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German Pages [305] Year 2021
Martin Krieger
GESCHICHTE DES TEES Anbau, Handel und globale Genusskulturen
Martin Krieger
GESCHICHTE DES TEES Anbau, Handel und globale Genusskulturen
Böhlau Verlag wien köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2021 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande ; Brill USA Inc., Boston MA, USA ; Brill Asia Pte Ltd, Singapore ; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland ; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildungen : Richard Collins, The Tea Party (ca. 1727) © The Goldsmiths’ Company, London (vorne), Andreas Cleyer, De Herba Thée (1676) © Universitätsbibliothek Kiel (rechts), Teeplantage im Hintergrund, © Foto Martin Krieger Korrektorat : Rainer Landvogt, Hanau Einbandgestaltung : Guido Klütsch, Köln Satz : Michael Rauscher, Wien Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-52206-3
Inhalt
Eine Weltgeschichte in der Tasse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Auf den Spuren der Botaniker . . . . Die Pflanze . . . . . . . . . . . . . . . . Der lange Schatten Carl von Linnés . . Art und Varietät. . . . . . . . . . . . . . Im Reich der Pflanzenjäger . . . . . . . Auf der Suche nach dem »wilden« Tee . Neuere Forschungen . . . . . . . . . . .
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2. Im Reich des grünen Tees. . . . . . . . . . Legende und Wirklichkeit . . . . . . . . . . . Auf der Suche nach einem Namen . . . . . . Lu Yu und das »Klassische Buch vom Tee«. . Auf dem Weg zum Alltagsgetränk . . . . . . Chanoyu – Teekultur im alten Japan . . . . . Sen no Rikyū . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Neue Horizonte . . . . . . Teestunde in Isfahan . . . . . Neue Sorten . . . . . . . . . . Der intra-asiatische Handel .
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4. Frühe Begegnungen. . . . . . . . . . . . . . Unter portugiesischer Flagge nach Ostindien . »Cha« im Blickfeld der Europäer . . . . . . . . Das niederländische Kolonialreich . . . . . . . Teestunde in Batavia . . . . . . . . . . . . . . . Als Kompaniearzt auf Deshima . . . . . . . . .
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5. Im Zeichen der wissenschaftlichen Revolution.. Experimente in Kopenhagen.. . . . . . . . . . . . . Eine europäische Debatte . . . . . . . . . . . . . . . Das Bild vom Tee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
6. Im Zeitalter der Ostindienkompanien. . Ein globales Handelssystem . . . . . . . . . Die Blüte des Kompaniehandels.. . . . . . Auf großer Fahrt nach Kanton.. . . . . . .
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7. Die Anfänge des Teegenusses in Europa . Auf den Spuren der ersten Tasse.. . . . . . . Zum »High Tea« in England . . . . . . . . . Tea Party in Boston. . . . . . . . . . . . . . . Von Bohea und Kongou . . . . . . . . . . . .
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8. Von der Nordsee in den Süden. . . . . . Die norddeutsche Romanze mit dem Tee.. Hamburg.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischen Weser und Braunschweig.. . . . Mythos Ostfriesland . . . . . . . . . . . . . Jenseits der Mittelgebirge . . . . . . . . . . Der Weimarer Teetisch. . . . . . . . . . . .
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9. Zeitenwende . . . . . . . . . . . Pflanzentransfer. . . . . . . . . . . Der Weg nach Assam.. . . . . . . Die erzwungene Öffnung Chinas .
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10. Der koloniale Teeanbau . . . . . . . . . Anfänge in Assam.. . . . . . . . . . . . . . Zwischen Darjeeling und den Nilgiris . . . Zwischen Ceylon und Kenia. . . . . . . . . Qualitätsprobleme in China . . . . . . . . . Aus den Briefen eines Bremer Kaufmanns .
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11. Teeland Deutschland. . . . . . . . . . . . Aus England über die Nordsee . . . . . . . . Das Tor zur Welt . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischen Nordsee und Alpen . . . . . . . . . Markenware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischen Krieg und Goldenen Zwanzigern . Im geteilten Deutschland . . . . . . . . . . .
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Inhalt
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12. Zum Schluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Anmerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Quellen- und Literaturverzeichnis . Ungedruckte Quellen. . . . . . . . . Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildungsnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
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Eine Weltgeschichte in der Tasse
Vor knapp dreihundert Jahren ließ sich eine vierköpfige englische Familie von dem Maler Richard Collins porträtieren. Das namentlich nicht genannte Ehepaar im mittleren Alter hatte zwei Töchter und war in der Lage, sich nicht nur den Künstler, sondern auch kostbare Kleidung zu leisten. Was die Familie aber besonders auszeichnete, teilte sie mit wenigen anderen Wohlhabenden der Zeit : Sie schätzte den Tee und beauftragte den Maler, sie bei der Teestunde abzubilden. Auf einem viereckigen Tisch findet sich, geschickt durch seitlichen Lichteinfall in Szene gesetzt, alles dargestellt, was damals für die standesgemäße Bereitung des Getränks nötig war : chinesische Porzellanschalen ohne Henkel, eine silberne Teekanne auf einem Rechaud, eine Schale mit silbernen Teelöffeln, die sechseckige Flasche für die kostbaren Teeblätter, Milchkanne, Zuckerschale und die sogenannte Spülkumme auf einem Ständer. Letztere war notwendig, da das Teesieb noch unbekannt war und die Tasse nach jedem Gebrauch ausgespült wurde. Während die sich zärtlich an den Vater lehnende Tochter im blauen Kleid hingebungsvoll den Tee schlürft und die Eltern vornehm mit zwei oder drei Fingern der rechten Hand ihre Schalen halten, tut sich das andere Kind an einem Stück Brot gütlich. Von unten beobachtet der schwarzweiße Haushund die Szene. Warum ließ sich die Familie beim Genuss gerade jenes Getränks malen ? Wieso tranken die Dargestellten nicht Kaffee oder stattdessen überhaupt nichts ? Auch wenn die Namen unbekannt bleiben, ist die Botschaft offensichtlich : Mit dem Gemälde sollten sowohl guter Geschmack als auch Wohlstand dokumentiert werden. So hatte der Tee erst vor noch nicht allzu langer Zeit in die Haushalte der vornehmen Londoner Einzug gehalten ; er galt als exotisch, gesund und teuer – Eigenschaften, die ihn als Medium der Selbstdarstellung besonders empfahlen. Der Luxus wird durch die ungewöhnlich kostbare Ausstattung der Gerätschaften unterstrichen. Durchaus nicht alltäglich war es nämlich, den Tee ausschließlich mit Silberutensilien und nicht mit solchen aus Zinn oder Keramik zuzubereiten. Noch eine weitere Botschaft verbirgt sich in dem Bild : Der Tee wurde als ein daheim genossenes Familiengetränk betrachtet und im Gegensatz zum Kaffee nicht im lauten, umtriebigen Kaffeehaus getrunken. Denn nur das eigene Haus bot Raum für Vertrautheit, Ruhe und Besinnlichkeit, die das Gemälde so eindrücklich ausstrahlt. Um sich all das leisten zu können, bedurfte es nicht allein einer gut gefüllten Geldschatulle, sondern auch eines weiteren, min-
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destens ebenso kostbaren Kapitals : der bewusst kultivierten Freizeit. Diese war damals nicht selbstverständlich, sondern galt als Vorrecht der Wohlhabenden und Privilegierten. Andererseits gibt sich die Darstellung in Zeiten einer starren Geschlechter- und Generationenhierarchie ungewöhnlich demokratisch und drückt aus, dass Tee ein Getränk in gleicher Weise für Männer wie für Frauen und Kinder sei. Einer weiteren Botschaft waren sich die Auftraggeber des Bildes vielleicht gar nicht bewusst : Beinahe genauso, wie sie den Tee zu sich nahmen, wurde er nämlich bereits seit Jahrhunderten auf der anderen Seite des Globus genossen. Wie in London diente auch in China, Japan oder in der indonesischen Inselwelt die blaubemalte Porzellanschale als das bestmögliche Gefäß. Ihre Außenwand wurde nicht so heiß wie ein silberner Becher und hielt das Getränk gleichwohl warm. Das matte Weiß des Porzellans ließ zudem das Grün oder Rötlichbraun des edlen Aufgusses besonders gut zur Geltung kommen. In der Teeflasche befanden sich, wie seit langem in China gebräuchlich, lose Blätter und nicht die zerkleinerten Brocken gepressten Tees. Auch die Erkenntnis, dass der Aufguss mit Milch und Zucker gut schmecke, war nicht erst Entdeckung der Europäer. Insofern fängt Collins’ Gemälde, auch wenn es auf den ersten Blick Häuslichkeit suggeriert, den ganzen Kosmos eines bereits um 1730 wahrhaft globalen Kulturgutes ein, das schon damals immense Traditionen und Bedeutungsinhalte transportierte. Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn in jeder Tasse Tee spiegeln sich mindestens zwei Jahrtausende Weltgeschichte wider. Es spiegeln sich darin Brüche, aber in noch viel beeindruckenderer Weise Kontinuitäten. So importierte Europa mit den kleinen, unscheinbaren Blättern seit dem 17. Jahrhundert nicht nur ein neues Handelsgut, sondern gleichzeitig eine traditionsreiche Konsumkultur. Selbst der Name ist chinesischen Ursprungs – was im alten China meist »Cha« genannt wurde, sprach sich in der Hafenstadt Amoy (heute Xiamen) wie »Tee« aus. In diesem Sinne möchte das Buch den Tee als globales Getränk vorstellen. Es möchte aufzeigen, dass jener, selbst wenn er mit dem anonymen Beutel aufgebrüht frühmorgens rasch hinuntergeschluckt wird, kein wertfreies, gleichsam neutrales Konsumgut darstellt. Denn in ihm verbergen sich Traditionen, Narrative und Mythen, die teils asiatischen, teils europäischen Ursprungs sind und deren Entschlüsselung ein bemerkenswertes Zeugnis weltweiter Transkulturalität liefert. So unternimmt das Buch eine lange Reise von den ersten Anfängen der Pflanze irgendwo in den Dschungeln Südostasiens über China und Japan in die übrige Welt, um einen ausführlichen Blick auf den Teegenuss hierzulande zu werfen. Mithin stellt es keinen Teeführer im eigentlichen Sinne dar. Es liefert
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Abb. 1 Richard Collins, The Tea Party (ca. 1727).
