Globalstrategie und Geschichtsideologie: Zur Analyse der bürgerlichen Historiographie der USA in der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus [Reprint 2021 ed.] 9783112485682, 9783112485675


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Globalstrategie und Geschichtsideologie: Zur Analyse der bürgerlichen Historiographie der USA in der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus [Reprint 2021 ed.]
 9783112485682, 9783112485675

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Alfred Loesdau Globalstrategie und Geschichtsideologie

ALFRED

LOESDAU

Globalstrategie und Geschichtsideologie Zur Analyse der bürgerlichen Historiographie der USA in der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus

AKADEMIE-VERLAG 1974

BERLIN

Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 Copyright 1974 by Akademie-Verlag, Berlin Lizenznummer: 202 • 100/247/73 Umschlaggestaltung: Helga Klein Herstellung: IV/2/14 VEB Druckerei »Gottfried Wilhelm Leibniz«, 445 Gräfenhainichen/DDR • 4021 Bestellnummer: 7 5 1 9 8 3 8 (5906) • LSV 0215 Printed in G D R E V P 19,50

Inhalt

Vorwort Abkürzungsverzeichnis

7 13

Kapitel I Das Verhältnis von Geschichte und Politik in der bürgerlichen US-Historiographie . . . . 1. Die geschichtsideologischen Bedürfnisse des staatsmonopolistischen Kapitalismus der USA in der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus 2. Die bürgerliche Geschichtsideologie der USA im Ergebnis der Wissenschaftspolitik des staatsmonopolistischen Kapitalismus

15

15 30

Kapitel II Die geschichtstheoretische Position der bürgerlichen US-Historiographie 1. Die Krise der bürgerlichen Ideologie 2. Der traditionelle Einfluß des bürgerlichen deutschen Historismus in der amerikanischen Historiographie 3. Präsentismus und Revisionismus 4. Der Pragmatismus der in den USA dominierenden Geschichtsschreibung

48 48 51 61 67

Kapitel III Die ideologische Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes" 1. Die historiographische Umsetzung der „Industriegesellschafts"lehre 2. Atlantismus und Europaidee in der amerikanischen Geschichtsideologie 3. Die Reaktivierung des bürgerlichen Nationalismus in der imperialistischen Historiographie der USA

77 77 82 91

Kapitel IV Historisch-politische Grundkomponenten des „atlantischen Geschichtsbildes" der USA bei der Darstellung der deutschen Geschichte 1. Die „sozialgeschichtliche" Begründung des NATO-Staates B R D

104 104

6 2. Die historisch-politische „Integration" der deutschen Arbeiterbewegung in die „Industriegesellschaft"

128

Kapitel V Historiographische Widersprüche des staatsmonopolistischen Kapitalismus 1. Differenzen unter den „atlantischen" Geschichtsideologen 2. Die „Neue Linke" der amerikanischen Historiographie

137 137 143

Ausgewählte Dokumente

155

:

Literaturverzeichnis

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Personenregister

195

Sachregister

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Vorwort

Der nächste Internationale Historikerkongreß wird im Jahre 1975 in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführt werden. Das hat verständlicherweise den Wunsch der Historiker geweckt, sich einen Überblick über die Positionen der amerikanischen Historiographie zu verschaffen. Auch die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Geschichtsideologie bedingt immer entschiedener Kenntnisse über die wichtigsten Richtungen und Konzeptionen der in den USA vorherrschenden Historiographie. Die erfolgreiche Entwicklung des Sozialismus als Weltsystem hat die Bemühungen der Ideologen des staatsmonopolistischen Kapitalismus verstärkt, die Potenzen der bürgerlichen Wissenschaften im antikommunistischen Kampf zu konzentrieren. Es gibt unmittelbare Wechselwirkungen zwischen der imperialistischen Globalstrategie und der Historiographie der USA. Mr. President, State Department und Pentagon bedienen sich der Zu- und Mitarbeit führender amerikanischer Historiker und historisierender Politologen. Die bürgerliche Historiographie ist einem tiefgehenden Prozeß reaktionärer Politisierung unterzogen worden. Es gibt besonders enge Beziehungen zwischen der in den USA und der in der BRD dominierenden Historiographie im Kampf gegen das sozialistische Weltsystem. Die ideologische und methodologische Grundlinie der besonders die DDR attackierenden Historiker, Politologen und Soziologen ist wesentlich von amerikanischen Strategen und Ideologen bestimmt worden. Für die Konzentration auf die von bürgerlichen Ideologen in der internationalen Klassenauseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus verbreiteten Gesellschaftslehren und Geschichtskonzeptionen ist die stärkere Berücksichtigung vor allem der von den USA ausgehenden ideologischen Impulse unerläßlich geworden. Eine erste Analyse, zu der ich von Prof. Dr. habil. Gerhard Lozek angeregt wurde, ist von mir im Jahre 1968 als Dissertation vorgelegt worden. Die folgenden Jahre — insbesondere die zunehmende Beschäftigung amerikanischer Politologen und Historiker mit der Geschichte des ehemaligen Deutschen Reiches — ließen die Notwendigkeit, eine derartige Analyse einem breiteren Kreis von interessierten

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Vorwort

Geschichtswissenschaftlern und Propagandisten zugängig zu machen, fühlbarer werden. Wenn die Arbeit auch aktualisiert worden ist, so besteht ihr Grundanliegen nach wie vor darin, die Zweckbestimmung von Geschichtsdarstellungen international mehr oder weniger bekannter führender Gelehrter der USA aufzuspüren und vor allem ihre Funktion im Rahmen geschichtsideologischer Manipulation und Diversion sichtbar zu machen. In den USA werden heute viele Arbeiten über Geschichte im allgemeinen und über die deutsche Geschichte im besonderen publiziert. Die an und für sich enge Verzahnung zwischen Politik und Geschichte ist durch die zielgerichtete Politisierung der Geschichtsschreibung unter staatsmonopolistischen Bedingungen bedeutend verstärkt worden. Historiker, Politologen, Soziologen erweitern die historische Forschung und bemühen sich um Schlußfolgerungen aus der Geschichte für die regierungspolitische Strategie des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems. Für den großen Umfang amerikanischer Geschichtspublikationen ist der Rezensions- und Annotationsteil der „American Historical Review" kennzeichnend. Schließlich ist diese Zeitschrift — wenn auch die wichtigste auf geschichtswissenschaftlichem Gebiet in den USA — nur eine von vielen. Die zentrale Rolle der imperialistischen US-Historiographie, ihr internationaler Standort, wird durch solche Zeitschriften unterstrichen, die in den sechziger Jahren gegründet wurden oder in deren Redaktionen führende amerikanische Historiker vertreten sind. Dazu gehört die internationale bürgerliche philosophische Zeitschrift „History and Theory", die seit 1960 in den USA herausgegeben wird. Dort erscheint seit 1968 auch die Zeitschrift „Central European History", die sich mit der Geschichte des deutschsprachigen Mitteleuropas befaßt. Der amerikanische Historiker George L. Mosse gibt neben seinem Kollegen Walter Laqueur aus der BRD seit 1966 in London das „Journal of Contemporary History", eine Zeitschrift für die „Zeitgeschichte" Europas, heraus. Auch traditionelle Organe wie „The Journal of Modern History" und „Journal of the History of Ideas" sind für die bürgerliche Historiographie von internationaler Bedeutung. Die Kooperation von Ideologen der USA und Westeuropas, besonders der BRD, kulminiert in solchen Gemeinschaftswerken wie der Enzyklopädie „Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft", die von C. D. Kernig (BRD) herausgegeben wird, der zugleich Chefredakteur ist. Er arbeitet dabei zusammen unter anderem mit amerikanischen Ideologen wie Z. K. Brzezinski, F. T. Epstein und H. Woolf, mit den westdeutschen Ideologen D. Geyer, B. Meissner, G. Stökl und K. C. Thalheim (Westberlin). H. Mommsen und W. Schieder (BRD) sind in der Redaktion für das Gebiet Geschichte vertreten. In der imperialistischen Historiographie sind Strömungen und Tendenzen anzutreffen, die in politischer, theoretischer, methodologischer und konkret-historischer Hinsicht verschiedenartig strukturiert oder akzentuiert sind. Die bürgerlichen Geschichtsideologen sind bestrebt, die Unterschiede zwischen solchen Strömungen überzubewerten und vor allem den Klassencharakter dieser Historiographie insgesamt in Abrede zu stellen. Die wissenschaftliche Analyse der einzelnen Richtungen und Tendenzen imperialistischer Historiographie ergibt jedoch ihre gemeinsame

Vorwort

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klassenbedingte Grundorientierung. Derartige Gemeinsamkeiten sind vor allem dann ersichtlich, wenn die betreffenden Arbeiten auf ihren geschichtsideologischen Gehalt hin untersucht werden. Sind zwar die geschichtstheoretischen und geschichtsmethodologischen Positionen eines Historikers ein entscheidendes Kriterium für seinen geschichtsideologischen Standort, so wird dieser aber in erster Linie von der historisch-politischen Konzeption bestimmt. Die historisch-politische Konzeption ergibt sich aus den Anforderungen, die die gegenwärtige imperialistische Politik an die bürgerliche Geschichtswissenschaft richtet. Die Politik der Regierungen sowohl in Washington als auch in der BRD ist von gemeinsamen antikommunistischen strategischen Grundvorstellungen geprägt. Die Erforschung der geschichtsideologischen Aspekte der Globalstrategie des amerikanischen Imperialismus ist darum dringend notwendig geworden. Die ideologische Grundlinie der imperialistischen Historiographie ist durch eine Projizierung führender bürgerlicher Gesellschaftstheorien, so insbesondere der „Industriegesellschaftslehre", in die Geschichte Nordamerikas und Westeuropas charakterisiert. Das Ergebnis ist unter anderem das sogenannte atlantische Geschichtsbild, in dessen Rahmen die Geschichte des Deutschen Reiches und der BRD „sozialgeschichtlich beleuchtet" wird. Stabilisierung des staatsmonopolistischen Kapitalismus und Erosion des Sozialismus/Kommunismus sind die zweckbestimmten Zielsetzungen dieser Geschichtsschreibung. Die amerikanisch-westdeutsche Interessengemeinschaft schließt Differenzen unter den „atlantischen" Geschichtsideologen keineswegs aus, handelt es sich doch letztlich um ein imperialistisches Zweckbündnis, innerhalb desselben jeder der beiden Partner seine eigenen Vorherrschaftspläne verfolgt. Doch es haben sich auch echte antiimperialistische Bestrebungen vor allem unter amerikanischen Historikern ergeben, die von der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft beachtet werden müssen. Diese objektive Situation bestimmt den Gegenstand der vorliegenden Monographie. Sie konzentriert sich auf die vorherrschende Strömung der imperialistischen Historiographie, hier besonders auf historisch-politische und geschichtstheoretische Grundprobleme der gegenwärtigen USA-Geschichtsschreibung, auf die Analyse konkret-historischer Geschichtsdarstellungen dieser dominierenden Richtung über deutsche Geschichte, auf ihre Wechselbeziehungen zur Geschichtsschreibung in der BRD sowie auf historiographische Widersprüche des staatsmonopolistischen Systems in den USA. Dabei ist an bisherige Forschungsergebnisse der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft angeknüpft worden. Ausgangspunkt ist die Arbeit von Gerhard Lozek und Horst Syrbe „Geschichtsschreibung contra Geschichte. Über die antinationale Geschichtskonzeption führender westdeutscher Historiker" (Berlin 1964). Zum Unterschied von dieser Publikation unterliegt die vorliegende Untersuchung jedoch Einschränkungen. Es erfolgte eine Konzentration auf solche USA-Historiker, deren Forschungsobjekt die deutsche Geschichte ist. So übten die Geschichtswerke des im Jahre 1968 verstorbenen amerikanischen Historikers Hajo Holborn einen entscheidenden konzeptionellen Einfluß auf die amerikanische und westdeutsche akademische Historiographie aus. Er war der Fürsprecher ihrer

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Vorwort

systematischen und kontinuierlichen Kooperation. Von amerikanischer Seite haben sich hierin außer Holborn besonders hervorgetan: der 1967 tödlich verunglückte Klaus Epstein, Fritz R. Stern, Hans Rosenberg, George L. Mosse, Andreas Dorpalen, Gerhard Masur, John L. Snell, Gordon A. Craig, Gerhard L. Weinberg, John Gimbel, Leonard Krieger, Carl E. Schorske, Guenther Roth, Hedwig Wachenheim, Hans W. Gatzke, Otto Pflanze, Theodore S. Hamerow, Gerald D. Feldman, Lewis J . Edinger, Vernon L. Lidtke, Jürgen Herbst. Von westdeutscher Seite sind in dieser Beziehung besonders in Erscheinung getreten: Hans Rothfels, Waldemar Besson, Werner Conze, Golo Mann, Wolfgang Sauer, Dietrich Gerhard, Ernst Nolte, Karl Dietrich Bracher, Peter Christian Ludz. Bei der Erforschung der deutschen Geschichte durch die genannten amerikanischen Historiker machen sich Traditionen des Zusammenhangs zwischen der bürgerlichen deutschen und der US-Historiographie bemerkbar, die bis in das 19. Jahrhundert zurückreichen. Diesen Beziehungen und vornehmlich dem Einfluß des reaktionären bürgerlichen deutschen Historismus auf die Herausbildung der Geschichtswissenschaft in den U S A ist in der Monographie — unter Beachtung der neuen Qualität der Partnerschaft zwischen den U S A und der B R D auf historiographischem Gebiet in der Gegenwart — nachgegangen worden. Bei aller Konzentration auf die Historiker, deren Gegenstand die deutsche Geschichte ist, kann jedoch ihre Position für die vorherrschende Richtung imperialistischer US-Historiographie als typisch angesehen werden. Das ergibt auch ein Vergleich mit den Arbeiten sowjetischer Wissenschaftler zur amerikanischen Historiographie. Untersuchungen zur gegenwärtigen bürgerlichen Ideologie in den U S A (unter Redaktion von Ju. A. Samoskin, Ju. N. Semenov, N. S. Julina), die Darstellung der Entwicklung der Historiographie in den U S A durch J . P. Dementjev, V. L. Maljkov und D. G. Nadzafov, die Analyse der amerikanischen bürgerlichen Historiographie über die Sowjetgesellschaft von B. I. Maruskin, die Darstellung des allgemeinen Trends der US-Geschichte durch A. V. Efimov und G. P. Kuropiatnik, die Behandlung von Problemen der Geschichte der U S A in der amerikanischen Historiographie durch sowjetische Historiker unter Redaktion von G. N. Sevostjanov — um nur einige zu nennen — bestätigen, daß es sich bei den in der vorliegenden Monographie erwähnten Geschichtsdarstellungen amerikanischer Historiker um historisch-politische Konzeptionen handelt, die als charakteristisch für die imperialistische Historiographie der U S A im allgemeinen angesehen werden können. Begrenzungen des Gegenstandes der vorliegenden Arbeit haben sich durch bewußte Konzentration auf die Historiographie ergeben. Dabei wurden Political Science, sogenannte Ostforschung, Soziologie und andere gesellschaftswissenschaftliche Disziplinen nur insoweit berücksichtigt, wie es zur Charakterisierung bestimmter Querverbindungen historisch-politischer Probleme erforderlich war. Es machen sich aber auch Schwierigkeiten bemerkbar: Es gibt zwar einige geschichtsphilosophische Darstellungen über die U S A (hervorzuheben wären die Arbeiten des sowjetischen Soziologen I. S. Kon). Gesellschaftstheoretische Arbeiten amerikanischer Ideologen sind von G. Rose analysiert worden. Die Darstellung der Beziehungen zwischen der B R D und der D D R durch die amerikanische bürger-

Vorwort

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liehe Historiographie wurde von dem sowjetischen Wissenschaftler S. I. Appatov in ihrer Kontinuität untersucht. Es werden einzelne Abschnitte und Probleme der amerikanischen Geschichte behandelt (in der DDR zum Beispiel von G. Hass und P. Schäfer). Aber es gibt kaum zusammenhängende marxistisch-leninistische Darstellungen über die Geschichte der amerikanischen Geschichtsschreibung. Dessenungeachtet hofft der Verfasser die Grundpositionen der modernen imperialistischen US-Historiographie sichtbar gemacht und dazu beigetragen zu haben, die Auseinandersetzung mit Verfälschungen und Entstellungen der deutschen Geschichte entsprechend den Bedingungen des internationalen Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Kapitalismus auf die wichtigsten historisch-politischen Konzeptionen der bürgerlichen Ideologie zu konzentrieren. Besonderer Dank gilt Prof. Dr. habil. Gerhard Lozek für seine ständige Betreuung und Prof. Dr. habil. Werner Berthold für seine begutachtende Tätigkeit. Zum Gelingen der Arbeit haben auch die methodologischen Diskussionen unter Leitung von Professor Dr. habil. Walter Schmidt beigetragen. Wertvolle Ratschläge hat Prof. Dr. habil. Gerhard Schilfert erteilt. Aufschlußreich waren die Gespräche mit Prof. Dr. Georg Iggers, Prof. Dr. Philip S. Foner und Prof. Dr. Wallace Morgan aus den USA. Mein Dank bezieht sich nicht zuletzt auf Arthur Isatzky und Georg Neuckranz für die editorische Arbeit. Berlin, im Juni 1972

Alfred Loesdau

A bkürzungsverzeichnis

AHR APZ BZ BzG DA GuS GWU Hauptdokument

HT HZ JMH MEW MV MZ NNI PA PFS SW VfZ VI ZfG

The American Historical Review, New York Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament", Bonn Berliner Zeitung, Berlin Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Berlin Deutsche Außenpolitik, Berlin Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde, Berlin Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Stuttgart Die Aufgaben des Kampfes gegen den Imperialismus in der gegenwärtigen Etappe und die Aktionseinheit der kommunistischen und Arbeiterparteien, aller antiimperialistischen Kräfte, in: Internationale Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien, Moskau 1969, Berlin 1969 History and Theory. Studies in the Philosophy of History, Den Haag bzw. Middletown, Conn. Historische Zeitschrift, München Journal of Modern History, Chicago Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Berlin Märkische Volksstimme, Potsdam Mezdunarodnaja ¿¡znj, Moskau Novaja i Novejsaja Istoria, Moskau Political Affairs. Journal of Marxist Thought & Analysis. Theoretical Journal of the Communist Party, U. S. A., New York Probleme des Friedens und des Sozialismus. Zeitschrift der kommunistischen und Arbeiterparteien für Theorie und Information Sowjetwissenschaft, Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Berlin Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Stuttgart Voprosy Istorii, Moskau Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Berlin

KAPITEL I

Das Verhältnis von Geschichte und Politik in der bürgerlichen US-Historiographie „Ich denke, unsere Aufgabe in der Zukunft wird . . . es nicht sein, Griechenland oder Rom zu sein, sondern beide zusammen." Henry Steele Commager

1. Die geschichtsideologischen Bedürfnisse des staatsmonopolistischen Kapitalismus der U S A in der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus Der Historiker unserer Zeit lebt und wirkt unter den Bedingungen des internationalen Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus in der Welt. Die Konfrontation der Geschichtsideologien ist global und komplex. Die bürgerliche Historiographie ist generell von der historischen Defensivposition des imperialistischen Systems geprägt, sucht nach Alternativen zum historischen Materialismus und zum sozialistischen Geschichtsbewußtsein und wird immer stärker auf den Kampf gegen das sozialistische Weltsystem konzentriert. Die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft kann nur in der Auseinandersetzung mit der Apologetik und den Manipulationen der bürgerlichen Historiographie wirksam werden. Das setzt Kenntnisse der geschichtstheoretischen und historisch-politischen Grundpositionen des imperialistischen Systems voraus. 1 Es mag gefragt werden: Was ist eigentlich wissenswert angesichts stereotyper Wiederholungen und Reaktivierungen bürgerlicher Theorien, die im Wesen unverändert, in Teilfragen modifiziert propagiert werden? Was können gerade die sich atheoretisch, ahistorisch und pragmatisch gebenden Ideologen der USA Neues über die Geschichte und ihre Lehren aussagen? Nach wie vor ist von Liberalismus und Konservatismus, Interventionismus und Nationalismus, Pragmatismus und Positivismus die Rede. Die neue Qualität derartiger Theorien und Konzeptionen besteht unter den Bedingungen der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus in erster Linie darin, daß die Begriffe, Ideen, Theorien im Ergebnis staatsmonopolistischer Wissenschaftspolitik in ein relativ einheitliches System ideologischer Manipulation und Diversion integriert worden sind. Die Philosophen Dieter Bergner und Bernd P. Löwe sind angesichts der konzeptionsbildenden Funktion der amerikanischen Ideologen zu der Schlußfolgerung gelangt: „Man kann somit feststellen, daß sich in der Tendenz die Ideologie des staatsmonopolistischen Kapitalismus in den USA zur antikommunistischen Durchschnittsideologie 1

Vgl. Unbemältigte Vergangenheit. Handbuch zur Auseinandersetzung mit der westdeutschen bürgerlichen Geschichtsschreibung, hg. v. Gerhard Lozek, Helmut Meier, Walter Schmidt, Werner Berthold, Berlin 1970.

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

der Gesamtheit der herrschenden Klasse des imperialistischen Systems entwickelte. Alle für das ideologische Gebiet des staatsmonopolistischen Kapitalismus und des heutigen Antikommunismus typischen Konzeptionen, Ideen, Theorien usw. haben ihre Wurzeln in den theoretischen Produkten der Ideologen des USA-Monopolkapitals." 2 Diese Theorien und Konzeptionen setzten sich nach und nach in den imperialistischen Ländern durch. „Westdeutschland ist für diesen Amerikanisierungsprozeß der Ideologie besonders typisch." 3 Was die geschichtsideologische Seite dieser philosophischen Erkenntnis angeht, so bestätigt die Analyse der Darstellungen und Ansichten führender Historiker der USA und der BRD äußerst eindrucksvoll diese neue Qualität imperialistischer Ideologieentwicklung. Die imperialistische Geschichtsideologie ist auf die Auseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus ausgerichtet worden. Ihr wurde mit der „Industriegesellschaftslehre" eine verbindliche gesellschaftstheoretische Grundkonzeption gegeben. Die amerikanische Globalstrategie ließ die Strategierelevanz auch bürgerlicher geschichtsideologischer Konzeptionen und Methoden unvermeidlich werden. Die Widerlegung imperialistischer Geschichtsideologie wird — auf Grund ihrer neuen Qualität — nur wirkungsvoll und dauerhaft sein, wenn die konzeptionelle Arbeit der Ideologen der führenden imperialistischen Weltmacht, die nicht selten zugleich oder zeitweilig regierungspolitische Machtpositionen einnehmen (wie beispielsweise der Politologe Henry A. Kissinger oder der Historiker Arthur M. Schlesinger jr.), gebührend beachtet wird. Die Analyse amerikanischer Geschichtsideologie ist zu einer unerläßlichen Grundlage der Auseinandersetzung mit der imperialistischen Historiographie geworden. Globalstrategie und Ideologie Die Internationale Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau 1969 betonte, daß sich die geschichtliche Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus zuspitzt: „Schauplatz dieser Auseinandersetzung ist die ganze Welt, sind die wichtigsten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens: die Wirtschaft, die Politik, die Ideologie und die Kultur." 4 Die leitende Rolle der amerikanischen Regierung in der antikommunistischen Staatspolitik und Ideologie des Imperialismus erklärt sich aus der Position, die die USA seit 1945 im imperialistischen Lager einnehmen. Der zweite Weltkrieg hatte mit einer Schwächung des imperialistischen Weltsystems geendet. Es entstand das sozialistische Weltsystem, und das internationale Kräfteverhältnis entwickelte sich zunehmend zugunsten des Sozialismus. Den imperialistischen Mächten war klar geworden, daß ihr weiterer Kräftezerfall nur durch die Konzentration der ihnen verbliebenen Potenzen, wenn auch nicht völlig aufgehalten, so doch verlangsamt werden kann. Der führende amerikanische 2

3 4

Bergner, Dieter ¡Löwe, Bernd P., Philosophische Probleme des Kampfes gegen die Globalstrategie, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Berlin, 9/1970, S. 1030. Ebenda. Hauptdokument, S. 13.

1. Geschichtsideologische Bedürfnisse

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Wirtschaftshistoriker, Politiker und Präsidentenberater Walt W. Rostow hat im Hinblick auf die deutschen Imperialisten in dieser Situation rückblickend geäußert, sie hätten „daher erkannt, daß keiner von uns im Westen — und dies gilt natürlich auch für die Vereinigten Staaten — unsere Probleme lösen kann, es sei denn, daß wir gemeinsame Sache machen . . ." 5 Truman-Doktrin, Eisenhower-Doktrin und Johnson-Doktrin wurden zum Ausdruck der stärkeren imperialistischen globalen Orientierung der U S A 6 nach dem zweiten Weltkrieg. Allen diesen Doktrinen ist gemeinsam, daß sie die Machtinteressen und Machtpositionen des amerikanischen und gleichzeitig des Weltimperialismus gegenüber den demokratischen und sozialistischen Volkskräften verteidigen, ein Anliegen, das allen Etappen der imperialistischen USA-Diplomatie — von der Konzeption der „Einen Welt" über „Containment", „roll back", die „Politik der Zusammenarbeit und des Konflikts" bis zur „Globalstrategie" zugrunde liegt. 7 Bereits im Dezember 1945 übernahm der damalige Präsident der USA, Harry S. Truman, wie er sagte, „für die Zukunft die Last der Verantwortung für die Führung der Welt". 8 Später wiederholte der Politologe Zbigniew K. Brzezinski: „Amerika muß die Führung übernehmen." 9 Die Stellung der USA als führende imperialistische Weltmacht nach dem zweiten Weltkrieg veranlaßte die regierenden Kreise der USA, endgültig von der Propagierung eines Isolationismus Abstand zu nehmen. Internationalismus, Kontinentalismus, Interventionismus hießen nun die Schlagworte in der amerikanischen Politik, worunter außenpolitisch vor allem das weltweite Engagement der USA verstanden wurde. Übrigens hat der sogenannte Isolationismus die USA nie daran gehindert, im internationalen Maßstab Handel zu treiben, Interventionen vorzunehmen, Kriege zu führen. Der Westberliner Politikwissenschaftler und USA-Kenner Ekkehart Krippendorff hat darauf hingewiesen: „Die Debatte um den .Isolationismus' drehte sich darum im Kern immer nur um taktische, nicht aber um strategische Differenzen: beiden Alternativen war gemeinsam das Bestreben, die Ausbreitung des revolutionären kommunistischen Bazillus zu verhindern und die ökonomisch intendierte Politik der .Offenen Tür' zum universalen Prinzip zu erheben . . ." 1 0 Jedoch bereits 5

6

7

8

9 10

2

Die weltpolitische Rolle Deutschlands in amerikanischer Sicht, Rede des Leiters der Planungsabteilung im Außenministerium, Walt W. Rostow, in Dayton, 18. 9. 1963, in: Der neue Kurs, Amerikas Außenpolitik unter Kennedy 1961—1963, hg. v. Klaus Schoenthal, München 1964, S. 200. Vgl. Die Jobnson-Doktrin. Über die Ursachen der verschärften Aggressivität des USA-Imperialismus in der Gegenwart, von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Klaus Bollinger, Berlin 1968. Vgl. Geyer, Hans-Martin, Drei Runden imperialistischer USA-Diplomatie, in: DA, 2/1965, S. 1423-1437. Zit. nach Foster, William Z., Abriß der politischen Geschichte beider Amerika, Berlin 1957, S. 748. Brzezinski, Zbigniew K., Amerikas globales Engagement, in: APZ, 9/66, v. 2. März 1966, S. 23. Krippendorff, Ekkehart, Die amerikanische Strategie. Entscheidungsprozeß und Instrumentarium der amerikanischen Außenpolitik, Frankfurt am Main 1970, S. 27. Locadau, Globalstrategie

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

in den fünfziger Jahren trat der Widerspruch zwischen der imperialistischen „Politik der Stärke" und den realen Möglichkeiten der USA und ihrer Verbündeten klar zutage. 11 So setzte der eng mit der amerikanischen Regierung liierte Council on Foreign Relations in New York in jener Zeit eine Studiengruppe ein, der Monopolisten (wie David Rockefeiler von der Chase Manhattan Bank), Generale (wie Walter Bedell Smith, früherer Direktor der CIA und Botschafter in der Sowjetunion) und Gelehrte (wie die Politologen Henry A. Kissinger und John C. Campbell) angehörten, um die Probleme einer neuen Kriegsdoktrin der USA zu erörtern. Die Konzentration des totalen Atomkrieges („Doktrin der Abschreckung") wurde durch die „Doktrin des begrenzten Krieges" ergänzt. 12 Dabei ging es um mehr als um militärtechnische Fragen. Henry A. Kissinger schrieb: „Eine strategische Doktrin geht über das Problem der Wahl eines Waffensystems hinaus. Sie bestimmt, ja sie ist die Art und Weise, in welcher eine Gesellschaft ihre Zukunft sichert." 13 Zu Beginn der sechziger Jahre wurde das Debakel der amerikanischen Kriegsdoktrin vom Leben am Abgrund des Krieges noch offensichtlicher. Kissinger mußte feststellen: „Wir sind nicht allmächtig. Wir sind nicht mehr unverwundbar . . . Um das Ausmaß unseres Abstiegs ermessen zu können, brauchen wir nur die Welt von heute mit der nach Ende des zweiten Weltkriegs zu vergleichen. Damals waren wir die stärkste Weltmacht. Wir verfügten über das Monopol an Atomwaffen, fühlten uns sicher, zufrieden und siegreich. Der Kommunismus beherrschte nur ein, noch dazu vom Krieg gezeichnetes Land." 1 4 Dieses Lamento war gerade formuliert, als sich die amerikanischen Strategen im August 1961 dem Zusammenbruch der Politik der Stärke ihres Hauptverbündeten in Europa, derBRD, gegenübersahen. Der 13. August 1961 „machte dem Glauben ein Ende, daß die zunehmende Stärkung der atlantischen Allianz mehr oder weniger automatisch die Wiedervereinigung Deutschlands mit sich bringen würde" 15 . Eine langfristige Politik der amerikanischen Regierung gegenüber dem Sozialismus konnte auch an der Existenz und Entwicklung der DDR nicht mehr vorübergehen. 1965 schrieb Kissinger: „Zu klären ist vor allem die Frage: Soll der Westen eine Besserung der Verhältnisse in der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik durch intensivierte Kontakte oder durch Isolierung herbeizuführen suchen? Das letztere scheint eher Erfolg zu versprechen . . ." 1 6 Zu jener Zeit entschied sich die amerikanische Regierung für dieses Konzept der „Isolierung" der DDR, um „die Verhältnisse zu bessern", d. h., um konterrevolutionäre Veränderungen und damit die „Wiedervereinigung" unter westdeutscher Vorherrschaft zu erzielen. Der Politologe Zbigniew K. Brzezinski äußerte die gleiche Überlegung: „Um das osteuropäische Interesse am Bestehen Ostdeutschlands zu untergraben, muß der Westen seine Haltung Ostdeutschland und dem übrigen Osteuropa gegenüber scharf

Vgl. Hauptdokument, S. 15. Kissinger, Henry A., Kernwaffen und auswärtige Politik, München 1958, S. XII. « Ebenda, S. 341. M Ebenda, S. 12. 15 Ebenda, S. 89. 16 Ebenda, S. 253. 11

12

1. Geschichtsideologische Bedürfnisse

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differenzieren. Gegenüber Ostdeutschland ist die Politik der Isolierung geboten . . ." 1 7 Johnson erklärte noch 1965, daß die DDR „verschwinden" müsse. 18 Erst 1968/69 wurde dann auch dieses Konzept fallengelassen, um es durch variablere Taktiken (Einbeziehung der DDR in die „neue Ostpolitik" der Bonner Regierung) zu ersetzen. Auf diese Art und Weise war der Übergang von der Politik der starren Konfrontation („roll back") zur flexibleren Globalstrategie, bei der es sich um ein differenziertes System strategischer und taktischer Grundsätze und Methoden handelt, vollzogen worden. Nachdem die jahrelang praktizierten Methoden der „Policik der Stärke" offensichtlich gescheitert waren, ist der Imperialismus nunmehr zu einem langfristig angelegten Konzept in seinem Kampf gegen den Sozialismus übergegangen. Die Philosophen Dieter Bergner und Bernd P. Löwe verstehen in einem erweiterten Sinne unter Globalstrategie „die komplexe Reaktion des staatsmonopolistischen Systems auf die mit der Entwicklung des sozialistischen Weltsystems verbundene Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus . . . Die Globalstrategie ist daher nicht nur weltweit, sondern zugleich komplex, umfaßt alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, Politik, Ideologie, Kultur, Ökonomie sowie die militärischen und rüstungstechnischen Aspekte. Sie ist die aktuell vorherrschende Erscheinungsweise eines umfassenden Antikommunismus, ist Aggression und Verbrechen in potenzierter Form". 19 Die Mittel der Globalstrategie entsprechen ihrer Zielsetzung. Die offene militärische Intervention wurde in Indochina praktiziert. Daneben stehen Methoden der „verdeckten Intervention" wie der NATO-Putsch in Griechenland und der „Stellvertreterkrieg" Israels gegen die arabischen Staaten. Gegenüber der Sowjetunion werden partielle und zeitweilige Übereinkünfte und Kooperationen angestrebt. Der „Brückenschlag" ist vornehmlich für die sozialistische Staatengemeinschaft in Europa bestimmt. Wenn sich die Globalstrategen auch vom „Brückenschlag" direkte „Erosions"effekte versprochen haben, so ist jedoch gerade in Europa das Dilemma dieser Variante einer flexibleren Strategie in besonderer Form offensichtlich geworden. Im Jahre 1968 wurde in der CSSR dem Aggressionsstreben des Imperialismus eindeutig Halt geboten. So erklärt sich der Zwang, unter dem die Imperialisten handeln, bestimmten Erfordernissen der friedlichen Koexistenz Tribut zu zollen. Die imperialistischen Regierungen sahen sich gezwungen, dem Sozialismus gegenüber entsprechend dem neuen internationalen Kräfteverhältnis eine Anpassungspolitik zu betreiben. Die durch die Niederlage der imperialistischen Konterrevolution in der CSSR stark diskreditierte „Brückenschlags"politik mußte überprüft werden. Die Nixon-Administration bemühte sich um effektivere außenpolitische Methoden,

,8 19



Br%e%inski, Zbigniew K., Alternative zur Teilung. Neue Möglichkeiten für eine gesamteuropäische Politik, Köln—(West-)Berlin 1966, S. 173. Zit. nach: Die Johnson-Doktrin . . ., a. a. O., S. 233f. Bergner, Dieter/Löwe, Bernd P., Philosophische Probleme des Kampfes gegen die Globalstrategie, a. a. O., S. 1022.

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

konnte sich aber nicht entschließen, die „Brückenschlags"strategie aufzugeben. Die Kompliziertheit der Bedingungen in der Auseinandersetzung hat unter den führenden imperialistischen Mächten, zwischen ihren Politikern und Ideologen, naturgemäß zu Differenzen darüber geführt, wie weit die „Brückenschlags"politik überhaupt gehen könne. So haben die amerikanischen Imperialisten nunmehr ein stärker durch spezifische Machtinteressen bestimmtes Europakonzept entwickelt, das gewisse Vorbehalte gegenüber der sogenannten neuen Ostpolitik Bonns nicht ausschließt. Eine entscheidende Seite der Globalstrategie ist der ideologische Krieg gegen den Kommunismus. Der Imperialismus bemüht sich vornehmlich auf ideologischem Gebiet, sich dem neuen, zugunsten des Sozialismus veränderten internationalen Kräfteverhältnis anzupassen, um mit anderen Methoden die alten reaktionären Ziele zu erreichen. „Wir leben unter den Bedingungen eines nicht nachlassenden ideologischen Krieges", sagte L. I. Breshnew auf dem XXIV. Parteitag der KPdSU, „den die imperialistische Propaganda unter Einsatz der raffiniertesten Methoden und stärksten technischen Mittel gegen unser Land, gegen die Welt des Sozialismus führt." 20 Der XXIV. Parteitag der KPdSU und der VIII. Parteitag der SED haben darum nachdrücklich betont, daß eine verstärkte und wirksame Auseinandersetzung vor allem mit der Ideologie des Antikommunismus notwendig ist. Die ideologische Diversion durch die USA und die BRD ist variantenreicher und flexibler geworden. In ihr spiegeln sich sowohl die Furcht des Imperialismus vor dem wachsenden Einfluß des Sozialismus als auch die dem Imperialismus immanente Aggressivität gegen das sozialistische Weltsystem wider. Die Verbreitung von bürgerlichen Ideologien ist unter diesen Bedingungen zu einem außenpolitischen Instrument imperialistischer Regierungen geworden. Es ist bezeichnend, daß der amerikanische Politologe Zbigniew K. Brzezinski für die siebziger Jahre die „ideologische Aushöhlung" der sozialistischen Länder vorschlägt, um so einen „politischen Wandel in den kommunistischen Gesellschaften" zu erreichen. 21 Der Direktor der „Informationsabteilung" des amerikanischen Außenministeriums, Edward R. Murrow, hat unmißverständlich erklärt: „Wir versuchen, das Denken der Menschen mittels der verschiedenen Kommunikationsmedien zu beeinflussen . . . Um diese Arbeit erfolgreich zu leisten, sind unsere Länderprogramme nicht Ad-hocImprovisationen, sondern sorgfältig darauf abgestimmt, für erklärte außenpolitische Ziele gegenüber einem betreffenden Land Unterstützung zu gewinnen. Das erfordert Phantasie, Raffinesse und Flexibilität und bedeutet, daß unsere Programme von Land zu Land differieren, je nach den amerikanischen politischen Erfordernissen." 22 Bresbnew, L. I., Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees der KPdSU an den XXIV. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Moskau 1971, S. 123. 21 Brzezinski, Zbigniew K., Entspannungspolitik im Schatten Prags, in: Das 198. Jahrzehnt, Hamburg 1969, S. 43. 2 2 Zit. nach: Krippendorff, Ekkebart, Die amerikanische Strategie . . a . a. O., S. 315.

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1, Geschichtsideologische Bedürfnisse

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Die beiden Grundprinzipien dieser Diversionsmethoden sind mit zwei Begriffen charakterisiert: „Antikommunismus (negativ) und .Freie Wirtschaft' (positiv), sind . . . die ideologischen Grundpfeiler der amerikanischen außenpolitischen Propaganda und des im Ausland zu präsentierenden Bildes," 23 wobei „Freie Wirtschaft" ein Synonym für Kapitalismus ist. Ein Abteilungsleiter des „Informationsbüros" schrieb: „Ich für meinen Teil bin strikt dagegen, das Wort,Kapitalismus' aufzugeben, nur weil die Kommunisten es schwarzmalen . . . Was erforderlich ist, ist ein hartnäckiger Feldzug, anderen Völkern die wahre Natur des amerikanischen Wirtschaftssystems klarzumachen, ob wir nun den Begriff ,Kapitalismus' verwenden oder nicht." 24 Ekkehart Krippendorff hat aufschlußreiches Material über das propagandistische Instrumentarium der amerikanischen Außenpolitik zusammengestellt. Im Außenministerium der USA besteht eine selbständige Informationsabteilung, die U. S. Information Agency (USIA). Zu ihr gehören 12 000 Angestellte, die in aller Welt tätig sind. Die Abteilung umfaßt Sektoren für die Massenmedien wie Presse, Funk, Film und Fernsehen. Sie hat regionale Arbeitsbereiche für die Sowjetunion, für Ost- und Westeuropa, Afrika, für den Nahen und Fernen Osten, für Südasien und Lateinamerika. Die USIA ist direkt dem Sicherheitsrat und dem Präsidenten verantwortlich. Zur Zeit John F. Kennedys war sein persönlicher Mitarbeiter, Theodore C. Sorensen, zweiter Stellvertretender Direktor dieser Institution. Die Informationsabteilung verfügt schließlich über einen speziellen Informationsdienst, den U. S. Information Service (USIS), mit über 240 Büros in mehr als 100 Ländern. 25 Für Brzezinski „hat die Rolle, die Radio Freies Europa und Radio Liberty spielen, heute wieder an Bedeutung gewonnen". So seien „westliche Radiosendungen zum wichtigsten Kanal für den Zustrom unorthodoxer Ideen geworden". 2 6 Allein „Radio Free Europe" — nach außen hin eine private Einrichtung, ansonsten sehr eng mit dem Geheimdienst verbunden — sendet wöchentlich mehr als 500 Stunden Nachrichten, Kommentare, Musik, die für die sozialistischen Staaten Europas gedacht sind. Im Ausland werden jährlich mindestens 8 Millionen Bücher (zum überwiegenden Teil in der Landessprache) vertrieben. Zur Tätigkeit der „Amerika-Häuser" hat Krippendorff geschrieben: „. . . mehr als alles andere sind die USIA-Informationszentren überall in der Welt zu Symbolen amerikanischer Präsenz und amerikanischer Weltpolitik geworden und damit folgerichtig auch zu Zielen symbolischer politischer Proteste . . Mit der flexibleren imperialistischen Strategie gegenüber dem sozialistischen System ist auch das Interesse an historiographischen, politischen, politökonomischen Darstellungen über die sozialistischen Staaten gewachsen. Besonders seit der zweiten 23 Ebenda, S. 334. Zit. nach: Ebenda, S. 336. 23 Krippendorff, Ekkehart, Die amerikanische Stratégie . .., a. a. O., S. 162 ff. 2U Br~e%inskj, Zbignieiv K., Entspannungspolitik im Schatten Prags, a. a. O., S- 42. 27 Krippendorff, Ekkebart, Die amerikanische Strategie . . ., a. a. O., S. 321 ; vgl. auch S. 160, 315, 354 f.

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

Hälfte der sechziger Jahre interessieren sich amerikanische Ideologen für die Entwicklung der DDR. Es traten aber auch zwischen den herrschenden Kreisen der USA selbst Differenzen über den Grad der Flexibilität der Regierungspolitik zutage, die ideologisch reflektiert wurden. Über die global strategische Zielrichtung waren sich Demokraten und Republikaner, grundsätzlich einig. Die Globalstrategie wurde sowohl von Kennedy und Johnson und wird auch von Nixon praktiziert. Meinungsverschiedenheiten taktischer Natur sind jedoch in jeder der beiden großen Parteien der USA anzutreffen.28 Sowohl in der Demokratischen Partei als auch in der Republikanischen Partei gibt es Liberale und Konservative, Gemäßigte und Ultras, „Tauben" und „Habichte". Von konzeptioneller Bedeutung für den militanten A.ntikommunismus sind die Vorlesungen, die der amerikanische Professor der Philosophie und Soziologie, James Burnham, in den fünfziger Jahren gehalten hat und die im Jahre 1964 als Buch publiziert wurden. 29 Burnham gab eine ideologische Begründung der angeblichen Berechtigung und für die Aussichten einer Politik von der Art, wie sie der ultrareaktionäre amerikanische Präsidentschaftskandidat zu den Wahlen 1964, Barry Goldwater, zu praktizieren gedachte.30 Burnham formulierte das Ziel der amerikanischen Politik, den Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus in der Welt (er sprach von einer „Einengung des Westens" seitens des sozialistischen Weltsystems und der nationalen Befreiungsbewegung in Asien, Afrika und Lateinamerika) durch die „Befreiung" der Welt vom Kommunismus zu verhindern. 31 Dieser reaktionären Zielstellung fanatischer Kommunistenhasser, die von Burnham und Goldwater mit dem Begriff „Konservatismus" umschrieben wurde, entsprach die Propagierung politischer Methoden des Antidemokratismus, Antiliberalismus, McCarthyismus und Rassismus. Die Grundgedanken des Liberalismus in den USA seien — nach Burnham — „falsch".32 Unter Liberalismus versteht er im wesentlichen bürgerliche Demokratie. Liberal sei neben Containment und Appeasement die Koexistenz, während „roll back" und „Befreiung" konservativ wären.33 Burnham verlangte die Befreiung der „nichtwestlichen" Völker vom Kommunismus durch eine „Pax Americana" .34 Wenn ein Disput „aus dem Aufeinanderprall grundverschiedener Interessen und wesenhaft gegensätzlicher Ideen entsteht, wie es von Zeit zu Zeit unvermeidlich ist, kann er Vgl.Butli^ki, Arkadi, Reaktionärer Trend, in: Neue Zeit, Moskau, H. 3, 24. Januar 1968, S. 7ff.; vgl. auch Kunina, A. E., Ideologia amerikanskich „Ultra", in: Novaja i Novesaja Istoria, Moskau 1/1968, S. 108ff. 29 Burnham, James, Begeht der Westen Selbstmord? Ein Versuch über die Bedeutung und Zukunft des Liberalismus, Düsseldorf—Wien 1965. (Originalausgabe: Suicide of the West, New York 1964). 3 0 Vgl. Goldwater, Barry, The Conscience of a Conservative, London 1964. 31 Burnbam, James, Begeht der Westen Selbstmord ? . . . a. a. O., S. 21, 146 und 298. 32 Ebenda, S. 147. 33 Ebenda, S. 292ff. Ebenda, S. 298. 28

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nicht durch Verhandlungen und Kompromisse, sondern durch die Anwendung von Macht, Gewalt, Zwang und manchmal einen Krieg geschlichtet werden". 35 So polemisiert Burnham gegen Reformen, Revolutionen, Rassengleichheit, kollektive Wohlfahrt. 36 Letzten Endes läuft diese Konzeption darauf hinaus, die ganze Welt in einen verheerenden Krieg zu stürzen. Gleichzeitig wurde diesem Antikommunismus eine „verwissenschaftlichte" Variante an die Seite gestellt, ein Antikommunismus, der sich des offenen Wohlwollens und der unbeschränkten Befürwortung des Faschismus mehr oder weniger enthält. Ausdruck dieser Art Antikommunismus ist die sogenannte TotalitarismusDoktrin 3 ', die zur Staatsdoktrin in den USA und anderen führenden imperialistischen Ländern geworden ist. Dieser — teilweise auch antifaschistisch drapierte — Antikommunismus erwies sich für das staatsmonopolistische Herrschaftssystem in den USA auf Grund der Position, die sie nach 1945 als stärkster Staat der kapitalistischen Welt einnahmen, als flexibel und darum besonders geeignet. Entscheidenden Anteil an der Konzipierung des Totalitarismus-Begriffs haben Ideologen, die zur Zeit der Hitlerdiktatur aus Deutschland in die USA emigriert sind. Die Politologen Franz L. Neumann, Sigmund Neumann, Hannah Arendt und Carl J. Friedrich haben diesen Begriff „theoretisch" unterbaut. 38 Im Zuge der Praktizierung der Globalstrategie mehrten sich in den USA die Stimmen, den Antikommunismus in Politik, Handel und Ideologie stärker an das neue internationale Kräfteverhältnis anzupassen, und differenzierter zu betreiben Einer der eifrigsten Befürworter der Führungstolle des US-Imperialismus, der Politologe Zbigniew K. Brzezinski, Direktor des Instituts für kommunistische Angelegenheiten an der Columbia University in New York, hat die Variabilität der antikommunistischen Globalstrategie dahingehend zusammengefaßt: „Das Streben nach Weltordnung kann aber an bestimmten Stellen zu bestimmten Zeiten den Gebrauch von Gewalt erfordern. Eine erfolgreiche Politik friedlicher Verständigung mit einigen kommunistischen Staaten schließt nicht aus, daß die Gewaltanwendung anderer kommunistischer Staaten energisch beantwortet wird." 3 9 Selbstverständlich weiß Brzezinski, daß von den Staaten des sozialistischen Weltsystems keine Kriegsgefahr ausgeht. Er will den Kommunismus nicht an allen Fronten in der gleichen Weise bekämpfen und ist gegen einen allgemeinen antikommunistischen Kreuzzug, denn: „In Europa ist 35 Ebenda, S. 145 f. 36 Ebenda, S. 205 ff. 3' Vgl. Lo%ek, Gerhard, Genesis, Wandlung und Wirksamkeit der imperialistischen TotalitarismusDoktrin, in: ZfG, 4/1966, S. 5 2 5 - 5 4 1 . 38 Neumann, Franz L-, Behemoth. The Structure and Practice of National Socialism 1933—1944, New York 1963; Neumann, Sigmund, Permanent Revolution. Totalitarianism in the Age of International Civil War, London 1956; Arendt, Hannab, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Frankfurt am Main 1955; Friedrieb, Carl j.¡Br^e^inski, Z. K., Totalitatian Dictatorship and Autocracy, Cambridge 1965; dieselben. Totalitäre Diktatur, Stuttgart 1 9 5 7 ; vgl. auch Schlangen, Walter, Der Totalitarismus-Begriff, Grundzüge seiner Entstehung, Wandlung und Kritik, in: APZ, 44/70, v. 31. Oktober 1970. 39 Brzezinski, Zbigniew K., Amerikas globales Engagement, a. a. O., S. 19.

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I. Verhältnis v o n Geschichte und Politik

genau das Gegenteil n ö t i g . " 4 0 Worunter er vor allem die Stärkung des atlantischen Bündnisses zwischen den U S A und Westeuropa zu Zwecken des differenzierten Kampfes gegen die sozialistischen Staaten versteht. In diesem Sinne wandte sich auch der Exdiplomat und jetzige Geschichtsprofessor George F. Kennan gegen diejenigen Politiker der U S A , „die sich weigern, im Kommunismus Elemente des Wandels oder der Differenzierung zu erkennen . . . " 4 1 E r warf ihnen v o r : „Sie lassen die Tatsache außer acht, daß eine aussichtsreiche Haltung immer dialektisch sein, widersprüchliche Elemente verbinden m u ß : Ablehnung und Anziehung, Druck und Versöhnung, Verteidigungsbereitschaft, wo Verteidigung die einzige Antwort sein kann, aber die Bereitschaft, anzuerkennen, zuzuhören, Zugeständnisse zu machen, großzügig zu sein, Möglichkeiten wahrzunehmen, Vertrauen zu schenken — sogar wenn man sich verteidigt." 4 2 „Ölzweig und Pfeile" nannte der frühere Sonderbeauftragte Johnsons, M c G e o r g e Bundy, diese strategisch-taktische Orientierung. 4 3 Diese — und besonders die Gedanken Kissingers spiegeln sich in der amerikanischen Regierungspolitik wider. Seine strategischen Konzeptionen haben ihren programmatischen Ausdruck auf dem Gebiet der Außenpolitik und Militärpolitik gefunden. Die von ihm formulierten Prinzipien (so besonders in seinem jüngsten B u c h : „Amerikanische Außenpolitik") finden sich in der „neuen Friedensstrategie" Nixons wieder, der die Globalstrategie in einigen Punkten modifizierte, ohne sie jedoch in ihrem Grundgehalt zu wandeln. In seinem Bericht vom 18. Februar 1970 über die amerikanische Außenpolitik ging Nixon von drei Grundprinzipien aus: Partnerschaft, Stärke und Verhandlungsbereitschaft. Die Betonung der „Stärke" ist auffällig. D e r sogenannten Nixon-Doktrin gemäß konzentrierte sich die amerikanische Regierung besonders auf Indochina und den Nahen O s t e n : „Wir werden dort helfen, wo es wirklich darauf ankommt und als in unserem Interesse liegend erachtet w i r d . " 4 4 Nixon betonte andererseits, daß er weiterhin den Übergang „aus einer Ära der Konfrontation zu einer Ära der Verhandlungen" mit den sozialistischen Staaten anstrebe. 4 5 Nach 1968 bildeten sich unter den Verfechtern der amerikanischen Globalstrategie in der Politik gegenüber dem sozialistischen Weltsystem im wesentlichen zwei Richtungen heraus: Während die eine auf sogenannte evolutionäre Wandlungen innerhalb einzelner sozialistischer Länder setzt, spekuliert die andere, gewichtigere, auf ein Auseinanderdividieren der sozialistischen Staaten. Diese Richtung bedient sich vornehmlich des *> Ebenda, S. 21. 41

Kennan, George F., V o m Umgang mit der kommunistischen Welt, Stuttgart 1965, S. 16. (Originalausgabe: On Dealing with the Communist World, N e w Y o r k 1964).

« Ebenda, S. 30. 43

Bundy, McGeorge, Amerikanische Außenpolitik heute. Das E n d e der harten Alternativen, in: A P Z ,

44

Bericht des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Richard M. Nixon, an den K o n g r e ß v o m 18. F e -

5 / 6 7 v. 1. Februar 1967, S. 3 ff. bruar 1970 über die amerikanische Außenpolitik für die siebziger Jahre, Auszüge, in: E u r o p a Archiv, Bonn, 10. April 1970, 7. Folge, S. D 152. > '• ' > Ebenda, S. D 172.

1. Gcschichtsideologische Bedürfnisse

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Nationalismus als „Sprengmittel" gegenüber der sozialistischen Staatengemeinschaft. Von Nixon sind unter anderem die „historischen Bindungen" der USA und Westeuropas mit den Völkern und Ländern Osteuropas hervorgehoben worden. Sie sollten aufrechterhalten und erneuert werden. Aber auch dabei bemüht sich die amerikanische Regierung — wiederum der Nixon-Doktrin entsprechend — der Zersplitterung des Kräftepotentials der USA in der Außenpolitik durch eine stärkere Konzentration auf bestimmte Interessenschwerpunkte der USA — bei weitgehenden eigenen Leistungen der Verbündeten des amerikanischen Imperialismus — entgegenzuwirken. 46 Diese taktischen Varianten des Antikommunismus haben sich schließlich auch in einer flexibleren Handhabung der Totalitarismusdoktrin niedergeschlagen. „Revidierte Versionen" sind sowohl in den USA als auch in anderen imperialistischen Staaten zur Diskussion gestellt worden/' 7 In der BRD vertritt der Politologe Peter Christian Ludz, der eine Gruppe von Wissenschaftlern leitete, die der BrandtScheel-Regierung Materialien zum „Bericht zur Lage der Nation" des Jahres 1971 ausarbeitete, den Standpunkt: „Die Kräfte des sozialen Konflikts und des sozialen Wandels, überhaupt die Eigendynamik gesellschaftlicher Prozesse im Unterschied zum Herrschaftsmechanismus sind deshalb, besonders in bezug auf die Sowjetunion, lange Jahre verkannt oder nicht zureichend untersucht worden. Über der normativtypisierenden Beschreibung politischer Herrschaft wurde die Analyse der Gesellschaft vergessen. Deshalb scheint die Aussage berechtigt, daß bei Anwendung auf die je historisch-unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen insbesondere des Ostblocks das Erkenntnisobjekt mehr und mehr verfehlt worden ist." 4 8 Damit wird das Totalitarismuskonzept nicht generell verdammt, sondern lediglich davor gewarnt, es gegenwärtig so schematisch wie in den fünfziger Jahren anzuwenden. Die zitierten Äußerungen Peter Christian Ludz' sind ein typisches Beispiel für die antikommunistische Geistesharmonie führender amerikanischer und westdeutscher Politologen. Flexiblität imperialistischer Strategie und Modifikation bürgerlicher Ideologie sind zwei einander bedingende Elemente politischen Anpassungsbemühens. Die BRD als Hauptpartner der USA in Europa Das Deutsche Reich hatte seit der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution stets eine besondere Position in der antikommunistischen Strategie des internationalen Monopolkapitals eingenommen. Besonders die engen Beziehungen zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Imperialismus waren dafür ein beredter Ausdruck. Das Deutsche Reich sollte vornehmlich nach amerikanischen Plänen zu einem Bollwerk der Weltreaktion gegen den sich seit 1917 in der Sowjetunion entwickeln4Ü 47

Ebenda. Vgl. Burroives, Robert, Totalitarianism: The Revised Standard Version, in: World Politics, Vol. XXI, Januar 1969. Peter Christian, Die soziologische Analyse der DDR-Gesellschaft, in: Wissenschaft und Gesellschaft in der DDR, eingel. v. Peter Christian Ludz, München 1971, S. 12.

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den Sozialismus ausgebaut werden. Der Überfall des Hitlerreiches auf die Sowjetunion im Jahre 1941 entsprach somit auch den Interessen herrschender Kreise in den USA und Großbritannien. Nach dem zweiten Weltkrieg ist das imperialistische Herrschaftssystem in der BRD als Juniorpartner des US-Imperialismus mit eindeutig antisowjetischer und antikommunistischer Zielrichtung wiedererstanden. Welche Bedeutung das US-State Department dem deutschen Imperialismus für den Kampf gegen den Sozialismus nach dem zweiten Weltkrieg beimaß, geht aus der Rede des Beraters Johnsons, Walt W. Rostow hervor, des früheren Leiters der Planungsabteilung im amerikanischen Außenministerium, die er 1963 an der Universität in Dayton, Ohio, zum Thema „Die weltpolitische Rolle Deutschlands in amerikanischer Sicht" gehalten hat. 49 Ein nochmaliger „Alleingang" des deutschen Imperialismus, der nicht nur gegen die Sowjetunion sondern auch gegen den amerikanischen Imperialismus gerichtet wäre, sollte durch die wirtschaftliche und politische „Integration" der BRD in eine westeuropäische Föderation vermieden werden. Andererseits ging es der amerikanischen Regierung darum, dieses „integrierte Westeuropa" eng an ihre Politik zu binden. 50 Es war schon immer das Ziel der amerikanischen Außenpolitik, die ökonomischen und politischen Potenzen Deutschlands und des kapitalistischen Resteuropas für den Kampf des Finanzkapitals gegen den Sozialismus zu nutzen. Das war — nach Rostow — „im Winter und Frühjahr 1946 klar". Seitdem, meint er, „begannen wir eine Politik zu entwickeln, die heute noch Gültigkeit hat, nämlich eine Politik der Unterstützung beim Aufbau eines blühenden und vereinigten Westeuropa, das in militärischen und anderen wichtigen Angelegenheiten eng mit den Vereinigten Staaten und Kanada verbunden sein muß und das, im großen gesehen, in Übereinstimmung mit Nordamerika wieder als Großmacht in das Weltgeschehen eintreten sollte" .51 Jedoch die Restauration des Imperialismus in der BRD konnte den Aufbau des Sozialismus in Osteuropa nicht verhindern. Auf deutschem Boden entwickelte sich erfolgreich ein Arbeiter-und-Bauern-Staat: die Deutsche Demokratische Republik. In den sechziger Jahren wurde die Stabilisierung der Situation zugunsten des Sozialismus offensichtlicher denn je. Die Sicherung der Staatsgrenzen der DDR im August 1961 setzte den Absichten einer kriegerischen Einvernahme der DDR durch den bundesdeutschen Imperialismus ein jähes Ende. Gleichzeitig vertieften sich die Risse im westlichen Bündnissystem zusehends. Während Frankreich seine Die weltpolitische Rolle Deutschlands in amerikanischer Sicht, a. a.O. 50 Vgl. Dyner, Miroslav, Das USA-Kapital im Angriff auf Europa, in: Einheit, Berlin, 2/1967, S. 2 3 8 245; Haak, Ernst, Hintergründe der USA-Kapitaloffensive nach Westdeutschland, in: Einheit, 4-5/1967, S. 608-617; Noskova, I.jSokolnikev, B., USA-Kapital in der westdeutschen Wirtschaft, in: SW, 6/1964, S. 269—641. Dyner ist zu der Schlußfolgerung gekommen, daß Westeuropa wichtigstes Gebiet amerikanischer Direktinvestitionen ist. Wichtigstes Terrain der amerikanischen Kapitalinvasion ist das Gebiet der EWG. Hauptanlagegebiet des amerikanischen Kapitals innerhalb der EWG ist die BRD. 49

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Die weltpolitische Rolle Deutschlands in amerikanischer Sicht . . ., a. a. O., S. 197.

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Truppen aus der N A T O abzog, wurde die Bundesrepublik der Hauptverbündete der USA in Europa. Diesem, wie Breshnew es auf dem XXIII. Parteitag der KPdSU charakterisiert hat, „eigenartigen Bündnis" liegen sowohl gewisse Übereinstimmungen als auch unterschiedliche Interessen zugrunde. 5 2 Während Washington vor allem beabsichtigte, die BRD für die eigenen aggressiven Pläne einzuspannen, versuchte Bonn, die USA für sein Hegemoniestreben in Westeuropa und für die Stärkung der Position der Bundesrepublik gegenüber der D D R auszunutzen. Diese aggressive Zweckbestimmung gab der Achse Washington—Bonn einen expansionistischen Charakter und ließ sie zu einem entscheidenden Faktor für die Bedrohung der europäischen Sicherheit werden. Die BRD erwies sich schließlich als Hauptstütze der Globalstrategie der USA in Europa. Brandts Besuche bei Nixon im April 1970 und im Januar 1972 dienten der Abstimmung der Regierungspolitik Bonns im Rahmen der weltpolitischen Konzeption der Vereinigten Staaten. Die wesentlichen Gemeinsamkeiten des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems der USA und der BRD sind: 1. Die enge Verflechtung der amerikanischen mit der bundesdeutschen Wirtschaft. Das wird besonders in der Flugzeug- und Raketenindustrie, Elektro-, Elektronik- und Atomindustrie deutlich. 53 Die Bundesrepublik ist nach Kanada und Großbritannien die Hauptsphäre des Kapitalexports amerikanischer Monopole. 54 2. Übereinstimmungen der Politik beider Länder gegenüber dem Sozialismus. Die Bonner „neue Ostpolitik" ist auf die Globalstrategie des US-Imperialismus abgestimmt. 55 Während die USA die Bonner Regierung in ihrem Bestreben unterstützten, die Alleinvertretungsanmaßung gegenüber der D D R durchzusetzen, honorierte diese die amerikanische Aggression in Vietnam materiell und ideell. Der CDU/CSU-Vorsitzende Rainer Barzel prägte im Juni 1966 die bemerkenswerte Devise: „Wir wissen, was wir Vietnam, was wir dem Dollar schuldig sind." 5 6 3. Eine intensive Verzahnung der militärpolitischen Planung und Strategie. 57 Antikommunistisches Feindbild, begrenzter Krieg, Eskalation, Vorwärtsverteidigung sind wesentliche Bestandteile sowohl der amerikanischen als auch der BRD-Kriegs52 üresbnew, L. I., Unsere Zeit im Zeichen des wachsenden Einflusses des Sozialismus, Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den XXIII. Parteitag, 29. März - 8. April 1966, Berlin 1966, S. 33. 53

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Vgl. DWI-Forschungshefte, 2/1967, Bonn-Wasbington, Analyse eines Bündnisses, von einem Autorenkollektiv, S. 51ff. Vgl. Haak, Ernst, Hintergründe der USA-Kapitaloffensive nach Westdeutschland, a. a. O., S. 608. Vgl. Bollinger, Klaus¡Maret^ki, Hans, USA-Globalstrategie in Europa, Berlin 1967, S. 50. Neues Deutschland, Berlin, v. 17. Juni 1966, S. 6. Franz Josef Strauß erklärt diese Position mit der Feststellung: „Der Dollar ist heute die Reservewährung Nummer eins nach dem Internationalen Währungsfonds, und man kann aus politischer Verantwortung heraus, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen, eine Abwertung des Dollars nicht wünschen." Der Spiegel, Hamburg, 1—2/1967, S. 20. Vgl. Honecker, Erich, Für Weltkonferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien im Herbst 1968, in: Neues Deutschland, Berlin, v. 29. Februar 1968, S. 4.

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

doktrin. 58 Das amerikanisch-bundesdeutsche Bündnis ist gewissermaßen die Seele der NATO. 4. Eine als Amerikanisierung des gesellschaftlichen Lebens bekanntgewordene Dekadenz der Kultur. Neben den offiziellen Übereinstimmungen und Kooperationen zwischen den Regierungen in Washington und Bonn entstand eine mehr oder weniger offiziöse Partnerschaft. Der Gesellschaft zur Förderung der westdeutschamerikanischen Zusammenarbeit gehören bzw. gehörten der Chef der Deutschen Bank, Hermann Abs, ihr Generalbevollmächtigter, Dr. Paul Krebs, und der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Hans Globke, an. Für die Interessenvertretung des staatsmonopolistischen Systems in Bonn bildete sich in den USA sogar eine BRD-„Lobby' r heraus. 59 Die „Werbefirma" Julius Klein Public Relations mit ihren Niederlassungen in Washington, New York und Frankfurt a. M. begann, die Zusammenarbeit geschäftsmäßig zu betreiben. Generalmajor a. D. Julius Klein, der nach dem Kriege in Westdeutschland diente und ein Freund des kriegswütigen Generals Douglas McArthur war, ein prominenter Chicagoer Geschäftsmann, betätigt sich als Vertreter der Kölner Gesellschaft zur Förderung des Schutzes von Auslandsinvestitionen in den USA. Er beriet Adenauer persönlich und wurde als „Schattenbotschafter" Bonns in Washington bekannt. Er hatte seine Hände bei den Waffenlieferungen der BRD nach Israel im Spiel und lancierte Sympathieerklärungen für die Bonner Politik ins amerikanische Repräsentantenhaus. Er veranstaltete Colloquien (zum Beispiel im April 1962 in Chicago über das „BerlinProblem" und die „Zukunft Osteuropas") und erwies sich als ein Förderer des profaschistischen Pseudohistorikers David L. Hoggan. Diese „Zusammenarbeit" ist naturgemäß auf einen engen Kreis von Agenten konzentriert. Von umfassenderer politischer Bedeutung sind einige andere Organisationen. 60 1946 war die Federation of American Citizens of German Descent — FACGD — (Vereinigung amerikanischer Bürger deutscher Abstammung) gegründet worden. Sie hat inzwischen 3 500 Mitglieder, die in 17 Lokalbranchen organisiert sind. Die Vereinigung führt jährlich den „Deutsch-amerikanischen Tag" durch und gibt eine Zeitschrift heraus (Voice of the Federation), die zweimal im Monat erscheint. Die Vereinigung fühlt sich für Mitteleuropa verantwortlich, dem sie das „Atlantische" näherbringen will. Der 1958 gegründete German-American National Congress — DANK — (DeutschAmerikanischer National-Kongreß) hat 4500 Amerikaner deutscher Abstammung erfaßt, die ebenfalls jährlich ein Meeting durchführen. Der „Congress" unterhält Vgl. Bollinger, KlausjMaret^ki, Hans, USA-Globalstrategie in Europa, a. a. O., S. 60ff. Hoffmann, Heia%, Die Einfügung Westdeutschlands in die Globalstrategie der USA und die militärische Konzeption der westdeutschen Regierung — Probleme der Militärpolitik der SED nach dem VII. Parteitag, Berlin 1967. 59 Vgl. Neue Zeit, Moskau, H. 11, 17. März 1965; Der Spiegel, Hamburg, Nr. 37, 12. September 1962. 6 0 Vgl. Encyclopedia of Associations, Vol. I, National Organizations of the United States, Detroit, Michigan 1964.

