vor diskutiert. Die unterschiedlichen Bezeichnungen erfassen auf jeden Fall nur unzulänglich die komplexen Entstehungs- und Verfallsprozesse ethnischer Gruppen und Herrschaftsverbände auf dem Balkan. Fest steht, dass der Name der Bulgaren offensichtlich für 63

Die wichtigsten Überblicksdarstellungen zum Thema: Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1 (Repr. d. Ausg. v. 1927), 7–71; Angelov, Obrazuvane na bălgarskata narodnost, 1–211; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 299–328; Petrov/Gjuzelev/Vaklinov, Slavijani i prabălgari; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 57–73; Bakalov u. a., Istorija na Bălgarite, Bd. 1, 11–33; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 9–66.

64

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 21–45; Angelov, Obrazuvane na bălgarskata narodnost, 116–136; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 67–123; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 59–90; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 57–73; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 44–56.

65

Pohl, Die Awaren (2. Aufl.), 227–229; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 103–141.

66

Ziemann, Zwischen Geschichte und Mythos, 34–40.

67

Dimitrov, Bălgarija i nomadite, 1–73.

608

HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

unterschiedliche Gruppen gebraucht wird und dabei manchmal auch als Sammelbegriff Verwendung findet. Unabhängig von den zahlreichen Diskussionen um den Verlauf einer bulgarischen Ethnogenese lässt sich dennoch das Jahr 680/681 als eine Art Epochengrenze definieren.68 Ab diesem Jahr berichten die byzantinischen Quellen von einem bulgarischen Reich als einer politisch selbständigen Entität. Theophánes Confessor und Patriarch Nikephóros, die beiden auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehenden Hauptquellen für die Ereignisse, erzählen die Vorgeschichte der bulgarischen Herrschaftsbildung 680/681 als Einwanderungsgeschichte. Laut den beiden byzantinischen Autoren hatten die Bulgaren und Kotragen zuvor nördlich des Schwarzen Meeres ein Reich errichtet, das sog. „Großbulgarische Reich“ unter einem Herrscher namens Kubrat. Nach seinem Tod hätten sich seine fünf Söhne entgegen seinem ausdrücklichen Wunsche getrennt, wobei jeder von ihnen in eine andere Richtung gezogen sei. Lediglich der älteste Sohn Batbaian sei in dem Gebiet „Großbulgariens“ geblieben und habe sich den Chazaren unterwerfen müssen. Seine anderen Söhne seien hingegen mit einem Teil des Volkes fortgezogen, Kotragos habe sich gegenüber vom Fluss Don angesiedelt, während der vierte und fünfte jeweils ins Awarenreich bzw. nach Italien gezogen seien. Der dritte Sohn namens Asparuch habe den Dnjepr und Dnjestr überquert und sich schließlich an der Donaumündung an einem Ort mit Namen Onglos niedergelassen. Von dort hätten die Bulgaren Raubzüge in die römischen Provinzen unternommen.69 Kaiser Konstantin IV. (668 – 685) habe daraufhin einen groß angelegten Feldzug zu Lande und zu Wasser unternommen und besagtes Onglos belagert. Als der Kaiser sich jedoch zur Kur von seinen Truppen entfernt habe, sei dies als Flucht ausgelegt worden. Von Panik seien die Soldaten ergriffen worden, die sich nun selbst zur Flucht gewandt hätten und von den ihnen nachsetzenden Bulgaren überrannt worden seien. Die Bulgaren ihrerseits hätten dies dazu genutzt, nach Varna vorzudringen. Kaiser Konstantin IV. habe sich daraufhin gezwungen gesehen, Frieden zu schließen und den Bulgaren einen jährlichen Tribut zuzusichern.70 Während der Feldzug und der Friedensschluss auch außerhalb der Hauptquellen gut bezeugt sind,71 mögen Zweifel an der Fünfsöhnegeschichte und der typisiert dargestellten Wanderung der Bulgaren angebracht sein. Auch hierfür gibt es weitere Quellen, die die Geschichte in ähnlicher

68

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 123–151; Angelov, Obrazuvane na bălgarskata narodnost, 190–214; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 95–106; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 173–190; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 85–103; Bakalov u. a., Istorija na Bălgarite, 180–188; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 161–179.

69

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 356–358; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 35–36, 86–89.

70

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 358–359; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 36, 90f.

71

Riedinger (ed.), Concilium Universale Constantinopolitanum Tertium, Bd. 2, 694, Z. 24–27.

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Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Form erzählen.72 Ihre Beziehungen zu Theophánes und Nikephóros sind jedoch noch nicht vollständig entschlüsselt.73 Die dort verarbeiteten Motive sind andererseits gängige Topoi aus dem literarischen Bestand antiker Autoren.74 Es ist sehr wahrscheinlich, dass hierbei weitaus komplexere Ereignisse zu einer eingängigen Geschichte kondensiert wurden. Es mag sich dabei auch um eine nachträgliche Erklärung für die Tatsache handeln, dass Bulgaren an unterschiedlichen Orten der damaligen byzantinischen Oikumene nachweisbar sind. Die Wanderungen in den Donauraum stellten jedoch einen wohl länger andauernden Prozess dar. Unklar ist zudem, inwieweit die bereits vorher im Awarenreich genannten bulgarischen Gruppen in die beschriebenen Ereignisse einbezogen waren.75 Vielleicht ist ja nur eine kleine, herrschaftstragende Gruppe aus dem Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres eingewandert, während sich andere Bevölkerungsteile schon länger in dem Gebiet befanden.76 Wie dem auch sei, die Mehrheit der Forschung folgt jedenfalls den Grundlinien der Geschichte wie sie bei Theophánes und Nikephóros dargestellt ist und geht von einer größeren Wanderungsbewegung im Vorfeld der Ereignisse von 680/681 aus.77 Wie auch immer die Vorgeschichte zu bewerten ist, das Schlüsseldatum für die bulgarische Herrschaftsbildung ist zweifelsohne das Jahr 680/681.78 Es wird selbst im heutigen Bulgarien als das Jahr der „Staatsgründung“ angesehen.79 Mit dem vom byzantinischen Kaiser Konstantin IV. geschlossenen Friedensvertrag zwischen Byzanz und den Bulgaren wird das Erste bulgarische Reich als politische Größe fassbar. Seine unmittelbare Nachbarschaft zum Byzantinischen Reich rückt es

72

The Geography of Ananias of Širak (Übers. Hewsen), 55; Chronique de Michel le Syrien (Übers. Chabot), II, X, XXI, 363f.; Patkanov, Iz novago spiska geografii; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.1,1, 103–105; Zlatarski, Izvestieto na Michaila Sirijski; Marquart, Osteuropäische und ostasiatische Streifzüge, 57, 484f., 488f.; Altheim/Stiehl, Michael der Syrer, 110; Artamonov, Istorija Chazar, 167f.; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 146; zu Michael dem Syrer: Weltecke, Die „Beschreibung der Zeiten“; The Chronography of Gregory Abû’l-Faraj (Übers. Budge), Bd. 1, 84; Altheim, Geschichte der Hunnen, Bd. 2, 29; Ziemann, Geschichte und Mythos, 25–31.

73

The Chronicle of Theophanes Confessor (Übers. Mango/Scott), XLXXX – C; Brandes, Der frühe Islam in der byzantinischen Historiographie.

74

Marquart, Osteuropäische und ostasiatische Streifzüge, 530; Georgiev, Stolicata na chan Kubrat, 20.

75 Theophylacti

Simocattae historiae (ed. Wirth), VII, 2–4, 248–252; Theophylaktos Simokates (Übers. Peter Schreiner), 182f., 336f.; Whitby, The Emperor Maurice and His Historian, 160f.; Les plus anciens recueils (Hg. Lemerle), Bd. 1, 2,1, 180–189; Bd. 2, 94–103; Pohl, Die Awaren (2. Aufl.), 242; Fredegarii et aliorum Chronica (ed. Krusch), IV, 72, 157, 3–16; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 117–121; zu Fredegar: Collins, Die Fredegar-Chroniken.

76

Zu den Bulgaren nördlich des Schwarzen Meeres zusammenfassend: Dimitrov, Prabălgarite po severnoto i zapadnoto černomorie.

77

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 7–71; Angelov, Obrazuvane na bălgarskata narodnost, 1–211; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 299–328; Angelov/Primov/Petrov, Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 23– 90; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 57–73; Bakalov u. a., Istorija na Bălgarite, 11–33; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 9–66; siehe ebenso die Lit. in Anm. 68.

78

Zur Datierung auf 680: de Gregorio/Kresten, Ἐφέτος – „In diesem Jahr“.

79

Als ein Beispiel unter zahlreichen Veröffentlichungen zum 1000-jährigen Jubiläum sei das dreibändige Werk genannt: Bužaški u. a. (Hgg.), Bălgarija 1300.

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Die protobulgarische Periode

zudem in den Fokus der byzantinischen Quellen, durch die sich überhaupt erst seine Geschichte schreiben lässt. Unklar ist sowohl der Name als auch die Lokalisierung des sog. Onglos. Der Name soll nach dem Zeugnis des Nikephóros ein bulgarischer sein,80 wobei unklar ist, ob damit ein protobulgarischer oder slawischer gemeint ist.81 Entsprechende altslawische oder turksprachliche Etymologien führen zu unterschiedlichen Deutungen.82 Es kann sich um eine Region, eine Festung oder vielleicht auch um einen Fluss handeln. Dementsprechend hat die Forschung auch für die Lokalisierung mehrere Vorschläge in die Diskussion eingebracht, wie beispielsweise ein ganzes Gebiet an der Donaumündung oder zwischen den Flüssen Prut und Dnjestr oder aber auch eine Befestigungsanlage wie Niculițel oder ein Lager wie im Fall von Barboşi.83 Im Ergebnis lässt sich unabhängig von allen Forschungsdiskussionen festhalten, dass die Bulgaren ab 680/681 zwischen Donau und Balkangebirge ein Reich errichten, das bis 1018 bestehen sollte und in der Forschung das Erste bulgarische Reich genannt wird.

3.3 .2 Khan Tervel und Justinian II. Nur wenige Jahre später treten die Bulgaren erneut in den Blickpunkt der byzantinischen Quellen. Kaiser Justinian II. (686 – 695, 705 – 711) leitete in den Jahren 687/688 offenbar militärische Aktionen gegen die Bulgaren ein, die aber ohne Erfolg blieben.84 Im Jahre 705 treten die Bulgaren jedoch als Verbündete Justinians II. in Erscheinung. Erneut sind es die beiden byzantinischen Hauptquellen Theophánes und Nikephóros, die von den Ereignissen berichten.85 Der Kaiser war im Jahre 695 durch den Heerführer Leóntios abgesetzt worden, wobei ihm zudem die Nase abgeschnitten wurde, was ihm den Beinamen Rhinótmetos einbrachte. Man verbannte ihn nach Cherson an die Nordküste des Schwarzen Meeres. Von dort floh er zum Khagan der benachbarten Chazaren und heiratete sogar dessen Schwester Theodora. Nachdem er jedoch rechtzeitig von seiner Frau über ein Komplott gegen ihn und die geplante Auslieferung

80

Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 35, Z. 21–27, 88.

81

Rašev, Bălgarskata ezičeska kultura VII – IX vek, 29.

82

Ziemann, Onglos – Once Again (mit Literatur).

83

Adoba-Pliska, Materialy, 517f., 558f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 132; Uhlig, Die Wälle in Bessarabien; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 175; Rašev, L’Onglos; Madgearu, Continuitate şi discontinuitate culturală, 183–185; ders., Recent Discussions about „Onglos“; Božilov/Gjuzelev, Istorija na Dobrudža, Bd. 2, 16.

84

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 364, Z. 5–18; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 38, 92–93; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 159–161; Angelov, Obrazuvane na bălgarskata narodnost, 193–195; Head, Justinian II of Byzantium, 8, 36–41; Ditten, Ethnische Verschiebungen, 218–232; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 1,1 (Hgg. Dölger/Müller), Reg. 276.

85

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 372–375; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 42, 100–103; Head, Justinian II of Byzantium, 115–122.

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Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

nach Konstantinopel unterrichtet worden war, floh er zum bulgarischen Khan Tervel (701 – 721), dem er reiche Belohnung für seine Unterstützung versprach. Im Jahr 705 zogen die Bulgaren daher mit dem abgesetzten Kaiser vor die Tore der Kaiserstadt. Mit Hilfe seiner Anhänger gelang es Justinian, in die Stadt einzudringen und die Macht wiederzuerlangen. Khan Tervel wurde großzügig entlohnt und mit dem Ehrentitel kaisar belegt,86 eine Information, die auch von sigillographischen Quellen gestützt wird.87 Ob eine der sogenannten protobulgarischen Inschriften am Reiter von Madara auf die Ereignisse Bezug nimmt, muss offen bleiben.88 Die protobulgarischen Inschriften sind epigraphische Zeugnisse, die meist auf Veranlassung der bulgarischen Khane in griechischer Sprache an wichtigen Stätten des Bulgarischen Reiches eingemeißelt wurden.89 Bei dem Reiter von Madara handelt es sich um ein viel diskutiertes Reiterfresko in der Nähe der heutigen Stadt Šumen und damit auch in der Nähe von Pliska, einem wichtigen Zentrum, wenn nicht sogar der späteren Hauptstadt des Ersten bulgarischen Reiches.90 716/717 scheint es zu einem Friedensvertrag zwischen Byzanz und den Bulgaren gekommen zu sein, über den wir nur anlässlich seiner Erneuerung 100 Jahre später erfahren.91 Daher ist unklar, welche Bestimmungen sich auf 716/717 beziehen. Möglicherweise wurden die gemeinsame Grenze und die Tributzahlungen geregelt, vielleicht auch Bestimmungen zum Handel erlassen. 717 scheint der Friedensvertrag konkrete Auswirkungen gehabt zu haben, als bei einem Angriff der Araber auf Konstantinopel die Bulgaren auf Seiten der Byzantiner eingriffen.92

3.3 .3 H  errschaftsstrukturen in der Frühzeit des Ersten bulgarischen Reiches Die Etablierung des bulgarischen Herrschaftsverbandes ab 680/681 führte zu einer grundlegenden Veränderung der Bevölkerungsstruktur. Offensichtlich erlebte das Gebiet zwischen Donau und Balkangebirge in mehrfacher Hinsicht einen fundamentalen Wandel. Die neue Herrschaftsorganisation knüpfte nicht an Reste der byzantinischen Provinzverwaltung an. Die späteren bulgarischen Herrschaftszentren wie beispielsweise Pliska und Preslav scheinen mitunter abseits der antiken

86

Adler (ed.), Suidae Lexicon, Bd.1, 423, 483, Z. 20–29.

87

Zacos/Veglery (Hgg.), Byzantine Lead Seals, Bd. 1,3, Nr. 2672, 1441.

88

Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 1c, 97; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 189–198 mit der Diskussion und Literatur.

89

Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften.

90

Škorpil/Škorpil, Altbulgarische Inschriften, 247f.; Beševliev/Velkov/Mihajlov (Hgg.), Madarski konnik; Gregoriou-Ioannidou, The Inscription of the „Madara horseman“.

91

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 497; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 310f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 177–184; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 198f.; Angelov/ Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 115f.; Oikonomides, Tribute or Trade?

92

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 397, 28f.; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 92; Gjuzelev, La participation des Bulgares à L’échec du siège arabe de Constantinople, 97f.

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HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

Straßen angelegt worden zu sein. Jedoch gibt es auch Ausnahmen, wie die antike Donaustadt Silistra, die sich während des Bulgarischen Reiches zu einem bedeutenden Zentrum entwickelte.93 Die territoriale Ausdehnung des Ersten bulgarischen Reiches ist nur teilweise bekannt.94 Theophánes und Nikephóros beziehen sich lediglich auf das Gebiet zwischen Donau und Balkangebirge, das ab jener Zeit unter bulgarischer Herrschaft stand. Ihr Horizont konzentriert sich auf das Gebiet des Byzantinischen Reiches. Unklar ist jedoch, wie weit sich der bulgarische Herrschaftsbereich nach Norden erstreckte. Unterschiedliche meist nationalstaatlich orientierte Forschungstraditionen kamen hierbei zu gegensätzlichen Ergebnissen.95 Für das 8. und 9. Jahrhundert deuten die Untersuchungen der Gräberfelder auf eine Besiedlung slawischer und protobulgarischer Gruppen südlich und nördlich der Donau hin.96 Wie indessen als bulgarisch gedeutete Gräber im südlichen Transsilvanien im Zusammenhang mit dem Ersten bulgarischen Reich zu interpretieren sind, ist in der Forschung umstritten.97 Man hat zudem die großangelegten Erdwallanlagen an der unteren und mittleren Donau in Zusammenhang mit der Grenzsicherung des Ersten bulgarischen Reiches gebracht.98 Jedoch zeigen die entsprechenden Datierungsvorschläge Unsicherheiten. Zudem stellt sich die Frage nach Herrscherresidenzen und Zentralorten. Spielte das sog. Onglos nach 680/681 die Rolle eines Herrschersitzes?99 In der früheren Forschung ging man meist davon aus, dass Pliska in Nordbulgarien die erste sog. „Hauptstadt“ des Ersten bulgarischen Reiches gewesen sei.100 Abgesehen von der Frage, ob es zu jener Zeit überhaupt einen solchen Zentralort gab, setzen die eindeutig datierbaren Funde in Pliska jedoch erst später ein.101 Man wird die weiteren Forschungen abwarten müssen, um die Frage eindeutig zu beantworten. Bisweilen deutet jedoch einiges darauf hin, dass es in der Anfangsphase des Ersten bulgarischen Reiches vielleicht gar keinen

93 Durostorum–Drăstăr–Silistra;

Soustal, Dorostolon – Silistra; Atanasov, Christijanskijat Durostorum – Drăstăr; Angelova/Băčvarov, Durostorum prez kăsnata antičnost, Bd. 3.

94

Koledarov, Političeska geografija.

95

Man vgl. die entsprechenden Karten in Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2 und Bakalov u. a., Istorija na Bălgarite.

96

ăžarova, Slavjani i prabălgari; Fiedler, Studien zu Gräberfeldern des 6. bis 9. Jahrhunderts.

97

Simonyi, Die Bulgaren des 5. Jh. im Karpatenbecken; Comşa, Die bulgarische Herrschaft nördlich der Donau.

98

Rašev, Starobălgarski ukreplenija.

99

Bănescu, Oglos-Oglu le premier habitat de la horde d’Asparuch; Rašev, L’Onglos; Hălcescu, Din nou despre Onglos; Madgearu, Recent Discussions about „Onglos“; Georgiev, Asparuchov Ongol; Ziemann, Onglos – Once Again, 31–44.

100 Die

Identifizierung der Ruinen schon bei Jireček, Archäologische Fragmente aus Bulgarien; Pliska als Residenz bereits bei Škorpil/Škorpil, Severoiztočna Bălgarija. Zusammenfassend zur Forschungsgeschichte: Dimitrov/ Rašev, Pliska, 5–9; Dončeva-Petkova/Henning, Părvostolna Pliska, 18–20; Kirilov, Die Stadt des Frühmittelalters in Ost und West, 126f.; Aladzhov, The Byzantine Empire and the Establishment of the Early Medieval City in Bulgaria.

101 Zusammenfassend:

HGSOE, Bd. 1

Fiedler, Bulgars in the Lower Danube Region.

613

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Zentralort gab.102 Stattdessen könnte sich der Khan mit seinem Gefolge zwischen mehreren Zentren bewegt haben. Große Aufmerksamkeit wurde der Frage nach der ethnischen Zusammensetzung des Ersten bulgarischen Reiches gewidmet.103 Als Quellen stehen hierfür nur der Namensbestand und ein paar verstreute Hinweise in den byzantinischen Quellen zur Verfügung. Theophánes und Nikephóros berichten davon, dass die in das Gebiet zwischen Donau und Schwarzem Meer einrückenden Bulgaren die benachbarten Slawenvölker, die sog. sieben Geschlechter, unterworfen hätten. Die Severer, deren Wohnsitz bei den vorderen Pässen von Beregaba sich befunden habe, seien in den östlichen Teilen, die übrigen sieben Geschlechter im Süden und Westen neben den Awaren angesiedelt worden. Diese hätten „unter Vertrag gestanden“ (ὑπὸ πάκτον ὄντας).104 Dieser Ausdruck gab Anlass zu ausführlichen Diskussionen. Mit wem standen sie unter Vertrag, den Bulgaren oder den Byzantinern? Letzteres scheint hierbei die plausiblere Lösung.105 Insgesamt deutet der Abschnitt auf eine protobulgarische Herrschaftsträgerschicht hin. Bestimmte slawische Gruppen scheinen diese Herrschaftsträgerschicht akzeptiert zu haben und waren vielleicht tributpflichtig. Im Laufe der Jahrzehnte wird es jedoch schwierig, eine deutliche Unterscheidung zwischen den beiden ethnischen Gruppen zu ziehen. Die von der Archäologie vorgebrachten Unterscheidungsmerkmale, die sich unter anderem auf unterschiedliche Bestattungsformen bei den Gräberfeldern beziehen,106 vermögen nicht immer zu überzeugen.

3.3 .4 Das dunkle 8. Jahrhundert In den Jahrzehnten nach 718 dünnen die Informationen zu den Bulgaren merklich aus. Lediglich die Abfolge der Herrscher lässt sich aus der sog. „Bulgarischen Fürstenliste“ entnehmen. Es ist zugleich eine Periode politischer Schwäche, die es zeitweise den byzantinischen Kaisern erlaubte, Einfluss auf das Geschehen in Bulgarien zu nehmen. Unter dem byzantinischen Kaiser Konstantin V. (741 – 775) setzen wieder Nachrichten über die Bulgaren ein. Zwischen 756 und 775 unternahm er mehrere Feldzüge gegen den Nachbarn, durch die Bulgarien sogar in seiner Existenz bedroht wurde.107 Die Konflikte begannen 755/756. Burgen

102 Kirilov,

Stadt des Frühmittelalters, 175–179.

103 Angelov,

Obrazuvane na bălgarskata narodnost.

104 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 359.

105 Vojnov,

Za părvija dopir na Asparuchovite Bălgari; ders., Otnovo po văprosa za văznikvaneto na bălg. dăržava, 269; Tăpkova-Zaimova, Našestvija i etničeski promeni na Balkanite, 70, 89, 93–97; Chrysos, Zur Gründung des ersten bulgarischen Staates, 12f.

106 Văžarova,

Slavjani i prabălgari; Fiedler, Gräberfelder; ders., Bulgars in the Lower Danube Region.

107 Zum

Folgenden: Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 207–234; Beševliev, Die Feldzüge des Kaisers Konstantin V.; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 120–129; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 89–105; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 114–118; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 213–234; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 15–17, 89–103.

614

HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

und Festungen sollen in Thrakien errichtet worden sein, ebenso habe Konstantin V. syrische und armenische Paulikianer angesiedelt. Die Bulgaren hätten, so behaupten die byzantinischen Chronisten, Abgaben gefordert und seien, nachdem Konstantin V. diese abgelehnt habe, vor die langen Mauern gezogen. Der Konstantin übel gesinnte Theophánes überliefert die folgenden Ereignisse hingegen anders als Nikephóros. Ersterer berichtet vom Abzug der Bulgaren mit vielen Gefangenen, Letzterer weiß von einer Niederlage der Bulgaren.108 Nikephóros schildert daraufhin einen erfolgreichen Feldzug Konstantins V., von dem Theophánes schweigt. Bei einem groß angelegten Angriff mit 500 Schiffen in Richtung Donaumündung wurden offenbar Gebiete in der heutigen Dobrudscha verwüstet, während das Landheer in Thrakien bei Markéllai gegen die Bulgaren siegte, die daraufhin um Frieden nachsuchten.109 Theophánes berichtet indessen von einem wohl um 760 zu datierenden Feldzug Konstantins V., bei dem das byzantinische Heer bei einem Angriff in einem Gebirgspass bei Beregaba erhebliche Verluste erlitten habe.110 Ungefähr in jene Zeit ist eine Meldung des Nikephóros einzuordnen, die von 208.000 Slawen erzählt, die ihre Wohngebiete verlassen hätten und über das Schwarze Meer geflohen seien. Man habe sie am Fluss Artanas angesiedelt.111 Die militärischen Misserfolge führten in Bulgarien zu inneren Auseinandersetzungen. Die Bulgaren hätten, so berichten Theophánes und Nikephóros, ihre angestammten Fürsten umgebracht und einen Mann namens Telessios bzw. Teletz auf den Thron erhoben.112 In das Jahr 763 ist dann wohl ein weiterer Feldzug Konstantins V. zu datieren, wiederum sowohl zu Wasser unter dem Einsatz von 800 Transportschiffen als auch zu Lande. Bei Anchíalos erlitten die Bulgaren eine schwere Niederlage. Konstantin V. soll daraufhin zahlreiche Gefangene nach Konstantinopel geführt haben, um sie dort von den Bürgern der Stadt enthaupten zu lassen.113 In Bulgarien kam es zu einem erneuten Machtwechsel. Auch Teletz wurde nach der Niederlage ermordet und durch einen gewissen Sabínios, dem Schwiegersohn des einstigen Herrschers Kormesij, ersetzt. Als Sabínios jedoch um Frieden bei den Byzantinern nachsuchte, wurde auch er abgesetzt und floh nach Konstantinopel, während die Bulgaren einen neuen Khan namens Paganos auf den Thron erhoben. Theophánes datiert diese Ereignisse in das Jahr 763, Teile der Forschung gehen jedoch von einer späteren Datierung aus. Doch auch der neue Herrscher sah sich gezwungen, Frieden zu schließen. Mit seinen Adligen – seit protobulgarischer Zeit bezeichnete man diese im Singular als „Boila“ (gr. boilás); eingedeutscht hießen sie im späteren deutschen Sprachgebrauch „Boilen“ oder „Boljaren/Bojaren“ (gr. boiládes oder boliádes) –, sei er zum Kaiser gekommen.114

108 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 429; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 73, 144.

109 Nikephoros, 110 Theophanis

Short History (ed. Mango), Kap. 73, 144f.

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 431.

111 Nikephoros,

Short History (ed. Mango), Kap. 75, 148f.; Ditten, Ethnische Verschiebungen, 371f.

112 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 432; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 76, 148f.

113 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 432f.; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 76, 148–

114 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 433; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 77, 150f.

150.

HGSOE, Bd. 1

615

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Der Frieden währte nicht lange. In einem wohl auf 765 zu datierenden Feldzug drang Kaiser Konstantin V. erneut nach Bulgarien vor und steckte mehrere Höfe (sog. αὐλαί)115 in Brand. Nikephóros bringt hierbei mehr Details als der dem Kaiser sehr negativ gegenüberstehende Theophánes. Die Bulgaren, so heißt es dort, hätten den einst von Sabínios eingesetzten archon Úmaros abgesetzt und durch einen gewissen Tóktos ersetzt. Jener Tóktos sei in byzantinische Gefangenschaft geraten. Ein anderer archon namens Kampagános sei indessen, während seiner Flucht zum Kaiser nach Varna, von seinen Sklaven ermordet worden. Ein Jahr später, 766, fand wohl ein weiterer Feldzug statt, bei dem jedoch die Flotte mit ihren 2.600 Schiffen in einen Sturm geraten und zum großen Teil zerstört worden sei. Der byzantinische Druck durch die fast jährlich unternommenen Feldzüge nach Bulgarien dauerte an.116 Zwischen ca. 768 und 777 regierte ein Khan namens Telerig. Theophánes berichtet von einem von der Forschung in das Jahr 774 datierten Feldzug mit 2.000 Schiffen in Richtung Donaumündung. Ohne dass es zu einer größeren Schlacht gekommen sei, habe man sich auf einen Frieden verständigt. Bei einem weiteren Feldzug, der indes schwer zu datieren und eventuell vor diesen Ereignissen in das Jahr 772 einzuordnen ist, sollen die Bulgaren bei Lithosória überraschend angegriffen worden sein und eine schwere Niederlage erlitten haben. Bei einem weiteren von Theophánes zum Jahr 773/774 beschriebenen Feldzug soll die byzantinische Flotte in einen Sturm geraten und vernichtet worden sein.117 Khan Telerig habe zudem eine List ersonnen und unter dem Vorwand, nach Konstantinopel fliehen zu wollen, um die Namen der Freunde des Kaisers in Bulgarien gebeten, die er dann habe umbringen lassen. 775 erlitt Kaiser Konstantin V. laut Theophánes auf einem weiteren Bulgarenfeldzug eine Verwundung, die ihm bald darauf das Leben kostete.118 Für Bulgarien war damit eine Phase politischer und militärischer Schwäche zu Ende gegangen.

3.3 .5 Konsolidierung Unter Khan Kardamos ab ca. 777 begann eine Phase der Konsolidierung in Bulgarien.119 Die Nachrichten über militärische Auseinandersetzungen werden spärlicher. 789 wurde laut Theophánes

115 „Höfe“

sind protobulg. Herrschersitze; vgl. Aladzhov, Byzantine Empire, 131, und Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 185f.

116 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 436; Nikephoros, Short History (ed. Mango), Kap. 79, 150–

117 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 437, 447f.; Nikephoros, Short History (ed. Mango), 82, 156f.

118 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 448.

153.

119 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 239–245; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 229– 234; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 129f.; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 238–264; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 118–123; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 235–240; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 146–149.

616

HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

Phíletos, der Stratege von Thrakien, im Strymongebiet von Bulgaren überfallen.120 791, ein Jahr nachdem in Konstantinopel Konstantin VI. Alleinherrscher geworden war, unternahm er einen Feldzug gegen die Bulgaren, der jedoch nach kurzen Kampfhandlungen am Kastell Próbaton nordöstlich von Adrianopel/Adrianúpolis/Odrin (Edirne) mit einem beiderseitigen Rückzug schnell beendet wurde.121 Ein Jahr später errangen die Bulgaren einen großen Erfolg in der Nähe des Kastells Markéllai.122 796 verweigerte Konstantin VI. den offenbar zuvor vereinbarten Tribut und zog erneut gegen die Bulgaren nach Abrolebas. Jedoch kam es nicht zur Schlacht.123 All die genannten Orte befanden sich im byzantinischen Thrakien südlich des Balkangebirges. Während Konstantin V. noch regelmäßig bis ins Donaugebiet vorgerückt war, hatten sich nun die Vorzeichen umgekehrt. Byzanz war in der Defensive.

3.3 .6 Die Wende von 811 Von ca. 803 bis 814 regierte in Bulgarien Khan Krum. Unter ihm entwickelte sich Bulgarien zu einer expandierenden Großmacht auf dem Balkan. Dabei hatte es zunächst durchaus nicht danach ausgesehen. Unter Kaiser Nikephóros I. (802 – 811) schien beinahe die Einverleibung Bulgariens als byzantinische Provinz erreicht zu sein, bis sein militärisches Ungeschick die Wende brachte. 809 nahm Khan Krum das byzantinische Sérdica (Sofia) ein. Obwohl es bald zurückerobert wurde, stellte dieses Ereignis dennoch ein Signal für eine Wende dar. Es verdeutlichte einen erweiterten Aktionsradius der Bulgaren, die nun zunehmend auch im westlichen Thrakien auftraten. Die Rekonstruktion der Ereignisse wird erheblich erschwert durch die geradezu feindselige Haltung der Hauptquelle Theophánes gegenüber dem Kaiser. Keinen einzigen Erfolg mag er ihm zubilligen, stattdessen zeichnet er ihn als einen durch und durch skrupellosen, vom Bösen besessenen Herrscher.124 So berichtet er für 809, der Kaiser habe fälschlicherweise behauptet, das Osterfest im Palast Krums gefeiert zu haben.125 Es bleibt offen, ob für Theophánes’ Skepsis andere Gründe als die seiner persönlichen Einstellung zum Kaiser eine Rolle spielten. Entspräche die Behauptung des Kaisers den Tatsachen, so hätte dies einen erheblichen Erfolg dargestellt. Die entscheidende Zäsur stellt das Jahr 811 dar. Von Markéllai aus unternahm Nikephóros I. einen weiteren groß angelegten Feldzug. Immerhin ist die Quellenlage nun etwas besser. Neben den hasserfüllten Theophánes tritt die sog. Chronik von 811, die vielleicht zusammen mit dem

120 Theophanis 121 Ebd.,

467.

122 Ebd.,

467.

123 Ebd.,

470.

124 The

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 463f.

Chronicle of Theophanes Confessor (Übers. Mango/Scott), LVIII – LIX.

125 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 485.

HGSOE, Bd. 1

617

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

sog. Scriptor Incertus auf eine gemeinsame Vorlage zurückzuführen ist.126 Jedoch herrscht in der Forschung zu diesem Problem keine Einigkeit. Die Chronik von 811 weist gegen Ende hagiographische Züge auf, die vielleicht das Produkt einer späteren Überarbeitung darstellen. Die Chronik von 811 erwähnt zudem die erst 864/865 erfolgte Christianisierung der Bulgaren. Auch dies mag Teil einer späteren Überarbeitung sein, es wäre aber ebenso möglich, dass es sich bei der Chronik von 811 an sich um ein erst später verfasstes Werk handelt.127 Wie dem auch sei, die Chronik steht Kaiser Nikephóros I. gleichermaßen negativ gegenüber, jedoch ist sie darin nicht so maßlos wie Theophánes. Aus beiden Quellen lassen sich die Ereignisse des Feldzugs von 811 ungefähr wie folgt rekonstruieren: Kaiser Nikephóros I. hatte nicht nur aus Thrakien, sondern auch aus anderen Themen Truppen zusammengezogen, um gegen die Bulgaren zu ziehen. Am 20. Juli seien sie laut Theophánes von Markéllai in Thrakien aufgebrochen. Die ersten Tage waren wohl sehr erfolgreich. Die Chronik von 811 weiß von zwei siegreichen Schlachten; beide Quellen berichten von der Einnahme des Hofs bzw. der Residenz Khan Krums. Während des Rückzugs geriet jedoch das byzantinische Heer in einen Hinterhalt. Die Bulgaren hatten die Bergpässe gesperrt und fielen über die offensichtlich eingeschlossenen Byzantiner her. Der Kaiser selbst verlor das Leben zusammen mit vielen hohen Würdenträgern und Heerführern und einer großen Zahl an Soldaten. Die Chronik von 811 schildert die Geschehnisse ausführlicher, zudem gibt sie dem ganzen Feldzug mehr Zeit, während Theophánes die Ereignisse auf den Zeitraum von sechs Tagen komprimiert. Nach dem Tode des Kaisers Nikephóros kam sein bei der Schlacht verwundeter Sohn Staurákios für wenige Monate auf den Thron bevor er abgesetzt und Michael I. Rhangabé (811 – 813) zum Kaiser erhoben wurde.128 Für die Forschung stellte die Frage nach der Eroberung des Hofes bzw. der Residenz Khan Krums eine besondere Herausforderung dar. Meist geht man davon aus, dass es sich hier um Pliska gehandelt habe.129 In Pliska entdeckte Brandspuren wurden dem Jahr 811 ebenso zugewiesen, wie die Zerstörung und der spätere Neuaufbau eines Bauwerks, das als Palast des Krum interpretiert wurde.130 Pliska selbst wird als Sitz des Khans immerhin ca. 10 Jahre später auf einer Inschrift aus-

126 Dujčev,

La chronique byzantine; Scriptor incertus (Übers. Iadevaia).

127 Dujčev,

La chronique byzantine; hierzu: Markopoulos, La Chronique de l’an 811 et le Scriptor incertus; Stephenson, About the Emperor Nikephoros; Sophoulis, The Chronicle of 811.

128 Zu

den Ereignissen: Dujčev, La chronique byzantine; Scriptor incertus (Übers. Iadevaia); Nikephoros, Short History (ed. Mango), 490f.; The Chronicle of Theophanes Confessor (Übers. Mango/Scott), 672f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 255–260; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 134–138; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 240; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 298–301; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 128–131; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 247–258; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 191–216.

129 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 255–257; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 134–136; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 240–244; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 298–301; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 129; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 203.

130 Zum

sog. Krumpalast: Mijatev, Krumovijat dvorec i drugi novootkriti postrojki v Pliska; Mihajlov, Archeologičeski materiali.

618

HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

drücklich genannt.131 Jedoch ist es keineswegs erwiesen, dass das byzantinische Heer in Pliska gewesen ist. Theophánes gibt, wenn man von keinem Schreibfehler ausgehen möchte, dem gesamten Feldzug zu wenig Zeit, um bis Pliska zu gelangen.132 Ist jedoch Pliska nicht die Residenz Krums, welchen Ort haben die Byzantiner dann erobert? Vielleicht Preslav? Dass Preslav, das meist erst ab dem Jahr 893 als Herrscherresidenz angesehen wird, zu jener Zeit bereits existierte, ist unbestritten.133 Falls es aber 811 der genannte Sitz Khan Krums gewesen wäre, müsste die Geschichte Preslavs völlig neu geschrieben werden. Man wird auf jeden Fall weitere archäologische Forschungen abwarten müssen, um die Frage zu klären.

3.3 .7 Die Folgen – Krum vor Konstantinopel Khan Krum versuchte offenbar recht rasch, den Sieg auch langfristig auszunutzen. Noch im Jahre 812 konnten die Bulgaren die für Byzanz eminent wichtige Schwarzmeerstadt Mesembría (Nesebăr) einnehmen.134 Im gleichen Jahr soll Khan Krum Kaiser Michael einen Frieden angeboten haben. Es handelt sich um jenen Frieden, der schon 100 Jahre vorher eine Rolle gespielt hatte. Theophánes berichtet, dass eben jener alte Frieden erneuert werden sollte. Die Bestimmungen umfassten die Festlegung der gemeinsamen Grenze, die Lieferung von Gewändern und purpurgefärbten Häuten im Wert von 30 Goldpfund, die Auslieferung von Flüchtlingen und die Verpflichtung, dass sich Händler beider Reiche mit gesiegelten Schriftstücken auszuweisen hätten. Die Friedensbedingungen scheinen kurz nach der vernichtenden Niederlage der Byzantiner durchaus annehmbar, so sah es auch Theophánes. Jedoch gab es Kreise im Umfeld des Kaisers, die auf eine Ablehnung drängten. Dabei war offenbar die Auslieferung politischer Flüchtlinge das Hauptproblem.135 Die Ablehnung des Vertragsangebots bedeutete die Aufnahme erneuter Kampfhandlungen. Eine in jene Zeit datierte protobulgarische Inschrift gibt einen Einblick in die Heeresstrukturen der

131 Beševliev,

scriptions.

Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 56, 260; Prinzing, Pliska in the View of Protobulgarian In-

132 Einen

Lesefehler, nämlich ἔνδεκα (ια´) an Stelle von εἴκοσι (κ´) um den Feldzug am 11. anstatt am 20. Juli anfangen zu lassen vermutete Treadgold, The Byzantine Revival, 171 und 411 (Anm. 231); siehe auch The Chronicle of Theophanes Confessor (Übers. Mango/Scott), 676 (Anm. 12).

133 Venedikov,

Preslav.

134 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 499; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 263– 265; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 251; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 138f.; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 313; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 133; Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 391f.; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 273; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 233f.; Gjuzelev, Die mittelalterliche Stadt Mesembria, bes. 52.

135 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 497; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 177– 184, 196, 262f; Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 66f.; Kutikov, Bălgaro-vizantijskijat dogovor ot 716 g.; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 249f.; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 138f.; Oikonomides, Tribute or Trade, 29–31; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 310f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 132f.; Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 388–390 mit Anm. 851; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 267–269; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 228–232.

HGSOE, Bd. 1

619

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Bulgaren. Zudem zeigen die aufgeführten griechischen Namen die Integration von Christen bzw. Teilen der griechischsprachigen Bevölkerung in die Amtsträgerschicht.136 Am 22. Juli 813 errangen die Bulgaren bei Bersinikía einen weiteren entscheidenden Sieg über das Heer Kaiser Michaels. Offenbar gab es zuvor Auseinandersetzungen innerhalb des byzantinischen Heeres.137 Für Kaiser Michael war dies das Ende seiner Amtszeit. Sein Nachfolger wurde Léon, der sich am 12. Juli 813 zum Kaiser krönen ließ. Während er seinen Bruder vor Adrianopel zurückließ, wandte sich Krum gen Konstantinopel, vor dessen Mauern sein Heer Aufstellung nahm. Der Scriptor Incertus berichtet von Ritualen und Kulthandlungen, die dort vor den Augen der Belagerten vollführt wurden.138 Als jedoch die Byzantiner versuchten, ein vereinbartes Treffen zwischen Krum und dem Kaiser zu einem Anschlag auf Krum zu nutzen, eskalierte die Situation. Krum wurde wohl verwundet, vermochte sich aber zu retten. Fortan übte er Rache, indem er die weitere Umgebung verwüstete. Athyra, Selymbría, das Kastell Daonis, Rhaídestos, das Kastell Apros und viele weitere Orte und Festungen fielen der Zerstörung anheim, zahlreiche Gefangene wurden nach Bulgarien verschleppt. Schließlich fiel auch Adrianopel.139 Das Schicksal der von dort verschleppten Christen samt ihres Bischofs Manuel fand breiten Niederschlag in der hagiographischen Literatur.140 Noch im Winter 813/814 ist von einem erneuten Einfall der Bulgaren nach Thrakien in Richtung Arkadiúpolis die Rede. Einen weiteren Feldzug im Jahre 814 verhinderte der Tod des Khans.141

136 Beševliev,

Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 47, 220–229.

137 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 501f.; Theophánes Continuatus (edd. Featherstone/SignesCodoñer), 24–27; Josephus Genesius (edd. Lesmueller-Werner/Thurn), I, Kap. 1–3, 3; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 268f; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 253f.; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 139; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 316; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 135; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 276–278; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 234–245.

138 Scriptor

incertus (Übers. Iadevaia), 50f.; Symeonis Magistri (ed. Wahlgren), Kap. 128, 210; Theophylakt von Ochrid (Hg. Iliev), 46; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 271; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 255; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 139; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 135; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 278–280; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 251f.

139 Theophanis

Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 503; Scriptor Incertus (Übers. Iadevaia), 51–53; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 272–276; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 254–258; Angelov/ Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 139f.; Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert, 321f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 136; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 280–282; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 252–264.

140 Moravcsik, Sagen und Legenden; Podskalsky, Theologische Literatur, 45 (mit Anm. 188); Ziemann, Vom Wan-

dervolk zur Großmacht, 283.

141 Scriptor

incertus (Übers. Iadevaia), 57; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 281; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 261; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 142; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 138; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 284f.; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 263f.

620

HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

3.3 .8 Byzantinisierung Die Konflikte dauerten an, offenbar auch nach dem Tode Krums. Kaiser Léon V. (813 – 820) gelang bald darauf ein Überraschungserfolg gegen ein bulgarisches Heer, vielleicht in der Nähe von Mesembría.142 Zwischen 814 und 816 kam es schließlich zu einem Friedensschluss. Die byzantinischen Chronisten berichten nur bruchstückhaft von dem geschlossenen Frieden und versuchen zudem, den inzwischen dem Ikonoklasmus zuneigenden Kaiser Léon in ein schlechtes Licht zu rücken. So habe er laut den Chronisten heidnische Riten wie das Schlachten von Hunden beim Friedensschluss vollzogen. Über einen Teil des Friedensvertrages gibt hingegen eine protobulgarische Inschrift Auskunft. Dort werden der Grenzverlauf, die Maßnahmen hinsichtlich der im Kriegsverlauf verschleppten oder umgesiedelten Slawen und der Austausch von Gefangenen geregelt. Der Friedensvertrag spielte offensichtlich auch eine Rolle beim Eingreifen der Bulgaren auf Seiten Kaiser Michaels II. (820 – 829) gegen die Aufstandsbewegung Thomas’ des Slawen im Jahre 823.143 Inzwischen war Omurtag, wahrscheinlich ein Sohn Krums, Khan der Bulgaren geworden (815 – ca. 831). Die genauen Umstände der Nachfolge scheinen aber etwas komplexer zu sein. Vielleicht verlief die Nachfolge nicht reibungslos.144 Wie dem auch sei, Omurtag drückte dem Bulgarischen Reich seinen Stempel auf. Er ließ sich im Stile der byzantinischen Kaiser darstellen und versuchte, sich durch imposante Bauwerke zu verewigen. Unter ihm scheinen byzantinische Kulturelemente erheblich an Bedeutung gewonnen zu haben. Obgleich die hagiographische Literatur ihn als Christenverfolger beschreibt und er selbst wohl keinerlei nachweisbare Absichten hegte, sich zum Christentum zu bekennen, ebnete er doch den Weg Bulgariens zum neuen Glauben. Spätere Autoren wie der im 12. Jahrhundert schreibende Theophylakt von Ochrid berichten, dass Omurtags Sohn Enravota sich zum Christentum bekannt habe und dafür habe sterben müssen.145 Die territoriale Expansion hatte große Teile einer christlichen, Griechisch sprechenden Bevölkerung dem bulgarischen Herrschaftsbereich einverleibt. Dies blieb nicht ohne Folgen. Omurtag selbst ließ sich auf den in seinem Auftrag eingemeißelten Inschriften zugleich „khana sübigi“ und „Herrscher

142 Theophánes Continuatus (edd. Featherstone/Signes-Codoñer), 40–43; Josephus Genesius (edd. Lesmueller-

Werner/Thurn), I, Kap. 12, 10; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 297–299; Beševliev, Die protobulgarische Periode, 268–270; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 144f.; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 288–290; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 268–270.

143 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,1, 296–305 und 432–435; Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 41, 190–206; ders., Die protobulgarische Periode, 276–279; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 147–150; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 145–148; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 298–306; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 275–286; zu Thomas: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1, Bd. 5 (Hgg. Lilie u. a.), 33–38 (Nr. 8459).

144 Synaxarium

ecclesiae Constantinopolitanae (ed. Delehaye), Sp. 415; Beševliev, Eine nicht genügend anerkannte hagiographische Quelle; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 290–293; Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 265f.

145 Theophylakt

HGSOE, Bd. 1

von Ochrid (Hg. Iliev), Kap. 29–33, 63–67.

621

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

von Gottes Gnaden“ (ὁ ἐκ θεοῦ ἄρχων) nennen,146 auch wenn er dabei wohl kaum den christlichen Gott meinte. Seine Darstellung auf einem Medaillon ahmt deutlich die ikonographische Tradition des byzantinischen Kaisers nach.147 Bei der Übernahme byzantinischer Herrscherdarstellung fanden sich ganz automatisch auch christlich konnotierte Elemente. Eine Inschrift Khan Omurtags nennt auch zum ersten Mal ausdrücklich Pliska, jene Ruinenstadt, die gemeinhin als die erste Hauptstadt des Bulgarischen Reiches angesehen wird. Er habe sich auf dem „Feld Pliska“ aufgehalten, als er den Beschluss gefasst habe, sein Heer gegen die Griechen und Slawen an einen anderen Ort zu verlegen.148 Dieser neue Ort, das sog. Aul Omurtag, befindet sich unweit der späteren Herrscherresidenz Preslav, das spätestens ab der Regierungszeit Zar Symeons die Rolle einer Hauptstadt übernahm.149 In Pliska selbst, einem archäologischen Objekt ersten Ranges, finden seit mehr als 100 Jahren Ausgrabungen statt. Pliska besteht aus einer 471.800 m² großen mit Steinmauern befestigten inneren Stadt mit einem Palastkomplex, der sog. Zitadelle, inmitten eines 23,3 km2 großen, mit einer Erdumwallung befestigten äußeren Areals, das meist „Äußere Stadt“ genannt wird. Die umfangreichen archäologischen Forschungen lassen keinen Zweifel an der Bedeutung des Ortes während des Ersten bulgarischen Reiches. Jedoch konnten bis jetzt noch keine heidnischen Gräber der bulgarischen Khane entdeckt werden. Während das 9. Jahrhundert unter anderem durch Inschriftenfragmente mit dem Namen Omurtags gut dokumentiert ist, bleiben Fragen nach Pliskas Anfangszeit weiterhin Gegenstand der Forschung.150 Omurtag ließ auch an anderen Orten Bauwerke errichten, so auch in Silistra an der Donau, einer Stadt, die wohl während des ganzen Ersten bulgarischen Reiches eine herausragende Position einnahm.151 Im Jahre 824 erschienen zum ersten Mal bulgarische Gesandte am fränkischen Hof Ludwigs des Frommen mit dem Wunsch, Grenzen festzusetzen. Bulgariens Interessen galten nach dem Friedensvertrag mit Byzanz verstärkt dem Gebiet der mittleren Donau, wo nach dem Untergang des Awarenreiches ein Machtvakuum entstanden war. 827 und 829 wird von bulgarischen Überfällen im Drautal berichtet. 832 erreichte erneut eine bulgarische Gesandtschaft Aachen und überbrachte Geschenke.152

146 Beševliev,

Die protobulgarischen Inschriften, 74–77, Nr. 56, 260–265; Stepanov, The Bulgar Title KANASUB-

147 Jordanov,

Korpus na pečatite, 25f.; Jurukova/Penchev, Pečati i moneti, 22–24.

148 Beševliev,

Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 56, 260.

IGI.

149 Totev, Veliki

Preslav; ders., 1100 godini Veliki Preslav; siehe auch die Artikel in Pliska-Preslav, Bde. 1–10 (Sofija, später Šumen 1979 – 2004) und Preslav, Bde. 1–6 (Sofija 1968 – 2004).

150 Dimitrov/Rašev,

Pliska; Dončeva-Petkova/Henning, Părvostolna Pliska; Rašev, Bălgarskata ezičeska kultura, 45–105, hier vor allem 103f.; Fiedler, Bulgars in the Lower Danube Region, 169–189.

151 Soustal,

Dorostolon – Silistra; Atanasov, Christijanskijat Durostorum – Drăstăr; Angelova/Băčvarov, Durostorum prez kăsnata antičnost; Atanassov, Zur Topographie des frühchristlichen Durostorum; zu Aul Omurtag, einem anderen ihm zugewiesenen Bau jüngst: Henning u. a., Khan Omurtag’s Stone Palace of AD 822, und Antonova/Dremsizova-Nelčinova, Aulăt na chan Omurtag pri Čatalar.

152 Der

622

beste Überblick über bulgarisch-fränkische Beziehungen bei Gjuzelev, Bulgarisch-fränkische Beziehungen.

HGSOE, Bd. 1

Die protobulgarische Periode

Die friedlichen Beziehungen mit Byzanz lassen auch das Quellenmaterial etwas ausdünnen. Die nun zahlreichen protobulgarischen Inschriften vermögen diesen Mangel nicht vollständig zu kompensieren. Noch nicht einmal die Nachfolge Omurtags ist gesichert. Theophylakt von Ochrid weiß von Malamir als Sohn Omurtags,153 Konstantin VII. Porphyrogénnetos erwähnt einen Persian im Zusammenhang mit einer Niederlage gegen die Serben.154 Die Forschung geht wiederum im Allgemeinen davon aus, dass auf Omurtag im Jahr 831 sein Sohn Malamir bis etwa 836/837 nachfolgte, bevor Persian bis ca. 852 regierte.155 Beide werden auch in Inschriften genannt, aus denen sich kriegerische Unternehmungen gegen slawische Gruppen im Raum von Thessaloniki erschließen lassen.156

153 Theophylakt

von Ochrid (Hg. Iliev), Kap. 31, 64.

154 Constantine

Porphyrogenitus, Bd. 1 (Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 32, 154.

155 Theophylakt

von Ochrid (Hg. Iliev), 289–292; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 158f.

156 Beševliev,

Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 14, 164–174, Nr. 57, 277–280.

HGSOE, Bd. 1

623

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

3 .4

 IE CHRISTIANISIERUNG UND DAS ZEITALTER D SYMEONS DES GROSSEN

3 .4 .1 Die Annahme des Christentums Vereinzelt hatten sich bereits zuvor Tendenzen gezeigt, die auf eine verstärkte Einflussnahme christlicher Elemente hindeuteten, so die Erwähnung eines Gottes in den Inschriften, die Herrscherdarstellung nach dem Vorbild des byzantinischen Kaisers oder die christliche Bevölkerung, die nun unter der Herrschaft des Bulgarenherrschers lebte.157 Es ist eine westliche Quelle, ein Brief Papst Nikolaus’ I. (858 – 867) an König Ludwig II. den Deutschen, in dem vom Entschluss König Boris’ die Rede ist, das Christentum annehmen zu wollen.158 Westliche Missionare scheinen sich zu jener Zeit bereits in Bulgarien aufgehalten zu haben. Zuvor war Boris’ Regierungszeit anders als die seiner Vorgänger eher durch Misserfolge geprägt gewesen. 853 zog er erfolglos gegen Ludwig II. den Deutschen, Ähnliches widerfuhr ihm gegen die Kroaten und schließlich auch gegen die Serben unter Mutimir, Strojimir und Gojnik.159 Der eigentliche Taufakt war das Resultat byzantinischen Drucks. Einige Quellen, wie Genésios oder die Chronik des Symeón Logothétes, berichten von einer Hungersnot in Bulgarien. Letztere erzählt auch von einem Feldzug der Byzantiner. Bevor es wiederum zu Kampfhandlungen gekommen sei, hätten die Bulgaren darum gebeten, Christen zu werden. Kaiser Michael habe daraufhin ihren Anführer aufgenommen, getauft und ihm seinen Namen gegeben. Desgleichen seien auch die Boljaren nach Konstantinopel gekommen, um dort die Taufe zu empfangen. Seitdem habe ein „tiefer Friede“ geherrscht.160 Theophánes Continuatus wartet indessen mit zwei interessanten Bekehrungsgeschichten auf. In einer von ihnen spielt eine in Byzanz aufgezogene Schwester Boris’ eine Rolle, die nach ihrer Rückkehr an den bulgarischen Hof ihren Bruder bekehrt haben soll.161 Die Datierung der Taufe schwankt in der Forschung zwischen 864 und 865, wobei eine 1919 in den Ruinen des Klosters Balši/Ballsh in Albanien gefundene Säule mit einer Inschrift eine gewisse Rolle spielt. Dort ist das Jahr 6374, das entspräche dem Jahr 865/866, als wichtiges Ereignis während der Regierungszeit Boris’ festgehalten.162

157 Schreiner, 158 Nicolai 159 Zu

Das Christentum in Bulgarien vor 864; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 345–348.

I. papae epistolae (ed. Perels), 200–293.

Boris’ früher Regierungsphase: Gjuzelev, Knjaz Boris părvi, 54–70.

160 Symeonis

Magistri (ed. Wahlgren), Kap. 131, 243.

161 Theophánes

Continuatus (edd. Featherstone/Signes-Codoñer), 230–235.

162 Die

Literatur zur Diskussion um das Jahr der Taufe bei Podskalsky, Theologische Literatur, 51–53; CankovaPetkova, Contribution au sujet de la conversion des Bulgares; Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 1, Chr. 110/1, Z. 1 (S. 677) u. Chr. 3/2, Z. 6f., S. 50; ders., Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 2, 104f.; Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 361–364; siehe auch Ivanov, „Pearls before Swine“, 95–100, und Hannick, Die byzantinischen Missionen; die Inschrift: Praschniker, Zwei mittelalterliche Inschriften aus Albanien; Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften, Nr. 15, 175.

624

HGSOE, Bd. 1

Die Christianisierung und das Zeitalter Symeons des Großen

Die durch byzantinischen Druck erfolgte Bekehrung des bulgarischen Khans Boris, der mit der Taufe den Namen seines kaiserlichen Taufpaten Michael angenommen hatte, war innerhalb Bulgariens nicht unumstritten. Nur kurz darauf brach ein Aufstand aus. Er scheint vor allem von den Boljaren, also den herausragenden Familien der Funktions- und Herrschaftsträger, angeführt worden zu sein.163 Westliche Quellen wie die Annales Bertiniani berichten im Geist üblicher Bekehrungsgeschichten von einem Triumph des frisch getauften Herrschers mit wenigen Getreuen – es wird die Zahl von 48 genannt – über eine Übermacht an Gegnern.164 Meist wird dieser Aufstand als Reaktion einer heidnischen, im traditionellen Glauben verwurzelten, protobulgarischen Oberschicht interpretiert, die um ihre Stellung gegenüber der slawischen, dem Christentum vermeintlich stärker zugeneigten, Mehrheit bangte.165 Es ist jedoch zumindest fraglich, ob religiöse Aspekte im Vordergrund standen. Vielmehr scheinen andere Faktoren zumindest eine ähnlich dominante Rolle zu spielen. Offensichtlich nutzte Khan Boris die Einführung des christlichen Glaubens auch zu einer Umstrukturierung der Herrschaftsverhältnisse. Boris/Michael ging es dabei wohl auch darum, für sich eine dem byzantinischen Kaiser ähnliche Position innerhalb seines Reiches aufzubauen. Das politische Mitspracherecht der Boljaren, deren wichtige Rolle immer wieder zum Vorschein kam, sollte zugunsten einer stärker auf den Herrscher ausgerichteten Struktur zurückgedrängt werden.166 Dies äußerte sich bisweilen an Kleinigkeiten wie der neu eingeführten Sitte, dass der Herrscher, anders als früher offenbar üblich, nun nicht mehr zusammen mit seinen Boljaren speiste, sondern an einem separaten Tisch.167 Einen weiteren Faktor der Unzufriedenheit stellten wohl die zahlreichen ins Land kommenden byzantinischen Geistlichen dar, die nicht nur spürbare Änderungen hinsichtlich der Bräuche und Lebensgewohnheiten einforderten, sondern auch eine neue, am Hof einflussreiche und vom Herrscher direkt abhängige Gruppe darstellten, die andere Personen aus dem Umkreis des Herrschers verdrängte.168 Schon im Jahr 866 machte sich eine bulgarische Gesandtschaft nach Rom auf, mit 115 Fragen im Gepäck. Die Initiative mag dabei auch von Gruppen ausgegangen sein, die mit dem Einfluss der griechischen Geistlichkeit und deren Forderungen nach einer Umstellung von Lebensgewohnheiten unzufrieden waren. Papst Nikolaus I. befand sich zu jener Zeit im Konflikt mit Patriarch Phótios von Konstantinopel. Boris/Michael konnte daher die Konkurrenzstellung der beiden christlichen Zentren gegeneinander ausspielen.169 Die von der bulgarischen Gesandtschaft gestellten Fragen sind nicht mehr erhalten, dafür aber die Antworten aus der Kanzlei Papst Nikolaus I., aus denen sich die Fragen erschließen lassen.

163 Ziemann, 164 Annales

The Rebellion of the Nobles (mit Literatur).

de Saint-Bertin (Übers. Grat/Vielliard/Clémencet), 133.

165 So

schon Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 51–59, als instinktive Reaktion traditionalistischer Adeliger: Gjuzelev, Knjaz Boris, 114–122.

166 Ziemann, 167 Nicolai

Vom Wandervolk zur Großmacht, 373–387.

I. papae epistolae (ed. Perels), Nr. 99 (Responsa Nicolai I papae ad consulta Bulgarorum), Kap. 42, 583.

168 Ziemann,

Vom Wandervolk zur Großmacht, 383.

169 Döpmann,

Die Bedeutung Bulgariens; Dvornik, The Photian Schism, 91–130.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Sie betreffen die unterschiedlichsten Bereiche, Speise- und Kleidungssitten genauso wie rituelle Bräuche, den Umgang mit Sklaven, die Rechtmäßigkeit der Hinrichtung von Aufständischen, Vorschriften für das Fasten und andere religiös motivierte Bestimmungen, schließlich auch die Kirchenstruktur. Boris/Michael fragte, ob der Papst einen Patriarchen für Bulgarien weihen könne. Nikolaus I. zögerte. Er wollte erst die Erfolge der von Rom aus abzusendenden Mission abwarten, dann sei er dazu bereit.170 Die lateinische Mission begann bald darauf, angeführt durch den späteren Papst, Bischof Formosus von Porto. Sie scheint zunächst erfolgreich gewesen zu sein. Selbst eine lateinische Inschrift in Preslav zeugt davon.171 Boris/Michael wollte beim Papst die Ernennung Bischof Formosus’ von Porto zum Patriarchen für Bulgarien erreichen, jedoch wurde ihm dieser Wunsch verwehrt. Die Gründe hierfür sind nicht ganz klar, das kanonische Recht stand einem solchen Vorhaben, dem Wechsel von einem Bistum zum anderen, sicherlich entgegen, jedoch spielen auch andere Gründe eine Rolle. Aus dem Liber Pontificalis, den Lebensbeschreibungen der Päpste, der Hauptquelle zu diesen Ereignissen, werden Vorbehalte gegenüber Formosus deutlich. Stattdessen empfahl der Papst dem Bulgarenherrscher, sich einen Kandidaten unter den Teilnehmern der nächsten Mission auszusuchen. Doch konnte Boris/Michael unter diesen keinen geeigneten Kandidaten finden und schlug nun einen gewissen Marinus, einen weiteren Teilnehmer der ersten Mission, vor. Doch auch diesen Kandidaten wies der Papst ab, es handelte sich inzwischen um Hadrian II. (867 – 872), den Nachfolger des 867 verstorbenen Nikolaus I.172 Boris/Michael verlor die Geduld. Eine Sondersitzung in Anwesenheit des Kaisers und der Gesandten aus Rom und Bulgarien im Anschluss an die Synode von Konstantinopel im Jahr 869/870 brachte die Entscheidung zugunsten einer Zugehörigkeit Bulgariens zum Einflussbereich der Kirche von Konstantinopel. Der Bericht zu dieser Sondersitzung, der allein die päpstliche Perspektive dieser Sitzung vermittelt, stammt aus der Feder des Anastasius Bibliothecarius, des großen, einflussreichen Gelehrten an der päpstlichen Kurie. Er schildert das Bild einer konfusen, durch unzureichende Übersetzung verwirrten Sitzung, in der die päpstlichen Gesandten überrumpelt worden seien.173 Letztlich wäre eine solche Entscheidung aber nicht ohne den Willen Boris/Michaels möglich gewesen, sodass davon auszugehen ist, dass er sich schließlich für die Übernahme einer von Byzanz aus organisierten Kirchenstruktur und einer byzantinisch geprägten theologischen Ausrichtung entschieden hat. Als Gegenleistung erhielt die bulgarische Kirche wohl einen besonderen unabhängigen Status und offenbar auch einen Erzbischof, dessen Name – vielleicht Stephan oder Joseph – nicht eindeutig geklärt ist. Diese Entscheidung prägte die Zukunft der bulgarischen Kirche letztlich bis zum heutigen Tag.174

170 Nicolai

I. papae epistolae (ed. Perels), Nr. 99 (Responsa Nicolai I papae ad consulta Bulgarorum), Kap. 72 u. 73, 592f.; dt. Übers.: Heiser, Die Responsa ad consulta Bulgarorum des Papstes Nikolaus I.

171 Beševliev, 172 Le

Spätgriechische und spätlateinische Inschriften, Nr. 54, 40.

Liber pontificalis (Übers. Duchesne), Bd. 2, 107f., 165–185.

173 Ebd.,

108, 184f.; Anastasii bibliothecarii epistolae sive praefationes (edd. Perels/Laehr), 416, Sp. 20–23.

174 Totev, Dva novootkriti olovni pečata; Vasilev, Novootkrit oloven pečat; Bilik, Molivdovul na neizvesten episkop;

Podskalsky, Theologische Literatur, 48–62.

626

HGSOE, Bd. 1

Die Christianisierung und das Zeitalter Symeons des Großen

3.4 .2 Die Schüler Kyrills und Methods in Bulgarien Spätere Versuche Papst Johannes VIII. (872 – 882), einen neuen Kontakt zwischen Rom und Bulgarien aufzubauen, scheiterten. Stattdessen wurden nun Kirchenstrukturen eingerichtet, die sich an Byzanz orientierten. Einen besonderen Schub erfuhren diese Bemühungen durch die Flucht der aus dem Großmährischen Reich vertriebenen Schüler Kyrills und Methods. Die berühmten Slawenapostel waren einst von Fürst Rostislav (846 – 870) 863 und damit nur wenige Jahre vor der Taufe Boris/Michaels nach Großmähren geholt worden, um ein Gegengewicht gegen die ostfränkische Kirche zu schaffen.175 Nach dem Tode Methods 885 fanden seine Schüler, darunter Kliment, der spätere Bischof von Drevenica und Velica (ab 893/894), sowie Naum, Angelarius, Sava und andere Zuflucht im Bulgarischen Reich. Sie organisierten den Aufbau von Kirchenstrukturen in Bulgarien, wobei Kliment seinen Schwerpunkt in der Region von Kutmičevica in Makedonien besaß. Das Altkirchenslawische, anfangs mit glagolitischen, später meist mit kyrillischen Buchstaben geschrieben, etablierte sich in jener Zeit als Schriftsprache neben dem Griechischen in Bulgarien.176

3.4 .3 Das goldene Zeitalter 889 scheint Boris/Michael die Regierung abgegeben und für ein Leben im Kloster eingetauscht zu haben. Wiederum ist es, wie schon bei den Aufständen im Zusammenhang mit der Christianisierung, eine westliche Quelle, in diesem Fall die Chronik Reginos von Prüm, die uns nähere Informationen bietet. Ausführlich schildert die Chronik einen christlich-religiösen Lebenswandel des Herrschers, bevor er den Gang ins Kloster gewählt habe.177 Vieles bleibt bei diesen Vorgängen im Unklaren. Da Parallelquellen fehlen, lässt sich nur spekulieren, ob der Wechsel auf dem Herrscherthron tatsächlich dem freien Willen Boris/Michaels entsprach. Sein Nachfolger wurde sein ältester Sohn, Vladimir (889 – 893), in einer Quelle auch Rasate genannt. Er wird in den Annales Fuldenses als Empfänger einer Delegation des ostfränkischen Königs Arnulf von Kärnten (887 – 899; seit 896 Kaiser) genannt, der sich im Konflikt mit Bratislav von Mähren befand. Den Bulgaren wird nahegelegt, kein Salz nach Großmähren zu verkaufen.178 Bei Regino von Prüm wird Vladimir in düsterstem Licht gezeichnet. Man unterstellt ihm gar die Absicht einer Rückkehr zum Heidentum. Aus diesem Grunde habe der alte Boris/Michael sich der Mönchskutte entledigt, zu den Waffen gegriffen, Vladimir abgesetzt und geblendet. Auf einer

175 Die

äußerst umfangreiche Literatur ist u. a. aufgelistet bei Dinekov, s. v. Konstantin-Kiril Filosof, und Nikolova, s. v. Metodij.

176 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 220–243, 260–277; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 251–261; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 212–228.

177 Kurze

(Hg.), Regino von Prüm, 96.

178 Annales

Fuldenses (ed. Kurze), 125, 130.

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Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Volksversammlung, die man in der Forschung auf 893 datiert, sei schließlich Symeon, der dritte Sohn Boris/Michaels von ihm zum Herrscher erhoben worden (893 – 927).179 Die Quellen schreiben natürlich aus der Rückschau und versuchen, den Machtwechsel zu legitimieren. Es ist unklar, ob Vladimir tatsächlich den alten Glauben restituieren wollte. Mit Symeon kam auf jeden Fall einer der bedeutendsten bulgarischen Herrscher an die Macht. Er prägte ein ganzes Zeitalter, das man in Bulgarien noch heute das goldene zu nennen pflegt.180 Die Forschung schrieb der bei Regino genannten Volksversammlung noch andere Entscheidungen zu, so beispielsweise die Einführung des Altkirchenslawischen als eine Art Amtssprache und die Verlegung der Hauptstadt von Pliska nach Preslav. Für beide Annahmen gibt es keine Anhaltspunkte in den Quellen,181 der Begriff der Amtssprache ist zudem anachronistisch. Immerhin ist unbestritten, dass das Altkirchenslawische von nun an an Bedeutung gewinnt und sich eine Welle literarischer Produktion meist theologischer Natur über das Land ergießt, wobei die Klöster eine entscheidende Rolle spielen. Des Weiteren erhält in der Tat Preslav den Status einer Art Residenz. Dort entsteht das administrative Zentrum des Reiches.182 Von einer offiziellen Verlegung einer Hauptstadt im Jahre 893 kann jedoch keine Rede sein. Preslavs Funktion vor 893 ist unklar, ebenso die Pliskas nach 893. Die Archäologie verspricht in der Zukunft weitere Aufschlüsse zu geben. Der um 864 geborene Symeon war in Byzanz erzogen worden. Liudprand von Cremona bezeichnete ihn als Halbgriechen und berichtet, dass Symeon die Rhetorik des Demosthenes und die Logik des Aristoteles studiert habe.183 Das goldene Zeitalter ist eng verknüpft mit der von Symeon offenbar geförderten Literatur und einer intensiven Übersetzungstätigkeit aus dem Griechischen. Als Schlüsselfiguren sind hier neben dem schon erwähnten Kliment von Ochrid und Naum unter anderem Černorizec Chrabăr oder Johannes Exarch zu nennen.184 Letzterer ist die Hauptfigur der sog. Preslaver Schule, unter der man die unterschiedlichen Autoren begrifflich subsumiert. Eines der berühmtesten Werke ist das sog. Šestodnev des Johannes Exarch, das auf Grundlage des Hexaemeron Basíleios’ des Großen verfasst wurde und ein hohes gedankliches und sprachliches Niveau aufweist. Viele weitere meist religiöse Werke entstanden in jener Zeit, dabei stellten sie meist Übersetzungswerke berühmter patristischer oder byzantinischer Autoren dar. Aber auch andere Literaturbereiche fanden Interesse. Im sog. Symeonov Sbornik, einer Sammelhandschrift, die wohl

179 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 243–258; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 236–238; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 221–225; zur Diskussion um die eher erfundene Synode von 893 s. Podskalsky, Theologische Literatur, 125 u. Anm. 517 (Forschungsdiskussion).

180 Zu ihm: Božilov, Simeon Veliki; s. außerdem zu Symeon jetzt das Lemma Symeon v. Bulgarien in Prosopographie

der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 2, Bd. 6 (Hgg. Lilie u. a.), 188–202 (Nr. 27467).

181 Ziemann,

Pliska and Preslav.

182 Totev,

Veliki Preslav; ders., 1100 godini Veliki Preslav; siehe auch die Artikel in den ersten zehn Bänden der Zeitschrift Pliska-Preslav (Sofija, später Šumen 1979 – 2004) und Preslav, Bde. 1–6 (Sofija, 1968 – 2004).

183 Liudprandi

Cremonensis (ed. Chiesa), liber 3, Kap. 29 (66).

184 Zu

Kliment, Naum und Černorizec Chrabăr mit weiterführender Literatur: Podskalsky, Theologische Literatur; die Edition des Hexaemeron: Aitzetmüller (Hg.), Das Hexaemeron.

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HGSOE, Bd. 1

Die Christianisierung und das Zeitalter Symeons des Großen

zwischen 913 und 918 entstand, finden sich auch byzantinische Chroniken.185 Die bulgarische Geschichte verschmilzt in diesem Werk mit der des Nachbarn. Das goldene Zeitalter ist wesentlich geprägt durch Preslav als Residenz. Neben verschiedenen Bauten des Palastkomplexes, die man teilweise der Zeit Symeons zuordnet, ragt vor allem die sog. Goldene oder Runde Kirche heraus, die auch heute noch in ihren Resten zu sehen ist.186

3.4 .4 Krieg mit Byzanz Obwohl Symeon in Konstantinopel erzogen worden und offensichtlich stark durch die byzantinische Kultur geprägt war, ist seine Regierungszeit durch einen lang andauernden Kriegszustand mit dem südlichen Nachbarn gekennzeichnet. Die Auseinandersetzungen begannen 894 mit einem „Handelskrieg“.187 Der Umschlagplatz für bulgarische Waren sollte von Konstantinopel nach Thessaloniki verlegt und zudem die Waren mit hohen Zöllen belegt werden. Symeons Beschwerden verhallten ungehört, worauf er mit seinem Heer gen Byzanz zog und einen ersten Sieg errang. Kaiser Léon VI. (886 – 912) engagierte die Ungarn als Verbündete gegen die Bulgaren und ließ sie mit Schiffen über die Donau bringen. Gegen die Ungarn waren die Bulgaren offensichtlich machtlos. Im befestigten Silistra oder laut Konstantin VII. Porphyrogénnetos in Mundrága musste Symeon ausharren, bis die das Land verwüstenden Ungarn wieder abgezogen waren. Symeon gelang es indes, die Petschenegen als Alliierte gegen die Ungarn zu gewinnen und sie zu einem Einfall in das von den Ungarn besiedelte Land, das sog. Etelköz, zu bewegen, während das ungarische Heer sich fernab auf Kriegszug befand. Die offenbar verheerenden Wirkungen dieses Einfalls soll die Ungarn veranlasst haben, ihre angestammten Wohnsitze zu verlassen und in das Karpatenbecken zu ziehen. Der byzantinisch-bulgarische Konflikt fand jedoch seine Fortsetzung. Bei Bulgaróphygon kam es zur Schlacht und zu einem weiteren Erfolg Symeons, auf den wohl ein Friedensschluss folgte. 901 – 902 fielen die Bulgaren in die Gegend von Dyrrháchion (Durrës) ein und eroberten dabei angeblich 30 Kastelle.188

185 Iz

Izbornika 1073 goda (Übers. Prochorova); Podskalsky, Theologische Literatur, 151 (Anm.  645), 474 (Anm. 2065) mit ausführlichen Literaturangaben; Dinekov (Hg.), Simeonov sbornik; Malingoudis, Zur Adaptation der Chronik von Nikephoros; Bibikov, Vizantijskij prototip drevnejšej slavjanskoj knigi.

186 Mijatev, Krăglata cărkva v Preslav; Georgiev, Zlatnata cărkva v Preslav; Magdalino, The Byzantine Antecedents. 187 Oikonomides,

Le kommerkion d’Abydos, 241–248.

188 Die beschriebenen Ereignisse bei: Theophanes Continuatus (ed. Bekker), 357–360; Ioannes Skylitzes (ed. Thurn),

175–178; Leonis Grammatici Chronographia (ed. Bekker), 266f.; Symeonis Magistri (ed. Wahlgren), 275f.; Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 40, 174–176; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 292–342; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 280–284; Božilov, Simeon Veliki, 87–94, Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 246–248; Shepard, Bulgaria, 570.

HGSOE, Bd. 1

629

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

3.4 .5 Die Ereignisse von 913 Am 12. Mai 912 starb Kaiser Léon VI. Für den minderjährigen Konstantin VII. Porphyrogénnetos übernahm Léons Bruder Alexander die Regierungsgeschäfte. Die Nachfolge Konstantins VII. Porphyrogénnetos, der 945 (bis 959) als Alleinherrscher die Macht übernahm, war umstritten.189 Patriarch Nikólaos I. Mystikós (901 – 907 und 912 – 925) meldete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vierten Ehe Léons VI. an. Es kam zu ersten Erhebungen und Aufständen. Alexander verweigerte die von Symeon geforderten Tributzahlungen, und dieser erschien mit Heeresmacht vor der Kaiserstadt. Doch Alexander starb am 6. Juni 913. Patriarch Nikólaos I. Mystikós, dessen Briefe an Symeon eine unschätzbare Quelle zu den Geschehnissen jener Zeit darstellen, versuchte den Bulgarenherrscher vergeblich zum Frieden zu bewegen. Ob es nicht besser sei, „Archon von Gottes Gnaden“ zu heißen als Tyrann, fragte der Patriarch im Juli 913.190 Symeon hatte also bereits die Kaiserherrschaft im Visier. An eine Einnahme der gut befestigten Stadt war indes nicht zu denken. Im August 913 kam es zu einem von der Forschung viel und heiß diskutierten Treffen. Der junge Kaiser Konstantin, Patriarch Nikólaos I. Mystikós und andere Würdenträger gingen zum Blachernentor, wo sie auf Symeon zusammen mit zwei seiner Söhne trafen. Symeon wurde nun in den Blachernenpalast geführt. Dort neigte Symeon sein Haupt vor dem Patriarchen. Nikólaos betete und legte dem Bulgarenherrscher sein eigenes Epirrhiptárion (Kopfbedeckung des Patriarchen) auf das Haupt.191 Handelte es sich um eine Krönung? Die Forschung kommt zu unterschiedlichen Bewertungen.192 Fest steht, dass offensichtlich ein Eheprojekt zwischen einer von Symeons Töchtern und dem jungen Kaiser existierte. Der bald darauf folgende radikale Politikwechsel verwischte die Spuren. Symeon selbst jedoch sah sich ab sofort als βασιλεύς (Basiléus), wie aus entsprechenden Siegeln und den Briefen des Nikólaos Mystikós deutlich wird.193 Die Konflikte fanden dementsprechend ihre Fortsetzung. Ein byzantinischer Angriff wurde 914 mit der Einnahme Adrianopels beantwortet. Drei Jahre später, am 20. August 917, kam es zu einem bedeutenden Erfolg der Bulgaren auf dem Schlachtfeld bei Anchíalos.194 Im gleichen Jahr zog ein bulgarisches Heer gegen die Serben, nahm deren

189 Treadgold,

A History of the Byzantine State, 465f.

190 Nicholas

I (Übers. Jenkins/Westerink), 32, ep. 5; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 357 (Anm. 1); Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 251f.

191 Theophanes

Continuatus (ed. Bekker), 385; Leonis Grammatici Chronographia (ed. Bekker), 292; Symeonis Magistri (ed. Wahlgren), 301.

192 Die

umfangreiche Literatur bei: Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 1,2 (Hgg. Dölger/ Müller/Beihammer); sowie Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 2, Bd. 6 (Hgg. Lilie u. a.), 199 (Anm. 23); jüngst hierzu: Drews, Grenzen der Legitimationskraft.

193 Gerasimov,

Tri starobălgarski molivdovula; Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften, 330f.; Jurukova/ Penčev, Pečati i moneti, 30; Jordanov, Korpus na pečatite, 46–54, 162 f.; Nicholas I (Übers. Jenkins/Westerink), z. B. ep. 10, Z. 33–37.

194 Theophanes Continuatus (ed. Bekker), 388–390; Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 203f.; Leonis Grammatici Chro-

nographia (ed. Bekker), 294–296; Symeonis Magistri (ed. Wahlgren), 304 f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 383–388; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 287f.; Božilov, Simeon Veliki,

630

HGSOE, Bd. 1

Die Christianisierung und das Zeitalter Symeons des Großen

Herrscher Petar Gojniković (893/894 – 917/918) gefangen und ersetzte ihn durch Pavle Branović (917/918 – 920/921). 918 tauchte ein bulgarisches Heer in Héllas auf und zerstörte die Stadt Theben.195 In Konstantinopel traten jedoch grundlegende Veränderungen ein. Am 24. September 920 wurde Romanós I. Lakapenós kaisar, am 17. Dezember des gleichen Jahres Mitkaiser seines Schwiegersohnes Konstantin VII. Porphyrogénnetos. Am 20. Mai 921 ernannte er seinen Sohn Christóphoros zum Mitkaiser.196 Damit war für Symeon jede Hoffnung auf eine Übernahme der Kaiserherrschaft in Konstantinopel zunichte gemacht worden. Mit unverminderter Härte zog er fast Jahr für Jahr gegen die Kaiserstadt. Die Kriegshandlungen begannen erneut, im Jahre 921, mit einem abermaligen Sieg über die Byzantiner, den Symeon jedoch wegen Unruhen in Serbien nicht auszunutzen vermochte.197 Ein Jahr später zog ein bulgarisches Heer aufs Neue ungehindert gegen Konstantinopel. Aber die Stadt blieb uneinnehmbar. Versuche, mit den Arabern im Verbund die Stadt einzunehmen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Im Jahr 924 gelang es nicht, den von ihm eingesetzten Serbenherrscher Zacharias, der sich aber auf die Seite von Byzanz geschlagen hatte, zu besiegen. Am 9. September 924 kam es schließlich zu einem persönlichen Treffen mit Kaiser Romanós I. Lakapenós, ohne dass jedoch weitreichende Ergebnisse erzielt worden wären. Immerhin vermochte Symeon sich in Serbien durchzusetzen. Doch sein Ziel, die Anerkennung seiner Kaiserwürde in Byzanz, blieb ihm versagt. Nach einer vernichtenden Niederlage gegen die Kroaten 927 starb Symeon schließlich am 27. Mai 927.198 Bulgariens Ressourcen waren zum Zeitpunkt seines Todes aufgebraucht. Die politische Macht Symeons blieb für die nächsten Jahrzehnte unerreicht.

124–126; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 256; Shepard, Bulgaria, 576; Treadgold, A History of the Byzantine State, 475. 195 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 392–395; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 289; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 256f.

196 Treadgold,

A History of the Byzantine State, 476.

197 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 425–427; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 289f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 257f.

198 Zu

den Ereignissen zwischen 922 und Symeons Tod: Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 430–515; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 292–295; Božilov, Simeon Veliki, 138–148; ders./Gjuzelev (Hgg.), Istorija na srednovekovna Bălgarija, 258–260.

HGSOE, Bd. 1

631

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

3 .5

DER FALL NORDBULGARIENS UND DAS REICH SAMUILS

3 .5 .1 Der Friede von 927 Die Nachfolge Symeons wirft Fragen auf. Theophánes Continuatus berichtet vom Ausschluss Michaels, des erstgeborenen Sohnes mit Symeons erster Frau, während Petăr, der Sohn mit Symeons zweiter Frau, zum Nachfolger erwählt worden war (927 – 969).199 Dieser schien zunächst die militärischen Auseinandersetzungen fortsetzen zu wollen, bemühte sich dann aber um einen schnellen Friedensschluss. Nach Verhandlungen mit einer byzantinischen Gesandtschaft in Mesembría einigte man sich auf einen Frieden und die Anerkennung des Titels Basiléus bzw. Zar der Bulgaren.200 Am 8. Oktober 927 fand die Hochzeit zwischen Zar Petăr und Maria, der Enkelin des Romanós Lakapenós, statt, die von nun an Irene (Frieden) hieß.201 Aus diesem Anlass entstand auch eine vielleicht von Theódoros Daphnopátes verfasste Schrift über den Frieden mit Bulgarien.202 Ein auch die Stellung der Zarin heraushebendes Siegel nennt beide Herrscher in der Form von Πέτρος καὶ Μαρία βασιλεῖς Βουλγάρων (Petros und Maria, Kaiser der Bulgaren).203 Doch die Nachfolgeregelung Symeons war nicht von allen akzeptiert worden. 928/929 kam es zu einem Aufstand durch Petărs Bruder Ivan, der jedoch niedergeschlagen wurde. Ivan wurde gefangengenommen und zum Mönch geschoren. Romanós Lakapenós erreichte jedoch seine Auslieferung nach Konstantinopel, wo Ivan sogar heiraten durfte. Damit hörten allerdings die inneren Unruhen in Bulgarien nicht auf. 930 kam es erneut zu einem Aufstand, diesmal unter der Führung von Symeons erstgeborenem Sohn Michael. Nach Michaels frühem Tod sollen sich seine Anhänger dann nach Makedonien und Héllas begeben haben, wo sie schließlich nach Aussage des Johannes Skylítzes von den Byzantinern unterworfen wurden.204

199 Theophanes

Continuatus (ed. Bekker), 411.

200 Ebd.,

415; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 521–534; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 370; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 275f.

201 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 532–536; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 370; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 275.

202 Stavridou-Zafraka

(Hg.), ῾Ο ’Ανώνυµος λόγος; zur Diskussion um die Verfasserschaft siehe Theodoros Daphnopates (Übers. Westerink/J. Darrouzès), 10.

203 Jordanov,

Pečatite na preslavskite vladeteli, Nr. 17–18, 13, 30.

204 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 536–541; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 371; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 278f.; Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 226.

632

HGSOE, Bd. 1

Der Fall Nordbulgariens und das Reich Samuils

3.5 .2 Der Untergang Preslavs Der Frieden zwischen Bulgarien und dem Byzantinischen Reich führte leider auch zu einem zunehmenden Desinteresse seitens der byzantinischen Chronistik. So bleibt mitunter offen, inwieweit beispielsweise die Einfälle der Ungarn in das byzantinische Thrakien 934, 943 und 959 – 961 Auswirkungen auf Bulgarien hatten. Um nach Byzanz zu gelangen, müssen die Ungarn durch Bulgarien gezogen sein. Ungarische Pfeilspitzen, beispielsweise in Pliska, könnten ein Hinweis darauf sein, dass Bulgarien von diesen Einfällen stärker betroffen war, als den schriftlichen Quellen zu entnehmen ist.205 Im Jahre 967 forderte der byzantinische Kaiser Nikephóros II. Phokás (963 – 969) Zar Petăr auf, die Ungarn nicht durch sein Land in Richtung Byzanz ziehen zu lassen.206 Dies als Hinweis für eine Unterstützung der Ungarnzüge nach Byzanz zu interpretieren, ist jedoch bedenklich, auch wenn Johannes Zonarás von einem solchen Bündnis berichtet.207 Bulgarien scheint vielmehr militärisch nicht in der Lage gewesen zu sein, die Ungarn aufzuhalten. Die Rolle der Bulgaren bei den Angriffen der Kiewer Rus’ auf Konstantinopel unter Fürst Igor 941 und 943 bleibt ebenfalls unklar. Zu 943 berichtet die Nestorchronik, dass Fürst Igor die Petschenegen zu einem Angriff auf Bulgarien veranlasst habe.208 Aus alledem wird deutlich, dass Bulgarien längst nicht mehr die politische Rolle spielen konnte, die es einst unter Symeon innegehabt hatte. Das Land war nun in der Defensive und primär darum bemüht, seine Stabilität und Unabhängigkeit zu bewahren. Jedoch war ihm dabei kein Erfolg beschieden. Interessanterweise finden sich bulgarische Gesandte 965 am Hof Ottos des Großen in Magdeburg, vielleicht auf der Suche nach einem Bündnispartner gegen die Ungarn. Jedoch gibt es keine Informationen über eventuelle Resultate.209 966 oder 967 erreichten bulgarische Gesandte Konstantinopel, um den traditionellen Tribut zu fordern. Kaiser Nikephóros II. Phokás jedoch weigerte sich und behandelte die Gesandten in entwürdigender Weise. Der folgende Feldzug des Kaisers endete jedoch ergebnislos. 967 oder 968 sandte Nikephóros II. einen gewissen Kalokýres nach Kiev zu Fürst Svjatoslav, um ihn als Verbündeten gegen die Bulgaren zu gewinnen. 968 fiel dieser mit einem angeblich 60.000 Mann starken Heer über die Donau nach Bulgarien ein, schlug ein bulgarisches Aufgebot und eroberte 80 Festungen. Nur ein Petschenegeneinfall in das Kiewer Reich zwang Svjatoslav zum Rückzug.210 205 Zu

diesem Thema: Moravcsik, Byzantium and the Magyars; Ziemann, Der schwächelnde Nachbar.

206 Ioannes

Skylitzes (ed. Thurn), 276f.; Regesten der Kaiserurkunden, Bd. 1,2 (Hgg. Dölger/Müller/Beihammer), Nr. 710, 130.

207 Ioannis

Zonarae Epitomae (ed. Büttner-Wobst), XVI, 27,13, 513.

208 Donald

Ostrowsky/David J. Birnbaum/Horace Lunt (Hgg.), The Pověst’ vremennykh lět. An Interlinear Collation and Paradosis. 3 Bde. Cambridge/MA 2003, K, 45, 5 und 46, 17; Müller (Hg.), Handbuch zur Nestorchronik, Bd. 4, 54.

209 Arabische

Berichte (Übers. Jacob), 11f.

210 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 567–587; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2,

389f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 295–297; zu Kalokýres (Variante Kαλόκυρoς): Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 2, Bd. 3 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 23631, und Regesten der Kaiserurkunden, Bd. 1,2 (Dölger/Müller/Beihammer), Reg. 711 u. 718.

HGSOE, Bd. 1

633

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Im folgenden Jahr 969 wiederholte sich jedoch der Vorgang. Inzwischen hatte man in Bulgarien wieder Verhandlungen mit den Byzantinern aufgenommen. Ein Eheprojekt wurde eingefädelt, zwei bulgarische Prinzessinnen sollten mit den Söhnen Romanós’ II. vermählt werden. Doch die Pläne scheiterten. Am 30. Januar 969 starb Zar Petăr, während in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember des gleichen Jahres Kaiser Nikephóros II. ermordet wurde. Nachfolger auf dem bulgarischen Thron wurde Petărs Sohn Boris als Boris II. (969 – 971). Die Bulgaren erlitten indessen eine erneute Niederlage gegen die Truppen Svjatoslavs, der bald darauf zumindest den nordöstlichen Teil Bulgariens in seine Gewalt bekam. Boris und Romanós, die beiden Söhne Petărs gerieten in Gefangenschaft.211 Längst hatte Svjatoslav sich entschlossen, länger im Land zu bleiben und weit über das ursprüngliche Bündnis mit Byzanz hinauszugehen. Er gewann die unterworfenen Bulgaren zusammen mit Petschenegen und Ungarn als Verbündete und zog nach Thrakien, wo er Philippopel (Plovdiv) einzunehmen vermochte und angeblich 20.000 seiner Einwohner pfählen ließ.212 Der neue Kaiser Johannes I. Tzimiskés (969 – 976) entschied, nun gegen Svjatoslav vorzugehen. Eine erste Niederlage bei Arkadiúpolis veranlasste Svjatoslav zum Rückzug über das Balkangebirge.213 Im Jahr 971 zog Tzimiskés über das Balkangebirge und brachte nach heftigen Kämpfen Preslav in seine Gewalt. Von dort setzte er seinen Zug nach Silistra fort, wo es erneut zur Schlacht kam. Mehrere Festungen und Städte unterwarfen sich dem Kaiser, schließlich fiel auch Silistra. Svjatoslav musste um Frieden bitten und schließlich das Land verlassen. Bulgarien nördlich und südlich des Balkangebirges war nun den Byzantinern unterworfen. Zar Boris II., der zunächst vom Kaiser als Herrscher anerkannt worden war, wurde bald darauf im Triumphzug durch Konstantinopel geführt, wo er sich seiner Insignien entledigen musste und sich stattdessen mit der Würde eines Mágistros zu begnügen hatte.214

3.5 .3 Samuil Der nordöstliche Teil Bulgariens wurde nun Teil der byzantinischen Provinzverwaltung. Preslav ließ Johannes I. Tzimiskés in Ioannúpolis umbenennen. Es entstanden neue Verwaltungseinheiten. Dorostol (Silistra) wurde Sitz eines Strategen, das Katepanat Mesopotamía und die drei Themen Neu-Strymón, Strymón oder Chrýsabas und Drugovitía wurden geschaffen.215 Der Südwesten blieb jedoch anscheinend von der byzantinischen Expansion unberührt. Dort hatten sich vier Brüder etabliert, David, Mojsej, Aaron und Samuil, die Söhne eines mächtigen

211 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 587–599; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 390–393; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 297f.

212 Leonis

Diaconi Caloënsis historiae (ed. Hase), 105, 108–111; Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 288–291.

213 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 599–605; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 393; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 298.

214 Angelov/Primov

(Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 394–397; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 605–632; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 298–300.

215 Ebd.,

634

309–312; Oikonomidēs, Les listes de préséance byzantines, 357.

HGSOE, Bd. 1

Der Fall Nordbulgariens und das Reich Samuils

Amtsträgers, eines comes namens Nikola und seiner armenischen Frau Ripsimi. Sie führten in gewisser Weise eine Art Restbulgarien fort. So karg das Quellenmaterial zur Anfangszeit dieser Brüder ist, so reich ist dennoch die Forschung, die sich intensiv mit Samuil beschäftigt.216 Am 10. Januar 976 starb Johannes Tzimiskés. Im Anschluss begannen wohl die ersten kriegerischen Handlungen seitens der Brüder, von denen die zwei ältesten, David und Mojsej, jedoch bald starben. Wahrscheinlich in den Jahren 977 – 979 traten die Brüder zum ersten Mal als militärische Macht in Erscheinung. Johannes Skylítzes berichtet von kriegerischen Aktionen nicht nur in Thrakien und Makedonien und den Gebieten um Thessaloniki, sondern auch in Thessalien, Héllas und der Peloponnes. Drei Jahre lang sei die Stadt Lárissa belagert worden, bevor sie den Bulgaren (wohl um 986) in die Hände fiel.217 Im gleichen Jahr unternahm Kaiser Basíleios II. (976 – 1025) den ersten Feldzug gegen die Brüder.218 Nach Skylítzes hätten die Bulgaren das byzantinische Heer an den Trajanspforten nordöstlich des heutigen Ichtiman überfallen und in die Flucht geschlagen. Kaiser Basíleios II. selbst sei nur knapp entkommen. Die Schlacht fand am 17. August 986 statt.219 Bald darauf brachte Samuil seinen vielleicht nach Alleinherrschaft strebenden Bruder Aaron um. Während das Datum (14. Juli) bekannt ist, bleibt das Jahr der Tat im Dunkeln. Es muss aber wohl bald nach der erwähnten Schlacht an den Trajanspforten geschehen sein. Samuil war nun Alleinherrscher.220 Kurz darauf fielen Sérbia und Bérrhoia in die Hände Samuils. Wohl gegen 990 richtete sich Samuils Augenmerk auf das alte bulgarische Herrschaftszentrum, das Gebiet zwischen Donau und Schwarzem Meer, das er sich seiner Herrschaft einverleibte. 995 zog er gen Thessaloniki. Nach anfänglichen Erfolgen und der Gefangennahme des Statthalters Aschot Taronítes, der später Samuils Tochter Miroslava heiratete, wandte sich Samuil jedoch weiter nach Süden. Im darauffolgenden Jahr wiederholten sich die Ereignisse. Ein erneuter Heereszug gegen Thessaloniki brachte wiederum Erfolge und die Gefangennahme des Statthalters. Daraufhin verwüsteten die Bulgaren die Halbinsel Chalkidiké. In einem weiteren Feldzug gelangten die Bulgaren bis auf die Peloponnes. 996/997 mussten sie jedoch eine empfindliche Niederlage am Spercheiós hinnehmen, bei der Samuil zusammen mit seinem Sohn Gavril Radomir verwundet wurde.221 216 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 633–644; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 62–92 (bulg. Übers. der serb. Ausg.: Samuilova država); Săbotinov, Bălgarija pri car Samuil, Bd. 1, 299–335; Panov, The Blinded State.

217 Ioannes

Skylitzes (ed. Thurn), 330; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 660–664; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 403–405; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 106f.

218 Zu

den Kriegszügen des Basíleios s. Meinrad Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz.

219 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 674; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 406–408; Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 331; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 110f.

220 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 676–678; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 408–410; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 99–106; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 319f.

221 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 679–699; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 410f.; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 109–121; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 319–322.

HGSOE, Bd. 1

635

Teil II: 3. Das Erste bulgarische Reich

Die Niederlage hatte aber offenbar keinen entscheidenden Einfluss auf das weitere Schicksal Samuils, vielleicht wurde er im Jahr 997 nach dem Tode Romans, des Sohnes Zar Peters, sogar zum Zaren erhoben. Stattdessen setzte er den Rhythmus der jährlichen Kriegszüge fort. 998 wählte er Dalmatien als Ziel. Fürst Ivan Vladimir, der Herrscher Zetas, wurde gefangengenommen und später mit einer weiteren Tochter Samuils vermählt. Cattaro/Kotor und Ragusa/Dubrovnik wurden zerstört. Bald darauf vermählte er seinen Sohn Gavril Radomir mit einer Tochter des ungarischen Königs Géza. Samuils Augenmerk galt aber vor allem dem Südwesten und Süden. Daher fiel seine Reaktion auch relativ verhalten aus, als die Byzantiner im Jahre 1000 das alte Nordwestbulgarien mit den Städten Pliska und Preslav und ein Jahr später sogar Vidin eroberten. Stattdessen reagierte er am 15. August 1002 mit einem Angriff auf Adrianopel. 1003 konnte Basíleios II. jedoch sogar Skopje/Skoplje/Shkup/Skópia einnehmen und war damit zum ersten Mal im Herrschaftszentrum Samuils erfolgreich.222 Das Blatt hatte sich gewendet. Für die folgenden Jahre fehlen detaillierte Informationen. Skylítzes berichtet von jährlichen Feldzügen gegen die Bulgaren.223 Am 29. Juli 1014 erlitt das Heer Samuils eine entscheidende Niederlage bei Kleídion, bisweilen auch Schlacht bei Belasica genannt, in der Nähe des heutigen Ključ am Fluss Strymón/Struma. 15.000 bulgarische Gefangene seien geblendet worden. Das berichtet jedenfalls Johannes Skylítzes.224 Kaiser Basíleios II. wurde später mit dem Namen βουλγαροκτόνος, Bulgarentöter, bedacht. Als solcher sollte er in die Geschichte eingehen.225 Am 6. Oktober 1014 starb Samuil. Beim Anblick seiner geblendeten Soldaten soll er einen Herzschlag erlitten haben.226 Sein Sohn Gavril Radomir folgte ihm in der Herrschaft nach. Basíleios II. setzte seine jährlichen Kriegszüge ungehindert fort. Gavril Radomir wurde wohl bald nach dem Tod Samuils von Ivan Vladislav, dem einzigen überlebenden Sohn Aarons, umgebracht. 1015 nahm Basíleios II. Ochrid ein. In kurzer Abfolge rückten die Byzantiner immer wieder nach Makedonien vor und blieben meist erfolgreich. 1018 starb Ivan Vladislav, bulgarischer Zar von 1015 – 1018, bei einem Angriff auf Dyrrháchion. Nun unterwarfen sich fast alle Befehlshaber des einstigen Zarenreichs. Basíleios II. nahm in einem triumphalen Zug durch die Herrschaftszentren des einstigen Reiches Samuils

222 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 699–725; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 411–415; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 122–132; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 322–324.

223 Ioannes

Skylitzes (ed. Thurn), 348.

224 Ebd.

348f.; ohne die Erwähnung einer Blendung: Kekaumenos, Litavrin, Sovety i rasskazy Kekavmena, 152; Spadaro (Hg.), Cecaumeno; dt. Übers.: Kekaumenos, Vademecum des byzantinischen Aristokraten (Übers. Beck); Ivanov, Belasickata bitka; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 738–741; Angelov/Primov (Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd. 2, 416; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 136f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 325; mit Zweifeln an der Historizität: Adontz, Samuel l’Arménien; jetzt auch mit Zweifeln an der Historizität der massenhaften Blendung: Schreiner, Die vermeintliche Blendung; zum Schlachtort s. Komitova, Samuilova krepost pri Belasica; zur Strategie der Schlacht Meinrad Strässle, Kriegführung und Raum in Byzanz.

225 Stephenson, 226 Ioannes

636

The Legend of Basil the Bulgar-Slayer.

Skylitzes (ed. Thurn), 349.

HGSOE, Bd. 1

Der Fall Nordbulgariens und das Reich Samuils

die Huldigungen der Familie Samuils und der Bevölkerung entgegen.227 Das Erste bulgarische Reich hatte sein Ende gefunden.

227 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 741–790; Angelov/Primov

(Hgg.), Istorija na Bălgarija, Bd.2, 416–422; Pirivatrić, Samuilovata dăržava, 137–145; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 326–331.

HGSOE, Bd. 1

637

Peter Schreiner

4. S  TRUKTURELLE MERKMALE BYZANTINISCHER PRÄSENZ IN S ÜDOSTEUROPA

4.1

 YZANTINISCHE VORBILDER UND B EIGENSTÄNDIGE ENTWICKLUNGEN IM ÜBERBLICK

 olitische Strukturen in Byzanz 4 .1 .1 P als Vorbild für neue Staaten Das von der Hauptstadt am Bosporus aus beherrschte Reich, staatspolitisch der Rest des Römischen Reiches, das im 6. Jahrhundert eine selbstständige politische Form annimmt,1 war in gewissem Maß ein ruhender Fels in der Brandung, der in territorial verkleinertem Umfang wesentliche Elemente und Ideen des Römischen Reiches bewahrte. Es schuf damit eine Voraussetzung für eine Rückgewinnung alter Territorien und war ein politisches Modell für neue Staaten oder gab zumindest mit seinem Mittelpunkt Konstantinopel eine politische Orientierung.2 Grundlage war die juristische Gleichheit aller Staatsbürger im Sinne der Constitutio Antoniniana (212 n. Chr.),3 die die Existenz ethnischer Identitäten nicht ausschließt und sie sogar in späteren Jahrhunderten noch deutlicher hervortreten lässt.4 Diese juristische Norm bringt es mit sich, dass die Bewohner neu oder wieder eroberter Gebiete Römer (Rhomaioi) werden, sofern sie bereit sind, die Staatsreligion (das Christentum) anzunehmen. Im Gegensatz zur res publica der Römer ist der byzantinische Staat von Titel und Begriff her ganz an den Kaiser gebunden, der seit 629 zunehmend den Titel basileús trägt.5 Der Begriff basileía (Kaisertum) oder krátos (Macht) ist immer auf die Person bezogen, die sie trägt, nie ein Abstraktum für den Staat, jedenfalls in den diplomatischjuristischen Quellen, wenngleich erzählende Texte auch den terminus koinón (Gemeinwesen) oder

1

Die umstrittene Frage des Beginns eines byzantinischen Reiches, das juristisch immer ein römisches Reich geblieben war, kann hier nicht diskutiert werden. Gründe, die entscheidend für das 6. Jh. sprechen, sind knapp zusammengetragen bei Schreiner, Byzanz 565–1453, 148f. Unbestritten handelt es sich um einen Prozess des Übergangs, bei dem Meier, Anastasios I., 329f., drei Stationen festhält: Anastasios – Justinian – Existenzkrise des 7. Jh.s.

2

Schreiner, Byzanz zwischen Kulturkonkurrenz und Leitkultur, mit besonderer Berücksichtigung der Beziehungen zu den Balkanstaaten.

3

Pitsakis, À propos de la citoyeneté romaine.

4

Koder, Griechische Identitäten im Mittelalter.

5

Chrysos, The Title Basileus.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-20

639

Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

politeia (Verband der Staatsbürger) verwenden.6 Das Kaisertum (basileía) als Staatsform, d. h. der monarchische Gedanke, ist nie in Frage gestellt, aber nicht an die Person seines Trägers gebunden, dem prinzipiell kein Recht auf Erbnachfolge zukommt, auch wenn das Streben nach dynastischen Strukturen ein konstanter Faktor der Kaiserherrschaft ist, dem aber immer wieder das Recht auf Revolution entgegentritt.7 Die Unteilbarkeit der Macht (krátos) bringt es mit sich, dass sie nur von einer Person ausgeübt werden kann (dem Kaiser), der Teile der Befugnisse an andere Personen delegieren kann.8 Die Ideologie der Einheit des Kaisertums war auch eine wesentliche Voraussetzung für die Bewahrung eines bleibenden Reichszentrums, Konstantinopel, obwohl diesem Faktum ein eher traditioneller als juristischer Charakter zukam. Seit der Annahme des Christentums durch Konstantin I. (dem Großen) bestand eine Identität zwischen christlichem Glauben und römischem Reichsbürgertum, so dass es auch Aufgabe des Kaisers, nicht eines Kirchenoberhauptes (Patriarch) war, Verbreitung und Einhaltung christlicher Dogmen zu überwachen.9

4.1 .2 D  ie Bedeutung des byzantinischen Staates als Nachbar Die Gefahr einer selbstständigen Staatenbildung auf dem Territorium der römischen Provinzen Griechenlands trat nicht ein, da sie durch eine erfolgreiche militärische, administrative und missionarische Politik aus Konstantinopel abgewendet wurde. In den griechischen Provinzen war auch im 6. und 7. Jahrhundert die Erinnerung an römische Staatsstruktur, Kaiserherrschaft und Kirchenorganisation in einzelnen Zentren nie ganz verloren gegangen. Ähnlich mag die Situation auch vor dem bulgarischen Eindringen im Norden bis zum Ende des 7. Jahrhunderts gewesen sein. Erst die bulgarische Herrschaftsbildung hat die Voraussetzung für neue Staatsformen mit Annahme oder Vermeidung byzantinischer Normen geschaffen. Im Gegensatz zu den Slawen, deren Stämme von Anführern geleitet waren, die in den Quellen als ῥῆξ (rex), manchmal auch als gr. ἄρχων bezeichnet werden,10 verfügten die Bulgaren über eine hierarchische Führungsstruktur, deren Nomenklatur überwiegend nur aus griechischsprachigen (byzantinischen) Quellen bekannt ist und auch der literarischen Variatio unterliegt, die dem rhetorischen Stilgefühl folgend den Terminus technicus eher vermeidet. Der Anführer (qagan) wird in byzantinischen Quellen transliteriert als „chagános“ (Theophýlaktos Simokates, Theophanes, Nikephóros Patriarches) oder auch mit „árchon“, seltener

6

Beck, Res Publica Romana.

7

Cheynet, Pouvoir et contestations. Siehe auch Fögen, Das politische Denken der Byzantiner.

8

Jüngste Forschungen zeigen, dass die Zentrierung der Macht auf eine Person flexibel zu interpretieren ist, vgl. Zuckerman, On the Titles and Office.

9

Dagron, Empereur et prêtre, 141–168.

10

Curta, „Feasting with Kings“; angemerkt sei, dass westliche Quellen den Anführer der Bulgaren (Khan) auch immer als rex bezeichnen.

640

HGSOE, Bd. 1

Byzantinische Vorbilder und eigenständige Entwicklungen

„kýrios“ wiedergegeben.11 Das Interesse an einer Aufnahme byzantinischer Elemente ist im Ersten bulgarischen Reich ganz von Bulgarien ausgegangen. Es berührt nur marginal die Staatsstruktur, und beschränkt sich in erster Linie auf die Akzeptanz der griechischen Sprache im internationalen Verkehr, ein Faktum, das für die Zukunft von weitreichender Bedeutung war, vergleichbar der Rolle des Lateinischen im ungarischen Reich der Arpaden.12 Der eingangs erwähnte Begriff eines römischen Staatsgedankens ist dem Bulgarischen Reich immer fremd geblieben. Die Genese des bulgarischen Staates ist von der des byzantinischen grundlegend verschieden und beruht auf einer Stammesaristokratie überwiegend protobulgarischer Provenienz.13 Diese gesellschaftliche Gliederung war, neben einer langsam fortschreitenden Einwanderung in das byzantinische Territorium, auch der Grund dafür, dass der bulgarische Staat keinen konstanten Mittelpunkt hatte: das (primär) protobulgarisch-heidnische Pliska, das christliche Preslav, Prespa-Ochrid als Heimat Samuils und schließlich Tărnovo als Heimat der Aseniden. Äußerlichkeiten des Staatslebens haben in Byzanz aber durchaus ein Vorbild gehabt. Die Kriege mit Byzanz führten dazu, dass dem Khan als Anführer der Unternehmungen eine dem byzantinischen Kaiser vergleichbare Rolle zukam, die bisweilen in der ikonographischen Präsentation ihren Niederschlag findet.14 Möglicherweise wurden einzelne Khane mit dem Titel eines patríkios geehrt, der auch an andere auswärtige Herrscher verliehen wurde, um sie an das Byzantinische Reich zu binden.15 Der Titel árchon, die häufigste Bezeichnung für den bulgarischen Herrscher, ist am ehesten eine Selbstbezeichnung, bereits in den protobulgarischen Inschriften, und beruht nicht auf einer Verleihung.16 Eine umfangreiche Diskussion hat der Titel ἄρχων ἐκ θεοῦ für Omurtag (814 – 831) hervorgerufen, der (in den Jahren einer starken Christenverfolgung) eine Betonung des pagan protobulgarischen Tangra-Glaubens bedeutet, sich aber in seiner eindeutig griechischen Formulierung eines byzantinischen Modells bedient.17 Die Taufe des bulgarischen Herrschers Boris/Michael 864 hat durch die Christianisierung der Oberschicht und (in einem langsameren Vorgang) auch des Volkes den bulgarischen Staat zwar insgesamt den Einflüssen der byzantinischen Kultur näher gebracht,18 aber die Strukturen des Staates änderten sich dadurch nicht wesentlich. Der Herrscher wird weiterhin als árchon bezeichnet. Der Basileús-Titel wird ihm erst 927 bei der ehelichen Verbindung Peters mit der Kaisertochter 11 Ausführlich

48–52.

12

ders., Qagan, Khan or King?, und Schreiner, Die Byzantinisierung der bulgarischen Kultur, bes.

Dazu besonders ebd.

13

Gjuzelev, Allgemeine Charakteristik (= ders., Forschungen zur Geschichte Bulgariens, 25–31).

14

(Bisher) Einziges Beispiel ist ein Siegel des Khan Tervel (702 – 718) bei Curta, Qagan, Khan or King?, 405–407.

15

Ebd., 399; siehe auch Beispiele bei Nystazopoulou-Pelekidou, Seceaux byzantins improprement; zu den westlichen Beispielen siehe Déer, Zur Praxis der Verleihung.

16

Beševliev, Κύριος Βουλγαρίας bei Theophanes.

17 Ausführlich

Curta, Qagan, Khan or King?, 424–426; zum byzantinischen Vorbild Rösch, Onoma Basileias. Curta sieht im Titel eine „interpretatio bulgarica“ (Curta, Qagan, Khan or King?, 426).

18

Kaiser Léon VI. sagt in seinem Kriegshandbuch (zitiert nach Patrologiae cursus completus): Patrologiae Graeca (ed. Migne), Bd. 107, AB 958 (Kap. 44), die Bulgaren seien durch die Taufe zu „Brüdern im Glauben“ geworden.

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Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

Maria Lakapena zugebilligt.19 Der Basileús-Titel seines Vaters Symeon stellt dagegen eine klare Usurpation ideologischer Machtinstrumente dar,20 die aber zeigt, wie begehrt und wichtig diese zeremoniell-protokollarischen Formen des byzantinischen Kaisertums waren und wie stark sich die bulgarische Führungsschicht Byzanz annähern wollte. Die geistige Verwandtschaft (Sohnschaft) zwischen dem byzantinischen Kaiser Michael III. und dem Bulgarenkhan Boris ist zwar nach kanonischem Recht durch die Taufpatenschaft gegeben,21 überträgt sich aber nicht automatisch auf die Nachfolger.22 Auch in Momenten der Schwäche wünschte man byzantinische Vorbilder. So nimmt nach dem Tod Samuils (1014), kurz vor dem Ende des Ersten bulgarischen Reiches (1018) sein Neffe und Nachfolger Ivan Vladislav neben dem Herrschertitel (car’) auch den eines Autokrators (samodr’žac) an. Welche Bedeutung byzantinische Herrschaftszeichen und Staatssymbolik im Ersten bulgarischen Reich hatten, lässt sich anhand der wenigen Texte schwer ermessen. Einer Stelle bei Johannes Exarch zufolge saß der bulgarische Zar im goldbestickten, mit Perlen besetzten Chiton in seinem Palast auf dem Thron, was an byzantinische Vorbilder protokollarischer Empfänge erinnert.23 Die Ausrufung Peter Deljans zum Zaren (1040, wohl in Belgrad), der wieder eine bulgarische Herrschaft errichten wollte, erfolgte (nach einem auch in Byzanz nicht kontinuierlich nachweisbaren Zeremoniell) durch Erhebung (anstelle eines Schildes)24, doch war diese keineswegs eine bei den Bulgaren immer übliche Form der Inthronisation. Die Existenz von Texten weltlichen byzantinischen Rechts in bulgarischer Übersetzung ist bekannt,25 inwieweit ihnen eine reale Bedeutung zukam, ist weitgehend offen. Auf jeden Fall wurden die bulgarischen Herrscher schon früh durch die zahlreichen Friedensverträge mit den byzantinischen Vorstellungen vom römischen Recht bekannt gemacht, während man in der kirchlichen Gesetzgebung das byzantinische kanonische Recht adaptierte.26

19

Dölger, Der Bulgarenherrscher, bes. 185.

20

Schreiner, Die Byzantinisierung der bulgarischen Kultur, 53f.

21

Angenendt, Kaiserherrschaft und Königstaufe, 247–259.

22

Die von Franz Dölger insbesondere am bulgarischen Beispiel entwickelte „Familie der Könige“ (Dölger, Die mittelalterliche „Familie der Fürsten und Völker“) ist dagegen weitestgehend ein Phantasiekonstrukt der Forschung, das sich als nicht haltbar erweist, vgl. Preiser-Kapeller, Eine „Familie der Könige“? und besonders Brandes, Die „Familie der Könige“ im Mittelalter.

23

Gošev, Zur Frage der Krönungszeremonien und die zeremonielle Gewandung.

24

Miniaturenhandschrift des Johannes Skylitzes in Madrid, fol. 215 (Faksimileausg. Athen 2000). Der Schild wird durch die Hände der Soldaten ersetzt, die den Usurpator hochheben.

25

Darunter zählen der Nomos georgikos, dessen Entstehung in die Zeit der Christianisierung Bulgariens unter Basíleios I. fallen dürfte; vgl. Schminck, Bemerkungen zum sogenannten Nomos Mosaikos, 261f. Es wird in der Forschung auf seine Verwendung im slawischen Siedlungsgebiet hingewiesen (vgl. ebd.). Alle Fragen im Hinblick auf eine altbulgarische Übersetzung sind noch offen. Sicher ist die Existenz des Zakon soudnyj ljud’m’’ (Gerichtsgesetz für die Leute) der als Bearbeitung der byzantinischen Ekloga auch deren Rechtsvorstellungen verbreitete (vgl. Andreev, s. v. Zakon soudnyj ljud’m’’).

26

Podskalsky, Theologische Literatur, 494–512.

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HGSOE, Bd. 1

Byzantinische Vorbilder und eigenständige Entwicklungen

Es war oben gezeigt worden, dass die bulgarischen Herrscher den Basileús-Titel mit car’ umschrieben. Die Herkunft dieses Wortes aus lat. Caesar ist sprachwissenschaftlich längst nachgewiesen.27 Es lässt sich zeigen, dass im umgangssprachlichen Gebrauch in den Donauprovinzen und ihrer lateinischsprachigen, später slawischsprachig überlagerten Bevölkerung der Kaiser in Byzanz weder als „autokrator“ noch als basileús, sondern als „caesar“ bezeichnet wurde.28 Ein zentraler Begriff des süd- und ostslawischen Staatsdenkens ist als Substrat des Balkanlatein an die Slawen weitertradiert worden.29 Zusammenfassend ist zu sagen, dass im Bereich der Staatsstruktur, in Ämterwesen und hierarchischer Gliederung Byzanz kaum Vorbild sein konnte. In der Staatsideologie hat die Stellung des byzantinischen Kaisers schon bald die leitende Position des Khans gestärkt. Auch die gerade in diesen Jahrhunderten ausgeprägte zentrale byzantinische Wirtschaftspolitik und besonders die Rolle des Geldverkehrs waren im Ersten bulgarischen Reich nur minimal übernehmbar. Dagegen erwies sich Byzanz als großes Vorbild für Schriftlichkeit, Literatur, Kirchenstruktur und Kirchenbau.

27

Moravcsik, Zur Geschichte des Herrschertitels.

28

Schreiner, Die Entstehung des Namens „Car“ im Balkanraum

29

Der früheste Beleg des Titels, bereits in der kontrahierten Form (car’), findet sich in einer kyrillischen Inschrift aus dem 3. Viertel des 10. Jh.s.

HGSOE, Bd. 1

643

Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

4 .2

DIE BEVÖLKERUNG

4 .2 .1 Die Slawen Allgemeine Problemstellung

Die Slawen, die noch Anfang des 6. Jahrhunderts von den schriftlichen Quellen her kaum dem Namen nach bekannt waren,30 werden seit der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts zu einer dominierenden Kraft und verleihen einem Raum, der von der mittleren und unteren Donau, der Ägäis und der Adria eingegrenzt ist, eine völlig neue soziale und politische Struktur. Im Gegensatz zur germanischen Einwanderung in den westlichen Teilen des Römischen Reiches erfolgt aber keine politische (staatsbildende) Machtübernahme, sondern eine bloße Ansiedlung. Insofern sie nicht auf bereits verlassenem oder dünn bewohntem Territorium erfolgte, wie in weiten Teilen der Balkanprovinzen, hatte sie in ihrer Folge Flucht und Vertreibung der ansässigen griechisch- oder lateinischsprachigen Bevölkerung. In vielen Fällen kam es aber, wie Fundbeispiele, besonders von Keramik, zeigen, auch zu einem Nebeneinander und sogar Zusammenleben.31 Die Vorstöße in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts waren, Theophýlaktos Simokates (und Theophanes) zufolge, von Awaren geführt, die sich aber nicht niederließen, sondern auf Raub und Plünderung beschränkten. Es schien nötig, diese Summe unseres heutigen Wissens festzuhalten, um die Position jenes Gelehrten zu verstehen, der durch seine Interpretation der slawischen Ansiedlung die im antiosmanischen Aufstand von 1821 neu gegründete hellenische Nation in ihrem Lebensnerv traf und bis heute kaum verheilte Wunden schuf: Jakob Philipp Fallmerayer (1790 – 1861). Im Vorwort des ersten Bandes seiner Geschichte der Halbinsel Morea (1836) schreibt er den seither (meist zusammenhanglos) immer wieder zitierten Satz, dass in den Stürmen der Slawen und Awareninvasion Hellenen und Hellenentum ausgerottet worden seien und in den heutigen Bewohnern des Landes kein Tropfen hellenischen Blutes mehr fließe. In den verschiedenen Kapiteln seines Buches sucht er Beweise für diese Behauptung zu erbringen. Eine Beschäftigung mit dieser These ist nicht Aufgabe unserer Darstellung.32 Akzeptanz und Widerlegung haben Maßstäbe und Methoden entwickelt, die die Erforschung von Ethnien und Bevölkerungsgruppen bis heute bestimmen.

30

Zusammenfassender Überblick Curta, The Making of the Slavs, 36–74.

31

Dafür sprechen Beispiele der Fundauswertung bei Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, während Curta, The Beginning of the Middle Ages, sich nicht zu klaren Aussagen entschließen kann.

32

Stellungnahmen dazu in dem Colloquiumsband von Märtl/Schreiner (Hgg.), Jakob Philipp Fallmerayer.

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HGSOE, Bd. 1

Die Bevölkerung

Griechenland und die Slawen

Wir können nicht von einer Slawisierung Griechenlands sprechen, sondern nur von einer weitaus flächendeckenden Niederlassung slawischer Stämme, die aber nicht einmal Ansätze einer Verselbstständigung oder gar Staatenbildung trägt, wie dies im Balkan der Fall war, wo sich die Slawen dank ihrer ethnischen Mehrheit mit den eingewanderten Bulgaren assimilierten, um schließlich, besonders seit der 864/866 einsetzenden Christianisierung, die protobulgarische Schicht zunehmend auszudünnen und zu verdrängen.33 Festlandgriechenland und die Peloponnes wurden, wie schon oben gezeigt, nicht getrennt, sondern in gleichlaufender Weise slawisch besiedelt. Die von Justinian vernachlässigte Befestigung peloponnesischer Orte hat schon in den achtziger Jahren des 6. Jahrhunderts dazu beigetragen, dass slawisch-awarische Scharen die Halbinsel überfallen und sich hier in größerem Umfang niedergelassen haben als auf dem Festland.34 Über das gesamte griechische Mittelalter hin lassen sich mehrere slawische Besiedlungswellen festhalten: (1) Die nachhaltigsten Vorstöße erfolgen zwischen 570/580 bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts; (2) Niederlassungen in Folge der Feldzüge des Zaren Symeon (897 – 927); (3) Niederlassungen infolge der Bulgarenfeldzüge des Zaren Samuil (977 – 996); und schließlich (4) Slawische (serbische) Niederlassungen in Epirus und Mittelgriechenland in Folge der Feldzüge des Stefan Dušan (1331 – 1355).35 Die Feldzüge Symeons und Samuils waren jedoch kriegerische Unternehmungen, die nur beschränkt auch eine Niederlassung und Besiedlung beabsichtigten, im Gegensatz zu den ersten Vorstößen des 6. bis 8. Jahrhunderts. Diese verschiedenen Vorstöße sind aus schriftlichen Quellen bekannt, lassen sich aber in ihrem topographischen Umfang und ihrer Dichte vor allem in der Onomastik und der Toponymie nachweisen. Toponomastische und onomastische Forschungen

Erstmals verwendete Jakob Philipp Fallmerayer slawische Ortsnamen in der Peloponnes als Hinweis auf eine slawische Besiedlung, aber viele seiner Argumente sind im Lichte einer alle Slawinen umfassenden Linguistik nicht haltbar und berücksichtigen auch nicht die verschiedenen Zeitstufen slawischer Zuwanderungen.36 Den Durchbruch zu einer wissenschaftlich fundierten Toponomastik des mittelalterlichen Griechenland schuf erst Max Vasmer, aber auch diese fundamentale

33

Die mit Abstand grundlegendste und sachlichste Abhandlung zur Einwanderung der Slawen in Südosteuropa verfasste Ditten, Zur Bedeutung der Einwanderung der Slaven. Einen Überblick in griechischer Sprache (der leider auch in der 2. Auflage viel wichtige Literatur nicht berücksichtigt) bringt Malinkudēs, Σλάβοι στὴν µεσαιωνικὰ Ἑλλάδα. Unter den weiteren Abhandlungen seien genannt: Weithmann, Die slavische Bevölkerung auf der griechischen Halbinsel (mit teilw. sehr problematischen und heute nicht mehr haltbaren Feststellungen; vgl. die Rezension von Phaidon Malingoudis, Zeitschrift für Balkanologie 16 [1980], 214–219) und ders., Politische und ethnische Veränderungen in Griechenland, sowie, mit Schwerpunkt auf der Siedlungstopographie, Koder, Zur Frage der slavischen Siedlungsgebiete.

34

So überzeugend Koder, Zur Frage der slavischen Siedlungsgebiete, 315f.

35

Siehe hierzu den Beitrag von Oliver Jens Schmitt in Bd. 2 des Handbuches zur Geschichte Südosteuropas (Unterkap.: Der orthodoxe Balkan unter serbischer Vorherrschaft [1330–1355]).

36

Voss, Slavische Sprache(n). Zur Kritik Fallmerayers: Schreiner, An den Anfängen einer geschichtlichen Darstellung, 51 und bes. Anm. 53.

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Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

Arbeit lässt die Zeitstufen der jeweiligen Ortsnamengebung nicht oder nicht eindeutig erkennen.37 Eine Mikrostudie zu den slawischen Flurnamen aus der messenischen Mani wirft besonders methodisch neues Licht auf die slawische Toponomastik und deren Verwendbarkeit für die historische Siedlungsgeschichte, da ein slawisches Etymon nicht zwingend auf eine slawische Besiedlung hinweist.38 Differenziertere Untersuchungen zeigen auch sprachliche Elemente, die auf die unterschiedliche slawische Provenienz der Zuwanderer hinweisen.39 Gerade solche kritischen Überprüfungen der Forschungen Vasmers zeigen, dass eine exakte siedlungsgeschichtliche Verwendung des Materials kompliziert ist, vor allem hinsichtlich der Erstniederlassungen im 6. und 7. Jahrhundert. Eine slawische Besiedlung Griechenlands bis zur Spitze der Peloponnes unterliegt keinem Zweifel, aber genauere Lokalisierungen und die Dichte der Niederlassung erlaubt das toponyme Material in seiner derzeitigen Zugänglichkeit und sprachlichen Erforschung nicht.40 Bodenfunde

Die toponymastischen Ergebnisse können von konkreten Bodenfunden kaum unterstützt werden. Grabungen geben Hinweise auf Endmünzen (einzeln oder in Hordfunden), die überwiegend am Ende des 7. Jahrhunderts liegen,41 und diese Ergebnisse werden auch von der Gräberforschung (die in Griechenland noch recht lückenhaft ist) bestätigt.42 Dabei erweist sich die zweifelsfreie Bestimmung von Gegenständen, insbesondere Keramik und Schmuck, immer noch methodisch als höchst komplex.43 Diese Tatsache erlaubt jedoch nicht, die slawische Einwanderung und Niederlassung zeitlich und topographisch zu minimalisieren, vielmehr ist es eine Aufgabe der Zukunft, durch verbesserte Methoden und eine größere Anzahl an Fundobjekten mehr Klarheit zu schaffen. Viel Material lagert noch, teilweise nicht mehr sicher zuweisbar, in Museumsdepots und bleibt weitgehend unzugänglich, zumal die griechische Archäologie, die sich mit diesen Jahrhunderten beschäftigt, in mancher Hinsicht immer noch unter einem „Fallmerayerkomplex“ leidet.

37

Vasmer, Die Slaven in Griechenland; wichtig für die Kritik ist das Vorwort von Hans Ditten zum Nachdruck der Ausg. v. 1941 (Leipzig 1970).

38

Malingoudis, Studien zu den slavischen Ortsnamen Griechenlands, Bd. 1; ein allgemeiner Überblick von ders., Toponymy and History.

39

Ders., Die Bulgaren im byzantinischen Reich. Diese Untersuchung richtet sich in erster Linie gegen Božilov, Les Bulgares.

40

Diese Feststellung reduziert auch die Zuverlässigkeit der kartographischen Skizzen bei Koder, Zur Frage der slavischen Siedlungsgebiete. Der Aufsatz erschien allerdings zu einer Zeit, als viele der oben vorgebrachten Resultate noch nicht publiziert waren.

41

Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 68f., Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, 72–101.

42

Curta, The Beginning of the Middle Ages, sagt in der Zusammenfassung (S. 196): „The evidence of settlements and burials is incontrovertible: during the seventh century, the Balkans, especially the central and northern regions seems have experienced something of a demographic collapse with large tracts of land left without any inhabitants.“

43

Ders., The „Prague Type“, und erneut ders., Text, Context History and Archaeology, 87–130, zu Griechenland, bes. 109–111. Verschiedene Funduntersuchungen bei Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, 72– 101, weisen jedoch zweifelsfrei auf den Slawen zuweisbare Objekte hin.

646

HGSOE, Bd. 1

Die Bevölkerung

Slawische Stämme

Die Einwanderung der Slawen nach Südosteuropa erfolgte in Stammesverbänden, denen (immer?) ein rex vorstand. Eine Reihe solcher Stämme, die sich besonders in Makedonien niedergelassen hatten, sind uns aus den Erzählungen über die Wunder des hl. Demétrios von Thessaloniki bekannt:44 Drugoviten (Drugotiven), Sagudaten, Velegeriten, Baïuniten (Vajuniten), Berzezen (Verziten). Diese und weitere namentlich nicht genannte Stämme wirkten bereits 616 an der Belagerung von Thessaloniki mit und hatten ihre Sitze nördlich bis Bitola und Prilep, und südlich bis zum Golf von Volos.45 Die Rynchinen und Strymoniten (Strumjanen) werden noch in Zusammenhang mit der arabischen Belagerung von Thessaloniki 904 genannt.46 In Zusammenhang mit der Gründung des Ersten bulgarischen Reiches 680/681 sind in Mösien die nicht weiter differenzierten „sieben Stämme“ erwähnt, und daneben die Severen oder Severjanen.47 Andere slawische Stämme (ἔθνη σκλαβήνικα) führt Konstantin Porphyrogénnetos im westlichen Balkan und im dalmatinischen Raum zur Zeit des Kaisers Herákleios auf (610 – 641).48 Von zwei weiteren Stämmen in der Peloponnes berichtet ebenfalls Konstantin Porphyrogénnetos, die mehrmals an Aufständen beteiligt waren (841/842, 921), ehe sie der byzantinischen Macht unterworfen werden konnten: die Milingen und Ezeriten.49 Sie hatten ihre Sitze im südlichen Lakonien (Ezeriten) und an den Westabhängen des Taygetos (Melingen). Reste der Letztgenannten waren noch in spätbyzantinischer Zeit vorhanden.50 Assimilierung und Zusammenleben

Diese komplexen Fragen, deren Erforschung erst am Anfang steht, können hier nur knapp behandelt werden. Zunächst zeigt die Gräzisierung slawischer Toponyme, dass die gesellschaftliche Assimilierung im Süden (Peloponnes) begann und langsam nach Norden fortschritt.51 Von der Toponymie her liegen eher Neuansiedlungen vor als slawische Übersiedlungen griechischer Dörfer. Die Namensgebung weist auf Ackerbau, Rodungstechnik, Bienenzucht sowie verschiedene handwerkliche Tätigkeiten (Metalle, Textilien) hin und zeigt bei Flurnamen den Einstieg in die Terminologie der byzantinischen Steuergesetzgebung. Die Acta S. Demetrii berichten von „Ackerbau

44

Ditten, Zur Bedeutung der Einwanderung der Slaven, 98–104, Malinkudēs, Σλάβοι στὴν µεσαιωνικὰ Ἑλλάδα, 87–107.

45

Ditten, Zur Bedeutung der Einwanderung der Slaven, 99.

46

Johannes Caminiata, Die Einnahme Thessalonikes (Übers. Böhlig), Kap. 41.

47

Ditten, Zur Bedeutung der Einwanderung der Slaven, 100.

48

Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 29–36.

49

Ditten, Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien, 249–254. Zu den Milingen siehe auch Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 283–285. Zur schwierigen Erklärung des Namens Milingen (mit germanischer Endung?) siehe Birnbaum, Noch einmal zu den slavischen Milingen.

50

Siehe die von Omeljan Pritsak verfassten Lexikaeinträge zu „Ezeritai“ und „Melingoi“ in: Kazhdan u. a. (Hgg.), The Oxford Dictionary of Byzantium, Bd. 2, 772, 1334f.

51

Ich folge hier der wichtigen, aber wenig beachteten Studie von Malingoudis, Zur frühslavischen Sozialgeschichte.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

treibenden Slawen“.52 Im Bericht des Johannes Kameniates über die Einnahme von Thessaloniki wird von slawischen Dörfern berichtet, die an die Stadt Thessaloniki Steuern zahlen und deren Bewohner Vermittler im Handel mit den Bulgaren („Skythen“) sind,53 während andere slawische Stämme an der Verteidigung gegen die Araber mitwirken. Ein seltenes urkundliches Beispiel zu Slawen in der Region Thessaloniki, freilich erst aus der Mitte des 10. Jahrhunderts, hat schon vor langer Zeit Franz Dölger veröffentlicht.54 Die enge Verbindung Thessalonikis mit seiner slawischen Umgebung bis ins 10. Jahrhundert (die auch vielerorts in der Peloponnes gegeben gewesen sein dürfte) fand auch in der Zweisprachigkeit ihren Niederschlag, von der, aus der Sicht Konstantinopels, die kirchenslawische Methodios-Vita ein schönes Beispiel gibt, wenn Kaiser Michael III. (842 – 867) zu Konstantin/Kyrill sagt: „Nimm deinen Bruder, den Abt Methodios, und gehe [sc. auf die mährische Gesandtschaft], denn ihr beide seid ja aus Thessalonike und alle in Thessalonike sprechen rein slavisch.“55 Flucht und Zwangsumsiedlungen (6.–9. Jahrhundert) 56

Die awarisch-slawischen Kriegszüge, die Niederlassung der Bulgaren, deren Kriegszüge auf byzantinisches Territorium und die Offensive der Byzantiner, aber auch der Abzug der Awaren (626) und die Festsetzung der Ungarn in Pannonien und im Karpatenraum führten zu Bevölkerungsbewegungen und -verschiebungen im Balkanraum und in Griechenland in einem Umfang, wie sie nicht einmal durch das Vordringen der Osmanen seit dem 14. Jahrhundert verursacht wurden. Die verschiedenen feindlichen Vorstöße haben zunächst Fluchtbewegungen ausgelöst, die zu freiwilligen oder erzwungenen Ansiedlungen führten. Sie seien hier, soweit ihnen überregionale Bedeutung zukommt, aufgeführt: a) Konkret, d. h. durch explizite Quellenbelege wenig greifbar ist die Flucht der ansässigen Bewohner der Balkanprovinzen im 6. und 7. Jahrhundert, die sich in gebirgiges Rückzugsgebiet begeben hatten und sich von dorther seit dem 11. Jahrhundert wieder ausbreiteten (Vlachen, Albaner) oder an die Küstenregionen des Schwarzen Meeres und der Adria flohen.57 b) Die Chronik von Monembasía nennt ausdrücklich (zwischen 582 und 588) in Zusammenhang mit der Errichtung der Festung Monembasía, Flüchtlinge aus dem Hinterland, die dort Zuflucht suchten, während andere nach Sizilien (Demenna) flohen und solche aus Pátras nach Rhegion (Reggio Calabria), von wo aus sie im 9. Jahrhundert in ihre

52

Zitiert nach Koder, Zur Frage der slavischen Siedlungsgebiete, 327.

53

Johannes Caminiata, Die Einnahme Thessalonikes (Übers. Böhlig), Kap. 6.

54

Dölger, Ein Fall slavischer Einsiedlung.

55

Übersetzung nach Bujnoch, Zwischen Rom und Byzanz.

56

Dazu ausführlich Ditten, Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien.

57

Ebd., 45–51.

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HGSOE, Bd. 1

Die Bevölkerung

Heimatstadt zurückkehrten.58 Ende des 6. Jahrhunderts ist auch die Flucht (oder eher Vertreibung) der Bewohner Spartas anzusetzen. Ihre Identität mit den im 10. Jahrhundert bei Konstantin Porphyrogénnetos belegten Tzakonen bleibt weiterhin fraglich.59 c) In Zusammenhang mit dem Aufstand des Kuber (wohl zwischen 682 und 684) kam es zu einer Flucht der eingesessenen christlichen Bevölkerung aus der Gegend um Sirmium nach Makedonien und dem bereits slawisch besiedelten Hinterland von Thessaloniki, worüber die Miracula S. Demetrii berichten.60 d) Unruhen im Bulgarischen Reich bei der Machtübernahme von Khan Teletz 763 führten zur Flucht von angeblich 208.000 Slawen ins Byzantinische Reich, die Justinian II. in Bithynien ansiedelte.61 Das Phänomen der Flucht und des Flüchtlings stellt in der byzantinistischen Forschung noch ein Desiderat dar. Im Gegensatz zu Kleinasien (wegen der Angriffe der Araber und später verschiedener Turkvölker) ist der Balkanraum in mittelbyzantinischer Zeit von länderübergreifenden Fluchtbewegungen verschont geblieben. Das Eindringen von Kumanen und Petschenegen (s. u.) hat kaum größere Bevölkerungsbewegungen verursacht. Auch drei Kreuzzüge, soweit sie die Balkanroute nahmen, führten nur zu temporär und regional begrenzter Flucht. Zwangsumsiedlungen waren die gesamte byzantinische Zeit über ein probates Mittel, feindliche Ethnien aufzulösen oder voneinander zu trennen und dabei gleichzeitig demographische Verluste an anderen Stellen auszufüllen. Im Hinblick auf die europäischen Reichsteile ist festzuhalten, dass nahezu alle Umsiedlungen allein Thrakien (und vermindert Makedonien) treffen, um im unmittelbaren Hinterland Konstantinopels (auch als Schutzschild gegen Bulgarien bis Anfang des 11. Jahrhunderts) die Bevölkerungsdichte nicht zu stark sinken zu lassen und die Neuansiedler militärisch überwachen zu können. So hatte schon 602 Kaiser Mauríkios die Absicht, 30.000 Armenier in Thrakien anzusiedeln, doch sein Sturz vereitelte diese Maßnahme.62 In der Mitte des 8. Jahrhunderts (750), zur Zeit großer Siege gegen die Araber, wurden Syrer und Armenier ebenfalls in Thrakien angesiedelt,63 während umgekehrt 759 Slawen aus Makedonien nach Kleinasien geschickt wurden.64 778 kamen jakobitische Syrer nach Thrakien, einer armenischen Quelle zufolge in der

58

Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, 48, Anm. 379 (Rhegio) u. 14, Anm. 29 (Demenna).

59

Ebd., 53–55; Caratzas, Les Tzacones.

60

Ditten, Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien, 45–48; Die komplexen Zusammenhänge um Kuber sind klar dargestellt in: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1, Bd. 2 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 4165; siehe auch Ditten, Zur Bedeutung der Einwanderung der Slaven, 151–155.

61

Ders., Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien, 83–88.

62

Ebd., 134.

63

Ebd., 184.

64

Ebd., 371.

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Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

unwahrscheinlich hohen Zahl von 150.000 Personen.65 Kaiser Nikephóros I. hat 809/810 auch „Reichsbürger“ nach Thrakien umgesiedelt, um an Ort und Stelle zuverlässige Soldaten zu haben. Dies schützte ihn trotzdem nicht vor der Niederlage durch Khan Krum 811. Danach wurde nun seitens der Bulgaren thrakische Bevölkerung in die transdanubischen Teile des Bulgarischen Reiches gebracht.66 Zuletzt sei auch daran erinnert, dass auch häretische Gruppierungen (überwiegend Reichsbürger von der Ostgrenze) nach Thrakien deportiert wurden (Paulikianer), bereits in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, und letztmals unter Johannes Tzimiskés (969 – 976).67 Griechenland dagegen blieb, von der Forschung ziemlich unbeachtet, von solchen Maßnahmen ganz verschont, wenn man von der Ansiedlung der Mardaiten (einer zu Matrosen ausgebildeten Militäreinheit arabischer Provenienz)68 und der Ansiedlung der häretischen Athinganer auf Ägina absieht.69 Zusammengenommen haben Flucht, Vertreibung und Neuansiedlung Südosteuropa zwischen dem 6. und dem 8./9. Jahrhundert demographisch grundlegend verändert. Die Umsiedlungen waren topographisch immer sehr punktuell und hatten nicht, wie in manchen Darstellungen zu lesen, das Ziel, das „Hellenentum“ zu stärken und den Erhalt der Orthodoxie oder der griechischen Staatssprache zu festigen. Gerade in Thrakien, das nur einen umfangmäßig bescheidenen Teil Südosteuropas ausmacht, wurden Ethnien angesiedelt, deren Muttersprache nur bedingt das Griechische war und an deren „Orthodoxie“ man zweifeln konnte. Thrakien und (teilweise) Makedonien blieben ein multiethnischer Raum, der sich in der Hauptstadt Konstantinopel und (in bescheidenerem Umfang) in Thessaloniki widerspiegelt. Auch die Inkorporierung des Territoriums des Ersten bulgarischen Reiches zwischen 1018 und 1186 hat das angestammte slawische (und – geringfügiger – protobulgarische) Element nicht wesentlich geschwächt. Die slawischsprachigen Bewohner waren unter der byzantinischen Oberhoheit zu Reichsbürgern (Römern) geworden, wie schon früher in den Themen Griechenlands. Zudem haben die Gemeinsamkeit des orthodoxen Glaubens und die faktische Abhängigkeit vom Patriarchat ein Übriges getan, ethnische und sprachliche Diskrepanzen weniger gravierend erscheinen zu lassen oder gänzlich zu verwischen.

4.2 .2 Andere Ethnien Während der Herrschaft Justinians war die Donau wieder stabile und anerkannte Reichsgrenze geworden. Dieser Status änderte sich rasch in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts, und der Fluss wurde zu einer instabilen Grenze, sofern er nicht überhaupt eine Binnenfunktion bekam. Altaischtürkische oder finnisch-ugrische Völker konnten rasch westlich davon gelegene Länder erreichen.

65

Ebd., 372.

66

Ebd., 374.

67

Ebd., 186.

68

Ebd., 138–150, mit ausführlicher Darstellung der komplexen Geschichte der Mardaiten.

69

Ebd., 203. Zu den Athinganern (den Unberührbaren) siehe Rochow, Die Häresie der Athinganer.

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Die Bevölkerung

Das Erste bulgarische Reich hatte, trotz cisdanubischer Hauptstädte, eine deutliche transdanubische Ausweitung, die bis in den Karpathenraum und die südrussischen Steppen reichte. Die Petschenegen 70

Obwohl die Petschenegen schon Ende des 9. Jahrhunderts in das Gesichtsfeld des Byzantinischen Reiches traten und ihnen mehrere Kapitel in De administrando imperio von Konstantin Porphyrogénnetos gewidmet sind, blieben ihre Niederlassungen im transdanubischen Raum, von wo aus sie in wechselnden Allianzen das Byzantinische Reich angriffen.71 Erst 1046 überschritten mehrere Stämme die Donau (bei Dristra/Silistra) mit der Bitte um Niederlassung im Byzantinischen Reich.72 Damit wurde dieser Teil der Petschenegen Reichsbewohner, sie wurden getauft, in Dörfern an der Donau (im Thema Parístrion) mit Landbesitz angesiedelt und die Männer in den byzantinischen Militärdienst aufgenommen. Die Bewohner dieser Dörfer wurden als sog. Mixobárbaroi (Halbbarbaren) bezeichnet73, womit Bewohner nichtgriechischer Provenienz gemeint sind, vor allem Kumanen und Uzen, die schon früher die Donau überschritten hatten.74 Diese Form der Integration blieb allerdings ohne Erfolg, da die Petschenegen keine zuverlässigen Bundesgenossen der Byzantiner waren. Kaiser Aléxios I. musste daher 1091 mit kumanischer Hilfe gegen sie zu Felde ziehen und hat durch den Sieg bei Römern in Thrakien das auf byzantinischem Territorium angesiedelte Volk ausgerottet, auch wenn vereinzelte Gruppen noch bis 1122 aktiv waren. Nach weniger als einem halben Jahrhundert war diese Form der Integration, jedenfalls als Unternehmen in großem Stil, gescheitert. Die Kumanen 75

Eine Ansiedlung der mit den Petschenegen ethnisch und sprachlich verwandten Kumanen, die sowohl auf Seiten der Byzantiner als auch der Petschenegen kämpften, hat in großem Umfang offensichtlich nie stattgefunden, wiewohl nicht nur Ortsbezeichnungen mit dem Kumanen-Namen verbunden sind, sondern auch der Name der Begründer des Zweiten bulgarischen Reiches, der Aseniden, kumanische Provenienz verrät.76 Ansässige kumanische Viehzüchter sind auch in Urkunden 70

Allgemeine Übersicht (auch und teilw. sogar betont archäologisch) bei Diaconu, Les Petchénègues. Eine ausführliche Darstellung ihrer Rolle im Byzantinischen Reich liefert Malamut, L’image byzantine; zum neuesten Stand der ethnischen Einordnung: Golden, An Introduction to the History of the Turkish Peoples, 264–270.

71

Malamut, L’image byzantine, 105–118.

72

Dies. 118f. (mit falschen Referenzangaben der Quellen); auf ca. April 1047 datiert in Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 2 (Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 879b. Die Zahlen schwanken in der Literatur zwischen 20.000 und 80.000 Personen. Die Hauptquelle, Johannes Skylítzes, nennt keine Zahlen.

73

Michael Attaleiates (ed. Tsolakis), 158 (Z. 4).

74

Malamut, L’image byzantine, 129f., mit weiterer Bibliographie zum Begriff „Mixobárbaroi“.

75

Vasary, Cumans and Tatars; siehe auch Golden, An Introduction to the History of the Turkish Peoples, 270–283.

76

Moravcsik, Byzantinoturcica, Bd. 2, s. v. Ἀσάνης; der Autor versieht die kumanische Provenienz mit einem Fragezeichen. Die Goljama enciklopedija Bălgarija, Bd. 1, s. v. spricht dagegen hinsichtlich der Zarendynastie von „bulgarisch-kumanischer“ Abkunft. Deutlich für eine kumanische Herkunft spricht sich Malingoudis, Die

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Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

aus Westmakedonien in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts bekannt.77 Es scheint aber nicht, dass Kumanen in den (seit 1018) byzantinischen Balkanprovinzen flächendeckend angesiedelt waren. Von ihrer (halb)nomadischen Lebensweise her standen sie den Vlachen sehr nahe. Einer solchen Verbindung entstammen auch die beiden Aseniden-Brüder, die 1186 den antibyzantinischen Aufstand organisierten und zu den Begründern des Zweiten bulgarischen Reiches wurden.78 Die Vlachen 79

Zweifelsohne gehen die Vlachen, etymologisch aus altbulg. vlach’ (Romane) von ihrer Sprache her auf die lateinische Bevölkerung der römischen Balkanprovinzen vor den awarisch-slawischen Einfällen zurück. Die rumänische Forschung besteht fast ausnahmslos auf der Kontinuitätstheorie, derzufolge die gebirgigen Regionen Dakiens das Rückzugsgebiet der römischen Bevölkerung gewesen sei.80 Erstmals im 11. Jahrhundert nennt sie ein byzantinischer Autor, Kekauménos, als Viehhirten in Zusammenhang mit der Planung eines Aufstandes zur Zeit des Kaisers Konstantin X. Dúkas (1059 – 1067), in der Umgebung von Lárissa in Mittelgriechenland.81 Zu diesem Zeitpunkt hatten sie also ihre Rückzugsgebiete verlassen und waren auf Wanderung oder hatten sich schon in bestimmten Regionen neu niedergelassen. Sprachwissenschaftliche Beobachtungen zeigen große Affinitäten zum Albanischen, was für nahe beieinander liegende Rückzugsgebiete im zentralen Balkanraum (Ostmakedonien) spricht.82 Die Albaner

Vergleichbare Kontinuitätsprobleme zeigt die Diskussion um die Ethnogenese der Albaner. Während die albanische Forschung an einer absoluten topographischen und sprachlichen Kontinuität zum vorrömischen und römischen Illyrertum festhält, die mit den derzeitigen Siedlungsgebieten identisch sei, wird diese Meinung in der modernen Südosteuropaforschung zunehmend bezweifelt

Bulgaren im byzantinischen Reich, 266, aus; auch Vasary, Cumans and Tatars, 38–42, plädiert mit überzeugenden Argumenten für den kumanischen Ursprung. 77

Anastasijević/Ostrogorskij, Les Koumanes pronoiaires; vgl. auch Malingoudis, Die Nachrichten des Niketas Choniates, bes. 83–88.

78

Vasary, Cumans and Tatars, 40–42.

79

Die Darstellung folgt der Argumentation des Kapitels von Schramm, Frühe Schicksale der Rumänen, in: ders., Ein Damm bricht.

80

Strobel, Die Frage der rumänischen Ethnogenese, erbringt in dieser gründlichen Untersuchung die Unhaltbarkeit der Autochthonentheorie. Siehe im Detail oben in Teil I: Kap. 2.1.1.

81

Hier zitiert nach der leicht zugänglichen Ausgabe von Kekaumenos. Cecaumeni Strategicon (edd. Wassiliew‑ sky/Jernstedt), 68f., Kap. 175; dt. Übers.: Kekaumenos, Vademecum des byzantinischen Aristokraten (Übers. Beck), 118f.; in der russ. Ausg.: Sovety i rasskazy Kekavmena (ed., Übers. Litavrin), 258f. (mit Erläuterungen).

82

Ausführlich zu den Vlachen im Donauraum jetzt Spinei, An Oriental Perspective on the Ethnic Realities of the Balkans, bes. 191–214.

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Die Bevölkerung

und abgelehnt.83 Da der Name der Albaner nicht früher als zum Jahr 1040 (als militärisches Hilfskontingent der Byzantiner an einer Stelle des Historikers Michael Attaleiates) begegnet,84 können Textzeugen ebenso wenig wie archäologische Funde bei der Lösung der Frage weiterhelfen. Dagegen bieten sprachwissenschaftliche Methoden eine Möglichkeit, an die ethnischen und topographischen Ursprünge näher heranzukommen. Schon früh sind die Ähnlichkeiten zwischen der rumänischen und der albanischen Sprache aufgefallen,85 die auf gleiche Rückzugsgebiete im Gebirge oder Hochebenen (wie dem Amselfeld) schließen lassen.86 Die Überlegungen von Gottfried Schramm führen zu dem weitgehend überzeugenden Ergebnis, dass die Urheimat der Albaner (angrenzend oder überlagert mit der der Vlachen) in den ostmakedonischen Gebirgsregionen (um Strumica und Štip) gelegen war. Forschungen von Joachim Matzinger erlauben überdies den – beim derzeitigen Forschungsstand vorläufigen – Schluss, dass die Vorfahren der heutigen Albaner in einem engen Kulturkontakt mit dem lateinisch überformten Balkan standen, in einem Raum, der sich vom heutigen nordalbanischen Küstenhinterland über das heutige Kosovo bis in die Region Naissus/Niš im Osten und Scupi/Shkup/Skopje im Süden erstreckte.87 Demnach bildeten die Proto-Albaner in der römischen Zeit eine Ethnie im südwestlichen und zentralen Balkan. Umstritten ist hingegen, inwieweit sich in römischer Zeit der protoalbanische Siedlungsraum auf die Region südlich des Shkumbin, d. h. südlich der Via Egnatia, ausdehnte, der im Frühmittelalter intensiver slawischer Besiedlung und dann bulgarischer Herrschaft ausgesetzt war.88 Das Ende des Ersten bulgarischen Reiches (1018) und dessen Eingliederung in das Byzantinische Reich machte die Albaner zu byzantinischen Staatsbürgern und erlaubte ihnen wohl auch Wanderbewegungen in größerem Umfang, wie dies auch für die Vlachen der Fall war. Schon 1040 sind, wie gezeigt, albanische Truppeneinheiten genannt, ebenso in der Auseinandersetzung des Kaisers Aléxios I. um Dyrrháchion (1083) und wiederum 1108 gegen Bohemund, als es bereits (westlich des Sees von Ochrid?) ein Distrikt „Arbanon“ gab.89 Eine historische Einzelnotiz, niedergeschrieben 1179, spricht erstmal von

83

Erstmals plädierte dafür Stadtmüller, Forschungen zur albanischen Frühgeschichte, der in der abgelegenen MatiRegion im Norden von Durazzo/Durrës die ursprünglichen Ansiedlungsgebiete sah.

84

Michael Attaleiates (ed. Tsolakis), 7 (Z. 21), 15 (Z. 11); siehe zur Diskussion dieser Stellen Branusē, Οἳ ὅροι „Ἀλβανοὶ“ καὶ „Ἀρβανίται“.

85

Weigand, Sind die Albaner die Nachkommen der Illyrer oder der Thraker?; nun: Matzinger, Der lateinischalbanische Sprachkontakt.

86

Schramm, Anfänge des albanischen Christentums.

87

Matzinger, Die Albaner als Nachkommen der Illyrer; ders., Kritische Kurzbemerkungen zur nordalbanischen Toponomastik; ders., Die albanische Sprache, Teil 1; siehe auch die bedeutsame Studie von Ismajli, Studime për historinë e shqipes.

88

Schramm, Ein Damm bricht, 306–325. Zur Diskussion der sprachlichen Thesen siehe auch Schmitt, Die Albaner, 39–44. Schmitt spricht sich gegen die albanische Forschung für ursprüngliche Siedlungsgebiete in Ostmakedonien aus.

89

Unsere Quelle ist die Alexias von Anna Komnena (ed. Reinsch/Kambylis, Bd. 1), Buch IV, Kap. 8, Abs. 4 (140, Z. 32), Buch VI, Kap. 7, Abs. 7 (183, Z. 71), Buch XIII, Kap. 5, Abs. 1 (397, Z. 49) und Abs. 2 (397, Z. 52 u. 54); siehe dazu auch Ducellier, L’Arbanon et les Albanais.

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Teil II: 4. Strukturelle Merkmale byzantinischer Präsenz in Südosteuropa

ἡ Ἀρβανία als einer Verwaltungseinheit.90 Aber erst seit dem 13. Jahrhundert kommt den Albanern als politisch handelnder Gemeinschaft eine in den Quellen erkennbare selbstständige Bedeutung im östlichen Adriaraum zu.

4.2 .3 Die Juden Die Juden sind im Byzantinischen Reich im Prinzip freie Bürger im Sinne der Constitutio Antoniana des Jahres 212. Aber bereits 380 werden ihre Freiheiten eingeschränkt, und sie werden zu Bürgern einer minderen sozialen Klasse degradiert.91 Man betrachtet sie nicht, wie in der Neuzeit, als Ethnie, sondern als religiöse Gemeinschaft, die von Staat und Kirche den Ungläubigen zugerechnet wurde. Wenn David Jacoby feststellt: „The sources bearing on the Jews of the byzantine world are sporadic“92, so gilt dies besonders für Griechenland und den Balkanraum bis zum Jahr 1204.93 Allein in Thessaloniki dürfte die Tradition von der Antike ins Mittelalter nicht abgebrochen sein, da sie bei slawischen Attacken 614/617 unter den Verteidigern genannt sind.94 Wenigstens im 10. Jahrhundert gab es auch in Sparta eine jüdische Gemeinde, die von Nikon Metanoeite um 985 vertrieben wurde.95 Die wichtigste Quelle für jüdische Gemeinden in Griechenland ist allerdings der Reisebericht des Benjamin von Tudela, der seine Glaubensbrüder zwischen 1161 und 1163 besuchte.96 Dem Reiseweg zufolge, der in Korfu einsetzte und bis Konstantinopel führte, gab es hier folgende Gemeinden:97 Korfu, Árta (wahrscheinlicher als Leukas), Amphilon (Amphion?), Acheloos (Aitolikón), Pátras, Kifto (Naúpaktos), Krissa, Korinth, Theben, Egrippo (Chalkis auf Euböa/Negroponte), Jabustrisa, Sinon Potamu (Lamia), Gardiki, Armilo (Halmyro), Vessena (Besaina), Salonica, Demetrizi, Dráma, Christupolis. Nur wenige andere Dokumente und Hinweise berichten von Juden in diesen oder auch anderen Orten, so dass der Reisebericht ein einzigartiges Dokument für die Präsenz von Juden in Griechenland darstellt.98 Benjamin gibt bisweilen auch abgerundete Messzahlen der jüdischen Bewohner dieser Orte, insgesamt 4.790, darunter 2.000 in Theben (trotz der normannischen Eroberung 1147) und 500 in Thessaloniki. Nicht alle Juden waren in Gewerbe und Handwerk tätig, sondern arbeiteten auch in der Landwirtschaft. Verschiedene griechische Ortsnamen, die den Hebräernamen enthalten, können auf ehemalige jüdische 90

Schreiner, Der Dux von Dalmatien, bes. 299–303.

91

Starr, The Jews; ders., Romania; Bowman, The Jews.

92

Jacoby, Les juives de Byzance, bes. 120 (Zitat).

93

Der Zeit nach 1204 hat Fine, The Late Medieval Balkans, 446–452, ein knappes und undokumentiertes Kapitel gewidmet.

94

Ders., The Early Medieval Balkans, 41.

95

Sabbidēs, O Λάκων Ἰωάννης Ἄρατος καὶ οἱ Ἰουδαῖοι τῆς Σπάρτης.

96

The Itinerary of Benjamin of Tudela (Übers. Adler), 10f. (Griechenland).

97

Hier angeführt ohne weitere Kommentierung nach den Identifizierungen bei Starr, The Jews.

98 Zu

Juden speziell im byzantinischen Griechenland siehe Jacoby, The Jewish Communities; ders., The Jews in Byzantium and the Eastern Mediterranean; ders., The Jews in the Byzantine Economy.

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Die Bevölkerung

Gemeinden hindeuten, unter denen auch, wie schon in der Aufzählung des Benjamin, Dörfer und Landgemeinden waren.99 Dank einer Notiz in einem Pentateuch-Kommentar erfahren wir von einer jüdischen Gemeinde auch in Kastoria.100 Nach 1204 bringen die Quellen mehr Beispiele jüdischer Ansiedlungen, etwa in der Peloponnes, besonders in Mistras, in Koron und Modon, aber auch in Chalkis auf Euböa, wo Benjamin von Tudela ebenfalls gewesen war.101 Im inneren Balkanraum sind die jüdischen Gemeinden der Spätantike (etwa Stobi, wo Ausgrabungen einer Synagoge existieren) untergegangen. Eine Stelle in den Responsa papae Nicolai (867) weist auf Juden im Ersten bulgarischen Reich kurz vor der Christianisierung hin,102 aber weitere Zeugnisse scheinen nicht vorhanden zu sein. Erst seit der byzantinischen Herrschaft (nach 1018) gab es wieder Gemeinden in Sofia, Silistra und Nikópolis. In größerem Umfang finden wir Juden in diesen Regionen erst wieder im Zweiten bulgarischen Reich, in Zusammenhang mit dem wachsenden Handel im Lateinischen Kaiserreich und in der Ägäis.103

99

Jacoby, The Jews in Byzantine Economy, 225.

100 Fine,

The Late Medieval Balkans, 450 (mit weiteren Hinweisen).

101 Starr,

Romania.

102 Dujčev, 103 Fine,

Medioevo bizantino-slavo. Bd. 1, 140 (in Zusammenhang mit der Taufe).

The Late Medieval Balkans, 450f., mit allerdings konkret wenig hilfreichen Informationen.

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Mihailo St. Popović

→ KARTE XVI

5. V  ERWALTUNGSSTRUKTUREN IN DEN BYZANTINISCHEN BALKANPROVINZEN *

5.1

GRUNDZÜGE DER ADMINISTRATIVEN ENTWICKLUNG

5 .1 .1 Die Spätantike Das Rhomäische Reich (auch Byzantinisches oder Oströmisches Reich) existierte als Kontinuität des Imperium Romanum (des Römischen Reiches) im Osten bis zum Jahre 14531 und wurde in der Spätantike durch die Verwaltungsreformen der Kaiser Diokletian (284 – 305) und Konstantin I. (des Großen, 306/324 – 337) maßgeblich geprägt. Die administrativ-militärischen Herrschaftsteilungen seit Diokletian (Stichwort Tetrarchie) hatten im 4. Jahrhundert internen Charakter. Dementsprechend galten die Verwaltungsreformen der diokletianisch-konstantinischen Ära für das Gesamtreich und hatten ein größeres Ausmaß an Einheitlichkeit und Zentralisierung zum Ziel. Im Besonderen galt Kaiser Konstantin I. in der byzantinischen Literatur als christlicher Vollender jenes Werkes, das Iulius Caesar, Augustus und Traian begonnen hatten. Im 4. Jahrhundert n. Chr. war das Imperium Romanum in 117 Provinzen gegliedert, die nicht mehr in kaiserliche und senatorische Provinzen unterschieden wurden, sondern die in insgesamt zwölf Diözesen unter je einem Vicarius als höchstem Zivilbeamten zusammengefasst waren und das gesamte Mittelmeer umschlossen. Dieses, jetzt auf über zwei Dutzend moderne Staaten verteilte, römische Reichsgebiet war um 400 in vier übergeordnete Präfekturen (praefecturae praetorio) – nämlich Oriens, Illyricum, Italia et Africa und Gallia – gegliedert, an deren Spitze jeweils ein Praefectus praetorio stand. Hervorgehoben waren in diesem System Rom und – seit Kaiser Constantius II. (337 – 361) *

Bedingt durch den Handbuchcharakter der vorliegenden Publikation ist eine inhaltliche sowie geographische Überschneidung zwischen den einzelnen Abschnitten über die antike und byzantinische Geschichte des Raumes unvermeidlich. Diese Überschneidungen sind im Wesentlichen auf die Entstehung und methodologische Ausrichtung der jeweiligen Fachdisziplin (hier der Alten Geschichte und der Byzantinistik) zurückzuführen, die gerade in der Epoche Spätantike zu Frühbyzanz schwer voneinander zu trennen sind. Daraus resultieren mitunter divergierende Quellenanalysen und Darstellungen, die dem jeweiligen Fach und seiner Sekundärliteratur geschuldet sind. Dieses Kapitel über die Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen veranschaulicht in einem Überblick die Kontinuität des Römischen Reiches auf der Balkanhalbinsel und legt für die Leserinnen und Leser dar, auf welche Weise das sogenannten Byzantinische Reich (das „Rhomäische Reich“) seine Infrastruktur laufend adaptiert hat und auf diese Weise ein bestimmender Faktor in diesem Teil Europas bis in das 13. Jahrhundert bleiben konnte. Für die Geschichte der Region in der Spätantike mit anderen Gewichtungen und Fokussen sei ausdrücklich auf die althistorischen Beiträge in Teil I und hier insbesondere auf folgende Kapitel verwiesen: Kap. 4.6, Kap. 5.1.1 – 2, Kap. 5.2.1 – 2.

1

Siehe zu der Frage der Kontinuität u. a. Haldon, Res publica Byzantina?; Kaldellis, The Byzantine Republic.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-21

657

Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

– das „Neue Rom“ Konstantinopel, die von je einem Praefectus urbi geleitet wurden. Im Zuge der sogenannten Völkerwanderung und des politischen bzw. militärischen Drucks auf den Westen des Reiches entwickelte der Osten des Reiches eine bevorzugte Stellung, die in der Notitia Dignitatum, einem spätrömischen administrativen Handbuch (ca. 425 – 433), offensichtlich wird, weil darin den Präfekten von Oriens, Illyricum und Konstantinopel der Vorrang vor den Präfekten des Westens eingeräumt wird.2 Nach der sogenannten Reichsteilung des Kaisers Theodosius I. (379 – 395) in einen Westteil unter seinem Sohn Honorius (395 – 423) und einen Ostteil unter seinem Sohn Arcadius (395 – 408) im Jahre 395 bildeten die Präfekturen Oriens und Illyricum die östliche Reichshälfte.3 Die Diözesen Dacia und Macedonia wurden als Präfektur Illyricum (orientale) der östlichen Reichsregierung unterstellt, während Pannonia als Diözese Illyricum an den Westen kam. Nach dem Ende des Kaisertums im Westen (476) erfolgte schließlich die Abtretung des östlichen Teils der Pannonia secunda an den Osten. Die damalige Trennlinie zwischen der westlichen und der östlichen Reichshälfte, die von Sirmium (Sremska Mitrovica) im Norden entlang des Flusses Drina in annähernd gerader Linie nach Süden bis zu der dalmatinischen Küste verlief, verfestigte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer politischen, religiösen, kulturellen und wirtschaftlichen Grenze – s. o. in Teil 1 zur administrativen Teilung entlang des sog. „Meridians von Skodra“ (Skutari) Kap. 5.1.1.4 Die administrative Gliederung der östlichen Reichshälfte um die Mitte des 5. Jahrhunderts wird im Synekdemos („Reisebegleiter“) des Hierokles, einer administrativen sowie geographischen Quelle aus dem 6. Jahrhundert (ca. 527/528), festgehalten.5 Hierokles katalogisiert für die sechs östlichen Diözesen (eparchíai) Thrakiké, Illyrikón, Asiané, Pontiké, Anatoliké und Aigyptiaké 64 Provinzen mit 923 Städten (poléis) unter Angabe der jeweiligen Metropole (metrópolis). Folgende zwei Diözesen hatten für die Balkanhalbinsel Relevanz: 1. Thrakiké – das Umland von Konstantinopel und die westliche Küste des Schwarzen Meeres bis zu der Donaumündung. 2. Illyrikón – die Diözesen Macedonia, Dacia, Pannonia secunda, die westlich an Thrakiké anschlossen und sowohl Griechenland als auch Kreta umfassten.6

2

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 76. Diese grundlegende Monographie liegt auch in neugriechischer und serbischer Übersetzung vor: ders., Το Βυζάντιο ως χώρος; ders., Vizantijski svet. Siehe dazu auch folgende Sekundärliteratur: Gaudemet, Mutations politiques et géographie administrative; Hohlweg, Beiträge zur Verwaltungsgeschichte; Zakythēnos, Μελέται περί της διοικητικής διαιρέσεως.

3

Bayless, The Political Unity of the Roman Empire; Börm, Westrom; Demougeot, De l’unité à la division; Gahbauer, Die Teilung des Imperium Romanum; Meier, Die Teilung des Römischen Reiches; Moorhead, The Roman Empire Divided.

4

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 77. Vgl. dazu auch: Dagron, Les villes dans l’Illyricum protobyzantin; Demougeot, A propos des partages de l’Illyricum en 386–395; Palanque, La préfecture du prétoire d’Illyricum au IVe siècle; Stojanov, Les villes de l’Illyricum protobyzantin.

5

Hierokles, Le synekdèmos d’Hiéroklès (ed. Honigmann). Zu Hierokles u. a. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur, Bd. 1, 531.

6

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 77f.

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HGSOE, Bd. 1

Grundzüge der administrativen Entwicklung

Die Balkanhalbinsel bildete in byzantinischer Zeit einen integralen Bestandteil der Oikuméne (bewohnte Welt). Dieses griechische Wort oikuméne (ἡ οἰκουμένη), das ein globales Raumkonzept ausdrückt, ist nicht nur ein griechisches Wort an sich, sondern auch und im Besonderen ein griechischer Terminus. Dem griechischen oikuméne entspricht in den spätantiken Kaiserinschriften des Römischen Reiches und allgemein auch schon viel früher das lateinische orbis (terrarum), d. h. der Kreis bzw. Erdkreis.7 Das Verständnis einer solchen römisch-byzantinischen Ökumene geht auf den antiken griechischen Geschichtsschreiber und Geographen Strabon (ca. 63 v. Chr. – ca. 23 n. Chr.) zurück (s. o. Teil I, Kap. 1.2.1). Es war Strabon, der die Dimensionierung der Ökumene von Spanien im Westen bis Armenien im Osten definiert hat. Was außerhalb der Grenzen der römischen Ökumene lag, fand keine Aufnahme in die Sphäre der Pax Romana des Kaisers Augustus (30/27 v. Chr. – 14 n. Chr.). Auf die Kriege und Expansion des Imperium Romanum, durch die der Rahmen der Ökumene abgesteckt wurde, folgte in der spätantiken und patristischen Literatur die Beschreibung der Wende vom Kriegszustand zu Friedenszeiten. Der bedeutende Kirchenvater Johannes Chrysóstomos (ca. 344/345 – 407) schreibt in diesem Zusammenhang: „Nun ist der Großteil der Ökumene in Frieden, alle können unbeschränkt ihren Handwerken nachgehen, die Erde bearbeiten oder über das Meer segeln“.8 Die spätantike Ökumene endete im Norden der Balkanhalbinsel im Wesentlichen an dem rechten (südlichen bzw. westlichen) Ufer der Donau in Kontinuität des römischen Limes9, auch wenn der religiöse sowie kulturelle Einfluss in späterer Zeit weit nach Mitteleuropa, z. B. in das Großmährische Reich10 bzw. nach Ungarn11, reichen sollte. In der Regierungszeit des Kaisers Justinian I. (527 – 565) unternahm das Reich in einer Renovatio Imperii eine militärische Wiederausdehnung nach Westen, die Italien, Nordafrika und Teile 7

Siehe dazu im Detail: Chrysos (Hg.), Το Βυζάντιο ως Οικουμένη; Koder, Zu den Folgen der Gründung einer zweiten Reichshauptstadt; ders., Die räumlichen Vorstellungen der Byzantiner von der Ökumene; Pitz, Die griechisch-römische Ökumene; Schmalzbauer, Überlegungen zur Idee der Oikumene.

8

Aus: Johannes Chrysostomos, Expositiones in Psalmos, in: Patrologia Graeca (ed. Migne), Bd. 55, 207: „νῦν δὲ τὸ πλέον τῆς οἰκουμένης ἐν εἰρήνῃ, πάντων ἐν ἀδείᾳ καὶ τέχνας μετιόντων καὶ γῆν ἐργαζομένων καὶ θάλατταν πλεόντων“. Siehe dazu auch: Koder, Die räumlichen Vorstellungen der Byzantiner von der Ökumene, 20f.

9

Vgl. zum Limes im jetzigen Serbien und Bulgarien in spätantiker und frühbyzantinischer Zeit: Mirković, Rimski gradovi; Mócsy, Gesellschaft und Romanisation; Škrivanić (Hg.), Monumenta cartographica Jugoslaviae, Bd. 1; Schramm, Ein Damm bricht; Schreiner, Städte und Wegenetz; Swoboda, Forschungen am obermoesischen Limes; Vasić, Le limes protobyzantin.

10

Siehe für einen ersten Überblick zu diesem Thema folgende Arbeiten mit weiterführender Literatur: Bujnoch, Zwischen Rom und Byzanz; Hannick, Die Bedeutung der Slavenapostel; Obolensky, The Bayzantine Commonwealth, 64–140.

11

Vgl. dazu die folgende Sekundärliteratur, die einen ersten Einblick in die Thematik bietet: Antonopoulos, Byzantium; Baán, The Metropolitanate of Tourkia; Dimitrov, Bulgaria and the Magyars; Moravcsik, Byzantine Christianity and the Magyars in the Migration Period; ders., The Role of the Byzantine Church in Medieval Hungary; ders., Byzance et le christianisme hongrois du moyen âge; ders., Byzantium and the Magyars; Mesterházy, Die landnehmenden ungarischen Stämme; Oikonomidès, A propos des relations ecclésiastiques entre Byzance et la Hongrie; Révész, Die Siegel der Bischöfe von Turkia; dies., Die ersten byzantinischen Oberpriester Turkias; Ripoche, Constantin VII Porphyrogénète et sa politique hongroise.

HGSOE, Bd. 1

659

Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

Spaniens erfasste. Das Reich erstreckte sich bei dessen Tod im Westen auf Dalmatien, Italien und Sizilien, Korsika und Sardinien, Südost-Spanien und die nordafrikanische Küste. Somit umfasste es den gesamten Mittelmeerraum und beherrschte die Zugänge zu den angrenzenden Meeren. Mit dem Ende der Justinianischen Ära geriet jedoch die Donaugrenze auf der Balkanhalbinsel zunehmend unter Druck durch Awaren und Slawen jenseits der Donau, die schließlich in den Regierungszeiten der Kaiser Mauríkios (582 – 602), Phokás (602 – 610) und Herákleios (610 – 641) durch Überwindung des Limes nach Süden einwanderten. Während die Awaren auf ihren Plünderungszügen bis zu dem Reichszentrum Konstantinopel vorstießen und es 626 erfolglos belagerten, besiedelten die Slawen die Balkanhalbinsel, sodass die byzantinische Oberhoheit im Wesentlichen auf die Küstenzonen mit unterschiedlich breitem Hinterland reduziert wurde. Das Binnenland bis in den Süden der Peloponnes wurde von Slawen kontrolliert, die sich in Familien- und Stammesverbänden (sog. Sklavinien) organisierten.12 Der Ausdruck „Sklavinie“ ist mit „Slawengegend“ zu übersetzen und bereits seit dem frühen 6. Jahrhundert bei den Historikern Prokop von Kaisareia und Jordanes bezeugt. Er beschreibt in Stammesgruppen organisierte Slawengemeinschaften, die ohne feste Territorialgrenzen innerhalb und außerhalb des römischen/byzantinischen Reichsgebietes lebten und von den byzantinischen Herrschern teils anerkannt bzw. toleriert wurden, was in der Einsetzung des jeweiligen Oberhaupts (árchon) zum Ausdruck kommen konnte. Derselbe Begriff konnte ab dem 10. Jahrhundert ausschließlich räumlich Verwendung finden, um allgemein von Slawen bewohnte Landschaften zu bezeichnen.13

5.1 .2 Das 6. bis 12. Jahrhundert Im ausgehenden 6. Jahrhundert sah sich das Byzantinische Reich mit einem andauernden politischen und militärischen Druck durch Awaren, Slawen und Bulgaren auf der Balkanhalbinsel sowie durch Perser und Araber im Osten des Reiches konfrontiert. Dies hatte ab der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts einen einschneidenden administrativen Wandel zur Folge, der zu einer Zusammenführung der Kompetenzen der militärischen und zivilen Provinzverwaltung führte. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits unter Kaiser Justinian I. ab und wurde unter Kaiser Mauríkios durch die Einführung der sogenannten Exarchate (hier Ravenna und Karthago) vorangetrieben, denen ein militärischer Oberbefehlshaber (Exarch, éxarchos) mit militärischen und zivilen Funktionen

12

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 80f. Ein Überblick zu der Geschichte der Awaren und Slawen in dieser Zeit, besonders im Spiegel der Toponyme, bei: Alexander, Early Slavic Invasions; Daim (Hg.), The Avars on the Border of the Byzantine World; Ditten, Zu Fragen des Siedlungsgebietes der Slawen; Kazanski, Les Slaves; Koder, Zur Frage der slavischen Siedlungsgebiete; Pohl, Die Awaren (2. Aufl.); Pritsak, The Slavs and the Avars; Vasmer, Die Slaven in Griechenland.

13

Koder, s. v. Sklavinien. Vgl. dazu auch: Curta, The Making of the Slavs, 110 – 112; ders., Still waiting for the Barbarians?; Ferluga, Archon; ders., Byzanz und die Bildung der frühesten südslavischen Staaten; ders., Das byzantinische Reich und die südslavischen Staaten; Sarantis, Justinian’s Balkan Wars; Schramm, Eroberer und Eingesessene; Weiss, Das Ethnikon Sklabenoi.

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Grundzüge der administrativen Entwicklung

vorstand. Ab der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts wurden die sogenannten Themen begründet, die als Zuweisungsgebiete für byzantinische Truppenkontingente fungierten und somit eine Operationsbasis samt Siedlungsgebiet darstellten. Die Themenordnung nahm ihren Ausgang in Kleinasien, wurde aber in rascher Folge auch auf der Balkanhalbinsel etabliert.14 Vor dem Ende des 7. Jahrhunderts entstanden als erste europäische Themen Thráke (nach 680)15 und Héllas (ca. 695)16. Thráke diente der Sicherung des Hinterlandes von Konstantinopel im Angesicht des expandierenden Ersten bulgarischen Reiches, während Héllas sich über die griechische Ostküste und die vorgelagerten Ägäisinseln erstreckte. Die Themenorganisation verhalf dem Byzantinischen Reich zum politischen und militärischen Wiedererstarken unter anderem auf der Balkanhalbinsel. Ab dem 8. Jahrhundert übernahmen die Themen zusätzlich zivile Verwaltungsfunktionen und ersetzten damit definitiv die ursprüngliche, alte Provinzverwaltung.17 An der Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert wurde westlich des Thema Thráke das Thema Makedonía mit dem Zentrum Adrianopel (Edirne) begründet.18 Mitte des 10. Jahrhunderts war das Byzantinische Reich in insgesamt 33 Themen gegliedert. Diese Daten lassen sich einerseits der nach 944 entstandenen Schrift De thematibus des byzantinischen Kaisers Konstantin VII. Porphyrogénnetos (945 – 959)19, andererseits den offiziellen Ranglisten des 9. und 10. Jahrhunderts entnehmen.20 Die Themen des Westens (dýsis) lauteten auf der Balkanhalbinsel in jener Zeit wie folgt: Thráke (Thrakóon), Makedonía, Strymón, Thessaloniki, Héllas, Peloponnes, Kephalenía, Nikópolis und Dyrrháchion.21 Neue Themen wurden durch die Teilung der ursprünglichen, groß gefassten Themen oder durch die Aufwertung von kleineren Grenzzonen (túrma, kleisúra) etabliert. Die europäischen Themen trugen – zum Unterschied von den meisten kleinasiatischen – althergebrachte Landschaftsnamen (z. B. Thráke oder Héllas), Städtenamen (z. B. Dyrrháchion) bzw. die Namen der jeweiligen Provinzhauptstädte (z. B. Nikópolis, Thessaloniki), Flussnamen (z. B. Strymón) und Völkernamen (z. B. Bulgaría). Die Periode des 9. bis zum 11. Jahrhundert auf der Balkanhalbinsel war vom byzantinisch-bulgarischen Gegensatz und von der Einverleibung der Sklavinien durch beide Mächte 14

Dazu liegt eine umfassende und reiche Sekundärliteratur vor, von der unter anderem zu nennen ist: Ahrweiler, Études sur les structures administratives et sociales; dies., Byzance; Ferluga, Byzantium on the Balkans; Karayannopoulos, Die Entstehung der byzantinischen Themenordnung; Koder, Zur Bedeutungsentwicklung des byzantinischen Terminus Thema; Lilie, Die byzantinische Reaktion auf die Ausbreitung der Araber; ders., Die zweihundertjährige Reform.

15

Lilie, „Thrakien“ und „Thrakesion“; Soustal, Thrakien; Külzer, Ostthrakien, 68–123.

16

Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 50–67.

17

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 89f.

18

Christophilopoulou, Βυζαντινή Μακεδονία.

19

Costantino Porfirogenito, de thematibus (ed. Pertusi). Vgl. dazu: Ahrweiler, Sur la date du De thematibus de Constantin VII Porphyrogénète; Pratsch, Untersuchungen zu De thematibus.

20

Ediert in: Oikonomidès, Les listes de préséance byzantines des IXe et Xe siècles.

21

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 94. Siehe dazu auch: Krsmanović, The Byzantine Province in Change, 19–60, 128–163.

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Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

gekennzeichnet. In der Regierungszeit Basíleios’ I. (867 – 886) entstand daher das Thema Delmatia/Dalmatía an der dalmatinischen Küste.22 Nach der byzantinischen Eroberung des Ersten bulgarischen Reiches und dem endgültigen Sieg des byzantinischen Kaisers Basíleios II. (976 – 1025) über den Zaren Samuil sowie über dessen Nachfolger im Jahre 101823 wurden die zurückeroberten Gebiete Bulgaría mit der Provinzhauptstadt Skopje und Parístrion (Paradúnavon, wörtlich „an der Donau“) nicht als Themen, sondern als Katepanate unter der Leitung eines Katepan definiert und später als Dukate unter einem eigenen Dux geführt.24 Nach damaligem Stand lagen östlich des Dukats Bulgaría das Dukat Adrianopel, südöstlich das Dukat Thessaloniki, südlich das Thema Héllas, südwestlich das Thema Nikópolis, westlich das Dukat Dyrrháchion, nördlich das Thema Sírmion und nordöstlich das obenerwähnte Parístrion.25 Im ausgehenden 10. Jahrhundert verloren die Themen teilweise ihren militärischen Charakter, der jedoch nach der Niederlage von Mantzikert gegen die Seldschuken im Jahre 1071 und den damit verbundenen territorialen Verlusten in Kleinasien unter der byzantinischen Kaiserdynastie der Komnenen wiedererstarkte. Neu gebildete Themen umfassten im ausgehenden 11. Jahrhundert oftmals nur ein befestigtes Siedlungszentrum samt der weiteren Umgebung unter dem Kommando eines Dux (z. B. Naissus, Dyrrháchion, Ochrid, Diocleia). Zugleich wurden einige ältere Themen – wie zum Beispiel Héllas, Peloponnes, Makedonía und Thráke – in kleinere Verwaltungsbezirke gegliedert. Gleichzeitig wurde der Begriff Thema als Synonym für Provinz verwendet, weil nun Söldnerheere die früheren Themenarmeen ersetzten. Die Invasion der Normannen unter Robert Guiscard an der Westgrenze des Byzantinischen Reiches ab 1071 erschütterte die administrativen sowie militärischen Strukturen der Byzantiner auf Kérkyra, in Dyrrháchion und insgesamt an der epirotischen Küste nachhaltig. Obwohl es den Byzantinern schließlich im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts gelang, die Normannen zurückzudrängen, erfolgte als Konsequenz dieses Machtkampfes eine Neuorientierung der adriatischen Lebenswelt. Gleichzeitig sah sich das Byzantinische Reich insgesamt mit einer schwindenden staatlichen Hoheit und Verselbständigungstendenzen lokaler Herren sowie Großgrundbesitzer konfrontiert.26 Der Aufstand, der in Bulgarien im Oktober

22

Siehe dazu: Ferjančić, Dalmacija u spisu De Administrando Imperio; Ferluga, Vizantijska uprava u Dalmaciji; ders., L’amministrazione bizantina in Dalmazia; Živković, Taktikon Uspenskog i tema Dalmacija.

