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German Pages 536 [661] Year 1926
GRIECHISCHE DENKER EINE
GESCHICHTE DER ANTIKEN PHILOSOPHIE VON
THEODOR GOMPERZ
ZWEITER BAND VIERTE
AUFLAGE
AUSGABE LETZTER HAND, BESORGT VON H. GOMPERZ
1925 BERLIN UND LEIPZIG
VERLAG WALTER DE GRUYTER & Co.
Das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen hat sich der Verfasser vorbehalten.
Druck von Gerhard Stalling, Oldenburg 1. O.
DEM ANDENKEN MEINER SCHWESTER
JOSEPHINE VON WERTHEIMSTEIN (19/11 1820—16/7 1894)
WIDME ICH DIESEN BAND
Vorwort. Es ist dem Verfasser nicht möglich gewesen, in diesem Bande außer Sokrates, den Sokratikern und Piaton auch dessen Schüler, darunter Aristoteles und seine Nachfolger, zu behandeln.
Der dafür erforderliche
Raum wurde durch die eingehende Erörterung der Werke Piatons in Anspruch genommen, die sich mehr und mehr als unbedingt notwendig herausstellte.
Freilich stand es dem Verfasser von vornherein fest, daß
die Herausschälung eines platonischen Systems aus den Schriften des Philosophen untunlich, und daß jeder derartige Versuch nur dazu angetan sei, ein unzulängliches Bild zu erzeugen. Aber erst die Ausführung des Unternehmens hat ihn gelehrt, wie unerläßlich es ist, dasselbe nicht in allzu enge Grenzen einzuschließen.
Gilt es doch nicht nur die Ent-
wicklung Piatons annähernd verläßlich zu ermitteln und möglichst anschaulich zu schildern. Die volle Würdigung nicht bloß des literarischen Künstlers kann nur durch die Einsicht in den Gang und Bau mindestens der größeren Werke selbst erzielt werden. Dann erst gewahren wir das, was an Piaton das wahrhaft Anziehendste und überragend Bedeutendste ist: die innere Bewegung seines gewaltigen Geistes und tiefen Gemütes, die mannigfachen Strömungen des Denkens und Fühlens, die mitunter zusammenfließen, mitunter auch, wie es z. B. im „Philebos" der Fall ist (vgl. das achtzehnte Kapitel), sich kreuzen und wider einander fluten. Möchte es der Darstellung gelungen sein, hinter der immer deutlicher erkannten Größe der Aufgabe nicht allzu weit zurückzubleiben! W i e n , im März 1902.
VI
Vorwort
In der zweiten Auflage, welche der ersten in so kurzer Frist gefolgt ist, wird niemand tiefgreifende Änderungen anzutreffen erwarten. Doch war der Verfasser an nicht gar wenigen Stellen, und hoffentlich nicht ohne jeden Erfolg, bemüht, an seine Darstellung die bessernde Hand zu legen. W i e n , im Dezember 1902.
Wenn diese dritte Auflage in Form und Inhalt eine nicht allzu geringe Zahl von Verbesserungen aufweist, so ist dies in nicht geringem Maße der freundschaftlichen Mitwirkung Adolf Wilhelms zu danken, der die sämtlichen Korrekturbogen des Textes gelesen und bei diesem Anlaß zur Vervollkommnung des Buches nicht wenig beigesteuert hat. In gleicher Weise und mit ähnlichem Erfolg hat mein Sohn Dr. Heinrich Gomperz die Druckvorlage des Bandes durchmustert. W i e n , im Juli 1912.
Th. Gomperz.
Bei der Vorbereitung der vierten Auflage dieses zweiten Bandes haben mich dieselben Grundsätze geleitet, die ich auch schon in der Vorrede zur vierten Auflage des ersten Bandes ausgesprochen hatte. Da indes die dritte Auflage des zweiten Bandes erst nach dem Tode des Verfassers erschien, so kam diesmal die Verwertung von Zusätzen aus seiner eigenen Feder von vornherein nicht in Frage. Dagegen mußten einige Bemerkungen beseitigt werden, die aus der zweiten Auflage in die dritte herübergenommen worden waren, obgleich sie den vom Verfasser in dieser dritten Auflage sonst ausgesprochenen Überzeugungen offenkundig widersprachen — ein Widerspruch, den er ohne Zweifel selbst (etwa in der Weise, wie jetzt ich es getan habe) behoben hätte, hätte er die Korrekturbogen der dritten Auflage nicht erst in den letzten Wochen seines Lebens, schon im Kampfe mit seiner Todeskrankheit begriffen, gelesen. W i e n , im Dezember 1924.
H. Gomperz.
Inhalt. V i e r t e s B u c h : Sokrates und die Sokrntiker. E r s t e s K a p i t e l : Wandlungen des Glaubens und der Sitte Z w e i t e s K a p i t e l : Athen und die Athener D r i t t e s K a p i t e l : Leben und Wirken des Sokrates V i e r t e s K a p i t e l : Die sokratisehe Lehre F ü n f t e s K a p i t e l : Das Ende des Sokrates S e c h s t e s K a p i t e l : Xenophon S i e b e n t e s K a p i t e l : Die Kyniker A c h t e s K a p i t e l : Die Megariker und verwandte Richtungen N e u n t e s K a p i t e l : Die Kyrenaiker F ü n f t e s B u c h : Platoii. E r s t e s K a p i t e l : Piatons Lehr- und Wanderjahre Z w e i t e s K a p i t e l : Die Echtheit und Zeitfolge der platonischen Schriften D r i t t e s K a p i t e l : Piaton als Begriffs-Ethiker V i e r t e s K a p i t e l : Piaton als Begriffs-Ethiker (Fortsetzung) F ü n f t e s K a p i t e l : Der platonische „Gorgias" S e c h s t o s K a p i t e l : Piatons „Euthyphron" und „Menon" S i e b e n t e s K a p i t e l : Das platonische ,,Symposion" A c h t e s K a p i t e l : Piatons Seelen- und Ideenlehre N e u n t e s K a p i t e l : Piatons „Phädros" Z e h n t e s K a p i t e l : Der ,,Phiidon" und Platons Unsterblichkeitsbeweise E l f t e s K a p i t e l : Platons „Staat" Z w ö l f t e s K a p i t e l : Platons „Staat" (Fortsetzung) D r e i z e h n t e s K a p i t e l : Platons Moral-, Staats- und Gesellschafts-Ideal V i e r z e h n t e s K a p i t e l : Platons zweiter und dritter sizilischer Aufenthalt F ü n f z e h n t e s K a p i t e l : Platons „Euthydem" und „Parmenides" . . . S e c h z e h n t e s K a p i t e l : Der „Theätet" und der „Kratylos" S i e b z e h n t e s K a p i t e l : Der „Sophist 1 ' und der „Staatsmann" . . . . A c h t z e h n t e s K a p i t e l : Platons „Philebos" N e u n z e h n t e s K a p i t e l : Der „Timäos" und der „Kritias-' Z w a n z i g s t e s K a p i t e l : Platons „Gesetze" . E i n u n d z w a n z i g s t e s K a p i t e l : ßückblicke und Vorblicke Anmerkungen lind Zusätze
Seite 3 23 34 51 71 92 108 134 164 197 217 227 244 258 282 298 312 323 334 347 370 393 414 422 431 440 454 464 486 514 522
Viertes Buch.
