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German Pages 386 Year 2015
André Scharmanski Globalisierung der Immobilienwirtschaft
2009-11-02 13-30-32 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 0323225065858702|(S.
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André Scharmanski (Dr. rer. pol.) promovierte an der Universität zu Köln und ist seit 2009 Referent am Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR). Sein Forschungsinteresse konzentriert sich generell auf das Spannungsfeld Immobilienwirtschaft und Raum.
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André Scharmanski
Globalisierung der Immobilienwirtschaft Grenzüberschreitende Investitionen und lokale Marktintransparenzen. Mit den Beispielen Mexiko City und São Paulo
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2009 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Scharmanski, São Paulo, 2006 Lektorat & Satz: André Scharmanski Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1305-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
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Inhalt
Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Verzeichnis der Boxen Abkürzungsverzeichnis Danksagung
9 11 13 14 15
1 Einleitung 1.1 Anlass und Zielsetzung 1.2 Ableitung forschungsleitender Fragen 1.3 Zum Aufbau der Arbeit
17 17 20 21
2 Konzept der Globalisierung 2.1 Globalisierung – ein Begriff mit vielfältigen Bedeutungen 2.1.1 Raum- und zeitlos durch technologischen Fortschritt? 2.1.2 Globalisierung – ein neues Zeitalter oder Mythos? 2.2 Geographien der Globalisierung 2.2.1 Entankerte Weltwirtschaft versus Wiederentdeckung der Region 2.2.2 Abkehr vom ,naiven regionalen Fetischismus‘ 2.3 Geographische Maßstabsebenen der Globalisierung 2.3.1 Territoriale versus relationale Skalenkonzepte 2.3.2 Territoriale Sichtweise 2.3.3 Relationale Perspektive 2.3.4 Unternehmerisches Handeln auf multiplen Maßstabsebenen
23 23 24 25 33 34 36 39 39 41 43 48
3 Globalisierungsprozesse in der Immobilienwirtschaft 3.1 Globale Kapitalströme und neue Anlageziele 3.2 Antriebskräfte der globalen Immobilienwirtschaft 3.2.1 Professionalisierung
53 53 59 60
3.2.2 Kapitalmarktorientierung 68 3.2.3 Neue Märkte 74 3.2.4 Risikominimierung 79 3.2.5 Raum-Zeit-Konvergenz 83 3.2.6 Weltmarktintegration, Liberalisierung und Deregulierung 86 3.2.7 Das Antriebskräftemodell – ein vorläufiges Resümee 93 3.3 Internationalisierung der Immobilieninvestoren 95 3.3.1 Normative ökonomische Modelle der Internationalisierung 96 3.3.2 Relationaler Kontext der Internationalisierung 100 4 Immobilienwirtschaft und Intransparenz 4.1 Lokale Bezüge der Immobilienwirtschaft 4.1.1 Lokale Vielfalt statt globaler Einheit 4.1.2 Immobilienmärkte als lokale Institutionen 4.1.3 Intransparente Immobilienmärkte 4.2 Intransparenzen in der globalen Immobilienwelt 4.2.1 Informationelle Intransparenzen durch unvollständige Information und lokales Rauschen 4.2.2 Institutionelle Intransparenzen durch institutionelle Lücken und geringe Marktprofessionalisierung 4.2.3 Relationale Intransparenzen durch Principal-AgentBeziehungen, zeitlich befristete Zusammenarbeit und kulturelle Distanz 4.2.4 Informelle Intransparenzen durch Korruption und das Zurückhalten von Informationen 4.3 Internationalisierung trotz Intransparenz 4.3.1 Nähe als Rezept gegen Intransparenz 4.3.2 Phasenmodell der Internationalisierung
105 106 106 109 112 118
140 147 147 154
5 Methodische Konzeption der empirischen Studie 5.1 Auswahl und Zuschnitt des Forschungsdesigns 5.1.1 Zweiteilung der Studie und zirkulärer Forschungsprozess 5.1.2 Auswahl der Gesprächspartner 5.1.3 Auswahl der Untersuchungsmärkte 5.2 Durchführung der Erhebung und Auswertung 5.2.1 Qualitative vs. quantitative Forschungsansätze 5.2.2 Leitfadengespräche 5.2.3 Auswertung der Interviews 5.2.4 Computergestützte Inhaltsanalyse mit ATLAS.ti 5.2.5 Triangulation qualitativer und quantitativer Methoden
161 162 162 163 168 172 172 173 174 177 180
6 Investitionsentscheidungen im globalen Kontext 6.1 Marktselektion als atomistisch-rationaler Entscheidungsprozess 6.1.1 Screening
181 181 184
118 124
128
6.1.2 Portfolioanalyse 6.1.3 Marktauswahl und Timingstrategie 6.1.4 Objektselektion 6.1.5 Geographien der rationalen Entscheidungsfindung 6.2 Relationaler Kontext der Marktselektion 6.2.1 Konformität mit herrschenden Leitvorstellungen 6.2.2 Komplementarität durch organisatorische Nähe 6.2.3 Home-Bias-Phänomen 6.2.4 Pfadabhängigkeiten der Investitionsentscheidungen 6.2.5 Atomistische und relationale Entscheidungsfindung Immobilienmärkte der Semi-Peripherie im Wirkungsfeld der Globalisierung 7.1 Die Fallbeispiele Mexiko City und São Paulo 7.1.1 Immobilienmarkt und Wirtschaftsentwicklung in Mexiko 7.1.2 Immobilienmarkt und Wirtschaftsentwicklung in Brasilien 7.1.3 Mexiko City und São Paulo als neue Knotenpunkte der globalen Ökonomie 7.1.4 Die Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo 7.2 Internationalisierung der Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo 7.2.1 Markteintritt ausländischer Immobilienakteure 7.2.2 Internationalisierungsgrad und Marktreife 7.3 Intransparenzen bei Investitionen in Mexiko City und São Paulo 7.3.1 Informationelle Intransparenzen 7.3.2 Institutionelle Intransparenzen 7.3.3 Relationale Intransparenzen 7.3.4 Informelle Intransparenzen 7.3.5 Intransparenzen als Markteintrittshindernis – eine Triangulation 7.4 Überformung lokaler Büroimmobilienmärkte 7.4.1 Lernprozesse 7.4.2 Konvergenz 7.4.3 Segmentierung 7.4.4 Fazit
188 189 192 194 195 196 203 210 217 222
7
8
Globalisierung des Immobiliensektors – Ein multiskalarer Erklärungsansatz
Literatur
225 226 226 230 234 237 246 247 252 273 273 278 286 293 298 301 301 311 325 338
341 355
Ab bildungs ve rz eic hnis
Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13. Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22:
Territoriale Skalenkonzepte ....................................................42 Relationales Skalenkonzept ....................................................45 Relationales Skalenkonzept der Immobilienwirtschaft ..........49 Zunahme grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen ....54 Veränderung des weltweiten Immobilienbestands nach Großregionen ..........................................................................57 Antriebskräfte der globalen Immobilienwirtschaft.................60 Grenzüberschreitende Immobilieninvestments nach Investorentyp (2005)...............................................................61 Vom intuitiven zum modernen Portfoliomanagement ...........63 Vormarsch der Kapitalmarktfinanzierung ..............................69 Foreign Direct Investment Property Model ............................75 Schematische Darstellung der Immobilienzyklen ..................82 Änderungen nationaler Direktinvestitionsregime...................88 Interdependenzen zwischen Maßstabsebenen und Antriebskräften .......................................................................93 Immobilienmärkte aus institutioneller Perspektive ..............109 Zusammenhang zwischen Markttransparenz und Transaktionsvolumen 2006...................................................116 Principal-Agent-Problematik bei indirekten Investments ....131 Zusammenhang zwischen Korruption und Immobilienmarkttransparenz ................................................143 Immobilientransfer-Dilemma ...............................................145 Nähe als Rezept gegen Intransparenzen ...............................149 Idealtypischer Internationalisierungsprozess (schematisch).155 Zirkuläres vs. lineares Modell ..............................................162 Mexiko und Brasilien - Übersicht wirtschaftlicher Kennzahlen ...........................................................................168
Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26: Abb. 27: Abb. 28: Abb. 29: Abb. 30: Abb. 31: Abb. 32: Abb. 33: Abb. 34: Abb. 35: Abb. 36: Abb. 37: Abb. 38: Abb. 39: Abb. 40: Abb. 41: Abb. 42: Abb. 43: Abb. 44: Abb. 45:
Für Investmentzwecke zur Verfügung stehender Immobilienbestand................................................................170 Ablauf der qualitativen Inhaltsanalyse .................................175 ATLAS.ti – Transkript mit Kodes im rechten Margin Display .....................................................................178 ATLAS.ti – Auflistung der Kategorien im Code Manager ..179 ATLAS.ti – Übersicht der einer Kategorie zugeordneten Zitate .....................................................................................179 Entscheidungsphasen internationaler Immobilieninvestoren ...........................................................184 Scoring-Verfahren als Instrument der Marktselektion .........187 Standorte transnationaler ImmobilienBeratungskonzerne 2007.......................................................201 Entwicklung der geographischen Immobilienanlagestrategien deutscher Investoren ..................................216 Büroimmobilienteilmärkte in Mexiko City (2008)...............238 Büroimmobilienmarktentwicklung in Mexiko City (A-Segment)..........................................................................240 Kennzahlen der Büroimmobilienteilmärkte (Class A-Segment) in Mexiko City 2008 .............................241 Büroimmobilienteilmärkte in São Paulo (2008)...................242 Büroimmobilienmarktentwicklung in São Paulo (A-Segment)..........................................................................243 Kennzahlen der Büroimmobilienteilmärkte (Class A-Segment) in São Paulo 2008..................................244 Markteintritt ausländischer Immobilienakteure – zeitlicher Ablauf....................................................................248 Einschätzung des Internationalisierungsgrads und der Marktreife nach Segmenten ............................................255 Investitionsrisiken in Mexiko City und São Paulo ...............300 Globale Pipelines als Zugang zu globalen Wissensressourcen ................................................................309 Architektonische Chiffren der Globalisierung......................321 Mexiko City und São Paulo auf dem Weg zum klassischen Immobilienzyklus ......................................323 Verlagerungstendenzen der Büroimmobilienmärkte ............336 Relationale Entscheidungswege und räumliche Investitionsmuster .................................................................347
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5: Tab. 6: Tab. 7: Tab. 8: Tab. 9: Tab. 10: Tab. 11: Tab. 12: Tab. 13: Tab. 14: Tab. 15: Tab. 16: Tab. 17: Tab. 18: Tab. 19: Tab. 20: Tab. 21: Tab. 22:
Anlagevolumen ausgewählter globaler Immobilieninvestoren .............................................................27 Weltweite Ausdehnung der IPD-Indizes ................................65 Weltweite Verbreitung von REITs .........................................66 Professionalisierung – Antriebskräfte der Globalisierung......67 Kapitalmarktorientierung – Antriebskräfte der Globalisierung.........................................................................73 Neue Märkte – Antriebskräfte der Globalisierung .................78 Risikominimierung – Antriebskräfte der Globalisierung .......83 Raum-Zeit-Konvergenz – Antriebskräfte der Globalisierung...................................................................86 Weltmarktintegration, Liberalisierung und Deregulierung – Antriebskräfte der Globalisierung .........................................92 Finanzprodukte und ihre Transparenzeigenschaften ............113 Immobilien-Transparenz-Index 2006 ...................................115 Grenzüberschreitende Intransparenzen – eine Typologie.....118 Principal-Agent-Theorie im Überblick.................................130 Intransparenzen und Skalenwechsel .....................................146 Nähe als Rezept gegen Intransparenz ...................................154 Übersicht über die befragten Immobilieninvestoren ............165 Übersicht der befragten Immobilienakteure in Mexiko City und São Paulo .......................................................................167 Knock-out-Kriterien global orientierter Investoren..............185 Organisation der Marktselektion ..........................................195 Investitionsdestination und Herkunft des Hauptinvestors ....214 Präferierte Investitionsstandorte nach Anlagestrategien ......221 Standorte transnationaler Immobilienberatungshäuser (2008) ....................................................................................249
Tab. 23: Tab. 24: Tab. 25:
Deutsche offene Immobilienfonds als Immobilienakteure in Mexiko City ......................................................................259 Ko-Steuerung der Immobilienteilmärkte auf verschiedenen räumlichen Ebenen................................................................272 Lokale versus transnationale Immobilienteilmärkte.............333
Ve rzeic hnis de r Boxe n
Box 1: Box 2: Box 3: Box 4: Box 5: Box 6: Box 7: Box 8: Box 9: Box 10: Box 11: Box 12: Box 13: Box 14: Box 15: Box 16:
Institutionelle Investoren ........................................................55 Derivate...................................................................................70 Leverage-Effekt ......................................................................71 Foreign Direct Investment Property Model ............................75 Immobilienzyklen ...................................................................81 Finanzmarktförderungsgesetze als Wegbereiter der Globalisierung.........................................................................89 Synthese von Direktinvestitions- und Portfoliotheorie...........99 Transparenz in der Finanzgeographie...................................113 Wissenstypen ........................................................................122 Netzwerke .............................................................................132 Kulturelle Distanz nach Hofstede .........................................138 Informationstransfer-Dilemma .............................................144 Entwicklung einzelner Immobiliensubmärkte in Mexiko City ..........................................................................239 Entwicklung einzelner Immobiliensubmärkte in São Paulo ..............................................................................245 „Condominium“ als lokale Art der Projektentwicklung.......257 Markterschließung eines transnationalen Beratungsunternehmens........................................................265
Ab k ürz ungs ve rz eic hnis
ADI API BVI CMBS EPRA FCPA FIBRAS FII GATS GaWC IAS ICEI INREV IPD IuK NAFTA NAREIT qm REIT RETI RICS TNC ULI UNCTAD WTO
Ausländische Direktinvestitionen Ausländische Portfolioinvestitionen Bundesverband Investment und Asset Management Commercial Mortgage Backed Securities European Public Real Estate Association Foreign Corrupt Practices Act Fideicomisos de Infraestructura y Bienes Raíces Fundos de Investimento Imobiliário General Agreement on Trade and Services Globalization and World Cities Study Group International Accounting Standards Instituto Comercial e Industrial Investors in Non-listed Real Estate Vehicles Investment Property Databank Information- und Kommunikation North American Free Trade Agreement National Association of Real Estate Investment Trusts Quadratmeter Real Estate Investment Trust Real Estate Transparency Index Royal Institution of Chartered Surveyors Transnational Corporations Urban Land Institute United Nations Conference on Trade and Development World Trade Organization
Da nk sa gung
Die vorliegende Arbeit wurde im Mai 2009 von der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität zu Köln als Dissertation unter dem Titel „Globalisierung der Immobilienwirtschaft. Ein multiskalarer Ansatz mit den Fallbeispielen Mexiko City und São Paulo“ angenommen. Dieses Buch wäre nicht zustande gekommen ohne die Hilfe vieler Beteiligter. Mein größter Dank für die Förderung und Betreuung dieser Arbeit gilt meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Martina Fuchs. Sie gewährte mir Freiraum bei der Organisation und inhaltlichen Gestaltung meines Forschungsprojekts und stand in den verschiedenen Entstehungsphasen stets als engagierte und kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung. Gerade die gemeinsamen inhaltlichen Diskussionen gaben viele Anregungen und setzten gewinnbringende Denkprozesse in Gang, die wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beitrugen. Ein großer Dank geht auch an meinen Kollegen und Freund Herrn Dr. Johannes Winter. Der spannende und kritische Austausch mit ihm war ein wesentlicher Meilenstein bei der Erstellung meiner Doktorarbeit. Ferner danke ich Herrn Prof. Dr. Thomas Jäger für die Übernahme des Korreferates. Danke auch an Freunde, Helfer und Gesprächspartner, die darüber hinaus die Arbeit unterstützten: Für die konstruktiven Hinweise und die kritische Durchsicht des Manuskripts danke ich Christoph Guber und Christian Kanhäußer. Die Aufgabe des Lektorates übernahm meine Mutter Christine Scharmanski, die damit wesentlich zur Form dieser Arbeit beigetragen hat. Dank gilt auch den studentischen Mitarbeitern Philip Dieckmann, Adrian Kreuser und Roshan Heiler für die sorgfältige Unterstützung bei Recherche, Transkription, organisatorischen Vorbereitungen und formalen Nachbereitungen. Großen Dank verdient haben auch die rund 80 Investoren, Berater, Projektentwickler und sonstigen Immobilienexperten in Deutsch-
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land, USA, Großbritannien, Mexiko und Brasilien, die mir erst durch ihre Auskunftsbereitschaft die Bewertung und Interpretation der Internationalisierung im Immobiliensektor ermöglichten. Nicht zuletzt möchte ich mich herzlich bei meinen Eltern und meinem Bruder bedanken, ohne deren Unterstützung mein Studium und diese Doktorarbeit niemals möglich geworden wären.
Bonn, September 2009
André Scharmanski
1 Einleitung
1 . 1 An l a s s u n d Z i e l s e t z u n g Räumliche Entbettung der Immobilienwirtschaft All business is local lautet ein weit verbreiteter Merksatz, dessen Gültigkeit lange Zeit auch für den Immobiliensektor zutreffend war. Entsprechend waren die Immobilienmärkte fest in der Hand lokaler Eigentümer, Projektentwickler und Investoren; überregionale oder gar internationale Akteure blieben die Ausnahme. Ein Blick in den Wirtschaftsteil einer Tageszeitung genügt allerdings, um festzustellen, dass dies heute nicht mehr die ganze Wahrheit sein kann. Nein, das räumlich-maßstäbliche Gefüge der Immobilienwirtschaft ist in den letzten Jahren erheblich in Bewegung geraten. Während Immobilien naturgemäß standortgebunden sind, wird das in Immobilien investierte Kapital immer beweglicher. Deutlich vor Augen führt uns das die gegenwärtige Subprime-Krise, die durch den weltweiten Handel mit kunstvoll verpackten zweitklassigen US-Immobilienkrediten ausgelöst wurde. In den verbrieften Hypothekenkrediten fanden die Immobilien kaum Erwähnung. Wo diese standen, schien nicht von Belang zu sein. Das Bild einer räumlich entbetteten Immobilienwirtschaft trifft auch auf die Investitionsströme im Sektor der Büroimmobilien zu, die nicht mehr vorwiegend an lokale bzw. nationale Grenzen gebunden sind, sondern sich im internationalen Maßstab über immer größere räumliche Distanzen ausdehnen. So haben sich in diesem Bereich die grenzüberschreitenden Investitionen seit 2003 auf 353 Mrd. US$ im Jahr 2007 nahezu vervierfacht, womit schon fast die Hälfte aller gewerblichen Immobilieninvestitionen nationale Grenzen überschreiten. Ausgangspunkt der vorliegenden Studie ist die Überlegung, dass die Globalisierung in der gewerblichen Immobilienwirtschaft zunehmend voranschreitet und damit verstärkt neue Immobilienstandorte in den Fokus global orientierter Investoren rücken.
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Räumliche Verankerung der Immobilienwirtschaft Entgegen der Erwartung, dass Globalisierung mit einem Bedeutungsverlust lokaler Immobilienmarktstrukturen verbunden sei, weisen einige wirtschaftsgeographische Beiträge auf die lokale Verankerung der Immobilienwirtschaft hin (Wood 2004; Heeg 2008b). Der Austausch von immobilienbezogenem Wissen, das Verstehen marktspezifischer Spielregeln und die Einbindung in lokale Netzwerkstrukturen erfordert demzufolge weiterhin räumliche Nähe. Dies gilt im Besonderen für Investitionen an intransparenten Immobilienstandorten, für die keine verlässlichen und vollständigen Informationen verfügbar sind sowie deren rechtliche und politische Rahmenbedingungen häufigen Änderungen unterliegen. Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit lautet daher: Wie organisieren internationale Immobilieninvestoren ihre grenzüberschreitenden Transaktionen und ihren Markteintritt in geographisch entfernten und weitgehend unbekannten Immobilienmärkten? Diese Problemstellung dockt an die gegenwärtige Diskussion in der Wirtschaftsgeographie an, inwieweit globale Prozesse in lokale Kontexte hineingetragen werden, und in welcher Relation dabei das Globale und das Lokale zueinander stehen. Die Immobilienwirtschaft bietet hierzu mit einerseits räumlich verankerten Immobilien, Wissen, Institutionen und Netzwerken und andererseits starken Globalisierungstendenzen ein interessantes Untersuchungsfeld, das bislang zumindest in der deutschsprachigen Geographie nahezu unbeachtet geblieben ist. Diesen Überlegungen folgend, widmet sich diese Arbeit den Globalisierungsprozessen in der gewerblichen Immobilienwirtschaft und deren Auswirkungen auf der lokalen Ebene. Zwar gibt es mittlerweile eine nennenswerte Anzahl von wirtschaftsgeographischen Analysen, die sich im Allgemeinen mit Globalisierungsprozessen beschäftigen, allerdings fehlen vertiefte Studien zu den verschiedenen geographischen Ebenen der Globalisierung und deren Zusammenwirken. Diese Lücke soll die vorliegende Arbeit schließen, die mit Hilfe des relationalen Skalenansatzes ein neues Konzept entwickelt, um die Akteure der Internationalisierung und deren Beziehungen auf multiplen Maßstabsebenen in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken. Dabei sollen auch die vielfältigen Bruchstellen, die sich in Gestalt von Intransparenzen zwischen den Maßstabsebenen abzeichnen und den Skalenübertritt der Immobilienakteure erschweren, konzeptionell und empirisch adressiert werden.
EINLEITUNG | 19
Immobilienmärkte der Semi-Peripherie als Investitionsstandorte Gerade Immobilieninvestitionen in den neuen Märkten der SemiPeripherie 1 sind immer noch mit hohen Unsicherheiten und Intransparenzen besetzt. Studiert man allerdings die weltweiten Investitionsströme im Immobilienbereich, könnte man annehmen, dass diese Hürden die Investoren anscheinend nicht sonderlich abschrecken. In ihrer Gesamtheit üben international tätige Akteure bereits durchaus Einfluss auf Märkte der Semi-Peripherie aus, der in Form von Kapitalzuflüssen, neuer Akteurskonstellationen, der Etablierung globaler Praktiken und Standards und besonders in der Stadtphysiognomie immer stärker sichtbar wird. Man könnte daher zu der Einschätzung gelangen, dass früher oder später lokale Marktteilnehmer des Immobiliensektors von großen globalen Immobilienakteuren vom Markt verdrängt oder übernommen werden und sich Homogenität in Form gleicher Standards, Praktiken und Regeln auch auf den Immobilienmärkten der Semi-Peripherie ausbreiten wird. Nichts davon ist bislang empirisch belegt, nichts davon folgt zwingend aus der Theorie. Globalisierung kann ebenso zur Differenzierung wie zur Homogenisierung von Lokalitäten führen. An diesem Punkt setzt die Arbeit auf der Basis einer Vergleichsstudie an, die nach den konkreten Implikationen globaler Prozesse auf die Büromärkte in Mexiko City (Mexiko) und São Paulo (Brasilien) fragt. Die Metropolen Mexiko City und São Paulo werden als empirische Fallstudien ausgewählt, weil beide Immobilienmärkte erstens noch als relativ intransparent einzustufen sind, zweitens eine wirtschaftliche Vorrangstellung in Lateinamerika einnehmen und drittens bereits internationale Investoren anziehen. Es sollen zunächst allgemeine Prinzipien darüber abgeleitet werden, wie globale Prozesse in vormals lokale Immobilienmärkte hineingetragen werden und wie diese auf die Entwicklung eines Standortes wirken. Diese Fragestellung ist aus wirtschaftsgeographischer Perspektive interessant, da sie Aufschluss über mögliche positive wie negative Effekte auf urbane Ökonomien und deren internationale Wettbewerbsfähigkeit erbringen kann. Dabei drängt sich im zweiten Schritt die Frage auf, wie globale Ak1
In der vorliegenden Arbeit werden Schwellen-, Anker- und Transformationsländer als semi-periphere Standorte zusammengefasst. Unter Schwellenländern versteht man Staaten, die aufgrund des erreichten sozioökonomischen Entwicklungsstandes und ihrer wirtschaftlichen Dynamik nicht mehr als Entwicklungsländer, jedoch auch noch nicht als (neue) Industrieländer gelten können (z.B. Mexiko, Brasilien, Malaysia). In Abgrenzung dazu werden Länder als Ankerländer bezeichnet, denen im jeweiligen regionalen Kontext eine herausragende ökonomische und politische Bedeutung zukommt (z.B. China, Indien, Südafrika, Saudi Arabien). Zu den Transformationsländern zählen Länder in Mittel- und Osteuropa sowie Asien, die sich im Übergang von einer zentralistischen Planwirtschaft in eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung befinden. Zur genauen Abgrenzung siehe u.a. Stamm 2004 oder Altenburg/Leininger 2008.
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teure und deren Prozesse sich verändern bzw. anpassen müssen, um auf intransparenten Märkten bestehen zu können.
1 . 2 Ab l e i t u n g f o r s c h u n g s l e i t e n d e r F r a g e n Um die Untersuchungsziele der vorliegenden Studie zusammenfassend zu explizieren, werden noch einmal die wesentlichen forschungsleitenden Thesen und Fragen kurz angeführt. These 1:
Die Immobilienökonomie wird heute von Globalisierungstendenzen erfasst.
Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: • Inwiefern kann man bereits von einer globalen Immobilienwirtschaft sprechen? • Welche Bedingungen führen zur Globalisierung der Immobilienwirtschaft? • Auf welchen geographischen Ebenen wirken die Triebkräfte der Globalisierung? These 2:
Gleichzeitig stellen jedoch vor allem lokale Intransparenzen begrenzende Faktoren für die globale Integration mancher Immobilienmärkte dar.
Folgende Fragen drängen sich dabei auf: • Welche Intransparenzen wirken auf lokalen Immobilienmärkten? • Inwiefern können lokale Intransparenzen den Markteintritt globaler Immobilienakteure erschweren? These 3:
Trotz Intransparenzen erweitern Immobilieninvestoren aus den Kernökonomien kontinuierlich ihren Aktionsradius und treten weltweit als Immobilienkäufer bzw. -verkäufer in Erscheinung.
Die empirischen Untersuchungspläne konzentrieren sich folglich auf die Fragen: • Warum internationalisieren Immobilieninvestoren und wie gehen sie bei der Marktselektion vor? • Wie passen globale Investoren ihre Strategien und Entscheidungsfindungsprozesse den intransparenten Strukturen an? • Wie organisieren globale Investoren trotz Intransparenzen ihren Markteintritt?
EINLEITUNG | 21
These 4:
Die globalen Einflüsse interagieren so mit den lokalen Immobilienmärkten, dass etwas völlig Neues entsteht. Die frühere Homogenität verliert sich in einem neuen Gemisch aus Fremden und Eigenen.
Dabei ergibt sich folgender Katalog an Fragestellungen: • Wie stark sind einzelne Immobilienteilmärkte bereits internationalisiert bzw. mit internationalen Akteuren besetzt? • Profitieren lokale Immobilienakteure von der Internationalisierung bzw. werden Lernprozesse in Gang gesetzt? • Inwieweit setzen sich die Standards und Praktiken der globalen Immobilienakteure auf den neuen Märkten durch oder werden diese angepasst, modifiziert bzw. verworfen? • Inwiefern verändern sich im Verlauf der Internationalisierung die Akteurs- und Machtkonstellationen auf den Büromärkten bzw. verlieren lokale Immobilienakteure relativ an Bedeutung? • Welche räumlichen Teilmärkte sind stark bzw. schwach von der Globalisierung betroffen bzw. lässt der Markteintritt internationaler Akteure eine neue räumliche Segmentierung entstehen?
1 . 3 Z u m Au f b a u d e r Ar b e i t Der Aufbau des Buchs hält sich an den andiskutierten Problematiken. Kapitel 2 führt zunächst in die Globalisierungsdebatte ein und entwickelt mit Hilfe des eingangs erwähnten relationalen multiskalaren Ansatzes ein neues Konzept, dass die Akteure der Internationalisierung und deren Beziehungen auf multiplen Maßstabsebenen in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Kapitel 3 beleuchtet die Antriebskräfte der Globalisierung im Immobiliensektor und deren verschiedene geographische Maßstabsebenen und stellt diese in einen funktionalen Zusammenhang zueinander. Ebenso werden etablierte Internationalisierungstheorien darauf hin geprüft, inwieweit sie zur Erklärung der fortschreitenden globalen Ausrichtung von Immobilieninvestoren beitragen können. Aus der Diskussion der Konzepte wird schließlich die notwendige Ergänzung um die Portfoliotheorie sowie um eine relationale Perspektive abgeleitet. Kapitel 4 zeigt auf, dass die Ausrichtung konzeptioneller Überlegungen allein auf die Globalisierungsprozesse für die Immobilienwirtschaft zu eng gefasst ist. Anhand verschiedener Kategorien werden Ursache und Wirkung vielfältiger Intransparenzen auf Immobilienmärkten und deren Problematiken für ausländische Immobilieninvestoren typisiert, erfasst und analysiert. Darauf aufbauend wird ein Phasenmodell entwickelt, das den Internationalisierungsprozess vormals lokaler Immobilienmärkte unter Berücksichtigung der Intransparenz veranschaulicht. Nach einer Darlegung der methodi-
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schen Aspekte in Kapitel 5 untersucht Kapitel 6 die Entscheidungsprozesse globaler Immobilieninvestoren. Zunächst wird die internationale Marktselektion der Immobilieninvestoren als rationaler Entscheidungsprozess konzipiert, bevor die Bedeutung der Relationalität als Steuerungsmechanismus der Marktauswahl diskutiert wird. In Kapitel 7 werden schließlich das Phasenmodell der Internationalisierung und das Konzept der Intransparenzen für die beiden Untersuchungsmärkte Mexiko City und São Paulo empirisch fundiert. Dabei werden die globalen Einflüsse, die auf die lokalen Immobilienmarktstrukturen wirken, identifiziert. Vordringliches Ziel des Kapitels ist es, am Beispiel von Mexiko City und São Paulo, Regelhaftigkeiten im Prozess der Internationalisierung zu entdecken, deren Kenntnis bei der Interpretation lokaler Immobilienmärkte nützlich ist. Das abschließende Kapitel 8 fasst die wichtigsten Ergebnisse ausführlich zusammen und leitet deren Gehalt für die Wirtschaftsgeographie bzw. die Immobilienpraxis ab. Ein Ausblick rundet schließlich diese Studie ab.
2 Konze pt de r Globalisie rung
Die inhaltliche Unschärfe und Offenheit des Begriffs Globalisierung schafft Raum für unterschiedliche Interpretationen. Je nach Diskurs und Interessenslage werden mit Zuschreibungen und Konstruktionen unterschiedliche Raster und Schwerpunkte vorgegeben. Daher soll Kapitel 2.1 zunächst in die Unwegsamkeiten der Globalisierungsdebatte einführen, Kapitel 2.2 wesentliche Globalisierungskonzepte der Geographie skizzieren und gleichermaßen eine begriffliche Differenzierung für die vorliegende Forschungsarbeit vornehmen. Infolge der themenbedingten Schwerpunktsetzung auf die Immobilienwirtschaft wird die wirtschaftliche Globalisierung fokussiert, während andere bedeutende Dimensionen der Globalisierung wie z.B. im kulturellen, ökologischen oder politischen Bereich größtenteils ausgeklammert werden. Während viele Globalisierungsdebatten außerhalb der Geographie auf die Dichotomie global und lokal beschränkt bleiben, zeichnen sich die Skalenkonzepte in der Geographie als bedeutend vielschichtiger und differenzierter aus, um die Prozesse und Auswirkungen der Globalisierung zu analysieren. Aus der Diskussion territorialer Konzepte wird die Notwendigkeit einer relationalen Perspektive abgeleitet. Der Raum bzw. ein spezifischer Immobilienstandort wird dabei nicht als physikalische Entität konstruiert, die das wirtschaftliche Handeln bedingt, sondern als Ergebnis des Zusammenspiels ökonomischer Prozesse. Dazu wird ein Analyseraster entwickelt, das die Akteure der Globalisierung und deren Beziehungen auf den multiplen Maßstabsebenen sowie die konkreten raumspezifischen Auswirkungen dieser Konfigurationen am Beispiel von Immobilienmärkten in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt (siehe Kapitel 2.3).
2.1 Globalisierung – ein Begriff mit vielfältigen Bedeutungen Als scheinbar klarer Begriff hat sich Globalisierung in unserer Alltagssprache etabliert. Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Wissenschaft ist der Terminus in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten
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zu einem zentralen Bezugspunkt vieler Diskurse avanciert und „one of the ,big issues‘ of our times“ (Martin 2004: 147). Allerdings erweist sich die Globalisierung in vielerlei Hinsicht noch als ein unklares, umstrittenes, missverständliches und nebulöses Phänomen (Beck 1997: 42), dessen Umrisse zwar zu erkennen sind, aber dessen Inhalt weitgehend unbestimmt bleibt. Die Vieldimensionalität, Ambivalenzen und Paradoxien offenbaren sich vor allem in den drei wesentlichen Positionen, die entweder ein neues Zeitalter und das Ende des Nationalstaates konstatieren (Hyperglobalisten) oder das Neue verneinen und unverdrossen an der nationalen Ebene als Kontroll- und Gestaltungsinstanz festhalten (Globalisierungsskeptiker). Neuere sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studien legen hingegen nahe, dass weder Hyperglobalisten noch Skeptiker ein zutreffendes Bild der Gegenwart vermitteln und beide Positionen entscheidende Aspekte der Globalisierung verfehlen (Dicken 2004: 7). Demgemäß wird die globale Ordnung zwar transformiert, dennoch bleiben viele der alten Muster aber weiterhin bestehen. Globalisierung wird dabei als offener und gestaltbarer Prozess begriffen (Transformationalisten). Bevor diskutiert und geprüft werden soll, inwieweit die verschiedenen Denkschulen zur Interpretation der Globalisierungsprozesse in der Immobilienwirtschaft beitragen, wird im Folgenden die Rolle moderner Transport- und Kommunikationstechniken als Beschleuniger der Globalisierung kurz rekapituliert.
2.1.1
Raum- und zeitlos durch technologischen Fortschritt?
Anfang der 1990er Jahre prophezeite O‘Brien am Beispiel der Finanzmärkte das Ende der Geographie: „a state of economic development where geographical location no longer matters“ (1992: 1). Er warf damit die Frage auf, ob die räumliche Positionierung von Wirtschaftsaktivitäten nun in Zukunft beliebig und irrelevant sei. Schlagwörter wie Vernichtung von Raum durch Zeit, Raum-Zeit-Konvergenz und Raum-Zeit-Kompression erfuhren Anfang der 1990er Jahre in den wissenschaftlichen wie gesellschaftlichen Diskursen eine starke Verbreitung. Das Loslösen aus Zeit und Raum (Harvey 1990: 418) bezieht sich dabei vor allem auf die entgrenzende Wirkung der modernen Transport- und Kommunikationstechnologien. Erst diese „Hardware-Voraussetzung“ (Blotevogel et. al 2000: 17) garantierte Schnelligkeit in allen Bereichen und machte die heutige Globalisierung ohne Anstrengung möglich. Eine Odyssee oder Robinsonade scheinen heutzutage unvorstellbar zu sein. Das globale Spielfeld wurde eingeebnet, sodass Friedman (2005) von einer flachen Welt spricht. Höhere Transportgeschwindigkeiten und rückläufige Transportkosten lassen den Raum schrumpfen; der sog. Raumwiderstand, der raumüberwindenden Verflechtungen entgegensteht, geht zunehmend zurück. So hat die Mobilität von Personen und Gütern durch Innovationen u.a. in der mo-
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dernen Luftfahrt, durch Hochgeschwindigkeitszüge auf modernen Schienennetzen, durch die Einführung neuer logistischer Konzepte und nicht zuletzt durch die Containerschifffahrt stark zugenommen (Kulke 2005:5). Entfernungen scheinen zu schrumpfen, indem Distanzen in viel kürzerer Zeit überwunden werden können. Das gilt auch für die globale Immobilienwirtschaft, wo schnelle Anbindungen an Straßen-, Schienen- und Flugnetze sowie der Rückgang der Reisekosten die Mobilität der Führungskräfte und damit grenzüberschreitende Investitionen fördern. Noch eindrucksvoller manifestiert sich die globale Raum-ZeitKonvergenz im modernen Informations- und Kommunikationsbereich, der die ganze Welt scheinbar zu „einem Kommunikationsraum“ (Blotevogel 2000: 16) verwandelt hat, in dem Daten und Informationen mit Lichtgeschwindigkeit um den Globus jagen. Ein zunehmendes Spektrum an Telekommunikationsdiensten und deren rückläufige Kosten haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass sich der Wissensaustausch zwischen räumlich entfernten Akteuren immer einfacher gestalten lässt (Rauh 2005). Mittels informationsreicher1 distanzunabhängiger Kommunikationsmedien wie z.B. Telefon-, Internet- oder Videokonferenzen lassen sich in Echtzeit („same time, different place“), d.h. ohne Zeitverzögerung und über große Entfernungen hinweg, auch komplexe Sachverhalte immer besser austauschen (Reichwald et al. 2000: 29f.). Global agierende Immobilienakteure nutzen die neuen Medien zur Kontaktherstellung und -pflege als auch für den grenzüberschreitenden Informations- und Wissensaustausch. Innovationen auf dem Felde der IuK-Technologien haben nachweislich die geographische Reichweite als auch die Geschwindigkeit ökonomischer Transaktionen gesteigert. Dies begünstigt insbesondere den Handel mit immateriellen Gütern wie Kapital, Kredite, Versicherungen und verbriefte Immobilien (siehe Kapitel 3.2.2), bei dem Informationen und Geldströme transportiert werden: „[…] money travels ever faster and more effortlessly in the form of investments and, crucially, divestments“ (Leyshon 2003: 445). So weisen grenzüberschreitende Direkt- und Portfolioinvestitionen (inkl. Immobilieninvestitionen) sowie der Handel mit Finanzprodukten seit den 1980ern die mit Abstand höchsten Wachstumsraten aller ökonomischen Aggregate auf und zeigen sich inzwischen vom Warenhandel weitgehend abgekoppelt (Herr/Hübner 2005: 9).
2.1.2
Globalisierung – ein neues Zeitalter oder Mythos?
Ein gängiges deskriptives Verständnis von ökonomischer Globalisierung sieht in der zunehmenden Intensivierung globaler Ströme an Gütern, 1
Ein Kommunikationskanal ist umso informationsreicher, je eher dieser neben dem Inhaltsaspekt auch den Beziehungsaspekt einer Kommunikation übertragen kann. Der Face-to-face-Kommunikation wird die höchste Informationsreichhaltigkeit zugeordnet.
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Diensten, Kapital, Informationen und Menschen Indizien für ein Ende der Geographie. Die mobilitätserleichternde Wirkung moderner Informationsund Kommunikationstechnologien und die Vielzahl institutioneller Veränderungen auf internationaler Ebene (z.B. Deregulierung der Finanzmärkte) prägt den Globalisierungsdiskurs sog. Hyperglobalisten, deren Vertreter sich sowohl aus Neoliberalen (z.B. Ohmae 1995) wie auch Neomarxisten (z.B. Petras 1999) zusammensetzen. Während bei den Neoliberalen die Überzeugung vorherrschend ist, wonach generell jeder Schritt zu einer globalen Ökonomie wohlfahrts- und effizienzsteigernd wirkt sowie neue Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Entwicklung mit sich bringt, akzentuieren die Neomarxisten die negativen Begleiterscheinungen einer zügellosen Globalisierung. Gemeinsam ist den beiden Positionen die Sichtweise, dass mit der Globalisierung das Ende der Nationalstaaten und ihrer Souveränität gekommen ist, die durch einen unbegrenzten globalen Markt sowie weltumspannende Produktions- und Finanznetzwerke weltweit tätiger Unternehmen zunehmend ausgehöhlt (hollowed-out) und unterlaufen werden. Diese Aushöhlung schließt zwei gegenläufige Tendenzen ein: die Übertragung staatlicher Steuerungsaufgaben an eine wachsende Zahl von panregionalen, plurinationalen oder internationalen Körperschaften mit einer immer größer werdenden Spannbreite von Befugnissen (Redimensionalisierung nach oben) sowie die Abtretung an neu strukturierte lokale und regionale Regierungsebenen innerhalb des Nationalstaates (Redimensionalisierung nach unten) (Oßenbrügge 2003; Brenner 1997). Daraus leitet Ohmae eine Degradierung der Nationalstaaten zu „[…] unnatural, even impossible, units in the global economy“ (1995: 5) ab. Das scheinbare Ende des Nationalstaats wird oftmals mit dem Bedeutungszuwachs mächtiger weltweit tätiger Unternehmen in Verbindung gesetzt, die beständig ihre Aktionsradien erweitern, indem sie ihre lokalen Anker einholen und ihre Netze von Produktionsstätten, Beteiligungen, Partnerschaften etc. immer weiter auswerfen. Lokale und regionale Interaktionen scheinen in diesem Verständnis gegenüber der voranschreitenden Eingliederung in weltumspannende Interaktionen an Bedeutung zu verlieren. Als Indiz für diese zunehmende Entbettung wirtschaftlicher Aktivitäten (Giddens 1995) gilt die wachsende Anzahl multinationaler Unternehmen. Diese hat sich von 7.000 im Jahr 1970 auf über 78.000 im Jahr 2006 mehr als verzehnfacht. Im selben Jahr registrierte man rund 780.000 Tochterunternehmen multinationaler Konzerne (Unctad 2007: 12). Auch für die Immobilienwirtschaft lässt sich eine Bedeutungsverschiebung hin zu multinationalen Akteuren bilanzieren. Als Beispiel sei an dieser Stelle die zunehmende Machtposition globaler Immobilieninvestoren angeführt, die sich in deren enormen Anlagevolumen widerspiegelt (siehe Tab. 1). Daraus ergeben sich Möglichkeiten, Nationalstaaten oder zumindest einzelne Standorte gegeneinander auszuspielen und auf diese Weise „globalen Kuhhandel“ um die billigsten Steuer- und günstigsten
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Infrastrukturleistungen betreiben zu können. Ebenso können sie Nationalstaaten „abstrafen“, wenn sie als teuer oder investitionsfeindlich gelten (Beck 1997: 17). Tab. 1: Anlagevolumen ausgewählter globaler Immobilieninvestoren Investor AIG Global Investment Group Commerz Grundbesitz Deka Immobilien Investment GmbH GE Real Estate Henderson Global Investors Ltd. Hines LaSalle Investment Management MetLife Morgan Stanley Real Estate Pramerica Real Estate Investors RREEF Real Estate Tishmanspeyer Union Investment Real Estate
Herkunft USA Deutschland Deutschland USA GB USA USA USA USA USA Deutschland USA Deutschland
Immobilienvermögen in Mrd. US$* 23 51 26 49 26 20 50 44 68 41 87 48 23
* Mai 2008; Umrechnung mit dem Kurs vom 15. Mai (1,54)
Quelle: Eigene Zusammenstellung Als Idealtypus globaler Märkte gilt der räumlich und zeitlich immer weniger limitierte Handel von Kapital in einem weltweit integrierten Finanzsystem (Bathelt/Glückler 2003: 264), der ohne die Fortschritte im Kommunikationsbereich nicht möglich wäre. Tägliche Treffen auf dem Börsenparkett werden seltener und durch elektronische Handelssysteme und -plattformen wie z.B. Xetra oder Eurex substituiert (Schmidt/Grote 2005). Bereits über 83% des gesamten Aktienhandels an deutschen Börsen werden dementsprechend über das Xetra Handelssystem abgewickelt (Handelsblatt 17.02.2007: 122). Geschäfte mit Aktien, Anleihen, Zertifikaten etc. sind immer weniger an die Öffnungszeiten der lokalen Börse gebunden, sondern können von einem x-beliebigen Standort aus zu fast jeder Tages- und Nachtzeit an anderen Börsen der Welt ausgeführt werden. Auch die Immobilie etabliert sich zunehmend als globale und fungible Anlagekategorie. Hierzu tragen sowohl neue Formen der Immobilienfinanzierung wie die Emission von Aktien bzw. REITs (Real Estate Investment Trust) oder die Verbriefung von gewerblichen Immobilienkrediten (Commercial Mortgage Backed Securities) bei als auch die Entwicklung neuer Kapitalmarktprodukte mit dem Bezugsobjekt Immobilie (z.B. Zertifikate, Derivate) (siehe Kapitel 3.2.2). Die neue virtuelle Ökonomie transnationaler Geld- und Finanzströme scheint sich zunehmend vom materiellen Substrat der Produktion von Gebrauchswerten zu lösen und sich gleichermaßen den nationalstaatlichen
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Kontrollen zu entziehen (Beck 1997: 40). Die Entkoppelung manifestiert sich in extrem hohen Steigerungsraten monetärer Aggregate wie z.B. die Umsätze auf Devisenmärkten, die sich im Zeitraum 1980 bis 2004 von 120 auf 1.880 Mrd. US$ pro Handelstag versechzehntfacht haben. Gleiches gilt für den Handel mit Aktien (Anstieg von 0,3 Billionen US$ im Jahr 1980 auf rund 51 Billionen US$ im Jahr 2005) und Finanzderivaten (1990: ca. 120 Billionen US$; 2005: über 1.400 Billionen US$) (bpb 2006). Martin spricht von einem neuen supranationalen Finanzsystem (1999: 65), in dem Transaktionen an einem Standort fast gleichzeitig materielle Konsequenzen an einem viele Kilometer entfernten Ort zur Folge haben können. So findet sich in den Portfolien großer Anleger neben nationalen Werten ein immer größerer Prozentsatz weltweit gestreuter Papiere. Auch in der Immobilienwirtschaft erfolgt der Handel mit immer ausgeklügelteren Finanzierungsinstrumentarien i.d.R. auf globaler Ebene. Dieser Prozess der räumlichen Entbettung erschwert die staatliche Regulierung der Finanzströme und macht die präzise Vorhersage regionaler Entwicklungspfade quasi unmöglich. Grundsätzlich gehen die Hyperglobalisten von einem neuen Zeitalter aus, das tief greifende Restrukturierungen für die Weltwirtschaft mit sich bringen wird. Territoriale Grenzen und räumliche Distanzen spielen in diesem Gedankengebäude keinerlei Rolle und lösen sich auf (Borderless world); dominant ist vielmehr das Bild einer nicht aufzuhaltenden globalen Kraft (Juggernaut), die dem Nationalstaat ein Ende setzt, lokale Strukturen und Differenzen auslöscht sowie überall homogene Landschaften hinterlässt (Coe/Yeung 2001: 368; Martin 2004: 148). Die Relevanz von Raum und Ort wird in dieser Interpretation stark dezimiert und in Frage gestellt: „[…] there is no place for geography in the processes of global change“ (Yeung 2002b: 1). Im Gegensatz zu den Neoliberalisten akzentuieren die Neomarxisten die negativen Begleiterscheinungen einer zügellosen Globalisierung. Die Fundamente des Lokalen werden durch die globalen Ströme unterspült oder sind längst weggeschwemmt, räumlich ungleiche Entwicklungspfade werden verstärkt und die nationale Identität und Autonomie werden unterminiert. So avancierte das Schlagwort Economic contagion, d.h. die Ansteckungseffekte bzw. das Übergreifen einer Finanz- und/ oder Währungskrise auf andere ökonomische Räume, im Nachspann der Asienkrise zum Modewort und erfährt aktuell unter den Vorzeichen der sich räumlich ausbreitenden Immobilienhypothekenkrise in den USA neue Relevanz. Der lokale Sturm, der durch die amerikanische Hypothekenkrise ausgelöst wurde, hat sich zum globalen Hurrikan entwickelt und zeigt die enge Verzahnung zwischen Kapital- und Immobilienmärkten. Die Globalisierung wird in diesem Sinne als aktuelle Version des „ubi leones“ (überall Löwen) gedeutet, die auf römischen Weltkarten vor der allgegenwärtigen Gefahr jenseits der Grenzen des Reiches warnten (Grabher 1998: 2). Anstelle
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der Löwen lauert nun die Globalisierung da draußen und bedroht das hier drinnen. Es ist freilich nicht von der Hand zu weisen, dass mächtige Homogenisierungs- und Konvergenzkräfte durch die Errungenschaften im Informations- und Kommunikationsbereich, die Integration der Finanzmärkte, den Triumph transnationaler Unternehmen und nicht zuletzt die Verbreitung einer neoliberalen Wirtschaftsideologie freigesetzt wurden (Martin 2004: 148), die sich auch in der Immobilienökonomie durchschlagen (siehe Kapitel 7.4.2). Trotzdem wurde eine Vielzahl der Argumente der Hyperglobalisten als Übertreibungen und als selektiv anekdotenhaft angefochten und widerlegt (Dicken 2004: 8). Die hyperglobale Weltansicht ist demnach ein Mythos. So betrachtet diese beispielsweise Globalisierung als die jederzeit mögliche, mit keinen Kosten verbundene Ausnutzung der besten Marktchancen und abstrahiert dabei von den beträchtlichen regionalen Unterschieden, die globale Transaktionen erst profitabel machen (Perraton et al. 1998: 166). Nichtsdestotrotz entfalten die Phrasen der Hyperglobalisten einen starken Einfluss auf Politiker, führende Wirtschaftsakteure und viele andere Interessensgruppen. Ökonomische Konstruktionen und Diskurse besitzen nämlich inhärente Wirkungsmächtigkeiten, die ökonomische Wirklichkeit hervorbringen können (Berndt/Boeckler 2007). Kapitel 6.2.1 zeigt am Beispiel der Entscheidungsfindung globaler Immobilieninvestoren, wie die Konformität mit globalen Leitvorstellungen zu ihren Konstruktionen von Realität beitragen kann. Die zweite Extremposition beziehen die Globalisierungsskeptiker, die die Globalisierung als Mythos und unerreichbaren Endzustand abwehren und den Nationalstaat von den Prozessen der Globalisierung weithin unberührt sehen. Im Kern wird suggeriert, dass alles beim Alten bleibt: „[…] with a comforting sense of business as usual“ (Amin 1997: 124). Die wirtschaftlichen Aktivitäten sind immer noch weitaus stärker national ausgerichtet als es das Modell der globalen Wirtschaft unterstellt. Wenn überhaupt sprechen die Skeptiker eher von einer aktuellen Transformation der Nationalstaaten mit einem inhaltlichen und räumlichen Neuzuschnitt von Politik, die keinesfalls zu einem Bedeutungsverlust beiträgt. Die nationalen Regierungen bleiben trotz supranationaler Institutionen die zentralen und aktiven Konstrukteure und Regulatoren der Weltwirtschaft (Murray 2006: 35; MacLeod/Jones 2007: 1183), indem sie ihre Finanzmärkte deregulieren bzw. re-regulieren, Handelsbeschränkungen abbauen bzw. aufbauen, Steuererleichterungen gewähren etc. und damit beispielsweise ausländische Immobilieninvestitionen erleichtern bzw. erschweren (siehe Kapitel 3.2.6). Die häufig rezipierte Studie von Hirst/Thompson (1999) argumentiert basierend auf quantitativen empirischen Daten, dass der gegenwärtige Globalisierungsschub kein singuläres und signifikant neues Ereignis repräsentiert, sondern geschichtliche Vorläufer aufweist. Die Frage nach dem zeit-
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lichen Ursprung der Globalisierung führt mit den Worten Becks (1997: 44) allerdings in ein „dornenreiches Dickicht“: Manche datieren den Beginn des kapitalistischen Weltsystems zurück auf das 16. Jahrhundert, manche auf den Beginn des Kolonialismus, manche auf die globale Arbeitsmigration, die zwischen 1870-1913 besonders stark ausgeprägt war, andere auf das Aufkommen internationaler Konzerne, für wieder andere setzt Globalisierung erst ein mit der Abschaffung fester Wechselkurse oder mit dem Fall des Eisernen Vorhangs (Beck 1997: 44; Dicken 2007: 7). Anstelle von Globalisierung sprechen die Skeptiker auch eher von einer internationalen Wirtschaft bzw. Rumpfglobalisierung: „[…] we do not have a fully globalized economy, we do have an international economy [...]“ (Hirst/Thompson 1992: 394). Damit ist gemeint, dass sich ökonomische Beziehungen dominant zwischen den großen mondialen Industrieregionen Europa, Nordamerika und Japan/Ostasien und in abgegrenzten Wirtschaftsblöcken abspielen, während andere Erdteile wie vor allem Afrika von den weltweiten Interaktionen und Austauschprozessen weitgehend ausgeschlossen bleiben. Dieses Argument lässt sich auch auf die Immobilienwirtschaft übertragen, wo ein Großteil der Investitionsströme noch auf nordamerikanische und westeuropäische Märkte entfällt (siehe Kapitel 3.1). Obschon die Argumente der Skeptiker im Vergleich zu den Hyperglobalisten nicht so leicht zu widerlegen sind, stoßen auch sie auf Kritik. Mögen weltumspannende Handelsverflechtungen und Migrationsvorgänge an sich nichts Neues sein, so hat im letzten Jahrzehnt die geographische und damit auch die ökonomische Reichweite der kapitalistischen Weltwirtschaft eine enorme Ausdehnung erfahren. Ökonomien des früheren Realsozialismus wie Polen, Ungarn etc. haben sich marktwirtschaftlich gewandelt und weltwirtschaftlich geöffnet. Parallel hat sich eine Vielzahl semiperipherer und peripherer Ökonomien einer stärkeren Außenorientierung verschrieben (Herr/Hübner 2005: 21). Neu sind auch die qualitativen Veränderungen der Weltwirtschaft, die bei Hirst/Thompson (1992) unberücksichtigt bleiben. Gemeint sind damit die Ausweitung, Vertiefung und Beschleunigung der internationalen Konnektivität, die eine geographische Ausdehnung und eine steigende Intensität der ökonomischen Verflechtungen mit sich bringen (Held et. al 1999). Während die weltwirtschaftliche Integration vor 1914 eine seichte und schwache Integration (Shallow integration) markiert und sich vor allem auf den Handel von Waren und Dienstleistungen zwischen unabhängigen Unternehmen und einfache Direktinvestitionsströme beschränkte, hat der Prozess der Internationalisierung seit ca. drei bis vier Jahrzehnten eine neue Qualität erfahren, die sich auch in der Immobilienwirtschaft klar abzeichnet (siehe Kapitel 3.1). Dicken spricht in diesem Kontext von einer starken Integration: „Today, we live in a world in which deep integration […] is becoming increasingly pervasive“ (Dicken 2004: 8). Globalisierung bezieht sich auf die funktio-
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nale Integration der räumlich verstreuten wirtschaftlichen Aktivitäten und ist damit ein qualitativer Prozess, der zu einer Veränderung der Koordinationsformen international verteilter wirtschaftlicher Aktivitäten führt. Wichtiger als quantitative Änderungen sind strukturelle Verschiebungen. Beispielsweise wird die klassische Form der internationalen Arbeitsteilung – der intersektorale Handel – zunehmend abgelöst durch intrasektoralen und unternehmensinternen Außenhandel. Beide gelten als klare Indikatoren eines stärker funktional fragmentierten und geographisch dispersen Produktionsprozesses. Darüber hinaus sind die heutigen Globalisierungsprozesse stärker durch die Dynamik der finanzwirtschaftlichen Komponente geprägt: „[…] ,money‘ moving round the world at unprecedented speeds […]“ (Dicken 2007: 8). Eine bedeutende Zäsur, die neue Möglichkeiten für die Globalisierung der Finanzmärkte mit sich brachte, bildete hierbei der Zusammenbruch des Bretton Wood-Systems und die Einführung flexibler Wechselkurse zu Beginn der 1970er Jahre. Seit in den 1980er Jahren die Finanzmärkte von nationalen Beschränkungen weitgehend entbunden wurden, weisen die grenzüberschreitenden Direkt- und Portfolioinvestitionen sowie der Handel mit Finanzprodukten die mit Abstand höchsten Wachstumsraten aller ökonomischen Aggregate auf (Herr/Hübner 2005: 9). Wenngleich auch gelegentlich mit unvorstellbar hohen Finanztransaktionen kokettiert wird, die enormen Globalisierungsfortschritte der Finanzmärkte in den letzten drei Jahrzehnten lassen sich nicht bestreiten und tragen auch zu einer tief greifenden Restrukturierung der Immobilienökonomie bei (siehe Kapitel 3.2.6). Zwischen den extremen Polen der Globalisierungsdebatte hat sich eine neue Position eröffnet (Transformationalisten), die das Janusgesicht der Globalisierung thematisiert. Globalisierung wird als offener Prozess gewertet, für den gegensätzliche Tendenzen, ein Nebeneinander von Veränderungen und bestehenden Strukturen charakteristisch sind. Held et al. (1999: 16) betonen die weltweite Ausdehnung wirtschaftlicher Aktivitäten und wachsende Intensität bei den Waren- und Kapitalströmen sowie ökonomischen Transaktionen. Demgemäß definieren sie den Globalisierungsprozess als „[…] a transformation in the spatial organization of social relations and transactions assessed in terms of their extensity, intensity, velocity, and impact generating transcontinental or interregional flows and networks of activity, interaction, and the exercise of power.“ Innerhalb dieser Denkschule besteht auch Einigkeit darüber, dass die ökonomische Globalisierung nicht flächendeckend und homogen verläuft. Während vor allem die Kernökonomien der Triade aktiv an der Globalisierung partizipieren und in der Weltökonomie engmaschig vernetzt sind, bleiben einige Regionen nahezu abgekoppelt: „[…] there are holes in the net and some parts are woven more finely than others“ (Murray 2006: 90). Diese Unterschiede zwischen einzelnen Regionen markieren jedoch weder
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einen Endpunkt eines linearen Prozesses, noch folgen die Entwicklungen ex ante bekannten Mustern. Vielmehr wird die Globalisierung als kontingenter, offener und gestaltbarer Prozess begriffen. Ein zentraler Angelpunkt der Transformationalisten ist die These, dass Globalisierung keineswegs zum Ende der Geographie, sondern zur Herausbildung einer neuen Geographie der lokalen Aneignung des Globalen führt. Das Lokale umfasst eben nicht nur jene Restflächen, die von Globalisierung noch nicht von der Weltkarte gefegt wurden. Die frühere Homogenität verliert sich vielmehr in einem neuen Gemisch aus Fremden und Eigenen. Das Interagieren globaler Einflüsse mit lokalen Besonderheiten lässt etwas völlig Neues und möglicherweise Einzigartiges entstehen: „[...] they create more uneven geographies“ (Murray 2006: 9). Die Diskussion der verschiedenen Sichtweisen zeigt, dass einzelne Argumente sowohl der Hyperglobalisten als auch der Skeptiker auf die Immobilienwirtschaft zutreffen. In Anlehnung an das Verständnis der Transformationalisten besteht allerdings das zentrale Argument der Arbeit darin, dass globale Prozesse mindestens ebenso gut zur Differenzierung wie zur Homogenisierung von Lokalitäten führen können. So ist auch die Immobilienökonomie heute von unübersehbaren Globalisierungstendenzen erfasst, die in Form globaler Akteure, Kapitalströme, der Etablierung globaler Praktiken und Standards und in der Stadtphysiognomie sichtbar werden (siehe Kapitel 7). Neuere Studien zur Immobilienwirtschaft akzentuieren eine zunehmende Globalisierung dieses Sektors und gleichsam einen Bedeutungsverlust lokaler Akteure, Strukturen und Praktiken (u.a. Bardhan/Kroll 2007; Gotham 2006; Heeg 2004). Demgegenüber stehen allerdings Studien, die in der Immobilienwirtschaft nur wenig Spielraum zur Globalisierung sehen (Wood 2004). Globalisierung ist demnach anscheinend keine Kraft, die gleichmäßig, unerbittlich und allumfassend auf Immobilienmärkte niedergeht, lokale Strukturen auflöst und weltweit homogene Immobilienlandschaften hinterlässt. Genau hier setzt das Interesse der vorliegenden Studie an, die nach der komplexen Architektur der globalen Prozesse und deren konkreten lokalisierten Auswirkungen fragt. Aus diesem Forschungsprogramm ergibt sich die Notwendigkeit einer Perspektive, die das Interagieren globaler Einflüsse mit lokalen Besonderheiten integriert. Anlehnend an eine Zusammenstellung von Coe/Yeung (2001: 368f.) wird Globalisierung in dieser Studie daher wie folgt verstanden: • als kontingenter, offener und gestaltbarer Prozess und nicht als Endzustand eines linearen Prozesses (siehe Kapitel 4.3.2); • als etwas qualitativ, nicht unbedingt quantitativ Neues (siehe Kapitel 3.1); • als Prozess, der nicht räumlich homogen verläuft sondern vielmehr neue räumliche Ungleichheiten schafft (siehe Kapitel 4.1);
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• • •
als Neujustierung der Rolle des Nationalstaates, aber nicht als dessen Bedeutungsabnahme (siehe Kapitel 3.2.6); als Reskalierung der unterschiedlichen Maßstabsebenen (siehe Kapitel 2.3); sowie nicht nur als Set unterschiedlicher materieller Prozesse, sondern auch als neoliberaler Diskurs (siehe Kapitel 3.3.2).
Aus diesem Grunde ist zu erwarten, dass auch die Globalisierung der Immobilienwirtschaft sich als offener, qualitativer, heterogener und vielschichtiger Prozess auf lokalen Immobilienmärkten manifestiert. Dabei soll Globalisierung nicht als übergeordneter Sachzwang verstanden werden, der lokale Unterschiede einebnet und untergeordnete Maßstabsebenen bedeutungslos macht. Vielmehr soll das Zusammenspiel globaler Einflüsse mit lokalen Besonderheiten am Beispiel konkreter Immobilienmärkte nachgezeichnet und analysiert werden. Bevor in Kapitel 2.3 ein Analyseraster zur Erklärung globaler Prozesse in der Immobilienwirtschaft zum Einsatz kommt, werden zunächst in Kapitel 2.2 wesentliche Positionen der wirtschaftsgeographischen Globalisierungsdebatte diskutiert, die für das vorliegende Forschungsprogramm von Relevanz sind.
2.2 Geographien der Globalisierung Trotz vielfältiger räumlicher Dimensionen der Globalisierung hat die Wirtschaftsgeographie lange Zeit dieses Themenfeld nicht entscheidend für sich reklamiert, sondern Nachbardisziplinen überlassen. So reflektiert Dicken die Ergebnisse einer Durchsicht der Bibliographien von 40 wissenschaftlichen Standardwerken zur Globalisierung folgendermaßen: „Geographers and globalization: (yet) another missed boat?“ (2004: 5). Nicht weniger als ein Drittel der Bücher führen nicht einen einzigen Verweis zu geographischen Arbeiten auf, gerade mal zwei Prozent der insgesamt 14.000 Literaturhinweise beziehen sich auf Geographen. Geographen scheinen – nicht nur wegen ihrer geringen absoluten Zahl – lediglich einen marginalen Beitrag zu aktuellen Globalisierungsdebatten zu leisten bzw. von diesen ausgegrenzt zu werden, wie es Dicken (2004: 6) pointiert zum Ausdruck bringt: „Geography is rather like the small child in the school playground who always gets missed out when the big children are picking teams.“ Nicht, dass es nicht schon eine Fülle von verschiedenartigsten Ansätzen und Studien zur Globalisierung gäbe. Aber das Diktum macht deutlich, dass die Wirtschaftsgeographie eine stärkere Stellung in der Untersuchung der Globalisierungsprozesse einfordern muss, welche von Natur aus und unvermeidlich „spatial in character“ (Coe/Yeung 2001: 367) seien. Trotz Schattendasein hat sich in der Wirtschaftsgeographie eine intensive
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Debatte um die Bedeutung räumlicher Nähe im globalen Zeitalter entwickelt. Das Ziel des Kapitels 2.2.1 besteht darin, die Relevanz und den Unterschied des Perspektivenwechsels von der entankerten zur lokalisierten Ökonomie für die vorliegende Studie zur globalen Immobilienwirtschaft zu demonstrieren. Dabei wird nicht die gesamte Diskussion der Globalisierung in der Wirtschaftsgeographie gewürdigt, sondern einige zentrale Aspekte zum Zwecke der Veranschaulichung grundsätzlicher Argumentationsweisen genutzt. Kapitel 2.2.2 rückt neuere Ansätze und Konzepte in den Vordergrund, welche sowohl die territorial gebundene als auch die ortlose globale räumliche Logik integrieren.
2.2.1
Entankerte Weltwirtschaft versus Wiederentdeckung der Region
Die Version der entankerten bzw. deterritorialisierten Weltwirtschaft kommt im Einklang mit der Argumentationslinie der Hyperglobalisten zu dem Schluss, dass vor allem Innovationen im Kommunikations-, Transport- bzw. Logistikbereich eine globale Verbreitung und Verfügbarkeit von ehemals lokalisierten Ressourcen ermöglichen. Eine besondere Rolle kommt hierbei dem Faktor Wissen zu, der in einer durch Konkurrenz, Komplexität und Volatilität geprägten, globalisierten Wirtschaft zunehmend als entscheidender Schlüsselfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Unternehmen bewertet wird. Spezialisiertes Wissen kann in diesem Sinne durch Kodifizierung über moderne IuK-Technologien zum Beispiel von Immobilieninvestoren jederzeit und weltweit abgerufen werden. Kodifiziertes Wissen wird damit zunehmend ubiquitär, d.h. es existiert unabhängig von Personen und entbettet von besonderen Lokalitäten. Lokale und regionale Interaktionen scheinen damit gegenüber einer Eingliederung in weltumspannende bzw. grenzüberschreitende Interaktionen an Bedeutung zu verlieren. Mit ausgelöst durch die euphorisch zelebrierte Wiederentdeckung der Region als ökonomische Arena und analytische Bezugseinheit in empirischen Studien zu Industriedistrikten (u.a. Sforzi 1989), regionalen Clustern (u.a. Scott 1998), Lernenden Regionen (u.a. Butzin 2000; Fuchs 2001) und kreativen Milieus (u.a. Maillat 1998), hat sich seit den 1980er Jahren eine scheinbar entgegen gerichtete Debatte um die Bedeutung der Nähe entwickelt. Räumliche Konzentration stimuliert demnach den Wissensaustausch, indem vertikale und horizontale Verflechtungen zwischen Unternehmen installiert werden, erhöht das lokale Know-how durch Arbeitsmarktpooling und Produktspezialisierung, ermöglicht das Zirkulieren von Ideen und Know-how durch Arbeitsplatzmobilität und generiert einen Wissensspillover in einer lokalen industriellen Atmosphäre (Amin/ Cohendet 2005: 469). Die Integration in ein dichtes Netz formeller und informeller Institutionen erzeugt darüber hinaus nach Amin/Thrift (1994) ei-
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ne wachstumsfördernde Institutional thickness. Ressourcen und Faktoren wie Wissen und sozio-institutionelle Strukturen sind somit nicht ubiquitär verfügbar, sondern in spezifischen und konkreten territorialen Bedingungen verankert (u.a. Maskell/Malmberg 1999). In einer Phase, in der sich die politischen Entscheidungsträger auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene scheinbar ohnmächtig den globalen Umstrukturierungsprozessen ausgeliefert sahen, interpretierte man diese Erkenntnisse als Prototyp einer neuartigen Regionalentwicklung. Im Kern ging es um die Frage, wie Standorte in einer zunehmend globalen und mobilen Welt (Slippery space) zentrale Ressourcen an sich binden (Sticky place) können (Markusen 1996), um damit lokal-regionale Entwicklungszusammenhänge zu stärken und im globalen Wettbewerb erfolgreich positioniert zu sein. Spätestens mit dem richtungweisenden Artikel von Granovetter, der die Relevanz der Gesellschaft in der vormals hermetisch verriegelten Sphäre der Ökonomik wieder entdeckte, rückten Programme und Ansätze der New Economic Sociology (siehe Konzepte wie Embeddedness, Netzwerke, soziales Kapital) in den Fokus der Wirtschaftsgeographie (Schamp 2007: 244). Das ausführlich und kritisch rezipierte Konzept der Embeddedness von Granovetter (1985) geht beispielsweise davon aus, dass sich ökonomisches Handeln nicht kontextfrei zwischen isolierten Akteuren ereignet, sondern als soziales Handeln eingebettet in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und institutioneller Strukturen ist. In gleicher Weise betonen Maskell/Malmberg (1999) sowie Storper (1997) anhand der eingeführten Localised capabilities bzw. Untraded interdependencies, dass ökonomische Praxis mit lokal verankerten Fertigkeiten, Ressourcen, formellen und informellen Regeln durchzogen ist. Regelmechanismen wie Normen, Gewohnheiten, Konventionen, Routinen sowie Praktiken der Wissensgenerierung und in Tacit knowledge gespeicherte Fähigkeiten werden in örtlichen Kontexten institutionalisiert und permanent verfeinert, modifiziert, korrigiert und reproduziert. Damit wirken örtlich begrenzte externe Skalenerträge, die nur den Unternehmen am Standort einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, da sie lokalisiert bzw. immobil sind. Im Diskurs um die räumliche Dimension der Wissensweitergabe heißt es zwar, dass Wissen generell über Distanz weitergegeben werden kann, allerdings in seinen vielfältigen Aggregatszuständen mehr oder weniger distanzempfindlich ist (Ibert 2006; Storper 2002). So kann implizites bzw. klebriges Wissen nur innerhalb begrenzter geographischer Räume frei zirkulieren, während der Zugang für Externe extrem beschränkt bleibt. Die lokale Einbettung erlaubt eine bewusste, aktive, aber auch eine passive, unbeabsichtigte Teilnahme am sog. lokalen Rauschen, dem Mix aus Gerüchten, Eindrücken, Einschätzungen, Insiderwissen und gegenseitigem Beäugen, der den lokalen Markt umgibt (Bathelt et al. 2004; Maskell/Malmberg 2007: 607). Dies könnte zur Folge haben, dass lokale Immobilienmärkte weiterhin als Arena lokaler Teilnehmer bzw. Netzwer-
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ke fungieren und für globale Akteure verschlossen sowie intransparent bleiben (siehe Kapitel 4). Räumliche Nähe zu einer Vielfalt von Akteuren erleichtert darüber hinaus auch den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen und gemeinsamer Institutionen sowie spontane persönliche Kontakte (siehe u.a. Thrift 1994; Schmidt/Grote 2005; Lo 2001). Lokale Akteure teilen gemeinsame Normen, Gewohnheiten, Konventionen und Traditionen und sind dadurch eher bereit, einen Vertrauensvorschuss zu gewähren (Bathelt/Glückler 2003: 188). Nicht nur wegen des Charakters der Immobilien, die naturgemäß verortet sind, sondern auch aufgrund der verorteten Informationen, Kenntnisse und Institutionen ließe sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die Immobilienwirtschaft nicht schrankenlos mobil geworden, sondern in erster Linie immer noch ein lokal geprägtes Geschäft ist. Die Ausrichtung konzeptioneller Überlegungen allein auf die Globalisierungsprozesse scheint daher zu eng und wird in dieser Arbeit um das Konzept der Intransparenz ergänzt (siehe Kapitel 4.2).
2.2.2
Abkehr vom ,naiven regionalen Fetischismus‘
In jüngster Zeit boten Impulse aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften jedoch auch konzeptionelle Angelpunkte zur Abkehr von einem „naiven regionalen Fetischismus“ (Grabher 2006: 91), der die Bedeutung lokaler Beziehungen, von informellen Vertrauen, regionaler Embeddedness und lokalen Wissen als Erklärungsvariablen der ökonomischen Entwicklung einer Region bzw. eines Unternehmens überinterpretiert. Die Kritik richtet sich vor allem auf das Bild der Region als „island of innovation“, demzufolge alleine interne Verbindungen und Besonderheiten ausschlaggebend sind für deren wirtschaftliche Kreativität und Performance (Amin/Cohendent 2005: 469). Die Möglichkeit nicht-lokaler Embeddedness, globaler Beziehungen und Netzwerke sowie formeller Institutionen und Regelsysteme, die auf nationaler oder globaler Ebene wirken, sind demgegenüber lange Zeit unbeleuchtet geblieben. Gegenwärtig wendet sich die Wirtschaftsgeographie beispielsweise verstärkt der Frage zu, wie Vertrauen und Reputation die Überwindung geographischer Distanz ermöglicht und damit ökonomische Austauschprozesse vor allem in wissensintensiven Wirtschaftsbereichen erleichtert (siehe u.a. Glückler 2004). Auch für die vorliegende Fragestellung sind Vertrauen und Reputation von hoher Relevanz. Um die Unsicherheiten beim Markteintritt zu minimieren, kooperieren globale Immobilieninvestoren i.d.R. mit transnationalen Beratern, die in weltweite Reputationsnetzwerke eingebunden sind und im Kontext ihrer internationalen Erfahrung und Tätigkeit gemeinsam geteilte Verhaltensregeln, Wertehaltungen, Geschäftspraktiken und damit eine Art international gültiges Gütesiegel bieten (siehe Kapitel 6.2.1). Die Frage des „Local bonding bzw. wie fördert räumli-
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che Nähe die Bildung von Vertrauen?“ wird in die Frage des „Geographical bridging bzw. wie ermöglicht Vertrauen die Überwindung räumlicher Distanz“ umkehrt (Glückler 2004: 19). Vertrauen ist damit vor allem relevant in Kontexten raum-zeitlicher Abwesenheit. Dieser neue Blickwinkel entwickelt irritative Kraft auf die gängigen Überzeugungen wirtschaftsgeographischer Positionen zu Industriedistrikten und regionalen Netzwerken. Ebenso relativieren grenzüberschreitende Netzwerke das Argument der räumlichen Einbettung insofern, dass implizites Wissen zum Teil auch global ausgetauscht werden kann. Konzepte zur institutionellen (u.a. Gertler 2003), organisationalen (u.a. Faulconbridge 2006a; Amin/Cohendent 2005), professionellen (u.a. Lo 2003) und temporären physischen Nähe (u.a. Bathelt/Zakrzewski 2007) zielen darauf ab, den vorherrschenden Dualismus zwischen implizitem/ lokal verankertem und explizitem/ globalem Wissen aufzubrechen (siehe Kapitel 4.3.1). Die zweite Kritiklinie nimmt die Gefahren des Overembeddedness ins Visier, die die institutionelle Einbettung ökonomischer Beziehungen in sich birgt. Zu enge, zu exklusive und zu starre Netzwerkbeziehungen (Strong ties) bedrohen die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Unternehmen und führen zur Sklerose des Netzwerkes (siehe z.B. Untersuchung der Zulieferbeziehungen im Textilgewerbe von Uzzi 1997). So beziehen die Teilnehmer innerhalb des Netzwerkes immer mehr die gleichen und redundanten Informationen und bleiben damit laut Maskell/Malmberg (2007) in einer räumlichen Kurzsichtigkeit (Spatial myopia) verhaftet, während neue Informationen und Ideen nur noch selten ins Netzwerk gelangen (Glückler 2001: 266). Nur durch die bewusste Öffnung und Offenhaltung des Clusters nach außen lässt sich ein Lock-in bzw. eine Ideenverkrustung vermeiden. Im Einklang mit diesen Erkenntnissen fokussieren aktuellere Studien die Bedeutung translokaler Verbindungen von Unternehmen (siehe u.a. Grabher 2002; Scott 2002; Saxenian 2006) und modifizieren damit das Bild der Region als Island of innovation. Das häufig rezipierte Konzept globaler Pipelines (Bathelt et al. 2004; Maskell et al. 2006) zeigt auf, dass die Perspektiven eines Clusters in einer sich globalisierenden wissensintensiven Wirtschaft nicht allein in den internen Interaktionen begründet liegen, sondern vielmehr in der Fähigkeit externe und geographisch entfernte Wissensquellen zu identifizieren und abzurufen. Insbesondere wissensintensive Dienstleister lassen sich weder eindeutig in der Region noch im Globalen verorten, da sich in ihrer Leistungserstellung regionale Beziehungen und globaler Austausch ergänzen (Lo 2001: 149). Das trifft auch für transnationale Immobilienberater zu, die über globale Plattformen bzw. translokaler Pipelines (grenzüberschreitende Kontakte, Netzwerke) zu strategischen Partnern rund um den Globus immobilienbezogenes Wissen und Erfahrungen aus unterschiedlichen Märkten akquirieren und auf den lokalen Märkten anwenden (siehe Kapitel 6.2.1).
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Auch für die meisten aktuellen Studien aus der Wirtschaftsgeographie gilt daher: Hybridität ist das Format der Globalisierung. Damit rückt die Frage, entlang welcher Achsen globale Prozesse in lokale Kontexte hineingetragen werden, und in welcher Relation dabei das Globale und das Lokale zueinander stehen, zunehmend in den Vordergrund (Müller-Mahn 2002: 5). Anstatt die Inkompatibilität der territorial gebundenen und der ortlosen globalen räumlichen Logik zu beschwören, schärft dieser Denkstil den Blick für deren Interdependenzen. Standen sich in anfänglichen Globalisierungsdebatten das Globale und das Lokale geradezu als Karikaturen noch gegenüber, beziehen sich gegenwärtig nahezu alle wirtschaftsgeographische Definitionen von Globalisierung im Kern auf die Wechselbeziehungen globaler und lokaler Prozesse (siehe hierzu u.a. Murray 2006; Müller-Mahn 2002; Swyngedouw 1997). Das Entweder-Oder wurde immer mehr durch ein Sowohl-als-Auch ersetzt. Globalisierung und Lokalisierung werden heute als raumwirksame Dynamiken begriffen, die sich wechselseitig bedingen und beeinflussen und zusammengehören wie zwei Seiten derselben Medaille: „Local and the global intermesh, running into one another in all manner of ways“ (Thrift 1990: 181). Ereignisse und Entscheidungen an vermeintlich weit entfernten Orten haben lokale Folgen und vice versa werden globale Entscheidungen auch durch lokale Rahmenbedingungen geprägt. Damit kapriziert sich die Wirtschaftsgeographie in ihrem Globalisierungsverständnis auf die Sichtweise der Transformationalisten. Die Reise durch das weit verzweigte Terrain der Globalisierungsdiskurse hat aufgezeigt, dass eine Begrenzung wirtschaftsgeographischer Analysen auf globale Entankerung oder lokale Einbettung zu einseitig wäre. Räumliche Prozesse können nur dann angemessen verstanden werden, wenn das komplexe Geflecht differenter Interessen und Handlungslogiken von Akteuren auf unterschiedlichen räumlichen Maßstabsebenen in den Fokus der Analyse rückt. Damit wird das Zeitalter der Globalisierung mitnichten ein raumloses werden, sondern in seinem Kern von den Neuaushandlungen räumlicher Bezüge sozialer, ökonomischer und politischer Beziehungen auf verschiedenen geographischen Ebenen geprägt sein. So löst sich die Ebene des Lokalen nicht in einer potenziellen Sphäre des Globalen auf, da die ökonomischen Prozesse immer in soziale, kulturelle und institutionelle Kontexte eingebettet sind. Damit sind konzeptionelle Beiträge der Geographie fester Bestandteil des Globalisierungsverständnisses. Zwar gibt es mittlerweile eine nennenswerte Anzahl von wirtschaftsgeographischen Analysen, die sich mit Globalisierungsprozessen beschäftigen. Allerdings dominieren darin meistens bestimmte Raumebenen, während andere ausgeblendet werden. Zur Ineinanderverschränkung bzw. Überlappung von lokalen, nationalen, globalen etc. Ebenen fehlen bislang vertiefte Studien. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Forschungsarbeit
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ein neuer theoretischer Ansatz entwickelt, der auf Skalenkonzepte rekurriert (siehe Kapitel 2.3).
2.3 Geographische Maßstabsebenen der Globalisierung Globalisierung vereint offene, kontingent verlaufende Prozesse und Ergebnisse, die sich sehr ungleich in Raum und Zeit manifestieren. Um mit den Worten von Dicken zu sprechen: „It is neither an inevitable, allpervasive, homogenizing end-state nor is it unidirectional and irreversible. It is certainly not deterministic“ (Dicken 2004: 8). Dabei bietet der Begriff Globalisierung an sich nicht per se das Explanans für räumliche wirtschaftliche Veränderung, sondern vielmehr muss sich die Globalisierungsforschung deren Prozesse und Auswirkungen zuwenden: „What must be refuted, however, is the idea […] that globalization is causal and, in itself, explains what is going on in the world“ (Dicken 2004: 7). Diese Perspektive wirft die Frage nach den geographischen Maßstabsebenen bzw. Skalen auf, auf denen diese Prozesse wirken und wo deren Auswirkungen konkret erfahrbar sind. Im Kapitel 2.3.1 werden Skalenkonzepte 2 als geeigneter Analyserahmen für die Globalisierungsprozesse und -auswirkungen in der Immobilienwirtschaft portraitiert und diskutiert. Kapitel 2.3.2 befasst sich mit der Frage, wie Wirtschaftsakteure Maßstabsebenen überschreiten und gleichzeitig auf verschiedenen Skalen agieren.
2.3.1
Territoriale versus relationale Skalenkonzepte
Während viele Globalisierungsdebatten außerhalb der Geographie auf die Dichotomie global und lokal beschränkt bleiben, wobei das Globale oftmals einseitig das Lokale bedingt und beeinflusst, zeichnen sich die Skalenkonzepte in der Geographie als bedeutend vielschichtiger und differenzierter aus (Dicken 2004: 9). Um die Dialektik des Globalen und des Lokalen erklären zu können, werden beispielsweise auch die Aushandlungsprozesse und ihre Träger auf mittleren Maßstabsebenen (z.B. auf regionaler, nationaler Ebene) involviert. Dabei wird die Rolle des Nationalstaats durch das veränderte Wechselspiel zwischen den Maßstabsebenen zwar relativiert, aber nicht zwangsläufig erodiert. Ihre Ursprünge haben die Beiträge zur Skalendebatte vor allem in dem dreistufigen Skalenmodell von Taylor (1982), in dem die horizontale Gliederung der kapitalistischen Weltwirtschaft in Zentrum, Peripherie und Se2
In der vorliegenden Studie wird die englische Bezeichnung Scale mit Skala oder geographischer Maßstabsebene, das dazugehörige Adjektiv scalar mit räumlich-maßstäblich oder skalar und der Begriff Rescaling mit Reskalierung, räumliche Redimensionierung bzw. Reorganisation übersetzt.
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mi-Peripherie durch Wallerstein (1979) um eine vertikale Gliederung (städtische Maßstabsebene, Ebene der Nationalstaaten, globale Maßstabsebene der Weltwirtschaft) ergänzt wurde sowie in der Veröffentlichung Uneven Development von Smith (1984), in der die Produktion räumlicher Maßstabsebenen aus den Erfordernissen und Widersprüchen der Kapitalakkumulation abgeleitet werden. Die Skalendebatte wurde später um das Verhältnis von Arbeit und Kapital sowie um soziale Verhältnisse wie Geschlechter- und Naturverhältnisse ergänzt (u.a. Herod 1991; Swyngedouw 1997), um weitere Maßstabsebenen wie die der Haushalte und der Region erweitert (u.a. Marston 2004) und vor allem staatstheoretisch ausgebaut (u.a. Brenner 1999; Jessop 2000).3 In der geographischen Diskussion wird das Skalenkonzept trotz hoher Relevanz noch als flüchtiges und unscharfes Konzept bemängelt: „[…] there is an irony in the contrast between the dexterity many individuals, entrepreneurs, and organizations show in negotiating the scaling of the global to the local, and the clumsiness of the dominant contemporary academic descriptions of this scaling“ (Latham 2002: 116). So konzediert auch Herod (2003: 230), dass das Skalenkonzept zwar einen elaborierten Rahmen für die Globalisierungsforschung entwirft, dennoch oft unkritisch und als gegeben rezipiert wird. Geographische Untersuchungen richteten sich i.d.R. auf eine spezifische, dem Untersuchungskontext geeignete Maßstabsebene (z.B. lokal, regional). Deren inhärenten Eigenschaften blieben dabei jedoch wenig theoretisiert, obgleich die jeweiligen Konstruktionen und Bedeutungszuschreibungen des Raumes erheblich von der Wahl einer bestimmten Darstellungs- bzw. Interpretationsform der Maßstabsebenen abhängen: „[…] how we interpret scale affects how we construct the world“ (Murray 2006: 46). Die Black box über die Ontologie, bzw. das Wesen der Skalen, soll daher im Folgenden gefüllt werden. Ein initialer Impuls für die Weiterentwicklung des Theoriestranges in der Wirtschaftsgeographie ging vor allem von zwei Perspektiven aus: die territoriale sowie die relationale Sichtweise. Beide betonen, dass die geographischen Skalen nicht als natürliches, metrisches Maßsystem zu verstehen, sondern sozial konstruiert und aufgrund einer ständigen Reorganisation prozessualer Natur sind. Die einzelnen geographischen Ebenen stellen nicht nur den Handlungsrahmen sozialer Aktivitäten, sondern werden beständig durch soziales Handeln konstituiert, rekonfiguriert und neu ausgehandelt (Herod 2003: 232): „Scales such as the global do not simply exist, waiting to be utilized, but they must instead be bought into being.“ Transnationale Unternehmen passen folglich nicht einfach ihre Aktivitäten an vordefinierte Eigenschaften der globalen Ebene an, sondern sie werden 3
Die Ausführungen können keine vollständige Übersicht über die Vielfalt, Verdienste und teilweise Vagheit der Skalenkonzepte in der Wirtschaftsgeographie geben, da damit der Rahmen der Fragestellung gesprengt werden würde (siehe hierzu ausführlicher Wissen 2008; Herod/Wright 2002).
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selbst global. Das trifft auch für die anderen Maßstabsebenen zu. Es bleibt festzuhalten, dass Skalen nicht als etwas dem Handeln Äußerliches und es Determinierendes begriffen werden, sondern als „Implikat des Handelns, mithin als ein durch Handeln produzierter und im Handeln reproduzierter, dabei aber immer veränderlicher Zwang“ (Wissen 2008: 18).
2.3.2
Territoriale Sichtweise
Die territoriale Perspektive sieht den Globalisierungsprozess als zunehmende Vervielfachung der Maßstabsebenen – lokal, national, regional, global – an. Das Ausweiten sozialer Verbindungen über Raum und Zeit führt mit der Zeit-Raum-Kompression zu einem neuen Gedränge zwischen den unterschiedlichen Raumeinheiten, das sich in Form internationaler Kapitalströme, regionaler Wirtschaftsblöcke, transnationaler Unternehmen, globaler Normen und Standards, neuem Lokalpatriotismus, wiederauflebenden Nationalismus etc. manifestiert (Jessop 2000: 340). Globalisierung bezieht sich aus dieser Perspektive nicht nur auf die globale Maßstabsebene als „the only scale which really matters any more“ (Herod/Wright 2002b: 17), sondern auf die ständigen Aus- und Neuverhandlungen zwischen den verschiedenen geographischen Ebenen und eröffnet damit laut Swyngedouw „a new economic articulation between different geographical scales“ (2000: 547). Pionierarbeit leisteten hierbei Swyngedouw (1997) und Brenner (1999) mit einer skalaren Theorie der Globalisierung, derzufolge zwischen 1945 und Anfang der 1970er Jahre im fordistischen Regulationsregime der Nationalstaat die alles dominierende geographische Maßstabsebene bildete, auf der Wirtschaftsbeziehungen organisiert und geregelt wurden. Mit der Fordismuskrise erfolgte allerdings eine Reorganisation bzw. Relativierung des Systems, indem sowohl sub- als auch supranationale Ebenen einen Bedeutungsgewinn erfuhren. Diese Neujustierung im Skalenkonzept ist dabei kein Null-Summenspiel, bei dem die nationale Ebene einseitig verliert. Trotz Glokalisierung zählt der Nationalstaat immer noch zu den aktiven Teilnehmern und Gestaltern der Globalisierung (Sheppard 2002; Mahon/Keil 2008). Um die räumliche Gestalt und Struktur des territorialen Skalenverständnisses abzubilden, haben sich drei Metaphern etabliert (Murray 2006: 47; Herod 2003: 237-242), welche jeweils auf die Größe und die Hierarchie der einzelnen Maßstabsebenen rekurrieren: die Leiter, die konzentrischen Kreise und die Matroschka (siehe Abb. 1). Bei der Leiter werden die verschiedenen Skalen mit den einzelnen Sprossen gleichgesetzt. Die Maßstabsebenen reichen von der obersten (global) bis zur niedrigsten Sprosse (lokal) und sind durch Längsholme verbunden, wobei die einzelnen Skalen als eigenständig und strikt hierarchisch angeordnet verstanden werden. Die Metapher der konzentrischen Kreise konzeptionalisiert das Lokale als
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kleinen Kreis, der von immer größer werdenden Kreisen bzw. Maßstabsebenen umschlossen wird. Die Überschreitung der Skalen erfolgt hierbei von innen (lokal) nach außen (global) und vice versa. Im Kontrast zur Leiter wird das Globale damit nicht vertikal über dem Lokalen angeordnet, sondern umfasst es. Die Matroschka bildet ähnlich wie die konzentrischen Kreise die Skalen als grundsätzlich verschieden und in unterschiedlicher Größe ab. Die globale Ebene (die äußerste Puppe) ist größer als all die anderen Ebenen und kann diese umschließen. Der Satz von ineinander verschachtelten, ausgehöhlten Holzpuppen, in die immer wieder kleinere Figuren passen, versinnbildlicht allerdings, dass die unterschiedlichen Skalen zusammen passen und ein komplexes Ganzes darstellen. Fehlt ein Stück, ist die Puppe nicht komplett. Abb. 1: Territoriale Skalenkonzepte
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Murray 2006 Durch die unterschiedliche Konzeptionalisierung kann die Wahl einer bestimmten Metapher die Denkweise und Konstruktion von Raum wesentlich beeinflussen (siehe hierzu eine ausführliche Diskussion in Herod 2003). Ein Wechsel der Metapher ändert dabei nicht die Realität, sondern die Art und Weise, wie wir die Realität verstehen, mit dieser umgehen und diese gestalten (Herod 2003: 242). Die territoriale Perspektive bleibt in der Argumentation des räumlichen Wandels entlang skalarer und territorialer Linien verhaftet. Die Maßstabsebenen sind vorbestimmt bzw. fixiert und manifestieren sich in einer „nested hierarchy of bounded spaces“ (Mamadouh et al. 2004: 455). Städte, Regionen und Nationen werden weiterhin als territoriale Einheiten gedeutet, die nun mit verschiedenen externen Ausrichtungen (z.B. als Standorte im globalen Produktionsnetzwerk oder Zielgebiete globaler Investmentströme) und dem Zusammenwirken verschiedener Maßstabsebenen (z.B. nationale Sozialpolitik, kontinentale Handelsabschlüsse, globale Umweltauflagen, lokales Steuersystem) am Rande konfrontiert werden.
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War für die Blütezeit der auf den Nationalstaat ausgerichteten Hierarchie eine solche Konzeption bereits wenig zutreffend, ist sie es heutzutage umso weniger. Räumlich-maßstäbliche Anordnungen werden immer mehr in komplexer Weise rekonfiguriert (Mahon/Keil 2008: 44). Die territorialen Konzepte bleiben dagegen in der hierarchischen Anordnung gefangen und sind damit nicht in der Lage, die komplexen Verbindungen und Netzwerke abzubilden, welche die skalare Anordnung durchziehen. Die Möglichkeit, dass traditionelle Grenzziehungen zwischen räumlichen und territorialen Formen der Organisation sich verwischen wie „a line in shifting sand“ (Amin 2002: 387) wird beiseite geschoben. Nur zweidimensionale, eindeutig abgegrenzte und stabile Entitäten werden als richtige räumliche Ordnungskategorien anerkannt. Sich überlappende Nah-FernBeziehungen, welche nicht einzelnen skalaren Räumen klar zuzuordnen sind, bleiben hingegen unberücksichtigt.
2.3.3
Relationale Perspektive
Die zweite Perspektive (siehe u.a. Amin 1997, 2002, 2004; Allen et al. 1998) systematisiert die geographische Maßstabsebene nicht nach territorialen Ordnungsmustern, sondern in relationaler Weise. Nicht die unterschiedlichen Größen und festgelegten Anordnungen der einzelnen Skalen, sondern die Relation zueinander wird problematisiert (Heeg 2008a: 253). Orte erhalten ihre Besonderheit als „placements of practices of varied geographical stretch“ (Amin 2002: 386) in bestimmten Konfigurationen sozialer Beziehungen und nehmen als kontingentes Produkt sozialer Konstruktionsprozesse unterschiedliche Gestalt an. Hinter der Fassade scheinbar unumstößlicher Grenzen verbirgt sich eine Mischung plurilokaler und transterritorialer Verbindungen, „ohne die das mächtige Bild quasinatürlicher Raumeinheiten nicht wirksam werden kann“ (Berndt/Boeckler 2007: 228). Mit dieser nicht-territorialen Perspektive ist eine konsequent relationale Konzeptionalisierung von Ort und Raum verbunden, die sich in den 1990er Jahren in der Geographie verbreitet und etabliert hat (siehe u.a. Allen et al. 1998; Massey 1999; Thrift 1996). Der absolutistische Raumbegriff des Containerraumes, der den Raum als apriorische Naturgegebenheit und als fixierten Behälter, Rahmen oder Bühne des sozialen Geschehens erfasst, wird abgelöst vom sozial konstituierten Raumverständnis: „[…] geographical scales […] are considered to be socially produced rather than ontologically pre-given“ (MacLeod/Jones 2007: 1186). Räumliche Konfigurationen werden dabei nicht mehr als territorial und verankert interpretiert, sondern vielmehr als Kaleidoskop vielfältiger, nicht räumlich fixierter Netzwerke und relationaler Verbindungen. Diese Denkweise verlangt nach einem dynamischen und diskontinuierlichen Begriff, weil Räume einer ständigen Reorganisation unterworfen sind. Im Kern steht die
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Frage „wie Räume und Orte ,gemacht‘ werden anstatt ,Merkmale‘ räumlich zu kartieren“ (Berndt 2004: 15). Maßstabsebenen bilden sich in Zukunft eher in Netzwerken ab, deren Geographie ein Mosaik von Teilnehmern an unterschiedlichen Orten ist. In den Mittelpunkt rücken damit Relationen und Verbindungen, deren Gestaltung nicht alleine auf kopräsente Einflüsse begrenzt bleibt, sondern immer auch von weit entfernten Praktiken tangiert werden kann (siehe Kapitel 2.2.2). Nicht Stabilität und lokale Ortsgebundenheit sind die Regel, sondern Mobilität und translokale Beziehungsnetzwerke: „What counts is connectivity“ (Thrift 2004: 59). Maßstabsebenen konstituieren sich also immer in Bezug zu anderen Ebenen. Diese Bezüge werden einerseits von sozialen Akteuren hergestellt, entweder über Geschäftsreisen, Auslandsaufenthalte, Auslandsinvestitionen etc. oder über medial vermittelte Imaginationen und Deutungsmuster. Andererseits können materielle Objekte z.B. in Form von Verkehrsnetzwerken, Telekommunikationsinfrastruktur etc. Maßstabsebenen verbinden oder trennen. Daraus entwickeln sich neuartige Macht- und Konkurrenzverhältnisse, die Konflikte und Überschneidungen zwischen nationalstaatlichen Einheiten und transnationalen Akteuren in sich bergen. Die Bedeutungen eines Ortes lassen sich nicht mehr allein lokal vor Ort erschließen und deuten. Keine Ebene existiert isoliert, keine Analyse kann damit auf eine Skala beschränkt bleiben, sondern muss die Einbettung oder Positionalität innerhalb der Ebenenhierarchie erfassen: „Extra-local relations define the local. The global is part of the local as much as the local is part of the global […]“ (Mamadouh et al. 2004: 457). Globalisierung umfasst damit ein multiskalares Set an Prozessen und Entwicklungen, die einer Vielzahl verschiedener räumlicher Ebenen entstammen und nicht zwangsläufig nur der globalen Ebene zuzuordnen sind (Sassen 2003: 3). Das Globale ist demnach nicht nur da draußen, sondern ebenso hier drinnen. Eine relationale Konzeption des Skalenmodells bietet das Rhizom 4 (u.a. Herod/Wright 2002; Herod 2003: 240ff.; Latour 1996). Die Metapher bricht mit dem euklidischen Verständnis, indem sie sich von der geschichteten und territorialen Auffassung von Skalen löst und gleichermaßen deren Vernetzung bzw. Koexistenz betont. Die vernetzte Welt lässt sich nicht mehr in Ebenen, Territorien, Sphären oder Layern fassen, sondern ist nach Latour „fibrous, thread-like, wiry, stringy, ropy, capillary […]“ (1996: 370). Die Ebenen sind nach dieser Lesart nicht mehr getrennt angeordnet, sondern werden durch Rhizome überlagert und miteinander verbunden. Die Rhizome durchdringen verschiedene Schichten des Bodens (Skalen), indem sie sowohl tief in den Boden hineinreichen als auch Triebe an die Oberfläche senden (siehe Abb. 2). Spezifische Orte sind damit von vielfäl4
Der Begriff ist der Bezeichnung für Wurzelgeflechte (Rhizome) von Pflanzen abgeleitet.
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tigen Beziehungen durchdrungen und vereinen in verschiedener Ausprägung gleichzeitig globale, lokale, regionale und nationale Ebenen: „[…] it may be quite difficult to determine precisely where the boundaries of one layer of roots or tunnels […] end and those of another begin“ (Herod/Wright 2002: 8). Abb. 2: Relationales Skalenkonzept
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Murray 2006 Übertragen auf die Immobilienwirtschaft hieße das, dass lokale und translokale Verflechtungen sich zunehmend überlappen. Immobilienmärkte können aus dieser Perspektive nicht einer abgrenzbaren Maßstabsebene in einer skalaren Hierarchie zugeordnet werden, sondern manifestieren sich multiskalar, d.h. globale Investitionsentscheidungen, lokale Standortbedingungen, nationale Gesetzgebungen etc. produzieren gemeinsam den Immobilienmarkt. Die Metapher Rhizom weicht bewusst von der statischen Vorstellung ab und hebt den transformativen, prozessualen und polymorphen Charakter von sozialen Beziehungen hervor. Die Akteure sind demnach in der Lage, über viele verschiedene soziale Kontakte hinweg zu manövrieren, um permanent neue lokale oder translokale Beziehungsgeflechte zu spinnen oder zu durchtrennen. Aus den dargelegten Schwächen und Beschränkungen territorialer Konzepte wird die Notwendigkeit einer relationalen Sichtweise für die vorliegende Studie abgeleitet. Während das Raster der territorialen SkalenKonzepte in einem hierarchischen Top-Down-Verhältnis zwischen den räumlichen Ebenen verhaftet bleibt, rücken in der relationalen Sichtweise die Beziehungen zwischen den räumlichen Skalen in den Mittelpunkt. Im Gegensatz zu dem engen territorialen Verständnis agiert die relationale
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Logik mit verräumlichten jedoch nicht-territorialen Begriffen (Mahon/Keil 2008: 44f.), welche die alltägliche Wirklichkeit sozialer Gruppen in einer globalisierten Welt besser abbilden können: „Places now can be seen as the embodiment of virtual or immanent forces, and as the temporary spatiotemporalisation of associational networks of different length and duration“ (Amin 2002: 391). Nicht der Raum per se, sondern die beobachtbare Struktur und Dynamik ökonomischer Beziehungen und deren Akteure auf verschiedenen räumlichen Maßstabsebenen rücken damit in der vorliegenden Studie in den Fokus. Das Handeln der Immobilienakteure vollzieht sich dabei nicht kontextfrei zwischen isolierten Akteuren, sondern ist als soziales Handeln eingebettet in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und institutioneller Strukturen. Immobilienmärkte und -strukturen werden in diesem Beitrag nicht als Black box, sondern als sozial konstruiert interpretiert. Das hier verfolgte relationale Forschungsprogramm zielt auf die Beobachtung und Erklärung zeitlich und räumlich situierten ökonomischen Handelns, um kontextabhängig dessen Konsequenzen für lokalisierte Prozesse und Strukturen auf den Immobilienmärkten zu erfassen (siehe für eine umfassende Diskussion des Forschungsdesigns der relationalen Wirtschaftsgeographie Yeung 2005; Bathelt/Glückler 2003). Einige wirtschaftsgeographische Studien interpretieren die jüngsten Umstrukturierungen im Immobiliensektor als linearen Prozess skalarer Transformation (siehe hierzu z.B. Warf 1994; Clark/Lund 2000; De Magalhães 2001), wobei sich die dominante Form ökonomischer Aktivitäten territorial von lokalen zu eher globalen Skalen verschiebt. Andere Untersuchungen betonen wiederum den lokalen Charakter und die räumliche Verankerung dieses Wirtschaftszweiges (siehe hierzu z.B. Wood 2004; Logan 1993). Die Ausrichtung konzeptioneller Überlegungen allein auf die globale bzw. lokale Dimension erscheint allerdings zu eng: „What we have in reality is a complex intermingling of different geographical scales […]“ (Dicken et al. 2001: 95). In Kontrast zu den vorliegenden Studien wird daher der Versuch unternommen, die verschiedenen geographischen Skalen eines zunehmend globalisierten Immobiliensektors darzustellen und in einen funktionalen Zusammenhang zu stellen. Der multiskalare Ansatz argumentiert, dass die Triebkräfte auf unterschiedlichen Maßstabsebenen – wie z.B. lokale Spezifika der Immobilienmärkte, nationale Deregulierungen und globale Etablierung von neuen Anlageformen im Immobiliensektor – Elemente eines gemeinsamen geographischen Prozesses wirtschaftlicher Globalisierung in der Immobilienwirtschaft sind. Mit der Akteursperspektive wird die Tendenz umgangen, den Untersuchungsfokus einseitig auf eine Skala zu legen. Wenn Maßstabsebenen sozial produziert und reproduziert werden, dann muss es dazugehörige wirkungsmächtige Akteure geben (Heeg 2008a: 253). Immobilienakteure und deren Netzwerke, die unterschiedliche Maßstabsebenen überschreiten und
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verbinden können, stehen damit im Zentrum dieser Studie. Eine statische Betrachtungsweise der Ebenen, zwischen denen Akteure ihr Wirtschaftsleben aushandeln, muss daher aufgegeben werden. Wirtschaftliches Handeln ist nicht an einen einzelnen Standort fixiert, sondern vielmehr in Bewegung. Immobilienstandorte können damit im Sinne Amins verstanden werden als: „[…] the temporary spatiotemporalisation of associational networks of different length and duration“ (2002: 391); sie sind nicht einfach eine abgrenzbare Maßstabsebene in einer maßstäblichen Hierarchie, sondern selbst bereits multiskalar. So können Immobilienmärkte als hybride Vielfalt sich überlappender lokaler und weiter entfernter Verbindungen bzw. Verknüpfungen (z.B. globale Marktszene, Marktzugang ausländischer Immobilienakteure, nationale Verbände, lokale Marktszene) gleichzeitig global, lokal, regional und national sein, ohne vollständig einer einzelnen Ebene verhaftet zu sein. Inwieweit sich die Ausdehnung, die Artikulation und die Überschneidungen ökonomischer Verbindungen im Zuge der Globalisierung modifiziert haben, muss in der vorliegenden Arbeit weiter untersucht werden. Kapitel 3.2 thematisiert diese neue Architektur, die mehrere räumliche Maßstabsebenen übergreift. Die Frage, was lokal oder global ist, lässt sich also nicht a priori beantworten. Der Markteintritt eines globalen Akteurs kann einerseits als Globalisierung des Immobilienstandortes gedeutet werden, aber auch als dessen Versuch, sich in das lokale Netzwerk einzubetten. Vielmehr muss der Versuch unternommen werden, die vielfältigen Beziehungsnetzwerke und Praktiken der Immobilienakteure, die Orte bzw. Immobilienmärkte machen, möglichst klar auf den verschiedenen Maßstabsebenen zu erfassen und abzustecken. Globale, nationale, regionale und lokale Interessen überlappen sich in komplexer Weise und konstituieren die lokale Immobilienwirtschaft, jeweils völlig unterschiedlich. Diese Ko-Steuerung der Immobilienwirtschaft durch Akteure auf verschiedenen maßstäblichen Ebenen schafft Machtgeometrien innerhalb von Netzwerken, die i.d.R. nicht symmetrisch verlaufen und oft sehr ungleich sind. Aus der relationalen Perspektive stellt Macht, d.h. die Beherrschung ökonomischer Prozesse und die Unterordnung anderer Netzwerkteilnehmer, allerdings keine eingemeißelte Eigenschaft dar, die ein Akteur automatisch per Ressourcenbesitz und -kontrolle (z.B. über Kapital, Wissen, Personal etc.) zugesprochen bekommt. Vielmehr erhalten diejenigen Akteure Macht, die in der Lage sind, andere Akteure zu gemeinsamen Handeln bzw. zur Teilnahme an Projekten zu bewegen und sie in Netzwerke zu integrieren (Yeung 2005: 44; Glückler/Bathelt 2003: 257ff.). Machtverhältnisse sind demzufolge nicht alleine durch Ressourcenbesitz fixiert, sondern werden kontinuierlich durch Interaktionen, Verbindungen und Widerstände innerhalb des Netzwerkes re-konstituiert und verändert. Machtasymmetrien sind dabei nicht per se als negativ zu werten, sondern bergen auch Potenzial für schnelle Entscheidungsprozesse und effektive Problemlösungen. Allerdings sollen
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auch die sog. „dunklen Seiten“ (Grabher 2005: 80) individueller Machtpositionen im Netzwerk nicht aus dem wirtschaftsgeographischen Sucher rutschen, die teilweise genutzt werden, um Konkurrenz und opportunistisches Handeln zu inszenieren. Um die konkreten Auswirkungen neuer Netzwerkkonstellationen in der Immobilienwirtschaft auf räumliche Strukturen und Prozesse ausreichend deuten zu können, muss also zunächst der Umweg über deren relationalen Machtkonfigurationen eingeschlagen werden (siehe Kapitel 7.4).
2.3.4
Unternehmerisches Handeln auf multiplen Maßstabsebenen
Nach dem relationalen Denkmuster macht es anscheinend wenig Sinn, Skalen weiterhin als gebundene oder euklidische Räume zu interpretieren. Vielmehr verflüssigen sie sich unabhängig jeglicher territorialer Grenzen. Im Sinne von Castells (2002) wird der Raum der Orte (Spaces of places) abgelöst vom Raum der Ströme (Spaces of flow), in dem alles locker fließt. Appadurai (1996) konzeptionalisiert diese Konfigurationen als fluide Landschaften (Scapes), die mittels Denkmuster und Praktiken etc., welche nicht mehr an bestimmte Territorien gebunden, sondern in Bewegung sind, durch die Welt zirkulieren und verschiedene Formen annehmen. Amin deutet den urbanen Raum wiederum als Durchfluss- (Circulatory sites) und Knotenpunkt der „translation and transmission in the economy of distanciated organisation and flow“ (Amin 2002: 395). Stehen zwei relativ isolierte Standorte temporär in enger Wechselbeziehung, dann öffnen sich laut Sheppard sog. Wurmlöcher5 (Wormholes). Damit können in Echtzeit weit entfernte Orte erreicht werden „[…] that otherwise would take lightyears to reach“ (Sheppard 2002: 323). Sei es der Raum der Ströme, der Raum als Durchflusspunkt oder das raumverbindende Wurmloch, all diese Denkmuster suggerieren ein problemloses Überschreiten und Durchqueren unterschiedlicher Maßstabsebenen. Diese Visionen einer amorphen Geographie der Ströme und Mobilitäten, die alles ursprünglich Solide in Luft auflöst, stößt allerdings auf Kritik. Wer den globalen Raum einseitig als einen Space of flows imaginiert, verkennt, dass im globalen Zeitalter territoriale Grenzziehungen weiterhin eine wichtige Rolle einnehmen und die ökonomische Globalisierung einschränken: „[…] there are contingent scenarios that may limit scalar switchability“ (Yeung 2002: 291). Latham spricht in diesem Zusammenhang von der „inherent stickiness of the world“ (2002: 123), die in der Logik der Raum der Ströme keine Erwähnung findet und Dicken kommt gleichsam zu dem Schluss: „Bounded political spaces matter“ (2004: 9). Auch für die Immobilienmärkte gilt, dass sich deren Zusammenhänge weder ein5
Der Begriff Wurmloch stammt aus der Relativitätstheorie, die einen relationalen Ansatz zur Raumzeit bietet.
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fach vor Ort fixieren, noch in einem globalen Spaces of flow auflösen. Die strukturierenden Wirkungen von räumlichen Maßstabsebenen als räumlich-institutionelle Formen auf soziales Handeln dürfen daher nicht vernachlässigt werden. Abb. 3: Relationales Skalenkonzept der Immobilienwirtschaft
Quelle: Eigene Darstellung Das Handeln der Immobilienakteure vollzieht sich nicht kontextfrei zwischen isolierten Akteuren, sondern ist als soziales Handeln eingebettet in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und Strukturen. Politische Strukturen, staatliche Institutionen, gesellschaftliche Werte, Normen und Gesetze und vieles mehr repräsentieren soziale Strukturen, die Handlungsmöglichkeiten und den freien Übergang zwischen den Skalen garantieren aber auch begrenzen (siehe Abb. 3). Diese sind territorial verankert und relativ persistent, obgleich auch diese Rahmensetzungen sozial kon-
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struiert und damit prinzipiell durch das Handeln der Akteure modifiziert werden können.6 Fundamental für die Organisation und das Wirken der globalen Wirtschaft bleiben neben lokalen und regionalen Bedingungen nationale Rechts-, Wirtschafts- oder Regulationssysteme (siehe u.a. Moricz/Murphy 1997; Gotham 2006). Exemplarisch hierfür steht der räumlich und zeitlich immer weniger limitierte Handel von Kapital in einem global integrierten Finanzsystem, der in erster Linie auf nationale Liberalisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Orte wie zum Beispiel Städte können also sowohl als Relais von Bewegungen und Zirkulationen (z.B. für Waren, Menschen, Wissen, Kapital) im Space of flows, aber auch parallel als abgegrenzte territoriale Einheiten erscheinen. Daraus ergibt sich die komplexe Situation, in der relational definierte Netzwerke (z.B. von TNCs) territorial definierte Grenzen durchbrechen und sie vielfach überlagern, aber gleichzeitig auch von diesen unterbrochen werden können (Dicken 2004: 9). Wirtschaftsakteure versuchen laufend mit Hilfe des Skalenwechsels ihre Position zu verbessern: „Groups and organizations strategically map out material scales that eventually might liberate them from their existing scale constraints“ (Jonas 1994: 262). Allerdings verläuft dieses sog. Scale jumping nicht nur einseitig vom Lokalen, über das Nationale zum Globalen, sondern auch in umgekehrter Richtung. So versuchen transnationale Akteure sich in lokale Strukturen einzubetten, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Der Prozess der Reskalierung betrifft nicht nur den Maßstabswechsel von Wirtschaftsakteuren (Scale jumping), sondern auch deren zeitgleiches Agieren auf mehreren Ebenen (Scale negotiation). In den Mittelpunkt der vorliegenden Studie rückt damit zunächst die Frage, wie Immobilienakteure Skalen überspringen, wenn sie global expandieren bzw. wie global agierende Immobilienakteure in lokale Netzwerkstrukturen eindringen. Hierbei sollen auch die Antriebkräfte und Beschränkungen beim Skalenwechsel Berücksichtigung finden (siehe Abb. 3; S.49), die in wirtschaftsgeographischen Studien bislang vernachlässigt wurden: Welche Strukturen beschleunigen bzw. begrenzen die Globalisierungsbestrebungen der Immobilienakteure und die Diffusion globaler Standards, Prozesse etc.? Statt einer einseitigen Durchsetzung globaler Interessen in einer Vielzahl heterogener lokaler Kontexte wird der Globalisierungsprozess in dieser Studie als wechselseitiger Anpassungs- uns Aushandlungsprozess gedeutet. Diese Perspektive reklamiert, dass die Akteursinteressen, die auf verschiedenen geographischen Skalen konstituiert werden, nicht autonom voneinander existieren.
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Die individualistische Erklärungsperspektive denkt Struktur als Artefakt früheren Handelns. Eine detaillierte Diskussion holistischer und individualistischer Erklärungsperspektiven liefert Glückler 2001.
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Die beteiligten Akteure und Akteursnetzwerke verfolgen i.d.R. verschiedene Strategien und verfügen über unterschiedliche Machtressourcen. Auch die lokal- bzw. nationalspezifischen institutionellen Rahmenbedingungen und deren Beschränkungen und Möglichkeiten sorgen dafür, dass sich globale Prozesse ungleich auf lokalisierte Immobilienmärkte auswirken (siehe stark global geprägter Immobilienmarkt A und hauptsächlich lokal organisierter Immobilienmarkt B in Abb. 3; S.49). Indem globale Interessen in Übersetzungsprozessen aufgeweicht, an lokale/nationale Bedingungen angepasst bzw. modifiziert werden oder gänzlich verloren gehen, sprechen Phelps/Wood (2006) in ihrer Studie zu angloamerikanischen Investmentregimes von „lost in translation“. Räumlich unterschiedlich stark ausgeprägte Folgen der Globalisierung können hierdurch mit der alternierenden Bewegungsfreiheit zwischen den Maßstabsebenen (Scalar switchability) argumentiert werden. Während ein reibungsloser Wechsel zwischen den Ebenen beispielsweise die Diffusion globaler Normen und Praktiken durch das Handeln transnationaler Unternehmen und damit weltweite Konvergenzprozesse in der Immobilienwirtschaft beschleunigen würde, fördern Beschränkungen beim Skalenübertritt eher die Persistenz lokaler Strukturen.
Zwischenfazit In Anlehnung an das relationale Skalenkonzept besteht das zentrale Argument der vorliegenden Arbeit darin, dass sich Immobilienmärkte als hybride Vielfalt sich überlappender lokaler und weiter entfernter Verbindungen bzw. Verknüpfungen gleichzeitig global, lokal, regional und national etc. manifestieren können, ohne vollständig einer einzelnen geographischen Ebene verhaftet zu sein. Die Ausblendung von Zusammenhängen zwischen den verschiedenen räumlichen Maßstabsebenen würde dazu führen, immobilienwirtschaftliche Entwicklungen vor Ort unterkomplex zu behandeln. Vor dem Hintergrund der bisherigen Diskussion lassen sich dabei drei zentrale Hypothesen für das weitere Forschungsprogramm der Studie formulieren: • Die Triebkräfte der Globalisierung im Immobiliensektor liegen auf unterschiedlichen Maßstabsebenen. Globale, nationale, lokale Dimensionen überlappen sich in einer außerordentlich komplexen Art und Weise und konstituieren so eine Vielzahl von heterogenen Immobilienmärkten. Nur eine Berücksichtigung und Reflexion der verschiedenen Skalen und deren Interdependenzen können dazu beitragen, die Globalisierung der Immobilienwirtschaft und deren lokalen Ausprägungen richtig zu deuten. Da Skalen sozial produziert und reproduziert werden, müssen dazu auch die dazugehörigen Akteure und deren Strategien in den Fokus rücken (Kapitel 3).
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Für Wirtschaftsakteure erfolgt der Skalenübertritt – z.B. von der globalen zur lokalen Ebene beim Eintritt in neue Immobilienmärkte – nicht immer reibungslos. Vor diesem Hintergrund wird ein neues theoretisches Konzept entwickelt, in dem gezeigt wird, wie Intransparenzen in der Immobilienwirtschaft als Hindernis beim Skalenwechsel wirken und vor allem den globalen Akteuren beim lokalen bzw. nationalen Markteintritt zu schaffen machen. In der Konsequenz wird erwartet, dass globale Investoren ihre Strategien den intransparenten Strukturen anpassen (Kapitel 4; 6). Immobilienmärkte sind aus der relationalen Sichtweise keine gegebenen und eindeutig fixierten Einheiten, sondern werden durch die sich überlappenden globalen, nationalen, regionalen und lokalen Dimensionen sehr unterschiedlich produziert. Gemäß dem Aufruf von Dicken (2004: 16): „We do need to take outcomes per se more seriously“, sollen neben den Globalisierungsprozessen auch deren konkreten und raumspezifischen Ausprägungen (Outcomes of globalization) erfasst und beleuchtet werden. Der Wirkungsgrad globaler Prozesse wird am Beispiel der Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo konkret empirisch adressiert (Kapitel 7).
3 Globalisierungs prozess e in der Immobilie nw irts c haft
Das vorliegende Kapitel portraitiert zunächst die aktuellen Tendenzen in der gewerblichen Immobilienwirtschaft, die sich im Vergleich zum Wohnsegment besonders stark internationalisiert hat. Der Fokus ist dabei auf die zunehmende Intensität, geographische Ausbreitung und Geschwindigkeit der grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen gerichtet (Kapitel 3.1). Beschleunigt wird die Globalisierung der Immobilieninvestoren insbesondere durch sechs Antriebskräfte, die in Kapitel 3.2 thematisiert werden. Dabei werden auch jeweils die verschiedenen geographischen Maßstabsebenen des sich globalisierenden Immobiliensektors beleuchtet und in einen funktionalen Zusammenhang zueinander gestellt. In Kapitel 3.3 rücken institutionelle Immobilieninvestoren, die unterschiedliche Maßstabsebenen überschreiten und verbinden, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Etablierte Internationalisierungstheorien werden geprüft, inwieweit sie zur Erklärung der fortschreitenden globalen Ausrichtung von Immobilieninvestoren beitragen können. Aus der Diskussion der Konzepte wird die notwendige Ergänzung um eine relationale Perspektive abgeleitet. Die Internationalisierungsentscheidung und die Marktauswahl werden damit stärker in den fortlaufenden sozialen Beziehungen zu anderen Investoren, Kooperationspartnern etc. begründet.
