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German Pages 659 [660] Year 1899
Grundriss der
Dogmengeschichte. Etttwickelungsgeschichte der christlichen Lehrhildungen.
Von
D. Dr. A. Dorner.
B e r l i n . Druck und Verlag von Georg R e i m e r .
1899.
Vorrede. Zwar ist auf dem Gebiet der dogmengeschichtlichen Einzelforschung wie in zusammenfassenden Werken auf katholischer wie protestantischer Seite noch in der letzten Zeit viel Werthvolles producirt worden.
Das
schliesst indess nicht aus, dass man den Entwickelungsgang der christlichen Lehre im Einzelnen wie im Ganzen anders auffassen und beurtheilen kann, als es in diesen Arbeiten, so verschieden sie auch unter sich sind, geschehen ist.
Meine Absicht geht darauf aus, möglichst objectiv jedes
Entwickelungsstadium aus den ihm e i g e n t ü m l i c h e n Bedingungen zu verstehen.
Die Aufgabe der historischen Theologie ist es, das Wesen des
Christenthums mit den zur Verfügung stehenden
Mitteln
historischer
Forschung zu untersuchen, wie es die Aufgabe der speculativen Theologie ist, das Wesen des Christenthums durch religionsvergleichende, psychologische und speculative Untersuchungen deutlich zu machen. Der Mittelpunkt der geschichtlichen Forschung über das Wesen des Christenthums liegt aber in der Geschichte der christlichen Lehre.
Denn
wenn auch eine Religion sich nicht in der Lehre erschöpft, wenn sie auch im praktischen Leben sich bethätigt, so wird doch in ihrer Lehre sich ihr Bewusstsein in möglichst klarer Form darstellen.
Denn auch
die ethischen Principien einer Religion finden in ihrer Lehre Ausdruck. Wollte man aber das Wesen
einer Religion hauptsächlich aus ihrem
concreten Leben erkennen, so ist zu bedenken, dass das Ideal, das einer Religion vorschwebt, sich in dem concreten Leben derselben nur mangelhaft realisirt.
Insbesondere würde man kein gerechtes Bild von dem
—
IV
historischen Christenthum bekommen,
— wenn man dasselbe nur nach der
Kirchengeschichte beurtheilen wollte, theils weil das Leben des Christenthums sich nicht im kirchlichen Rahmen erschöpft, theils weil die kirchlichen Leistungen
meist stark
hinter
dem
christlichen
Ideal
zurück-
bleiben. W e n n ich also die Geschichte des christlichen Bewusstseins, wie es sich in der Lehre
darstellt,
für den Mittelpunkt
der Geschichte des
Christenthums halte, so fürchte ich nicht den Vorwurf des Intellectualismus. Denn wenn überhaupt das Christenthum eine bewusste Religion ist, so wird sein Inhalt in der Lehre am deutlichsten zu Tage treten, und zwar nicht bloss in der Lehre, die in irgendwelchen Kirchen officiell anerkannt ist, sondern überhaupt in allen Lehrversuchen, insbesondere in den Versuchen der Darstellung einer christlichen Weltanschauung.
Wollte man
einwenden, dass die urchristliche Zeit am reinsten über das Wesen des Christenthums
orientire, so ist dem
entgegenzuhalten, dass man
das
Wesen keiner Religion, auch keiner christlichen Confession nur aus ihrer Urzeit erkennen kann.