weder Rezepte, noch führt es die Leserin und den Leser durch die Welt der zahllosen Sorten und Aromen. Darüber hinaus geht es allein um den »echten« Tee, hergestellt aus der Pflanze Camellia sinensis. Aufgüsse aus Früchten und Kräutern werden stattdessen als Infusion bezeichnet, verdienen zweifellos aber auch eine eigene historische Studie. Wie jedes Geschichtsbuch kann auch eine Geschichte des Tees nicht neutral sein. Das bedeutet nicht, dass bewusst Partei ergriffen wird. Vielmehr geht es um die Erkenntnis, dass jeder transkulturelle Ansatz seine Grenzen hat und dass jeder Autor teils bewusst, teils unbewusst einen ganz konkreten Standpunkt einnimmt, von dem aus er die Welt betrachtet. Zwar versucht er, sich mit multiperspektivischem Blick in einen chinesischen Gelehrten vor über einem Jahrtausend ebenso hineinzuversetzen wie in den Plantagenarbeiter Assams oder in die Tee trinkende europäische Familie im Zeitalter des Barock. Trotz intensivem Quellen- und Literaturstudium bleibt er gleichwohl seiner eigenen Erfahrungswelt, der des Historikers und Konsumenten im europäischen Kontext, verhaftet. Aus einem solchen Blickwinkel ergeben sich die leitenden Fragen dieses Buches : Welche Kontinuitäten und Traditionen nehmen wir mit jeder Tasse Tee,
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Eine Weltgeschichte in der Tasse
die wir heute trinken, zu uns ? Andererseits aber auch : Welche Brüche sind sichtbar, die sich vielleicht schon vor Jahrhunderten vollzogen, aber immer noch relevant sind ? In welcher Weise breiteten sich überhaupt Anbau und Konsum über die Kontinente aus ? Welche Kräfte lagen dem Prozess geografischer und sozialer Diffusion zugrunde ? Diese Fragen sind keineswegs abstrakt, sondern haben einen ganz praktischen Aspekt. Denn allein mit einem historischen Blickwinkel lässt sich etwa klären, wieso der Tee nach Wasser das weltweit am häufigsten konsumierte Getränk ist, aus welchem Grund wir heute Teeblätter und nicht Teeziegel verwenden, wieso Tee im Rufe steht, gesund zu sein, Sinnlichkeit auszustrahlen, und was ein schottischer Gärtner des 19. Jahrhunderts damit zu tun hat, dass der Ostfriesentee heute das ist, was er eben ist. Mit diesen Fragen versucht das Buch, Tee einerseits als globales Getränk zu sehen, als Teil des Ganzen andererseits aber auch seine leicht übersehene Geschichte in Deutschland zu beleuchten. Gegliedert ist es in zwölf Kapitel, die insgesamt drei inhaltliche Einheiten bilden. Die Kapitel 1 – 3 beschäftigen sich mit der Botanik der Camellia sinensis und deren Kultivierung im alten Ostasien, bilden dabei einerseits eigenständige Geschichte ab, stellen andererseits die Vorgeschichte der europäischen Schaubühne dar. Die übrigen Kapitel untersuchen die Bedeutung des einzigartigen Getränks als globales Handels- und Kulturgut seit etwa 1600 und dessen Relevanz für Deutschland. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass die Zeit um 1840 eine wichtige Zäsur darstellte. Aus verschiedenen Gründen, denen in Kapitel 9 nachgegangen wird, verlor der traditionelle Anbau in China, der Europa zwei Jahrhunderte lang zuverlässig versorgt hatte, an Bedeutung. Demgegenüber bildete sich eine europäisch-koloniale Produktion zwischen Indien und Indonesien, später auch in Afrika heraus. Wahrhaft epochal war in diesem Zusammenhang die Entdeckung einer indischen Teepflanze, die, seitdem vielfach gekreuzt und modifiziert, bis heute den dunklen, malzigen Assam hervorbringt. Entsprechend wird zunächst die Geschichte »davor« (Kapitel 4 – 8) und anschließend die Geschichte »danach« (Kapitel 10 – 12) erzählt. Eine scheinbar unübersehbare Fülle an Quellen liegt zur Vergangenheit des Getränks vor ; vieles ist bereits seit langem bekannt und ausgewertet, manches kann in diesem Buch erstmals vorgestellt werden. Bereits im alten China und Japan beschäftigten sich die Gelehrten und Dichter mit dem Thema. Sie verfassten Texte, die bis heute überliefert sind und von denen das »Chajing« von Lu Yu der bekannteste ist.1 Auf das in Ostasien zirkulierende schriftliche und mündliche Wissen konnten sich die ersten Europäer berufen, die seit dem 16. Jahrhundert als Kaufleute oder Missionare jene Weltgegend besuchten. In ihren
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Reisebeschreibungen finden sich teils sehr kurze, teils aber auch ausführliche Schilderungen der Pflanze, ihrer Verarbeitung und der berühmten japanischen Teezeremonie. In Europa wurde das Wissen der Reisebeschreibungen wiederum in zahllosen medizinischen, botanischen und moralisch-politischen Traktaten verarbeitet, ehe es schließlich in den Kochbüchern landete. Daneben existiert eine wahrhaft massenhafte Quellenüberlieferung aus den Archiven der nordwesteuropäischen Handelskompanien, die seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert Tee aus China nach Europa brachten. Ebenso sind für die E rforschung der Konsumkultur Nachlassinventare von Bedeutung. Diese verzeichnen nach dem Tod eines Menschen dessen materiellen Besitz und dokumentieren minutiös, wann zum Beispiel in Braunschweig oder Gandersheim Teetassen oder -kannen in Gebrauch waren. Wichtige Quellen stellen auch Bilder dar, von dem im 18. Jahrhundert in Großbritannien beliebten Gesellschaftsbild, das auch Richard Collins malte, bis zur modernen Presse- und Werbefotografie. Die Quellen sind zu einem großen Teil gut erschlossen und auch über die Forschungsliteratur zugänglich. Zudem wurden beispielhaft Dokumente aus den Landes- und Staatsarchiven von Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein zur Frühzeit des Teegenusses in Deutschland, aber auch zur Kaiserzeit sowie zur Phase der beiden Weltkriege einbezogen. Dabei ist es nicht immer leicht, den Teehandel im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts zu rekonstruieren, denn gerade der Detailverkauf hat nur wenige schriftliche Dokumente hinterlassen. Oft sind Aufzeichnungen, die sich über den Tag hinaus erhalten haben, dort entstanden, wo es Probleme gab, etwa wenn ein Teehandelshaus des Schmuggels zollpflichtiger Ware bezichtigt wurde oder wenn es beim Handel zu Unstimmigkeiten zwischen Geschäftspartnern kam und jene schließlich vor Gericht ausgetragen wurden. Zu den Quellen aus den vergangenen beiden Jahrhunderten zählen auch Memoiren von Pflanzern und Teehändlern, die allerdings bisweilen einen eher einseitigen, eurozentrischen Blickwinkel repräsentieren. Das gilt nicht nur für englischsprachige Werke, wie »A Tea Planter’s Life in Assam« von George M. Barker, sondern auch für das »Pflanzerleben in Indien« von Oscar Flex.2 Nur wenige Memoiren berichten aus einer indischen Perspektive, wie beispielsweise das Buch »Tea and Me« des südindischen Pflanzers Edward Davidar.3 Meist verleihen dabei gerade die Texte des 19. Jahrhunderts den Millionen von Teepflückerinnen und Teepflückern nicht in ebenderselben ausführlichen Weise wie den Pflanzern selbst eine Stimme. Hier ist es Aufgabe des Historikers, die verdienstvollen, aber so gut wie nie gehörten Arbeiterinnen und Arbeiter ebenfalls zu Wort kommen zu lassen. Lesenswerte Erinnerungen von Teehändlern
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aus dem deutschsprachigen Raum liegen mit den Büchern von Kaufmann und Reichmuth vor.4 Diese liefern nicht nur Einblicke in das ebenso komplexe wie dynamische Teegeschäft, sondern vermitteln auch einsichtsvolle Bilder von Land und Leuten. Die sich auf die Quellen stützende Literatur zur Teepflanze, zum Handel und Konsum ist unüberschaubar und geht in die Tausende. Teekenner rühmen sich gern, in ihren Bibliotheken daheim mehrere Hundert einschlägiger Titel zu besitzen. Umso erstaunter war der Verfasser dieses Buches allerdings, als er bei den Recherchen auf unübersehbare weiße Flecken gerade für das 18. und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts stieß. Einige Autorinnen und Autoren kenntnisreicher Werke stammen selbst aus dem praktischen Geschäft mit exotischen Handelsgütern, wie William H. Ukers. Dieser legte mit dem Überblickswerk »All About Tea« 1935 einen bis heute viel zitierten Klassiker vor, der so mancher nachfolgenden Forschergeneration als Vorbild dient.5 Einen lesenswerten Überblick liefert auch Henry Hobhouse mit seinem einflussreichen Werk »Fünf Pflanzen verändern die Welt«. Dieses setzt sich mit globalem Pflanzentransfer allgemein auseinander und betrachtet den Tee im Zusammenhang mit anderen Pflanzenprodukten wie der Chinarinde, Baumwolle, dem Zucker und den Kartoffeln. Konzise stellt sich das ebenfalls sehr lesenswerte Taschenbuch »Der Tee. Anbau, Sorten, Geschichte« vom fachlich ausgewiesenen Peter Rohrsen dar. Es eignet sich hervorragend als ersten Einblick nicht nur in die Geschichte, sondern auch in die wichtigsten Sorten und Verarbeitungsmethoden. Moderne Gesamtdarstellungen arbeiten interdisziplinär und beziehen historische Fragestellungen, aber ebenso sprachwissenschaftliche und ethnologische Methoden ein, wie das jüngst erschienene, voluminöse Werk »The Tale of Tea« von George van Driem.6 Für viele Länder erschienen regionalspezifische Untersuchungen, was in erster Linie für die Heimatregionen des Tees in China und Japan gilt. Zum Reich der Mitte legt etwa James A. Benn eine ebenso präzise wie quellennahe Monografie vor.7 Hilfreich ist auch das einschlägige Kapitel im Band »Fermentations and Food Science« von Hsing-Tsung Huang aus der Reihe »Science and Civilization in China«. Zu Indien existiert eine vielleicht noch breitere Literatur, die von teils altmodischen, klischeebeladenen Nostalgiebüchern bis zu aktuellen und guten Überblickswerken reicht. Zu Letzteren zählen auch die Darstellungen des kundigen Arend Vollers zu Assam und Darjeeling.8 Eine neue, kritische Historiografie nimmt mit der Teepflückerin und dem Teepflücker auch lange Zeit völlig unterschätzte und ausgeblendete Akteure in den Blick.9 Legion ist die Zahl der einschlägigen Studien zu Großbritannien, angefangen von der traditionellen Firmenchronik bis zum theoretisch ausgewiesenen Werk auf neuestem
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Stand. So beschäftigt sich die aktuelle und methodenbasierte Studie »A Thirst for Empire« der amerikanischen Historikerin Erika Rappaport mit dem großen »Durst« des britischen Imperiums im 19. und 20. Jahrhundert.10 Weniger expansiv, aber gleichwohl traditionsreich, stellt sich auch der dänische Teekonsum dar, den Annette Hoff in »Den Danske Tehistorie« untersucht.11 Um sich einen Überblick zur frühen Teegeschichte in Deutschland zu erarbeiten, sind vergleichende Studien zu den exotischen Konsumgütern allgemein hilfreich, wie sie etwa Annerose Menninger und Christian Hochmuth vorlegen.12 Zum ausgehenden 19. und zum 20. Jahrhundert empfehlen sich ebenso die Chroniken einiger großer Teehandelshäuser und des Deutschen Teeverbandes.13 Überschaubar ist die Zahl der Ausstellungen der vergangenen Jahrzehnte zum Thema, die ihrerseits aber detailreiche Kataloge hervorbrachten.14 Zur Teegeschichte Ostfrieslands wird so manche Legende als historische Wirklichkeit ausgegeben ; aber hier mag sich der Verfasser dieses Buches eines Besseren belehren lassen. Nach wie vor solide und grundlegend zum Weltmeister des Teekonsums an der Nordsee ist Johann Haddinga.15 Nicht nur zahllose Quellen und Studien haben die Entstehung dieses Buches ermöglicht, sondern in mindestens ebenso großem Maße die Unterstützung einer Reihe ausgewiesener Kolleginnen und Kollegen sowie Fachleute. Das gilt besonders für eine Zeit, in der so mancher Bibliotheks- und Archivbesuch kaum oder überhaupt nicht möglich war. Martin Nickol vom Botanischen Garten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel stand dem Verfasser in bewährter Weise mit Rat und Tat bei den für einen Historiker nicht immer ganz leicht zu durchschauenden botanischen Inhalten zur Seite. Mit Freude denkt der Verfasser auch an gemeinsam mit John Peterson (Kiel) und einer Gruppe Kieler Studierender unternommene Besuche von Teegärten in den Nilgiris zurück. Als außerordentlich hilfreich erwiesen sich die Hinweise von Jeyaseela Stephen (Pondicherry), Henry J. Noltie (Edinburgh), Mark Watson (Edinburgh), Dirk Schleinert (Stralsund) sowie Karl-Heinz Reger (Schleswig), die jederzeit auch ganz kurzfristig für fundierte Auskünfte zur Verfügung standen. Dankbar blicke ich auch auf das informative und einsichtsvolle Gespräch mit Michael Rolf von der Firma Paul Schrader (Bremen) und die Unterstützung durch den Deutschen Tee & Kräutertee Verband (Hamburg) zurück. Dorothee Rheker-Wunsch und Julia Beenken vom Böhlau Verlag begleiteten mit Engagement und großer Professionalität die Entstehung dieses Buches. Vor allem aber gilt der Dank meinem Team von der Nordeuropäischen Geschichte an der Universität Kiel, ohne das eine solche Veröffentlichung nicht so ohne weiteres entstanden wäre. Florian Jungmann, Rebekka Krüger, Thorben Rodust,
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Eine Weltgeschichte in der Tasse
Vivien Specht und Sebastian Schmidt führten aufwendige Recherchen durch, fertigten Statistiken an, lasen das Manuskript sehr sorgfältig durch und machten viele Verbesserungsvorschläge. Letztgenannter übersetzte darüber hinaus lateinische Quellen. Gemeinsam bewahrten sie mich vor so manchem Irrtum. Mit großer Geduld und Inspiration begleiteten mich Nimmy, Benny und Paul in den vergangenen Jahren nicht nur beim Besuch manch indischer Teefabrik, sondern auch beim Schreiben dieses Buches. In großer Freude und Dankbarkeit denkt der Verfasser an zahllose gemeinsame Teeproben zu Hause zurück, bei denen sich einmal mehr bewahrheitete, dass die Geschichte des Tees keine graue Theorie, sondern gelebte Praxis ist.