Sokrates und die Sokratiker. 810 xal KXeavÖT)« ¿v Tui Seutipip Ilept rjBov^; T6V SoJxpetT^v cprjal r.ap exaUTa Siocfazetv, T)M. TTo/.iT. Col. 30 ff. [ = c. 63 ff.], am eingehendsten erklärt von Sandys p. 240 [ = 2 248 ff.] seiner Ausgabe. Vgl. auch Daremberg-Saglio Dictionn. des antiqu. Is. v. Dikastai] II p. 184 ff. [und Lipsius, D. att. Recht u. Rechtsverfahren 139 ff], 2) Über die hier geschilderten Personen vgl. Piatons Apol. 33e—34», auch Groen van Prinsterer Prosopographia Platonica, Leyden 1823, ferner die Büste des Antisthenes bei Schuster Portraits der griechischen Philosophen Leipzig 1876, Tafel I, 6, desgleichen die jetzt als authentisch erkannte Büste Piatons, vgl. Benndorf, Jahreshefte des öst. arch. Instituts II 250. Die Zahl der Geschworenen erhellt aus L. Diog. II 41 im Verein mit Piatons Apol. 36». Nur hat Piaton die Zahl 31 auf 30 abgerundet und L. Diog. mit leichter Ungenauigkeit von einer Mehrheit von 281 Stimmen gesprochen, statt von 281 Stimmen, welche die Mehrheit gebildet haben. Mit Köchly Akad. Reden und Vorträge I S. 3701 einen Schreibfehler bei L. Diog. anzunehmen, tut nicht not. — Man beachte die große Zahl der Geschworenen, nicht viel weniger als der zehnte Teil der 6000, die als rA-mz 'Ailr^foi den Ostrazismus und verwandte Gerechtsame auszuüben befugt waren. Ein so ansehnlicher Bruchteil des athenischen Volkes mußte die herausfordernde Weise der Verteidigung gar stark empfinden und darin die Bestätigung des gegen Sokrates erhobenen Vorwurfs erkennen:
ÜTTEpopciv Ir.oki tu>v r.3&E5T«iTiov vr!ij.iov Tiöc 5'ri'ivrir (Xenophon Mem. I 2, 9).
3) Rauchopfer und Gebet sicher bezeugt durch Aristophanes Wespen 860. [Das Folgende nach Piatons Apologie 17 ab (rhetorische Kunst der Ankläger), 24d (Betonung patriotischer Absichten), 27^ (Unterbrechungen des Meletos, vgl. Xenoiphon Apol. 20), 29« (Rede des Anytos) und 36» (rednerischer Mißerfolg des Meietos). — Das Stimmenverhältnis bei der Abstimmung über die Todesstrafe: L. Diog. II 42]. 78 1) „Stilisierte Wahrheit": darüber hat Verf. im Herbst 1895 auf der Kölner Philologen-Versammlung eingehender gehandelt. Er ist noch immer weit davon entfernt, die Apologie mit Martin Schanz (Piatons Apologie, Leipzig 1893, Einleitung S. 74) für eine „freie Schöpfung" Piatons zu halten, obgleich er Schanzens Auffassung jetzt einigermaßen näher steht als damals. 79 1) Wenn ich es bestreite, daß Sokrates um jeden Preis sterben wollte, so will ich damit doch nicht denjenigen beipflichten, welche die dem Xenophon zugeschriebene Apologie (vgl. § 33) demselben abspreche n. Selbst wenn X., statt in Kleinasien zu weilen, in Athen gewesen wäre, hätte er die Absichten und Beweggründe des Sokrates nicht mit unfehlbarer Sicherheit durchschauen können. 83 1) Hier folge ich meinem Sohne H. Gomperz Grundlegung der neusokratischen Philosophie S. 28, [der aber heute nicht mehr bestreiten würde, daß Sokrates die Athener dazu ermahnen konnte, sich — ganz offenbar d u r c h A n e i g n u n g r i c h t i g e r s i t t l i c h e r B e g r i f f e — um den wünschenswerten Seelenzustand der Tüchtigkeit zu bemühen, Apol. 29 d e ],
Zu Buch IV,
Kap. 5—6, S.