3 . 1 G l o b a l e K a p i t a l s t r ö m e u n d n e u e An l a g e z i e l e Immobilienmärkte waren lange Zeit stark durch lokale Besonderheiten und Akteure geprägt (Sirmans/Worzala 2003). Grenzüberschreitende Immobiliengeschäfte wurden aufgrund hoher nationaler und lokaler Regulierungsdichte sowie intransparenter Marktstrukturen kaum getätigt. Vielmehr beschränkte sich der immobilienwirtschaftliche Aktionsradius auf die jewei-
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lige Stadt bzw. Region: „[…] the business itself remained largely local, with US firms dominating in US markets, and foreign firms in foreign markets“ (Bardhan/Kroll 2007: 1). Jüngste wissenschaftliche Studien über Immobilien1 (siehe Gotham 2006; Heeg 2004; Smart/Lee 2003; Pütz 2001; Clark/Lund 2000) sowie Marktstudien aus der Praxis (siehe u.a. Jls 2008; C&W 2008; Degi Research 2007) lassen allerdings einen relativ neuen Trend erkennen: die Globalisierung der Immobilienwirtschaft schreitet rapide voran.
Zunehmende Intensität der grenzüberschreitenden Investitionen Seit Anfang des 21. Jahrhunderts vollzieht sich ein beschleunigter Wandel zu eher globalen Märkten. Investitionen sind nicht mehr vorwiegend an nationale Grenzen gebunden, sondern dehnen sich über immer größere räumliche Distanzen aus: „Commercial real estate has indeed become a global commodity“ (Cbre 2006). Abb. 4: Zunahme grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von Jls 2008 So haben sich die grenzüberschreitenden Investitionen seit 2003 auf 353 Mrd. US$ im Jahr 2007 nahezu vervierfacht, während die nationalen Umsätze lediglich um rund 50% zulegen konnten. Auf internationale Transak1
Die Studien konzentrieren sich allesamt auf den gewerblichen Immobilienmarkt (Büro-, Einzelhandels-, Industrie-, Logistikimmobilien), der die gängige Anlageklasse bei internationalen Investoren bildet (C&W 2008).
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tionen entfielen damit 47% der gesamten globalen Kapitalflüsse2. 2003 betrug deren Anteil lediglich 25% (siehe Abb. 4). Differenziert nach Großregionen (USA, Kanada, Lateinamerika, Europa, Asien Pazifik) erhält man ein ähnliches Bild: Die Volumina grenzüberschreitender Investments zeigten gegenüber 2006 ausnahmslos Wachstumsraten. Wiederum rund 70% der internationalen Investments flossen gar interkontinental zwischen diesen Großregionen (Jls 2008: 3). Die steigende Intensität globaler Kapitalströme zeigt, dass das räumlich-maßstäbliche Gefüge der Immobilienökonomie in jüngster Zeit erheblich in Bewegung geraten ist. Zu den Akteuren der räumlichen Redimensionierung zählen neben Beratungsunternehmen und Kreditgebern insbesondere institutionelle Investoren, die sich aus nicht börsennotierten Gesellschaften (z.B. offene Immobilienfonds, Opportunity Funds), börsennotierten Gesellschaften (z.B. Immobilien-AGs, Real Estate Investment Trusts), Versicherungen, Pensionskassen und Projektentwicklern zusammensetzen (siehe Box 13). Diese orientieren sich verstärkt weg von ihrem angestammten nationalen Terrain und agieren sowohl als Käufer als auch Verkäufer auf den weltweiten Immobilienmärkten. Exemplarisch hierfür steht der Anteil ausländischer Immobilien bei den deutschen offenen Immobilienfonds, der laut BVI (Bundesverband Investment und Asset Management) in den vergangenen fünf Jahren von 42 auf 68% angewachsen ist. Damit hielten offene Immobilienfonds im Jahr 2007 nur noch 32% ihrer Bestände in Deutschland (Bvi 2007). Ein ähnliches Bild zeichneten die Investitionen der US-amerikanischen Opportunity Funds, die 2004 60% ihres eingesammelten Kapitals außerhalb der USA akquirierten (Ernst & Young 2004). Box 1: Institutionelle Investoren Offene Immobilienfonds sind Sondervermögen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft betreut werden. Die Mittel werden vorwiegend in gewerbliche Objekte angelegt, wobei die Anzahl der ausgegebenen Anteile, im Gegensatz zu geschlossenen Fonds, nicht begrenzt ist. Als Gegenwert für das im Fonds investierte Geld wird den Anlegern ein Wertpapier ausgehändigt, das grundsätzlich jederzeit zum Inventarwert zurückgenommen wird. Innerhalb der Kategorie der offenen Immobilienfonds differenziert man zwischen Publikums- und Spezialfonds. Während Spezialfonds als Geldanlage für institutionelle Anleger wie Versicherungen etc. beschränkt bleiben, können Anteile von Publikumsfonds auch von privaten Kleinanlegern erworben werden.
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Auch wenn die momentane Finanzkrise inzwischen die gewerblichen Immobilieninvestmentmärkte erfasst hat (Rückgang des globalen Transaktionsvolumina im ersten Halbjahr 2008 um 41% gegenüber dem Vorjahreszeitraum), ist der Trend hin zur Globalisierung mit über 45% grenzüberschreitenden Investitionen ungebrochen. Die Textboxen als Lesehilfe bieten in der vorliegenden Studie Zusatzinformationen und vertiefen das Verständnis immobilienwirtschaftlicher Fragestellungen.
56 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT Bei Immobilienaktiengesellschaften (kurz: Immobilien-AGs) handelt es sich um Unternehmen, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt werden und deren Kerngeschäft in immobilienspezifischen Tätigkeiten wie der Vermietung, der Projektentwicklung etc. liegt. Einige dieser Immobilienaktiengesellschaften sind börsennotiert. Über den Zugang zum Kapitalmarkt können Immobilien-AGs Eigenkapital für die Investitionstätigkeit in Immobilien generieren. Ziele der Immobilien-AGs sind i.d.R. eine Steigerung der Erträge, die über Mieteinnahmen bzw. Wertsteigerungspotenziale der Immobilie erschlossen werden können. Unter Real Estate Investment Trusts (kurz: REITs) versteht man börsennotierte Immobilien-Aktiengesellschaften, deren Hauptgeschäftsfeld darin besteht, Immobilien zu besitzen und/oder zu verwalten. Sie genießen steuerliche Privilegien, indem für REITs selbst keinerlei Ertragssteuern anfallen, stattdessen sind die Anteilseigner steuerpflichtig. Eine Voraussetzung, die REITs erfüllen müssen, ist die Ausschüttung festgelegter Ertragsanteile an die Anleger, die in ihrer Mindesthöhe jedoch im internationalen Vergleich variieren (80 bis 100%). Die Gewinne der REITs resultieren sowohl aus dem Verkauf und der Vermietung von Immobilien, als auch aus Zinsgewinnen, die im Zusammenhang mit eigenen Immobilien erzielt werden. Opportunity Funds stellen eine Fondskategorie dar, deren Investitionsstrategie auf eine Maximierung der Rendite durch Ausnutzen der Marktzyklen und hohe Fremdfinanzierung ausgerichtet ist. Es wird mit einer überdurchschnittlichen jährlichen Rendite von 15 bis 20% kalkuliert, wofür ein höheres Risiko in Kauf genommen wird. Ziel ist es, Objekte mit hochwertiger Substanz möglichst günstig zu erwerben. Hohe Fremdkapitalanteile bei niedrigem Zinsniveau sind unverzichtbar, um über Ausnutzung des Leverage-Effekts (siehe Box 3; S.72) die Rendite zu maximieren. Ihr Anlagehorizont ist i.d.R. kurz- bis mittelfristig (3 bis 7 Jahre). Innerhalb dieses Zeitraums sollte die Rentabilität der Immobilie erhöht und der Verkauf sichergestellt werden. Projektentwickler kombinieren Standort, Projektidee und Kapital, sodass wettbewerbsfähige Bauinvestitionen realisiert oder gesichert werden. Die Leistung des Entwicklers besteht darin, Objekte zu planen und umzusetzen sowie das anfallende Entwicklungsrisiko zu übernehmen. Am Ende der Entwicklung wird die Immobilie i.d.R. an einen Investor oder Endnutzer verkauft. In manchen Fällen agieren Projektentwickler auch als Investoren und halten ein Objekt nach der Entwicklung noch über einen längeren Zeitraum im Bestand. Unter Pensionsfonds versteht man vom Arbeitgeber selbst organisatorisch ausgegliedertes Sondervermögen, dass der Finanzierung einer betrieblichen Altersversorgung der Mitarbeiter dient. Pensionsfonds zählen aufgrund der großen und langfristigen Vermögensansammlung zu den bedeutenden Kapitalanlegern auf internationalen Kapital- und auch Immobilienmärkten. Staatsfonds basieren auf überschüssigen Staatseinnahmen aus Rohstoffverkäufen (z.B. Öl, Gas) oder sonstigen Devisenüberschüssen. Durch Investitionen in ausländische Märkte wird versucht, eigene Risiken abzuwehren und der Volatilität an Märkten nachhaltig entgegenzusteuern. Staatsfond aus Asien und dem Nahen Osten zählen mit zwei Drittel des gesamten Anlagevolumens zu den mächtigsten Akteuren. Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Investoren siehe u.a. Maurer et al. 2004; Maier 2004: 71-84; Gondring 2004; Dobberstein 2000; Degi 2008d
Geographische Ausweitung der Immobilieninvestitionen Neben dem wachsenden Volumen internationaler Transaktionen zeigt sich ein verändertes geographisches Muster der Immobilienanlageziele. Aus
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den veröffentlichten Handlungsleitlinien und Strategien wie global real estate strategies bzw. den Produktnamen wie global real estate funds wird evident, dass die globale Orientierung im Kalkül institutioneller Immobilieninvestoren eine immer zentralere Rolle einnimmt. Ob im Internet, in Verkaufsbroschüren oder in Pressemitteilungen, die Immobilieninvestoren werben verstärkt mit ihrer globalen Expertise (Laposa 2007: 173). Exemplarisch für die geographische Ausbreitung ist der Investitionspfad deutscher offener Immobilienfonds 4 . Beschränkte sich deren Aktionsradius Anfang der 1990er Jahre auf europäische Nachbarländer, wie die Niederlande und Frankreich, und auf Märkte mit ähnlichen institutionellen Rahmenbedingungen, wie die USA, dehnte sich dieser Ende der 1990er Jahre auf die mittel- und osteuropäischen Transformationsländer aus. Seit einigen Jahren rücken nun auch neue Standorte beispielsweise in Südostasien, Russland, Indien und in Lateinamerika in den Fokus deutscher offener Immobilienfonds. Abb. 5: Veränderung des weltweiten Immobilienbestands nach Großregionen
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von RREEF 2007 Entfallen rund zwei Drittel der weltweiten Kapitalströme zwar noch auf die etablierten Investitionsziele USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Japan, so zeichnen die Wachstumsraten bereits ein anderes Bild. Unter den 20 Immobilienmärkten mit den höchsten Investitionszuwächsen befinden sich zwölf aufstrebende Standorte in Asien, Mittel- und Osteuropa und Lateinamerika (C&W 2008). Gleichermaßen verschiebt sich die 4
Eine vergleichbare schrittweise Ausweitung des Investitionsraumes haben Bardhan/Kroll 2007 auch für US-amerikanische Immobilieninvestoren festgestellt.
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geographische Zuordnung des für Investmentzwecke institutioneller Investoren zur Verfügung stehenden weltweiten Immobilienbestands (siehe Abb. 5). Auch die Zusammensetzung der Rangliste nach den höchsten Mietpreisanstiegen lässt den Bedeutungszuwachs dieser neuen Destinationen erahnen. Steigerungsraten von 20 bis 80% in Singapur, Mumbai, Manila etc. im Vergleich zum Vorjahr sind mit ein Indiz für die zunehmende Nachfrage aus dem Ausland (Cbre 2007). Die räumlichen Grenzen des Investmentspektrums verschieben sich immer schneller. Neu ist somit auch die Beschleunigung der internationalen Konnektivität in der Immobilienwirtschaft. Durch die steigende Intensität und geographische Ausdehnung der ökonomischen Verflechtungen erfuhren lokale Immobilienmärkte in den letzten Jahren einen signifikanten Zuwachs an ausländischem Investment. Während bis in die 1990er Jahre mit Ausnahme internationaler Mieter und weniger risikobereiter Investoren das Marktgeschehen hauptsächlich über komplexe lokale Netzwerke gesteuert wurde, kommt es aktuell durch den Marktzutritt globaler Akteure zu neuen Konkurrenzsituationen und stärkeren internationalen Verflechtungen. Territoriale Immobilienmärkte werden aufgebrochen und von externen Interessen invadiert. Entfernte Orte werden in solcher Weise miteinander verbunden, dass vormals lokal organisierte Immobilienmärkte durch Ereignisse wie beispielsweise Konjunkturen oder Zinsentwicklungen beeinflusst werden, die sich an vermeintlich weit entfernten Volkswirtschaften abspielen und umgekehrt (Haila 1997: 58).
Qualitative Veränderungen in der Immobilienwirtschaft Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Immobilienökonomie heute von unübersehbaren Globalisierungstendenzen erfasst ist. Neu sind vor allem die qualitativen Veränderungen. Gemeint sind damit die Intensität, geographische Ausdehnung und Beschleunigung der grenzüberschreitenden Aktivitäten, die engmaschige translokale Verflechtungen mit sich bringen. Die Globalisierung der Immobilienwirtschaft manifestiert sich dabei als kontingenter, offener und gestaltbarer Prozess und nicht als Endzustand eines linearen Prozesses. Immobilieninvestoren werfen ihre Netze immer weiter aus, wodurch auch Märkte an semi-peripheren Standorten in das globale Wirkungsfeld geraten. Allerdings können die Netze aufgrund veränderter Rahmenbedingungen auch wieder eingeholt werden. Die immer noch ungleiche räumliche Verteilung der weltweiten Transaktionen illustriert schließlich, dass der Globalisierungsprozess nicht räumlich homogen verläuft, sondern mitunter räumliche Ungleichheiten schafft bzw.
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verstärkt. Während vor allem die Wirtschaftsmetropolen5 der Kernökonomien und der aufstrebenden Länder der Semi-Peripherie aktiv an der Globalisierung partizipieren und in der globalen Immobilienwelt engmaschig vernetzt sind, bleiben einige Regionen und Städte nahezu abgekoppelt. Der Begriff Globalisierung meint daher nicht, dass alle Immobilienstandorte rund um den Globus einbezogen sind. Er soll vielmehr auf eine Internationalisierungsdynamik verweisen, die weit über den Raum der Wirtschaftstriade hinausgeht. Da die Intensivierung und geographische Ausweitung internationaler Verflechtungen im Immobilienbereich insbesondere durch mächtige, steuerungskräftige, global agierende Investoren vorangetrieben wird, erfolgt in Kapitel 3.2 eine Analyse der wesentlichen Antriebskräfte der Globalisierung aus der Perspektive institutioneller Immobilieninvestoren. Andere Akteure der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfungskette wie Projektentwickler, Kapitalgeber, Beratungs- und Serviceunternehmen sowie Mieter etc.6 werden in diesem Kapitel zunächst nur am Rande erwähnt.
3 . 2 An t r i e b s k r ä f t e d e r g l o b a l e n I m m o b i l i e nw i r t s c h a f t Eine Mehrheit aktueller wirtschaftswissenschaftlicher Ansätze und Studien zur Immobilienwirtschaft dokumentiert deren sukzessive Globalisierung. Im Kern stehen dabei drei Untersuchungsfelder, welche allesamt die jüngsten Umstrukturierungen im Immobiliensektor als linearen Prozess skalarer Transformation interpretieren, wobei sich die dominante Form ökonomischer Aktivitäten stufenweise von lokalen zu eher globalen Skalen verschiebt: 1) die Expansionsstrategien multinationaler Immobilienberatungsunternehmen (siehe u.a. D’Arcy 2005; De Magalhães 2001; LaPier 1998), 2) die Kapitalmarktorientierung der Immobilienwirtschaft (siehe u.a. Clark/Lund 2000; Rottke 2008; Gotham 2006; Heeg 2004; Coakley 1994) sowie 3) Immobilienmärkte in Global Cities (siehe u.a. Haila 2000; Lizieri et al. 2001; Sassen 2001; Smart/Lee 2003; Goldberg 2004). In Kontrast zu den vorliegenden Studien und bezugnehmend zu Kapitel 2 wird in diesem Beitrag der Versuch unternommen, die verschiedenen geographischen Skalen eines zunehmend globalisierten Immobiliensektors darzustellen und in einen funktionalen Zusammenhang zueinander zu stel5
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Institutionelle Investoren konzentrieren sich auf Metropolen, da deren Immobilienmärkte im Vergleich mit Mittelstädten i.d.R. eine höhere Flächennachfrage, Liquidität, Fungibilität und Transparenz bieten (Schneider 2004: 40f.; Goldberg 2004: 105; Heeg 2004). Die einzelnen Rollen sind nicht immer trennscharf, da die Akteure mehrere Aufgaben gleichzeitig einnehmen können. So agieren Projektentwickler auch oftmals als Investor. Investoren können wiederum ihre Tätigkeiten auf Projektentwicklungen ausdehnen.
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len. Die Globalisierung umfasst diesem Verständnis zufolge ein multiskalares Set an Prozessen und Entwicklungen, die einer Vielzahl verschiedener räumlicher Ebenen entstammen und nicht zwangsläufig nur der globalen Ebene zuzuordnen sind. Vor diesem Hintergrund werden auf unterschiedlichen Maßstabsebenen sechs wesentliche Antriebskräfte der Globalisierung für den Immobiliensektor identifiziert (siehe Abb. 6), die zugleich den Rahmen bzw. die Umwelt für die Akteure bilden und damit deren Erwartungshaltungen, Entscheidungsmotive und Verhalten prägen und beeinflussen. Abb. 6: Antriebskräfte der globalen Immobilienwirtschaft
Quelle: Eigene Darstellung
3.2.1
Professionalisierung
Seit Anfang der 1990er Jahren erfährt die Immobilienwirtschaft eine Professionalisierung, die einen Übergang von traditionellen Immobilieneigentümern zu institutionellen Immobilieninvestoren markiert. Zu den traditionellen Immobilienhaltern zählen private Anleger, die öffentliche Hand und Non-Property-Unternehmen, wie Industrie- und Handelsunternehmen, die Immobilien i.d.R. langfristig im Bestand halten (buy and hold) und sie gewerblich nutzen (use value), deren Kerngeschäft aber nicht im Immobilienbereich liegt (Heeg 2008b: 67; Seabrooke/Hong How 2004: 4f.).
Von Selbstnutzern zu institutionellen Investoren Während weniger als 25% aller US-amerikanischen Großunternehmen im Industrie- und Dienstleistungssektor Eigentümer ihrer Immobilien sind, führt die Mehrheit europäischer (35 bis 75%) und asiatischer Unternehmen (70 bis 80%) weiterhin Immobilien als Aktivposten in ihren Bilanzen (Jls 2007). Seit einigen Jahren ist allerdings ein Umdenken eingetreten. Tradi-
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tionell waren Immobilien sichere, werthaltige und vor Inflation schützende Investments. Heute erkennen viele Unternehmen das enorme Optimierungspotenzial und ordnen ihre Immobilienbestände und -aktivitäten neu, um Kapital für Investitionen im Kerngeschäft frei zu setzen. Die Anzahl von Immobilienverkäufen durch Unternehmen steigt stetig an7. Diese haben 2006 weltweit mehr als 55 Mrd. US$ ihres Immobilienbesitzes veräußert, 1997 waren es nur knapp 1 Mrd. US$. Ehemals unternehmenseigenen Immobilien gelangen damit auf den Investitionsmarkt (RREEF 2007; Hoesli/Lekander 2006: 172). Abb. 7: Grenzüberschreitende Immobilieninvestments nach Investorentyp (2005)
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von Jls 2006b Statt Selbstnutzern dominieren heute zunehmend institutionelle Investoren das Feld (siehe Abb. 7). „For them, the exchange value or financial investment aspect of property dominates“ (Coakley 1994: 699). Ihre Aufgabe besteht prinzipiell darin, Vermögen von Individuen und Unternehmen profitabel in Immobilien anzulegen. Immobilien werden i.d.R. nicht zur Eigennutzung erworben, sondern mit der Absicht der Wiederveräußerung. Sie besitzen für die Investoren in erster Linie einen Tauschwert (exchange value). Dabei sind solche Investoren, deren Geschäftsfeld ausschließlich in der Erstellung, dem Handel und dem Betreiben von Immobilien liegt (reine Property-Unternehmen), von Investoren zu unterscheiden, die neben 7
Haushaltsprobleme zwingen auch immer mehr Kommunen, einen Teil ihres umfangreichen Immobilienbestands an den Markt zu bringen bzw. die Nutzung entsprechender Leistungen möglichst flexibel von einem privaten Immobilienunternehmen zurückzumieten.
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Immobilien auch in andere Anlageformen investieren (z.B. Versicherungen, Pensionskassen). Beide Investorentypen sind die tragenden Akteure der Globalisierung. Abb. 7 gibt Aufschluss über die Struktur der grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen. Der überwiegende Teil der Transaktionen sind zur Gruppe der institutionellen Investoren zuzuordnen. Zu den reinen Property-Unternehmen gehören nicht-börsennotierte Gesellschaften, börsennotierte Gesellschaften und Projektentwickler. Sie weisen eine deutlich höhere Professionalisierung auf als die traditionellen Bestandshalter, indem sie Immobilienexperten beschäftigen. Diese haben oftmals neuartige Ausbildungswege zu Immobilien- bzw. Finanzspezialisten durchlaufen, die zu einem großen Teil an den Hochschulen erst jüngst entstanden sind. Was für die Finanzwirtschaft zutrifft ist auch immer mehr auf die Immobilienwirtschaft übertragbar: „[…] finance is now an industry populated by many thousands of skilled employees who share, more often that not, a common language about the theory and practice of finance“ (Clark et al. 2005: 8). Egal ob diese Experten in New York, London oder Frankfurt sitzen bzw. ob sie für Morgan Stanley, Henderson Investment oder die Deutsche Bank arbeiten, alle sind mit den neuen Theorien und Praktiken der Immobilienwirtschaft vertraut. Neben reinen Property-Unternehmen investieren auch Pensionsfonds, Staatsfonds, Versicherungen, Private Equity Funds und Hedge Fonds einen zunehmenden Anteil ihres Vermögens direkt und vor allem indirekt8 (über Spezialfonds, Aktien, REITs etc.) in Immobilien. Aktuelle Studien zeigen, dass die Immobilienquoten in den gemischten Portfolios dieser Unternehmen zurzeit mit 1,5 bis rund zehn Prozent zwar noch eine untergeordnete Position einnehmen, diese allerdings in den nächsten Jahren stetig erhöht werden soll (Degi 2008a: 2). Aufgrund der demographischen Entwicklung und dem steigenden Bedarf an Vorsorgeleistungen in den Industriestaaten verzeichnen Pensionskassen Kapitalzuflüsse in Rekordhöhe. Nach einer Untersuchung von Zemp (2007) will jede zweite europäische Pensionskasse die Immobilienquote in ihren Portfolios, die meist zwischen drei und zehn Prozent liegt, deutlich ausdehnen, und hierbei die indirekten gegenüber den direkten Immobilieninvestitionen stärker akzentuieren. Auch die größten zehn staatlichen Pensionskassen in den USA geben an, ihre Portfolios zugunsten der international diversifizierten direkten und vor
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Wenn ein Anleger in Immobilien investieren möchte, stehen ihm grundsätzlich zwei Formen offen: 1) Bei der Direktanlage wird zum Zweck der Vermietung Kapital in eine bestimmte Immobilie angelegt. Die Investoren sind dann die Eigentümer der Immobilie. 2) Indirekte Anleger hingegen stellen ihre Mittel einer Anlagegesellschaft zur Verfügung, d.h. sie beteiligen sich i.d.R. an einem Portfolio bestehend aus Immobilien. Der Erwerb von z.B. Anteilen einer Immobilienaktiengesellschaft erlaubt bei relativ niedrigen Transaktionskosten und ohne eigene Expertise die Partizipation an der Wertentwicklung eines diversifizierten, professionell verwalte-ten Liegenschaftsportfolios (siehe hierzu u.a. Theurillat et al. 2007).
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allem indirekten Immobilenanlage umzuschichten. Den Ausschlag hierfür gaben insbesondere die massiven Kursverluste auf den Aktienmärkten in den Jahren 2000 bis 2003, welche die Versicherer und Pensionskassen zu einer grundlegenden Änderung ihres Portfolios bewogen. Zudem eignet sich die Beimischung von Immobilien aufgrund ihrer geringen Korrelation mit dem Anleihen- und Aktienmarkt bestens zur Portfoliodiversifizierung und damit zur Risikominimierung (Hoesli et. al 2004). In die Reihe global operierender Immobilieninvestoren wird sich in naher Zukunft mit den Staatsfonds schließlich eine neue Macht einfügen. Aktuell liegt der Immobilienanteil zwar mit vier bis elf Prozent relativ niedrig, jedoch impliziert der hohe Anteil an angekündigten Immobilientransaktionen einen deutlichen Anstieg (Degi 2008d).
Vom intuitiven zum modernen Portfoliomanagement Trotz unterschiedlicher Anlagestrategien und Finanzierungsstrukturen ist den institutionellen Investoren die Perspektive auf Immobilien als ein Anlageprodukt gemeinsam, dessen Rentabilität es zu maximieren gilt und das im Wettbewerb mit anderen Anlageformen wie Aktien oder Renten steht. In diesen Unternehmen hat sich seit den 1990er Jahren ein grundlegender Wandel vom intuitiven über ein traditionelles hin zu einem modernen Portfoliomanagement vollzogen. Abb. 8 stellt diesen Übergang idealtypisch dar. Abb. 8: Vom intuitiven zum modernen Portfoliomanagement
Quelle: Eigene Darstellung Die Investoren wenden sich von eher erfahrungsbasierten Managementpraktiken ab, die überwiegend gekennzeichnet waren durch Intuition, Annahmen und Gefühle sowie „subjective desires and irrational whims“ (Haila 1997: 57). Im traditionellen Portfoliomanagement wurden Entscheidungen zwar nicht mehr intuitiv getroffen, allerdings bauten die auf Argumenten basierten Entscheidungen sehr stark auf Erfahrungen auf, womit neue
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Investitionsstandorte oftmals keine Berücksichtigung fanden. War das traditionelle Immobilienmanagement noch hauptsächlich auf die solitäre Betrachtung der einzelnen Immobilie und die reine Bestandsverwaltung (Buy-and-hold) gerichtet, rückt nunmehr das aktive Portfoliomanagement9 (Buy-and-sell) mit konkreten Investitions-, Deinvestitions- und Bestandsoptimierungsstrategien in den Vordergrund. Das bedeutet, dass die Immobilie immer mehr als ein prinzipiell mobiles Gut betrachtet wird, das in immer kürzeren Zeiträumen gekauft und verkauft werden kann und soll (Pütz 2001: 212). Dementsprechend wird die Wiederveräußerbarkeit der Immobilie in einer Studie der Union Investment Real Estate von den Investoren als entscheidendes Kriterium gewertet (2006: 18). Aus wirtschaftsgeographischer Perspektive ist dieser Paradigmenwechsel von besonderer Bedeutung, da die Verbreitung des modernen Portfoliomanagements die räumliche Entbettung der Immobilienwirtschaft ermöglicht und vorantreibt. Die Professionalisierung beinhaltet immer häufiger die systematische Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Gerade die neuen Investoren folgen ökonomischen Modellen, die ihnen transparente, optimale Lösungen verheißen. Sie versuchen, systematisch ökonomisches Wissen zu erzeugen, um rationale, an der neoklassischen Ökonomie orientierte Entscheidungen zu treffen. Obgleich bis heute innerhalb der Immobilienbranche und sogar innerhalb von Unternehmen die unterschiedlichen Managementpraktiken parallel existieren (Scharmanski/Fuchs 2008: 11), markiert die zunehmende Etablierung eines stärker auf quantitativen Kennzahlen, Zielen, Finanzen basierten Managements einen Übergang zu einer höheren Professionalität. Damit haben sich die Anforderungen in den immobilienwirtschaftlichen Arbeitsfeldern gewandelt. Markt- und Standortanalysen, Finanzierungselemente und -strategien, Immobilienbewertung und Facility- bzw. Gebäudemanagement werden zunehmend professioneller. Marktanalysen werden unterdessen nicht mehr nur in Maklerhäusern erstellt. Inzwischen verfügen auch die institutionellen Investoren i.d.R. über eigene Analyseabteilungen.
Zunehmende Transparenz der Immobilienmärkte Lokale und global aktive Immobilienunternehmen sammeln, strukturieren, interpretieren und veröffentlichen für eine zunehmende Zahl an Immobilienmärkten Daten und Informationen. Damit nimmt die Transparenz der
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Unter Portfoliomanagement versteht man die systematische und kontinuierliche Analyse, Planung, Steuerung und Kontrolle von Immobilienbeständen mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, die Rentabilität zu erhöhen und das Risiko zu streuen (Wellner 2003: 35).
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Immobilienmärkte weltweit zu.10 Insbesondere große internationale Beratungskonzerne wie Jones Lang LaSalle, CB Richard Ellis, Cushman & Wakefield etc. bieten weltweit ein umfangreiches Research an, das in regelmäßigen Abständen lokale Marktindikatoren (u.a. Leerstand, Miete, Rendite) erhebt und zusammenstellt (Laposa 2007: 173; Scharmanski 2007: 58). Doch auch andere Informationsquellen entwickeln sich rapide. So erfahren unabhängige Immobiliendatenbanken wie DIX German Index, IPD UK, IPD Australien Index und der FTSE NAREIT US Real Estate Index eine zunehmende Verbreitung (siehe Tab. 2). Die Breite und Qualität des Datenstroms wird sich künftig weiter erhöhen (Scharmanski/Fuchs 2008: 27; Eurohypo 2007a). Tab. 2: Weltweite Ausdehnung der IPD-Indizes Nationaler Immobilienmarkt USA UK Australien Irland Kanada Neuseeland Niederlande Südafrika Deutschland Schweden Finnland
Länderindex verfügbar seit… 1978 1981 1984 1984 1985 1993 1995 1995 1996 1997 1998
Nationaler Immobilienmarkt Frankreich Dänemark Norwegen Portugal Spanien Schweiz Italien Japan Österreich Belgien Südkorea
Länderindex verfügbar seit… 1998 2000 2000 2000 2001 2002 2003 2003 2004 2005 2006
Quelle: Eigene Zusammenstellung nach IPD 2008 Die steigende Generierung und Diffusion von Informationen treibt die Entwicklung reifer und offener Marktstrukturen voran, welche damit zunehmend auch externen bzw. internationalen Marktteilnehmer de facto offen stehen. Marktrisiken und Erfolgsaussichten in bislang nicht oder nur schwach erschlossenen Immobilienmärkten können genauer evaluiert werden, wodurch diese auch für sicherheitsorientierte Investoren prinzipiell zugänglich werden. Damit rücken Länder in den Fokus global agierender institutioneller Investoren, die bis vor wenigen Jahren auf Grund ihrer Markttransparenz als nicht geeignet angesehen wurden. Märkte präsentieren sich auch transparenter durch die Etablierung professioneller Standards, Praktiken und Vorgehensweisen und deren Adaption durch lokale Akteure: „Once these global standards have been agreed
10 Der Immobilien-Transparenz-Index (RETI) wird regelmäßig von Jones Lang LaSalle erstellt. Der Index, der sich auf die Transparenz gewerblicher Immobilienmärkte bezieht, liefert eine Rangliste für die Transparenz von Immobilienmärkten in 56 Ländern. 2006 zeigten insgesamt 41 Länder gegenüber 2004 eine Verbesserung der Transparenz, wobei kein Land zurückgestuft werden musste (Jls 2006a).
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to, such bodies are instrumental in pressuring firms and countries to adopt and meet these standards […]“ (Hebb/Wójcik 2005: 1961). Ein Beispiel hierfür ist die Verbreitung internationaler Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätze, wie die International Accounting Standards (IAS). Vor allem globale institutionelle Investoren treiben die Schaffung uniformer globaler Standards und deren Integration in das jeweilige nationale Recht voran (Hebb/Wójcik 2005): „Convergence is the name of the game rather than a tapestry of multi-coloured threads […]“ (Clark et al. 2005: 1). So haben viele Länder mittlerweile ihr Steuerrecht geändert, um die Grundlage für einen REIT-Markt nach US-amerikanischen Vorbild zu schaffen (siehe Tab. 3) und damit ausländischen Investoren entgegen zu kommen. Durch die Börsennotierung und die damit einhergehenden Informations- und Publizitätspflichten bei REITs (z.B. standardisierte und öffentlich zugängliche Unternehmensberichte, Bilanzen etc.) wird die Markttransparenz erhöht (Voigtländer 2006: 4f.). Tab. 3: Weltweite Verbreitung von REITs
Quelle: Eigene Zusammenstellung nach EPRA 2007 Internationales Know-how verbreitet sich ebenso durch die schrittweise Etablierung internationaler Lizenzen, Akkreditierungen, Studienabschlüsse oder geschützter Titel (Schulte et al. 2005b: 12). Das gilt beispielsweise für die Chartered Surveyors, Personen mit einem Titel, den die Royal Institution of Chartered Surveyors für weltweit hoch qualifizierte Immobilienfachleute verleiht und der als Qualitätssiegel für Professionalität und Integrität fungiert. Heute ist die RICS ein weltweit tätiger Berufsverband von Immobilienfachleuten, der 140.000 Mitglieder in mehr als 120 Ländern rund um den Globus repräsentiert (Rics 2008). In gleicher Weise beschleunigt die geographische Expansion von Interessensverbänden und Vereinen die Professionalisierung und weltweite Integration in der Immobilienwirtschaft. Das global agierende Urban Land Institute (ULI), das Aus- und Weiterbildung im Immobiliensektor unterstützt, Definitionen
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und Richtlinien für immobilienrelevante Themen erarbeitet und öffentliche Foren zu aktuellen Themen organisiert, war vor zehn Jahren lediglich in rund 25 Ländern präsent, jetzt sind es 90 Länder mit rund 40.000 Mitgliedern (Uli 2007: 7). Auch die American Real Estate Society hat ihren Einfluss kontinuierlich erweitert, indem es heute fünf Schwesterorganisationen in Lateinamerika, Asien, im pazifischen Raum, Europa und Afrika betreibt.
Zwischenfazit Insgesamt ist festzuhalten, dass die Immobilienlandschaft immer professioneller wird, wobei die Professionalisierung sicherlich nicht nur als Triebkraft, sondern auch als Folge der Globalisierung zu bewerten ist. In diesem Kapitel stellt sich allerdings v.a. die Frage, wie diese Professionalisierung die Globalisierung der Immobilienwirtschaft vorantreibt und auf welchen geographischen Ebenen sich dieser Wandel vollzieht. Einen Überblick über die Antriebskräfte der Globalisierung und deren jeweiligen geographischen Skalen bietet Tab. 4. Tab. 4: Professionalisierung – Antriebskräfte der Globalisierung Maßstabsebenen Antriebskräfte der Globalisierung
Lokale Ebene
Bedeutungsverlust von Selbstnutzern Ende des traditionellen Managements (buy & hold) Zunehmende Transparenz auf den lokalen Immobilienmärkten Etablierung internationaler Standards, Praktiken und Vorgehensweisen
Regionale Ebene
Bedeutungsverlust regionaler Immobilienakteure
Nationale Ebene
Ausgliederung von Unternehmensimmobilien Transparenz durch Immobilienindizes Implementierung von REIT-Märkten
Globale Ebene
Markteintritt institutioneller Investoren mit globalen Strategien Etablierung des modernen aktiven Portfoliomanagements (buy & sell) Globales Research von Beratungsunternehmen Globale Lizenzen, Studienabschlüsse, Standards etc. Weltweite Expansion von Interessensverbänden Globale Homogenisierung
Zum einen geht mit dem Markteintritt institutioneller Investoren die traditionell lokal fixierte Einheit von Investition, Eigentum und Nutzung verloren. Eine steigende Anzahl von Bürogebäuden, Industrieimmobilien etc. ist nicht mehr im Besitz von Unternehmen, die die Immobilie nutzen (use value), sondern von institutionellen Investoren. Diese neuen Kapitalanleger betrachten die Immobilie unter renditebezogenen Gesichtspunkten (exchange value). Mittels internationaler Streuung ihrer Investitionen versu-
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chen sie, die Renditen zu steigern und gleichzeitig die Risiken für das Portfolio zu minimieren. Mit ihren internationalen Anlagestrategien treiben sie die räumliche Entbettung der Immobilienwirtschaft voran. Zum anderen verbessert das professionelle Vorgehen der institutionellen Investoren zusammen mit der Verbreitung professioneller globaler Standards und Praktiken die Transparenz auf den lokalen Immobilienmärkten (siehe hierzu auch Kapitel 7.4.1 zur verbesserten Markttransparenz in Mexiko City und São Paulo). Tendenziell erfährt der Immobiliensektor eine internationale Angleichung bzw. Homogenisierung. Neue Anlageziele rücken damit in den Fokus global agierender institutioneller Investoren, die bis vor wenigen Jahren auf Grund fehlender Informationen und Markttransparenz als nicht geeignet eingeschätzt wurden.
3.2.2
Kapitalmarktorientierung
Die Immobilie etabliert sich neben Aktien und anderen Wertpapieren als globale Anlagekategorie. Zu dieser Kapitalmarktorientierung tragen neue Formen der Immobilienfinanzierung bei, wie die Emission von Aktien und die Ausgabe von Fondsanteilen sowie eine Vielzahl immobilienspezifischer derivater bzw. verbriefter Anlagevehikel. Damit ist eine Anpassung der Anlagestrategien der Investoren verbunden, die sich bei ihren Entscheidungen zunehmend an den Entwicklungen und Indikatoren des globalen Kapitalmarktes (z.B. globale Zinsdifferenzen) orientieren (Conner/Liang 2006: 188).
Neue Finanzierungsmöglichkeiten Die Ermöglichung von neuen Finanzierungsformen jenseits der Bankenfinanzierung hat zu tief greifenden Restrukturierungen des Immobilienmarktes geführt (Heeg 2008b: 66). Bis in die 1990er Jahre nahmen lokale Banken bzw. lokale Zweigstellen nationaler Banken eine quasi Monopolstellung als Kreditgeber ein. Sie gewährten langfristige Hypothekendarlehen, deren Konditionen auf die Bonität des Käufers sowie die Güte des Objekts justiert wurden. Die Finanzierung von Immobilienentwicklungen und -investitionen war somit lange Zeit vorrangig ein Geschäft der lokalen Banken, die über ein umfassendes lokales Netzwerk und Marktkenntnisse verfügten. Damit zeichneten sich auch die Transaktionen im Immobiliensektor durch einen stark auf die jeweilige Region beschränkten Aktionsradius aus. Diese Bedingungen haben sich mit der Etablierung neuer Finanzierungsformen grundlegend gewandelt. Heute können Investitionen wertpapiermäßig unterlegt werden, indem Immobilienunternehmen an die Börse gebracht werden (z.B. REITs, Aktiengesellschaften). Kapital wird in diesem Fall durch die Ausgabe von Aktien oder Anleihen akquiriert. Als wei-
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tere Finanzierungsquelle dienen nicht-börsennotierte Anlageformen wie offene Immobilienfonds, Spezialfonds oder Opportunity Funds, die anlagesuchendes Kapital von Unternehmen und Privatpersonen sammeln und einer renditeträchtigen Investition zuführen. Schließlich wächst auch das Volumen der Immobilieninvestitionen, bei denen Investoren die traditionelle Rolle von Banken übernehmen, indem sie Fremdkapital zur Verfügung stellen. Das gilt vor allem für den rasant wachsenden Verbriefungsmarkt (Maier 2004: 145ff.). Mit dem Übergang von der Investitionsfinanzierung durch Banken zum Finanzinvestment institutioneller Investoren verlieren lokale Kreditinstitute als Vermittler zwischen Kapitalbedarf und -überschuss an Bedeutung (Disintermediation). Die neuen Finanzierungsmöglichkeiten führen indes nicht nur zu Bedeutungsverschiebungen in der Gruppe der Investoren und Finanziers, sondern auch zu einer wachsenden Liquidität auf den Immobilienmärkten (Heeg 2008b: 80). Der Vormarsch der Kapitalmarktfinanzierung seit Mitte der 1990er Jahre lässt sich exemplarisch an dem steigenden Fondsvermögens deutscher offener Immobilienfonds und der zunehmenden Marktkapitalisierung der REITs ablesen (siehe Abb. 9). Abb. 9: Vormarsch der Kapitalmarktfinanzierung
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von BVI 2008 und NAREIT 2008
Immobilie als autonome Anlagekategorie Die Erweiterung der Finanzierungskanäle geht einher mit der Einführung neuer Anlagevehikel, die eine enge Verzahnung von Kapital- und Immobilienmarkt vorantreiben: „Capital markets have embraced real estate in a bear hug“ (Uli/Pwc 2005: 19). Die Immobilie etabliert sich zunehmend neben Aktien und anderen Wertpapieren als autonome Anlagekategorie. Direkte Immobilieninvestitionen werden dabei immer stärker von indirekten Anlageformen abgelöst. Insbesondere Immobilienaktien/REITs gewinnen weltweit an Bedeutung. Rund elf Prozent der gewerblichen Immobi-
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lien sind laut EPRA (European Public Real Estate Association) bereits über Aktiengesellschaften an den Kapitalmärkten handelbar. Anteile an einem Immobilienfonds oder Aktien eines an der Börse notierten Immobilienunternehmens sind deutlich fungibler als die Immobilie selbst, aus der ihre Rendite stammt: „Real estate company shares can be traded in seconds“ (Eurohypo 2007a: 3). Neben langwierigen Transaktionsprozessen fallen auch die hohen Transaktionskosten des direkten Immobilienerwerbs sowie die Unteilbarkeit der Immobilie weg. Die Verbriefung (Securization) der Immobilienwerte in Aktien bzw. REITs eröffnet somit neue Möglichkeiten zur Globalisierung: „REITs open up for borderless investment in commercial property, radically facilitating globalization of a traditionally localized market“ (Clark/Lund 2000: 469). Box 2: Derivate Derivate sind Finanzinstrumente, deren Bewertung von der Preisentwicklung eines unterlegten Aktivums, beispielsweise von Aktien, Währungen oder Immobilienindizes abhängt. Voraussetzung für das Entstehen eines Marktes für Immobilienderivate ist die Existenz eines geeigneten Immobilienindexes wie der Deutscher Immobilien Index oder IPD UK Index, der eine hinreichende Indexgröße, Marktabdeckung und historische Datenreihe bietet. Zwar ist der Markt für Immobilienindex-Derivate noch relativ klein, dennoch werden bereits vor allem in Großbritannien die aus anderen Anlageklassen bekannten Finanzprodukte wie Zertifikate, Optionsscheine und Swaps gehandelt (Degi 2006a; Deutsche Bank Research 2007).
In einigen kapitalmarktorientierten Anlageformen wie z.B. in Derivaten (siehe Box 2) oder Commercial Mortgage Backed Securities, die Immobilienrechte verbriefen11 und handelbar machen, findet die Immobilie selbst kaum noch Erwähnung. Ihr Standort scheint nicht mehr von Belang zu sein. Mit der neuen Vielfalt an Anlageformen werden Immobilien nicht mehr bloß als verortete Liegenschaften angesehen, sondern entwickeln sich zu prinzipiell mobilen Anlagen, die in immer kürzeren Zeiträumen auf Sekundärmärkten gekauft und verkauft werden. Aus Immobilien werden so gewissermaßen „Mobilien“ (Scharmanski 2007), die mit Anlagealternativen wie Aktien im ständigen Wettbewerb stehen. Ohne eine bestimmte Rendite bei definiertem Risiko und gegebener Liquidität, erfolgt eine Umschichtung des Kapitals institutioneller Anleger und Sparer in andere Bereiche, was lokal ein Ausbleiben von Investitionen oder gar eine Desinvestition zur Folge haben kann. Die Shareholder-Abhängigkeit zwingt die Investoren zur kontinuierlichen Suche nach neuen Investitionsstandorten mit höherer Rendite. 11 Bei der Mortgage Backed Securitisation (MBS) werden hypothekarisch gesicherte Kredite verbrieft, z.B. kommerziell genutzte Immobilien (CMBS). Durch die Verbriefung von Forderungen aus Immobilien (z.B. Zahlungsansprüche aus Mietverträgen) bekommen die Unternehmen direkten Zugang zum Kapitalmarkt.
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Wall-Streetization der Immobilienwirtschaft Der Druck, eine gewisse Rendite im Vergleich zu anderen Kapitalanlagemöglichkeiten zu erzielen, führt dazu, dass Immobilieninvestitionen immer mehr unter finanzwirtschaftlichen und renditebezogenen Gesichtspunkten betrachtet werden (Heeg 2003: 339). Damit ist eine Anpassung der Anlagestrategien der Investoren verbunden, die sich bei ihren Entscheidungen zunehmend an den Entwicklungen und Indikatoren des internationalen Kapitalmarktes (u.a. Zinsdifferenzen) orientieren und sich von der solitären Betrachtung der Einzelimmobilie und dem intuitiven Bauchgefühl lösen. Der Erfolg von Investitionen wird nicht mehr ausschließlich, wie eine Immobilienweisheit nahe legt, unter der Maßgabe Lage, Lage, Lage entschieden, sondern ist durch die Kapitalmarktorientierung immer mehr vom makroökonomischen Umfeld abhängig (Heeg 2008b: 24; Theurillat et al. 2007: 22). Die Kräfte, welche die Immobilienmärkte treiben, liegen demnach zunehmend in den Finanzmärkten: „Real estate was ,Wall Streetized‘“ (ULI/Pwc 2008: 10). Dank des günstigen globalen Zinsumfeldes dominierten in den letzten Jahren angelsächsische Opportunity Funds mit hohem Fremdkapitalanteil die Investitionslandschaft. Ausschlaggebend für deren Erfolg war die Hebelwirkung (siehe Box 3) aus der Differenz zwischen Kreditzinsen und Immobilienrenditen und weniger die positive Entwicklung spezifischer Immobilienmärkte bzw. die Immobilien an sich (Degi 2006b). Box 3: Leverage-Effekt Unter Leverage-Effekt wird die Hebelwirkung der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung verstanden. Ist die Gesamtrendite (rGK) höher als der Fremdkapitalzinssatz (iS), dann tritt ein positiver Leverage-Effekt ein. In diesem Fall kann die Eigenkapitalrendite (rEK) mit zunehmenden Verschuldungsgrad V (Relation von Fremd- zu Eigenkapital) erhöht werden. Sind die Fremdkapitalzinsen höher als die Gesamtrendite, verschlechtert sich die Eigenkapitalrendite:
rEK = = rGK + V * (rGK − iS )
Mit den steigenden Zinsen und dem Rückgang des Kreditangebots, der durch eine niedrigere Risikobereitschaft und/oder eine Straffung der Kreditkonditionen seitens der Kreditgeber ab Mitte 2007 infolge der Subprime-Krise eintrat, rücken diese Finanzinvestoren zunächst einmal wieder in die zweite Reihe hinter Investoren mit langfristigem Anlagehorizont und höherem Eigenkapitalanteil. Dazu zählen Pensionskassen und Versicherungen, deren Risikoneigung aufgrund der eingegangenen Verpflichtungen gegenüber den Versicherungsunternehmen eher gering ist, und daher mit einem hohen Eigenkapitalanteil von 70% und mehr operieren. Auch offene Immobilienfonds, Immobilienaktiengesellschaften und REITs
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finanzieren ihre Immobilieninvestitionen mit einem relativ hohen Eigenkapitalanteil zwischen 30 und 70%. Immobilieninvestitionen werden darüber hinaus auch von Wechselkursentwicklungen geleitet. Grund für den Ansturm japanischen Kapitals auf den US-amerikanischen Immobilienmarkt in den 1980er Jahren war vor allem die starke Stellung des Yen gegenüber dem US$ (Haila 1997: 59). Die zunehmende Kapitalmarktorientierung birgt allerdings nicht nur neue Möglichkeiten, sondern auch Gefahren in sich, da sich die Immobilienwirtschaft nun auch anfälliger gegenüber Kapitalmarktkrisen zeigt: „Through global integration of urban property markets, local encalves are tied to the global economic system for good and bad“ (Goldberg 2004: 107). Der massive Einbruch des amerikanischen Kreditgeschäfts seit 2007 ist ein Indiz dafür, dass der Wirkungszusammenhang ebenso umgekehrt verlaufen kann. Die Subprimekrise des amerikanischen Wohnimmobilienmarktes hat sich binnen Monaten zu einer ernsthaften Bedrohung für den globalisierten Kapitalmarkt entwickelt. Das Platzen notleidender Hypothekenkredite, Liquiditätsengpässe von Hypothekenbanken und Banken, die mit kunstvoll verpackten Hypothekendarlehen handelten, sowie die abnehmende Bereitschaft von Geschäftsbanken anderen Banken eine Kreditlinie zu gewähren, hat nicht nur die Wall Street in Mitleidenschaft gezogen, sondern vibriert auch auf den Aktienbörsen in Europa und Asien stark nach (Heeg 2008b: 83; Degi 2008b: 13). Die enge Verzahnung fördert die Ansteckungseffekte (Contagion effect) bzw. das Übergreifen von Immobilienkrisen auf die Finanzmärkte und vice versa (siehe hierzu auch die Studie von Wilson/Zurbruegg 2004 zur Immobilienkrise in Thailand 1997): „Shocks occurring in one geographical market now spread instantaneously around the globe, creating the potential for global financial instability“ (Dicken 2007: 386). Ein Dominosteinchen nach dem anderen fällt nun mit radikaler Konsequenz. Was im Sommer als Krise des amerikanischen Immobilienmarkts begann, traf zunächst die Bankhäuser weltweit und hat mittlerweile auch die Realwirtschaft infiziert.
Zwischenfazit Dieser Abschnitt hat verdeutlich, dass die Kräfte, welche die Immobilienmärkte gegenwärtig determinieren, zunehmend in den globalen Finanzmärkten liegen. Auch wenn die Kapital- und Immobilienmärkte schon seit langem miteinander verbunden waren (Coakley 1994: 697), so haben erst neue Finanzierungsmöglichkeiten und Anlagevehikel die Immobilie zu einer mobilen Anlageklasse gewandelt. Die Zeitspanne des „versteinerten“ Immobilienmarktes (Lichtenberger 1995: 25), in der die geringe Mobilisierung des Immobilienbesitzes nahezu ausschließlich in lokalen Bezügen erfolgte, geht damit zu Ende. Die enge Symbiose zwischen lokalen Kapital-
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gebern und lokalen Immobilieninvestoren wird durch neue Finanzierungskanäle aufgebrochen: „[…] the enormously increased levels of liquidity and mobility that occurred in financial markets in the 1980s effectively dissolved the linkages between local capital and local property“ (Warf 1994: 325). Kapital kann über die Emission von Aktien oder Fondsanteilen etc. zunehmend global akquiriert werden. Darüber hinaus ermöglichen indirekte Immobilienanlagen im Vergleich zu direkten Investitionen einen schnelleren Marktein- und -austritt in neue Marktgebiete mit geringeren Transaktionskosten. Um die Immobilie besser handelbar zu machen, wurden in der jüngsten Vergangenheit zusätzlich innovative Anlageprodukte wie Derivate, die ihren Ursprung in der Finanzwirtschaft haben, auf die Immobilie transferiert. Die Verknüpfung der Immobilien- mit den Finanzmärkten schreitet damit voran, da die wesentlichen Impulse und Motive für diese Art von Investitionen in der Entwicklung der globalen Kapitalmärkte zu suchen sind. Nicht mehr die Immobilie steht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern das Finanzprodukt, das weltweit gehandelt wird (siehe Tab. 5). Tab. 5: Kapitalmarktorientierung – Antriebskräfte der Globalisierung Maßstabsebenen Antriebskräfte der Globalisierung Lokale Ebene
Bedeutungsverlust lokaler Banken Bedeutungsverlust direkter Immobilieninvestitionen Entmaterialisierung der Immobilie
Regionale Ebene
Disintermediation
Nationale Ebene
Bedeutungsverlust nationaler Banken Markt für Derivate Zinsentwicklung Wechselkursentwicklung
Globale Ebene
Neue Formen der Immobilienfinanzierung Einführung neuer Anlagevehikel Bedeutungsgewinn indirekter Anlageformen Enge Verzahnung zwischen globalem Kapital- und Immobilienmarkt
Der Bezug zwischen Wertentwicklung am Immobilienmarkt und Performance der Anlage wird immer stärker verwässert. So sind beispielsweise Immobilienaktien Wertpapiere, deren Kursentwicklungen zwar vom Geschehen auf den Immobilienmärkten geprägt werden, sich aber der Volatilität des gesamten Aktien- und Kapitalmarktes nicht entziehen können. In diesem Kontext entkoppelt sich das Finanzprodukt von der Immobilie. Eine ähnliche Entwicklung stellte Strange bereits 1986 für den Devisen- und Börsenhandel fest. Im Casino capitalism werden riesige Geldsummen spekulativ bewegt, in der Absicht, durch reine Kaufs- und Verkaufsaktivitäten, bei denen Waren im traditionellen Sinn gar nicht mehr auftauchen, Geldgewinne zu erzielen. Dieses Kasino ist jüngst um einen neuen Spiel-
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tisch mit neuen Spielern erweitert worden: der Spekulation um Immobilienmarktentwicklungen. Die treibende Kraft für die Spekulationen war v.a. das historisch niedrige Zinsumfeld der letzten Jahre, das die global verfügbare Liquidität stark erhöhte. Wie die jüngste Immobilienkrise aufzeigt, birgt dies Risiken in sich, wenn das eigentliche Anlageprodukt, d.h. die Immobilie, hinter dem Spekulationsgedanken in Vergessenheit gerät.
3.2.3
Neue Märkte
Die globale Ausrichtung der Investoren wird durch begrenzte nationale Marktgrößen und zunehmende Konkurrenzsituation in den Kernökonomien forciert, die ein ausschließliches Engagement auf den Heimatmärkten zu teuer werden lassen (überschäumende Märkte). Parallel dazu animieren die wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen in aufstrebenden Märkten der Semi-Peripherie die Investoren zur Internationalisierung. Nicht zuletzt stimuliert dabei die Expansion multinationaler Unternehmen weltweit die Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen für die entsprechenden Leitungs- und Verwaltungsbereiche. Auf den neuen Märkten locken damit neue Investitionsmöglichkeiten und i.d.R. höhere Renditen.
Überschäumende Märkte in Kernökonomien Die Preise für Immobilienanlagen in Kernökonomien haben sich in den letzten Jahren durch hohe Mittelzuflüsse sowie eine hohe Liquidität institutioneller Anleger deutlich nach oben verschoben. Diese Preisspirale beschleunigt sich durch die zunehmende Transparenz und die steigende Anzahl an Marktteilnehmern (z.B. REITs, Pensionsfonds, Versicherungen, liquide Privatpersonen), während das Angebot moderner Objekte endlich ist. Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage intensiviert weltweit den Wettbewerb: „For every $1 of real estate investment product, there is $2 seeking to purchase that investment“ (Murray/Brown 2006: 4). Entsprechend steigen die Kaufpreise und damit sinken die Nettoanfangsrenditen. Angesichts begrenzter nationaler Marktgrößen und zunehmender Konkurrenz wird ein alleiniges nationales Engagement zu teuer. Diese Entwicklung veranlasst Investoren, Wachstumsmöglichkeiten im Ausland zu suchen (Connor/Liang 2006: 188).
Neue Investitionsmöglichkeiten in der Semi-Peripherie Dazu kommt, dass die bisherige wirtschaftliche Dominanz der großen mondialen Industrieregionen Europa, Nordamerika und Japan/Ostasien allmählich aufgeweicht wird (Altenburg/Leininger 2008). So blicken Investoren verstärkt in Richtung neuer aufstrebender Märkte der SemiPeripherie, um neue Investitionsmöglichkeiten und höhere Renditen aus-
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zuloten. Ein solches Investment birgt aufgrund der schwer vorhersagbaren wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen zwar höhere Risiken, allerdings locken die wachsenden Metropolen der Semi-Peripherie mit überdurchschnittlichen Anfangsrenditen. Während Investments in Metropolen der Kernökonomien nur rund fünf Prozent Spitzenrendite abwerfen, können in semi-peripheren Immobilienmärkten im Schnitt um die zehn Prozent erzielt werden (Allianz Global Investors 2007: 6). Die Suche nach höheren Returns wird auch entscheidend von den Kleinanlegern (Aktionären, Fondsanteilsbesitzer) angeheizt, die verstärkt international diversifizierte Produkte nachfragen: „The cash inflows into international funds have been significantly higher than the money collected by funds with a local focus“ (Focke 2006: 52). Box 4: Foreign Direct Investment Property Model Das Foreign Direct Investment Property Model von Laposa (2007) zeichnet den Zusammenhang zwischen ökonomischen Wandel und ausländischen Immobiliendirektinvestitionen für aufstrebende Märkte schematisch nach. Quadrant 1 illustriert die Verbindung zwischen urbaner Wirtschaftsstruktur und Immobiliennachfrage. Die Entwicklung einer Dienstleistungsgesellschaft generiert eine Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen, die durch den Markteintritt multinationaler Unternehmen vor allem des wissensintensiven Sektors (u.a. Banken, Rechtanwaltskanzleien, Unternehmensberater) noch verstärkt wird (Quadrant 2) (D’Arcy/Keogh 1998). Die nationalen Kapitalmärkte sind in der Anfangsphase allerdings noch unreif sowie unprofessionell gestaltet und können die Nachfrage nach Immobilienkapital nicht ausreichend bedienen. Ausländische Kapitalgeber nehmen daher diese Position ein (Quadrant 3). Zunehmende ausländische Investitionen passen die gebaute Umwelt (z.B. durch Bau moderner Büroflächen) sukzessive an die neuen räumlichen Anforderungen einer Dienstleistungsökonomie an und verstärken damit den urbanen Wandel (Quadrant 4).
Abb. 10: Foreign Direct Investment Property Model
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Laposa 2007: 176 Der für Investmentzwecke institutioneller Investoren global zur Verfügung stehende Immobilienbestand wird gegenwärtig zwar noch durch die Kern-
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ökonomien dominiert. Rund zwei Drittel des gesamten Bestands entfallen auf die USA, Japan, Großbritannien, Deutschland und Frankreich (Liang/Gordon 2003: 4; Eurohypo 2007b). Allerdings zeichnet sich deutlich ab, dass die semi-peripheren Märkte im Zuge ihres wirtschaftlichen Aufholprozesses und ihrer demographischen Entwicklung (siehe hierzu Mueller/Ball 2006) deutlich an Relevanz gewinnen werden. Das anhaltende Wirtschaftswachstum gepaart mit ökonomischen Wandel dynamisiert die Büroimmobilienmärkte, wie das Foreign Direct Investment Property Model in Box 4 verdeutlicht. Dabei nehmen gerade ausländische Immobilieninvestoren bei der Anpassung des Flächenangebots eine wichtige Position ein. Infolge gestiegener Nachfrage nach Büroflächen und der daraus bedingten Angebotsknappheit haben sich selbst semi-periphere Märkte, in denen ein Investment noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre, größtenteils positiv entwickelt. So werden z.B. die Wachstumsraten des Immobilienbestands in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) nach 2020 gut voraussichtlich doppelt so hoch sein wie in den bereits etablierten westlichen Immobilienmärkten (Eurohypo 2007b). Für institutionelle Investoren erhöht sich somit das Spektrum potenzieller Anlagealternativen: „Investors recognised that prime real estate was not confined to London and New York, or even to the UK and North America, but could be found in cities throughout the world“ (Seabrooke/Hong How 2004: 4).
Struktureller Wandel in Metropolen der Semi-Peripherie Besonders ausgeprägt ist das Wachstum von Dienstleistungsfunktionen und Büroflächen in den Wirtschaftsmetropolen der Semi-Peripherie. Die zunehmende weltwirtschaftliche Integration eröffnet ihnen vielfältige Möglichkeiten, sich als Knoten in globalen Netzwerken zu positionieren und damit am weltumspannenden Strom wirtschaftlicher Aktivitäten stärker zu partizipieren (Oßenbrügge 2004: 113). Studien zeigen, dass sich in einigen dieser Städte nach und nach Konzentrationen von spezialisierten Unternehmen des produzierenden Gewerbes wie des wissensintensiven Dienstleistungssektors herausbilden, die in hohem Maße international vernetzt sind (Wehrhahn 2004; Stamm/Altenburg 2007). Nicht nur in den etablierten Global Cities wie New York, London und Tokio, sondern auch in neuen Finanzdistrikten und Business Parks der Semi-Peripherie laufen damit Fäden der weltweiten Vernetzung zusammen und werden Entscheidungsprozesse gebündelt: „What is different today […] [are] the numbers of cities that are part of cross-border networks operating on vast geographic scale“ (Sassen 2006: 95).
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Aufstrebende Finanz- und Dienstleistungszentren der Semi-Peripherie präsentieren sich angesichts hoher BIP-Wachstumsraten, einem Ausbau unternehmensorientierter Dienstleistungen, der zunehmenden Verlagerung von (Büro-)Arbeitsplätzen und dem Markteintritt internationaler Konzerne immer mehr als Schauplatz ökonomischer Globalisierung. Sie wandeln sich zu strategischen Orten für die Realisierung weltweiter wirtschaftlicher Aktivitäten. Damit einhergehend unterliegen deren städtische Ökonomien und die Anforderungen an ihre bauliche Umwelt einem Veränderungsprozess. Sie müssen den Bedürfnissen einer postindustriellen Wirtschaftsweise angepasst werden. So stimuliert die weltweite Expansion wissensintensiver Unternehmen mit einer hohen Wertschöpfung, wie Finanzdienstleister, Wirtschafts-, Steuer- und Rechtsberatungen, Werbeagenturen sowie Informationsdienstleister, die Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen für die entsprechenden Leitungs-, Verwaltungs- und operativen Bereiche. Diese präferieren für gewöhnlich Bürogebäude mit A-Lage und Triple-A-Ausstattung12, die internationalen Standards und ihrem Bedarf an Exklusivität, Image und Repräsentation entsprechen. Immobilieninvestoren und Projektentwickler folgen bisweilen ihren Kunden (Mieter und Eigentümer), um ihnen die gewünschten Standards in den jeweiligen Ländern als auch auf einem international gängigen Niveau anbieten zu können. Verstärkt wird die Nachfrage nach modernen Gewerbeimmobilien durch den aktuellen Trend zum Offshoring, d.h. die Verlagerung unternehmerischer Funktionen und Prozesse an semi-periphere Standorte mit niedrigen Kosten. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte (2007) haben 2001 noch weniger als zehn Prozent der weltweit größten Finanzinstitute Arbeitsplätze in Niedriglohnländer verlagert. 2006 waren es über zwei Drittel. Vor allem China und Indien profitieren vom Offshoring-Trend. Das heutige Offshoring beschränkt sich längst nicht mehr nur auf simple Programmieraufgaben und Call-Center-Tätigkeiten. Die Wissensintensität und Wertschöpfung der verlagerten Aktivitäten nimmt stetig
12 A-Lagen sind nach der Definition von Jones Lang LaSalle Kernlagen für wissensorientierte Dienstleister mit einer hohen Konzentration qualitativ hochwertiger Bürogebäude und exzellenter Infrastruktur. B-Lagen liegen am Rand von A-Lagen und weisen eine kleinere Anzahl hochmoderner Büroobjekte auf. Hinsichtlich der Gebäudequalität wird in Triple-A, AA, A, B und C unterschieden. Triple-A-Gebäude verfügen über mindestens 800 qm vermietbare Geschoßfläche, einen hochwertigen technischen Ausstattungsstandard, flexibel einteilbare Grundrisse, eine Zimmerhöhe von mindestens 2,70 Meter, einen Doppelboden, ein Glasfaserkabel, ausreichenden Parkraum und ein komplettes Gebäudemanagementsystem (zentrale Klimaanlage, Hydraulik, Feuerschutz etc.). AA-, A-, B- und C-Gebäude sind hinsichtlich Größe, Zuschnitt, Zustand, Ausstattung von absteigender Qualität (zwischen den Beratungsunternehmen variieren die Zuordnungskriterien geringfügig).
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zu. Auch komplizierte und komplexe Back-Office-Tätigkeiten13, wie F&EDienstleistungen, Rechtsberatung, Buchführung, EDV-Support und Research werden an semi-periphere Standorte verlagert (Stamm/Altenburg 2007: 12; Lowes et al. 2004: 24f.; Unctad 2004: 147ff.), was wiederum deren Immobilienmärkte dynamisiert.
Zwischenfazit Zusammenfassend geht der Trend zur Globalisierung von zwei gegenläufigen Entwicklungen aus. Auf der einen Seite lassen enge nationale Immobilienmärkte (beschränkter Immobilienbestand) und die vorherrschende starke Konkurrenzsituation auf nationaler Ebene ein alleiniges Investieren in Kernökonomien zu teuer werden (überschäumende Märkte). Auf der anderen Seite locken neue Investitionsmöglichkeiten in der SemiPeripherie. Insbesondere der urbane Strukturwandel hin zu Dienstleistungsmetropolen, die zunehmend globale Aufstellung transnationaler Unternehmen und eine sich verändernde internationale Arbeitsteilung haben weltweit neue Investitionsmöglichkeiten geschaffen (siehe Tab. 6). Tab. 6: Neue Märkte – Antriebskräfte der Globalisierung Maßstabsebenen Antriebskräfte der Globalisierung
Lokale Ebene
Überschäumende Märkte Struktureller Wandel in Metropolen der Semi-Peripherie Neue Investitionsmöglichkeiten und höhere Renditen auf den neuen Märkten
Regionale Ebene
Regionale Wirtschaftsdynamik
Nationale Ebene
Begrenzte nationale Marktgröße Nationale Konkurrenzsituation Wirtschaftliche und demographische Entwicklung in der Semi-Peripherie
Globale Ebene
Bedeutungsverschiebung hin zu semi-peripheren Standorten Weltweite Expansion multinationaler Unternehmen Offshoring Finanzdistrikte der Semi-Peripherie als Knoten in globalen Netzwerken
13 Back-Office-Tätigkeiten zählen nicht zum originären Teil des Kerngeschäftes, sondern haben eine unterstützende Funktion. Back-Office-Tätigkeiten können von den Front-Office-Aufgaben räumlich getrennt ausgeführt werden (Dicken 2007: 403).
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3.2.4
Risikominimierung
Mittels globaler Streuung ihrer Investments versuchen Immobilieninvestoren, lokal unterschiedliche Immobilienmarktzyklen zu nutzen, um damit eine Risikominimierung zu erzielen. In einem gut austarierten Immobilienportfolio können Abschwungphasen in Immobilienmärkten durch Aufschwungphasen in anderen Märkten abgefedert werden.
Risiko als Chance Die Anlageentscheidung institutioneller Investoren wird immer von der Kernfrage nach dem Verhältnis von Rendite und Risiko geleitet. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Risikopräferenz versuchen die Investoren bei gegebenem Risiko den Ertrag zu maximieren oder bei gegebenen Ertragserwartungen das Risiko zu minimieren. Nahezu alle Entscheidungen im Immobilienwesen sind aufgrund ihrer starken Zukunftsorientierung in hohem Maße mit Risiken behaftet. Risiko bedeutet, dass erwünschte Ereignisse wie Preis- bzw. Renditeentwicklungen sich nicht realisieren bzw. dass unerwünschte Ereignisse wirklich eintreten (Maier 2004: 5). Risiko wird von den Investoren allerdings nicht nur als Gefahr, sondern verstärkt auch als Chance eingeschätzt. Eine erstaunliche Erkenntnis der Portfoliotheorie lautet nämlich: Je mehr Risikoarten sich der Anleger mit seiner Investition aussetzt, desto geringer wird tendenziell sein Gesamtrisiko. Dieses Gesamtrisiko einer Immobilieninvestition lässt sich in eine systematische und eine unsystematische Risikokomponente untergliedern (Maier 2004: 183f.). Während systematische Risiken alle Immobiliendestinationen gleichermaßen betreffen und damit nicht durch Streuung geschmälert werden können (z.B. Weltkonjunktur), lassen sich unsystematische Risiken durch gezielte Bildung von Immobilienportfolien reduzieren. So lässt sich durch ein globales Portfolio beispielsweise der Einfluss nationaler Konjunkturzyklen glätten.
Risikodiversifikation Das theoretische Gerüst zur Risikominimierung lieferte Markowitz (1952) bereits in den 1950er Jahren. Die Portfolio Selektion Theorie, die ursprünglich für den Kapitalmarkt konzipiert wurde, erhielt allerdings erst in den letzten Jahren Eingang in die Praxis der Immobilienportfoliosteuerung14 (siehe u.a. Lee 2006; Beyerle 2003) und bietet heute: „[…] a recipe for investment practice for the ,new‘ institutions of financial capitalism“ 14 Der Transfer der Theorie auf die Immobilienwirtschaft gestaltet sich nicht unproblematisch. Die Anwendbarkeit wird begrenzt durch die Heterogenität des Wirtschaftsgutes Immobilie, die mangelnde Verfügbarkeit von Marktdaten, die eingeschränkte Fungibilität und Teilbarkeit der Immobilien und hohe Transaktionskosten etc. (siehe hierzu Beyerle 2003; Gondring 2004: 654ff.).
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(Clark et al. 2005: 6). Die Theorie rückt anstelle der Einzelimmobilie das Gesamtportfolio in den Fokus. Die Objektauswahl erfolgt nicht mehr ausschließlich nach der erwarteten Rendite und den Einzelrisiken der Immobilien, sondern die Reduzierung des Gesamtrisikos des Portfolios steht im Vordergrund. Nach der Regel don’t put all your eggs in one basket versuchen Investoren mittels internationaler Streuung die Risiken auf einem vorgegebenen Renditeniveau zu minimieren. Durch Streuung des Anlagebetrags auf mehrere Investitionsanlagen kann das Risiko der Gesamtanlage ohne Renditeeinbußen gemindert werden (Diversifikationseffekt) (eine ausführliche Behandlung der Modernen Portfoliotheorie liefert u.a. Beidatsch 2006). Umgesetzt werden kann der Effekt der Risikoreduzierung durch eine Mischung nach Regionen, Immobilientypen, Branchen, Währungen oder Immobilienanlageformen. Im Folgenden wird nur auf die für diese Arbeit relevante geographische Diversifikation Bezug genommen. Der Theorie nach verspricht die internationale Streuung von Objekten eines Immobilienportfolios ein gegenüber einem wenig diversifizierten Portfolio überlegenes Rendite-Risiko-Profil. Diese Erkenntnis revolutionierte die Finanz- und später auch die Immobilienwirtschaft (Clark et al. 2005: 7). Das Portfoliorisiko wird also neben der Anzahl und Streuung der Einzelinvestments durch die Korrelationen der Einzelanlagen untereinander determiniert. Die Berücksichtigung von Standorten mit gegenläufigen Mietzyklen kann das Risiko eines Immobilienportfolios zum Teil erheblich senken. Investmentkombinationen, die sich durch eine hohe Kovarianz auszeichnen, müssen demgegenüber vermieden werden. Zahlreiche Studien bestätigen die Vorteilhaftigkeit geographisch diversifizierter Immobilienportfolios (einen Überblick liefern Worzala/Sirmans 2003; Stevenson 2000).
Spezifische Immobilienzyklen Das Risikominderungspotenzial ergibt sich aus der spezifischen Eigenschaft der Immobilie, die naturgemäß verortet und damit einzigartig ist. Die Immobilienmärkte weisen aufgrund der Einbettung in lokale Strukturen unterschiedliche Rendite-/Risikoprofile und damit unterschiedliche Marktprofile auf. Untersuchungen europäischer Büromärkte zeigen, dass die Miethöhen zwar von makroökonomischen Faktoren tangiert werden, aber vorwiegend von lokalen Faktoren wie Lage, Wirtschaftsstruktur, Image etc. abhängen (siehe D’Arcy et al. 1997; Lifka 2005). Entsprechend sind die Renditepfade zweier Immobilien an verschiedenen Standorten niemals völlig identisch, sondern durchlaufen verschiedene Phasen. In zyklischen Marktschwankungen wechseln sich dabei Aufschwung- und Abschwungphasen ab, die sich in den Mietpreisen der einzelnen Märkte widerspiegeln. Die im Zeitverlauf schwankenden Mieten ermöglichen international aktiven Investoren den Aufbau von geographisch diversifizier-
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ten Portfolios. Das Ausnutzen unterschiedlicher Zyklen in Märkten mit phasenverschobenen Mietzyklen (siehe Box 5) senkt das Risiko eines Immobilienportfolios. Krisenphasen in einem Immobilienmarkt können durch Boomphasen in anderen Märkten abgefedert werden. Box 5: Immobilienzyklen Eine verbreitete Darstellungsform der Immobilienzyklen ist die Entwicklung der Märkte in Form einer vollständigen Sinuskurve, die sich in vier verschiedene Phasen unterteilen lässt (siehe Abb.11). Diese wiederholen sich dabei wiederkehrend, aber mit unregelmäßiger Amplitude und verschiedenen Vor- und Nachläufen gegenüber der Konjunkturentwicklung (siehe u.a. Rottke/Wernecke 2002; Pyhrr et al. 1999; Heeg 2008b). Die Phase der Projektentwicklung setzt ein mit einer stark zunehmenden Flächennachfrage, die der anziehenden Wirtschaftskonjunktur folgt. Zunächst wird noch vorhandener Leerstand abgebaut, bis die Nachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft. Der Nachfrageüberhang setzt schließlich die Preisspirale in Gang, die Mietpreise steigen. Eine zunehmende Zahl von Projektentwicklern folgt diesen positiven Signalen und stellt Planungen an. Bedingt durch den Timelag kommen die Neubauten allerdings erst phasenversetzt auf den Markt. In der Phase der Überbauung kühlt die Konjunktur ab und die Flächennachfrage und -absorption beginnt dementsprechend zu sinken. Die Neubauten, die in der Projektentwicklungsphase auf Basis sehr hoher Mieten geplant wurden, kommen nun phasenversetzt auf den Markt und erhöhen den Bestand. Mit der Sättigung der Nachfrage finden Mieterhöhungen ein Ende und der Leerstand nimmt zu. Die langen Umsetzungszeiten für Gewerbeimmobilien (2-5 Jahre Planung, Genehmigung und Bauzeit) können immobilienwirtschaftliche Blasen auslösen, indem Immobilien zeitversetzt erst nach dem Boom fertig gestellt werden (Timelag). Die Phase der Marktbereinigung folgt zeitlich versetzt der konjunkturellen Rezession. Der Flächenmarkt weist ein Überangebot auf, die Leerstände steigen an, die Mietpreise sinken und es werden immer häufiger Mietkonzessionen (z.B. kostenloser mieterspezifischer Umbau etc.) geleistet. Der Flächenbestandszuwachs lässt langsam nach, ist aber immer noch positiv, da sich noch weitere Immobilienprojekte in der Pipeline befinden und den Markt überschwemmen. Obgleich die Kosten für NeubauProjekte aufgrund der Krise in der Bauindustrie niedrig liegen, verschieben die Projektentwickler neue Entwicklungen in die Zukunft. Dazu tragen auch die Banken bei, die aus Sicherheitserwägungen Fremdkapital nur restriktiv vergeben. Die Phase der Marktstabilisierung ist gekennzeichnet durch relativ niedrige Mieten und einen abnehmenden Flächenzuwachs. Die Konjunktur ist auf dem Wege der Besserung, die Unternehmen expandieren, die Arbeitslosenquote sinkt und die Zahl der Bürobeschäftigten steigt. Damit nimmt die Flächennachfrage wieder langsam zu und wachsende Absorptionsraten reduzieren das Überangebot an Neubauten, die während der Überbauungsphase auf den Markt kamen. Der Leerstand sinkt, und die Mieten beginnen auf niedrigem Niveau zu steigen.
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Abb. 11: Schematische Darstellung der Immobilienzyklen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rottke/Wernecke 2002 Durch Harmonisierungs- und Angleichungstendenzen der Immobilienrenditen zwischen den Märkten in Kernökonomien haben die institutionellen Investoren in den vergangenen Jahren ihre Investitionen zunehmend in semi-periphere Standorte diversifiziert, deren Mietentwicklung mit den bisherigen Investmentschwerpunkten gering oder negativ korreliert (Connor/Liang 2006: 189f.).
Zwischenfazit Es bleibt festzuhalten, dass prinzipiell zwar auf allen Maßstabsebenen Diversifikationspotenziale bestehen, diese aber mit steigendem Aktionsradius eines Investors zunehmen. Insbesondere durch Investitionen in geographisch entfernten Immobilienmärkten mit gegenläufigen Mietzyklen können global agierenden Immobilienanleger Risiken im Gesamtportfolio minimieren. Den stark lokal verankerten Investoren bieten sich dagegen neben der Mikrolage keine weiteren räumlichen Diversifikationsmöglichkeiten. (siehe Tab. 7). Die Ausführungen haben gezeigt, dass durch das Bestreben der Portfoliodiversifikation bestimmte Standorte an Attraktivität gewinnen. Gesucht werden Märkte, deren Mietpreisentwicklung gegenläufig zu den bisherigen Investitionsdestinationen verläuft. Vor allem neue Märkte in der Semi-Peripherie passen in dieses Suchraster. Die eigentliche Triebkraft der Globalisierung liegt dabei in den unterschiedlichen lokalen Bedingungen begründet, die die Mietpreisentwicklung einer Immobilie
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hauptsächlich prägen: „[…] the return generating function of assets remains very much tied to the local economy“ (Hoesli/Lekander 2006: 163). Tab. 7: Risikominimierung – Antriebskräfte der Globalisierung Maßstabsebenen Antriebskräfte der Globalisierung Lokale Ebene
Lokalspezifische Bedingungen Mikrostandort Kaum Diversifikationspotenziale
Regionale Ebene
Geringe Diversifikationspotenziale
Nationale Ebene
Unterschiedliche nationale Konjunkturverläufe Mittlere Diversifikationspotenziale
Globale Ebene
Ausnutzung unterschiedlicher nationaler Konjunkturverläufe Vernichtung unsystematischen Risikos Hohe Diversifikationspotenziale
3.2.5
Raum-Zeit-Konvergenz
Die Raum-Zeit-Konvergenz bezieht sich auf die entgrenzende Wirkung der modernen Verkehrs- und Kommunikationstechnologien. Ein dichteres Verkehrsnetz, höhere Reisegeschwindigkeiten und rückläufige Reisekosten lassen den Raum scheinbar schrumpfen. Parallel erlauben moderne Informations- und Kommunikationstechnologien die Herstellung von virtueller Nähe. Dies ermutigt die internationalen Immobilieninvestoren, auf bislang unbekanntes Terrain vorzudringen. Sowohl der Erwerb als auch die Verwaltung von Objekten im Ausland wären ohne kostengünstige und schnelle Transport- und Kommunikationswege undenkbar.
Zunehmende Reisegeschwindigkeiten Nach Brenner erfordert die Globalisierung „[…] die Bereitstellung großräumiger territorialer Infrastrukturen wie Eisenbahntrassen, Autobahnen, Häfen, Kanäle, Flughäfen […], die eine Kapitalzirkulation in noch schnellerer Umlaufzeit ermöglichen“ (1997: 12). Vor allem Flugverbindungen gewährleisten die dauerhafte Konnektivität von Städten, Regionen und Nationalstaaten über den Globus hinweg. Die Mobilität von Personen hat durch die Zunahme im Luftverkehr stark zugenommen. Entfernungen scheinen zu schrumpfen, indem Distanzen in viel kürzerer Zeit überwunden werden können. Führungskräfte der Immobilienwirtschaft reisen ganz selbstverständlich über Länder und Kontinente hinweg, wobei die Summe an potenziellen Flugverbindungen von einem Ort aus den ökonomischen Möglichkeitsraum der Akteure definiert und damit auch deren Auswahl von Investitionsstandorten prägt. Auch in Zukunft wird die Vernetzung der zentralen ökonomischen Orte und Räume weiter zunehmen, da die Anzahl der Direktflüge zwischen wirtschaftlich leistungsfähigen Metropolen kon-
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tinuierlich steigt (Kesselring 2007: 837). Schnelle Anbindungen und dichte Flugnetze fördern die räumliche Ausdehnung der Immobilieninvestments.
Distanzunabhängige Informations- und Telekommunikationsmedien Die Globalisierungsprozesse stehen darüber hinaus auch im engen Zusammenhang mit den Möglichkeiten und technischen Entwicklungen der Informations- und Telekommunikationsmedien. Diese tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, dass Transaktionen auch über Distanzen vollzogen werden können. So fördert ein weites Spektrum an Informations- und Telekommunikationsdiensten und deren rückläufige Kosten den Wissensaustausch zwischen räumlich entfernten Immobilienakteuren. Auch komplexe Sachverhalte können mittels reicher distanzunabhängiger Kommunikationsmedien wie z.B. Telefon-, Internet- oder Videokonferenzen in Echtzeit (Same time, different place), d.h. ohne Zeitverzögerung und über große Entfernungen hinweg, ausgetauscht werden. Global agierende Immobilieninvestoren nutzen die neuen Medien zur Kontaktherstellung und -pflege als auch für den grenzüberschreitenden unternehmensinternen wie -externen Informations- und Wissensaustausch. Innerhalb von Unternehmen können elektronische Datenbanken, globale Kommunikationsinstrumente etc. die weltweite Vernetzung und den standort- und zeitunabhängigen Abruf von Wissensressourcen ermöglichen und erleichtern; Entfernungen spielen scheinbar eine immer geringere Rolle. Vielmehr ersetzt ein Strom digitaler Dateien und Dokumente im Verbund mit gemeinsam geteilten Kodes der „virtual community“ in einem gewissen Umfang topographisch-räumliche Nähe (Amin/Cohendet 2005: 477f.). Gerade das Internet fördert die globalen Wirtschaftsbeziehungen, indem Informationen über verschiedenste Immobilienmärkte zirkulieren und damit die Aufmerksamkeit der Investoren auch auf neue, bisher unbekannte Märkte gelenkt werden (Laposa 2007: 173).
Elektronische Handelssysteme Moderne IuK-Technologien erleichtern nicht nur den globalen Wissensaustausch, sondern haben auch den globalen Handel mit Immobilien stark verändert (siehe hierzu auch Clark/Thrift 2004, die den technologischen Wandel am Beispiel der Devisenmärkte nachzeichnen). Elektronische Handelsplattformen haben nachweislich die geographische Reichweite als auch die Geschwindigkeit ökonomischer Transaktionen gesteigert und sind Grundlage für neue Produktinnovationen in der Immobilienwirtschaft. Vor allem innovative Anlagevehikel wie Derivate, REITs und CMBS sind abhängig vom technologischen Wandel. Deren Handel ist nicht an die Öff-
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nungszeiten lokaler Börsen gebunden, sondern kann 24-Stunden (Follow the sun) an anderen Börsen der Welt getätigt werden (Dicken 2007: 385). Tägliche Treffen auf dem Börsenparkett werden scheinbar überflüssig durch elektronische Handelssysteme und -plattformen. Immobilienaktien, verbriefte Immobilien oder Immobilienderivate, die nur noch als Bits und Bytes in den Rechnern der Banken auftauchen, können nahezu ohne Zeitverzögerung distanzunabhängig gekauft und verkauft werden. Die Transaktionen lassen sich mittels vollelektronischer Handelssysteme nicht nur schneller, kostengünstiger und effizienter ausführen, sondern auch grenzüberschreitend einfacher gestalten: „Travelling at the speed of light, as nothing but assemblages of zeros and ones, global money dances through the world’s fiber-optic networks in astonishing volumes […] it is much easier to move $41 billion from London to New York than a truckload of grapes from California to Nevada“ (Warf/Purcell 2001: 227). Mit dem beschleunigten Umsatz an Kapital können auch Zinszahlungen minimiert werden, die früher aufgrund verzögerter Transaktionen angefallen waren. Ebenso erhöht sich die Reaktionsfähigkeit der Investoren bei Währungsschwankungen oder Zinsänderungen (Dicken 2007: 385). Elektronische Handelssysteme stehen nicht nur für schnellere Abwicklung, erweiterte Handelszeiten, höhere Handelsvolumina und Liquidität sowie bessere Reaktionsfähigkeit, sondern auch für Disintermediation. Finanzintermediäre, wie Banken, verlieren an Relevanz, indem Transaktionen zwischen Käufern und Verkäufern zunehmend direkt ausgeführt werden können.
Zwischenfazit Als Bilanz dieses Kapitels lässt sich festhalten, dass ein elektronischer Immobilienmarkt im Entstehen begriffen ist, der die weltweiten Transaktionen weiter vorantreibt (siehe Tab. 8). Neue IuK-Technologien erweitern den Aktionsradius der Immobilienakteure, indem der Wissens- und Informationsaustausch auch über große Distanzen immer besser realisiert werden kann. Über gemeinsame Datenbanken bzw. Wissensplattformen können global aufgestellte Immobilienunternehmen jederzeit sowohl spezifisches lokales Wissen anzapfen bzw. Expertisen in verschiedenen Lokalitäten mobilisieren als auch allgemeine globale Entwicklungen, Trends und Tendenzen aufgreifen. Neben dem schnelleren Informations- und Datenfluss haben auch elektronische Handelsplattformen die geographische Reichweite und die Geschwindigkeit ökonomischer Transaktionen im Immobilienbereich gesteigert. Diese Prozessinnovationen werden ergänzt um die Produktinnovationen, die ohne technischen Fortschritt undenkbar wären (z.B. Derivate). Erfindungen im Kommunikations- und Informationsbereich und neue Verkehrstechnologien tragen dazu bei, die begrenzende Wirkung von
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Raum und Zeit zu überwinden. Während Telefon- bzw. internetgestützte Interaktionen als mitentscheidend für die Verdichtung von Beziehungen angesehen werden, müssen diese vor allem durch temporäre Aufenthalte vor Ort initiiert, abgesichert und festgezurrt werden (Faulconbridge 2006b: 21ff.). Nicht zuletzt können kostengünstige und schnelle Reiserouten den Erwerb und die Verwaltung von Objekten im Ausland wesentlich vereinfachen. Entscheidend für die zeitliche Beschleunigung und neue grenzüberschreitende Bewegungen ist also auch die lokale gebaute Umwelt (Heeg 2005: 146), die etwa in Form dichter Glasfasernetzwerke oder neuer Flughäfen informations- bzw. verkehrstechnische Grenzen durchbricht. Tab. 8: Raum-Zeit-Konvergenz – Antriebskräfte der Globalisierung Maßstabsebenen Antriebskräfte der Globalisierung Lokale Ebene
Gebaute lokale Umwelt Aufbau von Informations- und Kommunikationsinfrastruktur Bedeutungsverlust lokaler Handelsorte
Regionale Ebene
Verkehrsinfrastruktur
Nationale Ebene
Nationale Infrastruktur Deregulierung des Telekommunikationssektors und damit Preisverfall Implementierung elektronischer Handelsplattformen
Globale Ebene
Distanzunabhängige Informations- und Kommunikationsmedien Weltweiter elektronischer Daten- und Informationsfluss Erweiterte Handelszeiten und Beschleunigung der Transaktionen
3.2.6
Weltmarktintegration, Liberalisierung und Deregulierung
Zunehmende Weltmarktintegration sowie Liberalisierungen und Deregulierungen in potenziellen Investitionsländern erweisen sich als weitere Triebkraft der Globalisierung. Seit Anfang der 1980er Jahre haben sich immer mehr Märkte den internationalen Immobilieninvestoren geöffnet. Neben dem Rückgang nationaler und lokaler Investitionsbeschränkungen intensivierten auch die voranschreitende politische Integration (z.B. EU) sowie die Verbreitung zwischenstaatlicher Vereinbarungen die grenzüberschreitenden Kapitalströme.
Politische Integration auf globaler Ebene Die Liberalisierung des Welthandels durch die WTO (v.a. das General Agreement on Trade and Services GATS) und die Integration kontinentaler Wirtschaftsblöcke wie z.B. EU oder NAFTA erleichtert grenzüberschreitende Transaktionen. So ergaben sich durch das Zusammenwachsen Europas für Immobilieninvestoren neue Perspektiven. Insbesondere die Einführung des Euro im Jahre 1999 stellte einen großen Schritt in Richtung regi-
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onaler Integration dar und führte zu einem immensen Anstieg grenzüberschreitender Investitionen. Durch den Wegfall der Währungsrisiken, der Marktöffnung und einer voranschreitenden Harmonisierung der nationalen Regulierungen können institutionelle Investoren innerhalb der Währungsunion heute relativ frei agieren (Gordon 2003: 10). Ein weiteres Beispiel ist die Ratifizierung des NAFTA-Abkommens, die als Startschuss der zunehmenden Marktöffnung Mexikos für Investoren und Kapitalgeber aus den USA und Kanada gilt.
Liberalisierung der Finanzmärkte Bis in die 1980er Jahre waren Kapitalmärkte durch Zulassungsvorschriften und Aufsichtsbestimmungen stark reglementiert und infolgedessen überwiegend national ausgerichtet. Eine bedeutende Zäsur, die neue Möglichkeiten für die Globalisierung mit sich brachte, bildeten der Zusammenbruch des Bretton Wood-Systems und die Einführung flexibler Wechselkurse. Seit die Finanzmärkte von nationalen Beschränkungen weitgehend entbunden wurden, hat sich weltweit ein Prozess politischer Liberalisierung und Deregulierung durchgesetzt, der wesentlich zum Tempo ökonomischer Globalisierung und Integration beigetragen hat: „[…] the regulatory walls have been crumbling“ (Dicken 2007: 388). Hervorzuheben ist hierbei die Aufhebung der Regulierungen in Großbritannien (Big bang), die 1984 den Einstieg in die moderne Welt des elektronischen Finanzwesens ermöglichte. Auch die Deregulierung und Öffnung der Geld- und Kapitalmärkte, die 1985/86 in Frankreich erfolgte (Le petit bang), führte zu tief greifenden Restrukturierungen in der globalen Finanzwelt (Sassen 2000: 379). Die Hinwendung zum Weltmarkt sowie die Deregulierungsund Privatisierungsmaßnahmen sollten neues Wachstum einleiten und die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Wirtschaft nachhaltig verbessern (Nuhn 1995: 65). Ablesen lässt sich diese Entwicklung an den grenzüberschreitenden Direkt- und Portfolioinvestitionen, die im letzten Jahrzehnt die mit Abstand höchsten Wachstumsraten aller ökonomischen Aggregate aufwiesen (Herr/Hübner 2005: 9). Erfolgte die Liberalisierung internationaler Direktinvestitionen vor allem auf bilateralem Wege durch sog. Investitionsabkommen, wurde die Liberalisierung der Portfoliotransaktionen meist unilateral vorangetrieben.
Nationale Deregulierungen Indem Kapital sich immer einfacher standortungebunden organisieren lässt, erlangen Konkurrenzbeziehungen zwischen Städten bzw. Regionen eine neue Qualität: „Money has a habit of seeking out geographical discontinuities and gaps in these regulatory spaces, escaping to places where the movement of financial assets is less constrained, where official scru-
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tiny into financial dealing and affairs is minimal, where taxes are lower and potential profits higher“ (Martin 1999b: 8f.). Damit können Nationalstaaten zumindest von großen Investoren gegeneinander ausgespielt und abgestraft werden, wenn sie als investitionsfeindlich gelten. Dies setzt nationale Regulierungen unter Anpassungsdruck und lässt nationalstaatlich basierte Formen der institutionellen Einbettung von Märkten zunehmend erodieren (Messner 2003: 90). Nationalstaaten fürchten, durch zu große Zurückhaltung wirtschaftliche Wachstumschancen zu verpassen und öffnen sich vermehrt den Interessen ausländischer Investoren. Indem sie Standards herabsetzen bzw. investorenfreundlich gestalten, nehmen sie aus Sicht der Globalisierungskritiker am race to the bottom teil. In immer mehr Ländern erfolgen unter dem Druck globaler Investoren gegenwärtig die Verbreitung uniformer globaler Standards und deren Integration in das jeweilige nationale Recht (Hebb/Wójcik 2005: 1960). So lockern Nationalstaaten ihre Gesetzgebung und ändern das Steuerrecht im Hinblick auf die Zulassung von REIT-Märkten nach US-amerikanischen Vorbild, was aus Investorensicht eine Zunahme der Transparenz und der Markteffizienz mit sich bringt. Nicht zuletzt führen auch gewährte Steuervergünstigungen zu einer Steigerung des ausländischen Immobilienengagements. Abb. 12: Änderungen nationaler Direktinvestitionsregime
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von UNCTAD 2004 Unter der gegenwärtigen Neigung, den Wünschen der Investoren zu folgen, gehören auch Kapitalverkehrskontrollen oder Einschränkungen für Direktinvestitionen immer mehr der Vergangenheit an. Entsprechend hat die UNCTAD 244 Änderungen nationaler Direktinvestitionsregime in 82 Ländern registriert (siehe Abb. 12), wobei 90% der vorgenommenen Ein-
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griffe darauf zielten, ausländische Direktinvestitionen zu fördern (Unctad 2004/2003). Für den Zeitraum 1991 bis 2003 lassen sich von den insgesamt 1.885 registrierten Abänderungen 1.771 als Liberalisierungsbestrebungen einordnen. Eine ähnliche Tendenz lässt sich für die Änderungen nationaler Finanzregime dokumentieren (Herr/Hübner 2005: 18). Regulierungen auf nationaler Ebene bezüglich der Kontrolle ausländischer Immobilieninvestitionen, der Bestimmungen zum Grundstückserwerb durch ausländische Investoren, der Möglichkeit des Gewinntransfers ins Ausland und der Besteuerung von Immobilientransaktionen etc. schränkten auch grenzüberschreitende Immobilientransaktionen lange Zeit stark ein. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ermutigen eingeleitete Liberalisierungsschritte die Immobilieninvestoren zu einer Ausweitung ihrer grenzüberschreitenden Operationen. Viele Regierungen gaben die Kontrolle der Kapitalbewegungen zugunsten eines marktregulierten Systems auf. Internationale Kapitalflüsse wurden freigegeben, nationale Finanzsysteme dereguliert, sichere und durchsetzbare Eigentumsrechte etabliert und Investitionsbeschränkungen aufgehoben (Holsapple et al. 2006: 37; Heeg 2004: 125f.). Auch in Deutschland wurden im Laufe der Fortschreibung des Finanzmarktförderungsgesetzes (siehe Box 6) die räumlichen Beschränkungen nahezu vollständig aufgehoben, was zur Folge hat, dass deutsche offene Immobilienfonds seitdem weltweit aktiv sind. Investierten die offenen Immobilienfonds vor 2002 nahezu zwei Drittel ihres Fondsvermögens in Deutschland, hielten sie im Jahr 2007 nur noch 32% ihrer Bestände in Deutschland. Die globale Deregulierungswelle der Finanzmärkte erweiterte nicht nur das geographische Investitionsspektrum, sondern eröffnete auch neue Finanzierungsmöglichkeiten und Spielräume zum „creative money-making“ (Moricz/Murphy 1997: 166). Box 6: Finanzmarktförderungsgesetze als Wegbereiter der Globalisierung Obgleich offene Immobilienfonds bereits seit 1959 in Deutschland existieren, entwickelte sich dieser Publikumsfonds erst im Laufe des letzten Jahrzehnts zu einem bedeutenden Finanzprodukt. Wesentlich dazu beigetragen haben die Deregulierungen durch die vier Finanzmarktförderungsgesetze (1990, 1994, 1998, 2002) und die daraus resultierende Angebotserweiterung der Fondsprodukte sowie die Aufhebung der räumlichen Investitionsbeschränkungen (Lo/Schamp 2001). Deutsche offene Immobilienfonds konnten lange Zeit nur bis maximal 20% des Sondervermögens im Ausland investieren. Mit dem ersten Finanzmarktförderungsgesetz wurde diese strikte Regelung 1990 etwas gelockert, indem Investitionen nun auch innerhalb der Europäischen Union unbegrenzt möglich waren. Im Laufe der Fortschreibung des Finanzmarktförderungsgesetzes wurden die räumlichen Beschränkungen schließlich nahezu vollständig aufgehoben (bei Beachtung einer Währungsrisikoobergrenze). Ebenso können nun auch ausländische Kapitalanlagegesellschaften in Deutschland tätig werden (Focke 2006: 52).
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Das Ausmaß grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen ist also auch immer das Ergebnis komplexer Gesetze, Regulierungen und institutioneller Bedingungen, die auf nationaler Ebene fixiert werden. Mittels wirtschaftspolitischer und rechtlicher Maßnahmen ist der Staat in der Lage, die Liquidität auf den Immobilienmärkten grundlegend zu erhöhen, aber auch einzuschränken. Gotham (2006) untersuchte am Beispiel des USamerikanischen Immobilienmarktes, inwieweit der Staat globale Investitionsströme durch die Gestaltung und Kontrolle liquider Investmentvehikel prägt. Die Studie konzentrierte sich dabei auf die Bedeutung der Rechtsordnung und -vorschriften, welche die Ausbreitung des Handels mit hypothekarisch gesicherten Wertpapieren (CMBS) und die Entwicklung der REITs betreffen. Der Staat hat mit der Implementierung dieser Instrumente die Grundlagen dafür gelegt, dass sich verortete Liegenschaften zu prinzipiell mobilen Anlagen wandeln, die in immer kürzeren Zeiträumen auf globalen Sekundärmärkten gekauft und verkauft werden können. Der gewerbliche Immobiliensektor wurde damit delokalisiert und die Immobilienfinanzierung stärker mit den globalen Kapitalmärkten verknüpft (Gotham 2006: 231; Coakley 1994: 705). Territoriale Grenzen können also tendenziell immer leichter überschritten werden, was ausländisches Investment fördert. Das enge Zusammenwirken zwischen internen politischen Restrukturierungen und einer zunehmenden Globalisierung der Büroimmobilienmärkte bestätigen die empirischen Befunde einer Reihe von Studien zu Investments in semiperipheren Märkten (siehe u.a. Pütz 2001; Adair et al. 1999; GhanbariParsa/Moatazed-Keivani 1999; Chin et al. 2006; Lim et al. 2006). Sobald die privaten Eigentumsrechte hergestellt waren, die Möglichkeit bestand, Gewinne ohne Beschränkung ins Ausland zu transferieren, und die Bestimmungen zum Grundstückserwerb durch ausländische Firmen gelockert wurden, stiegen die ausländischen Immobilieninvestitionen sprunghaft an. Politische und wirtschaftliche Instabilität, Restriktionen und Regularien für ausländische Investoren sowie fehlende Rechtssicherheit wurden von globalen Investoren hingegen als Haupthindernisse identifiziert.
Lokale Flexibilisierung planerischer Vorgaben und Regulierungen Kauf- und Verkaufsstrategien der Investoren werden aber nicht nur durch Gesetze auf der nationalen Ebene tangiert, sondern auch durch lokale bzw. regionale Regulierungen (z.B. Grundsteuer, Bauvorschriften, Bodenordnung, Bauleitplanung, Stadtplanung, Regionalplanung). Auch diese verlieren an Steuerungskraft, indem Immobilienmärkte zusehends von globalen Akteuren und deren Entscheidungen geprägt werden, während sich die städtische Politik angesichts finanzschwacher Haushalte und eines verstärkten internationalen Standortwettbewerbs den Interessen der globalen Investoren öffnet und Anreize zum Investment schafft (Habitat 2001). Im
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Konkurrenzkampf um Wachstumsbranchen, wie wissensintensive Dienstleistungen, wird eine langfristige und nachhaltige Stadtplanung tendenziell zugunsten eines planerischen Stückwerks aufgegeben, um auf die Partikularinteressen ausländischer Immobilienakteure situativ eingehen zu können (Heeg 2003: 337; Krätke 1997). Unter der Strategie Property-led-development (Heeg 2008b: 12; Lizieri et al. 2000) versuchen immer mehr Kommunen, mittels aktiver Bereitstellung baulicher Voraussetzungen ein attraktives Umfeld für die Ansiedlung neuer Wirtschaftsbranchen zu schaffen und so ein positives Investitionsimage zu suggerieren. Ein adäquates Angebot an hochwertigen Gewerbeimmobilien stellt aus dieser Perspektive ein Instrument zur Wirtschaftsförderung dar (D’Arcy/Keogh 1998: 1215). Dabei werden häufig neue Bürocities bzw. Großprojekte mit innovativer Architektur als dazugehöriges Requisit gesehen. Die Imposanz einer Skyline gilt als Gradmesser für die Prosperität und Zukunftsträchtigkeit eines Standortes. Moderne Hochhäuser mit oftmals spektakulären Konturen, glitzernden Oberflächen etc. geben dem Aufschwung eine Form und werden als Symbole eingesetzt, um ein gewisses Image zu vermitteln: „[…] megaprojets are viewed as providing a solid foundation for fostering future growth an functional transformation“ (Swyngedouw et al. 2002: 224f.). Sich international bemerkbar machen, sich weithin sichtbar als zukunftsträchtigen Standort anzubieten und sich damit neu auf der wirtschaftlichen Landkarte zu positionieren, das sind die neuen Strategien großer Städte (Rudolph et al. 2001: 58). Unter diesen neuen Vorzeichen ist bei der Stadtentwicklungspolitik eine stärkere Flexibilisierung planerischer Vorgaben und Regulierungen zu verzeichnen (Lizieri et al. 2000: 47). Barrieren und Restriktionen, welche etwa durch festgelegte Flächennutzungen, Planfeststellungsverfahren und vorgeschriebene Bauhöhen von Stadt zu Stadt sehr unterschiedliche lokale Bedingungen bilden (Lichtenberger 1995: 25), müssen zunehmend flexibel gehandhabt werden. Häufig wird der Spielraum für Investitionen von Projekt zu Projekt neu verhandelt. Die engere Kooperation mit privatwirtschaftlichen Akteuren bedeutet allerdings nicht, dass die öffentliche Hand prinzipiell an Verhandlungsmacht eingebüßt hat. Auch wenn die Regulierungskraft und -bereitschaft städtischer Politik mittlerweile häufig als abnehmend eingeschätzt wird, können städtische Interessen mittels Bauleitplanung, Baurichtlinien, Baugenehmigungen, Gebühren etc. durchgesetzt und damit immer noch erheblichen Einfluss auf Investitionsentscheidungen ausgeübt werden (Heeg 2003: 337). Die Flexibilisierung geht schließlich auch einher mit einer Bedeutungssteigerung privater Akteure. Um Städte oder Regionen auf Wachstumspfad zu halten bzw. diesen zu stabilisieren, setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass eine aktive Beteiligung privater Akteure wie z.B. Immobilieninvestoren an der Stadtentwicklung etc. unumgänglich ist (Public-private-partnership).
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Zwischenfazit Auf den ersten Blick liegt es nahe, die zunehmende Globalisierung der Immobilienmärkte mit einem Bedeutungsverlust der Nationalstaaten und der Kommunen gleichzusetzen. Wie die Ausführungen zeigen, greift diese Perspektive zu kurz. Nationalen Regierungen bleiben vielmehr aktive Regulatoren der Weltwirtschaft, indem sie ihre Finanzmärkte deregulieren bzw. re-regulieren, Handelsbeschränkungen ab- bzw. aufbauen, Steuererleichterungen gewähren, globale Standards einführen etc. Nationale Regulierungen konstituieren damit den Handlungskorridor für globale Immobilieninvestoren. Die staatliche Befugnis, den Grad und die Entwicklung der Liquidität auf den Immobilienmärkten mittels Rechtsvorschriften zu beschleunigen oder auch zu bremsen, ist dabei ein machtvoller Mechanismus zur Globalisierung. Das Muster globaler Kapitalströme wird damit auf nationaler Ebene vorgezeichnet. Tab. 9: Weltmarktintegration, Liberalisierung und Deregulierung – Antriebskräfte der Globalisierung Maßstabsebenen Antriebskräfte der Globalisierung
Lokale Ebene
Property-led-development Ökonomisierung der Urban governance Stärkere Flexibilisierung planerischer Vorgaben und Regulierungen
Nationale Ebene
Liberalisierung der Kapitalmärkte Rückgang nationaler Investitionsbeschränkungen Etablierung sicherer und durchsetzbarer Eigentumsrechte Integration globaler Standards ins nationale Recht Erhöhung der Liquidität auf den Immobilienmärkten
Globale Ebene
politische Integration (z.B. EU oder NAFTA) Schaffung uniformer globaler Standards
Das schließt allerdings nicht aus, dass einige vormals staatliche Steuerungsaufgaben an eine wachsende Zahl von supranationalen Körperschaften sowie an neu strukturierte lokale und regionale Regierungsebenen innerhalb des Nationalstaates übertragen werden. Auch hier gibt einmal auf lokaler Ebene die Ökonomisierung der Urban governance, d.h. der Übergang von einer politisch motivierten nicht-monetären Steuerung zu einer „Monetisierung der Stadtentwicklung“ und stärkeren Einbindung privater Akteure (Rudolph et al. 2001: 65), die Richtung hin zu einem stärker globalisierten Immobiliensektor vor. Verstärkt wird dieser Prozess auf globaler Ebene durch den Bedeutungsgewinn supranationaler Einheiten wie der EU oder NAFTA (siehe Tab. 9).
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3.2.7
Das Antriebskräftemodell – ein vorläufiges Resümee
Aus der Diskussion ist festzuhalten, dass der Globalisierungsprozess in der Immobilienwirtschaft durch eine Vielzahl von Faktoren angestoßen und beschleunigt wird. Zwar wurden einzelne Aspekte in verschiedenen wirtschaftswissenschaftlichen Beiträgen herausgegriffen und untersucht, aber bislang erfolgte weder eine ganzheitliche Betrachtung der maßgeblichen Antriebskräfte auf den relevanten Skalen, noch wurden deren Interdependenzen ausreichend erörtert. Um diese Lücke zu schließen, wurde in diesem Kapitel ein Modell entworfen, das aus einer multiskalaren Perspektive mit den sechs Antriebskräften die verschiedenen geographischen Ebenen eines zunehmend globalisierten Immobiliensektors umfasst (siehe Abb. 13). Abb. 13. Interdependenzen zwischen Maßstabsebenen und Antriebskräften
Quelle: Eigene Darstellung
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In das Modell wurden existierende Partialerklärungen unterschiedlicher Disziplinen und Theoriefelder (z.B. aus der Finanzwissenschaft, Stadtplanung, Volkswirtschaft, Wirtschaftsgeographie) in ein theoretisches Konzept integriert. Zentrales Ergebnis dieses Kapitels ist, dass sich die Entwicklungen von Immobilienmärkten nicht allein lokal vor Ort erschließen und deuten lassen, sondern immer auch von weit entfernten Praktiken, Entscheidungen und Motiven unterschiedlicher Immobilienakteure und Stakeholder (wie z.B. Kleinanleger, Unternehmen, öffentliche Hand) tangiert werden. Eine umfassende Analyse darf folglich nicht auf eine einzelne Ebene beschränkt bleiben. Vielmehr müssen Immobilienakteure alle Antriebskräfte und deren Maßstabsebenen im Blick behalten, da sich diese wechselseitig beeinflussen. So ermöglicht beispielsweise der Abbau von nationalen Investitionsbeschränkungen die Erweiterung des Investmentspektrums um neue Märkte. Neue Märkte wiederum bergen ein höheres Diversifikationspotenzial und verstärken den internationalen Standortwettbewerb. Ein weiteres Beispiel ist die Kapitalmarktorientierung, die neue Anforderungen an die Immobilienakteure setzt und damit die Professionalisierung vorantreibt. Die Kapitalmarktorientierung wird ihrerseits unterstützt durch neue Informationsund Kommunikationstechnologien, die Produkt- und Prozessinnovationen erst ermöglichen und damit zugleich die Transparenz auf den weltweiten Immobilienmärkten erhöhen. Das Antriebskräftemodell bietet ein geeignetes Suchraster, um die jeweilige Position eines Immobilienmarktes im Globalisierungsprozess zu analysieren und zu bewerten. Entscheidend ist, dass der Immobilienstandort aus dieser Sichtweise nicht als physikalische Entität konstruiert wird, die das wirtschaftliche Handeln bedingt, sondern als Ergebnis des Zusammenspiels ökonomischer Prozesse auf unterschiedlichen Maßstabsebenen. Im Kern gilt es also im empirischen Teil herauszufinden‚ wie Immobilienmärkte von Akteuren gemacht werden. Der absolutistische Raumbegriff, der den Raum als fixierten Behälter bzw. Rahmen des wirtschaftlichen Geschehens erfasst, wird abgelöst vom sozial konstituierten Raumverständnis. Die jeweiligen Immobilienmärkte werden durch das Handeln, die Entscheidungen und Strategien der Immobilienakteure geprägt und gebildet (siehe Kapitel 2.3). Damit rücken die Akteure ins Zentrum dieser Studie. Wie die Ausführungen dokumentiert haben, entspringen deren Impulse zur Globalisierung aus einem multiskalaren Set an Prozessen und Entwicklungen, die nicht zwangsläufig nur der globalen Ebene zuzuordnen sind. Die Antriebskräfte liegen vielmehr auf unterschiedlichen Maßstabsebenen, – wie z.B. lokale Immobilienzyklen, nationale Deregulierungen und globale Etablierung von neuen Anlageformen – die nicht nur den Handlungsrahmen stellen, sondern kontinuierlich durch das Handeln der Immobilienakteure konstituiert, rekonfiguriert und neu ausgehandelt wer-
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den (siehe z.B. zunehmende Macht der Investoren im Kontext des globalen Standortwettbewerbs). Im vorliegenden Buch sollen die konkreten raumspezifischen Auswirkungen dieser Konfigurationen am Beispiel der Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken (siehe Kapitel 7). Dabei sind die relevanten Interdependenzen immobilienwirtschaftlicher Entwicklungen auf verschiedenen Maßstabsebenen zu reflektieren, aufgrund derer sich die marktspezifischen Konstellationen und die Umweltbedingungen für die Immobilienakteure vor Ort verändern.
3.3 Internationalisierung der I m m o b i l i e n i n ve s t o r e n Die Intensivierung und geographische Ausweitung internationaler Verflechtungen im Immobilienbereich wird insbesondere durch mächtige, steuerungskräftige Akteure angetrieben. Das vorliegende Kapitel richtet daher den Fokus auf international agierende institutionelle Immobilieninvestoren, die bei ihren Transaktionen unterschiedliche Maßstabsebenen überschreiten und verbinden. In der vorangegangenen Diskussion um die räumliche Reorientierung der Immobilienwirtschaft und deren Antriebskräfte wurden die Umweltbedingungen entworfen, welche das Verhalten der Immobilieninvestoren prägen und beeinflussen. Die Blackbox Entscheidungsfindung der Immobilienakteure blieb dabei allerdings unterbeleuchtet. Um die jüngsten Veränderungen in der Immobilienwirtschaft umfassend zu interpretieren, müssen neben den Rahmenbedingungen auch die Entscheidungsfindungsprozesse und Strategien der Immobilienakteure analysiert werden (Sethi et al. 2003: 325). Im Folgenden werden daher die Entscheidungsheuristiken internationaler Immobilieinvestoren näher thematisiert, die weitreichende Konsequenzen für lokale Immobilienmärkte haben können. Die Erklärung des Akteurshandelns stützt sich dabei zunächst auf ökonomische Modelle, denen normative Annahmen über eine optimale Auswahl von Investitionsstandorten zugrunde liegen. Diese Ansätze gehen von weitgehend rationalen bzw. effizienzorientierten Entscheidungen aus. Sie sollen hier nicht die Internationalisierung der Immobilienwirtschaft im Allgemeinen erklären, sondern werden vorgestellt, weil sie Investitionsstrategien prägen und damit eine wichtige Handlungs- bzw. Entscheidungsgrundlage der Immobilieninvestoren bilden. Sozialwissenschaftliche Handlungstheorien weisen allerdings auf die Widersprüchlichkeit der Akteure hin, die nicht immer normativen Modellen folgen, sondern sich durch eine Pluralität unterschiedlicher Entscheidungsabläufe auszeichnen. So sind in jüngster Zeit zahlreiche Untersuchungen in der Wirtschaftsgeographie entstanden, die auf den relationalen Kontext bei der Entscheidungsfindung von Beratungsunternehmen hinwei-
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sen (Glückler 2004; Faulconbridge 2008). Demnach sind nicht nur interne Investitionsgrundsätze, Vorsichtsprinzipien, Strategien, Ressourcen etc., sondern auch die fortlaufenden sozialen Beziehungen zu Konkurrenten, Kooperationspartnern, Kunden, Anlegern etc. sowie die Einbettung in institutionelle Strukturen und frühere Erfahrungen entscheidungsrelevant. Mittlerweile gibt es in der Wirtschaftsgeographie zwar eine nennenswerte Anzahl von Analysen zu finanzmarktgetriebenen Entwicklungen im ökonomischen und gesellschaftlichen Raum (u.a. Klagge/Martin 2005; Martin 1999b; Schamp/Thierstein 2003). Doch vertiefte Studien zu Entscheidungsprozessen im Finanzsektor wurden bislang nur begrenzt durchgeführt (siehe z.B. Hall 2006: 664; Wrigley et al. 2003: 382; Wójcik 2009; Clark 2005) und blieben für die Immobilienwirtschaft aus. Das Kapitel soll einen theoretisch-konzeptionellen Beitrag zur Erklärung der Entscheidungsfindung von Immobilieninvestoren liefern. Dazu wird zunächst mit dem eklektischen Paradigma ein etabliertes normatives ökonomisches Modell geprüft, inwieweit es zur Erklärung der Internationalisierung von Immobilieninvestoren beitragen kann bzw. die Investitionsentscheidungen prägt (Kapitel 3.3.1). Aus der Diskussion wird schließlich die notwendige Ergänzung um eine relationale Perspektive (Kapitel 3.3.2) abgeleitet. Die Internationalisierung und Marktauswahl von Immobilieninvestoren wird damit stärker in konkreten Beziehungen zu anderen Investoren, Kooperationspartnern, Immobilienberatern etc. begründet.
3.3.1
Normative ökonomische Modelle der Internationalisierung
In den Wirtschaftswissenschaften und in der empirischen Forschung genießt das eklektische Paradigma von Dunning besondere Bedeutung und häufige Anwendung (siehe u.a. Haas/Neumair 2006: 219ff.; Glückler 2004: 57ff.). Schwerpunkt dieses Ansatzes ist die Beantwortung der Frage, warum und unter welchen Bedingungen Unternehmen international investieren. Inwiefern dieses Modell auch für die Immobilieninvestoren und deren Investitionsentscheidungen handlungsleitend wirkt, wird im Folgenden diskutiert.
Das eklektische Paradigma Das eklektische Paradigma von Dunning (1977/1980/1981/1988/1995) fasst existierende Partialerklärungen unterschiedlicher Theoriefelder in einem Ansatz zusammen (zur Diskussion kritikwürdiger Grundannahmen siehe u.a. Haas/Neumair 2006: 233f.; Itaki 1991). Die konkrete Form der Internationalisierung eines Unternehmens in einem Zielmarkt wird dabei aus der Kombination dreier verschiedener Vorteilskategorien abgeleitet. Zunächst weisen Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit ins Ausland
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ausdehnen, dort grundsätzlich einen Kostennachteil gegenüber heimischen Unternehmen auf. Daher müssen sie über transferierbare unternehmensspezifische Eigentums- bzw. Wettbewerbsvorteile (Ownership advantages) verfügen, welche die allgemeinen Nachteile der Marktfremdheit bzw. Liabilities of foreignness (z.B. höhere Koordinations-, Informationskosten, kulturelle Distanz, geringes lokales Marktwissen, fehlende Informationsund Kontaktnetze, Diskriminierung durch ausländische Behörden etc.) und die Wettbewerbsstellung der Unternehmen des Zielmarktes überkompensieren (Zaheer 1995: 342ff.; Hymer 1976: 32ff.). Ein exklusiver Wettbewerbsvorteil eines Immobilieninvestors gegenüber heimischen Konkurrenten könnte beispielsweise im besseren Kapitalzugang, überlegenen Knowhow, engeren Kontakt zu multinationalen Mietern oder in effizienteren Organisationsstrukturen begründet liegen. Im Anschluss müssen die Standortvorteile (Location advantages) eines Zielmarktes (für einen Immobilieninvestor z.B. hohe Rendite, Investitionsmöglichkeiten) identifiziert und mit der Unternehmensstrategie abgeglichen werden. Schließlich steht die Entscheidung an, ob die Wettbewerbsvorteile am besten unternehmensintern als Internalisierungsvorteile (Internalisation advantages) oder aber extern über kooperative oder marktartige Transaktionen genutzt werden können (Dunning 1989: 13f.). Die Internalisierung der Wettbewerbsvorteile ist immer dann effizienter als der Handel, wenn die Transaktionskosten des Marktes größer sind als die Kosten hierarchischer Organisation. Insbesondere Unsicherheit und Risiko bei wirtschaftlichen Entscheidungen sowie Transaktionskosten, die nicht durch Verträge abgedeckt werden, begünstigen die Internalisierung von Eigentumsvorteilen (Dunning 1980/1988; Glückler 2004: 58). Die Bereitschaft eines Unternehmens, im Ausland zu investieren, ist schließlich umso größer, je stärker deren Wettbewerbs-, Standort- und Internalisierungsvorteile ausgeprägt sind. Wettbewerbsvorteile sind dabei notwendige Voraussetzung für ein Auslandsengagement. Wenn alle drei Vorteile vorliegen, wählt der Investor den Weg der Direktinvestition. Sind einzelne Bedingungen nicht gegeben, wird das Unternehmen alternative Strategien des Auslandsengagements wie Export oder Lizenzvergabe verfolgen (Dunning 1981: 31ff.). Nun stellt sich die Frage, ob dieses Modell, das ursprünglich für Industrieunternehmen konzipiert wurde, auch für Immobilieninvestitionen Relevanz besitzt. In der Entscheidungsfindung international orientierter Immobilieninvestoren zeichnet sich ein klarer Trend ab, der anstelle der einzelnen Immobilie das Gesamtportfolio in den Fokus rückt. Durch eine gezielte geographische Mischung nach Ländern sollen die Risiken auf der Portfolioebene reduziert werden (siehe Kapitel 3.2.4). Investitionsentscheidungen im Immobilienbereich basieren damit nicht mehr ausschließlich auf der Überprüfung der drei Vorteilskategorien nach Dunning, sondern das gesamte Portfolio rückt in den Vordergrund.