1. Auf den Spuren der Botaniker
Die Pflanze Vom ersten Augenblick an betört der Duft frischer Teeblätter die Sinne. Bereits beim Betreten der Plantage ist er allgegenwärtig ; er intensiviert sich beim Zerbrechen und Zerreiben des Blattes in der Hand und steigert sich noch einmal dort, wo die Blätter zu Abertausenden zerbrochen und gerollt werden : in der Teefabrik. Und wir finden ihn wieder im getrockneten, fertigen Produkt. Denn wenn wir das intensive Aroma der frisch verarbeiteten Pflanze erst einmal kennengelernt haben, bleibt es in jeder Tasse ihres Aufgusses stets präsent. Auch die Farben der Plantage prägen sich ein. Tiefgrün durchzieht der Teppich der Camellia sinensis das Land, vielleicht über die nahe liegende Hügelkuppe hinweg, manchmal bis zum Horizont oder unvermittelt am Rand eines Dschungels endend. Zwischen den dunklen, älteren Blättern mit ihrer ledrigen Oberfläche sprießen die jungen, begehrten Triebspitzen in zartem Hellgrün. Silbrig leuchten die Kronen der hohen Schattenbäume, rot die Ziegeldächer der Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Auch wenn es sich beim Tee um eine Monokultur handelt, dessen Anbau ökologisch und sozial bisweilen problematisch ist, entbehrt der Blick über die Pflanzung nicht der Größe und stillen Erhabenheit. Auf der Suche nach der ursprünglichen, wilden Teepflanze trügt die I mpression einer Plantage indes. Denn hier reiht sich, stets hüfthoch geschnitten, Strauch an Strauch, lediglich durchzogen von kleinen Pfaden. Die obere Seite einer jeden Pflanze ist flach beschnitten und ähnelt einer runden Tischplatte. Tut sich irgendwo der Untergrund auf, etwa entlang eines in den Hang eingeschnittenen Weges, so offenbaren sich die gewaltigen, knorrigen und meist viele Meter in den Boden hinabreichenden Wurzeln. Nur allzu offensichtlich ist es dann, dass diese eigentlich mehr halten könnten als lediglich ein solch kleines Pflänzchen. In der Tat handelt es sich beim Tee im natürlichen Zustand um einen Baum, der eine Höhe von mehr als 10 m erreichen kann. Die ausgewachsenen Blätter der immergrünen Pflanze sind von lanzettförmiger, fast elliptischer Gestalt, an den Kanten leicht gezahnt, verfügen über eine feste, ledrige Oberfläche und können je nach Sorte eine Länge von bis zu 12 cm erreichen. Dünn und zart sind die schmalen Triebspitzen. Diese sogenannten »Tips« werden dem Aufguss später ein besonders feines Aroma verleihen. Auch die jungen, sich aus den Triebspitzen entfaltenden Blättchen mit ihrem zarten Flaum auf der Unterseite (»Pekoe«)
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bürgen für eine hohe Güte des Endprodukts.1 Die Blätter können im Prinzip das ganze Jahr hindurch geerntet werden, weisen aber jahreszeitlich bedingte Phasen stärkeren Wachstums auf, die einen besonders reichen Ertrag hervorbringen.2 Weltbekannt sind der First und Second Flush aus dem indischen Darjeeling, die jeweils zwischen Ende Februar und Ende März sowie zwischen Juni und Anfang Juli geerntet werden. Dass der Tee als Konsumgut weltweit so beliebt ist, liegt an den im Blatt verborgenen sogenannten sekundären Pflanzenstoffen – Substanzen, die ihm Widerstands fähigkeit gegen Insekten verleihen oder das Wachstum fördern. Dazu gehört das Koffein, das für Tiere ein gefährliches Nervengift darstellt. Catechine aus der Gruppe der Gerbstoffe, die neben anderen Verbindungen für die leichte Bitterkeit des Aufgusses verantwortlich sind, wirken wiederum antioxidativ, schützen die Blätter also vor zu starkem Licht und machen sie ebenso wie das Koffein als Tierfutter unattraktiv. L-Theanin unterstützt wiederum das Wachstum. Gemeinsam mit zahllosen anderen Substanzen bringen diese Stoffe spezifische Aromen hervor, die den Tee als Getränk so einzigartig machen. Die Blätter stellen den Reichtum der Pflanze, das redensartliche »grüne Gold«, dar ; aber auch Stamm und Wurzeln lassen sich, nachdem der Strauch sein Lebensalter erreicht hat, als Feuerholz verwerten.3 Als vergleichsweise unscheinbar und im Vergleich mit dem Kaffee weniger zahlreich zeigen sich die Blüten. Sie sind weiß, haben einen Durchmesser von etwa 3 cm und besitzen fünf bis sieben Blütenblätter. Die Blüten bringen harte, nussartige Samenkapseln hervor, in denen sich jeweils ein bis sechs perlengroße Samen befinden, die für die Züchtung unentbehrlich sind. Vermehren lassen sich die Pflanzen aber auch mit Hilfe von Stecklingen. Nicht von dem Gewächs stammt übrigens das Teebaumöl mit seinem etwas irreführenden Namen. Allem Anschein nach können Teepflanzen sehr alt werden, wie alt genau, ist allerdings unbekannt ; und nicht immer halten die in den Medien kursierenden Angaben einer wissenschaftlichen Überprüfung stand. So soll im Wald von Zhènyuán in der chinesischen Provinz Yunnan ein 2700 Jahre alter Baum wachsen. Echte Methusalems lassen sich angeblich auch in Südvietnam und im nördlichen Thailand finden, und im Grenzbereich zwischen China und Myanmar existiere gar eine 3200 Jahre alte Pflanze. Diese enormen Werte haben vielleicht einen profanen, wirtschaftlichen Hintergrund, denn die Blätter derartiger Bäume stellen eine Rarität dar und erzielen Rekordpreise.4 Demgegenüber hat ein in der Plantage wachsender Durchschnittsstrauch in der Regel nach dreißig bis fünfzig Jahren seine Lebenszeit mit einer wirtschaftlichen Blattproduktion überschritten und muss einem jungen Setzling Platz machen.
Die Pflanze
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Abb. 2 Teeplantage in Assam westlich der Stadt Jorhat. Deutlich sind die hüfthoch beschnittenen Sträucher und die Schattenbäume zu erkennen.
Tee kann in einem breiten Gürtel zwischen etwa 43° nördlicher und 30° südlicher Breite um den Äquator wachsen. Er gedeiht bei 18 – 30° C jährlicher Durchschnittstemperatur, liebt nächtlichen Niederschlag und schätzt die Feuchtigkeit des Bergnebels. Starken Frost hingegen verträgt er nicht, verliert dann seine Blätter oder stirbt ganz ab.5 Da die Wurzeln empfindlich gegen stauende Nässe sind, wächst die Pflanze besser auf durchlüfteten oder drainierten, vorzugsweise sauren Böden, vor allem an Hängen mit einem guten Wasserabfluss.6 Plantagen finden sich heute ab einer Höhe von 700 m, wobei die feineren Qualitäten in höheren Lagen von bis zu 2500 m gedeihen. Wie beim Wein üben die klimatischen Bedingungen, die Lage und der Boden einen ganz erheblichen Einfluss auf das Aroma und den Geschmack aus. Für die Produktion einer guten Qualität ist die sachgemäße Pflege von ausschlaggebender Bedeutung. Große Sorgfalt wird darauf verwandt, dem Strauch die richtige Wuchsform zu geben, damit er nicht in die Höhe schießt und die Blätter stets gut zu pflücken sind. Dem dient der Formschnitt, das sogenannte »Pruning«, das meist im Abstand von drei bis vier Jahren erfolgt. Das Jäten von Unkraut und das Umgraben zwischen den Sträuchern wurde traditionell von Region zu Region und von Qualität zu Qualität unterschiedlich gehandhabt, ist heute auf den großen Plantagen aber Standard. Gedüngt wird entweder vor oder nach der Erntesaison auf chemischem oder auf natürlichem Wege etwa mit Kuhdung oder pflanzlichem Dünger.7 Im konventionellen Anbau werden teils
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Abb. 3 Die Blüte der Camellia sinensis. Im Gegensatz zu manch anderen Kamelienarten geben sich die Blüten der Teepflanze unscheinbar. Markant ist der leicht gezackte Rand der Blätter.
immer noch für Mensch und Natur nicht ganz ungefährliche Pflanzenschutzmittel eingesetzt, die bei der gegenwärtig an Bedeutung gewinnenden biologischen Produktionsweise verboten sind. Der lange Schatten Carl von Linnés Seltsamerweise entzieht sich der Tee bis heute einer eindeutigen botanischen Definition. Wie die Pflanze betrachtet, beschrieben und deren Eigenschaften interpretiert werden, hängt in großem Maße vom Blickwinkel des jeweiligen Wissenschaftlers ab, denn botanische Forschung ist wie jede andere Disziplin nie ganz objektiv. Darüber hinaus verbirgt sich so manch epochale Entdeckung für die Nachwelt gut versteckt zwischen endlosen lateinischen Listen, in Nebensätzen, Fußnoten, einmal gar im alphabetischen Index einer Reisebeschreibung. Kaum einer der frühen europäischen Botaniker hatte eine leibhaftige Teepflanze je gesehen, und so manche anfängliche Studie stützte sich daher aus-
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schließlich auf mehr als fragwürdige Zeichnungen, Drucke oder getrocknete Pflanzen in den Herbarien. Gerade letztere erwiesen sich für die Beschreibung als besonders wichtig. Der in der Karibik geborene Mediziner und Abolitionist John Coakley Lettsom (1744 – 1815) stellte allerdings in den 1770er Jahren einmal fest, dass sich unter einhundert ihm zugänglichen Herbarpräparaten lediglich zwanzig unversehrte befanden. Niemals konnte also mit letzter Sicherheit gesagt werden, ob Zweige oder Blüten noch komplett oder ob Teile davon auf dem Weg von China in die europäische Gelehrtenstube verloren gegangen waren.8 Nur unter großen Mühen gelang es, in den botanischen Gärten Europas oder im Glashaus manch betuchten englischen Amateurbotanikers die kostbare Pflanze zu ziehen. Und erst seit den 1830er Jahren ergänzten die Erkenntnisse der Feldforscher, die sich auf ihrer Suche in die tiefsten Dschungel Indiens, Chinas oder Vietnams vorwagten, das Gelehrtenwissen daheim. Die korrekte wissenschaftliche Bestimmung von Pflanzen ist die Aufgabe der Taxonomie, einer wichtigen Teildisziplin der Botanik. Diese ordnet Gewächse in eine Systematik ein und fragt dabei nach Klasse (classis), Ordnung (ordo), Familie (familia), Gattung (genus), Art (species) und Varietät (varietas). Heute besteht unter den Taxonomen Einigkeit darüber, dass die Spezies Tee zur Gattung der Kamelien gehört, folglich auch mit der uns aus dem Gartenhandel bekannten Camellia japonica verwandt ist.9 Gemeinsam mit anderen Pflanzengattungen bilden die Kamelien die Familie der Teestrauchgewächse (Theaceae), die sich vor immerhin bereits 49 Millionen Jahren herausbildete.10 Der botanische Gattungs- und Artbegriff für den Tee lautet Camellia sinensis, leitet sich also aus der langen Anbautradition in China ab. Die Pflanze lässt sich wiederum in mehrere Varietäten gliedern, von denen die China- und die Assam-Varietät (Camellia sinensis var. sinensis und Camellia sinensis var. assamica) als Wirtschaftsgut die bedeutendsten sind. Die Varietäten unterscheiden sich vor allem hinsichtlich Wuchshöhe und Blattgröße, aber auch hinsichtlich ihrer bevorzugten Standorte. Während die China-Pflanze an kühleres Gebirgsklima angepasst ist, gedeiht ihr Verwandter aus Assam in den feuchtwarmen Randgebieten des Brahmaputra-Tals am besten. Separate Pflanzen für grünen und schwarzen Tee existieren hingegen nicht, denn die Blätter für die Zubereitung beider Getränke stammen von ein und demselben Gewächs ; der Weg zu dieser Erkenntnis war aber lang und steinig. Bereits die Gelehrten im alten China hatten sich über die botanische Beschreibung der bemerkenswerten Pflanze Gedanken gemacht, doch die Grundlage der bis heute gültigen taxonomischen Einordnung schuf im 18. Jahrhundert der schwedische Gelehrte Carl von Linné (1707 – 1778). Auf Reisen und vom
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Schreibtisch in Uppsala aus verfolgte Linné sein großes Lebensziel, die Natur als göttliche Schöpfung in ihrer immensen Fülle zu beschreiben und möglichst komplett zu klassifizieren. 1735 veröffentlichte er seine Methode, Pflanzen mit Hilfe ihrer Sexualorgane bestimmten Klassen, Gattungen und Arten zuzuordnen. Im Rahmen der bis heute gültigen binären Nomenklatur erhielten sie jeweils einen lateinischen Gattungs- und Artnamen. Zu Ehren des aus dem mährischen Brünn stammenden Jesuitenpaters Georg Joseph Kamel (1661 – 1706), der sich lange Zeit auf den Philippinen aufgehalten und in Manila eine Apotheke für Arme gegründet hatte, führte Linné darin übrigens auch die Gattungsbezeichnung Camellia ein.11 Als Linné mit seinem »Systema Naturae« der große Wurf gelang, war der Tee im Begriff, sich zu einem der weltweit wichtigsten Handelsgüter zu entwickeln. Selbst im schwedischen Göteborg lagen die großen Segler, die das begehrte Gut massenhaft aus dem chinesischen Kanton herbeischafften. Es lag nahe, dass auch der berühmte Botaniker den Tee bald im Blick und im System hatte. Seit 1745 bemühte sich Linné, in den Besitz naturkundlicher Kuriositäten aus dem Reich der Mitte zu gelangen. Neben »Porzellanerde«, Samen des Maulbeerbaumes, Palmen, Lilien-Zwiebeln, Aloe, Myrrhe und einem Goldfisch wollte er gern einen lebenden Teestrauch oder zumindest dessen Samen sein Eigen nennen.12 Das erwies sich indes als nicht ganz einfach, da zu jener Zeit weder die Pflanze noch deren Samen die lange Seereise von China nach Europa heil überstand. Die erste Auflage seiner epochalen »Species Plantarum« von 1753 musste daher erscheinen, ohne dass Linné den Tee leibhaftig gesehen hatte. In dem Buch ging er von zwei gänzlich verschiedenen Gattungen Kamelie und Tee aus. Diese lagen für ihn botanisch weit voneinander entfernt, und er ordnete sie jeweils vollkommen unterschiedlichen Klassen zu.13 Den Tee führte er dabei unter der lateinischen Bezeichnung Thea sinensis in die binäre Nomenklatur ein.14 Mit seinem Werk legte Linné den Grundstein für eine Debatte um die korrekte taxonomische Einordnung, die im Laufe der Zeit förmlich unüberschaubare Züge annahm. Selbst zwei Jahrhunderte später waren noch mehr Fragen offen als geklärt, wie 1936 der Botaniker Andreas Sprecher von Bernegg von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich formulierte : »Das gelobte Land einer befriedigenden Klassifikation der Teearten ist noch nicht erreicht ; es muß und wird erobert werden von Botanikern, die … nicht nur die Wüste der botanischen Systeme erwandert haben, sondern auch unter den angebauten und wild wachsenden Teesorten Bescheid wissen. Größtmögliche Kenntnis der Wirklichkeit und der von anderen eingeschlagenen Irrwege bürgt für die Wahl des richtigen Weges.«15 Einstweilen hieß es, die Wüste zu durchwandern.