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enge Beziehungen zur Revanchistenorganisation „Bund der Vertriebenen" in der BRD.61 Gesellschaften mit einer größeren Tradition sind die German Society of the City of New York (Deutsche Gesellschaft der City von New York), die bereits 1784 gegründet worden ist und zur Zeit 350 Mitglieder hat; die Steuben Society of America — SSA — (Steuben-Gesellschaft Amerikas), die seit 1919 besteht und die National Carl Schurz Association, die 1930 entstand und gegenwärtig 800 Mitglieder umfaßt (mit der American-German Review). Eine einflußreiche Rolle spielt der sogenannte American Council on Germany — ACG — (Amerikanischer Rat für Deutschland), der von der amerikanischen Regierung gesteuert wird. Dieses Gremium ist 1951 ins Leben gerufen worden, um „die Verständigung zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Volk" zu fördern. Wer sich hier mit wem verständigt, zeigen die Mitglieder und Gäste dieses „Rates". Ihm gehören unter anderem John McCloy, der ehemalige Hohe Kommissar der USA in der BRD, und General Lucius D. Clay, ebenfalls einer der Hauptakteure bei der Spaltung Deutschlands durch den amerikanischen Imperialismus, an. Als Gastlektoren kann dieses Gremium auf Konrad Adenauer, Willy Brandt und Karl Schiller verweisen. Globalstrategischen Bedürfnissen entspricht auch die im Januar 1972 in Hannover erfolgte Gründung einer „Europäischen Sektion des Rates für amerikanisch-europäische Zusammenarbeit der Nationalitätengruppen" durch führende Funktionäre der Landsmannschaften aus der BRD und Vertreter militant antikommunistischer Emigrantenorganisationen. Aus den USA nahmen an dieser Gründung Dr. Carol Sitko und Young Richardz teil. Sitko, Vorsitzender der „Landsmannschaft der Oberschlesier in den USA", unterhält in Scranton/Penns. (USA) eine „Studienzentrale für Mitteleuropa-Fragen" und berät die Leitung der Republikanischen Partei der USA. Young ist Präsidentin des Zusammenschlusses der deutsch-amerikanischen Traditionsgruppen. 62 Diese Gründung ist von einem „Nationalitäten-Kongreß" der Partei Nixons im Mai 1971 in Washington ausgegangen. Es wird vor allem angestrebt, durch den Zusammenschluß nationalistischer und revanchistischer Organisationen einen stärkeren Einfluß auf das europäische politische Geschehen zu erlangen. Eine „Konferenz aller europäischen und amerikanischen Exilorganisationen" in Brüssel wurde vorbereitet. 63 Bei aller Partnerschaft ist aber auch nicht zu übersehen, daß das Verhältnis zwischen den USA und der BRD ein Verhältnis zwischen Verbündeten mit allen einer „Partnerschaft" imperialistischer Konkurrenten innewohnenden Widersprüchen ist. Die Beziehungen sind vor allem in den letzten Jahren tief von den Widersprüchen zwischen den Zentren des imperialistischen Systems beeinflußt, so insbesondere zwischen denen der USA und Westeuropas. So sind die USA als eine Atommacht nicht un61 Berliner Zeitung, v . 27. Januar 1968, S. 5. 62 Vgl. Neue Kommentare, Frankfurt am Main, Nr. 3/1972, S. 3 ff. «3 Ebenda, S. 5f.

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mittelbar daran interessiert, daß die BRD eigenständig über Atomwaffen verfügt. Bonner Kreise dagegen, die nach Atomwaffen streben, attackierten lange Zeit den Abschluß eines Kernwaffensperrvertrages. Als weitere Differenzpu'nkte erwiesen sich der sogenannte Devisenausgleich zwischen den USA und der BRD und auch unterschiedliche Absichten beider Mächte in der „Kennedy-Runde". Den Forderungen der BRD nach Zollsenkungen stehen protektionistische Schranken besonders der amerikanischen Agrarpolitik gegenüber. 64 Die imperialistische Währungskrise wirkt sich ebenfalls auf die Beziehungen zwischen den USA und der BRD aus. Für die USA ist das .Bündnis mit der BRD' zwar ein erstrangiges, aber nicht das einzige Bündnis, das der amerikanische Imperialismus für seine globale Politik benötigt. Vor allem zwischen den USA und Großbritannien bestehen enge Verbindungen 65 . Ein wichtiger Aspekt dürfte auch das Verhältnis USA—Japan sein. Dagegen ist „für Westdeutschland . . . die Allianz mit den USA das entscheidende Bündnis . . ." 6 6 Von Unterschieden und Differenzen abgesehen, sind es jedoch die wirtschaftspolitischen, staatspolitischen, militärpolitischen, kulturpolitischen, wissenschaftspolitischen etc. Gemeinsamkeiten, die zu übereinstimmenden ideologischen Bedürfnissen des staatsmonopolistischen Kapitalismus in den USA und in der BRD geführt haben. Den Ideologen des amerikanischen Imperialismus bieten sich in der BRD äußerst günstige Möglichkeiten für eine antikommunistische Betätigung. Die Bundesrepublik, aber auch das von imperialistischen Besatzungsmächten beherrschte Westberlin, stellen ein Ballungsgebiet und Experimentierfeld an propagandistischen Aktivitäten für Amerikahäuser, amerikanische Rundfunkstationen und Agentenorganisationen dar. Darüber hinaus produzieren sich amerikanische Ideologen in den Massenmedien der BRD. Bei allen eigenständigen und teilweise sogar gegenüber bundesdeutschen Ideologen divergierenden Auffassungen dieser Autoren entsprechen ihre Darlegungen objektiv den ideologischen Bedürfnissen der Globalstrategie. Eine wesentliche Funktion bei der Motivierung und Praktizierung dieser Strategie und der ihr beigegebenen Begriffswelt kommt dabei der imperialistischen Historiographie zu.

2. Die bürgerliche Geschichtsideologie der U S A im Ergebnis der Wissenschaftspolitik des staatsmonopolistischen Kapitalismus Die ideologische Herrschaft des staatsmonopolistischen Kapitalismus bedarf der Geschichtsideologie, um das Geschichtsdenken der Volksmassen für die reaktionären und expansionistischen Ziele der Monopole und des Staates zu manipulieren und die Führungskader für ihre Aufgaben in der imperialistischen Machtausübung zu v> Vgl. DWI-Forschungshefte, 2/1967, Bonn-Washington, «5 Ebenda, S. 64. 6 6 Ebenda.

a. a. O., S. 59ff.

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befähigen. Zudem wird dem Geschichtsdenken bei der ideologischen Diversion gegen den Sozialismus erhöhte Bedeutung beigemessen. 67 Die innenpolitischen und globalstrategischen Bedürfnisse des staatsmonopolistischen Systems in den USA bedingten einige wesentliche Veränderungen der Historiographie. Es ging seit dem Ende der vierziger Jahre in zunehmendem Maße besonders darum, die Historiker auf die politischen Belange der Regierung und auf Erfordernisse, die sich aus dem internationalen Engagement der USA ergeben, auszurichten. In dieser Hinsicht sind von den USA Initiativen für die Gestaltung und Modifizierung der imperialistischen Historiographie ausgegangen, die sich — was die Geschichtsschreibung in der BRD manifestiert — besonders seit den fünfziger Jahren international auswirken. Der gesellschaftstheoretische Hauptnenner: Die imperialistische Lehre von der „Industriegesellschaft" Insbesondere von amerikanischer Seite ist versucht worden, durch diese Lehre zu einer gesellschaftlichen Gesamtschau zu gelangen, die eine Klärung der geschichtlichen Entwicklung entsprechend den ideologischen Bedürfnissen des staatsmonopolistischen Kapitalismus einschließt. Gesellschaftstheoretische Grundlage für derartige Versuche ist die Kategorie „Industriegesellschaft". Der westdeutsche Historiker Wolfgang Mommsen hat im Jahre 1961 im Hinblick auf die Historiographie vermerkt: „Die moderne Industriegesellschaft ist in allen ihren Elementen ein Produkt geschichtlichen Werdens; die ihr innewohnende Dynamik bewirkt ständige Fortbildung des Gewordenen, und insofern trägt sie mehr als alle früheren Gesellschaftssysteme geschichtlichen Charakter. Daher sind die Aufgaben und Verantwortung der Geschichtsschreibung sehr gewachsen." 68 Die „Industriegesellschaft" beansprucht unser Interesse als Kategorie imperialistischer Historiographie. Die darauf beruhende Lehre soll ein entscheidendes Gegengewicht zum historischen Materialismus darstellen. Wolfgang Mommsen hat die Funktion des Geschichtsdenkens „im Prozeß der kontinuierlichen Neubildung des geistigen Bewußtseins der Gegenwart" betont. Für ihn ist Geschichtsdenken „Mahnerin und Anwalt der bleibenden Leistungen" angesichts der „Gefahr chaotischer Zusammenbrüche". Die „Bedrohung des Menschen" würde von den „Eigengesetzlichkeiten der technischen Welt" und dem „Anspruch des Totalitären" ausgehen. Insofern gelte Jakob Burckhardts Wort, daß Geschichtslosigkeit eine Barbarei sei. 69 Wolfgang Mommsen war zu der Schlußfolgerung gelangt: „Die moderne Geschichtswissenschaft kann die Aufgabe, die ihr hieraus erwächst, nur erfüllen, wenn sie der durch die Entstehung der industriellen Massengesellschaft geschaffenen Vgl. Lo^ek, GerbardjLoesdau, Alfred/Roßmann, Gerhard, Geschichtsschreibung und Geschichtsideologie im gegenwärtigen System des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Westdeutschland, in: Einheit, Berlin, 9/1967, S. 1161 ff. 68 Das Fischer Lexikon Geschichte. Mit einer Einleitung von Professor Dr. Hans Rothfels, hg. v. Professor Dr. Waldemar Besson, Frankfurt am Main 1961, S. 96. «9 Ebenda, S. 101 f.

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Situation Rechnung trägt." Nur so „wird sie auch der Herausforderung der Geschichtsschreibung der kommunistischen Welt entgegentreten können". 70 Mit der Lehre von der „Industriegesellschaft" glauben sowohl westeuropäische als auch amerikanische Ideologen, eine Alternative zum Marxismus-Leninismus konstruiert zu haben. Nicht zuletzt soll durch diese Lehre eine Plattform für die Zusammenführung und Zusammenarbeit verschiedener Richtungen imperialistischer Historiographie geschaffen werden. Sie eliminiert die Gesetzmäßigkeit der Klassengegensätze unter den Bedingungen des Privateigentums an den Produktionsmitteln und geht von der Voraussetzung aus, daß alle sozialen Erscheinungen, Probleme und Konflikte letzten Endes technisch-organisatorischer Natur sind. Die Entwicklung der Produktivkräfte (hier besonders der Technik) wird verabsolutiert, und die Produktionsverhältnisse (hier besonders die Eigentumsverhältnisse) werden mehr oder weniger weitgehend ausgeschlossen oder sogar negiert. Die „industrielle Entwicklung" wird als Hauptkriterium und Hauptziel der „Gesellschaftsentwicklung" ausgegeben. Der Klassenkampf wird als überholt und lediglich für das 19. Jahrhundert existent bezeichnet, wobei jedoch gleichzeitig seine Vermeidbarkeit durch eine entsprechende Politik der herrschenden Klassen behauptet wird. Letztlich werden revolutionäre Umwälzungen durch die technologische Sicht der sozialen Entwicklung für unnötig erklärt. Soziale Konflikte — so heißt es — könnten durch eine entsprechende Planifikation vermeidbar gemacht wie überhaupt die antagonistischen Klassengegensätze aufgehoben werden. Die noch verbleibenden Gruppeninteressen wären durch einen Pluralismus auszubalancieren. Die Gegensätze und Unterschiede zwischen Kapitalismus und Sozialismus wären sekundäre Erscheinungen. Die Lehre von der „Industriegesellschaft" ist somit im Wesen antikommunistisch. Auf diesen Prämissen basieren vornehmlich die in den sechziger Jahren entwickelten „Konvergenz"auffassungen (so besonders die von Walt W. Rostow), nach denen Kapitalismus und Sozialismus Industriegesellschaften wären und sich automatisch durch die technische Entwicklung annähern und schließlich verschmelzen würden. So hat der amerikanische Ökonom John Kenneth Galbraith in seiner Schrift „The New Industrial State 71 von einer ökonomischen Tendenz des Konvergierens" geschrieben, durch die ökonomische und gesellschaftliche Unterschiede besonders zwischen den USA und der UdSSR verschwinden würden. 72 Die weitere Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre offenbarte jedoch den illusionären Charakter derartiger gesellschaftstheoretischer Vorstellungen immer eindeutiger. Wenn auch die imperialistischen Ideologen ihre Hoffnungen auf eine durch die technische Entwicklung bedingte — möglichst automatische — Liquidierung des '0 Ebenda, S. 102. 71 Galbraith, Jobn Kennetb, The New Industrial State, Boston 1967; vgl. auch derselbe, The Affluent Society, Boston 1958. 72 Vgl. Bert, Eric, Marx' Analyse des Kapitalismus und das Dilemma des Herrn Galbraith. Betrachtungen über die Pseudotheorie des „Neuen Industriestaates", in: Aus der internationalen Arbeiterbewegung, 19/1967, S. 16ff.; derselbe, Galbraith's Defense of Capitalism, in: PA, 1/1968, S. 29ff.

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Sozialismus nicht aufgegeben haben, so begannen sie mehr nach aktiveren Komponenten der Lehre von der „Industriegesellschaft" zu suchen. Gegen vereinfachte Vorstellungen von einer einheitlichen „Industriegesellschaft" polemisierten die amerikanischen Politologen Zbigniew K. Brzezinski und Samuel P. Huntington. 73 Sie kritisierten das einseitig technisch-ökonomische Herangehen der „Konvergenz"theoretiker: „Zunächst ist bei einer Analyse politischer Systeme das Verhältnis zwischen politischen Ideen und der "Politik ein entscheidender Faktor." 74 Weitere Überlegungen der beiden Politologen betreffen „das Verhältnis zwischen dem politischen System und dem Einzelnen",75 Sie meinten ferner: „Drittens hängen die Stärke und die Effektivität eines Systems ganz sicher von dem Charakter seiner politischen "Führung ab." 76 Schließlich halten sie auch den „politischen EntScheidungsprozeß" für beachtenswert.77 Brzezinski und Huntington ergänzten die „Konvergenztheorie durch eine „Evolutions"theorie, die stärker die Unterschiede der politischen Systeme in den USA und in der Sowjetunion berücksichtigt. Nach dieser Konzeption seien beide politischen Systeme „höchst erfolgreich". Sie würden sich nicht entscheidend ändern. „Es wäre eine allzu grobe Vereinfachung, die Komplexität der menschlichen Natur in einen einzigen sozialökonomischen oder politischen Schmelztiegel werfen zu wollen. Die Evolution beider Systeme, nicht aber ihre Konvergenz, dürfte bei nüchterner Betrachtung von der Zukunft zu erwarten sein." 78 Die Ersetzung der „Konvergenz" durch die „Evolution" ist Ausdruck der Erkenntnis, daß die Sowjetgesellschaft nicht dem kapitalistischen System angeglichen werden kann. Sie nimmt aber zugleich die Entwicklung der Systeme nicht als unabänderliche Tatsache hin, sondern sucht nach Methoden, die besser geeignet sind, die Richtung und den Inhalt des „Wandels der politischen Entwicklung der Sowjetunion" zu erkennen, zu beeinflussen, um auf diese Weise doch noch den Kommunismus liquidieren zu können. Damit schließt die „Evolutionstheorie Chancen für eine partielle außenpolitische Verständigung zwischen den USA und der UdSSR nicht aus, andererseits verstärkt sie mehr denn je Spekulationen auf eine langfristige Erosion des Sozialismus und besonders der Sowjetunion mit dem Ziel ihrer „Wandlung". „Dem Begriff Evolution' wird konterrevolutionärer Inhalt gegeben — Inspiration und Anstiftung ideologischer Diversionen und offen subversiver Aktionen von außen her." 79 Hauptziel ist die Zersetzung des Marxismus-Leninismus und die Entmachtung der kommunistischen Parteien. In diesem Zusammenhang sind die Reaktivierung des bürgerlichen Nationalismus und die Hoffnungen auf konterrevolutionäre Aktivitäten des Sozialreformismus und Revisionismus zu sehen. 73

Brudzinski, Zbigniew K.jHuntington, Samuel P.,

Politische Macht. USA/UdSSR. Ein Vergleich,

Köln—(West-)Berlin 1966. (Titel der Originalausgabe: Political P o w e r : USA/USSR). 7* Ebenda, S. 17. 75 Ebenda, S. 18. 76 Ebenda. 77 Ebenda. 78 Ebenda, S. 468. 79

Kunina, A.,

Das USA-Diktat unter der Maske der „Weltgemeinschaft", in: Neues Deutschland,

Berlin, v. 14. Juni 1 9 7 1 . 3

Loesdau, Globalstrategie

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

Entsprechend ist von Brzezinski die „Umwandlung" der sozialistischen Länder in „etwas, was der Sozialdemokratie nahekommt" als das Ziel der zwischen Washington und Bonn abgestimmten „Politik gegenüber dem Osten" bezeichnet worden. 80 Ein entscheidendes Mittel dieser konterrevolutionären Politik sei die psychologische Kriegführung. Die SPD ist den amerikanischen Globalstrategen entgegengekommen, indem sie mit dem Material „Sozialdemokratie und Kommunismus" die strategischen Überlegungen Brzezinskis zum Parteibeschluß erhob. Von der Hoffnung „. . . auch der Kommunismus ist nicht unveränderlich" über die Losung „wahrhaft demokratischer Kommunismus", den es in den sozialistischen Ländern zu errichten gelte, bis zu den Diversionsmethoden („. . . ein Wandel der kommunistischen Ordnung kann, wenn er kommt, nur von innen kommen") entspricht das Kampfkonzept der rechten Führer der Sozialdemokratie der BRD gegen den Sozialismus und die kommunistische Bewegung der imperialistischen Globalstrategie. 81 Die größere Einsicht in die Stabilität der Sowjetunion hat also den Hauptmangel der „industriegesellschaftlichen" Konzeption — die Blindheit vor den Grundzügen der gesellschaftlichen Entwicklung in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus — nicht aufgehoben. Das Ziel ist geblieben. Die Methoden sollen geändert werden. Der „Evolutions"theorie von Brzezinski und Huntington dürfte deshalb die gleiche Erfolglosigkeit in der außenpolitischen Strategie der amerikanischen Regierung beschieden sein wie die der „Konvergenz"theorie von Rostow oder Galbraith. Die Ideologen der „Industriegesellschaft" wie ihre Auftraggeber verbreiten dessenungeachtet nach wie vor ihre Vorstellungen von der „Zukunft des Kapitalismus". So beschäftigte sich im September 1966 der zentrale amerikanische Industriellenverband in New York mit diesem Thema und lud Politiker und Ideologen aus imperialistischen Ländern zu einer Tagung ein. 82 „Diese Tagung wurde einberufen, um die Zukunft des Kapitalismus zu sondieren . . .", so wurde sie von ihrem Vorsitzenden Roger M. Blough von der United States Steel Corporation eröffnet. 83 „Ohne Zweifel hängt die Zukunft des Kapitalismus zum großen Teil von der Haltung und den Maßnahmen der Regierungen ab." 8 4 Es mangelte auch nicht an diversen diesbezüglichen Empfehlungen. Die anwesenden Regierungsvertreter versäumten nicht, ihre Erfahrungen bei den Versuchen, das kapitalistische System zu stabilisieren, darzulegen. An der Diskussion beteiligten sich Dean Rusk (damaliger Außenminister), Nicolas de B. Katzenbach (damaliger Stellvertreter von Rusk), Henry H. Fowler (damaliger Finanzminister). Der franZit. nach: Neues Deutschland, Berlin, v. 6. Januar 1971, S. 2. SPD-Pressemitteilungen und Informationen vom 16. November 1970, SPD-Beschlußvorlage „Sozialdemokratie und Kommunismus". 82 Die Zukunft des Kapitalismus. Vorträge anläßlich des 50jährigen Bestehens des National Industrial Conference Board, gehalten vom 19. bis 21. September 1966 im Waldorf-Astoria, New York, hg. v. Ernst W. Mommsen mit einem Vorwort von Hermann J. Abs, Düsseldorf-Wien 1967. 83 Ebenda, S. 38. « Ebenda, S. 46. 80

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zösische Finanzminister, der kanadische Außenminister, der Präsident der Bundesbank der BRD, ein Vertreter des Vatikan ergriffen ebenfalls das Wort zu den Perspektiven des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Lord Franks aus Großbritannien lamentierte: „Welch schwieriges Thema! Es verlangt die Kenntnis und das Wissen des Historikers, des Nationalökonomen und des politischen Wissenschaftlers sowie Verständnis für die Wirtschaft." 83 David Rockefeller, Präsident der Chase Manhattan Bank, entwickelte am Beispiel der Kunst, wie Wissenschaft und Kultur den Konzernen nutzbarer gemacht werden können: „Vom wirtschaftlichen Standpunkt kann ein solches Engagement direkten, greifbaren Nutzen bringen, nämlich große Publizität und Werbewirkung, breiteres öffentliches Ansehen und ein besseres Firmenimage." 86 In diesem Sinne sind Lehren wie die von der „Industriegesellschaft" Ausdruck des Engagements imperialistischer Ideologen im Interesse der führenden Monopole und des imperialistischen Staates. Es ist nicht verwunderlich, daß einer der Kuratoren dieser Institution, des National Industrial Conference Board, der Monopolkapitalist Hermann J. Abs, für die baldige Publikation der Konferenzvorträge dieser „Industriegesellschafts"praktiker in der BRD sorgte und ein Vorwort schrieb, in dem er den Kapitalismus unbeirrt als „Alternative zum Kommunismus" bezeichnete. 87 Die volle Herausbildung des umfassenden Gesamtsystems des staatsmonopolistischen Kapitalismus in den führenden imperialistischen Staaten hat in den sechziger Jahren zu intensiven Versuchen einer „Regulierung" des gesellschaftlichen Bewußtseins gemäß diesen ideologischen Bedürfnissen des Monopolkapitals geführt. 88 Es entstand ein System ideologischer Manipulation, in dem die imperialistischen geschichtsideologischen Konzeptionen einen zweckbestimmten Standort haben. 80 J. D. Bernal hat darauf verwiesen, daß im heutigen Kapitalismus die Jagd nach Maximalprofit der Hauptfaktor für die Forcierung der wissenschaftlichen Arbeiten geworden ist. 90 Den Monopolen folgte die Konzentration der Wissenschaft: „Die beiden charakteristischsten Merkmale wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung im heutigen kapitalistischen Lager, besonders in den Vereinigten Staaten, sind ihre Konzentration und ihre Militarisierung." 91 Die Monopole bemächtigen sich der Wissenschaften in allen Bereichen. „Auf die eine oder andere Weise, direkt oder durch Regierungsstellen, ist die Wissenschaft im kapitalistischen Sektor der Welt 85 Ebenda, S. 51. «6 Ebenda, S. 174. «7 Ebenda, S. 5. 8 8 Vgl. Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Der Imperialismus der BRD, Berlin 1971; Bergner, Dieter ¡Eichhorn II, WolfganglJopke, WalterjNoske, Dietrich, Imperialismus und Weltanschauung. Zu neuen Tendenzen der bürgerlichen Philosophie und Ideologie in Westdeutschland, Berlin 1966. 89 Lo^ek, Gerbard, Staatsmonopolistischer Kapitalismus und Geschichtsideologie, in: Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde, Berlin, 5/1965, 386 ff. 90 Bernal, J. D., Die Wissenschaft in der Geschichte, Berlin 1961, S. 848. 9 1 Ebenda, S. 847. 3»

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unter die Herrschaft der kleinen Anzahl großer Monopole geraten. So sind zum Beispiel in den Vereinigten Staaten die Universitäten bereits in ihrer Hand; ihre Vertreter sitzen in den Kuratorien; sie stellen Gelder zur Verfügung oder vermitteln staatliche Zuwendungen; sie stellen die Absolventen ein; sie heben Wissenschaftler auf das Podest oder lassen sie fallen; sie beherrschen die wissenschaftlichen Gesellschaften, die nur auf Grund ihrer Subventionen bestehen können." 9 2 Der amerikanische Politologe Hans Morgenthau sprach von einem „politisch-akademischen Komplex", der dem militärisch-industriellen Komplex in den USA entspricht. 93 Diese Erscheinungen sind nicht nur für die naturwissenschaftliche und technische Forschung typisch, sondern treffen auch auf die Gesellschaftswissenschaften zu, was vor allem auf das Bedürfnis nach Breitenwirkung der imperialistischen Ideologie zurückzuführen ist. Werden auch nach wie vor primitive Methoden antikommunistischer Hetze praktiziert, so läßt sich heute die antikommunistische Massenbeeinflussung nicht mehr mit ihnen allein erreichen. Der sowjetische Philosoph M. B. Mitin hat darauf verwiesen: „Diese ,Scientifizierung' des Antikommunismus vollzieht sich in verschiedenen Formen. Die Sowjetologen bedienen sich nicht nur einer wissenschaftlichen Terminologie, ihre Arbeiten enthalten außerdem Statistiken, Berechnungen, theoretische Prognosen usw. Die Antikommunisten sind bestrebt, ihre Konzeptionen durch (natürlich verfälschte) Analysen einzelner Tatsachen und konkreter Ereignisse zu stützen." 9,1 Die gesamte imperialistische Propaganda wird „verwissenschaftlicht". 95 Auf diesem Gebiet sind die USA führend. Professor Harold D. Lasswell von der Universität Chicago hatte bereits vor dem zweiten Weltkrieg einen dementsprechenden „Wissenschaftszweig" geschaffen, dessen Ziel die Manipulation des Menschen nach den Erfordernissen des staatsmonopolistischen Kapitalismus ist. 1937 wurde an der Columbia University ein Institut für Propaganda geschaffen. Unter den Bedingungen des voll entfalteten staatsmonopolistischen Kapitalismus hat der imperialistische Staat im Interesse der Monopole weitestgehend diese Funktion einer „geeigneten" Einwirkung auf die Wissenschaft übernommen. Der Antikommunismus wird als Staatsideologie praktiziert. Einen Höhepunkt hat dieser „scientifizierte" Antikommunismus in den USA in einer sogenannten vergleichenden Kommunismusforschung gefunden. Zu diesem Zweck ist eine 92 Ebenda, S. 848f. 9 3 Vgl. Maruskin, B. /., Istoria i politika. Amerikanskaja burzuaznaja istoriografia Sovetskogo obscestva, Moskau 1969, S. 17. 94 Mitin, M. B., Probleme des Kampfes gegen die bürgerliche Ideologie und gegen den Antikommunismus, in: SW, 12/1971, S. 1272. 95 Der amerikanische Professor P. Linebarger ist der Auffassung: „Die Propaganda kann . . . z u einem wirksamen Instrument der psychologischen Kriegführung werden, wenn ihre Voraussetzungen exakt formuliert, ihre Aufgaben definiert und ihre Mittel ständig einsatzbereit sind und wenn die Durchführung der propagandistischen Operationen zumindest teilweise wissenschaftlich kontrolliert wird." P. Linebarger, Psychological Warfare. Zit. nach J. Arbatov, Die manipulierte öffentliche Meinung (Zur außenpolitischen Propaganda des Imperialismus), in: SW, 6/1966, S. 583.

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Planungsgruppe eingesetzt worden, die von der Carnegie Corporation of New York eine Starthilfe von zunächst 250000 Dollar erhalten hat. Dieser Gruppe gehören Historiker, Politologen, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler an. Dabei handelt es sich in erster Linie um Sowjetologen, Sinologen und Osteuropa-Experten. 96 Die Haupttendenzen im historiographischen Bereich der wissenschaftlichen Forschung in den USA zu untersuchen und zu werten setzt gegenwärtig mehr denn je voraus (wenn das Resultat einer solchen Analyse und Interpretation von wissenschaftlichem Nutzen sein soll), daß die politischen, ökonomischen, militärischen, kulturellen — die Gesamtheit der gesellschaftlichen — Bedingungen, unter denen in den USA Geschichte geschrieben wird, bewußt beachtet werden. Der amerikanische Historiker und Direktor des Amercian Institute for Marxist Studies, Herbert Aptheker, hat darauf hingewiesen, daß „mit der außerordentlichen Verstärkung des Monopolisierungsprozesses, die für die amerikanische Wirtschaft seit 1940 und besonders nach 1950 charakteristisch ist, . . . etwas einher(geht), das als Tendenz zur Monopolisierung der wissenschaftlichen Forschung bezeichnet werden kann. Die wissenschaftliche Tätigkeit wird in wachsendem Maße entweder unmittelbar von der amerikanischen Regierung oder von den großen Industriegiganten bzw. von den durch die letzteren subsidierten Stiftungen finanziert." 97 Selbst bürgerliche Gelehrte in den USA haben wiederholt die Wissenschaftspolitik der amerikanischen Monopole und ihrer Regierung kritisiert. Ihrem Unbehagen mit der Wissenschaftspolitik der amerikanischen Regierung hat beispielsweise der Historiker Christopher Lasch Ausdruck verliehen, wenn er die amerikanischen Universitäten als „Industrien für die Massenproduktion von Experten" für Business und Regierung bezeichnet und schreibt: „Einige von den größten Universitäten sind darüber hinaus direkt in die nationale Verteidigung und in den ganzen .militärisch-industriellen Komplex' kraft ihrer Rolle bei der Entwicklung und Vervollkommnung neuer Kriegsinstrumente einbegriffen worden. In dem Grade, wie sie für die Dienste bei der Regierung und bei den Privatunternehmen abhängig wurden, verloren sie ihren Charakter einer unabhängigen Lehre und eines kritischen Denkens . . ." 9 8 Auf diese Weise hätte sich der Typ eines „academic entrepreneur" heraus96

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Vgl. Burks, R.V., Neue Wege der Kommunismusforschung in Amerika, in: Osteuropa, Stuttgart, S. 399ff. Aptbeher, Herbert, Einige Tendenzen im ideologischen Leben der USA, in: PFS, 10/1966, S.781. Lascb, Christopher, The New Radicalism in America (1889—1963). The Intellectual as a Social Type, London 1966, S. 316. („Both business and government, under the pressure of technological revolution, expanding population, and the indefinitely prolonged emergency of the cold war became increasingly dependent on a vast apparatus of systematized data intelligible only to trained specialists; and the universities, accordingly, became themselves industries for the mass-production of experts. Some of the larger universities, moreover, were directly implicated in the national defense and in the whole .military-industrial complex' by virtue of their role in developing and perfecting hew instruments of warfare. To the extent to which they came to depend for support on the government and on the private foundations, they lost their character as centers of independent learning and critical thought and were swallowed up in the network of the .national

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gebildet, der mehr und mehr das akademische Leben beherrscht. Aus ihren Reihen sind die Ratgeber Washingtons hervorgegangen." In diesem Zusammenhang hat auch der bürgerliche Modephilosoph und Politologe Herbert Marcuse aus den USA auf die geschichtsfeindliche Grundhaltung des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems verwiesen. 100 Er spricht von der „Unterdrückung der Geschichte", von der „Unterdrückung der eigenen Vergangenheit der Gesellschaft" und vermerkt: „Ein Universum der Sprache . . . verdrängt und vergißt die geschichtliche Realität, den Schrecken des Faschismus, die Idee des Sozialismus, die Vorbedingungen der Demokratie, den Inhalt der Freiheit." 101 Marcuse sieht als Ursache dieser vom imperialistischen Herrschaftssystem erzeugten Erscheinungen: „Die Erinnerung an die Vergangenheit kann gefährliche Einsichten aufkommen lassen, und die etablierte Gesellschaft scheint die subversiven Inhalte des Gedächtnisses zu fürchten." 102 Mit dieser Kritik ist Marcuse offensichtlich auf halbem Wege stehengeblieben. Staatsmonopolistischer Kapitalismus erzeugt nicht nur Geschichtsmüdigkeit. Marcuses Feststellungen sagen nichts über die Rolle der staatsmonopolistisch manipulierten Geschichtsideologie in der „etablierten Gesellschaft" aus. Die historischen Begriffe, die, wie Marcuse sagt, „das Falsche in Wahrheit" verwandeln, diese „Verfälschungen" 103 werden erzeugt, verbreitet, wiederholt. Es gibt nicht nur eine „radikal antihistorische Sprache" 104 , sondern spezifische geschichtsideologische Konzeptionen der ideologischen Herrschaft des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Vielfalt und scheinbare Planlosigkeit der imperialistischen Historiographie lassen sich auf bestimmte Grundbedürfnisse des imperialistischen Gesellschaftssystems zurückführen und widerspiegeln nicht zuletzt die Widersprüchlichkeit bürgerlicher Ideologie. Der amerikanische Historiker Conyers Read verkündete nicht zufällig im Jahre 1949 vor der Amerikanischen Historiker-Gesellschaft (American Historical Association): „Für die große Mehrheit von uns im Beruf ist Geschichte eine Frage des Brotes und der Butter." 105 Er war gewillt, seine Pflicht als Historiker so zu erfüllen, wie die Physiker die ihre mit der Entwicklung der Atomwaffen gegenüber dem imperialistischen Herrschaftssystem in den USA erfüllt hätten. 100 purpose'; ..."); vgl. auch Johnson, Oakley C., Intellectuals and the Establishment, in: PA, Vol. XLV, No.8, v.August 1966, S. 60ff. »9 Lasch, Cbristopber, The New Radicalism in America (1889-1963) . . a. a. O., S. 317. 100 Marcust, Herbert, Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Neuwied und (West-)Berlin 1967, 2. Aufl., (Soziologische Texte, Bd 40, hg. von Heinz Maus und Friedrich Fürstenberg), S. 116ff. (Originalausgabe: One-Dimensional Man. Studies in the Ideology of Advanced Industrial Society, Boston, Mass., 1964). «>1 Ebenda, S. 116f. 102 Ebenda, S. 117. «3 Ebenda. 104 Ebenda. 105 Reaiit Conyers, The Social Responsibilities of the Historian, in: AHR, 2/1950, S. 276. („For the great majority of us in the profession history is a bread and butter question"). 106 Ebenda, S. 283.

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Die apologetische Funktion imperialistischer Lehren und Theorien — und hier vor allem die der USA-Ideologen — ist somit konsequenterweise immer weniger mit angeblichen „wertneutralen" Verhaltensweisen zu vereinbaren. Die Folgen des politischen Engagements für die Historiographie werden plastischer denn irgendwo in den USA dokumentiert. Die reaktionäre Politisierung der imperialistischen Historiographie in den USA Die meisten bürgerlichen amerikanischen Historiker entsprechen mit ihrer Tätigkeit geschichtsideologischen Bedürfnissen der amerikanischen Regierung, und zwar ihren spezifischen globalstrategischen Absichten. Ekkehart Krippendorff hat im Hinblick auf die Einstellung amerikanischer historiographischer Institutionen zu den Auslandsaktivitäten gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen treffend bemerkt: „Sie alle sind Teile einer mosaikartigen internationalen Infrastruktur, auf der zumindest eine langfristige Verfolgung amerikanischer außenpolitischer Interessen aufbauen bzw. mit der sie rechnen kann, auch wenn diese Organisationen sich selbst subjektiv als unabhängig verstehen, durchaus in der Regel auch regierungsunabhängig operieren und es bisweilen zwischen einigen von ihnen und einer erklärten spezifischen Außenpolitik zu Friktionen kommen kann." 1 0 7 Argumente von einer angeblichen Unabhängigkeit der Wissenschaft werden dadurch gestützt, indem anstatt von Propaganda von „auswärtiger Kulturpolitik" oder „Kulturdiplomatie" gesprochen wird. 108 Die enge Verbindung zwischen der Historiographie und dem Weißen Haus, der Wallstreet sowie dem Pentagon wird besonders im stärkeren politischen Engagement deutlich, das seit Ende der vierziger Jahre von den Historikern durch die amerikanische Regierung verlangt wird. Aus dem Slogan des Autokönigs HenryFord „history is mainly bunk" (Geschichte ist Quatsch) wurde im Jahre 1950 die Forderung des damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Harry S. Truman, nach dem Beitrag der Historiker im antikommunistischen Kampf der Regierung. Er hielt es für angebracht, die wechselseitigen Beziehungen von Geschichte und Politik zu verstärken. In einem Brief an den Militärhistoriker Samuel E. Morison, der im Dezember 1950 als Präsident der American Historical Association wirkte, verkündete Truman ein Bundesgeschichtsprogramm der Regierung für den Kampf gegen den Kommunismus. 109 Die Historiker wurden aufgerufen, dieses Programm realisieren zu helfen: „Ich würde mich glücklich schätzen, die Ansichten und den Rat der American Historical Association über diese Angelegenheit zu erhalten." 110 Morison antwortete auf der nächsten Historikertagung: „Wir brauchen eine Geschichte der Krippendorff, Ekkebart, Die amerikanische Strategie . . ., a. a. O., S. 349. «08 Ebenda, S. 321. W9 Truman, Harry S„ Brief an Dr. Samuel E. Morison, in: AHR, 3/1951, S. 71 lf. l'® Ebenda, („I shall be pleased to receive the views and advice of the American Historical Association on these matters.") 107

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Vereinigten Staaten, die von einem gesunden konservativen Standpunkt aus geschrieben ist." 1 1 1 In Westdeutschland vertrat in jener Zeit der amerikanische Hochkommissar John McCloy 112 die Wünsche der amerikanischen Regierung in Angelegenheit „Geschichte und Politik". Er verlangte, daß das Mainzer Institut für moderne Geschichte „einen Schumanplan der Geschichtsforschung" schaffen sollte. 113 McCloy führte in einer Rede an der Universität Mainz aus: „Geschichte soll mehr als Politik sein. Wenn sie aber nicht wenigstens teilweise politisch ist, . . . dann ist ihr Wert zweifelhaft, es sei denn als ein isoliertes Kunstwerk." 1 1 4 Es ging ihm dabei vor allem um glaubwürdige historische Begründungen für die antikommunistische Totalitarismusdoktrin und die bürgerliche Europaideologie. Mit dieser Forderung fand die jahrelange zielgerichtete Geschichtsunterrichtspolitik der amerikanischen Besatzungsmacht in Westdeutschland einen Höhepunkt. Bereits im Jahre 1945 war es der amerikanischen Militärregierung in ihrer „Umerziehungspolitik" (re-education) in der US-Besatzungszone Deutschlands um die Schaffung einer „ideologischen Gegenposition zur kommunistischen Ideologie" gegangen. 115 Das Programm für die Ausarbeitung neuer Geschichtslehrbücher bewegte sich völlig im Rahmen der von Friedrich Meinecke geforderten „Revision". 11 " McCloys Kollege, der berüchtigte frühere Hohe Kommissar (1953—1955) und Botschafter (1955—1957) der USA in der Bundesrepublik, James B. Conant, setzte dessen Initiative als Ehrenpräsident amerikanisch-westdeutscher Historikertagungen fort. Probleme der modernen Massengesellschaft zu erforschen und ein „atlantisches Geschichtsbild" zu entwickeln, war Anliegen einer derartigen Tagung im Jahre 1963 in Braunschweig, an der von amerikanischer Seite neben Conant Vertreter der USBotschaft und von „Amerikahäusern" in der BRD teilnahmen. 117 Bundesgeschichtsprogramm, Schumanplan der Geschichtsforschung und Empfehlungen der amerikanisch-westdeutschen Historikertagungen widerspiegeln die wachsenden geschichtsideologischen Bedürfnisse des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems der USA in der internationalen Klassenauseinandersetzung vornehmlich seit Beginn der fünfziger Jahre. Morison, Samuel Eliot, Faith of a Historian, in: AHR, 2/1951, S. 273. („Wc need a United States History written from a sanely conservative point of view . . ."). «2 John McCloy wax von 1949 bis 1952 Hoher Kommissar der USA in der BRD. Von 1953 bis 1960 war er in leitender Stellung bei der Chase Manhattan Bank Rockefellers. Er übt einen entscheidenden Einfluß in der Ford-Stiftung und im Council on Foreign Relations aus. l « John McCloy im April 1951. 114 Derselbe, Rede an Mainzer Universität, in: Neue Zeitung, München, 24. April 1951, S. 3. 115 'Bungenstab, Karl-Ernst, Die Schulbuchrevision in der US-Zone nach 1945 im Zusammenhang mit der amerikanischen Umerziehungspolitik, in: Internationales Jahrbuch für Geschichts- und Geographie-Unterricht, Bd XII, 1968/69, Braunschweig, o. J., S. 112. »6 Ebenda, S. 132. 117 Elemente eines atlantiseben Geschichtsbildes. Gutachten, Diskussionen und Empfehlungen der 5. amerikanisch-(west-)deutschen Historikertagung, Braunschweig, November 1963, Braunschweig 1965. (9. Bd der Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts, hg. v. Geörg Eckert und Otto-Ernst Schüddekopf). 111

2.Wissenschaftspolitik und Geschichtsideologie

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Die reaktionäre Politisierung imperialistischer Historiographie in den USA zeigt sich besonders in programmatischen Erklärungen führender Historiker im Rahmen der American Historical Association, so in den „presidential addresses" der Präsidenten dieser Gesellschaft wie auch in der Entwicklung einer spezifischen „politischen Wissenschaft" (Political Science) und nicht zuletzt in der Beratertätigkeit von Wissenschaftlern (den „eggheads", wie sie in den USA genannt werden), unter ihnen Historiker und Politologen, bei der amerikanischen Regierung. Samuel Eliot Morison hatte im Jahre 1950 die politische Funktion der Geschichtsschreibung noch der Pflicht des Historikers untergeordnet, die Vergangenheit zu beleuchten. Er verlangte eine Ausgewogenheit (balance) vom Historiker zwischen dem, was geschah und dem, was die gegenwärtige Gesellschaft von der Vergangenheit fordert. In den folgenden Jahren gaben sich Politiker und Ideologen — unter ihnen nicht wenige Historiker — nicht mehr mit solchen Halbheiten zufrieden. Der amerikanische Historiker Samuel F. Bemis forderte unmißverständlich, daß der Nutzen der Geschichte vor allem darin zu bestehen habe, die Erfahrungen der Beschäftigung mit historischen Problemen der Gegenwart und Zukunft zuzuführen. 118 Dabei gehe es unmißverständlich darum, die „Segnungen der Freiheit" der „kommunistischen Revolution und Sklaverei" entgegenzusetzen. 119 Auf den Jahrestagungen der American Historical Association 1960 und 1961 befaßten sich die Historiker Bernadotte E. Schmitt und Samuel F. Bemis mit Fragen der Erforschung der politischen Geschichte, vornehmlich mit den Lehren der Außenpolitik. 120 Der amerikanische Historiker Dexter Perkins kritisierte, daß die positive Rolle der Kapitalisten unterschätzt werde und auch die Geschichte des Kolonialismus positiver zu werten sei. 121 Crane Brinton schlug in seiner presidential address Ende 1963 vor, daß sich der Historiker stärker als Essayist und Publizist betätigen sollte. Es handele sich hier um eine Aufgabe, „die ganz offensichtlich in jeder Gesellschaft und insbesondere in einer fortgeschrittenen offenen Gesellschaft eine sozial notwendige Aufgabe ist". 122 Die imperialistischen Historiker haben naturgemäß eine enge Verbindung mit der „Politischen Wissenschaft", die sich vor allem mit den Problemen der politischen Macht befaßt. Die amerikanischen Politologen sind bekannt dafür, daß sie ihre Bemis, Samuel Flagg, American Foreign Policy and the Blessings of Liberty, in: AHR, 2/1962, S. 291. („A principal service of history is that, by extending our experience, individually and universally, back beyond the touch of our own lifetime, it fortifies our judgment in dealing with problems of the present and measuring our hopes for the future — I will not say in shaping the future.") »9 Ebenda, S. 305. 120 Schmitt, Bernadotte E„ „With How Little Wisdom . . .", in: AHR, 2/1961, S. 2 9 9 - 3 2 2 ; Bemis, Samuel Flagg, American Foreign Policy and the Blessings of Liberty, a. a. O., S. 291—305. Perkins, Dexter, We Shall Gladly Teach, in: AHR, 2/1957, S. 2 9 1 - 3 0 9 . f22 Brinton, Crane, Many Mansions, in: AHR, 2/1964, S. 309—326. („There is in my opinion nowadays a special set of reasons why historions in particular should take on some of this taks, which is quite obviously a socially necessary task in any society, and in particular in an advanced open society", S. 314). 118

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

eigentliche Aufgabe darin sehen, „der politischen Praxis Hinweise und Ratschläge" zu erteilen. 123 Die Political Science ist im wesentlichen ein Produkt imperialistischer Bedürfnisse. Ihren eigentlichen Aufschwung nahm sie in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1903 wurde die American Political Science Association gegründet. Der Social Science Research Council, die Rockefeiler- und CarnegieStiftungen und Historiker wie Charles A. Beard gehörten zu den eifrigen Förderern der politikwissenschaftlichen Forschung. 124 Emigranten wie Sigmund Neumann und Hajo Holborn von der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin vermittelten der Political Science in den dreißiger und vierziger Jahren neue Anregungen. Andere deutsche bürgerliche Wissenschaftler — wie Arnold Brecht und Arnold Bergstraesser — sind in den USA zu Politologen geworden. 125 Der Westberliner Politologe Ekkehart Krippendorff hat über die Wirksamkeit weiterer deutscher bzw. deutschsprachiger Emigranten bemerkt: „Von den Arbeiten der Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Franz L. Neumann, Hans Morgenthau, Carl J. Friedrich, Hans Kohn, Karl W. Deutsch, Kurt Lewin, Paul Lazarsfeld hat die amerikanische Sozialwissenschaft wesentliche und fruchtbare Anstöße empfangen.'' 1 2 6 Krippendorff bemängelt, daß „bisher noch immer nur ein kleiner Teil ihrer wissenschaftlichen Arbeiten, und auch das erst mit oft jahrelanger Verzögerung, im Nachkriegsdeutschland rezipiert oder überhaupt zur Kenntnis genommen" wurde. 127 Daraus resultiert offensichtlich sein „Versuch, einige Erkenntnisse, Probleme und Kategorien der amerikanischen Disziplin in Deutschland bekannt und wenn möglich fruchtbar zu machen". 128 Die Political Science ist finanziell von den Monopolstiftungen wie Ford und Rockefeller abhängig. Die Ford-Stiftung finanziert beispielsweise Forschungsprojekte in Internationaler Politik (1964: 17 Millionen Dollar). 129 Die RockefellerStiftung unterstützt die Harvard University in ihren „Studien zur sozialen und politischen Entwicklung in jungen Nationen" und im „Studium der Geschichte des Kommunismus in Amerika", die Yale University beim Jura-Studium für Afrikaner und „Forschungen zu den Voraussetzungen legitimer Opposition und politischer Stabilität in der Entwicklung demokratischer Staaten", die Columbia University mit „Beihilfen" zur Unterstützung von „Forschungsarbeiten des Russian Institute", bei „Forschungen in Europa zum Problem politischer Führung in England und Frank12?. Neumann, F. L., zit. nach Staatslexikon Recht-Wirtschaft-Gesellschaft, 6. Aufl., 6. Bd, Freiburg 1961, S. 383. 12,1 Political Science. Amerikanische Beiträge zur Politikwissenschaft, ausgewählt und eingeleitet von Ekkehart Krippendorff, Tübingen 1966, S. 6f. Zur Entwicklung der Political Science in den USA vgl. Kaienski, W. G.jMocek, R./Lön/e, B. P., Politologie in den USA. Zur Kritik imperialistischer Machtkonzeptionen, Berlin 1971. «ä Ebenda, S. 14f. 126 Ebenda, S. 15. »27 Ebenda. Ebenda, S. VI. Ebenda, S. 15.

2.Wissenschaftspolitik und Geschichtsidcologic

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reich" und in ihrer „Forschung in Internationalen Beziehungen". 130 Die Ford Foundation zahlte 1961 153000 Dollar an die „Academia Sinica" des Instituts für moderne Geschichte auf Taiwan, um Kenntnisse über China zu erhalten. 131 So nimmt es nicht wunder, daß es in den USA „allein an Gebietsforschungsinstituten (Sowjetunion, Mittlerer Osten, Südasien, Osteuropa, Afrika, Ostasien, Lateinamerika, China) . . . etwa 100 (gibt) . . ." 132 und zum Beispiel allein im Jahre 1962 900 Buchtitel von 691 Vertretern der amerikanischen Politikwissenschaft erschienen sind. 133 Im Unterschied zur politikwissenschaftlichen Arbeit in der BRD, in der politische Geistes- und Ideengeschichte, politische Theorie, Zeitgeschichte, Parteienstruktur dominieren, ist die Political Science in den USA mehr durch eine „sozialwissenschaftliche" Ausrichtung charakterisiert. Ihr Gegenstand sind vornehmlich sozialökonomische Interpretationen (Beard), sozialpsychologische Fragestellungen (Lasswell seit den dreißiger Jahren), internationale Beziehungen (seit dem zweiten Weltkrieg). 134 Krippendorff konstatiert, daß für sie das Fehlen „der historischen Dimension", d. h. die Herauslösung politischer Prozesse und Geschehnisse aus ihren historischen Zusammenhängen und ihre Reduzierung auf militärstrategische Komponenten, typisch sei. 135 So erklärt sich, daß die Verbindung der imperialistischen westdeutschen Politikwissenschaft, der es an „sozialen" Fragestellungen ermangele, und der imperialistischen amerikanischen Political Science, der die „historische Dimension" fehle, für besonders „fruchtbar" gehalten wird. Von der Political Science hätten in den USA besonders die Lehre (gemeint ist eine Art gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium an den Universitäten), die Forschung (gedacht ist an die „zunehmend angewandte Auftragsforschung für Behörden Firmen, Verbände, das Militär oder die Bundesregierung" 136 ), die Tätigkeit von Politologen als Beamte, Abgeordnete und nicht zuletzt als „Berater" profitiert. Es wird in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß der ehemalige Vizepräsident Hubert Humphrey und der frühere Außenminister Dean Rusk einmal politikwissenschaftliche Lehrstühle innehatten. 137 Andere Politologen wiederum sind ihrer Zunft treu geblieben und fungieren bei der Regierung als Ratgeber. 138 «o Ebenda, S. 16. 131 Krippendorff, Ekkjtbart, Die amerikanische Strategie . . ., a. a. O., S. 351. »32 Political Science . . ., a. a. O., S. 16. 133 Ebenda. Ebenda, S. 8 ff. Ebenda, S. 14. 136 Ebenda, S. 18. 137 Ebenda, S. 5. 138 Dieter Oberndörfer hat zu dieser Beratertätigkeit vermerkt: „So wurde etwa das Verhältnis von Politik und militärischer Strategie unter den Bedingungen des ideologischen und atomaren Krieges im wesentlichen nicht von Militärs, sondern von »Political Scientists' wie H. Kissinger, J. Herz oder K. Osgood differenziert durchdacht. Die dabei vor allem von H. Kissinger unterbreiteten Vorschläge sind in Teilen maßgeblich für die Führung der amerikanischen Außen- und Rüstungspolitik geworden. Weitere Beispiele für wissenschaftlich begründete politische Handlungsentwürfe waren George F. Kennans Eindämmungstheorie, John F. Dulles' Theorie der Institutionalisierung des Friedens oder die von Lippmann, dem geistigen Vater des Disengagements

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I. Verhältnis von Geschichte und Politik

Eine beratende Funktion übt das von dem Politologen Zbigniew K. Brzezinski geleitete Forschungsinstitut für kommunistische Angelegenheiten an der Columbia University in New York aus. Er gehört seit dem Sommer 1966 der Politischen Planungsabteilung des State Department an. Seine Bücher sind ebenso wie Arbeiten von Rostow, Kennan und Kissinger in der BRD erschienen und haben sowohl amerikanische als auch bundesdeutsche Regierungspolitiker inspiriert. 139 Die Beratertätigkeit hat neben den Politologen besonders Historiker erfaßt. Der Wirtschaftshistoriker Walt W. Rostow war Berater der Präsidenten John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson. Der Historiker Arthur M. Schlesinger jr. war ebenfalls persönlicher Berater John F. Kennedys und Ratgeber des Senators und Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy. Der ehemalige Diplomat und jetzige Geschichtsprofessor George F. Kennan hat vor dem Council on Foreign Relations Vorträge gehalten und veröffentlichen lassen. 140 Dieter Oberndörfer, ein Schüler des Politologen Arnold Bergstraesser, spricht von „fruchtbaren Möglichkeiten" der Teamarbeit und der interdisziplinären Kooperation vor allem seitens der Politologen und Historiker, wie sie von Henry A. Kissinger praktiziert worden ist. 141 Die reaktionäre Politisierung der imperialistischen US-Historiographie findet schließlich ihren Ausdruck in den Geschichtsdarstellungen selbst. In den historischpolitischen Konzeptionen treten die globalstrategischen Absichten der Vereinigten Staaten immer unverhüllter in Erscheinung. Die Hinwendung zur Zeitgeschichte hält nach wie vor an. Mehr oder weniger ist den Geschichtsdarstellungen die Polemik gegen die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft immanent. Die führenden imperialistischen Historiker und Politologen reagieren aber auch immer allergischer auf demokratisches Geschichtsdenken in der amerikanischen Historiographie selbst. Nicht zuletzt offenbart sich der Klassencharakter der Historiographie unter staatsmonopolistischen Bedingungen immer deutlicher in der engen Zusammenarbeit von Historikern verschiedener imperialistischer Länder, so besonders der USA und derBRD. Die Partnerschaft der in den USA und in der BRD dominierenden Historiographie Mit dem wirtschaftlichen und politischen Bündnis zwischen den imperialistischen NATO-Staaten USA und BRD hat sich in den fünfziger und besonders in den sechziger Jahren eine vielfältige Partnerschaft zwischen den führenden Historikern in Europa, entwickelten Pläne für eine sogenannte .europäische Regelung'." Oberndörfer, Dieter, Politik als praktische Wissenschaft, in: Wissenschaftliche Politik. Eine Einführung in Grundfragen ihrer Tradition und Theorie, Freiburg im Breisgau 1962, S. 20f. 139 Vgl. Winker, Otto, Zwei gegensätzliche Konzeptionen europäischer Politik, in: Neues Deutschland, Berlin, v. 23. September 1966, S. 3. Der Council on Foreign Relations wird von John McCloy geleitet. McCloy gehört der Academy of Political Science an der Columbia University an, die die Zeitschrift Political Science Quarterly herausgibt. Vizepräsident des Council ist der Finanzmagnat David Rockefeller. Der Council hat die Bücher des Politologen und jetzigen Berater Nixons, Henry A. Kissinger, herausgebracht. •141 Oberndörfer, Dieter, Politik als praktische Wissenschaft, a. a. O., S. 39.

2.Wissenschaftspolitik und Geschichtsideologie

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dieser beiden Staaten herausgebildet. Diese Partnerschaft auf dem Gebiet dominierender imperialistischer Historiographie äußert sich in folgenden Merkmalen: 1. Führende Historiker und Politologen der USA nehmen direkten Einfluß auf die strategisch-taktischen Erörterungen der bundesdeutschen Politiker und Ideologen. Charakteristisch für eine derartige Einflußnahme sind die Beiträge von Hajo Holborn, John L. Snell, Hans Kohn, Gordon A. Craig sowie von Henry A. Kissinger und Zbigniew K. Brzezinski in den Beilagen „Aus Politik und Zeitgeschichte" in der von der Bundeszentrale für politische Bildung (einem Organ der Bonner Regierung) herausgegebenen Zeitung „Das Parlament", mit denen diese Autoren unmittelbar zur politisch-weltanschaulichen Erziehung der Führungskräfte des staatsmonopolistischen Systems der BRD beitragen. 2. Hauptanliegen der imperialistischen Historiographie in den USA und in der BRD ist die Manipulierung des Geschichtsdenkens der Volksmassen. Die direkte Zusammenarbeit in der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn, die amerikanisch-westdeutschen Historikerkonferenzen in Braunschweig, 142 die Lehrtätigkeit von Geschichtsprofessoren gleichzeitig in den USA und der BRD 143 , gemeinsame Publikationen 144 — das sind Belege für die gemeinsame systematische und kontinuierliche propagandistische Tätigkeit imperialistischer Historiker der USA und der BRD. In besonderem Maße zeugen davon die amerikanisch-westdeutschen Historikerkonferenzen in Braunschweig, deren Hauptgegenstand die gegenseitige Abstimmung der Fassungen amerikanischer und westdeutscher Geschichtslehrbücher ist. Auf den bisherigen Tagungen sind besonders die Darstellung deutsch-amerikanischer Beziehungen in der Geschichte und die sich aus ihnen ergebenden zeitgeschichtlichen 142 Vgl. bes. Internationales Jahrbuch für Geschichtsunterricht, Bd II, Braunschweig 1953, S. 121 — 348; Bd V, Braunschweig 1956, S. 27—70; Die USA im deutschen Schulbuch, Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts, Bd 3, Braunschweig 1958; Internationales Jahrbuch für Geschichtsunterricht, Sonderdruck, Bd IX, Braunschweig 1962; Elemente eines Atlantischen Geschichtsbildes, Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts, Bd 9, Braunschweig 1965; Schüddehopf, Otto-Ernst, Zwanzig Jahre Westeuropäischer Schulgeschichtsbuchrevision 1945— 1965. Tatsachen und Probleme, Braunschweig 1966, Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts, Bd 12. 143

144

Vgl. Iggers, Georg G., The Decline of the Classical National Tradition of German Historiography, in: HT, 3/1967, S. 395f., Anmerkung 49. Gemeinsame Publikationen — besonders zur Geschichte der Außenpolitik des Deutschen Reiches von 1918 bis 1945 — wie beispielsweise auch Hitlers sogenanntes „Zweites Buch", zu dem der BRD-Historiker Hans Rothfels die Einleitung und sein Schüler, der amerikanische Historiker Gerhard L. Weinberg, einen ausführlichen Kommentar- geschrieben haben, nehmen einen festen Platz in der akademischen Publizistik der BRD ein. Vgl. Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918—1945. Aus dem Archiv des Deutschen Auswärtigen Amts, Bonn; VfZ, 2/1967, S. 219f. Hajo Holborn war der amerikanische Herausgeber dieser Gemeinschaftsdokumente. Von bundesdeutscher Seite werden die Herausgeberarbeiten von Rothfels geleitet. Hitlers Zweites Buch. Ein Dokument aus dem Jahre 1928, eingeleitet und kommentiert von Gerhard L. Weinberg, mit einem Geleitwort von Hans Rothfels, Stuttgart 1961, (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd 7).

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I. Verhältnis v o n Geschichte und Politik

Probleme sowie die Konzipierung eines gemeinsamen „atlantischen Geschichtsbildes" beraten worden. Die auf diesen Konferenzen vorgetragenen Gutachten, durchgeführten Diskussionen und verabschiedeten Empfehlungen schließen andererseits bestimmte Meinungsverschiedenheiten zwischen den Historikern der USA und der BRD nicht aus. So hat es beispielsweise auf der 5. amerikanisch-westdeutschen Historikertagung im November 1963 Meinungsunterschiede über die Bewertung der Politik Wilsons und Roosevelts, den Hitlerfaschismus und andere Probleme gegeben. Von amerikanischer Seite ist kritisiert worden, daß die westdeutschen Lehrbücher die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vernachlässigen. 3. Ein besonderes Anliegen amerikanischer und bundesdeutscher Historiker besteht in der Einflußnahme auf das Denken und Handeln der Arbeiterbewegung. Die USA sind ein Zentrum der imperialistischen Historiographie bei der Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung. Der Zug zur Soziologisierung der imperialistischen Geschichtsschreibung, der zur Beschäftigung reaktionärer Gelehrter mit der Geschichte der Arbeiterbewegung als der entscheidenden sozialen Klasse und Haupttriebkraft der modernen Geschichte geführt hat, ist wesentlich von den USA ausgegangen. Die Sozialhistoriker der BRD haben grundlegende Anregungen von führenden amerikanischen Gelehrten erhalten, wie andererseits entsprechende BRDPublikationen in den USA auf einen fruchtbaren Boden gefallen sind. Die Verfälschung des Hauptinhalts der Arbeiterbewegung durch Historiker der BRD stimmt dem Wesen nach mit Geschichtskonzeptionen der in den USA vorherrschenden Historiographie überein. 145 4. Die BRD-Historiographie ist in zunehmendem Maße auf die geschichtstheoretischen Grundpositionen der imperialistischen US-Historiographie eingeschwenkt. Es haben sich grundsätzliche gesellschafts- und geschichtstheoretische Übereinstimmungen ergeben. „Industriegesellschafts"lehre, „Konvergenz"- und „Evolutions"auffassungen, „Totalitarismus"doktrin, Europaidee, bürgerlicher Nationalismus, Revisionismus sind hierfür Ausdruck. Ein direktes Zusammenwirken ist bei der Erarbeitung und Praktizierung der vorherrschenden historisch-politischen Konzeptionen insbesondere zur Geschichte des Deutschen Reiches festzustellen. 5. Ein spezielles Kapitel stellt die Zusammenarbeit zwischen profaschistischen US-Historikern und bundesdeutschen Neofaschisten dar. Die neonazistische BRDHistoriographie hätte ohne die Unterstützung faschistenfreundlicher Kreise aus dem imperialistischen Ausland, namentlich aus den USA, kaum den Einfluß finden können, den sie heute in der Bundesrepublik ausübt. Die ersten größeren neofaschistischen Geschichtsdarstellungen, die in der BRD verbreitet wurden, stammten von amerikanischen Autoren. Auf der Grundlage ihrer profaschistischen Geschichtsklitterung konzentrierte sich auch die neonazistische Geschichtsschreibung der BRD in den letzten Jahren in erster Linie auf das Problem der Ursachen und Schuld am zweiten Weltkrieg. Die dabei entwickelte historische Konzeption ist eindeutig auf aktuell-politische Ziele, insbesondere auf die Entlastung des deutschen Imperialismus gerichtet. M5 Siehe Kapitel III, Abschnitt 3.

2.Wissenschaftspolitik und Geschichtsideologie

47

Die Spezifik der Machtinteressen des amerikanischen und des bundesdeutschen Imperialismus führt zweifelsohne in ihrer historiographischen Widerspieglung zu Differenzen auch unter den imperialistischen Historikern. Was jedoch die ideologischen Bedürfnisse des staatsmonopolistischen Systems in den USA und in der Bundesrepublik betrifft, so haben sie — in den Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung — zu übereinstimmenden geschichtstheoretischen und historischpolitischen Konzeptionen geführt, die ihren Ausdruck in den aufgeführten Gemeinsamkeiten der dominierenden Historiographie dieser beiden Mächte des imperialistischen Systems gefunden haben.

K A P I T E L II

Die geschichtstheoretische Position der bürgerlichen US-Historiographie „Geschichte: Das ist ja nicht mehr als ein Kater, den man am Schwänze dahin schleppt, wohin er selten gehen möchte." Charles A. Beard

1. Die Krise der bürgerlichen Ideologie Die Monopolbourgeoisie ist stärker denn je bemüht, ihre Machtpositionen zu erhalten und die des Sozialismus zu untergraben. Daher versucht sie, die Marxsche Erkenntnis „Die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift" in ihrem Sinne auszunutzen. Reaktionäre Ideen sollen die reaktionäre Gewalt des imperialistischen Herrschaftssystems durch die Verbreitung seiner sozialen Basis innen- und außenpolitisch stabilisieren helfen. Für die bürgerliche Ideologie der Gegenwart ist charakteristisch, daß sie als Bestandteil der imperialistischen Globalstrategie mit allen finanziellen und technischen Mitteln gefördert und verbreitet wird. Die ideologische Auseinandersetzung verdeutlicht jedoch gleichzeitig — ebenfalls stärker denn je — die Grenzen der ideologischen Manipulation und Diversion, die ihr durch die Arbeiterklasse und das sozialistische Weltsystem gesetzt worden sind. Die tiefe Krise der imperialistischen Ideologie kann trotz aller Raffinessen nicht verschleiert werden. 1 Wie äußert sich diese Krise auf geschiehtsideologischem Gebiet? Die Geschichtswissenschaft in der Krise? Mit dieser Frage beginnen die meisten Analysen selbst der imperialistischen Historiographie der Gegenwart. Sie ist auch der Ausgangspunkt der Behandlung des Stichwortes „Geschichtswissenschaft" in der vornehmlich amerikanisch-westdeutschen Enzyklopädie „Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft". Der amerikanische Historiker Georg G. Iggers hat dort vermerkt: „Es gibt keine gültige .historische Methode' mehr . . ." 2 Die bürgerlichen Ideologen führen diese Lage nicht auf die Krise des imperialistischen Systems zurück, sondern reduzieren sie lediglich auf einen „Methodenstreit". Vor allem in Ländern wie Frankreich und den USA, in denen dieser Streit zugunsten der Praktizierung „sozialwissenschaftlicher" Methoden in der Geschichtsforschung geschlichtet worden sei, hätte sich die Historiographie rasch entwickelt. Der ganze „Methoden1

2

Institut für Gesellschaftswissenschaften heim ZK der SED, Der Imperialismus der BRD, Berlin 1971, S. 542. Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft. Eine vergleichende Enzyklopädie, hg. v. C. D. Kernig, Bd 2, Freiburg-Basel-Wien 1968, Sp. 914.

1. Krise der bürgerlichen Ideologie

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streit" in der bürgerlichen Historiographie geht im Grunde um das erkenntnistheoretische Problem der Gesetzmäßigkeit gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse und berührt damit die theoretische Substanz der geschichtswissenschaftlichen Arbeit. Die geschichtsphilosophischen Standpunkte bürgerlicher Historiker reichen von der absoluten Verneinung von Gesetzen bis zum heuristischen Gebrauch der Gesetzeskategorie. Sie lehnen aber letzten Endes alle den Gesetzescharakter der Geschichte ab und diskreditieren das von Karl Marx entdeckte eigentliche Bewegungsgesetz der menschlichen Gesellschaft als Ausdruck eines einseitigen „ökonomischen Determinismus". Die als Alternativlösungen zum historischen Materialismus ausgegebenen Methoden der bürgerlichen Historiographie erweisen sich so als geschichtsmethodologische Reflexion weltanschaulicher Positionen der Monopolbourgeoisie. Die Methode ergibt sich aus dem historisch-politischen Anliegen und nicht umgekehrt. Die Krise der bürgerlichen Historiographie ist darum in ihrem Wesen politischer Natur. So ist auch zu erklären, warum die geschichtstheoretische Position gerade der imperialistischen Historiographie der USA seit dem zweiten Weltkrieg von genereller Bedeutung für die Entwicklung der imperialistischen Historiographie geworden ist. Die amerikanischen Historiker haben einen gewissen „Vorlauf" in der Modifizierung der Historiographie erreicht und sie befähigt, ihrer Funktion im System der imperialistischen Manipulation besser zu entsprechen, als es beispielsweise den westdeutschen Geschichtsgelehrten gelungen war, die noch — einige mehr, andere weniger — dem bürgerlichen deutschen Historismus und seiner extremen Abneigung gegenüber den bürgerlichen sozialwissenschaftlichen Methoden, so besonders von Generalisierungen, anhingen. Georg G. Iggers spricht von einer „Überlegenheit" der vergleichsweise pragmatischen westlichen Historiographie der Gegenwart gegenüber dem klassischen Idealismus, der in der B R D „zunächst noch fest verankert" war. 3 Die in den U S A dominierende Richtung imperialistischer Historiographie ist theoretisch durch ein Konglomerat verschiedener geschichtsphilosophischer Konzeptionen charakterisiert. Wir finden vornehmlich Einflüsse des Pragmatismus und des Positivismus, aber auch Elemente des bürgerlichen deutschen Historismus. Dabei kam es im Endeffekt zum „Durchbruch sozialgeschichtlicher Betrachtungsweisen". 4 Manches — so Iggers — spricht dafür, „daß die Wendung zu ausgeprägt sozialen Fragestellungen die traditionelle Orientierung der deutschen Geschichtswissenschaft in der B R D völlig in den Hintergrund drängen wird". 5 Erwin Hölzle stellte dazu fest: „Gerade von den Gegnern des ideengeschichtlichen Aspekts wird Amerika als das Vorbild modernster Wissenschaft hingestellt, als das Mekka, wohin eine allzu rückständige, noch gleichsam als Fußvolk marschierende Wissenschaft der alten Welt möglichst motorisiert pilgern solle." 6 Die 3 E b e n d a , Sp. 924 und 927 f. 4

E b e n d a , Sp. 922.

5

Ebenda, Sp. 924.

6

Hölzle, Erwin, Idee und Ideologie. Eine Zeitkritik aus universal-historischer Sicht, Bern-München 1969, S. 29.