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Direktinvestitions- und Portfoliotheorien: eine Synthese Um dieser neuen Perspektive gerecht zu werden, sollen im Folgenden Ansätze der ausländischen Direktinvestition (ADI) und Portfolioinvestition (API) in einem methodologischen Konzept integriert werden. Damit können die Investitionsmotive im Immobilienbereich realitätsnäher nachgezeichnet werden. Während ADIs zur Gründung von Zweigbetrieben oder zum Erwerb von bzw. zur Beteiligung an Unternehmen getätigt werden, um Einfluss auf deren Geschäftspolitik auszuüben, erfolgen APIs gemeinhin nicht aus dem Kontrollmotiv. Vielmehr sind die Kapitalgeber daran interessiert, mittels Minderheitsbeteiligungen (z.B. über Aktien, Fondsanteile) an den Gewinnen ausländischer Unternehmen zu partizipieren (Rendite- und Spekulationsmotiv). Darüber hinaus wird bei ADIs neben dem Kapital i.d.R. Expertise, Management-, Organisations-Know-how und weitere firmenspezifische Ressourcen in das Zielland transferiert (siehe hierzu auch Kapitel 7.4.1). Auch fallen die allgemeinen Nachteile der Marktfremdheit bzw. Liabilities of foreignness bei ADIs stärker ins Gewicht. Die Zusatzkosten durch Informations- und Kommunikationsbarrieren, kulturelle Distanz, geringes lokales Marktwissen, fehlende Informations- und Kontaktnetze und administrative Hürden müssen bei Investitionsentscheidungen Berücksichtigung finden. Bei Portfoliotransaktionen entfällt dagegen ein Großteil dieser Hindernisse. In der Immobilienwirtschaft sind beide Investitionskategorien (Direktund Portfolioinvestitionen) weit verbreitet. Direkte Investitionen in ausländische Immobilien stehen der Möglichkeit gegenüber, indirekt über Aktien, REITs, Immobilienfondsanteile, Minderheitsbeteiligungen etc. am ausländischen Immobilienmarkt teilzunehmen. Während die Entscheidung zum direkten Investment auf Wettbewerbsvorteilen basiert, spielen bei indirekten Anlageformen v.a. Diversifikationseffekte eine gewichtige Rolle im Entscheidungskalkül (siehe Kapitel 3.2.4). Durch die Berücksichtigung von Standorten mit gegenläufigen Mietzyklen, d.h. mit möglichst negativen Korrelationskoeffizienten, kann das Risiko eines Portfolios erheblich gesenkt werden. Obgleich Diversifikationseffekte die entscheidende Antriebskraft für manches internationales Investment darstellen, wurden diese bisher nicht ausreichend in die Investitionstheorien integriert. Will man diese Handlungsnormierungen darstellen, muss man die Portfoliotheorie integrieren. In diesem Kapitel wird daher in Anlehnung an Holsapple et al. 2006 ein hybrider Ansatz entwickelt, der sowohl ADI als auch API als Unterkategorien innerhalb des eklektischen Paradigmas von Dunning integriert. Alternativ zu Wettbewerbsvorteilen können damit auch Diversifikationseffekte den Ausschlag zur Investition im Ausland geben. Die Entscheidungsfindung bei Immobilieninvestitionen im Ausland wird dabei in drei Sequenzen gegliedert. Im ersten Schritt steht die Frage im Zentrum, ob im Ausland investiert werden soll. Dazu werden mögliche
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Wettbewerbs- und Diversifikationsvorteile unabhängig voneinander evaluiert (siehe Box 7), bevor beide Subkategorien in einem weiteren Schritt aggregiert werden. Eine Investition im Ausland ist nur dann sinnvoll, wenn diese Vorteile die Zusatzkosten eines Auslandsengagements aufwiegen. Trifft dies zu, werden im nächsten Schritt die Standort- und Internalisierungsparameter geprüft. Box 7: Synthese von Direktinvestitions- und Portfoliotheorie Subkategorie 1: Wettbewerbsvorteil W = Wettbewerbsvorteile des internationalen Investors W*= Wettbewerbsvorteile der heimischen Konkurrenten auf dem Zielmarkt ZK = Zusätzliche Kosten für grenzüberschreitende Investitionen (z.B. Distanz, zusätzliche Informations- und Transaktionskosten, Intransparenzen) Investitionsbedingung = W - W* - ZK > O Subkategorie 2: Diversifikationseffekt Beurteilung der Risikosituation, d.h. die Abweichung der realisierten Renditen (rt ) vom Erwartungswert ( µ ) über die Standardabweichung der Renditen (σ ) :
σ=
1 N ∑ (rt − µ ) 2 N − 1 t =1
Die Kovarianz (COV) gibt die Abhängigkeiten zwischen den Einzelrisiken an: COV =
1 N N ∑ ∑ (ri − µi )(rj − µ j ) N − 1 i =1 j =1
Das Portfoliorisiko (σ ij ) ergibt sich schließlich aus den gewichteten (Wi;Wj)
Einzelrisiken (σ i ; σ j ) erweitert um den Kovarianz-Anteil (COVij) (das Schwingen der Werte miteinander):
σ ij = Wi 2 * σ i2 + W j2 * σ 2j + 2 * Wi * W j * COVij Ist das gewichtete Portfoliorisiko (Wi * σ i + W j * σ j ) höher als das berechnete Portfoliorisiko (σ ij ) ergibt sich eine Risikovernichtung durch die Diversifikation (Diversifikationseffekt = D). Investitionsbedingung = D - ZK > O
Für die Entscheidungsfindung wird von den Immobilieninvestoren ein Raster eingesetzt, nach dem die Märkte systematisch abgesucht, verglichen und bewertet werden (siehe Kapitel 6.1). Als Kriterien dienen Mindest- und Höchstanforderungen an bestimmte Merkmale, wie politische Stabilität, Rechtssicherheit, nationale bzw. lokale Regulierungen, Renditeund Investitionsmöglichkeiten, Steuervorteile, Wechselkursgewinne etc. Am Ende der Entscheidungskette steht die Frage, ob direkt oder indirekt in
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Immobilien investiert werden soll. Wenn der Investor ausschließlich Wettbewerbsvorteile besitzt, und diese die Zusatzkosten eines Auslandsengagements übertreffen, kommt ein direktes Investment in Frage. Um die Nachteile der Marktfremdheit bzw. Liabilities of foreignness einzudämmen, kann der Investor eine strategische Zusammenarbeit mit einem lokalen Unternehmen eingehen. Stehen dagegen die Diversifikationseffekte im Vordergrund eines Investments, empfiehlt sich eine indirekte Beteiligung über Aktien oder Fondsanteile. Die Zusatzkosten sind in diesem Fall vernachlässigbar klein.
3.3.2
Relationaler Kontext der Internationalisierung
Die bisherigen Ausführungen erwecken den Anschein, dass die Erklärungsansätze zur Internationalisierung entweder in unternehmensinternen (Strategie, Ressourcen, Risikomischung etc.) oder allgemeinen Umweltbedingungen (siehe Antriebskräfte der Globalisierung) gesucht werden. Externe Kontextbedingungen bleiben dagegen meist unbeleuchtet. Die Entscheidungsfindung des Immobilieninvestors wird als atomistischer Entscheidungsprozess konzipiert und analytisch unabhängig von seinem Kontext betrachtet. Atomistische Theorien führen nach Granovetter (1985) individuelles Handeln entweder ausschließlich auf internalisierte Normen (Oversocialized) oder äußerlicher Annahmen wie formale Rationalität und Gewinnmaximierung zurück (Undersocialized). Der Einfluss von und die Interdependenzen mit dem sozialen und institutionellen Kontext werden in den skizzierten theoretischen Ansätzen zur Internationalisierung nicht weiter thematisiert und ausgeblendet.
Atomistische Konzepte und normative Annahmen in der Kritik Den normativen Ansätzen der Direktinvestitions- und Portfoliotheorie liegen normative Annahmen über eine optimale Marktauswahl zugrunde, d.h. die Investoren entscheiden nach dem Prinzip des Homo oeconomicus allein auf Basis formaler Rationalität und Gewinnmaximierung. Im Kern geht es darum, welche Regeln Entscheidungsträger in der Immobilienwirtschaft anwenden sollen, und nicht um konkrete reale Investitionsbedingungen und -entscheidungsphasen (Roberts/Henneberry 2007: 290). Der Investor gleicht in dieser Sichtweise einer „sozialen Insel“ (Glückler 2004: 84), deren Handlungsmotiv a priori als rational und gewinnmaximierend determiniert ist. Dieses Leitbild der formalen Rationalität wird in Teilen der Wirtschaftswissenschaften zunehmend in Frage gestellt bzw. abgelehnt. Räumliche Erscheinungen und Prozesse sind demgemäß nicht nur mit der formalen Eleganz ausdifferenzierter Rational-choice-Modelle abzubilden. Diese Kritik wendet sich gegen die gleichgewichtstheoretischen Vorstel-
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lungen, welche die Ökonomie im Laufe der Zeit hervorgebracht hat (Corpataux/Crevoisier 2007: 287). Angesichts der Defizite der Gleichgewichtsmodelle entwickelten Ökonomen selbst schon früh die entscheidungstheoretische Vorstellung des satisficing Akteurs, der unter unvollständigen Informationen und unsicheren Bedingungen handelt (Bounded rationality). Sie betonen, dass ökonomische Entscheidungen nicht rational und unter vollkommenen Bedingungen, sondern unter unvollständigen Informationen auf unvollkommenen Märkten getroffen werden und von Erfahrungen und Präferenzen der Entscheidungsträger geprägt sind. Das bedeutet, dass der Akteur keinen besten Verfahrensweg bzw. Procedural rationality (Simon 1978) in der Entscheidungsfindung beschreiten kann, den der Homo oeconomicus verfolgen müsste. In der Konsequenz wird das simplifizierende Bild rationaler (guter) und irrationaler (schlechter) Entscheidungen in Frage abgelehnt. Vertreter der Behavioural Economics15 plädieren daher für eine stärkere Einbeziehung der kontextabhängigen Faktoren bei der Erforschung realer Entscheidungsprozesse: „[…] decision-making takes place in the real world rather than in the near empty“ (Strauss 2008: 150). Dazu beziehen sich deren Konzepte auf beobachtete Marktanomalien und wandeln neoklassische Modelle ab, indem sie wirtschaftliche Entscheider so beschreiben, dass sie zum Teil heuristisch, intuitiv und nachahmend (mimetisch) handeln oder von Kontextbedingungen (Framing) beeinflusst werden. Das Prinzip der Rationalität wird dabei aufgeweicht: „[…] people do not have complete information, are embedded in networks of social relations, and therefore may base decisions on factors other than sheer economic rationality“ (Hanson 2006: 28). Insbesondere die folgenden Grundannahmen der Behavioural Economics helfen dabei, die Überlegungen zur Entscheidungsfindung von Immobilieninvestoren weiter zu fundieren: 1) begrenzte Rationalität der Entscheidungsträger; 2) Dominanz von Heuristiken gegenüber gründlichen rationalen Erwägungen; 3) Bedeutung von Intuition und Imitation bei Entscheidungsprozessen und 4) Kontextabhängigkeit (Strauss 2008: 142f.). Diese vier Punkte werden im Folgenden erläutert: Die Logik des Homo oeconomicus erwartet vom Wirtschaftsakteur, dass dieser nicht nur alle Handlungsalternativen überblickt, sondern auch weiß, welche Folgen mit welcher Wahrscheinlichkeit eintreten, wenn er eine Option wählt. In der Realität können sich die Wirtschaftsakteure mit ihrer beschränkten Auffassungsgabe, die auf physische, mentale und neuronale Beschränkungen zurückzuführen ist, immer nur um einen kleinen Ausschnitt der Wirklichkeit kümmern. Das gilt im Besonderen für Entscheidungen unter Ungewissheit und Zeitdruck. Die Entscheider sind vor allem in diesen Situationen mit der Informationsverarbeitung überfordert 15 Hervorzuheben sind die Arbeiten der Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Vernon L. Smith, die wesentlich zum Entstehen der Behavioural Economics beigetragen haben.
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und greifen deshalb häufig auf sog. Urteilsheuristiken zurück. Dabei handelt es sich um kontextspezifische Daumenregeln (Rules of thumb), die ohne komplexe und ausführliche Analysen mit geringem Aufwand im Idealfall zu effizienten Entscheidungsergebnissen führen können (Strauss 2008: 142; Bofinger/Schmidt 2003: 108): „[…] under bounded rationality agents will at most […] follow rules of thumb or use other simplified algorithms – short of optimal – in their decisions and their information processing strategies“ (Winkler 2000: 19). Auch in der Immobilienwirtschaft bieten sich Gelegenheiten zu attraktiven Immobilientransaktionen häufig unvorhergesehen oder zufällig und erfordern damit rasche Entscheidungen in Form von Heuristiken. Der Entscheidungsfindung werden damit weitere Spiralwindungen hinzugefügt, die nicht rational gewonnen werden (Clark/Marshall 2002), indem Entscheidungen der Wirtschaftsakteure auch aus dem Bauchgefühl heraus oder intuitiv erfolgen können (Strauss 2008: 143). Ferner führen Zeitdruck und die Komplexität von Entscheidungen zu Unsicherheiten, welche durch Beobachtung und Imitation anderer Marktteilnehmer bewältigt werden. Imitation als intuitive Reaktion auf spezifische Entscheidungskontexte ist ein Beispiel für die zutiefst soziale Natur menschlicher Rationalität und die soziale Einbettung menschlicher Entscheidungsprozesse. Schließlich prägen auch die kontextspezifischen Rahmenbedingungen (Framing) wesentlich die Entscheidungsfindung. Beispielsweise beeinflusst die Art der Darstellung von Marktveränderungen in der Öffentlichkeit (z.B. Presse) sowie Stimmungen, Erwartungen und Einschätzungen von Marktteilnehmern (Investor Sentiments) über zukünftige Entwicklungen von Immobilienmärkten nachhaltig das Verhalten der Entscheidungsträger (Degi 2008c). Die Ausrichtung konzeptioneller Überlegungen alleine auf die normativen Konzepte scheint somit zu eng: „[…] the language of finance has given way over the past few years to a more complex and empirically based investment practice“ (Clark et al. 2005: 24). Rational-choice-Modelle und deren Equilibriumsvorstellungen werden der Komplexität und Dynamik der Realität nur unzureichend gerecht und stoßen damit auf ihre konzeptionellen Grenzen. Das bestätigen auch empirische Studien zum Internationalisierungsverhalten wissensintensiver Dienstleister, in denen das beobachtete Handeln der Akteure zumeist von der rationalen Norm des Homo oeconomicus abweicht (siehe u.a. Glückler 2006; O’Farrell et al. 1996; Westhead et al. 2001). Auch einige wenige empirische Arbeiten zur Immobilienwirtschaft (siehe French 2001; French/Gabrielli 2005; Roberts/Henneberry 2007) deuten an, dass beispielsweise soziale Beziehungen Investitionsentscheidungen prägen und zu Abweichungen von rational ermittelten Entscheidungsvorgaben führen. So identifizieren French/Gabrielli (2005) in ihrem Beitrag über Immobilieninvestitionen Externalitäten, die die optimale
GLOBALISIERUNGSPROZESSE IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT | 103
Immobilienallokation beeinflussen. Als Beispiel werden mimetische Prozesse genannt, d.h. die Tendenz der Investoren, ihre Wettbewerber zu beobachten und deren Investitionsverhalten zu imitieren. In Einklang damit kommt auch Coleman in seiner Studie zu dem Schluss: „Context is more important to decisions than their content“ (2007: 108). In der Konsequenz wird erwartet, dass Investitionsentscheidungen nicht isoliert getroffen werden, sondern der externe Kontext Einfluss auf die Investitionsentscheidung entfaltet. Die empirischen Ergebnisse sprechen damit für eine wirtschaftsgeographische Denkrichtung, die ihren Fokus stärker auf die tatsächlichen Beziehungen zu anderen Unternehmen richten sollte: „[…] to overcome some of the too mechanical arguments about the process of firm internationalization“ (Glückler 2006: 369). Konzepte zu Heuristiken, Imitation und Intuition etc. deuten auf die hohe Relevanz des Kontexts für Entscheidungsprozesse hin. Auch jüngste Arbeiten in der Wirtschaftsgeographie rekurrieren auf die Ansätze der Behavioural Economics und fokussieren damit stärker den Kontext bei Entscheidungsprozessen. Bei der Entwicklung einer alternativen Internationalisierungsperspektive bietet sich deshalb an, auf die gegenwärtigen Ideen und Konzepte der relationalen Wirtschaftsgeographie zurückzugreifen, die den Kontext wirtschaftlichen Handelns stärker in den Vordergrund setzen.
Relationalität als Steuerungsmechanismus der Internationalisierung Aus der Diskussion atomistischer Konzepte und empirischer Ergebnisse wird die notwendige Ergänzung um eine relationale Perspektive abgeleitet. Die Hegemonie der Rational-choice-Modelle muss aufgebrochen und um eine relationale Perspektive ergänzt werden. Die Investitionsentscheidungen der Akteure vollziehen sich aus dieser Sichtweise nicht kontextfrei, sondern sind immer eingebettet in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und institutioneller Strukturen. Das Internationalisierungsverhalten von Immobilieninvestoren wird in der gewählten Perspektive stärker in den fortlaufenden sozialen Beziehungen zu Stakeholdern wie z.B. Konkurrenten, Kooperationspartnern, Immobilienberatern etc. und in deren Einbettung in soziale Strukturen begründet. Diese Konstellationen können Möglichkeiten der Internationalisierung bieten, diese allerdings auch einschränken. Ursache und Richtung der Internationalisierung sollen im empirischen Teil demnach auch aus den konkreten Beziehungen der Immobilieninvestoren heraus untersucht werden. Damit soll Licht auf blinde Flecken der Entscheidungsfindung geworfen werden (siehe Kapitel 6.2). In Anlehnung an die Ansätze der Behavioural Economics und der relationalen Wirtschaftsgeographie besteht ein zentrales Argument der Studie
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darin, dass die Marktauswahl nicht alleine das Ergebnis rationaler Entscheidungsprozesse ist, sondern entscheidend durch kontextabhängige Beziehungen und Kontakte geprägt wird. Die Ergebnisse einiger Studien verhärten diesen Verdacht und implizieren eine relationale Marktauswahl. So orientieren sich Entscheidungsträger an Konkurrenten bzw. imitieren deren Entscheidungen (French 2001: 405). Gaston/Wie sprechen in diesem Kontext vom sog. Herding: „[…] funds taking investment decisions which they would not take if they did not observe other funds taking them“ (2002: 2). Charney (2003) wiederum führt die erhebliche Investitionstätigkeit israelischer Akteure in Polen, Ungarn und Tschechien vor allem auf vielfältige bestehende Geschäftskontakte und -verbindungen zwischen den Regionen zurück, die den Markteintritt der Investoren erleichtern. Clark/Lund stellen schließlich in ihrer Studie fest, dass vor allem Akteure aus kulturell nahen Ländern als Investor auf dem Kopenhagener Immobilienmarkt aktiv waren (2000: 474). Die explizite Berücksichtigung der Kontextbedingungen soll jedoch nicht zum Kurzschluss verleiten, dass die normativen Konzepte der Direktinvestitions- und Portfoliotheorie keinen Erklärungsgehalt hätten und Entscheidungsprozesse ausschließlich von relationalen Beziehungen geleitet würden. Ganz im Gegenteil: die Orientierung an der normativen neoklassischen Modellbildung erfährt in der Finanz- und Immobilienwirtschaft gerade eine Renaissance. Hall (2006: 674) spricht gar von einer „quantitative revolution“ in der Londoner Finanzwelt, die im Zuge steigender Unsicherheit – ausgelöst durch aufgedeckte Interessenskonflikte bei Investmentbanken und der Dotcom-Krise – aufkam. Rationale Entscheidungsverfahren wurden sukzessive eingesetzt, um Objektivität und Neutralität in der Finanzwirtschaft zu demonstrieren. Ähnliches trifft auch auf die Immobilenwirtschaft zu, wo die Kapitalmarktorientierung, das Auftreten neuer Akteure und die jüngste Immobilienmarktkrise die Investoren dazu motivieren, neue und vor allem nachvollziehbarere Entscheidungsheuristiken zu suchen. Das Ziel der Untersuchung besteht darin empirisch zu klären, inwiefern der relationale Kontext den angestrebten rationalen Internationalisierungsprozess eines Immobilieninvestors beeinflusst. Dazu wird erstens die normative Entscheidungskomponente der Immobilieninvestoren skizziert, die sich auf die Direktinvestitions- und Portfoliotheorie stützt und vorgibt, wie die Akteure in einer gegebenen Situation entscheiden bzw. investieren sollen (Kapitel 6.1). Zweitens wird untersucht, wie Entscheidungen in der Realität tatsächlich getroffen werden und welche Bedeutung der Relationalität als Steuerungsmechanismus der Internationalisierung dabei zukommt (siehe Kapitel 6.2).
4 Immobilie nw irtschaft und Intransparenz
Kapitel 4.1 zeigt auf, dass die Ausrichtung konzeptioneller Überlegungen allein auf die Globalisierungsprozesse für die Immobilienwirtschaft zu eng gefasst ist. Nicht nur wegen des Charakters der Immobilien, die naturgemäß verortet sind, sondern auch aufgrund der verorteten Informationen, Kenntnisse und Institutionen ließe sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die Immobilienwirtschaft nicht schrankenlos mobil geworden, sondern in erster Linie immer noch ein lokal geprägtes Geschäft ist. Dies gilt insbesondere für Investments in intransparenten Immobilienmärkten, für die keine verlässlichen und vollständigen Informationen verfügbar sowie deren rechtliche und politische Rahmenbedingungen häufigen Änderungen unterworfen sind. Im zentralen Teil des Kapitels (4.2) werden daher ausgehend vom Problem der Intransparenz mit Bezug auf Konzepte der Wirtschaftsgeographie, der Neuen Institutionenökonomie und der New Economic Sociology die Grenzen der Globalisierung in der Immobilienwirtschaft aufgezeigt. In der Konsequenz wird erwartet, dass globale Investoren ihre Strategien den intransparenten Strukturen anpassen. Kapitel 4.3 widmet sich diesen Anpassungsmechanismen, die den Skalenübertritt der Akteure erleichtern und scheinbar unüberwindbare Barrieren überbrücken können. Dazu werden aktuelle Nähedimensionen diskutiert, welche den Vertrauensaufbau und Wissenstransfer trotz geographischer Distanz ermöglichen und damit für international agierende Investoren von entscheidender Relevanz sind. Schließlich wird ein Phasenmodell entwickelt, das den Internationalisierungsprozess vormals lokaler Immobilienmärkte unter Berücksichtigung der Intransparenz und veränderter Akteurskonstellationen veranschaulicht.
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4.1 Lokale Bezüge der Immobilienwirtschaft Wie andere Wirtschaftszweige ist die Immobilienökonomie heute von deutlichen Globalisierungstendenzen erfasst. Neu sind vor allem die Intensität, geographische Ausdehnung und Beschleunigung grenzüberschreitender Aktivitäten, die engmaschige translokale Verflechtungen mit sich bringen (siehe Kapitel 3.1). Die vorrangige Ausrichtung der wirtschaftswissenschaftlichen Beiträge auf globale Prozesse lässt die lokale Ebene der Immobilienwirtschaft dabei gelegentlich aus dem konzeptionellen Raster fallen. In einigen wenigen empirischen Studien artikulieren sich allerdings abweichende Meinungen zur globalen Immobilienwirtschaft, die als Gegenentwurf die lokale Verwurzelung der Immobilienwirtschaft betonen. Der transnationale Berater Ernst & Young geht sogar soweit, die Globalisierung der Immobilienwirtschaft als Mythos abzutun: „Globalization of real estate is a myth: the planet is a collection of different real estate markets, not a seamless, integrated, unified market. As the economy goes global, real estate remains local“ (Ernst & Young 2002: 15). Egal, ob man dieser Zuspitzung zustimmen mag, eines ist gewiss: Der Globalisierungsprozess bezieht sich weder auf alle Segmente des Immobiliengeschäfts, noch verläuft dieser räumlich identisch.
4.1.1
Lokale Vielfalt statt globaler Einheit
Globaler Immobilienmarkt als bunter Flickenteppich Gewerbeimmobilien unterscheiden sich stark von anderen Wirtschaftsgütern, nicht nur hinsichtlich ihrer – zunächst augenfälligen – physischen Fixiertheit. Sie zeichnen sich weiterhin aus durch eine große Heterogenität in Bezug auf Größe, Ausstattung, Architektur und Lage, durch eine lange Realisierungs- und Lebensdauer sowie durch umfangreiche Investitionsund Transaktionskosten (u.a. Grunderwerbssteuer, Informationskosten) (Rußig et al. 2005: 26f.). Aus den Spezifika von Immobilien ergeben sich für den Immobilienmarkt Abweichungen vom vollkommenen Marktverständnis (Cezanne 2005: 157ff.). Diese manifestieren sich zunächst in einer Marktsituation, in der das Immobilienangebot räumlich gebunden ist. Der Immobilienmarkt setzt sich aus vielen heterogenen Teilmärkten zusammen, die sich nicht nur durch ihre geographische Lage, sondern z.B. auch in ihrer Struktur, Bebauungsdichte, Grundstückspreisen, Mietpreisen etc. voneinander unterscheiden: „What exists is mostly a patchwork of real estate markets“ (Ernst & Young 2002: 4). Die globale Landkarte der Immobilienmärkte ähnelt einem Flickenteppich aus fragmentierten Standorten mit spezifischen Eigenschaften, Strukturen und Praktiken. Diese Pluralität steht einer
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kurzfristigen und universellen Aneignung globaler Prozesse unüberwindbar im Wege bzw. schwächt diese zumindest ab. Lange Bauzeiten beschränken wiederum die Reaktionsfähigkeit und Anpassungsflexibilität des Angebots. Bedingt durch die lange Realisierungszeit von Immobilien können Projektentwickler damit nur stark verzögert auf Marktschwankungen reagieren. Schließlich ist ein vollkommener Markt durch Markttransparenz gekennzeichnet, die für sämtliche Marktteilnehmer vollständige und gleichartige Informationen über das Marktgeschehen voraussetzt. In der Realität schaffen asymmetrische Informationsverteilungen Intransparenzen, die uneinheitliche Preisbildungsprozesse zur Folge haben (Gondring 2004: 41f.). Ein weiteres Kriterium vollkommener Märkte ist deren Offenheit. Während auf offenen Märkten freier Marktzugang für potenzielle Konkurrenten gewährleistet ist, erschweren auf Immobilienmärkten Eintrittshemmnisse institutioneller (z.B. staatliche Zugangsbeschränkungen) und ökonomischer Natur (z.B. monopolistische Interessen) neuen Teilnehmern den Marktzugang. Die skizzierten Abweichungen vom idealen Marktmodell resultieren letztlich in einer starken lokalen Verankerung und Heterogenität der Immobilienwirtschaft, die im Folgenden thematisiert werden.
Lokal verankerte Immobilienwirtschaft Am Beispiel der Projektentwickler belegen wirtschaftsgeographische Beiträge (Wood 2004; Heeg 2008b; Logan 1993) die lokale Verankerung der Immobilienwirtschaft, die nur wenig Spielraum zur Globalisierung bietet: „An industry that remains stubbornly local“ (Wood 2004: 121). Lokale Wissensbestände und komplexe Netzwerke zwischen Projektentwicklern, lokalen Planungsstellen und Baubehörden markieren die Bedeutung des Lokalen in der globalen Immobilienwirtschaft und blockieren eine reibungslose Übersetzung zwischen verschiedenen geographischen Maßstabsebenen. Dies bestätigen auch die Ergebnisse einer Fallstudie von Wood (2004) zum Projektentwicklungsmarkt in Columbus (Ohio; USA). Drei Viertel der zwischen 1985 und 2002 aktiven Projektentwickler waren lokal ansässige Unternehmen, während nur ein Viertel von überregionalen und keine Projektentwicklungen von internationalen Akteuren vollzogen wurden. Das Segment wird demnach hauptsächlich von lokalen Unternehmen dominiert; überregionale oder gar internationale Akteure bleiben die Ausnahme (2004: 130). Als Grund für diesen geographisch eingeschränkten Tätigkeitsradius kann vor allem die übergeordnete Bedeutung enger Beziehungen zur Stadtplanung angeführt werden. Die vielen Unvorhersehbarkeiten bzgl. Baugenehmigung und -ausführung, mit denen die Planung und Realisierung eines Projektes konfrontiert werden, sowie der lange Herstellungsprozess einer Gewerbeimmobilie sind mit laufenden Abstimmungsprozessen mit den jeweiligen Planungsbehörden verbunden.
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Die empirischen Ergebnisse über Projektentwicklungen in Schweden von Psilander (2007) unterstützen diese These. Kleine lokal ansässige Unternehmen arbeiten demnach effizienter als große nationale bzw. internationale Konzerne. Durch räumliche Präsenz und aktive Teilnahme am Tagesgeschäft reduziert sich die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen, Verzögerungen und Bauablaufstörungen. Darüber hinaus unterstützen lokale Netzwerke die Generierung und den Austausch von Informationen innerhalb der lokalen Geschäftswelt und tragen damit zur lokalen Verwurzelung bei: „[…] these networks and their spatial configuration are critical in rooting or ,fixing‘ a localized and fragmented industrial form“ (Wood 2004: 125). Die Verbreitung von Informationen, etwa über geplante Projekte der Konkurrenz, geeignete Standorte, jüngste Marktentwicklungen und Schlüsselakteure, bleibt damit häufig lokal fixiert und exklusiv. Lokal agierende Entwickler verfügen damit über detailliertere Standortkenntnisse und können daher oft besser einschätzen, welche Standorte Entwicklungspotential besitzen bzw. wann der Konjunkturzyklus den günstigsten Investitionszeitpunkt überschreitet (Dobberstein 2000: 10). Die hohe Kontextspezifität und Komplexität der einzelnen Schritte der Projektentwicklung, die neben dem Preis meist auch über Vertrauen und Reziprozität reguliert werden, scheinen gleichfalls eine lokale Kopräsenz der Interaktionspartner erforderlich zu machen. Aus Sicht externer Immobilienprojektentwickler stellen diese lokal verankerten persönlichen Beziehungsnetzwerke sowie die spezifischen Besonderheiten des Marktes eine schwer zu überwindende Barriere bei der Markterschließung dar. Wenngleich die Studie von Wood mit der Betonung räumlicher Einbettung ökonomischer und politischer Praktiken einen gewinnbringenden Beitrag zur weiteren Untersuchung der Immobilienwirtschaft leistet, erfasst sie mit dem Projektentwicklungsmarkt in einer US-amerikanischen Mittelstadt lediglich einen begrenzten Bildausschnitt der weltweiten Immobilienlandschaft. Denn neue Finanzierungsmöglichkeiten und Anlagevehikel ermöglichen die räumliche Entbettung der Immobilientransaktionen und der Kapitalakquirierung. Gerade wegen der großen Bedeutung institutioneller Investoren, die i.d.R. selbst keine Projektentwicklungen durchführen, sondern fertig gestellte Immobilien kaufen und verkaufen, sind detaillierte Fallstudien über diesen Investortyp erforderlich. Dabei sollten insbesondere als Untersuchungsmärkte Städte gewählt werden, die als Entscheidungszentralen und Knotenpunkte im globalen Netzwerk fungieren und damit auch auf globale Investoren Anziehungskraft ausüben (Sassen 2001). Auch wenn die vorhandenen Studien nicht die gesamte Immobilienwirtschaft repräsentieren, so geben sie dennoch Hinweise darauf, dass die Immobilienwirtschaft nicht nur wegen des Charakters der Immobilie, die naturgemäß verortet ist, sondern auch aufgrund der verorteten Informatio-
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nen und Kenntnisse nicht schrankenlos mobil geworden ist. Vielmehr konstituieren sich heterogene Immobilienmärkte aus dem Zusammenspiel lokaler Eigenarten und globaler Einflüsse unterschiedlicher Art und Stärke. Dabei spielen Institutionen eine entscheidende Rolle (Bardhan/Kroll 2007: 20).
4.1.2
Immobilienmärkte als lokale Institutionen
Einen Erklärungsansatz für die lokale Fixierung einzelner Segmente der Immobilienwirtschaft bzw. für die Heterogenität lokaler Immobilienmärkte bietet die institutionelle Perspektive (Keogh/D’Arcy 1999). Das Handeln der Immobilienakteure vollzieht sich demzufolge nicht kontextfrei, sondern ist immer in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und institutioneller Strukturen eingebettet (Granovetter 1985: 487). Unter Institutionen kann man aus wirtschaftsgeographischer Perspektive sowohl bewusst gestaltete als auch ungeplant entstandene dauerhafte Muster ökonomischer Beziehungen verstehen, die mittels stabiler Verfahrensweisen in Gestalt von Regeln, Normen oder Gesetzen die Unsicherheit des gegenseitigen Austauschs reduzieren und die Erwartungssicherheit über das Verhalten anderer Marktteilnehmer maßgeblich erhöhen (Bathelt/Glückler 2003: 29). Institutionen prägen somit das Handeln der Wirtschaftsakteure, indem sie durch Beschränkungen (Constraints) oder Ermöglichungen (Opportunities) deren Spielraum definieren. Abb. 14: Immobilienmärkte aus institutioneller Perspektive Institutionelle Rahmenbedingungen Politische Grundordnung
Environment
Gesellschaftssystem Wirtschaftssystem Rechtssystem Immobilienmarkt als Institution
Specific rules of the game
Informelle Institutionen (nicht formalisierte Regeln, Normen, Konventionen, Verhaltensweisen etc.) Formelle Institutionen: festgeschriebene Formen dauerhaft geregelter Transaktionsbeziehungen (Gesetze etc.) Akteure des Immobilienmarktes Nutzer (Käufer, Mieter)
Player of the game
Finanziers Investoren/ Projektentwickler Berater/ Makler Institutionen/ Verbände Öffentliche und private Behörden etc.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Keogh/D’Arcy 1999
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Überträgt man die Institutionenlogik auf die Immobilienwirtschaft, geben die institutionellen Rahmenbedingungen (Environment), die sich aus den landesspezifischen politischen Grundordnungen, dem Gesellschafts-, dem Wirtschafts- und Rechtssystem zusammenfügen (siehe Abb. 14), den übergeordneten Handlungsrahmen für ausländische Immobilienakteure vor. Zwischen den institutionellen Rahmenbedingungen und den handelnden Marktteilnehmern fungiert der Immobilienmarkt selbst als Institution (Specific rules of the game) und konstituiert sich aus formellen und informellen Institutionen (Seabrooke 2004: 8). Während erstere sich in festgeschriebenen Formen dauerhaft geregelter Transaktionsbeziehungen manifestieren (z.B. immobilienmarktbezogene Gesetze, Vorschriften, Bauordnung), zeichnen sich letztgenannte durch eine geringe Regelungsdichte und nicht-formalisierte Regeln, Traditionen, Gewohnheiten, Praktiken, Verhaltensweisen, ungeschriebene Gesetze etc. aus. Diese werden in örtlichen Kontexten institutionalisiert und permanent verfeinert, modifiziert, korrigiert und reproduziert. Beide Kategorien reduzieren die Unsicherheit für Immobilienakteure, indem sie eine Grundlage für deren Erwartungen, Vorstellungen und Entscheidungen stellen und damit eine gewisse Stabilität und Vorhersehbarkeit liefern: „Without these ,rigidities‘, without social routine and habit to reproduce them, and without institutionally conditioned conceptual frameworks, an uncertain world would present a chaos […] in which it would be practically impossible for agents to make decisions, act and interact with each other“ (Arvanitidis 2006: 138). Die Kategorisierung lokaler Immobilienmärkte als Institutionen soll keinesfalls ein kohäsives und einheitliches Gebilde suggerieren, sondern vielmehr ein Netzwerk unterschiedlicher Regeln, Konventionen, Verbindungen etc., die zusammen einen Rahmen präsentieren, in dem beispielsweise Büroimmobilien geplant, realisiert und gehandelt werden. Diese institutionellen Charakteristika variieren zum einen stark räumlich zwischen den einzelnen lokalen Immobilienmärkten und zum anderen auch im zeitlichen Kontext. Auf der untersten Ebene stehen schließlich die heterogenen Marktteilnehmer eines bestimmten Immobilienmarktes (Player of the game). Das Handeln der Immobilienakteure vollzieht sich nicht kontextfrei zwischen isolierten Akteuren, sondern ist als soziales Handeln eingebettet in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und Strukturen. Als Kitt der lokalen Netzwerke dienen beziehungsspezifische Institutionen wie Vertrauen, Konventionen, Routinen und Normen, die fortwährend in alltäglicher Interaktion reproduziert werden und als Institutionen der Alltagspraxis Unsicherheiten, opportunistisches Verhalten und Transaktionskosten minimieren können (Glückler 2004: 258f.). Aktuelle Ansätze in der Wirtschaftsgeographie bieten dazu ein passendes Analyseraster. So betonen Maskell/Malmberg (1999) sowie Storper (1997) anhand der eingeführten Localised capabilities bzw. Untraded interdependencies die Einbettung ökonomischer Prozesse in lokale institutionelle Kontexte.
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Das beschriebene institutionelle System offenbart sich nicht als statisches Konstrukt, vielmehr sind Wechselbeziehungen und kontinuierliche Anpassungsprozesse zwischen Institutionen und Akteuren die Normalität (Keogh/D’Arcy 1999: 2407). Institutionen, die den Handlungskontext für die Immobilienakteure bilden, sind sozial konstruiert und können demnach auch Gegenstand des Versuchs absichtsvoller Veränderungen durch (mächtige) Akteure sein. Externe Effekte wie z.B. der Markteintritt globaler Akteure sowie interner Wandel, z.B. ausgelöst durch die zunehmende Professionalisierung lokaler Akteure, können Druck auf die Umgestaltung bzw. Rekonstruktion marktspezifischer Spielregeln ausüben. Ineffiziente Institutionen können sich andererseits sehr persistent zeigen, wenn keiner der beteiligten Akteure genug Motivation oder ausreichend Macht zur Veränderung besitzt bzw. mächtige Akteure versuchen, ihre Interessen zu wahren. Zu starre Institutionen bzw. ein sklerotisches Geflecht gut organisierter lokaler Interessensgruppen erschweren institutionelle Anpassungen an neue Bedingungen und bedrohen damit die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz von Immobilienmärkten (Lock-in-Effekt). Ein flexibler institutioneller Rahmen bietet hingegen Raum für reibungslose Anpassungsprozesse an veränderte wirtschaftliche, soziale, politische etc. Veränderungen: Es entstehen neue Institutionen, alte Institutionen werden durch neue substituiert und bestehende Institutionen modifiziert (Arvanitidis 2006: 139). Die Betrachtung der Immobilienwirtschaft aus institutioneller Perspektive trägt zu einer erweiterten theoretischen Fundierung der Thematik bei. Obgleich sich die Struktur von Immobilienmärkten nicht mehr restlos und zwingend mit den Eigenarten der jeweiligen Lokalität erklären lässt, sollte deutlich geworden sein, dass die Durchlässigkeit der Skalen in der Immobilienwirtschaft durch marktspezifische Spielregeln und die Vielfalt an Interessen und Machtkonstellationen der einzelnen Akteure eingeschränkt wird. Lokale Immobilienmärkte sind mit formellen und informellen Regeln der ökonomischen Praxis durchzogen. Das globale Handeln von Immobilieninvestoren wird dadurch erschwert, indem die Immobilienmärkte sich nicht in einheitlichen Farben präsentieren, sondern in vielen verschiedenen Schattierungen in Form spezifischer verorteter Regeln, Konventionen etc. Die Globalisierung der Immobilienwirtschaft darf folglich nicht als eindimensionale Ausdehnung ökonomischer Aktivitäten und Beziehungen von lokalen, über nationalen bis hin zu globalen geographischen Maßstabsebenen aufgefasst werden. Vielmehr bedarf es eines Konzeptes, das die Hindernisse (Constraints) bei der Internationalisierung einbezieht. Es mangelt an einer theoretisch-konzeptionellen Durchdringung der Frage, welche nationalen, regionalen und lokalen Bedingungen einem problemlosen Markteintritt von globalen Immobilieninvestoren entgegenstehen.
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4.1.3
Intransparente Immobilienmärkte
Die vorläufige Lehre aus dem diskutierten empirischen Material zur Immobilienwirtschaft und theoretischen Institutionenansatz lautet: Das Immobiliengeschäft bleibt trotz globaler Prozesse in Teilräumen und -segmenten ein stark lokal geprägter Wirtschaftsbereich. Die Durchlässigkeit der unterschiedlichen Maßstabsebenen wird hierbei vor allem durch Intransparenzen eingeschränkt: „Real estate has historically been an asset category with relatively low transparency“ (Gordon 2003: 10). Dies gilt im besonderen Maße für internationale Transaktionen in den neuen Märkten, für die oftmals keine verlässlichen und vollständigen Informationen über die marktspezifischen Spielregeln bzw. Institutionen verfügbar sind. Bevor die Ursachen und Wirkungsweisen der Intransparenz in einem Konzept differenziert und detailliert thematisiert werden, soll diese zunächst begrifflich präzisiert und deren Relevanz in Wissenschaft und Praxis diskutiert werden.
Intransparenz in wirtschaftswissenschaftlichen Beiträgen In der Volkswirtschaftslehre spricht man von Marktransparenz, wenn die Durchsichtigkeit eines Marktes im Hinblick auf Güter, deren Preise und sonstige Konditionen für alle beteiligten Akteure vollständig gewährleistet ist (Gabler 2004: 1992). Diese Sichtweise basiert auf der Logik des Homo oeconomicus, der stets über vollständige Informationen und vollkommene Markttransparenz in allen Entscheidungssituationen verfügt. Die Wirtschaftsakteure überblicken nicht nur alle Handlungsalternativen, sondern wissen auch, welche Folgen mit welcher Wahrscheinlichkeit eintreten, wenn eine bestimmte Option gewählt wird. Intransparenz bezieht sich hingegen auf die Undurchsichtigkeit von Märkten hinsichtlich deren Prozesse, Spielregeln, Besonderheiten und Akteure. Sie wächst in dem Maße, in dem Wirtschaftsakteure Entscheidungen über Zweck-Mittel-Relationen infolge undurchsichtiger, unklarer und unabsehbarer Strukturen und Entwicklungen immer weniger verlässlich treffen können. Ein Großteil der ökonomischen Literatur zur Intransparenz fokussiert die Teilaspekte Korruption bzw. Bestechung sowie fehlende Eigentumsrechte (Drabek/Payne 2002: 4). Andere thematisieren die Informationsproblematik. Fehlende bzw. unvollständige Information birgt demzufolge für Investoren eine hohe Gefahr von Fehlinvestitionen und verpassten Gelegenheiten (Winkler 2000). In der Wirtschaftsgeographie sind vertiefte Studien zur Transparenz bisher nur sehr begrenzt durchgeführt worden. Eine der wenigen geographischen Perspektiven liefert die Finanzmarkttopographie von Clark/O’Connor (1997), die für unterschiedliche Finanzprodukte den Zusammenhang zwischen deren Transparenz und räumlicher Organisation diskutiert (siehe Box 8). Während transparente Produkte mit
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einem geringen Informationsaufwand und klaren Informationen weltweit jederzeit abrufbar sind und in wenigen Finanzzentren hergestellt werden, finden sich am anderen Ende Produkte, die ortsspezifische Expertise erfordern und damit an die Lokalität gebunden bleiben. Box 8: Transparenz in der Finanzgeographie Clark/O’Connor (1997: 99) identifizieren drei Typen von Finanzprodukten, die unterschiedliche Transparenzeigenschaften und damit jeweils eigene Geographien aufweisen (siehe Tab. 10). Sie unterscheiden zwischen transparenten, transluszenten und intransparenten Finanzprodukten. Während die Eigenschaften transparenter Produkte kodifizierbar und weltweit kommunizierbar sind, finden sich am anderen Ende intransparente Produkte, deren exakter Aufbau für Externe in geheimnisvolles Dunkel gehüllt bleibt. Die Erstellung dieser Produkte erfordert einen hohen Grad an lokaler Vernetzung und Wissen. Exemplarisch für diese Kategorie stehen die Finanzprodukte REITs oder Immobilienfonds, da sie immer noch an reale Immobilien und damit standortspezifische Informationen gebunden sind (Dicken 2007: 398). Anhand der Typologie entwerfen Clark/O’Connor eine Finanzmarkttopographie, die von der Vorstellung einer einheitlichen räumlich entbetteten Finanzwelt abweicht: „different types of products produce geography“ (1997: 108).
Tab. 10: Finanzprodukte und ihre Transparenzeigenschaften Finanzprodukt
Information verfügbar
Informationsart
Notwendigkeit ortsspezifischer Expertise
transparent
global
ubiquitär
gering; z.B. Börsenindizes; werden international gehandelt
transluszent
national
marktspezifisch
intransparent
lokal
transaktionsspezifisch
signifikant; detailliertes Wissen über nationale/lokale Unternehmen erforderlich; im Prinzip international handelbar unerlässlich; basieren auf Vertrauen und langfristigen Beziehungen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dicken 2007:398 Auf die Immobilienwirtschaft übertragen, bedeutet Markttransparenz, dass alle relevanten Informationen über den jeweiligen Immobilienmarkt, dessen Spielregeln, Institutionen und Akteure präzise, umfassend und zu jedem beliebigen Zeitpunkt öffentlich verfügbar bzw. abrufbar sein müssten: „[…] when there is as much information as possible available at any point in time“ (Schulte et al. 2005a: 91). Gemäß dem Marktreifeparadigma von Keogh/D’Arcy (1994) korreliert der Reifegrad eines Immobilienmarktes positiv mit dessen Markttransparenz. Ein reifer Entwicklungsstatus manifestiert sich u.a. in einem großen Transaktionsvolumen, im hohen Organisationsgrad professioneller Dienstleister, in der umfassenden Verfügbar-
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keit von verlässlichen Informationen, im intensiven Informationsaustausch sowie in der Durchführung immobilienbezogener Forschungsaktivitäten. Durch die Generierung und Diffusion von Informationen wird die Entwicklung reifer Marktstrukturen und offener Immobilienmärkte vorangetrieben, welche zunehmend auch externen bzw. internationalen Marktteilnehmern de facto offen stehen (Adair et al. 2006).
Immobilien-Transparenz-Index von Jones Lang LaSalle In der Immobilienpraxis hat sich der Transparenz-Index des Beratungskonzerns Jones Lang LaSalle als wichtiges Kriterium bei Investitionsentscheidungen profiliert. Die Definition ist weitergefasst, indem neben vollständigen und standardisierten Informationen auch ein solider gesetzlicher Rahmen sowie eine hohe Professionalität der Marktakteure voraussetzt wird. Weitgehend transparente Märkte zeichnen sich demnach aus durch: • umfassende und exakte Marktinformation (Marktdaten über alle Submärkte; Zeitreihen; festgelegte Marktdefinitionen); • vollständige und effiziente rechtliche Grundlagen (z.B. Durchsetzbarkeit von Verträgen; sichere Rechtstitel; nachvollziehbare Steuern, Gebühren, Planungs- und Baugesetze); • standardisierte und öffentlich zugängliche Unternehmensberichte börsennotierter Immobilienunternehmen (Verpflichtung zur Veröffentlichung von Rechenschaftsberichten; Finanzberichte in verschiedenen Sprachen; Corporate Governance); • verlässliche und vergleichbare Performance-Kennziffern (öffentlich zugängliche Indices; längere Zeitreihen); • hohe Professionalität der Marktakteure und die Einhaltung internationaler Standards (immobilienspezifische Ausbildung, Buchführungsstandards, ethische Standards). Auf Basis dieser Kennzeichen erfasst Jones Lang LaSalle seit 1999 für die wichtigsten Immobilienmärkte weltweit (2006 waren es 56 Länder) den Immobilien-Transparenz-Index (RETI) 1 und bietet damit ein wichtiges Entscheidungskriterium für internationalisierende Investoren (Jls 2006a/2004) (siehe Tab. 11). Obgleich die Transparenz der Immobilienmärkte auf globaler Ebene noch stark variiert, wurde in der aktuellen Erhebung ein genereller Trend zur höheren Transparenz registriert. Sehr deutlich zeigt sich dies etwa bei der Einführung neuer InvestmentLeistungsmaßstäbe und REIT-Strukturen, bei der Offenlegung der Bilanzen von Seiten börsennotierter Immobiliengesellschaften sowie bei der Kontrolle börsennotierter Unternehmen durch entsprechende Aufsichts1
Den Märkten werden je nach ermittelter Transparenzstufe fünf Kategorien zugeordnet: 1 = hohe Transparenz, 2 = transparent, 3 = semi-transparent, 4 = geringe Transparenz, 5 = undurchsichtig.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 115
gremien. 24 der 56 untersuchten Ländern erzielen daher die positive Einstufung sehr transparent (nicht gleichzusetzen mit vollständig transparent) oder transparent. Wie 2004 nehmen Australien und die USA die Spitzenplätze ein, gefolgt von Neuseeland, Kanada und Großbritannien. All diejenigen Staaten, die nicht in den Transparenz-Index aufgenommen wurden, fallen der Kategorie undurchsichtig zu. Sie wurden nicht klassifiziert, da sie noch nicht in den Investitionsplänen internationaler Investoren, Projektentwickler etc. auftauchen. Tab. 11: Immobilien-Transparenz-Index 2006 Rang
Land
2006
2004
1 1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 15 17 18 19 20 21 22 23 24
1 3 2 5 4 7 6 8 11 9 12 10 21 16 17 14 15 19 13 18 22 20 26 23
Kategorie 2004
Australien USA Neuseeland Kanada UK Hongkong* Niederlande Schweden* Frankreich* Singapur* Finnland Deutschland Südafrika Dänemark Österreich Irland Belgien Spanien Schweiz Norwegen Italien* Malaysia Japan* Portugal*
1 1 1 1 1 2 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 3 2 3 3
Rang
2006 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
* Länder, die im Vergleich zu 2004 eine höhere Transparenzstufe erreicht haben
Land
2006
2004
25 26 27 27 29 29 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 48 50 51 52 53 54 55 56
29 24 25 28 30 27 34 31 32 38 35 37 36 40 41 39 45 42 44 46 50 43 49 48 47
Kategorie 2004
Mexiko Tschechien Ungarn Polen Israel Taiwan Südkorea Slowakei Chile Griechenland Russland* Philippinen Brasilien* Slowenien Thailand Argentinien* Indien* China Macao VAE Costa Rica Indonesien Türkei* Peru Rumänien* Kolumbien Uruguay Saudi Arabien* Panama Ägypten Venezuela Vietnam
3 3 3 3 3 3 3 3 3 4 3 4 3 4 4 4 4 4 4 5 5 4 5 5 5
2006 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 5 5 5
Quelle: Jls 2006a Während etablierte Standorte in Nordamerika, Europa und Australien die ersten Plätze der Transparenzrangliste belegen, finden sich die neuen semiperipheren Immobilienmärkte vor allem im letzten Drittel, wobei sich auch diese Gruppe im Jahr 2006 gegenüber 2004 deutlich transparenter präsentiert. Ein Ende intransparenter Immobilienmärkte ist zumindest mittelfristig jedoch nicht zu erwarten, da mit der zunehmend globalen Orientierung der Immobilieninvestoren auch in Zukunft stets neue intransparente Märkte in deren Blickwinkel rücken werden. Ebenso wenig schließt eine hohe nationale Transparenz aus, dass regionale, markt- oder gar teilmarktspezifische Differenzen existieren.
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Transparenz und Investitionsvolumen Eine Reihe wirtschaftswissenschaftlicher Fallstudien ermittelten eine positive Korrelation zwischen Markttransparenz und ausländischen Direktinvestitionszuströmen (siehe u.a. Kurtzman et al. 2004; Drabek/Payne 2002; Oecd 2002; Gaston Gelos/Wie 2002). Ausländische Investoren werden prinzipiell von Intransparenzen abgeschreckt, da diese Zusatzkosten verursachen (z.B. zusätzliche Informationsbeschaffung, Absicherung). Laut einer Studie der Oecd (2002) sind Unternehmen eher bereit, in Ländern mit einem nicht unbedingt investitionsfreundlichen Rechts- und Regulationsrahmen zu investieren, wenn die Rahmenbedingungen zumindest transparent und damit die Risiken kalkulierbar sind. Umgekehrt kann ein undurchschaubares Wirtschaftsumfeld dazu führen, dass trotz diverser Anreize (z.B. hohes Marktwachstum) Anleger nicht gewillt sind zu investieren.
Anteil am globalen Transaktionsvolumen realtiv zum BIP-Anteil in %
Abb. 15: Zusammenhang zwischen Markttransparenz und Transaktionsvolumen 2006 7 GB
6 Singapur Hongkong
5
Schweden
y = -1,352x + 4,4986 Korrelationskoeffizient r = 0,64
4
3 Australien NL
2
1
USA
Deutschland
Neuseeland Finnland
Slowakei Indonesien
0 1 hohe Transparenz
2 transparent
3 semitransparent
4 geringe Transparenz
Immobilien-Transparenz-Index 2006
Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten von Jls 2006a Auch im Immobiliensektor ist neben der Produktverfügbarkeit, den Spitzenrenditen und lokalen Immobilienzyklen die Markttransparenz von bedeutendem Einfluss auf den Kapitalzufluss. Um im internationalen Wettbewerb um Investoren und anlagesuchendes Kapital zu bestehen, sind verlässliche Transparenzstandards ein wichtiger Standortfaktor (siehe u.a. Union Investment Real Estate 2006; Adair et al. 2006: 211; McGreal et al. 2001). Abb. 15 illustriert am Beispiel ausgewählter Märkte den Zusam-
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menhang zwischen dem jeweiligen Markt-Transparenz-Index und dem realisierten Immobilientransaktionsvolumen. Sehr transparente Immobilienmärkte wie Großbritannien, Schweden, Singapur, Hongkong, USA, Niederlande und Australien weisen tendenziell einen hohen Anteil am gesamten globalen Transaktionsvolumen auf, während auf intransparenten Märkten wie Indonesien, Slowakei etc. nur geringe Transaktionssummen umgesetzt wurden. Nicht ins Bild passen hochtransparente Märkte wie Neuseeland und Finnland, deren Marktgröße nur ein geringes Transaktionsvolumen zulässt. Ebenso sind intransparente Märkte nicht notwendigerweise für alle Investoren ein Ausschlusskriterium. Hohe Transparenz vereinfacht zwar den freien Kapital- und Informationsfluss, unentdeckte hochprofitable Kaufgelegenheiten werden dadurch allerdings rar. Intransparente Märkte können insbesondere für opportunistische Investoren reizvoll sein, die auf höhere Renditen abzielen und dabei ein höheres Risiko in Kauf nehmen. Es bleibt festzuhalten, dass in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur die Annahme vollkommen transparenter Immobilienmärkte aufgrund deren Kontextualität, Komplexität und Spezifität zunehmend verworfen wird; vollständige Markttransparenz bildet eine Fiktion (Adair et al. 2006; Schulte et al. 2005a). Unter realen Bedingungen hat ein Immobilieninvestor keine Möglichkeit, die spezifische Komplexität einzelner Immobilienmärkte lückenlos zu durchdringen bzw. zu erfassen, den relevanten Informationsbedarf festzustellen und alle Informationen zu verarbeiten. Statt exakter Modellierung und Prognosen müssen die Akteure unter Ungewissheit, Zeitdruck und unsicheren Bedingungen mit Überraschungen und Nebenwirkungen rechnen. Entscheidungen werden damit nicht rational und unter vollkommenen Bedingungen getroffen, sondern nur unter eingeschränkter Transparenz auf unvollkommenen Märkten. Dies gilt im Besonderen für global agierende Investoren, die weder mit den lokalen Bedingungen vertraut noch in lokale Informationsnetzwerke eingebunden sind. Die Durchlässigkeit der geographischen Maßstabsebenen wird durch Intransparenzen beschränkt. Um diese Überlegungen zu fundieren, werden im folgenden Kapitel vier Kategorien der Intransparenz als konzeptioneller Rahmen vorgeschlagen. Es soll aufgedeckt werden, wie Intransparenzen bei grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen entstehen bzw. wirken und vor allem den nicht-lokalen Investoren bei deren Entscheidungsprozessen und beim Markteintritt zu schaffen machen. Kapitel 4.3 vervollständigt schließlich die Wechselwirkung zwischen der Bedingung von Intransparenz und den jeweiligen Anpassungsmechanismen beim Markteintritt internationaler Immobilieninvestoren.
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4.2 Intransparenzen in der globalen I m m o b i l i e nw e l t Grenzüberschreitende Immobilieninvestitionen sind mit zusätzlichen Risikodimensionen behaftet: „[…] globalising property markets is likely to make them considerable more volatile and heighten the already substantial challenge of managing them“ (Goldberg 2004: 106). Diese resultieren v.a. aus Intransparenzen, die den Skalenwechsel internationaler Akteure erschweren. Eine systematische Untersuchung über die Vielzahl von Beeinträchtigungen der Transparenz bei grenzüberschreitenden Immobilientransaktionen und deren Ursachen blieb bislang aus (Schulte et al. 2005a: 90). Zum Begriff Intransparenz gibt es verschiedene Erkenntniszugänge: Die informationelle Intransparenz problematisiert die Verfügbarkeit und den Zugang zu Wissen und Informationen, die institutionelle Perspektive sucht die Ursache für Intransparenz in den spezifischen handlungsleitenden Bedingungen bzw. Spielregeln ökonomischer Transaktionen, die relationale Perspektive fokussiert Intransparenzen zwischen Wirtschaftsakteuren in Netzwerken oder bei Transaktionen und die informellen Intransparenzen thematisieren Korruption und standortspezifische informelle Netzwerke, die z.B. Informationen zurückhalten. Anhand dieser vier Kategorien werden im Folgenden Ursache und Wirkung der vielfältigen Intransparenzen auf Immobilienmärkten und deren Problematiken für ausländische Immobilieninvestoren typisiert, erfasst und analysiert (siehe Tab. 12). Tab. 12: Grenzüberschreitende Intransparenzen – eine Typologie Intransparenzen informationelle Unvollständige Information Lokales Rauschen
institutionelle Institutionelle Lücke Geringe Marktprofessionalisierung
relationale Principal-AgentBeziehungen Zeitlich befristete Zusammenarbeit Implizite Verträge Kulturelle Distanz
informelle Korruption Zurückhalten von Informationen
Quelle: Eigene Darstellung
4.2.1
Informationelle Intransparenzen durch unvollständige Information und lokales Rauschen
Erfolgreiche Investitionen im Immobilienbereich können im Prinzip nur getätigt werden, wenn sich Investoren ex ante mit den wichtigsten Kennziffern (z.B. Marktrenditen, Leerstandsraten, Absorptionsraten etc.), den lokalen Besonderheiten und Spielregeln des jeweiligen Immobilienmarktes vertraut gemacht haben. Die Informationen, die ein Investor über ferne potenzielle Immobilienmärkte erhalten kann, sind allerdings oftmals unvoll-
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ständig, fehlerhaft, bruchstückhaft und inkonsistent (u.a. Adair et al. 1998; Mallinson/French 1999; Graff/Webb 1997).
Unvollständige Informationen Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtern zwar prinzipiell den Zugang zu Daten und Informationen. Doch es bleiben große Informationslücken bestehen, da insbesondere in den neuen Märkten der Semi-Peripherie aufgrund geringer Professionalisierung und Transaktionsvolumen z.B. Daten über Kauf- oder Mietpreisentwicklungen fehlen oder nicht zugänglich sind. Die Entscheidungsträger globaler Investoren verfügen damit im Rahmen ihrer Standortsuche im globalen Maßstab zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd über vollkommene Informationen aller denkbaren Investitionsdestinationen, sodass eine objektive Marktbeobachtung und Vorinformation nur begrenzt möglich ist. Die vorhandenen Datenquellen reichen nicht aus, um die Eigenschaften spezifischer Immobilienmärkte für die Investoren realiter abzubilden (Roberts/Henneberry 2007). Informationen etwa von internationalen Organisationen (z.B. Oecd), von Rating-Agenturen, Rechts- und Immobilienberatern liefern für viele Märkte nur in eingeschränktem Maße aktuelle immobilienmarktbezogene Daten, Zeitreihen sowie zuverlässige Benchmarks2. Für die Berechnung von möglichen Diversifikationseffekten und Marktzyklen sind beispielsweise historische Zeitreihen von ca. 20 Jahren erforderlich, die insbesondere für neue Investitionsdestinationen noch nicht verfügbar sind, sodass die Berechnungen recht unzuverlässige Ergebnisse hervorbringen (Adair et al. 2006: 215). Auch unabhängige Immobiliendatenbanken, die in den Kernmärkten in Nordamerika und Westeuropa eine zunehmende Verbreitung erfahren, sind in der Mehrzahl der neuen Märkte noch nicht implementiert worden. Durch den Mangel an verlässlichen und unabhängigen Marktdaten ist der Abbau der Informationsdefizite bei ausländischen Investoren mit hohen Transaktionskosten verknüpft. Insbesondere das sog. Informationsparadoxon (Arrow 1974; Williamson 1985) steigert die Intransparenzen bei der Informationsakquirierung. Um die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Informationsbeschaffung abzuschätzen, müsste deren Wert bereits ex ante dem Informationsbeschaffer, d.h. dem Investor, bekannt sein. In diesem Fall hätte der Investor allerdings die Information bereits aufgenommen und müsste sie nicht mehr erwerben. Während innerhalb lokaler Netzwerke Vertrauen in die Informationsquelle an die Stelle der expliziten Bewer-
2
Unter Benchmarking versteht man einen systematischen und kontinuierlichen Prozess der Erhebung und Analyse von Daten, der anhand geeigneter Vergleichsindikatoren eine relative Bestimmung der Position des eigenen Immobilienportfolios und seines Managements im Verhältnis zum Gesamtmarkt oder eines relevanten Teilmarktsegments ermöglicht.
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tung von Informationen rückt, kann ein externer Akteur den Wert neuer immobilienmarktbezogener Informationen nur ex post bestimmen. Neben der Verfügbarkeit und Verlässlichkeit relevanter Daten und Informationen kann auch die Art und Weise der Datenerhebung und -darstellung zur Intransparenz beitragen (Adair et al. 2006: 212). So sind Performance-3 bzw. Flächenkennzahlen häufig uneinheitlich definiert, unterschiedliche Wertermittlungsverfahren lassen abweichende Marktpreise entstehen, veröffentlichte Marktdaten beziehen sich in vielen Fällen ausschließlich auf die wichtigsten räumlichen Submärkte und auf Büroimmobilien mit gehobenem Ausstattungsstandard, während Sekundärmärkte und B-Immobilien unberücksichtigt bleiben. Eine richtige Interpretation dieser spezifischen Informationen, Begrifflichkeiten, Definitionen etc. ist durch spezifische institutionelle Kontexte meist an geographische Orte geknüpft. Durch ihre Kopräsenz sind lokale Akteure vom gleichen politischen, rechtlichen und ökonomischen Umfeld umgeben und damit mit vergleichbaren Gesetzgebungen, Regeln, Werten, Normen und Verhaltensmustern konfrontiert. Daraus entwickeln sich ein gemeinsames Verständnis und einheitliche Interpretationsschemata bzw. Sprachregelungen. Bei ausländischen Investoren führen unterschiedliche Darstellungsweisen, Definitionen und Aggregationen publizierter Daten allerdings zur Verunsicherung und beinhalten die Gefahr von Desinformation, Fehlinterpretationen und darauf beruhende Fehlinvestitionen: „What’s true in one market is not necessarily true in another“ (Ernst & Young 2002: 6). Daten und Informationen müssen damit erst aufwändig umkodiert, strukturiert, standardisiert und in verständliche Darstellungsformen überführt werden, bevor sie zur Investitionsentscheidungen eingesetzt werden können (Winkler 2000: 7). Auch Beratungsunternehmen veröffentlichen nur selektiv ihre Marktinformationen, da sie naturgemäß von unsicheren und intransparenten Marktstrukturen profitieren (Ehrenberg 2003). Nur die exklusive Kontrolle über marktbezogenes Wissen legitimiert hohe Honorare. Damit sehen sich Berater veranlasst, die Weitergabe umfangreicher Daten und Informationen zu limitieren, um ihren Wettbewerbsvorteil zu wahren (D’Arcy/Keogh 1997: 692; Adair et al. 2006: 213). Ferner liegt es auch kaum im Interesse etablierter Marktteilnehmer, an der Transparenz der Immobilienmärkte mitzuwirken. Jede Form von weiterer Professionalisierung und Standardisierung spezifischer Immobilienmärkte würde die Effizienz aller Unternehmen heben, die Markttransparenz erhöhen und damit die Marktstellung der Etablierten schwächen. Lokale Akteure nutzen ihre Machtpositionen, 3
Performance im Sinne von Leistung eines Objektes oder Portfolios vereint drei Dimensionen: 1) Fähigkeit zur Rendite- und Cash-Flow-Generierung; 2) Produktivität und Effizienz der Leistungsprozesse; 3) Qualitative nichtmonetäre Leistung bzgl. Organisation, Management etc. Die PerformanceRendite einer Immobilie setzt sich zusammen aus Cash-Flow- (Mietrendite abzgl. nicht umlegbarer Bewirtschaftungskosten), Wert- (Verkehrswertt Verkehrswertt-1) und Währungsrendite.
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um Intransparenz zu inszenieren und somit die Marktöffnung zu bremsen. Die mangelnde Informationskultur hat damit strategische Gründe: „[…] the lack of transparency serves to increase market imperfections and reinforces monopolistic elements“ (Adair et al. 1998: 336). Neben dem vermeintlichen Wettbewerbsvorteil gebietet letztlich auch die Diskretion und Vertraulichkeit von Kundendaten, z.B. über Immobilienkaufpreise, ein Zurückhalten von Informationen. Immobilienberatungsunternehmen erhalten beispielsweise zwar Einblick in vertrauliche Geschäftszahlen, spezifisches Wissen und Interessenskonstellationen internationaler Investoren. Über Vertraulichkeitsvereinbarungen (Nondisclosure Agreements) wird i.d.R. allerdings das Stillschweigen über Verhandlungen, Verhandlungsergebnisse, Transaktionsdetails oder vertrauliche Unterlagen etc. festgeschrieben. Der Berater stimmt damit zu, ihm zugänglich gemachte Informationen geheim zu halten und nicht zu veröffentlichen.
Lokales Rauschen Zusätzlich zu Informationsdefiziten verläuft auch die Weitergabe bzw. Diffusion von Informationen und Wissen nicht reibungslos, sondern ist mit dem Problem asymmetrischer Informationsverteilung behaftet (D’Arcy Keogh 1997: 691). Informationen und Wissen über zukünftige Transaktionen und Projekte, viel versprechende Standorte, marktspezifische Praktiken und Standards etc. sind zwischen lokalen und globalen Immobilienakteuren ungleich verteilt. Das gilt insbesondere für die neuen Märkte der Semi-Peripherie. Lokale Akteure verfügen durch ihre Einbettung in lokale informelle Netzwerke und ihre Vertrautheit mit den lokalen Spielregeln über Informationsvorsprünge gegenüber den ausländischen Akteuren. Zurückzuführen ist die Ungleichverteilung auf die vielfältigen Wissenstypen, die mehr oder weniger distanzempfindlich sind. So kann implizites bzw. klebriges Wissens (siehe Box 9) nur innerhalb begrenzter geographischer Räume frei zirkulieren, während der Zugang für Externe weitgehend beschränkt bleibt. Das trifft in hohem Maße auch für immobilienmarktspezifisches Wissen zu, welches häufig nur durch Erfahrungen und Beobachtungen akquiriert werden kann: „Local knowledge is not available to all investors, and creates dark corners“ (Eurohypo 2007a: 6). Da Wissen an bestimmte Personen gebunden ist, sind für dessen Austausch insbesondere Face-to-face-Kontakte von Bedeutung. Die Reichweite des Wissensaustauschs ergibt sich dabei aus den persönlichen Interaktionsradien der Wissensträger (Mossig 2006: 73). Scheinen die Kenntnisse einzelner Immobilienakteure durch deren Mobilität teilweise weltweit transferierbar zu sein, trifft dies nicht auf das komplette lokale Immobiliennetzwerk mit seiner Vielzahl personeller Verbindungen bzw. seinem
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lokalen Rauschen zu. Dieses kollektive Wissen hat sich über einen großen Zeitraum konstituiert und ist entsprechend lokal verankert. Box 9: Wissenstypen Während Daten und Informationen dank moderner IuK-Technologien heute zum Großteil problemlos weltweit übertragen werden können, kann Wissen durch die Bindung an Personen und spezifische institutionelle Kontexte an geographische Orte geknüpft und damit lokalisiert sein. Wissen besteht aus Informationen, die zusätzlich mit Erfahrungen, Einschätzungen, Intuitionen, Werten etc. des Wissensträgers beladen sind. In den letzten Jahren hat sich eine intensive wissenschaftliche Debatte über verschiedene Wissenstypen und deren Implikationen für die räumliche Organisation der Wissensgenerierung entfacht. Ein Großteil der Studien rekurriert auf den Dualismus zwischen Tacit knowledge und Codified knowledge (Polanyi 1966). Während kodifizierbares bzw. explizites Wissen durch Kodifizierung und Standardisierung (z.B. in Form von Sprache, Formeln) relativ leicht weitergegeben und im Prinzip an jedem Ort bezogen werden kann, ist Tacit knowledge bzw. implizites Wissen eng an die jeweilige Person gebunden. Es wird im Wesentlichen durch Erfahrungen, Beobachtungen und eigene Anwendung (Learning by interacting) gewonnen und ist demzufolge nur schwer übertragbar bzw. kommunizierbar. Der vereinfachende Dualismus zwischen explizitem und implizitem Wissen wird inzwischen um komplexere Wissenstypologien erweitert (u.a. Amin/Cohendet 2004: 3ff.; Schamp et al. 2004: 96f.).
Indem de facto alle Wirtschaftsakteure gleichermaßen vom vereinfachten Zugang zu explizitem Wissen (v.a. über moderne IuK-Medien) profitieren, avanciert gerade der Zugang zu implizitem marktspezifischem Wissen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor auf Immobilienmärkten. Für lokale Akteure ergeben sich bedingt durch räumliche Kopräsenz innerhalb eines sozioökonomischen Kontextes vielfältige Möglichkeiten zu geplanten, spontanen oder zufälligen Face-to-face-Kontakten. Die lokale Einbettung erlaubt eine aktive und passive Teilnahme am sog. lokalen Rauschen bzw. Local buzz (Bathelt et al. 2004), dem Mix aus Gerüchten, Eindrücken, Einschätzungen, Insiderwissen und gegenseitigem Beäugen, der den lokalen Markt umgibt. Dieser liefert reichhaltige Informationen und Urteile über gegenwärtige und prognostizierte Mietpreise, über Leerstandsraten, Anfangsrenditen und neue Investitionsmöglichkeiten etc. Die informellen Kontakte werden von lokalen Marktteilnehmern instrumentalisiert, um Informationen und Gerüchte zu filtern und zu triangulieren. Dabei umfasst das lokale Rauschen auch Einsichten in örtliche Regulierungsrahmen, einschließlich informeller Routinen und Spielregeln (Wood 2004: 135), die in örtlichen Kontexten institutionalisiert und permanent verfeinert, modifiziert, korrigiert und reproduziert werden. Folglich ist auch das kontextspezifische und personengebundene implizite Wissen in hohem Maße in diese örtlichen Strukturen eingebettet: „Knowledge, in this context, has to be understood not as information, but as institutionalized, embedded social
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practices, conventions and rules or memes“ (Storper 2002: 57). Sofern vom Local buzz Vorteile ausgehen, so tragen diese zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit lokalisierter Firmen bei, während ausländischen Akteuren dieses Rauschen aufgrund geographischer Distanz verborgen bleibt. Allein durch die lokale Anwesenheit bzw. „being there“ (Gertler 1995) tragen die Marktteilnehmer kontinuierlich zur Diffusion des lokalen Rauschens bei und profitieren gleichermaßen davon. Der Local buzz fließt dabei über informelle persönliche, durch Reziprozität gefestigte Netzwerke: „Who you know is, in this sense, part of what you know“ (Dicken 2007: 401). Durch die Einbindung in informelle Netzwerke erlangen die lokalen Akteure nicht nur immobilienmarktspezifische Informationen und Wissen, sondern auch Kenntnisse darüber, wer innerhalb der ImmobilienmarktCommunity über zusätzlich benötigtes Know-how verfügt. Dieses dichte Netz an persönlichen Interaktionen und Kontakten versetzt die lokalen Marktteilnehmer in die Lage, zukünftige Marktchancen, Trends und Risiken präziser und zeitnaher vorherzusehen bzw. einzuschätzen und generiert damit Geschäftschancen. Enge Kontaktnetze zu lokal ansässigen Projektentwicklern erleichtern beispielsweise den Zugang zu neuen Objektangeboten. Dazu zählen auch attraktive Investitionsobjekte, die nicht auf den freien Markt gelangen, sondern die Besitzer in sog. Off-Market-Deals wechseln. Die Teilnahme an diesen informellen Netzwerken beruht auf gemeinsamen Erfahrungen, bestehenden persönlichen Beziehungen oder Bindungen der Akteure. Diese konstituieren sich aus wiederholtem Austausch und umspannen damit üblicherweise lange Zeithorizonte (Grabher 2006). Lokale Akteure können durch den exklusiven Besitz von Informationen bzw. Wissen eine übergeordnete Machtposition auf Immobilienmärkten erlangen (siehe Bathelt/Taylor 2002; Mossig 2006; Pütz/Rehner 2007 zur Bedeutung zwischenbetrieblicher Machtverhältnisse). Das positionale Verhältnis der Akteure zueinander wird dabei durch die ungleiche Ausstattung mit solchen Wissensressourcen zwischen globalen und lokalen Immobilienakteuren definiert (Macht durch Überlegenheit und Stärke). Die Machtposition innerhalb der Akteurskonstellationen entscheidet letztlich z.B. über konkrete Zugangsmöglichkeiten zu besonders attraktiven Transaktionen. Macht und Einflussnahme kann sich darüber hinaus auch durch Beziehungen konstituieren (Macht durch Beziehungen). So besitzen einzelne Marktteilnehmer mit Hilfe ihrer vielfältigen persönlichen Kontakte die Möglichkeit, mittels eigener Überzeugungskraft die Gestaltung von Prozessen, Entscheidungen und Strukturen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Neben formalen Institutionen müssen dazu die informellen Spielregeln des Marktes wie z.B. Regeln, Normen und Vorgehensweisen verstanden und beherrscht werden. Das setzt gewachsene Beziehungen und ein hohes Ansehen im lokalen Umfeld voraus. Beziehen sich die beiden ersten Formen auf die Machtposition eines einzelnen Akteurs im Netzwerk, wir-
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ken kollektive Ordnungskräfte, wie z.B. branchenübliche bzw. gemeinsam anerkannte Normen, Regeln, Standards und Vorgehensweisen, auf die Handlungen aller Immobilienakteure. Obgleich diese Spielregeln oftmals in keinem Vertragswerk formell verankert sind, werden sie von den lokalen Akteuren als selbstverständlich anerkannt und stellen den Rahmen für deren Handeln. Die Handlungen der Netzwerkpartner werden damit verlässlicher und berechenbarer. Zudem erhöht die Möglichkeit kollektiver Sanktionierungen bei Regelverstößen in Form eines Reputationsverlusts die Stabilität der lokalen Netzwerkstruktur. Damit entfällt in vielen Transaktionen die Notwendigkeit der Kontrolle, wodurch Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. Die lokale Verankerung und der Zugang zu Local buzz schaffen zunächst einen Wettbewerbsvorteil lokaler gegenüber globalen Akteuren. Da Immobilienmärkte als Institutionen und deren Umweltbedingungen stetigen Anpassungen und Veränderung unterliegen, sind diese Machtpositionen allerdings ausgesprochen dynamisch und können sich rasch ändern (siehe Kapitel 7.4.3). Bilanzierend zeigt sich immobilienmarktspezifisches Wissen überwiegend als personengebunden, kontextspezifisch, räumlich fixiert und nur vor Ort über persönliche und längerfristige Interaktion zugänglich (Morgan 2004). Insgesamt werden die Kommunikationsmöglichkeiten, die informellen Informationsflüsse, die persönliche Einbindung bzw. Machtposition in lokalen Immobiliennetzwerken durch das vor Ort sein erheblich unterstützt. Immobilienmärkte können daher zu einem gewissen Grad weiterhin auf das Feld lokaler Teilnehmer bzw. Netzwerke begrenzt und für globale Player verschlossen sowie intransparent bleiben.
4.2.2
Institutionelle Intransparenzen durch institutionelle Lücken und geringe Marktprofessionalisierung
Konzepte der aktuellen Wirtschaftsgeographie (u.a. Amin/Thrift 1994; Mossig 2006) thematisieren Institutionen als handlungsleitende Bedingungen für ökonomische Transaktionen. Diese vom Menschen erdachten Richtlinien und Beschränkungen strukturieren ökonomische Interaktionen und geben damit einen risikominimierenden Rahmen in einer „Welt der Unsicherheiten“ (Schamp 2002: 45). Stabile Verfahrensweisen in Gestalt von Regeln, Normen oder Gesetzen können Systemvertrauen generieren (Glückler/Armbrüster 2003), das die Erwartungssicherheit der Akteure erhöht und gleichermaßen Unsicherheiten bzgl. der möglichen Handlungsweisen anderer Akteure im Zuge der Interaktion verringert. Ebenso wirken sie transaktionskostenminimierend, indem nicht für jede Transaktion einzeln Austauschregeln verhandelt werden müssen. Durch die Existenz stabiler formaler Institutionen können auch bislang fremde Wirtschaftsakteure anonym und ohne vorherige Erfahrungen interagieren, indem sie sich auf gleiche Regeln, Gesetze etc. beziehen und auf die Sanktionsmaßnah-
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men bei Nichteinhaltung berufen können: „[…] formal mechanisms are used to provide trust that does not rest on personal characteristics or on past history of exchange“ (Zucker 1986: 61). Effiziente und stabile formale Institutionen und damit verbundenes Systemvertrauen können somit gewissermaßen die Asymmetrie der Informationsverteilung zwischen zwei Akteuren „absorbieren“ (Glückler 2004: 44).
Institutionelle Lücken Je weniger dieser formellen Institutionen allerdings in den jeweiligen Investitionsstandorten verfügbar sind bzw. umso undurchsichtiger sie sich darstellen, umso größer wächst die Unsicherheit der ausländischen Immobilieninvestoren: So können in vielen neuen Immobilienmärkten Verträge oft nicht durchgesetzt, Rechtstitel und Besitzrechte nicht eingeklagt werden. Steuergesetzgebung sowie Rechtssystem sind häufigen Änderungen unterworfen (Adair et al. 2006: 219) und Grundbucheintragungen und Baurichtlinien erweisen sich als intransparent und inkonsistent (Clark/ Lund 2000: 469). Behörden reagieren extrem langsam und verlangen hohe Grunderwerbssteuern und Gebühren. Letztlich bleibt ein undurchsichtiges formal-institutionelles Vakuum, das den Investor zu Zurückhaltung bzw. zur Aufgabe von Investitionsplänen zwingen kann. Wie bereits weiter oben angeführt, sind Akteure immer die treibende Kraft zur Konstituierung von Institutionen, die „entstehen, wachsen und vergehen“ (Schamp 2002: 46). Einige Immobilienmärkte öffnen sich erst seit wenigen Jahren internationalen Investoren und haben noch wenige oder keine Routinen im Umgang mit globalen Akteuren entwickelt. Aus der Sichtweise organisationstheoretischer und auch evolutionärer Ansätze könnte das geringe Systemvertrauen auf den neuen Immobilienmärkten nur von vorübergehender Natur sein, da mit jedem neu entstehenden Wirtschaftszweig erst sukzessive ein Prozess formaler Institutionalisierung einsetzt (Beyer 2006; Schamp 2002; North 1990; Loabsy 2000). Formale Institutionen, die Systemvertrauen aufbauen, konstituieren sich demnach „evolutionär in historisch kontingenten Prozessen“ (Glückler 2004: 44). Diese geschieht nicht schlagartig, sondern in einem lang anhaltenden Trial and Error-Prozess, bei dem die unterschiedlichen Interessenslagen der verschiedenen Immobilienakteure mitentscheidend sind. Die Entwicklung formaler Institutionen in Transformationsländern untersuchte Pütz (2001) am Beispiel des Büroimmobilienmarktes in Warschau. Nach der Schaffung des groben marktwirtschaftlich orientierten Ordnungsrahmens (z.B. grundsätzliche Entscheidung zur kommunalen Selbstverwaltung) klaffte zunächst eine institutionelle Lücke, die spezifische Handlungsspielräume für einzelne Akteure bot. Erst mit zeitlichem Abstand erfolgte die Erarbeitung bzw. Implementierung einzelrechtlicher Regelungen (z.B. Planungsgesetze, Erstellen von neuen Bauplänen) und
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der Aufbau der entsprechenden Verwaltungsorganisationen (z.B. kommunale Planungsbehörden). Mit zeitweise nur rudimentär institutionalisierten Regeln und Gesetzen etc. ging ein geringes Systemvertrauen ausländischer Investoren einher, wie folgendes Statement eines Experten für polnisches Baurecht erahnen lässt: „Until 1995 Polish construction law was a nightmare. Large numbers of permits had to be obtained from numerous different sources […] Any one of the authorities concerned could block the process, and each could (and often did) extort its own ,planning gain‘ from the situation […] The process was so complex, and so riddled with opportunities for corruption, that even developers inflamed by enormous potential returns were inclined to give up after a few months of awesome and uncomprehending bureaucracy“ (zitiert bei Pütz 2001: 217).
Mit dem voranschreitenden institutionellen Umbau, in dessen Zuge Planungsabläufe transparenter gestaltet und Kompetenzen zweifelsfreier geregelt wurden, gewann Warschau in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre für ausländische Investoren an Attraktivität. Dieser positive Zusammenhang zwischen der Entwicklung formaler Institutionen und Investitionszuströme im Immobiliensektor wurde auch für andere Länder der SemiPeripherie belegt (Adair et al. 1999; Chin et al. 2006) Letztlich können sich vorhandene marktspezifische Institutionen durch ihre Komplexität und Undurchsichtigkeit für ausländische Akteure als unüberwindbares Institutionendickicht erweisen. In diesem Fall wirken formelle und informelle Institutionen gewissermaßen als Filter gegen die unmittelbare und vollständige Umsetzung globaler Prozesse auf lokalen Immobilienmärkten. Institutionen sind immer marktspezifisch und werden in örtlichen Kontexten fortwährend modifiziert, korrigiert und reproduziert. Während die Spielregeln des jeweiligen Immobilienmarktes damit den lokalen Marktteilnehmern bekannt und vertraut sind, erscheinen sie ausländischen Investoren fremdartig und ungewöhnlich. Mit der geographischen Ausdehnung ihres Investmentspektrums werden immer mehr Investoren mit einer Vielzahl neuer institutioneller Gegebenheiten konfrontiert, mit denen sie sich nun auseinandersetzen müssen. Denn erfolgreiche Investitionen können im Prinzip nur getätigt werden, wenn sie sich mit den jeweiligen Spielregeln des Immobilienmarktes vertraut gemacht haben: „To level the playing field, they need to learn how the locals play the game“ (Jls 2004: 1). Insbesondere auf den neuen Märkten ist der Abbau der Informationsdefizite bezüglich der marktspezifischen Spielregeln mit hohen Transaktionskosten verbunden. Gesetzmäßigkeiten und Regeln, die als selbstverständlich angesehen werden, können in diesen Märkten nicht vorausgesetzt werden. Dazu kommt, dass die lokalen formellen und informellen Regeln die Machtverhältnisse und Interessen der lokalen Immobilienwirtschaft reflektieren (Keogh/D’Arcy 1999: 2408). So profitieren nicht alle Akteure von
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effizienten und zunehmend transparenten institutionellen Strukturen. Spielregeln werden hin und wieder gegenüber neuen Teilnehmern geheim gehalten, um die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können und die Transaktionskosten neuer Akteure künstlich hoch zu halten. Ein freier Wettbewerb wird in dieser Weise unterdrückt. Aus Sicht der globalen Investoren steigen damit die Informations- und Kommunikationskosten, die zur Vorbereitung, Durchführung, Anpassung und Überwachung von Transaktionsbeziehungen erforderlich sind. „Overcoming the uncertainties associated with the rules of the game in unfamiliar markets adds an additional layer of cost to the normal costs associated with transacting in familiar markets“ (Seabrooke/Hong How 2004: 18).
Geringe Marktprofessionalisierung Die geringe Professionalität der Immobilienakteure erschwert in vielen Märkten der Semi-Peripherie die Auswahl geeigneter Partner für die gemeinsame Projektarbeit bzw. Transaktion. Internationale Lizenzen, Akkreditierungen, Studienabschlüsse oder geschützte Titel sind noch eher die Ausnahme. Die Regel sind eher ungeschützte Berufstitel. Das trifft u.a. auf das Immobilienberatungssegment zu, in dem im Grunde jede natürliche oder juristische Person aufgrund der mangelnden Institutionalisierung Beratungsdienste im Immobilienbereich anbieten und den Titel Immobilienberater tragen kann. Durch das Fehlen institutionell begründeter rechtlicher und qualifikationsspezifischer Standards erfahren internationale Investoren bei der Kompetenzeinschätzung lokaler Immobilienakteure ein hohes Maß an Unsicherheit bzw. Performance risk (u.a. Glückler 2004: 39; Glückler/Armbrüster 2003). Diese umfasst das Risiko, dass Berater, Gutachter etc. beispielsweise für Due Diligence-Prüfungen (technische, juristische, steuerliche) beauftragt werden, die dafür nicht ausreichend qualifiziert sind. Neben fehlenden Qualifizierungsstandards erhöhen auch mangelnde Gebührenstandards, die unzureichende Verbreitung internationaler Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätze sowie die geringe Harmonisierung der Bewertungsstandards für Objekte die Unsicherheit der internationalen Immobilieninvestoren. Insgesamt ist die Professionalisierung der Immobilienmärkte ein langwieriger Prozess, der häufig durch die schwache Position nationaler bzw. lokaler Verbände und die starke Heterogenität der Immobilienbranche weiter erschwert wird. Viele Unternehmen unterschiedlicher Herkunft haben zudem im Zuge des enormen Wachstumspotenzials der letzten Jahre ihre Kernkompetenzen um den Immobilienbereich ausgeweitet. Erstens drängten Hedge Fonds und Investmentgesellschaften aufgrund der niedrigen Zinssätze in den viel versprechenden Immobilienmarkt. Zweitens haben viele große Industrieunternehmen (siehe z.B. Siemens) interne Immobilienabteilungen
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aufgebaut, in denen sie immobilienspezifische Kompetenzen gebildet und weiter entwickelt haben. Einige haben unterdessen auch Mischformen geschaffen, in denen sie hundertprozentige Tochter- oder Beteiligungsgesellschaften gegründet haben, die ihrerseits die Immobilienwirtschaft professionell als Kerngeschäft betreiben. Die Folge ist ein äußerst heterogener Immobilienmarkt, der durch fortwährende Zu- und Abwanderung aus anderen Geschäftsfeldern eine hohe Dynamik erfährt. Diese Unbestimmtheit der Marktgrenzen impliziert ein weiteres Maß an Unsicherheit. Nicht zuletzt erfahren die internationalen Investoren besonders in den neuen Märkten auch durch das Fehlen ethischer Standards Intransparenzen. Verhaltensstandards in Form von Codes of conducts, ComplianceRichtlinien oder Ethik-Kodices regeln u.a. die Einhaltung staatlicher Gesetze und Verordnungen, den Umgang mit vertraulichen Informationen, den Einsatz professioneller Standards, die Spielregeln für Zuwendungen von und an öffentliche und private Geschäftspartner und die Schaffung von Transparenz. Um Vertrauen in der Immobilienwirtschaft zu gewinnen, forcieren verstärkt nationale und internationale Verbände, Interessensvertretungen, Vereine etc. den Aufbau dieser alternativen Regeln. Beispiel hierfür ist die Gründung des europäischen Interessensverbands INREV (Investors in Non-listed Real Estate Vehicles) für nicht-börsennotierte Investoren im Jahr 2003. Da diese Verhaltenskodices allerdings i.d.R. nur ihren Mitgliedern auferlegt werden, schaffen sie nur bedingtes Systemvertrauen, zumal sie häufig auch nur empfehlenden Charakter besitzen und nicht rechtlich sanktionierbar sind. Letztlich kommen Verhaltensrichtlinien bisher vor allem bei multinationalen Unternehmen und in Kernökonomien zum Einsatz, während sie auf den neuen Märkten noch eher die Ausnahme sind.
4.2.3
Relationale Intransparenzen durch Principal-AgentBeziehungen, zeitlich befristete Zusammenarbeit und kulturelle Distanz
Relationale Intransparenzen, d.h. zwischen Kooperationspartnern, resultieren aus der Principal-Agent-Problematik, dem Mangel an gemeinsamer Erfahrung und Vertrautheit innerhalb temporärer Projektnetzwerke und unvollständigen Verträgen. Überdies erschweren kulturelle Distanzen zwischen den beteiligten Akteuren die Transaktionen.
Principal-Agent-Beziehungen Die Institutionenökonomie liefert mit der Principal-Agent-Theorie einen weiteren Erklärungsansatz für Intransparenzen auf Immobilienmärkten. Gegenstand des Konzepts sind Delegationsbeziehungen, die durch asymmetrisch verteilte Informationen sowie Unsicherheiten über das Eintreten
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bestimmter Umweltzustände und das Verhalten von Kooperationspartnern geprägt sind (Picot et al. 2003: 55ff.; Cieleback 2004). Während sich eine Vielzahl wirtschaftsgeographischer Diskussionen auf die unternehmensinternen Kompetenzen (Capabilities) zum Wissensmanagement kaprizieren (siehe u.a. Amin/Cohendet 2004; Jones 2007), steht im Folgenden der Wissenstransfer zwischen fremden Wirtschaftsakteuren im Vordergrund. Principal-Agent-Beziehungen werden eingegangen, wenn ein Wirtschaftsakteur (der Principal) auf einen anderen Wirtschaftsakteur (den Agenten) Entscheidungs- und Ausführungskompetenzen delegiert. Hiermit trifft der Agent Entscheidungen, die nicht nur sein eigenes Wohlergehen, sondern auch den wirtschaftlichen Erfolg des Principals beeinflussen. Würden alle Immobilienakteure stets über vollständige Informationen und vollkommene Markttransparenz in allen Entscheidungssituationen verfügen, könnte stets die erstbeste Lösung in kooperativen arbeitsteiligen Beziehungen erreicht werden. Alle zukünftigen Umweltzustände und möglichen Reaktionsweisen der Partner könnten in diesem Idealbild ex ante vertraglich spezifiziert werden und kein Partner würde Spielräume für vertragsabweichendes Verhalten besitzen, ohne dass dies der andere Partner zu verhindern wüsste. Es gäbe keine Prinzipal-AgentenProbleme (Picot et al. 2003: 48). In der Realität ist das Wissen der Immobilienakteure jedoch unvollständig und ungleich verteilt. Der Agent ist dabei besser informiert als der Principal. Aus der Unvollständigkeit und ungleichen Verteilung von Informationen eröffnen sich für ihn diskretionäre Handlungsspielräume, die er zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen kann. Global orientierte Investoren nehmen auf bislang unbekannten Märkten bzgl. marktspezifischer Informationen die Rolle des Principals ein. Lokale Fondsmanager, Projektentwickler, Bauunternehmen, Berater/Makler etc. kennen den Markt und dessen Spielregeln besser als der potenzielle internationale Käufer. Damit eröffnen sich nach der Principal-Agent-Theorie für lokale Kooperationspartner Handlungsspielräume, die sie opportunistisch gestalten können. So kann beispielsweise der Informationsvorsprung zum Nachteil des Investors ausgeschöpft werden, indem ein zu hoher Immobilienkaufpreis signalisiert wird. Die Informationsasymmetrien zwischen Agenten und Principal lassen sich in drei Problemtypen differenzieren (siehe Tab. 13). Vor einem Vertragsabschluss bzw. einer Kooperationsvereinbarung besteht das Problem, dass der Principal bzw. der internationale Investor die Eigenschaften des Agenten (lokaler Berater, Projektentwickler) oder der von ihm angebotenen Leistungen ex ante kaum oder nicht kennt (Hidden characteristics). Dies schließt auch die bewusste Zurückhaltung relevanter Informationen gegenüber dem Auftraggeber ein (D’Arcy/Keogh 1997: 692; Clark 1993: 242). Falsche Kooperationsentscheidungen (Adverse selection) können folglich zu suboptimalen Investitionsentscheidungen führen.
130 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Tab. 13: Principal-Agent-Theorie im Überblick Informationsasymmetrien Hidden characteristics
Hidden action
Informationsproblem des Principal
Eigenschaften des Agenten oder der von im angebotenen Leistungen ex ante nicht bekannt
Anstrengungen des Vertragspartners nicht beobachtbar bzw. beurteilbar
Absichten des Vertragspartners unbekannt
Verhaltensspielraum des Agenten
vor Vertragsabschluss
nach Vertragsabschluss
nach Vertragsabschluss
Problem
Adverse selection
Moral hazard
Hold up
Signalling, Screening
Monitoring; Interessensangleichung
Abschluss langfristiger Verträge; Schaffung gegenseitiger Abhängigkeiten
Lösungsstrategie
Hidden Intention
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Picot et al. 2003: 59 Eine weitere Informationsasymmetrie kann nach Vertragsabschluss bzw. der Partnerauswahl eintreten. Der Investor kann die Handlungen der lokalen Partner vor allem aus geographischer Entfernung nicht exakt beobachten oder ihm fehlt das erforderliche marktspezifische Fachwissen, um sie adäquat einschätzen zu können (Hidden actions). Das birgt die Gefahr des Moral hazards, d.h. dass der Agent bei mangelnder Übereinkunft der Ziele bzw. Interessenskonflikten seine Verhaltensspielräume opportunistisch ausnutzt und damit den Interessen des Principals zuwider handelt (Clark 1993: 242). Die parallele Zusammenarbeit eines Beraters mit zum Teil konkurrierenden Klienten könnte beispielsweise den Missbrauch vertraulicher Informationen bzw. Interessenskonflikte nach sich ziehen. Immobilienberater gewinnen in der Zusammenarbeit mitunter Einblick in Geschäftszahlen, spezifisches Wissen und Interessenskonstellationen der Immobilieninvestoren. Die Freigabe spezifischen Investorenwissens eröffnet den externen Beratern damit Manövrierspielräume für flexibles opportunistisches Handeln (Glückler 2004: 50), die zur Beziehungsunsicherheit bzw. Relational risk beitragen: „[…] relational risk is defined as the probability and consequences of not having satisfactory cooperation. This risk arises because of the potential for opportunistic behaviour on the part of both firms. Opportunistic behaviour is exemplified in shirking, cheating, distorting information, appropriating resources, and so on“ (Das/Teng 2001: 253).
Die Hidden intentions beziehen sich schließlich auf die Vorleistungen, die der Principal in Form von sog. Sunk costs bereits erbracht hat. Durch die spezifischen Investitionen in die Transaktionsbeziehung (z.B. Suchkosten
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für die Prüfung eines möglichen Joint Venture Partners) gerät er nach Vertragsabschluss in eine Abhängigkeit vom Agenten, weil er nun auf dessen Leistungen angewiesen ist. Gegebenenfalls könnte der Agent mit dem Verlassen der Projektpartnerschaft drohen. Der Wechsel des Partners wäre allerdings für den Investor mit neuen Kosten verbunden. Damit bilden sich Spielräume zur opportunistischen Ausnutzung bestehender Abhängigkeiten (Hold up). Die skizzierten Agency-Problematiken sind nicht nur auf direkte Investitionen und damit verbundene Projektnetzwerke beschränkt, sondern kommen auch bei indirekten Immobilienanlagen zum Tragen (siehe Abb. 16). Abb. 16: Principal-Agent-Problematik bei indirekten Investments Hidden characteristics: a Auswahl einer geeigneten Anlagegesellschaft
Immobilieninvestor d Immobilienberater
b
a
b
Anlagegesellschaft Fondsmanager
Fondsmanager
Fonds 1
Fonds n
c Bestandsverwaltung
Auswahl eines mit den eigenen Anlage- und Vorsichtsprinzipien vereinbaren Fonds
Hidden action: a Interessenskonflikte (z.B. wenn die Anlagegesellschaft zusätzliche Fonds mit abweichenden Zielen betreibt) c&d Gestaltungsräume für opportunistisches Handeln
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Cieleback 2004: 11 Zur Lösung dieser aus Informationsasymmetrien resultierenden Probleme empfiehlt die Principal-Agent-Theorie folgende Lösungsansätze (Picot et al. 2003: 56ff.): Signalling sorgt dafür, dass der Agent dem Principal seine Charaktereigenschaften bzw. die Eigenschaften seiner Leistung signalisiert (z.B. über Referenzen bzw. den Track record4). Beim Screening geht die Initiative vom Principal aus, der sich zusätzliche Informationen über die Eigenschaften und die Reputation des Agenten bzw. seiner Leistungen innerhalb des Immobiliennetzwerks verschafft. Beide Mechanismen tragen zur Vermeidung von Adverse selection bei. Zur Eingrenzung von Moral hazard eignen sich Informations- und Kontrollsysteme zum Monitoring des Agenten oder die Implementierung von leistungsabhängigen Ergebnisbeteiligungssystemen, um eine Interessensangleichung von Principal und Agent zu erzielen. Zur Beherrschung der Hold-up-Problematik kann eine vertikale Integration des Auftragnehmers, der Abschluss langfristiger Verträge sowie die Schaffung gegenseitiger Abhängigkeiten beitragen. Die Principal-Agent-Theorie zielt letztlich auf eine zweckorientierte Suche nach Verfahrenstechniken sowie auf die Etablierung von Institutio-
4
Chronologisch dargelegte Erfolgs- und Erfahrungsgeschichte eines Unternehmens oder Managers.
132 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
nen ab, um versteckte, egoistische Aktionen des Agenten zu reduzieren (Schamp 2007: 248). Es treten dabei sog. Agency-Costs auf, die die Differenz zwischen der erstbesten Lösung bei vollkommener Information und Transparenz und der zweitbesten Lösung bei asymmetrischer Information ausdrücken. Die Agency-Kosten setzten sich aus Überwachungs- und Kontrollkosten des Principals (Ausgaben für das Monitoring), Garantieund Signalisierungskosten des Agenten sowie dem verbleibenden Wohlfahrts- bzw. Residualverlust zusammen. Der Residualverlust bezieht sich auf die Transaktionen, die aufgrund unvollkommener Informationen nicht oder nur teilweise durchgeführt werden, obgleich sie an sich wohlfahrtsteigernd wären (Cieleback 2004: 7). Diese Agency-Kosten gilt es zu reduzieren, wobei lokale Präsenz und die Einbettung in lokale Strukturen förderlich wirkt. So nehmen persönliches Vertrauen in die Verschwiegenheit und Verlässlichkeit eine zentrale Stellung bei der Auswahl des richtigen Partners ein, zumal auch Kontrollinstrumente über geographische Distanzen nur bedingt wirken.
Zeitlich befristete Zusammenarbeit Netzwerke wurden in der Wirtschaftsgeographie lange Zeit vorwiegend als Synonym dauerhafter, auf Vertrauen basierender Beziehungen begriffen, die jedwede Art von Transaktionskosten reduzieren (siehe Box 10) Kontinuierliche Interaktionen über einen langen Zeitraum bauen demnach Reputation, Loyalität und Vertrauen auf, die mit gemeinsamen Erfahrungen und Erwartungen der involvierten Akteure den langen „Schatten der Zukunft“ auf das Netzwerk werfen (Grabher 2006: 84). Box 10: Netzwerke Seit vielen Jahren bestimmt der Terminus Netzwerk Theorie und Praxis des internationalen Managements. In geographischen, soziologischen und ökonomischen Debatten haben Netzwerke als alternative Organisationsform zwischen den beiden Extremen Markt und Hierarchie verstärkt Aufmerksamkeit erfahren. Geprägt wurde dieser Diskurs vor allem durch den Transaktionskostenansatz der Neuen Institutionenökonomie, in dem die Kosten der Transaktionen das entscheidende Kriterium bei der Wahl der effizientesten Organisationsform darstellen (Williamson 1981). Unter Unternehmensnetzwerken versteht Sydow „eine Organisationsform ökonomischer Aktivitäten, die auf komplex-reziproken, eher kooperativen denn kompetitiven und zeitlich stabilen Beziehungen zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich mehr oder weniger abhängigen Unternehmungen aufgebaut und dominant den Beziehungszusammenhang zur zwischenbetrieblichen Koordination der Aktivitäten mehr oder weniger reflexiv nutzt“ (1992: 82). Ziel der ökonomischen Kooperation ist es, Unternehmensziele zu realisieren, zu denen die unternehmensinternen Ressourcen nicht ausreichen.
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Im Kontrast zur festen und dauerhaften Netzwerkform werden zur Vorbereitung, Abwicklung und Kontrolle von Immobilientransaktionen i.d.R. Projektnetzwerke gebildet. Ein Großteil der empirischen Untersuchungen zu Projektnetzwerken war bisher auf die Fernseh- bzw. Filmbranche konzentriert (siehe u.a. Windeler et al. 2000; Manning 2005; Mossig 2004), wobei auch für die Werbeindustrie (Grabher 2002) und die Beratung (Manning 2006; Glückler 2004) dieser Netzwerktyp identifiziert werden konnte. Mit der stetig wachsenden Menge an Informationen und Wissen steigt die Komplexität von Immobilientransaktionen. Dies gilt im Besonderen für internationale Investitionen. Investoren verfügen daher selten über die kompletten Kompetenzen zur vollständigen und selbstständigen Durchführung von Immobilienkäufen bzw. -verkäufen. Vielmehr ist bei nahezu allen Immobilientransaktionen neben Käufern und Verkäufern eine Vielzahl weiterer Dienstleister eingebunden. Um den komplexer gewordenen Anforderungen gerecht zu werden, bilden sich auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene interdisziplinäre Projektnetzwerke, die u.a. Immobilienfachleute, Finanz-, Wirtschafts- und Steuerberater sowie Juristen einschließen. Für Immobilientransaktionen sind länderübergreifende Projektnetzwerke typisch, d.h. die kooperierenden Unternehmen sind in mehr als einem Land beheimatet. Während sich die bisherige empirische Netzwerkforschung hauptsächlich auf horizontale Netzwerke und ihre heterarchische oder auf starke Vertrauensbeziehungen basierende Steuerung fokussierte, sind bei Immobilientransaktionen vertikale Beziehungen, die durch Macht bzw. den Investor gesteuert werden, die Regel. Projektnetzwerke lassen sich generell als dynamische Netzwerke deuten, in denen rechtlich selbstständige, jedoch funktional interdependente Unternehmen zeitlich begrenzt kooperieren. Typisches Kennzeichen dieser „befristeten Systeme mit institutionalisiertem Endpunkt“ sind Deadlines, eine klare Zielsetzung und eine radikale Konzentration auf das Projektziel (Grabher 2006: 85). Projektnetzwerke formieren sich also zum Zweck einzelner Transaktionen und lösen sich nach deren Vollendung wieder auf. Die Befristung ist allerdings nicht immer gleichbedeutend mit dem Ende einer Geschäftsbeziehung; vielmehr ist eine Reproduktion von Netzwerken im Falle eines neuen gemeinsamen Projekts möglich. Kennzeichnend für Projektnetzwerke ist zudem ihre hohe Flexibilität. Die beteiligten Immobilienakteure können zum einen aufgrund ihrer Fokussierung auf einen Teilbereich der Transaktion ein spezifisches Know-how entwickeln, das sie in die Lage versetzt, flexibel auf neue Probleme und Erfordernisse zu reagieren. Zum anderen können bei Projektänderungen bzw. -anpassungen stets neue Spezialisten engagiert werden; eine hohe Reaktionsfähigkeit auf sich ändernde Umweltbedingungen ist damit typisch für Projektnetzwerke (Mossig 2006: 41). Der Aufbau und die Koordination von Netzwerken erfolgen, wenn möglich, unter Einbezug bisheriger Erfahrungen aus früheren Projekten
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sowie den Erwartungen an künftige Projekte (Sydow/Staber 2002: 215). Mit zunehmender Transaktionshäufigkeit und Vertrautheit lassen sich Unsicherheiten reduzieren und opportunistisches Verhalten eingrenzen: „It is the […] history of past transactions underlying reputation, which overcome the potential effects of adverse selection and moral hazard“ (Clark 1993: 250). Diese Art der Koordination scheitert allerdings in vielen Fällen der projektbasierten Zusammenarbeit an fehlenden gemeinsamen Erfahrungen und der Flüchtigkeit von Projekten, die in den wenigsten Fällen die Bildung persönlichen Vertrauens zulässt: „In the fluid and ephemeral organizational arrangements of projects the evolution of this sense of coherence, familiarity, and trust that radiates through the economic geographic accounts is limited“ (Grabher/Ibert 2006: 253). Daraus ergibt sich das Paradoxon der Projektorganisation: Die Bildung von Projektnetzwerken setzt einerseits Vertrauen voraus, ihre zeitliche Befristung schließt andererseits dessen kontextspezifischen und zeitintensiven Aufbau aus (Grabher 2006: 85). Der Trend der Kurzfristigkeit ist nicht nur auf Projektnetzwerke begrenzt, sondern lässt sich auch auf strategische Netzwerkarrangements übertragen. An die Stelle langfristiger Joint Ventures treten vermehrt kurzfristige Partnerschaften, die sich zunehmend in flüchtige Phänomene verwandeln. Diese entziehen sich dem originären geographischen Ansatz, „institutionell auskristallisierte Phänomene kartographisch exakt zu lokalisieren“ (Grabher 2006: 88). Insgesamt ist festzuhalten, dass räumliche Nähe für die Projektorganisation zahlreiche Vorteile wie Möglichkeiten zu Face-to-face-Kontakten, zu zeitnahen Abstimmungen, zum Aufbau von Vertrauen und zur Kontrolle der Kooperationspartner mit sich bringt. Neben der geographischen Distanz der Projektpartner wirft auch die temporäre Begrenztheit von Projekten Probleme für die Wissensgenerierung sowie den Aufbau von Institutionen und Vertrauen auf. So lässt die zeitliche Begrenzung und die wechselnde Zusammensetzung der Projektteilnehmer keine Ausbildung von Routinen zu, die einen Wissensaustausch über die Grenzen des jeweiligen Projektes hinaus ermöglichen würden. Den beteiligten Akteuren fehlen i.d.R. Zeit und Strukturen für ein formales Training der Projektteilnehmer. Damit bleibt das Wissen, das während einer Transaktion generiert wird, personengebunden und wird nach der Transaktion und der Auflösung des Projektteams in andere Projekte eingebracht (Jentsch 2004: 5). Gerade bei Immobilientransaktionen in den neuen Märkten verfügen die involvierten Akteure selten über eine gemeinsame Projekterfahrung. Erschwerend für den Aufbau von Vertrauen wirkt zudem, dass unbekannte Projektteilnehmer eventuell verschiedenen Loyalitäten verhaftet sein können. In etablierten Märkten hingegen werden oftmals aufbauend auf positiven Erfahrungen und bestehenden Kontaktnetzwerken alte Projektnetzwerke reaktiviert.
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Implizite Verträge Die begrenzte Rationalität der Entscheidungsträger in der Immobilienwirtschaft, die auf unvollkommenen Informationen beruht, schließt i.d.R. den Abschluss vollständiger Verträge aus. Die projektbasierte Zusammenarbeit wird daher überwiegend in Form unvollständiger impliziter Verträge geregelt, die der begrenzten Rationalität der Akteure bei vielen komplexen, weit in die Zukunft reichenden wirtschaftlichen Transaktionen besser Rechnung tragen als vollständige klassische bzw. neoklassische Verträge. Für letztere sind explizite, vertraglich möglichst exakt fixierte Vereinbarungen charakteristisch, die damit der Logik des Homo oeconomicus folgen. In der Realität sind Leistung und Gegenleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aber oftmals nicht eindeutig vorherzusehen und lassen sich somit auch nur schwer oder unter Inkaufnahme sehr hoher Transaktionskosten ex ante vertraglich genau spezifizieren (Picot et al. 2008: 34ff.). Aus diesem Grunde müssen Projektpartner in der Immobilienwirtschaft häufig auf vertragsähnliche, nicht formale und rechtlich nicht sanktionierbare Praktiken zurückgreifen. Diese impliziten Vereinbarungen beruhen auf der Einhaltung bestimmter impliziter Regeln und Normen, die den Projekt- bzw. Vertragspartnern bekannt sind, aber nicht schriftlich fixiert werden können oder sollen (Picot et al. 2008: 34ff.). Im Gegensatz zu vollständigen expliziten Verträgen eröffnen unvollständige implizite Vereinbarungen den vernetzen Akteuren größere Verhaltensfreiräume, die diese wiederum opportunistisch nutzen können. Auch hier gilt es wieder mittels sorgfältiger Auswahl der Vertragspartner, geeigneter Schutz- und Anreizmechanismen, das Interesse der einzelnen Vertragspartner so zu kanalisieren, dass diese mit den Gesamtinteressen aller im Vertrag Beteiligten korrespondieren. Wirtschaftsgeographen wie Storper (1997) verweisen dabei auf lokal gebundene Regeln (Untraded interdependencies), welche zur Lösung des Problems unvollständiger Verträge beitragen können. Insbesondere Vertrauen und Reputation spielen beim Zustandekommen der impliziten Verträge und deren vereinbarungsgemäßen Durchführung eine zentrale Rolle. Studien zeigen, dass nicht wenige Beratungsnetzwerke aufgrund mangelnden Vertrauens, falscher Einschätzungen und Erwartungen sowie fehlenden Engagements der Partner frühzeitig scheitern (Manning 2006). Räumliche Nähe hingegen kann häufige Abstimmungen und intensiven Informationsaustausch innerhalb der zeitlich begrenzten Projektnetzwerke erleichtern. Zudem wird der Aufbau beziehungsspezifischer Institutionen wie Vertrauen, Konventionen, Routinen und Normen gefördert, die fortwährend in alltäglicher Interaktion reproduziert werden und als Institutionen der Alltagspraxis zur Reduzierung von Unsicherheiten, opportunistischen Verhaltens und Transaktionskosten beitragen können (Glückler 2004: 258f.).
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Vor dem Hintergrund des Embeddedness-Konzepts argumentiert Glückler, dass bei einer institutionellen Unterbestimmung der Transaktionsverhältnisse Institutionen der Alltagspraxis eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Unsicherheiten einnehmen. Sie werden als Institutionen der Alltagspraxis benannt, da sie nur durch fortwährende Interaktionen beteiligter Akteure konstituiert und reproduziert werden können. Anders als formale Institutionen, wie z.B. die rechtlichen Rahmenbedingungen, die alle Akteure gleichermaßen betreffen, beschränken sich Institutionen der Alltagspraxis nur auf konkrete Beziehungen (Glückler 2004: 117). Das Vertrauen kann demnach als eine der grundlegenden sozialen Institutionen gedeutet werden, die unter Bedingungen hoher Unsicherheit (z.B. durch unvollständige Verträge) dennoch Handeln zwischen Akteuren ermöglicht. Vertrauen kann dabei das Handeln in zweierlei Hinsicht strukturieren (Glückler 2001b: 215): Systemisches bzw. unpersönliches Vertrauen basiert auf dem Expertenvertrauen der Gesellschaft. Durch institutionelle Arrangements wie Gesetze, Expertenwissen, Regeln und Verfahrensstandards können einander unbekannte Akteure auch in Unsicherheit bis zu einem gewissen Grad miteinander agieren. Trotz ihrer großen Bedeutung kann das systemische Vertrauen auf Institutionen nicht alle konkreten Transaktionszusammenhänge hinreichend regulieren. Je mehr Unsicherheit die ökonomische Interaktion begleitet, umso wichtiger ist der komplementäre Aufbau persönlichen Vertrauens zur Reduzierung von Unsicherheit und dem Eingrenzen opportunistischen Verhaltens. Persönliche Vertrauensbeziehungen zwischen Unternehmen werden vor allem durch erfolgreiches Interagieren in der Vergangenheit aufgebaut: „Experience is an authentic way of assessing another person’s action“ (Glückler/Armbrüster 2003: 277). Persönliches Vertrauen entsteht nicht spontan, sondern ist das Resultat eines rekursiven Prozesses, der auf wiederholten Interaktionen sowie früheren Erfahrungen basiert (Mossig 2006: 68). Hat sich die Zusammenarbeit mit einem Partner positiv gestaltet, können trotz impliziter Verträge künftige Transaktionen mit diesem Partner mit einer wachsenden Gewissheit angegangen werden. Die Beziehung und das Vertrauen zwischen den Partnern wachsen mit jeder weiteren Transaktion. Diese relationale Einbettung verspricht nach Uzzi (1997: 49) Economies of time, die sich in einem schnelleren Marktzugang und einem rascheren Reaktionsvermögen auf Umweltveränderungen manifestieren. So können implizite Informationen transferiert sowie schnellere kooperative Problemlösungen bzw. Anpassungen entfaltet werden und es müssen nicht für jede Transaktion zeitintensiv Regelarrangements ausgehandelt werden (Glückler 2001b: 216f.). Vertrauen stabilisiert damit Geschäftsbeziehungen und reduziert die Notwendigkeit formaler Kontrollmechanismen wie explizite und vollständige Verträge. Persönliches Vertrauen entwickelt sich allerdings aufgrund der Erfahrungsgebundenheit nur langsam und setzt kontinuierliches Engagement der Akteure voraus. Daher sind Ver-
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trauensverhältnisse häufig auf eine kleine Gruppe von Geschäftspartnern beschränkt. Unbekannte Partner fallen schnell aus dem Suchraster, da es keine gemeinsame Erfahrungsbasis gibt. Fehlende persönliche Kontaktnetze stellen damit für ausländische Investoren erhebliche soziale Eintrittsbarrieren dar. Unter Reputation versteht man die auf eigene oder fremde Erfahrung basierende Erwartung des zukünftigen Verhaltens eines Akteurs. Reputation erhöht damit die Erwartungssicherheit für den suchenden Akteur und erleichtert die Einschätzung angebotener Leistungen. Anbieter wiederum können aus einer positiven Reputation Wettbewerbsvorteile generieren. Man spricht von öffentlicher Reputation, wenn die Bewertung zukünftigen Verhaltens auf allgemein zugänglicher Information beruht. Diese öffentliche Meinung wird einmal mittels Institutionen öffentlicher Qualitätsmessung (u.a. Rating-Agenturen, Verbände) artikuliert oder durch die Unternehmenskommunikation (u.a. PR, Markenbildung, Logos) aufgebaut. Reputation wird ergänzend zu den öffentlichen Kanälen auch innerhalb von Netzwerken weitergegeben. Empirische Arbeiten zur Internationalisierung von Dienstleistungsunternehmen (z.B. Strambach 1995; Money 2000) bestätigen die hohe Relevanz von persönlichen Informationsnetzen und Mundpropaganda als Informationsquellen bei der Auswahl geeigneter Partner. Unternehmen versuchen ihre Erwartungsunsicherheit bei der Auswahl eines verlässlichen Partners durch den Abruf von Hinweisen und Empfehlungen aus dem eigenen Netzwerk zu reduzieren. Diese Form der Verbreitung von Reputationseffekten geht davon aus, dass zwei einander unbekannte Unternehmer durch einen gemeinsamen Vertrauten einander empfohlen und so mit gegenseitigem Vertrauensvorschuss ausgestattet werden, ohne dass die neue Vertrauensbeziehung langwierig und zeitaufwändig erprobt werden muss. Über die Kommunikation im Netzwerk würde sich positive schnell in eine negative Reputation wandeln und verbreiten (Glückler 2004: 107ff.). Vertrauenswürdige Empfehlungen im Netzwerk minimieren den Suchaufwand und die Unsicherheit in der Interaktion. Die Netzwerkreputation bildet allerdings kein öffentlich zugängliches Gut. Die Information zirkuliert lediglich zwischen den Mitgliedern eines sozialen Netzes und bleibt neuen Akteuren verschlossen. Mit den Institutionen der Alltagspraxis wurde gezeigt, dass konventionelle formale Institutionen wie z.B. vollständige Verträge häufig nicht ausreichen, um die Intransparenz des Investors zu überbrücken. Neuere wirtschaftsgeographische Untersuchungen über die Internationalisierung von wissensintensiven Dienstleistungsunternehmen (u.a. Glückler 2004; Strambach 1995) identifizieren persönliches Vertrauen und Netzwerkreputation als die entscheidenden Koordinationsmechanismen zur Überwindung transaktionsbedingter Unsicherheiten. Die Einbettung in das Projektnetzwerk durch persönliches Vertrauen und Netzwerkreputation erleichtert dabei die Planung und Koordination der grenzüberschreitenden Interaktio-
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nen und wirkt damit transaktionskostenreduzierend. Allerdings scheinen diese Formen der sozialen Bindung ökonomischer Aktivitäten vielfach auf geographische Kopräsenz angewiesen zu sein.