Die neutestamentlichen
Schriften insbesondere
sind theils in ihrer Sprache noch unbestimmt und vieldeutig, theils zeigen sie selbst schon im Verhältniss
zu einander
eine Entwickelung,
theils
sind sie durch ihre Zeit zu stark bestimmt, als dass man aus ihnen allein das Christenthum in seinem Wesen erkennen könnte, zumal das christliche Princip erst später sich weiter und mannigfaltiger entfaltet hat. Wenn also auch im neuen Testament das Princip des Christenthums ausgesprochen ist, so doch nicht in präciser Form, nicht in ausgebildeter Entfaltung, nicht ohne Modificationen, die n u r angehören.
der urchristlichen Zeit
Eben daher kann das Wesen des Christenthums nur aus der
gesammten Geschichte der christlichen Lehrbildungen verstanden werden. Meine Absicht geht dahin, die Geschichte
der christlichen Lehr-
bildungen zu verfolgen, um, soweit es auf historischem Wege überhaupt möglich ist, die Grundfrage der Theologie nach dem Wesen des Christenthums zu beantworten.
Dass man jeder
umfangreicheren
historischen
Untersuchung genugsam am Zeuge flicken kann, ist mir wohl bewusst; daher bin ich auch für jede wirkliche Besserung dankbar.
Mögen auch
die Historiker vom Fach mit Recht den Vorzug in Anspruch nehmen, in der Einzelforschung noch mehr durch die Lupe zu sehen! Mir scheint es
—
V
—
nicht vom Uebel, wenn auch Systematiker sich um dieses Gebiet kümmern, wäre es auch
nur,
damit
der Vereinzelung des gewaltigen historischen
Materials ein Gegengewicht wird,
dass
anschauung Rücken
es zu
kehrt.
zur Seite
tritt
und
das Märchen
zerstreut
zu irgend einer Zeit möglich sei, eine christliche W e l t gestalten, Mich
wenn
haben
man
meine
der philosophischen Bildung den
philosophischen Arbeiten nicht ge-
hindert, in dem historischen Gebiet der christlichen Lehrbildung mancherlei Studien zu machen. Einige Versehen, die stehen geblieben sind, sind in dem DruckfehlerVerzeichniss verbessert
und
der Literatur hinzugefügt.
einige Zusätze über neueste Erscheinungen Auf
absolute Vollständigkeit
der Literatur-
angaben habe ich es natürlich nicht abgesehen.
Wengen
im Berner Oberland, im September 1 8 9 9 .
Der Verfasser.
Inhalt. Einleitung 1. Uebersicht über die Geschichte der Dogmengeschichte 2. Begriff und Aufgabe der Dogmengeschichte 3. Die encyklopädische Stellung derselben 4. Methode der Dogmengeschichte 5. Eintheilung des historischen Stoffes E r s t e r A b s c h n i t t . Die Zeit der apostolischen Väter im Anschluss an die apostolische Zeit (unmittelbare Darstellung des christlichen Inhalts ohne wissenschaftliche Präcision) Z w e i t e r A b s c h n i t t . Das Zeitalter der Apologeten (das Christenthum als das höchste Wissen, vollkommene Philosophie) Einleitung 1. Die Gnostiker 2. Die älteren Apologeten 3. Fortsetzung. Irenaeus, Tertullian, Hippolyt 4. Die Alexandriner D r i t t e r A b s c h n i t t . Die Entwickelung des christologisch-trinitarischen Dogma's bis zu Johannes Damascenus (das Christenthum in griechischer Modification) I. Die Bildung des trinitarischen Dogma's bis zum Concil von Constantinopel 1. Die Entwickelung der Lehrauctoritäten 2. Die Ausbildung des trinitarischen Dogma's Einleitung a. Der Monarehianismus in seinen Phasen (von Gottes Erhabenheit ausgehend, deistisch, Paul v. Samosata, Arius, Eunomius) (Gott in die Welt eingehend, Patripassianer, Sabellius Marcell v. Ancyra) Zusammenfassung b. Athanasius und die Kappadokischen Väter, Hilarius . c. Die Origenisten (Dionys v. Alex. Methodius u. s. w.) Lactanz, Euseb. v. Caesarea Schlussbetrachtung
Seite 1—30 1—12 12—15 15—16 16—25 25—30
30—49 49—103 49— 50 50— 59 59— 65 66— 79 79—103
104-239 104—170 104—117 117—170 117—119 119—138 119—127 127—135 135—138 138—161 161—167 167—170
—
vir
—
II. Die Ausbildung der kirchlichen Christologie und die Weiterbildung der kirchlichen Trinitätslehre bis zu Johannes Damascenus Einleitung 1. Der Monophysitismus und Monotheletismus (Apollinaris, Cyrill Alex., monophysitische Spaltungen, Philoponus, die Monotheleten) 2. Die Zweinatiirenlehre Theodor Mopsvestia, Dyotheleten)
Seite
170—221 170—173
173—183
und der Dyotheletismus (Nestorius, Leporius, Augustin, Chalcedonense, 183—193
3. Die Fortbildung der Trinitätslehre
durch Augustin . . . .