4

Loesdau, Globalstrategie

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II. Geschichtstheoretische Position

USA sind jedoch nicht nur die Wallfahrtsstätte der bürgerlichen Historiographie, sondern auch eine Art Versandhaus für geschichtstheoretische Konzepte, von dem aus imperialistische Historiker mit einem Sendungsbewußtsein über die ganze Welt herfallen, um vor allem den Marxismus-Leninismus besser zu bekämpfen. Insofern kann uns die Frage nach der durch „moderne Methoden" bedingten angeblichen Krisenfestigkeit amerikanischer Historiographie nicht gleichgültig lassen. Die bürgerliche Geschichtswissenschaft auch der USA kann die ihr zugedachten Funktionen nur wahrnehmen, wenn es die Historiker verstehen, die Geschichtsschreibung vor allem bewußtseinsbildend und strategiekonzipierend zu gestalten. Eine wirksame Manipulation des Geschichtsdenkens erfordert, bestimmte historische Wahrheiten zu verschweigen oder sogar zu verfälschen. Andererseits verlangt jede noch so entstellte Geschichtsdarstellung — soll sie (vor allem angesichts der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft) nicht völlig unglaubwürdig sein — ein bestimmtes Faktenmaterial. Besonders die Strategiekonzipierung kommt ohne Gewinnung und Vermittlung exakter Kenntnisse und Erkenntnisse des historischen Geschehens für die Führungskader des imperialistischen Systems nicht aus. Jedoch die Apologie eines überholten Gesellschaftssystems erlegt der bürgerlichen Geschichtsschreibung bei aller methodologischen Wendigkeit objektive Schranken auf. Sie kann um den Preis ihrer eigenen Existenz willen die eigentlichen Gesetzmäßigkeiten der historischen Entwicklung — selbst bei verstärkter Strapazierung marxistischer Begriffe — nicht erfassen und darstellen. Weder die Zuflucht in die Lehre von der „Industriegesellschaft" noch die Benutzung der Computer heben die Klassengrenzen der bürgerlichen Historiographie auf. An der im Jahre 1873 von Karl Marx formulierten Erkenntnis in bezug auf die wissenschaftliche bürgerliche Ökonomie hat sich auch für die bürgerliche Geschichtswissenschaft absolut nichts geändert: „Es handelte sich jetzt nicht mehr darum, ob dies oder jenes Theorem wahr sei, sondern ob es dem Kapital nützlich oder schädlich, bequem oder unbequem, ob polizeiwidrig oder nicht. An die Stelle uneigennütziger Forschung trat bezahlte Klopffechterei, an die Stelle unbefangner wissenschaftlicher Untersuchung das böse Gewissen und die schlechte Absicht der Apologetik." 7 Einerseits die strategischen Ziele des staatsmonopolistischen Kapitalismus, die eine für die Zwecke dieses Systems bestimmte Bewältigung der Vergangenheit erfordern — und andererseits die weitgehende Unfähigkeit der imperialistischen Geschichtsideologie, diesen Bedürfnissen wirksam genug zu entsprechen, haben zu einer permanenten Konfliktsituation in der bürgerlichen Historiographie geführt. Von diesem Widerspruch ist auch die imperialistische Geschichtsschreibung der USA nicht verschont geblieben. 7

Marx, Karl, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band, Nachwort zur zweiten Auflage, in: MEW, Bd 23, Berlin 1962, S. 21.

2. Einfluß des deutschen Historismus

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2. Der traditionelle Einfluß des bürgerlichen deutschen Historismus in der amerikanischen Historiographie War die amerikanische Historiographie im 19. Jahrhundert für ihr geschichtsphilosophisches Desinteresse bekannt (wie überhaupt für das amerikanische Geistesleben ein „merkliches Zurückbleiben in philosophischer Hinsicht" charakteristisch war 8 ), so hat sich dieser Zustand grundsätzlich geändert. Der bürgerliche Geschichtsphilosoph Fritz Wagner stellte im Jahre 1960 über die amerikanischen Historiker fest: „Aus dem eigenen Geschichtsbewußtsein heraus erwuchs in den letzten Jahrzehnten eine immer intensivere Auseinandersetzung über die Position, das Wesen und die Zielsetzung von Geschichtswissenschaft; hat ein anderes Land einen Vorgang von ähnlicher Breitenwirkung aufzuweisen?" 9 Die Konzentration der geschichtstheoretischen Arbeit in den USA ist bemerkenswert. Die seit dem Jahre 1960 zunächst in den Niederlanden erscheinende internationale bürgerliche philosophische Zeitschrift „History and Theory" wird seit 1966 in den USA herausgegeben. 10 Dem Herausgeberkomitee gehören von amerikanischer Seite die Philosophen Sidney Hook und Maurice Mandelbaum sowie bis zu seinem Tode im Jahre 1968 der Historiker Crane Brinton an. Die Zeitschrift hat die Funktion, die geschichtstheoretische Arbeit zu konzentrieren und bürgerlichen Historikern wie Philosophen eine — den internationalen Bedingungen des ideologischen Klassenkampfes entsprechende — geschichtsphilosophische Orientierung zu geben. Durch die in der Zeitschrift erfolgende Diskussion theoretischer und methodologischer Probleme wird eine Koordinierung der auf diesem Gebiet tätigen Kapazitäten im internationalen Rahmen bewirkt. Der Nutzen der Theorie in der Geschichtsforschung, der Marxismus und die Geschichtswissenschaft, die Beziehung der Geschichtstheorie und -methodologie zu Ökonomie, Psychologie und anderen „Social Sciences", insbesondere die Bedeutung der Soziologie für die Historiographie, die Geschichte und der Zeitbegriff, die Entwicklung des deutschen Historismus — das sind derartige Schwerpunkte, die in Artikeln und Beiheften der Zeitschrift behandelt werden. Sie sind Ausdruck einer stärkeren — von den USA ausgehenden — Hinwendung zu geschichtstheoretischen Problemen im Rahmen des imperialistischen Systems. 11 Fritz Wagner versucht auch die „breite Schichten der geistigen Elite des Landes erfassende Diskussion um die Beschäftigung mit Geschichte" zu erklären. Er fragt: „Ist sie nicht verständlich in einer Nation, die sich durch einen bisher geglückten 8

9 10

11

4*

Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts. Kritischer Abriß, Bd II, Philosophie und Geschichtsschreibung. Geschichtsphilosophische Fragen der heutigen bürgerlichen Historiographie, Berlin 1964, S. 62. Wagner, Fritz, Moderne Geschichtsschreibung, (West-)Berlin 1960, S. 67. Vgl. Andrejeva, I. S.IGulyga, A. V., Fragen der Geschichtsphilosophie in der Zeitschrift „History and Theory", in: SW, 6/1964, S. 654-659. HT, Vol. 1/1961, Vol. 11/1962, Vol. III/1963-1964, Vol. IV/1964-1965, sämtl.in: 's-Gravenhage erschienen, ab Vol. V/1966 alle weiteren Bände Wesleyan University Press, Middletown, Connecticut.

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II. Geschichtstheoretische Position

Verlauf ihres historischen Daseins vor die Aufgabe der Weltführung gestellt sieht?" und beruft sich auf den deutsch-amerikanischen Soziologen Carl Joachim Friedrich, der „das Einschwenken in die große Rolle des Geschichtsträgers und Geschichtskünders, die ein auserwähltes Volk seit dem Modellfall des Alten Testaments zu übernehmen pflegt", beobachtet hat. 12 Hier dürfte jedoch weniger das Alte Testament, sondern imperiales Streben Pate gestanden haben. Um so bunter ist die Palette der Geschichtstheorien, die dem Historiker von Fachkollegen sowie von Philosophen, Soziologen, Politologen aus den USA angeboten werden. Pragmatismus und Positivismus, objektiv-idealistische Metaphysik und religiöse Renaissance, Irrationalismus und Mystizismus, die Konzeption des „Verstehens", Pantragismus und historischer Nihilismus sind Tendenzen der amerikanischen Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts. 13 Auf dem XII. Internationalen Historikerkongreß im September 1965 in Wien hatten sowjetische Wissenschaftler mit Recht geäußert: „. . . zum Glück gibt es oft keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den subjektivistischen philosophischen Auffassungen und der praktischen Forschungsarbeit der Historiker". 14 Andererseits ist nicht zu übersehen, daß sich führende Historiker in den USA auf reaktionäre Geschichtstheorien berufen oder sogar erheblichen Anteil an der Ausarbeitung „zeitgemäßer" geschichtstheoretischer Konzeptionen haben. Für den Historiker geht es insbesondere um diese in der historiographischen Praxis wirksamen geschichtstheoretischen Leitlinien. Die Entwicklung des bürgerlichen Geschichtsdenkens in den USA ist bereits im 19. Jahrhundert von der bürgerlichen deus chen Geschichtsideologie — insbesondere von dem deutschen Historismus — maßgeblich beeinflußt worden. Für die meisten amerikanischen Historiker war der Stammvater wissenschaftlicher Geschichtsschreibung stets Leopold von Ranke. Auf den ersten Lehrstühlen für Geschichte lasen in Deutschland ausgebildete Berufshistoriker, die die in den USA vorherrschende Tradition des „gentleman historian" ablösten. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist das Rankesche Seminar eingeführt, die Rankesche Methodik praktiziert worden. Unter diesem Historismus ist nicht die „antiquarische Geschichtsbetrachtung" zu verstehen (nach der die Geschichtswissenschaft eine unschöpferische Faktensammlung sei), sondern eine Geschichtsbetrachtung, die sich mit Ernst Troeltsch in einer „Gegenposition gegen alle Aufklärung und naturrechtliche Ethik" befindet und die sich nach Karl Mannheim durch einen weltanschaulichen Charakter auszeichnet. 15 In diesem Sinne hat der sowjetische Soziologe I. S. Kon den „deutschen Historismus" beschrie12

Wagner, Fritz, Moderne Geschichtsschreibung, a. a. O., S. 68. Vgl. Kon, I. S„ Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . . ., Bd II, a. a. O., S. 6 2 - 9 8 ; yindrejeva, I. S./Gulyga, A. W., Fragen der Geschichtsphilosophie in der Zeitschrift „History and Theory", a. a. O.

14

Neckina, M. V./Pasuto, V. T.¡Cernjak, ]. B., Die Entwicklung des historischen Denkens in der

15

Mitte des 20. Jahrhunderts, in: SW, 5/1966, S. 519. Das Fischer Lexikon Geschichte, mit einer Einleitung von Professor Dr. Hans Rothfels, hg. v . Professor Dr. Waldemar Besson, Frankfurt am Main 1961, S. 104.

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2. E i n f l u ß des deutschen H i s t o r i s m u s

ben: „Der ,Historismus' in dieser Auffassung tritt vor allem als Reaktion gegen den Naturalismus und Determinismus des 18. Jahrhunderts auf. Ein solcher .Historismus', der die Veränderlichkeit und Individualität des historischen Prozesses verabsolutiert, entartet unweigerlich zum Irrationalismus und Relativismus." 16 Jedoch ist Ranke in geschichtsphilosophischer Hinsicht von den amerikanischen Historikern anders als im Deutschen Reich verstanden worden. 17 Die idealistische Geschichtsauffassung der bürgerlichen deutschen Historiker ist in den USA unter dem Einfluß des Positivismus revidiert worden. Der US-Historiographie war am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine stark atheoretische Betrachtungsweise eigen. Die damaligen bürgerlichen amerikanischen Historiker sahen sich durch Rankes Objektivismus in ihrer positivistischen Grundhaltung bestätigt, nach der als Ausgangspunkt des Erkenntnisprozesses die historischen Tatsachen aufgefaßt werden, wobei sie jedoch — und hierin zeigt sich der Subjektivismus derartiger Auffassungen — diese Tatsachen unabhängig von der objektiv-realen Außenwelt betrachteten. In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte eine Diskussion unter den Historikern der USA ein, in der die Anhänger der positivistischen „scientific history", die die Rankeschen Methoden der Geschichtsschreibung verteidigten, von den Vertretern der New History angegriffen wurden. Im Zusammenhang mit der Wechselwirkung der bürgerlichen amerikanischen und deutschen Historiographie ist bemerkenswert, daß der deutsche bürgerliche Historiker Karl Lamprecht im Jahre 1906 in die USA eingeladen worden ist. 18 Die geschichtstheoretische Position der bürgerlichen Historiographie in den USA ist im 20. Jahrhundert immer stärker wesentlich von der Philosophie des Pragmatismus bestimmt worden. W. I. Lenin hatte bereits im Jahre 1908 den Pragmatismus als „die .letzte Mode' der allerneuesten amerikanischen Philosophie" bezeichnet. 1!) Das oberste Prinzip der Theorie und Methode des Pragmatismus sind Nutzen, Erfolg, Profit für die herrschenden Ausbeuterklassen. Für den Pragmatisten gibt es keine objektive Wahrheit, sondern „,das Wahre' ist, um es kurz zu sagen, nichts anderes als das, was uns in unserem Denken nützt, so wie ,das Richtige', das ist, was uns in unserem Verhalten nützt". 20 Der amerikanische marxistische Theoretiker Harry K. Wells hat als hauptsächliche Merkmale der pragmatischen Methode Empirismus, Individualismus, die 16

Kon, I. S., D i e G e s c m c n i s p h i l o s o p h i e des 20. J a h r h u n d e r t s . K r i t i s c h e r A b r i ß , Bd I, D i e G e s c h i c h t s p h i l o s o p h i e der E p o c h e des Imperialismus, Berlin 1 9 6 4 , S. 8 .

17

I&g ers'

Georg G., T h e I m a g e of R a n k e in A m e r i c a n a n d G e r m a n Historical T h o u g h t , i n : H T ,

1 / 1 9 6 2 , S. 1 7 - 4 0 . 18

Zu L a m p r e c h t v g l . Engelbirg,

Ernst,

Z u m Methodenstreit um Karl Lamprecht, in: Die bürgerliche

d e u t s c h e G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g v o n d e r R e i c h s e i n i g u n g v o n o b e n bis zur B e f r e i u n g D e u t s c h l a n d s v o m Faschismus, h g . v . J o a c h i m Streisand, Berlin 1 9 6 5 , S. 1 3 6 f f . ( D e u t s c h e A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n zu Berlin, S c h r i f t e n d e s Instituts f ü r G e s c h i c h t e , R e i h e I : A l l g e m e i n e u n d d e u t s c h e G e schichte, Bd 2 1 , S t u d i e n ü b e r d i e d e u t s c h e G e s c h i c h t s w i s s e n s c h a f t , B d II). 10

Lenin,

W. I., M a t e r i a l i s m u s u n d E m p i r i o k r i t i z i s m u s , i n : W . I. L e n i n , W e r k e , Bd 1 4 , B e r l i n 1 9 6 2 ,

S. 3 4 6 . 20

W i l l i a m J a m e s , zit. nach Wells, Berlin 1 9 5 7 , S . 1 2 7 .

H. K., D e r P r a g m a t i s m u s . E i n e P h i l o s o p h i e d e s I m p e r i a l i s m u s ,

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II. Geschichtstheoretische Position

Verherrlichung der Spontaneität und Improvisation sowie zweckdienlichen Opportunismus bezeichnet. 21 Pragmatismus, meint er, sei ein subjektiver Idealismus positivistischer Art, dem Subjektivismus, Obskurantismus und Fiktionalismus in der Theorie eigen sind. 22 Der Pragmatismus, wie er vornehmlich in der New History praktiziert wurde, hatte verhängnisvolle Auswirkungen in der amerikanischen Historiographie, auf die noch näher einzugehen sein wird. Die Krise des amerikanischen Geschichtsdenkens wie überhaupt des Geisteslebens erfuhr in den dreißiger Jahren (in Auswirkung der Weltwirtschaftskrise) einen Höhepunkt. Der extreme Subjektivismus und die zunehmend reaktionärer werdende historisch-politische Konzeption der Anhänger der New History stieß in der amerikanischen Historiographie auf Widerstand. Im Jahre 1936 konnte der Stammvater pseudoliberaler Historiographie im imperialistischen Deutschen Reich, der bürgerliche Historiker Friedrich Meinecke, in den USA durch Vorträge seine Geschichtsauffassung propagieren. 23 Im Jahre 1947 wurde er zum Ehrenmitglied der American Historical Association ernannt. Der Historiker Richard W. Sterling bezeichnete ihn in seinem Buch über die politischen Ideen Friedrich Meineckes als „den ausgezeichnetsten deutschen Historiker dieses Jahrhunderts". 24 Einen intensiven Einfluß auf die amerikanische Geschichtsideologie übte auch der Soziologe Max Weber aus. Der Meinecke-Schüler Hans Rothfels, der die in der BRD vorherrschende Historiographie seit Mitte der fünfziger Jahre entscheidend mitprägte, wirkte von 1940 bis 1951 in den USA, um dann — als Mitglied der American Historical Association — der Westorientierung des deutschen Imperialismus unmittelbar in der BRD den erforderlichen geschichtsideologischen Unterbau zu verschaffen. 23 Das reaktionäre imperialistische Standardwerk von Rothfels über den deutschen Faschismus ist zunächst in den USA, dann in der BRD erschienen. 20 Nicht zuletzt ist es dieser traditionellen geschichtsideologischen Beeinflussung zuzuschreiben, daß es in der US-Historiographie eine intensive Beschäftigung mit der deutschen Geschichte gibt. 27 Jedoch geht es hierbei nicht nur um vereinzelte Spezialisten. In der Historiographie der USA hat sich eine Richtung herausgebildet, die Historiker umfaßt, die die außenpolitische Strategie der amerikanischen Re21 Ebenda, S. 246 ff. 22 Ebenda, S. 257ff. 23 Vgl. Lo%ek, GerbardjSyrie, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte. Über die antinationale Geschichtskonzeption führender westdeutscher Historiker, Berlin 1964, S. 65. 2/* Sterling, Riebard W., Ethics in a World of Power. The Political Ideas of Friedrich Meinecke, Princeton 1958, S. VIII. („. . . the most distinguished German historian of this Century"). 2 5 Vgl. Lo%ek, Gerhard¡Sjrbe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte . . ., a. a. O., bes. Kapitel II: Zu den ideologischen und geschichtsphilosophischen Grundlagen der Konzeption der Rothfels-Gruppe, S. 80ff. 26 Rathfels, Hans, The German Opposition to Hitler, Hinsdale, III., 1948; westdeutsche Ausgaben: Die deutsche Opposition gegen Hitler, Krefeld 1949, 2. Aufl., Frankfurt am Main-Hamburg 1958. 2 7 Auf die Rolle deutscher Historiker, die in den dreißiger Jahren in die USA emigriert sind, hat verwiesen: Epstein, Klaus, Der Nationalsozialismus in amerikanischer und englischer Sicht, in: APZ, 5/63 v. 30. Januar 1963, S. 32.

2. Einfluß des deutschen Historismus

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gierung gegenüber Europa, und dabei besonders gegenüber der DDR und der BRD, historisch-politisch begründen und gestalten. Neben profilierten amerikanischen Historikern, die dieser Richtung angehören, ist die Rolle ehemaliger deutscher Historiker, die in der Zeit des Faschismus in die USA emigriert sind, bemerkenswert. Diese Historiker sind jedoch ihrer Staatsangehörigkeit nach amerikanische Bürger und ihren Ansichten nach Ideologen des amerikanischen Imperialismus. Für ihre geschichtsideologische Grundhaltung in der imperialistischen US-Historiographie waren in den sechziger Jahren die konzeptionellen Geschichtsdarstellungen des amerikanischen Professors Hajo Holborn tonangebend. Hajo Holborn (1902 geboren) stammte aus dem Deutschen Reich, in dem er bis 1934 lebte. Als ein Schüler Friedrich Meineckes, bei dem er 1924 promovierte, lehrte Holborn seit 1926 als Privatdozent an der Universität Heidelberg und seit 1931 an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin. Gleichzeitig war er Privatdozent an der Berliner Universität. Nach der Übersiedlung in die USA (1934) wirkte er dort zunächst als Gastprofessor. Seit 1938 war sein Tätigkeitsfeld vornehmlich die Yale University (New Haven, Connecticut). Im Jahre 1940 wurde Holborn amerikanischer Staatsbürger. Während des Krieges übte er für zwei Jahre (1943— 1945) eine leitende Funktion im amerikanischen Geheimdienst, dem damaligen Office of Strategie Services (Vorläufer der späteren Central Intelligence Agency, CIA) aus. Zwei weitere Jahre (1947—1949) war er Berater des amerikanischen Außenministeriums. Mit Friedrich Meinecke, dem ersten Rektor der 1948 im amerikanischen Sektor Westberlins mit Hilfe der US-Militärregierung gebildeten sogenannten Freien Universität, verbanden ihn bis zu dessenTode imjahre 1954 freundschaftlicheBeziehungen. Er beriet das amerikanische Außenministerium auch in diesen und den folgenden Jahren. Neben seiner Professorentätigkeit gehörte er dem Council on Foreign Relations an, war amerikanischer Herausgeber der amerikanisch-englisch-französisch-westdeutschen Gemeinschaftsdokumentation zur deutschen Außenpolitik von 1918 bis 1945. In der BRD werden die Herausgeberarbeiten von Hans Rothfels geleitet. Holborn war Träger des Bundesverdienstkreuzes der BRD. Er hatte sich besonders in der Entwicklung enger Beziehungen zwischen Washington und Bonn auf historiographischer Ebene verdient gemacht. Im Jahre 1966 war er Vizepräsident und 1967 Präsident der American Historical Association. Im Jahre 1969 verstarb er auf einer Vortragsreise in Bonn. 28 Neben Ranke und Meinecke ist Holborns Geschichtsideologie vor allem von Otto Hintze, Adolf von Harnack, Karl Holl, Ernst Troeltsch, Max Weber, Wilhelm Dilthey und Hans von Schubert geprägt worden. Holborns Geschichtswerke übten einen entscheidenden Einfluß auf die akademische Historiographie der USA und 28

Zur Biographie Holborns vgl. Holborn, Hajo, A History of Modern Germany, Vol. 1, The Reformation, New York 1959, Vorwort, S. IXff. deutsch: Derselbe, Deutsche Geschichte in der Neuzeit, Bd 1, Das Zeitalter der Reformation und des Absolutismus (bis 1790), München-Wien 1970, S. IXff.; Who's Who in America. A Biographical Dictionary of Notable Living Men and Women, Vol.34 (1966-1967), Chicago, 111., o. J.; Nachruf von Leonard Krieger, in: AHR, 1/1969, S. 333-336.

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II. Geschichtstheoretische Position

der BRD aus. Er ist darum nicht zufällig als „ein Klassiker der Geschichtsschreibung" bezeichnet worden. 29 Zu der von ihm geschichtsideologisch repräsentierten Richtung in der US-Historiographie können besonders solche führenden Historiker wie Andreas Dorpalen, Klaus Epstein 30 , Theodore S. Hamerow, Hans W. Gatzke, Felix Gilbert, Hans Kohn, Leonard Krieger, George L. Mosse, Henry C. Meyer, Otto Pflanze, Hans Rosenberg, Carl E. Schorske, John L. Snell, Fritz R. Stern und Gerhard L. Weinberg gezählt werden. Die intensive geschichtsideologische Wirkung auf die USA, die von Ranke über Meinecke, M. Weber und Troeltsch bis zu Rothfels und Conze geht, war eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit, die im internationalen Maßstab besonders für die imperialistische Historiographie der USA und der BRD kennzeichnend wurde. Mit der Restauration des deutschen Imperialismus in den von den Westmächten besetzten Zonein des ehemaligen Deutschen Reiches hatte die von Rothfels repräsentierte geschichtsideologische Strömung in den fünfziger Jahren zunehmenden Einfluß in der BRD gewonnen und wurde zur offiziellen Staatshistoriographie. 31 Gleichermaßen hatte sich die Einwirkung der in den USA vorherrschenden Geschichtsideologie auf die BRD verstärkt. Es setzte sozusagen ein Rücklauf der in den USA investierten vornehmlich pseudoliberalen Geschichtsauffassungen deutschen Ursprungs in die BRD ein. Mit der vollen Entfaltung des staatsmonopolistischen Kapitalismus in den USA und in der BRD und der Entwicklung eines engen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bündnisses kooperierte die dominierende Historiographie beider Länder mit staatlicher Sanktion. Die Zusammenwirkung der dominierenden amerikanischen und bundesdeutschen Historiographie erwies sich immer mehr als ein ideologisches Instrument des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems. Auch nach 1945 haben die Bezugnahmen in der amerikanischen Historiographie auf Ranke nicht nachgelassen. Dabei geht es in erster Linie um „die Betonung des intuitiven Charakters der historischen Erkenntnis". 32 Im Jahre 1950 verkündete 29

V g l . Treue, Wilhelm, Ein Klassiker deutscher Gcschichte, in: Die Zeit, Hamburg, v. 15. Januar 1971.

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Klaus Epstein verstarb 1 9 6 7 an den Folgen eines Unfalls in Bonn. Hans Rothfels und Karl Dietrich Bracher verfaßten aus diesem Anlaß Artikel, in denen sie die „Brückenstellung" Epsteins zwischen den U S A und der B R D würdigten. Rothfels hebt Epsteins Unterstützung in der Auseinandersetzung mit Fritz Fischer und William L. Shirer h e r v o r und bekennt: „Es besteht kein Zweifel, daß er als intimer Kenner, insbesondere der Zeitgeschichte, sehr segensreich hätte wirken können. A b e r im G r u n d e war es w o h l wichtiger, daß er und wie er deutsche und europäische G e schichte an einer amerikanischen Universität vertrat — im Bewußtsein der Gemeinsamkeit westlicher geistiger Tradition, der sich keine aufgebauschten ideologischen Hindernisse in den W e g legen sollten." In: Die Zeit, Hamburg, v. 7. Juli 1967, S. 6 ; Karl Dietrich Bracher e r w ä h n t Epsteins „Verständnis f ü r konservatives Denken" und v e r m e r k t : „So hat Klaus Epstein G e schichte stets politisch, Politik wesentlich geschichtlich verstanden", in: Das Parlament, Bonn, v. 12. Juli 1967, S. 1 2 .

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V g l . Lo^ek, Gerhard/Syrhe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte . . ., a. a. O .

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Andrejeva, I. S.JCulyga, A. V., Fragen der Geschichtsphilosophie in der Zeitschrift „History and Theory", a. a. O., S. 657. V g l . auch Schleier, Hans, Die Ranke-Renaissance, i n : Die bürgerliche

2. Einfluß des deutschen Historismus

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der Historiker Samuel E. Morison in seiner Eigenschaft als Präsident der American Historical Association : „Was mich betrifft, stehe ich fest hinter dem oft zitierten Satz von Leopold von Ranke, an den wir amerikanische Historiker uns erinnern, selbst wenn wir alles übrige unseres Deutsch vergessen haben. ,Der gegenwärtige Versuch', sagte Ranke im Vorwort zu seinem ersten Band, der 1824 veröffentlicht wurde, ,will bloß zeigen, wie es eigentlich gewesen'." 3 3 Morison verurteilte unter dem Diktum Rankes die theoretischen und ideologischen Auffassungen der New History, wie sie ein Jahr zuvor besonders von Conyers Read vertreten worden waren. Beim Rankekult amerikanischer Historiker handelt es sich jedoch nicht nur um methodologische Aspekte. Es geht vielmehr um Fragen der Effektivität der bürgerlichen Geschichtsschreibung. Die Verwertbarkeit bestimmter Methoden des bürgerlichen deutschen Historismus soll nicht ausgeschlossen werden, ohne ihn zur ausschließlichen Geschichtstheorie zu erklären. 34 Seine große Wertschätzung für die Außenpolitik, die Idee der Staatsräson, die Fortschrittsfeindlichkeit, die Mißachtung der Rolle der Volksmassen in der Geschichte, der ganze Mystizismus haben ihre Anziehungskraft auf reaktionäre amerikanische Historiker durchaus nicht verloren. 35 Ranke, Meinecke und der deutsche Historismus werden von der imperialistischen US-Historiographie in erster Linie unter dem Aspekt ideologischer Wirksamkeit in der Gegenwart gewertet. 36 Der Historiker Richard W. Sterling, ein Schüler Holborns, analysiert deshalb ausführlich die politischen Anschauungen Friedrich Meineckes, den er noch als Besatzungsoffizier in Westberlin kennenlernte und wo er Teilnehmer an dessen Seminar an der Dahlemer Universität war. Sterling hat sich bei seiner Untersuchung von dem Glauben leiten lassen, „daß die Früchte von

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deutsche Geschichtsschreibung von der Reichseinigung von oben bis zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus . . ., a. a. O., bes. S. 128ff. Morison, Samuel Eliot, Faith of a Historian, in: AHR, 2/1951, S. 262. („For my part, I stand firm on the oft-quoted sentence of Leopold von Ranke, which we American historians remember when we have forgotten all the rest of our German. ,The present investigation', said Ranke in the preface to his first volume, published in 1824, ,will simply explain the event exactly as it happened'.") Im selben Jahr, in dem Morison seine presidential address verkündete, war in den USA das Buch von Theodore H. von haue, Leopold Ranke. The Formative Years, Princeton-New Jersey 1950, erschienen. Von Laue kam hier zu der Feststellung über Rankes Historismus: „Diese Haltung ist nicht ohne Nutzen in der gegenwärtigen Welt." (S. 108). („This attitude is not without benefits in the present world.") Von Laue erscheint „. . . Rankes historischer Relativismus, in anderen Worten, Historismus als eine allgemeine Einstellung gerechtfertigt". (Ebenda). „(In this light Ranke's historical relativism, in other words, historicism as a general attitude, stand justified.") Ig£ers> Georg G., The Image of Ranke in American and German Historical Thought, in: HT, 1/1962, S. 18f. („Only during the past decade and a half have American historians, some of them German refugee scholars, begun to re-examine seriously the picture of Ranke traditional in American historical thought and to arrive at a view of Ranke more similar to that held by German writers.") Vgl. von Laue, Theodore H., Leopold Ranke. The Formative Years, a. a. O., S. VII. („In this study, Ranke's scholarship is not only interpreted in the context of contemporary Germany, 1795—1836, but is also taken as an issue for the present, particularly in its political consequences").

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II. Geschichtstheoretische Position

Meineckes Betrachtung Einsichten v o n bleibendem W e r t f ü r diejenigen verschafft, die den Prozeß der W e l t p o l i t i k zu verstehen suchen". 3 7 E r hofft, daß Meinecke „in dieser Zeit v o n A m e r i k a s Macht und G e f a h r Resonanz finden w i r d " . 3 8 Seine Weisheit hätte d e m A u t o r zur K l ä r u n g seiner Meinung „besonders im Bereich der internationalen Politik" v e r h o l f e n . 3 9 Eine g l a u b w ü r d i g e politische Theorie, die die Rolle der Macht, der A r g l i s t , der willkürlichen A k t i o n , des falschen G l a u b e n s berücksichtigte, sei auch aus d e m Atomzeitalter nicht v e r b a n n t w o r d e n . 4 0 Meinecke hätte die Fragen gestellt, die einen Staatsmann interessieren. 4 1 E r h a b e schließlich zur Ü b e r w i n d u n g der Isolierung der Bundesrepublik v o n der „westlichen Zivilisation" beigetragen. 4 2 D e r amerikanische Historiker K l a u s Epstein hatte versucht, das A t t r i b u t eines politischen Theoretikers, mit d e m Sterling Meinecke versehen hat, a b z u s c h w ä c h e n : „Meinecke w a r eine eindrucksvolle Persönlichkeit und ein sehr großer Historiker, aber er w a r einfach kein g r o ß e r politischer D e n k e r oder einer, der ( w o r a u f der A u t o r hinweist) eine besondere Botschaft f ü r uns A m e r i k a n e r in unserer heutigen außenpolitischen Lage hat." 4 3 A b e r dessenungeachtet w u r d e Meinecke auch nach Epstein „ein standhafter Unterstützer der Integration der Deutschen in eine g r ö ß e r e westeuropäische G e -

Sterling, Riebard W., Ethics in a World of Power . . ., a. a. O., S. IX. („The effort which went into the writing of the present book was sustained by the belief that the fruits of Meinecke's contemplation provide insights of lasting value for those who seek to understand the processes of world politics.") 38 Ebenda. („It ist the hope of the writer that the boldness as well as the humility which characterized Meinecke's examination of the problems of foreign policy will find resonance in this time of America's power and danger.") 39 Ebenda, S. IXf. („I shall always be profoundly in the debt of Friedrich Meinecke whose political ideas are the subject of this book. His wisdom helped to clarify my thinking regarding many troubling problems that accompany thougth and action, particularly in the realm of international politics.") 40 Ebenda, S. 9. („In any case, a credible theory of politics which subjects international politics to a careful scrutiny must perforce consider at greater length and in greater depth the role of force, of guile, of arbitrary action, of bad faith. Like all political theory, it must consider the phenomena in terms of both utility and justice. The ubiquity of such tactics suggests that they have been found useful. Even in the age of nuclear weapons and missiles they have not been abandoned. How useful they will be in any particular situation, therefore, is an authentic problem for the political theorist.") 41 Ebenda, S. 9f. („What are the conditions of survival in international politics? Do they inevitably demand at least some decisions from the statesman which are in conflict with moral law in any or all of its diverse interpretations? Can the statesman be justified in imposing decisions by force if need be? In short, can one discover a tenable political ethic in the realm of international relations? These were the questions which Meinecke asked.") « Ebenda, S. 18. 4 3 Klaus Epstein in der Rezension des Buches von Sterling, in: HT, II/l, S. 83. („Meinecke was an impressive personality and a very great historian, but he was simply not a great political thinker or one who has (as the author indicates) a specific message for us Americans in our present-day foreign policy predicaments.") 37

2. Einfluß des deutschen Historismus

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meinschaft nach 1945". 4 4 Damit dürfte sich Meinecke auch f ü r Epstein als ein keineswegs unpolitischer Kollege erwiesen haben. Im G r u n d e stimmt Epstein völlig mit Sterling überein, w e n n er auf eine nicht unwichtige Seite im Geschichtsdenken Meineckes aufmerksam macht. Er bescheinigt Sterling, daß Meineckes Ideen f ü r die bürgerliche Historiographie zweifellos einen weltanschaulichen Charakter besitzen. Sterlings Buch w ü r d e auf weit mehr Licht w e r f e n als sein anscheinend begrenztes Thema, „da Sterling die Analyse der Ideen Meineckes über die grundlegenden Probleme der Außenpolitik geschickt als einen Schlüssel f ü r das Verständnis der Totalität des W e r k e s und der Weltanschauung des Historikers nutzt". 4 3 D e r weltanschauliche A s p e k t des Historismus ist wiederholt auch in der bürgerlichen Literatur konstatiert w o r d e n . So hat der in Großbritannien lebende Soziologe K a r l Mannheim den Historismus als „ein organisch entwickeltes grundlegendes Modell", als „die Weltanschauung selbst" bezeichnet, eine Einschätzung, die beispielsweise dem amerikanischen Philosophen A l f r e d Stern als „eine sehr weise Meinung" erscheint. 4 6 Für ihn ist der Historismus ausschließlich eine philosophische und keine historische Kategorie. 4 7 Es waren besonders führende amerikanische Historiker, die nach 1945 dem Historismus in den in Westdeutschland erfolgten Diskussionen um ein zu modifizierendes imperialistisches Geschichtsbild und ein dementsprechendes Geschichtsdenken das W o r t redeten. Im Jahre 1 9 5 0 wandte sich Hajo Holborn über die Zeitschrift „Der Monat" direkt an seine Fachkollegen in Westberlin und in der B R D . Sie sollten auf „die Stimme des verehrten und größten lebenden Meisters der deutschen Geschichtsforschung", nämlich auf Friedrich Meinecke, hören. 4 ® I n seiner 44

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Ebenda. („While too old to attempt an over-all reconstruction of his political-beliefs he became in practice a firm supporter of German's integration into a larger Western European community after 1945.") Ebenda, S. 79. („The book does not pretend to be a general biography, but it throws light on far more than its seemingly restricted topic, since Sterling skillfully uses the analysis of Meinecke's ideas in the fundamental problems of foreign policy as a key to the understanding of the totality of the historian's work and Weltanschauung.") Stern, Alfred, Philosophy of History and the Problem of Values, 's-Gravenhage 1962, S. 139. „It seems to me that Karl Mannheim expressed a very wise opinion when he wrote: Historicism is . . . neither a mere fad nor a fashion; it is not even an intellectual current, but the very basis on which we construct our observations of the socio-cultural reality. It is not something artificially constrived . . ., but an organically developed basic pattern, the Weltanschauung itself, which camc into being after the religiously determined medieval picture of the world had disintegrated and when the subsequent Englightenment, with its dominant idea of a supratemporal Reason, had destroyed itself. K. Mannheim, Essays on the Sociology of Knowledge, London 1952, pp. 84—85.") Ebenda, S. 182. („Historicism is the enfant terrible of contemporary philosophy. Denying the eternal and suprahistorical validity of philosophical and scientific truths as well as that of moral aesthetic values, Historicism expresses theoretically what the histories of philosophy, of the sciences, of ethics and of the arts show us empirically. If philosophy cannot refute this testimony of history, it at least does not want the vanity of its aspirations to eternity to be exposed on its own ground by a philosophical doctrine; for Historicism is a philosophical dostrine and not an historical one.") Hoi horn, Hajo, Misfortune and Moral Decisions in German History, in: German History. Some

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II. Geschichtstheoretische Position

Geschichte des modernen Deutschlands 4 9 geht Holborn näher auf seine Stammväter ein. Er bedankt sich bei Friedrich Meinecke, bei dem er in den Jahren nach 1 9 2 0 studiert hatte. „Ihm verdanke ich den größten Teil meiner beruflichen Ausbildung. . . " 5 0 E r war es, der bei Holborn das Interesse an Geistesgeschichte („intellectual history") weckte. So verweist er auch unter anderem auf Ernst Troeltsch, der „ f r ü h sein Interesse an Geschichtsphilosophie und Philosophie im allgemeinen" weckte, und auf Max W e b e r , „dessen Geist in den Mitgliedern der soziologischen Schule fortlebte, deren K o l l e g e ich wurde, als ich meine akademische Laufbahn 1 9 2 6 in Heidelberg begann". 5 1 So betrachtete sich Holborn in der Tradition v o n Ranke, W e b e r und Meinecke stehend. Andererseits wäre er in mancher Hinsicht zu neuen Konzeptionen gelangt. „Bei dieser Revision meiner A u f f a s s u n g der deutschen Geschichte gewann ich noch eine weitere Dimension durch die Betrachtung der Zeitgeschichte in Deutschland." 5 2 Die rankeanische Ideengeschichte allein w ü r d e nicht mehr genügen. „ D e r Glaube, daß w i r nur dann Geschichte verstehen können, w e n n w i r die Totalität historischen Lebens ins A u g e zu fassen trachten, hat mich dazu veranlaßt, das Blickfeld meiner deutschen Geschichte über die politische und Verfassungsgeschichte hinaus auf New German Views. Edited by Hans Kohn, London 1954, S. 207. („. . . we should take heed of the voice of the revered and greatest living master of German historical research.") Hans Kohn sagte über Friedrich Meinecke: „Unmittelbar unter dem Eindruck des Zusammenbruchs des Reiches stehend, vollzog er die Revision seiner historischen Wertsetzungen. Leider zögerten die meisten Historiker der älteren Generation, ein Gleiches zu tun", in: Wege und Irrwege. Vom Geist des deutschen Bürgertums, Düsseldorf 1962, (Original: The Mind of Germany, New York 1960), S. 367. Seine Lobpreisungen hat Kohn auch auf Rickert, Dilthey und Windclband erstreckt. 49 Holborn, Hajo, A History of Modern Germany. The Reformation, a. a. O., S. Vllff.; dcutsch: Derselbe, Deutsche Geschichte in der Neuzeit, Bd 1, a. a. O., S. IXff. 50 Ebenda, S. X. 51 Ebenda, S. XII. Wie sehr für amerikanische und bundesdeutsche Historiker Troeltsch und Holborn identisch sind, geht aus einer Debatte auf der 5. amerikanisch-westdeutschen Historikertagung in Braunschweig (1963) hervor. Dort kam es zwischen dem Kieler Professor Scharff und dem Kulturattache der amerikanischen Botschaft, Professor Moehlmann, zu folgendem Gespräch: „Professor Scharff: Ein Vorschlag zum Punkt 3 b : Wir sollten den Namen H. Holborn durch Ernst Troeltsch ersetzen. Er hat als erster in großer Ausführlichkeit über das Verhältnis des deutschen Idealismus zum westeuropäischen Denken geschrieben. Ein klassisches Werk von Troeltsch scheint annehmbarer als ein kurzer Aufsatz von Holborn. Professor Moehlmann: Wir könnten also formulieren: ,Um die äußerst verwickelte Beziehung des deutschen Idealismus zum westeuropäischen Denken zu verstehen, empfehlen wir, die Darlegung dieses Problems seit der Zeit von Ernst Troeltsch zu berücksichtigen.' Professor Scharff: Damit bin ich durchaus einverstanden." Die Kontinuität von Troeltsch zu Holborn war hergestellt. Elemente eines atlantiseben Geschichtsbildes. Gutachten, Diskussionen und Empfehlungen der 5. amerikanisch-(west-)deutschen Historikertagung, Braunschweig, November 1963, Braunschweig 1965. (9. Bd. der Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts, hg. v. Georg Eckert und Otto-Ernst Schüddekopf), S. 114f. 52 Holborn, Hajo, Deutsche Geschichte in der Neuzeit, Bd 1, a. a. O., S. XII.

3. „Präseatismus" und Revisionismus

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die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte wie auch auf die Religions- und Geistesgeschichte auszuweiten." 53 Jedoch gerade in den USA hat die vorbehaltlose Praktizierung sozialwissenschaftlicher Methoden in der bürgerlichen Historiographie zu unliebsamen Konsequenzen für die imperialistische Ideologie geführt, die dort — krasser als anderswo — in Gestalt des „Präsentismus" und historischen Revisionismus in Erscheinung getreten sind. Es hat sich aber auch gezeigt, daß es den konservativen Historikern letztlich nur um bestimmte negative Begleiterscheinungen, aber absolut nicht um das apologetische und repressive Wesen der New History und ihrer Epigonen geht. 3. „Präsentismus" und Revisionismus Die bürgerliche Historiographie stand mit der Entwicklung des Imperialismus seit Beginn dieses Jahrhunderts unter dem Zwang, die bis dahin praktizierte Geschichtsschreibung einer Revision zu unterziehen. Die internationale Entwicklung bestätigte die Voraussagen der marxistischen Historiker, daß die bürgerliche Gesellschaft durch die sich verschärfenden Klassengegensätze einer sozialen Revolution zustrebt. Der Kapitalismus geriet in eine allgemeine Krise. Der Übergang zum Sozialismus stand in den kapitalistischen Ländern objektiv auf der Tagesordnung. Die Unsicherheit der herrschenden Klassen nahm zu. Sie wurde ideologisch durch den „Streit" der Gelehrten um die wirksamsten Methoden der bürgerlichen Sozialwissenschaften reflektiert. Auch die bürgerliche Historiographie wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts in den führenden imperialistischen Ländern von diesem „Methodenstreit" erfaßt. In den USA haben wir im wesentlichen zwei Richtungen imperialistischer Historiographie, die ihren spezifischen geschichtstheoretischen Ausdruck erfahren haben. Zur rankeanischen — positivistisch geformten — Tradition ist die bereits erwähnte Richtung der New History gekommen. Der Titel des 1912 von James H. Robinson erschienenen Buches „New History" gab der Richtung ihren Namen. 54 Diese beiden Richtungen durchdringen sich in vielfältiger Weise und haben sich sowohl theoretisch und methodologisch als auch historisch-politisch gegenseitig beeinflußt. Die Historiker der New History befaßten sich besonders mit der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der USA und wandten sozialwissenschaftliche Methoden an. Für Historiker wie Frederick J. Turner, Charles A. Beard, James H. Robinson, Vernon L. Parrington, Arthur M. Schlesinger sr. war die amerikanische Vergangenheit in erster Linie eine Geschichte von Konflikten. Sie versuchten, die Mängel der einseitig auf die Diplomatiegeschichte, Verfassungsgeschichte usw. festgelegten „scientific school" zu beheben. Insofern hat die New History in der Entwicklung 53 Ebenda, S. XIII. 54 Der amerikanische Historiker James C. Mailin nennt diese Richtung „liberal" im Unterschied zur rankeanischen Strömung, die er als „konservativ" bezeichnet. Vgl. Mallia, James, C. The Problem of thc conservative and liberal Traditions in the Historiography of the USA, in: AHR, April 1952, S. 802; vgl. auch: Fischer, Fritz, Objektivität und Subjektivität — ein Prinzipienstreit in der amerikanischen Geschichtsschreibung, in: Aus Geschichte und Politik, Festschrift (zum 70. Geburtstag von Ludwig Bergstraesser), Düsseldorf 1954, S. 167ff.

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II. Geschichtstheoretische Position

der amerikanischen Historiographie anfangs eine relativ progressive Rolle gespielt. Im Unterschied zum „Methodenstreit", wie er in der bürgerlichen Historiographie des Deutschen Reiches um die Jahrhundertwende geführt wurde (und der hier mit der Durchsetzung des Historismus endete, der der Sozialgeschichte, Kulturgeschichte usw. weitgehend ablehnend gegenüberstand), wurde der Streit in den USA von den Antirankeanern zu ihren Gunsten entschieden. Das Bestreben der „neuen" Historiker lief jedoch letzten Endes darauf hinaus, die Geschichte zu einer Hilfswissenschaft der sogenannten Sozialwissenschaften (Social Sciences) zu degradieren. Geschichtsphilosophisch wurde diese Entwicklung in zunehmendem Maße mit einem extremen Subjektivismus begründet, der vor allem in den dreißiger Jahren in der Auseinandersetzung mit den konservativen Rankeanern seine Ausprägung erfuhr. Der italienische Philosoph Benedetto Croce hatte Charles A. Beard bereits im Jahre 1933 in einem Brief in der Auffassung bestärkt, daß alle Geschichte gegenwärtig sei, da sie eine Geschichte der Ideen wäre. 55 Geschichte war für ihn davon ausgehend stets in dem Sinne Zeitgeschichte, in dem die gegenwärtige Interpretation auf den geschichtlichen Stoff wirkt: „Das praktische Bedürfnis, auf das sich jedes geschichtliche Urteil gründet, verleiht der Geschichte die Eigenschaft, zeitgenössische Geschichte' zu sein, weil sie in Wirklichkeit — wie fern auch chronologisch die Tatsachen in der tiefsten Vergangenheit ruhen mögen — immer auf ein gegenwärtiges Bedürfnis, eine gegenwärtige Lage bezogen ist, in der diese Tatsachen mitschwingen." 56 Für Beard wie für Croce war Geschichte gegenwärtiges Denken über die Vergangenheit. Geschichtsschreibung sei Auswahl und Ordnung von Fakten und diese wiederum ein Denkakt. Fakt und Interpretation werden gleichgesetzt. 57 John Dewey, der amerikanische Mitbegründer des Pragmatismus, machte das, wogegen sich Croce noch verwahrt hatte; er identifizierte Geschichte mit Geschichtsschreibung. 58 Die Übertragung des Pragmatismus in die Praxis der Geschichtsschreibung durch die New History führte in dieser Konsequenz zu einer Vergegenwärtigung der Geschichte, die in den USA mit dem Begriff „Präsentismus" bezeichnet worden ist. 59 Selbstverständlich gibt es zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem keine unüberbrückbare Grenze. Gegenüber dem weitabgewandten Geschichtsdenken nicht weniger bürgerlicher Gelehrter war es ohne Zweifel berechtigt, auf den Zusammenhang zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu orientieren. Es ist nicht zu bestreiten, daß die politischen Bedürfnisse der Menschen einen Beard, Charles A., Written History is an act of faith, in: AHR, Januar 1934, S. 229—231; ein Nachdruck befindet sich in: The Philosophy of History in our Time: An Anthology Selected, and with an Introduction and Commentary by Hans Meyerhoff, New York 1959, S. 140—151; vgl. auch Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . . ., Bd I., a. a. O., S. 228 und 234. 66 Croce, benedetto, Die Geschichte als Gedanke und als Tat, Bern 1944, S. 41, zit. nach: Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . . ., Bd I, a. a. O., S. 234. 57 Beard, Charles A., Written History ist an act of faith, a. a. O. 58 Vgl. Loesdati, Alfred, Der Präsentismus in der bürgerlichen Historiographie der USA, in: ZfG, 7/1966, S. 1069ff. 59 Vgl. Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . . . , Bd II, a. a. O., S. 68. 65

3. „Präsentismus" und Revisionismus

63

entscheidenden Einfluß darauf haben, welche Fragen an die Geschichte gerichtet werden, auf welche Probleme sich die Historiker konzentrieren und was schließlich erforscht wird. So kann unter einem sich gegenwärtig verändernden Aspekt ein seit langem erforschtes Thema durchaus zu neuen Erkenntnissen führen, die nicht immer mit der bisherigen Geschichtsbetrachtung harmonieren müssen. Es ist offensichtlich, daß sich die historisch-politischen Bedürfnisse der Menschen ändern und daß dadurch Wirkungen auf die Geschichtsforschung hervorgerufen werden, die zu einer Änderung ihrer Thematik, Methodik und Resultate führen können. Aber berechtigt das zum Zweifel an der Objektivität der geschichtlichen Realität? Der Grundfehler des Präsentisten ist nicht, daß er die Kontinuität der Vergangenheit zur Gegenwart oder den retrospektiven Charakter jeglicher Geschichtserkenntnis betont, sondern daß er die Vergangenheit, das heißt, die objektiv existierenden realen geschichtlichen Tatsachen und Entwicklungen aus ihrem Zusammenhang herauslöst und zu subjektiven Ideen, Vorstellungen und Gefühlen der gegenwärtig lebenden Menschen (und hier der ökonomisch, politisch und ideologisch herrschenden Bourgeoisie) verwandelt. Die objektive geschichtliche Realität wird auf eine subjektive Geschichtsdarstellung der Gegenwart reduziert und diese wird zur primären und allgemeinen Realität erklärt. Damit stellen die Anhänger des „Präsentismus" in der Geschichtswissenschaft die Wirklichkeit von den Füßen auf den Kopf — so wie die Verfechter des subjektiven Idealismus das generell in der Philosophie tun. Mit der Identifikation von Geschichte und Geschichtsschreibung sind wesentliche Grundlagen für das System des „Präsentismus" in der Historiographie geschaffen worden. 60 Charles A. Beard und seine Anhänger haben in der Folgezeit (besonders nach dem zweiten Weltkrieg) die Geschichtsmethodologie zum Objekt spekulativer Diskussion gemacht. Alle Grundbegriffe der Geschichtsforschung werden von den Präsentisten in Frage gestellt. Die Ergebnisse sind unmißverständlich auf die Gegenwart bezogen. Jede Geschichte, die sich ereignete, müsse in Begriffen der Zukunft verstanden werden. Da aber die Zukunft im Detail nicht vorherzusehen sei, wäre die Wahl eines Ausleseprinzips durch den Historiker notwendig mit einer bestimmten Vorstellung von der Zukunft, einem Glaubensakt („act of faith") verbunden. 61 Das wäre jedoch nicht etwa der Glaube an den gesellschaftlichen Fortschritt, wie überhaupt statt vom Fortschritt eher vom „sozialen Wandel" gesprochen 60

61

Vgl. Schaff, A., Presentism — reakzionnaja metodologia burzuaznoj istoriografii, in: Kommunist, Moskau, 16/1955, S. 68-82; Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts Bd I, a. a. O., S. 210—261; Wilkins, üurgleigb T., Pragmatism as a Theory of Historical Knowledge, John Dewey on the Nature of Historical Inquiry, in: AHR, Juli 1959, S. 878-890. Beard, Charles A., Written History is an Act of Faith, a. a. O.; Theory and Practice in Historial Study, New York 1946, Kap. II: Randall, Jobn Hermannjr., and Haines IV, George, Controlling Assumptions in the Practice of American Historians, S. 20f.; AHR, Januar 1934, S. 219ff. Ein Anhänger des Historismus, wie der BRD-Historiker Theodor Schieder, hat dagegen appelliert, den Historismus nicht durch „bedingungslosen Futurismus" zu ersetzen. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 14. Oktober 1967, S. 4.

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II. Geschichtstheoretische Position

wird. 62 Hat dieser „Wandel", haben diese „ Veränderungen" etwas mit einem wissenschaftlichen Entwicklungsdenken gemein? Keineswegs. Statt einer Ursache gebe es lediglich einen „relativen Ausgangspunkt" und einen „relativen Endpunkt". Jede Feststellung einer kausalen Verbindung sei eine Hypothese. Charles A. Beard und sein Schwiegersohn Albert Vagts folgerten deshalb, daß die Termini Ursache und Kausalität in der Geschichtsschreibung nicht benutzt werden sollten. 63 Versuche endlich, in der Geschichte Gesetze zu entdecken, die ebenso exakt sind wie diejenigen der Physik, seien fehlgeschlagen. 64 Es heißt: „Die sogenannten .Konstanten' oder .Wiederholungen', die vom Studium der Geschichte abgeleitet werden — wie zum Beispiel Krieg, Tyrannei, Revolution, Diktatur und Demokratie — können als Bestandteile ähnlicher Situationen verwandt werden . . . Sie sind aber keine exakten Wiederholungen noch liefern sie den Beweis von .Gesetzen' in der Geschichte." 63 Das präsentistische Bestreben, die gegenwärtigen Verhältnisse mit bestimmten Perioden der Vergangenheit zu identifizieren, verlangt bestimmte Analogien. Analogieschlüsse sind an und für sich in der Geschichtswissenschaft akzeptabel. Sie werden nur dann unzulässig, wenn negiert wird, daß die Wiederholbarkeit in der Geschichte auf den Gesetzmäßigkeiten der historischen Entwicklung beruht und eine Gegenüberstellung dieser beiden Kategorien unwissenschaftlich ist. Mit den spekulativen Thesen und Empfehlungen Beards waren die spezifischen methodologischen „Voraussetzungen" für die Geschichtsklitterung extremer revisionistischer Kreise geschaffen. Dort, wo grundlegende wissenschaftliche Prinzipien und Termini eliminiert werden, bleibt selbst von Elementen objektiver wissenschaftlicher Geschichtserkenntnis nichts mehr übrig. Beim „Präsentismus" handelt es sich um keine abstrakt geschichtstheoretische und geschichtsmethodologische Problematik. Er hat eine unmittelbare Beziehung zur praktischen Geschichtsschreibung unserer Zeit. Dafür ist der sogenannte historische Revisionismus geschichtsideologischer Ausdruck. Der historische Revisionismus ist eine ideologische Hauptströmung in der imperialistischen US-Historiographie, deren Wesen in einer extrem reaktionären Veränderung (Revision) des über die Ursachen, den Verlauf und die Ergebnisse des ersten und des zweiten Weltkrieges von der vorherrschenden regierungsoffiziösen Richtung der Historiographie verbreiteten Geschichtsbildes besteht. Beard selbst Theory and Practice in Historical Study, a. a. O., S. 117; Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts, Bd II, a. a. O., S. 247. Für Georg G. Iggers ist der Fortschrittgedanke zumindest eine „ethische Möglichkeit", Iggers, Georg G., Der Fortschrittsgedanke noch einmal kritisch betrachtet, in: Saecolum, 4/1965, S. 422. 63 Theory and Practice in Historical Study, a. a. O., Kap. IV: beard, Charles A., and Hook, Sidney, Problems of Terminology in Historical Writing. The Need for greater Precision in the Use of Historical Terms, Illustrations, S. 110 und 112; ebenda, Kap. V : Propositions, S. 136, Anm. 3. M Ebenda, S. 38. 6 5 Ebenda, S. 137. („The so-called .constants' of .repetitions' derived from the study of history — such as war, tyranny, revolution, dictatorship and democracy — may be used as furnishing analogous situations . . . However, they are not exact repetitions nor they afford proof of .laws' in history.")

62

3. „Präsentismus" und Revisionismus

65

hatte die Konzeption einer „revisionistischen" Geschichtsbetrachtung des zweiten Weltkrieges und seiner Vorbereitung entwickelt. 66 Nach dem Tode Beards im Jahre 1948 wurde entsprechend den ideologischen Bedürfnissen der amerikanischen Monopolbourgeoisie im sich verschärfenden kalten Krieg besonders die antikommunistische Tendenz des sogenannten Revisionismus in der Geschichtsschreibung verstärkt. Der amerikanische Historiker Conyers Read hatte im Jahre 1949 in seiner „presidential address" als Präsident der American Historical Association das antikommunistische Programm des historischen Revisionismus verkündet. Er forderte von seinen Berufskollegen: „. . . wir müssen klar eine militante Stellung beziehen, wenn wir überleben wollen. Und Atombomben erfordern schnelle Entscheidungen. Die liberale, neutrale Haltung, das Herangehen an die gesellschaftliche Entwicklung unter den Bedingungen des unparteiischen Behaviorismus genügt nicht mehr . . . Totaler Krieg, ob heiß oder kalt, mobilisiert jeden und ruft jeden auf, seinen Teil zu übernehmen." 67 Die amerikanischen Geschichtsrevisionisten mißachteten nicht nur die objektiven Zusammenhänge der geschichtlichen Vergangenheit. Sie übertrugen willkürlich die Situation nach dem zweiten Weltkrieg auf die Geschichte des zweiten Weltkrieges und bewerteten die geschichtlichen Ereignisse ausschließlich an gegenwärtigen reaktionären Erfordernissen. Extremer militanter Antikommunismus und McCarthyismus wurden charakteristische Merkmale der neuen Welle des Revisionismus in der amerikanischen Geschichtsschreibung zu Beginn der fünfziger Jahre, deren Höhepunkt der von Harry E. Barnes im Jahre 1953 herausgegebene und mitverfaßte Sammelband „Perpetual War for Perpetual Peace" ist. 68 Dieser Band ist die umfassendste revisionistische Darstellung der Geschichte und Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges. Harry E. Barnes wurde nach Beards Tod das Haupt der amerikanischen Geschichtsrevisionisten sowie zum eifrigsten Fürsprecher des amerikanischen Pseudohistorikers David L. Hoggan und seiner Machwerke. 69 Hauptgegenstand der revisionistischen Geschichtsforschung in den USA war stets die Entlastung der aggressivsten Kräfte des Imperialismus, so besonders des deutschen Imperialismus, von der Schuld an den beiden Weltkriegen. Die offene Parteinahme für den Hitlerfaschismus unter der Losung der „historischen WahrBeard, Charles A., American Foreign Policy in the Making, New Haven 1946; derselbe, President Roosevelt and the Coming of War, 1941, New Haven 1948. 67 Read, Conyers, The Social Responsibilities of the Historian, a. a. O., S. 203. („. . . we must clearly assume a militant attitude if we are to survive . . . . And atomic bombs make quick decisions imperative. The liberal neutral attitude, the approach to social evolution in term of dispassionate behaviorism will no longer suffice . . . . Total war, whether it be hot or cold, enlists everyone and calls upon everyone to assume his part.") 6 8 Perpetual War for Perpetual Peace. A Critical Examination of the Foreign Policy of Franklin Delano Roosevelt and its Aftermath. Edited by Harry E. Barnes with the collaboration of William H. Chamberlin, Percy L. Greaves Jr., George A. Lundberg, George Morgenstern, William L. Neumann, Frederic R. Sanborn and Charles C. Tansill, Caldwell, Idaho 1953; westdeutscher Auszug: Entlarvte Heuchelei, Wiesbaden 1961. 6 9 Vgl. Barnes, Harry E., Die deutsche Kriegsschuldfrage. Eine Rechtfertigung David L. Hoggans, in: Beihefte zur Deutschen Hochschullehrer-Zeitung, Tübingen 1964. 5

Loesdau, Globalstrategie

66

II. Geschichtstheoretische Position

heitsforschung" — ist für Barnes und Hoggan natürlich keine einfache Sache, denn Tatsachen sind stärker als Worte. Barnes verstieg sich deshalb zu der Behauptung : „Die Schwierigkeiten, die überall auf der Erde der Erforschung der historischen Wahrheit über die Ursachen des Zweiten Weltkrieges entgegenstehen, lassen sich von den Tatsachen und von der Vernunft her kaum noch klären." 70 Selbst Revisionisten wie Beard und Becker konnten nicht verbergen, daß es sich bei solchen Äußerungen gegen die Objektivität der historischen Tatsachen nicht um Schwierigkeiten in der Geschichtsforschung, sondern geschichtsphilosophisch um den Relativismus in erkenntnistheoretischer Hinsicht handelt. Becker hatte auf die Frage „Was sind historische Fakten?" unmißverständlich geantwortet: „. . . das historische Faktum ist in irgendwessen Bewußtsein, oder es ist nirgends". 71 Ein Historiker, der an einer der unwissenschaftlichen Geschichtsauffassungen, wie sie unter imperialistischen Bedingungen geformt und verbreitet werden, krankt, kann auf diese Weise im historischen Faktum nichts objektiv Reales sehen und beraubt sich einer der wichtigsten Voraussetzungen der wissenschaftlichen Geschichtserkenntnis. Der „Präsentismus", der geschichtsphilosophisch auf dem Pragmatismus beruht und seine konkret-historische Ausprägung besonders im historischen Revisionismus gefunden hat, ist demnach eine subjektiv-idealistische und relativistische Geschichtstheorie, der ein besonders hoher Grad der Unwissenschaftlichkeit in der Geschichtsforschung sowie eine offen reaktionäre Parteilichkeit eigen ist. „Präsentismus" ist Geschichtsmanipulation extrem antidemokratischer und antikommunistischer Prägung. Pragmatismus und „Präsentismus" in der Historiographie ersetzen die wissenschaftliche Geschichtserkenntnis unverhüllt durch willkürliche Auslegungen. Aus der Wissenschaft wurde der Beardsche „Glaubensakt". Das objektive Wissen von der Vergangenheit wurde durch den subjektiven Glauben an eine reaktionäre Zukunft ersetzt. Die Vergangenheit wurde den gegenwärtigen Interessen der herrschenden Klasse in den USA „geopfert". Die Schlußfolgerung, daß durch den „Präsentismus" die Geschichtswissenschaft zur Tagespropaganda erklärt wird, ist nicht nur von marxistischen Historikern getroffen worden. 72 Die bürgerlichen Kritiker des Pragmatismus und „Präsentismus" haben sich jedoch bisher als unfähig erwiesen, die Problematik der Wechselbeziehung Vergangenheit—Gegenwart zu lösen, das in erster Linie deshalb, weil die Differenzen zwischen Rankeanern und Präsentisten lediglich in unterschiedlichen Auffassungen über die Art und Weise begründet sind, wie die bürgerliche Historiographie ihrer Klassenfunktion am besten entsprechen kann. Deshalb ist es völlig abwegig, den „Präsentismus" mit dem Marxismus in der Geschichtsschreibung in Verbindung zu bringen, was in der bürgerlichen akademischen Historiographie nicht selten der Fall ist, und beide der „reine(n), unver70

Ebenda, S. 5 8 ; vgl. Becher, CarlL.,

W h a t A r e Historical Facts, i n : The Philosophy of History in

our Time, a. a. O., S. 1 2 0 f f . 71

Vgl. Kon, I. S„ Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . .

72

Destier, Cb. McArthur, April 1950, S. 525.

Some

Observations

Bd II, a. a. O., S. 1 1 3 .

on Contemporary Historical Theory, In: A H R ,

4. Pragmatismus der US-Geschichtsschreibung

67

fälschte Wahrheit suchende(n) Geschichtswissenschaft" gegenüberzustellen, wie es zum Beispiel durch Gerhard Ritter geschah. 73 Die Problematik Vergangenheit — Gegenwart ist von der Geschichtswissenschaft nur zu lösen, wenn die Objektivität der geschichtlichen Realität gewahrt und bei aller Kontinuität in der Geschichte die relative Selbständigkeit der Vergangenheit anerkannt wird. Gerade das berücksichtigen die Marxisten. Einflüsse des Pragmatismus und „Präsentismus" zeigen sich in zunehmendem Maße besonders nach dem zweiten Weltkrieg auch in der offiziellen amerikanischen (und bundesdeutschen) Geschichtsschreibung und historisierenden Publizistik.

4. Der Pragmatismus der in den U S A dominierenden Geschichtsschreibung Offenbarten sich pragmatische Theorie und Methode in der Geschichtsschreibung der USA zunächst in der Richtung der New History, so ist in den letzten beiden Jahrzehnten der Einfluß des Pragmatismus in der sogenannten konservativen Richtung der amerikanischen Historiographie beträchtlich angewachsen. Selbst konservativste Historiker sehen sich gezwungen, Tabus geschichtstheoretischer bzw. geschichtsmethodologischer Art, die sich als unhaltbar erwiesen haben, aufzugeben oder zumindest einzuschränken, kurz — variabler, flexibler, pragmatischer zu werden, um ihre objektive Funktion als Ideologen des Imperialismus wahrnehmen zu können. Der Pragmatismus hat sich in den angelsächsischen Ländern nicht nur als eine spezifische philosophische Richtung neben anderen erwiesen, sondern ist als Erscheinungsform der Lebensphilosophie eine weltanschauliche Tendenz des Imperialismus. 74 Der Pragmatismus in der Historiographie erschöpft sich durchaus nicht in den Theorien, Methoden und Ideologien der New History. Der Pragmatismus der „neuen Historiker" hatte theoretisch zu extremem Subjektivismus und Relativismus, methodologisch zum „Präsentismus" und geschichtsideologisch zu den „revisionistischen" Manipulationen geführt, das heißt, zur unverhüllten Unwissenschaftlichkeit, zur Degradierung der Geschichtswissenschaft günstigenfalls zur Hilfswissenschaft der Social Sciences, politisch zur extrem antidemokratischen und militant antikommunistischen „Tagespropaganda". Diese bewußte Zerstörung der Geschichte als Wissenschaftsdisziplin konnte der pseudowissenschaftlich drapierten Regulierung des Geschichtsdenkens durch das staatsmonopolistische Herrschaftssystem in den USA nicht mehr entsprechen. Eine Wissenschaft, die wie die Geschichtswissenschaft unmittelbar mit der Aufdeckung, Sammlung und Interpretation von Fakten zu tun hat, kann — selbst unter imperialistischen Bedingungen — nur glaubwürdig bleiben, wenn sie nicht völlig der Speku73

74

5*

Ritter, Gerhard, Wissenschaftliche Historie, Zeitgeschichte und „politische Wissenschaft", Heidelberg 1959, Sonderdruck aus dem Jahresheft 1957/58 der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, S. 4. Vgl. Philosophisches Wörterbuch, hg. v. Georg Klaus und Manfred Buhr, Leipzig 1964, S. 308 f., 430.

68

II. Geschichtstheoretische Position

lation verfällt. Deshalb ist das Rankesche Prinzip „bloß zeigen, wie es eigentlich gewesen" wieder zu dem von amerikanischen Historikern wohl am häufigsten zitierten Satz geworden. So bemühen sich einflußreiche amerikanische Historiker, an die Geschichte pragmatischer heranzugehen, sie für die neuen ideologischen und strategischen Bedürfnisse der Monopolbourgeoisie nutzbar zu machen, ohne die Fehler der „neuen Historiker" zu begehen, die zur Auflösung der geschichtswissenschaftlichen Disziplin führten. Sie praktizieren sozialwissenschaftliche Methoden in der Historiographie — ohne diese völlig in den Social Sciences aufgehen zu lassen. Sie politisieren die Historiographie, ohne den unwissenschaftlichen Schlußfolgerungen des „Präsentismus" zu verfallen. Sie betreiben einen „scientifizierten" Antikommunismus, ohne die abgegriffenen profaschistischen Parolen der Geschichtsrevisionisten zu wiederholen. Der amerikanische Historiker John Higham hat diesen Entwicklungsprozeß in der Historiographie der USA beschrieben: „Die enge wissenschaftliche Auffassung („scientific outlook"), die der ersten Generation von Berufshistorikern eigen war, ist einer langsamen aber unbarmherzigen Revision unterzogen worden. Einige Führer der zweiten Generation, ganz besonders Beard und Carl Becker, bezweifelten die Tunlichkeit und die konservativen Folgerungen des Ideals einer starren Objektivität. In ihren späteren Jahren versuchten sie die alte Verbindung des neunzehnten Jahrhunderts von Geschichte und Philosophie und Literatur wiederherzustellen. Viele in der dritten Generation sind in diese Richtung weitergegangen, ohne notwendigerweise Beards Geist des Protestes und der Reform zu teilen. Anstatt zu versuchen, völlig außerhalb vom Forschungsgegenstand zu stehen, versuchen die gegenwärtigen amerikanischen Historiker allgemein die Ereignisse mit den Augen der Teilnehmer zu sehen." 75 Es handelt sich also keineswegs um miteinander nicht zu vereinbarende Prinzipien verschiedener historiographischer Richtungen. Ebensowenig wie sich die historischpolitischen Konzeptionen geschichtsrevisionistischer und geschichtskonservativer Historiker im Grundsätzlichen widersprechen (sie basieren alle auf der imperialistischen Klassenposition), genauso gering sind im Prinzip ihre geschichtstheoretischen und -methodologischen Differenzen. Sowohl dem deutschen Historismus (auch in seiner positivistischen Auslegung) als auch dem amerikanischen Pragmatismus sind, was ihre geschichtsphilosophische Seite betrifft, ein mehr oder weniger ausgeprägter Subjektivismus, Relativismus, Irrationalismus eigen, von 75

Higham, Join, The Construction of American History, in: The Reconstruction of American History, a. a. O., S. 22f. („The narrowly scientific outlook that the first generation of professional historians adopted has undergone a slow but relentless revision. Some of the leaders of the second generation, notably Beard and Carl Becker, questioned the feasibility and the conservative implications of the ideal rigid objectivity. In their later years they tried to re-establish the old-nineteenth connection of history with philosophy and literature. Many in the third generation have gone farther in this direction, without necessarily sharing Beard's spirit of protest and reform. Instead of trying to stand entirely outside of the subject under investigation, contemporary American historians commonly attempt to see events through the eyes of participants. Historians are also more willing than formerly to venture unprovable speculations.")