Kulturelle Distanz Bei Investitionsentscheidungen, der Anpassung von Organisationsstrukturen, der Optimierung des unternehmensinternen Wissenstransfers oder der Vorbereitung der Mitarbeiter auf Auslandseinsätze wird besonders in der Managementliteratur immer wieder auf die Relevanz kultureller Distanz hingewiesen. Diese Differenzen werden häufig aus einer Modernisierungsperspektive betrachtet und fungieren kulturell aufgeladen als Erklärung für Probleme in grenzüberschreitender Zusammenarbeit (Berndt 2001). Hervorzuheben sind hierbei die vielfach rezipierten Arbeiten von Hofstede (1980; 2001), die anhand unterschiedlicher Kulturdimensionen nationale Kulturen systematisch einordnen und vergleichen lässt (siehe Box 11). Box 11: Kulturelle Distanz nach Hofstede Hofstede leitete basierend auf einer Erhebung unter IBM Mitarbeitern in 50 Ländern fünf kulturelle Dimensionen ab (siehe Hofstede 1980/2001; Hofstede/Hofstede 2007; Rehner 2004: 21ff.): Individualismus – diese Dimension misst, ob die Mitglieder einer Gesellschaft sich selbst als ein unabhängiges Individuum betrachten oder über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe definieren. Das jeweilige Verständnis prägt den Umgang mit bestehenden Normen und Regeln. Während in individualistischen Gesellschaften Regeln als allgemein verbindlich und als unbedingt einzuhalten gelten, stellen für Mitglieder kollektivistischer Kulturen Regeln hingegen eine Grundlage dar, die je nach Situation und Beziehung zu den betroffenen Personen als flexibel interpretierbar wahrgenommen werden. Unsicherheitsvermeidung – diese Dimension gibt an, in welchem Maße sich die Mitglieder einer Kultur durch unbekannte Situationen bedroht fühlen. Charakteristisch für Kulturen mit hoher Unsicherheitsvermeidung ist der Versuch mittels Regeln, Gesetzen und Vorschriften möglichst klare und stabile Rahmenbedingungen zu schaffen und damit die Vorhersehbarkeit künftiger Entwicklungen zu verbessern. Maskulinität – diese Dimension erfasst, wie stark sich die Wertevorstellungen von Männern und Frauen in den jeweiligen Ländern unterscheiden, d.h. wie fest eine klare Rollentrennung in der Gesellschaft verankert ist. Machtdistanz – diese Dimension beschreibt das Ausmaß, in dem weniger mächtige Mitglieder der Gesellschaft eine ungleiche Machtverteilung akzeptieren und sogar erwarten. Während in Ländern mit niedriger Machtdistanz auch Mitarbeiter in untergeordneten Positionen Entscheidungsspielraum und Selbstständigkeit erwarten, stellt man in Ländern mit großer Machtdistanz eine große Abhängigkeit der Mitarbeiter vom autokratischen oder patriarchalischen Vorgesetzten fest.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 139 Lang- oder kurzfristige Ausrichtung – diese Dimension zeigt, wie groß der Planungshorizont in einer Gesellschaft ist. Während für Mitglieder einer Gesellschaft mit langfristig ausgerichtetem Planungshorizont z.B. Beharrlichkeit typisch ist, zeichnet sich eine kurzfristige Ausrichtung durch Flexibilität und Egoismus aus.
Auch in der Immobilienwirtschaft kommt es zwangsläufig zu immer mehr internationalen Kontakten. Abseits von Sprachbarrieren können unsichtbare kulturelle Distanzen zwischen den Transaktionspartnern zu Verständigungsschwierigkeiten, Missverständnissen und Fehlinterpretationen führen, die der Festlegung gemeinsamer Ziele sowie Problemlösungsstrategien und damit einer erfolgreichen Immobilientransaktion im Wege stehen können. Gemeinsam mit der geographischen Distanz hemmt die kulturelle Unterschiedlichkeit die Vertrauensbildung zwischen den beteiligten Immobilienakteuren und erzeugt damit Intransparenzen. Gleichzeitig lässt die zunehmende Komplexität bei der Gestaltung formalisierter Vereinbarungen über Landesgrenzen hinweg den Bedarf an Vertrauen stark anwachsen. Dieses Vertrauensdilemma wird verstärkt durch die komplexere Kontrolle interkultureller Kooperationspartner zur Vermeidung opportunistischen Verhaltens (Rehner 2004: 88f.). Aus diesen Unsicherheiten resultiert die Neigung von Investoren, zunächst in Märkten zu investieren, die sich in nahen Gliedern der „psychic distance chain“ befinden (Johanson/Vahlne 1977), d.h. die als in kultureller Nähe befindlich angesehen werden. Die zunehmende Intensität und Qualität interkultureller Kontaktsituationen in einer sich globalisierenden Immobilienwirtschaft und deren organisatorische Verfestigung in kulturübergreifenden Kooperationsarrangements macht es erforderlich, dass sich Unternehmen und deren Mitarbeiter verstärkt mit kulturellen Konfliktpotenzialen auseinandersetzen. Global agierende Entscheidungsträger werden damit vor neue Herausforderungen gestellt. Zusätzlich zu individuellen Anpassungsleistungen der jeweiligen Entscheidungsträger und dem Aufbau notwendiger persönlicher interkultureller Kompetenzen muss für die Auslandstransaktionen ein adäquates organisationales Arrangement gewählt werden, das diese Unsicherheiten reduziert. Rehner (2004) untersuchte am Beispiel deutscher Manager in Mexiko die Schwierigkeiten und Anforderungen für das Agieren in einer fremdkulturellen Umgebung. Da explizite vertragliche Vereinbarungen oftmals fehlen, bieten gerade langfristig angelegte Netzwerke die Möglichkeiten, sich gegen opportunistisches Verhalten zu schützen. Bei Immobilientransaktionen handelt es sich allerdings überwiegend um zeitlich befristete Projektnetzwerke. Damit wird die Vertrauensgenese zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Kulturen, deren mühsamer Weg meist mit Rückschlägen und Enttäuschungen gepflastert ist, erschwert. Zwar suggerieren einige Studien (u.a. Sklair 2001, 2005; Kentor/Jang 2004) ein aus den zunehmenden weltweiten Interaktionen zwischen multinationalen Unternehmen und Managern resultierendes Set global gültiger
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Geschäftsgepflogenheiten, Kodes, Regeln etc., das als eigene Kultur des Global business einen steuernden und zuverlässigen Normen- und Werterahmen stellen kann. Phelps/Wood (2006) kritisieren allerdings diesen vermeintlich linearen Prozess skalarer Transformation, bei dem sich die dominanten institutionellen Spielregeln stufenweise von lokalen zu eher globalen Skalen verschieben. Die globale Geschäftskultur geht demzufolge nicht gleichmäßig und allumfassend auf lokale bzw. nationale Geschäftskulturen nieder. So entfaltet diese lediglich auf der Top-Managementebene der multinationalen Unternehmen die volle Wirkung (Rehner 2004: 7), während Transaktionsbeziehungen zwischen internationalen Investoren und lokalen Projektentwicklern oder Immobilienhaltern nach wie vor unmittelbar von kulturellen Differenzen zwischen der eigenkulturellen Prägung und der Kultur der Destination betroffen sind. Ein Festhalten an der globalen Geschäftskultur beinhaltet hierbei die Gefahr, sich schleichend von kulturellen Unterschieden und Eigenarten zu distanzieren. Die Zusammenarbeit wird damit empfindlich gestört. Verstärkt wird die Problematik kultureller Distanz letztlich durch den häufigen und raschen Wechsel der Einsatzorte der Führungskräfte, den Thrift (2000: 685) treffend als „constant quartering of the globe“ beschreibt. Deren hohe Mobilität steht einer intensiven Auseinandersetzung mit der neuen kulturellen Umgebung diametral entgegen5. Kulturelle Unterschiedlichkeiten und deren Ursachen bleiben für viele mobile und nomadisierende Manager weitgehend intransparent.
4.2.4
Informelle Intransparenzen durch Korruption und das Zurückhalten von Informationen
In Abkehr von dem in der Wirtschaftsgeographie unermüdlich transportierten Bild solidarischer Netzwerke fokussiert das folgende Kapitel die „dunklen Seiten“ (Grabher 2006: 80) informeller Arrangements. Korruption und standortspezifische informelle Netzwerke beflecken in vielfacher Hinsicht die Transparenz auf Immobilienmärkten und erhöhen damit die Unsicherheiten ausländischer Investoren. Die Informalität dieses Netzwerktyps eignet sich zudem ausgezeichnet zur Verzerrung, Unterdrückung, Kodierung oder Manipulation von marktspezifischen Informationen und Wissen.
5
Der Aufbau interkultureller Kompetenz ist ein mehrdimensionaler und langwieriger Prozess, der verschiedene Komponenten umfasst (Rehner 2004: 55): 1) Affektiv – Akzeptieren und Verstehen der anderen Kultur (z.B. Fähigkeit, andere Perspektiven, Gefühle nachzuvollziehen); 2) Kognitiv – Wissen über die andere Kultur (Traditionen, Werte etc.); 3) Kommunikativ – Fähigkeit zu effizienter Kommunikation mit Akteuren einer fremden Kultur (Aufbau und Pflege persönlicher Beziehungen).
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 141
Korruption und informelle soziale Netzwerke Unter Korruption versteht man im weiteren Sinne den Missbrauch systemspezifischer, de facto personengebundener Macht zu privatem Vorteil (Diederichs 2005: 291; Schramm/Taube 2001). Korruption kann als Reaktion auf unzureichende institutionelle Ordnung gedeutet werden. Falsche Anreizsysteme und unzureichende Rechtssysteme, in denen Kontroll- und Sanktionsmechanismen versagen, stellen einen Nährboden für opportunistisches Verhalten. Aus kultureller Perspektive ergibt sich Korruption aus einem übermäßig bürokratischen System und wird als notwendiges Instrument zur Flexibilisierung der hierarchischen staatlichen Ordnung interpretiert (Rehner 2004: 42). Die Mehrheit ökonomischer Studien untersucht die Korruption an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Verwaltung; Korruption innerhalb des privaten oder öffentlichen Sektors wird hingegen meist ausgeblendet (Engerer 1998: 1). Rekurriert wird hierbei v.a. auf die Principal-AgentTheorie der Neuen Institutionenökonomik, die die Beziehung zwischen der übergeordneten Institution (Principal) und dem handelnden Beamten (Agenten) in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt (Schramm/Taube 2001: 5). Aus der Verfügungsgewalt eines Beamten über eine bestimmte Form von Monopol resultiert dabei eine Machtposition gegenüber betroffenen Unternehmen. Beispielsweise kann die Vergabe spezieller Baugenehmigungen an ausländische Projektentwickler ausschließlich in dessen Ermessen liegen. In gleicher Weise kann bei der Ausschreibung eines öffentlichen Bauprojekts der Bewerberkreis durch Manipulation oder Vernichtung günstigerer Angebote bewusst eingeschränkt werden. Korruption ist Vertrauenssache, damit ist der Kreis der Beteiligten sehr klein gefasst und Absprachen erfolgen ausschließlich auf lokaler Ebene. Zu der weit verbreitesten Ausprägung der Korruption zählen Bestechungsgelder (Oecd 2000: 3). Bei diesem „quasi-marktlichen Austausch“ (Rehner 2004: 42) folgt auf eine bestimmte Leistung, wie die Erteilung einer Baugenehmigung eine unmittelbare Gegenleistung, meist in Form einer finanziellen Transaktion. Durch die Beeinflussung des politischen Entscheidungsprozesses wird ein Vorteil gesichert, der sonst nur unter zusätzlichem Ressourceneinsatz erreicht werden hätte können. Aus institutionenökonomischer Perspektive spricht man hierbei von Rent seeking (Flüchter/Wang 2008: 64; Pritzl 1997). D.h. unter Einsatz von Ressourcen, wie z.B. Korruptionszahlungen, zielen Marktakteure darauf ab, auf politische Prozesse Einfluss zu nehmen, um zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften. Transaktionen und Auftragsvergaben in der Immobilienwirtschaft sind eng mit Informationsunsicherheiten und Interessenkonflikten, Grauzonen und Anreizstrukturen für illegale und nicht legitime Handlungen verwoben. Diese hohe Anfälligkeit der Immobilienwirtschaft gegenüber Korruption findet in den zum Teil hohen Auftragsvolumina, der geringen Anzahl
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direkt Beteiligter an Investitions- und Vergabeprozessen, dem hohen Zeitund Erfolgsdruck bei der Durchführung von Baumaßnahmen, asymmetrischen Informationsverteilungen und schließlich in den vorwiegend impliziten unvollständigen Verträgen ihre Erklärung. In Deutschland entfallen entsprechend laut Bundeskriminalamt rund 45% aller aufgedeckten Korruptionsfälle auf die Bau- und Immobilienwirtschaft. Die Organisation Transparency International beziffert die durch Korruption verursachten Schäden im Bau- und Immobilienbereich 2005 weltweit auf 250 Mrd. € (Deloitte 2006: 2). Besonders Länder mit personell überbesetzten Bürokratien, ineffizienten Verwaltungsverfahren, vielfältigen administrativen Ermessensspielräumen sowie fehlender Transparenz und öffentlicher Kontrolle haben sich als korruptionsanfällig erwiesen. Korruptionspotenziale sind umso größer, je höher das Einkommensgefälle zwischen globalen Investoren und lokalen Beamten ausfällt und je niedriger deren Verwaltungsstufe ist. Am Beispiel des chinesischen Bodenrechts veranschaulichen Flüchter/Wang (2008) eine Kluft zwischen nationaler Ebene, die Rechtsetzung demonstriert und den lokalen bzw. regionalen Verwaltungseinheiten, die vorwiegend basierend auf Gewohnheiten wie z.B. informellen Beziehungsnetzwerken und Lokalpatriotismus (z.B. Besserstellung lokaler Unternehmen vor örtlichen Gerichten) agieren. Ausländische Investoren wiederum versuchen aktiv durch Zahlungen bzw. „speed money“ (Leff 1964) Kontrollmechanismen zu umgehen oder Transaktionen zu beschleunigen. In vielen Fällen lassen sich Beamte erst durch diese Beschleunigungszahlungen dazu bewegen, ihres Amtes zu walten. Korruption wird damit als Instrument außerhalb der gesetzlichen Grundlagen eingesetzt, um Einfluss auf bürokratische Entscheidungen nehmen zu können: „Corruption is an extra-legal institution used by individuals or groups to gain influence over the actions of the bureaucracy“ (Leff 1964: 8). Auf Seiten des bestechenden Unternehmens sollen Schmiergeldzahlungen letztlich als Form der „competitive coporate corruption“ dazu dienen, keine Nachteile gegenüber lokalen Konkurrenten zu erleiden (Naim 1995). Korruption wirkt sich generell negativ auf den Direktinvestitionszufluss aus, indem die Marktzutrittskosten ausländischer Investoren erhöht werden. Für inländische Investitionen ist dieser Zusammenhang wesentlich schwächer ausgeprägt, da sie der Herausforderung, in einem korrupten System zu bestehen, besser gewachsen sind als ausländische Unternehmen, die die spezifischen Mechanismen weniger genau kennen bzw. aufgrund ihres Corporate Governance nicht kennen wollen. Abb.17 illustriert den starken negativen Zusammenhang zwischen der Markttransparenz (Jls 2006a) und dem Korruptionsindex von Transparency International
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 143
(2008)6. Länder mit einer sehr gering wahrgenommenen Korruption wie z.B. den skandinavischen Ländern oder auch Neuseeland werden allesamt als sehr transparente Immobilienmärkte eingestuft. Umgekehrt zeigen sich die Immobilienmärkte von Ländern mit hoher Korruption wie Venezuela, Ägypten, Indonesien oder Russland eher als intransparent.
5 Venezuela
y = -0,3765x + 4,8854 Korrelationskoeffizient r = 0,82
Ägypten
4 Indonesien
Russland
Brasilien
3
Mexiko Dänemark
2
hohe Transparenz
Immobilien-Transparenz-Index 2006
geringe Transparenz
Abb. 17: Zusammenhang zwischen Korruption und Immobilienmarkttransparenz
Finnland
Deutschland
Schweden Neuseeland
1 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Korruptionsindex 2007
Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten von Jls 2006a; Transparency International 2008 Insbesondere in Ländern, die wenig institutionelle Absicherung bieten, erfüllen informelle soziale Netzwerke wie Freundschafts- und Familiennetze, personenbezogene Beziehungsgeflechte und Klientelismus für lokale Akteure eine wichtige Funktion zur Absicherung von Unsicherheiten und Instabilitäten (Rehner 2004: 39; Schramm/Taube 2001). Aufgrund ihres langen Entwicklungsprozesses verfügen diese informellen Netzwerke über eine starke lokale Verankerung und erfüllen nicht nur auf der ökonomischen Ebene eine wichtige Funktion, sondern dominieren die Interaktion auch auf der politischen und sozialen Ebene. Im Unterschied zur Korruption weisen diese Netzwerke einen reziproken Charakter auf. Die ökonomischen Beziehungen zwischen den Netzwerkakteuren beruhen auf Gegenseitigkeit von Geben und Nehmen. Die Akteure gehen Verschuldungen und Verpflichtungen ein, weil sie darin langfristig Vorteile für sich selbst sehen. Der Begünstigte in der Beziehung erbringt demnach nicht unmittelbar eine direkte Gegenleistung wie bei der Korruption. Für ausländische 6
Der Korruptionswahrnehmungsindex misst für 180 Länder, inwieweit dort Korruption bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommen wird. Der Index reicht von 0 (extrem von Korruption befallen) bis 10 (frei von Korruption) (siehe Transparency International 2008).
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Immobilienakteure kann die Integration in diese komplexen informellen Netzwerkstrukturen erfolgsrelevant für das unternehmerische Handeln sein. Aufgrund zeitlicher Befristung bleiben ihnen allerdings deren Logik und Funktionsweisen i.d.R. verhüllt.
Zurückhalten von Informationen Um den Wettbewerbsvorteil auch beim prinzipiell zugänglichen kodifizierfähigen Wissen zu wahren, kann Wissen von lokalen informellen Netzwerken kodiert werden. Ein lokaler Kode, der Wissen territorial binden kann, ist nur einer begrenzten Anzahl von Akteuren innerhalb eines bestimmten geographischen Raumes bekannt. Das offen zugängliche Wissen wird somit in ein Klubgut transformiert. Die Zugangsbarrieren zu lokalisiertem Wissen bestehen in diesen Fällen weniger in der „NichtKommunizierbarkeit“ des Wissens als vielmehr in dem „Nicht-Zugang“ (Lo 2003: 47). Die lokalen Akteure halten insbesondere dann Information bewusst zurück, wenn diese einen hohen Wettbewerbsvorteil darstellt (siehe Box 12). Während Netzwerke in wirtschaftsgeographischen Ansätzen vorwiegend als vertrauensvolle Beziehungen zur Förderung von Kooperation und zur Eindämmung von Opportunismus konzipiert werden, können informelle lokale Netzwerke auch zur Verzerrung, Unterdrückung oder Manipulation von Informationen dienen (Grabher 2006: 97). Box 12: Informationstransfer-Dilemma Der Austausch von Informationen ist i.d.R. mit einem pragmatischen Handlungswert verbunden. Der Informationsempfänger erzielt einen zusätzlichen Handlungsnutzen, während der Informationswert für den Geber tendenziell sinkt, indem er die exklusive Informiertheit verliert. Schrader (1990) weist unter Bezugnahme auf das Gefangenendilemma aus der Spieltheorie modelltheoretisch nach, unter welchen Bedingungen es zu einem Informationstransfer kommt: Zwei Unternehmen (A und B) besitzen eine wertgleiche Information, die dem anderen Unternehmen unbekannt ist. Der jeweilige Wert der Information fügt sich aus zwei Komponenten zusammen: dem Grundwert r und dem Zusatzwert ∆ r. Der Zusatzwert bezieht sich dabei auf den Informationsvorsprung, der bei einem Informationsaustausch verloren gehen würde. Aus dem Modell (siehe Abb. 18) lässt sich für die Immobilienwirtschaft ableiten, dass Informationsaustausch zwischen zwei Akteuren dann ökonomisch vorteilhaft ist, wenn die Informationen einen hohen Grundwert und einen geringen Zusatzwert besitzen. Ein Zurückhalten von Informationen tritt hingegen bei einem niedrigen Grundwert und einem hohen Zusatzwert auf. Beispiel hierfür sind marktspezifische Informationen lokaler Akteure, die insbesondere auf intransparenten Märkten für das Engagement unerlässlich sind. Ein Austausch kommt in dieser Konstellation nur dann zustande, wenn ein angemessenes Maß an Vertrauen besteht und die Zusammenarbeit mit dem internationalen Investor eine langfristige Perspektive besitzt.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 145
Abb. 18: Immobilientransfer-Dilemma Lokaler Immobilienakteur
transferiert Information transferiert Information nicht
Globaler Immobilieninvestor
transferiert Information
transferiert Information nicht 2r+∆r
2r 2r
r
r+∆r
r
2r+∆r
r+∆r
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Picot et al. 2003 Informationen und Wissen werden auf diese Weise gegenüber neuen Teilnehmern geheim gehalten bzw. verzerrt, um die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können und die Transaktionskosten neuer Akteure künstlich hoch zu halten. Ein freier Wettbewerb wird in dieser Weise unterdrückt: „It is naïve to assume that all participants in a market wish to encourage perfect competition“ (Seabrooke 2004: 29). Aus Sicht der globalen Investoren steigen damit die Informations- und Kommunikationskosten, die zur Vorbereitung, Durchführung, Anpassung und Überwachung von Transaktionsbeziehungen erforderlich sind. Die Effektivität von lokalen und informellen Netzwerken zeigt sich hierbei im Zurückhalten bzw. in der Geheimhaltung von relevanten Informationen.
Zwischenfazit Als Zwischenfazit bleibt festzuhalten, dass die vier Intransparenzen einem barrierefreien Maßstabswechsel globaler Immobilieninvestoren im Wege stehen und gar zu Persistenzen lokaler Strukturen beitragen können. Die Problembereiche beim Skalenübertritt konzentrieren sich vor allem auf die Schnittstelle zwischen globalen Immobilieninvestoren und lokalen Immobilienakteuren und Institutionen, wobei allerdings auch unklare Regeln, Gesetze etc. auf nationaler Ebene und relationale Intransparenzen in der Zusammenarbeit mit anderen globalen Akteuren den Markteintritt erschweren können (siehe Tab. 14). Diese Perspektive zeichnet für die Immobilienwirtschaft insgesamt einen Gegenentwurf zur Vorstellung einer gleichmäßigen und allumfassenden Globalisierung.
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Tab. 14: Intransparenzen und Skalenwechsel Intransparenzen
Ausprägungen
Problematische Schnittstellen beim Skalenwechsel
informationell
unvollständige Informationen; lokales Rauschen; Informationsasymmetrien
globale Investoren – lokale Akteure
institutionell
institutionelle Lücken; fehlendes Systemvertrauen; geringe Professionalisierung
globale Investoren – lokale Spielregeln; globale Investoren – nationale Institutionen
relational
Principal-Agent-Problematik; zeitlich befristete Zusammenarbeit; Implizite Verträge; kulturelle Distanzen
globale Investoren – lokale, nationale u. globale Akteure
informell
Korruption; informelle Netzwerke; Zurückhalten von Informationen
globale Investoren – lokale Akteure und Institutionen
Quelle: Eigene Darstellung In der empirischen Analyse soll anhand des vorliegenden konzeptionellen Rahmens am Beispiel der Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo geprüft werden, inwieweit die theoretisch konzipierten Intransparenzen tatsächlich grenzüberschreitende Transaktionen behindern (siehe Kapitel 7.3). Es soll die Frage beantwortet werden, welche Intransparenzen dem reibungslosen Ablauf bei internationalen Investments entgegenwirken und welche Bedeutung der räumlichen Nähe zu deren Vermeidung beizumessen ist. Die bisherigen Ausführungen haben deutlich gemacht, dass räumliche Distanz Intransparenzen verstärken oder gar verursachen kann. Räumliche Nähe hingegen erhellt undurchsichtige Strukturen, indem z.B. Informationsdefizite durch den Zugang zu lokalem Rauschen, vielfältige Möglichkeiten zu Face-to-face-Kontakten und die Verinnerlichung lokaler Spielregeln abgebaut werden können. In der Empirie ist dabei zu klären, ob in Mexiko City und São Paulo tatsächlich ein Austausch speziellen Wissens bzw. von Local buzz existiert und ob dieser Austausch innerhalb lokalisierter Netzwerke intensiver ist als über die Marktgrenzen hinweg. Es stellt sich zudem die Frage, worin dieses spezifische Wissen besteht. Trotz offensichtlicher Intransparenzen nehmen grenzüberschreitende Investitionsströme in der Immobilienwirtschaft zu (siehe Kapitel 3.1). In der Konsequenz wird daher erwartet, dass globale Investoren ihre Strategien den intransparenten Strukturen anpassen. Das folgende Kapitel 4.3 widmet sich diesen Anpassungsmechanismen, die den Skalenübertritt vereinfachen und scheinbar unüberwindbare Intransparenzen überbrücken lassen. Der Fokus liegt dabei auf den verschiedenen Nähedimensionen, die in welcher Form auch immer, komplexen Wissensaustausch und grenzüberschreitende Immobilientransaktionen erheblich erleichtern und damit Intransparenzen minimieren können.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 147
4.3 Internationalisierung trotz Intransparenz Eine wichtige Erkenntnis des vorangegangenen Kapitels lautet: Geographische Nähe kann informationelle, relationale, institutionelle und informelle Intransparenzen mindern. Im Kontext globaler Immobilieninvestitionen stellt sich die Frage, ob Nähe auch über geographische Distanz generiert werden kann. Dazu werden im vorliegenden Kapitel aktuelle Ansätze und Konzepte diskutiert, welche den Wissenstransfer und Vertrauensaufbau auch über geographische Distanzen als grundsätzlich möglich erachten und damit für internationale Immobilieninvestoren von entscheidender Relevanz sind. Für die weltweit agierenden Akteure entpuppt sich gerade der Zugang zu lokalem immobilienspezifischen Wissen zur entscheidenden Ressource. Nicht nur für den Finanzsektor, sondern auch für die Immobilienwirtschaft gilt nämlich immer mehr: „knowledge makes the money go round“ (Hall 2007). All den hier im Folgenden skizzierten Nähekonzepten liegt die Idee zugrunde, dass Nähe, in welcher Form auch immer, komplexen Wissensaustausch und Vertrauensaufbau in grenzüberschreitende Immobilientransaktionen erheblich erleichtern kann. Asymmetrisch verteilte Informationen und Spielräume für opportunistisches Verhalten werden dementsprechend eingeschränkt (siehe Abb. 19, S.149).
4.3.1
Nähe als Rezept gegen Intransparenz
Lokal verortete Nähe Aus den in Kapitel 4.2 diskutierten Merkmalen des Tacit knowledge lässt sich zunächst ableiten, dass immobilienmarktspezifisches, lokalisiertes Wissen in vielen Fällen nur vor Ort durch being there (Gertler 1995) und Learning-by-interacting erworben, weitergegeben und genutzt werden kann. Nach dem vielfach rezipierten Embeddedness-Ansatz von Granovetter (1985) ereignet sich ökonomisches Handeln nicht kontextfrei zwischen isolierten Akteuren, sondern ist als soziales Handeln eingebettet in fortlaufende Systeme sozialer Beziehungen und institutioneller Strukturen. Normen, Regeln, Gewohnheiten, Konventionen etc. werden demzufolge in örtlichen Kontexten institutionalisiert und permanent verfeinert, modifiziert, korrigiert und reproduziert. Folglich ist auch das kontextspezifische und personengebundene implizite Wissen in hohem Maße in diese örtlichen Strukturen eingebettet. Eine Vielzahl wirtschaftgeographischer Studien betonen dementsprechend auch für die globale Ökonomie die fortwährende hohe Bedeutung von Face-to-face-Interaktionen (u.a. Jones 2007; Gertler 2003; Storper/Venables 2004: 353ff.):
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•
•
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Die Face-to-face-Kommunikation ist eine reichhaltige Kommunikationsform, die eine Vielzahl paralleler Kanäle wie Sprache, Tonfall, Mimik und Gestik bietet, unmittelbares Feedback ermöglicht und die Vermittlung und unmittelbare Wahrnehmung persönlicher Emotionen erlaubt. Sie stellt damit insbesondere für unkodifizierbare Informationen das effizienteste Kommunikationsmedium dar. Face-to-face-Interaktionen reduzieren Interessens- und Koordinationsprobleme sowie opportunistisches Verhalten. Die lokale Kopräsenz bietet vielfältige Möglichkeiten zum Screening und Signalling und fördert den Aufbau von Vertrauen und Loyalität. Face-to-face-Interaktionen begünstigen den Aufbau informeller Reputationsnetzwerke, in denen Informationen über Referenzen, Kompetenzen etc. der Netzwerkpartner zirkulieren. Damit ergeben sich Zeitund Kostenersparnisse sowie eine geringere Unsicherheit bei der Auswahl geeigneter Kooperationspartner. Letztlich dienen Face-to-face-Interaktionen als Ansporn: „[…] (they) can push people to make greater and better efforts“ (Jones 2007: 228). Sie stimulieren Imitation sowie Wettbewerb und treiben die Akteure in ihrem wirtschaftlichen Handeln an.
Anhand der informationellen Intransparenzen wurde detailliert nachgezeichnet, dass lokal eingebettete Akteure gegenüber externen Investoren über Vorteile verfügen, indem sie über soziale und persönliche Kontakte zusätzliche Informationen erlangen. Aufgrund der räumlichen Kopräsenz innerhalb eines sozioökonomischen Kontextes ergeben sich vielfältige Möglichkeiten zu geplanten, beabsichtigten, spontanen oder zufälligen Zusammentreffen und persönlichen Face-to-face-Kontakten. Durch ihr soziales und wirtschaftliches Handeln tragen die lokalen Akteure bewusst und unbewusst zum lokalen Rauschen bei und profitieren gleichermaßen von diesem Mix aus Gerüchten, Eindrücken, Einschätzungen, Empfehlungen, Insiderwissen und strategischen Informationen, die den lokalen Markt umgeben (Bathelt et al. 2004). Bilanzierend ermöglicht permanente lokale Präsenz also den Zugang zum lokalen Rauschen und vielfältige Gelegenheiten zu Face-to-face-Interaktionen. Durch eigene Mitarbeiter bzw. Niederlassungen vor Ort können informationelle, institutionelle und auch informelle Intransparenzen zumindest langfristig nahezu ausgelöscht werden.
Institutionelle Nähe Eng verknüpft mit der lokal verorteten Nähe ist die institutionelle Nähe (siehe Gertler 2003). Sie bezieht sich auf einheitlich definierte Koordinationsstrukturen und -prinzipien innerhalb einer geographischen Maßstabsebene (lokal, regional, national), welche die Art und Stabilität der Beschäf-
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 149
tigungs- und Produktionsverhältnisse sowie der Arbeits-Kapital-Beziehungen festlegen (siehe Abb. 19). Der institutionelle Hintergrund manifestiert sich in der gemeinsamen Sprache, in gemeinsam geteilten Werten, Normen, Routinen, Konventionen, Geschäftspraktiken und Erwartungen sowie in sonstigen institutionellen Eigenschaften von Regionen, Nationalstaaten etc. Der Kontext wirtschaftlichen Handelns wird entscheidend und durchdringend durch dieses Set institutioneller Rahmenbedingungen auf nationaler aber auch regionaler Ebene vorstrukturiert und beeinflusst. Abb. 19: Nähe als Rezept gegen Intransparenzen
Quelle: Eigene Darstellung Obgleich institutionelle Nähe Beziehungen und Vertrauensaufbau über eine bestimmte Distanz ermöglicht und damit grenzüberschreitenden Wissensaustausch und Transaktionen erleichtert, ist sie im großen Maße nach wie vor an konkrete Institutionen und damit auch an ein spezifisches geographisches Territorium gebunden. So können grenzüberschreitende organisationsinterne bzw. -externe Beziehungen durch institutionelle Distanz erschwert, ausgehebelt und zunichte gemacht werden (siehe Kapitel 4.2). Generell kann die Regel abgeleitet werden: je geringer die zu überwindenden institutionellen Differenzen sich zwischen den Wirtschaftsakteuren darstellen, umso weniger fallen institutionelle Intransparenzen ins Gewicht. Gestützt wird die Bedeutung institutioneller Nähe durch eine der wohl prominentesten und am häufigsten zitierten Ansätze der Internationalisierungsthematik. Im Kern postuliert die Stufentheorie nach Johanson/Vahlne (1977) eine inkrementelle Expansion der Markterschließung
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von Ländern mit großer kultureller und institutioneller Nähe bis hin zu Ländern mit einer stärkeren kulturellen Distanz zum Herkunftsland. Die politische Integration regionaler Wirtschaftsblöcke (z. B. EU, NAFTA), die Aufstellung supra- bzw. multinationaler Institutionen, die schrittweise Angleichung rechtlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen, die Verbreitung bzw. Etablierung international gängiger Standards, Regeln, Praktiken etc. tragen dazu bei, dass sich institutionelle Rahmenbedingungen in gewissen Bereichen, wie zum Beispiel der Immobilienwirtschaft, international immer stärker annähern bzw. nivellieren (siehe Kapitel 6.2.3). Daraus kann abgeleitet werden, dass institutionelle Nähe auch immer häufiger über nationale und kontinentale Grenzen hinweg greifen und damit vor allem institutionellen Intransparenzen entgegenwirken kann.
Organisationale und professionelle Nähe Während institutionelle Nähe an bestimmte geographische Räume gebunden und damit den Globalisierungsprozessen von Investitionsbeziehungen vermeintlich entgegengerichtet zu sein scheint, werden aktuell in der Wirtschaftsgeographie mit der organisationale und professionellen Nähe zwei relationale Nähekategorien diskutiert, die ebenfalls aufzeigen, dass die Vorstellung von Nähe als rein raumgebundene Dimension zu kurz greift (siehe Abb. 19, S.149). Anders als bei der institutionellen Nähe rekurriert der Beziehungsrahmen der organisationalen Nähe nicht auf ein Territorium, sondern auf eine Organisation und deren soziales Kapital. Indem Unternehmen bestimmte Denkweisen und Problemlösungsstrategien aufbauen und fördern, können sie organisatorische Nähe zwischen den Mitarbeitern generieren. Grundlage dafür ist die sog. Community of practice, die sich durch gemeinsame Erfahrungen, Expertisen und Verpflichtungen gegenüber der Unternehmung informell manifestiert. Basierend auf den geteilten Zielen und Werten (Shared visions) entfaltet sich innerhalb der Community of practice ein spezifisches Set von organisatorischen Institutionen im Sinne von Sprache, Kodes, Konventionen, Routinen, Regeln, Praktiken, Logiken, Vorgehensweisen etc. (Lo 2003: 118ff.). Empirische Studien zur Community of practice (u.a. Faulconbridge 2006a/2006b; Amin/Cohendet 2005/2000; Amin 2000; Lo 2003) belegen die Relevanz dieses gemeinsamen unternehmensspezifischen institutionellen Regelwerks für die Identifizierung, Interpretation, Absorption, Koordination und Weitergabe von Wissen innerhalb einer Organisation. Eine effektive Verbreitung von Wissen ist demnach nicht per se an geographische Nähe und lokale Einbettung gebunden. Entscheidend ist vielmehr die Existenz von Beziehungen, welche den Wirtschaftsakteuren die Internalisierung gemeinsamer Interpretationsschemata bzw. den Aufbau eines gemeinsamen Grundverständnisses (Soft architecture of learning) ermöglicht (Amin 2000: 13f.) und damit relationale Intransparenzen begrenzt.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 151
Grundlegend für das Verständnis der Community of practice ist das Loslösen von der Dichotomie lokal und implizit versus global und explizit (Faulconbridge 2006b). Kontroverse Diskurse über die räumliche Verbreitung von Tacit knowledge (siehe u.a. Gertler 2003; Morgan 2004; Amin/Cohendet 2005) führt Faulconbridge auf zwei unterschiedliche Auffassungen von Wissenstransfer zurück, die diesen Studien zu Grunde liegen: Wissenstransfer im Sinne von Weitergabe bzw. Verbreitung eines optimalen Verfahrens (Best practice) und Erzeugung von Wissen durch soziales interaktives Lernen (Faulconbridge 2006a). Während Gertler sich auf den Transfer von optimalen Verfahren fokussiert, welche in spezifische kulturelle und institutionelle Strukturen lokal eingebettet sind, eröffnet soziales Lernen (Amin/Cohendet 2005) eine Perspektive, in der der Wissenstransfer weniger durch lokale Einflüsse geprägt scheint, sondern vielmehr über geographische Distanzen ausgedehnt werden kann. Entsprechend der letzteren Sichtweise lernen Akteure innerhalb einer Organisation, wenn sie gegenseitig ihre Ideen, Erkenntnisse und Erfahrungen austauschen sowie interpretieren und dadurch neue Erkenntnisse für sich ableiten (Faulconbridge 2006a). Faulconbridge (2006a) verdeutlicht am Beispiel der Werbedienstleistungsbranche die Relevanz von „globally stretched learning“. Obgleich Werbungen immer noch zum Teil auf den lokalen Markt und dessen Besonderheiten angepasst werden müssen, können innerhalb der Organisation standardisierte sowie nichtregionsspezifische Vorgehensweisen, Betrachtungsweisen und Strategien identifiziert werden, die von Kollegen aus dem Ausland i.d.R. aufgegriffen und übernommen werden können: „[…] there’s a common language, a common view, there are some questions and answers that typically happen pretty much regardless of where you are in the world“ (Faulconbridge 2006a: 530). Eine besondere Rolle spielen hierbei Routinen, die innerhalb von Unternehmen eine Problemlösungsarchitektur bereitstellen. Wann immer das Unternehmen einem bereits bekannten oder ähnlichen Problem gegenübersteht, können unternehmenseigene Routinen abgerufen und eingesetzt werden. Wiederholt kann damit auf gemeinsame Erfahrungen zurückgegriffen und deren Einsichten auf das konkrete Problem bezogen werden: „Routines can thus be considered as memory about what to do and how“ (Amin/Cohendet 2004: 27). Diese Verfestigung von Praktiken mindert die relationalen Intransparenzen, kann allerdings im evolutionären Sinne auch zu Pfadabhängigkeiten verleiten (Fuchs/Scharmanski 2009). Eingeschränkt können diese Communities of practice auch in engen unternehmensübergreifenden Partnerschaften (strategische Allianzen, Joint Ventures, Projektnetzwerke etc.) generiert werden und zu deren höheren Transparenz beitragen. Lo (2003) erweitert das Nähekonzept um die Dimension der professionellen Nähe, die entsteht, wenn Experten kooperierender Unternehmen über eine gemeinsame Sicht der Dinge und eine ge-
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meinsame Fachsprache bzw. Kodes verfügen. Die Interaktionen werden durch eine Verbindung professioneller Regelsets und persönlichen Vertrauens gesteuert und geleitet. Gemeinsame Institutionen wie Sprache, Referenzrahmen, Kommunikationswege, Konventionen, Spiel- und Interpretationsregeln konstituieren dabei eine kognitive Nähe zwischen den Mitgliedern derselben Berufsgruppe. Dank des gemeinsamen professionellen Kontextes (u.a. vergleichbare Ausbildung; Basis- und Vorwissen; komplementäre Erfahrungen) sowie des kognitiven Verständnisses können Einsichten, Vorstellungen, Ideen etc. normalerweise mit wenigen Signalen auch über kontextarme Medien zwischen geographisch entfernten Experten übermittelt werden (Lo 2003: 122, 220f.). Diese gemeinsame professionelle Basis ermöglicht einen effizienten Wissensaustausch und erleichtert die Selektion wichtiger von unwichtigen Informationen (Shared understanding). Vertrauen und Erwartungssicherheit innerhalb der Community of practice wird dabei durch die kontinuierliche Zirkulation von Empfehlungen, Hinweisen, schlechten Erfahrungen etc. aufgebaut (Glückler 2004), was wiederum relationale Intransparenzen einschränkt.
Temporär physische und virtuelle Nähe Institutionalisiert und gestützt werden organisationale und professionelle Nähe durch persönlichen Kontakt (siehe Abb. 19, S.149). Dafür ist jedoch nicht zwingend dauerhafte geographische Nähe der Geschäftspartner Voraussetzung. Vielmehr können sich soziale Beziehungen aus der Kombination temporärer physischer und virtueller Nähe konstituieren, indem die mobilen Geschäftsakteure bei einem Anlass physisch zusammenkommen (z.B. Tagung, Kongress) aber bei einem Anderen elektronische Kommunikation wählen. Das Spektrum der Medien zur Unterstützung menschlicher Kommunikation über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg ist groß, und das Angebot an reichen distanzunabhängigen Kommunikationsmitteln wie z.B. Telefon-, Internet- oder Videokonferenzen nimmt beständig zu. Immense Fortschritte in den Informations- und Kommunikationstechnologien haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass sich der Wissensaustausch zwischen räumlich entfernten Akteuren unternehmensintern und -extern (z.B. Intranet, Internet, Handy) immer einfacher gestalten lässt. In Echtzeit, d.h. ohne Zeitverzögerung und über große Entfernungen hinweg (Same time, different place), können auch komplexe Sachverhalte immer besser ausgetauscht werden (Reichwald et al. 2000: 29f.). Zusätzlich ermöglichen gemeinsame elektronische Datenbanken, globale Kommunikationsinstrumente etc. die weltweite Vernetzung und den standort- und zeitunabhängigen Abruf von Wissensressourcen. Gemeinsam mit den geteilten Konventionen, Regeln und Kodes einer virtuellen Gemeinschaft kann dieser Strom digitaler Dateien und Dokumente in einem gewissen Umfang
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 153
räumliche Nähe substituieren oder ergänzen (Amin/Cohendet 2005: 477f.) und damit eine gewisse informationelle Transparenz generieren. Virtuelle Nähe kann die räumliche Nähe allerdings nie vollständig ersetzen, da deren Kommunikationsformen, wie oben bereits ausgeführt wurde, per se ärmer sind als persönliche Interaktionen. Folglich ist es vor allem eine Kombination regelmäßiger (täglich bis wöchentlich) virtueller Kommunikation (Conversation) mit gelegentlichen Face-to-face-Begegnungen bzw. persönlichen Treffen (Handshake), welche die Einbettung in standortübergreifende Wissensnetzwerke vorantreibt (Leamer/Storper 2001). Beide Formen der Nähe bedingen sich damit gewissermaßen gegenseitig. Während Telefon- bzw. internetgestützte Interaktionen als mitentscheidend für die Verdichtung von Beziehungen (Thickening up) angesehen werden, können diese vor allem durch temporäre physische Nähe zwischen den Akteuren initiiert, abgesichert, etabliert und festgezurrt werden (Faulconbridge 2006b: 23f.). Dank persönlicher Kontakte entwickeln sich aus bloßen „pins in a map“ (Faulconbridge 2006b: 23) echte und feste grenzüberschreitende Beziehungen. Die temporär physische Nähe kann im Gegensatz zur lokal verorteten Nähedimension rund um den Globus u.a. durch gemeinsame Teilnahme an institutionalisierten Informationsforen wie Messen, Kongressen, Workshops und Tagungen (Interaction sites) sowie durch zufällige oder intendierte Begegnungen an neutralen Räumen (wie z.B. Hotels, Flughäfen) generiert werden. Neben formellen Treffen fungieren auch Social events im Anschluss an offizielle Veranstaltungen bzw. informelle Kontakte als Triebkraft für die Intensivierung persönlicher Netzwerk- und Vertrauensbeziehungen: „[…] it is the social events organised afterwards and the opportunity they provide to spend time with overseas colleagues in a social setting, playing golf, eating a meal and often most importantly getting drunk, which allows relationships to be ,thickened‘ up“ (Faulconbridge 2006a: 536). Zeitlich begrenzte physische Nähe setzt weder dauerhafte persönliche Kontakte noch lokale Einbettung voraus. Face-to-face-Interaktionen müssen demnach nicht als exklusiv und inhärent lokales Phänomen gedacht werden. Vielmehr dienen neutrale Treffpunkte (Messen etc.) als Relais für die Weitergabe und Zirkulation von Wissen, ohne dass die Vorteile räumlicher Nähe verloren gehen (Bathelt/Zakrzewski 2007; Amin/Cohendet 2005). Face-to-face-Interaktionen sind in diesem Fall weder lokal noch global; sie perforieren nach Amin (2002) gewissermaßen die Maßstabsebenen.
Zwischenfazit Welche Folgerungen ergeben sich letztlich aus den diskutierten Nähedimensionen für die Durchführung und Organisation grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen? Zunächst bleibt festzuhalten, dass Nähe in wel-
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cher Form auch immer Intransparenzen vermindert. Nähe schafft beispielsweise eine gute Basis für Vertrauensaufbau zwischen den Interaktionspartnern, erleichtert den Zugang zu Tacit knowledge und bietet relationale und institutionelle Sicherheit. Investoren können mittels geschickter Kombination einzelner Nähedimensionen hybride Näheformen generieren, um distanzabhängige Intransparenzen zu reduzieren und damit grenzüberschreitende Investitionen zu ermöglichen bzw. erleichtern (siehe Tab. 15). Tab. 15: Nähe als Rezept gegen Intransparenz Intransparenzen
mögliche Lösungsstrategien
Informationelle
Eigene Niederlassung vor Ort (lokal verortete Nähe); temporäre Aufenthalte (temporär physische Nähe)
Institutionelle
Investitionen in Ländern mit ähnlichen Institutionen (institutionelle Nähe)
Relationale
Enge Kooperation mit lokalen Unternehmen bzw. eigenen Unternehmenseinheiten vor Ort (organisatorische und professionelle Nähe) Vertikale Integration des Partnerunternehmens bzw. Abschluss langfristiger Verträge (professionelle Nähe)
Informelle
Eigene Niederlassung vor Ort (lokal verortete Nähe); Enge Kooperation mit lokalen Unternehmen (organisatorische und professionelle Nähe)
Quelle: Eigene Darstellung Um die jeweiligen Vorteile der verschiedenen Nähedimensionen zu aktivieren und auszuschöpfen, müssen passende Organisationsformen (z.B. eigene Niederlassung vor Ort, Bildung von Netzwerken, temporäre Nähe) gewählt werden. Hier setzt das Interesse der vorliegenden Studie an, die nach der komplexen organisatorischen Architektur grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen fragt. Um deren konkrete und raumspezifische Auswirkungen zu erfassen, wird abschließend ein Phasenmodell entwickelt, dass den Internationalisierungsprozess vormals lokaler Immobilienmärkte unter Berücksichtigung der Intransparenz und den Strategien internationaler Akteure schematisch veranschaulicht.
4.3.2
Phasenmodell der Internationalisierung
Mit den grenzüberschreitenden Investitionstätigkeiten werden marktspezifische Strukturen, Akteursnetzwerke und Geschäftspraktiken etc. zunehmend über- bzw. umgeformt. Bislang mangelt es an einem theoretischen Konzept, das die Globalisierung von Immobilienmärkten unter Berücksichtigung von Intransparenzen analysiert. Dazu wird in diesem Kapitel ein Phasenmodell entwickelt, das den idealtypischen Verlauf der Internationalisierung vormals lokaler Immobilienmärkte erklärt. Das Modell soll hierbei keinen linearen Prozess der Internationalisierung implizieren,
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 155
vielmehr wird die Abfolge der Phasen (auch rückwärtsgerichtet) als ergebnisoffener Prozess gewertet. Für jede Phase lässt sich ein bestimmtes Zusammenwirken spezifischer Akteurskonstellationen und Transparenzstufen identifizieren, das mit charakteristischen Regulierungsweisen, Wissenstypen und Marktbildungsstadien korrespondiert (siehe Abb. 20). Abb. 20: Idealtypischer Internationalisierungsprozess (schematisch)
Quelle: Eigene Darstellung In der ersten Phase trifft die zunehmende Nachfrage ausländischer Mieter auf ein begrenztes Büroflächenangebot, das nicht modernen Anforderungen entspricht. Der Nachfrageüberhang setzt die Preisspirale in Gang, die Mietpreise steigen und es kommt zur Initiierung spekulativer Projektentwicklungen (siehe Kapitel 3.2.4). Das hohe Investmentrisiko in der frühen Phase der Marktentwicklung drückt sich in einem Renditeniveau aus, welches deutlich über den etablierten Märkten in Westeuropa oder Nordamerika liegt (Adair et al. 2006: 213f.). Während in der Frühphase mit Ausnahme internationaler Mieter und weniger risikobereiter Investoren das Marktgeschehen hauptsächlich über komplexe sowie undurchsichtige lo-
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kale Netzwerke gesteuert wird, kommt es in der Übergangsphase durch den Marktzutritt internationaler Akteure graduell zu stärkeren Verflechtungen mit der globalen Immobilienökonomie. Kennzeichnend für die einsetzende Marktöffnung sind vielfältige global-lokale Arrangements, die von losen Kooperationen über Projektnetzwerke, Joint Ventures bis hin zu Kapitalbeteiligungen und Fusionen reichen. Global agierende Akteure benötigen lokale Partner, um Zugang zu örtlich verankerten Wissen, lokalen Netzwerken, Akteuren und Entscheidungsträgern zu erhalten und somit die Intransparenzen zu reduzieren. Mit zunehmender Investitionstätigkeit ausländischer Akteure verbreiten sich durch ihr i.d.R. professionelles Vorgehen internationale Standards, Praktiken etc., die zu einer verbesserten Markttransparenz beitragen. Als Schlüsselakteure des Übergangs kristallisieren sich Immobilienberater heraus, die sich im Gefolge weltweit operierender Unternehmen seit den 1980er Jahren stark internationalisiert haben (u.a. D’Arcy 2005; De Magalhães 1999/2001; Leyshon et al. 1990). Im weitesten Sinne handelt es sich dabei um Dienstleister, welche die Vermarktung, das Management, die Bewertung von Immobilien sowie professionelle Analysen und Beratung zur Immobiliennutzung, -investition oder -entwicklung anbieten. Mittels Aufbau eigener Niederlassungen im Ausland sowie Fusionen, Übernahmen und strategischen Partnerschaften entwickelten sich aus klassischen Maklern transnationale Beratungskonzerne wie Jones Lang LaSalle, Cushman & Wakefield, CB Richard Ellis (Scharmanski 2006: 27ff.). Abgesehen von den verschiedenen Markteintrittstrategien folgen die großen Beratungskonzerne der Handlungsleitlinie lokale Kompetenz weltweit, d.h. sie bieten weltweit in allen wichtigen Wirtschaftszentren lokale und globale Expertise an. Mittlerweile sind die Beratungskonzerne in vielen Märkten bereits fest in lokale Netzwerkstrukturen eingebettet. Ihre sozialen und geschäftlichen Beziehungen beschränken sich aber keinesfalls nur auf den lokalen Kontext, sondern sind gleichermaßen in nicht-territoriale Netzwerke eingebettet. Über translokale Kontakte zu ihren Zweigstellen und strategischen Partnern rund um den Globus können sie jederzeit spezifisches Wissen, Best-Practice-Beispiele und Erfahrungen aus unterschiedlichen Märkten anzapfen und auf lokale Märkte anwenden. Als Teil der globalen Immobilien-Community verfügen sie zudem über einen fundierten und zeitnahen Überblick über allgemeine globale Entwicklungen. Beratungsdienstleister nehmen damit eine zentrale Stellung im Internationalisierungsprozess ein (siehe Kapitel 6.2.2). Sie erleichtern als erster Ansprechpartner vor Ort internationalen Akteuren den Zutritt in fremde und intransparente Märkte, indem sie verlässliche Marktinformationen anbieten, lokale Besonderheiten und Spielregeln vermitteln und übersetzen (z.B. Anpassung von Kennzahlen wie Rendite an international gängige Darstellungsformen) und erste Kontakte zu lokalen Entscheidungsträgern arrangieren (D’Arcy 2005: 1f.). Mittels eigener Erhebungen und Veröf-
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 157
fentlichungen tragen sie zur Entwicklung transparenterer Marktstrukturen bei. Aus Sicht internationaler Investoren reduzieren sich mit dem Eintritt dieser Marktspezialisten die Unsicherheiten und Informationskosten. Anders als das Berater- und Investmentsegment bleibt der Teilmarkt der Projektentwickler auch während des Übergangsstadiums eher lokal verankert. Die vielen länderspezifischen Unvorhersehbarkeiten bzgl. Baugenehmigung und -ausführung, mit denen die Planung und Realisierung eines Projektes konfrontiert werden, die eingeschränkte Prognostizierbarkeit zukünftiger Entwicklungen sowie der lange Herstellungsprozess einer Gewerbeimmobilie sind mit erhöhten Risiken und Intransparenzen verbunden und erschweren den Markteintritt ausländischer Projektentwickler. Immobilienmärkte im Übergang durchlaufen eine Bereinigungsphase, die anfänglich durch Überbauung und rückläufige Mietentwicklungen gekennzeichnet ist. Die Neubauten, die in der Projektentwicklungsphase auf Basis sehr hoher Mieten geplant wurden, kommen nun phasenversetzt auf den Markt und erhöhen damit den Bestand (siehe Abb. 20, S. 155). Mit der Sättigung der Nachfrage finden Mieterhöhungen ein Ende und der Leerstand nimmt zu. In der zweiten Hälfte der Übergangsphase sinkt langsam der Leerstand und die Mieten beginnen wieder auf niedrigem Niveau zu steigen. Allerdings benötigt die Bereinigung der Angebotsüberhänge aufgrund des hohen Leerstandsniveaus einige Zeit, bevor es längerfristig zu einem Übergang in einen klassischen Verlauf des Marktzyklus kommt, der für etablierte Märkte in Westeuropa und Nordamerika typisch ist. Mit zunehmender Transparenz der Märkte sinken letztlich auch die Renditen. Charakteristisch für reife Immobilienmärkte ist schließlich die hohe Markttransparenz, die stark mit dem Partizipationsgrad ausländischer Akteure korreliert. Transparenz manifestiert sich mitunter im hohen Organisationsgrad professioneller Dienstleister, in der umfassenden Verfügbarkeit von verlässlichen Informationen, im intensiven Informationsaustausch sowie in der Offenheit gegenüber auswärtigen Akteuren. Ebenso zeichnet sich diese Phase durch vielseitige globale und global-lokale Interaktionsformen aus, die große Teile des vormals lokalen Immobilienmarktes steuern. Im Unterschied zur Übergangsphase wollen sich nun auch eher sicherheitsorientierte institutionelle Investoren und sogar Projektentwickler ein Standbein auf dem wachsenden Markt sichern. Ausschließlich lokal verankerte Immobilienunternehmen büßen dagegen an Relevanz ein. Sie werden vor allem aus hochpreisigen Segmenten verdrängt oder belegen Marktnischen. Andere lokale Akteure wiederum passen sich an die neuen Bedingungen an und erweitern im Schlepptau globaler Kooperationspartner und deren Netzwerke ihren räumlichen Aktionsradius. In Anlehnung an Keogh/D’Arcy (1994) werden zusammenfassend folgende Aspekte als Kennzeichen reifer Büroimmobilienmärkte festgelegt: • vielfältige Nutzungs- und Investitionsmöglichkeiten; • hohe Qualität der Bürogebäude;
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• • • • • • •
geringe Volatilität (bedarfsorientierte Anpassung der Bestände; keine Überbauung); geringes Investitionsrisiko und geringe Rendite hoher Professionalisierungsgrad (gutausgebildete Immobilienakteure, professionelle Institutionen und Netzwerke etc.); hohe Transparenz (Verfügbarkeit von detaillierten Marktinformationen, Intensität des Informationsaustausches etc.); Offenheit (hoher Internationalisierungsgrad); hohe Standardisierung der Marktpraktiken; hohe Liquidität und einfache Kapitalaufnahme
Längs des Internationalisierungs- bzw. Marktreifepfads verlieren die Regulierungen auf nationaler Ebene (z.B. Investitionsbeschränkungen) und auf lokaler Ebene (z.B. Bauordnung) an Steuerungskraft. Immobilienmärkte werden zusehends von globalen Akteuren und deren Entscheidungen geprägt, während sich die städtische Politik angesichts finanzschwacher Haushalte und eines verstärkten internationalen Standortwettbewerbs den Interessen der globalen Investoren öffnet und nur noch beschränkt von der Möglichkeit Gebrauch macht, Gestaltung und Nutzung von Objekten etc. vorzuschreiben bzw. zu lenken. In gleichem Maße gewinnt globales Wissen beispielsweise über Finanz- und Kapitalmärkte mit dem Eintreten internationaler Akteure für die Transaktionen sukzessive an Bedeutung, während die Relevanz des lokal gebundenen Wissens als Wettbewerbsfaktor mit steigender Transparenz relativ abnimmt.
Zwischenfazit Zwar sind grenzüberschreitende Transaktionen im Immobiliensektor vor allem in den neuen Märkten der Semi-Peripherie mit vielfältigen Intransparenzen besetzt, die zur Zurückhaltung mancher Investoren führen und der schrankenlosen Verbreitung globaler Strukturen, Standards etc. gewissermaßen entgegentreten. In ihrer Gesamtheit üben international tätige Investoren jedoch durchaus Einfluss aus. Durch sie werden ortsspezifische Immobilienmarkt- und Stadtstrukturen, Akteurskonstellationen, Geschäftspraktiken, Verfahrensweisen über- und umgeformt. Aus dem schematisch skizzierten Internationalisierungsprozess könnte man schließen, dass die neuen Entwicklungen in der Immobilienwirtschaft sukzessive zu einer internationalen Vereinheitlichung bzw. Konvergenz führen. Wie in Kapitel 4.1 bereits angedeutet, führt der durch internationale Akteure forcierte Prozess hin zu transparenten und professionellen Marktstrukturen allerdings nicht zwangsläufig zu einheitlichen Märkten, sondern vielmehr zu einer komplexen Verflechtung moderner und traditioneller Elemente: „[…] professionalisation – like globalisation – is not an allpowerful process. However, seemingly hegemonic, it cannot homogenise
IMMOBILIENWIRTSCHAFT UND INTRANSPARENZ | 159
or completely eliminate and replace ,traditional‘ and locally compatible ways of conducting business and their agents“ (Sajor 2005: 1337f.). In Kapitel 7 soll das entwickelte Phasenmodell der Internationalisierung am Beispiel zweier Märkten der Semi-Peripherie, Mexiko City und São Paulo, überprüft und weiterentwickelt werden. Dabei ergibt sich folgender Katalog an Fragestellungen: • Inwiefern schlägt sich der Globalisierungsprozess auf lokale Märkte nieder? • Inwieweit werden auf den lokalen Immobilienmärkten Konvergenzprozesse ausgelöst? • Welche Teilmärkte sind stark bzw. schwach von der Globalisierung betroffen? • Verlieren lokale Immobilienakteure relativ an Bedeutung? • Wie umgehen globale Investoren Intransparenzen bzw. wie bauen sie über geographische Distanz Nähe auf, um Intransparenzen zu mindern?
5 Methodische Konzeption de r e mpirisc he n Studie
In Kapitel 5.1 wird zunächst das Design der empirischen Studie dargelegt, die einem qualitativen zirkulären Forschungsmodell folgt. Damit steht weniger die lineare Prüfung von ex ante aufgestellten Thesen im Vordergrund, vielmehr ermöglicht diese Vorgehensweise eine Fortentwicklung und Vertiefung der Forschungsfragen und -konzepte. Im Anschluss wird die Auswahl relevanter Gesprächspartner und der Untersuchungsmärkte begründet. Während klassische Stichprobenverfahren an der Logik der quantitativen Forschung orientiert bleiben und auf statistische Repräsentativität abzielen, steht in der vorliegenden qualitativen Erhebung die Relevanz der Gesprächspartner für das Thema, d.h. die inhaltliche Repräsentation, im Vordergrund des Auswahlverfahrens. Die räumliche Beschränkung auf die Metropolen Mexiko City und São Paulo wird mit deren Passung für die Fragestellung besonders hinsichtlich immobilienwirtschaftlicher Intransparenz, wirtschaftlicher Vorrangstellung in Lateinamerika sowie positiver Immobilienmarktentwicklung begründet. Kapitel 5.2 erläutert die Erhebung und Auswertung der empirischen Studie. Infolge der komplexen und kontextspezifischen Sichtweisen, Bewertungen und Entscheidungszusammenhänge der Immobilienakteure werden in der vorliegenden Studie qualitative Leitfadengespräche geführt. Die Auswertung der transkribierten Gesprächsinhalte erfolgt in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse computergestützt mit der Analysesoftware ATLAS.ti.
162 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
5 . 1 Au s w a h l u n d Z u s c h n i t t d e s Forschungsdesigns 5.1.1
Zweiteilung der Studie und zirkulärer Forschungsprozess
Die vorliegende empirische Studie zur Globalisierung der Immobilienwirtschaft ist zweigeteilt. Dies erklärt sich aus der multiskalaren Perspektive, welche die gemeinsame Steuerung der Immobilienwirtschaft durch Akteure auf verschiedenen Maßstabsebenen erfassen soll. Während in den meisten Studien eine räumliche Ebene dominiert und andere ausgeblendet sind, sollen hier sowohl die Strategien und Prozesse auf globaler Ebene als auch die nationalen und lokalen Spezifika konkreter Immobilienmärkte erfasst werden. Der erste Teil fokussiert daher global orientierte Immobilieninvestoren, um deren Strategien, Motive und Entscheidungsfindungen im Internationalisierungsprozess zu erfassen. Im zweiten Teil werden am Beispiel der Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo die konkreten raumspezifischen Auswirkungen der Globalisierung auf Immobilienmärkte der Semi-Peripherie untersucht und bewertet. Für die Organisation des zweigeteilten empirischen Forschungsprozesses existieren prinzipiell zwei Möglichkeiten. Während eine deduktive lineare Vorgehensweise Anpassungen oder Änderungen der Methodik während des Prozesses i.d.R. ausschließt, werden im zirkulären Modell eine Serie von Fallstudien durchgeführt, deren Erkenntnisse und Ergebnisse zur Präzisierung und Modifizierung der Vorannahmen eingesetzt werden können (siehe Abb. 21). Ziel ist weniger die lineare Prüfung und Validierung bestehender, sondern die Vertiefung, Verdichtung und Weiterentwicklung vorläufiger Annahmen aus dem Theorieteil. Abb. 21: Zirkuläres vs. lineares Modell a) Lineares Modell Theorie
Hypothesen
Operationalisierung
Stichprobe
Interpretation
Validierung
b) Zirkuläres Modell Leitfadengespräche mit Immobilienakteuren in Mexiko Stadt Vergleich
Hypothesen
Neue Aspekte
Vergleich
Leitfadengespräche mit global agierenden Investoren und Beratern
Vergleich
Neue Aspekte
Theorie
Vergleich
Leitfadengespräche mit Immobilienakteuren in São Paulo
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Flick 2006: 102
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 163
Auch für die vorliegenden empirischen Arbeiten wurde ein zirkuläres Modell gewählt. Die Befragungen global agierender Immobilieninvestoren und die zwei Fallstudien in den Untersuchungsgebieten Mexiko City und São Paulo wurden zwar vorab festgelegt und dem gleichen Untersuchungsdesign verpflichtet, allerdings sollten jeweils neue Aspekte und Erfahrungen der vorherigen in die nächste Runde der Prüfung der Fallstudie einfließen (Flick 2006; Glückler 2004: 127ff.). Erkenntnisse aus den Leitfadengesprächen mit globalen Investoren wurden daher bewusst in die nachfolgenden jeweils 6-wöchigen Forschungsaufenthalte in São Paulo und in Mexiko City integriert. Auch während der einzelnen Erhebungsdurchgänge wurden die Leitfragen der Interviews kontinuierlich an den aktuellen Wissensstand angepasst.
5.1.2
Auswahl der Gesprächspartner
Während klassische Stichprobenverfahren eher an der Logik der quantitativen Forschung orientiert bleiben und auf statistische Repräsentativität abzielen, hat die Stichprobe in der qualitativen Forschung eine andere Funktion. Die Relevanz der Gesprächspartner für das Thema, d.h. die inhaltliche Repräsentation steht im Vordergrund des sog. theoretischen Samplings (Glaser/Strauss 1967). Für die Auswahl konkreter Gesprächspartner gibt es keine formalen Regeln wie für das Ziehen von Stichproben. Weder ist der Umfang der Grundgesamtheit, noch sind deren Merkmale ex ante bekannt. Entscheidungen über die Auswahl und Zusammensetzung des empirischen Materials werden auf Basis des jeweiligen Erkenntnisstandes gefällt. Die Stichprobengröße kann somit während der Untersuchung sukzessive erweitert und ergänzt werden (Mayer 2004: 38; Flick et al. 2000: 81f.). Durch das Auswahlverfahren des Forschers wird die untersuchte Wirklichkeit gewissermaßen konstruiert (Gläser/Laudel 2004: 93). So werden bestimmte Aspekte und Ausschnitte hervorgehoben, andere werden ausgeblendet. Um einer beliebigen Auswahl entgegenzuwirken, sollen die Interviewpartner so ausgewählt werden, dass sie die Beantwortung der aufgestellten Forschungsfragen ermöglichen. Einige methodologische Regeln bzw. spezielle Strategien leisten dazu eine Hilfestellung (Flick et al. 2000: 81ff.; Gläser/Laudel 2004: 93ff.): • Relevanz statt Repräsentativität – die Auswahl von Gesprächspartnern erfolgt nach konkret-inhaltlichen statt abstrakt-methodologischen Kriterien. • Auswahl typischer Fälle – es werden Fälle ausgewählt, die das Untersuchungsfeld besonders gut repräsentieren. Die auszuwählenden Unternehmen müssen typisch für das Spektrum auftretender Fälle sein.
164 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
• •
•
Festlegung von Auswahlkriterien – angesichts der prinzipiell unbegrenzten Möglichkeiten der Einbeziehung weiterer Unternehmen ergibt sich die Notwendigkeit, Kriterien für die Auswahl festzulegen. Variation innerhalb des Spektrums – die für die Studie zentralen Variablen sollen im Sample variieren. Variation steigert die Erklärungskraft der Studie, da unterschiedliche Ansichten, Strategien etc. der Akteure erfasst werden. Auswahlentscheidung im Forschungsprozess – die Festlegung der Samplestruktur kann schrittweise erfolgen. Informationsgrundlagen bereits durchgeführter Interviews können damit in die weitere Auswahlprozedur einfließen. Ein Beispiel hierfür ist das Schneeballverfahren. Weitere wichtige Gesprächspartner, die im Laufe der Erhebungsphase empfohlen werden, werden dabei in die Auswahl integriert. Das Schneeballverfahren eignet sich besonders zur Ermittlung von Fällen, deren Grundgesamtheit ex ante nicht bekannt ist.
Die Entscheidung über die Anzahl der Fälle, die untersucht werden sollen, wird einmal durch die Zahl geeigneter Gesprächspartner bestimmt. So ist es durchaus möglich, dass es im Untersuchungsfeld nur wenige Fälle gibt, die für die Studie relevant sind. Die Zahl der einzubeziehenden Fälle wird gleichermaßen von der angestrebten Variation geleitet, d.h. wie viele Interviews notwendig sind, um die verschiedenen Ansichten und zugleich die relevanten Charakteristika genügend zu erfassen. Wenn keine zusätzlichen Daten mehr identifiziert werden können, durch die die Aussagekraft der Kategorie weiter entwickelt werden kann, tritt die sog. theoretische Sättigung ein. Die Aufnahme weitere Gesprächspartner ist in diesem Fall nicht mehr notwendig (Gläser/Laudel 2004: 97f.). Mangels vollständiger Verzeichnisse global orientierter Investoren und aufgrund intransparenter Strukturen in der Immobilienwirtschaft konnte in der vorliegenden Studie kein klassisches Stichprobenverfahren zur Auswahl der Gesprächspartner eingesetzt werden. Vielmehr mussten zur Identifizierung typischer Fälle, die das Untersuchungsfeld besonders gut kennzeichnen, mehrere Quellen herangezogen werden: Zeitungen, Zeitschriften und graue Literatur zur Immobilienwirtschaft, Internet- und Literaturrecherche, Geschäftsberichte von Immobilienakteuren, Immobilienmarktstudien und -berichte von Beratungsunternehmen, Teilnahme an der Immobilienleitmesse EXPO Real in München sowie persönliche Verweise und Empfehlungen von Immobilienakteuren. Zur Auswahl passender Interviewpartner wurden für den ersten Teil der Empirie folgende Auswahlkriterien festgelegt: • Investoren, die in Büroimmobilien investieren; • institutionelle Immobilieninvestoren wie deutsche offene Immobilienfonds, Aktiengesellschaften oder REITs; • Investoren mit einer globalen Anlagestrategie (inkl. Lateinamerika);
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 165
• •
Großinvestoren mit einem Immobilienvermögen von über fünf Milliarden US$ (Mindestgröße für globale Anlagestrategie); Investoren, die Direktinvestitionen in Immobilien durchführen (Ausschluss von Investoren, die nur indirekt in Immobilien investieren).
Aufgrund der begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen erfolgte schließlich eine Einschränkung auf Immobilieninvestoren aus Nordamerika, England und Deutschland, wobei der Fokus auf deutschen offenen Immobilienfonds lag. Tab. 16: Übersicht über die befragten Immobilieninvestoren Investortyp
Herkunft
Niederlassungen
börsennotiert1
USA
30 Standorte weltweit
Institution2
USA
USA, UK, China, Hongkong, Indien
nicht börsennotiert3 nicht börsennotiert nicht börsennotiert nicht börsennotiert nicht börsennotiert
Deutschland Deutschland
Immoblienvermögen in Mrd. 15 US$ 11 US$ 11 €
Frankreich, UK
16 €
Deutschland
7€
Deutschland
12 €
Deutschland
Singapur, Spanien, USA
börsennotiert
USA
Mexiko
Institution
USA
32 Standorte in Nordamerika, Europa und Asien
börsennotiert
GB
14 Standorte (u.a. China, UK, Italien, Japan, Singapur, USA)
Projektentwickler
USA
15 Standorte (u.a. China, Indien, Mexiko, Russland)
börsennotiert
USA
32 Standorte in Europa, Nordamerika, Asien and Australien
Institution
USA
11 Standorte in Kanada, Europa and Mexiko
börsennotiert
USA
21 Standorte (u.a. Südkorea, Japan, China, Australien)
Deutschland
11 Standorte in Europa und USA
10 €
Kanada
Mexiko, USA, UK
6 US$
nicht börsennotiert Projektentwickler nicht börsennotiert Projektentwickler börsennotiert 1
13 € 10 US$ 62 US$ 11 US$ 16 US$ 44 US$ 40 US$ 56 US$
Position des Interviewpartners Managing Director Portfoliomanager Globale Akquisition Managing Director Research Board of Management Globale Akquisition Managing Director Managing Director CEO
USA
19 Standorte (u.a. Brasilien, China, UK, Indien, USA)
48 US$
Managing Director Managing Director Managing Director Managing Director Managing Director Managing Director Portfoliomanager Managing Director
USA
18 Standorte (u.a. Ungarn, Brasilien, Mexiko, Singapur)
29 €
Research
Deutschland
6€
börsennotiert (u.a. REITs) 2Institution (Versicherungen, Pensionskassen) 3nicht börsennotiert (u.a. deutsche offene Immobilienfonds)
166 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Die deutschen, englischen und US-amerikanischen Investoren investierten im ersten Halbjahr 2008 insgesamt rund 30 Mrd. US$ in grenzüberschreitende Immobilientransaktionen. Das entspricht 36% der internationalen Investitionsflüsse. Deutsche Investoren waren mit 12 Mrd. US$ die aktivsten Akteure, gefolgt von britischen (10 Mrd. US$) und US-amerikanischen (7 Mrd. US$) Immobilieninvestoren (Jls 2008). Das empirische Material beruht schließlich auf 19 Leitfadeninterviews mit Entscheidungsträgern und -beteiligten global ausgerichteter Büroimmobilieninvestoren (siehe Tab. 16). Die Interviews wurden 2005 und 2006 als Leitfadengespräche in Englisch oder Deutsch geführt. Die Gespräche mit den deutschen Immobilieninvestoren fanden fast ausschließlich vor Ort des Investors statt, die Interviews mit ausländischen Investoren erfolgten nach vorausgehender Terminabsprache telefonisch. Die Expertengespräche dauerten zwischen 40 Minuten und zwei Stunden und wurden allesamt auf einem digitalen Datenträger aufgezeichnet. Ergänzt und abgeglichen wurden die Aussagen der Investoren durch Expertengespräche mit Vertretern transnationaler Immobilienberatungskonzerne wie Jones Lang LaSalle, CB Richard Ellis, Cushman & Wakefield und Colliers International, die im Globalisierungsprozess der Immobilienwirtschaft als Informationsquelle eine zentrale Stellung einnehmen. In den Fallstudien in São Paulo und Mexiko City wurden sowohl ausschließlich lokal als auch global agierende Immobilienakteure (Investoren, Projektentwickler, Berater, Verbände) befragt, die auf einen der beiden Märkte bzgl. Transaktionsvolumen, Projektfertigstellungen und Marktanteilen etc. eine gewichtige Rolle einnehmen und deren Hauptgeschäftsfeld dem Büroimmobiliensektor zugeordnet werden kann (siehe Tab. 17). Auch hier umfasste die Identifizierungsphase die Einbeziehung wissenschaftlicher und grauer Literatur, Internet-, Zeitungs- und Zeitschriftenrecherche, Auswertung von Teilnehmerlisten lokaler Immobilienkonferenzen etc. In São Paulo und Mexiko City konnten zusätzlich auf lokalen Konferenzen und Veranstaltungen sowie über Empfehlungen weitere Gesprächspartner erschlossen werden. Um das Untersuchungsfeld möglichst breit zu erfassen, d.h. dessen Variation durch viele und unterschiedliche Fälle abzubilden, wurden auf beiden Immobilienmärkten insgesamt 47 Leitfadengespräche mit lokalen, nationalen und ausländischen Investoren, Projektentwicklern, Beratern und sonstigen Immobilienakteuren geführt. Die ein- bis zweistündigen Gespräche fanden August und September 2006 in Mexiko City und in São Paulo statt und wurden alle auf einem digitalen Datenträger gespeichert.
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 167
Tab. 17: Übersicht der befragten Immobilienakteure in Mexiko City und São Paulo Mexiko City Segment Investor Projektentwickler Berater Öffentliche Hand, Verbände etc. Insgesamt
São Paulo Herkunft
Anzahl
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Segment Investor Projektentwickler Berater Öffentliche Hand, Verbände etc.
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Der Zugang zu den Gesprächspartnern erwies sich in beiden Teilstudien als relativ unproblematisch. Insgesamt wurden 85 Unternehmen – 29 in der ersten, jeweils 30 in der zweiten Teilstudie – schriftlich und telefonisch über das Forschungsprojekt informiert und eingeladen, an einem persönlichen Interview teilzunehmen. Die Anfrage richtete sich auf Entscheidungsträger und -beteiligte (aus der Geschäftsführung, dem Portfoliomanagement etc.) aus den jeweiligen Unternehmen. Die Befragten sind dabei weniger als Personen, sondern in ihrer Funktion als Experte der internationalen Immobilienwirtschaft bzw. als Repräsentant eines Unternehmens interessant1. Lediglich 15 Unternehmen reagierten entweder nicht auf mehrmalige Versuche, ein Gespräch zu vereinbaren oder gaben an, der falsche Ansprechpartner für die Studie zu sein. Über 80% aller kontaktierten Investoren, Berater oder Projektentwickler waren zumindest nach mehrmaligen Kontaktanbahnungen zu einem Gespräch bereit. Gleichwohl war eine hohe zeitliche Flexibilität des Autors zwingend erforderlich, da die Immobilienakteure nur unregelmäßig am eigenen Unternehmenssitz für Interviews anzutreffen waren und sich häufig relativ kurzfristig Terminverschiebungen ergaben.
1
Innerhalb der Unternehmen können sich zwischen Entscheidungsträgern und ausführenden Abteilungen Interessenskonflikte auftun. Die Entscheidung bildet damit oftmals das letztendliche Ergebnis eines Verhandlungsprozesses zwischen wechselnden Koalitionen von Entscheidungsträgern, die sich in ihren Sichtweisen unterscheiden und im Einzelnen verschiedene Interessen verfolgen, wobei aber die höchste Führungsebene schließlich die Entscheidung fällt. Auch die gemeinsamen Praktiken, Interpretationsregeln, Ethiken, Leistungsnormen, Vorsichtsprinzipien und Investitionsgrundsätze einer Unternehmung, an die sich die Mitarbeiter in ihren Entscheidungen orientieren müssen, legitimieren es, im Folgenden die Unternehmen als Ganzes als die Akteure anzusehen (siehe hierzu auch Reihlen et al. 2007 zur holistischen und individualistischen Auffassung von Organisation).
168 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
5.1.3
Auswahl der Untersuchungsmärkte
Die Auswahl der lateinamerikanischen Metropolen Mexiko City und São Paulo erfolgt aus folgenden Gründen: Erstens erscheint es dem Autor als besonders interessant, die Wichtigkeit lokaler Marktkenntnisse für globale Investoren und die daraus resultierenden Strategien zur Informations- und Wissensgewinnung auf eher intransparenten Immobilienmärkten zu untersuchen. Durch die Triebkräfte der Globalisierung werden sich Investoren zukünftig voraussichtlich verstärkt mit dieser Art von Immobilienmärkten auseinandersetzen. Die lateinamerikanischen Immobilienmärkte zeichnen sich im Vergleich zu den Kernökonomien durch relativ undurchsichtige Strukturen, Regeln und Praktiken aus. Im weltweiten Transparenzindex (Jls 2006a) rangieren die Märkte mit Zuordnungen von semi-transparent bis wenig transparent im hinteren Mittelfeld. Abb. 22: Mexiko und Brasilien - Übersicht wirtschaftlicher Kennzahlen
Quelle: Eigene Darstellung nach Allianz Dresdner Economic Research 2008; Unctad 2008; IMF 2008 Zweitens zeigen die lateinamerikanischen Volkswirtschaften seit 2004 ein solides Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent pro Jahr. Hohe Rohstoffpreise, steigende Devisenreserven, wirtschaftspolitische Reformen, und eine junge, qualifizierte Bevölkerung bescheren Lateinamerika eine positive Wirtschaftsentwicklung, welche die Nachfragespirale nach modernen Büroimmobilien in Gang setzt und beschleunigt. Das gilt vor allem für die beiden Untersuchungsräume Mexiko und Brasilien. So zeigt Mexiko einen gegenwärtigen Wachstumspfad, der von einer einstelligen Inflati-
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onsrate, geringen Zinssätzen und einem stabilen Pesokurs flankiert wird (siehe Abb. 22). In Abkehr zum nach innen gerichteten Entwicklungsstil bis Anfang der 1980er Jahre (siehe Kapitel 7.1.1) gehören Marktöffnung, Weltmarktintegration, Privatisierung und Liberalisierung zu den Eckpfeilern der heutigen Wirtschaftspolitik. Von der hohen Attraktivität Mexikos als Investitionsstandort zeugen die nach China stärksten Direktinvestitionszuflüsse in der Gruppe der Schwellenländer von rund 19 Milliarden US$ im Jahre 2005 (davon flossen über 15% in den gewerblichen Immobilienmarkt), der deutliche Anstieg der Portfolioinvestitionen um rund 20% gegenüber 2005 auf 172 Mrd. US$ sowie die zunehmende Präsenz ausländischer Unternehmen (Voss 2006; Unctad 2008; Imf 2008). Neben Mexiko zählt Brasilien zu den florierendsten Volkswirtschaften des südlichen Kontinents. Das Land am Zuckerhut übernimmt innerhalb des regionalen Kontextes ökonomisch und politisch immer mehr eine „Lokomotivfunktion“ (Coy 2007: 31). Nach dem Übergang zur Demokratie in den 1980er Jahren und den Wirtschaftsreformen in den 1990er Jahren (siehe Kapitel 7.1.2) kann Brasilien heute auf ein Wirtschaftssystem mit freien Wechselkursen, eine eingedämmte Inflation sowie eine stabilitätsorientierte Geld- und Fiskalpolitik verweisen. Ein geringeres Länderrisiko, ein abnehmendes Zinsniveau und sinkende Risikoprämien am Aktienmarkt veranlassen mehr und mehr ausländische Unternehmen, in Brasilien zu investieren bzw. ihr bestehendes Engagement auszuweiten (Allianz Dresdner Economic Research 2007; Db Research 2006; 2007b; 2008). Nach Brasilien flossen 2006 fast vier Mrd. USD mehr an ausländischen Direktinvestitionen als im Jahr zuvor (+ 25%). Die Portfolioinvestitionen verzeichneten gar einen Zuwachs von 60 Mrd. USD (+ 33%) (Unctad 2008; Imf 2008). Dank eines jahrelangen Wachstums und der starken heimischen Währung konnte das einst tief verschuldete Land seine Auslandsschulden sukzessive zurückfahren und avancierte Anfang 2008 erstmals zum Nettokreditgeber (Financial Times 2008: 16). Zur positiven Stimmung trägt auch das jüngste Investment Grade-Rating für Brasilien bei (Heraufstufung auf BBB- durch Standard & Poor’s), das die zunehmende Stabilität der Volkswirtschaft bestätigt. Diese wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten lassen Brasilien auch in den Fokus globaler Immobilieninvestoren rücken, die nach hohen Renditen suchen, welche es in den USA oder Europa nicht mehr gibt. Dabei wurde und wird das Bild Brasiliens stark von der BRICs-Story geprägt. Die häufig rezipierte Studie „Dreaming with the BRICs: The Path to 2050“ der Investmentbank Goldman Sachs zeichnet für die Länder Brasilien, Russland, Indien und China einen linearen Wachstumspfad auf. Im Jahr 2040 würden demnach die BRIC-Staaten die G6-Staaten USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien in punkto Wirtschaftskraft überholt haben (Goldman Sachs 2003) und damit eine weit reichende Verschiebung der Investitionsflüsse im globalen Kontext auslösen.
170 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Drittens spiegeln jüngste Investitionsaktivitäten institutioneller Investoren auf den lange Zeit unbeachteten, durch nationale Regulierungen abgeschotteten und als zu unsicher eingestuften Immobilienmärkten Lateinamerikas die zunehmende Internationalisierung der Immobilienwirtschaft im besonderen Maße wider. Zwar weisen die lateinamerikanischen Immobilienmärkte mit drei bis vier Prozent noch einen relativ geringen Anteil am weltweit für Investmentzwecke institutioneller Investoren zur Verfügung stehenden Immobilienbestand aus (siehe Abb. 23). Doch es zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Entwicklung des Immobilienbestandes in Lateinamerika im Zuge des wirtschaftlichen Aufholprozesses deutlich an Dynamik gewinnt. Damit korrespondiert ein sprunghafter Anstieg an internationalen Kapitalzuflüssen. Investierten ausländische Akteure in den letzten Jahren selten mehr als 200 Mio. US$ pro Jahr in Brasilien, stiegen die ausländischen Direktinvestitionen im gewerblichen Immobiliensektor im Jahr 2005 auf rund 2,5 Mrd. US$ an und erreichten 2007 bereits zur Jahreshälfte 2,2 Mrd. US$ (Global Real Estate Monitor 2007). Ähnliches gilt für Mexiko, das 2007 2,7 Mrd. US$ Investitionszuströme im Gewerbeimmobiliensektor verzeichnete (Jls 2008). Für 2050 wird für Lateinamerika dementsprechend ein Anteil von zehn Prozent am globalen Immobilienbestand prognostiziert (Eurohypo 2007b). Abb. 23: Für Investmentzwecke zur Verfügung stehender Immobilienbestand Global gesamt 16.034 Mrd. US$ (2005)
Lateinamerika gesamt 514 Mrd. US$ (2005)
weltweit ohne Lateinamerika
sonstige Märkte*
15.520 Mrd. US$
142 Mrd. US$ Brasilien 159 Mrd. US$
Mexiko 213 Mrd. US$ Lateinamerika 514 Mrd. US$
* Argentinien, Venezuela, Chile, Kolumbien, Peru, Costa Rica, Panama, Uruguay
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von Eurohypo 2007b Auch immer mehr deutsche offene Immobilienfonds ziehen Investitionen in Lateinamerika in Betracht. Mit dem Difa-Global von Union Investment hat sich im Jahre 2005 erstmals ein offener Immobilienfonds gegenüber einem Markt in Lateinamerika geöffnet. Es folgten weitere Transaktionen in Mexiko, Argentinien und Chile von Union Investment, DEKA, TMW und HansaInvest. Andere deutsche Fondsgesellschaften kündigen für die
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 171
nächsten Jahre Käufe in Mittel- und Südamerika an. Dabei geraten vor allem Mexiko und Brasilien in den Fokus institutioneller Investoren. Deren Immobilienmärkte werden nicht zuletzt aufgrund ihrer Größe von den meisten Immobilieninvestoren als erstes Investitionsziel in Lateinamerika genannt2. Schließlich wird aufgrund zeitlicher und finanzieller Restriktionen und der Vielfältigkeit der Immobilienmärkte in Lateinamerika eine sektorale und geographische Beschränkung auf Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo vorgenommen. Mehr als 50% aller grenzüberschreitenden Investitionen in gewerbliche Immobilien (Büro-, Einzelhandel-, Logistik-, Industrieimmobilien) entfallen weltweit auf das Bürosegment, das aufgrund seiner Marktgröße, höheren Transparenz und Renditeaussichten von internationalen Investoren präferiert wird (C&W 2008: 5). Indem institutionelle Investoren generell nur an Objekten mit stabilen Renditeaussichten und an Märkten mit einer gewissen Mindestgröße interessiert sind, fokussiert sich ihre Immobiliensuche i.d.R. auf Wirtschaftsmetropolen. Diese gelten als weniger krisenanfällig und verzeichnen die stärkste und am längsten anhaltende Nachfrage nach Büroflächen, da sich dort hochrangige, wissensintensive und Entscheidungen tragende Dienstleistungen konzentrieren. Nicht alle Großstädte sind gleichermaßen in internationale bzw. globale Verflechtungen eingebunden. Die Internationalisierung kanalisiert sich in Metropolen bzw. Global Cities, die sich als Knoten in globalen Netzwerken positionieren und damit vom weltumspannenden Strom wirtschaftlicher Aktivitäten profitieren. Der Autor wählt daher als Untersuchungsmärkte São Paulo und Mexiko City, die in vielen Untersuchungen zur Position lateinamerikanischer Metropolen im globalen Umfeld als Global Cities angeführt werden (siehe Parnreiter 2002, 2005a, 2005b; Beaverstock et al. 1999; Taylor/Walker 2001). Zweifelsohne sind São Paulo und Mexiko City die Städte mit der stärksten globalen Vernetzung. Ein Großteil der ökonomischen Funktionen, die für die Globalisierung Mexikos und Brasiliens unabdingbar sind, wie zum Beispiel Banken, die Börse, regionale Headquarters ausländischer Unternehmen, wissensintensive Dienstleister etc., konzentriert sich an diesen ökonomischen Aktivräumen. Dort wird die Integration von semi-peripheren Ökonomien in die Weltwirtschaft gemanagt und durchgeführt (Parnreiter 2000: 217). Die hohen ausländischen Direktinvestitions- und Portfoliozuflüsse in die ausgewählten Metropolen stützen diese These. Auch der Aufbau neuer Finanzdistrikte für international agierende Unternehmen in São Paulo und Mexiko City belegt die Einbindung der Städte in weltweite ökonomische Netzwerke. Dementspre2
Neben Mexiko und Brasilien zählt Chile aufgrund des weit entwickelten Finanzsystems und der niedrigen Zinsen zu den Investitionsdestinationen ausländischer Investoren. Allerdings ist der Markt relativ klein und die nationalen Pensionskassen nehmen eine starke Wettbewerbsstellung ein.
172 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
chend erreichen die beiden Metropolen in der Gesamtklassifizierung nach der Methodologie der GaWC (Globalization and World Cities Study Group) auch die höchsten Punktewerte in Lateinamerika und belegen weltweit als Beta World Cities den 14. (São Paulo) bzw. 18. Rang (Mexiko City) (Taylor/Aranya 2008). Letztlich stellt sich die Frage, inwieweit die beiden Märkte typisch für Entwicklungen in der Semi-Peripherie sind. Zwar ist die empirische Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse aufgrund der qualitativen Vorgehensweise und der Standort- bzw. Kontextgebundenheit der Immobilienmärkte nur begrenzt möglich. Allerdings können gewisse Annahmen über Entwicklungen ähnlicher Immobilienmärkte der Semi-Peripherie formuliert werden. Die Verallgemeinerbarkeit muss gleichwohl immer im spezifischen Fall mit Argumenten begründet werden. Um die Implikationen der Globalisierung auf Immobilienmärkte der Semi-Peripherie bewerten zu können, ist es für die empirische Studie wichtig, Internationalisierungsprozesse und Intransparenzen zunächst in unterschiedlichen lokalspezifischen Kontexten zu untersuchen. Auf Basis der Vergleichsstudie sollen daher möglichst allgemeine Prinzipien abgeleitet werden, inwiefern globale Prozesse auf semi-periphere Immobilienmärkte wirken und welche neuen Herausforderungen sich daraus für lokale und globale Akteure des Immobiliensektors ergeben. Diese vergleichende Untersuchungsstrategie zielt darauf ab, die Erklärungskraft der empirischen Ergebnisse dadurch zu steigern, dass Märkte analysiert und gegenübergestellt werden, die sich in wichtigen Merkmalsausprägungen unterscheiden.
5 . 2 D u r c h f ü h r u n g d e r E r h e b u n g u n d Au s w e r t u n g 5.2.1
Qualitative vs. quantitative Forschungsansätze
In den letzten Jahren haben qualitative Methoden, wie narrative Interviews, biographische Tiefeninterviews und Expertengespräche auch in der Wirtschaftsgeographie zunehmend Bedeutung erfahren. Qualitative Auswertungen eignen sich vor allem für große Mengen unstrukturierter Daten (Texte, Audio- und Videodateien etc.), die mit statistischen Mitteln nicht ausreichend erschlossen und analysiert werden können. Im Kern stehen das Entdecken von Konzepten und Verbindungen in den Rohdaten und das Ableiten theoretischer Erklärungsmuster. Trotz weitreichender Unterschiede teilen die vielfältigen qualitativen Forschungsansätze zumindest zwei Annahmen: (1) Mittels systematischer Analyse von Daten können neue Theorien entdeckt werden; (2) die Theorien betonen das Verstehen der sozioökonomischen Welt durch die Analyse spezifischer Sichtweisen, Bewertungen, Relevanzstrukturen und Entscheidungszusammenhänge der befragten Akteure.
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 173
Das Ziel, die Internationalisierungsprozesse von Immobilieninvestoren und deren lokale Auswirkungen zu untersuchen, legt auch für diese Studie eine qualitativ orientierte Herangehensweise nahe. Denn diese sind kaum durch standardisierte Verfahren abzufragen, weil sie sensible Informationen enthalten, aber auch, weil das Forschungsfeld noch recht unerschlossen ist, was eine explorative Herangehensweise als sinnvoll erscheinen lässt. So liegen weder genug Erkenntnisse über die Internationalisierungsprozesse in der Immobilienwirtschaft und deren Implikationen für intransparente Immobilienmärkte der Semi-Peripherie vor, die eine adäquate Abdeckung in einem quantitativen Fragenkatalog ermöglichen könnten. Noch dürfte eine schriftliche quantitative Befragung das erforderliche Vertrauen beim Befragten generieren, das für die Entschlüsselung sensibler Prozesse unumgänglich ist. Man kann davon ausgehen, dass eine geringer standardisierte, offene Befragung der Immobilienakteure eine detaillierte und authentische Bewertung und Interpretation der Organisation und Prozesse der Internationalisierung im Immobiliensektor ermöglicht. Nicht zuletzt sind die komplexen und kontextspezifischen Entscheidungszusammenhänge der Investoren schwer formalisierbar, kommunizierbar und übertragbar. Während bei quantitativen Befragungen ein beträchtlicher Teil des relevanten Entscheidungskontextes verloren gehen würde, unterstützen persönliche Kommunikationsformen den Wissensaustausch zwischen Interviewer und Befragten und damit eine vollständigere Bewertung und Interpretation des Untersuchungsgegenstandes. In der vorliegenden Studie werden daher qualitative Methoden eingesetzt, um die Begründungen und Erklärungszusammenhänge sowie die Vielfalt praktizierter Handlungsweisen angemessen zu erfassen.
5.2.2
Leitfadengespräche
Im Rahmen des Projektes wurden Leitfadengespräche mit Immobilienakteuren geführt. Im Unterschied zu eher standardisierten Befragungen bietet diese halbstandardisierte Interviewmethode Spielräume für den Befragten hinsichtlich seiner inhaltlichen Akzentuierung und Reaktionsform. Die situationsadäquaten und offenen Frageformulierungen können somit den Kontext der spezifischen Sichtweisen und Bewertungen der befragten Immobilienakteure besser erfassen. Anders als bei den sehr offenen Erzählverfahren, wie z.B. narrativen Interviews, wird bei Leitfadengesprächen gezielt das Vorwissen der Interviewer genutzt, um das Gespräch zu strukturieren. Als Orientierungsrahmen des Gesprächs dient ein Leitfaden, der eine im Vorfeld festgelegte Reihe von Schlüsselfragen sowie ergänzende und vertiefende Eventualfragen umfasst. Dies soll garantieren, dass alle wesentlichen forschungsrelevanten Themen auch tatsächlich angesprochen werden. Mit dem Interviewleitfaden kann eine zumindest rudimentäre Vergleichbarkeit der Interviewergebnisse gewährleistet werden. Jedoch muss
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das Interview nicht strikt nach der festgelegten Reihenfolge verlaufen. Vielmehr wird eine non-direktive Gesprächsführung angestrebt, die einen situationsspezifischen Verlauf und die Mitgestaltung des Gesprächs durch den Befragten ermöglichen und fördern soll. Das bedeutet, dass die Abhandlung der einzelnen Fragekomplexe stets flexibel und situativ zu handhaben ist. Der Interviewer sollte nicht zu starr am Leitfaden festhalten (Mayer 2004: 36f.; Flick 2000: 94f.). Die Entwicklung des Leitfadens orientiert sich an den theoretischen Vorüberlegungen und der forschungsleitenden Fragestellung. Da es sich um ein bislang wenig wissenschaftlich bearbeitetes Untersuchungsfeld handelt, konnte in der vorliegenden Studie nur sehr beschränkt auf bestehende Analysen zurückgegriffen werden. Generell enthält der Fragebogen Themenkomplexe, denen Nachfrage-Themen zugeordnet sind. Eventuelle Sondierungs-, Kontroll- oder Verständnisfragen werden vom Interviewer während des Gesprächs situativ eingesetzt. Der Leitfaden für die empirische Untersuchung setzt sich aus folgenden sieben Themenschwerpunkten mit entsprechenden Schlüsselfragen zusammen: • Globalisierung der Immobilienwirtschaft • Triebkräfte und Risiken der Internationalisierung • Organisation der Internationalisierung • lokale und internationale Netzwerke • Informations- und Wissenstransfer • Internationalisierungsgrad der Immobilienmärkte in São Paulo und Mexiko City • Auswirkungen globaler Investitionen auf vormals lokale Immobilienmärkte. Im Untersuchungsprozess wurde nicht starr an dem Orientierungsrahmen festgehalten. Da sich die Experten anhand ihrer Beteiligung an dem zu rekonstruierenden Prozess unterscheiden lassen, war es notwendig, die Schwerpunkte des Interviews an die verschiedenen Geschäftsfelder der Gesprächspartner (Investor, Berater etc.) sowie an die unterschiedlichen Marktbedingungen (z.B. Mexiko City, São Paulo) anzupassen. Für die einzelnen Gruppen und Märkte wurden daher neue Leitfragen in das bestehende Gerüst integriert bzw. irrelevante Punkte ausgelassen.
5.2.3
Auswertung der Interviews
Die Auswertung der transkribierten Gesprächsinhalte erfolgt in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse (Gläser/Laudel 2004: 193f.; Mayring 2003). Im Gegensatz zur quantitativen Inhaltsanalyse, die sich vor allem auf Häufigkeiten und Muster ausgewählter Textbausteine fokussiert, will die qualitative Inhaltsanalyse soziale Wirklichkeit in einer deutlich höheren Komplexität verstehen. Das Prinzip der qualitativen Inhaltsanalyse
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 175
umfasst die Entnahme bzw. Extraktion von Rohdaten aus den Interviewtexten, deren Aufbereitung und Auswertung. Das Ziel besteht darin, aus Gemeinsamkeiten, Unterschieden und tendenziellen Analogien Muster zu konstruieren. Dazu wird eine von den Ursprungstexten abweichende Informationsbasis geschaffen, die nur noch die für die Beantwortung der Untersuchungsfrage relevanten Passagen enthalten soll. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte der qualitativen Inhaltsanalyse kurz skizziert (Gläser/Laudel 2004).
EXTRAKTION
VORBEREITUNG DER EXTRAKTION
THEORETISCHE VORÜBERLEGUNGEN
Abb. 24: Ablauf der qualitativen Inhaltsanalyse Formulierung der Untersuchungsfrage
Theoretische Analyse des Problems, Bestimmung von Variablen
Fixierung des Materials und Festlegung der Analyseeinheit
Formulierung von Extraktionsregeln
Aufnahme von aus der Theorie bekannten Ausprägungen der Variablen
Materialdurchlauf, dabei Interpretation und Extraktion der Informationen
Bestimmung von Indikatoren
Gegebenenfalls Veränderung existierender oder Konstruktion neuer Variablen
AUSWERTUNG
AUFBEREITUNG
Sortierung je Variable Zusammenfassen bedeutungsgleicher Informationen
Beseitigung elementarer Fehler
Analyse von „Fällen“ und fallübergreifenden Zusammenhängen (Kausalzusammenhänge Typisierungen…)
Quelle: Eigene Darstellung nach Gläser/Laudel 2004: 197 Über die Extraktion der Textinhalte wird das empirische Datenmaterial zunächst auf Kategorien reduziert, die entweder aus den Interviews selbst
176 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
(induktiv) oder aus den theoretischen Vorüberlegungen (deduktiv) entwickelt wurden (siehe Abb. 24). Diese Kategorien dienen als Suchraster bei der Entscheidung, welche der Informationen für die Beantwortung der Untersuchungsfrage relevant sind, herausgefiltert und in ein neues Dokument überführt werden sollen. Dabei werden weder Inhalte synthetisiert, noch spekulative Aussagen getroffen oder Kausalketten auseinander dividiert. Um Zuordnungs- oder Abgrenzungsproblematiken beim Ausfüllen des Kategoriensystems zu vermeiden, legen vorab formulierte Extraktionsregeln fest, welche Inhalte welchen Kategorien zugeordnet werden sollen. Die Extraktion erfolgt also nicht willkürlich, sondern muss jederzeit theoretisch und empirisch begründet sein. Relevante Gesprächsinhalte werden schließlich textgetreu und in eigenen Worten wiedergegeben, wobei die Inhalte einer Äußerung hervorzuheben und nicht inhaltstragende bzw. unwesentliche Textbestandteile zu löschen sind (Paraphrasierung). Damit ließen sich in der vorliegenden Studie die ursprünglich rund 800 Transkriptionsseiten aus 70 Interviews auf rund 120 Seiten reduzieren. Diese paraphrasierten Passagen werden im nächsten Schritt dann den Kategorien zugeordnet. Im Verlauf der Inhaltsanalyse zeigt sich, ob das Kategoriensystem mit den empirischen Realitäten vereinbar ist oder ob neue Kategorien konstruiert bzw. Dimensionen existierender Kategorien modifiziert bzw. angepasst werden müssen, weil einzelne Informationen in keine der ex ante gebildeten Kategorien passen (Gläser/Laudel 2004: 195). Der systematischen Extraktion relevanter Informationen aus den Interviews folgt eine Generalisierung auf einem abstrakteren, konzeptionellen Niveau. Dabei werden die extrahierten Rohdaten, die sämtliche im empirischen Material enthaltenen Informationen über die Ausprägungen der Variablen umfassen, zunächst auf Redundanzen und Widersprüche hin geprüft. Bedeutungsgleiche Paraphrasen und elementare Fehler der Interviewpartner werden zusammengefasst bzw. gestrichen. Erst danach erfolgt die eigentliche Interviewauswertung durch die Analyse einzelner Fälle, die Identifizierung fallübergreifender Kausalzusammenhänge und interpretative Ableitung von Untersuchungsergebnissen. Die ursprünglichen Texte werden dabei lediglich zur Überprüfung einzelner Passagen bzw. zur Fehlerkorrektur herangezogen. Unter Berücksichtigung theoretischer Wissensbestände und anderer empirischer Studien werden die Gemeinsamkeiten und Differenzen schließlich in einer wissenschaftlichen Sprache schriftlich niedergelegt (Mayer 2004: 48f.). Obgleich die qualitative Inhaltsanalyse durch ihre Verfahrensregeln ein systematisches Vorgehen erzwingt, beruhen sowohl die Extraktion als auch die Zuordnung zu einer Kategorie auf Textinterpretationen des Autors und bleiben damit trotz aufgestellter Regeln individuell geprägt. Auch die Aufbereitung basiert auf Interpretationsprozessen, indem der Autor bestimmt, welche Informationen für redundant oder widersprüchlich gehalten werden. Dennoch zeigt sich ein entscheidender Vorteil gegenüber frei-
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 177
en Interpretationen: Auch wenn die jeweiligen Interpretationen subjektiv vorgenommen werden, ermöglicht das systematische Vorgehen, die Schritte anzugeben, welche von den Texten zur Antwort auf die Untersuchungsfrage geführt haben, und diese Schritte zu diskutieren (Gläser/Laudel 2004: 200). Um die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Analysen zu stärken, werden in der vorliegenden Arbeit zur Darstellung der Ergebnisse Themenmatrizen und Ankerbeispiele eingesetzt (siehe Glückler 2004). Das selektive Zitieren passender Interviewpassagen wäre unzureichend (Flick 2000: 239). Während Themenmatrizen als vereinfachte Übersichten die Aussagen der Interviewpartner zu einzelnen Kategorien in tabellarischer Form zusammenstellen und damit eine vergleichende Bewertung der Einzelaspekte zulassen, belegen Originalauszüge aus den Interviewtranskripten (sog. Ankerbeispiele) beispielhaft die Relevanz einzelner Aspekte und damit ihre Plausibilität.
5.2.4
Computergestützte Inhaltsanalyse mit ATLAS.ti
Da sich die Inhaltsanalyse in der vorliegenden Studie auf eine große Textmenge von rund 800 Seiten transkribierten Interviewtext bezieht, lag die Anwendung eines computergestützten Verfahrens nahe. Die Analyse der Textdateien wurde daher unter Zuhilfenahme der Analysesoftware ATLAS.ti computergestützt durchgeführt. Mit ATLAS.ti können textuelle Daten qualitativ analysiert, interpretiert, sortiert und verwaltet werden. Obgleich das Programm ein flexibles Werkzeug zum systematischen Erkunden, Organisieren, Extrahieren, Vergleichen und Reassemblieren großer Datenbestände bietet und damit die Inhaltsanalyse wesentlich unterstützt (Schütte 2007), kann das Programm seinen Benutzern allerdings nicht die intellektueller Interpretationsleistung abnehmen. Im Folgenden werden in Kürze einige für die empirische Analyse wesentliche Funktionen vorgestellt. Mit Hilfe der Software werden zunächst die einzelnen Interviewtranskripte analysiert, indem relevante Textinformationen durch den Bearbeiter identifiziert, markiert und verschiedenen Kategorien bzw. Kodes zugeordnet werden (siehe Abb. 25). Für die ausgewählten Textpassagen können Kategorien bzw. Kodes entweder neu erstellt (Open coding) oder bereits bestehende Kodes zugeordnet (Code by list) werden. Im rechten Fenster (Margin display) werden die Kategorien bzw. Kodes und ihre Zuordnung zu ausgewählten Textstellen des Primärdokuments jeweils angezeigt.
178 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Abb. 25: ATLAS.ti – Transkript mit Kodes im rechten Margin Display
Weder die Auswahl noch die Zuordnung relevanter Textausschnitte folgen dabei einem systematischen, objektiven Schema, sondern stellen einen ersten und entscheidenden Interpretationsschritt durch den Anwender dar. So erfolgt die Zuordnung der Informationen auf Basis der individuellen theoretischen und empirischen Vorkenntnisse und Erfahrungen. Indem allerdings jeder Verfahrensschritt der computergestützten qualitativen Inhaltsanalyse in einer gesonderten Programmdatei unter Angabe des Interviews und Textabschnitts dokumentiert wird, besteht eine hohe Transparenz und intersubjektive Nachvollziehbarkeit des Analyse- und Interpretationsvorgangs. Neben den in der Software implementierten Kodier-, Memorier- und Zitiermöglichkeiten bietet die Arbeit mit ATLAS.ti den entscheidenden Vorteil eines effizienten und übersichtlichen Datenmanagements. Auch umfangreiche Datenmengen lassen sich computergestützt schnell und zuverlässig handhaben. So können beispielsweise Listen von Primärdokumenten, Zitaten und Kodes nach bestimmten Sortierkriterien (z.B. nach der Anzahl der Zitatbezüge) geordnet oder gefiltert dargestellt werden (siehe Abb. 26).
METHODISCHE KONZEPTION DER EMPIRISCHEN STUDIE | 179
Abb. 26: ATLAS.ti – Auflistung der Kategorien im Code Manager
In gleicher Weise können einzelne Textausschnitte, die den vergebenen Kodes und Kategorien zugewiesen wurden, jederzeit problemlos aufgefunden und in Text- oder Datenformat ausgeben werden (siehe Abb. 27). Abb. 27: ATLAS.ti – Übersicht der einer Kategorie zugeordneten Zitate
ATLAS.ti bietet schließlich noch weitere Such- und Verknüpfungsfunktionen an, die das Auffinden bestimmter Zitate oder Textausschnitte wesentlich beschleunigen und Zusammenhänge zwischen einzelnen Kategorien auswerten und visuell darstellen können (siehe Atlas.ti 2006).
180 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
5.2.5
Triangulation qualitativer und quantitativer Methoden
Um die sozialwissenschaftlichen Ergebnisse zu festigen und zu relativieren, wird in der Untersuchung schließlich das Instrument der Daten- und Methoden-Triangulation eingesetzt (Flick 2006: 24f.). So dient die vergleichende Analyse des globalen Investitionsgeschäfts und zweier Untersuchungsmärkte als Kontrolle der empirischen Ergebnisse. Dazu trägt auch die Variation der befragten Akteure bei. Informationen über einen Sachverhalt wurden von Interviewpartnern mit unterschiedlichen Blickwinkeln (z.B. Investoren, Projektentwickler, Berater) eingeholt und damit trianguliert. Auch die Teilnahme an lokalen Konferenzen, Tagungen und Veranstaltungen gaben Einblicke in unterschiedliche Positionen, Interessen und Aus-einandersetzungen (u.a. Teilnahme an der Konferenz des Urban Land Instituts in Mexiko City zur Internationalisierung der mexikanischen Gewerbeimmobilienmärkte; Teilnahme an der Grundsteinlegung des Landmark Projekts des US-amerikanischen Entwicklers Tishman Speyer in São Paulo). In die qualitativen Experteninterviews wurden standardisierte Fragebögen zur Risikobeurteilung sowie Schaubilder zur Einschätzung des Internationalisierungsgrades und des Immobilienzyklus integriert. Mit Hilfe eines Kartenspiels sollten die Gesprächspartner ferner die Reihenfolge der Markteintritte verschiedener Immobilienakteure (Mieter, Berater, Investoren etc.) vorgeben. Ergänzend zur qualitativen Inhaltsanalyse wurden schließlich auch Sekundärdaten wie z.B. Marktstudien transnationaler Beratungsunternehmen, Geschäftsberichte der Investoren etc. analysiert und ausgewertet. Mit dieser Vorgehensweise sollte eine stärkere Fundierung der empirischen Ergebnisse erzielt werden.
6 In vestitionsentscheidungen im globalen Kontext
Basierend auf den Ergebnissen der qualitativen Studie werden die Konzepte und Annahmen aus dem theoretischen Teil überprüft. Aus Sicht der befragten Investoren treiben vor allem die Aussicht auf höhere Renditen und die Möglichkeiten der Risikodiversifikation die Internationalisierung der Investitionsströme voran. Die Analyse der Interviews zeigt, dass die Auswahl geeigneter Investitionsstandorte auf der Grundlage eines mehrstufigen rationalen Filterverfahrens vollzogen wird, das überwiegend auf der Makroebene startet und schließlich beim konkreten Immobilienstandort endet. Im Kern dieser Entscheidungsprozesse stehen interne Strategien und Kompetenzen des Investors (Kapitel 6.1). In Kapitel 3 wurden Handlungskontexte als mitentscheidend für Investitionsentscheidungen konzipiert. In Kapitel 6.2 wird nun anhand der qualitativen Interviews dieses relationale Marktselektionskonzept empirisch fundiert. Es wird deutlich, dass die Marktauswahl globaler Immobilieninvestoren nicht alleine durch rationale und atomistische Entscheidungsprozeduren erklärt werden kann, sondern zusätzlich in fortlaufenden sozialen Beziehungen zu Konkurrenten, Kooperationspartnern, Immobilienberatern etc., in der Einbettung in institutionelle Strukturen sowie in Pfadabhängigkeiten begründet liegt.
6.1 Marktselektion als atomistisch-rationaler Entscheidungsprozess Die geographische Ausbreitung von Investitionsströmen in der Immobilienwirtschaft ist ein relativ junges Phänomen. Dementsprechend datieren die befragten Investoren den Beginn der Internationalisierung in der Immobilienwirtschaft auf Ende der 1990er Jahre, wobei erst seit Anfang des 21. Jahrhunderts von „wirklich internationalen Immobilienmärkten“ (In-
182 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
terview 13) gesprochen werden kann. Neue Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten, Anlagevehikel und IuK-Technologien induzieren fortwährend Produkt- bzw. Prozessinnovationen im Immobiliengeschäft, die eine räumliche Entflechtung wirtschaftlicher Aktivitäten ermöglichen. Mit einher geht damit eine Professionalisierung der Immobilienakteure und -märkte. Ein Großteil der Gesprächspartner schätzt auch den Rückgang nationaler und lokaler Investitionsbeschränkungen sowie die voranschreitende politische Integration als unerlässliche Voraussetzungen für grenzüberschreitende Kapitalströme im Immobiliensektor ein. Trotz der Vielfalt an Antworten, die prinzipiell das Antriebskräftemodell aus Kapitel 3 bestätigen, spielen aus Sicht der befragten Investoren vor allem die zwei Aspekte der Diversifikation und Renditeerhöhung eine flankierende Rolle bei dieser neuen Entwicklung, die zwei Portfoliomanager global agierender Investmentgesellschaften in ihren Überlegungen exemplarisch herausarbeiteten: „Das eine ist, dass man durch ausländisches Investment höhere Renditen als im Inland erzielen kann und das zweite Argument ist Diversifikation, wobei eher die höheren Renditen im Ausland das Zugpferd sind“ (Interview 3). „Man hat die Hoffnung, tendenziell ein Gefälle zwischen den deutschen und den internationalen Renditeerwartungen zu finden. Und man internationalisiert, um die verschiedenen Marktzyklen entsprechend nutzen zu können und damit das Risiko im Immobiliensegment reduzieren zu können“ (Interview 2).
Die Suche nach höheren Renditen und Potenzialen zur Risikominimierung führt die Investoren in neue Destinationen, die bislang unbekannt sind und häufig als intransparent erscheinen. Die Auswahl geeigneter Investitionsmärkte, die zu den Kernaufgaben des strategischen Immobilienmanagements zählt, gestaltet sich unter diesen neuen Vorzeichen zunehmend komplexer, zumal grenzüberschreitende Intransparenzen zusätzliche Unsicherheiten generieren. Um die Marktselektion trotz Unsicherheit und Komplexität effizient und nachvollziehbar zu gestalten, entwickeln die befragten institutionellen Investoren neue Analysewerkzeuge, die einen rationalen Entscheidungsprozess unterstützen. Zeitgleich mit der Internationalisierung verändern sich die Akteurskonstellationen in der Immobilienwirtschaft, da neue, professionelle Akteure auf den Märkten auftreten. Diese beschäftigen Finanzwissenschaftler und Immobilienexperten und streben i.d.R. nach einer rationalen Grundlage für ihre Entscheidungen. Sie wenden sich damit von eher erfahrungsbasierten Entscheidungsfindungen ab, die lange Zeit typisch für Immobilieninvestitionen waren. Gemeinsam ist den interviewten Investoren die Perspektive auf Immobilien als ein Anlageprodukt, dessen Rentabilität es zu maximieren gilt und das im Wettbewerb mit anderen Anlageformen steht. Um den ständigen Vergleich mit Anlagealternativen zu ermöglichen
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(Benchmarking), müssen Immobilien nach den gleichen klassischen finanzwirtschaftlichen Kriterien rational beurteilt werden, wie z.B. Aktien. Immer häufiger werden dementsprechend standardmäßig quantitative Methoden bei der Entscheidungsfindung eingesetzt. Es bleibt festzuhalten, dass sowohl die Internationalisierung als auch die Kapitalmarktorientierung die Investoren dazu drängen, neue und vor allem nachvollziehbare Wege der Entscheidungsfindung zu suchen und zu präsentieren. Die befragten Immobilienmanager orientieren sich zunehmend an Rational-choice-Modellen der Ökonomie, die ihnen transparente, objektive und optimale Lösungen verheißen, wie in Kapitel 3.3.1 beschrieben. Sie versuchen, systematisch ökonomisches Wissen zu erzeugen, um rationale und auf Kennzahlen basierte Entscheidungen bei der Auswahl neuer Investitionsstandorte zu treffen 1 . Im Kern dieser Entscheidungsprozesse stehen interne Investitionsgrundsätze, Vorsichtsprinzipien, Strategien und Kompetenzen des Investors sowie allgemeine Marktbedingungen. Die Analyse der Interviews zeigt, dass die Auswahl geeigneter Investitionsstandorte in einem mehrstufigen rationalen Filterverfahren vollzogen wird, das nach Darstellung der befragten Investoren überwiegend von oben nach unten verläuft (Top-down). Konform mit der stärkeren Kapitalmarktorientierung steht hierbei die Betrachtung des Einzelobjekts am Ende der Entscheidungskette. Der geographische Maßstab verengt sich trichterförmig „von einem ganz großen Bild zu einem präzisen Standort. An letzter Stelle steht dann die Immobilie“ (Interview 20). Immer wieder betonten Investoren, dass sich Investitionsentscheidungen vom Einzelobjekt bzw. „Backsteingedanken“ sowie von erfahrungsbasierten und „intuitiven Managementpraktiken“ (Interview 6) lösen und sich gleichermaßen an den Erfordernissen der Kapitalmärkte orientieren müssen. Diesen Schritt zum modernen und stärker theoriegeleiteten Portfoliomanagement schilderte ein Interviewpartner besonders anschaulich: „Immobilien- und Kapitalmarkt wachsen zusammen. Die Immobilie ist eine Assetklasse, die gehandelt wird und demnächst auch mehr verbrieft wird. Es geht immer mehr darum, was sind die Risikofaktoren und die Renditen dieses Assets. Natürlich ist eine Immobilie ganz nett und repräsentativ, aber einen Investor interessiert, was bei seiner Investition unter dem Strich raus kommt. Es gibt den Trend zu mehr Rationalität. Früher war es die Backsteinsicht und heute ist mehr und mehr die Kapitalmarktsicht ausschlaggebend. Derivate, Indices, Aktien, REITs, das alles gibt es schon in der Finanzwirtschaft und wird nun auf die Immobilie übertragen“ (Interview 17).
1
Dieser Trend hat sich fortgesetzt. In jüngster Zeit hat die hohe Verunsicherung im Nachgang der Hypothekenkrise die Implementierung rationaler und nachvollziehbarer Entscheidungsheuristiken in der Immobilienwirtschaft sogar noch stärker vorangetrieben.