23

Siehe hierzu Handbuchkapitel 9 (Popović): Der Balkan vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten bulg. Reiches (1014/1018 – 1185).

24

Siehe dazu im Detail: Bănescu, Ein neuer κατεπάνω Βουλγαρίας, 331f.; ders., Changements politiques dans les Balkans; ders., À propos des duchés byzantins de Paristrion et de Bulgarie; ders., Les thèmes de Paristrion et Bulgarie, 474; ders., Ethnographie et rôle militaire du thème de Bulgarie; Božilov, L’administration byzantine in Bulgarie; Krumova, Pecheneg Chieftains in the Byzantine Administration; Kühn, Die byzantinische Armee im 10. und 11. Jahrhundert, 223–233; Mutafčiev, Zu den Themen Bulgarien und Paristrion, 250f.; Popescu, L’Église dans une région frontière; Prinzing, s. v. Paristrion; Stanescu, Beiträge zur Paristrion-Frage. Die Benennungen der unteren Donaugebiete; ders., Beiträge zur Paristrion-Frage. Betrachtungen über das Städtewesen; Stephenson, Byzantine Policy towards Paristrion.

25

Scholz, Probleme bei der Erforschung der Integration Bulgariens, 338.

26

Angold, The Byzantine Empire, 263–271; Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 94–97.

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Grundzüge der administrativen Entwicklung

1185 ausbrach und der von den Brüdern Petăr (Theodor) und Asen angeführt wurde, sollte zusammen mit den Folgen des Vierten Kreuzzugs (1204) zu einer tiefgreifenden Veränderung der byzantinischen Verwaltungsstrukturen auf der Balkanhalbinsel führen.27

5.1 .3 Das 13. bis 15. Jahrhundert In die Gewährung von Handelskonzessionen für Venedig für bestimmte Gebiete des Byzantinischen Reiches durch den byzantinischen Kaiser Aléxios III. Ángelos (1195 – 1203) im Jahre 1198 waren weite Teile der südlichen Balkanhalbinsel inbegriffen. Diese Privilegurkunde stellt mit ihrer Auflistung der damaligen Provinzen eine wichtige Momentaufnahme der byzantinischen Verwaltungsstruktur dar.28 Denselben hohen Stellenwert als Quelle zur byzantinischen Administration des beginnenden 13. Jahrhunderts auf der Balkanhalbinsel hat die sogenannte Partitio terrarum Imperii Romaniae, also der Teilungsvertrag der Kreuzfahrer, die sich im April 1204 auf die Eroberung Konstantinopels einstellten.29 Die Eroberung Konstantinopels im Jahre 1204 und die Errichtung des Lateinischen Kaiserreichs, das bis zur byzantinischen Rückeroberung der Stadt im Jahre 1261 existieren sollte, führten zu einer politischen und administrativen Zersplitterung einstmals byzantinischer Territorien. Die Balkanhalbinsel teilten sich das griechische Reich von Epirus, das Lateinische Kaiserreich, das Königreich Thessaloniki, das Herzogtum Athen und das Fürstentum Achaia, die Venezianer und das Zweite bulgarische Reich. Mit dem byzantinischen Kaiser Michael VIII. Palaiológos (1259 – 1282) gelang den Byzantinern eine kurzfristige Restauration ihrer Verwaltung auf der Balkanhalbinsel. Das Gebiet, das wiederum unter byzantinische Kontrolle gebracht werden konnte, erstreckte sich zwischen Schwarzem Meer und der Adria, wobei die Nordgrenze südlich von Sozópolis (Sozopol) im Osten und südlich des Skutarisees im Westen lag. Die zwei wichtigen Zentren Philippopel (Plovdiv) und Adrianopel gehörten ebenfalls zum Byzantinischen Reich. In der Peloponnes sicherte sich Michael VIII. Palaiológos die Stadt Mistrá samt dem Südosten dieser Halbinsel, die sich zu einem Despotat (d. h. einem eigenen Herrschaftsbereich im Sinne einer Apanage) entwickelte. Nach der Erneuerung des Byzantinischen Reiches im Jahre 1261 erhielten nämlich die Brüder und die jüngeren Söhne des regierenden Kaisers den Despotentitel (von gr. despótes in der Bedeutung „Herr“ oder „Gebieter“), die kein Anrecht auf den Kaisertitel oder die Funktion eines Mitherrschers hatten. Bis zum Jahre 1432 hatte sich das Despotat von Mistrá große Teile der Peloponnes mit Ausnahme der venezianischen Besitzungen Modon, Koron und Nauplía einverleibt. Der außenpolitische und militärische Druck der Osmanen, der bulgarischen und serbischen 27

Angold, The Byzantine Empire, 271–275; Kajmakamova, Vlast i istorija v srednovekovna Bălgarija; Mavromatis, La formation du deuxieme royaume bulgare; Nystazopoulou-Pélékidou, La domination byzantine; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 288–306; Tăpkova-Zaimova, Restauration de la Bulgarie par les Assenides.

28

Ediert in: Tafel/Thomas (Hgg.), Urkunden, Bd. 1, 248–280 (Nr. 85). Vgl. dazu die siedlungstheoretische Analyse dieser Quelle bei: Koder, Για μια εκ νέου τοποθέτηση της εφαρμογής της „θεωρίας των κεντρικών τόπων“.

29

Ediert in: Carile, Partitio terrarum Imperii Romanie, 125–289.

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Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

mittelalterlichen Reiche sowie der italienischen Handelsrepubliken Venedig und Genua einerseits und die byzantinischen Bürgerkriege (1321 – 1328 bzw. 1341 – 1347) andererseits hatten zur Folge, dass die kontinuierlichen territorialen Veränderungen des Byzantinischen Reiches eine dauerhafte administrative Neuordnung verhinderten. In der spätbyzantinischen Provinzverwaltung setzte sich die Bezeichnung „Kephale“ (von gr. kephalé für „Kopf“) als Bezeichnung eines Provinzgouverneurs ab der Mitte des 13. Jahrhunderts durch und ersetzte somit den bisherigen Dux. Ein Kephale, der zivile, militärische und sogar gerichtliche Kompetenzen innehatte, konnte sowohl ein bis zwei Städte samt Umland (sog. katepaníkia) als auch größere Gegenden verwalten. Aus den obengenannten Gründen waren diese Verwaltungsbereiche starken territorialen Veränderungen unterworfen.30 Im Laufe des 14. Jahrhunderts wurde die Funktion des Kephale vom serbischen mittelalterlichen Reich unter der Bezeichnung „Kefalija“ übernommen.31 Die zunehmende Isolierung einzelner Territorien des Byzantinischen Reiches (hier z. B. des Despotats von Mistrá, von Thessaloniki bzw. von Städten am Marmarameer und am Schwarzen Meer) infolge der systematischen osmanischen Expansion auf der Balkanhalbinsel ab 1354 verhinderte eine nachhaltige Reorganisation der byzantinischen Verwaltung, die mit der Eroberung Konstantinopels (1453) und des Despotats von Mistrá (1460) ein jähes Ende fand.

30

Maksimović, The Byzantine Provincial Administration, 117–166. Die serb. Originalausgabe lautet: ders., Vizantijska provincijska uprava u doba Paleologa. Allgemein zum Despotentitel: Ferjančić, s. v. Despot.

31

Blagojević, Državna uprava, 246–266.

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Thrakien Thrakien und Makedonien und Makedonien als Rückgrat als Rückgrat der byz.der Administration byzantinischen aufAdministration der Balkanhalbinsel

5.2

 HRAKIEN UND MAKEDONIEN T ALS RÜCKGRAT DER BYZANTINISCHEN ADMINISTRATION AUF DER BALKANHALBINSEL

5 .2 .1 Thrakien Laut Johannes Koder waren spezifische Gebiete des Byzantinischen Reiches für dessen Existenz lebensnotwendig. Diese bezeichnet er als „Kerngebiete“. Im Falle der Balkanhalbinsel waren dies Thrakien, die der Ägäis zugewandten Teile von Festlandgriechenland und die Peloponnes.32 Gemeinsam mit den genannten Gebieten bildete Makedonien das Rückgrat der byzantinischen Vorherrschaft und Verwaltung auf der Balkanhalbinsel. Thrakien wurde nach dem Volk der Thraker benannt und umfasste in der Spätantike den Südosten der Balkanhalbinsel – s. o. im althistorischen Teil die Kap. 5.1.1 u. 5.2.1. Begrenzt wurde diese Landschaft im Norden vom Balkangebirge (Haimos), im Osten vom Schwarzen Meer, im Süden vom Marmarameer und der Ägäis und im Westen vom Fluss Mesta (Néstos) sowie den Gebirgen Pirin und Rila. Die nördliche Grenze (s. o. in Teil I Kap.  5.1.1) der römischen Provinz Thracia (Thráke) lag bis zum Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. nördlich des Balkangebirges. Aufgrund der Verwaltungsreformen der Kaiser Diokletian und Konstantin I. wurde diese Provinz in vier kleinere Provinzen geteilt, welche wie folgt lauteten: in den nordwestlichen Teil Thráke, in den südwestlichen Teil Rodópe, in den südöstlichen Teil Európe und schließlich in Haimimóntos zwischen Thráke und Európe. Thráke bezeichnete außerdem eine Diözese (s. o.), die die Gebiete bis zum Fluss Donau – hier die Provinzen Moesia secunda und Scythia – einschloss. Der byzantinische Kaiser Anastásios I. (491 – 518) ließ die sogenannte Lange Mauer (Makrá Teíche; ca. 65 km lang) zum Schutz Konstantinopels quer durch Thrakien – von Selymbría am Marmarameer (Silivri) bis zum Schwarzen Meer – errichten. Der Zusammenbruch des byzantinischen Verteidigungssystems an der Donau durch den Druck der Awaren und Slawen sowie die Entstehung des Ersten bulgarischen Reiches nördlich des Balkangebirges führten zur Etablierung der Themenordnung in den Byzanz verbliebenen Teilen der Balkanhalbinsel und zur Gründung des Thema Thráke (nach 680) (s. o. Kap. 5.1.2), dessen Ausdehnung im Wesentlichen der diokletianischen Provinz Európe entsprach.33 An der Wende vom 8. Jahrhundert zum 9. Jahrhundert wurde westlich des Thema Thráke das Thema Makedonía mit dem Zentrum Adrianopel begründet. Daraus geht hervor, dass die Verwaltungsnamen von dem herkömmlichen geographischen Verständnis durchaus abweichen konnten.34 Besonders in der Periode von 894 bis 927 geriet die byzantinische Verwaltung in Thrakien unter Druck, als der bulgarische Herrscher Symeon (893 – 927) einen langwierigen Krieg gegen 32

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 16.

33

Siehe dazu im Detail: Soustal, Thrakien, 48f., 59–74; Külzer, Ostthrakien, 68–96; vgl. dazu auch: Alexander, Early Slavic Invasions; Choliolčev u. a. (Hgg.), Von der Scythia zur Dobrudža; Lilie, „Thrakien“ und „Thrakesion“; Velkov, Cities in Thrace and Dacia.

34

Kyriazopulos, „Μακεδονία η κατά Θρᾴκην“.

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Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

das Byzantinische Reich führte. Erst der Sieg des byzantinischen Kaisers Basíleios II. über den Zaren Samuil ermöglichte eine administrative Neuordnung der Balkanhalbinsel. Damals wurden die Themen Philippopel und Bolerón, das im Wesentlichen der Provinz Rodópe entsprach, etabliert.35 Erst durch die Gründung des Zweiten bulgarischen Reiches im Aufstand des Jahres 1185 und die Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 kam es zu großen Einschnitten in der Region. Die Umgebung Konstantinopels fiel an das Lateinische Kaiserreich, das Flusstal der unteren Marica an die Kreuzritter und die Gebiete dazwischen an die Venezianer. Nach dem bulgarischen Sieg in der Schlacht an der Klokotnica im Jahre 1230 eroberte Zar Ivan Asen  II. (1218 – 1241) Bolerón sowie die Städte Adrianopel und Didymóteichon. Dem byzantinischen Kaiser Michael VIII. Palaiológos (1259 – 1282) gelang die Wiederherstellung der byzantinischen Herrschaft in Thrakien, die allerdings durch die Bürgerkriege von 1321 bis 1328 bzw. von 1341 bis 1347 abermals erschüttert wurde. 1341 ließ sich Johannes VI. Kantakuzenós (1341/1347 – 1354) in Didymóteichon zum Kaiser ausrufen und beherrschte zu diesem Zeitpunkt den Süden und den Osten Thrakiens, während das Gebiet Rodópe vom Lokalherrscher Momčilo kontrolliert wurde.36 Im Jahre 1352 gelang es den Osmanen, sich in der Festung Tzýmpe bei Gallipoli festzusetzen und nach einem schweren Erdbeben im März 1354 Gallipoli selbst einzunehmen. Danach vollzog sich zwischen 1352 und 1373 die osmanische Landnahme im gesamten thrakischen Raum, die dreimal unterbrochen werden musste: 1357 wegen des Todes des Kronprinzen Süleyman Pascha, des ersten Sohnes des Sultans Orhan (1326 – 1359/1362), 1362 wegen des Kampfes gegen die östlichen Nachbarn in Kleinasien und zwischen 1366 und 1376 durch die zehnjährige byzantinische Herrschaft in Gallipoli.37 Abgesehen von Konstantinopel verblieben dem Byzantinischen Reich nur noch wenige Städte am Marmarameer (Selymbría, Herákleia, Raidestós, Pánidos) sowie ein Streifen der Schwarzmeerküste (Mesembría, Anchíalos, Sozópolis, Agathópolis). Dieser Besitz ging nach der Schlacht bei Nikópolis/Nikopol (1396) verloren, konnte jedoch nach dem Sieg des Timur Lenk über die Osmanen bei Angora (1402) wieder zurückgewonnen werden, bis das Jahr 1453 den definitiven politischen Einschnitt nach sich zog.38

5.2 .2 Makedonien Seit der römischen Eroberung dieses Teils der Balkanhalbinsel setzte sich die Provinz Makedonien (Macedonia) aus einem Kernbereich und dem nördlich angrenzenden Illyricum zusammen. Der

35

Soustal, Thrakien, 74–99; Külzer, Ostthrakien, 96–140. Siehe auch: Asdracha, La Thrace orientale; Gagova, Bulgarian-Byzantine Border in Thrace; dies., Trakija prez bălgarskoto srednovekovie.

36

Soustal, Thrakien, 99–117; Külzer, Ostthrakien, 140–156. Siehe auch: Bartusis, Chrelja and Momčilo; Gagova, La Thrace du Nord.

37

Bogiatzēs, Η πρώιμη oθωμαvoκρατία στη Θράκη, 77–136.

38

Soustal, Thrakien, 117–124; Külzer, Ostthrakien, 156–172

666

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Thrakien Thrakien und Makedonien und Makedonien als Rückgrat als Rückgrat der byz. der Administration byzantinischen aufAdministration der Balkanhalbinsel

Kernbereich erstreckte sich im Wesentlichen vom Unterlauf des Flusses Mesta (Néstos) im Osten bis zum Ochridsee im Westen. Die Grenzen des nördlich davon gelegenen Illyricums lassen sich in jener Zeit nicht klar umreißen.39 Bis zum Beginn des Prinzipats umfasste diese Provinz vor allem die zentrale Balkanhalbinsel. 146 v. Chr. wurde Achaia dem Proconsul Makedoniens unterstellt, und in der Folge wurde die makedonische Provinz im Zuge der römischen Eroberungen weit nach Norden und Osten erweitert. Mit der Einrichtung einer römischen Provinz Achaia im Jahre 27 v. Chr. gingen die südlichen Bereiche Makedoniens in der neu begründeten Provinz auf, zu der unter anderem Gebiete von Thessalien, Ätolien und Akarnanien zählten. Allerdings hat es den Anschein, dass Teile von Epirus (hier vermutlich die südillyrische Region) bei Makedonien verblieben.40 15 n. Chr. wurde Moesien im Norden von Makedonien abgetrennt. Schließlich ging das Gebiet zwischen den Flüssen Mesta und Marica (Hébros) im Jahre 44 n. Chr. oder 46 n. Chr. in der Provinz Thrakien auf.41 Somit begrenzte die Provinz Moesia superior in der Prinzipatszeit die Provinz Macedonia im Norden.42 Im Osogovo-Gebirge grenzten die Provinzen Macedonia, Moesia und Thracia aneinander.43 Das Strymóntal zwischen den Pässen Kresna und Rupel gehörte zu Makedonien, während die Grenze zwischen Makedonien und Thessalien am südlichen Fuß des Olymp verlief. Offensichtlich wurde bei der Provinzorganisation die damalige Sprachgrenze zwischen dem griechischsprachigen Makedonien und dem lateinischsprachigen Moesien berücksichtigt. Dies belegen die Inschriften, die südlich des Grenzverlaufs vorwiegend griechisch, im Norden hingegen lateinisch abgefasst sind (die sog. Jireček-Linie).44 Unter dem römischen Kaiser Gallienus (253 – 268) wurden sowohl comitatenses als auch limitanei als Militäreinheiten in Makedonien stationiert. Weiters hatte Makedonien seit dessen Regierungszeit einen militärischen Dux. Dieser Prozess der Militarisierung erstreckte sich bis zur Regierung Konstantins I (s. hierzu ebenso in Teil I: Kap. 5.1.2 – 3 u. 5.3.1).45 Nach der Evakuierung der römischen Provinz Dacia Traiana im Jahre 271 fasste der römische Kaiser Aurelian (270 – 275) Untermoesien und den nördlichen Teil Obermoesiens zu der neuen Provinz Dacia Aureliana zusammen, während im südlichen Teil Obermoesiens die Provinz

39

Papazoglou, Quelques aspects de l’histoire de la province de Macédoine, 328f.; Soustal, Thrakien, 47–52.

40

Papazoglou, Quelques aspects de l’histoire de la province de Macédoine, 325; dies., Les villes de Macédoine à l’époque romaine, 82f.

41

Dies., Quelques aspects de l’histoire de la province de Macédoine, 328f.; Soustal, Thrakien, 47–52.

42

Mikulčić, Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen, 21–28.

43

Ders., Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen, 21; Papazoglou, Les villes de Macédoine, 85–88.

44

Jireček, Geschichte der Serben, Bd. 1, 38f. Vgl. dazu: Gerov, Die lateinisch-griechische Sprachgrenze.

45

Dunn, Continuity and Change in the Macedonian Countryside,554, 565.

HGSOE, Bd. 1

667

Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

Dardania um die Wende des 3./4. Jahrhunderts eingerichtet wurde. Deren Südgrenze blieb bis in das 6. Jahrhundert unverändert.46 Im Zuge der Neuordnung der Provinzen im Imperium Romanum unter dem römischen Kaiser Diokletian erhielt Galerius als Caesar die Aufsicht über die illyrischen Provinzen. Nach Galerius’ Tod im Jahre 311 gab es wiederholt militärische Auseinandersetzungen zwischen Licinius und Konstantin (I.) um die Provinzen auf der Balkanhalbinsel, wobei sich der letztere schließlich durchsetzte und ab 324 Alleinherrscher des Imperium Romanum wurde.47 Durch die Reformen des Reiches bereits unter Diokletian und dann auch unter Konstantin I. wurde das Gebiet der weit gefassten Provinz Makedonien auf die Provinzen Macedonia, Thessalia und Epirus Nova (den „illyrischen Teil“ Makedoniens) aufgeteilt. Die drei genannten Provinzen bildeten zusammen mit Achaia, Epirus Vetus, Praevalitana und Kreta den südlichen Teil der Diözese Moesia.48 Hierbei erfolgte die Gründung von Epirus Nova vor den Jahren 333/334.49 Lychnidós (Ochrid) hat auch noch im 5. und 6. Jahrhundert zu Epirus Nova gehört. Dies bedeutet, dass die Westgrenze Makedoniens bzw. die Ostgrenze von Epirus Nova bis zur Einwanderung der Slawen unverändert blieb. Eine Provinz Macedonia salutaris (vermutlich mit der Hauptstadt Stobi) scheint nur in der Notitia Dignitatum auf. Innerhalb der Präfektur Illyricum sind die Provinzen Macedonia und Macedonia salutaris angeführt. Der genaue Zeitpunkt der Gründung (die 380er Jahre im Zuge der Bekämpfung der Goteneinfälle?) und der Auflösung (Ende des 4. Jahrhunderts, vor 412) der Macedonia salutaris sind nicht bekannt. Die ephemere Provinz dürfte den Nordwesten Makedoniens umfasst haben.50 Nach der Provinzteilung (wohl 386) wurde Macedonia prima von einem vir consularis, die Macedonia salutaris von einem praeses verwaltet.51 In frühbyzantinischer Zeit umfasste „Makedonía“ jenes Gebiet im Herzen der Balkanhalbinsel, das im Süden bis zum Ägäischen Meer, dem Olymp und dem Mittellauf des Flusses Aliákmon reichte, im Westen auf der Höhe der Prespaseen bzw. des Ochridsees lag, im Norden auf dem Kamm des Golešnica-Gebirges bzw. im Tal des oberen Vardar (Axiós) und beim Pass von Kresna endete und schließlich im Osten vom Piringebirge begrenzt wurde.52 Mit der sogenannten Reichsteilung des Kaisers Theodosius I. (379 – 395) fiel die Diözese Macedonia im Jahre 395 als Teil des östlichen Illyricum an den Ostteil des Imperium Romanum. Im ausgehenden 6. und im 7. Jahrhundert siedelten sich in weiten Gebieten Makedoniens Slawen an.

46

Mikulčić, Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen, 21; Papazoglou, Les villes de Macédoine, 87.

47

Külzer, Ostthrakien, 77f.

48

Mikulčić, Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen, 25; Papazoglou, Les villes de Macédoine, 90.

49

Papazoglou, Les villes de Macédoine, 92f.

50

Mikulčić, Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen, 25; Papazoglou, Les villes de Macédoine, 94f., 98.

51

Mikulčić, Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen, 28.

52

Soustal, s. v. Makedonien.

668

HGSOE, Bd. 1

Thrakien Thrakien und Makedonien und Makedonien als Rückgrat als Rückgrat der byz. der Administration byzantinischen aufAdministration der Balkanhalbinsel

Thessaloniki wurde mehrmals belagert (586 durch Awaren und Slawen; wahrscheinlich 604 und 616 durch Slawen; 618 durch Awaren und Slawen; 676 und 677 durch Slawen).53 Unter der Alleinherrschaft der Kaiserin Eiréne/Irene (797 – 802) wurde das Thema Makedonía gegründet. Dieses hatte jedoch sein Zentrum im thrakischen Adrianopel und sein ganzes Territorium befand sich nicht auf makedonischem, sondern auf thrakischem Gebiet. Das Thema Makedonía schloss östlich an das Thema Thráke an, das um 680 gegründet worden war. Makedonía umfasste somit die einstigen Provinzen Thráke, Rodópe und Haimimóntos, während als Thráke das Gebiet der Provinz Európe verstanden wurde. Diese Verlagerung von Makedonía nach Osten war eine Folge der slawischen Landnahme im makedonischen Raum. In dieser Verlagerung kommt vermutlich die Entschlossenheit der Byzantiner zum Ausdruck, auf diese Provinz nicht zu verzichten, sondern die Verwaltungsstrukturen zeitweilig in ein sicheres Gebiet zu verlegen, von dem aus eine Rückeroberung durchgeführt werden konnte.54 Um 890 dürfte die byzantinisch-bulgarische Grenze im makedonischen Bereich in etwa auf der Linie von Ochrid im Westen bis Strumica im Osten verlaufen sein.55 Nach dem Sieg des byzantinischen Kaisers Basíleios II. über den Zaren Samuil wurden die zurückeroberten Gebiete als Bulgaría mit der Provinzhauptstadt Skopje eingerichtet. Allerdings führte die Unzufriedenheit mit der Herrschaft der Byzantiner in den von Basíleios II. unterworfenen Gebieten 1040 zu einem Aufstand der slawischen Bevölkerung unter Peter Deljan, der als Enkel Samuils auftrat. Die Erhebung nahm in Belgrad ihren Anfang und erfasste weite Teile Makedoniens. Es kam zu Angriffen auf Thessaloniki und zum Überlaufen großer Teile der Bevölkerung des Thema Nikópolis in Epirus zu den Aufständischen. Der Aufstand scheiterte jedoch an der Uneinigkeit der aufständischen Gruppen.56 Das 11. und 12. Jahrhundert waren für Westmakedonien von normannischen Invasionen geprägt. Im Herbst 1083 hatte Aléxios I. Komnenós (1081 – 1118) die Normannen aus Kastoriá vertrieben. Allerdings standen die Normannen etwa ein Jahrhundert später erneut in Makedonien. 1185 zogen sie von Dyrrháchion (Durrës) ausgehend auf der Via Egnatia, kontrollierten für wenige Monate Kastoriá und eroberten Thessaloniki, wurden jedoch bereits im November des Jahres bei Amphípolis von einem byzantinischen Heer besiegt.57 Zu Beginn des 13. Jahrhunderts fielen große Teile Makedoniens an den bulgarischen Zaren Kalojan (1197 – 1207), während die Kreuzritter die Gebiete westlich des Flusses Vardar beherrschten. Aufgrund des politischen und militärischen Gegensatzes zwischen dem epirotischen Reich

53

Lilie, Die byzantinische Reaktion auf die Ausbreitung der Araber, 68; Pritsak, The Slavs, 402–405. Vgl. dazu auch: Lemerle, Les plus anciens Recueils des Miracles de saint Démétrius, Bde. 1–2.

54

Christophilopoulou, Βυζαντινή Μακεδονία. Vgl. dazu im Besonderen: Koder, Macedonians and Macedonia in Byzantine Spatial Thinking; Stavridou-Zafraka, Slav Invasions and the Theme Organization; dies., Τα θέματα του Μακεδονικού χώρου; dies., The Development of the Theme Organisation in Macedonia.

55

Dies., Τα θέματα του Μακεδονικού χώρου, 169.

56

Fine, The Early Medieval Balkans, 204–206; Soustal, s. v. Makedonien, 995.

57

Angold, The Byzantine Empire, 263–271.

HGSOE, Bd. 1

669

Teil II: 5. Verwaltungsstrukturen in den byzantinischen Balkanprovinzen

und dem von Nikäa, in dem sich letzteres in der Schlacht von Pelagonía (Bitola/Monastir) 1259 schließlich durchsetzte, konnte eine administrative Stabilisierung in Makedonien nicht dauerhaft erzielt werden.58 In dieses Machtvakuum expandierte in der Folge das serbische mittelalterliche Reich. Laut Ljubomir Maksimović gab es insgesamt vier Phasen der Politik des serbischen mittelalterlichen Reiches gegenüber dem byzantinischen Makedonien. In einer ersten Phase kam es unter Stefan dem Erstgekrönten (1196 – ca. 1228) und seinem Bruder, dem Heiligen Sava I. Nemanjić (1219 – 1233), zunächst nur zu einer schrittweisen diplomatischen Annäherung an besagtes Gebiet.59 In der Regierungszeit des Königs Stefan Uroš I. (1243 – 1276) setzte die zweite Phase der obengenannten serbischen Politik ein, die ab 1257 von punktuellen militärischen Vorstößen nach Süden mit der vorübergehenden Eroberung von Skopje, Kičevo und Prilep geprägt war. Durch den Sieg der Truppen des Reiches von Nikäa bei Pelagonía 1259 gingen diese temporären territorialen Gewinne allerdings wieder verloren.60 Mit König Stefan Uroš II. Milutin (1282 – 1321) begann die dritte Phase der Politik des serbischen Reiches im Hinblick auf das byzantinische Makedonien. Diese Phase hatte die Eroberung neuer Territorien im Süden zum Ziel. In den Jahren 1282/1283 (bis 1298) wurden daraufhin Skopje und die Regionen Polog, Ovče Pole, Zletovo und Pijanec der byzantinischen Herrschaft entzogen. Schließlich verfestigte sich die byzantinisch-serbische Grenze auf der Linie Kruja-Ochrid-Prilep-Prosek-Štip, wobei Štip 1299 vorerst byzantinisch blieb.61 Bereits unter den Königen Stefan Uroš II. Milutin und Stefan Uroš III. Dečanski (1322 – 1331), im Besonderen aber unter König Stefan Uroš IV. Dušan (1331 – 1355), setzte die vierte und letzte Phase der serbischen Politik in Makedonien ein, nämlich diejenige der Transformation des dauerhaften Zuganges in eine dauerhafte Präsenz, wodurch Makedonien der Dynastie der Palaiologen, die zeitgleich durch Bürgerkriege geschwächt worden waren, definitiv entzogen wurde.62 Dies führte unter anderem zur Übernahme von Funktionsweisen der lokalen spätbyzantinischen Verwaltung in die administrativen Strukturen des serbischen mittelalterlichen Reiches.63 Der plötzliche Tod Stefan Dušans im Jahre 1355 führte jedoch zu einer politischen und administrativen Zersplitterung seines Reiches und zur Bildung lokaler Herrschaften in Makedonien. König Vukašin und sein Sohn Marko herrschten im Norden und Westen, die Brüder Jovan und Konstantin Dejanović im Osten, Despot Jovan Uglješa im Südosten und Radoslav Hlapen und Toma Preljubović im Südwesten dieses einstmals byzantinischen Gebietes. Mit der Expansion der Osmanen in Thrakien und deren Sieg an der Marica gegen die Heere der Brüder Vukašin und

58

Geanakoplos, Greco-Latin Relations on the Eve of the Byzantine Restoration; ders., Emperor Michael Palaeologus and the West, 47–74; Mihajlovski, The Battle of Pelagonia; Wirth, Von der Schlacht von Pelagonia bis zur Wiedereroberung Konstantinopels.

59

Maksimović, Makedonija u politici srednjovekovne Srbije, 31–33.

60

Ebd., 33–35.

61

Ebd., 36f.

62

Ebd., 38f.

63

Blagojević, Državna uprava, 246–266.

670

HGSOE, Bd. 1

Thrakien Thrakien und Makedonien und Makedonien als Rückgrat als Rückgrat der byz. der Administration byzantinischen aufAdministration der Balkanhalbinsel

Jovan Uglješa im Jahre 1371 stand der Weg entlang der Via Egnatia nach Makedonien offen. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts vollzog sich daraufhin die Einverleibung ganz Makedoniens (mit Ausnahme der Stadt Thessaloniki) in das Osmanische Reich, wodurch eine neue Ära ihren Anfang nahm.64

64 Die

altosmanischen anonymen Chroniken (Übers. Giese), Teil 2, 32–34; Mihaljčić, Kraj srpskog carstva; Novaković, Srbi i Turci XIV i XV veka, 168–186; Ostrogorski, Serska oblast posle Dušanove smrti, 140–143; Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 1, 379 (Nr. 5), 398 (Nr. 5), 561 (Nr. 5).

HGSOE, Bd. 1

671

Mihailo St. Popović

→ KARTE XVII

6. W  IRTSCHAFT UND FINANZEN IN DEN BYZANTINISCHEN BALKANPROVINZEN (VERKEHRSWEGE, ANBAUPRODUKTE, METALLE, HANDEL, HANDWERK, GELD)

In byzantinischer Zeit war die Balkanhalbinsel ein komplexer und vielschichtiger Wirtschaftsraum, in dem zahlreiche Herrscher, deren Herrschaftsgebilde und soziale Gruppen – ungeachtet oszillierender politischer sowie militärischer Entwicklungen – interagierten und miteinander in regem Austausch standen.

6.1

DIE VERKEHRSWEGE

In der Kontinuität des Imperium Romanum verfügte das Byzantinische Reich in den zwei „Kerngebieten“ der Balkanhalbinsel und Kleinasiens über ein weit verzweigtes Straßennetz.1 Von herausragender Bedeutung für Politik, Verwaltung, Militär und Wirtschaft auf der Balkanhalbinsel waren die zwei Hauptverbindungsachsen der Via militaris von Südosten nach Nordwesten (Konstantinopel – Singidunum/Belgrad) und der Via Egnatia von Osten nach Westen (Konstantinopel – Rom).2

6.1 .1 Die Via militaris und die Via Egnatia Die Via militaris (auch „Heerstraße“, Via diagonalis und Via Traiana3 genannt) wurde von den Römern im Jahre 33 n. Chr. im Flusstal der Velika Morava angelegt, während die Strecke durch Thrakien in der Zeit zwischen 29 und 61 n. Chr. entstanden ist.4 Über die einzelnen Stationen des römischen Straßenverlaufes gibt die Tabula Peutingeriana, eine kartografische Darstellung des

1

Siehe zu den „Kerngebieten“ des Byzantinischen Reiches: Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 16.

2

Vgl. zum Straßennetz auf der Balkanhalbinsel in römischer und byzantinischer Zeit allgemein und zur Via militaris im Speziellen: Avramea, Land and Sea Communications; Jireček, Die Heerstrasse von Belgrad; Kislinger, Reisen und Verkehrswege in Byzanz; Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 66–68; Nystazopoulou-Pélékidou, Le réseau routier du Sud-Est européen; Popović, Zur Lokalisierung des „Trajansweges“; Škrivanić, Roman Roads and Settlements; ders., Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 43–131; Schreiner, Städte und Wegenetz in Moesien, Dakien und Thrakien; Vulić, Le Strade Romane in Jugoslavia, 4–14; Weithmann, Zur Geschichte der Erforschung der Römerstraßen.

3

Siehe zur Bezeichnung Via Traiana im Detail: Popović, Von Budapest nach Istanbul, 47–52. Nunmehr auch in serb. Übers.: ders., Od Budima do Konstantinopolja.

4

Charlesworth, Trade-Routes and Commerce, 119f., 232; Šašel, Viae militares, 235–244; Zirojević, Carigradski drum od Beograda do Sofije, 20.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-22

673

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

römischen Straßennetzes im Imperium Romanum5, Auskunft. In jener Zeit verlief die Via militaris von Singidunum (Belgrad) entlang des rechten (s.) Ufers der Donau nach Viminacium (Kostolac), folgte dem Laufe des Flusses Mlava stromaufwärts, zweigte bei Iovis pago (Veliko Laole) in südöstlicher Richtung ab, um bei Horreum Margi (Ćuprija) auf den Fluss Velika Morava zu treffen. Von dort aus folgte sie diesem Fluss stromaufwärts bis Naissus (Niš). Über Remesiana (Bela Palanka) und Turribus (Pirot) gelangte sie nach Serdica (Sofija). Nach der Durchquerung von Egirca (Ihtiman) und mutatio Soneio (bei der Porta Traiana) erreichte sie die Stadt Philippopel (Plovdiv). Die nächste bedeutende Station war Adrianopel (Edirne). Von dort führte die Via militaris über Burtizo (Babaeski), Bergule (Lüleburgaz), Syrallo (Çorlu) und Perinthos (Marmara Ereğlisi) entlang der Küste des Marmarameeres nach Constantinopolis (Konstantinopel).6 Der genaue Straßenverlauf ist in vielen Einzelheiten bis jetzt nicht mit letzter Sicherheit rekonstruiert.7 In der frühbyzantinischen Zeit zählte die Via militaris zu den bedeutendsten Verkehrsverbindungen Südosteuropas. Im Zuge der Völkerwanderung wurde sie von Ostgoten und Hunnen, später von Slawen und Awaren benutzt.8 Bis zu welchem Grade die Straße dabei der byzantinischen Oberhoheit entzogen wurde und welche Etappen besonders betroffen waren, bedarf in Zukunft ebenfalls eingehender Untersuchungen. Durch die Entstehung des Ersten bulgarischen Reiches (681) und dessen Expansion wurde die Landverbindung der Byzantiner nach Nordwesten gekappt. Erst die im ausgehenden 10. und beginnenden 11. Jahrhundert (1018) erfolgte Zerschlagung des Ersten bulgarischen Reiches seitens der byzantinischen Kaiser Johannes I. Tzimiskés (969 – 976) und Basíleios II. (976 – 1025) brachte abermals die gesamte Via militaris für die Periode von 1018 bis 1194 unter byzantinische Kontrolle.9 In der Zeit der Kreuzzüge hatte die Via militaris eine große militärische und logistische Bedeutung inne. Abteilungen von Kreuzfahrern des Ersten, Zweiten und Dritten Kreuzzuges (1096 – 1099, 1147 – 1149, 1189 – 1192) benutzten sie bei ihrem Marsch in das Heilige Land.10 In diesem Zeitraum (1091 – 1190) führten Aléxios I. Komnenós (1081 – 1118) und seine Nachfolger Krieg gegen das serbische mittelalterliche Reich und nutzten dabei im Rahmen ihrer Feldzüge ebenfalls teilweise die Via militaris.11

5

Bosio, La Tabula Peutingeriana; Miller, Itineraria Romana, 493–610; Rathmann, Tabula Peutingeriana; Talbert, Rome’s World; Weber (Hg.), Tabula Peutingeriana. Codex Vindobonensis 324; ders., Die Tabula Peutingeriana.

6

Miller, Itineraria Romana, 499f., 530–540; Škrivanić (Hg.), Monumenta cartographica Jugoslaviae, Bd. 1, 44f.; vgl. dazu auch: Jireček, Die Heerstrasse von Belgrad, 10–55.; Soustal, Thrakien, 132–135, 190–192; Zirojević, Carigradski drum od Beograda do Sofije, 20.

7

Soustal, Thrakien, 132.

8

Zirojević, Carigradski drum od Beograda do Sofije, 21.

9

Jireček, Die Heerstrasse von Belgrad, 82.

10

Belke, Roads and Travel in Macedonia, 79–82; Jireček, Die Heerstrasse von Belgrad, 82–86; Koytcheva, Civitates et Castra on Via Militaris; dies., Logistics of the Early Crusades in the Balkans; Škrivanić, Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 82–94.

11

Maksimović, Srbija i pravci vizantijskih pohoda.

674

HGSOE, Bd. 1

Die Verkehrswege

Ende 1185 brach in Bulgarien ein Aufstand aus, der zur Gründung des Zweiten bulgarischen Reiches führen sollte. Zwei byzantinischen Niederlagen in den Jahren 1190 und 1194 folgte die Entmachtung des byzantinischen Kaisers Isaak II. Ángelos (1185 – 1195 bzw. 1203 – 1204). Ab dem Fall Konstantinopels im Jahre 1204 und der Schwächung des Byzantinischen Reiches kam es zu oftmaligen Grenzveränderungen und Besitzwechseln entlang der Via militaris durch Bulgaren, Serben und Lateiner, wodurch sie endgültig der byzantinischen Kontrolle entglitt.12 Auch wenn es dem byzantinischen Kaiser Michael VIII. Palaiológos (1259 – 1282) und dessen Nachfolgern gelang, Konstantinopel zurückzuerobern (1261) und die byzantinische Herrschaft auf der südlichen Balkanhalbinsel bis zu einem gewissen Grade wiederherzustellen, bedeutete die dauerhafte Etablierung der Osmanen in Thrakien ab 1352/1354 dennoch einen herben Rückschlag für die Sicherung der Transportwege im europäischen Teil des Byzantinischen Reiches. Zwischen 1352 und 1373 vollzog sich daraufhin die osmanische Landnahme in Thrakien.13 Von 1359 bis 1362 eroberten die Osmanen systematisch einzelne Stationen an bzw. in der Nähe der Via militaris, darunter Barbaros, Çorlu, Misinli, Lüleburgaz, Babaeski, Havsa und Büyükkarıştıran.14 Als der osmanische Sultan Murad I. (1362 – 1389) die Stadt Philippopel zwischen 1363 und 1366 in Besitz nahm, stand ihm der Weg über das obere Tal des Flusses Marica in das bulgarische Zarenreich und in der Folge zur Donau offen, während das Byzantinische Reich in seinem thrakischen Hinterland von der Balkanhalbinsel abgeschnitten wurde.15 Diese Straßenverbindung (Via Egnatia), die nach dem für ihre Errichtung verantwortlichen Proconsul Cnaeus Egnatius (zwischen 145 und 120 v. Chr.) benannt wurde, durchquert den Süden der Balkanhalbinsel in ost-westlicher Richtung und verbindet Konstantinopel und Kleinasien im Osten – als Fortsetzung der Via Appia – mit Rom und Italien sowie dem Adriatischen Raum im Westen.16 Von Konstantinopel (Istanbul) führte sie über Herákleia (Marmara Ereğlisi), Kypsela (İpsala), Christupolis (bei Kavála), Philippoi nach Thessaloniki und von dort über Edessa, Herákleia Lynkestís (Bitola), Lychnidós (Ochrid) und das Shkumbinital nach Dyrrháchion

12

Popović, Von Budapest nach Istanbul, 105f.

13

Beldiceanu-Steinherr, La conquête d’Adrianople par les Turcs; Vogiatzis, Die Anfänge der Türkenherrschaft in Thrakien, 31–71. Auf Neugr. veröffentlicht: Bogiatzēs, Η πρώιμη oθωμαvoκρατία στη Θράκη, 77–136.

14

Popović, Von Budapest nach Istanbul, 107–110. Vgl. dazu im Detail auch: Külzer, Ostthrakien, 192–204; Soustal, Thrakien, 132–135.

15

Vogiatzis, Die Anfänge der Türkenherrschaft in Thrakien, 53. Siehe auch: Popović, The „Young Emperor of Constantinople“.

16

Zur Via Egnatia gibt es (wie auch zur Via militaris) eine reiche Forschungsliteratur: Bitrakova-Grozdanova, Via Egnatia pomeg´u Lychnidos i Pons Servilii; Collart, Une réfection de la Via Egnatia; ders., Les milliaires de la Via Egnatia; Fasolo, La Via Egnatia I; ders., La via Egnatia nel territorio della Repubblica di Macedonia; Filiposki, Prašanjeto za proodnosta na zapadniot del od patot Via Egnatia; Gunaropulu/Chatzopulos, Les milliaires de la voie égnatienne; Hammond, The Western Part of the Via Egnatia; Lilčik´ , Antička patna mreža, 113f.; ders., Via Egnatia, Lihnid – Resen; ders., Via Egnatia in the Republic of Macedonia; Murphey, Patterns of Trade along the Via Egnatia; Mustakas, Το οδικό δίκτυο της Δυτικής Μακεδονίας κατά το Μεσαίωνα; Nystazopoulou-Pélékidou, Le réseau routier du Sud-Est européen; Oikonomidès, The Medieval Via Egnatia; Popović, Moving through Medieval Macedonia; Stoianovich, A Route Type; Tafel, De Via Militari; Walbank, Via illa nostra militaris.

HGSOE, Bd. 1

675

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

(Durrës) bzw. Apollonía (Pojani).17 Die Itinerarien der Spätantike, z. B. das Itinerarium Burdigalense (333 n. Chr.), enthalten gute Beschreibungen ihres Verlaufes. Ab dem 7. Jahrhundert wurde die Via Egnatia durch Awaren, Bulgaren und Slawen der byzantinischen Kontrolle zum Teil entzogen. Besonders um das Jahr 813/814 und im ersten Drittel des 10. Jahrhunderts war die Straße durch die bulgarischen Angriffe unpassierbar. Als Alternative wurde die Strecke von Konstantinopel nach Thessaloniki und umgekehrt per Schiff zurückgelegt. 1096/1097 zog ein Kreuzritterheer auf der Via Egnatia von Dyrrháchion nach Konstantinopel. Infolge des Vierten Kreuzzugs (1204) und der militärischen Operationen des bulgarischen Zaren Kalojan (1197 – 1207) war die Verkehrssicherheit in Thrakien in ihrer Gesamtheit nicht mehr gegeben. Die Kontrolle über die Via Egnatia wurde teilweise durch die Rückeroberung Konstantinopels im Jahre 1261 und die militärischen Folgemaßnahmen im byzantinischen Makedonien unter Michael VIII. Palaiológos und dessen Nachfolgern wiederhergestellt. Sie ging jedoch durch die byzantinischen Bürgerkriege, die Expansion des serbischen mittelalterlichen Reiches nach Süden, den Zug der Katalanischen Kompanie und die osmanische Expansion in Thrakien endgültig verloren.18 Weitere wichtige Verkehrsverbindungen waren die Straße von Belgrad entlang der Donau durch Donaubulgarien bis zum Schwarzen Meer19, die Straßen über das Balkangebirge (Stara planina)20 und die Verbindung Niš–Skopje–Thessaloniki durch das Tal des Flusses Vardar (Axiós).21

6.1 .2 Straßentypologien und Flussschifffahrt Die byzantinischen und slawischen schriftlichen Quellen (hier vor allem Urkunden) zeigen ein breites Spektrum an unterschiedlichen Straßen und Wegen auf der Balkanhalbinsel. An erster Stelle ist anhand seiner Bedeutung der basilikós drómos (kaiserliche Straße) zu nennen. Laut Klaus Belke wurden in frühbyzantinischer Zeit jene Straßen mit dieser Bezeichnung versehen, für die der byzantinische Kaiser in gewissem Ausmaße eine Verantwortung hinsichtlich Organisation bzw. Erhaltung trug.22 Die Vermutung, wonach in spätbyzantinischer Zeit jedwede wichtige Verkehrsverbindung diesen Namen innehatte, lässt sich nicht bestätigen.23 Der basilikós drómos wird in den erwähnten Quellen auch als basiliké hodós bezeichnet. In slawischen Urkunden begegnet er als

17

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 68; vgl. dazu die Detailstudien zum Verlauf von: Külzer, Ostthrakien, 199–202, 342–344; Soustal, Thrakien, 136–138.

18

Külzer, Ostthrakien, 342f.

19

Popović, Zur Lokalisierung des „Trajansweges“.

20

Schreiner, Städte und Wegenetz, 25–35; Soustal, Thrakien, 139–146.

21

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 66, 68; Škrivanić, Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 94–102.

22

Belke, Roads and Travel in Macedonia, 87.

23

Besagte Vermutung wurde von Paul Lemerle geäußert. Siehe dazu den Kommentar in: Actes de Kutlumus, Bd. 1 (Hg. Lemerle), 43. Dagegen: Belke, Roads and Travel in Macedonia, 87, 90.

676

HGSOE, Bd. 1

Die Verkehrswege

veliki put (große Straße) oder als veliki carski put (große kaiserliche Straße). Alle vier Belege beziehen sich auf Langstreckenverbindungen.24 Eine weitere Kategorie ist die palaiá hodós (alte Straße). Diese bezeichnet laut Klaus Belke „a more or less unfunctioning road“.25 Allerdings wohnt diesem Terminus in slawischen Urkunden eine weitere Bedeutung inne, die mit stari put, was das griechische palaiá hodós wörtlich wiedergibt, eine ursprünglich römische Straße kennzeichnet.26 Gelegentlich wird in den erwähnten Urkunden der Begriff hamaxikós verwendet, der als „local carriageable road for the farmers’ oxen carts“ anzusprechen ist.27 In slawischen Quellen begegnet der Begriff kolnik, der allerdings im Gegensatz zu hamaxikós als wichtige überregionale Route für Wagen (kola) diente.28 Der Kategorie der Wege mit einer bestimmten Funktion gehört der sogenannte preki put an, der am ehesten als der „kürzeste Weg“ – im Sinne einer „Abkürzung“ – zu übersetzen ist.29 Zahlreich sind in den byzantinischen und slawischen Urkunden die Belege für lokale Straßen, welche die Bezeichnung drómos/drum bzw. hodós/put tragen. Nur ein Bruchteil dieser Verkehrsverbindungen lässt sich annähernd verorten. Die meisten Belege in den Quellen vermögen lediglich Anhaltspunkte für eine erhöhte Konzentration von Verkehrsverbindungen in einem bestimmten Gebiet zu geben.30 Als Teil des Verkehrsnetzes und als Geldeinnahmequelle spielten Furten auf der Balkanhalbinsel eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die in den Urkunden verwendeten Termini technici geben keinen eindeutigen Hinweis auf die Beschaffenheit einer Furt. Generell entspricht dem byzantinischen Terminus póros31 der slawische brodă32. Bereits Gavro Škrivanić hat die Schwierigkeit der Übersetzung besagter Begriffe betont. Ob es sich um eine begehbare Furt oder um eine Fährverbindung über einen Wasserlauf handelte, ließe sich laut ihm am ehesten anhand der Größe bzw. Breite des betreffenden Flusses beantworten.33 Hiefür fehlen jedoch die hydrographischen Daten.

24

Škrivanić, Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 16–18.

25

Belke, Roads and Travel in Macedonia, 87.

26

Škrivanić, Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 18.

27

Belke, Roads and Travel in Macedonia, 86.

28

Škrivanić, Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 16f.

29 Von

prijeki („gerade, nächste, kürzeste“) bzw. priječac („der gerade, nächste, kürzeste Weg“). Vgl. dazu: Karadžić (Hg.), Srpski rječnik, 608f. Allerdings ist auch eine Interpretation als der „schnellste Weg“ prinzipiell nicht auszuschließen.

30

Vgl. dazu im Detail: Popović, Altstraßenforschung am Beispiel des Tales der Strumica bzw. Strumešnica.

31

Póros kann u. a. wie folgt übersetzt werden: „ford, ferry, bridge“ [vgl. A Greek-English Lexicon (Hgg. Liddell/ Scott/Jones), 1450f.] bzw. „Furtgebühr, Furtmaut“ [Lexikon zur byzantinischen Gräzität (Hg. Trapp), Bd. 1, 1353]

32

Miklosich, Lexicon Palaeoslovenico-Graeco-Latinum, 45. Vgl. dazu auch den Lexikonbeitrag von: Mišić, s. v. Brod; weiters: ders., Korišćenje unutrašnjih voda u srpskim zemljama.

33

Škrivanić, Putevi u srednjovekovnoj Srbiji, 23.

HGSOE, Bd. 1

677

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

Noch schwieriger als die Verortung lokaler Straßen gestaltet sich die Beantwortung der Frage nach der Schiffbarkeit regionaler Wasserwege auf der Balkanhalbinsel.34 Obwohl dazu wissenschaftliche Überblicksarbeiten existieren, wie zum Beispiel von Elisaveta Todorova35 oder Siniša Mišić36, bleiben zahlreiche Fragen offen. Dies trifft vor allem auf die Zubringer der Flüsse Vardar und Struma (Strymon) zu.37

34

Die Schiffbarkeit großer Wasserläufe wie zum Beispiel der Donau war ohne Zweifel über die Jh. gegeben. Vgl. zur Donau im Detail: Weithmann, Die Donau. Mit zusätzlicher, weiterführender Literatur: Popović, Zur Lokalisierung des „Trajansweges“.

35

Todorova, River Trade in the Balkans.

36

Mišić, Korišćenje unutrašnjih voda u srpskim zemljama. Siehe dazu auch: Živojinović, L’irrigation des terres en Serbie médiévale.

37

Vgl. zur Schiffbarkeit des Flusses Vardar in byzantinischer Zeit z. B. den Bericht des Diplomaten und Historikers Nikephóros Gregorás: Nikephoros Gregoras, I–II (ed. Schopen), 380. Siehe dazu auch: Todorova, River Trade in the Balkans, 47.

678

HGSOE, Bd. 1

Siedlungsstrukturen

6.2

SIEDLUNGSSTRUKTUREN

Die räumliche Erfassung des Byzantinischen Reiches fußt im Wesentlichen auf jenen wissenschaftlichen Resultaten, die im Rahmen der historischen Geographie innerhalb der Byzantinistik erarbeitet werden. Hiebei ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass aufgrund der langen zeitlichen – das heißt vom 4. bis zum 15. Jahrhundert – sowie räumlichen Erstreckung des Byzantinischen Reiches im östlichen Mittelmeerraum ein einheitliches Raumgliederungsmodell nur in bedingtem Maße zur Anwendung kommen kann. Regionale versus überregionale Siedlungsentwicklungen erschweren die Gesamtschau und haben in jüngster Vergangenheit verstärkt zu zeitlich bzw. räumlich begrenzten Lokalstudien unter starker Einbeziehung der Archäologie und von Surveys geführt.38 Breit aufgestellte, siedlungsspezifische Datengrundlagen zur Balkanhalbinsel in byzantinischer Zeit werden im Wesentlichen von zwei historisch-geographischen Großprojekten geschaffen. Beim ersten handelt es sich um die Tabula Imperii Romani (TIR), das seit 1928 einen Atlas des Römischen Reiches im Maßstab 1:1,000.000 mit Begleitbänden erstellt und teilweise die frühbyzantinische Zeit erfasst.39 Das zweite – Byzanz relevantere – Projekt ist seit 1966 die an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien basierte Tabula Imperii Byzantini (TIB), die Aspekte der Quellenforschung, Geschichte, Archäologie, Bibliographie und der Feldforschung/Surveys gleichermaßen vereint und Bände für einzelne byzantinische Provinzen mit Begleitkarten 1:800.000 veröffentlicht.40 Beiden Projekten ist eine Zusammenschau der quellenbasierten und/oder archäologischen Daten gemein, wobei für die Tabula Imperii Byzantini als Kerngebiete der Forschung von Anbeginn die Balkanhalbinsel und Kleinasien definiert wurden.41 Bereits seit dem Ende der 1970er Jahre wurden Überlegungen angestellt, ob und wie gegenwartsbezogene Raumgliederungsmodelle regressiv für die Analyse historisch-geographischer Datensätze – und hier im Besonderen zur Siedlungsstruktur des Byzantinischen Reiches – zur Anwendung kommen könnten.42

38

Vgl. dazu z. B. die Überblicksdarstellungen von: Philippson, Das Byzantinische Reich als geographische Erscheinung; Koder, Der Lebensraum der Byzantiner. Als anschauliche Lokalstudie sei genannt: Veikou, Byzantine Epirus. A Topography of Transformation.

39

Siehe dazu: Union Académique Internationale. Tabula Imperii Romani (TIR) – Forma Orbis Romani, unter .

40

Siehe zum Projekt Tabula Imperii Byzantini (TIB) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften : Koder, Überlegungen zu Konzept und Methode der „Tabula Imperii Byzantini“; ders., Perspektiven der Tabula Imperii Byzantini; Külzer, Möglichkeiten zur Rekonstruktion historischer Landschaften; Popović, Mapping Byzantium; ders., Historische Geographie und Digital Humanities, 10–17.

41

Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 8–10.

42

Koder, Überlegungen zu Konzept und Methode der „Tabula Imperii Byzantini“, 260. Siehe dazu auch: ders., The Urban Character of the Early Byzantine Empire.

HGSOE, Bd. 1

679

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

6.2 .1 Dörfliche und städtische Gemarkungen Siedlungen mit vorwiegend ländlichem Charakter hatten klar definierte „Grenzen“ und „Rechte“, die in ihrer Gesamtheit als Dorfgemarkung anzusprechen sind. In den südslawischen Sprachen wurde die besagte Gemarkung im Mittelalter als otes bezeichnet und wird jetzt noch als atar angesprochen.43 Berechnungen anhand von Fallbeispielen haben gezeigt, dass die durchschnittliche räumliche Ausdehnung von dörflichen Gemarkungen in der historischen Landschaft Makedonien rund 15 km2 betragen haben dürfte, was wiederum einem Radius von etwa 2 km entspricht.44 Gemäß der topographischen Realität waren Dorfgrenzen keineswegs ideal, vielmehr haben sie sich, wie auch jetzt, den jeweiligen geographischen und geologischen Bedingungen (z. B. der Bodenqualität) bzw. den Verkehrswegen zu Lande und zu Wasser, aber auch anthropogenen Faktoren, angepasst. Hinweise auf „städtische Gemarkungen“ auf der Balkanhalbinsel im Mittealter lassen sich ebenfalls in den schriftlichen Quellen (z. B. des 14. Jh.s) finden. So wird zum Beispiel in einer slawischen Urkunde des serbischen Lokalherrschers Jovan Dragaš für das Kloster Chilandar auf dem Heiligen Berg Athos aus dem Jahre 1377 das „Dorf Vardišta auf dem städtischen Metochion“ (selo Vardišta na grad’skom’ metohu) der Stadt Štip erwähnt.45 Offensichtlich war das „städtische Metochion“ jenes Territorium rings um die Stadt, das den Stadtbehörden unterstand, der Versorgung der Stadt diente und im vorliegenden Falle einen Radius von rund 7 km umfasst haben dürfte. Besagter Radius leitet sich aus der Tatsache ab, dass zwar das Dorf Vardišta jetzt nicht mehr existiert, jedoch eine gleichnamige Flur rund 7 km ostnordöstlich der Stadt Štip.46 Die unmittelbare Umgebung von Städten auf der Balkanhalbinsel, in der die Stadtbewohner über Obstgärten, Weingärten und Weideflächen verfügten, diente der lokalen Nahrungsmittelproduktion für die betreffenden urbanen Zentren.47 Etwaige „freie“ Flächen zwischen den städtischen bzw. dörflichen Siedlungseinheiten sind nicht selbstredend als „Lücken“ in der Raumgliederung aufzufassen. Vielmehr konnten sie das Resultat politisch-militärisch-demographisch-wirtschaftlich bedingter Wüstungsprozesse sein48 oder für die Weidewirtschaft (s. u.) in den jeweiligen Regionen genutzt worden sein.49 43

Mihaljčić, s. v. Selo; Maksimović/Popović, Le village en Serbie médiévale; Purković, Srpska kultura srednjega veka, 17.

44

Kravari, L’habitat rural en Macédoine occidentale, 88f.

45

Actes de Chilandar, Bd. 2 (Hg. Korablev), 534 (Nr. 60).

46

Siehe zu weiteren Beispielen „städtischer Metochia“: Blagojević, Sporovi oko srednjovekovnih međa, 9f.

47

Mrgić, Transition from Late Medieval to Early Ottoman Settlement Pattern, 62f.: „[…] land parcels (orchards, vineyards, pastures) of its citizens positioned in the immediate vicinity of the urban settlement and of the villages pertaining to the town. The size of a town district, its economic structure and the pattern of the nestled villages, varied greatly through space and time, but no town could exist without a district and therefore its borders were known, visibly marked, respected and defended. […].“

48

Mihaljčić, Selišta.

49

Popović, Spätbyzantinische Siedlungen und wlachische Transhumanz; ders, Les Balkans. Routes, foires et pastoralisme; ders., Vlachen in der historischen Landschaft Mazedonien.

680

HGSOE, Bd. 1

Siedlungsstrukturen

6.2 .2 Der Begriff der „Stadt“ Die byzantinischen Städte waren Zentren von Handel und Handwerk und hatten, abhängig von ihrer Größe, auch eine Bedeutung für die Verwaltung, Kunst und Kultur. In der frühbyzantinischen Zeit setzten sie zunächst die Traditionen der römischen Periode fort. In der byzantinischen Stadt des 6. Jahrhunderts waren die bedeutendsten öffentlichen Bauten je nach Größe das Hippodrom, die öffentlichen Bäder, Verwaltungsgebäude, der Aquädukt, Kirchen, Hospitäler und Pilgerherbergen sowie Friedhöfe, die in den meisten Fällen außerhalb der Stadtmauern lagen. Im Laufe des 6. Jahrhunderts stieg der jeweilige örtliche Bischof sehr oft zum Oberhaupt der Stadt auf, wodurch die antiken römischen urbanen Lebensweisen transformiert wurden. Für die Mitte des 5. Jahrhunderts überliefert der Synékdemos („Reisebegleiter“) des Hierokles, eine administrative sowie geographische Quelle aus dem 6. Jahrhundert (ca. 527/528), für die östliche Reichshälfte 64 Provinzen mit 923 Städten (gr. póleis).50 Große Einschnitte in der Siedlungsstruktur stellten ohne Zweifel die sogenannte „Justinianische Pest“ der 540er Jahre und die slawische Landnahme auf der Balkanhalbinsel (von ca. 580 bis 626) dar. Damals ging die Zahl der Siedlungen – sowohl der Städte als auch der Dörfer – auf offenem Land stark zurück. Ab dem 6. Jahrhundert stand auf der Balkanhalbinsel im Byzantinischen Reich die Sicherheit der Einwohner siedlungstypologisch im Vordergrund. Deshalb wurde das ummauerte Stadtgebiet bewusst klein gehalten und dicht besiedelt. Zudem erfolgte eine Verlegung der Siedlungen in sichere Lagen. Geprägt war das Stadtbild durch Kirchen als Gemeinschaftsbauten. Die städtische Entwicklung ist aufgrund des Mangels an schriftlichen Quellen in den sogenannten „dunklen Jahrhunderten“ (7./8. Jh.) im Allgemeinen schwer zu rekonstruieren. Sehr wahrscheinlich begann in dieser Periode, der Unterschied zwischen Stadt (gr. pólis, später kástron) und den dörflichen Siedlungen graduell zu verwischen. In der mittelbyzantinischen Zeit dürfte es auf dem Balkan (z. B. Kastoriá, Korinth, Sérres) zu einer Blüte der Städte gekommen sein, die mit einer Entfaltung von Handwerk und Handel zu erklären ist. Als Folge des Vierten Kreuzzuges (1204) wuchs die Kenntnis über die Festungsbautechnik und die Bedeutung von Burgen als Feudalsitze.51 In der spätbyzantinischen Zeit ist unter dem Begriff „Stadt“ (gr. kástron, slaw. grad’) die „Oberstadt“ einer Siedlung zu verstehen. Die „Oberstadt“ hatte Festungscharakter, verfügte über eine Garnison, diente der Verteidigung der Siedlung in ihrer Gesamtheit und konnte – musste aber nicht zwangsläufig – zivile Siedlungsstrukturen aufweisen. Reiches schriftliches Quellenmaterial

50

Hierokles, Le synekdèmos d’Hiéroklès (ed. Honigmann).

51

Vgl. dazu unter anderem: Angold, The Shaping of the Medieval Byzantine „City“; Bouras, City and Village; ders., Aspects of the Byzantine City; Brandes, Byzantine Cities in the Seventh and Eighth Centuries – Different Sources, Different Histories?; ders., Die Entwicklung des byzantinischen Städtewesens; Claude, Die byzantinische Stadt im 6. Jahrhundert; Dunn, The Transition from Polis to Kastron; ders., Heraclius’ „Reconstruction“ of Cities; Haldon, The Idea of the Town in the Byzantine Empire; Kirsten, Die griechische Polis als historisch-geographisches Problem; ders., Die byzantinische Stadt; Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 118–128; Liebeschuetz, The End of the Ancient City; Müller-Wiener, Von der Polis zum Kastron; Ravegnani, Kastron e Polis. Ricerche sull’organizzazione territoriale; Spieser, Urban Religious Spaces in Late Antiquity; Ward-Perkins, Can the Survival of an Ancient Town-Plan be used as Evidence of Dark-Age Urban Life?

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Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

zur inneren Struktur von Städten auf der Balkanhalbinsel in der spätbyzantinischen Zeit ist in den byzantinischen und slawischen Urkunden der Klöster des Heiligen Berges Athos überliefert.52 Zu Füßen der „Oberstadt“ lag in der Regel die „Unterstadt“ und umfasste die zivile Siedlung samt Marktplatz. In diesem Zusammenhang sind zwei Termini ins Treffen zu führen. Dem griechischen Terminus empórion entspricht der slawische tr’g’. Das griechische proásteion ist hingegen dem slawischen pod”gradije gleichzusetzen. Allerdings lässt der Begriff proásteion je nach Kontext der schriftlichen Quelle auch die Deutung „Vorstadt“ zu.53 Zahlreiche weitere Beispiele für mittelalterliche Städte auf der Balkanhalbinsel, die dieses Schema der Siedlungsstruktur aufweisen, lassen sich dem historisch-geographischen Lexikon von Siniša Mišić entnehmen.54

6.2 .3 Der Begriff der „ländlichen Siedlung“ Die Entwicklung von ländlichen Siedlungen am Übergang von der Spätantike zur frühbyzantinischen Periode stellt die Forschung aufgrund des spärlichen schriftlichen Quellenmaterials vor Hürden in einer nachhaltigen siedlungsgeschichtlichen Rekonstruktion. Der Krise und dem Niedergang der spätantiken Städte scheint ein Aufschwung ländlicher Strukturen gegenübergestanden zu sein, der mit der Verlagerung wirtschaftlichen Potentials in Zusammenhang steht.55 Diese Hypothese findet in der Archäologie eine Bestätigung, wobei sowohl der zeitliche Ablauf als auch die Intensität der Veränderungen regional unterschiedlich verliefen.56 Eine wichtige schriftliche Quelle zu den ländlichen Strukturen des ausgehenden 7. bzw. des beginnenden 8. Jahrhunderts stellt der Nómos Georgikós dar.57 Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von Rechtsregeln zu Grundbesitz, Bodenbewirtschaftung und Viehzucht, die als Konstante der Landwirtschaft gleichermaßen über Ackerbau und von Viehzucht berichtet und einen hohen Anteil der freien Bauern in der agrarischen Gesellschaft erkennen lässt. Unklar bleibt das zeitliche und räumliche Ausmaß der Geltung

52

Koder, Überlegungen zur ländlichen Siedlungsterminologie der Byzantiner; Maksimović, Charakter der sozialwirtschaftlichen Struktur der spätbyzantinischen Stadt; Matschke, Grundzüge des byzantinischen Städtewesens; ders., Selbstverständnis, Außenansicht und Erscheinungsbilder mittelalterlicher Städte; Popović, Historische Geographie und Digital Humanities, 36f.; ders., Zur Topographie des spätbyzantinischen Melnik; ders., Raumordnung und Stadtgestalt in den Städten auf der Balkanhalbinsel; Živojinović, Settlements with Marketplace Status. Vgl. zu den Häusern in byzantinischer Zeit im Detail: Schreiner, Das Haus in Byzanz nach den schriftlichen Quellen.

53

Maksimović, s. v. Grad; Lexikon zur byzantinischen Gräzität (Hg. Trapp), Bd. 6, 1377; Kovačević-Kojić, s. v. Podgrađe.

54

Mišić (Hg.), Leksikon gradova i trgova srednjovekovnih srpskih zemalja.

55

Köpstein, Zu den Agrarverhältnissen; Lemerle, The Agrarian History of Byzantium.

56

Anschauliche Beispiele, hier zu Kleinasien, sind zu finden in: Niewöhner, Aizanoi and Anatolia.

57

Edition in: Nomos Georgikos, Vizantijskij zemledel’českij zakon (Übers. Lipšic/Medvedev/Piotrovskaja); siehe auch: Ashburner, The Farmer’s Law.

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Siedlungsstrukturen

dieses Rechts.58 Prinzipiell war der byzantinische Kaiser (bzw. Staat) Eigentümer des Landes. Deshalb oblag ihm das Recht, Steuern einzuheben, die Übertragung von Eigentum zu kontrollieren und Land zu beschlagnahmen. Neben dem Besitz kaiserlicher Domänen gab es freies Bauerntum, Großgrundbesitz der „Mächtigen“ (dynatoí) und klösterlichen Grundbesitz.59 Vor dem Gesetzgeber besaß die Dorfgemeinschaft ein gewisses Ausmaß kollektiver Verantwortung. So hatte die Gemeinschaft bei Diebstählen oder Überfällen in ihrem Zuständigkeitsbereich (d. h. innerhalb ihrer jeweiligen Gemarkung, s. o.) Schadenersatz zu leisten. Ansonsten liegen zur inneren Organisation der Dörfer kaum Daten vor. Es dürfte eine Dorfversammlung unter dem Vorsitz des Dorfältesten gegeben haben, der von den Einwohnern oder vom Feudalherrn eingesetzt wurde.60 Seit dem 10. Jahrhundert können im Wesentlichen drei Formen bäuerlicher Siedlungen unterschieden werden: das Dorf (choríon), der Weiler (agrídion) und das Landgut (proásteion). Diese Termini waren im Laufe der byzantinischen Geschichte einem starken Bedeutungswandel unterworfen, bei dem stets Zeit und Kontext der jeweiligen schriftlichen Quelle zu beachten sind.61 Es setzte im Laufe der mittelbyzantinischen Zeit eine schrittweise Erweiterung des Großgrundbesitzes auf Kosten des freien Bauerntums ein, was unter anderem mit den fiskalischen Entwicklungen des Byzantinischen Reiches in jener Zeit einhergeht.62 Ab dem 11. Jahrhundert gibt es zahlreiche Urkunden mit Informationen über ländliche Siedlungen auf der Balkanhalbinsel (so z. B. die reichen Bestände des Heiligen Berges Athos). Besondere Bedeutung kommt hierbei den praktiká (byzantinischen Steuerverzeichnissen) zu, die nicht nur wertvolle Informationen zur Demographie63 und zur vorherrschenden agrarischen Produktion bieten, sondern auch für Raumgliederungsmodelle (s. u.) ausgewertet werden können. Aus den praktiká geht hervor, dass es je nach Region, Bodenbeschaffenheit und klimatischen Verhältnissen in unterschiedlicher Ausprägung Gartenbau (Gemüse), Wein-, Obst- und Olivenkulturen, Ackerbau, Viehzucht (Wiesen, Weiden, Bergweiden), Forstwirtschaft, Jagdgründe, Gewässer und Mühlen geben konnte.64 Die Zonen rings um die ländliche Siedlung waren jeweils für eine bestimmte Art von landwirtschaftlicher Produktion bestimmt: (1) intensiver Gartenbau in unmittelbarer Umgebung

58

Burgmann, Die Nomoi Stratiotikos, Georgikos und Nautikos; Karayannopoulos, Entstehung und Bedeutung des Nomos Georgikos; Lemerle, The Agrarian History of Byzantium, 27–51.

59

Vgl. zu klösterlichem Besitz: Koder, Mönchtum und Kloster als Faktoren der byzantinischen Siedlungsgeographie.

60

Kaplan, Les hommes et la terre à Byzance, 185–218. Einen sehr guten Überblick zu diesem Thema bietet auch der Sammelband: Lefort/Morrisson/Sodini (Hgg.), Les villages dans l’Empire byzantin. Vgl. auch: Blagojević, O jednakim obavezama stanovništva.

61

Koder, Überlegungen zur ländlichen Siedlungsterminologie der Byzantiner; Kravari, L’habitat rural en Macédoine occidentale.

62

Siehe dazu im Überblick: Hendy, The Economy; Laiou (Hg.), The Economic History of Byzantium, Bde. 1–3.

63

Vgl. dazu die exemplarische Analyse dieser Quellengattung durch: Ðoković, Stanovništvo istočne Makedonije.

64

Im Detail: Lefort/Morrisson/Sodini (Hgg.), Les villages dans l’Empire byzantin. Siehe auch: Novaković, Selo iz dela „Narod i zemlja u staroj srpskoj državi“.

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Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

des Siedlungskernes, (2) gefolgt von Wein-, Obst- und Olivenkulturen, (3) extensivem Ackerbau und (4) schließlich Forstwirtschaft sowie Viehzucht.65 Die beschriebenen landwirtschaftlichen Produktionszonen lagen innerhalb der jeweiligen Gemarkung (s. o.), die in Anlehnung an deren Abgrenzungscharakter gegenüber benachbarten Siedlungseinheiten griechisch sýnoron bzw. slawisch sinor/atar genannt wurde. Die Gemarkung wurde mit Hilfe von natürlichen Landschaftsmerkmalen (Felsformationen, markanten Bäumen, Gewässern, etc.) oder mit künstlichen Grenzmarken aus Stein definiert.66 Unzureichend erforscht sind bisher Wüstungs- und Kolonisierungsprozesse auf der Balkanhalbinsel unter byzantinischer Herrschaft und in angrenzenden Gebieten, die mitunter in den schriftlichen Quellen bezeugt sind und durch lokale Erhebungen verortet werden können. Die Gründe für das Verlassen von Siedlungen waren mannigfaltig. Oftmals flohen die Einwohner eines Dorfes vor den Steuerbelastungen zu anderen Adeligen, in die Städte oder auf fremdes Herrschaftsgebiet. Sie wurden allerdings auch von verschiedenen Feudalherren gefangen bzw. geraubt oder durch Kriege vertrieben. Weitere Faktoren bildeten die Rodungen und die Kolonisation von Neuland.67 Ländliche Siedlungen lagen bevorzugt in der Nähe von Flussläufen, an Hochufern von Flüssen bzw. an Mündungen von Bächen und in den Übergangszonen zwischen Ebenen und Gebirgen. Die meisten Siedlungen dieser Art waren unbefestigt, weshalb Plätze gewählt wurden, die aufgrund der natürlichen Lage Schutz vor Feinden und vor der Witterung boten. Die Größenbestimmung der Siedlungen ist aufgrund der Quellenlage schwierig. Generell ist davon auszugehen, dass in Ebenen größere Dörfer vorherrschten, kleine bzw. verstreute Siedlungseinheiten hingegen im Gebirge. Oftmals entstanden neue Dörfer aus dem Zusammenschluss mehrerer Weiler, oder bestehende Dörfer wuchsen in ihrem Umfang durch die Einverleibung angrenzender Weiler. In byzantinischen Quellen – besonders Urkunden – begegnet unter anderem der Begriff palaiochórion (Altdorf ), der oft auch die Bedeutung „verlassenes Dorf“ haben kann. Der Begriff kann jedoch in bestimmten Fällen darauf hindeuten, dass ein „altes Dorf“ (weiterhin) existierte, aus dem sich ein „neues Dorf“ entwickelte. In diesem Zusammenhang ist auch das Toponym palaioekklesiá (alte Kirche) zu nennen, das je nach Kontext der Quelle eine alte oder verlassene Kirche bzw. einen Ort bezeichnen kann, wo sich vormals eine Kirche befunden hat.68 Im Zuge der osmanischen Expansion wurden Steuerverzeichnisse (Defter) der neuen Machthaber geschaffen, die Lehnsnehmer (im Rahmen des Timarsystems), Steuerzahler und landwirtschaftliche

65

Koder, The Urban Character of the Early Byzantine Empire; ders., Land Use and Settlement, 161f.; stark basierend auf der Theorie von: Thünen, Der isolirte Staat.

66

Barjaktarović, O zemljišnim međama u Srba; Biliarsky, Word and Power in Mediaeval Bulgaria, 91; Blagojević, Sporovi oko srednjovekovnih međa; Božanić, Čuvanje prostora; Purković, Odredjivanje medja.

67

Ahrweiler/Laiou (Hgg.), Studies on the Internal Diaspora of the Byzantine Empire; Antoniadis-Bibicou, Villages désertés en Grèce; Beldiceanu/Beldiceanu-Steinherr, Colonisation et déportation dans l’État ottoman; Mihaljčić, Selišta.

68

Koder, Überlegungen zur Bevölkerungsdichte des byzantinischen Raumes; Kravari, L’habitat rural en Macédoine occidentale; Mišić, Korišćenje unutrašnjih voda u srpskim zemljama, 34–69; Popović, Siedlungsstrukturen im Wandel.

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Siedlungsstrukturen

Produktion auflisten, wobei die frühen Defter des 15. und 16. Jahrhunderts im byzantinischen Kontext den höchsten Informationswert haben.69

6.2 .4 Raumgliederungsmodelle Bereits seit dem Ende der 1970er Jahre wurden Überlegungen angestellt, ob und wie gegenwartsbezogene Raumgliederungsmodelle regressiv für die Analyse historisch-geographischer Datensätze zum Byzantinischen Reich zur Anwendung kommen könnten.70 Eine Möglichkeit besteht in der Anwendung von Walter Christallers „Theorie der zentralen Orte“.71 Ursprünglich ging dieser Ansatz auf der Basis der Betrachtung der mitteleuropäischen Verhältnisse im 20. Jahrhunderts von drei Siedlungsebenen unterschiedlicher Rangstufen aus, die in ein hexagonales Raster eingebettet wurden. Als höchste Stufe fungierten „Oberzentren“, gefolgt von „Mittelzentren“ und auf der untersten Stufe von „Unter-“, „Klein-“ bzw. „Grundzentren“.72 Anhand von Fallbeispielen, die für die historische Geographie des byzantinischen Raumes erarbeitet wurden, wurde ersichtlich, dass für das Byzantinische Reich von zwei Siedlungsebenen (nämlich Ober- und Mittelzentren bzw. Unterzentren), d. h. von einer modifizierten Theorie der zentralen Orte, auszugehen ist.73 Basierend auf den bisherigen Modellen geht hervor, dass in der mittel- und spätbyzantinischen Zeit Provinzhauptstädte bzw. administrative Zentren (Ober- und Mittelzentren) zwischen 39 und 46 km voneinander entfernt sein konnten, während die Distanz eines Unterzentrums zur Provinzhauptstadt bzw. zum administrativen Zentrum zwischen 13 und 15 km betragen konnte.74

69

Siehe zu den osmanischen Steuerverzeichnissen und deren Quellenwert: Lowry, Studies in Defterology; ders., Defterology Revisited. Vgl. dazu auch den Überblick in: İnalcik/Quataert (Hgg.), An Economic and Social History of the Ottoman Empire, Bde. 1–2.

70

Koder, Überlegungen zu Konzept und Methode der „Tabula Imperii Byzantini“, 260.

71

Christaller, Die zentralen Orte in Süddeutschland; ders., Das Grundgerüst der räumlichen Ordnung in Europa.

72

Bintliff, Going to Market in Antiquity; Conolly/Lake, Geographic Information Systems in Archaeology, 208– 233; Schätzl, Wirtschaftsgeographie, Bd. 1, 72–84.

73

Koder, Land Use and Settlement, 159–183; Mrgić, Transition from Late Medieval to Early Ottoman Settlement Pattern; Popović, Siedlungsstrukturen im Wandel, 1–62.

74

Koder, Land Use and Settlement, 174, 176.

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Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

6 .3

WIRTSCHAFT

6 .3 .1 Handwerk Die byzantinische Wirtschaft war von der Geld- und der Landwirtschaft geprägt. Das Währungssystem fußte auf der Goldmünze solidus bzw. nómisma. Das Silbergeld, miliarésion genannt, verschwand im 6. Jahrhundert, während die Kupfermünzen mit dem Namen follis weiterhin in Verwendung blieben. Im Byzantinischen Reich wurde die Geldwirtschaft staatlich gelenkt, neben der allerdings auch Naturalabgaben existierten. Ursprünglich hatten die Bauern eine Getreideabgabe (annona) an den Staat zu leisten, die jedoch im Laufe der Zeit in Geldzahlungen überführt wurde. Wesentliche Finanz- und Verwaltungsreformen wurden unter dem byzantinischen Kaiser Anastásios I. (491 – 518) umgesetzt. Er zentralisierte die Steuereintreibung, hob die Steuer auf Handel und Gewerbe auf und setzte die Preise auf staatlich benötigte Agrarprodukte fest, was Bauern, Großgrundbesitzer und kaiserliche Ländereien gleichermaßen betraf.75 Die Feldzüge und Bauprojekte des byzantinischen Kaisers Justinian I. (527 – 565) beanspruchten hohe Geldsummen, die zum Teil durch Steuererhöhungen gedeckt wurden. Dafür verzichtete der Kaiser auf die Erhaltung der Maximalpreise in Hinblick auf die Zünfte (collegia). Das Zunftwesen fußte in der frühbyzantinischen Zeit noch auf den Traditionen der römischen Kaiserzeit, was sich in Sklavenarbeit und staatlichen Großwerkstätten manifestierte. Aus den römischen Kollegien (collegia) erwuchsen mit der Zeit neue Korporationen. Erzeugt bzw. verarbeitet wurden vor allem Metall, Glas, Keramik, Textilien und Leder. Das Handwerk wurde durch den Niedergang der Städte im 7. Jahrhundert erschüttert, erfuhr allerdings ab dem 9. Jahrhundert wieder einen Aufschwung. Als Organisationsform begegnen damals kleine Werkstätten, in denen Besitzer und zeitlich befristete Lohnarbeiter Seite an Seite arbeiteten. Ähnlich waren die staatlichen Werkstätten organisiert, die die Bedürfnisse des Kaisers bzw. Kaiserhofes deckten. Die Hauptstadt Konstantinopel war zweifellos das größte Handelszentrum des Byzantinischen Reiches an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien.76 Die Handwerker waren dort in Korporationen zusammengefasst, wovon die wirtschaftshistorische Quelle des „Eparchenbuches“ Zeugnis gibt. Beim „Eparchenbuch“ handelt es sich um eine Sammlung gesetzlicher Bestimmungen für die Handels- und Handwerkszweige in der Hauptstadt, die unter dem byzantinischen Kaiser Léon VI. (886 – 912) entstanden ist und zum Gebrauch durch den Stadtpräfekten (Eparch) bestimmt war.77 Die 22 Kapitel des „Eparchenbuches“ führen folgende Zünfte bzw. Korporationen in Konstantinopel an: Notare, Gold- und Silberschmiede, Geldwechsler, Seidenhersteller und -verkäufer, Luxusstoffhändler,

75

Haldon, Pre-industrial States and the Distribution of Resources; Hendy, Studies in the Byzantine Monetary Economy; ders., The Economy, Fiscal Administration and Coinage of Byzantium; ders., The Economy, 141–152; Herz, Studien zur römischen Wirtschaftsgesetzgebung; Laiou, The Byzantine Economy; Zech/Kravari (Hgg.), Hommes et richesses dans l’Empire byzantin, Bd. 1.

76

Francès, L’État et les métiers; ders., La disparition des corporations byzantines; Mickwitz, Die Kartellfunktionen der Zünfte, 205–231; Mendl, Les corporations byzantines.

77

Edition und dt. Übers.: Das Eparchenbuch Leons des Weisen (ed. Koder).

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Wirtschaft

Parfümhändler, Seifenhändler, Sattler, Wachs- und Gewürzhändler, Bäcker, Fleisch- und Fischhändler, Schankwirte, Abdecker sowie verschiedene Zweige des Baugewerbes.78 Die Korporationen waren teilstaatliche Institutionen, die in Konstantinopel offensichtlich von Beamten im Dienst des Eparchen geleitet wurden. Freie Handwerker erlangten im Laufe des 11. Jahrhunderts an Bedeutung. Doch bereits ab dem 12. Jahrhundert entstand durch den Import von Produkten aus dem lateinischen Westen eine Konkurrenz, die im Verlust des Seidenmonopols als Folge des Zweiten Kreuzzugs (1147 – 1149) und in der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1204 gipfelte. Vom Niedergang der byzantinischen Städte ab dem 13. Jahrhundert war das Handwerk gleichermaßen betroffen und verlagerte sich mit verringerten Kapazitäten in den ländlichen Bereich.79 Ein bedeutender Wirtschaftszweig im Byzantinischen Reich war die Seidenproduktion, die auch auf der Balkanhalbinsel – hier zum Beispiel auf der Peloponnes – verankert war.80 In frühbyzantinischer Zeit basierte die Seidenerzeugung auf dem Import von Rohstoffen über persische Händler und war ein staatliches Monopol. Erst der Schmuggel von Eiern des Maulbeerseidenspinners aus China in der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Justinian I. ermöglichte die Etablierung einer eigenen Produktion in Kleinasien, Griechenland und Süditalien. Nach der Invasion der Araber in Kleinasien im Laufe des 7. Jahrhunderts wurde die Hauptstadt Konstantinopel zum bedeutendsten Zentrum der Seidenerzeugung bis in das 12. Jahrhundert, die anhand der oben erwähnten schriftlichen Quelle des „Eparchenbuches“ erforscht werden kann. Die kontinuierliche Nachfrage nach Seide führte im 11. Jahrhundert zu einer Ausbreitung der Produktionsstätten in das byzantinische Kalabrien sowie nach Theben, Athen und Thessaloniki, wodurch der Export in den lateinischen Westen intensiviert werden konnte. Besonders die jüdische Bevölkerung des Byzantinischen Reiches war in besagtem Wirtschaftszweig tätig. Die Produktion in Theben erlebte allerdings einen tiefgreifenden Einschnitt durch die Verschleppung der Seidenhandwerker seitens des normannischen Königs Roger II. von Sizilien (1130 – 1154) nach Palermo im Jahre 1147. Schließlich vernichtete die Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 die Grundlage dieses Wirtschaftszweiges. Von diesem Einschnitt vermochte sich die Seidenproduktion nicht mehr zu erholen, auch wenn es Versuche gab, sie nach der byzantinischen Rückeroberung der Stadt im Jahre 1261 erneut zu etablieren. In der spätbyzantinischen Zeit begannen die florierenden Wirtschaftszentren Italiens, die Seidenproduktion und den Handel derselben zu dominieren.81 78

Boak, The Book of the Prefect; Hendy, Light Weight Solidi; Ilieva/Thomov, The Shape of the Market.; Maniatis, The Domain of the Private Guilds; Stöckle, Spätrömische und byzantinische Zünfte.

79

Dagron, The Urban Economy; Gerolymatu, Αγορές, έμποροι και εμπόριο; Harvey, Economic Expansion in the Byzantine Empire; Kislinger, Gewerbe im späten Byzanz; Lefort, The Rural Economy; Maksimović, Charakter, 158–166; Morrisson, Byzantine Money; dies./Cheynet, Prices and Wages in the Byzantine World; Svoronos, Remarques sur les structures économiques; Vryonis, Byzantine Demokratia.

80

Jacoby, Silk in Western Byzantium; ders., Silk Production in the Frankish Peloponnese; ders., The Production of Silk Textiles.

81

Feltham, Justinian and the International Silk Trade; Jacoby, Silk in Western Byzantium; Lopez, Silk Industry; Muthesius, A Practical Approach; Oikonomides, Silk Trade and Production [vgl. dazu: Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten, 239–426]; Simon, Die byzantinischen Seidenzünfte.

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Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

6.3 .2 Landwirtschaftliche Produktion Es ist davon auszugehen, dass über 90% der Bevölkerung des Byzantinischen Reiches in der Landwirtschaft tätig war. Die Landbevölkerung erzeugte die Grundnahrungsmittel, zu denen vor allem die Getreideproduktion (hier Weizen, Dinkel) zählte. Daraus wurden Brot, Breie und Suppen hergestellt. Die Mahlzeiten umfassten im Wesentlichen Brot und Suppe, die aus Wasser, Zwiebeln und Olivenöl oder Gemüse (hier Hülsenfrüchten) bestand. Einen wesentlichen Faktor in der Ernährung spielten die Fastenvorschriften der orthodoxen Kirche, die rund die Hälfte des Jahres Gültigkeit hatten.82 Gemüse bildete einen integralen Bestandteil der Ernährung. Dazu zählten unter anderem Stangensellerie, Sellerie, Lattich, Kraut, Endivie, Kresse, Gartenmelde, Spinat, Kohlrabi, Auberginen, Steckrüben, Blumenkohl, Spinat, Mangold, Malve, Melde, Rettich und Kohl. Von besonderer Bedeutung waren Hülsenfrüchte wie zum Beispiel Saubohnen, Bohnen, Kichererbsen, Linsen und Lupinen. An Obstsorten sind Äpfel, Birnen, Quitten, Kirschen, Trauben, Granatäpfel, Pfirsiche, Pflaumen, Pomeranzen, Zitronen, Datteln, Feigen und Melonen hervorzuheben.83 Tierische Nahrungsmittel, wie Fisch, Fleisch und Eier, zählten nicht zum täglichen Speiseplan und waren nicht zu allen Jahreszeiten verfügbar bzw. auch teuer. Der Konsum von Fleisch beschränkte sich auf die fastenfreien Zeiten des Kirchenjahres. Im Wesentlichen wurden Lämmer und Schweine verzehrt. Auch Huhn und Wild wurden auf dem Markt angeboten. Rinder dienten hingegen als Arbeitstiere. Bei den Milchprodukten wurde vorwiegend Schaf- und Ziegenmilch verwendet. In den Fastenzeiten wurde auf Olivenöl verzichtet und dafür auf verschiedene Nussarten zurückgegriffen (Walnüsse, Pignoli, Mandeln, Haselnüsse).84

6.3 .3 Weidewirtschaft Wie bereits oben erwähnt, wurden „freie“ Flächen zwischen den städtischen bzw. dörflichen Siedlungseinheiten oftmals für die Weidewirtschaft genutzt. Deutliche Hinweise darauf stellen diejenigen auf Winter- und Sommerweiden in den schriftlichen Quellen dar. Die mittelalterlichen slawischen Urkunden überliefern in solchen Fällen den Terminus technicus planina. Dieser bezeichnet üblicherweise Bergweiden, die auf mehr als 1.000 m (über Normalnull) lagen. Es handelte sich um Sommerweiden, die jährlich von Frühling bis Herbst genutzt wurden. Dort entstanden in derselben Zeit die saisonal begrenzten „Katune“ (s. u.). Fallbeispiele in der Sekundärliteratur, die bisher anhand von byzantinischen sowie slawischen mittelalterlichen Urkunden erarbeitet wurden,

82

Koder, Every Day Food in the Middle Byzantine Period; ders., Lebensmittelversorgung einer Großstadt.

83

Dalby, Flavours of Byzantium, 136–140; Koder, Gemüse in Byzanz, 80f.; Schreiner, Die Produkte der byzantinischen Landwirtschaft; Simeonov, Obst und Süßspeisen in den Ptochoprodromika.

84

Chronē, Η πανίδα στη διατροφή και στην ιατρική, 63–234; Dalby, Flavours of Byzantium, 53, 71, 142–146; Koder, Every Day Food in the Middle Byzantine Period; Koder, Lebensmittelversorgung einer Großstadt.

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verdeutlichen, dass Herrscher (Könige bzw. Zaren), Klöster, Adelige, Dörfer oder Katune über Bergweiden verfügten.85 Das slawische Wort planina86 wurde als planená in den byzantinischen Wortschatz übernommen. Im Unterschied dazu begegnen in den mittelalterlichen Quellen die slawische Bezeichnung zimovište bzw. die griechische cheimadeíon für Winterweiden.87 Eindeutige Zeugnisse der Weidewirtschaft auf der Balkanhalbinsel sind neben den oben erwähnten Winter- und Sommerweiden auch die sogenannten Katune. Vuk Stefanović Karadžić (1787 – 1864) setzte das Wort katun mit den Begriffen bačija bzw. mandra in seinem Lexicon Serbico-Germanico-Latinum gleich und übersetzte alle drei sehr spezifisch mit „Sennerei“.88 Allerdings handelt es sich beim Katun im weitesten Sinne des Wortes um eine saisonal – d. h. auf die Sommer- oder Wintermonate – begrenzte Siedlung vlachischer, albanischer oder anderer Hirten. Die innere Organisation eines mittelalterlichen Katun lässt sich aufgrund spärlicher Quellen nicht einwandfrei rekonstruieren. An seiner Spitze stand jedenfalls ein Oberhaupt, das katunar oder čelnik genannt wurde. Ob dessen Name für den gesamten Katun namensgebend war und ob innerhalb eines Katun stets miteinander verwandte Großfamilien organisiert waren, bleibt in der Sekundärliteratur umstritten. Die Größe eines Katun schwankte im Mittelalter zwischen 10 und 105 Haushalten. Die besondere Problematik liegt darin, dass von nomadischen Organisationsformen, die im 20. Jahrhundert in Südosteuropa dokumentiert wurden, nicht automatisch auf Zustände im Mittelalter geschlossen werden kann.89

6.3 .4 Bergbau Aus den grundlegenden Forschungen von Klaus-Peter Matschke geht für den byzantinischen Bergbau auf der Balkanhalbinsel hervor, dass er in der Nachfolge des römischen Bergbaus stand. Klar ersichtlich werden die römischen Traditionen durch den comes metallorum per Illyricum sowie durch die staatliche Bergbauverwaltung in frühbyzantinischer Zeit. Bereits damals erfolgte eine Vereinfachung der Verwaltungsstrukturen. Der byzantinische Staat hat sich als Betreiber von Bergwerken graduell zurückgezogen und stattdessen Steuern eingehoben sowie den Edelmetallhandel kontrolliert. Mit dem politischen und militärischen Abstieg des Byzantinischen Reiches zu Beginn des 13. Jahrhunderts und dem Aufstieg regionaler Kräfte setzten neue Entwicklungslinien im

85

Siehe dazu: Blagojević, Planine i pašnjaci, 8–39; ders., Srednjovekovni zabel; ders., s. v. Planine.

86

Miklosich, Lexicon Palaeoslovenico-Graeco-Latinum, 569.

87

Lexikon zur byzantinischen Gräzität (Hg. Trapp), Bd. 6, 1309. Vgl. dazu: Blagojević, Planine i pašnjaci, 5f. (Anm. 6); Kaplan, L’activité pastorale, 420; Luković, Zakon vlahom (Ius Valachicum).

88

Karadžić (Hg.), Srpski rječnik, 19, 276, 357.

89

Ćirković, Albanci u ogledalu južnoslovenskih izvora; Filipović, Nomadski Cincari na Ograždenu; ders., Katun u našoj istoriografiji; ders., Struktura i organizacija srednjovekovnog katuna; Kahl, Ethnizität und räumliche Verteilung; Kovačević-Kojić, s. v. Katun/Katunar; Laitsos, Die Konstruktion der Vlachen; Luković, Zakon vlahom (Ius Valachicum); Popović, Vlachen in der historischen Landschaft Mazedonien; Tomoski, Zapisi za Vlasite vo Makedonija; ders., Katunsko stočarenje; Trifunoski, Geografske karakteristike srednjovekovnih katuna.

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Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

Bergbau ein. Umstritten ist der Einfluss der sächsischen Bergbauexperten auf die Entwicklung des Bergbaus in Byzanz, zumal sich in spätbyzantinischer Zeit starke Impulse byzantinischer Händler im Bereich des Bergbaus innerhalb und außerhalb der Grenzen des schrumpfenden Byzantinischen Reiches zeigen.90 Das byzantinische Herrschaftsgebiet – im Besonderen der östliche Mittelmeerraum – verfügte über einen großen Reichtum an unterschiedlichen Rohstoffen. Auf der Balkanhalbinsel befanden sich Goldlagerstätten in Thrakien. Silbergewinnung lässt sich in Bosnien, Serbien, Attika und in der Schwarzmeerregion verorten. Lagerstätten von Kupfer gab es auf Zypern und auf dem Balkan, während Blei, Zink und Eisenerze auf dem Balkan zu finden waren.91 Die Insel Thásos war mit Vorkommen an Blei, Zink, Kupfer, Silber und Gold besonders reich an Rohstoffen.92 Ein bedeutender Einschnitt im Bergbauwesen auf der Balkanhalbinsel dürfte in der Regierungszeit des serbischen Königs Stefan Uroš I. (1243 – 1276) erfolgt sein. Er hat gezielt sächsische Bergleute angeworben, die zunächst den Bergbau in Serbien und Bosnien entwickelt haben. Ein Teil dieser Fachkräfte könnte auch vor dem Einfall der Mongolen nach Ost- und Mitteleuropa (1241) sowie in Richtung Südosteuropa ausgewichen sein.93 Während es einen deutlichen Überhang an Sekundärliteratur zum mittelalterlichen Bergbau in Serbien und Bosnien gibt94, weist die Forschung zur südlichen Balkanhalbinsel erhebliche Desiderata auf.95 Die Gründe hiefür liegen vor allem darin, dass die Standorte der Bergwerke in Serbien und in Bosnien anhand des ragusanischen Archivalmaterials gut dokumentiert sind, während diejenigen für die südliche Balkanhalbinsel in spätbyzantinischer bzw. spätmittelalterlicher Zeit auf der Basis vereinzelter schriftlicher, archäologischer und toponomastischer Quellen erschlossen werden müssen, was intensive Detailarbeit erfordert. Als anschauliches Beispiel der Präsenz der Sachsen im vormals byzantinischen Makedonien 90

Matschke, Zum Anteil der Byzantiner an der Bergbauentwicklung; ders., Mining; vgl. dazu: Vryonis, The Question of the Byzantine Mines.

91

Mundell Mango, Tracking Byzantine Silver and Copper Metalware; Petković, The Traces of Roman Metallurgy.

92

Wagner/Weisgerber (Hgg.), Antike Edel- und Buntmetallgewinnung.

93

Siehe dazu im Detail: Baudisch, Deutsche Bergbausiedlungen auf dem Balkan; Filipović, Das Erbe der mittelalterlichen sächsischen Bergleute; Matschke, Westliche Bergleute, Bergbauexperten und Montanunternehmer auf dem Balkan; Mehlan, Über die Bedeutung der mittelalterlichen Bergbaukolonien; Saria, Der mittelalterliche sächsische Bergbau.

94 Siehe

zu den Bergwerken im mittelalterlichen Bosnien und Serbien folgende zentrale Arbeiten: Bojović, De l’économie-monde au monopole d’état; Ćirković, The Production of Gold, Silver, and Copper; ders./KovačevićKojić/Ćuk, Staro srpsko rudarstvo; Dinić, Za istoriju rudarstva u srednjovekovnoj Srbiji i Bosni, Teil 1 u. Teil 2; Jireček, Die Handelsstraßen und Bergwerke von Serbien und Bosnien; Spremić, Sächsische Bergleute in Serbien. Vgl. zu den Bergbaugebieten in Kosovo und Metochien: Ćirković, Novo Brdo; Rizaj, Rudarstvo Kosova; ders., Turske kovnice novca.

95

Siehe z. B.: Davies, Ancient Mines in Southern Macedonia; ders., Ancient Mining in the Central Balkans; Keramitčiev, Staroto rudarstvo i metalurgijata; ders., Za železnite rudnici vo Krivopalanečko. Vgl. auch den folgenden Ausstellungskatalog: ders./Serafimovski (Hgg.), Staroto rudarstvo i metalurgija na Makedonija. Verstreute Daten zu Bergbaugebieten in Bulgarien beinhalten folgende Publikationen: Avdev, Roljata na srednovekovnoto rudarstvo; Bončevă, Staroto rudarstvo vă Bălgarija i Makedonija; Jireček, Archäologische Fragmente aus Bulgarien, Teil 1; Dolmova-Lukanovska, Za njakoi osobenosti v razvitieto na zanajatčijstvoto i metalurgijata v Bălgarija; Neševa, Melnik, 19, 21; Vitov, Geoložki i istoričeski svedenija za zlatodobiv.

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Wirtschaft

sei der toponomastische Befund im Dreieck Kratovo – Delčevo – Kriva Palanka angeführt. So befinden sich in der Stadt Kratovo eine Quelle namens Ščona, eine Wiese namens Nemske Odaje und eine weitere Quelle namens Šaševo. Unweit südwestlich der Stadt Kratovo liegt das Dorf Šljegovo. Durch den Ort Lesnovo, südlich von Kratovo, fließt der Bach Štona. Nordwestlich des Ortes Delčevo befindet sich der Ort Sase. In der Umgebung der Stadt Kriva Palanka liegt der Ort Sasi. Diese Toponyme sind allesamt auf die slawische Bezeichnung „Sas“ (Pl. Sase) für Sachse zurückführen, woraus sich das jüngere Adjektiv „saški“ entwickelt hat.96 In osmanischer Zeit waren die Bergwerke prinzipiell Eigentum des osmanischen Sultans, ein sogenanntes Has, wurden jedoch verpachtet (mukataa).97 Die Osmanen haben die alten Gesetze und Gebräuche der Sachsen bzw. der vorhergehenden Herrscher dieser Gebiete übernommen98 und weiter ausgestaltet.99 Auf dieser Basis erließ Sultan Süleyman I. (1520 – 1566) unter anderem im Jahre 1536 den kanun-i-sas, das „Sachsengesetz“.100 Die Bergarbeiter selbst bildeten eine eigene Gruppe und genossen gewisse Steuervorteile. Sie hatten zunächst ein Zehntel ihres jährlichen Ertrages an die osmanische Administration abzuliefern. Diese Abgabe konnte bis zu einem Viertel ansteigen, wurde jedoch unter Sultan Bayezid II. (1481 – 1512) mit einem Achtel festgelegt. Im Gegensatz zur mittelalterlichen südosteuropäischen Staatenwelt war der Export von Edelmetallen (Gold, Silber) aus dem Osmanischen Reich verboten. Die Erträge mussten an die osmanischen Münzprägestätten geliefert werden, die das Edelmetall zu fixen Preisen kauften. Blei und Kupfer waren hingegen auf dem freien Markt erhältlich.101

6.3 .5 Grundbesitz und Steuerleistung Mit der slawischen Einwanderung auf die Balkanhalbinsel und der arabischen Expansion in Kleinasien hat die byzantinische Wirtschaft einen bedeutenden sozio-ökonomischen Einschnitt erfahren. Der Verfall der aus der Spätantike erhaltenen Städte erfuhr dadurch eine Beschleunigung.

96

Filipović, Das Erbe der mittelalterlichen sächsischen Bergleute, 214f.

97

„Nach türkischer Erobererpraxis wurden Erzvorkommen und Bergwerke zu chass, also dem Sultansland zugeschlagen und konnten von Bergleuten und Bergwerksunternehmern nur gepachtet, aber nicht erworben werden.“ (zitiert nach: Matschke, Zum Anteil der Byzantiner an der Bergbauentwicklung, 56).

98

Ein anschauliches Beispiel vorosmanischer Gesetzgebung ist die Kodifizierung unter dem serbischen Fürsten bzw. Despoten Stefan Lazarević (1389–1427) im Jahre 1412: Radojčić (Hg.), Zakon o rudnicima despota Stefana Lazarevića i rezultati rudarske eksploatacije. Vgl. auch: Marković, Certaines remarques sur la loi sur les mines; dies., Zakon o rudnicima despota Stefana Lazarevića. Prevod i pravnoistorijska studija; dies., Despotov zakonik; dies., Zakon o rudnicima despota Stefana Lazarevića i rezultati rudarske eksploatacije.

99

Zur Überleitung mittelalterlicher Normen in die osmanische Gesetzgebung: Begović, Tragovi našeg srednjovekovnog prava.

100 Beldiceanu-Steinherr/Beldiceanu,

Un règlement minier ottoman; siehe auch: Beldiceanu, Les Actes des premiers sultans, 69–77; Spaho, Turski rudarski zakoni.

101 Ćirković,

The Production of Gold, 54–56; siehe auch: Anhegger, Beiträge zur Geschichte des Bergbaus; Murphey, Silver Production in Rumelia; Rizaj, Rudarstvoto vo Makedonija.

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Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

Landbesitzer bewirtschafteten mit ihrer abhängigen Landbevölkerung (den sog. Paroiken) die landwirtschaftlichen Flächen. Die frühbyzantinischen Großgrundbesitzer wurden durch neue Gruppen von Landbesitzern abgelöst, hier vor allem durch die hohe Geistlichkeit und das Militär, was zu einer Dezentralisierung der Wirtschaft führte. Die Kirche hatte zwar großen Anteil am Boden und damit an der agrarischen Produktion, hatte aber ihren administrativen Sitz oftmals in den Städten, die ebenfalls agrarisch geprägt waren. Schließlich gelang es dem byzantinischen Kaiser Nikephóros I. (802 – 811), sowohl die Wirtschaft als auch die Staatsfinanzen wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Er beendete die Steuerprivilegien, führte die kollektive Steuerhaftung (alleléngyon) wieder ein und machte den Geldverleih zum Staatsmonopol. Sowohl für die Inhaber von Soldatengütern (die sogenannten Stratioten) als auch für die Dorfgemeinde galt nunmehr die Verpflichtung zum Kriegsdienst. In der mittelbyzantinischen Zeit setzte der soziale und wirtschaftliche Aufstieg einer neuen grundbesitzenden Aristokratie ein. Die Gruppe dieser „Mächtigen“ (dynatoí) bestand aus hohen Beamten, Offizieren, dem hohen Klerus und den großen Klöstern im Byzantinischen Reich. Daher war es in dieser Periode das offenkundige Ziel der byzantinischen Kaiser, die kleinen Grundbesitzer und somit die Steuergemeinde zu beschützen, was von der makedonischen Dynastie (867 – 1056) durch gesetzgebende Maßnahmen erreicht wurde. Ab dem Ende des 10. Jahrhunderts stiegen die Städte im Byzantinischen Reich aufgrund des wachsenden Außenhandels mit der Kiever Rus, Bulgarien, Venedig und Amalfi zu Handels- und Gewerbezentren auf, was wiederum zu einem Anwachsen der Händler und Gewerbetreibenden führte.102 Nach der Eroberung des Ersten bulgarischen Reiches durch die Byzantiner im 11. Jahrhundert hat das Byzantinische Reich seine politische Vorherrschaft auf der Balkanhalbinsel bis zum Ende des 12. Jahrhunderts wiederhergestellt. Allerdings scheint dies keine greifbaren Folgen auf die wirtschaftliche Entwicklung der ökonomischen Zentren der Region gehabt zu haben. Wirtschaftlich waren damals die Westküste des Schwarzen Meeres mit ihren lokalen Häfen und Handelsplätzen von Bedeutung sowie die Donau als Verkehrsader nach Mitteleuropa.103 Funde byzantinischer Amphoren des 11. bis 13. Jahrhunderts, wie zum Beispiel in Braničevo und Belgrad, führen zur Schlussfolgerung, dass eine Handelsaktivität der Byzantiner entlang der Donau existierte. Gehäuft sind die Funde byzantinischer Keramik im Süden der Balkanhalbinsel, wie zum Beispiel in Niš, Ras, Skopje und Prilep. Niš/Naissus war in jener Zeit aufgrund seiner Lage an der Via militaris (s. o.) von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung.104

102 Grundlegende

Entwicklungen der früh- und mittelbyzantinischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte können in den folgenden Publikationen mit weiterführender Sekundärliteratur nachgelesen werden: Ahrweiler, Recherches sur la société byzantine; Barker, Social and Political Thought in Byzantium; Goffart, Caput and Colonate; Guillou, Transformation des structures socio-économiques; Patlagean, Pauvreté économique; Svoronos, Etudes sur l’organisation intérieure; Tinnefeld, Die frühbyzantinische Gesellschaft; Yannopoulos, La société profane dans l’empire byzantin.

103 Gerolymatu, 104 Ebd.,

692

Αγορές, έμποροι και εμπόριο, 171f.

176f.

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Wirtschaft

6.3 .6 Handel und Jahrmärkte Im Byzantinischen Reich waren die Jahrmärkte auf der Balkanhalbinsel und in Kleinasien ein integraler Bestandteil des Wirtschaftsgefüges. Das griechische Wort hiefür ist panégyris bzw. panegýri und bedeutet im Griechischen damals wie jetzt „kirchliche Feierlichkeit“, „Handelsmesse“ oder „Jahrmarkt“.105 Die Jahrmärkte standen oft in Verbindung mit Festen zu Ehren von Heiligen der christlichen (orthodoxen) Kirche und waren ein Sammelpunkt für Menschen aus aller Herren Länder, die einerseits den betreffenden Heiligen feierten und andererseits das Zusammentreffen für Handelsgeschäfte nutzten.106 Die Ursprünge dieser byzantinisch-christlichen Art von Jahrmarkt liegen in der klassischen Antike. Der Begriff panégyris dürfte im Laufe der Jahrhunderte einen fundamentalen Bedeutungswandel erfahren haben, von der Bezeichnung einer großen Ansammlung von Menschen, zu einem kultischen bzw. religiösen Fest, an dem viele Menschen teilnahmen, und schließlich zu einem großen kultischen bzw. religiösen Fest mit umfassenden Handels- und Sozialaktivitäten wie zum Beispiel Athletikwettkämpfen.107 Einen Einschnitt in der Entwicklung hat diese Art des Jahrmarktes im 4. Jahrhundert n. Chr. erfahren, als das Christentum unter Kaiser Konstantin I. (dem Großen) seinen endgültigen Durchbruch im Römischen Reich erlangt hat. Die frühbyzantinischen Kirchenväter, wie zum Beispiel der Heilige Johannes Chrysóstomos oder der Heilige Basíleios der Große, lehnten das Beiwerk dieser Jahrmärkte ab, weil diese Wucher, Zins und Schulden sowie ungebührliches Verhalten mit anwesenden Prostituierten förderten. Im Mittelpunkt des Jahrmarktes sollten die Verehrung des betreffenden christlichen Heiligen und Gebete stehen. Der Kommerz war ein notwendiges Übel im Umfeld, das es nach Möglichkeit zu vermeiden und nur in Maßen zu nutzen galt.108 Der frühchristlichen Kirche gelang es mit kaiserlicher Unterstützung, die paganen Jahrmärkte schrittweise zu übernehmen, sie von paganen Inhalten zu befreien, indem zum Beispiel architektonische Akzente in Form der Beseitigung paganer Tempel und der Errichtung von Kirchen gesetzt wurden, und sie auf diese Weise zu „taufen“.109 Aufgrund dieser Entwicklungen traten in der frühbyzantinischen Zeit vier große christliche Jahrmärkte im Byzantinischen Reich in den Vordergrund, nämlich der Jahrmarkt der Heiligen Thekla in Seleukia (Silifke), des Heiligen Theodor Tiron in Euchaita (später Avkat; heute Beyözü)

105 Lexikon

zur byzantinischen Gräzität (Hg. Trapp), Bd. 6, 1192; A Greek-English Lexicon (Hgg. Liddell/Scott/ Jones), 1297.

106 Laiou,

Händler und Kaufleute auf dem Jahrmarkt, 53. Vgl. dazu auch: Dieterich, Zur Kulturgeographie und Kulturgeschichte des byzantinischen Balkanhandels; Ćirković, s. v. Panadjur; Papoulia, Die Jahrmärkte in Byzanz; dies., Jahrmärkte in Byzanz; Popović, Jahrmärkte im europäischen Teil des Byzantinischen Reiches; ders., Les Balkans. Routes, foires et pastoralisme.

107 Vryonis,

The Panēgyris of the Byzantine Saint, 207.

108 Ebd.,

206–212.

109 Ebd.,

212–214.

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693

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

und des Heiligen Apostels Johannes in Ephesus in Kleinasien sowie der Jahrmarkt des Heiligen Demétrios in Thessaloniki auf der Balkanhalbinsel.110 Der Autor eines byzantinischen satirischen Dialogs mit dem Titel Timaríon aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts berichtet sehr anschaulich über den Jahrmarkt in Thessaloniki.111 Er begann sechs Tage vor dem Feiertag des Heiligen Demétrios, der auf den 26. Oktober fällt, und endete am Montag nach dem Sonntag des Feiertages. Aus der Schrift Timaríon erfährt man des Weiteren, dass der Autor am Beginn des Jahrmarktes zuerst in die Kirche des Heiligen ging, um zu ihm zu beten und ihm seine Ehrerbietung zu erweisen. Erst danach besuchte er den Jahrmarkt selbst, der vor den Toren der Stadt aufgebaut worden war.112 Laut Timaríon wurde ebendort mit Textilien und Garn gehandelt, mit Waren aus Spanien, Italien, Ägypten, der Schwarzmeerregion und der Peloponnes. Unzählige Tiere – Pferde, Ochsen, Schafe und Schweine – wurden ebenfalls feilgeboten.113 Den Kern der Feierlichkeiten bildeten drei Vespern zu Ehren des Heiligen, die vom Erzbischof von Thessaloniki gemeinsam mit Priestern und Mönchen unter Teilnahme des Gouverneurs (dux) der Region mit seinen Truppen bestehend aus Kavallerie und Infanterie, zahlreicher angesehener und reicher Persönlichkeiten der Stadt und der Gläubigen aus Stadt und Land zelebriert wurden.114 Die Verbindung zwischen Stadt und Land im Wege der Jahrmärkte hat im Besonderen Angeliki Laiou hervorgehoben, indem sie festgestellt hat, dass Jeder Versuch einer Studie über den Binnenhandel […] Jahrmärkte und lokale Märkte in Betracht ziehen [muss], denn dort spielte sich ein großer Teil der Handelsaktivitäten ab, und dort wurde auch der wirtschaftliche Kontakt zwischen Stadt und Land aufgenommen.115

Einer der ersten Südosteuropaforscher, der versucht hat, den organisatorischen Rahmen von Jahrmärkten im europäischen Teil des Byzantinischen Reiches abzustecken, war der bulgarische Wissenschaftler Ivan Sakazov, der im Jahre 1927 einen bedeutenden Artikel über die Jahrmärkte auf der Balkanhalbinsel veröffentlicht hat.116 Im Allgemeinen hält er fest, dass sich Jahrmärkte vorzugsweise in der Nähe von Kirchen und Klöstern, manchmal auch an wichtigen Kreuzungen oder Furten, entwickelt haben. Sie wurden an jenen Tagen abgehalten, an denen der jeweilige Heilige des in der Nähe befindlichen Gotteshauses gefeiert wurde. Der Jahrmarkt ermöglichte es dem Produzenten, dem Konsumenten und dem Händler, einander an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit zu treffen und miteinander für eine begrenzte Periode in Interaktion zu treten. Jahrmärkte vereinten verschiedene Personen aus unterschiedlichen Regionen, die nicht imstande

110 Ebd.,

214.

111 Ediert 112 Ebd.,

in: Pseudo-Luciano, Timarione (ed. Romano).

52. Siehe auch: Vryonis, The Panēgyris of the Byzantine Saint, 202.

113 Pseudo-Luciano, Timarione 114 Ebd.,

115 Laiou,

Händler und Kaufleute auf dem Jahrmarkt, 53f.

116 Sakazov,

694

(ed. Romano), 54f.

55–59. Vgl. Vryonis, The Panēgyris of the Byzantine Saint, 203f. Panairi vă srědnověkovna Makedonija.

HGSOE, Bd. 1

Wirtschaft

waren, unter dem Jahr zusammenzutreffen. Sakazov ermittelte anhand der schriftlichen Quellen, dass ein Jahrmarkt zwischen drei und 25 Tage währen konnte.117 Der byzantinische Begriff für „Jahrmarkt“ war neben dem bereits erwähnten panégyris auch phóros, wobei der zweite je nach Kontext der betreffenden schriftlichen Quelle auch Tribut, Abgabe oder Steuer bedeuten kann.118 In Anlehnung daran verwenden die mittelalterlichen slawischen Quellen die Begriffe panagjur” oder panagir’ 119, s”bor” 120 und for” 121. Im Gegensatz zu dem unregelmäßigen, das heißt zeitlich klar umrissenen, Jahrmarkt steht der regelmäßig, zum Beispiel wöchentlich, stattfindende Markt. Dieser wird in Byzanz als empórion bezeichnet.122 Im Slawischen wurde dieser Terminus in der Form ambar’ übernommen.123 Viel häufiger begegnet jedoch die slawische Bezeichnung tr’g”.124 Solch ein Markt war oftmals ein integraler Bestandteil der mittelalterlichen byzantinischen bzw. slawischen Unterstädte auf der Balkanhalbinsel, während die Oberstädte mit ihrem Festungscharakter das militärische und administrative Zentrum der Städte bildeten (s. o.). Sowohl zum Jahrmarkt als auch zum Markt auf der Balkanhalbinsel des Mittelalters gibt es zahlreiche quellenbasierte Beispiele. So wurde der Besitz des Jahrmarktes der Stadt Prilep, ca. 70 km südlich der Stadt Skopje, dem Kloster der Entschlafung Marias in Treskavec, rund 6 km nördlich von Prilep, vom serbischen König Stefan Uroš IV. Dušan (1331 – 1355) mit einer Urkunde des Jahres 1334/1335 bestätigt.125 Ursprünglich war dieser Jahrmarkt zusammen mit dem Metochion (d. h. der Klosterdependance) des Heiligen Demétrios dem besagten Kloster von den Kindern eines gewissen „(Dimitrije) Misinopolit“ (Demétrios Mosynopolítes), eines Vertreters einer bedeutenden Prileper Adelsfamilie126, geschenkt worden, der ohne Zweifel ein Byzantiner war127 („Metoch’ Svetii Dimitrïe u Prilěpě, što priložichu Misinopolitova dět’ca […] i s’ panagirom’“).128

117 Ebd., 118 A

3–5.

Greek-English Lexicon (Hgg. Liddell/Scott/Jones), 1951.

119 Miklosich, 120 Ebd.,

909.

121 Ebd.,

1086.

Lexicon Palaeoslovenico-Graeco-Latinum, 553.

122 A

Greek-English Lexicon (Hgg. Liddell/Scott/Jones), 547f.; Lexikon zur byzantinischen Gräzität (Hg. Trapp), Bd. 3, 494.

123 Vgl.

dazu: Ćirković, s. v. Amborija.

124 Miklosich,

Lexicon Palaeoslovenico-Graeco-Latinum, 1006. Siehe auch: Kovačević-Kojić, s. v. Trg; Živojinović, Settlements with Marketplace Status.

125 Urkunde

ediert in: Slaveva/Mošin, Gramotite na Stefan Dušan. Vgl. zu Kontext und Datierung: Ferjančić, O poveljama kralja Stefana Dušana manastiru Treskavcu.

126 Babik ´,

Kratok pregled na spomenicite na kulturata na Prilep i prilepskiot kraj, 10.

127 Siehe zum Jahrmarkt von Prilep: Babić, Pokušaj utvrdjivanja mesta i granica panigirišta Prilepa; Mihajlovski, The

Medieval Town of Prilep; Zogravski, Prilepskiot panagjur vo minatoto.

128 Slaveva/Mošin,

Gramotite na Stefan Dušan, 88. Allgemein zur Geschichte von Prilep im Mittelalter: Kravari, Villes et villages de Macédoine occidentale, 319–322.

HGSOE, Bd. 1

695

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

In einer weiteren serbischen Urkunde des Königs Stefan Dušan für dasselbe Kloster aus dem Jahre 1344/1345 wird der Jahrmarkt nicht mehr explizit mit dem Metochion des Heiligen Demétrios in Verbindung gebracht.129 Stattdessen wird der Ort des Jahrmarktes, der in der besagten Urkunde panigirište genannt wird, genau innerhalb der Stadt Prilep eingegrenzt („Panigirište, poč’n’ ot’ Dola Evrěiska svěne dvorišta Arseneva, do dvora Petralětova i do urvišta Svetye Varvary“)130, und es wird festgehalten, dass der Jahrmarkt wie vormals am Feiertag des Heiligen Demétrios, das heißt am 26. Oktober, stattfinden soll („I panagir’ na Dmïtrov’ d’n’ da imat’ jako i prěžde“).131 Der Terminus panigirište ist hierbei ein sprechendes Toponym. Es setzt sich aus dem bereits erwähnten slawischen Begriff panagjur” oder panagir’ und der Endung -ište zusammen, die eine Ortsangabe im Sinne eines „Ortes, an dem sich etwas befindet“ ist. Bemerkenswert ist, dass dieselbe Urkunde den Markt (tr’g”) von Prilep zum ersten Mal erwähnt („ot’ tr’ga Prïlěpskoga“).132 In diesem Zusammenhang erkennt man die Koexistenz eines Jahrmarktes und eines Wochenmarktes in derselben Stadt. Zentral bleibt die Frage, ob der Ist-Stand des 13. und 14. Jahrhunderts eine vorhergehende Entwicklung des 11. und 12. Jahrhunderts widerspiegelt. In diesem Zusammenhang ist der Jahrmarkt des Klosters des Heiligen Georg-Gorg bei Skopje hervorzuheben. Dieser wird zum ersten Mal in einer Urkunde des bulgarischen Zaren Konstantin Tich (1257 – 1277) in den Jahren 1258 oder 1265/1266 erwähnt und fand am 21. November, das heißt am Feiertag Maria Tempelgang, statt. Im Jahre 1300 ließ der serbische König Stefan Uroš II. Milutin (1282 – 1321) eine Urkunde für das Kloster des Heiligen Georg-Gorg ausstellen, mit der die Privilegien und Besitzungen des Klosters bestätigt wurden. Unter anderem wird in dieser Urkunde der Jahrmarkt des Klosters erwähnt, der acht Tage währte. Zudem wird festgehalten, dass er vom „Kaiser Roman“ etabliert wurde, der mit dem byzantinischen Kaiser Romanós III. Argyrós (1028 – 1034) identisch sein könnte.133 Dieser Umstand deutet stark auf eine Kontinuität ursprünglich byzantinischer Jahrmärkte unter den slawischen Herrschern auf der Balkanhalbinsel hin, wie sie von Spyros Vryonis Jr. vermutet wurde.134 Mit dem Regierungsantritt des byzantinischen Kaisers Romanós’ III. Argyrós wurden die Sondersteuern bzw. die Steuerhaftung auf brachliegendes Land (alleléngyon) für die weltlichen und geistlichen Großgrundbesitzer abgeschafft. Dadurch konnten die Großgrundbesitzer verstärkt Druck auf den Kleinbesitz ausüben, wodurch eine schleichende Enteignung der kleineren Bauern und der Militärgüter einsetzte. In der Folge verlor die byzantinische Zentralverwaltung graduell ihre fiskalische Basis. Der byzantinische Staat verarmte zusehends und wurde zusätzlich militärisch geschwächt. Weiters erhielten die „Mächtigen“ (dynatoí) für bestimmte Dienste Gebiete zur Verwaltung (prónoia), deren Einkünfte ihnen zur Gänze zufielen. Diese Rente durfte zunächst jedoch nicht vererbt werden. 129 Slaveva/Mošin, 130 Ebd.,

Gramotite na Stefan Dušan, 144.

143.

131 Ebd.,

153.

132 Ebd.,

152.

133 Popović,

New Insights into the History of Balkan Fairs, 759–761.

134 Vryonis,

The Panēgyris, 214–216.

696

HGSOE, Bd. 1

Wirtschaft

Auf der Basis dieser Entwicklungen verschärfte sich die wirtschaftliche Krise, was zu einer bisher in dieser Form noch nie erfolgten Abwertung der byzantinischen Goldmünze nómisma führte.135 Der lokale Handel kann in dieser Periode der byzantinischen Geschichte als Kleinhandel charakterisiert werden. Dieser wurde im Wesentlichen von den einheimischen Händlern getragen und umfasste Produkte wie zum Beispiel Getreide, Fisch, Gemüse oder Wein. Ein anschauliches Bild jener Gruppen, die einander auf den Jahrmärkten der Balkanhalbinsel in der spätbyzantinischen Zeit trafen, vermittelt die oben erwähnte Urkunde des serbischen Königs Stefan Uroš II. Milutin aus dem Jahre 1300, die Griechen, Bulgaren, Serben, Lateiner, Albaner und Vlachen nennt („I vsaki kto prichodi na n’, ljubo Gr’k’, ili Bl’garin’, ili Sr’bin’, Latin’, Arbanasin’, Vlach’“).136 Hinzu trat ab dem ausgehenden 11. Jahrhundert der Einstieg internationaler Händler in den byzantinischen Wirtschaftsraum und dessen Liberalisierung, als Kaiser Aléxios I. Komnenós (1081 – 1118) den Venezianern für Ihre Hilfe im Kampf gegen die Normannen das Recht auf freien Handel, die Befreiung von Zöllen und Abgaben, das Recht auf eigene Läden in der Hauptstadt Konstantinopel und auf einen eigenen Hafen im Goldenen Horn im Jahre 1082 verlieh. Im Laufe des 12. Jahrhunderts öffnete sich durch den Abschluss weiterer Handelsverträge auch für Pisa (1111) und Genua (1169/1170) der byzantinische Markt. Ausländische Händler mussten einen Pass mit sich führen und durften sich bis zum Jahre 1204 nicht unbegrenzt im Byzantinischen Reich aufhalten sowie nur festgelegte Orte aufsuchen. Die Handelsverträge mit den italienischen Seerepubliken wurden regelmäßig erneuert, d. h. mit Venedig (1187, 1189, 1198), Pisa (1192) und Genua (1192).137 Mit Aléxios I. wurde die oben erwähnte prónoia durch einen militärischen Aspekt erweitert. Der Nutznießer der prónoia hatte nunmehr selbst Militärdienst zu leisten oder Bewaffnete für die Feldzüge des byzantinischen Kaisers auszurüsten. Aufgrund des wachsenden Steuerdrucks verkauften zahlreiche Bewohner des Byzantinischen Reiches ihre Freiheit an die Großgrundbesitzer, um dieser drückenden Last zu entkommen. Die grundbesitzende Aristokratie stieg hingegen zu einer staatstragenden Schicht auf.138 Die Erstreckung des byzantinischen Wirtschaftsraumes auf der südlichen Balkanhalbinsel im ausgehenden 12. Jahrhundert lässt sich auf der Basis der Gewährung von Handelskonzessionen für Venedig durch den byzantinischen Kaiser Aléxios III. Ángelos (1195 – 1203) erfassen. Die betreffende Privilegurkunde des Jahres 1198 stellt mit ihrer Auflistung der damaligen Provinzen eine

135 Angold,

The Byzantine Empire (2. Aufl.), 59–62; Hendy, The Economy; Oikonomidès, Fiscalité et exemption fiscale; Svoronos, Remarques sur les structures économiques.

136 Ilievska/Mošin/Slaveva,

Gramoti na manastirot Sv. Georgi-Gorg Skopski, 236.

137 Day,

Genoa’s Response to Byzantium; Dursteler, The Bailo in Constantinople; ders., Venetians in Constantinople; Georgopoulou, Venice’s Mediterranean Colonies; Gjuzelev, Medieval Bulgaria; Heinemeyer, Die Verträge zwischen dem Oströmischen Reiche und den italienischen Städten Genua, Pisa und Venedig; Jacoby, Les Latins dans les villes de Romanie; Maltezou/Schreiner (Hgg.), Bisanzio, Venezia e il mondo franco-greco; Nicol, Byzantium and Venice; Origone, Bisanzio e Genova; Schreiner, Der Dux von Dalmatien; ders., L’importance culturelle des colonies occidentales, 288–292.

138 Vgl.

dazu die umfassende Analyse von: Bartusis, Land and Privilege in Byzantium, 112–170.

HGSOE, Bd. 1

697

Teil II: 6. Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen

wichtige Momentaufnahme dar.139 Erwähnt werden in diesem Zusammenhang unter anderem die „Prouincia Achrydos, Prouincia Prespe, Prouincia Vueleuusdij, Prouincia Scopie cum episkepsi Coriton, Prouincia Sagorion, Prouincia Malesouij et Morouisdij, Prouincia Strumice, Prouincia Prilapi et Pelagonie ac Molyscij“.140 Unter der byzantinischen Dynastie der Ángeloi (1185 – 1203) kam es zum Zerfall des byzantinischen Staatswesens und Wirtschaftsraumes, der in der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 und die Aufteilung des Byzantinischen Reiches unter den Siegermächten auf der Basis eines Teilungsplanes mit dem Titel „Partitio Terrarum Imperii Romanie“ gipfelte.141 Darin scheinen auf der südlichen Balkanhalbinsel in Analogie zur oben genannten Privilegurkunde die „Provintia Dirrachii et Arbani, cum chartolaratis de Glaviniça, Provintia Achridi, Provintia Vardarii, Provintia Moliscu et Moglenon, Provintia Prilapi et Pelagonie, cum Stano” sowie die „Provintia Prespe et Dodecanisos“ auf.142 Trotz einer politischen und wirtschaftlichen Regeneration im byzantinischen Teilreich von Nikäa in Kleinasien und der darauffolgenden byzantinischen Rückeroberung Konstantinopels im Jahre 1261 blieb unter der Dynastie der Palaiologen (1259 – 1453) die hohe Aristokratie weiterhin tonangebend. Im Laufe des 14. Jahrhunderts war der Handel im byzantinischen Makedonien zwischen Skopje und Thessaloniki von ragusanischen und venezianischen Händlern geprägt.143 Dem Reichtum der Großgrundbesitzer auf ihren Latifundien mit der mittlerweile erblichen prónoia stand die Verarmung der kleineren und mittleren Grundbesitzer gegenüber. Die territorialen Verluste auf der Balkanhalbinsel in der spätbyzantinischen Zeit, die kontinuierlich sinkenden Staatseinnahmen und der Verfall der Goldmünze hypérpyron, die Kaiser Aléxios I. Komnenós saniert hatte, führten zu Teuerung und Hungersnöten. Dies wiederum rief soziale Gegensätze und Unruhen hervor, was den wirtschaftlichen Untergang des Byzantinischen Reiches bis 1453 zusätzlich beschleunigte.144

139 Ediert in: Tafel/Thomas

(Hgg.), Urkunden, Bd. 1, 278–280 (Nr. 85). Vgl. dazu die siedlungstheoretische Analyse dieser Quelle bei: Koder, Για μια εκ νέου τοποθέτηση της εφαρμογής της „θεωρίας των κεντρικών τόπων“ (mit Karten, die eine Verortung der erwähnten Provinzen zeigen).

140 Tafel/Thomas

(Hgg.), Urkunden, Bd. 1, 260–263, 278–280 (Nr. 85). Siehe dazu: Stavridou-Zafraka, The Development of the Theme Organisation in Macedonia, 138.

141 Ediert

von: Carile, Partitio Terrarum Imperii Romanie. Siehe dazu auch: Schreiner, Genua, Byzanz und der 4. Kreuzzug.

142 Carile,

Partitio Terrarum Imperii Romanie, 220f. Vgl. Koder, Για μια εκ νέου τοποθέτηση της εφαρμογής της „θεωρίας των κεντρικών τόπων“.

143 Popović,

New Insights into the History of Balkan Fairs, 764f. Vgl. dazu auch: Schreiner, Venezianer und Genuesen während der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Konstantinopel.

144 Bartusis, Land and Privilege in Byzantium, 241–578; siehe auch: Laiou-Thomadakis, Peasant Society in the Late

Byzantine Empire; Maksimović, The Byzantine Provincial Administration.

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HGSOE, Bd. 1

Peter Schreiner

→ KARTE XVIII

7. D  ER BALKANRAUM UND GRIECHENLAND IM RAHMEN DER POLITISCHEN ENTWICKLUNG DES BYZANTINISCHEN REICHES (565 – 1204)

7.1

QUELLEN

An dieser Stelle werden nur Quellen genannt, die sich über einen längeren Zeitraum hin mit wichtigen Vorgängen der Ereignisgeschichte des südosteuropäischen Raumes befassen.1 Wichtigste Quelle für das erste halbe Jahrhundert, im Besonderen den Einfall der Awaren, ist Theophýlaktos Simokates, der zwar nicht unmittelbarer Augenzeuge ist (gest. zwischen 630 und 640), aber die Folgen der Verluste der Donauprovinzen noch selbst erlebte.2 Die annalistischen Notizen des Johannes von Biclar (gest. nach 610) in lateinischer Sprache, die an mehreren Stellen awarische und slawische Angriffe erwähnen, verdienen mehr Beachtung als ihnen bisher geschenkt wurde.3 Aus dem Geschichtswerk des Menander (Protector), der eine Generation vor Simokates lebte, liegen über die Vorgänge im Donauraum nur Fragmente zu Gesandtschaften und Vertragsabschlüssen

1

Obgleich schon etwas zurückliegend ist immer noch auf die grundlegende Quellenbibliographie von Johannes Karayannopulos/Günter Weiss, Quellenkunde zur Geschichte von Byzanz (324 – 1453). Bd. 2: Hauptquellen – allgemeine Quellenlage (nach Jahrhunderten geordnet). Anhang: Die wichtigsten Urkundenkomplexe und Archive. Wiesbaden 1982, zu verweisen. Detaillierter aktueller Überblick über alle Quellen zwischen 630 bis 1025 in: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit. Abt. 1 (641 – 867). Prolegomena (erst. v. Ralph-Johannes Lilie u. a.). Berlin 1998; Abt. 2 (867 – 1025). Prolegomena (erst. v. Ralph-Johannes Lilie u. a.). Berlin 2009.

2

Theophylacti Simocattae historiae. Ed. Carolus de Boor. Ed. corr. curavit explicationibusque recentioribus adornavit Peter Wirth. Stuttgart 1972 (Nachdr. der Ausg. v. 1887); Theophylaktos Simokates. Geschichte. Übers. Peter Schreiner. Stuttgart 1985; The History of Theophylact Simocatta. Übers. Michael Whitby/Mary Whitby. Oxford, New York 1986.

3

Ausgabe im Rahmen der Monumenta Germaniae Historica (Scriptores). Auctores Antiquissimi. Bd. 11: Chronica minora. Saec. IV. V. VI. VII. Ed. Theodorus Mommsen. Bd. 2. Berolini 1894, 211–220. Die neue Ausgabe von Carmen Cardelle de Hartmann (Victoris Tunnunensis Chronicon cum reliquiis ex Consularibus Caesaraugustanis et Iohannis Biclarensis Chronicon. Turnhout 2001), unterscheidet sich im Text kaum von Mommsen, zeichnet sich aber durch einen reichhaltigen Apparat und eine historische Kommentierung aus. Der Wert der Quelle wird dadurch erhöht, dass Johannes zwischen 570 und 577 zum Studium in Konstantinopel weilte. Arnulf Kollautz, Orient und Okzident am Ausgang des 6. Jh. Johannes, Abt von Biclarum, Bischof von Gerona, der Chronist des Westgotischen Spaniens, Byzantina 12 (1983), 463–506, bringt nur wenig konkrete Angaben über den Wert einzelner Notizen. Siehe zuletzt Peter Schreiner, Die Chronik des Johannes von Biclar und ihre Bedeutung für die Geschichte Südosteuropas in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts, in: Jörg Drauschke/Falko Daim (Hgg.), Lebenswelten zwischen Archälogie und Geschichte. Festschrift für Falko Daim zu seinem 65. Geburtstag. Teil 2. Mainz 2018, 829–841.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-23

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Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

vor.4 Das Kriegshandbuch des Kaisers Mauríkios behandelt bereits den Umgang mit den neuen Völkern des 6. Jahrhunderts.5 Unmittelbar dem Zeitgeschehen des 7. Jahrhunderts nahe stehend, wenngleich topographisch enger begrenzt, sind die auch für die Ethnogenese südslawischer Stämme überhaupt bedeutsamen Miracula S. Demetrii, auch wenn sie häufig nur zur Geschichte von Thessaloniki und dessen Hinterland herangezogen werden.6 Problematisch bleibt weiterhin die Chronik von Monemvasía, nicht mehr hinsichtlich ihrer Echtheit und Verwendung als historischer Quelle, aber in ihrer Entstehungsgeschichte und einzelnen Interpretationsfragen.7 Die zweifellos wichtigste Quelle für die Ereignisgeschichte im Balkanraum des 7. und 8. Jahrhunderts ist die zwischen 810 und 814 verfasste Chronik des Theophánes Confessor,8 die von jener des Nikephóros Patriarches ergänzt wird.9 Eine wichtige zeitlich nahe Quelle ist die „Chronik des Jahres 811“ zum Feldzug des Kaisers Nikephóros gegen Khan Krum.10 Die uns für das 9. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Quellen entstammen der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts: zunächst die von 813 bis 886 reichende Geschichte des Joseph Genesios,11 und die teilweise zeitgleich entstandenen ersten fünf Bücher des sogenannten Theophánes Continuatus, die ebenfalls bis zum Tode Basíleios’ I. (886) reichen.12 4

Excerpta historica iussu Imp. Constantini Porohyrogenetii confecta. Bd. 1: Excerpta de legationibus. Ed. Carolus de Boor. Berolini 1903, 170–221, 442–477. Gr. Text mit engl. Übers. bei Roger C. Blockley, The History of Menander the Gardsman. Liverpool 1985.

5

Das Strategikon des Maurikios. Einf., Ed. u. Indices v. George T. Dennis. Übers. v. Ernst Gamillscheg. Wien 1981.

6

Les plus anciens recueils des miracles de Saint Démétrius et la pénétration des Slaves dans les Balkans. Hg. Paul Lemerle. 2 Bde. Paris 1979–1981.

7

Es fehlt besonders eine „wirklich“ kritische Ausgabe, als welche jene von Ivan Dujčev, Cronaca di Monemvasia. Introduzione, testo critico, traduzione e note. Palermo 1976, keinesfalls bezeichnet werden kann. Einfacher verwendbar Paul Lemerle, La Chronique improprement dite de Monemvasie. Le contexte historique et légendaire, Revue des études byzantines 21 (1963), H. 1, 5–49. Die wissenschaftliche Diskussion ist zusammengefasst (bis 2001) bei Ewald Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem. Die Chronik von Monembasia und das sizilianische Demenna. Eine historisch-topographische Studie. Wien 2001.

8

Theophánes Homologetes. Theophanis Chronographia. Rec. Carolus de Boor. 2 Bde. Lipsiae 1883 – 1885 (Nachdr. Hildesheim 1963); engl. Übers.: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813. Übers. Cyril Mango/Roger Scott. Oxford 1997.

9

Nikephoros. Patriarch of Constantinople. Short History. Text, Translation and Commentary by Cyril Mango. Washington/DC 1990.

10

Die Chronik, die im hagiographischen Kontext einer süditalienischen Handschrift des 13. Jh.s (Vat. gr. 2014) überliefert ist, trägt die Überschrift „Über Kaiser Nikephoros und wie er seine Gebeine in Bulgarien ließ“. Sie wurde in zuverlässiger Form ediert und übersetzt von Ivan Dujčev, La chronique byzantine de l’an 811, Travaux et Mémoires 1 (1965), 205–254 (wieder abgedruckt in: ders., Medioevo bizantino-slavo. Raccolta di studi e testi. Bd. 2: Saggi di storia letteraria. Rom 1968, 425–489).

11

Iosephi Genesii regum libri quattuor. Rec. Anni Lesmueller-Werner/Ioannes Thurn. Bero­lini, Novi Eboraci 1978; dt. Übers.: Byzanz am Vorabend neuer Größe. Überwindung des Bilderstreites und der innenpolitischen Schwäche (813 – 886); Die vier Bücher der Kaisergeschichte des Ioseph Genesios. Übers. Anni Lesmüller-Werner. Wien 1989.

12

Chronographiae quae Theophanis Continuati nomine fertur Libri I – IV. Rec. anglice verterunt indicibus instruxerunt Michael Featherstone et Juan Signes-Codoñer nuper repertis schedis Caroli de Boor adiuvantibus.

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HGSOE, Bd. 1

Quellen

Für den folgenden Zeitraum bis 971 steht die Chronik des Symeon Mágistros und Logothetes, die bis 948 überlieferungsgeschichtlich kritisch ediert ist,13 sowie das sechste Buch des Theophánes Continuatus zur Verfügung.14 Die zeitgenössische Hauptquelle für die Epoche des Übergangs (bis zur Rückeroberung der Donauprovinzen) stellt Léon Diákonos dar.15 Unter den von ihrer Provenienz her nichtbyzantinischen Quellen sind die (fast) ausschließlich in griechischer Sprache abgefassten sogenannten protobulgarischen Inschriften zu nennen, die besonders über Grenz -und Friedensverträge wichtige Hinweise bringen.16 Eine in ihren Überlieferungsgrundlagen und der historischen Verwendbarkeit recht fragwürdige Quelle stellt weiterhin die „Chronik des Priesters von Diocleia“ zu Vorgängen besonders in der westlichen Balkanhalbinsel zwischen dem 7. und der Mitte des 12. Jahrhunderts dar.17 Nur marginal ist Südosteuropa in der Schrift De administrando imperio des Konstantin Porphyrogénnetos (Mitte des 10. Jahrhunderts) vertreten.18 Mit Griechenland befasst sich die Schrift desselben Kaisers „Über die Themen“.19 Anzuführen sind auch zwei

Boston, Berlin 2015. Buch V liegt in einer gesonderten kritischen Ausgabe vor: Chronographiae quae Theophanis Continuati nomine fertur Liber quo Vita Basilii Imperatoris amplectitur. Rec. anglice vertit indicibus instruxit Ihor Ševčenko nuper repertis schedis Caroli de Boor adiuvantibus. Berlin 2011. 13

Symeonis Magistri et Logothetae Chronicon. Rec. Stephanus Wahlgren. Berolini, Novi Eboraci 2006. Die Chronik des Leo Grammatikos (Leonis Grammatici Chronographia. Ex recogn. Immanuelis Bekkeri. Bonnae 1842), ist in diese Edition eingearbeitet.

14

Theophanes Continuatus, Joannes Cameniata, Symeon Magister, Georgius Monachus ex recognitione Immanuelis Bekkeri. Bonnae 1838, Buch VI, 353–481. Überlieferungsgeschichte und historiographische Zuordnung dieses Buches sind Aufgabe einer künftigen kritischen Edition.

15

Leonis Diaconi Caloënsis historiae libri decem et liber de velitatione bellica Nicephori Augusti e rec. Caroli Benedicti Hasii addita eiusdem versione atque annot. ab ipso recogn. Bonnae 1828; dt. Übers.: Nikephoros Phokas „Der bleiche Tod der Sarazenen“ und Johannes Tzimiskes. Die Zeit von 959 bis 976 in der Darstellung des Léon Diákonos. Übers. Franz Loretto. Graz 1961; engl. Übers.: The History of Leo the Deacon. Byzantine Military Expansion in the Tenth Century. Übers., Hgg. Alice-Mary Talbot/Denis F. Sullivan. Washington/DC 2005.

16 Veselin

Beševliev, Die protobulgarischen Inschriften. Berlin 1963. Ergänzungen dazu in der bulg. Übers.: Părvobălgarski nadpisi. Vtoro preraboteno i dopălneno izdanie. [Protobulgarische Inschriften. 2. überarb. und ergänzte Ausg.]. Sofija 2 1992.

17

Neue kritische Ausgabe von Tibor Živković/Dragana Kunčer (Hgg.), Gesta regum Sclavorum, 2 Bde. Beograd 2009, mit ausführlichem (serbischen) Kommentar, der viele frühere Beurteilungen wieder in Frage stellt. Auch die bekannte Abhandlung von Jadran Ferluga, Die Chronik des Priesters von Diokleia als Quelle für die byzantinische Geschichte, Byzantina 10 (1978), 429–460, ist nun im Lichte der neuen Ausgabe zu sehen. Solange Bujan, La Chronique du prêtre de Dioclée. Un faux document historique, Revue des études byzantines 66 (2008), 5–38, spricht sich gegen jeden historischen Wert aus.

18

Constantine Porphyrogenitus. De administrando imperio. Bd. 1. Greek Text [mit engl. Übers.] Edited by Gy.[ula] Moravcsik, Engl. Transl. by R.[omilly] J. H. Jenkins. New, rev. ed. Washington/DC 1967. Es kommen in Betracht die Kapitel 30 (Dalmatien), 31 (Kroatien), 32 (Serben), 33 (Zachlumoi), 34 (Terbuniotai und Kanalitai), 35 (Diocleia), 36 (Paganoi), die sämtlich den adriatischen Teil der Balkanhalbinsel betreffen. Dt. Übers.: Die Byzantiner und ihre Nachbarn. Die de administrando genannte Lehrschrift des Konstantinos Porphyrogennetos für seinen Sohn Romanos. Übers. Klaus Belke/Peter Soustal. Wien 1995.

19

Costantino Porfirogenito. De thematibus. Introduzione, testo critico, comm. a cura di A.[gostino] Pertusi. Città del Vaticano 1952.

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Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

Chroniken, die den beiden Eroberungen von Thessaloniki 904 und 1185 gewidmet sind.20 Eine noch wenig ausgewertete Quellengattung auch für die Ereignisgeschichte stellen die Siegel dar, die in einer monumentalen Ausgabe zugänglich gemacht wurden.21 Ihre zentrale Bedeutung liegt in der Rekonstruktion der Verwaltungsgeschichte und der Wirtschaftsgeschichte, die einem späteren Band dieses Handbuchs vorbehalten sind.22 Überwiegend die einzige Quelle für den byzantinisch-bulgarischen Balkanraum in der Zeit zwischen 945 (Beginn der selbständigen Herrschaft des Kaisers Konstantin VII. Porphyrogénnetos) und 1059 ist die Synopsis Historiarum des Johannes Skylítzes.23 Der Autor verfügt über viele lokale Informationen, auch topographischer Art, die vermuten lassen, dass er zeitweise als byzantinischer Beamter im rückeroberten Bulgarien tätig war. Das Interesse an Bulgarien in diesem Geschichtswerk äußert sich auch darin, dass der größte Teil der handschriftlichen Überlieferung im westlichen Balkanraum (dem ehemaligen Reich des Zaren Samuil) lokalisiert werden kann.24 Neben Skylítzes und chronologisch über ihn hinaus sind das Geschichtswerk des Michael Attaleiates (1034 – 1079)25 und die (höchstwahrscheinlich von Skylítzes selbst verfasste) „Fortsetzung des 20

Ioannis Caminiatae. De expugnatione Thessalonicae. Ed. Gertrud Böhlig. Berolini 1973; dt. Übers.: Die Einnahme Thessalonikes durch die Araber im Jahre 904. Übers. Gertrud Böhlig. Graz, Köln u. a. 1975; engl. Übers.: John Kameniates. The Capture of Thessaloniki. Übers. David Frendo/Athanasios Fotiou. Perth 2000; neugr. Übers. von Eudoxos Tsolakēs, Εις την άλωσιν της Θεσσαλονίκης. Ιωάννης Καμινιάτης [Von der Eroberung Thessalonikis. Johannes Caminiata]. Athen 2000; ital. Übers.: Eustazio di Tessalonica. La espugnazione di Tessalonica. Testo critico, introduzione, annotazioni di Stilpon Kyriakidis, proemio di Bruno Lavagnini, versione italiana di Vincenzo Rotolo. Palermo 1961; dt. Übers.: Die Normannen in Thessalonike. Die Eroberung von Thessalonike durch die Normannen (1185 n. Chr.) in der Augenzeugenschilderung des Erzbischofs Eustathios. Übers., eingel. und erklärt v. Herbert Hunger. Graz 2 1967. A. P. Kazhdan, Some Questions Addressed to the Scholars Who Believe in the Authenticity of Kameniates’ „Capture of Thessalonica“, Byzantinische Zeitschrift 71 (1978), 301–314, plädiert für eine Schrift des 15. Jh.s, die unter dem Einfluss der osmanischen Eroberung (1430) entstanden sei. Auch die Erwiderung von Joseph D. C. Frendo, The Miracles of St. Demetrius and the Capture of Thessalonike. An Examination of the Purpose, Significance and Authenticity of John Kaminiatis’ „De expugnatione Thessalonicae“, Byzantinoslavica 58 (1997), H. 2, 205–224, schafft keine endgültige Klarheit.

21 Ivan

Jordanov/Zhenya Zhekova, Catalogue of Medieval Seals of the Regional Historical Museum of Shumen. Shumen 2007, und Ivan Jordanov (Hg.), Corpus of Byzantine Seals from Bulgaria. 3 Bde. Sofia 2003 – 2009.

22

Einblicke hierzu bietet bereits der Handbuchbeitrag von Mihailo Popović (Kap. 6) „Wirtschaft und Finanzen in den byzantinischen Balkanprovinzen“.

23

Ioannis Scylitzae Synopsis historiarum. Editio princeps. Rec. Hans Thurn. Berlin, New York 1973; dazu die frz. Übers.: Jean Skylitzès. Empereurs de Constantinople. Texte traduit par Bernard Flusin et annoté par Jean-Claude Cheynet. Paris 2003, und die engl. Übers.: John Skylitzes. A Synopsis of Byzantine History 811 – 1057. Transla­ tion and Notes (by) John Wortley. Cambridge 2010.

24

Siehe dazu Peter Schreiner, Johannes Skylitzes und Bulgarien, in: Georgi Petrov Bakalov/Ivan Džambov (Hgg.), Meždunarodna konferencija „Vizantijskoto kulturno nasledstvo i Balkanite“, Plovdiv 6. – 8.9.2001. Sbornik dokladi [Internat. Konferenz „Das byzantinische Erbe und der Balkan“, Plovdiv 6. – 8.9.2001. Vortragssammelbd.]. Plovdiv 2003, 26–31. Signifikant für diese Verbreitung sind die historischen Einschübe in der Wiener Handschrift Hist. gr. 74, die Božidar Prokić, Die Zusätze in der Handschrift des Johannes Skylitzes codex Vindobonensis hist. graec. LXXIV. Ein Beitrag zur Geschichte des sogennanten westbulgarischen Reiches. München [Diss.] 1906, veröffentlichte. Sie sind in die Ausgabe von Thurn (Ioannis Scylitzae) eingearbeitet.

25

Michaelis Attaliatae Historia. Ed. Eudoxos Th. Tsolakis. Athen 2011. Vor allem wegen der Erläuterungen und der (span.) Übers. ist daneben die Ausgabe von Inmaculada Pérez Martín (Übers., Hg.), Historia. Madrid 2002, heranzuziehen.

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Quellen

Johannes Skylítzes“ (Scylitzes continuatus) heranzuziehen (1057 – 1079).26 Für die Zeit bis 1018 bringt die Redaktion B der Chronik des Geórgios Continuatus unausgenutzte Hinweise besonders zu den bulgarischen Feldzügen des Basíleios, doch ist diese Quelle noch einer gründlichen philologischen und historischen Überprüfung zu unterziehen.27 Die Chronographie des Michael Psellos geht dagegen auf die Balkankriege des Basíleios nicht ein. Von Bedeutung ist die bis 1118 reichende Chronik des Johannes Zonarás,28 auch in jenen Teilen, in denen er sich auf Skylítzes stützt, da er öfter andere Wertungen und verschiedentlich auch Sonderinformationen bringt. Für den Abschnitt der Regierung Kaiser Aléxios I. (1081 – 1118) ist das Geschichtswerk der Anna Komnene maßgeblich.29 Die zweifellos wichtigste Quelle zur Geschichte der byzantinisch-balkanischen Beziehungen ist das Geschichtswerk des Nikétas Choniátes, besonders wegen der Kontakte zum aufstrebenden Serbien und der Auseinandersetzungen mit den Ungarn,30 ergänzt von der Epitome des Johannes Kínnamos (1122 – 1176), der Kaiser Manuel auf Balkanfeldzügen auch begleitete.31 Von eher literarischer als historischer Bedeutung ist die Vers-Weltchronik des Konstantin Manásses (bis 1081),32 die nicht nur ins Mittelbulgarische übersetzt wurde,33 sondern uns auch in einer Version mit Miniaturen erhalten ist, die besonders Ereignisse zur bulgarischen Geschichte illustriert (Taufe des Boris, Zar Krum mit dem Schädel des Nikephóros als Trinkschale, Tod Zar Samuils).34 Auch einige byzantinische literarische Texte dienen als historische Quellen zur Balkangeschichte. Zu nennen sind die (lange) Vita des Klemens von Ochrid, verfasst von Theophýlaktos von Ochrid, mit

26

Eudoxos Th. Tsolakēs (ed.), Ἡ συνέχεια τῆς χρονογραφίας τοῦ Ἰωάννου Σκυλίτση (Ioannes Scylitzes continuatus). Thessaloniki 1968.

27

Zugänglich nur in der Ausgabe der Chronik des Geórgios Monachos von Eduard de Muralt, Petropoli 1859. Die chronologisch nicht präzisierten Erwähnungen bulgarischer Feldzüge entstammen offensichtlich noch nicht edierten Teilen der Anonymi Historia Imperatorum, die erst bis Anfang des 9. Jh.s gedruckt zugänglich ist (Ed. Francesca Iadevaia. Messina 2000).

28

Nur der letzte Teil der Weltchronik ist hier einschlägig: Ioannis Zonarae Epitomae Historiarum libri XIII – XVIII. Ed. Theodorus Büttner-Wobst. Bonnae 1897.

29

Annae Comnenae Alexias. Bd. 1: Prolegomena et textus. Ed. Diether R. Reinsch/Athanasios Kambylis. Berolini, Novi Eboraci 2001; dt. Übers.: Alexias. Anna Komnene. Übers. Diether Roderich Reinsch. Köln 1996.

30

Nicetae Choniatae Historia. Rec. Ioannes Aloysius van Dieten. 2 Bde. Berolini 1975; dt. Übers. (nach dem alten Text der Bonner Ausgabe) in drei Bänden, 2 1958 (Die Krone der Komnenen; Abenteurer auf dem Kaiserthron; Die Kreuzfahrer erobern Konstantinopel). Wichtig jetzt die dreibändige, von Anna Pontani besorgte kommentierte ital. Übers. (mit dem Text der Ausgabe van Dieten): Niceta Coniata. Grandezza e catastrofe di Bisanzio (narrazione cronologica). Roma 1994 – 2017.

31

Ioannis Cinnami epitome rerum ab Ioanne et Alexio Comnenis gestarum. Ed. Augustus Meineke. Bonnae 1836.

32

Constantini Manassis Breviarium chronicum. Rec. Odysseus Lampsidis. Athenis 1996.

33

Dmitrij S. Lichačev/Ivan Dujčev (Hgg.), Srednebolgarskij perevod Chroniki Konstantina Manassii v slavjanskich literaturach [Die mittelbulgarische Übersetzung der Chronik des Konstantin Manasses in den slawischen Literaturen]. Sofija 1988.

34

Constantine Manasses. Synopsis Chroniki. Codex Vaticano Slavo 2, 1344 – 45. Hg. Aksinia Džurova. Athens 2007 (Faksimile-Ausg.).

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705

Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

historischen und kulturgeschichtlichen Hinweisen,35 und die Briefe seines späteren Nachfolgers, Theophýlaktos (gest. um 1108 oder 1126).36 Für die Geschichte des zentralen Griechenlands, besonders Athens und Attikas, sind die Briefe des Michael Choniates, Bruders des Historikers, von großer Bedeutung.37 Die Kaiserreden des Nikétas Choniátes nehmen, im Rahmen des rhetorischen Genus, verschiedentlich auf die Feldzüge in den Balkanregionen Bezug.38 Die genannten Quellen und zahlreichere kleine Texte sind auch in einer mehrbändigen bulgarischen und jugoslawischen Quellensammlung mit Übersetzung und kommentierenden Anmerkungen wiedergegeben.39 Die bulgarische Quellensammlung hat auch zwei Bände den lateinischen Quellen gewidmet.40

35

Eine kritische Edition existiert nicht, zu benutzen in: Patrologiae cursus completus. ...: Patrologia Graeca. Accurante J.[acques]-P.[aul] Migne. Bd. 126. Paris 1902, Sp. 1194 – 1240. Zur Interpretation Angeliki Delikari, Der Hl. Klemens und die Frage des Bistums von Velitza. Identifizierung, Bischofsliste (bis 1767) und Titularbischöfe. Thessaloniki 1997.

36 Paul

Gautier, Théophylacte d’Achrida. Lettres. Epistulae. Thessalonique 1986. Als historische Quelle verwendet bei Diogenes A. Xanalatos, Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Makedoniens im Mittelalter, hauptsächlich auf Grund der Briefe des Erzbischofs Theophylaktos von Achrida. München [Diss.] 1937.

37

Michaelis Choniatae epistulae. Rec. Foteini Kolovou. Berolini 2001. Eine verlässliche historische Ergänzung ist die Arbeit von Georg Stadtmüller, Michael Choniates, Metropolit von Athen (ca. 1138 – ca. 1222). Rom 1934.

38

Niketas Choniates. Orationes et epistulae. Rec. Jean Louis van Dieten. Berolini 1972, dt. Übers.: Kaisertaten und Menschenschicksale im Spiegel der schönen Rede. Reden und Briefe des Niketas Choniates. Übers. Franz Grabler. Graz, Köln 1966 (unter Berücksichtigung der philologischen Ergebnisse von van Dieten).

39

Für den Zeitraum vom 6. bis 13. Jh. sind einschlägig: Grăcki izvori za bălgarskata istorija. Fontes Graeci historiae Bulgaricae in der Reihe Izvori za bălgarskata istorija. Fontes historiae Bulgaricae. Bde. 2–11. Sofija 1954 – 1974, und Vizantijski izvori za istoriju naroda Jugoslavije. Fontes Byzantini historiam populorum Jugoslaviae spectantes. Bde. 1–4. Beograd 1955 – 1971.

40

Für den Zeitraum bis ins 12. Jh. sind anzuführen: Latinski izvori za bălgarskata istorija [Lateinische Quellen zur bulgarischen Geschichte]. Bd. 3, Sofija 1965 und Bd. 4, Sofija 1981.

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Sekundärliteratur

7.2

SEKUNDÄRLITERATUR

Vorbemerkung: Die hier präsentierte Literatur beschränkt sich auf Arbeiten, die ausschließlich oder in umfangreichen Abschnitten Südosteuropa im byzantinischen Kontext berühren. Allgemeine Titel zu Byzanz, die nur beiläufig oder in Erwähnungen unseren Raum behandeln, sind nicht aufgeführt. Einen Überblick über die mittelalterliche Geschichte Südosteuropas (unter eher marginaler Berücksichtigung Griechenlands) geben zwei Darstellungen von John Fine, die wegen ihres generellen Überblicks und wegen des Mangels vergleichbarer jüngerer Arbeiten heute fast ausschließlich Verwendung finden.41 Ihnen ist jedoch der weitaus detailliertere Überblick von Florin Curta mit deutlichem Schwerpunkt im eigentlichen Balkanraum und einer angemessenen Einbeziehung Griechenlands vorzuziehen.42 Hauptsächlich den frühen Jahrhunderten ist eine weitere Darstellung von Florin Curta im Rahmen der neuen Edinburgh History of the Greeks (nicht Greece!) gewidmet.43 Die Geschichte unseres Raumes bis an den Beginn des 9. Jahrhunderts ist immer wieder tiefgreifend berührt von den Awaren.44 Daniel Ziemanns Geschichte der (Proto-)Bulgaren in Südosteuropa berücksichtigt erstmals in einer sprachlich auch breiteren Kreisen zugänglichen Form die moderne und ältere bulgarische Forschung und stellt auch verschiedentlich eingewurzelte Meinungen in Frage.45 Einen bemerkenswerten Versuch, das gesamte 7. Jahrhundert in den Balkanprovinzen auf Resultaten archäologischer Grabungen (Feldforschung) zu interpretieren, macht Florin Curta.46 Unter den zahlreichen Studien, die sich in jüngster Zeit mit dem 7. Jahrhundert beschäftigen, ragt John Haldons Untersuchung besonders heraus.47 Eine exakt den Jahren des Geschichtswerkes des Theophánes folgende

41

John V. A. Fine Jr., The Early Medieval Balkans. A Critical Survey from the Sixth to the Late Twelfth Century. Ann Arbor 1983, und dessen Fortsetzung: ders., The Late Medieval Balkans. A Critical Survey from the 6th to Late 12th Century. Ann Arbor 1987. Ein deutlicher Nachteil ist die fehlende Dokumentation.

42 Florin

Curta, Southeastern Europe in the Middle Ages 500 – 1250. Cambridge 2006, mit reichem Anmerkungsapparat und internationaler Bibliographie.

43

Ders., The Edinburgh History of the Greeks, c. 500 to 1050. The Early Middle Ages. Edinburgh 2011. Es ist nicht klar, welchen Einschnitt das Jahr 1050 bedeutet. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in jedem Fall auf dem 6. – 8. Jh. Entsprechend der Arbeitsrichtung des Verfassers stehen in der Argumentation archäologische Ergebnisse im Mittelpunkt, die in vielen anderen Darstellungen zu wenig beachtet werden.

44 Siehe

zu den Awaren insbesondere den obigen Handbuchbeitrag von Walter Pohl (Kap. 2.3: Die Awarenzeit, 565 – 800), sowie ders., Die Awaren. Ein Steppenvolk in Mitteleuropa, 567–822 n. Chr. München 1988; Csanád Bálint, The Avars, Byzantium and Italy. A Study in Chronology and Cultural History. Budapest 2019.

45 Daniel

Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht. Die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter (7. – 9. Jh.). Köln, Weimar, Wien 2007, sowie im vorliegenden Band: Kap. 3.

46 Florin

Curta, The Beginning of the Middle Ages in the Balkans, Millennium 10 (2013), 145–214. Der Verfasser versuchte allerdings nur sehr vage und zögerlich, aus den Resultaten allgemein historische, topographische und siedlungsgeschichtliche Schlussfolgerungen zu ziehen.

47

John F. Haldon, Byzantium in the Seventh Century. The Transformation of a Culture. Cambridge u. a. 2 1997. Demgegenüber ist Andreas Stratos, Tò Βυζάντιον στὸν ζ´αἰῶνα [Byzantium im 7. Jh.]. 6 Bde. Athen 1965 – 1977 (Bde. 1 – 5 auch in engl. Übers.), eher eine Nacherzählung der Quellen ohne analytische Durchdringung.

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Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

Interpretation der Ereignisse unternahm Ilse Rochow.48 Breiter Raum ist der Balkanpolitik auch in Monographien zu Konstantin V. und Konstantin VI. gewidmet.49 Ewald Kislingers fachübergreifende Monographie zur Regionalgeschichte der Peloponnes und der sizilianischen Region Demenna bietet ganz anhand schriftlicher Primärquellen (vor allem der sogenannten Chronik von Moréa und deren literarischem Umkreis) in Verbindung mit einer zusammenfassenden Umsicht zu den wichtigsten archäologischen Quellen (Bodenfunden) den derzeit besten Überblick zur frühen Geschichte der mittelalterlichen Peloponnes.50 Sie ersetzt in vielen Teilen auch die gründliche Gesamtstudie, die Antoine Bon zur Peloponnes bis 1204 verfasst hat.51 Die Angriffe zur See, denen die griechischen Küsten und das nahe liegende Binnenland ausgesetzt waren, haben Hélène Ahrweiler und Ekkehard Eickhoff in zwei gleichzeitig erschienen, aber inhaltlich unterschiedlichen Arbeiten dargestellt.52 Die Auseinandersetzungen mit Khan Krum stehen im Zentrum einer die Jahre 775 bis 831 umfassenden Monographie.53 Die Angriffe Symeons wurden schon vor längerer Zeit von Robert Browning im Rahmen der Geschichte der byzantinisch-bulgarischen Beziehungen behandelt,54 jene Symeons erfuhren nun durch Paul M. Strässle eine vor allem militärgeschichtliche Analyse.55 Die „Balkangrenze“, schwerpunktmäßig in der Zeit nach 1018, behandelte in einer innovativen Studie Paul Stephenson.56 Die Normannen in ihrer Bedeutung für Byzanz sind bisher im Gesamtüberblick nur in den verschiedenen Darstellungen zur Geschichte der Kreuzzüge oder im Rahmen der Normannenherrschaft in Italien behandelt. Zu ihrer Bedeutung besonders im 12. Jahrhundert ist auf die entsprechenden Abschnitte in Werken von Magdalino und Angold hinzuweisen.57 48 Ilse

Rochow, Byzanz im 8. Jahrhundert in der Sicht des Theophanes. Quellenkritisch-historischer Kommentar zu den Jahren 715 – 813. Berlin 1991.

49

Dies., Kaiser Konstantin V. (741 – 775). Materialien zu seinem Leben und Nachleben. Frankfurt 1994; RalphJohannes Lilie, Byzanz unter Irene und Konstantin VI. (780 – 802). Mit einem Kapitel über Leon IV (775 – 780) von Ilse Rochow. Frankfurt/M. 1996.

50

Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem.

51 Antoine

Bon, Le Péloponèse byzantin jusqu’en 1204. Paris 1951.

52 Hélène

Ahrweiler, Byzance et la Mer. La marine de guerre, la politique et les institutions maritimes de Byzance aux VIIe – XVe siècle. Paris 1966; Ekkehard Eickhoff, Seekrieg und Seepolitik zwischen Islam und Abendland. Das Mittelmeer unter byzantinischer und arabischer Hegemonie (650 – 1040). Berlin 1966. Die Unterschiede sind schon aus dem Titel ersichtlich: Ahrweiler legt eine globale Untersuchung vor, während Eickhoff allein den arabischen Seekrieg herausgreift. In unserem Zusammenhang verdeutlicht Eickhoffs historisch erzählender Stil besser die Vorgänge als die Studie von Ahrweiler.

53 Panos

Sophoulis, Byzantium and Bulgaria, 775 – 831. Leiden, Boston/MA 2012.

54 Robert

Browning, Byzantium and Bulgaria. A Comparative Study Across the Early Medieval Frontier. Berkeley/ CA 1975.

55

Paul Meinrad Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz. Die Kriege Kaiser Basileios’ II. gegen die Bulgaren (976 – 1019). Köln 2006.

56 Paul

Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier. A Political Study of Northern Balkans, 900 – 1204. Cambridge u. a. 2000.

57 Michael

Angold, The Byzantine Empire, 1025–1204. A Political History. London 1984; Paul Magdalino, The Empire of Manuel I. Komnenos 1143 – 1180. Cambridge 1993.

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Sekundärliteratur

Abschließend seien noch vier Werke erwähnt, die trotz ihrer primär topographischen Zielsetzung ein unentbehrliches Hilfsmittel auch für die allgemeine Geschichte und die Besiedlungsgeschichte verschiedener Regionen darstellen, nämlich einige einschlägige Bände der Tabula Imperii Byzantini: Thrakien,58 Hellas und Thessalien,59 Nikopolis und Kephallenía (Epirus)60 und die Nördliche Ägäis61. Verschiedene Bände sind noch in Vorbereitung, so dass Griechenland und der westliche Balkanraum noch nicht vollständig erfasst sind.62

58 Peter

Soustal, Thrakien (Thrakē, Rodopē und Haimimontos). Wien 1991.

59 Johannes

Koder/Friedrich Hild, Hellas und Thessalia. Wien 1976.

60 Peter

Soustal, Nikopolis und Kephallenia. Wien 1981. Zum historischen Teil ergänzend Günter Prinzing, Epirus und die ionischen Inseln im Hochmittelalter. Zur Geschichte der Region im Rahmen des Themas Nikopolis und der Inselthemen Kerkyra und Kephallenia im Zeitraum ca. 1000 – 1204, Südost-Forschungen 56 (1997), 1–25.

61 Johannes 62

Koder, Aigaion Pelagos (Die nördliche Ägäis). Wien 1998.

Nach dem derzeitigen Stand (2019) sind noch vorgesehen: Makedonien (Der nördliche Teil), Makedonien (südlicher Teil), Diocleia und Nordepirus, südliche Ägäis. Die Peloponnes ist einer selbständigen griechischen Planung anvertraut.

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Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

7.3

 IN EPOCHENÜBERBLICK E AUS BYZANTINISCHER SICHT

Der Balkanraum steht – Ungarn und Kroatien ausgenommen – außerhalb der Entwicklung der Staatenwelt des westlichen europäischen Mittelalters und ist in seinen Strukturen unterschiedlich stark, doch nicht ausschließlich, am Byzantinischen Reich orientiert. Der römische Balkan war bis 565 noch ein staatsrechtlich fester Bestandteil des Imperiums Justinians gewesen (s. o. Teil I des Handbuchs, Kap. 4 zum spätantiken Südosteuropa). Bereits drei Jahre nach dem Tod des Kaisers erfolgte im Jahre 568 die awarische Besetzung des Karpatenbeckens, die Walter Pohl für eine „Zeitenwende“ hält,63 in der man auch die Geburtsstunde des mittelalterlichen Südosteuropa sehen kann, da von diesem Zeitpunkt an das Römische Reich im Osten, das von nun an als Byzantinisches Reich bezeichnet werden kann, mit der Hauptstadt Konstantinopel, die dauerhafte und umfassende Herrschaft über diesen Reichsteil – die Provinzen Dalmatia, Moesia prima/secunda, Macedonia, Dacia, Thracia, Thessalia – nie wieder gewann. Ein zweites Epochenjahr war sicherlich 626, als es schien, dass die Verbindung von Sasaniden und Awaren dem Römischen Reich im Osten vollends das Ende bereite.64 Das Scheitern vor den Mauern Konstantinopels machte diesen Plan zwar zunichte, hat aber, trotz des Rückzugs der Awaren und des byzantinischen Sieges über die Sasaniden (628), dem Byzantinischen Reich keine erneute Eingliederung der südosteuropäischen Provinzen erlaubt, da durch Entvölkerung und Neuansiedlung fremder Ethnien die administrative Struktur weitgehend untergegangen war.65 Umgekehrt waren die Einwanderer (wer immer sie ethnisch auch waren) nicht in der Lage, eine eigene staatliche Struktur zu errichten, so dass man von einem Niemandsland in Abhängigkeit vom Byzantinischen Reich sprechen kann, in dem sich, als Enklaven, einige byzantinische Städte befanden. Dieser Zustand endete mit dem Jahr 681, als das bulgarische Kaganat seine Grenzen nach jenseits der Donau in den Westen ausdehnte. Wie auch immer dieses Jahr im Rahmen der bulgarischen Geschichte einzuschätzen ist,66 für die Balkangeschichte und die Beziehungen von Byzanz zu seinen nördlichen Provinzen ist es von epochaler Bedeutung. Es entsteht nun bis zum Ende des Byzantinischen Reiches ein konstanter nördlicher Nachbar, der nicht nur die Geschicke und die Geschichte der gesamten Balkanhalbinsel bestimmt, sondern auch jene des Byzantinischen Reiches nachhaltig beeinflusst. Die Existenz eines bulgarischen Staates verhindert in seiner ersten Phase (bis 1014/1018) die selbständige Entwicklung von Völkerschaften im balkanischen Raum und den Kontakt der in den Karpathenraum eingewanderten Ungarn mit dem Byzantinischen Reich. Die Christianisierung (864) hat die Bulgaren zwar nach den Worten Kaiser Léons VI. (886 – 912) zu „Brüdern im Glauben“ 63

Pohl, Die Awaren, 52.

64

Dujčev, Il mondo slavo e la Persia, bes. 382–391; Pohl, Die Awaren, 248–255.

65

Schriftliche Quellen, im Grunde fast nur Theophýlaktos Simokates (bis 601) und Theophánes Confessor, lassen diesen Prozess der Entvölkerung nur unzureichend erkennen. Allein die archäologischen Ergebnisse der Bodenforschung zeichnen ein genügend deutliches Bild, nun zusammengefasst bei Curta, The Beginning of the Middle Ages, der im Jahr 620 einen Endpunkt der Entwicklung sieht.

66

Siehe dazu Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht, 161–179 („Der Vertrag von 681“), und dessen obigen Handbuchbeitrag zum Ersten bulgarischen Reich (Kap. 3).

710

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Ein Epochenüberblick aus byzantinischer Sicht

gemacht,67 bildet aber in der politischen Auseinandersetzung keine Zäsur. Der Friedensvertrag vom Oktober 927 stellt die offizielle Anerkennung eines bulgarischen Reiches und des Titels des bulgarischen Zaren dar,68 garantiert aber nicht das Ende der feindlichen Auseinandersetzungen, das erst 1014 mit dem Tod Zar Samuils, den Wirren der Nachfolge und der Okkupation (im bulgarischen Sinn) bzw. der Rückgewinnung der bulgarischen Provinzen (in der byzantinischen Interpretation) im Jahr 1018 erreicht ist. Mit diesem Epochenjahr beginnt eine Neuordnung des Balkanraumes, indem das Byzantinische Reich jetzt zum Nachbarn des kroatischen und ungarischen Reiches wird. Es war nun aber nicht die neue bulgarische Staatengründung im Jahre 1186, die ein weiteres Mal die politische Landschaft verändert hat, sondern vielmehr die Eroberung Konstantinopels 1204, die das gesamte politische Gleichgewicht in Südosteuropa ins Wanken brachte: Griechenland und die ägäische Inselwelt kamen in venezianische und französische Hände, Venedig übernahm die Stadt Konstantinopel, jedoch nicht deren politische Rolle, da die Lagunenstadt nur am Handel interessiert war. Das bulgarische Reich wurde rasch wieder zur führenden Macht, während sich in den westlichen Balkanregionen ein serbisches Königreich zu etablieren begann. 1204 ist sicherlich das wichtigste Epochenjahr der mittelalterlichen Geschichte Südosteuropas.

67

Schreiner, Das Christentum in Bulgarien vor 864, 51.

68

Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 1,2 (Hgg. Dölger/Müller/Beihammer), Reg. 612.

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711

Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

7.4

 IRCHENSTRUKTUR K UND MISSIONIERUNGEN/HÄRETIKER

Mit der Zerstörung oder Verödung nahezu aller Städte im zentralen Balkanraum zwischen 570 und ca. 610 verwaisten auch die meisten Bischofssitze. Es verblieben nur einige Orte an den thrakischen Küsten des Marmarameeres und des Schwarzen Meeres unter dem Schutz Konstantinopels. An schriftlichen Quellen geben darüber die Unterschriftslisten der ökumenischen Konzilien einen gewissen Aufschluß.69 Archäologische Erforschungen über Zerstörungen von Kathedralkirchen liegen kaum vor oder sind von der topographischen Sachlage her gar nicht möglich.70 Der Verlust der juristischen Kirchenstruktur bedeutet aber nicht die völlige Auslöschung des Christentums. Dies zeigt eine Stelle in der Vita des Papstes Hadrian II. (867 – 872) im Liber Pontificalis, derzufolge bulgarische Gesandte im Jahr 870 mitzuteilen wussten, dass die Bulgaren bei ihrer Landnahme 681 griechische (nicht lateinische) Priester angetroffen haben.71 Unter Khan Krum ist zum Jahr 813 von einer Christenverfolgung in größerem Umfang die Rede, die davon Zeugnis ablegt, dass die Konstantinopolitanische Kirche auch ohne juristische Struktur in diesem Raum erfolgreich missioniert hatte.72 Obgleich, wie später zu zeigen ist, der byzantinische Staat nie völlig die politische und militärische Präsenz über Griechenland (Hellas) einschließlich der Peloponnes verloren hatte, aber oft nur die Küstenregionen kontrollieren konnte, ist auch dort die Kirchenstruktur weitgehend zusammengebrochen. Ein Fels in der Brandung blieb im Norden Thessaloniki, ebenso wie Patras in der Peloponnes. Korinth erfuhr im 7. Jahrhundert wohl eine Unterbrechung seiner kirchlichen Funktionen. Eine kurzfristige Erhebung Athens zur Metropolis ist wahrscheinlich Kaiserin Eiréne zu verdanken. Trotz der Weiterexistenz einiger Städte kann von einer kirchlichen Durchdringung der ländlichen Regionen frühestens seit Mitte des 8. Jahrhunderts gesprochen werden. Sie steht in Verbindung mit den administrativen und militärischen Erfolgen im Rahmen der Schaffung der Themen und seit der Mitte des 8. Jahrhunderts mit Maßnahmen, die darauf abzielten, die formell immer noch Rom unterstehenden Provinzen des Balkans und Griechenlands (Illyricum) der Jurisdiktion des Patriarchats von Konstantinopel zu unterstellen. Weder das alte Byzantium in christlicher Zeit noch die Neugründung Konstantinopel (324/330) verfügten über eine kirchliche Unterstruktur, so dass mit der (von Rom angefochtenen) Erhebung Konstantinopels zum Patriarchatssitz (381 und 451) ein System jurisdiktioneller Abhängigkeiten erst geschaffen werden musste. In diesem Zusammenhang blieb die kirchliche Neuordnung Griechenlands und des Balkanraumes zunächst unberührt, weil diese Provinzen, das sog. Illyricum,73 69

Ohme, Das Concilium Quinisextum; Lamberz, Die Bischofslisten des VII. Ökumenischen Konzils. Zur allgemeinen Situation im späten 6. Jh. siehe Schreiner, Das Christentum in Bulgarien vor 864, bes. 52f.

70

So lässt z. B. der Neubau der Sophienkirche in Sofia gegen Ende des 8. Jh.s, wenn überhaupt, nur auf zerstörte oder verfallene Vorbauten schließen (Fingarova, Die Baugeschichte der Sophienkirche, 153f.) und erlaubt schwerlich Vermutungen über die Kontinuität eines Bischofssitzes.

71

Le Liber pontificalis (Übers. Duchesne), Bd. 2, 183, Z. 4–6; Schreiner, Das Christentum in Bulgarien vor 864, 55.

72

Erschöpfende Behandlung der Vorgänge bei Follieri/Dujčev, Un’ acolutia inedita.

73

Zum Begriff siehe Maksimović, Severni Ilirik.

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Kirchenstruktur und Missionierungen/Häretiker

in ihrer kirchlichen Struktur an der (vorübergehenden) Reichsteilung von 395 nicht teilhatten, sondern beim Kirchensitz Rom verblieben. Diesem Zustand juristischer Unsicherheit hat Kaiser Konstantin V. (741 – 775) in einer Zeit großer Spannungen mit der römischen Kirche ein Ende bereitet und die politisch und militärisch schon lange Byzanz unterstehenden Balkanprovinzen einschließlich Griechenlands auch kirchlich Rom entzogen und dem Patriarchat Konstantinopel zugeordnet.74 Die Maßnahmen begannen im 6. Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts und zeigen sich dokumentarisch erstmals in den Präsenzlisten des Zweiten Konzils von Nikäa, haben aber juristisch ihren definitiven Abschluss erst unter Kaiser Léon VI. 901 oder 902 gefunden.75 Die in den westlichen (römischen) Quellen als Annexion betrachtete Zuordnung erlaubte auch eine in den Quellen kaum direkt nachweisbare Christianisierung der slawischen Oberschicht seitens der griechischen Kirche.76 Sie unterstützte die Auswirkungen der Themenordnung im griechischsprachigen Raum und schuf eine staatliche und kirchliche Einheit, die später nach der byzantinischen Missionierung Bulgariens die kulturelle Anbindung des Balkanraumes an das Byzantinische Reich überhaupt erst ermöglichte. Die kirchliche Neuordnung findet ihren Abschluss in der Christianisierung Bulgariens (beginnend 864/866) und einer schließlich selbständigen (autokephalen), aber mit Konstantinopel verbundenen bulgarischen Kirche. Zu einer vollen Eingliederung kam es dann erst nach dem Sieg Basíleios’ II. über Zar Samuils Nachfolger (1018). Von besonders weitreichender politischer und kultureller Bedeutung war die (Neu-)Gründung Ochrids als Bischofssitz schon am Ende des 9. Jahrhunderts.77 Eine einschneidende religiöse und soziale Bedeutung hatte die Entstehung und Verbreitung der häretischen Bewegung der Bogomilen auf dem Territorium des Ersten bulgarischen Reiches, deren Anfänge in der Zarenherrschaft Peters (927 – 969) liegen.78 Ein Zusammenhang mit Umsiedlungen von manichäistischen Paulikianiern an der Ostgrenze des Byzantinischen Reiches unter Kaiser Basíleios I. (867 – 886) nach Thrakien ist wahrscheinlich und wird von späteren byzantinischen Autoren auch gestützt, kann aber in der zeitgenössischen Dokumentation nicht unmittelbar nachgewiesen werden.79 Ausgehend von den Ansiedlungen im Balkanraum begegnen „Bogomilen“ als allgemeine Bezeichnung für häretische Gruppen und Gegner der staatlichen und kirchlichen Autorität bis ins

74

Die Abtrennung des Illyrikums, zusammen mit der (an dieser Stelle nicht zu behandelnden) Unterstellung der griechischsprachigen unteritalienischen Provinzen und Siziliens, hat eine reiche kontroverse Literatur hervorgebracht, die sich mit Umfang und Datierung dieser Maßnahme auseinandersetzt. Sie ist nun, zusammen mit überzeugenden neuen Überlegungen zusammengefasst von Brandes, Das Schweigen des Liber Pontificalis. Die Beweise und Schlussfolgerungen des Autors sind auch für den Balkanraum (der im Titel nicht genannt ist) zutreffend.

75

Grumel (Hg.), Les Regestes des Actes du Patriarcat de Constantinople, Bd. 1,2, Nr. 598, 133–135.

76

Ševčenko, Re-reading Constantine Porphyrogenitus, bes. 192f.

77

Siehe zu Ochrid den faktenreichen Lexikonbeitrag (Ohrid [Makedonija]) von Prinzing im „Lexikon des Mittelalters“, Bd. 6, Sp. 1376 – 1379.

78

Trotz vieler Einzeluntersuchungen bleibt Obolenskij (The Bogomils) immer noch der wichtigste Ausgangspunkt. Die umfangreiche Literatur ist neu bewertet bei Hösch, Kritische Anmerkungen. Weitere Literatur in: Sundhausen/Clewing (Hgg.), Lexikon zur Geschichte Südosteuropas (2. Aufl.), s. v. Bogomilen (Autor: Srećko Džaja).