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Abb. 4 Alexander Roslin, Carl von Linné (1775).
Letzteres galt auch für Linné selbst, der nicht bei seiner ersten Einschätzung blieb. Den Impuls für einen Gesinnungswandel dürfte er von dem englischen Arzt und Apotheker John Hill (1716 – 1775) erfahren haben. Dieser war ein begeisterter Sammler von Kräutern, die er in seiner Apotheke in Westminster zu Arzneien verarbeitete. Aus seiner Feder ging eine Fülle an Schriften hervor, unter denen die »Exotic Botany« von 1759 eine gewisse Sonderstellung einnimmt. Denn darin befasste sich Hill nicht wie bisher mit der ihm persönlich bekannten Flora Großbritanniens, sondern mit derjenigen Amerikas und Chinas.16 Mit den Erläuterungen zum Tee in der »Exotic Botany« führte Hill Generationen von Botanikern bis weit in das 19. Jahrhundert hinein in die Irre. Zu stark verließ er sich nämlich auf sein Wissen um den Tee als Handelsgut, der zu jener Zeit in Europa in Form dunkler und grüner Sorten vermarktet wurde. Während der »Bohea« aus den in der chinesischen Provinz Fukien gelegenen Bergen die gängigste dunkle Qualität darstellte, ging der »Viridis« als grüner Aufguss über die Ladentheke. In seiner Gleichsetzung von Handelsgut und Pflanze verwarf Hill die ursprüngliche Annahme Linnés, dass es nur eine Art gäbe. Stattdessen gliederte der Apotheker die Gattung Thea auch botanisch in zwei Sorten – Thea bohea und Thea viridis. So lägen ihm doch von beiden vermeintlichen Sorten
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gepresste und getrocknete Pflanzen vor, deren Blätter und Blüten sich deutlich voneinander unterschieden. Herbarpräparate mit den dunkleren Blättern repräsentierten eindeutig den Bohea, die helleren gehörten demgegenüber zur Viridis-Sorte, dem Grüntee, denn zum Adjektiv »viridis« nennt das Latein-Wörterbuch »grün« als Übersetzung. Hill scheute nicht davor zurück, sich aus dem ihm vorliegenden kostbaren Pflanzenmaterial einen Aufguss zu bereiten. Dabei sah er genau das, was er sehen wollte, und fand seine Meinung bestätigt. Es setzte sich mit der »Exotic Botany« in Europa auf lange Sicht die Auffassung durch, in den chinesischen Bohea-Bergen würden Schwarzteepflanzen wachsen, während weiter nördlich in den Anbauregionen entlang des Jangtse der grüne Viridis-Tee beheimatet sei. Dass Hills Hypothese ein solch hartnäckiges Eigenleben entwickelte, lag daran, dass der große Linné den Vorschlag des Engländers schließlich aufgriff. In der zweiten Auflage der »Species Plantarum« löste sich der Schwede 1762 nämlich von seiner ursprünglichen Interpretation und unterteilte die Thea ebenfalls in die Arten Thea bohea und Thea viridis.17 Zweifellos richtig war die Einschätzung, dass die Blattgröße einzelner Pflanzen durchaus variieren könne, doch an diesem Unterschied die spätere Farbe des Aufgusses festzumachen erwies sich als Trugschluss. Was Linné verwehrt blieb, sollte in England gelingen : Nach vielen vergeblichen Versuchen, lebende Pflanzen aus Kanton nach London zu verschiffen, kam Ende der 1760er Jahre tatsächlich ein wohlbehaltenes Exemplar an, das sich sogar bereitwillig vermehren ließ. Nicht nur im jungen botanischen Garten von Kew, sondern auch im benachbarten Syon House von Hugh Percy, 1st Duke of Northumberland (1714 – 1786), gelang es nun, Pflanzen zu ziehen. Stolz ließ der Duke eines Tages verkünden, die erste Teepflanze in Europa zur Blüte gebracht zu haben. Mit derartigen Erfolgen erweiterte sich das Anschauungsmaterial enorm. Erstmals konnten nun Zeichnungen und Drucke lebender Gewächse angefertigt werden, die wesentlich genauere Analysen als das fragile Herbarmaterial ermöglichten.18 Der erste Forscher, der davon profitierte, war John Coakley Lettsom. Seine 1769 im niederländischen Leiden vorgelegte Dissertation zur Naturgeschichte des Tees erwies sich als großer Erfolg und kam drei Jahre später noch einmal in englischer Sprache, später auch in deutscher Übersetzung heraus.19 Darin zog der Verfasser nicht allein die gedruckten Aussagen der botanischen Autoritäten, mehrere Hundert Herbarbelege und viele Abbildungen zu Rate, sondern auch das mittlerweile berühmte Gewächs des Duke of Northumberland. Er widersprach Hill und nunmehr auch Linné und gelangte zu der richtigen Schlussfolgerung, dass es nur eine Pflanze gebe.20 Wäre Lettsoms Wort in der damaligen
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Abb. 5 John Hill, Bohea Tea. In diesem Stich aus der »Exotic Botany« arbeitet der Botaniker die charakteristischen Merkmale der Teepflanze mit ihren Blättern, Blüten und Samenkapseln deutlich heraus. In Wirklichkeit weist kaum ein Zweig des Strauchs eine derart große Zahl an Blüten auf.
Gelehrtenwelt gewichtiger als das des berühmten Schweden gewesen, so wäre jene schon viel früher von der Mär der Grün- und Schwarzteepflanzen abgerückt. Linné blieb indes die unbestrittene Autorität im Feld der Botanik, und das Wort der zweiten Auflage der »Species Plantarum« galt. Es wird deutlich, dass Wissensgeschichte nicht nur die Geschichte eines steten Erkenntnisfortschritts darstellt, sondern dass sie in mindestens ebenso großem Maße auch Diskursund Machtgeschichte ist. Art und Varietät Carl von Linné stand auch beim nächsten Versuch Pate, den Tee taxonomisch zu definieren. So wirkte einer seiner begabtesten Schüler, der Schwede Daniel Solander (1733 – 1782), seit den 1760er Jahren als Naturforscher im British Museum in London. Er nahm an Cooks erster Weltumsegelung teil und wurde schließlich Bibliothekar des bedeutenden Naturforschers und Wissenschaftsmanagers Sir Joseph Banks (1743-1820). Solander und sein Landsmann Jonas Dryander (1748 – 1810) erarbeiteten einen umfassenden Pflanzenkatalog der
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königlichen botanischen Gärten von Kew, der 1789 unter dem Titel »Hortus Kewensis« in drei Bänden erschien.21 Auch wenn das Titelblatt den damaligen Direktor des Gartens, William Aiton (1731 – 1793), als Verfasser angibt, hatte die Hauptlast doch bei den beiden Schweden gelegen.22 Zwar gab der »Hortus Kewensis« den Viridis einstweilen auf, doch erschien andererseits das vorliegende Herbarmaterial zum verbleibenden Bohea zu uneinheitlich. Die Autoren arbeiteten die Idee heraus, dass es innerhalb jener Art auch Varietäten geben könne, und die Thea bohea wurde nun in eine α- und eine β-Unterart eingeteilt. Die laxa genannte α-Unterart weise breitere Blätter auf (»Broad-leav’d Tea«) als die stricta (»Narrow-leav’d Tea«). Die Frage nach »grün« oder »schwarz« wurde ausgeklammert ; dabei erwies sich die Schöpfung der Thea stricta als β-Unterart als höchst wackeliges Konstrukt, gründete sich diese doch auf eine einzige Pflanze, die in England aus einem Samen aufgezogen worden war.23 Die Pflanzenliebe trieb in Großbritannien viele Blüten, und bald beschäftigten sich nicht mehr allein professionelle Botaniker in Kew, sondern auch eine immer breitere interessierte Öffentlichkeit mit dem Reich der Flora. Viele Briten entwickelten sich im Laufe der Zeit von Amateurgärtnern zu genauen Kennern und Liebhabern exotischer Pflanzen. Der im Glashaus kultivierte Farn wurde zum Prestigeobjekt, und allgemeinverständliche botanische Publikationen wuchsen wie Pilze aus dem Boden. Von erheblicher Reichweite war das seit 1787 bis heute erscheinende, üppig illustrierte »Curtis’s Botanical Magazine«. Darin stellten renommierte Botaniker und herausragende Künstler exotische Pflanzen in Wort und Bild einer breiteren Öffentlichkeit vor. 1807 widmete sich ein Artikel auch dem Tee und lieferte den Leserinnen und Lesern nicht nur eine hochwertige, präzise Illustration, sondern auch einen weiteren taxonomischen Zuordnungsversuch. Wie im »Hortus Kewensis« wurde auch hier von einer einzigen Art Tee ausgegangen, womit sich die Frage nach unterschiedlichen Pflanzen auf die Ebene der Varietäten verlagerte. Laxa und stricta verschwanden dabei wieder und wurden durch bohea und viridis, dieses Mal aber als Varietäten und nicht mehr als Arten, ersetzt.24 Letztere repräsentierten in »Curtis’s Botanical Magazine« allerdings wiederum schwarzen und grünen Tee, womit sich der Irrglaube um die Farbe der Blätter nun dauerhaft auch unter der interessierten Öffentlichkeit festgesetzt haben dürfte.25 Trotz mancher Neuinterpretation wagte es lange Zeit zudem niemand, an Linnés Bestimmung des Tees als eigenständiger Gattung zu rütteln. Erst mit dem Aufkommen des sogenannten »natürlichen Systems« in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr sein Prinzip, Pflanzen anhand der Sexualorgane zu klassifizieren, Konkurrenz. Daneben führte aber auch das Aufkommen neuer