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84—92
84 1) „Heilsame Unwahrheit": vgl. Piatons „Staat" III 389b. 85 1) Über des Sokrates Geiängnisdichtungen vgl. Piatons Phädon 60°, ferner L. Diog. II 4 2 : ciÄXa rcudv« x a x d n v a c Ir.ahp^ Ein Zweifel an der Echtheit jenes Päans ist [aber schon] im Altertum ausgesprochen worden. Hingegen durfte die in den Worten o j rA-m e^tT£TEUY(iivajc angedeutete Kritik der versifizierten äsopischen Fabel nicht als Ausdruck eines Zweifels an ihrer Echtheit gelten. O b die zwei [von L. Diog. a. a. O.] mitgeteilten Verse authentisch sind oder nicht, entzieht sich unserem Urteil. Dasselbe gilt von dem kleinen Bruchstück bei Athenäos XIV 628 F (bei Bergk Poetae lyr. Gr. II* 287) [ = Diehl, Poetae eleg. 86]. An der von Piaton gemeldeten Tatsache selbst (mit Schanz, Hermes X X I X 597 ff.) zu zweifeln, scheint mir unberechtigt. 86 1) Die u. E. besten Darstellungen und Beurteilungen des Prozesses bieten H. Köchly an dem oben [Anm. 2 zu S. 76] angeführten Orte und Grote im 68. Kap. der Hist. of Greece. Keineswegs wertlos, wenn auch von Willkürlichkeiten nicht durchaus frei, ist Peter Forchhammers Schrift „Die Athener und Sokrates. Die Gesetzlichen und der Revolutionär", Berlin 1837. 2) Hegel: Ges. Werke XIV S. 42 ff. 3) J . St. Mill Die Freiheit Kap. III (Ges. Werke I 56). 88 1) Kritias und Alkibiades: Wenn Isokrates Rede XI § 5 behauptet, niemand habe vor des Polykrates Anklageschrift etwas davon gewußt, daß Alkibiades ein Jünger des Sokrates gewesen sei, so kennt er entweder, trotzdem er Landsmann und Zeitgenosse ist, die Wahrheit nicht, oder er will sie im Eifer der Polemik gegen Polykrates nicht kennen, oder er spielt mit dem Worte „Schüler" oder „Jünger" in unstatthafter Weise. Denn Piatons Symposion gestattet keine Widerrede, so wenig wie der Eingang des P r o t a g o n s oder Gorgias 481°]. 2) Reue der Athener: vgl. L. Diog. II 43 und Diodor XIV 37 Ende. 3) Äschines: in der Rede gegen Timarch § 173. — Vgl. auch Meiser, Studien zu Maximus Tyrius S. 28 ff.
Zu Buch IV, Kap. 6. 92 1) Vgl. L. Diog. II c. 6. Außer diesem Abschnitt sind Xenophons eigene Schriften neben gelegentlichen Angaben der Alten die einzige Quelle auch für sein Leben. „Dilettant im Goetheschen Sinne": „Das ist aber eben das Wesen der Dilettanten, daß sie die Schwierigkeiten nicht kennen, die in einer Sache liegen, und daß sie immer etwas unternehmen wollen, wozu sie keine Kräfte haben." Goethes Gespräche (herausg. von Biedermann) [Nr. 1075 Ende] VI 1 35. 34*
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Zu Buch IV, Kap. 6, S. 92—96
2) Vom angeblich xenophontischen „Jagdbuch" • v.Tn^T^wiz) hat L. Radermacher Rhein. Mus. 51 u. 52 dargetan, daß dessen Sprache von jener der übrigen Schriften Xenophons vielfache Abweichungen aufweist. Chronologie des Xenophon: Da Xenophon bei seinem ersten Auftreten nach der Gefangennahme der Generale von seiner Jugend spricht, die ihn zur Übernahme einer Befehlshaberstelle kaum geeignet erscheinen läßt (Anabasis III 1, 25), so hatte er damals (401) das Alter von 30 Jahren wahrscheinlich noch nicht erreicht. Somit war er jedenfalls nidit vor 430, wohl erst im Anfang der 20er Jahre des 5. Jahrhunderts geboren. Sein Tod kann nicht vor dem Ende der 50er Jahre des 4. Jahrhunderts erfolgt sein. Und zwar aus zwei Gründen. Xenophon schließt die Hellenika mit der Schlacht von Mantineia und setzt im „Agesilaos" den Tod dieses Königs voraus. Danach brauchte er noch nicht weit über das Jahr 360 hinaus gelebt zu haben. Allein der Satz der Hellenika VI 4, 37 führt nach Sauppes richtiger Bemerkung („Ein Kapitel aus Xenophons 1 EXXrjvixdNachrichten der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften 1882 Nr. 10) [ = Ausgewählte Schriften S. 473] zum mindesten auf das Jahr 357. Andererseits wurde (von Kaibel, Hermes XXV 597) zwar nicht, wie ich meine, die Benutzung der isokratei'schen Friedensrede bei der Abfassung von ller/i ro'piov, wohl aber die Identität der in beiden Schriften vorausgesetzten politischen Situation erwiesen. Da nun jene Rede des Isokrates in die Mitte der 50er Jahre fällt (vgl. Blaß Attische Bereds. II2 299 f.), so führt uns auch dieses Indizium in dieselbe Epoche wie jene Äußerung der Hellenika. — Erst nach Abschluß dieses Kapitels kam mir das Buch von E. Schwartz zu: Fünf Vorträge über den griechischen Roman. Seine Behandlung Xenophons stimmt vielfach mit der meinigen überein. Gern wüßte man, worauf seine Behauptung fußt (S. 47), daß Antisthenes zu der Zeit, in der Xenophons Kyros-Roman verfaßt wurde, „schon lange verstorben" war. — Aus moderner Literatur sei hervorgehoben: die Charakteristik Xenophons in Alfreds von Gutschmid Kleinen Schriften IV 328 ff., auch die wenigen auf Xenophon bezüglichen Seiten in Mahaffy, Problems of Greek History (p. 106.f., 118, 127). 93 1) Ober diese, die jüngere, Aspasia vgl. Plut. Artaxerx. c. 26, 3 (Vitae 1221, 15 ff. Döhner). 2) Xenophons Befragung des Delphischen Orakels: Anabasis III 1, 4—8. 94 1) Die in neuerer Zeit oft vorkommende ungenaue Angabe, X. habe den Rückzug der Zehntausend geleitet, begegnet im Altertum wohl zuerst bei Pausanias IX 15, 5. — Manche kleine Züge: vgl. III 4, 46ff. u. IV 4, 11.ff. — Themistogenes von Syrakus: die Angabe bei Xen. Hellen. III 1, 2. — Die Erörterung der Übereinstimmungen und Verschiedenheiten in der Darstellung Diodors und Xenophons würde uns zu weit führen. Dürrbachs Versuch (L'apologie de Xenophon dans 1'Anabase, Rev. des Etudes Grecques VI 343 ff.), jene Übereinstimmungen aus der Benutzung einer gemeinsamen Quelle zu erklären, der schon an sich höchst mißlich ist, fällt vollends zu Boden angesichts der Art, wie Diodor XIV 29, 3 die durch ihre schriftstellerische Wirkung so bedeutende Stelle Xenophons Anab. IV 7, 21 verwertet. Auch vgl. man Diodor XIV 30, 2 mit Anab. IV 8, 21. 96 1) Über Skillus vgl. Anab V c. 3.