4. Pragmatismus der US-Geschichtsschreibung

69

ihrem gemeinsamen Antimarxismus ganz zu schweigen. Der mit großem Aufwand betriebene „Streit" zwischen den verschiedenen imperialistischen historiographischen Richtungen und „Schulen" in den USA ist keineswegs antagonistisch. Die bürgerliche Historiographie der USA entwickelte sich kontinuierlich entsprechend den geschichtsideologischen Bedürfnissen des imperialistischen Herrschaftssystems. Die verschiedenen historiographischen Richtungen ergänzten einander und bauten aufeinander auf, trotz (oder gerade wegen?) der Polemik, die sie miteinander führten. Meineckes Ehrfurcht vor dem „Unerforschlichen" 76 und Beards Eliminierung des Kausalitätsprinzips und dessen Ersetzung durch relative Zusammenhänge haben sich zwangsläufig aus dem subjektiv-idealistischen Standpunkt der Nichterkennbarkeit der objektiven Realität, aus dem Agnostizismus ergeben. Ohne die Unterschiede zwischen Pragmatismus, Positivismus, Historismus in der Historiographie zu negieren, ist die intensive Wechselwirkung der verschiedenen geschichtstheoretischen Tendenzen in der dominierenden Historiographie besonders der letzten Jahrzehnte ein unbestreitbares Faktum, das durch die grundlegenden Gemeinsamkeiten dieser verschiedenen Richtungen ermöglicht wird. Der führende Geschichtstheoretiker der BRD, Theodor Schieder, behauptet über „Möglichkeiten und Grenzen vergleichender Methoden", daß der Versuch, das Wirken von Gesetzen in der Geschichte nachzuweisen, „zum Verlust der eigentlichen Substanz des Geschichtlichen" führe. 77 Wie wir gesehen haben, hat auch der Pragmatist Beard trotz aller sozialwissenschaftlichen Methoden nichts von Gesetzen in der Geschichte gehalten. Gemeinsame Klassenpositionen verschiedener bürgerlicher Historiker können uns jedoch nicht veranlassen, ihre geschichtstheoretischen Positionen — bei allen Übereinstimmungen — miteinander zu verwischen. Die Krise des bürgerlichen Geschichtsdenkens ist, abgesehen von ihrer sozialen Seite, auf spezifische erkenntnistheoretische Wurzeln zurückzuführen. 78 Diese Spezifik zu beachten, ist für eine wirksame Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Historiographie unbedingt erforderlich. So hat die in theoretischer Hinsicht erfolgte Pragmatisierung der amerikanischen Historiographie nicht nur methodologische, sondern auch weltanschauliche und ideologische Konsequenzen. Pragmatistische Manipulationen zeigen sich in der dominierenden Richtung der imperialistischen Historiographie besonders in folgender Hinsicht: 1. Als geschichtsmethodologischer Kompromiß zwischen Methoden des bürgerlichen deutschen Historismus und den Methoden bürgerlicher Sozialwissenschaften hat sich die sogenannte Sozialgeschichte entwickelt. Sie soll mit Hilfe vornehmlich soziologischer Methoden die Mängel der rankeanischen Historiographie überwinden, aber gleichzeitig die Eigenständigkeit der Historie als einer „Geisteswissenschaft" gegenüber diesen Sozialwissenschaften bewahren. 76

Siehe z. B. Meitiecke, Friedrieb, Zeitschrift, 13/1949.

77

Siehe Scbieder, Theodor, Möglichkeiten und Grenzen vergleichender Methoden, in: Historische Zeitschrift, München, Bd 200, 1965, S. 531, 541, 511. Vgl. Kon, I. S„ Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . . ., Bd I, a. a. O., S. 3.

78

Irrwege in unserer Geschichte? in : Der Monat. Eine internationale

70

II. Geschichtstheoretische Position

Geschichtsphilosophisch wird diese Annäherung zwischen den „Geistes-" und den „Sozialwissenschaften" besonders durch die Lebensphilosophie des bürgerlichen deutschen Philosophen Wilhelm Dilthey (1833—1911) begründet. Amerikanische konservative Historiker wie Holborn und Kohn sind sich der Verwandtschaft ihrer geschichtsphilosophischen Stammväter mit dem Pragmatismus durchaus bewußt. 79 Diltheys Lebensphilosophie wäre es zu verdanken, „daß die Entfremdung zwischen deutschem und westlichem Denken ihr Ende findet".80 Auch Hajo Holborn stellte in seiner „presidential address" als Präsident der American Historical Association im Dezember 1967 die geschichtstheoretischen Anschauungen Diltheys, dessen Wirken seinen Kulminationspunkt in der Zeit des Übergangs zum Imperialismus hatte, in den Mittelpunkt der geschichtstheoretischen Diskussion in den USA. 8 1 Die Beziehungen der Diltheyschen Lebensphilosophie mit dem angelsächsischen Pragmatismus und im besonderen seine Berücksichtigung des sozialen Faktors in der Geschichte lassen ihn für die geschichtstheoretische Profilierung und Modifizierung in den USA als ideal erscheinen. Dilthey sah im „sozialen Faktor" keine kausale Voraussetzung für politische Ideen, sondern, wie es Holborn für hervorhebenswert fand, für ihn war Sozialgeschichte das „Komplement" der Ideengeschichte. Dieses von den bürgerlichen deutschen Historikern als Reaktion auf den Positivismus gedachte Konzept ermöglichte es ihnen, sich progressiv zu geben, ohne Marxens Lehre von den Klassen und dem Klassenkampf sowie das von ihm entdeckte ökonomische Bewegungsgesetz der gesellschaftlichen Entwicklung anerkennen zu müssen. Holborn grenzte sich unmißverständlich von jeder materialistischen Geschichtsauffassung ab: „Wenn ich auch die Notwendigkeit der Sozialgeschichte in Verbindung mit der Ideengeschichte vertrete, so behaupte ich jedoch nicht, daß die Entwicklung der Ideen ökonomisch interpretiert werden muß, am allerwenigsten im marxistischen Sinn, der darauf beruht, daß Ideen durch bloße Superstruktur des ökonomisch bedingten Klassenkonflikts entstehen." 82 Abgesehen von Holborns Entstellung der marxistischen Auffassung über die aktive Rolle der Ideen in der gesellschaftlichen Entwicklung, ermöglicht der Pragmatismus in Gestalt eines von bürgerlichen Ideologen stark strapazierten „Methodenpluralismus" durchaus die angebliche Anwendung marxistischer Methoden. Im Grunde genommen beschränkt sich diese „Anwendung" auf den Gebrauch marxistischer Begriffe, die jedoch in ihrem Wesen entstellt und verzerrt werden. G. G. Iggers hat derartige Verfahren mit der Feststellung kommentiert: „Die westliche Historie hat vielfach marxistische Hypothesen und Methoden übernommen, ohne (wenn man von einigen Beispielen absieht) den historischen Materialismus als eine integrale Geschichtsphilosophie Kobn, Hans, Wege und Irrwege. Vom Geist des deutschen Bürgertums, Düsseldorf 1962, S. 24f. 80 Ebenda, S. 23. 81 Holborn, Hajo, The History of Ideas, in: AHR, 3/1968, S. 683-695. 8 2 Ebenda, S. 694. („In insisting on the need for social history in conjunction with the history of ideas I do not suggest that the development of ideas ought to be interpreted economically, least of all in the Marxian sense which requires that ideas be made the mere superstructures of the economically conditioned class conflict.") 79

4. Pragmatismus der US-Geschichtsschreibung

71

zu rezipieren." 83 Damit ist die Grenze geschichtsmethodologischer Experimente und Varianten der imperialistischen Historiographie genannt. Es geht absolut nicht um die wissenschaftliche Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung. Das Schlagwort vom „Methodenpluralismus" soll die gegenwärtige Historiographie im Unterschied zu Methoden, „die im 19. Jahrh. entstanden und angesichts der sozialen und wissenschaftlichen Fortentwicklung der Gegenwart nur noch begrenzt relevant sind" 8/1, als modern und weltoffen erscheinen lassen. Sie wird als nicht in der permanenten Krise, sondern als in „Ausweitung" befindlich dargestellt. Kriterium dieser Krise ist jedoch nicht die Quantität der Publikationen, sondern die Unfähigkeit, jene Lehren der Geschichte zu formulieren, die den progressiven Klassenkräften der Gegenwart Erkenntnisse vermitteln, die den Erfordernissen der gesellschaftlichen Bewußtseinsentwicklung des gesetzmäßigen Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus entsprechen. Für Holborn hatte Marx keine akzeptable Geschichtstheorie geschaffen, da sich die feudale, bürgerliche und proletarische Klasse gewandelt hätten und der Bürger des 14. oder 16. Jahrhunderts mit dem der Industriegesellschaft nicht zu vergleichen wäre. Selbstverständlich haben Marx und Engels wie später auch Lenin die Klassen nie für unveränderlich gehalten (weder ihre Struktur noch ihre Lage, weder ihre Kampfkraft noch ihr Bewußtsein). Im Unterschied zu kurzsichtigen Apologeten des kapitalistischen Systems, deren metaphysisches Denken sie keine grundlegenden Zusammenhänge, Widersprüche, Gegensätze und Veränderungen erkennen ließ (und die darum nur zeitbedingte Schwächen und Mängel des Proletariats als geschichtlich konstant sehen wollten), waren es gerade die Klassiker des MarxismusLeninismus, die stets in dialektischer Sicht die Entwicklung und Perspektive insbesondere der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie im Auge gehabt haben. Die Gesetzmäßigkeit der historischen Mission der Arbeiterklasse ist von Marx und Engels bereits am Vorabend der bürgerlichen Revolution 1848 formuliert worden. Über Lenins Analyse des Imperialismus hat Holborn ebenfalls kein Wort verloren, von der Kenntnis der marxistisch-leninistischen Charakteristik des staatsmonopolistischen Kapitalismus unserer Zeit ganz zu schweigen. Diltheys subjektivistische Konzeption des „Verstehens" hat im Grunde genommen kausale Erklärungen der sozialen Entwicklung ausgeschlossen. Seine Hauptthese lautete: „Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir." Verstehen sei Einfühlen, instinktives Denken, Nacherleben. Dilthey bietet mit diesen Gedankengängen, insbesondere mit der Überbetonung der Rolle der Ideen und einer dementsprechenden Ideengeschichte, komplettiert durch die Beachtung des sozialen Faktors, der aber nicht als Ursache des gesellschaftlichen Bewußtseins angesehen wird, und einer dementsprechenden Sozialgeschichtskonzeption, der gegenwärtigen imperialistischen Historiographie die Möglichkeit, die geschichtstheoretischen Konzepte, wie sie mit den Namen Friedrich Meinecke 83

84

lg£ers< Georg, G., Die westliche Geschichtswissenschaft der Gegenwart, in: Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft, Bd 2, a. a. O., Sp. 927. Ebenda.

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II. Geschichtstheoretische Position

und Max Weber verbunden sind, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Damit wird eine Plattform konstruiert, die die Zusammenführung und Nivellierung verschiedener Historiker und Richtungen gestattet. Dieser Möglichkeit entspricht das Bemühen Holborns, mit der Aufwertung Diltheys eine Klammer zu schaffen, die pragmatisch-sozialwissenschaftliche und historisch-pseudoliberale Historiographie weitgehend vereint. Meinecke und Weber sprachen deshalb von einer anzustrebenden „Kultursynthese". Das sind die Gründe, warum Holborn in Dilthey den „Vater der modernen Ideengeschichte" sah, dessen Konzept „viel umfassender als das Hegels" sei. Seine Forschungen wären „bewundernswert", „Dilthey war ein Philosoph von Statur", der „größte Ideenhistoriker" usw. Diese Interpretation der geschichtsphilosophischen Position Diltheys durch den amerikanischen Historiker und Meinecke-Schüler Holborn macht die Beziehungen von Historismus und Pragmatismus in der imperialistischen Geschichtsschreibung deutlich, womit keineswegs ihre Unterschiede aufgehoben sind. Im Endeffekt verschärfen sich die irrationalistischen und pragmatistischen Züge in der dominierenden Richtung der imperialistischen US-Historiographie und vertieft sich die Krise der bürgerlichen Geschichtsschreibung. 2. Die Sozialgeschichte bedient sich vornehmlich soziologischer Methoden. Geschichtsmethodologisch stützen sich ihre Verfechter besonders auf die „verstehende Soziologie" Max Webers (1864—1920). Die konservative Historiographie polemisiert zwar gegen die geschichtsmethodologischen Spekulationen präsentistischer Provenienz, legt aber selbst genügend Pragmatismus an den Tag, um durch bestimmte Modifikationen in Theorie und Methode entsprechend den geschichtsideologischen Anforderungen des imperialistischen Systems up to date zu sein. Die Ansichten des bürgerlichen deutschen Soziologen Max Weber üben seit den dreißiger Jahren großen Einfluß auf das Geschichtsdenken in den USA aus, der bis in die Gegenwart anhält. Webers Typenlehre 85 ermöglicht gewisse geschichtsmethodologische Korrekturen des Historismus, ohne sich völlig dem Positivismus verschreiben zu müssen. Von bundesdeutscher Seite hat Theodor Schieder auf diesbezügliche Verdienste Webers verwiesen. Von ihm wird besonders hervorgehoben, daß Webers „Idealtypen" gedankliche Konstruktionen seien, die nicht der historischen Wirklichkeit entsprechen. 86 Auf dieser Grundlage sei die Sozialgeschichte — im Unterschied zur Geschichte als Hilfswissenschaft der Sozialwissenschaften — als Bestandteil der Historiographie zu akzeptieren. So sei der Begriff „Imperialismus" eine derartige „Konstruktion". 87 85 Vgl. Kon, I. S., Die Geschichtsphilosophie des 20. Jahrhunderts . . ., Bd I, a. a. O., S. 1 3 6 - 1 5 7 ; derselbe, Der Positivismus in der Soziologie. Geschichtlicher Abriß, Berlin 1968, S. 131—161 ; Streisand,]oacbim, Max Weber: Politik, Soziologie und Geschichtsschreibung, in: Studien über die deutsche Geschichtswissenschaft, Bd II, Die bürgerliche deutsche Geschichtsschreibung von der Reichseinigung von oben bis zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus, hg. v. Joachim Streisand, Berlin 1965, S. 1 7 9 - 1 8 9 . 86 Schieder, Theodor, Unterschiede zwischen historischer und sozialwissenschaftlicher Methode, Moskau 1970, XIII. Internationaler Kongreß der historischen Wissenschaften, 16.—23. August 1970. Ebenda.

4. Pragmatismus der US-Geschichtsschreibung

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Der Historiker Hans Rosenberg hat unter diesen Gesichtspunkten zwischen drei „Idealtypen" an imperialistischer Geschichtsschreibung unterschieden: „konventionelle Geschichte in alter Sicht, positivistische Geschichte ohne Sicht, theoretisch orientierte Geschichte in neuer Sicht". 88 Auf „die Sicht" wollen die imperialistischen Historiker der USA also nicht verzichten. Sie sind sich darin einig, daß die Berufung auf das Rankesche Grundprinzip der Geschichtsforschung („bloß zeigen, wie es eigentlich gewesen") nicht den Verzicht auf die Interpretation der historischen Fakten und Prozesse bedeutet. Wenn amerikanische Gelehrte vom Fortwirken der Methode Rankes reden, dann schließen sie dabei Generalisierungen und Synthesen nicht aus. 89 Theodore H. von Laue spricht von einer zweifachen Funktion des Historikers: „erstens, die Fakten zu ermitteln und kausale Beziehungen in der Geschichte erkennen; zweitens, sie in ein allgemeines Wertschema einzuordnen." 90 Im Vorwort seines 1954 in der BRD erschienenen Buches „Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems" hat Holborn ebenfalls von einer „Doppelaufgabe" der historischen Forschung gesprochen: „Ihre unmittelbare Pflicht ist die getreue Erforschung der Folge der Ereignisse. Aber darüber hinaus muß der Historiker notwendig nach dem Verstehen der Ereignisse streben. Ohne Interpretierung bleibt Geschichte reine Gelehrsamkeit ohne Einfluß auf die geistigen und politischen Entscheidungen, die die lebende Generation vollziehen muß." 91 Der von dem amerikanischen Historiker und Anhänger des Historismus Louis Gottschalk als ein Bericht im Rahmen des Social Science Research Council — für dessen Committee on Historiography die Geschichtsschreibung von vornherein als Sozialwissenschaft anzusehen ist — herausgegebene Sammelband „Generalization in the Writing of History" ist ein hervorragendes Beispiel für die geschichtsmethodologische Balance führender amerikanischer Historiker. 92 Selbst der amerikanische Ideenhistoriker Gottschalk ist bei allen Unterschieden und Gegensätzen zwischen einzelnen Autoren zu der Schlußfolgerung gelangt: „Alles in allem stimmen die Historiker, die für diesen Band Artikel geschrieben haben, alle überein, daß der Historiker wohl oder übel auf verschiedenen Ebenen und zu verschiedenen Zwecken Verallgemeinerungen gebraucht . . .; er sollte nach der Meinung einiger Autoren, selbständig in der Lage sein, bescheidene Verallgemeinerungen vorzunehmen." 93 88 89 90

91 92

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ROsenberg, Hans, Probleme der deutschen Sozialgeschichte, Frankfurt am Main 1969, S. 147. von haue, Theodore H., Leopold Ranke. The Formative Years, a. a. O., S. 137f. Ebenda, S. VII. („The historian, therefore, has to fulfill a twofold function: first, to ascertain the facts and to understand causal relationship in history; secondly, to appraise them in a general scheme of values.") Holborn, Hajo, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, Stuttgart 1954, S. 5. Generalisation in the Writing of History. A Report of the Committee on Historical Analysis of the Social Science Research Council. Edited by Louis Gottschalk, Chicago 1963. Ebenda, S. 208. („In sum, the historians who have written articles for this volume all agree that the historian willy-nilly uses generalizations at different levels and of different kinds . . . They do not all agree that the generalizations he uses need be merely borrowed ones; he might, in the opinion of some of the authors, be independently able to construct modest ones.")

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II. Geschichtstheoretische Position

In Auswirkung der sozialgeschichtlichen Veranlagung vornehmlich der amerikanischen Historiographie begannen sich nach dem zweiten Weltkrieg auch in der BRD zunehmend soziologische Forschungsmethoden in der Geschichtsschreibung durchzusetzen. Sozialgeschichte und Strukturmethode werden, ohne dem Historismus völlig abzuschwören, praktiziert. 94 Fritz Stern hat darauf aufmerksam gemacht, daß die „Spannung zwischen Geschichtswissenschaft und Sozialwissenschaft" überall existiert, aber doch „hauptsächlich ein deutsches Problem" sei. Die Bundesrepublik „könnte einen großen Sprung vorwärts machen, indem die älteren Disziplinen wie die Geschichte, sich mit den neueren, wie Soziologie, für spezielle Zwecke verbinden — um zusammen modernen Menschen die moderne Welt verständlich zu machen". 95 3. Die Sozialgeschichte ist als „Komplement" der Ideengeschichte weitgehend von Subjektivismus und Individualismus beeinflußt. Soziale Strukturen und politische Ideen wären gleichermaßen Gegenstand der Geschichtsforschung. Eine stärkere Anziehungskraft der Geistesgeschichte und ein Nachlassen der ökonomischen Interpretation seien, wie der amerikanische Historiker John Higham feststellt, für die gegenwärtige amerikanische Historiographie kennzeichnend. 96 Dabei ist aber zu bemerken, daß ideengeschichtliche Analysen immer stärker soziologischen Fragestellungen unterworfen werden, wobei natürlich die Ideenbildung keineswegs auf ökonomische Ursachen zurückgeführt wird. Dies erklärt, warum sich führende amerikanische Historiker in ihrer „ideengeschichtlichen" Arbeit stark auf Friedrich Meineckes Historismus berufen. Charles A. Beard, Carl L. Becker, Conyers Read hatten die Gegenwartsbezogenheit der Geschichtsforschung stets damit begründet, daß es letzten Endes von den Fragen, die unsere Zeitgenossen stellen, abhängt, welche Fakten für historische Interpretationen benötigt werden, wobei die historischen Tatsachen subjektiviert und „geopfert" wurden. Jedoch auch ein konservativer Historiker wie Morison konnte 1950 nicht mehr umhin, zwischen den Fragen der verschiedenen Generationen zu unterscheiden, um darauf zu verweisen, daß der Historiker Geschichte „für die Welt von heute und morgen" schreibt. Gleichzeitig warnte er vor dem „roten Licht" des dialektischen Materialismus. Conyers Read hatte, den extrem subjektiv-idealistisch-pragmatistischen Voraussetzungen seiner Geschichtskonzeption gemäß, jeden Romanschreiber, Schauspieldichter und Rundfunkkommentator entsprechend der Losung Carl Beckers „Jedermann sein eigener Historiker" als Historiker klassifiziert. Aber auch ein Gelehrter wie Crane Brinton mußte von der „gesellschaftlich notwendigen Aufgabe" des Historikers sprechen, als Essayist und Publizist in der „fortgeschrittenen offenen Gesellschaft" zu wirken. 94

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98

Vgl. Unbewältigte Vergangenheit, Handbuch zur Auseinandersetzung mit der westdeutschen bürgerlichen Geschichtsschreibung, hg. v. Gerhard Lozek, Helmut Meier, Walter Schmidt, Werner Berthold, Berlin 1970, S. 74ff. Stern, Fritz, Rationalismus und Irrationalismus in Deutschland (Arbeitsgruppenbericht), in: Aufklärung heute—Probleme der deutschen Gesellschaft. Ein Tagungsbericht, Freiburg 1967, S. 57ff. Higbam, Jobn, The Construction of American History, in: The Reconstruction of American History, hg. v. John Higham, New York 1962, S. 21 f.

4. Pragmatismus der US-Geschichtsschreibung

75

Nicht zuletzt ist die Feststellung Reads aus dem Jahre 1949 zum Gemeingut der konservativen akademischen US-Historiographie geworden: „Gelehrsamkeitohne Beziehung zum gesellschaftlichen Leben hat nicht mehr Anspruch auf gesellschaftliche Unterstützung als irgendeine andere Form der Selbstbefriedigung." 97 Selbstverständlich handelt es sich dabei für Read um die ideologischen Ansprüche der bürgerlichen Gesellschaft. Von den sogenannten Politologen wird immer wieder auf die pragmatische Funktion der „Politikwissenschaft" verwiesen. 98 Nicht wenige Historiker sind in die „pragmatische" Disziplin der Political Science übergewechselt. Für diejenigen, die weiter als Historiker wirken, ist das politische Engagement ein wesentliches Charakteristikum geworden — wobei es sich für die führenden Historiker eben um das Engagement zugunsten des reaktionären imperialistischen Machtsystems handelt. So hat beispielsweise für den Historiker und Politologen Karl Dietrich Bracher der amerikanische Berufskollege Klaus Epstein „Geschichte stets politisch, Politik wesentlich geschichtlich verstanden". 99 Geschichte politisch zu verstehen ist an und für sich ebensowenig abzulehnen wie die Forderung, Elfenbeintürme in Forschungslaboratorien zu verwandeln. 100 Es kommt immer wieder darauf an, um was für eine Politik es sich dabei handelt. Die Verwandlung des Elfenbeinturmes in eine geschichtsrevisionistische Giftküche ist wahrlich kein wissenschaftlicher Fortschritt. Eine reaktionäre, fortschrittsfeindliche Politik kann sich auf die Geschichte als Wissenschaft störend, wenn nicht gar zerstörend auswirken. Die reaktionäre imperialistische Politisierung der Geschichtswissenschaft mündet unvermeidlich in pragmatistischer Apologetik des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems. Besonders zeitgeschichtliche Darstellungen offenbaren einen politischkonservativen Standpunkt. Der amerikanische Historiker Hans Kohn änderte den Titel seines erstmalig 1949 erschienenen Buches „The Twentieth Century" im Jahre 1966 um in „Political Ideologies of the Twentieth Century". Dieses Buch ist nicht nur ein Produkt der Political Science, sondern sagt über „den Historiker in unserer Zeit" unmißverständlich aus: „Zwischen politischen Historikern und Historikern der Idee ist keine scharfe Unterscheidung möglich; Ideen und Politik sind eng miteinander verbunden und voneinander abhängig. Es sind Fakten und Wertungen. Geschichte, gleich ob als Wissenschaft oder als Kunst oder als Lehre, stellt das Zusammentreffen, die Wechselwirkung, die Wechselbeziehung von objektiven und subjektiven Faktoren dar. Die Fakten der Vergangenheit bieten das objektive Material, das Ethos und die Persönlichkeit des Historikers bieten die subjektiven Elemente, ohne die die Fakten Read, Conyers, The Social Responsibilities of the Historian, a. a. O., S. 280. („Learning without reference to social living has no more claim upon social support than any other form of selfindulgence.") 98 Vgl. z. B. Oberndorfer, Dieter, Politik als praktische Wissenschaft, in: Wissenschaftl. Politik, Feeiburg 1972. 99 Bracher, Karl Dietrich, Klaus Epstein (1927-1967), a. a. O. ,0° Read, Conyers, The Social Responsibilities of the Historian, a. a. O., S. 279f. 97

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II. Gcschichtstheoretische Position

der Vergangenheit und die Vergangenheit selbst totbleiben." 101 Damit hat Kohn noch einmal den engen Zusammenhang zwischen der Sozialgeschichte, der Ideengeschichte und der politischen Geschichte demonstriert. Die amerikanischen Historiker, die das den ideologischen Bedürfnissen des in den USA bestehenden staatsmonopolistischen Herrschaftssystems entsprechende imperialistische Geschichtsbild darstellen und verbreiten, vor allem diejenigen, die in enger Wechselwirkung mit der in der BRD dominierenden flexiblen imperialistischen Strömung die deutsche Geschichte erforschen und interpretieren, haben eine geschichtstheoretische Position bezogen, die einerseits durch reaktionären — positivistisch verformten — bürgerlichen Historismus Meineckescher Observanz und andererseits durch pragmatistische Manipulationen gekennzeichnet ist. Der Pragmatismus in der amerikanischen Historiographie hat viele Formen angenommen: sozialgeschichtliche, sozialwissenschaftliche Praktiken, ideengeschichtliche Manipulationen — im Endeffekt geht es um eine größere methodologische Flexibilität bei der Entwicklung und Verbreitung bürgerlicher Geschichtsideologie. Dabei nehmen Versuche, die verschiedenen Richtungen in der Geschichtsschreibung auf einen Nenner zu bringen, einen größeren Platz ein. Der Pragmatismus soll dazu von der theoretischen und methodologischen Seite die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Die methodologische Spezifik des politischen Konservatismus jener amerikanischen Historiker, deren historisch-politische Konzeptionen regierungsstrategische Bedeutung besitzen — weswegen sie von den Geschichtsrevisionisten „Hofhistoriker" genannt werden — besteht in einer pseudowissenschaftlichen Verbrämung regierungspolitischer Konzepte. Diesen Korrekturen entsprechen in ihrem Wesen die Modifikationen, die der Historismus in der BRD unter dem Einfluß solcher Historiker wie Hans Rothfels, Theodor Schieder und besonders Werner Conze erfahren hat. Die Amerikanisierung des reaktionären bürgerlichen Historismus Meineckescher Prägung zeigte sich auf dem Historikerkongreß der BRD im Oktober 1967 in Freiburg.i° 2 Ausdruck dafür sind unter anderem das dort sichtbar gewordene Verhältnis der führenden bundesdeutschen Historiker zur Sozialgeschichte, zur Soziologie, zur Sozialpsychologie, zur Political Science bis hin zur Übernahme einer Vielzahl von Begriffen aus der amerikanischen Geschichtsschreibung sowie ihrer Theorien und Methoden, bis hin zum Anglizismus in der Sprache der bürgerlichen Historiker. Die weitere sozialgeschichtliche Offensive in der BRD ist schließlich auf dem Kölner Historikerkongreß 1970 bestätigt worden. 101 Kobn, Hans, Political Ideologies of the Twentieth Century, New York 1966, S. 247. („No sharp distinction is possible between political historians and historians of ideas; ideas and politics are closely interlinked and interdependent. So are facts and valúes. History, whether as scholarship or as art or as teaching, represents the meeting, the interaction, the interrelationship of objective factors. The facts of the past present the objective material; the ethos and the personality of the historian present the subjective elements without which the facts of the past and the past itself remain dead.") 102

Historie in der Krise. Der westdeutsche Historikertag 1967 in Freiburg i. Br. (Bericht von Gerhard Becker), in: ZfG, 2/1968, S. 212.

KAPITEL III

Die ideologische Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes" „Die atlantische Partnerschaft — Völker der westlichen Hochzivilisation, die durch den Atlantik, das Mittelmeer der Neuzeit, miteinander verbunden sind — ist wahrscheinlich die wertvollste Konzeption dieses Jahrhunderts." Franz Josef Strauß (ß RD) „. . . ist der Gedanke einer Atlantischen Gemeinschaft bei weitem der bedeutendste". Oskar Halecki{USA) 1. D i e h i s t o r i o g r a p h i s c h e U m s e t z u n g d e r „ I n d u s t r i e g e s e l l s c h a f t s " l e h r e Die bürgerliche Geschichtsschreibung ist seit Beginn der sechziger Jahre in gesellschaftstheoretischer Hinsicht v o r allem durch die sogenannte Industriegesellschaftslehre modifiziert worden. Wesentliche Vorgaben f ü r die A n w e n d u n g v o n Thesen dieser Lehre auf Geschichtsprozesse sind v o n Soziologen und Politologen geschaffen worden. Die Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft als „Stadien wirtschaftlichen Wachstums", die Charakterisierung der neuzeitlichen Geschichte als „Industriezeitalter", die Bezeichnung der jüngsten Entwicklungsphase des imperialistischen Systems (besonders der U S A ) als „nachindustrielle Gesellschaft" — das sind Erscheinungsformen der D u r c h d r i n g u n g der Historiographie mit K o n z e p t i o n e n und Kategorien der „Industriegesellschafts"lehre. V o n ihren verschiedenen Varianten 1 ist f ü r die Analyse der modernen bürgerlichen Historiographie der U S A die Stadientheorie des amerikanischen Wirtschaftshistorikers und Soziologen W a l t W . R o s t o w v o n besonderem Interesse. Sein Buch „The Stages of Economic G r o w t h " , das im Jahre 1 9 6 0 erschien 2 , ist das ameri1

2

Es sei hier nur auf die Arbeiten von Hans Freyer, Arnold Gehlen, Karl R. Popper, Jean Fourastié, Peter F. Drucker, David Riesman, Raymond Aron, François Perroux, Fritz Sternberg und schließlich auf die jüngste amerikanische Literatur zu dieser Thematik, d. h. besonders auf John Kenneth Galbraith und Walt W. Rostow hingewiesen. Siehe Rose, Günther, Zur Genesis und Funktion der Theorie der „Industriegesellschaft", in: ZfG, 1/1967, S. 20—45; derselbe, „Industriegesellschaft und Konvergenztheorie. Genesis, Strukturen, Funktionen, Berlin 1971 ; ho^ek, Gerhard, Woher stammt die „Offene Gesellschaft"?, in: Neues Deutschland, Berlin, v. 2. August 1966, S. 5; vgl. auch TJnbewältigte Vergangenheit. Handbuch zur Auseinandersetzung mit der westdeutschen bürgerlichen Geschichtsschreibung, hg. v. Gerhard Lozek, Helmut Meier, Walter Schmidt, Werner Berthold, Berlin 1970, S. 24ff. Rostow, Walt Wbitman, The Stages of Economic Growth. A Non-Communist Manifesto, Cambridge (Mass.) 1960; westdeutsche Ausgabe: Stadien wirtschaftlichen Wachstums., Eine Alternative zur marxistischen Entwicklungstheorie, Göttingen 1960. Vgl. auch Phil. Dissertation von Rose, Günther, Wechselbeziehungen zwischen der Theorie der „Industriegesellschaft" und der imperialistischen Politik gegenüber der sozialistischen Welt (Eine zeitgeschichtliche Studie über das Verhältnis von imperialistischer Ideologie und Außenpolitik), Berlin 1966 ; Mitin, M. B.j

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

kanische Standardwerk der Theorie von der „Industriegesellschaft", das eine Alternative zur „marxistischen Lösung, wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Verhaltensweisen zu verbinden" 3 , anbieten soll. Rostow konstruierte fünf Wachstumsstadien der wirtschaftlichen Lage jeder Gesellschaft: die traditionelle Gesellschaft, die Anlaufperiode, die Periode des wirtschaftlichen Aufstiegs, das Reifestadium, das Zeitalter des Massenkonsums. 4 Wissenschaft und Technik sind die Hauptkriterien für den Charakter eines bestimmten Stadiums. So ist die traditionelle Gesellschaft eine Gesellschaft, „die auf vornewtonscher Wissenschaft und Technik" basiert. 5 Das zweite Wachstumsstadium schafft die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufstieg, damit „sie die Möglichkeiten der modernen Wissenschaft ausnutzen . . . kann". 6 Für die nächste Periode werden außer der Technik auch „politische Kräfte" erkannt: „Im allgemeinen wartete der wirtschaftliche Aufstieg nicht nur auf die Schaffung von Sozialkapital und eine Woge technischer Entwicklungen in Industrie und Landwirtschaft, sondern auch auf das Hervortreten politischer Kräfte . . ." 7 In der Entwicklungsphase zur Reife strebt die Wirtschaft danach, „die moderne Technik auf alle Bereiche ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten auszudehnen". 8 Das Zeitalter des Massenkonsums ist eine Periode, „in der zu gegebener Zeit die dauerhaften Konsumgüter und Dienstleistungen führende Sektoren werden . . ." 9 Für Rostow ist die Frage nach den Produktionsverhältnissen nebensächlich: „Es ist nicht das Eigentum an Produktionsmitteln, das alles entscheidet, es ist die Kontrolle der Armee, der Polizei, der Gerichtshöfe und der Nachrichtenmittel." 10 Die Stadientheorie Rostows ist der Versuch einer gesellschaftlichen Gesamtschau, durch die angeblich eine Klärung der geschichtlichen Entwicklung von ihren Anfängen bis zur Gegenwart erfolgt, die ohne den historischen Materialismus auskomme, ja, im Gegenteil, eine „Alternative zu der Marxschen Theorie der modernen Geschichte" 11 darstelle. Bei aller Polemik gegen den Marxismus ist Rostow jedoch gezwungen, ihm größere Zugeständnisse zu machen, als es bisher in der bürgerlichen Gesellschaftstheorie üblich war. Die stärkere Berücksichtigung des sozialen Faktors in der Geschichte, die zu bestimmten Teilerkenntnissen der objektiven geschichtlichen Realität führt, um den ökonomisch und politisch herrschenden Semjonov, V. S., Dvizenije celovecestva k kommunismu i burzuaznaja konzepzija „jedinogo industrialnogo obscestva", in: Voprosy filosofii, Moskau 5/1965, deutsch: Der Weg der Menschheit zum Kommunismus und die bürgerliche Konzeption von der „einheitlichen Industrie-Gesellschaft", in: SW, 9/1965, S. 897-910. 3 Rostow, Walt W., Stadien wirtschaftlichen Wachstums . . ., a. a. O., S. 11. « Ebenda, S. 18. 5 Ebenda. 6 Ebenda, S. 20. ? Ebenda, S. 23. 8 Ebenda, S. 24. 9 Ebenda, S. 26. "> Ebenda, S. 191. « Ebenda, S. 16.

1. Umsetzung der „Industriegesellschafts"lehre

79

Kräften des modernen kapitalistischen Gesellschaftssystems eine partielle Bewältigung der diesem System innewohnenden Widersprüche zu ermöglichen, soll letzten Endes dazu dienen, den Marxismus zu unterlaufen. Rostow ist sich des Defensivcharakters seiner Thesen vollauf bewußt, wenn er behauptet, daß sein Buch „sowohl zu einer Theorie des wirtschaftlichen Wachstums als auch zu einer allgemeineren wenn auch bruchstückartigen Theorie der modernen Geschichte insgesamt" 12 führt. Er wendet sich hauptsächlich gegen die marxistischen sozialökonomischen Kriterien der gesellschaftlichen Entwicklung und ist der Auffassung, „daß das Verhalten ganzer Gesellschaften nicht einzig und allein durch wirtschaftliche Erwägungen bestimmt wird". 13 Er unterstellt dem Marxismus ein ökonomistisches Herangehen, um eine angebliche Priorität der gesellschaftlichen Überbauerscheinungen zu begründen. 14 Hier wird die ganze Inkonsequenz der bürgerlichen Soziologisierung der Geschichte offensichtlich. Unter dem Eindruck der gewaltigen revolutionären Entwicklung der Gesellschaft in der modernen Epoche kommt die bürgerliche Wissenschaft nicht mehr umhin, den sozialen Entwicklungsfaktoren größere Aufmerksamkeit zu widmen — ohne dabei die traditionellen Prinzipien bürgerlicher Historiographie aufgeben zu können. Rostow bewegt sich ganz in den Bahnen der klassischen bürgerlichen Historiographie, wenn er behauptet, daß sich der moderne Staat nicht auf einen „ökonomischen Determinismus, sondern auf politische Faktoren oder die Macht" gründe. 15 Die Klassiker des Marxismus-Leninismus haben niemals den Einfluß der Politik auf die Wirtschaft bestritten. Die Marxsche Geschichtskonzeption geht davon aus, daß die Produktionsweise des materiellen Lebens den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß bedingt und es nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein ist, das ihrBewußtsein bestimmt. 16 Damit wird vom Marxismus selbstverständlich nicht die Bedeutung und relative Selbständigkeit des gesellschaftlichen Bewußtseins negiert. Friedrich Engels hat beispielsweise in seinen Altersbriefen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Ideologie wie alle Erscheinungen des gesellschaftlichen Überbaus nur in letzter Instanz von der ökonomischen Entwicklung bestimmt wird, daß wir es mit einer aktiven Wechselwirkung von Basis und Überbau zu tun haben. W. I. Lenin hat dem subjektiven Faktor in der Geschichte große Bedeutung beigemessen und seine Rolle weiter untersucht. 17 " Ebenda, S. 15. »3 Ebenda, S. 179f. 14 „Obwohl wahr ist, daß eine wirtschaftliche Veränderung soziale und politische Folgen hat, wird hier ein wirtschaftlicher Wandel selbst als eine Folge politischer und sozialer als auch wirtschaftlicher Kräfte im engeren Sinne angesehen. Unter dem Gesichtspunkt menschlichen Verhaltens sind die tiefgreifendsten wirtschaftlichen Änderungen als Folgen außerökonomischer mensch15 Ebenda, S. 191. licher Motive und Bestrebungen anzusehen." Ebenda, S. 16f. 16 Vgl. Marx, Karl, Zur Kritik der politischen Ökonomie, Vorwort, in: MEW, Bd 13, Berlin 1964, S.8f. 17 Vgl. Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung in acht Bänden, Berlin 1966, Bd 1, Von den Anfängen der deutschen Arbeiterbewegung bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts, Berlin 1966, S. 458.

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Bei aller Beachtung des „sozialen Faktors" bleibt bei Rostow übrig: „Aber dies ist schließlich eines der Hauptergebnisse dieses Buches, daß wirtschaftliche Kräfte und Motive nicht die einzigen und die bedeutendsten Determinanten des geschichtlichen Ablaufs sind." 1 8 In konkret-historischen Betrachtungen wertet Rostow sogar den wirtschaftlichen Faktor weitgehend ab. Für Rostow sind „entscheidende Veränderungen meistens politischer Natur. Ein entscheidender Aspekt der Anlaufperiode war politisch der Aufbau eines schlagkräftig zentral regierten Nationalstaates . . . " 1 9 Eine exakte Analyse der Geschichte von Nationalstaaten ergibt jedoch, daß der staatlichen Konstituierung stets entscheidende Elemente einer nationalen Wirtschaft zugrunde liegen. Das schließt selbstverständlich eine Einwirkung nationalstaatlicher Faktoren auf die Entwicklung der Wirtschaft nicht aus. So beweist in Europa besonders die deutsche und auch die italienische Geschichte, daß die ökonomische Entwicklung die Bildung bürgerlicher Nationalstaaten forcierte und daß es von der Entstehung der bürgerlichen Nationalwirtschaft bis zur Gründung des bürgerlichen Nationalstaates eine ganze Periode des politischen Kampfes gab, der gerade durch die ökonomischen Interessen der herrschenden Klassen bedingt war. Bei Rostow ist primär „das Hervortreten politischer Kräfte, einer Gruppe von Männern, die bereit waren, die Modernisierung der Wirtschaft als ein ernstes, erstrangiges politisches Ziel anzusehen". 20 Derartige Ansichten laufen letztlich auf die bürgerliche Elitetheorie hinaus. So ist Rostow auch nicht in der Lage zu beantworten, warum es in diesem Jahrhundert zu zwei Weltkriegen gekommen ist. Er sieht zwar das soziale Moment des ökonomischen Profits, bestreitet aber, daß ein Krieg „nur mit wirtschaftlichen Vorteilen" 2 1 erklärt werden kann. Rostow geht daran vorbei, daß der erste Weltkrieg ein allseitig imperialistischer Eroberungskrieg war und daß im zweiten Weltkrieg auf Seiten der faschistischen Mächte aber auch der Westmächte imperialistische Ziele eine entscheidende Rolle spielten. Es bleibt festzustellen, daß Lenin den Krieg nicht „nur" aus wirtschaftlichen Interessengegensätzen und Profitstreben verstanden hat. Er kam durch die Analyse des Imperialismus zur Erkenntnis, daß die ungleichmäßige Entwicklung des Kapitalismus in seiner imperialistischen Etappe eine Gesetzmäßigkeit darstellt, in der die imperialistischen Raubkriege seit Ende des vorigen Jahrhunderts wurzeln. Was hat Rostow dagegen für geschichtliche Ursachen und Gründe für die Entfesselung von Kriegen unter imperialistischen Verhältnissen anzubieten? Seine „kurze Antwort darauf ist, daß die Herrschaft des Kaisers und der Einfluß seiner Ratgeber eine direkte Konzentration der deutschen Energien für den Beginn des Massenkonsumzeitalters unmöglich machten". 22 18

Rostow, Walt W., Stadien wirtschaftlichen Wachstums . .

» E b e n d a , S. 22. 20 E b e n d a , S. 23. 21 E b e n d a , S. 181. 22 E b e n d a , S. 145.

a. a. O., 147.

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1. Umsetzung der „Industriegesellschafts"lehre

Den zweiten Weltkrieg erklärt er ähnlich: „In Japan, wie in Deutschland, kam die größte Opposition gegen die westlich orientierten relativ pazifistischen Politiker der 20er Jahre nicht von Männern, die bestrebt waren, die japanische Wirtschaft in das Zeitalter des Massenkonsums zu führen, sondern von Männern, deren Verhalten und Ehrgeiz aus den Ursprüngen der japanischen Modernisierung und aus einem reaktionären Nationalismus, der voller Furcht und Hoffnung war, zu erklären ist. Und als nun die Depression kam und das zerbrechliche System, das nach Versailles aufgebaut worden war, zusammenbrach und damit jede Nation auf sich selbst, auf ihre eigenen Mittel, ihr eigenes Erbe zurückgeworfen wurde, übernahmen sie die Führung und hatten ihre große Stunde." 2:5 Das wesentliche Resultat der stadientheoretischen Geschichtsbetrachtung Rostows besteht darin, den sozialen Gehalt der einzelnen gesellschaftlichen Entwicklungsstadien in seiner Ganzheit zu negieren. Die Folge dieser Betrachtungsweise offenbart das ideologische Anliegen des amerikanischen Präsidentenberaters. Bei Rostow ist der Kommunismus keine sich gesetzmäßig herausbildende Gesellschaftsformation, sondern „eine Art Krankheit, die eine traditionelle Gesellschaft befallen kann, wenn sie nicht die Elemente in sich wirksam organisieren kann, die bereit sind, die Aufgabe der Modernisierung durchzuführen". 24 In Anlehnung an die Stadientheorie Rostows sind aus Strukturähnlichkeiten verschiedener gesellschaftlicher Systeme soziale Konvergenzen abgeleitet worden, um die antagonistischen Gegensätze im imperialistischen Herrschaftssystem und vor allem den Grundwiderspruch unserer Epoche zwischen Sozialismus und Imperialismus zu negieren. Amerikanische Ideologen sprechen in Analysen der vergangenen bzw. in Prognosen der künftigen gesellschaftlichen Entwicklung von „zwei Supermächten" und von der „Entstehung von Massenkonsumgesellschaften" im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts, vom „Entstehen .nachindustrieller' Kulturen" im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts usw. Für das frühe 21. Jahrhundert wird prophezeit: „Die nachindustrielle und die industrielle Gesellschaft werden auf der ganzen Welt vorherrschen." 25 Jedoch Gesellschaftssystem ist nicht gleich Gesellschaftssystem. Jedes Gesellschaftssystem hat seine spezifische materielle Grundlage in den Produktivkräften und Produktionsverhältnissen und deren Wechselwirkung. Jedes Gesellschaftssystem hat seine spezifischen Überbauerscheinungen: besonders Staat und Ideologie. Die Marxsche Lehre von der sozialökonomischen Gesellschaftsformation ist geschichtswissenschaftlicher Ausdruck und Konsequenz des Wesens der in der Geschichte bekannten Gesellschaftssysteme. Der Begriff der sozialökonomischen Gesellschaftsformation ist die zentrale Kategorie des historischen Materialismus, und »

23 Ebenda, S. 146. 24 Ebenda, S. 194. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, auf alle Aspekte der Wachstumsstadientheorie von Rostow einzugehen, vgl. dazu: Rose, Günther, Zur Genesis und Funktion der Theorie von der „Industriegesellschaft", a.a.O., S. 20ff.; derselbe, „Industriegesellschaft" und Konvergenztheorie . . ., a. a. O., S. 201 ff. 25 Kahn, Her mann ¡Wiener, Anthony, ]., Ihr werdet es erleben. Voraussagen der Wissenschaft bis zum Jahre 2000, Wien-München-Zürich o. J„ S. 32, 38 und 41. 6 Loesdau, Globalstrategie

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

es nimmt nicht wunder, daß gerade diese Kategorie, gerade diese Lehre Gegenstand imperialistischer „Alternativtheorien" ist. Jedoch aus den industriegesellschaftlichen Konzepten sind auch andere Schlüsse abgeleitet worden. Wie bereits im ersten Kapitel erwähnt, haben die imperialistischen Politologen Brzezinski und Huntington im Unterschied zu den konvergenztheoretisch angelegten Geschichtsideologien versucht, die Spezifik der historischen Entwicklung der USA und der UdSSR auf der Basis der sogenannten Evolutionstheorie zu fassen. Gesellschaftlicher Wandel werde weitgehend durch die Vergangenheit bestimmt. 26 Sie haben darum ihr Augenmerk auf die „Tradition als Hintergrund" gelenkt und definiert: „Die sowjetische Ideologie und die amerikanischen politischen Anschauungen sind die Ergebnisse der angesammelten sozialen Erfahrung der beiden Gesellschaften, die ihren jeweiligen Stil bestimmt." 27 Und diese Erfahrung sei äußerst unterschiedlich: „Ideologie und Revolution sind die Schlüsselbegriffe für Rußland. Die Wörter Konsens und Evolution beschreiben Amerika." 2 8 Dieses Konsens-Evolutionsschema in der Geschichtsbetrachtung amerikanischer Politologen ist in seinem Wesen antisowjetisch und letzten Endes auch ahistorisch. Komplizierte historische Prozesse werden völlig unzulässig vereinfacht. In der amerikanischen Geschichte werden die Klassengegensätze negiert, die russische Geschichte wird zu einer reinen Schreckensgeschichte abgestempelt. Willkürlich aus der historischen Entwicklung herausgegriffene Erscheinungen sollen dazu dienen, gegenwärtige Ideologien imperialistischer Politologen zu stützen. Sowohl der „Konvergenz"- als auch der „Evolutions"theorie sind als Produkte der Lehre von der „Industriegesellschaft" das Bemühen gemeinsam, angesichts der bisherigen Erfolgslosigkeit imperialistischer Expansionspolitik gegenüber dem imperialistischen System und des ihr entsprechenden Geschichtspessimismus, der imperialistischen Historiographie eine antikommunistische „Proideologie" unterzulegen. Durch sie soll gewährleistet werden, daß die imperialistische Geschichtsschreibung ihre Funktionen im System der ideologischen Manipulation und Diversion besser erfüllen kann. In ihrem Wesen bleiben diese Konzeptionen reaktionäre bürgerliche Ideologie, die historisch zum Scheitern verurteilt ist.

2. Atlantismus und Europaidee in der amerikanischen Geschichtsideologie Nach dem für eine Reihe imperialistischer Länder katastrophalen Ausgang des zweiten Weltkrieges sahen sich die Vereinigten Staaten von Amerika als führende imperialistische Weltmacht in einer neuen Phase der allgemeinen Krise des Kapitalismus vor die Aufgabe gestellt, das Herrschaftssystem des Monopolkapitals entgegen den objektiven Entwicklungstendenzen der modernen Epoche des Übergangs 26 Brzezinski, Zbignier» K./Huntington, Köln-(West-)Berlin 1966, S. 468. 2' Ebenda, S. 38. 28 Ebenda, S. 44.

Samuel P., Politische Macht. USA/UdSSR. Ein Vergleich,

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vom Kapitalismus zum Sozialismus wieder zu festigen. Zu diesem Zweck hatten die imperialistischen Ideologen Anschauungen zu entwickeln, die der negativen antikommunistischen Zielstellung einen massenwirksamen „positiven' Aspekt verliehen. Dafür schien ihnen die These von der angeblichen „Einheit des Westens" besonders geeignet. Der amerikanische Historiker Hans Kohn meinte: „Die westliche Einheit ist für viele Amerikaner nicht ein negatives oder zeitweiliges Ziel, das gegen andere Zivilisationen gerichtet ist, sondern eine positive Vision auf lange Sicht für die Erstarkung der westlichen Zivilisation in einer sich rasch verändernden Welt." 29 Bei der Konzipierung der Idee von der „Einheit des Westens" kam den Historikern eine spezielle Aufgabe zu. Sie hatten die antikommunistischen Belange des staatsmonopolistischen Kapitalismus als jahrzehnte- und jahrhundertealte ersehnte Wünsche und Ziele ganzer Völker und Erdteile in „positiver Vision" zu deuten. Der amerikanische Historiker Oskar Halecki ist der Auffassung: „Eine positive Methode als Ersatz für die marxistische ist dringend notwendig . . ," 3 0 Eine besondere Wirksamkeit versprechen sich die imperialistischen Historiker vom Mißbrauch geographischer Begriffe für die Bezeichnung reaktionärer Gesellschaftsordnungen. Mit dem „Europagedanken" ist schon im 18. und 19. Jahrhundert von der bürgerlichen Historiographie derart verfahren worden. Die imperialistische US-Historiographie hat seit dem zweiten Weltkrieg diese Manipulation durch die Propagierung der Idee des „Atlantischen" fortgeführt. Schon im Jahre 1939 war in den USA ein Buch mit dem Vorschlag erschienen, auf der Grundlage der Verfassung der USA eine „nordatlantische Union" zu gründen. 31 Dieser Begriff hatte zunächst eine gegen das faschistische Deutsche Reich gerichtete Komponente. Die auf dem sich im nordöstlichen Atlantik befindenden Schlachtschiff Prince of Wales im Jahre 1941 zwischen Roosevelt und Churchill getroffene Vereinbarung über die Ziele ihrer Politik im zweiten Weltkrieg ist als „AltantikCharta" bekanntgeworden. Im Dezember 1945 forderte der damalige Präsident der American Historical Association, C. J. H. Hayes, die Entwicklung der USA im Rahmen der „atlantischen Gemeinschaft" zu betrachten und zu diesem Zweck die Grenztheorie Frederick J. Turners zu erweitern. 32 Zur Täuschung der Volksmassen nach dem zweiten Weltkrieg über den wahren Charakter der Politik der imperialistischen Westmächte, die sich zu einem aggressiven Militärpakt gegen das sich entwickelnde sozialistische Weltsystem zusammengetan hatten, erhielt dieses Bündnis die Bezeichnung „Nordatlantikpakt". Der „Atlantik-Politik" der USA und ihrer Partner in Westeuropa entspricht ein ideologisch-politischer Überbau. Atlantisches Zeitalter, atlantische Gemeinschaft, atlantische Zivilisation und die Verbreitung des atlantischen Gedankens durch die

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Kobn, Hans, Reflections on Modem History, Princeton 1963, S. 286. („Western unity is for many Americans not a negative or a temporary goal directed against other civilizations, but a positive long-range vision for the strengthening of Western civilization in a rapidly changing World.") Halecki, Oskar, Das europäische Jahrtausend, Salzburg 1966, S. 9. Lippmann, Walter, U. S. War Aims, Boston 1944.

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Hajes, C.J. H„ The American Frontier — Frontier of What? in: AHR, Januar 1946.

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Idee der Verwestlichung der Welt — das sind nur einige Begriffe aus dem Vokabular der „atlantischen" Ideologen. Franz Josef Strauß hält in seinem „Entwurf für Europa" die „atlantische Partnerschaft" für die „wertvollste Konzeption dieses Jahrhunderts". 33 Für Oskar Halecki „ist der Gedanke einer Atlantischen Gemeinschaft bei weitem der bedeutendste". 34 Die Elemente des „Atlantischen" sind von führenden imperialistischen Historikern der USA und von ihren Fachkollegen in Westeuropa in die europäische und nordamerikanische Geschichte projiziert worden. Im Ergebnis dieser auf der „Industriegesellschafts"lehre beruhenden „Forschungen" entstand ein spezifisches „atlantisches Geschichtsbild". 3 ' Dem „Atlantismus" liegt folgende geschichtsideologische Konzeption zugrunde: 1. Für die führenden Ideologen der USA, die den Gedanken des „Atlantischen" verbreiten, ist „atlantisch" nicht so sehr ein geographischer, sondern in erster Linie ein gesellschaftspolitischer Begriff. Die „atlantische Gemeinschaft" ist danach mit Staaten des imperialistischen Systems identisch. O. Halecki machte darauf aufmerksam, „daß die Mitgliedschaft in der Atlantischen Gemeinschaft nicht auf Länder an der Atlantikküste begrenzt ist". 30 Die amerikanischen Ideologen Walter Lippmann und Ross Hoffmann haben erstmals den Begriff „Atlantische Gemeinschaft" als Synonym für die „zivilisierte, westliche Gesellschaft" während des zweiten Weltkrieges benutzt. 37 Für Halecki ist diese Gesellschaft „die neue euroamerikanische Gemeinschaft" im Unterschied zu „Eurasien". 38 Das „atlantische Zeitalter" reduziert sich auf die bekannten imperialistischen „Industriezeitalter" theorien. 33 Der Begriff des „atlantischen Zeitalters" ist im Jahre 1950 von Oskar Halecki eingeführt worden. Für ihn löst das „atlantische Zeitalter" das „europäische Zeitalter" ab, „wie dieses einst das mittelmeerländische ablöste". 40 Es handele sich um die „spätere europäische Geschichte" (so auch Max Beioff), die mit der amerikanischen und französischen Revolution („atlantische Revolutionen") beginne. Das stimmt mit der Periodisierung des „Industriezeitalters" überein. Die „atlantische Zivilisation" ist das Konglomerat der Abendlandlegende, des bürgerlichen Liberalismus und Konservatismus, der imperialistischen Europaidee — summa summarum bürgerlich-imperialistischer Gesellschaftslehren. Zweifelsohne vorhandene historische Gemeinsamkeiten innerhalb westeuropäischer Staaten und Strauß, Franz Josef, Entwurf für Europa, Stuttgart 1966, S. 99. Halecki, Oskar, Das europäische Jahrtausend, a. a. O., S. 391. 3 5 Vgl. z. B. Elemente eines atlantischen Geschichtsbildes. Gutachten, Diskussionen und Empfehlungen der 5. amerikanisch-(Westdeutschen Historikertagung, Braunschweig, November 1963, Braunschweig 1965. (9. Bd der Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts, hg. v. Georg Eckert und Otto-Ernst Schüddekopf). 36 Halecki, Oscar, The Limits and Divisions of European History, New York 1950, S. 56. („. . . that membership in the Atlantic Community is not limited to countries on the Atlantic shores, the Atlantic Ocean being only the geographical centre of a much wider region".) 3 7 Ebenda, S. 54. S8 Ebenda, S. 101. 3« Ebenda, S. 58 und 60f. 40 Halecki, Oscar, Das europäische Jahrtausend, a. a. O., S. 398. 33

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zwischen Westeuropa und den U S A werden durch das „atlantische Geschichtsbild" verabsolutiert und besonders kulturelle und geistesgeschichtliche Übereinstimmungen und Beziehungen überbewertet und politisch mißbraucht. Hauptsächlich wird versucht, die sozialistische Sowjetunion aus Europa und Rußland aus der europäischen Geschichte mehr oder weniger zu exmittieren. Halecki bezeichnete „den amerikanischen Teil dieser neuen Gemeinschaft" als „eine Kompensation für die Territorien, die in Europa durch die kommunistische Revolution verlorengegangen sind". 4 1 Ähnliche Auffassungen vertritt der bundesdeutsche Historiker Heinz Gollwitzer: „Aber im Sinne einer kulturhistorisch-universalgeschichtlichen Zusammenfassung läßt sich Rußland weder faktisch noch theoretisch mehr in einen ,Westen' oder ein .Atlantisches Zeitalter' einordnen. Die innere Zugehörigkeit Rußlands zu einem solchen System würde die genannten Begriffe umgehend ad absurdum führen." 4 2 Der Conze-Schüler Dieter Groh ist der Auffassung: „Der heutige Gegensatz von Ost und West war bereits im 19. Jahrhundert in dem von Rußland und Europa angedeutet." 4 3 Er datiert den Ost-West-Gegensatz ideologisch bis ins Jahr 1789 zurück. 4 4 Nach Hajo Holborn hatte die zaristische Regierung zwar noch westliche Ideen und Institutionen für Rußland — wenn auch für seine eigene Ausdehnung — benutzen können, aber das eurasische Rußland oder Gebiete von Rußland wären nie ein Teil der westlichen Welt gewesen. 4 3 Nichtsdestoweniger hätte Rußland, meinte Holborn, obwohl es sich kulturell von Europa unterschied, dieses seit dem 19. Jahrhundert machtpolitisch beeinflußt. 4 ß Last not least: „Diese politische und kulturelle Annäherung zwischen Europa und Rußland fand mit der russischen Revolution ein Ende." 4 7 Ja, mehr noch, die Existenz der sozialistischen Sowjetunion hätte die gesamte europäische Ordnung gefährdet. 4 8 Auch Dieter Groh unterstreicht die angebliche antieuropäische Richtung der Oktoberrevolution. 4 9 Dieses Resultat wäre in der Verbindung von Slawentum und Sozialismus begründet. Die Umschreibung des imperialistischen Systems der U S A und Westeuropas mit „atlantischen" Kategorien und ihre Ableitung aus der europäischen Geschichte ist Gegenstand einer vielfältigen „Europa"-Literatur, die nach dem zweiten Weltkrieg in den U S A erschienen ist. 50 Halecki, Oscar, The Limits and Divisions of European History, a. a. O., S. 58. („The American part of that new Community — a compensation for the territories lost in Europe through the Communist revolution . . ."). 42 Gollait^er, Heinz, Europabild und Europagedanke. Beiträge zur deutschen Geistesgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts, München 1964, S. l l f . 43 Grob, Dieter, Rußland und das Selbstverständnis Europas. Ein Beitrag zur europäischen Geistesgeschichte, Neuwied 1961, S. 13. (Politica, Abhandlungen und Texte zur politischen Wissenschaft, hg. v. Wilhelm Hennis und Roman Schnur, Bd 3). '•'> Ebenda, S. 321. 45 Holborn, Hajo, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, Stuttgart 1954, S. 14 und 16. 4 7 Ebenda, S. 106. 48 Ebenda, S. 105. 46 Ebenda, S. 17. 49 Grob, Dieter, Rußland und das Selbstverständnis Europas . . ., a. a. O., S. 14. t 0 Vgl. Gottscbalk, Louis ¡Lach, Donald, Europa and the Modern World. Vol. 1, The Rise of Modern Europa. The Development and Spread of Europe's Political, Economic, Social, anä Cultural 41

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Die Initiative zur M o t i v i e r u n g der imperialistischen globalorientierten Strategie der U S A durch die Geschichte E u r o p a s mit d e m Ziel, die „Einheit des Westens" historisch zu begründen, ist v o r allem v o n Hajo H o l b o r n ausgegangen. Seine W e r k e „ T h e Political Collapse in E u r o p e " und „ A History of M o d e r n G e r m a n y " sind f ü r diese K o n z e p t i o n v o n programmatischer Bedeutung. 5 1 H o l b o r n betonte besonders ideengeschichtliche G e m e i n s a m k e i t e n : „Tatsächlich miteinander v e r k n ü p f t w a r e n die V ö l k e r E u r o p a s durch kulturelle Bande." 5 2 Die These v o n der kulturellen Einheit des W e s t e n s ist f ü r amerikanische imperialistische Historiker ein Hauptkriterium f ü r die W e r t u n g geschichtlicher V o r g ä n g e . D e r US-Historiker G e r h a r d Masur drückte das mit den W o r t e n aus: „Nichtsdestow e n i g e r m u ß freilich zugegeben werden, daß nur die abendländische Zivilisation eine Position erreicht hat, v o n der die Weltgeschichte und die europäische Geschichte als eine gemeinschaftliche Einheit betrachtet w e r d e n k o n n t e . " 5 3 D a m i t w e r d e n kulturelle Gemeinsamkeiten verabsolutiert, überschätzt und mißbraucht. W a s die V e r b i n d u n g W e s t e u r o p a s zu den U S A betrifft, hat der s o w o h l in den U S A als auch in der B R D tätige Historiker Dietrich G e r h a r d unmißverständlich f o r m u l i e r t : „Ein spätes K i n d der abendländischen Völkerfamilie, sind die V e r einigten Staaten bei allem Stolz auf ihre S o n d e r e n t w i c k l u n g sich dieser H e r k u n f t doch stets aufs stärkste b e w u ß t geblieben." 5 4 Bei der B e g r ü n d u n g der G e m e i n Influcnces, 1500-1830, Chicago-Atlanta-Dallas-New York 1951; Vol. 2, The Transformation of Modern Europe. Europe's political, economic, social, and intellectual problems and the changcs they have brought to the modern world from 1800 to 1954, Chicago-Atlanta-Dallas-New YorkSan Francisco 1954. Gottschalk und Lach hatten sich mit ihrem Werk die Aufgabe gestellt, der „Atlantischen Gemeinschaft", den „transatlantischen Einflüssen" und der „Expansion Europas" einen historischen „Zusammenhang" (context) zu verschaffen. (Vol. 1, S. V.). Siehe auch Brinton, Crane, Westeuropa wohin? Frankfurt am Main 1955 (Original: The Temper of Western Europe); Benns, Lee, F., Europe 1870—1914, New York 1965; derselbe und Seidon, Mary Elisabeth, Europe 1914-1939, New York 1965; dieselben, Europe 1939 to the Present, New York 1965; Halecki, Oscar, The Limits and Divisions of European History, a. a. O.; Gerhard, Dietrich, Alte und Neue Welt in vergleichender Geschichtsbetrachtung (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte, 10), Göttingen 1962. 51

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Holborn, Hajo, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, a. a. O.; derselbe, A History of Modern Germany, New York 1959—1969 — deutsch: Deutsche Geschichte in der Neuzeit, Bd 1, Das Zeitalter der Reformation und des Absolutismus (bis 1790), München-Wien 1970; Bd 2, Reform und Restauration, Liberalismus und Nationalismus (1790—1871), München-Wien 1970; Bd 3, Das Zeitalter des Imperialismus (1871-1945), München-Wien 1971. Holborn, Hajo, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, a. a. O., S. 10. Masur, Gerhard, Distinctive Traits of Western Civilization: Through the Eyes of Western Historians, in: AHR, 3/1962, S. 607. („Nevertheless, it must be freely admitted that only the Occidental civilization has gained for itself a position from which world history and European history could be considered as a corporate unit.") Gerhard, Dietrich, Die Entwicklung der amerikanischen Gesellschaft als ein Problem vergleichender Geschichtsbetrachtung (öffentliche Antrittsvorlesung bei der Berufung auf den neu errichteten Lehrstuhl der Amerikawissenschaft an der Universität Köln, gehalten am 13. Januar 1956), in: Dietrich Gerhard, Alte und Neue Welt in vergleichender Geschichtsbetrachtung, a. a. O., S. 160.