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War das intuitive bzw. traditionelle Immobilienmanagement noch hauptsächlich auf die solitäre Betrachtung der einzelnen Immobilie und die reine Bestandsverwaltung gerichtet, rückt bei den interviewten Investoren nunmehr das aktive Portfoliomanagement mit konkreten Investitionsstrategien in den Vordergrund: „There is a trend to look at property much more as an investment rather than something that you buy and stay with it forever which tends to be the more traditional approach“ (Interview 19). Trotz branchenkonformer Bekenntnisse zur Kapitalmarktorientierung und stärkerer Berücksichtigung analytischer Verfahren merkten allerdings auch einige Investoren an, dass manche Entscheidungen immer noch von der Objektebene ausgehen (Bottom-up). Konkrete Investitionsmöglichkeiten werden in diesem Fall von eigenen Akquisitionsteams oder externen Partnern vor Ort identifiziert und im Anschluss mit dem Investitionsprofil abgeglichen. Aus der explorativen Studie können schließlich vier typische Entscheidungsphasen herausgearbeitet werden: globales Screening, länderübergreifende Portfolioanalysen, nationale und lokale Marktauswahl und Timingstrategie sowie lokale Objektselektion (siehe Abb. 28).
Bottom-up
Top-down
Abb. 28: Entscheidungsphasen internationaler Immobilieninvestoren Entscheidungsphasen
Geographische Maßstabsebene
Methoden
Screening
global
Scoring-Modelle
Portfolioanalyse
international; ländervergleichend
Portfolio-Selection-Theory
Marktauswahl und Timingstrategie
national; lokale Immobilienmärkte und -teilmärkte
Detailliertes Marktscoring, SWOT-Analysen, Vor-OrtPräsenz
Kaufentscheidung
Standort der Immobilie
Objektselektion
Mikrostandorte potenzielle Investitionsobjekte
Besichtigung, Begehung, Due Diligence-Prüfung
Quelle: Eigene Erhebung Die einzelnen Phasen werden im Folgenden näher erörtert. Dabei sollen auch die spezifischen Näheformen beleuchtet werden (siehe Kapitel 4.3.1), auf welche die Investoren zurückgreifen, um den Informations- und Wissensbedarf auf den einzelnen Entscheidungsstufen zu gewährleisten.
6.1.1
Screening
Die erste Etappe des Entscheidungsprozesses besteht bei allen Gesprächspartnern in der Vorauswahl relevanter Länder (Screening). Hierbei werden
INVESTITIONSENTSCHEIDUNGEN IM GLOBALEN KONTEXT | 185
diejenigen Standorte von einer weitergehenden Betrachtung ausgeschlossen, welche nicht mit den unternehmenspolitischen Anlagegrundsätzen und Vorsichtsprinzipien vereinbar sind oder anderen grundlegenden Anforderungen nicht genügen (sog. Knock-out-Kriterien). Für die Entscheidungsfindung wird vom Management ein Raster vorgegeben, nach dem die Märkte systematisch abgesucht, verglichen und bewertet werden. Als Kriterien dienen spezifische Risikohaltungen und strategische Vorentscheidungen des Managements sowie Mindest- und Höchstanforderungen an bestimmte Merkmale, wie politische Stabilität, Rechts- und Investitionssicherheit. Aus den Interviews wurde deutlich, dass den rechtlichen Rahmenbedingungen bzgl. Mietrecht, Eigentumsrechte etc. eine wesentliche Rolle bei der ersten Auslese zukommt (siehe Tab. 18). Länder mit ungünstigen Rechtsbedingungen werden aussortiert, wie das Beispiel Argentinien belegt: „Why will no open-ended fund go to Argentina now? Because the lease law allows me as a tenant to break my contract after 12 month. There is no certain cash-flow for an open-ended fund. So they are looking at this country and say: okay, it is interesting. Yet the lease law is not there. We cannot do anything“ (Interview 18).
Tab. 18: Knock-out-Kriterien global orientierter Investoren Kriterien
Anzahl der Nennungen
Rechtliche Rahmenbedingungen (Rechtssicherheit, Eigentumsrechte etc.)
14
Transparenz (Marktinformationen, Korruption etc.)
12
Wirtschaftliche Stabilität (Wirtschaftswachstum, Inflation, Zinsniveau etc.)
11
Liquidität (Marktgröße, Exit-Möglichkeiten etc.) Politische Stabilität Freier Kapitalverkehr Steuerliche Rahmenbedingungen Möglichkeit der Währungskurssicherung
9 6 6 6 4
Etablierter Immobilienmarkt (professionelle Akteure und Strukturen etc.)
3
Demographische Entwicklung
3
Quelle: Eigene Erhebungen Ebenso setzten 60% der befragten Investoren transparente Marktstrukturen voraus: „das Geld fließt dort hin, wo Transparenz vorherrscht“ (Interview 13). Die Statements der Gesprächspartner bestätigen generell die theoretisch konzipierten Intransparenzen aus Kapitel 4.2. Besonders hervorgehoben wurden dabei informationelle Intransparenzen, wie auch folgendes
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Beispiel exemplarisch verdeutlicht: „Daten müssen verfügbar sein. Märkte müssen beherrschbar sein. Und wenn das nicht der Fall ist, wenn sie quasi keinerlei Informationen über Märkte bekommen, dann ist das Risiko zu hoch, das sie mit ihrem Investment dort tätigen“ (Interview 11). In gleicher Weise wirken rechtliche und steuerliche Unsicherheiten bzw. unklare institutionelle Spielregeln der jeweiligen Immobilienmärkte als Ausschlusskriterium. Im Falle grenzüberschreitender Kooperationen kommen noch Interessenskonflikte und die Gefahr opportunistischen Handelns hinzu. Schließlich verwiesen einige Gesprächspartner auf die Gesetzgebung ihres Heimatlandes und Kodizes der Geschäftsethik, denen sie unterliegen. Engagements in Ländern mit hohem Ausmaß an Korruption sind demzufolge nicht umsetzbar. Viele Investoren gaben letztlich wirtschaftliche Stabilität und eine Mindestgröße des Immobilienmarktes als Voraussetzung für ein Investment an. Potenzielle Investitionsdestinationen müssen demnach zumindest „investment graded“ sein (Interview 7) und jederzeit einen Marktzutritt und -austritt (Exit) ermöglichen, denn „die Liquidität der Märkte macht einen Markt erst zu einem institutionellen Markt“ (Interview 11). Abgestimmt mit der jeweiligen Fondsstrategie und dem RenditeRisikoprofil des Investors (sicherheits-, wertsteigerungsorientiert oder spekulativ) sprechen die Bereiche Research und Strategie schließlich eine Empfehlung für die Länder- und Standortallokation des Portfolios aus. Dazu werden insbesondere Länderanalysen, Rankings und Daten von öffentlichen Institutionen (z.B. Governance-Indikatoren von der Weltbank), Beratungsunternehmen und Rating-Agenturen (z.B. Country-Ratings von Standard & Poor’s) herangezogen. Aus den strategischen Entscheidungen resultieren Zielallokationen für das Immobilienportfolio, die sukzessive durch das Portfoliomanagement mittels Zukauf oder Verkauf von Immobilien umgesetzt werden sollen. Dazu werden Zwischenziele in Form angestrebter kontinentaler (z.B. 50% des Liegenschaftsportfolios in Nordamerika, 30% in Europa, 20% in Asien) bzw. Ländergewichtungen (30% in Deutschland, 20% in Frankreich etc.) entwickelt und festgelegt, auf deren Basis die Bereiche Research und Strategie geeignete Immobilienmärkte identifizieren sollen. Zur weiteren Strukturierung und Unterstützung des Entscheidungsprozesses dienen häufig Scoring-Modelle, bei welchen entscheidungsrelevante Einflussfaktoren wie volkswirtschaftliche und immobilienmarktspezifische Risiken bzw. Chancen operationalisiert, bewertet und schließlich über eine Gewichtung Punktwerte (Score) für alternative Investmentdestinationen ermittelt werden (siehe Abb. 29). Diese Modelle unterziehen die Marktauswahl einem scheinbar logisch-rationalen Entscheidungskalkül: Jeder Markt soll damit nach standardisierten Verfahren beurteilt werden. Die mangelnde Verfügbarkeit und Qualität berücksichtigter Indikatoren insbesondere auf intransparenten Märkten sowie deren fehlende länderübergreifende Kompatibilität schränken die Aussagekraft der ermittelten Score-
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Werte allerdings häufig ein. Eine weitere Problematik liegt in der subjektiven Festlegung der Beurteilungskriterien und deren Gewichten. Wenn Entscheidungsparameter nicht stimmen – zum Beispiel, weil wichtige Tatsachen übersehen, falsch gewichtet oder schlicht ausgeblendet werden – kommt es zu einer verzerrten Abbildung der Immobilienmärkte. Dies kann Fehlentscheidungen hervorrufen. Abb. 29: Scoring-Verfahren als Instrument der Marktselektion
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an DEGI 2007 Die erste Etappe der Entscheidungsfindung erfolgt i.d.R. am Unternehmenssitz. Die Sammlung, Analyse und Auswertung von Informationen werden direkt am Schreibtisch gesammelt, analysiert und ausgewertet. Moderne IuK-Technologien erweisen sich in dieser Phase als entscheidendes Instrument für den grenzüberschreitenden Informations- und Wissensaustausch. Zusätzliche Informationen über neue Entwicklungen auf internationaler Ebene, die ebenso in die Vorselektion einfließen, werden auf Messen, Kongresse und Tagungen akquiriert, die die befragten Investoren regelmäßig besuchen. Die Kombination regelmäßiger virtueller Kommunikation mit gelegentlichen persönlichen Treffen treibt nach Aussagen der Interviewpartner die Einbettung in standortübergreifende Wissensnetzwerke voran, d.h. beide Formen der Nähe bedingen sich gewissermaßen gegenseitig. Dieses Zusammenspiel veranschaulichte ein international agierender Investor: „Informationsaustausch erfolgt mit technischem Support, z.B. über Intranet. Wir haben aber gemerkt, dass es trotz aller Technik immer noch wichtig ist, dass sie den Menschen sehen und sich Face-to-face austauschen, weil dann doch immer wieder Dinge zur Sprache kommen, die beispielsweise im Intranet einfach nicht so angesprochen werden“ (Interview 16).
188 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Regelmäßige Face-to-face-Kontakte fördern laut Investoren den Aufbau von Vertrauen und damit die Verfestigung der distanzunabhängigen Zusammenarbeit zwischen Immobilienakteuren, die den Wissenstransfer und damit die erste Selektion potenzieller Investitionsdestinationen unterstützt.
6.1.2
Portfolioanalyse
Im Anschluss an die Vorauswahl erfolgt die Betrachtung der potenziellen Standorte auf Portfolioebene. Kennzeichnend hierfür steht das von Markowitz bereits in den 1950er Jahren entwickelte Modell der PortfolioSelektion, das erst seit Anfang des 21. Jahrhunderts breiten Einzug in die Portfoliosteuerung der Immobilienwirtschaft erhalten hat. „Die Übertragung des Diversifikationsgedankens aus dem Bereich der Aktien- und festverzinslichen Kapitalanlagen in den Bereich der Immobilien“ führen die Gesprächspartner auf das „zunehmende Verständnis von Immobilien als autonome Anlageklasse“ zurück (Interview 12), die nun mit anderen Anlageformen konkurriert: „War die Immobilie lange Zeit ein Gebäude, in dem Menschen leben oder arbeiten, ist sie heute ein Finanzprodukt“ (Interview 16). Die Portfolio-Selection-Theory rückt anstelle der Einzelimmobilie das Gesamtportfolio in den Fokus. Durch eine gezielte Mischung nach Ländern und Regionen sollen die Risiken des Portfolios reduziert werden, indem eine große Anzahl von Immobilienmärkten kombiniert werden, deren Rendite- bzw. Mietpreisentwicklungen möglichst gegenläufig und unabhängig voneinander verlaufen. Unter der Annahme hinreichend vieler Standorte im Portfolio spielt das Risiko des einzelnen Standortes keine entscheidende Rolle mehr: „At the portfolio level individual risks are not of consequence because they can be diversified away“ (Interview 19). Durch gezielte Investitionen an Standorten mit konträren Mietzyklen kann das Risiko eines Immobilienportfolios erheblich gesenkt werden. Dieser Diversifikationseffekt, der empirisch gut fundiert ist (siehe Kapitel 3.2.4), wird von allen befragten Investoren in ihr Entscheidungskalkül mit einbezogen. Mit Hilfe von Korrelationsziffern werden Analyse- und Simulationsmodelle erstellt, bei denen verschiedene Szenarien durchgespielt und deren Auswirkungen auf das Gesamtportfolio eruiert werden. Sowohl die veröffentlichten Strategien globaler Investoren als auch die explorativen Interviews belegen, dass diese Art der Risikostreuung eine wichtige Rolle bei der Marktselektion einnimmt. Dies bedeutet in der Konsequenz eine Fokussierung auf „Emerging markets, die einem anderen Zyklus folgen“ (Interview 5) bzw. zumindest „nicht ganz kongruent zu Europa und Nordamerika laufen“ (Interview 8). Die komplexen Berechnungsmodelle täuschen allerdings eine Scheingenauigkeit vor, etwa bezüglich des Diversifikationseffekts, welcher die eingesetzten Daten nicht gerecht werden. I.d.R. erfordert die Berechnung
INVESTITIONSENTSCHEIDUNGEN IM GLOBALEN KONTEXT | 189
historische Zeitreihen für zwei Marktzyklen (ca. 15 bis 20 Jahre). Jedoch sind diese für die neuen Märkte nicht verfügbar, sodass die Berechnungen recht unzuverlässige Ergebnisse hervorbringen: „Unfortunately, only a few markets have return series with an adequate history to calculate the correlation directly“ (Interview 21). Auch wenn ein Investor bereits von der „neuen Welt der Globalisierung und Korrelation“ (Interview 6) sprach, ist die Umsetzbarkeit aufgrund fehlender geeigneter Immobilienindizes derzeit nur beschränkt möglich. So räumte er auch gleichzeitig ein, dass die Investoren „Hände ringend am Überlegen sind, wie man dieses seltsame Produkt Immobilie überhaupt in eine Portfoliostrukturierung integrieren kann“. So sind Marktrenditen häufig nicht öffentlich verfügbar, Indizes bilden für viele Immobilienmärkte zu kurze Zeitreihen ab bzw. weisen eine geringe Marktabdeckung auf. Ein weiteres Problem bezieht sich auf den Vergangenheitsbezug der Marktrenditen, die oftmals nur ex post verfügbar sind. Nur selten liegen fundierte Prognosen vor. Schließlich beziehen sich veröffentlichte Transaktionsdaten von Marktteilnehmern zumeist auf Spitzenobjekte, während Durchschnittswerte fehlen. Trotz aller Einschränkungen sehen die befragten Experten den Trend zur stärkeren Kapitalmarktorientierung als unumkehrbar. Dafür spricht, dass der Aufbau adäquater Informationsquellen durch Rating-Agenturen, Investment Analysten, Immobilienberatungsunternehmen etc. momentan in vielen Märkten rapide voranschreitet. So erfahren unabhängige Immobilienmarktindices eine zunehmende Verbreitung und erleichtern damit Performance-Vergleiche sowie die Aufdeckung internationaler Diversifikationseffekte. Sofern die für die Portfolioanalyse notwendigen Kennzahlen verfügbar sind, lassen sich diese standort- und zeitunabhängig mittels IuK-Medien abrufen und am Unternehmenssitz verarbeiten. Fehlen unabhängige Immobiliendatenbanken, treten vor allem transnational tätige Immobilienberater als Informationsanbieter auf. Aufgrund der Unsicherheit bzgl. der zu erwartenden Leistungsqualität bevorzugen ausländische Investoren transnational aufgestellte Berater, die gemeinhin über eine höhere Professionalität und Reputation verfügen und im Kontext ihrer internationalen Erfahrung und Tätigkeit gemeinsam geteilte kulturelle Praktiken, Verhaltensregeln, Wertehaltungen und damit eine Art international gültiges Gütesiegel bieten. Das Vertrauen in die Beraterleistung transnationaler Unternehmen und deren hohe internationale Reputation können folglich bei grenzüberschreitenden Investitionsentscheidungen zur Reduktion von Unsicherheit beitragen.
6.1.3
Marktauswahl und Timingstrategie
Im Rahmen der nächsten Entscheidungsphase werden die verbleibenden Immobilienmärkte einer detaillierten Analyse von Marktauswahl und Ti-
190 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
ming-Strategie unterzogen. Der Geschäftsführer einer Investmentgesellschaft explizierte das übliche Vorgehen entsprechend: „Wenn wir die Vorauswahl gemacht haben, dann reist man im nächsten Schritt hin und guckt sich den Immobilienmarkt im Detail an. In aller Regel gibt es dann schon erste Kontakte zu Immobilienberatern oder sonstigen Unternehmen, die einen dort an diese Märkte heranführen. Und man versucht mit möglichst vielen Marktteilnehmern Kontakte aufzubauen […], um einfach mal so ein Gefühl für den Immobilienmarkt zu entwickeln […] Daraus ergibt sich dann ein Bild: welche Akteure vor Ort aktiv sind, welche Renditen erzielt worden sind etc.“ (Interview 10).
Die Gesprächspartner betonen allesamt, dass erst lokale Präsenz die Voraussetzung dafür schafft, eigene weiterführende Kontakte aufzubauen. Die Mehrzahl der Investoren unterhalten kooperative Abkommen mit Beratungsunternehmen, die ihnen erste Marktkontakte verschaffen. Dass in dieser Entscheidungsphase zumindest eine temporäre geographische Nähe erforderlich ist, verdeutlichen folgende Ankerbeispiele aus der empirischen Erhebung: „Wer ein aktives Fondsmanagement verfolgt […], muss sein Ohr nah am Markt haben. Nur so können gute Verkaufsgelegenheiten rechtzeitig erkannt und der beste Verkaufszeitpunkt richtig eingeschätzt werden. Das Gras wachsen hören Sie nur vor Ort“ (Interview 2). „Der Immobilienmarkt ist ein riesiges Puzzle, und wir drehen jeden Tag ein Teilchen um. Das Trügerische dabei ist nur, dass sich auch das Bild jeden Tag verändert. Jeden Tag passiert irgendetwas, was Einfluss auf den Immobilienmarkt hat. Das bekommen Sie so zeitnah nie aus der Ferne in einer vernünftigen Form strukturiert, Sie müssen im Markt präsent sein“ (Interview 14). „It is very important to have local contacts because they act as some kind of daily reminder or contact of what is going on. Without a local office you do not have the ear to the market“ (Interview 18).
Sowohl die spezifischen Eigenschaften der Immobilie wie Standortgebundenheit, Heterogenität etc. als auch die Intransparenzen der Immobilienmärkte beschränken die optimale Auswahl von Liegenschaften für ein Portfolio. Die hohe Gefahr von Fehlinvestitionen und verpassten Gelegenheiten auf fremden Märkten lässt sich nur durch ein leistungsfähiges Netz persönlicher und geschäftlicher Beziehungen vor Ort minimieren. Dazu tragen auch die marktspezifischen zyklischen Schwankungen und die relativ kurzen Zeitkorridore für Entscheidungen bzgl. An- und Verkauf von Immobilien bei. Nur ein dichtes lokales Netz an persönlichen Interaktionen und Kontakten versetzt die Investoren in die Lage, zukünftige Marktchancen, Trends, Risiken präzise und zeitnah vorherzusehen bzw. einzuschätzen. So konstatierte ein Gesprächspartner, dass ein Marktbericht spä-
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testens dann veraltet sei, wenn man diesen in den Händen hält (Interview 14). Zeitnahe Informationen und Urteile über exakte Mietpreise, aktuelle Transaktionen, aufstrebende Teilmärkte, Kaufmöglichkeiten und geplante Projekte (Development pipelines) sind größtenteils lokal verankert. Das Gleiche gilt für intransparente örtliche Regulierungsrahmen, die aus der räumlichen Distanz nur schwer einschätzbar sind. So können in vielen neuen Märkten Verträge oft nicht durchgesetzt, Rechtstitel und Besitzrechte nicht eingeklagt werden. Grundbucheintragungen und Baurichtlinien erweisen sich als intransparent und inkonsistent. Behörden reagieren extrem langsam und verlangen hohe Grunderwerbssteuern und Gebühren. Auch Korruption erhöht die Marktzutrittskosten. Erfolgreiche Investitionsentscheidungen können daher nur getroffen werden, wenn im Vorfeld die jeweiligen lokalen Besonderheiten der Immobilienmärkte bekannt sind und verstanden werden. Lediglich durch temporäre Aufenthalte vor Ort sind ausländische Investoren in der Lage lokale Märkte besser zu verstehen, diese zu sondieren und stärkere Formen des Engagements abzuwägen. Lokale Partner fungieren dabei sowohl als Türöffner zu lokalen Behörden und Planungsstellen als auch als Übersetzer lokal verorteter Regelsysteme und spezifischer Marktbedingungen, wie folgende Statements verdeutlichen: „Ganz entscheidend ist bei Marktinformationen, dass ich nicht Äpfel mit Birnen vergleiche, sondern eine gewisse Sicherheit habe, dass das vergleichbare Informationen sind. Der erste Schritt sind die Makler und dann die Suche nach weiteren Informationsquellen über den Immobilienmarkt. Das ist gerade auf Emerging Markets ausgesprochen schwierig. Da kann man die Qualität nur steigern, wenn man eine Vielzahl von Maklerinformation und sonstige Informationen nebeneinander legt und dann versucht, diese zu plausibilisieren“ (Interview 7). „Die Zahl alleine ist es nicht, sie müssen auch die Geschichte um die Zahl herum kennen. Das bedeutet: Das gesamte Research-Material, dass wir über Datenbanksysteme leicht beziehen können, ist nice-to-have bzw. informativ zu lesen. Wenn es aber darum geht, wirklich die Zahlen zu verstehen, muss jemand mit am Tisch sitzen, der über die Zahl hinaus was erzählen kann. Die Interpretation der Zahlen kann nur durch einen lokalen Berater erfolgen“ (Interview 14).
Um in dieser Entscheidungsphase Zugang zu örtlich verankertem Wissen, lokalen Netzwerken, Immobilienakteuren und Entscheidungsträgern zu erhalten, sind lokale Präsenz bzw. enge Partnerschaften mit lokalen Akteuren erforderlich. Kennzeichnend für die globale Immobilienwirtschaft sind daher vielfältige global-lokale Arrangements, die von losen Kooperationen über strategische Allianzen, Joint Ventures, Kapitalbeteiligungen und Fusionen bis hin zu eigenen Niederlassungen reichen. Die zunehmende Komplexität globaler und stärker mit dem Kapitalmarkt verwobener Immobilienmärkte schlägt sich in einem erhöhten Bedarf an spezialisierten
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Informations-, Beratungs- und Wissensprodukten nieder. Eine Sonderrolle nehmen hierbei transnationalen Beratungskonzerne ein, die gewissermaßen eine professionelle Nähe bieten, die sich in einer gemeinsamen Sicht der Dinge und eine gemeinsamer Fachsprache manifestiert. Mit Analysen und Bewertungen potenzieller Destinationen liefern sie häufig die Grundlage für Investitionsentscheidungen und lenken damit indirekt die Richtung der Investitionsströme. Sie erleichtern als erster Ansprechpartner vor Ort internationalen Akteuren den Zutritt in fremde und intransparente Märkte, indem sie verlässliche Marktinformationen sammeln, filtern und strukturieren, lokale Besonderheiten und Spielregeln vermitteln und übersetzen (z.B. Anpassung von Kennzahlen wie Renditen an international gängige Darstellungsformen) und erste Kontakte zu lokalen Entscheidungsträgern arrangieren. Viele der befragten Investoren unterhalten daher kooperative Abkommen mit Beratungsunternehmen. Einige Gesprächspartner argumentierten, dass permanente räumliche Nähe allerdings nicht vollständig durch lokale Partnerschaften oder temporäre Aufenthalte ersetzt werden kann, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: „Wenn Portfoliomanager diese Jetset-Akquisitionen machen, d.h. sie fliegen von Frankfurt mal nach Madrid, sammeln dort ein Exposé ein, gucken sich die Immobilie an und versuchen dann von Frankfurt aus zu entscheiden, ob es eine gute oder schlechte Immobilie ist. Dann haben sie ein erhebliches Investitionsrisiko“ (Interview 11).
Immer wieder verwiesen die Gesprächspartner dabei auch auf mögliche Interessenskonflikte, indem die Informationsquellen vor Ort gleichzeitig für verschiedene Klienten arbeiten bzw. eigene Interessen vertreten. Die relevanten Immobilienmarktdaten, gleich ob sie über eigene lokale Niederlassungen oder über Partner akquiriert wurden, fließen schließlich in detaillierte Scoring-Berechnungen sowie in SWOT-Modelle (Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats) ein. In die Markt- und feingliedrigeren Teilmarktanalysen, an deren Ende die systematische Festlegung des Ankaufszeitpunkts steht, gehen dabei sowohl quantitative Marktindikatoren (z.B. Marktgröße, Rendite-Risikoprofil) als auch qualitative Merkmale (fiskalische Regularien, Markttransparenz etc.) ein. Auch in dieser Entscheidungsphase dominiert damit eine quasi rational-ökonomische Auswahl.
6.1.4
Objektselektion
Auf Objektebene versucht schließlich die Akquisitionsabteilung, das im Top-down-Ansatz definierte Zielportfolio bestmöglich umzusetzen. Sie gleicht als letztes Glied der Entscheidungskette die Informationen über das Vorhaben noch einmal rückkoppelnd mit den übergeordneten Kriterien ab, sodass in Verbindung mit der Objektselektion die Kaufentscheidung ge-
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troffen werden kann. Die eingeholten Angebote über Immobilienobjekte werden dabei zunächst gesichtet und den Investitionsgrundsätzen gegenübergestellt. Die Akquisiteure prüfen dann durch Begehungen und Besichtigungen, ob das empfohlene Objekt hinsichtlich Lage, Objektmerkmalen (z.B. Bauqualität, Ausstattung, Architektur) zu der jeweiligen Anlagestrategie passt. Auch analysieren sie die Vermietungssituation (z.B. Mietvertragslaufzeiten, Mietermix). Die Detailinformationen über Lagekriterien, Gebäudezustand, Mieterbonität, Einzelmietverträge, rechtliche Rahmenbedingungen, administratives Procedere etc. können größtenteils nur vor Ort akquiriert werden. Der Wissenstransfer erfolgt entweder innerhalb strategischer Netzwerke mit Beratungs- oder Partnerunternehmen etc. oder über eigene Mitarbeiter vor Ort. Ein Großteil der Investoren beschäftigt dabei Akquisiteure, die schon seit Jahren in ihren Märkten tätig sind. Durch ihre zahlreichen Kontakte zu lokal ansässigen Maklern und Projektentwicklern erhalten sie Zugang zu neuen Angeboten, auch zu vielen attraktiven Investitionsobjekten, die nicht auf den freien Markt gelangen, sondern die Besitzer in sog. Off-market-deals wechseln. Neben dem Informationsvorsprung gegenüber Konkurrenten ergeben sich damit auch Vorteile durch das „Umgehen von Maklergebühren“ und „schnellere und kürzere Entscheidungswege“ (Interview 3; 5). „Es gibt Geschäfte, da müssen sie vor Ort sein, weil sie sonst gar nichts bewegen können. Sie sind schneller, wenn sie vor Ort sind und haben sicherlich die dichteren und zuverlässigeren Informationen“ (Interview 13). Entspricht die Büroimmobilie schließlich dem Anlageprofil, werden entscheidungs- und verhandlungsrelevante Zusatzinformationen von externen, meist transnationalen Beratern vor Ort eingeholt, die das Objekt unter wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und baulichen Aspekten sorgfältig prüfen. Die Ergebnisse dieser sog. Due-Diligence-Prüfung fließen in die abschließende kaufmännische und technische Beurteilung ein, bevor sie zusammen mit dem Finanzierungskonzept der Geschäftsführung zur Entscheidung vorgelegt werden. Bei der abschließenden Objektanalyse wechselt der Fokus damit vom Gesamtportfolio zum Einzelobjekt. Die Investmententscheidung basiert an dieser Stelle auf einer Kombination des Top-down mit einem Bottom-up Ansatz. Die finale Aufgabe besteht darin, sämtliche Informationsschnipsel der vorangegangenen Marktselektionsphasen zu einem sinnvollen Muster zusammen zu fügen und daraus die richtige Konsequenz zu ziehen: „Das sind dann verschiedene Mosaiksteine, aus denen sich die Entscheidungsgrundlage zusammensetzt: unsere Makrosicht, die Sichtweise der Akquisiteure, die übergeordnete Sicht der Geschäftsleitung“ (Interview 17).
Wie die Aussagen der Interviewpartner verdeutlichen, unterliegen gerade in großen, multinationalen Unternehmen die Entscheidungsprozesse den Aushandlungsprozessen verschiedener Beteiligter. Während die Mitarbei-
194 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
ter der Akquisitionsabteilung beispielsweise dem Druck ausgesetzt sind, passende Objekte für das Investmentprodukt zu finden und damit in erster Linie objektorientiert vorgehen, leiten Researcher und Portfoliomanager aus kennzahlenbasierten, quasi-rationalen Berechnungsverfahren normative Vorgaben ab, wie z.B. die Investmentstrategie und -allokation. Die Führungsebene wiederum ist mitunter auch an Prestigeobjekten interessiert, um Anleger zu ködern und sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Investitionsentscheidung bildet damit oftmals das letztendliche Ergebnis eines Verhandlungsprozesses zwischen wechselnden Koalitionen von Entscheidungsträgern eines Unternehmens, die sich in ihren Sichtweisen unterscheiden und im Einzelnen verschiedene Interessen verfolgen, wobei aber die höchste Führungsebene schließlich die Entscheidung fällt.
6.1.5
Geographien der rationalen Entscheidungsfindung
Immer mehr Beteiligte der Immobilienwirtschaft glauben an die Leistungsfähigkeit und an die Vorteile einer auf Kennzahlen basierten analytischen Entscheidungsfindung. Die differenzierte Darstellung des systematischen Ablaufschemas der Marktselektion zeigt allerdings ein ambivalentes Bild. Einerseits zeichnet sich in bestimmten Entscheidungsphasen ein klarer Trend hin zu analytischen Entscheidungsabläufen ab, die anstelle erfahrungsbasierter und intuitiver Entscheidungen mathematische Modelle und rationale Entscheidungspraktiken in den Fokus rücken. Die kennzahlenbasierten Entscheidungsabläufe sind nicht auf räumliche Nähe angewiesen, da das explizite Wissen durch Kodifizierung und Standardisierung relativ leicht weitergegeben und im Prinzip an jedem Ort bezogen werden kann. Andererseits bleibt trotz zunehmend globaler Ausrichtung und Kapitalmarktorientierung die Wichtigkeit räumlicher Nähe bei spezifischen Entscheidungskomponenten erhalten. Sowohl die spezifischen Eigenschaften der Immobilie wie Standortgebundenheit, Heterogenität etc. als auch die Intransparenz der Immobilienmärkte beschränken die optimale Auswahl von Liegenschaften für ein optimiertes Immobilienportfolio. Die hohe Gefahr von Fehlinvestitionen und verpassten Gelegenheiten auf fremden Märkten lässt sich daher auch in Zukunft nur durch leistungsfähige Netzwerke persönlicher und geschäftlicher Beziehungen bzw. durch eigene Präsenz vor Ort minimieren. Die Investoren verlassen sich auf den einzelnen Entscheidungsebenen damit nicht allein auf rationale Handlungspraktiken und mathematische Modelle. Vielmehr fließen zusätzlich Informationen in die Entscheidungsfindung ein, die dynamisch, praxisbasiert und situativ verankert sind. Es ist eine Mixtur aus rationalem Wissen und aus anderen Einschätzungen wie z.B. Expertenwissen, eine komplexe und zugleich bewegliche Architektur einerseits aus kodifiziertem Wissen, das
INVESTITIONSENTSCHEIDUNGEN IM GLOBALEN KONTEXT | 195
aus Kennziffern gewonnen wird, und andererseits aus Tacit knowledge, das auf Erfahrungen beruht. Tab. 19: Organisation der Marktselektion Organisationsbausteine
Beispiele aus den Interviews
Desktop-Management
Analyse, Planung und Steuerung vom Unternehmenssitz per E-Mail, Telefon, Video- bzw. Telefonkonferenz etc. Zukauf von externen Informationen, Daten etc.
Management by Parachute
Management by Networking
Local Management
temporäre Präsenz vor Ort Geschäftskontakte, Geschäftsanbahnungen, Strategiebesprechungen etc. an neutralen Orten (z.B. Tagungen; Konferenzen; Messen) mit transnationalen Beratungsunternehmen mit lokalen Partnern mit internationalen Partnern etc. eigene Mitarbeiter/ Projektteam vor Ort eigene Niederlassung/ Büro vor Ort über lokale Büros des Mutterkonzerns/ Holdings
Quelle: Eigene Erhebungen Um die jeweiligen Vorteile der verschiedenen Nähedimensionen zu aktivieren und auszuschöpfen, vertreten die befragten Unternehmen je nach Internationalisierungsstrategie unterschiedliche Organisationsformen von lokaler Präsenz über Netzwerke und temporäre Nähe bis hin zur zentralen Steuerung vom Unternehmenssitz (siehe Tab. 19). Während das Screening relevanter Investitionsstandorte bei den Gesprächspartnern mit technischer Unterstützung überwiegend vom Unternehmenssitz aus erfolgt (DesktopManagement) und durch Messebesuche etc. abgeglichen und ergänzt wird, erfordern detaillierte Marktanalysen temporäre Aufenthalte vor Ort (Management by Parachute2) sowie enge Partnerschaften mit lokalen Akteuren bzw. transnationalen Beratungsunternehmen (Management by Networking). Bei der Objektselektion erweist sich schließlich die lokale Einbettung des Investors als wichtigstes Erfolgskriterium. Etwa die Hälfte der befragten Investoren verfügt über ein relativ breit organisiertes Netz von Niederlassungen bzw. über ein lokales Akquisitionsteam (Local Management). Andere greifen dabei wiederum auf lokale Partner zurück.
6.2 Relationaler Kontext der Marktselektion In Kapitel 3.4 wurde theoretisch abgeleitet, dass die Marktselektion globaler Immobilieninvestoren nicht alleine durch rational-atomistische Ent2
Meint das abrupte und zeitlich befristete Auftauchen globaler Immobilienakteure in lokalen Märkten.
196 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
scheidungsprozeduren erklärt werden kann. Dementsprechend wurden Handlungskontexte als mitentscheidend für Investitionsentscheidungen konzipiert. Das dargelegte mehrstufige systematische Filterverfahren ist dahingehend atomistisch, als die Auswahl geeigneter Investitionsstandorte weitgehend aufgrund interner Strategien sowie allgemeiner Marktbedingungen erfolgt, während der konkrete Kontext der Investoren unberücksichtigt bleibt. In der relationalen Perspektive hingegen wird das Internationalisierungsverhalten stärker in den fortlaufenden sozialen Beziehungen zu Konkurrenten, Kooperationspartnern etc. und in deren Einbettung in institutionelle Strukturen sowie Pfadabhängigkeiten begründet. Im folgenden Abschnitt wird nun untersucht, welche Bedeutung der Relationalität als Steuerungsmechanismus der Marktauswahl im Immobilienbereich zukommt. Aus den halbstandardisierten Interviews kristallisierten sich hierbei vier verschiedene relationale Kontexte der Marktselektion heraus: Konformität im Sinne des Glaubens an die Legitimität der Handlungen der Anderen und die Anpassung an herrschende Leitvorstellungen. Zweitens kann Komplementarität auftreten, die sich aus der Interaktion mit Partnern und aus Kundenbeziehungen ergibt. Drittens wirkt der Home bias auf die Entscheidungsfindung, indem Investoren Länder in geographischer Nähe und mit ähnlichen Institutionen präferieren. Die Kategorie Pfadabhängigkeit eröffnet schließlich eine Perspektive, die den Einfluss historischer Prozesse auf aktuelle Entscheidungen beleuchtet. Vorausgegangene Entscheidungen bedingen demnach spezifische Handlungskontexte in der Gegenwart und damit die Marktauswahl des Investors.
6.2.1
Konformität mit herrschenden Leitvorstellungen
Die Informationen, die der Investor über ferne potenzielle Marktregionen erhalten kann, erweisen sich häufig als unzureichend, bruchstückhaft und inkonsistent. Die Entscheidungsträger verfügen im Rahmen des Screenings im globalen Maßstab zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd über vollkommene Informationen aller denkbaren Investitionsdestinationen. Die vorhandenen Datenquellen reichen nicht aus, um die Immobilienwelt für die Investoren adäquat abzubilden. Kodifizierte Informationen etwa von Rating-Agenturen, Rechts- und Immobilienberatern liefern nur in eingeschränktem Maße aktuelle und zuverlässige Daten und Zeitreihen. Zumal unterschiedliche Darstellungsweisen, Definitionen und Aggregationen publizierter Daten zur Verunsicherung des Investors beitragen. Diese Wissensdefizite führen zu Intransparenzen (siehe Kapitel 4.2). Um nicht einsame Entscheidungen zu tragen und rechtfertigen zu müssen, orientieren sich die Investoren häufig an gängigen Leitvorstellungen und verhalten sich konform zu diesem Global buzz. Dieses Rauschen und Summen entspringt im Wesentlichen der professionellen Nähe von Akteuren derselben Branche und besteht aus Eindrücken, Gerüchten, implizitem
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Insiderwissen, Interpretationen und Erfahrungswerten etwa über neue Investitionsmöglichkeiten und -destinationen.
Orte des globalen Rauschens Generiert wird dieses in globalen Finanzzentren, die als bedeutende Knoten des globalen Netzwerkes im Transfer von Managementwissen bzw. als Ort der Geschäftschancen fungieren (Glückler 2007), wie auch folgendes Statement eines Investors verdeutlicht: „Our regional office is located in Miami. Basically Miami is more or less the banking and financial centre of Latin America. We are here simply because it is more or less the gateway to Latin America; it is also a gateway to the US and to Europe […] this cluster of financial investors generates business contacts and opportunities. And it enables us to participate in the exchange of information and keep an eye on the competitors“ (Interview 18).
Der Global buzz fließt dabei vorwiegend über persönliche Netzwerke, die durch regelmäßige Face-to-face-Kontakte gepflegt werden. Durch die Einbindung in die Finanz-Community erlangen die anwesenden Akteure nicht nur marktspezifische Informationen, sondern auch Kenntnisse darüber, wer über zusätzlich benötigtes Know-how verfügt (Know-who). Dieses dichte Netz an persönlichen Interaktionen und Kontakten versetzt die Marktteilnehmer in die Lage, „sich auf kurzem Wege erkundigen zu können, wenn man spezifische Informationen braucht“ (Interview 3). Finanzzentren stellen damit nicht nur Marktplätze für qualifizierte Arbeitnehmer und Kooperationspartner, sondern auch für den Global buzz. Produktion und Austausch von Global buzz sind allerdings nicht nur auf die Geschäftszentren der Global Cities begrenzt, sondern erfolgen ebenso häufig über institutionalisierte Informationsforen wie Messen, Kongresse, Workshops und Tagungen. Diese bieten den teilnehmenden Unternehmen multiple Möglichkeiten, neue Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren, einen Überblick über den Markt zu erhalten, die Wettbewerbspositionen der Konkurrenten auszuspähen und gegenwärtige bzw. zukünftige Trends aufzuspüren. Die Messeteilnehmer sind dabei von einem dichten Netz spezialisierter Informationen, Neuigkeiten, Trends, Gerüchte etc. umgeben, dem sie sich kaum entziehen können (Bathelt/Zakrzewski 2007). Die hinzugewonnen Informationen können für weitere Investitionsentscheidungen und die Strategiegestaltung eines Immobilieninvestors eine große Rolle spielen. Als bedeutende institutionelle Arenen des Global buzz-Austauschs nannten die Gesprächspartner insbesondere die beiden internationalen Leitmessen MIPIM (Cannes; Frankreich) und Expo Real (München), zu denen sich jährlich Vertreter der weltweit führenden Immobilienunternehmen zusammenfinden: „They bring together important key industry
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decision-makers from around the world, allowing them to present new projects and ideas“ (Interview 22). Die beiden weltweit bedeutenden Immobilienmessen verzeichnen seit Jahren einen kontinuierlichen Anstieg an Teilnehmern, auch aus den neuen Immobilienmärkten der SemiPeripherie. An der Expo Real partizipierten 2007 23.800 Teilnehmer aus 77 Ländern, auch die MIPIM verzeichnete mit rund 29.000 Immobilieninteressierten aus 89 Ländern 2008 einen neuen Besucherrekord (Iz 2007b/2008). Die Messen bieten der Immobilienwelt eine internationale Bühne für den Austausch und die Generierung von Ideen, Visionen und neuer Perspektiven. Entsprechend gaben bei einer Besucherumfrage nahezu zwei Drittel der Befragten als Teilnahmeziel an, die allgemeine Marktorientierung erfassen zu wollen bzw. auf der Suche nach Neuheiten zu sein (Expo Real 2008). Gerade Foren, auf denen namhafte internationale und heimische Marktteilnehmer über neue Investitionsmöglichkeiten und -standorte diskutieren, bieten Einblicke in aktuelle Trends der Immobilienwirtschaft, oder wie es ein Interviewpartner formulierte: „Learning what is going on in the different markets“ (Interview 21). Die Messen als zeitlich befristete Hotspots intensiven Wissens- und Ideentransfers gleichen einem temporären Cluster (Maskell et al. 2006), das im Hinblick auf Mechanismen der Wissensverbreitung und -generierung Ähnlichkeiten zu permanenten Cluster aufweist. Wie reichhaltig sich diese zeitlich begrenzten formellen und informellen Zusammentreffen gestalten, illustrieren folgende Ausführungen eines Gesprächpartners: „Konferenzen und Messen können ein unglaublich gutes Austauschmedium sein. Dort kommen die Akteure hin und werden zusammengebracht. Da gibt es Vorträge, da gibt es Erfahrungsaustausch, da gibt es natürlich ein informelles Essen und ein Gespräch am Mittagstisch, da gibt es formalisierte Diskussionsforen, da gibt es Diskussionsgruppen, Case Studies etc.“ (Interview 8).
Neben dem formellen Wissensaustausch wird der Global buzz auch mittels Social events im Verlauf bzw. Anschluss offizieller Veranstaltungen weitergetragen: „Auf Cocktailpartys oder Dinners trifft man im Anschluss an die Veranstaltungen in ungezwungener Atmosphäre auf Kollegen und tauscht sich über die neuesten Trends und Entwicklungen aus“ (Interview 3). Über die zahlreichen Interaktionen im formellen und informellen Rahmen sowie über Beobachtungen lassen sich schließlich Markteinschätzungen gewinnen, die in eigene Entscheidungen mit einfließen können.
Konkurrenten als Orientierung Die Konformität mit dem Mainstream könnte man daher auch als imitierendes Lernverhalten bezeichnen. Besonders stärkere Marktteilnehmer dienen als Orientierungen, deren Verhalten gefolgt wird (Follow-the-
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leader). Beispielsweise wird die Länderauswahl durch die Beobachtung und das Nachahmen der Strategien bedeutender Konkurrenten beeinflusst: „When some big player in the international market moves to a specific country, I am sure everybody else would say ,why did they do that?‘ And I am sure; they will look at that market, too“ (Interview 18). Aus den Interviews wurde deutlich, dass das Investitionsverhalten der Konkurrenz laufend beobachtet wird. Transaktionen bedeutender Investoren auf bislang fremden Immobilienmärkten können damit gewissermaßen eine Signalfunktion für die Konkurrenz auslösen. In der Konsequenz rücken diese Märkte auch bei diesen Investoren in den Fokus und werden als mögliche Destination geprüft. Ein Gesprächspartner verglich diese Mechanismen gar mit dem Verhalten von „Lemmingen“ (Interview 16). Ähnlich argumentierte der Geschäftsführer einer Kapitalanlagegesellschaft das Nachahmen von Investitionsstrategien, „wo einer voranprescht und sich den Markt erschließt und dann die Herde folgt“ (Interview 14). Dabei spielt nicht nur branchenspezifischer Global buzz eine Rolle, sondern auch branchenübergreifende Einschätzungen können Immobilieninvestoren in ihren Entscheidungen beeinflussen. So wird die Denkweise über weltweite Investmentchancen beispielsweise seit einigen Jahren durch die weiter oben bereits erwähnte BRIC-Story geleitet. Dieser Trend strahlt auch auf den Immobiliensektor ab, wie folgendes Statement illustriert: „Im Moment stehen die BRIC-Staaten im Mittelpunkt des Interesses. Nicht zuletzt aufgrund der Studie von Goldman Sachs. Je mehr über die BRIC-Staaten publiziert wird, desto mehr Aufmerksamkeit wird generiert und desto mehr interessierte Investoren gibt es. Mit diesen Studien werden Märkte gemacht“ (Interview 6).
Im Vertrauen auf die Zuverlässigkeit von Reputationsnetzwerken (Glückler 2006) bildet sich unter den Investoren nach und nach ein gemeinsames Verständnis darüber, welches die Standorte sind, die große Erfolgschancen besitzen, und Standorte, die besser gemieden werden sollten: „You got a map on the wall, why Mexico City? Somebody has to grab your focus or your attention and say ,look here‘. And that is what the broker’s function is to do. They have to say ,here is the market‘. Thus they can influence the decisions of investors by their market studies“ (Interview 22).
Meinungsmacher in der globalen Immobilienwirtschaft Vertieft und erweitert wird dieser vorherrschende Diskurs somit durch Meinungsmacher, wie Rating-Agenturen oder Beratungskonzerne, die Denkweisen über richtige und falsche Investitionsstandorte verstärken und Investoren „in eine bestimmte Richtung schubsen“ (Interview 13).
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Wie einige Interviewpartner konstatieren, unterstützen Rating-Agenturen mit ihren Ratingkodes über Investmentmärkte, Kapitalanlagen und Unternehmen etc. den Vergleich, die Selektion und Prüfung internationaler Investments. Die voranschreitende Globalisierung und die Zunahme der Komplexität nationaler und internationaler Finanzmärkte machen diese Einschätzungen für die Investoren immer unverzichtbarer. Im aktuellen Fondsrating der Agentur Scope (2008) erzielen beispielsweise international ausgerichtete offene Immobilienfonds die besten Noten. Mittels dieser Bewertungen von Finanzmarktprodukten und deren Anbieter setzen Rating-Agenturen Standards bzw. Gütesiegel und beeinflussen damit das Investitionsverhalten von Privat- und institutionellen Anlegern (Heeg 2004). Insbesondere die Ratings einzelner Länder können zu deutlichen Reaktionen auf den Finanz- und Immobilienmärkten führen. So sind einige der interviewten Investoren per Gesetz oder durch eigene Vorgaben daran gebunden, nur Investitionen in Ländern mit einem bestimmten Mindestrating bzw. mit Investment Grade (i.d.R. AAA bis BBB) vorzunehmen. So versichert auch ein Portfoliomanager, bei der Marktauswahl lediglich diejenigen Länder zu berücksichtigen, die „wenigstens ein Investment Grade bekommen haben“ (Interview 7). Die Macht der Einflussnahme konzentriert sich dabei auf wenige große Agenturen; der weltweite Ratingmarkt weist oligopolistische Strukturen auf 3 . So bezeichnete der New York TimesKolumnist Thomas Friedman bereits 1996 die Rating-Agentur Moody's als zweite gleichberechtigte Supermacht neben den Vereinigten Staaten von Amerika. Moody's zählt neben Standard & Poor's und Fitch Publishing Company zu den drei Großen des Ratingmarktes und verfügt damit über Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Marktgeschehen, die zumindest indirekt die internationale Allokation von Kapital lenkt. Auch transnationale Immobilienberater fungieren insofern als Meinungsmacher, als dass sie mit Konstruktionen wie Städte- und Investmentrankings ihre jeweilige Sicht der Dinge zum Ausdruck bringen und damit die Positionen anderer Immobilienakteure fixieren. Wegweiser in Form von Empfehlungen und Einschätzungen verlocken die Investoren, gut ausgebaute Pfade einzuschlagen, wie ein Gesprächspartner explizierte: „Irgendwer hat den deutschen Fonds mal erzählt, dass Amerika ein schöner Markt ist. Das waren letztendlich irgendwelche Berater, die das gemacht haben. Diese lenken mit ihren Studien Investitionsströme“ (Interview 13). 3
Die Ursache oligopolistischer Strukturen auf dem Ratingmarkt ist vor allem auf eine Initiative der amerikanischen Börsenaufsicht SEC zurückzuführen, die ab 1975 alle Brokerhäuser verpflichtet, zum Schutz der Anleger vor versteckten Risiken pauschale Abschläge auf den Marktwert der von ihnen gehaltenen Papiere in den Bilanzen vorzunehmen. Auf diese Abschläge kann verzichtet werden, wenn die Wertpapieranlagen von zwei national anerkannten Rating-Agenturen als Investment graded eingestuft werden. Lediglich drei Agenturen, S&P, Moody’s und Fitch, haben diese nationale Zulassung erhalten (Schneck 2004: 44f.).
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Neue Trends, Ideen, Erfahrungen etc. werden mitunter auf Treffen ausgetauscht, die Beratungsunternehmen selbst initiieren, indem sie bestehende Kunden, Konkurrenten und externe Referenten zu informellen Gesprächen einladen. Ein Berater gibt an, sog. Strategy Cycles als spezielles Begegnungsdesign einzusetzen, um „auch mal ein ganz anderes Thema in ganz offener Form zu diskutieren. Davon profitieren alle: wir wissen wie die denken und die haben das Gefühl, dass wir ihnen immer neue Ideen geben“ (Interview 13). Auch in späteren Entscheidungsphasen nehmen Beratungskonzerne dank ihrer globalen Aufstellung und Reputation eine Sonderrolle bei der Meinungsbildung über bestimmte Immobilienmärkte ein. Ein Großteil der Investoren hat nämlich lediglich durch temporäre Aufenthalte die Möglichkeit, Auslandsmärkte auf bestimmte Zeit hin zu sondieren und stärkere Formen des Engagements abzuwägen. Gerade in geographisch entlegenen Märkten sind sie daher auf die transnationalen Informationsgeber angewiesen. Abb. 30: Standorte transnationaler Immobilien-Beratungskonzerne 2007
Durch den Aufbau eigener Niederlassungen im Ausland sowie Fusionen, Übernahmen und strategischen Partnerschaften entwickelten sich aus klassischen Maklern transnationale Beratungskonzerne wie Jones Lang LaSalle, CB Richard Ellis und Cushman & Wakefield, die weltweit in allen bedeutenden Wirtschaftszentren lokale und globale Expertise anbieten (siehe Abb. 30). In der anhaltenden Konsolidierungsphase der Beratungsbranche haben besonders lokale Makler gegenüber weltweit aufgestellten Beratungskonzernen, die den ebenfalls global agierenden Endnutzern und Investoren nahezu flächendeckend Beratungsleistungen bieten können, häufig das Nachsehen (Iz 2007a). Diese Entwicklung spiegeln auch die jüngs-
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ten Rekordgewinne und -umsatzzahlen der großen Beratungskonzerne wider. Durch die Übernahme lokaler bzw. national tätiger Beratungshäuser gewinnen gerade die großen, weltweit präsenten Beratungskonzerne in der Immobilien-Community als Meinungs- bzw. Märktemacher weiter an Bedeutung und Macht. Die führenden transnationalen Beratungshäuser lenken die Richtung der Investitionsströme, indem sie als erste Ansprechpartner vor Ort internationalen Akteuren den Zutritt in die fremden Märkte erleichtern. Anstelle selbst mühsam und kostenaufwändig Netzwerke zu knüpfen und Personal zu rekrutieren, können Kontakte und Wissensquellen sprunghaft mittels Berater erschlossen, soziokulturelle Marktbarrieren rasch übersprungen und die Teilhabe am Local buzz ermöglicht werden. Zudem gelten externe Berater als besonders vertrauenswürdig. Neue Ideen werden besonders dann ernst genommen, wenn sie von externen Beratern stammen. Die sozialen und geschäftlichen Beziehungen der Berater beschränken sich aber keinesfalls auf den lokalen Kontext, sondern sind gleichermaßen in nicht-territoriale Netzwerke eingebettet. Über translokale Kontakte zu ihren Zweigstellen und strategischen Partnern rund um den Globus können sie jederzeit spezifisches Wissen, Best-Practice-Beispiele und Erfahrungen aus unterschiedlichen Märkten anzapfen und auf lokale Märkte anwenden. Sie verfügen damit über einen fundierten und zeitnahen Überblick über allgemeine globale Entwicklungen, Trends und Tendenzen, die sie an Kunden und selektiv auch mittels ihrer Marktberichte und Veröffentlichungen weitergeben. Neben transnationalen Beratungskonzernen entwerfen und diffundieren auch Research-Abteilungen großer Investoren mit eigenen Studien Meinungen und Trends über Märkte. Gleiches gilt für Kommunen und Regionen, die infolge knapper öffentlicher Haushalte und zunehmendem internationalen Standortwettbewerb verstärkt auf Konferenzen und Messen aktiv um internationale Immobilieninvestoren buhlen. Begleitend fertigen immer mehr Standorte über ein professionelles Stadtmarketing selbstständig Immobilienberichte an, die sich an potenzielle Investoren richten und damit auch deren Aufmerksamkeit gewinnen können, wie folgende Aussage eines internationalen Investors andeutet: „Je mehr Informationen es über einen Standort gibt, umso eher kommt der bei uns auf das Radar. Das bedeutet, so ein Marktreport Dublin ist erstmal vordergründig nicht so wichtig, aber mit der Zeit haben sie eine Datenreihe und dann ist Dublin plötzlich drin“ (Interview 6).
Kauf von Trophy-buildings Aus den Interviews kristallisierte sich zudem heraus, dass in manchen Fällen eine Investition nicht erfolgt, weil sie am Ende eines systematischen Entscheidungsfindungsprozesses steht, sondern indem bestimmte Standor-
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te bzw. einzelne Objekte als besonders imageträchtig gelten und damit mit gängigen Leitvorstellungen konform sind. So kritisierte ein Gesprächspartner diese Vorgehensweise damit, dass bei vielen Investoren „die Investitionsentscheidungen immer noch zu stark objektbezogen sind. Es gibt immer noch zu viele Entscheidungen auf Backstein-Basis“ (Interview 6). Einen Extremfall nehmen die sog. Trophy-buildings ein, die durch ihre auffällige Architektur und überregionale Ausstrahlungskraft als Imagefaktor für den Immobilieninvestor fungieren. Als Markenzeichen sollen sie dazu beitragen, das Interesse auf den Investor bzw. dessen Investmentprodukt zu ziehen. Gefragt sind dabei internationale Stararchitekten, spektakuläre Konturen, glitzernde Oberflächen und eine Exzentrik, die weithin auffällt. Es bleibt festzuhalten, dass durch die Konformität mit dem Global buzz und dem Local buzz der Wissensgenerierung sozusagen weitere Spiralwindungen hinzugefügt werden, die nicht rational gewonnen wurden, sondern im relationalen Kontext der Entscheidungsträger begründet liegen. Dabei bilden der Global buzz und der Local buzz nicht alle räumlichen Maßstabsebenen, die Einfluss auf die Konstruktion der Wirklichkeit der Investoren nehmen. Dazwischen gibt es noch verschiedene weitere Ebenen, vielfältige Netzwerke, die den Buzz bilden, und die bestimmte stabile, wiederkehrende Punkte aufweisen, die durch Diskurs gebildet wurden und zu Routinen geronnen sind.
6.2.2
Komplementarität durch organisatorische Nähe
Im Unterschied zur Konformität mit gängigen Leitvorstellungen basiert Komplementarität häufig zwar auch auf ähnlichen Grundannahmen der Entscheidungsträger, doch besteht hier eine größere Nähe der Akteure. Diese entsteht durch ökonomische Transaktionen in einer Organisation, wie durch Kontrolle in einem Unternehmensverbund, oder in Teilen einer Organisation (Gertler 2003; Storper 1997). Eingeschränkt kann diese Nähe auch in engen unternehmensübergreifenden Partnerschaften, z.B. in einem Netzwerk häufig gemeinsam agierender Investoren (Boschma 2005; Glückler 2006; Lo 2003), zuweilen auch in engen Kundenbeziehungen, generiert werden (siehe Kapitel 4.3.1). Aus den Interviews wurde deutlich, dass Investitionsentscheidungen durch das bestehende Standortmuster des Konzerns, durch Geschäfts- und Kundenbeziehungen oder durch Pionierunternehmen geprägt sein können. In Anlehnung an diese vier Typen der Komplementarität wird im Folgenden Follow-the-corporate, Follow-thenetwork, Follow-the-pioneer und Follow-the-client unterschieden.
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Follow-the-corporate Organisatorische Nähe kann die Entscheidungsfindung insofern beeinflussen, dass Standorte des Konzernverbunds (Muttergesellschaft bzw. Schwesterunternehmen) bevorzugt und andere systematisch ausgeschlossen werden (Follow-the-corporate). Diese Komplementarität durch organisatorische Nähe zeigt sich besonders bei Finanzdienstleistungskonzernen, deren Tochterunternehmen im Büroimmobiliensektor sehr selektiv räumliche Expansionspläne entfalten. So expandierte z.B. im Jahr 2000 eine schwedische Großbank in die nahen baltischen Staaten (Interview 7). Die Tochtergesellschaft, die Immobilieninvestitionen tätigt, zog daraufhin die baltischen Staaten in ihre Suche nach Investitionsstandorten vertieft mit ein und zog in Erwägung, ihrer Muttergesellschaft in die baltischen Staaten zu folgen, um so dort bestehende Netzwerke zu nutzen, obwohl die Marktgröße aus Sicht der Gesellschaft eigentlich dagegen sprach, im Baltikum zu investieren. Heute ist dieser Investor einer der aktivsten Immobilienakteure auf den baltischen Märkten. Da die Bank den Weg über die Ostsee zu den neuen Märkten des Baltikums genommen hat, folgt dieser geographischen Verbreitung der Organisation auch ihre Immobilientochter – die organisatorische Nähe ist hier mit ausschlaggebend für die Investitionsentscheidung. Die empirische Untersuchung bestätigt, dass die Wahrscheinlichkeit, in einem unbekannten Immobilienmarkt zu investieren, stark zunimmt, wenn vor Ort bereits auf Strukturen des Konzerns zurückgegriffen werden kann. Das Standortmuster des Konzerns spielt damit eine flankierende Rolle bei der Marktselektion, wie ein Interviewpartner ausführte: „In den Märkten, wo noch keine Real Estate Professionals sitzen, gibt es i.d.R. Aktivitäten über den klassische Investment Banking Bereich. D.h. dort sitzen Mitarbeiter, die Fusionsberatung machen, Restrukturierungsmaßnahmen begleiten etc. In diesem Kontext erhalten sie auch Informationen über die Immobilienmärkte. Dies bietet einen Informationsvorsprung für unsere Real-EstatePlattform, sodass man in den jeweiligen Märkten selber auch als Investor auftreten kann“ (Interview 2).
Insbesondere bei geographisch weit entfernten Destinationen erleichtert die bestehende Infrastruktur und das Personal des Konzerns die Sondierung des Marktes und bietet darüber hinaus vielfältige Zugänge zu lokalen Ansprechpartnern und lokalem Rauschen. Als wesentlicher Türöffner für den Investor kann sich dabei auch die weltweite Reputation und Bekanntheit des Mutterkonzerns erweisen, wie folgendes Statement veranschaulicht: „Das Tolle ist ja, dass diese Firma nicht völlig unbekannt ist auf diesem Planeten. Mittels der Visitenkarte haben sie da von vornherein ganz andere Möglichkeiten. Wenn ich die […] Karte auf Englisch auf den Tisch knalle, dann wissen die schon, wie der Hase läuft“ (Interview 6). Ein wei-
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teres Beispiel für Follow-the-corporate ist die Internationalisierung eines Investors im Gefolge seines Schwesterunternehmens, das im Immobilienbereich Beratungsleistungen anbietet. Nach erfolgreichem Markteintritt und gelungener lokaler Einbettung des Beratungssegments, profitiert der Investor nun vom aufgebauten Beziehungsnetzwerk (Interview 3).
Follow-the-network Richtung und Verlauf der Internationalisierungsprozesse werden allerdings nicht nur organisationsintern, sondern auch durch Beziehungen zwischen einzelnen Kooperationspartnern konstituiert, die man als eine netzwerkorientierte Form der Nähe beschreiben könnte (Follow-the-network). Angestoßen durch bestehende Partnerschaften, geraten auch Investitionsdestinationen in den Fokus global ausgerichteter Investoren, die ansonsten eventuell aus dem Raster fallen würden. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit eines deutschen offenen Immobilienfonds mit einem niederländischen Projektentwickler, die sich zunächst auf die Niederlande beschränkte, und die dann sukzessive auf Portugal, Großbritannien und letztlich die Türkei ausgeweitet wurde (Interview 8). Die Geschäftsbeziehungen zwischen Investoren, Projektentwicklern, Mietern etc. reproduzieren sich an verschiedenen Standorten weltweit. Auch wenn aufgrund des Projektcharakters diese Zusammenarbeit i.d.R. befristet ist und nach einer bestimmten Zeit ausklingt, zeigen die Interviews, dass der Abschluss einer Transaktion keinesfalls das Ende einer Kooperation impliziert. In vielen Fällen wurden die zwischenbetrieblichen Beziehungen über das Ende einer Transaktion hinaus gepflegt, um sie nach einiger Zeit wieder zum Zweck neuer Projekte zu reaktivieren. Diese Form der Internationalisierung kann eine hohe Wirkkraft entwickeln. Doch auch dieser Pfad, der durch Komplementarität bedingt ist, kann sich verlieren, wenn neue Partner die Netzwerke zu prägen beginnen, oder wenn sich bestehende Netzwerke auflösen. Die Internationalisierung in Netzwerken wird von den befragten Investoren als Risikoreduzierung gewertet, da man die Akteure aus Kooperationen an anderen Standorten kennt und ihnen vertraut, wie folgende Aussage eines Investors aus Deutschland verdeutlicht: „[…] dass wir X als Partner haben, die unsere Verwaltung in Mexiko machen, ist sicherlich ein ausschlaggebender Faktor, warum wir dieses Portfolio in Mexiko jetzt kaufen. Hätten wir nicht einen verlässlichen Partner mit internationaler Reputation für die Verwaltung und das Vermietungsmanagement vor Ort, dann würden wir das nicht tun“ (Interview 1).
Langjährige Beziehungsnetzwerke und eine gemeinsame Vertrauensbasis generieren damit Investitionsmöglichkeiten an Standorten, die vom eigenen Konzern nicht abgedeckt werden, sodass „sie in dem Land mehr in-
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vestieren, weil sie dort besser vernetzt sind“ (Interview 10). Investitionsentscheidungen von Investoren werden also auch durch zwischenbetriebliche Beziehungen geleitet, indem Kooperationspartner an bestimmten Immobilienmärkten präsent sind und über eine bestimmte Marktkenntnis verfügen oder Empfehlungen zu einem gemeinsamen Investment vorbringen, wie ein Interviewpartner anschaulich schilderte: „Wenn ein Kooperationspartner sagt, ,guck mal, ich habe da eine gute Idee, lass uns doch mal hier in dieses Land gehen‘. Dann bin ich eher bereit, das zu tun. Der kennt einen schon, man hat eine Vertrauensbasis zueinander aufgebaut“ (Interview 10).
Eine weitere Form der Risikominimierung bieten sog. Gemeinschaftsbzw. Poolfonds. Investoren erweitern in diesem Fall ihren räumlichen Aktionsradius im Verbund mit Wettbewerbern. Der Vorteil liegt laut einem Interviewpartner darin, „nicht gleich auf einmal so viel Geld reinstecken zu müssen“ und „das Risiko auf mehrere Schultern verteilen zu können“ (Interview 12). Die konkrete Marktselektion wird damit von dem Fondsinitiator und den einzelnen Interessen und Strategien der Koinvestoren mitgeprägt. Dank der weltweiten Präsenz und der Einbindung in lokale Netzwerkstrukturen liegt die Vermutung nahe, dass auch das Standortmuster transnationaler Immobilienberater die Suche nach geeigneten Investitionsdestinationen entscheidend beeinflusst. Aufgrund der Unsicherheit bzgl. der zu erwartenden Leistungsqualität und der fehlenden Regulierung von Qualifikations- und Gebührenstandards bevorzugen ausländische Investoren transnational operierende Berater, die gemeinhin über eine höhere Professionalität und Reputation verfügen und im Kontext ihrer internationalen Erfahrung und Tätigkeit gemeinsam geteilte kulturelle Praktiken, Verhaltensregeln, Wertehaltungen und damit eine Art international gültiges Gütesiegel bieten. Dies verdeutlichen auch die explorativen Interviews, die insbesondere einen internationalen Track record als entscheidendes Kriterium bei der Auswahl geeigneter Berater nennen. Mit der globalen Reputation und der Erfolgs- und Erfahrungsgeschichte eines Unternehmens steigt das Vertrauen in die Beratung, wie folgender Interviewpartner explizierte: „For example I do not know the Australian market and if [the transnational consultant] tells me ,wow‘ in this neighbourhood you have a vacancy rate of X I trust them“ (Interview 22).
Sofern sich diese Beratungsunternehmen auf den jeweiligen Immobilienmärkten langfristig etabliert haben, nehmen sie i.d.R. eine zentrale Stellung in dessen Internationalisierungsprozess ein. Sie lenken internationale Investitionsströme, indem sie internationalen Partnern den Zutritt in fremde und intransparente Märkte erleichtern und „erstmal Licht ins Dunkle“
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bringen (Interview 13) bzw. ein „Gefühl für den Markt“ vermitteln (Interview 10) Auch erfahrene internationale Investoren sind zumindest bei der Marktselektion und dem Markteintritt auf eine enge Zusammenarbeit mit lokal ansässigen Akteuren angewiesen, da sich bisheriges Wissen und Know-how nicht vollständig in neuen Immobilienmärkten replizieren lässt. Um Einblicke in lokale Spielregeln und ein erstes Marktbild zu erlangen, greift die Mehrheit der befragten Investoren auf internationale Beratungsunternehmen zurück, welche verlässliche immobilienmarktbezogene Daten und Informationen sammeln, strukturieren und interpretieren sowie erste Kontakte zu lokalen Akteuren arrangieren. Anstelle selbst mühsam und kostenaufwändig in geographisch entlegenen Märkten Netzwerke zu knüpfen, können Kontakte sprunghaft mittels Berater erschlossen werden, wie ein Gesprächspartner besonders anschaulich illustrierte: „Most players would see international property consultants like CB, JLS etc. with local offices as a key. Because they have local market knowledge and local market contacts. That is the most important thing for a foreign investor, because you can not just show up, get off the plane and know who to talk to. The only way to get the door open, for the most part, is through international property consultants. To make all the introductions to them, sit them down with the principal developers; sit them down with the principal players in the market. Otherwise it will take them six month to make and establish the same contacts. That is probably the biggest value added“ (Interview 18).
Dank der Zusammenarbeit mit den lokal verankerten Beratern können ausländische Investoren damit indirekt vom lokalen Rauschen, d.h. von der Verbreitung von Gerüchten, Insiderwissen und Informationen über Märkte und Entwicklungen profitieren. Wie einige Gesprächspartner anmerkten, umfasst dieses lokale Rauschen auch das Wissen um marktspezifische Verhaltensweisen und kulturelle Besonderheiten. Die transnationalen Immobilienconsultants fungieren daher nicht nur als „Vermittler für Immobilien und Dienstleistungen, sondern auch als Vermittler hinsichtlich der Kultur“ (Interview 7). Indem Immobilienberater implizites und explizites Marktwissen bereitstellen und für internationale Akteure übersetzen, tragen sie wesentlich zu einer Reduzierung ihrer Transaktionskosten bei. Die befragten Investoren ziehen dementsprechend die lokale Präsenz internationaler Berater ins Kalkül ihrer Investitionsentscheidungen mit ein, wie zahlreiche Beispiele belegen: „Zunächst guckt man sich in den Emerging markets um, wer ist denn von den großen Beratungsunternehmen schon vor Ort, die einen Name haben?“ (Interview 17). Aus einigen Interviews ging hervor, dass sich diese Geschäftsbeziehungen zwischen Investoren und Beratungshäusern an verschiedenen Standorten weltweit reproduzieren, indem Investoren ins Ausland begleitet oder an die jeweiligen Niederlassungen vor Ort vermittelt werden. Repeat business bzw. langfristige
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Bindungen stärken in diesen Fallbeispielen die Vertrauensbasis und eröffnen exklusive Informationsquellen auch über neue Märkte. Demgegenüber bewerteten andere Investoren eine starke Abhängigkeit von transnationalen Beratern bei der Marktselektion eher skeptisch. Dabei werden vor allem mangelnde Übereinkunft der Ziele und Interessenskonflikte, die aus der Zusammenarbeit des Beraters mit zum Teil konkurrierenden Klienten resultieren, als Probleme benannt. Andere Gesprächspartner wiederum schätzten ihre interne Informationsgenerierung bzw. -quellen im Vergleich zu externen Beratungsleistungen als hochwertiger und zuverlässiger ein. Hierbei zeigt sich eine klare Aufteilung in zwei Investorengruppen: eine, die als Teil eines Finanzdienstleistungskonzerns bzw. mit eigenen Niederlassungen über ein internationales Standortnetz verfügt und damit unabhängiger agieren kann, während die zweite Gruppe aufgrund fehlender internationaler Aufstellung auf die Zusammenarbeit mit transnationalen Beratungskonzernen angewiesen ist. So sprach ein Investor, der über eigene Niederlassungen an über 20 Standorten und über den Konzern in 32 Ländern selbst bzw. indirekt präsent ist, von einem signifikanten Informationsvorsprung gegenüber dem Makler, der sich besonders auf den neuen Immobilienmärkten der Semi-Peripherie manifestiert: „Der Makler generiert Informationen durch Vertragsabschlüsse und durch Transaktionen. Wenn es auf einem Emerging market noch keine Transaktionen gegeben hat, dann kann er auch nichts aufschreiben und berichten oder vergleichen. Vor diesem Hintergrund haben wir gerade auf den Emerging markets einen Informationspool durch Transaktionen, die wir tätigen, der wesentlich höher ist, als oftmals der eines Maklerunternehmens oder Beratungshauses“ (Interview 2).
Ähnlich äußerte sich ein weiterer Gesprächspartner, der den „global footprint“ des Konzerns als Grundstein für eine unabhängige Marktauswahl sieht: „which allows us to move up quickly the learning curve on local markets“ (Interview 23). Manche Immobilienmärkte werden schließlich nur sehr schwach von den transnationalen Beratern abgedeckt. So führte ein Investor das Beispiel Japan an, wo große nationale Konglomerate wie Mitsubishi und Samsung den heimischen Immobilienmarkt beherrschen und die Berater nur einen Promillebereich des Gesamtmarktes mit ihren Analysen erfassen. Einen adäquaten Marktüberblick kann man nur über diese nationalen Champions erreichen. Bei der Kontaktanbahnung hilft wiederum die globale Präsenz und die Reputation des Konzerns: „Das machen dann nicht wir, sondern die Vorstände, richtig wichtige Menschen, die dann die Türen öffnen“ (Interview 6).
Follow-the-pioneer Unternehmen erweitern ihren räumlichen Aktionsradius nicht nur im Verbund mit Transaktions- bzw. Projektpartnern, sondern auch im Gefolge
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von sog. Pionierinvestoren (Follow-the-pioneer). Ein charakteristischer Fall hierfür ist die Zusammenarbeit zwischen opportunistischen und institutionellen Investoren. So ergab die Auswertung der Interviews, dass auf den noch in Entwicklung befindlichen Immobilienmärkten der SemiPeripherie vor allem risikobereite, opportunistische Anleger die Vorreiterrolle einnehmen. Opportunity Funds stellen eine Investorkategorie dar, deren Strategie auf eine Maximierung der Rendite durch Ausnutzen der Marktzyklen und hohe Fremdfinanzierung ausgerichtet ist. Sie erschließen zunächst neue Märkte und bauen deren Infrastruktur, Institutionen, Standards etc. auf, auf die dann auch nachfolgende Investoren zurückgreifen können, wie ein Gesprächspartner schilderte: „Das ist einfach eine Reihenfolge von Investoren, die in Märkte reingehen. Die opportunistischen Investoren bereiten den Markt vor, indem sie Standards setzen“ (Interview 7). Im Zuge erhöhter Marktreife werden die Märkte damit auch für sicherheitsorientierte Anlegergruppen interessant. Nicht zuletzt schaffen opportunistische Investments bzw. Projektentwicklungen erst die Grundlage für das Engagement institutioneller Investoren, indem sie dem Prinzip KaufenWertsteigern-Verkaufen folgen. Ziel ist es, innerhalb kurzer Haltefristen günstig erworbene Immobilien bzw. Projektentwicklungen aufzuwerten und mit Aufschlag zu verkaufen. So geben einige Interviewpartner an, bisweilen die Anschlussinvestitionen an opportunistische Investments zu tätigen. Daraus können sich langfristige Beziehungen zwischen den beiden Investortypen bilden, die weltweit reproduziert werden können und damit den Internationalisierungspfad vorgeben können (Interview 7).
Follow-the-client Schließlich können auch Kundenbeziehungen in zweierlei Hinsicht für bislang ausschließlich national tätige Investoren ein Sprungbrett zur räumlichen Ausdehnung ihrer Wirtschaftstätigkeit sein (Follow-the-client). Einerseits wird die Internationalisierung durch die Präferenzen privater Kleinanleger und institutioneller Investoren, die indirekt in Publikumsbzw. Spezialfonds Anteile erwerben, gelenkt. So wird die Suche nach höheren Returns entscheidend von den Kleinanlegern (z.B. Aktionäre, Fondsanteilsbesitzer) angeheizt, die verstärkt bei den Hauptvertriebspartnern der Investoren (z.B. Banken) international diversifizierte Produkte nachfragen, wie ein Gesprächspartner versicherte: „Die Leute wollen globale Fonds haben. Wir erhalten auch Vorgaben, die Bank will einen globalen Fonds anlegen, weil sich ein globaler Fonds gut verkauft“ (Interview 1). Ebenso wird die Konzipierung von Fondsprodukten für institutionelle Investoren durch deren Risikohaltungen, strategischen Vorgaben etc. geprägt: „Der Anleger entscheidet, wo er sein Geld anlegen will“ (Interview 8).
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Andererseits stimuliert die Expansion multinationaler Unternehmen weltweit die Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen. Demgemäß betont ein Interviewpartner, dass das Interesse an Investments stets der Nachfrage nach Büroflächen folgt (Interview 16). Multinationale Mieter präferieren Bürogebäude mit A-Lage und A-Ausstattung, die internationalen Standards und ihrem Bedarf an Exklusivität, Image und Repräsentation entsprechen, wie es folgendes Statement unterstreicht: „You have firms that are spreading worldwide and they have obviously global needs for real estate […] the globalization of the real estate economy is initiated by the occupiers“ (Interview 19). Immobilieninvestoren und Projektentwickler folgen bisweilen wichtigen Kunden, um ihnen die gewünschten Standards in den jeweiligen Ländern als auch auf einem international gängigen Niveau anbieten zu können. Dies gilt vor allem für sog. Build-to-suitVereinbarungen, d.h. die nutzerspezifische Errichtung von Büro-, Industrie- und Logistikbauten auf Bestellung. Solche Projekte ermöglichen es, den Eigenkapitaleinsatz des Investors zu reduzieren und durch entsprechende Regelungen im Mietvertrag, wie z.B. garantierte Mietlaufzeiten, Sicherheiten für den Investor zu schaffen. Nicht zuletzt erhöhen bekannte internationale Mieter das Vertrauen der Investoren, auch wenn sie dem Standort skeptisch gegenüberstehen. Dementsprechend gab ein Gesprächspartner als Hauptgrund für sein Büroinvestment in einem semiperipheren Markt den langfristigen Mietvertrag mit dem internationalen Beratungshaus PricewaterhouseCoopers an (Interview 10). Die Studie unterstützt letztlich die aufgestellte Vermutung, dass einige Investoren ihren Weg zu einem bestimmten Immobilienmarkt über das bestehende Niederlassungsnetz des Mutterkonzerns, über vertraute Pfade ihrer Geschäftspartner oder über Internationalisierungspfade der Kunden fanden.
6.2.3
Home-Bias-Phänomen
Ein weiteres Motiv dafür, von systematischen Entscheidungswegen abzukommen, liegt in der Neigung einiger Investoren, verstärkt auf geographisch nahen und vertrauten Märkten Immobilien zu akquirieren (HomeBias-Phänomen). Im Vergleich zu den aus der Portfoliotheorie abgeleiteten Musterportfolien, ist der tatsächliche Anteil ausländischer Vermögensanlagen in den meisten Portfolien unterrepräsentiert. Studien aus der Finanzwirtschaft belegen beispielsweise, dass rund 90% der Aktien, die sich in den Wertpapierdepots US-amerikanischer Investoren befinden, von inländischen Unternehmen stammen, wenngleich der US-amerikanische nur 49% des weltweiten Aktienmarkts umfasst (Grote 2007: 272). Dieser Überhang an inländischen Wertpapieren konnte für die meisten Volkswirtschaften und Investitionstypen nachgewiesen werden (siehe Übersicht in Wójcik 2008: 2f.). Auch im Immobiliensektor findet die Devise, was der
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Anleger nicht kennt, das kauft er nicht, seine Entsprechung. Exemplarisch dafür stehen die US-amerikanischen Investitionsströme, die zu mehr als 70% 2007 auf heimische Immobilienmärkte gerichtet waren, obgleich diese nur ein Drittel des globalen Immobilienbestands stellen (Jls 2008; Eurohypo 2007b).
Auslandsrisiken Die Erklärungen der Gesprächspartner für das Home-Bias-Phänomen in der Immobilienwirtschaft sind vielschichtig und richten sich zunächst vor allem auf Investitionsbeschränkungen, Kapitaltransferrisiken und zusätzliche Transaktionskosten. Im Zentrum stehen Überlegungen wie: „Kann man in Land X als Ausländer Immobilientransaktionen tätigen und ist man dann in der Lage, die Erträge aus den Immobilien auch wieder nach Deutschland zurück zu transferieren?“ (Interview 12) oder „Kriegt man das Geld aus dem Land, was zahlt man an Steuern und kann man die Währung hedgen4?“ (Interview 1). Für Vermögenspositionen außerhalb des eigenen Währungsraumes besteht ein potenzielles Währungsrisiko, das sich aus Wechselkursveränderungen zwischen zwei Währungen an den Devisenmärkten ergibt. Weicht der tatsächliche Wechselkurs von einem erwarteten Wert ab, wird die Rendite eines Immobilieninvestments davon positiv oder negativ beeinflusst. Eine Prognose der Wechselkursentwicklung gestaltet sich allerdings aufgrund der Determinantenvielfalt, wie beispielsweise der Zinsdifferenzen oder der konjunkturellen Ausprägungen als sehr komplex. Das Management von Wechselkursrisiken stellt damit erhöhte Anforderungen an das Risikomanagement eines Immobilieninvestors. Die Währungsveränderungen „müssen einschätzbar sein, d.h. man muss als Investor in der Lage sein, die Währungskursrisiken zu hedgen“ (Interview 7). Die Absicherung einer Transaktion gegen Wechselkursschwankungen (Hedging) mindert einerseits das Risiko eines Immobilieninvestments, verringert andererseits aber aufgrund zusätzlicher Kosten auch dessen Rendite: „Wenn das Hedging zu teuer ist, das macht einem die Rendite kaputt“ (Interview 9).
Zugang zu Marktinformationen Die vor den nen
Analyse der Interviews zeigte ferner, dass das Home-Bias-Phänomen allem durch informationelle Intransparenzen bei grenzüberschreitenInvestitionen erklärt werden kann. Die meisten Interviewpartner lehein Auslandsengagement ab, wenn sie den jeweiligen Immobilien-
4
Beim Hedging wird versucht, latent vorhandenen Risiken durch entsprechende Gegengeschäfte entgegenzuwirken. In den letzten Jahren ist die Absicherung von Wechselkursrisiken mittels derivater Finanzinstrumente, wie z.B. Options- oder Futuresprodukte, in den Vordergrund gerückt (Maier 2004: 21).
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markt nicht umfassend einschätzen können bzw. immobilienmarktrelevante Einflussfaktoren nicht bekannt sind: „Nichts ist wichtiger als den Markt zu kennen. Der darf ihnen nicht fremd sein, der Investor muss ihn fast so kennen wie seinen ursprünglich eigenen Markt“ (Interview 16). Während die Spielregeln des jeweiligen Immobilienmarktes den lokalen Marktteilnehmern i.d.R. bekannt und vertraut sind und transaktionskostenminimierend wirken können, erscheinen sie ausländischen Investoren fremdartig und ungewöhnlich. Insbesondere auf den neuen Märkten ist der Abbau der Informationsdefizite bezüglich der marktspezifischen Spielregeln i.d.R. mit hohen Transaktionskosten verbunden. Gesetzmäßigkeiten und Regeln, die als selbstverständlich angesehen werden, können in diesen Märkten nicht mehr vorausgesetzt werden. Investitionen in vertrauten Immobilienmärkten, in denen man mehr Kenntnisse aufweist, erscheinen damit weniger risikoreich. Diese Erkenntnis steht im klaren Gegensatz zur Portfoliotheorie, die Risikominimierung durch geographische Diversifikation verspricht. Kapitel 4.2.1 hat aufgezeigt, dass die Informationen, die ein Investor über ferne potenzielle Immobilienmärkte erhalten kann, oftmals unvollständig, fehlerhaft, bruchstückhaft und inkonsistent sind. Zusätzlich verläuft auch die Weitergabe von Informationen und Wissen nicht reibungslos, sondern ist mit dem Problem asymmetrischer Informationsverteilung behaftet. Denn „als Platzhirsch hat man die lokale Kenntnis, die kein anderer haben kann“ (Interview 16). Ein dichtes Netz an persönlichen Interaktionen und Kontakten versetzt Investoren in die Lage, zukünftige Marktchancen, Trends und Risiken präziser und zeitnaher vorherzusehen bzw. einzuschätzen. Enge Kontaktnetze zu lokal ansässigen Projektentwicklern generieren Geschäftschancen und erleichtern beispielsweise den Zugang zu neuen Objektangeboten, auch zu vielen attraktiven Investitionsobjekten, die nicht auf den freien Markt gelangen, sondern die Besitzer in sog. OffMarket-Deals wechseln. Ein Gesprächspartner nannte den Immobiliensektor bezeichnenderweise ein „People Business“, in dem man nur Erfolg haben kann, wenn man „ständig unter den Leuten“ ist (Interview 4). Die Teilnahme an diesem People Business und dem damit verbundenen lokalen Rauschen ist allerdings geographisch begrenzt: „Das Gras wachsen hören kann man nur vor Ort“ (Interview 2). Die Dynamik des Immobilienmarktes, wie ein internationaler Immobilienakteur äußerte, gleicht dabei einem riesigen Puzzle, bei dem jeden Tag ein Teilchen umgedreht wird, das eigentliche Bild sich jedoch jeden Tag verändert. Jeden Tag passiert etwas, was Einfluss auf den gesamten Immobilienmarkt hat. Das kann z.B. eine Projektentwicklung sein, der eine Baugenehmigung erteilt wurde und die plötzlich den ganzen Markt aus dem Gleichgewicht bringt. Aus der Ferne können diese Änderungen nur schwer und mit erheblichen Verzögerungen registriert werden (Interview 14).
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Die überwiegende Mehrheit der Gesprächspartner ist darüber einig, dass geographische Nähe Unsicherheiten und Informationslücken reduziert, indem sie häufige soziale Interaktionen ermöglicht, über welche Local buzz transportiert werden kann. „Standorte können vor Ort besser eingeschätzt werden. Sie sind flexibler. Sie können flexibler Termine wahrnehmen, sie können viel besser kommunizieren“ (Interview 4). Nicht zuletzt bietet die räumliche Nähe auch Zugang zu „dichteren und zuverlässigeren Informationen“ (Interview 13). Auch Vertrauen, ein fundamentaler Aspekt eines Immobilieninvestments, scheint am ehesten durch die Vertrautheit der Region gewährleistet zu sein. Diese kann wiederum am besten durch geographische Nähe generiert werden. Die Strategie, zentral von „einem Standort heraus die ganze Welt bearbeiten zu wollen“ wird demgegenüber als eher riskant eingeschätzt (Interview 11).
Institutionelle und kulturelle Nähe Mit Unsicherheiten bzw. Intransparenzen ist vor allem der Eintritt in einen Zielmarkt behaftet, dessen kulturellen Institutionen sich deutlich von denen des Heimatmarktes des Investors unterscheiden. Scharma/Johanson (1987) argumentieren in ihrer Studie über die Internationalisierung technischer Beratungsdienstleister, dass deren Marktauswahl weitgehend unabhängig von diesen kulturelleren Distanzen 5 verläuft, da die notwendigen Anfangsinvestitionen im Vergleich zu Industrieunternehmen niedriger und weniger marktspezifisch sind und damit ein Rückzug mit geringen Kosten verknüpft ist. Demgegenüber zeigt die Auswertung der Interviews, dass im Immobiliensektor insbesondere in intransparenten Märkten der Markteintritt mit hohen Transaktionskosten verbunden ist: „Man muss erstmal bestimmte Hürden überspringen […] und das ist für einen Einheimischen i.d.R. sehr viel einfacher, weil der die Sprache spricht und Dinge wie kulturelle Eigenarten und Geschäftsgebaren kennt und verinnerlicht hat. Das sind die Dinge, die auch bei Immobilientransaktionen eine große Rolle spielen“ (Interview 12). Die Anforderungen an Investoren im Ausland sowie der kulturelle Anpassungsdruck gestalten sich damit um ein vielfaches höher und wettbewerbskritischer als auf heimischen Märkten. Die Heimat muss allerdings nicht immer das eigene Land sein, sondern kann ebenso Länder in der Nachbarschaft, aber auch auf anderen Kontinenten umfassen, die sich in nahen Gliedern der „psychic distance chain“ befinden (Johanson/Vahlne 1977), d.h. die als in institutioneller Nähe befindlich angesehen werden. Laut Gertler (2003) wird der Kontext wirtschaftlichen Handelns entscheidend durch institutionelle Nähe strukturiert. Diese manifestiert sich etwa in der gemeinsamen Sprache, in gemeinsam 5
Kulturelle Distanz umfasst alle Faktoren, welche den Informationsfluss zwischen Heim- und Zielmarkt beeinträchtigen, wie z.B. Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede (Johanson/Vahlne 1977: 24).
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geteilten Werten, Normen, Routinen und Geschäftspraktiken innerhalb einer bestimmten geographischen Maßstabsebene. Institutionelle bzw. kulturelle Nähe bedeutet, mit Akteuren zu kooperieren, deren Sprache, Mentalität und Geschäftskultur ähnlich ist. Wie folgendes Statement belegt, können daraus spezifische Investitionsverknüpfungen resultieren: „In Lateinamerika muss man auch die kulturellen und sprachlichen Gemeinsamkeiten mit Spanien und Portugal berücksichtigen. Gerade in Brasilien merkt man das. Die haben starke Affinitäten zu Portugal“ (Interview 6). Manager folgen gesellschaftlichen Vorstellungen über kulturell nahe Räume, mit denen sie sich identifizieren, und reproduzieren damit bestehende Muster von Geschäftsbeziehungen. So äußerte ein Gesprächspartner: „It makes European investors more comfortable to deal with someone who talks the same language, not just English but also talks the same language based on financially, legally, etc. fundamentals. Used to do things in the same way in the market. Used to look at things in the same way and used to contract in the same way“ (Interview 18).
Es ist das Vertrauen in gemeinsame Institutionen, die über die Mikroebene auf die Meso- und Makroebene hinausreichen, welche diese institutionelle Nähe auszeichnet. Durch institutionelle Arrangements wie Gesetze, Regeln und Verfahrensstandards können einander unbekannte Akteure auch in Unsicherheit bis zu einem gewissen Grad miteinander agieren. Die länderspezifische geographische Zuordnung der Direktinvestitionszuströme bestätigt die hohe positive Korrelation des Transaktionsvolumens mit der geographischen und institutionellen Nähe. Tab. 20 zeigt etwa enge Verknüpfungen zwischen geographisch benachbarten Ländern (siehe Skandinavien; UK und Irland; USA und Kanada etc.), aber auch bedeutende Investitionsflüsse zwischen institutionell nah empfundenen Standorten, die gar unterschiedliche Kontinente umspannen. Beispiele hierfür sind die Transaktionsströme zwischen USA und Australien, Indien und Großbritannien oder Chile und Spanien. Tab. 20: Investitionsdestination und Herkunft des Hauptinvestors Immobilienmarkt China Indien Südkorea Australien Neuseeland UK Schweden Finnland
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Herkunft Hauptinvestor Hongkong UK Singapur USA Australien Irland Norwegen Schweden
Immobilienmarkt Dänemark Norwegen Österreich USA Kanada Mexiko Chile Argentinien
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Herkunft Hauptinvestor Schweden Schweden Deutschland Australien USA USA Spanien Chile
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von Real Capital Analytics 2008
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Gemeinsam mit der geographischen Distanz hemmt die empfundene kulturelle Unterschiedlichkeit die Vertrauensbildung zwischen den beteiligten Immobilienakteuren und erzeugt damit Intransparenzen. Kulturelle Distanzen lassen sich laut Interviews zunächst bei den sichtbaren Elementen wie z.B. den Begrüßungsritualen, der Sprache, der Kleidung, den Ablauf von Mitarbeiterbesprechungen etc. identifizieren. „Wenn sie z.B. in Asien ein Meeting haben mit 10 Asiaten und 5 Europäern, und beide Seiten versuchen Englisch zu sprechen oder beauftragen einen Dolmetscher. Der Dolmetscher kann toll chinesisch und deutsch, aber hat keine Immobilienerfahrung. Dann kann der das inhaltlich im Prinzip nicht übersetzen. Oder beide Seiten sprechen Englisch, aber so rudimentär, dass sie sich in der Tiefe nicht unterhalten können“ (Interview 8).
Abseits von Sprachbarrieren können unsichtbare kulturelle Distanzen zwischen der eigenkulturellen Prägung und der Kultur der Destination zu Verständigungsschwierigkeiten, Missverständnissen und Fehlinterpretationen führen, die der Festlegung gemeinsamer Ziele sowie Problemlösungsstrategien und damit einer erfolgreichen Immobilientransaktion im Wege stehen können, wie auch folgendes Beispiel verdeutlicht: „Sie sitzen z.B. in Indien und erzählen jemanden etwas und der schüttelt ständig den Kopf. Und Sie denken, bin ich jetzt auf dem falschen Dampfer? Aber er stimmt ihnen zu. Wenn Sie das nicht wissen, haben sie ein Problem“ (Interview 8).
Die Gespräche mit international ausgerichteten Investoren zeigten, dass diese kulturellen Distanzen besonders den Marktzugang in Asien erschweren, zumal auch die Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter sich hierbei schwierig gestaltet: „[…] weil die Asiaten uns sehr fremd sind und wir keine Mitarbeiter finden, die die lokalen Sprachen sprechen“ (Interview 1). Die Marktselektion war zumindest zu Beginn der Internationalisierung auch bei den deutschen offenen Fonds dem Gradienten kultureller Nähe unterworfen (siehe Abb. 31). Ein Gesprächspartner gab für deren typischen Internationalisierungspfad folgende Stationen an: Deutschland, Westeuropa, USA und Asien (Interview 12). Die Tatsache, dass deutsche Investoren bereits in der zweiten Phase in den USA investierten, bestätigt nochmals, dass kulturelle Nähe keineswegs mit der geographischen Nähe korrespondieren muss. Ebenso belegt die Entwicklung der Investitionsziele die abnehmende Bedeutung der institutionellen Nähe. Beschränkte sich der Aktionsradius offener Immobilienfonds Anfang der 1990er Jahre auf Nachbarländer, wie die Niederlande und Frankreich, und auf Märkte mit ähnlichen institutionellen Rahmenbedingungen, wie die USA, dehnten sich deren Investitionen Ende der 1990er Jahre auf die mittel-/osteuropäischen Reformländer aus. Seit einigen Jahren rücken nun auch neue Standorte
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beispielsweise in Südostasien, Russland, Indien, Lateinamerika und im Nahen Osten in deren Fokus. Der heimatbezogene Pfad stellt also keine Notwendigkeit dar, sondern kann aufgebrochen werden, wenn sich attraktive neue Optionen zeigen. Abb. 31: Entwicklung der geographischen Immobilienanlagestrategien deutscher Investoren
Quelle: Eigene Darstellung
Internationale Angleichung der Spielregeln Obgleich institutionelle Nähe Beziehungen und Vertrauensaufbau über eine bestimmte Distanz ermöglicht und damit grenzüberschreitenden Wissensaustausch und Transaktionen erleichtert, ist sie im großen Maße nach wie vor an konkrete Institutionen und damit auch an ein spezifisches geographisches Territorium gebunden. So können grenzüberschreitende organisationsinterne bzw. -externe Beziehungen durch institutionelle Distanz erschwert, ausgehebelt und zunichte gemacht werden. Wie einige Gesprächspartner allerdings konstatierten, nähern sich die institutionellen Rahmenbedingungen in der Immobilienwirtschaft international immer stärker an. So haben sich im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen v.a. die rechtlichen Gegebenheiten osteuropäischer Immobilienmärkte an westeuropäische Standards angepasst und sind damit in den Fokus institutioneller Investoren geraten (Interview 13; 15). Durch den Wegfall der Währungsrisiken, durch die Marktöffnung und eine voranschreitende Harmonisierung der nationalen Regulierungen können Investoren innerhalb der Währungsunion heute relativ frei agieren. Auch über solche regionalen Wirtschaftsblöcke hinaus versuchen immer mehr Städte und Staaten die Informationsbeschaffung und -aufbereitung sowie die Regeln, nach denen die lokalen Märkte funktionieren, international zu standardisieren. Übersichtliche und vergleichbare Regulationsmechanismen sollen Immobilieninvestoren anlocken, bzw. werden von diesen als Investitionsbedingung eingefordert. Damit greift institutionelle Nähe auch immer häufiger über nationale und
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kontinentale Grenzen hinweg. Die Gravitation des Home-bias-Effekt verliert damit an Kraft. Hinzu kommt, dass die räumliche Verankerung immobilienspezifischen Wissens durch die zunehmende Produktion von kodifizierbaren Informationen bzw. die Umwandlung von impliziten in explizites Wissen durch Rating-Agenturen, Investment Analysten und weiteren „financial infomediaries“ (Wójcik 2008) aufgeweicht wird. Die Bedingungen und Spielregeln unterschiedlicher und räumlich voneinander getrennter Immobilienmärkte werden demnach nach dem Vorbild der Finanzwirtschaft immer stärker miteinander vergleichbar gemacht. Verstärkt wird dieser Angleichungsprozess durch global gültige Geschäftsgepflogenheiten, Kodes, Regeln etc., die als eigene Kultur des Global business einen steuernden und zuverlässigen Normen- und Werterahmen stellen können, wie es ein Gesprächspartner zum Ausdruck brachte: „[…] we think in a similar way. We have the same way of thinking“ (Interview 21). Diese ähnlichen Denkweisen etablieren sich durch die weltweiten Interaktionen zumindest auf der Managementebene der multinationalen Unternehmen, die häufig von Personen mit internationalen Studienabschlüssen und ähnlichen Biographien besetzt werden: „I.d.R. sind die führenden Köpfe […] internationale Mitarbeiter oder lokale Mitarbeiter, die international ausgebildet sind. D.h. sie waren eine Zeit lang in Amerika oder ähnliches, und über das Studium hinaus auch in dem Sektor tätig und gehen dann in die Heimat zurück“ (Interview 2).
Festzuhalten bleibt, dass geographische und kulturelle Nähe zumindest zu Beginn der Internationalisierung die Marktselektion der befragten Akteure prägt. Die Investoren neigen in dieser Phase dazu, bevorzugt auf geographisch nahen und vertrauten Märkten Transaktionen durchzuführen. Statt den Vorgaben der modernen Portfoliotheorie folgen sie einer Regel, die bereits 1894 von Mark Twain aufgestellt wurde: „Put all your eggs in one basket and – watch the basket“ (zitiert in Ivkovic/Weisbenner 2005: 267). Insgesamt zeigen aber jüngste Entwicklungen, dass die globale Verbreitung institutioneller Standards im Immobiliensektor die Spielregeln der einzelnen Märkte angleicht und damit Unsicherheiten reduziert.
6.2.4
Pfadabhängigkeiten der Investitionsentscheidungen
Ein rationales Vorgehen würde bedeuten, die bestmögliche Investitionsentscheidung aus einem Set verschiedener Alternativen immer wieder neu zu wählen. In der Praxis bleibt die Entscheidungsfindung von Wirtschaftsakteuren aber gleichzeitig an bislang gesammeltem Erfahrungswissen über Standorte und Märkte gebunden (u.a. Schoenberger 1994; Wrigley et al. 2003). Dies gilt auch für Immobilieninvestoren.
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Increasing returns durch wiederholten Markteintritt Mit wiederholten Investitionen in bereits erschlossene Immobilienmärkte können die durchschnittlichen Kosten der Informationsbeschaffung, des Personals oder der Immobilienbewirtschaftung sinken (Increasing returns). Um die Kostenersparnis voll auszuschöpfen, versuchen einige Investoren, ihre Investments an ausgewählten Standorten zu konzentrieren statt auf mehrere Standorten aufzuteilen: „Sie wollen ja nicht alle 30 Immobilien eines Portfolios in 30 verschiedenen Ländern haben“ (Interview 8). Dabei werden prinzipiell größere und liquide Immobilienmärkte bevorzugt. Nur diese bieten durch ihren Bestand Möglichkeiten zu Nachfolgeinvestments und damit ein Potenzial für Kosteneinsparungen durch Größe (Interview 1). Die Rechnung eines Portfoliomanagers gibt ein Beispiel: „Wenn man sich überlegt, man investiert in einen Emerging market, muss man eigentlich schon wenigstens in der Lage sein, kurzfristig ein Portfolio von 100 Millionen € aufzubauen […] letztendlich lohnt es sich erst ab einem Portfolio von mittelfristig 250 Millionen €, das sind dann fünf Prozent unseres FondsVolumens“ (Interview 7).
Eine bestimmte kritische Größe der Immobilienmärkte erwies sich in den meisten Gesprächen als notwendige Grundlage für ein erfolgreiches und effizientes Investment, wie auch das Beispiel eines Investors illustriert, der ein Investment in Ostasien nur als sinnvoll erachtet, wenn weitere Transaktionen in mehreren Ländern und Standorten in Südostasien folgen (Interview 7). Pfadabhängigkeit ist also gegeben, wenn die Sequenz vorangegangener Ereignisse wie finanzielle Vorleistungen in Informationsbeschaffung, Büroniederlassung oder Personal Einfluss auf zukünftige Entscheidungen hat. Die Vorteile einer Nachfolgeinvestition resultieren aus der Mehrfachnutzung von Wissen, die das Verhältnis des Zeit- und Kostenbedarfs für Wissensaneignung und der Wissensnutzung verbessert. Dementsprechend gaben einige Gesprächspartner an, auch bei zukünftigen Länderselektionen zunächst auf die bereits besetzten Märkte den Fokus zu legen. Beispiele belegen, dass vor allem die zeitintensive lokale Vernetzung Zugang zum Local buzz und damit zu interessanten Investitionsmöglichkeiten beschert: „Wenn wir es geschafft haben, in einem Land was zu kaufen, dann sind wir dort vermeintlich drin, und die Möglichkeit, dort attraktive Objekte zu bekommen, steigt natürlich exponentiell. Das stimmt natürlich schon, dass man dann einen ganz anderen Marktzugang hat“ (Interview 6). „Also die Wahrscheinlichkeit, dass ich über einen Deal in Südamerika höre, ist null. Weil kein Mensch mich oder uns da kennt. Wenn ich das mit einem Markt vergleiche, wo wir schon investiert haben, Japan z.B., dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir von einem Deal in Japan hören, sehr viel größer“ (Interview 8).
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Auf Dauer wurden die Investoren immer stärker in lokale Netzwerke von Geschäftsbeziehungen integriert bzw. eingebettet. Die Analyse der Interviews zeigt, dass Lerneffekte wesentlich dazu beitragen, dass Investoren an bestimmten Immobilienmärkten festhalten. Wenn man seine Fahne einmal aufgestellt hat, „dann verfügt man dort über einen besseren Marktzugang. Die Wahrscheinlichkeit ist dann groß, dort ein weiteres Investment durchzuführen“ (Interview 10). Parallel zur lokalen Einbettung der globalen Akteure schwindet auch die Notwendigkeit, mit lokalen Akteuren zu kooperieren (Interview 22). Einige Gesprächspartner hoben schließlich hervor, dass Routinen die Transaktionskosten optimieren und der Risikominimierung und Zeiteinsparung dienen. Routinen bilden informelle Verfestigungen von Praktiken, die neue Entscheidungen lenken oder zumindest beeinflussen, und die damit zu Pfadabhängigkeiten beitragen (Scharmanski/Fuchs 2010; Fuchs/Scharmanski 2010).
Sequenzen durch Vorerfahrungen Sequenzen entstehen auch im weiteren Sinne durch Vorerfahrungen. Insbesondere unter Ungewissheit und Zeitdruck greifen Entscheider häufig auf sog. Urteilsheuristiken zurück. Nicht nur jahrelange Erfahrungen, sondern auch singuläre emotionale Ereignisse werden generalisiert, etwas einmal Erlebtes wird als allgemeingültig interpretiert. So geben einmalige Erfolge Anlass zu Wiederholungen, Misserfolge schrecken dagegen den Akteur ab: „Auf Grund unserer positiven Erfahrungen prüfen wir für die Fonds den weiteren Ausbau unserer Portfolios an sehr guten Bürostandorten in Mexiko“ (Interview 1). „Wir würden nie mehr ein Grundstück in einem Emerging market kaufen und selbst entwickeln. Das haben wir einmal gemacht, das machen wir nicht mehr“ (Interview 9).
Allerdings kann es sein, dass die Verallgemeinerung einer besonders positiven oder negativen Erfahrung zu einem systematischen Ausschluss von Möglichkeiten führt, die in dieser Weise nicht gerechtfertigt ist. Zusätzlich sind Erfahrungen, die auf ähnlichen Märkten gemacht wurden, zumindest teilweise transferierbar und beschleunigen dadurch die Internationalisierungsschritte in nachfolgende Immobilienmärkte, wie exemplarisch folgendes Statement eines Investors verdeutlicht: „Many times we use experiences from one place to use in other places. Now we have just started our office in India and China. And many of our experiences in Brazil are helping our groups there. We exchange best practices once. And second sometime you have to bit for a government concession. Having already done it in other emerging markets helps a lot“ (Interview 21).
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Als entscheidende Einflussgröße dieses dynamischen, graduellen Prozesses identifizieren Johanson/Vahlne (1977) die Marktkenntnis, da angenommen wird, dass die Bewertung von Entscheidungsalternativen und die darauf basierenden Entscheidungen von der Kenntnis der gegenwärtigen Marktbedingungen abhängen. Der aktuelle Wissensstand eines Investors besteht aus den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen und bildet gleichzeitig den Input für zukünftige Investitionsentscheidungen. Zunächst ist die Marktauswahl auf benachbarte Länder fokussiert, um die mit dem möglichen Markteintritt verbundenen Unsicherheiten zu reduzieren. Im Zeitverlauf sammelt das Unternehmen durch eigene Tätigkeiten schrittweise Erfahrungen und Kenntnisse über Chancen und Probleme von Auslandsinvestments, baut Managementwissen auf und reduziert Unsicherheiten. Zunehmend werden auch unbekannte und kulturell entfernte Destinationen bei der Marktselektion in Betracht gezogen. Im Kern bestätigen die Interviewpartner die schrittweise Expansion der Markterschließung von Ländern mit großer kultureller und institutioneller Nähe bis hin zu Ländern mit einer größeren Distanz zum Herkunftsland. Dabei werden diejenigen Zielmärkte präferiert, die Ähnlichkeit zum Heimatmarkt bzw. zu vorausgegangenen Investitionsdestinationen aufweisen, denn nur so ist sichergestellt, dass auf vormals gesammelte Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Der Portfoliomanager eines institutionellen Investors explizierte diesen dynamischen Internationalisierungspfad entsprechend: „If you invested in Korea, then you can move on to an investment in Taiwan. Although it is not exactly the same by any means, some of the real estate laws, the way things are done and the cultural aspects are very similar. Once you have seen it in one Asian market, you can transfer it to other Asian markets. You know what questions to ask about how it functions in another Asian market“ (Interview 22).
Korea fungierte in diesem Fall als Eintrittsportal bzw. Gateway in den asiatischen Markt. Durch die Aneignung koreanischer Gepflogenheiten und Geschäftspraktiken sah sich der Investor in der Lage, seinen Expansionskurs in Asien fortzusetzen.
Starrheiten durch grundsätzliche Investitionsstrategien Erschwert werden neue Entscheidungen ebenso durch grundsätzliche Investitionsstrategien. Indem die Investoren bestimmte Wege eingeschlagen haben, die die Richtung für zukünftige Investments vorgeben, werden alternative eventuell effizientere Pfade ausgeblendet oder blockiert. So werden beispielsweise abgestimmt mit den jeweiligen Anlagegrundsätzen und Vorsichtsprinzipien sowie Rendite-Risikoprofilen der Investoren Musterallokationen und angestrebte Ländergewichtungen entwickelt, die für das international ausgerichtete aktive Portfoliomanagement prägend sind. Wäh-
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rend der letzten Jahre hat sich bei global orientierten Immobilieninvestoren eine Typisierung der Anlagestrategien etabliert, welche die Markselektion auf bestimmte Länder lenkt bzw. einschränkt (siehe Tab. 21). In der empirischen Untersuchung bestätigte sich, dass die Konzipierung von Zielportfolien die Entscheidungsfindung lenkt: „Wir haben auf der einen Seite eine kontinentale Allokation gemacht: 50% Nordamerika, 30% Europa, und 20% Asien. Innerhalb der Kontinente machen wir wiederum eine Zielländerallokation nach ähnlichen Kriterien. Da haben wir mal eine Studie gemacht, die als Basis für die Allocation fungiert. Die grobe Richtung wird durch diese Strategie festgelegt“ (Interview 8). Die Strategien sind gleichwohl für den Verlauf eines Pfads prägend, indem sie Abzweigungen erschweren und zum Weiterfahren animieren. Tab. 21: Präferierte Investitionsstandorte nach Anlagestrategien Sicherheitsorientierte Strategien (core)
Wertsteigerungsorientierte Strategien (value added)
Opportunistische Strategien (opportunistic)
Anlagepräferenz
Bestehende Immobilien mit sehr hoher Qualität und langfristigen Mietverträgen etc.
Refurbishment bzw. aktives Management notwendig; in einigen Fällen Projektentwicklungen etc.
Projektentwicklungen ohne Vorvermietung; große Portfolien; notleidende Kredite etc.
Standortpräferenz
Konzentration auf große und liquide Immobilienstandorte mit geringen strukturellen und zyklischen Risiken: 1-A-Lagen in amerikanischen Wirtschaftszentren oder europäischen Verwaltungszentren
Marktselektion richtet sich auf nordamerikanische und westeuropäische Wachstumszentren mit einer zunehmenden Büroflächennachfrage sowie auf Metropolen im asiatisch-pazifischen Raum mit hohem Entwicklungspotenzial
Standorte in der Marktbildungsphase, die aber ein enormes Wachstumspotenzial mit hohen Anfangsrenditen bieten: vor allem Märkte der Semi-Peripherie wie z.B. Moskau, Peking, Mumbai, Mexiko City.
Haltedauer
5 bis 10 Jahre
3 bis 5 Jahre
12 bis 24 Monate
Renditeforderung
< 6%
6 bis 10%
> 10%
Fremdkapitalquote
< 40%
40 bis 70%
> 70%
Quelle: Eigene Zusammenstellung nach Interviewangaben und publizierten Anlagestrategien Pfadabhängigkeit bietet eine Erklärung dafür an, dass Investoren in der Realität oft Wege beschreiten, die sich im Nachhinein nicht als optimal herausstellen. Entscheidungen sind eng mit den Handlungskontexten in der Gegenwart verknüpft, in denen sie entstehen. Dazu gehören früher getätigte Investitionen, grundsätzliche Investitionsstrategien ebenso wie vergangene Erfahrungen und Routinen. Die Investoren folgen einem Investitionspfad, den sie nicht ohne weiteres verlassen können. Die konsequente Weiterführung einer einmal getroffenen Entscheidung kann später zu
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Starrheiten führen, die zu dem Zeitpunkt ökonomisch nicht mehr gerechtfertigt sind, weil andere potenzielle Investitionsdestinationen unreflektiert ausgeklammert werden. In diesem Kontext spricht man auch von Lock-inEffekten: „Niederlassungen mit eigenen Leuten sind immer relativ unflexibel. Was wir in der Vergangenheit hatten, dass manche Märkte attraktiv sind für eine Zeit und dann aber weniger attraktiv werden. So dass man immer ein bisschen atmen muss. Als Investor muss man sein Geld immer schnell hin und her schieben können. Umso mehr Strukturen ich da aufbaue, umso unflexibler werde ich“ (Interview 8).
Die Increasing returns dürften also bei einer rationalen, immer wieder neuen und situativ angepassten Entscheidung zwischen Handlungsalternativen zumindest nicht ungeprüft in die Entscheidungsfindung einfließen. Investitionen in eine eigene Niederlassung vor Ort können mithin zwar den Zugang zum Markt und dem Local buzz wesentlich verbessern. Allerdings konterkarieren sie zugleich den Anspruch, eine stets aktualisierte rationale Entscheidungsfindung durchzuführen. Pfadabhängigkeiten müssen nicht generell einen Nachteil für einen Investor bedeuten. Sie entwickeln sich aber dann zu einem Problem, wenn sie als ein zu enges Korsett wahrgenommen werden. Letztlich können auch Sequenzen grundsätzlich bei einer erneuten Reflexion der Strategie und bei attraktiv erscheinenden Alternativen infrage gestellt und überwunden werden. Für eine kontinuierliche analytische Durchleuchtung der Strategie spricht die hohe Dynamik und Zyklizität der Immobilienmärkte (Interview 14).
6.2.5
Atomistische und relationale Entscheidungsfindung
Eine zentrale Erkenntnis dieses Kapitels ist, dass sich das räumliche Investitionsmuster im globalen Immobiliensektor nicht nur mit den rationalen Entscheidungsprozessen der Immobilieninvestoren abbilden lässt. Vielmehr ist ein vertieftes Verständnis des Kontextes notwendig. Während zunächst in Kapitel 6.1 das mehrstufige Filtermodell als atomistisches Entscheidungskonzept skizziert wurde, das vorgibt, wie die institutionellen Investoren aus ihrer Sicht entscheiden sollen, konnten aus der explorativen Studie in Kapitel 6.2 vier typische relationale Kontexte herausgearbeitet werden, welche deren Entscheidungsprozesse zusätzlich prägen. Dieser Befund ist wichtig zum Verständnis der Internationalisierungsprozesse im Immobiliensektor. Nicht nur unternehmensinterne Strategien, Kompetenzen und Ressourcen sind ausschlaggebend für die Richtung und den Verlauf der Internationalisierung. Gerade unter intransparenten Bedingungen können diese internen Entscheidungsprozeduren nur einen kleinen und verzerrten Ausschnitt der Wirklichkeit erzeugen. Zur Unterstützung ihrer Marktauswahl greifen Entscheidungsträger auf den verschiede-
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nen Entscheidungsebenen auf herrschende Leitgedanken und Stimmungen, Beobachtung und Imitation der Konkurrenz, bestehende Beziehungen zu Kooperationspartnern, institutionelle Nähe und Erfahrungen zurück. Mit dieser Ergänzung um die relationale Komponente konnte die Entscheidungsfindung der Immobilieninvestoren wirklichkeitsnaher dargelegt werden, obgleich die Typologie nicht als allumfassend aufgefasst werden sollte. Vielmehr berücksichtigt sie nur diejenigen Phänomene, die im empirischen Kontext der vorliegenden explorativen Studie angetroffen wurden. Ebenso unterliegt die Kontextabhängigkeit ökonomischen Handelns nicht allgemeinen Gesetzen. Wie bei den einzelnen Typen bereits angedeutet wurde, kann die spezifische Geschichte eines Entwicklungspfades nicht als deterministisch verstanden werden. An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass atomistischrationale, auf Kennzahlen basierende und relationale Entscheidungswege sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern häufig nacheinander oder parallel gelagert sind. Beide Entscheidungskomponenten können nur analytisch getrennt werden. In der Realität basiert die Vorauswahl relevanter Länder beispielsweise häufig auf rationalen Scoring-Modellen, die mit Gerüchten und Trends vermengt werden. Mangels zuverlässiger und konsistenter Marktdaten lässt sich auch die Portfoliotheorie nur beschränkt zur Strukturierung eines optimalen Immobilienbestands einsetzen. Insbesondere auf intransparenten Märkten ist der Abbau der Informationsdefizite bezüglich der marktspezifischen Spielregeln i.d.R. mit hohen Transaktionskosten verbunden. Investoren weichen daher auf Immobilienmärkte aus, die bereits von Konzerneinheiten oder Netzwerkpartnern erschlossen wurden und damit indirekt einen Zugang zu persönlichen Interaktionen, Kontakten und vor allem Informationen bieten. Für das Verhältnis beider Entscheidungswege gilt: Je intransparenter die Immobilienmärkte sich darstellen, desto schwieriger gestaltet sich die Durchführung rationaler Entscheidungsprozesse und desto bedeutender wird die relationale Entscheidungskomponente.
7 Immobilie nmärkte der Semi-Pe riphe rie im Wirk ungsfe ld de r Globa lis ierung
Das Kapitel bietet zunächst eine Einführung in die beiden Untersuchungsmärkte Mexiko City und São Paulo. Trotz weltweiter Wirtschaftskrise1 signalisieren beide Märkte Ende 2008 eine zunehmende Nachfrage nach hochwertigen Bürohochhäusern und damit steigende Mietpreise. Damit wecken sie das Interesse internationaler Immobilieninvestoren, die laufend und weltweit nach renditestarken Anlagemöglichkeiten fahnden. Anschließend werden anhand der qualitativen Interviewdaten das Phasenmodell der Internationalisierung (siehe Kapitel 4.3.2) und das Konzept der Intransparenzen (siehe Kapitel 4.2) für beide Beispielmärkte empirisch fundiert. Es zeigt sich dabei, dass die Internationalisierung nicht gleichmäßig die gesamten Teilbereiche der Immobilienwirtschaft erfasst. Eine wesentliche Ursache dafür sind Intransparenzen auf lokaler Ebene, die dem Internationalisierungsprozess entgegenwirken. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden schließlich die raumspezifischen Auswirkungen der Internationalisierung am Beispiel der Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo empirisch adressiert. Eine Analyse der Lerneffekte, der Konvergenzprozesse und der Segmentierungen demonstrieren, dass auch im kleinräumigen Maßstab einer Stadt keine generelle, räumlich übergreifende Integration der Immobilienmärkte zu erwarten ist.
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Die qualitative Befragung wurde vor der weltweiten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise im Jahr 2006 durch- geführt. Nichtsdestotrotz wurden die Daten und Informationen bis zur Drucklegung April 2009 aktualisiert. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die beiden Untersuchungsmärkte werden an relevanten Textstellen erwähnt und explizit im Schlusskapitel diskutiert.
226 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
7.1 Die Fallbeispiele Mexiko City und São Paulo Als eine wesentliche Antriebskraft der globalen Immobilienwirtschaft gelten neue Anlagemöglichkeiten in aufstrebenden Märkten der SemiPeripherie (siehe Kapitel 3.2.3). In jüngster Zeit blicken die Investoren auch in Richtung Lateinamerika, um neue potenzielle Investitionen und höhere Renditen auszuloten. Dabei geraten vor allem Mexiko City und São Paulo in deren Fokus und werden nicht zuletzt aufgrund ihrer Größe von den meisten Immobilieninvestoren heute als erstes Investitionsziel in Lateinamerika genannt. Für beide Märkte ist der Markteintritt ausländischer Immobilienakteure ein relativ junges Phänomen. Der erste Abschnitt des Kapitels widmet sich daher dem Entwicklungspfad der mexikanischen und brasilianischen Immobilienwirtschaft, der eng mit der jeweiligen nationalen Wirtschaftsgeschichte verknüpft ist und verschiedene Etappen aufweist. Das nachfolgende Teilkapitel skizziert die aktuelle wirtschaftliche Neupositionierung der beiden Metropolen Mexiko City und São Paulo, die die Nachfrage auf deren Immobilienmärkten dynamisiert und damit Grundlage für das Interesse internationaler Investoren ist. Abschließend werden beide Büroimmobilienmärkte und deren Kennzahlen porträtiert, um einen Überblick für die weiteren Ausführungen und Diskussionen im vorliegenden Kapitel zu liefern.