Zu Buch IV, Kap. 6—7, S.
97—108
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97 1) Gryllos: vgl. Aristoteles bei L. Diog. II 55 und Quintilian Instit. orat. II 17, 14 [ = Frg. 68—69 Rose]. Vgl. des Verf. Aufsatz: Die herkulanischen Rollen, Zeitschr. f. österr. Gymn. 1866, S. 701 f. Vgl. auch Jakob Bernays, Die Dialoge des Aristoteles S. 62 und 157. 98 1) Zum folgenden vgl. [Memor. III 9, 4 sowie] Cyrop. III 1, 22 und Oeconomicus XII 12, desgleichen XX 2 und 21; in betreff der Frauen vgl. den ganzen Oeconomicus und die schon angeführten Äußerungen über weibliche Tapferkeit im Symposion. 2) Das Verhältnis der beiden Symposien hat die Gelehrten viel beschäftigt. Daß Xenophons Schrift der gleichnamigen platonischen nachgefolgt ist, kann jetzt als ausgemacht gelten. Vgl. Ivo Bruns Attische Liebestheorien usw. in den Neuen Jahrbüchern f. d. klass. Altertum 1900, 1. Abteilung S. 17 ff, 99 1) [Pantomimische Aufführung: Gastmahl c. 2 Anfang; verwandte Schilderung: Anab. VI 1 Anfang], — Glanzstellen der „hellenischen Geschichte": IV 1, 29 ff.; IV 1, 3 ff.; V 4, 25ff.; VI 4, 36 f.; VII 2, 9. 2) Reden des Theramenes und Kritias: Hellenika II 3 [24 ff. und 35 ff.], des Prokies: [VI 5, 38 ff. und VII 1, 1 ff. — Widerrechtliche Besetzung der thebanischen Burg: V 4, 1], 100 1) Plutarch: in seiner Biographie des Agesilaos, vor allem c. 5 Anfang. 101 1) Vgl. Eduard Meyer, Geschichte des Altertums III, 1, 278 f., insbesondere 281. 102 1) Spartanische Züge in der Cyropädie: z. B . Syssitien II 1, 25, militärischer Drill II 3, 21. 103 1) Disziplin: Cyrop. VIII 1, 2, Beamtenhierarchie: VIII 1, 14, Verantwortlichkeit: V 3, 50, Arbeitsteilung: II 1, 21; VIII 2, 5. — Wachtstubenhumor: I 3, 10; II, 2; VII 5, 40ff. [Erotik: V 1, 1—18]; Sport: I 6, 39ff.; Reitkunst: IV 3, 15 ff. 105 1) [Versicherung: IV 28 ff. — Alles oder nichts: IV 35 ff.]. 106 1) Die Anführung aus Hipparchicus IX 8. Auch zum folgenden vgl. ebd. Kap. 9 Schluß. Vgl. auch die charakteristische Stelle Cyrop. I 6, 44 ff. 2) „In den Händen eines Kritikers": August Krohns in „Sokrates und Xenophon" [Halle 1875. — Apolog des Prodikos: Mem. II 1, 21 ff.] - Gespräch mit Lamprokles: Memor. II c. 2. — Ermahnung zur Verträglichkeit: ebd. II c. 3. 107 1) Aristarch: Memor. II c. 7. — Eutheros: ebd. II c. 8. Zum folgenden vgl. Memor. II 12. Ober Betragen bei Tisch: III, 14. Die Anführung: „Alle seine Begriffsbestimmungen" usw. aus Mem. IV, 6, 1.
Zu Buch IV, Kap. 7. 108 1) Über Antisthenes handelt L. Diog. VI c. 1. Die Bruchstücke gesammelt von A. W. Winckelmann: Antisthenis fragmenta, Zürich 1842. Die chronologischen Fragen eingehend, aber kaum fruchtbar erörtert bei Chappuis, Antisthene, Paris 1854, p. 171 ff. Wahrhaft entscheidend wohl nur, daß Piaton ihn als „spätlernenden Greis" verspottet (Sophist 251b), das heißt doch, daß er nicht mehr jung war, als er mit Sokrates verkehrte. Dazu stimmt es, daß er vorher ein Schüler des Gorgias gewesen war, und nicht unglaubhaft klingt es danach, daß er die von ihm (in der Rhetorik, müssen wir hinzudenken) unter-
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Zu Buch IV, Kap. 7, S. 109—116
richteten Jünglinge zur Teilnahme am Verkehr mit Sokrates aufgefordert hat (L. Diog. VI 1 u. 2). So w a r er denn nicht unerheblich älter als Piaton. Jeder Versuch einer genaueren Zeitbestimmung scheitert an der Unzuverlässigkeit der Anekdoten, an der Zweideutigkeit und Unsicherheit der chronologischen Angaben. Vielfach verdient um das Verständnis des Antisthenes hat sich Ferd. Dümmler gemacht. Vgl. dessen Antisthenica, Bonn 1882, jetzt Kleine Schriften I 10—78; De Antisthenis lógica ebd. 1—9; Akademika, Gießen 1889. Dieser frühverstorbene Forscher (1859—1896) war gelehrt, scharfsinnig, erstaunlich vielseitig und unermüdlich tätig; zu voller Reife zu gelangen hat ihm das Schicksal verwehrt. Bestechend, aber u. E. unhaltbar w a r sein Versuch, neben dem kynischen auch das heraklitische Element der Stoa auf Antisthenes zurückzuführen. D. bemerkte nicht, daß Antisthenes, der in der Erkennntislehre den Megarikern oder Jung-Eleaten so nahe stand, nicht auch ein halber Herakliteer sein konnte, ohne zu einem konfusen Eklektiker zu werden. Ihn aber ohne strengen Beweis, bloß auf Grund einiger an sich recht plausibler Kombinationen für einen solchen zu erklären, wäre der Gipfel der Willkür, ja ein schweres Unrecht gegen den schutzlosen Denker, dessen Werke verloren sind, und dessen Lehren wir fast nur durch bittere polemische Anspielungen seiner Gegner Piaton und Aristoteles kennen. 109 1) Zum folgenden vgl. Xenophon Memor. III 9, 10 ff. 111 1) Der „blasphemische Ausruf" [Winckelmann p. 29]: bei Clemens Strom. II 20 p. 485 Potter 1= II 171, 20 Stählin]. 