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samkeiten zwischen dem amerikanischen und dem westeuropäischen Geistesleben wird vornehmlich auf das Christentum verwiesen. Historiographisch spiegelt sich das in einer breiten Analyse des amerikanischen Puritanismus wider. 55 Das verstärkte Interesse der imperialistischen Historiographie an Alexis de Toqueville ist gleichfalls auf das Bemühen nach einer Geschichtsmotivierung der amerikanischwesteuropäischen Geistesverwandtschaft zurückzuführen. 56 Was die Spezifik des Zusammenhangs zwischen dem angloamerikanischen und dem deutschen Geistesleben betrifft, so wird von amerikanischen und bundesdeutschen Historikern mit Vorliebe auf den Einfluß der bürgerlichen deutschen auf die sich entwickelnde bürgerliche amerikanische Historiographie im 19. Jahrhundert verwiesen. Solch ein führender Historiker wie der Amerikaner George Bancroft (1800—1891), der in Deutschland studiert hatte (und später als Gesandter der amerikanischen Regierung beim Norddeutschen Bund wirkte), stand völlig unter dem Einfluß der idealistischen Philosophie in Deutschland. Er führte das amerikanische Volk seiner Herkunft nach auf die Germanen zurück. Das „Teutonische" würde in den USA fortleben. 5 ? Der BRD-Historiker Klaus Dockhorn schloß vom, wie er es nannte, „deutschen Jahrhundert der amerikanischen Bildung", dem 19. Jahrhundert, für die Gegenwart : „Wie in großen Bereichen der Wissenschaft, der Naturwissenschaft vor allem, aber auch der Soziologie und Psychologie, die amerikanischen Beiträge nicht mehr unbeachtet bleiben können, so braucht auch die Geschichtswissenschaft das häufig überraschend Neue und Ungewohnte der Betrachtung nicht zum Anlaß der Ablehnung, vielleicht sogar der überheblichen Verachtung zu nehmen. Denn infolge 55

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Einen zusammenfassenden Überblick vermittelt Schlatter, Richard, The Puritan Strain, in: The Reconstruction of American History, a. a. O., S. 25ff.; außerdem vgl. Sources of the American Mind. A Collection of Documents and Texts in American Intellectual History, Vol. I, hg. von Loren Baritz, New York-London-Sydney 1966, Kap. 1, American Puritanism, S. Iff.; Walter, Michael, Puritanism as a Revolutionary Ideology, in: HT, 1/1963, S. 59ff. Siehe La%ek, Gerbard,¡Sjrbe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte. Über die antinationale Geschichtskonzeption führender westdeutscher Historiker, Berlin 1964, S. 98ff.; vgl. auch Dietrich Gerhard, Alexis de Toqueville und die Vereinigten Staaten von heute, in: Gerbard, Dietrich, Alte und Neue Welt in vergleichender Geschichtsbetrachtung . . ., a. a. O., S. 173 ff. Wish, Harvey, ein führender amerikanischer Historiker der Gegenwart, hat über Bancroft vermerkt: „He leaned upon the germ theory of history that he aquired in Germany: out of ancient Teutonic practices or .germs' there had evolved superior Anglo-Saxon and Anglo-American peoples and their distinctive democratic institutions. Protestant individualism and civil liberty had triumphed over Roman Catholic authoritarianism in the New World as in the Old." In: American Historians. A Selection, edited by Harvey Wish, New York 1962, S. 105; siehe auch Harvey Wish, The American Historian. A Social-Intellectual History of the Writing of the American Past, New York 1960, S. 70ff. Das schloß Differenzen zwischen Bancroft und Ranke nicht aus, worauf bereits Charles A. Beard verwiesen hatte. Ranke stieß sich an der Darstellung der bürgerlichen Demokratie in den U S A . Bancroft dagegen verwies auf das „objektive" Vorhandensein von Demokratie in der Geschichte. Siehe Beard, Charles A., That Noble Dream (1935), deutsch: in: Geschichte und Geschichtsschreibung, München 1966, S. 327 f.

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

der aufgezeigten Tatbestände der nachdrücklichen Anverwandlung deutschen wissenschaftlichen Denkens durch die Angelsachsen im neunzehnten Jahrhundert, ist das uns Gewohnte, der gewaltige und zu seiner Zeit einen echten Fortschritt der Weltbetrachtung und des Selbstbewußtseins darstellende Beitrag des deutschen Denkens in spekulativem Idealismus und Historismus, in all dem enthalten und aufgehoben, was als Neues und Verwandeltes kennenzulernen keine Wissenschaft versäumen kann, die sich noch zum Abendland rechnet." 58 Mit diesen ideengeschichtlichen Analysen haben die imperialistische US-Historiographie und, mit ihr aufs engste verbunden, führende westdeutsche Historiker die Voraussetzung für eine veränderte Wertung des Standortes der USA im „Abendland" geschaffen. 2. Innerhalb des imperialistischen Gesellschaftssystems bestehen Kräfteunterschiede und Hegemoniebestrebungen. Ein quantitativer Unterschied zu früheren ideologischen Abendland- und Europakonstruktionen besteht für die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in der Schwergewichtsverlagerung der kapitalistischen „Gemeinschaft" von Europa nach den USA. Die USA und Europa wären durch keine „kulturelle Scheidelinie" getrennt. Die Kultur des amerikanischen Kontinents sei nur eine Ausdehnung der europäischen Kultur auf die Neue Welt. 59 Durch die Teilnahme der USA am zweiten Weltkrieg wären wenigstens Westeuropa und ein Teil des Deutschen Reiches aus den Überresten des zerschlagenen europäischen Staatensystems gerettet worden.1»0 Schließlich würde das gegenwärtige internationale Kräfteverhältnis die Führung Europas durch die USA bedingen. 61 So stellt sich die Schwergewichtsverlagerung im Geschichtsbild des amerikanischen Historikers Holborn dar. Damit ist einerseits der Europazentrismus in der imperialistischen Historiographie im Prinzip beibehalten, andererseits aber durch das „atlantische" Geschichtsbild zu einem „euroamerikanischen" Zentrismus modifiziert worden. 3. Die Grenzen des „Atlantischen" sind so vage gehalten, daß eine Ausdehnung der „atlantischen Gemeinschaft" beziehungsweise „Europas" in Richtung Osten zu kapitalistisch-restaurativen Zwecken nicht verschlossen ist. Für Hajo Holborn ist der entscheidende Entwicklungszug die Expansion des Kapitalismus: „Die Verwestlichung der Welt ist die wichtigste Tatsache der modernen Geschichte . . ." 6 2 Nach Hans Kohn wären die Grenzen der „atlantischen Zivilisation" gerade durch die moderne Geschichte immer wieder verändert worden. 63 Dockbora, Klaus, Deutscher Geist und angelsächsische Geistesgeschichte. Ein Versuch zur Deutung ihres Verhältnisses, Göttingen-Frankfurt a. M.-(West-)Berlin 1954 (Göttinger Bausteine zur Geschichtswissenschaft, Bd 17), S. 84; siehe auch bes. Abschnitt II/3 von Dockhorns Arbeit, Die amerikanische Geistesgeschichte und das „deutsche Jahrhundert der amerikanischen Bildung", S. 47 ff. 59 Holborn, Hajo, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, a. a. O., S. 13. 6 0 Ebenda, S. 142. 61 Ebenda, S. 168f. Vgl. auch Holborn, Hajo, Die Welt 25 Jahre nach dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges, a. a. O. 62 Derselbe, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, a. a. O., S. 13. 413 Kobn, Hans, Reflections on Modern History, Princeton, 1963, S. 305. 68

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Diese „wichtigste Tatsache" ist besonders durch Historiker aus den USA intensiv „erforscht" und „interpretiert" worden. Typische Beispiele für diese historiographische „Verwestlichung" sind beispielsweise die Bücher von Holborn, aber auch von Historikern wie Oskar Halecki M und Henry Cord Meyer 65 . Holborn, Halecki, Meyer und ihresgleichen gehen davon aus, daß die osteuropäischen Völker in der Geschichte zum „Abendland" beziehungsweise zu „Europa" oder dem „Westen" gehört hätten. Erst durch die sozialistische Revolution hätten sie sich vom Abendland etc. abgewandt. Damit behauptet die imperialistische Historiographie die Möglichkeit und Notwendigkeit der „Rückkehr" der osteuropäischen Völker in die „abendländische Gemeinschaft" durch die Restauration des Kapitalismus. Holborn schildert, daß zur Gemeinschaft der westlichen Völker im Verlauf der geschichtlichen Entwicklung slawische Völker wie die Polen und Tschechen gekommen seien. Hier haben wir offensichtlich das von Rothfels verbreitete Bild einer „deutsch-westslawischen Schicksalsgemeinschaft" vor uns. 66 Auch die Ungarn, Balten und Finnen wären „standhafte Verteidiger der westlichen Kultur" geworden. 67 Mit dem Verfall des türkischen Reiches seien die Jugoslawen, Rumänen, Bulgaren und Griechen zu Europa gestoßen. 68 Trotz aller Enttäuschungen und Reformbestrebungen nach der Französischen Revolution „zweifelten die Menschen des Abendlandes nicht daran, daß der Westen alle anderen Kulturen bezwingen und durchdringen würde". 69 Diese Entwicklung sei dann, das bedauern diese Historiker, „noch einmal durch den zweiten Weltkrieg unterbrochen" 70 worden: „Bei den Friedensverhandlungen nach dem letzten Krieg wurden alle diese Nationen einer neuen Welle des Imperialismus in einer seiner derzeitigen totalitären Formen ausgeliefert. Kein dauerhafter Friede wird aufgerichtet werden können, bevor sie ihren traditionellen Platz in der europäischen Gemeinschaft, die jetzt zu einer atlantischen Gemeinschaft erweitert ist, wieder eingenommen haben werden." 7 1 Eine derartige Feststellung Haleckis ist ein treffendes Beispiel für den Antikommunismus und Expansionismus der „atlantischen Gemeinschaft". Die Umschreibung dieses historiographischen Annexionsprogramms durch abendländische Kultur und Zivilisation kann eigentlich nur als eine Neuauflage der faschistischen Kulturträgermission gewertet werden. 72 Halecki, Oscar, Borderlands of Western Civilization. A History of East Central Europe, New York 1952; deutsche Ausgabe: Oskar Halecki, Grenzraum des Abendlandes. Eine Geschichte Ostmittel europas, Salzburg 1957. ,j5 Meyer, Henry C., Mitteleuropa in German Thought and Action 1815—1945, The Hague 1955. 6 6 Vgl. Lo^ek, Gerhard/Syrbe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte . . ., a. a. O., S. 161 ff. 67 Holborn, Hajo, Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems, a. a. O., S. 9. 6 8 Ebenda. SO Ebenda, S. 11 f. 70 Halecki, Oskar, Grenzraum des Abendlandes, a. a. O., S. 21. 7 1 Ebenda. 72 Wie sehr sich die amerikanischen Historiker dabei auf die dominierende BRD-Historiographie berufen, zeigt beispielsweise Henry Cord Meyer. Für ihn sind die Darstellungen von Hans Rothfels 64

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Damit soll nicht gegen geistig-kulturelle Gemeinsamkeiten westeuropäischer Völker und der amerikanischen Nation polemisiert werden. Es ist auch nicht beabsichtigt, etwa den Einfluß des griechisch-römischen Kulturlebens auf Europa und selbst auf Amerika zu negieren oder die positive Leistung des Christentums in der europäischen Geschichte zu bestreiten. Zu verurteilen sind die Überbewertungen und der politische Mißbrauch zivilisatorischer Leistungen der Völker für die reaktionären Ziele eines überlebten Gesellschaftssystems, das der staatsmonopolistische Kapitalismus nun einmal darstellt. Die zitierten Historiker verzichten auf die Erforschung und Interpretation der wirklichen Kontinuitätslinie in der europäischen Geschichte, die im gesellschaftlichen Fortschritt ihren Ausdruck findet. Diese Linie reicht in der modernen Geschichte vom Kampf der progressiven Klassen in der englischen, amerikanischen und französischen Revolution über die Große Sozialistische Oktoberrevolution in Rußland bis zur Herausbildung und Entwicklung des sozialistischen Weltsystems. Mit ihrer Betrachtungsweise berauben sich diese imperialistischen Interpreten der Vergangenheit der Möglichkeit, die wahrhaft entscheidenden Veränderungen in der europäischen Geschichte zu erkennen. Der Integrationsprozeß sozialistischer Staaten Europas, insbesondere die Tätigkeit des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe, die Tagungen des Politischen Beratenden Ausschusses der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages, die Beratungen von Vertretern europäischer sozialistischer Staaten — diese Ereignisse dokumentieren bei allen Schwierigkeiten und Hemmnissen die neuen Elemente europäischer Politik, die sich durch Unabhängigkeit von imperialistischen Großmächten, durch freundschaftliche und auf gegenseitigem Vorteil beruhende Beziehungen sowie durch eine allseitige politische, wirtschaftliche, militärische, kulturelle Zusammenarbeit und schließliche Integration auszeichnen. Diese Elemente sind Ausdruck eben der erwähnten Kontinuitätslinie des gesellschaftlichen Fortschritts in der europäischen Geschichte. Sie setzen neue Maßstäbe für die Beurteilung historischer Ereignisse und Prozesse, denen das gemeinsame Ziel — der Sozialismus/Kommunismus und die europäische Sicherheit — zugrunde liegt. Die kontinuierlichen Bemühungen der sozialistischen Staatengemeinschaft in Europa um Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit mit allen europäischen Staaten haben schließlich ihren Ausdruck in der Bukarester Deklaration von 1966, im Budapester Appell von 1969, in der Berliner Erklärung von 1970 und in der Prager Deklaration von 1972 gefunden. Der Politische Beratende Ausschuß der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages hat sich für die Durchführung einer gesamteuropäischen Konferenz zu Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit ausgesprochen, an der auch die USA teilnehmen sollten. Das „atlantische Geschichtsbild" widerspricht jedoch wichtigen Grundprinzipien der europäischen Sicherheit und der Beziehungen der Staaten in Europa, wie dem „äußerst treffend" (very apt) und er selbst das „leuchtende Beispiel" eines Oppositionellen gegen die Nazis. Meyer, Henry C., Mitteleuropa in German Thought and Action, a. a. O., S. 103 und 345.

3. Rcaktivierung des Nationalismus

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Prinzip der Unverletzbarkeit der Grenzen. Die reaktionären politischen Konsequenzen des „atlantischen Geschichtsbildes" werden besonders in der „Deutschland"Konzeption der imperialistischen US-Historiographie deutlich. Der Gedanke des sogenannten Atlantischen liegt der konkreten Erforschung der deutschen Geschichte durch führende amerikanische Historiker zugrunde. Wie für sie die europäische Geschichte im welthistorischen Rahmen das zentrale Kettenglied für die historisch-politische Motivierung ihres modernen Antikommunismus ist, so kommt der deutschen Geschichte eine zentrale Funktion im europäisch-historischen Rahmen zu. „Industriegesellschaft", „atlantisches Zeitalter", „atlantische Zivilisation", „atlantische Gemeinschaft", „atlantische Revolution", „Verwestlichung der Welt" — diese geschichtsideologische Apotheose des staatsmonopolistischen Kapitalismus hat ihre historisch-politische Widerspiegelung in einer breiten Geschichtsliteratur amerikanischer Historiker über die deutsche Geschichte (dabei besonders über die Geschichte des Deutschen Reiches von 1871 bis 1945) gefunden.

3. Die Reaktivierung des bürgerlichen Nationalismus in der imperialistischen Historiographie der U S A Die kosmopolitische Orientierung des Atlantismus hat sich für das imperialistische System angesichts der zunehmenden Erstarkung des sozialistischen Weltsystems, des antiimperialistischen Kampfes der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten in den kapitalistischen Ländern sowie der nationalen Befreiungsbewegung als unzureichend erwiesen. Vor allem für die „Integrations"politik der imperialistischen Regierungen gegenüber der Arbeiterklasse in ihrem eigenen Land und die imperialistische Globalstrategie gegenüber dem Sozialismus erschien eine Reaktivierung des bürgerlichen Nationalismus geeignet. Diese Wiederauflage des bürgerlichen Nationalismus ist als „neuer Nationalismus" verkleidet worden. Ohne das gemeinsame Wesen des bürgerlichen Nationalismus früherer Zeiten und der Gegenwart zu beachten, hat der amerikanische Historiker Hans Kohn (er spricht vom „neuen volkstümlichen Nationalismus") 73 Verschiedenheiten konstruiert: „Der Nationalismus der Jahre nach 1945 unterscheidet sich in vieler Hinsicht von dem des Jahres 1900. Er betrachtet sich als vereinbar mit internationalen bzw. übernationalen Organisationen und weiß Bescheid über die gegenseitige Abhängigkeit der Länder, die auf modernen technologischen Voraussetzungen beruht." 74 73

74

Kohn, Hans, Nationalism and Internationalist!! in the nineteenth and twentieth centuries, in: Comité International des Sciences Historiques, X l l e Congrès International des Sciences Historiques Vienne, 29 Août — 5 Septembre 1965, Rapports, I, Grand Thèmes, Wien 1965, S. 220. („This new populist nationalism . . ."); vgl. Gcrstenmaier, Eugen, Neuer Nationalismus, Stuttgart 1965. Kobn, Hans, Nationalism and Internationalism, a. a. O., S. 219f. („The nationalism of the post1945 era is in many ways différent from that of 1900. It regards itself again as compatible with

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Unter diesen Vereinbarkeiten und Abhängigkeiten sind im einzelnen zu verstehen: 1. Der bürgerliche Nationalismus wurde zu einem integralen Bestandteil der Auffassungen von der „Industriegesellschaft" und ist dadurch pseudowissenschaftlich drapiert worden. 2. Aus dieser gesellschaftstheoretischen Anlage des modifizierten Nationalismus ergibt sich, daß er als ein- notwendiges Komplement zum Atlantismus und zur Europaideologie angesehen wird. Was die Reaktivierung des bürgerlichen Nationalismus in der B R D betrifft, so ist von bürgerlichen Ideologen immer wieder auf die „prowestliche" Haltung des „neuen Nationalismus" der CDU/CSU und der SPD hingewiesen worden. 7 5 3. Der bürgerliche Nationalismus dient unmittelbar strategischen Zwecken imperialistischer Regierungen: der „Integrationspolitik nach innen und der ideologischen Diversion nach außen. Der Hauptzweck der Propagierung eines Nationalismus besteht für die bürgerlichen Ideologen darin, die Volksmassen an der Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung und damit an der Aneignung des MarxismusLeninismus zu hindern. Der bürgerliche Nationalismus negiert die Existenz von Klassen, den Klassenkampf und den Klasseninhalt in der Herausbildung und Entwicklung der Gesellschaft. So wird grundsätzlich nicht zwischen bürgerlichen und sozialistischen Nationen unterschieden. Der bürgerliche Nationalismus verneint den Charakter der modernen Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Er verwischt insbesondere den Klassencharakter der Gesellschaftsordnungen und negiert die dem kapitalistischen Gesellschaftssystem immanenten antagonistischen Klassengegensätze, die durch eine nebulose „nationale" Harmonie (es ist von „nationaler Integration" die Rede) ersetzt werden. Dabei wird vor allem die historische Rolle der Arbeiterklasse mißachtet. Gleichzeitig werden die zwischen den imperialistischen Mächten bestehenden objektiven Widersprüche durch subjektive, angeblich nationale Gegensätze ersetzt. Nicht zuletzt wird der soziale Charakter der revolutionären demokratischen Befreiungsbewegung ehemaliger Kolonialvölker in eine „Epoche des bürgerlichen Nationalismus" umgefälscht. Der bürgerliche Nationalismus ist in jüngster Zeit besonders als historischpolitische Konzeption gefragt, bedarf er doch stärker denn je einer historischen Legitimation. Hans Kohn bezeichnete den Nationalismus „als eine der stärksten, wenn nicht die stärkste geschichtliche Triebkraft". Auch Louis L. Snyder hat die „Lebenskraft" des Nationalismus bestätigt. 7 6 Gerade die Historiographie soll darum Kontinuität und Effektivität des Nationalismus bezeugen.

76

76

international or supranational organizations; it knows of the interdependence brought about recent technological changes.") Vgl. Snyder, Lauts L., German Nationalism: The Tragedy of a People. Extremism Contra Liberalism in Modern German History, Port Washington, New York 1969, S. 308. („We have seen in this book that Germany for a Century and a half has been plagued by the wrong kind of nationalism.") Kobn, Hans, Wege und Irrwege. Vom Geist des deutschen Bürgertums, Düsseldorf 1962; Snyder, Louis L., German Nationalism. The Tragedy of a People, a. a. O., Introduction to the 1969 edition.

3. Reaktivierung des Nationalismus

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Die Reaktivierung des Nationalismus in der bürgerlichen Historiographie ist Ausdruck einer internationalen Entwicklungsrichtung. Der erste größere Versuch, dem Nationalismus im Rahmen des „atlantischen Geschichtsbildes" den Weg freizugeben, war amerikanischerseits von Hans Kohn im Jahre 1965 auf dem XII. Internationalen Historikerkongreß in Wien in seinem Grundsatzreferat über Nationalismus und Internationalismus im 19. und 20. Jahrhundert unternommen worden. Auf dem gleichen Kongreß sprach Theodor Schieder über „Typologie und Erscheinungsformen des Nationalstaates in Europa". 77 Hans Kohn ist als ein führender imperialistischer Theoretiker der Nationalismusproblematik anzusehen. Er war stets bemüht, seine theoretischen Ansichten über den Nationalismus konkrethistorisch durch Beispiele zu erläutern. Seit den zwanziger Jahren hat er Arbeiten über den Zionismus, die arabische nationale Bewegung, den angeblichen Nationalismus in der Sowjetunion, den Panslawismus, den russischen, französischen, amerikanischen, deutschen Geist des Nationalismus, den schweizerischen Nationalgedanken, das Habsburger Reich usw. geschrieben. 78 Kohns Vortrag in Wien entwirft eine historische Gesamtschau besonders des Nationalismus für unser und das vorige Jahrhundert. Seine Nationalismusversion hat wesentliche Gemeinsamkeiten mit der historisch-politischen Reaktivierung seitens bundesdeutscher Ideologen. Im wesentlichen handelt es sich dabei um folgende Charakteristika: 1. Der Nationalismus wird nicht als bürgerliche Politik und Ideologie definiert, sondern mehr oder weniger als eine Bewußtseins- und Gefühlsfrage des ganzen Volkes. Für Kohn ist Nationalismus in erster Linie eine „Geisteshaltung", eine „Bewußtheit", eine „Idee" 79 , hinter der der Nationalstaat, der zwar „tiefer in den Gefühlen der Massen verankert (ist) als irgendeine frühere Staatsform", im großen und ganzen zurücktrat. 80 Der westdeutsche Historiker Hans Mommsen zweifelt eine derartige Einstellung als „subjektives Bekenntnis der Bevölkerung zur nationalen Großgruppe" an und hält eine mehr objektive vom „Repräsentationsprinzip" abgeleitete „Vorstellung der Nation als werthafter, ideeller Einheit" für akzeptabel. Letztlich wird bei beiden 77

Vgl. XII. Internationaler Historiker-Kongreß in Wien, Bericht von Heinz Heitzer, Gerhard Lozek, Günter Vogler, in: Einheit, Berlin, 12/1965, S. 102—107; Becker, Gerhard)Engelberg, Ernst, Der XII. Internationale Historiker-Kongreß in Wien, in: ZfG, 8/1965, S. 1 3 0 9 - 1 3 2 2 ; Kohn, Hans, Nationalisai and Internationalism in the nineteenth and twentieth centuries, in: Comité International des Sciences Historiques, Xlle Congrès International des Sciences Historiques, Vienne, 29 Août - 5 Septembre 1965, Rapports, I, Grands Thèmes, Wien 1965, S. 1 6 1 - 2 4 0 ; Schieder, Theodor, Typologie und Erscheinungsformen des Nationalstaats in Europa, in: Historische Zeitschrift, München 1966, Bd 202, S. 58—81. (Text eines öffentlichen Vortrags auf dem 12. Internationalen Kongreß für Geschichtswissenschaften in Wien am 30. August 1965).

78

Vgl. Karjakin, Ju./Pümak, Je., Mister Kohn isledujet „russkij duch", Moskau 1961. Kohn, Hans, Das Wesen des Nationalismus, in: APZ, 7/62, v. 14. Februar 1962, (Auszug aus Hans Kohn, Die Idee des Nationalismus, Frankfurt am Main), S. 60 und 63. Ebenda, S. 64; vgl. auch Snyder, Louis L., German Nationalism: The Tragedy of a People, a. a. O., S. 1. („There ist a général agreement among historians in the existence of nationalism as an idea of enormous significance that had penetrated into every phase of modern life.")

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

der objektive Inhalt des Nationalismus außer acht gelassen. 81 Diese Gedankenführungen hat sich der Opportunismus unserer Tage zu eigen gemacht. Nach Aussagen sozialdemokratischer Ideologen der BRD gründe sich die „Einheit der Nation" der „Deutschen" auf ein Zusammengehörigkeitsgefühl des Volkes. Die Nation wird als eine Frage des Bewußtseins und des Willens definiert. 82 Nach Kohn sei der Nationalismus nicht mehr — wie etwa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts — die Ideologie der traditionellen herrschenden Klassen, sondern er habe „volkstümlichen und revolutionären Charakter angenommen". 83 Der Nationalismus ist, schrieb Hans Kohn, „in einem bedeutend größeren Ausmaß als vor 1848 eine Volksbewegung geworden, die darauf aus ist, die Volksmassen zu einer aktiven Teilnahme in Staat und Gesellschaft zu erwecken". 84 Dahinter steckt eine teilweise Anerkennung der Rolle der Volksmassen in der modernen Geschichte, aber auch der Versuch, den bürgerlichen Nationalismus dadurch zu bemänteln, daß die Schuld für nationalistische Entartungen auf die Volksmassen abgewälzt wird. Mit dem Blick auf die sozialdemokratischen Führer, die in imperialistischen Regierungen vertreten sind und eine imperialistische Politik betreiben, behauptet Kohn: „Der Nationalismus ist sozialistisch' geworden und der Sozialismus hat den Charakter einer grundsätzlich patriotischen, nationalistischen Bewegung angenommen . . ."SS Kohns Nationalismuskonzept rechnet fest mit der systemstabilisierenden Rolle sozialdemokratischer Parteien in imperialistischen Ländern, wenn er historisch analysiert: „Infolgedessen haben nach 1918 sozialistische bzw. Arbeiterparteien ihren Einzug in viele europäische Regierungen gehalten oder solche Regierungen gebildet, insbesondere in den seit langem verwurzelten und industriell entwickelten Demokratien wie etwa Großbritannien und Skandinavien. Nach 1945 schlössen sich katholisch-konservative Parteien und marxistische sozialdemokratische Parteien als 81

82

Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft. Eine vergleichende Enzyklopädie, Bd 4, Lenin bis Periodisierung, Freiburg-Basel-Wien 1971, Stichwort Nationalismus, Sp. 6 2 8 ff. Der Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, v. 29. Januar 1 9 7 1 ; A u s der Debatte des Bundestages über die Ostverträge, in: Der Tagesspiegel, Westberlin, v . 24. Februar 1972.

83

Kohn, Hans, Nationalism and Internationalism, a. a. O., S. 220. ( „ A b o v e all, nationalism was n o longer the .ideology' of the traditional ruling classes, as it had been in the second half of the nineteenth century, and not only in the ,new' countries, the populist and revolutionary character which it had before 1848)."

84

Ebenda. („It has become a people's movement to a considerably larger degree than before 1 8 8 4 a movement which tries to awaken the masses to active participation in state and society.")

85

Ebenda. („Nationalism has become .socialist' and socialism has become fundamentally patriotic o r nationalist, caring and assuming the responsibility f o r the national welfare and future of the people at large. . . .

A s a result socialist or worker's parties entered or f o r m e d the government in

many European countries after 1 9 1 8 , above all in the long established and industrially advanced democracies, f. i. Britain and Scandinavia. A f t e r 1 9 4 5 Catholic Conservative parties and Marxist Social Democratic parties cooperated in national governments as members of an often long lasting coalition, f . i. in Austria and recently in Italy, an attitude which in 1 9 3 5 would have been unacceptable to both sides.")

3. Reaktivierung des Nationalismus

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Mitglieder einer häufig dauerhaften Koalition zu nationalen Regierungen zusammen . . ."86 In dieses Bild passen auch die seit Ende 1966 gebildeten Koalitionsregierungen der BRD, wenn die SPD auch keine marxistische Partei ist und die sozialdemokratischen Politiker sich selbst entschieden dagegen verwahren, etwas mit Marxismus zu tun zu haben. 87 Für Kohn sind — genau wie für Theodor Schieder oder Eugen Lemberg — Nation, Nationalbewußtsein, Nationalgefühl klassenindifferente Begriffe. Die „nationalen Bewegungen" werden von Schieder als klassenindifferente „komplexe Gebilde" gedeutet. 88 Man müsse „von einem gesamtnationalen Integrationsprozeß sprechen, das heißt, von einem ständigen Hineinwachsen neuer Schichten in die nationale Gesellschaft und einem daraus hervorgehenden sozialen Wandlungsprozeß dieser Gesellschaft selbst . . ." 8 9 Für den Nationalismus-Spezialisten der BRD, Lemberg, ist der Nationalismus in erster Linie „eine Binde- oder Integrationskraft, die die meisten Gesellschaftskräfte ähnlicher Art, die des gleichen Glaubens, der Klasse, des Standes, ja vielfach auch der Familie, für lange Epochen überwog", eine Kraft, die „zu allen Zeiten" benötigt werde. 90 2. Bürgerlicher Nationalismus und Totalitarismus-Doktrin stimmen in ihrem antikommunistischen Grundgehalt völlig überein. Historisch-politisch stützt sich diese Übereinstimmung auf das Kohnsche Nationalismusmodell. Es unterscheidet einen „westlichen" und einen „nichtwestlichen" Nationalismus, wobei ersterer mit Rationalität und Freiheit identifiziert, mit dem „demokratischen Prinzip" verknüpft und als Ausdruck der „offenen, pluralistischen Gesellschaft" bezeichnet wird. Der „nichtwestliche" Nationalismus dagegen erscheint als autoritär, „kollektivistisch", antiliberal. Unter diesem Grundtyp werden sowohl sozialistischer Patriotismus als auch Faschismus subsumiert. In jüngster Zeit sind lediglich Bedenken dagegen erhoben worden, ob dieses Modell, nach dem dem „ostmitteleuropäischen Nationalismus", der ja gerade erzeugt und gefördert werden soll, „ex definitione demokratischer Charakter abgesprochen wird", den politischen Anforderungen einer „neuen Ostpolitik" gerecht wird. Von derartigen taktischen Erwägungen abgesehen, „stimmen noch viele angelsächsische Historiker dem Kohnschen Nationalismus-Modell zu". 9 1 3. Für die Auseinandersetzung mit dem Sozialismus wird von bürgerlichen Ideologen eine stärkere Differenzierung zwischen Staat und Nation für erforderlich gehalten. Zu diesem Zweck ist in besonderem Maße auf die Kulturnationstheorie Friedrich Meineckes zurückgegriffen worden. Die sogenannten Kulturnationen könnten durchaus mehrere Staaten umfassen. Ausschlaggebend wären in erster Ebenda. 87 Vgl. Brandt, Willy, Friedrich Engels und die soziale Demokratie. Rede zum 150. Geburtstag von Friedrich Engels in Wuppertal. 88 Schiedet, Theodor, Typologie und Erscheinungsformen des Nationalstaats in Europa, a. a. O., S. 79. 89 Ebenda, S. 79f. 90 Lemberg, Eugen, Nationalismus I, Psychologie und Geschichte, Reinbek bei Hamburg 1964, S. 21 und 33. 91 Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft.. . a. a. O., Stichwort Nationalismus, Sp. 631 ff. 86

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Linie eine sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit. 92 Dieses Konzept unterstellt, daß die Kultur angeblich klassenindifferent wäre und es demzufolge eine über die Klassengrenzen reichende „Einheit der Nation" geben könnte. Nation und Staat werden voneinander abgehoben, um eine klassenindifferente Einheit der Nation mystifizieren zu können. So ist besonders dieser Kulturnationstheorie eine Diversionsfunktion gegen die Deutsche Demokratische Republik zugedacht. Kohn spricht im Unterschied zum territorial-politischen Nationalismus Frankreichs von einem romantisch-völkischen Nationalismus, wie er sich in der deutschen Geschichte gezeigt habe (in der Nation und Nationalstaat nicht deckungsgleich waren). 93 Lemberg betont, daß eine nationale Entwicklung keineswegs zu einer Stärkung des Nationalstaats führen müsse, sondern daß gerade „Sprache, Kultur und Idee" den Nationalismus fördern würden, der historisch seinen Niederschlag nicht im „rationalen" (nationalstaatlichen), sondern in einem „romantischen Strukturmodell", dem ein entsprechender „Volksbegriff" beigeordnet wird, gefunden habe. 94 Auf diese Weise wird sowohl von Kohn als auch von Lemberg besonders im Hinblick auf Osteuropa und die DDR der Staat vön der Nation abgehoben und die Möglichkeit antisozialistischer staatsgegnerischer Positionen von sogenannten „nationalen Bewegungen" konstruiert. Die Kulturnationstheorie wird gegenwärtig wiederum besonders von der westdeutschen Sozialdemokratie strapaziert, um den Mythos von der „Einheit der Nation" mit der These der Existenz von „zwei deutschen Staaten" miteinander in Einklang zu bringen. 95 Dabei wird negiert, daß es eine „Einheit" der (bürgerlichen) deutschen Nation klassenmäßig nie gegeben hat und sie infolge der Separierung der Westzonen zur BRD durch die imperialistische Reaktion auch staatlich zerrissen worden ist. Heute stehen sich in Europa auf dem Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches zwei Staaten gegenüber, ein imperialistischer NATO-Staat, die BRD, und ein sozialistischer Staat, die DDR. In der DDR entwickelt sich die sozialistische Nation. In der BRD haben wir alle wesentlichen Merkmale einer bürgerlichen Nation. In der bürgerlichen Historiographie erscheint die Nation nicht als eine historische Kategorie, die entsteht, sich entwickelt und sich verändert, sondern als Konservationsform historisch längst überlebter gesellschaftlicher Verhältnisse, die vornehmlich gegenüber dem Sozialismus eine konterrevolutionäre Funktion zu erfüllen hat. Die genannten Wesensmerkmale des bürgerlichen „neuen Nationalismus" in seiner historiographischen Erscheinungsform bezwecken besonders eine Aufspaltung der sozialistischen Staatengemeinschaft und entsprechen somit den globalstrategischen Erfordernissen imperialistischer Regierungen. Zu diesem Zweck ist seit der Mitte der sechziger Jahre auch die so beharrlich von amerikanischen Histo92 Ebenda, Sp. 634ff. 93 Kobn, Hans, Wege und Irrwege, a. a. O. 94 Lemberg, Eugen, Nationalismus I, a. a. O. 9 5 Vgl. Der Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation, in : Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main, v. 29. Januar 1971.

3. Reaktivierung des Nationalismus

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rikern wie O. Halecki und Henry C. Meyer bereits in den fünfziger Jahren vertretene Konzeption von einem „Zwischeneuropa" — so beispielsweise von Franz Josef Strauß — wieder aufgegriffen worden. 96 Die Konzeption vom sogenannten Zwischeneuropa ist ein entscheidendes Bindeglied zwischen dem Atlantismus und dem bürgerlichen Nationalismus. Sozialistische Staaten Europas sollen in einen Gegensatz zueinander und vor allem zur Sowjetunion gebracht werden. Diese Staaten, die zwischen „Europa" und dem „eurasischen Raum" der Sowjetunion liegen, sollten ihr „widernatürliches" Bündnis mit der Sowjetunion aufgeben und sich auf das imperialistische Europa, so besonders auf den deutschen Imperialismus orientieren. Theodor Schieder spricht von einem „neuen Typ des europäischen Nationalstaats", der sich durch „nationale und soziale Elemente" auszeichne und „dessen tragende Idee sich auf die Formel .nationaler Weg zur eigenen Sozialordnung' bringen" ließe. 97 Schließlich ist er zu der Auffassung gelangt, „daß sich auch die kommunistischen Nationalstaaten, bei denen Nationalbewußtsein mit der Lehre vom eigenen Weg zum Sozialismus identisch geworden ist, dieser Formel angenähert haben". 98 Derartige „nationalkommunistische" Argumentationen laufen letzten Endes immer wieder darauf hinaus, daß die sozialistischen Staaten nach Ansicht dieser bürgerlichen Historiker erst wieder zu „Europa" finden werden, wenn sie sich vom Sozialismus, insbesondere von der Sowjetunion, gelöst, auf die allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten des Sozialismus verzichtet und sich stattdessen dem bürgerlichen Europa, das heißt der NATO, verschrieben haben. 99 So hat die „Ostmitteleuropa"-Tradition der bürgerlichen Historiographie im Rahmen der imperialistischen Globalstrategie eine Wiederverwendung gefunden. 100 Der bürgerliche Nationalismus hat entsprechend den politischen Gruppierungen, von denen er vertreten wird, vielfältige ideologische Erscheinungsformen angenommen: weißer Chauvinismus, Zionismus, schwarzer Separatismus in den U S A ; rechtskonservativer Nationalismus, sozialdemokratischer Nationalismus, Neonazismus in der BRD. Was die geschichtsideologischen Folgen des „neuen Nationalismus" betrifft, so bietet gerade die BRD genügend Beispiele. Für ihre führenden Politiker und Historiker ist seit Mitte der sechziger Jahre — wie es der frühere Bundestagspräsident Vgl. Wirsing, Giselber, Zwischeneuropa und die deutsche Zukunft, Jena 1932; Halecki, Oskar, Grenzraum des Abendlandes. Eine Geschichte Ostmitteleuropas, Salzburg 1957; Meyer, Henry Cord, Mitteleuropa in German Thought and Action 1815—1945, The Hague 1955; Strauß, Franz Josef, Entwurf für Europa, a. a. O.; Besson, Waldemar, Wiederentdeckung Mitteleuropas. Die Deutschen sollten für Prag mitdenken, wo sie nicht mitreden können, in: Christ und Welt, Stuttgart, v.13. 9. 1968, S. 3; Br^e^inski, Zbigniew K., Die begrenzte Koexistenz. Was bleibt nach der Prager Invasion zu tun? in: Die Zeit, Hamburg, v. 13. 12. 1968, S. 3. 97 Scbieder, Theodor, Typologie und Erscheinungsformen des Nationalstaats in Europa, a. a. O., S. 80. 98 Ebenda. 99 Kobn, Hans, Reflections on Modern History, Princeton 1963, S. 305 ff. 100 Besson, Waldemar, Wiederentdeckung Mitteleuropas, in: Christ und Welt, Stuttgart, v. 13. September 1968. 96

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Loesdau, Globalstrategie

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III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Eugen Gerstenmaier fomuliert hatte — „. . . auch wieder das Vaterland als Ruf und Auftrag in Sicht". 101 Mit emotionsgeladenen Begriffen wie Nation, Vaterland und Volk soll das Bewußtsein der Volksmassen entsprechend den gegenwärtigen ideologischen Bedürfnissen des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems effektiver manipuliert werden. Walther Hofer, einst extremer Verfechter des nationalen Nihilismus, entdeckte die „Notwendigkeit für die Bundesrepublik", ein „zeitgemäßes deutsches Nationalbewußtsein" zu pflegen, wobei der Nationalismus vor allem als ein „Sprengmittel" gegen das sozialistische System benutzt werden soll. 102 Ähnliche Absichten waren von Werner Conze auf der Dezembertagung 1966 des revanchistischen Bonner Kuratoriums „Unteilbares Deutschland" verkündet worden. Der CDU-Politiker Kurt Georg Kiesinger lobte das Deutsche Reich von 1871 und entwickelte eine Kontinuitätslinie von ihm zur heutigen Bundesrepublik. 103 Sein Parteifreund Rainer Barzel ist für „ein ungebrochenes vaterländisches Bewußtsein". 104 Sozialdemokratische Ideologen distanzieren sich zwar von diesem vordergründigen Nationalismus, fordern abet ein „nationales Selbstbewußtsein." 105 Neuer Nationalismus? — Das „Reich", ein vorbelasteter Begriff? — Zur Frage nach dem Vaterland — Die deutsche Kriegsschuldfrage — Die Arbeiterbewegung in der nationalen Bewegung — so lauten einige der hauptsächlich seit 1965 in den Titeln von Büchern und Artikeln bürgerlicher Autoren in der BRD gestellten Fragen. Der 100. Jahrestag der Gründung des Deutschen Reiches veranlaßte erneut eine breite Diskussion unter den führenden Ideologen der BRD über Sinn und historiographische Anlage des bürgerlichen Nationalismus. Politiker der CDU/CSU wiederholten ihre Forderungen nach der staatlichen Wiedervereinigung „Deutschlands", wobei die Reichsgründung als positive historische Tradition überbewertet wird. Von Strauß und Barzel wird in diesem Zusammenhang auf den „europäischen Rahmen" der Lösung der „deutschen Frage" verwiesen. Politiker der SPD rücken dagegen in Praktizierung der These von der Existenz zweier „deutscher" Staaten von der Identifikation Nation — Staat weitgehend ab, um sich vornehmlich auf den Begriff der Nation als „Band um das gespaltene Deutschland" zu konzentrieren. Diese Version mündet im Mythos von der „Einheit der Nation", die angebliche Grundlage für „besondere Beziehungen" zwischen der BRD und der DDR. Die sozialdemokratische Variante des bürgerlichen Nationalismus bedarf — historisch gesehen — dabei weniger der Verherrlichung des Gründungsaktes vom 18. Januar 1871. Dagegen werden stärker — anläßlich dieses und anderer historischer Gedenktage — der bürgerliche Liberalismus und die Sozialreformpolitik der deutschen Sozialdemokratie strapaziert, um die „Integrations"-politik der SPD historisch zu motivieren. Das Deutsche Reich habe es Gerstenmaier, Eugen, Neuer Nationalismus? a. a. O., S. 128. Hofer, Waltber, Vaterland - Vergangenheit und Zukunft, in: AP2, vom 15. 12. 1965, S. 23. 103 Kiesinger, Kurt Georg/Schneider, E., Spannungsfeld Staat und Wirtschaft, Bonn 1968, S. 15. 104 Bardel, Kainer, Gesichtspunkte eines Deutschen, Düsseldorf 1968, S. 102. Mß Brandt, Willy, Friedenspolitik in Europa, Frankfurt am Main 1968, S. 13. 401 102

3. Reaktivierung des Nationalismus

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nicht vermocht, diese Kräfte in die bestehende Ordnung zu integrieren und dadurch die Grundlage für Spannungen, Konflikte und schließlich die Revolution gelegt. 1 0 6 Gerade diese Gedankenführung ist übrigens von amerikanischen Historikern — wie noch zu zeigen ist — immer wieder umfassend dargelegt worden. A n der Nationalismus-Diskussion in der B R D haben sich Historiker bzw. Politologen wie Theodor Schieder, Werner Conze, Waldemar Besson, Karl Dietrich Bracher, Ernst Deuerlein, Hans-Ulrich Wehler und andere beteiligt. 1 0 7 Sie hat gezeigt, daß die bürgerliche Nationsidee wieder einen breiten Raum in imperialistischen und sozialdemokratischen Geschichtsdarstellungen einnimmt. Es wird mehr oder weniger versucht, die Kategorie der „Nation" mit anderen Kategorien, so insbesondere mit der der „Demokratie" zu verbinden, um den Anschein des „Neuen" zu erwecken. Trotz bestimmter Modifikationen ist der „neue Nationalismus" (auch in seiner sozialdemokratischen Erscheinungsform) in seinem Wesen bürgerlich, negiert den sozialen Gehalt der nationalen Frage und ist darum letztlich unhistorisch und reaktionär. Die historiographische Praktizierung des „neuen" bzw. des „volkstümlichen" Nationalismus durch Historiker der B R D und der U S A ist mit einer Distanzieruns o von dem extremen Nationalismus faschistischer Prägung verbunden. Wenn auch eine Förderung neonazistischer Kreise durch einzelne bundesdeutsche oder amerikanische Historiker nicht beabsichtigt ist, so ist jedoch nicht zu übersehen, daß die Reaktivierung des Nationalismus, die zeitweise die Form einer „nationalen Welle" in der B R D angenommen hatte, objektiv die Zunahme neonazistischer Tendenzen begünstigen mußte. Dabei haben auch Historiker der B R D und der U S A nicht selten eine direkte Zuarbeit geleistet. Insofern sind die Vorbehalte besonders führender amerikanischer Historiker gegenüber einem allzu eigenständigen Nationalismus der BRD, der sich eventuell wieder gegen „den Westen" richten könnte, nur als bedingt anzusehen. Die geschichtsideologischen Konzeptionen des bürgerlichen 106 Vgl. Hundert Jahre Deutschland 1870—1970, hg. v. Hans-Adolf Jacobsen und Hans Dollingcr, München-Wien-Basel 1969, Bilanz und Ausblick, von Bundeskanzler Willy Brandt, S. 410—412; Heinemann, Gustav, Lehren für eine gescheiterte Nation. Ansprache zur Reichsgründung, in: Stuttgarter Zeitung, Stuttgart, v. 18. Januar 1971; Wehler, Hans-Ulrich, Der Sinn des 18. Januar 1971, in: Vorwärts, Bonn, v. 24. Dezember 1970; derselbe, Bismarck und der Imperialismus, Köln-(West-)Berlin . 107

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Reicbsgründung 1870/71. Tatsachen, Kontroversen, Interpretationen, hg. v. Theodor Schieder und Ernst Deuerlein; Stuttgart 1970. Vgl. bes. in diesem Bd: Vorwort von Theodor Schieder und Ernst Deuerlein, Schieder, Theodor, Das Deutsche Reich in seinen nationalen und universalen Beziehungen 1871 bis 1945; Deuerlein, Ernst, Die Konfrontation von Nationalstaat und national bestimmter Kultur; Steinberg, Hans-Josef, Internationalismus und Reichsgründung. Vgl. auch Schieder, Theodor, Hoffnung für die Zukunft? in: Die Zeit, Hamburg, v. 15. Januar 1971; Bracher, Karl Dietrich, Ein zerstörter Mythos, in: Ebenda; Besson, Waldemar, Bismarcks Erbe. Unzeitgemäße Gedanken zum Reichsgründungstag, in: Deutsche Zeitung/Christ und Welt, Stuttgart, v. 15. Januar 1971; Con^e, Werner, Der deutsche Nationalstaat: Geschichte und Zukunft, in: Handelsblatt, Düsseldorf, v. 31. März 1967, 21./22. April 1967; 12./13. Mai 1967, 9./10. Juni 1967; derselbe, Weltweite Aspekte, in: Nation und Gesellschaft, Bonn-(West-)Berlin 1969, S. 9—13; R u f f mann, Karl-Heinz, Was kann „Nation" für die Deutschen heißen? in: Nation und Demokratie unserer Zeit, Ingelheim/Rhein 1969, S. l l f f .

100

III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

Nationalismus schließen eine Affinität der dominierenden konservativen mit der profaschistisch-revisionistischen Historiographie der USA ein. So erklärt sich auch die Schützenhilfe amerikanischer Historiker und Politologen für die Initiatoren und Träger der „nationalen Welle" in der BRD Mitte der sechziger Jahre. 108 Unmittelbar nach der Bildung der Großen Koalition in Bonn, noch im Dezember 1966, hatte sich eine Gruppe von 29 amerikanischen Professoren, die im Council on Germany vertreten sind, in einem Aufruf vor Kiesinger gestellt. Zu diesen Professoren gehörten Politologen bzw. Historiker wie Henry Kissinger, Hans Morgenthau und Hajo Holborn. Der Aufruf, der von der Springer-Presse freudig unter der Schlagzeile „USProfessoren nehmen Bonn in Schutz" zitiert wurde 109 , verharmloste und bestritt ungeachtet der politischen Realität die damalige Gefahr des Neonazismus in der BRD. Es handele sich lediglich um den „Protest" einer „kleinen Minderheit", der auf eine Reihe von „Belastungen" zurückzuführen sei, denen die Bundesrepublik in den letzten Jahren ausgesetzt gewesen wäre. Vor allem wirkte sich deprimierend aus, daß keine Fortschritte in der „Wiedervereinigungsfrage" erzielt wurden. 110 Die Publikation profaschistischer Geschichtsklitterungen amerikanischer Historiker in der BRD ist nie auf ernsthaften Widerstand seitens führender konservativer Historiker der USA gestoßen. Klaus Epstein äußerte lediglich mit Befremden, daß profaschistische Publikationen nicht selten eher und häufiger als andere bürgerliche Darstellungen in der BRD erschienen sind. 111 Die offen neonazistischen Kräfte im Bereich der BRD-Historiographie sind seit Beginn der fünfziger Jahre direkt von amerikanischen Historikern profaschistischer Einstellung wie Harry E. Barnes und David L. Hoggan unterstützt worden. Barnes, nach dem Tode Charles A. Beards Haupt der revisionistischen Richtung in der amerikanischen Geschichtsschreibung, der bereits 1926/27 zum Zwecke nationalistischer Propaganda in der Weimarer Republik weilte, suchte 1950 auch die BRD auf. Das Ergebnis seiner Reise war die Förderung neonazistischer Historiker der Bundesrepublik und die Forcierung der engen Zusammenarbeit mit ihnen. So schrieb Barnes über seinen Kampf gegen die „Legende" von der Entfesselung des zweiten Weltkrieges durch den Hitlerfaschismus: „Das ist mein einziges Anliegen hier und der einzige Grund, weshalb ich mich überhaupt mit Dr. Grabert zusammengetan, 108 Vgl, Lo^ek, GerbardlLoesdau, Alfred, Der Neonazismus in der westdeutschen Geschichtsschreibung, in: Z f G , 5/1967, S. 7 8 5 f f . ; Lo%_ek, GerbardjLoesdau, AlfredjVjissmann,

Gerhard, Geschichtsschreibung Kapitalismus

und Geschichtsideologie im gegenwärtigen System des staatsmonopolistischen in Westdeutschland, in: Einheit, Berlin, 9—10/1967. 109 Die Welt, Hamburg, v. 30. Dezember 1966, S. 1 und 4 . 110

Amerikanische Historiker, die nicht so leichtfertig über den Neonazismus in der B R D hinweggehen, befleißigen sich, den NP-Nationalismus v o m „westlichen Liberalismus" abzuheben und und ihre gemeinsamen Klassenwurzeln zu negieren. Vgl. Snyder, Louis L., German Nationalism: The Tragedy of a People, a. a. O.,. Für ihn sind Nationalismus (Extremismus) und Liberalismus „Gegensätze". („The Standard bearer of the new nationalism was the National Democratic Party (NPD)." Introduction to the 1 9 6 9 edition, o. S.) U n d : („The old dichotomy between liberalism and extremism is present once more." S. 285).

111

Epstein, Klaus, Das Deutschlandbild der Amerikaner, in: A P Z , 47/62, S. 6 0 1 .

3. Reaktivierung des Nationalismus

101

ihm einigen Beistand durch meine eigenen Schriften gegeben oder ihn in Verbindung mit den anderen Schriften gebracht habe, die sich mit der Feststellung der Wahrheit über die Verantwortlichkeit für den zweiten Weltkrieg beschäftigen." 112 Wahr an dieser Feststellung ist lediglich die Kollaboration des amerikanischen Soziologen und Historikers Harry E. Barnes mit den neonazistischen Historikern der BRD. Was den Inhalt ihrer Arbeiten betrifft, so haben sie mit historischer Wahrheit absolut nichts zu tun. Analog zur „Revisionsliteratur" in den USA nach dem ersten Weltkrieg befassen sich die amerikanischen Anhänger des historischen Revisionismus nach 1945 mit der sogenannten Kriegsschuldfrage. Damals bekämpften sie die Kriegsschuldklausel von Versailles 113 (so zum Beispiel Sidney B. Fay und Harry E. Barnes). Jetzt hetzen sie gegen die Forderung nach der bedingungslosen Kapitulation der Hitlerregierung, gegen das Potsdamer Abkommen und das Nürnberger Urteil. Hauptgegenstand ihrer Geschichtsdarstellungen ist (neben der Vorgeschichte der japanischen Aggression gegen die USA 1941) die Lage in Europa 1939. Die diesbezüglichen revisionistischen Werke sind im wesentlichen durch einen fanatischen Antikommunismus und Versuche der Entlastung des Hitlerfaschismus zu charakterisieren. Die wichtigsten Thesen der Barnes, Chamberlin und Tansill über Ursachen, Verlauf und Ergebnisse des zweiten Weltkrieges sind: 1. Der zweite Weltkrieg hätte verhängnisvolle Ergebnisse gehabt. Es gäbe eine Vielzahl von Fehlern, „die so viel zu der heutigen ungünstigen Position der Westmächte beitrugen". 114 So hätte die Garantie Englands an Polen „die beste politische Chance verdorben, die der Westen 1939 besaß: die deutsche Expansion nach Osten abzuleiten und den Krieg vom Westen fernzuhalten". 115 Weitere Fehler wären gewesen: das „Schlagwort" der bedingungslosen Kapitulation, die Politik des guten Auskommens mit der Sowjetunion, das „Unterlassen" eines Vorstoßes der Westmächte nach dem Balkan, der Morgenthauplan, der Verzicht auf ein Bündnis mit Japan, das „Versäumnis" einer Besetzung Berlins und Prags durch die Westmächte, die Bildung der UNO.»« 112 Barnes, Harry E., Die deutsche Kriegsschuldfrage. Eine Rechtfertigung David L. Hoggans, in: Beihefte zur Deutschen Hochschullehrer-Zeitung, Tübingen 1964, S. 49. V g l . Lo^ek, Gerhard, W e r den Glasebock zum Gärtner macht . . ., in: Neues Deutschland, Berlin, v . 24. Januar 1 9 6 5 ;

ho^ek, GerbardjLoesdau, Alfred, a. a. O., S. 788.

Der Neonazismus in der westdeutschen Geschichtsschreibung,

113 Der Kriegsschuldartikel 3 2 1 des Versailler Vertrages lautete: „Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber f ü r alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben." Zit. nach: Deutsche Friedensverträge aus vier Jahrhunderten, Berlin 1963, S. 1 1 7 .

m Chamberlin, William H., Amerikas zweiter Kreuzzug, Kriegspolitik und Fehlschlag Roosevelts, Bonn 1952, S. 267. » 5 Ebenda. « 6 V g l . ebenda, S. 2 6 7 f .

102

III. Grundlinie des „atlantischen Geschichtsbildes"

2. Die Hauptverantwortung für diese Fehler und demzufolge für die negativen Ergebnisse des zweiten Weltkrieges trüge Franklin D . Roosevelt. Sein Ehrgeiz, wirtschaftliche Schwierigkeiten und die Überzeugung von der Notwendigkeit einer Aktion gegen die Achsenmächte hätten Roosevelt dazu getrieben, „das Räderwerk des zweiten amerikanischen Kreuzzuges in G a n g zu setzen". 1 1 7 Roosevelt wäre es nicht gelungen, das Deutsche Reich in den Krieg gegen die U S A zu „locken", so daß er schließlich in den zweiten Weltkrieg durch die japanische „Hintertür" bei Pearl Harbor eintrat. Er hätte das amerikanische Volk in den Krieg hineingelogen. Im Ergebnis von Roosevelts Haltung gegenüber der Sowjetunion, hätte diese einen zu großen Machtzuwachs erreicht. 118 3. Hitlers faschistische Ausrottungspolitik wird grundsätzlich negiert. E r hätte das Deutsche Reich eher durch zuviel Milde, Großzügigkeit und Ehrenhaftigkeit zugrunde gerichtet. 1 1 9 Auf jeden Fall wäre die „Alleinschuld" Hitlers zu bestreiten. Barnes formuliert: „Hitlers Schuld war 1939 aber ohne jeden Zweifel weit geringer als diejenige Becks auf polnischer oder die von Halifax auf englischer Seite, ja sogar geringer als auf französischer Seite die Schuld von Daladier." 1 2 0 Die politischen Konsequenzen dieses profaschistischen Geschichtsbildes sind unzweideutig: D a s große Ziel der amerikanischen Außenpolitik müsse die weltweite Zusammenarbeit der antikommunistischen Staaten sein. Die B R D und Japan würden aber „im Zustand einer Souveränität zweiter Klasse gehalten werden . . ." D r o h e n d wird auf „die irrationalen und zerstörerischen Leidenschaften" verwiesen, „die sich in der Tiefe der Nationen entwickeln, solange sie nicht frei sind". 1 2 1 Auf dieser Grundlage profaschistischer Geschichtsklitterung konnten die N e o nazis in der B R D ihre „Geschichtsforschung", über die die Weltöffentlichkeit mit Recht beunruhigt ist, zu treiben beginnen. Alles in allem: die Reaktivierung des bürgerlichen Nationalismus als „neuen volkstümlichen Nationalismus" durch imperialistische Historiker erweist sich für die Globalstrategie Washingtons — aber auch für die „neue Ostpolitik" Bonns — als äußerst zweckmäßig. Diesem neu propagierten, in seinem Wesen völlig veralteten bürgerlich-imperialistischen Nationalismus, der nicht erkennen lassen will, daß alle nationalen Fragen letzten Endes soziale Machtfragen sind, sind unter staatsmonopolistischen Bedingungen der Gegenwart mehrere Aufgaben zuteil geworden. E r soll zunächst als „Integrationsklammer" fungieren, um die Volksmassen — und hier insbesondere die Arbeiterklasse — in den imperialistischen Ländern mit dem Gerede von der „nationalen Gemeinschaft", die zur „Atlantic Community" gehöre, v o m antiimperialistischen K a m p f abzuhalten. Er soll vor allem die Volksmassen in den sozialistischen Ländern mit den Spekulationen auf einen „nationalen K o m m u nismus", der durchaus mit der westlichen „Industriegesellschaft" vereinbar wäre, E b e n d a , S. 270. « 8 Perpetual War f o r perpetüal Peace, Caldwell 1953, S. 853f. 119 V g l . Barnes, Harry E., D i e deutsche Kriegsschuldfrage, a. a. O., S. 54. « o E b e n d a , S. 50. 121

Cbamberlin,

William H . , Amerikas zweiter Kreuzzug, a. a. O., S. 274f.

3. Reaktivierung des Nationalismus

103

veranlassen, auf den Integrationsptozeß der sozialistischen Staatengemeinschaft zu verzichten. Er soll schließlich die befreiten Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas mit extrem nationalistischem Geschrei wieder auf den Weg der Unterordnung unter die „entwickelten" imperialistischen Großmächte führen. Und nicht zuletzt ermöglicht der Nationalismus objektiv die Zuführung neuer Potenzen bürgerlicher Ideologie vom Opportunismus über den Neokonservatismus bis zum Neonazismus zur ideologischen Auseinandersetzung mit dem Sozialismus auf der internationalen Ebene.

K A P I T E L RV

Historisch-politische Grundkomponenten des „atlantischen Geschichtsbildes" der U S A bei der Darstellung der deutschen Geschichte „Aber das Verständnis der deutschen Geschichte ist auch für Amerikaner wesentlich. Der Mangel an einer klaren Konzeption der deutschen Geschichte erwies sich als eine schwere Belastung bei der Gestaltung der amerikanischen Kriegsziele und Nachkriegspolitik und sollte nicht länger dazu dienen, unsere künftige Politik zu verwirren." Hajo

Holborn

1. Die „sozialgeschichtliche" B e g r ü n d u n g des NATO-Staates BRD Die deutsche Geschichte gehört zu den bevorzugten Objekten der Historiographie in den USA. Es ist kein Ende der Flut an amerikanischen Büchern und Artikeln über die „deutsche Tragödie" abzusehen. Jedoch — um mit Goethe zu sprechen — der Schein, was ist er, dem das Wesen fehlt? Amerikanische Geschichtsbücher versuchen den Eindruck zu erwecken, als ob die Grundfrage unserer Epoche nicht die des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, sondern „Deutscher Nationalismus oder amerikanischer Liberalismus?" wäre. „Extremism contra Liberalism" lautet der typische Untertitel eines Buches des amerikanischen Historikers Louis L. Snyder über den Nationalismus in der deutschen Geschichte. Die amerikanische Historiographie zur deutschen Geschichte — insbesondere zur Geschichte des Deutschen Reiches — bewegt vor allem ein Problem: Welchen Standort wird die BRD in Gegenwart und Zukunft einnehmen — werden die deutschen Imperialisten den Sozialismus gemeinsam mit den USA bekämpfen oder ein erneutes Mal ihre spezifischen Hegemoniebestrebungen über die Interessen des Weltimperialismus stellen? Deshalb nimmt in amerikanischen Geschichtswerken die Frage nach den Ursachen für die wiederholte Expansion des deutschen Imperialismus vornehmlich in westlicher Richtung einen breiten Raum ein. 1 Der Geschichtsideologie des amerikanischen Imperialismus liegen — auch was die Interpretation der deutschen Geschichte betrifft — pragmatisch seine machtspezifischen Interessen zugrunde. Hauptkriterien dieser Interpretation sind die „Stärke" der USA, der Grad der „Einordnung" in das globalstrategisch ausgerichtete atlantische Bündnis, größtmöglicher Verzicht anderer Mächte auf spezifische Interessen, die denen der USA zuwiderlaufen. Dabei werden von den bürgerlichen amerikanischen Historikern durchaus die Schwächen und Mängel der Politik des 1

Eine ausführliche Darstellung der amerikanischen Haltung zur Entwicklung auf dem Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches und deren historiographische Behandlung durch die amerikanische bürgerliche Publizistik gibt Appatov, S.J, Amerikanskaja burzuaznaja istoriografia germanskoj problemy, Moskau 1966.

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

105

deutschen Imperialismus kritisch vermerkt. Jedoch diese Kritik ist immer mit Schlußfolgerungen verbunden, die die „Verbündeten" veranlassen sollen, ihre „Fehler" dadurch zu korrigieren, daß sie vorbehaltlos die Positionen der USA beziehen. Das hat nicht selten zu geschichtsideologischen Differenzen unter den atlantischen Historikern geführt. Völlig einig sind sich jedoch diese amerikanischen Historiker mit ihren bundesdeutschen Kollegen in der Bekämpfung des Kommunismus. Die Stellung „Amerikanischer Liberalismus contra deutscher Nationalismus" berücksichtigt diese geschichtsideologischen Bedürfnisse. Sie verfälscht, beziehungsweise leugnet den Charakter der modernen Epoche, deren Hauptinhalt im Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus besteht, der durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution in Rußland eingeleitet wurde. 2 Das sozialistische Weltsystem, das Produkt der internationalen Arbeiterklasse, die im Mittelpunkt der modernen Epoche steht 3 , wird zu einer abartigen Erscheinung unserer Zeit oder zu einem Übel der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklung abgewertet. Die Art der Fragestellung ermöglicht eine teilweise Kritik am imperialistischen Partner (bzw. Konkurrenten). Nicht zuletzt erhält die bürgerliche Ideologie amerikanischer Provenienz einen Glorienschein an Überlegenheit und Zukunftsträchtigkeit gegenüber den ideologischen Produkten des deutschen Imperialismus, der den USA in militärischen Konflikten stets unterlegen war. Die vorherrschende Methode historiographischer Arbeiten zur Begründung dieser Auffassung ist eine sozialgeschichtlich verbrämte Staats-, Diplomatie-, Wirtschafts- und Ideengeschichte. Historisch-politisch reduzieren sich derartige Geschichtsdarstellungen auf die Frage nach den regierungspolitischen Fehlern des jeweils bestehenden Staates gegenüber der Gesellschaft und hier insbesondere den „sozialen Unter- und Mittelschichten". So hat beispielsweise Hans Rosenberg von der University of California zusammenfassend „Probleme der deutschen Sozialgeschichte" analysiert, um zu einer „Revision des deutschen Geschichtsbildes" zu gelangen. Er befaßt sich mit der „Epoche des modernen Industrialismus", um insbesondere „die Pseudodemokratisierung der Rittergutsbesitzerklasse" zu interpretieren. 4 Er stellt schließlich „die Helfersdienste bei der Heraufbeschwörung der deutschen Katastrophe und in ihrem Gefolge die historische Vernichtung des ostdeutschen Gutsbesitzertums" fest. 5 Es handelt sich zweifelsohne um eine Thematik, die die Wurzeln des deutschen Militarismus aufspüren und zu aktuellen Schlußfolgerungen für die Analyse der westdeutschen Gesellschaft führen könnte. Jedoch die bürgerliche amerikanische Sozialgeschichtsschreibung bezweckt anderes. Erklärung der Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder, die vom 14. bis zum 16. November 1957 in Moskau stattfand, Berlin 1957, S. 4. 3 Programm der KPdSU, in: Programm und Statut der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Berlin 1961, S. 6ff. Vgl. Bresbnew, L. I., Unsere Zeit im Zeichen des wachsenden Einflusses des Sozialismus, Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den XXIII. Parteitag,29. März bis 8. April 1966, Berlin 1966, S. 7. 4 Rosenierg, Hans, Probleme der deutschen Sozialgeschichte, Frankfurt am Main 1969, S. 51. s Ebenda, S. 48 f.

2

106

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

A n d e r s o z i a l g e s c h i c h t l i c h e n K r i t i k R o s e n b e r g s läßt sich die

Grundeinstellung

f ü h r e n d e r a m e r i k a n i s c h e r H i s t o r i k e r zur d e u t s c h e n G e s c h i c h t e ablesen. D i e d e u t s c h e M o n o p o l b o u r g e o i s i e w i r d v o n d e r S c h u l d an d e n b e i d e n W e l t k r i e g e n w e i t g e h e n d entlastet. D a s J u n k e r t u m — bereits h i s t o r i s c h v e r n i c h t e t — w i r d z u m S ü n d e n b o c k f ü r die katastrophalen F o l g e n des V e r s a g e n s der herrschenden K r e i s e des deutschen Imperialismus es z u

erklärt:

„Verglichen

den Besonderheiten

mit

der

der neueren

.westlichen' E n t w i c k l u n g ,

deutschen

Geschichte,

daß

gehört

die

.Groß-

a g r a r i e r ' , l ä n g s t n a c h d e m sie in die p o l i t i s c h e D e f e n s i v e g e d r ä n g t w a r e n u n d die wirtschaftliche Vormachtstellung hatten

der

überlassen müssen, dennoch

Schwerindustrie

und

dem

Finanzkapital

auf autoritärer, wenn auch demokratisch ver-

kleideter B a s i s i m s o z i a l e n u n d p o l i t i s c h e n L e b e n der N a t i o n eine u n g e w ö h n l i c h einflußreiche

Rolle bis z u m

Zusammenbruch

der konservativen

Monarchie

haben

spielen k ö n n e n . . . N o c h i m s e l b s t v e r s c h u l d e t e n U n t e r g a n g h a b e n d i e alten H e r r s c h e r g r u p p e n eine b e d e u t s a m e , w e n n a u c h v o r w i e g e n d k a t a s t r o p h a l e F u n k t i o n a u s geübt . . . " 6 S o w e r d e n M i l i t a r i s m u s u n d schließlich a u c h F a s c h i s m u s ihrer s o z i a l e n G r u n d l a g e n , d i e i m I m p e r i a l i s m u s b e s t e h e n , b e r a u b t , z u einer Spezifik d e r d e u t s c h e n G e s c h i c h t e e r k l ä r t u n d d e r S c h l u ß s u g g e r i e r t , d a ß lediglich eine g e s c h i c k t e r e (liberale) Politik d e r h e r r s c h e n d e n g r o ß b o u r g e o i s e n K l a s s e e r f o r d e r l i c h sei, u m die „ F e h l e r " d e r V e r g a n g e n h e i t z u v e r m e i d e n . J u n k e r t u m , P r e u ß e n t u m , N a z i s m u s , d i e f ü r die bürgerliche H i s t o r i o g r a p h i e der B R D zur „unbewältigten V e r g a n g e n h e i t " gehören, w e r d e n v o n a m e r i k a n i s c h e n H i s t o r i k e r n u n b e l a s t e t attackiert. E s w i r d j e d o c h nie d a s i m p e r i a l i s t i s c h e S y s t e m als G a n z e s in F r a g e gestellt. G l e i c h z e i t i g w e r d e n m i t d e r artigen

Kritiken Vorwürfe

an

die

bürgerlichen

BRD-Historiker

wegen

ihrer

„falschen Sehweise" erhoben. Rosenberg

s a h sich g e z w u n g e n ,

s e l b s t bei d e r sich s c h o n

g e b e n d e n b u n d e s d e u t s c h e n A g r a r g e s c h i c h t s s c h r e i b u n g ihre

sozialgeschichtlich

„Kompromißlösung",

ihr V e r h a f t e n a n ü b e r h o l t e n T h e o r i e n , ihre H a l b h e i t e n , ihre G r u n d p o s i t i o n „ R e f o r m i e r t s o l l w e r d e n , a b e r es d a r f sich n i c h t s

Wesentliches

ändern" zu

bemängeln:

„ W ä r e d i e sich b i e t e n d e M ö g l i c h k e i t einer . n e u e n ' S e h w e i s e nicht v e r p a ß t w o r d e n , s o hätte a u c h e i n e R e i h e v o n i r r t ü m l i c h e n . T a t s a c h e n ' — A n g a b e n u n d b e d e n k l i c h e n Fehlurteilen vermieden werden k ö n n e n . " Die Lehren

der

Geschichte,

die v o n

7

führenden bürgerlichen

amerikanischen

H i s t o r i k e r n g e z o g e n w e r d e n , betreffen s o nicht d a s W e s e n d e s Ü b e l s , s o n d e r n b l e i b e n an der O b e r f l ä c h e d i e s e r o d e r jener r e g i e r u n g s p o l i t i s c h e n T a k t i k . Sie b e h a n d e l n in i h r e n I n t e r p r e t a t i o n e n d e r G e s c h i c h t e d e s D e u t s c h e n R e i c h e s v o r allem P r o b l e m e , die die Strategie und T a k t i k des deutschen B ü r g e r t u m s bzw. des Imperialismus betreffen. E i n e M i s e r e d e r d e u t s c h e n G e s c h i c h t e i m Mittelalter m i t d e r K o n s e q u e n z d e s N a t i o n a l i s m u s i m 19. J a h r h u n d e r t , d e r f ü r d i e K a t a s t r o p h e d e s e r s t e n W e l t k r i e g e s v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t w i r d , d e r d e u t s c h e F a s c h i s m u s als n o t w e n d i g

bedingtes

R e a g i e r e n a u f V e r s a i l l e s , d i e K a t a s t r o p h e v o n 1945 als E r g e b n i s d e r F e h l e r H i t l e r s u n d schließlich als u n e r w ü n s c h t e F o l g e d e s z w e i t e n W e l t k r i e g e s d i e E x i s t e n z d e r 6 Ebenda, S. 8 f.