4. Abschluss dieses Abschnittes a. Der Dreikapitelstreit und die Festsetzung des Begriffs der Tradition
193—197 197—221 197—201
b. Johannes Damascenus sowie die Mystik des Pseudodionysius Areopagita und Maximus Confessor . . . Anhang. Das Durchschnittsbewusstsein Christenthum in diesem Abschnitt
201—221
von dem 221—239
Vierter Abschnitt. Die Entwickelung der Lehre in der Abendländischen Kirche bis zur Reformation (das Christenthum unter römischer und römisch-germanischer Modifieation) Einleitung I. Die Entwickelung der Lehre in der Abendländischen Kirche bis
239—399 239—241
zum Mittelalter 1. Die Ausbildung der Lehre von der Kirche (Montanisten, Novatianer, Donatisten, Cyprian, Augustin, sein Einfluss auf das Mittelalter, Sacrament)
242—280
2. Die Lehre von der Sünde und Gnade (Irenaeus und die Väter bis zu Augustin, A u g u s t i n , Faustus, Cassian, Caesarius, Gregor d. Gr., Gottschalk und seine Gegner) . . . . 3. Allgemeine Origenes)
Charakteristik
Augustins
(im
Vergleich
242—252
252—273
mit 273—278
4. Rationale Elemente in der verfallenden lateinischen Kirche II. Die Entwickelung der christlichen Lehre im Mittelalter . . . .
278 — 280 280—394
Einleitung 1. Die Hauptstadien der Entwickelung mittelalterl. Theologie; ihre Ilauptvertreter
280—282 282—350
a. Die Lehrbildung im fränkischen Reiche, Adoptianismus, Abendmahlsstreit, Gottschalk'scher Streit, Johannes Scotus Erigena b. Die Theologie des 11. und 12. Jahrhunderts . . . . c. Die höchste Blüthe der Scholastik, insbesondere Thomas v. Aquino und Duns Scotus
282—291 291—300 300—332
d. Der Verfall der Scholastik (insbesondere Occam), germanische Mystik, Reformatoren vor der Reformation . . . 3 3 2 — 3 5 0 2. Die Gesammtanschauung der mittelalterlichen Kirche vom Christenthum Anhang. Die griechische Kirche in dieser Periode
350—394 394—399
— Fünfter
Abschnitt.
Die V e r s u c h e
VIII
—
christlicher L e h r e n t w i c k e l u n g
der Reformation bis auf die Gegenwart (das Christenthum unter
germanischer,
germanisch-classischer
und
von
Seite
insbesondere
moderner
Form
im
Protestantismus)
400—632
Einleitung
400—406
I. Die L e h r e n t w i c k e l u n g des P r o t e s t a n t i s m u s
406—575
A. B i s zur Herrschaft der Orthodoxie
406—528
1. G r u n d l e g u n g des P r o t e s t a n t i s m u s
406—432
2. Die kirchliche Constituirung des P r o t e s t a n t i s m u s a. Die
kirchliche
Constituirung
.
.