112 1) Ausfälle gegen . . . . Alkibiades und Perikles: vgl. Athenaeus V 220 C—D und XIII 589 E [ = Winckelmann p. 17 und 19], 113 1) „Ober die Natur der Tiere" vgl. L. Diog. VI 15 [ = Winckelmann p. 12], Vorbilder aus dem Tierleben z. B. bei Dion Rede 40, 174 (II) R(eiske) = II 54, 24 A(rnim) u. am Ende, sowie 68, 364 (II R.) = II 172, 18 A. 2) Idealisierung der Naturvölker: vgl. Rohde, Griech. Roman 2 214ff. [ = 3 213 ff.]. Manches Lehrreiche auch bei Dümmler, Prolegomena zum platonischen Staat (Kleine Schrift. I 150 ff.). Der homerische Vers II. XIII, 5/6. 3) Diese Darlegung entnehme ich der 6. Rede Dions: AïoyévTjç y¡ rsp Tupawiôoç, insbesondere p. 206 R. ff. (I) = I 88, 14 fi. A. Die Rede ist sicherlich das, wofür sie sich gibt, eine Zusammenstellung kynischer Gedanken und Äußerungen. Die Polemik gegen Piatons Protagoras scheint bisher nicht bemerkt zu sein, ist aber unverkennbar. Man vgl. insbesondere Dion a. a. O. Z. 21 ff. A. mit Piatons Protagoras 321»— 114 1) Rousseau: Discours sur les sciences et les arts, 2" de partie, note 1. 2) [Vgl. die Schriftentitel L. Diog. VI 17—18 = Winckelmann p. 14 und die Bruchstücke ebd. p. 23—28], 116 1) Die beiden Zitate aus Tolstoi vereinigt und bespricht Melchior de Vogüé in seinem Buche Le roman russe p. 310/1. V. erinnert an den „vertige séculaire oriental", auch an Indien, dessen Lehren wieder aufleben „dans la frénésie qui précipite une partie de la Russie vers cette abnégation intellectuelle et morale, parfois stupide de quiétisme, parfois sublime de dévouement" . . . . (p. 313). 2) Ich denke an Göttlings Vortrag: „Diogenes der Kyniker oder die Philosophie des griechischen Proletariats" (Ges. Abhandl. I 251 ff.).
Zu Buch IV, Kap. 7, S.
118—120
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118 1) Vgl. L. Diog. VI 10—12 und 105 [ = Winckelmann p. 15 und 46 f.]. 2) Vgl. L. Diog. VI 3 [u. Euseb, Präp. Ev. XV 13, 6 = Winckelmann p. 52. — „Herakles" ebd. p. 15 f. und jetzt Dittmar, Aischines v. Sphettos S. 300 ff.]. — Prometheus und Herakles: hier schöpfen wir aus Dions 8. Rede A c r ¡ 7tsp! ápsTíjc [besonders I 101, 6 ff. Arnim]. 119 1) Vgl. Dions [32.] Rede an die Alexandriner I 657 R. = I 269, I I A . : T(i)v 8c Kuvixcüv X£7'.[jivc cijrctiöe jto'jc •/. jvc¡; und tlpó^ 1 Hpá/.Xstov xuvtxáv, I 234—310 Hertlein). Die Feigheit, welche angeblich im Unterschiede von den Mönchen die Kyniker zu Antiochia während des Aufstandes im Januar 387 n. Chr. O. an den Tag legten, hebt Johannes Chrysostomos hervor XLIX p. 173 Migne. Vgl. Gibbon Decline and fall III2 p. 48. .(Die genauere Zeitbestimmung nach Rauscher, Jahrb. d. christl. Kirche unter Theodosius S. 512—520.) 2) „Wahn" und „Wahnfreiheit": nämlich - j i f j - und ixu-Ma [Clemens Strom. II 21 Ende, II 184, 18 Stählin=Winckelmann p. 48]. 3) Über Krates vgl. L. Diog. VI c. 5. Er war zur Zeit, da Ptolemäos Philadelphos den Thron bestieg (285 v. Chr. G.), am Leben, vgl. Hense Prolegg. ad Telet. rel. p. 27 [ = 2 XXXVI1]. Die Bruchstücke seiner Dichtungen vereinigt bei Bergk Poetae lyr. Gr. II* 364 ff. (zum Teil wiederholt in Curt Wachsmuths Corpusculum poesis epicae Graecae ludibundae II2 192 ff.) [und jetzt bei Diels, Poetarum philosophorum Fragmenta p. 207 ff.]. Höchst bezeichnend sind die Verse (Frg. 17 Bergk) [ = Frg. 14 Diels]: „Die Liebe heilt der Hunger, heilt die Zeit; / Hilft beides nicht, ein drittes hilft: der Strick". Auch die das Weltbürgertum verkündenden Verse (Frg. 1 Nauck) [ = Frg. 15 Diels] sollen hier nicht fehlen. Sie lauten in freier Wiedergabe: „Kein Haus, kein Ringwall gilt als Heimat mir; / Wo immer mir im weiten Erdenkreis / Ein Obdach winkt, da heiß' ich's Fremde nicht". Bruchstücke seiner Tragödien bei Nauck [Frg. Trag. Gr. 2] p. 809 f. [und Diels p. 221 ff.]. Dazu die Nachträge in Naucks Tragicae dictionis index p. XXVII u. des Verf.s Nachlese zu den Bruchstücken der griech. Tragiker S. 48 f., jetzt Hellenika I 141. Über Bion und Teles vgl. die Anmerkungen 1 zu S. 192 und 3 zu S. 124. 4) Über das Verhalten der römischen Kyniker und insbesondere über Peregrinus vgl. Bernays Lucian und die Kyniker mit einer Übersetzung der Schrift Lucians „Über das Lebensende des Peregrinus", Berlin 1879. 120 1) [„Nimmer gebeugt": Frg. 5 Diels; „Pera": Frg. 4 Diels]. Trotz der Anlehnung an Odyssee-Stellen rechne ich dies Bruchstück nicht mit Wachsmuth zu den Sillen des Krates. Gleich seine Auffassung des 1. Verses: „terra . . . quae iacet in medio p h i l o s o p h o r u m fastu" scheint mir viel zu eng. Nichi „de dogmaticorum placitis", sondern von der allgemein gangbaren Lebensauffassung ist die Rede. Ich lese (gleichwie Diels) V. 4 -óp^d ¿rotyciX/,0|iEvoi irifirjaiv. 2) Hier schöpfe ich aus der 13. Rede Dions, in deren Beurteilung ich mich durch Arnim, Leben und Werke des Dio von Prusa (1898) S. 256 ff., ganz und gar bestärkt finde. Gleich ihm hielt ich Dümmlers Annahme, Dion benutze dort den Archelaos des Antisthenes, für verfehlt. Aber daß ein altkynisches und wahrscheinlich antisthenisches Werk von Dion ausgebeutet wurde, darf als im
536
Zu Buch IV, Kap.