79

Ditten, Ethnische Verschiebungen, 205f.

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Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

Spätmittelalter. Das Straßen- und Handelsnetz des Balkans erlaubte auch Migrationsbewegung in den Westen, auch wenn hierfür dokumentarische Beweise nicht beizubringen sind.

714

HGSOE, Bd. 1

Politische Komponenten

7.5

 OLITISCHE KOMPONENTEN – BYZANTINER, PERSER, P ARABER, BULGAREN, SELDSCHUKEN – UND DAS PHÄNOMEN DES BYZANTINISCHEN ZWEIFRONTENKRIEGES

Die Geschichte des Balkanraumes kann bis an den Beginn des 13. Jahrhunderts nicht ohne die Entwicklung im gesamten Byzantinischen Reich verstanden werden. Dabei ist festzuhalten, dass im Zentrum der politischen Interessen immer die Sicherung Kleinasiens stand. Gleichzeitig verlangte der Schutz Konstantinopels eine Verteidigung der Grenzen im thrakischen Balkanraum. Diese doppelte militärische Aufgabe führte in vielen Jahrhunderten zu jahrzehntelangen Zweifrontenkriegen, zu fragwürdigen Friedensschlüssen, um die gesamte militärische Kraft einem einzigen Kriegsschauplatz zuführen zu können, oder im schlimmsten Fall zur Vernachlässigung einer Grenze, wenn es galt, auf diese Weise einen anderen, politisch wichtigeren Reichsteil retten zu können.80 Die Verweigerung der Tributzahlungen seitens Kaiser Justins II. im Jahr 572 an den sasanidischen Großkönig Hosrau I. – ein eindeutiger Bruch der vertraglichen Verpflichtungen des Jahres 562 – band die byzantinischen Truppen bis zum Jahr 591 an der Ostgrenze und machte seit 578 das Vordringen der Slawen (später in Verbindung mit Awaren) auf die Balkanhalbinsel möglich. Erst der Friede mit Hosrau II. (591) erlaubte es Kaiser Mauríkios unter dem Risiko einer weitgehenden militärischen Entblößung der Ostgrenze, alle Truppen an der Balkanfront einzusetzen. Der gewaltsame Tod des Mauríkios (602) beendete den Frieden an der Ostgrenze und führte ein Vierteljahrhundert lang, unter fast vollständiger militärischer Vernachlässigung der Balkanregionen, zu einer lange Zeit wenig erfolgreichen Abwehr der Sasaniden im Osten, denen es 614 gelang, Jerusalem einzunehmen und das Hl. Kreuz zu rauben, und 626 sogar bis Konstantinopel vorzudringen. Als 628 durch den Sieg des Herákleios die sasanidische Gefahr an der Ostgrenze abgewendet war, bestand keine Möglichkeit mehr, die Balkanprovinzen und Griechenland zurückzugewinnen. Vielmehr zeichnete sich bereits wenige Jahre später mit dem Vordringen der Araber auf das Reichsgebiet um 636 und ihrem Sieg über byzantinische Truppen am Yarmuk (Palästina) ein neuer Gegner ab, der bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts die militärischen Hauptinteressen des byzantinischen Staates erneut auf den Osten konzentrierte und es dem byzantinischen Kaiser nur über begrenzte Zeitabschnitte hin ermöglichte, sich militärisch den Balkanländern zuzuwenden, entsprechend der (ungeschriebenen) Maxime, dass Kleinasien und das Mittelmeer an erster Stelle verteidigt werden müssen. Die byzantinischen Kräfte reichten auch nie aus, an beiden Grenzen eine militärisch ausgewogene Verteidigung zu führen, vielmehr wechselten Offensive und Defensive einander ab. Für Byzanz war es zunächst ausreichend, wenn das Hinterland von Konstantinopel (Thrakien) und allenfalls Thessaloniki (Makedonien) gesichert waren, im Besonderen die Via Egnatia als Verbindungsstraße zwischen beiden Städten, des Weiteren die wichtigen Seestädte am Schwarzen Meer, die auch den Seefahrtsweg zur Krim sicherten. Niemals konnte ohne Folgen einer der beiden Hauptkriegsschauplätze gänzlich aufgegeben werden: Im Jahr 965 hatte Kaiser Nikephóros II. Phokás die Sicherung 80

Trotz einer inzwischen umfangreichen Literatur zur byzantinischen Kriegführung fehlt eine synthetische Darstellung des Zwei- oder Dreifrontenkrieges.

HGSOE, Bd. 1

715

Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

der bulgarischen Grenze dem russischen Fürsten Svjatoslav überlassen, um sich ganz der Auseinandersetzung in Syrien widmen zu können. Da Svjatoslav die für Byzanz eroberten Gebiete nicht herausgeben wollte, hinterließ Nikephóros seinem Nachfolger Johannes Tzimiskés ein schwieriges Erbe. In einer ähnlichen Situation vermied Basíleios II. diesen Fehler, als er 994 den Kampf auf dem Balkan zu Gunsten einer syrischen Offensive zwar abbrach, aber genügend Defensivtruppen zurückließ, um nach 1001 den Kampf auf dem Balkan wieder aufzunehmen. Erst die Okkupation Bulgariens nach dem Tod Samuils (1014) beendete für Byzanz die Jahrhunderte lange doppelte Kriegführung und ermöglichte weitere Eroberungen im Osten. Die sichere Lage auf der Balkanhalbinsel hat aber nach der Mitte des 11. Jahrhunderts kaum zu militärischen Erfolgen gegen den neuen Feind im Osten, die Seldschuken, beigetragen, weil Byzanz aufgrund interner wirtschaftlicher und sozialer Probleme selbst zur Führung eines Einfrontenkrieges kaum mehr in der Lage war.81 Die Notwendigkeit zur doppelten Kriegführung – Ungarn/Seldschuken – sollte sich unter Kaiser Manuel I. im 12. Jahrhundert wiederholen und trug erheblich zum Aufbrauch der Ressourcen und der Katastrophe von 1204 bei. Es zeigt sich, wie eng die byzantinische Balkangeschichte, die überwiegend Kriegsgeschichte ist, mit den Vorgängen an der Ostgrenze in Verbindung steht und in ihrem Ablauf ohne Berücksichtigung der Ostgrenze nicht verstanden und erklärt werden kann.

81

Schreiner, Schein und Sein, bes. 626–632.

716

HGSOE, Bd. 1

Der Balkan Der vomBalkan Ende der vonHerrschaft 565 – 681 Justinians

7.6

 ER BALKAN VOM ENDE DER HERRSCHAFT JUSTINIANS D BIS ZUR GRÜNDUNG DES ERSTEN BULGARISCHEN REICHES (565 – 681)

Es ist unberechtigt, der Politik Justinians die Schuld am so raschen Verlust eines ganzen Reichsteils zuzuschreiben.82 Es geht aus dem vierten Buch Prokops „Über die Bauten“ (de aedificiis) deutlich hervor, dass sich Justinian der Gefahr, die diese Region als Einfallstor für Völker aus dem Norden lief, wohl bewusst war, „so dass er zahllose Befestigungen mit Mauern umgeben und eine unendliche Menge militärischer Wachposten einrichten musste“.83 Die archäologische Forschung in Serbien, Makedonien und besonders Bulgarien hat in den letzten Jahrzehnten eine große Anzahl solcher Festungen entdeckt, die die Worte Prokops bestätigen. Die Menge unterschiedlicher Völkerschaften mit eigenen Kriegstaktiken, auf die die Byzantiner erst eine Antwort finden mussten, die geringe Zahl an Garnisonen, die in den Kastellen stationiert waren, machten aber offensichtlich diese Form der Verteidigung wenig effektiv. Auslösendes Moment für den Ansturm nach Justinians Tod war der awarische Sieg über die Langobarden und deren Abzug nach Oberitalien (568), der den Awaren das Karpatenbecken frei gab und sie zu Nachbarn der Byzantiner machten (auch wenn von wirklichen Grenzen wenig die Rede sein konnte). Sirmium (Sremska Mitrovica) hatte zwar seit 567 wieder eine römische Besatzung,84 aber die Donaugrenze, die in der Tat unter Justinian weniger gesichert war als das Inland, wurde in den folgenden Jahren regelmäßig überschritten. Konkrete Jahreszahlen sind ebenso selten wie Provenienz und Stoßrichtung der Angreifer. Die wenigen einigermaßen gesicherten Hinweise bringen fragmentarische Stellen aus Menander Protector, die syrisch erhaltene Version der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesos, die annalistischen Notizen des Johannes von Biclar und die im vierten Jahrzehnt des 7. Jahrhunderts verfasste „Geschichte“ des Theophýlaktos Simokates, mit vielfach unlösbaren und widersprüchlichen chronologischen Problemen. Der zwanzigjährige Krieg gegen die Sasaniden seit 572 schwächte die byzantinische Abwehrkraft an der Donau und ermöglichte es slawischen Stämmen, wohl gegen den Willen der Awaren, von der unteren Donau her in Thrakien einzufallen (ca. 578).85 Mögli-

82

Diese Anschuldigung, die die Forschung gerne aufgegriffen hat, beruht auf einer Aussage Prokops in seiner Invektivschrift der Anekdota (Procopius, Historia quae dicitur arcana [ed. Haury]), wo das 18. Kapitel neben anderen Provinzen die mangelnde Sorge auch für Illyrien und Thrakien anprangert, wo „sich heutzutage die Skythenwüste über das ganze Land hin dehnt“.

83

De aedificiis IV,1 (Procopius, Peri Ktismation sive de aedificiis [ed. Haury]): „Denn als Angrenzer hausen dort Hunnen und Gotenstämme, und auch die im Taurerland und in Skythien beheimateten Völker erheben ihre Waffen, ferner was an Sklaviniern und sonst wie vorhanden ist […]“.

84

Stein, Studien zur Geschichte des byzantinischen Reiches, 10f.; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 1,1 (Hgg. Dölger/Müller), Reg. 10. Zu Sirmium siehe besonders Jeremić, Sirmium grad na vodi.

85

Ferjančić, Invasions et installations des Slaves, bes. 94f. Menander Protektor spricht von einer Zahl von 100.000, die jedoch sehr vorsichtig aufzunehmen ist.

HGSOE, Bd. 1

717

Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

cherweise hat sich ein solcher Einfall drei Jahre später wiederholt und führte bis in die westlichen Landesteile Hellas und Thessalien.86 Der Wechsel in der Kaiserherrschaft (Tiberios, 578 – 582) führte zu schwerwiegenden Veränderungen an der Donaugrenze: Sirmium, dem eine Schlüsselstellung in der Verteidigung der Balkanprovinzen zukam, fiel 582 nach dreijähriger awarischer Belagerung, und infolgedessen hatten auch Singidunum (Belgrad), Viminacium und Augustae keinen sicheren Bestand mehr.87 Kaiser Mauríkios, der selbst der militärischen Führungsschicht entstammte und 582 die Herrschaft angetreten hatte, widmete sich, trotz der Auseinandersetzung mit den Sasaniden, mit fast gleicher Intensität dem Balkankrieg und setzte sich auch literarisch mit der Taktik fremder Völker auseinander.88 Verschiedene Kriegszüge im südlichen Balkan leitete der Kaiser auch selbst. Besonders dicht gedrängt waren die Angriffe in den Jahren 585 und 586, als weitere Städte an der Donau an die Awaren fielen (u. a. Bononia, Vidin, Ratiaria, Durostorum/Silistria) und in der Folge thrakische Städte (etwa Philippopel/Plovdiv, Adrianopel/Edirne) belagert, aber nicht erobert wurden.89 Es gab auch Kämpfe bei Tomis (Constanța) und einen Angriff auf die wichtigste Schwarzmeerstadt, Mesembria.90 Mit dem Ende des sasanidischen Krieges (591) standen nun die gesamten byzantinichen Truppen für die Kriegführung im Balkanraum zur Verfügung, und Kaiser Mauríkios setzte sich 592 selbst an die Spitze des Feldzuges, der ihn das Schwarze Meer entlang nach Anchíalos führte. Das Unternehmen, dessen Beschreibung wir ganz Theophýlaktos Simokates verdanken, stand von Anfang an unter schlechten Vorzeichen, und der Kaiser brach den Feldzug noch im selben Jahr ab. Auch für die Feldzüge der folgenden Jahre ist dieser Chronist die einzige Quelle, da sich auch Theophánes im 9. Jahrhundert ganz auf ihn stützt, wenngleich oft in recht freizügiger Weise. Ein Hauptproblem stellt die verworrene Chronologie dar, so dass die Genauigkeit der meisten Zeitangaben offen bleiben muss.91 Der Kaiser überließ den Balkankrieg in den kommenden zehn Jahren den Generälen, deren gegenseitige Rivalitäten, verbunden mit einer gewissen Wankelmütigkeit des Kaisers, keine bleibenden Erfolge erzielen konnten.92 Die Friedensschlüsse, die immer auf einer Erhöhung der Tribute beruhten, waren für Byzanz militärisch ohne Gewinn, schonten aber die Kräfte des Heeres. Im Jahr 594 wurde die Scythia minor (Dobrudscha) von Slawen geplündert. Ein Jahr später eroberten Awaren Singidunum, konnten aber wieder vertrieben werden. Im Herbst 597 stehen die Awaren wieder vor Tomis, 598 verlieren die Byzantiner wegen der schlechten Taktik des Feldherrn (Kommentiólos) eine entscheidende

86 Ebd.,

95. Vielleicht wurde dieser Angriff von slawischen Stämmen ausgeführt, die sich 578 in Thrakien schon sesshaft gemacht hatten. Vgl. Schreiner, Die Chronik des Johannes von Biclar.

87

Stein, Studien zur Geschichte des byzantinischen Reiches, 109–113.

88

Das Strategikon des Maurikios (ed. Dennis, Übers. Gamillscheg). In Buch XI beschreibt er die Taktik der Awaren und Slawen.

89

Pohl, Die Awaren, 143–147.

90

Ebd., 131–138.

91

Siehe dazu im Einzelnen den Kommentar zur deutschen Übersetzung (s. o. Anm. 2, 21f.).

92 Ausführlich

718

Pohl, Die Awaren, 128–142.

HGSOE, Bd. 1

Der Balkan Der vomBalkan Ende der vonHerrschaft 565 – 681 Justinians

Schlacht bei Iatrus an der Donau, und 601 stehen sich ein byzantinisches und ein awarisches Heer am Eisernen Tor gegenüber. Aus zehn Kriegsjahren wird deutlich, dass die Donaugrenze die Hauptverteidigungslinie war. Von einer Sicherung des Inlandes hören wir nichts. Am Verlust der Donaugrenze entscheidet sich bald das Schicksal der römischen Balkanprovinzen. Als 602 die byzantinischen Truppen an der unteren Donau, jedoch jenseits des Flusses, überwintern sollten, kam es zur Revolte, die auch Konstantinopel erreichte und zum Sturz von Kaiser Mauríkios führte. Phokás, der von den Truppen der meuternden Donauarmee ernannte Anführer, wurde zum Kaiser ausgerufen (23. Nov. 602). Mit der Ermordung des Mauríkios war auch der Friede mit Hosrau gebrochen, der unter dem Vorwand, die Rechte des toten Kaisers zu rächen, ins Reichsgebiet einfiel. Im Zeitraum von der Thronbesteigung des Phokás bis zur Einwanderung der Bulgaren (681) sind die Informationen über die Balkanprovinzen sehr dünn. Dies hat seinen Grund nicht nur darin, dass die „Geschichte“ des Theophýlaktos Simokates mit dem Jahr 602 abbricht. Angesichts der Auseinandersetzung mit den Sasaniden (bis 628) und fast unmittelbar anschließend (seit 634) mit den Arabern stand wieder allein Kleinasien (und der Vordere Orient) sowie der bloße Schutz der Hauptstadt und seines unmittelbaren Umlandes im Mittelpunkt. Unter Kaiser Phokás ging wohl auch die letzte wichtige Stadt an der Donau Singidunum, verloren, wie überhaupt seine kurze Regierungszeit, die überwiegend von politischen Rivalitäten ausgefüllt war, der Besiedlung des Balkanraumes durch neue Völkerschaften und Stämme Tür und Tor öffnete.93 Die Ansiedlungswelle setzte sich auch ohne Hindernisse im ersten Jahrzehnt der Regierung des Kaisers Herákleios (610 – 641) fort,94 da im Vordergrund nun die Sicherung der Finanzen stand, um in erster Linie den Krieg gegen die Sasaniden führen zu können. Im balkanischen Binnenland war nur Serdica (Sofia) als städtische Siedlung geblieben, die aber sicher nicht als „byzantinische“ Stadt gelten kann.95 Auch Naissus (Niš) könnte ebenfalls überlebt haben.96 Insgesamt aber war ein innerbalkanisches Verteidigungssystem, soweit es je wirksam existierte, zusammengebrochen, und die Slawen (nicht die Awaren) konnten bis an die Adriaküste (614 Salona) vorstoßen. Mit dem Rückzug der Awaren nach der erfolglosen Belagerung Konstantinopels 626 waren die Slawen von der awarischen Abhängigkeit befreit. Kaiser Herákleios hat, soweit wir sehen, in Moesien, Thrakien und der Scythia minor keine Versuche unternommen, ihnen entgegenzutreten. Die Slawen hatten sich inzwischen vielfach in bestimmten Regionen geschlossen angesiedelt, die von den byzantinischen Autoren als „sklaviniai“ bezeichnet werden.97 Erstmals 658 suchte Kaiser 93

Die Person des Kaisers Phokás ist besonders wegen der Ermordung des Mauríkios und dessen Familie in der byzantinischen Geschichtsschreibung sehr negativ konnotiert und basiert auch auf der Propaganda seines Nachfolgers Herákleios; vgl. zusammenfassend Meier, Kaiser Phokas. Er konnte die Entwicklung auf dem Balkan nicht mehr beeinflussen, da er – mehr als die wenigen Quellen es erkennen lassen und die Forschung es wahrhaben will – die Persergefahr abzuwehren suchte.

94

Ferjančić, Invasions et installations des Slaves, 106–108.

95

Velkov, Zur Geschichte der Stadt Serdica.

96

Pohl, Die Awaren, 242, denkt aufgrund von Münzfunden an eine Eroberung um 615.

97

Der Begriff taucht in Zusammenhang mit den Ereignissen an der Donaugrenze 692 erstmals bei Theophýlaktos Simokates (VIII,5) auf, und bezeichnet eine Slawenansiedlung nördlich der Donau. Zusammenstellung von Benennungen bei Constantine Porphyrogenitus, Bd. 2 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), 35.

HGSOE, Bd. 1

719

Teil II: 7. Der Balkanraum u. Griechenland im byz. politischen Rahmen (565 – 1204)

Konstans II, ein solches Gebiet zu unterwerfen, das sich wohl in Küstenbereich des östlichen Makedonien befand und den Verkehrsweg zwischen Konstantinopel und Thessaloniki behinderte.98 Der Schutz Thrakiens zur Sicherung Konstantinopels war den Kaisern so wichtig, dass wir (nach 681 und schwerlich in Zusammenhang allein mit den Bulgaren) von einem hypostrategós Thrakiens hören, einer Art Keimzelle des späteren Themas Thrakien.99 Die schriftlichen Quellen haben im Wesentlichen nur Verteidigung oder Eroberung von Orten festgehalten und nur selten die Wanderrichtung der Eindringenden vermerkt. Von den mehr als dreißig befestigten Siedlungen, die Theophýlaktos Simokates im dakisch-moesischen Raum nennt, existiert noch um 600 ein Großteil, ausgesetzt großen Bevölkerungsverlusten, die wohl mehr auf langsamer Abwanderung als einem Massenexodus beruhen. Wie auch archäologische Überlegungen, besonders das Fehlen sicherer Besiedlungsspuren, zeigen, waren weite Teile der inneren Balkanhalbinsel im 7. Jahrhundert nur sporadisch besiedelt und zogen erst wieder mit der bulgarischen Staatsgründung Bevölkerung an.100 Auflösung und Ende der alten Strukturen waren ein Vorgang, der sich in einem Zeitraum des politischen und militärischen Desinteresses zwischen 610/620 bis zur Ankunft der Bulgaren 681 vollzog. Diese brauchten kein Land zu erobern, sondern konnten es in Besitz nehmen.

98

Soustal, Thrakien, 75 (Quellenstelle Theophanes I, 347).

99

Ebd. S. 76.

100 Curta,

The Beginning of the Middle Ages, wertet eine Fülle von Grabungen aus den letzten Jahrzehnten aus, lässt aber den Leser hinsichtlich Schlussfolgerungen weitgehend ratlos. Es scheint kaum möglich zu sein, die Fundstätten einer alten oder bereits einer neuen Bevölkerungsschicht zuzuweisen, vermutlich auch, weil der Zeitraum zwischen Abwanderung und Zuwanderung nicht zu groß war.

720

HGSOE, Bd. 1

Attila Zsoldos *

→ KARTE XXI

8. DAS KÖNIGREICH UNGARN IN DER ARPADENZEIT

8.1

EINFÜHRUNG

Für diejenige Epoche der ungarischen Geschichte, die gemeinhin als „Arpadenzeit“ bezeichnet wird, lässt sich nur der Endpunkt eindeutig bestimmen: Am 14. Januar 1301 verstarb Andreas III. (1290 – 1301), der letzte ungarische Herrscher, der ein Nachkomme der männlichen Linie der ab dem 18. Jahrhundert als Haus Árpád bezeichneten Dynastie war. Das erste als reale historische Persönlichkeit geltende Mitglied der Familie, Álmos, war bereits in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts einer der politischen Anführer der Ungarn. Sein Sohn war Árpád (verst. 907), der als Namensgeber der Dynastie ausgewählt wurde, und mit dessen Person das traditionell auf das Jahr 895 datierte Ereignis der ungarischen Landnahme im Karpatenbecken verbunden wird. In der ungarischen Historiographie wird für die Geschichte des Ungarntums vor der Landnahme dennoch in der Regel der Begriff „ungarische Vorgeschichte“ verwendet, während der Beginn der „Arpadenzeit“ zumeist mit dem Jahr 895 angegeben wird. Der Zeitabschnitt zwischen der Landnahme und der Krönung des ersten Königs von Ungarn – der fast deckungsgleich mit dem 10. Jahrhundert ist – ist eine Art Übergangsperiode, die dementsprechend bald an die eine, bald an die andere Epoche anschließt. Im Folgenden verstehen wir unter dem Begriff „Arpadenzeit“ die 300 Jahre von der ersten Krönung eines Herrschers aus dem Haus Árpád bis zum Ableben von Andreas III. Auf den vorhergehenden Zeitraum wird nur insofern eingegangen, als dies zum Verständnis der historischen Vorgänge der untersuchten Periode notwendig ist.

*

Übersetzung durch László Ress

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-24

723

Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

8 .2

QUELLEN, HANDBÜCHER, HISTORIOGRAPHIE

Die Arpadenzeit ist die erste Epoche in der ungarischen Geschichte, die anhand intern entstandener schriftlicher Quellen untersucht werden kann. Die Quellen können – wie im Falle der meisten Länder des mittelalterlichen Europa – in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Die von Anfang an mit der Absicht der – im mittelalterlichen Sinne zu verstehenden – Geschichtsschreibung geschaffenen ungarischen narrativen Quellen stehen der Forschung als kritische Ausgaben zur Verfügung.1 Die – auszugsweise und ohne kritischen Apparat vorliegende – Sammlung der Berichte über das Zeitalter der Arpaden in der ausländischen lateinischsprachigen Geschichtsschreibung2 wird durch die zweisprachigen Ausgaben ähnlicher byzantinischer3 und russischer Quellen4 ergänzt. Die Sammlungen der hebräischen Quellen wurden in ungarischer Übersetzung veröffentlicht.5 Gesetzestexte blieben aus dem 11. und aus dem 13. Jahrhundert erhalten. Für diejenigen aus dem 11. Jahrhundert gibt es eine textkritische Ausgabe,6 während die besten Ausgaben der Gesetze aus dem 13. Jahrhundert in verschiedenen Urkundensammlungen bzw. mithilfe eines Bandes studiert werden können, der sämtliche Texte (in lat. und engl. Übers.) enthält.7 Aus der Arpadenzeit sind etwa 10.000 Urkundentexte bekannt. Die Mehrheit unter ihnen wird im Landesarchiv des Ungarischen Nationalarchivs in zwei Sammlungen geordnet aufbewahrt: In das „Diplomatische Archiv“ (Diplomatikai Levéltár) wurden die Urkunden aufgenommen, die vom Archiv selbst verwahrt werden, während die „Diplomatische Fotosammlung“ (Diplomatikai Fényképgyűjtemény) Digitalisate derjenigen Urkunden enthält, die sich in anderen ungarischen oder ausländischen Archiven befinden. Das gesamte Material der beiden Sammlungen ist auch über

1

Scriptores rerum Hungaricarum tempore ducum regumque stirpis Arpadianae gestarum. Ed. Imre Szentpétery. 2 Bde. Budapestini 1937 – 1938 (als Repr. [Budapest 1999] herausgegeben von Kornél Szovák und László Veszprémy).

2

Ferenc Albin Gombos, Catalogus fontium historiae Hungaricae aevo ducum et regum ex stirpe Arpad descendentium ab anno Christi DCCC usque ad annum MCCCI. 3 Bde. Budapestini 1937 – 1938.

3

Az Árpád-kori magyar történet bizánci forrásai. Fontes Byzantini historiae Hungaricae aevo ducum et regum ex stirpe Árpád descendentium. Übers., Hg. Gyula Moravcsik. Budapest 2 1988. Dieses Werk wird neuerdings ergänzt durch: Bizánci források az Árpád-kori magyar történelemhez. Fontes Byzantini ad historiam Hungaricam aevo ducum et regum e stirpe Arpadiana pertinentes. Übers., Hg. Terézia Olajos. Szeged 2014.

4

Az orosz évkönyvek magyar vonatkozásai. „Az orosz évkönyvek teljes gyüjteménye“ (Polnoe sobranie russkich lětopisej) [Die ungarischen Beziehungen der russischen Chroniken. Aus den Bänden der „Vollständigen Sammlung der russischen Jahrbücher“]. Übers., Hg. Antal Hodinka. Budapest 1916.

5 Sámuel

Kohn, Héber kutforrások és adatok Magyarország történetéhez [Hebräische Quellen und Angaben zur Geschichte Ungarns]. Budapest 1881; Shlomo J. Spitzer/Géza Komoróczy, Héber kútforrások Magyarország és a magyarországi zsidóság történetéhez a kezdetektől 1686-ig [Hebräische Quellen zur Geschichte Ungarns und des Judentums in Ungarn bis 1686]. Budapest 2003.

6 Levente Závodszky (Hg.), A Szent István, Szent László és Kálmán korabeli törvények és zsinati határozatók forrásai

[Quellen zu den Gesetzen aus der Zeit Stephans des Heiligen, Ladislaus des Heiligen und Kolomans sowie zu den Konzilbeschlüssen]. [Budapest] 2002 (Repr. d. Ausg. v. 1904).

7

The Laws of the Medieval Kingdom of Hungary. Decreta regni mediaevalis Hungariae. Bd. 1: 1000 – 1301. Übers. Hgg. János M. Bak/György Bónis/James Ross Sweeney. Bakersfied/CA 1989.

724

HGSOE, Bd. 1

Quellen, Handbücher, Historiographie

eine gemeinsame Onlineplattform der Archive, Museen und Bibliotheken in Ungarn (HUNGARICANA) abrufbar.8 Eine systematische Erschließung der Urkunden aus dem Zeitalter der Arpaden und deren Publikation nach einheitlichen Prinzipien ist bisher nicht erfolgt. Die Urkunden können in verschiedenen Urkundensammlungen (von schwankender Qualität) und sonstigen Publikationen gelesen werden.9 Unter den einzelnen Urkundensammlungen muss eine Publikation besonders hervorgehoben werden, welche die Urkunden der Könige des Hauses Árpád mit einem Auszug des Inhalts in ungarischer Sprache (die bisher unpublizierten als Volltext) und mit textkritischem Apparat veröffentlicht hat,10 und die durch eine nach ähnlichen Prinzipien erfolgende Aufarbeitung der Urkunden der Herzöge, Herzoginnen und Königinnen11 sowie jener der bedeutendsten weltliche Würden bekleidenden Palatine12 ergänzt wird. Der erste Band der Reihe, die sich die textkritische Herausgabe der frühesten ungarischen Urkunden zur Aufgabe gemacht hatte, ist ebenfalls bereits erschienen.13 Für die Orientierung in der Geschichte der Arpadenzeit sind zahlreiche Handbücher behilflich. Ein nützlicher Ausgangspunkt kann das „Lexikon der ungarischen Frühgeschichte“ sein.14 Für die räumliche Orientierung ist eine monumentale Buchreihe mit bislang vier erschienenen Bänden hilfreich, die sich das Ziel gesetzt hat, alle ortsbezogenen Informationen der Quellen aus dem 9. bis 13. Jahrhundert aufzuarbeiten.15 Über die genealogischen Angaben zur Königsdynastie und die bedeutendsten Adelsfamilien geben zwei ältere, auch heute noch gut verwendbare Werke Aufschluss.16 Zu den weltlichen Würdenträgern der Arpadenzeit wurde eine Datensammlung erstellt, 8

Hungaricana (Hungarian Cultural Heritage Portal): .

9

Über diese wird in den beiden Bänden des Werkes von Domokos Kosáry ein allgemeines (also ein auf die gesamte ungarische Geschichte bezogenes) Bild gezeichnet: Domokos Kosáry, Bevezetés Magyarország történetének forrásaiba és irodalmába [Einführung in die Quellen und die Literatur der Geschichte Ungarns]. Bd. 1,2: Országos jellegű levéltárak és forrásközlések [Landesarchive und Quellenpublikationen]. Budapest 2003; bzw. Bd. 1,3: Megyei levéltárak és forrásközlések [Komitatsarchive und Quellenpublikationen]. Budapest 2008.

10

Az Árpád-házi királyok okleveleinek kritikai jegyzéke. Regesta regum stirpis Arpadianae critico-diplomatica. Hgg. Imre Szentpétery/Iván Borsa. 4 Bde. Budapest 1923 – 1987.

11

Az Árpád-házi hercegek, hercegnők és a királynék okleveleinek kritikai jegyzéke. Regesta ducum, ducissarum stirpis Arpadianae necnon reginarum Hungariae critico-diplomatica. Hgg. Imre Szentpétery/Attila Zsoldos. Budapest 2008.

12

Az Árpád-kori nádorok és helyetteseik okleveleinek kritikai jegyzéke. Regesta palatinorum et vices gerentium tempore regum stirpis Arpadianae critico-diplomatica. Hg. Tibor Szőcs. Budapest 2012.

13

Diplomata Hungariae antiquissima. Accedunt epistolae et acta ad historiam Hungariae pertinentia. Bd. 1: Ab anno 1000 usque ad annum 1131. Ed. Georgius Györffy. Budapestini 1992.

14 Gyula

Kristó/Pál Engel/Ferenc Makk (Hgg.), Korai magyar történeti lexikon. 9–14. század [Geschichtslexikon der ungarischen Frühgeschichte. 9. bis 14. Jh.]. Budapest 1994.

15 György

Györffy, Az Árpád-kori Magyarország történeti földrajza. Geographia historica Hungariae tempore stirpis Arpadianae. 4 Bde. Budapest 1963 – 1998.

16 Mór

Wertner, Az Árpádok családi története [Die Familiengeschichte der Arpaden]. Nagy-Becskereken 1892; János Karácsonyi, A magyar nemzetségek története a XIV. század közepéig [Geschichte der ungarischen Sippen bis zur Mitte des 14. Jh.s]. 3 Bde. Budapest 1900 – 1901 (1995 als einbändige Reprintausgabe erschienen).

HGSOE, Bd. 1

725

Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

die hierzu ein umfassendes Bild liefert.17 Auch die für die Deutung der urkundlichen Quellen unerlässlichen rechtsgeschichtlichen, diplomatischen und sphragistischen Werke stehen zur Verfügung.18 Die Aufarbeitung der Arpadenzeit durch die Fachliteratur erfolgte sehr uneinheitlich. An Arbeiten, die einen Überblick über die gesamte Epoche geben – ob als Teil eines Bandes oder einer Reihe, welche(r) die gesamte ungarische Geschichte behandelt oder aber als eigenständiges Werk – mangelt es nicht.19 Unter diesen gilt ein Überblickswerk als klassisch, das sich im Wesentlichen auf die Politikgeschichte konzentriert.20 Die letzte zusammenfassende Überblicksdarstellung zur Geschichte des Hauses Árpád mit ganzheitlichem Ansatz erschien 1998.21 Die Erforschung der ungarischen Frühgeschichte basiert auf einer langen Forschungstradition, über die ein nützliches Einführungswerk Zeugnis ablegt.22 In den letzten anderthalb Jahrzehnten ist die Intensität der Forschung indes erlahmt. Die bedeutendste neuere monographische Bearbeitung des Themas nähert sich der Fragestellung aus einer linguistischen Perspektive an.23 Über das historische Vermächtnis der bereits im Karpatenbecken siedelnden Ungarn berichten die Bände einer selbstständigen – und stetig anwachsenden – Reihe.24 Die neueren Forschungsbestrebungen

17 Attila

Zsoldos, Magyarország világi archontológiája 1000 – 1301 [Weltliche Archontologie Ungarns von 1000 bis 1301]. Budapest 2011.

18 Imre

Hajnik, A magyar bírósági szervezet és perjog az Árpád-és vegyes-házi királyok alatt [Gerichtsorganisation und Verfahrensrecht in Ungarn unter den Königen des Hauses Árpád und anderer Häuser]. Budapest 1899; Imre Szentpétery, Magyar oklevéltan [Ungarische Urkundenlehre]. Budapest 1930; L.[ajos] Bernát Kumorovitz, A magyar pecséthasználat története a középkorban [Geschichte der ungarischen Siegelnutzung im Mittelalter]. Budapest 2 1993.

19

Einige charakteristische Beispiele: Henrik Marczali. Magyarország története az Árpádok korában, 1038 – 1301 [Geschichte Ungarns in der Arpadenzeit, 1038 – 1301]. Ed. Sándor Szilágyi. Budapest 1896; Bálint Hóman/Gyula Szekfű, Magyar történet [Ungarische Geschichte]. Bd. 1. Budapest 3 1935; György Székely (Hg.), Magyarország története tíz kötetben. Bd. 1: Előzmények és magyar történet 1242-ig [Geschichte Ungarns in zehn Bänden. Bd. 1: Vorgeschichte und ungarische Geschichte bis 1242]. Budapest 1984 (die Textteile zur Arpadenzeit stammen von György Györffy bzw. Gyula Kristó); Jenő Szűcs, Az utolsó Árpádok [Die letzten Arpaden]. Budapest 1993; an nicht-ungarischer neuerer Literatur sind zu empfehlen: Pál Engel, The Realm of St. Stephen. A History of Medieval Hungary, 895 – 1526. London, New York 2001, 1–123, und Attila Zsoldos, Das Königreich Ungarn im Mittelalter (950 – 1382), in: István György Tóth (Hg.), Geschichte Ungarns. Budapest 2005, 47–141.

20 Gyula

Pauler, A magyar nemzet története az Árpádházi királyok alatt [Geschichte der ungarischen Nation unter den Königen aus dem Hause Árpád]. 2 Bde. Budapest ²1899 (Repr. Budapest 1984).

21 Gyula

Kristó, Magyarország története 895 – 1301 [Die Geschichte Ungarns von 895 bis 1301]. Budapest 1998. Die vorherige Auflage des Werkes ist auch auf Dt. verfügbar; siehe ders., Die Arpadendynastie. Die Geschichte Ungarns von 895 bis 1301. Budapest 1993.

22

Sándor László Tóth, The Past and Present of the Research on the Prehistory of the Hungarians, in: Balázs Gusztáv Mende (Hg.), Research on the Prehistory of the Hungarians. A Review. Papers Presented at the Meetings of the Institute of Archaeology of the HAS, 2003 – 2004. Budapest 2005, 45–86.

23 András Róna-Tas, Hungarians and Europe in the Early Middle Ages. An Introduction to Early Hungarian History.

Budapest, New York 1999.

24

Siehe hinsichtlich der Geschichte dieses Unternehmens sowie einer Beurteilung ihrer Ergebnisse Laszló Kovács, Kísérletek a Kárpát-medencei 10 – 11. századi magyar sír-, szórvány- és kincsleletek teljességre törekvő kiadására. Leletkataszter, korpusz [Versuche zur vollständigen Edition der ungarischen Grab-, Streu- und Schatzfunde im Karpatenbecken des 10. – 11. Jh.s], Századok 149 (2015), H. 4, 989–1037.

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HGSOE, Bd. 1

Quellen, Handbücher, Historiographie

zur ungarischen Frühzeit versammelt ein Sammelband, der die Werke von Vertretern aller relevanten Wissenschaftsdisziplinen vorstellt.25 Die meisten Teilgebiete der Geschichte des 11. – 13. Jahrhunderts kennzeichnet die gleiche historiographische Lage: Dem ersten Versuch, das ein oder andere größere Thema monographisch aufzuarbeiten, folgten keine weiteren; zu Fortschritten kam es höchstens in einzelnen Detailfragen. In manchen Fällen fehlt indessen selbst diese erste Monographie, wobei manchmal ein Sammelband eine solche ersetzt. Auf dem Gebiet der politischen Geschichte wurden die Außenpolitik und die Geschichte wechselseitiger Beziehungen zum Ausland am intensivsten erforscht.26 Eher untypisch ist der Versuch, die Gesamtheit der einzelnen politikgeschichtlichen Ereignisse und Prozesse aufzuarbeiten, obwohl es auch hierfür Beispiele gibt.27 Die politische Biographie gehörte früher zu den bevorzugten Publikationsbereichen, weswegen sowohl zu einzelnen Herrschern als auch zu Mitgliedern der königlichen Familie sowie zu anderen politisch bedeutenden Persönlichkeiten der Zeit Arbeiten vorliegen.28 Heute sind solche Werke deutlich seltener und beschränken sich größtenteils auf Bio-

25 Balázs

Sudár u. a. (Hgg.), Magyar őstörténet. Tudomány és hagyományőrzés [Magyarische Vorgeschichte. Wissenschaft und Traditionen]. Budapest 2015.

26 Ferenc

Makk, The Árpáds and the Comneni. Political Relations between Hungary and Byzantium in the 12th Century. Budapest 1989; ders., Magyar külpolitika. 896 – 1196. Szeged 1993 (auf Dt.: ders., Ungarische Außenpolitik. 896 – 1196. Herne 1999); Gábor Varga, Ungarn und das Reich vom 10. bis zum 13. Jahrhundert. Das Herrscherhaus der Arpaden zwischen Anlehnung und Emanzipation. München 2003; Márta Font, Árpád-házi királyok és Rurikida fejedelmek [Die Könige aus dem Haus Árpád und die Rurikidischen Fürstentümer]. Szeged 2005; Attila Bárány/József Laszlovszky/Zsuzsanna Papp, Angol-magyar kapcsolatok a középkorban [Englischungarische Beziehungen im Mittelalter]. 2 Bde. Máriabesnyő 2008; Attila Györkös/Gergely Kiss (Hgg.), Franciamagyar kapcsolatok a középkorban [Französisch-ungarische Beziehungen im Mittelalter]. Debrecen 2013; István Zombori (Hg.), Magyarország és a Szentszék kapcsolatának 1000 éve [1000 Jahre Beziehungen zwischen Ungarn und dem Hl. Stuhl]. Budapest 1996; Gábor Barabás, Das Papsttum und Ungarn in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts (ca. 1198 – ca. 1241). Päpstliche Einflussnahme – Zusammenwirken – Interessensgegensätze. Wien 2014.

27

Siehe hierzu die ältere Literatur betreffend beispielsweise Károly Szabó, III. Endre fogsága 1292-ben [Die Gefangenschaft Andreas’ III. im Jahr 1292], Századok 18 (1884), 97–113; Beispiele aus der neueren Literatur bietet Attila Zsoldos, Téténytől a Hód-tóig. Az 1279 és 1282 közötti évek politikatörténetének vázlata [Von Tétény zum Hód-See. Eine Skizze der Politikgeschichte der Jahre 1279 – 1282], Történelmi Szemle 39 (1997), H. 1, 69–98.

28

Siehe z. B., ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Károly Szabó, Kun László. 1272 – 1290 [Ladislaus der Kumane (= Ladislaus IV.), 1272 – 1290]. Budapest 1886 (Repr. Budapest 1988); Kabos Kandra, Aba Samu király [König Samuel Aba]. Budapest 1891; János Karácsonyi, Szent László király élete [Das Leben von König Ladislaus dem Heiligen]. Budapest 1926; Antal Pór, Habsburgi Ágnes magyar királyné és Erzsébet herczegasszony, az Árpádház utolsó sarja [Die ungarische Königin Ágnes von Habsburg und Herzogin Elisabeth, der letzte Spross des Hauses Árpád], Katholikus Szemle 2 (1888), 214–243 (Teil 1), 463–499 (Teil 2); Géza Kanyó, Kálmán herceg (1208 – 1241) [Herzog Koloman (1208 – 1241)], Katholikus Szemle 9 (1895), 250–267 (Teil 1), 414–445 (Teil 2); Kabos Kandra, Erne bán és fiai [Banus Ernye Ákos und seine Söhne], Századok 18 (1884), 114–126; Vincze Bunyitay, Kopasz nádor. Életrajz a XIII – XIV. századból [Palatin Jakob Borsa der Kahle. Biographie aus dem 13. – 14. Jh.], Századok 22 (1888), 15–32 (Teil 1), 129–155 (Teil 2); Ferenc Révész, Németújvári Iván, Erdélyi Múzeum (1891), 49–71 (Teil 1), 133–158 (Teil 2), 222–246 (Teil 3); László Zolnay, Miklósfia Demeter mester (1250 – 1312) [Meister Demeter Miklósfia (1250 – 1312)], Turul 49 (1935), H. 1–2, 35–37.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

graphien zu König Stephan I. (des Hl.)29 bzw. auf diejenigen Mitglieder des Adels, die an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert lebten.30 Besser ist die Lage auf dem Gebiet der Militärgeschichte, wo eine umfassende, moderne Monographie31 ebenso zur Verfügung steht wie Studien zu Detailfragen,32 und es weder an Arbeiten zu einzelnen militärgeschichtlichen Ereignissen33 noch an Sammelbänden mangelt.34 Ein gemischtes Bild bietet die Erforschung der Institutionengeschichte. Auf die bereits früh erfolgte Aufarbeitung der Geschichte der königlichen Kanzlei35 folgte keine neuere zusammenfassende Arbeit, obgleich zu dem Thema bedeutende neue Ergebnisse vorliegen.36 Von den wichtigsten weltlichen Würdenträgern wurde nur die Geschichte des Palatinats in einer selbstständigen modernen Monographie untersucht,37 zur Aufarbeitung der Geschichte des königlichen Hofes ist bisher noch nicht einmal ein Versuch unternommen worden. Die am besten erforschte Institution der Arpadenzeit ist das 29 György

Györffy, István király és műve [König Stephan und sein Werk]. Budapest 1977; dieses Werk umfasst erheblich mehr, als der Titel verspricht: Tatsächlich ist es ein Versuch zur vollständigen Aufarbeitung der ungarischen Geschichte des 10. – 11. Jh.s. Siehe auch Gyula Kristó, Szent István király [König Stephan der Heilige]. Budapest 2001; Zoltán Lenkey/Attila Zsoldos, Szent István és III. András [Der Heilige Stephan und Andreas III.]. Budapest 2003.

30

Siehe z. B. Gyula Kristó, Csák Máté tartományúri hatalma [Die Macht des Provinzherrn Máté Csák]. Budapest 1973; Péter Kis, Ákos nembeli István. Egy magyar előkelő életútja a 13 – 14. század fordulóján [István Ákos. Der Lebensweg eines vornehmen Ungarn an der Wende des 13. zum 14. Jh.], in: Péter Tusor/Zoltán Rihmer/Gábor Thoroczkay (Hgg.), R. Várkonyi Ágnes emlékkönyv. Születésének 70. évfordulója ünnepére [Festschrift für R. Ágnes Várkonyi zur Feier ihres 70. Geburtstags]. Budapest 1998, 57–78.

31 Gyula

Kristó, Háborúk és hadviselés az Árpádok korában [Kriege und Kriegführung im Zeitalter der Arpaden]. Szeged 2003.

32

B. János Szabó, A honfoglalóktól a huszárokig. A középkori magyar könnyűlovasságról [Von den Landnehmern zu den Husaren. Die ungarische leichte Kavallerie des Mittelalters]. Budapest 2010.

33

Béla Gyula Torma/László Veszprémy (Hgg.), Egy elfeledett diadal. A 907. évi pozsonyi csata [Ein vergessener Triumph. Die Schlacht von Pozsony 907]. Budapest 2008; B. János Szabó, A tatárjárás. A mongol hódítás és Magyarország [Der Tatareneinfall. Ungarn und die mongolische Eroberung]. Budapest 2010; ders., Háborúban Bizánccal. Magyarország és a Balkán a 11 – 12. században [Im Krieg mit Byzanz. Ungarn und der Balkan im 11. – 12. Jh.]. Budapest 2013.

34 László

Veszprémy, Lovagvilág Magyarországon. Lovagok, keresztesek, hadmérnökök a középkori Magyarországon. Válogatott tanulmányok [Die Welt der Ritter in Ungarn. Ritter, Kreuzfahrer, Militäringenieure. Ausgewählte Studien]. Budapest 2008; András Borosy, Hadakozók, keresztesek, hadi érdemek a középkori Magyarországon. Válogatott tanulmányok [Kämpfer, Kreuzfahrer, Kriegswesen im mittelalterlichen Ungarn. Ausgewählte Studien]. Budapest 2010.

35 László

Fejérpataky, A királyi kanczellária az Árpádok korában [Die königliche Kanzlei in der Arpadenzeit]. Budapest 1885.

36 István

Hajnal, IV. Béla kancelláriájáról [Über die Kanzlei Bélas IV.], Turul 32 (1914), 1–19; András Kubinyi, Királyi kancellária és udvari kápolna Magyarországon a XII. század közepén, Levéltári Közlemények 46 (1975), 59– 121; auf Dt.: ders., Königliche Kanzlei und Hofkapelle in Ungarn um die Mitte des 12. Jahrhunderts, in: Herwig Ebner (Hg.), Festschrift Friedrich Hausmann. Graz 1977, 299–324; László Solymosi, Írásbeliség és társadalom az Árpád-korban. Diplomatikai és pecséttani tanulmányok [Schriftlichkeit und Gesellschaft in der Arpadenzeit. Diplomatik und Sphragistik]. Budapest 2006.

37 Tibor

Szőcs, A nádori intézmény korai története 1000 – 1342 [Die Frühgeschichte der Institution des Palatins, 1000 – 1342]. Budapest 2014.

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Quellen, Handbücher, Historiographie

Komitat, das bei der Territorialverwaltung des Landes eine Schlüsselrolle übernahm. Es liegt bereits eine Monographie vor, die das Komitat im Allgemeinen vorstellt.38 Während Versuche, die Institution anhand der Geschichte einzelner Komitate darzustellen, früher recht häufig waren,39 ist nur eine einzige moderne Komitatsgeschichte entstanden.40 Günstiger ist die Forschungslage hinsichtlich einer eigentümlichen Institution der ungarischen Schriftlichkeit, den urkundlich „glaubwürdigen Orten“ (loca credibilia): auf die frühe monographische Bearbeitung41 folgten zahlreiche Detailstudien, die mit neuen Beiträgen dienen können.42 Das einst blühende Forschungsfeld der Kirchengeschichte43 wurde durch die politische Entwicklung Ungarns nach 1945 und den damit einhergehenden ideologischen Konsequenzen deutlich zurückgeworfen. Nur eine einzige bedeutende Monographie ist in dieser Zeit entstanden, die jedoch noch heute als Grundlagenwerk gilt.44 Die Kirchengeschichte fand nach 1990 wieder Halt, doch entstand lediglich eine Reihe von Studien zu Detailfragen45 bzw. wurde erneut mit Untersuchungen zur Geschichte einzelner kirchlicher Institutionen nach modernen Gesichtspunkten begonnen.46 38 Gyula

1988.

39

Kristó, A vármegyék kialakulása Magyarországon [Die Entstehung der Komitate in Ungarn]. Budapest

Unter diesen ragen Frigyes Pesty, Az eltünt régi vármegyék [Die verschwundenen alten Komitate]. 2 Bde. Budapest 1880 (Repr. Budapest 1988) sowie József Holub, Zala megye története a középkorban. Bd. 1: A megyei és egyházi közigazgatás története [Die Geschichte des Komitats Zala im Mittelalter. Bd. 1: Die Geschichte der kirchlichen und der Komitatsverwaltung]. Pécs 1929, heraus.

40 Attila

Zsoldos, Pest megye monográfiája. Bd. 1,2: A honfoglalástól 1686-ig [Monographie des Komitats Pest. Bd. 1,2: Von der Landnahme bis 1686]. Budapest 2001.

41 Ferenc

Eckhart, Die glaubwürdigen Orte Ungarns im Mittelalter. Innsbruck 1914.

42

Siehe z. B. László Koszta, A pécsi székeskáptalan hiteleshelyi tevékenysége (1214 – 1353) [Die Tätigkeit der Urkundenstelle des Pécser Domkapitels (1214 – 1353)]. Pécs 1998; Zsolt Hunyadi, A székesfehérvári johannita konvent hiteleshelyi tevékenysége az Árpád-korban [Die Tätigkeit der Urkundenstelle des Stuhlweißenburger Johanniterkonvents in der Arpadenzeit], in: László Koszta (Hg.), Capitulum I. Tanulmányok a középkori magyar egyház történetéből [Capitulum I. Studien zur Geschichte der ungarischen Kirche des Mittelalters]. Szeged 1998, 35–67; Tamás Fedeles/Irén Bilkei (Hgg.), Loca credibilia. Hiteleshelyek a középkori Magyarországon [Loca credibilia. Glaubwürdige Orte im mittelalterlichen Ungarn]. Pécs 2009.

43

Noch heute gut verwendbare Zusammenfassungen bieten: Lajos Balics, A Római Katholikus egyház története Magyarországban [Die Geschichte der römisch-katholischen Kirche in Ungarn]. 3 Bde. Budapest 1885 – 1890; Egyed Hermann, A katolikus egyház története Magyarországon 1914-ig [Die Geschichte der katholischen Kirche in Ungarn bis 1914]. München 1973.

44 Elemér

Mályusz, Egyházi társadalom a középkori Magyarországon [Die kirchliche Gesellschaft im mittelalterlichen Ungarn]. Budapest 1971.

45

Siehe z. B. László Koszta, Írásbeliség és egyházszervezet. Fejezetek a középkori magyar egyháztörténetéből [Schriftlichkeit und Kirchenorganisation. Kapitel aus der ungarischen Kirchengeschichte des Mittelalters]. Szeged 2007.

46

Siehe z. B. Tamás Fedeles/Gábor Sarbak/József Sümegi (Hgg.), A Pécsi Egyházmegye története I. A középkor évszázadai (1009 – 1543) [Geschichte der Pécser Diözese I. Die Jh. des Mittelalters (1009 – 1543)]. Pécs 2009; Gábor Thoroczkay, A dömösi prépostság története alapításától I. Károly uralkodásának végéig [Die Geschichte der Propstei Dömös von ihrer Gründung bis zum Ende der Herrschaft Karls I.], Fons 19 (2012), 409–433; Kristóf Keglevich, A garamszentbenedeki apátság története az Árpád- és az Anjou-korban (1075 – 1403) [Die Geschichte der Abtei Garamszentbenedek in der Arpaden- und Anjou-Zeit (1075 – 1403)]. Szeged 2012.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

Ilona Bollas Monographie von 1983 zur Gesellschaftsgeschichte der Arpadenzeit47 schrieb die bis dato gültigen Erkenntnisse zu diesem Thema derart um, dass die älteren Arbeiten zur Gesellschaftsgeschichte48 heute nur noch historiographischen Wert besitzen. Ansonsten sind jedoch weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart Versuche unternommen worden, eine umfassende Studie zur Gesellschaftsgeschichte einer einzelnen sozialen Gruppe, wie etwa zum Adel, zu schaffen, der dafür die besten Forschungsvoraussetzungen bieten würde. Den eindrucksvollen Beginn wirtschaftshistorischer Forschungen markieren die noch heute gut verwendbaren Arbeiten zur Geschichte des Geldes und der Münzprägung in Ungarn49 sowie eine Monographie zur königlichen Besteuerung.50 Dennoch bündelt sich die Gesamtheit der Werke zur allgemeinen Wirtschaftsgeschichte dieser Zeit in einem einzigen Buchkapitel.51 Zu einzelnen Teilbereichen der Wirtschaftsgeschichte sind lediglich hinsichtlich der Umgestaltung der grundherrlichen Steuern im 13. Jahrhundert52 sowie zur Geschichte der Messen und Zölle moderne Monographien entstanden.53 Die Siedlungsgeschichte ist bereits seit Langem ein beliebtes Thema in der ungarischen Geschichtsschreibung. Standen früher eher Untersuchungen zu einzelnen Regionen oder Komitaten

47 Ilona

Bolla, A jogilag egységes jobbágyosztály kialakulása Magyarországon [Das Entstehen einer rechtlich einheitlichen Klasse von Leibeigenen in Ungarn]. Budapest 1983.

48 Bálint

Hóman, A társadalmi osztályok Szent István államában [Die gesellschaftlichen Klassen im Staate des Heiligen Stephan]. in: Jenő Pintér (Hg.), Dolgozatok Békefi Remig egyetemi tanári működésének emlékére [Aufsätze zur Erinnerung an das Wirken des Universitätsdozenten Remig Békefi]. Budapest 1912, 61–80; László Erdélyi, Árpádkori társadalomtörténetünk legkritikusabb kérdései [Die kritischsten Fragen zu unserer arpadenzeitlichen Gesellschaftsgeschichte]. Budapest 1915; Károly Tagányi, Felelet dr. Erdélyi Lászlónak „Árpádkori társadalomtörténetünk legkritikusabb kérdéseire“ [Erwiderung auf „Die kritischsten Fragen zu unserer arpadenzeitlichen Gesellschaftsgeschichte“ von Dr. László Erdélyi], Történeti Szemle 5 (1916), 296–320 (Teil 1), 409–448 (Teil 2), 543–608 (Teil 3); Elemér Mályusz, A magyar köznemesség kialakulása [Die Entstehung des ungarischen niederen Adels], Századok 76 (1942), 272–305 (Teil 1), 407–434 (Teil 2).

49 Bálint

Hóman, Magyar pénztörténet 1000 – 1325 [Ungarische Geldgeschichte, 1000 – 1325]. Budapest 1916. Das Thema wird weiterhin intensiv erforscht, siehe László Kovács, A kora Árpád-kori magyar pénzverésről. Érmetani és régészeti tanulmányok a Kárpát-medence I. (Szent) István és II. (Vak) Béla uralkodása közötti időszakának (1000 – 1141) érméiről [Von der frühen ungarischen Münzprägung. Münzkundliche und geschichtliche Studien zu den Münzen der Epoche zwischen den Regierungszeiten Stephans I. (des Heiligen) und Bélas II. (des Blinden) (1000 – 1141)]. Budapest 1997.

50 Ferenc Eckhart, A királyi adózás története Magyarországon 1323-ig [Die Geschichte der königlichen Besteuerung

in Ungarn bis 1323]. Arad 1908.

51 István Draskóczy, A honfoglalástól a 16. századig [Von der Landnahme bis zum 16. Jh.], in: János Honvári (Hg.),

Magyarország gazdaságtörténete a honfoglalástól a 20. század közepéig [Wirtschaftsgeschichte Ungarns von der Landnahme bis zur Mitte des 20. Jh.s]. Budapest 1996, 10–45.

52 László Solymosi, A földesúri járadékok új rendszere a 13. századi Magyarországon [Das neue System der grundherr-

lichen Renten im Ungarn des 13. Jh.s]. Budapest 1998.

53 Boglárka

Weisz, Vásárok és lerakatok a középkori Magyar Királyságban [Messen und Niederlassungen im mittelalterlichen Königreich Ungarn]. Budapest 2012; dies., A királyketteje és az ispán harmada. Vámok és vámszedés Magyarországon a középkor első felében [Die zwei Drittel des Königs und das Drittel des Gespans. Zölle und Zollerhebung in Ungarn in der ersten Hälfte des Mittelalters]. Budapest 2013.

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HGSOE, Bd. 1

Quellen, Handbücher, Historiographie

im Vordergrund,54 so verlagerte sich der Schwerpunkt zu landesweiten Studien über einzelne Siedlungsformen.55 Zu den Städten steht nur eine sehr frühe und bereits zur damaligen Zeit lediglich als Skizze zählende Zusammenfassung zur Verfügung.56 Besser (allerdings immer noch unbefriedigend) ist die Lage hinsichtlich der Untersuchungen zur Geschichte einzelner Städte.57 Schließlich verdienen noch zwei Eigenheiten Erwähnung, die typisch für die ungarische Historiographie im Allgemeinen sind. Einerseits legt die ungarische Geschichtsschreibung traditionell viel weniger Wert darauf, ihre Erkenntnisse in jenen Sprachen bekannt zu machen, die einem breiteren Publikum als dem ungarischen zugänglich sind, als dies eigentlich geboten wäre. Diese Tatsache ist umso erstaunlicher, als – und das ist die zweite Besonderheit – die Aufteilung bedeutender Gebiete (und Bevölkerungen) des Königreichs Ungarn auf die benachbarten bzw. neu entstandenen Staaten nach dem Ersten Weltkrieg die Geschichte des einstmals das gesamte Karpatenbecken umfassenden Staates mit einem Mal auf die internationale Bühne brachte. Diese Entwicklung sorgte dafür, dass diejenigen, die für oder gegen diese Veränderung eintraten, versuchen mussten, ihre politischen Standpunkte mit historischen Argumenten zu stützen. Solche Bestrebungen wären für die Geschichtsschreibung selbst dann nicht vorteilhaft, wenn diese versuchen würde, Distanz zur Politik zu halten. In unserem Fall kommt letzteres jedoch seltener vor, als es wünschenswert wäre.

54 Elemér

Mályusz, Turóc megye kialakulása [Die Entstehung des Komitats Turóc]. Budapest 1922; István Szabó, Ugocsa megye [Das Komitat Ugócsa]. Budapest 1937; Erik Fügedi, Nyitra megye betelepülése [Die Besiedelung des Komitats Nyitra], Századok 72 (1938), H. 7–8, 273–319; H. 9–10, 488–509; Emma Iczkovits, Az erdélyi Fehér megye a középkorban [Das siebenbürgische Komitat Fehér im Mittelalter]. Budapest 1939; Éva Balázs, Kolozs megye kialakulása [Die Entstehung des Komitats Kolozs]. Budapest 1939; Ferenc Maksai, A középkori Szatmár megye [Das mittelalterliche Komitat Szatmár]. Budapest 1940; László Makkai, A Csallóköz településtörténeti vázlata [Siedlungsgeschichtliche Skizze der großen Schüttinsel], Századok 81 (1947), 109–135.

55 István

Szabó, A falurendszer kialakulása Magyarországon (X – XV. század) [Die Entwicklung des Dorfsystems in Ungarn (10. – 15. Jh.)]. Budapest 1966; ders., A középkori magyar falu [Das ungarische Dorf des Mittelalters]. Budapest 1969; Ferenc Maksai, A magyar falu középkori településrendje [Die Siedlungsordnung des mittelalterlichen ungarischen Dorfes]. Budapest 1971.

56 Bálint

1908.

Hóman, A magyar városok az Árpádok korában [Die ungarischen Städte in der Arpadenzeit]. Budapest

57 András

Kubinyi, Die Anfänge Ofens. Berlin 1972; Jenő Gutheil, Az Árpád-kori Veszprém [Veszprém in der Arpadenzeit]. Veszprém 2 1979; György Györffy, Pest-Buda kialakulása. Budapest története a honfoglalástól az Árpád-kor végi székvárossá alakulásig [Die Entstehung Pest-Ofens. Geschichte Budapests von der Landnahme bis zur Entwicklung zur Residenzstadt am Ende der Arpadenzeit]. Budapest 1997; Attila Zsoldos/Tibor Neumann, Székesfehérvár középkori kiváltságai [Die mittelalterlichen Privilegien Székesfehérvárs]. Székesfehérvár 2010; Enikő Spekner, Hogyan lett Buda a középkori Magyarország fővárosa? A budai királyi székhely története a 12. század végétől a 14. század közepéig [Wie wurde Ofen zur Hauptstadt des mittelalterlichen Ungarn? Die Geschichte der Ofener königlichen Residenz vom Ende des 12. bis zur Mitte des 14. Jh.s]. Budapest 2015. Außerdem sind unter den größeren Städten Ungarns historische Monographien zur Geschichte von Debrecen, Miskolc, Szeged und Pécs entstanden, die natürlich auch auf die Geschichte dieser Städte in der Arpadenzeit eingehen.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

8 .3

DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS UNGARN BIS 1301

8 .3 .1 Von der Landnahme bis zur Krönung des ersten Königs Am Vorabend der Landnahme im Karpatenbecken – in den letzten Jahrzehnten des 9. Jahrhunderts – lebten die Ungarn am westlichen Rand der Steppe, im Gebiet entlang der östlichen Ausläufer der Karpaten, aber auch das Karpatenbecken hinter den Bergen war ihnen nicht gänzlich unbekannt.58 Ab Mitte des 9. Jahrhunderts waren dort nämlich im Rahmen einzelner Feldzüge bereits ungarische Reiter anzutreffen, und es ist ebenfalls sehr wahrscheinlich, dass die Ungarn bereits vor den 860er Jahren einzelne östliche Gebiete des Karpatenbeckens unter ihre lose militärische Kontrolle brachten. Ob dies als eine bewusste Vorbereitung der Landnahme zu bewerten ist oder nicht, gehört zu den zahlreichen umstrittenen Fragen zu dieser Epoche.59 Die Inbesitznahme des Karpatenbeckens erfolgte in mehreren Abschnitten. Um 895 wurde der östliche Teil des Karpatenbeckens bis zur Donau endgültig erobert. Danach führten die Ungarn 899 als Verbündete des ostfränkischen Königs Arnulf von Kärnten (887 – 899) einen Feldzug gegen den italienischen König Berengar I. (888 – 924).60 Nachdem sie im darauffolgenden Jahr zurückkehrten, eroberten sie – als sie vom inzwischen erfolgten Tod Arnulfs erfuhren – das bisher unter fränkischer Herrschaft stehende Pannonien. Damit war die Inbesitznahme des Karpatenbeckens abgeschlossen, und dank ihres Sieges über die zur Rückeroberung von Pannonien aufgebrochenen fränkischen Armeen bei Brezalauspurc61 907 konnten die Magyaren62 in ihrer neuen Heimat festen Fuß fassen. Durch die Ansiedlung der Ungarn im Karpatenbecken wurde eine grundlegend neue Situation in der politischen Geschichte des Gebiets geschaffen. Vorher war das Territorium des Karpatenbeckens unter den benachbarten Staaten aufgeteilt worden: Der westliche Teil der heutigen Slowakei war ein Grenzgebiet des mährischen Staates, das heutige Transdanubien und die südlich davon liegenden Landstriche Grenzgebiete des Ostfränkischen Reichs, Siebenbürgen und die südliche Große Ungarische Tiefebene (in stark umstrittenem Maße) Teile des bulgarischen Staates. Durch die Landnahme der Ungarn wurden diese Staaten aus dem Gebiet des Karpatenbeckens verdrängt und die Möglichkeit der politischen Vereinigung des Beckens geschaffen, das hinsichtlich seiner physischen Geographie eine geschlossene Einheit bildet.

58

Siehe zusammenfassend zur ungarischen Frühgeschichte Kristó, Levedi törzsszövetségétől Szent István államáig; Tóth, Levédiától a Kárpát-medencéig; ders., A honfoglalástól az államalapításig; Róna-Tas, Hungarians and Europe in the Early Middle Ages.

59

Siehe zu dieser Debatte Szabados, Magyar államalapítások, 114–162.

60

Gombos, A honfoglaló magyarok itáliai kalandozása.

61

Die Deutung des Ortsnamens ist umstritten: Gemäß traditioneller Auffassung wird er mit Pressburg identifiziert, nach der Ansicht anderer handelt es sich hingegen um das karolingische Mosaburg (Zalavár). Den letzteren Standpunkt vertritt Béla Miklós Szőke in seiner im Erscheinen begriffenen Monographie (Ende 2019), welche die historischen Hinterlassenschaften des karolingischen Pannonien zusammenfasst.

62

Siehe zu Magyarenbegriff und terminologischem Verhältnis der im deutschsprachigen Raum weitgehend synonymhaften Verwendung von Magyaren/Ungarn den Lexikonbeitrag von Bak, s. v. Magyaren.

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Die Geschichte des Königreichs Ungarn bis 1301

Nach der Landnahme im Karpatenbecken tauchen die Magyaren in den uns zur Verfügung stehenden Quellen in erster Linie im Rahmen der Feldzüge auf, die sie gegen die Länder West- und Südeuropas führten.63 Die Feldzüge der Ungarn waren nicht immer erfolgreich: Nach einigen kleineren und größeren Niederlagen wurden nach der Niederlage bei Augsburg (Lechfeld) im Jahr 955 die gegen Westeuropa geführten Angriffe beendet, die Feldzüge auf dem Balkan wurden aber bis zum Jahr 970 weitergeführt, als die Truppen eines temporären Bündnisses von Russen, Bulgaren, Petschenegen und Magyaren von den Byzantinern bei Arkadiúpolis (Lüleburgaz) geschlagen wurden.64 Über die inneren Verhältnisse des Karpatenbeckens im 10. Jahrhundert ist sehr wenig bekannt – alles, was wir wissen oder zu wissen glauben, basiert auf Schlussfolgerungen aus späteren Ereignissen und ist deshalb zwangsläufig unsicher. Gleichwohl scheint sicher zu sein, dass die gesellschaftliche und politische Organisation der Ungarn auf Stämmen und deren Untergruppen beruhte. Von Konstantin VII. Porphyrogénnetos (913 – 959) wurden Mitte des 10. Jahrhunderts sieben ungarische Stämme aufgelistet,65 die den als „Sieben-Ungarn“ bezeichneten Stammesverband bildeten, der das gesamte Ungarntum zusammenfasste. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts bildete sich über dem anfänglich sicherlich nur losen Verband der Stämme ein eigenartiges Fürstensystem aus. An der Spitze des neuen politischen Systems stand der „Kende“ genannte, sakral verehrte Fürst, an dessen Stelle allerdings der den Titel „Gyula“ führende Fürst für die alltäglichen Geschäfte – und dabei insbesondere die Aufgaben der Heerführung – verantwortlich war.66 Der erste „Kende“ war Álmos, dem sein Sohn Árpád folgte, der bei der Landnahme an der Spitze des ungarischen Stammesverbandes stand. Der Führungspartner von Árpád, also der „Gyula“, war Kusál (nach einer anderen Namensvariante: Kurszán), der 904 von den Bayern getötet wurde.67 Wahrscheinlich starb um diese Zeit auch Árpád, und allem Anschein nach wurde mit ihnen auch das in der ungarischen Historiographie als „doppeltes Fürstentum“ bezeichnete System begraben. Natürlich brachen die Beziehungen zwischen den ungarischen Stämmen nicht ab, aber in politischer Hinsicht gingen sie ihre eigenen Wege. Als sicherstes Anzeichen dafür gilt, dass nach dem ersten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts nichts darauf hindeutet, dass die nach West- und Südeuropa geführten Feldzüge von einem einzigen Zentrum aus geleitet worden wären. Ein weiterer Hinweis dafür ist, dass die ungarischen Stämme aus der durch den Misserfolg der Angriffe gegen Europa entstandenen Krise voneinander unabhängig nach einem Ausweg suchten. Der Anführer des Stammes, der sich in dem seit 1918 zu Rumänien gehörenden Siebenbürgen niederließ, ging um 950 nach Konstantinopel, wo er sich taufen ließ und einen missionierenden

63

Lüttich, Ungarnzüge in Europa; Fasoli, Le incursioni ungare; Vajay, Der Eintritt des ungarischen Stämmebundes in die europäische Geschichte; Kristó, Levedi törzsszövetségétől Szent István államáig, 229–392; Cave, L’arrivo degli Ungheresi in Europa.

64

Külzer, Ostthrakien, 265.

65

Az Árpád-kori magyar történet bizánci forrásai (ed. Moravcsik), 46f.

66

Ligeti, A magyar nyelv török kapcsolatai, 253f., 484f.; Czeglédy, Magyar őstörténeti tanulmányok, 210–216.

67

Reindel, Die bayerischen Luitpoldinger 893–989, 51f. (Anm. 36); Kristó, Honfoglaló fejedelmek.

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Bischof mit nach Hause nahm.68 Der „Gyula“ – unsere Quellen nennen sowohl ihn selbst als auch seinen Nachfolger so,69 wahrscheinlich deshalb, weil der einstige Titel des „Gyula“ innerhalb der Familie vererbt wurde – begab sich also auf einen Weg, der seinen Stamm hinsichtlich der Religion an den griechischen Zweig des Christentums und politisch an das Byzantinische Reich annäherte. Wie der „Gyula“ ließ sich auch ein anderer ungarischer Stammeshäuptling, Bulcsú, in Konstantinopel taufen, allerdings nahm er – im Gegensatz zum „Gyula“ – auch danach weiterhin aktiv an den ungarischen Feldzügen teil, bis er in der Schlacht auf dem Lechfeld gefangen genommen und hingerichtet wurde. Die durch seinen Tod entstandene Chance ließ sich der nach der Landnahme etwas ins Abseits geratene Stamm des Árpád nicht entgehen. Soweit wir wissen, folgten Árpád nach seinem Tod die Nachkommen des einstigen „Kende“ an der Spitze seines Stammes, und es ist ebenfalls wahrscheinlich, dass diese Nachfahren – die Arpaden – ihren Anspruch auf die Herrschaft über alle Ungarn aufrechthielten, auch wenn sich ihre Macht in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts nur über das Volk ihres eigenen Stammes erstreckte.70 In dieser Situation wurde durch die ungarische Niederlage auf dem Lechfeld eine Veränderung eingeleitet, nach der die Arpaden ihre Macht mittels Zwang stufenweise auf einen Teil der ungarischen Stämme ausdehnten. Allem Anschein nach hatten die Arpaden bis zur ersten Jahrtausendwende den westlichen Teil des Karpatenbeckens fest im Griff, wobei sich in den östlichen Gebieten bald rivalisierende, bald verbündete ungarische Herrschaftszentren bildeten. Der nördliche Rand der Ungarischen Tiefebene (Alföld) wurde von Kabaren bewohnt, die sich noch vor der Landnahme den Ungarn angeschlossen hatten. Konstantin Porphyrogénnetos bezeichnet diejenigen einstigen chasarischen Untertanen als Kabaren,71 die sich – wohl irgendwann um die Mitte des 9. Jahrhunderts – gegen den chasarischen Khagan erhoben und sich nach ihrer Niederlage den Ungarn angeschlossen hatten. Es kann angenommen werden, dass es sich bei ihnen um eine aus ethnischer Sicht gemischte Gruppe handelte, die nach dem 10. Jahrhundert aus unseren Quellen verschwindet.72 Siebenbürgen stand unter der Oberhoheit der bereits erwähnten „Gyulas“, und es ist mit gutem Grund anzunehmen, dass zu dieser Zeit bereits auch im südöstlichen Teil der Ungarischen Tiefebene ein ähnlicher Herrschaftsbereich existierte.73 Die wenigen Informationen, die uns über die inneren Verhältnisse dieser politischen Zentren zur Verfügung stehen, weisen eindeutig darauf hin, dass jedes von ihnen auf Stammesbasis organisiert wurde, und sie alle mehr oder weniger über die Charakteristika verfügten, die als Grundlage für die Entwicklung hin zu einem Staat europäischen Typs dienen konnten. 68

Von dem Ereignis berichtet Johannes Skylítzes, siehe Az Árpád-kori magyar történet bizánci forrásai (ed. Moravcsik), 85 (= Ioannes Skylitzes [ed. Thurn], 239, Z. 66–70).

69

Chronici Hungarici compositio (ed. Domanovszky), Kap. 30, 290f. sowie Kap. 65, 314f.; Simonis de Keza gesta Hungarorum (ed. Domanovszky), Kap. 29, 166; siehe auch Golden, An Introduction to the History of the Turkic Peoples, 262.

70

Kristó, Levedi törzsszövetségétől Szent István államáig, 435–491.

71

Az Árpád-kori magyar történet bizánci forrásai (ed. Moravcsik), 46.

72

Györffy, A kabar kérdés; Tóth, Kabarok (kavarok) a 9.századi magyar.

73

Legenda sancti Gerardi episcopi (ed. Madzsar), Kap. 8, 489–492; siehe auch Kristó, Ajtony and Vidin.

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Bis gegen Ende des 10. Jahrhunderts war das Herrschaftsgebiet der Arpaden nur eines dieser politischen Zentren gewesen. Ihre Anführer wandten sich einerseits wegen ihrer geographischen Lage, andererseits weil ihnen die „Gyulas“ in Byzanz schon zuvorgekommen waren, dem Westen zu.74 Fürst Géza (972 – 997), Urenkel Árpáds, der seine Herrschaft wohl zu Beginn der 970er Jahre antrat, unternahm große Bemühungen, um die seit der Schlacht auf dem Lechfeld viel ruhigeren, aber trotzdem zweifellos angespannten deutsch-ungarischen Beziehungen zu regeln. Er öffnete sein Land für christliche Missionare und schickte Gesandte an den Hof von Kaiser Otto I. (962 – 973). Géza unternahm einen Balanceakt zwischen Alt und Neu: Er ließ sich zwar taufen und betrieb die Bekehrung seines Volkes mit harter Hand, brachte aber auch den heidnischen Göttern Opfer dar und bemühte sich vor allem um Frieden mit dem 962 erneuerten Kaisertum. Das wichtigste Ergebnis seiner Herrschaft war, dass er die zuvor feindseligen deutsch-ungarischen Beziehungen regeln konnte, ohne seine politische Unabhängigkeit faktisch aufgeben zu müssen. Als Krönung seiner Erfolge erhielt er für seinen Sohn Vajk, der bei seiner Taufe den Namen Stephan erhielt, die Hand der bayerischen Herzogstochter Gisela.75

8.3 .2 Die Geburt eines Königreichs in Mitteleuropa Stephan trat 997 das Erbe seines Vaters an, nachdem er seinen Verwandten Koppány besiegt hatte, der ebenfalls Anspruch auf die fürstliche Macht erhob. Danach wurde die Macht von Stephan über den westlichen Teil des Karpatenbeckens von niemandem mehr in Frage gestellt. Die Abschaffung der Selbstständigkeit der östlichen Gebiete begleitete die gesamte Herrschaftszeit von Stephan. 1003 zwang Stephan den Sohn des einst in Konstantinopel getauften „Gyula“, den unsere Quellen ebenfalls „Gyula“ nennen, mit Waffengewalt zur Huldigung.76 Danach wurden die anderen Machtzentren der Stämme teils durch Gewalt, teils durch Vereinbarung einverleibt. Als Letzter leistete Ajtony, der über den südöstlichen Teil der Großen Ungarischen Tiefebene herrschte, Widerstand: Er wurde wahrscheinlich um 1028 von den Heerführern Stephans besiegt.77 Damit wurde das gesamte Karpatenbecken unter der Herrschaft von Stephan vereint und so der politische Rahmen geschaffen, der in diesem Teil Mitteleuropas fast eintausend Jahre lang Bestand hatte. Stephan zeichnete sich – wie auch die „staatsgründenden“ Herrscher anderer Völker – im Vergleich zu anderen, die einfach nur erfolgreiche Barbarenführer blieben, dadurch aus, dass er nicht nur die Rolle des mächtigsten Stammesoberhauptes anstrebte, sondern ein auch von den Zeitgenossen anerkannter christlicher Herrscher werden wollte und konnte. Wie bewusst dieses Ziel von ihm verfolgt wurde, davon zeugt am besten, dass Stephan sich noch vor dem Sieg über seine Gegner zum König krönen ließ und das Karpatenbecken erst nach seiner Krönung, die ihm 74

Kristó, Orientációs irányok a Kárpát-medencében.

75

Die neueste zusammenfassende Gesamtdarstellung des Zeitalters bietet Tóth, A honfoglalástól az államalapításig.

76

Chronici Hungarici compositio (ed. Domanovszky), Kap. 65, 314f.; Annales Hildesheimenses (ed. Waitz), ad a. 1003, 29.

77

Kristó, Megjegyzések az ún. „pogánylázadások“ kora történetéhez.

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internationale Anerkennung brachte, vereinte. Über die Krönung Stephans wissen wir im Vergleich zu seiner Bedeutung nur sehr wenig: Sie erfolgte vermutlich am 5. Dezember 1000 oder am 1. Januar 1001, vielleicht in Gran (Esztergom/Ostrihom) und wahrscheinlich mit der Krone, die ihm von Kaiser Otto III. (996 – 1002) – mit der Zustimmung seines einstigen Lehrers, Papst Silvester II. (999 – 1003) – überbracht worden war.78 Über die symbolische und politische Bedeutung der Krönung waren sich zweifelsohne auch die Zeitgenossen im Klaren, und auch im heutigen ungarischen historischen Bewusstsein wird die Gründung des ungarischen Staates mit diesem Ereignis verbunden. In Wahrheit war die Staatsgründung ein langanhaltender Prozess von miteinander eng verbundenen Maßnahmen, in deren Folge im Lande Stephans Institutionen entstanden, von denen die meisten dem Ungarntum zuvor unbekannt waren. Nach seiner Krönung unternahm König Stephan (1000/1001 – 1038) ernsthafte Anstrengungen, um in seinem Land und an seinem Hof all jene Bräuche einzuführen, die von den souveränen Herrschern jener Zeit gepflegt worden waren. Es wurden die ersten ungarischen Münzen geprägt, der König ließ seine wichtigeren Entscheidungen in Urkunden fassen, und „dem Vorbild der alten und neuen Kaiser folgend“ schrieb er seinem Volk in Gesetzen vor, „wie sie ein ehrliches und friedliches Leben führen sollen“.79 Für diese Maßnahmen nutzte Stephan weitestgehend die Muster, die ihm von seinen kirchlichen und weltlichen Beratern, die aus deutschen Gebieten in sein Land gekommen waren, vermittelt wurden und passte sie an die ungarischen Verhältnisse an.80 Das neu entstandene Königreich Ungarn musste noch zu Lebzeiten seines Gründers zwei schwere Krisen meistern. 1024 verstarb der Schwager Stephans, Kaiser Heinrich II. (1014 – 1024), und die bislang harmonischen ungarisch-deutschen Beziehungen waren alsbald angespannt. Im Zuge seiner aggressiven Außenpolitik wandte sich Konrad II. (1027 – 1039), der Nachfolger von Heinrich, bald auch gegen Ungarn, doch das 1030 tief in das Land eindringende Reichsheer erlitt eine Niederlage, worauf der Kaiser gezwungen war, die vollständige Unabhängigkeit Ungarns zur Kenntnis zu nehmen.81 1031 wurde der alternde Stephan vor ein andersartiges, aber nicht minder ernstes Problem gestellt, als er bei einem Jagdunfall Prinz Emmerich, den einzigen seiner Söhne, der das Erwachsenenalter erreicht hatte, verlor. Durch die somit entstandene Frage nach der Thronfolge wurde die Weiterführung von Stephans Werk ungewiss. Der König vertraute seinen Verwandten der männlichen Linie, die für die Thronfolge in Frage kamen, nicht, und schloss sie deshalb davon aus. Diese Entscheidung wurde von einem seiner Verwandten, Vazul – einem Cousin Stephans – nicht akzeptiert, weshalb ihn Stephan blenden ließ und seine Söhne aus dem Land

78

Gerics/Ladányi, Források Szent István királlyá avatásának történetéhez.

79

Sancti Stephani decretorum liber primus, praefatio, in: Závodszky (Hg.), A Szent István, 141.

80 Stephans

Urkunden, Münzen und Gesetze folgten zeitgenössischen deutschen oder karolingischen Mustern: Szentpétery, Magyar oklevéltan, 36–44; Gedai, A magyar pénzverés kezdete; Závodszky (Hg.), A Szent István, 13–56.

81

Gombos, Szent István háborúja II. Konrád római-német császárral.

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verbannte. Stephan entschied sich letztendlich für den Sohn einer seiner Schwestern aus der Ehe mit dem Dogen von Venedig, Peter Orseolo.82

8.3 .3 Krisen und Konsolidierungen im 11. und 12. Jahrhundert Nach dem Tod Stephans konnte der Thron von dem von ihm bestimmten Erben, König Peter (1038 – 1041), ungehindert bestiegen werden. Peters Maßnahmen dienten der Weiterführung des von seinem Onkel begonnenen Weges: Er gründete Kirchen, erließ Gesetze und Urkunden, ließ Münzen prägen und Steuern erheben. Dennoch konnte er das Werk Stephans nicht vollenden, was daran lag, dass das charakteristischste Merkmal seiner Herrschaft eine verblüffende Gleichgültigkeit gegenüber den spezifisch ungarischen Verhältnissen war. Stephan war gerade dadurch zu einem erfolgreichen Herrscher geworden, dass er das Gleichgewicht zwischen Alt und Neu fand, und Neuerungen in einer Art und Weise einführte, die, wenn auch nicht einfach und nicht ohne Erschütterungen, dennoch für die ungarische Gesellschaft, und insbesondere für deren zu politischer Meinungsbildung fähigen Teil, akzeptabel und nachvollziehbar waren. Allem Anschein nach fehlte bei Peter diese Fähigkeit gänzlich, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass er binnen weniger Jahre sowohl mit der Witwe Stephans, Gisela, als auch mit den Bischöfen und weltlichen Machthabern in Konflikt geriet. 1041 wurde Peter von den mit seiner Herrschaft unzufriedenen Vornehmen gestürzt, und er musste mit seiner Familie zum deutschen Herrscher Heinrich III. (1028 – 1056) fliehen.83 Die Anführer der Palastrevolution machten den einstigen Schwager Stephans, den wohl aus der Familie des Stammesoberhauptes der Kabaren stammenden Samuel Aba, zu ihrem König (1041 – 1044). Samuel versuchte, die von Peter verursachten Schäden zu beheben, aber auf seine Herrschaft warf der Umstand einen bedrohlichen Schatten, dass er von Heinrich III., der Peter Asyl gewährt hatte, nicht als rechtmäßiger König anerkannt wurde. Erschwerend kam noch hinzu, dass sich ein Teil der Ungarn von Samuel die Wiederherstellung der von Stephan abgeschafften Stammesfreiheit, der andere Teil aber genau das Gegenteil, die Weiterführung der Politik Stephans, erhoffte. Der König konnte den beiden einander ausschließenden Erwartungen nicht entsprechen, weshalb auch gegen ihn bald eine Verschwörung entstand. Wegen deren grausamer Unterdrückung wandte sich die Kirche gegen Samuel, und als es 1044 zur entscheidenden Schlacht zwischen dem zur Unterstützung Peters ins Land eindringenden deutschen Reichsheer und den Truppen Samuels kam, wurde der König von seinen Anhängern im Stich gelassen und verlor auf der Flucht sein Leben. Für die Unterstützung bedankte sich Peter, der den Thron mit kaiserlicher Hilfe wiedererlangt hatte, indem er Heinrich III. den Lehnseid leistete, was die völlige Verleugnung von Stephans Werk bedeutete. Peters zweite Herrschaft (1044 – 1046) war genauso unpopulär wie die erste und führte

82

Siehe für das Zeitalter Stephans I. Györffy, István király és műve; eine gekürzte deutschsprachige Ausgabe bietet ders., König Stephan der Heilige; sowie Zsoldos (Hg.), Saint Stephen and His Country, und ders., The Legacy of Saint Stephen.

83

Chronici Hungarici compositio (ed. Domanovszky), Kap. 72, 325.

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letztendlich zu seinem erneuten Sturz. Nach früheren erfolglosen Versuchen diskutierten 1046 die kirchlichen und weltlichen Vornehmen erneut über den Sturz des als Tyrann gebrandmarkten Peter, schickten Gesandte an die in der Kiewer Rus’ im Exil lebenden Söhne Vazuls, Levente und Andreas, und drängten sie zur Rückkehr. Die Herzöge waren bereits auf dem Heimweg, als gegen die Herrschaft Peters ein Volksaufstand unter der Führung von Vata, eines Adeligen, der von der Wiederherstellung des Heidentums träumte, ausbrach. Die Revolte, die Peter stürzte, richtete sich gleichermaßen gegen die Institutionen des Staates und der Kirche: Unter den Opfern der Kämpfe waren neben dem gefangen genommenen und nach seiner Blendung bald verstorbenen Peter auch Bischöfe, die sich auf den Weg gemacht hatten, um die Söhne Vazuls zu empfangen, darunter eine der herausragendsten Figuren des Zeitalters, der aus Italien stammende Bischof von Csanád, Gellért (Gerhard). Den verwaisten Thron bestieg Herzog Andreas, der nach kurzer Zeit der chaotischen Lage Herr wurde. König Andreas I. (1046 – 1060) schlug den Heidenaufstand nieder und bemühte sich, das Volk seines Landes zurück auf den von Stephan vorgegebenen Weg zu führen. Um seine Bemühungen zu unterstützten, rief er seinen in Polen lebenden jüngeren Bruder, Herzog Béla, nach Hause und teilte mit ihm die Herrschaft über das Land. Gemeinsam wurde von ihnen der 1051 aus Rache für den Tod Peters und zur Wiederherstellung der feudalen Abhängigkeit unternommene deutsche Angriff zurückgeschlagen, und ihre Zusammenarbeit blieb für lange Zeit ungestört. Ihre Eintracht fand ein Ende, als Andreas – entgegen seinem früheren Versprechen – seinen eigenen Sohn, den minderjährigen Salomon, zu seinem Erben machte und seinen jüngeren Bruder unberücksichtigt ließ.84 Der Zwist führte zu einem dynastischen Krieg, in dessen Verlauf Andreas nach einer verlorenen Schlacht seinen Verletzungen erlag. Seine Familie flüchtete auf deutsches Gebiet, worauf der Thron von Béla besetzt wurde. Die kurze Herrschaft von Béla I. (1060 – 1063) blieb denkwürdig wegen einer erneuten Massenbewegung, die erfolglos die Wiederherstellung des Heidentums forderte, wobei sich der deutsche Herrscher Heinrich IV. (1053 – 1105) bereits auf die Unterstützung seines Schwagers Salomon vorbereitet hatte. Letztendlich kam es nicht zur Schlacht, weil Béla den Verletzungen eines Unfalls erlag. Seine Söhne, die Herzöge Géza, Ladislaus und Lampert, flohen ins Ausland, wonach der Thron von Salomon besetzt wurde. Obwohl Salomon (1063 – 1074) seinen Beschützer Heinrich IV. freigiebig belohnte, leistete er dem Kaiser keinen Lehnseid. Nach dem Abzug Heinrichs erschienen die Söhne Bélas bald an der Spitze von Armeen im Land, aber die Mitglieder der Dynastie konnten von den Vornehmen, die genug des Blutvergießens hatten, zu einer Einigung bewegt werden. Salomon regierte weiterhin als König, wobei die Söhne Bélas den einstigen Landesteil ihres Vaters erhielten. Der König und die Herzöge besiegten gemeinsam die 1068 ins Land eingefallenen Petschenegen, aber nach kurzer Zeit schwoll der Interessenkonflikt wieder an. Der unvermeidliche Krieg brachte zuerst einen Erfolg Salomons, aber in der entscheidenden Schlacht triumphierten 1074 die Herzöge. Salomon zog sich

84

Ebd., Kap. 92, 353–355.

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mit dem Rest seiner Anhänger in das westliche Grenzgebiet zurück, die übrigen Landesteile fielen in die Hand Gézas. Die größte Bürde der Herrschaft des Königs Géza I. (1074 – 1077) war der ungelöste Konflikt mit Salomon. Der immer noch als rechtmäßiger König geltende Salomon erhoffte eine Verbesserung seiner Position erneut von Heinrich IV., und, um das Wohlwollen seines Schwagers zu erlangen, war er nun auch bereit, die feudale Abhängigkeit zu akzeptieren. Heinrich war aber mit der zwischen ihm und dem Papst ausgebrochenen Auseinandersetzung, dem Investiturstreit, beschäftigt und blieb deshalb Salomon eine effektive Unterstützung schuldig. Géza versuchte, sich den Konflikt zwischen dem Reich und dem Papsttum zunutze zu machen, aber Papst Gregor VII. (1073 – 1085) verlangte für seine Unterstützung einen überhöhten Preis – die Anerkennung der Lehnsherrschaft des Heiligen Stuhls über das Königreich Ungarn –, und Géza war nicht gewillt, diesen zu bezahlen. Allerdings fand er in der Person des byzantinischen Kaisers einen Unterstützer, und eine vornehme Byzantinerin (eine Nichte des späteren Kaisers Nikephóros III. Botaneiátes [1078 – 1081]) wurde seine Gemahlin.85 Salomon, der seinen Thron verloren hatte, konnte sich nur in den an der Westgrenze gelegenen Burgen Pressburg und Moson halten. Géza unternahm einen erfolglosen Versuch, die beiden Burgen einzunehmen, verzichtete auf den Thron und überließ die Regelung des Konflikts mit Salomon seinem jüngeren Bruder Ladislaus. Zu Beginn seiner Regierung war König Ladislaus I. (1077 – 1095)86 gänzlich mit der Lösung der Salomon-Frage beschäftigt: Teils durch Waffengewalt, teils durch Verhandlungen konnte er die Huldigung seines Cousins erreichen. Salomon hat seine Entscheidung später wohl bereut, zumindest deutet die von ihm organisierte Verschwörung gegen Ladislaus darauf hin, derentwegen der König ihn einkerkerte. Salomon erhielt seine Freiheit 1083 zurück und verließ das Land. Die Großherzigkeit von Ladislaus war der feierlichen Stimmung geschuldet: In diesem Jahr wurden der Staatsgründer Stephan, dessen Sohn Emmerich, der Märtyrerbischof Gerhard und zwei fromme Eremiten heiliggesprochen.87 Das Verfahren wurde von Ladislaus eingeleitet und sollte deutlich machen, dass dem Königreich Ungarn trotz aller Stürme der vorangegangenen Jahrzehnte ein gebührender Platz unter den christlichen Staaten zustand, da sich sowohl das Land als auch die Dynastie eigener Heiliger rühmen konnte. Insbesondere die Heiligsprechung Stephans war von großer Bedeutung; sein Kult wurde im Laufe der Zeit zu einem zentralen Element des ungarischen politischen und juristischen Denkens im Mittelalter.88 Auch im Alltag der Herrschaft setzte Ladislaus die Politik von Stephan I. (des Hl.) würdig fort. Seine Gesetze, die auffällig streng waren, sicherten die Wiederherstellung der Ordnung, die sich in der vorherigen kriegerischen Ära aufgelöst hatte. Durch die Erfolge von Ladislaus auf diesem Gebiet erlangte das Land nicht nur seine Stärke zurück, sondern – und dies war eine neue

85

Az Árpád-kori magyar történet bizánci forrásai (ed. Moravcsik), 96; siehe Kerbl, Byzantinische Prinzessinnen in Ungarn, 1–57.

86

Karácsonyi, Szent László király élete; Györffy, A „lovagszent“ uralkodása.

87

Klaniczay, Holy Rulers and Blessed Princesses.

88

Zsoldos, A szent és az ős; siehe auch Tringli, A szent királyok szabadsága.

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Entwicklung in der Geschichte des ungarischen Staates – wurde am Ende der Herrschaft des Königs zu einer Macht, die sich nun auch Eroberungen leisten konnte. Ladislaus I. mischte sich in die internen Konflikte Kroatiens ein und eroberte 1091 das Land an der Küste der Adria. Zuvor hatte er noch engere Kontakte zu dem zwischen der Drau und Kroatien liegenden mittelalterlichen Slawonien geknüpft.89 Ladislaus I. verstarb, ohne einen Sohn zu hinterlassen, aber in seinem Cousin Koloman fand seine Politik einen ebenbürtigen Nachfolger. Herzog Álmos, der Bruder des ursprünglich zum Priester erzogenen – daher sein königlicher Beiname „der Buchkundige“ – Königs Koloman (1095 – 1116), wollte selbst regieren, und seine Versuche zur Erlangung der Krone begleiteten die Herrschaft seines älteren Bruders. Der Bruderzwist führte zu einem blutigen Ende – der lange nachsichtige Koloman verzieh seinem jüngeren Bruder immer wieder, ließ ihn aber letztendlich zusammen mit dessen minderjährigem Sohn Béla blenden – wodurch die Herrschaft von Koloman in schlechter Erinnerung blieb, obwohl der König ein tätiger Herrscher mit brauchbaren Konzepten war. Er führte die zur Zeit seines Vorgängers Ladislaus I. begonnene rege Gesetzgebung weiter, die zu einer Reform der Steuer- und Heeresorganisation, zur Umwandlung der Institutionen der Rechtsprechung und zur Regelung bestimmter besitzrechtlicher Fragen führte. Koloman stellte die Oberhoheit des Königreichs Ungarn über das in der Zwischenzeit kurz unabhängig gewordene Kroatien wieder her – s. zu den ung.-kroat. Beziehungen ebenso den Handbuchbeitrag von Neven Budak: Kap. 12 – und eroberte dabei auch den Großteil von Dalmatien.90 Kolomans Sohn Stephan II. (1116 – 1131) erbte zwar den Thron seines Vaters, nicht aber dessen Fähigkeiten. Seine in jeder Hinsicht erfolglose Regierung führte zu innerer Unzufriedenheit; der kinderlose König konnte seinen Thron aber bis zu seinem Ableben behalten. Als er davon erfuhr, dass sein geblendeter Cousin Béla sich im Land versteckt hielt – dessen Vater Álmos war inzwischen nach Byzanz geflohen, wo er auch starb –, ließ er ihn zu sich rufen und sorgte auf würdige Weise für ihn. Nach seinem Tod folgte ihm Béla II. (der Blinde, 1131 – 1141) in der Königswürde, allerdings wurde das Land statt seiner durch seine serbische Frau, Königin Ilona, regiert. Béla und Ilona ließen in gleich zwei Fällen ihre politischen Widersacher niedermetzeln. Zuerst richteten sie unter den treu zu Koloman stehenden Vornehmen, die ihrer Vermutung nach bei der Blendung des Königs mitgewirkt hatten, ein Blutbad an. Später ließen sie die Anhänger des mysteriösen Thronbewerbers Boris umbringen.91 Während der Herrschaft Bélas II. geriet Bosnien ins Visier der ungarischen Expansion, und als erster führte Béla II. den Titel des „Königs von Rama“, der als Ausdruck der ungarischen Herrschaft über Bosnien diente. Nach dem frühen Tod Bélas II. bestieg sein minderjähriger Sohn Géza II. (1141 – 1162) den Thron. Am Anfang führte sein Onkel mütterlicherseits, Belos, erfolgreich die Angelegenheiten des Landes. Der ins Mannesalter tretende Géza erwies sich als kämpferischer Herrscher. Innerhalb 89

Körmendi, Szent László és Horvátország.

90

Font, Koloman the Learned, King of Hungary.

91

Koloman hatte seine zweite Frau, die erst nach den Morden seinen Sohn zur Welt brachte, mit der Anschuldigung des Ehebruchs verstoßen. Boris hielt sich sein ganzes Leben lang für den rechtmäßigen Erben von Koloman, seine Versuche zur Erlangung des Throns von Ungarn blieben aber immer wieder erfolglos.

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kurzer Zeit führte er sechs Feldzüge gegen die Kiewer Rus’, um einigen seiner einander bekriegenden russischen Verwandten Hilfe zu leisten, aber er mischte sich auch in die inneren Konflikte Deutschlands ein und unterstützte den Aufstand der Serben gegen Byzanz.92 Diese große Aktivität wurde allerdings durch zwei Umstände eingeschränkt. In außenpolitischer Hinsicht schoben die bedeutenden Herrscher der beiden benachbarten Reiche – Friedrich I. (1152 – 1190) und Manuel I. Komnenós (1143 – 1180) – den Plänen Gézas II. einen Riegel vor, und im Inland wurden die Hände des Königs durch den sich erneut verstärkenden Thronkampf gebunden. Die jüngeren Brüder Gézas, Ladislaus und Stephan, trachteten ihm nach dem Thron. Sie suchten und fanden im Ausland Unterstützung für ihre Bestrebungen. Die Rolle ihres Förderers übernahm der byzantinische Kaiser Manuel I., weshalb es nichts nützte, dass Géza II. seine Brüder ins byzantinische Exil zwingen und seinem Sohn das Königreich vererben konnte, denn das Herrschaftsgebiet Stephans III. (1162 – 1172) schrumpfte bald auf die Gegend um Pressburg (Bratislava/Pozsony) ein. Von den beiden Onkeln des neuen Königs, die die Unterstützung von Byzanz genossen, regierte zuerst Ladislaus II. knapp ein halbes Jahr (1162 – 1163), nach seinem plötzlichen Tod herrschte Stephan IV. (1163) eine noch kürzere Zeit. Die Regierung des Letzteren wurde in einer Schlacht bei Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) besiegelt, in der Stephan III. den Sieg errang. Stephan IV. ging nach Byzanz zurück, und obwohl er seinen Thronanspruch bis zu seinem Tod aufrechthielt, blieben seine Versuche zur Rückkehr immer wieder erfolglos. Stephan III., der auf diese Weise sein Land zurückgewonnen hatte, führte noch jahrelang Krieg gegen Byzanz, bis ihn die 1167 in der Schlacht von Zimony/Semlin (Zemun) erlittene schwere Niederlage davon überzeugte, dass er mit dem Byzantinischen Reich in Frieden leben musste. Nach dem Tod Stephans III. rivalisierten seine beiden jüngeren Brüder um den Thron. Die Wahl der Vornehmen fiel im Sinne einer noch 1163 mit Byzanz geschlossenen Vereinbarung auf den in Konstantinopel lebenden Herzog Béla, aber auch der jüngere Géza hatte Anhänger. Aus dem Kampf ging letztendlich Béla siegreich hervor, Géza beendete sein Leben im byzantinischen Exil. In den Augen der direkten Nachwelt ließen die Erfolge der Regierung Bélas III. (1172 – 1196) die Jahre seines Königtums als eine Art goldenes Zeitalter erscheinen. Nach dem Tod Kaiser Manuels eroberte Béla das vorher in die Hände von Byzanz gefallene Dalmatien zurück. Er war auch der erste ungarische Herrscher, der in der Kiewer Rus’ nicht nur kämpfen, sondern dort auch Eroberungen durchführen wollte. Die bisherigen Feldzüge waren zumeist Folge der dynastischen Beziehungen gewesen, die durch die zwischen den Arpaden und den Rurikiden geschlossenen Ehen entstanden waren. Béla trat aber mit einem neuen Konzept hervor und wollte für seinen jüngeren Sohn, Herzog Andreas, das benachbarte russische Fürstentum Halič erwerben.93 Seine diesbezüglichen Bemühungen blieben zwar erfolglos, aber der Wunsch nach der Eroberung von Halič taucht in den folgenden siebzig Jahren immer wieder in der Außenpolitik der Arpaden auf. Sein einziger Misserfolg wurde dadurch ausgeglichen, dass seine mehr als zwei Jahrzehnte währende Herrschaft

92 Siehe

zu den ungarisch-byzantinischen Beziehungen dieser Periode Makk, The Árpáds and the Comneni; Stephenson, Manuel I. Comnenus and Géza II; wie auch unten den Anhang von Peter Schreiner: Byzanz und Ungarn in der Arpadenzeit. Historisch-bibliographische Bemerkungen.

93

Font, Politische Beziehungen zwischen Ungarn und dem Kiever Rus’.

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dem Volk seines Landes ein Zeitalter von Stabilität und Ruhe brachte. Er ließ einen neuen, prachtvollen Palast in Gran errichten, wo er den mit seinem Kreuzzugsheer durch das Land ziehenden Kaiser Friedrich I. bewirtete. Mit der Stiftung mehrerer Klöster förderte er die Ansiedlung des Zisterzienserordens in Ungarn.94 1192 ließ er König Ladislaus I. heiligsprechen, der von den Ungarn als Verkörperung des Ritterideals verehrt wurde. Béla III. war der letzte König aus dem Haus der Arpaden, dessen Macht noch gänzlich auf den Grundlagen beruhte – dem absoluten Übergewicht der königlichen Güter –, die ehemals von Stephan I. geschaffen worden waren. Nach seinem Tod begann die zuerst langsame, kaum bemerkbare, sich später jedoch immer mehr beschleunigende und um die Mitte des 13. Jahrhunderts unaufhaltsam werdende Auflösung der archaischen institutionellen und gesellschaftlichen Strukturen.

8.3 .4 Das Zeitalter der Reformen Béla III. übergab den Thron seinem älteren Sohn Emmerich (1196 – 1204); dem jüngeren Andreas blieben nur das von seinem Vater nicht erfüllte Kreuzzugsgelübde und die für die Ausführung des Unternehmens benötigten Schätze. Kurze Zeit nach der Thronübergabe konnte Andreas die Abtretung der reichen südlichen Provinzen Kroatien und Dalmatien erzwingen. Nach einiger Zeit gab er sich damit aber nicht mehr zufrieden und griff nach der Krone. Dieser Konflikt vergiftete die letzten Regierungsjahre Emmerichs. Wenn die Brüder nicht gerade gegenseitig miteinander im Kampf standen, so war ihre Aufmerksamkeit – unabhängig voneinander – durch die Expansion auf dem Balkan gebunden. In der Hoffnung, das durch den schnellen Niedergang des Byzantinischen Reichs nach dem Tod Kaiser Manuels entstandene Vakuum auszufüllen, führte zuerst Herzog Andreas, dann König Emmerich einen Feldzug nach Serbien, und Emmerich nahm sogar den Titel eines „Königs von Serbien“ an.95 Mit dem Tod Emmerichs stand Andreas der Weg zu dem von ihm so sehr begehrten Thron offen.96 Zwar folgte auf Emmerich dessen minderjähriger Sohn als Ladislaus III. auf den Thron (1204 – 1205), aber das Kind besaß nur für wenige Monate die Königswürde und verbrachte diese Zeit größtenteils im Herzogtum Österreich, da seine Anhänger es für besser hielten, ihn aus Angst vor seinem Onkel dorthin in Sicherheit zu bringen. Die tatsächliche Macht wurde deshalb bereits vor seiner Krönung durch Andreas ausgeübt. Andreas II. (1205 – 1235) begann einige Jahre nach seiner Thronbesteigung eine Reihe von Maßnahmen, die er in seinen Urkunden als „neue Ordnung“ (novae institutiones) bezeichnete, mit denen die traditionellen Institutionen und Bräuche der Machtausübung grundlegend umgestaltet wurden.97 Das spektakulärste Merkmal dieser neuen 94

Koszta, Die Gründung von Zisterzienserklöstern in Ungarn.

95

Siehe zu 1202: Kumorovitz, Budapest történetének okleveles emlékei, Bd. 1, 4; siehe auch Gál, IV. Béla és I. Uroš, 473.

96

Abhandlungen, die in vielerlei Hinsicht ein neues Bild der Regierung Andreas’ II. zeichnen, werden dargelegt bei Kerny/Smohay (Hgg.), II. András és Székesfehérvár.

97

Siehe z. B. zu 1217: Monumenta ecclesiae Strigoniensis (edd. Simor/Knauz), Bd. 1, Nr. 1–792, 216f.

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Ordnung war, dass königliche Güter von ihm mit nie dagewesener Freigiebigkeit verschenkt wurden. Diese Praxis führte zu einer grundsätzlichen Änderung der Beziehung zwischen den Vornehmen (nobiles) und der königlichen Macht. Solange die Vornehmen nur über ein relativ bescheidenes Privatvermögen verfügten, waren die vom König für kürzere oder längere Zeit vergebenen Ämter und die damit einhergehenden Einkommen der wahre Ursprung ihrer Macht und ihres Reichtums, aber durch die vielen Schenkungen änderte sich diese Lage: Es entstanden bei den alten Parteianhängern und neuen Günstlingen des Königs Privatgüter von bislang nie gesehener Größe. Gleichzeitig wurden von ihm sowohl die Institutionen des Königreichs als auch die herrschaftlichen Einkommen in einer Weise umgewandelt, dass sie unmittelbarer als bisher mit der Person des Königs verbunden waren. Die Maßnahmen des Königs lösten bei einem ziemlich großen Kreis einen Sturm der Entrüstung aus. Die von unterschiedlichen Quellen gespeiste Unzufriedenheit brach von Zeit zu Zeit in vielfältiger Weise aus. 1209 versuchten nicht näher bekannte Verschwörer, die Söhne des noch von Béla III. nach Byzanz verstoßenen Herzogs Géza gegenüber Andreas II. als Thronanwärter auftreten zu lassen.98 1214 erzwang eine Gruppe von kirchlichen und weltlichen Vornehmen die Krönung von Herzog Béla, dem ältesten Sohn des Königs – dem späteren König Béla IV.99 In der Hoffnung, solche Aktionen beenden zu können, verkündete Andreas II. 1222 sein unter dem Namen „Goldene Bulle“ bekanntes Gesetz,100 das 1231 in vielerlei Hinsicht geändert wurde. Dennoch musste der König nur der Kirche gegenüber größere Zugeständnisse machen, und mit Unterstützung der päpstlichen Macht zog die Kirche Andreas für seine Vergehen gegen sie zur Verantwortung. Die inneren Probleme beschränkten den außenpolitischen Tatendrang von Andreas II. jedoch nicht im Geringsten. Er verstrickte sich in unendliche Feldzüge, um das Fürstentum Halič zu erwerben, ohne langfristige Erfolge verbuchen zu können.101 Eine nennenswerte Episode seiner Herrschaft war sein Kreuzzug ins Heilige Land (1217 – 1218).102 Andreas entschloss sich nach langem Zögern zu diesem Feldzug, der aus militärischer Sicht im Vorhinein ein hoffnungsloses Unterfangen war und auch kein Ergebnis zeitigte. Den Herzog von Österreich, Leopold VI., bekämpfte er aber erfolgreich, und er vertrieb den Deutschen Ritterorden, der die Rechte des Königs beschneiden wollte, aus dem Land, wogegen Papst Honorius III. (1216 – 1227) vergeblich protestierte.103

98

Siehe zu 1210: Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 3, 101.

99

Siehe zu 1214: Vetera monumenta historica Hungariam (ed. Theiner), Bd. 1, 2.

100 Zsoldos, 101 Font,

II. András Aranybullája; ders., The Golden Bull of Andrew II.

II. András orosz politikája.

102 Veszprémy, 103 Pósán,

II. András magyar király keresztes hadjárata.

Der Deutsche Orden im mittelalterlichen Ungarn.

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8.3 .5 Der Mongolensturm und seine Folgen Nach dem Tod von Andreas bestieg sein ältester Sohn Béla den Thron der Arpaden. Béla IV. (1235 – 1270)104 ließ keinen Zweifel daran, dass er in jeder Hinsicht einen Schlussstrich unter die Politik seines Vaters ziehen wollte. Sein Programm war eine Art konservative Wende, ein Versuch, zu den Zuständen zur Zeit von Béla III. zurückzukehren. Als wichtigstes Mittel dafür sah er die Widerrufung der vorherigen Donationen seines königlichen Vaters an. Der Wille des Herrschers wurde landesweit durch Kommissionen ausgeführt. Die Aktion erbrachte mäßige Ergebnisse, die Folgen waren aber desto schlimmer. Die Flammen der Unzufriedenheit schlugen so hoch wie zur Regierungszeit von Andreas II., weshalb sich Béla letztendlich gezwungen sah, seine Politik der Rücknahme der Landgüter zu beenden. Die Aufnahme der nomadischen turksprachigen Kumanen105 (1239) und das Entgegenkommen des Königs ihnen gegenüber steigerten die Spannungen zwischen dem Herrscher und seinen Untertanen weiter. Einerseits kam es praktisch jeden Tag zu kleineren oder größeren Zusammenstößen zwischen den nomadisierenden Kumanen und den sesshaften Ungarn, andererseits meinten die Ungarn, dass, falls es in dieser Frage zum Streit kommen sollte, die Entscheidung ihres Königs zugunsten der Kumanen ausfallen würde. 106 Das Land wurde in dieser zerrütteten Lage von der vollen Wucht des Angriffs der Mongolen getroffen.107 Die Mongolen – oder Tataren, wie sie im ungarischen Geschichtsbewusstsein heißen –, die das bis dahin größte Reich Eurasiens schufen und über eine furchterregende militärische Macht verfügten, griffen das unvorbereitete und auf den kommenden Konflikt mit zu großem Selbstvertrauen blickende Land von drei Richtungen her an. Der unter den Arpaden durch seine militärische Inkompetenz auffallende Béla IV. erwies sich als unfähig, das ihm theoretisch zur Verfügung stehende Heer zu mobilisieren, was seinem Königreich paradoxerweise nur zugute kam. Die Armee Bélas erlitt nämlich im April 1241 bei Muhi am Fluss Sajó eine katastrophale Niederlage, aber dank der unzureichend durchgeführten Mobilisierung ging in der Schlacht wenigstens nicht die gesamte militärische Kraft des Landes verloren. Der östliche Landesteil fiel unter die Herrschaft der Mongolen, die erst mit Einbruch des Winters die zugefrorene Donau überquerten, um gemäß ihrer Gewohnheit zu versuchen, des Herrschers des angegriffenen Landes habhaft zu werden. Ihr Bemühen erwies sich als vergeblich: Béla IV. fand mitsamt seiner Familie in Dalmatien Zuflucht. Im Frühjahr 1242 zogen die Mongolen überraschend aus dem Land ab und hinterließen sowohl an Menschenleben als auch an Sachwerten eine entsetzliche Verwüstung. Der Angriff der Mongolen spielte eine eigenartige Rolle in der Geschichte des Zeitalters der Arpaden.108 Durch die Politik von Andreas II. wurde die Auflösung derjenigen Strukturen eingeläutet, die für die ersten zwei Jahrhunderte des Königreichs charakteristisch waren. Das wichtigste 104 Wertner, 105 Pálóczi 106 Rogerii

Negyedik Béla király története.

Horváth, Pechenegs, Cumans, Iasians; Berend, At the Gate of Christendom.

Carmen miserabile (ed. Juhász), Kap. 7, 556.

107 Göckenjan/Sweeney

(Hgg.), Der Mongolensturm; Szabó, A tatárjárás.

108 Für

eine unentbehrliche Zusammenfassung der Geschichte der zweiten Hälfte des 13. Jh.s siehe Szűcs, Az utolsó Árpádok.

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Merkmal dieses Prozesses war die permanente Zerrüttung der früher über ein erdrückendes Übergewicht verfügenden königlichen Gutsstrukturen, was bedeutende gesellschaftliche Folgen hatte. Diese Veränderungen wurden durch die Folgewirkungen des mongolischen Angriffs dermaßen beschleunigt, dass der Wiederaufbau des Landes statt zur Wiederherstellung der Zustände vor der Katastrophe zu neuen Grundlagen führte, auf denen die Entwicklung der späteren Jahrhunderte des ungarischen Mittelalters beginnen konnte. Nachdem Béla IV. aus Dalmatien zurückgekehrt war, sah er sich gezwungen einzusehen, dass es keine Möglichkeit gab oder geben konnte, zu der fast unbeschränkten herrschaftlichen Macht der frühen Arpaden zurückzukehren. Er verzichtete auf seine früheren Pläne und konzentrierte im Weiteren seine Anstrengungen darauf, die Funktionsfähigkeit der königlichen Macht auch unter den Bedingungen der am Anfang des 13. Jahrhunderts begonnenen Veränderungen zu erhalten. Während der Arbeit am Wiederaufbau des Landes gelang ihm dies auch, wobei er seine besten Fähigkeiten entfalten konnte. Seine Aufmerksamkeit erstreckte sich auf alles: Er ergriff Maßnahmen, um die entvölkerten Gebiete wieder zu besiedeln, er regelte die verworrenen Besitzverhältnisse, indem er jedem den Besitz der ihm gebührenden Güter sicherte, mit dem Bau von damals als modern geltenden Steinburgen – bzw. mit der Unterstützung des Burgbaus durch die Eigentümer von Privatgütern – sorgte er für die Stärkung der Landesverteidigung, mit der Gründung neuer Siedlungen sowie mit der Vergabe von Privilegien an die bisher bestehenden Städte schuf er die Grundlagen des Städtenetzes des mittelalterlichen Ungarns, und durch die Umgestaltung der herrschaftlichen Einkommen vermehrte er die Einnahmen seines Schatzamtes. Das Ergebnis seiner organisatorischen Arbeit half seinem Land erstaunlich schnell wieder auf die Beine, und bereits nach wenigen Jahren konnte er wieder außenpolitisch aktiv werden. Die Aufmerksamkeit Bélas richtete sich vor allem auf den Erwerb des benachbarten Österreichs und der Steiermark, die nach dem Aussterben der Dynastie der Babenberger herrenlos waren. Für das Erbe der Babenberger gab es mehrere Anwärter, zuletzt blieben der böhmische König Ottokar II. (1253 – 1278) und der ungarische König Béla IV. übrig. Ihre mit wechselndem Erfolg geführte Rivalität führte zuerst zu einem Kompromiss, durch den der südliche Teil der Steiermark für einige Jahre unter ungarische Oberhoheit geriet, später, nach der verlorenen Schlacht von Kressenbrunn (1260), sah sich Béla IV. jedoch gezwungen, seinen Traum von der westlichen Expansion aufzugeben.109 Die letzten Jahre des alternden Herrschers wurden durch die zu militärischen Auseinandersetzungen (1264 – 1265) führenden Gegensätze mit seinem ältesten Sohn, Prinz Stephan, verdunkelt.110 Sein Nachfolger Stephan V. saß nur knapp zwei Jahre lang auf dem Thron der Arpaden (1270 – 1272). Im Gegensatz zu Béla IV. war Stephan ein hervorragender Krieger, der Ottokar II. zum Rückzug zwang, als dieser im Zuge der Errichtung seines mitteleuropäischen Reiches ein Auge auf die westlichen Territorien Ungarns warf. Ansonsten führte Stephan die Politik seines Vaters fort, sein früher Tod hinderte ihn aber daran, seine Fähigkeiten voll zu entfalten.

109 Ebd.,

82–89.

110 Zsoldos,

Családi ügy.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

8.3 .6 Die Krise der königlichen Macht am Ende des 13. Jahrhunderts Mit dem Tod Stephans V. endete das Zeitalter des Gleichgewichts zwischen der königlichen Macht und den vornehmen Großgrundbesitzern, die sich im Laufe des 13. Jahrhunderts zu einer eigenständigen politischen Kraft herausgebildet hatten. Die Regierung des als Kind gekrönten Sohns von Stephan, Ladislaus (Lászlo) IV. (1272 – 1290), brachte den Kampf verschiedener Interessengruppierungen, in dem die auf dem Tiefpunkt ihres Ansehens angelangte königliche Macht aufgrund ihrer eigenen Schwäche zur Passivität verdammt war. Die Rechtsordnung löste sich auf, es kam zu zahlreichen Revolten gegen den König und zu Privatkriegen zwischen den Vornehmen. Ausufernde rohe Gewalt schuf anarchische Zustände. Die tatsächliche Macht fiel in die Hände der über große Besitztümer verfügenden Großgrundbesitzer, die sich ihrer eigenen Kraft bewusst wurden und ihre eigene oligarchische Privatherrschaftt errichteten.111 Das politische Gewicht dieser kleinen Gruppe von weltlichen Mächtigen stieg infolge der sich im Laufe des 13. Jahrhunderts ergebenden Veränderungen auf Kosten der königlichen Macht an. Ihr Ansehen und ihre Macht gründeten auf ihren Privatgütern, Burgen und dem Heer der ihnen dienenden Familiaren. Die gesetzwidrigen Formen des Gutserwerbs blieben in diesen Jahren immer öfter ungeahndet. Die quantitative Zunahme des weltlichen Großgrundbesitzes ging unaufhaltsam weiter, und dabei bedeutete das neu aufkommende Bestreben eines jeden, dem es möglich war, seine Güter auch territorial zu konzentrieren und mit dem Erwerb der benachbarten oder wenigstens nahe gelegenen Güter seine bislang zerstreuten Besitztümer in eine Herrschaft umzuwandeln, einen qualitativen Sprung. Die wirtschaftliche Kraft des Großgrundbesitzes ermöglichte es den Vornehmen, sich dem nach dem Mongolensturm anlaufenden Burgenbauprogramm des Königs anzuschließen.112 Im Todesjahr Bélas IV. waren Burgen, die sich in privater Hand befanden, bereits in der Mehrzahl, und wie es auch den Zeitgenossen bald bewusst wurde, schuf der Besitz einer Burg die Möglichkeit der Kontrolle über die umliegende Gegend. Eine Burg bedeutete also Macht, eine Kraft, in deren Besitz der Burgherr sogar dem König trotzen konnte.113 Der dritte Pfeiler der Macht der Oligarchen war die Familiarität (familiaritas). Das Wort stammt vom lateinischen Begriff familia („Familie, Hausgenossenschaft“) und bezeichnet eine zwischen einem mächtigen Vornehmen und den ihm dienenden weniger Begüterten entstandene Beziehung, wobei letztere im weiteren Sinne sein Hausvolk bildeten. Die Familiaren (familiaris/ 111 Für

eine auch auf das 14. Jh. ausblickende Zusammenfassung über das Beziehungssystem von Oligarchen und Königsmacht siehe ders., Kings and Oligarchs in Hungary.

112 Entsprechend

aussagekräftig für 1260 ist: „cum […] regno nostro depopulato a tyrampnide Tartarorum […] ordinavimus, quod in locis aptis in omnibus terris corone nostre subiectis munitiones fierent, castra surgerent, ubi se populus imminente persecutionis tempore salutis causa recipere posset et salvare.“ („Da unser Königreich durch die Tyrannei der Tataren entvölkert ist, ordnen wir an, dass an allen geeigneten Orten in allen unserer Krone unterworfenen Gebieten Befestigungen entstehen und sich befestigte Bauten erheben, wo das Volk sich bei einem plötzlichen Angriff zurückziehen und retten kann.“). In: Erdélyi/Sörös (Hgg.), A pannonhalmi Szent Benedekrend története, Bd. 2, 309.

113 Fügedi,

Vár és társadalom, 18–32; und Szűcs, Az utolsó Árpádok, 27–32. Weitere Angaben bezüglich einzelner Burgen bietet Engel, Magyarország világi archontológiája, Bd. 1, 261–468.

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serviens/famulus) verwalteten die Güter und Burgen ihrer Herren; wenn ein Herr ein Amt erlangte, halfen sie ihm bei der Ausführung der damit einhergehenden Aufgaben, und nicht zuletzt zogen sie mit ihm in den Krieg. Als Gegenleistung konnten sie Anspruch auf Schutz und gelegentliche Zuwendungen erheben. Theoretisch blieben die Familiaren weiterhin in einem direkten Verhältnis zum Herrscher, in der Praxis folgten sie aber den Befehlen ihrer Herren, schlimmstenfalls auch gegen den König.114 Das Handeln einer Gruppe von Prälaten, die der Gewalttätigkeit der Oligarchen überdrüssig geworden war, ließ für kurze Zeit auf die Möglichkeit der Wiederherstellung der Königsmacht hoffen, die als einzige die gesetzliche Ordnung gewährleisten konnte. Mit ihrer Unterstützung konnte der als volljährig erklärte Ladislaus IV. zwischen 1277 und 1279 gewisse Erfolge gegen die Großgrundbesitzer erzielen, die von der Zentralmacht unabhängige Herrschaftsbereiche ausbauen wollten, und im selben Zeitraum kam das Königreich Ungarn auch in der europäischen Politik erneut zur Geltung. Der zum deutschen König gewählte Rudolf von Habsburg (1273 – 1291) schlug nämlich 1278 mit der Unterstützung seines Verbündeten Ladislaus IV. bei Dürnkrut auf dem Marchfeld den böhmischen König Ottokar II., womit er die Grundlagen des mitteleuropäischen Habsburgerreiches legte.115 Die Erfolge von Ladislaus waren allerdings kurzlebig, da sich der König als unfähig erwies, den guten Willen seiner Unterstützer langfristig für sich zu sichern. Im letzten Jahrzehnt seiner Herrschaft stieß er zuerst mit der Kirche, dann mit den Kumanen zusammen, und die an der Schwäche der königlichen Macht interessierten Oligarchen versäumten es nicht, die sich dadurch ergebende Gelegenheit für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. Das Land versank wieder in Anarchie, und dem Elend des Königs wurde schließlich ein Ende gesetzt, als die Kumanen ihn 1290 umbrachten.116 Nach dem Tod des kinderlosen Ladislaus IV. waren die Zeitgenossen der Meinung, dass die Königsdynastie Ungarns ausgestorben sei. Um die Krone des auch in seinem zerrütteten Zustand als begehrenswertes Erbe geltenden Königreichs Ungarn begann die Rivalität zwischen den mit den Arpaden über die weibliche Linie verwandten Herrscherfamilien der Wittelsbacher, der Přemysliden und der Angevinen. Diese wurde durch eine von den kirchlichen und weltlichen Vornehmen des Landes gefasste Entscheidung beendet, mit der sie den Enkel von Andreas II., Herzog Andreas von Venedig, auf den Thron der Arpaden setzten. Der Vater von Andreas war derjenige Stephan, der bereits nach dem Tod von Andreas II. zur Welt gekommen war und gegen den Béla IV. den Verdacht hegte, dass er in Wahrheit aus einer unehelichen Beziehung stammte. Die letzte Frau von Andreas II. war vor Béla IV. ins Ausland geflohen, wo sie ihren Sohn zur Welt brachte. Herzog Stephan, der nie ungarischen Boden betreten hatte, ließ sich letztlich in Venedig nieder, wo auch sein Sohn geboren wurde.117

114 Szekfű,

Die Servienten und Familiaren; Bónis, Hűbériség és rendiség, 165–231.

115 Kusternig, 116 Chronici 117 Nyáry,

Erzählende Quellen des Mittelalters.

Hungarici compositio (ed. Domanovszky), Kap. 184, 473f.

Posthumus István.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

Der wichtigste Helfer von Andreas III. (1290 – 1301) war eine politische Gruppe, an deren Spitze der Erzbischof von Gran, Lodomerius, stand. Lodomerius und sein Kreis erhofften sich vom neuen König, dass die Macht der Großgrundbesitzer gebrochen würde und erwarteten die Verwirklichung dieses Zieles von der Umwandlung der Institutionen des politischen Systems.118 Der König sah sich in fast jedem Jahr seiner Regierung gezwungen, die aufständischen Oligarchen zu bekriegen. Seine Probleme wurden dadurch noch verschärft, dass er für eine lange Zeit in vollständiger außenpolitischer Isolation zurechtkommen musste. Mit den Aktionen der beharrlichsten Thronbewerber, der aus Neapel stammenden Angevinen – sie begründeten ihren Rechtsanspruch auf den Thron von Ungarn damit, dass die Tochter von Stephan V., Maria, die Gemahlin Karls II., des Königs von Neapel, war119 – musste er auch später rechnen. 1298, nach dem Hinscheiden von Erzbischof Lodomerius, suchte Andreas III. neue Wege, um gegen die Oligarchen vorzugehen: Der König schloss mit fünf Vornehmen reguläre Verträge. Die Verträge schrieben den Parteien wechselseitige Rechte und Verpflichtungen vor und haben in dieser Hinsicht eine charakteristische vasallische Prägung, was ein Phänomen ohne Vorbild in der Beziehung zwischen dem ungarischen Herrscher und seinen Untertanen ist, seien die Letzteren auch noch so mächtig. In den Verträgen spiegelte sich das politische Konzept des Herrschers getreu wider: Zusammenarbeit mit denjenigen unter den Mächtigen, die dazu Bereitschaft zeigten. Andreas III. schritt weiter auf diesem Weg voran und erreichte auch bis Sommer 1300 einen Ausgleich mit den mächtigsten Oligarchen,120 gerade zu dem Zeitpunkt, als der zwölfjährige Herzog Karl von Anjou in Dalmatien landete, um den als sein rechtmäßiges Erbe betrachteten Thron von Ungarn zu erobern. Den Ereignissen gab eine neue Wende, dass der letzte Arpade am 14. Januar 1301 überraschend verstarb.121

118 Gerics, 119 Patek,

A korai rendiség Európában és Magyarországon.

Az Árpádok és Anjouk családi összeköttetése.

120 Zsoldos, 121 Zur

748

III. András hat nádora.

Regierung Andreas III. siehe ders., III. András.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

8.4

 ERRSCHAFTSAUFBAU UND H GESELLSCHAFTLICHE ORDNUNG

8 .4 .1 Der König und die Regierung des Landes Nach der Krönung Stephans I. erlangte jeder ungarische Herrscher durch die Krönungszeremonie die Königswürde. Ab dem Ende des 13. Jahrhunderts ist der – wahrscheinlich mindestens hundert Jahre zuvor entstandene – ungarische Brauch122 nachweisbar, der die Rechtmäßigkeit der Krönung von der gleichzeitigen Erfüllung dreier Bedingungen abhängig machte: Der König musste vom Erzbischof von Gran gekrönt werden,123 aber nicht in dessen eigener Basilika von Gran, sondern in derjenigen von Stuhlweißenburg,124 und zwar mit der Krone, von der die öffentliche Meinung glaubte, dass sie einst das Haupt Stephans I. geziert hatte.125 Bezüglich der Thronfolge kann nur eine Regel mit Gewissheit festgehalten werden: Der Herrscher musste aus der Dynastie der Arpaden stammen. Im Falle mehrerer Bewerber spielten die unterschiedlichen Erbfolgeprinzipien (Primogenitur, Seniorat etc.) höchstens in der prinzipiellen Begründung des Thronanspruchs eine Rolle, die Frage selbst wurde aber durch die jeweiligen Kräfteverhältnisse entschieden. Die Auffassung, dass der ausschließliche Besitzer und die alleinige Quelle der weltlichen Macht der König sei, ist für die gesamte Arpadenzeit charakteristisch. Jeder andere konnte nur dann eine über die Grenzen seiner eigenen Besitztümer hinausreichende Macht besitzen, wenn ihm der König einen Teil seiner eigenen Macht überließ. Eine typische Form der Teilung der Macht innerhalb der Herrscherfamilie war in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Praxis, wonach der König ein Drittel des Landes seinem Bruder oder Cousin mit dem Rang eines Herzogs zur Regierung überließ. Die so geschaffene Einrichtung des Ducatus, das die Chancen des Thronbewerbers während der innenpolitischen Konflikte erheblich erhöhte, wurde Ende des 12. Jahrhunderts von König Koloman abgeschafft.126 Am Ende des 12. Jahrhunderts erschien eine andere Form der dynastischen Machtteilung, die bis zu den 1270er Jahren in unseren Quellen nachverfolgbar ist. Sie bestand im Kern darin, dass der Herrscher dem Herzog ein innerhalb des Königreichs Ungarn ohnehin in

122 Deér,

Die Heilige Krone Ungarns; Zsoldos, Die Krone der ungarischen Könige.

123 1174

gab Béla III. eine Urkunde über das Privileg der Königskrönung des Erzbischofs von Gran heraus, das Papst Innozenz III. 1209 bekräftigte; siehe für 1174: Monumenta ecclesiae Strigoniensis (edd. Simor/Knauz), Bd. 1, 123; für 1209: ebd., 187–189.

124 Als

erster Andreas I. 1046; siehe Chronici Hungarici compositio (ed. Domanovszky), Kap. 86, 343. Von den Schauplätzen früherer Königskrönungen (Peter 1038; Samuel Aba 1042) haben wir keine Kunde; seit der Krönung Stephans I. lebte am ungarischen Hofe des 13. Jh.s die Tradition fort, dass seine Zeremonie in Gran stattgefunden habe; siehe hierzu: Monumenta ecclesiae Strigoniensis (edd. Simor/Knauz), Bd. 2, 28.

125 Die

am Ende des 13. Jh.s benutzte Krone wird erstmals durch eine Urkunde Andreas’ III. mit der einstigen Herrscherkrone Stephans I. identifiziert; siehe Codex diplomaticus Hungariae (ed. Fejér), Bd. 6,1, 237.

126 Kristó,

A XI. századi hercegség története Magyarországon.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

bestimmtem Maße gesondert regiertes Territorium überließ.127 Königinnen erhielten nur in außergewöhnlichen Situationen eine Regierungsrolle.128 Die Untertanen erwarteten von ihrem König, dass er seine Macht persönlich ausübte, insbesondere im Bereich der Rechtsprechung und der Heerführung. Dementsprechend war einerseits der aus dem unmittelbaren Umfeld des Königs bestehende königliche Hof das Zentrum der politischen Macht, andererseits war dieses Zentrum nicht ortsgebunden, sondern war immer an jenem Ort, wo sich der König aufhielt. Der königliche Hof hatte einen doppelten Charakter: Teils organisierte er den Alltag des Königs, teils beherbergte er die oberste Regierungsebene, da sich die wichtigsten kirchlichen und weltlichen Amtsträger, die den königlichen Rat bildeten, zumeist hier aufhielten. An der Spitze des königlichen Hofes stand von Anfang an der Palatin (comes palatinus, später: palatinus), der teilweise die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Hofes beaufsichtigte, teilweise den König – zuerst nur gelegentlich, später regelmäßig – in den richterlichen Angelegenheiten vertrat. In seiner Tätigkeit wurde dieses letztere Element zunehmend wichtiger, und bis zum 13. Jahrhundert wurde er als Träger des angesehensten weltlichen Amtes bereits zu einem eigenständigen Richter.129 Die Aufsicht über die Wirtschaftsangelegenheiten des Königshofs übernahm Mitte des 12. Jahrhunderts der königliche Hofgespan (curialis comes) vom Palatin, der im Namen des Königs zum Leiter der Rechtsprechung am Hof wurde. Bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts konzentrierten sich auch die Aufgaben des Hofgespans auf die Rechtsprechung, weshalb das Amt ab den 1230er Jahren als Landesrichter (iudex curiae regiae) bezeichnet wurde. Die Urteile wurden vom Landesrichter – im Gegensatz zum Palatin – nicht im eigenen, sondern im Namen des Königs gefällt. An der Spitze der wirtschaftlichen Angelegenheiten stand ab Anfang des 13. Jahrhunderts der Schatzmeister (magister tavernicorum). In den Reihen der höfischen Würdenträger erscheinen ab Anfang des 13. Jahrhunderts zudem der Truchsess, der Stallmeister und der Mundschenk (magister dapiferorum, m. agazonum, m. pincernarum), über deren Tätigkeit wir mangels weiterer Angaben nur aus den Amtsbezeichnungen Folgerungen ziehen können. Die grundlegende Institution für die Regierung des Landes war das Komitat (comitatus, provincia).130 Das Rückgrat der Komitate bildeten eigenartige königliche Herrschaften, die Burgkomitate (comitatus castri). Das Burgkomitat umfasste die Burg – die im 11. und 12. Jahrhundert noch aus Erdwällen bestand, die mit einer Holzkonstruktion befestigt wurden131 – und die dazugehörigen Güter. Die Güter bildeten keine territorial geschlossene Einheit, sodass die Kette der Burggüter die Grenzen des Herrschaftsbereichs der Burg angab und das Komitat selbst vom Gebiet innerhalb dieser Grenze gebildet wurde. Das Komitat war also nicht unabhängig vom Burgkomitat, aber auch nicht mit diesem identisch, da es auch die kirchlichen und privaten Güter innerhalb ihrer

127 Zsoldos,

Családi ügy, 15f.

128 Ders.,

Az Árpádok és asszonyaik; nun auch Ders., The Árpáds and Their Wives.

129 Szőcs,

A nádori intézmény.

130 Siehe

zusammenfassend zur Institutionalisierung der Komitate Györffy, A magyar nemzetségtől a vármegyéig (Teil 1), 27–47; Kristó, A vármegyék kialakulása Magyarországon.

131 Bóna,

750

Az Árpádok korai várairól.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

Grenzen beinhaltete. Der an der Spitze des Burgkomitats stehende Gespan (comes) war allerdings zugleich auch der Komitatsgespan, der für die Regierung des Komitats zuständig war. Die ersten Komitate wurden um die Wende des 10. zum 11. Jahrhundert organisiert. Das System wurde parallel zur Ausdehnung der Macht der Arpaden auf das gesamte Karpatenbecken weiter ausgebaut. Im 12. bis 13. Jahrhundert wurden neue Komitate gebildet. Eine Möglichkeit dafür war, dass die frühen weiträumigen Komitate in kleinere aufgeteilt wurden. Eine andere Form der Entstehung von Komitaten war die Umgestaltung der Verwaltung der im 11. und 12. Jahrhundert nur dünn besiedelten bewaldeten Berggebiete. In der Frühzeit wurden diese im königlichen Besitz stehenden Territorien jeweils als ein „Gut“ (praedium) betrachtet, an deren Spitze nicht ein Gespan, sondern ein „Verwalter“ (procurator) stand, und ihr Gebiet wurde zu einem der Komitate hinzugerechnet. Anfang des 13. Jahrhunderts – in Zusammenhang damit, dass durch Schenkungen ein immer größerer Teil der Gebiete in die Hände der Kirche oder von privaten Grundbesitzern kam – wurden diese Gebiete von dem jeweiligen Komitat abgetrennt, zu dem sie bislang gehörten, und an ihre Spitze wurde ein Gespan eingesetzt. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts wurde ein Teil der aus solchen Waldherrschaften gebildeten Gespanschaften in Komitate umgewandelt, die anderen wurden in benachbarte Komitate eingegliedert.132 In zwei, auch geographisch getrennten Gebieten des Landes – in Siebenbürgen und Slawonien133 – entwickelte sich ab Anfang des 13. Jahrhunderts die territoriale Verwaltung unterschiedlich zur allgemeinen Entwicklung. Im 11. bis 12. Jahrhundert bildeten sich auch in Siebenbürgen lokale Komitate aus. Auf dem Gebiet von Slawonien erstreckten sich ursprünglich die südtransdanubischen Komitate, später entstanden aber auch hier lokale Komitate. Der Gespan des ganz Südsiebenbürgen umfassenden Komitats Fehér134 wurde von den ansässigen Slawen in ihrer eigenen Sprache als Vojvode bezeichnet. Bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts wurde die Mehrheit der bis dahin selbstständigen siebenbürgischen Komitate der Macht des Vojvoden unterstellt, zuletzt, am Anfang der 1260er Jahre, auch das Komitat Szolnok, das sich auch auf Gebiete westlich von Siebenbürgen erstreckte. An die Spitze der siebenbürgischen Komitate wurden von nun an die Gespane nicht mehr vom König, sondern vom Vojvoden eingesetzt, und die Gespanschaft Szolnok wurde mit der Würde des Vojvoden vereint. In vielerlei Hinsicht nahm die Entwicklung in Slawonien einen ähnlichen Weg, obwohl die Ausgangslage unterschiedlich war. Im selbstständigen Kroatien wurde der Gubernator des nördlichen Berglandes als Ban bezeichnet. Nachdem Kroatien unter ungarische Oberhoheit gelangt war, wurde der Ban von den ungarischen Königen ernannt und sein Zuständigkeitsbereich auf ganz Kroatien ausgedehnt. Die territoriale Zuständigkeit des Bans wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auf Slawonien ausgeweitet, und parallel dazu wurden die Grenzen 132 Siehe

zur Geschichte der Institution des Komitats Tringli, Le contee in Ungheria, mit umfassendem Ausblick auf dessen Vorgeschichte im Zeitalter der Arpaden.

133 Im

Mittelalter wurde das Territorium zwischen dem Fluss Drau und dem Kapela-Gebirge als Slawonien bezeichnet und vom an der Küste der Adria gelegenen Kroatien unterschieden.

134 Nicht

zu verwechseln mit dem transdanubischen Komitat Fejér, das sich in der Arpadenzeit auf einen Teil des Gebiets zwischen Donau und Theiß erstreckte.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

der südtransdanubischen Komitate entlang des Flusses Drau gezogen. Wie in Siebenbürgen der Vojvode, so ernannte in Slawonien der Ban die Gespane der lokalen Komitate, und im Bereich der Rechtsprechung übernahm der Vojvode bzw. der Ban diejenigen Aufgaben, die in den anderen Teilen des Königreichs zur Zuständigkeit des Palatins gehörten.135 Nach dem Vorbild des slawonischen Banats wurden während des 13. Jahrhunderts das im Norden des Gebiets zwischen den Flüssen Drina und Kolubara organisierte Banat von Macsó136 bzw. südlich der Südkarpaten das Banat von Severin137 gebildet. Die politische Elite des Königreichs, deren Mitglieder mit dem ab Anfang des 13. Jahrhunderts aufkommenden Begriff Baron (baro) bezeichnet wurden, bestand aus dem Palatin, dem Landesrichter, den Würdenträgern des Hofes (die „Meister“), dem Vojvoden, den Banusen und den Komitatsgespanen. Früher wurde dafür der Begriff „iobagio“ [d. h. „Amtsträger“] benutzt. Die Barone wurden vom König nach eigenem Ermessen ernannt. Die ersten Bestrebungen, die auf die Beschränkung der Entscheidungsfreiheit des Herrschers abzielten, erscheinen in den Gesetzen aus dem 13. Jahrhundert.138 Nicht einmal zur Zeit des Tiefpunktes der königlichen Macht wurde der Versuch unternommen, diese Ämter vererbbar zu machen, allerdings kam es vor, dass ein Oligarch seine Würde selbst dann noch weiterführte, nachdem er vom König abgesetzt worden war. Im letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts tauchten im institutionellen System der Regierung einige neue Züge auf. Auf Veränderungen hatte der Prälatenkreis gedrängt, der sich von den Reformen die Bändigung der Oligarchen erhoffte. In den Rat des Königs wurden neben den Prälaten und Baronen auch Vertreter der weniger Begüterten aufgenommen, und später wurde ein kleinerer – aus je zwei Prälaten und Adligen bestehender – Rat zur Seite Andreas III. gestellt, ohne dessen Zustimmung die wichtigeren Entscheidungen des Königs als ungültig betrachtet wurden. Die Frühform des Reichstags entwickelte sich ebenfalls als Ergebnis dieser Reformbestrebungen. Im Königreich Ungarn war der Brauch der Abhaltung von Versammlungen, die Aufgaben der Regierung und Rechtsprechung übernahmen, auch zuvor nicht unbekannt gewesen. Dies waren aber die Sitzungen des königlichen Rats, in dessen Arbeit zuweilen auch die zum jeweiligen Zeitpunkt gerade keine Regierungsämter bekleidenden Vornehmen integriert wurden. In diesen Versammlungen entstanden die Gesetze der frühen Arpadenzeit. Als Ergebnis der Reformen wurden die auf der Versammlung erscheinenden Vertreter der weniger Begüterten in die Entscheidungsfindung mit einbezogen, und die in dieser Weise wirkenden Versammlungen wurden bereits als Reichstag (congregatio generalis regni) bezeichnet.139

135 Kristó,

A korai Erdély; Györffy, Die Nordwestgrenze des byzantinischen Reiches im 11. Jahrhundert; Zsoldos, Hrvatska i Slavonija u kraljevstvu Arpadovića.

136 Faragó, 137 Pesty,

A macsói bánság története.

A szörényi bánság és Szörény vármegye története.

138 Die Goldene Bulle des Jahres 1222 schreibt für die Nobilitierung von Ausländern die Zustimmung des königlichen

Rats vor; siehe für 1222: The Laws of the Medieval Kingdom of Hungary, Bd. 1 (Übers. Bak/Bónis/Sweeney), Kap. 11, 33.

139 Gerics,

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Das frühe Ständewesen in Ungarn; ders., A korai rendiség Európában és Magyarországon.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

8.4 .2 Kirche und Königtum Das Christentum war den Ungarn schon vor der Landnahme nicht gänzlich unbekannt und im 10. Jahrhundert ließen sich mehrere ungarische Vornehme in Konstantinopel taufen. Einer von ihnen, der Siebenbürgen in der Mitte des 10. Jahrhunderts beherrschende „Gyula“, nahm aus Konstantinopel den zum Bischof von Turkía (d. h. Ungarn) geweihten Mönch Hierótheos mit sich,140 weshalb angenommen werden kann, dass in Siebenbürgen der Ausbau einer dem byzantinischen Ritus folgenden Kirchenorganisation begann. Die Arpaden orientierten sich hingegen in Richtung des lateinischen Christentums, und die von Westen ausgehende Missionierung begann bereits während der Herrschaft von Géza, dem Vater König Stephans I. Mitte des 10. Jahrhunderts lag also die Grenze zwischen östlichem und westlichem Christentum innerhalb des Karpatenbeckens, irgendwo zwischen Siebenbürgen und Transdanubien; allerdings wurde diese Trennlinie als Ergebnis des Wirkens Stephans I. an die Ost- und Südgrenze des Landes verschoben. Dennoch wirkten während der gesamten Ära auch kirchliche Institutionen, die dem byzantinischen Ritus folgten, im Königreich Ungarn.141 Eine bereits in der Arpadenzeit entstandene Tradition schrieb Stephan die Gründung von zehn Diözesen zu. Von diesen sind nur das Gründungsjahr der Diözesen von Fünfkirchen (Pécs/Pečuh) und Tschanad (Cenad/Čanad/Csanád) bekannt (1009 bzw. 1030).142 Von den anderen sind wahrscheinlich die Diözesen Wesprim (Veszprém), Raab (Győr) und Gran die ältesten, die von Siebenbürgen wurde womöglich 1003 gegründet, während die von Erlau (Eger) und vielleicht von Kollotschau (Kalocsa) etwas später, vermutlich aber noch vor 1009 organisiert wurden. Es ist umstritten, ob das Bistum Waitzen (Vác) und das ursprünglich mit Sitz in Bihar (Bihor) gegründete und später nach Großwardein (Oradea/Nagyvárad/Veľký Varadín) verlegte Bistum tatsächlich von Stephan, oder von einem seiner Nachfolger im 11. Jahrhundert errichtet wurden.143 Von den Bistümern wurde aus demjenigen zu Gran sicherlich bereits um die Zeit der Krönung von Stephan ein Erzbistum, dessen Bischof als Oberhaupt der Kirche in Ungarn galt. Der Bischof von Kalocsa erhielt im Laufe des 11. Jahrhunderts ebenfalls den Rang eines Erzbischofs, die genauen Gründe und Umstände sind aber nicht geklärt.144 Die ungarische Kirchenorganisation wurde in den Jahrzehnten um die Wende des 11. und 12. Jahrhunderts um zwei weitere Diözesen erweitert. Am Ende der 1080er Jahre gründete der Heilige Ladislaus in Agram (Zagreb) ein Bistum,145 und um

140 Von

dem Ereignis berichtet Johannes Skylítzes; siehe Az Árpád-kori magyar történet bizánci forrásai (ed. Moravcsik), 85 (= Ioannes Skylitzes [ed. Thurn], 239, Z. 66–70).

141 Moravcsik,

The Role of the Byzantine Church; Györffy, Das Güterverzeichnis des griechischen Klosters zu Szavaszentdemeter.

142 Siehe

zum Jahr 1009: Diplomata Hungariae antiquissima, Bd. 1 (ed. Györffy), 54–58 (die Gründungsurkunde des Bistums betreffend); zu 1030: Annales Posonienses (ed. Madzsar), ad a. 1030: Gerardus episcopus ordinatur, 125.

143 Koszta,

La fondation de l’évêché Vác; ders., A bihari püspökség alapítása.

144 Thoroczkay, 145 Körmendi,

HGSOE, Bd. 1

The Dioceses and Bishops of Saint Stephen.

A zágrábi püspökség alapítási éve.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

1113 errichtete König Koloman eines in Neutra (Nitra).146 Danach wurden im 13. Jahrhundert im südlichen Grenzgebiet des Landes die Bistümer Syrmien, Bosnien und Griechisch Weißenburg organisiert. Die Diözesen wurden durch die am Ende des 11. Jahrhunderts entstehenden Archidiakonate in kleinere kirchliche Verwaltungsdistrikte gegliedert. Im gleichen Zeitraum verfestigte sich die Institution der Domkapitel,147 wobei das erste der Kollegiatskapitel bereits von Stephan I. in der zweiten Hälfte der 1010er Jahre in Stuhlweißenburg als seine eigene Privatkapelle gegründet wurde.148 Der Unterhalt der kirchlichen Institutionen wurde teils durch die bei der Gründung (und danach) erhaltenen Güter, teils durch die Zehnteinnahmen sichergestellt. Über die Errichtung von Bistümern und die Person an deren Spitze entschieden Stephan I. und seine direkten Nachfolger noch nach eigenem Ermessen. Nach der Verbreitung der kirchlichen Reformbewegungen im 12. Jahrhundert bot diese Praxis Anlass für dauernden Streit zwischen den Königen von Ungarn und den Päpsten. Als deren Ouvertüre ließ König Koloman in den letzten Jahren des 11. Jahrhunderts durch den Priester Hartvik eine neue Legende über den Heiligen Stephan verfassen.149 Als eine Art politische Streitschrift führte diese die von den ungarischen Königen gewohnheitsmäßig, ohne jegliche päpstliche Autorisierung wahrgenommenen kirchenpolitischen Vorrechte150 auf eine angeblich von Papst Silvester II. an Stephan I. gegebene Ermächtigung151 zurück, um sie solchermaßen anerkennen zu lassen.152 Späteren Nachrichten zufolge sollen die Gesandten König Kolomans auf der Synode von Guastalla 1106 im Namen des Herrschers auf das Investiturrecht verzichtet haben;153 die Glaubwürdigkeit dieser Meldungen ist jedoch zweifelhaft.154 Die Frage der Besetzung der Bischofsstühle wurde während des 13. Jahrhunderts letztlich durch einen eigenartigen Kompromiss beendet. Theoretisch war das Prinzip der kanonischen Wahl gültig. Als Schirmherr der von den ungarischen Königen gegründeten Kirchen stand dem Herrscher aber das Recht der Kandidatenauswahl zu, was in der Praxis bedeutete, dass der Kandidat des Königs das Amt erhielt.155 Die Dienste ihrer Bischöfe wurden von den Arpaden auch in Angelegenheiten, die zur Staatsverwaltung gehörten, beansprucht. Dank ihrer Würde stand den Bischöfen auch ein Platz im

146 Koszta, Die Gründung des Bistums von Nitra; siehe hinsichtlich der umfangreicheren ungarischen Fassung ders.,

A nyitrai püspökség létrejötte.

147 Ders.,

Die Domkapitel und ihre Domherren.

148 Diplomata

Hungariae antiquissima, Bd. 1 (ed. Györffy), 95–97.

149 Thoroczkay,

Megjegyzések a Hartvik-féle Szent István-legenda datálásának kérdéséhez.

150 Gerics/Ladányi,

A Szentszék és a magyar állam.

151 Legenda

S. Stephani regis maior et minor (ed. Bartoniek), Kap. 9: „dispositioni eiusdem [sc. Stephani regis] […] ecclesias […] utroque iure ordinandas reliquimus“, 414.

152 Gerics, 153 Zu

Über Vorbilder und Quellen der Vita Hartviciana Sancti Stephani Regis Hungariae.

1106: Diplomata Hungariae antiquissima, Bd. 1 (ed. Györffy), 350f.

154 Szovák,

Pápai-magyar kapcsolatok, 23–29.

155 Solymosi,

754

Egyházi-politikai viszonyok a pápai hegemónia idején, 47f.

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Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

königlichen Rat zu, und neben der Entscheidungsfindung spielten sie auch bei deren Durchführung eine Rolle. Noch vor der Jahrtausendwende (vermutlich 996) wurde die erste ungarische Mönchsgemeinschaft der Benediktiner gegründet. Der Bau der Abtei im heutigen Pannonhalma (Martinsberg) wurde von Fürst Géza begonnen, das Unterfangen zum Abschluss zu bringen, kam aber seinem Sohn Stephan zu,156 der selbst mit der Gründung mehrerer Klöster die Anzahl der Stifte vermehrte, wie auch fast alle seine Nachfolger im 11. Jahrhundert. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts tauchen bereits die ersten privat gestifteten Klöster auf. Ab dem 12. Jahrhundert gelangten die Vertreter neuer Mönchsorden in das Königreich Ungarn, wie die Prämonstratenser, die Zisterzienser, der Templer- und der Johanniterorden,157 im 13. Jahrhundert dann die Dominikaner und die Franziskaner. Während der Arpadenzeit wurden auch in Ungarn gegründete Mönchsorden ins Leben gerufen. Géza II. schuf zu Ehren von König Stephan (dem Hl.) einen Hospitalerorden, die Stephaniten.158 Eine Initiative zur Vereinigung unterschiedlicher ungarischer Einsiedlergemeinschaften führte tatsächlich erst Anfang des 14. Jahrhunderts zur Gründung des Paulinerordens. Die von Königen gegründeten Ordenshäuser waren, wie die königlichen Kirchen im Allgemeinen, von der Rechtshoheit des territorial zuständigen Diözesanbischofs befreit und unmittelbar dem Erzbischof von Gran unterstellt. Von Privatpersonen gegründete Ordenshäuser oder Kirchen unterstanden hingegen dem Diözesanbischof. Die meisten auch in Ungarn verbreiteten Mönchsorden – wie die Benediktiner, die Zisterzienser, die Prämonstratenser und die beiden schon erwähnten Bettelorden – unterhielten auch Klöster für Nonnen, aber deren Anzahl war im Land viel geringer als die der Männerklöster.159 Über die Beginengemeinschaften sind Angaben aus dem 13. Jahrhundert überliefert.160

8.4 .3 Wirtschaft und Gesellschaft zwischen Freiheit und Zwang Allgemeine Beschreibungen des Königreichs Ungarn im Zeitalter der Arpaden161 erzählen einstimmig von einem Land, das mit Bodenschätzen reichlich versehen war. Fruchtbare Böden sowie

156 Diplomata

Hungariae antiquissima, Bd. 1 (ed. Györffy), 25–41.

157 Hunyadi,

The Hospitallers in the Medieval Kingdom of Hungary.

158 Boroviczény,

Cruciferi Sancti Regis Stephani.

159 Ein umfassendes Bild über die Verbreitung der einzelnen Mönchsorden liefert Romhányi, Kolostorok és társaskáp-

talanok.

160 Spekner,

A magyarországi beginák és beginakolostorok 13. századi története.

161 Gesta

Friderici I. imperatoris (ed. Wilmans), Lib. I, Kap. 31, 369; Hrbek, Ein arabischer Bericht über Ungarn; Anonymi Descriptio Europae Orientalis (Hg. Górka); siehe ebenso die neue Ausgabe letzteren Werks, samt serbischsprachiger Übers.: Anonymi Descriptio Europae Orientalis (Hgg. Živković u. a.).

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

wild- und fischreiche Wälder und Flüsse sind feste Bestandteile dieser Berichte. Jagd und Fischfang waren – wie dies archäologische Funde belegen – die ganze Zeit hindurch bedeutsam. Für die Wirtschaft der Ungarn zur Zeit der Landnahme war die extensive Viehhaltung am charakteristischsten, aber auch der Ackerbau war ihnen nicht unbekannt. Die wichtigste Fleischquelle waren Rinder, und nach der Festigung der sesshaften Lebensweise fand auch die Schweine- und Geflügelhaltung allgemeine Verbreitung, wobei die Pferdezucht ebenfalls eine bedeutende Rolle spielte. Die am weitesten verbreiteten Getreidearten waren Weizen und Roggen, lokal auch Gerste und Hirse. Auch der Weinbau fehlte in den dazu geeigneten Gebieten nicht. Bei der frühen Form des Ackerbaus wurden die in die Bewirtschaftung einbezogenen Flurteile so lange genutzt, bis sie ausgelaugt waren, danach wurden neue Flächen aufgebrochen. Das 13. Jahrhundert brachte auch in der Landwirtschaft bedeutende Veränderungen. Am Anfang des Jahrhunderts tauchte der Pflugtyp mit asymmetrischer Schar auf, der einen intensiveren Ackerbau ermöglichte. Parallel dazu fand ein Bewirtschaftungsmodell Verbreitung, das eine geregeltere Nutzung der Felder in den Vordergrund stellte und einen Teil davon bewusst brach liegen ließ. Bereits in der Arpadenzeit wurde auch mit der Erschließung der unter Tage liegenden Bodenschätze begonnen. Von den Edelmetallen war vor allem der Abbau von Silber bedeutend. Der Goldabbau blühte erst im 14. Jahrhundert auf, obwohl auch er eine Vorgeschichte im Zeitalter der Arpaden hatte. Die Entwicklung des Bergbaus erhielt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts einen neuen Schub, indem zu dieser Zeit der in der frühen Arpadenzeit vornehmlich auf Knechtarbeit beruhende rudimentäre Abbau durch das Arbeitsorganisationsmodell der mittelalterlichen Unternehmer, die freie Arbeiter beschäftigten, abgelöst wurde, was auch die nötige technische Entwicklung für die Ausbeutung der tiefer gelegenen Adern ermöglichte.162 Diese Veränderung verlieh dem traditionsreichen Eisenabbau einen neuen Impuls, und zu dieser Zeit erschien auch die Gewinnung von Kupfer als neues Phänomen. Neben den Erzen war das Hauptprodukt des Bergbaus das als Würzstoff und Konservierungsmittel unentbehrliche Salz. Das Karpatenbecken verfügte über reiche Salzvorkommen, von denen die Bergwerke in Siebenbürgen schon vor der Landnahme bewirtschaftet wurden. Im 11. Jahrhundert gelangten die meisten Gruben in den Besitz des Königs, aber die königliche Macht musste sich den Profit aus dem inländischen Salzhandel mit der Kirche teilen. Mit der Herstellung der alltäglichen Gebrauchsgegenstände beschäftigten sich die Handwerker. Ihre verschiedenen Gruppen tauchen regelmäßig im Urkundenmaterial auf und auch unter den Ortsnamen des Karpatenbeckens, die aus dem Zeitalter der Arpaden dokumentiert werden können, sind diejenigen sehr häufig, die aus Berufsbezeichnungen gebildet wurden. Ihre Mehrheit waren Knechte, die auf königlichen und kirchlichen Gütern lebten. Ihr Dienst verpflichtete sie zur Ausübung der Handwerkstätigkeit, wobei sie sich nebenher auch mit Ackerbau beschäftigten. Die ersten, die ein Handwerk berufsmäßig ausübten, stammten aus den Reihen der sich in den

162 Paulinyi,

Nemesfémtermelésünk és országos gazdaságunk általános alakulása a bontakozó; Weisz, Nemesércbányákból származó királyi jövedelmek az Árpád-korban.

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Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

weltlichen und kirchlichen Verwaltungszentren ansiedelnden, zumeist aus dem Ausland kommenden Meister.163 Die Zentren der Gespanschaften und der Bischofssitze waren zugleich Zentren des Handels, wo seit der Zeit Stephans I. Märkte abgehalten wurden.164 Die Zentren der Gespanschaften entstanden zumeist an den Kreuzungen der Straßen, die zugleich die Adern des Handels waren. Schon Stephan I. begann mit der Besteuerung seiner Untertanen, und die Einnahmen der Herrscher wurden auch durch andere Rechtstitel vermehrt. Über die königlichen Einnahmen gibt das Verzeichnis eines in Paris erhalten gebliebenen Kodex, der wohl zur Zeit Bélas III. aus unbekanntem Anlass entstanden ist, ein umfassendes Bild.165 Der Hauptzweck der Auflistung war wahrscheinlich die Darstellung des Reichtums des Königs von Ungarn und seines Landes, und diesem Zweck ist es wohl zu verdanken, dass darin auch offensichtlich unrealistische Angaben angeführt wurden. Die Zusammensetzung der Einkommen und das Verhältnis der einzelnen Posten zueinander könnten allerdings die wahre Lage wiedergeben. Laut Verzeichnis war die Münzprägung die wichtigste Einnahmequelle (37 %), gefolgt von den Zöllen (19 %) und den Einkommen aus den Komitaten (16 %). Der Gewinn aus dem Salzhandel betrug 10 Prozent der Gesamteinnahmen, darüber hinaus werden als kleinere Posten die Steuer der Siedler in Slawonien und Siebenbürgen sowie die Geschenke aufgeführt, die die Gespane dem König gaben. Von den im Verzeichnis genannten Posten blieb in Ungarn die Münzprägung166 während des gesamten Mittelalters ein königliches Monopol. Die Einnahmen stammten aus der in der Mitte des 11. Jahrhunderts eingeführten Gelderneuerung (renovatio monetae), dem „Kammergewinn“ (lucrum camerae). Die Zölle wurden an den entlang der Straßen aufgestellten Zollstellen, den Fährplätzen der Flüsse sowie an Märkten, sowohl von den Verkäufern als auch von den Käufern erhoben.167 Unter den Einnahmen aus den Komitaten sind Steuern zu verstehen, die unter verschiedenen Rechtstiteln erhoben wurden. Dieses System wurde durch die Reformen von Andreas II. in einer Weise geändert, dass einerseits in den Jahren, in denen keine Gelderneuerung stattfand, eine als collecta bezeichnete Steuer als Kammergewinn erhoben wurde, andererseits wurde auf Importartikel ein neuer Zoll, der Dreißigste (tricesima), eingeführt. Der Dreißigste wurde im Inland an bestimmten Stellen erhoben, an der Grenze mussten die Händler einen anderen Außenhandelszoll (octuagesima) bezahlen, der ebenfalls zu der Zeit Andreas II. auftauchte.168 Später wurde die collecta von den Herrschern auch unter anderen Rechtstiteln erhoben. Die Münzprägung und die dadurch entstandenen Einnahmen wurden von der Kammer des Herrschers verwaltet. Ursprünglich gab es nur eine Kammer in Gran, bis zum Ende der Arpadenzeit stieg aber ihre Zahl auf sechs,

163 Takács, 164 Weisz,

Crafts in the Árpád Era.

Vásárok és lerakatok a középkori Magyar Királyságban.

165 Barta/Barta, 166 Huszár, 167 Weisz, 168 Dies.,

Royal Finance in Medieval Hungary.

Münzkatalog Ungarn von 1000 bis heute.

A királyketteje és az ispán harmada.

II. András jövedelmei.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

wobei die Münzprägung bei einigen dieser neuen Kammern nicht zum Aufgabenbereich gehörte, sondern diese für die Verwaltung der Salzeinnahmen zuständig waren.169 Aus Slawonien ist eine spezielle Lokalsteuer bekannt, die ursprünglich in Naturalien, nämlich in Steinmarderfellen bezahlt wurde – daher stammt auch deren Name, marturina. Infolge der Reformen des Königs Koloman wurde diese ab der Wende des 11. und 12. Jahrhunderts in Geld erhoben.170 Die ersten Quellen, anhand derer man die ungarische Gesellschaft im Zeitalter der Arpaden kennenlernen kann, sind die Gesetze aus der Herrschaftszeit von König Stephan I. Die Gesellschaft der Zeit wurde – wie auch in den späteren Jahrhunderten der Arpadenzeit – durch den Besitz von „Freiheit“ (libertas) oder deren Mangel in zwei sich voneinander klar abgrenzende Teile gegliedert. Diejenigen, die über Freiheit verfügten, wurden als Freie (liber), und die, die sie entbehrten, als Knechte (servus) bezeichnet. Das wichtigste Merkmal der Knechtschaft war, dass der Knecht unter die Besitzgewalt seines Herrn gestellt war und zu dessen Eigentum gehörte. Andererseits wurde der Knecht in anderer Hinsicht dennoch als menschliches Wesen betrachtet, weshalb für ihre Beurteilung eine Art Dualität charakteristisch war. Die Grenzlinie zwischen Knechten und Freien war besonders stark ausgeprägt, wenn auch nicht unüberwindbar. Die Freien konnten zu Knechten werden – zum Beispiel als Folge einer wegen eines Delikts verhängten Strafe – bzw. ein Herr konnte seinen Knecht befreien. Die andere große Gesellschaftsgruppe wurde von den Freien gebildet. Der Kern der Freiheit lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass über diejenigen, die darüber verfügten, keiner Besitzrechte besaß, dass also der Freie, unabhängig von seiner Vermögenslage, sein eigener Herr war. Die überwiegende Mehrheit der Freien kam zur Zeit von Stephan I. gewiss aus den Reihen der Ungarn, die im Jahrhundert nach der Landnahme ihre Freiheit erfolgreich bewahren konnten, und nur ein kleiner Teil von ihnen konnten befreite Knechte bzw. aus dem Ausland zugewanderte Personen sein. Laut Gesetz war die Gesellschaft der Freien in juristischer Hinsicht einheitlich, aber größere Unterschiede lassen sich bezüglich der Vermögenslage und des gesellschaftlichen Ansehens beobachten. Bezüglich des Letzteren scheint die Aufteilung der Gesellschaft der Freien in drei Gruppen allgemein gültig gewesen zu sein, die für die einzelnen Gruppen die Bezeichnungen „Gespan“ (comes), „tapferer oder wohlhabenderer Mensch“ (miles vel alicuius vir ubertatis) und „aus dem Volk“ (vulgaris) benutzte. Die Schicht der Gespane bildete die Aristokratie, wie wir den Begriff heute verstehen. Zu dieser Schicht gehörten unter den Stammesvornehmen vor der Staatsgründung diejenigen, die an der Seite der Arpaden stehend ihre gesellschaftliche Position erfolgreich in das neue System übertragen konnten bzw. aus dem Ausland kommende Personen, die im Dienste der Arpaden aufstiegen.

169 Dies.,

Entrate reali e politica.

170 KampuŠ,

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Prilog poznavanju poreznog sustava u Slavoniji.

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Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

Zu den „Kriegern“ (milites), die die Mittelschicht der Freien bildeten, gehörten sowohl die über eine eigene Lebensgrundlage verfügenden Begüterten als auch die im Dienste von anderen stehenden Personen. Der Dienst für die Letzteren basierte aber nicht auf dem Zwang der Abhängigkeit vom Eigentümer. Die Mitglieder der Unterschicht der Freien wurden als „aus dem Volk“ (vulgaris) bezeichnet. Diese konnten kleine Gutsbesitzer oder vermögenslose, aber hinsichtlich ihrer Person freie Menschen sein. Schon zur Zeit des Königs Stephan I. waren die von unseren Quellen als „Gäste“ (hospes) bezeichneten ausländischen Zuwanderer in der ungarischen Gesellschaft anzutreffen. Der Begriff wurde ursprünglich auf alle Einwanderer angewandt, unabhängig von deren gesellschaftlicher Position. Später beschränkte sich seine Bedeutung auf diejenigen vermögenslosen und in ihrer Person freien „Gäste“, die sich mit der Bewirtschaftung der Böden anderer bzw. mit Handel oder einem Handwerksgewerbe beschäftigten. Diese frühe Struktur der ungarischen Gesellschaft untergliederte sich bis zum letzten Quartal des 11. Jahrhunderts weiter. Von den Freien sonderte sich die Gruppe der Vornehmen ab, deren Mitglieder danach als „Adlige“ (nobilis) bezeichnet wurden. Sie verfügten über Privilegien, die über die Rechte der gemeinen Freien hinausgingen. Dadurch löste sich die noch unter Stephan I. charakteristische rechtliche Einheit der Gesellschaft der Freien auf. Später wandelte sich der Begriff des Adels deutlich. Um die Wende des 12. und 13. Jahrhunderts versuchten die im Vergleich zu den Adligen als „unedle“ (ignobiles) geltenden begüterten gemeinen Freien sich immer entschiedener von denjenigen ihrer Standesgenossen zu differenzieren, die – da sie vermögenslos waren – als freie Bauern zumeist die Böden anderer bewirtschafteten. Dazu bot sich der in den 1210er Jahren auftauchende Begriff „königlicher Serviens“ (serviens regis/regalis, d. h. „dem König dienende [Person]“) an, der sich vom königlichen Hof ausgehend verbreitete. Als königliche Servientes wurden ursprünglich diejenigen bezeichnet, die der Herrscher selbst aus den Reihen seiner Knechte befreit und denen er ein Gut geschenkt hatte. Die gesellschaftliche Lage einer solchen privilegierten Person war praktisch mit der der begüterten gemeinen Freien identisch, weshalb die beiden Gesellschaftsgruppen bald verschmolzen. Der Königshof war des Weiteren der Auffassung, dass die im 13. Jahrhundert lebenden Nachfolger der begüterten gemeinen Freien des 11. und 12. Jahrhunderts auch zu den königlichen Servientes gehörten – auch ohne eigenen königlichen Freibrief. Andererseits bildete der Rechtsstand der königlichen Servientes eine höhere Qualität als die immer mehr als bäuerliche Freiheit gedeutete einfache Gemeinfreiheit. Die Rechte der königlichen Servientes wurden in der Goldenen Bulle von 1222 gesetzlich verankert, die den Mitgliedern der gesellschaftlichen Gruppe umfassende Privilegien gewährte. Diejenigen, die am Königshof als königliche Servientes bezeichnet wurden, betrachteten sich als Adlige, da ihr Rechtsstand auch Elemente beinhaltete, die zu den Privilegien des traditionellen Adels gehörten. Letztendlich wurde der Begriff des königlichen Serviens und des Adligen im Gesetz aus dem Jahre 1267 gleichgesetzt. Dadurch wurden die königlichen Servientes von der Königsmacht als Adel anerkannt. Der neue, nunmehr auch die einstigen königlichen Servientes umfassende Adel war einerseits zahlenmäßig ziemlich groß – ab diesem Zeitpunkt ist für die ungarische Gesellschaftsstruktur der ungewöhnlich hohe Anteil des Adels innerhalb der Gesamtbevölkerung charakteristisch –, wobei die gesellschaftliche

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und vermögensrechtliche Lage bzw. Lebensweise der zu dieser gesellschaftlichen Gruppe Gehörenden extrem unterschiedlich war.171 Die Situation und das alltägliche Leben der Knechte war weitgehend davon abhängig, an welchem Gutstyp – königliches, kirchliches oder weltliches Privatgut – sie durch den Zwang der Abhängigkeit vom Eigentümer gebunden waren. Diejenigen, die auf Königs- oder Kirchengütern lebten – außer den auf diesen Gütern angesiedelten hospites –, waren alle Knechte. Darauf ist die gemeinsame Eigenart der beiden Gutstypen zurückzuführen, so dass ihre Knechtgemeinschaften von unseren Quellen nicht im Hinblick auf ihre Rechtslage, sondern mit Benennungen bezeichnet werden, die auf ihren Dienst hindeuten (z. B. Pflüger, Stallmeister, Weinbauer etc.). Die Knechtgemeinschaften der königlichen Güter verfügten über eine eigene Wirtschaft und bestritten ihren Unterhalt für sich und ihre Familie durch deren Bewirtschaftung. Der Gutsorganisation hatten sie gemäß ihren festgelegten Diensten zu dienen, und wurden darüber hinaus auch nach mehreren Titeln mit Steuern belastet. Die Kirche gewährte den auf ihren Besitztümern lebenden Knechten ebenfalls selbstständig produzierende Wirtschaftseinheiten und verpflichtete sie zur Erfüllung verschiedener Dienste. Durch die höhere oder geringe Einschätzung dieser Dienste und durch die Höhe ihrer Lasten wurde eine hierarchische Ordnung der kirchlichen Knechtgemeinschaften gebildet. Ein charakteristisches Merkmal der weltlichen Privatgüter ist, dass die auf ihnen lebenden grundherrschaftlichen Personengruppen gemäß ihrem Rechtsstand kategorisiert wurden. In den frühen Zeiten wurde die zahlenmäßig stärkste und bedeutendste Gruppe der Knechtgemeinschaften von denjenigen gebildet, die man einfach nur als „Knechte“ (servus) bezeichnete. Der grundsätzlich den Rechtsstand des Knechtes bezeichnende Begriff wurde auf den weltlichen Privatgütern auf diejenigen angewandt, deren Lage am vollständigsten das wichtigste Charakteristikum des Zustands eines Knechtes, die Abhängigkeit vom Eigentümer, widerspiegelte. Die Arbeitskraft seiner Knechte konnte der Eigentümer nach eigenem Ermessen ohne jegliche Beschränkung nutzen. Die glücklicheren versahen als Hausdiener die Aufgaben im Haushalt ihres Herrn und in seiner Familie, die Mehrheit wurde aber auf den grundherrschaftlichen Gütern beschäftigt. Zu dieser Zeit verwalteten die Begüterten ihre in die Bewirtschaftung einbezogenen Böden selbst und bewirtschafteten sie als eine Art Hauswirtschaft. Der als praedium bezeichnete grundherrschaftliche Betrieb172 war vollständig im Eigentum des Gutsbesitzers. Ihm gehörte der Boden, der für dessen Bestellung benutzte Pflug und sonstiges Arbeitszeug, die Zug- und sonstigen Tiere und die die Arbeit ausführenden Knechte. Obwohl sie bäuerliche Arbeit verrichteten, verfügten die Diener der praedia nicht über einen selbstständig produzierenden Wirtschaftsbetrieb, ja zumeist nicht einmal über einen eigenen Haushalt. Ihre Arbeit wurde vom Beauftragten des Grundherrn geleitet, sie wohnten in gemeinsamen Unterkünften, und für ihre Verpflegung und Bekleidung wurde vom Herrn gesorgt. Die Abhängigkeit der Knechte hatte also vor allem einen persönlichen Charakter.

171 Rady,

Nobility, Land and Service in Medieval Hungary; Zsoldos, Modificările conceptului „nobilime“ pe parcursul secolului al XIII-lea.

172 Szabó,

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The Praedium.

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Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

Ihre Lage als Knecht war an die Person des Herrn und an dessen Gut gebunden. In einer kaum besseren Situation befanden sich diejenigen Diener, denen vom Herrn gestattet wurde, in eigenen Häusern zu leben und einen eigenen Haushalt zu bilden. Während des 12. Jahrhunderts geschah es immer häufiger, dass die Grundherren ihre Diener mit selbstständigen Ländereien versahen, deren Erzeugnisse besteuert bzw. auch mit Arbeitsabgaben belastet wurden. Diese Diener wurden als libertini bezeichnet (in der damaligen ungarischen Sprache nannte man sie „uhug“). Die libertini gehörten genauso zum Eigentum ihres Herren wie die gemeinen Knechte, verfügten allerdings über bestimmte beschränkte Rechte: Sie konnten rechtmäßige Ehen schließen und ihre Freiheit erkaufen. Unter den Personengruppen des weltlichen Privatgutes gab es aber auch solche, die als „frei“ (liber) oder „Leibeigene“ (iobagio) bezeichnet wurden. Ein Teil derselben genoss nur im Vergleich zu den gemeinen Knechten eine relative – vom Rechtsstand der tatsächlichen Freien unterschiedene – Freiheit, der andere Teil konnte aber aus Bauern mit vollwertiger Freiheit bestehen. Letztere zahlten aufgrund des mit dem Grundherrn geschlossenen Vertrags gemäß ihren zur Bewirtschaftung überlassenen Einheiten Abgaben. Während des 13. Jahrhunderts vollzog sich ein dynamischer Wandel der frühen Agrargesellschaft, wobei mehrere Faktoren eine wichtige Rolle spielten. Dabei veränderte zuallererst die umfangreiche Schenkung königlicher Güter, vor allem während der ersten Jahrzehnte des Jahrhunderts, die Grundbesitzstruktur des Landes zugunsten der weltlichen Privatgüter. Das sich rasch vermehrende weltliche Privatgut wurde bald mit den Schwierigkeiten des Arbeitskräftemangels konfrontiert, die durch die demographische Katastrophe des mongolischen Angriffs in den Jahren 1241/1242 verstärkt wurden. Zeitgleich dazu erhoben die Grundherren immer mehr Anspruch auf die Geldabgaben ihrer Untertanen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Infolge dieser Entwicklungen geriet auch die auf der Arbeit der Servi beruhende Bewirtschaftung der Güter in die Krise. An die veränderten Verhältnisse konnte sich das weltliche Privatgut am effektivsten anpassen, indem es seine als Knechte geltenden Untertanen befreite. Im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts verschmolzen auf den weltlichen Privatgütern lebende Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichem Rechtsstatus und unterschiedlicher Herkunft zu einem einheitlichen leibeigenen Bauerntum, in dessen Charakteristika einige Elemente des Erbes früherer Zeitalter gut erkennbar blieben. Die Benennung (leibeigenes Bauerntum) selbst leitete sich von den Leibeigenen der Privatgrundherren ab, als Hinweis darauf, dass leibeigene Bauern mehr oder weniger in derselben Lage waren wie die einstigen iobagiones. Das Vorbild der grundherrschaftlichen Lasten kann in den Diensten der libertini gesehen werden, mit dem Unterschied, dass mit der Auflösung der praedia die Arbeitsabgabe unbedeutend wurde und der Schwerpunkt sich auf das von den als hospites bezeichneten freien Bauern gezahlte „Pachtgeld“ (census, terragium) verlagerte. Als Relikt der Besitzgewalt über die Knechte blieb die gerichtliche Rechtshoheit des Grundbesitzers über seine Leibeigenen bestehen. Der leibeigene Bauer zahlte seine Abgaben nicht nach seiner Person, sondern nach seiner selbstständig produzierenden Bauernwirtschaft (Hufe), und die Höhe seiner Lasten wurde in einer wechselseitigen Vereinbarung festgelegt. Dem leibeigenen Bauern standen Rechte zu: Er konnte seine Wirtschaft an seine Nachkommen vererben bzw. diese zu bestimmten Bedingungen auch veräußern. Er verfügte zudem über das Recht der Freizügigkeit, d. h. er konnte sich seinen Grundherrn selbst aussuchen. Dieses letztere Recht wurde um 1300 auch von einem Dekret des königlichen

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Rates festgeschrieben. Andererseits sind bis Mitte des 14. Jahrhunderts immer weniger servi in unseren Quellen anzutreffen. Das leibeigene Bauerntum entwickelte sich auf dem weltlichen Privatgut. Auf den königlichen und kirchlichen Gütern blieb die archaische Abhängigkeit der Knechtgemeinschaft vom Eigentümer erhalten. Ihre Lage änderte sich dahingehend, dass ihre ursprüngliche Dienstordnung durch die Auflösung der Gutsorganisationen ins Abseits geriet und ihre nach einheitlich bestimmten Bedingungen (conditio) erfolgende Besteuerung allgemeine Praxis wurde, wodurch sie zumeist als conditionarii bezeichnet wurden. Das Recht der Freizügigkeit erlangten die königlichen und kirchlichen conditionarii erst am Ende des 14. Jahrhunderts.

8.4 .4 Stadt und Königtum In unmittelbarer Nachbarschaft der Burgen der Burgkomitate entstanden ursprünglich als mehr oder weniger selbstständige Siedlungen geltende „Vorstädte“ (suburbium), deren Bewohner mehrheitlich zur Knechtsbevölkerung der Gespanschaft oder des Bistums gehörten und deren Großteil zur Herstellung verschiedener Handwerksprodukte verpflichtet waren. Die Suburbien-Siedlungen übten eine große Anziehungskraft auf freie Gewerbetreibende und Händler aus. Mit Vorliebe siedelten sich an diesen Orten jüdische und ismaelitische, in geringerer Anzahl auch armenische Händler an, die einigen Suburbien eine charakteristische orientalische Couleur verliehen. Gleichermaßen früh erscheinen unter den Bewohnern der Suburbien die aus dem Westen zugewanderten „Gäste“, und das von ihnen repräsentierte Hospes-Element lässt sich in den Suburbien der meisten Gespanschaftszentren finden. Die Mehrheit der Gespanschaftszentren bestand aus der Burg und einer Anhäufung der in ihrer Nähe liegenden sowohl juristisch als auch hinsichtlich der Siedlungsstruktur zergliederten Suburbien. Das eindrucksvollste Beispiel dieses Siedlungstyps bietet Gran, das in der Arpadenzeit einschließlich der Burg aus nicht weniger als 21 Siedlungsteilen bestand, die – obwohl sie auch eigene Namen hatten – gemeinsam die Stadt Gran (districtus […] civitatis Strigoniensis) bildeten, die sich im Vergleich zur heutigen Stadt über eine viel größere Fläche erstreckte und auch als „Distrikt“ bezeichnet wurde.173 Dieses Modell war auch für die anderen Gespanschaftszentren charakteristisch, wenn auch in kleinerem Ausmaß. Den Keim der Städte westlichen Typs bildeten die Gemeinschaften der in den Suburbien lebenden hospites, allerdings bedurfte es der Entscheidung des Königs, damit aus einer Ansammlung von Suburbien eine Stadt wurde. Eine solche Entscheidung bestand im Kern darin, dass der König den Einwohnern einer Siedlung umfassendere Privilegien als die im Herbergsrecht zugesicherten Freiheiten gewährte, was die Gemeinschaft der hospites in eine autonome Rechtseinheit verwandelte. Die auf diese Weise privilegierte Siedlung unterschied sich dadurch nicht nur in ihrer Größe von den einfachen Gästedörfern, sondern auch nach ihrer Rechtslage. Der Herrscher befreite die Gemeinschaft von der Rechtshoheit

173 Monumenta

762

ecclesiae Strigoniensis (edd. Simor/Knauz), Bd. 2, 271.

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Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

des territorial zuständigen königlichen Amtsträgers – in der Regel des Komitatsgespans –, wodurch der von den hospites gewählte Richter das Recht erlangte, in allen Angelegenheiten über die Bürger zu richten und in Zusammenarbeit mit den aus den Reihen der angeseheneren Bürger stammenden Stadträten die Stadt zu verwalten, einschließlich der Eintreibung der dem König gebührenden Steuern. Ein weiteres grundlegendes Element der stadtbildenden Kraft des Freibriefs war die Umwandlung der bislang als Knechte lebenden königlichen Bevölkerung in Gemeinfreie. Die städtischen Privilegien galten nicht nur für die hospites, sondern auch für die Mehrheit der Einwohner der Siedlung, wodurch deren Gliederung nach dem Rechtsstand der dort Wohnenden abgeschafft wurde. Im Austausch für ihre Privilegien schuldeten die Städte dem König Steuern – wurden aber auch von den Lasten befreit, die die Einwohner der einfachen Hospes-Siedlungen dem Komitatsgespan zu zahlen hatten –, und der Herrscher verpflichtete sie im Allgemeinen auch, ihm eine bestimmte Anzahl von Kriegern zu stellen.174 Die städtische Führungsschicht war wegen ihrer Gewandtheit im Handel und in Finanzangelegenheiten zwar von charakteristisch stadtbürgerlicher Art, andererseits kann aber regelmäßig nachgewiesen werden, dass ihnen als Weingarten- und Grundbesitzern eine dem ungarischen Adel ähnliche Lebensweise ebenfalls nicht fremd war. Zu dieser Zeit war es noch überhaupt nicht selten, dass verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den vornehmeren Bürgerfamilien und dem Adel entstanden. Zugleich konnte der König, wenn er es für nötig hielt, die städtische Selbstverwaltung auch aufheben. Hierzu gaben weniger Konflikte zwischen der Stadt und dem König Anlass als die politische Entwicklung des Landes, wie im Falle Ofens. Im Herbst 1264 hob Béla IV. – im Zusammenhang mit dem immer schärfer werdenden und bald danach in einen internen Krieg mündenden Streit mit seinem ältesten Sohn Prinz Stephan – das Recht der freien Richterwahl der Ofener auf und setzte selbst einen als rector bezeichneten Vertreter an deren Spitze.175 Zwar stellte Ladislaus IV. 1276 das Recht der Ofener zur freien Richterwahl wieder her,176 1279 stand Ofen jedoch erneut ein vom König ernannter rector vor, und die Stadt erlangte das Recht erst Ende 1346 zurück.177 Die Entwicklung der auf königlichen Gütern angesiedelten Hospes-Gemeinschaften zu Städten begann in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Bereits Andreas II. rief bayerische „Gäste“ nach Pest und wandelte damit das frühere ismaelitische Handelslager in eine Stadt westlichen Typs um, wobei über die Details dieses Vorgangs wenig bekannt ist. Die Stadtentwicklung wurde unter seinem Sohn und Nachfolger Béla IV. zu einem bewussten und konsequent angewandten Element der königlichen Politik. Der Schwerpunkt seiner diesbezüglichen Bestrebungen fiel zwar unleugbar in die Zeit der Neuorganisation des während des Mongolensturms verwüsteten Landes, aber die Aufmerksamkeit Bélas erstreckte sich bereits in der zweiten Hälfte der 1230er Jahre auf die

174 Szende,

Von der Gespanschaftsburg zur Stadt.