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praktischer Untersuchungsmethoden wie der stark an Bedeutung gewinnenden Mikroskopie zu einem anderen Blick auf die Pflanzen und zur Festigung der Physiologie als neuer Teildisziplin der Botanik. All diese Trends ließen auch den Blick auf den Tee nicht unberührt.26 Neben Schweden, Großbritannien, aber auch Frankreich, entwickelte sich nun vor allem Deutschland zu einem Mittelpunkt der Teeforschung.27 Zwei Berliner Gelehrte taten sich hier besonders hervor : Friedrich Gottlob Hayne und Heinrich Friedrich Link. Der Apotheker Hayne (1763 – 1832) botanisierte nicht nur in seiner Freizeit, sondern beschäftigte sich auch intensiv mit den Inhaltsstoffen von Pflanzen. Seit 1814 lehrte er als außerordentlicher, ab 1828 als ordentlicher Professor für pharmazeutische Botanik in Berlin. Hier griff er die Tee-Debatte auf, sah aber in Linnéscher Tradition Unterschiede auf der Ebene der Arten und keine Varietäten. Auch wenn Hayne in dieser Hinsicht einen Schritt hinter seinen britischen Kollegen zurückblieb, führte er als wichtige Innovation 1821 anstelle der Blätter und Blüten neue Unterscheidungsmerkmale wie Zweige, Blattstiel, Samenkapseln, Samen und Keimlinge ein. Er betonte, dass es nicht allein auf Blattgröße und Blüten, sondern insbesondere auch auf die Samenkapseln ankomme. Auf dieser Grundlage konstatierte er nunmehr sogar drei Arten und erläuterte : »Mir ist durch den hiesigen botanischen Garten Gelegenheit geworden, alle drey Arten genau beobachten zu können, so, dass ich von ihnen auch eine vollständige Zergliederung der Blume und Frucht geben kann.«28 Den »Hortus Kewensis« infrage stellend, machte er aus der Varietät eine ganz eigene Spezies : »… ja, ich erdreiste mich sogar, die … Thea Bohea β stricta, hier als eigene Art erscheinen zu lassen.«29 Aus den »kurzen« oder eigentlich »schmalen« Blättern im »Hortus Kewensis« machte Hayne in freier, nicht ganz einleuchtender Übersetzung seine »straffen« Blätter und beschrieb diese Art »mit länglich-ovalen und länglich-umgekehrt-eyrunden Blättern, geraden Blattstielen und dreylappigen, birnförmigen Früchten.« Dieser Thea stricta stellte er die Thea bohea gegenüber, »mit umgekehrt-eyrunden und länglich-umgekehrt-eyrunden Blättern, aufwärts gebogenen Blattstielen und fast dreylappig-birnförmigen Früchten.« Die Thea viridis gebe sich wiederum »mit umgekehrt-eyrund-lancettförmigen und umgekehrt-eyrund-länglichen Blättern, geraden Blattstielen und dreylappig-niedergedrückten Früchten.« Trotz seiner neuen Unterscheidungsmerkmale blieb Hayne Linnés Farbkonzept treu, stellte nunmehr aber zusätzlich neben den »grünen« (viridis) und den »braunen« (bohea) den »straffen Thee«. Während sich Hayne in die Debatte um Art und Varietät einbrachte, wurde fast zur selben Zeit ebenfalls in Berlin über die Frage der Gattung und über das
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botanische Verhältnis zwischen Kamelie und Tee diskutiert. Lange Zeit hatte Linnés Diktum gegolten, dass beide Pflanzen so gut wie nichts miteinander zu tun hätten. Dass Kamelie und Tee möglicherweise aber doch ein und derselben Gattung angehörten, war bereits um 1800 vom englischen Botaniker John Bellenden Ker Gawler (1764 – 1842) vermutet worden ; seine Annahme hatte sich aber in Ermangelung einer ausreichenden Vergleichsbasis noch nicht durchgesetzt. Einige Zeit später griff der Berliner Botaniker Heinrich Friedrich Link (1767 – 1851) das Thema auf. Der aus Hildesheim stammende Link hatte nach dem Studium in Göttingen und Professuren in Rostock und Breslau die Leitung des Botanischen Gartens von Berlin übernommen, den er zu weltweiter Bekanntheit führte.30 Auch als bedeutender Physiologe machte er sich einen Namen.31 Im zweiten Band seiner »Enumeratio plantarum Horti Regii Botanici Berolinensis« ordnete Link Bohea und Viridis 1822 erstmals in die Gattung der Kamelien ein.32 Damit seien die Pflanzen nicht nur auf das Engste miteinander verwandt, viel mehr noch, der Tee sei selbst sogar eine Kamelie. Es war es indes zu früh, als dass sich diese richtige Einsicht international durchgesetzt hätte. So beschrieben Alfred Chandler und William Beattie Booth 1831 in einer reich illustrierten Publikation zu den Kameliengewächsen Camellia und Thea immer noch als zwei getrennte Gattungen.33 Mehr als ein Jahrhundert lang sollte die Frage unentschieden bleiben. Im Reich der Pflanzenjäger Wo fand sich in der damaligen Wahrnehmung aber überhaupt die Heimat all dieser Pflanzen ? Im 18. Jahrhundert, als der in Europa getrunkene Tee ausschließlich aus Ostasien kam, war klar gewesen, dass eine vermeintliche Urheimat nur dort liegen könne. Lettsom hatte 1772 notiert, die Pflanze müsse aus China oder Japan, wenn nicht gar aus beiden Ländern zugleich, stammen.34 Auch ein halbes Jahrhundert später verkündete Hayne noch : »Das Vaterland der Thea stricta ist unstreitig, wie das der beiden anderen Arten, ebenfalls China und Japan, und man wird daselbst auch von ihr, eben so wie von diesen, mehrere der im Handel vorkommenden Theesorten sammeln.«35 Die Tage jener pauschalen Definition waren damals aber bereits gezählt. Immer offensichtlicher wurde dabei, dass dieses Geheimnis nicht vom Schreibtisch in Europa aus würde gelöst werden können. Dass der Tee als botanisches Studienobjekt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun derts in Europa immer bekannter wurde, lag in der Tat kaum mehr allein an den feineren Methoden der Stubengelehrten, sondern in mindestens gleicher Weise
Im Reich der Pflanzenjäger
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an ersten systematischen Feldforschungen in Asien. Eine noch sehr kleine Zahl an Sammlern brach auf, um auf abenteuerlichen und teils gefährlichen Expeditionen durch die Dschungel des Orients auf Pflanzenjagd zu gehen. Zunehmend wurden dabei außerhalb der eigentlichen Anbaugebiete Chinas in freier Natur wachsende Teepflanzen und deren Verwandte aus der Gattung der Kamelien entdeckt. Das gilt etwa für die Camellia kissi Wall., die dem Tee stark ähnelt, botanisch aber doch eine eigenständige Kamelienart darstellt. Der kleine, bis zu 8 m hohe Baum war bereits 1802 vom schottischen Botaniker Francis Buchanan (1762 – 1829) in Nepal ausgemacht worden. Aber erst der langjährige britische Resident in Kathmandu, Edward Gardner (1784 – 1861), beschäftigte sich intensiver mit der Pflanze und fragte, ob aus ihr nicht ebenso wie aus dem Tee ein wohlschmeckender Aufguss bereitet werden könne. Mit dieser Idee wandte er sich an den ehrwürdigen Botanischen Garten der britischen East India Company in Kalkutta. Dessen Direktor Nathaniel Wallich (1786 – 1854) legte er die einem Brief beigefügten Blätter wärmstens ans Herz. Er solle eine Teekanne zur Hand nehmen und jene auf ganz gewöhnliche Weise zubereiten. Mit Zucker und Milch sei der Aufguss durchaus bekömmlich.36 Auch wenn das Ergebnis der Geschmacksprobe nicht überliefert ist, lag damit überhaupt nachweislich das erste Mal der Gedanke auf dem Tisch, der Tee und seine engsten Verwandten seien vielleicht auch außerhalb Chinas zu finden. Obwohl Wallich bei der Camellia kissi eine gewisse Verwandtschaft mit der Teepflanze konzedierte, war die Zeit noch nicht reif. Die Angelegenheit blieb unbehandelt auf seinem Schreibtisch liegen, was sich erst änderte, als er 1834 aus der im Nordosten Indiens gelegenen Region Assam Herbarmaterial erhielt, das Wallich eindeutig als Tee identifizierte. Erstmals war die Pflanze Hunderte Kilometer von den chinesischen Anbauregionen entfernt entdeckt worden. Auf einer sogleich dorthin aufgebrochenen Expedition konnte der Direktor des Botanischen Gartens persönlich den wilden Assam-Tee in seinem natürlichen Habitat untersuchen. Aber erst John William Masters (1792 – 1873), der einige Zeit später die frühen britischen Versuchspflanzungen in Assam leitete, legte 1844 zwei kurze Betrachtungen zu dem bis dahin kaum erforschten Gewächs aus dem Nordosten Indiens vor. In der ersten setzte er sich mit der praktischen Erfahrung beim Anbau vor Ort auseinander, in der zweiten unternahm er unter dem Titel »The Assam tea plant, compared with the tea plant of China« auf acht Seiten den Versuch, ersteren taxonomisch einzuordnen. Masters konstatierte, dass die neu entdeckten Pflanzen und die aus China bekannten Sorten so gut wie keine Unterschiede aufwiesen und alle der Gattung Thea angehörten. Die chinesische Thea viridis verfüge allenfalls über etwas
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kleinere Blätter, mit der Thea bohea sei der Assam-Tee identisch. Aber für die Zukunft konnte ja niemand wissen, und daher nahm er sich vorsichtshalber das Recht auf die Namensgebung heraus : Thea assamica Masters.37 Heute wird der Assam-Tee nicht mehr als Art, sondern als Varietät geführt, trägt aber immer noch den Namen des Erstbeschreibers. Fast zur selben Zeit klärte sich auch endgültig auf, dass schwarzer und grüner Tee von ein und derselben Pflanze stammten. Diese Entdeckung war das Verdienst des schottischen Gärtners und Pflanzensammlers Robert Fortune (1812 – 1880), der im Dienste der Royal Horticultural Society stand. Drei Jahre lang war er auf seiner ersten großen Sammelexpedition im Reich der Mitte unterwegs und brachte dabei zahllose unbekannte Pflanzen auf den Weg nach Großbritannien. Viele davon fanden als beliebte Gartengewächse in Europa eine neue Heimat. Das Botanisieren in China erwies sich dabei als nicht ungefährlich, denn Europäern war der Zugang zum Landesinneren eigentlich verwehrt und leicht hätte einen die Entdeckung das Leben kosten können. In einheimischer Tracht gelang es Fortune aber, unerkannt zu bleiben, wichtige Teeanbauregionen zu besuchen und die Verarbeitung der Blätter kennenzulernen. Dabei überkam Fortune bald die Ahnung, dass es die seit Hill die botanische Literatur bevölkernden Schwarz- und Grünteepflanzen überhaupt nicht gab. Spätestens während zweier weiterer Expeditionen, die er im Auftrage der britischen Ostindienkompanie unternahm, wurde ihm klar, dass der Unterschied allein in der Verarbeitung lag. So tritt während des Rollens des geernteten Blattes Zellflüssigkeit aus. Gerät diese in Kontakt mit Sauerstoff, so oxidiert das Blatt und wird dunkel. Wird die Oxidation gleich zu Beginn durch Erhitzen unterbrochen, bleibt es grün. In seinen Reiseerinnerungen »Wanderings in China« (1846) und »A Journey to the Tea Countries of China« (1852) verwies Fortune Hills und Linnés hartnäckig bewahrte Vorstellung vom Bohea und dem Viridis in das Reich der Legende. Auch die deutschen Leserinnen und Leser erfuhren, dass von jeder Pflanze »sowohl schwarzer als grüner Thee gemacht werden könne, und dass der Unterschied …, was die Farbe betrifft, von deren Behandlung, und zwar von dieser allein abhänge.«38 Hills und Linnés falsche Interpretation verschwand nun tatsächlich innerhalb kurzer Zeit aus den Lehrbüchern, was erneut Raum für die nach wie vor ungeklärte Gattungsfrage schuf. Jahrzehnte nach Links Feststellung der engen Verwandtschaft des Tees mit der Kamelie erfuhr der Berliner Botaniker durch den weitgereisten Carl Ernst Otto Kuntze (1843 – 1907) Bestätigung. Der in Leipzig geborene Kuntze hatte nach einer pharmazeutischen Ausbildung als Handelsgehilfe gearbeitet und in dieser Zeit seine Liebe zur Botanik entdeckt.