S.
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höchsten Maße wahrscheinlich gellen. Vgl. or. 13, I 424 R. = I 182, 20 ff. [und über Palamedes I 185, 1] Arnim. 121 1) Das meldet Athenaeus V 220 D [ = Winckelmann p. 22] : 6 ot -oXi-t-/.oc aÜToO 8tctXoyoc foävTUiv xaTaSpoftrjv Ttspiiye.i TÄV 'Aü^vr^atv 87)uayu)Y(I>v. Auch seinen Lehrer Gorgias soll er, wie Ath. ebendort meldet, in seinem „Archelaos" geschmäht haben; ebenso hat er gegen Isokrates polemisiert (L. Diog. VI 15) [ = Winckelmann p. 12], Die dem Antisthenes beigelegten Deklamationen Ajas u. Odysseus (Orat. att. II 167 ff.) [ = Winckelmann p. 38 if.] halten wir mit der Mehrzahl der Forscher für unecht. 2) Auch hier schöpfe ich aus Dions 13. Rede [ = I 185, 17 Arnim. — „Kyros": Winckelmann p. 17ff. und jetzt Diittmar, Aischines v.Sphettos S. 304ff.]. 122 1) Über Diogenes handelt (sehr ausführlich) L. Diog. VI c. 2; eine wenig zulängliche Monographie in Göttlings Gesammelten Abhandlungen I 251 ff. Massenhafter Apophthegmen-Stoff in MuILachs Fragmentsammlung II 295 ff. — Zum unmittelbar Folgenden vgl. Dion Rede VIII, I 275 R = I 96, 3 ff. A. 2) „Den tollgewordenen Sokrates": Das Wort wird Piaton beigelegt von L. Diog. VI 54, wo Cobet die Worte ohne Grund eingeklammert hat, und Aelian Varia hist. XIV 33. 123 1) Die hier gegebene Erklärung: der Sage von des Diogenes Falschmünzerei [L. Diog. VI 20] rührt von DieLs her: „Aus dem Leben des Kynikers Diogenes" Arch. f. Gesch. d. Philos. [VII 313 ff.]. 2) Als Verfasser der „zwei antiken Monographien" werden [von L. Diog. VI 29 f.] ein unbekannter Eubulos umd Menippos (Eubulides u. Hermippos entbehren, nach Bywaters freundlicher Mitteilung, handschriftlicher Gewähr) namhaft gemacht. Es scheint ein Phantasiestück des kynischen Poeten Menippos vorzuliegen, eine Aoyivoj^ - e i n - , zu welcher der wirkliche Verkauf Piatons auf Ägina den Anlaß geliefert und die selbst wieder ein Vorbild für Lukians I3(iuv -od^zi- abgegeben haben mag. Die hier angeführte Angabe Dions lautetr hze\ « «miftcivev 6 ' A v a n c e ixtrißr) dz K-iptv»ov, Rede VIII, I 276 R. = I 96, 17 f. A. — Diogenes . . . im Hause des Xeniades: L. Diog. VI 30 ff. 3) Kraft, Frohsinn und Gesundheit: vgl. Julian Rede VI 195* = I 252, 21 Hertlein u. Epiktet Dissert. III 22, 88 u. IV 11, 22 = p. [310, 13] und [444,7] Schenkl [1916]. 4) Diogenes, [Alexander] und das Kraneion: vgl. Pausanias II 2, 4, Plutarch De exilio VI [p. 601b], Leben Alexanders XIV, Alkiphron III 60 [ = III, 24, p. 88, 7 Schepers], Dion IV 147, VI 199, IX 289 R. (I) = I 58, 4; I 83, 24; I 103, 17 A.; Curtius Peloponnes II 529. — Ober sein Lebensende [und sein Grabmal] vgl. L. Diog. VI 76 ff. Wäre der Dichter Kerkidas in Wahrheit, wie früher fast allgemein geglaubt wurde, ei:n Zeitgenosse des Diogenes, so dürfte man an dem Ende durch Selbstmord nicht zweifeln, doch s. jetzt unten Anm. 1 zu S. 131. Die Verse [des Kerkidas] bei L. Diog. a. a, O. behandelt Bergk Poetae lyr. Gr. II 4 513 [und jetzt Diehl, Anthol. lyr. 311]. Über den Ursprung der Benennung [Kyon] gab es schon inn Altertum Meinungsstreit. Vgl. Elias (vormals David) Kommentar zu den Kategorien, Commentaria in Aristot. XVIII 1 p. 111, 2, Berlin 1900. Das selbstverständlich Richtige darüber bei H. Weber De Dione Chrysostomo cynicorum sectatore S. 103 ff. Der Hund war der Typus der Schamlosigkeit, und die Kyniker sehlugen der Sitte und Konvenienz ins
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Gesicht. Nun wiesen sie ihrerseits auf alle trefflichen Eigenschaften der Hunde hin, auf ihre Treue, Wachsamkeit, scharfe Unterscheidungsgabe u. dgl. m. Der Beiname scheint schon dem Antisthenes erteilt worden zu sein. Das Bild des Diogenes ist von der Nachwelt vielfach ins Fratzenhafte verzerrt worden. Das Bettlerleben, auf welches manche Apophthegmen und späte Berichte hinweisen, hat er jedenfalls nur gelegentlich geführt. Der Aufenthalt in der Tonne war nicht mehr als ein augenblicklicher Notbehelf, den er gewiß nicht ohne die Absicht, seine Bedürfnislosigkeit zur Schau zu tragen, gewählt hat (L. Diog. VI 23). Z u r geschichtlichen Wahrheit durchzudringen ist schwierig, da die Folgezeit es offenbar geliebt hat, die Züge des jüngeren Kynismus auf dessen ältere Vertreter, vor allem auf den zum Typus erhobenen Diogenes, zu übertragen. Doch nähern wir uns dem Original, wenn wir sein Bild ins Auge fassen, wie es weniger als ein Jahrhundert nach seinem Tode in den Mahnreden des Teles erkennbar ist. So begegnet bei diesem (p. 31, 4 [ = 2 p. 41, 13] Hense) jenes Diktum, durch welches Diogenes die Nichtverfolgung seines weggelaufenen Sklaven begründete: „Wenn Manes ohne Diogenes leben kann, w a r u m nicht auch Diogenes ohne Manes?" Somit galt D. noch zur Zeit, da Teles schrieb, als Besitzer eines Sklaven, was mit eigentlichem Bettlerleben nicht vereinbar ist. Und da Teles erweislichermaßen das meiste Derartige aus Bio« geschöpft hat, so erfährt das gesicherte Alter dieses Bildes einen weiteren Zuwachs. Über die Tracht, des Diogenes vgl. die lehrreiche Untersuchung Leos im Hermes XLI 441 ff. (,.Diogenes bei Plautus"). 