175 „Preuchul Theutinico tunc [sc. 1265] rector castri Budensis“: Codex diplomaticus patrius (Hgg. Nagy

242.

176 Siehe

u. a.), Bd. 6,

für 1276: Kumorovitz, Budapest történetének okleveles emlékei, Bd. 1, 158.

177 Kubinyi,

Die Anfänge Ofens, 71–73; Györffy, Pest-Buda kialakulása, 194f.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

Entwicklung der vielversprechenden Hospes-Gemeinschaften bzw. auf die Gründung neuer Siedlungen mit von vornherein städtischem Charakter. In den 1240er Jahren wurden von der königlichen Kanzlei in schneller Folge Stadtprivilegien ausgegeben. Den Rest der deutschen hospites, die das von den Mongolen dem Erdboden gleich gemachte Pest bewohnten, ließ der König ebenfalls zu dieser Zeit, 1247, auf das andere Ufer der Donau, nämlich auf den heutigen Burgberg in Ofen, umsiedeln. Er gründete dadurch als prachtvollstes Ergebnis seiner Stadtpolitik die zu dieser Zeit zumeist „Burg von Pestneuberg“ genannte Stadt Ofen.178 Es ist Bélas behutsamer, auf den Erhalt des Gleichgewichts zwischen der königlichen Macht und den Baronen gerichteten Politik zuzurechnen, dass er es mit auffälliger Konsequenz unterließ, die Gespanschaftszentren und Bischofssitze zu Städten zu erheben. Nachdem das durch Béla IV. geschaffene Machtgleichgewicht zugunsten der Barone gekippt war, wurden von seinen Nachfolgern die Auswirkungen der Privilegierung der Gespanschaftszentren nicht mehr berücksichtigt. Im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts erhielten die am stärksten einen städtischen Charakter aufweisenden Gespanschaftszentren des westlichen Landesteils nach und nach ihre Freibriefe. Obwohl ein Teil der im 13. Jahrhundert privilegierten Siedlungen sich – aus unterschiedlichen Gründen – nicht in der Reihe der Städte hielt, kann das 13. Jahrhundert insgesamt als entscheidende Periode der ungarischen Städteentwicklung betrachtet werden. In dieser Zeit entstand die königliche Stadtpolitik, und auch die innere Struktur und die inhaltlichen Merkmale ihres wichtigsten Instrumentes, des die Stadtrechte verbürgenden königlichen Freibriefs, kristallisierten sich zu dieser Zeit heraus. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum die Grundlagen des ungarischen Städtenetzes im Mittelalter gelegt.

8.4 .5 Zuwanderer aus Ost und West 179 Das ethnische Bild des Karpatenbeckens war immer schon ziemlich bunt, gleichwohl stellten ab dem 10. Jahrhundert die Ungarn die Mehrheit der Bevölkerung, wobei im nördlichen Teil des Beckens, in Siebenbürgen und insbesondere in Slawonien, kleinere und größere slawische Gruppen lebten. Allerdings kamen bereits in der Arpadenzeit fremde ethnische Gruppen in bedeutender Zahl ins Land, sowohl aus dem Westen als auch aus dem Osten.180 Ein Teil von diesen verschmolz noch in der Arpadenzeit mit dem Ungarntum, wie das bei den in der altungarischen Sprache als „böszörmény“, lateinisch als Ismaeliten bezeichneten muslimischen Gemeinschaften – ethnisch teils bulgarischer, teils iranischer Herkunft181 – bzw. bei den als „Italiener“ (Latini, Ung.: Olasz) bekannten, aus Italien oder Wallonien stammenden und romanisch sprechenden Gruppen der

178 Kubinyi, Die Anfänge Ofens; ab dieser Zeit verbreitet sich der Ortsname Alt-Ofen in dem heute gebrauchten Sinn

zur Unterscheidung des alten Buda.

179 Zusammenfassend 180 Fügedi, 181 Balić,

764

siehe Kristó, Nem magyar népek.

Das mittelalterliche Königreich Ungarn als Gastland.

Der Islam im mittelalterlichen Ungarn.

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Herrschaftsaufbau und gesellschaftliche Ordnung

Fall war.182 Die Assimilierung der noch vor der Mitte des 12. Jahrhunderts in mehreren Wellen zuwandernden türkischsprachigen Petschenegen erhielt Mitte des 14. Jahrhunderts einen größeren Schwung, wobei einige ihrer Gruppen noch im 15. Jahrhundert ihre ethnische Prägung beibehielten. Am ehesten konnten diejenigen Gemeinschaften fremder Herkunft ihre Eigenständigkeit bewahren, die die Möglichkeit erhielten, sie in Verwaltungsinstitutionen einzubinden, die sich von ihrer ungarischen Umgebung abgrenzten. Zu diesen gehörten die Mitte des 12. Jahrhunderts eingewanderten Siebenbürger Sachsen, deren Autonomie durch einen Freibrief von Andreas II. aus dem Jahr 1224 begründet wurde.183 Eine der siebenbürgischen ähnliche Sonderregierung entstand bei der in der (heute zum Gebiet der Slowakei gehörenden) Zips lebenden deutschsprachigen Bevölkerung, deren Siedler 1271 einen Freibrief erhielten.184 Mitte des 13. Jahrhunderts wurde das ethnische Bild des Landes um die auf der Großen Ungarischen Tiefebene angesiedelten Kumanen bereichert.185 Um die Wende des 12. und 13. Jahrhunderts begann die Einwanderung der Rumänen vom Balkan her in das Land, vor allem nach Siebenbürgen und in die benachbarten Gebiete. Anfänglich beschäftigten sie sich mit Bergschäferei und wandten sich erst später dem Ackerbau zu.186 An der Spitze der rumänischen Gruppen standen die als „kenéz“ bezeichneten Vornehmen, deren Mehrheit im Laufe der Zeit mit dem ungarischen Adel verschmolz.187 Die Arpadenzeit wurde von der romantischen Geschichtsauffassung des 19. Jahrhunderts als „ruhmreiche Epoche der nationalen Dynastie“ gesehen. Heute wird sie sowohl von der Historiographie als auch im Denken der Allgemeinheit als dasjenige Zeitalter angesehen, in dem die „Eingliederung nach Europa“188 der aus der osteuropäischen Steppe eingewanderten Ungarn vonstatten ging. In diesem Zusammenhang bedeutet „Europa“ eindeutig Westeuropa; in Ungarn fand der Versuch, das mittelalterliche Königreich Ungarn – zumindest bis Ende des 12. Jahrhunderts – als Teil des „byzantinischen Commonwealth“ zu betrachten, kaum Widerhall.189 Das Ungarn der Arpadenzeit grenzte zugleich an den lateinischen Westen, den orthodoxen Osten und an die

182 Székely,

Wallons et Italiens en Europe centrale.

183 Nägler,

Die Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen; Zimmermann, Siebenbürgen und seine Hospites Theutonici.

184 Fekete

Nagy, A Szepesség területi és társadalmi kialakulása, 328–343; Chalupecký, Osídlenie Spiša Nemcami.

185 Pálóczi

Horváth, Pechenegs, Cumans, Iasians; Berend, At the Gate of Christendom.

186 Eine

nützliche Einführung in die urkundlichen Quellen zu dieser Frage bietet: Documenta historiam Valachorum in Hungaria illustrantia (Hgg. Fekete Nagy/László Makkai). Die Frage nach der Herkunft der Rumänen Siebenbürgens ist eine alte – häufig von politischen Erwägungen belastete – Streitfrage zwischen ungarischer und rumänischer Historiographie. Hinsichtlich der jeweiligen Standpunkte siehe aus der neueren Literatur: Köpeczi/Barta/ Seewann (Hgg.), Kurze Geschichte Siebenbürgens; Engel, The Realm of St. Stephen, 117–119; Pop/Nägler (Hgg.), The History of Transylvania, Bd. 1; Madgearu, The Romanians in the Anonymous Gesta Hungarorum.

187 Siehe

zum rumänischstämmigen Adel Siebenbürgens (mit ausführlicher Diskussion der arpadenzeitlichen Vorgeschichte) Diaconescu, Structura nobilimii din Transilvania.

188 Der

Ausdruck verweist auf den Titel eines mehrfach neu aufgelegten Buches von Pál Engel, das die mittelalterliche Geschichte Ungarns und Europas parallel behandelt: Engel, Beilleszkedés Európába.

189 Siehe

Obolensky, The Byzantine Commonwealth.

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

„heidnische“ Steppe. Zugleich ist es eine Tatsache, dass vom letzten Viertel des 10. Jahrhunderts an die westlichen Verbindungen Ungarns dominierten, und am Ende des 13. Jahrhunderts gaben die Reste der zuvor deutlich stärkeren Verbindungen in den Osten und in die Steppe diesem westlichen Königreich lediglich eine etwas eigentümliche Ausprägung. Dafür, dass diese Eingliederung erfolgreich verlief, spielte allem Anschein nach der Umstand eine entscheidende Rolle, dass das Zeitalter von einem unbestreitbaren und in praktisch allen Lebensbereichen sichtbaren Übergewicht der königlichen Macht geprägt wurde, die wiederum den Eingliederungsprozess initiierte und stützte. Die Beschreibungen Ungarns aus westeuropäischer Sicht betonen sowohl Mitte des 12. Jahrhunderts als auch Anfang des 14. Jahrhunderts übereinstimmend die für sie ungewöhnliche Größe der königlichen Macht in Ungarn.190 Die letztere Nachricht ist deshalb besonders interessant, weil der zugehörige Text um 1308, am Tiefpunkt der königlichen Macht in Ungarn entstand und somit nicht die wirkliche Lage widerspiegelt, sondern ein Prinzip, das es zu verwirklichen galt, was aber von den zum Ende der Arpadenzeit hin aufstrebenden Oligarchen verhindert wurde. Dabei ist Folgendes bezeichnend: Zwar meinten die Zeitgenossen, dass die Oligarchen das Land „untereinander aufgeteilt“ hätten,191 doch kam überhaupt kein Gedanke daran auf, Ungarn in Fürstentümer aufzuspalten, und keinem der Oligarchen kam in den Sinn, nach der Krone zu greifen. Das Arpadenzeitliche Regierungsmodell192 wurde vom ersten Vertreter der neuen Dynastie, Karl von Anjou (1301 – 1342), in einem zähen Kampf193 mit rivalisierenden Thronanwärtern und widerspenstigen Oligarchen Mitte der 1320er Jahre wiederhergestellt.

190 Gesta

Friderici I. imperatoris (ed. Wilmans), Lib. I, Kap. 31, 369: „At omnes sic principi suo obsequuntur, ut unusquisque, ne dicam manifestis illum contradictionibus exasperare, sed et occultis susurris lacerare nefas arbitretur. […] Nulla sententia a principe, sicut apud nos moris est, per pares suos exposcitur, nulla accusato excusandi licentia datur, sed sola principis voluntas apud omnes pro ratione habetur. Si quando vero exercitum rex ducere voluerit, cuncti sine contradictione quasi in unum corpus adunantur“ („Alle aber sind ihrem Fürsten gegenüber derartig unterwürfig, dass jeder es für unrecht hält, ihn auch nur durch ein heimliches Flüstern zu belästigen, geschweige denn ihn durch offenen Widerspruch zu erbittern. […] Niemals aber fordert der König, wie es bei uns üblich ist, einen Urteilsspruch seiner Standesgenossen, einem Angeklagten ist es nicht erlaubt, sich zu verteidigen, vielmehr gilt bei allen der Wille des Königs als Gesetz. Wenn der König einmal einen Kriegszug unternehmen will, vereinigen sich alle ohne Widerspruch gewissermaßen zu einem Körper“); an anderer Stelle heißt es: „Omnis tenetur regem sequi ubicumque voluerit cum tota gente sua, absque aliquo stipendio et quantumcumque regi placuerit, etiam ad X annos“ („Jeder ist gehalten, dem König, wohin auch immer dieser will, ohne irgendeine Vergütung, mit seinem Stamm zu folgen, und wie lange auch immer es dem König beliebt, auch bis zu 10 Jahren“), in: Anonymi Descriptio Europae Orientalis (Hgg. Živković u. a.), 140.

191 17. Jan.

1310: „[…] regnum Ungarie, quod Magnates ipsius […] inter se se diuiserant, et tenebant“: Codex diplomaticus Hungariae (ed. Fejér), Bd 8,1, 370.

192 Die

früher allgemein verbreitete Meinung, derzufolge neapolitanische Einflüsse für die Etablierung der Anjous in Ungarn eine entscheidende Rolle gespielt hätten (siehe z. B. Miskolczy, Anjou-királyaink reformjai, Teile 1–2; Hóman, Gli Angioini di Napoli, hat sich nach gründlicher Untersuchung der Frage nicht bestätigt: siehe Csukovits, Le innovazioni istituzionali.

193 Engel,

766

The Realm of St. Stephen, 128–134; detaillierter ders., Az ország újraegyesítése.

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Anhang: Byzanz und Ungarn in der Arpadenzeit

ANHANG: B YZANZ UND UNGARN IN DER ARPADENZEIT: HISTORISCH-BIBLIOGRAPHISCHE BEMERKUNGEN Peter Schreiner

Es gibt keinen weiteren Staat, mit dem das Byzantinische Reich in so kontinuierlichen Beziehungen stand wie Ungarn. Aber auch das arpadische Reich hatte bis zum Zerfall des Byzantinischen Reiches in der Folge des Vierten Kreuzzuges (1204) seine Außenpolitik gleichermaßen nach den Interessen und Strömungen im Byzantinischen Reich ausgerichtet wie gegenüber Papsttum und dem Heiligen Römischen Reich und war immer ein Bindeglied zwischen Byzanz und den Staaten des Westens. Diese Traditionen bildeten schließlich im 14. und 15. Jahrhundert die Grundlagen für die ungarisch-byzantinische Zusammenarbeit in der Auseinandersetzung mit den Osmanen.194 Gyula Moravcsik verfasste schon 1953 in ungarischer Sprache eine umfassende Gesamtdarstellung mit Schwerpunkt auf dem politischen Geschehen, die 1970 in englischer Sprache erschien.195 Sie war Grundlage für ein ausführliches Kapitel desselben Autors im vierten Band der Cambridge Medieval History.196 Die Beziehungen zu Byzanz treten dagegen zurück in einer undokumentierten gesamthistorischen Studie zur ungarischen Außenpolitik.197 Wichtige Hinweise auf die Rolle Ungarns im Denken der byzantinischen höfischen Politik (auch über die Arpadenzeit hinaus) bringt ein schon 1942 verfasster Artikel von Franz Dölger.198 Die wichtigsten Kenntnisse über die Ethnogenese der Ungarn, die nun von Carlo di Cave zusammenfassend untersucht wurden,199 verdanken wir byzantinischen Quellen, in erster Linie den Kapiteln 38 bis 40 von De administrando imperio des Kaisers Konstantin Porphyrogénnetos,

194 Die

Bedeutung der byzantinischen Politik im Rahmen des ungarischen Staates unterstrich Antonio Carile, L’Ungheria vista da Bisanzio, in: Chryssa Maltezou u. a. (Hgg.), Φιλαναγνώστης [Philanagnōstēs]. Studi in onore di Marino Zorzi. Venezia 2008, 43–58.

195 Gyula

Moravcsik, Byzantium and the Magyars. Amsterdam 1970.

196 Ders.,

Hungary and Byzantium in the Middle Ages, in: J. M. Hussey (Hg.), The Cambridge Medieval History. Bd. 4: The Byzantine Empire. Teil 1: Byzantium and its Neighbours. Cambridge 1966, 566–592. In der neuen Cambridge History of the Byzantine Empire fehlt ein Gesamtkapitel über Ungarn; siehe Jonathan Shepard (Hg.), The Cambridge History of the Byzantine Empire c. 500 – 1492. Cambridge 2008.

197 Ferenc

Makk, Ungarische Außenpolitik, 896 – 1196. Herne 1999. Unter dem Gesichtspunkt einer von Byzanz mehr oder weniger stark beeinflussten Welt der balkanischen Staaten sind Außen-und Kulturpolitik Ungarns auch von Dimitri Obolensky, The Byzantine Commonwealth. Eastern Europe, 500 – 1453. London 1971, an verschiedenen Stellen des Werkes ausführlich behandelt.

198 Franz

Dölger, Ungarn in der byzantinischen Reichspolitik, in: ders., Παρασπορά [Parasporá]. 30 Aufsätze zur Geschichte, Kultur und Sprache des byzantinischen Reiches. Ettal 1961, 152–177.

199 Carlo

1995.

di Cave, L’arrivo degli ungheresi in Europa e la conquista della patria. Fonti e letteratura critica. Spoleto

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

zusammengestellt zwischen 948 und 952.200 Trotz Einfällen ungarischer Scharen im Byzantinischen Reich gerade in diesen Jahren (934, 943, 959 und 961),201 die im Auftritt des märchenhaften Helden Botond (der angeblich seine Streitaxt in eines der Tore Konstantinopels setzte) einen legendären Höhepunkt erreichten, kam es bereits zu ersten Versuchen einer Christianisierung und der Weihe eines „Bischofs der Turkia“.202 Trotz der Zuwendung König Stephans I. (des Hl.) zur Römischen Kirche blieb das konstantinopolitanische Patriarchat neben der Kirche in Rom immer in gewissem Umfang präsent, besonders in der Anwesenheit byzantinischer Mönche.203 Mit dem Sieg des byzantinischen Kaisers über das Erste bulgarische Reich des Samuil, dessen Sohn Gavril Radomir mit einer Tochter von Géza (Vater Stephans des Hl.) verheiratet war, wird das Byzantinische Reich unmittelbarer Nachbar des neu gegründeten und christianisierten ungarischen Reiches. Dieser Faktor bleibt bestimmend für das Verhältnis der beiden Staaten bis diese am Ende des 12. Jahrhunderts durch die Wiederbegründung des Bulgarischen Reiches (1186) und die staatliche Selbständigkeit Serbiens unter Stefan Nemanja nach 1180 ihre gemeinsamen Grenzen verlieren. Trotz der Bindung an Rom und die westliche Staatenwelt bleiben die Beziehungen zum byzantinischen Staat bis in die ersten Regierungsjahre des Kaisers Johannes Komnenós (1118 – 1143) weitgehend ohne Spannungen. Ihren Ausdruck finden sie in den vielfältigen dynastischen Beziehungen, die mehr als 200 Jahre umfassten.204 Bald nach 1071 heiratete eine Nichte (unbekannten Vornamens) des späteren Kaisers Nikephóros Botaneiátes (mit dem Familiennamen Synadené) König Géza I. (1074 – 1077). Über ihren Sohn Álmos wurde sie zur Ahnmutter aller Arpadenkönige. Die dynastisch wohl wichtigste Verbindung gelang ihrer Enkelin Piroschka, die mit Johannes  II. Komnenós (1118 – 1143) verheiratet war und den Thronfolger Manuel  I. (1143 – 1180)

200 Constantine

Porphyrogenitus. De administrando imperio. Bd.  1. Greek Text Edited by Gy.[ula] Moravcsik, Engl. Transl. by R.[omilly] J. H. Jenkins. New, rev. ed. Washington/DC 1967, 38–40 (Kap. 38–40). Dazu Gyula Kristó, Konstantinos Porphyrogennetos über die Landnahme der Ungarn, in: Günter Prinzing/Maciej Salamon (Hgg.), Byzanz und Ostmitteleuropa, 950–1453. Beiträge zu einer table-ronde des XIX International Congress of Byzantine Studies, Copenhagen 1996. Wiesbaden 1999, 13–22.

201 Panayotis T.

Antonopoulos, Byzantium, the Magyar Raids and their Consequences, Byzantinoslavica 54 (1993), H. 2, 254–267.

202 István Baán, The Metropolitanate of Tourkia. The Organization of the Byzantine Church in Hungary in the Midd-

le Ages, in: Prinzing/Salamon (Hgg.), Byzanz und Ostmitteleuropa, 45–53. Dazu auch die zurückliegende Arbeit von Gyula Moravcsik, The Role of the Byzantine Church in the Medieval Hungary, in: ders., Studia Byzantina. Budapest 1967, 326–340.

203 Alexander

121–126.

Avenarius, Byzanz und die Anfänge des ungarischen Mönchtums, Byzantinoslavica 54 (1993), H. 1,

204 Es

ist festzuhalten, dass die byzantinische Heiratspolitik bis an das Ende des 12. Jh.s sehr restriktiv verlief, so dass die vielfachen Kontakte mit Ungarn geradezu als Ausnahme erscheinen und das besondere Interesse dieses Staates für das Byzantinische Reich verdeutlichen, vgl. die Übersicht bei Peter Schreiner, Die kaiserliche Familie. Ideologie und Praxis im Rahmen der internationalen Beziehungen in Byzanz, in: Le relazioni internazionali nell’alto medioevo. Spoleto, 8 – 12 aprile 2010. Spoleto 2011, 735–774, bes. 757–771, sowie Zoltán Farkas, Dynastic Relations between Hungary and Byzantinum in the Middle Ages, in: Erika Juhász (Hg.), Byzanz und das Abendland V. Studia Byzantino-Occidentalia. Budapest 2018, 67–74, und Peter Schreiner, Der Koloman-Palast in Konstantinopel und die Árpáden, in: ebd., 13–38.

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Anhang: Byzanz und Ungarn in der Arpadenzeit

gebar. Béla III. (1172 – 1196), auf den noch zurückzukommen ist, gab seine Tochter Maria Kaiser Isaak II. Ángelos (1185 – 1195, 1203 – 1204) zur Frau. Sein Enkel, Béla IV. (1235 – 1270) heiratete Maria, die Tochter des Theodor I. Láskaris (1204 – 1222), der das byzantinische Kaisertum in Nikäa weiterführte. István V. (1270 – 1272), Sohn aus dieser Ehe, hatte eine Tochter Anna (aus der Ehe mit der Kumanin Elisabeth), die durch ihre Ehe mit Andrónikos II. Palaiológos (1282 – 1328) die Arpaden mit dem Haus der Palaiologen verband, und Ahnmutter aller byzantinischen Kaiser bis zum Untergang des Staates (1453) wurde. Neben diesen tragenden dynastischen Verbindungen, die an dieser Stelle allein erwähnt werden konnten, hat das byzantinische Kaiserhaus auch bei den häufigen innerdynastischen Auseinandersetzungen im Arpadenhaus, gerade im 12. Jahrhundert, eingegriffen und gescheiterten Prätendenten Hilfe und Exil gewährt (Ladislaus II., Stephan IV.). Die bedeutendste Persönlichkeit, die Kaiser Manuel I. schließlich in der Auseinandersetzung mit Stephan III. als Geisel nach Konstantinopel holte, war Béla III., der mit Manuels Tochter Maria verlobt wurde, um später die Thronfolge in Byzanz zu übernehmen (und daher auch den byzantinischen Namen Aléxios erhielt).205 Die Geburt eines männlichen Thronfolgers (Aléxios II., 1169) machte diese Pläne zunichte, die bei einer Verwirklichung – einer Verbindung Ungarns mit dem Byzantinischen Reich – der Geschichte des östlichen Europas, des Byzantinischen Reiches und Europas insgesamt ganz andere Wege gewiesen hätte. Diese Kontakte auf der höchsten Ebene der Herrscherhäuser sind sicher nicht ohne Spuren auf Protokoll und Zeremoniell im Arpadenhaus geblieben, doch liegen bisher wenige Untersuchungen vor. Dagegen haben sich zwei Gegenstände erhalten, welche die zeremoniellen Beziehungen sichtbar bezeugen: das Diadem des Kaisers Konstantin IX. Monomáchos (1042 – 1055) und die auf eine byzantinische Krone zurückgehenden Bügelbildnisse der Heiligen Krone Ungarns. Die Monomáchos-Krone – eine Frauenkrone –, so benannt wegen der Emailbildnisse des Kaisers Konstantin IX. Monomáchos und der Töchter Konstantins VIII. (1025 – 1028), Theodóra und Zoe, könnte in die Jahre nach 1050 datiert werden, doch bleiben wegen der Fundumstände (Bodenfund) und der unbekannten Destinatärin große Fragen ihrer Echtheit, vor allem aber, ob sie überhaupt in den Umkreis des ungarischen Königtums gehört.206 Dagegen ist der später in die Heilige Krone Ungarns eingearbeitete Reif mit Bildnissen des Kaisers Michaels VII. Dúkas (1072 – 1078), seines Sohnes Konstantins und des Königs Géza I. eine eindeutig byzantinische Arbeit aus der Zeit Bélas III. und zierte die Krone seiner Frau Anna von Châtillon, seit 1172 Königin von Ungarn.207

205 Ausführlich

zu seiner Person Ferenc Makk, Relations hungaro-byzantines à l’époque de Béla III, Acta Historica Academiae Scientiarum Hungaricae 31 (1985), H. 1, 3–32.

206 Nicht

ohne Bedenken plädiert für ihre Echtheit Josef Deér, Die heilige Krone Ungarns. Graz u. a. 1966, 139–149; Nicolas Oikonomidès, La couronne dite de Constantin Monomaque, Travaux et Mémoires 12 (1994), 241–262, hält die Krone dagegen entschieden für eine Fälschung. Etele Kiss, The State of Research on the Monomachos Crown and Some Further Thoughts, in: Olenka Z. Pevny (Hg.), Perceptions of Byzantium and its Neighbours (843–1260). New York 2000, 60–83, sucht diesen Einwänden zu begegnen. Naturwissenschaftliche Materialuntersuchungen sind bisher nicht unternommen worden.

207 Deér, Die Heilige Krone Ungarns, 66–71 (Entstehung). Neue Diskussion aller Fragen in den Akten eines Colloqui-

ums in Paris, die in Acta Historiae Artium 43 (2002), 5–112, publiziert wurden (La sainte couronne de Hongrie).

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Teil II: 8. Das Königreich Ungarn in der Arpadenzeit

Sie geht wohl auf ein byzantinisches Geschenk an den ungarischen Königshof aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück. Trotz des scheinbaren Friedens einer heilen zeremoniellen Welt, gehört die Regierungszeit der Kaiser Johannes (1118 – 1143) und Manuel Komnenós (1143 – 1180) auch zu den Jahren heftiger kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten, die uns von den Historikern Nikétas Choniátes und Johannes Kínnamos, aber auch verschiedenen rhetorischen Werken ausführlich geschildert werden, in denen aber insgesamt die Regierungszeit des Johannes nur marginal behandelt wird, so dass uns viele Einzelheiten fehlen.208 Die langjährigen Kriegszüge, die Gebietsstreitigkeiten an der Nordgrenze zum Ausgangspunkt hatten, in späteren Jahren besonders aber die antibyzantinische Unterstützung Serbiens durch Ungarn, konzentrierten sich auf die Jahre 1127 bis 1130, und 1161 bis 1167. Die Erfolge ließen Byzanz für kurze Zeit zur vorherrschenden Macht auf der Balkanhalbinsel werden.209 Der rasche Zusammenbruch des byzantinischen Staates nach Manuels Tod (1180) machte die hart erworbenen Erfolge zu einer ephemeren Erscheinung, auch wenn sie unter byzantinischem Blickwinkel einen Höhepunkt der Expansionspolitik der Komnenenkaiser darstellen.

208 Nicetae

Choniatae Historia. Rec. Ioannes Aloysius van Dieten. Pars prior: Praefationem et textum continens; pars altera: Indices continens. Berolini, Novi Eboraci 1975, 4–22; Ioannis Cinnami epitome rerum ab Ioanne et Alexio Comnenis gestarum. Ed. Augustus Meineke. Bonnae 1836; Wolfram Hörandner, Theodoros Prodromos. Historische Gedichte. Wien 1974; Niketas Choniates. Orationes et epistulae. Rec. Jean Louis van Dieten. Berolini 1972.

209 Paul Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier. A Political Study of the Northern Balkans, 900 – 1204. Cambridge

2000, 187–274; Ferenc Makk, The Árpáds and the Comneni. Political Relations Between Hungary and Byzantium in the 12th Century. Budapest 1989; Paul Stephenson, Manuel I. Comnenus and Geza II. A Revised Context and Chronology for Hungaro-Byzantine Relations, 1148 – 1155, Byzantinoslavica 55 (1994), H. 2, 251–277.

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HGSOE, Bd. 1

Mihailo St. Popović

→ KARTE XVIII

9. D  ER BALKAN VOM ENDE DES ERSTEN BULGARISCHEN REICHES BIS ZUM BEGINN DES ZWEITEN BULGARISCHEN REICHES

9.1

DIE AUFSTANDSBEWEGUNG DES ZAREN SAMUIL

Zu den einschneidenden geschichtlichen und sozialgeschichtlichen Ereignissen auf der Balkanhalbinsel des ausgehenden 10. Jahrhunderts zählt ohne Zweifel die Aufstandsbewegung des Zaren Samuil (s. hierzu ebenso Kap. 3.5). Samuils herrschaftliches Kerngebiet lässt sich im Polygon Prespa, Hágios Germanós, Sétina, Bitola und Ochrid verorten. Aus diesem heraus entfaltete er ab dem Jahre 976 seine Expansion gegen das Byzantinische Reich.1 In besagtem Kerngebiet wurden zwei altslawische Inschriften von bedeutender wissenschaftlicher Tragweite gefunden. Die erste wurde im Jahre 1888 im Zuge der Erweiterung der alten Kirche des Heiligen Germanós im Ort German (jetzt Hágios Germanós) entdeckt. Es handelt sich um eine Grabinschrift von Samuil (ază Samoilı˘ rabă Božii – „ich, Samuil, Diener Gottes“)2 für seine Eltern und seinen Bruder David aus dem Jahre 993.3 Die zweite altslawische Inschrift wurde im Jahre 1956 beim Abbruch der osmanischen ČaušMoschee (erbaut 1522) in Bitola in sekundärer Verwendung als Türschwelle gefunden. Sie stammt von Jovan Vladislav, dem Neffen und Nachfolger Samuils, ist in die Jahre 1015/1016 zu datieren und berichtet von der Errichtung einer Burg in oder bei Bitola. Wahrscheinlich befand sich diese

1

Pirivatrić, Samuilova država, 78f. Diese Monographie wurde auch ins Bulgarische übersetzt: ders., Samuilovata dăržava. Überaus zahlreich und mannigfaltig sind die Publikationen zu Zar Samuil und zu seinem Herrschaftsgebiet. Als Beispiele seien hier angeführt: Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2; Prokić, Die Zusätze in der Handschrift des Johannes Skylitzes; Stojkovski, Samuilovo carstvo i Ugarska, Bd. 1; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću; ders., Forging Unity, 229–247; Antoljak, Samuilovata država; 1000 godini od vostanieto na Komitopulite; Filiposki, Ohrid vo raniot sreden vek; Mutsopulos, Ή βασιλική του Αγίου Αχιλλείου στην Πρέσπα; ders., Ο Άγιος Δηµήτριος στο νησί του Αγ. Αχιλλείου; ders., Ο όσιος Γερµανός; Dēlekarē, Η Αρχιεπισκοπή Αχριδών κατά τον µεσαίωνα; Dudek, „Cała ziemia dyrracheńska“; Runciman, A History of the First Bulgarian Empire; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier; Seibt, Untersuchungen zur Vor- und Frühgeschichte; Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz.

2

Pavlovi´k, Nadgrobnata ploča, 87.

3

Unter anderem publiziert bzw. kommentiert in: Uspenskij, Nadpisı˘ carja Samuila; Malingoudis, Die mittelalterlichen kyrillischen Inschriften, Teil 1, 39–42 (Nr. 6); Pavlovi´k, Nadgrobnata ploča; Pirivatrić, Samuilova država, 24; Prinzing, Kritische Bemerkungen, 260; Tomović, Morfologija ćiriličkih natpisa, 31 (Nr. 1). Eine Übersicht der älteren Sekundärliteratur in: Lysaght, A Selection of Ancient Slav Literary Monuments, 167. Diese Inschrift befindet sich jetzt im Nationalhistorischen Museum von Sofia.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-25

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Teil II: 9. Der Balkan vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten bulg. Reiches

Inschrift ursprünglich über dem Tor dieser Burg,4 die bisher nicht lokalisiert werden konnte, weil über die Verortung des mittelalterlichen Siedlungskerns von Bitola keine Einigkeit in der wissenschaftlichen Sekundärliteratur besteht.5 Ab 976 entfaltete die Aufstandsbewegung um Samuil ihre Offensivkraft gegen Sérrai (Sérres) und die Umgebung von Thessaloniki. 985/986 nahm Samuil Lárissa, die Hauptstadt der byzantinischen Provinz Thessalien, ein.6 Nach dem Fall der Stadt kam es zu Umsiedlungsaktionen der lokalen Bevölkerung in das herrschaftliche Kerngebiet Samuils. So befreite der byzantinische Kaiser Basíleios II. (976 – 1025) im Rahmen seines endgültigen Siegeszuges viele Rhomäer und Armenier in Bitola, Prespa und Ochrid.7 986 war es Samuil gelungen, die Stadt Sofia unter seine Kontrolle zu bringen, was einen Feldzug Basíleios’ II. zwecks Belagerung derselben zur Folge hatte. Das byzantinische Heer scheiterte nicht nur an den Mauern der Stadt, sondern wurde auf dem Rückzug nach Philippopel (Plovdiv) am 17. August 986 schwer geschlagen. In der Folge besetzte Samuil bis 989 die bedeutenden Zentren Veliki Preslav (Šumen), Pliska, Béroia (Véroia) und Sérbia.8 Spätestens im Jahre 996 war auch die Stadt Dyrrháchion (Durrës) in seine Hände gefallen, sodass er, den westlichen Abschnitt der Via Egnatia – die vitale Verbindung zwischen Konstantinopel und der Adria – nutzend und kontrollierend, den militärischen Druck auf Thessaloniki erhöhte.9 Einen nachhaltigen Wendepunkt in der Offensivkraft Samuils stellte die Schlacht am Fluss Spércheios10 im heutigen Mittelgriechenland im Jahre 996/997 dar, als der byzantinische Feldherr Nikephóros Uranós11 den Sieg davontrug. In denselben Zeitraum fällt eine erfolgreiche Expedition Samuils gegen den serbischen Herrschaftsbereich der Zeta, in deren Zuge er den Fürsten Jovan Vladimir gefangen nahm. Der Priester von Diocleia überliefert in seiner Chronik die Vita von Jovan Vladimir, der mit dem Byzantinischen Reich sympathisierte, um sich seines expansiven Nachbarn Samuil zu erwehren. Als Gefangener am Hofe Samuils in Prespa lernte er Samuils Tochter Kosara (Teodora) kennen, die sich in ihn verliebte. Im Anschluss an die Hochzeit wurde er als Schwiegersohn wieder in sein angestammtes Herrschaftsgebiet in der Küstenzone entlassen. Nach Samuils

4

Mihaljčić/Steindorff, Namentragende Steininschriften, 125–128 (Nr. 185). Vgl. dazu: Adžievski, Pelagonija vo sredniot vek, 51–53; Pirivatrić, Samuilova država, 24; Tomović, Morfologija ćiriličkih natpisa, 33 (Nr. 4). Die Inschrift wird jetzt im Museum von Bitola verwahrt.

5

Adžievski, Pelagonija vo sredniot vek, 51f.

6

Pirivatrić, Samuilova država, 88.

7

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 363, Z. 54f.

8

Pirivatrić, Samuilova država, 93–96.

9

Ebd., 104f., 110.

10

Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 261f.

11

Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 2, Bd. 4 (Hgg. Lilie u. a.), 720–727 (Nr. 25617).

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HGSOE, Bd. 1

Die Aufstandsbewegung des Zaren Samuil

Tod (1014) lockte dessen Nachfolger Jovan Vladislav (1015 – 1018) den Fürsten Jovan Vladimir 1015 nach Prespa und ließ ihn enthaupten.12 Das Erstarken des Byzantinischen Reiches auf der Balkanhalbinsel hatte die Rückgewinnung von Veliki Preslav und Pliska (1000), von Béroia, Sérbia und Thessalien (1001) sowie von Dyrrháchion (1005) zur Folge13 und führte schließlich zur verheerenden Niederlage von Samuils Truppen in der Schlacht am Belasica-Gebirge (Kleídion/Ključ) im Sommer des Jahres 1014. Samuil selbst erlitt laut der Chronik des Johannes Skylítzes beim Anblick seiner durch die Byzantiner nach der Schlacht geblendeten Krieger einen Herzschlag und starb kurze Zeit später.14 Nach Samuils Tod trat dessen Sohn Gabriel Radomir die Herrschaft an. Doch bereits im August/September des Jahres 1015 wurde er von Jovan Vladislav (s. o.), dem Sohn von Samuils Bruder Aron, ermordet, der wiederum im Februar 1018 vor Dyrrháchion fiel. In demselben Jahr eroberten die byzantinischen Truppen Ochrid, das Zentrum des herrschaftlichen Kerngebietes Samuils, endgültig. Hierbei fielen Kaiser Basíleios II. sowohl der Staatsschatz als auch die Witwe des letzten Herrschers Jovan Vladislav und deren Kinder in die Hände.15

12

Siehe zur Edition der Chronik samt Vita: Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin), 78–85, sowie Živković/Kunčer (Hgg.), Gesta regum Sclavorum. Eine rezente kritische Analyse der Chronik in: Bujan, La Chronique du Prêtre de Dioclée.

13

Pirivatrić, Samuilova država, 114–116.

14

Siehe zu einer Neubewertung dieser Ereignisse: Schreiner, Die vermeintliche Blendung.

15

Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 46–48, 107–117; Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 1, 51 (Chronik 3/6) und Bd. 2, 138f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 709f., 850–853.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 9. Der Balkan vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten bulg. Reiches

9.2

ZUM HERRSCHAFTSGEFÜGE IM 11. JAHRHUNDERT

Die byzantinische Eroberung Ochrids stellt einen wichtigen strukturellen Einschnitt in der kirchlichen Organisation der Balkanhalbinsel dar.16 Basíleios II. ließ ein autokephales byzantinisches Erzbistum Bulgaría in Ochrid erstehen und mit drei – in ihrer Echtheit umstrittenen – Sigíllia (1019/1020) urkundlich definieren.17 Dieses Erzbistum war aufgrund seines kirchenrechtlichen Status’ nicht direkt dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel unterstellt, sondern dessen Erzbischof wurde vom byzantinischen Kaiser bis 1453 designiert.18 Aus dieser Definition leiten sich die seit dem 12. Jahrhundert bezeugte Theorie von der Identität Ochrids mit Iustiniana prima und der damit in Verbindung stehende spätere wissenschaftliche Diskurs ab, wonach die Gründung des Erzbistums in Ochrid eine Weiterführung des kirchlichen Zentrums Iustiniana prima darstellt, das vom byzantinischen Kaiser Justinian I. im 6. Jahrhundert auf der Balkanhalbinsel etabliert wurde.19 Nach dem Tode des ersten Erzbischofs von Ochrid namens Ioan [Jovan] (ca. 1037), der höchstwahrscheinlich Slawe war,20 handelte es sich bei seinen Nachfolgern ausschließlich um Griechen, die häufig aus den Reihen des Patriarchalklerus von Konstantinopel rekrutiert wurden. Die Jurisdiktion des Erzbistums von Ochrid umfasste einen Großteil der westlichen Balkanhalbinsel und reichte im Norden bis zur Donau. Zu bedeutenden Erzbischöfen zählten unter anderem Léon (1. Hälfte 11. Jh.)21 und Theophýlaktos von Ochrid (Ende 11. Jh./Anfang 12. Jh.)22. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte eine umfassende Diskussion über den Charakter des Herrschaftsgebietes des Zaren Samuil in der Forschung ein, inwieweit es als integraler Bestandteil des Ersten bulgarischen Reiches bzw. als westbulgarisches Reich zu verstehen oder zu betrachten sei. Hierbei ergab sich ein deutlicher Gegensatz zwischen der serbischen23 und der bulgarischen24 Historiographie. Zusätzliches Gewicht erhielt dieser Diskurs durch die Gründung der Teilrepublik Makedonien im Rahmen des zweiten Jugoslawien 1944/1945 und die damit in Verbindung

16

Györffy, Zur Geschichte der Eroberung Ochrids, Bd. 2.

17

Ivanov, Bălgarski starini iz Makedonija, 550–562. Siehe zur Echtheit der Sigíllia: Konstantinou-Stergiadou, Die Echtheit der Sigillia von Basilius II; Pirivatrić, Samuilova država, 99.

18

Dēlekarē, Η Αρχιεπισκοπή Αχριδών κατά τον µεσαίωνα; Prinzing, The Autocephalous Byzantine Ecclesiastical Province; Podskalsky, Theologische Literatur, 70–72. Siehe auch: Prokić, Postanak Ohridskog patrijarhata; Snegarov, Istorija na Ochridskata archiepiskopija; Tăpkova-Zaimova, Entre Ochrid et Tirnovo.

19

Prinzing, Entstehung und Rezeption der Justiniana-Prima-Theorie. Siehe auch: Šukarova, Justinijana Prima.

20

Prokić, Prvi Ohridski arhiepiskop Jovan.

21

Büttner, Erzbischof Leon von Ohrid.

22

Mullett, Theophylact of Ochrid. Eine komplette Liste aller Erzbischöfe von Ochrid von den Anfängen bis in das 18. Jh. in: Angeličin-Žura, Poglavari na Ohridskata crkva.

23

Vgl. dazu z. B.: Prokić, Postanak jedne slovenske carevine; Anastasijević, Hipoteza o „zapadnoj“ Bugarskoj, Bd. 3.

24

Siehe unter anderem: Zlatarski, Zapadnata bălgarska dăržava.

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HGSOE, Bd. 1

Zum Herrschaftsgefüge im 11. Jahrhundert

stehenden identitätsstiftenden Erörterungen, die sich teilweise in deutlichem Gegensatz zu den zwei oben erwähnten Positionen befinden.25 Im Gefüge der byzantinischen Provinzialverwaltung gehörte das ursprüngliche Herrschaftsgebiet Samuils zunächst bis 1185 zum Dukat Bulgaría mit dem Hauptort Skopje, um danach unter Kaiser Aléxios I. Komnenós ein eigenes Thema zu bilden, das zeitweise mit Dyrrháchion in Verbindung stand. Die wirtschaftliche und fiskalische Integration der von den Byzantinern erneut in ihren Herrschaftsbereich eingegliederten Gebiete wurde in Ermangelung einer ausreichenden monetären Zirkulation durch Basíleios II. dahingehend gelöst, dass Steuern in Naturalien abgeführt werden durften. Als der byzantinische Kaiser Michael  IV. der Paphlagonier (1034 – 1041) diese Bestimmung umstieß und die Abgabe der Steuern in Münzen einforderte, kam es im Jahre 1040 zu einem groß angelegten Aufstand in den vormals bulgarischen Gebieten, der von Petar Deljan angeführt wurde.26 Deljan, der als Sohn des Gabriel Radomir auftrat, ließ sich in Belgrad zum Zaren ausrufen. Als die Byzantiner ihre Truppen aus Dyrrháchion gegen die Aufständischen im Norden in Bewegung setzten, brach unter einem Soldaten namens Tihomir, der ebenfalls zum Zaren ausgerufen wurde, ebendort eine Revolte aus. Beide Prätendenten trafen höchstwahrscheinlich in Skopje aufeinander, wobei Tihomir eliminiert wurde. Deljan stieß daraufhin nach Süden gegen Thessaloniki vor und unterbrach die Via Egnatia. Zudem isolierte er Dyrrháchion zu Lande und eroberte es schließlich.27 In diesem Moment schloss sich Alusiános, der zweite Sohn des Jovan Vladislav und somit ein Neffe des Zaren Samuil, Deljan an und wurde von den Aufständischen zum Mitherrscher ernannt. Ein Konflikt zwischen beiden Persönlichkeiten führte jedoch zum Zusammenbruch des Aufstandes. Alusiános verriet seinen Mitstreiter, ließ ihn blenden und lief daraufhin zu den Byzantinern über (1041). Kaiser Michael IV. begnadigte den Überläufer, schritt zur Gegenoffensive und zerschlug den Aufstand, der sich zu einem der größten des 11. Jahrhunderts im europäischen Teil des Byzantinischen Reiches entfaltet hatte.28 Eine zusätzliche Schwächung der byzantinischen Position auf der Balkanhalbinsel war durch das Turkvolk der Petschenegen erfolgt, die zwar ursprünglich zu den Verbündeten der Byzantiner zählten, jedoch im Jahre 1027 die Donau überquert hatten, um sich Reichsterritorien anzueignen. Den byzantinischen Truppen gelang es, die eingefallenen Petschenegen, die durch Krankheiten stark geschwächt worden waren, zu besiegen und mit ihnen strukturschwache Gebiete der zentralen Balkanhalbinsel zwischen Sofia und Niš zu besiedeln. Kaiser Konstantin IX. Monomáchos (1042 – 1055) war nach dem Aufstand Deljans in den Jahren 1040/1041 bestrebt, die Petschenegen einzusetzen, um die vormaligen Herrschaftsgebiete Samuils in Botmäßigkeit zu halten, weil

25

Vgl. z. B.: Panov, Makedonija niz istorijata, 72–87.

26

Angold, The Byzantine Empire, 8f. Siehe auch: Cheynet, Pouvoir et contestations, 387–392; Ferluga, Aufstände im byzantinischen Reich.

27

Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 141–157; Fine, The Early Medieval Balkans, 203–206.

28

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 1,2, 779f.; Bd. 2, 44f.; Bd. 3, 44f., 60f., 127f., 485f.

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Teil II: 9. Der Balkan vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten bulg. Reiches

offenbar geworden war, dass die ursprüngliche administrative Einteilung durch Basíleios II. zentrifugale Tendenzen nicht nachhaltig zurückzudrängen vermochte.29 Zu derselben Zeit sicherte sich Stefan Vojislav die Unabhängigkeit seines Herrschaftsbereiches Zeta von den Byzantinern, dem er außerdem die Gegenden von Trebinje und Zahumlje einverleibte.30 Mihailo, der Sohn und Nachfolger Stefan Vojislavs, stellte die Kontakte zu Byzanz wieder her und wurde von Kaiser Konstantin IX. mit der hohen Würde des protospathários ausgezeichnet.31 Die fragile politische, militärische und soziale Lage auf der Balkanhalbinsel erfuhr zwischen 1071 und 1081 weitere tiefgreifende Erschütterungen. 1071 war Bari, die letzte Bastion der Byzantiner in Süditalien, in normannische Hände gefallen. Gleichzeitig drangen die Seldschuken nach der schweren byzantinischen Niederlage in der Schlacht bei Mantzikert ab 1071 systematisch in Kleinasien vor und entzogen Konstantinopel dieses vitale Kerngebiet. Somit waren bis zum Regierungsantritt des Aléxios I. Komnenós (1081) große Teile Kleinasiens für die Byzantiner verloren und im Sultanat Rum aufgegangen. Parallel dazu schrumpfte der byzantinische Einfluss auf der Balkanhalbinsel zusehends. 1066 hatten sich Griechen, Slawen und Vlachen in Thessalien erhoben.32 1072 führte Georg Vojtech die Slawen im byzantinischen Makedonien zum Aufstand. Ihm eilte Konstantin Bodin,33 der Sohn Mihailos, aus der Zeta mit Truppen zu Hilfe und ließ sich in Prizren zum Zaren ausrufen. Bodin eroberte sowohl Skopje, den Sitz des byzantinischen Strategen, als auch Niš. Danach fielen Ochrid und Devol in seine Hände. Vor Kastoriá erlitt Bodin jedoch eine Niederlage durch byzantinische Truppen und zog sich daraufhin nach Zeta zurück. Georg Vojtech wiederum lavierte zwischen der Fortführung des Aufstandes und einer Annäherung an die Byzantiner. Schließlich wurde er festgesetzt und starb in byzantinischer Gefangenschaft.34 1081 sah sich der byzantinische Kaiser Aléxios I. Komnenós (1081 – 1118), ein bedeutender Vertreter der Militäraristokratie und Begründer der Komnenendynastie, mit den süditalienischen Normannen unter der Führung von Robert Guiscard konfrontiert. Diese beabsichtigten, Dyrrháchion als Einfallstor in den europäischen Teil des Byzantinischen Reiches und in der Folge die Via Egnatia zu nutzen. Sollten sich die Normannen mit Dyrrháchion einen dauerhaften Brückenkopf schaffen können, wären das byzantinische Makedonien und Thessaloniki als wichtigste byzantinische Stadt auf der südlichen Balkanhalbinsel sowie die Zentren Kastoriá und Ioánnina mit der Provinz Thessalien gefährdet gewesen. Ein Verlust dieser wirtschaftlich starken Gebiete

29

Angold, The Byzantine Empire, 9, 15, 17; Fine, The Early Medieval Balkans, 208–211.

30

Wasilewski, Stefan Vojislav de Zahumlje et Byzance; Živković, Portreti vladara, 92–104.

31

Blagojević, Srpska državnost u srednjem veku, 76. Siehe auch: Cheynet, La place de la Serbie; Živković, Portreti vladara, 105–113.

32

Eine zentrale Quelle zur Geschichte der Balkanhalbinsel im 11. Jh. ist das Strategikón des Kekauménos. Siehe zum Autor: Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, Bd. 1, 162–164. In dt. Übers.: Kekaumenos, Vademecum des byzantinischen Aristokraten (Übers. Beck).

33

Živković, Portreti vladara, 114–123.

34

Fine, The Early Medieval Balkans, 213–215; Živković, Dukljansko-vizantijski rat.

778

HGSOE, Bd. 1

Zum Herrschaftsgefüge im 11. Jahrhundert

hätte ein Ende des Byzantinischen Reiches in Europa zur Folge haben können. Aléxios I. entschloss sich daher, sich den Normannen vor den Mauern von Dyrrháchion zu stellen. Gleichzeitig wusste er die maritime Verwundbarkeit der Normannen geschickt auszunutzen, indem er die Flotte der Venezianer gegen Gewährung neuer Handels- und Steuerprivilegien (1082) für seine Zwecke beanspruchte. Die Venezianer unterbrachen erfolgreich die Nachschubwege der Normannen, sodass der Kommandant von Dyrrháchion namens Geórgios Palaiológos so lange Widerstand leisten konnte, bis Aléxios I. sein Heer versammelt und im Oktober 1081 vor die belagerte Stadt geführt hat. Allerdings erlitt der byzantinische Kaiser ebendort eine verheerende Niederlage. In der Folge fielen Dyrrháchion und Ioánnina in normannische Hände, was Auflösungsprozesse der byzantinischen militärischen Strukturen in diesem Bereich der Balkanhalbinsel zur Folge hatte. Zwar gelang es Aléxios I., den Kaiser und deutschen König Heinrich IV. für eine aktivere Rolle in Süditalien zu gewinnen, jedoch setzte Bohemund, der Sohn des Robert Guiscard, die normannischen Vorstöße auf der Balkanhalbinsel unvermindert fort. In der ersten Hälfte des Jahres 1082 erlitt Aléxios eine weitere schwere Niederlage. Da die Festungen rings um Thessaloniki den Normannen standhielten, wandte sich Bohemund nach Süden, um Lárissa, die Hauptstadt Thessaliens, einzunehmen. Der Kommandant Lárissas, Léon Kephalás, konnte sich sechs Monate behaupten und Aléxios damit genügend Zeit für das Sammeln neuer Truppen verschaffen. Im Sommer 1083 gelang dem byzantinischen Kaiser ein entscheidender Sieg gegen die Normannen in Thessalien, die sich daraufhin nach Kastoriá zurückzogen. Somit war die unmittelbare Gefahr für die byzantinischen Provinzen Makedonien und Thessalien gebannt. 1084 unternahm Robert Guiscard einen erneuten Versuch, auf Kosten des Byzantinischen Reiches in Europa zu expandieren. Nachdem in aufeinanderfolgenden Seegefechten die venezianische Flotte zurückgedrängt worden war, landete der normannische Heerführer auf der Insel Kephallenía. Bevor er seinen Eroberungszug fortsetzen konnte, war er indes unerwartet einem Fieber am 17. Juli 1085 erlegen.35 Nach der erfolgreichen Abwehr der Normannen richteten die Byzantiner ihr Augenmerk mittels des byzantinischen Statthalters von Dyrrháchion, Johannes Dúkas, auf den Herrschaftsbereich der Zeta. Zudem besiegte Aléxios I. die Petschenegen nachhaltig mit Hilfe der Kumanen, eines nomadischen Turkvolkes, im Jahre 1091 und wandte sich danach dem Inneren der Balkanhalbinsel zu, wo der Herrschaftsvertreter (Župan)36 von Raška namens Vukan die Grenzen seiner Herrschaft nach Süden zu vergrößern beabsichtigte.37 Vukan hatte zunächst am Hofe Bodins von Zeta geweilt, durch den er zum Herrschaftsvertreter von Raška aufgestiegen war. Von 1091 bis 1094 eroberte er im Kampf gegen lokale byzantinische Befehlshaber Teile des heutigen Kosovo, die Gegenden von Vranje und Skopje sowie die Landschaft Polog nördlich von Tetovo. Zwar musste sich Vukan im Angesicht byzantinischer Gegenoffensiven

35

Angold, The Byzantine Empire, 106–109. Zu den Vorgängen um Dyrrháchion: Ferluga, Drač i njegova oblast, 97–104.

36

Blagojević, Srpska državnost, 22–26; Živković, The Urban Landscape of Early Medieval Slavic Principalities, 23–26.

37

Živković, Portreti vladara, 124–138.

HGSOE, Bd. 1

779

Teil II: 9. Der Balkan vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten bulg. Reiches

wiederholt zurückziehen, allerdings gelang es den Byzantinern nicht, ihn endgültig zu unterwerfen.38

38

Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 384–389; Maksimović, Zigos na srpsko-vizantijskoj granici.

780

HGSOE, Bd. 1

Die neuen Machtverhältnisse des 12. Jahrhunderts

9.3

D IE NEUEN MACHTVERHÄLTNISSE DES 12. JAHRHUNDERTS

Mit Ungarn, an das sich Raška anzulehnen trachtete, betrat ein neuer Machtfaktor zu Beginn des 12. Jahrhunderts die Balkanhalbinsel. Ungarn hatte sowohl Kroatien als auch Dalmatien in seinen Herrschaftsbereich eingegliedert – s. im Detail Kap. 8.2 u. den Anhang (Schreiner) zu Byzanz und Ungarn in der Arpadenzeit – und war im Folgenden bestrebt, byzantinische Gebiete für sich zu beanspruchen. Auf diese Weise geriet Raška zwischen zwei mittelalterliche Großmächte, die die Entwicklung auf der Balkanhalbinsel bis 1204 maßgeblich bestimmen sollten. Johannes II. Komnenós, der Sohn Aléxios’ I., feierte nach 1122 einen entscheidenden Sieg über die Serben. Allerdings flammten wiederholt Aufstände auf, die von Ungarn unterstützt wurden. Unter dessen Sohn Manuel I. Komnenós kam es in Raška zu mehreren aufeinanderfolgenden Aufständen (1149, 1150, 1170, 1172). Bereits im Jahre 1166 hatte Stefan Nemanja als Großžupan die Herrschaft in Raška übernommen. Das Byzantinische Reich erkannte diesen Wechsel in der Herrschaft zunächst nicht an. 1168 setzte sich Stefan Nemanja durch und kämpfte fortan in Bündnissen mit Ungarn, Venedig und Kaiser Friedrich I. Barbarossa für die Selbständigkeit seines Herrschaftsgebietes. Während des byzantinisch-venezianischen Krieges der Jahre 1171/1172 wurde Stefan besiegt und gefangen, wodurch er seine Vasallität gegenüber Kaiser Manuel I. (1143 – 1180) bekräftigen musste.39 Zu Beginn der achtziger Jahre des 12. Jahrhunderts hatte der Unmut der konstantinopolitanischen Bevölkerung gegenüber den Lateinern einen solchen Grad angenommen, dass die byzantinische Hauptstadt zum Schauplatz eines Massakers an den lateinischen Mitbewohnern wurde (1182). Im Zuge dieser Entwicklungen beseitigte Andrónikos I., ein Vetter Manuels I., den Sohn Manuels namens Aléxios (II.) (1183). Die unmittelbare Reaktion der lateinischen Seite blieb nicht aus: Die Venezianer verheerten Teile des Byzantinischen Reiches und besetzten mehrere Inseln. Am Hofe der Normannen auf Sizilien hatte sich die byzantinische Opposition gegen Andrónikos I. versammelt. Gestützt auf einen Thronprätendenten, der vorgab, Aléxios II. zu sein, erreichte eine normannische Expedition im Juni 1185 die Stadt Dyrrháchion und eroberte sie ohne größeren Widerstand. Danach wandten sich die Normannen im August 1185 gegen Thessaloniki, das ebenfalls nicht standhielt. Der Fall dieser Stadt, der von Erzbischof Eustáthios detailliert beschrieben wurde,40 besiegelte das Schicksal Andrónikos’ I., den eine Volkserhebung hinwegfegte.41 Während der soeben beschriebenen Auseinandersetzungen innerhalb des Byzantinischen Reiches erzielte Stefan Nemanja erhebliche Territorialgewinne. Zunächst mit dem ungarischen König Béla III. verbündet, dann selbständig, entriss er Byzanz das Gebiet der Morava, Niš, die Gebiete bis Sofia, Kosovo, und Metochien sowie einige adriatische Küstenstädte (z. B. Kotor, Bar und Ulcinj). Des Weiteren erweiterte er seine Macht auf Zeta. Kaum war die Invasion der Normannen auf halbem Wege zwischen Thessaloniki und Konstantinopel durch die Byzantiner zum Erliegen gebracht

39

Fine, The Early Medieval Balkans, 234–247; Leśny, Stefan Zavida als Sohn von Uroš I.; Petrovszky, Die heiligen Nemanjiden; Radojčić, O hronologiji ugarsko-vizantijskih borbi.

40

Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, Bd. 1, 426–429.

41

Angold, The Byzantine Empire, 263–271.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 9. Der Balkan vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten bulg. Reiches

und die Invasoren über Dyrrháchion vertrieben worden, brach in Bulgarien im Oktober 1185 ein Aufstand aus, den die Brüder Petăr (Theodor) und Asen anführten.42 Diese Erhebung hatte ihr Zentrum im Gebiet von Veliko Tărnovo, im heutigen Norden Bulgariens. Petăr (Theodor) und Asen entstammten einer vornehmen bulgarisch-kumanischen Familie, die Großgrundbesitz rings um Veliko Tărnovo hatte. Unterstützt wurde die Aufstandsbewegung von verwandten Kumanen nördlich der Donau.43 Aber auch die Vlachen spielten darin eine nicht zu unterschätzende Rolle. Dieser Umstand spiegelt sich in der Titulatur der bulgarischen Zaren als Herrscher der „Bulgaren und Vlachen“ wider, die im Besonderen in der Regierungszeit Kalojans (1197 – 1207) – s. ebenso im folgenden Beitrag Kap. 10.4 – in Erscheinung tritt.44 Den byzantinischen Offensiven gegen die Aufständischen unter der Leitung des Kaisers Isaak II. Ángelos waren nur temporäre Erfolge beschieden. Es gelang den Brüdern schließlich, den zentralen und östlichen Teil der Balkanhalbinsel unter ihre Kontrolle zu bringen. Zwischen der unteren Donau und dem Balkangebirge entstand das (Zweite) Bulgarische Reich mit der neuen Hauptstadt Veliko Tărnovo, das von Isaak II. in einem Friedensvertrag anerkannt wurde. 1186 wurde Theodor in der Kirche des Heiligen Demétrios in Veliko Tărnovo unter dem Namen Petăr (II.) zum Zaren erhoben, womit die Dynastie der Aseniden ihren Anfang nahm. Vier Jahre später (1190) trat er aufgrund einer Erkrankung von der Herrschaft zurück, übersiedelte in die alte Hauptstadt Preslav, um von dort die Verwaltung Nordostbulgariens zu leiten und ebnete damit den Weg für die Thronübernahme durch seinen jüngeren Bruder Asen (I.), der seit dem Jahre 1187 den Zarentitel trug. Unter seiner Herrschaft stießen bulgarische Truppen gegen Sofia und Philippopel/Plovdiv sowie gegen Sérrai/ Sérres (1195) und den Unterlauf der Struma (1196) vor. 1196 erhob sich Ivanko, ein Vetter Asen’  I., gegen diesen in Veliko Tărnovo. Er ermordete Asen, der zwei minderjährige Söhne, Ivan (II.) Asen, den späteren Zaren, und Alexander, hinterließ und hoffte auf die militärische Unterstützung durch die Byzantiner. Kaiser Aléxios III. Ángelos (1195 – 1203) zögerte zunächst mit der Unterstützung dieses Umsturzes. Als er schließlich byzantinische Truppen entsenden wollte, verweigerten diese den Gehorsam. Nach rund zwei Monaten, in denen Ivanko über Veliko Tărnovo herrschte, gelang dem vormaligen Zaren Petăr die Rückeroberung und damit die Übernahme der Zarenkrone. Ivanko flüchtete an den byzantinischen Hof in Konstantinopel und erhielt den Namen Aléxios. In der Folge ernannte Kaiser Aléxios III. den Überläufer zum Kommandanten von Plovdiv, das die letzte Bastion des Byzantinischen Reichs zum Zweiten bulgarischen Reich war. Ivanko gelang es, die Grenze zu Bulgarien zu stabilisieren. In der Zwischenzeit (1197) war auch Zar Petăr ermordet worden, sodass sein jüngerer Bruder Kalojan die Macht übernahm. Zu Beginn des Jahres 1199 fiel Ivanko jedoch von den Byzantinern ab, um ein eigenes Herrschaftsgebiet zwischen Byzanz und Bulgarien zu schaffen. Byzantinische Gegenmaßnahmen zwangen ihn, in die Rhodopen auszuweichen, wo er mit einer Guerillataktik gegen 42

Kajmakamova, Vlast i istorija v srednovekovna Bălgarija; Nystazopoulou-Pélékidou, La domination byzantine en Bulgarie; Prinzing, Demetrios-Kirche und Aseniden-Aufstand; Radić, Oblasni gospodari u Vizantiji, 172–192.

43

Vásáry, Cumans and Tatars.

44

Božilov, Familijata na Asenevci, 17.

782

HGSOE, Bd. 1

Die neuen Machtverhältnisse des 12. Jahrhunderts

seine mächtigen Nachbarn operierte. Schließlich lockte Kaiser Aléxios III. den abtrünnigen Ivanko mit einer List in eine Falle und ließ ihn beseitigen (1200). Das Zweite bulgarische Reich hatte hingegen in der Person des Zaren Kalojan einen neuen mächtigen Herrscher, der sich sowohl gegen das Byzantinische Reich als auch gegen die Kreuzfahrer des Vierten Kreuzzugs (1204) erfolgreich behaupten sollte.45

45

Angold, The Byzantine Empire, 271–275; Baseli-Barabas, Das Bild des „anderen“; Božilov, La famille des Asen [siehe dazu auch das umfangreiche Standardwerk desselben Autors: Familijata na Asenevci]; Gjuzelev, Der Aufstand der Aseniden; Malingoudis, Die Nachrichten des Niketas Choniates; Mavromatis, La formation du Deuxieme Royaume bulgare; Radić, Oblasni gospodari u Vizantiji, 176–192; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 288–306; Tăpkova-Zaimova, Restauration de la Bulgarie par les Assénides.

HGSOE, Bd. 1

783

Daniel Ziemann

→ KARTE XXII

10. DAS ZWEITE BULGARISCHE REICH: VOM REICH DER ASENIDEN BIS ZUR OSMANISCHEN EXPANSION

10 .1

QUELLEN

Die Quellenlage wird insbesondere von byzantinischen Chronisten dominiert. Nikétas Choniátes ist die Hauptquelle für die frühe Phase des 12. Jahrhunderts bis zur Eroberung von Konstantinopel 1204.1 Geórgios Akropolítes liefert wertvolle Informationen bis 1261.2 Hinzu tritt die auf seiner Grundlage verfasste Synopsis Chronikē3 des Theódoros Skutariótes, die Verschronik des Ephraim.4 Für das 13. und 14. Jahrhundert liefern vor allem ab 1255 Geórgios Pachyméres,5 ab 1312

1

Nicetae Choniatae Historia. Rec. Ioannes Aloysius van Dieten. Pars prior: Praefationem et textum continens; pars altera: Indices continens. Berolini, Novi Eboraci 1975.; dt. Übers.: Die Krone der Komnenen. Die Regierungszeit der Kaiser Joannes und Manuel Komnenos (1118 – 1180) aus dem Geschichtswerk des Niketas Choniates. Übers., Hg. Franz Grabler. Graz 1958; Abenteurer auf dem Kaiserthron. Die Regierungszeit der Kaiser Alexios II., Andronikos und Isaak Angelos (1180–1195) aus dem Geschichtswerk des Niketas Choniates. Übers., Hg. ders. Graz, Köln 1958; Die Kreuzfahrer erobern Konstantinopel. Die Regierungszeit der Kaiser Alexios Angelos, Isaak Angelos und Alexios Dukas, die Schicksale der Stadt nach der Einnahme sowie das „Buch von den Bildsäulen“ (1195–1206) aus dem Geschichtswerk des Niketas Choniates. Übers., Hg. ders. Graz 1958; engl. Übers.: O City of Byzantium. Annals of Niketas Choniates. Übers., Hg. Harry J. Magoulias. Detroit 1984; zum Autor: Alicia Simpson/Stephanos Efthymiadis (Hgg.), Niketas Choniates. A Historian and a Writer. Geneva 2009; Alicia J. Simpson, Niketas Choniates. A Histiographical Study. Oxford 2013; ital. Ausg. mit Übers. und Kommentar v. Anna Pantani: Niceta Choniata. Grandezza e catastrofe di Bisanzio(narrazione cronologica). A cura di Anna Pontani; testo critico e nota al testo di Jan-Louis van Dieten. Bde. 1–3. Roma 1994 – 2017.

2

Georgii Acropolitae Opera. Rec. Augustus Heisenberg. Editionem anni MCMIII correctiorem curavit Peter Wirth. Bd. 1: Continens Historiam, Breviarum Historiae, Theodori Scutariotae Additamenta. Stuttgardiae 1978; dt. Übers.: Georgios Akropolites (1217–1282). Die Chronik. Übers., Hg. Wilhelm Blum. Stuttgart 1989; engl. Übers.: George Acropolites. The History. Hg., Übers. Ruth Macrides. Oxford, New York 2007; frz. Übers.: Georges Acropolitès. Chronique du XIIIe siècle. L’empire grec de Nicée. Übers., Hg. Jean Dayantis. Paris 2012.

3 Die Σύνοψις χρονική ist ediert: Ἀνωνύμου Σύνοψις Χρονική. Anonýmou, Sýnopsis chroniké, in: Μεσαιωνικὴ Βιβλιοθήκη.

Bibliotheca Graeca medii aevi. Nunc primum edidit Constantinus N. Sathas. Bd. 7. Venedig, Paris 1894, 1–556; die Χρονικά, vielleicht ein Arbeitsexemplar für die Erstellung der Σύνοψις χρονική, ist ediert bei: Theodori Scutariotae Chronica. Ed. Raimondo Tocci. Berolini 2015 (dort 102*–115* zum Verhältnis der beiden Texte zueinander).

4

Ephraem Aenii historia chronica. Rec. Odysseas Lampsides. Athenis 1990; Od. Lampsides, Beiträge zum byzantinischen Chronisten Ephraem und zu seiner Chronik. Athen 1971.

5

Georges Pachymérès. Relations historiques. 5 Bde. Übers., Hg. Albert Failler. Paris 1984–2000.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-26

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Nikephóros Gregorás6 und für 1320 – 1356 Johannes Kantakuzenós7 wertvolle Informationen. Weitere Chroniken wie beispielsweise Pseudo-Kodinos enthalten ergänzende Angaben.8 Ferner tragen Johannes Staurákios’ Wunderberichte des heiligen Demétrios,9 Nikephóros Chrysoberges10 und ein Lobgedicht des Manuel Philes zum Kenntnisstand für bestimmte Ereignisse und Zeitabschnitte bei.11 Bulgarische Quellen, bzw. Quellen bulgarischen Ursprungs bieten hingegen nur vereinzelt Einblicke in die Verhältnisse des zweiten Bulgarenreiches. Dort, wo sie erhalten geblieben sind, liefern sie jedoch sehr dichte und sonst nicht überlieferte Details. Hierzu zählen das Synodikon des Zaren Boril mit der Nennung vieler kirchlicher Amtsträger,12 weiterhin Ergänzungen zur altbulgarisch/altkirchenslawischen Übersetzung der Chronik des Konstantin Manásses,13 Urkunden,14 Inschriften, Münzprägungen, Siegel, etc.15 Hinzu kommen Heiligenviten, so beispielsweise drei

6

Nicephori Gregorae Byzantina historia Graece et Latine. Bde. 1–2. Cura Ludovici Schopeni. Bonnae 1829–1830; Niceophori Gregorae Historiae Byzantinae libri postremi ab Immanuele Bekkero nunc primum ed. Bonnae 1855; Nikephoros Gregoras. Rhomäische Geschichte. Historia RhomaÏke. Bde. 1–5. Übers., Hg. Jan Louis van Dieten. Bd. 6 in Fortsetzung der Arbeit von Jan Louis van Dieten. Übers., Hg. Franz Tinnefeld. Stuttgart 1973 – 2007; Νικηφόρος Γρηγοράς. Ρωμαϊκή ιστορία. Α’ περίοδος: 1204–1341 [Nikephoros Gregoras. Rhomäische Geschichte. 1. Periode]. Hgg. Dēmētrēs Moschos/Giōta Koulouridou. Athen 1997.

7

Ioannis Cantacuzeni ex imperatoris historiarum libri IV. Graeci et Latine. Bde. 1–3. Cura Ludovici Schopeni. Bonnae 1828 – 1832.

8

Ruth J. Macrides/Joseph A. Munitiz/Dimiter Angelov, Pseudo-Kodinos and the Constantinopolitan Court. Offices and Ceremonies. Farnham 2013; Peter Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken. Chronica Byzantina breviora. 3 Bde. Wien 1975 – 1979; Bd. 1: 148f., Bd. 2: 1f., Bd. 3: 4f.

9

Ioannes Staurakios. Λόγος εἰς τἀ θαύματα τοῦ Αγίου Δημητρίου [Predigt auf die Wunder des Hl. Demétrios]. Hg. Ioannes Iberites, in: Μακεδονικα, 1 (1940), 324–376.

10

Nicephori Chrysobergae ad Angelos orationes tres. Ed. Maximilianus Treu. Breslau 1892, 1–50.

11

Manuelis Philae Carmina. Ex codicibus Escurialensibus, Florentinis, Parisinis et Vaticanis nunc primum edidit E. Miller. Bde. 1–2. Parisiis 1855–1857; hier Bd. 2, 240–255.

12

Borilov sinodik. Izdanie i prevod [Borils Synodikon. Edition und Übers.]. Übers., Hgg. Ivan Božilov u. a. Sofija ²2012; Sinodik carja Borila [Das Synodikon des Zaren Boril]. Hg. M. G. Popruženko. Sofija 1928.

13

Dmitrij S. Lichačev/Ivan Dujčev (Hgg.), Srednebolgarskij perevod Chroniki Konstantina Manassii v slavjanskich literaturach [Die mittelbulgarische Übersetzung der Chronik des Konstantin Manasses in den slawischen Literaturen]. Sofija 1988; Vasja Velinova, Vatikanskijat prepis na srednobălgarskija prevod na Chronikata na Konstantin Manasij [Die Vatikanische Kopie der mittelbulgarischen Übersetzung der Chronik des Konstantin Manasses], in: Constantine Manasses. Synopsis Chroniki. Codex Vaticano Slavo 2, 1344–45. Hg. Aksinia Džurova. Athens 2007 (Faksimile-Ausg.), 105–220; Die slavische Manasses-Chronik. Nach d. Ausg. v. Joan Bogdan. Mit einer Einl. v. Johann Schröpfer. München 1966.

14

Grigorii A. Il’inskij (Hg.), Gramoty bolgarskikh carey [Urkunden der bulgarischen Zaren]. With an Introduction by Ivan Dujčev. London 1970 (Erstausg.: Moskau 1911); Angelina Daskalova/Maria Raikova, Gramoti na bălgarskite care [Urkunden der bulgarischen Zaren]. Sofija 2005; Ivan Božilov, Bălgarija i Dubrovnik. Dogovorăt ot 1253 g. [Bulgarien und Dubrovnik. Der Vertrag von 1253]. Sofija 2010.

15 Todor

Gerasimov, Sceaux bulgares des XIIIe et XIVe siècles, Byzantinoslavica 21 (1960), H. 1, 62–74; Ivan Jordanov, Korpus na pečatite na srednovekovna Bălgarija [Corpus mittelalterlicher bulgarischer Siegel]. Sofija 2001; ders. (Hg.), Corpus of Byzantine Seals from Bulgaria. Bde. 1–3. Sofia 2003 – 2009; Jean B. Papadopoulos/Arcadios Vatopédinos, Un acte officiel du despote Alexis Sthlavos au sujet du couvent de Spéléotissa près de Mélénicon, Spisanie na Bălgarskata Akademija na Naukite 22 (1933), H. 45, 1–6; Actes de Vatopédi. Bd. 1: Des origines à 1329. Texte. Édition diplomatique par Jacques Bompaire/Jacques Lefort/Vassiliski Kravari/Christophe Giros.

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HGSOE, Bd. 1

Quellen

Viten des Ivan Rilski und die umfangreichen Werke und Briefe der Ochrider Erzbischöfe Theophýlaktos Héphaistos (1088/1092 – 1120/1126) für die Zeit der byzantinischen Herrschaft und Demétrios Chomatenós (1216 – 1236) für den Beginn des 13. Jahrhunderts.16 Westliche Quellen steuern ebenfalls wichtige Informationen zum Zweiten bulgarischen Reich bei, so vor allem im Zusammenhang mit dem Dritten Kreuzzug die Historia de expeditione Friderici imperatoris,17 die Historia peregrinorum,18 der Bericht des Passauer Klerikers Tageno,19 die Chronik des Bischofs Sicardus von Cremona20 und die Chronik des Albertus Miliolus.21 Für den Vierten Kreuzzug bilden Geoffroy de Villehardouin (vor 1150 – ca. 1212),22 Robert de Clari,23 die Chronique d’Ernoul et

Paris 2001, 119–128; Kazimir Popkonstantinov/Otto Kronsteiner (Hgg.), Starobălgarski nadpisi – Altbulgarische Inschriften. Bd. 2. Salzburg 1997; Nikola A. Mušmov, Monetite e pečatite na bălgarskite care [Die Münzen und Siegel der bulgarischen Zaren]. Sofija 1924; Phaedon Malingoudis, Die mittelalterlichen kyrillischen Inschriften der Hämus-Halbinsel. Bd 1: Die bulgarischen Inschriften. Thessaloniki 1979; Vasilka Gerasimova, Dve kambani ot Melnik s nadpisi ot XIII v. [Zwei Glocken aus Melnik mit Inschriften aus dem 13. Jh.], Archeologija 44 (2003), H. 3, 42–48; dies., Nadpisi vărchu metal ot Melnik [Inschriften auf Metall aus Melnik], Prinosi kăm bălgarskata archeologija 6 (2009), 238–252, 239; Konstantin Totev, Zlatni prăsteni-pečati ot vremeto na vtoroto bălgarsko carstvo 1185 – 1396 [Goldene Siegelringe aus der Zeit des Zweiten bulgarischen Reiches 1185–1396]. Veliko Tărnovo 2010. 16 Jordan

Ivanov (Hg.), Žitija na sv. Ivana Rilski. S uvodni beležki [Die Viten des Hl. Johannes von Rila. Mit einführenden Bemerkungen], Godišnik na Sofijskija universitet, Istoriko-filologičeski fakultet 32 (1935/1936), 1–109; Vasil Kiselkov (Hg.), Sveti Ivan Rilski, Žitija [Der Hl. Johannes von Rila. Die Viten]. Sofija 1940; Ivan Gošev, Trite naj-stari prostranni žitija na prepodobnija Iv. Rilski. Tekst i istoriko-liturgičeski komentar [Die drei ältesten ausführlichen Viten des ehrwürdigen Johannes von Rila. Text und historisch-liturgischer Kommentar], Godišnik na Sofijskija universitet, Bogoslovski fakultet 25 (1947/1948), 3–72; Paul Gautier, Théophylacte d’Achrida. Lettres. Epistulae. Thessalonique 1986; Demetrii Chomateni Ponemata diaphora. Rec. Günter Prinzing. Berolini 2002.

17 A.

Chroust (Hg.), Quellen zur Geschichte des Kreuzzuges Kaiser Friedrichs I. Historia de expeditione Friderici imperatoris et quidam alii rerum gestarum fontes eiusdem expeditionis. Berlin 1928, 1–115; dt. Übers.: Der Kreuzzug Friedrich Barbarossas 1187 – 1190. Bericht eines Augenzeugen. Übers., Hg. Arnold Bühler. Stuttgart 2002.

18

Zu finden in Chroust (Hg.), Quellen zur Geschichte des Kreuzzuges, 116–172.

19

Magni presbyteri annales Reicherspergenses. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS 17. Hannoverae 1861, 476–523 (Chronica collecta a Magno presbytero –1195), 509–517; zu ihm: Ferdinand Güterbock, Il diario di Tageno e altri fonti della terza crociata, Bolletino dell’Istituto storico italiano 55 (1941), 223–275.

20

Sicardi Episcopi Cremonensis Cronica – 1213. Ed. O. Holder-Egger, in: MGH SS 31. Hannoverae 1903, 22– 181.

21

Alberti Milioli notarii Regini Liber de temporibus et aetatibus et Cronica imperatorum. Ed. O. Holder-Egger, in: ebd., 336–668.

22

[Geoffroi de] Villehardouin. La conquête de Constantinople. Éd. et trad. par Edmond Faral. Paris 2 1961.

23

Robert de Clari. La conquête de Constantinople. Publ. par Ph.[ilippe] Lauer. Paris 1924; Robert de Clari. La conquête de Constantinople. Übers. Jean Dufournet. Paris 2004; Robert de Clari. La conquête de Constantinople. Ed. by Peter Noble. Edinburgh 2005; Roberto di Clari. La conquista di Costantinopoli (1198–1216). Studio crit., trad. e note di Anna Maria Nada Patrone. Genova 1972.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

de Bernard le Trésorier,24 die Chronik von Moréa,25 die Verschronik des Philippe Mouskés26 und Henri de Valenciennes mit seiner Geschichte Kaiser Heinrichs von Konstantinopel die Hauptquellen.27 Zar Kalojans Korrespondenz mit Papst Innozenz III. (1198 – 1216) bietet wiederum wichtige Aufschlüsse zum herrscherlichen Selbstverständnis und zur Anerkennung der römischen Obödienz. Für Bulgarien besitzt jedoch auch der Schriftverkehr Innozenz’ III. mit anderen Herrschern und kirchlichen Würdenträgern große Bedeutung.28 Auch der Regent Belota trat in Korrespondenz mit Innozenz III.29 Weitere Briefe, so beispielsweise die Heinrichs von Flandern und Hennegau, dem späteren Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel (1206 – 1216), beschäftigen sich naturgemäß mit den bulgarischen Nachbarn.30 Die Korrespondenz mit dem päpstlichen Stuhl 24

Chronique d’Ernoul et de Bernard le Trésorier. Publ. … par M. L. de Mas Latrie. Paris 1871.

25

Französische Version: Livre de la conqueste de la princée de l’Amorée. Chronique de Morée (1204 – 1305). Publ. par Jean Longnon. Paris 1911; frz. Übers.: Chronique de Morée. Übers. René Bouchet. Paris 2005; gr. Version: The Chronicle of Morea. Τὸ Χρονικὸν τοῦ Μορέως. With Introd., Crit. Notes and Indices, by John Schmitt. London 1904; die aragonensische Version: Libro de los fechos et conquistas del principado de la Morea. Chronique de Morée aux XIIIe et XIVe siècles. Publiée & traduite pour la première fois pour la Société de l’Orient latin par Alfred Morel-Fatio. Genève 1885; zum Werk: Willem Johan Aerts/Hero Hokwerda, Lexicon on The Chronicle of Morea. Groningen 2002; Teresa Shawcross, The Chronicle of Morea. Historiography in Crusader Greece. Oxford 2009.

26

Chronique rimée de Philippe Mouskes, évêque de Tournay au treizième siècle. Publ. par Le Baron de Reiffenberg. Bde. 1–2. Bruxelles 1836 – 1838.

27

Henri de Valenciennes. Histoire de l’empereur Henri de Constantinople. Publ. par Jean Longnon. Paris 1948.

28 Acta

Innocentii PP. III. (1198 – 1216); e regestis vaticanis aliisque eruit, introductione auxit, notisque illustr. Theodosius Haluščynskyj. Romae 1944; Gesta Innocentii papae III., in: Patrologia Latina (ed. Migne), Bd.  214, Sp. xvii – ccxxviii; Die Register Innocenz’ III. 1.–2., 5. – 13. Pontifikatsjahr, 1198/1199, 1199/1200, 1202/1203 – 1210/1211: Texte und Indices. Bearbeitet von Othmar Hageneder u. a. Wien 1964–2015, hierzu Günter Prinzing, Das Papsttum und der orthodox geprägte Südosten Europas 1180 – 1216, in: Ernst-Dieter Hehl/Ingrid Heike Ringel/Hubertus Seibert (Hgg.), Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts. Stuttgart 2002, 137–184; Benjamin Hendrickx, Recherches sur les documents diplomatiques non conservés, concernant la quatrième Croisade et l’Empire Latin de Constantinople pendant les premières années de son existence (1200 – 1206), Byzantina 2 (1970), 107–184.

29

Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 5, Nr. 117 (118) und 119 (120), 230f. und 233; Acta Innocentii PP. III. (Hg. Haluščynskyj), 230, 242, 600.

30

Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 8, Nr. 130 (129) (Brief Innocenz III. an Kalojan v. 16. August 1205), 132 (131) (Brief Heinrichs von Flandern an Innocenz III. v. 5. Juni 1205) u. 133 (132) (Brief Innocenz III. an Heinrich v. 16. August 1205), 236–238 u. 239–244; Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 11, Nr. 202 (207) (Brief Kaiser Heinrichs v. Konstantinopel v. September 1208), 333f.; Michel Jean Joseph Brial (Hg.), Recueil des historiens des Gaules et de la France. Bd. 18: La seconde livraison des monuments des règnes de Philippe Auguste et de Louis VIII, depuis l’an MCLXXX jusqu’en MCCXXVI. Paris 1869, 525–533; Innocentii III Romani pontificis regestorum sive epistularum liber septimus, Nr. 131f., in: Patrologia Latina (ed. Migne), Bd. 215, Sp. 706–710, weiterhin: liber undecimus, Nr. 207, Litterae Henrici Constantinopolitani imperatoris ad dominum papam de debellatione Voullae apud Philipopolim, in: ebd., Sp. 1522f.; Deliberazioni del Maggior Consiglio di Venezia. Bd. 1. Per cura di Roberto Cessi. Bologna 1950, Nr. 140 und 141, 209–211; Gottlieb Lucas Friedrich Tafel/Georg Martin Thomas (Hgg.), Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschichte der Republik Venedig mit besonderer Beziehung auf Byzanz und die Levante. Vom neunten bis zum Ausgang des fünfzehnten Jahrhunderts. Bd. 2: 1205–1255. Wien 1856, 37–42; Günter Prinzing, Der Brief Kaiser Heinrichs von Konstantinopel vom 13. Januar 1212. Überlieferungsgeschichte, Neuedition und Kommentar, Byzantion 43 (1973), 395–431.

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Quellen

wurde fortgesetzt von Ivan II. Asen (1218 – 1241) mit Papst Gregor IX. (1227 – 1241), der Bulgarien betreffende Aspekte auch in seinem Briefverkehr mit anderen Herrschern und kirchlichen Funktionsträgern behandelte.31 Auch in den Briefen weiterer Herrscher finden sich immer wieder wertvolle Nachrichten zum Bulgarenreich, so auch in den Briefen des Kaisers von Nikäa, Theodor II. Dúkas Láskaris (1254 – 1258).32 Die Vereinbarungen zwischen den Baronen des Lateinischen Kaiserreiches und Johann von Brienne betreffen ebenfalls das Zarenreich von Tărnovo und einige unabhängige Herrschaften.33 Der Bericht zu Kaiser Balduin im Corpus Chronicorum Flandriae,34 die Chronik des Ogerius Panis von Genua,35 die Gesta episcoporum Halberstadensium,36 das Chronicon Anglicanum des Abtes Radulphus von Coggeshall37 und die Chronik des Baudoin d’Avesnes38 erwähnen die Bulgaren zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Wilhelm von Rubruk nennt das Bulgarenreich innerhalb seines Reiseberichts zum Mongolenhof.39 Ramon Muntaner bietet im Rahmen seines Werkes über die sog. Katalanische Kompanie Informationen zu den Bulgaren des frühen 14. Jahrhunderts.40 Ein interessantes westliches Zeugnis aus dem Jahre 1308 ist die Descriptio europae orientalis.41 Serbische Quellen wie die Viten des Heiligen Sava und Stefan Nemanjas ent-

31

Les registres de Grégoire IX. Recueil des bulles de ce pape. Publ. ou analysées d’après les manuscrits originaux du Vatican par Lucien Auvray. 5 Bde. Paris 1896 – 1955.

32

Theodori Ducae Lascaris epistulae CCXVII. Nunc primum ed. Nicolaus Festa. Firenze 1898.

33

Documenta Veneta historiam Bulgariae et Bulgarorum illustrantia saeculis XII – XV. Venecianski dokumenti za istorijata na Bălgarija i bălgarite ot XII – XV v. Ed. Vasil Gjuzelev. Serdicae 2001, 30–37.

34

Recueil de Chroniques de Flandre. Publ. par J.-J. de Smet. Bd. 1. Bruxelles 1837, 130–139.

35

Ogerii Panis annales a. 1197 – 1219, in: MGH SS 18. Hannoverae 1863, 115–142; Henrike Haug, Annales Ianuenses. Orte und Medien des historischen Gedächtnisses im mittelalterlichen Genua. Göttingen 2016.

36

Gesta episcoporum Halberstadensium. Ed. L. Weiland 781–1209, in: MGH SS 23. Hannoverae 1874, 78–123, 118.

37

Radulphi de Coggeshall Chronicon Anglicanum. De expugnatione terrae sanctae libellus; Thomas Agnellus De morte et sepultura Henrici regis Angliae junioris, Gesta Fulconis filii Warini, excerpta ex Otiis imperialibus Gervasius Tileburiensis. Ex codicibus manuscriptis edidit Josephus Stevenson. London 1875, 1–208, hier 161f.

38

Chronique de Baudoin d’Avesnes, in: Joseph Bruno Marie Constantin Kervyn de Lettenhove (Hg.), Istore et croniques de Flandres. D’après les textes de divers manuscrits. 2 Bde. Bruxelles 1879/1880, hier Bd. 2, 555–696.

39

Wilhelm von Rubruk, Itinerarium, in: Itinera et relationes Fratrum Minorum saeculi XIII et XIV. Hg. Anastasius van den Wyngaert. Firenze 1929, 164–332, 219 (Kap. XXI, 3); The Mission of Friar William of Rubruck. His Journey to the Court of the Great Khan Möngke, 1253–1255. Transl. by Peter Jackson, Introd., Notes and Appendices by Peter Jackson and David Morgan. London 1990, 66; Guglielmo di Rubruk. Viaggio in Mongolia (Itinerarium). A cura di Paolo Chiesa. Roma, Milano 2011, 104.

40 Aguilar

Àvila/Josep Antoni (Hgg.), La Crònica de Ramon Muntaner. Edició i estudi: pròleg-capítol 146. Bd. 1. Barcelona 2015; Crònica de Ramon Muntaner. Comp. Ferran Soldevila. Barcelona 2011; Ramon Muntaner, Crònica. A cura de V. J. Escartí. 2 Bde. València 1999; engl. Übers.: Ramon Muntaner, Chronicle. Translated by Lady Anna Kinsky Goodenough. London 1921; dt. Übers.: Chronik des Edlen En Ramon Muntaner. Aus dem Katalanischen des vierzehnten Jahrhunderts übers. von Karl Fr. W. Lanz. Bd. 1. Leipzig 1842.

41

Anonymi Descriptio Europae Orientalis. „Imperium Constantinopolitanum, Albania, Serbia, Bulgaria, Ruthenia, Ungaria, Polonia, Bohemia“ anno MCCCVIII exarata. Hg. Olgierd Górka. Cracoviae 1916.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

halten einige Details zu den Bulgaren.42 Im Zusammenhang mit dem Dritten Kreuzzug findet sich eine Erwähnung von Vlachen und Bulgaren auch beim armenischen Autor Vardan Arewelc’i in seiner historischen Kompilation aus dem Jahr 1267.43 Die Mongoleneinfälle und die Oberherrschaft der Mongolen führten dazu, dass das Zweite bulgarische Reich auch in arabischen und persischen Quellen Erwähnung fand.44 Für die Spätphase des Zweiten bulgarischen Reiches gewinnen serbische und osmanische Quellen an Bedeutung. Sie werden in den entsprechenden Kapiteln genannt.

42

Die Vita des Stefan Nemanja, entstanden wohl 1216 aus der Feder Stefans des Erstgekrönten (ca. 1165 – 1228): Vl.[adimir] Ćorović, Žitije Simeona Nemanje od Stevana Prvovenčanog [Die Vita des Simeon Nemanja von Stefan dem Erstgekrönten], Svetosavski zbornik 2 (1939), 15–74; dt. Übers.: Stanislaus Hafner, Serbisches Mittelalter. Altserbische Herrscherbiographien. Bd. 1: Stefan Nemanja nach den Viten des hl. Sava und Stefans des Erstgekrönten. Graz, Wien, Köln 1962, 73–129; die Publikation einer weiteren Handschrift der Vita aus der Mitte des 15. Jh.s erfolgte durch Vasja Velinova (Hg.), Žitieto na Stefan Nemanja ot Stefan Părvovenčani (fototipno izdanie na prepisa ot sredata na XV vek) [Das Leben Stefan Nemanjas von Stefan dem Erstgekrönten. Lichtdruckausgabe der Abschrift aus der Mitte des 15. Jh.s], Arheografski prilozi = Mélanges archéographiques 26/27 (2004/2005), 7–107; die Vita des Hl. Sava (ca. 1174/1175–1235) v. Mönch Domentijan (ca. 1210 – nach 1264): [Domentian.] Život svetoga Simeuna i svetoga Save; napisao Domentijan [Das Leben des Hl. Simeon und des Hl. Sava; niedergeschrieben von Domentijan]. Hg. Đ. Daničić. Beograd 1865, 118 – 345; die Sava-Vita des Theodosije von Chilandar (Mitte des 13. Jh.s bis 1328): [Theodosije von Chilandar.] Život svetoga Save. Nap. Domentijan [Die Vita des Hl. Sava verfasst von Domentijan]. Hg. Đ. Daničić. Beograd 1860 (Nachdr. 1973); die Vita des Hl. Sava von Theodosije von Chilandar: Teodosije Hilandarac. Život svetoga Save. Izd. Đ. Daničića [Theodosije von Chilandar. Das Leben des Hl. Sava. Ausgabe von Đ. Daničić]. Hg. Đorđe Trifunović. Beograd 1973; zu den Quellen und der Literatur ausführlich: Gerhard Podskalsky, Theologische Literatur des Mittelalters in Bulgarien und Serbien 865 – 1459. München 2000, 356–376.

43

Vardan Arewelc’i vefasste 1267 eine historische Kompilation: Robert W. Thomson, The Historical Compilation of Vardan Arewelc’i, Dumbarton Oaks Papers 43 (1989), 125–226, 210.

44 Hierzu

mit engl. Übers. der entsprechenden Passagen: Dimitri Korobeinikov, A Broken Mirror. The Kipçak World in the Thirteenth Century, in: Florin Curta (Hg.), The Other Europe in the Middle Ages. Avars, Bulgars, Khazars, and Cumans. Leiden 2008, 379–412, hier 386–388, 394f.

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Sekundärliteratur und Forschungsstand

10 .2

SEKUNDÄRLITERATUR UND FORSCHUNGSSTAND

Die Forschung hat sich vor allem in Bulgarien ausführlich mit dem Zweiten bulgarischen Reich befasst. An dieser Stelle ist es nicht möglich, alle Beiträge entsprechend zu würdigen. Stattdessen sollen vornehmlich wichtige allgemeine Darstellungen genannt werden. Seit den frühesten, vor der Etablierung der südosteuropäischen Geschichte als Wissenschaft entstandenen Darstellungen, wie Mauro Orbinis Il regno de gli Slavi von 1601,45 Dimitrie Cantemirs Hronicul vechimei RomanoMoldo-Vlahilor von 172246 oder Paisij Chilendarskis Slawobulgarischer Geschichte von 1762,47 zeigte sich bereits die fast alle Hauptwerke begleitende Kontroverse über die Herkunft der Aseniden und die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung des Zarenreiches von Tărnovo. Auf rumänischer Seite betonte man die Bedeutung der Vlachen, die nach Ansicht einiger Historiker als Vorläufer der heutigen Rumänen anzusehen wären. In der bulgarischen Geschichtswissenschaft ging man in erster Linie von slawischen Bulgaren aus.48 So betonte Gheorghe Șincais Chronik der Rumänen und anderer Völker, die 1844 in Buda publiziert wurde, das Rumänische der Aseniden.49 Darin folgte ihm unter anderem Constantin von Höfler 1879.50 Mit Konstantin Jirečeks Geschichte der Bulgaren lag 1876 die erste ausführlichere Abhandlung zur Geschichte auch des Zweiten bulgarischen Reiches vor, wobei die Bedeutung der Vlachen wieder reduziert wurde.51 Die erste immer noch unentbehrliche Gesamtdarstellung bietet Vasil Zlatarskis zweiter und insbesondere dritter Band aus dem Jahr 1940 seiner „Geschichte des bulgarischen Staates im Mittelalter“.52 Die Kontroverse über die Herkunft und den ethnischen Hintergrund dauerte an, mit Nicolae Iorga, Petre Panaitescu, Constantin Giorescu, Nicolae Bănescu auf rumänischer und Vasil Zlatarski, Petăr

45 Mauro 46

Orbini, Il regno degli Slavi, hoggi corrottamente detti Schiavoni. Pesaro 1601.

Operele principelui Demetriu Cantemiru. Bd. 8: Hronicul vechimei a Romano-Moldo-Vlahilor [Die Werke des Dimitrie Cantemir. Bd. 8: Die Chronik der Altertümer der Romano-Moldo-Walachen]. Hg. Gr. G. Tocilescu. Bucuresci 1901.

47 Paisij

Chilendarski, Istorija Slavjanobălgarska. Zografska černova ot 1762. [Slawobulgarische Geschichte. Der Entwurf aus dem Kloster Zografu aus dem Jahr 1762]. Übers., Hgg. Petăr Nikolov/Kiril Topalov. Sofija 2 2004 (Faksimileausgabe).

48

Hierzu: Alexandru Madgearu, The Asanids. The Political and Military History of the Second Bulgarian Empire (1185 – 1280). Leiden 2017, 11–28.

49

Gheorghe Șincai. Hronica românilor [Chronik der Rumänen]. 3 Bde. Hg. Grigore Aleksandru Ghika. Iassi 1853– 1854.

50

Constantin R. von Höfler, Abhandlungen aus dem Gebiete der slavischen Geschichte. Bd. 1: Die Walachen als Begründer des zweiten bulgarischen Reiches der Asaniden, 1186 – 1257. Wien 1880 (= Wiederabdr. aus: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Philosophisch-historische Classe XCL [1879], H. 17, 229–245).

51 Konstantin

Jireček, Geschichte der Bulgaren. Prag 1876; Vasil Nikolov Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava prez srednite vekove [Geschichte des bulgarischen Staates im Mittelalter]. Bd. 2: Bălgarija pod Vizantijsko vladičestvo [Bulgarien unter byzantinischer Herrschaft] (1018 – 1187). Sofija 1994 (Nachdr. d. Ausg. von 1934).

52

Vasil N. Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava prez srednite vekove [Geschichte des bulgarischen Staates im Mittelalter]. Bd. 3: Vtoroto Bălgarsko carstvo. Bălgarija pri Asenevci, 1187 – 1280 [Das Zweite bulgarische Reich. Bulgarien in der Zeit der Aseniden, 1187–1280]. Sofija 1994 (Nachdr. d. Ausg. von 1940).

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Mutafčiev und anderen auf bulgarischer Seite.53 Dabei widmete vor allem die bulgarische Forschung dem Asenidenreich ausführliche Studien. Genoveva Cankova-Petkova publizierte im Jahr 1978 ihr Buch „Bulgarien unter den Aseniden“. Den Forschungsstand der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts präsentierte die detailreiche Geschichte Bulgariens der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften, die den ganzen, im Jahr 1982 erschienenen und von Strašimir Lišev herausgegebenen dritten Band dem zweiten Bulgarenreich gewidmet hat und im Asenidenreich die volle Entfaltung feudaler Strukturen sah. Trotz seiner Zeitgebundenheit bietet der Band einen vorzüglichen Abriss der Quellenlage und der Forschung zum Zweiten bulgarischen Reich. Auf rumänischer Seite entstand im Jahre 1989 ein Sammelband zu den Aseniden.54 Die unterschiedlichen Ansätze zur ethnischen Zugehörigkeit dauerten indes fort. Die bulgarische Geschichtswissenschaft tendierte weiterhin dazu, die Rolle der Vlachen weniger zu betonen, während rumänische Historikerinner und Historiker den Vlachen größere Bedeutung zumaßen. Trotz dieser Gegensätze wurden in der Forschung erhebliche Fortschritte erzielt. Vor allem für die Familie der Aseniden sind die Werke Ivan Božilovs heranzuziehen,55 der auch die meisten Kapitel zu den Zaren aus dieser Familie in der „Geschichte des mittelalterlichen Bulgarien“ beigesteuert hat, die den aktuellen Forschungsstand repräsentiert.56 Zu nennen sind auch die zahlreichen Studien Vasil Gjuzelevs.57 Die internationale und neueste bulgarische Forschung stellt den ethnischen Aspekt dagegen weniger heraus. Günter Prinzing widmete sich der Bedeutung

53

Zum Thema: Roumen Daskalov, Feud over the Middle Ages. Bulgarian-Romanian Historiographical Debates, in: ders./Alexander Vezenkov (Hgg.), Entangled Histories of the Balkans. Bd. 3: Shared Pasts, Disputed Legacies. Leiden 2015, 274–354.

54 Genoveva

Cankova-Petkova, Bălgarija pri Asenevci [Bulgarien zur Zeit der Aseniden], Sofija 1978; Istorija na Bălgarija. V četirinadeset toma. Bd. 3: Vtora bălgarska dăržava [Geschichte Bulgariens. In 14 Bänden. Bd. 3: Zweites bulgarisches Reich]. Hgg. Strašimir Lišev u. a. Sofija 1982; Stelian Brezeanu u. a. (Hgg.), Răscoala şi statul Asaneştilor [Der Aufstand und der Staat der Aseniden]. Bucureşti 1989.

55

So u. a. Ivan Božilov, Familijata na Asenevci (1186 – 1460). Genealogija i prosopografija [Die Familie der Asenevci (1186 – 1460). Genealogie und Prosopographie]. Sofija 2 1994 [1985]; ders., Belota – bălgarski vlastel ot načaloto na XIII v. [Belota – Ein bulgarischer Herrscher vom Beginn des 13. Jh.s], in: Istoričeski Pregled 33 (1977), H. 1, 71–81; ders., Despot Aleksij Slav i Melnik [Der Despot Aleksij Slav und Melnik], in: Bălgarskite zemi prez srednovekovieto (VII – XVIII v). Meždunarodna konferencija v čest na 70-godišninata na prof. Aleksandăr Kuzev, Varna 12 – 14 septemvri 2002 [Die bulgarischen Länder im Mittelalter (7. – 18. Jh.) Internationale Konferenz zu Ehren des 70. Geburtstags von Prof. Alexander Kuzev, Varna 12. – 14. September 2002]. Varna 2005, 79–85; ders., Bălgarite văv Vizantijskata imperija [Die Bulgaren im Byzantinischen Reich]. Sofija 1995.

56 Ivan

Božilov/Vasil T. Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija VII – XIV vek [Geschichte des mittelalterlichen Bulgarien, 7. – 14. Jh.]. Sofija 1999.

57

Vasil T. Gjuzelev, Forschungen zur Geschichte Bulgariens im Mittelalter. Wien 1986; ders., Očerci vărchu istorijata na bălgarskija severoiztok i Černomorieto. Kraja na XII- načaloto na XV vek [Abhandlungen zur Geschichte des nordöstichen Bulgarien und des Schwarzen Meeres: Ende des 12. bis Anfang des 15. Jh.s]. Sofija 1995; ders., Mittelalterliches Bulgarien. Quellen, Geschichte, Hauptstädte und Kultur. Istanbul 2001; ders., Papstvoto i bălgarite prez srednovekovieto. (IX – XV v.) [Das Papsttum und die Bulgaren im Mittelalter (9. – 15. Jh.)]. Plovdiv 2009; ders., Săčinenija v pet toma. Bd. 4: Učilišta, skriptorii, biblioteki i znanija v Bălgarija XIII – XIV v. [Werke in fünf Bänden. Bd. 4: Schulen, Skriptorien, Bibliotheken und Wissen in Bulgarien XII – XIV Jh.]. Sofija 2014.

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Sekundärliteratur und Forschungsstand

Serbiens und Bulgariens in der Zeit nach 1204.58 Jürgen Hoffmann untersuchte Rudimente von Territorialstaaten im Byzantinischen Reich.59 Radivoje Radić beschäftigte sich mit den kleineren Territorialherschaften.60 Ani Dančeva-Vasileva forschte zu den Beziehungen zum Lateinischen Kaiserreich.61 John V. A. Fine räumte dem Thema innerhalb seiner stark auf die politischen Ereignisse konzentrierten Geschichte des mittelalterlichen Balkanraums entsprechenden Raum ein.62 Florin Curta integrierte in seiner Überblicksdarstellung zum gesamten Mittelalter auch archäologische Aspekte.63 Francesco Dall’Aglio widmete dem Zweiten bulgarischen Reich zahlreiche Einzelstudien.64 Gerade in neueren Darstellungen rücken neben der politischen Geschichte auch andere Bereiche stärker in den Fokus. Dimitrij Polivjanni beschäftigte sich mit der bulgarischen Stadt.65 Ivan Biljarski forschte zu den Institutionen des Zweiten bulgarischen Reiches.66 Die Wirtschaftge-

58 Günter

Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens in den Jahren 1204 – 1219 im Zusammenhang mit der Entstehung und Entwicklung der byzantinischen Teilstaaten nach der Einnahme Konstantinopels infolge des 4. Kreuzzuges. München 1972; ders., A Quasi Patriarch in the State of Epiros. The Autocephalous Archbishop of „Boulgaria“ (Ohrid) Demetrios Chomatenos, Zbornik radova Vizantantološkog instituta 41 (2004) (= Festschrift Sima Ćirković), 165–182; ders., Die autokephale byzantinische Kirchenprovinz Bulgarien/Ohrid. Wie unabhängig waren ihre Erzbischöfe?, in: Ilija Iliev (Hg.), Proceedings of the 22nd International Congress of Byzantine Studies. Sofia, 22 – 27 August, 2011. Bd. 1: Plenary Papers. Sofia 2011, 389–413; er gab auch das Aktenkorpus des Ochrider Erzbischofs Demétrios Chomatenós heraus: Demetrii Chomateni Ponemata diaphora (ed. Prinzing); an Beiträgen der internationalen Forschung wäre noch zu nennen: Robert Lee Wolff, The „Second Bulgarian Empire“. Its Origin and History to 1204, Speculum 24 (1949), 167–206.

59 Jürgen

Hoffmann, Rudimente von Territorialstaaten im byzantinischen Reich (1071 – 1210). Untersuchungen über Unabhängigkeitsbestrebungen u. ihr Verhältnis zu Kaiser u. Reich. München 1974.

60 Radivoj

Radić, Oblasni gospodari u Vizantiji krajem XII i u prvim decenijama XIII veka [Die Lokalherrscher in Byzanz am Ende des 12. und in den ersten Jahrzehnten des 13. Jh.s], Zbornik radova Vizantološkog instituta 24/25 (1986), 151–289.

61 Ani

Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija (1204 – 1261) [Bulgarien und das Lateinische Kaiserreich]. Sofija 1985.

62

John V. A. Fine, The Late Medieval Balkans. A Critical Survey from the Late Twelfth Century to the Ottoman Conquest. Ann Arbor/MI 1987.

63 Florin

Curta, Southeastern Europe in the Middle Ages, 500 – 1250. Cambridge u. a. 2006, 357–389.

64 Francesco

Dall’Aglio, L’immagine dela Bulgaria in occidente al tempo della quarta crociata, in: Annuario dell’Istituto Romeno di Cultura e Ricerca Umanistica di Venezia 5 (2005), 79–103; ders., The Military Alliance between the Cumans and Bulgaria from the Establishment of the Second Bulgarian Kingdom to the Mongol Invasion, Archivum Eurasiae Medii Aevi 16 (2008/2009), 29–54; ders., „Contra perfidum Assanum“. Gregorio IX e il progetto di Crociata contro Bosnia e Bulgaria, 1235 – 1241, Rivista storica italiana 121 (2009), H. 3, 991–1027; ders., „In ipsa silva longissima bulgariae”. Western Chroniclers of the Crusades and the Bulgarian Forest, Bulgaria Mediaevalis 1 (2010), 405–418; ders., Qualche considerazione sulla fondazione del „Secondo regno Bulgaro“, Ricerche Slavistiche N. S. 9 (55) (2011), 55–64; ders., The Interaction between Nomadic and Sedentary Peoples on the Lower Danube. The Cumans and the „Second Bulgarian Empire”, in: Florin Curta/Bogdan-Petru Maleon (Hgg.), The Steppe Lands and the World Beyond them. Studies in Honor of Victor Spinei on his 70th Birthday. Iaşi 2013, 299–312.

65 Dimitrij

Polivjanni, Srednovekovnijat bălgarski grad prez XIII – XIV vek. Očerci [Die mittelalterliche bulgarische Stadt im 13. und 14. Jh. Abhandlungen]. Sofija 1989.

66 Ivan

Biljarski, Instituciite na srednovekovna Bălgarija. Vtoro bălgarsko carstvo. XII – XIV vek [Die Institutionen des mittelalterlichen Bulgarien. Zweites bulgarisches Reich. 12. – 14. Jh.]. Sofija 1998.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

schichte wurde durch eine Studie von Stojan Avdev zum Geldwesen bereichert.67 2011 publizierte Krasimir Krăstev eine Monographie zu Bulgarien unter der Herrschaft der Terterfamilie, einer ansonsten weniger intensiv behandelten Epoche der bulgarischen Geschichte.68 Während die ältere bulgarische Forschung das Ideal eines starken Zentralstaates hervorhob, wurde die Entstehung kleinerer, halbautonomer Reiche oft als Indiz der Schwäche gedeutet. Diese kleineren Herrschaften erfahren jedoch in jüngerer Zeit stärkere Beachtung. So beschäftigte sich bereits Ivan Dujčev ausführlich mit Melnik.69 Elena Savčeva forschte zum Sebastokrátor Strez,70 Katrin Asdracha zum Rhodopengebiet.71 Milijana Kajmakamova widmete sich ebenfalls den Herrschaften im Rhodopengebiet.72 Georgi Nikolov legte 2011 eine Studie zu den in dieser Epoche zahlreichen unabhängigen Herrschaften für den Zeitraum vom Ende des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts vor.73 Zusammen mit dem Interesse an den Teilherrschaften fanden auch andere ethnische Gruppen ein zunehmendes Interesse, wie z. B. die militärisch bedeutsamen Kumanen, denen sich István Vásáry zuwandte.74 Das Zweite bulgarische Reich wurde natürlich auch im Rahmen von Darstellungen zur Geschichte der Mongolen behandelt, wie beispielsweise von Aleksandar Uzelac, der sich den Mongolen in Südosteuropa widmete oder Peter Jackson, der die Mongolen im lateinischen Westen in den Blick nahm.75 Auch auf rumänischer Seite blieb das Interesse an den Aseniden erhal-

67 Stojan

Avdev, Monetnata sistema v srednovekovna Bălgarija prez XII – XIV vek [Das Geldwesen im mittelalterlichen Bulgarien vom 12. bis zum 14. Jh.]. Sofija 2005.

68 Krasimir

Krăstev, Bălgarskoto carstvo pri dinastijata na Terterevci (1280 – 1323) [Das bulgarische Zarenreich während der Terter-Dynastie]. Plovdiv 2011.

69 Ivan Dujčev, Melnik prez srednovekovieto [Melnik im Mittelater], in: ders., Bălgarsko srednovekovie. Proučvanija

vărchu političeskata i kulturnata istorija na srednovekovna Bălgarija [Bulgarisches Mittelalter. Untersuchungen zur politischen und kulturellen Geschichte des mittelalterlichen Bulgarien]. Sofija 1972, 374–412.

70 Elena

Savčeva, Sevastokrator Strez [Sebastokrátor Strez], Godišnik na Sofijskija Universitet – Istoričeski Fakultet 68 (1974), 65–96.

71 Catherine

Asdracha, La région des Rhodopes aux XIIIe et XIVe siècles. Étude de géographie historique. Athen 1976, 168f.

72 Milijana

Kajmakamova, Territorial Fortunes of the Rhodopes Region in the Period of the Second Bulgarian Kingdom (End of 12th – End of 14th C.), Rhodopica 2 (1999), H. 1, 111–127; dies., Vladetelite na Rodopskata oblast. Kăm văprosa za seperatizma na Balkanite prez Srednovekovieto [Die Herrscher des Rhodopengebietes. Zur Frage nach dem Seperatismus auf dem Balkan im Mittelalter], Rhodopica 3 (2002), H. 1–2, 303–333.

73 Georgi

Nikolov, Samostojatelni vladenija văv văzobnovenoto Bălgarsko carstvo (kraja na XII – sredata na XIII vek) [Selbständige Herrschaften im wiedererrichteten bulgarischen Zarenreich (Ende des 12. – Mitte des 13. Jh.s)]. Sofija 2011; ders., Vătrešnopolitičeskoto razvitie na văzobnovenoto Bălgarsko carstvo (kraja na XII – kraja na XIII v.). Faktori i problemi [Innenpolitische Entwicklung des erneuerten bulgarischen Zarenreichs (Ende des 12. – Ende des 13. Jh.s). Faktoren und Probleme], Zbornik radova Vizantološkog instituta 46 (2009), 167–177; ders., Die Lateiner in Konstantinopel und der bulgarische Despot Aleksij Slav, Bulgaria Mediaevalis 3 (2012), 417–430.

74 István Vásáry,

Cumans and Tatars. Oriental Military in the pre-Ottoman Balkans, 1185 – 1365, Cambridge 2009.

75 Aleksandar

Uzelac, Pod senkom psa. Tatari i južnoslovenske zemlje u drugoj polovini XIII veka [Under the Shadow of the Dog. Tatars and South Slavic Lands in the Second Half of the Thirteenth Century]. Beograd 2015; Peter Jackson, The Mongols and the West, 1221–1405, Harlow 2005.

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Sekundärliteratur und Forschungsstand

ten, wie die Monographie von Alexandru Madgearu zur politischen und militärischen Geschichte des Asenidenreiches beweist, die seit 2016 zudem in englischer Übersetzung vorliegt.76

76

Madgearu, The Asanids; es handelt sich um die Übers. von: ders., Asăneştii. Istoria politico-militară a statului dinastiei Asan (1185 – 1280), Târgovişte 2014.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

10 .3

 ON DER REVOLTE ZUR UNABHÄNGIGKEIT: V BULGARIEN UNTER PETĂR UND (IVAN) ASEN (1187 – 1197)

Während der über 150 Jahre währenden byzantinischen Herrschaft über Bulgarien waren Revolten eher eine Ausnahme gewesen. Michael von Devol erwähnt in seinen Zusätzen zur Chronik des Johannes Skylítzes eine entdeckte Verschwörung des Patrikios Elemagos und Gavras in Thessaloniki, von der wir ansonsten nicht allzu viel wissen.77 Sie gehört wohl noch zu den Ereignissen rund um den letzten Feldzug Kaiser Basíleios’ II. 1018. Kurz darauf, während der Regierungszeit Konstantins VIII. (1025 – 1028), verschworen sich Romanós Kurkúas, der mit einer Tochter des Ivan/Jovan Vladislav verheiratet war, zusammen mit Bogdános, Glavas, Gudélios und dem Mönch Zacharías gegen den Kaiser.78 Inwieweit es sich hierbei aber um eine auf Bulgarien bezogene politische Zielsetzung handelt, muss offen bleiben.79 Der Zusammenhang mit Bulgarien ist ebenso möglich bei einer Verschwörung des Prusianos, des ältesten Sohnes Ivan/Jovan Vladislavs im Jahre 1029. Seine Komplizin soll Theodóra, die Schwester der Kaiserin Zoe, gewesen sein.80 Prusianos wurde schließlich geblendet und musste in das Manuelkloster in Konstantinopel eintreten.81 Eine Verschwörung dreier reicher Herren aus Kleinasien, von deren bulgarischer Herkunft man bisweilen ausgeht, nämlich Gudelis, Baianos und Provatas, die im Jahr 1034 mit der Konfiskation ihrer Immobilien bestraft wurden, lässt sich nur schwer in einen politischen Kontext einordnen, der mit Bulgarien zu tun hat.82 Der bedeutendste Versuch einer Rebellion fand in den Jahren 1040/1041 statt. Sie stand unter der Führung eines gewissen Petar Deljan, der wohl vorgab, ein Sohn von Gabriel Radomir zu sein, und des Alusiános, des zweiten Sohnes von Ivan/Jovan Vladislav.83 Eher lokale Bedeutung besaß die Erhebung des Nikulitzas Delphinas von Lárissa im Jahr 1066.84 1072 scheiterte eine Erhebung in den westlichen Landesteilen unter Georg Vojtech und Konstantin Bodin, des Sohnes Michaels von Zeta, der sich zum Zaren von Bulgarien hatte erheben lassen.85 Wohl irgendwann zwischen 77

Prokić, Die Zusätze in der Handschrift, Nr. 55, 35 u. 48; Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 364; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 395–396.

78

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 372; zu Skylítzes und Bulgarien: Schreiner, Johannes Skylitzes und Bulgarien; zu den Ereignissen: Holmes, Basil II, 213.

79

Das Ziel einer Wiederherstellung Bulgariens vermuteten Schlumberger, L’Épopée byzantine, 18 und Božilov/ Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 407.

80

Schlumberger, L’Épopée byzantine, 100f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 407f.; anders Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 34f.

81

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 376.

82

Ebd., 396; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 408.

83

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 41–88; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 396–401; siehe hierzu auch den Beitrag von Mihailo St. Popović in diesem Band: Kap. 9.2.

84 Sovety

i rasskazy Kekavmena (Ed., Übers. Litavrin), 256–262; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 401f.

85

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  2, 119–166; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 403–405; siehe ebenso oben Kap. 9.2.

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Von derVon Revolte der Revolte zur Unabhängigkeit zur Unabhängigkeit (1187 – 1197)

1073 und 1075 marschierte Nestor, der Kapetan von Silistra (Drăstăr) bzw. Dux von Parístrion, zusammen mit verbündeten Petschenegen vor die Mauern von Konstantinopel. Inwieweit dies jedoch im Rahmen einer bulgarischen Widerstandsbewegung gegen die byzantinische Herrschaft zu bewerten ist, bleibt Gegenstand der Diskussion.86 Kleinere Erhebungen in Sérdica (Sardíkē/ Triáditza/Sofia) durch einen gewissen Lekas und in Mesembría unter Führung eines Dobromir blieben ohne weitreichende Folgen.87 Die letztlich erfolgreiche Lösung Bulgariens von der byzantinischen Herrschaft ging von keinem der bisherigen Zentren aus. Mit Tărnovo etablierte sich eine bis dahin kaum in Erscheinung getretene Stadt und ein Gebiet, dem während des Ersten bulgarischen Reiches keine herausragende Bedeutung zukam, zu einer neuen Zentrallandschaft.88 Über die Vorgeschichte gibt es nur spärliche Informationen. Die Ereignisse traten erst dann ans Licht der meist byzantinischen Quellen, als sie bereits eine politisch bedeutsame Dimension erreicht hatten. Nikétas Choniátes nennt die Aufständischen, die, wie er sagt, einstmals Mysier genannt worden seien, Vlachen.89 Geórgios Akropolítes verwendet die Bezeichnung „Bulgaren“. Laut Choniátes würden die Vlachen in der Umgebung des Haimos, also des Balkangebirges, leben. Kaiser Isaak II. Ángelos (1185 – 1195 u. 1202 – 1204) habe nun seine Länder zur Finanzierung seiner Hochzeit mit der ungarischen Königstochter Margarete/ Maria, der Tochter Bélas III. (1173 – 1196), herangezogen. Den Vlachen, denen die Tierherden fortgetrieben worden seien, habe dies den Anlass zum Aufstand geliefert. Zwei Brüder, Asen und Peter/Petăr, hätten sich an die Spitze des Aufstandes gesetzt, da zuvor ihr Wunsch nach Aufnahme in das römische Heer und der Übertragung eines wenig ertragreichen Dorfes durch den Kaiser abgelehnt worden sei.90 Choniátes erwähnt, dass die beiden Brüder dem berühmten Märtyrer Demétrios eine Kirche erbaut und dort von Dämonen Besessene versammelt hätten, die angewiesen worden seien, in mentaler Verzückung zu verkünden, dass man nun gegen die Rhomäer kämpfen solle. Bald darauf soll sich Petăr eine goldene Krone auf das Haupt gesetzt und purpurne Schuhe angelegt haben.91 Der genaue Ort des Geschehens ist nicht überliefert. Schon Vasil Zlatarski glaubte jedoch, dass es sich um Tărnovo gehandelt haben muss, das von Choniátes erst zum Jahr 1196

86

Miguel Ataliates (Übers. Pérez Martín), 151–154; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 406; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 98; Madgearu, Byzantine Military Organization, 79–82.

87

Cheynet, Pouvoir et contestations, Nr. 106, 85.

88

Zu Tărnovo zuletzt: Penkova, Die Paläste der bulgarischen Zaren; Dall’Aglio, Shifting Capitals; Gjuzelev, Die Residenzen; Carevgrad Tărnov, Bde. 1–5; Madgearu, The Asanids, 52f.

89

Zur Diskussion um die Vlachen ausführlich: Madgearu, The Asanids, 57–64.

90

Niketas Choniates (ed. van Dieten), 368f.; Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 18f.; Uspenskij, Obrazovanie vtorago; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 410–441; Malingoudis, Die Nachrichten des Niketas Choniates; Petrov, Văstanovjavane na bălgarskata dăržava; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 118; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 421–432; Prinzing, Demetrios-Kirche; Dobyčina, A „Divine Sanction“; Madgearu, The Asanids, 35f.

91

Niketas Choniates (ed. van Dieten), 371f.; zu den Besessenen und dem vielleicht als Anastesaria zu deutenden Ritual: Malingoudis, Die Nachrichten des Niketas Choniates, 107–111; Prinzing, Demetrios-Kirche, 262f.; er datiert das Ritual in der Demétrioskirche auf den Festtag des Heiligen, den 26. Oktober 1185; Madgearu, The Asanids, 43–48.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

erwähnt wird. Die Erwähnung der Demétrioskirche stützt diese Annahme.92 Die Datierung der Versammlung in der Demétrioskirche auf den 26. Oktober 1185, den Festtag des Heiligen, wie von Günter Prinzing vorgeschlagen, bietet eine überzeugende Rekonstruktion der Ereignisse.93 Bald darauf sei Petăr nach Preslav gezogen,94 dem einstigen Zarensitz Symeons des Großen und damit gegen eine Stadt mit hohem symbolischen Wert.95 Jedoch wurde Preslav nicht eingenommen. Unklar ist die Rollenverteilung der beiden Brüder. Choniátes kennt nur Petăr als Zar und erwähnt seine Krönung, andere Quellen hingegen schreiben (Ivan) Asen eine prominentere Rolle zu.96 Das Synodikon des Zaren Boril nennt als einzige Quelle den Asen der byzantinischen Quellen Ivan Asen und bezeichnet ihn als ersten Zaren nach der Wiederherstellung des Reiches.97 Geórgios Akropolítes kennt nur Asen, also den im Synodikon erwähnten Zaren Ivan Asen, und eine neunjährige Regierungszeit desselben.98 Meist geht die Forschung von einer Doppelherrschaft aus, mit gleicher Würde für beide Brüder, wobei (Ivan) Asen jedoch der politisch aktivere Part war. Die Herkunft der Aseniden und ihre ethnische Zugehörigkeit zu den Vlachen, Bulgaren oder Kumanen ist Gegenstand einer langen und intensiven Forschungsdiskussion, wobei viel für eine kumanische Komponente spricht.99 Choniátes berichtet von der Unterwerfung der Umgebung und der vom Haemus, dem Balkangebirge, weiter entfernten Siedlungen durch die Aufständischen.100 Der byzantinische Kaiser Isaak II. Ángelos zog daraufhin wohl noch im Sommer 1186 gegen die Rebellen.101 Dem byzantinischen Heer gelang es, bis in das Herrschaftszentrum vorzudringen.102 Petăr und Asen seien, so Choniátes, über die Donau zu den Skythen, womit wohl Kumanen gemeint sind, geflohen. Der Kaiser sei indes, ohne weitere militärische Aktionen durchzuführen, nach Konstantinopel

92

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 440; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 119; Malingoudis, Die Nachrichten des Niketas Choniates, 75; nach den Untersuchungen von Prinzing, Demetrios-Kirche, gibt es wohl keinen Zweifel mehr an Tărnovo.

93

Prinzing, Demetrios-Kirche, 257–263; Madgearu, The Asanids, 54f.

94

Niketas Choniates (ed. van Dieten), 372, Z. 43–46; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 122; Madgearu, The Asanids, 66.

95

Zu ihm: Božilov, Car Simeon.

96

Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 430.

97

Borilov sinodik (Übers. Božilov u. a.), 202a, der ganze Text 71–178; Sinodik carja Borila (Hg. Popruženko), 77, § 91; zu Ivan Asen im Synodikon Petrov, Văstanovjavane na bălgarskata dăržava, 64f.

98

Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 20; Georgios Akropolites, Die Chronik (Übers. Blum), 79f.; Georgios Akropolites, History (Übers. Macrides), 137–139 mit ausführlichem Kommentar.

99

Zusammenfassend zur Erwähnung der Brüder: Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 430; zur Forschungsdiskussion über die Herkunft zusammenfassend: Vásáry, Cumans and Tatars, 33–42; Madgearu, The Asanids, 57–65.

100 Niketas 101 Istorija

Choniates (ed. van Dieten), 372. na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 123; Božilov, Familijata na Asenevci, 37 (Anm. 27).

102 Niketas Choniates (ed. van Dieten), 372f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 372f.; Zlatar-

ski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 451–453; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 123.

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Von derVon Revolte der Revolte zur Unabhängigkeit zur Unabhängigkeit (1187 – 1197)

zurückgekehrt.103 Vielleicht hatte sich Isaak II. Ángelos damit abgefunden, die Herrschaft zwischen dem Balkangebirge und der Donau den Bulgaren bzw. den Vlachen, wie Choniátes sie nennt, zu überlassen, vielleicht glaubte er auch, den Aufstand überwunden zu haben.104 Bald darauf kehrten jedenfalls die Aufständischen mit einem großen Heer an Verbündeten, wahrscheinlich Kumanen, nach Bulgarien zurück. Der von byzantinischer Seite gegen die Bulgaren zum Heerführer ernannte Sebastokrátor Johannes Dúkas, der Onkel des Kaisers, wurde trotz anfänglicher Erfolge bald seines Postens enthoben, da man ihm Ambitionen auf den Kaiserthron nachsagte.105 Ihm folgte als Feldherr Johannes Kantakuzenós, gegen den die Asenidenbrüder die ersten militärischen Erfolge errangen.106 Auf byzantinischer Seite kam nun Aléxios Branás, der sich gegen die Normannen ausgezeichnet hatte, als Heerführer an die Reihe.107 Er marschierte jedoch statt gegen die Bulgaren in Richtung Konstantinopel, um dort Isaak II. Ángelos zu stürzen. Sein Vorhaben scheiterte aber.108 (Ivan) Asen und Petăr gelangen inzwischen bescheidene Erfolge in Thrakien bei Lardaia und bei Beróe (Boruj/ Stara Zagora). Kleinere Siedlungen in der Gegend von Plovdiv wurden zum Ziel regelmäßiger Angriffe.109 Isaak II. Ángelos entschloss sich zum Gegenschlag. Im Spätsommer 1187 zog er bis Triáditza (Sofia), jedoch zwang der einbrechende Winter das byzantinische Heer zum Rückzug.110 Im Frühling 1188 versuchte es Isaak II. Ángelos erneut. Choniátes schreibt, dass der Kaiser sich drei Monate in Bulgarien aufgehalten und bemüht habe, die Festung Loveč einzunehmen. Bei diesem Feldzug geriet die Frau (Ivan) Asens in byzantinische Gefangenschaft. Seinen anderen Bruder, Johannes (Kalojan), nahm der Kaiser als Geisel, bevor er sich schließlich wieder nach Konstantinopel begab. Die Forschung ging teilweise davon aus, dass bei diesem Feldzug der sog. Lovečer Frieden geschlossen wurde und damit eine Art offizieller Anerkennung des Bulgarischen Reiches erfolgte. Diese Annahme wird jedoch in der jüngeren Forschung nicht mehr vertreten.111 103 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 372f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 453–456; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 123f.; Madgearu, The Asanids, 67f.

104 Božilov, 105 Niketas 106 Ebd.,

Familijata na Asenevci, 37f. mit den Anmerkungen zu den entsprechenden Quellenstellen.

Choniates (ed. van Dieten), 373–375.

374–376; Nicol, Family of Kantakouzenos (Cantacuzenus), Nr. 4, 5–7.

107 Božilov,

Bălgarite văv Vizantijskata imperija, 91.

108 Cheynet,

Pouvoir et contestations, Nr. 166 und 167, 121f.

109 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 397f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 385f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 458–463; Božilov, Familijata na Asenevci, 38 (Anm. 41); ders./ Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 431; Madgearu, The Asanids, 77f.

110 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 398; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 387; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 464–466; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 124; Madgearu, The Asanids, 78–80.

111 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 399; Božilov, Familijata na Asenevci, 38; ders., Sedem etjuda, 159–162, legt überzeugend dar, dass es sich beim sog. „Frieden von Loveč“ um eine Konstruktion Vasil Zlatarskis handelt (s. Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 2, 466–470); Madgearu, The Asanids, 80–83, geht von einem Friedensschluss aus; zur Sicht der westlichen Quellen: ebd., 470f.; Historia Peregrinorum, in: Chroust (Hg.), Quellen zur Geschichte des Kreuzzuges, 135.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Im darauffolgenden Jahr 1189 zog Kaiser Friedrich Barbarossas Kreuzzugsheer in Richtung Konstantinopel. In Niš traf eine Gesandtschaft der Brüder auf den Kaiser. Sie versprachen Unterstützung gegen Byzanz und sollen sich sogar zur Unterwerfung unter das Römische Reich bereit erklärt haben. Als Gegenleistung sollen sie Niš, die dazugehörenden Territorien und all ihre übrigen Gebiete, was immer auch darunter zu verstehen war, gefordert haben. Die Historia de expeditione Friderici I imperatoris weiß hingegen nur von einem Bündnis. Vor Adrianopel kam es hingegen zu einem erneuten Treffen. Nun soll „Kalópetrus“, wie Petăr in einigen lateinischen Quellen genannt wird, die griechische Kaiserkrone vom römischen Kaiser gefordert haben.112 Friedrich Barbarossa entschied sich schließlich für ein Bündnis mit Byzanz und damit gegen die bulgarischen Herrscherbrüder.113 Der byzantinische Druck auf Bulgarien hielt an. Im Jahr 1190 unternahm Isaak II. Ángelos einen erneuten Feldzug gegen die Bulgaren, diesmal entlang der Schwarzmeerküste und mit Unterstützung einer Flotte, die den Übergang der mit den Bulgaren verbündeten Kumanen über die Donau verhindern sollte. (Ivan) Asen schloss sich in Tărnovo ein, das die Byzantiner schließlich erfolglos belagerten. Beim Rückzug über die Pässe des Balkangebirges griffen die Bulgaren das byzantinische Heer an, vielleicht am Trjavna-Pass, und fügten ihm eine schwere Niederlage zu. Der Kaiser konnte sich gerade so nach Beroe retten.114 In den nächsten Jahren verlegte sich (Ivan) Asen auf kurze Feldzüge kleineren Umfangs in unterschiedliche Gebiete. 1191 oder 1192 unternahmen die Bulgaren einen Vorstoß an die Schwarzmeerküste und nahmen Varna und Anchíalos ein. Bald darauf wandten sie sich in Richtung Sredec (Sérdica, Sofia), Niš, Stobi und Plovdiv.115 Kaiser Issaks II. Versuch, seinen Schwager, den Flottenbefehlshaber Konstantin Dúkas Ángelos, gegen die Bulgaren einzusetzen, scheiterte. Nachdem er zum Strategen erhoben und nach Plovdiv geschickt worden war, rebellierte er gegen den Kaiser, wurde daraufhin gefangen gesetzt und schließlich geblendet.116 112 Historia Peregrinorum, in: Chroust (Hg.), Quellen zur Geschichte des Kreuzzuges, 135, Z. 10–13, 149, Z. 13–23;

ebd., Historia de expeditione, hier 33, 58; Georgiev, Imperator Friedrich Barbarossa; Mišev, Tretijat krăstonosen; Božilov, Sedem etjuda, 164f.; Madgearu, The Asanids, 84–95.

113 Historia

Peregrinorum, in: Chroust (Hg.), Quellen zur Geschichte des Kreuzzuges, 149; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 1–59; Angold, The Byzantine Empire 274f.

114 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 428–430; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 403–405; Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd.  1, 19f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  3, 62–72; Wolff, The „Second Bulgarian Empire“, 185f.; Guilland, Byzance et les Balkans, 134f.; Brand, Byzantium confronts the West, 92f.; Malingoudis, Die Nachrichten des Niketas Choniates, 80f.; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 128–130; Gjuzelev, Bulgarien und Byzanz im Streit, 211–213; Božilov, Familijata na Asenevci, 39 (Anm. 56); Soustal, Thrakien, 141, 204, 324; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 433; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 300; Ritter, Die vlacho-bulgarische Rebellion, 197f.; Jordanova Žekova, Pohodăt na Isak II Angel v Bălgarija; Madgearu, The Asanids, 101.

115 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 434f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 405–407; Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 1, Nr. 41, 2, 319; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  3, 72f.; Božilov, Familijata na Asenevci, 39 (Anm. 58); Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 434; Madgearu, The Asanids, 104f.

116 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 435; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 75–80; Cheynet, Pouvoir et contestations, Nr. 176 mit einer Datierung auf 1193.

800

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Von derVon Revolte der Revolte zur Unabhängigkeit zur Unabhängigkeit (1187 – 1197)

(Ivan) Asen reagierte mit einem Feldzug gegen Byzanz über Sredec/Sofia und Plovdiv. Bei Arkadiúpolis (Lüleburgaz) kam es zur für die Bulgaren siegreichen Schlacht über das byzantinische Heer unter der Führung von Aléxios Gidos und Basíleios Vatátzes.117 Isaak II. griff daraufhin zu diplomatischen Mitteln und versuchte, seinen Schwiegervater, den ungarischen König Béla III. (1173 – 1196), für ein gemeinsames Vorgehen gegen die Bulgaren zu gewinnen. Kaiserin Maria/ Margarete war ja die Tochter Bélas III. Jedoch verhinderte Isaaks II. Absetzung durch seinen Bruder Aléxios (Kaiser 1195 – 1203, † nach 1210) den Plan.118 Laut Choniátes versuchte der neue Kaiser vergeblich, mit den Vlachen Frieden zu schließen. An unwürdigen Bedingungen sei dieser Versuch aber gescheitert, so der Chronist.119 Weitere Auseinandersetzungen folgten 1195 und 1196, nun in Makedonien und auch dieses Mal blieben die Bulgaren auf dem Schlachtfeld erfolgreich. Dabei wurde 1195 der Strategós Aléxios Aspiétes bei der Schlacht von Sérres gefangengenommen, ein Jahr später, wiederum bei Sérres, der Sebastokrátor Isaak Komnenós.120 1196 endete die militärisch so erfolgreiche Herrschaft (Ivan) Asens abrupt, als er von seinem Verwandten Ivanko ermordet wurde.121 Die genauen Umstände bleiben im Dunkeln. Petăr, seinem Bruder, der sich wohl seit 1190 von der Gesamtherrschaft zurückgezogen und in Preslav als autonomer Regent über die umliegenden Gebiete verweilt hatte, kam nun die Aufgabe zu, dem Aufstand Ivankos zu begegnen. Der Aufstand scheiterte schließlich, Ivanko und seine Gefolgsleute fanden Zuflucht in Konstantinopel. Petăr war nun Alleinherrscher. Choniátes berichtet, dass Petăr bald darauf seinen jüngeren Bruder Kalojan, der byzantinische Chronist nennt ihn Joannes/Johannitza, zu einer Art Mitregenten ernannte. Petăr überlebte seinen Bruder jedoch nicht sehr lange und teilte sein Schicksal, indem er durch das Schwert eines Landsmannes zu Tode kam.122 Kalojan/Johannitza (1197 – 1207) übernahm nun die Herrschaft über das wiedererstandene Bulgarenreich. Mit dem Tod der beiden Asenidenbrüder war der Prozess vom Aufstand gegen die byzantinische Herrschaft bis zur Etablierung eines eigenen Reiches zum Abschluss gekommen. Dabei ist die 117 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 436f., 446; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 441; Brand, Byzantium confronts the West, 96, 112; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 130; Božilov/ Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 434; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 303; Külzer, Ostthrakien, 265; Ritter, Die vlacho-bulgarische Rebellion, 78; Madgearu, The Asanids, 108.

118 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 447; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 80–82.

119 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 465; Božilov, Familijata na Asenevci, 39 (Anm. 66).

120 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 465–468; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 416; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 88f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 435; Vásáry, Cumans and Tatars, 46; Ritter, Die vlacho-bulgarische Rebellion, 206f.; Madgearu, The Asanids, 109.

121 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 95–102; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija,

435f.; Dall’Aglio, The Military Alliance between the Cumans and Bulgaria, 42f.; Madgearu, The Asanids, 111; Hoffmann, Rudimente von Territorialstaaten im Byzantinischen Reich, 51f.; Cheynet, Pouvoir et contestations, 131; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 305f.; zu Ivanko: Nikolov, Samostojatelni vladenija, 124–137.

122 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 469–472; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 416–418; Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 20f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 104–106; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 131; Božilov, Familijata na Asenevci, 33; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 435f.; Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier, 305f.; Madgearu, The Asanids, 111–113.

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Entstehung des Zweiten bulgarischen Reiches innerhalb eines größeren Zusammenhangs zu sehen. Ähnliche Entwicklungen waren auch im Nordwesten zu beobachten, wo Stefan Nemanja um die Loslösung von Byzanz kämpfte und somit die Unabhängigkeit des späteren serbischen Reiches in die Wege leitete. Der Beginn des Aufstandes der Asenidenbrüder trägt gewisse Züge einer innerbyzantinischen Erhebung, denn erst in der späteren Entwicklung wird das Ziel einer autonomen Reichsbildung fassbar. Eine entscheidende Rolle spielten die Kumanen, mit denen die Asenidenfamilie in Verbindung stand und deren militärische Unterstützung für die dauerhaften Erfolge gegen Byzanz entscheidend war. Die Bevölkerung des neu entstandenen Reiches wird vom vor 1204 schreibenden Nikétas Choniátes kontinuierlich mit dem Begriff der „Vlachen“ belegt, den Teile der rumänischen Forschung mit den Rumänen in Verbindung bringen und der von der bulgarischen Forschung meist weggelassen oder durch „Bulgaren“ in Sinne des Geórgios Akropolítes, der sein Geschichtswerk wohl in den 1260er Jahren verfasste, ersetzt wird.123 Doch an einigen Stellen verwendet auch Choniátes den Namen „Bulgaren“ sowie den der „Myser“, sodass seine Begrifflichkeit keine solide Grundlage für die Diskussion der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung bilden kann. Zudem ist auch völlig klar, dass sich die Aseniden in ihrer Herrschaftslegitimation auf das Erste bulgarische Reich bezogen. Das herrschaftsorganisatorische Vorbild war Konstantinopel; an ihm orientierten sich die neu entstandenen Reiche und autonomen Herrschaften. Nicht umsost forderten die Asenidenbrüder vom auf seinem Kreuzzug durch den Balkan ziehenden Kaiser Friedrich Barbarossa die Krone des griechischen Kaiserreiches.

123 Hierzu:

802

Madgearu, The Asanids, 57–65.

HGSOE, Bd. 1

Die Konsolidierung Konsolidierung des des Reiches Reiches und und Kirchenunion die Kirchenunion mit Rom mit Rom

10 .4

 IE KONSOLIDIERUNG DES REICHES UND D DIE KIRCHENUNION MIT ROM: ZAR KALOJAN (1197 – 1207) UND ZAR BORIL (1207 – 1218)

1 0 .4 .1 Das Lateinische Kaiserreich als neuer Nachbar Ivanko, der Mörder Ivan Asens, war inzwischen zum Statthalter des Gebietes von Plovdiv und zum Befehlshaber der Truppen, die sich gegen das neu formierte Bulgarenreich richten sollten, ernannt worden.124 Zar Kalojan vermochte, ihn auf seine Seite zu ziehen.125 Ebenso gelang es ihm, den Mitstreiter seiner Brüder, Dobromir Chriz (gr. Chrýsos), der als unabhängiger Herrscher über Strumica und die umliegenden Gebiete herrschte, zu gewinnen126 Es folgten aber von 1198 bis 1202 fünf Jahre kriegerischer Auseinandersetzungen mit Byzanz. Hierbei kam es 1200 bei der Festung Batrachokastron (Žaba) zur ersten größeren Niederlage der Byzantiner gegen Ivanko.127 Ivanko fiel jedoch im selben Jahr in die Hände Kaiser Aléxios’ III. Ángelos,128 und im Jahr darauf (1201) verband sich Dobromir Chriz mit dem byzantinischen Protostrator Manuel Kamýtzes gegen den byzantinischen Kaiser.129 1202 wurde aber auch Chriz gefangen genommen.130 Bereits im Jahr zuvor schickte Kalojan die verbündeten Kumanen nach Thrakien, während er selbst Constantia, das heutige Simeonovgrad, einnahm.131 Bald darauf eroberte er Varna.132 Ende 1201 oder im Frühjahr 1202 kam es schließlich zum Friedensschluss zwischen Bulgarien und Byzanz.133 Kalojan könnte

124 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 108–112; Božilov, Bălgarite văv Vizantijskata imperija, Nr. 359,

311f.; Madgearu, The Asanids, 114.

125 Niketas Choniates (ed. van Dieten), 512; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 112–114; Madgearu,

The Asanids, 114.

126 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 120–124; zu ihm: Nikolov, Samostojatelni vladenija, 70–94; Madgearu, The Asanids, 110.

127 Niketas Choniates (ed. van Dieten), 512f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 117–119; Asdracha,

La région des Rhodopes, 168f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 442.

128 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 518f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 424–427; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 132–134; Božilov, Bălgarite văv Vizantijskata imperija, Nr. 359; Hoffmann, Rudimente von Territorialstaaten im byzantinischen Reich, 52–55, 92–95, 115; Asdracha, La région des Rhodopes, 59f.; Gagova, La Thrace de Nord, 197; Madgearu, The Asanids, 115.

129 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 533f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  3, 131, 137–139; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 132f.; Cheynet, Pouvoir et contestations, Nr. 196, 137f.; Božilov/ Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 442.

130 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 531–535; Niketas Choniates Orationes (ed. van Dieten), Nr. XI, 108–110; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 423f., 430; Cheynet, Pouvoir et contestations, Nr. 197; Asdracha, La région des Rhodopes, 235; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 442.

131 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 522f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 429; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 134–136; Madgearu, The Asanids, 116

132 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 532f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 429f.

133 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 535; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 430; Niketas Choniates Orationes (ed. van Dieten), Nr. XI, 110; Nikov, Sădbata na severozapadnite bălgarski zemi, 122;

HGSOE, Bd. 1

803

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

sich durch die Einnahme von Braničevo und Belgrad durch die Ungarn zum Frieden genötigt gesehen haben.134 Bald darauf gelang es ihm jedoch, die Herrschaft über die genannten Gebiete zurückzuerlangen.135 Kalojan ging in die Geschichte nicht nur als ein militärisch erfolgreicher Herrscher ein, sondern vor allem auch durch den von ihm betriebenen Anschluss der bulgarischen Kirche an das römische Papsttum. Schon um 1200 empfing er Gesandte des Papstes Innozenz III. (1198 – 1216) und erbat in einem Brief aus dem Jahr 1202 eine Krone aus Rom.136 Mitte 1203 schrieb Kalojan einen weiteren Brief an Papst Innozenz III., in dem er von einem Angebot Kaiser Aléxios’ III. sprach, ihn zum Zaren zu krönen und einen Patriarchen zu weihen. Der Wahrheitsgehalt seiner Behauptung hinsichtlich des Angebots ist indes Gegenstand der Diskussion.137 Der Brief steht in einer Reihe von weiteren Schriftstücken, die von einer intensiven Korrespondenz Kalojans mit Innozenz III. zwischen 1200 bis 1207 zeugen.138 Die Korrespondenz verdeutlicht unter anderem die deutliche Bezugnahme auf das Erste bulgarische Reich, auf die Zaren Symeon, Petăr und Samuil.139 Kalojan erreichte zumindest teilweise seine angestrebten Ziele. Am 15. Oktober 1204 traf der päpstliche Legat Kardinal Leon in Tărnovo ein. Am 7. November salbte und weihte er Erzbischof Basíleios (Vasilij) zum Primas und krönte einen Tag später Kalojan. Basíleios interpretierte den Akt als Weihe zum Patriarchen, Kalojan als Krönung zum imperator. 140 Innozenz III. scheint diese Auslegung datiert auf 1201; Zlatarski, Istoria na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 147 u. Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 443, auf 1202; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 2 (Hgg. Dölger/ Wirth), Nr. 1661 b, 335; Dall’Aglio, The Military Alliance between the Cumans and Bulgaria, 46; Madgearu, The Asanids, 118. 134 Nikov,

Sădbata na severozapadnite bălgarski zemi, 123; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 149f.

135 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 150; Božilov, Belota – bălgarski vladetel, 80f.

136 Brief Innocenz III. 1199/1200 über die päpstlichen Gesandten: Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder

u. a., Bd. 2,1, Nr. 255 (266), 485f.; Antwort Kalojans aus dem Jahr 1202 mit der Bitte um eine Krone: Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 5, Nr. 114 (115), 224–226, hier 225, Z. 24–26.

137 Die

Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 6, Nr. 142, 233–235, hier 234, Z. 25–27; Dujčev, Prepiskata na papa Inokentij, Nr. 9, 90; Acta Innocentii PP. III. (Hg. Haluščynskyj), Appendix 1, Nr. 11 A. 570; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 444; Božilov, Sedem etjuda, 169; Madgearu, The Asanids, 121.

138 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 173–195; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 135–137;

Gjuzelev, Papstvoto i bălgarite, 138–142; Prinzing, Das Papsttum, 137–184; Dujčev, Prepiskata na papa Inokentij; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 443–448; Madgearu, The Asanids, 119–132.

139 Die

Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 5, 225, Z. 26–226, Z. 1; Acta Innocentii PP. III. (Hg. Haluščynskyj), Nr. 8 A, 563; Dujčev, Prepiskata na papa Inokentij, Nr. 15, 44.

140 Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder

u. a., Bd. 7, Nr. 1–12, 3–27, Nr. 127, 202–208, Nr. 230f., 409–412, hier 410 (von Kalojan), Z. 13–16: „[…] quod dominus Leo legatus apostolice sedis venit ad imperium meum sibi afferens coronam et eam benedicens super caput imperii mei imposuit et in manibus meis dedit michi sceptrum atque vexillum. Et benedixit sanctissimo patriarche regni mei et totius Bulgari […]“ („[…] dass der Herr Legat Leo vom apostolischen Stuhl in mein Reich kam und eine Krone mit sich führte und sie segnete und auf das Haupt meiner Herrschaft legte und ein Zepter und eine Fahne in meine Hände legte. Und er segnete den allerheiligsten Patriarchen meines Reiches und ganz Bulgariens […]“) und 412 (von Basíleios), Z. 12–15: „[…] coronavit et benedixit imperatori Caloioh(ann)i, domino omnium Bulgarorum atque Blachorum, et superposuit capiti suo regiam coronam et sceptrum suis manibus imponens“ („[…] krönte und segnete Kaiser Caliohannes, den Herren aller

804

HGSOE, Bd. 1

Die Konsolidierung des Reiches und Kirchenunion die Kirchenunion mit mit RomRom

stillschweigend akzeptiert zu haben, ohne ihr jedoch zu folgen. Schon am 8. September 1203 hatte Erzbischof Basíleios (Vasilij) vom Papst das Pallium erhalten. Die Auswirkungen und Folgen der immerhin mehrere Jahrzehnte andauernden Kirchenunion mit Rom waren wohl bedeutender als meist in der Forschung angenommen.141 Der Vierte Kreuzzug mit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer änderte die politische Situation auf dem Balkan in radikaler Weise. Am 18. Juli 1203, ein Tag nach dem Eindringen von westlichen Truppen in die Stadt, dankte Aléxios III. Ángelos ab. Sein Nachfolger wurde Aléxios IV., der Sohn Isaaks II. Ángelos, dessen Herrschaft sich ganz auf die Kreuzfahrer stützte. Er wurde am 1. August 1203 gekrönt († 28. Januar 1204). Robert de Clari berichtet, dass Kalojan im Februar 1204 von den Kreuzfahrern den Zarentitel sowie die Anerkennung seiner Oberherrschaft gefordert habe.142 Am 12. April 1204 nahmen die Kreuzfahrer Konstantinopel endgültig ein und plünderten es drei Tage lang. Von den Gesandten Kalojans forderten sie Unterwerfung.143 Laut Choniátes betrachteten sie Kalojan als unrechtmäßigen Herrscher über römisches Gebiet und drohten mit der Verwüstung „Moesiens“ (Bulgariens).144 Bonifaz von Montferrat, inzwischen König von Thessaloniki, schlug bald darauf dem neuen Kaiser des Lateinischen Kaiserreiches, Balduin I. (Kaiser 1204/1205), vor, zusammen gegen die Bulgaren zu ziehen.145 Der am 16. Mai 1204 zum Kaiser des Kaiserreichs von Konstantinopel gekrönte Balduin IX. von Flandern und Hennegau blieb jedoch gegenüber Kalojan zunächst zurückhaltend.146 Robert de Clari berichtet über ein Treffen zwischen Kalojan und Pierre de Brachiaux, das wohl auf 1206 zu datieren ist. Letzterer soll mit Bezug auf die Zerstörung Trojas durch die Griechen gesagt haben, dass die Nachkommen der Trojaner in dem Land (Italien) lebten, aus dem sie nun kämen. Daher würden sie die Herrschaft beanspruchen.147

Bulgaren und Vlachen und legte auf sein Haupt eine königliche Krone und legte ein Zepter in seine Hände.“); Acta Innocentii PP. III. (Hg. Haluščynskyj), Nr. 49, 253; Dujčev, Prepiskata na papa Inokentij, Nr. 15, 43f., Gesta Innocentii papae III. (ed. Migne), Sp. CXXVI A – B; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 202–206; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 445; Madgearu, The Asanids, 135. 141 Das Pallium wird erwähnt in einem Brief Innocenz’ III. an Erzbischof Basíleios (Vasilij): Die Register Innocenz’ III.

Hgg. Hageneder u. a., Bd. 6, Nr. 143 (143, 144), 235–238, hier 237, Z. 5–10; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 206–211; Dujčev, Prepiskata na papa Inokentij, Nr. 31, 67; Podskalsky, Theologische Literatur, 76–79.

142 Robert

de Clari, La conquête (ed. Lauer), § LXIV, 63; Villehardouin, La conquête (ed. Faral), 228; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 211–219; Madgearu, The Asanids, 139f.

143 Gesta

Innocentii papae III. (ed. Migne), Sp. LXV, 64f.; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 613; Hendrickx, Recherches sur les documents diplomatiques non conservés, Nr. 17 (XXXVIII), 135f.; Božilov, Familijata na Asenevci, 62 (Anm. 76); Longnon, L’Empire latin de Constantinople, 31–48; Phillips, The Fourth Crusade, 235–280; Madgearu, The Asanids, 140.

144 Niketas

Choniates (ed. van Dieten), 612f.

145 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 276; Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 34; DančevaVasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 49–51; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 448; Madgearu, The Asanids, 142.

146 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 263; Madgearu, The Asanids, 144.

147 Robert

de Clari, La conquête (ed. Lauer), § CVI, 102; Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 263; Božilov, Sedem etjuda, 174f.; Božilov, Familijata na Asenevci, 62 (Anm. 78); zur Datierung und Erläuterung: Roberto di

HGSOE, Bd. 1

805

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Der Versuch Kalojans, zu einer Vereinbarung mit den neuen Herren Konstantinopels zu kommen, scheiterte aber letztendlich.148 Die militärische Konfrontation schien damit unausweichlich. Kalojan verband sich mit den Kumanen und der unzufriedenen griechischen Bevölkerung, die sich mit Gesandtschaften aus zahlreichen Städten an ihn wandten und ihm die Anerkennung seiner Herrschaft anboten.149 Kalojan wies sie an, in ihre Städte zurückzukehren und mit den Vorbereitungen zum Aufstand zu beginnen. Dimótika (Didymóteichon), Adrianopel (Adrianúpolis) und Arkadiúpolis machten den Anfang.150 Kaiser Balduin versammelte daraufhin seine Truppen und zog mit Graf Louis von Blois gegen Adrianopel. Am 14. April 1205 kam es zur entscheidenden Schlacht, die mit einer verheerenden Niederlage für die Kreuzfahrer endete. Balduin wurde gefangen genommen, Graf Louis und viele seiner Ritter starben auf dem Schlachtfeld.151 Kalojan verfolgte indes die nach Konstantinopel Flüchtenden.152 Die verbündeten Kumanen erreichten sogar die Kaiserstadt.153 Gottfried von Villehardouin berichtet, dass sie wegen des heißen Sommers jedoch zurückkehren mussten und sich Kalojan mit seinen griechischen Verbündeten nach Thessaloniki wandte, dessen Einwohner sich gegen die lateinische Herrschaft erhoben hatten.154

Clari, La conquista (ed. Nada Patrone), 238–240; Madgearu, The Asanids, 141. 148 Gesta

Innocentii papae III. (ed. Migne), Nr. CVIII, Sp. CXLVII; Madgearu, The Asanids, 144.

149 Zu

den Kumanen, die bisweilen anders genannt werden, Božilov, Familijata na Asenevci, 63 (Anm. 82), mit den Quellen; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 615 (Skythen); Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 352; The Chronicle of Morea (Hg. Schmitt), 69f.; Livre de la conqueste de la princée de l’Amorée (ed. Longnon), 22, § 69; Libro de los fechos (ed. Morel-Fatio), 16, § 59 (Alanen); Božilov, La „Chronique de Morée“, 43–45; ders./ Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 451f.; zu den griechischen Gesandten: Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 333; s. a. Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 215–219; Primov, Grăcko-bălgarski săjuz; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 138–140; Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 48–77; Madgearu, The Asanids, 144–146.

150 Niketas Choniates (ed. van Dieten), 613; Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 335–339; Robert de Clari, La

conquête (ed. Lauer), § CXII, 105; Božilov, La „Chronique de Morée“, 46; Madgearu, The Asanids, 146.

151 Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 357–361; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 616; Robert de Clari, La

conquête (ed. v. Lauer), § CXII, 105f.; Gesta Innocentii papae III. (ed. Migne), § CVIII, Sp. CXLVIII; Chronique d’Ernoul et de Bernard le Trésorier (Hg. de Mas Latrie), 381–385; Roberti Autissiodorensis Chronicon (ed. O. Holder-Egger), 269f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 458f.; Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 22; Božilov, La „Chronique de Morée“, 46–48; Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 8, Nr. 132 (131), 239–243; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 219–227; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 142; Božilov, Familijata na Asenevci, 63 (Anm. 97); Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 64f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 453; Dall’Aglio, The Military Alliance between the Cumans and Bulgaria, 49f.; Phillips, The Fourth Crusade, 288–291; Madgearu, The Asanids, 147–150.

152 Villehardouin, 153 Niketas

154 Villehardouin,

nids, 157.

806

La conquête (ed. Faral), § 374.

Choniates (ed. van Dieten), 618; Madgearu, The Asanids, 156. La conquête (ed. Faral), § 389; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 618; Madgearu, The Asa-

HGSOE, Bd. 1

Die Konsolidierung des Reiches und Kirchenunion die Kirchenunion mit mit RomRom

Auf dem Weg dorthin fiel ihm die Stadt Sérres in die Hände.155 Von Thessaloniki zog er sich jedoch bald darauf wieder zurück nach Bulgarien.156 Nun wandte er sich nach Plovdiv, einer der wichtigsten Städte Thrakiens. Dort hatten sich „Popelikaner“, eine religiöse Bewegung, die sonst unter dem Namen Paulikianer bekannt ist, gegen den Statthalter Renier de Trith erhoben. Die griechische Bevölkerung unter Aléxios Aspiétes weigerte sich, die Stadt dem herannahenden Kalojan zu übergeben, wie es die „Popelikaner“ beabsichtigten. Im Juni 1205 nahm Kalojan die Stadt ein und zeigte sich grausam gegenüber dem einen Teil der Bevölkerung. Viele wurden umgebracht, andere umgesiedelt.157 Kalojan kehrte daraufhin zurück nach Tărnovo.158 Vergeblich bemühte sich Papst Innozenz III. um die Freilassung Balduins aus der bulgarischen Gefangenschaft.159 Im nächsten Jahr 1206 zog ein Heer Kalojans erneut nach Thrakien. Am 31. Januar kam es bei Rhusion gegen Thierry du Termonde (Terremond) zur Schlacht.160 Bald darauf folgte der Zar selbst und nahm die Städte Neápolis, Apros, Rhaídestos (Ródosto, jetzt Tekirdağ), Panion, Herákleia, Daonium, Tzúrulos (Çorlu) und Daneion Athýra ein. Die Bevölkerung siedelte Kalojan nach Bulgarien um.161 Inzwischen hatte sich die griechische Bevölkerung von Adrianopel und Dimótika von Kalojan losgesagt und Anschluss an das Lateinische Kaiserreich gesucht.162 Kalojan belagerte daraufhin erfolglos Dimótika.163 Dem Regenten Heinrich von Flandern und Hennegau (Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs 1206 – 1216) gelang es indes, Renier de Trith aus der bulgarischen Belagerung von Stanimaka (Stanimachos/Asenovgrad) zu befreien.164 Heinrich hatte sich nach dem

155 Villehardouin,

Asanids, 158.

156 Niketas

La conquête (ed. Faral), § 392–394; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 619; Madgearu, The

Choniates (ed. van Dieten), 620; Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 399.

157 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 399–401; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 627; Longnon, L’Empire latin de Constantinople, 82; Primov, Za imeto popelikani na ereticite; ders., The Third and the Fourth Crusade and Bulgaria, 58; Božilov, Familijata na Asenevci, 65; Prinzing, Der Brief Kaiser Heinrichs, 54–56; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 69f.; Madgearu, The Asanids, 159f.

158 Laut

Nikétas Choniátes geschah dies wegen einer Verschwörung; siehe: Niketas Choniates (ed. van Dieten), 628.

159 Die

Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 8, Nr. 130 (129), 236–238; Gjuzelev, Das Papsttum und Bulgarien, 44; Dall’Aglio, Innocenzo III e i Balcani, 143f.; Markov, Zavojuvaneto na Konstantinopol, 44f.; Madgearu, The Asanids, 150f.

160 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 404; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 628; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 240; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 143; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 455; Dall’Aglio, Innocenzo III e i Balcani, 149; Külzer, Ostthrakien, 621; Madgearu, The Asanids, 160.

161 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 412–420; Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 23; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 234–247; Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 57–60; Božilov, Familijata na Asenevci, 65f.; Soustal, Thrakien, 309, 342, 370, 394, 483; Külzer, Ostthrakien, 142, 257, 271, 308, 322, 402, 563, 609, 621, 685; Madgearu, The Asanids, 162.

162 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 423; Madgearu, The Asanids, 163.

163 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 425; Soustal, Thrakien, 241; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 632f.; Madgearu, The Asanids, 164.

164 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 435–440; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 642; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  3, 247–252; Istorija na Bălgarija, Bd.  3 (Hgg. Lišev u. a.), 144f.; Madgearu, The

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Tod Balduins am 20. August zum Kaiser krönen zu lassen. Theódoros Branás, der griechische Statthalter der Städte Adrianopel und Dimótika, blieb in Thrakien. Kalojan gelang es nun, Dimótika einzunehmen, und große Teile der Bevölkerung der Umgebung wurden gezwungen, mit ihm zu ziehen, konnten aber später, als Kaiser Heinrich Adrianopel entsetzte und durch Thrakien zog, befreit werden.165 Kalojan verbündete sich nun mit dem byzantinischen Reich von Nikäa und seinem Kaiser Theodor Láskaris (1204 – 1221). 1207 belagerte er Adrianopel, doch auch dieses Mal scheiterte er.166 Bald darauf kam es zum Waffenstillstand zwischen Kaiser Heinrich und Theodor Láskaris.167 Ein Feldzug Heinrichs gegen Bulgarien endete ohne zählbares Resultat. Jedoch kam es daraufhin zum Bündnis Heinrichs mit Bonifaz von Montferrat, dem König von Thessaloniki.168 Letzteren töteten aber am 4. September 1207 Bulgaren in der Nähe von Mosynópolis. Sein Kopf wurde Kalojan geschickt.169 Dieser verlor keine Zeit und wandte sich gegen Thessaloniki. Während der Belagerung der Stadt kam er jedoch zu Tode. Er fand sein Grab in Tărnovo in der Kirche der 40 Märtyrer.170

10 .4 .2 Das Reich unter Druck: Die Herrschaft Zar Borils Die Herrschaft ging auf Kalojans Neffen Boril über.171 Er heirate die Witwe Kalojans, eine Kumanin unbekannten Namens.172 Über die Nachfolge, den Anspruch der Söhne von (Ivan) Asen, Ivan und Alexander, und die Frage nach einer Verschwörung in Tărnovo gibt es eine breite

Asanids, 164f. 165 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 442–445; Madgearu, The Asanids, 164f.

166 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 472–474; Niketas Choniates (ed. van Dieten), 636; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 76; Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 78f.; Madgearu, The Asanids, 165; Bemühungen Papst Innozenz’ III., Kalojan zum Frieden mit Kaiser Heinrich zu bewegen, blieben erfolglos; siehe: Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder u. a., Bd. 10, Nr. 65, 111–113.

167 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 488; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd.  3 (Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 1675, 3; zu Heinrich von Flandern: van Tricht, „La gloire de l’Empire“.

168 Villehardouin,

La conquête (ed. Faral), § 490–497; Madgearu, The Asanids, 166f.

169 Villehardouin, La conquête (ed. Faral), § 499; Robert de Clari, La conquête (ed. Lauer), § 116, 107; Niketas Cho-

niates (ed. van Dieten), 63; Božilov, La „Chronique de Morée“, 51f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 247–252; Longnon, Les Compagnons, 234; Madgearu, The Asanids, 166f.

170 Die Quellen und Literatur zu seinem Tod: Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 3, 55–57; Zlatarski, Istorija na

bălgarskata dăržava, Bd. 3, 252–261; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 145f.; Madgearu, The Asanids, 167–173.

171 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 259f., 270; Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 3, 55 mit Anm. 166; Istorija na Bălgarija, Bd.  3 (Hgg. Lišev u. a.), 148; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 465f.; Madgearu, The Asanids, 175.

172 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 24; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 460; Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 6, 74; Dujčev, La bague-sceau, 182f.

808

HGSOE, Bd. 1

Die Konsolidierung des Reiches und Kirchenunion die Kirchenunion mit mit RomRom

Forschungsdiskussion. Die Quellen bleiben indes stumm.173 Boril hatte mit Konkurrenten um den Thron zu kämpfen, mit seinem Bruder Strez und mit seinem Vetter Aléxios Slav.174 Strez wich nach Serbien aus und vermochte mit Hilfe Stefan Nemanjas eine unabhängige Herrschaft in Prosek zu errichten.175 Seinem Vetter Aléxios Slav nahm Boril indes seinen ganzen Besitz, was zu andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen führte.176 Aléxios Slav suchte Zuflucht bei Kaiser Heinrich, der ihm seine Tochter zur Frau gab und ihm den Titel „Despot“ verlieh. Zwanzig Jahre lang regierte er unabhängig über sein Territorium.177 Boril setzte zunächst die Politik seines Vorgängers fort. Im Frühjahr 1208 findet man ihn mit einem Heer aus Bulgaren und Kumanen in Thrakien.178 Während der genaue Verlauf der Expedition gegen Kaiser Heinrich unklar bleibt,179 kam es 1208 bei Plovdiv zu einer schweren Niederlage Borils.180 Innenpolitisch konzentrierte sich Boril auf die Verfolgung der Bogomilen. Eine große Synode verurteilte sie am 11. Februar 1211 und zwang sie zur Unterwerfung unter die orthodoxe Kirche.181 Über einen Feldzug nach Thrakien 1211 gibt es nur spärliche Informationen. Offensichtlich war ihm jedoch kein großer Erfolg beschieden.182 Immerhin verbündete sich Boril mit seinem Bruder Strez, den er zum Sebastokrátor ernannte und zog mit ihm gemeinsam nach Thessaloniki, wo es bei Pelagónia zu einer entscheidenden Niederlage gegen die Barone Thessalonikis und den Herrscher

173 Siehe

175.

ausführlich dazu: Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 466; Madgearu, The Asanids,

174 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 270–273; Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 11 und 12; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 466–468.

175 Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 11; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 280–290; Radić, Ob-

lasni gospodari, 223–234; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 467; Nikolov, Samostojatelni vladenija, 95–123; Madgearu, The Asanids, 182f.

176 Henri

de Valenciennes, Histoire (ed. Longnon), § 505, 30; Madgearu, The Asanids, 178.

177 Henri

de Valenciennes, Histoire (ed. Longnon), § 555–559, 52–55, Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 11, 96f.; Biliarsky, The Despots, 146f.; Nikolov, Samostojatelni vladenija, 143–182; Madgearu, The Asanids, 182.

178 Henri

de Valenciennes, Histoire (ed. Longnon), § 504–506, 28–30; Carile, Per una storia dell’impero latino, 238; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 81f.; Madgearu, The Asanids, 178.

179 Henri

de Valenciennes, Histoire (ed. Longnon), § 508–513, 31, 33; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 82; Gagova, Trakija, 50; Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 6, 70.

180 Henri de Valenciennes, Histoire (ed. Longnon), § 515–544, 34–47; Die Register Innocenz’ III. Hgg. Hageneder

u. a., Bd. 11, Nr. 202 (207) (Brief Kaiser Heinrichs v. Konstantinopel v. September 1208), 333f.; Patrologia Latina (ed. Migne), Bd. 215, Sp. 1522f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 274–276; Longnon, L’Empire latin de Constantinople, 103f.; Prinzing, Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 101, 120; Carile, Per una storia dell’impero latino, 238; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 148f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 469; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 84–87; Dall’Aglio, The Military Alliance between the Cumans and Bulgaria, 52; Madgearu, The Asanids, 180f.

181 Borilov

sinodik (Übers. Božilov u. a.); Sinodik carja Borila (Hg. Popruženko); Podskalsky, Theologische Literatur, 126; Madgearu, The Asanids, 183f., 186.

182 Prinzing,

Der Brief Kaiser Heinrichs, 413f.; ders., Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 104; van Tricht, The Latin Renovatio of Byzantium, 391.

HGSOE, Bd. 1

809

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

von Epirus, Michael Ángelos Komnenós, kam.183 Noch im gleichen Jahr wiederholten sich die Ereignisse bei einem weiteren Zug Borils gegen Berthold von Katzenellenbogen, dem Regenten Thessalonikis und Eustachius, dem Bruder Heinrichs. Boril wandte sich zur Flucht, sein zurückgebliebenes Heer wurde vernichtend geschlagen.184 Einen Aufstand im Gebiet von Vidin vermochte er nur mit Hilfe des ungarischen Königs Andreas II. niederzuschlagen, wofür er ihm Belgrad und Braničevo überlassen musste.185 Der auf dem Schlachtfeld so erfolglose Boril suchte andere Lösungen. 1213 kam es zum Bündnis mit Kaiser Heinrich und der Heirat einer der Töchter Borils mit dem lateinischen Kaiser.186 Zudem heiratete er eine Nichte des Kaisers.187Ansonsten erodierte jedoch seine Herrschaft. 1214 starb Strez, am 11. Juni 1216 Kaiser Heinrich.188 1217/1218 kam es schließlich zum Aufstand durch Ivan Asen, dem Sohn (Ivans) Asen I. Geórgios Akropolítes spricht von einer siebenjährigen Belagerung Borils in Tărnovo und einer Blendung Borils. Die siebenjährige Belagerung ist jedoch unwahrscheinlich. Auf jeden Fall setzte sich Ivan II. Asen durch und löste den militärisch so erfolglosen Boril als Herrscher ab.189

183 Polemis,

The Doukai, Nr 45; Prinzing, Der Brief Kaiser Heinrichs, 414–418; Madgearu, The Asanids, 185f.

184 Dančeva-Vasileva,

Bălgarija i latinskata imperija, 102f.; Prinzing, Der Brief Kaiser Heinrichs, 417f.; ders., Die Bedeutung Bulgariens und Serbiens, 104f.; van Tricht, La politique étrangère, 420; ders., The Latin Renovatio of Byzantium, 391; Madgearu, The Asanids, 186f.

185 Dimitrov,

Bălgaro-ungarskite otnošenija, 126; Božilov, Familijata na Asenevci, 71 u. Anm. 36 (76 mit Lit.), Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 49f.; Georgieva, Bulgarian-Byzantine Marital Diplomacy; Madgearu, The Asanids, 192f.

186 Robert

de Clari, La conquête (ed. Lauer), § 116–118, 108f.; zu den Siegelfunden: Gjuzelev, Drei in Bulgarien gefundene Bleisiegel; Jordanov (Hg.), Corpus of Byzantine Seals from Bulgaria, Bd. 3, 107; Božilov, Familijata na Asenevci, 72; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 308–310; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 149; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 47f.; Madgearu, The Asanids, 187–191.

187 Božilov,

Familijata na Asenevci, 72; Madgearu, The Asanids, 187f. mit Anm. 54 für einen Überblick über die westlichen Quellen zu den Ereignissen.

188 Robert

de Clari, La conquête (ed. Lauer), § 119, 109; Longnon, Les Compagnons, 145; Božilov, Familijata na Asenevci, 96; Madgearu, The Asanids, 190, 194.

189 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 32f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 468; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 323; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 152; Cankova-Petkova, Bălgarija pri Asenevci, 103; Božilov, Familijata na Asenevci, 73; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 475; Madgearu, The Asanids, 193f.

810

HGSOE, Bd. 1

Höhepunkt Der Höhepunkt politischer politischer Macht und Macht Rückkehr und diezur Rückkehr Orthodoxie zur Orthodoxie (1218 – 1241)

10 .5

 ER HÖHEPUNKT POLITISCHER MACHT D UND DIE RÜCKKEHR ZUR ORTHODOXIE: IVAN II. ASEN (1218 – 1241)

Nachdem Ivan Asen mit Hilfe russischer Söldner an die Macht gekommen war, wandte er sich an den ungarischen König mit der Forderung, ihm seine Tochter zur Frau zu geben, als Bedingung für die Durchquerung Bulgariens durch Andreas II. mit seinem erschöpften Kreuzzugsheer.190 Zur gleichen Zeit wurden die friedlichen Beziehungen zum Lateinischen Kaiserreich und seinem neuen Herrscher, Robert von Courtenay (1221 – 1228), fortgesetzt.191 Theodor Ángelos Komnenós Dúkas (Fürst von Epirus 1215, Kaiser 1224 – 1230), der seinem Bruder Michael 1215 als Herrscher von Epirus gefolgt war und sogar den Kaisertitel führte, bot Ivan II. Asen ein Bündnis an.192 Das Bündnis wurde bekräftigt durch die Heirat zwischen Ivan Asens Tochter Maria und dem Despoten und Bruder Theodors, Manuel.193 Noch im Jahr 1228 starb indes Robert von Courtenay. Sein minderjähriger Bruder Balduin II. (1228 – 1261) folgte ihm. Man beschloss vielleicht, ihn mit Elena, der Tochter Ivan Asens II. zu vermählen, doch ist diese Annahme nicht gesichert.194 Sie widerspricht vor allem der Tatsache, dass die Barone in einem Vertrag vom 9. April 1229 in Perugia die Regentschaft nicht Ivan Asen sondern Johann von Brienne antrugen.195 So wird in der Forschung darüber debattiert, ob das Eheprojekt, falls es existierte, eine Finte darstellte oder ihm tatsächliche Absichten zu Grunde lagen.196

190 Thomas

archidiaconus, Historia Salonitana (ed. Rački), 92; Toma Arhiđakon, Historia Salonitana (Übers. Perić), 138–143; engl. Übers.: Thomae Archidiaconi Spalatensis Historia Salonitanorum (Übers. Karbić u. a.), 158– 165; Acta Honorii III et Gregorii IX (Hg. Tăutu), Nr. 56, 82; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 325–327; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 162f.; Božilov, Familijata na Asenevci, 78; Dimitrov, Bălgaro-ungarskite otnošenija, 132–134; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 481; Georgieva, Bulgarian-Byzantine Marital Diplomacy, 345–353; Pavlov, Ošte vednăž za săprugite, 359–361; siehe zum Kreuzzug und Andreas II. oben Kap. 8.3.4 (mit Anm. 102); Madgearu, The Asanids, 196f.

191 Dančeva-Vasileva, 192 Polemis,

Bălgarija i latinskata imperija; 117f.; Madgearu, The Asanids, 195.

The Doukai, Nr. 42, 89 und Nr. 45, 92; Nicol, The Despotate of Epiros, 45.

193 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 38–41; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 3 (Hgg. Dölger/Wirth), 8, Nr. 1711; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 333f.; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 165; Božilov, Familijata na Asenevci, 100f.; Nicol, The Despotate of Epiros, 104f.; Setton, The Papacy and the Levant, Bd. 1, I, 53; Božilov, Familijata na Asenevci, 78; Bredenkamp, The Byzantine Empire of Thessaloniki, 131–133, 147f., 195f.; Georgieva, Bulgarian-Byzantine Marital Diplomacy, 433f.; Madgearu, The Asanids, 201.

194 Marino Sanudo Torsello, Secreta, Liber II, pars IV, Kap. XVIII (p. 72f.); hierzu Tyerman, Marino Sanudo Torsello;

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 335–337; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 165f.; die Forschungsdiskussion bei Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 483; Madgearu, The Asanids, 198f.

195 Dančeva-Vasileva,

Dogovorăt meždu Bălgarija i Latinskata imperija; Deliberazioni del Maggior Consiglio di Venezia, Bd. 1 (ed. Cessi), Nr. 140 und 141, 209–211; Tafel/Thomas (Hgg.), Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschichte der Republik Venedig, Bd. 2, 265–270; Documenta Veneta (ed. Gjuzelev), 30–37; Madgearu, The Asanids, 199.

196 Siehe

dazu Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 483f.

HGSOE, Bd. 1

811

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

1230 zog Theodor Ángelos Komnenós Dúkas überraschend gegen die Bulgaren. Am 9. März 1230 kam es bei Klokotnica zu einer entscheidenden Schlacht mit Ivan II. Asen, der das Schlachtfeld als Sieger verließ. Theodor Ángelos Komnenós geriet zusammen mit vielen seiner Gefolgsleute in Gefangenschaft.197 Im Gegensatz zum üblichen Verfahren entließ Ivan II. Asen die einfachen Soldaten des Gegners nach Hause.198 Klokotnica veränderte indessen die Machtverhältnisse in erheblicher Weise. Das Kaiserreich Epirus fiel als ernstzunehmender Nachfolger des Byzantinischen Reiches aus, dessen Restitution nun ganz dem Reich von Nikäa zufiel. Ivan II. Asen eroberte nun Adrianopel, Dimótika, Bolerón, Sérres, Pelagónia und Prilep. Die Herrschaft über Thessaloniki übernahm Manuel Ángelos Dúkas, der ja mit einer Tochter Ivans II. Asen verheiratet war.199 Während die Bedeutung dieses Reiches sank, erfuhr Ivan II. Asen einen erheblichen Machtzuwachs und beherrschte nun einen Großteil von Thrakien. Er prägte Goldmünzen auf denen er sich „Zar der Bulgaren“ nannte.200 Wenig später legte er sich den Titel „Zar der Bulgaren und Griechen“ zu.201 Ivan II. Asen brachte sein Selbstverständnis auch als Bauherr zum Ausdruck, so zum Beispiel bei der Kirche der „Heiligen 40 Märtyrer“ von Tărnovo. Auf einer dort angebrachten Inschrift rühmte er sich dieses Sieges und nannte sich „wahrer Zar von Christi Gnaden, Alleinherrscher über die Bulgaren“. Er habe das ganze Land von Adrianopel bis Durazzo und dazu griechisches, albanisches und serbisches Land erobert.202 Tatsächlich brachte ihm der Sieg die Vormachtstellung auf dem südlichen Balkan ein. Urkunden, beispielsweise für Händler aus Dubrovnik/Ragusa, zeugen von einer aktiven Handelspolitik. 1231 erreichte Johann von Brienne (Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs 1231 – 1237) als neuer Kaiser des Lateinischen Kaiserreiches Konstantinopel.203 Von der allgemeinen Entwicklung, vor allem von der geschwundenen Bedeutung des Kaiserreichs von Epirus, profitierte jedoch ebenso

197 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 42; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 474f.; Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 28 (Kap. II, 3); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 337–340; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 166–169; zu Klokotnica: Soustal, Thrakien, 310; Nicol, The Despotate of Epiros, 5; Carevgrad Tărnov, Bd. 4 (Hg. Popov); DančevaVasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 128f.; Bredenkamp, The Byzantine Empire of Thessaloniki, 151f., 189, 191f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 484f.; Madgearu, The Asanids, 199–202.

198 Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 42f.; für das genaue Datum wurde eine Inschrift aus Veliko Tărnovo

herangezogen: Popov/Aleksiev, Carstvuvaštijat grad Tărnov, 8–16; Madgearu, The Asanids, 202f.

199 Georgios

202.

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 43f.; Polemis, The Doukai, Nr. 43, 90; Madgearu, The Asanids,

200 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 340f.; Gerasimov, Părvata zlatna moneta; Jurukova/Penčev, Pečati i moneti, 93.

201 Laskaris,

Vatopedskata gramota, 5; Božilov/Kožucharov, Bălgarskata literatura, 192f., 201; Andreev, Vatopedskata gramota; Jurukova/Penčev, Pečati i moneti, 51–56; Dujčev, Iz starata Bălgarska knižnina, Bd. 2, 38; Jordanov, Korpus na pečatite, 108–110; The Mediaeval Greek and Bulgarian Documents (Hg. Pavlikianov), 576f. und Abb. 15–18.

202 Carevgrad

Tărnov, Bd. 4 (Hg. Popov), 9; Božilov/Kožucharov, Bălgarskata literatura, 200; Madgearu, The Asanids, 202f.

203 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 353; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 169; Dančeva-

Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 133; Longnon, L’Empire latin de Constantinople, 172.

812

HGSOE, Bd. 1

Höhepunkt Der Höhepunkt politischer politischer Macht und Macht Rückkehr und diezur Rückkehr Orthodoxie zur Orthodoxie (1218 – 1241)

das Kaiserreich von Nikäa unter Johannes III. Dúkas Vatátzes (1222 – 1254), mit dem Ivan II. Asen nun ein Bündnis anstrebte.204 Damit rückte er von der unter Kalojan eingeleiteten Kirchenunion mit Rom ab, schloss sich der Ostkirche an und veranlasste die Gründung eines eigenen Patriarchats in Tărnovo. Der alte Primas Basíleios floh, an seine Stelle trat Joachim.205 Dieser begab sich nach Nikäa und empfing dort von Patriarch Germanós II. seine Weihe.206 Im Frühling 1235 erreichten Ivan Asen II. mit seiner Frau und seiner Tochter Elena Kaliópolis (Gallipoli), wo sie sich mit Kaiser Johannes III. Dúkas Vatátzes trafen. In Lampsakos (Lapseki) kam es zur Hochzeit zwischen Ivans Tochter Elena und Theodor II. Láskaris, dem Thronfolger in Nikäa. Darüber hinaus wurde Joachim zum Patriarchen erhoben.207 Im gleichen Jahr belagerten die Verbündeten das lateinische Konstantinopel und im darauffolgenden Jahr kam es zu einem Flottenangriff von Nikäa auf Konstantinopel, während Ivan Asen wohl passiv blieb.208 Das Kaiserreich von Nikäa expandierte und übernahm nun die Herrschaft über Gallipoli, das Ganosgebirge und bis Kissos (Kessane). Damit erwuchs dem Zarenreich von Tărnovo ein Verbündeter, der sich anschickte, in die eigenen territorialen Interessenssphären vorzudringen. Bulgarien war jedoch auch von Nordwesten her bedroht; 1232/1233 fielen die Ungarn nach Bulgarien ein.209 Im inzwischen stark unter Druck stehenden Lateinischen Kaiserreich starb 1237 Johann von Brienne.210 Ivan II. Asen schien erkannt zu haben, dass das Bündnis vor allem den Interessen Nikäas diente, und er entschloss sich zum Bruch mit Kaiser Johannes III., den er 1237 gemeinsam mit Lateinern und Kumanen bekriegte. 1237 starben die Zarin und einer der

204 Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 48f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 477f.;

Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 29 (Kap. II, 3); Gjuzelev, Bălgarskata dăržava i Nikeja; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 139–151; Madgearu, The Asanids, 205, 209.