432—497
des L u t h e r t h u m s
als L e h r k i r c h e
432—477
a) Melanchthon's Versuch, die lutherische L e h r e zu präcisiren (Augustana) ß) Die
an
die
Augustana
.
432—447
anschliessenden
L e h r s t r e i t i g k e i t e n und ihr Abschluss in der F o r m u l a Concordiae
447—466
y) Die lutherische Orthodoxie
466—477
b. Die E n t w i c k e l u n g des reformirten L e h r t y p u s zur reformirten Orthodoxie
477—497
a); Die B i l d u n g reformirter B e k e n n t n i s s e u n t e r Zwingli'schem
und
Calvinischem
Typus
ß) Die reformirte Orthodoxie 3. Die Dissenters der R e f o r m a t i o n s z e i t B . Die L e h r e n t w i c k e l u n g vom S i n k e n
477—493 493—497 497—528
der Orthodoxie bis auf
die G e g e n w a r t
528—575
1. Die L e h r e n t w i c k e l u n g auf lutherischer S e i t e
. . . .
2. Die Lehrentwickelung in den reformirten L ä n d e r n .
529—557 .
Schluss
557—573 573—575
I I . Die E n t w i c k l u n g des Dogma s e i t der Reformation in der römischen Kirche
575—601
I I I . Die L e h r e n t w i c k e l u n g in der griechischen Kirche Schlussbetrachtungen
•
601—618 619—632
Zusätze und Verbesserungen. S. 24 Z. 14 v. o. statt: correcten lies c o n c r e t e n . S. 31 Z. 16 v. u. statt: feinern lies f r e i e r e n . S. 43 Z. 5 v. u. statt: Zug des Sohnes zum Vater lies: Zug des V a t e r s z u m Sohne. S. 49 Z. 4 v. o. statt: Judenthum lies: J u d e n c h r i s t e n t h u m . S. 51 Z. 12 v. o. statt: Christus lies: J e s u s . S. 59 Z. 1 v. u. statt: Letztererer dem Antoninus Pius lies: Letzterer d e s g l e i c h e n . S. CO Anm. 2 Z. 3 u. 4 statt: Aristidis Apologia ad Antoninum Pium lies: Ueber Aristides vgl. Texte etc. Setze hinzu: Robinson, Text and studies Vol. 1. 1891. Der Inhalt dieser Apologie bezieht sich thcils auf den Gottesbegriff, Vertheidigung eines ethischen Monotheismus, theils auf die christliche Moral, sucht also das Christenthum in theoretischer und praktischer Hinsicht als v e r n ü n f t i g e r zu erweisen als den Götterglauben. S. 61 Anm. 6 setze hinzu: die formale Seite der Apologie Justins ist behandelt von Rauschen: Tübinger Quartalschrift 1899 S. 188f. Wehofer, die Apologie Justins in literarhistor. Bez. zum ersten Mal unters. 1897. Veil, Justins Rechtfertigung d. Christ. 1894. S. 62 Z. 18 v. o. statt: Offenbarung der Welt lies: Offenbarung i n der Welt. S. 71 A. 1 setze hinzu: J . Stier, die Gottes- und Logoslehre Tertullians 1899. S. 77 ist die Nummerbezeichuung falsch: No. 2 gehört hinter Hippolyt, No. 3 hinter nennen in Z. 9 v. o., No. 4 hinter Gottheit Z. 13 v. u. S. 86 Zusatz zu Anm. 2: Origenes Werke werden im Auftrage d. Berliner Akademie neu herausgegeben, bis jetzt Bd. I, II ed. Kötschau. S. 104 zu dem Abschnitt „Entwickelung der Lehrauctoritäten" vgl. die Schrift von Kunze, Glaubensregel, heil. Schrift, Taufbekenntniss 1899, die ich nicht mehr eingehender berücksichtigen konnte. Seine Meinung, dass das „Taufbekenntniss und das neue Testament älter seien als der Gnosticismus" S. 384, sowie dass »die regula fidei das antihäretisch gewendete, aus der heil. Schrift ergänzte und ausgelegte Taufbekenntniss sei, diese, die Schrift mit eingeschlossen" oder auch: reg. fidei sei „die gegen die Häretiker zusammengefasste heil. Schrift alten und neuen Testamentes, insofern sie den im alten T a u f b e k e n n t n i s s ausgesprochenen D o r n e r , Gruiidriss der Dogmeogcscbicbte.