124 1) Über Monimos, Onesikritos, Krates, Metrokies, Hipparchia handelt in dieser Reihenfolge L. Diog. VI c. 3 ff. [Krates' Mißgestalt: L. Diog. VI 91]. Von seinen Poesien w a r schon oben [Anm. 3 zu S. 119] die Rede. Seine angeblichen Briefe sind recht sehr unergiebig, zum Teil mit anderwärts dem Diogenes lind dem Antisthenes zugeschriebenen Apophthegmen angefüllt, zum Teil, wie Nr. 24 (Epistolographi Graeci ed. Hercher p. 213), schlecht bis zur Abgeschmacktheit. Hingegen darf man die dem Diogenes beigelegten Briefe (ebd. p. 235 ff.) als eine nicht ganz wertlose Quelle betrachten (vgl. Weber a. a. O. p. 93 Note 1). Die Komödie hat den Kynikern, wie zu erwarten, arg zugesetzt. So läßt Menander [Frg. 249] den Monimos nicht einen, sondern drei Bettelsäcke tragen; dem Krates genügt es bei Philemon [Frg. 146] nicht, Winters und Sommers dasselbe Kleid zu tragen: er trägt im Winter ein leichteres, im Sommer ein schwereres Gewand. Auch des Krates Gemahlin Hipparchia ward [von Menander, Frg. 117] nicht verschont (vgl. II 523, III 35 und III 72 Kock). Des Onesikritos Besuch bei den indischen sog. Gymnosophisten berichtet mit g r o ß e r Ausführlichkeit Strabo XV [1, 63] p. 715 ff., wahrscheinlich nach des Onesikritos Schrift über Alexander. 2) Die Reste der vielfach, mit Unrecht, wie Verf. glaubt und in Zeitschr. f. österr. Gymn. 1878 S. 255 darzutun bemüht war, für unecht erklärten Buchdramen des Diogenes bei Nauck 2 p. 807 f.; vgl. desselben Tragicae dictionis index p. XXVI f. 3) Die Überreste des Teles, insgesamt bei Stobäos erhalten, sind gesammelt, bearbeitet und trefflich eingeleitet von Otto Hense: Teletis reliquias. edidit, prolegomena scripsit O. H. Tübingen 1889, 2. Aufl. 1909.
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126 1) „Staat" des Diogenes: über seine Echtheit handelt der Verf. a. a. O. 254. Der im Voranstehenden besprochene „Ödipus" des Diogenes behandelte sicherlich die Frage des Inzests in der Weise, die wir aus Dio X Ende [ = 1115, 5 Arnim] kennen; der „Atreus" oder „Thyestes" die Frage der Anthropophagie nach L. Diog. VI 73. Das Äußerste an Verachtung der Sitte bietet übrigens Dio VI, I 203 ff. R. = I 86/7 A. Daß den Diogenes auch der Gedanke beschäftigte, die Menschen sollten auf den Gebrauch des Feuers verzichten und zur (ujio'fayia der Tiere zurückkehren, erhellt aus Kaiser Julian Rede VI = I 250, 20 ff. Hertlein. Daran knüpfte sich die Anekdote, der Genuß rohen Fleisches habe ihm den Tod gebracht: Plutarch Aquane an ignis sit utilior 2 Ip. 956b] und Plutarch (?) De esu carnium I 6 [995 cd ] (Moralia ed. Dübner 1170, 40 u. 1217, 49); vgl. auch L. Diog. VI 34. 2) Plutarch oder wohl richtiger Eratosthenes bei Plutarch: De Alexandri fortuna [6, p.] 329a = Moralia 403/4 Dübner. Ähnlich derselbe bei Strabo I [4, 9] p. 66. Vgl. dazu und zum folgenden den lehrreichen Aufsatz von Eduard Schwartz: „Hekatäos von Teos" Rhein. Mus. XL 223 ff. [besonders S. 252 ff.], auch die von Ulrich Köhler: „Fragmente zur Diadochengeschichte" (Berliner Sitzungsberichte v. 26. Februar 1891) behandelten merkwürdigen Exzerpte bei Suidas. 127 1) „Der eine Hirt und die eine Herde": vgl. Plutarch a. a. O. [De Alexandri fortuna 329 a ]. Das „Beinmarkengeld" bei Athenaeus IV 159 C und Philodem [Crönert, Kolotes u. Menedemos S. 61], vom Verf. a. a. O. behandelt. — „Gemeinschaft der Kinder": dazu u. zum Folgenden vgl. L. Diog. VI 72. — „Freie Liebe": L. Diog. a. a. O.: töv t^i-hto. tt( irswihiog auveTvcit, verglichen mit VII 131 (Zenon und Chrysipp): tu cm töv ¿vTuyovr« -rf, ev-yyo'icjtq -/p^atton. 128 1) Diese Büchertitel bei L. Diog. VI 16 f. [ = Winckelmann p. 13 f.]. 2) Milde und Sanftmut: Epiktet Dissert. III 24, 64 [p. 333, 17] Schenkl [1916]; vgl. Origenes contra Celsum III 50 = p. 142 Spencer [ = I 246, 28 Koetschau]; Aristides II 400 f. Dindorf. 