Im Reich der Pflanzenjäger
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Auf ausgedehnte Reisen, zunächst durch Deutschland und die Alpenländer, folgten erste Fachveröffentlichungen. Schließlich brach der Amateurforscher nicht nur nach Italien und Frankreich, sondern zu zwei veritablen Weltreisen und einer Expedition nach Südamerika auf. Mit seinen autodidaktisch erworbenen Kenntnissen erarbeitete er sich im Laufe der Zeit eine Reputation als angesehener Botaniker und wagte sich schließlich auch an komplexe taxonomische Herausforderungen. 1891 erschien seine kühne und bald auch heftig in die Kritik geratende »Revisio Generum Plantarum«, mit der er massiv in die hergebrachte Nomenklatur eingriff und zahllose etablierte Pflanzenzuordnungen revidierte. Auch wenn manches im Nachhinein als fragwürdig erscheint, war doch seine an Link angelehnte Bestimmung des Tees als eine Art innerhalb der Gattung Kamelie korrekt.39 Als die »Revisio« erschien, hatte Kuntze den Tee in Asien längst kennengelernt und war sich seiner Sache sicher. Gut versteckt hatte er schon zehn Jahre zuvor in seinem Reisebericht »Um die Erde« ganz am Ende im Index unter dem Eintrag »Thee« vermerkt : Dieser »… muss aber nach Prioritätsgesetzen Camellia chinensis benannt werden.«40 1887 ergänzte er an ebenfalls nicht leicht zu findender Stelle in der Zeitschrift des Botanischen Gartens von St. Petersburg : »Anstatt der falsch gebildeten Namen … habe ich wohl zuerst den regelrechten Namen Camellia sinensis O. Kuntze … angewendet.«41 Die Eitelkeit des Forschers gebot es, die taxonomische Einordnung auch mit dem eigenen Namen zu würdigen, während Links mindestens ebenso berechtigter Name aus den 1820er Jahren in der Schublade veralteter Nomenklatur verschwand. Nicht zufällig brachten die Jahrzehnte um 1900 den bis dahin größten Erkenntnisschub für den westlichen Kulturraum mit sich, denn in jener Zeit expandierte die koloniale Teeproduktion in Indien, Niederländisch-Indien und auf Ceylon in bis dahin nie gekannter Weise. Züchtungen spielten eine immer größere Rolle, und deren Schöpfung setzte eine möglichst genaue Kenntnis der Pflanze voraus. Mit der Gründung von Teeforschungsinstituten in den Anbauregionen bildete sich eine tiefe wissenschaftliche Expertise heraus, und immer mehr Botaniker wagten sich nun in die tiefsten Dschungel Asiens weit abseits der kommerziellen Plantagen vor. Sorgfältig wurden feinste Unterschiede bei der Größe der Blätter, dem Ansatz der Blattstiele oder bei der Blüte und den Früchten notiert ; und mit dem nun stark anwachsenden Vergleichsmaterial konnte erneut das Problem der Varietäten aufgegriffen werden. Der schottische Botaniker und Arzt George Watt (1851 – 1930) steht stellvertretend für diese Entwicklung. Er war 1873 als Professor für Botanik an das Presidency College in Kalkutta berufen worden. Neben der Lehre betrieb er in-
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tensive Feldforschungen und baute ein großes Herbarium auf. Neue Erkenntnisse gewann er vor allem während eines längeren Aufenthaltes in der fernen Grenzregion zwischen Nordostindien und Birma (Myanmar). 1883 war Watt an der Vorbereitung einer großen Leistungsschau des kolonialen Indien, der Calcutta International Exhibition, beteiligt, wofür er einen voluminösen Nutzpflanzenkatalog herausgab. Auch der Tee wurde stichpunktartig darin aufgenommen. Einige Jahre vor Kuntzes »Revisio« dachte Watt noch im Linnéschen Geiste und definierte den Tee als eigene Gattung, während er von Varietäten noch keine Vorstellung besaß.42 Erst eine neue Erfahrung erweiterte seinen Denkhorizont. 1894 unternahm Watt eine Reise durch die schon damals ausgedehnten Teeanbaugebiete Indiens. Oft wurde der renommierte Forscher dabei von örtlichen europäischen Pflanzern angesprochen, wie sich die Sträucher mit ihren unterschiedlichen Merkmalen unterscheiden ließen und welche davon sich wohl am ehesten für einen profitablen Anbau eigneten. Watt konnte sein umfangreiches Erfahrungswissen als Pflanzenjäger vorweisen und versuchte als Erster, am lebenden Beispiel im natürlichen Habitat Varietäten zu definieren. Gleichzeitig übernahm er nun Links (aber noch nicht Kuntzes) Gattungsbegriff. Er geriet allerdings ein wenig über das Ziel hinaus, denn auf der Grundlage oft nur sehr weniger Belegexemplare definierte er viele vermeintliche Varietäten wie Assam Indigeous, Lushai, Naga Hills, Manipur, Burma and Shan, Yunnan and Chinese, Formosa, Lasiocalyx, Stricta sowie Bohea.43 Sicherlich unbeabsichtigt eröffnete er damit einen Wettlauf um die genaueste Beschreibung von Varietäten. Dessen Resultat ist eine stattliche Liste von um die vierzig verschiedenen Namen, denen in der Fachliteratur aber meist nur ein kurzes Leben beschieden war. Heute würden Watts Pflanzensorten eher unter der Bezeichnung »Kultivare« durchgehen, womit Züchtungen oder Selektionen gemeint sind, die auf Grund ihrer Ähnlichkeiten untereinander nicht als eigenständige Varietäten gelten. Es fällt auf, dass Watts Benennungen teils etablierte Namen aufgriffen, teils seinen eigenen Reiserouten folgten. Ein Forscher, der andere Regionen besucht hätte, wäre vermutlich zu anderen Resultaten und Namen gelangt. So finde sich die Camellia thea Link, var. Bohea seiner Einschätzung nach als Kulturpflanze vor allem in den Plantagen Südindiens. Camellia thea Link, var. viridis sei wiederum der einheimischen Assam-Varietät sehr ähnlich. Letztere sei ihrerseits die am häufigsten in Indien angebaute Sorte und verfüge, was die Sache noch komplizierter machte, über eine Reihe an Sub-Varietäten. Weitere Varietäten ordnete er Kleinstregionen zu, wie den »Lushai«, der nur um die Orte Sylhet und Chittagong zu finden sei.44
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Inmitten der Fülle der Namen und vermuteten Unterarten setzte sich auf lange Sicht als Konsens doch immerhin die bis heute gültige Vorstellung durch, dass es zumindest zwei weit verbreitete Varietäten gebe, die sich anhand ihrer Gestalt eindeutig voneinander unterscheiden lassen – die großblättrige, an das feuchtwarme Tieflandklima angepasste Camellia sinensis var. assamica und den klassischen, kleinblättrigen, an größere Höhen gewöhnten China-Tee, die Camellia sinensis var. sinensis. Auf der Suche nach dem »wilden« Tee Mit der Entdeckung der vermeintlichen und tatsächlichen Varietäten tauchte die Frage auf, ob diese überhaupt alle natürlichen Ursprungs seien oder ob es sich nicht lediglich um verwilderte Kulturpflanzen handele. Aus heutiger Perspektive lässt sich kaum mehr beantworten, was »wilder« Tee eigentlich sei, denn es ist nicht feststellbar, wann genau und unter welchen Umständen eine wilde Pflanzenart möglicherweise durch Selektion in Kultur genommen wurde. Um 1900 spielten solche methodischen Erwägungen noch kaum eine Rolle, und die Frage, wer denn nun eigentlich den vorgeblich echten »wilden« Tee entdeckt habe, war stattdessen Prestigesache. »Wild« bedeutete damals unkultiviert und bezog sich auf Pflanzen, die irgendwo im Dschungel weitab einer Plantage entdeckt worden waren. 1908 wurde das Rennen von Watt selbst eingeleitet, der die von ihm – natürlich – selbst beobachtete Thea viridis mit ihren großen Blättern für den wahren »wilden« Tee hielt. Aber auch seine Manipur-Varietät deklarierte er als »wild«45. Sehr spekulativ machte solche Erwägungen das Problem, dass im Gegensatz zum Nordosten Indiens der in China wachsende, nicht kultivierte Tee weiterhin kaum untersucht war, was Vergleiche verhinderte.46 Einschlägige Forschung stellte eine Angelegenheit der kolonialen Staatlichkeit dar, und es war für Euro päer lange Zeit praktisch unmöglich, sich außerhalb der nach den Opiumkriegen geöffneten sogenannten Vertragshäfen länger in China aufzuhalten. Die seinerzeitigen Expeditionen Robert Fortunes hatten sich als lebensgefährlich erwiesen und sollten sich so bald nicht wiederholen. Eine der wenigen Möglichkeiten, sich freier im Land zu bewegen, stellte eine offizielle Anstellung bei den chinesischen Behörden dar. Hier bot sich in erster Linie der kaiserliche Zoll an, der seit den 1850er Jahren fest in der Hand der (vermeintlich weniger korruptions anfälligen) Europäer lag. Dort arbeitete seit 1881 auch der aus Nordirland stammende Augustine Henry (1857 – 1930), der die ihm zur Verfügung stehende großzügig bemessene Freizeit zum Botanisieren nutzte. Im Laufe seines langen
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Aufenthaltes in Ostasien führte Henry ausgedehnte Expeditionen in die hintersten Winkel des riesigen Reiches durch, wobei er zunehmend auch mit einheimischen Sammlern kooperierte. Einer seiner begabtesten Mitarbeiter, ein gewisser Ho, stieß immerhin im Mai 1896 inmitten unberührten Dschungels am Roten Fluss im Grenzbereich zu Vietnam auf nicht kultivierte Teepflanzen von bis zu 10 m Höhe.47 Indien und China rückten auf der botanischen Landkarte immer dichter zusammen ; ein einheitlicher Vegetationsraum des nicht kultivierten Tees kristallisierte sich allmählich heraus. Dabei drängte das zunehmende Wissen schließlich die Vermutung auf, dass die Heimat des Tees nicht allein im Reich der Mitte, sondern irgendwo zwischen Indien und China liege. Präzise formulierte erstmals Combertus Pieter Cohen-Stuart (1889 – 1945) vom Botanischen Garten in Buitenzorg ( Java) 1919 einen Raum zwischen Indochina, dem äußersten Südwesten Chinas und dem Südosten Tibets hypothetisch als vermeintliche »Urheimat«.48 Diese Annahme erscheint aus heutiger Sicht plausibel, finden sich doch nach gegenwärtigem Wissensstand auch die Ursprünge anderer globaler Nutzpflanzen, wie Reis, Bananen, Zitrusfrüchte und Taro, in jener Region.49 Während die Pflanzenjäger zwischen Indien und China immer mehr Wissen ans Tageslicht beförderten, blieb die eigentlich schon von Link und Kuntze beantwortete Frage nach dem Verhältnis zwischen Tee und Kamelie weiter umstritten. Denn auch ein großer Name reichte im 20. Jahrhundert nicht mehr aus, um einer taxonomischen Einordnung Unsterblichkeit zu verleihen. Noch Mitte der 1930er Jahre hielten ausgewiesene Fachleute wie William Ukers und Andreas Sprecher von Bernegg die Thea für eine eigene Gattung.50 In mehrerlei Hinsicht führte erst das Jahr 1950 zur dauerhaften Zuordnung des Tees als Art der Gattung Kamelie. So griff einerseits Sirō Kitamura (1906 – 2002) in einer japanischen Zeitschrift Kuntzes Bezeichnung nach langer Zeit erstmals wieder auf.51 Zur gleichen Zeit fand bei der Londoner Royal Horticultural Society eine Konferenz über die Kamelie statt, auf der Robert Sealy (1907 – 2000), Botaniker in Kew, dasselbe tat.52 Dabei betonte dieser nicht nur die enorme Vielfalt der Kamelien, sondern arbeitete Ähnlichkeiten des Tees mit anderen Arten jener Gattung heraus. Einige Zeit später definierte Sealy in einer weiteren Studie sogar eine Untergattung »Thea« mit dem Tee selbst und seinen engsten Verwandten aus dem Reich der Kamelien.53 Bald darauf ging die Camellia sinensis dauerhaft in den ehrwürdigen Index Kewensis ein, der sämtliche beschriebenen Pflanzen und deren Namen mehr oder weniger verbindlich auflistet. Ebenfalls 1950 wurde ein wichtiger Impuls zur Frage nach dem »wilden« Tee und dessen vermeintlicher Urheimat geliefert. So schuf der britische Pflanzen-
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Karte 1 Die vermutete Urheimat der Camellia sinensis und die frühe Ausbreitung der Teekultur.