205 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd.  1, 51f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 478; Kožucharov, Neizvesten letopisen razkaz, 128; Podskalsky, Theologische Literatur, 297 u. Anm. 1304; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 492f.; Madgearu, The Asanids, 210f.

206 Kožucharov,

Neizvesten letopisen razkaz, 133.

207 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 50f.; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 361–389; Tarnanidis, Byzantine-Bulgarian Ecclesiastical Relations; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 128–138; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 170–172; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 492f.; Madgearu, The Asanids, 209–211; die Quellen: Borilov sinodik (Übers. Božilov u. a.), der Text der ganzen Synode ist ediert auf 91–178; Sinodik carja Borila (Hg. Popruženko), 84–87; Kožucharov, Neizvesten letopisen razkaz, 128–133; Angelov, Deux contributions, 82f.; Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 1, Nr. 112, § 1, 680; Angelov, Theodore II Laskaris, 273–280; zusammenfassend: Podskalsky, Theologische Literatur, 78f. (mit reicher Bibliographie in den Anm.).

208 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd.  1, 53; Albrici monachi Triumfontium Chronicon (ed. SchefferBoichorst), 939; Chronique rimée de Philippe Mouskes (Hg. de Reiffenberg), vv. 29031–29067, 620; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 390–393; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 176; Longnon, L’Empire latin de Constantinople, 173; Madgearu, The Asanids, 216f.

209 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 369; Nikov, Sădbata na severozapadnite bălgarski zemi, 129f.; Madgearu, The Asanids, 206f.

210 Longnon,

L’Empire latin de Constantinople, 174, Nr. 2.

HGSOE, Bd. 1

813

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Söhne an einer Epidemie. Ivan interpretierte dies wohl als göttliche Strafe für seinen Vertragsbruch und schloss 1237 mit Kaiser Johannes III. von Nikäa erneut Frieden.211 Die letzten Jahre Ivans II. verliefen wohl etwas ruhiger als die vorangegangenen. 1237 heiratete Ivan II. Irina, die Tochter von Theodor Komnenós Ángelos, dem einstigen Gegner von Klokotnica.212 Doch vielleicht kam es zu dieser Zeit schon zu ersten Auseinandersetzungen mit den nach Europa einbrechenden Mongolen.213 Im Juni 1241 starb Ivan II.,214 dessen Regentschaft als Höhepunkt der Asenidenzeit gilt. Neben seine militärischen Erfolge trat seine diplomatische Kunst, die Förderung des Handels und Münzwesens und nicht zuletzt seine Bautätigkeit.215 Er gilt als einer der bedeutendsten Herrscher seines Zeitalters. Während die politischen und militärischen Erfolge nicht lange Bestand haben sollten, so war vor allem den kirchenpolitischen Entscheidungen eine längere Dauer beschieden. Die Zugehörigkeit der bulgarischen Kirche zur Ostkirche wurde seitdem nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt. Insgesamt weiß man jedoch nur wenig über die einzelnen Bischofssitze und ihre jeweiligen Amtsträger. Die Synode von 1211 präsentiert mit ihren späteren Nachträgen eine Reihe von Namen, aber für nur wenige von ihnen lassen sich detaillierte Informationen finden. Für das Gebiet des Zweiten bulgarischen Reiches spielte neben dem 1235 zum Patriarchat erhobenen Tărnovo auch das 1020 gegründete autokephale Erzbistum von Ochrid eine wichtige Rolle, das sich selbst als Erzbistum von „Bulgaría“, später „pasa Bulgaria“, also ganz Bulgarien, verstand. Die territoriale Ausdehnung des Erzbistums Ochrid orientierte sich bei seiner Gründung am Reich Zar Samuils. Im Laufe der Zeit war der Umfang des Erzbistums jedoch zahlreichen Veränderungen unterworfen, bei denen auch die Entstehung des Zweiten bulgarischen Reiches eine Rolle spielte, vor allem aber die offizielle Anerkennung von Tărnovo als Patriarchat im Jahre 1235. Dennoch blieb das Ochrider Erzbistum während der Phasen der bulgarischen Expansion unter Ivan II. Asen

211 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 52–57; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 480–482; Acta Honorii III et Gregorii IX (Hg. Tăutu), Nr. 229, 248, 249; 308f., 325f., 328; Les registres de Grégoire IX (Hg. Auvray), Bd. 2, Nr. 3720, 4046; Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 36f. (Kap. II, 5); Pappadopoulos, Théodore II Lascaris, 8; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 393–398; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 3 (Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 1758, 31; Cankova-Petkova, Griechisch-bulgarische Bündnisse, 62; Dimitrov, Bălgaro-ungarskite otnošenija, 140; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 494f.; Georgieva, Bulgarian-Byzantine Marital Diplomacy, 354; Madgearu, The Asanids, 219–221.

212 Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 60f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 483f.;

Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 403–407; Nicol, The Despotate of Epiros, 134; Božilov, Familijata na Asenevci, 87; Mladjov, The Children of Ivan Asen II, 485f.; Pavlov, Ošte vednăž za săprugite, 363f.; Madgearu, The Asanids, 221.

213 Chronique

rimée de Philippe Mouskes (Hg. de Reiffenberg), vv. 30959–30962, 681; der dort erwähnte König der Vlachen ist wohl nicht Ivan Asen II., siehe: Madgearu, The Asanids, 226f., 232f.; Cankova-Petkova, Griechisch-bulgarische Bündnisse, 62.

214 Albrici monachi Triumfontium Chronicon (ed. Scheffer-Boichorst), 950; Božilov/Gjuzelev, Istorija na sred-

novekovna Bălgarija, 495 (für den 24. Juni 1241); dagegen: Madgearu, The Asanids, 225.

215 Madgearu,

814

The Asanids, 213–216.

HGSOE, Bd. 1

Höhepunkt Der Höhepunkt politischer politischer Macht und Macht Rückkehr und diezur Rückkehr Orthodoxie zur Orthodoxie (1218 – 1241)

in seiner Eigenständigkeit und Bedeutung erhalten.216 Als herausragende Vertreter auf dem Ochrider Erzbischofsstuhl sind Theophýlaktos Héphaistos (1088/1092 – 1125/1126) und Demétrios Chomatenós (1216 – 1236) zu nennen, deren umfangreiche Werke und Briefe eine unschätzbare Quelle nicht nur für die kirchlichen Verhältnisse jener Zeit darstellen.217 Im Jahre 1227 vollzog Demétrios Chomatenós die Salbung und Krönung des Theodor Komnenós Ángelos Dúkas zum Kaiser in Thessaloniki. Nach Klokotnica verlor aber das Ochrider Erzbistum an politischer Bedeutung. Der Status der Autokephalie hatte jedoch über die nächsten Jahrhunderte hinweg Bestand.

216 Gelzer,

Der Patriarchat; Snegarov, Istorija na Ochridskata archiepiskopija, Bd. 1; Belčovski, Ohridskata archiepiskopija; Schreiner, Ochrid; Tăpkova-Zaimova, L’archevêché autocéphale; dies., Entre Ochrid et Tirnovo; Akritidēs, Η Ιστορική γεογραφία; Prinzing, Die autokephale byzantinische Kirchenprovinz, mit der neueren Literatur.

217 Zu

Theophylakt: Angold, Church and Society, 158–172; Mullett, Theophylact of Ochrid; zu Demétrios Chomatenós: Demetrii Chomateni Ponemata diaphora (ed. Prinzing), 3*–45*; ders., A Quasi Patriarch; Iliev, Ochridskijat archiepiskop; Podskalsky, Theologische Literatur, 233–235 (zu Theophylakt), 495–498 (zu Demétrios).

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

10 .6

 IE POLITISCHE KRISE BULGARIENS MITTE D UND ENDE DES 13. JAHRHUNDERTS: DIE MONGOLISCH-TATARISCHE OBERHERRSCHAFT

10 .6 .1 Der Zerfall der Zentralmacht und das Aufkommen regionaler Herrschaften Mit dem Tode Ivan II. Asens hatte das bulgarische Zarenreich seinen politischen Zenit überschritten. In den folgenden Jahrzehnten büßte das Reich seine Vormachtstellung ein und geriet zudem auch bald unter mongolische Oberherrschaft. Das Auftreten der Mongolen änderte zudem die politische Landkarte des Balkanraums in nachhaltiger Weise. Zugleich erwuchs im restituierten Byzantinischen Kaiserreich ein mächtiger Nachbar, der mitunter versuchte, massiven Einfluss auf die inneren Verhältnisse Bulgariens zu nehmen. Das aufstrebende serbische Reich expandierte ab den 1270er Jahren von Westen, während von Norden her das ungarische Königreich mehrfach nach Bulgarien vorrückte. Zudem schwächten Nachfolgekämpfe und innere Unruhen das Reich. Überdies zeigten sich die Bo(l)jaren zunehmend als einflussreiche Gruppe, die bereit und in der Lage war, unliebsame Zaren zu vertreiben und eigene Kandidaten an die Macht zu bringen. Ein wichtiger Faktor war neben der allgemeinen politischen Situation auch die Herrschaft Minderjähriger, die im Machtgefüge hochmittelalterlicher Reiche oft zu Krisensituationen führte. Der älteste Sohn Ivan Asens, Kaliman I. (1241 – 1246) trat im Alter von sieben Jahren seine Nachfolge an.218 Man weiß nicht viel über seine Regierungszeit, in der die Geschäfte wohl von einer Regentschaft geführt wurden. Doch bereits zur Zeit von Ivan Asen II. waren Kumanen, die von den Mongolen aus ihren Wohnsitzen nördlich des Schwarzen Meeres vertrieben worden waren, in großer Zahl nach Bulgarien geflohen.219 1242 aber fielen die Mongolen nach Bulgarien ein und veränderten die gesamte politische Konstellation auf dem Balkan. Bereits 1242 könnten sie Bulgarien tributpflichtig gemacht haben.220 Wilhelm von Rubruk nennt 1254 das bulgarische Zarenreich als eines der Reiche, die den Mongolen Tribut zahlten.221 Für die nächsten Jahrzehnte stand das bulgarische Zarenreich jedenfalls unter permanenter Bedrohung und bisweilen direkter Abhängigkeit von den Mongolen.

218 Zur

Nachfolgediskussion Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 501; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 264; Božilov, Familijata na Asenevci, I, Nr. 18, 104; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 420f.

219 Korobeinikov,

A Broken Mirror, 387, 390, 393, 398–400; Spinei, The Romanians and the Turkic Nomads, 167; Madgearu, The Asanids, 224.

220 Božilov,

Familijata na Asenevci, 105; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  3, 424–426; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 266; Schreiner, Die Tataren und Bulgarien; Jackson, The Mongols, 65 mit Anm. 55 (79); Chronique rimée de Philippe Mouskes (Hg. de Reiffenberg), vv. 30959–30962, 681; StrakoschGrassmann, Der Einfall der Mongolen, 169; Madgearu, The Asanids, 228–231.

221 Wilhelm von Rubruk, Itinerarium, 219 (Kap. XXI, 3); The Mission of Friar William of Rubruck (Übers. Jackson),

66; Guglielmo di Rubruk (ed. Chiesa), 104; Madgearu, The Asanids, 233–234.

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HGSOE, Bd. 1

Die politische Politische Krise Krise Bulgariens und mongolisch-tatarische Mitte und Ende des Oberherrschaft 13. Jahrhunderts

Die Umstände von Zar Kalimans Tod 1246 sind indes ungeklärt.222 Sein Nachfolger wurde der ebenfalls minderjährige Michael Asen, ein weiterer Sohn Ivans II. Asen und seiner dritten Frau Irina Komnéna.223 Kaiser Johannes III. Dúkas Vatátzes von Nikäa benutzte offensichtlich den Thronwechsel und die Regentschaft Minderjähriger und brachte die Städte Sérres und Melnik in seine Gewalt. In Makedonien vermochte er zudem Stobi, Velbăžd, Skopie, Veles, Prilep, Ovče Pole, Prosek und in Thrakien Stanimaka, Tzépaina und weitere Orte im Rhodopengebiet seiner Herrschaft einzuverleiben. Dennoch sahen sich die Bulgaren gezwungen, einen Frieden und ein weiteres Bündnis mit Johannes III. einzugehen und seine Gewinne zu akzeptieren.224 Zusammen mit dem Verlust der Gebiete von Braničevo und Belgrad an die Ungarn war damit ein Großteil der Eroberungen Ivans II. Asen und seiner Vorgänger zunichte gemacht worden.225 Die Bulgaren nahmen zudem an weiteren militärischen Unternehmungen Johannes III. gegen das Lateinische Kaiserreich teil.226 Auch kam es am 15. Juni 1253 zu einem Vertrag zwischen der Republik Ragusa/Dubrovnik und dem Zweiten bulgarischen Reich, der ein Bündnis gegen die Serben und Handelsbeziehungen zum Gegenstand hatte.227 Es ist ein seltenes Zeugnis eines Beziehungsgeflechts, das wohl viel komplexer war, als die spärlichen, erhaltenen Quellen es vermuten lassen. Die wechselseitigen Kriegszüge gegen das erstarkende Kaiserreich von Nikäa dauerten an. Am 3. November 1254 starb Kaiser Johannes III. Dúkas Vatátzes.228 Zwar zogen 1254 bulgarische Truppen in das Rhodopengebiet und eroberten Stanimaka, Peruštica (Peristica), Kričim (Kritzímos), das Gebiet von Achrída (Ochrid), Ustra, Perperákion, Krybus und Ephraim (Efrem).229 Je222 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 72f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 491; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 429f.; Madgearu, The Asanids, 236.

223 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 427f.; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 266; Božilov,

Familijata na Asenevci, I, Nr. 19; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 502; Madgearu, The Asanids, 236.

224 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 73–78; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 491–494; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 431–435; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 276; Heisenberg, Kaiser Johannes Batatzes der Barmherzige, 208f., 214; Cankova-Petkova, Griechisch-bulgarische Bündnisse, 50, 68, 70, 73; Dujčev, Melnik prez srednovekovieto, 399–404; Gjuzelev, Bălgarska dăržava i Nikeja, 21; Gjuzelev, Bulgarien und das Kaiserreich von Nikaia, 222; Angold, A Byzantine Government in Exile, 180, 183, 287; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 3 (Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 1787, 40; Koledarov, Političeska geografija, 69; Kanellopoulos/Lekea, The Struggle between the Nicaean Empire and the Bulgarian State, 61; Madgearu, The Asanids, 237f.

225 Nikov,

Sădbata na severozapadnite bălgarski zemi, 131; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 456f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 504; Madgearu, The Asanids, 238.

226 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 85, Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 498f.; Gjuzelev, Bălgarska dăržava i Nikeja, 21; Cankova-Petkova, Griechisch-bulgarische Bündnisse, 65–75.

227 Stojanović,

Stare srpske povelje, 206–212; siehe zu Dubrovnik und seinen Verflechtungen im Balkanraum die Aufsatzsammlungen: Krekić, Dubrovnik, und ders., Dubrovnik, Italy and the Balkans; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 268; Božilov, Bălgarija i Dubrovnik; Madgearu, The Asanids, 239.

228 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 103; Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, Bd. 2, 195.

229 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 107–109; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 512–514; Theodori Ducae Lascaris epistulae CCXVII (ed. Festa), 58; Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 55 (Kap. III, 1); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 447–449;

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Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

doch gelang es dem neuen Kaiser von Nikäa, Theodor II. Láskaris (1254 – 1258), die thrakischen Gebiete wieder unter seine Gewalt zu bringen.230 Ein weiterer erfolgloser Versuch, mit einem Kumanenheer nach Thrakien zu ziehen, führte schließlich zu einem für Bulgarien wenig vorteilhaften Friedensschluss mit Theodor Láskaris im Frühjahr 1256.231 Bald darauf jedoch wurde Michael Asen von seinem Vetter Kaliman II. ermordet.232 Kalimans II. Regierungszeit (bis Ende 1256) bleibt weitgehend im Dunkeln. Als sich der russische Fürst Rostislav Michajlovič Tărnovo näherte, fand Kaliman den Tod. 233 Mit einem gewissen Mitzo, einem Schwager Ivan Asens, erschien ein Thronprätendent, über den ebenfalls nur wenig bekannt ist.234 Seine Anwartschaft wurde herausgefordert durch Konstantin Tich (1257 – 1277), der mit der Heirat von Eiréne Laskárina, der Tochter von Elena Asénina und damit Enkelin Ivans II. Asen, seine Legitimität zu untermauern trachtete und sich schließlich gegen Mitzo, der in das Nikäische Reich ausweichen musste, durchzusetzen vermochte.235 Am 25. Juli 1261 gelang es Michael VIII. Palaiológos, Konstantinopel von den Lateinern zurückzuerobern. Damit änderte sich die politische Situation auch für die Bulgaren und ihren neuen Herrscher Konstantin Tich, die sich nun einem mächtigen Nachbarn gegenübersahen. Von 1259 bis 1261 hatte sich der neue Zar mit Einfällen der Ungarn auseinanderzusetzen.236 Eine anfängli-

Nikov, Bălgaro-ungarski otnošenija, 85–88, 95–98, 196f.; Dimitrov, Bălgaro-ungarskite otnošenija, 132–145; Gjuzelev, Bălgarska dăržava i Nikeja, 22; Angold, A Byzantine Government in Exile, 185; Asdracha, La région des Rhodopes, 36, 64, 167, 243; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 161; Soustal, Thrakien, 108, 161, 325, 393, 460, 488; Kanellopoulos/Lekea, The Struggle, 57; Madgearu, The Asanids, 240. 230 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 111–114; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 514–516; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd.  3, 450f., Gjuzelev, Bălgarska dăržava i Nikeja, 22f.; Asdracha, La région des Rhodopes, 243; Madgearu, The Asanids, 241f.

231 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 126–129; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 524f.; Theodori Ducae Lascaris epistulae CCXVII (ed. Festa), 279–282; Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 57 (Kap. III, 1); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 456–466; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 270f.; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 3 (Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 1839c; Asdracha, La région des Rhodopes, 171f.; Dančeva-Vasileva, Bălgarija i latinskata imperija, 162f.; Koledarov, Političeska geografija, 70–72; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 507; Madgearu, The Asanids, 242f.

232 Georgios

Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 152; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 533; Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 60 (Kap. III, 2); Božilov, Familijata na Asenevci, 108; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 507; Madgearu, The Asanids, 243.

233 Božilov,

Familijata na Asenevci, I, Nr. 22; Madgearu, The Asanids, 243.

234 Božilov,

Familijata na Asenevci, 111f.; Madgearu, The Asanids, 246–251.

235 Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 152f.; Theódoros Skutariótes, Sýnopsis chroniké (ed. Sathas), 533;

Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 60f. (Kap. III, 2); Georges Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 1, 58–59 (I, 13), Bd. 2, 440–443 (V, 3); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 474f.; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 271f.; Petkova, Nordwestbulgarien in der ungarischen Politik, 61f.; Georgieva, The Byzantine Princesses, 176f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 509; Madgearu, The Asanids, 244.

236 Nikov, Bălgaro-ungarskite otnošenija, 85–197; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 489; Madgearu,

The Asanids, 248f.

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HGSOE, Bd. 1

Die politische Politische Krise Krise Bulgariens und mongolisch-tatarische Mitte und Ende des Oberherrschaft 13. Jahrhunderts

che Kooperation mit Byzanz, von der eine Gesandtschaft des Geórgios Akropolítes zeugt,237 wurde jedoch wiederum durch kriegerische Aktionen abgelöst. Bereits 1262/1263 findet man bulgarische Truppen in Thrakien; jedoch vermochte Michael VIII. bald darauf, die von ihnen eingenommenen Gebiete und Städte zurückzuerobern.238 Konstantin Tich wandte sich nun an die Tartaren und schloss ein Bündnis mit Khan Berke, um den Seldschukenführer Iz-ad-Din Kajkaus aus der Hand der Byzantiner zu befreien. 1265 fielen schließlich die Verbündeten in Thrakien ein und befreiten tatsächlich den genannten Seldschukenführer.239 Im Jahr 1266 drangen erneut die Ungarn in das Herrschaftszentrum Bulgariens ein.240 1268, nach dem Tode der Eiréne Laskárina, heirate Konstantin Maria Palaiológina Kantakuzéna, die Nichte Michaels VIII. Palaiológos241 mit dem Versprechen, Anchíalos und Mesembría als Mitgift zu bekommen, was sich jedoch nicht erfüllen sollte.242 Mit der zunehmenden Schwäche des bulgarischen Zarenreichs von Tărnovo etablierten sich kleinere, mehr oder weniger autonome Herrschaftseinheiten, die sich in der politischen Gesamtsituation als wichtige und durchaus überlebensfähige Konstruktionen erwiesen. 1273 gründeten zwei Brüder kumanischer Herkunft, Dărman und Kudelin, im Gebiet von Braničevo eine eigenständige Herrschaft, ein erster Schritt zur dauerhaften Abtrennung dieser Gebiete von Bulgarien.243 Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es schließlich den Serben unter König Stefan Uroš II. Milutin (1282 – 1321), im Jahre 1291 die Herrschaft von Braničevo zu erobern.244 Diese Entwicklung zugunsten einer Kleinteiligkeit der Herrschaftsorganisation entsprach einer generellen

237 Georgios Akropolites (ed. Heisenberg), Bd. 1, 111; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 3

(Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 1888, 72.

238 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 1, 246–247 (III, 7), 278–279 (III, 18); Manuelis Philae Carmina (ed. Miller), Bd. 2, 241–247; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 503f.; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 274; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 511; Madgearu, The Asanids, 249–251.

239 Nikephoros

Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 113f. (Kap. IV, 6); Georges Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 1, 300–313 (III, 25); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 509–512; Laurent, Une famille turque; Vásáry, Cumans and Tatars, 72–76; Pavlov/Vladimirov, Zlatnata orda, 89–93; Shukurov, The Byzantine Turks, 41–44, 187f.; ders., Sultan ’Izz al-Dīn Kaykāwus II in Byzantium; Uzelac, Pod senkom psa, 84–88; Korobeinikov, Byzantium and the Turks, 237–250; Madgearu, The Asanids, 252f.

240 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 519; Nikov, Bălgaro-ungarski otnošenija, 159–169; Madgearu,

The Asanids, 255f.

241 Božilov,

Familijata na Asenevci, I, Nr. 24, 116; Nicol, Family of Kantakouzenos (Cantacuzenus), Nr. 15, 19f.; Madgearu, The Asanids, 256f.

242 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 440-445 (V, 3); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 522–524; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 276; Georgieva, BulgarianByzantine Marital Diplomacy from 1185 to 1280, 445f.

243 Nikov,

Sădbata na severozapadnite bălgarski zemi, 138–142; Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 540f.; Ćirković, Srbi, 105; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 513; Petkova, Bălgarskijat severozapad.

244 Zlatarski,

Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 540f.; Koledarov, Političeska geografija, 79; Petkova, Nordwestbulgarien, 65; Dimitrov, Bălgaro-ungarskite otnošenija, 192f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 533; Madgearu, The Asanids, 261f.

HGSOE, Bd. 1

819

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Tendenz im südlichen Balkanraum. Gerade an den Rändern des Zarenreichs von Tărnovo hatten sich im Laufe der Zeit immer wieder verschiedene mehr oder weniger autonome Herrschaften gebildet. Darunter befand sich neben Braničevo Vidin, weiterhin ein Fürstentum mit dem Zentrum in Kopsis (heute Anevsko kale in der Nähe von Sopot), und die Herrschaft von Krăn.245 Diese Herrschaften wurden oft regiert von Verwandten der Zarenfamilie. Als auf ihr eigenes begrenztes Land gestützte Herrscher folgten sie aber nicht mehr einer geschwächten Zentralmacht und agierten geschickt zwischen den größeren Mächten des südlichen Balkanraumes. Ende des 13./Anfang des 14. Jahrhunderts war das Fürstentum von Vidin die größte dieser Teilherrschaften. Vidin war seit 1262 selbstständig und stand zunächst unter der Herrschaft des Despoten Jakob Svjatoslav, der 1277 auf Veranlassung der Zarin Maria von Bulgarien vergiftet wurde.246 10 Jahre nach seinem Tode übernahm ein gewisser Šišman die Herrschaft. Ein Zeugnis für die Bedeutung dieses Fürstentums liefert die anonyme Descriptio Europae Orientalis, eine geographisch-politische Beschreibung der Länder und Völker Südost- und Osteuropas aus dem Jahr 1308, die im entsprechenden Absatz mit dem Satz „Bulgaria est unum imperium magnum per se“ beginnt und seine Schönheit und Reichtümer beschreibt. Damit ist jedoch nicht das Zarenreich von Tărnovo, sondern das Fürstentum Vidin gemeint.247 Im Jahr 1292 fiel Šišman mit einem großen Heer der mit ihm verbündeten Tataren in das Reich von König Stefan Uroš II. Milutin ein, wurde aber geschlagen. Den Serben gelang es nun ihrerseits, gegen Šišman zu ziehen und ihn in Vidin zu belagern. Šišman floh zu Khan Nogaj, der mit einem Straffeldzug gegen Serbien die Anerkennung seiner Oberherrschaft über Serbien und die Wiederherstellung des Fürstentums Vidin erzwang. Stefan Uroš II. Milutin gab dem Thronfolger von Vidin, Michael, sogar seine Tochter Anna Neda zur Frau und sicherte sich somit einen gewissen Einfluss auf das Fürstentum.248 Am Ende des 13. Jahrhundert besaß auch das Fürstentum im Gebiet der Sredna Gora eine gewisse Autonomie. Es wurde von den drei Brüdern Smilec, Vojsil und Radoslav regiert.249 Sein Gebiet erstreckte sich am Oberlauf der Marica und zwischen den Flüssen Struma und Tundža bis nach Sliven. Das Zentrum befand sich in Kopsis.250 Später, am Ende der Regierungszeit von Smilec (1292 – 1298) wurde ein Teil dieses Gebietes mit dem Zentrum Krăn als Mitgift an Eltimir, den Onkel Theodor Svetoslavs (Zar von Bulgarien 1300 – 1321), gegeben, der sich mit einer Tochter von Smilec vermählt hatte.251

245 Überblick

bei Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 529f.; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 274–277.

246 Madgearu, 247 Anonymi

The Asanids, 251f., 255, 260f.

Descriptio Europae Orientalis (Hg. Górka); Ziemann, Unum imperium magnum per se.

248 Božilov/Gjuzelev, 249 Tabakov,

250 Džambov, 251 Nikov,

820

Istorija na srednovekovna Bălgarija, 534f.

Beleški za jugoiztočna Bălgarija. Srednovekovnata krepost.

Die Stadt und das Gebiet von Krn-Krounos; Popov, Kreposti i ukrepitelni săoriženija.

HGSOE, Bd. 1

Die politische Politische Krise Krise Bulgariens und mongolisch-tatarische Mitte und Ende des Oberherrschaft 13. Jahrhunderts

10 .6 .2 Bulgarien zwischen inneren Krisen und tatarischer Vorherrschaft Das Zarenreich von Tărnovo kämpfte Ende des 13. Jahrhunderts indes um seine politische Existenz. 1273 kam es zu einem verheerenden Einfall der Tataren unter Khan Nogaj, dem weitere Einfälle folgen sollten.252 Konstantin Tich war wegen eines Beinbruchs ein Invalide, sodass die Regentschaft weitgehend von seiner Frau Maria übernommen wurde, während sein Sohn Michael ab 1272/1273 den Zarentitel führte.253 Die offensichtliche Handlungsunfähigkeit der Zentralmacht schürte die Unzufriedenheit. 1277 begann der Aufstand des sogenannten Ivajlo.254 Sein Name ist umstritten, Pachyméres nennt ihn Kordokóubas,255 Nikephóros Gregorás Lachanás,256 beides Spottnamen. Pachymerés schildert ihn als einen Schweinehirten, der sich zur Herrschaft berufen fühlte.257 Die Erfolge der von ihm versammelten Truppen gegen die Mongolen hatten ihm indessen die Gefolgschaft zahlreicher Gebiete eingebracht.258 Die entscheidende Schlacht zwischen Konstantin Tich und Ivajlo endete mit einer vollkommenen Niederlage des Zaren, der seine Herrschaft und seine Frau verlor.259 Nun reagierte jedoch der byzantinische Kaiser, Michael VIII. Palaiológos. Er holte Ivan (1279/1280), den er nun Ivan Asen nannte, den Sohn des Mitzo, aus Kleinasien, vermählte ihn mit seiner Tochter Irina, nannte ihn „Zar der Bulgaren“ und schickte sich an, für ihn den bulgarischen Thron zu erringen.260 Maria, die Witwe des inzwischen verstorbenen Konstantin Tich, verband sich nun jedoch mit Ivajlo. Beide nahmen wohl im Frühjahr 1278 die Insignien der Zarenwürde an sich.261

252 Nikov,

Bălgari i tatari, 111; Jackson, The Mongols, 202f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 513; Madgearu, The Asanids, 259, 262.

253 Božilov,

Familijata na Asenevci, I, Nr. 25, 188; Madgearu, The Asanids, 260.

254 Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 543–547; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 279–290;

Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 515–519.

255 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 549 (VI, 3), Z. 16; zur Diskussion Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 544 (Anm. 1); Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 515; Mladjov, Monarchs’ Names and Numbering, 288 (Anm. 93f.).

256 Nikephoros 257 Georges 258 Ebd.,

Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 131 (Kap. V, 3).

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 548–551 (VI, 3).

550f.; Madgearu, The Asanids, 262.

259 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 550–553 (VI, 3); Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 131 (Kap. V, 3); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 549–551; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 281f.; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 515–518; Vásáry, Cumans and Tatars, 80; Canov, Svinepasăt car Ivajlo; Uzelac, Pod senkom psa, 142f.; Madgearu, The Asanids, 262f.

260 Georges Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 552–562 (VI, 4–6); Zlatarski, Istorija na

bălgarskata dăržava, Bd. 3, 553f.; Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 3 (Hgg. Dölger/ Wirth), Nr. 2035 u. 2036, 133f.; Madgearu, The Asanids, 262.

261 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 560–564 (VI, 7); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 554–558; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 282–284; Madgearu, The Asanids, 263.

HGSOE, Bd. 1

821

Teil II: 10. Das Zweite bulgarische Reich

Während Ivajlo gegen die Byzantiner erfolgreich war, erlitt er eine Niederlage gegen die Tataren, die wohl letztlich den Erfolg des von Michael VIII. unterstützten Ivan III. Asen und seiner Frau Eiréne/Irina ermöglichten, nachdem sich die Bevölkerung Tărnovos auf ihre Seite geschlagen hatte. 1279 konnten sie siegreich in Tărnovo einziehen.262 Ivajlo war es inzwischen gelungen, sich gegen die Tataren durchzusetzen, sodass auch er sich nun anschickte, die Herrschaft erneut zu übernehmen, und Tărnovo belagerte. Byzantinische Truppen, die sogleich zum Schutze Ivans III. Asen geschickt wurden, erlitten mehrere Niederlagen.263 Angesichts der Unfähigkeit, eine allein auf byzantinische Unterstützung basierende Herrschaft aufrechtzuerhalten, wuchs die Unzufriedenheit der Bevölkerung von Tărnovo. Mit Georg Terter, einem Bojaren kumanischer Herkunft, fand sich auch ein potentieller Kandidat für den Umsturz. Der Versuch Ivans III. Asen, Georg Terter durch die Vermählung mit seiner Schwester Maria, für die dieser sich von seiner Frau und seinem Sohn Theodor Svetoslav trennen musste, an sich zu binden, scheiterte hingegen.264 Ivan III. sah offensichtlich keine Möglichkeit mehr, seine Herrschaft aufrecht zu erhalten und floh schließlich zusammen mit seiner Frau Irina und dem Zarenschatz rechtzeitig über Mesembría nach Konstantinopel. Beide begaben sich schließlich in das Kloster des heiligen Erzengels Michael. 1280 übernahm Georg Terter die Zarenwürde in Tărnovo.265 Ivajlo wurde indes am Hofe Khan Nogajs, zu dem er Zuflucht gesucht hatte, umgebracht.266 Die Dynastie Terter herrschte von 1280 – 1292 und 1300 – 1320.267 Groß angelegte Bündnispläne mit dem König von Neapel, Karl I. von Anjou, scheiterten. Stattdessen sah sich Georg Terter bald einem von Byzanz veranlassten Mongoleneinfall gegenüber und gezwungen, die Oberherrschaft Khan Nogajs anzuerkennen. Seinen Sohn Theodor Svetoslav musste er als Geisel an den Hof Khan Nogajs schicken. Zudem kam es zur Vermählung zwischen Nogajs Sohn Čaka und einer Tochter Georgs. Die Mongolen nahmen nun direkten Einfluss auf das politische Geschehen, aus

262 Georges Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 564–567 (VI, 7–8); Nikephoros Gregoras,

Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 131 (Kap. V, 3); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 558–566; Hristodulova, Le rôle joué par la reine Maria; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 284f.; Božilov, Familijata na Asenevci, II, Nr. 1, 250; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 516f.; Georgieva, Female Politicians, 128f.; Madgearu, The Asanids, 263f.

263 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 588–591 (VI, 19); Madgearu, The Asanids, 264f.

264 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 568–569 (VI, 8–9).

265 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 566–569 (VI, 8-9), 588–591 (VI, 19); Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschichte, Bd. 1 (Übers. van Dieten), 132f. (Kap. V, 3); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 569–572, 575; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 287f.; Pljakov, Les relations bulgaro-byzantines, 272–274; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 519; Vásáry, Cumans and Tatars, 65f., 81f.; Georgieva, Bulgarian-Byzantine Marital Diplomacy, 448f.; Madgearu, The Asanids, 265.

266 Georges

Pachymérès. Relations historiques (Ed., Übers. Failler), Bd. 2, 588–591 (VI, 19); Zlatarski, Istorija na bălgarskata dăržava, Bd. 3, 572–574; Istorija na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 288; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 519; Krăstev, Bălgarskoto carstvo, 94f.; Madgearu, The Asanids, 265f.

267 Istorija

na Bălgarija, Bd. 3 (Hgg. Lišev u. a.), 294–309; Božilov/Gjuzelev, Istorija na srednovekovna Bălgarija, 529–561; Krăstev, Bălgarskoto carstvo.

822

HGSOE, Bd. 1

Die politische Politische Krise Krise Bulgariens und mongolisch-tatarische Mitte und Ende des Oberherrschaft 13. Jahrhunderts

einer formalen Anerkennung ihrer Oberherrschaft hatte sich nun eine direkte Abhängigkeit entwickelt. 1292 musste Georg Terter seinen Thron verlassen und nach Byzanz ausweichen. Das Zweite bulgarische Reich hatte einen politischen Tiefpunkt erreicht. Zwar sollte sich Anfang des 14. Jahrhunderts mit dem schwindenden Einfluss der Mongolen das Zarenreich von Tărnovo politisch erholen und sogar eine neue Blüte erleben, sowohl politisch als auch kulturell. Jedoch erreichte es nicht mehr die Bedeutung, die es unter Ivan II. Asen einst erlangt hatte. Im 14. Jahrhundert wuchsen die zentrifugalen Kräfte und die Zersplitterung in regionale Einheiten. Der ständige Konflikt mit den Nachbarn dauerte an und verschliss im Laufe der Zeit die Kräfte aller Akteure, die letztlich der osmanischen Expansion nichts entgegenzusetzen hatten. Natürlich lässt sich dies nur aus der Rückschau formulieren. Ende des 13. Jahrhunderts war nicht abzusehen, welche Entwicklungen das folgende Jahrhundert nehmen würde. Klar ist jedoch, dass es keinem der beteiligten Mächte gelang, dichtere und zugleich stabile administrative Strukturen in einem größeren Territorium aufzubauen und diese über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Ein zentrales administratives System war einer auf lokale Kräfte sich stützenden Herrschaft gewichen. Die Ressourcen der kleinteiligen Einheiten waren begrenzt. Sie funktionierten im machtpolitischen Gefüge mehrerer gleichgroßer Einheiten. Einem effizient organisierten Großreich vermochten diese Gebilde jedoch auf Dauer nicht zu widerstehen.

HGSOE, Bd. 1

823

Mihailo St. Popović

→ KARTE XIX

11. D AS FRÜHE SERBIEN VON DEN ANFÄNGEN BIS ZUM ENDE DES 12. JAHRHUNDERTS

11 .1

STRUKTURGESCHICHTE

Die Serben gehören zu jenen slawischen Völkern, die in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts auf die Balkanhalbinsel eingewandert sind und sich dort dauerhaft auf byzantinischem Reichsgebiet angesiedelt haben. In den darauffolgenden zwei Jahrhunderten etablierten sich serbische Herrschaftsgebilde in Gebieten des jetzigen Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina und Dalmatien, deren Christianisierung sowohl durch Rom als auch Konstantinopel aktiv betrieben wurde. Das 9. und 10. Jahrhundert waren durch innere Auseinandersetzungen sowie Konflikte mit dem benachbarten Ersten bulgarischen Reich geprägt. In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts geriet das frühe Serbien unter byzantinische bzw. bulgarische Dominanz, bis schließlich das Byzantinische Reich im ersten Drittel des 11. Jahrhunderts seine Herrschaft sowohl über Serben als auch Bulgaren erringen konnte. Dem serbischen Lokalherrscher Stefan Vojislav gelang es nach zwei Aufständen in der Landschaft Dioclea (serbisch Duklja bzw. Zeta; jetzt ein Teil Montenegros) zwischen 1034 und 1036 bzw. 1039 und 1042, einen eigenen Herrschaftsbereich unter Einbeziehung von Teilen der heutigen Herzegowina, Süddalmatiens und Serbiens (hier der Raška) zu begründen. Durch seinen Sohn Mihailo und dessen Enkel Konstantin Bodin wurde dieser zu einem Königreich und damit politischen Faktor auf der Balkanhalbinsel. Am Ende des 11. Jahrhunderts stieg Vukan, der Župan (d. h. Fürst)1 der Raška2, politisch auf und verlagerte nach dem Tode des Konstantin Bodin den

1

Unter einem Župan ist ein Herrschaftsvertreter in einer „Župa“ – einem Herrschaftsbereich – zu verstehen. In den serbischen Gebieten ist die Würde des Župan seit dem 10. Jh. bezeugt. Seit dem 11. Jh. hatten die Herrscher der Raška den Titel eines Großžupan (Veliki Župan) inne. Siehe dazu: M. Blagojević/L. Steindorff, s. v. Župan, in: Lexikon des Mittelalters. Bd. 9: Werla – Zypresse. München 1998, 709f.

2

Raška (auch Raszien, Rascia, Rassia) ist eine historische Landschaft, die seit dem Ende des 12. Jh.s Synonym für die Kernzone des serbischen mittelalterlichen Staats ist und jetzt auch als Sandžak von Novi Pazar bezeichnet wird. Der Name ist vom Bistum Rassa mit dem Zentrum Ras abzuleiten, wo die serbischen Großžupane ihre Residenz hatten und in dessen Nähe sich die Kirche der heiligen Apostel Petrus und Paulus befindet. Der Name Raška wurde später auf den serbischen mittelalterlichen Staat und seine Bewohner (lat. Rasciani, ung. Ráczok) übertragen. Vgl. dazu: Djordje Sp. Radojičić, Srpsko Zagorje, das spätere Raszien. Zur Geschichte Serbiens in der 2. Hälfte des 10. und 11. Jahrhunderts, Südost-Forschungen 16 (1957), 259–284; Mihailo Dinić, O nazivima srednjovekovne srpske države – Sklavonija, Srbija, Raška [Über die Bezeichnungen der mittelalterlichen serbischen Länder – Sklavonien, Serbien und Raszien], in: ders., Iz srpske istorije srednjega veka [Aus der serbischen Geschichte des Mittelalters]. Beograd 2003, 161–171; Jovanka Kalić, Naziv Raška u starijoj srpskoj istoriji (IX – XII vek) [Die Bezeichnung Rasziens in der älteren serbischen Geschichte (9. –12. Jh.)], Zbornik Filozofskog Fakulteta u Beogradu 14, (1979), H. 1, 79–92; dies., La région de Ras à l’époque byzantine, in: Hélène Ahrweiler (Hg.), Géographie historique

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-27

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Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

Schwerpunkt des frühen Serbien in das Landesinnere. Vukans Nachfolger prägten danach das frühe Serbien im Laufe des 12. Jahrhunderts.3 Strukturgeschichtlich liegt der politische Schwerpunkt des frühen Serbien auf den zwei historischen Landschaften Dioclea und Raška, die geographisch am Übergang der Gebirgszone der Dinariden zur Küstenzone des Adriatischen Meeres lagen, sich politisch und militärisch im Machtkampf zwischen Byzanz und Bulgarien formierten und sich konfessionell in der Begegnungszone zwischen Rom und Konstantinopel, d. h. der lateinischen und der byzantinischen (orthodoxen) Kirche, befanden. Dioclea ist im wesentlichen auf dem Territorium der Republik Montenegro zu verorten und erfasst auch zu einem kleinen Teil das nördliche Albanien. Die Raška liegt im Nordosten Montenegros und teilt sich auf Serbien, Montenegro, den Kosovo und Nordalbanien auf. Beide Gebiete waren und sind Räume der religiösen Begegnung und Interaktion. Zunächst lässt sich auf der Basis der „Chronik des Priesters aus Dioclea“ eine klare Zweiteilung dieser Region in eine Küsten- und eine Gebirgszone erkennen. Bei dieser lateinischsprachigen Chronik, die auch Letopis popa Dukljanina und Barski rodoslov (d. h. Genealogie von Bar) genannt wird, handelt es sich um die schriftliche Quelle eines anonymen Autors aus der Stadt Antivari (Bar). Diese ist höchstwahrscheinlich zwischen 1149 und 1215 entstanden und entwirft eine Geschichte des Gebietes zwischen Istrien im Nordwesten und Albanien im Südosten vom 5. bis zum 12. Jahrhundert mit dem Ziel, die Rechte des Erzbistums Antivari vor dem Erzbistum Ragusa (Dubrovnik) zu verteidigen.4 du monde méditerranéen. Paris 1988, 127–140; Sima Ćirković, s. v. Raška, in: Lexikon des Mittelalters. Bd. 7: Planudes bis Stadt (Rus’). München 1995, 447. 3

Siehe dazu in Auswahl folgende, weiterführende Sekundärliteratur, die einen Überblick bietet: Miloš Blagojević, Državna uprava u srpskim srednjovekovnim zemljama [Die staatliche Verwaltung in den serbischen mittelalterlichen Ländern]. Beograd 2 2001; Jean-Claude Cheynet, Pouvoir et contestations à Byzance (963 – 1210). Paris 1990; Istorija srpskog naroda. Bd. 1: Od najstarijih vremena do Maričke bitke (1371) [Die Geschichte des serbischen Volkes. Bd. 1: Von den frühesten Zeiten bis zur Schlacht an der Marica (1371)]. Hg. Sima M. Ćirković. Beograd 1981; ders., The Serbs. Oxford u. a. 2004; John V. A. Fine Jr., The Early Medieval Balkans. A Critical Survey from the Sixth to the Late Twelfth Century. Ann Arbor/MI 5 1992; Georgije Ostrogorski, Vizantija i Sloveni [Byzanz und die Slawen]. Beograd 1970; Miodrag Al. Purković, Istorija Srba. Politička i kulturna istorija Srednjega veka (do pada Zete 1499) [Die Geschichte der Serben. Politik- und Kulturgeschichte des Mittelalters (bis zum Fall der Zeta 1499)]. Beograd 1997; Paul Stephenson, Byzantium’s Balkan Frontier. A Political Study of the Northern Balkans, 900 – 1204. Cambridge, New York 2008; Konstantin Jireček, Istorija Srba [Die Geschichte der Serben]. Übers. Jovan Radonić. Bde. 1 – 2. Beograd 2 1952; Paul Meinrad Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz. Die Kriege Kaiser Basileios’ II. gegen die Bulgaren (976 – 1019). Köln, Weimar, Wien 2006; Tibor Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću (600 – 1025) [Die Südslawen unter byzantinischer Herrschaft (600 – 1025)]. Beograd 2002; ders., Forging Unity. The South Slavs between East and West 550 – 1150. Belgrade 2008, 229–247.

4

Siehe zur Edition der Chronik: Letopis popa Dukljanina [Die Chronik des Priesters aus Dioclea (Duklja)]. Hg. Ferdo Šišić. Beograd, Zagreb 1928; Ljetopis popa Dukljanina. Latinski tekst sa hrvatskim prijevodom. I „hrvatska kronika“ [Chronik des Priesters aus Dioclea (Duklja) und „Kroatische Chronik“]. Hg. Vladimir Mošin. Zagreb 1950, 78–85; Ljetopis popa Dukljanina [Chronik des Priesters aus Dioclea (Duklja)]. Hg. Übers. Slavko Mijušković. Titograd 1967; Tibor Živković/Dragana Kunčer (Hgg.), Gesta regum Sclavorum. Bde. 1–2. Beograd 2009. Eine Analyse der Chronik in: Solange Bujan, La Chronique du Prêtre de Dioclée. Un faux document historique, Revue des études byzantines 66 (2008), 5–38; dies., Orbinijevo izdanje „Ljetopisa popa Dukljanina“. Povijesni falsifikat [Chronique du prêtre de Dioclée d’Orbini. Falsification historique], Radovi (Zavod za hrvatsku povijest) 43 (2011), 65–80; Tibor Živković, O prvim poglavljima Letopisa Popa Dukljanina [Über die ersten Kapitel aus der Chronik des Priesters aus Dioclea], Istorijski časopis 44 (1997), 11–34; ders./Kunčer (Hgg.), Gesta

826

HGSOE, Bd. 1

Strukturgeschichte

Unter anderem bezeugen folgende Passagen dieser schriftlichen Quelle die oben beschriebene geographische Zweiteilung: includentes tam maritimas, quam transmontanas regiones5; multi christianorum ex maritimis et transmontanis regionibus6; divisit provincias et regiones regni sui ac terminos et fines earum hoc modo: secundum cursum aquarum, quae a montanis fluunt et intrant in mare contra meridianam plagam, Maritima vocavit7

Der Priester von Dioclea berichtet, dass eine sarazenische Flotte aus Sizilien die Städte in der Küstenzone Dalmatiens angegriffen und zerstört hat: Omnes civitates maritimas destruxerunt. Latini autem fugientes montana petebant, quo Sclavi habitabant; revertentes autem Saraceni in terram suam, Latini volebant revertere in suas civitates, sed Sclavi comprehendentes illos pro servis tenuerunt.8

Diese Ereignisse, die höchstwahrscheinlich in die Mitte des 9. Jahrhunderts zu datieren sind und vor allem Budva sowie die Bucht von Kotor trafen, verdeutlichen die Präsenz zweier Gruppen in dieser Region.9 Während die Lateiner mit der Küstenzone in Verbindung gebracht werden, lebten die Slawen laut dieser Quelle in der Gebirgszone. Man erkennt aufgrund dieser Darlegungen strukturgeschichtlich jeweils zwei von einander getrennte, aber auch interagierende Einheiten, also eine Dichotomie: Küstenzone-Gebirgszone sowie Lateiner-Slawen. Auch wenn der „Chronik des Priesters aus Dioclea“ in manchen Passagen durchaus Legendenhaftes angelastet werden kann, so ist diese grundlegende geographische und ethnische Einteilung nicht unbegründet, was die folgenden Ausführungen zusätzlich veranschaulichen werden. Die besagte Dichotomie zieht sich wie ein roter Faden durch die frühe Geschichte Serbiens. So wandte sich zum Beispiel der serbische Herrscher Mihailo nach der Kirchenspaltung des Jahres 1054 an Papst Gregor VII. mit der Bitte um Zusendung einer Krone und die damit verbundene Anerkennung, die er im Jahre 1076/1077 schließlich erhielt. Großžupan Stefan Nemanja (1166 – 1196), der Begründer der Dynastie der Nemanjiden, wiederum wurde als Kind zunächst nach lateinischem Ritus in Dioclea getauft, das damals unter dem Einfluss der lateinischen Kirche

regum Sclavorum, Bd. 2, 339–378. Über die Bedeutung dieser Chronik für die byzantinische Geschichte: Jadran Ferluga, Die Chronik des Priesters von Diokleia als Quelle für die byzantinische Geschichte, Byzantina 10 (1978), 429–460. 5

Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin), 43 („Küstenregionen, ebenso wie Regionen jenseits der Berge umfassend“).

6

Ebd., 47 („viele Christen aus den Küstenregionen und Regionen jenseits der Berge“).

7

Ebd., 53 („er hat die Provinzen und Regionen seines Herrschaftsgebietes geteilt und deren Grenzen wie folgt (festgelegt): Die Region entlang des Laufes der Gewässer, die aus den Bergen fließen und im Süden in das Meer eintreten, hat er die Küstenregion genannt“), vgl. auch 72, 80, 104.

8

Ebd., 70 („Sie haben alle Küstenstädte zerstört. Die Lateiner strebten jedoch fliehend in die Berge, wo die Slawen lebten. Als die Sarazenen nun in ihr Land zurückkehrten, wollten die Lateiner in ihre Städte zurückkehren. Die Slawen aber ergriffen jene und behielten sie als Diener.“).

9

Die Byzantiner und ihre Nachbarn. Die De administrando imperio genannte Lehrschrift des Kaisers Konstantinos Porphyrogennetos. Übers. Klaus Belke/Peter Soustal. Wien 1995, 148 (Anm. 286f.).

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

stand, um sich später in der Bischofskirche der Heiligen Peter und Paul in Ras nach griechischem Ritus taufen zu lassen (s. u. Kap. 11.7). Das Lavieren des sich entfaltenden serbischen mittelalterlichen Reiches zwischen Rom und Konstantinopel hielt bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts an, bis sich schließlich der serbische König Stefan Uroš  II. Milutin (1282 – 1321), dessen Mutter die französische Prinzessin Hélène d’Anjou (Jelena Anžujska) war, bewusst dem byzantinischen Kulturkreis zuwandte.10

10 Léonidas

Mavromatis, La Serbie de Milutin entre Byzance et l’Occident, Byzantion 43 (1973), 120–150; Mihailo Popović, Sie befahl, im ganzen Land Töchter armer Eltern zu sammeln ... – Zur Vorbildwirkung der Stiftertätigkeit der serbischen Königin Jelena († 1314), Thetis. Mannheimer Beiträge zur Klassischen Archäologie und Geschichte Griechenlands und Zyperns 15 (2008), 77–81; Miroslav Popović, Srpska kraljica Jelena između rimokatoličanstva i pravoslavlja [Die serbische Königin Jelena zwischen römischem Katholizismus und Orthodoxie]. Beograd 2010; Miodrag Al. Purković, Avinjonske pape i srpske zemlje [Die Päpste Avignons und die serbischen Länder]. Požarevac 1934, 8–19; Aleksandar Uzelac/Bojana Radovanović, Crkvena i svetovna politika kralja Milutina prema zapadnim silama početkom XIV veka – nekoliko novih zapažanja [Ecclesiastical and Secular Policies of King Milutin towards the Western Powers at the Beginning oft the Fourteenth Century – Some New Observations], in: Dragiša Bojović (Hg.), Sveti car Konstantin i hrišćanstvo. Saint Emperor Constantine and Christianity. Bd. 1. Niš 2013, 593–608.

828

HGSOE, Bd. 1

Forschungsstand

11 .2

ZUM FORSCHUNGSSTAND

Die serbische mittelalterliche Geschichte ist untrennbar mit derjenigen von Byzanz verbunden. Dieser Umstand geht auf die Tatsache zurück, dass mit der slawischen Landnahme und der Ankunft der Serben auf der Balkanhalbinsel der Grundstein für deren Eintritt in die byzantinische politische und kulturelle Sphäre gelegt wurde.11 Aus diesem Grund ist seit jeher die Erforschung der serbischen mittelalterlichen Geschichte eng mit dem akademischen Fach der Byzantinistik verknüpft. Dies gilt umso mehr für die Frühzeit der serbischen Ansiedlung und die Etablierung von eigenen Herrschaftsbereichen auf der Balkanhalbinsel, die zum größten Teil mittels byzantinischer Quellen der Zeit dokumentiert werden.12 Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ist ein deutlicher Schwerpunkt in der Erforschung der Zeit der Nemanjidendynastie zu Ungunsten der frühmittelalterlichen serbischen Geschichte bis zum Ende des 12. Jahrhunderts erkennbar. Dieser Umstand ist sicherlich auf den Mangel an slawischen Quellen zur eigenen Frühzeit zurückzuführen.13 Erst mit einer beachtlichen Entfaltung der Byzantinistik sowohl an der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste als auch an der Universität Belgrad nach 1945 begann ein systematisches Studium der byzantinischen Quellen zur serbischen mittelalterlichen Geschichte, deren Vorreiter unter anderem die Byzantinisten Georg Ostrogorski14 (1902–1976), Božidar Ferjančić15 (1929–1998) und Ljubomir Maksimović16

11

Vgl. dazu: Florin Curta, The Making of the Slavs. History and Archaeology of the Lower Danube Region, c. 500 – 700. Cambridge 2001; Francis Dvorník, The Slavs. Their Early History and Civilization. Boston/MA 2 1959; ders., The Slavs in European History and Civilization. New Brunswick/NJ 1962; Fine, The Early Medieval Balkans; Dimitri Obolensky, Byzantium and the Slavs. New York 1994; Ostrogorski, Vizantija i Sloveni.

12 Georgije

Ostrogorski/Franjo Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori za istoriju naroda Jugoslavije. Fontes Byzantini historiam populorum Jugoslaviae spectantes. Bde. 1 – 4. Beograd 1955 – 1971 (Reprint-Ausgabe v. 2007).

13

Siehe zur Geschichte und Entwicklung der akademischen Fächer der Byzantinistik und Mittelalterforschung in Serbien: Filozofski Fakultet 1838 – 1988. Period 1963 – 1998. Beograd 1998 (Hg. Rade Mihaljčić), 301–317; Srđan Pirivatrić, A Case Study in the Emergence of Byzantine Studies. Serbia in the Nineteenth and Twentieth Centuries, in: Paul Stephenson (Hg.), The Byzantine World. Abingdon 2010, 481–490, 483.

14

Ostrogorski, Vizantija i Sloveni.

15 Božidar

Ferjančić, Vasilije I i obnova vizantijske vlasti u IX veku [Basíleios I. und die Erneuerung der byzantinischen Herrschaft im 9. Jh.], Zbornik radova Vizantološkog instituta 36 (1997), 9–30; ders., Vizantija i Južni Sloveni [Byzanz und die Südslawen]. Beograd 1966; ders., Invasions et installation des Slaves dans les Balkans, in: Villes et peuplement dans l’Illyricum protobyzantin. Actes du colloque (Rome, 12 – 14 mai 1982). Rome 1984, 85–109.

16 Ljubomir

Maksimović, O vremenu dolaska Neretljana na dalmatinska ostrva [Über die Ansiedlungszeit der Narentaner auf den dalmatinischen Inseln], Zbornik radova Vizantološkog instituta 8 (1964), H. 1, 145–152; ders., O vremenu pohoda bugarskog kneza Borisa na Srbiju [Über die Datierung des Feldzuges des bulgarischen Fürsten Boris gegen Serbien] Zbornik Filozofskog fakulteta u Beogradu 14 (1979), H. 1, 69–76; ders., Zigos na srpskovizantijskoj granici [Zygos an der serbisch-byzantinischen Grenze], Zbornik Filozofskog fakulteta u Beogradu 15 (1985), H. 1, 73–90; ders., Pokrštavanje Srba i Hrvata [Die Christianisierung der Serben und Kroaten], Zbornik radova Vizantološkog instituta 35 (1996), 155–174; ders., Organizacija vizantijske vlasti u novoosvojenim oblastima posle 1018. godine [Die Organisation der byzantinischen Herrschaft in den neueroberten Gebieten nach 1018], Zbornik radova Vizantološkog instituta 36 (1997), 31–43; ders., Ogledi o političkoj moći u Vizantiji. Činioci i oslonci [Betrachtungen politischer Macht in Byzanz. Akteure und Gehilfen]. Beograd 2013.

HGSOE, Bd. 1

829

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

(*1938) sind. Zu diesem Kreis zählen auch die Mediävisten Sima Ćirković17 (1929–2009) und Miloš Blagojević18 (1930–2012). Zahlreiche, herausragende Publikationen liegen seitens des leider früh verstorbenen serbischen Historikers Tibor Živković (1966–2013) vor, der das Potential der Erforschung der serbischen Geschichte vor dem 12. Jahrhundert aufgezeigt hat.19

17

Vgl. dazu das folgende, umfassende Schriftenverzeichnis von Srđan Rudić (Hg.), Bibliografija akademika Sime Ćirkovića [Die Bibliographie des Akademie-Mitglieds Sima Ćirković]. Beograd 2011.

18 Miloš Blagojević, Srpske udeone kneževine [Die vereinten serbischen Fürstentümer], Zbornik radova Vizantološkog

instituta 36 (1997), 45–62; ders., Državna uprava u srpskim srednjovekovnim zemljama [Staatliche Verwaltung in den serbischen mittelalterlichen Ländern]. Beograd 1997; ders./Dejan Medaković, Istorija srpske državnosti. Bd. 1: Od nastanka prvih država do početka srpske nacionalne revolucije [Die Geschichte serbischer Staatlichkeit. Bd. 1: Von der Entstehung der ersten Staaten bis zum Beginn der serbischen nationalen Revolution]. Novi Sad 2000; Miloš Blagojević, Srpska državnost u srednjem veku [Die serbische Staatlichkeit im Mittelalter]. Beograd 2011.

19

Siehe u. a. folgende Publikationen: Tibor Živković, Etničke promene na teritoriji današnje Srbije u periodu od VI do X veka [Ethnische Veränderungen auf dem Gebiet des heutigen Serbiens in der Zeit vom 4. bis zum 10. Jh.], Glasnik Etnografskog instituta SANU 45 (1997), 89–100; ders., Sloveni i Romeji. Slavizacija na prostoru Srbije od VII do XI veka [Slawen und Römer. Die Slawisierung auf dem Gebiet Serbiens vom 7. bis 11. Jh.]. Beograd 2000; ders., Dukljansko-vizantijski rat 1072 – 1075 [Der diocleanisch-byzantinische Krieg 1017–1075], Istorijski časopis 47 (2000), 35–57; ders., Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću (600 – 1025) [Die Südslawen unter byzantinischer Herrschaft, 600 – 1025]. Beograd 2002; ders., Pohod bugarskog cara Samuila na Dalmaciju [Der Feldzug des bulgarischen Zaren Samuil nach Dalmatien], Istorijski časopis 49 (2002), 9–25; ders., Crkvena organizacija u srpskim zemljama (rani srednji vek) [Die Kirchenorganisation in den serbischen Ländern (im Frühmittelalter)]. Beograd 2004; ders., Portreti srpskih vladara (IX – XII vek) [Porträts serbischer Herrscher (9. – 12. Jh.)]. Beograd 2006; ders., Duklja između Raške i Vizantije u prvoj polovini XII veka [Dioclea zwischen Raszien und Byzanz in der ersten Hälfte des 12. Jh.s], Zbornik radova Vizantološkog instituta 43 (2006), 451–466; ders., Strojimirov zlatni pečat [Strojimirs goldener Stempel], Istorijski časopis 55 (2007), 23–29; ders., Forging Unity. The South Slavs between East and West 550 – 1150. Belgrade 2008; ders., Sources de Constantin VII Porphyrogénète concernant le passé le plus ancien des Serbes et des Croates, Byzantina Symmeikta 20 (2010), 11–37; ders., The Origin of the Royal Frankish Annalist’s Information about the Serbs in Dalmatia, in: Srđan Rudić, Spomenica akademika Sime Ćirkovića. Zbornik radova [Gedenkschrift an den Akademiker Sima Ćirković. Sammelband]. Beograd 2011, 381–398; ders., Neretljani – primer razmatranja identiteta u ranom srednjem veku [Die Narentaner – Ein Beispiel der Identitätsbetrachtung im Frühmittelalter], Istorijski časopis 61 (2012), 11–25; ders., On the Baptism of the Serbs and the Croats in the Time of Basil I (867 – 889), Studia Slavica et Balcanica Petropolitana 1 (2013), 33–53.

830

HGSOE, Bd. 1

Quellen

11 .3

QUELLEN

Die zentrale byzantinische Quelle zur Frühzeit der serbischen mittelalterlichen Geschichte ist die in der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Konstantin VII. Porphyrogénnetos (945 – 959) entstandene Schrift De administrando imperio.20 Von besonderer Relevanz sind hierbei die Kapitel 29 bis 36, da sie von den Südslawen allgemein berichten.21 Im konkreten berichtet das 29. Kapitel über Gesandtschaften des byzantinischen Kaisers Basíleios I. (867 – 886) zu den Serben.22 Kapitel 32 beinhaltet wichtige Informationen über die Einwanderung der Serben auf den Balkan, deren politische Geschichte und Christianisierung und deckt dabei einen Zeitraum vom 7. bis zum 10. Jahrhundert ab.23 Weitere Werke aus dem Umfeld dieses byzantinischen Kaisers, wie zum Beispiel die Vita Basilii, De thematibus und De Ceremoniis aulae byzantinae, bieten zusätzliche Daten zur frühen serbischen Geschichte.24 Verstreute Informationen beinhalten die byzantinischen Geschichtswerke des Johannes Skylítzes und der Anna Komnene.25 Von besonderer Bedeutung ist die bereits erwähnte „Chronik des Priesters aus Dioclea“, deren Zuverlässigkeit und Aussagekraft in der Sekundärliteratur umstritten ist. Deren Kompilation wird sowohl zwischen 1149 und 1215 als auch um 1300 sowie in das 16. Jahrhundert datiert.26

20

Siehe zu deren Entstehung: Herbert Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. Bd. 1: Philosophie – Rhetorik – Epistolographie – Geschichtsschreibung – Geographie. München 1978, 362f., 366; Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 41–60.

21

Ediert und mit engl. Übers. in: Constantine Porphyrogenitus. De administrando imperio. Bd. 1. Greek Text Edited by Gy.[ula] Moravcsik, Engl. Transl. by R.[omilly] J. H. Jenkins. New, rev. ed. Washington/DC 1967, 122–165; in dt. Übers. bei: Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 142–183.

22

Vgl. dazu: Ljubomir Maksimović, The Christianization of the Serbs and the Croats, in: Anthony-Emil N. Tachios (Hg.), The Legacy of Saints Cyrill and Methodius to Kiev and Moscow. Proceedings of the International Congress on the Millenium of the Conversion of Rus’ to Christianity. Thessaloniki 26 – 28 November 1988. Thessaloniki 1992, 167–184; Maksimović, Η εθνογένεση των Σέρβων στον Μεσαίωνα [„Die Ethnogenese der Serben im Mittelalter“]. Athen 1994; Élisabeth Malamut, Les adresses aux princes des pays slaves du Sud dans le Livre des cérémonies, II, 48: Interprétation, Travaux et Mémoires 13 (2000), 595–615.

23

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 171–178.

24

Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur, Bd. 1, 360–367.

25

Ebd., 389–393, 400–409.

26

Siehe dazu im Detail oben, Anm. 4.

HGSOE, Bd. 1

831

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

11 .4

 IE EINWANDERUNG AUF DIE BALKANHALBINSEL D UND DIE CHRISTIANISIERUNG DER SERBEN

Die Serben gehören zur Gruppe der südslawischen Völker, die aus den Steppen der jetzigen Ukraine und Russlands am Ende des 5. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts zunächst nach Pannonien und dann auf die Balkanhalbinsel eingewandert sind.27 Mit der Ankunft der Awaren in Pannonien im Jahre 567 begannen das Überqueren des Donaulimes und die Einwanderung der Awaren und Slawen auf die Balkanhalbinsel. Die Awaren eroberten im Zusammenwirken mit den Slawen zunächst Sirmium (Sremska Mitrovica) im Jahre 582,28 gefolgt von Singidunum (Belgrad) im Jahre 584. Die wichtige byzantinische Hafenstadt Thessaloniki widerstand allerdings mehrmaligen awarisch-slawischen Belagerungen (586, 616, 618). Die byzantinische Verteidigung des Donaulimes brach bis 602 vollends zusammen. Erst die Niederlage der Awaren und ihrer slawischen Hilfstruppen vor den Mauern Konstantinopels im Jahre 626 brachte eine militärische Wende auf der Balkanhalbinsel. Allerdings hatten die Slawen bis zu diesem Zeitpunkt bereits große Teile der Halbinsel besiedelt.29 In diesem Kontext ist die Einwanderung der Serben auf die Balkanhalbinsel und deren Eintritt in die byzantinische Lebenswelt zu sehen. Die in der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Konstantin VII. Porphyrogénnetos entstandene Schrift De administrando imperio berichtet in ihrem 32. Kapitel wie folgt: Die Serben stammen von den ungetauften Serben ab, die auch die „weißen“ genannt werden und die jenseits der Turkia an einem von ihnen Boïki genannten Ort wohnen, wo ihnen das Frankenreich benachbart ist, ebenso wie die „große Chrobatia“, die auch die „ungetaufte“ und „weiße“ heißt. Dort leben diese Serben von Anbeginn. Als aber zwei Brüder in der Herrschaft über Serbien ihrem Vater nachfolgten, nahm der eine von ihnen die Hälfte des Volkes und floh zu Herakleios, dem Kaiser der Romäer. Dieser Kaiser Herakleios nahm ihn auf und wies ihm als Ort zur Ansiedlung Serblia im „Thema Thessalonike“ zu, das damals diesen Namen erhielt.30

Basierend auf dieser byzantinischen Quelle lässt sich vermuten, dass die Serben in der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Herákleios (610 – 641) auf die Balkanhalbinsel eingewandert sein dürften, wohl nachdem die Awaren das Gebiet mit ihren Raubzügen durchquert hatten. Die Serben siedelten laut De administrando imperio zunächst in der Umgebung von Thessaloniki und erhielten später vom Kaiser Gebiete in der zentralen sowie westlichen Balkanhalbinsel, wo sie zur Zeit des Kaisers Konstantin VII. weilten.31 Höchstwahrscheinlich wanderten sie nach der Niederla-

27

Gindin/Ivanov/Litavrin (Hgg.), Svod drevnejšich pismennych izvestij o slavjanach, Bd. 1, 18–62, 98–250. Vgl. dazu auch im Detail: Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 1, 1–84.

28

Siehe dazu eine, in der Wissenschaft vielbeachtete griechische Ziegelinschrift aus Sirmium: Brunšmid, Eine griechische Ziegelinschrift aus Sirmium; Noll, Ein Ziegel als sprechendes Zeugnis.

29

Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 1, 86–216. Vgl. zur slawischen Einwanderung nach Europa den folgenden, rezenten Überblick: Mühle, Die Slaven im Mittelalter.

30

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 172.

31

Ebd., 172f.

832

HGSOE, Bd. 1

Einwanderung Die Einwanderung auf die Balkanhalbinsel auf die Balkanhalbinsel und Christianisierung

ge der Awaren vor Konstantinopel (626) ein, sodass sie zur zweiten Welle der migrierenden Slawen zu zählen sind.32 Die tiefgreifende Christianisierung der Serben setzte höchstwahrscheinlich zwischen 867 und 874 in der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Basíleios I. ein und nicht schon unter Kaiser Herákleios, wie dies in De administrando imperio angedeutet wird,33 obwohl erste Ansätze des Christentums bereits in das späte 7. Jahrhundert zu datieren sind.34 Durch die Schüler des Heiligen Method, die Übersetzungen von liturgischen Büchern in altslawischer Sprache mit sich führten, erfuhr das Christentum gegen Ende des 9. Jahrhunderts eine Vertiefung, was die Zugehörigkeit der Serben zum byzantinisch-östlichen Christentum und Kulturkreis verstärkte.35 Zwei Stellen aus dem 29.  Kapitel von De administrando imperio beinhalten Informationen über Kontakte zwischen Basíleios I. und den Serben. Die erste lautet in Übersetzung wie folgt: […] auch die dortigen Völker, die Kroaten, Serben, Zachlumoi, Terbuniotai, Kanalitai, Diokletianoi und Paganoi, die sich gegen die Herrschaft der Romäer erhoben hatten, wurden autonom und unabhängig und sind niemandem untertan. Archonten, so sagt man, hätten diese Völker nicht, hingegen Župane, Älteste, wie es auch bei den übrigen slawischen Verbänden (Sklabeniai) die Regel ist. Die meisten dieser Slawen aber wurden nicht getauft, vielmehr blieben sie lange Zeit ungetauft. Unter Basileios [sc. I.], dem christusliebenden Kaiser, sandten sie Vermittler aus und verlangten und baten, dass die noch Ungetauften unter ihnen getauft würden und sie, wie es von Anfang an war, der Herrschaft der Romäer unterstellt würden. Als der selige und ruhmreiche Kaiser [sc. Basíleios I.] diese angehört hatte, sandte er einen kaiserlichen Vertreter mit Priestern zu ihnen und ließ all jene Menschen taufen, die von den erwähnten Völkern noch ungetauft waren […].36

Diese Quelle berichtet, dass die Slawen – darunter auch die Serben – eine Gesandtschaft zu Basíleios I. schickten und erbaten, getauft zu werden, worauf ein kaiserlicher Vertreter mit Priestern zu ihnen entsandt wurde. Die Datierung dieses Ereignisses ist in der Sekundärliteratur umstritten. Während Franz Dölger die Jahre 870/880 vorschlägt,37 plädiert Ivan Dujčev für den Zeitraum 867 bis 874.38 32

Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 271–314. Vgl. dazu auch: Ferluga, Vizantiska uprava u Dalmaciji; ders., Vizantija i postanak najranijih južnoslovenskih država; Novaković, Odakle su Srbi došli; ders., Gde se nalazila Srbija.

33

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 173: „Der Kaiser [sc. Herákleios] ließ weise alte Männer aus Rom kommen, taufte sie, unterwies sie in der guten Ausführung der Werke der Frömmigkeit und legte ihnen den Glauben der Christen dar.“ Siehe zur Datierung der Taufe der Serben u. a.: Živković, On the Baptism of the Serbs, 35–38; Komatina, Crkvena politika Vizantije, 261–266; Popović, Die Gesandtschaften.

34

Maksimović, Pokrštavanje Srba i Hrvata, 171. Siehe auch: Špehar, By their Fruit You Will Recognize Them.

35

Maksimović, The Christianization, 167–184; Podskalsky, Theologische Literatur, 62–64; Radojičić, La date.

36

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 146f.; siehe zu den Archonten der Slawen: Koder, Zu den Archontes; Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 146 (Anm. 280); vgl. zum Titel Župan: Ebd., Anm. 281.

37

Regesten der Kaiserurkunden des Oströmischen Reiches, Bd. 1,1 (Hgg. Dölger/Müller), 61, Nr. 503.

38

Dujčev, Une ambassade byzantine, 54f., 60. Dieser Zeitraum ist folgendermaßen zu erklären: 867 war das Jahr des Regierungsantrittes des byzantinischen Kaisers Basíleios I. Das Jahr 874 wurde von Radojičić anhand des erstmaligen Auftauchens christlicher Namen für serbische Prinzen errechnet. Vgl. dazu im Detail: Radojičić, La date, 253–256.

HGSOE, Bd. 1

833

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

Eine zweite Stelle im 29. Kapitel von De administrando imperio nimmt Bezug auf die Taufe der „Paganoi“, die von derselben Quelle den Serben zugeordnet werden:39 Die Paganoi, die in der Sprache der Romäer auch Arentanoi genannt werden, wurden in ihren unwegsamen und steilen Gegenden ungetauft gelassen; so bedeutet doch auch „Paganoi“ in der Sprache der Slawen „ungetaufte“. Danach sandten auch sie zu demselben ruhmreichen Kaiser [sc. Basíleios I.] und baten, ebenfalls getauft zu werden; dieser schickte (eine Gesandtschaft) zu ihnen und ließ auch sie taufen.40

Auch in diesem Falle kam der byzantinische Kaiser dem Wunsche dieser Gesandtschaft entgegen und entsandte seinerseits eine Delegation, die die Paganoi missionierte. In Analogie zur ersten Textstelle wird hier ebenfalls der Zeitraum zwischen 867 und 874 als Datierungsansatz verwendet.41 Resümierend ist festzustellen, dass die Christianisierung der Serben einen langwierigen Prozess darstellte, der wohl im 7. Jahrhundert begann und seinen Höhepunkt im 9. Jahrhundert erreichte.42 Ohne Zweifel spielte in der Frühzeit auch die Kirche in Rom dabei eine wesentliche Rolle,43 zumal sich das Gebiet des Illyricum bis zum 8. Jahrhundert (ca. 750/760) unter der kanonischen Jurisdiktion Roms befand und erst zu besagtem Zeitpunkt dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel überantwortet wurde.44

39

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 182: „Diese Paganoi stammen von den ungetauften Serben ab […]“; siehe zur Erklärung des Namens Paganoi: Ebd., 147 (Anm. 284), 183 (Anm. 401).

40

Ebd., 147.

41

Dujčev, Une ambassade byzantine, 55. Möglicherweise ist die Christianisierung der Paganoi mit einer Flottenexpedition der Byzantiner gegen Dalmatien im Jahre 870 in Verbindung zu bringen. Siehe dazu: Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 147 (Anm. 285).

42

Antonović, Evangelizacija Srbije; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 387–391.

43

Glibetić, Early Liturgical History; Kalić, Crkvene prilike, 28f.; Komatina, Crkvena politika Vizantije, 272–283; Maksimović, Pokrštavanje Srba i Hrvata, 163; Pirivatrić, The Serbs and the Overlapping Authorities of Rome; Živković, Crkvena organizacija, 131–139.

44

Koder, Der Lebensraum der Byzantiner, 105; Brandes, Das Schweigen des Liber Pontificalis, hier 187–200, im besonderen 200.

834

HGSOE, Bd. 1

Das frühe Serbien zwischen Byzanz und Bulgarien

11 .5

 AS FRÜHE SERBIEN ZWISCHEN BYZANZ UND BULGARIEN D (1. HÄLFTE 7. JH. BIS MITTE 10. JH.)

Die Geschichte der Serben von der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts ist zunächst von einem bemerkbaren Mangel an historischen Zeugnissen und Daten geprägt.45 Laut dem 32. Kapitel von De administrando imperio siedelte der byzantinische Kaiser Herákleios die Serben in das „jetzige Serbien, Pagania, das sogenannte Land der Zachlumoi, Terbunia und das Land der Kanalitai“ an.46 Der Kontext dieser Quelle legt nahe, dass die Serben auch in Dioclea eine Bleibe fanden.47 Dieselbe byzantinische Quelle berichtet zudem, dass das Land der Kroaten am Fluss Cetina begann48 und dass das Gebiet Bosniens damals den Serben gehörte.49 Also grenzte das Land Serbien „im Norden an Kroatien, im Süden an Bulgarien“.50 Dieses große Gebiet wurde nicht lückenlos von Serben besiedelt, zumal es das Dinarische Gebirge stark zergliederte.51 In bestimmten Berggegenden lebte die romanische Bevölkerungsgruppe der Vlachen, die erst im Laufe des 14. Jahrhunderts in das serbische mittelalterliche Reich integriert und zum Teil slawisiert wurde.52 Bezüglich der politischen und administrativen Organisation der Serben in jener Zeit ist davon auszugehen, dass an der Spitze aller Familienverbände ein archon oder knez, also Fürst, stand,53 der in seiner Herrschaft von den Županen getragen und unterstützt wurde.54 Diese Župane wiederum, die als herrschende Adelsschicht und/oder Stammesälteste zu verstehen sind, geboten über kleinere Gebiete, die Župa genannt wurden,55 was unter anderem in De administrando imperio bezeugt ist.56 Allerdings setzten seitens der Župane zentrifugale Kräfte ein, sodass sich einzelne von ihnen samt ihren Gebieten unabhängig machten und eigene Herrschaftsgebiete begründeten, die sich 45

Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 314–333.

46

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 173.

47

Komatina, Identitet Dukljana.

48

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 165.

49

Ebd., 178.

50

Ebd., 165.

51

Blagojević, Srpska državnost, 21f.

52

Filipović, Katun u našoj istoriografiji; Kovačević-Kojić, s.  v. Katun/Katunar; Zbornik na trudovi od Meg´unarodniot naučen simpozium „Vlasite na Balkanot“ (2001); Zbornik na trudovi od Meg´unarodniot naučen simpozium „Vlasite na Balkanot“ (2003); Tomoski, Zapisi za Vlasite vo Makedonija; siehe dazu auch mit weiterführender Literatur: Kahl, Ethnizität und räumliche Verteilung der Aromunen; ders., Istoria aromânilor; Popović, Spätbyzantinische Siedlungen und wlachische Transhumanz.

53

Siehe z. B.: Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 176 („Archon Serbiens“).

54

Ebd., 146 (u. Anm. 281). Vgl. dazu: Komatina, Traduction des titres de souverains et de chefs étrangers dans le monde byzantin, 136–138.

55

Blagojević, Srpska državnost, 22–26.

56

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 177 („[…] die Bulgaren aber teilten den Zupanoi mit, sie mögen zu ihnen kommen und den Tzeesthlabos [Časlav] als ihren Archon annehmen […]“).

HGSOE, Bd. 1

835

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

zum Beispiel in den Bezeichnungen „Pagania, das sogenannte Land der Zachlumoi, Terbunia und das Land der Kanalitai“ widerspiegeln.57 Die ersten überlieferten Namen der serbischen Fürsten setzen in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts ein, wo ein gewisser Višeslav begegnet, gefolgt von dessen Sohn Radoslav, dann von Radoslavs Sohn Prosigoj und schließlich von Prosigojs Sohn Vlastimir.58 Im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts traten die Serben an ihrer östlichen Siedlungsgrenze in Kontakt mit den benachbarten Bulgaren. Bereits um die Mitte des 9. Jahrhunderts expandierten die bulgarischen Herrscher militärisch in die Flusstäler der Velika Morava und des Vardar59 und führten wahrscheinlich zwischen 849 und 852 einen ersten Kriegszug gegen die serbischen Herrscher.60 Ein zweiter, erfolgloser Kriegszug der Bulgaren gegen das serbische Herrschaftsgebiet dürfte zwischen 853/854 und den 880er Jahren zu datieren sein.61 Als die Kirche Bulgariens 870 vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel in die eigene kanonische Jurisdiktion überführt wurde,62 grenzte die Metropolis von Morava als westlichste bulgarische Region an die östlichen Grenzen des serbischen Siedlungsgebietes,63 wodurch der Einfluss Konstantinopels in dieser Zone unmittelbar gestiegen sein dürfte. Die frühe serbische Geschichte wurde durch den byzantinisch-bulgarischen Krieg in den Jahren 913 bis 927 maßgeblich geprägt. Als der serbische Fürst Petar Kontakte zum Byzantinischen Reich zu knüpfen trachtete, entsandte der bulgarische Zar Symeon auf Zutun des Fürsten Mihajlo Višević von Zahumlje eine Expedition, ließ Petar gefangen nehmen und in das Erste bulgarische Reich bringen, wo dieser in Gefangenschaft starb.64 In dem entstandenen Machtvakuum lavierten die serbischen Župane zwischen Byzanz und Bulgarien, bis schließlich die bulgarischen Truppen 925 oder 926 – unmittelbar vor dem Tode des Zaren Symeon (927) – die serbischen Länder eroberten, plünderten und einen Teil der lokalen Bevölkerung verschleppten.65 Nach dem Tod Symeons erlitt die bulgarische Dominanz auf der Balkanhalbinsel einen Rückschlag, den der serbische Fürst

57

Blagojević, Srpska državnost, 27–49.

58

Siehe dazu: ebd., 49–64; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 382–424.

59

Komatina, The Slavs of the Mid-Danube Basin and the Bulgarian Expansion, 67–78.

60

Blagojević, Srpska državnost, 54f.; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 387–392.

61

Blagojević, Srpska državnost, 55f.; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 390–393.

62

Döpmann, Kyrillos und Methodios in ihrer Bedeutung für die Bulgaren; Gjuzelev, Săčinenija, Bd. 2, 76–118; ders., Das Papsttum und Bulgarien.

63

Komatina, Crkvena politika Vizantije, 236–251, 303–319.

64

Živković, Portreti srpskih vladara, 61f.

65 Die

Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 175f.; vgl. dazu: Blagojević, Srpska državnost, 62–64; Ostrogorski, Porfirogenitova hronika srpskih vladara; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 418–420.

836

HGSOE, Bd. 1

Das frühe Serbien zwischen Byzanz und Bulgarien

Časlav zu Beginn der 930er Jahre zu nutzen verstand, um mit byzantinischer Unterstützung das serbische Herrschaftsgebiet zu konsolidieren.66 Aus der Zeit des 10. Jahrhunderts stammen die ersten Hinweise auf die kirchliche Organisation in den serbischen Herrschaftsgebieten. Unter dem bulgarischen Zaren Petăr I. (927 – 969) umfasste die autokephale bulgarische Kirche jurisdiktionell sowohl die Flusstäler der Velika Morava und des Vardar als auch das Bistum Ras im Inneren Serbiens.67 Hingegen wurden die Bischofssitze in den dalmatinischen Städten, hier jene in Ragusa (Dubrovnik) und Cattaro (Kotor), die an das serbische Herrschaftsgebiet angrenzten, auf den kirchlichen Versammlungen in Split in den Jahren 925 und 928 als Teil des Erzbistums Split definiert.68

66

Die Byzantiner und ihre Nachbarn (Übers. Belke/Soustal), 177f.; siehe auch: Blagojević, Srpska državnost, 64; Ostrogorski, Porfirogenitova hronika srpskih vladara, 27f.; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 421f.; ders., Portreti srpskih vladara, 51f.

67

Gelzer, Ungedruckte und wenig bekannte Bistümerverzeichnisse der orientalischen Kirche (II.).

68

Komatina, Crkva i država u srpskim zemljama, 51–68.

HGSOE, Bd. 1

837

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

11 .6

 AS FRÜHE SERBIEN UND DAS REICH DES ZAREN SAMUIL D (MITTE 10. JH. BIS MITTE 11. JH.)

Da die byzantinische Quelle De administrando imperio Daten und Ereignisse nur bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts behandelt, liegen wesentliche Aspekte der frühen serbischen Geschichte nach ca. 950 abermals im Dunkeln. Aus diesem Grunde wurde zu dem weiteren Schicksal Časlavs die Vermutung geäußert, dass er in einer Auseinandersetzung mit den ungarischen Nachbarn den Tod gefunden hat.69 Das byzantinische Siegel eines gewissen Johannes (Ióannes), des ersten Schwertträgers und Katepans von Ras (Ἰωάννῃ [πρωτο]σπαθαρίῳ καὶ κατεπάνω Ῥάσου), aus dem 10. Jahrhundert – wahrscheinlich zwischen 971 und 976 zu datieren – deutet darauf hin, dass dieses serbische Gebiet nach dem Fall des Ersten bulgarischen Reiches (971) kurzzeitig unter byzantinischer Herrschaft stand.70 Laut der „Chronik des Priesters aus Dioclea“ wurde Ras von den byzantinischen Generälen des Kaisers Johannes  I. Tzimiskés (969 – 976) erobert („Hi autem qui paeerant exercitui, venientes cum exercitu, ceperunt totam Rassam provinciam“),71 jedoch sehr bald darauf den Byzantinern in einer lokalen Aufstandsbewegung entrissen.72 Während der Aufstandsbewegung des Zaren Samuil73 reisten Gesandte aus den serbischen Gebieten zum byzantinischen Kaiser Basíleios II. (976 – 1025), um in der Auseinandersetzung mit Samuil diplomatische Kontakte zu knüpfen.74 Der byzantinische Geschichtsschreiber Johannes Skylítzes berichtet zum frühen 11. Jahrhundert, dass sich die Herrschaft des serbischen Fürsten Jovan Vladimir von Dioclea auch über Teile Serbiens erstreckte.75 Jovan Vladimir ist der erste serbische christliche Märtyrer und Heilige, dessen Feiertag am 22. Mai/4. Juni begangen wird und dessen Vita in lateinischer Sprache in der „Chronik des Priesters aus Dioclea“ auf uns gekommen ist.76 Er lebte zur Zeit des Zaren Samuil und suchte diplomatisch die Nähe zu Konstantinopel, um sich seines expansiven Nachbarn Samuil zu erwehren. Dieser fiel in Jovan Vladimirs Gebiet ein und nahm ihn gefangen. Am Hofe Samuils in Prespa lernte er Samuils Tochter Kosara (Teodora) kennen, die sich in ihn verliebte. Nach der Hochzeit

69

Blagojević, Srpska državnost, 64; Živković, Južni Sloveni pod vizantijskom vlašću, 422–424; ders., Portreti srpskih vladara, 52–57.

70

Besagtes Siegel wurde ediert in: Nesbitt/Oikonomides, Catalogue of Byzantine Seals, Bd. 1, 100f. (Nr. 33.1); vgl. hierzu auch die online verfügbare Siegeldatenbank (Dumbarton Oaks) unter ; siehe auch: Komatina, Srbija i Duklja, 170f.; Krsmanović, The Byzantine Province in Change, 135f.; Pirivatrić, Vizantijska tema Morava, 175f.

71

Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin), 73.

72

Kalić, La région de Ras.

73

Vgl. dazu oben Kap. 9 dieser Publikation.

74

Ostrogorski, Srpsko poslanstvo caru Vasiliju II; Radojičić, Srpsko Zagorje, das spätere Raszien; Komatina, Srbija i Duklja, 171f.; Stanković, Karakter vizantijske granice.

75

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 353 („ἕως μὲν γὰρ Τριβαλίας καὶ τῶν ἀγχοτάτω Σερβίας μερῶν ἦρχε Βλαδιμηρὸς ὁ ἐπὶ θυγατρὶ τοῦ Σαμουὴλ κηδεστής“). Siehe dazu auch: Komatina, Srbija i Duklja.

76

Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin), 78–85. Vgl. dazu auch: Podskalsky, Theologische Literatur, 63.

838

HGSOE, Bd. 1

Das frühe Serbien und das Reich des Zaren Samuil

wurde er als Schwiegersohn wieder in sein angestammtes Herrschaftsgebiet in der Küstenzone entlassen. Als Samuil im Jahre 1014 verstarb, lockte dessen Nachfolger Jovan Vladislav den Fürsten Jovan Vladimir 1015 nach Prespa und ließ ihn enthaupten.77 Seinen Körper überführte Kosara (Teodora) laut der „Chronik des Priesters aus Dioclea“ daraufhin in die „ecclesia sanctae Mariae, in loco qui dicitur Craini“.78 Sie wurde Nonne und blieb bis zu ihrem Lebensende in besagter Kirche, wo sie auch zu Füßen ihres Mannes bestattet wurde – „Uxor vero beati Vladimiri Cossara, sanctimonialis effecta, pie et sancte vivendo, in eadem ecclesia vitam finivit ibique sepulta est ad pedes viri sui“.79 Bei dieser Kirche handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Ruine namens Manastir Bogorodica Krajinska bzw. Prečista Krajinska, die der Entschlafung Marias geweiht ist und südwestlich des Skutarisees im heutigen Montenegro liegt. Nach der Niederlage Samuils und seiner Nachfolger (1018) hat der byzantinische Kaiser Basíleios  II. seine Herrschaft über die Balkanhalbinsel neu geordnet. Er nützte die Unordnung in den serbischen Landen, um das Thema Sérbia, das zum Zentrum Sirmium hatte, zu etablieren. Wahrscheinlich lag es auf dem Gebiet des jetzigen Serbien. Es stand zunächst unter der Führung des byzantinischen Heerführers Konstantin Diogénes, der bei der militärischen Unterwerfung der Gebiete von Sirmium im Norden bis Bitola im Süden federführend war. Gemeinsam mit dem Katepanat von Bulgarien und dem Dukat von Sirmium bildeten diese Verwaltungseinheiten das Fundament der byzantinischen Herrschaft im Norden und im Zentrum der Balkanhalbinsel in den 1030er und 1040er Jahren.80 Das Gebiet des jetzigen Bosnien-Herzegowina dürfte damals aufgrund seiner geographischen Lage bzw. Isolierung außerhalb dieser administrativen Entwicklungen geblieben sein.81

77

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 353; Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin), 83. Biographische Daten zu Jovan Vladimir sind u. a. folgenden Publikationen zu entnehmen: Novaković, Prvi osnovi slovenske književnosti među balkanskim Slovenima; Pirivatrić, Samuilova država, 104–115; Podskalsky, Theologische Literatur, 63 (Anm. 273–275); Živković, Pohod bugarskog cara Samuila, 9–25; ders., Portreti srpskih vladara, 67–74; Velimirović, Čitanka o svetome kralju Jovanu Vladimiru.

78

Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin), 78 bzw. „tulitque [sc. Kosara] denique corpus eius [sc. des Jovan Vladimir] et asportavit in loco, qui Craini dicitur, ubi curia eius fuit et in ecclesia sanctae Mariae recondidit“ (ebd., 84).

79

Ebd., 84.

80 Vgl.

zur administrativen Organisation der Balkanhalbinsel nach 1018: Komatina, Srbija i Duklja, 172–180; Krsmanović, Byzantine Province in Change, 191–194; dies., O odnosu upravne i crkvene organizacije, Bd. 1, 20–23; Maksimović, Organizacija vizantijske vlasti, 31–42.

81

Blagojević, Srpska državnost, 65, 95f.; Mrgić-Radojčić, Donji Kraji, 32f.

HGSOE, Bd. 1

839

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

11 .7

 AS FRÜHE SERBIEN AUF DEM WEG ZUM KÖNIGREICH D (MITTE 11. JH. BIS ENDE 12. JH.)

Die byzantinische Vorherrschaft im Norden sowie im Zentrum der Balkanhalbinsel erlitt in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts einen Rückschlag. Nach dem Tode des byzantinischen Kaisers Romanós III. Argyrós (1028 – 1034) schüttelten die Bewohner der serbischen Gebiete die erwähnte Vorherrschaft ab. Bereits zwei Jahre später (1036) wurden sie jedoch wieder unterworfen.82 Dieser Aufstand dürfte im Thema Sérbia, und nicht in Dioclea, ausgebrochen sein.83 Höchstwahrscheinlich wurde der Aufstand von Stefan Vojislav, einem serbischen Fürsten, angeführt, dessen Herkunft nicht eindeutig zu klären ist.84 Nach der Niederschlagung der Rebellion seitens der Byzantiner wurde er als Gefangener nach Konstantinopel gebracht, während Theóphilos Erotikós als Strategós von Serbien eingesetzt wurde.85 Um 1039 flüchtete Stefan Vojislav aus der byzantinischen Hauptstadt, kehrte in die serbischen Lande zurück und vertrieb Theóphilos Erotikós aus seiner Position. Unmittelbar danach vergrößerte er seinen Einfluss, indem er einen Teil der Küstenzone, im wesentlichen Dioclea, eroberte. Der byzantinische Kaiser Michael IV. Paphlagón (1034 – 1041) entsandte daraufhin eine Strafexpedition gegen Stefan Vojislav im Jahre 1040, die jedoch besiegt wurde. Eine weitere Expedition wurde von Kaiser Konstantin IX. Monomáchos (1042 – 1055) gegen den serbischen Fürsten im Jahre 1042 ausgeschickt. Doch auch dieser war in den Schluchten Diocleas kein Erfolg beschieden.86 Stefan Vojislav gelang es zwischen 1039 und 1042, einerseits seine Herrschaft im serbischen Kernland zu behaupten und andererseits die Gebiete von Dioclea und Zahumlje einzuverleiben.87 In den folgenden Jahren kämpfte er erfolgreich gegen Katakalón Klazomenítes, den Strategós von Ragusa. Gleichzeitig erhob sich in den Jahren 1040/1041 die slawische Bevölkerung im byzantinischen Bulgarien unter der Führung Petar Deljans, der möglicherweise ein Enkel des Zaren Samuil und Sohn des Gavril Radomir war, und in der Gegend von Durazzo (Durrës) unter einem gewissen Tihomir.88

82

Ioannis Scylitzae Synopsis (ed. Thurn), 399.

83

Für die Lokalisierung des Aufstands im Thema Sérbia sprechen sich aus: Blagojević, Srpska državnost, 73; Komatina, Srbija i Duklja, 170–180. Für die Lokalisierung in Dioclea: Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 156.

84

Blagojević, Srpska državnost, 73, 75; Komatina, Srbija i Duklja, 179f.; Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 156f.; Živković, Portreti srpskih vladara, 75–86.

85

Blagojević, Srpska državnost, 73; Komatina, Srbija i Duklja, 173–179; Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 156.

86

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 408f., 424f.; vgl. dazu: Komatina, Srbija i Duklja, 159–180.

87

Komatina, Srbija i Duklja, 179f.

88

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 409–415; Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 141–157, 211– 213; siehe auch: Blagojević, Srpska državnost, 75; Komatina, Pojam Bugarske u XI i XII veku.

840

HGSOE, Bd. 1

Das frühe Serbien auf dem Weg zum Königreich

Um die Mitte des 11. Jahrhunderts folgte auf Stefan Vojislav dessen Sohn Mihailo. Dieser schloss einen Freundschaftsvertrag mit dem byzantinischen Kaiser Konstantin IX. Monomáchos im Jahre 1054/1055 und erhielt den Titel eines protospathários.89 Als die Byzantiner in der Schlacht von Mantzikert in Kleinasien im Jahre 1071 durch die Seldschuken besiegt wurden und in der Folge mit inneren Krisen konfrontiert waren, erhoben sich die Slawen in Bulgarien unter der Führung eines slawischen Bojaren namens Georg Vojtech aus Skopje im September/Oktober 1072. Die Anführer dieser Erhebung traten in Kontakt mit dem serbischen Herrscher Mihailo, der sie mit Truppen unter dem Kommando seines Sohnes Konstantin Bodin unterstützte. Die Aufständischen versammelten sich in Prizren, wo Konstantin Bodin zum Zaren mit dem Namen Petar proklamiert wurde. Nach dem Sieg über die byzantinische Armee im Thema Makedonía (dem byzantinischen Makedonien)90 zog Bodin mit einem Teil seines Heeres gegen Niš, während ein anderer Teil unter der Führung des Vojvoden Petrilo nach Süden marschierte, um Ochrid, Devol und Kastoriá zu erobern. Allerdings erlitt Petrilo eine schwere Niederlage und flüchtete daraufhin zum serbischen Herrscher Mihailo. Bodin eroberte hingegen Niš und folgte danach dem Ruf des Georg Vojtech, gegen die Byzantiner in Skopje vorzugehen. Im Dezember 1072 gelang es dem byzantinischen Heer, Bodin zu besiegen und gefangen zu nehmen. Bodin wurde als Gefangener zunächst nach Konstantinopel und danach in das ferne Antiocheia am Orontes (Antakya) gebracht. Auf Betreiben seines Vaters Mihailo wurde er von venezianischen Händlern gerettet und nach Europa zurückgebracht. Wahrscheinlich ist Konstantin Bodin vor 1072 Mitherrscher Mihailos geworden.91 In dieser Zeit der Verschlechterung der Beziehungen zu Byzanz suchte der serbische Herrscher Mihailo Kontakt zu Papst Gregor VII. (1073–1085) in Rom. Die serbischen Gebiete unterlagen seit dem 11. Jahrhundert teilweise der Einflusszone der lateinischen (römischen) Kirche. Die Festlandsgebiete gehörten jurisdiktionell zum Erzbistum Ochrid, das seit 1018/1019 ein fester Bestandteil der Kirche Konstantinopels war.92 Die Küstenzone des Adriatischen Meeres war hingegen seit der Mitte des 10. Jahrhunderts am Erzbistum Ragusa der lateinischen Kirche ausgerichtet, während Dioclea zunächst mit großer Wahrscheinlichkeit in den ersten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts einen Teil der Metropolis von Durazzo des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel bildete. Einige Städte des Küstenlandes, z. B. Antivari/Bar, Dulcigno/Ulcinj oder Skutari/Shkodra, orientierten sich aber in Richtung der lateinischen Kirche und zwar konkret am Erzbistum Ragusa. Als Folge dieser Entwicklungen bemühte sich der serbische Herrscher Mihailo um die päpstliche

89

Ioannes Skylitzes (ed. Thurn), 475.

90

Vgl. zum Makedonien-Begriff in byzantinischer Zeit: Koder, Macedonians and Macedonia in Byzantine Spatial Thinking.

91

Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 177–186, 237–241; vgl. Blagojević, Srpska državnost, 77–79, 88; Živković, Dukljansko-vizantijski rat, 35–57; ders., Portreti srpskih vladara, 91f., 95.

92

Delekare, Η Αρχιεπισκοπή Αχριδών κατά τον μεσαίωνα, 158–172; Fingarova/Schellewald/Soustal, s. v. Ohrid, 161–167; Vraniškoski, Kratka istorija na Ohridskata arhiepiskopija; Kalić, Crkvene prilike, 27–53.

HGSOE, Bd. 1

841

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

Anerkennung, die er mittels einer Krone in den Jahren 1076/1077 erhielt. Fortan galt er in den päpstlichen Augen als Michael Sclavorum rex.93 Diese Veränderung im Status des serbischen Herrschers dürfte auch von byzantinischer Seite nachvollzogen worden sein und spiegelt sich in der Zuerkennung der Titel protosébastos sowie exousiastés für Mihailos Sohn und Nachfolger, Konstantin Bodin, auf einem Siegel wider, das in die Jahre 1081 bis 1085 datiert wird.94 Konstantin Bodin dürfte im Oktober 1081 zum Alleinherrscher aufgestiegen sein. Ab 1083 befand er sich in einem Konflikt mit den Normannen, die im jetzigen Albanien angelandet waren und von Durazzo in Richtung des Vardar-Flusstals expandierten.95 Als die Byzantiner 1085 die wichtige Stadt Durazzo zurückgewinnen konnten, wurde von dieser Basis aus der Kampf gegen das benachbarte Herrschaftsgebiet des Konstantin Bodin geführt, das auf Kosten des Byzantinischen Reiches zu expandieren trachtete. Bodin wurde dabei militärisch von Vukan unterstützt, der aus dem Gebiet des jetzigen Serbien stammen dürfte. Allerdings ist dessen genaue Beziehung zu Bodin anhand der Quellen nicht zu rekonstruieren. Um 1090 gelang den Byzantinern wiederum ein entscheidender Schlag gegen Bodin, der damals vom Feldherrn Johannes Dúkas gefangengenommen wurde.96 Vukan nahm daraufhin im Konflikt mit Byzanz dessen Platz ein. Die Kämpfe, die der byzantinische Kaiser Aléxios I. Komnenós (1081 – 1118) zum Teil persönlich führte, verlagerten sich in den Jahren 1091 bis 1094 auf das Gebiet des heutigen Kosovo. Diese schweren Auseinandersetzungen waren im Kriegsglück wechselvoll. Es gelang Vukan sogar in einem Moment, in das byzantinische Makedonien vorzustoßen und die Gegend um Skopje sowie Polog zu plündern. Schließlich musste er jedoch einlenken und einen Friedensvertrag mit Aléxios I. Komnenós schließen, kraft dessen er zwanzig Geiseln an den byzantinischen Hof zu entsenden hatte.97 Um 1091 wurde Konstantin Bodin aus der Gefangenschaft zwar entlassen, konnte aber danach seine einstige Machtentfaltung nicht mehr erlangen. Er kehrte in Amt und Würden zurück und konzentrierte sich im Wesentlichen auf die Küstenzone seines Herrschaftsgebiets. Die letzte Erwähnung erfolgt in den Quellen im Jahr 1096, als er das Kreuzfahrerheer unter Raymond von Toulouse empfing und es auf seinem Marsch nach Durazzo logistisch unterstützte.98 Die Verlagerung des Schwerpunktes serbischer Herrschaft in das Landesinnere setzte mit Vukan ein. Dessen Nachfolger Uroš I. und Uroš II. lehnten sich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts

93

Maritch, Papstbriefe an serbische Fürsten, 5 – 11. Siehe dazu auch im Detail: Blagojević, Srpska državnost, 79–81; Komatina, Vizantijska titula Konstantina Bodina; Živković, Portreti srpskih vladara, 92f.

94

Cheynet, La place de la Serbie dans la diplomatie byzantine.

95

Annae Comnenae Alexias (edd. Reinsch/Kambylis), Bd. 1, 129f., 135f., 183; Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 379–383.

96

Annae Comnenae Alexias (edd. Reinsch/Kambylis), Bd. 1, 225f.; Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 383.

97 Annae

Comnenae Alexias (edd. Reinsch/Kambylis), Bd. 1, 252f., 265–267, 279f.; Ostrogorski/Barišić (Hgg.), Vizantijski izvori, Bd. 3, 384–389. Vgl. Radić, Manojlo Stravoroman.

98

Stanković, Manojlo Komnin vizantijski car, 248–272; Živković, Duklja između Raške i Vizantije, 451–466.

842

HGSOE, Bd. 1

Das frühe Serbien auf dem Weg zum Königreich

als Großžupane gegen das Byzantinische Reich auf und eroberten die Festung Ras. Dennoch behielten die Byzantiner die Oberhoheit über dieses Gebiet, sodass die Großžupane Hilfstruppen stellen mussten. Der byzantinische Kaiser Manuel I. Komnenós (1143 – 1180) beeinflusste die Ein- und Absetzung der serbischen Großžupane und übertrug im Jahre 1163 die Regierung Tihomir und dessen Brüdern Miroslav, Stracimir und Nemanja. Bereits 1166 übernahm Nemanja die Alleinherrschaft in der Raška, was von Byzanz nicht anerkannt wurde. Nemanjas Vorfahren gehörten einerseits zu den Familien des Königreiches von Dioclea und andererseits zu den Großžupanen von Raška.99 Die im strukturgeschichtlichen Teil (s. o. Kap.  11.1) erwähnte Dichotomie Küstenzone-Gebirgszone, Lateiner-Slawen, lateinischer Glaube-orthodoxer Glaube manifestiert sich in der Person Nemanjas. Als Kind wurde er er, wie oben bereits erwähnt, nach lateinischem Ritus getauft, wandte sich dann jedoch verstärkt dem byzantinischen Kulturkreis zu und ließ sich in der Bischofskirche der Heiligen Peter und Paul nach griechischem Ritus taufen. Darüber wird in seiner Vita von seinem Sohn, Stefan dem Erstgekrönten (1196 – 1227/1228), berichtet: Und da es in jenem Lande auch lateinische Priester gab, war er würdig, nach Gottes Willen (in der Kirche der allerheiligsten und ehrwürdigen Gebieterin und Gottesmutter) auch die lateinische Taufe zu empfangen. Nach der Rückkehr seines Vaters in den Residenzort [sc. Ras] wurde er abermals für würdig befunden, aus der Hand des Bischofs in der Kirche der heiligen, ruhmreichen und allerhöchsten Apostel Petrus und Paulus, inmitten des serbischen Landes, eine zweite Taufe zu empfangen […].100

1168 besiegte Nemanja die byzantinischen Truppen auf dem Gebiet des jetzigen Kosovo und stiftete zum Dank für diesen Sieg das berühmte Kloster des Heiligen Georg in Ras (Đurđevi Stupovi).101 Nemanja kämpfte für die Selbständigkeit seines Herrschaftsgebietes und verbündete sich mit dem benachbarten Ungarn und Venedig. Während des byzantinisch-venezianischen Krieges in den Jahren 1171/1172 wurde er jedoch besiegt und gefangengenommen.102 Nach dem Tode des byzantinischen Kaisers Manuel I. Komnenós (1180) gelang es Nemanja 1183, die byzantinische Oberhoheit abzustreifen, sein Herrschaftsgebiet mit der Landschaft Dioclea zu vereinigen und in das byzantinische Makedonien einzufallen. Des Weiteren dehnte er seine Herrschaft in das Gebiet des Flusses Morava, nach Niš und in das jetzige Kosovo aus.103 Am 27. Juli 1189 trafen Nemanja und Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1155 – 1190) im Rahmen des Dritten Kreuzzugs in Niš zusammen. Die serbische Seite ermöglichte den Kreuzfahrern den

99

Jireček, Istorija Srba (Übers. Radonić), Bd. 2, I, 140–160; Istorija srpskog naroda, Bd. 1 (Hg. Ćirković), 208– 211, 251–262. Vgl. auch: Blagojević, Nemanjići i državnost.

100 Eine

zentrale Quelle des Lebens Nemanjas sind die Viten, die von seinen Söhnen, dem Heiligen Sava und Stefan dem Erstgekrönten, verfasst wurden: Hafner, Serbisches Mittelalter, hier 76 und auch 59f.; siehe dazu im besonderen: Schmaus, Zur Frage der Kulturorientierung.

101 Siehe

zu diesem Kloster u. a. Radosavljević/Milovanović, Đurđevi Stupovi; Radujko (Hg.), Đurđevi Stupovi i Budimljanska eparhija.

102 Stanković,

Manojlo Komnin, 272–284.

103 Maksimović,

HGSOE, Bd. 1

Makedonija u politici srednjovekovne Srbije.

843

Teil II: 11. Das frühe Serbien von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

freien Durchmarsch, und Nemanja bot Kaiser Friedrich den Vasalleneid an.104 Nach dem Tode Friedrichs I. eröffnete der byzantinische Kaiser Isaak II. Ángelos (1185 – 1195 bzw. 1203 – 1204) eine Offensive gegen den serbischen Herrscher. Obwohl Nemanja in der Schlacht an der Morava im Jahre 1190 eine Niederlage erlitt, behielt er seinen Thron und die neu gewonnenen Territorien in Kosovo, Metochien und Dioclea. Als Stefan Nemanja begründete er die Dynastie der Nemanjiden, die den Erzmärtyrer Stefan zu ihrem Schutzpatron erwählte und bis 1371 Bestand haben sollte. Er ließ zwischen 1186 und 1196 das Kloster der Gottesmutter in Studenica als Grablege der Dynastie errichten.105 Im Frühling 1196 dankte er freiwillig zugunsten seines Sohnes Stefan des Erstgekrönten (1196 – 1227/1228) ab, um sich in seine Stiftung zurückzuziehen. Als Mönch Simeon, der von der serbisch-orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt wird, verbrachte er einen Teil seines Lebens auf dem Heiligen Berg Athos. Dort erneuerte er zusammen mit seinem Sohn, dem Mönch und später heiliggesprochenen Sava (mit weltlichem Namen Rastko), 1198 das fortan serbische Kloster Chilandar, wo er starb. Seine Gebeine wurden schließlich 1207 nach Studenica überführt.106

104 Kalić,

Die deutsch-serbischen Beziehungen.

105 Vgl.

zu diesem Kloster u. a. Čanak-Medić/Todić, Manastir Studenica; Maksimović/Vukašinović, Manastir Studenica; Šakota, Studenička riznica.

106 Siehe

zu besagtem Kloster u. a. Bogdanović/Đurić/Medaković, Hilandar; Subotić (Hg.), Manastir Hilandar. Und auch: Podskalsky, Theologische Literatur, 115–124.

844

HGSOE, Bd. 1

Neven Budak *

→ KARTE XV

12. K ROATIEN, DALMATIEN UND SLAWONIEN BIS 1527

12 .1

QUELLEN

Mediävisten, die sich mit der kroatischen Geschichte auseinandersetzen, sehen sich immer wieder mit dem Problem konfrontiert, dass nur ein geringer Teil der Quellen erhalten geblieben und deren Überlieferung zudem nicht immer gesichert ist. Die älteste Urkunde eines kroatischen Herrschers stammt von Fürst Trpimir (vermutlich von 839/840, auch wenn sie oftmals auf das Jahr 852 datiert wird), wobei dieses Dokument lediglich in einer Abschrift aus dem 16. Jahrhundert überliefert ist. Die philologische Untersuchung dieser Texte belegt wiederum die Existenz zweier unterschiedlicher Zeitschichten.1 Aus dem gesamten 9. Jahrhundert sind nur zwei Herrscherurkunden bekannt – ein späterer Beleg weist auf zumindest zwei weitere Urkunden hin –, während aus dem 10. Jahrhundert nicht ein einziges Exemplar erhalten ist. Diese Überlieferungssituation ändert sich erst für die Zeit ab der Mitte des 11. Jahrhunderts. Aus der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts sind mehrere Verzeichnisse in den Chartularen benediktinischer Klöster erhalten, die uns ebenfalls in späteren, aber zum größten Teil authentischen Abschriften vorliegen.2 Diese Chartulare enthalten ebenso wertvolle Kopien und Notizen von Urkunden für das 12. bis 14. Jahrhundert, die uns Einblicke in die gesellschaftlichen Verhältnisse, das Funktionieren mittelalterlicher Herrschaft sowie die Rolle der Kirche ermöglichen. Mit der Aufwertung der von Herrschern oder öffentlichen Notaren beglaubigten Urkunden stieg ab dem 13. Jahrhundert auch ihre Produktion an. Im Zeitraum vom 9. bis zum 11. Jahrhundert werden auch in dalmatinischen Städten Urkunden, allen voran Testamente, verfasst. Das Testament des Priors von Zadar/Zara Andreas aus dem Jahr 918 gehört unumstritten zu den ältesten letzwilligen Verfügungen, jedoch gibt es starke Indizien dafür, dass

*

Übersetzung durch Miroslav Ivan Posarić; unter Mitarbeit von Edvin Pezo

1 Olga

Perić, Jezični slojevi Trpimirove darovnice [Die Sprachschichten der Schenkungsurkunde Trpimirs], Živa antika 34 (1984), H. 1–2, 165–170; Neven Budak, Hrvatska u vrijeme Trpimira [Kroatien zu Zeiten Trpimirs], Kaštelanski zbornik 3 (1993), 58–63; Lujo Margetić, Bilješke uz Trpimirovu ispravu (CD I, 3–8) [Anmerkungen zu den Schriftstücken Trpimirs], Zbornik radova Pravnog fakulteta u Splitu 30 (1993), H. 1, 47–51.

2

Supetarski kartular. Chartulare sancti Petri. Iura sancti Petri de Gomai. Hg. Petar Skok. Lingvistička analiza Viktor Novak. Zagreb 1952; Zadarski kartular samostana svete Marije. Chartulare Jadertinum monasterii Sanctae Mariae. Hg. Viktor Novak. Zagreb 1959; Libellus Policorion, qui Tipicus vocatur. Hg. Šime Ljubić. Zagreb 1890.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-28

847

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das undatierte Testament des Spliter Priors Petrus um mindestens 100 Jahre älter sein könnte.3 Testamentarische Schriftstücke entstanden auch in anderen ostadriatischen Küstenregionen, wie zum Beispiel in Triest, wo die Äbtissin Maru ihr Testament um 847 verfasste. In Kotor liegt für das Jahr 809 eine Notiz vor, welche berichtet, wie der angesehene Bürger Andreacius von venezianischen Händlern den Leichnam des Heiligen Tryphon kaufte und diesem zu Ehren eine Kirche errichtete, die er testamentarisch seinen Söhnen vermachte.4 Der geringe einheimische Quellenbestand wird in bedeutender Weise durch epigraphisches Quellenmaterial ergänzt. Aus dem gesamten Zeitraum vom 9. bis zum 11. Jahrhundert ist ein an sich großer, aber fragmentarischer Inschriftenbestand erhalten geblieben.5 Sie wurden auf Latein verfasst, während die ältesten glagolitischen Inschriften erst um 1100 auftreten.6 In den meisten Fällen sind die Inschriften Teil kirchlicher Altareinrichtungen, die während des 9. Jahrhunderts errichtet oder neu ausgeschmückt wurden. Einige von ihnen, wie beispielsweise das Epitaph, erfüllten auch andere Funktionen. Auf den Inschriften finden wir die Namen von Herrschern und unterschiedlichen Amtsträgern sowie Priestern. Zu den bedeutenden lateinischen Inschriften gehören: die Inschrift des Fürsten Branimir aus Šopot bei Benkovac (880 – 890), das Epitaph der Königin Jelena/Helena (976), das Epitaph des Spliter Bürgers Petrus Zerni/Petar Crni (um 1100), die Inschrift über den Einzug des ungarischen Königs Koloman (Kálmán) in Zadar von 1105. Die wichtigsten glagolitischen Inschriften stellen die Steinplatte von Baška, auf welcher König Zvonimir erwähnt wird, und eine Inschrift aus der Župa Dubrovačka dar, die beide aus der Zeit um 1100 datieren.7 Frühe lokale Chroniken (aus dem kroatischsprachigen Raum) sind nicht erhalten, auch wenn in einer Urkunde aus dem 11. Jahrhundert eine gesta der kroatischen Könige erwähnt wird.8 Die wichtigste lokale Quelle für die kroatische Historiographie ist die Historia Salonitana des Spliter Kanonikers Thomas Archidiaconus (1200 – 1268), in welcher der Autor die Fortsetzung des Metropolitansitzes Salona durch das Spliter Erzbistum nachweisen wollte sowie die Taten einzelner

3

Codex diplomaticus Regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae. Diplomatički zbornik Kraljevine Hrvatske, Dalmacije i Slavonije. Coll. Tadija Smičiklas. Bd. 1. Hgg. Jakov Stipišić/Miljen Šamšalović. Zagreb 1967, 25–28; Marijan Horvat, Oporuka splitskog priora Petra [Das Vermächtnis des Spliter Priors Petar], Rad Jugoslavenske akademije znanosti i umjetnosti 283 (Odjel za filozofiju i društvene nauke, 2) (1951), 119–174, 124f.

4 Nikola

Jakšić, Predromanički reljefi 9. stoljeća iz Kotora [Die frühromanischen Reliefe des 9. Jh.s aus Kotor], Prilozi povijesti umjetnosti u Dalmaciji 38 (1999), H. 1, 119–174, 146f.

5 Vedrana

Delonga, The Latin Epigraphic Monuments of Early Medieval Croatia. Split 1996. Siehe auch: Rade Mihaljčić/Ludwig Steindorff, Namentragende Steininschriften in Jugoslawien vom Ende des 7. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Wiesbaden 1982; Ludwig Steindorff, Das mittelalterliche epigraphische Erbe Kroatiens, in: Reinhard Lauer (Hg.), Kroatien. Kultur – Sprache – Literatur. Göttingen 2005, 15–29.

6 Branko

Fučić, Glagoljski natpisi [Glagolitische Inschriften]. Zagreb 1982.

7 Marica

Čunćić/Marta Perkić, Hrvatski glagoljski natpis Župe dubrovačke iz 11. stoljeća [Die kroatische glagolitische Inschrift der Župa Dubrovačka aus dem 11. Jh.], Slovo 59 (2009), 77–122.

8

Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 105f.: „Comperimus namque in gestis proaui nostri Cresimiri maioris […]“.

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Quellen

Erzbischöfe darlegte.9 Einige Passagen berichten und interpretieren Ereignisse aus der Spätantike und dem Frühmittelalter, dennoch ist die Quelle eher für den Zeitraum vom 11. bis zum 13. Jahrhundert wertvoll. Unter anderem stechen Thomas’ Erzählung über den mongolischen Einfall und den Prozess der Kommunenbildung innerhalb der städtischen Herrschaft Splits hervor. Seine Berichte zur Ethnogenese der Kroaten, die er auch als Goten bezeichnete, beeinflussten selbst die Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts. Im 16. Jahrhundert bearbeitete ein anonymer Autor Thomas’ Chronik und fügte weitere Quellen für den Zeitraum des 6. und 10. Jahrhunderts ein (wie z. B. Erzählungen über die Kirchenkonzilien von 530 und 533, beziehungsweise von 925 und 928, mit Erwähnung König Tomislavs). Er strich aber auch alle Textpassagen nach der Erzählung über die Spliter Kirchensynode von 1185. Diese überarbeitete Version der Chronik, die auch die Erzählung über die Ermordung des angeblich letzten kroatischen Königs Zvonimir enthält, ist unter dem Titel Historia Salonitana maior bekannt.10 Vormoderne Geschichtsschreiber stützten sich häufig auf das unter dem Namen des anonymen Priesters von Diocleia (Pop Dukljanin) firmierende Werk Ljetopis popa Dukljanina [Die Annalen des Priesters von Dioclea/Duklja]; im Hochmittelalter wurde diese Region zunehmend als Zeta bezeichnet),11 bekannt auch als Regnum Sclavorum [Kraljevstvo Slavena/Königreich der Slawen]. Dies ist das Opus eines unbekannten Autors, das der Benediktinermönch Mauro Orbini aus Dubrovnik in seinem Buch Il regno degli Slavi zum ersten Mal veröffentlichte.12 Man geht davon aus, dass diese Arbeit im 12. oder 13. Jahrhundert verfasst wurde. Der Anonymus schrieb über die Geschichte eines nicht existenten Königreichs, das Kroatien, Dalmatien, Bosnien, Serbien sowie Dioclea umfasst haben und welches ununterbrochen von einer Dynastie beherrscht worden sein soll, die sich auf den gotischen Herrscher Totila berufen, und die sich dann (ohne vom Autor näher erläutert worden zu sein) allmählich slawisiert haben soll. Die Annalen (in welchen nicht ein einziges Jahr verzeichnet ist, sodass die Bezeichnung absolut unzutreffend ist) lassen sich in zwei Teile gliedern: Der erste Teil besteht beinahe gänzlich aus fiktiven Herrschern und Geschehnissen, während im zweiten Teil (ab ca. 1000) immer mehr glaubwürdigere Angaben zu finden sind; dies umso mehr, je stärker das Werk die jüngsten Ereignisse, aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, beschreibt. Diese Angaben beziehen sich wiederum zum größten Teil auf das Königreich Dioclea. Wahrscheinlich im 14. Jahrhundert, vielleicht sogar im 15. Jahrhundert, entstand auf dem Gebiet Kroatiens eine auf Kroatisch verfasste Chronik, die teilweise mit den „Annalen des Priesters 9

Thomae Archidiaconi Spalatensis Historia Salonitanorum atque Spalatinorum pontificum. Archdeacon Thomas of Split. History of the Bishops of Salona and Split. Latin text by Olga Perić. Übers., Hgg. Damir Karbić/Mirjana Matijević Sokol/James Ross Sweeney. Budapest, New York 2006.

10 Nada Klaić, Historia Salonitana maior. Beograd 1967; Neven Budak, Historia Salonitana and Historia Salonitana

Maior. A Contribution to the Debate About the Relation of the Two Texts, in: Mirna Willer/Marijana Tomić (Hgg.), Summer School in the Study of Historical Manuscripts. Zadar 2013, 101–131.

11

Letopis popa Dukljanina [Chronik des Priesters aus Dioclea (Duklja)]. Hg. Ferdo Šišić. Beograd, Zagreb 1928; Ljetopis popa Dukljanina. Latinski tekst sa hrvatskim prijevodom. I „hrvatska kronika“ [Chronik des Priesters aus Dioclea (Duklja) und „Kroatische Chronik“]. Hg. Vladimir Mošin. Zagreb 1950; Tibor Živković/Dragana Kunčer (Hgg.), Gesta regum Sclavorum. Bde. 1–2. Beograd 2009.

12 Mauro

Orbini, Il regno degli Slavi, hoggi corrottamente detti Schiavoni. Pesaro 1601.

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von Dioclea“ übereinstimmt. In mehreren Passagen der diocletianischen „Annalen“ ist von Slawen die Rede; dort spricht die „Kroatische Chronik“ („Hrvatska kronika“, auch „Hrvatska redakcija“ genannt) von Kroaten.13 In dieser Version wird der Endteil, der vom Königreich Dioclea handelt, ausgelassen. An seiner statt wird die Legende über die Ermordung König Zvonimirs eingeflochten, augenscheinlich ein wichtiges identitätsstiftendes Element der spätmittelalterlichen Kroaten. Die Annalen und die „Kroatische Chronik“ dienten den Geschichtsschreibern zur Herausbildung des Krönungsmythos hinsichtlich des ersten kroatischen Königs Tomislav auf dem Duvanjsko polje um 925. Des Weiteren wird in den „Annalen des Priesters von Dioclea“ eine fiktive Versammlung beschrieben, in welcher ein erfundener König Svetopelek (hauptsächlich übernommen aus der Vita des Methodios) erwähnt wird. In der „Kroatischen Chronik“ wird er durch den ebenfalls erfundenen Herrscher Budimir ersetzt. Ausnehmend wichtig für die frühmittelalterliche Geschichte Kroatiens und Dalmatiens wie auch der anderen Sklavinien (Narentanisches Fürstentum, Zahumlje, Travunien, Dioclea, Bosnien und Serbien) ist die von Kaiser Konstantin VII. Porphyrogénnetos (944 – 959) zusammengestellte Schrift De administrando imperio (Von der Reichsverwaltung),14 worin der Kaiser eine erste Beschreibung Kroatiens und des byzantinischen Dalmatiens lieferte. Er erwähnte kroatische Herrscher (archon), den Ban und die Gespanschaften (županije; sing.: županija), wobei er auch die militärische Stärke der Kroaten angab, wenngleich die Angaben übertrieben sind. In diesem Zusammenhang verwies er auf das Thema Dalmatien und dessen Städte sowie die Abgaben, welche die Städte an die Herrscher Kroatiens, Zahumljens und Travuniens zahlten. Dieses Werk führte Ivan Lučić (Giovanni Lucio/Johannes Lucius), ein Adliger aus Trogir und Historiker, in die kroatische Geschichtswissenschaft ein. Im Geist der kritischen bollandistischen Historiographie veröffentlichte er später, 1666 in Amsterdam das Werk De regno Dalmatiae et Croatie libri sex, weshalb ihm das Attribut „Vater der kroatischen Geschichtsschreibung“ verliehen wurde. Das Werk des Konstantin Porphyrogénnetos besaß lange Zeit einen bestimmenden Einfluss auf die Forschungsdebatten hinsichtlich der Abstammung und dem Ansiedlungszeitpunkt der Kroaten, wie auch anderer Südslawen auf dem Gebiet des Illyricums. Sehr geschätzt ist die Ausgabe der Werke Konstantins und anderer byzantinischer Quellen, die der aus Dubrovnik stammende Benediktiner Anselmo Bandur (1675 – 1743) verfasst hat.15

13

Mošin veröffentlichte eine Parallelausgabe der „Annalen des Priesters von Dioclea“ und der „Kroatischen Chronik“: Ljetopis popa Dukljanina (Hg. Mošin).

14

Das Kroatische war die erste moderne Nationalsprache, in die das Werk De administrando imperio übersetzt wurde: Konstantin Porfirogenet. O upravljanju carstvom [Über die Verwaltung des Imperiums]. Übers. Nikola Tomašić. Bde. 1–2. Zagreb 1918 – 1928 (Zagreb 2 1994); zu benutzen heute in der Ausgabe von Gyula Morav­csik und Romilly J. H. Jenkins (edd., Übers.), Constantine Porphyrogenitus. De administrando imperio. Bd. 1. New, rev. ed. Washington/DC 1967, Kap. 29, 30 u. 31; Tibor Živković, Constantine Porphyrogenitus’ Source on the Earliest History of the Croats and Serbs, Radovi Zavoda za hrvatsku povijest 42 (2010), 117–131 ging davon aus, dass die Kapitel über die Kroaten und Serben auf der Grundlage eines verlorenen Werkes zur Christianisierung dieser beiden slawischen Völker entstanden ist.

15

Imperium Orientale, sive Antiquitates Constantinopolitanae, in quatuor partes distributae. Operà et studio Domni Anselmi Banduri. 2 Bde. Parisiis 1711.

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Quellen

Für die kroatische Geschichte sind auch eine Reihe anderer Quellen von Bedeutung, die außerhalb des kroatischsprachigen Gebiets entstanden. Darunter zählen die päpstlichen Schreiben vom 9. bis zum 11. Jahrhundert, venezianische Chronisten, die sich insbesondere für die ostadriatische Küste interessierten (Johannes Diaconus/Giovanni Diacono und Andrea Dandolo),16 dann die Annales regni Francorum und andere fränkische Quellen, süditalische normannische Chroniken sowie weitere byzantinische Geschichtsschreiber (Johannes Skylitzes, Nikephóros Bryénnios, Geórgios Kedrenós, Johannes Zonarás und Kekauménos) oder auch ungarische Chroniken (die eines anonymen Notars König Bélas, die Gesta Hungarorum, die Chronik Simon Kézais, das Chronicon pictum Vindobonense). Für die Zeit des Spätmittelalters sind Chroniken wichtig, die in Split und Zadar entstanden (A Cutheis, Paulus de Paulo, Micha Madii de Barbazanis, Obsidio Jadrensis von einem anonymen Autor)17 sowie eine Reihe Ragusaner Chroniken, unter denen das Werk Copioso Ristretto degli Annali di Rausa (Ragusa) von Jakov Lukarević (Giacomo Luccari, 1551 – 1615) hervorsticht. Diese Chronik ist zusammen mit dem erwähnten Werk Orbinis18 auch für die Geschichte Bosniens eine bedeutende Quelle, für die keine einzige mittelalterliche Chronik erhalten geblieben ist. Andere wichtigere Autoren aus Dubrovnik sind ein Anonymus (um 1500), Nikola Ranjina (ca. 1490 und später 1577), Serafino Razzi (1531 – 1611) und Džono (Junije) Rastić (1669 – 1735).19 Urkunden, die sich auf das Gebiet des heutigen Kroatien (ohne Istrien) beziehen, wurden in der Editionsreihe Codex diplomaticus Regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae (Bde. 1–18, 1904 – 1990, mit zwei Supplementbänden) publiziert; größtenteils ediert durch Tadija Smičiklas. Die istrischen Urkunden publizierte Pietro Kandler.20 Und da die Bestände der Archive in Dubrovnik und Zadar relativ gut erhalten sind sowie unter Anbetracht der in Zagreb zusammengetragenen Archivalien, konnte eine größere Anzahl Notariatsbücher von Notaren aus Zadar, Trogir, Split und Kotor aus dem 13. und dem 14. Jahrhundert veröffentlicht werden. Die Kroatische (zuvor die Jugoslawische) Akademie der Wissenschaften und Künste veröffentlichte in diversen Editionen zahlreiche mittelalterliche Quellen. Hiervon abgesehen ist das Archiv von Dubrovnik aber auch für die Geschichte des inneren Balkans (Bosnien, Herzegowina, Serbien, Bulgarien und Albanien) bedeutend, deren

16

Cronache Veneziane antichissime. Pubbl. a cura di Giovanni Monticolo. Bd. 1. Roma 1890; siehe jetzt die neue Ausgabe von Luigi A. Berto: Istoria Veneticorum. Ed. e trad. di Luigi Andrea Berto. Bologna 1999; zu Andrea Dandolo: Andreae Danduli ducis Venetiarum Chronica per extensum descripta aa. 46–1280 d. C. A cura di Ester Pastorello, contiene anche: Andreae Danduli ducis Venetiarum Chronica brevis aa. 46–1342 d. C. Bologna 1938–1958.

17 Vedran

Gligo/Hrvoje Morović (Hgg.), Legende i kronike [Legenden und Chroniken]. Split 1977, 151–202; Memoriale Pauli de Paulo patricii Iadrensis. Hg. Ferdo Šišić, Vjestnik Kr. hrvatsko-slavonsko-dalmatinskog zemaljskog arkiva (1904); Obsidio Iadrensis. Manuscriptum postumum Veljko Gortan; exaratum digesserunt Branimir Glavičić et Vladimir Vratović. Zagreb 2007.

18

Orbini, Il regno degli Slavi.

19

Annales Ragusini Anonymi item Nicolai de Ragnina. Digessit Speratus [Natko] Nodilo. Zagrabiae 1883; Chronica Ragusina Junii Restii ab origine urbis usque ad annum 1451. Digessit Speratus [Natko] Nobilo. Zagrabiae 1893; Serafino Razzi, La storia di Raugia [Ragusa]. Lucca 1595.

20 Pietro

Kandler (ed.), Codice diplomatico istriano. Bde. 1–4. Trieste 1862–1865.

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Archive während der osmanischen Herrschaft fast vollständig vernichtet wurden. Aus demselben Grund ist für die Geschichte Bosniens das Archiv in Zadar so wichtig.21

21

Im gerade erst veröffentlichten Werk von Zrinka Nikolić Jakus (Hg.), Nova zraka u europskom svjetlu. Hrvatske zemlje u ranome srednjem vijeku [Ein neuer Strahl im europäischen Licht. Die kroatischen Länder im Frühmittelalter]. Zagreb 2015, befindet sich eine detaillierte Übersicht zu Literatur und Quellenlage.

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Von den Humanisten zu den Pionieren

12 .2

VON DEN HUMANISTEN ZU DEN PIONIEREN

Nach der Epoche des mittelalterlichen Chronistenwesens erlebte die kroatische humanistische Historiographie im Werk Commentariorum de temporibus suis libri undecim (Frankfurt/M. 1603) des Benediktinermönchs Ludovik Tuberon Crijević (Aloysius de Crieva, 1458 – 1527) ihren Höhepunkt. In den humanistischen Kreisen tat sich auch Bischof Nikola Modruški (Nicolaus Modrussiensis, 1427 – 1480) hervor, Autor von De bellis Gothorum, in der er, gemäß dem Zeitgeist, die Goten, die er mit den Kroaten gleichsetzt, rühmte, womit er einer bereits jahrhundertelangen Tradition folgte.22 Der aus Zadar stammende Adlige und Bischof von Modruš Šimun Kožičić Begna (Simon Begnius, ca. 1460 – 1536) veröffentlichte um 1531 sein „Büchlein über die Leben der römischen Päpste und Kaiser“ (Knižice rimskih arhierjeovă’ i cesarov’), wobei er gleichzeitig Quellen für die kroatische Geschichte sammelte.23 Es gibt Argumente dafür, dass er der Verfasser der Historia Salonitana maior war. Bemerkenswerterweise genossen alle drei Autoren, in unterschiedlicher Form, die Unterstützung der Grafen Frankapan, des mächtigsten und bekanntesten Fürstengeschlechts Kroatiens. Gleichzeitig wird in den Arbeiten mehrerer kroatischer Autoren (beispielsweise bei dem aus Šibenik stammenden Juraj Šižgorić/Georgius Sisgoreus [1445 – 1509] und dem aus Hvar stammenden Vinko Pribojević [† nach 1532]) die Idee vertreten, wonach die Südslawen Nachkommen der Illyrer seien, was sich für lange Zeit als eine verbreitete These erweisen sollte.24 Wie bereits erwähnt, begann die kritische kroatische Historiographie mit Johannes Lucius (Ivan Lučić, 1604 – 1679). Sein Zeitgenosse, der Zagreber Kanoniker Juraj Rattkay (1612 – 1666), veröffentlichte im Jahr 1652 in Wien die Memoria regum et banorum Regnorum Dalmatiae, Croatiae et Sclavoniae, worin erstmalig die Geschichte aller drei kroatischer „Königreiche“ integriert dargestellt wurde.25 Bei der Ausbildung eines kroatischen Nationalbewusstseins spielte Pavao Ritter Vitezović (1652 – 1713), Verfechter der These, dass alle Südslawen Kroaten seien, eine bedeutende Rolle. Diese Ansicht vertrat er in mehreren seiner Werke, so auch in der Croatia rediviva (1700). Er war ebenfalls Autor der handschriftlich überlieferten Serbiae illustratae libri octo und des Werkes Bosna captiva sive regnum et interitus Stephani ultimi Bossnae regis (1712). Vitezović versuchte außerdem zu beweisen, dass der heiliggesprochene König Ladislaus I. letzter Nachkomme der kroatischen Herrscherdynastie war (Natales Divo Ladislavo regi Slavoniae apostolo restituti, 1704).26

22 Luka

Špoljarić, Nicholas of Modruš and His De Bellis Gothorum. Politics and National History in the FifteenthCentury Adriatic, Renaissance Quarterly 72 (2019), H. 2, 457-491.

23

Budak, Historia Salonitana, 122–124.

24

Über die Vertreter des Illyrismus zu Beginn des 19. Jh.s: Zrinka Blažević, Ilirizam prije ilirizma [Der Illyrismus vor dem Illyrismus]. Zagreb 2008.

25

Eine neue Ausgabe mit kroatischer Übersetzung und einer ausführlichen wissenschaftlichen Einleitung von Sandor Bene über Rattkaj findet sich bei: Juraj Rattkay. Spomen na kraljeve i banove Kraljevstava Dalmacije, Hrvatske i Slavonije. Memoria regum et banorum regnorum Dalmatiae, Croatie & Sclavoniae. Übers. Zrinka Blažević u. a. Zagreb 2001.

26

Zu Vitezović: Pavao Vitezović. Oživljena Hrvatska. Croatia rediviva. Übers., Hg. Zrinka Blažević. Zagreb 1997; Zrinka Blažević, The Natales divo Ladislavo restituti. Nationalization of St. Ladislas in the Seventeenth-Century

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Der Zagreber Jesuit Josip Mikoczi (1734 – 1800) unternahm den ersten Versuch einer vollständigen Bearbeitung der frühmittelalterlichen Geschichte Kroatiens, indem er im Werk Otiorum Croatiae liber unus (1806) den Zeitraum bis 1102 – dieser wurde im 19. Jahrhundert als Zeit „der kroatischen nationalen Herrscher“ bekannt – bearbeitete. Mikoczi erstellte dadurch eine Chronologie, an der bis heute festgehalten wird. Der erste Teil seiner Geschichte der Banate (Banorum Dalmatiae, Croatiae et Slavoniae ad saeculum XIV) ist erst 1872 veröffentlicht worden, während jener Teil seiner Arbeiten für das 14. und 15. Jahrhundert nur handschriftlich vorliegt. Das Interesse an der kroatischen Geschichte wuchs in der Zeit des „Illyrismus“ bzw. in den Tagen der modernen kroatischen Nationsbildung zu Beginn des 19. Jahrhunderts an. Während allerdings der Hauptvertreter des Illyrismus Ljudevit Gaj (1809 – 1872) den Ursprung der Südslawen bei den Illyrern suchte, arbeitete Ivan Kukuljević Sakcinski (1816 – 1889) daran, das Niveau der historiographischen Arbeiten zu heben. Im Zuge dessen begründete er die „Gesellschaft für südslawische Geschichte“ (Društvo za povjestnicu jugoslavensku), und er publizierte die erste geschichtswissenschaftliche Fachzeitschrift: Arkiv za pověstnicu jugoslavensku [Archiv für südslawische Geschichte], 1851 – 1875. Im Rahmen der Auseinandersetzung um ein jugoslawisches oder ein kroatisches Konzept der nationalen Integration setzte sich im Laufe der Zeit allerdings das kroatisch dominierte Konzept durch. Eine Professionalisierung der Historiographie setzte mit der Gründung der „Jugoslawischen Akademie der Wissenschaften und Künste“ (1867) in Zagreb ein, gefolgt von der Gründung der Zagreber Universität im Jahr 1874. Tadija Smičiklas (1843 – 1914), Universitätsprofessor am Lehrstuhl für kroatische Geschichte, ist mit der zweibändigen Poviest hrvatska [Kroatische Geschichte] Autor der ersten modernen Abhandlung zur kroatischen Geschichte (Zagreb 1879 – 1882). Im Bereich der Mediävistik tat sich in besonderer Weise der Zagreber Kanoniker Franjo Rački (1828 – 1894), erster Präsident der Akademie, hervor.27 Smičklas’ Arbeit zur Konzipierung einer kroatischen Nationalgeschichte wurde von Vjekoslav Klaić (1849 – 1928) und Ferdo Šišić (1869 – 1940) fortgesetzt.28 Klaićs Povjest Hrvata [Geschichte der Kroaten] gewann während der Ereignisse um den „kroatischen Frühling“ (1969 – 1971) erneut an Popularität, als man sie in großen Auflagen veröffentlichte. Der hier enthaltene Mittelalterteil konnte jedoch im Laufe der Zeit einer kritischen historiographischen Überprüfung nicht standhalten. Die Zagreber Universität und Akademie blieben bis nach dem Zweiten Weltkrieg die einzigen Forschungseinrichtungen in Kroatien; die Historiographie aber, die auch im Dienst der Schaffung einer kroatischen Nation, dank Pionieren wie Rački, ein hohes Niveau erlangte, fiel seit Beginn Croatia, in: Stanislava Kuzmová/Ana Marinković/Trpimir Vedriš (Hgg.), Cuius Patrocinio Tota Gaudet Regio. Saints’ Cults and the Dynamics of Regional Cohesion. Zagreb 2014, 411–424. 27

Rački veröffentlichte eine ausführliche Übersicht kroatischer frühmittelalterlicher Quellen: Documenta historiae Chroaticae periodum antiquam illustrantia. Coll., digessit, explicuit Franjo Rački. Zagrabiae 1877.

28 Vjekoslav Klaić, Povjest Hrvata. Od najstarijih vremena do svršetka XIX. stoljeća [Die Geschichte der Kroaten von

den frühesten Zeiten bis zum Ende des 19. Jh.s]. Bde. 1–3. Zagreb 1899–1911. Ferdo Šišić ist der Verfasser einer Reihe von Abhandlungen, wobei sein Werk Povijest Hrvata u vrijeme narodnih vladara [Die Geschichte der Kroaten zur Zeit der nationalen Herrscher] Zagreb 1925, noch heute eine relevante Arbeit für die politische Geschichte des frühmittelalterlichen Kroatiens ist.

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Von den Humanisten zu den Pionieren

des 20. Jahrhunderts methodologisch immer mehr zurück. Dieser Zustand sollte sich erst ab den 1950er Jahren ändern. Der Zweite Weltkrieg, der 1941 zur Gründung des „Unabhängigen Staates Kroatien“ führte, brachte wenig Neues innerhalb der kroatischen Historiographie. Einzelne Beiträge in der unvollendeten Kroatischen Enzyklopädie [Hrvatska enciklopedija] – ein Projekt, das bereits 1940 begonnen wurde – behielten wissenschaftliches Niveau. Gleiches kann man von den Beiträgen in dem 1943 gegründeten Časopis za hrvatsku povijest sagen. Man versuchte zwar, die Geschichte Bosniens als einen Teil der kroatischen Geschichte zu interpretieren, aber auch dies stand im Geiste der Geschichtsschreibung der Vorkriegszeit. Davon abgesehen bemühten sich einzelne Autoren darum, Theorien über die nicht-slawische Herkunft der Kroaten zu verbreiten, jedoch mit wenig Erfolg.29 Nach dem Zweiten Weltkrieg und unter neuen politischen und sozialen Bedingungen setzten die meisten kroatischen Historiker ihre Arbeit fort. Alle Professoren der Universität Zagreb behielten ihre Stellen, was bedeutet, dass es zu keinem radikalen paradigmatischen Bruch in der Geschichtsschreibung kam. In den ersten Nachkriegsjahren war die Produktion der Mediävisten sehr gering, aber mit der Gründung der neuen zentralen Zeitschrift Historijski zbornik (1948) und der Erstellung einer kollektiven Geschichte Jugoslawiens, Historija naroda Jugoslavije [Geschichte der Völker Jugoslawiens] – Bd. 1 (Von der Altsteinzeit bis zum 16. Jh.) erschien 1953 –, änderte sich dies allmählich.30 Einerseits spiegelte sich der Einfluss der neuen Ideologie in einer Modernisierung der Geschichtswissenschaft wider (durch Bezugnahme auf Themen der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte), andererseits verloren die meisten Historiker die Kontakte zu ihren Kollegen im Westen, was wiederum zu einem Rückstand im Vergleich zu modernen Forschungsansätzen in der Historiographie führte.31 Das änderte sich allmählich ab den 1970er Jahren und dank immer stärkerer Einflüsse aus Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich.32 Am besten ablesbar sind diese Veränderungen anhand einer Reihe von Synthesen und Überblickswerken zur mittelalterlichen kroatischen Geschichte verschiedener Autoren.33

29

Zum Beispiel Kerubin (Cherubino) Šegvić, Le origini gotiche dei Croati. Zagreb ²1941.

30

Siehe zu den im Rahmen der Entstehung dieses Werkes vorhandenen Problemen und Streitpunkten, besonders auch hinsichtlich der Diskussionen über das kroatische Frühmittelalter und die damit verbundenen politischen Einflüsse: Magdalena Najbar-Agičić, „Radi se o časti hrvatske nauke …“. Rasprave o hrvatskoj povijesti ranoga srednjeg vijeka za Historiju naroda Jugoslavije (1949–1950) [„Es geht um die Ehre der kroatischen Wissenschaft …“. Debatten zur kroatischen Geschichte des Frühmittelalters für die Geschichte der jugoslawischen Völker (1949–1950)]. Zagreb 2013.

31

Die wichtigste Autorin dieser Epoche war Nada Klaić. Unter ihren zahlreichen Veröffentlichungen stechen zwei Monographien hervor: Povijest Hrvata u ranom srednjem vijeku [Geschichte der Kroaten im Fühmittelalter]. Zagreb 1971 und Povijest Hrvata u razvijenom srednjem vijeku [Geschichte der Kroaten im Hochmittelalter]. Zagreb 1976.

32 Neven

Budak, Le „Annales“ e la storiografia croata, Dimensioni e problemi della ricercha storica (2000), H. 1, 75–87. Siehe auch: ders., Post-Socialist Historiography in Croatia since 1990, in: Ulf Brunnbauer (Hg.), (Re) Writing History. Historiography in Southeast Europe after Socialism. Münster 2004, 128–164.

33 Neven

Budak, Prva stoljeća Hrvatske [Die ersten Jahrhunderte Kroatiens]. Zagreb 1994; Ivo Goldstein, Hrvatski rani srednji vijek [Das kroatische Frühmittelalter]. Zagreb 1995; Tomislav Raukar, Hrvatsko srednjovjekovlje. Prostor, ljudi, ideje [Das kroatische Mittelalter. Raum, Menschen, Ideen]. Zagreb 1997; Ivan Supičić (Hg.),

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Im 19. Jahrhundert war Rački der erste kroatische Historiker, der sich umfangreich mit Bosnien, insbesondere zu Fragen über die „Bosnische Kirche“, beschäftigte. Er vertrat die Ansicht von bogomilischen Wurzeln innerhalb der Bosnischen Kirche und eröffnete damit ein Thema, welchem sich später zahlreiche kroatische Wissenschaftler widmeten. Nach Vitezović verfassten Ende des 18. Jahrhunderts Ludwig Albrecht Gebhardi („Geschichte der Königreiche Servien, Rascien, Bosnien und Rama“ bzw. „Geschichte des Reichs Bosnien und Rama“, enthalten in: ders., Geschichte des Reichs Hungarn und der damit verbundenen Staaten. Bd. 3. Leipzig 1781, 526–707 bzw. 708–802) und Jovan Rajić (Kratkaja Serblii, Rassii, Bosny i Ramy kralevstv istorija [Kurze Geschichte der Königreiche Serbien, Rascien, Bosnien und Rama]. Wien 1793) erste Überblickswerke zur Geschichte Bosniens. Während der Pionierphase der Historiographie und darüber hinaus schien es für alle Arbeiten zur Geschichte Bosniens ein Grundcharakteristikum zu sein, dass die Autoren Bosnien als Land darstellten, das eng mit der Geschichte des Herkunftslandes des jeweiligen Verfassers verbunden war: Ungarn, Kroatien oder Serbien. Hinsichtlich der zeitgenössischen Autoren wären außerdem noch zu erwähnen: Franz (Franjo) Xaver Pejacsevich/Pejačević (1707 – 1781), Johann Christian Engel (1770 – 1814) und Maximilian Schimek (1748 – 1798). In der Mitte des 19. Jahrhunderts werden schließlich wichtige Quelleneditionen für das Studium der mittelalterlichen Geschichte Bosniens publiziert: Ivan Kukuljević Sakcinski, Izvadci listinah i poveljah bosanskih [Auszüge aus bosnischen Urkunden], Franc Miklošić, Monumenta Serbica spectantia historiam Serbiae, Bosnae, Ragusii, und Medo Pucić, Spomenici sr”bski od 1395. do 1423 [Serbische Denkmäler von 1395 bis 1423], wären hier zu nennen.34 Auf diese Weise wurde die Erforschung der bosnischen Geschichte ermöglicht, die aber nie frei von der politischen Voreingenommenheit ihrer Autoren war. Außerdem befanden sich die Einrichtungen, in welchen die Autoren wirkten, außerhalb Bosniens, in Budapest, Zagreb und Belgrad. Von kroatischer Seite ist Vjekoslav Klaić als der herausragendste Wissenschaftler zu nennen, auf serbischer Seite war dies Ilarion Ruvarac (1832 – 1905) und in Ungarn Lajos Thallóczy (1857 – 1916; Geburtsname: Ludwig Strommer).35 Als bedeutender Zeitgenosse ist außerdem der tschechische Historiker und Balkanologe Konstantin Jireček (1854 – 1918) zu nennen, eine Koryphäe der südslawischen Geschichte. Er

Croatia in the Early Middle Ages. A Cultural Survey. London 1999; Franjo Šanjek (Hg.), Povijest Hrvata. Bd. 1: Srednji vijek [Die Geschichte der Kroaten. Bd. 1: Das Mittelalter]. Zagreb 2003; Eduard Hercigonja (Hg.), Croatia in the Late Middle Ages and the Renaissance. A Cultural Survey. London 2008; Nikolić Jakus (Hg.), Nova zraka; Neven Budak, Hrvatska povijest od 550. do 1100 [Kroatische Geschichte von 550 bis 1100]. Zagreb 2018. 34

Zu den Erforschern der bosnischen Geschichte: Sima M. Ćirković, Istorija srednjovekovne bosanske države [Die Geschichte des mittelalterlichen bosnischen Staates]. Beograd 1964, 13–25.

35

Das Werk von Klaić besitzt, trotz seiner wissenschaftlich fundierten Kritik, eine antiungarische Note: Vjekoslav Klaić, Poviest Bosne do propasti kraljevstva [Die Geschichte Bosniens bis zum Untergang des Königreiches]. Zagreb 1882. Eine ausführlichere Ausgabe: ders./Ivan von Bojničić, Geschichte Bosniens von den ältesten Zeiten bis zum Verfalle des Königreiches. Leipzig 1885. Über Ruvarac: Andrija Veselinović, Ruvarac Ilarion (Jovan), in: Sima M. Ćirković/Rade Mihaljčić (Hgg.), Enciklopedija srpske istoriografije [Enzyklopädie der serbischen Historiographie]. Beograd 1997, 627–629.

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Von den Humanisten zu den Pionieren

behandelte die Geschichte Bosniens innerhalb seiner zweibändigen „Geschichte der Serben“ (Gotha 1911 – 1918). In Bosnien selbst war das nach der Besetzung durch Österreich-Ungarn – auf Initiative der österreichisch-ungarischen Regierung – gegründete (1888) Landesmuseum von Sarajevo die einzige Einrichtung, die sich, in Ermangelung einer Universität, der Erforschung der Geschichte Bosniens und der Herzegowina widmete.36

36

Das Landesmuseum veröffentlicht seit 1889 eine bedeutende Fachzeitschrift zur Geschichte Bosniens und Herzegowinas: Glasnik Zemaljskog muzeja Bosne i Hercegovine.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

1 2 .3

 IE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES RAUMES D ZWISCHEN DRAU UND ADRIA (CA. 600 – 1500)

1 2 .3 .1 Kroatien und Dalmatien Die Gründungszeit

Dank Konstantin VII. Porphyrogénnetos und seinem Werk De administrando imperio überwog in der Historiographie des 19. und 20. Jahrhunderts die Ansicht, dass sich die Kroaten, gemeinsam mit den anderen Südslawen, während der Herrschaftszeit des Kaisers Herákleios (610 – 641) in Dalmatien angesiedelt hätten.37 Knappe und widersprüchliche Angaben über die Landnahme der Kroaten und Slawen, ebenfalls enthalten im Regnum Sclavorum und in der Historia Salonitana des Thomas Archidiaconus (Toma von Split), ermöglichten die Entstehung verschiedener Vermutungen über den Ursprung der Kroaten. Am weitesten verbreitet ist die These von Johannes Lucius, wonach die Kroaten Slawen sind.38 Weil aber der Priester von Dioclea wie auch Thomas Archidiaconus von Dalmatien erobernden Goten schreiben, tauchte auch die These einer gotischen Abstammung der Kroaten auf, deren Wurzeln auf die Zeit des Humanismus zurückgehen sollen.39 Nach der „iranischen Herkunftstheorie“ begann die kroatische Ethnogenese in den Einflussbereichen der iranischen, sogar persischen Kultur. Dafür sprach angeblich auch die Ansicht, wonach der Name der Kroaten möglicherweise iranischen Ursprungs sei (hierüber gibt es wiederum sehr unterschiedliche Auffassungen).40 Es gab außerdem Versuche, die kroatische Ethnogenese mit den Bulgaren zu verbinden, hauptsächlich auf Grundlage des Namens des bulgarischen Khans Kuvrat (byzantinische Schreiber notierten ihn als Krovatos oder Kuvratos) und aufgrund der Erzählung des Theophanes über fünf seiner Söhne, die an die fünf kroatischen Brüder im De administrando imperio erinnerte.41 Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts kamen Überlegungen auf, dass es sich bei dem Kroatenbegriff ursprünglich nicht um ein ethnos, sondern um eine soziale Schicht innerhalb des awarischen Khaganats gehandelt habe. Der Mediävist Omeljan Pritsak ging dabei von reisenden Händlern aus, wobei Walter Pohl die These lancierte, dass es sich möglicherweise um Grenzkrieger 37

Zwei aktuelle Überblickswerke zur mittelalterlichen Geschichte Kroatiens: Šanjek (Hg.), Povijest Hrvata, Bd. 1; Nikolić Jakus (Hg.), Nova zraka.

38

Diese These vertraten Franjo Rački und Vatroslav Jagić sowie ein Großteil der kroatischen Historiker.

39

Genauso wie die slawische und die iranische, war auch diese These politisch motiviert, um darzulegen, dass die Kroaten anders seien als ihre slawischen Nachbarn. Deren berühmtester Verfechter war Šegvić, Le origini gotiche dei Croati.

40

Der wichtigste Verfechter der iranischen These war Ljudmil Hauptmann, der meinte, dass die iranischen „Huurvathi“ irgendwo zwischen dem Schwarzen Meer, Kaukasus und Kuban siedelten. Von dort machten sie sich im Jahre 375 auf, um vor den Hunneneinfällen zu fliehen. Zusammen mit anderen Völkerschaften (Serben, Tschechen, Andimen und Kasaken) siedelten sie sich bei den Slawenvölkern nördlich der Karpaten an. Dort wurden sie schließlich slawisiert, wobei sie um Visla herum ihr Königreich gründeten. Unter den Vertretern dieser Theorie war auch der Wiener Kunsthistoriker Josef Strzygowsky, welcher die Architektur der kroatischen vorromanischen Bauten mit anderen Bauwerken am Kaukasus verglich: Strzygowsky, Starohrvatska umjetnost. Zu weiteren Erklärungen über die Ursprünge der Selbstbezeichnung als Kroaten siehe Gluhak, Porijeklo imena Hrvat.

41

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 357.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

im Dienste des Khaganats handeln könne.42 Die neuere Forschung vertritt hingegen die Meinung, dass die kroatische Ethnogenese erst im 9. Jahrhundert, womöglich sogar erst im 10. Jahrhundert begann, nachdem durch fränkischen Einfluss auf dem Gebiet des einstigen antiken Dalmatien ein Fürstentum etabliert worden war, in der jene Gemeinschaft bzw. jene Sippschaft die Führungsschicht darstellte, die sich selbst als Kroaten bezeichnete.43 Diesbezügliche Arbeiten basieren auf der Tatsache, dass in einer Schenkungsurkunde des Fürsten Trpimir von 839/840 „Kroaten“ erstmals als Bezeichnung vorkommt, diese aber ansonsten im neunten Jahrhundert nirgendwo außer‑ halb Kroatiens erwähnt werden. Erst im 10. Jahrhundert ist diese nicht nur in Konstantinopel, sondern auch in Rom und Venedig bekannt. Die Bezeichnung des Landes als Kroatien (Χρωβατία) wurde erstmalig im Werk De administrando imperio vermerkt.44 Konstantin VII. aber überliefert zwei unterschiedliche Erzählungen hinsichtlich der Besiedelung Dalmatiens durch die Slawen bzw. Kroaten. Die in den Kapiteln 29 und 31 dargelegte Version spricht davon, dass die auch als Slawen bezeichneten Awaren mit Kriegslist Salona und damit die gesamte dalmatinische Provinz erobert hätten. Daraufhin hätte der byzantinische Kaiser Herákleios die Kroaten, welche jenseits der „Türkei“ (Toυρκίας) [gemeint ist Ungarn] und nahe dem Frankenreich lebten, herbeigerufen, um die Awaren zu vertreiben, was ihnen auch gelang, sodass sie ab diesem Zeitpunkt über Dalmatien herrschten. Im 30. Kapitel, dort wo es sich auf die Awaren bezieht (auch wenn sie hier Slawen genannt werden), stößt man auf ein ähnliches Narrativ; allerdings weicht die Interpretation der Geschichte der Kroaten deutlich ab. Demnach lebten die Kroaten jenseits von Bayern, und ein Teil von ihnen hat sich unter der Führung von fünf Brüdern und zwei Schwestern aus eigener Kraft von der awarischen Herrschaft befreit und ihnen Dalmatien entrissen. Die Datierung dieses „Ereignisses“ ist mit dem Hinweis auf den Vater des archons Porga, der in den Jahren des Krieges mit den Awaren herrschte, sehr vage.45 In der Historiographie wurde die zeitliche Verortung der kroatischen Landnahme auf die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts lange Zeit nicht hinterfragt.46 Lujo Margetić identifizierte den archon Porga mit Borna († 821) und vertrat daher die These, dass die Landnahme der Kroaten erst Ende des 8. Jahrhunderts stattfand, zur Zeit des fränkisch-awarischen Krieges.47 Margetić berief sich dabei auf das 30. Kapitel des De administrando imperio, das offensichtlich später verfasst wurde und dessen Autor einer von 42

Pohl, Das Awarenreich und die „kroatischen“ Ethnogenesen; ders., Die Awaren; ders., Osnove hrvatske etnogeneze.

43

Budak, Identities in Early Medieval Dalmatia. Basierend auf derselben Methodik wurde ein weiteres Werk veröffentlicht, siehe Dzino, Becoming Slav, Becoming Croat; außerdem ders., Novi pristupi izučavanju ranog hrvatskog identiteta und ders., Local Knowledge and Wider Contexts.

44

Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 30, 142f.

45

Ebd., Kap. 30, 145 (Porinos); Kap. 31, 149 (Porga).

46 Die

bisherige Forschungsdiskussion ist nachzulesen bei: Grafenauer, Prilog kritici izvještaja Konstantina Porfirogeneta o doseljenju Hrvata. Diesen Standpunkt vertrat später auch Klaić, Povijest Hrvata u ranom srednjem vijeku, 126–140, welche die kroatische Ethnogenese ins 7. und 8. Jh. verortete sowie Steindorff, Kroatien. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 24f. Dessen Buch gibt eine ausgezeichnete Übersicht zur kroatischen Geschichte und somit auch über das Mittelalter.

47

Margetić, Konstantin Porfirogenet i vrijeme dolaska Hrvata, 5–88.

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Konstantins Redaktoren gewesen sein musste. Dies Kapitel wurde lange Zeit als Ausdruck der kroatischen Tradition, einer spezifisch kroatischen origo gentis, herangezogen, dessen Erzählung zugleich glaubwürdiger war als jene in den Kapiteln 29 und 31, wo die tendenziöse Berichterstattung Konstantins deutlich wird. Archäologen und Kunsthistoriker nahmen diese These auf, da sie mit einem fast vollständigen Mangel an Quellen konfrontiert waren, welche eine kroatische bzw. slawische Präsenz in Dalmatien vor dem Ende des 8. Jahrhunderts belegen würden. Des Weiteren liegen keine Zeugnisse über irgendwelche Bauaktivität außerhalb der dalmatinischen Städte vor.48 Doch selbst die Verschiebung der Ansiedlung der Kroaten um zwei Jahrhunderte gab keine Antwort darauf, warum für das spätantike Dalmatien in diesem Zeitabschnitt von den Slawen so gut wie keine Spur zu finden war. Untersuchungen belegen, dass einige der spätantiken Kirchen im Hinterland dalmatinischer Städte über die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts hinaus benutzt wurden und dass sich die romanische Bevölkerung in befestigte Orte zurückzog. Diese Orte dienten zur Bewachung wichtiger Verkehrsrouten, die von der Küste ins Landesinnere führten, hauptsächlich Richtung Knin, dem bedeutendsten Verkehrsknotenpunkt.49 Auf der anderen Seite weisen neuere Forschungen darauf hin, dass die Slawen neue Siedlungsorte mit Kultstätten versahen, die sie zur Verehrung der slawischen Trias Perun-Mokoš-Veles nutzten.50 Aus all dem kann gefolgert werden, dass die Besiedlung des antiken Dalmatiens sporadisch und sukzessive erfolgte und keine, so die Annahme der älteren Historiographie, massenhafte, schnelle und für die Alteingesessenen katastrophale Landnahme angenommen werden kann. Auch ist davon auszugehen, dass der Paganismus sich lange Zeit sämtlichen Christianisierungsversuchen widersetzen konnte. Während der sogenannten „finsteren Jahrhunderte“ war Byzanz in einem gewissen Maße in der Lage, über die Hafenstädte und einige Garnisonen im Hinterland die ostadriatischen Gestade zu kontrollieren. Wie ausgedehnt der byzantinische Einflussbereich war und welchen Charakter diese Herrschaft hatte, kann bislang nicht festgestellt werden.51 Sehr wahrscheinlich war die Gesellschaft im Hinterland, selbst jene in Küstennähe, auseinandergerissen, ohne eine Form zentraler und über die lokale Ebene hinausgehender Herrschaftsstruktur oder Organisation, wie auch ohne eine gemeinsame Identität, welche die einzelnen Gruppen zusammengeführt hätte. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potential dieser Bevölkerung reichte nicht aus, um die großen antiken Städte am Leben zu erhalten. So zerfielen im Verlauf des 7. Jahrhunderts Salona, Narona sowie Epidaurum, während Zadar zum neuen regionalen Zentrum aufstieg.52 Der alte Diokletianspalast wurde zur Festung, in der sich die Stadt Split entwickelte, die danach trachtete, die Bedeutung des alten Salona zu übernehmen. Auf einer 48 In

Zusammenhang mit dem Jubiläumsjahr der Kaiserkrönung Karls des Großen fand in Split eine Ausstellung statt, welche die engen Beziehungen zwischen den Kroaten und dem karolingischen Europa belegte. Die Austellung diente dem Zweck Margetićs These zu beweisen: Milošević (Hg.), Hrvati i Karolinzi.

49

Rapanić, Prilog proučavanju kontinuiteta naseljenosti; ders., Dai coloni greci ai missionari franchi; Milošević, Križevi na obložnicama ranosrednjovjekovnih grobova.

50

Belaj/Belaj, Sveti trokuti.

51

Jakšić, Il ruolo delle antiche chiese rurali, 103–112.

52

Budak, Drei Zentralstädte in Dalmatien.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

am Meer gelegenen Klippe, an der Stelle eines byzantinischen Kastells, entwickelte sich Dubrovnik/ Ragusa, das eine ähnliche Bedeutung wie Epidaurum erlangen sollte. Allein für Narona endete die Stadtentwicklung, denn bald geriet diese antike Stadt in Vergessenheit. Der slawische Einfall in Dalmatien wurde durch die Zerschlagung der oströmischen Herrschaft in Pannonien ermöglicht. Um 582 nahmen die Awaren Sirmium (heute Sremska Mitrovica), das letzte Bollwerk am linken Ufer der Save ein, und die Straßen nach Innerdalmatien blieben ohne irgendeine Verteidigung. Das awarische Khaganat breitete sich über die gesamte panonnische Ebene aus, wobei es seinem Reich auch Gebiete südlich der Save einverleibte. Es ist heute dennoch nicht auszumachen, wo genau die Südgrenze seines Herrschaftsbereiches verlief.53 Die Gebirgsregionen des heutigen Bosniens und Kroatiens waren für die Awaren keine geeigneten Siedlungsgebiete, nicht einmal Byzanz war in der Lage, Kontrolle über sie auszuüben, sodass wir sie als Niemandsland bezeichnen können, wo sich alteingesessene Viehhirten mit neu hinzugezogenen slawischen Bevölkerungsgruppen vermischten. Die antiken Niederlassungen hörten auf zu existieren, die kirchlichen Strukturen verschwanden. Nach einem Zeitraum von fast 200 Jahren, der den Eindruck einer völligen Stagnation hinterließ, kam es erst im letzten Viertel des 8. Jahrhunderts zu tiefgreifenden Veränderungen, deren Ursachen nur schwer zu ergründen sind. Eventuell müssen diese mit dem Wiederaufleben der Handels- und der Kommunikationswege an der Adria in Verbindung gebracht werden. In Split wurde das Erzbistum wiedererrichtet, und in Zadar entstand die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit (Sankt Donatus), eines der größten Bauwerke an der adriatischen Ostküste vor dem 12. Jahrhundert. Die aktive Rolle von Byzanz wird durch einen umfangreichen Fund von Goldmünzen mit Prägungen des byzantinischen Kaisers Konstantin V. und einigen Steininschriften dokumentiert, welche die Namen der byzantinischen Kaiser Konstantin V. oder VI. und Léon V. trugen.54 Die Gewohnheit der dalmatinischen Stadtbevölkerung, lateinische Schriftstücke zu verfassen, belegte womöglich den Wunsch der dortigen Elite, eine Identität zu schaffen, die sich auch auf deren Zugehörigkeit zum Römischen Reich besann.55 Nachdem Karl der Große um 788 Istrien erobert hatte, grenzte sein Reich direkt an Dalmatien. Jedoch strebte er einen Feldzug an, der ihn tief ins Innere des awarischen Khaganats führte. Der folgende fränkisch-awarische Krieg endete mit der völligen Zerschlagung der awarischen Herrschaft. In derselben Zeit stand Karl mit Byzanz in einem Konflikt um die Herrschaft über Dalmatien und Venetien, der erst mit dem Aachener Frieden von 812 endete. Nach diesem Friedensabkommen blieben die dalmatinischen Städte (Osor, Krk, Rab, Zadar, Trogir und Split) und einige Inseln unter byzantinischer Herrschaft, während Istrien, Innerdalmatien und ein Teil der Küste Karl dem

53

Gračanin, Južna Panonija u kasnoj antici; Filipec, Donja Panonija.

54

Bezüglich der Inschriften siehe: Mihaljčić/Steindorff, Namentragende Steininschriften, 47, 100f. Zum numismatischen Material siehe: Mirnik, Novac iz starohrvatskih grobova, 209–211. Ebenso: Curta, A Note on Trade.

55

Hierüber einige Arbeiten in: Ančić/Shepard/Vedriš (Hgg.), Imperial Spheres, besonders Budak, One More Renaissance?

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Großen zufielen.56 Diese Teilung wird langfristige Auswirkungen für den weiteren Verlauf der kroatischen Geschichte haben. Byzanz wiederum schuf sehr schnell auf Basis seiner dalmatinischen Besitzungen eine Verwaltungsstruktur mit dem Zentrum in Zadar. Ob diese Struktur einem Thema entsprach, bleibt unsicher.57 Die fränkische Herrschaft über größere Gebiete Dalmatiens und Pannoniens resultierte in einer Neuorganisation des gesellschaftlichen Zusammenlebens unter fränkischer Führung, wodurch das Fürstentum Dalmatien und Liburnien entstand, genauso wie das „regnum zwischen Save und Drau“. Die Schaffung einer zentralen politischen Herrschaft im fränkischen Dalmatien wurde von intensiven Christianisierungsbestrebungen begleitet, durchgeführt von Missionaren aus der Lombardei und Benevent.58 Diese Herrschaftskonsolidierung schuf wiederum Voraussetzungen für einen Prozess, der in den 30ern Jahren des 9. Jahrhunderts zur Ausgestaltung einer kroatischen Identität führte, die sich im Laufe des 9. Jahrhunderts allmählich durchsetzen sollte. Das regnum, dessen Grenzen sich von Labin in Istrien bis zum Fluss Cetina und der Župa Imotski, bzw. bis zu den Flüssen Vrbas und Kupa erstreckten, erhielt den Namen Kroatien. Auch wenn bereits Borna, der erste namentlich bekannte dux, versuchte, eine Erbherrschaft zu konstituieren, sollte es erst Trpimir (ca. 839 bis vor 864) gelingen, eine Dynastie zu begründen, die sich ununterbrochen bis zum Ende des 11. Jahrhunderts behaupten konnte. Trpimir war der erste Machthaber, der sich als dux Chroatorum bezeichnete.59 Trotz seiner Stärke – er besiegte die Byzantiner und Bulgaren – wurden seine Söhne nach seinem Tod vertrieben. Die kurzfristige von Byzanz unterstützte Rückkehr Zdeslavs (878/879) auf den Thron endete fatal, und der neue Herrscher Branimir wandte sich wieder den Karolingern zu.60 Erst nach Branimirs Tod (vor 892) kam der zweitgeborene Sohn Trpimirs, Mutimir, an die Macht.61 Auch wenn wir keine eindeutigen Belege haben, wird angenommen, dass alle späteren kroatischen Herrscher mit Ausnahme Zvonimirs (1075 – 1089) der Trpimirović-Dynastie entstammten.

56

Zum Aachener Frieden und seinen Auswirkungen, siehe: Ančić/Shepard/Vedriš (Hgg.), Imperial Spheres.

57

In der Historiographie werden unterschiedliche Zeitpunkte für die Errichtung eines Thema Dalmatien genannt. In älteren geschichtswissenschaftlichen Arbeiten wird die These vertreten, dass dies zur Zeit des Basíleios I. um 867 oder kurz danach geschehen sei. Eine andere Gruppe von Forschern vertritt die Meinung, dass ein entsprechendes Thema nach dem Aachener Frieden gegründet worden sei. Hierüber siehe: Živković, Taktikon Uspenskog i tema Dalmacija. Miho Barada datierte die Gründung des Thema ins 8. Jh.: ders., Dalmatia superior, 95.

58 Die

ältere Historiographie fuhr fort zu zeigen, dass die Kroaten zur Zeit des byzantinischen Kaiser Herákleios getauft worden seien, wie Konstantin VII. Porphyrogénnetos schreibt. Doch bereits Ferdo Šišić belegt die Christianisierung der slawischen Völker durch fränkische Missionare. Seine Argumente wurden durch Untersuchungen zahlreicher Kunsthistoriker untermauert, welche die Architektur kroatischer vorromanischer Kirchenbauten mit karolingischen Sakralbauten verglichen. Hierüber siehe: Jurković, Arhitektura karolinškog doba. Über die Missionare aus Benevent: Budak, Was the Cult of St. Bartholomew a Royal Option?

59

Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 3–8.

60

Ferdo Šišić vertrat die Ansicht, dass Branimir Kroatien eigenständig gemacht habe, siehe Šišić, Povijest Hrvata u vrijeme narodnih vladara, 376–396. Jedoch datierte Branimir noch immer die Urkunden nach den Herrschaftsjahren Karls des Dicken. Siehe: Thomae Archidiaconi Spalatensis Historia Salonitanorum (Übers. Karbić u. a.), 58f.

61

Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 23f.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

Das neunte Jahrhundert war geprägt durch Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft über die Seewege in der Adria, an welchen sich Byzanz, Venedig, die Araber, Kroaten und Narentaner beteiligten. Die Schiffe, welche immer häufiger zwischen Venedig und der Levante verkehrten, waren gefüllt mit Waren, die Piraten anzogen, aber auch kroatische Herrscher wie Domagoj, den Johannes Diaconus als pessimus Sclavorum dux bezeichnete.62 Die Kroaten stellten, zusammen mit den Narentanern, die größte Gefahr für den venezianischen Handel dar. Versuche Venedigs, der Piraterie Einhalt zu gebieten, waren nur von kurzfristigem Erfolg gekrönt. Plünderungen beschränkten sich nicht nur auf Schiffe, sondern wurden auf die Küstenstädte ausgeweitet. Während im Jahre 839 der kroatische Herrscher Mislav einen Frieden mit dem Dogen schloss, kam es bereits im Jahre 840 zu einem Bündnis zwischen dem karolingischen König Lothar und dem venezianischen Dogen Pietro Tradonico, das die italischen und istrischen Städte gegen die Slawen schützen sollte.63 Nach der Niederlage des Dogen Pietro Candiano bei Makarska um 887 wagten es die Venezianer über ein Jahrhundert nicht mehr, mit Waffengewalt gegen die Kroaten und Narentaner vorzugehen. Vermutlich begannen sie in jener Zeit, einen Tribut für eine sichere Schifffahrt entlang der östlichen Adria zu entrichten.64 Die zweite Gefahr in der Adria bildeten die Araber (Sarazenen). Nachdem sie 840 Tarent erobert hatten, besaßen die sizilianischen Araber einen Stützpunkt für Raubzüge innerhalb des adriatischen Raumes. Im darauffolgenden Jahr kamen sie mit 36 Schiffen bis nach Osor, das sie in Brand setzten. Selbiges taten sie während ihrer Rückfahrt auch in Ancona, Budva, Rose und Kotor. Im Jahr 842 stieß ihre Flotte erneut bis in die Kvarner-Bucht vor, wobei sie bei der Insel Sansego/Susak die venezianische Flotte besiegte. Die Position der Araber wurde mit der Einnahme von Bari zusätzlich gestärkt. Die Verluste, welche die arabische Flotte den Venezianern zufügte, ermöglichten auch den slawischen Piraten ein leichteres Handeln; so griffen sie 846 sogar das nahe bei Venedig gelegene Caorle an.65 Nachdem die Araber 866 mit der Belagerung Dubrovniks begonnen hatten, entsandte der byzantinische Kaiser Basíleios I. im Folgejahr der Stadt eine Flotte zur Unterstützung. Nach Zerschlagung des Belagerungsrings festigte die Kriegsflotte die byzantinische Machtposition in Dalmatien. Der nächste Schritt beinhaltete die Erhebung Zdeslavs auf den kroatischen Thron, nachdem Basíleios entschied, dass die dalmatinischen Städte dem kroatischen Herrscher jene Abgabe leisten sollten, die sie zuvor dem Strategós entrichteten (Dubrovnik sollte den Herrschern von Zahumlje und Travunien zahlen). Es bleibt indes unklar, wie die Beziehung des kroatischen Herrschers gegenüber Dalmatien war, jedoch stellte dies einen ersten Versuch dar, die Spaltung zwischen den Küstenstädten und dem Hinterland zu überwinden.66

62

Giovanni Diacono, Cronache Veneziane (Hg. Monticolo), 123: „Dehinc mortuo Domogoi Sclavorum pessimo duce […]”.

63

Cessi, Il „pactum Lotharii“ del 840.

64

Giovanni Diacono, Cronache Veneziane (Hg. Monticolo), 128f.

65

Ebd., 115.

66

Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 30, 147.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Von der kroatischen Dynastie bis zur Wahl Ferdinands von Habsburg

Mit dem Herrschaftsantritt Mutimirs endeten die Thronstreitigkeiten, was ihm die Möglichkeit bot, eine Dynastie zu etablieren und die Militärmacht der Kroaten zu stärken. Dieses Unterfangen kam während der byzantinisch-bulgarischen Konflikte zum Ausdruck, als sich die Kroaten auf die Seite von Byzanz schlugen und jene serbischen Fürsten unterstützten, die sich gegen die Bulgaren auflehnten. Nach der Niederlage des bulgarischen Heeres bei dessen Angriff auf Kroatien im Jahr 926/927 schlossen Kroaten und Bulgaren unter Vermittlung eines päpstlichen Gesandten ein Friedensabkommen. In seinem Schreiben an den kroatischen Herrscher Tomislav bezeichnete ihn Papst Johannes X. (914 – 928) als König der Kroaten (rex Chroatorum). Daher behaupteten einige kroatische Historiker des 19. Jahrhunderts, dass Tomislav der erste gekrönte kroatische Herrscher gewesen sei und Kroatien sich 925 von einem Fürstentum zu einem Königreich gewandelt habe. Wenngleich dies der Darstellung des Thomas Archidiaconus’ widersprach, wonach Stefan (Stjepan) I. Držislav als erster kroatischer Herrscher von Byzanz die königlichen Insignien erhalten habe und sich die Herrscher seitdem als Könige von Kroatien und Dalmatien bezeichnet hätten, schufen Rački und Kukuljević die Legende von Tomislavs Krönung im Jahr 925.67 Tomislav nahm in diesem Jahr an der Provinzialsynode in Split teil, woraus sich Fragen über seine Einflussmöglichkeiten auf die dalmatinischen Städte ergeben. Diesbezüglich weichen die Meinungen der Historiker voneinander ab. Die einen behaupten, dass Tomislav und seine Erben ganz Dalmatien, von Osor bis Dubrovnik, beherrscht hätte, während andere sämtlichen kroatischen Herrschern, bis zur Herrschaft Zvonimirs, jegliche Machtausübung über die dalmatinischen Städte absprachen. Letzterer hätte dann allerdings lediglich über die Kvarner Inselwelt geherrschaft.68 Der Tomislav-Mythos wurde noch mit der These über dessen erfolgreiche Schlachten gegen die Ungarn verbrämt, welche die Historiker aus gänzlich unzuverlässigen Angaben innerhalb des Werkes Regnum Sclavorum herleiteten. Konstantin VII. Porphyrogénnetos berichtete, wie nach der Eroberung von Moravia durch die Ungarn zahlreiche Flüchtlinge Schutz in Kroatien gesucht hätten. Diese Geschehnisse sollten untermauern, dass sich die Grenzen des kroatischen regnum weit in den Norden erstreckt haben sollen.69 Unklar sind die Beziehungen zwischen Tomislav und dem Fürsten (dux) von Za-

67

Dieser Mythos erlebte seinen Höhepunkt im Jubiläumsjahr 1925, als in Kroatien und anderen Regionen, in denen Kroaten lebten, Steinplatten zu Ehren König Tomislavs errichtet wurden. Die Idee, in Zagreb ein Denkmal zu errichten, wurde nicht sofort realisiert, dafür wurde das Standbild im Jahre 1947 gebaut. Die wichtigsten Abhandlungen, die zur Kreierung dieses Mythos dienten, sind veröffentlicht in dem 1925 publizierten Sammelband Zbornik kralja Tomislava.

68

Eine mehr als radikale These zur Herrschaft der kroatischen Könige wurde von Vladimir Košćak vertreten, wonach das Königreich alle Regionen bis Dubrovnik zusammen mit den übrigen Sklavinien, wie zum Beispiel Dioclea, umfasste. Siehe hierzu Košćak, Pripadnost istočne obale Jadrana. Die Konsolidierung der kroatischen Herrschaft während der Regierungszeit Petar Krešimirs vertrat Ferluga, L’amministrazione Bizantina in Dalmazia. Gemäß Nada Klaić herrschten die kroatischen Machthaber erst in der zweiten Hälfte des 11. Jh.s über die Kvarner-Inseln, siehe hierzu Klaić, Hrvatski vladari i Bizantska Dalmacija.

69

Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 41, 180f.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

humlje Mihajlo Višević, der an der Provinzialsynode von Split teilnahm und zwischen Byzanz sowie den Bulgaren lavierte.70 Auch wenn die Kroaten zu bedeutenden Verbündeten wurden, änderte sich in der Perspektive der byzantinischen Kaiser auf den von ihnen beherrschten „Commonwealth“ wenig, was an den Formeln ersichtlich ist, mit welchen sich die byzantinischen Kaiser an die kroatischen sowie die Herrscher anderer Sklavinien wandten: Formeln für die Anschriften an (fremde) Völker. […] An den Herrscher von Kroatien, an den Herrscher der Serben, an den Herrscher der Zahumlier, an den Herrscher von Kanale, an den Herrscher der Trabuner [Terbuner], an den Herrscher von Dioclea, an den Herrscher von Moravien. Die Anschrift an sie lautet folgendermaßen: Befehl der christusliebenden Herrscher [sc. Kaiser] an den Herrscher N.N. aus N.N.71

Die kroatischen Herrscher unterhielten während des 10. Jahrhunderts gute Beziehungen zu Byzanz, vermutlich wegen der bulgarischen Bedrohung, die lediglich in den wenigen Jahren von 968/971 – 976 verschwand. Nach der Unterwerfung Bulgariens und vermutlich auch der Ausweitung des byzantinischen Machtbereichs über die Sklavinien hinweg bis an die Grenzen Kroatiens übersandte Kaiser Johannes I. Tzimiskés dem kroatischen König Stefan I. Držislav die Insignien königlicher Macht, um die Kroaten an sich zu binden. Hierbei ernannte Tzimiskés Stefan zum Patríkios sowie Eparchen und wies ihm damit einen klar definierten Ehrenplatz innerhalb der ideellen Hierarchie byzantinischer Herrschaft zu. Obgleich die Dynastie der Trpimiriden ihren Anspruch auf den Thron festigte, brachen bisweilen unter ihren Familienmitgliedern Auseinandersetzungen um die Königsherrschaft aus. Die Streitigkeiten unter den Söhnen Stefans nutzte der venezianische Doge Pietro II. Orseolo aus, um 998/999 mit einer Kriegsflotte nach Dalmatien zu segeln und die dalmatinischen Städte zu unterwerfen, zusammen mit dem königlichen Biograd, das Teil Kroatiens war. Damit beendete er Venedigs Tributzahlungen an die kroatischen Herrscher sowie Narentaner und leitete einen langwierigen Konflikt um die Kontrolle der ostadriatischen Häfen ein. Die Versuche der kroatischen Herrscher, die dalmatinischen Städte zurückzugewinnen, blieben bis Petar Krešimir IV. (ca. 1058 – 1074) nur teilweise erfolgreich, der dann all diese Städte (bis auf Dubrovnik und Kotor) nicht mehr als byzantinischer Verwalter, sondern als kroatischer König beherrschte. Er annektierte auch das narentanische Fürstentum, das um 1050 von einem gewissen Berigoj regiert wurde, der sich in einer Urkunde als rex und iudex bezeichnete.72 Einige der dalmatinischen Städte waren Krešimir IV. nicht zugeneigt und riefen deshalb den normannischen Grafen Amicus von Giovinazzo um Hilfe, der ihn gefangen nahm. Über die 70

Klaić, Historia Salonitana maior, 96; Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 32, 156f.