"> Ebenda, S. 83, 108, 120, 147.

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

107

sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik — das ist die Gedankenkette der dominierenden amerikanischen Historiographie. So werden die „Fehler der Vergangenheit" beschworen, um das imperialistische System der BRD vor erneuten Niederlagen und damit den Weltimperialismus vor weiteren entscheidenden Schwächungen zu bewahren. Revolutionen müßten verhindert werden, die sozialdemokratischen Führer sollten nicht vor den Kopf gestoßen, sondern in die Staatspolitik integriert werden, „Fehlentwicklungen" wie die des Faschismus sollten vermieden werden, kurzum: eine raffinierte — auf die Interessen der führenden imperialistischenWeltmacht, der USA, abgestimmte — Regierungspolitik sei vonnöten, eine Politik, die die „Fehler der Vergangenheit" auf keinen Fall wiederhole. Dieses Herangehen an die deutsche Geschichte ist durch folgende Grundkomponenten des vorherrschenden Geschichtsbildes gekennzeichnet: Die historischen Wurzeln des deutsch-westeuropäischen bzw. deutsch-angloamerikanischen Gegensatzes Der Erforschung der deutschen Geschichte durch die imperialistischen Historiker der USA liegt die historisch-politische Konzeption von der angeblich modernen „westlichen Zivilisation" zugrunde. Es müßte alles getan werden, ihren Bestand zu sichern. Deshalb wäre es wichtig, die geschichtlichen Ursachen von Differenzen innerhalb des kapitalistischen Europas zu analysieren, um das Wiederaufkommen von Gegensätzen, die nicht selten zur Spaltung Europas geführt hätten, zu verhindern.Der amerikanische Historiker Hajo Holborn bedauerte solche Entwicklungen: „Die Spaltung Europas seit den Tagen der Französischen Revolution, die dann im Industriezeitalter Europa bis in die Tiefen zerwühlte, hat in den beiden Weltkriegen unseres Jahrhunderts nicht nur zu dem politischen Zusammenbruch des deutschen Machtstaates, sondern auch dem der alten Weltstellung Gesamteuropas geführt." 8 Die „Absonderung Deutschlands von Westeuropa und Amerika" führt er — ähnlich wie Friedrich Meinecke — ideengeschichtlich auf das „Zeitalter des deutschen Idealismus" zurück, worunter er die Jahre von 1770 bis 1840 versteht: „Damals trennte sich Deutschland von der gesamteuropäischen Tradition politischen Denkens, das um das Naturrecht gekreist hatte, und brachte ein neues, philosophisch revolutionäres Geschichts- und Staatsbild von eigentümlicher Größe und Gefahr hervor, das dann die moderne Entwicklung Deutschlands zwar nicht in jeder Hinsicht prädestinierte, aber doch in besondere Bahnen lenkte." 9 Dabei verkennt Holborn jedoch den Zusammenhang zwischen der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und der Herausbildung der bürgerlichen deutschen Nation. Kants kritischer Idealismus, Lessings und Herders Beitrag zur deutschen Nationalkultur, das idealistische philosophische System Hegels, der Realismus der klassischen Literatur Goethes und Schillers, die patriotische Bewegung Jahns, Fichtes und Arndts — das sind wertvolle Beiträge zur geistigen EntHolborn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, in: Moderne deutsche Sozialgeschichte, hg. v. Hans-Ulrich Wehler, Köln-(West-)Berlin 1966, S. 85. 9 Ebenda, S. 86. 8

108

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

wicklung der seinerzeit progressiven Klasse, des Bürgertums, sowie der philosophischen Anschauungen und des Kulturlebens der bürgerlichen deutschen Nation bei der Überwindung des höfisch-feudalen Kosmopolitismus wie überhaupt des Feudalsystems. 10 Holborn hat sich jedoch nicht mit einer ideengeschichtlichen Analyse begnügt. Er gab vor — und das wird ihm von bürgerlichen Historikern als Verdienst zugerechnet — den deutschen Idealismus auch einer „sozialgeschichtlichen Beleuchtung" unterzogen zu haben: „Der deutsche Idealismus war die Schöpfung einer bestimmten sozialen Schicht, deren Lage durch die täglichen Ordnungen des damaligen deutschen Lebens bestimmt wurde." 1 1 Was das für „tägliche Ordnungen" sind, warum gerade das „deutsche Leben" zum „Idealismus" und damit zu dem erwähnten Gegensatz führte — die Antwort darauf blieb Holborn schuldig. Seine „sozialgeschichtliche" Inkonsequenz kann nicht verborgen bleiben. Er verurteilte zwar die Nachwirkungen des „wirtschaftlich-sozialen Feudalismus" in der deutschen Geschichte 12 , sicherte sich dann aber sofort gegen eine materialistische Deutung ab: „ E s wäre jedoch einfältig, sich dieses Verhältnis (zwischen dem deutschen Bürgertum und seinen praktischen und ideellen politischen Zielsetzungen — d. Verf.) als eine einseitige Kausalwirkung der sozialen Kräfte vorzustellen." 13 Holborn führt die sozialgeschichtlich angelegte Konzeption von der „westlichen Zivilisation" historisch bis auf die Grundlagen der deutschen Geschichte zurück. Seine Ausgangsthese lautet: „Deutschland gehört zur westlichen Welt." 1 4 Deutschland wäre in drei Hauptetappen Partner dieser „westlichen Welt" geworden. Die römischen Provinzen in den west- und süddeutschen Gebieten würden die erste Phase bestimmen. Die Unterjochung und Christianisierung der Sachsen sowie die Wahl Konrads zum deutschen König im Jahre 911 würde die zweite Phase ausmachen. Die Entstehung des „kolonialen" Deutschland in den slawischen Gebieten im Osten, die vom Westen her „germanisiert" wurden, wäre für die dritte Phase charakteristisch. Diese Entwicklungslinie vom Römischen Imperium über das Frankenreich zum „regnum theutonicum", das sich nach Osten ausdehnte — diese Linie ist bei Holborn Ausdruck für die Entwicklung der westlichen Kultur von der Mittelmeerzivilisation mit der christlichen Kirche, den Städtegründungen und Weingärten, über die Christianisierung bis zur „Germanisierung" des Ostens. Selbstverständlich sind bedeutsame Kulturelemente aus dem Römischen Imperium in das fränkisch-deutsche Reich übertragen worden. So war das katholische Christentum die ideologische Basis der feudalen Kultur. 1 5 Andererseits darf aber nicht über10

V g l . Streisand, Joachim, Deutschland von 1789 bis 1815, i n : Deutsche Geschichte in drei Bänden, Bd 2, von 1789 bis 1917, Berlin 1965, S. 54ff.

11

Holborn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, a. a. O., S. 87.

>2 E b e n d a , S. 90. 13 E b e n d a , S. 94. 14

Holborn, Hajo, A History of Modern Germany. V o l I, The Reformation, N e w Y o r k 1959, S. 3. ( „ G e r m a n y J o i n s to the Western W o r l d . " )

15

V g l . Bartmuss,

Hatis-Joacbim,

Deutschland von 919 bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts, i n : D e u t -

sche Geschichte in drei Bänden, Bd 1, V o n den A n f ä n g e n bis 1789, Berlin 1965, S. 211—221.

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

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sehen werden, daß die ehemaligen römischen Provinzen gegen das Römische Reich opponierten und es schließlich liquidierten. Damit drangen auch der römischen Kultur abgeneigte oder sogar entgegengesetzte Elemente in das Imperium. Friedrich Engels hatte auf das „Barbarentum" verwiesen, „was die Deutschen der Römerwelt . . . einpflanzten". 16 Mit dem Untergang des Römischen Reiches kam hinzu, daß die frühfeudale fränkisch-deutsche Kultur weitgehend verfiel. Es war erst wieder für die Renaissance charakteristisch, daß auf die progressiven Kulturelemente der Antike zurückgegriffen wurde. Es handelt sich keineswegs um eine ununterbrochene allgemeine „westliche" Kulturentwicklung. Zudem war diese Kultur der „westlichen Welt" äußerst widerspruchsvoll. Die westliche Welt war von Klassenkämpfen und Kriegen zerrissen. Diesen sozialen Konflikten ist Holborn nicht auf den Grund gegangen. Es war Friedrich Engels, der betont hatte: „Da die Grundlage der Zivilisation die Ausbeutung einer Klasse durch eine andre Klasse ist, so bewegt sich ihre ganze Entwicklung in einem fortdauernden Widerspruch. Jeder Fortschritt der Produktion ist gleichzeitig ein Rückschritt in der Lage der unterdrückten Klasse, d. h. der großen Mehrzahl. Jede Wohltat für die einen ist notwendig ein Übel für die andern, jede neue Befreiung der einen Klasse eine neue Unterdrückung für eine andre Klasse . . . Das soll aber nicht sein. Was für die herrschende Klasse gut ist, soll gut sein für die ganze Gesellschaft, mit der die herrschende Klasse sich identifiziert." 17 Diese, wie Engels sie bezeichnete, „konventionelle Heuchelei" wird von der gesamten bürgerlichen Historiographie betrieben. So wird die Machtfrage verdunkelt und verbrämt. Holborn stellte beispielsweise fest: „Wir können heute sehen, welchen Schaden die Politik den religiösen Ideen des Zeitalters der Reformation zufügte. Aber indem es Macht und Recht, statt reine Macht, zum Wesen des Staates erhob, gewann dieses Zeitalter eines der Grundelemente der abendländischen Kultur für sich und die Zukunft zurück." 18 Diese staatliche Macht ist aber stets klassengebunden, das heißt im Mittelalter haben wir es mit der Macht der Klasse der Feudalherren zu tun, deren Rechts- und Moralvorstellungen ideologischer und deren Rechtspraxis politischer Ausdruck ihrer Klassenposition waren. Es handelt sich um die Zivilisation der feudalen Klassengesellschaft, eine Zivilisation, die keineswegs alle gesellschaftlichen Schichten erfaßte. Die Kontinuität der „westlichen Zivilisation", wie Holborn sie sah, sei dann jedoch unterbrochen worden. Holborn arbeitete heraus, daß nach 1770 ein Zeitalter der deutschen Kultur anbrach, das im wesentlichen durch den „deutschen Idealismus" des gebildeten Bürgertums charakterisiert ist. Während dieser Idealismus zunächst noch weitgehend kosmopolitisch war, entstanden angeblich auf seiner Grundlage mit 'Engels, Friedrieb, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, in: MEW, Bd 21, Berlin 1962, S. 151. " Ebenda, S. 171 f. 18 Holborn, Hajo, Deutsche Geschichte in der Neuzeit, Bd 1, München-Wien 1970, S. 349.

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

Fichte 1807/08 die neue Konzeption einer deutschen Nationalität und mit Arndt und J*ahn ein hemmungsloser deutscher Nationalismus.1 9 Damit ist eine Ausgangsbasis für die Interpretation des deutsch-westeuropäischen und deutsch-amerikanischen Gegensatzes in der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts geschaffen worden, der in der Konfrontation des Hitlerreiches und der USA im zweiten Weltkrieg kulminiert. Der Hitlerfaschismus gehört jedoch keineswegs in die große klassische Tradition der deutschen Philosophie oder auch der Reformation. Der Faschismus ist eine spezifische Herrschaftsform des Imperialismus (nicht nur in Deutschland) in der Phase seiner allgemeinen Krise. Was die deutsche Geschichte betrifft, so ist von marxistischer Seite eingeschätzt worden: „Der Hitlerfaschismus war die Fortsetzung, Zusammenfassung und Steigerung aller reaktionären, volksfeindlichen und antidemokratischen Entwicklungstendenzen des deutschen Imperialismus und Militarismus seit seiner Entstehung um die Jahrhundertwende. Zugleich stellte er die Fortführung und den Höhepunkt aller antinationalen und antihumanistischen Tendenzen und Bestrebungen in der deutschen Geschichte überhaupt dar." 2 o Die Konstruktion einer normativen Kulturlinie, die von der Antike über das mittelalterliche Christentum und den neuzeitlichen bürgerlichen Liberalismus angelsächsischer Prägung bis zur gegenwärtigen „atlantischen Zivilisation" reiche, ist typisch für die dominierende imperialistische US-Historiographie. Holborns Geschichtsdarstellungen stehen für viele Aufsätze und Bücher amerikanischer aber auch bundesdeutscher Historiker. Das deutsche Volk wird von ihnen in diese Kulturlinie eingeordnet, indem es nach diesem Geschichtsbild ursprünglich zum „Westen" gehörte, sich im „Industriezeitalter" jedoch vom westlichen Liberalismus abgewandt hätte. „Hemmungsloser deutscher Nationalismus", „deutscher Idealismus", eine „konservative Revolte" usw. hätten zur Spaltung Europas und zu den Weltkriegen geführt. Die generellen Ursachen der Kriege im Imperialismus, die in der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus wurzeln, werden negiert. Theodor Schieder hat vom „entarteten Nationalismus" gesprochen. 21 Erst durch die Überlegenheit des „liberalen Westens" (als wenn die sozialistische Sowjetunion nicht den Hauptanteil am Sieg über den Faschismus gehabt hätte) über diesen antiwestlichen Nationalismus wären die Voraussetzungen für eine „Liberalisierung der Deutschen" und für ihre Einbeziehung in die „atlantische Gemeinschaft" geschaffen worden. Auch hier wird versucht, Nationalismus und Faschismus als ausschließlich deutsche Erscheinungen hinzustellen. Der amerikanische Historiker Leonard Krieger spricht vom „Versagen der Deutschen, durch ihre eigene Kraft eine liberale Demokratie im westlichen Sinne 19 Derselbe, A History of Modern Germany, Vol. II, 1648-1840, London 1965, S. 305ff„ 351ff„ 510-531. 20 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5, Von Januar 1933 bis Mai 1945, Berlin 1966, S. 55. 21 Der führende westdeutsche Historiker Theodor Schieder hat gleichfalls vom „entarteten Nationalismus" gesprochen. Vgl. Scbieder, Theodor, Der Nationalstaat in Europa als historisches Phänomen, Köln-Opladen 1964, S. 19.

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zustande zu bringen". 22 Bei ihnen wäre dieser Prozeß der Liberalisierung „unvollständig" gewesen. So sei es im 19. Jahrhundert zu der politischen Divergenz in Europa gekommen, die von Friedrich Meinecke, Ernst Troeltsch und Hajo Holborn in „klassischer" Weise analysiert worden wäre. 23 Auch Krieger ist zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Divergenz bereits vor dem 19. Jahrhundert in der deutschen Geschichte bestanden hätte. Freiheitliche Traditionen wären durch die staatliche Zersplitterung untergraben worden. 24 Hierbei wird wiederum übersehen, daß die bürgerliche Idee der Freiheit einen konkreten — zunächst gegen die Feudalherrschaft und dann gegen das Proletariat gerichteten — Klasseninhalt hat. Es ist Hegels Verdienst, bereits erkannt zu haben, daß die Freiheit eine historische Kategorie ist. Die bürgerliche Freiheitskonzeption ist jedoch unter imperialistischen Bedingungen endgültig reaktionär geworden. Die Freiheit des staatsmonopolistischen Kapitalismus ist die Unfreiheit der Volksmassen. Bei allen graduellen Abstufungen bürgerlicher Freiheit unter diesen Bedingungen war sich die Klassenherrschaft des Großkapitals sowohl im „liberalen Westen" als auch im faschistischen „Dritten Reich" in ihrem Wesen gleich. Es hat unterschiedliche Herrschaftsmethoden gegeben, die zu beachten für die Arbeiterklasse notwendig ist. Auch Holborns Schüler Fritz Stern von der Columbia University vertritt in seiner Analyse der Ideologie der nationalistischen Literaten Paul de Lagarde, Julius Langbehn und Arthur Moeller van den Bruck die Auffassung, daß die sogenannte konservative Revolution „im deutschen Denken und der deutschen Gesellschaft" ihre Ursache hätte. 25 Er hat — was diese „pseudokonservative" Revolte betrifft, wie er sie nach Richard Hofstadter nennt — durchaus nicht unrecht, wenn er zu der Schlußfolgerung gelangt ist: „Tausend Lehrer im republikanischen Deutschland, die in ihrer Jugend Lagarde und Langbehn gelesen und verehrt hatten, waren für den Sieg des Nationalsozialismus mindestens ebenso wichtig wie die Millionen Mark, die Hitler von den deutschen Großindustriellen erhielt." 26 Damit ist aber auch der Gegensatz zwischen westlichem Liberalismus und deutschem Nationalismus in erster Linie in geistige Bereiche verlegt worden. Bei Stern werden die „Sehnsüchte dieser tausend Lehrer zum „idealistische(n) Element des Nationalsozialismus". 27 Damit wird jedoch eine wichtige Kausalität unterschlagen. Weder die faschistische Ideologie noch der gesamte Hitlerfaschismus haben sich zwangsläufig aus dem bürgerlichen Nationalismus eines Lagarde oder Langbehn ergeben. Eine solche Krieger, Leonard, The German Idea of Freedom. History of a Political Tradition, Boston 1957, S. IX. („Did the Germans' failure to achieve, under their own power, a liberal democracy in the western sense mean simply the triumph of conservatism over generic liberalism in Germany or was a peculiar German attitude toward liberty involved in its defeat?") 23 Vgl. ebenda, S. 4. Ebenda, S. 7. 25 Stern, Frit%, Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland, Bern-Stuttgart-Wien 1963, S. 14. 26 Ebenda, S. 344. 2? Ebenda, S. 347.

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

Interpretation verwischt den Klassencharakter des Faschismus. Es gab und gibt keine allgemeinen klassenlosen „idealistischen" Wurzeln des Faschismus — selbst wenn man, wie Stern, bis ins 19. Jahrhundert zurückgeht. Lagarde war ein preußischer Theologieprofessor, der auf die Almosen des Königs angewiesen war, Langbehn ein gescheiterter, von Wahnvorstellungen befallener Kulturkritiker und Moeller ein heruntergekommener Literat, deren Bücher zu „Bestsellern" in ihrer Zeit werden konnten, weil diese geistigen Vertreter des preußisch-deutschen Staates ihm nicht „entfremdet", sondern sein Produkt waren. Der Faschismus — die Herrschaft der reaktionärsten Elemente der Monopolbourgeoisie — konnte im Rahmen dieser reaktionären bürgerlich-imperialistischen Klassenlinie an ihren Konservatismus und Nationalismus anknüpfen. Der Liberalismus-Problematik, wie sie von Mitstreitern und Schülern Holborns wie Leonard Krieger, Hans Rosenberg, Hans Kohn, Fritz Stern, George L. Mosse und Klaus Epstein behandelt worden ist 28 , kann die Ursachen der besonderen Aggressivität des deutschen Imperialismus nicht erfassen. Diese Historiker hängen dem Irrtum an, der Liberalismus westlicher Prägung wäre die wichtigste Garantie gegen eine abermalige Absonderung des deutschen Imperialismus vom „Westen". So hat der amerikanische Präsidentenberater Walt W. Rostow die Geschichte für die unmittelbaren regierungspolitischen Bedürfnisse der USA in ähnlicher Weise interpretiert: das Deutsche Reich sei relativ spät gegründet worden, in ihm hätte Preußen, das den liberalen Strömungen ziemlich fern gestanden habe, eine beherrschende Stellung eingenommen, die Deutschen hätten ein zu starkes Nationalgefühl entwickelt, außerdem sei die geographische Lage von spezifischer Art gewesen. 29 Auch Rostow verneint das reaktionäre Wesen des deutschen Imperialismus und sein durch die ungleichmäßige Entwicklung des Kapitalismus bedingtes Mißverhältnis zwischen den ökonomischen Potenzen und dem Einflußbereich. So erscheint die Notwendigkeit, den deutschen Faschismus und Militarismus auszurotten, letztlich nicht als eine Frage der ökonomischen und politischen Entmachtung des Imperialismus, sondern lediglich als Problem geistiger Übereinstimmung zwischen den herrschenden Kreisen der USA und der BRD. Angesichts der engen Beziehungen zwischen Bonn und Washington sah sich Rostow veranlaßt, von einer „konstruktiven Wendung", die in den Nachkriegsjahren vollzogen wäre, zu sprechen. 30 Krieger, Ijtonard, The German Idea of Freedom, a. a. O.; ROsenberg, Haas, Bureaucracy, Aristocracy and Autocracy. The Prussian Experience 1660—1815, Cambridge, Mass., 1958; Kobn, Hans, The Mind of Germany, New York 1960; Stern, Fritz, The Politics of Cultural Despair. A Study in the Rise of Germanic Ideology, Berkeley, Los Angeles 1961; Mosse, George L., The Crisis of German Ideology. Intellectual Origins of the Third Reich, London 1966; Epstein, Klaus, The Genesis of German Conservatism, Princeton, New Jersey, 1966. 29 Rostow, Walt W., Die weltpolitische Rolle Deutschlands in amerikanischer Sicht, in: Der neue Kurs. Amerikas Außenpolitik unter Kennedy 1961—1963, hg. v. Klaus Schoenthal, München 1964, S. 197. 30 Ebenda.

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1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

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Die Aggressivität des Imperialismus ist jedoch durch keinerlei „konstruktive Wendungen" im Sinne einer Eingliederung der BRD in das Paktsystem der imperialistischen Westmächte aus der Welt geschafft. Es ist eine Frage des Kräfteverhältnisses innerhalb des imperialistischen Systems, inwieweit und wie lange der amerikanische Imperialismus in der Lage ist, die spezifischen Interessen westeuropäischer Mächte seinen eigenen globalstrategischen Zielsetzungen unterzuordnen. Den Hinweisen amerikanischer Ideologen auf die Stärke der USA liegen darum nicht nur antikommunistische Motive zugrunde. Die historische Rolle der USA im 20. Jahrhundert Die USA haben sich im 20. Jahrhundert als Hauptstütze des imperialistischen Systems erwiesen. Die imperialistischen amerikanischen Historiker sind stärker denn je bemüht, die Rolle der USA als Weltausbeuter und Weltgendarm historisch zu legitimieren. Vor allem sind sie bemüht, den Übergang zum Sozialismus durch eine Konzentration der Potenzen des imperialistischen Systems unter Führung der USA zu verhindern und diese Potenzen nicht im gegenseitigen Austragen imperialistischer Differenzen zu verzehren. Ausgangspunkt für die Wertung des Charakters der modernen Epoche ist die richtige Wertung der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, die nach Lenin „in die Weltgeschichte als Ablösung einer Epoche durch eine andere eingegangen ist." 31 Sie trat in „die Epoche der Herrschaft der neuen Klasse". 32 Mit der Umwandlung des Sozialismus in ein Weltsystem trat der entscheidende Grundwiderspruch der neuen geschichtlichen Epoche noch deutlicher in Erscheinung. Der Sozialismus wird in zunehmendem Maße zur bestimmenden Kraft unserer Epoche. Die bürgerlichen Ideologen wollen jedoch die neue Qualität dieser Prozesse und Erscheinungen nicht sehen. Für die Theoretiker der „Industriegesellschaft" sind die Jahre von 1789 bis zur Gegenwart lediglich eine Epoche — das „Industriezeitalter". Sie bestreiten, daß mit der Oktoberrevolution eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit begonnen hat. Der amerikanische Historiker Crane Brinton hatte sich — ganz im Sinne der Sozialund Strukturgeschichte — mit seinem Buch über die Revolution und ihre Gesetze 33 das Ziel gestellt, „wissenschaftsgemäß in erster Näherung gewisse gleichartige Züge festzustellen, die im Verlaufe von vier erfolgreichen Revolutionen in neuzeitlichen Staaten aufgetreten sind: der englischen Revolution von 1640, der amerikanischen Revolution, der großen französischen Revolution und der neueren — oder gegenwärtigen — Revolution in Rußland". 34 Im Ergebnis seiner Untersuchung wandte er sich gegen die Marxisten, für die „die russische Revolution ab Oktober 1917 eine echte .proletarische' Revolution war. Dennoch blieb es dabei, daß in allen vier 31 Lenin, W. I., Werke, Bd 33, Berlin 1962, S. 156. 32 Ebenda, S. 35. 33 Brinton, Crane, The Anatomy of Revolution, New York; westdeutsche Ausgabe: Die Revolution und ihre Gesetze, Frankfurt am Main 1959. « Ebenda, S. 16. 8

Locsdau, Globalstrategie

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

Revolutionen die wirtschaftliche Macht den Inhaber wechselt und daß eine neue zusammengesetzte .herrschende Klasse' im neuen Rußland wie im neuen Frankreich das wirtschaftliche und das politische Leben der Gesellschaft lenkt." 3 5 Selbstverständlich haben die von Brinton behandelten Revolutionen Machtfragen entschieden und zur Herrschaft von Klassen geführt — wobei es jedoch für die Volksmassen nicht gleich ist, ob im Verlaufe dieser Revolutionen eine Ausbeuterklasse die andere ablöst oder (wie in Rußland 1917) erstmals eine ausgebeutete und unterdrückte Klasse, die Arbeiterklasse, die politische Macht ergreift und damit jeglicher Ausbeutung des Menschen durch den Menschen für immer ein Ende setzt. Brinton verstieg sich jedoch zu der Behauptung: „In Rußland sind die Unterschiede nicht so groß, wie sie nach der marxistischen Theorie zu sein hätten." 36 Ihn interessieren nur die „Regelmäßigkeiten" der Revolutionen, von denen er eine ganze Liste zusammenstellt. 37 Darum dürfte es auch nicht erstaunlich sein, wenn er feststellen mußte: „Die russische Revolution hat mir begreiflicherweise die größten Schwierigkeiten bereitet." 38 Die Oktoberrevolution war eine Volksrevolution, die die Herrschaft der Ausbeuter beseitigte und die Diktatur des Proletariats errichtete. Das Jahr 1917 ist insofern nicht nur das Jahr des Kriegseintritts der USA, sondern hat eine einschneidende weltgeschichtliche Zäsur geprägt. Die Oktoberrevolution trug in erheblichem Maße zur Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus bei. Diese Krise entspringt dem Wesen des Imperialismus und ist keineswegs durch ein geschickteres Taktieren der herrschenden Klasse zu bewältigen. Was die herrschenden Kreise des Deutschen Reiches im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts betrifft, so werden ihnen von amerikanischen Historikern einige Unterlassungssünden nachgewiesen, ohne das reaktionäre militaristische Wesen der Politik des wilhelminischen Kaiserreiches zu enthüllen. 39 Die „Fehler" und „schwachen Punkte" der Weimarer Verfassung und „die Schwäche demokratischer Kabinette in Deutschland" sind Gegenstand der Erforschung der Weimarer Repu35 Ebenda, S. 337. 36 Ebenda, S. 338. 37 Ebenda, S. 348ff. 38 Ebenda, S. 7. 39 In den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg gab es in dieser Frage in der amerikanischen Historiographie noch weitergehende Auffassungen. So hatte der Historiker Hans W. Gatzke den deutschen „Drang nach Westen" einer kritischen Analyse unterzogen: „It was this numerically unimportant but politically, financially, and intellectually powerful minority which took the lead in the evolution of a German program of war aims. Among these radical annexationists, the reat industrialists played a particularly important role. There may be some doubt as to the motives of some of the members of the Kriegs^ielbewegung whose patriotism was more important than their greed; there is no doubt as we deal with men like Thyssen, Stinnes, Kirdorf, Hugenberg, Kloeckner, Beukenberg, and their lesser known associates. To these men Germany's failure to expand meant specific material losses. It was a combination of elements, then industrialists, Pan-Germans, the parties of the Right, and the Supreme Command, that was of large war aims, which condemned the German people to remain at war until the bitter end." (Gatzke, Hans W., Germany's Drive to the West. Drang nach Westen. A Study of Germany's Western War Aims During the First World War, Baltimore 1950, S. 294.)

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blik. 40 Schließlich stehen die beiden Weltkriege im Mittelpunkt derartiger ..strategischer" Betrachtungen. So hat Hajo Holborn im Jahre 1964 versucht, eine auf die gegenwärtigen imperialistischen Bedürfnisse besonders der USA zugeschnittene historische Grundlinie zu entwerfen. In dem Artikel „Die Welt 25 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges" 4 1 geht er vom ersten Weltkrieg aus, von dem er den Bogen zum zweiten Weltkrieg spannt, um dann die erforderlichen Schlußfolgerungen für die Zeit nach nochmals 25 Jahren zu ziehen. Die Frage nach dem Zusammenhang der beiden Weltkriege und ihrer Beziehung zur Gegenwart ist zweifelsohne von aktuellem Interesse. Einerseits die allgemeine Krise des kapitalistischen Systems, die sich in weltumfassenden imperialistischen Raubkriegen manifestiert und andererseits die nicht zu übersehenden Anzeichen des sich vollziehenden Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, das sind Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung unseres Jahrhunderts, die zu analysieren und zu werten die Berufspflicht gerade der Historiker sein dürfte. Auch Holborn fragte nach dem „engen Zusammenhang zwischen beiden Kriegen". Doch, an welchen Zusammenhang dachte er? Er schrieb über den ersten Weltkrieg: „Es half nicht, daß die Alliierten zusätzlich europäische Verbündete in Italien und Rumänien gewannen, aber es nützte Deutschland auch nichts, daß es Rußland besiegte. Der unentschiedene Kampf wurde erst durch die militärische Intervention der Vereinigten Staaten entschieden." 42 An anderer Stelle heißt es bei ihm: „Der Krieg, den die alten europäischen Mächte vier Jahre lang nicht zur Entscheidung bringen konnten, wurde von Amerika zugunsten der Alliierten beendet." 43 Diese Zeilen klingen wie eine Neuauflage der englischen Gleichgewichtspolitik gegenüber Kontinentaleuropa, nur daß bei Holborn an die Stelle Großbritanniens die USA und an die Stelle Kontinentaleuropas ganz Europa getreten sind. Die Einschätzung der USA als Schiedsrichter in Europa ist jedoch unzutreffend. Ohne die Potenzen und den Anteil der USA am ersten Weltkrieg zu schmälern, darf nicht übersehen werden, daß die Blitzkriegsstrategie des deutschen Imperialismus bereits im September 1914 in der Schlacht an der Marne zusammengebrochen war, was für das Kaiserreich der Anfang vom Ende wurde. Der Stellungskrieg konnte das militärische Kräfteverhältnis nicht mehr zugunsten des deutschen Imperialismus 40 Vgl. Brecht, Arnold, Vorspiel zum Schweigen. Das Ende der Deutschen Republik, Wien 1948, S. IIS., und 167ff. (Titel der Originalausgabe: Prelude to silence — The End of the German Republic, New York 1944.) Holborn, Hajo, Die Welt 25 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, in: APZ, 36/64, v. 2. September 1964, S. 1 5 - 2 0 . « Ebenda, S. 15. 4 3 Ebenda, S. 16; Vgl. R i t t e r , Gerhard, Staatskunst und Kriegshandwerk, Bd 2, München 1960; Herzfeld, Hans, Zur deutschen Politik im ersten Weltkrieg, Kontinuität oder permanente Krise? In: Historische Zeitschrift, München, 1960, Bd 191, S. 70f.; Gebhardt, Bruno, Handbuch der deutschen Geschichte, hg. von Herbert Grundmann, Bd 4, Die Zeit der Weltkriege, von Karl Dietrich Erdmann, Stuttgart 1959. Von marxistischer Seite siehe Lo%ek, Gerhard¡Sjrbe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte, Berlin 1964, S. 43, Anmerkung 61. 41

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IV. Darstellung der deutschen Geschichtc

ändern. 44 Die USA traten zu einem Zeitpunkt in den Krieg ein, als sich die kriegsführenden Mächte bereits anschickten, angesichts des revolutionären Aufschwungs in Europa zum imperialistischen Frieden überzugehen. 45 Im Sommer 1918 scheiterte die deutsche Offensive an der Westfront, und die deutsche Armee trat den Rückzug an. General Ludendorff mußte Ende September 1918 die völlige militärische Niederlage des deutschen Imperialismus verkünden. 46 Die Unterstützung der deutschen Konterrevolution durch die USA, ihr Beistand für die Ebert-Regierung und die in diesem Sinne erfolgte Tätigkeit der amerikanischen Sondermissionen im Deutschen Reich charakterisieren die reaktionäre Rolle der USA in den folgenden Monaten des Jahres 1918. Holborn hob auch für die Zwischenkriegsperiode die Rolle der USA hervor: „Ohne Amerika, das durch den Krieg das Hauptgläubigerland der Welt geworden war, konnten die grundsätzlichen ökonomischen Probleme nicht gelöst werden." 4 7 Ganz davon abgesehen, daß gerade die sozialistische Sowjetunion bewies, daß und wie ein Volk sich seine Wirtschaft ohne Kapitalisten aufbauen kann, ist die enge deutsch-amerikanische Wirtschaftsverflechtung kein Beispiel für eine „Lösung" grundsätzlicher ökonomischer Probleme im Rahmen des kapitalistischen Wirtschaftssystems — soweit sich solche Probleme in diesem Rahmen überhaupt lösen lassen. Die USA haben keine Europapolitik im eigentlichen Sinne betrieben. Ihre Politik gegenüber — und nicht selten gegen — Europa war darauf gerichtet, besonders was ihre Politik gegenüber der Weimarer Republik angeht, ein antisowjetisches Bollwerk zu errichten. Zu dieser Funktion des Deutschen Reiches als antikommunistische Speerspitze des internationalen Monopolkapitals kommt seine Rolle als ein Gegengewicht gegen Großbritannien und Frankreich. 48 Dawes-Plan und Young-Plan entsprachen in ihrem Wesen den Interessen des deutschen Finanzkapitals. Das HooverMoratorium war eine direkte Unterstützung der USA für den deutschen Imperialismus. Die ökonomischen Probleme des Deutschen Reiches — wie die Krisenerscheinungen, die inflationistischen Tendenzen, die Erwerbslosigkeit — wurden damit nicht nur nicht gelöst, sondern verschärft. Holborn schloß dann den Kreis: „Amerika hat immer ein starkes Europa gewünscht . . . Da Europas Sicherheit auch heute noch wesentlich von Amerika abhängt, hat Amerika mächtige Truppen- und Flotteneinheiten in Europa stationiert." 49 Seine Ratschläge für die imperialistische Regierungspolitik mündeten in der Forderung, daß „die freie Welt" eine „geschlossene Front" aufrechterhalten muß, vor allem sei „das Nachlassen der Einigkeit der europäischen Staaten und ihrer Zusammenarbeit mit Amerika" äußerst „bedauerlich". 50 Vgl. Geschichte der deutseben Arbeiterbewegung, Bd 2, Vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis 1917 Berlin 1966, bes. Kapitel V, S. 205-324. « Vgl. ebenda, S. 290 ff. « Vgl. ebenda, Bd 3, Von 1917 bis 1923, Berlin 1966, S. 68 und 465. 47 Holborn, Hajo, Die Welt 25 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, a. a. O., S. 18. 4 8 Vgl. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 3, a. a. O., S. 230. 49 Holborn, Hajo, Die Welt 25 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, a. a. O., S. 19. 50 Ebenda, S. 20. 44

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der B R D

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Die Konzeption Holborns und anderer sich mit der Geschichte des Deutschen Reiches beschäftigenden amerikanischen Historiker resultiert zweifelsohne aus dem Bedürfnis des Weltimperialismus, dem entscheidenden Entwicklungsgesetz unserer Epoche — dem Übergang zum Sozialismus — zu begegnen. Das „Versagen" des wilhelminischen Kaiserreichs Amerikanische Historiker fragen in erster Linie danach, warum es nicht möglich gewesen war, beispielsweise die Novemberrevolution 1918 „zu vermeiden". Für den Historiker Klaus Epstein war die Novemberrevolution „unnötig". Die Schuld für ihren Ausbruch wird dem Kaiser und der Regierung Max von Baden zugeschrieben. 31 Der Frieden und die Demokratisierung Preußens wären seiner Meinung nach ohne Novemberrevolution besser zustandegekommen, jedoch Wilhelm hätte bereits eher abdanken müssen, um der sich anbahnenden Demokratisierung den Weg freizumachen. Epstein kritisiert besonders die Unfähigkeit der Regierung Max von Baden, durch eine überzeugende Politik die Volksmassen von der Revolution abzuhalten, die dann die bereits eingeleiteten konstitutionellen Änderungen nicht gefördert, sondern gefährdet hätte. Die Revolution wird der Demokratie entgegengesetzt. Konstitutionelle Änderungen als Revolutionsersatz — lautete Epsteins Rezept. 52 Der amerikanische Historiker John L. Snell spricht sogar von „dem Versagen des kaiserlichen Deutschlands". 53 Der Kaiser und seine Kanzler „tragen eine beträchtliche Verantwortung für des Reiches .verlorenes Jahrzehnt'" 5 4 , worunter Snell besonders die Versäumnisse in verfassungsreformerischer Hinsicht der Jahre 1904 bis 1914 versteht. So mußte es zu den Wahlrechtskämpfen und schließlich zur Revolution kommen. Für Snell war die Revolution 1918 ebenfalls nicht unvermeidlich: „Wenn im Jahrzehnt vor 1914 eine demokratische Regierung ans Ruder gekommen wäre, ist es zumindest vorstellbar, daß der Krieg von 1914 vermieden worden wäre. Aber selbst wenn es zum Kriege gekommen und er verloren worden wäre, wäre einem 61

Epstein, Klaus, W r o n g Man in a Maelstrom: the G o v e r n m e n t of Max of Baden, in: The Review of Politics, Notre Dame, Indiana, April 1964, S. 2 1 5 - 2 4 3 .

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V g l . Epstein,

Klaus,

Matthias Erzberger and the Dilemma of G e r m a n Democracy, Princcton

1 9 5 9 ; deutsche Ausgabe: Matthias Erzberger und das Dilemma der deutschen Demokratie. (West-)Berlin-Frankfurt am Main 1962. Epstein schreibt in der Zusammenfassung seines Buches: „Sicher ist es müßig, zu spekulieren, ob seine (Erzbergers, d. V e r f . ) zur Zeit des Mordes geplante Rückkehr in die große Politik der Weimarer Republik eine längere Lebensdauer gegeben hätte ; es muß aber betont werden, daß Erzbergers bei der Finanzreform gezeigte legislatorische Fähigkeit, sein Einfluß als Führer des linken Zentrumsflügels und seine bekannte Rücksichtslosigkeit gegen antidemokratische Elemente — leider seit Beginn des Helfferich-Prozesses paralysiert — der demokratischen Republik bisher gefehlt haben." (S. 450). 63

Snell, Join L., Des Reiches verlorenes Jahrzehnt, in: A P Z , 8/66, v . 23. Februar 1966, S. 14—23, bes. S. 14.

« Ebenda, S. 15.

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

demokratisierten, monarchischen Deutschland wahrscheinlich die Revolution erspart geblieben. Reformen vor 1914 hätten durchaus einen allmählichen verfassungsmäßigen Übergang sicherstellen können, anstelle des wilden A u f und A b , das 1918 begann und sich sporadisch bis 1923 fortsetzte, unter anderen Vorzeichen nach 1932/1933 wieder aufgenommen wurde und sich nach 1945 gezwungenermaßen in zwei Richtungen fortentwickelte. Angesichts dessen, was folgte, ist das .verlorene Jahrzehnt' des Kaiserreichs als eines der wesentlichsten und tragischsten Versäumnisse der neuen Geschichte anzusehen." 5 " 1 Reform statt Revolution — so lautet auch die Rezeptur Snells für die gegenwärtige imperialistische bundesdeutsche Politik. 5 6 In Wirklichkeit geht es ihm nicht einmal um echte demokratische Reformen, sondern darum, daß die herrschenden Klassen rechtzeitig durch Scheinliberale Zugeständnisse revolutionären Veränderungen und selbst demokratischen Reformen zuvorkommen und sie verhindern. Die Kontinuitätslinie preußischer Militarismus — Konterrevolution 1918/19 — Antidemokratismus in der Weimarer Republik — Hitlerfaschismus — bundesdeutscher Imperialismus war nicht durch ein „demokratisiertes, monarchisches Deutschland" aufzuhalten. Demokratische Veränderungen revolutionären Charakters, getragen von den Volksmassen unter Führung der Arbeiterklasse mit ihrer Partei — das war die einzige Garantie, um die tragischen Konsequenzen der reaktionären Politik des imperialistischen Kaiserreiches zu verhindern. W e r sich zu dieser Konsequenz nicht durchringen kann und stattdessen gegen die Gesetzmäßigkeit der Geschichte polemisiert, wird immer — ob gewollt oder ungewollt — der friedensbedrohenden Strategie kapitalistischer Monopole und Regierungen das W o r t reden. D e r Hauptakzent der die Novemberrevolution betreffenden zitierten amerikanischen Geschichtsdarstellungen liegt damit zwangsläufig auf der Frage, wie das imperialistische System — selbst wenn sich imperialistische Staaten in einem Krieg in den Haaren liegen — als Ganzes vor revolutionären Veränderungen gesichert und stabilisiert werden kann. Die Auffassung der erwähnten amerikanischen Historiker über die Novemberrevolution 1918, die unbedingt hätte vermieden werden müssen, entspricht in ihrem Wesen der Konzeption Friedrich Meineckes. 5 7 Die Volksmassen wurden von ihm als „unreif" und als „außer Rand und Band geraten" bezeichnet. 5 8 Bereits im April 1922 hatte er die U S A als die „einzige Weltmacht, die einer ganz 55 Ebenda, S. 23. 56

Das gleiche Anliegen findet sich bei Friedrich Meinecke. Siehe Lo^ek, GerbardjSjrbe,

Horst,

Geschichtsschreibung contra Geschichte, a. a. O., S. 46ff. 57

Meinecke, Friedrieb,

Nach der Revolution.

Geschichtliche Betrachtungen über unsere Lage,

München-Berlin 1919, bes. S. 3 und 57. Was die generelle Einstellung Meineckes (auch schon früherer Jahre) über die Strategie und Taktik des deutschen Monopolkapitals und seines Staates im Hinblick auf innere und äußere Stabilität des imperialistischen Systems im Deutschen Reich betrifft, (seine „prophylaktischen Maßnahmen" datieren schon aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg) siehe ho^ek, Gerhard/Syrbe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte, a . a . O . , bes. Kapital I, S. 27ff. 58

Meinecke, Friedrieb, Nach der Revolution, a. a. O., S. 60, 114f., 121.

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

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gesicherten Zukunft entgegensehen darf" bezeichnet. 59 Entscheidende Impulse für eine „Versöhnung" des deutschen und westeuropäisch-amerikanischen Imperialismus unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg sind besonders von Ernst Troeltsch ausgegangen. 60 Werner Conze bietet uns ein typisches Beispiel für die Behandlung dieser Problematik in der gegenwärtigen in der BRD tonangebenden Historiographie, wenn er aus der Geschichte des ersten Weltkrieges die Alternative ableitet: „Am Ende seiner Kraft stand das seiner Kaiserherrlichkeit in Wien und Berlin entledigte deutsche Volk zwischen West und Ost vor großen und schweren ungelösten Fragen. Es stand zwischen dem Anspruch der ,western civilization', daß eine gerechte Welt demokratischer Freiheit mit oder ohne Deutschland aufgebaut werden sollte, und dem Anruf der russischen Revolution, gegen den ,Kapitalismus' westlicher Unterdrückung. mit dem bolschewistischen Fortschritt sich zu verbünden. Wo lag in der Situation des 9. November ein noch sinnvoll möglicher Weg für das deutsche Volk zwischen den weltumspannenden Programmen Wilsons auf der einen, Lenins auf der anderen Seite." 61 Es bedarf keiner besonderen Betonung, daß sich Conze selbstverständlich mit dem ersten Programm identifiziert. Darüber hinaus wird in der imperialistischen Historiographie jede Volksrevolution durch die Verfälschung des Revolutionsbegriffes diffamiert. Für den amerikanischen Historiker George L. Mosse ist ähnlich wie für David Schoenbaum die Herrschaft der reaktionärsten Kräfte des Imperialismus im Italien Mussolinis, im „Dritten Reich" Hitlers, im Spanien Francos eine „faschistische Revolution". 62 Das ist Ausdruck der antikommunistischen „Totalitarismus"-Doktrin, zu deren historischer Motivierung unter anderen der amerikanische Historiker Hans Rosenberg ähnlich wie der israelische Historiker Talmon sogar bis auf die französische Revolution 1789 zurückgeht. 63 59 Meinecke, Friedrich, Werke, Bd II, Darmstadt 1958, S. 329. 60 Vgl. Lo^ek, Gerhard] Voigt, Gerd, Zu einigen Problemen der Auswirkung der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution auf die deutsche bürgerliche Geschichtswissenschaft, in: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Sektion Geschichte, Die Große Sozialistische Oktoberrevolution und Deutschland, Bd 1, Berlin 1967, S. 541. 61 Con^e, Werner, Die Zeit Wilhelms II. und die Weimarer Republik. Deutsche Geschichte 1890-1933, Tübingen-Stuttgart 1964, S. 124f. 62 Mosse, George L., The Crisis of German Ideology. Intellectual Origins of the Third Reich, London 1966. („In our time two major revolutionary movements have made their mark upon Europe: the Marxist and the fascist." S. 312); derselbe, Einführung: Die Entstehung des Faschismus, in: Internationaler Faschismus 1920—1945. (Westdeutsche Buchausgabe des Journal of Contemporary History), München 1966. („In unserem Jahrhundert haben zwei revolutionäre Bewegungen ihre Spuren in Europa hinterlassen: jene Revolution, die ursprünglich aus dem Marxismus entstand, und die faschistische Revolution." (S. 29). Der gleichen Auffassung ist Dietrich Geyer (Tübingen). Siehe Das Fischer Lexikon Geschichte, Frankfurt a. M. 1961, S. 312f. 63 Rosenberg, Hans, Bureaucracy, Aristocracy and Autocracy. The Prussian Experience 1660—1815, Cambridge, Mass., 1958, S. 231. Außerdem vgl. Talmon, J. L., The Origins of Totalitarian Democracy, London 1952; derselbe, History of Totalitarian Democracy, London 1960. Vgl. auch Lozek, Gerbard, Genesis, Wandlung und Wirksamkeit der imperialistischen Totali-

120

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

„Taktische Fehler" in der Weimarer Republik Ein Hauptgegenstand amerikanischer Geschichtsforschung ist die Frage nach den Gründen für die Konfrontation des Deutschen Reiches und der USA im zweiten Weltkrieg. Als wesentlicher Grund wird die „antiwestliche" Politik der Hitlerregierung gesehen und davon ausgehend gefragt: Wie konnte es überhaupt zur Bildung solch einer „antiwestlichen" Regierung kommen? Die Suche nach einer Antwort auf diese Frage begann bereits während des zweiten Weltkrieges. Der in die USA übersiedelte Staatsrechtler Arnold Brecht publizierte im Jahre 1944 in New York ein Buch über das Ende der Weimarer Republik, in dem er diese Problematik in folgende Fragestellung kleidete: „Wollte man statt einer Geschichte des Kampfes gegen den Nationalsozialismus eine Geschichte der Ursachen seines Aufstieges schreiben, so müßte man natürlich in einem viel früheren Zeitpunkt anfangen. Der Weltkrieg, der plötzliche Zusammenbruch nach .tausend Siegen' und die falsche Behandlung der republikanischen deutschen Regierungen durch die Alliierten, angefangen mit dem Versailler Vertrag, müßten in einem solchen Werk eine große Rolle spielen. Ein anderes Kapitel müßte die Fehler der Weimarer Verfassung behandeln . . . Man würde ferner die Innenpolitik wegen ihrer Mißgriffe bei der Lösung solcher Probleme wie dem der Inflation mitverantwortlich zu machen haben. Unangebrachte Leichtgläubigkeit der Rechtsparteien . . . und die Kurzsichtigkeit der Kommunisten . . . würden ausführlicher als hier zu erörtern sein. Bei der Aufzählung der taktischen Fehler würde das Versagen der Parteien, als sie die Große Koalition 1930 zerfallen ließen, und Brünings Reichstagsauflösung in einem psychologisch ungünstigen Augenblick kritisch beleuchtet werden müssen. Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit, ihre Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten würden viele Seiten einer solchen Untersuchung füllefi. Mit allen diesen und noch vielen anderen Tatsachen hängt der Aufstieg des Faschismus in Deutschland irgendwie zusammen." 64 Dieser „Tatsachen"-Katalog mag auf den ersten Blick den suchenden und überlegenden Charakter der Analyse Brechts erkennen lassen. In Wirklichkeit jedoch ist er apologetisch und eindeutig antikommunistisch. Er enthält neben Tatsachen diverse Halbwahrheiten und Verzerrungen. Es ist eigentlich nur von „falscher Behandlung", „Mißgriffen" und „taktischen Fehlern" die Rede. Vor allem sieht er die entscheidenden Ursachen der faschistischen Diktatur nicht. Indem der Klassencharakter des Faschismus verneint wird 6 5 , werden auch seine Urheber gedeckt. Der tarismus-Doktrin, in: ZfG, 4/1966, S. 525ff.; derselbe, Wurzeln und Wandlungen der antikommunistischen Totalitarismus-Doktrin, in: Verbreeben ohne Chance. Gegen die Ideologie des Antikommunismus, Berlin 1967, S. 136ff. Zum Revolutionsbegriff siehe Engelberg, Ernst, Fragen der Evolution und Revolution in der Weltgeschichte, in: Evolution und Revolution in der Weltgeschichte. Zum XII. Internationalen Historikerkongreß in Wien 1965, Sonderheft der ZfG, 1965, S. 9ff. 64

Brecht,

65

Ebenda, S. 21 ff.; vgl. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung,

Arnold,

Vorspiel zum Schweigen, Das Ende der Deutschen Republik, a. a. O., S. 55 f.

Berlin 1966, S. 55ff.

Bd 5, Von Januar 1933 bis Mai 1945,

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

121

Faschismus wird von A. Brecht nicht als eine Herrschaftsform der reaktionärsten Gruppen des deutschen Monopolkapitals gewertet. 66 Er schreibt die Hauptschuld für die Machtübertragung an die Hitlerfaschisten — entgegen aller historischen Wahrheit — den Kommunisten zu, „die durch ihren radikalen Kampf gegen alle demokratischen Regierungen und Kandidaten den Sieg des Nationalsozialismus ermöglichten . . ," 6 7 Damit wird erstens bestritten, daß es die Kommunisten waren, die konsequent gegen das imperialistische System und seine antidemokratische und antirepublikanische Politik gekämpft haben, zweitens der Charakter solcher Parteien wie der Deutschnationalen, des Zentrums oder der Bayerischen Volkspartei aber schließlich auch der Hitlerpartei als Parteien des Monopolkapitals verfälscht und drittens die verhängnisvolle Koalitionspolitik der sozialdemokratischen Führer gutgeheißen.®8 Für die Führungskader des imperialistischen Systems bleiben einige „taktische Fehler" und hier und da „psychisches" Versagen übrig. Damit hat A. Brecht versucht, Voraussetzungen für eine psychologisch raffiniertere und taktisch flexiblere Politik des Monopolkapitals zu schaffen, die zu praktizieren der BRD von Seiten der USA nahegelegt wird. Auch für Holborn gab es eine „Brücke, die von der Weimarer Republik in das gegenwärtige Deutschland" führt. 69 Im Jahre 1956 untersuchte er die Stellung Preußens in der Weimarer Republik „in bezug auf viele unserer gegenwärtigen Probleme". 70 Er bescheinigt den rechten sozialdemokratischen Führern, alles getan zu haben, um revolutionären Veränderungen aus dem Wege zu gehen: „Otto Braun demonstrierte, daß das absolutistische und militaristische Preußen in einen Handlungsträger demokratischer Politik ohne eine Revolution umgewandelt werden konnte, wenn die antiautoritären Kräfte durch Wort und Tat überzeugt werden konnten, über ihre Ziele einen Kompromiß zu schließen." 71 Insofern ist nicht verwunderlich, daß Holborn die Haltung der sozialdemokratischen Führer bei der durch den Staatsstreich Papens im Juli 1932 in kürzester Zeit erfolgten Umwandlung des „Handlungsträgers demokratischer Politik" in den Vorposten der faschistischen Diktatur nicht als gelinde ausgedrückt Versagen charakterisiert. Die „Kompromiß"-Politik eines Severing, die ja bereits seit den Ereignissen des Kapp-Putsches 1920 geschichtsnotorisch war, wird der Sozialdemokratie in der BRD als Vorbild hingestellt, wenn Ebenda. Brecht, Arnold, Vorspiel zum Schweigen. Das Ende der Deutschen Republik, a. a. O., S. 56. «8 Vgl. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 4, Von 1924 bis Januar 1933, Berlin 1966, S. 380 ff. 63 Holborn, Hajo, Prussia and the Weimar Republic, in: Social Research, An International Quarterly of Political and Social Science, New York, 3/1956, S. 342. („There is, however, a bridge leading from the Weimar Republic to present-day Germany, and it is this bridge that I have tried to sketch.") 66

70 71

Ebenda, S. 332. („. . . relevant to many of our present-day problems".) Ebenda. („Otto Braun demonstrated that the absolutistic and militaristic Prussia could be transformed into an agent of democratic policy without a revolution if the antiauthoritarian forces could be persuaded by word and action to compromise their political aims.")

122

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

Holbom meint, daß nicht die Revolution von 1918/19, sondern Otto Brauns preußische Regierung die sozialdemokratische Bewegung zu dem gemacht habe, was sie in ihrem Wesen heute ist. 72 Im Jahre 1962 begab sich Sigmund Neumann, einer der Begründer der bürgerlichen Parteiensoziologie, eigens aus den USA nach Westberlin, um anläßlich der Einweihung des sogenannten Otto Suhr-Instituts an der Dahlemer Universität (einer Nachfolgeeinrichtung der früheren Deutschen Hochschule für Politik, an der Neumann gewirkt hatte) einen „demokratischen Dekalog" zu vermitteln. 73 Für Neumann ist „die Demokratie" in erster Linie mit „dem Staat" verbunden, gehe doch vom Volke „die Staatsgewalt" aus. Neumann interessiert sich für „das Staatsganze". Doch an was für einen Staat hat er gedacht? In seinem Dekalog setzt er stillschweigend voraus, daß „der Staat" das Machtinstrument des bürgerlich-imperialistischen Herrschaftssystems zu sein hat. Die tragische Geschichte Weimars hätte besonders vor den plebiszitären Elementen' der Demokratie gewarnt. Neumann erinnert sich besonders des „Volksentscheids, der unter bestimmten Bedingungen durch seine einseitige Formelhaftigkeit in dem hochdifferenzierten industriellen Massenstaat in Wahrheit gerade zur Zerstörung der Demokratie beigetragen und zum Durchbruch demagogischer Kräfte führen kann und geführt hat". 74 Auf diese Weise wird „die Demokratie" mit dem bürgerlich-imperialistischen Staat identifiziert und der Kampf der Volksmassen um eine antiimperialistische Demokratie als „Zerstörung der Demokratie" klassifiziert. Gleichzeitig werden die werktätigen Volksschichten für schuldig an der Machtergreifung der Hitlerfaschisten gesprochen. Für das herrschende Regime des Monopolkapitals bleibt wiederum übrig, „einseitige Formelhaftigkeit" zu vermeiden. Alle Ansätze einer demokratischen, antiimperialistischen Wandlung der Gesellschaft sollen von vornherein im Keim erstickt werden. Nicht zuletzt wird auch verständlich, was Neumann unter der „demokratischen Funktion" der politischen Parteien verstanden hat. Sie haben — nach dem Dekalog Neumanns — „Staatsgestaltung und Gesellschaftswandel in täglichen Einklang zu bringen". 75 Darunter versteht er „die Integrierung ihrer Anhänger in das Staatsganze". 76 Schließlich geht es ihm nicht nur um die Anhänger der Parteien, sondern um die ganze Gesellschaft, wenn geschrieben wird: „Diese Transformierung des isolierten Wählers ist ein zoon politikon oder (in moderner Terminologie) seine Integration in den Staat, die ihn erst zum bewußten Staatsbürger macht, bleibt eine Grundverpflichtung jeder echten Partei, auch wenn sie solche politische Verantwortung in ihrer täglichen Praxis oft vernachlässigen mag und manche sogenannte Partei sie niemals praktiziert." 77 72 Ebenda, S. 337. 73 Neumann, Sigmund, Der demokratische Dekalog. Staatsgestaltung im Gesellschaftswandel, in: VfZ, 1/1963, S. 1 - 1 5 . Ebenda, S. 6. 75 Ebenda, S. 10. 76 Ebenda. 77 Ebenda, S. lOf.

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

123

Neumanns Konzeption konnte in der BRD uneingeschränkt übernommen werden. Dieser „parteiensoziologische" Entwurf wies mit der „GrundVerpflichtung" zur „Integration in den Staat" vornehmlich der SPD ihren Standort im staatsmonopolistischen System zu, den einzunehmen von führenden sozialdemokratischen Politikern bewußt angestrebt wird. 78 Von der „antiwestlichen" Regierung Hitler bis zum Ende der „Entfremdung" in der BRD Für die amerikanischen Geschichtsdarstellungen der führenden Historiker ist generell ein distanziertes Herangehen an den deutschen Faschismus festzustellen. Klaus Epstein hatte noch 1962 die bezeichnenden Worte geschrieben: „Die vorherrschenden Typen der Jahre 1933 bis 1945, der heiser schreiende .Führer', der ungeschliffene SA-Mann, der karrieremachende Offizier, der Folterknecht der Gestapo und der anpassungswillige Mitläufer, sie alle geistern noch heute in dem Deutschlandbild vieler Amerikaner." 7 9 Zu jener Zeit wurden noch schonungslose Angriffe auf die „deutsche Wesensart" geführt, so zum Beispiel in dem BestsellerRoman von Katherine Anne Porter „The Ship of Fools" (New York 1962). Der amerikanische Historiker und Spezialist für deutsche Geschichte, Gordon A. Craig, hat hierzu bemerkt: „Viele Amerikaner, die infolge der Hitlerverbrechen persönliche Verluste zu beklagen hatten oder sich über die grauenvollen Dinge entsetzten, die, wie man am Ende des Krieges erfuhr, sich in Dachau, Buchenwald und Treblinka zugetragen hatten, behielten einen Abscheu vor Deutschland und den Deutschen, dem mit Verstandesargumenten nicht beizukommen war." 8 0 Aus dieser — wenn auch nationalistisch angelegten — Interpretation geht hervor, daß die Historiker diesem die Naziverbrechen verabscheuenden Geschichtsdenken des amerikanischen Volkes nach wie vor entsprechen müssen. Andererseits bemühten sie sich jedoch in zunehmendem Maße, die gegenüber dem deutschen Imperialismus — dem jetzigen Hauptverbündeten der USA in Europa — vorhandenen Ressentiments besonders in der Faschismusfrage abzubauen. Es haben sich die Bemühungen verstärkt, besonders auf der Grundlage der Lehre von der „Industriegesellschaft" zu einem relativ geschlossenen Faschismuskonzept zu gelangen, das den Faschismus als einen unvorhergesehenen „Betriebsunfall" erklärt. Ausdruck für derartige Bestrebungen sind vor allem sozialgeschichtliche Interpretationen der Geschichte des deutschen Faschismus. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Buch von David Schoenbaum „Die braune Revolution. Eine Sozialgeschichte des Dritten Reiches", in dem man lesen kann: „Dieses Buch soll eine neue Antwort geben; noch mehr soll es zeigen, wo weitere 78

79 80

Vgl. die Expansionspolitik des westdeutschen Imperialismus und die Krise der SPD. Nach dem sozialdemokratischen Parteitag in Nürnberg, in: Neues Deutschland, Berlin, v. 20. April 1968, S. 6f.; P a f f , Werner, Von Godesberg nach Bonn. Der Weg der Sozialdemokratischen Partei aus der Scheinopposition in die „Große Koalition", in: ZfG, 4/1968, S. 413ff. Epstein, Klaus, Das Deutschlandbild der Amerikaner, in: APZ, 47/62, v. 21. November 1962. Craig, Gordon A., Transatlantische Perspektiven, in: Europa und die Einheit Deutschlands. Eine Bilanz nach 100 Jahren, hg. v. Walther Hofer, Köln 1970, S. 296.

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

124

A n t w o r t e n gefunden werden k ö n n t e n . . . E s soll die gesellschaftlichen auf eine Weise erklären, die dem Leser die grundlegenden F r a g e n

Prozesse

beantworten

hilft." 81 Diese Autojen

verwahren sich aber nach wie v o r besonders dagegen, daß der

Nazismus generell etwas mit dem Monopolkapitalismus zu tun hätte. E s wird versucht, die deutsche

Großbourgeoisie

v o n der Hauptschuld

an der

Errichtung

der Hitlerdiktatur zu entlasten. S o sind die „atlantischen" Historiker auch nicht in der L a g e , L e h r e n aus der G e s c h i c h t e zu ziehen, die eine W i e d e r h o l u n g der faschistischen D i k t a t u r in der B R D oder einem anderen imperialistischen L a n d verhindern könnten.