b
—
S. S. S. S. S.
X
—
Glauben zum Inhalt hat, dieses, das Bekenntniss selbst mit eingeschlossen" (S. 185) scheint mir in ihrer künstlichen Verclausulirung weder sehr durchsichtig noch von apologetischen Tendenzen frei. 117 setze das Komma hinter AtVjp in sich auf, der alle Vollkommenheit der Aeonenwelt in sich concentrirt, sodass in Jesus Christus eine vollkommene Offenbarung des Pleroma gegeben ist. Der in der Welt verborgene Samen des Pneumatischen, der schon in dem mosaischen Gesetz und den Propheten theilweise sich geoffenbart hat, wird nun durch Jesus Christus entbunden, indem er in den Menschenseelen das pneumatische Element erweckt und, von der Verwirrung der 5X7) befreit, zu voller Intelligenz führt. Vor dem Leiden hat der acü-tijp Jesus verlassen; seine Aufgabe ist erfüllt, indem er die pneumatische Wahrheit offenbart; dadurch können auch die Menschen pneumatisch werden, in denen pneumatischer Kern ist. Die Pneumatiker gehen in das Pleroma ein, die durch die Erkenntniss vollendete Geister haben theil an dem Pleroma mit dem aojirjrj und der Achamoth, die in dem Pleroma die dieselbe abschliessende Syzygie bilden. Die Hyle geht zu Grunde, während die Psychiker mit dem Demiurgen ausserhalb des Pleroma bleiben, da sie nicht zur vollen Gnosis sich erheben, nicht das pneumatische Element der Gnosis voll entwickeln, sondern im werkthätigen Handeln bleiben. Die Grundgedanken dieses Systems sollen in mythologischer Form den Weltprocess darstellen, den Fall der Geister und ihre Rückkehr zum Pleroma durch die Erkenntniss, die Befreiung von der materiellen Welt. Der Grundgedanke ist hellenisch; die untere Welt ist das hylisch und psychisch verdorbene Abbild der oberen Welt der reinen Intelligenz der Aeonen. Was an dieser unteren Welt geistig ist, wird durch den Aeon awxTjp, der in ihr erscheint, zur geistigen Existenz in das Pleroma zurückgeführt, nachdem das pneumatische Princip schon in der vorchristlichen Welt bei Juden und Hellenen sich vorbereitend geoffenbart hat. Diese Gnosis sucht sich mit Elementen des Christenthums zu verbinden; Gott ist ihr einerseits absolut transcendent, aber doch wieder wenn auch nur in emanatistischer Form die Fülle seiner Intelligenz im Pleroma offenbarend. Die Weltgeschichte ist die Geschichte des Abfalls und der Erlösung durch den Aeon Christus, der in Jesus erscheint; aber diese Welt ist doch nur eine Scheinwelt; die Befreiung von dem
-
55 —
Bösen ist Befreiung von dieser Welt und Zurückfiihrung ins Pleroma. Diese Weltanschauung ist im Grunde doch einseitig idealistisch, zu einer geschichtlichen Entwickelung kommt es nicht, sondern nur zu einer Erlösung von der oX^ für die, welche schon von Natur Pneumatiker sind. Der Process ist noch mehr naturartig; die gute Natur wird von ihren Hemmnissen entbunden. Das Ideal im Pleroma ist das der harmonisch abgeschlossenen Idealwelt in Gott, es hat ästhetischen Charakter, ja zum Theil phantastisch-mythologischen Charakter, wenn man an die Syzygien der Aeonen denkt. Die Betrachtung der Welt ist hier unter eine Stufenreihe gebracht, je mehr von Gott entfernt, um so weniger real