71 „Τὰ

ἄκτα τῶν εἰς τοὺς ἐθνικοὺς γενομένων ἐπιγραφῶν. […] εἰς τὸν ἄρχοντα Χρωβατίας· εἰς τὸν ἄρχοντα Σέρβλων· εἰς τὸν ἄρχοντα τῶν Ζαχλούμων· εἰς τὸν ἄρχοντα τοῦ Κανάλη· εἰς τὸν ἄρχοντα τῶν Τραβούνων· εἰς τὸν ἄρχοντα Διοκλείας· εἰς τὸν ἄρχοντα Μωραβίας. ἐπιγραφὴ εἰς αὐτούς· κέλευσις ἐκ τῶν φιλοχρίστων δεσπότων πρὸς τὸν ὁ δεῖνα τὸν ἄρχοντα τῆσδε.“ Constantini Porphyrogeniti de cerimoniis (ed. Reiske), Bd. 1, 686, 691. Siehe auch: Malamut, Les adresses aux princes.

72

Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 78f.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Vermittlung des Papstes gelangte der kroatische König Demetrius (Dmitar) Zvonimir (1075 – 1089) auf den Thron, obgleich er keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen zur Königsdynastie hatte, aber über seine Frau Jelena mit dem ungarischen Herrschergeschlecht der Arpaden verbunden war, vor allem mit ihrem Bruder Ladislaus. Zvonimir wurde ein Vasall Papst Gregors VII. (1073 – 1085) und erhielt von ihm Kroatien und Dalmatien als Lehen. Da er keinen Erben hatte, kam der letzte Abkömmling der Trpimirović-Dynastie Stefan III. (1089 – 1091) an die Macht, der einen Teil seines Lebens in einem Kloster verbracht hatte. Auch er verstarb ohne Erben, womit ein zehnjähriger Kampf um den Thron einsetzte. Ladislaus nahm daraufhin den größten Teil Kroatiens (nachdem er Slawonien erobert hatte) ein, konnte jedoch die einheimischen Prätendenten nicht niederringen. Erst Koloman konnte 1102 in Biograd zum kroatischen König gekrönt werden. 1105 bemächtigte sich dieser dann Zadars, nachdem er mit Waffengewalt Split, Šibenik und Trogir unterworfen hatte. Seine Herrschaft wurde bald darauf auch von den Städten auf den Kvarner-Inseln akzeptiert, wodurch das Königreich wieder vereint war.73 Die Könige der Arpadendynastie herrschten 200 Jahre lang über Kroatien, Dalmatien und Slawonien, das unter der Bezeichnung tota Sclavonia zusammengefasst wurde. Wenn auch Koloman ein reges Interesse gegenüber den dalmatinischen Städten zeigte, zielte die Politik seiner Nachfolger stärker auf andere Gebiete, wodurch Slawonien, im Vergleich zu Kroatien, den Einfluss königlicher Herrschaft wesentlich stärker zu spüren bekam, Kroatien dagegen den einheimischen Feudalherren überlassen wurde. Ein Indikator für den Einfluss des ungarischen Königs auf Slawonien war die Errichtung von Königsstädten, unter denen sich, aufgrund ihres Rechtsstatus, das Zagreber Gradec, Warasdin/Varaždin/Varasd (die erste mit Privilegien versehene Stadt im Königreich Ungarn, 1209) und Kreutz/Križevci/Körös herausragten.74 Die Interessen Venedigs kamen bald nach der Wiederherstellung der ungarischen Herrschaft zum Vorschein, sodass 30 Jahre lang um die Herrschaft über Dalmatien gekämpft wurde, bis ca. 1133, als Zadar zusammen mit den Kvarner-Inseln die Herrschaft des Dogen und Split, Trogir sowie Šibenik die Herrschaft des ungarisch-kroatischen Königs anerkannten.75 Während dieser kriegerischen Auseinandersetzungen verheerte die venezianische Flotte im Jahre 1125 die Königsstadt Biograd. In der Zeit von Manuel I. Komnenós versuchte Byzanz ein letztes Mal, Kroatien und Dalmatien unter seine Kontrolle zu bringen. 1167 eroberten byzantinische Truppen die Gebiete bis zum Fluss Krka. Dieses kurze Intermezzo endete aber mit dem Tod des Kaisers im Jahr 1180, worauf Béla III.

73

Die Krönung Kolomans in Biograd wird von einer Urkunde bezeugt, welche zugunsten des Klosters St. Maria in Zadar verliehen wurde (Codex diplomaticus [Hgg. Stipišić/Šamšalović], Bd. 2, 9f.), und über seinen triumphalen Einzug in Zadar zeugt eine Inschrift am selben Kloster, die der König aus eigenen Mitteln errichten ließ. Diese und andere Inschriften, welche in Zadar Koloman erwähnen, finden sich bei Mihaljčić/Steindorff, Namentragende Steininschriften, 24–28.

74

Auch wenn das Privileg von 1209 in seiner heute überlieferten Fassung eine Fälschung ist, besteht kein Zweifel, dass Andreas II. der Stadt im selben Jahr Vorrechte einräumte. Križevci besaß als Stadt eine besondere Bedeutung, da dort am häufigsten der slawonische sabor abgehalten wurde. Die Stadt wurde in eine Unterstadt, die in königlicher Verfügungsgewalt stand, und in eine Oberstadt, die vom Banus kontrolliert wurde, eingeteilt. Siehe Matijević Sokol, Povlastica Andrije II. Varaždinu iz 1209. godine; Budak, Križevci u srednjem vijeku.

75

Steindorff, Die dalmatinischen Städte.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

(1172 – 1196) die ungarische Herrschaft in den umstrittenen Regionen erneuerte. Diese Ereignisse trieben die Bewohner Zadars zum ersten und erfolgreichsten Aufstand in einer Reihe von Aufständen gegen die venezianische Herrschaft. Die dalmatinische Metropole vermochte zu dieser Zeit gegen Venedig Widerstand zu leisten, sodass 1190 ihre Flotte jene des Dogen besiegte. Aus diesem Grund nahm 1202 der Doge Enrico Dandolo das Kreuzfahrerheer des Vierten Kreuzzugs (1202 – 1204) in Anspruch, um Zadar zu Gunsten Venedigs zu erobern (Ende November 1202). 1205 musste dann auch Dubrovnik die Herrschaft des venezianischen Dogen anerkennen.76 Nach dem Tod Bélas III. kam es zu Konflikten zwischen seinen Söhnen Emmerich und Andreas II. Bis zum Tod seines Vaters herrschte Emmerich als Mitregent über Kroatien und Dalmatien. Nach seiner Inthronisation schwang sich aber Andreas II. gewaltsam zum Herzog Dalmatiens, Kroatiens und Hums empor, wobei er sich als eigenständiger Machthaber dieser Gebiete verstand. Als Andreas aber den ungarischen Thron übernahm, überließ er Kroatien den einheimischen Großen, unter denen sich im Gebiet südlich des Velebit-Gebirges die Fürsten von Bribir de genere Šubić und in den Regionen Vinodol und Modruš die Grafen von Krk (später Frankapan genannt) hervortaten. Das Gebiet des einstigen narentanischen Fürstentums war in den Händen des Geschlechts Kačić, die weiterhin der Piraterie nachgingen. Der Aufstieg der Šubići von Bribir beschleunigte sich ab den 20er Jahren des 13. Jahrhunderts und erlebte seinen Höhepunkt in der Zeit Pauls (Pavao) I. (um 1245 – 1312) und seines Sohnes Mladen II. (um 1275 bis um 1341). Sie beherrschten, zusammen mit ihren engsten Verwandten, ganz Kroatien südlich des Velebits mit allen Städten Mitteldalmatiens, Hum und Bosnien. Paul I. wurde erbberechtigter Banus der Kroaten und Herr Bosniens (banus Croatorum dominus et Bosne). Er baute seine Machtposition, vergleichbar mit jener der frühmittelalterlichen Herrscher Kroatiens, aus, indem er die Kandidatur von Karl Robert von Anjou um den ungarischen Thron unterstützte.77 Der Einfall der Mongolen um 1241/1242 traf auch Teile Slawoniens. Es scheint, dass zu dieser Zeit Zagreb mitsamt seiner Kathedrale in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nachrichten über weitere Verwüstungen gibt es nicht. Im Rahmen der Verfolgung des Königs von Ungarn, Béla IV. (1235 – 1270), kamen die Mongolen bis nach Split, jedoch konnten sie den König nicht gefangen nehmen, der in Trogir Zuflucht fand.78 Nachdem die Gefahr vorüber war, versuchten einige Adlige, sich Verdienste im Kampf gegen die Angreifer zuzuschreiben. Die kroatische Historiographie des 19. Jahrhunderts schuf wiederum den Mythos von einem kroatischen Sieg auf dem Grobničko polje (in der Nähe von Rijeka), auch wenn die Mongolen dort nicht angekommen waren. Durch die Erfahrung dieser Invasion beeinflusst, intensivierte Béla IV. die Privilegienvergabe an freie königliche Städte und vergab weitere Vorrechte an Adlige, damit sie zusätzliche Befestigungen errichteten. Seine Goldene Bulle für das Zagreber Gradec (1242) ermöglichte die Gründung und den Ausbau der Handelsniederlassung als Teil der Stadt Zagreb; zugleich schuf sie die Grundlage für

76

Raukar, Arpadovići i Anžuvinci na hrvatskom prijestolju, 190–198.

77

Ebd., 198–201; Budak, Paulus de Breberio banus Croatorum dominus et Bosne.

78

Kukuljević Sakcinski, Borba Hrvatah.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

die Errichtung einer der größten Festungen südlich der Drau.79 In unmittelbarer Nähe zu Zagreb wurde eine weitere große Burg errichtet, Medvedgrad, die zuerst dem Zagreber Bischof und dann dem König unterstellt war. In Slawonien konnten die Adelsgeschlechter im Laufe des 13. Jahrhunderts ebenso ihre Macht festigen, unter denen sich die Herren von Güns (ung.: Kőszegi család; kroat.: Gisingovci) und die Babonić hervorhoben, während der Zagreber Bischof sich zu einem der bedeutendsten Aristokraten aufschwang. Auch das Domkapitel zu Zagreb verfügte über ausgedehnte Besitzungen. Karl Robert von Anjou, als Karl I. König von Ungarn (1307 – 1342), sah die Notwendigkeit, die Macht der Adelsgeschlechter zu brechen, um effektiv herrschen zu können. Erstes Opfer dieser Politik wurde in Kroatien Mladen II., der 1322 in einer Schlacht besiegt und gefangengenommen wurde, wodurch die Macht der Herren von Bribir beträchtlich eingeschränkt wurde. Wahrscheinlich entstand zu dieser Zeit in den der Bribir-Familie nahestehenden Kreisen die Legende von der Ermordung des kroatischen Königs Zvonimir, der auf dem Totenbett angeblich Kroaten verflucht habe, weil sie ihn ermordeten hätten, um seinem Aufruf zum Kreuzzug nicht Folge zu leisten. Auf diese Weise sollte erklärt werden, warum die Kroaten von fremden Königen beherrscht wurden.80 Auch andere Adelsgeschlechter in Kroatien und Slawonien bekamen den politischen Druck Karl Roberts und seines Sohnes und Nachfolgers auf dem ungarischen Thron Ludwig I. des Großen, 1342 – 1382) zu spüren. Davon abgesehen war Ludwig I. aber der erste ungarische König, der nach langer Zeit Interesse an den dalmatinischen Städten bekundete, insbesondere an Zadar, das er in die königliche Obhut zurückführen wollte. Angestachelt vom königlichen Begehren, begannen die Einwohner von Zadar 1345 erneut einen Aufstand gegen Venedig, was zu einer lang andauernden Belagerung führte, an der zahlreiche venezianische Streitkräfte beteiligt waren, die zum Teil aus Kreta herangezogen wurden. Das königliche Heer erlitt vor der Stadt eine empfindliche Niederlage, sodass sich die Bewohner von Zadar 1346 ergaben.81 Ludwig I. begann jedoch etwa zehn Jahre später einen neuen Krieg gegen Venedig, das er Mitte Februar 1358 zum Frieden von Zadar zwang, in dem die Serenissima auf all ihre Besitzungen an der Adria verzichten musste, einschließlich Dubrovniks und Kotors. Auf diese Weise wurden die dalmatinischen Städte erneut mit dem kroatischen Königreich vereint, zu denen sich nun auch Dubrovnik hinzugesellte, das seine Beziehungen zum König durch das Ende Mai 1358 mit Ludwig I. abgeschlossene Abkommen von Višegrad regelte.82 Von diesem Zeitpunkt an agierte Dubrovnik als faktisch eigenständige Republik – unter der Bezeichnung Respublica Ragusina –, aber unter der Herrschaft der Stephanskrone. Der Frieden von Zadar ermöglichte den dalmatinischen Städten eine wirtschaftliche Entwicklung, in der florentinische Händler und Bankiers eine bedeutende Rolle einnahmen.83

79

Nikolić Jakus, Počeci srednjovjekovnog grada.

80

Nemet, Smrt hrvatskog kralja Zvonimira.

81

Raukar, Arpadovići i Anžuvinci, 217–227.

82

Janeković-Römer, Višegradski ugovor temelj Dubrovačke Republike.

83

Budak, I fiorentini nella Slavonia e nella Croazia.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

Nach dem Tod Ludwigs I. (1382) rief die Herrschaft zweier Königinnen – Ludwigs noch minderjähriger Tochter Maria und ihrer Mutter Elisabeth – große Unzufriedenheit bei einem Teil des Adels hervor, insbesondere in Slawonien (Ban Ivan Horvat und sein Bruder, der Zagreber Bischof Paul) und in Kroatien (Ivan v. Paližna, dem Johanniterprior von Vrana). Die Gegner Marias und ihres Verlobten Sigismund von Luxemburg wählten Ladislaus von Neapel zum König, der 1403 in Zadar zum König von Ungarn, Dalmatien und Kroatien gekrönt wurde. Dessen bedeutendster Unterstützer war der bosnische Adlige Hrvoje Vukčić Hrvatinić, der außer in Bosnien Besitzungen in Kroatien und Dalmatien inne hatte. Ihm verlieh Ladislaus den Titel eines Regenten. Ladislaus’ Herrschaft erstreckte sich jedoch nur über einige Regionen Kroatiens und Dalmatiens, sodass er seine Herrschaftsrechte an dem, was ihm noch verblieb, 1409 an Venedig verkaufte: Zadar, den Stützpunkt der Johanniter bei Vrana, Pag mit seinen reichen Salinen und Novigrad, zusammen mit den Herrschaftsrechten über ganz Dalmatien. Venedig nahm daraufhin im selben Jahr einige Städte in Besitz, aber die Serenissima benötigte weitere 11  Jahre, um die Eroberung Dalmatiens abzuschliessen. Außerhalb ihres Einflussbereiches blieb lediglich Dubrovnik, während Krk von venezianischen Vasallen, den Fürsten von Krk (seit 1430 die Frankapani, später Frankopani) beherrscht wurde, bis ihnen 1480 die Markusrepublik die Herrschaft entzog. Venedig eroberte 1444 außerdem Omiš, ein Ort, von dem aus seit Jahrhunderten der Seeverkehr der Serenissima an der Adria gefährdet wurde.84 Dem ungarisch-kroatischen Königreich blieb als einziger strategisch bedeutender Zugang zum Meer das an der oberen Adria gelegene Zengg/Senj/Segna, das über eine Straße nach Zagreb mit Ofen verbunden war. Die Herrschaft Sigismunds (1387 – 1437) schuf die Grundlage für ein Erstarken der Oligarchen in Kroatien wie auch in Slawonien. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts besaßen die Grafen von Cilli/Celje/Cille eine herausgehobene Stellung in Slawonien, während in Kroatien das Geschlecht der Frankopan, neben ihnen die Kurjakovići und Zrinski (wie sich nun ein Zweig des Geschlechtes von Bribir nannte), das mächtigste Fürstengeschlecht waren. Trotz der zahlreichen Kriege, die sie untereinander führten, trugen diese Magnaten auch die Hauptlast der Verteidigung gegen die Osmanen, insbesondere in jenen kroatischen Regionen, in denen die königliche Herrschaft am schwächsten ausgeprägt war. Auch wenn sich die ersten Einfälle der Osmanen auf die Gebiete Kroatiens, Dalmatiens und Slawoniens im Zeitraum zwischen 1408 und 1416 ereigneten, führte erst der Fall Bosniens 1463 dazu, dass deren Grenzen nun einem weit mächtigeren Gegner ausgesetzt waren. Der König von Ungarn, Matthias  I. Corvinus (1458 – 1490), etablierte zwar ein effektives Verteidigungssystem mit Zentren in Senj, Jajce und Srebrenica, doch nach seinem Tod investierte die neue Herrscherdynastie der Jagiellonen nicht genügend Mittel in Festungsanlagen und Armee. Damit sorgte sich primär der kroatische Adel um die Verteidigungsmaßnahmen. Auch wenn die schwere Niederlage eines kroatischen Adelsheeres an der Krbava (Krbavsko polje) 1493 nicht das Ende der Verteidigungsmaßnahmen bedeutete, fiel der Teil Kroatiens südlich des Velebits gänzlich in die Hände der Osmanen (1537 fiel die letzte königliche Festung, das vereinsamte Klis, welches die Uskoken – christliche Flüchtlinge aus dem Osmanischen Reich – verteidigten). Erstaunlicherweise sah selbst 84

Raukar, Hrvatska u kasnom srednjem vijeku, 321–337.

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der slawonische Adel, der von den Eroberungszügen der Osmanen bis dato verschont geblieben war, keine Notwendigkeit, sich an der Verteidigung Kroatiens zu beteiligen. Die Niederlage des ungarischen Heeres bei Mohács/Mohač (1526) und der Fall von Jajce (1527) zwangen jedoch die kroatischen und slawonischen Adligen dazu, neue Unterstützung im Kampf gegen die Eroberer zu suchen. So wählte am 1. Januar 1527 die kroatische Adelsversammlung in Cetingrad Ferdinand I., König von Böhmen und Ungarn (1526 – 1564), zu ihrem König – bei Anerkennung des Erbrechts der Habsburger auf die Krone –, während sich die slawonische Ständeversammlung (sabor) für Johann Szapolyai (Ivan Zapolja) entschied.85 Einige Monate später huldigten allerdings auch diese Ferdinand I.

12 .3 .2 Die Sklavinien und die Fürstentümer zwischen Drau und Save Östlich von Kroatien entstanden im Verlauf des 9. Jahrhunderts Herrschaftsgebiete, über die wir das meiste aus dem Werk De administrando imperio erfahren, aber auch die fränkischen Annalen und venezianischen Chroniken des Johannes Diaconus geben Auskunft. So erfahren wir, dass sich unmittelbar an der kroatischen Grenze das narentanische Fürstentum (Konstantin VII. nannte es Pagania) befand, das sich von der Cetina bis zur Neretva erstreckte.86 Ebenso habe Kroatien an Zahumlje gegrenzt, das einen großen Teil der heutigen Herzegowina umfasste. Beide umgaben das damalige Fürstentum der Narentaner im Norden und Osten.87 Daran reihte sich im Dubrovniker Hinterland Travunien an (die heutige östliche Herzegowina). Die Region Konavle bildete ein eigenes Fürstentum, das vermutlich ein größeres Territorium umfasste, als das heute so bezeichnete Gebiet.88 Südlich davon, von der Bucht von Kotor/Cattaro (Boka kotorska) bis zum Skutarisee, erstreckte sich Dioclea.89 Bosnien bildete damals ein kleines Territorium um den gleichnamigen Fluss (Bosna).90 Östlich von Bosnien und nördlich der erwähnten Sklavinien – so wurden diese Fürstentümer bezeichnet – lag zwischen den Flüssen Ibar und Lim Raszien (Raška) bzw. Serbien.91 Die Beziehungen Kroatiens und Rasziens zu den Sklavinien änderten sich je nach deren Bedeutung und Einfluss. Zumindest vom ersten Viertel des 9. Jahrhunderts bis zur Zeit Konstantins VII. Porphyrogénnetos war Bosnien mit Serbien eng verflochten (s. o. Kap. 11.5). Zu Konstantins

85

Die krisenhafte Zeit am Ende des 15. Jh. wird sehr ausführlich dargelegt bei: Grgin, Počeci rasapa; Strzygowsky, Hrvatska u kasnom srednjem vijeku, 348–370.

86

Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 36, 164f.

87

Ebd., Kap. 33, 160–163.

88

Ebd., Kap. 34, 162f.

89

Ebd., Kap. 35, 162–165.

90

Ebd., Kap.32, 160f.

91

Ebd., Kap. 32, 152–161.

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Zeiten akzeptierten neben Bosnien auch die übrigen Sklavinien, bis auf Dioclea, die Oberhoheit der serbischen Großžupane.92 Die Frage hinsichtlich der Ethnogenese der Bevölkerung der Sklavinien versuchte man derart zu lösen, indem Historiker sie entweder als Serben oder als Kroaten ansahen. Zu Gunsten einer serbischen Abstammung berief man sich auf Konstantin VII. Porphyrogénnetos, der alle Bevölkerungsgruppen, bis auf die Einwohner Diocleas, als Serben bezeichnete. Eine Passage seines Werkes legt jedoch offen, was der Kaiser unter dieser Bezeichnung eigentlich verstand. Er schrieb, dass die Einwohner Travuniens bis zur Etablierung einer selbständigen Herrschaft durch den Fürsten von Travunien Serben gewesen seien.93 Aus dieser Angabe wird ersichtlich, dass für Konstantin, wie vermutlich auch für die Mehrzahl seiner Zeitgenossen, ethnische Identität und politische Zugehörigkeit gleichbedeutend waren. Hinsichtlich einer kroatischen Abstammung der Bevölkerung der Sklavinien beriefen sich Historiker auf den Priester von Dioclea, der in seinen geographischen Beschreibungen ein „Rotkroatien“ (Croatia rubea) kannte, das heißt Südkroatien, welches neben dem oberen Dalmatien auch alle an der Küste gelegenen Sklavinien umfasste. Da es die einzige Erwähnung Rotkroatiens ist, kann man sich in diesem Fall nicht auf das Regnum Sclavorum berufen; noch viel weniger kann man dies als Beleg für eine angebliche Zugehörigkeit der Sklavinien zum Kroatentum heranziehen.94 Unter Berücksichtigung dessen, dass sämtliche Namen der Sklavinien auf vorslawischen Toponymen basieren, ist davon auszugehen, dass diese politischen Herrschaftsgebiete kein Resultat von Ethnogeneseprozessen sind, sondern genau umgekehrt: Innerhalb der Grenzen der einzelnen Sklavinien begannen Prozesse der Ethnogenese, die allerdings in den meisten Fällen nicht zu dauerhaften Resultaten führten, wobei die Bosnier vielleicht einen Ausnahmefall bilden, selbst wenn erste Belege für eine bosnische Ethnie erst für das Ende des 14. Jahrhunderts vorliegen. Eine andere Frage lautet, wer definierte die Grenzen dieser Sklavinien und warum gerade in dieser Gestalt? Diesbezüglich nahm Byzanz nach dem Aachener Frieden, mit Ausnahme des narentanischen Fürstentums, das bis zur Wiederherstellung der kaiserlichen Macht an der Adria unter Basíleios I. außerhalb seines Einflusses lag, für alle Gebiete vermutlich eine federführende Rolle ein. Mit Ausnahme des Gebiets der Narentaner, über das Johannes Diaconus ein wenig Auskunft gibt, und Travuniens, von dem wir aus Regnum Sclavorum und De administrando imperio erfahren, liegen für die Sklavinien des 9. Jahrhunderts so gut wie keine Informationen vor.95 Im ersten Viertel des 10. Jahrhunderts tat sich der Fürst von Zahumlje, Mihajlo Višević, hervor. Obgleich er zeitweise den bulgarischen Zaren Symeon unterstützte, unterhielt er feste Beziehungen 92

Nur auf diese Weise lassen sich die Behauptungen Konstantins verstehen, dass die Narentaner und die Einwohner von Zahumlje und Travunien Serben seien. In der ansonsten sehr ausführlichen Übersicht zu dieser Zeitperiode übernimmt Sima Ćirković Konstantins Beschreibung wortwörtlich und behauptet, die Serben hätten bereits im 7. Jh. alle diese Sklavinien bevölkert, siehe hierzu: Ćirković, The Serbs, 10–15.

93

Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 34, 162f.

94

Budak, Die südslawischen Ethnogenesen.

95

Johannes Diaconus beschreibt, wie der narentanische Machthaber (iudex) sich in Venedig um 830 taufen ließ, Giovanni Diacono, Cronache Veneziane (Hg. Monticolo), 110. Mladen Anđić negiert die Existenz eines narentanischen Fürstentums und sieht Narentanien als Teil des Fürstentums von Hum an, hierzu siehe: Ančić, Ranosrednjovjekovni Neretvani ili Humljani.

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zu Byzanz, mit dessen Hilfe er wahrscheinlich 926 Siponto in Apulien eroberte. Von Byzanz wurde ihm der Titel eines Anthýpatos und Patríkios verliehen, und die Annales Barenses bezeichneten ihn als rex Sclavorum. Auch sei erwähnt, dass er 925 an der Synode in Split teilnahm. Papst Johannes X. sprach ihn in einem Schreiben als excellentissimus dux Chulmorum an.96 Beloje war Anfang des 9. Jahrhunderts der erste namentlich bekannte Župan Travuniens. Sein Sohn Krajina heiratete die Tochter des Župans Vlastimir von Raszien. Anfang des 10. Jahrhunderts wurde Travunien dem serbischen Großžupan Časlav unterstellt, und erst nach dessen Niederlage 960 erlangte es erneut ein größeres Maß an Unabhängigkeit. Hvalimir und dessen Bruder Predimir führten in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts zahlreiche Feldzüge gegen Dioclea. Die diocletianischen Herrscher Predimir und sein Sohn Petrislav vermochten es, sich eines größeren Teils Travuniens zu bemächtigen. Ende des 10. und Anfang des 11. Jahrhunderts regierte indessen der Herrscher Diocleas, Vladimir, über Travunien, bevor es 1016 unter byzantinische Herrschaft fiel. Ein Aufstand Vojislavs gegen Byzanz (1030) führte dann dazu, dass Travunien erneut zu einem Bestandteil Diocleas wurde. Nach dem Tod des byzantinischen Kaisers Manuel I. Komnenós (1180) und zu Lebzeiten des serbischen Königs Stefan Nemanja, Ende des 12. Jahrhunderts, kam dieses Gebiet dann erneut unter die Oberhoheit der Großžupane von Raszien. Wenngleich alle Sklavinien zu verschiedenen Zeiträumen eigenständig auftraten, so erreichten allein Dioclea und Bosnien die höhere Stufe einer länger anhaltenden Unabhängigkeit. Nach dem Niedergang des awarischen Khaganats entstand nördlich von Kroatien ein eigenständiges und unterschiedlich bezeichnetes Fürstentum – letztendlich setzte sich die Bezeichnung Slawonien durch –, das bis zum Einfall der Magyaren in die panonnische Ebene existierte.

12 .3 .3 Dioclea Konstantin VII. Porphyrogénnetos erwähnte im Unterschied zu den Bevölkerungsgruppen der übrigen Sklavinien nicht, dass die Bewohner Diocleas Serben gewesen seien, vermutlich weil diese Region zu seiner Zeit unter byzantinischer Herrschaft stand. Nach dem Sieg über Samuil konnte Basíleios II. diese nochmals bestätigen. Dioclea konnte seine Macht allmählich ausweiten, nachdem Stefan Vojislav den Thronwechsel in Byzanz für einen (letztlich erfolglosen) Aufstand im Jahr 1034 genutzt hatte. Um 1037/1038 unternahm er einen erneuten Versuch mit vermutlich weit größerem Erfolg, denn er weitete seine Herrschaft über das Gebiet zwischen den Flüssen Neretva und Bojana aus. Dennoch wurde Dioclea weiterhin als Bestandteil des byzantinischen Kaiserreiches betrachtet, weswegen Vojislav seinem Sohn den kaiserlichen Namen Michael/Mihailo gab.97 Mihailo trug den Titel eines Protospathários und pflegte für einige Zeit gute Beziehungen zu Byzanz. 1072 schloss er sich aber dem Aufstand der Bulgaren gegen die kaiserliche Herrschaft an. Dabei nutzte er die katastrophale Niederlage der byzantinischen Armee gegen die Seldschuken 96

Klaić, Historia Salonitana maior, 96.

97

Ćirković, The Serbs, 24f.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

bei Mantzikert im Jahr zuvor aus und entsandte seinen Sohn Konstantin Bodin, der sich unter dem Namen Peter zum bulgarischen Kaiser ausrief. Nikephóros Bryénnios gibt an, dass zu diesem Zeitpunkt auch Kroaten an den Kämpfen teilnahmen.98 Jedoch verwechseln die byzantinischen Chronisten häufig die ethnischen Bezeichnungen der Kroaten, Serben, Dalmatiner und Diocleaner, weshalb wir nicht mit Sicherheit sagen können, ob bei der Verwüstung byzantinischer Herrschaftsgebiete die Kroaten Petar Krešimirs IV. in der Tat mitwirkten. Dies ist zumindest möglich, wenn man Krešimirs Abneigung gegenüber Konstantinopel bedenkt. Nach anfänglichen Erfolgen wurde der Aufstand niedergeschlagen, und Mihailos Herrschaft blieb auf die südlichen Küstengebiete von Vojislavs einstigem Machtbereich, mit Hauptsitzen in Kotor und dem zwischen Bar und Ulcinj gelegenen Prapratno, beschränkt. Dennoch wurde Mihailo in einem Schreiben Papst Gregors VII. als König der Slawen bezeichnet; und da er beim Papst um ein Banner, Symbol eines Vasallenverhältnisses, ersuchte, ist ersichtlich, dass er sich zeitgleich in der selben Machtposition wie der kroatische Könige Demetrius Zvonimir befand.99 Mihailo brach also die Beziehungen zu Byzanz ab und wandte sich dem Westen zu. Der König von Dioclea näherte sich den süditalienischen Normannen an, die Zvonimir den Weg zum Thron ebneten. Zvonimir verheiratete Bodin mit der Tochter eines normannischen Adligen. Als es dann aber zwischen Kaiser Aléxios I. Komnenós und den Normannen zum Krieg kam, unterstützte er dennoch die Byzantiner. Doch weigerte er sich, an der entscheidenden Schlacht bei Durrës/Drač/Durazzo 1081 teilzunehmen, womit er den Sieg der Normannen ermöglichte. Auf Mihailo folgte Bodin, der in einer Schlacht gegen den Strategós von Durrës gefangen genommen wurde, danach aber erneut an die Macht zurückkehren konnte. Daraufhin endeten die Auseinandersetzungen zwischen Dioclea und Byzanz. Zu Bodins Lebzeiten erlebte Dioclea den Höhepunkt seiner Machtentfaltung, als es sich rund um das Jahr 1080 Raszien und Bosnien einverleibte. Davon abgesehen richtete der Herrscher von Dioclea seine Aufmerksamkeit auf die Lösung kirchlichenpolitischer Fragen, wobei er sich auf den Gegenpapst Clemens III. (1084 – 1100) stützte. Es ist allerdings unklar, ob damals, mit Zustimmung von Clemens, die Kirche von Bar zum Erzbistum erhoben wurde, womit ein langwieriger Konflikt zwischen den beiden Metropolitansitzen Dubrovnik und Bar um das Kirchenprimat in Oberdalmatien begonnen hätte.100

12 .3 .4 Bosnien Nach dem Sieg des byzantinischen Kaisers Basíleios  II. gegen den bulgarischen Zaren Samuil erkannte Bosnien 1018 die Oberhoheit des byzantinischen Kaisers an, befand sich aber zwischen 1081 und 1088 unter der Herrschaft des Königs von Dioclea Bodin. Nachdem die Arpaden ihren Herrschaftsbereich auf Kroatien und Slawonien ausgedehnt hatten, geriet Bosnien in

98

Nicephori Bryennii Commentarii (ed. Meineke), 100.

99

Ćirković, The Serbs, 26f.

100 Vedriš,

Balkanske sklavinije i Bugarska, 593f.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

ihre Einflusssphäre. Mitte des 12. Jahrhunderts wurde für Bosnien der slawonische Adlige Borić (1154 – 1163) als Ban eingesetzt.101 Nach der Erneuerung der byzantinischen Herrschaft unter Kaiser Manuel I. Komnenós (1166 – 1180) erweiterte Ban Kulin (1180 – 1204) die Grenzen Bosniens – von der Drina bis zum Gebirgszug Grmeč, das gesamte mittlere Bosnien, Usora, Soli und Donji Kraji (Partes inferiores) um den Fluss Sana herum umfassend. Auch öffnete er das Land für Kaufleute aus Dubrovnik, bezeugt durch eine kyrillische Urkunde Ban Kulins aus dem Jahr 1189.102 Am Ende seiner Herrschaft (1203) wurden die angeblichen bosnischen Häretiker (die sog. Krstjani – „Christen“) von einem päpstlichen Legaten gezwungen, sich von ihren Lehren loszusagen.103 Häresievorwürfe dienten später den ungarischen Königen, um in Bosnien zu intervenieren; gleichwohl regierten weiterhin einheimische Bane das Land. Der ungarische König Béla IV. teilte das Land 1253 derart auf, dass in Innerbosnien und in Donji Kraji unter dem Schutz der ungarischen Krone Ban Prijezda I. (1254 – nach 1287) herrschte. Usora und Soli wurden als eigenständige und unter direktem ungarischem Einfluss stehende Banate eingerichtet und zeitweise mit Mačva vereint. Zu Prijezda ist noch anzumerken, dass er Begründer des bosnischen Herrscherhauses der Kotromanić ist, die Bosnien mit nur kurzer Unterbrechung während der Herrschaft der Fürsten von Bribir bis zur Eroberung durch die Osmanen beherrschten. Im Jahre 1284 wurden außerdem Usora und Soli dem damaligen serbischen König Dragutin zugeteilt.104

12 .3 .5 Das Fürstentum zwischen Drau und Save Nach der fränkischen Inbesitznahme des westlichen Teils des awarischen Khaganats wurde im Gebiet zwischen Save und Drau eine besondere Verwaltungseinheit geschaffen, die der friaulischen Markgrafschaft unterstellt war. Ihre Grenzen sind unbekannt, aber sie umfassten möglicherweise auch Gebiete südlich der Save sowie das Gebiet von Syrmien.105 In den Quellen wird sie als „regnum zwischen Drau und Save“ oder als Niederpannonien bezeichnet. Da letzterer Begriff allerdings eigentlich die Gebiete nördlich der Drau meint, ist nicht auszuschliessen, dass auch diese sich anfangs teilweise innerhalb der Grenzen dieses Fürstentums befanden. Der erste bekannte Fürst (dux) Ljudevit führte 818 aus Unzufriedenheit über die Politik des Markgrafen von Friaul Chadaloh 101 Karbić,

Plemićki rod Borića bana, 35–42, wo eine ausführliche und detaillierte Abhandlung über Ban Borić und den Charakter seiner Herrschaft bezüglich seiner Beziehungen zu Ungarn und Byzanz vorliegt.

102 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 237.

103 Über

die Häresie in Bosnien und die sog. Bosnische Kirche liegt ein umfangreicher Bestand an Literatur vor, die jedoch politisch gefärbt ist. So wird dargelegt, dass die Wurzeln dieser Häresie in der orthodoxen, der katholischen, der bogomilischen oder kyrillischmethodianischen Liturgie liegen sollen. Eine sehr ausführliche Übersicht zu dieser Problematik, aber ohne Einbeziehung serbischer Historiker, findet man bei: Šanjek (Hg.), Fenomen „krstjani“ u srednjovjekovnoj Bosni i Humu. Über den Abschwur am Bilino polje, siehe: Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/ Šamšalović), Bd. 3, 24f.

104 Zur Geschichte Bosniens bis Anfang des 14. Jh.s: Ćirković, Istorija srednjovjekovne bosanske države; Klaić, Sred-

njovjekovna Bosna; Bilogrivić, Bosna i Hum/Hercegovina, 479–491.

105 Einen neuen, jedoch kurzen Überblick der Geschichte Slawoniens und Syrmiens im Mittelalter bietet Steindorff,

Slawonien und Syrmien, 45–51.

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Die Historische historische Entwicklung Entwicklung zwischen des Raumes Drau und zwischen Adria (ca. Drau600 – 1500) und Adria

(auch Kadaloch) einen Aufstand gegen die fränkische Herrschaft an. Dem Aufstand schlossen sich die Bewohner der Krain (Carniolia), Karantanen und Timočani an, wobei er vermutlich auch unter den Slawen bei Salzburg Anklang fand. Ljudevit musste schliesslich 822 sein Fürstentum verlassen und zu nicht genauer lokalisierbaren Serben in Dalmatien (wahrscheinlich in Bosnien) fliehen. Nachdem er deren Fürsten ermordet hatte, floh er ins fränkische Dalmatien, wo er selbst Opfer eines Mordes wurde.106 In den 830er Jahren herrschte dann Ratimir über das Fürstentum.107 873 wandte sich Papst Johannes  VIII. (872 – 882) an einen gewissen Fürsten Mutimir und unterrichtete ihn über die Errichtung eines Erzbistums in Syrmen unter dem Metropoliten Methódios.108 Es bestehen unterschiedliche Vermutungen hinsichtlich der Frage, wer dieser Mutimir war, der wahrscheinlich über Syrmien oder zumindest über einen Teil von Ljudevits einstigem Fürstentum herrschte. Der westliche Teil des Fürstentums gelangte möglicherweise unter die Herrschaft des mährischen Machthabers Svatopluk I.109 Der letzte fränkische Statthalter dieser Gebiete war Braslav, der vermutlich in den Kämpfen gegen die Ungarn umkam.110 Diese Gelegenheit nutzten die Kroaten aus, ihre Herrschaft bis in das Gebiet von Sisak, vielleicht sogar bis an die Drau, auszudehnen.111 Den östlichen Teil des Gebietes zwischen Save und Drau eroberten Ungarn, die dort mit der Zeit ihre eigenen Komitate errichteten. Das Schicksal der westlichen Gebiete ist für das 10. und 11. Jahrhundert unklar. Nur einige unzuverlässige Chroniken liefern hierzu Informationen.112 Es ist aber gesichert, dass König Ladislaus, der das Bistum von Zagreb errichtet hatte, in diesem von nun an als Slawonien bekannten Land Ende des 11. Jahrhunderts die Macht ergriff.

106 Krahwinkler, 107 Wolfram,

Friaul im Frühmittelalter, 148–192; Wolfram, Die Geburt Mitteleuropas, 253–273.

Die Geburt Mitteleuropas, 275–280; Gračanin, Južna Panonija, 169–187.

108 Filipec,

Donja Panonija, 153, und Gračanin, Južna Panonija, 188, meinen, dass es sich um einen serbischen Fürsten handelte.

109 Budak,

Slavic Ethnogenesies in Modern Northern Croatia.

110 Wolfram,

Die Geburt Mitteleuropas, 304, 306, 357, 360.

111 Dieses

Angebot wurde auf der Spliter Provinzialsynode um 928 geäußert, wonach dem Niner Bischof Grgur als Entschädigung der vakante Bischofsstuhl von Sisak angeboten wurde, hierzu siehe Klaić, Historia Salonitana maior, 104.

112 Dies

sind die Chroniken des Johannes von Görz und eines ungenannten Chronisten, der am Hofe des ungarischen Königs Bélas tätig war. Über die Chroniken siehe: Švab, Prilog kritici odlomka „Kronologije“. Über den Anonymus siehe: Róna-Tas, Hungarians and Europe in the Early Middle Ages, 58f.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

1 2 .4

 ERRSCHAFTSSTRUKTUREN IN KROATIEN, H DALMATIEN UND SLAWONIEN

1 2 .4 .1 Die fränkische Herrschaft zwischen Drau und Adria Während wir für das 7. und 8. Jahrhundert über die gesellschaftliche Organisation Dalmatiens außerhalb des byzantinischen Machtbereiches nur Mutmaßungen anstellen können, geben uns die fränkischen Annalen für das erste Viertel des 9. Jahrhunderts ausreichend Informationen, sodass wir uns ein recht klares Bild über die hierarchischen Herrschaftsorganisation schaffen können. Nachdem die Karolinger Dalmatien, mit Ausnahme einiger Städte und Inseln, die unter byzantinischer Oberhoheit blieben, erobert hatten, schlossen sie diese Gebiete an das italische regnum an und unterstellten die Regionen unmittelbar der Markgrafschaft Friaul – mit Hauptsitz in Östrich/ Cividale/Čedad. Diese umfasste Istrien, Krain sowie das regnum zwischen Save und Drau. An der Spitze einer jeden Verwaltungseinheit stand ein dux. Aufgrund des Beispiels Bornas kann man davon ausgehen, dass zumindest einige dieser duces Angehörige der einheimischen Kriegerelite waren. Borna trug nämlich zwei Titel: dux Dalmatiae atque Liburnie und dux Guduscanorum.113 Die erste Titulatur war offensichtlich Bestandteil der fränkischen Herrschaft und sprach Borna die Macht über die Territorien Dalmatien und Liburnien zu.114 Die andere Bezeichnung besaß einen gentilen Charakter und gab an, dass Borna aus dem Geschlecht (gens) der Guduscani kam. Die ältere Historiographie sah in ihnen die Einwohner von Gacka, einem Teil Kroatiens nördlich des Velebit, jedoch gibt es keine archäologischen Befunde, dass diese Region im Frühmittelalter in besonderem Maße besiedelt war. In der neueren Forschung wurde derweil die These vertreten, dass es sich bei den Guduscani um die am kleinen mitteldalmatinischen Fluss Guduča nahe der wichtigen und über die „dunklen Jahrhunderte“ hinweg bestehende Befestigung von Bribir lebenden Bewohner handelte. Vermutlich können wir Borna als lokalen Machthaber ansehen, dessen Hauptsitz in Bribir lag und der sich im Krieg gegen Byzanz in den Dienst der Karolinger stellte, weswegen er als ihr Verwalter Dalmatiens und Liburniens eingesetzt wurde.115 Auch auf dem Gebiet „zwischen Drau und Save“, wie es die fränkischen Annalen bezeichnen – das beinahe sicher auch Gegenden südlich der Save umfasste – setzten die Karolinger einen Einheimischen als Statthalter ein, was an seinem slawischen Namen Ljudevit (Liudevitus) ersichtlich wird. Wir wissen über ihn, dass sein Hauptsitz im antiken Siscia (Siscium im Frühmittelalter; heute Sisak) oder in dessen unmittelbarer Nähe lag. Im Gegensatz zu den bulgarischen Machthabern bevorzugten nämlich die Herrscher Südpannoniens und Dalmatiens Residenzen an Orten mit antiker Tradition, was auch am Beispiel kroatischer Herrschaftssitze zu sehen ist.116

113 Annales

regni Francorum (ed. Kurze), 149f.

114 Liburnien

war ein Teil Dalmatiens, welches für eine gewisse Zeit als eigene Verwaltungseinheit bestand, wie zum Beispiel während der ostgotischen Herrschaft; hierüber siehe: Turković/Basić, Kasnoantička i ranosrednjovjekovna Tarsatička Liburnija.

115 Budak,

Croats between Franks and Byzantium, 15f.

116 Jakšić,

Vladarska zadužbina sv. Bartula; Ančić, Architecture on Royal Domains.

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Herrschaftsstrukturen

In Istrien, das stärker in den Staat Karls des Großen einbezogen war, führte die Politik der Auferlegung einer andersartigen und für die Istrianer fremden Art des Herrschens, die der dux Johannes durchführte, zu Klagen an Karl. Daher wurde 804 am Fluss Rižana (Risano) vor den missi Karls ein placitum abgehalten, auf dem die Vertreter der istrischen Städte und Kastelle ihre Klagen gegen dux Johannes und die istrischen Bischöfen vortrugen. Aus ihren Beschwerden erfahren wir unter anderem, dass Johannes nach wie vor heidnische Slawen auf verlassenem Land ansiedelte, offensichtlich als militärische Ressource.117 Ljudevit war mit dem Verhalten des Markgrafen von Friaul Chadaloh I. unzufrieden, vielleicht aber hatte er auch Ambitionen auf Eigenständigkeit, wofür er mit der Unterstützung von Byzanz rechnen konnte. Borna blieb gleichzeitig loyal gegenüber dem fränkischen Kaiser Ludwig dem Frommen, weshalb es zum Konflikt zwischen ihm und Ljudevit kam. Aus Schilderungen über die Schlacht an der Kupa erfahren wir von Bornas „Prätorianern“, seinem Kriegsgefolge, das ihn rettete, als ihn während der Schlacht seine Guduskanen im Stich ließen. Mithilfe dieser „Prätorianer“ stellte er seine Herrschaft über die rebellische gens wieder her.118 Während der Schlacht wurde Ljudevit außerdem von seinem Schwiegervater Dragomuž betrogen, der auf Bornas Seite wechselte. Es ist offensichtlich, dass beide Feldherren nicht die vollständige Kontrolle über ihre Armeen besaßen und sich hauptsächlich auf das Kriegsgefolge stützen konnten, das unmittelbar an sie gebunden war. Dies sind Belege für eine fragile Herrschaft, die vom guten Willen diverser Sippschaften, Adelsgeschlechter und Feldherrn abhing. Andererseits band der Aufstand ein großes Aufgebot fränkischer Truppen, da die Rebellion den Einsatz von sogar acht Armeen innerhalb von vier Jahren erforderte.

12 .4 .2 Kroatien Auf Borna folgte sein Neffe Vladislav. Wir wissen nicht, ob dessen Nachfolger, Fürst Mislav, aus demselben Geschlecht stammte. Auf jeden Fall kam es mit dem Herrschaftsantritt Trpimirs, wenn nicht sogar früher, zu einem Dynastiewechsel. Dieser Umbruch wurde vermutlich durch die Schwächung des fränkischen Einflusses in Dalmatien nach Abschaffung der friulanischen Markgrafschaft im Jahr 828 ermöglicht. Es bleibt unbekannt, welche vier Grafschaften daraufhin eingerichtet wurden. Die spätere Titulatur des Fürsten Branimir als dux und comes weist jedoch auf die Möglichkeit hin,119 dass Kroatien eine dieser Grafschaften bildete. Unter derartigen Umständen übernahm Trpimir die Herrschaft, der sich dux Chroatorum nannte und seine Machtposition nicht mehr mit einem fränkischen Herrschertitel legitimierte. Es scheint, dass das Zentrum seiner Herrschaft im weiteren Umfeld des einstigen Salona lag, wahrscheinlich auch in Knin, weswegen man dort den Familienverband (Clan) suchen muss, der sich als Kroaten bezeichnete und mit dem die kroatische Ethnogenese begann. 117 Krahwinkler, 118 Annales

... In loco qui dicitur Riziano ..., 79.

regni Francorum (ed. Kurze), 150.

119 Delonga,

The Latin Epigraphic Monuments, 175f., 313.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Trpimirs Schenkung suggeriert, dass der Fürst seinen Hof nach karolingischem Vorbild organisierte, mit einem Hofkapellan als Leiter der Kanzlei. Dieser Eindruck wird durch die Schenkung seines Sohnes Mutimir (892) erhärtet, aus welcher wir erfahren, dass sich im Umfeld des Herrschers, unter anderen Würdenträgern, drei Kämmerer, ein Stallmeister, ein maccechario (Keulenträger) und ein Becherträger befanden. Außerdem besaß auch Mutimirs Gattin einen eigenen Hof mit einem Hofžupan und einem maccecharius.120 Bezüglich der Datierung von Trpimirs Urkunde wird auf die Herrschaftsjahre König Lothars von Italien hingewiesen, was der einzige Beleg für eine Anerkennung des karolingischen Herrschers als Souverän von Seiten des kroatischen Fürsten ist. Im Evangeliar von Cividale, in dem zahlreiche Pilger aus den slawischen Landen verzeichnet sind, steht neben Trpimirs Namen der Titel dominus, der gleichbedeutend mit der Titulatur eines dux ist.121 Zu guter Letzt führte Gottschalk aus Orbais in seinen Beschreibungen zu seinem Aufenthalt in Kroatien an, wie Trpimirs Untertanen ihren Herrscher als regnum bezeichneten, was auf Ähnlichkeiten mit dem byzantinischen Hofzeremoniell (Kaiser = Kaisertum) schließen lässt.122 Trpimir übernahm nicht nur die Macht im fränkischen Dalmatien, wodurch er dessen Umwandlung zu Kroatien einleitete, sondern er wertete in bedeutendem Maße die Position des Landesherrn auf, was wir nicht nur an auswärtigen Bekundungen hinsichtlich seines Ansehens, sondern auch an militärischen Erfolgen gegen die Byzantiner und Bulgaren erkennen können. Über den kroatischen Sieg gegen einen ungenannten byzantinischen Patríkios berichtet Gottschalk, während Konstantin  VII. Porphyrogénnetos von einem misslungenen Feldzug des „Michael Boris“ gegen Kroaten schreibt. Anschließend sei es auf beiden Seiten zu einem Gabentausch gekommen.123 Das Pactum Lotharii (840) erzählt indessen von slawischen Einfällen entlang der oberitalischen Küste.124 Wir verfügen über zu wenig Angaben, um sichere Rückschlüsse hinsichtlich der materiellen Grundlage der Macht der kroatischen Fürsten ziehen zu können. Auch wenn seit dem Ende der 60er Jahre des 9. Jahrhunderts die dalmatinischen Städte den kroatischen Herrschern Abgaben in Höhe der Vergütung des byzantinischen strategoí leisteten und Venedig für die freie Seefahrt entlang der Küste einen Tribut entrichtet, schafft der gänzliche Mangel an Münzen in archäologischen Funden für diese Zeit große Unsicherheit hinsichtlich der Frage, inwieweit Geld als wirtschaftliche Grundlage genutzt wurde. Fest steht, dass die herrschaftliche Wirtschaft auf Grundbesitz 120 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 23f.

121 Milošević

(Hg.), Hrvati i Karolinzi, 290.

122 Katić, Rasprave i članci iz hrvatske povijesti: „Cum enim Tripemirus rex Sclavorum iret contra gentem Graecorum

et patricium eorum […] item homines Dalmatini, perinde idem similiter homines Latini Graecorum nihilhominus imperio subiecti, regem et imperatorem communi locutione per totam Dalmatiam, longissimam revera regionem regem, inquam, et imperatorem, regnum et imperium vocant.“ („Als nämlich der Slavenkönig Tripemir gegen das Volk der Griechen und ihren Patrizier zog, die Dalmatiner, in gleicher Weise Menschen lateinischer Zunge, die dennoch der Herrschaft der Griechen unterworfen sind, nennen den König und den Kaiser mit einem gemeinsamen Ausdruck in ganzen Dalmatien, ein in der Tat großes Gebiet, König sage ich und Kaiser, königliche und kaiserliche Herrschaft.“)

123 Constantine 124 Giovanni

878

Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 31, 150f.

Diacono, Cronache Veneziane (Hg. Monticolo), 123.

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Herrschaftsstrukturen

und vermutlich Viehzucht basierte, aber es ist nicht bekannt, wie die Herrscher zu ihrem Besitz gelangten. Hier könnte Istrien als Vergleichsgrundlage dienen, wo der fränkische dux den Landbesitz des byzantinischen magister militum übernommen hatte; demnach hätten sich die kroatischen Machthaber als fränkische Amtsträger Ländereien, die dem byzantinischen Fiskus gehört hatten, aneignen können. Die Übernahme der Verwaltung der dalmatinischen Städte gab ihnen zudem die Möglichkeit, Teile des städtischen ager für sich in Anspruch zu nehmen, die ebenfalls dem byzantinischen Fiskus zugehörig gewesen waren. Daneben besaßen sie sicherlich auch Grundbesitz innerhalb ihres Familienverbandes. Besitzungen konnten sie überdies auch durch Usurpation während des fränkisch-awarischen Krieges oder im Rahmen späterer Auseinandersetzungen mit anderen lokalen Herrschern erlangen. Bereits in Trpimirs Schenkungsurkunde treten neben dem Fürsten auch Župane auf. Die Herkunft dieser Titulatur ist ungeklärt; meist wird von einem awarischen Ursprung ausgegangen. Einige Župane besaßen Verpflichtungen am Hof, während andere bestimmte Territorien verwalteten. Konstantin VII. Porphyrogénnetos nannte eine Anzahl von Gespanschaften (županije) zwischen Zrmanja, Cetina und Vrbas, die direkt dem König unterstanden. Neben ihnen erwähnte er auch das Gebiet Lika, Gacka und Krbava, das der Sonderverwaltung des Bans angehörte.125 Die Gespanschaften dienten nicht allein der Organisation einer Verwaltungseinheit, sie waren auch Grundbesitz des Herrschers. Die Župane wiederum waren in den meisten Fällen Angehörige höher gestellter Geschlechter, die der Herrscher in diese Position einsetzte und die ihm im Gegenzug den Treueeid leisteten. Es ist davon auszugehen, dass ihre Position einerseits „von unten“ legitimiert wurde, über ihre Zugehörigkeit zur Kriegerelite, während andererseits ihre Stellung durch die Entscheidung des Herrschers formalisiert wurde. Wie an späteren Entwicklungen ablesbar ist, übernahmen sie neben administrativen Aufgaben – das Einsammeln fälliger Abgaben – auch die Gerichtsbarkeit. Es fällt auf, sofern Konstantins Angaben zuverlässig sind, dass in diesem Gespanschaftssystem die Küstengebiete von Novigrad bis Labin und die Regionen Gorski kotar und Pokuplje nicht miteinbezogen waren. Wenn die Rede vom Küstengebiet, insbesondere von Vinodol, ist, so kann man davon ausgehen, dass dort ein anderes Verwaltungssystem bestand, das auf einer Form des Militärdienstes basierte und im 11. Jahrhundert als Krajina oder dalmatinische Mark bekannt war – beide Begriffe bezeichneten Grenzgebiete; in diesem Fall gegenüber dem Heiligen Römischen Reich – und auf die Byzantiner zurück ging. Dieses System an sich ist viel älter, bedingt durch die Bedeutung des Verkehrsweges, der seit römischen Zeiten durch Vinodol führte und der durch einige Festungen gesichert wurde.126 Im kroatisch verfassten „Gesetzbuch von Vinodol“ (Vinodolski zakon) (1288) werden sog. Permane, Dienstleute des Fürsten, erwähnt, deren Name von den Arimannen hergeleitet werden kann, welche ländliche langobardische Krieger bezeichneten, die man in Istrien bis ins 11. Jahrhundert antraf.127 Außerdem sind die in diesem Gesetzbuch erwähnten Knechte mit den Burgknechten (iobagiones castri) des Hochmittelalters innerhalb der slawonischen 125 Constantine

Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), 144f. Über die Gespanschaften: Mirošević (Hg.), Hrvatske županije kroz stoljeća.

126 Levak, 127 Ebd.,

Podrijetlo i uloga kmetâ, 52–64.

56f.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

und ungarischen Gebiete vergleichbar. Sie bildeten eine Kriegerschicht, die dem Oberhaupt einer Festung unterstand.128 Es ist unbekannt, ob und ab wann all diese Krieger unter die Verfügungsgewalt des Bans gelangten oder ob sie an ihrer Spitze einen anderen Amtsträger besaßen. Bis in die Zeit Petar Krešimirs IV. gibt es keine Angaben über die Organisation des Königshofes, jedoch kann man von der Verfestigung bereits vorhandener Funktionen ausgehen. Im Verlauf der Zeit entstanden aber auch neue Ämter, wie zum Beispiel das Amt des maior domus (djed; Hausmeier) und des tepčija. Der maior domus (djed) verwaltete den königlichen Grundbesitz; seine volle Titulatur „djed der Kroaten“ muss dem nicht notwendigerweise widersprechen.129 Ein tepčija (in der lateinisch verfassten Urkunde tepçi) war vermutlich der königliche Richter. Der tepčija Ljubomir, der in einer Urkunde Stefans III. (um 1089) erwähnt wird, errichtete im dalmatinischen Kaštela eine Kirche mit einer literarisch anspruchsvollen Inschrift, was von seiner herausragenden Stellung zeugt.130 Auf Krešimirs Hof treffen wir, neben den bereits erwähnten, auf eine Reihe weiterer Amtsträger, wie den štitonoša (Schildträger), den buzdovanar, den konjušar (cavallarius), den ubrusar (pincerna), den vratar (uratarus, Türwächter), den ključar (cluzar, Schlüsselhalter), den psetar (Hundeführer) und sokolar (socolaris, Falkner).131 Dass die Funktionsbezeichnung kaum Auskunft über die eigentliche Rolle gibt, ist am Beispiel des Falkners Apric zu sehen, welcher sich sicherlich nicht allein um die königlichen Jagdvögel kümmerte. Im Chartular des Klosters des Hl. Johannes Rogovski ist eine Notiz erhalten, wie der Falkner den König und die Königin zusammen mit ihrem Gefolge bei einer Gelegenheit bewirtete und sie reich beschenkte: Dem König schenkte er sein bestes Pferd und einen Knaben, die Königin bekam eine Dienstmagd und die Schildträger einen Schild und eine Lanze. Der König beschenkte ihn im Gegenzug mit einem Stück Land, das Apric dann dem Kloster schenkte.132 Die komplexe Struktur am Hof weist auf die Bedeutung von zentraler Herrschaft und Hof hin, der imstande war, all diese Ämter zu unterhalten und eine Reihe angesehener Männer um den Herrscher zu versammeln. Dem allerengsten Zirkel des Königs gehörte auch der kroatische Bischof an (episcopus Croaçie, episcopus Croatensis, episcopus regni). Bevor das Niner Bistum abgeschafft wurde, verwendete der dortige Kirchenfürst diese Titulatur 925 – 928; in den 60er Jahren des 11. Jahrhunderts taucht diese am Hofe Petar Krešimirs IV. wieder auf.133 Neben anderen Aufgaben übte der Bischof die Tätigkeit eines königlichen Kanzlers aus (aule regis cancellarius).134 Zur Zeit Zvonimirs war sein Sitz in Knin,

128 Ebd.,

66–69.

129 Beispielsweise: 130 Delonga,

Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 119 (Joannes Croatorum dad, 1070)

The Latin Epigraphic Monuments, 101f.

131 Über

die Dienstleute am Königshof und über andere Instrumente der Herrschaft und Verwaltung im mittelalterlichen Kroatien, siehe: Beuc, Povijest institucija, 39–158. Ebenso: Smiljanić, Studije o srednjovjekovnim slavenskim/hrvatskim institucijama.

132 Codex 133 Ebd., 134 Als

880

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 148.

32, 39, 102, 106, 114.

Beispiel: Ebd., 114.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

und nach der Herrschaftsübernahme durch die Arpaden nannte er sich immer häufiger Bischof von Knin. Im Rahmen der bislang erfolgten archäologischen Untersuchungen konnte noch kein Herrschersitz ausfindig gemacht werden.135 Wir wissen, dass Mislav seinen Sitz (curtis im Sinne einer Kombination von Gebäuden und wirtschaftlichen Einrichtungen) bei einer dem St. Martin geweihten Kirche besaß, jedoch ist der genaue Standort der Kirche unbekannt. In der Schenkungsurkunde Trpimirs wird Klis als Ort eines solchen herrschaftlichen Hofes erwähnt, seine Lage im Verhältnis zur Festung wie auch zum Kloster in Rižinice, einer Stiftung Trpimirs, konnte bislang jedoch nicht festgestellt werden. Aus anderen Quellen kennen wir einige Aufenthaltsorte der Herrscher – Knin, Biograd, Šibenik und Nin –, aber es liegen keine genauen Angaben darüber vor, wo sich ein Herrscherpalast befand. Archäologische Befunde verweisen auf die Möglichkeit, dass die Anbauten an den Kirchen St. Martha in Bijaći und St. Maria in Biskupija nicht als monastische Komplexe, sondern als Herrscherresidenzen anzusehen seien. Sie erfüllten womöglich eine Doppelfunktion wie die Klosterbauten im Frankenreich. In Anbetracht dessen, dass die Ländereien zur damaligen Zeit wie auch in den Jahrhunderten danach nur regiert werden konnten, indem der Herrscher seine Untertanen immer wieder aufsuchte, ist davon auszugehen, dass die kroatischen Könige Residenzen auch nördlich des Velebit, in den Gebieten Pounje und Povrbasje, besaßen, auch wenn davon heute jegliche Spuren fehlen. So bleibt auch die Frage der Herrschersitze im kvarnerisch-istrischen Raum ungeklärt. Petar Krešimir IV. und Zvonimir unterhielten Beziehungen zu Rab, Krk und Cres, sodass sie auch in der Kvarner-Bucht (beispielsweise in Senj, das königlicher Grundbesitz war) und in den dalmatinischen Städten residieren mussten. Daher ist anzunehmen, dass sie dort als Vertreter der byzantinischen Herrschaft oder als souveräne Könige Kroatiens und Dalmatiens Residenzen besaßen. Derartige Gebäude sind in Zadar, Split, Trogir und gewiss auch in Biograd zu vermuten, wo Petar Krešimir zwei Klöster gründete und wo sich 1102 der ungarische König Koloman (1095 – 1116) zum kroatischen König krönen ließ. Der Ban/Banus (lat. banus) nahm innerhalb der Herrschaftshierarchie eine besondere Position ein. Die Ursprünge dieses Amtes sowie seiner Bezeichnung sind unbekannt, jedoch werden sie mit den Awaren wie auch mit den Franken in Verbindung gebracht.136 Die erste Erwähnung eines Banus finden wir innerhalb von Konstantins Bericht zu Kroatien, worin der Kaiser festhielt, dass ein Ban die abgesonderten Gebiete Lika, Gacka und Krbava verwaltet, wofür wir wiederum in anderen Quellen keine Bestätigung finden. Zugleich führte der byzantinische Kaiser an, wie Ban Pribina, der erste namentlich bekannte Träger der Banuswürde, am Aufstand des späteren Königs Michael (Mihajlo) Krešimir  II. (regierte ca. 949 – 969) gegen seinen Bruder Miroslav mitwirkte, den er schließlich tötete. Die Bedeutung des Ban-Amtes wird in der sogenannten Schenkung für Diklo (1066/1067) ersichtlich, in der Petar Krešimir IV. dem Kloster des Hl. Chrysogonus (St. Krševan) eine Besitzung in Diklo, die angeblich von Michael Krešimir II. gestiftet worden war, bestätigt.137

135 Ančić,

Architecture on Royal Domains; Milošević, Due esempi di corti reali altomedievali in Croazia.

136 Beuc,

Povijest institucija, 44f.

137 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 105f.

HGSOE, Bd. 1

881

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Diese Urkunde stellt die bedeutendste Quelle für die Dynastiegeschichte der Trpimirović dar, da alle Herrscher, von Michael bis Petar sowie ihre Bane aufgeführt werden, die damit in eine nahezu gleichberechtigte Position mit den Königen gerückt wurden. Es ist möglich, dass im 11. Jahrhundert zur selben Zeit innerhalb des Königreiches mehrere Bane walteten, jedoch vermögen wir keine Aussagen zu treffen, über welche Gebiete der zweite Ban oder die übrigen Bane herrschten. Meistens wird angenommen, dass es sich um Slawonien gehandelt habe, manchmal wird auch Bosnien ins Feld geführt, allerdings ohne dies wirklich begründen zu können. Über das Ansehen und die machtvolle Position eines derartigen Amtsträgers spricht auch die Urkunde des Ban „S“ – leider ist nur die Initiale seines Namens erhalten – aus den Jahren 1042 – 1044.138 Der Ban vermachte dem Kloster des Hl. Chrysogonus in Zadar eine Kirche, die er selber errichtet hatte und die er mit luxuriösen Utensilien, umfangreichem Landbesitz, Viehbeständen und Sklaven ausstattete. Des Weiteren hebt er seinen Titel eines kaiserlichen Protospathários hervor, der einst Provinz-Statthaltern und auswärtigen Herrschern verliehen worden war. Im 11. Jahrhundert jedoch hatte dieser Titel bereits seine einstige Bedeutung eingebüßt. Zu Lebzeiten dieses Bans diente die Titulatur vermutlich dazu, die Verbundenheit der kroatischen Elite mit dem byzantinischen Kaiserhof zu betonen, was eine Folge der Bestrebungen Konstantinopels sein konnte, seinen Einfluss im Hinterland der dalmatinischen Städte zu stärken, ohne dass der Titel eine wirkliche Funktion gehabt hätte. Eine solche Ehrenfunktion konnte die Angabe aus der Schenkung für Diklo, in der von „mächtigen Banen“ („potentibus banis“) die Rede ist, zusätzlich untermauern. Die Banwürde erlangte zu Lebzeiten von Ban Zvonimir, der sich zum Nachfolger von König Petar Krešimir aufschwang, ihre größte Machtentfaltung. Ende des 10. Jahrhunderts tritt neben den Herrschern ein weiterer wichtiger Amtsträger in Erscheinung, der dux (Vojvoda).139 Es handelt sich hier wahrscheinlich um den Thronfolger bzw. den Sohn des Herrschers, den jüngeren Bruder oder Neffen. Im 9. Jahrhundert trugen diesen Titel allein die Herrscher. Nachdem diese wiederum im Laufe des 10. Jahrhunderts begonnen hatten, den Titel rex (König) zu verwenden,140 musste der alte Herrschertitel eine andere Funktion erfüllen. Den Titel dux finden wir neben der Bezeichnung dux magnus auf einer Inschrift aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts in Kapitul bei Knin überliefert.141 Darin wird Držislav (der spätere Stefan I.) als mächtiger Vojvoda bezeichnet, wobei vom Personennamen des Vojvoden nur das Endteil „…slav“ (…sclv) erhalten blieb. Die wenigen Quellenangaben aus dem 10. Jahrhundert erlauben uns allerdings keinen Rückschluss darüber, ob Držislav zu dieser Zeit bereits Herrscher war, was aber anzunehmen ist. Sein Titel dux magnus wurde vermutlich als Synonym für rex verwendet, eine Titelbezeichnung, die noch nicht fest etabliert war. Denkbar ist andererseits auch, dass er zum

138 Ebd.,

75f.

139 Beuc,

Povijest institucija, 43.

140 Der

kroatische Titel rex ist zum ersten Mal im Epitaph der Königin Jelena aus dem Jahre 976 verzeichnet, nach welcher auch ihr Gatte Michael Krešimir  II. und ihr Sohn Stefan  I. Držislav den Titel trugen, siehe hierzu: Delonga, The Latin Epigraphic Monuments, 140–144.

141 Ebd.,

882

118f.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

damaligen Zeitpunkt bereits zum Thronfolger bestimmt worden und als solcher, neben seinem Vater Michael Krešimir, Mitregent war. Der Neffe Petar Krešimirs, Stefan, der Zvonimir als Stefan III. beerbte, trug ebenfalls den Titel dux, ebenso Zvonimir. Zvonimir gelangte dabei zum Königstitel, obwohl er in keinem Verwandtschaftsverhältnis zu Petar Krešimir stand. Über den kroatischen Sabor („Versammlung“, später Ständeversammlung) des Frühmittelalters lässt sich nur sehr wenig sagen, da aus den erhalten gebliebenen und seltenen Quellenmaterialien nicht allzu viele Angaben hervorgehen. Dennoch ermöglichen uns selbst diese wenigen Quellenangaben eine Vorstellung davon, wie kollektive Entscheidungen gefällt wurden, bevor sich der Sabor zu einer geschlossenen ständischen Versammlung aus Adel und Priesterschaft wandelte. Bornas Nachfolger Vladislav gelangte an die Macht, indem er vom Volk gewählt wurde, woraufhin seine Herrschaftswürde durch den fränkischen Kaiser Ludwig den Frommen bestätigt wurde („petente populo atque imperatore consentiente“).142 Der Terminus populus (Volk, Nation) ist nicht nur hier als Synonym für das Heer zu verstehen, d. h. für eine Gruppe von Kriegern, die zugleich Träger einer kollektiven (ethnischen) Identität waren. Über die Teilnahme des Klerus, der an der Wahl zum Sabor mitwirkte, lässt sich anhand der Quellen nichts sagen. Obgleich von Vladislavs Wahl nur wenig bekannt ist, stellt dies dennoch die erste zuverlässige Angabe über die Abhaltung eines Sabors in Kroatien dar. Unter den seltenen mehr oder weniger gut überlieferten frühmittelalterlichen Versammlungen der Herrschenden hinterließ der 1075 in Solin abgehaltene Sabor zur Krönung Zvonimirs die beeindruckendste Spur.143 Nach dem Tod seines Vorgängers konnte Zvonimir nur über eine Wahl auf den Thron gelangen, da er keine verwandtschaftlichen Beziehungen zur Herrscherdynastie hatte. Mit der Absicht, auch symbolisch mit der Trpimirović-Dynastie zu brechen, die in Biograd gekrönt wurde, berief er noch als Thronfolger (dux) einen Sabor nach Solin, vor der Kirche St. Peter und Mose (heute die sog. Šuplja crkva), ein. Auf dieser Versammlung wurde Zvonimir gemeinsam vom gesamten Klerus und Volk einmütig zum König Kroatiens und Dalmatiens gewählt. Dies weist darauf hin, dass es dem Klerus in Zeiten einer erfolgreichen Reformpolitik Roms, im Geiste des großen europäischen Investiturstreits bzw. eines kirchlichen Primats über die weltliche Herrschaft, auch in Kroatien und Dalmatien gelang, eine zentrale politische Rolle zu spielen und zu einem nicht umgehbaren Machtfaktor bei Versammlungen der Herrschenden und bei der Königswahl zu werden. Nach seiner Krönung, die der päpstliche Gesandte Gebizo durchführte, setzte sich Zvonimir für einige Forderungen der Kirche ein, die vermutlich durch ihn erst Gesetzeskraft erhielten. Dazu zählten beispielsweise die Regulierungen ehelicher Verbindungen, das ordnungsgemäße Einsammeln kirchlicher Abgaben, der Schutz von Witwen und Waisen sowie das Verbot des Verkaufs von Menschen in die Sklaverei.

142 Vita

Hludowici (ed. Pertz), 625.

143 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 139f.

HGSOE, Bd. 1

883

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Ein weiterer derartiger Sabor wurde im Rahmen der Krönung Stefans III. abgehalten.144 Auch wenn im Allgemeinen angenommen wird, dass er sich in Biograd krönen ließ, ist festzuhalten, dass der Sabor in der Nähe der Festung von Šibenik abgehalten wurde. Insofern ist anzunehmen, dass dort auch der Krönungsakt stattgefunden hat. Der König erlangte durch Konsens aller Adligen des Königreiches seinen Thron. Der Wille des Volkes wird nicht mehr erwähnt. Daher kann angenommen werden, dass der Sabor auch formal auf jene Gesellschaftsschicht reduziert wurde, die sich zukünftig als „adlig“ bezeichnete. Dies war die Zeit, als sich der Adel, über seine materiellen Grundlagen, nicht aber durch einen rechtlichen Status, von der übrigen Einwohnerschaft des Königreiches absonderte und bereits eine führende Rolle in der Verwaltung des Landes einnahm. Auch wenn die „Versammlung des gesamten Volkes“, die noch auf Zvonimirs Sabor erwähnt wird, seit langem nur mehr die formale Aufgabe der Akklamation erfüllte, verlor sie nun auch diese. An Stefans Sabor nahmen auch die einfachen Leute teil – das gesamte Volk, die Bischöfe, Äbte und Vorsteher von Klöstern. Sie alle traten vor den König, damit er ihnen, nach altem Brauch, ihre Privilegien bestätigte oder neue vergab. Auch wenn das „gesamte Volk“ versammelt war, so wurde der Herrscher lediglich vom Adel gewählt. Allerdings behielt auch die hohe Geistlichkeit ihre herausgehobene Stellung. Neben den großen Krönungsversammlungen und solchen, auf denen Fragen geklärt wurden, die für das gesamte Königreich von Bedeutung waren (beispielsweise die Abmachung zwischen den Gesandten der dalmatinischen Städte und Koloman bezüglich der Modalitäten, unter denen seine Herrschaft zu akzeptieren ist), hielten die Machthaber auch lokale Versammlungen ab, auf denen sie über regionale Angelegenheiten entschieden. Derartige Zusammenkünfte waren auch keine richtigen Sabor-Versammlungen, jedoch kann aufgrund des dürftigen Quellenmaterials nicht trennscharf unterschieden werden zwischen dem, was ein Sabor im späteren Sinne des Wortes war und zwischen einer Gerichtsversammlung oder einer Ratssitzung. Denn der Herrscher befand sich öfters im Umkreis all seiner Bischöfe und einiger anderer Würdenträger. Daher sind Ratssitzungen nur schwer von Rechtsakten zu unterscheiden, auf welchen die Prälaten lediglich als Zeugen fungierten. So vergab Petar Krešimir IV. in Šibenik zu Weihnachten 1066 dem Kloster St. Maria in Zadar, dessen Äbtissin Cika vor den König trat, königliche Freiheitsrechte.145 Erst für spätere Jahrhunderte sind dank der Weiterentwicklung der Verwaltung und umfangreicherem Quellenmaterial gesicherte Rückschlüsse über die Arbeit und Zusammensetzung des Sabors möglich. Dann allerdings trugen die Arpaden die Kroatische Krone, und in den kroatischen Ländern tauchen zwei gesonderte Versammlungen auf: ein kroatischer und ein slawonischer Sabor. Der Dynastiewechsel von der Trpimirović- zur Arpadendynastie steht mit der Diskussion einer Quelle in Verbindung, die suggeriert, dass der kroatische Adel Koloman freiwillig zu ihrem König gewählt habe. Diese lang anhaltende Diskussion innerhalb der kroatischen und ungarischen Historiographie löste ein Quellentext, bekannt unter dem Titel „Pacta conventa“ (auch Qualiter), aus. Es handelt sich hierbei um Zusätze zu einigen Abschriften aus der Chronik Historia Salonitana

144 Ebd.,

188f.

145 Ebd.,

102.

884

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

des Thomas Archidiaconus. Im Text ist die Rede davon, dass die Vertreter von zwölf kroatischen Adelsgeschlechtern mit Koloman vereinbart hätten, ihn als kroatischen König anzuerkennen, und er ihnen im Gegenzug versprochen haben soll, ihren Landbesitz anzuerkennen und sie von allen Abgaben zu befreien sowie gewisse Privilegien für die Befreiung von der Heerfahrt auszustellen. Bis in das Jahr 1918 und dem Zerfall des Königreichs von Ungarn, Kroatien, Dalmatien und Slawonien war die Verteidigung der Authentizität dieser Geschichte vor allem eine politische Frage, denn auf ihr basierte bereits seit dem Spätmittelalter das kroatische historische Recht auf Selbständigkeit bzw. Autonomie die Auslegung, dass die Kroaten Koloman freiwillig als König angenommen hätten und sie demnach frei seien in der Königswahl. Die ungarische Historiographie bemühte sich jedoch nachzuweisen, dass diese Version historisch nicht fundiert war. Nach 1918 wandelte sich diese Disukussion zu einem wissenschaftlichen Diskurs, während sie im Rahmen politischer Auseinandersetzungen an Relevenz verlor (mit partiellen Ausnahmen in den innerkroatischen Beziehungen), und die kroatischen Historiker begegneten dem Text mit einer größeren kritischen Distanz. Heute überwiegt die Meinung, dass jener Text erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts entstand, als sich auf dem Gebiet der Gespanschaft (županija) Luka, im Hinterland von Zadar, wo Ludwig I. von Anjou seine königliche Oberhoheit wiederherstellte, die Gemeinschaft der „zwölf Adelsgeschlechter des Königreichs Kroatien“ herausbildete.146

12 .4 .3 Dalmatien Nach dem Zerfall von Salona als Zentrum Dalmatiens übernahm Zadar diese Funktion. Über den Zustand dieser Region lassen sich für das 7. und 8. Jahrhundert kaum Aussagen treffen. Die Beziehungen Dalmatiens zu den ravennatischen Exarchen sind weitgehend unbekannt. Es wird vermutet, dass der byzantinische Statthalter von Ravenna auch für die ostadriatischen Gebiete zuständig gewesen sei. Andererseits sprechen gewisse Argumente dagegen, beispielsweise die Erwähnung des praefectur praetorio per Illyricum in einem Schreiben des Papstes Gregor I. (590 – 604), worin der Papst den hohen Amtsträger darauf hinweist, den Bischof von Salona, Natalis, nicht zu unterstützen. Dies suggeriert, dass der Exarch nicht die Oberhoheit über Dalmatien besaß.147 Trotz alledem scheinen sich nach dem Ende des ravennatischen Exarchats 751 die Beziehungen Dalmatiens mit dem Zentrum des Kaiserreichs verbessert zu haben.148 Der inschriftlich belegte Name des byzantinischen Kaisers Konstantin V. oder VI. auf einem Sarkophag in Trogir sowie zahlreiche Goldmünzen mit Prägungen Konstantins V. belegen das Interesse des Kaisers an der Grenzprovinz.149 In der späteren dalmatinischen Tradition des 13. Jahrhunderts, blieb die Erinnerung an Kaiser

146 Raukar,

Hrvatsko srednjovjekovlje, 203–205; ders., Seljak i plemić.

147 Matijašić,

Povijest hrvatskih zemalja u kasnoj antici, 232.

148 Dass

es sich nicht nur um die Intensivierung politischer Beziehungen handelte, sondern auch um die Wiederbelebung des Handels an der Adria belegte Hodges, Aistulf and the Adriatic Sea.

149 Mihaljčić/Steindorff,

Note on Trade.

HGSOE, Bd. 1

Namentragende Steininschriften; Mirnik, Novac iz starohrvatskih grobova; Curta, A

885

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Theodosius III. (715 – 717), einen eher unbedeutenden Herrscher, lebendig. Seine Erwähnung in zwei Schriftstücken belegt, dass sich noch vor dem Fall Ravennas die Beziehungen Konstantinopels zu Dalmatien verbessert hatten. Im Übrigen entsandten auch die Istrianer vor 788 Gesandtschaften nach Konstantinopel, damit der Kaiser ihnen den Ehrentitel Hypathus bestätige und sie zahlten jährlich Abgaben an die kaiserliche Kammer.150 Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass es in Dalmatien ähnlich war. Ende des 8. Jahrhunderts wurde in Zadar die große Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit errichtet, neben der sich ein heute allerdings nicht mehr existentes ebenso großes Bauwerk befand, wo mit hoher Wahrscheinlichkeit der byzantinische Statthalter Dalmatiens residierte.151 All diese Gebäude waren Teil des bischöflichen Gebäudekomplexes auf dem einstigen römischen Forum. Die Nähe zwischen der weltlichen und kirchlichen Herrschaft trat während des byzantinisch-fränkischen Krieges deutlich hervor, als Bischof Donatus und dux Paulus, der Provinzstatthalter, gemeinsam die Verhandlungen mit Karl dem Großen führten. Die geographische Beschaffenheit Dalmatiens als eine Ansammlung von Städten und Inseln, die sich über einen Raum von 550 km (von Osor bis nach Kotor) erstreckten, erschwerte die Kontrolle über die Region und ermöglichte eine weitgehend eigenständige Verwaltung einzelner Städte. Daher bleibt die Frage unbeantwortet, inwieweit der byzantinische Statthalter die gesamte Region tatsächlich kontrollieren konnte und ob sich seine Herrschaft zu gewissen Zeiten allein auf Zadar und dessen benachbarte Inseln beschränkte.152 Mit dem Aachener Frieden von 812 wurden die Grenzen zwischen den byzantinischen und fränkischen Besitzungen in Dalmatien festgelegt, was eine gemeinsame Kommission 817 bestätigte.153 Vermutlich in dieser Zeit wurde Dalmatien als eigenständiges Thema mit einem Strategós in Zadar eingerichtet. Alle Städte waren verpflichtet, dem Strategós einen Tribut zu entrichten. Siegel byzantinischer Amtsträger geben uns einen nur dürftigen Einblick in den Charakter der oströmischen Herrschaft über das dalmatinische Thema. Die Amtssiegel werden für gewöhnlich auf das 9. Jahrhundert datiert (manchmal auf das 9./10. Jahrhundert), von denen nur zwei (Bryénnios und Eustáthios) den Titel eines Strategós trugen, während die übrigen (Geórgios, Theophýlaktos sowie zwei Ungenannte) als Archonten Dalmatiens urkundeten. Einer der Siegelträger (Euthýmios) trug den Titel eines dux (δου´κας) und ein Ungenannter siegelte als mandator.154 Gottschalk aus Orbais vermerkte, dass Trpimir um 846/847 Krieg gegen die Griechen führte, an deren Spitze ein Patríkios stand.155 Und nachdem gemäß Konstantin VII. Porphyrogénnetos die volle Titulatur des Verwalters Dalmatiens „Anthýpatos, Patríkios und Strategós Dalmatiens“, lautete, handelte es sich bei

150 Krahwinkler, 151 Vezić,

... In loco qui dicitur Riziano ..., 72, 74, 76.

Sveti Donat.

152 Konstantin

Porphyrogénnetos bestätigte, dass sich die Städte zur Zeit des Kaisers Michaels III. verselbstständigten und keine Oberhoheit anerkennen wollten. Die Historizität jener Beschwerde ist nicht nachprüfbar, siehe hierzu Constantine Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 29, 28f.

153 Annales

regni Francorum (ed. Kurze), 145.

154 Budak,

One More Renaissance?

155 Siehe

886

Anm. 123.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

dem von Gottschalk erwähnten Amtsträger vermutlich um den dalmatinischen Strategós.156 Die lateinische Titulatur lautete proconsul.157 Einige Zeit nach dem erneuten Eindringen der byzantinischen Flotte in die Adria im Jahr 867 entschied Kaiser Basíleios I., dass die Städte die Abgaben, die sie dem Strategós zahlten, an den kroatischen Herrscher zu entrichten hatten (mit Ausnahme Dubrovniks, welches Tribute an die Herrscher von Zahumlje, Travunien und Kotor zahlen musste). Der byzantinische Strategós dagegen sollte nur eine symbolische Abgabe erhalten, als Zeichen der Anerkennung der kaiserlichen Oberhoheit.158 Diese Entscheidung wurde wahrscheinlich in der nur kurzen Herrschaftszeit Zdeslavs gefällt, der mit Unterstützung von Byzanz an die Macht kam. Sie gibt allerdings keinen Einblick in den Charakter der Beziehungen zwischen dem kroatischen Herrscher und Dalmatien. Dass diese Verbindungen sehr eng waren, auch wenn vielleicht nicht formalisiert, ist anhand einer Urkunde von Zdeslavs Bruder dux Mutimir zu ersehen, der 892 nach Split ging, um auf dem Altar der dortigen Kathedrale eine Schenkungsurkunde für die Spliter Kirche niederzulegen.159 Während der Herrschaft Tomislavs (vor 912 – nach 925), der „das Konsulat innerhalb der Grenzen Kroatiens und Dalmatiens innehatte“,160 kam es zu einer noch engeren Verflechtung Dalmatiens mit den kroatischen Herrschern. Diese Angabe wie auch der Umstand, dass Tomislav an der Spliter Provinzialsynode teilnahm, lassen darauf schließen, dass Byzanz ihm die Verwaltung Dalmatiens anvertraut hatte. Dies geschah möglicherweise nach 918, als der Prior Andreas von Zadar sein Testament verfasste, in dem weder der Name des kroatischen Herrschers noch der eines byzantinischen Amtsträgers der Provinz Dalmatien erwähnt werden.161 Prioren waren ansonsten Angehörige der einheimischen Elite, die an der Spitze einzelner Städte standen und die aus Familien stammten, welche die Bischöfe, Tribunen und Verwalter einzelner Stadtviertel stellten.162 Es ist möglich, dass der Prior von Zadar auch die oberste Macht in Dalmatien ausübte oder wenigstens nach ihr strebte, wie es auch später der Fall sein wird. Doch ungeachtet der eigentlichen Machtfülle einzelner Prioren wurde in den Urkunden, unmittelbar nach der Nennung des Kaisers, zuerst der (Erz)Bischof als die angesehendste Person innerhalb der Stadt genannt. Angesichts der Auseinandersetzungen mit den Bulgaren wuchs für Byzanz die Notwendigkeit, Verbündete zu suchen, die in Zeiten des Kriegs mit Bulgarien die dalmatinische Provinz schützen konnten. Die byzantinischen Kaiser schufen daher eine drei- bzw. vierstufige Herrschaft innerhalb der Provinz. Der oströmische Herrscher überließ als Souverän dem kroatischen König (zeitweilig?) die Verwaltung der Provinz, und für die Zeit Stefans I. Držislav weiß man, dass ihm der Titel eines 156 Constantini

Porphyrogeniti de cerimoniis (ed. Reiske), Bd. 1, Kap. 52, 728.

157 Aus

dem 9. Jh. sind aus Trogir Fragmente von Inschriften erhalten, auf denen der Prokonsul erwähnt wird, siehe: Karaman, Spomenici u Dalmaciji u doba hrvatske narodne dinastije.

158 Constantine 159 Codex

Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 30, 146f.

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 24.

160 Klaić,

Historia Salonitana maior, 98.

161 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 26–28.

162 Nikolić

Jakus, Rođaci i bližnji; dies., Madijevci; Basić, Bilješke o problemu konstituiranja tribunata.

HGSOE, Bd. 1

887

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Eparchen und Patríkios verliehen wurde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Funktion des Strategós bzw. Prokonsul aufgehoben wurde. Im Jahre 968 wird in einer Urkunde aus Zadar der städtische Prior Maios auch als Prokonsul Dalmatiens vorgestellt.163 Am Ende der Hierarchie standen die städtischen Prioren. Für eine gewisse Zeit, zumindest bis in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts, unterhielt Byzanz zur Durchsetzung der kaiserlichen Herrschaft in Dalmatien (und Durazzo) sieben Kriegsschiffe.164 Die Kriege gegen den bulgarischen Zaren Samuil zwangen Byzanz dazu, die Verteidigung des südlichen Dalmatiens mit seinem Zentrum in Dubrovnik besser zu organisieren.165 Dubrovnik blieb seitdem, mit Ausnahme einiger kurzer Unterbrechungen der venezanischen (1000 – 1018, 1171 – 1172) und normannischen Herrschaft (1081 – 1085, 1172 – 1192), bis 1205 eng an Byzanz gebunden.166 Das Verwaltungssystem wurde nach dem Tod Stefans  I. für kurze Zeit geändert, als dessen Söhne sich in einen Thronfolgekrieg verwickelten. In Folge dieser Unruhen eroberte der Doge Pietro II. Orseolo Dalmatien und bezeichnete sich fortan als dux Dalmatiae.167 Krešimir III. und Gojslav  I., Brüder und Mitherrscher, versuchten, die dalmatinischen Städte wieder unter kroatische Oberhoheit zu bringen, woraus ein Konflikt mit dem byzantinischen Kaiser Basíleios  II. entstand.168 Ottone (Otto) II. Orseolo unternahm 1018 einen neuen Feldzug, jedoch leisteten ihm nur die Inseln und Städte an der Kvarner Bucht den Treueid.169 In Zadar gelangte Ende des 10. Jahrhunderts das Geschlecht der Madier an die Macht.170 Für den Zeitraum von 1033 bis 1041 werden in den Quellen aus dieser Familie der Prokonsul Grgur (Gregor) und der Toparch Dobronja erwähnt, wobei Historiker zumeist von einer Person mit zwei Namen ausgehen, so wie es der Fall mit den kroatischen Königen (z. B. Petar Krešimir und Demetrius Zvonimir) war.171 Grgur entstammte zweifelsfrei dem Geschlecht der Madier, dessen gesellschaftlicher Rang durch ein inschrifttragendes Ciborium, seine Schenkung an den Dom von Zadar, bezeugt wird. Außer dem Titel eines Prokonsuls, wird auch seine Titulatur als Protospathários und strategoí belegt.172 Den Dobronja erwähnt Kekauménos als Archonten und Toparchen von 163 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 45f.

164 Constantini

Porphyrogeniti de cerimoniis (ed. Reiske), Bd. 2, Kap. 45, 664.

165 Barada,

Dalmatia superior.

166 Harris,

Dubrovnik, 37–43.

167 Šišić,

Povijest Hrvata, 475.

168 Klaić,

Povijest Hrvata u ranom srednjem vijeku, 329f.

169 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 54–57.

170 Nikolić

Jakus, Rođaci i bližnji, an mehreren Stellen. Der Familienname Madier (Madijevci) ist ein historiographisches Produkt, das in den zeitgenössischen Schriftstücken nicht vorkommt.

171 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 67–70; Cecaumeni Strategicon (edd. Wassiliewsky/ Jernstedt), 77.

172 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1; Mihaljčić/Steindorff, Namentragende Steininschriften, 21.

888

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

Zadar und Split, der den byzantinischen Kaiser Romanós III. besuchte, um dessen Unterstützung zu erlangen. Nach dieser Erzählung soll er zweimal erfolgreich nach Byzanz gereist sein (was der Fund zahlreicher Goldmünzen des Romanós in Dalmatien und Kroatien belegt); beim dritten Mal allerdings traf er auf Kaiser Michael IV., der ihn in den Kerker warf. Dies belegt, dass die Madier die Schwächen aller politischen Akteure nutzten, um über den Titel des Prokonsuls (oder Toparchen) die Herrschaft über Zadar und anderer Städte an sich zu reißen. In der Zeit König Petar Krešimirs IV. band sich Oberdalmatien stärker an Kroatien. Im Jahr 1067 trug der Prior Leon aus Zadar den Titel eines kaiserlichen Protospathários und Katepan für ganz Dalmatien, und 1069 wird er erst als neunter Zeuge in einer königlichen Urkunde erwähnt.173 Die Bürger Rabs suchten 1070 vom König die Bestätigung, dass sie außerhalb der Stadtmauern ein Kloster errichten durften.174 Krešimir knüpfte insbesonders enge Kontakte mit Zadar und dessen Benediktinerklöstern.175 Nachdem Zvonimir 1075 auf den Thron gelangt war, brach er alle Beziehungen zu Byzanz ab und wurde ein Vasall Papst Gregors VII. Die dalmatinischen Städte beherrschte er seitdem nicht mehr stellvertetend für den Kaiser in Konstantinopel, sondern als König der Kroaten und Dalmatiner. Seine Herrschaft spürte man auf den Kvarner Inseln und in Split, während die Beziehungen zu Zadar an Bedeutung verloren.176 Byzanz festigte daraufhin erneut seine Bindungen zu Venedig, sodass von 1085 an die Dogen den Titel des dux Dalmatiae trugen, ohne aber eine reelle Herrschaft über diese Region auszuüben.177 Nach dem Tod des letzten Königs aus der Trpimirović-Dynastie, Stefan III., kehrten die Städte unter die byzantinische Oberhoheit zurück bzw. sie gelangten unter den Einfluss Venedigs. In den Urkunden aus Zadar aus der ersten Hälfte der 1090er Jahre wird allein Kaiser Aléxios I. Komnenós erwähnt,178 während 1097 Split und Trogir dem Dogen Vitale Michiele Treue schworen, der sich von nun an „gloriosus dux Venetię atque Dalmatię sive Chroacię et imperialis prothosevastor“ bezeichnete.179 Im Chaos der Auseinandersetzungen um den kroatischen Thron, in welches sich die Arpadendynastie einmischte, gelang es dem Dogen, wenigstens einige der bereits seit Jahrzehnten bestehenden Machtambitionen gegenüber der östlichen Adriaküste umzusetzen. Dennoch musste Venedig am Ende dieser unruhigen Zeiten für kurze Zeit von Dalmatien Abstand nehmen, nachdem nämlich 1105 Koloman, teilweise durch militärischen Druck, teils durch Diplomatie, die Städte Unterdalmatiens zwang, sich ihm zu ergeben.

173 Codex 174 Ebd.,

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 107, 114.

85f., 114f.

175 Budak,

Foundations and Donations.

176 Während

Zvonimirs Beziehungen zu Dalmatien durch lateinische Urkunden dokumentiert werden, ist die Landschenkung an ein Benediktinerkloster in Baška auf der Insel Krk in glagolitischer Schrift auf einer Steinplatte verfasst worden, siehe hierzu ders., Über die Anfänge der slawischen Liturgie.

177 Šišić,

Povijest Hrvata, 582.

178 Codex 179 Ebd.,

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 200–204.

207f.

HGSOE, Bd. 1

889

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

12 .4 .4 Das Fürstentum „zwischen Save und Drau“: Niederpannonien Die während der Völkerwanderungen nach Pannonien gelangte Bevölkerung errichtete ihre Ansiedlungen in unmittelbarer Nähe antiker Ruinen: Dies geschah im antiken Mursa (Osijek) und Cibalea (Vinkovci), aber auch im heutigen Ungarn, in Fünfkirchen/Pécs/Pečuh/Pečuj (Sopianae) und Keszthely-Fenékupuszta (castrum Valco). Aufgrund der unzulänglichen archäologischen Untersuchung von Sisak sind keine konkreten Aussagen über den Charakter frühmittelalterlicher Siedlungen innerhalb dieser Region möglich, jedoch weisen die bisherigen archäologischen Funde auf den Beginn sowie auf die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts hin. Der erhöhte Teil der Stadt, Pogorolec, umflossen vom Fluss Kupa, bot eine ideale Lage für ein frühmittelalterliches Zentrum.180 Auch außerhalb von Städten nutzten die Neuankömmlinge verlassene antike Gebäude (villae) zur Erschließung von Baumaterialien und als Begräbnisstätten oder sie passten sie ihrer Art zu wohnen an, ähnlich wie im Küstengebiet, indem der Wohnraum auf eine einfache Wohneinheit mit Feuerstätte reduziert wurde.181 Auch wenn bald nach dem awarisch-fränkischen Krieg keine weiteren Nachrichten über die Awaren vorliegen, lässt sich dennoch dank archäologischer Funde nachweisen, dass sie in einigen Gebieten des einstigen Khaganats weiterhin lebten, wie zum Beispiel im Talkessel von Požega. Ansonsten sind Funde zu den Awaren südlich der Drau selbst für die Zeit des Khaganats verhältnismäßig selten.182 Im Jahre 811 wurde der östliche fränkische Machtbereich so organisiert, dass an der Drau die Grenze zwischen der Markgrafschaft Friaul und der Ostmark gezogen wurde. Gleichzeitig wurden mit derselben Grenze die Jurisdiktionen des Erzbistums Salzburg und des Patriarchats von Aquileia getrennt.183 Die Räume zwischen Drau und Adria, die zuvor noch von den Langobarden beherrscht worden waren, befanden sich nunmehr unter unmittelbarem Einfluss von Verwaltungsund kirchlichen Machtzentren. Erste Nachrichten über das Fürstentum „zwischen Drau und Save“ sind mit dem Aufstand des Fürsten Ljudevit (818 – 822) verbunden, der in den fränkischen Annalen als dux Pannoniae inferioris oder Pannoniae tyrannus bezeichnet wurde. Diese Titulatur belegt, dass Ljudevit ein fränkischer Herrschaftsträger war und keinen Rückhalt durch irgendeine gens besaß. Unter dem Terminus Niederpannonien (Pannonia inferior) verstand man bisweilen auch das Gebiet des heutigen Syrmien, das sich nicht „zwischen Drau und Save“ befindet, aber auch das Gebiet nördlich der Drau, während die südliche Grenze zu Dalmatien vermutlich südlich der Kupa verlief. Die westliche Grenze könnte man mit der einstigen Grenze der römischen Provinzen Noricum und Pannonien identifizieren. Ljudevits Herrschaft konnte sich jedenfalls im Osten in der Tat bis nach Syrmien erstrecken, da dieses Gebiet, so scheint es, seit den Zeiten des Markgrafen

180 Filipec, 181 Ebd.,

Donja Panonija, 123.

119–127.

182 Gračanin,

Južna Panonija, Landkarte auf Seite 142.

183 Wolfram,

Die Geburt Mitteleuropas, 266.

890

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

Erich und dem Krieg gegen die Awaren in fränkischer Hand war. Hierfür spricht auch die Angabe, dass Ljudevit in seiner Rebellion von den Timočani, die am Fluss Timok lebten, unterstützt wurde. Ihre Hilfe wäre kaum nachvollziehbar, wenn kein direkter Austausch bestanden hätte. Die fränkischen Chronisten bezeichneten die Bevölkerung jenes Fürstentums entweder als Slawen oder als Pannonier, und auf dem Reichstag zu Frankfurt 822, wo sich alle Vertreter der ostslawischen Völker versammelten, war niemand anwesend, der als Bewohner des Save-Drau Zwischenstromlandes identifiziert werden könnte.184 Die dortigen Einwohner schafften es nicht, eine eigene Ethnogenese in Gang zu setzen, sodass sie weiterhin als Slawen identifiziert wurden, während ihr Land auch in den späteren Jahrhunderten einfach Slawonien genannt wurde. Nach erfolglosen Grenzverhandlungen mit dem fränkischen Kaiser Ludwig I. dem Frommen von 824 bis 826 unternahm der bulgarische Khan Omurtag 827 einen Feldzug in das fränkisch beherrschte Pannonien. Sein Heer beförderte er mit Hilfe von Schiffen über die Drau und überraschte damit offensichtlich die fränkischen Truppen.185 Auch stellt sich die Frage, wie es nur fünf Jahre nach Beendigung der heftigen Kämpfe, während des Aufstandes von Ljudevit, um die Verteidigungsstärke der Franken und ihrer lokalen Untergebenen stand. Die Bulgaren, so die fränkischen Chronisten, wechselten die dortigen fränkischen Machthaber gegen eigene Verwalter (Rektoren) aus. Möglicherweise fiel damals, nach Auflösung der friulanischen Markgrafschaft oder etwas später, Niederpannonien unter die Zuständigkeit der Ostmark.186 829 unternahmen die Bulgaren erneut eine Strafexpedition an der Drau. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass sich der Herrschaftsraum des niederpannonischen Fürstentums aufgrund des bulgarischen Durchbruchs bedeutend verkleinerte, vielleicht auf das Gebiet des späteren mittelalterlichen Slawonien und Teile des heutigen Slowenien nördlich der Save. Ein kirchliches und Verwaltungszentrum des verkleinerten Fürstentums befand sich in Lobor neben der Kirche St. Maria, von wo aus der wichtige Weg, welcher Pettau/Ptuj (Poetovio) mit Sisak verband, kontrolliert werden konnte.187 Die territorialen Verluste des Fürstentums begünstigten die Expansion Kroatiens in die Gebiete von Sisak bzw. südlich der Save. Trotz des Mangels an eindeutigen Befunden sprechen mehrere Indizien für einen derartigen Tatbestand. Der unlängst gemachte Grabfund in der in der Banija gelegenen Ortschaft Bojna, nahe dem Fluss Una, mit wertvoller Reiterausrüstung, einem Quarz-Anhänger sowie einer Goldmünze des byzantinischen Kaisers Konstantin V. (Koprónymos) (741 – 775), gemeinsam mit einem weiteren Grab, das eine Ausrüstung fränkischer Provenienz enthielt, zeugt von einem Mitglied der Krieger­ elite. Dieses identifizierte sich auf die selbe Art und Weise wie der in Biskupija bei Knin beerdigte hohe Würdenträger, aber auch wie einige andere Mitglieder der Kriegerelite Dalmatiens und 184 Annales

regni Francorum (ed. Kurze), 159.

185 Gračanin,

Južna Panonija, 170f.

186 Wolfram,

Die Geburt Mitteleuropas, 275.

187 Filipec/Laszlo

u Loboru.

HGSOE, Bd. 1

Klemar/Puc, Arheološko-povijesni vodič po svetištu Majke Božje Gorske; Filipec, Drvena crkva

891

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Kroatiens. Das weist wiederum darauf hin, dass das Gebiet entlang des mittleren Verlaufs der Una an Kroatien gebunden war. Auch ist anzunehmen, dass Bojna über eine Festung mit Ansiedlung verfügte.188 Konstantin VII. Porphyrogénnetos beschreibt, wie nach der Ansiedlung ein Teil der Kroaten nach Illyrien und Pannonien zog, wo sie einen eigenen Archonten besaßen.189 Es ist aber schwer auszumachen, was der Kaiser unter Illyrien und Pannonien verstand. Es könnte sich hierbei um Teile des Fürstentums Ljudevits handeln, das unter der Herrschaft von Kroaten stand, die dem Frankenreich loyal ergeben waren. Hierfür spricht auch das 928 dem Niner Bischof Grgur unterbreitete Angebot, auf den Bischofsstuhl von Sisak zu wechseln, da es dort zahlreiche Christen gab und innerhalb der dortigen Bischofskirche eine Sedisvakanz herrschte.190 Ein derartiges Angebot wäre nicht möglich gewesen, wenn Sisak samt Umgebung nicht zu dieser Zeit zum kroatischen Königreich gehört hätte. Im Jahre 838 wird für Teile der Region zwischen Drau und Save ein gewisser Ratimir erwähnt, der sich den Bulgaren zugewandt hatte und eventuell als deren Statthalter für die eroberten Gebiete fungierte. Er herrschte wahrscheinlich über den östlichen Teil des einstigen Fürstentums Ljudevits. Pribina, einst Fürst von Neutra/Nitra, fand nach seiner Auseinandersetzung mit den moravischen Herrscher Mojmir Zuflucht bei Ratbod, dem ostmärkischen Grafen, wo er von Ludwig dem Deutschen getauft wurde. Aus unbekannten Gründen floh Pribina danach zu den Bulgaren und dann zu Ratimir. Im Jahr 838 unternahm Ratbod einen Feldzug gegen Ratimir, in welchem dieser besiegt und vertrieben wurde. Pribina wechselte auf die Seite des Siegers und erhielt vom König Land um den Plattensee. 191 Der Fall Pribinas zeigt, genauso wie zuvor der Fall Ljudevits, wie mobil Feldherren mit ihrem Gefolge waren und auf ihrer Suche nach neuem Land und ethnischen Gruppen, die sie sich gefügig machen konnten, leicht ihre Aufenthaltsorte wechselten. Pannonien war für derartige kurzfristige Migrationen vermutlich besser geeignet als der dalmatinische Raum, der bereits damals dichter besiedelt und wohl auch besser organisiert war. Das Schicksal des Raumes zwischen Drau und Save bleibt bis zum Ende des 9. Jahrhunderts unbekannt. 845 schafften es die Franken, auf dem gesamten Gebiet des heutigen Slawoniens und Syrmiens ihre Herrschaft wiederherzustellen. Pribina und (später) dessen Sohn Kocel herrschten aus dem am Plattensee gelegenen und von Pribina errichteten Moosburg/Zalavár über ein großes slawisches Fürstentum, in dem der Slawenapostel Method mit seinen Schülern Zuflucht fand. Beide vergrößerten eventuell ihr Herrschaftsgebiet südlich der Drau, wofür jedoch keine eindeutigen Quellenangaben vorliegen. Dies gelang wahrscheinlich erst dem mährischen Fürsten Svatopluk I. (870 – 894), der Kocels Fürstentum eroberte, denn 892 durchquerten die nach Bulgarien 188 Es

handelt sich hier um neue unveröffentlichte Befunde. Diese Information verdanke ich der Leiterin der Konservatorischen Abteilung in Sisak, Ivana Miletić Čakširan, und der Leiterin der Ausgrabungen, Marijana Krmpotić.

189 Constantine 190 Siehe

191 Wolfram,

892

Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 30, 142f.

Anm. 111. Die Geburt Mitteleuropas, 276.

HGSOE, Bd. 1

Herrschaftsstrukturen

entsandten Boten des ostfränkischen Königs Arnulf (wohl vor 850 – 899) das niederpannonische Fürstentum, das zu dieser Zeit Braslav beherrschte. In der Furcht vor Angriffen zu Lande durch Svatopluks Gefolgsleute verließen sie seinen Machtbereich über die Flüsse Odra, Kupa und Save.192 Im Jahre 873 übersandte Papst Johannes VIII. einem gewissen dux Mutimir ein Schreiben mit dem Hinweis, dass sich in seinen Ländereien zahlreiche Priester aus verschiedenen Regionen befänden, die keinen übergeordneten Bischof hätten und daher gegen das Kirchenrecht verstießen.193 Zugleich unterrichtete er ihn darüber, dass mit päpstlichem Entscheid die pannonische (syrmische) Diözese errichtet wurde, und er bat ihn, dass er sich, so weit es ihm möglich war, dem neuen (Erz-) Bischof unterstelle, wie auch seine Vorgänger dem selben Bistum unterstanden hätten.194 Dieser Brief wurde insofern unterschiedlich interpretiert, wer mit der Titulatur des dux gemeint sei, an den sich der Papst wandte. Insgesamt wird dabei vor allem die Auffassung geteilt, wonach es sich hier um einen serbischen Fürsten handelte, den Sohn des Fürsten Vlastimir. Es ist aber möglich, dass er über ein Fürstentum herrschte, das das Gebiet Syrmiens umfasste und den Bulgaren untertan war und in dem einige Jahrzehnte zuvor Ratimir geherrscht hatte. Auf jeden Fall ist es beachtenswert, dass zwei oder drei Machthaber mit denselben oder sehr ähnlichen Namen gleichzeitig in Erscheinung traten, einer in Kroatien, einer in Serbien und möglicherweise auch dieser in Syrmien. Braslav, der letzte Vertreter der fränkischen Herrschaft im Zwischenstromland der Save und Drau, tritt 884/885 in den Quellen in Erscheinung, als er beim Friedensschluss zwischen Karl III. und dem mährischen Machthaber Svatopluk I. anwesend war. Er wird mit dem Titel dux aufgeführt, besitzt aber wie auch seine Vorgänger keine eigene gens, stattdessen wird seine Herrschaft rein geographisch festgelegt: Zwischen Drau und Save. Während des gesamten Jahrhunderts unter fränkischer Verwaltung (sowie auch später nicht) konnte sich keine gens innerhalb dieses Raumes etablieren, die es geschafft hätte, sich als führende gens zu positionieren und als Identifikationskern für die restliche Einwohnerschaft zu dienen. Braslav mischte sich aktiv in Arnulfs Krieg gegen Mähren ein, sodass er 892 südlich von Graz an den Verhandlungen über den Angriff auf Svatopluk  I. teilnahm.195 Arnulf konnte außerdem neue Bundesgenossen gewinnen, die Ungarn, die an der Beseitigung des mährischen Fürstentums mitwirkten, wobei sie zur gleichen Zeit eine Gefahr für die Franken bildeten. Nachdem diese sich in der pannonischen Ebene angesiedelt hatten (um 895), übergab der Kaiser die einstigen Besitzungen Pribinas und Kocels um den Plattensee an Braslav, damit er eine Verteidigung gegen den neuen Feind organisiere. Somit war unter ihm für kurze Zeit Pannonien nördlich und südlich der Drau geeint, jedoch wird seitdem Braslav nicht mehr erwähnt. Sein Fürstentum ging unter den ständigen Angriffen der Ungarn zugrunde, die zumindest dessen Teil nördlich der Drau eroberten.

192 Budak, 193 Siehe

Slavic Ethnogenesies in Modern Northern Croatia, 395f.

Anm. 108.

194 Der Sitz des Erzbistums war sicherlich nicht in Syrmien, da vom einstigen kaiserlichen Sitz nur noch eine unbedeu-

tende Ansiedlung übrig blieb.

195 Budak,

Slavic Ethnogenesies in Modern Northern Croatia.

HGSOE, Bd. 1

893

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Die ungarische Eroberung von Svatopluks Fürstentum und die anschließende Beseitigung von Braslavs Herrschaft brachten große Veränderungen des Kräfteverhältnisses im Zwischenstromland an Save und Drau mit sich. Konstantin Porphyrogénnetos verwies darauf, dass zahlreiche Flüchtlinge vor den ungarischen Eroberungszügen aus Mähren auch nach Kroatien flohen, was bezeugen würde, dass beide Länder aneinander grenzten.196 Es scheint, dass zu dieser Zeit nördlich von Sisak eine kroatisch-ungarische Grenze eingerichtet wurde, die wenigstens bis 928 Bestand hatte. Leider liegen uns bis zum Ende des 11. Jahrhunderts keine schriftlichen oder materiellen Quellen vor, die uns einigermaßen vertrauenswürdige Informationen über die Entwicklungen im Zwischenstromland geben könnten.197

196 Constantine 197 Siehe

894

Porphyrogenitus, Bd. 1 (edd., Übers. Moravcsik/Jenkins), Kap. 41, 180f.

Anm. 112.

HGSOE, Bd. 1

Die Verwaltungsorganisation Die Verwaltungsorganisation vom 12. bisabzum demBeginn 12. Jahrhundert des 16. Jahrhunderts

12 .5

 IE VERWALTUNGSORGANISATION D VOM 12. BIS ZUM BEGINN DES 16. JAHRHUNDERTS

Auch wenn sich 1102 Koloman zum kroatischen König krönte und er spätestens ab 1105 den Titel eines Königs von Dalmatien und Kroatien trug, bedeutete diese Krönung keineswegs die Schaffung bzw. Aufrechterhaltung eines gesonderten Hofes für das kroatische Königreich.198 Deshalb verschwanden in Kroatien all jene Verpflichtungen, die für das Funktionieren des Hofes notwendig waren. Unbekannt ist, ob sich auch spätere ungarische Könige gesondert zu Königen Dalmatiens und Kroatiens krönten.199 Die Besonderheit des Königreiches Dalmatien und Kroatien blieb auch unter den Arpaden erhalten. Zumindest seit dem Ende des 12. Jahrhunderts erhielt der jüngere Bruder oder Sohn des Königs (im Falle von Andreas III. dessen Mutter) die Gebiete zwischen Drau und Adria, um dort zu regieren, bei Führung des Titels dux. Bischof Kalan (Calanus) von Fünfkirchen trug wiederum bis ca. 1193 den Titel totius Dalmatiae atque Chroatie gubernator,200 und Emmerich (Imre/Emerik; König von Ungarn 1196 – 1204) wurde das erste Mitglied der Arpadendynastie, das jene Gebiete zur Herrschaft übertragen bekam.201 Aus der Urkunde des Kalan und anderen Schriftstücken geht ebenso hervor, dass mit Dalmatien und Kroatien auch Slawonien mitinbegriffen war. Als Andreas II. 1209 die Templer in Dalmatien und Kroatien unter seinen Schutz nahm („qui infra regni nostri sunt terminos, et tam in Dalmacia quam in Chroacia“) und veranlasste, dass weder ein Ban noch jemand anderes von ihnen Abgaben fordern dürfe, wurden innerhalb der entsprechenden Urkunde auch slawonische Örtlichkeiten erwähnt.202 Kolomans Privileg für Vukovar aus dem Jahr 1231 bedeutet, dass sich unter der Herrschaft des dux auch das ganze Gebiet bis Syrmien befand, wenngleich möglicherweise der östliche Teil des heutigen Slawonien nur zeitweise unter herzoglicher Kontrolle stand.203 Bisweilen bezeichnete man dieses Gebiet auch, in Anbetracht seiner Bevölkerungsmehrheit, als tota Sclavonia.204 198 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 9; Mihaljčić/Steindorff, Namentragende Steininschriften, 24.

199 Beuc,

Povijest institucija, 90. Soll die Formel „regnante domino nostro Bela inuictissimo Hungarie, Dalmacie, Rameque rege, et Henrico filio eius biscoronato Dalmatiam et Croaciam feliciter gubernante“ (Codex diplomaticus [Hgg. Stipišić/Šamšalović], Bd. 2, 267) als Beleg verstanden werden, dass Emmerich in besonderer Weise zum König Dalmatiens und Kroatiens gekrönt wurde?

200 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 265.

201 Über

die Rolle des Herzogs beziehungsweise der Verwaltung von Kroatien und Slawonien durch die Arpaden, siehe: Dinko Šokčević, Hrvatska od stoljeća 7. do danas, 79–81. Das Buch ist bemerkenswert, da es die kroatische Geschichte aus der ungarischen Perspektive abhandelt.

202 Ebd.,

80; Codex diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 3, 84.

203 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 3, 346. Koloman betitelt sich in der Urkunde als dei gratia rex (Ruthenorum) et dux totius Sclavoniae.

204 Zum

Beispiel: „Bela dei gracia rex, filius regis Vngarie et dux totius Sclauonie“ (Ebd., 220, 1220.); „Colomanus dei gracia rex Ruthenorum et dux tocius Sclavonie“ (Ebd., 299, 1228.). Eine umfangreichere Beschreibung Slawoniens enthält der Brief Gregors IX. vom 13. Februar 1234: „Gregorius episcopus servus servorum dei venerabilibus fratribus archiepiscopis et episcopis, […] et dilectis filiis abbatibus et aliis ecclesiarum prelatis, ac universis Christi

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Es scheint, dass sowohl Emmerich als auch (später) sein jüngerer Bruder Andreas ihren Hauptsitz in Zadar hatten. In einer Urkunde von 1198 wurde Emmerich als „dei gracia Jadere ac tocius Dalmaciae et Chroaciae Chulmeque dux“ bezeichnet,205 und im selben Jahr kehrte Andreas nach seinem Sieg über Zahumlje und Serbien triumphierend nach Zadar zurück.206 Doch nur vier Jahre später musste man sich einen neuen Hauptsitz suchen, da die Venezianer mit Hilfe eines Kreuzfahrerheers 1202 Zadar eroberten. Deren Dogen benutzten die gleiche Titulatur wie die Herzöge, die das Gebiet zwischen der Drau und dem Meer beherrschten: Auch sie waren duces Dalmatiae et Chroaciae,207 während sich der Patriarch von Grado als Primas von Dalmatien bezeichnete, auch wenn dies keineswegs der politischen Realität entsprach.208 Unter Andreas, wenn nicht bereits früher, wurde der königliche Hof in Dalmatien und Kroatien erneuert. Eine von ihm ausgestellte Urkunde von 1198 trägt die Angabe „Datum per manus Petri prepositi aule ducis cancellarii“.209 Zwei Jahre später übernimmt sein ducatus Ländereien von jemandem, der ohne Nachkommen verstarb, und schenkte sie dem Zagreber Dekan Baran. Die Urkunde hierzu verfasste sein Kanzler Jakob, während sich in herzoglicher Begleitung dessen „Jobagioni“, Bischöfe, Župane (comites) und selbst ein Ban befanden.210 Die Verhältnisse weisen somit offensichtliche Ähnlichkeiten mit den Machtstrukturen früherer kroatischer Herrscher auf. Eine ähnliche Entwicklung ist für die Zeit Herzog Bélas (Béla IV.) und seines Bruders Herzog Koloman zu beobachten.211 Andreas übernahm auch andere Herrschaftsprärogative. So überließ er 1198 dem Zagreber Bischof das Regalienrecht zur Jurisdiktionsausübung über dessen Untertanen.212 Die Beziehungen der Untertanen gegenüber ihren Herzögen gestalteten sich wiederum unterschiedlich. Während der Zagreber Župan seine Urkunde lediglich nach den Herrschaftsjahren Kolomans und des slawonischen Bans datiert,213 erwähnen die Einwohner Splits den Herzog in ihren Urkunden erst gar nicht. Die Herzöge hatten wie die Könige große Probleme, ihre Herrschaft in Kroatien durchzusetzen, da sie nur über begrenzte Ressourcen an Landbesitz verfügten, die sie von den Trpimirović erben konnten, zudem übertrugen sie einen Großteil davon an die Templer, das Spliter Erzbistum oder gewissen bedeutenden Personen. In Ermangelung von Landbesitz verschenkten sie die Ämter fidelibus per Garneolam, Istriam, Dalmatiam, Bosnam, Croaciam, Serviam et alias partes Sclavonie constitutis, salutem et apostolicam benedictionem.“ (Ebd., 398). Siehe hierzu: Raukar, Arpadovići i Anžuvinci, 203. 205 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 293.

206 Ebd.,

296: „[…] cum ad Jadertinam ciuitatem victor rediret […].“

207 Zum

Beispiel Enrico Dandolo um 1203 (Codex diplomaticus [Hgg. Stipišić/Šamšalović], Bd. 3, 26).

208 Ebd.,

55 (um 1205): „Benedictus dei gracia sancte Gradensis ecclesie patriarcha et Dalmacie primas.“

209 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 1, 54–57.

210 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 353.

211 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 3, 222 (1222); ebd., 258 (1226).

212 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 297.

213 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 3, 425 (1234): „Acta sunt haec anno MCCXXXIIII, domino Colomano rege et duce Sclavoniae, et Jula bano existentibus.“

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HGSOE, Bd. 1

Die Verwaltungsorganisation Die Verwaltungsorganisation vom 12. bisab zum dem Beginn 12. Jahrhundert des 16. Jahrhunderts

der Župane; einige unter ihnen begannen gar, königliche Ländereien zu usurpieren, sodass der Mechanismus königlicher Herrschaft abhanden kam. In Kroatien liegen für die Zeit der Arpadenherrschaft keinerlei Zeugnisse über eine königliche Steuer vor. Daher ist davon auszugehen, dass der Hof größtenteils über die zalaznina (descensus) finanziert werden musste, sowie durch Einnahmen aus Hafeneinkünften (introitus portus), oder aber er erhielt einen Teil der königlichen Einkünfte. Die Spliter Erzbischöfe, von denen einige Ungarn waren, bildeten bedeutende Stützen der arpadischen Herrschaft.214 Im Unterschied zu Kroatien verfügten die Arpaden in Slawonien – hierunter verstand man damals im engeren Sinne jene Gebiete, die sich im Westen zwischen den Flüssen Sutla und Kupa befanden, im Osten an die Požega umrahmenden Berge grenzten und im Norden die Drau sowie im Süden Kroatien als Grenze hatten – über ausgedehnte Landbesitze, deren Ursprünge in der Zeit von Ladislaus Eroberungszügen dieser Region zu suchen sind. In Slawonien gab es einige Königsburgen und königliche Gespanschaften, wo auch Abgaben eingesammelt wurden (die königliche Steuer wurde dort als Naturalabgabe [lat. marturina pensio] bereits von Koloman eingeführt).215 In der Zeit Andreas’ II. (König von Ungarn, 1205 – 1235) beginnt die Privilegierung der Königsstädte, unter denen das Zagreber Gradec hervorsticht, das seine Privilegien 1242 erhielt (die Goldene Bulle Bélas IV.). Die Bürger wurden damit verpflichtet, Mauern zu errichten, wodurch der König die größte Festung Slawoniens schuf.216 Die besondere Stellung Kroatiens und Slawoniens zeichnete sich auch in der Funktion des BanAmtes ab, das die Arpaden von den Trpimirović übernahmen. Der Ban war neben dem Herzog der bedeutendste Repräsentant der königlichen Herrschaft südlich der Drau. Am Ende des 12. Jahrhunderts tauchten zwei Bane auf: Der Ban von ganz Slawonien (banus tocius Sclavoniae) und der Ban der Küstengebiete (banus maritimus), der Kroatien und Dalmatien verwaltete, sowie dem Ersteren unterstellt war. Im 12. Jahrhundert sind auch Nachrichten über einen Ban Bosniens erhalten. Ende des 13. Jahrhunderts nutzte Paul I. Šubić von Bribir die Schwäche der königlichen Herrschaft aus und machte das Banat über die Küstenlande zu einem Erbtitel, dessen Träger sich von nun als Ban der Kroaten (banus Chroatorum) bezeichnete.217 Auf diese Weise errichtete er faktisch eine unabhängige Herrschaft über Kroatien und Dalmatien. Als aber sein Sohn Mladen II. 1322 im Kampf geschlagen wurde, verlor der Banustitel seine Funktion als Erbtitel, und es erscheinen zwei gleichberechtigte Bane: der Ban von Dalmatien und Kroatien sowie der Ban von Slawonien. Um 1400 werden diese beiden Titel immer häufiger miteinander verknüpft, weshalb ab 1477 lediglich eine Person zum dalmatinisch-slawonisch-kroatischen Ban gewählt wurde (manchmal kam es aber auch vor, dass man zwei Amtsträger ernannte, die sich die Macht teilten).

214 Über

das Funktionieren der königlichen Herrschaft in Kroatien unter der Arpadendynastie, siehe Raukar, Arpadovići i Anžuvinci, 198f.

215 Ebd.,

202.

216 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 4, 172–176.

217 Budak,

Paulus de Breberio banus Croatorum dominus et Bosne.

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Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Der Ban nahm verschiedene Aufgaben der königlichen Herrschaft wahr. Zu seinen wichtigsten Rechten und Pflichten gehörten die Ausübung des Gerichts (mit Möglichkeiten der Appellation an das Königsgericht) und der Oberbefehl über das Heer. In Kroatien und Slawonien berief er Versammlungen ein, die Vorläufer der sich im 15. Jahrhundert formierenden Landtage (sabor) waren. Die erste Versammlung in Slawonien wurde 1273 einberufen. Auf ihr bestätigte der Ban die Wünsche der königlichen Dienstleute und Burgknechte (iobagiones castrorum). Die früheste Nennung einer Versammlung in Kroatien stammte aus dem Jahr 1350, als der Ban den adligen Stand des Geschlechts Virević bestätigte. Im Laufe des 15. Jahrhunderts wurden in Kroatien und Slawonien getrennte Versammlungen abgehalten, bevor 1533 der erste gemeinsame kroatisch-slawonische Landtag stattfand.218 Unter den verschiedenen Regalienrechten nutzte der Ban auch die Privilegienvergabe an Städte. So begründete und begünstigte 1251 der für ganz Slawonien zuständige Ban Stjepan/Stefan die Stadt Jablanac im kroatischen Primorje. Im Folgejahr billigte er der slawonischen Oberstadt von Kreutz/Križevci (Gornji grad) den Status einer Freistadt zu.219 Der Ban besaß, wie auch der Herzog, das Recht, Münzen zu prägen. Die Herzöge begannen Ende des 12. Jahrhunderts, Münzen zu prägen und die Bane in der Mitte des 13. Jahrhunderts (1255).220 Von der Herrschaft Ludwigs I. an wurde die Münzproduktion der Bane eingestellt, und es wurden stattdessen Münzen mit königlicher Prägung in der Prägestätte von Zagreb hergestellt.221 Der Ban besaß das Recht auf die Erhebung eigener Abgaben. Diese gehörten, zusammen mit den Einkünften des Herzogs, der camera banalis bzw. ducalis, die bis zum 15. Jahrhundert ein Kämmerer oder magister tavernicorum, später ein königlicher Schatzmeister (thesaurarius regius) verwaltete.222 Der ungarische König Koloman berief 1105 bei seiner Ankunft in Zadar vor der Stadt eine Versammlung ein, an der neben den ungarischen Bischöfen und Županen die Bischöfe aller dalmatinischen Städte teilnahmen.223 Auf ihr gelobte Koloman, wahrscheinlich auf Wunsch des Bischofs von Zadar, dass er in allem die alten Freiheiten der Städte respektiere und nur Bischöfe ernennen werde, die von Stadtbewohnern gewählt würden. Diese Zusage kann mit dem Verzicht Kolomans auf das Recht der ungarischen Könige auf Einsetzung der Bischöfe in Verbindung gebracht werden. Und nachdem sich Koloman zugunsten des päpstlichen Stuhles von diesem Recht distanziert hatte, sah auch Papst Paschalis II. (1099 – 1118) davon ab, vom ungarischen König einen Vasalleneid für das Königreich Kroatien und Dalmatien einzufordern. Wenngleich nun mit diesem Abkommen die Kirche in Dalmatien in ihren althergebrachten Rechten hätte ausreichend geschützt sein müssen, 218 Ders.,

Hrvatska i Slavonija u ranome novom vijeku, 76.

219 Codex

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 4, 472f., 489–491.

220 Šokčević, 221 Beuc, 222 Ebd.,

Hrvatska od stoljeća 7. do danas, 80.

Povijest institucija, 111.

111f.

223 Eine

der fundiertesten Abhandlungen zur Geschichte Dalmatiens während des 12. Jh.s gab Steindorff in seiner Monographie „Die dalmatinischen Städte im 12. Jahrhundert.“

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Die Verwaltungsorganisation Die Verwaltungsorganisation vom 12. bisab zum dem Beginn 12. Jahrhundert des 16. Jahrhunderts

erzwang Koloman bereits 1113 mithilfe einiger Laien in Split die Wahl des königstreuen Ungarn Manasses zum Erzbischof. Hinsichtlich des weltlichen Herrschaftsbereichs behielt Koloman die bisherigen Prioren, Angehörige der heimischen Aristokratie, bei, doch in Split ließ er in einem Turm des Diokletianspalastes eine militärische Besatzung zurück, die auch die Aufgabe hatte, in Kroatien Steuern einzutreiben. Koloman versprach ebenso den Bewohnern von Trogir einen hohen Grad an Autonomie und befreite sie von allen Verpflichtungen, außer einer, nach der sie zwei Drittel ihrer Hafeneinkünfte (introitus portus) dem König überlassen mussten. Innerhalb der Stadt durfte sich ohne Erlaubnis der Bevölkerung der Stadt kein einziger Ungar niederlassen, auch mussten die Stadtbewohner nicht den König beherbergen, sofern sie dies nicht wollten. Hinsichtlich des Eides wurde eine Niederschrift gemacht, auf deren Grundlage die Bewohner Trogirs später eine gefälschte Urkunde ausstellten. Mit der Zeit begannen auch andere dalmatinische und kroatische Städte Falsifikate auszustellen, die einen ähnlichen, sogar den gleichen Inhalt besaßen. Sie werden in der Historiographie als die „Privilegien des Typs von Trogir“ bezeichnet. Über deren Authentizität führte man eine lange Diskussion, an der kroatische, ungarische und italienische Historiker mitwirkten. Die Debatten konnten sich aber nicht dem politischen Einfluss entziehen, sodass ältere kroatische Historiker (wie Ferdo Šišić und Marko Kostrenčić) sowie György Györffy für deren Authentizität eintraten, während Giuseppe Praga diese ignorierte. Gestützt auf Nada Klaić konnte Ludwig Steindorff nachweisen, dass mit Ausnahme einiger Trogirer Privilegien (1182 – 1242) alle anderen Falsifikate in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden.224 Steindorff folgerte, dass Koloman auf den Tribut verzichtete, den die Städte den kroatischen Herrschern bereits seit dem 9. Jahrhundert entrichteten, da er dort seine comites einsetzte und sie somit auch de facto seiner Herrschaft unterwarf.225 Nach dem Tod des Königs verlangte Ban Kledin, der innerhalb der Festung von Zadar residierte und auch den Titel eines princeps huius provintie trug, von den Bewohnern Zadars, dass sie ihm den Tribut zahlen sollten, den sie während der Herrschaftszeit Zvonimirs entrichteten; vermutlich wurde aber dieses Begehren nie umgesetzt.226 Nach Kolomans Tod unternahm Venedig mehrere Feldzüge (1115 – 1117), um die dalmatinischen Städte zu erobern. Schliesslich gelang die Eroberung der Kvarner Inseln und Zadars. Der Doge beseitigte das Amt des Priors und ersetzte es durch den comes, den die Bürger, wie auch den Bischof, selber wählen durften, der aber von Venedig die Bestätigung seiner Würde erhalten musste. Auf diese Weise entmachtete die Markusstadt die alten Adelsgeschlechter und gab denjenigen mehr Einfluss, die bisher nicht an der Herrschaft partizipiert hatten.227 Von 1159 bis 1167 kam es zu Veränderungen in der Wahl des comes, der von nun an ein Venezianer sein musste, wobei sich bald zeigte, dass einige Geschlechter darauf abzielten, das comes-Amt zu einer erblichen Würde umzuwandeln. So gelangte auf der Insel Krk ein eigenes Grafengeschlecht (die späteren Frankapan/ 224 Siehe

mit sehr detaillierter Diskussion der Trogirer Privilegien ebd., 11–25.

225 Ebd.,

58.

226 Ebd.,

66f.

227 Ebd.,

71f.

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899

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

Frankopan) an die Macht, während die Morosini über Osor und Rab herrschten.228 Eine zusätzliche Konsolidierung der venezianischen Herrschaft in Dalmatien brachte der Ausbau des Bistums von Zadar zum Erzbistum, das dem Patriarchen von Grado mit den Suffraganbistümern Rab, Krk, Osor und für eine gewisse Zeit Hvar unterstellt wurde. Split vermochte unter den Arpaden seine Eigenständigkeit zu behaupten, aber auch dort erstarkte während des 12. Jahrhunderts eine Gruppe neuer Familien, die das Amt des Prioren abschaffte und einen comes an die Spitze setzte, der nun als einziger die Herrschaft innehaben sollte. Diese neue Organisationsform blieb im Grunde selbst dann erhalten, als Byzanz 1165 erneut die Herrschaft über die Stadt gewann. Kaiser Manuel I. Komnenós setzte hinsichtlich der ihm unterstehenden Teile Dalmatiens und Kroatiens an oberster Stelle der Provinzialverwaltung einen dux mit Sitz in Split ein, der sich allerdings nicht in die innerstädtischen Verhältnisse einmischte.229 Mit der Rückkehr unter die ungarische Herrschaft, Anfang des 13. Jahrhunderts, begannen Split und Trogir, kroatische Magnaten zu ihren Fürsten zu wählen, was durch den Umstand ermöglicht wurde, dass die königliche Macht zu schwach war, um ein Erstarken der Adligen zu verhindern. Diese comites waren weniger an der Verwaltung der Städte als an deren Einkünften interessiert, weshalb die Bewohner von Split 1239 ein sogenanntes regimen Latinorum, d. h. die Einsetzung eines professionellen Podestà, einführten. Thomas Archidiaconus beschrieb sehr detailliert, wie Gargan de Arscindis aus Ancona in die Stadt kam, von allen volljährigen Bürgern einen Treueid verlangte, ihre Namen verzeichnete, ein (heute nicht mehr erhaltenes) Statut erließ und Abgaben einkassierte sowie einen erfolgreichen Feldzug gegen die Piraten aus Omiš führte.230 Diese Beschreibung ist gleichzeitig ein eindeutiger Beleg für das Funktionieren der Kommune als Schwurgemeinschaft, ähnlich den norditalischen Stadtkommunen. Die erste Erwähnung der Kommune (communitas) stammt aus einem Dokument aus Rab aus dem Jahre 1118.231 Im Verlauf des 12. Jahrhunderts kam es auch in anderen dalmatinischen Städten, Dubrovnik mit eingeschlossen, zu ähnlichen Entwicklungen. Zeitgleich traten in Zadar, Split und Dubrovnik die Konsuln als Vertreter der Kommune gegenüber den Fürsten als Träger höherer Gewalt auf.232 Dieselbe Entwicklung erlebten die kroatischen Städte Nin und Šibenik sowie Hvar. Die Möglichkeit einer eigenständigen Verwaltung hing jedoch von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stärke jeder einzelnen Stadt ab, sodass auswärtige Mächte (Venedig und der ungarische Königshof ) deren Autonomie oft einschränkten. Die Entwicklung der Kommune wurde außerdem durch einen fortschreitenden Verschriftlichungs- und Normierungsprozess ihrer Administration begleitet. So

228 Mlacović,

La nobiltà e l’isola, 161f.

229 Steindorff, 230 Thomae 231 Codex

Die dalmatinischen Städte, 102–111.

Archidiaconi Spalatensis Historia Salonitanorum (Übers. Karbić u. a.), 220–253.

diplomaticus (Hgg. Stipišić/Šamšalović), Bd. 2, 29f.

232 Eine

detaillierte Abhandlung zur Entstehung der dalmatinischen Kommune bei: Steindorff, Die dalmatinischen Städte, 152–179.

900

HGSOE, Bd. 1

Die Verwaltungsorganisation Die Verwaltungsorganisation vom 12. bisab zum dem Beginn 12. Jahrhundert des 16. Jahrhunderts

entstanden neben einem sich fortentwickelnden Notariatswesen auch erste städtische Statute (das älteste erhaltene Statut ist jenes von Korčula aus dem Jahre 1265).233 Den allerhöchsten Grad an Autonomie erreichte Dubrovnik, das den Erfolg Ludwigs I. von Anjou im Kampf gegen Venedig ausnutzte. Die wirtschaftliche Erstarkung resultierte in einer bedeutenden territorialen Ausdehnung des städtischen Territoriums während des 13. und 14. Jahrhunderts (Lastovo, die Halbinsel Pelješac). Als 1358 mit dem Friedensschluss von Zadar Venedig alle dalmatinischen Städte Ludwig  I. überlassen musste, schlossen die Bewohner Dubrovniks in Plintenburg/Visegrád ein Abkommen mit dem König, welcher ihnen einen hohen Grad an Autonomie sicherte. Die einzigen Verpflichtungen gegenüber dem König bestanden in der Zahlung einer Abgabe und dem Hissen der königlichen Flagge auf den städtischen Festungsmauern. Im Jahre 1400 wird Dubrovnik erstmalig als Republik bezeichnet. In ihr herrschte eine aristokratische Oligarchie, welche sich ab dem Jahr 1322 streng abschloß und an ihre Spitze einen Rektor/ knez (comes) setzte, der jeden Monat ausgewechselt wurde. Neben einem Großen sowie Kleinen Rat bestanden der Senat und ein Consilium rogatorum (ein Ratsausschuss, der über dringende Angelegenheiten Entscheidungen fällte), und über einzelne Gebiete der Republik herrschten die Distrikt-Rektoren/knezovi (1427 wurde Konavle dem Territorium von Dubronik einverleibt). Bis 1526 zahlte Dubrovnik Tribut an die ungarischen Könige, aber ab 1458 leistete die Stadtrepublik auch dem osmanischen Sultan eine Abgabe.234 Nachdem die Venezianer Ladislaus von Neapel 1409 die Herrschaftsrechte über Dalmatien abgekauft hatten, eroberten sie bis 1420 den größten Teil dieser Region – die Expansion setzte sich bis 1481 fort, auch auf kroatischem Territorium – und sie errichteten in Dalmatien eine Verwaltung, an deren Spitze ein Genralprovveditor mit Sitz in Zadar stand. Dalmatien wurde zu einem Bestandteil des venezianischen Stato da mar (s. im Detail im Folgeband des Handbuchs den Beitrag von Oliver Jens Schmitt: Die venezianische Herrschaft in Südosteuropa, 15. – 18. Jh.). Den Städten wurde die Illusion der Selbstverwaltung mit Adelsräten, die über keine bedeutenden Fragen mehr entscheiden konnten, gelassen. An der Spitze einzelner Städte standen die comites, wobei nur in Zadar zwischen ziviler und militärischer Verwaltung mit dem Amt des comes bzw. des Kapitäns unterschieden wurde. Die Aufgabe der Verwaltung bestand im Schutz der Provinz sowie in der Umsetzung der Wirtschaftspolitik, mit welcher der Handel Dalmatiens auf Venedig ausgerichtet wurde.235 Nach dem Fall Bosniens 1463 formte Matthias I. Corvinus das erste Verteidigungssystem, das die Aufgabe hatte, weitere Einfälle der Osmanen zu verhindern. In Senj wurde ein Kapetanat eingerichtet und in Jajce sowie Srebrenica Banate. Jajce fiel 1527, Srebrenica einige Jahre früher,

233 Lonza,

Pravna kultura srednjovjekovne Dalmacije

234 Harris,

Dubrovnik.

235 Raukar,

Komunalna društva u Dalmaciji u XIV stoljeću; ders., Komunalna društva u Dalmaciji u XV i prvoj polovici XVI stoljeća.

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901

Teil II: 12. Kroatien, Dalmatien und Slawonien bis 1527

während Senj sich als Hafen und bedeutendes Bollwerk der Habsburger hielt, das später Teil der Militärgrenze werden sollte.236

236 Grgin,

902

Počeci rasapa, 77–125.

HGSOE, Bd. 1

Peter Schreiner

→ KARTE XVIII

13. G RIECHENLAND VOM 6. JAHRHUNDERT BIS ZUM VIERTEN KREUZZUG (565 – 1204)

Quellen: Die oben in Kap. 7 angeführten Quellen schließen auch das Territorium Griechenlands mit ein. Sonderquellen sind in den Anmerkungen erwähnt. Sekundärliteratur: Eine den heutigen Bedürfnissen genügende Einzeldarstellung Griechenlands in byzantinischer Zeit ist weiterhin ein Desiderat, da die Edinburg History of the Greeks bisher auf nur einen Mittelalterband beschränkt ist.1 Ausgangspunkt aller Diskussionen zur Geschichte Griechenlands in byzantinischer Zeit bleibt die zweibändige Darstellung von Jakob Philipp Fallmerayer, von der Franz Dölger zurecht sagt, sie sei der erste Versuch, die Geschichte einer griechischen Landschaft als eine durchgehende historische Entwicklung darzustellen.2 Alle Publikationen des 19. Jahrhunderts sind in weitem Umfang eine Auseinandersetzung mit diesem Pionierwerk3: Finley, A History of Greece,4 Hertzberg, Geschichte Griechenlands,5 Hopf, Geschichte Griechenlands,6 und Zinkeisen, Geschichte Griechenlands7. Den neutralsten Überblick gibt zweifelsohne Finlay, 1

Siehe Florin Curta, The Edinburgh History of the Greeks, c. 500 to 1050. The Early Middle Ages. Edinburgh 2011. Ferner ist nochmals zu unterstreichen, dass auch dieser Band keine History of Greece sein will.

2

Jakob Phil. Fallmerayer, Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters. Ein historischer Versuch. Erster Theil: Untergang der peloponnesischen Hellenen und Wiederbevölkerung des leeren Bodens durch slawische Volksstämme. Stuttgart, Tübingen 1830; Zweiter Theil: Morea, durch innere Kriege zwischen den Franken und Byzantiner verwüstet und von albanesischen Colonisten überschwemmt, wird endlich von den Türken erobert. Von 1250 – 1500 nach Christus. Stuttgart, Tübingen 1836. Siehe zu den verschiedenen Urteilen Peter Schreiner, An den Anfängen einer geschichtlichen Darstellung des Byzantinischen Reiches. Mit unedierten Scripten Fallmerayers aus der Nachlass-Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek im Anhang, in: Claudia Märtl/Peter Schreiner (Hgg.), Jakob Philipp Fallmerayer (1790 – 1861). Der Gelehrte und seine Aktualität im 21. Jahrhundert. München 2013, 33–92, 50–54; Franz Dölger, Die Leistung der deutschen Wissenschaft für die Erforschung des Balkan im letzten Jahrhundert, Deutsche Kultur im Leben der Völker. Mitteilungen der der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums 15 (1940), 161–176, 169.

3

Sowohl Fallmerayer wie die im Folgenden genannten Autoren sind Pionierarbeiten der südosteuropäischen Geschichte insgesamt und daher auch oben in Kap. 1.2.1 (Teil II) aufgeführt.

4 George

Finlay, A History of Greece. From its Conquest by the Romans to the Present Time. B. C. 146 to A. D. 1864. 7 Bde. Oxford 1877. Hier einschlägig Bd. 2: The Byzantine Empire, Teil 1; Bd. 3: The Byzantine and Greek Empires, Teil 2.

5

Gustav Friedrich Hertzberg, Geschichte Griechenlands seit dem Absterben des antiken Lebens bis zur Gegenwart. Bd. 1: Von Kaiser Arcadius bis zum lateinischen Kreuzzuge. Gotha 1876.

6 Carl Hopf, Geschichte Griechenlands vom Beginn des Mittelalters bis auf unsere Zeit. 2 Bde. Leipzig 1867 – 1868. 7

Johann Wilhelm Zinkeisen, Geschichte Griechenlands vom Anfange geschichtlicher Kunde bis auf unsere Tage. Bd. 2. Leipzig 1838.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-29

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Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

während Zinkeisen heute nur mehr eine wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung zukommt. Einen knappen historischen und administrativen Überblick bringt der erste Band der Tabula Imperii Byzantini.8 Punktuell zu historischen Daten einzelner Orte und Landschaften (soweit noch nicht in der TIB erfasst) kann auch die „Griechenlandkunde“ als Informationsquelle herangezogen werden.9

8 Johannes

Koder/Friedrich Hild (Reg. v. Peter Soustal), Hellas und Thessalia. Wien 1976, 49–78.

9 Ernst Kirsten/Wilhelm Kraiker, Griechenlandkunde. Ein Führer zu klassischen Stätten. 2 Bde. Heidelberg 1967.

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Griechenland als Raum

13 .1

GRIECHENLAND ALS RAUM

Griechenland als heutige geopolitische Bezeichnung umfasste zu Beginn der hier in Betracht genommenen Zeit die Provinzen Epirus, Thessalien und Achaia (auf der Peloponnes/Morea). Beginnend im 7. Jahrhundert werden sie einbezogen in die als Themen bezeichneten neuen Verwaltungseinheiten Makedonía (789/802), Thessaloniki (vor 835), Héllas (Ende 7. Jh.), Kephallenía (Mitte 8. Jh.), Nikópolis (843/899) – beide letztgenannte großenteils Epirus entsprechend – und Peloponnes (Anfang des 9. Jh.). Griechenland ist geographisch gesehen ohne Zweifel zu Südosteuropa gehörig und macht geomorphologisch jenen Teil des „Balkan“ aus, der den Begriff Halbinsel rechtfertigt. Es teilt in den ersten zwei Jahrhunderten nach dem Ende der römischen Herrschaft (565) mit den übrigen Balkanprovinzen das gleiche politische Schicksal: Lostrennung vom römisch-byzantinischen Staatsverband, Vorstoß und Niederlassung fremder Völkerschaften (in unterschiedlichem Anteil Awaren und Slawen), wobei die ansässige Bevölkerung sich in größerem Umfang an befestigte Stellen (besonders im Küstenbereich) zurückziehen konnte als dies in den festländischen Balkanprovinzen der Fall war. Im Gegensatz zu diesen kann aber Griechenland (um hier generalisierend diesen geographischen Begriff zu verwenden) vom 9. Jahrhundert an wieder relativ rasch dem Byzantinischen Reich angegliedert werden dank der administrativ-militärischen Neustrukturierung in Themenbereiche nach dem Vorbild der zentralen byzantinischen Provinzen in Kleinasien. Im Balkanraum dagegen gelingt die Rebyzantinisierung erst nach der Annektion des Bulgarischen Reiches (1014/1018). Griechenland bleibt aber immer in der außenpolitischen Ereignisgeschichte von seiner geographischen Position abhängig, die bestimmt wird von den Vorgängen auf den festländischen Teilen der Balkanhalbinsel (Invasionen der Bulgaren und später der Serben), der Nähe Italiens (Normannen, Kreuzzüge und später verschiedener Mächte im südlichen Italien, bes. der frz. Anjou), der arabischen Seemacht im östlichen Mittelmeer und der Piraterie. Die folgenden Kapitel stellen daher keine Geschichte Griechenlands im Rahmen des byzantinischen Staatsverbandes dar, sondern gehen nur auf Griechenland als Bestandteil Südosteuropas ein, insofern es mit den dortigen Landesteilen Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweist. Die unterschiedliche Entwicklung vom festländischen Griechenland einerseits und der Peloponnes (Morea) andererseits lassen es geraten erscheinen, diesen auch verschiedene Abschnitte zu widmen.

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Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

13 .2

 RIECHENLAND (FESTLAND) VOM ENDE DER HERRSCHAFT G JUSTINIANS BIS ZUM BEGINN DES 9. JAHRHUNDERTS

Die Behauptung des Historikers Prokop in seinen Anekdota, Illyricum und Héllas seien von Justinian vernachlässigt und Hunnen, Slawen und Anten geplündert worden, ist in dieser Verallgemeinerung falsch und entspricht dem übrigen pamphletischen Ton dieser Schrift.10 Vielmehr ließ der Kaiser Stadtmauern erneuern und verstärkte das Festungssystem an den Thermopylen und am Isthmos (Hexamilion). Trotz einer extrem dünnen Beweisgrundlage ist ein Zusammenbruch von Staatsverwaltung und öffentlichem Leben bis in die siebziger Jahre Jahre des 6. Jahrhunderts unwahrscheinlich. Die Überwindung der Donaugrenze durch Awaren und Slawen, die den Awaren Plünderungen, den Slawen aber Ansiedlungen ermöglichte, führte schon 587 zu Vorstößen nach Thessalien, Héllas, Epirus, Attika und Euböa. Zeuge ist die Chronik von Monemvasía, die trotz vielfältiger Zweifel bis in die jüngste Zeit, gerade in dieser Hinsicht als historische Quelle zuverlässig ist.11 Eine Verfügung von Kaiser Mauríkios (582 – 602) aus dem Jahr 591, dass aus ihren Sitzen in Illyrien vertriebene Bischöfe von ihren Kollegen in sicheren Bischofssitzen aufgenommen werden sollten, bestätigt Raubzüge und Verwüstungen ebenso wie wenig später die Miracula S. Demetri, die (um 615) von Schiffen der Slawen berichten, die „ganz Thessalien, die Inseln vor der thessaalischen und helladischen Küste und ganz Achaia, Epirus, den Großteil Illyricums und einen Teil Asiens eroberten und die meisten Städte und Provinzen entvölkerten“.12 Auch wenn diese Aussage verallgemeinernd ist, so deutet sie die Regionen und Orte an, die von Überfällen berührt wurden und zeigen ihren flächendeckenden Charakter. Auf jeden Fall war der Landweg zwischen Konstantinopel und Griechenland (Via Egnatia) vielfach unterbrochen und westlich von Thessaloniki bis zur Adria nicht mehr benutzbar. Epirus verschwindet bis ans Ende des 9. Jahrhunderts aus den Quellen. Die Errichtung eines Militärbezirkes (Thema) auf Kephallenía in der Mitte des 8. Jahrhunderts war eine Maßnahme gegen die Araber in der Adria, erleichterte aber später die Eingliederung von Epirus. Im Westen Griechenlands war bis zum Ende der Sasanidenfeldzüge (626) kein Eingreifen des Reichsheeres zu erwarten und die Auseinandersetzungen gegen die Araber im Osten nach 634 – zu Lande und zur See – haben Sicherung und Schutz Griechenlands erneut unmöglich gemacht. Griechenland war somit ein deutliches Opfer des größeren Interesses des byzantinischen Staates im Osten. Ein Feldzug Kaiser Konstans’ II. (641 – 678) gegen die „Sklavinia“ (also ein Siedlungsgebiet der Slawen) im Jahr 658 ist bei Theophánes als alleinstehende Maßnahme hervorgehoben,13 und war

10

Prokop, Anekdota (Hg. Veh), 18, 20.

11

Dies hat Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, 37–53, gezeigt, auch wenn Curta, The Edinburgh History of the Greeks, ohne Studium der philologischen Argumente von Kislinger, deren Wert zu minimalisieren suchte (s. u. Anm. 50).

12

Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 55 und Anm. 92; Les plus anciens recueils (Hg. Lemerle), Bd. 1, 175; Bd. 2, 85, 87, 177.

13

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 347, Z. 6–7.

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Festlandgriechenland Griechenland vom Ende (Festland) der Herrschaft vom Ende Justinians der Herrschaft bis zum Beginn Justinians des 9. Jahrhunderts

sicher nicht gegen Griechenland gerichtet, sondern diente eher der Sicherung der Via Egnatia nach Thessaloniki.14 Wenig später (664) begab sich derselbe Kaiser (zu Schiff) über Thessaloniki, Athen und Korinth nach Italien, ohne Griechenland militärische Aufmerksamkeit zu schenken.15 Eine Belagerung Thessalonikis 675 – 677 durch umliegende slawische Stämme fällt genau in die Zeit der Belagerung Konstantinopels durch die Araber (674 – 678). Wie verworren die Situation am Ende des 7. Jahrhunderts in Makedonien war, zeigt der Versuch des Kuber, Sohns des großbulgarischen Herrschers Kubrat, westlich von Thessaloniki ein eigenes Herrschaftsgebiet zu errichten und sogar Thessaloniki zu erobern, ein Unterfangen, dem schließlich der byzantinische Flottenkommandeur Sisinnios ein Ende bereitete.16 Auch Justinian II. (685 – 695 u. 705 – 711) kam auf seinem Feldzug „gegen Sklavinien und Bulgarien“ im Jahr 687/688, der wohl in erster Linie gegen das sich ausbreitende Bulgarische Reich gerichtet war, nur bis in die Gegend von Thessaloniki.17 Immerhin hat Justinian II. noch 695, kurz vor seiner Absetzung, einen gewissen Leóntios zum Strategen von Héllas gemacht,18 was mit einer sonst nicht belegten Gründung eines Militärbezirkes in Verbindung stehen könnte. Unter der Regierung von Kaiser Léon III. (717 – 741) kann man sicher von der Existenz eines Thema Héllas ausgehen, das zunächst eher ein Seethema war und die Inseln und Küsten beherrschte, aber noch längst nicht das überwiegend von Slawen bevölkerte Landesinnere.19 In seine Regierungszeit fällt auch die häufig diskutierte Stelle aus De thematibus von Konstantin Porphyrogénnetos, in der es heißt, dass das ganze Land (gemeint sind Héllas und die Peloponnes) barbarisiert war.20 Dieser chronologische Hinweis, der sich auf das Jahr 746/747 bezieht, zeigt, dass das Festland noch längst nicht in byzantinischer Hand war. Ein wichtiger Schritt in der Rückgewinnung Griechenlands muss an dieser Stelle erwähnt werden, der im Bereich der Kirchengeschichte liegt und dessen genauen Zeitpunkt wir nicht kennen: die Abtrennung der illyrischen Provinzen (Illyricum) von der römischen Kirche und ihre Zuweisung an das Patriarchat von Konstantinopel, eine Maßnahme, deren Beginn unter Kaiser Konstantin V. (741 – 775) wohl um 751, anzunehmen ist.21 Sie war die Voraussetzung für eine Missionierung, die wir in schriftlichen Quellen nicht belegen können, obwohl sie im 9. Jahrhundert deutlich greifbar ist und vielleicht sogar der militärischen und administrativen Byzantinisierung

14

So die überzeugende Vermutung von Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 56.

15

Corsi, La spedizione italiana.

16

Ausführlich dazu das Lemma „Kuber“ in: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1, Bd. 2 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 4165, 632f.

17

Ausführlich zur Zielrichtung Ditten, Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien, 217.

18

Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1 (641 – 867), Bd. 3 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 4547, 76–78. Er war von 695 bis 698 Kaiser.

19

Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 57f.

20

Dazu unten Kap. 13.4 u. Anm. 44.

21

Dazu oben Kap. 7.4 und bes. Anm. 74. Zur Vorgeschichte s. o. Teil I, Kap. 5.3.2, Abschnitt: Zwischen Rom und Konstantinopel. Das Vikariat von Thessalonike.

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Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

voranging.22 Ein besonderes Interesse an der Wiedergewinnung Griechenlands hatte die vermutlich in Athen gebürtige Kaiserin Eiréne,23 die einen der höchsten Staatsbeamten und Militärs, Staurákios, im Jahr 783 auf einen Feldzug nach Griechenland und die Peloponnes schickte.24 Bemerkenswert für eine politische Annäherung an Byzanz ist 799 ein Aufstand von Bewohnern des Themas Héllas in Verbindung mit Akamir, dem Anführer des slawischen Stammes der Velegeziten.25 Eine wesentliche Stütze für die Sicherung Griechenlands bedeutete einerseits die Gründung eines Themas Peloponnes um 800 und andererseits eines Themas Makedonía (789 – 802) sowie bald (noch vor 835) eines Themas Thessaloniki.26

22

Ševčenko, Re-reading Constantine Porphyrogenitus, 167–175, bes. 191f. Ein konkretes Beispiel ist die Großgrundbesitzerin Danelís bei Pátras, mit hoher Wahrscheinlichkeit Anführerin eines christianisierten Slawenstammes bei Pátras, siehe Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1 (641 – 867), Bd. 1 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 1215, und Abt. 2 (867 – 1025), Bd. 2 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 21390.

23

Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1, Bd. 1 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 1439.

24

Zu Staurákios: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1, Bd. 4 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 6880.

25

Zu Akamir: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Abt. 1, Bd. 1 (Hgg. Lilie u. a.), Nr. 161.

26

Siehe die Kommentare von Konstantin Porphyrogénnetos: Costantino Porfirogenito, de thematibus (ed. Pertusi), zu Makedonien (162–166), Peloponnes (172–174) und Thessaloniki (168–170).

910

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Griechenland vom 9. bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

13 .3

 RIECHENLAND VOM 9. BIS ZUM ENDE G DES 12. JAHRHUNDERTS

Zu Beginn des 9. Jahrhunderts macht Griechenland den Eindruck, administrativ weitgehend rebyzantinisiert zu sein, ein Zustand, der nur in geringfügigem Ausmaß mit kriegerischen Mitteln und überhaupt nicht, wie öfter behauptet, durch Ansiedlung von Bewohnern aus anderen Provinzen erreicht wurde.27 Die Frage nach ethnischen und sprachlichen Komponenten stellt sich in diesem Zusammenhang nicht, da die Bewohner mit der administrativen Eingliederung dieser Regionen zu Bürgern des Reiches (Römern) wurden. Auch jüngste Studien zu Münzfunden zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert und die Beobachtung von Bestattungsformen in Friedhöfen haben zu keinen überzeugenden Ergebnissen im Hinblick auf eine Wiederbesiedlung aus anderen Reichsteilen geführt.28 Der Prozess der Rebyzantinisierung scheint im Westen der griechischen Halbinsel länger gedauert zu haben. Immerhin war auf den ökumenischen Synoden 869/870 und 879 auch der Klerus von Epirus vertreten. Am Ende des Jahrhunderts kommt es dann zur Gründung eines eigenen Themas Nikópolis und einer Neubelebung der antiken Stadt, auch wenn der Stratege seinen Sitz noch in Naúpaktos hatte, das nahe zu dem wichtigen Stützpunkt Pátras lag, dem Verwaltungssitz des Themas Peloponnes.29 Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten kam im 9. Jahrhundert der Feind nicht mehr aus den Balkanländern im Norden, die zunehmend der bulgarischen Obrigkeit unterstanden, sondern aus dem östlichen Mittelmeer. Von Kreta aus, das zwischen 823 und 961 fest in arabischer Hand war, erfolgten Raubzüge an die Küsten Griechenlands, die ihren Höhepunkt im ersten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts erreichten, als 902 die Festung Demetriás (bei Vólos) fiel und 904 sogar Thessaloniki erobert wurde.30 Der Westen Griechenlands blieb dagegen, trotz der Niederlassung der Araber auf Sizilien (seit 827) und des Emirats von Bari (847 – 871) dank der fest etablierten byzantinischen Seemacht von Angriffen verschont.31 Die Intention des Zaren Symeon (893 – 927), einen bulgarisch-byzantinischen Gesamtstaat zu errichten, bekam, neben Thrakien und dem Hinterland von Konstantinopel, vor allem Griechenland zu spüren. In zwei Feldzügen, 918 und 923, drangen bulgarische Truppen bis an den

27

Umsiedlungen werden erwähnt in Zusammenhang mit der Wiederbevölkerung Konstantinopels nach der Pest 745 – 747, doch sind auch in diesem Zusammenhang nirgends Slawen aus Griechenland oder der Peloponnes genannt, und auch zu einer Umsiedlung von Reichsbewohnern in den Westen finden sich keine Hinweise, vgl. Ditten, Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien, 318–328. Man muss sich grundsätzlich die Frage stellen, warum man aus einem Krisengebiet wie Griechenland reichstreue rhomäische Bevölkerung nach Konstantinopel geschickt hätte, wo man doch an ihrer Ort und Stelle mehr bedurfte.

28

Curta, Coins and Burials in Dark-Age Greece.

29

Costantino Porfirogenito, de thematibus (ed. Pertusi), 176.

30

Hierzu liegt uns der ausführliche Bericht des Johannes Kameniates vor, s. o. Kap. 7.1. und Anm. 20.

31

Nur eine späte Quelle, die Vita des Hl. Barbaros von Konstantin Akropolítes berichtet von einer arabischen Eroberung der Stadt Nikópolis unter Michael II. (820 – 829).

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Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

Golf von Korinth und die Peloponnes vor.32 Auch der Friede nach Symeons Tod (927) und die Regierungszeit des Zaren Petăr (927 – 969), der mit der Tochter des Kaisers Romanós Lakapenós verheiratet war, konnte bulgarische Vorstöße nicht verhindern. So wurde 930 das Thema Nikópolis geplündert, und noch 969 war der Norden von Epirus vom Bulgarischen Reich abhängig.33 Diese Angriffe seitens eines schon weitgehend slawisierten Bulgarischen Reiches führten in Griechenland (und der Peloponnes) zu einer zweiten Slawisierungswelle im sprachlichen und ethnischen Sinn, auch wenn sie sicher viel geringere Ausmaße als jene des 6. – 8. Jahrhunderts hatte. Sie findet auch in weiteren slawischen Ortsnamen ihren Niederschlag, die sich in ihrer sprachlichen Gestaltung von älteren unterscheiden lassen. Letztmals war unter Zar Samuil (997 – 1014) Griechenland Hauptziel der bulgarischen Eroberungspolitik, mit dem Ziel, in Fortsetzung der Politik des Zaren Symeon, das Byzantinische Reich abzulösen. Da Zar Samuil die alte Residenzstadt Preslav weitgehend aufgegeben hatte, und sein Geburtsland, die Region Prespa/Ochrid, zum neuen Herrschaftszentrum gewählt hatte, war Griechenland wieder zum Hauptkriegsschauplatz geworden.34 Samuil machte sich die innere Auseinandersetzung im Byzantinischen Reich um die Kaiserherrschaft (Basíleios II. gegen Bardas Sklerós 976 – 979) und die Auseinandersetzungen gegen die Araber zunutze und fiel mehrmals (978, 980, 985) in Thessalien ein, was sogar zur Eroberung von Lárissa führte.35 Schon 976 gelangte er bis an den korinthischen Golf (Galaxídion). Zwischen 987 und 989 fielen wichtige Festungen in Makedonien (Bérroia, Sérbia). Einen (vorläufig) letzten Plünderungszug bis in die Peloponnes unternahm Samuil 995, wurde jedoch beim Rückzug am Fluss Spercheiós (in der Gegend des heutigen Lamía) von Nikephóros Uranós (eher 996 als 997, wie meist zu lesen) besiegt.36 Da Kaiser Basíleios an der Ostgrenze Krieg führte, fielen trotz dieser Niederlage die Bulgaren bis 1001 immer wieder in Thessalien ein. Mit der Rückkehr des Basíleios von der Ostgrenze (1001) war der weiteren Expansion der Bulgaren in Griechenland ein Ende gesetzt,37 und die nordgriechischen Städte wurden in einem langwierigen Kleinkrieg, der über Samuils Tod (1014) bis 1018 andauerte, rückerobert.38 Wie sehr die lange bulgarische Präsenz in Epirus nachwirkte, zeigt die Rebellion des Peter Deljan/Odeljan, der sich als Enkel Samuils ausgab. Er hatte in den Jahren 1040 – 1042 das Thema Nikópolis in seine Hand gebracht und war bis Böotien vorgedrungen.

32

Siehe dazu oben den Beitrag zum Ersten bulgarischen Reich von Daniel Ziemann: Kap. 3.4.5.

33

Soustal, Nikopolis und Kephallenia, 55.

34

Einzelheiten jetzt bei Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz, 72–83.

35

Siehe zum Verlauf ebd., 73 und Anm. 6.

36

Ebd., 78, mit Diskussion der Chronologie in Anm. 25. Zum Spercheiós: Koder/Hild, Hellas und Thessalia, 161.

37

Trotzdem sind die kriegerischen Aktivitäten des Basíleios gegen die Bulgaren zwischen 1001 und 1014 nicht zu präzisieren, und der Hinweis des Skylítzes (Ioannes Skylitzes [ed. Thurn], 348,9), der Kaiser habe „jedes Jahr“ einen Feldzug unternommen, bleibt unbeweisbar aber nicht unwahrscheinlich.

38

Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz, 80–83.

912

HGSOE, Bd. 1

Griechenland vom 9. bis zum Ende des 12. Jahrhunderts

Insgesamt schuf die Eingliederung des Bulgarischen Reiches in den byzantinischen Staatsverband die Voraussetzung für eine Festigung Griechenlands als Bestandteil des Byzantinischen Reiches bis zu den fränkischen Eroberungen in der Folge des Vierten Kreuzzuges. Fast zeitgleich mit der Überwindung der Bulgarengefahr liegt der Zuzug von normannischen Söldnern in Süditalien (seit 1015/1016). Jedoch erst die Vereinigung der verschiedenen normannischen Herrschaften unter Robert Guiscard († 1085) und seine Investition zum Herzog von Apulien und Kalabrien (1059) schuf die Voraussetzung, auch den Weg über die Adria wagen zu können. In einem ersten Schritt erfolgte 1071 die Eroberung des Brückenkopfes Bari, die rasch den Verlust der noch wenigen verbliebenen byzantinischen Besitzungen in Apulien zur Folge hatte. Die gleichzeitig erfolgte Einnahme Siziliens, im Wesentlichen ein Werk von Guiscards Bruder Roger, die mit der Eroberung Palermos 1072 weitgehend abgeschlossen war, befreite die westliche Ägäis zwar von arabischen Überfällen, schuf aber auch ein normannisches Imperium, das seit dem Ende des 11. Jahrhunderts dem Byzantinischen Reich insgesamt gefährlich wurde, besonders aber für die westlichen Provinzen eine dauernde Bedrohung darstellte.39 Robert Guiscard nutzte den schwierigen Beginn der Herrschaft Aléxios I. (1081), um die Adriaküste von Dyrrháchion bis Kérkyra (Korfu) zu besetzen und unternahm auch den Versuch, Teile des epirotischen Landes bis Ioánnina mit Streckenabschnitten der Via Egnatia in seine Hand zu bringen. Allein der Pakt mit Venedig sicherte Byzanz die Rückgewinnung der Gebiete im Verlauf mehrerer Jahre,40 ehe dann Roberts Tod (1085) der Normannengefahr für längere Zeit ein Ende setzte. Der Vertrag mit Venedig schuf nicht nur die Grundlagen für kommerzielle Niederlassungen Venedigs in Griechenland und auf der ganzen Balkanhalbinsel (und natürlich auch in anderen Teilen des Byzantinischen Reiches), sondern bot auch die Voraussetzung für mehrfaches Eingreifen Venedigs in die byzantinische Politik, die ihren Höhepunkt in der Ablenkung des Vierten Kreuzzuges (1204) erreichte. Eine erste Möglichkeit zur Intervention bot sich, als Johannes II. Komnenós (1118 – 1143) die Privilegien von 1082 nicht verlängerte und somit 1122 und 1126 venezianische Angriffe auf Kérkyra und Kephallenía provozierte. Inzwischen hatte sich seit der Thronbesteigung Rogers II. (1130 – 1154) das Königreich Sizilien konsolidiert, und Roger konnte auch gegen Byzanz eine offensive Politik beginnen. Der entscheidende Moment war 1147 gekommen, als Kaiser Manuel I. in die Schwierigkeiten des Zweiten Kreuzzuges verwickelt war. Ziel war in erster Linie die Besetzung Kérkyras, aber das Flottenunternehmen hatte auch Auswirkungen auf die Peloponnes (bis Monemvasía). Besonders erfolgreich waren aber die Feldzüge ins Land nach Ätolien, Akarnanien und nach Mittelgriechenland bis Theben. Dort wurden die Seidenwerkstätten geplündert und die Fachhandwerker nach Sizilien verschleppt, wo sie die normannische Seidenindustrie begründeten. Kérkyra konnte erst 1149 den Normannen wieder abgenommen werden. Die Vertreibung der Venezianer aus Konstantinopel und dem gesamten Byzantinischen Reich im Jahr 1171 führte zu einem Seekriegszug der Venezianer, der besonders die griechischen Inseln der Ägäis betraf und die Handelsorte schädigte. 39

Zusammenfassend dargestellt bei Prinzing, Epirus und die ionischen Inseln im Hochmittelalter, mit weiterer Literatur zu den Beziehungen zwischen Byzanz und den Normannen bis 1204.

40

Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, Bd. 2 (Hgg. Dölger/Wirth), Nr. 1081.

HGSOE, Bd. 1

913

Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

Ein letztes normannisches Unternehmen zielte ganz auf die Sicherung der Via Egnatia ab, um so die Voraussetzung für einen Angriff auf die byzantinische Hauptstadt schaffen. Die unsichere Lage in Konstantinopel 1185, wo Kaiser Andrónikos I. alle Gruppen der Bevölkerung gegen sich aufgebracht hatte, nahm Wilhelm II. von Sizilien zum Anlass, erneut (wie schon 100 Jahre früher sein Vorfahre Robert Guiscard) Dyrrháchion zu erobern, die Ionischen Inseln zu besetzen, nun aber ungehindert den Marsch bis Thessaloniki fortzusetzen, das am 24. August 1185 in normannische Hand fiel.41 Der Weitermarsch endete aber bei Mosynópolis (westl. Komotine), wo Aléxios Branás die Normannen aus dem Hinterhalt überfiel und schlug. Die Ionischen Inseln, ausgenommen Kérkyra, blieben jedoch in normannischer Hand.42 Die Schwächung Griechenlands durch die normannischen Angriffe und die Rivalitäten innerhalb der Kaiserdynastie der Ángeloi (1185 – 1204) führten in Griechenland zur Herausbildung nahezu autonomer Kleinherrschaften: Senacherím in Nikópolis (Epirus), Mitglieder der Familie Petralíphas in Thessalien und in Makedonien.43 Diese halb selbständigen Gebiete leisteten dem Zerfall Griechenlands nach dem Jahr 1204 Vorschub.

41

Hierzu liegt uns der Augenzeugenbericht des Eustáthios vor, s. o. Kap. 7.1, Anm. 20.

42

Soustal, Nikopolis und Kephallenia, 58.

43

Radić, Oblasni gospodari u Vizantiji, 245–261.

914

HGSOE, Bd. 1

Die Peloponnes: 585 bis Ende des 12. Jahrhunderts

13 .4

 IE PELOPONNES: D 585 BIS ENDE DES 12. JAHRHUNDERTS

Die in den Quellen des 6. und 7. Jahrhunderts erwähnten Angriffe von Awaren und Slawen auf die Balkanregionen und das festländische Griechenland sprechen nie explizit von Eroberungen auf der Peloponnes. Daher kommt einer schon erwähnten Stelle im Traktat über die „Themen“ des Konstantin VII. Porphyrogénnetos, genau datiert durch die Erwähnung der Pestepidemie 745/747, eine besondere Bedeutung zu: „Das ganze Land – gemeint sind die in der vorausgehenden Zeile erwähnten Provinzen Héllas und Pelopónnesos – war slavisiert (ἐσθλαβώθη)44 und barbarisch geworden, als der Pesttod die gesamte Oikumene verheerte, unter der Herrschaft des Konstantin V., der nach dem Pferdemist (sc. Koprónymos) benannt ist“.45 Dieser Zustand wird durch andere Hinweise bekräftigt. So sagt die Vita des Bischofs Willibald von Eichstätt, der auf einer Pilgerreise 723 kurz in Monemvasía weilte, dass sich der Ort „in Slavinia terra“ befunden habe.46 Bedeutender sind die Aussagen der sogenannten Chronik von Monemvasía, ein Scholion des Arethas und spätere kirchenrechtliche Schriften.47 Die in mehreren, teilweise recht unterschiedlichen Versionen überlieferte Chronik ist mit großer Wahrscheinlichkeit von Arethas verfasst.48 Das „Scholion“ hat folgenden, für die Chronologie der awarisch-slawischen Einfälle wichtigen, Satz: „Nachdem sie (sc. die Sklabenoi) die einheimischen griechischen Völkerschaften verdrängt und vernichtet hatten, siedelten sie selbst dort vom sechsten Jahr der Herrschaft des Mauríkios bis zum vierten Jahr des Nikephóros“, also von 588 bis 806. Die Chronik von Monemvasía, die quellenmäßig mit dem Scholion in Verbindung steht, bezieht diesen Vorgang ohne chronologische Präzisierung auf die Kaiserherrschaft des Mauríkios: „Diejenigen (sc. von den unter dem awarischen Khagan stehenden Truppen), die in die Peloponnes vordrangen, nahmen sie im Kampfe ein, vertrieben die einheimische und griechische Bevölkerung und vernichteten sie und ließen sich selbst dort nieder.“49

44

Zu den verschiedenen Interpretationen dieses Wortes in der wissenschaftlichen Diskussion (slawisieren oder knechten/unterjochen) siehe Bon, Le Péloponèse byzantin jusqu’en 1204, 29 (Anm. 1). Ebenso bedeutsam wie die richtige Wortbedeutung „slawisieren“ ist die Tatsache der Verwendung des klassischen Aorists in der Bedeutung eines zum Abschluss gelangten Vorgangs: „das Land wurde slavisiert und ist nun slavisch“, vgl. Kühner/Gerth, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache, Bd. 1, 153.

45

Costantino Porfirogenito, de thematibus (ed. Pertusi), Kap. 6, 33–36 (Sp. 91).

46 Vita

Willibaldi episcopi Eichstetensis (ed. Holder-Egger), 93, Z. 12f. Curta, The Edinburg History of the Greeks, 118f., wertet zu Unrecht die Aussagekraft der Stelle ab. Eine Stelle in einem Strabo-Scholion („Jetzt bewohnen fast ganz Epirus und Hellas und die Peloponnes und Makedonien skythische Slaven“) wird von Diller, The Scholia on Strabo, 48f., ins 9. Jh. datiert, doch ist diese Aussage im 9. Jh. nicht mehr gerechtfertigt und dürfte die Übernahme einer früheren Quelle darstellen. Es wäre eine dringende Aufgabe, die verschiedenen Strabo-Scholien, die Diller aufführt, am Original der Handschriften kodikologisch und paläographisch zu überprüfen.

47

Diese Texte sind ediert, kommentiert und in Vergleich zur Chronik gesetzt bei Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, 29–72.

48

Ebd., 199–206, gibt eine synoptische Ansicht der Versionen dieser Chronik, die leider noch keine wirklich brauchbare kritische Edition erfahren hat. Zum Verfasser: Koder, Arethas von Kaisareia.

49

Lemerle, La Chronique improprement dite de Monemvasie, 9, Z. 36–38.

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Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

Da die Summe aller Einzelheiten dieser Chronik und die stützenden Zeugnisse aus dem literarischen Umfeld die Glaubwürdigkeit der Chronik voll unterstützen,50 ist als Tatsache festzuhalten, dass die Peloponnes vom Ende des 6. Jahrhunderts bis zum Beginn des 9. Jahrhunderts nicht der byzantinischen Oberhoheit unterstand. Eine andere Frage stellt die Intensität der Zerstörungen sowie Umfang und Dichte der Neubesiedlung dar. So weist das Arethas-Scholion darauf hin, dass der Osten der Peloponnes, von Korinth bis Kap Malea frei von „Slavenvolk“ sei. Teile der Bevölkerung haben die Peloponnes überhaupt verlassen,51 oder seien in befestigte Stellen an der Küste geflohen. In diesen Zusammenhang fiel die Gründung von Monemvasía, das der Chronik (inhaltlich zu Unrecht) den Namen gab. Man muss wohl von einem West-Ost-Gefälle der slawischen Besiedlung ausgehen. Trotzdem ist Pátras kaum für längere Zeit in feindliche Hand gefallen.52 Auch Korinth, einschließlich Akrokorinth, war den Münzfunden zufolge nicht ganz aufgegeben, obwohl die Stadt im 7. Jahrhundert starke Spuren des Zerwohnens aufweist.53 Árgos ist schon um 580 einer Eroberung zum Opfer gefallen, auf die Keramikfunde slawischer Typologie hinweisen. In Lakedaimonía (Sparta), dessen Bevölkerung den schriftlichen Quellen zufolge auswanderte, fehlen zwischen Anfang des 7. Jahrhunderts und der Kaiserherrschaft des Theóphilos (829 – 842) byzantinische Münzen. In Olympía überwiegt im 6. und 7. Jahrhundert die slawische Keramik. Archäologische Zeugnisse bestätigen die Funktion der kleinen Inseln an der Ostküste des saronischen und argolischen Golfes als Fluchtsiedlungen in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts, die auch später, angesichts der byzantinischen Überlegenheit zur See, nicht angegriffen wurden und Ausgangspunkt für eine spätere Rückwanderung auf das peloponnesische Festland waren.54 Zusammenfassend ist zu sagen, dass die archäologischen Fundergebnisse, auch im Hinblick auf die slawische Komponente, den Angaben der schriftlichen Quellen nicht widersprechen. Im Jahr 783 stieß der patríkios und logothétes tu dromu Staurákios55 auf seinem Héllas-Feldzug bis in die Peloponnes vor.56 Möglicherweise fällt schon in diese Zeit die Gründung des Themas „Pelopónnesos“, vielleicht aber auch erst in Zusammenhang mit einem Feldzug 804/805, der einen slawisch-awarischen Angriff auf Pátras abwehren sollte. Ein Themenstratege (mit Sitz in Korinth)

50

Curta, The Edinburgh History of the Greeks, 278, nimmt die literarischen und philologischen Forschungsergebnisse der jüngeren Zeit, besonders Kislinger, nur bibliographisch zur Kenntnis, ohne sich mit ihnen auseinanderzusetzen, und kommt daher zu dem Ergebnis: „Neither the Chronicle of Monemvasia nor Constantin Porphyrogennetos can in fact be trusted a realible source for what happend in Greece between the seventh and the ninth century.“

51

Hiermit ist besonders die Abwanderung nach Sizilien gemeint, der sich Kislinger, Regionalgeschichte als Quellenproblem, 110–120, widmet. Das Arethas-Scholion spricht seinerseits von Rückwanderern aus dem kalabrischen Rhegion (Reggio) im vierten Jahr der Herrschaft des Kaisers Nikephóros (806).

52

Ebd., 44.

53

Ebd., 82f.

54

Archäologische Fundhinweise zu diesen Inseln bei Veikou, Byzantine Histories, Settlement Stories.

55

Dazu oben Anm. 24.

56

Theophanis Chronographia (ed. de Boor), Bd. 1, 456, Z. 27, 457, Z. 2.

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HGSOE, Bd. 1

Die Peloponnes: 585 bis Ende des 12. Jahrhunderts

ist erstmals 812 genannt.57 Wie in den festländischen Teilen Griechenlands war die Eingliederung in die Themenstruktur die entscheidende Voraussetzung für eine rasche Rebyzantinisierung. Auch wenn sich die Peloponnes, die vom 10. Jahrhundert an zunehmend auch in offiziellen Quellen als „Morea“ bezeichnet wurde,58 im Inneren konsolidierte, blieb sie weiterhin Ziel feindlicher Überfälle. Wegen ihrer exponierten Küstenlinie war sie der arabischen Flotte und den Piraten besonders ausgesetzt, vor allem, seit Kreta (827) in arabische Hand gefallen war. Die Unsicherheit endete erst 961, als Nikephóros Phokás diese Insel zurückeroberte.59 Aber auch von Sizilien aus, das in einem langsamen Prozess (ebenfalls seit 827) in arabische Hand kam, wurde die Peloponnes immer wieder angegriffen, eher von Korsaren als „offiziellen“ Flottenzügen. Einen Überraschungssieg erreichte 868 Nikétas Ooryphás, als er vom Saronischen Golf aus seine Dromonen über die Landenge von Korinth zog und die Araber auf der Seite des korinthischen Golfes überraschte, um anschließend weitere Galeerenverbände an der Westküste der Peloponnes zu vernichten.60 Im Jahr 880 errang Basíleios Násaris, Nachfolger des Ooryphas, bei Kephallenía einen weiteren Seesieg über die sizilianisch-aglabitische Flotte, auch unter Einsatz von Ruderern, die in der Peloponnes rekrutiert worden waren.61 Diese beiden Seesiege hatten entscheidend dazu beigetragen, dass vom Ende des 9. Jahrhunderts an die Seeflotten der Araber keine besondere Gefahr mehr für die Küstenstädte der Peloponnes darstellten. Weit weniger als Festlandgriechenland war die Peloponnes den Feldzügen Zar Symeons im 3. Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts ausgesetzt, obwohl bulgarische Truppen zwischen 924 und 927 auch in die Peloponnes eindrangen. Bulgarische Feldzüge wiederholten sich unter Zar Samuil, erstmals wohl 983 in einem Vorstoß nach Korinth, in noch stärkerem Ausmaß 995 (996 ?).Auch die Normannen verschonten die Peloponnes nicht, drangen 1147 in den Golf von Korinth vor und erreichten sogar Monemvasía, ohne es einnehmen zu können.62 Wie auf dem griechischen Festland führt auch auf der Peloponnes die chaotische Situation am Ende des 12. Jahrhunderts zu relativ autonomen Herrschaftsbildungen: Léon Chamáretos in Lakonien und besonders Léon Sgurós, der von Nauplía aus über die Argolis und Korinth herrschte.63 Diese Gebilde wurden nach 1204 ins Lateinische Kaiserreich integriert. 57

Bon, Le Péloponèse byzantin jusqu’en 1204, 88–103; zu den Daten Oikonomidis, Les listes de préséance byzantines, 350 und Anm. 157.

58

Erste Erwähnung dieses Namens in einer Bistümerliste, die wohl zwischen 901 und 907 zu datieren ist (Notitiae episcopatuum Ecclesiae Constantinopolitanae [ed. Darrouzès], notitia 7, Nr. 554). Die von Fallmerayer, Geschichte der Halbinsel Morea, vertretene Ableitung aus slawisch „more“ (Meer, Land im Meer) ist mit Recht immer wieder abgelehnt worden. Allein akzeptabel ist der Bezug auf den Maulbeerbaum (μορία) als Grundlage für die Seidenraupenzucht und die Seidenraupenherstellung, vgl. auch Georgacas, The Postclassical Names Designating the Peninsula of the Peloponnesus.

59

Ahrweiler, Byzance et la Mer, 93–135; Bon, Le Péloponnèse byzantin jusqu’en 1204, 76.

60

Ausführliche Schilderung bei Eickhoff, Seekrieg und Seepolitik zwischen Islam und Abendland, 213–215.

61

Ebd., 235–237.

62

Bon, Le Péloponnèse byzantin jusqu’en 1204, 80; Strässle, Krieg und Kriegführung in Byzanz, 78. Der Widerstand der Monemvasioten erregte auch die Bewunderung des Nikétas Choniátes: Niketas Choniates Orationes (ed. van Dieten), 13–17; vgl. Kalligas, Byzantine Monemvasia, 66f.

63

Radić, Oblasni gospodari u Vizantiji, 245–255; Bon, Le Péloponnèse byzantin jusqu’en 1204, 172–175.