7.1.1
Immobilienmarkt und Wirtschaftsentwicklung in Mexiko
In der Phase der Importsubstitutionspolitik und der Binnenmarktorientierung von Mitte der 1930er bis Ende der 1970er Jahre wurden die mexikanischen Immobilienmärkte überwiegend durch komplexe lokale Netzwerke gesteuert und blieben i.d.R. für globale Akteure verschlossen. Wohlhabende mexikanische Familien, die ihre Immobilien über Generationen in ihrem Bestand behielten und als Inflationsschutz einsetzten, dominierten das Marktgeschehen. Internationale Immobilientransaktionen hingegen wurden aufgrund von Investitionsbeschränkungen, hoher nationaler und lokaler Regulierungsdichte, intransparenter Marktstrukturen und nicht zuletzt aufgrund fehlender Liquidität nicht getätigt. All diese Rahmenbedingungen haben zu einer weitgehenden Immobilisierung des gesamten Immobiliensektors geführt. Der Wandel hin zu einer neoliberalen Wirtschaftspolitik setzte mit der Schuldenkrise von 1982 ein und war maßgeblich von den Vorgaben des Internationalen Währungsfonds erzwungen und geprägt. Im Zuge dieser Umorientierung wurden ab Ende der 1980er Jahre Zugangsbeschränkungen gelockert bzw. aufgehoben und zahlreiche Wirtschaftszweige für ausländische Investitionen geöffnet, mexikanische Staatsbetriebe, wie z.B. Banken, privatisiert, Kontrollen zur Kreditvergabe und zu den Zinssätzen
IMMOBILIENMÄRKTE DER SEMI-PERIPHERIE | 227
eliminiert und grenzüberschreitende Handels- und Investitionsverflechtungen intensiv gefördert. Die Bestrebungen zur Marktöffnung und die Abkehr des nach innen gerichteten Entwicklungsstils ließen die Aktivitäten ausländischer Akteure im Immobiliensektor ansteigen. So begannen bereits Anfang der 1990er Jahre US-amerikanische Beratungskonzerne, sich in Mexiko zu engagieren und Niederlassungen aufzubauen. Reformen der Investitionsgesetzgebung im Jahr 1993 weiteten schließlich das bisher eingeschränkte Besitzrecht für ausländische Immobilieninvestoren aus. Allerdings war diese frühe Phase der Internationalisierung insbesondere bei den Immobilieninvestoren und Projektentwicklern noch von geringer Intensität. Die globalen Investoren ließen sich trotz verbesserter Rahmenbedingungen an einer Hand abzählen (Interview M12). Mit der nächsten Verschuldungs- und Wirtschaftskrise, der sog. Tequilakrise, setzte im Jahre 1994/1995 eine massive Kapitalflucht aus Mexiko ein, die auch den Immobilienmarkt erfasste. Politische Instabilitäten in Mexiko (v.a. Mord am Präsidentschaftskandidaten und Unruhen in der Chiapas-Region) und ein hohes mexikanisches Handelsbilanzdefizit ließen das Vertrauen internationaler Investoren schwinden und führten zu einem raschen Abzug kurzfristiger Portfolioinvestitionen. Verstärkt wurde der Effekt durch steigende Zinssätze in den USA, die ein Investment in Dollar-Anleihen für Kapitalgeber wieder interessanter machten. In Mexiko führte schließlich der starke Rückgang ausländischer Investitionen um ein Drittel gegenüber 1993 dazu, dass das Handelsdefizit nicht mehr durch den Kapitalzufluss ausgeglichen werden konnte und die Währungsreserven der Zentralbank rapide zurückgingen. Damit war der mexikanische Staat nicht mehr in der Lage, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten in ausländischer Währung zu bedienen. Ausländische Banken weigerten sich, weitere Kredite zu vergeben. Die mexikanische Regierung musste den fixierten PesoKurs freigeben und wertete den Peso drastisch gegenüber dem US-Dollar ab (siehe hierzu auch Fuchs 2003), was wiederum einen massiven Abzug ausländischen Kapitals zur Folge hatte. Innerhalb weniger Tage wurde ein Kursverfall von bis zu 50% registriert. Lag der Wechselkurs 1994 noch bei rund einem Dollar zu vier Pesos, war er 1995 bei einem Verhältnis von etwa eins zu acht angelangt, bei dem er unter leichten Schwankungen in den Folgejahren auch verharrte. Im Gleichschritt mit der Währung stürzten auch die Mietpreise, die sich beispielsweise im Bürosektor in wenigen Tagen von 40 auf 20 US-Dollar pro qm halbierten (Interview M2). Der ökonomische Abschwung führte dazu, dass Bauprojekte oder Investments im Nachgang der Krise eingestellt bzw. verschoben wurden und innerhalb der Immobilienbranche ein Konsolidierungsprozess einsetzte. Nur rund die Hälfte der Marktteilnehmer blieb nach Verschwinden der vor allem unprofessionell geführten Immobilienunternehmen übrig, die nun den Markt genauer sondierten und umsichtiger agierten. Ein Großteil der ausländischen Immobilienakteure verließ das Land (Interview M2; M3).
228 | GLOBALISIERUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Als bedeutende Zäsur der mexikanischen Immobilienwirtschaft gilt die Ratifizierung des NAFTA-Abkommens 1994, wie der Präsident des mexikanischen Interessensverbands für Industrieparks versichert: „NAFTA has become the great detonator of our industry“. Der Vertrag führte im Güter-, Dienstleistungs- und Finanzbereich für Unternehmen aus den Partnerländern USA, Kanada und Mexiko zu einer Öffnung der Märkte und hat damit eine räumliche Restrukturierung der Produktionsorte, Transportketten und Finanzzentren bewirkt (Scharmanski 2009). Durch die stärkere außenwirtschaftliche Verflechtung und den Markteintritt nordamerikanischer Unternehmen hat sich in Mexiko zum einen die Nachfrage nach modernen Industrie-, Logistik- und Büroflächen dynamisiert. Zum anderen schafften der Abbau zahlreicher Restriktionen und eine stärkere Rechtssicherheit Anreize für Investoren im Immobiliensektor. So ist an der Grenze Mexikos zu den USA - nicht zuletzt aufgrund der topographischen Lage - ein Produktionssystem entstanden, das eine sehr starke globale wirtschaftliche Verflechtung aufweist (Fuchs 1999). Der insgesamt positive Wachstumspfad der Maquiladora-Industrie durch die NAFTA generierte eine zunehmende Nachfrage nach Industrieimmobilien. Damit erwachte auch das Interesse ausländischer Projektentwickler und Investoren: „Mainly valueadded investors came to Mexico trying to get hold of the real estate boom by the migration of plants to Mexico“ (Interview M9). Zum großen Teil erstellten Entwicklungsgesellschaften aus Nordamerika wie z.B. LaSalle Investors, AMB Properties und ProLogis die Infrastruktur für die Industrie. Der Markt wurde zusätzlich begünstigt durch neue Kapitalquellen, die vor allem nordamerikanische Hypothekenbanken wie GE Capital oder Scotia Bank eröffneten. Waren noch vor einigen Jahren die nutzerspezifische Errichtung von Industriebauten auf Bestellung von Unternehmen (Build-to-suit) in Mexiko die Regel, ließen sich durch den verbesserten Zugang zu Fremdkapital nun auch spekulative Entwicklungen verwirklichen. Nicht zuletzt löste die erwartete Anziehung von internationalen Firmen auch in Mexiko City einen Bauboom aus. Das Angebot an Büroflächen nahm 1994 um 27% zu. Bis 1995 wurden zusätzliche 800.000 qm Büroflächen geschaffen (Gobierno del distrito Federal 2003: 45). Die Internationalisierung des Immobilienmarktes in Mexiko ist eine außerordentlich junge Erscheinung. Als Folge der wirtschaftlichen Rezession in den USA blieben Anfang des 21. Jahrhunderts zunächst noch potenzielle Mieter und Investoren in Mexiko aus. Ab 2003/2004 setzte dann allerdings ein beschleunigter Internationalisierungsprozess ein. Das Engagement globaler Investoren wurde durch begrenzte nationale Marktgrößen und die zunehmende Konkurrenzsituation in den Kernökonomien forciert. Parallel dazu animierten die wirtschaftlichen Entwicklungen, höhere Renditezahlen und qualitativ hochwertigere Immobilien in aufstrebenden Märkten der Semi-Peripherie die Investoren zur Internationalisierung. So steht der sog. Tequila Sunrise für den gegenwärtigen Wachstumspfad Me-
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xikos, der von einer einstelligen Inflationsrate, geringen Zinssätzen und einem stabilen Pesokurs flankiert wird und damit immer mehr ausländische Immobilienakteure anlockt. Mexiko hat die Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen durch den Abschluss bilateraler Vereinbarungen wie Freihandelsabkommen, Doppelbesteuerungs- und Investitionsschutzabkommen und die Aufhebung von Zugangsbeschränkungen2 kontinuierlich weiter verbessert. Vor allem der uneingeschränkte Transfer von Gewinnen und Kapitalrückführungen ins Ausland hat zu einem Anstieg grenzüberschreitender Investitionszuflüsse im Immobiliensektor geführt. Dementsprechend wurden 2005 laut einem Berater Investments in Rekordhöhe von rund 3,5 Milliarden US$ getätigt. Mexiko rückte damit auf Platz sieben der weltweiten Top-Investitionsdestinationen (Interview M10). Konzentrierte sich das Interesse ausländischer Investoren in früheren Phasen auf den Maquiladora-Bereich 3 an der US-Grenze, geraten in jüngerer Zeit auch Logistikbauten entlang der neuen Transportkorridore des NAFTA-Raumes, Einzelhandelsimmobilien und Bürotürme in Mexiko City in deren Fokus. Die Einbindung in den internationalen Immobilienmarkt bleibt somit nicht nur ein Phänomen der Metropole, sondern umfasst teilweise auch Sekundärmärkte in Mexiko. Die Gesprächspartner sind sich darüber einig, dass sich die Präsenz internationaler Projektentwickler und Investoren weiter verstärken wird. Insbesondere der Strukturwandel hin zu einer Dienstleistungsökonomie, die zunehmende Präsenz transnationaler Unternehmen und eine sich verändernde internationale Arbeitsteilung haben eine vielfältige Landkarte immobilienwirtschaftlicher Standorte in Mexiko geschaffen. Zwar wird der für Investmentzwecke institutioneller Investoren global zur Verfügung stehende Immobilienbestand gegenwärtig noch durch die Kernökonomien dominiert. Allerdings zeichnet sich deutlich ab, dass die semi-peripheren Märkte im Zuge ihres wirtschaftlichen Aufholprozesses deutlich an Relevanz gewinnen werden. Schon heute verfügt Mexiko über einen Immobilienbestand von 213 Mrd. US$ und nimmt damit weltweit den dreizehnten Platz ein (Eurohypo 2007b). Nicht nur bzgl. des Anlageverhaltens, sondern auch bzgl. des Herkunftslandes und der Immobilienart wird sich das Investorenspektrum erweitern. Zwar stellten 2007 die US-amerikanischen
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Ausnahmen bilden die Zonas restringuidas (beschränkte Zonen) entlang der Staatsgrenze und der Küste, in denen ein Eigentumserwerb durch Ausländer Einschränkungen unterliegt. An der Grenze Mexikos zu den USA ist - nicht zuletzt aufgrund der topographischen Lage - ein Produktionssystem entstanden, das eine sehr starke globale, aber geringe lokale wirtschaftliche Verflechtung aufweist. Die Maquiladoraindustrien erledigen ausgegliederte Produktionsschritte, indem sie Teile weiterverarbeiten. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Komponenten zollfrei erhalten, sofern die verarbeiteten Produkte reexportiert werden (siehe u.a. Fuchs 1999; 2008).
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Investoren noch 75% der insgesamt 2,7 Mrd. US$4 ausländischen Investitionszuflüsse in den gewerblichen mexikanischen Immobiliensektor. Allerdings haben in jüngster Zeit Investoren aus Deutschland, Spanien und Kanada stark an Bedeutung gewonnen (siehe Kapitel 7.2). Das Interesse richtet sich letztlich auch nicht mehr vorwiegend auf Industrieimmobilien, die sich laut Gesprächspartner aufgrund der NAFTA, höherer Sicherheit (Mieten in US$, US-amerikanische Mieter) etc. zeitlich vor den anderen Immobilienarten entwickelt haben. In jüngster Zeit steht nun auch der Büromarkt in Mexiko City im Fokus der ausländischen Immobilienakquisiteure.
7.1.2
Immobilienmarkt und Wirtschaftsentwicklung in Brasilien
Unter der 20-jährigen Militärdiktatur von 1964 bis 1985 stand die wirtschaftliche Entwicklungsstrategie Brasiliens vorrangig im Zeichen der importsubstituierenden Industrialisierung. Unter dem Schutzschild zahlreicher Subventionen, tarifärer und nicht-tarifärer Handelsbeschränkungen sowie einer überbewerteten Währung sollte die einheimische Industrie aufund ausgebaut werden sowie das Produktivitäts- und Effizienzniveau angehoben werden. Das Land verzeichnete zunächst ein starkes Wirtschaftswachstum, das zwischen 1968 und 1973 mit jährlichen Wachstumsraten von elf Prozent in das sog. brasilianische Wirtschaftswunder mündete. Vielfältige Marktein- und -austrittsbarrieren sowie intransparente Regulierungen auf nationaler und lokaler Ebene förderten allerdings die Abkoppelung vom Weltmarkt (Menzel/Senghaas 1983; Winter 2001) und damit eine geschlossene Immobilienwirtschaft, die ähnlich wie jene in Mexiko, fast ausschließlich von wenigen lokalen Investoren und Akteuren gesteuert wurde. Die 1980er Jahre zeigten die Grenzen dieses binnenorientierten Entwicklungsmodells und gingen als die verlorene Dekade in die Geschichtsbücher ein. Extreme Außenverschuldung infolge der hohen Importquoten an Kapital- und Vorleistungsgütern und exorbitante Inflationsraten (bis zu 30% im Monat) erschütterten die ökonomische Basis. Die Verschuldungsspirale erreichte ihren Höhepunkt, als Brasilien 1982 die Zahlungsunfähigkeit erklärte. Die implementierten Gegenmaßnahmen der ab 1985 wieder zivilen Regierungen konnten allesamt ihr Ziel nicht erreichen und beschleunigten eher die wirtschaftliche Instabilität. Parallel zu Mexiko manifestierten sich diese Unsicherheiten in einem dramatischen Rückgang der Investitionsquote und letztlich in einer wirtschaftlichen Rezession. In die4
Die 2,7 Mrd. US$ beziehen sich auf eine Erhebung des Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle. Die Schätzungen der Interviewpartner liegen mit fünf bis sieben Milliarden US$ Investitionszuströmen im gewerblichen Immobilienmarkt (Industrie, Logistik, Einzelhandel, Büroflächen) über diesem Wert.
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sem Kontext politischer und wirtschaftlicher Unbeständigkeiten dienten Immobilieninvestments v.a. als Absicherung gegen Hyperinflation, Währungsabwertungen und politische Unsicherheiten (Interview S11; S5). Mit dem Erlahmen der Wirtschaftsdynamik blieben potenzielle Käufer und Mieter aus. Auch die Investoren zogen sich aufgrund der hohen Zinssätze von 25 bis 30%, welche die Finanzierung von Immobilienentwicklungen und -transaktionen nahezu unmöglich machten, aus dem Immobilienbereich zurück (Interview S6). Ausnahme waren dabei eigenkapitalstarke brasilianische Pensionskassen, die zu dieser Zeit den Investitionsmarkt dominierten: „In the 1980s the lion’s share of the investments in commercial property was made by the largest 10 Brazilian pension funds“ (Interview S1). Diese erweiterten den Immobilienanteil in ihrem Anlageportfolio aus zweierlei Gründen. Zum einen wurde angesichts der Wirtschaftsrezession die Mobilisierung betrieblicher Immobilien von immer mehr Unternehmen als eine Alternative angesehen, gebundenes Eigenkapitel für ihr Kerngeschäft frei zu machen. Während bis in die 1980er Jahre die überwiegende Mehrzahl der brasilianischen Unternehmen ihre Immobilien im eigenen Bestand hielten, verkauften nun einige Unternehmen ihre Immobilien und mieteten diese zurück, womit sich das Angebot an Büro- und Industrieimmobilien sprunghaft vergrößerte. Verstärkt wurde dieser Trend durch Änderungen im Steuergesetz, als z.B. Begünstigungen für große Unternehmen mit Immobilieneigentum 1983 gestrichen wurden. Zum anderen beabsichtigten die Pensionskassen, sich durch das Immobilieninvestment stärker gegen die Inflation abzusichern. Geschäftsimmobilien galten als sichere Wertanlage. In den 1980er Jahren erhöhten die brasilianischen Pensionskassen ihren Immobilienanteil in ihrem Portfolio bis an das gesetzlich festgelegte maximale Höchstmaß von 40% (bis 1987) bzw. 20% (ab 1987). Ende der 1980er Jahre war fast ein Fünftel der gesamten Vermögenssubstanz der brasilianischen Pensionskassen in Immobilien investiert (De Magalhães 1998: 2017). Ein Gesprächspartner bezifferte das damalige Investitionsvolumen der Pensionskassen im gewerblichen Immobilienmarkt auf rund 100 Milliarden US$ (Interview S4). Konsequenz der Wirtschaftskrise war in den 1990er Jahren ein außenwirtschaftlicher Öffnungsprozess nach liberalem Muster. Eine entscheidende Rolle bei der wirtschaftlichen Neuausrichtung nahm der Plano Real ein, der 1994 umfangreiche Wirtschafts- und Währungsreformen einleitete. Hatten die vorangegangenen Interventionsprogramme zwischen 1986 und 1993 bei der Bekämpfung der Inflation nur mäßigen bzw. kurzen Erfolg sowie vier Währungswechsel zur Folge, trug der Plano Real über die Stabilisierung der Währung und begleitende Strukturreformen maßgeblich zur Eingliederung Brasiliens in die internationale Wirtschaft und zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Die Einführung der neuen Währung Real war verbunden mit Privatisierungen, einer Reduzierung der öffentlichen Ausgaben, vielfältigen Handelsliberalisierungen, dem Abbau von Subven-
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tionen und einer grundsätzlichen Öffnung des Landes nach außen. Deregulierung, Privatisierung und Flexibilisierung standen für den wirtschaftspolitischen Kurswechsel (siehe ausführlicher in Coy/Schmitt 2007; MeyerStamer 2000; Wehrhahn 2002). Gerade die Privatisierung großer Staatsbetriebe setzte Mitte der 1990er Jahre einen Immobilienboom in Gang (Interview S1). Der Markteintritt internationaler Konzerne führte zu einer Neujustierung bislang lokal organisierter Immobilienmärkte. Gefragt waren auf einmal moderne Büroflächen nach internationalem Standard, die häufig von internationalen Unternehmen entwickelt wurden: „Mit der Privatisierungswelle kam der große Immobilienboom, als die tollsten Bürogebäude gebaut wurden von Tishman Speyer und von anderen großen internationalen Baufirmen“ (Interview S2). Der brasilianischen Finanz- und Wirtschaftspolitik gelang es zwar im Gefolge des Plano Real die Hyperinflation zu überwinden, jedoch stellten die zahlreichen weltwirtschaftlichen Krisen der 1990er Jahre, wie die mexikanische Tequila-, Asien- und Russlandkrise, Brasilien wiederholt vor erhebliche Probleme, die auch auf die Immobilienwirtschaft ausstrahlten: „It was like a nightmare“ (Interview S4). Damit verbunden war ein Hilfspaket des IWF, das in weiteren Strukturanpassungsmaßnahmen nach neoliberalen Prinzipien wie Abbau des staatlichen Haushaltsdefizits, Deregulierung, Abbau von Protektionismus und Privatisierung resultierte. Die ausländischen Direktinvestitionen stiegen zwar von 1994 bis 2000 von 2,2 auf 32,8 Mrd. US$ um den Faktor 15 an, allerdings demonstrierte der Rückgang um ein Drittel im Jahr 2001, dass diese Investitionen auch wieder schnell zurückgefahren werden können. Auch im Immobiliensektor erhöhte das volatile Wirtschaftsumfeld die Unsicherheit in- und ausländischer Investoren (Interview S6). Folglich waren die Jahre nach dem Plano Real durch unregelmäßige Investitionsströme im Immobilienbereich gekennzeichnet: „From 1999 until 2002 I saw a very erratic movement of international capital. A coming and going“ (Interview S1). Auch im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002 konnte Brasilien gerade noch eine erneute Zahlungsunfähigkeit vermeiden. Finanzexperten fürchteten einen Sieg des linken Oppositionspolitikers Lula, denn statt Schuldentilgung zu betreiben würde der Schuldenberg mit dessen Wahlprogramm weiter anschwellen. So prophezeite beispielsweise der Megaspekulant George Soros, dass ein Sieg Lulas mit Chaos gleichzusetzen wäre. Die Skepsis seitens der Finanzwelt entpuppte sich letztlich als unbegründet, da Lula wirtschaftspolitisch den stabilitätsorientierten Kurs seines Vorgängers fortsetzte, wie ein Gesprächspartner bestätigte: „Now we are at the end of the first mandate of current President Lula, who was the big scare of all investors. But nothing happened. The economy went on as usual, the fiscal responsibility was kept, monetary and currency policies were stable“ (Interview S1). Dennoch leiteten die Befürchtungen zunächst finanzielle Turbulenzen ein. So zweifelten einige Banken und Anleger, die
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in brasilianischen Staatsanleihen investiert hatten, an der Zuverlässigkeit des Schuldners Brasiliens und zogen aus Angst vor einem sozialistischen Präsidenten Lula ihr Kapital aus Brasilien ab (Winter/Scharmanski 2009). Eine sich selbst verstärkende Kettenreaktion nahm ihren Anfang. Die Regierung musste fällig werdende Schuldtitel auszahlen oder sehr viel höhere Zinsen bieten, der Real ging auf Talfahrt, und die Zahlungsunfähigkeit konnte nur knapp abgewendet werden. Die Erwartungsunsicherheiten der Anleger schlugen sich auch in den enormen Schwankungen bei den grenzüberschreitenden Portfoliotransaktionen nieder, die im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr um ein Viertel zurückgingen. Wenngleich Direktinvestitionsströme generell als weniger volatil gelten, wurde auch hier ein starker Rückgang verzeichnet. Das betraf auch Immobilieninvestitionen, die verschoben bzw. zurückgehalten wurden: „In 2002 we had elections in Brazil. It was a huge change, because labour party won. So everybody was afraid of what might happen. Everybody was afraid of doing anything“ (Interview S6). Ein prominentes Beispiel ist der US-amerikanische Projektentwickler Tishman Speyer, der aufgrund der Unsicherheiten im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2002 den Bau eines Bürokomplexes in São Paulo stoppte. Vier Jahre später ist trotz Korruptionsvorwürfen die Regierung Lulas wieder gewählt worden. Größere wirtschaftliche Eruptionen blieben aus. Grund dafür sind gefestigte Institutionen und stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen, an denen auch ein Regierungswechsel anscheinend wenig ändert, wie das Statement eines ausländischen Investors unterstreicht: „Years ago such news would have triggered a full-scale panic. But today Brazil is sailing smoothly through the current political storm. The Brazilian economy is bulletproof. Investors are not panicking because the country’s economic fundamentals are strong“ (Interview S1).
In den letzten Jahren zählte das Land am Zuckerhut zu den florierendsten Volkswirtschaften des Kontinents und übernahm innerhalb des regionalen Kontextes ökonomisch und politisch immer mehr eine Lokomotivfunktion (Coy/Schmitt 2007: 31). Nach dem Übergang zur Demokratie in den 1980er Jahren und den Wirtschaftsreformen in den 1990er Jahren kann Brasilien heute auf ein Wirtschaftssystem mit freien Wechselkursen, eine eingedämmte Inflation sowie eine stabilitätsorientierte Geld- und Fiskalpolitik verweisen. Ein geringeres Länderrisiko, ein abnehmendes Zinsniveau und sinkende Risikoprämien am Aktienmarkt veranlassen mehr und mehr ausländische Unternehmen, in Brasilien zu investieren bzw. ihr bestehendes Engagement auszuweiten (Interview S1). Dank eines jahrelangen Wachstums, günstigen Rahmenbedingungen (z.B. steigende Rohstoffpreise) und der starken heimischen Währung konnte das einst tief verschuldete Land seine Auslandsschulden sukzessive zurückfahren und avancierte Anfang 2008 erstmals zum Nettokreditgeber. Zur positiven Stimmung trug
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neben der BRICs-Story das jüngste „Investment Grade-Rating“ für Brasilien bei, das den Zugang zu Krediten mit attraktiven Konditionen für die brasilianische Immobilienwirtschaft sowie den Markteintritt großer institutioneller Anleger aus dem Ausland wie etwa Investitionsfonds oder Pensionsfonds erleichtert. Diese wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten lassen Brasilien auch in den Fokus globaler Immobilieninvestoren rücken, die nach hohen Renditen suchen, die es in den USA oder Europa nicht mehr gibt (ca. zwölf Prozent bei Bestandsimmobilien; 18% bei Projektentwicklungen). Brasilien verfügt über einen Immobilienbestand von rund 160 Mrd. US$ und nimmt damit weltweit den vierzehnten Rang ein (Eurohypo 2007b). Obgleich seit 2006 ein sprunghafter Anstieg an ausländischen Investitionen zu verzeichnen ist – laut einem Gesprächspartner flossen alleine im ersten Halbjahr 2006 mit 1,1 Milliarden US$ mehr Investitionen in den Immobilienbereich als zwischen 2000 und 2006 (Interview S6) – steht die Immobilienwirtschaft in Brasilien noch am Beginn der Internationalisierung: „It is the very beginning of the curve regarding the internationalization“ (Interview S4). Wenngleich die Investitionszuströme im Immobilienbereich mit der Tequila-Krise 1994 noch mal eine deutliche Zäsur erfuhren, ist die Außenöffnung des mexikanischen Immobiliensektors im Vergleich zu Brasilien bereits weiter vorangeschritten. Dabei begünstigen vor allem die geographische Nähe zur USA und das NAFTA-Abkommen eine schnellere Integration in die globale Immobilienwirtschaft. Engere internationale Verbindungen ergeben sich in Mexiko auch aus der Marktdominanz ausländischer Banken und der starken Präsenz ausländischer Unternehmen (insgesamt rund 25.000 Niederlassungen), während in Brasilien nationale Banken und Pensionskassen noch eine gewichtige Rolle auch auf den brasilianischen Immobilienmärkten einnehmen. Wie sich die unterschiedliche Intensität und Beschleunigung der Internationalisierung auf die jeweiligen Akteurskonstellationen und die Professionalisierung beider Märkte auswirkt, wird im Kapitel 7.2 ausführlich dargelegt und analysiert. Zunächst aber diskutiert das nachfolgende Unterkapitel die zunehmende globale Vernetzung der beiden Metropolen, die das Interesse ausländischer Immobilienakteure auf sich zieht.
7.1.3
Mexiko City und São Paulo als neue Knotenpunkte der globalen Ökonomie
Mexiko City Mexiko City präsentiert sich angesichts hoher BIP-Wachstumsraten, dem Markteintritt internationaler Konzerne und dem Ausbau wissensorientierter Dienstleistungen immer mehr als Schauplatz ökonomischer Globalisierung. Ein Großteil der Auslandsaktivitäten ist auf die mexikanische Haupt-
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stadt ausgerichtet, die sich als Knotenpunkt einer transnational organisierten Ökonomie positioniert hat. So hatten im Jahr 2006 80% der 100 größten ausländischen Unternehmen mit einer mexikanischen Niederlassung ihren Firmensitz in Mexiko City lokalisiert. Diese räumliche Konzentration ausländischer Betriebsstätten und Tochterunternehmen spiegelt sich in den ausländischen Direktinvestitionsströmen wider: Jeder zweite USDollar aus dem Ausland wurde 2007 im Distrito Federal investiert. Differenziert nach Wirtschaftssegmenten, ragt vor allem der Finanzsektor heraus. 90% der ausländischen Investitionsflüsse nach Mexiko im Bereich Finanzen, Versicherungen und Immobilienwesen flossen im Zeitraum 20002007 in die Hauptstadt (Se; Inegi 2008). In der ersten Jahreshälfte 2008 wurden alleine zwei Milliarden US$ in den gewerblichen Immobilienmarkt der mexikanischen Hauptstadt investiert, was einem Anteil von rund 17% an den gesamten Investitionszuflüssen entspricht. Sieben Prozent der grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen in Gesamtamerika waren damit auf Mexiko City gerichtet (Jls 2008). Besonders grenzüberschreitende Engagements im mexikanischen Bankensektor sind seit den 1990er Jahren, nicht zuletzt aufgrund einer Reihe von Privatisierungen und Liberalisierungen, stark gewachsen. Der ersten Privatisierungs- und Akquisitionswelle mexikanischer Banken im Jahr 1992 folgte 1999 eine zweite Konsolidierungswelle, nachdem die Beschränkungen für ausländische Beteiligungen an einheimischen Banken aufgehoben wurden. Ein Beispiel dafür ist die Übernahme des renommierten mexikanischen Finanzinstituts Banamex durch die US-amerikanische Citigroup im Jahr 2001. Heute dominieren ausländische Unternehmen oder grenzüberschreitende Zusammenschlüsse den mexikanischen Bankensektor, der sich heute zu über 80% im Eigentum ausländischer Banken befindet. 1990 kontrollierten die Auslandsbanken lediglich zwei Prozent der gesamten Bankaktiva (Unctad 2008). Die internationalen Banken wie die Citibank, Morgan Stanley oder Goldman Sachs haben allesamt ihren mexikanischen Hauptsitz in Mexiko City (Parnreiter et al. 2005). Ein weiterer Meilenstein für die Entwicklung Mexiko Citys zum Finanzstandort war 1975 die Gründung der mexikanischen Börse Bolsa Mexicana de Valores. War der Handel anfangs auf staatliche Wertpapiere begrenzt, wurde die Börse bis Mitte der 1980er Jahre für den internationalen Markt geöffnet und Anfang der 1990er Jahre Finanzgruppen zugelassen. Ein Großteil der ausländischen Portfolioinvestitionen (2006: 172 Mrd. US$) fließt aufgrund des Börsenstandortes nach Mexiko City. Die hohen Direkt- und Portfolioinvestmentzuflüsse, die starke Konzentration internationaler Unternehmen mit über 5.000 Niederlassungen und auch der Aufbau neuer Business Distrikte belegen die zunehmende Eingliederung der mexikanischen Hauptstadt in die Weltwirtschaft. Mexiko City ist laut einem Gesprächspartner „home to the who is who of global business“ (Interview M1). Die Kapitale hat sich als Wirtschafts-
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und Finanzzentrum mit einer Vielzahl dazugehöriger wissensorientierter Dienstleistungsbetriebe etabliert. Besonders stark nahm die Bürobeschäftigung in den Bereichen Finanzen, Versicherungen und Immobilienwesen zu, die heute bereits ein Viertel des gesamten Bruttoregionalproduktes der Hauptstadt erwirtschaften (Gobierno del Distrito Federal 2007).
São Paulo Die Metropole São Paulo ist einer der Kristallationspunkte für Produktion, Handel und Kapitalverkehr in Südamerika und besitzt nach Coy/Schmitt (2007) als einzige südamerikanische Stadt den Status einer Global City. In Brasilien ist ein Großteil der Wirtschaftsaktivitäten auf den Großraum São Paulo ausgerichtet. Nahezu ein Drittel des gesamten brasilianischen BIPs wurde 2005 in dieser Region erwirtschaft (Seade 2008). Im Kern der Global-City-Region (Wehrhahn 2004) konzentriert sich der Handel und die Finanzaktivitäten, über die der gesamte brasilianische Staat ökonomisch mit der Welt vernetzt ist. Seit den 1980er Jahren hat die Metropole das ganze Spektrum moderner Dienstleistungsfunktionen ausgebildet. Die Verschiebung hin zu einem wissensintensiven Standort manifestiert sich in der zunehmenden Bedeutung der Segmente Finanzen, Versicherungen und Immobilienwesen. Über ihre nationale Stellung hinaus gilt die Metropole als das internationale Finanz- und Handelszentrum Südamerikas. Dementsprechend haben zwei Drittel der größten 100 ausländischen Unternehmen und 36 der größten 40 ausländischen Geschäftsbanken (z.B. Citibank, Deutsche Bank) in Brasilien ihren regionalen Unternehmenssitz in São Paulo (Rossi/Taylor 2006). Insgesamt wurden in der Metropole über 1.500 Bankfilialen registriert (Banco Central do Brasil 2008; Schiffer 2002). Ein Indiz für die zunehmende Vernetzung der brasilianischen Wirtschaft mit den globalen Kapitalmärkten ist auch der in São Paulo notierte Aktienindex BOVESPA, der seinen Wert seit Ende 2002 verfünffacht hat. Die BOVESPA stellt mit 75% Marktanteil den größten Handelsplatz für Aktien in Lateinamerika. Die wirtschaftliche Vorrangstellung trifft auch auf die Direktinvestitionen zu. Zwei Drittel der gesamten Direktinvestitionszuflüsse in Brasilien flossen in den Bundesstaat São Paulo (Banco Central do Brasil 2008). Dort bündeln sich auch die deutschen Investitionen und rund 1.200 deutsche Firmen, womit São Paulo als weltweit größter Standort deutscher Firmen außerhalb Deutschlands gilt (Interview S2; S3). Ähnlich wie in Mexiko beteiligten sich auch in Brasilien ab Mitte der 1990er Jahre ausländische Investoren an einheimischen Banken. Waren 1994 lediglich rund sieben Prozent der gesamten Bankaktiva im Eigentum ausländischer Banken, traten im Nachgang der Pleiten der nationalen Banken Econômico und Nacional verstärkt ausländische Finanzinstitute in den brasilianischen Markt ein. Inzwischen kontrollieren die Auslandsbanken
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um die 24% der gesamten Bankaktiva in Brasilien (Unctad 2008). 2006 waren dementsprechend auch über 75 ausländische Banken in Brasilien mit Niederlassungen vertreten. Anders als in Mexiko zählen allerdings nationale Banken wie Banco do Brasil, Bradesco oder Itau zu den größten Banken (Rossi/Taylor 2006). Während seit den 1970er Jahren São Paulo als Produktionszentrum einen relativen Bedeutungsverlust erfährt, präferieren wissensintensive Branchen weiterhin die Kernstadt São Paulo. Die hohe Nachfrage nach modernen Büroflächen bleibt auch ausländischen Immobilieninvestoren nicht verborgen. Investierten ausländische Akteure in den letzten Jahren selten mehr als 200 Mio. US$ pro Jahr, stiegen die ausländischen Direktinvestitionen im Immobiliensektor im Jahr 2006 sprunghaft auf rund 2,5 Mrd. US$ an. Das gegenwärtige Interesse an Investitionsmöglichkeiten ist auf zwei Aspekte zurückzuführen. Einmal locken hohe Renditen (rund zwölf Prozent) im Büroimmobilienbereich, die in den Kernökonomien nicht mehr erzielt werden können. Dazu kommen stabile Wirtschaftsdaten, die zusammen mit dem unter Lula fortgesetzten stabilitätsorientierten Wirtschaftskurs ein positives Investitionsklima schaffen. Die zunehmende Integration der beiden lateinamerikanischen Metropolen Mexiko City und São Paulo in das weltwirtschaftliche System prägt auch deren Immobilienmärkte. Denn die bauliche Umwelt muss den neuen Bedürfnissen einer postindustriellen Wirtschaftsweise angepasst werden. So stimuliert die Expansion transnationaler wissensintensiver Unternehmen mit einer hohen Wertschöpfung, wie Finanzdienstleister, Wirtschafts-, Steuer- und Rechtsberatungen sowie Werbeagenturen, die Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen für die entsprechenden Leitungs-, Verwaltungs- und operativen Bereiche. Die Interviewpartner beziffern den Anteil wissensintensiver Dienstleister an der gesamten Anzahl der Mietvertragsabschlüsse in Mexiko City und São Paulo im Jahr 2006 auf rund 80% (Interview M16; S1). Diese präferieren für gewöhnlich Bürogebäude in erstklassiger Lage mit einer modernen Ausstattung. Inwiefern die beiden Immobilienmärkte diesen veränderten Bedürfnissen bereits entsprechen, wird im folgenden Unterkapitel geprüft.
7.1.4
Die Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo
Mit der zunehmenden globalen Einbindung geraten die lateinamerikanischen Metropolen Mexiko City und São Paulo immer häufiger ins Visier global ausgerichteter Investoren. Dabei werden die beiden Märkte meist einer generellen ersten Prüfung unterzogen (siehe Kapitel 6.1.1), die außer Acht lässt, dass sich Immobilienmärkte für gewöhnlich aus vielen heterogenen Teilmärkten zusammensetzen, die sich nicht nur durch ihre geographische Lage, sondern auch im Hinblick auf Gebäudestruktur, Mietpreise,
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Leerstand etc. voneinander unterscheiden (siehe Kapitel 4.1.1). Dies gilt im besonderen Maß für die beiden Untersuchungsmärkte, die räumlich und qualitativ sehr stark fragmentiert sind. Um einen realitätsnäheren Eindruck zu gewinnen, werden daher beide Untersuchungsmärkte und deren Teilmärkte porträtiert sowie Besonderheiten herausgearbeitet.
Mexiko City Mexiko City verfügt heute mit ca. 10 Millionen qm (Quadratmeter) Bürofläche (80% des Gesamtbestands in Mexiko) über den wichtigsten und größten Büroimmobilienmarkt in Lateinamerika. Abb. 32: Büroimmobilienteilmärkte in Mexiko City (2008)
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Etwa ein Drittel davon wird hochwertigen Klasse A-Objekten mit zeitgemäßen internationalen Bau- und Technikstandards zugeordnet. Deren Bestand wurde im Zeitraum 1997 bis 2008 auf 274 Objekte verdreifacht und konzentriert sich auf relativ junge Teilmärkte in Stadtteilen wie Santa Fé, Lomas de Chapultepec und Bosques de las Lomas (siehe Abb. 32), wo nahezu drei Viertel des gesamten städtischen BIPs im Dienstleistungssektor erwirtschaftet wird. Die Flächennachfrage kommt dort primär von transnationalen Unternehmen, die eine Repräsentanz benötigen oder eine bestehende Niederlassung vergrößern wollen. Als Reaktion auf die hohe Nachfrage ballen sich in diesen Teilmärkten auch die privaten Investitionen für Immobilienprojekte. Den größten Flächenzuwachs konnte Santa Fé verzeichnen, das Anfang der 1990er Jahre auf einer ehemaligen Müllhalde geplant wurde und heute mit rund 800.000 qm Bürofläche – verteilt auf 59 Hochhäuser – als neues bedeutendes Dienstleistungssubzentrum fungiert. Ähnliches gilt für die Teilmärkte Lomas de Chapultepec und Bosques de las Lomas, deren Bestand an hochwertigen Immobilien seit Mitte der 1990er Jahre stetig wächst. Auslöser für den Aufbau dieser neuen Bürozentren im Süden und Westen der Metropole war vor allem das Erdbeben von 1985, bei dem mehr als 50 Hektar Büroflächen schwer beschädigt bzw. zerstört wurden. Ein weiterer Anreiz für die Entwicklung war Anfang der 1980er Jahre die Entscheidung der Stadtentwicklungspolitik, die Zentralität der Innenstadt u.a. aufgrund der Verkehrsproblematik aufzubrechen. 1980 erteilte die Stadtregierung für den Korridor Bosques de las Lomas die Bauerlaubnis von Gebäuden mit mehr als 161 Metern Höhe (Interview M2). Box 13: Entwicklung einzelner Immobiliensubmärkte in Mexiko City Bis Anfang der 1990er Jahre konzentrierten sich die Bauprojekte an den Hauptverbindungsachsen Reforma, Insurgentes und Juárez. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war nämlich der Bau von Hochhäusern nur entlang von Straßen mit einer Mindestbreite von 18 Metern zulässig. In den traditionellen Büromärkten wie Reforma Centro, Insurgentes Sur, Polanco und Centro Historico überwiegen ältere, modernisierungsbedürftige und weniger den internationalen Standards genügende Objekte (siehe Abb. 32). Mit der Fertigstellung hochwertiger Bürohochhäuser und der Sanierung älterer Gebäude zeichnet sich jedoch gegenwärtig eine Renaissance des geschichtsträchtigen zentralen Boulevards Paseo de la Reforma ab. Besonders der durch seine Höhe (225 Meter) und Glaskurve markante Torre Mayor verhilft dem Submarkt zu neuer Popularität und setzt einen Aufwertungsprozess rund um den Wolkenkratzer in Gang. Auch der Immobilienmarkt entlang der Verkehrsachse Insurgentes erfährt in den letzten Jahren durch Renovierung und Sanierung des älteren Bestands eine Belebung. Mit dazu beigetragen haben die Sanierungsprogramme der Stadtregierung, die in den letzten Jahren initiiert wurden und sich auf das historische Stadtzentrum und die Reforma richteten. Die jüngste Rückbesinnung der Unternehmen auf die etablierten Dienstleistungsstandorte ist letztlich auch auf die mangelhafte Integration neuer Standorte wie Santa Fé und deren unzureichende Infrastruktur (z.B. Verkehrsanbindung, Beleuchtung, Gastronomie) zurückzuführen.
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Wie Abb. 33 verdeutlicht, durchlief der Büroimmobilienmarkt in Mexiko City in den letzten Jahren eine Bereinigungsphase (siehe Abb. 11, S. 82 zu den einzelnen Marktphasen), die anfänglich durch ein Überangebot an hochwertigen Büroflächen (1996 bis 2003) und rückläufige Mietentwicklungen (von 50 auf 20 US$/qm) gekennzeichnet war. Abb. 33: Büroimmobilienmarktentwicklung in Mexiko City (A-Segment)
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von Jls 2003-2008 Die Neubauten, die auf Basis sehr hoher Mieten Mitte der 1990er Jahre (1994: um die 50 US$) geplant wurden, kamen phasenversetzt auf den Markt und erhöhten damit den Büroimmobilienbestand sprunghaft von rund 600.000 (1994) auf 2 Millionen qm (2000). Mit der Sättigung der Nachfrage nahm der Leerstand Ende der 1990er Jahre auf über 20% zu und die Mieten sanken auf 22 US$ pro qm. Gerade in den letzten drei Jahren hat der Büroimmobilienmarkt in Mexiko City jedoch die Marktstabilisierungsphase erreicht. Mit der positiven Wirtschaftsentwicklung stieg die Zahl der Bürobeschäftigten, wodurch die Flächennachfrage wieder langsam zunahm. Die wachsende Absorptionsrate reduzierte das Überangebot an Neubauten, die während der Überbauungsphase auf den Markt kamen. Folglich hat sich der Anteil an vakanten Büroflächen von über 20% im Jahr 2002 auf 3,9% in 2008 spürbar verringert. Die erhöhte Nachfrage nach modernen Büroflächen setzte auch einen Preisanstieg in Gang, der 2008 im Durchschnitt bei über 25 US$ pro qm angelangt ist. Entsprechend sind die Anfangsrenditen für Immobilieninvestments auf ca. sieben bis acht Prozent gesunken. Während die Immobilienmärkte der Kernökonomien im Sog der weltweite Finanzmarkt- und Konjunkturkrise bereits 2008 einen starken Rückgang der Investmentvolumina verzeichneten, hat
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sich der Büroimmobilienmarkt in Mexiko City bislang als sehr widerstandsfähig erwiesen. Aktuelle Prognosen rechnen erst ab 2009 mit einer Stagnation der Preisentwicklung und höheren Leerstandsraten. Die insgesamt 3,1 Millionen qm Büroflächen im A-Segment sind sehr ungleich auf das Stadtgebiet verteilt und konzentrieren sich ausschließlich auf den Westen und Südwesten (siehe Abb. 34). Ein Viertel des gesamten Inventars ist in Santa Fé lokalisiert. Es folgen Lomas de Chapultepec, Perisur, Insurgentes, Bosques, Polanco und Reforma. Der Teilmarkt Perisur profitierte dabei von der Entscheidung des Distrito Federals, viele Funktionen in den südlichen Teil der Stadt zu verlagern. Aus Abb. 34 geht auch hervor, dass Spitzenmietpreise v.a. an den zentralen Standorten, wie Reforma und Lomas de Chapultepec, verzeichnet werden, während periphere Büromärkte, wie Santa Fé, Perisur und Interlomas, die geringsten Preise erzielen. Die Leerstandszahlen variieren zwischen null und zehn Prozent, wobei die innenstadtnahen Standorte wie Reforma und Polanco die geringsten Raten aufweisen. Die niedrigen Leerstände in Interlomas und Perinorte sind auf deren geringen Bestand an Büroflächen zurückzuführen. Abb. 34: Kennzahlen der Büroimmobilienteilmärkte (Class A-Segment) in Mexiko City 2008
Quelle: Eigene Zusammenstellung und Darstellung nach CBR 2008 Die jüngste Dynamik (Preisanstieg und Leerstandsrückgang) des Büromarktes in Mexiko City hat Projektentwickler zur Bautätigkeit animiert. Mit der Aussicht auf steigende Mieten und eine hohe Nachfrage wurden in den letzten Jahren viele Büroprojekte gestartet. Im Jahr 2007 kamen rund 200.000 qm Fläche auf den Markt. Ab dem Jahr 2008 bis 2010 wird ebenfalls eine Vielzahl von Projekten fertig gestellt. Insgesamt sind ca. 570.000 qm Büroflächen in Planung, wobei sich die meisten Entwicklungsanstrengungen auf die Teilmärkte Reforma und Santa Fé (ca. 228.000 qm) konzentrieren.
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São Paulo São Paulo ist mit rund acht Millionen qm Bürofläche der wichtigste und größte Büroimmobilienmarkt in Südamerika (Interview S10). Dieser unterteilt sich in zwölf Submärkte (siehe Abb. 35). Abb. 35: Büroimmobilienteilmärkte in São Paulo (2008)
Insgesamt wird ein Drittel des gesamten Büroflächenbestands der Klasse A zugeordnet, 40 bzw. 28% sind als Klasse B bzw. C klassifiziert. Der Bestand an hochwertigen Klasse A-Bürobauten hat sich seit 1996 auf etwa 2,5 Millionen qm im Jahre 2008 verdreifacht und konzentriert sich auf re-
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lativ junge Teilmärkte in Stadtteilen wie Berrini, Marginal und Faria Lima sowie auf das traditionelle Finanzzentrum Avenida Paulista (siehe zur Entwicklung einzelner Immobiliensubmärkte auch Box 14; S. 245). Wie das folgende Zitat verdeutlicht, ballen sich hier dynamische Wirtschaftsbereiche des Finanzsektors und strategische Abteilungen internationaler Unternehmen, womit auch die privaten Investitionen für Immobilienprojekte auf diese Teilmärkte gerichtet sind: „The Avenida Paulista is home to some of the world’s biggest financial institutions and a symbol of the economic power of the State of São Paulo, along with the newer Avenida Berrini, and Avenida Faria Lima“ (Interview S10).
Ähnlich wie in Mexiko City hat sich der Büroimmobilienmarkt in São Paulo in den letzten Jahren konsolidiert. Politische und konjunkturelle Krisen Anfang 2000 führten eine Marktsituation herbei, die durch eine geringe Nachfrage nach modernen Büroflächen gekennzeichnet war. Diametral zum nachlassenden Bedarf kamen 2001 bis 2004 eine Vielzahl an Neubauten auf den Markt, die sich Ende der 1990er Jahre noch in der Pipeline befanden und nach Fertigstellung den Leerstand weiter erhöhten (siehe Abb. 36). Abb. 36: Büroimmobilienmarktentwicklung in São Paulo (A-Segment)
Quelle: Eigener Entwurf nach Daten von Jls 2000-2008 In der Folgezeit belasteten dementsprechend hohe und steigende Leerstandsraten (bis 25% im Jahr 2004) sowie fallende Mietpreise den Büroimmobilienmarkt der brasilianischen Metropole. Basierend auf dem wirtschaftlichen Aufschwung setzte ab 2005 wieder eine höhere Nachfrage nach modernen Büroflächen ein, die die Leerstandsraten auf rund sieben Prozent sinken und die Mietpreise im Topsegment auf über 80 R$ pro qm
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steigen ließ. Die verteuerten Miet- und Kaufpreise resultieren schließlich in eine sinkende Nettoanfangsrendite, die aktuell etwa elf Prozent beträgt. Trotz globaler Finanzmarktkrise hält auch in São Paulo der Positivtrend im dritten Quartal 2008 an. Wie Abb. 37 veranschaulicht, liegen die modernen Immobilienteilmärkte in São Paulo ähnlich wie im Fallbeispiel Mexiko City im Südwesten der Metropole. Der größte Anteil an der kommerziellen Flächennutzung entfällt auf die Büroteilmärkte Berrini, Marginal, Faria Lima und Paulista, wo insgesamt rund 60% der zwei Millionen qm Büroflächen lokalisiert sind. Bei diesen Märkten handelt es sich quantitativ und qualitativ um den Kern des Büromarktes. Bemerkenswert ist hierbei trotz Flächenmangel und alter Baustruktur die immer noch bedeutende Stellung des traditionellen Finanzzentrums entlang der Avenida Paulista. Abb. 37: Kennzahlen der Büroimmobilienteilmärkte (Class A-Segment) in São Paulo 2008
Quelle: Eigene Zusammenstellung und Darstellung nach Jls 2008 Weitere Märkte wie Centro, Jardins, Moema und Alphaville fallen in ihrer kommerziellen Größe nicht besonders ins Gewicht. Die höchsten Mieten können an den zentralen Standorten Faria Lima, Jardins und Paulista realisiert werden, während periphere Büromärkte wie Alphaville sowie das Zentrum die geringsten Preise erzielen. Mit der Aussicht auf steigende Mieten und hohe Nachfrage wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Büroprojekte gestartet. Im Jahr 2007 kamen rund 140.000 qm Fläche auf den Markt. Im Jahr 2008 sind insgesamt ca. 180.000 qm Büroflächen in Planung, wobei sich alle großen Entwicklungen mit jeweils 60.000 qm auf die Teilmärkte Berrini, Faria Lima und Vila Olímpia beschränken.
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Box 14: Entwicklung einzelner Immobiliensubmärkte in São Paulo Bis Ende der 1950er Jahre fungierte die Innenstadt São Paulos nicht nur als kulturelles Zentrum, sondern auch als bedeutendster Bürostandort. Betrachtet man den Gesamtbestand an Büroflächen, so nimmt auch heute noch – zumindest auf den ersten Blick – das traditionelle Bürozentrum Centro mit ca. 34% einen auffallend hohen Anteil ein. Gleichwohl sind über zwei Drittel der Bürogebäude, die in den 1930er, 40er und 50er Jahren entstanden, minderer bzw. schlechter Qualität (Interview S8). Parallel zu einem Bedeutungsverlust als Bürostandort durchläuft das traditionelle Stadtzentrum seit den 1990er Jahren einen Degradierungsprozess (Interview S4). Um die Negativspirale des Innenstadtverfalls zu stoppen und Impulse zur Revitalisierung zu setzen, veranlassen Politiker und Planer in Kooperation mit privatwirtschaftlichen Akteuren seit einigen Jahren unterschiedliche Sanierungsprogramme wie z.B. Nova Luz, Ação Centro und Viva o Centro (siehe hierzu Coy 2002/2006/2007; Associação Viva o Centro 2008). Ab den 1960er Jahren verlagerte sich das wirtschaftliche Zentrum auf die Avenida Paulista. 1968 wurde in dieser innenstadtnahen Zone aufgrund des hohen Nachfragedrucks im Zentrum die Beschränkung auf Wohnungs- und öffentliche Bauten aufgehoben und auch Bürobauten zugelassen. In den Folgejahren kam es zu einem Bauboom, der die Vertikalisierung, d.h. die Ausdehnung in die Höhe, des Stadtviertels vorantrieb. Über 40% des heutigen Gebäudebestands stammt folglich aus den 1970er Jahren. In den 1980er Jahren stärkten vor allem große Bauprojekte nationaler Finanzdienstleister die Stellung als Finanzplatz. Die Avenida Paulista symbolisierte den wirtschaftlichen Aufschwung Brasiliens: „During this time Avenida Paulista became the symbol of Brazilian industrial strength with hundreds of multi story buildings going up in this area. This led to a look and atmosphere of a modern cosmopolitan city“ (Interview S8). Ein beschränktes Flächenangebot, hohe Boden- und Mietpreise sowie die geringe Anzahl an neuen Projektentwicklungen führten Ende der 1980er Jahre zu einer Stagnation des Finanzstandortes Paulista. Zahlreiche wissensintensive Unternehmen verlagerten ihren Standort aus dem Innenstadtbereich an neue Bürostandorte im Südwesten (Interview S4). Vor allem in Faria Lima, Vila Olímpia und Berrini haben sich punktuell mit hochwertigen Bürobauten neue Zentrumsstrukturen gebildet, für deren Entstehung die Renditeerwartungen großer Immobilieninvestoren und die Nähe zum Finanzzentrum Paulista eine wesentliche Rolle spielten (Interview S4). Aber auch periphere Standorte wie Marginal erfuhren Ende der 1980er Jahre aufgrund verfügbaren Baulands auf früheren Industrieflächen, flexibleren und investorenfreundlicheren Regulierungen eine zunehmende Beliebtheit. Nicht zuletzt begünstigten die schwierigen Finanzierungsmöglichkeiten in den 1980er Jahren den Verlagerungsprozess an den Stadtrand (Interview S2; S7). Projektentwickler ohne ausreichendes Eigenkapital verkauften und vermieteten i.d.R. bereits vor Baubeginn die zukünftigen Bürohäuser. Dieses Finanzierungsmodell funktioniert nur bei geringen Grundstückskosten, die gerade an diesen neuen Standorten realisiert werden konnten. Ebenso spekulierten die Entwickler auf Wertsteigerungen des Grundes. Heute findet man in diesem Immobilienteilmarkt zwar einige der modernsten Büroimmobilien in São Paulo (Interview S8), allerdings ist die öffentliche Verkehrsanbindung bislang unzureichend.
Als Fazit dieses einführenden Kapitels bleibt festzuhalten, dass beide Standorte in einer relativ kurzen Zeitspanne eine ähnlich große Bandbreite unterschiedlicher wirtschaftspolitischer Entwicklungen und Krisen durch-
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laufen haben. Heute zählen Mexiko City und São Paulo zu den aufstrebenden Märkten der Semi-Peripherie. Sie wandeln sich zunehmend zu strategischen Orten für die Realisierung weltweiter wirtschaftlicher Aktivitäten. Für beide Metropolen gilt, dass sich seit einigen Jahren ein starker tertiärer Sektor, getragen vom internationalen Kapital, herausbildet. Damit wird deren Muster immobilienwirtschaftlicher Standorte wesentlich ausgedehnt und überformt. Die zunehmende Nachfrage nach hochwertigen Bürohochhäusern und die momentane Mietpreisstabilisierung bzw. -erhöhung weckt das Interesse internationaler Investoren. Für Investoren sind beide Immobilienmärkte laut Interviewpartner derzeit aus zwei Gründen interessant. Zum einen sind im Bürosegment wichtige Nachfrageimpulse und damit ein steigendes Mietpreiswachstum zu registrieren, zum anderen bieten beide Märkte durch zu Kernmärkten entgegengesetzte Marktzyklen Diversifikationspotenzial. Nicht zuletzt zeigten sich die beiden Büromärkte zumindest bislang von der Finanz- und Wirtschaftskrise relativ unbeeindruckt, während weltweit die Preise nach einer beispiellosen Hausse fallen. Eine Erklärung dafür ist die geringe Beteiligung brasilianischer und mexikanischer Investoren und Banken an dem Finanzierungskarussell überfinanzierter Immobilien (siehe zu Auswirkungen der Finanzkrise auch Kapitel 8). Die Frage, ob und wie stark die beiden Immobilienmärkte bereits internationalisiert sind, greift das folgende Kapitel auf, indem es für die einzelnen Segmente der Immobilienwirtschaft zunächst den Verlauf der Internationalisierung skizziert und im Anschluss die Bedeutung ausländischer Akteure herausarbeitet. Dazu werden einzelne Aspekte des theoretisch konzipierten Phasenmodells der Internationalisierung (Kapitel 4.3.2), wie z.B. der Wandel der Akteurskonstellationen, Regulierungsweisen und Standards auf internationalisierenden Immobilienmärkten, aufgegriffen und überprüft.
7.2 Internationalisierung der B ü r o i m m o b i l i e n m ä r k t e i n M e xi k o C i t y und São Paulo Beide lateinamerikanischen Metropolen haben sich in den letzten Jahren zu potenziellen Investitionsstandorten auf der internationalen Immobilienlandkarte entwickelt. Wie aber wirkt sich diese neue Position konkret auf die lokalen Märkte der Semi-Peripherie aus? Mit Hilfe des Phasenmodells (Kapitel 4.3.2) wurde abgeleitet, dass der Internationalisierungsprozess nicht zeitgleich und gleichmäßig alle Segmente des Immobilienmarktes erfasst. Seit wann und zu welchem Ausmaß die verschiedenen Teilsektoren (Mieter-, Berater-, Investoren- und Projektentwicklermarkt) von ausländischen Akteuren besetzt sind, wird daher im Folgenden anhand der empiri-
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schen Studie untersucht. Der zweite Abschnitt des Kapitels analysiert differenziert nach Teilsegmenten die gegenwärtige Marktposition ausländischer Akteure und anhand der im Theorieteil formulierten Kennzeichen reifer Büroimmobilienmärkte (siehe S. 157) die jeweilige Marktentwicklung. Ziel dieses Kapitels ist es also, den Gehalt des Phasenmodells der Internationalisierung an den beiden Fallbeispielen zu überprüfen und gegebenenfalls allgemeinere Prinzipien über den Internationalisierungspfad vormals lokaler Immobilienmärkte zu formulieren.
7.2.1
Markteintritt ausländischer Immobilienakteure
Aufgrund hoher nationaler und lokaler Regulierungsdichte sowie intransparenter Marktstrukturen waren die Büroimmobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo bis Ende der 1980er Jahre fast ausschließlich lokal geprägt, wie folgende Ankerbeispiele verdeutlichen5: „Mexican real estate for years was primarily a family affair with the majority of properties owned by local Mexican developers and investors“ (Interview M11). „Even 5 years ago only a few international companies came to the Brazilian real estate market trying their hand and then went back“ (Interview S1).
Die Zitate beinhalten mit der Dominanz lokaler Immobilienakteure und der geringen Präsenz ausländischer Unternehmen bereits zwei Aspekte, die für beide Märkte lange Jahre typisch waren. In Mexiko änderte sich diese Situation grundlegend, als das Land im Zuge der Marktöffnung an Attraktivität für ausländische Unternehmen gewann. In der Folge stiegen die ausländischen Direktinvestitionen seit Mitte der 1980er Jahre rapide an und generierten damit eine zunehmende Nachfrage nach Büroimmobilien. Bereits Anfang der 1990er Jahre entfiel nicht weniger als 40% der Büroflächennachfrage in Mexiko City auf internationale Mieter. Mit dem NAFTAAbkommen nahm dieser Anteil weiter zu. Entsprechend gaben mehr als 80% der Interviewpartner an, dass internationale Mieter als erstes den Markt betraten (siehe Abb. 38; S. 248). Gleiches gilt für São Paulo, wobei allerdings die verlorene Dekade die Büronachfrage zunächst niedrig hielt und erst die Privatisierung großer Staatsbetriebe Mitte der 1990er Jahre den Markteintritt ausländischer Unternehmen entscheidend antrieb (Interview S14). Ausländische Mieter leiteten damit auch in São Paulo die Internationalisierung des Marktes ein, wie Abb. 38 verdeutlicht.
5
Um sich von den Einzelfällen zu lösen, werden im Folgenden die Erkenntnisse beider Untersuchungsmärkte im Vergleich analysiert. Dabei werden Unterschiede klar herausgearbeitet und Gemeinsamkeiten generalisert. Interviewsequenzen aus Mexiko City bzw. São Paulo werden mit einem M bzw. S vor der Interviewnummer kenntlich gemacht.
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Abb. 38: Markteintritt ausländischer Immobilienakteure – zeitlicher Ablauf
Quelle: Eigene Erhebungen Im Gefolge internationaler Immobiliennutzer begannen global operierende Beratungsunternehmen Anfang und Mitte der 1990er Jahre eigene Niederlassungen in Mexiko City und São Paulo aufzubauen. In beiden Untersuchungsmärkten belegen sie dementsprechend den zweiten Rang in der Abb. 38. Die transnationalen Berater folgten ihren Kunden, den internationalisierenden Unternehmen, um deren steigende Nachfrage nach Bürobzw. Gewerbeflächen und professionellen Immobiliendienstleistungen inkl. Gebäudemanagement vor Ort zu bedienen (Follow-the-client)6. Viele multinationale Unternehmen betrachten die weltweite Aufstellung ihrer Immobilienberater gar als Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. Ein charakteristischer Fall hierfür ist die Expansion eines Immobilienberaters nach São Paulo aufgrund eines Auftrages des langjährigen und gewichtigen Kunden Motorola (Interview S8). Ähnlich wie für Immobilieninvestoren (siehe Kapitel 6.2), ist also auch bei Beratern, die Richtung und der Verlauf der Internationalisierung zu einem gewissen Grad durch Beziehungen zwischen einzelnen Kooperationspartnern vorgegeben.
6
Die ausländischen Berater übernahmen auch Property- und FacilityManagement-Aufgaben. Die ausländischen Gebäudemanager sind damit deckungsgleich mit den Beratern.
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Als erster internationaler Berater eröffnete Jones Lang LaSalle 1992 ein Büro in Mexiko City, 1993 trat CB Richard Ellis in den Markt ein. 1994 Jahren folgten Cushman & Wakefield, Colliers und Staubach. Etwa zeitgleich expandierten die Berater auch auf den brasilianischen Immobilienmarkt (siehe Tab. 22). Das relativ kleine Zeitfenster des Markteintritts (1992-98) lässt vermuten, dass bei den Internationalisierungsentscheidungen der Berater auch die Beobachtung und Imitation der Konkurrenz eine Rolle gespielt haben. Eine Ausnahme stellt das Beratungshaus CB Richard Ellis dar, das bereits seit 1979 eine eigene Niederlassung in São Paulo unterhält und sich dort schon früh zum Marktführer entwickelte (Interview S2). Tab. 22: Standorte transnationaler Immobilienberatungshäuser (2008) Immobilienberater
Büros weltweit
Länder mit Niederlassungen
Markteintritt Mexiko City
Markteintritt São Paulo
Jones Lang LaSalle
180
60
1992
1996
CB Richard Ellis
300
50
1993
1979
Cushman & Wakefield
215
56
1994
1994
Colliers International
293
61
1994
1998
DTZ/Staubach*
150
45
1994
1995
New America International
325
55
1997
1996
*2008 fusionierten Staubach und Jones Lang LaSalle
Quelle: Eigene Darstellung Nach den ausländischen Beratern, die gleichzeitig auch als Gebäudemanager aktiv sind, kam es nach Meinung der Interviewpartner in beiden Märkten zu ersten zaghaften Vorstößen ausländischer Projektentwickler. Trotz eines deutlichen Defizits an hochwertigen Bürogebäuden Mitte der 1990er (Interview M6) zeigte sich der Entwicklungsmarkt in Mexiko City lange Zeit als relativ geschlossenes Segment, das von wenigen lokalen Marktteilnehmern dominiert wurde: „Before 2002 about 90% of all developers were a small circle of the very strong Jewish developer community“ (Interview M6). Ein Grund dafür waren Investitionsbeschränkungen und erhebliche rechtliche Hürden, die internationale Projektentwickler zunächst fern hielten. Erschwerend kam die teure und komplizierte Aufnahme von Fremdkapital hinzu. Nur wenige Markteintritte global agierender Projektentwickler waren demzufolge erfolgreich und langfristiger Natur (Interview M9). So ist der US-amerikanische Entwickler Hines seit Anfang der 1980er Jahre im Industriesegment in Mexiko aktiv und eröffnete 1994 eine Niederlassung in Mexiko City. Seitdem entwickelt, saniert und verwaltet das Unternehmen dort auch Bürohäuser. Reichmann International aus Kanada, bekannt durch Projektentwicklungen wie Londons Canary Wharf oder das World Financial Center in New York City, ist Bauherr des prestigeträchtigen Büroturms Torre Mayor, der 2003 fertig gestellt wurde.
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Auch in São Paulo erfolgte den Einschätzungen der Interviewpartner zufolge der Markteintritt internationaler Immobilienentwickler zeitlich nach den Mietern und Beratern (siehe Abb. 38; S. 248). Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten, exorbitant hohe Zinsen und eine geringe Nachfrage bewirkten in den 1980er und frühen 1990er Jahren nahezu einen Stillstand an neuen Projektentwicklungen im Bürosegment. Ende der 1990er Jahre traf die steigende Nachfrage internationaler Unternehmen nach hochwertigen Büroflächen dementsprechend auf einen geringen Bestand. Parallel schufen niedrige Inflationsraten und eine stabilere Währung ein günstigeres Umfeld für Projektentwicklungen, wodurch auch erstmalig internationale Akteure wie Tishman Speyer (1996) und Hines (1998) auf dem Gewerbeimmobilienmarkt in São Paulo aktiv wurden. Im Falle des USamerikanischen Entwicklers Tishman Speyer erfolgte der Markteintritt 1996 über eine strategische Allianz mit dem brasilianischen Bauunternehmen Método Engenharia S.A.. Ein Gesprächspartner wertete das Engagement dieser Projektentwickler mit weltweitem Ruf als Startschuss für den Marktzugang weiterer Immobilieninvestoren: „The developers came in and then on their back they are spreading the gospel outside“ (Interview S12). Das mag auch darin liegen, dass internationale Projektentwickler nach Projektfertigstellung und Vermietung die Büroobjekte vorzugsweise an internationale opportunistische oder institutionelle Investoren verkaufen, mit denen sie in der Vergangenheit an anderen Märkten bereits gute Erfahrung gemacht haben. Im Investmentsegment setzte der entscheidende Durchbruch in beiden Metropolen erst in den letzten Jahren ein, wobei São Paulo laut Interviewpartner zwischen vier und sechs Jahre in der Entwicklung hinterherhinkt (Interview M4). Ein stabiles Wirtschaftsklima bescherte den Märkten zunächst Zuflüsse von eher risikoorientierten, sehr stark fremdfinanzierten opportunistischen Investoren7 aus den USA. Während in Mexiko City ein Großteil dieser Akteure bereits Mitte der 1990er Jahre im Zuge der NAFTA-Vereinbarungen Investitionen tätigte, ist dieser Investortyp in São Paulo ein relativ junges Phänomen. Ein Interviewpartner datierte den Markteintritt auf 2005 (Interview S3). Wie bereits weiter oben erwähnt, ist die zeitversetzte Internationalisierung v.a. auf die starke Marktstellung nationaler Investoren (z.B. Pensionskassen), den später einsetzenden Libera-
7
Wie bereits in Kapitel 3.1 erläutert wurde, ist die Strategie opportunistischer Investoren auf eine Maximierung der Rendite ausgerichtet (15 bis 20%), wofür ein höheres Risiko in Kauf genommen wird. Hohe Fremdkapitalanteile bei niedrigem Zinsniveau sind unverzichtbar, um über Ausnutzung des Leverage-Effekts die Rendite zu maximieren. Ihr Anlagehorizont ist i.d.R. kurzbis mittelfristig (zwei bis fünf Jahre). Innerhalb dieses Zeitraums sollte die Rentabilität der Immobilie erhöht und der Verkauf sichergestellt werden. Institutionelle Investoren zeichnen sich demgegenüber durch eine langfristige Anlagestrategie, einen hohen Eigenkapitalanteil und ein eher sicherheitsorientiertes Vorgehen aus.
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lisierungskurs und die bis 2002/2003 anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Instabilitäten zurückzuführen. Märkteübergreifend werden schließlich institutionelle Investoren als letztes Glied in der Kette der Markteintritte angesehen (siehe Abb. 38; S. 248). So drängen seit einigen Jahren in Mexiko City nun auch institutionelle eigenkapitalstarke Investoren verstärkt auf den Markt. Die Integration in das weltweite Immobiliengeschäft wurde dabei wesentlich durch das Investment-Grade-Rating Mexikos im Jahre 2002 vorangetrieben. Ein Gesprächspartner sprach in diesem Zusammenhang vom Zugang zur „institutional investors’ world“ (Interview M19), da institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen per Gesetz oder durch eigene Vorgaben daran gebunden sind, nur Investitionen in Ländern mit einem bestimmten Mindestrating vorzunehmen. Während in Mexiko City institutionelle Investoren aus dem Ausland bereits Büroimmobilien erworben haben, stand deren Markteintritt in São Paulo Mitte 2006 noch aus. Mit dem Verweis auf den deutschen institutionellen Investor, der zu dieser Zeit bereits eine gewichtige Rolle auf dem mexikanischen Immobilienmarkt einnahm, merkte ein brasilianischer Berater daher an: „Until now there is not a DIFA in São Paulo“ (Interview S24). Die Einschätzungen der Interviewpartner in Abb. 38 bestätigen das bisherige Ausbleiben bzw. das erst späte Interesse institutioneller Investoren. Fast 80% der Befragten setzten diesen Investortypen auf den letzten Rang, wobei in vielen Fällen hinzugefügt wurde, dass der Markteintritt noch nicht erfolgte. Gleichwohl zeigten sich die Interviewpartner darüber einig, dass es Anzeichen für einen bevorstehenden Markteintritt großer institutioneller Immobilienanleger gibt. So berichtete ein lokaler Immobilienakteur über Transaktionsverhandlungen mit einem institutionellen Investor und prognostizierte deren zeitnahen Einstieg: „A lot of players are looking at the market but have not invested yet. Nevertheless we see that it is starting and probably it will gain force this and next year“ (Interview S12).
Der Eindruck eines kurz bevorstehenden Markteintritts bestätigt sich auch durch die Angaben lokaler Projektentwickler, die bei Verkaufsrunden hochwertiger Büroimmobilien immer häufiger auch Angebote ausländischer institutioneller Investoren erhalten (Interview S14). Nicht zuletzt registrierten auch die Immobilienberater zunehmende Anfragen aus dem Ausland (Interview S4). Im Unterschied zu Mexiko City bezieht sich das Interesse der institutionellen Investoren nicht nur auf direkte, sondern vorwiegend auf indirekte Immobilieninvestitionen, etwa über Beteiligungen an brasilianischen Immobilienunternehmen. So schätzte ein Gesprächspartner, dass über 70% der neu herausgegebenen Aktien im Immobiliensektor von ausländischen institutionellen Investoren erworben wurden (Interview S5). Der Börsen-
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gang brasilianischer Immobilienunternehmen, wie z.B. Gafisa oder Cyrela, eröffnete ausländischen Investoren auch ohne eigene Brasilien-Expertise die Möglichkeit eines indirekten Zugangs zum Immobilienmarkt (Interview S18). Auch fallen die allgemeinen Nachteile der Marktfremdheit bzw. der Liabilities of foreignness (siehe Kapitel 3.3.1), wie beispielsweise Informations- und Kommunikationsbarrieren, kulturelle Distanz und administrative Hürden, weniger ins Gewicht als bei einem direkten Investment. Aus dem hohen Anteil an indirekten Investitionen am Gesamtvolumen internationaler Investments, den ein Interviewpartner auf über 60% beziffert (Interview S7), könnte man auf hohe Zusatzkosten bzw. vielfältige Intransparenzen bei einem direkten Marktzugang schließen (siehe dazu Kapitel 7.3). Wenngleich die Entwicklungen auf beiden Büromärkten zeitversetzt verliefen, lassen sich dennoch allgemeine Prinzipien über den Internationalisierungspfad vormals lokaler Immobilienmärkte ableiten. In beiden Märkten eröffnen internationale Mieter mit ihrer Nachfrage nach modernen Gebäuden und qualifizierten Beratern die Sequenz der Marktzutritte ausländischer Immobilienakteure. Dabei zeigt sich wieder mal die hohe Bedeutung komplementärer Markteintrittsformen (Follow-the-network und Follow-the-client), indem Berater, Gebäudemanager und Projektentwickler den Mietern folgen. Anders als das Beratersegment ist der Teilmarkt für Projektentwicklungen erst relativ spät von ausländischen Akteuren entdeckt worden und bleibt eher lokal verankert. Gleiches gilt für den Investmentmarkt, der erst in den letzten Jahren stärker internationalisiert wird. Im Hinblick auf den Marktzutritt ausländischer Investoren bleibt schließlich noch anzumerken, dass in beiden Untersuchungsmärkten die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise eine Bedeutungsverschiebung von opportunistischen zu institutionellen Investoren angestoßen hat. So bleiben fremdfinanzierte Investoren aufgrund der aktuellen Kreditklemme von den lateinamerikanischen Märkten wie Mexiko City und São Paulo weitgehend fern bzw. ziehen sich zurück. Allerdings wird die Lücke durch das verstärkte Engagement eigenkapitalstarker institutioneller Investoren, wie beispielsweise deutscher offener Immobilienfonds, mehr als ausgefüllt.
7.2.2
Internationalisierungsgrad und Marktreife
Das folgende Kapitel analysiert die gegenwärtige Marktposition ausländischer Akteure und versucht anhand der Kennzeichen reifer Büroimmobilienmärkte, wie z.B. hoher Professionalisierungsgrad, hohe Transparenz, Offenheit gegenüber ausländischen Akteuren, hohe Standardisierung der Marktpraktiken (gesamter Kriterienkatalog siehe S. 157) die Marktentwicklung abzuleiten. Die Untersuchung erfolgt differenziert nach den einzelnen Hauptakteuren der Immobilienwirtschaft: Mieter, Projektentwickler, Investoren, Berater und Gebäudemanager.
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Mieter Zieht man als Bewertungsgrundlage die Anzahl ausländischer Unternehmen (über 5.000 in Mexiko City; rund 3.500 in São Paulo) und deren Anteil am gesamten Vermietungsvolumen im hochwertigen Segment (2007 rund 50% in Mexiko City; ca. 60% in São Paulo) heran, kann zweifelsohne von internationalisierten Mietsektoren gesprochen werden (Interview M16; S7). Nahezu alle regionalen Headquarters transnationaler Unternehmen sind in den beiden Metropolen lokalisiert. Einige Gesprächspartner betonen allerdings die stärkere Internationalität der urbanen Ökonomie in Mexiko City, die sie aus der räumlichen Nähe zu den USA ergibt (Interview S24). Für eine hohe Reife beider Mietmärkte sprechen zunächst der hohe und steigende Anteil moderner Büroimmobilien an den Gesamttransaktionen. Von 16 Gebäuden, die sich 2007 in der mexikanischen Hauptstadt im Bau befanden, waren alle der Kategorie A zugehörig. Dementsprechend wurden 85% der Transaktionen im A-Segment umgesetzt; nur zwölf bzw. vier Prozent im B- bzw. C-Segment (Interview M6). Gleiches trifft auch auf den Immobilienmarkt in São Paulo zu, wo 2007 70% der Zugänge als Klasse A klassifiziert wurden. Der Bestand an modernen und international konkurrenzfähigen Büroimmobilien hat sich in beiden Großstädten in nur 10 Jahren auf 3,1 (Mexiko City) bzw. 2,5 Millionen Qm (São Paulo) verdreifacht. Obgleich immer noch die Mehrheit der mexikanischen (ca. 70%) und brasilianischen Unternehmen (ca. 75%) ihre Immobilien als Aktivposten in ihren Bilanzen halten, ordnen viele Unternehmen ihre Immobilienbestände neu, um Kapital für Investitionen im Kerngeschäft frei zu setzen: „The prevailing trend has been toward increased use of leasing. Today, the overwhelming majority of all new office projects are leased“ (Interview S6). Die Anzahl von Immobilienverkäufen durch Unternehmen steigt in beiden Untersuchungsräumen stetig an, ehemals unternehmenseigene Immobilien, wie beispielsweise das Büroportfolio der Großbank HSBC in Mexiko City, gelangen damit auf den Investitionsmarkt (Interview M10) und erhöhen die Investitionsmöglichkeiten für ausländische Immobilienanleger. Ebenso spricht die zunehmende Professionalisierung der Transaktionen für eine höhere Marktreife. Wurden noch vor wenigen Jahren die meisten Büroflächen ohne Einschaltung von Intermediären zwischen Vermieter und Mieter direkt gehandelt, werden heute 60 bis 70% der Immobiliengeschäfte in beiden Immobilienmärkten von professionellen Beratungshäusern abgewickelt (Interview M4; S24). Die Professionalisierung betrifft auch das Mietrecht, das in Mexiko grundlegend reformiert wurde und heute Sicherheiten, wie beispielsweise garantierte Mietlaufzeiten oder Bürgschaften ausländischer Mutterkonzerne beinhaltet. Waren in den
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1980er Jahren noch einjährige Mietverträge die Regel, werden heute vorwiegend langfristige Abkommen getroffen. Die zunehmende Marktreife bezieht sich allerdings nicht auf das B- und C-Segment, wie folgendes Beispiel veranschaulicht: „In class-B und C buildings there is still a large inventory that goes directly into the market. It is being leased on a day-to-day basis. For example in Insurgentes there is a lady named Martha. She owns about 20 class-B buildings which is a very large inventory and she utilizes a broker very seldom“ (Interview M13).
Solche Mietverträge, die eigenständig von mexikanischen Eigentümern aufgestellt werden, sind bei weitem nicht so professionell wie diejenigen transnationaler Beratungshäuser, wie ein Interviewpartner versicherte: “It is night and day“ (Interview M10). In São Paulo sind die Mietverträge darüber hinaus gegen die Inflationsentwicklung abgesichert, indem Mieterhöhungen an den Verbraucherpreisindex IGP-M (General Market Price Index) gekoppelt sind (Interview S8). Allerdings verwiesen nahezu alle Interviewpartner auch auf die Unklarheiten im Mietrecht, die im Zweifelsfall einseitig die Mieter begünstigen. Langfristige Mietverträge können frühzeitig gegen Zahlung einer kleinen Strafe von den Mietern aufgelöst werden (Interview S7). Gerade in Zeiten rückläufiger Mietpreise kam es durch das laxe Mietrecht zu plötzlichen Verlagerungstendenzen großer Mieter von älteren, modernisierungsbedürftigen zu hochwertigen Büroimmobilien, die nun plötzlich finanzierbar waren (Interview S12). Die schriftlichen Einschätzungen der Immobilienakteure bekräftigen die qualitativen Befunde. Beide Märkte sind durchmischt mit internationalen, nationalen und lokalen Mietern und bieten eine vollständige Palette von Immobilientypen. Wie Abb. 39 verdeutlicht, korrespondiert in Mexiko die internationale Offenheit des Mietsektors mit einer hohen Professionalisierung. Zwei Drittel der Gesprächspartner schätzten den Mietmarkt aufgrund des Mietrechts und der Vermietungspraktiken als sehr reif ein. Es bleibt allerdings festzuhalten, dass hinsichtlich der Qualität der Büroflächen zwei getrennte Marktsegmente, einer für lokale und einer für internationale Marktteilnehmer, existieren. Diese Zweiteilung wertete ein Drittel der Gesprächspartner als Indiz für einen noch nicht voll entwickelten Mietmarkt. Ein ähnliches Resultat erzielte São Paulo, wobei das kritisierte Mietrecht eine vergleichsweise geringere Einschätzung der Professionalisierung zur Folge hatte.
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Abb. 39: Einschätzung des Internationalisierungsgrads und der Marktreife nach Segmenten
Quelle: Eigene Erhebungen
Projektentwickler Die Auswertung der Interviews zeigt, dass das Teilsegment der Projektentwicklungen in beiden Märkten noch sehr stark lokal verankert ist und dementsprechend von lokalen Akteuren beherrscht wird. In Mexiko City waren demnach über 90% der zwischen 1995 und 2007 aktiven Projektentwickler lokal ansässige Unternehmen (Interview M1; M19), während nur ein Bruchteil der Projektentwicklungen von internationalen Akteuren vollzogen wurde (Interview M11). Auch in São Paulo dominieren nach wie vor lokale Entwickler wie Rossi, Gafisa und Cyrela das Marktgeschehen, wie auch folgende Aussage unterstreicht: „Tishman’s power is expanding. But they are nothing compared to the local developers. They do not have one percent of the São Paulo market“ (Interview S3). Wenngleich nordamerikanischen Unternehmen wie Tishman Speyer, Hines oder Reichmann mit spektakulären Objektentwicklungen wie z.B. dem Torre Mayor bzw. Del Bosque in Mexiko City oder dem Torre Norte bzw. Berrini Building in São Paulo auf sich aufmerksam gemacht haben, ist deren Marktanteil noch marginal. In Ansätzen ist zwar in beiden Büromärkten ein zaghaftes Aufbrechen lokaler Strukturen erkennbar, dennoch erschweren gerade bürokratische Hürden, fragmentierte Stadtverwaltungen, lokalspezifische Besonderheiten der Stadtplanungsgesetze und Korruption nach wie vor den isolierten
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Markteintritt ausländischer Projektentwickler (siehe Kapitel 7.3). Gesprächspartner beider Untersuchungsmärkte betonten die Wichtigkeit lokaler Präsenz und enger Beziehungen zur Stadtplanung, um die bürokratischen Hürden zu meistern: „Understanding and cutting through red tape, obtaining regulatory approvals or developing new projects requires local knowledge and partners“ (Interview M3).
Auch erfahrene Projektentwickler sind daher zu Beginn des Markteintritts auf eine enge Zusammenarbeit mit lokal ansässigen Akteuren angewiesen, da sich bisheriges Wissen nicht vollständig in neuen Märkten replizieren lässt und engmaschige Kontakte zu Planungs- bzw. Baubehörden fehlen (Interview S7; S21). Beispiele hierfür lassen sich in beiden Märkten finden. So ging der US-amerikanische Projektentwickler Hines Anfang der 1990er Jahre ein Joint Venture mit der mexikanischen Baufirma Promociones Metrópolis ein, um sich lokal einzubetten und Personal mit Marktkenntnis zu erhalten. Im Fall des US-amerikanischen Entwicklers Tishman Speyer erfolgte der Markteintritt in São Paulo 1996 über eine strategische Allianz mit dem brasilianischen Bauunternehmen Método Engenharia. Bezüglich der Professionalisierung des Marktsegments ergibt sich ein differentes Bild. Trotz geringer Internationalität haben sich die Baustandards und Gebäudeausstattungen in den letzten Jahren wesentlich erhöht und dem internationalen Niveau angenähert, wie folgende Aussage eines internationalen Projektentwicklers bekräftigt: „When I first got here eight years ago, the construction standards regarding important issues like safety, reliability, energy efficiency, durability, building systems and design were very poor. […] The newer buildings on the market that have been built in the last five to 10 years tend to be more modern and state-ofthe-art in terms of their construction, quality norms, heating, ventilating, airconditioning, electricity and so forth“ (Interview M3).
Nach Einschätzung der Gesprächspartner haben sich beide Immobilienmärkte nicht nur hinsichtlich der Gebäudequalität weiter entwickelt, sondern dies betrifft auch die Vermarktung, Finanzierung und Wirtschaftlichkeitsanalyse der Projekte. So haben sich beispielsweise international gängige Methoden der Projekt- und Risikoanalyse bei einigen lokalen Unternehmen etabliert. Noch vor wenigen Jahren basierten viele Projektentwicklungen auf Intuitionen und Gefühlen, wie das folgende Zitat veranschaulicht: „Mexican developers were used to lick their fingers, hold them up in the air and decide: ,Ok, we will build something here‘. It was more a feeling“ (Interview M19). Heute werden neben den kalkulierten Mieteinnahmen in der Entscheidungsphase immer selbstverständlicher detaillierte Performance-Kennzahlen, generelle Entwicklungen und Strömungen an den Finanz- und Immobilienmärkten sowie vielfältige Risiken wie Miet-
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ausfall-, Bonitätsrisiken und Exit-Möglichkeiten etc. herangezogen (Interview M4). Auch für São Paulo sind eine Abkehr von intuitiven und gefühlsbasierten Urteilen und ein genereller Trend zur Professionalisierung erkennbar (Interview S5). Im Vergleich zu Mexiko hat sich dabei allerdings eine starke Zweiteilung des Marktes herausgebildet in Entwickler, die infolge ihres Börsenganges ihr Management stark professionalisiert haben und Bauunternehmen, die immer noch vorwiegend intuitiv entscheiden und handeln, wie folgendes Zitat beispielhaft dokumentiert: „I mean I feel that this is a good deal. Sometimes it is just because you like it. It is charming, it is nice and you feel comfortable“ (Interview S17).
Als Hemmschuh für die Entwicklung beider Immobilienmärkte erwies sich lange Zeit der schwierige Zugang zu Fremdkapital. Bis vor kurzem war die Immobilienfinanzierung teuer, kompliziert und wurde nur begrenzt von wenigen lokalen Banken angeboten (Interview S3). In São Paulo kam erschwerend die hohe Zinslandschaft hinzu, welche die Gesamtkosten mancher Bauprojekte mitunter gar verdoppelte (Interview S10). Die Finanzierungsprobleme machten die Akteure beider Märkte erfindungsreich. Typisch war beispielsweise das sog. „local club financing“ (Interview M3), d.h. die gemeinsame Investition einiger finanzkräftiger Privatpersonen (siehe Box 15) oder der Verkauf noch nicht existierender Büroflächen vor Baubeginn an zukünftige Eigentümer (off plan). Diese alternativen Finanzierungsstrategien ermöglichten es den Projektentwicklern, Bauvorhaben auch mit wenig Eigenkapital zu starten (Interview M3). Ebenso dienten Arrangements mit den Grundstückseigentümern (z.B. Beteiligung am Projektgewinn) und Build-to-suit-Projekte (Bau eines Gebäudes auf Bestellung) dazu, die unzureichende Finanzierungssituation zu umgehen (Interview S2). Box 15: „Condominium“ als lokale Art der Projektentwicklung „Developers had no access to financing. So they used to build buildings on a condominium base. A developer went to a party, put his friends together and said ,each one of you has to give me one million US$‘. So they gather one million US$ each and started building a building. But the building was on a condominium base. So each one owned only half a floor or one floor which made the buildings very difficult to trade and lease. Since credits and financing started to be available, you now have a lot of buildings with single ownership. That gives many advantages in terms of leasing because you only have to speak to one guy. But also in terms of maintaining the buildings are better kept and in better conditions. And in terms of the availability to trade the buildings because you only have to talk to one person in order to sell“ (Interview M10).
Diese Bedingungen haben sich seit einigen Jahren etwas entspannt, als allmählich neue internationale Kapitalgeber ins Spiel kamen und bessere
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Kreditkonditionen in Mexiko City und São Paulo anboten. So kooperieren heute große mexikanische Projektentwickler, wie G.Accion oder Gicsa, mit internationalen Immobilienfinanzierungsbanken, wie GE Capital, MetLife, Scotia Bank oder Eurohypo. Auch in São Paulo bieten nun Finanziers aus dem Ausland wie ABN Amro Real und Eurohypo neue Finanzierungsmöglichkeiten. Seit Ende 2005 statten sich zudem die größten brasilianischen Entwickler wie Cyrela, Rossi, Gafisa oder Company über Börsengange mit frischem Kapital aus dem Ausland aus. Gafisa ist sogar seit 2007 als einziges brasilianisches Immobilienunternehmen an der New York Stock Exchange gelistet. Die Ermöglichung von neuen Finanzierungsformen jenseits der lokalen Bankenfinanzierung führt in beiden Beispielmärkten zu tief greifenden Restrukturierungen. War die Finanzierung von Immobilienentwicklungen lange Zeit vorrangig ein Geschäft der lokalen Banken, gewinnen auf beiden Märkten ausländische Finanzinstitute zunehmend an Bedeutung. Hinzu kommt die Möglichkeit, Kapital über die Emission von Aktien global zu akquirieren, wie es vor allem die großen Projektentwickler in São Paulo bereits praktizieren. Die schriftliche Befragung bestätigt die Interviewaussagen: Lokale Entwicklungsgesellschaften, die mit den Rahmenbedingungen vor Ort vertraut sind, beherrschen die beiden Märkte. Wie Abb. 39 verdeutlicht, stuften trotz geringer Internationalisierung zwei Drittel der befragten Immobilienakteure die Professionalität in Mexiko City als relativ hoch ein. In São Paulo ergibt sich diesbezüglich ein ambivalentes Bild, was auf die Zweiteilung des Entwicklungssegments in traditionelle, stark lokal verankerte Bauunternehmen und professionelle, börsennotierte Projektentwickler zurückgeführt werden kann.
Investoren Im ersten Halbjahr 2008 flossen rund zwei Milliarden US$ aus dem Ausland in den Büroimmobilienmarkt in Mexiko City. Waren bis Anfang des 21. Jahrhunderts nur eine Handvoll risikobereiter opportunistischer Investoren in Mexiko City aktiv (u.a. Goldman Sachs, GP Morgan), gerät der Büromarkt, wie bereits weiter oben ausgeführt wurde, nun auch in das Blickfeld institutioneller Investoren (Interview M3). Wenngleich internationale Transaktionen noch immer einen relativ geringen Anteil von weniger als 20% einnehmen (Interview M11) und lokale Investoren in Gestalt von Business Groups (Zusammenschlüsse von Privatpersonen) oder reichen Familienclans den Investmentmarkt noch dominieren (Interview M14), sind sich die Gesprächspartner einig, dass momentan institutionelle Investoren aus dem Ausland wie Immobilienfonds, Pensionskassen oder REITs erkennbar an Gewicht gewinnen (Interview M8). Wie bereits mehrfach betont, bleiben in São Paulo bislang institutionelle Investoren aus dem Ausland aus. Auch lokal ansässige, scheinbar si-
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cherheitsorientierte Investoren wie Hines oder Tishman Speyer agieren bislang eher opportunistisch, indem sie Immobilien entwickeln und nach kurzer Haltedauer weiterverkaufen (Interview S24). Damit war der Büroimmobilienmarkt 2006, abgesehen von einigen opportunistischen Immobilienanlegern aus den USA, immer noch vorwiegend in der Hand lokaler Bauunternehmen und nationaler Pensionskassen wie z.B. PREVI, FUNCEF oder PETROS. Letztere verlieren allerdings seit Anfang der 1990er Jahre infolge von Korruptionsskandalen, Missmanagement und externen Vorgaben des Internationalen Währungsfonds 8 an Gewicht (Interview S10). Betrug der Immobilienanteil in den Anlageportfolien der größten Pensionskassen Anfang der 1990er Jahre noch über 20%, sank er kontinuierlich auf heute vier Prozent ab (Abrapp 2008). Ähnlich wie in Mexiko City zählen auch liquide Privatpersonen oder reiche Familienunternehmen, die ursprünglich in anderen Sektoren (z.B. Autozulieferer, Lebensmittelindustrie) beheimatet waren, zu den Hauptinvestoren (Interview S20). Zu den bereits in Mexiko City aktiven Investoren zählen neben den amerikanischen Unternehmen wie MetLife, Prudential, CalPERS, LaSalle Investment, GE Equity und Hines, die insgesamt bis 2006 mit 80 bis 90% den überwiegenden Anteil internationaler Investments abwickelten (Interview M19; M22), seit drei Jahren nun auch deutsche offene Immobilienfonds (siehe Tab. 23). Tab. 23: Deutsche offene Immobilienfonds als Immobilienakteure in Mexiko City Fonds
Union Investment
Hansainvest Deka
Name des Bürogebäudes Torre Mayor Reforma 256 Santa Fé II Santa Fé III Montes Urales I Montes Urales III Reforma 489 Arbolada Lomas Torre de los Parques PWC Office Building
Investitionsvolumen in US-Dollar
Erwerbsdatum
102,0 87,5 39,0 97,3 11,4 8,7 25,6 13,8 21,0 121,4
04/2005 7/2005 4/2006 (Verkauf 5/2007) 4/2006 4/2006 5/2007 12/2007 5/2008 9/2007 12/2007
Quelle: Eigene Zusammenstellung Das bekannteste Beispiel ist die Union Investment Real Estate AG (damals DIFA), die 2005 für den offenen Immobilienfonds DIFA-Global mit rund 102 Mio. US$ einen 30-prozentigen Anteil am Torre Mayor erwarb und sich innerhalb von zwei Jahren mit weiteren Zukäufen in Lomas de Cha8
Im Zuge der Kreditvergabe 1998/99 durch den IWF wurde der zulässige Immobilienanteil im Gesamtportfolio für staatliche Pensionskassen in Brasilien beschränkt. In der Konsequenz reduzierten diese kontinuierlich ihren Bestand.
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pultepec, Santa Fé und Reforma Centro als einer der Schlüsselakteure profiliert hat. Ohne eigene Präsenz vor Ort bedient sich der Investor der Expertise von marktkundigen Partnern, welche über das erforderliche explizite Wissen verfügen sowie in lokale Netzwerke eingebettet sind. Indem das Investitionsverhalten starker Marktteilnehmer laufend beobachtet wird (siehe Kapitel 6.2.1), lösten auch die Transaktionen der Union Investment eine Signalfunktion für die Konkurrenz aus, wie folgender Marktkenner explizierte: „With them there are coming more and more foreign investors. Last week I met another investor from Germany, who was searching for opportunities in Mexico City. They see that one of them is ready to buy and the numbers of DIFA are right“ (Interview M5).
In der Konsequenz rückte Mexiko City auch bei anderen offenen Immobilienfonds in den Fokus. Neben Union Investment Real Estate hat die Deka, die Anlagegesellschaft der Sparkassen-Finanzgruppe, für ihren weltweit investierenden Publikumsfonds im Januar 2008 den regionalen Hauptsitz der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers in Mexiko City für über 120 Mio. US$ erworben. Ein Jahr zuvor startete die Anlagegesellschaft ihr Mexiko-Engagement mit dem Erwerb des Büroobjekts Torre de los Parques im Teilmarkt Insurgentes. Als dritter offener Immobilienfonds hat Hansainvest den Büroimmobilienmarkt in Mexiko City erschlossen. Hauptmieter des 2007 fertig gestellten Gebäudes Arbolada Lomas im Stadtteil Lomas Altas ist eine Tochtergesellschaft der französischen Großbank BNP Paribas (siehe Tab. 23). Obgleich in Mexiko City die finanziell potenten institutionellen Investoren kurzfristig einige der hochwertigsten und bekanntesten Büroimmobilien erwerben konnten und zurzeit „den Markt durchrütteln“ (Interview M14), merkte ein Gesprächspartner dennoch an, dass dies nur den ersten Schritt Richtung Internationalisierung darstellt: „If you consider that we have 300 A-class buildings and only five are owned by DIFA, you see that it is still very emerging“ (Interview M6).
Laut Auskunft der Interviewpartner ist auch in São Paulo 2006 der Startschuss für ausländische Investments gefallen. Belief sich der ausländische Kapitalzufluss im Immobiliensektor für ganz Brasilien lange Zeit auf rund 200 Mio. US$ pro Jahr, wurden für 2006 mehr als eine Mrd. US$ prognostiziert: „If you look at international real estate environment like Europe or the US one billion US$ is a drop in the ocean but if you look at our market it is the first time that we have seen fresh money“ (Interview S4). Der Anstieg um das Fünffache veranlasste einen Berater gar dazu, den jüngsten Markteintritt ausländischer Investoren mit einer Flutwelle zu vergleichen: „For many years we have been waiting for foreign investors in
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the Brazilian real estate business. And now they are coming in like in a tidal wave“ (Interview S10). Getragen wurde diese Welle weitgehend von der weiter oben bereits erwähnte BRIC-Story, die auch Investitionsentscheidungen im Immobiliensektor beeinflusst hat (siehe Kapitel 6.2.1). Die plötzliche Präsenz ausländischer Investoren bestätigt auch ein Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens, demzufolge täglich Anfragen von US-amerikanischen, asiatischen und europäischen Investoren eintreffen (Interview S7). Besonders Investmentbanken der Wallstreet, opportunistische und private Investoren aus dem Ausland wickelten 2006 und 2007 die größten Transaktionen ab. Besonders hervorgetan hat sich dabei der USamerikanische Investor Equity International, der sich an lokalen Immobilienunternehmen wie z.B. Gafisa oder BRACOR beteiligt hat. Nach Angaben von Jls (2008) hat ein spanischer Privatinvestor jüngst alleine 642 Mio. US$ in eine Büroimmobilie in São Paulo investiert. Anders als in Mexiko City sind die großen institutionellen Investoren zumindest bei Direktinvestitionen aufgrund höherer Investitionsrisiken (siehe Kapitel 7.3) noch in Wartestellung. Ein anderes Bild ergibt sich bei den indirekten Investitionen. Im vorherigen Kapitel wurde bereits auf die hohe Beteiligung institutioneller Investoren an großen brasilianischen Projektentwicklungs- und Bauunternehmen verwiesen. Ein Gesprächspartner schätzt, dass bis zu 70% dieser Aktien (ca. 1,4 Mrd. US$) in Besitz ausländischer Investoren sind (Interview S5). Institutionelle Investoren aus dem Ausland versuchen über den Aktienmarkt indirekt vom Aufschwung des Immobilienmarktes zu profitieren, ohne dabei ein hohes Risiko eingehen zu müssen. Indirekte Immobilienanlagen ermöglichen im Vergleich zu direkten Investitionen einen schnelleren Marktein- und -austritt in neue Marktgebiete. Langwierige Transaktionsprozesse und hohe Transaktionskosten des direkten Immobilienerwerbs fallen weg Als Reaktion auf die zunehmende Nachfrage nach indirekten Anlagemöglichkeiten aus dem Ausland wurde in der jüngsten Vergangenheit eine Vielzahl neuer Immobilienfonds in Brasilien geschaffen. Ein Beispiel hierfür sind die beiden Brasilienfonds HCBI und HCBII, die von der kalifornischen Pensionskasse CalPERS in Kooperation mit Hines 2005 bzw. 2007 für institutionelle Investoren aufgelegt wurden (Interview S8). Ein dritter Fonds (Anlagevolumen: 800 Mio. US$) ist seit 2008 in Planung. Dass auch indirekte Beteiligungen gewichtigen Einfluss auf lokale Immobilienmärkte entfalten können, zeigt die neueste Investition des Fonds HCBII. Mit dem BankBoston Tower befindet sich seit 2007 eine Büroimmobilie im Portfolio, die aufgrund ihrer Architektur und Größe zu den markantesten Gebäuden in São Paulo zählt. Neben dem internationalen Investorenduo CalPERS/Hines strukturieren v.a. lokale Fondsmanager wie Banco Pátria, Brascan, Prosperitas, Capital Atlântico Immobilienfonds, die auf die Bedürfnisse institutioneller Investoren ausgerichtet sind. Über
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Prosperitas legten beispielsweise der Staatsfonds GAC aus Singapur und die Pensionskasse Washington State indirekt Kapital auf dem Büromarkt in São Paulo an (Interview S4). Deutsche Investoren sind zwar noch sehr zurückhaltend, dennoch haben einige Fondsgesellschaften Brasilien bereits fest im Visier. Ein Beispiel hierfür ist der Investor HCI Capital, der mit seinem geschlossenen Fonds HCI Real Estate BRIC indirekt über zwei Zielfonds (Brascan Brazil Real Estate Partners und Prosperitas Real Estate Partners II) in den brasilianischen Immobilienmarkt investiert. Trotz unterschiedlicher Ausgangsposition und Intensität der Internationalisierung betonten die Gesprächspartner beider Märkte, dass sich in jüngster Zeit immer mehr institutionelle Investoren in den jeweiligen Städten zeigen, um einen generellen Überblick zu erhalten, die Wettbewerbspositionen auszuspähen, gegenwärtige Trends aufzuspüren und Investitionsmöglichkeiten zu prüfen: „They are sniffing around, they are talking to a lot of people“ (Interview M11). „We know this is going to happen because big institutional investors are beginning to ask about São Paulo and are visiting the city to learn about this market“ (Interview S4)
Die zunehmende Nachfrage aus dem Ausland trifft allerdings in beiden Untersuchungsmärkten auf ein beschränktes Angebot an hochwertigen Bestandsimmobilien, wie ein Gesprächspartner exemplarisch für São Paulo ausführte: „Foreign investors all tend to look for a similar type of first class commercial properties, let to Triple-A-companies, on long leases and so on. And the fact is, that the market in the past has not produced very much of that“ (Interview S12).
Da bis vor kurzem der Zugang zu Fremdkapital sehr beschränkt war, existieren in beiden Märkten nur wenige Büroobjekte, die vollständig von einem Eigentümer gehalten werden oder bereits als Investmentprodukt errichtet wurden. Ein Großteil wurde auf Condominium-Basis finanziert und ist im Besitz von Investitionsgemeinschaften. Die meist auf Etagen und noch kleinere Einheiten aufgeteilten Besitzverhältnisse entsprechen nicht den Vorstellungen institutioneller Investoren. Insbesondere komplexe Verhandlungssituationen mit häufig mehr als 15 Eigentümern und dementsprechend vielen unterschiedlichen Interessen stellen sich für ausländische Akteure als entscheidendes Hindernis dar (Interview S7). Zum anderen besteht in beiden Märkten ein nicht unerheblicher Anteil des Flächenbestandes noch aus Eigennutzerobjekten. Diese Immobilien sind auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens ausgerichtet. Flächenanteile, die auf den Mietmarkt gelangen, weil das Unternehmen sie derzeit nicht selbst belegen bzw. aus den Bilanzen auslagern möchte, sind in der Folge nur unter
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Preisnachlässen zu vermieten, weil sie häufig nicht den Anforderungen Dritter hinsichtlich Ausstattung und Funktionalität entsprechen. Damit trifft das globale Kapital zurzeit nicht auf ein adäquates Angebot, wie es ein Berater auf den Punkt brachte: „Today there is more international capital than good projects available“ (Interview M11). Nichtsdestotrotz löst der Eintritt bzw. das Interesse ausländischer Investoren eine allmähliche Restrukturierung und Professionalisierung beider Märkte aus. Traditionelle Immobilieneigentümer wie vermögende Privatpersonen, Business Groups und Non-Property-Unternehmen verlieren relativ an Bedeutung, wie folgendes Zitat für Mexiko City verdeutlicht: „Real estate in Mexico has historically been owned by local occupiers, investors and business groups. This situation is rapidly changing with cross-border investors becoming increasingly prevalent“ (Interview M4).
Die ursprünglich in beiden Märkten vorherrschende lokal fixierte Einheit von Investition, Eigentum und Nutzung wird schrittweise durch neue Finanzierungs- und Anlageformen sowie die Beteiligung internationaler Akteure aufgeweicht. Waren langfristige Haltezeiten, die Eigennutzung von Immobilien und eine geringe Fremdfinanzierung für beide Investitionsmärkte typisch, kennzeichnet die neuen Investoren eine höhere Professionalisierung. Diese beschäftigen Immobilienexperten, die i.d.R. im Ausland Ausbildungswege zu Immobilien- bzw. Finanzspezialisten durchlaufen haben und damit Know-how in den Markt transportieren. Generell kann in beiden Märkten eine Zweiteilung in einerseits noch traditionelle, stärker immobilienbezogen agierende und andererseits stärker kapitalmarktgetriebene meist ausländische Investoren konstatiert werden (siehe Kapitel 7.4.3). Zur Professionalisierung trägt gerade auch die Einführung neuer Finanzierungsmöglichkeiten und neuer Anlagevehikel bei. Bis Anfang des 21. Jahrhunderts nahmen mexikanische Banken eine Monopolstellung als Kreditgeber ein. Heute bieten ausländische Immobilienfinanzierungsbanken maßgeschneiderte und flexible Finanzierungen für Entwicklungen und Bestandsimmobilien nach internationalem Standard an (Interview M10). Auch in Brasilien hat sich die Situation mit dem Markteintritt ausländischer Finanziers verbessert, wobei allerdings die Verfügbarkeit langfristiger Finanzierungen im Vergleich zu Mexiko noch stark eingeschränkt ist (Interview S24). In Mexiko eröffnen LaSalle Management und Hines ferner über ihre geschlossenen Investmentfonds LaSalle Mexico Fund I, HCM I und HCM II institutionellen Investoren die Möglichkeit eines indirekten Marktzugangs. Ähnliche Investmentprodukte liefern CalPers und Hines in São Paulo, von denen weiter oben schon die Rede war. Der Einsatz neuer Finanzierungs- und Anlagemöglichkeiten ist aber auch immer das Ergebnis komplexer Gesetze, Regulierungen und institutioneller Bedingungen, die auf nationaler Ebene fixiert werden. So hat der
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mexikanische Staat 2003 mit Änderungen im Steuerrecht die Fundamente für einen REIT-Markt nach US-amerikanischem Vorbild gelegt. 2005 billigte der mexikanische Kongress das Reit-Vehikel namens FIBRAS (Fideicomisos de Infraestructura y Bienes Raíces). Auch in Brasilien existiert mit dem Fundos de Investimento Imobiliário (FIIs) bereits seit 1993 eine REIT-ähnliche Struktur, wenngleich sich dieses Finanzprodukt erst seit kurzem etabliert. Waren die ersten Fonds vorwiegend in Privatbesitz, zu 65% auf nur eine einzige Immobilie bezogen und nicht an der Börse notiert, wurden 2005 bereits 14 der insgesamt 64 FIIs an der Bovespa gehandelt. Der entscheidende Durchbruch gelang durch die Zusammenarbeit mit Großbanken wie z.B. der Caixa Econômica Federal, die Fondsanteile in ihren über 2.500 Niederlassungen an Kleinanleger verkaufte (Interview S13). Ein weiteres Beispiel neuer Finanzierungsformen ist in beiden Märkten die Verbreitung von Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS), die allerdings in Mexiko schon weiter vorangeschritten sind (Interview M21). Mit dem einsetzenden Übergang von der Investitionsfinanzierung durch Banken zum Finanzinvestment institutioneller Investoren wird in beiden Metropolen die enge Symbiose zwischen lokalen Kreditgebern und Investoren gelockert und die Immobilienfinanzierung stärker mit den globalen Kapitalmärkten verknüpft. Die folgenden Interviewzitate verdeutlichen für beide Märkte die gegenwärtigen Veränderungen im Investmentsegment und die neuen Möglichkeiten, die sich aus der engeren globalen Integration des Immobiliensektors ergeben: „The expanding range of investment opportunities is not only creating alternatives to match investors’ risk-return profiles, but it is also providing the industry with a greater variety of channels through which capital can flow“ (Interview M1). „In addition to the capitalization of funding on stock exchanges, investment instruments in the sector are becoming more widespread. All this movement in the Brazilian real estate has significantly contributed to the professionalisation, sophistication and maturation“ (Interview S4).
Die beiden Aussagen stehen auch für die Bedeutungsnuancen zwischen den beiden Märkten. Während in Mexiko City von den Immobilienakteuren gerade die neuen Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung akzentuiert werden, verweisen ihre brasilianischen Kollegen v.a. auf die zunehmende Professionalisierung. Dieser Unterschied lässt sich zum einen aus den höheren internationalen Kapitalzuflüssen und der stärkeren Präsenz ausländischer Kreditgeber in Mexiko City ableiten. Zum anderen wird der brasilianische Markt generell als weniger professionell eingeschätzt (siehe Abb. 39, S. 255), wodurch die Einführung international gängiger Anlage- und
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Finanzierungsformen vermutlich stärker wahrgenommen wurde und auch tief greifendere Veränderungen ausgelöst hat. Wie Abb. 39 (S. 255) illustriert, wird der Investmentmarkt in beiden Metropolen unterschiedlich eingeschätzt. Aufgrund der Fortschritte im Bereich Anlage- und Finanzierungsformen befindet sich der Investmentsektor in Mexiko City für 13 Interviewpartner in der Übergangsphase (9 Nennungen) bzw. auf dem Weg zur Marktreife (7 Nennungen). In São Paulo fällt die Bilanz vergleichsweise schlecht aus. Über 40% der befragten Marktakteure schätzen den Investmentbereich noch als unterentwickelt ein. Das mag daran liegen, dass immer noch ein großer Marktanteil von unprofessionellen privaten Anlegern eher verwaltet als aktiv und strategisch gemanagt wird, zumal auch ausländische Investoren auf dem Bürosektor in São Paulo bislang kaum direkt tätig waren. Im Vergleich zu Mexiko City wählen Anleger aus dem Ausland eher die indirekte Route über Unternehmens- und Fondsbeteiligungen
Berater Internationale Immobilienberater wie Jones Lang LaSalle, CB Richard Ellis oder Cushman & Wakefield sind seit den 1990er Jahren auch in Mexiko City und São Paulo fester Bestandteil der lokalen Immobilienszene. Die lokale Einbettung wurde in den beiden Untersuchungsmärkten entweder mittels Partnerschaften bzw. Übernahmen lokaler Unternehmen oder durch das Abwerben lokaler Experten von Konkurrenzfirmen erzielt. Das Beratungshaus Cushman & Wakefield baute sich beispielsweise seine Lateinamerika-Plattform über die vorübergehende Zusammenarbeit mit lokalen Beratern wie Grupo Comercial Inmobiliario in Mexiko City und Semco in São Paulo aus. Andere wie Colliers oder Staubach suchten vor Ort nach geeigneten Partnern, die dann als selbstständige Unternehmen in die weltweit partnerschaftlichen Organisationen eintraten (siehe Box 16). Box 16: Markterschließung eines transnationalen Beratungsunternehmens „X was looking not only for a dot in the map but wanted to become a global real estate service provider which is a trend nowadays. You win accounts if you have a good solid reputable global presence in the different markets. Usually it is like that with large US or European corporations: they want a one stop shop, they do not want to go in each market and do biddings or a beauty contest for different projects. They want a full service provider with a strong local presence. So at that time X knew that they needed to have a presence in Mexico. They started talking with different groups and finally they found an agreement with Y (Anm. d. Verf.: mexikanisches Unternehmen). Because they thought the values of the organization, like balanced integrity, balanced teamwork, trust and leadership were the same. And so they decided to have a presence in Mexico to start providing that type of service to all these Fortune 500 companies“ (Interview M13).
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Fokussiert man den modernen und hochklassigen Immobilienteilmarkt, so ist das Beratersegment in Mexiko City weitgehend vom lokalen Marktgeschehen abgekoppelt und wird von transnationalen Akteuren dominiert (Interview M7). Gerade multinationale Unternehmen und global agierende Investoren greifen bevorzugt auf die Dienste global aufgestellter Berater zurück. Das mag daran liegen, dass aufgrund von deren globaler Reputation ein Vertrauensvorschuss gewährt wird bzw. gemeinsame Projekte in der Vergangenheit und an anderen Standorten bereits eine gemeinsame Vertrauensbasis geschaffen haben. Typisch sind damit weltweit reproduzierte Partnerschaften. Wie das Beispiel in Box 16 veranschaulicht, beinhalten diese auch den Vorteil, weltweit eine feste Anlaufstelle (one stop shop) zu haben. Für den Investor bzw. Mieter aus dem Ausland entfallen damit Such- und Auswahlkosten. Neben der globalen Plattform werden v.a. die grenzüberschreitenden Kontakte und Netzwerke zu strategischen Partnern rund um den Globus als wesentlicher Wettbewerbsvorteil gewertet. Transnationale Berater können dadurch jederzeit immobilienbezogene Expertise und Erfahrung aus unterschiedlichen Märkten mobilisieren und auf den lokalen Märkten anwenden, wie ein Gesprächspartner betonte: „They are very interconnected with the international market and always know what is happening. They are being fed with information and they are handling information“ (Interview M2). Der exklusive Zugang zu weltweiten Wissensadressen manifestiert sich vor Ort laut Interviewpartner in einer höheren Beratungsqualität, in der Einhaltung internationaler Standards und schließlich in einer höheren Qualifikation der Mitarbeiter (Interview M14; M16). Für São Paulo ergibt sich ein etwas differenziertes Bild. Zwar beherrschen auch dort die großen vier transnationalen Berater Jones Lang LaSalle, CB Richard Ellis, Cushman & Wakefield und Colliers den Markt für hochwertige Büroimmobilien. Zumal das US-amerikanische Beratungshaus CB Richard Ellis als Marktführer gilt, was u.a. auf dessen frühen Markteintritt Ende der 1970er Jahre zurückzuführen ist. Nichtsdestotrotz wird den lokalen Beratern wie Abyara, Fernandez Mera oder Lopes Consultoria Imobiliária immer noch eine gewisse Relevanz zugesprochen (Interview S6). Und dies trotz verschärfter Wettbewerbssituation durch den Markteinstieg mehrerer globaler Berater während der 1990er Jahre, die zu einer tief greifenden Marktkonsolidierung beigetragen hat: „The number of players who are really playing the game professionally was being reduced significantly“ (Interview S3). Gerade mit dem Eintritt professioneller Unternehmen aus dem Ausland ist in Mexiko City nach Auskunft der Marktakteure eine starke Professionalisierung der Beratungstätigkeit einhergegangen. Kleine lokale Familienunternehmen, sog. „Mum and Dad shops“ (Interview M6), sind vom Markt verschwunden. Transaktionen im Bürosektor werden heute überwiegend von transnationalen, professionellen Beratungshäusern begleitet,
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die über gut geschulte Fachkräfte verfügen. Dennoch ergibt die Auswertung der Interviews bzgl. deren Professionalität und Leistungsqualität ein ambivalentes Bild. Einerseits bieten die transnationalen Berater im Transaktions- und Vermarktungsprozess Dienstleistungen auf hohem internationalen Niveau. Gerade auf Druck internationaler Mieter und Investoren, die nach professionellen Service verlangten, wurden die Praktiken und Standards angepasst. Die Bewertung und Begutachtung von Immobilien sowie das Research sind andererseits noch stark ausbaufähig und durch lokale Besonderheiten geprägt (Interview M1). Im Kontrast zu Mexiko City ist der Wandel vom reinen Makler- zum Beratermarkt in São Paulo noch nicht vollzogen. In vielen Fällen steht weiterhin die Vermittlung von Immobilien gegen eine Provision im Vordergrund. Im Gegensatz zu lokalem Marktverständnis sind die beratungsintensiven Bereiche wie Investitionsstrategie, Finanzierung und Kapitalmarkt nach Angaben der Gesprächspartner bislang unterentwickelt. Defizite zeigen sich auch bei Einschätzungen zukünftiger Marktentwicklungen, die in vielen Fällen als kurzsichtig, vordergründig und eindimensional kritisiert wurden (Interview S24; S10). So berichtete ein Gesprächspartner von Fehlprognosen, indem laufende Projektentwicklungen und Planungen nicht berücksichtigt wurden (Interview S10). Gleiches gilt für qualitative Standards, die in Mexiko City bereits stärker durchgesetzt wurden (Interview S9). Verantwortlich für den Rückstand São Paulos ist vor allem der Mangel an qualifizierten Immobilienexperten, wie ein Immobilienakteur anschaulich explizierte: „If you start talking about the market a lot of people here have not got a clue. So they just say what they have heard, because it sounds nice. And if you start questioning them a bit more deeply, you find out that besides that people do not know much. Thus we need to train those people, so we are still in the training process“ (Interview S10).
Wie in den Gesprächen anklang, reagieren die Ausbildungsträger, wie Berufsschulen oder Universitäten, erst seit wenigen Jahren mit der Einrichtung immobilienbezogener Fachfortbildungen bzw. Studiengänge auf die neuen Herausforderungen einer global vernetzten Immobilienbranche, wodurch immer noch ein Großteil der Mitarbeiterqualifizierung durch die Immobilienberater geleistet wird. Abb. 39 (S.255) verdeutlicht, dass trotz der erwähnten Defizite die Mehrheit der befragten Immobilienakteure das Beratungssegment in Mexiko City bzw. São Paulo als „reif“ (60 bzw. 54%) und weitere 35 bzw. 29% als „auf dem Weg zur Marktreife“ einstufen. Dieses Ergebnis korrespondiert mit einer sehr hohen Internationalisierung im Büroimmobiliensektor, die sich allerdings verstärkt auf den exklusiven Teilmarkt der Klasse A-Immobilien bezieht.