129 1) Das monotheistische Bekenntnis des Antisthenes, vorher nur aus der Nachbildung Ciceros De nat. deor. I 32 bekannt, lesen wir jetzt bei Philodem Ober Frömmigkeit S. 72 meiner Ausgabe: ~«p 'Avxtaflivci 0 ' h ¡jlev tä 'jac/iu XiyeTcti to y-ctti v,sßEio, MEyspE^ai-. S; ?|i.fia>.E A'iaaav ¿ptaij-oO darf uns nicht irreführen. Die von Plutarch (Mor. 560, 46 u. 593, 14 Dübner) De cohibenda ira 14 [p. 462 c ] und De fraterno amore 18 [p. 4S9 d ] erzählte Anekdote zeigt, daß Euklid als ein Muster von Sanftmut gegolten hat Sein jähzorniger Bruder ruft ihm zu: ich soll zugrunde gehen, wenn ich mich nicht an dir räche. Und ich, so erwidert er, wenn ich dich nicht versöhne! — Zum Folgenden L. Diog. II 107. Ebd. [II 108] nennt L. Diog. die Titel von 6 Dialogen des Eukleides. Leider ist uns nichts davon erhalten. An ihrer Echtheit und an jener der Gespräche Phädons hat Panaitios g e z w e i f e l t , während er die gesamte übrige sokratische Gesprächsliteratur, von Platon, Xenophon, Antisthenes und Äschines abgesehen, in Bausch und Bogen verwarf (L. Diog. II 64). Uns scheint die literarhistorische Kritik des eklektischen Stoikers nicht das allermindeste Gewicht zu besitzen. E r hat, weil er Platon hochhielt,
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dessen Unsterblichkeitsglauben jedoch nicht teilte, den Phädon verworfen! [Anthol. gr. IX 358; Elias in Aristot. Categ. 133, 18 Busse; Asklepios in Metaph. 90, 23 Hayduck], Desgleichen die Schriften des Stoikers Ariston dem gleichnamigen Peripatetiker zugeteilt [L. Diog. VII 163], gewiß aus keinem andern Grunde, als weil ihm der Kynismus dieses Stoikers mißfallen hat. Ebenso war es offenbar bare Willkür, wenn er die Verspottung des Sokrates bei Aristophanes, Frösche 1491 ff., [nach dem Scholion zu diesen Versen] statt auf den Philosophen auf einen anderweitig völlig unbekannten Dichter dieses Namens bezog! Wir können an dieser Stelle nur unsere Überzeugung aussprechen; einiges Genauere über des Panaitios Athetesen [Anm. 1] zu S. 166 und [Anm. 1] zu S. 223. 149 1) Über Eubulides vgl. L. Diog. II 108 ff. Über seine gehässige Polemik gegen Aristoteles vgl. hauptsächlich Eusebios Praep. evang. XV 2, 5, Athenaeus VIII 354 C, welch letzterer X 437 D auch zwei bissige Verse aus einer Komödie desselben anführt (vgl. II 431 Kock). 2) Über den Haufenschluß vgl. vornehmlich L. Diog. VII 82, Cicero Acad. priora II [ = Lucullus] 92 ff., Sextus Pyrrh. II 253 und adv. mathem. VII 416 (117, 19 u. 281, 17 Bekker) [ = Chrysipp Frg. 275—277 Arnim. Die Schrift des Chrysipp: L. Diog. VII 193 = Stoic. Vet. Frgg. II 6, 11 Arnim. „Satz des Allmählichen": 2 Bücher Chrysipps llep'c toi -api |j.i-/.pöv X070V rrpo«; ^TTjaryoporv L. Diog. VII 197 = II 8, 9 Arnim, dem Sorites gleichgesetzt von Prantl, Gesch. d. Logik Ii 490 210]. 151 1) Über den „Lügner" vgL vorerst Cicero a. a. O. § 95, Gellius Noctes Atticae XVIII 2, 10, dann Aristoteles: Sophistici elenchi 25 180b 2. 152 1) Chrysipp: nach L. Diog. VII 196 f. [ = II 7. 34—8,6 Arnim], Theophrast: nach L. Diog. V 49 Ende. Über den „Lügner", seine Bedeutung und seine Geschichte verbreitet sich mit einem erstaunlichen Aufgebot von Mühe und Wissen Alexander Rüstow in einer diesen Titel führenden Monographie (Leipzig 1910). Ein hierher gehöriges Chrysippfragment (im herkulanischen Papyrus 307) behandelt er ebd. S. 72 ff. 2) „Elektra" oder „Der Verhüllte"; vgl. Lukian Vitarum auctio 22 (p. 562 f.), L. Diog. VII 198 [ = II 8, 11 Arnim], Aristoteles Soph. el. 24, 179* 33. — Epikur: vgl. des Vf.s kleine Schrift: Neue Bruchstücke Epikurs, Wien 1876, S. 7: 010 xil i-avTEC xaTayEXiuJiv o-av xtc ¿ixoXof^Jctvtoi; tivoc (jltjo' £v8ey_esftat xoüirö ¿-t'dTiailai T£ xal fir) ¿Tu'araaii! 7:potpspir) töv auyxey.aX,j(A|jt£vov. D e r Urheber des Fangschlusses wird alsbald ootpiorVji: gescholten. 153 1) Vgl. L. Diog. VII 187 u. II 135, auch VI 38; Gellius Noct. Att. XVI 2, 4 ff. (sehr verständig). Erwähnt auch von Aristoteles Soph. el. 22, 178a 29. 154 1) Alexinos: ein Bruchstück aus dessen Schrift Flepl ¿70171)1; hat v. Arnim scharfsinnig erkannt und hergestellt: Hermes XXVIII 65 ff. Den Wert der Anekdote L. Diog. II 109 kann ich nicht so hoch veranschlagen, wie A. es tut (ebd. S. 70). Sein Zeitalter wird durch den Terminus ante quem jener Schrift 282/1 genauer als vordem bestimmt. — Stilpon: vgL L. Diog. II c. 11. 2) Ein „Mann von Welt": dies die richtige Erklärung des -o/.itcx