and werthvoll sind die Gestaltungen bis zu der UXYJ. Dieser Gedanke ist kosmologisch immer wieder aufgetreten, dass die Stufen der Welt aus dem verschiedenen Antheil der Weltobjecte an dem göttlichen Sein zu erklären seien. Er ist bei Augustin und bei Thomas in geklärterer Form vertreten. Wenn bei Valentin und seinen Anhängern (Herakleon, Marcus u. A.) die sinnliche Welt aus dem Fall der Achamoth erklärt wird und selbst die 3X7], die wieder vernichtet werden soll, als der äussersten Bestürzung der Seele entstammend betrachtet wird, also der Dualismus vermieden werden soll, indem auch die uXrj aus dem Abfall der Achamoth erklärt, im Grunde idealistisch als verworrener Geist betrachtet wird, haben S a t u r n i n und B a s i l i d e s , die von einem Falle der Achamot Nichts wissen, einen dualistischen Zug. Letzterer scheint die Entstehung der Welt auf den Zusammenstoss feindlicher Kräfte zurückzuführen, er kennt keine Syzygieen, wenn auch geistige Aeonen. Im Zusammenhang mit diesem Dualismus stehen dann asketische Tendenzen. Die Art der Erlösung ist auch hier so vorgestellt, dass durch die Erscheinung des vou? in Jesu, der die volle Erkenntniss bringt, Alles, was pneumatisch ist, in die göttliche Sphäre, die heilige ¿Tfooa'i, gerettet wird 1 . Noch sind die ägyptischen Gnostiker, die Ophiten 3 (mit ihren verzweigten Secten der Kainiten, Sethiten, Paraten) zu erwähnen, deren Ansichten zwar der Valentinianischen ähnlich sind, die aber in ihren Ursprüngen über Valentin zurückdatiren. Sie haben nach Irenaeus (adv. haeresl, 30) im Pleroma vier Potenzen, den Allvater, der zugleich Urmensch ist, und die Ennoia, des Menschen Sohn, ferner den heiligen Geist und Christus. Die untere Welt entsteht auch hier durch einen 1
Der von Irenaeus und Clemens abweichende Bericht der Philosophumena VII, 14—27 X , 14 scheint eine jüngere Bildung wiederzugeben. ' Lipsius, die ophitischen Systeme, Zeitschr. f. wiss. Theol. 1863 H. 4. 1864 H. 1.
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Abfall der Prunikos, der Weisheit. nen Welt herrscht der Demiurg,
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In der aus diesem Abfall entstandeIadalbaoth,
der Menschen schafft,
die
an der oberen Welt theilhaben und an der unteren, die der Verführung des schlangengestaltigen Satan folgend sich über Iadalbaoth erheben, und durch diesen Fall sich zugleich zur Ahnung des höchsten Gottes aufschwingen, aber der Verfolgung Satans
und des Iadalbaoth auch noch
unter dem alten Bunde ausgesetzt sind, bis der Aeon Christus sich bei der Taufe auf Jesus herablässt,
und obgleich Jesus
den Angriffen des
Iadalbaoth am Kreuze erlag, doch die Seelen zur Erkenntniss des Göttlichen bringt, so dass sie in das Pleroma zurückkehren.
Die Ophiten
vertreten also ähnliche Gedanken, wie alle genannten Gnostiker, die Erlösung aus der irdischen Welt, die Befreiung von ihrem Herrscher durch die himmlische Erkenntniss. Verwandtschaft
Hier tritt, nur stärker, einerseits die Gott-
des Menschen hervor, wenn der Urmensch
schon
als
höchstes Princip zugleich bezeichnet wird, andererseits der Dualismus in dem 0