Z u den wiederholt in den U S A

militaristisch nazismus

zu

nimmt

starke B R D Snell

geäußerten B e f ü r c h t u n g e n

über eine

und die v o n ihr ausgehenden G e f a h r e n eines N e o -

Stellung:

Die

beste

Faschismus wäre das Bündnis der B R D

Garantie für die V e r m e i d u n g

mit dem W e s t e n . 8 2 D i e T e n d e n z

des zum

Faschismus in den U S A selbst hat Snell dabei diskret übersehen. Solange der Imperialismus existiert, haben derartige Garantien amerikanischer

Historiker

überhaupt

keinen W e r t . D a s heißt nicht, daß eine faschistische D i k t a t u r nicht zu verhindern wäre. A b e r die K r ä f t e , die das v e r m ö g e n , sind nicht die v o n Snell angeführten — sondern einzig und allein die Volksmassen unter F ü h r u n g der Arbeiterklasse im antiimperialistischen K a m p f um D e m o k r a t i e und sozialen Fortschritt. A u c h an der University o f California, Berkeley, wirkende bundesdeutsche

der

Historiker

W o l f g a n g Sauer ist der A n s i c h t : „ D i e A u f g a b e besteht darin, die nicht-marxistische T h e o r i e v o m Faschismus mit einer sozialökonomischen D i m e n s i o n zu versehen . . , " 8 3 D a s W e s e n einer solchen Analyse soll aber nur darin bestehen, die früheren V e r s u c h e dieser A r t auf den neuesten Stand zu b r i n g e n . 8 4 Sauers sozialökonomische T h e o r i e des Faschismus wendet sich d e m g e m ä ß vor allem gegen die D e u t u n g des Faschismus als „eine monopolkapitalistische Manipulation". F ü r ihn ist die „untere Mittelklasse", d . h . die Bauern, kleinen Geschäftsleute, H a n d w e r k e r , K ü n s t l e r usw., „eine der wichtigsten

sozialen

Komponenten

der

faschistischen

Bewegungen".85

Andere

Historiker wie H e r m a n n Mau und E r n s t N o l t e hätten gerade diese sozialen F a k t o r e n vernachlässigt. 8 6 R o s t o w s T h e o r i e des ö k o n o m i s c h e n W a c h s t u m s wäre — bei allen Schwächen — bedeutend besser für die historische Analyse geeignet. 8 7 Sie k ö n n e Scboenbaum, David, Die braune Revolution. Eine Sozialgeschichte des Dritten Reiches, Frankfurt am Main-Wien-Zürich 1970, S. 21. 82 Snell, John L„ Hitlers Erfolg. Rückblick nach 30 Jahren, in: APZ, 5/63, v. 30. Januar 1963, S. 31, Vgl. The Nazi Revolution. Germany's Guilt or Germany's Fate? Hg. und eingel. von John L. Snell. Boston 1959 (bes. Introduction, S. I X - X V I I ) . 83 Sauer, Wolfgang, National Socialism: Totalitarianism or Fascism? in: AHR, 2/1967, S. 415. („The task is, then, to provide the non-Marxist theory of fascism with a socioeconomic dimension; more precisely the task is to bring the earlier attempts of this kind up to date.") Ebenda. 8 5 Ebenda, S. 410. („. . . it is now established beyond doubtthatthe lower middle classes, both rural and urban, were at least one of the major social components of fascist movements.") 86 Ebenda, S. 412f. 8' Ebenda, S. 416. 81

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

125

besonders den „Irrtum" der marxistisch-leninistischen Konzeption nachweisen.88 So hätte der Faschismus zwar etwas mit dem Kapitalismus zu tun (die untere Mittelklasse wäre nicht genügend in die „Industriegesellschaft" integriert worden) — sei aber keineswegs „industrieller" Natur. 89 Es gelte, dem Einfluß der „vorindustriellen Tradition" auf den Staat zu begegnen. 90 Auch hier klingt wieder die Kritik am Junkertum an. So werden die eigentlich Schuldigen am Hitlerfaschismus überall, nur nicht beim Monopolkapital gesucht. In diesem Herangehen an die Faschismusproblematik zeigt sich wiederum wesentliches Übereinstimmen mit den Werken von Meinecke und Rothfels. 91 In ihnen werden ebenfalls der Klassencharakter des Faschismus negiert und die progressive Rolle der Arbeiterklasse im Widerstandskampf und besonders seine Führung durch die KPD entstellt und diskriminiert. 92 So ist auch verständlich, daß bürgerlich-liberale Geschichtsdarstellungen wie die von William Shirer und George W. F. Hallgarten Angriffen seitens der offiziösen Historiographie ausgesetzt sind. Die Darstellungen des amerikanischen Sozialhistorikers Hallgarten üben nämlich eine weitgehende Kritik an der Faschismusdarstellung führender imperialistischer Historiker der BRD. Die führenden amerikanischen und bundesdeutschen Historiker bemühen sich in jüngster Zeit, vor allem auf der Basis der Lehre von der „Industriegesellschaft" zu einer relativ geschlossenen bürgerlichen Faschismus-„Theorie" zu gelangen, die bestimmte Nuancierungen durchaus nicht auszuschließen braucht. Diese Theorie „muß mit strukturgeschichtlichen Fragen verbunden werden". 93 In diesem Zusammenhang wird „die Forderung nach einer Typologie der faschistischen Bewegungen und der faschistischen Herrschaftssysteme" erhoben.94 So kann das Klassenwesen des Faschismus in „verschiedene Typen von Faschismen" aufgelöst und verfälscht werden: „Die aus industrieller und agrarischer Reaktion gemischte faschistische Bewegung in Italien kann offensichtlich nicht ohne weiteres mit den faschistischen Bewegungen in den Agrarländern Rumänien oder Ungarn gleichgesetzt werden; und sicher ist sie nicht mit dem Faschismus eines hochindustrialisierten Landes wie Deutschland identisch." 95 Der bundesdeutsche Historiker Wolfgang Schieder hat Ebenda, S. 418. („The analysis of fascism in terms of economic growth also offers a way to define more precisely the fallacy in the Marxist-Leninist concept of fascism.") 89 Ebenda. 90 Ebenda, S. 420 und 422. 91 Vgl. Lo^ek, Gerhard) Syrbe, Horst, Geschichtsschreibung contra Geschichte, a. a. O., S. 113. 92 Siehe z. B. Meinecke, Friedrieb, Die deutsche Katastrophe. Betrachtungen und Erinnerungen, Wiesbaden 1946; Kotbfels, Hans, Die deutsche Opposition gegen Hitler, a. a. O.,; ebenso Zipfel, Friedrich, Die Bedeutung der Widerstandsforschung für die allgemeine zeitgeschichtliche Forschung, und Thilo Vogelsang, Die Widerstandsbewegung und ihre Problematik in der zeitgeschichtlichen Darstellung, in: APZ, 28/65, v. 14. Juli 1965. Vgl. Lo%ek, GerbardjLoesdau, Alfred, Der Neonazismus in der westdeutschen Geschichtsschreibung, in: ZfG, 5/1967, S. 785ff. 93 Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft. Eine vergleichende Enzyklopädie, Bd 2, Diplomatie bis Identität, Freiburg-Basel-Wien 1968, Sp. 472. M Ebenda, Sp. 473. 95 Ebenda. 88

126

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

die Bemühungen um eine bürgerliche Faschismus-Theorie schließlich dahingehend zusammengefaßt: „Bei einem solchen Vorgehen könnte der Grundirrtum fast der gesamten bisherigen Faschismusinterpretation vermieden werden, welche die vielfältigen Erscheinungsformen des Faschismus immer nur als Varianten eines und desselben Faschismus verstanden hat. Die künftige Theorie über den Faschismus muß eine Theorie der Faschismen sein." 96 Auf dieser Ebene einer industriegesellschaftlich-strukturgeschichtlichen Faschismusinterpretation haben sich führende bürgerliche Historiker der USA und der BRD gefunden. Diese Geistesverwandtschaft wird selbst von amerikanischen und bundesdeutschen Ideologen als Ausdruck „atlantischer Gemeinschaft" konstatiert. Nach Ansicht amerikanischer Spezialisten für deutsche Geschichte sei der deutschwestliche Gegensatz mit der Gründung der BRD, die als ein demokratisches und freiheitliches Staatswesen gepriesen wird, überbrückt worden. Hans Kohn hat die westeuropäischen Integrationsbemühungen mit den Worten kommentiert: „Eine der verheißungsvollsten Entwicklungen in der Mitte unseres Jahrhunderts ist die Tatsache, daß die Entfremdung zwischen deutschem und westlichem Denken ihr Ende findet."97 Dabei sind für die Charakterisierung des bundesdeutschen Staatswesens in erster Linie formale Aspekte geltend gemacht worden. So wird beispielsweise auf die „föderalistische Tradition" der Bundesrepublik verwiesen, die bis ins Mittelalter und zu Karl dem Großen zurückreiche.98 Der amerikanische Deutschlandexperte James K. Pollock hatte sich schon im Jahre 1942 für die „Wiedererrichtung des deutschen Föderalismus" eingesetzt, das heißt für Ideen, die er als Berater der amerikanischen Besatzungsmacht in den Westzonen 99 realisieren half: „Der Föderalismus erschien aber auch wünschenswert, weil er verschiedene Möglichkeiten für die deutsche Wiedervereinigung eröffnete. Ostdeutschland könnte in Länder umgestaltet werden und Anschluß an den westlichen Bundesstaat finden, ohne daß es sich einem plötzlichen zentralstaatlich diktierten Wechsel in seiner gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Struktur unterziehen müßte." 100 Es wird zudem auf (besonders in der bundesdeutschen CDU vertretene) Auffassungen verwiesen, die im deutschen Föderalismus ein Mittel sahen, um einer „europäischen Föderation" den Weg zu ebnen.101 Jedoch trotz aller westeuropäischen Integration sind die imperialistischen Historiker der USA nicht zuversichtlicher geworden. Hans Kohn antwortete auf seine — für führende Ideologen des amerikanischen Imperialismus typische — Frage „Ist die Ebenda, Sp. 474. Kohn, Hans, Wege und Irrwege. Vom Geist des deutschen Bürgertums, Düsseldorf 1962, S. 23. 98 MerkJ, Peter H., Die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1965, S. 37, (Titel der Originalausgabe: The Origin of theWest German Republic, New York 1963). Von westdeutscher Seite siehe Ernst Deuerlein, Föderalismus. Die historischen und philosophischen Grundlagen des föderativen Prinzips, in: APZ, 1/68, v. 3. Januar 1968, S. 3—47; 5/68, v. 31. Januar 1968, S. 3 - 3 9 . 99 Merk!, Peter H., Die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland, a. a. O., S. 39. WO Ebenda, S. 49. 101 Ebenda, S. 40 und 48. 97

1. „Sozialgeschichtliche" Begründung der BRD

127

freie Welt zum Untergang verurteilt?" 1 0 2 zweckoptimistisch: „Aber diese Krisenangst, diese Untergangsstimmung sind nichts Neues. Fast jedes große Zeitalter und jede Kultur erlebte solche Angstzustände und Vertrauenskrisen." 103 Er ist nach wie vor davon überzeugt, daß der Westen „erst jetzt in die Zeit seiner kraftvollen Reife eintritt . . .'rM>4 Kohn meint: „Jetzt ist vor allem notwendig, daß sich alle Nationen des modernen westlichen Kulturkreises einig sind . . ." 1 0 5 Seinen Hoffnungen dürfte jedoch angesichts der wachsenden Widersprüche zwischen den USA und Westeuropa in der Konsequenz kein Erfolg beschieden sein. Ein solch führender bürgerlicher Ideologe wie der englische Historiker Arnold J. Toynbee denkt heutzutage — wenn von Amerikas Entscheidung die Rede ist, Roms Rolle zu übernehmen — weniger an die Größe dieses Reiches. „Was mir in den Sinn kommt, sind die letzten Tage der römischen Republik. Ciceros Zeit. Warum? Nun, eine gewaltige Macht in der Welt, ziemlich furchtsam eingesetzt, mit großer Bedrückung und Leiden der Völker verbunden und tiefgreifender Unordnung im Innern, und eine Verfassung, die bewunderswert war, gemessen an ihrem Funktionieren für ein Jahrhundert etwa, aber nicht mehr ordentlich funktionierend, und vor allem Gewaltsamkeiten." 106 Dafür, daß der Pessimismus in der amerikanischen Historiographie nicht eine Charakterfrage dieses oder jenes Historikers, sondern historisch-politisch bedingt und keineswegs durch das „atlantische Bündnis" beseitigt ist, steht nicht zuletzt die „sozialwissenschaftlich"-zeitgeschichtliche „DDR-Forschung" in den USA. Sie dokumentiert in bisher nicht gekannter Weise das illusionäre Wesen der Zielvorstellungen führender bürgerlicher Ideologen. Unter dem Eindruck der nunmehr über zwanzigjährigen Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik sehen sich bürgerliche Ideologen auch der USA gezwungen, die Leistungen des „fortgeschrittenen Industriestaates" zuzugeben. Es wird teilweise zugestanden, daß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der DDR fest auf dem Boden des sozialistischen Staates steht und „ein mehr oder minder bewußtes Staatsbewußtsein spürbar" ist. 107 Diese Erkenntnisse sind jedoch nicht Ausdruck von Weitsicht, sondern die führenden Strategen des imperialistischen Systems sahen sich meistens dazu gezwungen, die Regierungspolitik neu zu durchdenken, wenn Veränderungen des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus besonders offensichtlich wurden. Für diese unausweichliche Art, sich über strategische Änderungen imperialistischer Außenpolitik unserer Zeit Gedanken zu machen, sind vornehmlich die teilweise deKobn, Hans, Is the Liberal West in Decline? London 1957; BRD-Ausgabe: Ist die freie Welt zum Untergang verurteilt? Köln-Opladen 1959; derselbe, Political Ideologies of the Twentieth Century, New York 1966 (3. Aufl.), Abschnitt: Is the Free West in Decline? „History's Verdict" in Perspective, S. 248 ff. 103 Kobn, Hans, Wege und Irrwege. Vom Geist des deutschen Bügertums, a. a. O., S. 22. «>< Ebenda, S. 44. «>ä Ebenda, S. 52. 106 Zit. nach Krippendorff, Ekkebart, Die amerikanische Strategie, a. a. O., S. 482f., Anmerkung 119. Vgl. Apel, Hans, DDR 1962, 1964, 1966, (West-)Berlin 1967, S. 380. Vgl. die Rezension des Buches von Heinz Heitzer, in ZfG, 2/1968, S. 228 f. 102

128

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

tallierten historischen Analysen von Politologen, Soziologen und sogenannten Kommunisforschern der USA charakteristisch. Jedoch waren es bisher weniger realpolitische Einsichten, sondern mehr die Erfordernisse der ideologischen Diversionspolitik, die besonders sei} 1968/69 zu dem Bedürfnis führten, sich mit der politisch-sozialen Wirklichkeit der DDR, dabei in erster Linie mit der Politik der SED, näher zu befassen. Das ökonomische System des Sozialismus, das einheitliche sozialistische Bildungssystem, die internationalen Positionen haben die imperialistischen Ideologen der USA besonders beeindruckt. 108 In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, daß sich amerikanische Historiker in der „American Historical Review", in der „Historischen Zeitschrift" und in der „Internationalen Wissenschaftlichen Korrespondenz" äußerst eingehend mit der Geschichtswissenschaft der USA beschäftigten. So hat der amerikanische Historiker Andreas Dorpalen sich mit der Darstellung der Revolution von 1848 und der Reichsgründung von 1871 in der Geschichtsschreibung der DDR auseinandergesetzt.11® Der Westberliner Soziologe Peter Christian Ludz bedauert jedoch, was die geschäftige „DDR-Forschung" seiner Kollegen in Übersee generell betrifft, daß „die .Legitimität' der DDR als völkerrechtlich anzuerkennender Staat bisweilen allzu unkritisch in den Vordergrund gerückt wird". 110 Das ändert jedoch nichts daran, daß es den „DDR-Forschern" der USA um nichts anderes als um der Globalstrategie entsprechende analytische Untersuchungen geht, die der ideologischen Diversion dienen und somit den expansionistischen Interessen der USA wirksamer als bisher entsprechen sollen.

2. Die historisch-politische „Integration" der deutschen Arbeiterbewegung in die „Industriegesellschaft" Die bürgerliche Historiographie kann in der,modernen Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus nicht mehr an der Arbeiterklasse, die im Mittelpunkt dieser Epoche steht, vorübergehen. Die Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung ist ein Charakteristikum für den staatsmonopolistischen Kapitalismus. Die USA sind ein Zentrum der imperialistischen Historiographie bei der Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung. Die American Historical Association hat 108 Vgl. Childs, David, East Germany, New York-Washington 1969; Dornberg, Job», The Other Germany, Garden City, New York, 1968; Hanbardt jr., Arthur M„ The German Democratic Republic, Baltimore 1968; Smitb, Jean Edward, Germany Beyond the Wall, Boston-Toronto 1969; Ludz, Ptttr Christian, DDR-Forschung und vergleichende Deutschlandforschung in den USA, in: Deutschland Archiv, 2/1970, S. 113-127. 109 Dorpalen, Andreas, Die Revolution von 1848 in der Geschichtsschreibung der DDR, in: Historische Zeitschrift, München, Bd 210, 2/1970, S. 324-368; derselbe, The Unification of Germany in East German Perspective, in: The American Historical Review, New York,. 4/1968, S. 1069 ff. HO Lud%, Peter Christian, DDR-Forschung und vergleichende Deutschlandforschung in den USA, a. a. O., S. 113ff.

2. „Integration" der deutschen Arbeiterbewegung

129

zu diesem Zweck eine spezielle Sektion gebildet. Seit dem Jahre 1960 erscheint in New York die Zeitschrift „Labor History", in der vornehmlich Artikel zur Geschichte der Gewerkschaftsbewegung veröffentlicht werden. So stellte der Mitherausgeber Albert A. Blum fest: „Die Zeitschrift ,Labor History' kam als ein Ergebnis des wachsenden Interesses auf dem Gebiet der Geschichte der Arbeiterbewegung seitens der Historiker zustande. In den Vereinigten Staaten ist der größte Teil der Arbeit in diesem Bereich von Ökonomen behandelt worden, aber als die Ökonomen von der Forschung solcher Bereiche abzulassen begannen, fingen die Historiker an, diese Lücke auszufüllen." 111 Für die Analyse der Wechselwirkung der akademischen Geschichtsschreibung in den USA und in der B R D sind für uns von besonderem Interesse die Forschungen amerikanischer Wissenschaftler zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Die Verfälschung des Hauptinhalts der Arbeiterbewegung, der nach dem imperialistischen Sozialhistoriker Werner Conze unter kapitalistischen Verhältnissen nicht in ihrer politischen und ökonomischen Befreiung, sondern in ihrer sogenannten Integration, das heißt prinzipienlosen Einordnung in das bürgerliche Gesellschaftssystem bestehen würde 112 , diese Verfälschung stimmt ihrem Wesen nach mit der imperialistischen Geschichtskonzeption der in den U S A vorherrschenden Historiographie überein. Die bürgerlichen Ideologen sind sich darin einig, daß die Arbeiterklasse keine besondere historische Rolle spiele, es sich beim Klassenkampf unserer Zeit um eine Erfindung der Kommunisten handele und es in erster Linie darum gehe, daß die herrschenden Kreise in den bürgerlichen Ländern eine auf die reibungslose Einfügung der Arbeiter und ihrer Organisationen in das imperialistische System gerichtete Staatspolitik betreiben müßten. Dem stehe der Marxismus entgegen. Deshalb sei es Aufgabe gerade der Historiker, die Berechtigung der „Integrations"konzeption nachzuweisen. Es gibt keine Periode der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, mit der sich die^'amerikanische Historiographie nicht befaßt hätte. Im Jahre 1966 ist in dem 111

Blum, Albert A.., A Report on the Journal „Labor History", in: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 2/1966, S. 38. („The journal, .Labor History', came about as a result of the growning interest in the field of labor history by historians. In the United States, most of the work in this area had been preempted by economists but as economists began to leave the study of such institutions, historians began to fill this void.") Die Zeitschrift, die vom New Yorker Tamiment Institute herausgegeben wird, das mit der sozialdemokratischen Bewegung in den Vereinigten Staaten in Verbindung steht, konzentriert sich auf folgende Gebiete: Geschichte der amerikanischen Arbeiterbewegung, besonders ihrer Gewerkschaften,

damit zusammenhängende theoretische Probleme, Biographien

von

Gewerkschaftsführern, Vergleiche mit der ausländischen Gewerkschaftsbewegung, Quellen- und Literaturlage auf diesen Gebieten, Rezensionen. Vgl. ebenda, S. 38f. 112 Vgl. Schmidt, WalterjDlubek, Rolf, Die Herausbildung der marxistischen Partei der deutschen Arbeiterklasse. Konzeptionelle Fragen der ersten Hauptperiode der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, in: ZfG, 8/1966, S. 1 2 8 2 - 1 3 3 3 , bes. Abschnitt 1, Der Inhalt der Arbeiterbewegung in der ersten Hauptperiode und die Fälschungen der imperialistischen Geschichtsschreibung, S. 1 2 8 2 - 1 2 9 0 . 9

Locsdau, Globalstategie

130

IV. Darstellung der deutschen Geschichte

in der BRD erschienenen Sammelband „Moderne deutsche Sozialgeschichte" neben Beiträgen von Werner Conze, Hans Mommsen, Frolinde Baiser, Hans Rosenberg, Wolfgang Sauer und anderen der bereits im Jahre 1952 in der Historischen Zeitschrift publizierte Artikel Hajo Holborns zu dem Thema „Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung" erneut veröffentlicht worden. 113 Diesem Beitrag kommt für die imperialistische „Integrations"konzeption richtungsweisende Bedeutung zu. Hajo Holborn ging — ähnlic hwie Werner Conze, Theodor Schieder u. a. — von dem für sie unangenehmen historischen Tatbestand der Existenz und Wirksamkeit des Marxismus in der deutschen Arbeiterbewegung seit dem 19. Jahrhundert aus. Holborn konstatierte: „Als Marx seine Geschichtsphilosophie und Gesellschaftslehre in den vierziger Jahren umriß und dabei seinen Glauben schon an die industrielle Arbeiterschaft als revolutionäre Klasse heftete, war Deutschland noch ein agrarisches Land. Das Proletariat spielte dann auch eine sehr geringe Rolle in der Revolution von 1848/49. Marx behielt jedoch recht, wenn er zuversichtlich war, daß ein zukünftiges deutsches Proletariat der Träger seiner Ideen sein würde. Er konnte diese Erwartung einfach rechtfertigen, da er annahm, daß sein theoretisches Programm nichts anderes als die Bewußtwerdung der ökonomisch-sozialen Lage der modernen Industriearbeiterschaft sei." 114 Hier ist zu vermerken, daß sich die Erwartung Marxens vollauf erfüllt hat. Seine „Annahme" basiert auf der wissenschaftlichen Erkenntnis der objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung. Heutzutage ist nicht nur durch die Stellung der Arbeiter in der Produktion, sondern durch ihre Herrschaft und Politik der Beweis erbracht, daß der wissenschaftliche Kommunismus der Wirklichkeit entspricht. Aus dem von Holborn konstruierten historischen Tatbestand ergibt sich für ihn — seiner reaktionären Klassenposition gemäß — die Frage, welche Ursachen diese Entwicklung bewirkten, ob sie zwangsläufig erfolgen mußte oder nicht doch zu verhindern war. Holborn setzt seinen Gedankengang über die Arbeiterschaft fort: „Aber selbst wenn man zuzugeben bereit ist, daß zwischen ihren sozialen Aspirationen und sozialistischen Forderungen eine gewisse natürliche Affinität besteht, wird man zweifeln müssen, daß der Marxismus die notwendige Reaktion der Arbeiterklasse sein mußte." 115 Amerika, England und Frankreich würden beweisen, daß solch eine „Notwendigkeit" nicht bestanden hätte. Allein die Existenz von kommunistischen Parteien in diesen Ländern hätte Holborn von der Unrichtigkeit seiner Auffassung überzeugen können. Aber er war sogar dazu bereit, seine These auf die deutsche Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert zu erstrecken: „Selbst in Deutschland zeigt die Politik der Gewerkschaften und mehr die Gesinnung der katholischen Arbeiter, daß der Marxismus keineswegs den notwendigen Ausdruck des Massengefühls darstellt." 116 Holborn negiert nicht nur den internationalen Charakter des Marxismus, wie er im 19. Jahrhundert seinen organisatorischen 113 Holborn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, a. a. O. «4 Ebenda, S. 107. "5 Ebenda. 116 Ebenda.

2. „Integration" der deutschen Arbeiterbewegung

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Ausdruck besonders im Wirken der I. und II. Internationale gefunden hatte, sondern er versucht, die Durchsetzung des Marxismus in der deutschen Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert als eine zufällige Entwicklung herabzusetzen. „Wenn Karl Marx gleichwohl die deutsche Arbeiterbewegung so weitgehend beherrschen sollte, so lagen die Gründe dafür in der ganz einzigartigen Entwicklung der deutschen Gesellschafts- und Geistesgeschichte. Und mit der Konstituierung der Arbeiterbewegung als einer in Denken und Leben scharf geschiedenen Klassenpartei vollendete sich die innere Spaltung des deutschen Volkes, die ein Erbe des deutschen Obrigkeits- und Machtstaates war." 1 1 7 Diese Behauptung läuft auf nichts anderes hinaus, als daß sowohl Faschismus als auch Marxismus im Wesen auf dieselbe Wurzel zurückzuführen wären: auf den in Deutschland besonders praktizierten Extremismus der herrschenden Kreise, der seinen Ausdruck vornehmlich im deutschen Idealismus und Nationalismus gefunden hätte. Der Marxismus in der Theorie und Praxis der deutschen Arbeiterbewegung war demnach nicht das gesetzmäßige Ergebnis des objektiven gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses, sondern Produkt einer verfehlten Staatspolitik der herrschenden Kräfte des Deutschen Reiches. Eine andere, „bessere" Politik hätte — das ist der logische und praktische Schluß — den Marxismus „vermeiden" können. Zu der gleichen Schlußfolgerung sind — was die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert anbelangt — in der bürgerlichen „modernen Sozialgeschichte" Werner Conze und sein Arbeitskreis gekommen. 118 Zudem verweist Holborn auf die integrierende Funktion der Kirche. Er findet lobende Worte für Methodismus und Katholizismus, die sich bei der „Einigung" der Volksmassen verdierit gemacht hätten. Dem englischen Methodismus sei es gelungen, die neuen Massen der Industriearbeiterschaft dem Christentum nahezubringen, so daß der Marxismus noch heute in England eine verhältnismäßig 118



Ebenda, S. 107f. Vgl. Schmidt, Walter¡Dlubek, Rolf, Die Herausbildung der marxistischen Partei der deutschen Arbeiterklasse, a. a. O.; im einzelnen vgl. Industrielle Welt, Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte, Bd 1 : Con^e, Werner, (Hg.) Das Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft im Vormärz, Stuttgart 1962; Bd 2: Kaiser, F., Sozialdemokratie 1848/49—1863. Die erste deutsche Arbeiterorganisation „Allgemeine deutsche Arbeiterverbrüderung" nach der Revolution, Stuttgart 1962; Bd 3: Stuke, H., Philosophie der Tat. Studien zur „Verwirklichung der Philosophie" bei den Junghegelianern und Wahren Sozialisten, Stuttgart 1963; Bd 4: Scbieder, W., Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung. Die Auslandsvereine im Jahrzehnt nach der Julirevolution von 1830, Stuttgart 1963; Con%e, W., Der Beginn der deutschen Arbeiterbewegung, in: Geschichte und Gegenwartsbewußtsein. Historische Betrachtungen und Untersuchungen. Festschrift für Hans Rothfels zum 70. Geburtstag, dargebracht von Kollegen, Freunden und Schülern. Hg. von W. Besson und F. Frhr. Hiller von Gaertringen, Göttingen 1963, S. 323—338; Scbieder, Theodor, Die deutsche Revolution von 1848/49 und ihre Nachwirkungen, in: Gebhardt, Bruno, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd 3: Von der Französischen Revolution bis zum ersten Weltkrieg. In Verbindung mit Karl Erich Born, Max Braubach, Theodor Schieder und Wilhelm Treue, hg. von Herbert Grundmann, 8., vollstdg. neubearb. Aufl., Stuttgart 1960, Abschnitt II. Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich, S. 125ff.

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

geringe Macht sei. 119 „Die Einigung des größeren Teils des katholischen deutschen Volkes in allen seinen Klassen, die dem Katholizismus seine politische Stärke verlieh, konnte sich später im Zeitalter des industriellen Hochkapitalismus auf nicht unbedeutende Gruppen der Industriearbeiterschaft ausdehnen." 120 Dagegen hätte der deutsche Protestantismus eine solche soziale Integration nicht zuwege gebracht, so daß im Deutschen Reich der Marxismus wirken und der historische Materialismus zu einer Anweisung revolutionärer Strategie werden konnte. 121 Diese reaktionäre „Integrations"konzeption ist in der Gegenwart die Grundlage für die Forschungen führender amerikanischer Gelehrter zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Immer wieder wird versucht, die Wurzeln des Marxismus zu analysieren, um Kräfte ausfindig zu machen, die geeignet wären, das Wachstum des Marxismus zu verhindern. Deshalb steht im Mittelpunkt dieser Forschungen in den letzten Jahren vor allem die Geschichte der sozialdemokratischen Partei, besonders die Rolle ihrer Führer. Diese Tendenz wurde nicht zuletzt durch die Soziologisierung der bürgerlichen amerikanischen Geschichtsschreibung gefördert. Sigmund Neumann, der in der Weimarer Zeit durch sein 1932 in Berlin erschienenes Werk „Die deutschen Parteien. Wesen und Wandel nach dem Kriege" Methoden der bürgerlichen Parteiensoziologie mitbegründet und praktiziert hatte, wirkte nach der Emigration bis zu seinem Tode in den USA. Im Jahre 1956 äußerte er sich zur historischen Bewertung der SPD für die Zeit von 1933 bis 1945: „Die wiedererstandene Sozialdemokratie könnte vieles aus den Annalen des erschütternden Exils entnehmen. Deren neue Führung sollte ein tieferes Verständnis den grundsätzlichen Auseinandersetzungen im Exil entgegenbringen . . . Schließlich ist die Sozialdemokratie nicht zufällig die einzig ,historische' Partei im politischen Kräftefeld des gegenwärtigen Deutschland. Ob dieses Geschick zum erdrückenden Verhängnis oder zur fruchtbaren Verantwortung gedeiht, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sie ihre eigene Geschichte zu lesen vermag." 1 2 2 Diesen Ratschlag stellte Neumann in einer Einleitung an die Spitze des Werkes des amerikanischen Soziologen Lewis J. Edinger über den sozialdemokratischen Parteivorstand von 1933 bis 1945. Edingers „parteiensoziologische" Analyse läuft darauf hinaus, daß es der Fehler der sozialdemokratischen Führer nach 1918 gewesen wäre, zu versuchen, „die reformistische Praxis mit der marxistischen Theorie zu versöhnen". 123 In der Nazizeit hätte jede der streitenden Parteien (innerhalb der SPD) zur Verteidigung ihres Anspruchs doktrinäre marxistische Argumente angeführt. 124 Holborn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, a. a. O., S. 101. Ebenda, S. 105. (Hervorhebung von mir — d. Verf.) 121 Ebenda, S. 106. 122 Neumann, Sigmund in Edinger, Lewis /., Sozialdemokratie und Nationalsozialismus. Der Parteivorstand der SPD im Exil von 1933—1945, Hannover und Frankfurt am Main i960, S. VII. 123 Ebenda, S. 4. 424 Ebenda, S. 75. In gleicher Weise hebt Edinger ständig angebliche „marxistische" Auffassungen des rechtssozialdemokratischen Führers Kurt Schumacher hervor: Kurt Schumacher. A Study in Personality and Political Behavior, Stanford-London 1965, vgl. z. B. S. 77ff. 119

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2. „Integration" der deutschen Arbeiterbewegung

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Der Soziologe Guenther Roth, der in seinem 1963 erschienenen Werk 125 das Problem der „Integration" im 19. Jahrhundert untersucht, ist zu dem Ergebnis gekommen: „Die Mischung von legalen und illegalen Bedingungen, die für das herrschende System charakteristisch ist, machte eine gemäßigte Praxis ratsam, aber es ist auch das Festhalten an einer radikalen, wenngleich deterministisch abgeschwächten marxistischen Ideologie gefördert worden." 1 2 6 Der Soziologe Richard N. Hunt untersuchte 1964 den Integrationsprozeß der SPD in der Weimarer Zeit und versprach sich in seinem Ergebnis eine Wiedergeburt der Partei in den sechziger Jahren. 127 Der Politologe Douglas A. Chalmers kommt im gleichen Jahr zu der Schlußfolgerung, daß die SPD, indem sie auf den Marxismus verzichtet hat, „einen Weg demonstriert, auf dem ein stabiles politisches System in einer komplexen Welt demokratisch und effektiv" bleiben kann. 128 Hier wird der konservative, staatserhaltende Charakter der modernen imperialistischen Geschichtsschreibung offenbart. Von Holborns Artikel im Jahre 1952 bis zu den parteiensoziologischen Werken der sechziger Jahren ist das die Konzeption der „Integration" der Arbeiterbewegung in die bürgerliche Ordnung mit Hilfe des Staates, der Kirche und der rechten sozialdemokratischen Führer mit dem Ziel der Verbannung des Marxismus aus der Arbeiterbewegung, um sie auf diese Weise an der Erfüllung ihrer historischen Mission zu hindern. Diese Konzeption ist völlig illusionär. Die Klassengegensätze zwischen der Arbeiterklasse und dem Monopolkapital verschärfen sich, der Einfluß der kommunistischen und Arbeiterparteien wächst, das sozialistische Weltsystem erstarkt, der Marxismus-Leninismus ergreift immer mehr Menschen, kurz: das Wachsen der führenden Rolle der Arbeiterklasse ist eine unabdingbare Gesetzmäßigkeit. Geschichte und Gegenwart der Arbeiterbewegung widerlegen die pseudowissenschaftlichen Interpretationsversuche der imperialistischen Historiographie, so insbesondere die „Integrations"-konzeption. 129 Von dieser Grundkonzeption leiten führende amerikanische Historiker, Soziologen und Politologen konkret-historische Darstellungen zu bestimmten Fragen der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung ab. Dabei gibt es Auffassungen, die Roth, Guentber, The Social Democrats in Imperial Germany. A Study in Working-Class Isolation and National Integration, Totowa, New Jersey, 1963. 126 Ebenda, S. 308—309. („The mixture of permissive and repressive conditions characteristic of the dominant system made a moderate practice advisable, but it also encouraged the adherence to a radical though deterministically attenuated Marxist ideology.") 127 Hunt, Richard N„ German Social Democracy 1 9 1 8 - 1 9 3 3 , New Haven and London 1964, S. 241 ff. und 259. 128 Chalmers, Douglas A., The Social Democratic Party of Germany. From Working-class movement to modern political party. New Haven and London 1964, S. 233. („The German Social Demokratie Party is thus undergoing a transformation that is not simply helping to complete the development of a stable political system in Germany but is also demonstrating one way in which a stable political system can remain democratic and effective in a complex world.") 129 Vgl_ Unbewältigte Vergangenheit. Handbuch zur Auseinandersetzung mit der westdeutschen bürgerlichen Geschichtsschreibung, hg. v. Gerhard Lozek, Helmut Meier, Walter Schmidt, Werner Berthold, Berlin 1971, S. 44ff. 125

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

mit dem Geschichtsbild der in der B R D dominierenden Historiographie im wesentlichen übereinstimmen. 1. Der Marxismus wird als ein Fremdkörper in der deutschen Arbeiterbewegung angesehen. 1 3 0 Guenther Roth spricht bei der Durchsetzung des Marxismus in den neunziger Jahren von einer politischen „Subkultur" 1 3 1 , die „ein ständiger Instabilitätsfaktor für das Reich" 1 3 2 gewesen sei. Stattdessen hätte die „nationale Integration" angestrebt werden müssen, durch die der Klassenkonflikt im deutschen Volk aufgehoben werde. 1 3 3 Das sei eine weitreichende Integration der unteren Klassen in die „nationale Gemeinschaft". Der Prototyp hierfür wäre England. Auf jedem anderen W e g e würde sich die Klassenspaltung nach der Anhäufung verschärfender Faktoren entwickeln und das Ergebnis eine völlig revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft sein. Der Prototyp dafür wäre Rußland. 1 3 4 Für die „negative Integration" sei auch das wilhelminische Kaiserreich charakteristisch, in dem die Arbeiterbewegung isoliert war 1 3 5 und sich eben solch eine „Subkultur" schuf, die nur „negativ" in das herrschende System integriert war. 1 3 0 Erst zu Beginn des ersten Weltkrieges wäre die Arbeiterbewegung in die „nationale Gemeinschaft" „positiv" integriert worden. 1 3 7 Dieser Prozeß sei dann in den fünfziger Jahren in der B R D vollendet worden. 1 3 8 Damit ist von amerikanischer Seite entscheidend zur Aktivierung der bürgerlichen Nationsidee zur Unterordnung der Arbeiterbewegung unter die imperialistische Staatspolitik beigetragen worden, jener Konzeption, die — ebenfalls in den sechziger Jahren — besonders von Werner Conze und Dieter Groh in der B R D für die „Formierung" der bundesdeutschen Gesellschaft erarbeitet worden ist. 139 Siebe B. Noyes, Paul H., Organization and Revolution. Working-class associations in the German revolutions of 1848—1849, Princcton, New Jersey, 1966. Rez. von Walter Schmidt, in: ZfG, 2/1968, S. 234ff. 131 Vgl. Roti, Günther, Die kulturellen Bestrebungen der Sozialdemokratie im kaiserlichen Deutschland, in: Moderne deutsche Sozialgeschichtc, a. a. O., S. 342. (Es handelt sich hierbei um einige ins Deutsche übertragene Teile des oben erwähnten Werkes von G. Roth: Social Democrats in Imperial Germany, Totowa 1963). «2 Ebenda. 133 Hajo Holborn bedauerte, „daß die inneren Klassenspaltungen des deutschen Volkes nicht überwunden wurden"; siehe: Holborn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, a. a. O., S. 87. Konkrethistorisch sieht das bei ihm auch so aus: „Als Deutschland 1848 in das Zeitalter nationaler Staatsbildung und großindustrieller Entwicklung eintrat, war es in einem mehr als oberflächlichen politischen Sinne gespalten in seinem tiefsten grundsätzlichen Denken über Kirche und Staat und Gesellschaft, Menschheit und Volk. Und dieses Denken verfestigte die Klassengegensätze, statt sie aufzuheben oder wenigstens zu erweichen." (S. 108). 130

Rotb, Guenther, The Social Democrats in Imperial Germany, a. a. O., S. 7. »35 Ebenda, S. 8. '36 Ebenda, S. 8 - 9 . »37 Ebenda, S. 310. 138 Ebenda, S. 317. 139 Vgl Cox%e, WernerjGrob, Dieter, Die Arbeiterbewegung in der nationalen Bewegung. Industrielle Welt. Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte. Hg. von Werner Conze, Bd 6, Stuttgart 1966; Rez. von Walter Schmidt, in: ZfG, 4/1967, S. 714ff. 134

2. „Integration" der deutschen Arbeiterbewegung

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Auch die Historikerin Hedwig Wachenheim (New York) hofft, „Anregungen zu geben für das Studium des Versuchs der Arbeiterbewegung, aus ihrer Isoliertheit herauszutreten und sich positiv und aktiv in das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben der Nation einzugliedern". 140 Deshalb stimmt sie mit Conze und Groh überein, wenn sie ihr Buch mit dem 4. August 1914 schließt, „dem Tag, an dem die Sozialdemokratie ihre Isolierung vom Staat und ihre prinzipielle Opposition gegen den ,Klassenstaat' aufgab und damit die erste Epoche ihres Daseins beendete". 144 Ihr Buch ist Teil eines größeren Projektes des Inter-University Study of Labor Problems in Economic Development und ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit bundesdeutscher und amerikanischer Historiker. 142 2. Dem herrschenden Staatssystem wird empfohlen, eine kluge Integrationspolitik zu betreiben. Das wird besonders an diesbezüglichen Wertungen der Regierungspolitik Bismarcks deutlich. Holborn setzte der „Realpolitik" die „politischreligiöse Gesamtheit" entgegen. 143 Roth bemängelt: „Nachdem Bismarcks Unterdrückungsversuch mißlungen war, trug eine Isolierungspolitik dazu bei, die Unversöhnlichkeit der Sozialdemokraten aufrechtzuerhalten." 144 Auch Lewis J. Edinger geht in seiner Analyse der Position des sozialdemokratischen Parteivorstandes in der Nazizeit vom 19. Jahrhundert aus: „Der Marxismus, der in den ersten Jahren nach der Gründung der Partei im Jahre 1875 nur verhältnismäßig wenig Einfluß hatte, wurde durch die Anstrengungen Bismarcks, die wachsende Bewegung in den Jahren 1878 bis 1890 zu unterdrücken, zu ihrer offiziellen Lehre." 143 Die Fehler Bismarcks dürfen nicht wiederholt werden. 3. Die Sozialdemokratie wird als alleinige Repräsentantin der westdeutschen Arbeiterbewegung angesehen. Die Sozialdemokratische Partei würde die kontinuierliche Linie in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung verkörpern, weil sie als eine bürgerliche Arbeiterpartei die Tradition der angeblichen Klassenversöhnung und des Revisionismus weiterentwickelt hat. Bei näherer Betrachtung erweisen sich derartige Darstellungen als direkte oder indirekte Empfehlungen für die sozialdemokratischen Parteiführer, als eine Analyse ihrer Verdienste und ihres Versagens. Lewis J . Edinger bescheinigt ihnen für die Zeit von 1933 bis 1945: „Angesichts der kommunistischen Absichten und der Tendenzen der Sozialisten des linken Flügels scheint die sture Weigerung der alten sozialdemokratischen Führer, sich Wacbenbeim, Hedwig, Die deutsche Arbeiterbewegung 1844 bis 1914, Köln-Opladen 1967, S. 603. 141 Ebenda, S. VI. Vgl. Cortee, WernerjGrob, Dieter, Die Arbeiterbewegung in der nationalen Bewegung, a. a. O. 142 Näheres siehe auch Förster, Alfredl Geyer, Karl-HeinRez. zu dem Buch der Wachenheim, in: BzG, 6/1967, S. 1111 fif. 143 Holborn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, a. a. O., S. 108. 144 Roth, Guentber, The Social Democrats in Imperial Gcrmany, a. a. O., S. 307. („After Bismarck's attempt at suppression had dailed, a policy of isolation helped to preserve the intransigence of the Social Democrats.") 145 Edinger, Lewis ]., Sozialdemokratie und Nationalsozialismus, a. a. O., S. 2. Vgl. auch Udtke, Vernon L., German Social Democracy and German State Socialism, 1876—1884, in: International Review of Social History, Amsterdam, Vol. IX, 1964, S. 202-225. 140

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IV. Darstellung der deutschen Geschichte

weder einer ,Einheitsfront' noch einer .sozialistischen Konzentration' der antinationalsozialistischen Emigranten anzuschließen, völlig gerechtfertigt zu sein." Und es klingt wie Hohn: „Während sie als revolutionäre Führer gescheitert waren, konnten die am Leben gebliebenen Mitglieder des Exilvorstandes als loyale, treue Wächter der demokratisch sozialistischen Prinzipien, mit denen die Partei wieder ihre legale Existenz begann, nach Deutschland zurückkehren." 1/16 Für Richard N. Hunt steht die SPD heute auf der linken Flanke des „Zweiparteien-Systems" der BRD. 147 Nach den amerikanischen Soziologen Karl W. Deutsch und Lewis J. Edinger muß die SPD zwar als eine Arbeiterpartei, aber nicht als eine revolutionäre Partei angesehen werden. Ihre eigenen Anhänger würden den Charakter der Partei als bürgerlich bezeichnen. 148 So ist die Sozialdemokratische Partei für die führenden imperialistischen Ideologen der USA nicht mehr nur eine unvermeidliche Institution, sondern ein entscheidender Stabilitätsfaktor des imperialistischen Herrschaftssystems in der BRD. 149 Im September 1963 hatte Walt W . Rostow, damals als Leiter der Planungsabteilung im Außenministerium der USA über die Entwicklung der Bundesrepublik geäußert: „Ich denke vielmehr an das Entstehen einer stabilen, demokratischen Regierung, getragen von einer weitgehenden nationalen Übereinstimmung in außen- und innenpolitischen Angelegenheiten, die selbst über die großen Parteien hinweggeht. . . 150 Damit ist jene imperialistische Strategie historisch-politisch konzipiert worden, deren politische Konsequenzen wir heute in der BRD vorfinden. Durch die „Integration" der Arbeiterbewegung in das staatsmonopolistische Herrschaftssystem zu einer „nationalen Gemeinschaft" als Bestandteil der „europäischen Gemeinschaft" und der „atlantischen Gemeinschaft" 151 zu kommen, um so die „komplexe Welt" des Kapitalismus effektiv zu erhalten — das sind die profanen Absichten des zitierten imperialistischen Geschichtsbildes, an dessen Konstruktion amerikanische Historiker, Soziologen und Politologen entscheidenden Anteil haben. 146 Edinger, Lewis ]., Sozialdemokratie und Nationalsozialismus, a. a. O., S. 210. 1« Hunt, Riebard N„ German Social Democracy 1918-1933, a. a. O., S. VII. 148 Deutsch, Karl W./Edixger, Lewis ]., Germany Rejoins the Powers. Mass Opinion, Interest Groups and Elites in Contemporary German Foreign Policy, Stanford, California, 1959, S. 71. )49 Vgl. auch Landauer, Carl, European Socialism, History of Ideas and Movements. From the Industrial Revolution to Hitler's Seizure of Power. Vol. I, From the Industrial Revolution to the First World War and its Aftermath. Vol. II, The Socialist Struggle against Capitalism and Totalitarianism, Berkeley and Los Angeles 1959. Vgl. bes. Vol. II, Kap. 47, A Glance at the Future, S. 1663-1673. «0 Die weltpolitische Rolle Deutschlands in amerikanischer Sicht, Rede von Walt W . Rostow, a. a. O., S. 195. 151

Für Holborn sind die Entstehung der Arbeiterbewegung in Deutschland im 19. Jahrhundert und ihre marxistische Entwicklung eine wesentliche Ursache für den zeitweiligen Gegensatz zwischen Deutschland und Europa {Holhorn, Hajo, Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung, a. a. O., S. 85ff.). Für Schorske ist die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei im ersten Weltkrieg, insbesondere ihre Spaltung, „mit verhängnisvollen Konsequenzen für die europäische Zivilisation bis zum heutigen Tag" beladen. (Schorske, Carl E., German Social Democracy 1905-1917, a. a. O., S. VIII).

KAPITEL V

Historiographische Widersprüche des staatsmonopolistischen Kapitalismus

„Ich glaube ,daß der einzige Weg zur Freiheit der Weg zum Sozialismus und zum Kommunismus ist."

Angela Davis 1. Differenzen unter den „atlantischen" Geschichtsideologen Auf dem XXIV. Parteitag der KPdSU ist auf die Widersprüche zwischen den U S A und Westeuropa verwiesen worden. 1 Differenzen sind zwar eher auf ökonomischem undpolititschem Gebiet sichtbar, es gibt aber auch Divergenzen im ideologischen Bereich. Die vorherrschenden bürgerlichen Ideologien reflektieren nicht nur die generellen Grundinteressen imperialistischer Mächte, sondern auch deren spezifische Belange. Schließlich kann es auch zwischen führenden Geschichtsideologen eines imperialistischen Landes Unstimmigkeiten über anzustrebende Ziele und entsprechende Mittel und Methoden geben. Dazu kommt in den Bereichen der Ideologie ein besonders hoher Subjektivitätsgrad, hervorgerufen durch die subjektiven Divergenzen der individuellen Bewußtseinsträger. Besonderheiten und Unterschiede in bürgerlichen Geschichtsdarstellungen werden von imperialistischen Historikern oft überwertet, um ihre grundsätzlichen Gemeinsamkeiten zu verschleiern. Wenn auch die bürgerliche Historiographie nicht monolithisch ist, so darf aber der Klassencharakter der Theorien und Konzeptionen bürgerlicher Ideologen nicht außer acht gelassen werden? Das Verhältnis zwischen den U S A und der B R D ist das Verhältnis zwischen imperialistischen Verbündeten mit allen einer „Partnerschaft" imperialistischer Konkurrenten innewohnenden Widersprüchen. Sie werden bei Dominanz der bekannten Gemeinsamkeiten des amerikanischen und des bundesdeutschen Herrschaftssystems besonders durch die Weltherrschaftsbestrebungen der U S A und die Hegemoniebestrebungen der Bundesrepublik in Westeuropa belegt. Für die historiographische Widerspiegelung spezifischer Machtinteressen ist deren Vorgeschichte aufschlußreich. Die U S A und Deutschland waren sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg Gegner. Aus diesen Kriegen gingen die U S A als Sieger und der deutsche Imperialismus als Verlierer hervor. Aus den U S A wurde 1

2

Bresbneiv, L. I., Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees der KPdSU an den X X I V . Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Moskau-Berlin 1971, S. 22. XJnbervähigte Vergangenheit. Handbuch zur Auseinandersetzung mit der westdeutschen bürgerlichen Geschichtsschreibung, hg. v. Gerhard Lozek, Helmut Meier, Walter Schmidt, Werner Berthold, Berlin 1971, S. 1811.

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V. Historiographische Widersprüche

nach 1945 die führende imperialistische Weltmacht (d. h. sie nahmen jene Position ein, die eigentlich vom deutschen Imperialismus seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erstrebt wurde und um derentwillen er die beiden Kriege entfesselt hatte). Der unterschiedliche Standort der USA und der BRD im imperialistischen System hat seine historiographische Widerspiegelung gefunden. Der bürgerliche Historiker Golo Mann, der in den USA eine Lehrtätigkeit ausgeübt hatte, beschrieb in seinem Buch „Vom Geist Amerikas" 3 den spezifischen amerikanischen „Geist der Geschichte": „Dem Amerikaner ist seine, amerikanische, Geschichte ein klar vor ihm liegendes Kontinuum . . ," 4 Dagegen ist selbst für die imperialistische Historiographie der Bundesrepublik die deutsche Vergangenheit „unbewältigt" und die Geschichtswissenschaft in einer „Krise". Die geschichtlichen Persönlichkeiten sind mehr oder weniger umstritten. Golo Mann konstatiert für die U S A : „Die großen Männer der Vergangenheit sind noch heute groß und gegenwärtig." 5 Die historischen Dokumente „sind Gegenwart, verkünden bleibende Wahrheiten". 6 Selbstverständlich habe es in den USA eine Revolution und Konflikte gegeben, aber: „Eine Glücks- und Erfolgsgeschichte, trotzdem und alles in allem. Eine Geschichte harter, aber ergiebiger, gradliniger, wesentlich ungestörter Arbeit. Lange Zeit erwies die Welt sich den Amerikanern als besser als sie in Wirklichkeit ist. Sie waren immer Herren der Lage, sie waren nie Opfer, und kaum je in ernsthafter Gefahr." 7 Ob die amerikanischen Machthaber angesichts der inneren Schwierigkeiten der USA, der Dollarkrise, der notorischen Armut von vielen Millionen amerikanischer Bürger, des Rassismus und des drohenden Faschismus sowie des langjährigen blutigen Krieges in Vietnam gegenwärtig noch als „Herren der Lage" zu bezeichnen sind, dürfte zu bestreiten sein. Bestehen bleibt aber, daß der deutsche Imperialismus in seiner Geschichte — im Unterschied zur Geschichte der USA bis zum zweiten Weltkrieg — wahrlich wenig Erfolgserlebnisse zu verzeichnen hatte. Und nach dem zweiten Weltkrieg: „Der in Isolierung gewonnene Erfolg wurde Macht; Macht griff ein in den Kampf der Mächte, entschied ihn, entschied ihn derart, daß sie sich selbst eine Weltführerrolle widerwillig aufzwang." 8 Das ist also die Bilanz — und damit der wesentliche Unterschied — die USA sind „Weltführer" und die BRD wird „geführt". Daß sich Washington diese Rolle „widerwillig aufzwang", gehört in Anbetracht seiner Weltmachtkonzeption von der „Einen Welt" bis zur Globalstrategie ins Reich der Fabel und nicht in ein seriöses Geschichtsbuch. Wie spiegeln sich diese Unterschiede und Divergenzen nun im „atlantischen" Geschichtsbild wider? Welche politischen Konsequenzen zeitigen diese historiographischen Differenzen? Antipathien amerikanischer Historiker gegen das PreußenMann, Golo, Vom Geist Amerikas. Eine Einführung in amerikanisches Denken und Handeln im zwanzigsten Jahrhundert, Zürich-Wien 1955. < Ebenda, S. 17. 5 Ebenda. 6 Ebenda. ' Ebenda, S. 46. 8 Ebenda, S. 47. 3

1. „Atlantische" Geschichtsideologen

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tum, ihre Distanzierung vom „deutschen Idealismus" und „Nationalismus", die Vorbehalte gegenüber dem wilhelminischen Deutschland, eine Kritik am „Dritten Reich", die Tradition der Antihitlerkoalition — das sind derartige konkret-historische Differenzpunkte in der „atlantischen" Historiographie der USA zur BRD. Hier spiegeln sich spezifische Machtinteressen des amerikanischen Herrschaftssystems wider. Zudem müssen die amerikanischen Ideologen besondere Rücksicht auf die Volksmeinung in den USA über Absolutismus, Militarismus, Faschismus in Deutschland und Renazifizierung in der Bundesrepublik nehmen. Schließlich können sich die amerikanischen Historiker eher historisch-politische Divergenzen erlauben als ihre Bonner Fachkollegen, die für ein in diesem Jahrhundert zweimal gescheitertes und in seinem Spielraum begrenztes besonders aggressives System des Imperialismus sprechen. Ein hervorstechendes Beispiel für derartige Divergenzen war im Jahre 1964 die Entrüstung von US-Historikern über die Haltung der damaligen BRD-Regierung zu dem Historiker Fritz Fischer. Das Bonner Auswärtige Amt hatte dem Hamburger Professor eine Vortragsreise in die USA untersagt. Der Grund war offensichtlich nicht ein Formfehler bei der Antragstellung bzw. eine Kürzung des Etats, sondern in erster Linie in der Ablehnung der von Fischer in seinem Buch „Griff nach der Weltmacht" vertretenen Konzeption 9 über die Kriegsziele des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg und deren Kontinuitätscharakter zu suchen. Die amerikanischen Historiker Gordon Craig, Klaus Epstein, Hans Gatzke, Theodore Hamerow, Hans Kohn, Leonard Krieger, William Langer, Otto Pflanze, Hans Rosenberg, Carl Schorske, John Snell und Fritz Stern verfaßten einen Protestbrief, in dem es hieß: „Die Haltung der zuständigen Bonner Stellen in dieser Angelegenheit zeigt eine unglückliche Mischung von bürokratischem Hochmut, falsch verstandener Staatsräson und Instinktlosigkeit gegenüber der Reaktion des Auslandes. Man kann nur mit Bedauern feststellen, daß gerade diese Eigenschaften bei den nicht immer glücklichen deutsch-amerikanischen Beziehungen der Vergangenheit eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben." 1 0 Auf der Tagung des westdeutschen Historikerverbandes im Oktober 1964 in Westberlin nahm Fritz Stern zur sogenannten FischerKontroverse Stellung und kam zu dem Ergebnis: „Herr Fischer hat die These der Kontinuität im ganzen vielleicht überspannt, aber die Gegenthese, die in allen Fehlspekulationen und Entgleisungen deutscher Politik des 20. Jahrhunderts einen Betriebsunfall sieht, ist doch noch viel unbefriedigender. Gibt es überhaupt so etwas wie eine Folge von Betriebsunfällen, ohne daß man mehr auf den Gedanken kommt, daß in dem Betrieb etwas nicht stimmt?" 1 1 Der deutsche „Betrieb" soll funktionstüchtig bleiben, aber nicht auf Kosten der USA. Stern verkündete unzweideutig: „Wir haben allerdings auch nie bezweifelt, daß die Fischer, Fritz, Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18, Düsseldorf 1961. «• Vgl. Die Zeit, Hamburg, v. 24. April 1964. 1 1 Vgl. Stern, Fritz, War der Kriegsausbruch ein Betriebsunfall?, in: Der Spiegel, Hamburg, v . 21. Oktober 1964, S. 53. 9

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V. Historiographische Widersprüche

deutschen Kriegsziele sehr weit gespannt waren." 1 2 Wie wenig die Unterzeichner des Protestbriefes an eine Förderung progressiver Geschichtsauffassungen denken, haben beispielsweise die Polemiken Klaus Epsteins gegen Fritz Fischer, aber auch gegen William L. Shirer aus den USA gezeigt. 13 Fischer sei in Details „oft beklagenswert nachlässig" und mache sich der „Voreingenommenheit" schuldig. 14 Er neige dazu, „die Zielstrebigkeit, Kontinuität und Konsistenz von .Deutschlands Drang nach Weltmacht' zu übertreiben" 15 , und allgemeine Übereinstimmung werde es in der imperialistischen Historiographie wieder geben, „sobald die revisionistische Position Fischers ihrerseits revidiert sein wird". 1 6 Hans Rothfels sah sich veranlaßt, gerade diese Ansicht Epsteins über Fischer zu würdigen: „Bei voller Anerkennung der Forscherleistung (.herkulischer' Art) und der verdienstvollen Ausräumung legendärer Überlieferungen werden doch sehr klar die methodischen Mißgriffe, insbesondere die ,a priori construction' gekennzeichnet, die so fatal mit gewissen Pauschalvorstellungen vom .deutschen Imperialismus' zusammentrifft." 17 Dieser offensichtliche und unsachliche Hinweis auf die marxistische Historiographie sollte Fischer diffamieren und disqualifizieren. Gegen den liberalen Publizisten Shirer ging Epstein noch weiter. Das einflußreiche Werk Shirers war von Epstein als „primitiv" abgestempelt worden, „Ausgewogenheit in der Behandlung des Gegenstandes fehlt völlig", dem Verfasser warf er „eine ganz erstaunliche Unfähigkeit" vor. 18 Es gibt also gar keine Veranlassung, Epstein oder andere profilierte Verkünder des „atlantischen" Geschichtsbildes in die Nähe irgendwelcher demokratischen Ansichten zu rücken. Der amerikanische Historiker George W. F. Hallgarten ist bisher in der bürgerlichen Kritik an der in der BRD praktizierten Historiographie, deren Substanz und Entwicklung er eingehend analysiert hat, mit am weitesten gegangen. „Das Eigenartige ist, daß sich die Stellung der deutschen Historiker — natürlich mit Ausnahme der DDR — in dem mehr als halben Jahrhundert, das uns vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges trennt, eigentlich gar nicht so sehr verändert hat." 1 9 Mit dieser Feststellung leitet Hallgarten eine Kritik der führenden BRD-Historiker ein, die in mehrfacher Hinsicht historiographische Arbeiten der DDR über deren Geschichts« Ebenda, S. 50. Epstein, Klaus, Gerhard Ritter und der Erste Weltkrieg, in: Kriegsausbruch 1914, Journal of Contemporary History, Deutsche Buchausgabe, München 1967, S. 253 ff. J 4 Ebenda, S. 255. 1 5 Ebenda, S. 256. « Ebenda, S. 263. 17 Kotbfels, Hans, Zwischen Deutschland und Amerika, Zum Tod von Klaus Epstein, in: Die Zeit, Hamburg, v. 7. Juli 1967, S. 6. 1 8 Klaus Epstein in den VfZ, 1/1962 und in: APZ, 50/62, v. 12. Dezember 1962, S. 654ff. Vgl. dazu: Hass, G., Zur Methode der Polemik gegen Shirers „Aufstieg und Fall des Dritten Reiches" von Seiten der offiziellen westdeutschen Geschichtsschreibung und Publizistik, in: ZfG, 7/1962, S. 1626ff. 19 Hallgarten, George W. F., Das Schicksal des Imperialismus im 20. Jahrhundert. Drei Abhandlungen über Kriegsursachen in Vergangenheit und Gegenwart, Frankfurt am Main 1969, S. 68f. 13

1. „Atlantische" Geschichtsideologen

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Schreibung bestätigt. Er enthüllt vor allem den konservativen Grundgehalt der Geschichtsdarstellungen der führenden bürgerlichen Historiker der Bundesrepublik: „Es ist diesem Schlag von Männern gelungen, den Geist des alten Preußens — wenn auch angepaßt, verbrämt, dem Sinn der Zeit gemäß zurechtgestutzt — bis in diese Jahre hinüberzuretten, in denen er den fast bis zur Unkenntlichkeit verwandelten Uncle Sam, den Vereinigten Staaten unserer Zeit, dem Weltraum Preußen des Jahres 2000, wichtigen Hilfsdienst zu leisten vermochte. Dieser Prozeß bereitete sich während und nach der Hitler-Zeit vor, als mehrere Vertreter dieser Gattung als Emigranten in Amerika weilten . . ." 2 0 Für die Bewertung der Charakterlosigkeit dieser BRD-Historiker sprechen folgende Zeilen: „Man rückte mit Hast von Hitler ab, erklärte ihn, der noch bis vor kurzem von Millionen angebetet worden war, für eine Ausgeburt der Hölle, und konnte auf die hochwillkommene Tatsache hinweisen, daß sich der blutige Diktator und die deutsche gute Gesellschaft — die Creme des alten Deutschland und der Bundesrepublik — gegenseitig bis aufs Messer bekämpft, ja mit Bomben beworfen oder umgebracht hatten." 21 Jedoch zwischen 1945 und 1970 liegt ein Vierteljahrhundert des schrittweisen Übergangs von der zeitweiligen Distanzierung der alten Regierungspolitik (Hitlers) zur historisch-politischen Begründung der neuen Regierungspolitik (der Bundesrepublik). Das Wesen der Neubesinnung der bürgerlichen Historiker der BRD als einer Scheinrevision wird zunehmend als peinlich empfunden. Hallgarten kann sich nicht enthalten, sich deshalb noch einmal auf Friedrich Meineckes „Die deutsche Katastrophe" zu beziehen: „Immerhin war z. Z. des Erscheinens dieser Schrift (1946) der Geist des Weltkampfs gegen Hitler im Westen noch so stark und die deutsche Bestürzung über das Erlebte noch so frisch, daß hier gar manches zugegeben wurde, was man später, als der Kalte Krieg entbrannt war, wieder bestritt; es finden sich hier Bemerkungen über den Zusammenhang zwischen der Schwerindustrie, den Junkern und der Hitler-Partei, über die Rolle der Sowjetunion vor und während des Zweiten Weltkriegs und über die Mitschuld des Bürgertums an Hitlers Aufstieg und ähnliche Dinge, die man bei ihm nicht gewohnt war und in den meisten westdeutschen Blättern gar bald nicht mehr sah . . ."22 Hallgarten solidarisiert sich mit dem Hamburger Historiker Fritz Fischer — nicht nur pro forma. Die Entlarvung der Kriegsziele des deutschen Imperialismus und der Nachweis der Kontinuität seiner Aggressionspolitik durch Fischer hat mehr als taktische Differenzen bürgerlicher Fachkollegen offenbart. Die Stellungnahme Hallgartens untergräbt bereits die Glaubwürdigkeit imperialistischer Geschichtsdarstellung der BRD: „Sie weigert sich auch heute noch, die nackte Wahrheit zu sehen . . ."23 Meinungsverschiedenheiten unter bürgerlichen Historikern finden sich in zunehmendem Maße auch in den USA selbst. Die taktischen Differenzen imperiali2° Ebenda, 21 Ebenda, 22 Ebenda, 23 Ebenda,

S. S. S. S.

69. 102f. 104. 129.

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V. Historiographische Widersprüche

stischer Ideologen haben beispielsweise in Arbeiten Arthur M. Schlesingers jr. ihren historiographischen Ausdruck erfahren. Seit den Jahren des zweiten Weltkrieges bis 1960 hat er mehrere Bücher verfaßt, die indirekt oder direkt den New Deal Roosevelts historisch begründeten. 24 Im Jahre 1961 wurde er Berater John F. Kennedys. Schließlich gehörte er neben Richard Goodwin, Theodore Sorensen und John Galbraith, die ebenfalls als Berater John F. Kennedys fungierten, zum persönlichen Stab des Senators von New York, Robert F. Kennedy. 25 Im Jahre 1965 erschien Schlesingers Buch über John F. Kennedy im Weißen Haus. 20 Die Darstellung der Außenpolitik unter Kennedy stellt im Grunde genommen eine Kritik an dem Kurs dar, wie er von Johnson betrieben wurde und der jeder positiven Revision der amerikanischen Außenpolitik insbesondere gegenüber der Sowjetunion, Vietnam und Kuba ein Ende setzte. Schlesingers Buch erschien ein Jahr später in einer deutschen Übersetzung, aber in einer entstellenden Kürzung. 27 Im Jahre 1967 kam ein neues Buch von Schlesinger — diesmal über die amerikanische VietnamPolitik — heraus 28 , in dem vor allem die Kritik an Johnson historisch fundiert wird. Schließlich hat er öffentlich gegen die Bombardierung der Demokratischen Republik Vietnam durch die amerikanische Luftwaffe protestiert und die Abwahl Johnsons verlangt. Auf diese Weise wollte Schlesinger der Abwirtschaftung des Kredits amerikanischer Wähler für die Regierung entgegenwirken, diesen Kredit aber in eine Potenz zugunsten Robert F. Kennedys für die Präsidentschaftswahlen der USA verwandeln. Die Divergenzen führender imperialistischer US-Historiker sind in sich sehr widersprüchlich. So hat sich der amerikanische Historiker George F. Kennan, ein Schüler des deutschen Historikers Otto Hoetzsch und unter Kennedy Botschafter in der Sowjetunion, der 1964 für eine flexiblere Taktik gegenüber der kommunistischen Welt eingetreten war, in bestimmten Fragen zu realistischeren Einsichten durchgerungen. Anläßlich des 50. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution hat er — bei all seinen historischen Fehlbeurteilungen dieses welthistorischen Ereignisses — auch an die Erkenntnis historischer Wahrheiten appelliert, wenn er beispielsweise feststellte: „Selbst wir im Westen, die wir die Ziele der Sowjets als fragwürdig betrachtet und uns gegen die Art und Weise gewehrt haben, wie sie sie zu verwirklichten suchten, müssen am Ende dieses halben Jahrhunderts zugeben, daß die Träume der Revolutionäre schon zu einem beachtlichen Teil handgreifliche Realität geworden sind; und wir können nicht umhin, den derzeitigen Trägern der russischen revolutionären Tradition trotz unserer Ablehnung ihrer ideologischen Grundlagen für die entscheidende Rolle, die sie bei der Schaffung -'< Vgl. z. B. American Historians. A Selection. Edited bei Harvey Wish, New York 1962, S. 421f. 25 Siehe Butli^ki, Arkadi, Zwischenwahlen und Präsidentschaftsrennen, in: Neue Zeit, Moskau, V. 21. September 1966, S. 4 ff. 26 Schlesinger jr., Arthur M., A Thousand Days. John F. Kennedy in the White House, Boston 1965. 27 Schlesinger, Arthur M., Die tausend Tage Kennedys, Bern-München-Wien 1966. Vgl. dazu Die Zeit, Hamburg, v. 13. Mai 1966. 28 Schlesinger jr., Arthur M., The Bitter Heritage. Vietnam and American Democracy, 1941—1966, Boston 1967.

2. Die „Neue Linke"

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unserer politischen Wirklichkeit gespielt 'haben, Anerkennung und Respekt zu bezeugen." 29 Kennan hat schließlich auch die Anerkennung der DDR gefordert. 30 Diese Einsichten sind jedoch ausschließlich vom Interesse der Erhaltung und „Verbesserung" des kapitalistischen Systems in den USA diktiert 31 , wenn sie auch in entscheidenden Fragen der offiziellen amerikanischen Regierungspolitik widersprochen haben. 32 Selbst solch ein führender Politologe wie Morgenthau, der fest hinter dem Bündnis Washington—Bonn steht, hat die amerikanische Regierungspolitik zeitweilig in bestimmten Fragen kritisiert. So wandte sich Morgenthau gegen die Ausweitung der US-Aggression in Vietnam. 33 Eine derartige politologische oder historiographische Kritik von Leuten wie Schlesinger, Kennan und Morgenthau ist als Zeichen der Labilität des staatsmonopolistischen Systems in den USA zu werten. Darüber hinaus gibt es innerhalb der bürgerlichen USA-Historiographie auch weitergehende Differenzen. Progressive Beispiele liberaler Opposition bieten amerikanische Geschichtsprofessoren, die sich in Protestaktionen gegen die USAggression in Vietnam engagiert haben. Dieses Engagement hat in bestimmten Fällen zu konstruktiven Aktivitäten amerikanischer Historiker, zu einer antiimperialistischen Opposition geführt.

2. Die „Neue L i n k e " der amerikanischen Historiographie Die Krisensituation des staatsmonopolistischen Kapitalismus im allgemeinen und in den USA im besonderen, die mit einer zunehmenden Demokratiefeindlichkeit und Aggressivität des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems verbunden ist, bedingt den verstärkten Kampf um die antimonopolistische Demokratie. Dieser Kampf hat seinen sichtbaren Ausdruck in der Protestbewegung gegen den schmutzigen Krieg der USA in Vietnam, in den Aktionen gegen die atomare Aufrüstung 29

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Kennan, George F., Fünfzig Jahre nach dem Sturm. Welche Veränderungen hat die sowjetische Revolution bewirkt? in: Die Zeit, Hamburg, v. 13. Oktober 1967. Dafür war Kennan in den USA kritisiert worden. Brzezinski hat vornehmlich im Hinblick auf die Partnerschaft Washington-Bonn protestiert: „Eine formelle Anerkennung des Status quo würde unvermeidlich sofort zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Westdeutschen und den Amerikanern führen . . ." Br%e%inski, Z. K., Alternative zur Teilung. Neue Möglichkeiten für eine gesamteuropäische Politik, Köln-(West-)Berlin 1966, S. 186, Anmerkung. Deshalb sei Kennans Überlegung, die DDR „wenigstens vorübergehend" anzuerkennen, „nicht akzeptabel". Kennans politisches Engagement für das „Establishment" und gegen „die radikale Linke" geht beispielsweise aus einem in Westberlin veröffentlichten Artikel hervor: Kennan, George F., Rebellen ohne Programm. Die radikale Linke an den amerikanischen Universitäten, in: Der Monat, (West-) Berlin, April 1968, S. 16-24. Beispielhaft für die Propagierung eines „dritten Weges" ist der amerikanische Historiker Gerald D. Feldman. In seinem Buch „Army, Industry and Labor in Germany 1914—1918" (Princeton, New Jersey, 1966) begibt er sich auf die Suche nach einem „dritten Weg" zwischen bürgerlicher Demokratie und „Bolschewismus". Vgl. Rez. des Buches von Gutsche, Willibald, in: ZfG, 5/1967, S. 897 ff. Morgenthau, Hans ]., Vietnam and the United States, Washington 1965.