HGSOE, Bd. 1

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Teil II: 13. Griechenland (565 – 1204)

13 .5

GESAMTÜBERBLICK UND ZUSAMMENFASSUNG

An einer flächendeckenden, fremdstämmigen Besiedlung der römischen Balkanprovinzen bis an die Adria, Griechenlands und der Peloponnes seit ca. 570 ist nicht zu zweifeln, auch wenn die zeitliche Abfolge, Intensität und genaue Zielrichtung nur selten aus den schriftlichen Quellen ermittelt werden kann. In den Balkanprovinzen hat das Vordringen der Bulgaren nach 680 jede weitere militärische Aktivität der Byzantiner verhindert, deren Politik durch die Einrichtung eines Themenbezirkes Thrakien im 9. Jahrzehnt des 7. Jahrhunderts ganz auf die Sicherung des Hinterlandes der Hauptstadt und deren Erreichbarkeit aus dem Westen (Via Egnatia) abzielte. Anders war die Situation in Griechenland, da die zugewanderten Gruppen wenig oder keine kriegerische Aktivität zeigten und die Küstenregionen dank der byzantinischen Flotte abgesichert waren. Daher war hier die Errichtung von Themen, die an den Küsten ihren Ausgang nahmen und langsam das Landesinnere erfassten, ein probates Mittel der Reconquista, die eher selten allein militärisch durchgesetzt wurde. Eine gleichzeitige Missionierung (die nicht wie in Bulgarien auf den Widerstand einer andersgläubigen herrschenden Schicht stieß) ist wahrscheinlich, aber weder in schriftlichen noch archäologischen Quellen wirklich nachweisbar. Während in den ehemaligen römischen Balkanprovinzen die städtische Struktur zusammenbrach und die bulgarischen Neusiedler sich auch neue eigene Mittelpunkte schufen,64 haben in Griechenland eine Reihe wichtiger Orte zwar Überfälle und Plünderungen erfahren (Thessaloniki, Theben, Athen, Korinth, Pátras), aber nie ihre Position als Stützpunkt byzantinischer Macht gänzlich verloren. Das unterschiedliche Zusammenwirken aller Faktoren machte schließlich die Rückgewinnung möglich und ließ die Spuren zweier Jahrhunderte so gründlich verschwinden, dass die Forschung größte Mühe hat, wichtige Etappen aufzuspüren.

64

Aladzhov, The Byzantine Empire and the Establishment of the Early Medieval City in Bulgaria.

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HGSOE, Bd. 1

Guillaume Saint-Guillain (unter Mitarbeit von Oliver Jens Schmitt)

→ KARTE XX

14. F RÄNKISCHE HERRSCHAFT IM SÜDLICHEN BALKAN UND DEN VORGELAGERTEN INSELN

Vorliegender Beitrag behandelt die fränkischen Herrschaften auf dem balkanischen Festland der Romania. Die vorgelagerten Inseln des Archipels und Kreta werden mit berücksichtigt, nicht aber die ost- und nordägäischen Herrschaften genuesischer Geschlechter und des Johanniterordens. Auch in diesem Falle erweist sich die Abgrenzung Südosteuropas als schwierig. Leitender Gedanke dabei war die festländische, d. h. balkanische Anbindung der untersuchten Herrschaftsgebilde, die im Falle von Rhodos, Chíos oder Lésbos mit ihrer ostmediterranen und anatolischen Ausrichtung deutlich weniger gegeben ist als im Archipel, dessen Dynasten etwa auf die festlandnahe Insel Euböa und als Vasallen auf Konstantinopel ausgerichtet waren.

14 .1

FORSCHUNGSGESCHICHTE

Als Teil der Kreuzzugsgeschichte haben die fränkischen Herrschaftsbildungen in der Romania nach dem Vierten Kreuzzug schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Forscher angezogen. Nach dem Pionierwerk von Jakob Philipp Fallmerayer1 hat der Franzose Alexandre Buchon auf Reisen und Archivforschungen gestützte Studien vorgelegt.2 Zahlreiche ihm folgende französische Historiker sahen im Lateinischen Kaiserreich von Konstantinopel und dem Fürstentum Achaia einen Teil einer als französische Nationalgeschichte gedeuteten Vergangenheit. Auf eine ganz neue Grundlage stellte die Forschung Karl Hopf, dessen monumentale „Geschichte Griechenlands vom Beginn des Mittelalters bis auf unsere Zeit“ (2 Bde. Leipzig 1867/1868) im Rahmen der „Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste“ von Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Gruber erschien. In den Chroniques gréco-romanes inédites ou peu connues (Berlin 1873) veröffentlichte Hopf zentrale Quellen zum fränkischen Griechenland. Wegen mangelnder Belege und des schwerfälligen Aufbaus seines Werks erfuhr Hopf im 20. Jahrhundert vor allem durch den Dominikaner Raymond-Joseph Loenertz heftige Kritik, während ihm die jüngere Forschung mehr Gerechtigkeit widerfahren lässt. Maßgeblich auf Buchon und Hopf baute der Brite William Miller seine

1

Jakob Philipp Fallmerayer, Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters. Ein historischer Versuch. 2 Bde. Stuttgart, Tübingen 1830 – 1836.

2 Alexandre

Buchon, Recherches et matériaux pour servir à une histoire de la domination française au XIIIe , XIVe et XVe siècles dans les provinces démembrées de l’empire grec à la suite de la quatrième croisade. Paris 1840; ders., Nouvelles recherches historiques sur la principauté française de Morée et ses hautes baronnies. Paris 1843; ders., Recherches historiques sur la principauté française de Morée et ses hautes baronnies. 2 Bde. Paris 1845.

HGSOE, Bd. 1 | https://doi.org/101515/9783110643428-30

921

Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

schwungvolle Gesamtdarstellung „The Latins in the Levant“ (London 1908) auf. In der Nachfolge Hopfs, dessen im Zweiten Weltkrieg verlorenen Karteikasten er verwendete, wirkte Ernst Gerland, der unter anderem eine unvollendete Geschichte des Lateinischen Kaiserreichs publizierte.3 Wie die ältere französische verfolgte auch die ältere italienische und katalanische Forschung einen nationalhistoriographischen Zugang und sah in den jeweiligen Herrschaften Elemente nationaler Größe.4 In Frankreich sind im 20. Jahrhundert Jean Longnon und Antoine Bon hervorzuheben. Longnon als Editor und Verfasser einer umfassenden Synthese, Bon als Archäologe, der seine jahrzehntelangen Geländeforschungen in einer monumentalen Monographie zusammenfasste.5 Eine ganz eigene Methode der skrupulösen Quellenforschung und der Widerlegung von Forschungsmeinungen, die sogar den Umfang einer ganzen Monographie annehmen konnte, verfolgte der bereits genannte Raymond Joseph Loenertz.6 Im Rahmen der amerikanischen Kreuzzugsforschung untersuchte Robert Lee Wolff das Lateinische Kaiserreich, Peter W. Topping Verwaltungs-, Agrar- und Rechtsgeschichte7 und Kenneth Meyer Setton das katalanische Athen.8 Setton legte die bislang umfangreichste und quellengesättigste Darstellung des fränkischen Griechenlands vor.9 In jüngerer Zeit kommt neueren kulturwissenschaftlichen Fragestellungen besonders zu Identitäten in der amerikanischen Forschung erhebliche Bedeutung zu.10 Zu den herausragendsten Historikern des Lateinischen Kaiserreichs, der Adelsherrschaften in der Romania und des venezianischen Griechenlands zählt David Jacoby, dessen umfangreiches Schaffen in mehreren Bänden der Variorum Reprints leicht zugänglich ist. In monographischer Form liegen seine Studien zum fränkischen Lehensrecht vor.11 Die griechische Forschung hat sehr lange inhaltlich auf die kolonialgeschichtlichen (und bisweilen auch mit imperialem Gestus vorgebrachten) Deutungen französischer und italienischer Historiker reagiert und eine Gegenperspektive nationaler und orthodoxer Behauptung gegen das 3 Ernst

Gerland, Geschichte des lateinischen Kaiserreiches von Konstantinopel. Teil 1: Geschichte der Kaiser Balduin I. und Heinrich 1204 – 1216. Homburg v. d. Höhe 1905; ders., Bericht über Carl Hopfs litterarischen Nachlaß und die darin vorhandene fränkisch-griechische Regestensammlung, Byzantinische Zeitschrift 8 (1899), 347–386; ders., Kreta als venetianische Kolonie (1204 – 1669), Historisches Jahrbuch 20 (1899), 1–24; ders., Neue Quellen zur Geschichte des lateinischen Erzbistums Patras. Leipzig 1903.

4 Giuseppe

Gerola, Monumenti veneti nell’isola di Creta. 4 Bde. Venezia 1905 – 1932; sowie die zahlreichen Arbeiten von Antoni Rubió i Lluch, so z. B. Catalunya a Grecia. Barcelona 1906 (Nachdr. 2016).

5 Jean

Longnon, L’empire latin de Constantinople et la principauté de Morée. Paris 1949; ders., Les compagnons de Villehardouin. Recherches sur les croisés de la quatrième croisade. Genève 1978; Antoine Bon, La Morée franque. Recherches historiques, topographiques et archéologiques sur la principauté d’Achaïe. 2 Bde. Paris 1969.

6

Raymond- Joseph Loenertz, Byzantina et Franco-Graeca (Hg. Peter Schreiner). 2 Bde. Roma 1970 – 1978; ders., Les Ghisi, dynastes vénitiens dans l’Archipel. Firenze 1975.

7

Peter W. Topping, Studies on Latin Greece AD 1205 – 1715. London 1977.

8

Robert Lee Wolff, Studies in the Latin Empire of Constantinople. London 1976; Kenneth Meyer Setton, Catalan Domination of Athens, 1311 – 1388. London 1975; ders., Athens in the Middle Ages. London 1975.

9

The Papacy and the Levant. 2 Bde. Philadelphia 1976 – 1979.

10 Sally

McKee, Uncommon Dominion. Venetian Crete and the Myth of Ethnic Purity. Philadelphia/PA 2000.

11 David

922

Jacoby, La féodalité en Grèce médiévale. Paris 1971.

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Forschungsgeschichte

fränkisch-katholische Element, als Fremdherrschaft gedeutet, eingenommen, so etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts Spyridon Lampros oder Stephanos Xanthudides. Mit dem Istituto ellenico di studi bizantini e postbizantini in Venedig verfügt die griechische Forschung über eine bedeutende Institution, die über Quellenveröffentlichungen, die Zeitschrift Θησαυρίσματα/Thesaurismata und zahlreiche Tagungsbände die Forschung in den letzten Jahren stark geprägt hat. Die Direktoren Manusos Manusakas, Nikolaos Panagiotakes und Chrysa Maltezu haben dabei den Bereichen Kultur-, Institutionen-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte bedeutsame Impulse verliehen.12 Die Forschung hat sich in den letzten 150 Jahren stark ausdifferenziert: Als Stränge auszumachen sind Studien zum Lateinischen Kaiserreich, zum Fürstentum Achaia, dem Herzogtum des Archipel, zum katalanischen und florentinischen Athen; das venezianische Griechenland ist quellenmäßig besonders gut belegt – die Kretaforschung ragt hier heraus, da sie auf sehr breiter empirischer Grundlage neben historischen auch kultur-, kunst- und literaturgeschichtlichen Fragestellungen nachgehen kann. Eine jüngere Gesamtdarstellung bietet Peter Lock, The Franks in the Aegean, 1204 – 1500. London 1995. Einen partiellen Überblick mit einem Schwerpunkt auf der Bibliographie in englischer Sprache findet man in Nickiphoros I. Tsougarakis/Peter Lock (Hgg.), A Companion to Latin Greece. Leiden, Boston 2015. Für die historische Geographie grundlegend ist Johannes Koder, Aigaion Pelagos (Die nördliche Ägäis). Wien 1998.

12

Nikolaos M. Panagiotakes, The Italian Background of Early Cretan Literature, Dumbarton Oaks Papers 49 (1995), 282–323.

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923

Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

1 4 .2

QUELLEN

Erzählende Quellen. Diese sind besonders bedeutsam für das 13. Jahrhundert. Für das 15. Jahrhundert fehlt hingegen eine umfassende chronikalische Darstellung, was auch auf die politische Zersplitterung der fränkischen Welt und die politisch-kulturelle Überschichtung besonders durch Venedig zurückzuführen ist. Angaben zur Frühzeit der fränkischen Herrschaft bieten die Chroniken von Gottfried von Villehardouin13, Henri de Valenciennes14 und Robert de Clari.15 Die (bis 1377 reichende) Chronik von Morea, die in französischen, griechischen, aragonesischen und italienischen Fassungen erhalten ist, stellt mittlerweile einen eigenen Forschungszweig von Philologen und Historikern dar.16 Volksgriechisch ist die Chronik der Tocco für die Zeit um 1400 (Ionische Inseln, Morea, Epirus).17 Marino Sanudo d. Ä. verfasste eine nur in italienischer Übersetzung überlieferte Geschichte des fränkischen Griechenlands (ediert bei Hopf, Chroniques, 99–170). Die venezianische Chronistik, so komplex ihre textphilologische Erschließung auch ist, liefert zahlreiche vor allem ereignisgeschichtliche Angaben.18 Die Errichtung der katalanischen Herrschaft in Athen erzählt Ramon Muntaner.19 Hinzuzunehmen sind die byzantinischen Geschichtsschreiber Nikétas Choniátes, Geórgios Akropolítes, Geórgios Pachyméres, Nikephóros Gregorás, Johannes Kantakuzenós, Geórgios Sphrantzés, Laónikos Chalkokondýles, Dúkas, Kritóbulos von Imbros (s. a. zu den Quellen in Teil II die Kap. 3.1, 7.1 und 10.1.).

13

[Geoffroi de] Villehardouin. La conquête de Constantinople. Éd. et trad. par Edmond Faral. Paris ²1961.

14

Henri de Valenciennes. Histoire de l’empereur Henri de Constantinople. Publ. par Jean Longnon. Paris 1948.

15

Robert de Clari. La conquête de Constantinople. Publ. par Ph. Lauer. Paris 1924; Roberto di Clari. La conquista di Costantinopoli (1198 – 1216). Studio crit., trad. e note di Anna Maria Nada Patrone. Genova 1972.

16

The Chronicle of Morea. Τὸ Χρονικὸν τοῦ Μορέως. With Introd., Crit. Notes and Indices, by John Schmitt. London 1904 (gr. Fassung); die ital. Fassung bei Hopf, Chroniques; die aragonesische Version ediert von Alfred Morel-Fatio: Libro de los fechos et conquistas del principado de la Morea. Genève 1885; Livre de la conqueste de la Princée de l’Amorée. Chronique de Morée 1204 – 1305. Publ. par Jean Longnon. Paris 1911; Marie-Hélène Blanchet/Guillaume Saint-Guillain, À propos d’un ouvrage récent sur la Chronique de Morée. Contribution au débat, Byzantion 83 (2013), 13–40; David Jacoby, Quelques considérations sur les versions de la „Chronique de Morée“, Journal des Savants (1968), 133–189; Anthony Luttrell, Juan Fernández de Heredia and the Compilation of the Aragonese Chronicle of the Morea, Deus vult 1 (2001), 69–134; Teresa Shawcross, The Chronicle of Morea. Historiography in Crusader Greece. Oxford 2009.

17 Giuseppe

Schirò, Cronaca dei Tocco di Cefalonia. Prolegomeni testo critico e trad. Roma 1975.

18

Laurentius de Monacis, Chronicon de rebus Venetis ab U.C. ad annum 1354. Venetiis 1758; Andreae Danduli ducis Venetiarum Chronica per extensum descripta aa. 46 – 1280 d. C. A cura di Ester Pastorello, contiene anche: Andreae Danduli ducis Venetiarum Chronica brevis aa. 46 – 1342 d. C. Bologna 1938 – 1958; Agostino Pertusi, La storiografia veneziana fino al secolo XVI. Aspetti e problemi. Firenze 1970; Carlo Campana, Cronache di Venezia in volgare della Biblioteca Nazionale Marciana. Catalogo. Padova 2011; Andrea Nanetti, Il Codice Morosini. Il mondo visto da Venezia (1094 – 1433). 4 Bde. Spoleto 2010.

19

Crónica catalana de Ramon Muntaner. Texto original y traduccion castellana, acompañada de numerosas notas, por Antonio de Bofarull. Barcelona 1860; Aguilar Àvila/Josep Antoni (Hgg.), La Crònica de Ramon Muntaner. Edició i estudi. Pròleg – capítol 146. 2 Bde. Barcelona 2015.

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Quellen

Der bedeutendste Text der Rechtsgeschichte sind die „Assisen von Romania“, das Lehensrecht des fränkischen Griechenland.20 Urkundliche Quellen haben bereits Buchon und Hopf (s. o.) zusammengetragen. Von der Urkundenproduktion des fränkischen Fürstentums Achaia haben sich nur Bruchstücke erhalten, siehe die Sammlung von Charles Perrat/Jean Longnon, Actes relatifs à la principauté de Morée. Paris 1967. Besonders für die Frühzeit des Lateinischen Kaiserreichs stellen die Register Papst Innozenz’ III. eine Schlüsselquelle dar.21 Ein Jahrhundertwerk versucht, das 1943 zerstörte Archiv der Anjou in Neapel zu rekonstruieren (Riccardo Filangieri u. a. [Hgg.], I registri della Cancelleria Angioina. Bisher 50 Bde. Napoli 1950ff.), das u. a. Karl Hopf noch im Original einsehen konnte. Für weite Teile der Geschichte des fränkischen Griechenlands sind venezianische Archivalien grundlegend. Erschlossen sind sie in freilich nicht immer zuverlässigen Regesten bei Freddy Thiriet, Régestes des déliberations du sénat de Venise concernant la Romanie. 3 Bde. Paris 1958 – 1961; ders., Déliberations des assemblées vénitiennes concernant la Romanie. 2 Bde. Paris, La Haye 1966 – 1971. Umso bedeutsamer ist die weit fortgeschrittene Veröffentlichung einer grundlegenden Aktenreihe: Venezia – Senato: Deliberazioni miste. Bisher erschienen Bde. 2–13, 15, 20, 21. Venezia 2004 – 2017. Die wichtigsten Aktenreihen des venezianischen Mittelalters sind mittlerweile (bis zum Jahr 1500) digitalisiert und zugänglich auf der Homepage des Archivio di Stato di Venezia: . An älteren Editionen sind zu nennen Georg Ludwig Tafel/Georg Martin Thomas (Hgg.), Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschichte der Republik Venedig. 3 Bde. Wien 1856/1857; Georg Martin Thomas (Hg.), Diplomatarium veneto-levantinum. 2 Bde. Venetiis 1880 – 1899. Aus dem umfangreichen mittelalterlichen Archiv von Kreta (Candia) sind bislang nur Bruchstücke ediert worden: Duca di Candia. Bandi (1313 – 1379). A cura di Paola Ratti Vidulich. Venezia 1965; Duca di Candia. Quaternus consiliorum (1340 – 1350). A cura di Paola Ratti Vidulich. Venezia 1976; Duca di Candia. Quaternus consiliorum (1350 – 1363). A cura di Paola Ratti Vidulich. Venezia 2007; Duca di Candia. Ducali e lettere ricevute (1358 – 1360, 1401 – 1405). A cura di Freddy Thiriet. Venezia 1978. In jüngerer Zeit ediert wurden Testamente (Sally McKee [Hg.], Wills from Late Medieval Venetian Crete, 1312 – 1420. 3 Bde. Washington 1998) und Kataster (Charalampos Gasparēs [Hg.], Catastici feudorum Crete. Catasticum Sexterii Dorsoduri, 1227 – 1418. 2 Bde. Athen 2004; ders. (Hg.), Catastici feudorum Crete. Catasticum Chanee 1314 – 1396. Athen 2008). Die katalanischen Urkunden sind zu wichtigen Teilen gesammelt bei Antoni Rubió i Lluch (Hg.), Diplomatari del l’Orient català (1301 – 1409). Collecció de documents per la història de l’expedició catalana a Orient i dels ducats d’Atenes i Neopàtria. Barcelona 1947 (Nachdr. 2001).

20 Erste

kritische Ausgabe: Les Assises de Romanie. Ed. Georges Recoura. Paris 1930; neue Ausgabe: Antonella Parmeggiani (Hg.), Libro dele uxanze e statuti delo imperio de Romania. Edizione critica. Spoleto 1998.

21

Die Register Innocenz’ III. Bearbeitet von Othmar Hageneder u. a. Wien 1998 – 2012.

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

Zu zahlreichen Einzelaspekten liegen Regestensammlungen vor: Walter Haberstumpf, Regesto dei Savoia per l’Oriente. Prima parte. I Savoia principi d’Acaia (1295-sec. 15), Bolletino storicobibliografico subalpino 95 (1997), 199–244; ders., Dinasti italiani in Levante. Gli Acciaiuoli Duchi di Atene. Regesti (secoli XIV – XV), Thesaurismata 35 (1995), 19–93; ders., Dinasti italiani in Levante. I Tocco duchi di Leucade. Regesti (secoli XIV – XVII), Studi veneziani N. S. 45 (2003), 165–211; Rudolf Stefec, Die Regesten der Herrscher von Epeiros 1205 – 1318, Römische Historische Mitteilungen 57 (2015), 1–120.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

14 .3

 ERRSCHAFT UND MACHT H IM FRÄNKISCHEN GRIECHENLAND

1 4 .3 .1 Die unvollständige Eroberung des Byzantinischen Reiches (1204 – 1261) Schon vor der zweiten Eroberung Konstantinopels (12. April 1204) hatte das Abkommen zwischen den fränkischen Kreuzfahrern und den Venezianern im März 1204 den rechtlichen und politischen Rahmen für die Errichtung lateinischer Herrschaften in der Romania geschaffen. Auf der Grundlage dieses Abkommens gliederte im Herbst 1204 eine Kommission die byzantinischen Gebiete in sechs Anteile; deren drei umfassten die Gebiete in Thrakien, d. h. das Umland der Hauptstadt; die drei anderen Anteile umfassten Gebiete im übrigen Reich. Der Kaiser, Venedig und die „Pilger“, d. h. die übrigen Kreuzfahrer, erhielten je einen der ersten drei Anteile sowie einen der zweiten drei Anteile. Aufgeführt sind diese in einer Urkunde, die den Namen Partitio terrarum imperii Romanie (Aufteilung der Gebiete des Kaiserreichs Romania) trägt und die in mehreren, zeitlich etwas späteren Kopien erhalten ist. Einige Gebiete sind von dieser Aufteilung ausgenommen worden. Sie wurden bedeutenden Baronen des Heeres zugeteilt, darunter Bonifaz von Montferrat, der bei der Kaiserwahl unterlegen war.22 Einige der so zugeteilten Gebiete haben die Eroberer von Konstantinopel sofort in Besitz genommen. Dies betraf vor allem Thrakien und das kleinasiatische Hinterland Konstantinopels. Sonst aber, selbst wenn darauf vor allem von venezianischer Seite Bezug genommen wurde, wirkte sich die Partitio kaum auf die tatsächliche Organisation der vormals byzantinischen Gebiete aus. Der griechische Aufstand in Thrakien, dann aber die Niederlage der Lateiner gegen die Bulgaren in der Schlacht von Adrianopel (14. April 1205), in der Kaiser Balduin I. (1204 – 1205) gefangengenommen wurde, machten jede Hoffnung auf weitere rasche Eroberungen zunichte und gefährdeten in hohem Maße das bereits Erreichte (s. o. Kap. 10.4.1).23 In einigen Regionen hatten Angehörige der früheren byzantinischen kaiserlichen Aristokratie die Herrschaft an sich gezogen, wenngleich keiner von ihnen es wagte, den Kaisertitel anzunehmen – Konstantinopel blieb auch für sie Mittelpunkt der politischen Macht. Diese Haltung stärkte die Lateinerherrschaft: Der Despot Theódoros Láskaris, immerhin Schwiegersohn und designierter Erbe des 1203 abgesetzten Kaisers Aléxios III. (der, obwohl herumirrender Flüchtling, immer noch Anspruch auf die Kaiserwürde erhob), hatte die Kontrolle über die Städte Níkaia/Nikäa (Iznik) und Prúsa (Bursa) in Bithynien übernommen. Dennoch musste er trotz der lateinischen Niederlage gegen die Bulgaren und eigener Gebietsgewinne in Kleinasien bis zum März 1208 warten, ehe er zum Kaiser gekrönt wurde. Michael Ángelos Komnenós, der Begründer einer eigenständigen Herrschaft in Epirus (seit 1205), nahm hingegen

22

Carile, Partitio terrarum Imperii Romanie; Queller/Madden, The Fourth Crusade, 172–203; Saint-Guillain, Comment les Vénitiens n’ont pas acquis la Crète; Maestri (Hg.), Bonifacio; Wellas, Das westliche Kaiserreich.

23

Dall’Aglio, The Second Bulgarian Kingdom; Wolff, Baldwin of Flanders and Hainault.

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

nie einen besonderen Titel an. Andere örtliche Archonten mussten sich mit jenen Titeln begnügen, die ihnen der Lateinische Kaiser oder dessen Konkurrent in Nikäa verliehen hatte.24 Die Lateiner übernahmen die ehemals byzantinischen Provinzen unter sehr verschiedenen Umständen und zu sehr verschiedenen Bedingungen; dabei handelten sie recht eigenständig und hielten sich oft nicht an die genauen Teilungsvorgaben der Partitio. In Festlandgriechenland bestimmte Bonifaz von Montferrat die Entwicklung, und zwar auf der Grundlage eines Abkommens mit seinem alten Gegenspieler, Kaiser Balduin. Er nahm den Titel eines Herrn des Königreichs Thessaloniki und von Kreta an, obwohl er sich der Insel nie bemächtigt hatte. Die eroberten Gebiete vergab er als Lehen an die Adligen seines Heeres: italienische Kreuzritter, seine Landsleute, sowie Franzosen und Deutsche, die sich unter seinem Banner gesammelt hatten.25 Doch stieß er im Frühjahr 1205 am Isthmos von Korinth auf den Widerstand eines byzantinischen Archonten, Léon Sgurós. Kurz darauf zwang die Niederlage bei Adrianopel Bonifaz, seinen Vormarsch aufzugeben und nach Thessaloniki zurückzueilen, wo er den Bulgaren und einem Aufstand in der Stadt entgegentreten musste. Der Lehensstaat, den er schließlich schuf, umfasste deutlich mehr als die beiden Themen Strymón-Thessaloniki und Bolerón, die 1204 Bonifaz zugesagt worden waren. Bonifaz gelang es dennoch, seine Beziehungen mit dem neuen lateinischen Kaiser, Heinrich von Hennegau (1206 – 1216), auszugleichen, der seinem in bulgarischen Kerkern verschwundenen Bruder Balduin auf den Thron gefolgt war und das Reich wieder aufgerichtet hatte. Als Bonifaz am 4. September 1207 in einem bulgarischen Hinterhalt fiel, stellte dies die Dauerhaftigkeit seines politischen Werks in Frage, zumal er nur einen minderjährigen Sohn hinterließ, der auf den Namen Demétrios, Stadtheiliger von Thessaloniki, getauft worden war. Der Heilige bekundete schon einen Monat später seine Unterstützung für das neue Königreich, indem er den bulgarischen Zar Kalojan (1197 – 1207) tötete – sofern man diese Tat nicht dem Befehlshaber der kumanischen Söldner des Zaren zuschreiben möchte. Kalojans Tod rettete Thessaloniki und die lateinische Herrschaft, deren Hauptort die Stadt war (s. o. Kap. 10.4.1). In Kleinasien hatte die Partitio den Venezianern nur die epískepsis (Domäne) von Lopádion zugewiesen, den fränkischen Kreuzfahrern aber nichts. Denn der asiatische Teil des Reiches sollte mehrheitlich dem Kaiser zufallen oder war von der Teilung ausgenommen, damit große Lehen eingerichtet werden konnten, die der Kaiser an Kreuzfahrer im Grafenrang vergab. Wie auch anderswo wurden diese Vorhaben nur zu kleinen Teilen verwirklicht. Étienne du Perche fiel schon im April 1205 in der Schlacht von Adrianopel, ohne sein Herzogtum Philadélpheia (Alaşehir) (Thema der Thrakesier) je in Besitz genommen zu haben. Louis, Graf von Blois, Chartres und Clermont, erlitt ein ähnliches Ende, hatte aber immerhin die Zeit gehabt, seine Ritter in das Herzogtum Nikäa (Thema Opsíkion und Aigaíon) zu schicken, das ursprünglich Bonifaz zugewiesen worden war, das dieser aber gegen Thessaloniki eingetauscht hatte. Louis hatte dort Vasallen belehnt, die am

24

Zur Geschichte des Lateinischen Kaiserreichs s. Gerland, Geschichte des lateinischen Kaiserreiches von Konstantinopel; Longnon, L’empire latin; Wolff, Studies in the Latin Empire of Constantinople; Jacoby, The Venetian Presence; ders., The Latin Empire of Constantinople; Hendrickx, Les duchés de l’Empire latin; van Tricht, The Latin Renovatio of Byzantium; zum Kaiserreich von Nikäa s. Angold, A Byzantine Government.

25

Pokorny, Der territoriale Umgang.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

6. Dezember 1204 in der Schlacht bei Poimanenón über Theódoros Láskaris triumphierten, der aber den östlichen Teil des Themas, um Prúsa und Nikäa, den Hauptort der Provinz, halten konnte. Zeitgleich hatte der Kaiser rund hundert Ritter weiter nach Norden an das andere Ufer des Bosporus geschickt, wo sie sich des Gebietes bis nach Nikomédeia (Izmid) bemächtigten. Im November 1204 setzte auch der Bruder von Kaiser Balduin, Heinrich von Hennegau, nach Kleinasien über und eroberte mit Unterstützung der örtlichen armenischen Minderheit Ábydos und Adramýttion (Edremit), die ihm sein Bruder als Lehen verliehen hatte. In einem Gefecht bei Adramýttion besiegte er am 19. März 1205 Konstantin Láskaris, den Bruder von Theódoros. Dieser Erfolg erklärt auch, weswegen Kaiser Balduin im selben Monat den Johanniterrittern ein Viertel des Themas Neókastra verlieh (März 1205): Die erst noch zu erobernden Gebiete sollten so eingebunden wurden; doch blieb die Schenkung auf dem Papier. Denn auch in Kleinasien hatten der griechische Aufstand in Thrakien und die Niederlage bei Adrianopel sowie die Bedrohung durch Bulgarien zur Folge, dass die Lateiner den Rückzug anzutreten hatten. Im März 1205 mussten Heinrich und die von Louis von Blois geschickten Truppen umkehren und fast alle Eroberungen aufgeben. Als Heinrich im August 1206 Kaiser wurde, festigte er seine Stellung in Kleinasien, indem er in den folgenden Monaten Kýzikos (Balız) und Nikomédeia eroberte und im Juli 1207 mit Theódoros Láskaris einen zweijährigen Waffenstillstand schloss, wobei er im Gegenzug auf einen Teil seiner Gebietsgewinne verzichtete. So musste die kleinasiatische Romania erst noch erobert oder zumindest rückerobert werden. Die Eroberung der Peloponnes war demgegenüber zu Beginn eine völlig eigenständige Unternehmung. Gottfried von Villehardouin, ein Kreuzfahrer aus der Champagne und Neffe des namensgleichen Geschichtsschreibers, hatte sich geweigert, dem Zug gegen Konstantinopel zu folgen, und war direkt nach Syrien gefahren. Dort erfuhr er im Herbst 1204 vom Fall der byzantinischen Hauptstadt und der Gründung des Lateinischen Kaiserreichs. Er beschloss, sich nach Konstantinopel zu begeben, doch trieben ihn widrige Winde in den Hafen Methóne (das Modon der Lateiner) im Südwesten der Peloponnes, wo er einen regionalen byzantinischen Aristokraten traf, der ihm einen gemeinsamen Eroberungsfeldzug vorschlug. Diese Partnerschaft belegt, wie vereinfachend es ist, zur Erklärung der entstehenden neuen Machtzentren in der Romania einfach griechische „Widerstandskämpfer“ lateinischen „Besatzern“ gegenüberzustellen. Das Unternehmen verlief gut, bis der griechische Aristokrat an einer Krankheit starb; sein Sohn zeigte sich weniger kooperativ. Gottfried ersuchte daher Bonifaz von Montferrat um Hilfe, den sein Vormarsch ohnehin bis nach Naúplion in der nordöstlichen Peloponnes geführt hatte, das er belagerte. Ein hochrangiger burgundischer Kreuzritter im Gefolge von Bonifaz, Wilhelm von Champlitte in der Champagne, wurde der neue Kampfgefährte Gottfrieds. Sie setzten ihre Macht im Westen der Halbinsel durch und legten damit die Grundlagen des Fürstentums Morea, dessen erster Fürst Wilhelm wurde. So bezeichnete er sich seit Sommer 1205. Wilhelm hatte anfangs König Bonifaz begleitet, der die Eroberung der Peloponnes betrieb, dann aber in seine Hauptstadt Thessaloniki zurückkehren musste; so gelang es dem König nicht, seine Herrschaft in Südgriechenland zu festigen und zu

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

verrechtlichen. Die weitere Eroberung wurde von Kreuzfahrern durchgeführt, die nach seinem Abmarsch im Süden zurückgeblieben waren.26

14 .3 .2 Größe und Untergang des Lateinischen Kaiserreichs Romania und des Königreichs Thessaloniki (1207 – 1261) Nach seiner anfänglichen Krise im Jahr 1205 erlebte das Lateinische Kaiserreich unter Heinrich von Hennegau (1206 – 1216) einen erstaunlichen Aufschwung.27 In den Monaten nach der Gefangennahme seines Bruders stabilisierte Heinrich, zunächst als Bail (Regent) des Reiches, die Lage und wurde im August 1206 zum Kaiser gekrönt. Seine Herrschaft, von der wegen der ungleichen Verteilung der Quellen nur die erste Hälfte gut bekannt ist, bildet den Höhepunkt der lateinischen Machtstellung in der Romania. An der nördlichen Front sicherte er für ein Jahrzehnt die Beziehungen zu Bulgarien ab, und zwar durch militärische Erfolge (Schlacht bei Philippopel/Plovdiv, 31. Juli 1208) und durch Diplomatie, so seine zweite Ehe mit der Tochter des Zaren Boril 1213. Die Beruhigung an der nordwestlichen Grenze erlaubte es ihm, die Offensive in Kleinasien wieder aufzugreifen: Im Juli 1211 landete er in Pegaí (Biga) und besiegte am 15. Oktober 1211 Theódoros Láskaris am Fluss Lúparkos (dem alten Rhýndakos); dann zog er gegen Süden und nahm Pérgamon (Bergama), von wo aus er den Lateinern im Abendland am 13. Januar 1212 ein Siegesbulletin schickte. Seine erste Sorge galt der Festigung des Reiches, weswegen er 1213 oder 1214 mit den Griechen von Nikäa einen Frieden schloss, der, bis auf eine kurze Unterbrechung 1220, fast fünfzehn Jahre Bestand hatte. Er sicherte den Lateinern den Besitz von ganz Nordwestkleinasien, mit Ausnahme der Enklave von Nikäa. Offenbar hat der fränkische Adel in den kleinasiatischen Gebieten reiche Lehen erhalten.28 Der byzantinische Staat der Laskariden sah sich auf ein winziges Gebiet zurückgedrängt (das Thema der Thrakesier mit einigen Gebieten dazu) und musste die Vorherrschaft des lateinischen Nachbarn hinnehmen. Gegenüber den anderen Lateinern gelang es Heinrich ebenfalls, die zeitweise beeinträchtigte zentrale Macht des in Konstantinopel residierenden Kaisers wieder zur Geltung zu bringen. Nach dem Tode von Bonifaz von Montferrat (1207) ging das Königreich Thessaloniki an dessen Sohn, den jungen Demétrios, der unter der Vorherrschaft seiner Mutter und des Grafen Oberto III. de Biandrate als Bail des Königreiches stand. Die „lombardischen“ Barone (d. h. Norditaliener) des Königreiches bildeten mit Oberto eine Gruppe, die die vollständige Unabhängigkeit des lateinischen Griechenlands vom Kaiser anstrebte; an der Spitze dieser Gruppe stand Wilhelm IV., Markgraf von Montferrat, der Bruder von Bonifaz. Heinrich durchkreuzte diese Pläne und krönte Demétrios am Dreikönigstag 1209; im Mai 1209 versammelte er in Ravennika in Mittelgriechenland

26

Longnon, L’empire latin, 72–75; Ilieva, Frankish Morea; Nturu-Eliopulu, Το φραγκικό πριγκιπάτο της Αχαΐας.

27

Longnon, L’empire latin, 81–152; ders., Sur l’Histoire de l’empereur; ders., La campagne de Henri; Wolff, Studies in the Latin Empire of Constantinople, Teil I (Band ohne durchgehende Paginierung), 200–211; Prinzing, Der Brief Kaiser Heinrichs; van Tricht, La politique étrangère; Noble, Baldwin of Flanders and Henry.

28

Saint-Guillain, Propriétés et bienfaiteurs.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

ein Adelsparlament mit den Herren des Königreiches und aus dem übrigen Griechenland; und im Juni triumphierte er über die Lombarden. Die bis dahin recht unklare Feudalgeographie der lateinischen Romania wurde auf diese Weise präzisiert und neu geordnet. Von nun an waren die Herrschaften im Süden Griechenlands unmittelbare Vasallen des Kaisers. Das entsprechend verkleinerte Königreich Thessaloniki erforderte jedoch weiter die Aufmerksamkeit des Kaisers; dort starb Heinrich am 11. Juni 1216. Sein Werk bestand nicht nur in der militärischen Stärkung des Reiches; vielmehr erhob er dieses vor allem durch sein Verhandlungsgeschick und eine kluge Heiratspolitik zur wichtigsten Macht im einst byzantinischen Raum und zum Mittelpunkt der Diplomatie auf dem Balkan. Als fremdbürtiger Fürst hatte er Bande zu seinen griechischen Untertanen geknüpft und ging so weit, den übertriebenen konfessionellen Eifer einiger päpstlicher Legaten zu dämpfen; auch integrierte er Teile der alten byzantinischen Elite (wie Theódoros Komnenós Branás, der eines der großen Lehen des Reiches in Thrakien erhielt, im Umland von Adrianopel und Didymóteichos) in die neue Elite des Reiches;29 er band in den Lehensverband, an dessen Spitze Konstantinopel stand, auch einige kleinere bulgarische und griechische Herrschaften ein, die nach dem Zusammenbruch des Byzantinischen Reiches entstanden waren; in Kleinasien entstand eine paradoxe Symbiose mit dem Rest des Laskaridenstaates, der aber dennoch von sich behauptete, einziger rechtmäßiger Erbe der früheren basileís zu sein. Heinrich hinterließ keinen Erben, und diese Nachfolgefrage erklärt zu einem guten Teil den raschen Niedergang des Staates, dessen Grundlagen unsicher geblieben waren. Auf der Suche nach einem Kaiser boten die lateinischen Barone von Konstantinopel den Thron Heinrichs Schwager Peter von Courtenay an, dann aber dessen Schwiegersohn, Andreas II. von Ungarn. Die räumliche Entfernung zwischen Konstantinopel und dem Abendland erschwerte die Regelung der Nachfolge. Peter und seine Gattin Jolanda von Hennegau nahmen das Erbe zwar an, verließen Frankreich aber erst zu Beginn des Jahres 1217; sie begaben sich zuerst nach Rom, wo sie in der Basilika San Lorenzo fuori le mura von Papst Honorius III. (1216 – 1227) gekrönt wurden. Peter wählte den Landweg nach Konstantinopel, um so seine adriatischen Provinzen zu ordnen, wo die Griechen von Epirus drei Jahre zuvor Dyrrháchion (Durrës) den Venezianern abgenommen hatten. Der Herr von Epirus, Theódoros Dúkas Komnenós (1215 – 1230), Halbbruder und Nachfolger Michaels, täuschte wie einst dieser seine Unterwerfung vor, lockte Peter in eine Falle und warf ihn in den Kerker, wo Peter bald darauf starb.30 Kaiserin Jolande hingegen war auf dem Seeweg gereist und kam bald nach ihrer Ankunft in Konstantinopel mit dem zukünftigen Kaiser Balduin II. nieder. Als Jolande zwei Jahre später, im September 1219, starb, stellte sich die Frage der Nachfolge erneut. Wieder ging eine Gesandtschaft von Baronen ins Abendland, um den Thron dem älteren Sohn, Philippe von Courtenay, Markgraf von Namur, anzutragen. Dieser verzichtete vorsichtigerweise zugunsten seines jüngeren Bruders Robert. Dieser langte erst eineinhalb Jahre später, im März 1221, in Konstantinopel ein, und zwar mit einem enttäuschend bescheidenen Gefolge. Er

29

Jacoby, The Greeks of Constantinople; Bendall/Morrisson, Théodore-Pierre, Théodore Branas ou Théodore Mankaphas; Hendrickx, Some Notes; van Tricht, The Byzantino-Latin Principality.

30

Nicol, The Fate of Peter of Courtenay.

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

war auf dem Landweg über Ungarn und Bulgarien gereist, die durch Heinrichs I. geschickte Politik zu Verbündeten geworden waren. Roberts kurze Herrschaft (1221 – 1227) war von entscheidender Bedeutung für die Geschicke des Reiches. Von seiner zu Beginn noch durchaus realen Macht blieben am Ende nur traurige Überreste. Gegen den fremden und unerfahrenen Herrscher erhob sich zuerst nicht etwa der kleine griechische Staat von Nikäa, der im Einflussbereich Konstantinopels blieb und sogar bereit war, durch ein Heiratsbündnis in diesem aufzugehen, sondern Theódoros von Epirus. Dieser verbarg seinen Anspruch auf die Kaiserwürde nicht mehr und verfolgte entschlossen die bereits von seinem Vorgänger Michael eingeleitete Eroberungspolitik gegen das Königreich Thessaloniki weiter. König Demétrios brach ins Abendland auf, um Hilfe zu erbitten; doch im Dezember 1224 eroberte Theódoros Thessaloniki. Tatsächlich kam aus dem Westen ein lange aufgeschobener Kreuzzug unter dem Markgrafen Wilhelm von Montferrat der lateinischen Romania zu Hilfe (Frühjahr 1226). Er endete aber in einem völligen Desaster gegen Ende Sommer 1226.31 Seit 1222 hatte Theódoros von Epirus überdies begonnen, seine Macht auch unmittelbar auf Kosten des Lateinischen Kaiserreichs auszudehnen. Sein erklärtes Ziel war Konstantinopel und die Wiederaufrichtung des Byzantinischen Reiches unter seiner Herrschaft. Der Fortbestand der lateinischen Macht am Bosporus war bedroht, zumal sich auch die Lage in Kleinasien verschlechterte. Nach dem Tode von Theódoros Láskaris (November 1221) war in Nikäa eine Gruppe um dessen Brüder und Witwe – Kaiserin Maria, Schwester Roberts – an die Macht gelangt, die eine noch stärkere Annäherung an die Lateiner wünschte. Dem widersetzten sich der orthodoxe Patriarch und der Schwiegersohn des Láskariden, Johannes Dúkas Vatátzes, der sich gegen Ende des folgenden Jahres zum Kaiser krönen ließ. Zwei Jahre später, im Herbst 1224, schlug er die Lateiner und deren griechische Verbündete bei Poimanenón vernichtend. Dies läutete das Ende der lateinischen Herrschaft in Kleinasien ein. Da die lateinischen Barone von Konstantinopel nicht an zwei Fronten kämpfen konnten, brach ihre Territorialherrschaft – und damit ihre Einkunftsquelle – zusammen. Militärisches Unheil und innere Spannungen unter den Baronen riefen eine schwere politische Krise hervor. Diese entzündete sich an der Heirat von Kaiser Robert mit einer Frau, die einer Mischehe eines fränkischen Ritters und einer griechischen Aristokratin entstammte. Bei einer Palastrevolte wurde die Kaiserin verstümmelt. Robert brach ins Abendland auf, wohl um jene Hilfe zu finden, die ihm im Osten fehlte. Erst nach einem Jahr der Abwesenheit machte er sich auf die Rückreise, verstarb aber auf dem Weg in der Morea oder – wahrscheinlicher – in Negroponte (6. November 1226).32 Einige Monate zuvor hatte sich Theódoros Dúkas Komnenós seinerseits zum Kaiser krönen lassen und marschierte alsbald vor Konstantinopel auf. Er schien vor der Einnahme der Stadt zu stehen, als der bulgarische Zar Ivan Asen II. (1218 – 1241), dessen Verbündeter Theódoros war, beschloss, sich die Beute selbst zu sichern. Er besiegte Theódoros in der Schlacht bei Klokotnica (9. März 1230), wobei er als Beschützer der lateinischen Barone von Konstantinopel auftrat, die 31

Longnon, La reprise de Salonique; Gallina, Fra Occidente e Oriente.

32

Pokorny, Ein neues Todesdatum.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

damals keinen Kaiser mehr hatten. Diese planten ein Heiratsbündnis mit dem Zaren, entschieden sich dann aber doch für einen weniger gefährlichen Schutzherrn, indem sie den seit mehr als drei Jahren vakanten Thron mit der Zustimmung des Papstes und Venedigs Johann von Brienne anboten, dem früheren König von Jerusalem. Das mit diesem in Perugia am 9. April 1229 geschlossene Abkommen sah vor, dass die verlorenen Gebiete wiedergewonnen werden sollten, wobei ein Teil an seine Nachkommen fallen würde; die Nachfolge auf dem Thron aber würde der kleine Balduin, Bruder und Erbe Roberts, erhalten, der im Gegenzug Johanns Tochter ehelichen sollte. Johann von Brienne (1231 – 1237)33 traf mit erheblichen Streitkräften ein und unternahm einen vergeblichen Feldzug in Kleinasien gegen Johannes III. Dúkas Vatátzes (1222 – 1254), den nach der Ausschaltung von Theódoros Dúkas einzigen griechischen Anwärter auf die Nachfolge der byzantinischen Kaiser. Die Lage wurde noch verzweifelter, da die beiden Hauptgegner der Lateiner, die Bulgaren und die Griechen von Nikäa, ein Bündnis abgeschlossen hatten. Gemeinsam versuchten sie im Winter 1235/1236, Konstantinopel einzunehmen. Der Angriff wurde abgeschlagen, bildete aber nur den Anfang einer ganzen Reihe von Angriffen; der Vormarsch des Vatátzes in Thrakien schien unaufhaltsam. Das fast ganz auf seine Hauptstadt beschränkte Reich war von der militärischen und finanziellen Unterstützung seiner Vasallen, vor allem des Fürsten von Morea, abhängig. Der Aufstieg Nikäas beunruhigte aber auch die anderen Staaten in der Region; ein schwieriges und instabiles Spiel der Bündnisse verlängerte die Existenz des Lateinischen Kaiserreichs. So wechselte der bulgarische Zar nach dem Tode Johanns von Brienne kurzfristig seine Haltung. Dessen Nachfolger, Balduin II. (1240 – 1261), weilte damals im Abendland. Er kam 1240 an der Spitze eines Kreuzzuges zurück, der die verlorenen Gebiete mitsamt dem Königreich Thessaloniki zurückgewinnen wollte; trotz einiger Anfangserfolge wurde jedoch nichts Dauerhaftes erreicht. Unter Balduin II., dem ersten in der Romania geborenen Kaiser, wurde das geschwächte Kaiserreich, das über keine Machtmittel mehr verfügte, völlig von auswärtiger Hilfe abhängig, d. h. vom Rest der lateinischen Romania, aber auch vom Abendland. Dies zwang den Kaiser zu langen Reisen, auf denen er Hilfe erbettelte, und zu ebenso verzweifelten wie demütigenden Notlösungen.34 1237 verpfändeten die Barone und der Bail des Kaiserreiches gegen eine Anleihe von 13.134 Hyperpern das Palladium des Reiches, die Dornenkrone und andere Passionsreliquien (die später von Ludwig dem Heiligen ausgelöst wurden, der für die Aufbewahrung die Sainte-Chapelle in Paris errichten ließ) bei venezianischen Kaufleuten.35 Um 1250 musste Balduin II. bei anderen venezianischen Geldverleihern seinen eigenen Sohn und Erben Philipp verpfänden und für dessen Auslösung das Blei von den Dächern des Kaiserpalasts herunternehmen lassen.36 Die erhoffte Hilfe aber war abhängig von den politischen Eigeninteressen der verschiedenen Staaten; hinzu kamen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kaiserreiches. Zwar konnte die Erweiterung und Instrumentalisierung 33

Longnon, L’empire latin, 169–177; Wolff, Studies in the Latin Empire of Constantinople, Teil I, 216–220; Perry, John of Brienne.

34

Longnon, L’empire latin, 178–186; ders., L’empereur Baudouin; Wolff, Studies in the Latin Empire of Constantinople, Teil I, 220–233; Benito Ruano, La orden de Santiago; Stathakopoulos, Discovering a Military Order.

35

Durand/Laffitte (Hgg.), Le trésor; Martin/Cuozzo/Martin-Hisard, Un acte de Baudouin.

36

Wolff, Mortgage and Redemption (und ders., Studies in the Latin Empire, Teil V).

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

der Kreuzzugsidee durch das Papsttum im 13. Jahrhundert dem lateinischen Konstantinopel entsprechende Unterstützung verschaffen; doch widmeten sich die Päpste der Frage nicht nachhaltig, vor allem wenn sie in Widerspruch geriet zu ihrer Unionspolitik gegenüber den Orthodoxen.37 Konstantinopel war nunmehr vom griechischen Reich von Nikäa umzingelt, das vom Niedergang Bulgariens in den 1240er Jahren begünstigt wurde; 1246 nahm das Reich von Nikäa Thessaloniki ein. Mehrfach belagerte Johannes III. Dúkas Vatátzes Konstantinopel, so 1247 und 1248. Sein Nachfolger Theódoros II. Láskaris war während seiner kurzen Herrschaft (1254 – 1258) mit Angelegenheiten in Kleinasien und auf dem Balkan beschäftigt. Schließlich war es der erste Herrscher aus dem Geschlecht der Palaiologen, Michael VIII. (1259 – 1282), dem ein ruhmloser Handstreich die Stadt in die Hände spielte, nachdem eine letzte Belagerung 1260 gescheitert war. Als 1261 die meisten lateinischen Truppen die Stadt verlassen hatten, um Daphnúsia (Kefken adası) im Schwarzen Meer anzugreifen, erfuhr ein General Michaels, Aléxios Strategópulos, dass die Stadt kaum verteidigt war, drang durch eine List in sie ein und eroberte sie fast ohne Schwertstreich (25. Juli 1261). Der Kaiser und ein Teil der Lateiner flohen auf venezianischen Schiffen nach Euböa und in die Morea. Das Lateinische Kaiserreich mit seiner Hauptstadt Konstantinopel hatte zu bestehen aufgehört. Als politisches Phantom sollte es noch ein Jahrhundert weiterleben.

14 .3 .3 Das Fürstentum Morea unter den Villehardouin Seinen bescheidenen Anfängen zum Trotz erlebte das Fürstentum Morea im ersten Halbjahrhundert seines Bestehens einen glänzenden Aufstieg, der noch eindrücklicher war angesichts des zeitgleichen Niedergangs des Lateinischen Kaiserreichs und des Königreiches Thessaloniki. Unsere Kenntnis dieser Periode ist aber leider verdunkelt, da eine der Hauptquellen, die französische Chronik von Morea (Chronique de Morée) Berichte bietet, die zu einem großen Teil im 14. Jahrhundert erfunden worden sind.38 Wie bereits erwähnt, hatte sich Gottfried von Villehardouin, der die Eroberung 1205 begonnen hatte, Wilhelm von Champlitte anschließen und ihm als erstem Fürsten der Morea (oder genauer: Fürst der gesamten Provinz von Achaia, princeps totius Achaie provincie) die Führungsrolle zubilligen müssen. Ein erheblicher Teil der Halbinsel wurde in jener Zeit erobert, wobei es 1207 zu einem Zusammenstoß mit Venedig kam, dem in der Partitio der Westteil der Peloponnes zugesprochen worden war. Nach 1208 musste sich Wilhelm ins Abendland begeben, wo er bald darauf starb. Als Bail und Generalbevollmächtigen hatte er einen gewissen Hugo de Chain eingesetzt, dem er sein Siegel anvertraut hatte; doch auch Hugo starb bald darauf und wurde von Gottfried von Villehardouin ersetzt. Als Kaiser Heinrich I. durch Griechenland marschierte, schloss sich ihm Gottfried an und nahm im Mai 1209 am Adelsparlament von Ravennika teil. Er wurde unmittelbarer Vasall des Kaisers und legte damit auch das Lehensverhältnis des Fürstentums fest, das sich so vom 37 van

Dieten, Das lateinische Kaiserreich; Chrissis, Crusading in Frankish Greece.

38 Longnon,

L’empire latin, 186–355; ders., Problèmes de l’histoire, Teil 1 und Teil 2; Bon, La Morée franque; Ilieva, Frankish Morea; Gerstel (Hg.), Viewing the Morea.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

Königreich Thessaloniki löste. Heinrich ernannte ihn zum Seneschall des Reiches. Im darauffolgenden Juni schloss Gottfried auf der Insel Sapienza südlich von Messenien ein Abkommen mit Venedig, dem er die Städte Koron (Koróne) und Modon (Methóne) abtrat, welche die Republik drei Jahrhunderte lang beherrschen sollte. Der Vertrag sah auch vor, dass Gottfried für die bereits eroberten Gebiete Vasall Venedigs werden und ein Teil der noch zu erobernden Gebiete an Venedig übergeben werden sollte; doch diese Bestimmung geriet rasch in Vergessenheit. Schließlich nahm Gottfried im Jahre 1210 den Titel eines Fürsten der Morea an; er hatte den gesetzlich festgelegten Zeitraum seit dem Tode Champlittes beachtet, dessen minderjährige Erben so geschickt um ihr Erbe gebracht wurden. Gottfried konnte die Eroberung der Peloponnes fortsetzen. Mit der Unterstützung des Otto de la Roche, des Herrn von Athen, bemächtigte er sich der Stadt Korinth, die seit rund fünf Jahren belagert worden war, dann der Argolis und der Ebene von Lakonien.39 Außerhalb seines Zugriffs blieben die Berggebiete der südöstlichen Peloponnes und die Seefestung Monemvasía. Die Bedeutung, die das Fürstentum im Lateinischen Kaiserreich erlangt hatte, wurde durch die Heirat von Gottfrieds ältestem Sohn und Erben mit Agnes, der Tochter des Kaisers Robert von Courtenay, zum Ausdruck gebracht. Um seine Eroberungen und den Burgenbau (besonders Clermont/Chlemútsi) zu finanzieren und Land an seine Gefolgsleute auszugeben, hatte Gottfried nicht gezögert, auch Kirchenbesitz an sich zu ziehen, den die lateinische Geistlichkeit zurückzugewinnen hoffte. Dies trug ihm 1218 die Exkommunikation ein; der Konflikt mit Kirche und Papsttum dauerte bis 1223.40 Unter Gottfried I. und seinem Sohn Gottfried II. (1225/1226 – 1246) entstand in der Morea eine echte Lehensgesellschaft, die von einer Schicht von Baronen beherrscht wurde, die sich aus jenen Familien zusammensetzte, die die zwölf wichtigsten Herrschaften des Fürstentums innehatten; dies waren die pairs des Fürsten. Diese Familien stammten nicht etwa von Teilnehmern des Vierten Kreuzzuges ab, sondern von kleinen fränkischen Adligen, die auf Einladung der Villehardouin – mit denen sie teilweise schon vor 1204 in Verbindung gestanden hatten oder später mit ihnen vor allem über Heiratsbande in Beziehung getreten waren – ihr Glück im Osten suchten.41 Gottfried II. vollendete die Eroberung durch die Einnahme Monemvasías, um 1230 oder etwas früher.42 Nach dem Untergang des Königreichs Thessaloniki (1224) war der Fürst der Morea nicht mehr einfach einer von mehreren fränkischen Herren in Griechenland, sondern nunmehr der bedeutendste unter ihnen. 1227 hatte Gottfried von seinem Schwager, Kaiser Robert, die Lehens­oberherrschaft über Euböa und andere Gebiete erhalten. Dieses Zugeständnis galt vorerst nur für Gottfrieds Lebzeit, wurde aber 1248 von Balduin II., dem Bruder Roberts, zugunsten von Gottfrieds Bruder, Wilhelm II. von Villehardouin, (1246 – 1278), erneuert und auf weitere

39

Kiesewetter, Ricerche costituzionali e documenti.

40

Schabel, Antelm the Nasty.

41

Zum Beispiel die Herren von Karytaina: Longnon, Les seigneurs de Karytaina; Evergates, The Origin.

42

Saint-Guillain, The Conquest of Monemvasia.

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

Inselherrschaften in der Ägäis ausgedehnt.43 Seit 1236 zählten auch der Graf von Kephallenía und sogar der im Exil lebende griechische Stadtherr von Thessaloniki zu den Vasallen Gottfrieds. Eine geschickte Heiratspolitik förderte und festigte die feudale Vorherrschaft des Fürsten in der Romania. Doch blieb der Fürst Vasall der Kaisers, dessen Seneschall er war; freilich hing das Überleben des Kaiserreiches nunmehr von der dauernden Unterstützung durch den Fürsten ab. 1236 eilte Gottfried II. mit Schiffen und Truppen dem von Vatátzes und Ivan Asen II. belagerten Konstantinopel zu Hilfe; 1238 folgte eine zweite Hilfsaktion; 1248 zog sein Nachfolger Wilhelm II. an den Bosporus. In den 1230ern Jahren steuerte Gottfried II. jährlich 22.000 Hyperpern zur Verteidigung des Reiches bei.44 Die Fürsten von Morea waren nicht nur in der Lage, in der Romania entscheidend einzugreifen. Wilhelm II. nahm auch am Kreuzzug Ludwigs des Heiligen nach Ägypten teil (1249/1250); auf der Fahrt unterstützte er die Genuesen bei der Eroberung von Rhodos. Die Vormachtstellung des Fürsten von Morea über die Überreste der fränkischen Herrschaften in Griechenland stieß aber auch auf Widerstand, zumal Wilhelm II. mit großer Geschicklichkeit Feinheiten des Lehensrechtes ausnützte, um seinen Zugriff auf die Vasallen zu stärken. In der zweiten Hälfte der 1250er Jahre wurde die Romania von zwei lehensrechtlichen Auseinandersetzungen erschüttert. Die Herren von zwei der drei Drittel von Euböa weigerten sich, im Widerspruch zu Abmachungen, die sie unter sich geschlossen hatten, die Nachfolgeregelung für das dritte Drittel dem Fürsten zu überlassen, und verbündeten sich mit Venedig. Zugleich bestritt der Herr von Athen, Guy I. de la Roche, die Lehensoberherrschaft, auf die Wilhelm II. Anspruch erhob. Guy nahm in sein Heer sogar moreotische Vasallen des Fürsten auf. Der Fürst besiegte Guy und dessen Verbündete am Berg Karýdi (Frühjahr 1258); der Konflikt in Euböa, der demgegenüber zurückgetreten war, wurde auf friedliche Weise im Jahre 1262 gelöst, als die Gefahr einer byzantinischen Rückeroberung die Streitparteien wieder zusammenführte.45 Wilhelm II. hatte 1258 ein Heiratsbündnis mit Michael II., dem Despoten von Epirus, geschlossen, dessen Tochter Anna er geheiratet hatte. Helene, die zweite Tochter des Despoten, ehelichte im folgenden Jahr den Stauferkönig Manfred von Sizilien. Diese Allianz zog den Fürsten in ein Bündnis gegen den neuen griechischen Kaiser von Nikäa, Michael VIII. Palaiológos (1259 – 1282). Dessen Truppen aber schlugen die verbündeten Franken und Epiroten bei Pelagonía (Ebene von Bitola) vernichtend (Juni/Juli 1259). Wilhelm II. wurde mit der Blüte seiner Ritterschaft gefangen genommen und verbrachte zwei Jahre in Haft. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Palaiologen (1261) bequemte er sich zu Verhandlungen. Er wurde Vasall Michaels VIII. und musste diesem vier bedeutende Burgen im Südosten der Peloponnes ausliefern: Mistra (Mistrás), die ManiHalbinsel, Monemvasía und Geráki.46 43 Die

Frage verdient weitere Untersuchung, s. Longnon, Problèmes, 151; Jacoby, La féodalité en Grèce, 21f.; Loenertz, Les Ghisi, 29f.

44

Longnon, L’empire latin, 175f.; Bon, La Morée franque, 79f.; Ilieva, Frankish Morea, 148f.; Saint-Guillain, The Conquest of Monemvasia, 260–262.

45 Jacoby, 46

La féodalité, 1–5, 52, 185–196; Loenertz, Les seigneurs tierciers.

Geanakoplos, Greco-Latin Relations on the Eve of the Byzantine Restoration; Mihajlovski, The Battle of Pelagonia; Wilskman, The Campaign and Battle of Pelagonia.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

Dieser Vertrag setzte dem Aufstieg des Fürstentums Morea ein Ende und bedeutete einen schweren Schlag für das Ansehen von Fürst Wilhelm. Der Friede, der so hergestellt werden sollte, war aber von kurzer Dauer; die Feindseligkeiten mit den Byzantinern begannen 1262 erneut. Doch diese verfügten nun über Stützpunkte in der südlichen Peloponnes, von wo aus sie die fränkischen Gebiete belästigen und plündern konnten. Die Franken entschlossen sich daraufhin, Karl I. von Anjou, den neuen König von Sizilien, zum Schutzherrn zu küren.

14 .3 .4 Das Fürstentum Morea zwischen Autonomie und Oberherrschaft der Anjou Durch den Vertrag von Viterbo vom 24. Mai 1267 übergab mit dem Einverständnis des lateinischen Exilkaisers Balduin II. Wilhelm von Villehardouin das Fürstentum Morea an Karl von Anjou, der im Gegenzug Militärhilfe versprach; Wilhelm behielt sich, zum Nachteil seiner eigenen Erben, auch der ungeborenen, nur den Nießbrauch als Vasall des Königs vor. Seine älteste Tochter Isabella heiratete zwar einen der Söhne Karls, doch sollte dieser Ehe keine Nachkommen entspringen (was dann auch der Fall war), würde Karl das Erbe antreten. Drei Tage später, am 27. Mai, schloss Balduin II. mit Karl einen weiteren Vertrag, in dem er diesem die Oberherrschaft über die Morea, die epirotische Küste, Korfu sowie über die Ägäisinseln (die er bereits Wilhelm II., freilich nur vorübergehend, überlassen hatte) abtrat. Im Gegensatz verpflichtete sich der König dazu, dem Kaiser bei der Wiedergewinnung seines Reiches zu helfen.47 Was von den fränkischen Herrschaften übriggeblieben war, geriet so unter die Oberherrschaft der Anjou.48 Der Fürst erfüllte bereits im Folgejahr seine Vasallenpflicht und nahm mit 400 Rittern an der Schlacht bei Tagliacozzo teil, in der König Karl am 23. August 1268 Konradin, den letzten Staufer, besiegte. Die Unterstützung der Anjou in Morea hingegen war wenig wirkungsvoll. Die 1270er Jahre waren geprägt von einem stetigen Schwinden des lateinischen Elements. In der Morea eroberten die Byzantiner mehrere Baronien, so Kalávryta und Passavant. Nach dem byzantinischen Seesieg bei Demetriás (1273) wurde die Insel Euböa mit Ausnahme des Hauptorts fast ganz von den Byzantinern zurückgewonnen. Ähnlich erging es einigen Kykladeninseln. Die Truppen Karls von Anjou waren an der Küste des heutigen Albanien erfolgreicher, wo sie eine eigene Anjouherrschaft errichteten. Der geplante Angriff auf Konstantinopel hingegen fand nie statt. Michael VIII. verhinderte einen derartigen Kreuzzug durch seine Annäherung an das Papsttum, die zur Union beim zweiten Konzil von Lyon führte (1274), wo die Vereinigung der griechischen und der lateinischen Kirche verkündet wurde. Beim Tode Wilhelms II. (1278) übernahm Karl von Anjou nach den Bestimmungen des Vertrags von Viterbo das Fürstentum Morea und den entsprechenden Herrschaftstitel; vertreten ließ er sich durch einen Bail. Seine Handlungsmöglichkeit aber war bald sehr eingeschränkt, denn 47

Longnon, Le traité de Viterbe.

48

Carabellese, Carlo d’Angiò; Longnon, L’empire latin, 251–263; Bon, La Morée franque, 151–164; Pozza, Acri e Negroponte; Sampsonis, L’administration de la Morée; dies., La place de la Morée.

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Teil II: 14. Fränkische Herrschaft

ab 1282 war er vollauf damit beschäftigt, Sizilien zurückzuerobern, aus dem ihn die Sizilianische Vesper vertrieben hatte. Der dauernde Kleinkrieg mit den Byzantinern destabilisierte seine Herrschaft in der Morea. Karl II., der 1285 seinem Vater Karl I. nachgefolgt war, war sich dieser Probleme, aber auch der Schwierigkeiten seines Königreiches bewusst. Er entschloss sich, das Fürstentum Wilhelms II. Tochter Isabella von Villehardouin zu übergeben und diese mit dem jüngsten Mitglied seiner großen Familie, Florenz von Hennegau, zu verheiraten.49 Dieser erwies sich als tüchtiger Fürst und schloss sogleich ein Abkommen mit den Byzantinern. Freilich stieß er auf den Widerstand des Herzogs von Athen, Guy II. de la Roche, genauer dessen Mutter und Regentin, Helene Dúkaina, und deren zweiten Gatten, Hugo von Brienne. Diese bestritten, Vasallen des Fürsten zu sein, und behaupteten, unmittelbar dem angevinischen König zu unterstehen. Es war dies die Wiederholung jener Auseinandersetzung, in der dreißig Jahre zuvor Guy I. de la Roche und Wilhelm II. einander gegenübergestanden waren. Der Konflikt schwelte einige Jahre, zumal sich die lehensrechtlichen Fragen weiter verwickelten, da mit Karls II. Lieblingssohn Philipp, Fürst von Tarent, ein weiterer Anjou in Griechenland auftrat. Sein Vater hatte ihn 1294 mit Thamar, der Tochter des Despoten Nikephóros von Epirus, verheiratet und ihm so eine Herrschaft in Akarnanien und Ätolien verschafft. Außerdem gab er ihm Korfu, Buthrotós (Butrint) und die Lehensherrschaft über alle lateinischen Gebiete in Griechenland sowie das Despotat Epirus, wobei er, Karl II., sich aber die Oberherrschaft vorbehielt. Diese neue Lage schuf weitere Unbill, nicht zuletzt, da sich auch König Karl II. in die griechischen Angelegenheiten einmischte.50 Nach dem Tod von Florenz (1297) übernahm dessen Witwe Isabella von Villehardouin das Fürstentum; in dessen Süden hatte der Krieg mit den Byzantinern wieder begonnen. Isabella handelte mit diesen einen neuen Vertrag aus und verlobte ihre einzige Tochter, Mahaut von Hennegau, mit Herzog Guy II. von Athen, womit die beiden wichtigsten Herrschaften der lateinischen Romania verbunden werden sollten. Isabella entschloss sich ihrerseits zu einer dritten Ehe mit Philipp von Savoyen, dem Herrn von Piemont, den sie im Jahre 1301 heiratete, als sie sich unter dem Vorwand der Teilnahme am Jubeljahr 1300 nach Rom begeben hatte. Philipp war ein mächtiger Fürst, aber auch ein alter Feind der Anjou, der Oberherren Isabellas, deren rechtlich zwingend notwendige Zustimmung diese nicht eingeholt hatte. Wenn Philipp auch einen griechischen Aufstand bei Skórta, einer Bergregion in der westlichen Zentralpeloponnes, rasch niederwarf, der wegen seiner harten Steuerpolitik ausgebrochen war, entfremdete er sich die moreotischen Adligen durch seine harte und kleinliche Fiskalpraxis und seine Geringschätzung der Adelsprivilegien. Die Adligen erkannten in diesen Methoden jene der italienischen „Tyrannen“ des Trecento. 1306 setzte Karl II. Philipp von Savoyen und Isabella unter dem Vorwand ab, er hätte ihrer Ehe nicht zugestimmt und sie hätten Philipp von Tarent den Lehenseid verweigert. Im folgenden Jahr stimmten die beiden einer Einigung zu und verließen das Fürstentum für immer.51

49

Longnon, L’empire latin, 264–281; Bon, La Morée franque, 164–173; Emmanuēl, Το φραγκικό πριγκιπάτο του Μορέως.

50

Kiesewetter, I Principi di Taranto e la Grecia.

51

Longnon, L’empire latin, 281–291; Bon, La Morée franque, 173–184; Haberstumpf, Due dinastie occidentali; ders., Regesto dei Savoia per l’Oriente.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

Seit dem Sommer 1306 regierte, von Karl II. belehnt, Philipp von Tarent, der sogleich in der Morea landete und dort die Huldigung seiner neuen Untertanen entgegennahm. Nach einem kurzen Feldzug im mittlerweile stattlichen byzantinischen Teil der Peloponnes, bei dem er lediglich die Burg Tripótamos einnehmen konnte, überquerte er den Golf von Patras und versuchte vergebens, seine dortigen Besitzungen gegen die Epiroten zu verteidigen.52 Bald darauf verlor er das Interesse an der Morea. Diese erlebte schwere Zeiten, nachdem das Herzogtum Athen und die anderen fränkischen Herrschaften Mittelgriechenlands – mit Ausnahme der Markgrafschaft Bodonitsa – durch katalanische Söldner in der Schlacht von Halmyrós (15. März 1311) vernichtet worden waren, wobei der letzte fränkische Herzog von Athen, Walter von Brienne, fiel und mit ihm das, was vom fränkischen Adel noch übrig geblieben war. Das Fürstentum hatte vor seinen Toren nunmehr einen gefährlichen Feind. Die Herrschaft der Anjou brachte auch gesellschaftliche Veränderungen mit sich. Das Gewicht der aus Neapel entsandten Offiziere, Soldaten und Amtmänner – Italiener wie Franzosen – nahm spürbar zu, während demgegenüber die alten fränkischen Geschlechter dahinschwanden.53 Mehrere starben ganz aus, andere schlossen vorteilhafte Heiratsbande mit dem unteritalienischen Königreich und erwarben sogar zusätzliche Güter. Aus Furcht vor gesellschaftlichem Niedergang achteten die fränkischen Adligen eifersüchtig auf ihre Rechte, wie der kühle Empfang für den ersten angevinischen Bail, Galeran d’Ivry, und der Widerstand gegen seine Nachfolger wie Philipp von Savoyen belegen (von denen freilich einige aus dem örtlichen Adel stammten);54 in diesen Zusammenhang gehören auch, ein wenig später, die Entstehung der Chronik von Morea sowie einer Rechtssammlung, der Assisen von Romania. Der moreotische Adel legte großen Wert auf einige Elemente seiner Identität, so den Gebrauch des Französischen oder die Beibehaltung von Herkunftsbezeichnungen, die die fränkischen Herren von ihren aus dem Abendland eingewanderten Vorfahren übernommen hatten und die sie durch den Bau entsprechend benannter Burgen in der Morea verwurzelten; so entstanden dort auch neue fränkische Toponyme (Saint-Omer, Nivelet). Im April 1313 organisierten die Anjou die noch unter ihrer Herrschaft befindlichen Gebiete neu, und zwar im Rahmen einer vom König von Frankreich bestimmten dynastischen Regelung.55 Philipp von Tarent heiratete in zweiter Ehe Katharina von Valois, die Urenkelin Kaiser Balduins II. und Erbin der Rechte auf das Lateinische Kaiserreich von Romania. Diesen Anspruch konnten die Anjou-Tarent ihrer Sammlung exotischer Titel hinzufügen. Philipp behielt lediglich die Oberhoheit über das Fürstentum Morea, das Mahaut von Hennegau, der Tochter Isabellas von Villehardouins und des Fürsten Florenz, zurückgegeben wurde. Mahaut war mit Ludwig, dem Bruder des Herzogs von Burgund, verheiratet, von dem frische Hilfskräfte für die Morea erhofft wurden. Diese waren auch dringend nötig. Denn während sich das neue Fürstenpaar noch in Frankreich 52

Longnon, L’empire latin, 291–293; Bon, La Morée franque, 173–184; Nicol, The Despotate of Epiros; Andreas Kiesewetter, Il trattato del 18 ottobre 1305 fra Filippo I di Taranto e Giovanni I Orsini di Cefalonia per la conquista dell’Epiro, Archivio storico pugliese 47 (1994), 177–215; ders., I Principi di Taranto e la Grecia, 64–66.

53

Tzavara, The Italians in 13th -Century.

54

Topping, The Morea, 1311 – 1364.

55

Longnon, L’empire latin, 301–313; Bon, La Morée franque, 188–197.

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aufhielt, landete ein katalanischer Prätendent, der Infant von Mallorca, Ferran, in der Morea und beanspruchte diese mit Berufung auf die Rechte seiner Gattin, die ebenfalls von den Villehardouin abstammte. Er wurde von der Bevölkerung von Glarentza, der Wirtschaftshauptstadt des Fürstentums, und von einem Teil der Barone im Juli 1315 anerkannt.56 Ludwig von Burgund erschien im Folgejahr in der Morea und besiegte und tötete den Infanten in der Schlacht von Manoláda am 5. Juli 1316. Doch starb er selbst im folgenden Dezember an einer Krankheit. Er hatte begonnen, die Lehen der Verräter an burgundische Ritter zu verteilen, die ihm gefolgt waren und den moreotischen Adel verstärkten. Einige aber kehrten, unzufrieden mit der Haltung von Ludwigs Witwe, bald wieder nach Frankreich zurück. Mahaut von Hennegau, die letzte Erbin der Villehardouin, war nun alleinige Herrin des Fürstentums (1316 – 1321), befand sich aber in einer unsicheren Lage. Sie war von Feinden umringt, den Katalanen im Norden, den Byzantinern im Süden. Letztere nahmen unter dem kaiserlichen Statthalter Andrónikos Asánes den Lateinern eine Burg nach der anderen ab, so Karýtaina. Mahaut war überdies besonders bedroht von den Ansprüchen angevinischer Prinzen, die von ihrem älteren Bruder angeleitet wurden, König Robert (1309 – 1343), der in Neapel seinem Vater Karl II. auf den Thron gefolgt war. Mahaut wurde nach einigen Manövern in Neapel inhaftiert und gezwungen einzugestehen, dass sie heimlich einen Ritter aus dem Bourbonnais, Hugo de la Palisse, geheiratet hatte. Dies erlaubte es König Robert, sie abzusetzen und das Fürstentum seinem Bruder Johann von Gravina zu übergeben, der unter der Oberherrschaft seines Bruders Philipp von Tarent stehen sollte.57 1325 unternahm Johann einen erfolglosen Feldzug, um den Byzantinern verlorengegangene Gebiete wieder abzujagen. Schließlich tauschte er im Dezember 1332 das Fürstentum mit den Erben Philipps für 5000 Unzen Gold und die angevinischen Besitzungen in Albanien.

56

Rubió i Lluch, Contribució a la biografia; Berg, The Moreote Expedition.

57

Vercauteren, La princesse captive.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

14 .3 .5 Die letzten angevinischen Fürsten und der Untergang des Fürstentums Morea Als das Fürstentum endgültig in die Hände der Titularkaiser von Konstantinopel aus dem Hause Anjou überging,58 war es durch die byzantinische Rückeroberung auf den westlichen und nördlichen Rand der Peloponnes beschränkt. Es dehnte sich halbmondförmig von der Argolis bis nach Messenien aus. Außerdem war es türkischen Piratenangriffen ausgesetzt. Nur wenige der alten Baro­nien bestanden noch; sie lösten sich zunehmend vom Landesherrn, bestritten dessen Herrschaft und verbündeten sich sogar mit Byzantinern und Katalanen. Außerhalb der Morea erstreckte sich die Oberherrschaft des Fürsten nur noch auf die Markgrafschaft Bodonitsa, Euböa und einen Teil der Kykladen. Doch wurde dieser Anspruch immer schwächer, zumal Venedig immer mehr Einfluss in diesen Gebieten gewann. Alle alten Adelsgeschlechter aus der Eroberungszeit waren mittlerweile ausgestorben. Die noch bestehenden französischen Familien waren später ins Land gekommen – wie die Aulnay, Flüchtlinge aus Konstantinopel im Jahre 1261, die die Baronie Arkadia geerbt hatten – oder sie waren bescheidener Herkunft, wie die Le Maure, die sich mit den Aulnay in einem Ehebündnis zusammentaten und diese schließlich beerbten. Der Niedergang der fränkischen Geschlechter wurde noch verschärft durch die Förderung des italienischen Elements durch die angevinischen Fürsten. Die Titularkaiserin Katharina von Valois, die Witwe Philipps von Tarent, die seit 1332 das Fürstentum im Namen ihres Sohnes Robert regierte, vergab große Lehen und andere im Fürstentum verstreute Güter an ihren Günstling Nicolò Acciaiuoli, den Großseneschall des Königreichs Neapel.59 Acciaiuoli entstammte einer florentinischen Bankiersfamilie, die mit ihren Krediten die Politik der Anjou-Tarent finanzierte und die sich in Griechenland niederließ, wo sie einen ungewöhnlichen Aufstieg erlebte. Die genuesische Familie Zaccaria bietet ein weiteres Beispiel für die Einfügung eines italienischen Geschlechts in die alten feudalen Strukturen des Fürstentums.60 In den 1330er Jahren wurde mit offenkundiger Nostalgie die rechtliche und geschichtliche Erinnerung des Fürstentums festgehalten; seinen Niederschlag fand dies in der französischen Redaktion der Assisen von Romania und der Erstellung jener Fassung der Chronik von Morea, welche die verlorene Urfassung der überlieferten Versionen darstellt – auch wenn diese Fassung ihrerseits ältere geschichtliche Überlieferungen zusammenfasst. Obwohl diese Texte verschiedenen Gattungen angehören, sind sie doch Erzeugnisse desselben Milieus. Beide drücken die Sehnsucht nach einer idealisierten Vergangenheit aus, beide verraten Begeisterung für das Lehensrecht und dessen Tücken. Die Übersetzung der Chronik ins Griechische, die in den folgenden Jahrzehnten verwirklicht wurde, verweist auf die gestiegene Bedeutung des griechischen Elements in der moreotischen Gesellschaft und die Gräzisierung eines Teils der Elite, die aber auch

58

Longnon, L’empire latin, 314–338; Bon, La Morée franque, 199–245.

59

Tocco, Niccolò Acciaiuoli; Haberstumpf, Dinasti italiani in Levante; Topping, Estates of Niccolò; Longnon/ Topping, Documents sur le régime.

60

Lopez, Benedetto Zaccaria; ders., Familiari, procuratori e dipendenti; Gato, Per la storia di Martino Zaccaria; Basso, Gli Zaccaria; Carr, Trade or Crusade?

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Hand in Hand ging mit deren Italianisierung – die Assisen sind nur in einer italienischen Übersetzung erhalten.61 Der Niedergang des Fürstentums wird oft mit der Abwesenheit der angevinischen Fürsten erklärt. Doch haben Kaiserin Katharina und ihr Sohn Fürst Robert sehr wohl in der Morea residiert (1338 – 1341), und zwar länger als alle anderen Anjou.62 Freilich wurden die Anjou-Tarent in der Folge in die inneren Wirren des Königreichs Neapel hineingezogen; hinzu kamen ihre eigenen Familienfehden, so als die Witwe von Fürst Robert, Marie de Bourbon, gegen die rechtmäßigen Erben ihres Schwagers Philipps III. die Nachfolge im Fürstentum ihrem Sohn aus erster Ehe, Hugo von Lusignan, sichern wollte, der mit Gewalt versuchte, sich des Fürstenthrons zu bemächtigen (1366 – 1370). Nach dem Tode Philipps, des letzten Vertreters des Zweigs Anjou-Tarent (1373), folgte ihm sein Neffe Jacques de Baux, der die Titel eines Fürsten von Morea und eines Kaisers von Konstantinopel trug, seine Rechte aber nicht wahrzunehmen vermochte.63 Es war Königin Johanna von Neapel, die persönlich das Fürstentum in Besitz nahm und dort einen Bail ernannte. 1377 überließ sie das Fürstentum für fünf Jahre den Johannitern von Rhodos. Damals brach ein neuer Akteur in die Romania ein: eine Kompanie navarresischer und baskischer Söldner unter Ludwig von Navarra, Herzog von Dyrrháchion in Albanien, der sein Herzogtum wiedergewinnen wollte.64 Nach Ludwigs Tod waren die Söldner arbeitslos. Jacques de Baux nahm sie in Dienste, um sein Erbe in der Romania zurückzuerobern. Nachdem sie das katalanische Herzogtum Athen angegriffen hatten, drangen sie nach Morea vor, wo die Johanniter das Feld räumten. Die Führer der Kompanie übernahmen in Jacques’ Namen die Herrschaft; letzterer wurde von den Baronen anerkannt, zumindest von jenen, die von den Navarresen nicht enteignet worden waren. Die Macht des neuen Fürsten blieb aber auf dem Papier, zumal er nie einen Fuß in die Morea setzte. Nach seinem Tode (1383) herrschte die Kompanie als Vikar eines fernen Fürsten oder gab dies wenigstens vor, bis sich ihr Chef, Peter von San Superan, durch König Ladislaus von Neapel 1396 als Fürst der Morea anerkennen ließ. Er heiratete die Tochter eines der letzten Barone französischer Herkunft, deren Neffe, der Genuese Centurione II. Zaccaria, der letzte Fürst der Morea sein sollte (1404 – 1430). Unter seiner Herrschaft eroberten die Byzantiner die letzten lateinischen Besitzungen auf der Halbinsel. Centurione trat in Verhandlungen ein. Er gab seine Tochter dem Bruder des byzantinischen Kaisers Johannes VIII., Thomas Palaiológos, zur Frau und behielt sich lediglich für seine eigene Lebenszeit die Baronie Arkadia vor.

61

Siehe oben Kap. 14.2, Anm. 16, mit Literatur zur Chronik.

62

Troubat, La France et le royaume.

63

Asonitis, Jacques de Baux.

64

Setton, The Archbishop Simon; Loenertz, Hospitaliers et Navarrais; Luttrell, Appunti sulle compagnie.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

14 .3 .6 Das andere lateinische Griechenland: Mittelgriechenland im 14. – 15. Jahrhundert Wie gezeigt, hingen die Herrschaften Mittelgriechenlands, zu denen auch die Insel Euböa vor der Nordküste Attikas zu zählen ist, ursprünglich vom Königreich Thessaloniki ab. Seit dem Feldzug Heinrichs von Hennegau im Jahre 1209 befanden sie sich aber in unmittelbarer Abhängigkeit vom lateinischen Kaiserreich. Im Zuge von dessen Machtverfall gingen sie in die Lehensabhängigkeit des Fürstentums Morea über, was um die Mitte des 13. Jahrhunderts zu Bruderkriegen Anlass gab. Die wichtigste unter diesen Herrschaften war Athen (gegen 1280 in den Rang eines Herzogtums erhoben), das seine eigenen Aftervasallen wie die Herrschaft Salona hatte, während die Markgrafschaft Bodonitsa (an den Thermopylen) unmittelbar vom Fürsten abhängig war. Die aus der Eroberung hervorgegangene Gesellschaft entsprach den allgemeinen Normen der Morea, auch wenn sie weniger gut bekannt ist. Ihr Ende erfolgte freilich jäher: In der Schlacht bei Halymrós wurde am 15. März 1311 der letzte fränkische Herzog von Athen, Walter von Brienne, getötet. Dieser französische Hochadlige hatte das Herzogtum nach dem Tode (1308) seines Vetters Guy II. de la Roche, des Erben der ersten örtlichen Dynastie, im Erbgang übernommen.65 Gewonnen wurde die Schlacht von einer Kompanie katalanischer Söldner, die dem Hause Aragón in Italien gegen die Anjou von Neapel gedient hatte. Nach dem Frieden von Caltabellotta (1302) waren sie arbeitslos geworden und in den Dienst des byzantinischen Kaisers getreten, der sich gegen den unaufhaltsamen Vormarsch der Türken in Kleinasien zu wehren hatte. 1305 erhoben sich die Katalanen gegen den Kaiser und zogen plündernd durch Thrakien (1305 – 1307), bevor sie in die Dienste des Herzogs von Athen traten. Dieser geriet schon bald in einen Gegensatz zu ihnen, was ihn und die meisten anderen fränkischen Herren von Mittelgriechenland – mit Ausnahme der Markgrafschaft Bodonitsa und der drei Herrschaften auf Euböa – in den Abgrund stürzen sollte. Die überlebenden Herrschaften führten aber in der Folge ein stets bedrohtes Dasein, da sie mit dem neuen katalanischen Nachbarn stets wenig stabile Abkommen suchen mussten.66 Die alten fränkischen Herren wichen erst nach langem und hartnäckigem Widerstand der katalanischen Eroberung. Diese hatte eine neue östliche Front im Ringen zwischen den Häusern Anjou und Aragón eröffnet, das sich ansonsten vorwiegend im westlichen Mittelmeerraum abspielte. Unter dem Schutz der Anjou und mit dem Segen des Papstes (des Verbündeten der Anjou, dessen Vertreter von den Katalanen sehr schlecht behandelt worden waren) hatte Walter VI. von Brienne, Sohn des von den Katalanen bei Halmyrós getöteten Herzogs Walter von Athen, keineswegs auf die Rückeroberung seines väterlichen Erbes verzichtet, von dem er im Fürstentum Morea die Herrschaft Argos und Nauplia behalten hatte. 1331/1332 gewann er bei einem Feldzug einige Gebiete im Westen Mittelgriechenlands, die er dem byzantinischen Fürstentum Epirus entrissen hatte.67 Doch vermochte er den exkommunizierten Katalanen im Herzogtum Athen keine entscheidenden Schläge zu versetzen. 1370/1371 unternahmen seine Neffen und Erben einen letzten Versuch und 65

Haberstumpf, Su alcuni problemi istituzionali; Saint-Guillain, Les seigneurs de Salona; Tzavara, Nicolò Zorzi.

66

Setton, Catalan domination; ders., The Catalans in Greece; Gregorovius, Geschichte der Stadt Athen.

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Luttrell, The Latins of Argos and Nauplia.

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belagerten sogar die Akropolis, mussten sich aber schließlich ohne dauerhaften Gebietsgewinn zurückziehen. Die Katalanische Kompanie hatte sich andere Herren erkoren, nämliche ihre natürlichen Gebieter, Angehörige des Hauses Aragón. Der Titel eines Herzogs von Athen wurde einer Reihe sizilianischer Thronfolger zuerkannt (von denen einer bei Herrschaftsantritt gerade einmal fünf Jahre alt war), dann ab 1355 dem König von Sizilien selbst. Doch setzte keiner von ihnen jemals einen Fuß auf den Boden ihrer griechischen Besitzungen. Die Macht im katalanischen Herzogtum Athen, dem seit 1318 auch das den Byzantinern entrissene Herzogtum Neopatras angehörte, war daher geteilt (und oftmals umstritten) zwischen den Generalvikaren der abwesenden Herzöge und den mächtigsten ihrer katalanischen Vasallen in Griechenland. Der bedeutendste unter den Generalvikaren war sicherlich Alfonso Fadrique von Aragón, der illegitime Sohn des Königs von Sizilien, unter dessen Herrschaft (1317 – 1330) das katalanische Herzogtum eine expansive Macht bildete, die ihre Herrschaft nach Thessalien ausdehnte und Piratenraubzüge in der Ägäis unternahm; dabei stützten die Katalanen sich auf ein Bündnis mit türkischen Emiraten an der anatolischen Westküste. Als Beute aus diesen Raubzügen gelangten zahlreiche griechische Sklaven in die Staaten der Krone Aragóns. Als die Katalanen von Athen an Aggressivität verloren, stiegen die Türken auch für sie zu einer Bedrohung auf; angesichts zahlreicher Feinde befanden sich die katalanischen Besitzungen nunmehr in der Defensive. Die neuen lateinischen Herrschaften, die sich damals in Mittelgriechenland herausbildeten, organisierten sich in einer dem katalanischen Modell entlehnten kommunalen Form, wobei sich die Macht des Königs-Herzogs darauf beschränkte, die Vikare und Burghauptleute dieser Gemeinden zu ernennen. Das katalanische Recht (besonders die Rechtstraditionen von Barcelona, aber auch das in katalanischer Sprache abgefasste Statut der Kompanie) ersetzte das Lehensrecht der Assisen von Romania. Teile der griechischen Bevölkerung integrierten sich, so jene Einwohner von Livadiá, die ihre Tore 1311 der Katalanischen Kompanie geöffnet hatten. Abgesehen von diesen Formen der Einbindung aber blieben orthodoxe Konfession und griechische Ethnizität Kennzeichen sozialer Abhängigkeit. Die Bevölkerung wurde von Kriegen und Pestzügen des 14. Jahrhunderts hart getroffen. 1382 versuchte der König von Aragón, die Einwanderung zu fördern und begünstigte dabei die Ansiedlung von Albanern aus Thessalien, wo sie sich bereits zu Beginn des Jahrhunderts niedergelassen hatten.68 Die strukturelle Abwesenheit des Landesherrn und damit einer starken Zentralgewalt, die umstrittene Autorität von bisweilen konkurrierenden Vikaren, die Auseinandersetzungen mit den Venezianern von Euböa und vor allem andauernde innere Fehden schwächten die katalanischen Herzogtümer und stürzten sie zu wiederholten Malen in Anarchie. Die Feindseligkeit des Papstes, der das Interdikt in der kurzen Geschichte der Herzogtümer fast durchgehend aufrechterhielt, scheint Übertritte zur orthodoxen Kirche und die Schwächung der lateinischen Identität gefördert zu haben. Von einer Söldnerkompanie gegründet, wurden die katalanischen Herzogtümer ihrerseits von einer anderen Söldnertruppe erobert: Söldner aus Navarra, die im Dienste des letzten französischen

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Setton, Catalan Society in Greece.

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Herzogs von Dyrrháchion gestanden hatten, waren nach der Rückeroberung des Herzogtums und dem Tod des Herzogs ohne Beschäftigung gewesen und hatten sich 1379 Thebens bemächtigt, im Folgejahr auch anderer Orte. 1380 boten die Katalanen die Krone ihres schwankenden Herzogtums dem König von Aragón, Peter IV. dem Feierlichen, an, damals einer der mächtigsten Herren des Mittelmeers. Doch dieser Wechsel der rechtmäßigen Oberherrschaft rettete sie nicht mehr, ebensowenig wie das Interesse der navarresischen Kompanie an der Peloponnes. Weder die Abenteurer aus Navarra noch der König von Aragón setzten der katalanischen Herrschaft in Attika und Böotien ein Ende, sondern die florentinische Familie der Acciaiuoli. Wie bereits gezeigt, hatte die Gunst Katharinas von Valois Niccolò Acciaiuoli zum reichsten Lehensherrn der Morea gemacht, während sein Vetter Johann als Erzbischof von Patras die gleichnamige wichtige Baronie von 1360 bis 1365 beherrschte. Haupterbe Niccolòs in Griechenland war sein Vetter Nerio. Zwar verlor er einen Großteil seiner Lehen an die Navarresische Kompanie, doch behielt er Korinth und festigte seit 1385 seinen Anspruch auf die Herzogtümer. Im Mai 1388 eroberte er schließlich Athen und wurde 1394 vom neapolitanischen König Ladislaus von Anjou als Herzog anerkannt. Diese Anerkennung bedeutete die Krönung einer freilich recht instabilen Herrschaftsbildung, denn Nerio verlor schon bald den Norden des ehemaligen katalanischen Herzogtums (mit Neopatras) an den osmanischen Sultan Bayezid I. Eine Dynastie vor Ort residierender florentinischer Herzöge (1388 – 1456) folgte so den stets abwesenden aragonesischen Herzögen. Unter Antonio I. (1402 – 1425), dem illegitimen Sohn Nerio Acciaiuolis, erreichte das Herzogtum noch eine letzte Glanzzeit, doch war diese von Anfang an bedroht durch den Aufstieg der osmanischen Macht, die der Lateinerherrschaft in Attika ein Ende setzte.69

14 .3 .7 Die Welt der Inseln: zwischen der Konstruktion einer örtlichen Identität und venezianischer Herrschaft Obwohl sie ursprünglich eng an das Festland angebunden war, nahm die Geschichte der griechischen Inseln unter lateinischer Herrschaft eine recht unterschiedliche Entwicklung. Dass sich die Lateiner in dieser Region am längsten hielten, leitet sich wohl daraus ab. Aufgrund ihrer geographischen Lage waren die Ionischen Inseln, die sich die Venezianer in der Partitio Romanie 1204 hatten zuweisen lassen, am unmittelbarsten mit der italienischen Geschichte verbunden, doch zugleich auch mit den benachbarten Küsten Festlandgriechenlands in steter Beziehung. Korfu war zwischen Lateinern und Byzantinern umstritten und wurde seit 1259 zu einem Teil des süditalienischen Königreichs (unter den Staufern wie den Anjou).70 1386 übernahm Venedig die Insel. Auf den Inseln Kephaloniá und Zante/Zákynthos wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts, mehr oder weniger unabhängig vom Vierten Kreuzzug, ein Pfalzgraf eingesetzt. Dieser gehörte dennoch seit Heinrich I.

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Setton, The Catalans and Florentines; Haberstumpf, Dinasti Italiani in Levante.

70

Prinzing, Epirus und die ionischen Inseln im Hochmittelalter; Kiesewetter, Megareites di Brindisi; Ravegnani, La conquista veneziana; Gertwagen, The Island of Corfu; Asonitis, Jacques de Baux; ders., Ανδηγυική Κέρκυρα; Asdracha/Asdrachas, Quelques remarques sur la rente féodale.

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von Hennegau (1206 – 1216) zum institutionellen Rahmen des Lateinischen Kaiserreichs, gelangte aber in den 1230er Jahren unter die Oberhoheit des Fürstentums Morea, dessen Entwicklung die Pfalzgrafschaft folgte. Die katholische Kirche fasste Fuß auf Kephaloniá, wie ein frühes Verzeichnis ihrer Güter aus dem Jahr 1264 belegt. Die Grafen der örtlichen Dynastie, die Orsini, die freilich süditalienischer Herkunft waren, integrierten sich so sehr in die fränkische Gesellschaft des Fürstentums, dass sie für die Abfassung eines Bündnisvertrages mit dem Fürsten von Tarent 1305 das Französische bevorzugten.71 Gleichzeitig knüpften sie auch Bande mit der in Epirus herrschenden byzantinischen Dynastie, der sie 1318 nachfolgten, um den Preis eines Übertritts zur Orthodoxie und eines Onkelmords. Als Herren von Epirus betonten sie ihre Byzantinisierung, verloren aber 1325 die Ionischen Inseln, die den epirotischen Besitzungen der Anjou angegliedert wurden, welche die Rechte auf das untergegangene Lateinische Kaiserreich übernommen hatten (s. oben). Lange beherrschten sie die Inseln aber nicht, sondern verliehen sie 1357 der süditalienischen Familie der Tocco, die dort 122 Jahre regieren sollten.72 Als kleine Regionalmacht versuchten sie 1394, das Erbe Nerio Acciaiuolis, des florentinischen Herzogs von Athen (s. oben), an sich zu reißen und dann auf die in Anarchie versunkene Peloponnes auszugreifen. Dabei folgten die Tocco dem Vorbild ihrer Vorgänger, hatten aber mehr Erfolg, da ihnen die Einrichtung eines Fürstentums auf den Ionischen Inseln und Epirus gelang, wobei sie sich auf politische und konfessionelle Traditionen von Lateinern wie Byzantinern stützten. Die Chronik der Tocco, die in volksgriechischen Versen zur Verherrlichung der Taten dieser lateinischen Dynastie verfasst wurde, ist Ausdruck dieser identitären Mischkonstruktion. Diese in ihrer Art eigentümliche und mehrdeutige politische Schöpfung vermochte aber auch nicht mehr als andere der osmanischen Eroberung zu widerstehen: Epirus ging zwischen 1430 und 1449 verloren; die Osmanen nahmen dem letzten Tocco, Leonardo III., zunächst die verbliebenen festländischen Besitzungen und 1479 schließlich auch Kephaloniá und Zante ab. Die Osmanen verloren die Inseln vor dem Ende des Jahrhunderts an Venedig, die diese gemeinsam mit Korfu bis 1797 beherrschte, als letzten Rest der lateinischen Romania. Flächenmäßig ist Euböa nach Kreta die zweitgrößte Insel Griechenlands; ihr Inselcharakter aber wird durch die Nähe zum attischen Festland abgeschwächt, mit dem sie über eine bewegliche Brücke verbunden war. Hauptstadt der Insel war die heutige Stadt Chalkís/Chalkída, in byzantinischer Zeit Eúripos genannt, das die Lateiner zu Negroponte verballhornten (Niger pons im Lateinischen). Negroponte erinnerte – fälschlicherweise – an die Brücke, bezeichnete aber neben dem Ort auch die gesamte Insel. Sie wurde gleichzeitig zur Gewinnung Attikas von den Kreuzfahrern Bonifaz’ von Montferrat in Besitz genommen.73 Dieser setzte einen aus Verona stammenden Adligen, Ravano dalle Carceri, ein, der alsbald am Aufstand der „lombardischen“ Barone des Königreichs Thessaloniki gegen Kaiser Heinrich teilnahm. Der Kaiser aber besiegte ihn bei Theben 71

Kouroupakis/Schabel, Bishop Benedetto of Cephalonia; Kiesewetter, Il trattato del 18 ottobre 1305 fra Filippo; Asonites, Το νότιο Ιόνιο, 71–108.

72

Asonites, Το νότιο Ιόνιο, 108–215; Luttrell, Guglielmo de Tocco; Haberstumpf, Dinasti italiani in Levante; ders., I Tocco; Zečević, The Angevin Foundations; Hendrickx, The „Despotate“ of the Tocco; Asonitis, Sull’identità dell’autore; Kyriakidis, The Wars and the Army; Pippidi, Lettres inédites.

73

Koder, Negroponte; Loenertz, Les seigneurs terciers; Jacoby, la consolidation; Maltezu/Papakosta (Hgg.), Βενετία – Εύβοια; Jacoby, The Demographic Evolution; Borsari, L’Eubea; Balta, L’Eubée.

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und zwang ihn, sich als Vassall zu unterwerfen (1209). So gelangte die Herrschaft Negroponte in die unmittelbare Lehensabhängigkeit des Kaisers. Die Herren und ihre lateinischen Untertanen wurden aber weiterhin als „Lombarden“ bezeichnet. Kurz davor, noch als Gegner des Kaisers, hatte Ravano versucht, sich venezianischer Unterstützung zu versichern – Venedig war in der Partitio Romanie ein Teil der Insel zugesagt worden –, und angeboten, Vasall des Dogen zu werden und dessen Untertanen vorteilhafte Bedingungen im Hauptort der Insel einzuräumen. Obwohl die Venezianer schon in dieser Zeit begonnen hatten, sich in der Stadt einzurichten, beginnt die Geschichte ihrer Niederlassung eigentlich erst 1216, als während der Vakanz des Kaiserthrones die Anwärter auf das Erbe Ravanos dalle Carceri Venedig um Vermittlung baten. Der Schiedsspruch teilte die Insel unter den drei Erben in drei getrennte Herrschaften auf, die sich bald festigten. Die neuen Herren – von der Forschung, nicht aber den zeitgenössischen Quellen als „Dreiherren“/terzieri bezeichnet – stammten aus den Familien dalle Carceri und da Verona. Sie mussten Venedig ausgedehnte Handelsrechte sowie die Gerichtsbarkeit über das Venezianerviertel in der Stadt Negroponte zuerkennen. Letzteres wurde von einem Bailo als ständigem Vertreter des Dogen verwaltet. Die drei Herren blieben Vasallen des lateinischen Kaisers von Konstantinopel. Als dessen Macht schwand, kamen sie unter Lehenshoheit des fränkischen Fürsten der Morea, dem der Kaiser diese Rechte übertragen hatte. Vier Jahrzehnte nach dem ersten Erbstreit brach ein zweiter Konflikt aus, der Venedigs führende Rolle auf der Insel festigen sollte. Nachdem die Erbin einer der drei Herrschaften ohne Nachkommen gestorben war, erhoben die beiden anderen Herren Anspruch auf die Nachfolge. Wilhelm von Villehardouin, Fürst der Morea, rief sie als Lehensherr zu sich, um den Fall zu beurteilen. Er bevorzugte aber einen anderen Kandidaten und ließ die beiden Adligen in Haft nehmen. Ihre Gattinnen fanden keinen anderen Ausweg, als sich an den venezianischen Bailo zu wenden und sich diesem zu unterstellen. Die Auseinandersetzung, die von der modernen Forschung etwas pompös als „Erbfolgekrieg von Euböa“ bezeichnet wird, wurde mit wechselndem Waffenglück geführt; zum Schluss aber schien der Fürst im Vorteil. Seine Niederlage und Gefangennahme im Krieg gegen die Byzantiner (Schlacht von Pelagonía 1259) setzten aber den Feindseligkeiten ein Ende, da die Kriegführenden nunmehr dringendere Sorgen hatten. Nach der Freilassung des Fürsten wurde rasch ein Friede geschlossen, der den status quo ante wiederherstellte. Die drei Herrschaften kehrten unter die Lehensherrschaft des Fürsten zurück, doch wurden die Rechte Venedigs in der Stadt Negroponte wiederhergestellt und sogar erweitert. Für das lateinische Euböa aber wurde die Lage recht gefährlich; wie die anderen Inseln der lateinischen Romania war es unmittelbar von einer Rückeroberung durch Byzanz bedroht. Es ist für die Uneindeutigkeit der Identitäten in der Romania bezeichnend, dass der Anführer dieser Rückeroberung auf Euböa nicht ein griechischer Hauptmann, sondern einer jener kleinen lombardischen Ritter war, die von den drei Herren der Insel abhingen. In den lateinischen Quellen wird er Licario genannt, in den griechischen Ikários. Zunächst hatte er die Witwe eines der drei Herren ehelichen wollen. Als deren Familie ihn wegen seiner zu bescheidenen Geburt abwies, ging er in den Dienst der Byzantiner über und eroberte für diese in den 1270er Jahren Euböa und die benachbarten Inseln. Nur die von den Venezianern verteidigte Stadt Negroponte widerstand ihm.

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Im Friedensvertrag zwischen Venedig und Byzanz (1277, erneuert 1285) wurde Euböa ausdrücklich ausgenommen, damit Venedig seinen Krieg gegen das griechische Reich weiterführen konnte. Nach der Vertreibung der Byzantiner aus Euböa am Ende des 13. Jahrhunderts und der Wiedereinsetzung der lombardischen Herren in ihre Rechte hatte Venedig eine herausragende Stellung auch im Grundbesitz erlangt und diese rechtlich abgesichert. Mehrere Faktoren verliehen im 14. Jahrhundert Euböa immer mehr die Gestalt einer venezianischen Schutzherrschaft, ja eines venezianischen Besitzes: Die Lehensherrschaft der Fürsten von Morea stand wegen des politischen Niedergangs des Fürstentums bald nur mehr auf dem Papier, und dies während die Insel umkämpft war, nachdem das katalanische das fränkische Herzogtum von Athen ersetzt hatte (wobei einige Adlige des letzteren auf Euböa Zuflucht fanden und die dortigen lateinischen Eliten verstärkten) und die byzantinische Piraterie in der Ägäis von weitaus gefährlicheren türkischen Seeräubern verdrängt worden war. Nachdem kurz nacheinander der letzte Erbe der alten lombardischen Dynastie, Nicolò dalle Carceri, Herr von zwei Dritteln der Insel, 1383 sowie im Jahre 1390 der letzte Herr des dritten Drittels, Giorgio III. Ghisi, gestorben waren, festigte Venedig seine Herrschaft auf der Insel endgültig. Die örtliche Gesellschaft aber bewahrte ihre Besonderheiten, und zu deren Absicherung ließ Venedig eine amtliche Fassung der Assisen von Romania, des fränkischen Lehensrechts Griechenlands, in venezianischem Dialekt erstellen. Die anderen Inseln der südlichen Ägäis nahmen eine ähnliche, doch leicht verschiedene Entwicklung.74 Auf diesen Inseln hatte die Partitio Romanie mit der Ausnahme von Andros Venedig keine Rechte eingeräumt. Sie wurden aber zwischen 1212 und 1214 dennoch erobert, freilich in einer privaten Unternehmung von Marco Sanudo, dem Neffen des Dogen Enrico Sanudo. Der Herkunft seiner Herren zum Trotz gehörte der kleinen Inselstaat, der aus der Eroberung hervorging und der erst im darauffolgenden Jahrhundert als „Herzogtum des Archipels“ bezeichnet werden sollte, zum rechtlichen Bestand des lateinischen Kaiserreichs: Wie die Herren von Euböa leisteten die Sanudo zunächst dem lateinischen Kaiser und dann dem Fürsten von Morea Lehenseid und Vasallendienste; dies galt auch für die Ghisi, die eigenständigen Herren einiger anderer Inseln (Tínos und Mýkonos in den Kykladen sowie die Sporaden, zumindest bis zu deren Eroberung durch die Byzantiner gegen Ende der 1270er Jahre). Diese Familien spielten zu Beginn des 14. Jahrhunderts eine herausragende Rolle im Fürstentum Morea. Nicolò Sanudo, Herzog des Archipels, verwaltete es sogar für kurze Zeit um die Mitte der 1320er Jahre im Namen des abwesenden Fürsten, und die französische Fassung der Chronik von Morea ist in Gestalt einer gekürzten Fassung erhalten, die Bartolomeo Ghisi, einem bedeutenden Vasallen des Fürstentums, gehörte. Gleichzeitig, d. h. ab der Mitte des 13. und vor allem im 14. Jahrhundert, erhob Venedig immer mehr den Anspruch, sich in die inneren Angelegenheiten der Inselherren einzumischen und bei deren zahlreichen Fehden zu vermitteln. Dabei verwies Venedig darauf, dass die Inselherren venezianische Bürger waren; ab den 1280er Jahren belebte Venedig seine tatsächlichen Rechte aus der Partitio auf die Insel Andros und erfand weitere Rechtstitel auf die Gesamtheit der Inseln.

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Saint-Guillain, Les conquérants de l’Archipel; ders., Protéger ou dominer?; ders., From Prosopography to the History; ders., Nicolò Adoldo; ders., Deux îles grecques au temps de l’Empire latin; ders., Seigneuries insulaires; ders., Amorgos au XIVe siècle.

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

In derselben Periode machten die Gefahr einer byzantinischen Rückeroberung und dann die Ausdehnung der Türken in der Ägäis den Schutz der entfernten Mutterstadt für die Inselherren unentbehrlich. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts erreichte es Venedig, dass die Kykladen in seine Abkommen mit Byzanz eingeschlossen wurden (im Gegensatz zu Euböa); im 14. Jahrhundert wurden die Inseln auch Teil der Abkommen zwischen der venezianischen Verwaltung von Kreta und den Emiraten Südwestanatoliens. Über Verwandtschaftsbande und Geschäftsbeziehungen waren die Venezianer von Kreta, Euböa und jene der Mutterstadt unmittelbar an der Erschließung der Inseln interessiert, während die Herzöge und die anderen Herren ihrerseits Nutzen aus dem Netzwerk der venezianischen Wirtschaft zogen, um ihre Besitzungen ertragreich zu gestalten. Es erstaunt daher kaum, dass die Inseln immer mehr als Teil einer venezianischen Einflusszone in der Romania betrachtet wurden, auch wenn wegen ihrer Randlage, Kleinheit und des Fehlens eines städtischen Zentrums sich dort nie eine venezianische Niederlassung herausbildete wie etwa auf Kreta oder auf Euböa. Weiter verstärkt wurden diesen Bindungen im 14. Jahrhundert auch in Abgrenzung zu den lateinischen Herrschaften im Norden und Osten der Ägäis: Im Nordosten waren dies die genuesischen Herrschaften, so die Zaccaria, deren Vermögen auf dem Handel mit einigen aus dem Byzantinischen Reich stammenden Erzeugnissen beruhte, so Alaun aus Phokäa/Foça und Mastix aus Chíos, und die auf letzterer Insel eine kurzlebige Herrschaft (1304 – 1329) errichteten, bevor sie ihr Glück in der Morea versuchten, deren letzter Fürst ein Zaccaria war. Die Herrschaft der Gattilusio auf Mytiléne/Lésbos (1355 – 1462) ist stärker im politischen Rahmen von Byzanz zu verorten. Schließlich bildete sich die Herrschaft der Mahona auf Chíos heraus (1346 – 1566), einer Art Aktiengesellschaft. Im Südosten der Ägäis setzten sich im Dodekanes die Johanniterritter fest (1310 – 1522), die Rhódos zu einem Brückenkopf im Kampf gegen die Türken und der Verteidigung der Christenheit machten und damit nach dem Verlust des Heiligen Landes neue Legitimität erlangten. Rhódos entwickelte sich aber auch zu einem bedeutenden Zentrum des Handels und des Korsarentums im östlichen Mittelmeer, das auch von italienischen und katalanischen Kaufleuten angelaufen wurde. Die unterschiedlichen Folgen der Ermordung Nicolò dalle Carceris, Herzogs des Archipels, auf Euböa und auf den Kykladen veranschaulichen die Besonderheit der lateinischen Herrschaft im Archipel. Während die Tat der Eigenständigkeit der Herrschaften auf Euböa den Todesstoß versetzte und die Insel in der Folge endgültig unter venezianische Kontrolle gelangte, blieben die Kykladen ein eigenständiges Herzogtum, das sich zwar unter venezianischer Schutzherrschaft befand, aber von einer neuen Dynastie, den Crispo, beherrscht wurde, die selbst keine Venezianer waren. Gegen Ende des 14. und im 15. Jahrhundert befanden sich einige Inseln (kürzer oder, wie Tínos und Mýkonos, dauerhaft) unter der unmittelbaren Verwaltung Venedigs; die Inselherren trugen ihre endlosen Streitigkeiten über Herrschaftsrechte vor die venezianischen Gerichte und sicherten sich durch Heirat einen Rückhalt beim Patriziat der Lagunenstadt. Doch blieb diese periphere Inselwelt für den venezianischen Staat eine schwer zu kontrollierende Zone: als sicherer Hafen für Schmuggler, Zuflucht von Seeräubern aller Art, als Ort, wo abenteuerlustige und oftmals verbannte venezianische Patrizier ihr Glück suchten. Nichts veranschaulicht diese wechselseitige Abhängigkeit besser als ein Vorfall aus den Jahren 1409/1410, als die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen Venedigs zu Ägypten, die für die Republik von überragender Bedeutung

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waren, durch die anarchischen Unternehmungen von Piraten gefährdet wurden, die sich auf den Kykladen eingenistet hatten und deren Raubzüge Vergeltungsmaßnahmen der Mamluken gegen die Serenissima hervorriefen. Der Aufstieg der Osmanen im östlichen Mittelmeer in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zerstörte das empfindliche Gleichgewicht dieses Mikrokosmos. Der Schatten der venezianischen Schutzherrschaft legte sich zum einen schwerer, zum anderen aber weniger wirkungsvoll über die Kykladen, die schließlich 1537 in einem Flottenunternehmen des kapudan paşa Hayreddin Barbarossa dem Sultansreich unterworfen wurden. Diese Eroberung setzte den lateinischen Inselherrschaften aber kein Ende, auch wenn sie an Zahl kleiner wurden und sich ihre politische Geographie vereinfacht hatte. Vielmehr gingen sie von einer venezianischen in eine osmanische Schutzherrschaft über, wobei letztere gewiss für die Einwohner drückender war. So reichten die letzten Überbleibsel der lateinischen Herrschaften des Kreuzzugszeitalters in die Frühe Neuzeit hinein. Erst 1566 wurden sie tatsächlich in das Osmanische Reich eingegliedert (mit Ausnahme von Tínos, das bis 1715 venezianisch blieb), verloren aber ihre gesellschaftlichen und religiösen Besonderheiten, so die Bedeutung des katholischen Glaubens, nicht vollständig. Diese dauerten bis zur Gründung des modernen griechischen Staates im 19. Jahrhundert fort, ja überlebten diese sogar.75

14 .3 .8 Das venezianische Kreta Als Balduin von Flandern im Frühjahr 1204 von den Kreuzfahrern zum Kaiser gewählt wurde, kam man überein, dass die Insel Kreta mit anderen Gebieten dem großen Verlierer der Wahl, Bonifaz von Montferrat, zufallen sollte.76 Dieser nahm seit Sommer 1204 den Titel eines „Herrn von Kreta“ an, nahm die Insel aber wegen seiner Verwicklung in festlandgriechische Angelegenheiten niemals in Besitz. Seit 1206 hatte sich in Teilen Kretas ein genuesischer Abenteurer, Enrico Pescatore, festgesetzt; es ist unklar, auf welcher rechtlichen Basis er sich denselben Herrschaftstitel zugelegt hatte. Doch stieß er auf den Widerstand Venedigs. Zwischen 1206 und 1207 hatte die Republik ihre Herrschaft auf einige Gebiete an der maritimen Westgrenze des Byzantinischen Reiches, namentlich auf Korfu, ausgedehnt, die aber rasch wieder verloren gingen; dem gegenüber blieben die Häfen Koron/Koróne und Modon/Methóne an der Südwestspitze der Peloponnes über drei Jahrhunderte bis 1500 ein Besitz Venedigs. Nachdem sich die Beziehungen mit dem benachbarten Fürstentum Morea 1209 normalisiert hatten, bildeten die beiden Orte die ersten venezianischen „Kolonien“, Besitzungen mit großer strategischer Bedeutung, aber geringer territorialer Ausdehnung. Anders verhielt es sich mit Kreta, wo Venedig zum ersten Mal im Jahre 1207 eingriff. Im Frühling dieses Jahres nahm es den Hauptort der Insel, Chandax/Herákleion (aus dem sich das venezianische Candia entwickeln sollte), ein und vertrieb Enrico Pescatore. Dieser aber behauptete sich 75

Slot, Archipelagus turbatus.

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Saint-Guillain, Comment les Vénitiens n’ont pas acquis la Crète; Maltezou, The Historical and Social Context; Borsari, Il dominio veneziano.

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im Osten der Insel, wo er sich den Venezianern widersetzte, indem er bei seiner Mutterstadt Genua Hilfe suchte. Erst 1211 wurde er endgültig besiegt und genötigt, die Insel zu verlassen. Ein bemerkenswerter Brief, den in dieser Zeit eine Gruppe byzantinischer weltlicher und geistlicher Notabeln, an deren Spitze der Archont Stéphanos Hagiostephanítes stand, belegt die Erpressungen und die Anarchie dieser Übergangszeit, aber auch die Bereitschaft wenigstens eines Teils der alten Eliten, eine lateinische Herrschaft anzuerkennen, wenn im Gegenzug ihre eigene Stellung gewahrt blieb. Venedig aber entschied sich anders: Im September 1211 wurde in der Concessio Crete das Vorhaben einer systematischen Kolonisierung Kretas festgelegt, das (mit Ausnahme eines dem venezianischen Staat vorbehaltenen Teils) in 200 Lehen (später Milizen genannt) unter 540 venezianischen Lehensnehmern aufgeteilt werden sollte. Die Lehensnehmer waren zu Kriegsdienst verpflichtet; sie stammten mehrheitlich aus der Mutterstadt und wurden eigens rekrutiert. Sie sollten einem Dux unterstellt werden, einem einfachen Amtmann, der von Venedig ernannt wurde. Auch wenn Präzedenzfälle und der Einfluss von Lösungen, die anlässlich der Inbesitznahme von Venedig zugestandenen Gebieten im Lateinischen Kaiserreich erarbeitet worden waren, erkennbar sind, bleibt dieses detaillierte Projekt der Lehensorganisation zum Zwecke der Kolonisierung bemerkenswert. Es zeitigte nachhaltige Folgen für die gesellschaftliche Struktur der Insel.77 Die Umsetzung erwies sich als mühsam und unvollständig. Von der völligen Enteignung bedroht, leisteten die alten Eliten unter Führung von Hagiostephanítes, der 1212/1213 einen Aufstand – den ersten in einer langen Reihe von Archontenerhebungen im 13. Jahrhundert – auslöste, Widerstand.78 Der erste Dux von Kreta, der spätere Doge Giacomo Tiepolo, konnte diesen nur mit Hilfe eines anderen Venezianers, Marco Sanudo, Begründer des Herzogtums des Archipels (s. oben) niederwerfen. Die beiden aber gerieten bald ihrerseits in Streit, und Tiepolo musste Sanudo 1213/1214 aus Kreta vertreiben. Venedig richtete seine Herrschaft also nur schrittweise ein. Zunächst beschränkte sich die Republik auf den zentralen Teil der Insel und einige recht isolierte Burgen. Erst 1222 wurden die Bezirke Maylopótamos, Bonriparo, Réthymnon, Kalamóna, Káto Sýbritos und Apáno Sýbritos in sechzig neue Milizen aufgeteilt. Die Region von Canea/Chaniá und der Westen Kretas wurden noch später, nämlich 1252, kolonisiert. In diesem langsamen Prozess band Venedig auch einige Mitglieder der alten griechischen Archontenelite in das System der Militärkolonisierung ein. In der Regel geschah dies nach Aufständen, die in einigen Fällen mit Unterstützung des byzantinischen Kaisers erfolgten, der auf die Rückgewinnung der Insel hoffte. Die Aufständischen verhandelten dann ihre Unterwerfung vertraglich aus. Dabei wurden ihnen ihre alten Besitztitel zurückgegeben. So erscheinen Aufstände weniger als Ausdruck eines „nationalgriechischen Widerstands“, sondern als Verhandlungsinstrument der alten Eliten mit Venedig. Doch erst nach einem Vertrag mit dem Archonten Aléxios Kallérges (1299) wurde die Insel einigermaßen befriedigt. Kallérges erreichte für seine Familie sogar die Aufnahme in das venezianische Patriziat. Zu Erhebungen kam es auch im 14. Jahrhundert, doch waren sie recht anderer Art. Kreta besaß bereits eine bedeutende Stellung im venezianischen Wirtschaftssystem, in das die Insel vollständig eingebunden war, und zwar als Getreidelieferant (was bereits in der Concessio von 1211 festgelegt 77

Jacoby, La colonisation militaire vénitienne de la Crète; Gasparēs, Catastici feudorum Crete, Bd. 1, 19–57.

78

Saint-Guillain, Ex insita animi levitate rebelles?

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worden war) und als Transithafen für Galeerenkonvois. In der Landwirtschaft nahm der Weinbau einen Aufschwung, ebenso der Anbau weiterer Ausfuhrgüter. Kreta kann mit gutem Recht als Kolonie bezeichnet werden, da es tatsächlich Gegenstand einer Kolonisierung war, aber auch da die Macht von Amtsleuten ausgeübt wurde, die für eine kurze zweijährige Amtsperiode von der Mutterstadt ernannt wurden.79 An der Spitze standen der Herzog (dux, duca) von Kreta und dessen Ratsherren, die auch richterliche Gewalt ausübten. Ursprünglich gab es vier Ratsherren, von denen zwei im Umfeld des Dux von Candia wirkten, die beiden anderen aber die Bezirke Chaniá und Réthymnon verwalteten. Seit 1306 wurden diese beiden Bezirke einem Rektor gemeinsam mit jeweils zwei Ratsherren übertragen; die Zahl der Ratsherren beim Dux wurde ebenfalls auf zwei festgelegt. 1304 wurde Sitia/Seteía im Osten der Insel, ursprünglich eine einfache Burghauptmannschaft, ebenfalls einem Rektor unterstellt, da diese Gegend in besonderem Maße den Angriffen türkischer Seeräuber ausgesetzt war. So war Kreta nunmehr in vier Bezirke unterteilt. Grundsätzlich blieb der Dux das Oberhaupt der Verwaltung auf der Insel; so konnte er eigenständig diplomatische Verhandlungen mit benachbarten Mächten führen, so im 14. Jahrhundert mit den türkischen Emiraten in Südwestanatolien. Alle diese in Venedig gewählten Amtsleute waren Patrizier aus der Mutterstadt, deren Interessen sie auch vertraten. In den Entscheidungsprozess aber waren auch die venezianischen Lehensleute auf Kreta eingebunden, und zwar über den Großen Rat von Candia, den Rat der Feudatari und eine stärker abgeschlossene Behörde, den Rat der Pregadi (lateinisch Rogati).80 Der Zugang zu diesen im 13. Jahrhundert entstandenen Ämtern war den venezianischen Lehensleuten auf Kreta vorbehalten, wurde von ihnen aber oftmals eher als Fron denn als Vorrecht aufgefasst. Darüber hinaus dienten die Lehensleute und ganz allgemein die Lateiner Kretas der venezianischen Verwaltung als Burghauptleute (das Territorium war in Burghauptmannschaften aufgeteilt, und die Burghauptleute bildeten fast die einzige Verbindung der venezianischen Herrschaft in den ländlichen Raum), Richter bei verschiedenen Gerichten (die nach dem Vorbild der Gerichte in der Mutterstadt organisiert waren) und als Kanzleischreiber. Sie standen oftmals in Konkurrenz zu Stadtvenezianern, die diese Posten ebenfalls anstrebten. Während die griechischsprachigen Orthodoxen im ländlichen Raum – wie auch sonst in der Romania – die überwältigende Bevölkerungsmehrheit bildeten, entstand in den Städten eine bedeutende lateinische Gemeinschaft, weniger als Folge einer gezielten Kolonisierung, sondern einer spontanen Einwanderung, die dem Aufschwung der Wirtschaft durch die Einbindung Kretas in den italienischen Wirtschaftskreislauf zuzuschreiben ist. Diese Städte und vor allem Candia entsprachen dem italienischen, genauer dem venezianischen Stadtmodell. In ihnen entstand eine gemischte Kultur, in der eine orthodoxe/griechische bzw. katholische/lateinische kulturelle Zugehörigkeit grundsätzlich die gesellschaftliche Stellung bestimmte, in der gesellschaftlichen Praxis sich aber Formen sprachlicher und kultureller Hybridität herausbildeten. Diese Gesellschaft ist durch die reichen Bestände des Archivs von Candia, aber auch die Werke des Dichters Stéphanos Sachlíkes (1331/1332 – nach 1391) bekannt. Die ethnische Segregation war an den Enden der

79

Gallina, Una società coloniale del Trecento; Ortalli (Hg.), Venezia e Creta.

80

Duca di Candia, Bandi (Hg. Ratti Vidulich); Duca di Candia, 1340–1350 (Hg. ders.).

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Herrschaft und Macht im fränkischen Griechenland

sozialen Skala ausgeprägter: Die gesellschaftliche Vormacht der lateinischen Adligen beruhte auf Fremdstämmigkeit, auf die sie besonders pochten; unter der griechischen Bauernschaft unterschied man zwischen freien und abhängigen Bauern (Paröken oder Hörige), die durch ihren Status als Griechen/Orthodoxe eine niedrigere politische Stellung besaßen. Die Großgrundbesitzer waren demgegenüber in den Städten ansässig. Diese Unterordnung der Landbezirke unter die Städte erinnert an das Verhältnis zwischen città und contado in Italien. Die Unterscheidung zwischen Griechen und Lateinern erfüllte daher eine politische Funktion. Lateiner zu sein war Voraussetzung für den Besitz eines Lehens und den Zugang zu den Räten; dies erklärt auch die wiederholten Klagen von Lehensleuten gegen das Vordringen von illegitim Geborenen und von Griechen. So saß beispielsweise die Familie des Dichters Sachlíkes im Großen Rat, obwohl sie griechischer Herkunft war und Sachlíkes auf Griechisch dichtete; dies hinderte ihn nicht daran, eine Karriere als Jurist zu durchlaufen, für die die Beherrschung des Lateinischen und des Venezianischen notwendig war.81 So erstaunt es nicht, dass die Venezianer auf Kreta schrittweise eine eigene politische Identität entwickelten, die sich in Teilen von jener der Metropole unterschied, und dass sie zunehmend die Interessen der Mutterstadt nicht mehr notwendigerweise als ihre eigenen betrachteten. Wie so oft entflammte der Wunsch nach Abspaltung wegen des Unmuts über Steuerforderungen aus Venedig. 1363 erhoben sich im sogenannten Aufstand des hl. Titus nicht etwa griechische Archonten und Bauern gegen die Serenissima, sondern die Nachfahren venezianischer Kolonisten, „Fleisch von unserem Fleisch, Gebein aus unserem Gebein“, wie amtliche venezianische Quellen beklagten. Tatsächlich erhielten die Aufständischen auch Unterstützung aus dem Rest der kretischen Gesellschaft. Die Rebellen richteten eine eigene Verwaltung ein und erklärten ihre Unabhängigkeit von Venedig. Diese wichtigste Sezession einer venezianischen Besitzung im Mittelmeer bildet einen einzigartigen, aber auch kurzlebigen Fall, denn Venedig gelang es rasch, die Insel durch die diplomatische Isolierung der Aufständischen und die Entsendung eines Expeditionsheeres unter dem veronesischen Söldnerführer Luchino dal Verme wieder in Besitz zu nehmen. Die Einnahme Candias am 10. Mai 1364 und die Hinrichtung der wichtigsten Aufstandsführer setzten der Revolte ein Ende, auch wenn einzelne Widerstandsnester von Griechen, die sich der Erhebung der Lehensleute angeschlossen hatten, noch einige Zeit weiterbestanden.82 Diese traumatische Episode führte zu einigen Veränderungen in der Verwaltung der Insel und deren Beziehung zur Mutterstadt. Die beschlagnahmten Güter der Aufständischen wurden vorwiegend an neu aus Venedig eingetroffene Kolonisten vergeben, also ohne deren Verwurzelung, zumindest in einer ersten Phase. Die politische und militärische Bedeutung der Lehensleute sank, zumal die Verteidigung der Insel nunmehr fremden Söldnern anvertraut wurde. Den Oberbefehl hatte seit 1367 als neuer venezianischer Würdenträger der Hauptmann (capitaneus) von Kreta inne, dessen Macht sich auf die ganze Insel erstreckte. Der Dux bewahrte lediglich die restlichen Kompetenzen über die drei Rektoren der anderen Bezirke, die unmittelbar von Venedig ernannt 81

McKee, Uncommon Dominion; van Gemert, Stefanos Sachlikis; Georgopoulou, Venice’s Mediterranean Colonies.

82

Magnani, La risposta di Venezia; McKee, The Revolt of St Tito; Jegerlehner, Der Aufstand der Kandiotischen Ritterschaft; Saint-Guillain, Protéger ou dominer?

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wurden. Der niedergeworfene Aufstand des hl. Titus bedeutet aber keineswegs einen tiefen Einschnitt in der Geschichte des venezianischen Kreta. Die gesellschaftlichen Erscheinungen, die die Insel im 14. Jahrhundert kennzeichneten, finden sich auch im folgenden Jahrhundert.

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BIBLIOGRAPHIE ZU TEIL II: ABGEKÜRZT ZITIERTE QUELLEN – QUELLENAUSGABEN – FORSCHUNGSLITERATUR

QUELLEN (CHRONIKEN, EINZELAUTOREN, INSCHRIFTEN, MÜNZEN, SIGEL) Die alphabetische Einordnung erfolgte gemäß dem ersten sinntragenden Adjektiv oder Substantiv. Eingeschoben wurden Werke, die einzelnen Autoren zugewiesen werden können (hervorgehoben durch den Namen des Autors). In diesen Fällen steht die maßgebliche Edition an erster Stelle. Übersetzungen folgen nachrangig in der Reihung: Dt., Engl., Frz., Ital., Neugr. etc. Pseudo-Autoren sind unter dem tatsächlichen Namen eingereiht. Byzantinische Autoren folgen dem Prinzip der Familiennamen.

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FORSCHUNGSLITERATUR Bei Titelangaben in südosteuropäischen Sprachen finden sich Titelübersetzungen in eckigen Klammen. Sofern diese Angaben englisch-, italienisch- oder französischsprachig sind, ist dies als Hinweis zu verstehen, dass im zitierten Werk eine entsprechende westsprachige Zusammenfassung vorhanden ist.

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Forschungsliteratur Zolnay, László: Miklósfia Demeter mester (1250 – 1312) [Meister Demeter Miklósfia (1250 – 1312)], Turul 49 (1935), H. 1–2, 35–37. Zombori, István (Hg.): Magyarország és a Szentszék kapcsolatának 1000 éve [1000 Jahre Beziehungen zwischen Ungarn und dem Hl. Stuhl]. Budapest 1996. Zsoldos, Attila: II. András Aranybullája [Die Goldene Bulle von Andreas II.], Történelmi Szemle 53 (2011), H. 1, 1–38. Ders.: III. András [Andreas III.], in: Lenkey/Zsoldos, Szent István és III. András, 119–238. Ders.: III. András hat nádora [Die sechs Palatine Andreas III.], in: Juan Cabello/C. Norbert Tóth (Hgg.), Erősségénél fogva várépítésre való. Tanulmányok a 70 éves Németh Péter tiszteletére [Nach seiner Kraft zu urteilen taugt er zum Burgbau. Studien zu Ehren des 70-jährigen Péter Németh]. Nyíregyháza 2011, 289–299. Ders.: Az Árpádok és asszonyaik. A királynéi intézmény az Árpádok korában [Die Arpaden und ihre Frauen. Die Institution der Königinnen in der Zeit der Arpaden]. Budapest 2005. Ders.: The Árpáds and Their Wives. Queenship in Early Medieval Hungary 1000 – 1301. Roma 2019. Ders.: Családi ügy. IV. Béla és István ifjabb király viszálya az 1260-as években [Familienangelegenheit. Der Konflikt zwischen Béla IV. und dem jüngeren König Stephan in den 1260er Jahren]. Budapest 2007. Ders.: The Golden Bull of Andrew II, in: François Foronda/Jean-Philippe Genet (Hgg.), Des chartes aux constitutions. Autour de l’idée constitutionnelle en Europe (XIIe  – XVIIe siècle). Paris, Rome 2019, 57–80. Ders.: Hrvatska i Slavonija u kraljevstvu Arpadovića [Kroatien und Slawonien im Königtum der Arpaden], Povijesni prilozi 17 (1998), 287–296. Ders.: Kings and Oligarchs in Hungary at the Turn of the Thirteenth and Fourteenth Centuries, The Hungarian Historical Review 2 (2013), H. 2, 211–242. Ders.: Das Königreich Ungarn im Mittelalter (950 – 1382), in: Tóth (Hg.), Geschichte Ungarns, 47–141. Ders.: Die Krone der ungarischen Könige in der Geschichte und der nationalen Tradition, in: Tóth (Hg.), Geschichte Ungarns, 787–797. Ders.: The Legacy of Saint Stephen. Budapest 2004. Ders.: Magyarország világi archontológiája 1000 – 1301 [Weltliche Archontologie Ungarns von 1000 bis 1301]. Budapest 2011. Ders.: Modificările conceptului „nobilime“ pe parcursul secolului al XIII-lea în Regatul Ungariei [Veränderungen des Adels-Konzepts im Laufe des 13. Jh.s im Königreich Ungarn], in: Adrian Andrei Rusu (Hg.), Secolul al XIIIlea pe meleagurile locuite de către români [Das 13. Jh. in den von Rumänen bewohnten Gebieten]. Cluj-Napoca 2006, 85–104. Ders. (Hg.): Nagyvárad és Bihar a korai közepkorban [Großwardein und Bihar im frühen Mittelalter]. Nagyvárad 2014, 81–100. Ders.: Die ostmitteleuropäischen Reichsbildungen um die erste Jahrtausendwende und ihre gescheiterten Vorläufer, in: Ivan Hlaváček/Alexander Patschovsky (Hgg.), Böhmen und seine Nachbarländer in der Přemyslidenzeit. Ostfildern 2011, 49–90. Ders.: Pest megye monográfiája. Bd. 1,2: A honfoglalástól 1686-ig [Monographie des Komitats Pest. Bd. 1,2: Von der Landnahme bis 1686]. Budapest 2001. Ders. (Hg.): Saint Stephen and His Country. A Newborn Kingdom in Central Europe. Hungary. Essays on Saint Stephen and His Age. Budapest 2001. Ders.: A szent és az ős. Szent István kultuszának kezdetei [Der Heilige und der Vorfahr. Die Anfänge des Kults um den Hl. Stephan], in: Terézia Kerny/András Smohay (Hgg.), István a szent király. Tanulmánykötet és kiállítási katalógus Szent István tiszteletéről halálának 975. Évfordulóján [Stephan der hl. König. Sammelband und Ausstellungskatalog zur Würdigung des Hl. Stephan zu seinem 975. Todestag]. Székesfehérvár 2013, 22–27. Ders.: Téténytől a Hód-tóig. Az 1279 és 1282 közötti évek politikatörténetének vázlata [Von Tétény zum Hód-See. Eine Skizze der Politikgeschichte der Jahre 1279–1282], Történelmi Szemle 39 (1997), H. 1, 69–98. Zsoldos, Attila/Neumann, Tibor: Székesfehérvár középkori kiváltságai [Die mittelalterlichen Privilegien Székesfehérvárs]. Székesfehérvár 2010. Zuckerman, Constantin: On the Titles and Office of the Byzantine ΒΑΣΙΛΕΥΣ, Travaux et Mémoires 16 (2010), 865–890.

HGSOE, Bd. 1

1037

ANHANG UND REGISTER

ALLGEMEINES ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Siehe hinsichtlich der für Teil I (Südosteuropa im römischen Imperium) relevanten Abkürzungen antiker Autoren und Werke, Rechtssammlungen, Inschriften/Papyri/Münzen und sonstigem die diesbezügliche Abschnittsbibliographie.

Abt. Abteilung altbulg. altbulgarisch Anm. Anmerkung a. O.

am (angeführten) Ort

Aufl. Auflage Ausg. Ausgabe Bd. Band Bde. Bände bes. besonders Bf. Bischof bulg. bulgarisch byz. byzantinisch bzw. beziehungsweise C. Gaius ca. circa Cn. Gnaeus d.

der, die, das, des

d. Ä.

der Ältere

d. Gr.

der Große

d. h.

das heißt

d. J.

der Jüngere

dass. dasselbe ders. derselbe

1039

Anhang und Register

dies. dieselbe diess. dieselben Diss. Dissertation dt. deutsch ebd. ebenda Ebf. Erzbischof ed. (edd.)

edidit (-erunt)

engl. englisch ep., epist.

Epistula

erg. ergänzt etc.

et cetera

f. folgend ff. folgende fol.

folio

fr., frg.

Fragment

fränk. fränkisch frz. französisch Fs. Fürst Fsm. Fürstentum g Gramm gest. gestorben gr. griechisch H. Heft ha Hektar Hg., Hgg.

Herausgeber(in), Herausgeber(innen)

HGSOE

Handbuch zur Geschichte Südosteuropas

Hl. Heilige(r) Hzg. Herzog ital. italienisch Jh.

Jahrhundert

Jh.s Jahrhunderts jud.

județ (rum. Kreis)

Kap. Kapitel kg Kilogramm

1040

HGSOE, Bd. 1

Allgemeines Abkürzungsverzeichnis

Kg., Kgn.

König, Königin

Kgr.

Königreich

km Kilometer km2 Quadratkilometer kroat. kroatisch Ks.

Kaiser

L. Lucius lat. lateinisch loc. cit.

loco citato, am angegebenen Ort

LT

La Tène

m Meter MGH AA

Monumenta Germaniae Historica, Auctores Antiquissimi

MGH SS

Monumenta Germaniae Historica, Scriptores (in Folio)

MGH SS rer. Germ. Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi Nachdr. Nachdruck n. Chr.

nach Christus

neugr. neugriechisch Nr. Nummer p.

pagina (Seite) bzw. paginae (Seiten)

P. Publius Pl. Plural Reg. Register Repr. Reprint röm.

römisch

s. siehe s. a.

siehe auch

s. o.

siehe oben

s. u.

siehe unten

s. v.

sub voce

sc. scilicet serb. serbisch Sex. Sextus sog. sogenannt

HGSOE, Bd. 1

1041

Anhang und Register

Sp. Spalte teilw. teilweise T. Titus Ti. Tiberius TIB

Tabula Imperii Byzantini

TIR

Tabula Imperii Romani

u. und u. ä.

und ähnliche

u. a.

und andere, unter anderem, und andernorts

u. ö.

und öfters

überarb. überarbeitet Übers. Übersetzung v. Chr.

vor Christus

venez.

venezianisch

Verf. Verfasser vers. versehen verst. verstorben vgl. vergleiche vv. Verse Z. Zeile z. B.

zum Beispiel

z. T.

zum Teil

1042

HGSOE, Bd. 1

Verzeichnis der Karten

VERZEICHNIS DER KARTEN

I Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit



(4. – 3. Jahrhundert v. Chr.)

II

Südosteuropa in der Zeit der ausgehenden Republik (ca. 60 – 30 v. Chr.)

III



Südosteuropa in der frühen Kaiserzeit (30 v. Chr. – 68 n. Chr.)

I V

Südosteuropa unter Kaiser Traian (98 – 117)

V

Südosteuropa unter Kaiser Septimius Severus (193 – 211)

VI

Südosteuropa im 4. Jahrhundert

V II

Südosteuropa um 400

V III

Südosteuropa zur Zeit des Ostgotenreichs (493 – 554)

I X

Südosteuropa um 565

X

Südosteuropa und das awarische Kerngebiet um 600

XI

Südosteuropa um 800

X II

Südosteuropa um 900

X III

Das Erste bulgarische Reich (Ende 9./Anfang 10. Jh.)

XIV

Südosteuropa um 1000

XV

Der kroatische Raum (2. Hälfte des 11. Jh.s)



X V I Der byzantinische Balkan im 11. und 12. Jahrhundert:

Die Verwaltungsstrukturen

X V II Der byzantinische Balkan im 11. und 12. Jahrhundert:

Wirtschaft und Verkehr

X V III

Südosteuropa um 1200

XIX

Serbien um 1200

XX

Lateinisches Kaiserreich 1204/1261

XXI

Das Königreich Ungarn um 1300

X X II

Das Zweite bulgarische Reich (14. Jh.)

HGSOE, Bd. 1

1043

Anhang und Register

ORTSNAMENKONKORDANZ TEIL I – ANTIKE NAMEN Erfasst sind bedeutende antike Plätze, die in Teil I (Südosteuropa im römischen Imperium) mehrfach genannt werden. Der Ansatz der griechischen Namen folgt im Wesentlichen den Belegstellen von Ernest Honigmann (ed.), Le synekdèmos d’Hiéroklès et l’opuscule géographique de Georges de Chypre. Bruxelles 1939. Orte in byzantinischer Zeit (nach 600), die in den Quellen nicht mehr belegt sind, werden durch - bezeichnet.

Lateinisch

Griechisch (Antike, Spätantike)

Byz. Periode

Heute

Abrittus

Abrittos (’´Ἄβριττος)

-

Razgrad

Anchialus

Anchialos (’Ἀγχίαλος, ’Ἀγχιάλη) Apollonia (’Ἀπολλωνία)

dass.

Pomorie

dass.

Pojani

Apollonia (Epirus) Apulum

Alba Iulia

Aquincum

Budapest

Arrabona

Győr

Athenae

Athenai (’Ἀθῆναι)

dass.

Athen

Beroe / Augusta Traiana

Beroe (Βερόη)

Verroia (Βέρροια)

Stara Zagora

Beroia

Beroia (Βέροια)

dass.

Veria

Bononia

Bononeia (Βονωνία)

-

Vidin

Brigetio

Komorn

Byzantium

Byzantion (Βυζάντιον)

Bizye

Bizye (Βυζύη)

Konstantinupolis, lit. Byzantion (Κωνσταντιούπολις, Βυζάντιον) dass.

Buridava Callatis

Kallatis (Κάλλατις, Καλλατίς)

-

Carnuntum

Cibalae

1044

Vize Ocnele Mari (Ortsteil Ocniţa) Mangalia Petronell/Bad DeutschAltenburg Celje

Celeia Chalcedon

Istanbul (Konstantinopel)

Chalkedon (Χαλκηδών)/ Kalchedon (Καλχηδών)

Chalkedon (Χαλκηδών)

Kadıköy (Stadtteil Istanbuls) Vinkovci

HGSOE, Bd. 1

Teil I – antike Namen Ortsnamenkonkordanz Ortsnamenkonkordanz I (antike Namen)

Lateinisch

Griechisch (Antike, Spätantike)

Byz. Periode

Heute

Constantinopolis

dass.

Istanbul (Konstantinopel)

Corinthus

Konstantinupolis (Κωνσταντινουύπολις) Korinthos (Κόρινθος)

dass.

Korinth

Diocletianopolis

Diokletianopolis

dass.

Hisarja

Dionysopolis

Dionysopolis (Διονυσόπολις)

-

Balčik

Dorostoron, Dorostolon (Δορόστορον, Δορόστολον, Δορόστολος) Dyrrhachion (Δυρράχιον)

dass.

Silistra

dass.

Durrës

Epidaurum

Epidauros

dass.

Cavtat

Hadrianopolis

dass.

Edirne

Halmyris

Adrianupolis (’Ἀδριανούπολις) Halmyris (’´Ἄλμυρις)

-

Murighiol

Heraclea (s. a. Perinthus)

Herakleia (Ἡράκλεια)

dass.

Marmara Ereğlisi

Drobeta Durostorum

Dyrrhachium

Turnu Severin

Emona

Ljubljana

Iader/Iadera

Zadar

Iustiniana Prima

Caričin Grad

Lauriacum

Enns (Ortsteil Lorch)

Lissus

Lissos (Λίσσος)

-

Lezha

Lychnis/Lychnidos

Lychnis/Lychnidos (Λυχνίς, Λυχνίδος) (Markianupolis) Μαρκιανούπολις Mesambria/Mesembria Μεσαμβρία, Μεσημβρία

Achrida (’Ἀχρίδα)

Ochrid

dass.

Devnja

Mesembria (Μεσημβρία)

Nesebăr

Naissos (Ναισσός)

dass.

Marcianopolis Mesembria Mursa Naissus

Osijek Niš

Napoca

Klausenburg

Narona

Nin

Nauportus

Vrhnika

Nicomedia

Nikomedeia (Νικομήδεια)

dass.

İzmit

Nicopolis ad Istrum

Nikopolis (Νικόπολις)

dass.

Nikjup

Novae

Nobai (Νόβαι)

-

Stăklen (bei Svištov)

Noviodunum

Noviodunon (Νοβιόδουνον) Odessos (’Ὀδησσός)

-

Isaccea

Varna (Βάρνα)

Varna

Odessus

HGSOE, Bd. 1

1045

Anhang und Register

Lateinisch

Griechisch (Antike, Spätantike)

Byz. Periode

Heute

Oescus

Oiskos (Οἶσκος)

-

Gigen

Olbia

Parutyne (in der Nähe von) Wels

Ovilavis Pautalia

Pautalia (Παυταλία)

Perinthus (später Heraclea) Perinthos (Πέρινθος) Pharos

Pharos

Philippopolis

Philippupolis (Φιλιππούπολις)

-

Kjustendil

Herakleia (’Ἡράκλεια)

Marmara Ereğlisi Hvar

dass.

Poetovio

Ptuj

Pola

Pola

Ratiaria

Rateria (Ρατηρία), Ratiaria (Ρατιαρία)

Pula -

Romuliana Salona

Plovdiv

Arčar Gamzigrad

Salona

Solin

Sarmizegetusa (Colonia)

Sarmizegetusa

Sarmizegetusa Regia

Grădiştea Muncelului

Savaria

Szombathely

Scar[a]bantia

Sopron

Scodra

Skodra (Σκόδρα)

dass.

Shkodra

Scupi

Skupoi (Σκοῦποι)

Skopia (Σκόπια)

Skopje

Serdica

Sardike (Σαρδίκη)

Sophia (Σοφία)

Sofia

Singidunum

Singidunon (Σιγγίδουνον)

Belegrada (Βελεγράδα)

Belgrad

Sirmium

Sirmion (Σίρμιον)

dass.

Sremska Mitrovica

Sexaginta Prista

Ruse

Siscia/Segestica Smyrna

Sisak Smyrna (Σμύρνα)

dass.

Sparta

Sparta (Σπάρτη)

Sparti

Spalatum

Aspalathos (’Ἀσπάλαθος)

Lakedaimon, Lakedaimonia (Λακεδαίμων, Λακεδαιμονία) dass.

Stobi

Stoboi (Στόβοι)

-

Gradsko

Sopianae

İzmir Pécs

Split

Tarsatica

Rijeka

Tergeste

Triest

1046

HGSOE, Bd. 1

Teil I – antike Namen Ortsnamenkonkordanz Ortsnamenkonkordanz I (antike Namen)

Lateinisch

Griechisch (Antike, Spätantike)

Byz. Periode

Heute

Thessalonice/Thessalonica

Thessalonike (Θεσσαλονίκη)

dass.

Thessaloniki

Tibiscum Tomis

Tomis (Τόμις)

Konstantiniana (Κωνσταντινιανά)

Transmarisca

Tutrakan

Tropaeum Traiani

Tropaion (Τρόπαιον)

Tyras

Tyras

Viminacium

Viminakion (Βιμινάκιον)

Vindobona

HGSOE, Bd. 1

Caransebeș (in der Nähe von) Constanţa

-

Adamklissi Bjelgorod Dnestrovski

-

Kostolac Wien

1047

Anhang und Register

ORTSNAMENKONKORDANZ TEIL II – HEUTIGE NAMEN

Erläuterungen zur Ortsnamenkonkordanz Teil II Die Ortsnamenkonkordanz soll einen Überblick über die verschiedenen Namensformen geben, die die Städte in Südosteuropa in den einzelnen Sprachen hatten und zum Teil noch heute haben. Angesetzt werden sie unter ihrem (teils nur in historischem Zusammenhang noch bedeutsamen) deutschen Namen, dem dann, sofern vorhanden, die osmanische Variante als die der anderen dominanten Reichssprache sowie die Namen in den südosteuropäischen Sprachen folgen. Grundsätzlich wurden nur solche Namensformen aufgenommen, die für die jeweilige Stadt tatsächlich in Gebrauch waren und von dem in der (den) Landessprache(n) verbreiteten Namen abweichen. Eine Ausnahme hiervon stellen die Namen der südosteuropäischen Hauptstädte dar – hier wurden die Namensformen aller Sprachen berücksichtigt, auch wenn sie deckungsgleich sind mit dem heute amtlichen Namen. Der heute amtliche Name in der Staatssprache des jeweiligen Landes ist hervorgehoben. Bosnisch / Kroatisch / Serbisch und Bulgarisch / Makedonisch sind in jeweils einer Spalte zusammengefasst, da hier zumeist nur eine Variante für alle Sprachen in Gebrauch ist. Im Falle von Abweichungen wird die zweite Form mit einem Schrägstrich und unter Nennung der jeweiligen Sprache beigefügt, wobei im Fall von Bulgarisch / Makedonisch die zweite Variante stets die makedonische ist.

1048

HGSOE, Bd. 1

HGSOE, Bd. 1

Budapeşte

Bükreş

Budapest

Bukarest

Erlau

Durrës

Durrës

Dıraç

Rrush

Butrint

Bukuresht

Budapest

Dubrovnik / Ragusa Ragusa (hist.)

Cilli

Butrint

Manastır

Bitola

Manastir

Beograd

Belgrad

Belgrad

Athina Tivari

Atina

Bar

Athen

Asenovgrad

Drač

Dubrovnik

Bukurešt

Budimpešta

Bitolj

Beograd

Bar

Zagreb

Adrianupolis

Durăs / Drač (hist.)

Bukurešt

Budapešt

Bitolja / Bitola

Belgrad

Dyrrachion

Buthroton

Bukuresti

Budapesti

Monastiri

Beligradi

Athina

Asenovgrad Stenimachos (bis 1934 Stanimaka)

Zagreb

Odrin

Bulgarisch / Griechisch Makedonisch

Atena/Atina Atina

Zagreb

Zagreb

Agram

Zagreb

Jedrene

Edirne

Adrianopel

Bosnisch / Kroatisch / Serbisch Postojna

Osmanisch / Albanisch Türkisch

Adelsberg

Deutsch

Durazzo

Ragusa

Butrinto

Bucarest

Budapest

Belgrado

Antivari

Atene

Zagabria

Postumia

Italienisch

Bucureşti

Budapesta

Bitule (arom.)

Belgrad

Atena

Zagreb

Adrianopol

Rumänisch

Jáger

Drač

Bukurešť

Budapešť

Belehrad

Atény

Záhreb

Slowakisch

Drač

Celje

Bukarešta

Budimpešta

Beograd

Atene

Zagreb

Postojna

Slowenisch

Eger

Cille

Bukarest

Budapest

Belgrád

Athén

Zágráb

Ungarisch

Teil – heutige Namen Ortsnamenkonkordanz Ortsnamenkonkordanz II II (heutige Namen)

1049

1050

Laibach

Kjustendil / Velebusdus (hist.)

Kronstadt

Kreutz

Ljubljana

Köstendil

Lubjana

Kotorr

Ljubljana

Križevci

Kotor

Janina

Joannina

Kotor

Carigrad

Stamboll

Istanbul / İstanbul / Konstanti- Kostanti nopel (hist.) niyye (hist.)

Yanya

Kiseg

Güns

Ljubljana

Kjustendil, Velbažd (hist.) / K’ustendil

Brašev

Carigrad

Liubliana

Brasov

Ioannina

Konstantinupolis

Istanbul / Constantinopoli

Lubiana

Cattaro

Ľubľana

Kiustendil

Braşov

Istanbul / Ţarigrad

Ljubljana

Brašov

Carihrad / Istanbul

Veľký Varadín

Oradea

Päťkostolie

Slowakisch

Großwardein

Pets

Rumänisch

Ostrihom

Pečuj Pečuh (kroat.) / Pečuj (serb.)

Fünfkirchen Peç

Fiume

Italienisch

Gran

Rijeka

Bulgarisch / Griechisch Makedonisch

Fiume (hist.)

Bosnisch / Kroatisch / Serbisch Osijek

Osmanisch / Albanisch Türkisch

Esseg

Deutsch

Ljubljana

Carigrad

Reka

Slowenisch

Ljubljana

Brassó

Körös

Isztambul

Kőszeg

Nagyvárad

Esztergom

Pécs

Fiume

Eszék

Ungarisch

Anhang und Register

HGSOE, Bd. 1

HGSOE, Bd. 1 Ohër

Perzerin

Rusçuk

Zemun

Prizren

Rustschuk

Semlin

Skoplje

Shkup

Skopje

Üsküp

Šibenik

Skadar

Shkodra / İşkodra Skutari (hist.)

Šibenik

Severin

Zemun

Prizren

Severin Shkodra

Prizren

Priština

Priştine

Prishtina Prishtina

Požun

Bratislava

Pressburg

Bratisllava

Usora

Ozora

Budim

Ofen

Budin

Šopron

Ödenburg

Ohrid

Ohri

Ochrid

Subotica

Bosnisch / Kroatisch / Serbisch

Novi Sad

Uyvar

Osmanisch / Albanisch Türkisch

Neusatz

Neuhäusel

Maria-Theresiopel (hist.)

Deutsch

Skopie / Skopje

Ruse

Priština

Bratislava

Ochrid / Ohrid

Skopia

Skodra

Ruse

Pristina

Bratislava

Achrida

Bulgarisch / Griechisch Makedonisch

Skopje

Sebenico

Scutari

Pristina

Bratislava

Italienisch

Skopje

Priştina

Pojon

Sopron

Rumänisch

Skopje

Priština

Bratislava

Budín

Šopron

Nový Sad

Nové Zámky

Slowakisch

Skopje

Priština

Bratislava

Budim

Slowenisch

Szkopje

Shkodra

Szörény

Zimony

Rusze

Pristina

Pozsony

Buda

Sopron

Ohrid

Újvidék

Érsekújvár

Szabadka

Ungarisch

Teil – heutige Namen Ortsnamenkonkordanz Ortsnamenkonkordanz II II (heutige Namen)

1051

1052 Zara

Zadar

Zengg (hist.)

Zante (hist.) Zakintos

Beç / Viyana Vjena

Vlora

Wien

Weißenburg

Vlora

Avlonya

Trieste

Triest

Tyrnau

Tiran

Tirana

Senj

Zadar

Beč

Valona

Trst

Tirana

Solun

Selânik

Thessaloniki / Saloniki Tirana

Stolni Beograd

Stuhlweißen- İstolni burg Belgrad Selanik

Split

Split

Sofja

Sofija

Sofya

Sofia

Bosnisch / Kroatisch / Serbisch Stari Slankamen

Osmanisch / Albanisch Türkisch

Slankamen

Deutsch

Viena

Vljora

Tirana

Solun

Sofija

Zakinthos

Vienni

Aulonas

Tirana

Thessaloniki

Sofia

Bulgarisch / Griechisch Makedonisch

Segna

Zante

Zara

Vienna

Valona

Trieste

Tirana

Salonicco

Spalato

Sofia

Italienisch

Viena

Alba Iulia

Tirana

Salonic

Sofia

Rumänisch

Viedeň

Trnava

Tirana

Solún

Stolicný Belehrad

Sofia

Slowakisch

Dunaj

Trst

Tirana

Solun

Sofija

Slowenisch

Bécs

Gyulafehérvár

Nagyszombat

Tirana

Szaloniki

Székes­fehérvár

Szófia

Szalánkemén

Ungarisch

Anhang und Register

HGSOE, Bd. 1

Grunddaten

ZEITLEISTE / GRUNDDATEN Südosteuropa in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit

513 v. Chr.

Feldzug Dareios’ I. durch Thrakien und über die Donau gegen die Skythen

ca. 475 – 425

Herrschaftsbildung der Odrysen in Thrakien unter Teres I. und Sitalkes I.

399

Seuthes II. engagiert griechische Söldner unter dem Athener Xenophon

383 – 360

Höhepunkt der Herrschaftsbildung der Odrysen in Thrakien unter Kotys I.

346 – 340 Feldzüge Philipps II. in Thrakien und Errichtung makedonischer Oberherrschaft 335

Feldzug Alexanders d. Gr. in Thrakien und zur unteren Donau

323 – 281 Thrakien wird Diadochenreich unter dem Satrapen und später (seit 306/305) König Lysimachos ca. 320 – 290

Herrschaftsbildungen des Odrysen Seuthes III. und des Geten Dromichaites

280 – 277

Keltenzüge nach Thrakien, Griechenland und Kleinasien

ca. 279 – 212

Keltenreich von Tylis

Ausgreifen Roms nach Südosteuropa

229 – 167 v. Chr. Illyrienkriege und Makedonische Kriege Roms 197

Schlacht von Kynoskephalai: Sieg Roms über Philipp V.

168

Schlacht von Pydna: Sieg Roms über Perseus

148

Makedonien wird römische Provinz

146

Achaia unter römischer Kontrolle (ab 27 v. Chr. Provinz)

89 – 63

Roms Kriege gegen Mithradates VI. Eupator

ca. 70 – 44

Herrschaftsbildung des Byrebistas im unteren Donau- und Karpatenraum

59

Illyricum wird dauerhaft römische Provinz

44

Geplanter Feldzug Caesars gegen Byrebistas und Tod beider Herrscher

48

Schlacht von Pharsalos: Pompeius unterliegt Caesar

41 Schlacht von Philippi: Cäsarmörder unterliegen Marc Anton und Caesar dem Sohn 35 – 33

Illyrienkrieg Caesars des Sohnes

31 Schlacht von Actium: Marc Anton und Kleopatra unterliegen Caesar dem Sohn 30 – 27

HGSOE, Bd. 1

Feldzüge des Licinius Crassus an der unteren Donau

1053

Anhang und Register

Südosteuropa im Principat

27/23 v. Chr.

Begründung des Principats durch Caesar den Sohn = Augustus

16

Noricum wird römische Provinz

13 – 8

Erster pannonisch-dalmatischer Aufstand

13/12 v. Chr.

Moesien wird regionales Militärkommando Roms

6 n. Chr.

Römischer Angriff auf die Markomannen unter Marbod

6 – 9

Zweiter pannonisch-dalmatischer Aufstand

7 – 12

Operationen des Aelius Catus an der unteren Donau

9/10

Teilung Illyricums: Dalmatien und Pannonien werden römische Provinzen

12

Moesien wird römische Provinz

42

Usurpation in Dalmatien gegen Claudius

46

Thrakien wird römische Provinz

85 – 106

Herrschaftsbildung des Decebalus in Dakien

85 – 96

Kriege Domitians an der unteren und mittleren Donau

86

Teilung Moesiens in Ober- und Niedermoesien

101 – 106

Dakerkriege Traians

106 Dakien wird römische Provinz (in weiterer Folge Teilung vorübergehend in zwei, dann dauerhaft in drei dakische Provinzen) 106/107

Teilung Pannoniens in Ober- und Niederpannonien

118

Erste Reise Hadrians durch den Donau- und Balkanraum



Räumung Munteniens und der Moldau durch Hadrian

131

Zweite Reise Hadrians durch den Donau- und Balkanraum

168 – 180

Germanenkriege des Marc Aurel und Commodus an der mittleren Donau

171

Einfall der Kostoboken nach Thrakien und Griechenland

193

Ausrufung des Septimius Severus zum Kaiser in Carnuntum

193/194 Bürgerkrieg des Septimius Severus gegen Pescennius Niger mit Kampfhandlungen u. a. im Raum von Thrakien, Propontis und Bosporus 196

Reise des Septimius Severus durch den Donau- und Balkanraum

214

Reise Caracallas durch den Donau- und Balkanraum

236 – 238

Feldzüge des Iulius Maximinus an der mittleren Donau

238 – 249 Karpenkriege unter Gordian III. und Iulius Philippus in Dakien und an der unteren Donau 250/251 Einfall der Goten unter Kniva und Ostrogotha nach Thrakien, Sieg des Kniva über Decius bei Beroia/Augusta Traiana und Einnahme von Philippopolis

1054

HGSOE, Bd. 1

Grunddaten

251

Sieg der Goten unter Kniva über Decius bei Abrittus

257 – 258

Aufenthalt und Tod des Valerianus iunior in Sirmium

260

Usurpationen des Ingenuus und Regalianus in Moesien/Pannonien

261

Schlacht von Serdica: Sieg des Aureolus gegen Macrianus senior und iunior

262/263

Einfall der Goten nach Griechenland

264

Aufenthalt des Gallienus in Athen

267 – 269 Einfälle der Goten und Heruler nach Thrakien, Griechenland und Kleinasien 268

Schlacht am Nestus: Sieg des Gallienus über die Heruler

269

Schlacht von Naissus: Sieg Claudius’ II. über die Goten

271

Aurelian empfängt eine Gesandtschaft der Juthungen an der Donau

271 – 275 Räumung Dakiens und Schaffung einer neuen Provinz Dakien rechts der Donau 272 – 273

Goten- und Karpenfeldzüge Aurelians an der unteren Donau

275

Zug Aurelians durch den Donau- und Balkanraum und Ermordung

285

Schlacht am Margus: Sieg Diokletians über Carinus

Südosteuropa in der Spätantike

286 Teilung des Römischen Reiches: Diokletian (Osten) und Maximian (Westen) 293-305 Erste Tetrarchie: Diokletian und Galerius im Osten, Maximian und Constantius I. im Westen; Reorganisation der Zivil- und Militärverwaltung ca. 298

Einführung der Diözesen (in Südosteuropa: Pannoniae, Moesiae, Thraciae)

303 – 312

Christenverfolgung unter Diokletian und Galerius

305

Rückzug Diokletians nach Aspalathos

305 – 306 Zweite Tetrarchie: Galerius und Maximinus Daia im Osten, Constantius I. und Severus im Westen 306 – 308 Dritte Tetrarchie: Galerius und Maximinus Daia im Osten, Severus und Konstantin d. Gr. im Westen 308 – 311 Kaiserkonferenz zu Carnuntum und Vierte Tetrarchie: Galerius und Maximinus Daia im Osten, Licinius und Konstantin d. Gr. im Westen 311

Tod des Galerius in Serdica

313

Schlacht auf dem Campus Ergenus: Licinius besiegt Maximinus Daia

316 Bürgerkrieg zwischen Licinius und Konstantin d. Gr.: Schlachten von Cibalae und auf dem Campus Ardiensis 324 Schlachten von Adrianopel und Chrysopolis: Konstantin d. Gr. besiegt Licinius

HGSOE, Bd. 1

1055

Anhang und Register

ca. 324/337 Einführung der Prätoriumspräfekturen als administrative Einheiten der Territorialverwaltung Aufteilung Südosteuropas auf die Präfekturen Illyricum (Diözesen Pannoniae, Daciae und Macedonia; zumeist ist diese Präfektur mit der Präfektur Italia et Africa verbunden) und Orient (Diözese Thraciae) 324/330 Umbenennung Byzantions zu Konstantinopel und Neugründung als Reichshauptstadt 337 Teilung des Römischen Reiches zwischen Constantinus II. (Westen), Constantius II. (Osten) und Constans (Mitte) 350

Usurpation des Vetranio in Sirmium

351

Schlacht von Mursa: Sieg Constantius’ II. über Magnus Magnentius

361

Zug Julians gegen Constantius II. durch das Illyricum

364 Teilung des Römischen Reiches zwischen Valentinian (Westen) und Valens (Osten) 376

Übergang der Westgoten über Donau und Ansiedlung als Foederaten

378

Schlacht von Adrianopel: Sieg der Westgoten über Valens

394

Schlacht am Frigidus: Sieg Theodosius’ I. über Eugenius

395 Teilung des Römischen Reiches zwischen Arcadius (Osten) und Honorius (Westen) Aufteilung Südosteuropas zwischen den Präfekturen Italia et Africa (Diözese Pannoniae), Illyricum (Diözesen Daciae und Macedonia) und Orient (Diözese Thraciae) 413/447

Bau der Theodosianischen Mauer in Konstantinopel

ca. 420 – 453

Herrschaftsbildung der Hunnen an der Donau

454/455 – 567 Herrschaftsbildung der Gepiden im Karpatenbecken und an der mittleren Donau, zeitweise Königsresidenz in Sirmium 476

Ende des Weströmischen Reiches

ca. 480 – 510

Bau der Langen Mauern westlich von Konstantinopel

489/493

Abzug der Ostgoten unter Theoderich nach Italien und Reichsgründung

535 – 554

Rückgewinnung des westlichen Illyricums und Italiens durch Justinian

1056

HGSOE, Bd. 1

Grunddaten

Der Zusammenbruch des römischen Balkans und die Entstehung neuer Machtsysteme

um 565

Vordringen der Awaren in den Donauraum

581/586

Belagerung Thessalonikis durch Slawen

6./7. Jh.

Slawische Landnahme im Gefolge der Awaren

ca. 570 – ca. 620 schrittweise Erschütterung von Reichs- und Kirchenverwaltung am byzantinischen Balkan durch slawische und awarische Angriffe 582

Eroberung der Schlüsselfestung Sirmium an der Donau durch die Awaren

602 Meuterei byzantinischer Truppen gegen die Kriegführung an der Donau und Sturz von Kaiser Maurikios 626

Gescheiterte Belagerung Konstantinopels durch Awaren und Sasaniden

674 – 678

Belagerung Konstantinopels durch Araber

675 – 677

Belagerung Thessalonikis durch Slawen

681 bis 1018

Erstes bulgarisches Reich

Ende des 7. Jh.s

Einrichtung des Thema Hellás

Mitte des 8. Jh.s Einrichtung des Thema Kephallenía 751 Unterstellung des Illyricum unter die kirchliche Gerichtsbarkeit des Patriarchen von Konstantinopel 789/802

Einrichtung des Thema Makedonía

796

Sieg Karls des Großen über das Awarenreich

Anfang des 9. Jh.s Einrichtung des Thema Peloponnes 811 Sieg des bulgarischen Khans Krum über den byzantinischen Kaiser Nikephóros I. 812 Friede von Aachen zwischen Byzanz und Karl dem Großen: Küstendalmatien bleibt byzantinisch, das Hinterland und Istrien wird fränkisch 826 – 961

Kreta unter arabischer Herrschaft

vor 835

Einrichtung des Thema Thessaloniki

ca. 839 – 864

Trpimir, Begründer der kroatischen Dynastie der Trpimiriden

843/899

Einrichtung des Thema Nikópolis

HGSOE, Bd. 1

1057

Anhang und Register

Byzantinische Reconquista und zweite Christianisierung des Balkans

nach 863

Mährische Mission der Byzantiner Konstantin/Kyrill und Method

864/865

Christianisierung der Bulgaren

869

Einrichtung des byzantinischen Thema Dalmatien

895 bis 907 Ungarische Landnahme in Pannonien im Rahmen eines byzantinisch-bulgarischen Krieges 902/904

Eroberung von Demetriás und Thessaloniki durch Araber

913/917

Symeon von Bulgarien legt sich einen kaisergleichen Zarentitel zu

um 925 Tomislav als erster kroatischer Herrscher von Papst Johannes X. mit dem Königstitel belegt um 950

Aufkommen und Ausbreitung der Bogumilen

976 – 1025

größte Machtausdehnung von Byzanz unter Kaiser Basíleios II.

ab 1000

Venedig dringt in den dalmatischen Raum vor

1000/1001

Krönung Stefans zum König von Ungarn

1003 – 1030

Aufbau eines Kirchensystems in Ungarn

976 – 1018

Reich des bulgarischen Zaren Samuil (†1014) im südwestlichen Balkan

1019/1020

Einrichtung des autokephalen Erzbistums Ochrid

1027

Petschenegeneinfall an der unteren Donau

1040/1041

Aufstand des Peter Deljan gegen die byzantinische Herrschaft

um 1040 Herrschaftsbildung des Stefan Vojislav im heutigen Montenegro und der heutigen Herzegowina 1066

Aufstand von Griechen, Slawen und Vlachen in Thessalien

1071 Eroberung des byzantinischen Bari in Apulien durch Normannen und byzantinische Niederlage gegen die Seldschuken im ostanatolischen Mantzikert 1072 Aufstand von Georg Vojtech und Konstantin Bodin im makedonischen Raum 1076/1077 Übersendung einer Krone durch Papst Gregor VII. an Mihailo von Duklja (Dioclea) 1082

weitgehende Handelsprivilegien für Venedig im Byzantinischen Reich

1081 – 1085

normannische Angriffe auf den byzantinischen Südwestbalkan

1091

byzantinisch-kumanischer Sieg über die Petschenegen

1102

Krönung des ungarischen Königs Koloman zum König von Kroatien

1105 ungarische Eroberung Dalmatiens; Herrschaft der Arpadendynastie über Dalmatien, Kroatien und Slawonien 1118

erstmalige Erwähnung einer Stadtkommune in Dalmatien (Rab)

1147

normannischer Angriff auf die Peloponnes

1058

HGSOE, Bd. 1

Grunddaten

Südosteuropa zwischen dem Machtzerfall von Byzanz und dem Aufstieg neuer Regionalmächte

1166

Stefan Nemanja als serbischer Großžupan der Raška

1171/1172

Serbische Niederlage gegen Byzanz und erneute Vasallität

1167 – 1180 Letzte Ausdehnung und Ende der byzantinischen Herrschaft im südlichen und mittleren Dalmatien 1180 – 1204

Formierung einer bosnischen Herrschaft unter Ban Kulin

1183 Ende der byzantinischen Oberherrschaft über Raška und Zusammenschluss von Raška und Duklja 1185

Eroberung Thessalonikis durch Normannen

1185 Aufstand von Bulgaren, Vlachen und Kumanen im östlichen Balkan und Entstehung des Zweiten bulgarischen Reiches (1186) 1198 Erneuerung des Athosklosters Chilandar durch Stefan (als Mönch Simeon) Nemanja und dessen Sohn Rastko (als Mönch Sava) 1204 Eroberung von Byzanz durch die Teilnehmer des Vierten Kreuzzuges; Entstehung des Lateinischen Kaiserreichs (bis 1261) und fränkischer sowie venezianischer Herrschaften im Ägäisraum 1204 Krönung des bulgarischen Zaren Kalojan durch einen päpstlichen Legaten und Weihung des bulgarischen Erzbischofs zum Primas (vorübergehende Kirchenunion mit Rom) 1205 Sieg des bulgarischen Zaren Kalojan bei Adrianopel über das Lateinische Kaiserreich von Konstantinopel 1205 – 1358

Venezianische Vorherrschaft in Dalmatien

1207/1211

Venezianische Eroberung Kretas

1217

Krönung von Stefan Nemanjić durch einen Legaten von Papst Honorius III.

1219 Erhebung Serbiens zum Erzbistum mit Zentrum in Žiča und damit Lösung aus der Jurisdiktion des autokephalen Erzbistums Ochrid 1218 – 1241

Machthöhepunkt des Zweiten bulgarischen Reiches unter Zar Ivan Asen II.

1222

Goldene Bulle des ungarischen Königs Andreas II.

1230 Sieg des Bulgarischen Reiches über den byzantinischen Nachfolgestaat Epirus bei Klokotnica 1235

Erhebung der bulgarischen Zarenstadt Tărnovo zum Sitz eines Patriarchats

1239

Aufnahme der Kumanen im Königreich Ungarn

1241 Niederlage Ungarns gegen die Mongolen bei Muhi und weitgehende Verwüstung des pannonischen Beckens

HGSOE, Bd. 1

1059

Anhang und Register

1242 Mongoleneinfall in Bulgarien, Beginn der bulgarischen Abhängigkeit vom Mongolenreich 1259 Schlacht von Pelagonía, byzantinischer Sieg über das Kreuzfahrerfürstentum Achaia und das mit ihm verbündete Fürstentum Epirus 1262 Beginn der byzantinischen Rückeroberung der Peloponnes (abgeschlossen 1432) 1267 Vertrag von Viterbo: das Fürstentum Achaia wird Vasall des Königreichs Neapel 1273

Erstmalige Einberufung des Landtages von Slawonien

1273 – 1291

Kumanische Regionalherrschaft in Braničevo

1273 Einfall der Nogaj-Tataren in Bulgarien und in den folgenden Jahren Höhepunkt der Abhängigkeit Bulgariens von den Mongolen 1274

Kirchenunion von Lyon

1292

Serbischer Sieg über ein bulgarisch-tatarisches Heer

1301

Aussterben der Arpadendynastie in Ungarn

1311 Schlacht von Halmyrós: Sieg der Katalanischen Söldnerkompanie über den fränkischen Adel Griechenlands

1060

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

PERSONENREGISTER

Aaron (Sohn d. Comes Nikola) 634f. Acciaiuoli (Florentinische Bankiersfamilie) 945 Acciaiuoli, Antonio I., Hzg. 946 Acciaiuoli, Nerio (I.) 945 Acciaiuoli, Niccolò 941, 945 Adalbert (Bruder d. Otto v. Freising) 545 Ademar von Chabannes 605 Aelius Aristides, Rhetor 285 Aelius Caesar, L., röm. Thronfolger (136 – 138) 284 Aelius Catus, Sex., Consul 4 n. Chr. 133, 141, 176, 204, 261f. Aemilianus, M. Aemilius, röm. Ks. (253) 331 Aemilius Lepidus, M., Triumvir 243 Aemilius Lepidus, M., Consul 6 n. Chr. 260 Aemilius Paullus Macedonicus, L. 214f. Aemilius Scaurus, M., Consul 115 v. Chr. 237 Aesilla, Provinzquaestor 222 Aëtius, Flavius, Heermeister 362f., 372, 561, 572 Afranius Hannibalianus, Prätoriumspräfekt 104, 426 Agathias (Scholastikos) von Myrina 104, 394, 441f. Agathokles (Sohn d. Lysimachos) 146, 149 Agilulf, Kg. d. Langobarden 586 Agnes (Tochter d. Ks. Robert v. Courtenay) 935 Agrippa, M. Vipsanius (Vertrauter d. Augustus) 70, 75, 78, 85f., 137, 139f., 244, 253f., 256

HGSOE, Bd. 1

Agrippa Postumus (jüngster Sohn d. Agrippa) 253 Agron, Kg. d. Sardiaier 210f. Ahrweiler, Hélène 708 Ajtony, ung. Stammesfs. 735 Akamir, Anführer d. Velegeziten 910 Akichorios, keltischer Heerführer 162f. Akornion aus Dionysopolis 225–228 Akropolites, Georgios, byz. Chronist 785, 797f., 802, 810, 819, 924 Akropolites, Konstantin 911 Aladzhov, Andrey 541 Alarich I., westgotischer Heerführer 102, 107, 368–370, 568, 575 Alatheus, ostgotischer Heerführer 367, 567 Alboin, Kg. d. Langobarden 582 Aleksandar Obrenović, Kg. v. Serbien 32 Alexander III. („der Große“), Kg. v. Makedonien (336 – 323 v. Chr.) 93f., 135, 144–146, 158–162, 188, 283, 417 Alexander (Sohn v. Asen I.) 782, 808 Alexander, oström. Ks. (912–913) 630 Alexios I. Komnenos, oström. Ks. (1081 – 1118) 651, 653, 669, 674, 677– 679, 705, 781–783, 842, 873, 889, 913 Alexios II., oström. Ks. (1180 – 1183) 769, 781 Alexios III. Angelos, oström. Ks. (1195 – 1203) 663, 679, 701, 782f., 801, 803–805, 927 Alexios IV. Angelos, oström. Ks. (1203 – 1204) 805 Alexios Slav 809 Alföldi, Andreas 326, 334, 362

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Anhang und Register

Alföldy, Géza 311, 336, 434 Alfonso Fadrique von Aragón 944 Álmos, ung. Fs. (Kende) 723, 733 Álmos, ung. Hzg. 740, 768 Altheim, Franz 326, 556 Alusianos (Sohn v. Jovan Vladislav) 777, 796 Amaler, ostgotische Dynastie 105, 107, 549, 565 Amicus von Giovinazzo 865 Ammianus Marcellinus/Ammian, Historiker 100f., 106, 340, 353, 356, 358, 366, 371, 434, 440, 544, 549, 567, 569 Ananias von Širak 601 Anastasios, oström. Ks. (491 – 518) 328, 364, 376, 383–390, 392f., 395, 445, 448–450, 454, 458 Anastasius Bibliothecarius 538, 603, 626 Anatolius, Prätoriumspräfekt 352f., 426 Anatolios, Heermeister 374f. Anaximander, Philosoph 72 Anđić, Mladen 871 Andreacius (aus Kotor) 848 Andreas (Sohn Vazuls) 738 Andreas (Prior v. Zara/Zadar) 847, 878 Andreas I., Kg. v. Ungarn (1046 – 1060) 738, 749 Andreas II., Kg. v. Ungarn (1205 – 1235) 741–744, 747, 757, 763, 765, 810f., 866f., 895–899, 931 Andreas III., Kg. v. Ungarn (1290 – 1301) 723, 747–749, 752, 895 Andriskos, falscher Sohn d. Perseus 215 Andronikos I. Komnenos, oström. Ks. (1183 – 1185) 781, 914 Andronikos II. Palaiologos, oström. Ks. (1282 – 1328) 769 Angelarius (Schüler Methods) 627 Angeloi (Dynastie) 698, 914 Angelov, Dimităr 606 Anicius Gallus, L., Praetor 168 v. Chr. 212

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Anjou/Angevinen (Dynastie) 12, 747f., 766, 907, 925, 937–943, 945f. Anjou-Tarent (Dynastie) 941f., 945f. Anke, Bodo 556 Anna (Tochter v. István V.) 769 Anna (Tochter v. Michael II., Despot v. Epirus) 936 Anna Komnena, Prinzessin (verheiratet mit Wilhelm II.) 705, 831 Anna Neda (Tochter v. Milutin) 820 Anna von Châtillon, Kgn. v. Ungarn 769 Annius, M., Quaestor 216 Annius Verus, M. (Bruder d. Commodus) 297 Annius Vicinianus, Verschwörer gegen Claudius 263 Antigonos Monophthalmos, Diadoche 146 Antigonos II. Gonatas, Kg. von Makedonien (277 – 239 v. Chr.) 165f. Antiochos I., Kg. des Seleukidenreichs (281 – 261 v. Chr.) 165 Antiochos II., Kg. des Seleukidenreichs (261 – 246 v. Chr.) 147, 168 Antiochos III. („der Große“), Kg. des Seleukidenreichs (223 – 187 v. Chr.) 211, 213f. Antiochos IV., Kg. des Seleukidenreichs (175 – 164 v. Chr.) 177 Antipater, makedonischer Regent 144f. Antistius Adventus Postumius Aquilinus, Q. 296 Antoninus Pius, röm. Ks. (138 – 161) 81, 118, 285–287, 290, 294, 412, 419 Antonius C. (Bruder d. M. Antonius) 241 Antonius, L. (Bruder d. M. Antonius) 243 Antonius, M./Marc Anton, Triumvir 96, 191, 194f., 224, 233f., 241–245, 407, 418 Antonius Hybrida, C., Consul 63 v. Chr. 203, 219, 227–229, 247 Antonius Primus, M., Legionslegat 267 Antonius Saturninus, L., Statthalter 271

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Personenregister

Aponius Saturninus, M., Statthalter 267 Appian von Alexandria, Historiker 89, 94 97, 131, 133, 136f., 139, 159, 215, 230, 238 Apric (Falkner an Kg. Krešimirs Hof ) 880 Apsich (awarischer Funktionär) 588 Ap(p)uleius, Sex., Consul 29 v. Chr. 257 Apuleius, Schriftsteller 410f. Aragón (Dynastie) 12, 17, 943–945 Arbogast, Heermeister 368 Arcadius/Arkadios, oström. Ks. (395 – 408) 84, 361, 369f., 544, 658 Ardagast (slaw. Anführer) 583, 592 Ardarich, gepidischer Herrscher 378, 574 Ardevan, Radu 195 Areobindus/Ariobindus, Comes foederatorum 371 Arethas, Metropolit v. Kaisareia 915f. Ariarathes (Sohn Mithradates’ VI. Eupator) 217 Ariobarzanes (Sohn Mithradates’ I. von Pontos) 165 Ariogaesus, quadischer Herrscher 307 Aristoteles, Philosoph 71, 628 Arius, Presbyter in Alexandria 456 Arminius, germanischer Heerführer 264 Arnegisclus, Heermeister 373 Arnulf von Kärnten, ostfränk. Kg. (887 – 899) u. Ks. (ab 896) 597, 627, 732, 893 Aron (Bruder v. Zar Samuil) 775 Árpád, ung. Großfs. 723, 733–735 Arpaden (Dynastie) 641, 723–726, 731, 734f., 741f., 744f., 747–749, 751, 753–756, 758, 767–769, 866, 873, 881, 884, 889, 895, 897, 900 Arrianus, L. Flavius/Arrian, Historiker 93f., 133, 144, 160 Arruntius Camillus Scribonianus, L., Consul 32 n. Chr. 263 Artaxerxes II., persischer Großkg. (405/4 – 359 v. Chr.) 93 Artemidor von Ephesos 229

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Asandros, bosporanischer Herrscher 196f., 202, 225, 228 Asanes, Andronikos 940 Aschot Taronites, Statthalter 635 Asdracha, Catherine 794 Aseniden (Dynastie) 641, 651, 782, 791f., 994, 998, 802, 814 Asenina, Elena 811, 813, 818 Asinius Pollio, C., Historiker 139, 230, 241f. Aspar, Alane 544, 575 Asparuch (Sohn d. Kubrat) 609 Aspietes, Alexios (Strategos) 801, 807 Ateas, skythischer Herrscher 144 Athanarich, Anführer d. Terwingen 107, 566f., 569 Athanasius, Kirchenvater 350f. Athaulf, Kg. d. Westgoten (410 – 415) 107 Attaleiates, Michael (byz. Historiker) 653; 704 Attalos I., Kg. v. Pergamon (241 – 197 v. Chr.) 167 Attianus, P. Acilius, Prätoriumspräfekt 283 Atticus, T. Pomponius, Briefpartner Ciceros 137, 233 Attila, Kg. der Hunnen 101, 373–378, 390, 546f., 549, 552, 555f. 570–574, 577, 587f. Atwood, Christopher 571 Audoleon, Kg. d. Paionen 159, 188 Augustinus von Hippo 102, 457, 545f. Augustus, röm. Ks. (27 v. Chr. – 14. n. Chr.); s. a. Caesar d. Sohn u. Octavian 70, 72, 75, 85, 87, 95f., 99f. 131f., 138f., 194–196, 201, 215, 234, 236, 240, 243–250, 252–255, 257, 262, 278, 293, 404–407, 417, 422, 657, 659 Aulnay (franz. Familie) 941 Aurelianus, L. Domitius/Aurelian, röm. Ks. (270–275) 107, 327f., 334f., 406, 422, 424, 565, 667f. Aurelius, M./Marc Aurel, röm. Ks. (161 – 180) 74, 79, 98, 225, 268, 287–289, 292–298,

1063

Anhang und Register

302, 306–311, 329, 407, 409, 411, 417, 419, 433 Aurelius Cotta, L., Consul 119 v. Chr. 237 Aurelius Victor, S., Historiker 99f., 338 Aureolus, M. Acilius, General 332–334 Avdev, Stojan 794 Avenarius, Alexander 557 Avidius Cassius, C., Usurpator gegen Marc Aurel 288, 308 Avidius Heliodorus, C., Praefectus Aegypti 285 Avitohol 573 Avitus, weström. Ks. (455 – 456) 379

Babenberger (Dynastie) 745 Babonić (Familie) 868 Baebius, Legat 241 Baebius Macer, Q., Consul 103 28 Baian, Khagan der Awaren 581f., 588 Baianos (Verschwörer) 796 Balduin I., lat. Ks. v. Konstantinopel (1204 – 1205) 789, 805–808, 927–929, 950 Balduin II., lat. Ks. v. Konstantinopel (1240 – 1261) 811, 931, 933, 935, 937, 939 Balduin IX. von Flandern und Hennegau → Balduin I. Ballaios, Kg. d. Ardiaioi 211 Ballomarius, Kg. d. Markomannen 296 Bandur, Anselmo 850 Bănescu, Nicolae 791 Baran (Zagreber Dekan) 896 Bărbulescu, Constantin Augustus 151 Bardylis, Kg. d. Illyrer 145, 160 Basileios („der Große“) (Hl.) 628, 693 Basileios (Vasilij), Ebf. 804f., 813 Basileios I., oström. Ks. (867 – 886) 642, 662, 702, 713, 831, 833f., 862f., 871

1064

Basileios II., oström. Ks. (976 – 1025) 635f., 662, 666, 669, 674, 705, 713, 716, 774, 778, 796, 338f., 872f., 887f., 912 Basiliskos, Usurpator gegen Zeno 381 Bassaeus Rufus, M., Praefectus Aegypti 296 Bassianus (Schwager Konstantins) 345 Batbaian (Sohn d. Kubrat) 609 Bato, Dardanerfürst 213 Bato, der Daesidiate 259f. Bato, der Breuker 259f. Battarios, Gesandter d. Quaden 302 Bathanattos, Anführer d. Skordisker 163 Baudoin d’Avesnes 789 Bayezid I., Sultan (1389 – 1403) 945 Bayezid II., Sultan (1481 – 1512) 691 Béla I., Kg. v. Ungarn (1060 – 1063) 738 Béla II. („der Blinde“), Kg. v. Ungarn (1131 – 1141) 545, 740 Béla III., Kg. v. Ungarn (1172 – 1196) 741–743, 749, 769, 781, 801, 866 Béla IV., Hzg./Kg. v. Ungarn (1235 – 1270) 743–745, 747, 763f., 769, 867, 874, 896 Belgios/Bolgios, Anführer d. Kelten 162f. Belisarios/Belisar, Feldherr Justinians 103, 108, 392, 578 Belke, Klaus 676f. Beloje, Župan Travuniens 872 Belos (Onkel v. Kg. Géza II.) 740 Belota, bulg. Regent 788 Benjamin von Tudela 654f. Berengar I., ital. Kg. (888 – 924) 732 Berenike (Gattin Seuthes’ III.) 145 Berigoj, narentanischer Fs. 865 Berke, Khan d. Tartaren 819 Bernath, Mathias 30 Beševliev, Veselin 606f. Bierbrauer, Volker 555 Bilijarski, Ivan 793 Blagojević, Miloš 830 Bleda (Bruder d. Attila) 374, 570–572 Blockley, Roger C. 574

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Personenregister

Blois, Louis von, Graf 806, 928f. Bogdanos (Verschwörer) 796 Bohemund (Sohn v. Robert Guiscard) 653, 779 Bolgios → Belgios Bollas, Ilona 730 Bon, Antoine 708, 922 Bóna, István 556 Bonifaz von Montferrat, Kg. v. Thessaloniki 805, 808, 927–930, 946, 950 Borić, bosn. Ban (1154 – 1163) 874 Boril, bulg. Zar (712 – 718) 786, 798, 808–810, 930 Boris, Bewerber um d. ung. Thron 740 Boris (Taufname Michael), bulg. Khan (852 – 889) 602, 604, 619f., 624–628, 641f., 641, 705, 878 Boris II., bulg. Zar (969 – 971) 634 Borna, slaw. Dux von Liburnien 595, 859, 862, 876f., 883 Boruth, Dux d. Karantanen 585 Božilov, Ivan 607, 792 Braetius (Bruttius) Sura, Q., Legat 217, 222 Branas, Alexios 799, 914 Branas, Theodoros Komnenos, Statthalter v. Adrianopel u. Dimotika 808, 931 Branimir, Fs. v. Šopot 848, 862, 877 Brasidas, spartanischer General 91 Braslav, fränk. Herrscher in Syrmien 875, 893f. Brather, Sebastian 143 Brătianu, Gheorghe 15 Bratislav von Mähren 627 Bratož, Rajko 124, 128, 455, 557 Brennos, Heerführer d. Kelten 162f., 165 Bribir (Adelsgeschlecht) 867–869, 874, 897 Brienne, Hugo von 938 Browning, Robert 606, 708 Brutus, M. Iunius Albinus, Verschwörer gegen Caesar 195f., 198, 241, 243f.