sammler Frank Kingdon-Ward (1885 – 1958) unter Berücksichtigung pflanzengeografischer und klimageschichtlicher Gesichtspunkte ein Diffusionsmodell. Unter dem Titel »Does wild tea exist ?« machte der vielgereiste Botaniker in einem kleinen Aufsatz die Vergletscherung des nördlichen Asiens während der letzten Eiszeit für eine angebliche Wanderung der Teepflanze von Nord nach Süd verantwortlich. Kühn äußerte er die Vermutung, jene stamme ursprünglich aus dem nördlichen Asien, wenn nicht gar ganz aus der Arktis. Mit der letzten Kältephase habe sich ihr Vegetationsraum in südliche Richtung verlagert, wobei es zur Aufspaltung in zwei Varietäten gekommen sei. Während die China-Varietät entlang der Küstenregionen Chinas nach Süden gewandert sei, habe der Assam-Tee einen Weg weiter im Landesinneren genommen. Irgendwo unterwegs, in einem sogenannten »sekundären Zentrum«, habe sich vom Assam-Tee die damals vermutete »Khmer«-Varietät abgespalten.54 In der Tat ist seit langem bekannt, dass die Eiszeiten eine Fragmentierung von Pflanzenpopulationen bewirken konnten. Allerdings erschien dem Verfasser selbst seine eigene These am Ende doch zu gewagt, als er schrieb, es müsse auf jeden Fall auf weitere Beweise gewartet werden.55 Bis heute von Belang ist die Tatsache, dass Kingdon-Ward die Frage nach »wildem« Tee erstmals zum methodischen Problem machte. So hatte er nicht nur den Himalaya kennengelernt, sondern auch Tibet, China, Birma und Indien. Dabei bewegte ihn stets die Frage, ob überhaupt noch wilde Teepflanzen existierten und wenn ja, dann wo. Er erkannte, dass der Begriff »wild« für sich keine Absolutheit behaupten dürfe. Mancher Botaniker nehme nur zu gern für sich in Anspruch, den einzig wahren wilden Tee entdeckt zu haben, während der Vorgänger lediglich verwilderten gesehen habe, was als Seitenhieb gegen Watt ver-
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standen werden mag. Denn Letzterer habe selbsterklärtermaßen Jahrzehnte zuvor den angeblich wilden Manipur-Tee entdeckt ; nun konterte Kingdon-Ward, dass dieser keineswegs »wild« sei.56 Die Zweifel daran, dass wilder Tee je entdeckt werden könne, wurden auch von Thomas Eden, dem vormaligen Direktor des Teeforschungsinstituts von Britisch-Ostafrika, genährt, der die Suche danach 1958 für reine Spekulation erklärte. Dennoch grenzte Eden die vermutete Urheimat des Tees weiter ein und erarbeitete ein Kerngebiet im Bereich der Quellregion des Flusses Irrawaddy. Strahlenförmig habe sich jener von dort aus in Richtung China, Südostasien und Indien ausgebreitet. Es sei dabei möglich, dass sich mit der Migration von Menschengruppen entlang der Flusstäler die Pflanze und das Wissen um deren Nutzung in andere Regionen ausgebreitet hätten.57 Erstmals tritt der Mensch als Akteur in die Naturgeschichte des Tees ein. Neuere Forschungen Noch immer entzieht sich der Tee einer eindeutigen, unumstößlichen Beschreibung, auch wenn sich das Wissen um die bemerkenswerte Pflanze in den vergangenen Jahrzehnten wiederum beträchtlich erweitert hat. Schon längst ist die Forschung dabei keine koloniale Angelegenheit mehr. Mit der indischen und indonesischen Unabhängigkeit und dem allmählichen Aufstieg Chinas zur Großmacht konstituierte sich in diesen Ländern eine selbstbewusste postkoloniale Wissenschaft. Diese sorgte schließlich mit dafür, dass die seit Watt wuchernde Zahl an Varietäten wieder zurückging und sich bis heute eine überschaubare Nomenklatur herausbildete. Die Forschung kehrte dorthin zurück, wo sie, vom Westen stets ignoriert, vor sehr langer Zeit ihren Ausgang genommen hatte : nach China. Zu den Großen seines Faches zählte Hung-ta Chang (1914 – 2016), der ebenso wie Watt und Henry seine Erkenntnisse auf Feldstudien gründete und wichtige Beiträge zur Taxonomie leistete. Zwei von ihm beschriebene Varietäten tragen seinen Namen : Camellia sinensis var. dehungiensis (Hung T. Chang, H.S. Wang & B.H. Chen) T.L. Ming sowie Camellia sinensis var. pubilimba Hung T. Chang. Bei der dritten Varietät handelt es sich um den ursprünglichen Assam-Tee, der heute in der internationalen Nomenklatur als Camellia sinensis var. assamica ( J.W.Mast.) Kitam geführt wird.58 Aus Ostasien stammen auch neue Ideen zum Herkunftsproblem. Minoru Hashimoto von der japanischen Meijō-Universität verwarf noch um 1980 die
Neuere Forschungen
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Rekonstruktion einer »Urheimat« durch andere Forscher als reine Spekulation, um aber wiederum selbst zu spekulieren. So entwickelte sein Forscherteam die Hypothese, wonach jeglicher Tee aus den chinesischen Regionen Yunnan und Sichuan stamme. Nicht eingängig erscheint dabei seine Erklärung, dass die Heimat dort liege, wo sich heute eine Vielzahl besonders alter und hoher Bäume befinde. Denn selbst wenn diese bereits Jahrtausende hinter sich hätten, wäre das immer noch jung im Vergleich mit dem Alter der Camellia sinensis als Art.59 Wie bereits bei Watt, spricht aus Hashimotos Worten ein unverhohlen subjektiver Blickwinkel. So habe er selbst kürzlich Sichuan und Yunnan besucht und sei sich jetzt umso sicherer, dass die Urheimat nur dort liegen könne.60 Am Ende ist nicht mehr eindeutig zwischen botanischer Interpretation und persönlichem oder nationalem Ehrgeiz zu unterscheiden. So unternahm auch eine Botanikergruppe des indischen Teeforschungsinstituts von Tocklai in Assam 2012 eine Expedition in den äußersten Osten jenes Bundesstaates in die Nähe der Stadt Tinsukia. Dort wurden an mehreren Stellen Bestände von Assam-Teepflanzen mit ihren charakteristischen großen Blättern entdeckt, ähnlich denen, die ganz in der Nähe bereits in den 1830er Jahren gesammelt worden waren. Es konnte zunächst nicht festgestellt werden, ob es sich um aufgegebene, verwilderte oder um ganz »wilde« Pflanzen handele. Zwei Jahre später wollen indische Botaniker dann aber im assamesischen Distrikt Karbi Anglong eindeutig echte »wilde« Gewächse entdeckt haben.61 Während der indische Botaniker Uttam Baruah an die Existenz des »wilden« Tees in Assam glaubt, erscheint ihm das für das chinesische Yunnan unmöglich. Zwar gebe es dort teils mehrere Hundert Jahre alte Teebäume, doch könne dort unmöglich festgestellt warden, ob jene wirklich wild oder vielleicht vor langer Zeit doch kultiviert worden seien.62 Neue, aber teils immer noch widersprüchliche Antworten auf alte Fragen fand in letzter Zeit die Genforschung, und seit 2017 ist das Genom der Assam-Varietät vollständig entschlüsselt. Bereits ein Jahr zuvor erzielte der chinesische Pflanzengenetiker Lianming Gau einen Durchbruch, indem er die vermutete wilde »Khmer«-Varietät als Züchtung entlarvte. Eindeutig ließe sich hingegen die Camellia sinensis var. sinensis als eigenständige Varietät bestätigen ; andererseits teile sich die großblättrige Camellia sinensis var. assamica genetisch in Wirklichkeit in zwei separate Varietäten auf, von denen die eine im Südwesten Chinas, die andere im indischen Assam zu Hause sei – eine Vermutung, die Changs Einordnung widerspricht und sich bislang nicht in der internationalen Nomenklatur niedergeschlagen hat.63 Es scheint so, als sei Teeforschung nach wie vor Prestigesache – dereinst im Dienste der kolonialen Staatlichkeit, heute für unabhängige Gemeinwesen. Viel-
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leicht ist der echte wilde Tee bereits seit langem ausgestorben. Und auch die Erfolge modernster Wissenschaft können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Tee vermutlich niemals all seine Eigenschaften offenbaren wird und dass bei aller botanischen Klugheit immer auch ein Quantum Geheimnis in der Tasse verborgen bleibt.
2. Im Reich des grünen Tees
Legende und Wirklichkeit Die Teepflanze und das Tee-Wissen mussten einen langen Weg durch Zeit und Raum beschreiten, ehe die Nachkommen der einst wild im Dschungel wachsenden Blätter ihren Weg in die Kannen der Europäer fanden. Doch als unser Kontinent das Getränk im 17. Jahrhundert entdeckte, war es als transregionales Kultur- und Konsumgut im wahrsten Sinne des Wortes bereits fertig. Europa musste lediglich die in China schon seit langem entwickelten Konsumpraktiken übernehmen und den eigenen Bedürfnissen anpassen. Denn längst hatte der Tee in den ostasiatischen Hochkulturen Fuß gefasst ; längst hatten sich die wichtigsten Anbaugebiete und Sorten herauskristallisiert. Seit langem war auch bekannt, mit welchem Wasser und mit welchen Gerätschaften er am besten zuzubereiten sei. Und auch über die Frage nach dem medizinischen Nutzen hatte sich mancher Gelehrter im Reich der Mitte oder in Japan den Kopf zerbrochen, lange bevor das erste Präparat der Camellia sinensis in einem europäischen Herbarium auftauchte. Tee war Gegenstand öffentlicher Debatten, galt als Substitut für den Alkohol und wurde seit Jahrhunderten besteuert. Alles, was seit dem 17. Jahrhundert an Verarbeitungstechnik und sozialer Konvention hinzukam, bleibt im Blick jener Entwicklung Episode, auch wenn es für Europa noch so bedeutsam ist. Ein einziger, nicht unerheblicher Unterschied sticht gleichwohl heraus : Der Tee im alten Ostasien war grün, während der Westen später vor allem dem Schwarztee zuneigte. Um die europäische Romanze mit der Camellia sinensis in ihrer ganzen Breite zu verstehen, ist es notwendig, einen Blick auf die Frühgeschichte jenes einzigartigen globalen Gutes zu werfen. Dabei lässt sich allerdings nicht mehr eindeutig feststellen, wann und wo genau dessen lange Reise ihren Anfang nahm, auch wenn die obrigkeitlich gelenkte Meinung in China den Tee heute gern als urchinesisches Getränk sähe. Philologen, Historiker und Archäologen bemühen sich seit langem, die Anfänge zu entschlüsseln, doch in Ermangelung eindeutiger und aussagekräftiger Quellen gelingt das bislang nur lückenhaft. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die chinesische Schrift zunächst kein eigenes Zeichen für das Getränk kannte. Methodisch problematisch ist es andererseits, von den Praktiken rezenter tribaler Bevölkerungsgruppen auf eine Frühgeschichte zu schließen, wie es bisweilen geschieht. Wenn etwa bestimmte Bergvölker im Nordosten In-
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diens oder in Birma Teeblätter heute zur Anregung kauen oder als Salat zubereiten, so muss das vor Jahrtausenden nicht genauso gewesen sein.1 Gleichwohl lässt sich mit Hilfe des botanischen Wissens und der ältesten schriftlichen Überlieferung andeutungsweise eine Ausbreitungsrichtung der Teekultur rekonstruieren. So dehnte sich diese von einer hypothetischen »Urheimat« im weiteren Umfeld der Irrawaddy-Quelle nordostwärts über die heutigen chinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan bis zum 8. Jahrhundert in Richtung des am Ostchinesischen Meer gelegenen Fujian aus. Es ist anzunehmen, dass dieser Prozess auf zweifache Weise erfolgte : zum einen anfangs durch die Kultivierung bereits vor Ort existierender natürlicher Pflanzenbestände, zum anderen durch den physischen Transfer von Pflanzgut und die Anlage von Teegärten dort, wo die Camellia sinensis zuvor nicht beheimatet gewesen war. Als einigende Grundkonstante diente die Neigung des Untergrundes, denn allenthalben verbreitete sich die Kultivierung bevorzugt im Bergland. Die natürlichen, durch Klima und Boden gegebenen Grenzen mögen dabei durch Selektion und Zucht im Laufe der Zeit immer weiter in nordöstliche Richtung vorgeschoben worden sein. Dabei zeigte sich der Tee als vielseitiges und anpassungsfähiges Gewächs. Auch wenn er sich nicht, wie dereinst von Carl von Linné erhofft, im hohen Norden Europas heimisch machen ließ, so überwand die Pflanze doch im Laufe der Zeit immerhin etwa zehn Breitengrade in nördliche Richtung und eine Distanz von etwa 2000 km. Damit stellt sie ein wichtiges Beispiel für frühen, präkolonialen Pflanzentransfer dar, wie es zum Beispiel auch für den Reis oder den Zucker gilt. Auf dem Weg vom indischen-birmanisch-chinesischen Grenzgebiet in Richtung Ostchinesisches Meer überschritt die Pflanze eine wichtige Klimagrenze. So ist die hypothetische Urheimat subtropisch und stark vom Monsun klima geprägt. Die Durchschnittstemperatur unterliegt im Jahresverlauf nur geringen Schwankungen und bewegt sich zwischen 15 und 25° C. Umso ausgeprägter ist die Saisonalität der Niederschläge. Diese erreichen zwischen Juni und September ein monatliches Maximum von beachtlichen 1000 mm, sind andererseits in den Wintermonaten mit jeweils etwa 15 mm zu vernachlässigen. Ganz anders stellen sich die Bedingungen in den wichtigen Anbaugebieten Chinas dar, die von warmgemäßigtem Klima geprägt sind. Die Niederschläge sind hier insgesamt geringer, aber auch gleichmäßiger über das Jahr verteilt. So bringt es etwa die Stadt Hangzhou in der Provinz Zhejiang, aus deren Nähe der berühmte Drachenbrunnen-Tee stammt, auf etwa 180 mm im Juni. Doch auch im Dezember und Januar fallen immer noch jeweils an die 40 mm. Umso größer sind hier die jährlichen Temperaturschwankungen. Während die Durchschnittstem-