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Gebäudemanager In Mexiko City entscheiden sich erst in jüngster Zeit immer mehr Immobilieneigentümer dafür, das operative Management ihrer Immobilien Fremdfirmen zu übertragen, die für eine solche Tätigkeit mit der erforderlichen Kompetenz und Erfahrung ausgestattet sind (Interview M9). Ähnlich dem Beratungssegment ist der Markt für Gebäude- bzw. Facilitymanagement zweigeteilt in professionelle technische und kaufmännische Immobilienverwaltung und einfache Hausmeistertätigkeiten (Interview M8). Hochwertige und exklusive Immobilien werden vorwiegend von professionellen Unternehmen gemanagt, deren Kernaufgabe allerdings häufig im Beratungs- und Projektentwicklungsbereich liegt (Interview M9). Ein bislang geringer Marktanteil entfällt dabei auch auf internationale Projektentwickler wie Hines oder Reichmann und Berater wie Jones Lang LaSalle oder Cushman & Wakefield. Hines und Reichmann halten einzelne Objekte nach der Entwicklung noch über einen längeren Zeitraum im Bestand bzw. managen die Bürohäuser auch nach ihrem Verkauf für den neuen Besitzer. Berater haben ihr Leistungsportfolio vor allem aufgrund der Wünsche und Nachfrage internationaler Investoren und Mieter um dieses Segment erweitert. Jones Lang LaSalle betreut beispielsweise das mexikanische Portfolio von HSBC und Procter & Gamble. Solche Kooperationen sind i.d.R. nicht auf Mexiko beschränkt, sondern reproduzieren sich standortübergreifend (Interview M14). So verwaltet Hines für den deutschen Investor Union Investment nicht nur Büroimmobilien in Mexiko, sondern fungiert weltweit als dessen Investitionspartner, Projektentwickler und Gebäudemanager. Die Internationalisierung in Netzwerken wird von den befragten Investoren als Risikoreduzierung gewertet, da man die Akteure aus Kooperationen an anderen Standorten kennt und ihnen vertraut. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit zwischen Jones Lang LaSalle und der englischen Großbank HSBC. Das Beratungsunternehmen ist als weltweit exklusiver Vertragspartner im Bereich Facility Management auch in Mexiko für das Gebäude- und Vermietungsmanagement von insgesamt rund 1.300 Bürohäusern und Filialen zuständig. Analog zu Mexiko City dominieren in São Paulo lokale Anbieter die Branche immobilienbezogener Managementdienstleistungen. Zu den Marktführern gehören lokale Projektentwickler und Bauunternehmen, die nach Baufertigstellung Bürogebäude managen. Lediglich zehn Prozent des Marktes werden von internationalen Akteuren abgedeckt (Interview S18), die genauso wie in Mexiko hauptsächlich aus dem Beratungs- und Entwicklungsgeschäft stammen und erst kürzlich auf Druck ihrer Kunden ihr Serviceportfolio erweitert haben (Interview S21). Eine Ausnahme bildet Cushman & Wakefield, die in Brasilien mit rund 2.000 Mitarbeitern im Bereich Facility- und Gebäudemanagement sehr stark aufgestellt sind und alleine durch ihre Größe über Wettbewerbsvorteile verfügen: „Because we
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have scale, we can offer a whole range of services which our competitors can not“ (Interview S10). Zunehmend entsteht in beiden Untersuchungsmärkten ein Bewusstsein darüber, dass der Einsatz von professionellen Gebäudemanagern Mehrwert und Werterhalt für die Liegenschaften generieren kann, indem sie sich um die technische Instandhaltung (z.B. Hausmeisterdienste, Reinigung und Überwachung) der Immobilien und kaufmännische Aspekte (u.a. Mieterbetreuung, Verlängerung der Mietverträge) kümmern, die im Tagesgeschäft und mit unmittelbarem Bezug zum Mieter anfallen. Das Auslagern dieser Dienstleistungen erlaubt den Investoren und Projektentwicklern zudem eine stärkere Rückbesinnung auf ihre Kernaktivitäten. Trotz der offensichtlichen Vorteile beziffert ein Interviewpartner den Anteil an Bürogebäuden mit professionellem Management für Mexiko City auf unter zehn Prozent (Interview M3). Indem diese Dienstleistungen bislang nur für einige hochwertige Immobilien nachgefragt werden, hat sich der Markt für Gebäudemanagement noch nicht entwickelt. Nicht zuletzt ist die Wertschätzung eines externen Managements in Mexiko aufgrund der relativ niedrigen Arbeitskosten noch nicht so stark ausgeprägt wie in den Kernökonomien. Viele Unternehmen unterhalten große betriebsinterne Facility Management Bereiche mit eigenen Technikern und Mitarbeitern für die Instandhaltung und sind bislang nur schwer vom Zusatznutzen durch Outsourcing zu überzeugen. Deren Professionalität ist i.d.R. nicht mit spezialisierten Unternehmen zu vergleichen, wie ein Interviewpartner illustrierte: „There is a big difference between somebody with keys hanging from the belt walking around, tightening things and a fully operating management office with well-trained personnel“ (Interview M7).
Vorreiter für die professionelle Variante sind v.a. ausländische Unternehmen, die diese Dienstleistungen verstärkt auch in Mexiko nachfragen und damit einen langsamen Wandel einleiten (Interview M10). In São Paulo wirkt der Markt für Gebäudedienstleistungen insgesamt etwas stärker etabliert und professionalisiert, was nach Aussagen eines Immobilienakteurs auf die starke Stellung der großen lokalen Immobilienunternehmen und auf die schiere Größe des Büromarktes zurückzuführen ist (Interview S24). Ein Gesprächspartner spricht gar von einem Qualitätsvorsprung gegenüber Europa (Interview S10). Ähnlich wie im Beratungssegment ist die Branche nichtsdestotrotz stark segmentiert, das Angebot an professionellen Fachkräften ist eingeschränkt und viele lokale Immobilieneigentümer nehmen immer noch bevorzugt ein eigenes Hausmeisterteam unter Vertrag (Interview S21). Hinderlich wirken schließlich auch die fragmentierten Eigentümerstrukturen vieler Gebäude, wie ein Marktakteur erklärte:
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„When you have got a building that has got 20 or 30 different elements there is a problem. Generally speaking they invest but they certainly do not want to spend any money. They are not particularly interested in the management of building, which is in any case charged up to the tenant and not paid by themselves“ (Interview S12).
Wie das Zitat verdeutlicht, leiden diese gemeinsamen Investitionsobjekte gewissermaßen unter Trittbrettfahrerverhalten. Jeder einzelne Investor wartet darauf, dass ein anderer in die Instandhaltung investiert, um dann ohne eigene zusätzliche Kosten von der Aufwertung der Immobilie zu profitieren. Die schriftliche Befragung bestätigt das aus den Interviewsequenzen gewonnene Bild. Aus Abb. 39 (S.255) wird deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten in Mexiko City der Meinung ist, dass sich der Teilmarkt für Gebäudemanagement erst im Aufbau befindet. Der Großteil der Immobilien wird durch die Eigentümer verwaltet. Lässt man die originär als Projektentwickler und Berater tätigen internationalen Unternehmen beiseite, ist auch die Internationalisierung nur sehr gering ausgeprägt. Die geringe Marktpräsenz internationaler Akteure ist ebenso prägend für São Paulo, wenngleich die Professionalisierung von der Hälfte der Akteure als hoch eingeschätzt wird.
Zwischenfazit So einzigartig die hier diskutierten Märkte sind, in der Zusammenschau lassen sich einige allgemeine Tendenzen festhalten, die auch m.E. für Internationalisierungsprozesse anderer Immobilienmärkte der SemiPeripherie zutreffend sein könnten. Erstens erfasst der Internationalisierungsprozess nicht zeitgleich alle Segmente eines lokalen Immobilienmarktes. Die Reihenfolge der Markterschließung zeigt in beiden Märkten ein übereinstimmendes, aber zeitversetztes Muster. Demnach startet der Internationalisierungsprozess mit dem Markteintritt multinationaler Unternehmen, die Berater und Immobiliendienstleister quasi im Huckepack mit in den neuen Markt ziehen. Erst mit großer zeitlicher Verzögerung folgen internationale Projektentwickler. Auch hier geben internationale Mieter den Takt vor, indem sie Projektentwicklungen zur Eigennutzung in den neuen Märkten bei internationalen Entwicklern in Auftrag geben oder indem sie als Mieter v.a. hochwertige Büroflächen suchen und nachfragen, womit der Markt für neue Projektentwicklungen dynamisiert wird. Das Label hochwertige Bürogebäude mit internationalen Mietern entspricht wiederum den Investitionsprofilen internationaler Immobilieninvestoren. Aufgrund der Risiken stammt das internationale Kapital zunächst von opportunistischen Investoren, die für die anfänglich hohe Rendite ein höheres Risiko in Kauf nehmen können. In deren Schlepptau erschließen dann letztendlich institutionelle Investoren die Märkte. Bisweilen schaffen op-
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portunistische Investments erst die Grundlage für deren Engagement, indem sie in den neuen Märkten Institutionen wie beispielsweise Standards durchsetzen oder aufbauen. Gleichfalls tätigen sie häufig Anschlussinvestitionen an opportunistische Investments. Insgesamt bestätigt diese zusammenhängende Kette der Markteintritte die Bedeutung netzwerkartiger Internationalisierung (siehe Kapitel 6.2.2). Der Impuls zum Markteintritt erfolgt in diesem Sinne hauptsächlich relational, d.h. über die Internationalisierungsstrategien anderer Marktakteure. Zweitens wird deutlich, dass sich Immobilienmärkte als hybride Vielfalt lokaler und weiter entfernter Verbindungen gleichzeitig global, lokal und national etc. manifestieren können, ohne vollständig einer einzelnen geographischen Ebene verhaftet zu sein. Die empirischen Ausführungen konkretisieren, dass die Gestaltung der einzelnen Teilmärkte in Mexiko City und São Paulo nicht alleine auf lokale Einflüsse begrenzt bleibt. In Übereinstimmung mit dem konzipierten Phasenmodell der Internationalisierung werden mit dem Markteintritt globaler Immobilienakteure verstärkt globale Prozesse in lokale Kontexte hineingetragen. Die Steuerung der einzelnen Teilmärkte erfolgt nicht mehr überwiegend lokal, vielmehr gewinnen global agierende Akteure und deren Wissen, Interessen, Praktiken und Standards an Bedeutung. Allerdings präzisieren die Auswertungen der Interviews auch, dass die einzelnen Teilsegmente mehr oder weniger durch den gesetzlich verankerten Handlungsrahmen auf der nationalen Ebene sowie Regulierungsmechanismen, Wissens- und Akteursnetzwerke auf der lokalen Ebene tangiert werden (siehe Tabelle 24). Wann und in welcher Intensität die verschiedenen Teilsektoren von ausländischen Akteuren erschlossen werden, hängt davon ab, wie wichtig lokalisierte sozio-institutionelle Strukturen, wie z.B. lokales Wissen, Normen, Regeln etc. für die einzelnen Teilbereiche sind (siehe Tab. 24). Um es mit den Worten von Maskell/Malmberg (1998) zu sagen: Je stärker ein Marktsegment durch sog. Localised capabilities organisiert und geregelt wird, desto geringer fällt dessen Internationalisierungsgrad aus. Die hohe Spezifität der Kommunikationsinhalte und Verfahrensregeln im Projektentwicklersegment schlägt sich dementsprechend in beiden Märkten in einem geringen Anteil internationaler Akteure nieder.
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Tab. 24: Ko-Steuerung der Immobilienteilmärkte auf verschiedenen räumlichen Ebenen Teilsegment
Mieter
Entwickler
Investor
Berater
Gebäudemanager
Ko-Steuerung auf verschiedenen räumlichen Ebenen lokale, nationale und transnationale Mieter nationales Mietrecht Anpassung des Mietrechts an globale Standards Anpassung des Bestands an globale Standards lokale Stadtverwaltung und Baubehörde lokale Standards, Praktiken und Besonderheiten (z.B. in der Finanzierung) nationale Regulierungen und Wirtschaftsumfeld globale Projektentwickler globale Standards bzgl. Architektur, Aufteilung etc. globale Kapitalquellen lokale Privatinvestoren und Familienclans nationales Steuerrecht (z.B. Einführung der REITs) neue Finanzierungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene nationale Pensionskassen makroökonomische Kennzahlen Investoren aus dem Ausland und deren globale Strategien (Rendite, Diversifikation etc.) lokale Besonderheiten in der Bewertung und Begutachtung von Immobilien lokale Intransparenzen Dominanz global aufgestellter Berater Bedeutungsverlust lokaler Berater bzw. Verdrängung in Teilsegmente Wünsche und Bedürfnisse globaler Kunden Einführung globaler Standards und Praktiken lokale Eigentümer mit betriebsinternem Management geringe Arbeitskosten nationale und lokale Projektentwickler globale Projektentwickler und Berater als Anbieter zusätzlicher Dienstleistungen globale Mieter mit hohen qualitativen Anforderungen
Internationalisierung
Professionalisierung
hoch (Mexiko City; São Paulo)
hoch (Mexiko City); mittel (São Paulo)
gering (Mexiko City; São Paulo)
hoch (Mexiko City); mittel (São Paulo)
mittel (Mexiko City); gering (São Paulo)
mittel (Mexiko City); gering (São Paulo)
hoch (MX; São Paulo)
hoch (Mexiko City); mittel (São Paulo)
gering (Mexiko City, São Paulo)
gering (Mexiko City); mittel (São Paulo)
Nur eine Reflexion der verschiedenen Skalen und deren Interdependenzen können dazu beitragen, die Globalisierung der Immobilienwirtschaft und deren lokalen Ausprägungen in ihren gesamten Bestandteilen richtig zu deuten. Dabei dürfen allerdings auch die vielfältigen Bruchstellen, die sich zwischen den Maßstabsebenen abzeichnen und den Skalenübertritt erschweren, nicht unberücksichtigt bleiben. Im folgenden Kapitel werden daher die im Theorieteil konzipierten Intransparenzen und deren Bedeutung für den Markteintritt internationaler Investoren für beide Untersuchungsmärkte eruiert und fundiert.
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7 . 3 I n t r a n s p a r e n z e n b e i I n ve s t i t i o n e n in Mexiko City und São Paulo Nachdem zu Beginn des Kapitels sowohl Mexiko City als auch São Paulo als neue Investitionsstandorte mit überdurchschnittlichen Renditewerten präsentiert wurden, überrascht es doch ein wenig, dass sich die internationalen Kapitalzuflüsse in beiden Büromärkten, verglichen mit den etablierten Märkten der Kernökonomien, noch in Grenzen halten. Warum ist also der Marktanteil ausländischer Investoren auf beiden Büromärkten noch relativ gering? Eine Antwort könnte die Analyse der Bruchstellen bzw. Intransparenzen liefern, die den Skalenwechsel internationaler Akteure erschweren. Mit Hilfe der konzeptionellen Unterscheidung aus Kapitel 4.2 sollen die wesentlichen Intransparenzen herausgearbeitet werden, die dem reibungslosen Ablauf bei internationalen Investments in Mexiko City und São Paulo entgegenwirken. Während die informationelle Intransparenz die Verfügbarkeit und den Zugang zu immobilienmarktbezogenen Wissen problematisiert, sucht die institutionelle Perspektive die Ursachen für Intransparenzen in den marktspezifischen Spielregeln. Die relationale Perspektive fokussiert Intransparenzen, die in der Zusammenarbeit oder bei Transaktionen zwischen globalen und lokalen Immobilienakteuren auftreten. Die informellen Intransparenzen thematisieren schließlich Korruption und standortspezifische informelle Netzwerke. Anhand dieser vier Kategorien werden im Folgenden Ursache und Wirkung der vielfältigen Intransparenzen in Mexiko City und São Paulo und deren Problematiken für ausländische Investoren erfasst und analysiert.
7.3.1
Informationelle Intransparenzen
In Kapitel 4 wurde theoretisch abgeleitet, dass erfolgreiche Immobilieninvestitionen nur getätigt werden können, wenn sich Investoren ex ante mit den lokalen Bedingungen und Spielregeln des jeweiligen Immobilienmarktes vertraut gemacht haben. Dies ist in beiden Märkten nur mit Abstrichen möglich. Die Auswertungen der Interviews bestätigen sowohl für Mexiko City als auch São Paulo informationelle Intransparenzen durch unvollständige Marktinformationen, fehlende Standards bei der Datenerhebung und den mühsamen Zugang zum Local buzz.
Unvollständige Informationen Die Informationen, die Investoren über Markttrends, Leerstände, Spitzenrenditen, Gebäudequalitäten etc. erhalten können, sind nach Einschätzung der Immobilienakteure in vielen Fällen nicht vertrauenswürdig, bruchstückhaft, inkonsistent und nicht sehr fundiert:
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„Information is very rare in Mexico, it is hard to get data and when we get it, it is very hard to judge how good the data is. And if you get information from different sources, probabilities are very high that the information is not consistent“ (Interview M1). „It is more like a rumor and gossip thing. You do not have a sophisticated and accurate system“ (Interview S4).
Während in der ersten Aussage neben dem schwierigen Zugang zu Daten auch eine gewisse Unsicherheit bzgl. deren Verlässlichkeit mitschwingt, betont der Gesprächspartner aus São Paulo, dass Marktinformationen v.a. auf Eindrücken und Einschätzungen basieren. Globale Investoren suchen i.d.R. allerdings systematisch erhobene Fakten (Hard facts), um ihrem Anspruch einer rationalen Entscheidungsfindung gerecht zu werden (siehe Kapitel 6.1). Vor dem Hintergrund des vorhergehenden Kapitels, in welchem dem Beratersegment eine relativ hohe Professionalität attestiert wurde, ist diese Einschätzung zunächst ein wenig überraschend. Ein Grund für diese Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen Professionalität und den dennoch vorliegenden Intransparenzen mag darin liegen, dass Beratungsunternehmen und Makler nur selektiv ihre Marktinformationen veröffentlichen, da aus ihrer Sicht nur die exklusive Kontrolle über marktbezogenes Wissen hohe Honorare legitimiert. Außerdem fürchten sie durch die Weitergabe umfangreicher Daten und Informationen Wettbewerbsvorteile zu verlieren, wie folgendes Zitat unterstreicht: „The brokers feel like they loose an edge if they tell what they accomplish in a specific building“ (Interview M6). Wie ein internationaler Investor berichtete, ist dieses Misstrauen sogar in engen globalen Partnerschaften evident: „Even if we have very strong and long relationships with these same firms in the US, in Europe and in Asia, they do not publish their criteria to us“ (Interview S24). Blendet man die jüngsten Bestrebungen des Instituto Comercial e Industrial (ICEI) zur stärkeren Öffnung der Markdaten in Mexiko City aus, findet zwischen den Beratern so gut wie kein Austausch und Abgleich von Marktinformationen statt. Als Resultat existieren für beide Untersuchungsmärkte keine einheitlichen Datenbanken. Typisch ist vielmehr eine große Vielfalt unterschiedlicher und teilweise widersprüchlicher Marktstudien. Durch diese Unübersichtlichkeit und den Mangel an verlässlichen Marktdaten ist der Abbau der Informationsdefizite mit hohen bzw. zu hohen Transaktionskosten verknüpft (z.B. eigene Research-Abteilung), sodass einzelne Investoren von ihren Investitionsplänen gar Abstand nehmen (Interview M7; S24).
Fehlende Standards bei der Datenerhebung Nicht nur das Vakuum an verlässlichen Daten, sondern auch der Umstand, dass keine einheitlichen Standards zur Datenerhebung und -darstellung
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existieren, beeinträchtigt die beiden Märkte. Selbst transnationale Immobilienberatungsunternehmen setzen in Mexiko City und São Paulo verschiedene Methoden zur Datengenerierung ein, wodurch sich die Marktberichte mitunter in vielen Punkten stark unterscheiden (Interview S18). Das betrifft beispielsweise die Flächenkennzahlen, die häufig uneinheitlich und nicht nach internationalen Standards definiert werden, wie ein ausländischer Projektentwickler für Mexiko anschaulich verdeutlichte: „In Mexico City a square metre is not necessarily a square metre; it depends from building to building. When I first came here, there were rents of 15 US$ per square metre and I said ,how can you possibly do that, I need 30 US$ per square metre‘. Then I found that a measured square metre included the elevator space or the overhangs outside the windows. They were measuring square metres that did not exist“ (Interview M3).
Während in Nordamerika und Europa in den meisten Märkten die Berechnung einheitlichen, eindeutigen und reproduzierbaren Regeln folgt (z.B. BOMA-Standards), sorgen in den untersuchten Märkten uneinheitliche Vorgehensweisen und individuelle Interessenslagen für nicht nachvollziehbare Mietflächenangaben, die bestenfalls dem Einzelfall gerecht werden. Die Mietfläche wird einmal mehr, das andere mal weniger ausgedehnt. Scheinbar günstige Mietpreise können damit auf den zweiten Blick über dem Marktdurchschnitt liegen. Unklare und undurchsichtige Erhebungsmethoden erschweren zudem die Interpretation von Spitzenmieten und Anfangsrenditen, wie ein deutscher Investor erklärte: „Wie die zustande kommen, weiß eigentlich kein Mensch. Die Werte sind häufig nicht seriös. Wenn zum Beispiel zu wenige Transaktionen abgeschlossen wurden, dann legen die Makler Pi mal Daumen die Spitzenrenditen fest“ (Interview M24). Darüber hinaus lassen unterschiedliche Wertermittlungsverfahren abweichende Marktpreise entstehen. Ebenso decken veröffentlichte Marktdaten laut Gesprächspartner in beiden Märkten nur fünf bis zehn Prozent des gesamten Büromarktes ab. Die Befragung bekräftigte, dass die unterschiedlichen Darstellungsweisen und Definitionen der Daten die Kalkulations- und Planungssicherheit der Investoren beinträchtigen und die Gefahr von Missinterpretationen und darauf beruhender Fehlinvestitionen erhöhen, wie folgender Investor beispielhaft problematisierte: „How can I make decisions based on information, one said 45 million square metres and the other one 75 million square metres. It is very hard“ (Interview M1). Um Investitionsentscheidungen trotz dieser informationellen Intransparenzen zu fundieren, müssten ausländische Investoren alle verfügbaren Informationen und Daten zunächst gründlich und sorgfältig überprüfen bzw. gegenchecken, gegebenenfalls neu strukturieren und standardisieren. Die Herausforderung besteht darin, ein Gespür für den Markt und dessen Zahlen zu entwickeln: „We do not have clear rules about the numbers. So you have to create a
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feeling or sensibility about those numbers“ (Interview S8). Dieser zeitund kostenintensive Mehraufwand schreckt die meist unter Zeitdruck agierenden internationalen Investoren jedoch mitunter von einem Engagement ab: „The international investor does not have the time. He flighs into a city and maybe he stays two to five days and needs to know this building is 35.000 square metres. He does not have the time to check a list of footnotes that say ,well this is 35.000 square metres but […]‘ “ (Interview M3).
Weitere Intransparenzen resultieren aus unterschiedlichen Maßstäben, die bei der Klassifizierung der Gebäudequalitäten eingesetzt werden und dem ausländischen Investor meist verborgen bleiben. Ein Berater verdeutlichte diese Unklarheit am Beispiel des Word Trade Centres in Mexiko City, das von einem Berater als A-Gebäude eingestuft wird, obgleich es aufgrund niedriger Deckenhöhen, eines geringen technischen Ausstattungsstandards, ungünstigen Raumaufteilungen etc. eindeutig dem B-Segment zuzuordnen wäre. Die offensichtliche Fehlbeurteilung geschieht nicht ohne Eigeninteresse, da das besagte Beratungsunternehmen exklusiv die Vermietung und Vermarktung des Gebäudes durchführt (Interview M6). In vielen Fällen werden die Bürogebäude sogar von den Eigentümern oder Projektentwicklern selbst klassifiziert: „Our buildings are not standardized and not certified. So what is Triple-A for you can be BB for me. In the most of the cases the question is: who classified the buildings? Mostly the guy who built the building“ (Interview S8).
Mühsamer Zugang zum Local buzz Neben fehlenden und inkonsistenten Informationen und Daten sehen sich internationale Investoren auch mit dem Problem asymmetrischer Informationsverteilung konfrontiert. Informationen über zukünftige Transaktionen und Projekte, viel versprechende Standorte etc. fließen nämlich meist nur innerhalb lokaler Netzwerke. Die Eintrittskarte zu diesen lokalen Wissensnetzwerken sind langfristige und umfangreiche Geschäftskontakte sowie informelle bzw. außergeschäftliche Beziehungen. Wie einige Interviewpartner konstatierten, läuft das Geschäft in beiden Märkten zu 50 bzw. 99% (Interview M5; S9) über persönliche Beziehungen. Dieses enge Beziehungsnetz versorgt die lokal eingebundenen Mitglieder laufend mit Informationen und versetzt sie damit in die Lage, zukünftige Marktchancen, Trends und Risiken präziser und zeitnah vorherzusehen: „If you tell me the name of a real estate company here in Mexico, I will tell you I know the director, because this is a small world. And that is what the real estate community is. The transfer of information is the benefit of being part of the
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community. That is how I get my information and gossip about the market. You know, I get a call from X and he says ,you know we have no more or adequate office space‘; ,Oh really, tell me more about that. Tell me more about the kind of space you are looking for‘ “ (Interview M7).
Immer wieder betonten die Gesprächspartner, dass sich für lokale Akteure vielfältige Möglichkeiten zu geplanten, spontanen oder zufälligen Face-toface-Kontakten ergeben. Die lokale Präsenz und Einbettung erlauben eine aktive und passive Teilnahme am lokalen Rauschen, das mitunter Informationen über Investitionsmöglichkeiten transportiert, wie Gesprächspartner aus beiden Büromärkten versicherten: „It is completely important to hear the gossip. You pick a lot of information from talking to other people to find out what is going on. I would say, most of our deals would come from gossip and knowing what is going on in the market“ (Interview M6). „If you have a good network you can participate in the rumors and gossip about opportunities. Thus you can find out about new projects and are able to do more projects“ (Interview S5).
Während sich diese Informations- und Wissensströme innerhalb der lokalen Immobilienszene aufgrund der Engmaschigkeit der Interaktionsbeziehungen rasch verbreiten, fließen sie an internationalen Akteuren ohne lokale Einbettung vorbei bzw. können von diesen aufgrund fehlender Erfahrungen und fehlendem Kontextverständnis nicht richtig beurteilt werden: „There is a heavy component of local market understanding that international players have not been able to figure out“ (Interview M11). Die Orientierungslosigkeit internationaler Investoren kommentierten die befragten Immobilienakteure damit, dass Mexico City und São Paulo aufgrund der vielen unterschiedlichen Büromarktkorridore sehr fragmentierte und komplizierte Märkte seien (Interview M13; S24). Für Projektentwickler ohne funktionierendes Netzwerk vor Ort kann bereits die Suche nach Bauland zu konkurrenzfähigen Preisen eine unüberwindbare Schwierigkeit darstellen, wie die Interviewpartner beider Märkte erklärten. Um Zugang zu lokal verortetem Wissen zu bekommen, unterhalten internationale Investoren in beiden Märkten fast ausnahmslos Abkommen mit transnationalen Beratungsunternehmen oder lokalen Kooperationspartnern, die ihnen erste Marktkontakte vermitteln: „The local partners act as a door opener to the market; they act as an educator or a trainer to someone who does not know the market“ (Interview M7).
Erste Kontakte und Partnerschaften sind bei weitem aber noch nicht ausreichend für ein langfristiges Engagement. Indem das immobilienmarktspezifische Wissen als personengebunden, kontextspezifisch und räumlich
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fixiert gilt, ist es für den ausländischen Investor nur vor Ort über persönliche und längerfristige Interaktion zugänglich. Dementsprechend schuf bei den befragten ausländischen Immobilieninvestoren erst die lokale Präsenz über eigene Mitarbeiter bzw. Niederlassungen vor Ort die Voraussetzung dafür, eigene weiterführende Kontakte aufzubauen. Auf Dauer wurden die internationalen Akteure immer stärker in die Netzwerke lokaler Geschäftsbeziehungen integriert bzw. eingebettet, wodurch der Mehrwert einer Kooperation sich reduziert, wie folgendes Beispiel eines Projektentwicklers verdeutlicht: „Our entry strategy was a joint venture. In my belief at the very early stages of entering into a new market you need a joint venture partner because he is the one who gives you access to government; he is the one who helps you with permits legally; he is the one who helps you to understand the market, the buildings standards, codes, etc. As you get more mature and have been in the market long enough, that value of the joint venture partner is going down. So as time goes by the value curve of your partner goes down and your experience level goes up proportionally“ (Interview M7).
Ist die Markterschließung einmal erfolgreich vollzogen, erweist sich die lokale Markt-intransparenz gar als Wettbewerbsvorteil. So gaben in zwei Fällen Investoren an, von intransparenten Strukturen zu profitieren, weil sie im Vergleich zur Konkurrenz durch ihre lokal vernetzten Niederlassungen in Mexiko City Zugang zu besseren Transaktionen haben.
7.3.2
Institutionelle Intransparenzen
Wie in Kapitel 4 ausführlich dargelegt wurde, können stabile Institutionen in Gestalt von Regeln, Normen oder Gesetzen die Erwartungssicherheit ausländischer Investoren grundsätzlich erhöhen und damit Transaktionskosten verringern. Analog wächst die Unsicherheit umso größer, je weniger dieser formellen Institutionen in den jeweiligen Investitionsstandorten verfügbar sind bzw. umso undurchsichtiger sie sich darstellen. Obgleich sich eine internationale Angleichung institutioneller Standards in der Immobilienwirtschaft auch in Mexiko und Brasilien in Konturen abzeichnet, können bei näherer Ansicht auf nationaler sowie lokaler Ebene noch eine Reihe von institutionellen Intransparenzen aufgedeckt werden. Diese umfassen politische und wirtschaftliche Instabilitäten, das undurchsichtige Immobilienrecht sowie die heterogene Steuergesetzgebung, die mangelnde Erwartungssicherheit durch diffuse Stadtplanungen und den enorme Bürokratieaufwand.
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Politische und wirtschaftliche Instabilitäten Die Auswertung der Interviews verdeutlicht, dass sich ein Großteil der Unsicherheiten auf nationaler Ebene auf die politische und wirtschaftliche Stabilität, die Rechtsordnung, die Inflationsentwicklung und die Ausprägung monetärer Größen, wie Zinsen, Währungssystem oder Wechselkurse, bezieht. So erachteten einige befragte Immobilienakteure in Mexiko City die auf sechs Jahre begrenzte Präsidentschaft als Hindernis für grundlegende Reformen im Rechts- und Wirtschaftssystem. Ein Interviewpartner umschrieb diese Problematik mit dem aus dem US-amerikanischen politischen System bekannten Begriff einer lahmen Ente („lame duck“), der sich auf einen Politiker bezieht, der nicht wieder gewählt werden kann: „They cannot be re-elected, so there is no motivation and everything is very short-sighted“ (Interview M2). Insgesamt wurde die politische Stabilität in Mexiko von den Gesprächspartnern als mittlerer Risikofaktor eingestuft, wobei anzumerken sei, dass die Risikowahrnehmungen durch die Unruhen (u.a. wochenlange Blockade des Wirtschaftskorridors Paseo de la Reforma durch Anhänger des linksgerichteten Präsidentschaftskandidaten Obrador) im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfes 2006 beeinflusst wurden. Ungeachtet der Korruptionsskandale im Vorfeld der brasilianischen Präsidentschaftswahl im Jahr 2006 schätzte ein Großteil der Immobilienakteure in São Paulo politische Unsicherheiten als relativ geringes Risiko für die Immobilienwirtschaft ein: „Political uncertainty: nowadays it is pretty low. I mean, even if Lula wins the election, we usually say that the market has already become independent“ (Interview S21). Die wirtschaftliche Entwicklung hat sich nach Auskunft einige Gesprächspartner gewissermaßen von der politischen Lage emanzipiert. Allerdings gibt es auch gegensätzliche Stimmen, die negative Effekte politischer Instabilität auf die Immobilienwirtschaft fürchten und dabei auf die Erfahrungen während des brasilianischen Wahlkampfes im Jahr 2002 verweisen. Dass politische Unsicherheiten konkrete Auswirkungen haben können, zeigte das bereits weiter oben erwähnte Beispiel des US-amerikanischen Projektentwicklers Tishman Speyer, der den Bau des Bürokomplexes Rochaverá Corporate Towers in São Paulo erstmal stoppte. Erst nachdem sich die Ängste und Unruhen der ausländischen Unternehmen gelegt hatten und der befürchtete Linksruck unter Lula ausblieb, wurden 2005 die Arbeiten wieder fortgesetzt. Prudential zog sich 2002 sogar vorübergehend aus dem Markt zurück, als die Aktionäre massiv Unbehagen gegenüber der Wahl des ehemaligen Gewerkschaftsführers Lulas äußerten (Interview S10). Die Erfahrungen aus der Vergangenheit lehren, dass ein Engagement im brasilianischen Immobiliensektor viel Geduld und eine langfristige Strategie statt kurzfristige Gewinnmitnahmen erfordert: „In Brazil, success requires nerves of steel and a willingness to be in the country for the long haul, rather than panic and sell out“ (Interview S1).
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In Mexiko City schätzte zwar die Mehrheit das Wirtschaftssystem als grundsätzlich stabil ein, dennoch betonten einzelne Immobilienakteure dessen mögliche Brüchigkeit: „We are getting better, we are becoming a lot more stable. But our foundations are still shaky“ (Interview M6). Gefahren ergeben sich v.a. aus der starken wirtschaftlichen Abhängigkeit zu den USA, den Zinssätzen, Inflationsrisiken und unklaren Investitionsgrundlagen. Während hohe Zinsen die Aufnahme von Fremdkapital erschweren, lässt steigende Inflation die Wirtschaftsentwicklung abflauen und damit Mietausfälle wahrscheinlicher werden. Da die Mietverträge größtenteils auf US-Dollar basieren, spielen Währungsschwankungen eher eine untergeordnete Rolle. Die Immobilienakteure in São Paulo äußerten sich gegenüber der wirtschaftlichen Stabilität etwas skeptischer. Hervorgehoben wurde dabei zum einen die hohe Zinslandschaft, die eine Fremdfinanzierung von Investitionen unerschwinglich macht (Interview S24). Zum anderen sind in São Paulo Immobilienbewertungen, Verkaufserlöse, laufende Kosten und Erträge anders als in Mexiko City, wo die meisten Investments und Mietverträge auf US-Dollar lauten, einem Währungsrisiko ausgesetzt. Dieses kann für einen ausländischen Investor selbst bei einer positiven Entwicklung des Immobilieninvestments in brasilianischen R$ zu Verlusten führen. Kursschwankungen sind damit mitbestimmend für den Erfolg einer Investition und müssen insbesondere beim Kauf oder Verkauf einer Büroimmobilie richtig eingeschätzt werden: „The international investors have to gamble on the exchange rate“ (Interview S7). Dieser spekulative Aspekt lässt sich gerade mit den Strategien und Vorsichtsprinzipien institutioneller Investoren nur schwer vereinbaren. Wie bereits weiter oben angeführt wurde, müssen sicherheitsorientierte institutionelle Investoren darüber hinaus ihre Transaktionen gegen Wechselkursschwankungen absichern. Die zusätzlichen Hedging-Kosten verringern allerdings die Renditen: „Das Problem ist hauptsächlich das Währungsrisiko. Kann man das Risiko hedgen oder ist das Ganze so teuer, dass sich die Investition nicht mehr rechnet? Seit 1980 habe ich hier fünf oder sechs verschiedene Währungen gesehen. Momentan haben wir eine sehr stabile Situation. Aber das weiß man in Brasilien nie“ (Interview S2).
Undurchsichtiges Immobilienrecht und heterogene Steuergesetzgebung In beiden Untersuchungsmärkten erwiesen sich speziell die rechtlichen Rahmenbedingungen für die ausländischen Immobilieninvestoren als intransparent. Verwirrung stiften beispielsweise die Reit-ähnlichen Konstrukte, die in vielen rechtlichen Aspekten noch stark überarbeitungsbedürftig erscheinen (Interview M14; S6). Auffällig ist darüber hinaus, dass das Mietrecht von der Hälfte der Befragten in Mexiko City als zu mieter-
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freundlich kritisiert wurde: „Mexico has a strong tradition of favouring both residential and commercial tenant rights over those of the landlord. Removal of an established tenant can require lengthy legal battles and waits“ (Interview M12). Zumal auch die Einhaltung von Mietverträgen nicht immer sicher ist (Interview M3). Gleiches gilt für Brasilien, wo langfristige Mietverträge frühzeitig gegen Zahlung einer kleinen Strafe von den Mietern aufgelöst werden können. Gerade bei rückläufigen Mietpreisen auf dem Markt nutzen die Mieter diese Rechtslücke und verlagern ihren Standort von modernisierungsbedürftigen in hochwertige Büroimmobilien. Dies erhöht die Unsicherheiten der Investoren, die i.d.R. mit langfristigen Mieteinnahmen kalkulieren und hindert nach Meinung einiger Gesprächspartner den Zufluss weiterer Investitionen in São Paulo: „It is obvious that we would have more investments if we had a more stable kind of legislation“ (Interview S1).
Erschwerend kommt dazu, dass in beiden Investitionsstandorten eine Vielzahl immobilienbezogener Regelungen, Vorschriften, Abgaben und Steuern etc. nicht national einheitlich fixiert werden, sondern zwischen einzelnen Regionen und Kommunen mitunter stark voneinander abweichen (Interview M12). Letztlich bleibt ein undurchsichtiges Mosaik an unterschiedlichen rechtlichen und steuerlichen Aspekten, das vor allem den Investoren aus dem Ausland zu schaffen macht. Um Klarheit über ortspezifische Rechtsfragen und -angelegenheiten zu erlangen, ist in der Konsequenz die Zusammenarbeit mit einem lokalen Rechtsberater unumgänglich, wie auch folgendes Beispiel illustriert: „One thing that is absolutely locally is all the legal issues. You can not come to Mexico with your US New York lawyer. For once he does not have a licence to practice in Mexico. And all the legal intricacies of the Mexican law are so complicated“ (Interview M13).
Im gleichen Maße wird in beiden Untersuchungsmärkten die Steuergesetzgebung regional bzw. lokal sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Grunderwerbssteuer in Mexiko variiert beispielsweise von Bundesstaat zu Bundesstaat zwischen ein und 4,5% des Verkehrswertes der Immobilie. In Brasilien liegen das Maximum bei 5,2% und das Minimum bei 2,1%. Zusätzliche lokale Steuern und Abgaben wie z.B. Registrierungs- oder Notargebühren und eine Gemengelage lokalspezifischer Besonderheiten erhöhen die Komplexität der Immobilientransaktionen für ausländische Investoren: „Each municipality or state applies different regulations and rules, including, among others, the local registration fee, transfer taxes and construction licenses“ (Interview M1).
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Während die Spielregeln der Untersuchungsmärkte den lokalen Marktteilnehmern i.d.R. bekannt und vertraut sind, erscheinen sie ausländischen Investoren fremdartig und intransparent. Dies belegt das Beispiel der Immobiliensteuer in Mexiko City: Laut Gesetzgebung müssten 26% der Mieteinnahmen an den Staat Mexiko City abgeführt werden. Zwei lokal ansässige Berater arbeiteten in ihren Überlegungen zwei Möglichkeiten exemplarisch heraus, wie lokale Immobilieneigentümer diese sehr hohe Abgabenlast reduzieren können. Zum einen nutzen sie die unklare Definition der Mieteinnahmen als Steuerbasis. Um Steuern zu reduzieren, teilen sie die Mietverträge in Untermietverträge für die Instandhaltung der Immobilie, die Verwaltung, die Nutzung von Einrichtungsgegenständen, für die technische Ausstattung etc. auf. Die Steuerlast des Eigentümers bezieht sich mit diesem Kunstgriff schließlich nur noch auf einen Bruchteil der Gesamteinnahmen (Interview M13). Zum anderen fechten viele mexikanische Investoren die Steuer vor Gericht erfolgreich an und verrechnen die Verluste in anderen Geschäftsfeldern mit den Miteinnahmen. Einige Investoren reduzieren damit ihre steuerlichen Belastungen von insgesamt 26 auf zehn Prozent, wodurch sie gegenüber auswärtigen Investoren, die diese Tricks und Kniffe nicht kennen, Wettbewerbsvorteile erlangen (Interview M9). Auch in São Paulo trifft man auf eine Vielfalt lokalspezifischer Strategien, die allesamt das Ziel haben, ungünstige institutionelle Strukturen zu umgehen. Um beispielsweise dem vorzeitigen Auflösen von Mietverträgen vorzubeugen, kreieren lokale Marktakteure komplexe Vertragskonstrukte, die dem Build-to-suit-Typ oder Erbbaurecht ähneln (Interview S11). Die Beispiele aus dem Vertrags- und Steuerrecht demonstrieren, dass Institutionen immer marktspezifisch sind und sich deren Feinheiten und Besonderheiten für ausländische Akteure oftmals als schwer überwindbares Hindernis darstellen, zumal sie in beiden Märkten kontinuierlichen Änderungen unterworfen sind: „Sometimes the legislation changes from one day to another. And it may work for or against you as an investor“ (Interview M12). „The market is very unstable. So what you write today cannot be guaranteed to be the same tomorrow. For us it is normality. But sometimes is tough to explain this to a foreigner. Foreign investors are used to have things black or white“ (Interview S15).
Beide Aussagen verweisen auf Intransparenzen, die durch häufige Änderungen im nationalen, regionalen und lokalen Rechtssystem genährt werden. Die Instabilität der Regeln, Vorschriften, Gesetze oder Abgabenhöhe führen dazu, dass in beiden Untersuchungsmärkten Systemvertrauen bzw. Erwartungssicherheiten nur bedingt ausgebildet sind und damit das Agieren internationaler Investoren erschweren.
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Mangelnde Erwartungssicherheit durch diffuse Stadtplanung Besonders ausgeprägt sind diese Intransparenzen auf der lokalen Ebene. Bau- und Flächennutzungspläne sind in beiden Märkten außerordentlich allgemein gehalten und entsprechen nicht den Erfordernissen einer integrierten und nachhaltigen Stadt- und Flächenplanung. Internationale Investoren werden in Mexiko City und São Paulo mit einem unkontrollierten, heterogenen Flächennutzungsmosaik mit direktem Nebeneinander verschiedenster Nutzungsarten konfrontiert. Als Beispiel für Mexiko City dient das neue Geschäftszentrum in Santa Fé, wo kurzerhand trotz festgelegter Entwicklungspläne Flächen schrittweise von Büro- auf Wohnnutzung umgewidmet wurden (Interview M2). In São Paulo wurde 2004 ein neuer Stadtentwicklungsplan eingeführt, der von einigen Interviewpartnern als unentschlossen und seicht, von anderen gar als einziges Chaos bezeichnet wird. Es fehlen allgemeine Richtlinien zum Maß und zur Art der baulichen Nutzung. Darüber hinaus sind individuelle Anpassungen die Regel, was nach Auskunft eines Gesprächspartners die Planungssicherheit stark einschränkt (Interview S2). Die Vorhersehbarkeit räumlicher Entwicklungen und die Einschätzung von spezifischen Immobilienstandorten gestalten sich unter den Vorzeichen kurzfristiger Flächenumwidmungen und unkontrollierten Bauens insbesondere für Außenstehende sehr schwierig. Ein Marktkenner bringt dies für São Paulo pointiert zum Ausdruck: „In Brazil you do not have things black or white. You have the greyish thing happening all the time“ (Interview S15). Während sich lokale Akteure auf diese Situation eingestellt und Gegenstrategien entwickelt haben (z.B. Flexibilität, enge Zusammenarbeit mit öffentlichen Entscheidungsträgern), benötigen ausländische Investoren für ihre Entscheidungsfindung Bebauungspläne und Richtlinien, die schwarz auf weiß festgelegt werden und langfristig Gültigkeit besitzen. Die unkoordinierten und wenig vorausschauenden Planungen der öffentlichen Hand schlagen sich schließlich auch in den Immobilienzyklen nieder, indem zu wenige Baulandausweisungen zu Büroflächenknappheit und damit zu hohen Mietpreisen führen bzw. zu viele Genehmigungen eine Überbauung und sinkende Mietpreise bewirken (Interview M2; S10; S16). Verwirrung stiftet auch der Einsatz der Immobiliensteuer, die von der Stadt Mexiko City eigentlich für die Erschließung von Grundstücken, Müllbeseitigung, Beleuchtung, Infrastruktur etc. erhoben wird. Wie das Fallbeispiel Santa Fé demonstriert, kommen die Steuereinnahmen nicht immer zweckgebunden den einzelnen Delegationen zu Gute und werden in vielen Fällen auf die Immobilieneigentümer abgewälzt: „In Santa Fé no one was picking up the trash, no one was taking care of illumination, no one was taking care of anything. It was really a mess. So the property owner association met with city and negotiating and said ,just give us 25% of the
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taxes that are collected and we will handle it all‘. They agreed to it and the change was immediate and incredible“ (Interview M2).
Wie instabil solche Vereinbarungen mit der Stadtverwaltung sein können, zeigte sich bei der nicht lange auf sich wartenden Erhöhung der Immobiliensteuer um 100%. Nachdem die Eigentümer sich weigerten, diese Mehrbelastung zu tragen, wurden die Infrastrukturzahlungen von Seiten der Stadt wieder eingestellt: „So the city stopped giving the association 25% and then the maintenance of Santa Fé went down again. So the mismanagement and the lack of understanding of local authorities and how they regulate taxes are incredible“ (Interview M2).
Zur Instabilität der Stadtplanung gesellt sich auch noch deren räumliche Zersplitterung hinzu. Alle 16 Stadtbezirke in Mexiko City verfügen über eine eigene Flächennutzungs- und Bauplanung, die sich mitunter voneinander stark unterscheiden. Die Stadtverwaltung von Mexiko City wird von der Mehrheit der Befragten als unorganisiert und fragmentiert charakterisiert. Wie das folgende Beispiel verdeutlicht, fehlt es an einer übergreifenden horizontalen Vernetzung zwischen den einzelnen Gebietseinheiten: „I have done four projects in Mexico City and we actually had to deal with a different set of officials for zoning, for permitting, for construction, for everything, basically depending on where these projects were. And the majors dealt like as if we were in a different city because those people do not talk to each other and the way they interpret their codes and their regulations are totally different“ (Interview M3).
Ähnlich verfahren ist die Situation in São Paulo. Mit der Einführung des Masterplans (Plano Diretor Estratégico) im Jahr 2002 wurde die Stadtplanung auf 31 unabhängige administrative Ebenen dezentralisiert. Nach Auskunft eines Gesprächspartners variieren die Regeln für Bebauungspläne seitdem sogar innerhalb einzelner Stadtteile. Eine einheitliche Planung fehlt, genau sowenig existieren allgemeine Richtlinien bzgl. der Art der baulichen Nutzung, Bebauungshöhe, Geschoßflächenzahl etc. (Interview S2). Anstatt diese unübersichtliche Vielfalt an Ausnahmen und Besonderheiten zu entwirren, trägt der neue Stadtentwicklungsplan sogar zur Intransparenz bei, wie folgende Aussage eines Beraters verdeutlicht: „I, as a broker, can not access anymore the municipal law of the city of São Paulo, because it is not clear. Now we have something in the place that nobody can understand. You can not even try to read it. It does not make sense. The sub major offices overlap. One says one thing, the neighbor says another thing and then the main office says something else“ (Interview S20).
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Neben der Unverständlichkeit des neuen Masterplans tragen damit auch unterschiedliche Zuständigkeiten, unklare Aufgabenabgrenzungen und diverse Auslegungen des neuen Regelwerks zur Verunsicherung der Immobilienakteure bei.
Bürokratieaufwand Viele Immobilienakteure bemängelten nicht zuletzt den zeit- und kostenintensiven Bürokratieaufwand. In Mexiko City benötigt man alleine zur Eintragung von Grundbesitz ins Grundbuch 74 Tage und sieben Behördengänge. In São Paulo sind es 47 Tage und 14 Verfahrenschritte bei lokalen Ämtern. Insgesamt belaufen sich die Gebühren für die Grundbucheintragung in Mexiko City auf 5,2% und in São Paulo auf vier Prozent des Marktwertes der Immobilie (Ibrd/World Bank 2006a/2006b). Bei Baubzw. Transaktionsgenehmigungen sind Geduld gefragt, wie folgendes Beispiel eines Beratungsunternehmens in Mexiko City belegt, das seit Wochen auf eine Unterschrift der lokalen Baubehörde wartet: „We send somebody to their office and they said ,come back tomorrow to see if it is already signed‘. And you can not start selling and marketing the property because you need the permit. So in many business decisions about coming into the country you have to take into account the time, the resources and the myriad of paperwork needed for all the licences and permits. We call it tramitologia which means cutting through the red tape“ (Interview M13).
Genehmigungsverfahren sind auch in São Paulo zeitraubend und nehmen zwischen 9 und 14 Monate in Anspruch (Interview S1; S11). Diese übermäßige Bürokratie setzt vor allem Projektentwicklern zu, die direkt mit den Behörden konfrontiert werden. Ohne ein Netzwerk gut eingebetteter Kontaktpersonen kann das institutionelle Dickicht an lokalen Stadtplanungsgesetzen und Vorschriften zur Erlangung von Baugenehmigungen etc. nur mit großem zeitlichen Aufwand durchschritten werden, sodass zwischen Grunderwerb und Baubeginn nicht selten Jahre verstreichen, in denen sich die Marktsituation völlig verändern kann. Ohne aktive Begleitung des Genehmigungsprozesses durch Nachfragen, Behördengänge etc. und ohne lokale Netzwerke rücken Genehmigungen in weite Ferne (Interview M18; S1). In der Konsequenz suchen insbesondere internationale Projektentwickler lokale Partner mit engen Kontakten zu kommunalen Akteuren des politisch-administrativen Systems, um den Bürokratieaufwand zu minimieren und die Baufertigstellung zu beschleunigen. Enge lokale Partnerschaften generieren Sicherheiten in der Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden bzw. Regularien und eröffnen für den internationalen Akteur die Möglichkeit, die Behördengänge vollständig dem lokalen Partner zu überlassen. Diese wissen i.d.R., wie man Genehmigungen schneller
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ausgestellt bekommt, wie man Flächennutzungspläne interpretieren muss und wie man mit lokalen Behörden umgeht (Interview M11; S21).
7.3.3
Relationale Intransparenzen
Die relationale Perspektive umfasst Intransparenzen, die in der Zusammenarbeit oder bei Transaktionen zwischen Immobilienakteuren auftreten. Die hohe Komplexität grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen kann nicht alleine vom ausländischen Investor bewältigt werden. Verbreitet sind dagegen Projektnetzwerke, in denen selbstständige Unternehmen zeitlich begrenzt zum Zweck der Transaktion kooperieren. Nur zwei bzw. drei der befragten ausländischen Investoren verfügten vor Ihrem Markteintritt in Mexiko City und São Paulo über eine eigene lokale Plattform. Ohne Ausnahme unterhielten die übrigen Investoren kooperative Abkommen mit Projektentwicklern oder Beratungsunternehmen vor Ort, die ihnen den Markteintritt erleichterten. Zur Vorbereitung, Abwicklung und Kontrolle von Immobilientransaktionen bzw. Entwicklungen wurden Netzwerke mit einer Vielzahl weiterer Spezialisten wie z.B. Finanz-, Wirtschafts- und Steuerberater sowie Juristen geknüpft. Auch nach erfolgreichen Transaktionen greifen die Investoren auf Dienstleister zurück, die den Immobilienbestand verwalten und betreuen. Wie die Untersuchungen in Mexiko City und São Paulo zeigen, bergen diese Kooperationen allerdings relationale Intransparenzen, indem Unsicherheiten bei der Auswahl lokaler Kooperationspartner bestehen, Informationsasymmetrien zwischen lokalen und globalen Immobilienakteuren die Gefahr opportunistischen Handelns erhöhen, Interessenskonflikte in der Zusammenarbeit zu suboptimalen Ergebnissen führen und der Zutritt zu lokal verankerten Beziehungsnetzwerken für ausländische Investoren meist verschlossen bleibt.
Unsicherheiten bei der Auswahl lokaler Kooperationspartner Mit dem Eintritt internationaler Akteure auf die beiden vormals lokal geprägten Immobilienmärkte haben sich die Anforderungen in den immobilienwirtschaftlichen Arbeitsfeldern gewandelt. Der Bedarf an gut ausgebildeten Portfolio- und Akquisitionsmanagern, Marktanalysten, Finanzund Rechtsexperten, Immobiliengutachtern und Gebäudemanagern hat schlagartig zugenommen (Interview M2; S3). Bei der Suche und Kompetenzeinschätzung möglicher Kooperationspartner erfahren die internationalen Investoren allerdings in beiden Märkten ein hohes Maß an Unsicherheit. Es fehlen institutionell begründete rechtliche und qualifikationsspezifische Standards. In Brasilien sind beispielsweise zwar nur Personen mit einer Lizenz berechtigt, Beratungsdienste an Immobilienunternehmen anzubieten und den Titel Berater zu tragen. Allerdings stellt der Erwerb die-
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ser Genehmigung nur eine geringe Eintrittsbarriere dar, wie folgender Gesprächspartner ausführte: „Now we have CRECI [Anm. d. Verf.: Conselho Regional de Corretores de Imóveis]. All the brokers have to have CRECI, it is a kind of broker certificate. But you can do this course by mailing. You have to be able to write down your name. This is enough“ (Interview S8).
Die geringen institutionellen Standards bedingen aus Sicht der ausländischen Investoren eine hohe Intransparenz bei der Auswahl geeigneter Partner. Dazu trägt auch die geringere Professionalisierung der Märkte bei. Eine spezifische Ausbildungsinfrastruktur für Immobilienfachleute ist in Mexiko und Brasilien erst in jüngster Zeit im Aufbau. Internationale Lizenzen, Akkreditierungen, Studienabschlüsse oder geschützte Titel sind damit eher noch die Ausnahme (Interview M14; S21). Aufgrund der schwierigen Einschätzung der Kompetenzen lokaler Akteure bevorzugen Investoren aus dem Ausland – wenn möglich – die Zusammenarbeit mit internationalen Marktakteuren, die gemeinhin über eine höhere Professionalität und Fachkenntnis verfügen und im Kontext ihrer internationalen Erfahrung und Tätigkeit gemeinsam geteilte kulturelle Praktiken, Verhaltensregeln, Standards und damit eine Art international gültiges Gütesiegel bieten: „The international players feel that it is more reliable to work with international firms having a good name and reputation all around the world. They feel that they are talking with a corporation that has the same international standards“ (Interview M15).
Ihren Erfahrungsschatz und ihre Qualitäten signalisieren diese transnationalen Akteure über Referenzen und den sog. Track record (Interview M10). Die Immobilieninvestoren wiederum verschaffen sich innerhalb des internationalen Immobiliennetzwerkes Informationen über die Reputation des potenziellen Partners (Interview M1; S24), um die richtige Wahl zu treffen. Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Reputation nehmen damit eine zentrale Stellung bei der Auswahl des richtigen Partners ein, zumal auch Kontrollinstrumente über die geographische Distanz nur bedingt greifen. Beide Mechanismen begünstigen die Zusammenarbeit mit lokal ansässigen Niederlassungen globaler Unternehmen, da lokale Unternehmen und deren Mitarbeiter häufig noch keine internationalen Referenzen aufweisen können.
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Informationsasymmetrien zwischen lokalen und globalen Immobilienakteuren Neben der Auswahl des passenden Kooperationspartners ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch Informationsasymmetrien belastet, wie Immobilienakteure aus beiden Märkten andeuteten: „Nobody possesses full information about the office market in Mexico City. But generally the local players have the market know-how in terms of legal things, knowledge of local players and rules, etc.“ (Interview M5). „The domestic players are used to work in this context. But things are very confusing for foreign investors because they are not used to local practices“ (Interview S7).
Beide Zitate verdeutlichen, dass der lokale Marktteilnehmer grundsätzlich besser informiert ist als der internationale Investor. Letzterer ist damit auf die Wissensweitergabe und die Loyalität des lokalen Partners angewiesen (Interview M7). Denn die ungleiche Verteilung der Informationen eröffnet Handlungsspielräume, die der lokale Marktteilnehmer zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen kann. Der globale Investor kann dessen Handlungen vor allem aus geographischer Distanz nicht exakt beobachten, zumal er auch von der Marktlage nicht die notwendige Kenntnis besitzt, um dessen Ratschläge und Aktionen adäquat einschätzen zu können. Nicht zuletzt erschweren unterschiedliche lokalspezifische Geschäftsmodelle, Praktiken und Vorgehensweisen die Beurteilung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Interview M19). Gleiches kann auch für den Büroimmobilienmarkt in São Paulo festgehalten werden. Gesprächspartner kritisierten dabei vor allem das fehlende Verständnis der lokalen Akteure für spezifische Regeln und Prozeduren internationaler Investoren. Immer noch lassen sich viele Immobilienakteure in São Paulo von Intuitionen und Gefühlen leiten. Damit ist deren Vorgehen wenig kompatibel mit dem rationalen und stärker finanzmarktgetriebenen Handeln internationaler Investoren (Interview S8; S21). Ein Gesprächspartner merkte sogar an, dass es einfacher sei, Immobilienexperten entsprechend dieser neuen Herausforderungen neu auszubilden, anstatt langjährige Mitarbeiter mit diesen neuen Standards vertraut zu machen (Interview S7). Im Vergleich zu Brasilien stuften die Interviewten dieses Problem für Mexiko als geringer ein: „The players here in Mexico are more used to talk the same language. As DIFA came here, the players in the market know how to talk to them. The Brazilians do not have the mindset of global investors“ (Interview M1).
Wie bereits weiter oben mehrfach erwähnt, kann diese ähnliche Mentalität mit der geographischen Nähe zu den USA, der engeren globalen Vernet-
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zung (z.B. Nafta) und dem früheren Markteintritt internationaler Immobilienakteure erklärt werden.
Interessenskonflikte in der Zusammenarbeit Bei Immobilieninvestitionen sind eine Vielzahl von Akteuren beteiligt, womit nicht nur Informationsasymmetrien, sondern angesichts des breiten Spektrums von Zielsetzungen auch Interessenskonflikte einhergehen. Am Beispiel der Berater-Investoren-Beziehung lässt sich dies sehr deutlich nachvollziehen. Die Beratungsunternehmen arbeiten meist auf Provisionsbasis und sind damit von der Courtage für erfolgreiche Immobilienvermittlungen abhängig. Wie folgendes Zitat verdeutlicht, rückt in einigen Fällen der Anspruch, eine gute Beratung zu leisten, hinter das Ziel, möglichst viele und teure Transaktionen abzuwickeln: „The international investor is basically telling the consultant ,go and do the homework‘. And on the other hand the consultant is being compensated by the amount of money they get from the investor. So there is a conflict. They have an interest to make the investor buy expansive and more and more properties, because that is how they get compensated“ (Interview M1).
Erschwerend für den Aufbau von Vertrauen wirkt zudem, dass Berater verschiedenen Loyalitäten verhaftet sein können. Ein Interviewpartner berichtet, dass das jüngste Interesse ausländischer Investoren in beiden Märkten das Angebot an adäquaten Büroimmobilien weit überragt, sodass nicht alle Klienten gleichermaßen bedient werden können. Bevorzugt werden i.d.R. Investoren mit einer langjährigen weltweiten Zusammenarbeit, während andere Kunden bei dem einen oder anderen Immobiliengeschäft nicht berücksichtigt bzw. nicht informiert werden: „They are risking to be left out of the party. Because nobody is going to bring the best deals to you if you do not have a long-term commitment“ (Interview M10).
Ähnliche Zielkonflikte ergeben sich, wenn der Berater gleichzeitig den Verkäufer und Käufer repräsentiert und damit nicht sichergestellt ist, ob der Dienstleister im besten Interesse für Eigentümer oder potenziellen Investor handelt. Interessenskonflikte sind allerdings nicht nur auf die Zusammenarbeit mit Berater beschränkt, sondern ergeben sich auch in den Verhandlungsprozessen mit lokalen Immobilieneigentümern. Ein Immobilienakteur verwies dabei auf die unklaren Gutachten von Bürogebäuden, die in nicht wenigen Fällen vom Bauherrn bzw. Eigentümer durchgeführt werden (Interview S8). Nach Angaben der Gesprächspartner erweist sich nicht zuletzt die spezifische Condominium-Eigentümerstruktur in Mexiko City und São Paulo als zusätzliche Intransparenz für internationale Investoren. Denn
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durch die Einbeziehung mehrerer Eigentümer und deren unterschiedlichen Interessen erhöht sich die Komplexität bei Verkaufsverhandlungen (Interview M10; S7). Bei Kooperationen mit lokalen Immobilienakteuren geraten die internationalen Investoren mitunter auch in Abhängigkeiten, indem sie auf deren Leistungen und Integrität angewiesen sind. Aufgrund einer geringen Anzahl an Wettbewerbern ist die Auswahlmöglichkeit für Kooperationspartner in manchen Teilbereichen beschränkt. Der oligopolistische Charakter des Immobilienmarktes eröffnet den lokalen Akteuren Handlungsspielräume, die sie opportunistisch ausnutzen können. So gaben einige ausländische Akteure als Gründe für das Scheitern von Kooperationen an, dass der lokale Partner Vereinbarungen nicht eingehalten hat (Interview M26), die Ziele und Erwartungen nicht erfüllt hat und unprofessionell agierte (Interview M19). Andere wiederum berichteten von überhöhten Preisvorstellungen der lokalen Akteure (Interview S11). Zur Eingrenzung der relationalen Intransparenzen greifen einige Investoren auf die Implementierung von leistungsabhängigen Ergebnisbeteiligungssystemen zurück, um gegenseitige Abhängigkeiten und eine Interessenskongruenz zu erzielen. Immer öfter wird eine finanzielle Beteiligung der Ko-Investoren und Dienstleister als verstärkte motivatorische Einbindung angestrebt, um zu gewährleisten, dass die wirtschaftlichen Interessen synchron in dieselbe Richtung laufen. So erklärte ein deutscher Investor, dass eine Kooperation nur funktionieren kann, wenn der lokale Wissensträger am Erfolg des Investors partizipieren kann bzw. auch bei einem Misserfolg mitverantwortlich ist: „Es geht um Alignment of Interest, d.h. die Angleichung der Interessen. Der Partner muss einfach im gleichen Boot sitzen wie ich. Und nicht in zwei Booten, wo ich sozusagen der Kapitalgeber bin und er ist der Servicedienstleister und wir fahren ständig nebeneinander her und er kriegt von mir immer ein Ruder rübergereicht, damit er weiter rudern kann. Das kann nicht funktionieren“ (Interview 10).
Um eine Interessensangleichung zu erzielen, können unterschiedliche Strategien verfolgt werden: Entweder beteiligten sich die befragten Investoren an entsprechenden Unternehmen, die lokal präsent sind, und förderten damit deren Wachstum oder sie investierten mit dem lokalen Akteur zusammen in einzelne Projekte. Eine wichtige Funktion zum Abbau von Interessenskonflikten erfüllt dabei auch die Aussicht auf mögliche Folgeaufträge bzw. Repeat business. Die lokalen Berater bzw. Dienstleister streben eine langfristige Zusammenarbeit mit den ausländischen Investoren an. Sie spekulieren auf Nachfolgeaufträge und sind daher motiviert, das erste Projekt erfolgreich durchzuführen. Innerhalb dieser Zeitspanne ist die Zusammenarbeit für die potenziellen Partner wenig profitabel. Ganz im Gegenteil: Die lokalen Unternehmen investieren mit Vorleistungen nicht un-
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erheblich in die mögliche Beziehung und hegen die Hoffung, dass der ausländische Investor früher oder später auch mal eine Transaktion durchführt. Schließlich setzen manche befragten Investoren auf die Reproduktion internationaler Netzwerke. Wenn möglich, werden frühere Partnerunternehmen reaktiviert. Bisherige Erfahrungen grenzen dabei Unsicherheiten und opportunistisches Verhalten in der Zusammenarbeit ein.
Lokal verankerte Beziehungsnetzwerke Indem die Immobilienwirtschaft in beiden Untersuchungsstandorten ein extrem stark personifiziertes Geschäft darstellt, nimmt die Einbindung in soziale Netzwerke persönlicher Beziehungen für einen erfolgreichen Markteintritt und dessen Erschließung eine flankierende Rolle ein: „The business community in Mexico is also very small and it is a who is who. Cold calling in Mexico is very difficult even for us“ (Interview M13). „The majority of the transactions arise from personal relations. For example we sold Nestle and we were hired by a pension fund. We were hired because we had a personal relationship with the financial director here, and not because we had a relationship with the CEO in the headquarters. I think real estate is global but the business is local“ (Interview S4).
Das erste Zitat weist darauf hin, dass eine erstmalige Kontaktaufnahme zu lokalen Marktteilnehmern über Telefon oder Mails etc. (sog. Cold calling) meistens mit nur geringem Erfolg verknüpft ist. Die zweite Aussage unterstreicht noch mal die Wichtigkeit von sozialen Querverbindungen, etwa über gemeinsame berufliche Werdegänge oder persönliche Beziehungen, die größtenteils lokal verankert sind. Persönliche Beziehungen haben in den kollektivistischen Gesellschaften Mexikos und Brasiliens (siehe Hofstede 2008a, b) Vorrang vor der Aufgabe. Vertrauen innerhalb des eigenen Familien- und Bekanntenkreises ist ein wesentlicher Bestandteil der mexikanischen und brasilianischen Kultur und prägt auch wirtschaftliche Koordinationsmechanismen. Die Integration in lokale Netzwerkbeziehungen ist für ausländische Immobilienakteure damit erfolgsentscheidend (Interview S17). „If you do not have a local network you can not do business here“ (Interview S17).
Einige Gesprächspartner verfolgten daher die Strategie, mittels lokal rekrutierter Mitarbeiter Zutritt zu lokalen Geschäftszirkeln, Netzwerken, Marktpartnern und räumlich verankerten Tacit knowledge zu erhalten. Wie folgendes Beispiel eines internationalen Projektentwicklers zeigt, wurden dazu eigens Positionen geschaffen:
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„You can not survive without a local network. I am a gringo. I am an US guy in Mexico. I do what I can but I am an outsider and a foreigner. Even if I have been here for 12 years and I speak the language is it not the same. We got a new business director whose job is to embed himself into the market, to be involved in every important organisation and get to know and get in touch with all important people in the business“ (Interview M7).
Auch andere Immobilienunternehmen geben an, dass sie zur erfolgreichen Marktdurchdringung Personen einstellen, die ausschließlich die Aufgabe haben, lokale Netzwerke aufzubauen bzw. zu pflegen (Interview M14; M26; S17). In São Paulo strukturierte ein ausländischer Marktteilnehmer nach anfänglichem Misserfolg gar seine komplette Personalpolitik radikal um, indem Expatriats wieder in die USA zurückgeschickt und konsequent nur noch Brasilianer mit umfangreichen lokalen Kontakten als Mitarbeiter akquiriert wurden (Interview S1). Aus den Interviews ging schließlich hervor, dass die persönlichen Beziehungsnetzwerke reziprok ausgebildet sind und damit auf einer nicht zwingend zeitlich parallelen Gegenseitigkeit von Geben und Nehmen beruhen, wie ein Interviewpartner verdeutlichte: „If I need something, I can say ,Look, I need this information, can you give it to me?‘ Because one favor begets another favor, and because I have been in the real estate market for a long time here – I am a Brazilian – I am able to pay back that favour with a deal three years from now, 10 years from now, but the broker remembers that X will give him a deal. So that is how it works“ (Interview S3).
Die Aussage impliziert darüber hinaus, dass diese auf Gegenseitigkeit beruhenden Austauschbeziehungen nur in längerfristiger Zusammenarbeit und damit vor allem im lokalen Kontext funktionieren können. Die Tatsache, dass außer jeweils zwei Ausnahmen alle Immobilienunternehmen lokal stark verflochtenes mexikanisches bzw. brasilianisches Personal (mit internationalen Ausbildungswegen) für den Aufbau und die Steuerung der Niederlassungen in Mexiko City bzw. São Paulo rekrutierten, ist ein Zeichnen dafür, dass persönliche Geschäftsbeziehungen den entscheidenden Schlüssel für den Marktzutritt liefern: „Locals are always a very important factor in every office, because it is such a local business” (Interview M21). Manchmal wurde sogar argumentiert, dass die Einbettung in persönliche und geschäftliche Beziehungen bzw. die Präsenz vor Ort mitunter erfolgskritischer sei als die jeweiligen Kompetenzen des ausländischen Akteurs: „It is like product placement in the movies: you have to be there, you have to be a player in the market, you have to see and be seen. It is like in the film industry“ (Interview M13).
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7.3.4
Informelle Intransparenzen
Wie in Kapitel 4 dargelegt wurde, können korrupte Strukturen und informelle Netzwerke in vielerlei Hinsicht informelle Intransparenzen generieren und damit die Unsicherheiten ausländischer Investoren erhöhen. Sowohl Mexiko als auch Brasilien gelten als Staaten, in denen korrupte Strukturen eine lange Tradition besitzen (siehe hierzu u.a. Rehner 2004). Dementsprechend wird das Ausmaß der Korruption im öffentlichen Sektor in beiden Ländern von Transparency International (2008) als überdurchschnittlich hoch klassifiziert. Mit einem Wert von 3,6 bzw. 3,5 auf der Skala von null (korrupt) bis zehn (frei von Korruption) liegen Mexiko und Brasilien an 72. bzw. 80. Stelle im Mittelfeld der globalen Rangliste. Innerhalb Mexikos belegen der Bundesstaat Estado de México und die Hauptstadt die letzten beiden Plätze und weisen damit die höchste Korruptionsrate im öffentlichen Dienst auf (Transparencia Mexicana 2007). Weber Abramo (2008) kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass ein Viertel der Unternehmen in Brasilien fünf bis zehn Prozent des Umsatzes für Bestechungsgelder reservieren. Korruption und Bürokratie addieren sich zu dem, worüber fast jeder Unternehmer in Brasilien stöhnt: custo Brasil – Brasiliens Zusatzkosten. Davon sind vor allem unternehmerische Tätigkeiten in São Paulo betroffen, wo über 80% der ansässigen Unternehmen Korruption als schwerwiegendes Problem einstufen (Transparência Brasil 2003).
Korrupte Strukturen im öffentlichen Sektor In beiden Untersuchungsräumen lassen sich Fallbeispiele dafür finden, wie korrupte Strukturen im öffentlichen Sektor Transaktionen und Auftragsvergaben auf den Immobilienmärkten durchdringen und damit zu Intransparenzen beitragen. So problematisierten zwei Gesprächspartner das Verhältnis mit der öffentlichen Hand für die beiden Märkte wie folgt: „You get so many restrictions in Mexico City. You pay one guy to get your permit and then another one comes in and then you have to pay. There are a lot of bribes that they ask for. You can not count on them for anything, and if you do not pay the water and electricity permit will take forever“ (Interview M19). „The public sector is something that is not transparent. We still have a mafia. It depends on relationships. For international companies like us it is very difficult to act in this environment“ (Interview S4).
Während das erste Zitat die Verbreitung von Bestechungszahlungen aufgreift, um etwa Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, bezieht sich die zweite Aussage auf die Inkompatibilität dieser Machenschaften mit den ethischen Grundsätzen eines internationalen Immobilienakteurs.
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Besonders betroffen sind nach Angaben der Gesprächspartner die Projektentwickler, die in unmittelbaren Kontakt mit den Planungsbehörden treten. Gerade bei Projekten, die nicht so stark in der Öffentlichkeit stehen, lassen sich zahlreiche Beispiele für Korruption in den öffentlichen Genehmigungsprozessen finden. Auch bei Ausschreibungen öffentlicher Bauprojekte kommt es mitunter zu Unregelmäßigkeiten, indem beispielsweise der Bewerberkreis durch Manipulation bewusst eingeschränkt wird (Interview S6). Mitunter bleiben die öffentlichen Ausschreibungen ganz aus und die Projektvergaben werden „unter der Hand abgeschlossen“ (Interview M14). Die Machtposition lokaler Beamter gegenüber den Immobilienakteuren resultiert vor allem aus deren Verfügungsgewalt. Beispielsweise kann die Vergabe spezieller Baugenehmigungen an ausländische Projektentwickler ausschließlich im Ermessen eines einzelnen Beamten liegen. Da das System zusätzlich als stark reguliert und bürokratisch gilt, bedarf es zur Unsicherheitsvermeidung guter persönlicher Beziehungen zu lokalen Behörden. Diese Kontakte erhoffen sich die meisten ausländischen Marktteilnehmer von lokalen Kooperationspartnern (Interview M7). Gerade von diesen lokalen Akteuren wird die Bürokratie mehr als ein leidiges Übel angesehen, das sich mit einer Gefälligkeitszahlung aus dem Weg räumen lässt, wie ein lokaler Akteur lapidar anmerkte: „You can build a building and pay off the guys. That is the way it works“ (Interview S10). In beiden Untersuchungsmärkten kann die Korruption als Reaktion auf institutionelle Lücken gedeutet werden. Falsche Anreizsysteme und unzureichende Rechtssysteme stellen einen Nährboden für opportunistisches Verhalten. Als Beispiel sei auf die Fragmentierung der Stadtplanung in Mexiko City verwiesen. Die hohe Anzahl an separaten Entscheidungs- und Schnittstellen bietet ein hohes Potenzial für Korruption. So sind die Regelungen bzgl. Gebäude- und Baustandards mehr oder weniger verbindlich, wie der Bau des Gebäudeensembles Torre des Bosques in Mexiko City veranschaulicht. Die Höhe des dritten Turms wurde um mehr als 12 Meter überzogen, was in den lokalen Zeitungen ausführlich aufbereitet und problematisiert wurde. Schließlich riegelte man sogar das Gebäude ab, obgleich einige Mieter bereits Büroflächen bezogen hatten. Nichtsdestotrotz blieb dieser Regelverstoß für den Projektentwickler ohne langfristige Konsequenzen, wie ein Marktbeobachter hinzufügte: „Nach einem Monat hat kein Mensch mehr darüber geredet. Da ist dann irgendwo gezahlt worden und dann war der Fall erledigt. Der Zuständige für die Baugenehmigung für Polanco hat wahrscheinlich kassiert und dann war der Fall erledigt“ (Interview M18).
Die Aufteilung der Bauplanung auf einzelne Stadtbezirke und fehlende übergreifende Kontrollinstanzen eröffnen den Beamten administrative Ermessensspielräume bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzen und Vorschriften. Das betrifft auch den Immobilienmarkt in São Paulo, wo ei-
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nige Interviewpartner Unregelmäßigkeiten bei der Einhaltung von Obergrenzen für die Bauhöhen, Grund- und Geschoßflächenzahlen etc. konstatierten (Interview S2; S15). Nach Ansicht der meisten Interviewpartner ist die Korruptionsanfälligkeit bei Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren in beiden Märkten dennoch rückläufig. Vor einigen Jahren war es in der Immobilienwirtschaft der Normalfall, mit Schmiergeldzahlungen Einfluss auf bürokratische Entscheidungen zu nehmen. Kontrollmechanismen wurden dadurch umgangen und Verfahren beschleunigt: „You could bribe and open your ways to the jungle of the bureaucracy with money“ (Interview M13). In Mexiko City haben Videoüberwachungen der Verwaltungsräume zur Korruptionsprävention sowie öffentlichkeitswirksame Aufdeckungen und Verurteilungen von Korruptionsfällen in der Presse den Spielraum für illegale und nicht legitime Handlungen eingeschränkt (Interview M13). Ein Interviewpartner aus São Paulo führt demgegenüber das langsame Aufbrechen korrupter Systeme vor allem auf die Internationalisierung des Immobilienmarktes und der damit einhergehenden Einführung neuer globaler Standards zurück. Nichtsdestotrotz ist der Missbrauch öffentlicher Macht durch Bestechung von Amts- oder Mandatsträgern, die Unterschlagung öffentlicher Gelder sowie die Zahlung von Schmiergeldern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in beiden Immobilienmärkten noch weit verbreitet (Interview M4; S15). Gerade der ausgeprägte Bürokratismus bietet in beiden Märkten noch genug Angriffsfläche für opportunistisches Vorgehen.
Korruption als Wettbewerbsnachteil globaler Akteure Die lokalen Immobilienakteure sind der Herausforderung, in einem korrupten Umfeld zu bestehen, i.d.R. besser gewachsen als ausländische Unternehmen, die die spezifischen Mechanismen nicht kennen und an die ethischen Geschäftsgrundsätze und Verhaltensregeln des Konzerns gebunden sind. Folgende Zitate zeigen, dass sich die ausländischen Projektentwickler der Situation relativ hilflos ausgeliefert sehen und Wettbewerbsnachteile fürchten: „That is a difference between a transparent institutional international investor and a Mexican investor. I am not criticising Mexican investors but the way they are doing business in Mexico for many years: my friend, a politician, receives a gift from me to make sure the permits. I am working for an US company and we have foreign anti-corrupt practices to which we are legally bound. And we have to follow the same business principles. I can not go in and offer a bribe or something else to officials to get sure the permit process. So how do I get this done legally and ethically and still be competitive in the market with Mexican developers, who do not have the same restriction. It is a problem“ (Interview M7). „We have developers here who are our competitors and corrupt everybody. We can not corrupt anybody – we have signed a thing called FCPA [Anm. d. Verf.:
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Foreign Corrupt Practices Act]. But there are some developers who do pay major kickbacks and we lose deals“ (Interview S3).
Beide Gesprächspartner verweisen auf ihre ethischen Richtlinien, die Korruption und unfairen Wettbewerb ausschließen. Um keine Nachteile gegenüber lokalen Konkurrenten zu erleiden, gehen die internationalen Projektentwickler und Investoren Kooperationen mit lokalen Unternehmen ein, um der Korruption auszuweichen bzw. heikle Verfahrensschritte dem lokalen Partner zu überlassen. Entgegen der Beteuerungen und den Verweisen auf internationale ethische Kodizes in den Interviews, merkte ein Gesprächspartner in São Paulo an, dass die transnationalen Akteure sehr wohl Bestechungsgelder zahlen. Er ließ dabei die Frage offen, ob die korrupten Strukturen damit nicht auch von den ausländischen Akteuren gewissermaßen gefördert werden (Interview S10). Korruption bezieht sich allerdings nicht ausschließlich auf die Interaktionen mit öffentlichen Behörden, sondern umfasst auch die Praktiken mancher mexikanischer und brasilianischer Immobilieninvestoren. So sei die mexikanische Immobilienwirtschaft eng mit den Drogenkartellen verwoben. Wie ein Immobilienkenner konstatierte, wurde ein beachtlicher Anteil der Neubauten in Santa Fé mit Drogengeld finanziert (Interview M18). In São Paulo erwiesen sich in der Vergangenheit vor allem die Immobiliengeschäfte der mächtigen Pensionskassen als stark intransparent und waren in mehrere Skandale verwickelt (Interview S23).
Informelle Netzwerke Weniger kriminell, aber ebenso undurchschaubar für externe Akteure zeigt sich in Mexiko der sog. Personalismo (Rehner 2004: 39f.). Die meist reziproken Beziehungen zwischen sozial ähnlich positionierten Akteuren, die beim Austausch von Gefälligkeiten wirksam werden, sind typisch für das Immobiliengeschäft in Mexiko City. Dabei betonen die befragten Immobilienakteure beider Büromärkte immer wieder die Wichtigkeit persönlicher Kontakte zu den relevanten Behörden bzw. zu den gewählten Parteien: „What you can build on a site depends on the relationship to the parties“ (Interview M10). „Whether people are getting favors depending on the political panorama at that moment. So if I am a developer and friend of the major, they will allow me a lot“ (Interview S15).
Diese weitere Facette der informellen Intransparenz zeigt sich ebenso bei den engen und persönlichen Beziehungsgeflechten im Projektentwicklungssegment. Wohlhabende mexikanische Familienclans und die jüdische
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Business-Community dominieren einzelne Teilmärkte (Interview M9; M10). Für ausländische Immobilienakteure ist die Integration in diese komplexen informellen Netzwerkstrukturen i.d.R. nicht oder nur schwer möglich. Ein Berater berichtete von einem deutschen Investor, der bislang erfolglos ein passendes Investitionsobjekt in Mexiko City sucht: „I was in a meeting a few minutes ago about a large German based fund that wants to come into Mexico. And we have not been able to present them a solid project for them to invest. Why? Because a large part of the owners belongs to the Jewish community, they are holding their properties and do not want to sell it to foreign investors“ (Interview M13).
Die fest lokal verankerten und quasi geschlossenen Netzwerkstrukturen wirken auf die globalen Investoren intransparent und erschweren wesentlich den Markteintritt. Hinzu kommen geheime Absprachen zwischen lokalen Mitgliedern z.B. bzgl. Kaufpreise, die Akteure aus dem Ausland benachteiligen (Interview M7). Ähnliche Intransparenzen konnten auch für São Paulo identifiziert werden, wobei die Geschlossenheit des Marktes im Vergleich zu Mexiko City als höher eingeschätzt wurde (Interview S24). Informelle Netzwerke eignen sich schließlich auch zur Verzerrung, Unterdrückung und Kodierung von marktspezifischen Informationen und Wissen, um die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können und die Transaktionskosten neuer Akteure künstlich hoch zu halten. Zurück bleibt nach Ansicht eines ausländischen Projektentwicklers: „A field that is muddy with misinformations“ (Interview M3). Lokale Akteure halten insbesondere dann Information bewusst zurück, wenn diese einen hohen Wettbewerbsvorteil darstellt: „It is a game, because people know that information is power. So you want everyone to have more information but you do not want to give away what you have because it is one of your strengths. It is an imperfect market“ (Interview M11). „The man with one eye is king in the land of the blind. So if I have one eye seeing a little bit of information and nobody else has it, then I am the king of the market. Do I want to change that? Do I want to poke my other eye out?“ (Interview S10).
Beide Statements weisen nochmals explizit darauf hin, dass zusätzliches Wissen Macht bedeutet, die man nur ungern mit anderen Mitbewerbern teilt. Gerade lokale Akteure versuchen diesen Wissensvorsprung in Verhandlungen oder Kooperationen mit internationalen Akteuren bewusst einzusetzen und davon zu profitieren. Dabei soll das exklusive Wissen gegenüber ausländischen Immobilienakteuren geheim gehalten (Interview M2; M13; S13; S11) bzw. durch uneinheitliche Erhebungsmethoden bewusst kodiert werden. Die Zurückhaltung relevanter Marktinformationen
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ist in manchen Unternehmen sehr stark ausgeprägt, wie folgende Statements sehr gut erahnen lassen: „Information is very hard to acquire. We die before we give it away“ (Interview M11). „It is like you have a big cake and you have to share this cake with a lot of people. And humankinds do not like to share“ (Interview S15).
7.3.5
Intransparenzen als Markteintrittshindernis – eine Triangulation
Mit Hilfe der konzeptionellen Unterscheidung aus Kapitel 4.2 wurden die wesentlichen Intransparenzen herausgearbeitet, die dem reibungslosen Ablauf bei internationalen Investments in Mexiko City und São Paulo entgegenwirken. Welche Annahmen lassen sich nun aus der Vergleichsstudie über Intransparenzen auf Immobilienmärkten der Semi-Peripherie formulieren? Die wichtigste Erkenntnis dieses Kapitels könnte lauten: Die Immobilienmärkte der Semi-Peripherie sind immer noch sehr stark lokal verankert. Das betrifft zunächst das Wissen über die jeweiligen Büromärkte, das für ausländische Investoren entweder nicht verfügbar ist oder aufgrund lokalspezifischer Standards und Erhebungsmethoden von diesen nicht richtig interpretiert werden kann (informationelle Intransparenzen). Gleichermaßen sollte deutlich geworden sein, dass die Durchlässigkeit der Skalen in der Immobilienwirtschaft durch marktspezifische Spielregeln eingeschränkt wird (institutionelle Intransparenzen). Lokale Immobilienmärkte sind mit formellen und informellen Regeln der ökonomischen Praxis durchzogen (z.B. Immobilienrecht, Steuergesetzgebung, Stadtplanung, Bürokratie), die in örtlichen Kontexten permanent verfeinert, korrigiert und reproduziert werden und für ausländische Investoren partiell undurchsichtig bleiben. Wie die Untersuchungen in Mexiko City und São Paulo zeigen, bergen grenzüberschreitende Investitionen auch eine besonders hohe Gefahr an relationalen Intransparenzen. Gerade wenn dauerhafte räumliche Nähe nicht gegeben ist, sondern Immobilientransaktionen über geographische Distanz angestrebt werden, steigen die Unsicherheiten bei der Auswahl lokaler Kooperationspartner. So nehmen persönliches Vertrauen und Verlässlichkeit eine zentrale Stellung bei der Auswahl des richtigen Partners ein, die meist nur im lokalen Kontext gebildet werden können. Ebenso wenig kann der Investor die Handlungen der lokalen Partner aus geographischer Entfernung exakt beobachten und/oder ihm fehlt das erforderliche marktspezifische Fachwissen, um sie adäquat einschätzen zu können. Das erhöht die Gefahr, dass der lokal ansässige Immobilienakteur bei mangelnder Übereinkunft der Ziele bzw. Interessenskonflikten seine Verhaltensspielräume opportunistisch ausnutzt und damit den Interessen des ausländischen Immobilieninvestors zuwider handelt. Über geographi-
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sche Entfernung lassen sich diese Informationsasymmetrien und Interessenskonflikte nur bedingt kontrollieren. Schließlich können korrupte Strukturen und informelle Netzwerke informelle Intransparenzen generieren. Ausländische Investoren kennen die spezifischen Mechanismen der lokalen Korruption im Gegensatz zu lokalen Akteuren nicht genau oder wollen sie aufgrund ihres Corporate Governance nicht kennen. Ebenso bleiben den meisten ausländischen Investoren die Logik und Funktionsweisen der informellen komplexen Netzwerkstrukturen vor Ort verhüllt, die sowohl in Mexiko City als auch in São Paulo bestimmte Teilmärkte prägen und steuern. Um die Ergebnisse aus den Interviewaussagen zu triangulieren (siehe Kapitel 5.2.5), wird die qualitative Analyse schließlich um eine standardisierte Erhebung der Intransparenzen ergänzt. Dabei geht es weniger um einen gleichgewichtigen Beitrag quantitativer Forschungsergebnisse. Vielmehr wurde der Fragebogen zu den Investitionsrisiken in das Interview integriert, um die empirischen Ergebnisse zu unterstützen bzw. zu fundieren sowie einen direkten Vergleich zwischen den Untersuchungsmärkten zu ermöglichen. Der Überblick unterstützt die Argumentation, dass das Investitionsrisiko in Mexiko City (ø 1,9; [1 = niedriges Risiko; 2 = mittleres Risiko; 3 = hohes Risiko]) insgesamt etwas geringer eingestuft wird als in São Paulo (ø 2,1) (siehe Abb. 40). Die größten Unterschiede ergaben sich konform zu den Interpretationen der Interviews bei den Einschätzungen der Währungsrisiken, wirtschaftlichen Stabilität, Verlässlichkeit der Marktinformationen, Korruption und kulturellen Differenzen. All diese Risikofaktoren wurden in São Paulo vergleichsmäßig hoch beurteilt. Demgegenüber ordneten die Akteure in Mexiko City der politischen Stabilität, den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Steuergesetzgebung ein höheres Risiko zu. Trotz dieser Unterschiede, die bereits weiter oben ausreichend interpretiert wurden, weisen die Risikobewertungen in vielen Punkten eine ähnliche Struktur auf. Auffällig ist dabei, dass in beiden Studienmärkten Risiken bzw. Intransparenzen auf lokaler Ebene die höchsten Punktzahlen erzielten. Die Problembereiche beim Skalenübertritt konzentrieren sich damit vor allem auf die Schnittstelle zwischen globalen Immobilieninvestoren und lokalen Immobilienakteuren und Institutionen. Gerade die schwierige Auswahl geeigneter Kooperationspartner vor Ort, undurchsichtige lokale Regularien und Steuergesetzgebungen, bürokratische Strukturen sowie der mühsame Zugang zu verlässlichen und reichhaltigen Marktinformationen wirken einem reibungslosen Ablauf internationaler Investments entgegen. Mit Ausnahme der Währungsrisiken werden die systematischen Risiken, die alle Immobilieninvestitionen in Mexiko bzw. Brasilien gleichermaßen betreffen, wie z.B. die Inflations- oder Zinsentwicklung, die politische und wirtschaftliche Stabilität, dagegen verhältnismäßig niedrig eingestuft. Das mag
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daran liegen, dass diese Risiken zumindest bekannt sind und besser kalkulierbar erscheinen (z.B. mittels Prognosen), als beispielweise lokalspezifische Steuern bzw. Rechtauslegungen, die Auswahl und Zusammenarbeit mit lokalen Partnern oder die Verlässlichkeit der Marktinformationen. Abb. 40: Investitionsrisiken in Mexiko City und São Paulo
Quelle: Eigene Erhebungen Welche Folgerungen ergeben sich letztlich aus den diskutierten Intransparenzen für die Organisation grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen? Zunächst bleibt festzuhalten, dass lokale Präsenz in Form eigener Niederlassungen im Ausland auch immer Intransparenzen vermindern kann. Nähe erleichtert beispielsweise den Zugang zu explizitem Wissen über die Märkte und deren Spielregeln, schafft eine gute Basis für Vertrauensaufbau zwischen den Interaktionspartnern und erleichtert die Einbettung in lokale und persönliche Netzwerkstrukturen. Da der Aufbau einer eigenen Repräsentanz nicht immer sinnvoll ist, da dieser Starrheiten im Investitionsverhalten erzeugen kann (siehe Kapitel 6.2.4), versuchen die Investoren mittels geschickter Kombination einzelner Nähedimensionen hybride Näheformen zu generieren, um distanzabhängige Intransparenzen zu reduzieren und damit grenzüberschreitende Investitionen zu ermöglichen. Wie bereits weiter oben ausgeführt, gehen sie dazu enge Partnerschaften mit lokalen Unternehmen ein, versuchen trotz räumlicher Distanz mittels temporärer Aufenthalte ein Gespür für den Markt zu entwickeln, verhindern mögliche Interessenskonflikte und opportunistisches Verhalten
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der lokalen Partner durch Ergebnisbeteiligungen oder vertrauen vor Ort ansässigen transnationalen Akteuren, die eine gewisse professionelle Nähe versprechen.
7.4 Überformung lokaler Büroimmobilienmärkte Grenzüberschreitende Investitionen in Mexiko City und São Paulo sind mit vielfältigen Intransparenzen besetzt (siehe Kapitel 7.3), die häufig noch zur Zurückhaltung internationaler Immobilienakteure führen. Verglichen mit den Kernökonomien sind die momentanen Investitionszuströme in beide Märkte dementsprechend zwar relativ gering, dennoch hat Kapitel 7.2 eine nach Teilmärkten bereits mehr oder weniger stark ausgeprägte Internationalisierung auf beiden Untersuchungsmärkten festgestellt. Wie schon mehrfach ausgeführt wurde, versuchen sich ausländische Immobilienakteure an die fremden Immobilienmärkte anzupassen und mit adäquaten Strategien die lokalspezifischen Intransparenzen möglichst zu reduzieren. Allerdings ist es nicht nur einseitig der spezifische Immobilienmarkt mit seinem Regelset, der das Handeln der Immobilienakteure bedingt, sondern durch das Handeln der Immobilienakteure verändern sich auch die Immobilienmärkte. Bezugnehmend auf Kapitel 4.1.2, in dem Immobilienmärkte selbst als sozial konstruiert konzipiert wurden, kann der Markteintritt globaler Akteure Druck auf die Umgestaltung bzw. Rekonstruktion marktspezifischer Spielregeln ausüben. Aus dieser Sichtweise bestimmen nicht die lokalisierten formellen und informellen Institutionen die Entwicklung eines Immobilienmarktes, sondern die Immobilienakteure gestalten die Immobiliemarktentwicklung. An diesem Punkt setzt das folgende Kapitel an, das nach den konkreten Einflüssen globaler Akteure auf die Gestaltung der Büromärkte in Mexiko City und São Paulo fragt. Im Fokus stehen dabei durch den Markteintritt globaler Immobilienakteure ausgelöste Lernprozesse, Konvergenzprozesse und Segmentierungen, die im Folgenden für beide Märkte ausführlich diskutiert und analysiert werden.
7.4.1
Lernprozesse
Mit den globalen Kapitalbeziehungen und Finanzflüssen in der Immobilienwirtschaft sind Lerneffekte zwischen lokalen und globalen Immobilienakteuren verbunden. Im Gegensatz zu indirekten Immobilieninvestitionen beinhalten Direktinvestitionen weit mehr als Kapitaltransfer. Die involvierten globalen Immobilienakteure transportieren immobilienwirtschaftliches Wissen, neue Praktiken sowie Standards und stellen damit ei-
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ne bedeutende Determinante für die Dynamik und Entwicklung der Immobilienmärkte der Semi-Peripherie dar. Lernen wird im vorliegenden Kapitel im Sinne von Wissenstransfer zwischen Akteuren verstanden, wobei sich der Autor der Mannigfaltigkeit dieses Begriffes und diverser Konzepte zu Lernprozessen etwa in der Organisationstheorie (u.a. Nonaka/Konno 1998; Boerner et al. 2003: 89), Evolutionsökonomie (u.a. Nelson/Winter 1982) oder Wirtschaftsgeographie (Amin/Cohendet 2004; Maskell/Malmberg 1999) bewusst ist. In diesem Kapitel geht es allerdings in erster Linie um die Analyse der konkreten Phänomene, die im empirischen Kontext der Büroimmobilienmarktstudie angetroffen wurden. Lernprozesse werden in den beiden Untersuchungsmärkten durch lokal-globale Partnerschaften, Schulungen und Fortbildungen, Imitation und Beobachtung, globale Wissenspipelines und durch eine höhere Markttransparenz ausgelöst und stimuliert.
Lernen in lokal-globalen Partnerschaften Lernprozesse entwickeln sich über Interaktionen mit anderen Unternehmen (Learning by interacting). Die Analyse der Interviews kommt zu dem Ergebnis, dass dies vor allem für lokal-globale Partnerschaften, wie z.B. Joint Ventures, zutrifft. Insbesondere in enger Zusammenarbeit werden Lernprozesse in Gang gesetzt, die überwiegend zweiseitig verlaufen, wie beispielhaft folgendes Zitat verdeutlicht: „It is a win-to-win situation. The domestic player will become more professional, learn the practices and for sure they will put them in place in their operations. As the foreign investors will learn how things are carried on here and try to understand and work with them“ (Interview S7).
Auf der einen Seite beherrschen und transportieren erfahrene Manager aus den Kernökonomien immobilien- und finanzwirtschaftliches Wissen sowie weltweit gängige Management-, Finanzierungs- und Qualitätsstandards und geben damit neuartige und effiziente Lösungswege für lokale Partnerunternehmen vor. Auf der anderen Seite profitieren die globalen Akteure vom Marktwissen und dem engen Kontaktnetz des lokalen Partners. Das Beispiel eines internationalen Investors illustriert, welches Kalkül mit einer Kooperation verbunden ist: „As an international investor in an industry that is very local in nature, we need local experience and expertise. Therefore we establish strategic alliances with strong local players through joint ventures and investments in property companies. Our aim is to gain from their local market knowledge and market contacts“ (Interview M20).
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Anstelle selbst mühsam und kostenaufwändig Netzwerke zu knüpfen und Personal zu rekrutieren, versuchen die internationalen Immobilienakteure lokale Wissensquellen sprunghaft mittels lokaler Partner zu erschließen. Wie bereits erwähnt, profitieren auch die lokalen Unternehmen von dieser Zusammenarbeit. So geht aus den Auswertungen hervor, dass sich die Interaktionsinhalte auf den Austausch von Kapital, Management- (z.B. internationale Praktiken und Standards) und Finanzmarktwissen (z.B. neue Finanzierungsmöglichkeiten) einerseits gegen immobilienmarktbezogene Informationen und Lobbyarbeit von Seiten des lokalen Partners andererseits konzentrieren: „A lot of local players need capital and sophisticated partners, who can help them with better lending terms and financial knowledge. And foreign investors need a local partner to understand the market and just to deal with local authorities“ (Interview M11). „It is a perfect partnership, where the local one has the expertise of the local market, knows how to execute and we provide what we are best at: providing cheap and easy capital and more financial knowledge“ (Interview S1).
In beiden Märkten waren sich die Gesprächspartner zwar darüber einig, dass der Markteintritt internationaler Akteure mit einem Wissenstransfer verknüpft ist, der das Qualifikationsprofil lokaler Akteure und damit auch deren Professionalität im Umgang mit Finanzierungsmöglichkeiten sowie neuen ökonometrischen Analysewerkzeugen bei der Entscheidungsfindung erweitert (Interview M4; M10; S14; S6; S9; S15). Ob das globale Wissen allerdings von lokalen Kooperationspartnern internalisiert werden kann, hängt von deren Absorptionskapazität (z.B. Ausbildung der Mitarbeiter) und Offenheit gegenüber Neuerungen sowie der Art und der Dauer der Zusammenarbeit ab. Hierbei scheint vor allem starken, engen, dauerhaften Beziehungen wie strategischen Partnerschaften eine besondere Relevanz für den Erfolg interorganisationalen Lernens zuzukommen. Generell erleichtert räumliche Nähe der Partner die Interaktionen und begünstigt den Aufbau von Vertrauensbeziehungen, die wiederum die Lernprozesse bzw. den Transfer impliziten Wissens fördern. Besonders intensive Austauschprozesse führen Fusionen bzw. Akquisitionen herbei. Dabei kann die Einbettung in einen gemeinsamen organisationalen Rahmen die Planung und Koordination der Interaktionen strukturieren und relationale Intransparenzen, wie z.B. opportunistisches Verhalten, minimieren. Das Lernen umfasst schließlich auch die Aneignung des Beziehungskapitals und der Reputation des Fusionspartners. Insbesondere unter den Beratungsunternehmen lassen sich hierfür Beispiele finden. So profitiert der mexikanische Berater Lomelín von der weltweiten Reputation und den umfangreichen Kontaktnetzen des global agierenden Partners Colliers International. Dieser wiederum kann auf das Know-how und lokale Bezie-
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hungsnetze von Lomelín zurückgreifen. Langfristige Geschäftskontakte zu lokalen Investoren und Mietern können somit auf die neue lokal-globale Partnerschaftsorganisation übertragen werden: „Lomelín has a very good relationship with local investors. Sometimes they come to Colliers because they know Lomelín and we can get some clients or relationships because of Lomelín“ (Interview M16).
Lernen durch Schulungen und Fortbildungen Neben interaktionsbezogenen Lernformen belegt die Analyse der Interviews, dass in einigen Fällen globale Immobilienakteure ihre lokalen Partner auch aktiv schulen und fortbilden. Neues Wissen wird über systematische Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern des lokalen Partners erworben (Learning through training). Beispiele für die gezielte Partnerförderung im Interesse des ausländischen Unternehmens finden sich in der Zusammenarbeit zwischen Beratungsunternehmen und globalen Investoren bzw. Projektentwicklern. So arbeitet ein globaler Investor intensiv mit den lokal ansässigen Beratern zusammen, um deren Methoden und Praktiken an die internationalen Standards heranzuführen (Interview S24). Langfristig soll damit ein Netz leistungsfähiger Informationsquellen vor Ort aufgebaut werden: „We spend a lot of time learning and teaching the market with them, trading data and making sure that we have a very good database“ (Interview M7).
Ein weiteres Beispiel für systematische Lernprozesse bietet ein internationaler Projektentwickler, der lokal ansässige Berater und Mieter noch vor Gebäudefertigstellung aktiv im Gebrauch der modernen Büroimmobilie schult und ihnen dabei Informationen über neuartige Funktionen, Verfahren, Gebäude- und Ausstattungsstandards vermittelt (Interview M3). Das Engagement des Projektentwicklers geschieht freilich nicht ohne Eigeninteresse. Die einbezogenen Mieter sollen von den Vorzügen der Immobilien überzeugt werden und die Berater sollen später das Bürogebäude erfolgreich vermarkten. Besonders ausgeprägt zeigt sich diese Art von Lernprozessen bei Beratungsunternehmen, die von transnationalen Unternehmen neu gegründet oder übernommen wurden. Systematische Fortbildungsprogramme und ein mit der Zentrale gekoppeltes organisationales Lernen sollen möglichst schnell zu einer Angleichung der Standards und Praktiken führen. Dies belegt das Beispiel eines Beratungshauses, das bereits 1978 eine eigene Niederlassung in São Paulo eröffnete: „We opened the office in São Paulo and took our time with local staff. And most important, all training is inside the company because in Brazil you do not have
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real estate professionals yet. You do not have a university that really creates real estate professionals. Our idea was the following: Pick up the guys as soon as any university, put them in the company and teach them. So it is three or four years of really tough training until they become real estate actors“ (Interview S7).
Aus dem Zitat lässt sich ableiten, dass gerade an Standorten mit einer unzureichenden Ausbildungsinfrastruktur globalen Immobilienakteuren mit ihrem Angebot an Schulungen und Ausbildungen eine entscheidende Rolle bei der weiteren Entwicklung bzw. Professionalisierung eines Immobilienmarktes zukommt. Um das Niveau der neuen Niederlassung an internationale Standards anzunähern, müssen die Trainingsmaßnahmen allerdings auch von den lokalen Mitarbeitern angenommen werden, was sich gerade bei Übernahmen von lokalen Unternehmen als schwierig gestalten kann. Denn Anpassungsprozesse sind i.d.R. mit viel Engagement seitens der lokalen Mitarbeiter verbunden, indem sie sich von alten Standards und Prozessen lösen und gleichermaßen das neue Wissen aktiv aneignen müssen, wie folgendes Beispiel aus Mexiko City verdeutlicht: „It took us a lot of effort to gain the trust of our new colleagues. So we did road shows, we took all kinds of training, went to a lot of meetings of our new parent company and made large investments in our office infrastructure, we even refreshed our English“ (Interview M13).
Um die lokalen Mitarbeiter zu schulen wurden in einigen Fällen zusätzlich Fachkräfte aus der Zentrale nach Mexiko City bzw. São Paulo entsandt. Dort ergaben sich durch die zeitlich befristete Integration der ausländischen Experten in lokale Arbeitsabläufe Gelegenheiten, Teile ihres Wissens dort zu binden, sei es in Form von Übernahmen unbekannter Techniken und Standards oder von Notizen und Anleitungen etc. (Interview M7). Im Untersuchungssample sind auch Fälle zu finden, in denen mexikanische bzw. brasilianische Mitarbeiter zu Fortbildungszwecken in die Headquarters in die USA oder nach Europa geschickt wurden (Interview S24): „When we start doing something here in Mexico that is not common in the market we can bring our partners to Europe or the US to see how it is done over there“ (Interview M1). Zusätzlich stärken gerade international aufgestellte Immobilienunternehmen die Qualifikationsprofile ihrer Mitarbeiter durch länderübergreifende Veranstaltungen wie Workshops und Akademien (Interview M15; S4; S9; S15). Ein Berater berichtete von Lernprozessen auf der firmeneigenen Akademie in Dallas, wo sich jährlich bis zu 2.000 Mitarbeiter aus der ganzen Welt einfinden (Interview M13). Ein anderer Gesprächspartner sprach von Trainingscamps in den USA: „I went several times to Philadelphia being trained about our system, our methodology and our standards“ (Interview S8).
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Durch den kontinuierlichen Wissenstransfer zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, firmeninterne Fortbildungsmaßnahmen, die Qualifizierung einzelner Mitarbeiter im Ausland und den Einsatz von Expatriats bzw. Bildungsremigranten, die über einen immobilienspezifischen USamerikanischen bzw. europäischen Abschluss verfügen, wird die Angleichung an internationale Standards vorangetrieben (Interview M2, M7; M11; S6; S22). Von diesem Wissenstransfer profitieren auf längere Sicht nicht nur die Tochterunternehmen transnationaler Unternehmen. So können geschulte Mitarbeiter den Arbeitsplatz wechseln, wodurch das Wissen auch anderen Unternehmen vor Ort zu Gute kommt. Demnach diffundiert das Wissen in das Tochterunternehmen und in dessen räumliches Umfeld, sodass im Zeitverlauf der gesamte Immobilienmarkt an Professionalität gewinnen kann (Interview S6).
Lernen durch Imitation und Beobachtung Lernprozesse werden auch in kurzfristigen und eher losen Projektpartnerschaften angestoßen. Lokale Immobilienakteure kommen während der Zusammenarbeit mit neuem Wissen in Kontakt und replizieren dieses teilweise in späteren Projekten. Beispiele für Lernprozesse durch Imitation und Beobachtung (Learning by imitation) lassen sich v.a. bei der temporären Zusammenarbeit internationaler Projektentwickler mit lokalen Architekten, Bauingenieuren und Gebäudetechnikern finden: „When an international developer hires an architect or an air conditioning engineer, or a structural engineer down here; that is where the information and technology transfer happens. You end up educating the partners, so that when they get hired by a Brazilian developer, they have that baggage, that knowledge to be able to contribute to a more professional market“ (Interview S3).
Auch die Kooperation des internationalen Projektentwicklers Hines mit der in Mexiko City ansässigen Baufirma Promociones Metrópolis Anfang der 1990er Jahre beschränkte sich zunächst auf die Fertigstellung des Gebäudekomplexes Del Bosque. Dennoch schlugen sich deren Resultate nachhaltig in der Stadtphysiognomie nieder. Bei transnationalen Entwicklern besteht nämlich die Tendenz, weltweit mit den gleichen Architekten zusammenzuarbeiten sowie auf bewährte Raumaufteilungen und funktionale bzw. architektonische Standards zu setzen. Lokale Akteure kommen durch die temporäre organisationale Nähe mit international gängigen Praktiken, Standards, Vorgehensweisen und Managementmethoden in Berührung, die sie in nachfolgenden Projekten teilweise anwenden bzw. von denen sie sich inspirieren lassen. So greift nun auch Promociones Metrópolis bei eigenen Projekten auf das Managementwissen des ehemaligen Partners sowie auf die Dienste des international namhaften Architekten und HinesPartners Cesar Pelli zurück. In vielen Fällen bezogen sich die Lernprozes-
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se auf höhere Baustandards des internationalen Entwicklers. So wurden Wissen, Praktiken und Erfahrungen bzgl. technischer Ausstattung und Bauweise, qualitative Normen wie z.B. ökologisches Bauen und internationale Standards wie z.B. BOMA oder LEED (für umweltfreundliches Bauen) in der Zusammenarbeit vermittelt und von den lokalen Unternehmen internalisiert (Interview M5). Aber auch das Wissen über kreative und neuartige Finanzierungsmodelle fand bei lokalen Projektentwicklern Anwendung (Interview S17). Die Beispiele verweisen auf das Lernen durch Imitation und Beobachtung in temporären Partnerschaften. Das in der Zusammenarbeit aufgenommene Wissen wird von den lokalen Akteuren integriert und auch nach der Zusammenarbeit angewendet bzw. nutzbringend reinterpretiert. Einige Gesprächspartner sehen dieses imitierende und praxisorientierte Lernen als Schlüssel zur weiteren Professionalisierung der lokalen Immobilienwirtschaft (Interview S10). Diese Art von Wissensspillover setzt nicht unbedingt eine aktive intendierte Interaktion bzw. bewusste Suche nach spezifischer Information voraus, sondern kann vielmehr im unabsichtlichen Überschwappen von Wissen und im gegenseitigen passiven Beäugen begründet liegen. So kommt es in Mexiko City und São Paulo aufgrund der Engmaschigkeit der lokalen Interaktionsbeziehungen zu einer raschen Verbreitung neuer Baustandards, -techniken, Management- und Finanzierungskonzepte etc.: „I definitely think that the locals learn from the global players. They see what are some of the best practices and try to implement and leverage them“ (Interview S11).
Genauso wie die Projektentwicklungen oder Transaktionen internationaler Investoren stehen die Service-Standards und Praktiken internationaler Berater auch ohne unmittelbare Zusammenarbeit unter ständiger Beobachtung. Wie folgende Aussage eines Marktakteurs verdeutlicht, werden erfolgreiche Strategien und Instrumente zur Kundengewinnung (z.B. Marketingkonzepte, Marktberichte) internalisiert und bisweilen imitiert: „They do not transfer or assign their know-how but the way they act, the way they play in our market, the local consultants try to imitate, try to get the good examples“ (Interview S16).
Lernen durch globale Wissenspipelines Neues immobilienwirtschaftliches Wissen, neue Praktiken sowie Standards werden nicht nur durch den direkten Markteintritt globaler Akteure, sondern auch durch flexibel abrufbare translokale Beziehungen sog. globale Wissenspipelines in den Markt transportiert. Die Interviews sprechen dafür, dass für die Professionalisierung der beiden Immobilienmärkte Zu-
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gänge zu neuen und nützlichen Informationen außerhalb des lokalen Marktbereichs über diese Pipelines von hoher Relevanz sind. Dies ist auch für einzelne Unternehmen zutreffend, wie folgender Immobilienakteur versicherte: „If I do not integrate outside experience and relations into my company I will not have success“ (Interview S13).
Die Aussage deutet an, dass in einem sich internationalisierenden Immobilienmarkt nur durch die bewusste Öffnung des Unternehmens nach außen Ideenverkrustung und damit Wettbewerbsnachteile vermieden werden können. Es gilt also auch immer mehr für lokale Unternehmen, zusätzlich zu lokalen Wissensadressen externe und geographisch entfernte Wissensquellen zu identifizieren und abzurufen. Dabei spielen transnationale Berater eine wesentliche Rolle, deren soziale und geschäftliche Beziehungen nicht ausschließlich auf den lokalen Kontext, sondern gleichermaßen in nicht-territoriale Netzwerke eingebettet sind. Über globale Pipelines zu strategischen Partnern rund um den Globus können die Berater immobilienbezogenes Wissen, Best-Practice-Beispiele und Erfahrungen aus unterschiedlichen Märkten akquirieren und auf den lokalen Märkten anwenden: „They are very interconnected with the international market and always know what is happening. And they are being fed with information“ (Interview M2). Sie verfügen damit im Unterschied zu lokalen Akteuren gewissermaßen über Economies of overview. Die weltweite Vernetzung ihrer Standorte ermöglicht es ihnen, jederzeit sowohl spezifisches lokales Wissen anzuzapfen bzw. Expertisen oder Fallbeispiele in verschiedenen Lokalitäten zu mobilisieren, als auch allgemeine internationale Entwicklungen und Trends aufzugreifen (Interview M10; S4; S7). Neben Beratungsunternehmen profitieren auch international aufgestellte Investoren und Projektentwickler von ihren translokalen Wissenskanälen, wie folgendes Beispiel dokumentiert: „We have access to all our professionals in the US and around the world. So whether if a specific skill is needed for a specific deal or a certain relationship with a specific investor, it is just a phone call away. We have video conferences every Monday morning. We have a research department that keeps us updated in terms of where interest rates are, where cap rates are and what is going on on the global markets“ (Interview M11).
Das Zitat verdeutlicht die zwei Hauptfunktionen globaler Pipelines. Eine Standleitung zum Headquarters versorgt die Niederlassung konstant mit aktuellen Informationen über Immobilienmärkte, wirtschaftliche Entwicklungen etc. Die Pipelines sind allerdings nicht nur statisch zu denken, sondern bestehen auch aus möglichen Kontaktadressen, die flexibel und situa-
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tionsspezifisch rund um den Globus aktiviert werden können. Fehlt eine bestimmte Kompetenz oder Expertise im mexikanischen oder brasilianischen Büro, wird über die Kontaktadresse Wissen in der Konzernzentrale bzw. anderen Standorten angezapft (Interview M19). Auch lokale Akteure versuchen aktiv internationale Kontaktpipelines aufzubauen, indem sie mit Unternehmen im Ausland kooperieren oder auf internationalen Konferenzen und Tagungen Präsenz zeigen (Interview S18). Das Wissen, das über globale Pipelines in den Immobilienmarkt gelangt, kommt zumindest mittelfristig nicht nur exklusiv dem unmittelbaren Empfänger zu Gute, sondern verbreitet sich zeitversetzt über den Local buzz auch auf die anderen Marktteilnehmer vor Ort (siehe Abb. 41). Der lokale Immobilienmarkt und seine Akteure profitieren von der internationalen Ausrichtung der Unternehmen, indem sie indirekt Zugang zu neuem Wissen, beispielsweise über die Bedürfnisse internationaler Mieter und Investoren, erhalten, der ihnen ohne Pipelines verschlossen geblieben wäre. Umso mehr Akteure eines spezifischen Immobilienmarktes über Zugänge zu solchen globalen Pipelines verfügen, desto mehr immobilienbezogene Informationen und Neuigkeiten werden in den Markt gepumpt (Interview M1). Transnationale Beratungsunternehmen und Investoren fungieren dabei als wichtige Pipelinestationen, über die sich lokalisierte Märkte Zugang zu globalen Wissensressourcen verschaffen können. Abb. 41: Globale Pipelines als Zugang zu globalen Wissensressourcen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Maskell et al. 1999
Lernen dank verbesserter Markttransparenz In beiden Untersuchungsmärkten hat nach Auskunft der Immobilienakteure der Markteintritt internationaler Investoren, Projektentwickler und Berater die Markttransparenz entscheidend verbessert, die wiederum den Wissenstransfer und Lernprozesse stimuliert. Ein Gesprächspartner gibt die
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einfache Formel vor: Je mehr ausländische Immobilienakteure auf einem Immobilienmarkt aktiv sind, desto höher ist dessen Markttransparenz: „I get comfortable to see more and more foreign players looking and pursuing opportunities, analysing the office market and generating information down here“ (Interview M7).
Mit einem höheren Transaktionsvolumen gelangen generell mehr Informationen auf den Markt, die die Entscheidungsgrundlagen bei Investitionsentscheidungen verbessern. Gerade bei Beteiligungen ausländischer Investoren werden i.d.R. die Transaktionsfakten offen gelegt und können damit als Anhaltspunkt für andere Investments vor Ort dienen. Beispielsweise unterliegen die offenen Immobilienfonds in Deutschland dem Investmentgesetz und müssen daher die Veröffentlichungspflicht beachten. In ihren Jahresberichten finden sich auf Objektebene neben Angaben zu Kaufpreisen, Verkehrswerten und Einzelmieten auch Informationen über den aktuellen Vermietungsstand, Art der Nutzung etc. Internationalen Akteuren wird schließlich eine höhere Bereitschaft zu transparentem Handeln nachgesagt, die aus den ethischen Geschäftsgrundlagen und den hohen Anforderungen einer globalen Reputation resultieren: „I think it is more the international firms, US or European or whatever, that are more straightforward and they are not as manipulated by what is going on on the local market. They realise that it has to be that way, they understand the international mentality and they realise that work has to be done at certain parameters, objective, etc. Otherwise they loose their reputation“ (Interview S11).
In São Paulo lassen sich zudem zahlreiche Projektentwickler finden, die durch ihren Börsengang und die Beteiligungen ausländischer Investoren ihre Unternehmensberichte nun standardisieren und in verschiedenen Sprachen veröffentlichen müssen. Das Unternehmen Gafisa, das seit 2007 an der New York Stock Exchange gelistet ist, ist zusätzlich an die strengen Transparenzbedingungen der SEC (United States Securities and Exchange Commission) gebunden (Interview S1; S4). Der erleichterte Zugang zu Kennzahlen der Konkurrenz ermöglicht es den Marktteilnehmern ein kontinuierliches Benchmarking durchzuführen, mit dem die Position des eigenen Unternehmens im Verhältnis zum Mitbewerber bestimmt und daraus Verbesserungsmöglichkeiten für das eigene Unternehmen abgeleitet werden können. Wenngleich die aktuelle Verfügbarkeit der Daten nicht mit transparenten Märkten wie den USA zu vergleichen ist, haben nicht zuletzt auch die transnationalen Berater durch die Einführung professioneller Standards sowie regelmäßige Veröffentlichungen die Entwicklung transparenter Marktstrukturen in Mexiko City und São Paulo vorangetrieben (Interview S9). Die höhere Transparenz wirkt sich indirekt auch auf die Professionali-
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tät lokaler Unternehmen aus, die von publizierten Marktstudien profitieren. Dabei fungieren die transnationalen Berater zusätzlich als Bindeglied zwischen lokalen und globalen Akteuren und stimulieren den gegenseitigen Wissensaustausch, wie ein Gesprächspartner anmerkte: „The presence of transnational consultancy firms has stimulated the discussion about real estate. Now people are talking more about real estate“ (Interview S4).
Beispielhaft dafür steht das Instituto Comercial e Industrial (ICEI), das auf Initiative transnationaler Berater seit 2002 als Plattform dient, um Standards und allgemeingültige Regeln innerhalb des Büroimmobilienmarktes in Mexiko City zu setzen, den Informationsaustausch zu fördern und einen gemeinsamen Verhaltenskodex zu installieren (Interview M10). Bilanzierend bleibt festzuhalten, dass der Markteintritt globaler Immobilienakteure in beiden Untersuchungsmärkten vielschichtige Lernprozesse ausgelöst und damit eine bedeutende Determinante für die Entwicklung der Immobilienmärkte darstellt. Die Interviews sprechen dafür, dass Lerneffekte dabei nicht exklusiv auf direkte Interaktionen zwischen lokalen und globalen Immobilienunternehmen (z.B. Schulungen und Fortbildungen) begrenzt bleiben, sondern sich zeitversetzt auch über Imitation, Beobachtung und transparentere Marktstrukturen indirekt auf den lokalen Markt und dessen Akteure ausbreiten. Dieser Befund ist wichtig zum Verständnis der nächsten Kategorie Konvergenz, die sich mit der Diffusion internationaler Standards in Immobilienmärkten der Semi-Peripherie befasst.
7.4.2
Konvergenz
Laut dem Phasenmodell der Internationalisierung verlieren lokale Standards und Praktiken entlang des Internationalisierungspfads an Bedeutung (siehe Kapitel 4.3.2). Mit dem Markteintritt internationaler Akteure und einer stärkeren Integration in die globale Immobilien- und Kapitalwirtschaft werden die Büromärkte zusehends von globalen Akteuren und deren Standards geprägt. Demnach wirken die Internationalisierungstendenzen in der Immobilienwirtschaft potenziell konvergenzfördernd. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass zwei unterschiedliche und geographisch entfernte Immobilienmärkte den gleichen Einflüssen unterliegen, woraus sich ähnliche Entwicklungen ergeben könnten. Sowohl in Mexiko City als auch in São Paulo wird die Annäherung der Büromärkte an die etablierten Märkte der Kernökonomien durch den Anpassungsdruck und durch den Wettbewerb vorangetrieben. Diese Konvergenzprozesse manifestieren sich sowohl in der physisch-materiellen Gestalt beider Immobilienstandorte als auch in der globalen Anpassung ihrer Immobilienzyklen.