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Bryennios, Nikephoros, byz. Geschichtsschreiber 851, 873, 886 Buchon, Alexandre 921, 925 Bucius Lappius Maximus, A., Statthalter 271 Bulcsú, ung. Stammeshäuptling 734 Bulzan, Sorin 175f. Burebista → Byrebistas Burmov, Aleksandăr 607 Byrebistas, getischer Herrscher 94, 106, 133, 135, 137–139, 171, 174–177, 192–196, 201–204, 206, 220f., 224–235

Caecilius Metellus Caprarius, C., Consul 113 v. Chr. 216 Caecilius Metellus Delmaticus, L., Consul 119 v. Chr. 238 Caecilius Metellus Macedonicus, Q., Consul 143 v. Chr. 215 Caecina Severus, A., Statthalter 259–261 Caesar, C. Iulius, Dictator 74, 87, 96, 106, 137–139, 198, 200, 226–233, 236, 238–241, 243, 245, 416f. Caesar, C. Iulius, der Sohn → Augustus Čaka (Sohn v. Khan Nogaj) 822 Calic, Marie-Janine 10, 36 Caligula, röm. Ks. (37 – 41) 263 Calpurnius Agricola, Sex., General 295 Calpurnius Piso Caesoninus, L., Consul 58 v. Chr. 219, 228 Calpurnius Piso Pontifex, L., Consul 15 v. Chr. 254f. Candac, alanischer Heerführer 105, 574 Candiano, Pietro, Doge v. Venedig 863 Cankova-Petkova, Genoveva 792 Cannabas/Cannabaudes, Heerführer d. Terwingen 107, 335 Cantemir, Dimitrie 791 Capitolinus, Vicarius 425 Caracalla, röm. Ks. (211 – 217) 97, 119, 172, 287, 304, 313–316, 406f., 411, 416

1065

Anhang und Register

Carinus, röm. Ks. (283 – 285) 98, 336f. Carus, röm. Ks. (282 – 283) 98, 328, 336–338, 422, 424 Časlav, serb. Fs. 835, 837f., 872 Cassiodorus Senator/Cassiodor, Hofbeamter u. Schriftsteller 103–108, 133, 226, 229, 549 Cassius Dio, L., Historiker 94, 97f., 100, 133f., 139, 171f., 219, 234, 246 Ca(s)talius, Widmungsträger d. Getica 105, 108 Catmelus, keltischer Fürst 236 Catualda, Gegner Marbods 264 Ceauşescu, Nicolae 552 Celtes, Konrad 85 Centurione II. Zaccaria, Fs. d. Morea 942 Chamaretos, Leon, Herrscher in Lakonien 917 Chrabă (Černorizec) 628 Chadaloh I., Markgraf v. Friaul 595, 874, 877 Chalkokondyles, Laonikos, byz. Geschichtsschreiber 924 Chatzon (slaw. Fs.) 592 Chilbudios, byz. General 580 Chilendarski, Paisij 539, 606, 791 Chlodwig, röm. Offizier 561 Chomatenos, Demetrios (Ebf. v. Ochrid) 787, 793, 815 Choniates, Michael (Metropolit v. Athen) 706 Choniates, Niketas, byz. Chronist 705f., 770, 785, 797, 802, 924 Chozil (Sohn v. Privina) 596f. Christaller, Walter 685 Christie, Neil 372 Christophoros (Sohn d. Romanos I. Lakapenos) 631 Chrysoberges, Nikephoros 786 Cicero, M. Tullius, Redner und Staatsmann 137, 219, 228, 233

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Cika, Äbtissin d. Klosters St. Maria in Zadar 884 Cilli (Grafen von) 869 Ćirković, Sima 830, 871 Claudianus, Claudius/Claudian, Dichter 369 Claudius, röm. Ks. (41 – 54) 77, 207, 249, 263, 268, 274, 278, 334, 407f., 417 Claudius Fronto, M., General 288, 292, 294f., 297f., 306, 329, 422 Claudius Gothicus, röm. Ks. (268 – 270) 99, 319, 327f., 565 Claudius Livianus, Iulius Aquilinus Castricius Saturninus Ti., Prätoriumspräfekt 274 Claudius Marcellus, M., Consul 183 v. Chr. 236, 311 Claudius Marinus Pacatianus, Ti., Usurpator 321 Claudius Maximus, Ti., Reitersoldat 281 Claudius Pompeianus, Ti., General 294, 297 Claudius Proculus Cornelianus, Ti., Consul 139 292 Claudius Ptolemaeus/Klaudios Ptolemaios, Geograph 72, 79f., 140f., 172, 178, 226, 234, 301 Claudius Pulcher, Ap., Consul 79 v. Chr. 218 Clemens III., Gegenpapst (1084 – 1100) 873 Clewing, Konrad 35 Clodius Albinus, röm. Gegenks. (195 – 197) 311f., 314 Clondicus → Klondikos Cluentius Synforianus, röm. Offizier 334 Commodus, röm. Ks. (180 – 192) 79, 97f., 118, 287, 289, 293–295, 297f., 304f., 308–315, 407, 409, 412, 419 Comosicus, dakischer Herrscher 234 Constans I., röm. Ks. (337 – 350) 348–351 Constantia (Gattin d. Licinius) 345 Constantina (Tochter Konstantins) 351f. Constantius Chlorus/Constantius I., röm. Ks. (293 – 306) 327, 342f., 424

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Personenregister

Constantius Gallus, röm. Ks. (351 – 354) 101, 351f. Constantius II., röm. Ks. (337 – 361) 99, 101, 104, 284, 327, 349–358, 426f., 430, 435, 456, 657 Constantius III., weström. Kaiser (421) 328 Constantinus iunior → Constantinus II. Constantinus II., röm. Ks. (337 – 340) 346, 349f. Cornelius Agricola, Sex., General 294 Cornelius Clemens, Sex., General 298, 306 Cornelius Dolabella, P., Consul 44 v. Chr. 241, 261 Cornelius Fuscus, Prätoriumspräfekt 107, 172, 269 Cornelius Lentulus Augur, Cn., Consul 14 v. Chr. 137, 141, 176, 204, 255–257, 262 Cornelius Nigrinus Curiatius Maternus, M., Statthalter 117, 269–271 Cornelius Scipio, L., Consul 190 v. Chr. 213 Cornelius Scipio Africanus, P. (HannibalSieger) 213 Cornelius Scipio Asiagenus, L., Consul 83 v. Chr. 164, 218 Cornelius Scipio Nasica Corculum, P., Consul 155 v. Chr. 238 Cornificius, Q., Quaestor 241 Coryllus, dakischer Herrscher 234f. Cosconius, C., General 238 Cosconius, M., General 216 Coso, dakischer Herrscher 195–202, 206, 228, 234, 245 Cotiso, dakischer Herrscher 137f., 194–196, 234, 246f., 255f., Cotta → Aurelius Cotta Cottius, Herrscher in den Alpes Cottiae 262 Crijević, Ludovik Tuberon (Aloysius de Crieva) 853 Crișan, Ion Horațiu 143, 173 Crișan, Viorica 180 Crispo (Dynastie) 949

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Crispus (ältester Sohn Konstantins d. Gr.) 102, 346 Curta, Florin 125, 541, 555, 579, 592, 607, 644, 707, 793, 908, 915f. Curtius Dexippus, Cn., Böotarch 332 Cvijić, Jovan 20

Daicoviciu, Constantin 181, 203, 206 Daicoviciu, Hadrian 206 Daim, Falko 543 Dal Verme Luchino 953 Dall’Aglio, Francesco 793 Dalle Carceri, Nicoló 948f. Dalle Carceri, Ravano 946f. Dalmatius, Neffe Konstantins d. Gr. 349f. Damaskios, Philosoph 363 Dančeva-Vasileva, Ani 793 Dandolo, Andrea, venez. Chronist 851 Dandolo, Enrico, Doge v. Venedig 867, 896 Daphnopates, Theodoros, Autor 632 Dapyx, getischer Herrscher 247 Dareios I., persischer Großkg. (521 – 486 v. Chr.) 90, 132 Dareios III., persischer Großkg. (336 – 330 v. Chr.) 94 Dărman, kumanischer Herrscher 819 Daskalov, Rumen 30 David (Bruder v. Samuil) 773 David (Sohn v. Nikola u. Ripsimi) 634f. Dauritas, slaw. Anführer 583, 592 Decebalus, dakischer Herrscher 107, 135, 139, 143, 169, 171f., 196, 202, 204–207, 225, 235, 270–273, 275f., 278–281, 283 Decius, C. Messius Quintus Traianus, röm. Ks. (249 – 251) 107, 313f., 317, 320–322, 325–331, 413, 420, 422, 565, 567 Dejanović, Jovan 670 Dejanović, Konstantin 670 Dekaineos/Dicineus, Priester u. Berater Byrebistas’ 106f., 171, 176, 226, 229f., 234

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Anhang und Register

Deljan, Peter/Petar → Odeljan Delon, bastarnischer Herrscher 246 Delphinas, Nikulitzas 796 Demetrios (Hl.) 399, 455–457, 647, 694–696, 782, 786, 797, 928 Demetrios Poliorketes, Diadoche 146, 162 Demetrios von Kallatis, Historiker 169 Demetrios von Montferrat, Bail des Königreichs Thessaloniki 930, 932 Demetrios von Pharos 210–212 Dengizich (Sohn v. Attila) 574 Dexippos/P. Herennius Dexippus, Historiker 89, 98f., 101, 319, 332, 565 Di Cave, Carlo 767 Diaconescu, Alexandru 277, 282 Dicineus → Dekaineos Dicomes, getischer Herrscher 234, 245 Dicuil, Mönch 75 Didius Gallus, A., Statthalter 263 Didius Iulianus, röm. Ks. (193) 314 Didius, T., Statthalter 216 Dimitrije Misinopolit → Mosynopolites, Demetrios Dio Cocceianus Chrysostomos, Rhetor 96, 133 Diodorus Siculus/Diodor, Historiker 93f., 146 Diogenes, Konstantin, byz. Heerführer 839 Diokletian, röm. Ks. (284 – 305) 75, 102f., 128, 325, 327f., 337–341, 343f., 348f., 422f., 425, 428, 431f., 435–437, 441, 455, 657, 665, 668 Ditten, Hans 646 Diurpan(a)is/Diurpan(e)us → Dorpaneus Dobromir (aus Mesembria) 797 Dobromir Chriz (gr. Chrysos) 803 Dobronja (Toparch) 888 Doerfer, Gerhard 554 Doksov, Tudor (Mönch) 604 Dölger, Franz 642, 648, 767, 833, 905 Domagoj, kroat. Herrscher 863

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Domitian, röm. Ks. (81–96) 96, 231, 268–274, 278f., 292, 406–408, 417, 420 Domitius Ahenobarbus, L., Consul 16 v. Chr. 257 Domitius Alexander, L., röm. Gegenks. (ca. 308 – 310) 327 Domitius Corbulo, Cn., General 267 Domnio, Bf. in Serdica 390 Domnio, Märtyrer 341 Donatus (Bf.) 886 Dorpaneus/Diurpaneus, dakischer Heerführer 107, 225, 234 Dragaš, Jovan, Despot 680 Dragomuž (Schwiegervater Ljudevits) 877 Dragutin, serb. Kg. 874 Dromichaites, getischer Herrscher 146, 148, 1054 Droueis, dakischer Herrscher(?) 196, 199–201 Drusus der Ältere/Nero Claudius Drusus (Bruder d. Tiberius) 95, 250, 254 Drusus der Jüngere/Ti. Drusus Iulius Caesar (Sohn d. Tiberius) 252, 261, 264 Du Cange, Charles 538 Dujčev, Ivan 607, 702, 794, 833 Dukas Angelos, Konstantin, Flottenbefehlshaber u. Stratege 800 Dukas, Johannes, Sebastokrator 799 Dukas, Johannes, Statthalter v. Dyrrhachion 779, 842 Dukas, Manuel Angelos, Despot 811f. Dukas Vatatzes, Johannes III., oström. Ks. (1222 – 1254) 813f., 817, 932–934, 936 Duras, dakischer Herrscher 107, 270 Duris von Samos, Historiker 93

Eder, Abbé J. K. 196 Egnatius, Cn., Erbauer der Via Egnatia 216, 420, 675 Eickhoff, Ekkehard 708

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

Eirene/Irina (Tochter v. Michael VIII. Palaiologos) 822 Eirene/Irene, oström. Ksn. (780, 797 – 802) 669, 712, 810 Ekretosiros, keltischer Anführer 231f. Elemagos (Patrikios) 796 Elisabeth, Kumanenprinzessin 769 Elisabeth, ung. Kgn. 869 Ellac (Sohn Attilas) 574 Eltimir (Onkel Theodor Svetoslavs) 820 Emmeram (Hl.) 585 Emmerich/Imre, Kg. v. Ungarn (1196 – 1204) 742, 867, 895f. Emmerich, Prinz (Sohn v. Stephan I.) 736, 739 Emnetzur (Verwandter d. Attila) 574 Engel, Johann Christian 856 Enravota (Sohn v. Omurtag) 621 Ephoros von Kyme, Historiker 93, 229 Epulon, Kg. d. Istrer 236 Equitius, Heermeister 356, 358 Eratosthenes, Geograph 71f., 7, 86, 158, 229 Erich, Markgraf 891 Ermanarich, Kg. d. Greutungen 565–567, 569 Ernac (Sohn v. Attila) 574 Erotikos, Theophilos, Strategos v. Serbien 840 Ersch, Johan Samuel 921 Euagrios Scholastikos, Kirchenhistoriker 102, 441 Eugenius, Usurpator gegen Theodosius I. 368, 568 Eugippius, Kirchenschriftsteller 379 Eumenes II., Kg. v. Pergamon (197 – 159 v. Chr.) 213f. Eunapio von Sardeis/Eunap, Historiker 101 Euphenes, Thronprätendent in Makedonien 216f., 222 Eusebius von Caesarea/Euseb, Kirchenhistoriker 102, 337

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Eustachius (Bruder v. Ks. Heinrich) 810 Eustathios von Thessaloniki, Ebf. 781 Eustathios, Strategos 886 Eutropius, Historiker 100, 106 Eutropius, Hofkämmerer 369 Eutropius, Prätoriumspräfekt 426 Evangelus, Bischof in Pautalia 390

Fallmerayer, Jakob Philipp 539, 551, 644f., 905, 917, 921 Faustina d. J. (Gattin Marc Aurels) 308 Felix, Flavius, Heermeister 372 Ferdinand von Habsburg, Kg. v. Böhmen u. Ungarn (1526 – 1564) 870 Ferencz, Iosiv Vasile 142 Ferjančić, Božidar 829 Ferran, Infant v. Mallorca 940 Festus, Ruf(i)us, Historiker 100 Filov, Bogdan 424 Fine, John V. A. 555, 707, 793 Finlay, George 539, 905 Fischer-Bossert, Wolfgang 199 Flavius Priscus Gallonius Fronto Q. Marcius Turbo, T., Procurator 285f. Florea, Gelu 175, 181 Florentius, Prätoriumspräfekt 426 Florenz von Hennegau 938f. Florianus, röm. Ks. (276) 327, 336 Florus, P. Annius, Historiker 95, 136f. Fonteius Agrippa, C., Statthalter 268 Formosus von Porto (Bf.) 626 Frankapan/Frankopan (Adelsfamilie) 669, 853, 867, 869, 899f. Franz Xaver Pejacsevich → Pejačević Friedrich I. Barbarossa, röm.-dt. Ks. (1152 – 1190) 741f., 781, 800, 802, 843f. Fritigern, Anführer d. Goten 367, 566f. Frontinus, Schriftsteller 273 Fronto → Claudius Fronto, M. Fufius Geminus, Offizier 244

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Anhang und Register

Fulvius Centumalus, Cn., Consul 229 v. Chr. 210 Fulvius Flaccus, Ser., General 238 Funisulanus Vettonianus, L., Statthalter 269 Furius Victorinus, Prätoriumspräfekt 295f. Furtius, quadischer Herrscher 307

Gabinius, quadischer Herrscher 357 Gabinius, A., Anhänger d. Pompeius 241 Gabler, Dénes 298f. Gabriel/Gavril Radomir, Zar v. Bulgarien (1014 – 1015) 635f., 768, 775, 777, 796, 840 Gaianus, Statthalter 424 Gaïnas, gotischer Heermeister 369 Gaiobomarus, quadischer Herrscher 315 Gaj, Ljudevit 854 Galba, röm. Ks. (68 – 69 n. Chr.) 267, 271 Galenos von Pergamon/Galen, Arzt 289, 296 Galeran d’Ivry, angevinischer Bail 939 Galeria Valeria (Tochter Diokletians) 344, 437 Galerius, röm. Ks. (293 – 311) 102, 119, 327f., 335, 338–345, 348, 423f., 437f., 668 Gallienus, röm. Ks. (253 – 268) 332–335, 419, 427, 430, 435, 667 Gallus → Constantius Gallus Gargan de Arscindis 900 Gattilusio (Familie) 949 Gavras (Verschwörer) 796 Gebhardi, Ludwig Albrecht 856 Gebizo, päpstl. Gesandter 883 Geiserich, Kg. d. Vandalen (428 – 477) 107 Gelasius, Papst 384 Gellért/Gerhard, Bf. v. Csanád 738 Genesios, Ioseph 602, 624, 702 Genthios, illyrischer Dynast 211f., 214 Geograph von Ravenna 70

1070

Georg I. Terter, Zar v. Bulgarien (1280 – 1292) 822f. Georg (Hl.) 453 Georg Vojtech, slaw. Bojare 778, 796, 841 Georgios, Archont Dalmatiens 886 Georgios Continuatus, byz. Chronist 705 Georgios Monachos 705 Georgios Pisides 550 Georgios Synkellos, Historiker 103, 332 Georgius Sisgoreus → Šižgorić Gerland, Ernst 922 Germanos II., Patriarch v. Konstantinopel (1222 – 1240) 813 Germanicus (Sohn Drusus’ d. Ä.) 259f., 264 Gerov, Boris 329 Géza I.; Kg. v. Ungarn (1074 – 1077) 738f., 768f. Géza II., Kg. v. Ungarn (1141 – 1162) 740f., 743, 755 Géza, Großfs. v. Ungarn (972 – 997) 599, 636, 735, 753, 755, 768 Gheorghiu-Dej, Gheorghe 143 Ghisi, Bartolomeo 948 Gibbon, Edward 539, 551, 558 Gidos, Alexios 801 Giesmos (Ardarichs Schwiegersohn) 574 Giorescu, Constantin 791 Giorgio III. Ghisi 948 Giovanni, Diacono, venez. Chronist 851, 863, 870f. Gisela von Bayern (Gattin Stephans I.) 735, 737 Gjuzelev, Vasil 607, 792 Glaukias, Kg. d. Taulantier 145, 160 Glavas (bulg. Verschwörer) 796 Glodariu, Ioan 171, 192, 206 Gojnik, serb. Heerführer 624 Gojniković, Petar, serb. Herrscher (893/894 – 917/918) 631 Gojslav I. (Bruder v. Krešimir III.) 888

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Personenregister

Gordian III., röm. Ks. (238 – 244) 98, 313f., 316, 319, 330, 332, 417 Gordiane (I. – III.), röm. Ks. (238 bzw. 238 – 244) 98 Gottfried I. (Geoffroy de) von Villehardouin, Fs. v. Achaia 787, 806, 924, 929, 934f. Gottfried II., Fs. v. Morea 935f. Gottschalk von Orbais 878, 686f. Grandits, Hannes 36 Gratian, röm. Ks. (367 – 383) 101, 326f., 357f., 367, 426 Gregor I. („der Große“), Papst (590 – 604) 579, 594, 885 Gregor VII., Papst (1073 – 1085) 739, 827, 841, 866, 873, 889 Gregor IX., Papst (1227 – 1241) 789, 895 Gregor der Wundertäter/Gregorios Thaumatourgos 414 Gregoras, Nikephoras, byz. Gelehrter u. Historiker 678, 785f., 821, 924 Grgur, Bf. v. Nin 875, 892 Grgur/Gregor, Prokonsul 888 Grimoald, Kg. d. Langobarden (662 – 671) 585 Gruber, Johann Gottfried 921 Gudelios, bulg. Verschwörer 796 Gudelis (Magnat) 796 Guduscani (Geschlecht) 595, 876 Gunares, Basiles 30 Gundobad, röm. Offizier 561 Güns (Geschlecht) 868 Gunthigis/Baza (Neffe d. Candac) 105 Guy I. de la Roche, Hzg. v. Athen 936, 938 Guy II. de la Roche, Hzg. v. Athen 938, 943 Györffy, György 899

Hadrian II., Papst (867 – 872) 596, 603, 626, 712 Hadrian, röm. Ks. (117 – 138) 96, 98, 249, 274, 279, 283–285, 406f., 411, 417, 419

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Hagiostephanites, Stephanos, Archont 951 Haldon, John 128, 442, 707 Halecki, Oskar 30 Hannibal Barkas, karthagischer Heerführer 97, 212f. Hanno, karthagischer Admiral 72 Hartvik (Priester) 754 Hayreddin Barbarossa, osman. Admiral 950 Heather, Peter 122–124, 365, 271, 380, 555 Hegesipyle (Gattin d. Miltiades) 91 Heinrich (I.) von Flandern und Hennegau, Ks. d. Lat. Kaiserreichs (1206 – 1216) 807–810, 928–931, 945f. Heinrich II., röm.-dt. Ks. (1014 – 1024) 736 Heinrich III., röm.-dt. Ks. (1028 – 1056 ) 737 Heinrich IV., röm.-dt. Ks. (1053 – 1105) 738f., 779 Hekataios, Geograph 72 Helena, kroat. Kgn. (Gattin v. Demetrius Zvonimir) → Jelena Helena, kroat. Kgn. (Gattin v. Michael Krešimir II.) → Jelena Hélène d’Anjou (Jelena Anžujska), Kgn. (Gattin v. Stefan Uroš II.) 828 Helene (Tochter d. Despoten v. Epirus) 936 Helene (Dukaina; Mutter v. Guy II. de la Roche) 938 Hellmann, Manfred 1 Helvius Pertinax, P. → Pertinax Heraclianus, General 334 Herakleios, oström. Ks. (610 – 641) 399, 401, 584, 593, 647, 660, 715, 719, 832f., 835, 858f., 862 Herennia Cupressenia Etruscilla (Gattin d. Decius) 329 Hermogenianus, Prätoriumspräfekt 426 Herodian, Historiker 98, 310f. Herodot von Halikarnass, Historiker 62, 72, 88–91, 99, 132, 143, 175, 229, 545, 547, 571

1071

Anhang und Register

Hertzberg, Gustav F. 539, 905 Hesychius, Bf. v. Salona 457 Hierocles Grammaticus/Hierokles Grammatikos, Autor 88, 431, 425, 434, 625, 658, 681 Hieronymus, Kirchenvater, 102, 106, 457, 545 Hierotheos, Bf. v. Turkia 753 Hildigis, langobardischer Thronprätendent 578, 580 Hipparchos, Geograph 72 Hlapen, Radoslav 670 Hoffmann, Dietrich 128, 427, 430 Hoffmann, Jürgen 793 Höfler, Constantin von 791 Homer, Dichter 76, 229 Honorius III., Papst (1216 – 1227) 743, 931 Honorius, weström. Ks. (393/5 – 423) 84, 101, 361, 372, 658 Hopf, Carl 539, 905, 921, 925 Horatius Flaccus/Horaz, Q., Dichter 138 Horvat, Ivan, slawon. Ban 869 Hösch, Edgar 20 Hostilianus/Hostilian (Sohn d. Decius) 331 Hostius, Dichter 237 Hourmouziadis, Jean 198 Hrvatinić, Hrvoje Vukčić, bosn. Adeliger 869 Hugo de Chain 934 Hugo de la Palisse 940 Hund, Ragnar 118, 310 Hunulf, Anführer d. Skiren 380 Hvalimir, Herrscher in Travunien 872 Hypatios (Hl.) 374 Hypatios, Heermeister 388f.

Iallius Bassus Fabius Valerianus, M., Statthalter 294, 296 Ibn Jakub, Ibrahim 605 Igor, russ. Fs. 633 Ikarios/Licario (lombardischer Ritter) 947

1072

Ilona, Kgn. v. Ungarn (Gattin v. Béla II.) 740 Ingenuus, Usurpator gegen Gallienus 332 Innozenz I., Papst (401 – 417) 425 Innozenz III., Papst (1198 – 1216) 603, 749, 788, 804, 807, 925 Ioan/Jovan, Ebf. v. Ochrid 776 Ioannes → Johannes, weström. Ks. Iorga, Nicolae 20f., 32, 791 Irina (Tochter von Michael VIII. Palaiologos) → Eirene Irene, Ksn. d. oström. Reiches → Eirene Irene → Maria, Zarin v. Bulgarien Irinaeus (Hl.) 455, 457 Irnik (bulg. Fürstenliste) 573 Isaak II. Angelos, oström. Ks. (1185 – 1195, 1202/1203 – 1204) 675, 769, 782, 797–801, 844 Isabella von Villehardouin (Tochter v. Wilhelm II.) 937–939 Isidor von Sevilla 456 István V., Kg. v. Ungarn (1270 – 1272) 769 Italicus, Unterstützer Vespasians 268 Iulia (Tochter d. Augustus) 253 Iulia Mamaea (Mutter d. Severus Alexander) 316 Iulianus/Julian, röm. Ks. (360 – 363) 99, 101, 133, 350, 352, 354–356, 427, 435, 456 Iulius Asclepiodotus, Prätoriumspräfekt 426 Iulius Ausonius, Prätoriumspräfekt 426 Iulius Bassus, General 277 Iulius Caesar → Caesar Iulius Eupator, Ti., bosporanischer Herrscher 286 Iulius Frontinus, Sex. → Frontin Iulius Geminius Marcianus, P., General 287 Iulius Honorius, Geograph 87 Iulius Iulianus, Prätoriumspräfekt 426 Iulius Nepos, weström. Ks. (474/5 – 480) 363 Iulius Obsequens, Autor 95 Iulius Philippus, M./Philippus Arabs, röm. Ks. (244 – 249) 314, 320f., 326, 329, 419

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Personenregister

Iulius Priscus (Bruder d. Iulius Philippus) 321 Iulius Quadratus Bassus, C., Statthalter 284 Iulius Rhoemetalces, Ti., bosporanischer Herrscher 286 Iulius Sabinus, Statthalter 282 Iulius Sohaemus, C., Kg. von Armenien 288 Iulius Severus, C., Consul 155 295 Iulius Ursus, L., Consul 84 u.ö. 273 Iulius Verus, Cn., General 292 Iulius Verus Maximinus, C./Maximinus Thrax, röm. Ks. (235 – 238) 98, 313, 317–319, 326 Iulius Vestalis, Q. (Sohn d. Cottius) 262 Iunian(i)us Iustinus, M., Historiker 95 Iunius Brutus Albinus, D. → Brutus Iunius Silanus, D., Praetor 216 Iuventius Thalna, P., Praetor 215 Ivajlo (der sog.) 821f. Ivan I. Asen, Zar v. Bulgarien, (1187 – 1197) 782, 798–801, 803, 808, 810–814, 816, 818, 821 Ivan II. Asen, Zar v. Bulgarien (1218 – 1241) 666, 782, 789, 808, 810–814, 816–818, 823, 932, 936 Ivan III. Asen, Zar v. Bulgarien (1279 – 1280) 822 Ivan (Bruder v. Zar Petăr) 632 Ivan Rilski (Johannes von Rila) 787 Ivan/Jovan Vladislav, Zar v. Bulgarien (1015 – 1018) 636, 642, 773, 775, 777, 796, 839 Ivan Vladimir, Fs. 636 Ivan von Paližna, Johanniterprior 869 Ivanko (Vetter v. Asen I.) 782, 801, 803 Iz-ad-Din Kajkaus, Anführer d. Seldschuken 819

Jackson, Peter 794 Jacoby, David 654, 922 Jagić, Vatroslav 19, 858

HGSOE, Bd. 1

Jagiellonen (Dynastie) 869 Jakob, Kanzler d. Zagreber Dekans Baran 896 Jacques des Baux, Fs. v. Morea 942 Jelena, kroat. Kgn. (Gattin v. Demetrius Zvonimir) 866 Jelena, kroat. Kgn. (Gattin v. Michael Krešimir II.) 848, 882 Jireček, Konstantin 19, 539, 606, 667, 791, 856 Joachim (bulg. Patriarch) 813 Johann I. Szapolyai 870 Johann (Erzbf. von Patras) 945 Johann von Brienne, Ks. d. Lat. Kaiserreichs (1231 – 1237) 789, 811–813, 933 Johann von Gravina, Fs. v. Morea 940 Johanna, Kgn. von Neapel 942 Johannes VIII., Papst (872 – 882) 597, 603, 627, 875, 893 Johannes X., Papst (914 – 928) 864, 872 Johannes I. Tzimiskes, oström. Ks. (969 – 976) 634f., 650, 674, 716, 838, 865 Johannes II. Komnenos, oström. Ks. (1118 – 1143) 768, 770, 781, 913 Johannes VI. Kantakuzenos, oström. Ks. (1341/1347 – 1354) 666, 786, 924 Johannes VIII. Palaiologos, oström. Ks. (1425–1448) 942 Johannes, weström Ks. (423 – 425) 84, 372 Johannes, Erzbischof v. Thessaloniki 399 Johannes, Dux in Istrien 877 Johannes, Katepan v. Ras 838 Johannes Chrysostomus, Bf. v. Konstantinopel 457, 659 Johannes Diaconus → Giovanni, Diacono Johannes Exarch 628, 642 Johannes von Antiocheia/Ioannes Antiochenus, Historiker 378, 380, 387f. Johannes von Biclar 701, 717 Johannes von Ephesos, Kirchenhistoriker 441, 546, 717

1073

Anhang und Register

Johannes von Görz 875 Johannes von Rila → Ivan Rilski Jolanda von Hennegau, Ksn. d. Lat. Kaiserreichs Romania 931 Jordanes, Historiker 104–109, 133, 135, 137, 226, 234, 321, 329, 378, 380, 388, 394, 396, 549, 563, 565, 573f., 576, 578f., 660 Jovan Vladimir, Fs. v. Dioclea 774f., 838f. Jovan Vladislav, Zar v. Bulgarien → Ivan Vladislav Jovan Uglješa, Despot v. Serres 670f. Jovian, röm. Ks. (363–364) 101, 327, 356 Juba II., Kg. v. Mauretanien 72 Julian → Iulianus Justin I., oström. Ks. (518 – 527) 103, 328, 383, 450 Justin II., oström. Ks. (565 – 578) 396, 457, 582, 715 Justinian I., oström. Ks. (527 – 565) 103f., 108, 328, 383–386, 388, 390–393, 395–397, 432, 441f., 444–446, 449f., 452, 454, 458, 559f., 577f., 581f., 611f., 639, 645, 649f., 659f., 686f., 710, 717, 776, 908

Kačić (Geschlecht) 867 Kaiser, Anna 84 Kajmakamova, Milijana 794 Kalojan, Zar v. Bulgarien (1197 – 1207) 603, 669, 676, 782f., 788, 799, 801, 803–808, 813, 928 Kalan (Calanus), Bf. v. Fünfkirchen 895 Kaliman I., Zar v. Bulgarien (1241 – 1246) 816f. Kaliman II., Zar v. Bulgarien (1256) 818 Kállay, Benjamin 18 Kallerges, Alexios 951 Kallinikos, Hagiograph 374 Kalokyres (Gesandter) 633 Kambaules, keltischer Heerführer 161

1074

Kameniates, Johannes, Chronist 648, 911 Kampaganos (Archon) 616 Kandler, Pietro 851 Kanitas, skythischer Herrscher 149 Kanitz, Felix Philipp 438f. Kantakuzenos, Johannes (Feldherr, 12. Jh.) 799 Kamytzes, Manuel (Protostrator) 803 Karadžić, Vuk Stefanović 689 Kardamos, bulg. Khan 616 Karl I. („der Große“), röm. Ks. (800 – 814) 547, 549, 586–589, 861, 877, 886 Karl III., röm.-dt. Ks. (881 – 888) 893 Karl I. von Anjou, Kg. v. Neapel u. Sizilien (1266 – 1285) 822, 937f. Karl I. Robert von Anjou, Kg. v. Ungarn (1307 – 1342) 766, 867f. Karl II. von Anjou, Kg. v. Neapel (1285 – 1309) 748, 938–940 Karlmann, ostfränk. Kg. (856 – 880) 596 Karolinger (Geschlecht) 586, 595f., 862, 876 Kaser, Karl 10 Kassander, Diadoche 145, 159, 161f. Katharina von Valois, Titularksn. d. Lat. Kaiserreichs v. Romania 939, 941f., 945 Katzenellenbogen, Berthold de, Regent Thessalonikis 810 Kauaros, Herrscher v. Tylis 166–168 Kazanski, Michel 555 Kedrenos, Georgios, byz. Geschichtsschreiber 841 Kekaumenos (byz. Schriftsteller) 652, 778, 851, 888 Kephalas, Leon, Kommandant v. Larissa 779 Kerethrios, galatischer Heerführer 162 Kersebleptes, thrakischer Herrscher 144 Kersibaulos, Herrscher v. Tylis 168 Kiderios, keltischer Anführer 166 Kimon (Sohn d. Miltiades d. J.) 91 Kinnamos, Johannes, Geschichtsschreiber 705, 770

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

Kislinger, Ewald 708, 908, 915f. Kitromelides, Paschalis 25 Kirilov, Tschavdar 541 Klaić, Nada 855, 864, 899 Klaić, Vjekoslav 854, 856 Klaudios Ptolemaios → Claudius Ptolemaeus Klazomenites, Katakalon (Strategos v. Ragusa) 840 Kledin (Ban) 899 Kleiner, Blasius 538 Kleitos, illyrischer Dynast 145, 160 Klemens/Kliment von Ochrid 603, 627f., 705 Kleodemos, röm. Flottenkommandeur 333 Kleopatra VII., Kg. d. Ptolemäerreichs 245, 1054 Klondikos/Clondicus, Heerkönig d. Bastarner 170, 214 Kniva, gotischer Herrscher 316, 321, 329f., 413, 565 Kocel, slaw. Fs. 892f. Koder, Johannes 665, 923 Kollautz, Arnulf 557 Koller, Markus 36 Koloman, Kg. v. Ungarn (1095 – 1116) 740, 749, 754, 758, 848, 866, 881, 884f., 889, 895–899 Kommontorios, Herrscher v. Tylis 166 Komnena, Irina (Frau Ivans II. Asen) 814, 817 Komnenos, Isaak (Sebastokrator) 801 Konrad II., röm.-dt. Ks. (1027 – 1039) 736 Konradin (Konrad II.), Kg. v. Sizilien und Jerusalem 937 Konstans II., röm. Ks. (641 – 668) 585, 720, 908 Konstantin/Kyrill (Missionar) 596f., 603, 648 Konstantin I., („der Große“), röm. Ks. (306 – 337) 81, 85, 98, 100–102, 120, 128, 327f., 343–352, 354, 422–428,

HGSOE, Bd. 1

430–434, 436f., 439, 441, 456, 535, 537, 559, 640, 657, 665, 667f., 693 Konstantin II., röm. Ks. (337 – 340) → Constantinus II. Konstantin IV., oström. Ks. (668 – 685) 585, 609f., 861 Konstantin V. (sc. Kopronymos), oström. Ks. (741–775) 614–616, 708, 713, 861, 885, 891, 909, 915 Konstantin VI., oström. Ks. (780 – 802) 617, 708, 885 Konstantin VII. Porphyrogennetos, oström. Ks. (913 – 959) 94, 549, 551, 593, 595, 597, 604, 623, 629–631, 647, 649, 651, 661, 703f., 733f., 767, 831f., 850, 858–860, 862, 864, 870–872, 878f., 881, 886, 892, 894, 909, 915 Konstantin VIII., oström. Ks. (1025 – 1028) 769, 796 Konstantin IX. Monomachos, oström. Ks. (1042 – 1055) 769, 777f., 840f. Konstantin X. Dukas, oström. Ks. (1059 – 1067) 652 Konstantin Bodin, Kg. d. Zeta, Zar v. Bulgarien (Zar Petăr) 778, 796, 825, 841f., 873 Konstantin Tich, Zar v. Bulgarien (1257 – 1277) 696, 818f., 821 Kopitar, Bartholomäus Jernej 8 Koppány (Verwandter v. Stephan I.) 735 Kordokoubas → Ivajlo Kosara (Teodora), Tochter des bulg. Zaren Samuil 774, 838f. Koselleck, Reinhart 5f. Koson → Coso Kossinna, Gustaf 143 Kostrenčić, Marko 899 Kotelas, Kg. d. Geten 144 Kotragos (Sohn d. bulg. Khans Kubrat) 609 Kotromanić (bosn. Herrscherdynastie) 874 Kotys I., thrakischer Herrscher 144f., 147

1075

Anhang und Register

Kotys V., thrakischer Herrscher 247f. Kotys, Verbündeter Philipps V. u. des Perseus 167 Kotys, Verbündeter Roms in der EuphenesEpisode 217 Kotys (Sohn Rhoimetalkes’ I.) 263 Kotys (Bruder Mithradates’ VIII.) 263 Krajina (Sohn Belojes) 872 Krăstev, Krasimir 794 Krates von Mallos, Philosoph 72 Krešimir II., Kg. v. Kroatien (ca. 949 – 969) 881–883 Krešimir III., Kg. v. Kroatien (ca. 1000 – ca. 1030) 888 Krešimir IV., Kg. v. Kroatien (ca. 1058 – 1074) 864f., 873, 880–884, 888f. Kritobulos von Imbros, byz. Geschichtsschreiber 924 Krmpotić, Marijana 892 Krum, bulg. Khan (ca. 803 – 814) 617–621, 650, 702, 708, 712 Kuber (Sohn v. Khan Kubrat) 649, 909 Kubrat, bulg. Khan 584, 858, 609, 858, 909 Kudelin, kumanischer Herrscher 819 Kukuljević Sakcinski, Ivan 854, 864 Kulikowski, Michael 124, 363, 555 Kulin, bosn. Ban (1180 – 1204) 874 Kurjakovići (kroat. Fürstengeschlecht) 869 Kurkuas, Romanos 796 Kurszán/Kusál, ung. Fs. (Kende) 598, 733 Kuvrat → Kubrat Kyrillos, Heermeister 389 Kyros d. J., Bruder u. Rivale d. Artaxerxes II. 93

La Vaissière, Etienne de 569 Laberius Maximus, M.’, Legat in Niedermösien 172, 276 Lachanas → Ivajlo

1076

Lactantius/Laktanz, Kirchenvater 102, 335, 338, 343, 423 Ladislaus I. (Hl.), Kg. v. Ungarn (1077 – 1095) 738–742, 753, 853, 866, 875, 897 Ladislaus II., Kg. v. Ungarn (1162 – 1163) 741, 769 Ladislaus III., Kg. v. Ungarn (1204 – 1205) 742 Ladislaus IV., Kg. v. Ungarn (1272 – 1290) 746f., 763 Ladislaus von Anjou, Kg. v. Neapel u. Ungarn (1403 – 1414) 869, 901, 942, 945 Laevinus → Valerius Laevinus Laiou, Angeliki 694 Lakapena, Maria 632, 642 Laktanz → Lactantius Lampe, John 28 Lampert, ung. Hzg. (Sohn v. Béla I.) 738 Lampros, Spyridon 923 Langaros, Kg. d. Agrianen 160 Laskarina, Eirene 818f. Laskaris, Konstantin 929 Laskaris, Maria (Tochter v. Theodor I. Laskaris) 769 Latinius Pandusa, Statthalter 262f. Le Beau, Claude 539 Lekas (aus Serdica) 797 Lemerle, Paul 676 Lentulus → Cornelius Lentulus Augur Leon III., oström. Ks. (717 – 741) 909 Leon V., oström. Ks. (813 – 820) 620f., 861 Leon VI., oström. Ks. (886 – 912) 629f., 641, 686, 710, 713 Leon, Ebf. v. Ochrid 776 Leo I. („der Große“), Papst (440 – 461) 375, 447, 573 Leo I., oström. Ks. (457 – 474) 375, 447, 573 Leon I. → Leo I., oström. Ks. Leon (Kardinal, päpstl. Legat) 804 Leon, Prior aus Zadar 889 Leon Diakonos 602, 604, 703

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

Leonardo III. Tocco 946 Leonnorios, keltischer Anführer 165 Leontios (Strategos) 611, 909 Leopold VI., Hzg. v. Österreich 743 Lepidus, M. Aemilius, Triumvir 243 Lepidus, M. Aemilius, Consul (6 n. Chr.) 260 Levente, ung. Hzg. (Sohn Vazuls) 738 Libanios, Redner 425 Lica, Vasile 178, 227f., 233 Licario/Ikarios, lombardischer Ritter 947 Licinia Eudoxia (Tochter d. Theodosius II.) 361 Licinius, röm. Ks. (308 – 324) 81, 102, 327, 339, 343–346, 348, 352, 354, 425f., 428 Licinius Crassus, M., Consul (30 v. Chr.) 169, 191, 234, 245, 255 Licinius iunior/Licinius d. J. (Sohn d. Licinius) 345 Licinius Mucianus, C., Statthalter 268 Licinius Sura, L., Vertrauter Traians 274 Liebeschuetz, Wolf 104–108, 128, 363 Lišev, Strašimir 792 Liudprand von Cremona 545, 604, 628 Livia (Gattin d. Augustus) 96, 256 Livius Drusus, M., Consul (112 v. Chr.) 216 Livius, T., Historiker 95, 97, 102, 137, 250 Ljubomir (Tepčija) 880 Ljudevit, slaw. Dux 595, 874–877, 890–892 Lock, Peter 923 Lockyear, Kris 192, 194 Lodomerius, Ebf. v. Gran 748 Loenertz, Raymond-Joseph 921f. Lollianus, Q. Flavius Maesius Egnatius, Statthalter 426 Lollius, M., Consul (21 v. Chr.) 248 Longnon, Jean 922, 925 Lothar I., Kg. v. Italien u. röm.-dt. Ks. (817/840 – 855) 863, 878 Luca, Sabin Adrian 142 Luccari, Giacomo → Lukarević, Jakov

HGSOE, Bd. 1

Lučić, Ivan (Johannes Lucius), Adliger aus Trogir 850, 853 Lucius Verus, röm. Ks. (161–169) 287–289, 292–294, 296f. Lucilla, Tochter d. Marc Aurel 297, 304, 312 Lucillianus, Heermeister 354 Lucullus, M. Terentius Varro, Consul (73 v. Chr.) 168, 216, 218f., 224, 228f., 233, 368 Ludwig I. („der Fromme“), fränk. Kg. u. röm.-dt. Ks. (813 – 840) 587, 622, 877, 883, 891 Ludwig I. („der Große“), Kg. v. Ungarn (1342 – 1382) u. Polen (1370 – 1382) 868f., 885, 898, 901 Ludwig II. („der Deutsche“), ostfränk. Kg. (826 – 876) 596, 598, 624, 892 Ludwig IX. („der Heilige“), Kg. v. Frankreich (1226 – 1270) 933, 936 Ludwig von Burgund 939f. Ludwig von Navarra, Hzg. v. Dyrrhachion 942 Lukarević, Jakov (Giacomo Luccari) 851 Lukian von Samosata, Satiriker 288, 295, 298 Lupus, Dux v. Friaul 585 Lusignan, Hugo von 942 Lusius Quietus, Fürst d. Berber 274, 276, 280, 284 Lutarios, keltischer Anführer 165 Lykkeios, Kg. d. Paionen 188 Lysimachos, Diadoche 94, 145f., 148, 159, 161f., 168, 188, 195f., 228

Macrianus Minor, Usurpator gegen Gallienus 333 Macrinius Avitus Catonius Vindex, M., General 290 Macrinius Vindex, M., Prätoriumspräfekt 298

1077

Anhang und Register

Madier (Herrschergeschlecht) 888f. Maenchen-Helfen, Otto 123, 556, 568 Madgearu, Alexandru 795 Magnentius, röm. Ks. (350 – 353) 351f. Mahona (Unternehmerkonsortium auf Chios) 949 Maios, Prior Zadars u. Prokonsul Dalmatiens 888 Maksimović, Ljubomir 670, 829 Malalas, Johannes, Chronist 103, 384, 387, 388, 394, 441 Malamir (Sohn Omurtags) 623 Malchos von Philadelphia, Historiker 94, 101, 378, 380–382, 549 575 Maltezu, Chrysa 923 Manasses, Konstantin, Chronist 705, 786 Manasses (ung. Ebf.) 899 Manfred, Kg. v. Sizilien (1258 – 1266) 936 Manlius Vulso, Cn., General 177, 213 Manuel I. Komnenos, oström. Ks. (1143 – 1180) 705, 716, 741f., 768–770, 781, 843, 866, 872, 874, 900, 913 Manuel, Bf. v. Adrianopel 620 Manusakas, Manusos 923 Marbod, markomannischer Herrscher 258f., 264 Marc Aurel → Aurelius, M. Marc Anton → Antonius, M. Marcellinus, weström. Heermeister 362f. Marcellinus Comes, Historiker 103, 372, 378, 380, 387–389, 394 Marcianus, General d. Gallienus 333f. Marcius Censorinus, L., Consul 39 v. Chr. 242 Marcius Figulus, C., Consul (162 und 156 v. Chr.) 238 Marcius Otacilius Severianus (Schwager v. Iulius Philippus) 321 Marcius Turbo Fronto, Q., Prätoriumspräfekt 284

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Marcus Aurelius Valerius Maximianus → Maximian Maria/Margarete (Frau Ks. Isaaks II.) 769, 797, 801 Maria (Frau v. Karl II.) 748 Maria, Ksn. (Frau v. Theodor I. Laskaris) 932 Maria (Schwester v. Ivan III. Asen) 822 Maria (Tochter v. Ivan II. Asen) 811 Maria (Tochter v. Ludwig I.) 869 Maria (Tochter v. Manuel I. Komnenos) 769 Maria Palaiologina Kantakuzena (Frau d. bulg. Zaren Konstantin Tich) 819–821 Marie de Bourbon 942 Marinos von Tyros, Geograph 79, 141 Markian, oström. Ks. (450 – 457) 362, 379f., 386 Marko (Sohn v. Kg. Vukašin) 670 Martius Macer, L. Statthalter 249 Martius Verus, P., General 295 Maru (Äbtissin) 848 Maternus, Rebell im Bellum desertorum 305 Matidia, Schwiegermutter Hadrians 283 Matschke, Klaus-Peter 689 Matthias I. Corvinus, Kg. v. Ungarn (1458 – 1490) 869, 901 Matzinger, Joachim 653 Maurikios, oström. Ks. (582 – 602) 104, 397f., 400 Le Maure (Familie) 941 Maxentius, röm. Gegenks. (306 – 312) 343, 345, 389, 430 Maximian, röm. Ks. (286 – 305) 327, 338, 343, 426, 431, 439 Maximianus Herculius → Maximian Maximianus, Valerius → Valerius Maximianus Maximinus, Prätoriumspräfekt 358 Maximinus Daia, röm. Ks. (305 – 313) 102, 327f., 343–345, 437 Maximinus Thrax → Iulius Verus Maximinus Maximus, Usurpator 368

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

Medokos/Amadokos, thrakischer Herrscher 93 Megabazos, Satrap 90 Memmius Regulus, P., Statthalter 249 Memnon, thrakischer Stratege 145 Menander Protektor, Historiker 104, 394, 441, 550, 581, 587, 701, 717 Menas (Hl.) 453 Merobaudes, Heermeister 357f. Messalla Messallinus, M. Valerius, Statthalter 258–260 Method (Missionar) 596f., 603, 627, 648, 833, 875, 892 Michael I. Rhangabe, oström. Ks. (811 – 813) 618–620 Michael II., oström. Ks. (820 – 829) 621, 911 Michael II., Despot v. Epirus 931, 936 Michael III, oström. Ks. (842 – 867) 642, 648, 886 Michael IV. Paphlagon, oström. Ks. (1034 – 1041) 777, 840, 889 Michael VII. Dukas, oström. Ks. (1072 – 1078) 769 Michael VIII. Palaiologos, oström. Ks. (1259 – 1282) 663, 666, 675f., 818–822, 934, 936f. Michael (Sohn v. Konstantin Tich) 821 Michael (Sohn v. Zar Symeon) 632 Michael Angelos Komnenos (Epiros) 810f., 927, 932 Michael Asen (Sohn v. Ivan II. Asen) 817f. Michael der Syrer 601 Michael von Devol 796 Michael von Zeta 796 Mihailo von Duklja, Protospatharios 778, 825, 827, 841f., 872f. Miklosich/Miklošić, Franz Ritter von 8 Miletić Čakširan, Ivana 892 Milinković, Mihailo 375 Miliolus, Albertus 787

HGSOE, Bd. 1

Miller, William 921 Miltiades d. J., Sieger v. Marathon 91 Minucius Rufus, M., Consul 110 138, 216 Miroslav (Bruder v. Krešimir II.) 881 Miroslav (Bruder v. Tihomir u. Nemanja) 843 Miroslava (Tochter v. Zar Samuil) 635 Mišić, Siniša 678, 682 Miškova, Diana 30 Mislav, kroat. Fs. 863, 877, 881 Mithradates I., Kg. v. Pontos 165 Mithradates VI. Eupator, Kg. v. Pontos (120 – 63 v. Chr.) 94, 197, 201f., 217, 219, 221f., 229 Mithradates VIII., bosporanischer Herrscher 263 Mitthof, Fritz 36 Mitzo (Schwager v. Ivan Asen) 818, 821 Miyakawa, Hisayuki 557 Mladen II., Ban d. Kroaten (ca. 1275 – ca. 1341) 867f., 897 Modruški, Nikola (Nicolaus Modrussiensis), Bf. v. Modruš 853 Mohyla, Petro (Petru Movilă), Kiewer Metropolit 14 Mojsej (Sohn v. Nikola u. Ripsimi) 634f. Molistomos, Anführer d. Autariaten 159 Momčilo, Lokalherrscher (Rodopen) 666 Moravcsik, Gyula 767, 850 Morosini (venez. Familie) 900 Moses von Khorenatsi 601 Mosynopolites, Demetrios 695 Mounios, illyrischer Herrscher 162 Mouskes, Philippe 788 Mummius, L., Censor 142/141 v. Chr. 215 Mundo, gepidischer Heerführer 384f., 578 Muntaner, Ramón 789, 924 Murad I., Sultan (1362 – 1389) 675 Musonius, Vicarius 425 Musukios, slaw. Anführer 592 Mutafčiev, Petăr 791f.

1079

Anhang und Register

Mutimir, kroat. Herrscher (9./10. Jh.) 862, 864, 878 Mutimir, serb. Dux (9. Jh.) 624, 875, 887, 893

Nabis, Kg. d. Spartaner 145 Nasaris, Basileios 917 Natalis, Bf. v. Salona 885 Naulobatus, Anführer d. Heruler 427 Naum (Schüler Methods) 627 Necho II., Pharao 72 Nemanja → Stefan Nemanja Nemanjiden (Dynastie) 829, 844 Nemeti, Sorin 140 Nero, röm. Ks. (54 – 68) 243, 265, 267, 421 Nerva, röm. Ks. (96 – 98) 98, 100, 117, 273, 278 Nestor, Kapetan von Silistra, Dux v. Paristrion 797 Nikephoros I., oström. Ks. (802 – 811) 617f., 650, 692, 702, 705, 915f. Nikephoros II. Phokas, oström. Ks. (963 – 969) 633f., 715f., 917 Nikephoros III. Botaneiates, oström. Ks. (1078 – 1081) 739, 768 Nikephoros (Patriarch) 540, 550, 601, 609–611, 613–616, 640, 702 Nikephoros, Despot v. Epirus 938 Nikola (Comes) 635 Nikolaus I., Papst (858 – 867) 597, 603, 624–626 Nikolaos I. Mystikos, Patriarch 604, 630 Nikolić, Tomislav, Präsident Serbiens 344 Nikolov, Georgi 794 Nikomedes I., Kg. v. Bithynien (ab 280 v. Chr.) 165 Nikon Metanoeite 654 Nogaj, tatarischer Khan 820–822 Numerianus, röm. Ks. (282 – 284) 98, 336f.

1080

Numerius Rufus, Q., Legat im Illyricum 240 Nymphodoros aus Abdera 92

Oberto III. de Biandrate, Graf 930f. Obolensky, Dimitri 25 Octavia Maior (Halbschwester d. Augustus) 257 Octavian → Augustus Octavius, C., Praetor 61 v. Chr. 219 Octavius, C. → Augustus Octavius, M., Flottenebefehlshaber d. Pompeius 241 Octavius Appius Suetrius Sabinus, C., Consul 214 315f. Odeljan, Peter 642, 669, 777, 796, 840, 912 Odoaker, Kg. v. Italien (476 – 493) 380, 561, 575 Oloros, thrakischer Herrscher 91 Oloros (Vater d. Thukydides) 91 Oltean, Dan 171, 183 Olympiodoros, Historiker 94, 101, 369 Omurtag, bulg. Khan 621–623, 641, 891 Ooryphas, Niketas 917 Oppius Sabinus, C., Statthalter 107, 269 Opreanu, Coriolan H. 277 Optatus von Mileve (Bf.) 423 Orbini, Mauro (Benediktinermönch) 538, 791, 849 Oroles, dakischer Herrscher 176f., 178, 227 Orosius, Historiker 95, 102, 106, 159 Orseolo, Ottone (Otto), Doge v. Venedig 888 Orsini (Adelsfamilie auf Kephalonia) 946 Orsoaltios, Herrscher v. Tylis 168 Ostrogotha/Ostrogota, Anführer d. Goten 107, 321, 329f., 565 Otho, röm. Ks. (69) 267 Otto I., röm.-dt. Ks. (962 – 973) 599, 633, 735

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

Otto III. röm.-dt, Ks. (996 – 1002) 736 Otto de la Roche 935 Otto von Freising (Bf.) 545 Ottokar II., böhm. Kg. (1253 – 1278) 745, 747 Ovidius Naso, P./Ovid, Dichter 139, 249, 259, 262

Pacatianus, Ti. Claudius Marinus, Usurpator gegen Iulius Philippus 321f., 329 Pachymeres, Georgios, byz. Geschichtsschreiber 785, 924 Paganos, bulg. Khan 615 Pakoros, arsakidischer Prinz 287f. Palaiologen (Dynastie) 670, 698, 769, 934, 936 Palaiologos, Georgios, Kommandant v. Dyrrhachion 779 Palaiologos, Thomas (Bruder v. Johannes VIII.) 942 Palladius von Ratiaria, Theologe 353 Panagiotakes, Nikolaos 923 Panaitescu, Petre 791 Panis, Ogerius (Genua) 789 Papacostea, Victor 21 Parmenion, makedonischer Heerführer 144 Paschalis II., Papst (1099 – 1118) 898 Patraos, paionischer Herrscher 188 Patsch, Carl 5, 19, 327, 353, 356 Paul I., Ban d. Kroaten (1273 – 1275 u. 1278 – 1312) 867, 897 Paul, Bf. v. Zagreb 869 Paulus, Dux, Provinzstatthalter in Zadar 886 Paulus Diaconus 550 Paunov, Evgeni 190 Pausanias, Schriftsteller 161 Pavlov, Plamen 607 Peiragast, slaw. Anführer 592 Pejačević, Franjo Ksaver 856

HGSOE, Bd. 1

Perbund, Kg. d. Runchinen u. Strymonen 592 Perche, Étienne du 928 Perseus, Kg. v. Makedonien (179 – 168 v. Chr.) 94, 167, 170, 190, 212–215 Persian, protobulg. Herrscher 623 Pertinax, röm. Ks. (193) 299, 301–303, 305, 309, 312, 314 Pescatore, Enrico 950 Pescennius Niger, C., röm. Gegenks. (193 – 194) 289, 311f., 314f. Petăr I., Zar v. Bulgarien (927 – 969) 632–634, 713, 837, 912 Petăr (Theodor) II., Zar v. Bulgarien (1185 – 1193) 663, 782, 797–801, 804 Petar, serb. Fs. (10. Jh.) 836 Peter IV., Kg. v. Aragón 945 Peter Orseolo, Kg. v. Ungarn (1038 – 1041, 1044 – 1046) 737f., 749 Peter von Courtenay 931 Peter von San Superan 942 Petraliphas (Familie) 914 Petrilo (Vojvode) 841 Petrislav (Sohn v. Predimir) 872 Petronius Annianus, Consul 314 426 Petros (Bruder v. Ks. Maurikios) 400 Petrus Patricius/Petros Patrikios, Historiker 100, 104, 106 Petrus, Prior v. Split 848 Petrus Zerni (Petar Crni) 848 Peutinger, Konrad 85 Pharnakes II., bosporanischer Herrscher 196f., 202, 228 Philes, Manuel, byz. Autor 786 Philetos, Stratege v. Thrakien 617 Philipp II., Kg. v. Makedonien (356 – 336 v. Chr.) 93f., 144f., 147, 158, 160, 168, 188f., 417 Philipp III., Kg. v. Makedonien (323 – 317 v. Chr.) 188 Philipp III., Fs. v. Tarent 938–942

1081

Anhang und Register

Philipp V., Kg. v. Makedonien (221 – 179 v. Chr.) 95, 167, 170, 211–214 Philipp VI. → Andriskos Philipp von Savoyen 938f. Philippe von Courtenay, lat. Titularks. 931, 933 Philippus Arabs → Iulius Philippus Philopoimen, achäischer Politiker 177 Philostorgios/Philostorgius, Kirchenhistoriker 348 Phokas, oström. Ks. (602 – 610) 400, 454 Photinos, Bf. v. Sirmium 353, 456 Photios, Patriarch v. Konstantinopel 625 Pieporus, kostobokischer Herrscher 306 Pierre de Brachiaux 805 Pietro II. Orseolo, Doge v. Venedig 737, 865, 888 Pinnes, Verbündeter d. Bato 259f. Pippin, Kg. v. Italien 587 Piroschka (Frau v. Johannes II. Komnenos) 768 Piso, Ioan 277, 282, 312 Plautius Felix Ferruntianus, Ti., Offizier 307 Plautius Silvanus Aelianus, Ti., Statthalter 141, 260, 265, 267 Pleuratos I., Kg. der Ardiaioi 158, 211 Pleuratos II. (Sohn Pleuratos’ I.) 211, 213 Plinius Caecilius Secundus, C. („der Jüngere“), Schriftsteller 279 Plinius Secundus Maior, C. („der Ältere“), Schriftsteller 72, 75f., 78–80, 133f., 137–139 Plotina (Gattin d. Traian) 283 Pohl, Walter 125, 398, 710, 858 Polemius Silvius, Schriftsteller 87, 425 Polivjanni, Dimitrij 793 Polybios, Historiker 72, 93f., 167 Pompeius Longinus, Cn. Pinarius Aemilius Cicatricula, Statthalter 273, 280

1082

Pompeius Magnus, Cn. 71, 137, 194, 198, 200, 23, 227–229, 233, 1054 Pompeius Trogus, Cn., Historiker 93, 95, 176–178 Pompeius, Sex., Statthalter 216 Pomponius Flaccus, L., Statthalter 262 Pomponius Labeo, General 263 Pomponius Mela, Geograph 72, 77f., 140 Pomponius Rufus, Q., Münzmeister 198 Pop, Horea 142 Porcius Cato, C., Consul 114 v. Chr. 216 Porcius Vetustinus, Q., Statthalter 286 Porga (Archon) 859 Porphyrius, Dichter 346 Poseidonios/Posidonius, Historiker 72, 74, 93f., 229 Postumius Albinus, L., Consul 229 v. Chr. 210 Postumus, röm. Gegenks. (260 – 269) 318, 334 Praga, Guiseppe 899 Predimir (Dioclea) 872 Predimir (Travunien) 872 Preljubović, Toma 670 Přemysliden (Herrschergeschlecht) 747 Pribina, Banus in Kroatien (10. Jh.) 881 Pribina, einst Fs. v. Neutra (9. Jh.) 596, 892f. Pribojević, Vinko 853 Prijezda I., Ban (Begründer d. Herrscherhauses d. Kotromanić) 874 Primus, M., Statthalter 248 Prinzing, Günter 792, 798 Prisca (Gattin Diokletians) 344f. Priskos, oström. General 400 Priskos von Panion, Historiker 94, 101, 363, 378, 380, 546f., 549, 554, 571–574, 577 Pritsak, Omeljan 858 Privina, einst Fs. v. Nitra → Pribina Probus, röm. Ks. (276 – 282) 170, 327f. 336, 340

HGSOE, Bd. 1

Personenregister

Probus, Sex. Petronius, Prätoriumspräfekt 357f. Procopius, Usurpator gegen Valens 107, 358 Procopius/Prokopios/Prokop, Historiker 103f., 362f., 384, 388, 391f., 394f., 441, 458, 550, 559f., 563, 576–580, 608, 660, 717, 908 Prosigoj (Sohn Radoslavs) 836 Prosper, Berater v. Papst Leo I. 573 Provatas (Verschwörer) 796 Prusias I., Kg. v. Bithynien (230 – 182 v. Chr.) 166f. Prusias II., Kg. v. Bithynien (182 – 149 v. Chr.) 214 Psellos, Michael, byz. Autor 705 Ptolemaios I., Diadoche 158, 160 Ptolemaios Keraunos (Sohn Ptolemaios’ I.) 161f. Ptolemaios (Sohn d. Lysimachos) 162 Ptolemaios, Klaudios → Claudius Ptolemaeus Puchner, Walter 36 Pučić, Medo 856 Pupeză, Luca-Paul 142 Pyrrhos, Kg. v. Epirus (306 – 302 und 297 – 272 v. Chr.) 210

Quietus, Usurpator gegen Gallienus 333 Quinctius Flamininus, T., Consul (198 v. Chr.) 213 Quintilius Condianus, Sex., Consul (151) 309 Quintilius Valerius Maximus, Sex. (Bruder d. Sex. Quintilius Condianus) 309

Rački, Franjo 854, 856, 858, 864 Radagaisus, Anführer d. Westgoten 370, 568, 570 Radić, Radivoje 793 Radoslav (Bruder v. Smilec) 820

HGSOE, Bd. 1

Radoslav (Sohn Višeslavs) 830 Radulphus von Coggeshall 789 Ranjina, Nikola 851 Raos, Kg. d. Astingen 306 Raptos, Kg. d. Astingen 306 Rastić, Džono/Junije 851 Rastko Nemanjić → Sava I. Ratbod, ostmärk. Graf 892 Ratimir, Fs. (9. Jh.) 875, 892f. Rattkay, Juraj, Zagreber Kanoniker 853 Raymond von Toulouse 842 Razzi, Serafino 851 Regalianus, Usurpator gegen Gallienus 332f. Regino von Prüm 603, 627f. Remigius, Bf. v. Auxerre 546 Rhaiskuporis, Sapäerkönig 241 Rhaskuporis II., thrakischer Herrscher 247, 254 Rhaskuporis (Bruder Rhoimetalkes’ I.) 262f. Rhemaxos, skythischer Herrscher 149 Rhoimetalkes I., thrakischer Herrscher 247f., 254f., 259, 262 Rhoimetalkes II., thrakischer Herrscher 263 Rholes, getischer Herrscher 246f. Robert von Anjou, Kg. v. Neapel (1309 – 1343) 940–942 Robert de Clari 787, 805, 924 Robert von Courtenay, Ks. d. Lat. Kaiserreiches (1221 – 1228) 811, 931f., 935 Robert Guiscard, Hzg. v. Apulien u. Kalabrien 662, 778f., 913f. Roger II., Kg. v. Sizilien (1130 – 1154) 687, 913 Romanos I. Lakapenos, oström. Ks. (920 – 944) 604, 631f., 912 Romanos II., oström. Ks. (959 – 963) 634 Romanos III. Argyros, oström. Ks. (1028 – 1034) 696, 840, 889 Romulus, sagenhafter Gründer Roms 100 Romulus Augustulus, weström. Ks. (475 – 476) 575

1083

Anhang und Register

Rosamunde (Tochter v. Kg. Kunimund) 582 Rostislav Michajlovič, russ. Fs. 627, 818 Roth, Klaus 36 Ruas, Kg. der Hunnen 373f. Rubió i Lluch, Antoni 922, 925 Rubobostes, dakischer Herrscher 177f. Rubrius Gallus, Statthalter 268 Rudolf von Habsburg, dt. Kg. (1273 – 1291) 747 Rufinus, Flavius, Prätoriumspräfekt 369 Ru(g)a, Kg. d. Hunnen 373f., 570 Runciman, Stephen 606 Rurikiden (Fürstengeschlecht) 741 Ruvarac, Ilarion 856

Saba (Hl.) 566 Sabinianus, Heermeister 384 Sabinios (Schwiegersohn v. Khan Kormesij) 615f. Sabinus, C. Poppaeus, General 249, 261–263 Sabinus Iulianus, Usurpator gegen Carinus 337 Sachlikes, Stephanos 952 Sadalas, thrakischer Herrscher 217 Sadalas, thrakischer Herrscher (Enkel d. Sadalas) 241 Said, Edward 28 Sakazov, Ivan 694f. Sallust, Historiker 134, 230 Sallustius Crispus, C. → Sallust Salomon, Kg. v. Ungarn (1063 – 1074) 738f. Salvianus 544 Salvius Iulianus, P., Consul 175 304 Samo, fränk. Kg. 580, 584, 591, 593f. Samuel Aba, Kg. v. Ungarn (1041 – 1044) 737, 749 Samuil, bulg. Zar (997 – 1014) 603, Teil II: Kap. 2.5, 641f., 645, 662, 666, 669, 704f.,

1084

711, 713, 716, 768, Kap. 9.1, 776f., 804, Kap. 11.6, 840, 872f., 888, 912, 917 Sanudo (Venezianische Familie) 948 Sanudo, Enrico, Doge v. Venedig 948 Sanudo, Marco, Hzg. v. Morea 948, 951 Sanudo, Marino 924 Sanudo, Nicolò, Hzg. v. Morea 948 Saphrax, ostgotischer Heerführer 367 Šapur I. → Schapur I. Sarantis, Alexander 124, 385, 395 Šašel Kos, Marjeta 159, 240, 252 Sava I. Nemanjić, Ebf. v. Serbien (1219 – 1233) 670, 789, 843f. Sava (Schüler Methods) 627 Savčeva, Elena 794 Scaurus → Aemilius Scaurus Schapur I., persischer Großkg. (240/242 – 272) 319–321, 333 Schimek, Maximilian 856 Schmauder, Michael 556 Schmitt, Oliver Jens 35f., 653, 901 Schramm, Gottfried 1, 653 Schreiner, Peter 36, 607 Scipio Asiagenus → Cornelius Scipio Asiagenus Scorylo, dakischer Herrscher 234f. Scribonius Curio, C., Consul (76 v. Chr.) 137, 218 Scribonius Libo, L. Consul (34 v. Chr.) 241 Sedatius Severianus, M., Statthalter 287 Seleukos I., Diadoche 161 Sempronius Tuditanus, P., General 212f., 236f. Senacherim, Herrscher in Nikopolis 914 Seneca, L. Annaeus, Schriftsteller 265 Senecio, General 343 Sentius Saturninus, C., Praetor (94 v. Chr.) 216f., 222 Sentius Saturninus, C., Consul (19 v. Chr.) 258

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Personenregister

Septimius Geta (Bruder d. Septimius Severus) 315 Septimius Severus, röm. Ks. (193 – 211) 287, 304, 312, 314–316, 326, 406, 419 Setton, Kenneth Meyer 922 Seuthes II., thrakischer Herrscher 92f., 145 Seuthes III., thrakischer Herrscher 145–148 Sevast’janovič Deržavin, Nikolaj 606 Severer (Dynastie) 86, 98, 320, 326, 365, 408, 415, 614 Severianus, General 329 Severus II., röm. Ks. (305 – 307) 327, 343 Severus Alexander, röm. Ks. (222 – 235) 97, 172, 313f., 316f. Sguros, Leon, Herrscher in Nauplion 917, 928 Sicardus, Bf. v. Cremona 787 Sidimund (Verwandter d. Goten Theoderich) 575 Sido, suebischer Herrscher 268 Sidonius Apollinaris, Schriftsteller 379 Sigismund, Kg. v. Luxemburg (1387 – 1437) 869 Silius Nerva, P., Consul 20 v. Chr. 247, 250 Silvester II., Papst (999 – 1003) 736, 754 Simon Kezais, Chronist 851 Šimun Kožičić Begna (Simon Begnius), Bf. v. Modruš 853 Șincai, Gheorghe 791 Šišman N.N., Herrscher im Fsm. Vidin 820 Sisinnios, byz. Flottenkommandeur 909 Sitalkes I., thrakischer Herrscher 92, 131 Skerdilaidas, Anführer d. Labeates 211 Škrivanić, Gavro 677 Šišić, Ferdo 854, 862, 899 Šižgorić, Juraj (Georgius Sisgoreus) 853 Skleros, Bardas 912 Škorpil, Karel 605 Skylitzes, Johannes, byz. Geschichtsschreiber 540, 604, 632, 635f., 642, 651, 704f., 734, 753, 775, 796, 831, 838, 851, 912

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Smičiklas, Tadija 851, 854 Smilec, Fs. in d. Sredna Gora (Bulg.) 820 Sokrates Scholastikos, Kirchenhistoriker 102 Sosthenes, makedonischer Regent 163 Sothimos, thrakischer Herrscher 217 Sozomenos, Kirchenhistoriker 102, 371, 449, 452 Spartokos I., thrakischer Herrscher 168 Spartokos II., thrakischer Herrscher 168 Spartokos, Dynast v. Kabile (= Spartokos II.?) 145 Sphrantzes, Georgios, byz. Geschichtsschreiber 924 Stadtmüller, Georg 19f., 653, 706 Stan, Marius Grigore 220 Statilius Kriton/Crito, T., Historiker 98, 133 Statilius Taurus, T., General 244 Statius Priscus Licinius Italicus, M., General 285, 288, 295 Staufer (Dynastie) 12, 934 Staurakios (Sohn v. Ks. Nikephoros I.) 618 Staurakios, Staatsbeamter u. Militär 910, 916 Staurakios, Johannes, Autor 786 Stefan I. Držislav, kroat. Kg. 864f., 882, 887f. Stefan I. („der Erstgekrönte“) Nemanjić, Kg. v. Serbien (1217 – ca. 1228) 670, 843f. Stefan III. Trpimirović, kroat. Kg. (1089 – 1091) 866, 880, 883f., 889 Stefan, Ban Slawoniens 898, 900 Stefan, Alexandre Simon 117, 203, 206, 208 Stefan Lazarević, serb. Fs. (1389 – 1427) 691 Stefan Nemanja, Fs. v. Serbien (1166 – 1196) 789f., 843f., 768, 781, 802, 809, 827, 844, 872 Stefan Uroš I., Kg. v. Serbien (1243 – 1276) 670, 690, 842 Stefan Uroš II. Milutin, Kg. v. Serbien (1282 – 1321) 670, 696f., 819f., 828, 842 Stefan Uroš III. Dečanski, Kg. v. Serbien (1322 – 1331) 670

1085

Anhang und Register

Stefan Uroš IV. Dušan, Zar v. Serbien (1346 – 1355) 645, 670, 695f. Stefan Vojislav, serb. Fs. d. Zeta 778, 825, 840f., 872 Steinacher, Roland 125, 557 Steindorff, Ludwig 899 Stephan, ung. Hzg. (Vater v. Kg. Andreas III.) 747 Stephan I. (Hl.), Kg. v. Ungarn (1000/1001 – 1038) 599, 728, 735–739, 742, 749, 753–755, 757–759, 768 Stephan II., Kg. v. Ungarn (1116 – 1131) 740f. Stephan III., Kg. v. Ungarn (1162 – 1172) 741, 769 Stephan IV. Kg. v. Ungarn (1163) 741, 769 Stephan V. Kg. v. Ungarn (1270 – 1272) 745f., 748, 763 Stephenson, Paul 708 Štih, Peter 557 Stilicho, Heermeister 84, 107, 368f., 544 Strabo(n), Geograph 70–77, 132f., 137–139, 164, 180, 225–227, 229–231, 237, 659 Stracimir (Bruder v. Stefan Nemanja) 845 Strategopulos, Alexios 934 Strez, Sebastokrator 794, 809f. Strojimir, serb. Anführer 625 Šubić (Adelsgeschlecht) 867 Suetonius Tranquillus, C./Sueton, Historiker 96–98, 138f., 230f., 256 Süleyman I., Sultan (1520 – 1566) 693 Süleyman Pascha, Kronprinz 668 Sulla Felix, L. Cornelius, Dictator 106, 193, 198, 217f., 222, 226 Sulpicius Rufus, P., Censor 42 v. Chr. 241 Sundhaussen, Holm 54, 60 Svatopluk I., mährischer Fs. (870 – 894) 597, 875, 892–894 Svjatoslav, Jakob (Despot im Fsm. Vidin) 820 Svjatoslav, Fs. im Kiewer Reich 633f., 716

1086

Symeon, Zar v. Bulgarien (893 – 927) 604, 607, 622, 624–633, 642, 645, 665, 708, 798, 804, 836, 871, 911f., 917 Symeon Magistros Logothetes 602, 624, 703 Synerotes (Hl.) 455, 457 Synesios von Kyrene 544 Syrmos, Kg. der Triballer 145, 159

Tabari, arab. Chronist 601 Tacitus, P. Cornelius, Historiker 74, 96, 100, 102, 139, 231, 264, 268, 546 Tageno, Passauer Kleriker 787 Tăpkova-Zaimova, Vasilka 607 Tarbos, germanischer Anführer 302 Targitios, awarischer Anführer 588 Tarius Rufus, L. 248, 252 Taruttenius Paternus, Prätoriumspräfekt 302, 309 Tassilo III., bayerischer Hzg. 586 Telerig, bulg. Khan (8. Jh.) 616 Teletz, bulg. Khan (8. Jh.) 615, 649 Tenagino Probus, General 334 Terentius Scaurianus, D. 277, 282 Terentius Varro Lucullus, M. → Lucullus, M. Terentius Varro Teres I., thrakischer Herrscher 92 Termonde, Thierry du 807 Terter (Dynastie) 794, 822 Tervel, bulg. Khan (701 – 721) 611f., 641 Tettius Iulianus, L., Statthalter 271 Teuta, Königin d. Sardiaier 210f. Thallóczy, Lajos/Ludwig von 18, 856 Thamar (Tochter d. Despoten Nikephoros v. Epirus) 938 Themistius, Rhetor 368 Theoderich („der Große“), Kg. v. Italien (493 – 526) 108, 123, 381–384, 561, 575–577 Theoderich Strabo(n), oström. Heermeister 381f., 574f., 576f.

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Personenregister

Theodor Svetoslav, Zar v. Bulgarien (1300 – 1321) 820, 822 Theodor Tiron, Hl. 693 Theodor(os) I. Laskaris, Ks. v. Nikaia (1204 – 1222) 769, 808, 927, 929f., 932 Theodor(os) II. Dukas Laskaris, Ks. v. Nikaia (1254 – 1258) 789, 813, 818, 934 Theodor(os) Angelos Komnenos Dukas, Fs. v. Epirus u. byz. Gegenks. in Thessaloniki (1224 – 1230) 811f., 814f., 931–933 Theodor(os) Synkellos 545, 550 Theodora (Frau Justinians) 104 Theodora (Schwester eines chazarischen Khagans, 7./8. Jh.) 611 Theodora (Tochter Konstantins VIII.) 769, 796 Theodoret von Kyrrhos, Kirchenhistoriker 102, 449 Theodoros Skutariotes, Chronist 785 Theodosius I. („der Große“), röm. Ks. (379 – 395) 84f., 100f., 124, 325, 347, 361, 366–369, 407, 437, 441, 446, 452, 455–457, 567f., 658, 668 Theodosius II., oström. Ks. (408 – 450) 84, 86, 88, 101, 361, 371f., 375f., 385, 448 Theodosius III., oström. Ks. (715 – 717) 886 Theophanes Confessor, Chronist 103, 374, 378, 380, 387, 535, 540, 550, 601, 609–611, 613–619, 640, 644, 702, 707, 710, 718, 858, 908 Theophanes Continuatus, byz. Chronist 535, 602, 604, 624, 632, 702f. Theophilos, oström. Ks. (829 – 842) 916 Theophylakt von Ochrid, Bf. 603, 621, 623, 705, 776, 787, 815 Theophylaktos, Archont v. Dalmatien 886 Theophylaktos Simokates/Theophylactus Simocatta, Historiker 104, 397–399, 441, 454, 581, 583, 587, 640, 644, 701, 710, 717–720

HGSOE, Bd. 1

Theopomp(os) von Chios, Historiker 93, 157–159 Theotmar von Salzburg, Ebf. 598 Thiamarkos, Töpfer 152 Thietmar von Merseburg 604 Thiriet, Freddy 925 Thiudimir, Kg. der Greutungen 381, 574–576 Theophrast, Philosoph 161 Thomas („der Slawe“; 9. Jh.) 621 Thomas Archidiaconus (Toma von Split) 852, 862, 868, 889, 904 Thompson, Edward A. 555f. Thukydides, Historiker 62, 88f., 91–93, 131 Tiberios II., oström. Ks. (578 – 582) 104, 328, 397, 400, 718 Tiberius, röm. Ks. (14 – 37) 72, 96, 106f., 192–194, 226, 234, 236, 248–264, 274, 407 Tigidius Perennis, Sex., Prätoriumspräfekt 313 Timagenes, Historiker 93, 134, 136, 139, 177, 218, 225f., 231 Timesitheus, C. Furius Sabinius Aquila, Prätoriumspräfekt 319f. Timur Lenk 666 Tito, Josip Broz 32 Traian, röm. Ks. (98 – 117) 80, 97f., 106, 133, 141, 169, 171f., 184, 194, 205, 207, 231, 273–276, 278–285, 288, 292, 322, 347, 406f., 410–412, 415, 417–419, 421, 657 Trebellenus Rufus, T., Vormund der Söhne des Kotys 263 Trebonianus Gallus, röm. Kaiser (251 – 253) 330f. Trith, Renier de (Statthalter in Thrakien) 807 Tihomir, serb. Thronprätendent (11. Jh.) 777, 840 Tihomir, serb. Großžupan (12. Jh.) 843

1087

Anhang und Register

Tiepolo, Giacomo, Doge v. Venedig 951 Titus (Hl.) 953f. Titus Livius, Historiker 95, 97, 102, 137, 250 Tocco (Adelsfamilie) 924, 946 Todorova, Elisaveta 678 Todorova, Maria 28, 30f. Toktos, Archon (8. Jh.) 616 Toma von Split → Thomas Archidiaconus Tomislav, erster kroat. Kg. (vor 912 – nach 925) 849f., 864, 887 Topping, Peter W. 922 Totila, gotischer Herrscher 849 Tradonico, Pietro, Doge v. Venedig (9. Jh.) 863 Trpimir, kroat. Fs. (9. Jh.) 847, 859, 862, 877–879, 881, 886 Trpimirović (Dynastie) 862, 866, 882–884, 889, 896f. Tryphon (Hl.) 848 Tuditanus, C. Sempronius, Consul 129 v. Chr. 132, 212f., 236f. Tullius Menophilus, Statthalter 318f. Turzo von Breslau, Fürstbf. 198 Uglješa → Jovan Uglješa u. Vukašin Uglješa Ulpius Marcellus, L., Statthalter 305 Ultzindur (Hunne) 574 Umaros (Archon) 616 Uranos, Nikephoros, byz. Feldherr 774, 912 Uroš I. → Stefan Uroš I. Uroš II. → Stefan Uroš II. Milutin Ursacius, Bf. v. Singidunum 354 Uttedius Honoratus, Statthalter 285f. Uzelac, Aleksandar 794 Vajk → Stephan I. Valamir, Kg. d. Ostgoten 362, 380f. Valenciennes, Henri de 788, 924

1088

Valens, röm. Ks. (364 – 378) 99–101, 107, 326–328, 333, 345, 354, 366, 431, 439, 452, 456, 567 Valentinian I., röm. Ks. (364 – 375) 101, 327f., 356–358, 432 Valentinian II., röm. Ks. (375 – 392) 101, 326, 357f. Valentinian III., weström. Ks. (425 – 455) 84, 361, 363, 372 Valeria → Galeria Valeria Valerian („der Ältere“), röm. Ks. (253 – 260) 331–333, 423 Valerian („der Jüngere“), Sohn d. Gallienus 332 Valerius Flaccus, L., Consul 86 v. Chr. 217 Valerius Laevinus, M., General 212 Valerius Maximianus, M., General 300, 303, 307–310, 312, 412 Valerius Messalla → Messalla Messallinus, M. Valerius Valjavec, Fritz 19f. Vannius, Kg. d. Quaden 264 Várady, László 556 Vardan Arewelc’i 790 Varius Clemens, T., Procurator 286 Varus, P. Quinctilius, Consul 13 v. Chr. 252, 260, 264, 298 Vásáry, István 794 Vasmer, Max 645 Vata, ung. Adeliger 738 Vatatzes, Basileios 801 Vatinius, P., Consul 47 v. Chr. 241 Vazul (Cousin Stephans I.) 736, 738 Vegetius Renatus, P. Flavius, Schriftsteller Vellaeus, P., Statthalter 263 Velleius Paterculus, Historiker 91, 139, 230, 259 Vespasian, röm. Ks. (69 – 79) 267–269, 408, 417 Vetranio, röm. Gegenks. (350) 101, 326f., 351f.

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Personenregister

Vettius Sabinianus Iulius Hospes, C., Statthalter 308, 312 Vidimir (Ostgote) 574 Vigilius, Widmungsträger der Romana 105 Villehardouin (Adelsgeschlecht) 20, 934f., 940 Vîlcu, Aurel 196 Vinicius (Vinucius), M., Consul 19 v. Chr. 176, 187, 204, 234, 253f., 256f., 262, 275 Vinicius, P., Statthalter 249, 255 Vipsanius Agrippa, M. → Agrippa Virević (Adelsfamilie) 898 Višeslav, Fs. in Serbien 836 Višević, Mihajlo, Fs. v. Zahumlje 836, 865, 871 Vitale Michiele, Doge v. Venedig 889 Vitalian, oström. Heermeister 126, 383, 387–390, 448 Vitellius, röm. Ks. (69) 96, 267 Vitellius, P., General 262 Vitezović, Pavao Ritter 853, 856 Vladimir, bulg. Khan (889 – 893) 627f. Vladimirov, Georgi 607 Vladislav, slaw. Dux 877, 883 Vlastimir (Sohn d. Mutimir) 893 Vlastimir (Sohn d. Prosigoj), serb. Fs. 836 Vlastimir, Župan v. Raszien 872 Vojislav → Stefan Vojislav Vojsil, Herrscher im Fürstentum Vidin 820 Vologaises III., parthischer Großkg. 287 Vologaisos, Anführer d. Besseraufstandes 254 Voß, Christian 36 Vryonis, Spyros Jr. 696 Vukan, Fs. v. Raszien 779, 825f., 842 Vukašin (Mrnjavčević), serb. Kg. (1365 – 1371) 670 Vukčić Hrvatinić, Hrvoje, bosn. Adliger 869 Vulcacius Rufinus, Prätoriumspräfekt 351f. Vulpe, Radu 270

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Wacho, Kg. d. Langobarden (ca. 510 – 540) 576 Walamir, ostgotischer Anführer 574 Walter V. von Brienne, Hzg. v. Athen 939, 943 Walter VI. von Brienne 943 Ward-Perkins, Bryan 560 Weigand, Gustav 19 Wenskus, Reinhard 562 Wiemer, Hans-Ulrich 125 Wilhelm II., Kg. v. Sizilien (1166 – 1189) 914 Wilhelm II. von Villehardouin, Fs. v. Achaia (1246 – 1278) 935–938, 947 Wilhelm IV., Markgraf v. Montferrat 930, 932 Wilhelm von Champlitte, Fs. v. Achaia 929, 934 Wilhelm von Rubruk 789, 816 Willibald, Bf. v. Eichstätt 915 Wirth, Gerhard 556 Witigis, Kg. v. Italien (536 – 540) 105, 108 Wittelsbacher (Adelsgeschlecht) 747 Wolff, Larry 29 Wolff, Robert Lee 922 Wolfram, Herwig 124, 555, 557, 562, 573 Wulfila, Bf. 548, 566

Xanthudides, Stephanos 923 Xenophon, Historiker 62, 88f., 91–93 Xerxes I., persischer Großkg. (486 – 465 v. Chr.) 90

Zabergan, Fs. der Kutriguren 578 Zaccaria (genuesische Familie) 941f., 949 Zaccaria → Centurione II. Zaccaria Zacharias (Mönch) 796 Zacharias, serb. Herrscher (1. Hälfte 10. Jh.) 631

1089

Anhang und Register

Zalmodegikos, getischer Herrscher 149 Zantikos, sarmatischer Herrscher 308 Zapolja, Ivan → Johann Szapolyai Zdeslav, kroat. Herrscher (9. Jh.) 862f., 887 Zelepos, Ioannis 26, 36 Zenon, oström. Ks. (474 – 475 u. 476 – 491) 126, 378, 381f., 386f., 391, 450, 576f. Zernack, Klaus 1 Ziemann, Daniel 585, 601, 607, 707, 785 Zinkeisen, Johann Wilhelm 905f. Živković, Tibor 830 Zlatarski, Vasil 606, 791, 797

1090

Zoe (Tochter Konstantins VIII.) 769, 796 Zoltes, thrakischer Dynast 149 Zonaras, Johannes, Historiker 98, 100, 103, 388, 633, 705, 851 Zopyrion, makedonischer Stratege 145 Zosimos, Historiker 102, 321, 352, 452, 565 Zrinski (kroat. Fürstengeschlecht) 869 Zvonimir, Kg. v. Kroatien (1075 – 1089) 848–850, 862, 864, 866, 868, 873, 880–884, 888f., 899 Zyraxes, getischer Herrscher 247

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Ortsregister / Geographisches Register

ORTSREGISTER / GEOGRAPHISCHES REGISTER

Aachen 587, 622, 861f., 871, 886 Abdera 92 Abrit → Zapalda Abrit(t)us (Razgrad) 67, 107, 331, 358, 398, 413, 434, 451, 565 Abrolebas 617 Abydos 929 Achaia/Achaea (Landschaft, röm. Provinz) 78, 80–82, 87f., 215, 221, 245, 247–249, 262, 306, 391, 407, 423, 425f., 435, 663, 667f., 907f., 921, 923, 925, 934 Acheloos (Aitolikon) 654 Achrida → Ochrid Actium 138, 245f., 248, 411 Acumincum (Stari Slankamen) 339 Acunicum 436 Ad Malum 429 Ad Mediam (Mehadia) 412 Ad Militare 424 Adamklissi → Tropaeum Traiani Adâncata 148 Adelsberger Pforte (Pass) 235–237 Adiabene 283, 288 Adria 9f., 12, 14, 16, 32, 62, 74, 76–78, 82, 86, 88, 92, 95, 157, 160, 191, 200, 210–212, 214, 223, 235, 238, 241, 244, 247, 299, 382, 400, 407, 414, 416f., 419, 431, 439, 538, 644, 648, 654, 662f., 675, 703, 719, 740, 751, 774, 781, 826, 841, 848, 851, 858, 860f., 863, 865, 868, 869, 871, 876, 885, 887, 889f., 895, 908, 913, 918, 931 Adramyttion (Edremit) 929

HGSOE, Bd. 1

Adrianopel/Hadrianopolis/Adrianupolis (Edirne) 15, 67, 101, 107, 123f., 219, 325f., 339, 345f., 358, 366, 399, 419, 421, 422, 431, 433, 435, 436, 439, 549, 567, 583, 617, 620, 630, 636, 661–663, 665f., 669, 674, 718, 800, 806–808, 812, 927–929, 931 Aegida 236 Aegyssus/Aegissus (bei Tulcea) 262, 442, 451 Aenona → Narona Aequum (Colonia) (Čitluk) 417 Africa/Afrika 71f., 76f., 78, 99, 102f., 213, 229, 241, 285, 311f., 350, 358, 373, 394, 426, 441, 559, 657 Africa Proconsularis (röm. Provinz) 248 Ägäis 8f., 15–18, 23, 26, 76, 78, 86, 88, 90, 92f., 96, 99, 132, 146f., 211, 213, 333f., 349, 393, 400, 405f., 410, 414, 417f., 420, 431, 444, 564f., 568, 579, 644, 655, 661, 665, 668, 711, 913, 921, 936f., 944, 948f. Agathopolis 666 Agighiol 148, 159, 226 Ägina (Insel) 650 Ăglen 432 Agram → Zagreb Agriş-Şilinda 189 Ägypten 12, 62, 76, 83, 101, 104, 228, 230, 245f., 281, 283f., 289, 296, 338f., 386f., 405, 407–409, 411, 423, 428, 431, 559, 584, 694, 936, 949 Aigaion (byz. Thema) 928 Aigyptiake (Diözese) 658 Aist (Fluss) 264, 301, 303f. Aitolia → Ätolien

1091

Anhang und Register

Aiud-Cugir → Cugir Akarnanien 667, 913, 938 Akkerman 14 Akris (bei Odessos) 389 Akrokorinth → Korinth Alba Iulia → Apulum Albanien 11f., 17–19, 22, 24, 29, 158, 160, 211, 420, 431, 624, 648, 652–654, 689, 812, 826, 842, 851, 905, 937, 940, 942, 944 Albești 149 Albing 118, 304, 416 Alburnus Maior → Roşia Montană Aleksandrovo 147 Alexandria 12, 79, 97, 158, 245, 263, 267, 296, 307f., 456 Aliakmon (Fluss) 668 Almus (Fluss) → Lom Alpen 77, 79, 90, 95, 131f., 235, 237, 239f., 244f., 250, 259, 299, 352, 407, 413 Alsa (Fluss) 350 Altinum 296, 311 Altmark 290 Altvater (Gebirge) 301 Alun-Tal 205 Alutus → Olt Amalfi 692 Ampelum (Zlatna) 179, 419 Amphilon/Amphion 654 Amphipolis 91, 144, 159, 189, 216, 248, 420, 669 Amsterdam 850 Anatolien (s. a. Kleinasien) 14, 93, 165, 584, 921, 944, 949, 952 Anatolike (Diözese) 658 Anchialos/Anchialus (Pomorie) 86, 90, 249, 319, 339, 389, 398, 400, 419, 582, 615, 630, 666, 718, 800, 819 Ancona 863, 900 Andetrium 238, 260 Andros (Insel) 948

1092

Anevsko kale → Kopsis Angora (Ankara, s. a. Ankyra) 666 Angustia (Gebirgspass) 140f. Anineş/Arieş (Fluss) 196, 205, 207, 279f. Ankyra (Ankara; s. a. Angora) 95 Ansinon (Festung) 399 Antakya → Antiocheia am Orontes Antiocheia am Orontes/Antiochia (Antakya) 103, 319, 343f., 356, 387, 414, 441, 841 Antivari → Bar Aoos (Fluss) 212f. Apa Oraşului (Fluss) 204, 207 Apameia 74, 94, 213 Apano Sybritos 951 Apiaria (Rjahovo) 582 Apollonia (Nordägäis) 147 Apollonia (Pojani) 147, 159, 164, 166, 190f., 200, 210–213, 220, 222–224, 228, 243, 257, 259, 676 Apollonia Pontica (s. a. Sozopol) 166, 217f., 228, 249, 417 Appiaria 339 Apri 418 Apros (Thrakien) 620, 807 Aptaat 331 Apulien 12, 210, 598, 872, 913 Apulon → Piatra Craivii Apulum (Alba Iulia) 86, 136, 186, 234, 257, 280, 282, 284f., 298, 315, 320, 409, 416, 419–421 Apuseni (Gebirge) 179 Aquae (Prahovo) 429 Aquae Iasae (Varaždinske Toplice) 320, 423 Aquae Flaviae (Chaves) 102 Aquileia 82, 124, 235f., 239f., 250, 259, 267, 289, 295–297, 299, 318, 350, 354, 356, 372, 420, 431, 455–457, 466, 572, 890 Aquincum (s. a. Budapest) 88, 119, 257, 272, 287f., 297, 299, 339, 341, 353, 357, 406, 408f., 420, 428, 432, 443

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Arabia (röm. Provinz) 73, 101, 320 Aragón (Kgr.) 943–945 Araros (Fluss) 90 Arbanon (Distrikt) 653f. Arbela (Erbil) 288 Arčar → Ratiaria Arda (Fluss) 345 Ardeu 184 Arduba 260 Argamum (Capul Dolojman) 451 Argedaion 225–227 Argedas (Fluss) 226 Argentorate (Straßburg) 305 Argeș (Fluss) 141, 150f., 190 Argidava 225 Argolis 916f., 935, 941 Argos 370, 916, 943 Ariminum (Rimini) 210 Arkadia (Baronie) 941f. Arkadiupolis (Lüleburgaz; s. a. Bergule) 378, 574, 620, 634, 733, 801, 806 Arkobadara 140 Arkovna 168, 187 Armenia/Armenien 80, 265, 267, 283, 287f., 320f., 366, 399f., 601, 659 Armilo (Halmyro; s. a. Halmyros) 654 Arpaşu de Sus 185 Arrabona (s. a. Győr) 80, 290, 298, 346 Arsura 179 Arta 654 Artanas/Artanes (Fluss) 90, 615 Artaxata 80 Asamus (Fluss) → Osam Asenovgrad → Stanimaka Asia (röm. Provinz) 254, 257, 265 Asiane (Diözese) 658 Asien 71f., 76–78, 89, 99, 160, 368, 535f., 554, 686, 908 Asowsches Meer (Maeotis/Maiotis) 71, 77, 218, 388, 570, 577 Aspalathos → Split

HGSOE, Bd. 1

Assyrien 283 Astike (thrak. Ebene) 399 Atenica (Čačak) 158, 375 Athen 17, 82, 90–92, 98f., 163, 220, 222f., 245, 253, 333, 370, 381, 413, 431, 433, 565, 663, 687, 706, 712, 909f., 918, 922–924, 935f., 938f., 942–946, 948 Äthiopien 71 Athos 334, 680, 682f., 844 Athyra 620 Atlas (Fluss) 90 Ätolien 163, 654, 667, 913, 938 Atrans (Pass) 252, 299, 352f. Atropatene 288 Attika (Landschaft) 92, 306, 370, 690, 706, 908, 943, 945f. Augsburg (Lechfeld) 294, 302, 305, 311, 413, 733 Augusta (Fluss) → Ogosta Augusta Traiana (Stara Zagora; s. a. Beroe) 330, 345, 347, 399, 418f., 421, 433f. Augustae 428, 718 Aulon → Vlorë Auras (Fluss) 90 Avaria 595f. Avkat → Euchaita Avlonya → Vlorë Axiopolis (Cernavodă) 420, 442, 450, 452 Axios (Fluss) → Vardar

Babaeski 629, 674f. Babylon 145, 160, 283 Bacherngebirge 239 Baia de Arieș 179 Baia de Criş 179 Bala de Sus 152, 266 Bălăneşti 152 Balčik → Dionysopolis

1093

Anhang und Register

Balkangebirge (Haemus) 13, 22, 32, 74, 77, 80, 90, 92, 95, 132–135, 139, 144–146, 148, 159, 161, 165, 167f., 188, 201, 214, 219, 223f., 227f., 232f., 246f., 249, 262, 275f., 288, 306, 367, 381, 391, 397, 406, 410f., 419–421., 433, 452, 568, 611–613, 617, 634, 665, 676, 782, 797–800 Ballsh/Balši (Kloster) 624 Banat 139, 154, 156, 164, 176, 179, 189, 221, 229, 233, 255, 257, 264, 271, 275, 278, 282, 406, 589 Banija 891 Băniţa 185 Banoštor → Bononia Bar (Antivari) 781, 826, 841, 873 Bărănești 150 Barbaros (Thrakien) 675 Barboşi (Galaţi) 261, 265, 611 Bari 778, 863, 911, 913 Basilicata 12 Baška (Krk) 848, 889 Bassiana 212, 383f. Bathinus (Fluss) → Bosna Batrachokastron (Žaba) 803 Batschka 164, 353 Bayern 74, 155, 290, 301, 316f., 585f., 596–598, 859 Bâzdâna-Cetate (Festung) 152 Bedriacum 267f. Bega (Fluss) 282 Begeč → Onagrinum Bela Palanka → Remesiana Belasica (Gebirge) 636, 775 Belgrad (s. a. Singidunum) 20–22, 27, 595, 642, 669, 676, 692, 754, 777, 804, 810, 817, 829, 832, 856 Beli Lom (Fluss) 331, 413 Benevent 862 Benkovac 848 Berching-Pollanten 155 Beregaba 614

1094

Bergule (Lüleburgaz; s. a. Arkadiupolis) 344, 378, 674f. Berindia (bei Arad) 176 Beroe (Stara Zagora; s. a. Augusta Traiana) 799f. Beroe (in d. Dobrudscha) 451 Beroia (in Bulgarien) → Beroe (Stara Zagora) Ber(r)oia/Berr(h)oia (in Makedonien) 420, 635, 744,775, 912 Bersinikia 620 Berzobis 277f., 282, 421 Bessarabien 169 Beyözü → Euchaita Bihar/Bihor 753 Bihać 131f. Bijaći 881 Bilhorod-Dnistrowskyj → Tyras Biograd na Moru 865f., 881, 883f. Bisanthe (s. a. Rhaidestos) 93 Biskupija 881, 891 Bithynien (Landschaft, Kgr., röm. Provinz) 96f., 165f., 214, 217, 319, 339, 413, 649, 927 Bitola (Herakleia Lynkestis/Lynkou; Pelagonia) 23, 162, 228, 334, 375, 420, 647, 670, 675, 773f., 809, 812, 839, 936, 947 Bizone (Kavarna) 80 Bizye (Vize) 167, 347, 419 Bjeljia 339 Blidaru 203f., 276, 280 Bobaiţa 152, 266 Bodonitsa (Markgrafschaft) 939, 941, 943 Boğaz → Bosporus Böhmen 19, 31, 157, 188, 258, 264, 290, 301–303, 317, 579, 584, 590, 593, 745, 870 Böhmerwald 74, 301 Böhming (Kastell) 294 Boierwüste 76, 231 Boii/Boier (Civitas Boiorum) 240, 251 Boïki (s. a. Böhmen) 832 Bojana (Fluss) 872 Bojna 891f.

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Bolia (Fluss) 380, 575 Boleron (byz. Thema) 666, 812, 928 Bologna → Bononia Bonn 275, 279, 287 Bononia (Banoštor) 339, 341, 353 Bononia (Bologna) 243 Bononia (s. a. Vidin) 339, 346, 393, 582, 718 Bonriparo 951 Böotien (Landschaft) 96, 214, 328, 912, 945 Bordeaux → Burdigala Bordușani 151 Borovo-Koprivec 134 Boruj → Beroe (Stara Zagora) Borysthenes (Fluss) → Dnjepr Bosanski Šamac 164 Bosna (Fluss) 260, 870 Bosnien 8, 21, 24, 157–159, 244f., 260, 420, 431, 690, 740, 754, 825, 835, 849–852, 855–887, 861, 867, 869–875, 882, 897, 901 Bosnien-Herzegowina 18, 431, 825, 839, 857 Bosporanisches Reich 169, 217, 225, 228, 263, 286, 565 Bosporus 13, 90, 93, 97, 166, 319, 333, 344, 406, 414, 535f., 565, 639, 929, 932, 936 Bosut (Fluss) 163 Botoşeşti-Paia-Cetate 152 Botunja (Fluss) 145, 159 Brad 175, 178f., 192, 234, 261, 265 Brădeşti 152 Brăilița 150 Braničevo 692, 804, 810, 817, 819f. Brașov → Kronstadt Bratislava 231–233, 240, 251, 258, 264, 598, 732, 739, 741 Breaza 186, 193 Brescia 250 Brestovica 135 Bribir (Varvaria) 236, 867–869, 874, 876, 897 Brigantium 88

HGSOE, Bd. 1

Brigetio (Komorn/Komárom) 88, 101, 272, 290, 298, 316, 343, 353, 357, 406–409, 428, 440 Brindisi → Brundisium Britannien (röm. Provinz) 85, 267, 270f., 274, 284, 292, 294, 305, 308, 311, 319, 441, 551, 559f. Brongos (Fluss) 90 Brundisium (Brindisi) 210, 212, 243 Bucovăţ (bei Craiova) 152 Bucureşti → Bukarest Buda → Ofen Budalia 317, 328 Budapest (s. a. Aquincum) 18, 856 Budva (Buthoe) 827, 863 Bug (südlicher u. westlicher; Fluss) 74, 90, 132, 169, 173, 286, 291, 316 Bujuk kale (Festung) 147 Bukarest 20, 22 Bükkszentlászló 182 Bukowina 169, 275 Bulgarien 11–13, 16, 19, 21–24, 32, 62, 135, 147, 165–167, 190f., 201, 222f., 225f., 329, 331, 389, 393, 418, 451, 537–541, 549, 642, 661f., 669, 690, 692, 704–708, 776f., 814, 825f., 837, 839–841, 851, 865, 873, 907, 912f., 931–934 Bulgarisches Reich, Erstes 540, 585, 587f., 591, 597, 599, Teil II: Kap. 3, 640–643, 647, 649–651, 653, 655, 661f., 665, 669, 674, 692, 710–713, 716f., 720, 732, 768, 773, 776f., 825, 835–838, 887f., 892, 907, 909, 911–913, 918 Bulgarisches Reich, Zweites 540, 652, 655, 662f., 666, 675f., 696, 711, 773, 782f., Teil II: Kap. 10, 928–934 Bulgarophygon → Babaeski Bumbeşti 152 Buneşti-Avereşti 179 Burdigala (Bordeaux) 82 Burdizon → Babaeski

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Anhang und Register

Burgenland 153, 239f. Burgund 558, 598, 939f. Buridava (Ocnele Mari, Ortsteil Ocniţa) 140f., 151f., 194, 234, 261, 265, 268–270 Burnum 238, 268, 417 Bursa → Prusa Burtizo → Babaeski Buthoe → Budva Butrint/Buthrotos 431, 938 Büyükkarıştıran 675 Buzău (Fluss) 150, 178, 190 266, 276 Buzău 151, 235, 261 Byzantion → Konstantinopel Byzanz/Byz. Reich/Oström. Reich 3, 9, 12–15, 23, 25, 32, 61f., 67, 94, 99, 128, 132, Teil I: Kap. 4 (passim), 446–449, 457, Teil II: Kap. 1 (passim), 547, 555, 560, 564, 568, 570f., 576, 578, 580, Teil II: Kap. 2.3 (passim), 601, 610, 612, 616f., 619, 622, 626, 629–636, Teil II: Kap. 4–7 (passim), 735, 741, 743, 767–770, 776, 778, 781f., 800–803, 818f., 822f., 826, 829, 835–838, 841–843, 860–865, 871–874, 876f., 887–900, Teil II: Kap. 13 (passim), 947–949 Čačak → Atenica Călan 175, 184, 203, 232 Campona 341, 346 Câmpuri Surduc 176 Campus Ardiensis 326, 345 Campus Ergenus 326, 344 Candia 950, 952, 953 Cannae 212, 567 Căpâlna 181, 184f., 203 Capidava (Topalu) 348, 451, 453f. Capul Dolojman → Argamum Caria (Landschaft, röm. Provinz) 322, 393, 445 Caričin Grad → Iustiniana Prima

1096

Cârlomănești 150, 191, 234 Carnuntum (Petronell/Bad Deutsch-Altenburg) 80, 88, 251, 258, 264, 268, 271f., 285, 296, 298, 301f., 305, 314, 332, 343, 406, 409, 420, 428, 436, 443 Căscioarele/Căscioarele-D’aia parte 149f. Castra Martis (Kula) 341, 382, 574 Cattaro → Kotor Cavtat → Epidaurum Cebrus 80, 339, 428 Čedad → Cividale Celeia (Celje) 132, 237, 239, 244f., 249f., 299, 406, 420 Cernavodă → Axiopolis Cervenia 149 Cetățeni 150, 265 Cetina (Fluss) 158, 238, 835, 862, 870, 879 Cetingrad 870 Cetium (St. Pölten) 294, 303 Cetius (Gebirge) 80 Chalkedon/Kalchedon 165, 375, 386f., 389, 448 Chalkidike (Halbinsel) 635 Chalkis 654f., 946 Chandax → Candia Chania 951f. Chaves → Aquae Flaviae Cherson (Krim) 622 Chersones (Thrakische; s. a. Gallipoli) 91, 146, 165, 213, 216, 254, 373 Chersonesos (taurische) 80, 265 Chilandar (Kloster) 680, 844 Chios 134, 921, 949 Christupolis (bei Kavala) 654, 675 Chrysopolis 346 Cibalae (Vinkovci) 82, 163, 260, 302, 326–328, 345, 352, 356, 417 Cibrica 80 Cioclovina-Ponorici 204 Čitluk → Aequum Cividale 586, 603, 878

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Cividale (Östrich/Čedad) 876 Cividale → Forum Iulii Colapis (Fluss) → Kupa Colentina 151 Comărnicel (Berg) 280 Constanţa → Tomi/Tomis Constantia 349, 373, 803 Çorlu 344, 674f., 807 Cornacum 337 Cornu Pietrii 280 Costeşti 155, 171, 181, 184f., 203f., 232, 258, 276, 280 Covasna 156, 178, 234 Cres 881 Criș/Crișana → Kreisch/Kreischgebiet Csanád 753 Cucuiş 184, 203, 258 Cugir 175, 179, 184f., 190, 203f., 258 Cuppae (Golubac) 339, 442 Ćuprija → Horreum Margi Curicum → Krk

Dacia (trajanische Provinz) 75f., 79f., 87, 106, 137, 141f., 171, 234, 273, 282, 284, 300, 314, 320, 328, 361f., 366f., 372, 406f., 425, 430, 447, 455, 658, 667, 710 Dacia Apulensis → Dacia superior Dacia (nova; aurelianische Provinz) 327, 335, 422, 667 Dacia inferior (röm. Provinz) 284, 320, 406 Dacia Malvensis (röm. Provinz) 420 Dacia mediterranea (röm. Provinz) 81, 87f., 335, 350f., 356, 385, 422, 424f., 435, 439, 458 Dacia Porolissensis (röm. Provinz) 284, 286, 311, 406, 420 Dacia ripensis (röm. Provinz) 81, 85, 87f., 327, 335, 339, 341, 345f., 348, 356, 375, 382, 393, 422, 424f., 428, 431, 435, 437, 574

HGSOE, Bd. 1

Dacia superior (auch Dacia Apulensis) 284–286, 294f., 406f., 420 Daciae (Diözese) 85, 425 Dakien (röm. Provinz) 74, 80f., 86, 133, 137, 139–141, 172, 191, 218, 220, 224, 229, 257, 274f., 276, 279, 281f., 284f., 288, 290–292, 295, 297f., 302, 305f., 308f., 311–315, 319, 322, 335, 349f., 406, 409, 411, 416f., 419, 421–424, 428, 439, 652 Dalmatia/Dalmatien (röm. Provinz, byz. Thema, Landschaft) 17, 25, 76, 78, 80–83, 87f., 97, 134, 172, 244, 260, 263, 267–269, 297, 327, 329, 335, 341, 362f., 382, 384f., 390, 396, 400, 405, 407, 411f., 420, 423, 425, 435, 455, 457, 576, 596, 636, 660, 662, 710, 740–742, 744f., 748, 781, 825, 827, 834, Teil II: Kap. 12 (passim) Dâmbovița (Fluss) 150f., 265 Daneion Athyra 807 Daonis (Kastell) 620 Daonium 807 Daphne (Oltenița) 348, 427 Daphnusia (Kefken adası) 934 Dardanellen (Hellespont) 76, 90, 92, 213, 405f., 414 Dardani 424 Dardania/Dardanien (Landschaft, röm. Provinz) 76, 81–83, 87f., 165, 297, 307, 343, 381f., 411f., 424f., 435, 458, 668 Dealul Cornu 155 Dealul Golu 203 Dealul Nederu 207 Dealul Sânpetru 183 Dealul Şesului 280 Debelt → Deultum Delčevo 691 Delmatia (byz. Thema) → Dalmatia Delminium 238 Delphi 138, 159, 163, 216f., 348

1097

Anhang und Register

Demetrias 911, 937 Demetrizi 654 Desna (Fluss) 169 Deultum (Debelt) 418 Deva 176, 179, 186 Devin 232, 251, 258, 264 Devnja → Marcianopolis Devol 778, 796, 841 Diana 340, 348, 417 Diana Veteranorum 300 Didymoteichon → Dimotika Diklo 881f. Dimale 211 Dimotika (Didymoteichon) 666, 806–808, 812 Dinarisches Gebirge 131, 238, 299, 407, 826, 835, Dinogetia 140, 348, 545 Dioclea (Doclea, Duklja bzw. Zeta) 435, 774, 778f., 781, 796, 825–827, 831, 835, 838–841, 843f., 849f., 858, 864f., 870–873 Diokletianopolis (Hisarja) 399, 429, 433 Dionysopolis (Balčik) 166, 219, 225–228, 249, 255, 404, 418 Divici 258, 270 Dnjepr 74, 76, 80, 88, 132, 169, 275, 291, 316, 609 Dnjestr 74, 80, 132, 140, 149, 156, 169, 173, 178f., 189, 229, 275, 291, 318, 609, 611 Doberos 334 Dobrudscha (Landschaft) 13, 133, 148f., 180, 219, 225, 228, 247–249, 263, 331, 406, 420, 449, 615 Dodekanes 698, 949 Dodona 217, 348 Don 71, 74, 77, 80, 88, 218, 609 Donau 9, 13f., 18, 24, 31, 67–70, 73f., 75–82, 85f., 88–92, 94–101, 103f., 107, 112, 123, 125, 132–134, 136–141,

1098

143–146, 148–151, 153f., 157, 159f., 163–165, 169f, 172, 174, 177f., 181, 183f., 187–192, 195f., 201, 214, 216, 218–221, 223f., 226–232, 234, 239, Teil I : Kap. 2.3, 2.4 u. 3 (passim), 362, 365–367, 370f., 375f., 378f., 383, 385, 390f., 393, 396, 399–401, 404–413, 415, 418–421, 424, 427, 429–433, 439, 442–444, 449–455, 536, 538, 549, 557, 559–562, 564–568, 571f., 574–576, 578–580, 582f., 585–587, 592, 594–596, 598, 608–617, 622, 629, 633, 635, 643f., 650f., 658–660, 662, 665, 674–676, 678, 692, 701, 703, 710, 717–719, 732, 744, 751, 764, 776f., 782, 798–800, 832, 908 Donji Kraji 874 Drajna de Sus 270, 278 Drama 654 Drăstăr → Silistra Drau (Fluss) 81f., 86, 88, 154, 159, 163f., 231f., 243f., 250, 256, 259, 325, 345, 352, 354, 406, 408, 410, 897, 622, 740, 751f., 858, 862, 868, 870, 874–876, 890–897 Drin (Fluss) 76, 158 Drina (Fluss) 86, 157–159, 163, 248, 407, 420, 658, 752, 874 Dristra → Silistra Drobeta (Turnu Severin) 86, 266, 270, 278–280, 341, 412, 419, 421, 432 Drugovitia (byz. Thema) 634 Dubravica 337, 373f. Dubrovnik (Ragusa) 636, 690, 812, 817, 826, 837, 840f., 849–851, 861, 863–865, 867–869, 873f., 888, 900f. Duklja → Dioclea Dulcigno → Ulcinj Dumbrăveni 190 Dunăreni → Sacidava Dura-Europos 73, 80 Durazzo (Durrës) → Dyrrhachium/Dyrrhachion Dürnkrut 747

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Durostorum (s. a. Silistra) 282, 298, 335, 339f., 398, 409, 417, 425, 428, 434, 442, 454, 582 Durrës → Dyrrhachium u. Dyrrhachion Duvanjsko polje 850 Dyrrhachium/Dyrrhachion (Durrës) 80, 82, 160, 164, 186, 190f., 200, 210, 212f., 216, 218, 220, 222–224, 241, 243, 257, 328, 383, 416, 420, 435, 575, 629, 653, 661f., 669, 675f., 774, 777–779, 781f., 812, 840–842, 873, 888, 913, 931, 942, 945

Edessa 287, 675 Edirne → Adrianopel/Hadrianopolis Edremit → Adramyttion Eger → Erlau Egirca (Ichtiman) 635, 674 Egrippo 654 Eisenmarkt → Hunedoara Eisernes Tor (Donau) 86, 164, 257, 274, 346, 349, 408f., 412, 421, 719 Eisernes Tor (Pass; in Siebenbürgen) 136, 271, 275f., 278, 280 Elateia 306 Elbe 74, 77, 169, 254, 290, 301, 309, 315, 576, 589, 591 Elegeia 287 Eleusis 292, 306 Emona (Ljubljana) 17, 82, 132, 237, 239f., 243f., 249, 252, 259f., 299, 345, 406, 420, 557 Enns (Fluss) 264, 301, 303f., 407, 585f. Enns-Lorch → Lauriacum Ephesos 229, 441, 546, 717 Epidaurum (Cavtat) 416, 860f. Epirus (Landschaft, röm. Provinz) 30, 77, 81–83, 87f., 169, 210–215, 217, 245, 247, 369, 382, 406f., 425, 435, 645, 663, 667–669, 709, 810–812, 907f., 914f., 924, 927, 931f., 936, 938, 943, 945f.

HGSOE, Bd. 1

Epirus nova (röm. Provinz) 81, 88, 369, 425, 435, 668 Epirus vetus (röm. Provinz) 87f., 369, 425, 431, 435, 668 Epureni 189 Erbil → Arbela Erginus/Ergene (Fluss) 344 Erlau 753 Esztergom → Gran u. Solva Euböa 654, 655, 908, 921, 934, 936f., 941, 943f., 946, 947–949 Euchaita (Avkat/Beyözü) 693 Euphrat 93, 287f., 320 Europa (röm. Provinz d. Diözese Thraciae) 81, 87f., 425, 435

Făeragul (Fluss) 203, 205, 232 Faţa Cetei 176, 205 Fehér (Komitat) 751 Feţele Albe 205, 207, 280 Finiq → Phoinike Fiume (Rijeka) → Tarsatica Flavia Solva 294, 298, 300 Florenz 938f. Formio 236 Forum Iulii (Cividale) 239f. Forum Iulii (Fréjus) 264 Fränkisches Reich 558, 586, 590, 594, 596f., 587–589, 732, 736, 832, 859f., 862f., 876, 878, 881, 892 Frankreich 538, 885, 922, 931, 939f. Fréjus → Forum Iulii Friaul 585f. 595 Frigidus 368, 568 Fruška Gora 259 Fulda 317 Fünfkirchen (s. a. Sopianae) 753, 890, 895

1099

Anhang und Register

Gacka 595, 876, 879, 881 Gagovo 134 Galatien (röm. Provinz, Landschaft) 95, 165, 254, 259 Galaxidion 912 Gališ-Lovačka 182 Gallia (Cisalpina)/Gallien (röm. Provinz[en], geogr. Großraum) 95, 100f., 140, 175, 189, 193, 238–240, 244, 253, 293, 300, 334, 336, 347, 354, 358, 381, 410, 431, 441, 480, 549, 561, 570, 572f., 579, 657 Gallipoli (s. a. Thrakische Chersones) 373, 666, 813 Gamzigrad → Romuliana Gardiki 654 Genua 16f., 664, 697, 789, 951 German (Hagios Germanos) 773 Gigen → Oescus Gilort (Fluss) 270 Glavnica 168 Goldenes Horn 584, 697 Golešnica (Gebirge) 668 Golubac → Cuppae Gorsium (Tác) 237, 379, 420 Gorski Kotar 131, 237, 879 Gortyns 435 Gradina 163 Grădiştea (Kreis Brăila) 265 Grădiştea de Munte → Sarmizegetusa Regia Grădiştea Muncelului → Sarmizegetusa Regia Grado 896, 900 Gran 256, 340, 736, 742, 749, 753, 755, 757, 762 Graz 18, 552, 893 Greaca (See) 149 Griechenland 9, 11f., 17, 22, 24f., 62f., 68, 77, 98, 157, 161, 163, 210, 213–215, 217, 222, 228, 245, 333, 370, 371, 376, 378, 383, 391, 397, 398, 410, 537, 583, 645f., 648, 650, 654, 658, 687, Teil II: Kap. 7, 774, Teil II: Kap. 13 u. 14

1100

Griechisch Weißenburg (Bistum) 754 Grmeč (Gebirgszug) 874 Grobničko polje 867 Großwardein 753 Guastalla 754 Guduča (Fluss) 876 Győr (s. a. Arrabona) 753

Habsburgisches Reich 9, 16, 747, 870, 902 Hadrianopolis → Adrianopel Haemimontus/Haimimontos (röm. Provinz) 81, 87f., 425, 435, 665, 669 Haemus/Haemusgebirge → Balkangebirge Hagios Germanos → German Haimos → Balkangebirge Haliacmon → Aliakmon Halič (Fsm.) 741, 743 Halmyris (Murighiol) 340, 451 Halmyros (s. a. Armilo) 939, 943 Hârtibaciu 186 Harzhorn 317 Haţeg (-Becken u. -Ebene) 172, 204, 258, 271, 276, 279 Hatra 319 Havel (Fluss) 290 Havsa 675 Hebdomon 439 Hebros (Fluss) → Marica Helis (Sborjanovo) 146, 148, 167, 417 Hellas (Landschaft, röm. Provinz = Achaia, byz. Thema) 423, 583, 631, 632, 635, 661f., 702, 712, 718, 907–910, 912, 915 Hellespont → Dardanellen Heraclea Sintica 417 Herakleia (vorher Perinthos; Marmara Ereğlisi) 144, 420, 435, 448, 674f. Herakleia Lynkestis/Heraklei Lynkou → Bitola Herakleia Tracheia 163 Herakleion → Candia

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Herzegowina (s. a. Travunien) 157–159, 245, 420, 431, 825, 851, 857, 870 Hinova (bei Drobeta) 341 Hisarja → Diokletianopolis Hister → Donau Histria → Istros Homorâci 265 Horreum Margi (Ćuprija) 384, 435, 443, 674 Hrubieszów-Becken 291, 316 Hum 867, 871 Hunedoara (Eisenmarkt) 179, 183f., 194, 203f., 232, 258 Hvar (s. a. Pharos) 853, 900

Iader/Iadera (s. a. Zadar/Zara) 88, 236, 240f., 416 Ialomița (Fluss) 141, 150 Iaşi 179 Iatrus (Fluss) → Jantra Iatrus (Festung) 418 Ibar (Fluss) 870 Iberische Halbinsel 62, 73, 85, 103, 192 Ichtiman → Egirca Idrijica 243 Iedera 150 Ilişua 140, 314 Illyricum (röm. Provinz, Präfektur, Diözese) 76, 80, 87–89, 97, 101, 103, 109, 177, 236, 238–256, 274, Teil I: Kap. 2–5 (passim), 568, 571, 657f., 666, 712, 834, 908f. Illyricum inferius (röm. Provinz) 251, 260, 405 Illyricum superius (röm. Provinz) 260 Imotski 862 Inn (Fluss) 80 Inovo kale 134 Ioannina 778f., 913 Ioannupolis → Preslav Ionische Inseln 17, 381, 411, 914, 924, 945f.

HGSOE, Bd. 1

Iovis pago → Veliko Laole Ipsala → Kypsela Isaccea → Noviodunum Iskăr (Fluss) 90, 134f., 144f., 159, 224, 249, 261, 418, 420, 432 Isonzo (Fluss) 236f., 243 Issa → Vis Issos 315 Istanbul → Konstantinopel Isthmos von Korinth 332, 376, 391, 928 Istrien 17, 211, 236, 239, 250, 826, 851, 861f., 876f., 879 Istros (Histria) 134, 146, 148, 163, 169, 198, 203, 218f., 221, 225, 230–232, 245, 319, 417 Italia et Africa (Präfektur) 657 Italien 12, 16, 68, 82, 84, 94f., 103, 105–108, 112, 157, 200, 210, 212, 218, 223, 231, 233, 236, 238, 240f., 243, 252, 254, 256, 259f., 267, 284, 288f., 292f., 299, 317f., 325, 327, 331, 334, 343, 350, 352, 363, 370, 378, 380–383, 390–392, 394, 396, 399, 406, 410, 413, 416, 441, 455, 548f., 555f., 559, 561, 568, 570, 572f., 575f., 580, 582, 587, 590, 594, 609, 659f., 675, 694, 708, 738, 764, 805, 855, 878, 907, 909, 943, 953 Iulia Emona (Ljubljana) → Emona Iulium Carnicum 239 Iustiniana Prima (Caričin Grad) 103, 385, 393, 449, 452, 458f., 578, 776 Iustiniana Secunda → Ulpiana Iuvavum → Salzburg İzmir → Smyrna İzmit → Nikomedeia Izvoarele → Sucidava Izvor-La Cetate 152

Jablanac 898 Jabustrisa 654

1101

Anhang und Register

Jajce 869f., 901 Jantra (Fluss) 134f., 190, 221, 223f., 276, 418, 420, 444, 451, 719 Jerusalem 715, 933, 157 Jiu → Schil Judaea 267, 274, 283 Jugoslawien 12, 16f., 20–22, 27, 29, 776 Julische Alpen 131f., 235, 237, 239, 240, 245, 259, 299, 352

Kabyle 145, 147, 167f., 219, 409, 414, 417, 421 Kaffa (Krim) 14 Kalabrien 12, 687, 913 Kalamona 951 Kalavryta 937 Kalchedon → Chalkedon Kale Krševica 164 Kallatis (Mangalia) 80, 146, 148, 196–198, 217f., 221, 249, 255, 275, 307, 404, 450, 454 Kallion 163 Kalnovo 168 Kalocsa → Kollotschau Kalsdorf 300 Kama (Fluss) 598 Kamčija (Fluss) 168 Kamp (Fluss) 301, 303f. Kampanien 253 Kap Glossa 211 Kap Malea 916 Kapela (Gebirge) 131, 237 Kappadokien (Landschaft, Kgr., röm. Provinz) 217, 274, 299 Karaburma 154, 156, 161 Karantanien 557, 584f., 591, 593f., 596 Karawanken 239, 244, 249–251, 299 Karien → Caria Karnerwüste 76 Kärnten 239, 250, 585, 593, 597

1102

Karpaten (Karpatenbogen, Kapatenraum) 9, 74, 86, 90, 133, 137, 149, 169, 229, 269, 278, 301, 396, 406, 555, 567, 579, 586, 598, 732, 858 Karpatenbecken 153f., 161, 173, 188, 232f., 264, 286, 295, 546f., 550f., 554f., 557, 560, 570, 572, 574, 582–585, 587, 589f., 594, 598f., 629, 717, 723, 726, 731–733, 735, 751, 756 Karpis (Fluss) 90 Karthago (auch Exarchat) 212, 285, 570, 660 Karydi (Berg) 936 Karytaina (Burg) 935, 940 Karyva 147 Kassandreia 334, 376 Kaštela 880 Kastoria 655, 669, 681, 778f., 841 Katalaunische Felder 108, 572f. Kato Sybritos 951 Katsch 300 Kaukasus 570, 581, 858 Kavala 675 Kavarna → Bizone Kazanlăk 147f., 166f. Keipara 418 Kephallenia/Kephalonia (Insel) 713, 779, 907f., 917, 936, 913, 945f. Kerkyra → Korfu Kertsch (Straße v.) 169, 196, 202, 217, 225, 228, 263, 286 Kessane → Kissos Keszthely (castrum Valco) 379, 440, 590, 890 Khabur-Quellen 319 Kičevo 670 Kiew 170, 633 Kiewer Reich 633, 738, 741 Kifto 654 Kimmerischer Bosporus → Kertsch (Straße v.) Kissos 813

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Kjustendil → Pautalia u. Velbăžd Kladovo 340 Klausenburg → Napoca Kleidion 636, 775 Kleinasien (s. a. Anatolien) 68, 76f., 90, 93, 146, 161, 165, 167, 172, 177, 213, 217f., 228, 241, 246, 284, 333, 337, 344, 347, 368, 411, 413f., 431, 537, 649, 661f., 666, 675, 679, 682, 687, 691, 693f., 698, 715, 719, 778, 796, 821, 841, 907, 927–934, 943 Klis 869, 881 Ključ 636, 775 Klokotnica 666, 812, 814f., 932 Knin 860, 877, 880–882, 891 Kogaion 226 Kogaionon (Berg) 171, 204, 226 Kogas (Fluss) 226 Kölked 590 Kollotschau 753 Köln 100, 316 Kolokolin 275 Kolubara (Fluss) 407, 752 Komidava/Cumidava 156 Komorn → Brigetio Komotine 914 Konavle (Region) 870, 901 Konjic 158 Konstantinopel (Byzantion) 10f., 15, 21, 23, 77, 82, 84f., 93, 101, 104f., 108, 133, 144, 165–167, 196–198, 201, 216, 219, 221, 315, 325, 333, 335, 344–348, 354, 356, Teil I: Kap. 4 (passim), 404, 420f., 426, 431, 435–437, 439, 452, 535–537, 545, 549f., 559, 566, 568, 572, 575f., 581, 583f., 593f., 597, 601, 612, 615, 620, 624, 628f., 631, 633f., 650, 654, 658, 660, 666, 673–676, 686f., 697, 701, 710–712, 715, 719f., 733f., 740f., 753, 769, 774, 776, 782, 796–801, 805f., 812, 818, 822, 833, 908, 911, 914, 931, 933f., 936

HGSOE, Bd. 1

Konstantia (Simeonovgrad) 803 Koper 236 Kopsis (Anevsko kale) 820 Koralpe 239 Korčula (Stadt) 901 Korfu (Kerkyra, Korkyra) 161, 210f., 654, 662, 931f., 938, 945f., 950 Korinth 82, 175, 215, 332, 370, 376, 391, 398, 431, 435, 448, 654, 681, 712, 909, 912, 916–918, 928, 935, 945 Korkyra → Korfu Koron/Korone 655, 663, 935, 950 Korsika 660 Kos 134 Kosovo 24, 29, 653, 690, 779, 803, 826, 842–844 Kostolac → Viminacium Kotor/Cattaro 210, 423, 636, 781, 827, 837, 848, 851, 863, 865, 870, 873, 886f. Kouroupedion 148 Krain 595, 875f. Krajina (dalmatinische Mark) 879 Krakra-Pernik 167 Krăn (Herrschaft) 820 Kratovo 691 Krbava 131, 869, 879, 881 Krbavsko polje 869 Kreisch/Kreischgebiet 189, 257f., 264, 273, 283 Krems 303 Kresna (Pass) 667f. Kressenbrunn 745 Kreta 17, 80f., 87f., 425, 435, 658, 668, 868, 911, 917, 921, 925, 928, 946, 949–954 Kreutz 866, 898 Krim 13f., 217, 307, 406, 409, 562, 565, 715 Krispas (Festung) 436 Krissa 654 Kritzimos 817 Kriva Palanka 691

1103

Anhang und Register

Križevci → Kreutz Krk 241, 861, 867, 869, 881, 889, 899f. Krka (Fluss) 237f., 244, 866 Kroatien 33, 63, 154, 378, 710, 740, 742, 751, 781, 835, Teil II: Kap. 12 Kronstadt (Brașov) 151, 194 Kruja 670 Krybus 817 Ktesiphon 283, 288, 319, 337 Kujawien 291 Kula → Castra Martis Kumanovo 13 Kupa (Fluss) 237, 244, 862, 877, 890, 893, 897 Kupinovo 339 Kutmičevica 627 Kvarner (Inseln, Bucht) 863f., 866, 881, 888f., 899 Kykladen (Inselgruppe, röm. Provinz) 445, 937, 941, 948–950 Kynoskephalai 213 Kypsela 675 Kyreneika 283f. Kyzikos 315, 929

Labin 862, 879 Lăceni 150 Lahn 317 Laibach (Ljubljana) → Emona Lakedaimonia → Sparta Lakonien 647, 917, 935 Lamia (Sinon Potamu) 654, 912 Lampsakos (Lapseki) 813 Lardaia 799 Larissa 435, 447, 635, 652, 774, 779, 796, 912 Lastovo (Insel) 901 Lateinisches Kaiserreich 655, 663, 666, 788f., 793, 803–808, 811–813, 817f., 917, Teil II: Kap. 14 (passim)

1104

Laugaricio/Leugaricio (Trenčin) 313 Lauriacum (Enns-Lorch) 301, 304, 407, 409, 415f., 443 Lavant (Fluss) 240 Lech (Fluss) 413 Lechfeld 599, 733–735 Lederata 86, 258, 421 Leipzig 19 Lepenski Vir 341 Lesbos 921, 949 Lesnovo 691 Levante 12, 16, 444, 863 Lezha → Lissos Lib 238 Liburnien 78, 131, 595, 862, 876 Libya/Libyen 71, 441 Lichov vir 439 Lika 131, 879, 881 Lim (Fluss) 159, 870 Lissos/Lissus (Lezha) 211f., 416, 439 Lithosoria 616 Livadia 944 Ljubljana → Emona Ljubljanica (Fluss) 243, 259 Lobor 891 Ločica 299, 304 Lom (Fluss) 224, 331, 431 Lombardei 862 Lopadion 928 Loveč 799 Lublin/Lubliner Platte 169, 291, 316 Ludeşti 196 Lugio 257, 341 Luka (Gespanschaft) 885 Lüleburgaz → Arkadiupolis → Bergule Luncani-Târsa 197, 280 Lychnidos/Lychnis → Ochrid Lyginos → Botunja Lynkestis 162, 675 Lyon 937 Lysimacheia 147, 165f., 213

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Macedonia/Makedonien (röm. Provinz, Landschaft) 22, 76–78, 80–82, 85, 87, 90, 92, 134, 137–139, 144f., 157, 159–165, 170, 175, 190, 196, 211–224, 228, 230, 232f., 239, 242, 245, 247–249, 252, 259, 261f., 270, 306, 329, 347, 361f., 372, 375, 381, 398, 400, 403, 405–407, 410–412, 419f., 424f., 435, 447, 536, 568, 575, 583, 627, 632, 635f., 647, 649f., 652, 658, 665–671, 676, 680, 690, 698, 710, 715, 717, 720, 776, 778f., 801, 817, 841–843, 909, 912, 914f. Macedonia prima (röm. Provinz) 88, 190f., 199–201, 431, 458, 220–224, 458, 668 Macedonia salutaris (röm. Provinz) 87, 424, 668 Macedonia secunda (röm. Provinz) 88, 431, 435 Mačva (Region) 874 Madara 549, 612 Maeotis/Maiotis → Asowsches Meer Magdalensberg 231f., 250 Magdeburg 633 Magura 176, 187, 438 Măgura Şimleului 187 Mähren 188, 240, 584, 595–597, 627, 648, 659, 732, 864, 875, 892–894 Mailand (Mediolanum) 117, 334, 344, 572 Mainz 258, 271–273, 316f., 331 Makedonia (byz. Thema) 661f., 665, 668f., 841, 907, 910, 1058 Makedonien → Macedonia Makarska 863 Mala Kapela 132 Mala Kopanja 135, 142 Mălăieşti 279 Malovaţ 266 Mangalia → Kallatis Manolada 940 Mantzikert 662, 778, 841, 873 Mäotische See → Asowsches Meer

HGSOE, Bd. 1

Maramureş 142, 156 Marburger Becken 245, March (Fluss) 258, 264, 273, 301, 307, 309 Marchfeld 747 Marcianopolis (Devnja) 86, 106, 314, 329f., 334, 347, 358, 373, 381, 398, 413, 418f., 421, 429, 435, 452, 582 Marcomannia 75, 310 Mărgăriteşti-Cetate 152 Margum/Margus (bei Požarevac) 337, 373f., 570 Margus (Fluss) → Morava Marica (Fluss) 165, 213f., 216, 417, 420, 666f., 670, 675, 820 Maris (s. a. Mureş) 90 Marisos/Marisus (s. a. Mureş) 80, 90, 230, 231 Markellai 615, 617f. Marmara Ereğlisi → Herakleia Marmarameer (Propontis) 15, 77, 82,90, 146, 165f., 331, 383, 385, 406, 414, 417, 420, 536, 664–666, 674, 712 Maroneia 147, 222f. Masowien 291 Masteira 147, 417 Mauretania Caesariensis (röm. Provinz) 285f. Mauretania Tingitana (röm. Provinz) 285f. Mauretanien 284, 286 Mautern 304 Media Atropatene → Atropatene Mediana 346, 350, 354, 356, 438f. Mehadia → Ad Mediam Melantias 439 Melnik 794, 817 Mendenitsa → Bodonitsa Mesambria/Mesembria (Nesebăr) 166, 219, 227f., 232, 249 / 391, 404, 406, 421, 583, 619, 621, 632, 666, 718, 797, 819, 822 Mesopotamia (röm. Provinz, Katepanat) 118, 319f., 634 Mesopotamien 93, 283, 288, 317, 320

1105

Anhang und Register

Messenien 935, 941 Mesta (Fluss) 80, 144, 159, 333f., 396, 406, 418, 665, 667 Methone → Modon Metochien (s. a. Kosovo) 779, 781, 844 Metulum 132, 244 Miercurea Sibiului 186, 189 Mikulčice 595f. Milet 417 Misenum 407 Misiche 319 Misinli 675 Mistra/Mistras 663f., 936 / 655, 936 Mittelmeer 2, 14, 15f., 24, 63, 71, 77, 187, 210, 289, 410, 543, 560f., 657, 660, 679, 690, 708, 715, 907, 911, 943, 945, 949f., 953 Mlava (Fluss) 674 Močurica (Fluss) 168 Modon (Methone) 655, 663, 929, 935, 950 Modruš 853, 867 Moesiae (Diözese) 81, 265, 300, 337, 388, 407, 425 Moesia inferior (röm. Provinz) 75, 80f., 87, 270, 282, 294, 319, 329, 378, 382, 398, 406, 410, 419, 441, 451, 574 Moesia prima (röm. Provinz) 341, 350, 353, 366, 375, 425, 435, 442, 710 Moesia secunda (röm. Provinz) 340, 375, 381, 384, 388f., 425, 435, 442, 444f., 451, 665 Moesia superior (röm. Provinz) 80f., 87, 271, 407, 667 Moesia superior Margensis (röm. Provinz) 81 Moesien (Landschaft, röm. Provinz) 134, 145, 159–161, 164, 169, 189f., 218f., 221, 223f., 228, 232, 246, 248f., 254f., 259, 261–263, 265, 267f., 271f., 275, 278f., 288, 295, 298, 307, 313f., 320f., 329–331, 335, 337, 392, 404, 406f., 417, 419, 536f., 566, 647, 667, 719, 805

1106

Mohács 870 Moigrad-Măgura 187 Moigrad-Porolissum 187 Moldau 9, 14, 21, 26, 169, 178f., 189f., 192, 234, 246, 265, 270, 276, 291, 316, 406 Moldawien 173, 176, 178–180, 189, 255 Monastir → Bitola Monemvasia 648, 702, 908, 913, 915–917, 935f. Mons Almus → Fruška Gora Mons Aureus 337 Mons Claudius 164, 231 Mons Ocra → Adelsberger Pforte Montana 179, 417, 827 Montenegro 158f., 420, 825f., 839, Moosburg → Zalavár Mopsukrene 356 Morava (Fluss) 88, 90, 132, 135, 157f., 160, 162–164, 223, 247, 252, 327, 337, 418, 420, 570, 595f., 673f., 781, 836f., 843f. Morea (Fsm.) 932, 933, 934–950 Morea (Halbinsel) 17, 539, 644, 708, 788, 905, 907, 917, 924, 929 Mosapurc 596 Mosynopolis 808, 914 Muhi 744 Mulde (Fluss) 317 Muncel 280 Mundraga 629 Muntenien 135, 141, 149–151, 176, 190f., 195, 221, 223, 255f., 267, 269f., 284, 318, 406 Mureș (Fluss) 90, 184, 186, 190, 203f., 223, 229–331, 234, 257f., 264, 276 Mureș-Pforte 186, 232, 257, 275, 280, 298 Murighiol → Halmyris Mursa (Osijek) 79, 88, 298, 326, 332,352, 354, 417, 578, 890 Musala (Berg) 95 Muşov 273 Mykonos 948f.

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Mylopotamos 951 Myrina 104 Mytilene 949 Nagyszentmiklós → Sânnicolau Mare Naissus (Niš) 88, 101, 135, 248, 325, 327f., 334, 344–346, 350, 354, 373, 385, 417, 419–421, 424, 429, 436, 439, 443, 559, 570f., 584, 653, 662, 674, 676, 692, 719, 777f., 781, 800, 841, 843 Napoca (Klausenburg) 282, 315, 419–421 Narentanien 863, 865, 870f. Nareste 238 Narew (Fluss) 291 Naron → Neretva Narona (Nin) 158, 238, 241, 328, 357, 416f., 860f. Natisone (Fluss) 236f. Naupaktos 654, 911 Nauplia/Nauplion 663, 917, 929, 943 Nauportus (Vrhnika) 237, 240, 243f., 252, 259, 260f. Navarra 942, 944, 945 Neapel 17, 748, 822, 869, 901, 939–943 Neapolis 807 Nedao (Fluss) 378, 438 Negotin 327, 438 Negroponte (s. a. Euböa) 654, 923, 946f. Neokastra (byz. Thema) 929 Neopatras (Hzm.) 944f. Nera (Fluss) 258 Neretva 157f., 870, 872 Nesactium 236 Nesebăr → Mesambria/Mesembria Nestos (Fluss) → Mesta Neu-Strymon (byz. Thema) → Strymon Neutra 596, 754, 892 Nicopolis ad Istrum/Nikopolis (Nikjup) 106, 276, 314f., 330, 347, 382, 413, 415, 418f., 421, 433, 451f., 578, 655, 661, 666, 669, 709, 907, 914

HGSOE, Bd. 1

Nicopolis ad Nestum 347 Niculiţel (Festung) 611 Nikäa/Nikaia (İznik) 97, 315, 351, 446, 449, 456f., 670, 698, 713, 769, 789, 808, 812–814, 817f., 927–930, 932, 933, 934, 936 Nikjup → Nicopolis ad Istrum Nikomedeia (İzmit) 94, 315, 339, 341, 344, 347f., 929 Nikopol/Nikopolis → Nicopolis ad Istrum Nikopolis (byz. Thema) 662, 911f. Nil 71 Nin → Narona Niš → Naissus Nisibis 100, 288, 319, 584 Nitra → Neutra Noaros (Fluss) 163 Noes (Fluss) 90 Noricum (Landschaft, röm. Provinz) 62, 76, 78, 80f., 87, 239f., 244f., 249–251, 264, 271, 286, 301–305, 311, 317, 336, 343, 352, 369, 405–407, 424f., 435, 560, 890 Noricum mediterraneum (röm. Provinz) 425, 435 Noricum ripense (röm. Provinz) 81, 87, 425, 435 Novae (Stăklen bei Svištov) 268f., 275, 282, 298, 375f., 409f., 417, 428, 442, 452, 571, 575f. Novi Pazar 158, 825 (Sandžak v.) Novigrad 375 Noviodunum (Isaccea) 409, 428, 442, 451, 578 Numidien (röm. Provinz) 248

Ochrid (Achrida/Lychnidos/Lychnis) 162, 166, 334, 636, 641, 662, 668–670, 675, 713, 773–776, 778, 814f., 817, 841, 912 Ochridsee 162, 667f. Ocna Mureș → Salinae

1107

Anhang und Register

Ocnele Mari → Buridava Oder (Fluss) 169 Oderzo → Opitergium Odessa 11 Odessos (s. a. Varna) 80, 146, 148f., 166, 168, 249, 275, 389, 393, 404, 417f., 429, 445, 452 Odiavum 290 Odra (Fluss) 893 Oescus (Gigen) 255, 268f., 275, 283, 330, 341, 348, 409f., 416f., 421, 426, 428, 432f. Oescus (Fluss) → Iskăr Ofen (Buda; s. a. Budapest) 763f., 791, 869 Ogulin 131f., Ogosta (Fluss) 145, 159, 221, 261 Olbia 80, 90, 96, 132, 145, 169, 173, 217, 247, 265, 286, 307 Olmütz 301 Olt (Fluss) 269, 284 Olteț 152 Oltenien 135f., 139, 141, 152, 164, 176, 183f., 189–191, 202, 223, 256, 269, 275, 278, 281, 284, 406, 419 Oltenița → Daphne Olymp (Gebirge) 667f. Olympia 916 Omiš 869, 900, Onagrinum (Begeč) 339, 341, 353 Oneum 238 Onglos 609, 611, 613 Opitergium (Oderzo) 299 Opsikion (byz. Thema) 928 Oradea → Großwardein Orašje 373f., Orăștie (Gebirge) 170, 172, 179, 195–197, 201–203, 205–207, 258, 270f., 276, 280 Orbeasca de Sus 149 Orbelos (Gebirge) 80, 144, 159 Ordessos (Fluss) 90

1108

Oriens (Prätoriumspräfektur) 356, 425f., 441f. 657f. Orolik 163 Orontes (Fluss) 344, 414, 841 Osam (Fluss) 135, 249, 582 Osijek → Mursa Osmanisches Reich 9, 21,23, 26, 691, 869, Osogovo (Gebirge) 667 Osor 861, 863f., 886, 900 Osrhoene 258, 283, 287 Österreich 18–20, 36, 153, 204, 537, 543, 552, 575f., 596, 679, 742, 745, 855, 857 Ostmark 890–892 Östrich → Cividale Ostrihom → Gran Oström. Reich → Byzanz Ostsee 72, 564, 565, 579 Ovče Pole 670, 817 Ovilava/Ovilavis (Wels) 294, 435

Pădini 280 Pag 869 Pagania 870, 835f. Paionien 77, 90, 159, 161f., 164 Palästina 73, 82, 102, 368, 715 Palermo 687, 913 Palmyra 118, 288 Pamphylien 254 Panagjurska Sredna 147 Pangaion (Gebirge) 80, 91 Panidos 666 Panion 807 Pannonia/Pannonien (röm. Provinz, Landschaft) 9f., 31, 76, 78, 88, 96f., 119, 125, 134, 157, 164, 221, 244, 253, 257, 260, 267f., 271–275, 279, 283f., 290, 295–302, 307f., 310, 313f., 316f., 319, 321, 327, 329, 331f., 335, 337–341, 343, 346, 350, 352f., 357, 362, 364, 367, 369f., 372f., 375f., 378–381, 383–385, 390f., 396, 400,

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

405–407, 417, 420, 423f., 440, 446, 455, 457f., 556f., 567, 575–578, 586, 590, 595–598, 648, 732, 832, 861f., 874, 876, 890–893 Pannonia inferior (röm. Provinz) 80f., 283f., 286, 294, 298, 315, 321, 327, 329, 406f., 412, 423–426, 890 Pannonia prima (röm. Provinz) 87, 362, 379f., 384, 423, 425f., 435 Pannonia Savia/Savensis 81, 87, 362, 379, 423–426, 435, 585 Pannonia secunda (röm. Provinz) 87, 99, 340, 362, 380, 383f., 423–426, 435, 448, 658 Pannonia superior (röm. Provinz) 80f., 283f., 286, 294, 304, 312, 315, 329, 406f., 423 Pannoniae (Diözese) 81, 85, 407, 425, 455, 658 Papuk (Berg) 164, 231 Parentium (Poreč) 236 Paristrion (Paradunavon; byz. Thema, Katepanat) 651, 662, 797 Parthenopolis 218 Parthicopolis (Sandanski) 419 Parthos 213 Patras 648, 654, 712, 910f., 916, 918, 945 Pautalia (Kjustendil; s. a. Velbăžd) 390, 412, 419, 433 Pećine 154, 156, 161 Pécs → Fünfkirchen u. Sopianae Pelagonia → Bitola Pelendava 152 Pelješac (Halbinsel) 901 Peloponnes (Halbinsel) 17, 80, 210, 376, 381, 398, 406, 431, 539, 635, 645–648, 655, 660–663, 665, 687, 694, 708f., 712, 907, 909f., 912f., 915–918, 929f., 934–939, 941, 945f., 950 Peloponnes(os) (byz. Thema) 907, 911, 915f. Pergamon (Bergama) 213, 289, 930 Perinthos (später Herakleia) → Herakleia

HGSOE, Bd. 1

Pernik 147, 152 Perperakion 817 Persien/Persisches Reich 332, 338 Persischer Golf 283 Perugia 243, 811, 933 Peruštica (Peristica) 817 Pest 763f. Pettau → Ptuj Petunium 283 Peuce 88 Pharos (s. a. Hvar) 158, 211, 416 Pharsalos 227f., 232, 241 Philippi/Philippoi 144, Teil I: Kap. 2.2 (passim), 243, 321, 417f., 431, 675 Philippopel/Philippopolis → Plovdiv Philippopel (byz. Thema) 666 Phoinike (Finiq) 210, 213 Phokäa (Foça) 949 Phokis (Gebirgslandschaft) 306 Phrygien (röm. Provinz, Landschaft) 322, 566 Piatra Craivii 136, 181, 184, 186, 202, 234, 257 Piatra Detunată 155, 270 Piatra Frecăței → Beroe (in d. Dobrudscha) 541 Piatra Roşie 156, 181, 184f., 187, 202f., 206, 208, 232, 279 Piave (Fluss) 239 Pietroasa Mică-Gruiu Dării 151, 261, 270 Pietroasele 279 Pietrosu 205 Pijanec 670 Pirin (Gebirge) 144, 159, 665, 668 Piroboridava → Poiana Pirot 674 Pisa 697 Pişcolt 154 Piscul Coconi 150 Piscul Crăsani 150, 234f. Pistiros (Vetren) 147, 167, 414

1109

Anhang und Register

Platoul Vârtoapelor 280 Plattensee 440, 590, 596, 892f. Plavna 164 Pleașov 150 Plintenburg (Visegrád) 868, 901 Pliska 13, 588, 605, 612f., 618f., 622, 628, 633, 636, 641, 774f. Plotinopolis 418 Plovdiv (Philippopel/Philippopolis) 82, 86, 144, 166, 219, 263, 307, 314, 320, 325, 330, 333, 345, 351, 399, 409, 414, 417f., 420f., 431–433, 435, 454, 565, 583f., 622, 628, 634, 663, 666, 674f., 718, 774, 782, 799–801, 803, 807, 809, 930 Podlasien 169, 291 Podolien 291, 316 Poetovio (Ptuj) 82, 88, 245, 251, 268, 273, 299, 406, 420, 423f., 891 Pogorolec 890 Pohorje → Bacherngebirge Poiana (Piroboridava) 141, 178, 190, 192, 194, 234, 261, 265, 268, 270, 276, 410 Poimanenon 929, 932 Pojani → Apollonia Pokuplje 879 Polen/Polen-Litauen 14, 169, 738 Polesien 169, 275, 291 Polog (Region) 670, 779, 842 Pommern 291, 316 Pomorie → Anchialos/Anchialus Pontike (Diözese) 658 Pontos (Landschaft, Kgr., Teilprovinz) 13f., 62, 76, 78, 80, 88, 90f., 96, 99, 112, 133, 139, 169, 196, 198f., 217, 219, 221, 228, 247, 419, 570, 574, 577, 581, 584, 590 Popești 135 Poreč → Parentium Porolissum 86, 187, 282, 419, 421 Porţ 156 Postojna 131 Potaissa 140, 282, 409, 419, 421

1110

Pounje 881 Povrbasje 881 Požarevac → Margus 337, 373f. Požega 164, 231, 890, 897 Praetorium Latobicorum (s. a. Trebinje) 252 Praevalitana (röm. Provinz) 81, 87f., 407, 423, 425, 435, 668 Prapratno 873 Predeluș (Pass) 151 Preslav 13, 605, 612f., 619, 622, 626, 628f., 633f., 636, 641, 774f., 782, 798, 801, 912 Prespa 641, 773–775, 839, 912 Prespasee 668 Pressburg → Bratislava Prilep 647, 670, 692, 695f., 812, 817 Prisaca 280 Prista 357 Privlaka 163 Prizren 11, 778, 841 Probaton (Kastell) 617 Promona 240, 244 Propontis → Marmarameer Prosek 670, 809, 817 Prundu 149f. Prusa (Bursa) 927, 929 Pruth (Fluss) 74, 80, 90, 140, 169, 176–180, 189, 220, 229, 272, 280, 406, 611 Psunj (Berg) 164, 231 Ptuj → Poetovio Pula 236 Pydna 167, 214 Raab → Arrabona u. Győr Rab (Insel) 861, 881, 900 Râca-Tudoria 149 Răcătău 178, 234, 261, 265 Racoş-Augustin 155, 178, 234, 270 Rădulesti 176, 190, 194

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Raetia/Raetien (röm. Provinz, Landschaft) 76, 79, 251, 294, 298, 301–304, 313, 315–317, 331, 336, 343, 409f., 413 Ragusa → Dubrovnik Raidestos 666 Rakovac 339 Rama 740, 856 Raszien 692, 779, 781, 825f., 837f., 843, 856, 870, 872f. Ratiaria (Arčar) 261, 283, 339, 353, 373, 415, 417, 428, 435, 443, 582, 718 Răut 179 Ravenna 70, 105, 264, 369, 548, 579, 660, 885 Ravennika 930, 934 Razgrad → Abrit(t)us Regensburg (Castra Regina) 302, 304, 312, 409 Reka Devnja 330 Remesiana (Bela Palanka) 674 Rethymnon 24, 951f. Rhaidestos (Tekirdağ) 93, 620, 807 Rhegion (Reggio Calabria) 648, 916 Rhein 74, 76f., 138, 189, 254, 271, 313, 316, 319 Rhesaina 319 Rhizon → Risan Rhodope/Rodope (röm. Provinz) 81, 87f., 381, 425, 435, 665f., 669 Rhodopen (Gebirge) 91f., 134, 144, 218, 420, 425, 782, 794, 817 Rhodos 71, 93f., 166, 214, 921, 936, 942, 949 Rhusion 807 Rijeka (Fiume) → Tarsatica Rila (Gebirge) 95, 665 Rimini → Ariminum 210 Risan/Rhizon 211, 416 Rižana/Risano (Fluss) 877 Rodosto → Rhaidestos 620, 807 Röjtök 251

HGSOE, Bd. 1

Rom 9, 61f., Teil I, Kap. 1 (passim), 113f., 137–139, 141, 167, 170f., 177, 190, 200, 202, Teil I: Kap. 2.2 (passim), 244, 246–250, 253f., 258, 261–265, Teil I: Kap. 2.4 (passim), 331, 345–347, 352, Teil II: Kap. 4, 403–408, 410, 412, 414f., 437, 439, 446–448, 536f., 551, Teil II: Kap. 2.2.1, 561, 566, 568–570, 574–576, 583, 597, 625–627, 648, 657f., 673, 675, 712f., 768, 803–805, 807, 813, 825f., 828, 834, 841, 859, 883, 931, 938 Römisch-deutsches Reich 767, 879 Romula 320, 419 Romuliana (Gamzigrad) 327f., 343f., 393, 437–439 Rose (Dalmatien) 863 Roşia Montană (Alburnus Maior) 179 Rosica (Fluss) 276, 452 Roter-Turm-Pass 86, 186, 275f., 421 Rumänien 20–22, 33, 118, 138, 142, 149, 173, 192, 222f., 225, 275, 452, 733 Rupel (Pass) 667 Rus’ 13, 25 Ruse → Sexaginta Prista Russland 13, 597, 651

Saale 315, 317 Săcărâmb 179 Sacidava (Dunăreni) 148f., 348, 454 Saharna Mare 179 Saint-Omer 939 Sajó (Fluss) 256 Sălaj (Region) 156 Salinae (Ocna Mureș) 179 Salla (Aelium; Zalalövő) 300 Salona/Solin 82, 88, 238, 240f., 259, 292, 299, 327, 341, 343, 391, 416f., 420, 435, 437, 443, 455f., 584, 719, 848, 859f., 877, 883, 885, 943

1111

Anhang und Register

Salzburg (Iuvavum) 294, 303, 585, 596f., 875, 890 Samothrake 214, 277 Sandanski → Parthicopolis Sânnicolau Mare 548, 589 Sapienza (Insel) 935 Sarajevo 18f., 24, 857 Sardinien 660 Šarkamen 327f., 438 Sarmatia/Sarmatien 74–76, 78, 80, 140, 310, 339 Sarmizegetusa (Colonia; Sarmizegetusa [Grădiştea Hațegului]) 80, 86, 140, 172, 174, 276f., 280, 282, 285, 298, 315, 419, 421 Sarmizegetusa Regia (Grădiştea Muncelului/ Grădiştea de Munte) 171f., 175f., 194–197, 199, 201, 204–208, 235, 265, 270, 420f. Saronischer Golf 211, 916f. Sašova Mobila 166 Satu Nou 149 Savaria (Szombathely) 88, 251, 300, 357, 420, 431, 433, 435 Save (Fluss) 9, 31, 80f., 86, 88, 134, 139, 154, 157, 159, 161, 163f., 231f., 237, 239, 243f., 252, 256, 325, 327, 354, 362, 375, 378f., 384, 397, 405, 407f., 410, 455, 595–597, 861f., 874–876, 890–894 Sborjanovo → Helis Scar(a)bantia (Sopron) 251, 298, 420 Scardonia (Skradin) 417 Schil (Fluss) 141, 152, 261, 270 Schwarzes Meer 2, 9, 12, 14–16, 18, 21, 32, 71, 74, 76f., 80, 90, 92, 95, 99, 110, 114, 132f., 137, 145f., 154, 156, 158, 165–167, 181, 217, 227f., 233, 247, 249, 262, 264, 271, 286, 316, 319, 325, 329, 331, 334, 338f., 365, 383, 385, 389, 393, 409f., 414, 418–420, 449, 535–537, 552, 555, 562–566, 571, 577, 582, 597, 608–611,

1112

614f., 619, 635, 648, 658, 663–666, 676, 690, 692, 694, 712, 715, 718, 800, 816, 858, 934 Schwarzwald 74, 137 Scupi (s. a. Skopje) 11, 13, 162, 164, 334, 417, 420, 424, 430, 435 Scythia/Skythien (röm. Provinz, Landschaft) 74f., 78, 81, 88, 133, 565, 389, 425, 430, 435, 442, 444f., 452–454, 665 Scythia inferior (röm. Provinz, Landschaft) 75, 87 Scythia maior (röm. Provinz, Landschaft) 75, 596 Scythia minor (röm. Provinz, Landschaft) 105, 218, 225, 228, 252, 378, 382f., 388, 434, 449–454, 574 Scythia Taurica 76 Sebeș 186, 195, 204 Segesta 237 Segestica (Sisak) → Siscia/Siscium Segna → Senj Seleuke(i)a → Silifke Selymbria 620, 665f. Senj 869, 881, 901f. Serbia (byz. Thema) 635, 774f., 839f., 912 Serbien 19–22, 24, 27, 157f., 161f., 164, 344, 361, 375, 596, 631, 659, 690, 705, 717, 742, 768, 770, 793, 809, 820, Teil II: Kap. 11, 849–851, 856, 870, 893, 896 Serdica (Sofia) 24, 27, 82, 135, 165, 248, 325f., 332f., 343, 345f., 348, 350f., 385, 420f., 424, 431f., 435–437, 439, 455, 458, 584, 617, 655, 674, 712, 719, 781f., 797, 799–801 Sereth (Fluss) 74, 80, 140f., 176, 178, 180, 189, 191f., 223, 261, 268, 276, 278, 281f., 284, 295, 318, 410, 419 Serrai → Serres Serres 681, 774, 782, 801, 807, 812, 817 Serretium 260 Şesu Căprăreţei 197

HGSOE, Bd. 1

Ortsregister / Geographisches Register

Setina 773 Setovia 244 Seuthopolis 147, 166f., 414, 417 Sexaginta Prista (s. a. Ruse) 190f., 340, 442, 452 Sewastopol → Chersonesos Shkodra → Skodra u. Skutari Shkup → Skopje Šibenik 853, 866 ,881, 884, 900 Sibiciu de Sus 150 Siebenbürgen 30, 135–137, 139, 142, 154–156, 161, 164, 170f., 173f., 176, 178–184, 188–193, 195f., 199, 202–204, 221, 223f., 226, 228, 232f., 256, 258, 269–271, 276, 278, 280–282, 284, 320, 406, 419, 421, 553, 566, 585, 613, 732–734, 751–753, 756f., 764f. Silifke (Seleukeia) 283, 288, 693 Silistra (s. a. Durostorum) 582, 613, 622, 629, 634, 651, 655, 718, 797 Silivri 665 Simeonovgrad → Konstantia Şimian-Ostrovul Şimian 266 Şimleu-Cetate 187 Şimleu-Observator 187 Şimleu Silvaniei 156, 187, 196, 257 Şimleu Silvaniei-Cetate 193 Singara 320 Singidunum (s. a. Belgrad) 88, 255, 271, 284 288, 325, 327, 329, 339, 347, 354, 372f., 375, 383–385, 397, 400, 408f., 417, 428, 431, 442, 455, 570f., 582–584, 673f., 718f., 832 Sip 274, 421 Šipka (Pass) 147, 166, 276 Sirmion (byz. Thema) 662 Sirmium (Sremska Mitrovica) 244, 361, 373, 383, 397, 435, 443, 452, 546, 658, 717, 832, 861 Sisak (s. a. Siscia/Segestica) 875, 890–892, 894

HGSOE, Bd. 1

Siscia/Segestica (s. a. Sisak) 88, 215, 237, 244f., 259f., 336, 343, 352, 417, 420, 435, 595f., 876 Sitia/Seteia 952 Sizilien 12, 370, 373, 648, 660, 687, 781, 827, 911, 913, 916f., 938, 944 Shkumbin (Fluss) 653 Skandinavien 549, 579 Skaptopara 411 Skodra (s. a. Skutari) 211f., 407, 416, 658 Skopje (s. a. Scupi) 11, 13, 636, 653, 662, 669f., 676, 692, 695f., 698, 777–779, 817, 841f. Skorta 938 Skradin → Scardonia Skutari (s. a. Skodra) 841 Skutarisee 663, 839, 870 Skythien → Scythia Slawonien 159, 161, 163f., 231, 245, 352, 740, 751f., 757f., 764, Teil II: Kap. 12 (passim) Sliven 820 Šljegovo 691 Slowenien 33, 131, 154, 235, 245, 368, 378, 552, 557, 891 Smyrna (İzmir) 11, 306 Socol-Palanacki Breg 258, 270 Sofia → Serdica Soli 874 Solin → Salona Solva (Esztergom) 294, 340, 357 Someş (Fluss) 256, 281, 286, 311 Soneio 674 Sopianae (s. a. Fünfkirchen) 379, 434, 890 Sopianae (i. d. Valeria) 340 Sopot 820 Šopot 848 Sopron → Scar(a)bantia Sozopol (Sozopolis; s. a. Apollonia Pontica) 663, 666 Spalat(i)um → Split

1113

Anhang und Register

Spanien 223, 229, 430, 659f., 694 Sparta 91, 93, 370, 649, 654, 916 Spercheios (Fluss) 635, 774, 912 Split (Aspalathos/Spalat[i]um) 341f., 344, 416, 437, 584, 837, 851, 858, 860f., 864–867, 872, 881, 887, 889, 899f. Sporaden (Inselgruppe) 948 Sprâncenata 150 Srebrenica 869, 901 Sredec 800f. Sredna Gora 820 Sremska Mitrovica → Sirmium St. Michael 250 St. Pölten → Cetium Stăneşti 179 Stanimaka (Asenovgrad) 807, 817 Stara Planina → Balkangebirge Stara Zagora → Beroe 330, 345, 399, 418, 433, 799 Staré Město 595 Stari Mikanovci 163 Stari Slankamen → Acumincum Steiermark 154, 745 Štip 653, 670, 680 Stobi (Gradsko) 216, 248, 270, 410, 420, 655, 668, 800, 817 Strandža (Gebirge) 90 Straßburg → Argentorate Strei (Fluss) 186, 197, 276, 278, 280 Struma/Strymon (Fluss) 14, 91f., 132, 144, 159, 167, 170, 214, 222f., 246, 406, 411, 417f., 420, 592, 617, 636, 647, 667, 678, 782, 820 Strumica 653, 669, 803 Strymon (Fluss) → Struma Strymon (byz. Thema) 634, 661, 928 Studenica 844 Stuhlweißenburg 741, 749, 754 Sub Cununi 205, 279, 285 Succi (Pass) 101, 329, 345f., 351, 354–356 Sucidava (Izvoarele) 148, 348, 421

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Šumen 612, 774 Sura 217, 222, 274, 288 Şureanu (Gebirge) 172, 179 Sutla (Fluss) 897 Sveštari 148 Syrmien 159, 163f., 231, 244, 754, 874f., 890, 892f., 895 Syrallo → Çorlu Syrien 62, 77, 102, 233, 267f., 274, 279, 283f., 287f., 292, 309, 344, 386, 393, 559, 584, 716, 929 Szarvas 548 Szolnok (Komitat) 751 Szombathely → Savaria Tác → Gorsium Tagliacozzo 937 Tamasidava 178 Tara 159 Târcov 151 Târcov-Piatra cu lilieci 151 Tarent 836, 938–942, 946 Tărnovo 451f., 641, 782, 789, 791, 797, 800, 804, 807f., 810, 812–814, 818–823 Tarsatica (Rijeka) 132, 237, 239, 417, 867 Taurunum → Zemun Taygetos (Gebirgszug) 647 Tekirdağ → Rhaidestos Telamon 211 Teleorman (Fluss) 149f., 194 Temesch (Fluss) 80, 90 140, 282 Terbunia 835f. Tergeste (s. a. Triest) 236, 240, 259 Tetovo 779 Teutoburger Wald 260 Thasos (Insel) 134, 147, 190–193, 200, 214, 220–224, 417, 690 Thaya (Fluss) 273, 301, 307 Theben 101, 631, 654, 687, 913, 918, 945f.

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Ortsregister / Geographisches Register

Theiß (Fluss) 135, 140f., 154, 164, 182, 189, 220, 229, 256, 264, 272f., 275, 281f., 286, 291, 311, 318, 349, 353, 549, 572, 574, 583 Thermopylen 90, 163, 332, 374–376, 392, 413, 423, 433, 571, 908, 943 Thespiae 306 Thessalia/Thessalien (Landschaft) 78, 81–83, 87f., 163, 214, 217, 306, 391, 406, 411, 423, 425, 434f., 447, 635, 667f., 709f., 718, 774f., 778f., 907f., 912, 914, 944 Thessalonike/Thessaloniki 11, 22f., 27, 82, 216, 222, 332–334, 338, 341, 345–347, 362–364, 369, 376, 381, 390f., 396, 398, 413, 420, 431, 434–437, 441, 444, 446f., 449, 456, 458f., 536, 583f., 592, 594, 623, 629, 635, 647–650, 654, 661–664, 669, 671, 675f., 687, 694, 698, 702, 704, 712, 715, 720, 774, 777–779, 781, 796, 805–810, 812, 815, 832, 907–911, 914, 918, 928–936, 943f. Thracia/Thrakien (röm. Provinz, Kgr., Landschaft) 23, 77f., 80–82, 87f., 90–92, 94, 101, 131, 134, 138, 144–152, 159, 161–163, 165–167, 170, 175, 213f., 217–221, 224, 226–228, 230, 232f., 241, 247–249, 252–257, 262f., 268, 306, 320, 325, 327f., 329, 333, 338, 344, 347, 350f., 354–356, 364, 366f., 373f., 382, 386, 385–392, 396f., 399f., 403f., 406f., 412, 414f., 418, 425–427, 430, 435, 439, 441, 445, 536f., 566, 571, 575, 580, 583, 599, 615, 617f., 620, 633–635, 649–651, 665–667, 669–671, 673, 675f., 690, 709f., 713, 715, 717, 719f., 799, 803, 807–809, 812, 817–819, 911, 918, 927, 929, 931, 933, 943 Thraciae (Diözese) 81, 85, 87f., 425, 441 Thrake (byz. Thema) 661f., 665, 669 Thrakike (Diözese) 658 Thurioi 90

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Tiarantos (Fluss) 90 Tibiscum 86, 419, 421 Tibur (s. a. Tivoli) 265 Tigris 93, 288 Tilişca 193, 276 Tilişca-Cățănaş 186 Timiș → Temesch Timok (Fluss) 134f., 145, 159f., 224, 247, 327, 343, 406, 432, 437–439, 595, 891 Tinos (Insel) 948–950 Tinosu (Fluss) 150, 265 Tipia Ormenişului 155 Tipia Racoşului 155 Tîrgşoru Vechi 279 Tivoli 265 Toarcla 155 Tomi/Tomis (Constanţa) 80, 139, 148, 196f., 199, 218, 221, 249, 255, 275, 319, 334, 393, 404, 418–420, 434f., 449f., 452–454, 583, 718 Topalu → Capidava Topeiros 396, 419 Topolčane 147 Topolniţa (Tal) 266 Trabzon → Trapezus Tragurion 240 Trajanovi vrata 101, 345 Transaquincum 341 Transmarisca (Tutrakan) 339f., 442 Transsilvanien → Siebenbürgen Trapezus (Trabzon) 80, 165 Travunien (s. a. Herzegowina) 850, 863, 870–872, 887 Trebenište 162 Trebinje (s. a. Praetorium Latobicorum) 252, 778 Trenčin → Laugaricio/Leugaricio Treskavec 695 Tribulium 238 Triest (s. a. Tergeste) 9, 11, 236, 240, 259, 848

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Anhang und Register

Tripotamos (Burg) 939 Trivalea-Moșteni 149 Trjavna (Pass) 800 Troesmis (Turcoaia) 262, 282, 287, 295, 297, 409, 415–417, 442, 451, 454 Trogir 850f., 861, 866f., 881, 885, 889, 899f. Troja 805 Trojan-Pass 409 Tropaeum Traiani (Adamklissi) 276, 306, 339, 347, 398, 413, 417, 426, 434, 450, 453f., 582 Trotuş 178 Tulln (Stadt) 303f. Tundža (Fluss) 167, 409, 820 Turcoaia → Troesmis Turdaş – Coasta Viilor 155 Turkia 753, 768, 832 Turnu Severin → Drobeta Turribus → Pirot Turski Šanac 164 Tutrakan → Transmarisca Tylis (Keltenreich) 147, 166–168 Tyras (Bilhorod-Dnistrowskyj) 132 217, 224, 232, 316 Tyras (Fluss) → Dnjestr Tzepaina 817 Tzirallum/Tzurulos → Çorlu Tzympe 666

Ukraine 14, 142, 173, 275, 832 Ulcae Paludes 260 Ulcinj (Dulcigno) 781, 841, 873 Ulpiana (zuvor Iustiniana Secunda) 417, 458 Ulpianum 424 Una (Fluss) 260, 891f. Ungarn 10, 20, 23f., 33, 62, 153–155, 157, 182, 545–548, 552–554, 556, 563, 586, 594, 597–599, 629, 633f., 648, 705, 710, 716, Teil II: Kap 8, 781, 804, 813,

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817–819, 843, 856f., 859, 864, 866–870, 875, 885, 890, 893, 895, 897, 899, 931f. Unip-Dealu Cetăţuica 176 Ural 552 Ursici 205 Urum kale 134 Usora 874 Ustra 817

Vadu Vacilor 149 Valea Alba 204, 207f. Valea Anineşului (auch Arieşului) 207 Valea Cetei 280 Valea Godeanului 204, 207 Valea lui Voicu 149 Valea Mică 205, 207, 279f. Valea Roşie 176 Valea Şesului 280 Valea Stanciului 152 Valeria (röm. Provinz) 81, 87, 340, 346, 353, 357, 362, 380, 423–426, 434 Valona → Vlorë Varaždin 866 Vardar (Fluss) 159f., 162, 164, 406, 420, 668f., 676, 678, 836f., 842 Vardišta 680 Vârful lui Hulpe (Festung) 204, 207, 280 Vârful lui Pătru 280 Variana 339 Varna (s. a. Odessos) 80, 389, 393, 445, 452, 609, 616, 800, 803 Vârteju (bei Bukarest) 190f. Vârtopele 207 Varvaria → Bribir Vârț-Rovinari 152 Vedea (Fluss) 149f. Veglia → Krk Velbăžd (s. a. Kjustendil) 817 Velebit (Gebirge) 867, 869, 876, 881 Veles 817

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Ortsregister / Geographisches Register

Velika Kapela 237 Veliki Preslav → Preslav Veliko Laole (Iovis pago) 687 Veliko Tărnovo → Tărnovo Venedig 10, 12, 16f., 296, 455, 596, 663f., 692, 697f., 711, 737, 747, 779, 781, 841, 843, 848, 851, 859, 861, 863, 865–870, 878, 889, 899–901, 913, 922–925, 927, 933–936, 941, 945–954 Veria/Verioa → Beroia (Makedonien) Vessena (Besaina) 654 Veszprém 753 Vetren → Pistiros Vidin (s. a. Bononia) 582, 636, 718, 810, 820 Viminacium (Kostolac) 373, 398, 434, 570, 674 Vindelic(i)a (röm. Provinz) 79, 251 Vindobona (s. a. Wien) 240, 251, 273f., 287, 298, 305, 310, 406, 409, 415f., 427 Vinkovci → Cibalae Vinodol 867, 879 Vipava (Tal) 240 Virunum 435 Vis (Issa; Insel) 210f., 263, 416 Višegrad 868 Visegrád → Plintenburg Vistula → Weichsel Viterbo 937 Vize → Bizye Vlădiceasca 150f. Vlorë (Aulon/Avlonya) 82, 243 Voita-La Cetate 152 Vojvodina 159, 164 Volos 647 Vurpăr 155 Vrana 869 Vranje 164, 779 Vrbas (Fluss) 260, 862, 879 Vrhnika → Nauportus Vukovar 337, 895

HGSOE, Bd. 1

Waag (Fluss) 264, 310 Walachei 9, 13f., 21, 149, 173, 190, 224, 281, 579, 588, 590 Wallonien 764 Warasdin → Varaždin Warthe 291 Weichsel 74, 76, 80, 140, 291, 316, 565, 579 Wels → Ovilava/Ovilavis Weser 74 Westrom/Weström. Reich 361f., 370, 536, 559, 570, 575 Wien (s. a. Vindobona) 8, 10, 18f., 35f., 240, 415, 467, 598, 679, 853, 856 Wieprz (Fluss) 169, 291 Wit (Fluss) 373, 574 Wolga 598 Wolhynien 291, 316 Žaba → Batrachokastron Zadar/Zara (s. a. Iader/Iadera) 847f., 851–853, 860–862, 866–869, 881f., 884–889, 896, 898–901 Zagreb 17f., 753, 851, 853–856, 866–869, 896–898 Zahumlje 778, 836, 840, 850, 863, 865, 870f., 887, 896 Zaječar 437 Zakynthos 945f. Zala 596 Zalalövő → Aelium Salla Zalavár 892 Zapalda (Abrit) 398, 451 Zamárdi 590 Zante → Zakynthos Zara → Zadar Zargidava 178 Zela 228 Zemplin 182, 202 Zemun (Taurunum) 480

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Anhang und Register

Zeta → Dioclea Židovar 164, 258 Zimnicea 150f. Zips 765 Zlatinica 147

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Zlatna → Ampelum Zletovo 670 Zrmanja (Fluss) 879 Zwentendorf 304 Zypern 17, 283f., 393, 445, 690

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Anhang und Register

VERZEICHNIS DER BEITRAGENDEN ZU BAND 1

Bruno Bleckmann Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Simone Blochmann Seminar für Alte Geschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen Ulf Brunnbauer Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Neven Budak Philosophische Fakultät der Universität Zagreb, Abteilung für Geschichte Konrad Clewing Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Mischa Meier Seminar für Alte Geschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen Fritz Mitthof Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik an der Universität Wien Walter Pohl Österreichische Akademie der Wissenschaften in Wien, Institut für Mittelalterforschung Institut für Österreichische Geschichtsforschung an der Universität Wien

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Verzeichnis der Beitragenden

Mihailo St. Popović Österreichische Akademie der Wissenschaften in Wien, Institut für Mittelalterforschung – Abteilung Byzanzforschung Guillaume Saint-Guillain Fachbereich Geschichte und Geographie an der Université de Picardie Jules Verne in Amiens Oliver Jens Schmitt Institut für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien Peter Schreiner Institut für Altertumskunde, Abteilung Byzantinistik und Neugriechische Philologie an der Universität zu Köln Karl Strobel Institut für Geschichte, Abteilung für Alte Geschichte, Altertumskunde und Archäologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Daniel Ziemann Department of Medieval Studies der Central European University in Budapest Attila Zsoldos Ungarische Akademie der Wissenschaften in Budapest, Forschungszentrum für die Geisteswissenschaften – Institut für Geschichte

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