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V. Historiographische Widersprüche

und für die Sicherung des Friedens, in der Bürgerrechtsbewegung besonders der afroamerikanischen Bevölkerung, in demokratischen Aktionen der Studenten und nicht zuletzt im Anwachsen der sozialen Kampfaktionen, wie den Streiks der amerikanischen Arbeiterbewegung, gefunden. 34 Wesentlichen Anteil an diesem Kampf hat die sogenannte Neue Linke („New Left"), der Studenten, Professoren, Jugendliche, Frauen, Afroamerikaner, Bürgerrechtskämpfer angehören, die sich in Aktionen gegen den imperialistischen Machtapparat in den USA, das „establishment", vereinen. Die soziale Herkunft ihrer Vertreter ist unterschiedlich. Sie kommen aus der Intelligenz, aus der Arbeiterklasse und Kreisen werktätiger Farmer. Die Neue Linke in den USA ist besonders seit Beginn der sechziger Jahre als eine Massenbewegung wirksam geworden 35 , obwohl noch weit davon entfernt, die Mehrheit des amerikanischen Volkes zu erfassen. Sie ist vor allem der Ausdruck des Protestes der jungen Generation in den Vereinigten Staaten gegen die überlebte imperialistische Gesellschaftsordnung. 36 Die Neue Linke hat sich seit ihrer Herausbildung bedeutend verändert. Sie entwickelte sich von einer „dritten Kraft" („third camp") — die sie sein wollte — zu einer Potenz der Demokratie und des Friedens. Die zunehmende Unterdrückung der demokratischen Kräfte und der für ihre Rechte eintretenden farbigen Bevölkerung in den USA sowie die Eskalation der amerikanischen Aggression in Vietnam haben zu einer Polarisierung der Klassenkräfte in den USA geführt. So sind die Neuen Linken weitestgehend von der allgemeinen Forderung nach Freiheit (die den Menschen von „totalitären" Regierungen vorenthalten wird) zur Position „Freiheit hier in Amerika" übergegangen, d. h. sie fordern das Ende der Armut und des „jimcrow" und verlangen das Recht, „anderer Meinung zu sein" („to dissent"). 37 Die Einstellung zum sozialistischen Weltsystem hat sich positiv gewandelt. Es ist eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Marxismus festzustellen, wie überhaupt Siehe Hall, Gus, Diskussionsbeitrag auf dem Budapester Konsultativtreffen der kommunistischen und Arbeiterparteien (26. Februar—5. März 1968), in: Aus der internationalen Arbeiterbewegung, Berlin, 7-8/1968, S. 18f.; Perlo, Victor, USA: Die Lage der Werktätigen, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, 3/1968, S. 284ff.; Krcbmarek, A., Widersprüche in den USA verschärfen sich, in: Neues Deutschland, Berlin, v. 4. Mai 1968, S. 10; West, James, Labor and Civil Rights in Chicago, in: PA, 11/1966, S. 15ff.; Winston, Henry, Forge Negro-Labor Unity, in: PA, 2/1967, S. Iff.; West, James, Labor and Peace, in: PA, 3/1967, S. 22ff.; Johnson, Arnold, The People March for Peace, in: PA, 6/1967, S. Iff.; Hall, Gus, New Politics and Mass Struggles, in: PA, 8/1967, S. Iff.; Meyers, George, Labor Speaks Out For Peace, in: PA, 1/1968, S. 53ff.; Winston, Henry, Unity and Militancy For Freedom and Equality, in: PA, 2/1968, (The Battle for Black Liberation. Special Issue), S. Iff.; Ugbtfoot, Claude, Path to Black Liberation Under Capitalism, in: Ebenda, S. lOff.; Hall, Gus, Strategy and Tactics in New Stage of Struggle, in: Ebenda, S. 27ff. 35 Vgl. Proctor, John, The New Left, in: PA, 12/1965. 36 Vgl. Julio, Edward, Youth Vanguardism, in: PA, 3/1966, S. 54ff.; vgl. auch Schwedkow, J., Vosstanije razuma, in: Mezdunarodnaja ziznj, 6/1966, deutsche Ausgabe: „Aufstand der Vernunft" (Oppositionelle Strömungen in den USA), in: SW, 10/1966, S. 1101 ff. Schwedkow erwähnt u.a.: „Schätzungsweise stehen 150000 bis 200000 junge Leute der USA unter dem Einfluß der Neuen Linken, vor allem handelt es sich um Studenten." 37 Heisler, Bob, The New Left Undergoing Change, in: PA, 3/1966, S. 46ff. 34

2. Die „Neue Linke"

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dem Antikommunismus in zunehmendem Maße Absagen erteilt werden. Daneben gibt es aber auch anarchistische und nihilistische Tendenzen. 38 Die Verbindung der Neuen Linken mit der amerikanischen Arbeiterbewegung ist relativ schwach. Viele von ihnen sehen nur die schädlichen Auswirkungen der bürgerlichen Politik und Ideologie in der Arbeiterbewegung, ihre Zerrissenheit und setzen sie mit der Arbeiteraristokratie gleich. Wenn Neue Linke auch zunehmend von der führenden Rolle der organisierten Arbeiterschaft sprechen, so ist doch nicht zu übersehen, daß nur wenige die führende Rolle der Arbeiterklasse bei der revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft anerkennen. Der amerikanische Kommunist Don Hammersquith hat die Haltung der Neuen Linken zur Arbeiterklasse als „partiell korrekt" bezeichnet. 39 Die noch bestehenden Vorbehalte zeugen von dem schädlichen Einfluß bürgerlicher Ideologen wie Herbert Marcuse. Er bestreitet die marxistische Konzeption von der revolutionären und führenden Rolle der Arbeiterklasse. In seinem Buch „Der eindimensionale Mensch" hat er über die Bourgeoisie und das Proletariat behauptet: „In der kapitalistischen Welt sind sie noch immer die grundlegenden Klassen. Die kapitalistische Welt hat jedoch die Struktur und Funktion dieser beiden Klassen derart verändert, daß sie nicht mehr die Träger historischer Umgestaltung zu sein scheinen. Ein sich über alles hinwegsetzendes Interesse an der Erhaltung und Verbesserung des institutionellen Status quo vereinigt die früheren Antagonisten in den fortgeschrittensten Bereichen der gegenwärtigen Gesellschaft." 40 Jedoch die kapitalistische Wirklichkeit sieht anders aus. Mit den Klassen und der Ausbeutung und Unterdrückung der einen durch die andere, des Proletariats durch die Bourgeoisie, bleiben Klassengegensätze und Klassenkämpfe, bleiben Klasseninteressen und — wenn auch nicht spontan — Klassenbewußtsein. Wirtschaftskämpfe und politische Klassenauseinandersetzungen in der kapitalistischen Welt widerlegen Marcuse täglich. 41 Was den praktischen Kampf um Demokratie in den USA betrifft, so ist offensichtlich, daß es vor allem eine Verbindung der Neuen Linken mit einer besonders unterdrückten Abteilung der Arbeiterklasse, mit den Afroamerikanern gibt. Ein weiterer positiver Faktor zur Überwindung der relativen Schwäche der Neuen Linken besteht darin, daß der Einfluß der Kommunisten in der Neuen Linken zugenommen hat. Gerade sie sind es, die in Diskussion und Aktion die klein- und mittelbürgerlichen Anhänger der Neuen Linken von der Notwendigkeit einer umfassenden linken Einheit, die von der Arbeiterklasse bis zu den liberalen Gegnern des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems (zum Beispiel zur Organisation „Industriemanager gegen den Krieg") 4 2 reicht, zu überzeugen suchen. 38 40

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39 Hammersquith, Ebenda. Don, Once Again on the New Left, in: PA, 5/1966, S. 47. Marcuse, Herbert, Der eindimensionale Mensch, Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, ,Neuwied-(West-)Berlin 1967, 2. Aufl., S. 15. (Soziologische Texte, Bd 40, hg. v. Heinz Maus und Friedrich Fürstenberg). Zur Auseinandersetzung mit Marcuse in dieser Frage siehe Wessel, Harald, Die kritische Theorie bleibt negativ, 4. Die Arbeiterklasse in unserer Zeit, in: Forum, Berlin, 4/1968, S. 6f. Aptbeker, Herbert, Millionen Amerikaner im Friedenskampf, in: Neue Zeit, Moskau, 12.—20. November 1967, S. 20f.

10 Loesdau, Globalstrategie

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V. Historiographische Widersprüche

Es wurde eindeutig ausgesprochen, daß sich die Kommunisten als einen Teil der demokratischen Opposition betrachten, ohne ihre Eigenständigkeit aufzugeben. 43 Die Partei verwahrte sich dagegen, daß ihre Mitglieder in einen Gegensatz zur Neuen Linken gestellt wurden. Hinzu kommt, daß eine Reihe von Anhängern der Neuen Linken den Weg in die Kommunistische Partei gefunden hat. Eine Stellungnahme des Jugendclubs der KP der USA von Albuquerque in New-Mexico lautet: „Indem wir Kommunisten wurden, hörten wir nicht auf, Neue Linke zu sein — wir sind von der Neuen Linken; die Neue Linke in ihrem konstanten Wachstum und ihrer veränderten Entwicklung ist unser Milieu, unsere Generation, unsere Sprache und unser Beitrag zum Kampf für ein Land und eine Welt, in denen das Volk an erster Stelle steht." 44 Teil der Neuen Linken sein, bedeudet jedoch nicht, die politische und ideologische Selbständigkeit aufzugeben. Viele Jugendliche organisierten sich in dem 1970 gegründeten Bund Junger Arbeiter für die Befreiung (YWLL) und grenzten sich — als kommunistischer Jugendverband — entschieden von linksradikalen, maoistischen, trotzkistischen und anarchistischen Tendenzen ab. Im Programm der Kommunistischen Partei der USA heißt es über das Verhältnis zur Neuen Linken: „Wir Kommunisten begrüßen das neue Erstarken der Linken. Wir begrüßen, daß sie immer nachdrücklicher den gegenwärtigen Verhältnissen, dem bestehenden Gesellschaftssystem, den Kampf ansagt." 45 Die Partei zog für ihren Kampf die erforderlichen Schlußfolgerungen, indem sie auch die Mängel der Neuen Linken berücksichtigte: „Während sie einerseits die Überzeugung teilt, daß diebestehende Gesellschaftsordnung radikal verändert werden muß, besitzt sie jedoch andererseits keine einheitliche Meinung hinsichtlich des Charakters oder der Art und Weise der Veränderung. Einige haben sich für den Sozialismus entschieden, wenngleich sie beträchtliche Meinungsverschiedenheiten darüber haben mögen, wie er erreicht werden soll . . . Unsere Haltung als Kommunisten gegenüber diesen Abteilungen der Linken, ob alter oder neuer Art, besteht in dem Bemühen sowohl um die Aktionseinheit in spezifischen Fragen als auch um freundschaftliche Diskussionen über unsere Differenzen, wobei es unser offen erklärtes Ziel ist, ihren Anhängern den wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin näherzubringen." 46 Die imperialistische Reaktion konzentriert alle Kräfte darauf, den progressiven Erkenntnisprozeß der Linken mit allen Mitteln zu unterbinden. Der Prozeß gegen die weltbekannte amerikanische Philosophin Angela Davis, deren Weg „von ihrem Vgl. Davis, James, Communists Are Part of New Left, in: PA, 3/1966, S. 49ff.; Cohen, Ted, Many Can Be Won for Communism, in: Ebenda, S. 57f. «Albuquerque Youth Club, The Communist New Left, in: PA 6/1966, S. 75ff. Zitat auf S. 75. („In becoming Communists we did not stop being New Leftists — we are of the New Left; the New Left in its constant growth and changing development is our milieu, our generation, our language and our contribution to the struggle for a country and a world in which people come first.") 4 5 Das neue Programm der Kommunistischen Partei der USA, Berlin 1971, S. 145. « Ebenda, S, 146, 148. 43

2. Die „Neue Linke"

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Lehrer Marcuse weg zu Lenin" und in die Reihen der Kommunistischen Partei der USA führte, verkörperte diese Absicht. 47 Der Student Bert Kramer, Mitglied der „Students for a Democratic Society" (führende Organisation der Neuen Linken) vertritt die Auffassung, daß der Kampf der jungen Radikalen nicht losgelöst von den demokratischen Traditionen geführt wird. Die Linke sei in erster Linie deswegen „neu", weil sie ihren initialen Antrieb von der Bürgerrechtsbewegung der späten fünfziger und der sechziger Jahre erhalten hat. 48 J. Proctor schrieb: „Sie nennen sich ,neu', weil sie den gegenwärtigen Aufschwung der fortschrittlichen Kräfte als einen Neubeginn ansehen, nicht vergleichbar mit den Kämpfen, die es seit der Gründung unseres Staates gegeben hat." 49 Andererseits gibt es bei Neuen Linken genügend Sektierertum gegenüber der Arbeiterbewegung und den Kommunisten, das es auszuräumen gilt, um zur Einheit aller antiimperialistischen Kräfte zu gelangen. Die Verbindung der Neuen Linken zur Arbeiterbewegung ist bisher auch durch den reaktionären Kurs amerikanischer Gewerkschaftsführer wie George Meany, der die Aggression in Vietnam guthieß, untergraben worden. Entscheidende Barrieren sind jedoch durch den ersten Friedenskongreß amerikanischer Gewerkschaftsführer im November 1967 in Chicago beseitigt worden. Die 500 Kongreßteilnehmer lehnten die Vietnampolitik der Regierung kategorisch ab. In einem Appell forderten sie die amerikanische Arbeiterklasse auf, ihre Friedensbestrebungen und ihre Besorgnis über die amerikanische Außenpolitik klar zum Ausdruck zu bringen. 50 Der Kampf der antiimperialistischen Kräfte in Gestalt der Neuen Linken und ihre Berufung auf die demokratischen Traditionen hat einen historischen Aspekt, über den Dorothy Healy, Mitglied der Kommunistischen Partei der USA, im Dezember 1966 auf dem Los Angeles Trade Technical College (vor 700 Teilnehmern) gesprochen hat. 51 Sie verwies darauf, daß die moderne Kultur ohne Shakespeare, Dante oder Beethoven „blaß" („pallid") sein würde. Die moderne Wissenschaft wäre ohne Newton, Darwin und Einstein undenkbar. Niemand könne das Genie dieser Männer ebensowenig wie das von Marx oder Lenin für sich beanspruchen. „Aber wir können auf die Lehren, die wir aus der Vergangenheit gezogen haben, Anspruch erheben, damit wir in der Gegenwart effektiver arbeiten und dadurch die Zukunft gestalten können. Kurz, wir können die Geschichte benutzen, um die Wahrscheinlichkeit verschiedener Alternativen zu klären. 52 Diese Erkenntnis ist mit einer intensiven Vgl. Jackson, James E., Drei Philosophen: Friedrich Engels, Herbert Marcuse, Angela Davis, in: Marxistische Blätter. Für Probleme der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, Frankfurt am Main, Mai/Juni 1971, H. 3, S. 65ff. « Kramer, Bert, Understanding The New Left, in: PA, 4/1966, S. 56ff. Past, Dissenting Essays in American History, hg. v . Barton J . Bernstein, New Y o r k 1969. 7°

V g l . Aptbeker,

71

Ebenda, 8/1968, S. 43f. („The authors — even Genovese, verbally (though in a note)—will attack

Herbert, in: P A , 8/1968, S. 42ff. und 9/1968, S. 3 0 f f .

red-baiting in its crude, McCarthyite f o r m ; . . . This is healthy, of course, and still v e r y much needed in the United States . . . One of the crying needs in an e f f o r t to create a 'new past' is a reexamination — of course, a critical re-examination — of the actual role of Communists and the party, in the preceding three generations.") 72

V g l . Unger, Irwin, The „New Left" and American History, a. a. O., S. 1 2 5 0 .

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V. Historiographische Widersprüche

Kampf gegen die imperialistische Geschichtsideologie sind dennoch nicht zu unterschätzen. So konnte zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg bei der Wahl des Präsidenten der American Historical Association für das Jahr 1970 der oppositionelle Gegenkandidat Staughton Lynd ein Drittel der Stimmen auf sich vereinen. 73 Die Beschäftigung mit Marx geht über den Bereich der Historiographie in den USA beträchtlich hinaus. Die Jahreskonferenz der Amerikanischen Soziologischen Gesellschaft im September 1965 hatte auf einer ihrer beiden Plenartagungen das Thema „Marx und Amerika" behandelt. Zur gleichen Zeit fand an der Columbia University eine Konferenz statt, auf der unter anderem das Thema „Perspektiven für den Sozialismus in den USA" die meisten Teilnehmer aufweisen konnte. Die Universität von Indiana organisierte im April 1966 ein internationales Symposium „Marx und die westliche Welt". Von beachtlicher Wirksamkeit ist die Tätigkeit des Amerikanischen Instituts für marxistische Forschungen. 74 Revolutionäre Einsichten werden nicht zuletzt Produkt eines demokratischen, antiimperialistischen Geschichtsbildes sein, das in den USA auszuarbeiten und darzustellen begonnen wurde. Die in wesentlichen Fragen übereinstimmenden Ansichten marxistischer Historiker (wie Herbert Aptheker) und demokratischer antiimperialistischer Historiker (wie William A. Williams und andere Historiker der Neuen Linken) können neue Potenzen für den Kampf um Frieden und Demokratie im Zentrum der Weltreaktion, den USA, erschließen. Eine Koordinierung dieser Bemühungen mit der internationalen marxistisch-leninistischen Historiographie kann zu größerer Effektivität führen. Was die Geschichtswissenschaft der Deutschen Demokratischen Republik betrifft — ihre Historiker sind im Interesse der geschichtlichen Wahrheit und ihrer Nutzung für den gesellschaftlichen Fortschritt in unserer Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus in der Welt für das internationale Zusammenwirken der Historiker bereit und tätig. 75 " Palmer, R. R„ The American Historical Association in 1970, in: AHR, 1/1971. Vgl. Aptheker, Herbert, Einige Tendenzen im ideologischen Leben der USA, a. a. O., S. 783f.; derselbe, Marxism's PrematureBurial, in: PA, 11/1966, S. 50ff.; Liebig, Gerbard, Die Anziehungskraft des Marxismus-Leninismus wächst. Über „das Amerikanische Institut für Marxistische Studien", in: Einheit, 6/1965, S. 113ff. 75 Siehe Lo%ek, Gerbard, Über die Strukturelemente des Geschichtsdenkens und die internationale Zusammenarbeit der Historiker, in: ZfG, 1/1966, S. lOOff.

7/j

Bemerkenswert dürfte auch sein, daß ein Historiker (W. Morgan, Professor für Geschichte in New York) Vizepräsident der im Jahre 1967 gegründeten „Amerikanischen Gesellschaft zum Studium der Deutschen Demokratischen Republik" ist. W. Morgan, Neue Wahrheit für Amerika, in: Berliner Zeitung, v. 20. Dezember 1967, S. 7.

Anhang

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1. Conyers Read im Jahre 1 9 4 9 über die Aufgaben des amerikanischen Historikers: The impelling force that brings us together tonight is a common interest in history. For some of us this interest is a professional one, for a large number of us it is a cultural one, for all of us it is what I shall call a pragmatical one. There is the history we disseminate, the history we absorb, the history we live by. I intend to consider tonight the first and the third of these categories and the relationships between them-that is to say the responsibilities of those who disseminate history, to those whose pattern of the past is one of the most important factors in their present behavior and in their future plans and hopes. It may be well at the outset to define history as I use the word. I take it to mean the memory, recorded or unrecorded, of past human experience. I call it a memory in order to include within its scope those past experiences, particularly our personal past experiences, which never do get written down though their influence upon our individual lives is often very profound. I do not differentiate between different kinds of experience. It often becomes necessary, though it is never desirable, by reason of the enormous amount of material involved, to divide and subdivide the field and to specialize in intellectual or political or economic or scientific or aesthetic experience. But this division is of course artificial and arbitrary, just as artificial and arbitrary as any one of the infinite number of human devices designed to make learning manageable. For the great majority of us in the profession history is a bread and butter question . . . We have to fight an enemy whose value system is deliberately simplified in order to achieve quick decisions. And atomic bombs make quick decisions imperative. The liberal neutral attitude, the approach to social evolution in terms of dispassionate behaviorism will no longer suffice. Dusty answers will not satisfy our demands for positive assurances. Total war, whether it be hot or cold, enlists everyone and calls upon everyone to assume his part. The historian is no freer from this obligation than the physicist. Aus: Conyers Read, The Social Responsibilities of the Historian, in: The American Historical Review, New York, 2/1950, S. 275f. und 283.

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2. Brief von Harry S. Truman an den Präsidenten der American Historical Association, Samuel E. Morison, im Jahre 1950: December 22, 1950

Dear Dr. Morison: A s the American Historical Association assembles for its sixty-fifth annual meeting, I wish to extend to its members my best wishes for another year of constructive w o r k . I regret that I am not able to extend these greetings in person, as I had hoped to do. You are aware of the circumstances which prevent my being at your m e e t i n g . In the critical effort which the free nations of the world are now m a k i n g to preserve peace, the w o r k of American historians is of the utmost importance. Communist countries are distorting history and spreading untruths about our achievements, our traditions, and our policies. W e must keep the record clear, so that all the world may know the truth about what w e have done and what w e are continuing to do to build a peaceful and prosperous family of nations. Since the Federal Gouvcrnment's activities are of central importance in our national defense effort, and since historians of the future w i l l wish to probe deeply into the Government's activities. I am directing that a Federal historical program be instituted, w i t h a primary purpose of recording the activities which the Federal Government is undertaking to meet the menace of communist aggression. Such a program will need the advice and assistance of the American Historical Association. The Government will need your help in defining the objectives of the program, obtaining qualified historians, and insuring that its w o r k meets the high standards of the historical profession. I shall be pleased to receive the views and advice of the American Historical Association on these matters. Communist imperialism has made falsehood a dangerous w e a p o n ; but truth can be a far more potent weapon. American historians can contribute to the cause of the free nations by helping the Government to record and interpret the policies our Nation is following to secure peace and freedom in the w o r l d . V e r y sincerely yours, ( S g d ) HARRY S. TRUMAN

A u s : The American Historical Review, New York, 3/1951, S. 711 f .

3. John Higbarn im Jahre 1962 über die Entwicklung der bürgerlichen Historiographie in den USA: The narrowly scientific outlook that the first generation of professional historians adopted has undergone a slow but relentless revision. Some of the leaders of the second generation, notably Beard and Carl Becker, questioned the feasibility and the conservative implications of the ideal of rigid objectivity. In their later years they tried to re-establish the old nineteenthcentury connection of history with philosophy and literature. M a n y in the third generation have gone farther in this direction, without necessarily sharing Beard's spirit of protest and reform. Instead of trying to stand entirely outside of the subject under investigation, contemporary American historians commonly attempt to see events through the eyes of participants. Historians are also more willing than formerly to venture unprovable speculations. A u s : J o h n H i g h a m , The Construction of American History, i n : The Reconstruction of American History, ed. by John Higham, New York 1962, S. 2 2 f .

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4. Arthur

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Schlesinger j r . im Jahre 1963 über den Historiker und die Geschichte:

The word "historian" is a relatively unambiguous word. It means simply a man who tries to write history. But the word "history" is thoroughly ambiguous. It may refer to events which have taken place in the past; or it may refer to the written record of those events. The historian therefore has a double relationship-to the actual experience, and to the subsequent record of the experience. The problem to which I address myself here is the interaction between history, in both senses, and the historian . . . I have always been among those who believe that history should be studied for its own sake, not as a guide to the present or a blueprint for the future. I have always questioned the instrumentalist view of history — the notion that knowledge of the past guarantees superior wisdom in making present and future choices. I still am quite sure that the historian is not inherently better qualified than anyone else to offer counsel in the field of public policy. But I have no doubt at all that the significant statesman must have a knowledge of history, an instinct for the grand tendencies, a feeling for the direction in which the world is moving — he must have his own conception of the nature of the historical process . . . Aus: Arthur Schlesinger jr., The Historian and History, in: The Dimensions of History, ed. by Thomas N. Guinsburg, Chicago 1971, S. 65 und 71.

5. Hans Kobn im Jahre 1954 über die bürgerliche Historiographie der BRD: In view of the ruin brought to Europe by the two German wars, Professor Dehio tried to answer this question: why had these wars been so infinitely more destructive for Europe than former great wars? The campaigns of Philip II, Louis XIV, Napoleon had not been merely destructive. As knights of the Counter-Reformation, as models of a universal aristocratic culture, as bearers of the achievements of the French Revolution, they had inspired Europe; and even the struggle against them had its invigorating and constructive aspects. The Germans, on the other hand, appeared in their struggle for domination as a naked demoniac force without any supra-national message or any constructive or cultural compensation. Thus the two wars may at present impress contemporaries as a total waste. Perhaps the future will find compensation for all the destruction in a possible renaissance of the Western spirit and in a better organization of the Western political community. Will Germany participate in this new life of the West? Five years ago Meinecke demanded as a preliminary condition the renunciation by Germany of the ideological power concept and the material power complex. In the intervening years Germany has made an astonishing economic recovery and the old nationalism, with its ideological misconceptions and infatuations, is reappearing. But like Meinecke in 1946, Professor Dehio in 1951 regards as the only possible creative German reaction to the events of the last half century the 'inexorable recognition of the frightful role which the Germans played in them as the last and thus the most demoniac dominating power of the old European continent in its decline'. The German historians from Ranke to Treitschke have helped to shape the German character and destiny in a way which contributed, by opposing Germany to the West, to the recent catastrophe of Germany and through it of Europe. There are some hopeful signs at present that several German historians are seeking ways which will help to integrate the Germans into the West and thus provide a new opportunity for their creative contribution to a common civilization based on a common heritage. 1 Whether they will be strong enough 1

A very promising Institut für europäische Gescbicbte was founded in 1951 in Mainz. The section on universal history (Abteilung Universalgeschichte) is directed by Prof. Martin Göhring author of a new history of the French Revolution, Geschichte der Grossen Revolution, 2 vols. (Tübingen: Mohr, 1950-51).

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to stand up against the still widespread popular beliefs of the Bismarck era, and whether they will find disciples capable of supplying the detailed research and the general surveys needed to solidify and to popularize the new trends of rethinking German history, may be one of the factors deciding Europe's future. Aus: Hans Kohn, Rethinking Recent German History, in: German History. Some New German Views, ed. by Hans Kohn, London 1954, S. 42f.

6. Hajo Holborn im Jahre 1959 über die Bedeutung der deutschen Geschichte für die amerikanische Politik: During the last century the number of publications in the field of German history has been immense, but among them there has been no readable work that would introduce an interested public to the general course of German history and at the same time combine a sufficiently detailed narrative with an interpretation of the greatest possible objectivity. This task cannot be accomplished by simply tying together a string of histories of individual epochs, because events or movements may acquire a very different significance depending on whether they are viewed in the light of a single age or that of the whole history of a nation. Moreover, in the contemplation of the total course of the history of a nation, new problems come into view which deserve close and serious study by themselves. By refusing to write general history German professional historians have left these problems that are most intimately related to the ultimate interpretation of German history outside of their critical review. Unwittingly they have thus facilitated the spread of conceptions of German history which were either plainly amateurish or grossly political, a tendency we have seen at its worst in the falsification of German history by the Nazis. It is obvious that the development of a strong public spirit capable of sustaining the new democratic institutions of present-day Germany calls for a fresh study of the German past. This reappraisal ought to be absolutely frank and should not hesitate to criticize even cherished traditional ideals, although it is inevitable that in such a search historic sources of strenght will be revealed which will encourage creative endeavor in the future. But the understanding of German history is essential also for Americans. The lack of a clear conception of German history proved a severe handicap in the formation of American war aims and postwar policy and should not be allowed to confuse our policies in the future. Equally important, however, is a knowledge of the origins of modern German culture, which has been a powerful ferment of modern Western civilization, and particularly of American civilization. Aus: Hajo Holborn, A History of Modern Germany. The Reformation, New York 1959$ Foreword( S. VHIf.

7. Ein Protestbrief amerikanischer Historiker aus dem Jahre 1964: Die Unterzeichner, Professoren für neuere (vorwiegend deutsche) Geschichte an amerikanischen Universitäten, möchten Ihre Leser kurz über einen Vorgang informieren, der zur Zeit die deutsch-amerikanischen kulturellen Beziehungen trübt. Es handelt sich um die plötzliche Absage einer seit Sommer 1963 geplanten Vortragsreise des bekannten Hamburger Historikers Fritz Fischer, Autor des bedeutenden und umstrittenen Buches „Griff nach der Weltmacht". Diese Reise war vom Goethe-Institut, München, und der Kulturabteilung des AA, Bonn, für März 1964 geplant; etwa zehn Termine an führenden Universitäten waren auf Grund des

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Angebots der German Information Agencj, New York, oder der regionalen Generalkonsulate festgesetzt. Anfang Februar wurde die ganze Reise plötzlich abgesagt, erst mit dem fadenscheinigen Vorwand einer Kürzung des Etats, später — in schlecht verhüllter Weise — mit der Begründung, die Darlegung von Professor Fischers einseitigen Thesen zum Kriegsausbruch 1914 und zur Kriegszielfrage während des 1. Weltkrieges wären zur Zeit inopportun. Die Proteste amerikanischer Historiker bei den verschiedenen Generalkonsulaten blieben wirkungslos. Die Haltung der zuständigen Bonner Stellen in dieser Angelegenheit zeigt eine unglückliche Mischung von bürokratischem Hochmut, falsch verstandener Staatsräson und Instinktlosigkcit gegenüber der Reaktion des Auslandes. Man kann nur mit Bedauern feststellen, daß gerade diese Eigenschaften bei den nicht immer glücklichen deutsch-amerikanischen Beziehungen der Vergangenheit eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben. Wir möchten hinzufügen, daß daraufhin die betroffenen amerikanischen Universitäten mit Hilfe des American Council of Learned Sockties die finanziellen Mittel flüssig gemacht haben, die es Professor Fischer ermöglichen werden, seine lang geplante Vortragsreise trotz aller Widerstände durchzuführen. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß die schwärende Wunde in den kulturellen Beziehungen dadurch keineswegs geheilt wird. Gordon Craig, Stanford University Klaus Epstein, Brown University Hans Gatzke, John Hopkins University Theodore Hamerow, University of Wisconsin Hans Kohn, zur Zeit Wesleyan University Leonard Krieger, University of Chicago William Langer, Harvard University Otto Pflanze, University of Minnesota Hans Rosenberg, University of California, Berkeley •Carl Schorske, University of California, Berkeley John Snell, Tulane University Fritz Stern, Columbia University Aus: Die Zeit, Hamburg, v. 24. April 1964

8. Aus einem Tagungsbericht von Frit% Stern im Jahre 1967: Hat die Geschichte überhaupt einen praktikalen Wert, ist sie nicht längst von den Sozialwissenschaften überholt worden — so ungefähr klangen die Hauptfragen. In der gegenwärtigen Geschichtswissenschaft herrscht Orientierungslosigkeit, und zwar besonders in ihrem Verhältnis zu den neuen Wissenschaften, wie Soziologie und Politologie, und in ihrem Verhältnis zu ihrer eigenen Vergangenheit. Die deutsche Geschichte ist seit Jahrzehnten auf 1871, auf „national-liberal" hin, umgedeutet und geschrieben worden, und die plötzlich anhebende Kritik der letzten Jahre hat eine gewisse Konfusion hervorgerufen. Die Spannung zwischen Geschichtswissenschaft und Sozialwissenschaft existiert überall; die notwendige Umdeutung nationaler Geschichte ist hauptsächlich ein deutsches Problem. Aus: Fritz Stern, Rationalismus und Irrationalismus in Deutschland (Arbeitsgruppenbericht), in: Aufklärung heute — Probleme der deutschen Gesellschaft. Ein Tagungsbericht, hg. v. Hermann Glaser, Freiburg 1967, S. 57.

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9. Aus den Empfehlungen der 5. amerikanisch-bundesdeutschen Historikertagung in Braunschweig v o m November 1 9 6 3 : Als eine Gruppe amerikanischer und deutscher Historiker und Geschichtslehrer haben wir gemeinsam die Behandlung der deutschen Geschichte von 1914 bis zur Gegenwart im Rahmen der europäischen und der Weltgeschichte überprüft. Wir möchten darauf hinweisen, daß wir bei unseren Untersuchungen von den augenblicklich verfügbaren amerikanischen und deutschen Geschichtslehrbüchern ausgegangen sind. Wir sind uns dessen bewußt, daß die Situation des Geschichtsunterrichts in den beiden Oberklassen des deutschen Gymnasiums sich verändert hat. Wir glauben jedoch, daß die Überprüfung dieser Lehrbücher nützlich und wertvoll sein wird, daß die folgenden Empfehlungen, zu denen wir in unseren gemeinsamen Bemühungen gekommen sind, beachtet werden sollten und daß so eine Verbesserung der neu zu schaffenden Lehrbücher erreicht werden wird. 1. Wir empfehlen, daß weniger Gewicht gelegt werden sollte auf formale Verfassungsgeschichte und Kriegsgeschichte und etwas größeres Gewicht auf politische, soziale und Wirtschaftsgeschichte. Als Beispiel möchten wir anführen, daß es sinnlos ist, einfach die Bestimmungen der Weimarer Verfassung aufzuzählen, statt diese Verfassung im Zusammenhang mit der Gesellschaft und der Politik der Weimarer Republik darzulegen und sie mit dem jetzigen Grundgesetz zu vergleichen . . . 2. Auf Grund unserer Untersuchung der deutschen Lehrbücher sind wir betroffen über die Behandlung des „Zeitalters der Massen" oder der „Massendemokratie", kurz der „Massen". Wir haben eine Neigung der verschiedenen Verfasser gefunden, sich von den Entwicklungen in Richtung auf eine Massengesellschaft zu distanzieren und den Schüler damit einem Gefühl der Feindseligkeit oder des Pessimismus gegenüber der modernen Welt zu überlassen. Es sollte unbedingt der Versuch gemacht werden, den Begriff der Massen entsprechend dem Verfahren der heutigen Sozialwissenschaft wertfrei zu gebrauchen und sowohl die Möglichkeit als auch die Probleme der modernen Massengesellschaft zu erforschen. Aus: Elemente eines atlantischen Geschichtsbildes, Braunschweig 1965, S. 115f.

10. Georg G. Iggers im Jahre 1968 über die bürgerliche Historiographie der B R D : Turning to their own past, German historians began to reassess their national history. They were in virtually unanimous agreement that something had gone wrong, although they widely differed on what it was, and the extent to which traditional interpretations of German history needed to be revised . . . There were few radical reinterpretations of the German past, at least outside East Germany. The few attempts to discover an "erroneous path" 92 (Meinecke) in Germany's peculiar political development were written by men marginal to the German academic scene, i. e., Heinrich Heffter's German Self-Administration in the 19tb Century,93 or F. C. Sell's Tie Tragedy of German E. g. Friedrich Meinecke, „Irrwege in unserer Geschichte" in: Werke, IV, p. 205. For EastGerman historiography since 1945, see Werner Berthold, Gerhard Lozek, and Helmut Meier, „Grundlinien und Entwicklungstendenzen in der westdeutschen Geschichtsschreibung von 1945—1964" in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, 14 (1965), p. p. 609—622; Gerhard Lozek and Horst Syrbe, Geschichtsschreibung contra Geschichte (Berlin, 1964); and Werner Berthold, „. . . großbungern und gehorchen" (Berlin, 1960). 93 Stuttgart, 1950.

92

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Liberalism.94 Important interpretations were written abroad; for example, Erich Eyck's studies of Bismarck, the Wilhelminian period, and the Weimar Republic; Hans Kohn's writings on German nationalism and historiography and Hans Rosenberg's Bureaucracy, Aristocracy, and Autocracy. The Prussian Experience 1660—1815, which has not yet been translated into German. These were received critically or remained relatively ignored, as were the Heffter and Sell b o o k s . . . The German national tradition of historiography thus survived in the historical writings of the post-World War period. But at the same time, there were also marked reorientations in the subject matter that historians chose as well as in their methodological assumptions and political values. A sharp break with traditional historiographical practices was represented by the new school of Strukturgescbichte . . . The change of guard that will bring the historians trained after 1945 to university chairs has just begun. An older generation of "grand old men"—Ritter, Rothfels, Dehio, Herzfeld—educated in the Wilhelminian period, for whom the First World War remained a central experience, has now retired or died. The chairs of history are now largely held by a generation of scholars trained in the Weimar Republic, of whom many began their careers in the Third Reich. The changed realities after 1945 have forced these men to reexamine their methodological views and their political values. Still emotionally attached to idealistic conceptions and traditional national values, some historians of this generation, such as Schieder, Conze, and Wagner, have nevertheless, been profoundly a ware of the inadequacies of traditional German historiography. 94

Die Tragödie des deutseben Liberalismus (Stuttgart, 1953).

Aus: Georg G. Iggers, The German Conception of History. The National Tradition of Historical Thought from Herder to the Present, Middletown, Connecticut, 1968, S. 252f., 262 und 268.

11. Barton J. Bernstein der USA:

im Jahre 1967 über die sogenannte New Left history

During the early sixties the conservative consensus began to break down. For many, the rediscovery of poverty and racism, the commitment to civil rights for Negroes, the criticism of intervention in Cuba and Vietnam, shattered many of the assumptions of the fifties and compelled intellectuals to re-examine the American past. From historians, and particularly from younger historians, there began to emerge a vigorous criticism of the historical consensus. Some, like Professors Eugene Genovese, Jesse Lemisch, and Michael Lebowitz, were traveling along this path without the spur of events. Others might also have independently followed a similar path to find new perspectives on the past, and even those who acknowledge the impact of events upon their developments are unsure of the precise influence. In discussing this still small but apparently growing movement within the past few years, the historical profession has come to speak of a "New Left". Though defying precise definition and lumping together those who believe in objective history with those who do not, the term does denote a group of various "left" views—whether they be Marxist, neo-Beardian, radical, or left-liberal. In this loose sense it links some of the more exciting young historians whose work has broken with the earlier consensus, and understood in that way the concept is useful and meaningful. Unfortunately most of this new history has been restricted to university monographs or tucked away in historical journals, usually beyond the public's reach. To make this new revisionism more available, a number of these historians were invited do contribute to this volume; fortunately 11

Loesdau,

Globalstrategie

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Ausgewählte Dokumente most were able to accept the invitation, thus only leaving a few fields uncovered. The mandate was general and each contributor was encouraged to develop his own interpretation of the period or problems which he had been studying. None was expected to cover more than he could comfortably treat within a brief essay, and each was the final judge of emphasis and focus. Though some subjects obviously remain undiscussed, the resulting essays represent the revisionism in process during the late sixties. They express the new departures of recent years and break with the older consensus history. While not constituting a new synthesis but rather a series of approaches and interpretations, they do emphasize the ideological cleavages of the past more than did the historians of the fifties. As sophisticated Marxists, Professors Eugene Genovese and Michael Lebowitz avoid the pitfalls of economic determinism or of treating ideology simply as a reflection of economic structure. Briskly criticizing Marxists for these errors and Beardians for their narrow conception of slavery, Professor Genovese emphasizes the need to understand the Slave South as a distinctive social system and to move beyond facile moral judgments in explaining the hegemony of its ruling class. By relating ideology and politics to economic conditions, Professor Lebowitz seeks to dissolve the paradox of Jacksonian Democracy—that the Jacksonian Democrats were incipient capitalists ("men on the make") moving forward, yet by their rhetoric seeking to restore the virtues of a simpler age. Declining farmers, not rising farmers, he suggests, were more likely to be Jacksonians, and they could not properly understand their problems as long as they believed in a well-ordered, self-regulating universe in which legislative interference seemed unnatural. Reflecting the influence of Professors Fred Harvey Harrington, William Appleman Williams, and Charles Beard, Professors Lloyd Gardner and Robert F. Smith have emphasized the role of the Open Door ideology in twentieth-century American international relations. They sharply disagree with those who stress the „political" interpretation of American foreign policy, and are critical of those "realists", like George Kennan, who do not acknowledge American efforts to maintain a world order conducive to the prosperity and power of the United States. An admirer and sympathetic critic of Beard, Professor Staughton Lynd has built upon part of the Beardian framework his explanation of the movement for the Constitution. Unlike Beard, however, he also focuses upon slavery as a source of tension leading to the creation of early sectional parties. Moving further beyond Beard, Professor Jesse Lemisch, in his study of theAmerican Revolution, broadens the analysis of ideology. "Some of Beard's democratic heroes turn out to be part of an antipopulist consensus," writes Lemisch. "Leaders like Jefferson and Adams may indeed have shared a basic agreement—on a kind of antipopulism. Thus the conflicts among those within the merely liberal consensus become less important than those between the 'mainstream' and those outside of it." A proper study of this latter group, he believes, requires "a revolution in historiographical attitudes, a rejection of elite history: a history 'from the bottom up'will be more nearly objectively valid than has been the attempt to understand the past through the eyes of a few at the top." Also focusing largely on the masses—the workers and migrants—in late nineteenth-century cities, Professor Stephan Thernstrom investigates the process and meaning of mobility. In the cities he finds less upward mobility than earlier historical speculations had allowed, and he has also uncovered a rootless population whose very movements may have impeded proletarian consciousness. Taking issue with the Williams school and the consensus historians, Dr. Marilyn B. Young has sought to broaden the analysis of late nineteenth-century expansion. The quest for markets, she concludes, was based upon a dubious economic analysis, and both business and government, despite their rhetoric, often failed to pursue economic opportunities abroad. Expansion, she

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contends, must be understood in a larger framework that will accommodate flawed economic perceptions as well as the social tension of those decades—the fear of cities as „jungles", the threats of upheaval, the renewed vigor of racism. As historians have become more troubled by American racism, they have come to focus sympathetically upon the plight of the American Negro. More than a decade ago, Professor C. Vann Woodward suggested that the abolitionists had abandoned the freedman, and more recently Professor James McPherson, his former student, has re-examined their commitments. Modifying Woodward's conclusions, he finds among these liberals and their heirs a mixed response to the challenges of racism and equality. In my own essays on the New Deal and the later politics of the Roosevelt and Truman years, I have explored the shortcomings of liberalism in practice—the conservative achievements of the New Deal, the wartime retreat to official prejudice, the limitations of Fair Deal reforms, the mixed heritage of civil rights, and the postwar liberal assault upon civil liberties. In a closely related essay on anticommunism and contemporary liberalism, Professor Christopher Lasch, in focusing upon the Congress for Cultural Freedom, analyzes the ideology and behavior of prominent American intellectuals who for nearly two decades defined much of their purpose by their anticommunism. It is fitting that Professor Lasch's essay* should conclude this volume, for his is a study of the very period—the Cold War—in which we came to intellectual maturity, and his is probably the most direct treatment of a theme running through most of these essays: the meaning of American liberalism. Though there has been no full-scale effort to define American liberalism nor to trace it systematically over the course of nearly two centuries, most of the contributors are concerned with aspects of this subject. In some of these analyses, though not in all, the authors have sought explicitly to make the past speak to the present, to ask questions that have a deep-rooted moral and political relevance. In moving occasionally beyond description and causal analysis to judge significance, we have, by necessity, moved beyond objective history to the realm of values. In this venture we are following the practice, though not necessarily the prescription, of earlier generations of historians, and responding in a modest way to the call issued a few years ago to move „beyond consensus." Aus: Towards a New Past. Dissenting Essays in American History, ed. by Barton J. Bernstein, Introduction, New York 1969, S. IXff.

12. Herbert

Aptheker

im Jahre 1968 über "Towards a New Past":

Eleven authors offer in a just-published volume* twelve essays (the editor contributes two) analyzing aspects of the domestic and foreign affairs of the United States from its Revolutionary beginnings to its Cold-War present. Eleven of the essays make contributions or raise significant questions; with these we shall deal at some length. One, entitled "Marxian Interpretations of the Slave South," by Professor Eilgene D. Genovese is a fantastically egocentric exercise in vituperation and distortion. It is this essay which the N. Y. Times reviewer, Professor John A. Garraty of Columbia, singled out for particular praise, hailing it as "brilliant" (May 12, 1968), Mr. Garraty, a biographer of Henry Cabot Lodge and of Woodrow Wilson, knows almost as little about the slave south as he does about Marxism; hence his characterization of Genovese's essay—in the objective columns of the Times—serves to confirm me in my judgment as summarized above. *

Barton J. Bernstein, ed., Towards a New Past: Dissenting Essays in American History, N. Y., 1968 Pantheon Books, 364 pp., 16.95.

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Ausgewählte Dokumente In reading Genovese's travesty I was reminded of Engels' comment upon Dühring, which we quote here, changing only the name: When a man is in possession of the final and ultimate truth and of the only strictly scientific method, it is only natural that he should have a certain contempt for the rest of erring unscientific humanity. We must therefore not be surprised that Herr Genovese should speak of his predecessors with extreme disdain . . . The disdain extends not only to such immediate predecessors as the present writer, but to Marx himself; this, apparently, is one of the hallmarks of what Mr. Bernstein, in his editor's foreword, calls "sophisticated Marxism." This, too, no doubt, is what the N. Y. Times reviewer and Columbia professor finds so "brilliant"; the deep partisanship of that newspaper and that institution for Marxism—so long as it is sufficiently sophisticated—is well known. One should note, however, that among his predecessors Genovese makes an exception of one person, the late U. B. Phillips. There, we are told, is a splendid historian, a model, a giant; that a blatanthy racist apologist for the slave-plantation system should be these things, for one laboring to help produce a „new past"—and at this moment in the present, too—should be enough sophistication for anybody. Really, one moves here out of the area of historiography and into that of pathology; I suspect that it is not so much criticism that is required in this particular case as it is in therapy. Still, facing duty, I shall comment on Mr. Genovese's concepts of history, as space permits; let us now turn to the remainder of the volume. All the authors are U. S. citizens and teach at universities—two Canadian; all are white ; all are in their thirties, the youngest 32, the oldest 39. Generally, one has men—and one woman—with non-working-class backgrounds and experiences, who, as the editor writes in his introduction, „came to intellectual maturity" during the Cold War. All are more or less vaguely identified with that terribly vague entity known as the "New Left"; a few have been intensely—even heroicallyinvolved in dissenting from and protesting against barbarismus abounding in contemporary American society. Simultaneously, the work as a whole shows a minimization of the role of the working class, a misapprehension, where there is not ignoring, of the trade-union movement, a tendency towards elitism—despite Jesse Lemisch's cogent argument against it—a minimizing of the reality of racism and the central significance in U. S. history of the activity of black p e o p l e again, the essay by Lemisch and, in part, that by Staughton Lynd and the editor, are atypical. But there are certain specific stigmata of the Cold War years which permeate the volume—either by omission or by commission; one is an underestimation—usually ignoring—of the Right in U. S. history; another is a failure to comprehend the character of fascism—or even, with one or two very partial exceptions, its existence; still another is no reflection of what war is—and, in the later essays, of what World War II, in particular, actually was and what it meant in human terms. And finally, there is a deep anti-Communism here. I do not mean the vindictive and compulsive kind of anti-Communism; this appears only in Genovese. But I do mean that there is the almost unconscious acceptance of the actual content of anti-Communism; this shows itself in the failure, for example, of any mention of the struggles of Communists, of the persecution of Communists, of the writings of Communists; and it shows itself in the assumption of evil motives on the part of Communists and the Communist Party; and in the quite uncritical acceptance of any hostile evaluation of Communists and the Party, no matter what the source. Let me be clear. The authors—even Genovese, verbally (though in a note)—will attack red-baiting in its crude, McCarthyite form; and Lasch excoriates it in its Hook-Schlesinger form, too. This is healthy, of course, and still very much needed in the United States. But at the same time, all that I have in the preceding paragraph is true and it significantly militates against the effectiveness with which red-baiting itself is rejected. One of the crying needs in an effort to create a "new past" is a re-examination—of course, a critical re-examination—of the actual role of

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Communists and the Party, in the preceding three generations. On the face of it, the works produced, in some cases by renegades, in the Cold-War period—Howe, Coser, Wilson, Draper, Rossiter, let alone things like Chambers and Budenz—cry out for real study. Certainly that this has not been done is not particularly the fault of the authors of this volume; it is more the fault of people like the present writer. But, the fault where it may, it is there and it is glaring and it vitiates much of the writing in this book. I want to comment upon a few of the points made by the editor, Professor Bernstein, of Stanford University, in his Introduction. A certain blandness characterizes his style; at times it underlines what I think are erroneous evaluations. Thus, in commenting upon Charles Beard, he writes that he "avoided the problem of racism" and "also failed to understand slavery." One who avoids racism could hardly be expected to understand slavery, of course; but, in fact, Beard did not avoid it—he was grossly guilty of it. This appeared not only in the omission of Negroes as human beings in his books; it was positively present in terms of openly racist language and interpretations. On slavery, his views were the conventional ones in the profession at his time; that is to say they were the views of Phillips. Beard did not make—in his later years—"a thoughtful analysis of imperialism". He did object to interventionism; but, at the same time, he showed no awareness of the meaning of fascism and nazism; his revisionism of history, therefore, in his last years, caricatured the actual process of World War II's coming. It was this trend in his thinking which made Beard in the 1940's a leading ideologist of the Republican Party—hardly a thoughtful analyst of imperialism. This was all the more true since in his last years, Beard moved, philosophically, more and more towards idealism and explicitly rejected the concept of causation. Bernstein is markedly reserved in his criticisms of the neo-Conservative historiography which coincided with McCarthyism. He deals so gently with Daniel Boorstin, Louis Hacker and Allan Nevins that he, in fact, does not accurately convey their ideas or their impact; and he says nothing at all about the writings of those who attacked their ideas—at the time. This is related to Bernstein's remark that "during the early sixties the conservative consensus began to break d o w n " ; in this he is wrong by almost a decade. The consensus was never without serious challenge and it was beginning to break down certainly by 1957, by which time the whole academic community—students and teachers—were clearly manifesting the challenges that became overwhelming by the early 1960's. I make this point because the tendency to see everything beginning with the time when the authors of this volume became articulate and really authors—while perhaps characteristic of each generation—is quite erroneous. In general, in this volume there is no mention of the work in history—done during the Cold War—of people like Du Bois, Henry Steele Commager, Broadus Mitchell, Harvey O'Connor, Ray Ginger, Max Savelle, Carl Bridenbaugh, Howard K. Beale, Matthew Josephson, Arthur E. Bestor, Jr., Samuel Sillen, Carl Marzani, Leo Huberman, James S. Allen, Gilbert Green, Herbert Morais, Ola E. Winslow, Chester M. Destler, Joseph P. Morray, C. Wright Mills—none of whom succumbed to the neo-Conservatism and all of whom produced significant work in the late 1940's and in the '50's, much of it directly relevant to the essays in this volume. And single references to the works of people like P. S. Foner, C. P. Nettels, and Merill Jensen surely are most inadequate.* *

An interesting exercise is to compare the essays in J. S. Allen, ed., Looking Forward, International Publishers, 1954, with those in this volume. Several—as on the Constitution, on Thoreau, on the early labor movement and the Negro, on aspects of U. S. foreign policy—would make very instructive reading today for the authors of Towards a New Past. Aus: Herbert Aptheker, Attempting A New History, in: Political Affairs, New York, 8/1968, S. 42ff.

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13

Loesdau, Globalstrategie

Personenregister

Abs, Hermann J. 28, 35 Adenauer, Konrad 28, 29 Adorno, Theodor W. 42 Appatov, S. I. 11 Aptheker, Herbert 37, 151, 152, 163 Arendt, Hannah 23 Arndt, Ernst Moritz 107, 110 Aron, Raymond 77 ' Baden, Prinz Max von 117 Baiser, Frolinde 130 Bancroft, George 87 Barnes, Harry E. 65, 66, 100, 101, 102 Barzel, Rainer 27, 98 Beard, Charles A. 42, 43, 48, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 68, 69, 74, 87, 100 Beck, Jösef 102 Becker, Carl L. 66, 68, 74 Beethoven, Ludwig van 147 Beioff, Max 84 Bemis, Samuel F. 41 Bergner, Dieter 15, 19 Bergstraesser, Arnold 42, 44 Bemal, J. D. 35 Bernstein, Barton J. 151, 160 Berthold, Werner 11 Besson, Waldemar 10, 99 Bismarck, Otto Fürst von 135 Blough, Roger M. 34 Blum, Albert A. 129 Bracher, Karl Dietrich 10, 56, 75, 99 Brandt, Willy 27, 29 Braun, Otto 121, 122 13»

Brecht, Arnold 42, 120, 121 Breshnew, L. I. 20 Brinton, Crane 41, 51, 74, 113, 114 Bruck, Arthur Moeller van den 111, 112 Brüning, Heinrich 120 Brzezinski, Zbigniew K. 8, 17, 18, 20, 21, 23, 33, 34, 44, 45, 82, 143 Bundy, McGeorge 24 Burckhardt, Jakob 31 Burnham, James 22, 23 Campbell, John C. 18 Chalmers, Douglas A. 133 Chamberlin, William H. 101 Churchill, Sir Winston 83 Clay, Lucius D. 29 Commager, Henry St. 15 Conant, James B. 40 Conze, Werner 10, 76, 85, 98, 99,119,129,130, 131, 134, 135 Craig, Gordon A. 10, 45, 123, 139, 159 Croce, Benedetto 62 Daladier, Edouard 102 Dante Alighieri 147 Darwin, Charles 147 Davis, Angela Y. 137, 146 Dementjev, I. P. 10 Deuerlein, Ernst 99 Deutsch, Karl W . 42, 136 Dewey, John 62 Dilthey, Wilhelm 55, 60, 70, 71. 72 Dockhorn, Klaus 87

196

Personen vcrzeichai s

Dorpalen, Andreas

10, 56, 128

Drucker, Peter F .

Hamerow, Theodore S.

77

Ebert, Friedrich

116

Edinger, Lewis J . Efimov, A. V.

10, 132, 135, 136

Einstein, Albert

Herder, Johann Gottfried von

10, 143

Fichte, Johann Gottlieb

107, 110

56, 139, 140, 141, 158

34

Franco, Francisco

55

Hitler, Adolf

102, 106, 119, 123, 141 49

Hoetzsch, Otto

142

Hofer, Walther

98

Hoffmann, Ross

84 111

119

135, 136, 157 Holl, Karl

10, 56, 114, 139, 159

Gehlen, Arnold

77

Genovcse, Eugene D . George, Charles M. Gerhard, Dietrich

42

Humphrcy, Hubert H. Hunt, Richard N.

43

133, 136

Huntington, Samuel P.

33, 34, 82

151 150

Iggers, Georg G .

10, 86

Gerstenmaier, Eugen Geyer, Dietrich

51

Horkheimer, Max

32, 34, 77, 142

Gatzkc, Hans W.

55

Hook, Sidney

23, 42, 52

Galbraith, J o h n K .

9, 42, 45, 55, 57, 59, 60, 70, 71,

1 1 1 , 1 1 5 , 1 1 6 , 117, 121, 122, 130,131, 133, 134, 35

77

Friedrich, Carl J .

28, 65, 66, 100

72, 73, 85, 86, 88, 89, 100, 104, 107, 108, 109,

Franks, Oliver Shewell Freyer, Hans

Hintze, Otto

Holborn, Hajo

77

Fowler, Henry H.

Isatzky, Arthur

11, 48, 49, 64, 70, 160 11

98

8

Jahn, Friedrich Ludwig

Gilbert, Felix

56

Johnson, Lyndon B .

Gimbel, J o h n

10

Julina, N . S.

Globke, Hans

28

Goethe, Johann Wolfgang von

104, 107

107, 110

22, 26, 44, 142

10

Kant, Immanuel

107

Goldwater, Barry

22

Karl I. (der Große)

Gollwitzer, Heinz

85

Katzenbach, Nicholas de B .

Goodwin, Richard N.

Kennan, George F.

142

Gottschalk, Louis

73, 86

Kennedy, John F.

Grabert, Herbert

100

Kennedy, Robert F.

Groh, Dieter

Kernig, C. D .

85, 134, 135

126

77, 83, 84, 85, 89, 97

Halifax, Edward Frederick Lindley Wood Earl of

21, 22, 44, 142 44, 142

8

Hallgarten, George W . F.

Kissinger, Henry A. Klein, Julius Kohn, Hans

102 125, 140, 141

34

24, 44, 142, 143

Kiesinger, Kurt Georg Halecki, Oskar

107

68, 74, 156

Hoggan, David L.

39

Forastie, Jean

Higham, John

Hofstadter, Richard

11

107, 111

10

Hölzle, Erwin

Feldman, Gerald D .

Ford, Henry

147, 148

8

101

Foner, Philip S.

83

Herbst, Jürgen

117, 123, 139, 140, 159

Fischer, Fritz

Hayes, C. J . H.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich

10, 56, 58, 59, 75, 100, 112,

Fay, Sidney B.

55

11

71, 79, 109, 146, 150

Engels, Friedrich Epstein, Fritz T .

Harnack, Adolf von

Healy, Dorothy

147

Epstein, Klaus

145

Hass, Gerhart

10

10, 56, 139, 159

Hammersquith, Don

98, 100

16, 18, 44, 45, 100

28 42, 45, 56, 60, 70, 75, 76, 83, 88,91,

92, 93, 94, 95, 96, 112, 126, 127, 139, 157, 159

197

P e r s o n e n Verzeichnis

Kolko, Gabriel 150 Kon, I. S. 10, 52 Konrad I. (ostfränkischer König) 108 Kramer, Bert 147 Krebs, Paul 28 Krieger, Leonard 10, 56, 110, 111, 112, 139, 159 Krippendorff, Ekkehart 17, 21, 39, 42, 43 Kuropiatnik, G. P. 10 Lach, Donald 86 LaFeber, Walter 149 Lagarde, Paul de 111 Lamprecht, Karl 53 Langer, William L. 139, 159 Langbehn, Julius 111 Laqueur, Walter 8 Lasch, Christopher 37 Lasswell, Harold D. 36, 43 Laue, Theodore H. von 57, 73 Lazarsfeld, Paul 42 Lemberg, Eugen 95, 96 Lenin, W. I. 53, 71, 79, 113, 119, 146, 147, 150 Lessing, Gotthold Ephraim 107 Lewin, Kurt 42 Lidtke, Vernon L. 10 Linebarger, P. 36 Lippmann, Walter 84 Löwe, Bernd P. 15, 19 Lozek, Gerhard 7, 9, 11 Ludendorff, Erich 116 Ludz, Peter Christian 10, 25, 128 Luxemburg, Rosa 148 Lynd, Staughton 150, 152 Maljkov, V. L. 10 Maliin, James C. 61 Mandelbaum, Maurice 51 Mann, Golo 10, 138 Mannheim, Karl 52, 59 Marcuse, Herbert 38, 42, 145, 147 Maruskin, B. I. 10 Marx, Karl 49, 50, 71, 78, 79, 81, 130, 131, 146, 147, 149, 150, 151, 152 Masur, Gerhard L. 10, 86 Mau, Hermann 124 McArthur, Douglas 28 McCloy, John J. 29, 40, 44

Mcany, George 147 Meineckc, Friedrich 40, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 69, 71, 72, 76, 95, 107, 111, 118, 125, 141 Meissner, Boris 8 Meyer, Henry C. 56, 89, 97 Mitin, M. B. 36 Mommsen, Hans 8, 93, 130 Mommsen, Wolf gang 31 Morgan, Wallace 11, 152 Morgenthau, Hans 36, 42, 100, 143 Morison, Samuel E. 39, 41, 57, 74 Mosse, George L. 8, 10, 56, 112, 119 Murrow, Edward R. 20 Mussolini, Benito 119 Nadzafov, D. G. 10 Neuckranz, Georg 11 Neumann, Franz L. 23, 42 Neumann, Sigmund 23, 42, 122, 123, 132 Newton, Isaac 147 Nixon, Richard M. 22, 24, 25, 27, 29, 44 Nolte, Ernst 10, 124 Oberndörfer, Dieter Oglesby, Carl 148

43, 44

Papen, Franz von 121 Parrington, Vernon L. 61 Perkins, Dexter 41 Pcrroux, François 77 Pflanze, Otto 10, 56, 139, 159 Pollack, Norman 150 Pollock, James K. 126 Popper, Karl R. 77 Porter, Katherine Anne 123 Proctor, John 147 Ranke, Leopold von 52, 53, 55, 56, 57, 60, 68, 73, 87 Read, Conyers 38, 57, 65, 74, 75, 155 Richardz, Young 29 Rickert, Heinrich 60 Ricsman, David 77 Ritter, Gerhard 67 Robinson, James H. 61 Rockefeller, David 18, 35, 44 Roosevelt, Franklin D. 83, 102, 142 Rose, Günther 10

198

Personenverzeichnis

Rosenberg, Hans

10, 56, 73, 105,106, 112, 119,

Rossiter, Christon N. L. Rostow, Walt W .

Stern, Alfred

151

17, 26, 32, 34, 44, 77, 78, 79,

80, 81, 112, 136 10, 133, 134, 135

Rothfels, Hans

10, 45, 54, 55, 56, 76, 89, 125,

140

21, 142 54, 57, 58, 59

59

Stern, Fritz R .

10, 56, 74, 111, 112, 139, 159

Sternberg, Fritz

Roth, Guenthcr

Rusk, Dean

Sorensen, Theodore C. Sterling, Richard W .

130, 139, 159

77

Stökl, Günther

8

Strauß, Franz J o s e f Syrbe, Horst

27, 77, 84, 97, 98

9

34, 43 Talmon, J . L .

119

Samoskin, J u . A .

10

Tansill, Charles C.

101

Sauer, Wolfgang

10, 124, 130

Thalheim, Karl C.

8

Schäfer, Peter

11

Toqueville, Alexis de

Schieder, Theodor

63, 69, 72, 76, 93, 95, 97,

99, 110, 130

Troeltsch, Ernst

Schieder, Wolfgang

8, 125

Schilfert, Gerhard

11

Schiller, Friedrich von Schiller, Karl

107

87 127

52, 55, 56, 60, 111, 119

Truman, Harry S.

17, 39, 155

Tullius Cicero, M.

127

Turner, Frederick J .

61, 83

29

Schlesinger sen., Arthur M. Schlesinger jr., Arthur M. Schmidt, Walter

Schoenbaum, David Schorskc, Cari E . Schumacher, Kurt

119, 123 55 130

144

Semenov, Ju. N. Severing, Carl

41

10, 56, 136, 139, 159

Schubert, Hans von Schwedkow, J .

61

Shirer, William L.

Snell, John L.

147

56, 125, 140 18

10, 45, 56, 117, 118, 124, 139,

159 Snyder, Louis L.

64

Wachenheim, Hedwig Wagner, Fritz Weber, Max

10, 135

51, 148 54, 55, 56, 60, 72

Wehler, Hans-Ulrich

Wells, Harry K .

10

29

Smith, Walter B .

Vagts, Albert

99

Weiss, Andreas von

121

Shakespeare, William

149, 150

Weinberg, Gerhard L.

10

Sevostjanov, G. N.

Unger, Irwin

16, 44, 142, 143, 156

11

Schmitt, Bernadotte E .

Sitko, Carol

Toynbee, Arnold J .

92, 104

10, 45, 56 150

53

Wilhelm II. (Deutscher Kaiser u. König von Preußen)

117

Williams, William A. Wilson, Woodrow

149, 152 119

Windelband, Wilhelm Wish, Harvcy Woolf, H.

8

87

60

Sachregister

Abendlandlegende 84, 86, 8 8 - 8 9 American Historical Association 41, 54—55, 65, 70, 128, 152 American Institute for Marxist Studies 37, 152 Antikommunismus 7, 9, 15—16,19—23, 25—27, 32, 34, 36, 39, 65-68, 82-83, 89, 91, 95, 101, 105, 113, 116, 120, 145, 151 Arbeiterbewegung 46, 98, 128-129, 130-136, 144-145, 148 Atlantismus, „atlantisches Geschichtsbild" 9, 28, 40, 82-85, 89-93, 97, 104, 136-140

Geschichtsmethodologie 7—9, 11, 48—51, 61— 63, 6 7 - 7 4 , 76 Geschichtstheoric 9, 15, 46-49, 51-52, 57, 66-71, 76 Gesellschaftsformation, sozialökonomische 81 Gesetzmäßigkeit 32, 48-50, 64, 69-71, 80-81, 92, 97, 113, 117-118, 130, 133, 148 Globalstrategie 7, 16-17, 19-20, 22-24, 27, 29, 31, 34, 39, 48, 86, 91, 96-97, 104, 113, 128, 138

Containment

Historischer Materialismus 15, 31, 49, 70, 7 8 - 8 1 , 132 Historisch-politische Konzeption 9—11, 15, 44, 4 6 - 4 7 , 68, 76, 91-92, 104-105, 107 Historismus, bürgerlicher 10, 49, 51—53, 57, 59, 62, 6 8 - 6 9 , 72-74, 76, 88

17, 22

Demokratie 22, 38, 64, 110, 117-118, 122, 124, 143-145, 149 Demokratische Partei 22 Epoche 79, 81-82, 92, 104-105, 113, 117, 128, 152 Europaideologie 40, 46, 82, 92, 126, 136 Europazentrismus, euroamerikanischer Zenttismus 88 Evolutionsauffassung 33, 46, 82 Expansionsimus 148—150 Faschismus 23, 38, 46, 54-55, 65, 95, 100-101, 106-107, 110-112, 118, 120-126, 131, 1 3 8 139 Freiheit 111, 137, 144 Geschichtsideologie 7 - 9 , 1 5 - 1 6 , 30, 35, 38-39, 48, 50, 52, 54-56, 76, 82, 91, 99, 104-105, 152

Ideologie 7, 11, 15-16, 19-20, 30-31, 3 5 - 3 6 , 38, 46, 48, 69, 76, 79, 81-82, 94, 103,105, 111, 133, 137, 145 Imperialismus 7, 9, 15-17, 19-20, 23, 2 5 - 2 7 , 29-30, 38, 44, 46, 51, 5 4 - 5 6 , 61, 65, 67, 70, 72, 80-82, 84-85, 8 8 - 8 9 , 91, 97, 104-107, 110, 112-119, 121, 123-124, 126-127, 129, 136-141, 149 Industriegesellschaftslehre 9, 16, 31—35, 46, 50, 77-78, 82, 84, 91-92, 113, 123, 125, 128 Integrationskonzept 91-92, 95, 98, 122-123, 128-130, 132-136 Interventionismus 15, 17 Isolationismus 17

200

Sachregister 7,9,11,15-16,21-22,30, 32-35,

Positivismus

15, 49, 5 2 - 5 3 , 6 9 - 7 0 , 72

38, 50, 56, 61, 71, 79, 8 2 - 8 3 , 8 8 - 9 2 , 1 0 4 - 1 0 5 ,

Präsentismus

61—63, 66—68

1 1 0 - 1 1 2 , 1 1 4 - 1 1 5 , 119, 125, 128, 132, 1 3 6 -

Pragmatismus

Kapitalismus

Klasse

15, 49, 5 2 - 5 4 , 62, 6 6 - 7 0 , 72,

76

137, 143, 145, 1 4 9 - 1 5 0 , 152 32, 46, 71, 90, 92, 9 4 - 9 5 , 109, 1 1 3 - 1 1 4 ,

134, 145

Rassismus

Klassenkampf

7, 15, 32, 40, 51, 92, 109, 129,

145, 150

22, 138, 149

Relativismus

53,66—68

Republikanische Partei

Kommunistische Partei der U S A Konservatismus

146, 151

Revisionismus,

15, 22, 76, 84, 112

Konvergenzauffassungen

22, 29

historischer

61,

64—68,

76,

25, 64, 71, 82, 85, 8 9 - 9 0 ,

99,

100-101, 148-149

32—33, 46, 81—82

Revolution

105, 107, 111, 1 1 3 - 1 1 4 , 1 1 7 - 1 2 0 , 123, 128, Liberalismus

15, 22, 84, 98,

100, 1 0 4 - 1 0 5 ,

130, 138, 142, 1 5 0 - 1 5 1 Roll back

110-112 Marxismus-Leninismus

9, 11, 15, 32—33, 44,

5 0 - 5 1 , 66, 71, 7 8 - 7 9 , 92, 95, 125, 1 2 9 - 1 3 5 , 144

17, 19, 22

Sozialgeschichte

9, 46, 49, 6 1 - 6 2 , 6 9 - 7 2 , 74,

76, 1 0 4 - 1 0 6 , 108, 113, 123, 1 3 0 - 1 3 1 Sozialismus-Kommunismus

McCarthyismus

22, 65, 151

81, 83, 85, 9 0 - 9 2 , Nation

25,

51,

81,

89-90,

92-96,

98-99,

15, 25, 33, 46, 81,

91-100,

N e u e Linke

24—25

Opportunismus

48—49, 51, 61—62, 67—70, 7—8, 10, 22, 37,

33, 94, 103, 121,

3 5 - 3 6 , 81, 84, 9 4 - 9 8 , 105, 109, 112, 118,

1 2 2 - 1 2 3 , 125, 127, 131, 135 Stadientheorie 123,

132,

135

7 7 - 7 8 , 81, 124

Totalitärismus-Doktrin

23, 25, 31, 40, 46, 95,

119 43, 120, 1 2 2 - 1 2 3 , 130, 1 3 2 - 1 3 3 , 136

Pluralismuskonzept,

Wissenschaftspolitik

15, 30, 3 5 - 3 7

„Methodenpluralismus"

7 0 - 7 1 , 95 Politische Wissenschaft

113,

1 3 2 - 1 3 3 , 136, 148, 152

148—152

Nixon-Doktrin

Parteien

103-105,

72, 74, 76, 127

Staat

5 3 - 5 4 , 57, 6 1 - 6 2 , 67, 149

N e w Left history

15—16,

51, 60, 69, 72, 74, 7 6 - 7 7 , 79, 87, 123, 128,

103

143-149,151-152

N e w History

95-97,

Soziologie, Soziologisierung

1 0 2 - 1 0 6 , 1 1 0 - 1 1 2 , 131, 136, 139 Neokonservatismus

11,

115, 117, 1 2 7 - 1 2 8 , 133, 137, 144, 146, 152 Sozialwissenschaften

106-108 Nationalismus

7, 9

1 9 - 2 0 , 2 2 - 2 4 , 2 6 - 2 7 , 3 1 - 3 3 , 38, 48, 61, 71,

Zwischeneuropakonzept 7 - 8 , 10, 25, 37, 4 1 -

4 3 , 7 5 - 7 7 , 82, 128, 133, 136, 148

97