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Konvergenz durch Anpassungsdruck Durch den zunehmenden Einfluss internationaler Immobilienakteure in Mexiko City und São Paulo werden deren marktspezifischen Geschäftspraktiken und Standards zunehmend über- und umgeformt, womit auch lokale Immobilienakteure unter Anpassungsdruck geraten. Die Dynamik dieses Wandels wird v.a. durch die Interessen internationaler Akteure bestimmt. Deutlich beobachtbar ist etwa, dass die internationalen Immobilienakteure, seien es Berater, Investoren oder Projektentwickler, beginnen, Standards und Normen durchzusetzen, die aus ihren Heimatmärkten bekannt und aus ihrer Sicht Erfolg versprechend sind. Auf beiden untersuchten Büroimmobilienmärkten gelingt es ihnen zunehmend, das Marktumfeld und die Spielregeln entsprechend ihren Bedürfnissen anzupassen. Transnationale Buchführungs- (z.B. International Accounting System), Bewertungs- (Discounted-cash-flow-Verfahren), Transparenz- und Baustandards (z.B. BOMA, LEED) finden entsprechend zunehmend Verbreitung (Interview M1; S2). In Mexiko City verleitete die Anpassung manche Gesprächspartner dazu, bereits von einem zweiten US-amerikanischen Immobilienmarkt zu sprechen: „In Mexico the rules of the game, the users and tenants of properties, the guarantees and banks are already international. It is like doing business in the US“ (Interview M4). Investments können in US-Dollar getätigt werden, Mietverträge laufen i.d.R. auf US-Dollar-Basis, vermietet wird größtenteils an nordamerikanische Unternehmen, die Fremdkapitalaufnahme erfolgt bei internationalen Banken und Kapital und Gewinne können nahezu ungehindert grenzüberschreitend fließen. Die Mietverträge beinhalten ferner Sicherheiten, wie garantierte Mietlaufzeiten oder Bürgschaften der US-amerikanischen Mutterkonzerne. Auch für São Paulo wird generell eine Harmonisierung der Standards konstatiert, wobei die Spielregeln des Immobilienmarktes im Vergleich zu Mexiko City immer noch stärker von lokalen Besonderheiten durchzogen sind: „International practices and standards are developing but are not universally adopted and always have national twists. So we use our Brazilian way of doing business but it would be nice if the clients in the US would say ,we do not feel that big difference in Brazil‘“ (Interview S6).
Obgleich der Interviewpartner trotz zunehmender Etablierung internationaler Standards die Beibehaltung lokalspezifischer Besonderheiten prophezeite, deutet der zweite Teil des Zitats an, dass der Anpassungsprozess durch die Vorgaben der US-amerikanischen Kunden weiter forciert wird. Als Beispiel für Konvergenzprozesse wurde in beiden Untersuchungsmärkten die rasche Durchsetzung der Bürostandards aus den USA hervorgehoben. Immer mehr Büroimmobilien verfügen über mindestens
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800 qm vermietbare Geschoßfläche, hochwertige technische Ausstattung, flexibel einteilbare Grundrisse, Doppelböden, Glasfaserkabel, ausreichenden Parkraum und ein komplettes Gebäudemanagementsystem (zentrale Klimaanlage, Aufzüge, Feuerschutz etc.) (Interview M19; S11). Als Auslöser dieses Konvergenzprozesses gelten die Bedürfnisse multinationaler Unternehmen und Investoren (Interview M3), die Bürogebäude präferieren, die internationalen Standards und ihrem Bedarf an Exklusivität und Repräsentation bzw. ihrem Anlageprofil entsprechen, wie folgendes Ankerbeispiel veranschaulicht: „Multinational companies demand certain standards, so that goes back to the developers, who build those sorts of buildings. For example a company comes in and says ,I need a floor-to-ceiling height of 2.8 meters‘ and the developer hearing this several times will build a building that has a ceiling height of 2.8 metres“ (Interview S10).
Die Projektentwickler und Bauunternehmen vor Ort passen damit ihre Gebäudestandards an den Geschmack und die Vorgaben internationaler Immobilienakteure an. Gleiches gilt für umweltfreundliches und ressourcenschonendes Bauen, das die Chancen bei Verkauf und Vermietung erhöht und damit auch von internationalen Investoren zunehmend nachgefragt wird. Als eines der ersten Bürogebäude in Lateinamerika hat der neue Unternehmenssitz der HSBC Bank in Mexiko City das LEED-Qualitätszeichen für nachhaltige Bauwerke erhalten (Interview M16). Abgesehen von baulichen Aspekten erwarten global aufgestellte Investoren und Mieter, dass Beratungsunternehmen weltweit ihre Dienstleistungen nach den hohen Standards, die v.a. das angelsächsisch geprägte Immobiliengeschäft vorgibt, anbieten können: „We work for Microsoft all around the world. If we are doing a project in Washington or in New York City, they want the same quality, the same product, the same deliverables, the same formats here in Mexico. It is the language that the corporate market wants to listen“ (Interview M10). „Our processes, our rules, our guideline must be followed“ (Interview S8).
Während das erste Zitat den Druck zur Angleichung auf den Kunden zurückführt, der weltweit die gleiche Servicequalität vom Berater erwartet, bezieht sich die zweite Aussage auf die identischen Vorgaben und Standards innerhalb eines globalen Beratungskonzerns, die für jede lokale Niederlassung den Weg Richtung globaler Anpassung vorgeben. Um den Bedürfnissen und Wünschen ihrer internationalen Mieter und Investoren Rechnung zu tragen, wurde von den transnationalen Beratern in Mexiko City das bereits weiter oben erwähnte Projekt ICEI zur Standardisierung der Praktiken im Beratungssegment angestoßen. Im Interesse besserer Vergleichbarkeit sollen die Differenzen in den Marktberichten bzgl.
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Definitionen, Erhebungsmethoden, Bewertungsstandards oder räumlichen Marktabgrenzungen zwischen den Beratern kontinuierlich aufgehoben werden. Die transnationalen Berater tragen dazu bei, dass sich die Begriffsabgrenzungen und Definitionen zu den wesentlichen Marktparametern grenzüberschreitend angleichen (Interview M13). Mit dem CoreNet existiert auch in São Paulo eine ähnliche Initiative, welche die Transparenz und Professionalisierung nach internationalem Standard voranbringen soll (Interview S8). Auf Druck internationaler Mieter und über die transnationalen Berater haben sich überdies Konventionen und Standards des US-amerikanischen Mietrechts in Mexiko festgesetzt, wie auch folgende Aussage belegt: „Certain conventions and standards of the US-leases are adopted to simplify the creation of new leases, in particular for the international firms“ (Interview M19). In ähnlicher Weise beschleunigen internationale Investoren Nachbesserungen im brasilianischen Mietgesetz (Interview S1). Internationale Spielregeln vereinfachen nämlich deren Markteintritt und machen sie unabhängiger von lokalen Akteuren bzw. weniger anfällig gegenüber Informationsasymmetrien. Über die Zusammenarbeit mit transnationalen Beratern passen sich auch lokale Projektentwickler, Investoren etc. sukzessive an die internationalen Standards an (Interview M4). Während der internationale Angleichungsprozess im Beratungssegment der mexikanischen Hauptstadt schon weit fortgeschritten scheint, betonten einige Interviewpartner in São Paulo, dass die Anpassungen eher zweiseitig verlaufen, d.h. dass auch transnationale Akteure sich auf die lokalen Besonderheiten einstellen müssen: „They changed the markets, they forced the market to go particular ways and offer particular kinds of products. But they have been changed as well. So CB Richard Ellis in Madrid is not exactly the same as CB in Milan, which is not exactly the same as the one in São Paulo. Because they have to accommodate to local cultural practices, local contractual legislation, local economic rules“ (Interview S23).
Obgleich die Konzernzentralen eine länderübergreifende Konvergenz der Standards als Ziel vorgeben, exempliziert das Beispiel, dass transnationale Berater mit ihrem Handeln die Märkte zwar beeinflussen, sie aber gleichzeitig auch durch lokale sozio-institutionelle Besonderheiten selbst verändert werden, wodurch die angebotenen Leistungen der Berater letztendlich doch zwischen den Standorten differieren. Konvergenzprozesse werden nicht nur durch die Wünsche und Anforderungen globaler Kunden angestoßen, sondern in vielen Fällen auch innerhalb global-lokaler Kooperationen. Während einige lokale Marktteilnehmer mit Hilfe des globalen Geschäftspartners aktiv versuchen, ihre Standards zu erhöhen, werden in anderen Fällen lokale Partner zur Adapti-
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on der internationalen Standards des ausländischen Akteurs mehr oder weniger gezwungen, wie folgendes Beispiel konkretisiert: „For example ExxonMobil does not allow me to buy or sell a property without complying with all their rules, policies, procedures or codes of conduct“ (Interview S8).
Das lokale Unternehmen musste in diesem Fall seine laufenden Geschäftstätigkeiten an den Verhaltensregeln, Praktiken und Verfahrensweisen des globalen Partners ausrichten, um die Kooperation nicht zu gefährden. Auch das Erschließen internationaler Kapitalquellen ist i.d.R. an Anpassungsprozesse der Finanzierungs-, Veröffentlichungs- und Bilanzierungspraktiken geknüpft: „Local developers know that there is a trade-off between giving up control and having to become more transparent in terms of information and processes on one hand and on the other hand having access to fresh unlimited capital“ (Interview M12).
Der Zugang zu Kapital kann demnach nur unter Inkaufnahme höherer Transparenz erzielt werden (Trade-off). Lokale Unternehmen, die internationale Finanzquellen nutzen möchten, müssen demnach ihre Standards und Praktiken offen legen und standardisieren. Immer wieder betonten die Gesprächspartner dementsprechend, dass vor allem der Markteintritt professioneller ausländischer Kapitalgeber die Parameter immobilienwirtschaftlichen Handelns in beiden Märkten grundlegend verändert hat (Interview M12). So sind lokale Immobilienakteure, die indirekt für internationale Institutionen Kapital anlegen, an deren Geschäfts- und Risikostandards gebunden, was nach Aussage eines Gesprächspartners eine Angleichung an etablierte Immobilienmärkte der Kernökonomien bewirkt: „Due to this partnership there is a diffusion of due diligence, risk management and underwriting procedures which are common in more developed real estate markets“ (Interview M17).
Das gilt auch für lokale Immobilienakteure, die an die Börse gegangen sind und nun internationalen Vorschriften und Standards entsprechen müssen. Zum Teil dringen die globalen Regelsets sogar bis zu den Privatinvestoren durch. Diese müssen sich zumindest dann anpassen, wenn sie mit ausländischen Investoren Geschäfte abschließen wollen, wie eine Interviewpartner anmerkte: „Then they have to clean up their houses“ (Interview M17). Internationale Standards verbreiten sich nicht nur auf dem direkten Weg der Kooperation. Durch Praktiken des Vergleichs wie z.B. das Benchmarking, der Anwendung von Best-Practice-Beispielen und dem
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gegenseitigen Beäugen werden auch unabhängige lokale Unternehmen mit neuen Methoden und Standards konfrontiert: „There has been an adoption of international practice by local firms. By watching international standards they learnt the practices and the business as a whole“ (Interview M15).
Ein Beispiel hierfür sind die Demonstrationseffekte US-amerikanischer Regel- und Standardsetzung, die sich auf die Kreation neuer Anlage- bzw. Finanzierungsmöglichkeiten in beiden Märkten auswirken. So hat Mexiko 2003 mit einer Änderung im Steuerrecht die Fundamente für einen REITMarkt nach US-amerikanischen Vorbild gelegt. Obwohl noch kein vollwertiger REIT-Markt existiert, entstehen zurzeit mindestens drei REITsähnliche Strukturen für den Büromarkt, die vor allem ausländische Investoren anlocken sollen (Interview M9). Auch für São Paulo lassen sich Belege für Anpassungsprozesse finden. Der brasilianische Markt für hypothekarisch gesicherte Wertpapiere (Certificados de recebíveis imobiliários) und verbriefte Anlagen in Immobilien wurde etwa vom USamerikanischen Modell inspiriert (Interview S11; S12). Auch bei den REITs-ähnlichen Investitionsfonds zeigen sich unverkennbare Parallelen zum US-Markt, wie ein Gesprächspartner bezeugte: „We keep to the US templates“ (Interview S22). Zur Diffusion internationaler Praktiken leisten letztlich auch Interessensverbände einen entscheidenden Beitrag. Seit 1991 fördert beispielsweise das US-amerikanische Urban Land Institute (ULI) in Mexiko City den Austausch von Best-Practice-Beispielen, Standards und Informationen innerhalb der Immobilien-Community (Interview M2). Über Ausbildungsprogramme, Informationsforen, Konferenzen, angewandte Immobilienforschung, Publikationen und enge Kontaktnetzwerke in die USA verbreitet die Institution Ideen, Standards und Normen der US-amerikanischen Immobilienwirtschaft unter den privatwirtschaftlichen Immobilienakteuren, aber auch unter den Entscheidungsträgern der öffentlichen Hand. In São Paulo wird das ULI über die gewerkschaftsähnliche Institution Secovi vertreten, wobei deren Fokus auf dem Wohnungsmarkt liegt und eine vergleichsweise niedrige Relevanz für die Standardsetzung im Büroimmobilienmarkt einnimmt (Interview S8). Die Standardisierung der Immobilienmärkte wird nach Ansicht der Immobilienakteure zukünftig auch durch international ausgerichtete Studienfächer an Universitäten bzw. privaten Institutionen vorangetrieben (Interview M2; S21). In den letzten Jahren ist in beiden Fallbeispielen erkennbar, dass sich die Ausbildungsinfrastruktur allmählich auf die neuen Qualifikationsprofile einstellt. Know-how über internationale Praktiken und Standards verbreitet sich insofern durch die schrittweise Etablierung internationaler Lizenzen, Akkreditierungen und Titel.
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Konvergenz durch Wettbewerb Eine Facette globaler Städtekonkurrenz ist der Wettbewerb um Investitionen, der auch in der Immobilienwirtschaft sichtbar wird und zu Homogenisierungsprozessen führt. Ein Gesprächspartner aus Mexiko City verwies auf die momentane Attraktion der Metropole als Investitionsdestination, fügte aber dann hinzu: „But if we do not manage to maintain this advance and improve our standards we will lose our advantages“ (Interview M15).
Im internationalen Konkurrenzkampf setzt sich also immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Spielregeln der Immobilienmärkte stärker professionalisiert und standardisiert werden müssen. Um internationales Kapital in die Immobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo zu leiten, versucht die öffentliche Hand im Verbund mit privaten Immobilienakteuren, die Regeln, Praktiken und Standards, nach denen die lokalen Märkte funktionieren, an internationale Vorgaben anzugleichen. Dementsprechend stellte ein Immobilienakteur die Regel auf: „A more standardized and more international real estate market could improve the competitiveness of a city“ (Interview S7).
Übersichtliche und vergleichbare Regulationsmechanismen bzgl. Transaktionen, Finanzierung, Steuern etc. sollen Immobilieninvestoren anziehen bzw. werden von diesen als Investitionsbedingung eingefordert. Nach dem Vorbild der Finanzwirtschaft werden die Spielregeln unterschiedlicher und räumlich voneinander getrennter Immobilienmärkte damit immer stärker vereinheitlicht, was nach Angaben der Investoren die internationale Vergleichbarkeit der Immobilienmärkte und damit die Abwägung von Entscheidungsalternativen unterstützt (Interview S10). Ein anderer Antrieb für die Ausbreitung internationaler Standards und Praktiken ist im lokalen Wettbewerb zu sehen. In den meisten Fällen sind die transnationalen Immobilienakteure in puncto globalen Finanz- und Immobilienmarktwissens überlegen und setzen neue Standards. Lokale Unternehmen sehen sich verstärkt dem Konkurrenzdruck ausgesetzt und sind gezwungen, ihrerseits durch Nachahmung der international gängigen Geschäftsprozesse die eigene Effizienz zu steigern bzw. ähnliche Standards und Qualitätsmerkmale zu liefern. Wem dies nicht gelingt, verliert Kunden: „Local players either have to raise their standards to meet international expectations or they are going to lose those clients and market share to international companies“ (Interview M6).
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Demgegenüber können sich diejenigen lokalen Unternehmen auf den internationaler werdenden Märkten behaupten, die die Standards und Praktiken internationaler Konkurrenten besonders gut nachahmen: „In Brazil the successful local firms were the ones that could emulate what international companies were doing. They imitated them, because that is the way how they can grab international business“ (Interview S23).
Gerade das von internationalen Projektentwicklern, Investoren und Mietern nachgefragte Leistungsspektrum, welches sowohl lokale als auch globale Expertise und Kompetenz einschließt, erfordert eine Leistungssteigerung der lokalen Akteure (Interview M3; S6). Stärkerer Wettbewerb übt damit Druck auf die lokalen Unternehmen im Immobiliensektor aus, durch ständige Verbesserungen ihre Marktposition zu behaupten bzw. durch Nachahmung die Standards und Praktiken der globalen Unternehmen zu kopieren. Lassen sich die lokalen Akteure auf den Wettbewerb ein, sind damit Anpassungsprozesse verbunden: „If the local players want to grow they have to improve their operations and have to understand corporate language, corporate procedures and how to work with international corporations because they are not dealing with their neighbour anymore. It is not a local anymore. So they have to follow international procedures and proposal standards etc. The locals have to adapt the international standards and practices“ (Interview S8).
Das Zitat betont, dass sich die lokalen Marktteilnehmer auf die neuen Akteurskonstellationen einstellen müssen. Mit der Internationalisierung und Professionalisierung der Märkte hat man es nämlich nicht mehr nur mit bekannten lokalen Akteuren zu tun, denn immer häufiger sind internationale Unternehmen in die Immobiliengeschäfte involviert. Viele lokale Immobilienakteure nutzen dazu die Praktiken und Standards ausländischer Marktteilnehmer als Referenzpunkt für interne Umstrukturierungen der Arbeitsprozesse (Interview S6). Einige Unternehmen akquirieren durch die Anwerbung von Arbeitskräften mit internationaler Erfahrung das notwendige Wissen (Interview M6), um sich letztendlich selbst zu transnationalen Akteuren zu wandeln (Interview M7). All diese wettbewerbsbedingten Anpassungsprozesse führen nach Ansicht der Marktteilnehmer zur stärkeren Marktreife bzw. -professionalisierung. So stellte ein Gesprächspartner die Gleichung auf: „The more players you have in a market the more competitive and professional it is going to be“ (Interview S18).
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Konvergenz der physisch-materiellen Gestalt Die Adaption globaler Standards und Praktiken manifestiert sich insbesondere in der physisch-materiellen Gestalt beider Untersuchungsmärkte. Vor allem Büroimmobilienobjekte, die Ziele grenzüberschreitender Investitionen sind, werden zunehmend in ihrer technischen Produktion standardisiert. Zumal sich auch in Hinblick auf formal-ästhetische Kriterien Konvergenztendenzen klar identifizieren lassen. So heißt es noch in einem Beitrag aus dem Jahr 1968 über Mexiko City: „Die Monolithen aus Glas und Stahl, die an der breiten Prachtstraße der verlockenden, leuchtenden und zugleich düsteren mexikanischen Metropole am Paseo de la Reforma aufragen, kopieren, wie die Mammutbauten überall in der Welt, Manhattan. Doch hier sehen sie aus, als ob Mies van der Rohe ihr Vater ist und ihre Mutter eine Toltekin“ (Die Zeit 1968).
Die hier beschriebene Besonderheit durch die Verschmelzung klassisch moderner Stilelemente (Mies van der Rohe) und lokaler Einflüsse (Toltekin) weicht seitdem immer mehr der Monotonie postmoderner HochhausArchitektur. Diese offenbart sich in beiden untersuchten Immobilienmärkten sowohl in materieller als auch immaterieller Hinsicht, d.h. durch das Zurückgreifen auf ähnliche Baustoffe wie bestimmte Steine, Stahl oder Glas und auf bewährte Gebäudestandards, aber auch auf Ideen, Pläne und uniforme Strukturelemente. Gerade durch die weltweit reproduzierten Kooperationen zwischen transnationalen Entwicklern und international renommierten Architekten finden diese weltweit vorherrschenden Standards auch in Lateinamerika Verbreitung, wie ein Gesprächspartner bestätigte: „International developers and architects have become more active in Mexico. They import the newest and best standards of the business to the country“ (Interview M9).
Damit gleichen sich funktionale und architektonische Standards bei großen Immobilienprojekten weltweit zunehmend an. Ein Beispiel hierfür ist der US-amerikanische Projektentwickler Hines, der bei Entwicklungen in Mexiko City auf internationale Architekturbüros wie z.B. Cesar Pelli & Associates und Robert A.M. Stern Architects zurückgegriffen hat. Auch in São Paulo sind international renommierte Architektenbüros wie Skidmore, Owings & Merrill oder Kohn Pedersen Fox Associates im Gefolge internationaler Investoren mit ihren architektonischen Stilelementen in den Markt gekommen und seitdem nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken (Interview S17). In diesen lokal-globalen Kooperationen werden international gängige Ideen, Architekturvisionen, Praktiken und Standards transportiert, die oftmals auch nach Projektende von lokalen Entwicklern übernommen wer-
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den. Ebenso greifen diese auch immer häufiger selbst auf die Dienste international namhafter Architekten zurück. Ein Beispiel hierfür ist die lokal ansässige Baufirma Promociones Metrópolis. Über eine Kooperation mit Hines zur Erstellung des Gebäudekomplexes Del Bosque Anfang der 1990er Jahre ergab sich ein erster Geschäftskontakt zum USamerikanischen Architekturbüro Cesar Pelli. Heute kooperieren sie selbst mit diesem renommierten Architekten (Interview M7). Ähnliche Verbindungen zwischen lokalen Entwicklern und internationalen Architekten treffen auch auf São Paulo zu, wobei neue Inspirationen zur Gebäudegestaltung zusätzlich auch durch Städteexkursionen aufgegriffen werden sollen, wie folgendes Zitat exemplarisch verdeutlicht: „We sent our team many times outside to Chicago or New York to see buildings, new facilities, new techniques and standards. Because we really try to develop on an international standard“ (Interview S14).
Aus den Kernökonomien werden damit Architekten, Städtebautypologien und eine Kommerzarchitektur importiert, die auch von mexikanischen und brasilianischen Firmen übernommen wird und die sich durch die breite Akzeptanz auf Seiten der Mieter stetig weiter verbreitet. Dies bewirkt eine physiognomische Angleichung der Hochhausskylines auf internationaler Ebene. Der Gestaltungsspielraum der Projektentwickler und Architekten wird dabei immer durch die Mieter und Investoren vorgegeben. Die Qualität, Struktur und Funktion der Gebäude richtet sich daher strikt nach der Nachfrage am Markt aus. Insbesondere bei in Auftrag gegebenen Projektentwicklungen stellen internationale Mieter meist Konzeptionen und Ideen vor, die sie selbst von ihrem Hauptsitz kennen (Interview M18; S17). Um ähnliche Gebäudestandards auch im Ausland zu erzielen, lassen multinationale Unternehmen sogar Bauingenieure aus dem Heimatmarkt einfliegen: „If you look at the BankBoston and the Citibank building. These buildings have been built as headquarters and you see that probably they have had some sort of interfering from the US or Europe where they have sent engineers to control the project“ (Interview S10).
Indem die Projektplanungen den Nachfragewünschen der anvisierten transnationalen Nutzer und den Portfolioplanungen globaler Investoren entsprechen müssen, liegen diese in einem engen Spektrum hinsichtlich Lage, Design und Ausstattung. Paradebeispiel für die bauliche und architektonische Umsetzung des globalen Nachfrageprofils ist in Mexiko City der Torre Mayor (siehe Abb. 42), dessen Büroeinheiten vorwiegend an namhafte internationale Finanzdienstleister, Wirtschaftsprüfer und EDVUnternehmen vermietet ist. Seine markante Glaskurve hat die Stadtsilhouette Mexiko Citys nachhaltig verändert, neue Maßstäbe im Hochhausbau
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gesetzt und eine besondere Bedeutung für die Außendarstellung der mexikanischen Hauptstadt (Interview M3). Ein weiteres Beispiel ist der bereits Anfang der 1990er Jahre entworfene Gebäudekomplex Conjunto Arcos Bosque, der durch seine auffällige torartige Architektur (wegen seiner Form auch los pantalones, die Hose, genannt) und seine Ausstattung (modernste Belüftungsanlagen, Glasfaserkabel, Heliport, Hochgeschwindigkeitsaufzüge etc.) besticht. In São Paulo gilt das Headquarters der BankBoston, das von den internationalen Architekten Skidmore, Owings & Merrill entworfen wurde und heute im Besitz des internationalen Fonds Hines CalPERS Brazil II ist, als überregionales Markenzeichen (Interview S17). Ähnlich prominent ist der Torre Norte, der von Tishman Speyer bereits 1999 fertig gestellt und durch internationale Preise mehrmals gewürdigt wurde (siehe Abb. 42). Abb. 42: Architektonische Chiffren der Globalisierung
Quelle: Eigene Photos Sog. Trophy-buildings mit spektakulären Konturen, glitzernden Oberflächen etc. werden immer häufiger als Symbole der Innovation und Internationalität eingesetzt, um dem Standort ein gewisses Image zu verleihen. Über die Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Unternehmen versucht auch die öffentliche Hand indirekt Einfluss auf die Zuschreibung von räumlicher Identität zu nehmen. Der folgende Ausschnitt einer Rede des damaligen mexikanischen Präsidenten Vicente Fox anlässlich der
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Einweihung des Torre Mayors demonstriert, wie hierbei das Immobilienprojekt mit Prosperität und Zukunftsorientierung eines ganzen Landes verknüpft wird: „Dieses Spitzengebäude ist ein Symbol für ein fortschrittliches und modernes Mexiko […] Die große Investition, um dieses Projekt zu stemmen, ist ein klares Zeichen dafür, dass unser Land gute Voraussetzungen für Investitionen bietet. Es ist nicht nur eine Anerkennung an die aktuelle wirtschaftliche Stabilität, sondern auch ein Hinweis auf eine viel versprechende Zukunft […]. Wir wissen aber, dass wir weiter wachsen müssen, um die Entwicklung aufrecht zu erhalten. Dazu wollen wir öffentliche Investitionen stärker mit privaten Investitionen verknüpfen, um damit eine neue Grundlage für gemeinsame Partizipation zu schaffen [Übersetzung d. Verf.]“9.
Die Bedeutung solcher Immobilienprojekte für die Stadtentwicklung und ihr baulicher Umfang machen i.d.R. ein starkes Engagement des öffentlichen Sektors notwendig und führen häufig zu Formen von Public Private Partnership. Der letzte Abschnitt der Rede verweist auf die öffentlichen Förderungsprogramme zur Revitalisierung der Paseo de la Reforma. So wurden beim Bau des Torre Mayors dem ausländischen Investor Reichmann Steuervergünstigungen eingeräumt. Zur Förderung ausländischer Kapitalzuströme wurden auch in Brasilien auf nationaler wie städtischer Ebene Förderprogramme implementiert, die von Steuererleichterungen bis zu verbilligten Grundstückspreisen reichen (Interview S6).
Anpassung der Immobilienzyklen Ein für Immobilieninvestoren besonders relevanter Konvergenzprozess bezieht sich schließlich auf die Immobilienzyklen. Beide Untersuchungsmärkte waren Anfang der 1990er Jahre von einem extremen Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gekennzeichnet. In dieser frühen Phase der Internationalisierung traf die zunehmende Nachfrage ausländischer Mieter auf ein kaum vorhandenes Büroflächenangebot internationalen Standards. Der Nachfrageüberhang beflügelte die lokalen Immobilienunternehmen zur Initiierung spekulativer Projektentwicklungen. Das damals relativ hohe Investmentrisiko drückte sich in einem Renditeniveau von bis zu 18% aus, welches deutlich über den etablierten Märkten lag. Beide Immobilienmärkte durchliefen nach Einschätzungen der Interview9
Esta edificación de vanguardia es ya un símbolo del México moderno y próspero […]. La gran inversión para levantar esta obra es una muestra clara de que nuestro país es un buen lugar para invertir, es un reconocimiento no sólo a la estabilidad económica actual, sino también al futuro prometedor […] Pero sabemos que necesita- mos crecer para consolidar el desarrollo. Por eso, estamos activando la inversión pública junto con la inversión privada, promoviendo esquemas novedosos de participación conjunta (Precidencia de la República 2003).
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partner Anfang des 21. Jahrhunderts eine Bereinigungsphase, die anfänglich durch Überbauung und rückläufige Mietentwicklungen gekennzeichnet war. Die Neubauten, die in der Projektentwicklungsphase auf Basis sehr hoher Mieten geplant wurden, kamen phasenversetzt auf den Markt und erhöhten damit den Bestand und den Leerstand (siehe auch Kapitel 7.1.4). Abb. 43: Mexiko City und São Paulo auf dem Weg zum klassischen Immobilienzyklus
Quelle: Eigene Erhebungen Wie Abb. 43 verdeutlicht, befinden sich beide Standorte laut Einschätzung der Interviewpartner in der Konsolidierungsphase, wobei Mexiko City auf der Schwelle zum klassischen Zyklus steht. In beiden Märkten nimmt das Investoreninteresse wieder zu, was sich anhand der steigenden Nachfrage und dem daraus resultierenden stagnierenden bzw. sinkenden Leerstand nachzeichnen lässt. Auch die Mieten beginnen wieder auf niedrigem Niveau zu wachsen. Die Renditen sind nach Aussagen der Marktakteure weiterhin rückläufig, was auf ein vermindertes Investmentrisiko und höhere Immobilienpreise zurückzuführen ist. Während alle Kennzahlen in São Paulo v.a. der Konsolidierungsphase zugeordnet werden, ist die Marktbil-
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dungsphase des Büromarktes in Mexiko City bereits weiter vorangeschritten. Über die Hälfe der Befragten geben dementsprechend an, dass die Leerstands-, Miet- und Renditeentwicklungen schon eher der Endphase der Konsolidierung entsprechen (siehe Abb. 43). Während also der Verlauf der Rendite-, Leerstands- und Mietpreiszahlen in beiden Metropolen auf die Konsolidierungsphase schließen lässt und damit das Phasenmodell der Internationalisierung (siehe Kapitel 4.3.2) bestätigt, ergibt sich beim Immobilienbestand ein differentes Bild. Zwar sehen einige Immobilienakteure aufgrund einer Verdreifachung des Immobilienbestands im A-Segment seit Mitte der 1990er Jahre auch bei diesem Indikator einen Trend zu entwickelten Märkten. Andere wiederum sind der Meinung, dass aufgrund fehlender neuer Projektplanungen in näherer Zukunft zum ersten Mal seit zehn Jahren ein Mangel an Angebotsflächen auftreten könnte, wodurch die Preise in diesem Segment weiter steigen würden (Interview M9; S9). Der Bestand wurde dementsprechend von einigen Interviewpartnern der ersten Marktbildungsphase Begrenztes Angebot zugeordnet (siehe Abb. 43). Trotz des niedrigeren Bestandniveaus bleibt festzuhalten, dass sich bei beiden Märkten ein Trend zu einer internationalen Angleichung abzeichnet. Beide durchlaufen die Konsolidierungsphase und sind auf dem Weg zu klassischen Zyklen, die für entwickelte Immobilienmärkte typisch sind. Seit dem Erhebungszeitpunkt hat sich in Mexiko City und in São Paulo das Angebot an vakanten Büroflächen von einem Leerstand von über zehn Prozent im Jahr 2007 auf 3,9 bzw. sieben Prozent in 2008 weiter spürbar reduziert. In beiden Bürozentren führte die erhöhte Nachfrage zu steigenden Preisen und somit zu einem Sinken der Nettoanfangsrendite auf rund acht Prozent in Mexiko-Stadt und elf Prozent in São Paulo. An dieser Stelle soll noch mal explizit daraufhin gewiesen werden, dass auch das Erreichen der Klassischen Zyklen nicht mit einem Ausbleiben von Schwankungen gleichzusetzen wäre. Vielmehr verlieren die Anomalien der Marktbildung, wie z.B. kein oder sehr begrenztes Angebot an hochwertigen Immobilien, ihre dominierende Funktion und werden abgelöst durch Zyklen, die sich auch in international etablierten Märkten abzeichnen (siehe hierzu die Darstellung der typischen Zyklen in Kapitel 3.2.4). Die Wegstrecke und die Geschwindigkeit der Angleichung an klassische Immobilienzyklen der Kernökonomie wurden durch internationale Immobilienakteure entscheidend beeinflusst. So besteht eine hohe Korrelation zwischen ausländischen Direktinvestitionen und der Nachfrage nach neuen Büroimmobilien. Insbesondere unternehmensorientierte und Finanzdienstleister aus dem Ausland machen inzwischen einen großen Anteil an den städtischen Wirtschaftsstrukturen der beiden Untersuchungsmärkte aus (Interview M3; S10). Von diesen Akteuren geht seit einigen Jahren ein erhöhter Nachfragedruck nach hochwertigen Büroimmobilien aus, der sich in steigenden Mieten und rückgängigen Leerstandszahlen
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niederschlägt. Das gleiche gilt für ausländische Investoren, die beide Büroimmobilienmärkte durch ihr Engagement dynamisiert haben. Lokale Immobilienzyklen werden damit immer stärker von den Interessen und Investitionsentscheidungen globaler Akteure geprägt. Entwicklungen auf den Kapitalmärkten, Wechselkursveränderungen, Konjunkturverläufe in den Heimatländern der Investoren und Mieter etc. schlagen sich immer stärker auch auf die lokalen Immobilienmärkte der SemiPeripherie durch. Da beide Untersuchungsmärkte noch verhältnismäßig klein sind, könnten etwa verstärkte ausländische Kapitalzuströme die Immobilienpreise stark beeinflussen und bei wirtschaftlicher Stagnation zu neuem Überangebot führen, wie folgendes Statement andeutet: „We are in the shake-out phase. But we have these new companies that use the international capital markets to raise money. So they will invest with the risk of a new oversupply“ (Interview S13).
Als Reflex auf die aktuelle weltweite Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise kann mittelfristig eine Abschwungphase der Zyklen erwartet werden, die sich in sinkenden Mietpreisen und höheren Leerstandsraten reflektiert. Konjunkturelle Schwächen in Kernökonomien könnten in diesem Fall lokal als Miet- und Renditerückgang spürbar werden. Die Immobilienzyklen in Mexiko City und São Paulo lassen sich demzufolge nur noch erschließen und prognostizieren, wenn man die weltweiten Verknüpfungen versteht und in die lokale Bewertung mit einbezieht. Bilanzierend bleibt festzuhalten, dass der Markteintritt globaler Immobilienakteure in beiden Untersuchungsmärkten durch Anpassungsdruck und Wettbewerb Konvergenzprozesse herbeiführt. Diese beziehen sich vor allem auf die Durchsetzung internationaler Standards entlang der Immobilienwertschöpfung (Entwicklung, Bau, Vermarktung, Beratung, Kauf, Betrieb, Verkauf etc.) und manifestieren sich in der postmodernen Architektur neuer Bürogebäude oder in der Angleichung lokaler Immobilienzyklen an klassische Zyklen etablierter Märkte. Ob die Konvergenzprozesse allerdings auf den gesamten Immobilienmarkt wirken und in welchem Ausmaß lokale Akteure durch den Markteintritt ausländischer Unternehmen an Macht und Einfluss verlieren, wird im nächsten Abschnitt am Beispiel von Mexiko City und São Paulo empirisch adressiert.
7.4.3
Segmentierung
Mit der zunehmenden Internationalisierung der beiden Büroimmobilienmärkte ist erstens eine Neuausrichtung der lokalen Machtverhältnisse verknüpft. Die ungleiche Ausstattung mit Ressourcen zwischen globalen (v.a. Kapital und Finanzmarktwissen) und lokalen Marktteilnehmern (v.a. lokales Wissen und Beziehungsnetzwerke) resultiert in einer zunehmenden Segmentierung der Akteurskonstellationen. Zweitens konnte anhand der
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verschiedenen Intransparenzen nachgewiesen werden, dass der Globalisierungsprozess nicht gleichmäßig auf die Immobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo niedergeht. Während einzelne Segmente und Teilräume eine enge Vernetzung mit der globalen Immobilienwirtschaft aufweisen, dringen konvergenzfördernde Einflüsse in andere Teilbereiche kaum durch. Beide Immobilienmärkte ähneln damit eher einem Flickenteppich aus verschiedenen, mal mehr und mal weniger global ausgeprägten Marktsegmenten. Die Segmentierung äußert sich damit besonders in neuen Machtkonstellationen und räumlich in heterogenen Teilmärkten.
Neue Machtkonstellationen Ein Schlüssel zum Verständnis räumlich differenzierter Entwicklungsprozesse auf Immobilienmärkten sind deren stets instabilen und dynamischen Machtkonstellationen. Grundsätzlich werden beide Untersuchungsmärkte maßgeblich durch Akteure gesteuert, die persönliche (z.B. Netzwerkbeziehungen), finanzielle (z.B. Kapital) und immaterielle (z.B. bestimmtes Wissen) Machtressourcen mobilisieren können (siehe Kapitel 2.3.3). Die ausgewerteten Interviews sprechen dafür, dass diese Einfluss- und Gestaltungsmacht asymmetrisch zwischen den einzelnen Marktteilnehmern und geographischen Maßstabsebenen verteilt ist. Die folgenden Beispiele dienen als empirische Stütze dieser Beobachtung. Sie zeigen, wie sich im Verlauf der Internationalisierung die Konstellationen auf den Büromärkten verändern bzw. neu ausrichten und mit welchen Machtressourcen Akteure ihre Interessen durchsetzen können. Die Internationalisierung trägt zunächst dazu bei, dass sich die Konkurrenz um exponierte Standorte und Gebäude verschärft. Auf beiden Mietmärkten verfügen die multinationalen Unternehmen i.d.R. über eine höhere Zahlungsfähigkeit (finanzielle Machtressourcen) als lokale mexikanische bzw. brasilianische Unternehmen und können diese bei der Standort- und Objektwahl überbieten. Die Durchsetzungsfähigkeit transnationaler Mieter in São Paulo wurde in der Vergangenheit auch durch günstige Wechselkursentwicklungen intensiviert (Interview S18). Hinzu kommt die Absicherung durch den Mutterkonzern im Ausland, über die lokale Unternehmen in wirtschaftlichen Schieflagen nicht verfügen, wie ein Gesprächspartner veranschaulichte: „Brazilian companies are very foot on the ground because they know that they have to keep their overhead low. When it comes to the situation that business gets into a halt they do not have a mother company outside that can feed them monthly with income“ (Interview S20).
Während lokal bzw. national agierende Unternehmen den konjunkturellen Schwankungen in Mexiko oder Brasilien voll ausgesetzt sind und daher in der Gebäudewahl etwas zurückhaltender agieren, werden in multinationa-
IMMOBILIENMÄRKTE DER SEMI-PERIPHERIE | 327
len Unternehmen Marktschwächen mit Transfers aus der Zentrale überbrückt. Neuere Büroimmobilien sind dementsprechend in beiden Immobilienmärkten etwa zur Hälfte durch internationale Firmen besetzt. Im hochwertigen Triple-A-Segment in Mexiko City bezifferte ein Berater den Anteil internationaler Mieter gar auf 90%; die restlichen zehn Prozent zählen zu den umsatzstärksten und bedeutendsten mexikanischen Unternehmen (Interview M6). Mit 80 bis 90% zu 10 bis 20% wurde ein ähnliches Verhältnis für die besten Bürogebäude in São Paulo genannt (Interview S12). Die mexikanischen Hauptsitze multinationaler Unternehmen konzentrieren sich in den neuen Zentren der global orientierten Ökonomie am westlichen Stadtrand wie Santa Fé und Lomas de Chapultepec sowie an den prestigeträchtigen und wieder aufgewerteten Standorten in Polanco und Reforma. In São Paulo werden analog die teuersten Submärkte Faria Lima, Berrini oder Vila Olímpia von den globalen Unternehmen bevorzugt. National bedeutende brasilianische Unternehmen wie Banken und Versicherer ballen sich vor allem entlang der Avenida Paulista (Interview S11). Die Mehrheit der lokalen bzw. nationalen Unternehmen mieten in beiden Untersuchungsmärkten allerdings kleinere und kostengünstigere Flächeneinheiten in B- bzw. C-Bürohäusern. Ein Beispiel hierfür ist das World Trade Centre in Mexiko City mit insgesamt 45.000 qm Bürofläche, das zu mehr als 95% von mexikanischen Mietern belegt ist. Die Büroeinheiten, die zwischen 40 und 90 qm groß sind, beherbergen vor allem Rechtsanwälte, lokale Vertretungen von nationalen Unternehmen, Ärzte usw. (Interview M13). Mit der Öffnung der Büromärkte treten auch immer mehr kapitalkräftige Investoren wie offene Immobilienfonds, Pensionskassen, Staatsfonds oder REITs als neue Wettbewerber auf bisher lokal organisierte Investmentmärkte ein: „In Mexico the amount of money that is willing to be invested is bigger than the market’s opportunities“ (Interview M17).
Der Zufluss ausländischer Investitionsströme trifft allerdings auf ein begrenztes Angebot an hochwertigen Büroimmobilien, womit sich die Konkurrenz zwischen lokalen und globalen Investoren intensiviert. Letztlich entscheidet die Machtposition innerhalb der neuen lokalen Akteurskonstellationen über konkrete Zugangsmöglichkeiten zu besonders attraktiven Transaktionen. Die institutionellen Investoren aus dem Ausland verfügen im Vergleich zu lokalen Marktakteuren über einen höheren Anteil an liquidem Kapital und bessere Zugangsmöglichkeiten zu Fremdkapital (finanzielle Machtressourcen), zumal bis vor wenigen Jahren in Mexiko und Brasilien nur sehr begrenzt externe Finanzierungsquellen existierten. Demnach konnten sich die ausländischen großen Investoren im Wettbewerb um die attraktiven Immobilienobjekte gegen lokale Immobilienun-
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ternehmen bzw. weniger finanzkräftige Privatinvestoren günstig positionieren, wie ein Gesprächspartner für São Paulo auf die einfache Formel bringt: „Capital is king. There is a clear advantage to more liquid foreign investors“ (Interview S1). Dies belegt auch das Beispiel des deutschen Immobilienfonds Union Investment, der innerhalb von zwölf Monaten mit Investments von über 300 Mio. € zu einem der mächtigsten Akteure in Mexiko City aufstieg und laut Gesprächspartner dabei die besten Bürogebäude der Stadt akquirierte (Interview M6). Mit ihren Investitionen sorgen die internationalen Investoren für Preissteigerungen und neue Marktstrukturen. Der bessere Kapitalzugang internationaler Investoren verändert die Machtstrukturen auf den Märkten und führt in einigen Fällen dazu, dass kapitalschwache lokale Unternehmen vom Markt und zum Teil in Marktnischen gedrängt wurden (Interview M5) bzw. beim Wettbewerb um die attraktivsten Immobilien, dem „cherry picking“, das Nachsehen haben (Interview M18). Auch bei Projektentwicklungen ergeben sich durch den Markteintritt internationaler Firmen und der Möglichkeit neuer internationaler Finanzierungsquellen veränderte Machtkonstellationen. Ein multinationaler Projektentwickler arbeitete in seiner Überlegung folgende zwei entscheidende Vorteile gegenüber lokalen Konkurrenten heraus: Der einfachere Zugang zu Kapital und das enge weltweite Netzwerk mit transnationalen Unternehmen (Interview S1). Zumindest der erste Grund hat sich in Brasilien durch die Börsengänge der wichtigsten Immobilienunternehmen relativiert. Seit Ende 2005 statten sich Entwickler wie Cyrela, Rossi, Gafisa oder Company auf diese Weise mit frischem Kapital aus dem Ausland aus und entwickeln sich laut einem Gesprächspartner zu „1st tier developer companies that will eat everybody else’s lunch“ (Interview S3). Während die börsennotierten nationalen Entwickler immer größer und mächtiger werden und mit den internationalen Akteuren konkurrieren können (Interview S12), betonten die Gesprächspartner, dass vor allem kleinere lokale Projektentwickler diesem neuen Wettbewerb chancenlos ausgeliefert sind und ihr Kerngeschäft häufig in den Wohnsektor verlagern (Interview S7). Mittelfristig wird eine Konsolidierung im Projektentwicklersegment erwartet, indem lokale Unternehmen sich zusammenschließen oder vom Markt verschwinden. Insofern gibt es eine Tendenz zur Größe der am Markt verbleibenden Unternehmen, wie folgende Aussage bekräftigt: „It is a kind of play for big boys. So it is only for international or these big Brazilian players“ (Interview S21).
Ein weiteres Beispiel für die Verschiebung der Machtverhältnisse durch die Internationalisierung stellt das Beratungssegment dar. Lässt man den Klasse B/C-Markt außer Acht, so ist die Beraterbranche in Mexiko City weitgehend vom lokalen Marktgeschehen abgekoppelt und wird von glo-
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balen Akteuren dominiert, was auch folgende Ausführung eines Gesprächspartners unterstreicht: „I would say 95% of all deals in the market with A-companies in A-class buildings are done with transnational brokerage firms“ (Interview M6).
Wenngleich in São Paulo dieses Marktfeld nicht komplett den ausländischen Unternehmen überlassen wurde, schätzte ein Marktexperte deren Anteil an den abgewickelten Transaktionen im hochwertigen A-Segment auf immerhin über 70% (Interview S12). Insbesondere das Geschäft mit internationalen Mietern in hochwertigen Büroprojekten der neuen Central Business Districts wird in beiden Märkten überwiegend von international agierenden Beratern abgewickelt, wie folgender Gesprächspartner versicherte: „In Triple-A you have almost exclusively international labels. They are kings of the market“ (Interview S13). Gerade bei den größten und bedeutendsten Transaktionen haben sich die transnationalen Berater als Marktführer etabliert und verfügen in diesem Segment im Vergleich zu lokalen Konkurrenten über eine höhere Durchsetzungsfähigkeit, wie folgendes Zitat bekräftigt: „For the important transactions in Mexico you have to contact one of the foreign high-qualified consultant companies. Because they have bigger authority to get a better deal“ (Interview M15).
Lokale Berater indes wurden vom Büromarkt verdrängt oder von transnationalen Konzernen sukzessive übernommen (z.B. Grupo Comercial Inmobiliario oder Semco durch Cushman & Wakefield). Andere wiederum sind als selbstständige Unternehmen weltweit agierenden partnerschaftlichen Organisationen beigetreten (z.B. Lomelín in Colliers International bzw. Herzog in Staubach International). Die übrigen lokalen Berater besetzen nach Ansicht der Interviewpartner heute überwiegend Marktnischen wie z.B. das B- und C-Segment bei Büroflächen oder haben ihre Beratungstätigkeit auf andere Immobilienteilmärkte wie z.B. Wohn-, Logistikund Einzelhandelsimmobilien verlagert. So wird der Beratungsmarkt für Wohnimmobilien in Mexiko City zu 95% und in São Paulo zu 100% lokal gesteuert (Interview M5; S9). Ein Marktakteur fasste die Dualität des Beratungssektors folgendermaßen zusammen: „The foreigners are stronger when it comes to the higher quality office space, when it comes to sales as opposed to leases and when it comes with dealing with international funds. The local firms are stronger in the lower quality space dealing with the smaller tenants and dealing with leases“ (Interview M1).
Transaktionen hochwertiger und teurer Immobilien mit internationaler Beteiligung werden demnach vor allem von den global aufgestellten Beratern
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abgewickelt, während die Vermietung kleinerer Flächeneinheiten in Boder C-Immobilien auf die lokalen Berater entfällt. Die Machtposition im hochwertigen Büroimmobiliengeschäft verdanken die transnationalen Berater vor allem ihren engen weltweiten Netzwerken mit den großen und international aufgestellten Unternehmen (persönliche Machtressourcen) und dem wechselseitigen Vertrauen aus früheren Transaktionen: „If a Fortune 500 company needs office space they will choose an international broker. They trust them and they know their competences“ (Interview M7).
Als weitere Machtressource wirken auch deren multiurbanen Standortnetze. Die weltweite Vernetzung ihrer Standorte ermöglicht es ihnen, jederzeit sowohl spezifisches lokales Wissen anzuzapfen bzw. Expertisen oder Fallbeispiele in verschiedenen Lokalitäten zu mobilisieren, als auch allgemeine internationale Entwicklungen, Trends und Tendenzen aufzugreifen (immaterielle Machtressourcen). Die Machtverhältnisse sind damit im Beratungssegment laut Gesprächspartner klar abgesteckt (Interview S15). In den bisherigen Ausführungen standen die Machtressourcen der globalen Akteure im Vordergrund. Dass sich Macht sehr wohl auch bei lokalen Akteuren ausbilden kann, zeigt die Betrachtung von strategischen Partnerschaften. Ein Beispiel ist das mexikanische Immobilienunternehmen G. Acción, das sich zu einem der wichtigsten privatwirtschaftlichen Akteure im mexikanischen Immobilienmarkt entwickelt hat 10 . Entscheidend dafür war der Zugriff auf die finanziellen (Kapital) und immateriellen (v.a. Finanzmarktwissen) Machtressourcen der US-amerikanischen Partner AMB Property Corporation und Kimco und der spanischen Grupo Lar, die es dem lokalen Unternehmen ermöglichten, sich im Wettbewerb gegen internationale Investoren durchzusetzen (Interview M5). Um ihre Machtressourcen mobilisieren und ihre Interessen durchsetzen zu können, waren auf der anderen Seite auch die Investoren aus dem Ausland auf die strategische Partnerschaft mit dem mexikanischen Unternehmen angewiesen. Dabei ging es v.a. um den Zugang zu lokalspezifischen Wissen (immaterielle Machtressourcen) und zu den vielfältigen persönlichen Kontakten (persönliche Machtressourcen) von G. Acción (Interview M14). Dieser Befund lässt sich auch auf São Paulo übertragen. In zahlreichen Fällen greifen internationale Investoren auf brasilianische Unternehmen zurück. Ein Gesprächspartner wertete dabei v.a. das lokale Kontaktnetzwerk und die Verinnerlichung lokaler Spielregeln als kompetitiven Vorteil gegenüber internationalen Immobilienanlegern: „The locals have certain competitive advantages, because they know how to mingle within the market […]. They will always have an advantage, because 10 Die Übernahme von G. Acción durch AMB Property Corporation im Juli 2008 unterstreicht, wie dynamisch Machtpositionen ausgebildet sind.
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they have their network and they know how to best streamline bureaucracies“ (Interview S11).
Insofern können lokale Akteure durch den exklusiven Besitz von Informationen bzw. Wissen eine übergeordnete Machtposition auf Immobilienmärkten erlangen, die letztlich z.B. über konkrete Zugangsmöglichkeiten zu besonders attraktiven Transaktionen entscheidet (Interview S14). Hier ist zunächst an die Fähigkeit von lokalen Unternehmen zu denken, das jeweils kontextuell relevante Wissen zu erwerben, weiterzugeben und kontextbezogen anzuwenden. Abgesehen von den besseren Kenntnissen lokaler Spielregeln erhöhen lokale Immobilienakteure ihre Durchsetzungsfähigkeit durch eine exponierte Position in der lokalen Immobilienwirtschaft und über informelle Kontakte zur öffentlichen Hand (Interview M17): „We believe that relationships are our greatest asset. I know the government, I know the municipalities, I know all my clients and the clients know me“ (Interview S18).
Mit Hilfe ihrer vielfältigen persönlichen Kontakte besitzen einige lokale Marktteilnehmer die Möglichkeit, mittels eigener Überzeugungskraft die Gestaltung von Prozessen und Entscheidungen (z.B. Baulandausweisung) zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Das setzt allerdings gewachsene Beziehungen und ein hohes Ansehen im lokalen Umfeld voraus. Die Neuausrichtung der Machtpositionen manifestiert sich allerdings nicht nur zwischen lokalen und globalen, sondern auch zwischen privatwirtschaftlichen und öffentlichen Immobilienakteuren. In beiden Untersuchungsmärkten hat sich durch die Teilprivatisierung der Stadtentwicklung das Gewicht privater Investoren in Planungsfragen erhöht. Ein Beispiel ist der Masterplan für Santa Fé, der bereits Ende der 1980er Jahre von der Stadt Mexiko City entwickelt wurde. Die Zuständigkeit für die städtebauliche Planung, die Vermarktung und den Verkauf der Grundstücke wurde auf das städtische Unternehmen SERVIMET (Servicios Metropolitanos) übertragen. Neben der Errichtung der notwendigen Infrastruktur wie z.B. Verkehrsflächen, Ver- und Entsorgungsanlagen und Parks war das Unternehmen für die Verwirklichung des Masterplans zuständig und übernahm damit de facto planungshoheitliche Aufgaben der Stadt. Trotz 100prozentiger Beteiligung haben die politischen Entscheidungsgremien durch die Auslagerung der Kontrolle und Vermarktung des Großprojektes Macht eingebüßt. Eine weitere Entmachtung der öffentlichen Hand folgte der ökonomischen Krise Mitte der 1990er Jahre. Die öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur von Santa Fé ebbten abrupt ab. So stützte man sich in den letzten Jahren beim Ausbau der Infrastruktur auf privates Kapital, das nach Aussage der Interviewpartner i.d.R. von den Projektentwicklern stammte: „The developers were in the end the ones that put the infrastructure“ (Interview M2). Entsprechende Beispiele für den Rückzug
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der öffentlichen Hand aus der Stadtentwicklung lassen sich auch in São Paulo finden. Diese reichen von Straßenprojekten, die komplett von Privatinitiativen getragen wurden, die als Gegenleistung eine höhere Bauausnutzung erhielten (Interview S2), bis zur kompletten Planung und Realisierung der Bürostadt Alphaville durch eine private Immobilienfirma. Zwar zeigt eine Analyse der Machtverhältnisse den weiterhin bestehenden Einfluss öffentlicher Regulierung (z.B. über Bauvorschriften, Subventionen) auf die Immobilienmarktentwicklung. Die Revitalisierung des Reforma-Korridors und urbane Interventionsprogramme in São Paulo veranschaulichen, dass die öffentliche Hand z.B. durch Förderungsprogramme durchaus noch die Entwicklung von Bürozentren lenken kann. Allerdings werden zum einen wichtige Aufgaben an privatwirtschaftliche Unternehmen ausgelagert und zum anderen gewinnen Verwertungsinteressen des privaten Kapitals an Bedeutung. Auch private internationale Immobilienakteure nehmen damit einen immer größeren Einfluss auf die Ausgestaltung der Planung. Gerade die im marktwirtschaftlichen Engagement geübten Investoren aus dem Ausland nutzen neue Spielräume, um ihre Interessen bzgl. Baulandausweisung, Architektur, Bauhöhe etc. durchzusetzen, wie beispielhaft folgendes Statement dokumentiert: „São Paulo changed the legislation to expand the office market. And the government did well. But this changing in the legislation was forced by the private market. Tishman wanted to build, Hines wanted to build and there were a lot of international companies coming in and we had to have class-A space here so they changed the legislation“ (Interview S6).
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass weder die lokalen noch die globalen Akteure eine eindeutig dominante Rolle ausüben. Die Machtpositionen werden vielmehr ständig zwischen den Marktteilnehmern neu ausgehandelt bzw. rekonfiguriert. Die meisten Interviewpartner betonten dementsprechend, dass lokale Marktteilnehmer nicht zwingend durch den Markteintritt ausländischer Akteure Macht abgeben müssen. Vielmehr eröffneten sich durch die Zusammenarbeit auch neue Spielräume, die beispielsweise durch einen besseren Kapitalzugang und eine engere Vernetzung in die internationale Immobilienwelt zu einer Machterweiterung genutzt werden konnten, sodass einige lokale Unternehmen heute zu den neuen mächtigen Akteuren zählen: „They lost market share at the beginning but now they are part of the new players“ (Interview M4).
Räumliche Segmentierung Sowohl die Expertengespräche als auch die Analyse der Marktberichte machen deutlich, dass die stärkere internationale Integration der beiden
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Büroimmobilienmärkte eine Stratifizierung und Differenzierung derselben bewirkt. Die Umstrukturierungen erfolgten in den Beispielmärkten nicht flächendeckend, vielmehr ließ der Markteintritt internationaler Akteure eine neue räumliche Segmentierung entstehen. Typisch ist für beide Märkte eine zunehmende Unterteilung in einerseits transnationale Teilmärkte mit internationalen Akteuren, Praktiken sowie hochwertigen Klasse AImmobilien und andererseits weiterhin lokal geprägte Submärkte. Letztere sind durch engmaschige Netzwerke zwischen lokalen Akteuren (z.B. Privatinvestoren, Banken, Bauträger), traditionelle Praktiken, einen hohen Anteil an privaten Eigentum, einen großen Bestand an modernisierungsbedürftigen B- und C-Immobilien etc. gekennzeichnet (siehe Tab. 25). Tab. 25: Lokale versus transnationale Immobilienteilmärkte Kriterien
Lokale Immobilienmärkte
Transnationale Immobilienmärkte
Steuerung
Netzwerke lokaler Akteure
Internationale Akteure der Immobilien- und Finanzwirtschaft
Mieter
Kleine und mittlere lokale bzw. nationale Unternehmen
Große internationale Unternehmen; umsatzstarke nationale Unternehmen
Gebäudetyp
Klasse B und C; geringere Ausstattung, kleinteilige Flächen
Überwiegend Bürobauten der Klasse A mit moderner Ausstattung
Architektur
Nachahmung internationaler Standards; aber auch lokalspezifische Stilelemente
Postmoderne Hochhausarchitektur; international gebräuchliche Designund Stilelemente
Investoren
Privatinvestoren; Staatsunternehmen; öffentliche Hand
Investoren aus dem Ausland bzw. nationale Investoren mit überregionalen Aktionsradius
Transaktionen
Überwiegend direkt zwischen Verkäufer und Käufer (Off-market-deals)
Über transnationale Immobilienberatungskonzerne
Zyklen
Abhängig vom lokalen Marktgeschehen
Hohe Abhängigkeit von globalen Entwicklungen
Quelle: Eigene Erhebung Wie bereits mehrfach betont, lässt sich das differenzierte Standortmuster der Mieter aus dem Inventar an qualitativ hochwertigen Immobilien ableiten (Interview M11; S20). In beiden Büromärkten ist der Bestand an neuen und hochwertigen Büroobjekten höchst ungleich über das Stadtgebiet verteilt. In Mexiko City konzentrieren sich die aktuelleren Projektentwicklungen vor allem auf die neuen Zentren der global orientierten Ökonomie am westlichen Stadtrand wie Santa Fé und Lomas de Chapultepec sowie an der prestigeträchtigen und wieder aufgewerteten Paseo de la Reforma (siehe Abb. 32; S.240). Der nördliche und östliche Stadtbereich werden dagegen von den jüngsten Umstrukturierungen nicht erfasst (Interview M10). Auch in São Paulo ist der neue Bestand überwiegend in den südlichen und südwestlichen Stadtbezirken lokalisiert, wo noch Bauland verfügbar ist. Hervorgehoben wurden hierbei vor allem die Märkte Faria Lima, Berrini und Vila Olímpia, wo sich mittlerweile ein Fünftel des Gesamtbestands an
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hochwertigen Büroflächen konzentriert (Interview S4) (siehe Abb. 35; S. 242). Wie ein Gesprächspartner hinzufügte, lassen sich auch innerhalb der Teilgebiete kleinräumige Heterogenitäten feststellen. So stehen beispielsweise die Top-Immobilien in Faria Lima im Kreuzungsbereich der beiden Hauptstraßen Avenida Kubitschek und Avenida Faria Lima sowie in unmittelbarer Nähe zum exklusiven Shopping Centre Shopping Iguatemi (Interview S8). Die Flächennachfrage in diesen Teilmärkten kommt in beiden Untersuchungsstädten primär von multinationalen Unternehmen, die eine Repräsentanz benötigen oder eine bestehende Niederlassung vergrößern wollen. Dementsprechend findet man die insgesamt 40 mexikanischen Niederlassungen der weltweit umsatzstärksten 500 Unternehmen im Finanzbereich (Fortune 2007) fast ausschließlich in Lomas de Chapultepec (13), Polanco (9), Reforma (7) und Santa Fé (6). Nach Einschätzung eines Gesprächspartners sind beispielsweise rund 50% der Büroflächen in Santa Fé an internationale Unternehmen vermietet (Interview 18). Auch die Analyse der lokalen Unternehmensstandorte der Fortune 500 in São Paulo bestätigt deren ungleiche Verteilung auf die Submärkte Paulista (11), Faria Lima (12), Vila Olímpia (4) und Berrini (11). Als Reaktion auf die hohe Nachfrage ballen sich in diesen Submärkten auch die ausländischen Investitionen. Aufgrund der höheren wirtschaftlichen Risiken neigen internationale Investoren dazu, in semi-peripheren Märkten vor allem in diesen dynamischen und etablierten Lagen mit hohem Anteil an transnationalen Mietern zu investieren. Die Internationalisierung begünstigt damit ein räumlich sehr selektives Investitionsverhalten. In der Konsequenz werden einige Teilmärkte aufgewertet, andere abgewertet. Während an den bevorzugten Standorten verglaste Bürohochhäuser mit multinationalen Mietern die Globalisierung reflektieren, haben Teilmärkte mit vorwiegend modernisierungsbedürftigen, älterem Gebäudebestand ihre Wettbewerbsfähigkeit nahezu vollständig eingebüßt (historische Zentren in beiden Märkten) bzw. eine Mieterstruktur, die sich zu einem Großteil aus lokalen bzw. nationalen Unternehmen zusammensetzt (z.B. Perinorte, Insurgentes Sur in Mexiko City sowohl Jardins, Paulista in São Paulo). Die räumliche Segmentierung des Mietmarktes wird letztlich durch die Anhebung der Preise in den durch entsprechende Lageparameter begünstigten Standorten verschärft. Die Expertengespräche unterstützten die Vermutung, dass nahezu abgekoppelt vom lokalen Marktgeschehen neue Immobilienteilmärkte entstehen, in die nur eine geringe Anzahl lokaler Unternehmen eingebunden sind. Produziert werden letztlich transnationale Märkte, die nicht nur von ihrer Nutzungsstruktur her, sondern auch bezüglich ihrer Entstehung und Regulierung schrittweise entbettet werden. Diese Büromärkte werden vor allem durch internationale Immobilien- und Finanzmarktakteure gesteuert, von multinationalen Mietern als Standort gewählt und weisen damit eine höhere Abhängigkeit von globalen Wirtschafts- und Kapitalmarktentwick-
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lungen auf (Interview M2; S21). Transnationale Teilmärkte entstehen sowohl als inselartige Fragmente in der Nähe traditioneller innerstädtischer Bürozentren (z.B. Faria Lima in São Paulo) als auch in innenstadtferneren Gebieten und in Stadtrandlagen (Santa Fé in Mexiko City). Hier finden sich im Vergleich zu den traditionellen Bürostandorten hochwertigere Büroimmobilien und -flächen, moderne Kommunikationsinfrastruktur und höhere Sicherheitsstandards. Verstärkt wird die räumliche Konzentration der multinationalen Unternehmen in wenigen Teilmärkten durch den bewussten Wunsch der internationalen Mieter nach räumlicher Nähe zueinander bzw. durch Nachahmungseffekte der Investoren. Prototyp dieser transnationalen Immobilienräume ist Santa Fé, das als ein Stück Global City innerhalb der mexikanischen Metropole fungiert. Kennzeichen sind hochwertige Büroimmobilien mit einer postmodernen Architektur und zahlreiche Niederlassungen transnationaler Finanzdienstleister (u.a. GE, Citigroup, Santander), produzierender Unternehmen (u.a. Kraft, Daimler) und Computerunternehmen (u.a. HP, IBM, Microsoft). Die Abkoppelung vom lokalen Immobilienmarkt trifft nicht nur für Immobilienteilmärkte zu, sondern konnte auch für einzelne Immobilien diagnostiziert werden. Transnationale Immobilien sind zwar an einem bestimmten Standort physisch verankert, deren Flächennachfrage, Leerstandsraten und Mietpreise reagieren aber vor allem auf Entwicklungen der Weltwirtschaft. Beispiel für diese Implantate der Kernökonomien ist der Torre Mayor. Die Investoren und Projektentwickler stammen aus Europa und Nordamerika, der Kapitalgeber war eine kanadische Bank, die Vermarktung übernimmt ein transnationales Beratungshaus und die Büroeinheiten sind vorwiegend an namhafte US-amerikanische Finanzdienstleister, Wirtschaftsprüfer und EDV-Unternehmen vermietet. Als Beispiel für eine transnationale Immobilie in São Paulo kann der Torre Norte angeführt werden, der von Tishman Speyer entwickelt wurde und heute vielen US-amerikanischen und europäischen Unternehmen als Unternehmenssitz dient (Interview S6). Auch wenn solche transnationalen Immobilien vom übrigen Marktgeschehen in vielerlei Hinsicht abgekoppelt erscheinen, so strahlt deren Realisierung dennoch auf die umliegenden Standorte und Immobilien aus, wie ein Gesprächspartner anmerkte: „These world-class developments increase the property values in the immediate vicinity and throughout the submarkets“ (Interview S1).
Es soll allerdings nicht vergessen werden, dass sich trotz zunehmender Internationalisierung in beiden Städten auch stark lokal organisierte Teilmärkte wie z.B. Polanco in Mexiko City oder Jardins in São Paulo identifizieren lassen. Wie bereits weiter oben erwähnt, werden diese von lokal ansässigen Privatinvestoren bzw. Business Groups dominiert, während externe Akteure aus dem Ausland nur schwer Zutritt in diese Marktsegmente
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erhalten. Die räumliche Segmentierung in lokal und global ausgerichtete Teilmärkte ist gleichwohl nicht persistent, sondern dynamisch aufzufassen. Das Gesicht beider Städte und ihrer Submärkte ändert sich laufend, wie ein Gesprächspartner versicherte: „As I came back to São Paulo last month and as I looked at the skyline here in Berrini I was amazed because in 2000 when I left there was nothing more than just a few buildings“ (Interview S15).
In beiden Megastädten ist dabei eine zunehmende Dezentralisierung der Bürostandorte zu erkennen, die allerdings seit Anfang 2000 durch die Revitalisierung einiger innerstädtischer Märkte wie Reforma oder Faria Lima begleitet wird (siehe Abb. 44). Abb. 44: Verlagerungstendenzen der Büroimmobilienmärkte
Wie Abb. 44 verdeutlicht, sprang in den 1960er und 1970er Jahren der Bau- und Spekulationsdruck vom eigentlichen Zentrum Mexiko Citys auf die großen Stadtachsen Reforma und Insurgentes, wo moderne Geschäftsund Bürobauten emporwuchsen. Um die Stadtentwicklung und den Strukturwandel in Mexiko City nach der verlorenen Dekade der 1980er Jahre wieder zu beschleunigen, initiierte die städtische Regierung drei strategische Megaprojekte: die Alameda im historischen Zentrum (Centro), der Reforma-Korridor (vom historischen Zentrum bis an die westliche Peripherie entlang des Paseo de la Reforma) und Santa Fé. Aufgrund der ökonomischen Krise Mitte der 1990er Jahre, der chronischen verkehrlichen Überbelastung und dem voranschreitenden Verfall der zentralen Stadtteile bargen die ersten beiden Großprojekte für Immobilieninvestoren allerdings
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zu große und unvorhersehbare Risiken. Investitionen in Santa Fé waren hingegen erfolgsversprechender. Unter anderem konnte an der Peripherie mit freier Hand gebaut werden. Außerhalb der beengten Verhältnisse im historischen Stadtgebiet haben u.a. renommierte amerikanische Architekten hier ein Dienstleistungszentrum nach internationalem Standard geschaffen, das in erster Linie den großen Firmen und international agierenden Konzernen als Kulisse dient. Der Schwerpunkt der Projektentwicklungen hat sich auch in São Paulo schrittweise aus dem Zentrum nach Süd-Westen hin verlagert (siehe Abb. 44). In den 1960er und 1970er Jahren etablierte sich die Avenida Paulista als das führende Geschäftszentrum, während das traditionelle Zentrum an Bedeutung verlor. Ein beschränktes Flächenangebot, hohe Boden- und Mietpreise führten Ende der 1980er Jahre zu einer Stagnation des Immobilienstandortes Paulista, worauf zahlreiche wissensintensive Unternehmen ihren Standort an neue Bürostandorte im Südwesten verlegten. Die meisten Entwicklungsanstrengungen konzentrierten sich dabei auf die verkehrsgünstigen Lagen an bedeutenden Straßenachsen wie z.B. Avenida Berrini, Avenida Marginal oder Avenida das Nações Unidas. Mit der Abwanderung der Industrie aus der Kernstadt ab den 1980er Jahren wurde vor allem der Teilmarkt Marginal dynamisiert, wo nun plötzlich ehemalige Industrieflächen Raum für neue Büroprojekte boten: „The industry started leaving São Paulo to other states for tax incentives etc. and left behind very good and large properties where you could build good offices. So most of the developments of the last 10 years are located here in the Marginal“ (Interview S7).
Auch in den nächsten 10 bis 15 Jahren werden sich die Neuentwicklungen auf diesen Immobilienteilmarkt fokussieren, wie der Gesprächspartner noch anmerkte. Die kontinuierliche Schwerpunktverschiebung beider Immobilienmärkte an den Stadtrand wird allerdings in jüngster Zeit unterbrochen. Mit der Fertigstellung hochwertiger Bürohochhäuser und der Sanierung älterer Gebäude zeichnet sich beispielsweise in Mexiko City gegenwärtig eine Renaissance des geschichtsträchtigen zentralen Boulevards Paseo de la Reforma ab (Interview M4). Besonders der Torre Mayor verhalf dem Submarkt zu neuer Popularität und setzte einen Aufwertungsprozess rund um den Wolkenkratzer in Gang (Interview M15). Seitdem sind über 400.000 qm neue Büroflächen in diesem Teilmarkt entwickelt worden. In São Paulo wiederum boomten in den letzten Jahren vor allem die innenstadtnahen Teilmärkte Faria Lima und Vila Olímpia. Zu deren Aufwertung trugen neben der Nähe zum Finanzzentrum Paulista städtische Interventionsprogramme (z.B. Nova Faria Lima) zur Verbesserungen der Infrastruktur, der Müllentsorgung und öffentlichen Sicherheit bei. Fast 20% der mo-
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dernen Büroflächen befinden sich heute in diesen Submärkten, Mitte der 1990er Jahre waren es nur sechs Prozent. Beide Fallbeispiele zeigen, dass auch im Stadtzentrum prestigeträchtige Inseln durch bauliche Aufwertungsstrategien und aktives Management wieder revitalisiert bzw. neu geschaffen werden können. Nicht zuletzt ist die Entwicklung auf die Bedeutungszunahme privatwirtschaftlicher Initiativen zurückzuführen, die in beiden Städten das stadtpolitische Vakuum verstärkt ausfüllen. Hierzu tragen auch die neuen Projektentwicklungen, Investitionen und Standortverlagerungen ausländischer Immobilienakteure maßgeblich bei, wie folgender Interviewpartner erklärte: „Momentan zieht es die internationalen Unternehmen eher wieder in die City oder zumindest in Citynähe. Es gibt auch eine Prognose, die besagt, dass die Paseo de la Reforma durch den Bau neuer Gebäude – HSBC hat gerade ihren neuen Hauptsitz dort hingebaut – und die Sanierung ältere Gebäude – Hines hat gerade den Torre Mayor erneuert – wieder zur Prachtstraße wird und dass die internationalen Firmen diese Adresse auf ihren Visitenkarten haben wollen“ (Interview M14).
Ähnlich wie Mitte des 19. Jahrhunderts, als Maximilian von Habsburg mit der Erweiterung des Schlosses Chapultepec und der Erstellung der späteren Paseo de la Reforma diesen Stadtraum grundsätzlich umgestaltete, sind damit auch heute wieder ausländische Immobilienakteure wesentlich in den räumlichen Wandel involviert.
7.4.4
Fazit
Welche Annahmen lassen sich nun aus der Vergleichsstudie über die Auswirkungen der Globalisierung auf Immobilienmärkte der SemiPeripherie formulieren? Es konnte zunächst nachgewiesen werden, dass die Internationalisierung der beiden Büroimmobilienmärkte mit einem intensiven Wissenstransfer zwischen lokalen und globalen Marktteilnehmern einhergeht. Für die einzelnen Akteure ergibt sich die kontinuierliche Herausforderung, lokale und globale Wissensbestände effizient zu kombinieren. Ausländische Immobilienakteure versuchen dabei mit Hilfe lokaler Unternehmen oder über die gezielte Anwerbung lokal gut vernetzter Arbeitskräfte neues Wissen zu akquirieren und sich damit in den lokalen Markt stärker einzubetten. Für bislang lokal agierende Immobilienakteure können wiederum die ein oder mehrere Projekte umfassenden Geschäftsbeziehungen mit internationalen Immobilienakteuren ein Sprungbrett zur räumlichen Ausdehnung ihrer Wirtschaftstätigkeit sein. Erstens profitieren sie vom internationalen Beziehungsnetzwerk und zweitens vom neuen Wissen des Partners, das sie sukzessive auf ihre eigenen Aktivitäten übertragen. Wie die Ausführungen in Kapitel 7.4.1 expliziert haben, werden Lerneffekte auch ohne direkte
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Kooperation durch Imitation und gegenseitiges passives Beäugen ausgelöst. Es bleibt allerdings auch festzuhalten, dass lokale Immobilienakteure, die sich gegen neue Wissensimpulse sperren oder diese mangels Qualifikation nicht aufnehmen können, zusehends Marktanteile verlieren oder gar vom Markt verdrängt werden. Für beide Fallbeispiele konnte auch nachgewiesen werden, dass die relativ rasch wachsende Internationalität der Immobilienwirtschaft durch Anpassungsdruck und Konkurrenz auf den lokalen Märkten konvergenzfördernd wirkt, und zwar auf vier verschiedenen Ebenen (siehe Kapitel 7.4.2): Erstens ist die Verbreitung von Standards und Praktiken ein Resultat des Markteintritts international ausgerichteter Immobilienakteure, die sowohl in Mexiko City als auch in São Paulo beginnen, Standards und Normen durchzusetzen, die in ihren Heimatmärkten bekannt und aus ihrer Sicht Erfolg versprechend sind. Zweitens werden die Spielregeln, nach denen lokale Märkte funktionieren, auf nationaler und lokaler Ebene immer stärker an internationale Regeln angepasst, um sich im internationalen Standortwettbewerb um Investoren vorteilhaft zu positionieren. Drittens verändert die Durchsetzung globaler Standards nicht nur die Arbeitsweise lokaler Akteure, sondern auch die physisch-materielle Gestalt der Stadt. Aus den Kernökonomien werden Architekten, Städtebautypologien und eine Kommerzarchitektur importiert, die auch von lokalen Firmen übernommen wird und die sich durch die breite Akzeptanz auf Seiten der Mieter stetig weiter verbreitet. Viertens werden die lokalen Immobilienzyklen immer stärker von globalen Kapitalströmen und Akteuren geprägt, was tendenziell in beiden Märkten eine Angleichung an Zyklen der Kernökonomien bewirkt. Dass der Globalisierungsprozess der Immobilienwirtschaft nicht gleichmäßig auf die Immobilienmärkte niedergeht, lokale Strukturen auflöst und weltweit homogene Immobilienlandschaften hinterlässt, konnte in Kapitel 7.4.3 am Beispiel von Mexiko City und São Paulo belegt werden. Vielmehr ergeben sich heterogene Strukturen, die sich in neuen Machtkonstellationen und räumlich in differenzierten Teilmärkten niederschlagen. Erstens hat der Markteintritt internationaler Marktteilnehmer die stets dynamischen Machtpositionen auf beiden Untersuchungsmärkten neu ausgerichtet. Auch wenn einige lokale Unternehmen dadurch an Marktanteil und Einfluss verlieren, beweisen die Fallbeispiele, dass sie nicht zwangsläufig zu den Verlierern der Internationalisierung gestempelt werden sollten. Dass sich Macht auch bei lokalen Akteuren ausbilden kann, zeigte die Betrachtung von global-lokalen Partnerschaften, in denen die persönlichen Machtressourcen der lokalen Akteure als unentbehrlich für den erfolgreichen Markteintritt globaler Akteure eingestuft werden. Zweitens wirken die Internationalisierungsprozesse in den Beispielmärkten nicht flächendeckend, vielmehr ließ der Markteintritt internationaler Akteure eine neue räumliche Heterogenität entstehen. Im Zuge der Internationalisierung sind
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beide Immobilienmärkte damit zu komplexen Räumen geworden, in denen weiterhin lokal geprägte Submärkte vielfach von neuen transnationalen Märkten überlagert werden. Ebenso haben sich Varianten herausgebildet, bei denen die internationalen Einflüsse so mit der Lokalität interagieren, dass etwas völlig Neues, möglicherweise Einzigartiges entsteht.
8 Globalisierung des Immobilie nsektors – Ein multiska larer Erklä rungsa ns atz
Erkenntniswert des Skalenkonzepts für die Wirtschaftsgeographie Nach all den theoretischen Reflexionen und empirischen Befunden steht am Ende der Arbeit die zentrale Erkenntnis, dass sich die Entwicklungen von Immobilienmärkten nicht allein lokal vor Ort erschließen und deuten lassen. Vielmehr überlappen sich globale, nationale, regionale und lokale Akteure, Praktiken, Standards, Wissenskomponenten etc. in einer außerordentlich komplexen Art und Weise und konstituieren damit eine Vielzahl heterogener Immobilienmärkte. Nur eine Berücksichtigung und Reflexion der verschiedenen Skalen und deren Interdependenzen können dazu beitragen, die Globalisierung der Immobilienwirtschaft und deren lokalen Ausprägungen richtig zu deuten. Die konzeptionellen Überlegungen und empirischen Ergebnisse der vorliegenden Studie leisten hierbei einen wichtigen Beitrag für die weitere Skalendebatte in der Wirtschaftsgeographie. Einmal kann das Skalenkonzept als Forschungsheuristik gedeutet werden. Es gibt ein geeignetes Raster vor, um die empirische Realität, im Fall der vorliegenden Studie die Globalisierung der Immobilienwirtschaft, fundiert zu analysieren. Die Globalisierung umfasst diesem Verständnis zufolge ein multiskalares Set an Prozessen und Entwicklungen, die einer Vielzahl verschiedener räumlicher Ebenen entstammen und nicht zwangsläufig nur der globalen Ebene zuzuordnen sind. In bisherigen wirtschaftsgeographischen Globalisierungsstudien gelang diese Durchdringung und Ineinanderverschränkung unterschiedlicher räumlicher Ebenen nur in wenigen Ausnahmen (u.a. Phelps/Wood 2006). In der Regel dominiert entweder die lokale oder globale Ebene, während die jeweils anderen ausgeblendet werden. Ergo wurden in dieser Arbeit sechs wesentliche Antriebskräfte der Globalisierung
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für den Immobiliensektor konzeptionalisiert, die jeweils auf multiplen Maßstabsebenen wirken und damit den Handlungsrahmen für die Immobilienakteure bilden. Zugleich hat die vorliegende Studie auch deutlich gemacht, dass der relationale Skalenansatz mehr bietet als bloß einen heuristischen Rahmen bzw. ein nützliches Analysewerkzeug für wirtschaftsgeographische Arbeiten. Mit der multiskalaren Perspektive ist eine konsequent relationale Konzeptionalisierung von Ort und Raum verbunden, die sich in den 1990er Jahren in der Geographie verbreitet hat (Allen et al. 1998; Massey 1999; Thrift 1996). Der absolutistische Raumbegriff des Containerraumes, der den Raum als apriorische Naturgegebenheit und als fixierten Behälter, Rahmen oder Bühne des sozialen Geschehens erfasst, wird abgelöst vom sozial konstituierten Raumverständnis. Die in dieser Studie eingesetzte multiskalare Perspektive transportiert eine zeitgemäße relationale Logik über die soziale Produktion des Raumes, dem viele der heutigen ökonomischen Realitäten zu gehorchen scheinen. Im Gegensatz zu engen territorialen Sichtweisen agiert die relationale Denkweise mit verräumlichten jedoch nicht-territorialen Begriffen (Mahon/Keil 2008) und kann so die alltägliche Wirklichkeit von Wirtschaftsakteuren in einer globalisierten Welt besser abbilden. Räumliche Konfigurationen werden dementsprechend in dieser Studie nicht mehr als territorial und verankert interpretiert, sondern vielmehr als Kaleidoskop vielfältiger, nicht räumlich fixierter Netzwerke und relationaler Verbindungen. Diese Denkweise verlangt nach einem dynamischen und diskontinuierlichen Begriff, weil Räume und Skalen einer ständigen Reorganisation unterworfen sind. Immobilienmärkte sind also keine gegebenen und eindeutig fixierten Einheiten, sondern werden fortlaufend durch Akteure verschiedener räumlicher Ebenen gemeinsam gesteuert, produziert und konstituiert. Immobilienstandorte können aus dieser Sichtweise verstanden werden als hybride Vielfalt sich kontinuierlich überlappender lokaler und translokaler Verbindungen. Entscheidungen von Immobilienakteuren werden gleichzeitig auf lokalen, regionalen, nationalen und globalen Ebenen getroffen und wirken dabei fortwährend aufeinander und auf lokale Immobilienmärkte ein. Immobilienmärkte können demzufolge gleichzeitig global, lokal, regional und national sein, ohne vollständig einer einzelnen Ebene verhaftet zu sein. Der Immobilienstandort ist nicht einfach eine abgrenzbare Maßstabsebene in einer maßstäblichen Hierarchie, sondern damit selbst multiskalar ausgeprägt. In der Konsequenz hängen die Prozesse in der Immobilienwirtschaft von einem Komplex unterschiedlicher und teilweise widersprüchlicher Beweggründe ab, die jeweils den Eigenlogiken der entsprechenden Entscheidungsebenen folgen, in die beispielsweise globale institutionelle Investoren und Berater, nationale Banken und Pensionskassen sowie lokale Stadtverwaltungen und Immobilienakteure etc. eingebunden sind.
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Es bleibt festzuhalten, dass das Skalenkonzept wesentlich zum Verständnis gegenwärtiger räumlich-maßstäblicher Redimensionierungen beitragen kann. Galt im fordistischen Regulationsregime noch der Nationalstaat als die alles dominierende geographische Ebene, besteht in der heutigen Zeit eine neue Unübersichtlichkeit. Gerade die Kompetenz, mit komplexen Mehrebenensystemen konzeptionell umgehen zu können, Relationen und Interdependenzen zwischen verschiedenen Raumebenen herzustellen und deren Entsprechung in der physisch-materiellen Welt zu erklären, kann zur Profilierung des Faches Wirtschaftsgeographie beitragen. Dabei sind auch Befunde über Macht- und Interessenskonstellationen von Wirtschaftsakteuren auf und zwischen den verschiedenen Skalen von großem Interesse und können wirtschaftsgeographische Diskussion wie z.B. über ungleiche räumliche Entwicklungen bzw. internationale Wirtschaftsnetzwerke ergänzen und befruchten.
Erschwerter Skalenwechsel durch Intransparenzen Die Untersuchung der zwei lateinamerikanischen Büromärkte Mexiko City und São Paulo zeigt, dass die Globalisierung im Immobiliensektor keine Schimäre ist. Die Ergebnisse belegen, dass v.a. die Suche nach höheren Renditen und Potenzialen zur Risikominimierung die Immobilienakteure in neue Destinationen führt. Die Immobilienökonomie ist damit heute zweifelsfrei von Globalisierungstendenzen erfasst. Die Überquerung von geographischen Maßstabsebenen verläuft dabei nicht nur einseitig vom Lokalen, über das Nationale zum Globalen, sondern auch in umgekehrter Richtung. So machen die empirischen Befunde deutlich, dass die globalen Immobilienakteure sich in lokale Strukturen einbetten müssen, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Dies gelingt nicht allen gleich gut. Während die weltweite Aufstellung und Dominanz transnationaler Immobilienberatungshäuser suggeriert, dass es möglich ist, zeitgleich auf mehreren geographischen Ebenen zu agieren, deuten die Ergebnisse bei direkten Immobilieninvestitionen oder Projektentwicklungen auf die ununterbrochene Bedeutung lokaler Unternehmen hin. In den beiden Untersuchungsmärkten sind Investoren, v.a. diejenigen, die Projektentwicklungen durchführen, stark lokal verwurzelt. Auch der relativ geringe Anteil multinationaler Investoren und Entwickler, die sich in den beiden Büromärkten bislang erfolgreich etablieren konnten, spricht gegen einen reibungslosen Skalenwechsel. Die Ausrichtung konzeptioneller Überlegungen allein auf die Globalisierungsprozesse für die Immobilienwirtschaft ist also zu eng gefasst. Anhand von vier Kategorien wurden daher Ursachen und Wirkungen der vielfältigen Intransparenzen auf Immobilienmärkten und deren Problematiken für ausländische Immobilieninvestoren typisiert, erfasst und analysiert. In beiden Studienmärkten Mexiko City und São Paulo konzentrieren sich die
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Problembereiche beim Skalenübertritt auf die Schnittstelle zwischen globaler und lokaler Ebene. Gerade der mühsame Zugang zu verlässlichen Marktinformationen (informationelle Intransparenz), undurchsichtige lokale Spielregeln (institutionelle Intransparenz), die schwierige Auswahl geeigneter Kooperationspartner vor Ort (relationale Intransparenzen) und Korruption bzw. standortspezifische informelle Netzwerke (informelle Intransparenzen) verursachen für den globalen Akteur höhere Transaktionskosten und wirken damit einem reibungslosen Ablauf internationaler Investments entgegen. Welche Folgen haben die Intransparenzen nun aber für die Immobilienpraxis? Was können global agierende Immobilieninvestoren aus den Erkenntnissen lernen und ableiten? Für institutionelle Immobilieninvestoren stellt sich die grundsätzliche Frage, ob man auch über geographische Distanz sicher und erfolgreich in Immobilien investieren kann. Das Investment-Mantra der modernen Portfoliotheorie lässt viele Investoren daran glauben, dass alleine mit zusätzlichen Investitionen im Ausland das Risiko des Gesamtportfolios automatisch diversifiziert bzw. reduziert werden kann (siehe hierzu auch Wójcik 2009). Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen allerdings, dass lokale Immobilienakteure über bessere Marktinformationen bzgl. zukünftiger Transaktionen und Projekte, viel versprechender Standorte, marktspezifischer Praktiken und Standards etc. verfügen und damit im Vergleich zum ausländischen Investor erfolgreichere Investitionen durchführen können. Eine Lehre der Studie lautet demnach: Für ein gutes Risikomanagement ist es nicht ausreichend, um mit den Worten von Markowitz zu sprechen, die Eier in verschiedene Körbe zu legen, sondern die Körbe müssen auch vorab überprüft und laufend beobachtet werden. In anderen Worten: Um die Renditen und Risiken eines Immobilieninvestments richtig einschätzen und managen zu können, müssen sich die Investoren aus dem Ausland ex ante mit den wichtigsten Kennziffern, den lokalspezifischen Besonderheiten und Spielregeln des jeweiligen Immobilienmarktes vertraut machen. Gerade in intransparenten Immobilienmärkten der Semi-Peripherie bleibt dazu die lokale Nähe in Form eigener Mitarbeiter oder Niederlassungen in vielen Fällen ohne Alternative. So belegen die empirischen Ergebnisse etwa, dass die Präsenz vor Ort eine gute Basis für den Vertrauensaufbau zwischen den Interaktionspartnern schafft, den Zugang zu lokal verankerten Netzwerken, Wissen, Gerüchten sowie Eindrücken erleichtert und damit eine höhere Entscheidungssicherheit bietet. Im Idealfall sollten die Investoren nicht nur über eigene Mitarbeiter oder Niederlassungen vor Ort verfügen, sondern auch möglichst dezentrale bzw. heterarchische Organisationsstrukturen und Kontrollsysteme etablieren. Lokale Einheiten, denen ein erweiterter Entscheidungsspielraum in operativen oder strategischen Fragen eingeräumt wird, können beispielsweise zeitnaher und adäquater auf die lokalen Besonderheiten der jeweili-
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gen Immobilienmärkte reagieren, persönliche Netzwerkbeziehungen aufbauen und sich wirkungsvoller in lokale Marktstrukturen einbetten. Lokalspezifische Aspekte würden damit bei Investitionsentscheidungen eine stärkere Berücksichtigung finden und die Risiken von Fehleinschätzungen und Fehlinvestitionen reduzieren. Eine wesentliche Erkenntnis der vorliegenden Studie besteht also darin, dass Immobilienakteure gerade bei Investments in intransparenten Märkten von der Annahme ubiquitär verfügbaren Informationen, die unabhängig von Personen und entbettet von besonderen Lokalitäten existieren, Abstand nehmen müssen. Wie gezeigt werden konnte, ist die ökonomische Praxis von Immobilienmärkten mit lokal verankertem Wissen, formellen und informellen Institutionen durchzogen und nur durch langfristige lokale Präsenz erfassbar. Auch auf die Investitionen im Immobiliensektor trifft damit der weit verbreitete Merksatz der Geographie zu: Geography matters! Die Bedeutung geographischer Nähe wird allerdings immer noch zu häufig von Investoren ignoriert. Das mag auch darin liegen, dass die aktive Einbettung in lokale Immobilienmärkte mit hohen Kosten und einem hohen Zeitaufwand verbunden ist und dass diese Investitionen in Personal, Beziehungen und Infrastruktur aus Sicht der Immobilieninvestoren zu Starrheiten bzw. Inflexibilitäten im Investitionsverhalten führen können. Um das Dilemma zwischen der zeit- bzw. kostenintensiven lokalen Einbettung und einer aktiven globalen Diversifikationsstrategie aufzulösen, bieten sich, wie vor allem das Fallbeispiel São Paulo zeigt, indirekte Investments über Aktien oder Fondsanteile lokaler oder lokal eingebundener internationaler Investoren an. Bei vergleichsweise niedrigen Transaktionskosten und geringer eigener Expertise kann ein Immobilieninvestor dabei an der Wertentwicklung eines diversifizierten und professionell verwalteten Immobilienportfolios profitieren. Der Investor muss allerdings immer darauf achten, dass die eigenen Wettbewerbsvorteile und mögliche Diversifikationseffekte nicht durch die Nachteile der Marktdistanz bzw. der Liabilities of foreignness überkompensiert werden. Hierzu bieten die in dieser Arbeit herausgearbeiteten Kategorien grenzüberschreitender Intransparenzen ein umfassendes und systematisches Analysewerkzeug. Durch Einbeziehung der vier Intransparenzen (informationell, institutionell, relational, informell) lassen sich die Zusatzkosten bei Immobilieninvestitionen im Ausland besser identifizieren, einschätzen und durch geeignete Gegenstrategien teilweise sogar vermeiden.
Immobilieninvestitionen trotz geographischer Distanz und Intransparenzen Ungeachtet der lokalen Verankerung der Immobilienmärkte nehmen die grenzüberschreitenden direkten Investitionen in der gewerblichen Immobi-
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lienwirtschaft stetig zu. Wie aber können Investoren ohne lokale Präsenz und über geographische Distanz erfolgreich in Immobilien investieren bzw. die richtigen Entscheidungen treffen? Zunächst konnte mit Hilfe der qualitativen Erhebung verdeutlicht werden, dass die zunehmende Internationalisierung der Immobilienwirtschaft und deren Verzahnung mit den Kapitalmärkten die Investoren dazu drängen, neue und vor allem nachvollziehbare Wege der Entscheidungsfindung zu suchen und zu präsentieren. Insbesondere institutionelle Immobilieninvestoren tragen diesen neuen Entwicklungen Rechnung, indem sie bei der Auswahl geeigneter Investitionsstandorte verstärkt auf rationale Verfahren zurückgreifen. Im Kern dieser Entscheidungsprozesse stehen interne Kompetenzen und Strategien des Investors sowie allgemeine Marktbedingungen. Die Analyse der Interviews zeigt, dass die Auswahl geeigneter Investitionsstandorte in einem mehrstufigen rationalen Filterverfahren vollzogen wird, das nach Darstellung der befragten Investoren überwiegend auf der Makroebene startet und beim konkreten Immobilienstandort endet. Zwar glauben immer mehr Beteiligte der Immobilienwirtschaft an die Leistungsfähigkeit und an die Vorteile einer auf Kennzahlen basierten analytischen Entscheidungsfindung; allerdings wird diese Praxis noch sehr stark von den Intransparenzen eingeschränkt. Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist demzufolge, dass sich das räumliche Investitionsmuster im globalen Immobiliensektor nicht nur mit den rationalen Entscheidungsprozessen der Immobilieninvestoren abbilden lässt. Vielmehr ist ein vertieftes Verständnis des Kontextes notwendig. Gerade unter intransparenten Bedingungen können systematische und rationale Entscheidungsprozeduren nur einen kleinen und verzerrten Ausschnitt der Wirklichkeit erzeugen. Zur Unterstützung ihrer Marktauswahl orientieren sich die Entscheidungsträger erstens an gängigen Leitvorstellungen innerhalb der Immobilienwirtschaft und verhalten sich dazu konform (Konformität). Zweitens geht aus den Interviews deutlich hervor, dass Investitionsentscheidungen durch das bestehende Standortmuster des Konzerns, durch Geschäfts- und Kundenbeziehungen oder durch Pionierunternehmen geprägt sein können (Komplementarität). Drittens wirkt der Home-Bias auf die Entscheidungsfindung, indem Investoren Länder in geographischer Nähe und mit ähnlichen Institutionen präferieren. Die vierte Kategorie Pfadabhängigkeit eröffnet schließlich eine Perspektive, die den Einfluss historischer Prozesse auf aktuelle Entscheidungen beleuchtet. Vorausgegangene Entscheidungen bedingen demnach spezifische Handlungskontexte in der Gegenwart und damit die Marktauswahl des Investors. Mit Hilfe dieser vier typischen relationalen Kontexte versuchen die Investoren, distanzabhängige Intransparenzen und Unsicherheiten in der Entscheidungsfindung abzubauen. Um die jüngsten Veränderungen in der Immobilienwirtschaft umfassend zu interpretieren, wurden in der vorliegenden Studie neben den ratio-
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nalen Entscheidungsprozessen demgemäß auch die relationalen Kontexte der Entscheidungsfindung mitberücksichtigt, wobei allerdings rationale und relationale Entscheidungswege sich nicht gegenseitig ausschließen müssen, sondern häufig nacheinander oder parallel gelagert sind. Die spezifischen Architekturen der Entscheidungsfindung sind nicht zuletzt ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis räumlich differenzierter immobilienwirtschaftlicher Entwicklung. So bestimmen relationale Entscheidungswege entscheidend die internationale Landkarte der Investitionsflüsse in der Immobilienwirtschaft (siehe Abb. 45). Die Neigung der Investoren, sich konform zum Global buzz zu verhalten (Konformität), verstärkt etwa die Konzentration der Investitionen auf Zentren der globalen Ökonomie, indem Investoren auf transnationale Berater hören, Investitionsstrategien der Konkurrenten nachahmen oder moderne, spektakuläre Hochhäuser präferieren. So floss 2007 ein Fünftel der weltweiten grenzüberschreitenden Investitionen in lediglich vier Städte: London, Paris, New York und Singapur (Rca 2008). Während vor allem Wirtschaftsmetropolen der Kernökonomien und Teilmärkte in aufstrebenden Ländern der Semi-Peripherie in der globalen Immobilienwelt engmaschig vernetzt sind, bleiben einige Regionen und Teilmärkte nahezu abgekoppelt und werden als Nicht-Destinationen wahrgenommen. Abb. 45: Relationale Entscheidungswege und räumliche Investitionsmuster
Quelle: Eigene Darstellung Die räumlichen Implikationen von Komplementaritäten zeigen sich ambivalent. Während die Beeinflussung der Investitionsentscheidungen durch das bestehende Standortmuster des Konzerns die weltweit ungleiche Verteilung der Investitionsströme weiter verstärkt, lenken Pioniere mit ihren
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risikoreichen Investments die Kapitalströme in neue bislang unbekannte Destinationen um. Die Möglichkeit von Anschlussinvestitionen und eine in Gang gesetzte Professionalisierung dieser Märkte können Investoren dazu veranlassen, ihre eingetretenen Pfade zu verlassen. Nach dem Home-Bias-Effekt bevorzugen die Investoren ihre Heimatmärkte bzw. institutionell nahe Märkte. Die überwiegende Mehrheit der institutionellen Anleger stammt aus den Kernökonomien, womit auch die Investmentströme auf diese Länder gerichtet sind. Es zeigt sich aber, dass die globale Verbreitung institutioneller Standards im Immobiliensektor die Spielregeln der einzelnen Märkte angleicht und damit das Investmentspektrum erweitern kann. Die internationale Harmonisierung lässt institutionelle Unsicherheiten und damit den Home-Bias-Effekt schrumpfen. Wobei allerdings anzumerken sei, dass nur diejenigen Immobilienmärkte zukünftig in den Fokus globaler Investoren geraten werden, die ihr Regulierungsregime dem Diktat angelsächsischer Regeln, Praktiken und Standards anpassen werden. So erfolgen in immer mehr Ländern unter dem Druck globaler Investoren die Verbreitung uniformer globaler Standards und deren Integration in das jeweilige nationale Recht. Die Vorteile der Kosteneinsparungen bei mehrfachen Investitionen an einem Standort (siehe Pfadabhängigkeit) leiten schließlich die Investitionsströme auf bereits erschlossene Immobilienmärkte bzw. auf Märkte mit hohem Bestand und hoher Liquidität, die sich allesamt in global bedeutenden Wirtschaftszentren befinden. Die Integration der Immobilienmärkte bleibt aus dieser Perspektive auf Metropolen begrenzt. Die Ergebnisse der Studie leisten damit einen Beitrag zu einem vertieften Verständnis darüber, wie sich Entscheidungsprozesse von Immobilienakteuren in räumlicher Perspektive manifestieren. Gerade für die Wirtschaftsgeographie besteht eine Herausforderung darin, ökonomisch relevante Entscheidungsprozesse und -kontexte in ihrer Interdependenz und in ihrer Vernetzung auf unterschiedlichen räumlichen Maßstabsebenen stärker in den Analysefokus zu rücken.
Placemaking – Globale Akteure als Mitgestalter lokaler Immobilienmärkte Die Immobilienstandorte wurden in der vorliegenden Studie nicht als physikalische Entität konstruiert, die das wirtschaftliche Handeln bedingt, sondern als Ergebnis des Zusammenspiels ökonomischer Prozesse auf unterschiedlichen geographischen Maßstabsebenen. Im Kern ging es darum herauszufinden‚ wie Immobilienmärkte durch Handlungslogiken, Entscheidungen, Strategien, Machtpositionen und Beziehungen der Immobilienakteure produziert und gestaltet werden. Die Studie hat mit den Fallbeispielen Mexiko City und São Paulo den Internationalisierungsverlauf vormals lokaler Immobilienmärkte herausge-
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arbeitet. Dabei konnte der generelle Eindruck widerlegt werden, dass die großen globalen Immobilienakteure immer die kleinen lokalen Unternehmen vom Markt verdrängen oder übernehmen, lokale Akteure keine Chance gegen das globale Kapital haben und Homogenität in Form gleicher Akteure und Standards sich deshalb auf den Immobilienmärkten der Metropolen ausbreitet. Es greift also zu kurz, wenn man auf einem Kartierbogen notiert: Immobilie X; Projektentwickler: Hines; Herkunftsland: USA und daraus ableitet, der Büroimmobilienmarkt sei nun etwas amerikanischer geworden und es hätte sich mehr Konvergenz in der weltweiten Immobilienwirtschaft eingestellt. Um die Vielschichtigkeit der Immobilienmärkte zu erfassen, führte die vorliegende Studie eine detaillierte Analyse der neuen Akteurs- und Machtkonstellationen, der Strategien und Interessen globaler und lokaler Immobilienakteure und des Aufeinandertreffens lokaler und globaler Wissenskomponenten, Standards und Praktiken durch. Dabei wurden auch stets die spezifischen institutionellen Spielregeln auf nationaler und lokaler Ebene in die Betrachtung miteinbezogen, die in Gestalt von Wirtschaftspolitik, Gesetzen, Regulierungen, Restriktionen etc. eine spezifische räumliche Konfiguration zur Internationalisierung vorgeben. Eine Erkenntnis der empirischen Studie ist, dass die Internationalisierung der beiden Büroimmobilienmärkte mit einem intensiven Wissenstransfer zwischen lokalen und globalen Marktteilnehmern einhergeht. Im Gegensatz zu indirekten Immobilieninvestitionen beinhalten Direktinvestitionen weit mehr als den bloßen Kapitaltransfer. Über Kooperationen mit lokal ansässigen Unternehmen oder über die gezielte Anwerbung lokal gut vernetzter Arbeitskräfte versuchen auf der einen Seite ausländische Immobilienakteure neues, räumlich verankertes Wissen zu akquirieren und sich damit in den lokalen Markt stärker einzubetten. Auf der anderen Seite beherrschen und transportieren erfahrene Immobilienakteure aus den Kernökonomien immobilien- und finanzwirtschaftliches Wissen sowie weltweit gängige Management-, Finanzierungs- und Qualitätsstandards und geben damit neuartige und effiziente Lösungswege für lokale Partnerunternehmen vor. Für bislang lokal agierende Immobilienakteure können die Geschäftsbeziehungen mit internationalen Immobilienakteuren ein Sprungbrett zur räumlichen Ausdehnung ihrer Wirtschaftstätigkeit sein. Erstens profitieren sie vom internationalen Beziehungsnetzwerk und zweitens vom neuen Wissen des Partners, das sie sukzessive auf ihre eigenen Aktivitäten übertragen. Neben interaktionsbezogenen Lernformen in lokal-globalen Kooperationen belegen die Fallbeispiele, dass vor allem bei Akquisitionen globale Immobilienakteure ihre neuen lokalen Mitarbeiter aktiv schulen und fortbilden, um deren Methoden und Praktiken an die internationalen Standards des Konzerns heranzuführen. Von diesem Wissenstransfer profitieren auf längere Sicht nicht nur die Tochterunternehmen transnationaler Unternehmen. So diffundiert das Wissen auch in deren räumliches Um-
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feld, indem geschulte Mitarbeiter den Arbeitsplatz wechseln oder mit lokalen Unternehmen zusammenarbeiten. Wie die Ausführungen expliziert haben, werden Lerneffekte auch ohne direkte Kooperation durch Imitation und gegenseitiges passives Beäugen ausgelöst. Ob nun passiv oder aktiv, im Zeitverlauf kann der gesamte Immobilienmarkt durch den lokalglobalen Wissensaustausch bzw. Wissensspillover an Professionalität gewinnen. Diejenigen lokalen Immobilienakteure, die sich gegen neue Wissensimpulse sperren oder diese mangels Qualifikation nicht aufnehmen können, verlieren allerdings zusehends Marktanteile oder werden gar vom Markt verdrängt. Für beide Untersuchungsmärkte konnte nachgewiesen werden, dass der Markteintritt internationaler Immobilienakteure bei den lokalen Marktteilnehmern Anpassungsdruck und Konkurrenz erzeugt und damit konvergenzfördernd wirken kann. Die Verbreitung von Standards und Praktiken ist erstens ein Resultat des Markteintritts international aufgestellter Immobilienakteure, die sowohl in Mexiko City als auch in São Paulo beginnen, Standards und Normen durchzusetzen, die in ihren Heimatmärkten bekannt und aus ihrer Sicht Erfolg versprechend sind. Während einige lokale Marktteilnehmer mit Hilfe globaler Geschäftspartner aktiv versuchen, ihre Standards zu erhöhen, müssen in anderen Fällen lokale Partner ihre laufenden Geschäftstätigkeiten an den Verhaltensregeln, Praktiken und Verfahrensweisen des globalen Partners ausrichten, um die Kooperation nicht zu gefährden. Zweitens setzt sich im internationalen Konkurrenzkampf immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Spielregeln der Immobilienmärkte stärker professionalisiert und standardisiert werden müssen. Um internationales Kapital in die Immobilienmärkte in Mexiko City und São Paulo zu leiten, versucht die öffentliche Hand im Verbund mit privaten Immobilienakteuren daher, die Regeln, Praktiken und Standards, nach denen die lokalen Märkte funktionieren, an internationale Vorgaben anzugleichen. Ein anderer Antrieb für die Ausbreitung internationaler Standards und Praktiken ist im neuen Wettbewerb vor Ort zu sehen. In den meisten Fällen sind die transnationalen Immobilienakteure in puncto globalen Finanz- und Immobilienmarktwissens überlegen und setzen neue Standards. Lokale Unternehmen sehen sich verstärkt dem Konkurrenzdruck ausgesetzt und sind gezwungen, ihrerseits durch Nachahmung der international gängigen Geschäftsprozesse ähnliche Standards und Qualitätsmerkmale zu liefern. Diese Konvergenzprozesse manifestieren sich sowohl in der physisch-materiellen Gestalt beider Immobilienstandorte als auch in der globalen Anpassung ihrer Immobilienzyklen. Aus den Kernökonomien werden Architekten, Städtebautypologien und eine Kommerzarchitektur importiert, die auch von lokalen Firmen übernommen werden und die sich durch die breite Akzeptanz auf Seiten der Mieter stetig weiter verbreiten. Mit der zunehmenden Einbindung in das globale Immobiliengeschäft werden schließlich die lokalen Immobilienzyklen, d.h. die Immo-
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biliennachfrage, die Mietpreisentwicklung etc., immer stärker von globalen Kapitalströmen und Akteuren geprägt, was tendenziell in beiden Märkten eine Angleichung an Zyklen der Kernökonomien bewirkt. Ein wichtiger Befund der vorliegenden Arbeit besteht allerdings darin, dass der Konvergenzprozess nicht gleichmäßig auf die Immobilienmärkte niedergeht. Es werden also nicht alle lokale Strukturen auflöst und durch weltweit homogene Immobilienlandschaften ersetzt. Zutreffend ist vielmehr das Bild eines bunten Flickenteppichs mit heterogenen Strukturen, die sich in neuen Machtkonstellationen und räumlich in differenzierten Teilmärkten niederschlagen. So hat der Markteintritt internationaler Immobilienakteure die Kräfteverhältnisse bzw. Machtpositionen auf beiden Untersuchungsmärkten neu austariert. Auch wenn einige lokale Unternehmen durch das Auftreten mächtiger ausländischer Unternehmen an Marktanteil und Einfluss verlieren, beweisen die Beispiele aus den untersuchten Märkten, dass sie nicht automatisch zu den Verlierern der Internationalisierung gestempelt werden sollten. Gerade in global-lokalen Partnerschaften kristallisieren sich die persönlichen Machtressourcen der lokalen Akteure in Form von Wissen und Netzwerken als unentbehrlich für den erfolgreichen Markteintritt globaler Akteure heraus. Zudem wirken die Internationalisierungsprozesse in den Beispielmärkten nicht flächendeckend, vielmehr ließ der Markteintritt internationaler Akteure eine neue räumliche Heterogenität entstehen. Die Internationalisierung der beiden Immobilienmärkte hat damit eine neue Komplexität geschaffen, in der weiterhin lokal geprägte Submärkte vielfach von neuen transnationalen Märkten überlagert werden. Ebenso haben sich Varianten herausgebildet, bei denen die internationalen Einflüsse so mit der Lokalität interagieren, dass etwas völlig Neues entsteht. Auch im kleinräumigen Maßstab einer Stadt ist damit keine generelle, räumlich übergreifende Integration der Immobilienmärkte zu beobachten. Die globale Einbindung der Immobilienmärkte bleibt auf einige Submärkte begrenzt und formt damit ein neues System von urbanen Immobilienstandorten. Wie die Ergebnisse aus Mexiko City und São Paulo demonstrieren, nehmen private internationale Immobilienakteure einen immer größeren Einfluss auf die Ausgestaltung der Stadtentwicklung. Gerade die im marktwirtschaftlichen Engagement geübten Investoren nutzen neue Spielräume, um ihre Interessen bzgl. Baulandausweisung, Bauhöhe etc. durchzusetzen. Der Übergang von einer politisch motivierten nicht-monetären zu einer privaten, auf Gewinn und Rendite ausgelegten privaten Steuerung der Stadtentwicklung verspricht zunächst einmal Chancen für die urbanen Räume: Internationale Investoren sollen angelockt werden, die mit ihren modernen Projektentwicklungen oder mit der Sanierung und Renovierung ältere Bürogebäude die baulichen Voraussetzungen für die Ansiedlung neuer Wirtschaftsbranchen schaffen sollen. Nicht zu vergessen sind positive Beschäftigungseffekte, die vor allem die lokale Bauwirtschaft dynami-
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sieren. Die Kehrseite der globalen Eingliederung und Vernetzung betrifft die stärkere Abhängigkeit vom mobilen, stets abziehbaren Kapital. Wenn die Renditen in anderen Anlagebereichen bzw. an anderen Standorten aussichtsreicher sind, dann kann abrupt ein Abzug der Finanzmittel erfolgen, was lokal mit dem Ausbleiben von Investitionen oder gar Desinvestition einhergehen kann. Institutionelle Investoren folgen dabei immer häufiger dem Takt der globalen Finanzwirtschaft und nicht den lokalen Nachfragebedingungen. Durch zunehmende Aktivitäten überregionaler, finanzmarktbasierter Investoren und Projektentwickler droht eine stärkere Abhängigkeit von mobilen Investitionen in der Stadtentwicklung. Die Intensivierung von wechselseitigen Abhängigkeiten über nationale Grenzen lässt sich in diesem Fall sehr deutlich am Beispiel globaler Konjunkturverläufe nachvollziehen, die sich unmittelbar auf lokalen Immobilienmärkten in Form höherer oder geringerer Büronachfrage niederschlagen. Die Flächennachfrage koppelt sich in den stark mit der globalen Ökonomie verflochtenen Teilmärkten von der regionalen bzw. lokalen konjunkturellen Entwicklung ab. Ein wesentlicher Befund dieser Studie ist demzufolge, dass lokale Immobilienmarktentwicklungen immer mindestens von zwei Bedingungen abhängig sind: zum einen von der lokalen Wirtschaftsdynamik und zum anderen von überregionalen Finanzmarkt- und Konjunkturentwicklungen.
Ausblick: Immobilieninvestitionen in Zeiten der weltweiten Finanzkrise Die Finanz- und Konjunkturkrise hat mittlerweile auch die gewerblichen Immobilieninvestmentmärkte mit voller Wucht erfasst. Die aktuellsten Zahlen gehen für 2008 von einem Rückgang des globalen Transaktionsvolumens bei gewerblichen Immobilien um 59% (!) gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus (Cushman & Wakefield 2009). Die Folgen auf das räumliche Muster der globalen Immobilieninvestitionsströme erscheinen allerdings noch unklar. Das abschließende Teilkapitel diskutiert mögliche Auswirkungen auf die Büromärkte in Mexiko City und São Paulo. Abgerundet wird die Studie mit einem Blick in die Zukunft, der denkbare Reaktionen globaler Immobilieninvestoren auf die globale Finanzkrise formuliert. Die Kapitalströme im Jahr 2008 sprechen zunächst dafür, dass sich Investoren besonders aus den Ländern fern halten, die von der globalen Wirtschaftskrise am meisten in Mitleidenschaft gezogen werden. Den stärksten Rückgang der Investments im Jahr 2008 verzeichnete dementsprechend mit über 70% der nordamerikanische Immobilienmarkt. In Europa sank das Investmentvolumen um 52% und in Asien um 45%. Als widerstandsfähigster Markt hat sich hingegen Lateinamerika entpuppt, wo sich das Investitionsvolumina vergleichsweise gering um nur neun Prozent
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verringerte (Cushman & Wakefield 2009). Das mag daran liegen, dass besonders die größeren Volkswirtschaften wie Brasilien und Mexiko nicht direkt von der US-Hypothekenkrise betroffen sind, da die einheimischen Banken aus Fehlinvestitionen in der Vergangenheit, d.h. aus ihren Schuldenkrisen, gelernt haben und umsichtiger agierten, d.h. nur wenige notleidende Kredite in ihren Portfolien halten. Seit Ende 2008 greift nun die Krise aber auch auf Lateinamerika über. So schnellten die Risikoaufschläge für lateinamerikanische Staatsobligationen in die Höhe, die Aktienbörsen brachen ein, die lokalen Währungen erfuhren eine deutliche Abwertung und die Rezession in den USA schlug sich auch auf die Realwirtschaft in Mexiko und Brasilien durch. Aufgrund der starken wirtschaftlichen Abhängigkeit zu den USA ist Mexiko dabei am stärksten von der Krise betroffen. So wird für Mexiko ein Wirtschaftswachstum von nur 0,5% für 2009 prognostiziert. Aber auch für Brasilien wird ein Rückgang von 5,9 in 2008 auf 2,1% in 2009 erwartet (Thomson 2009). Während die Immobilienmärkte der Kernökonomien im Sog der weltweiten Finanzmarkt- und Konjunkturkrise bereits 2008 einen starken Rückgang der Investmentvolumina verzeichneten, haben sich die Büromärkte in Mexiko City und São Paulo bislang als sehr widerstandsfähig erwiesen. Aktuelle Prognosen rechnen erst ab Mitte 2009 mit einem Rückgang der Büronachfrage, die mittelfristig in einer Stagnation der Preisentwicklung und höheren Leerstandsraten resultieren könnte. Für die konkreten raumspezifischen Auswirkungen der weltweiten Krise sind generell zwei Szenarien denkbar, die beide zu einer weiteren Segmentierung lokaler Immobilienmärkte beitragen würden: Entweder werden transnationale Submärkte mit hochwertigen Immobilien und solventen Mietern am wenigsten von der Finanzkrise tangiert, weil internationale Investoren in der Krisenzeit besonders hochwertige und risikoarme Immobilien mit bonitätsstarken transnationalen Mietern bevorzugen. Oder aber sie brechen aufgrund der engen Verflechtung mit den Kernökonomien und der stark von Banken und Finanzdienstleistern bestimmten Mieterstruktur am stärksten ein. In den lokal geprägten Submärkten ist die Nutzerstruktur hingegen diversifizierter. Der Wegfall der Nachfrage aus dem Finanzsektor könnte in diesem Fall von anderen Branchen kompensiert werden. Zuletzt könnten die transnationalen Marktsegmente auch besonders betroffen sein, da diese Teilmärkte hoch fremdfinanziert und damit deutlich abhängiger von den globalen Kapitalmärkten sind. Gerade stark fremdfinanzierte Investoren bleiben aufgrund der aktuellen Kreditklemme von den lateinamerikanischen Märkten wie Mexiko City und São Paulo weitgehend fern, während institutionelle Investoren mit genügend Eigenkapital an Gewicht gewinnen. Schließlich zeichnet sich auch ein Wiedererstarken lokaler Investoren bzw. -gruppen ab, die nicht auf externe Finanzierungsquellen angewiesen sind. Die weltweite Finanzkrise könnte damit eine wiederholte
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Neuausrichtung der Machtkonstellationen auf den beiden Büromärkten einleiten. Die Finanz- und Wirtschaftskrise schlägt sich nicht nur auf lokalen Immobilienmärkten nieder, sondern beeinflusst auch das Investitionsverhalten globaler Immobilieninvestoren. Zunächst könnte die hohe Verunsicherung im Nachgang der Hypothekenkrise die Investoren weiter dazu motivieren, neue und vor allem nachvollziehbarere Wege der Entscheidungsfindung zu suchen. Offen bleibt etwa, inwieweit Investoren in Zukunft noch unreflektiert globalen Leitgedanken und Stimmungen folgen werden. Als weitere Reaktion auf die Unsicherheiten ist eine vorübergehende Stärkung des Home-Bias Phänomens wahrscheinlich, indem sich die Investoren aus den komplexen indirekten Immobilienanlagen und intransparenten Märkten zurückziehen und wieder stärker auf bekannte, gut kalkulierbare, risikoarme Investitionen in geographischer Nähe setzen. In den einzelnen Immobilienmärkten könnte sich das Investmentgeschehen dementsprechend v.a. auf hochwertige Büroimmobilien mit lang laufenden Mietverträgen sowie solventen und bonitätsstarken Mietern fokussieren. Eine stärkere Konzentration der weltweiten Immobilieninvestitionen auf die Kernökonomien könnte zusätzlich angetrieben werden, indem einige Unternehmen, deren Kerngeschäft nicht im Immobilienbereich liegt, ihre Immobilienaktivitäten neu ordnen und sich unter wirtschaftlichem Zwang von ihrem Immobilienbestand trennen könnten. Die Investitionsmärkte in den Kernökonomien würden sich in diesem Fall vergrößern und wieder mehr Investitionsmöglichkeiten bieten. Es bleibt festzuhalten, dass sich mit der Finanzmarktkrise neue bzw. weiterführende wirtschaftsgeographische Forschungsfragen bzgl. der Immobilienwirtschaft aufdrängen. Es wäre etwa interessant herauszufinden, welche Richtungsänderungen die Finanzmarktkrise bei den globalen Kapitalströmen im Immobiliensektor letztendlich bewirkt und welche Standorte davon profitieren bzw. welche verlieren? Ebenso spannend wäre die Frage nach den konkreten Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf lokale Immobilienmärkte. Kommt es etwa zu einer zunehmenden Segmentierung der Teilmärkte und zu Machtverschiebungen zugunsten lokaler Akteure?
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