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peratur im Januar bei etwa 5° C liegt und dabei immer auch mit Frost gerechnet werden muss, steigt sie bis zum Juli auf etwa 30° C an. Mit ihrer räumlichen Ausdehnung überwand die Teekultur aber nicht allein Grenzen zwischen den Klimazonen, sondern ließ auch politische Schranken hinter sich. Ihren Anfang nahm sie im tribal geprägten Raum, in dem keine Staatsstrukturen im modernen Sinne existierten. Aber auch Yunnan und Sichuan, wo sie wichtige Zwischenstationen einlegte, gehörten lange Zeit nicht zum kaiserlichen China, sondern existierten als unabhängige Staaten. Das eigentliche, durch die Han-Kultur geprägte China lag deutlich nördlicher im Bereich des Gelben Flusses und des Flusses Wei. Die Expansion der Teekultur und die Ausdehnung des chinesischen Kaiserreichs stellen zwei gegenläufige Bewegungen dar. Wann beide Phänomene enger miteinander in Kontakt traten, ist nicht überliefert. Die Quellen belegen aber, dass die Camellia sinensis spätestens im 8. Jahrhundert n. Chr. fest in die Konsumwelt des kaiserlichen China integriert und damit im eigentlichen Sinne »sinisiert« war. Parallel zu jenem Prozess entwickelten sich spezifische Verarbeitungstechniken. Ein Teeblatt kann praktisch frisch vom Baum oder Strauch zu einem Getränk aufgebrüht werden. Um es aber zu konservieren und damit auch als Handelsgut brauchbar zu machen, bedarf es der mechanischen Behandlung. Am Anfang stand vermutlich das einfache Trocknen in der Sonne, woraus sich im Laufe der Zeit ein komplexer Produktionsprozess entwickelte. Dabei mögen die Menschen beobachtet haben, dass sich mit der Verarbeitung auch die Aromen wandelten, dass sich aber ebenso durch die Zugabe natürlicher Zusätze wie Blüten oder Salz der Geschmack verändern ließ.2 Ein Text aus der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. berichtet über die Verarbeitung von Blättern, bei denen es sich aber nicht unbedingt um Tee gehandelt haben muss. So solle aus dem Erntegut mit Hilfe von Reispaste eine Art gepresster Kuchen hergestellt werden, der anschließend zu rösten sei. Entsprechende Öfen, in denen Letzteres durchgeführt werden konnte, sind in der Tat bereits aus der Zeit der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) überliefert.3 Die Vorstellung von einer allmählichen Ankunft des Tees im Herzen Chinas widerspricht allerdings den gängigen chinesischen Geschichtsprojektionen. Diese gehen von der Existenz eines zentralen, imperialen Staates bereits vor Jahrtausenden aus. Legendenhaft überlieferte frühe kaiserliche Dynastien beanspruchen bis heute Wirklichkeitsstatus, und kaum ist mehr zwischen Mythos und tatsächlich Geschehenem zu trennen.4 Auch der Tee ist spätestens seit der Tang-Dynastie (618 – 907) Bestandteil der offiziellen Erinnerungskultur, und eine vielleicht damals noch existierende Ahnung von der botanischen Herkunft der Pflanze
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irgendwo im fernen Südwesten wurde von einer mächtigen Legendenbildung überlagert. Diese vermittelt bis heute die Vorstellung, dass das Getränk nicht nur »uralt« sei, sondern dass seine Wurzeln in China und nirgendwo sonst lägen. Mit einer derartigen Idee ließ sich gut an die Legende eines chinesischen Urkaisertums anknüpfen. So wurde die Geschichte von drei angeblichen Urkaisern tradiert, die irgendwann im 3. Jahrtausend v. Chr. gelebt hätten. Der bekannteste von ihnen, Shennong, der sogenannte »heilige Landmann«, galt als Urvater des Ackerbaus und soll die Menschen gelehrt haben, den Boden zu pflügen, zu säen und die Früchte des Feldes zu ernten. Er verstand es aber auch, bei Dürre für Regen zu sorgen. Ebenso pflegte Shennong eine Passion für Medizin und Botanik und legte den Menschen bestimmte Nutzpflanzen ans Herz.5 Seit der Tang-Dynastie dient der Shennong-Mythos dazu, auch den Tee ganz im Sinne obrigkeitlicher chinesischer Historiografie zu einem archaischen chinesischen Getränk zu machen. Eine seitdem immer wieder erzählte Legende nahm ihren Anfang : Eines Tages habe der weise Shennong unter einem Baum gesessen, neben sich eine Schale mit heißem Wasser, wie er es zu trinken gewohnt war. Der Zufall wollte es, dass ein Blatt jenes Baumes in sein Trinkgefäß fiel und dort ein betörendes Aroma entfaltete. Neugierig probierte der Herrscher und fand den Aufguss ebenso wohlschmeckend wie belebend. Der Tee war entdeckt.6 Nach einer weiteren, offensichtlich deutlich jüngeren Überlieferung habe der »heilige Landmann« in seinem Interesse an Heilpflanzen einmal einhundert Gewächse an einem Tag probiert, von denen sich allerdings siebzig als giftig erwiesen hätten. In seiner Not entdeckte er in dem Tee ein effektives Gegengift, womit auch dessen medizinische Wirkung bewiesen war. Der Herrscher fand an all seinen Erkenntnissen Gefallen und führte den Tee schließlich als gesundes Getränk im Lande ein.7 In der Tat muss die Legende um eine beinahe 5000-jährige Geschichte des Tees auch heute noch als Beleg für die außerordentlich alte Zivilisation Chinas herhalten. Dem dient aber nicht nur die Geschichte um den »heiligen Landmann«, dessen Experiment mit den einhundert Pflanzen übrigens in keiner einzigen authentischen Quelle schriftlich überliefert ist. Sondern chinesische Forscher wollen auch in der Nähe des Ostchinesischen Meeres organische Überreste einer Teepflanzung entdeckt haben, die mit naturwissenschaftlichen Methoden auf ein erstaunliches Alter von 6000 Jahren datiert wurde. Damit hätten die frühen chinesischen Wurzeln der Teekultur von scheinbar unbestechlicher Seite nicht nur Bestätigung erfahren, sondern Shennong wäre sogar noch um ein gutes Jahrtausend übertroffen worden. Da der angebliche Fundort von Tianluoshan allerdings weit außerhalb eines rationalen Erwartungshorizonts liegt und die
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Abb. 6 Bodhidharma, dargestellt auf einem chinesischen Rollbild der Zeit um 1600.
eindeutige biochemische Identifikation bestimmter Pflanzeninhaltsstoffe nach so langer Zeit bislang problematisch erscheint, mögen Aussagekraft und Richtigkeit jener Untersuchungen erst einmal dahingestellt bleiben.8 Eine weitere Legende, deren Ursprünge möglicherweise auch in die TangZeit zurückreichen, führt an die Schnittstelle zwischen chinesischer Kultur und dem wachsenden Einfluss des Buddhismus im Lande. Dieser gilt gemeinhin als der große Ernüchterer Chinas, der den Konsum von Alkohol verbot und zurückdrängte. Zudem konnte aber auch die belebende Wirkung des Tees in den Dienst jenes Glaubens gestellt werden. So kam dem deutschen Arzt Engelbert Kaempfer im ausgehenden 17. Jahrhundert in Japan die Geschichte vom indischen Prinzen Bodhidharma zu Gehör. Bodhidharma, der sich in seiner Heimat als Mönch und Wanderprediger einen Namen gemacht hatte, soll 519 n. Chr. nach China aufgebrochen sein »und richtete sein ganzes Augenmerk dahin, dem Volke die Erkenntnis Gottes, wie ers nante, die wahre seligmachende Religion beizubringen.« Er lebte asketisch und zeichnete sich dadurch aus, »daß er alle Nächte … in der Betrachtung des höchsten Wesens durchwachte.« Das ging aber nicht immer gut, denn : »nach vielen durchwachten Jahren traf sichs, daß er, von langem Fasten erschöpft, endlich vom Schlaf überfallen war. Beim Erwachen
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empfand er so aufrichtige Reue über sein verletztes Gelübde und so dringende Begierde solches künftighin auf ewig zu verhindern, daß er seine beiden Augenlieder, als Werkzeuge des Verbrechens, abschnit und zürnend von sich warf.« Am darauffolgenden Tag erblickte der Prinz an der Stelle, wo die Augenlider den Boden berührt hatten, »eine wunderbar hervorgesproßne Staude.«9 Dabei habe es sich natürlich um nichts anderes als um den Tee gehandelt. Obwohl auch diese Darstellung in das Reich der Legende zu verweisen und überhaupt das erste Mal aus Kaempfers Hand überliefert ist, mag die spirituelle Begegnung des Buddhismus mit dem Tee einer wahren Grundlage nicht entbehren. In der Tat stammt jener Glaube aus Indien. Seit dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. hatte er sich über die bedeutenden, als Seidenstraße bekannten Handelswege Zentralasiens in Richtung China und später nach Japan ausgebreitet. In China anfangs vor allem von auswärtigen Kaufleuten gepflegt, fasste er schließlich mit der Gründung zahlloser Klöster auch unter der Bevölkerung Fuß und erlebte während der Tang-Dynastie eine Blütezeit. Immer wieder zog es buddhistische Mönche aus Indien in das Reich der Mitte, um dort zu lehren, Texte zu verfassen und teils auch Beraterfunktionen am kaiserlichen Hof auszuüben.10 Ein gleichnamiger Bodhidharma gilt einer anderen Legende zufolge als Gründer des sogenannten Ch’an-Buddhismus, der später unter der Bezeichnung Zen-Buddhismus in Japan Karriere machte. Die Ausübung jener Glaubensschule gründete sich weniger auf die Autorität der hergebrachten spirituellen Texte, sondern auf Rituale und Meditationsübungen.11 So durften die Mönche nach der Mittagszeit keine feste Nahrung zu sich nehmen ; Alkohol war grundsätzlich verboten. Mithin mag vor oder nach stundenlangem meditativem Sitzen die eine oder andere Schale Tee als Wachmacher gerade recht gekommen sein. Ein ähnliches Narrativ ist übrigens Tausende von Kilometern weiter westlich und Jahrhunderte später entstanden – im Jemen. Hier waren es muslimische Anhänger des Sufismus, die sich für ihre nächtlichen Rituale angeblich ebenfalls eines damals in Mode kommenden, belebenden Tranks bedienten – des Kaffees. Auf der Suche nach einem Namen Auch wenn Shennong und Bodhidharma nur in der Vorstellungswelt existieren, entfalteten die sich um sie rankenden Legenden eine enorme Wirkmächtigkeit. Diese macht es heute schwer, sich hinter einer Schicht fiktionaler Überlieferung den historischen Ursprüngen des Tees zu nähern. Dass Teeblätter bereits während der Han-Dynastie ein transregionales Handelsgut darstellten, bele-
Auf der Suche nach einem Namen
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gen mittlerweile archäologische Quellen. So wurden 2016 Spuren der Pflanze nicht nur in der einstigen Stadt Chang’an am östlichen Ende der Seidenstraße, sondern auch im Herzen Tibets entdeckt, die mit Hilfe biochemischer Untersuchungen nun tatsächlich eindeutig als Tee identifiziert werden konnten. Da Camellia sinensis an jenen Orten zu keinem Zeitpunkt hätte kultiviert werden können, ist davon auszugehen, dass sie vor etwa 2000 Jahren als Handelsgut dorthin gelangte.12 Von woher sie konkret stammte, bleibt unbekannt. Mit Teilen des östlichen Sichuan und dem östlichen Yunnan waren 316 v. Chr. sowie 109 v. Chr. zwei Regionen in das chinesische Kaiserreich integriert worden, in denen der Tee schon lange heimisch war.13 Weniger eindeutig sind die frühen schriftlichen Quellen. So ist nicht genau bekannt, welches Schriftzeichen vor der Zeit der Tang-Dynastie für das Getränk verwendet wurde und ob sich hinter den infrage kommenden Zeichen nicht auch andere Pflanzen oder Getränke verbargen. Drei Kandidaten werden von den Sprachwissenschaftlern in den Blick genommen : die Zeichen für »tu«, »ming« und »cha«. Die beiden erstgenannten Symbole wurden schon früh für eine pflanzliche Substanz oder ein daraus zubereitetes Getränk verwendet.14 Ein letzter Beweis, dass sich dahinter aber tatsächlich der Tee im heutigen Sinne verbarg, kann bislang nicht erbracht werden. Im Sinne eines Getränks taucht »tu« erstmals in dem humoristischen Text eines gewissen Wang Bao, dem sogenannten »Sklaven-Kontrakt«, aus dem Jahr 59 n. Chr. auf, der allerdings nur in einer deutlich späteren Abschrift überliefert ist. Jener nennt die Pflichten eines unbequemen und aufsässigen Sklaven, wozu auch der Kauf und das Aufbrühen von »tu« zähle.15 Später galt »tu« als Substitut für Alkohol. Erstmals begegnet uns letzteres Motiv in der sogenannten »Geschichte der drei Königreiche« des Hofhistorikers Wei Zhao aus der Zeit um 290 n. Chr. Dessen Brötchengeber, der Kaiser Sun Hao, soll dem Alkohol nicht abgeneigt gewesen sein. Um diesen von dem berauschenden Getränk fernzuhalten, habe ihm Wei Zhao einen anregenden Aufguss aus Pflanzen serviert, der bald beim Herrscher Gefallen fand.16 Ein außerordentlich mächtiger Diskurs um das Getränk als Ernüchterer nahm hier seinen Anfang, der sich über viele Jahrhunderte in China als ebenso einflussreich erweisen sollte wie anderthalb Jahrtausende später in Ostfriesland. Eindeutig für ein Getränk stand »tu« aber nicht in allen Texten. So bedeutete dasselbe Symbol um 300 n. Chr. auch »bitteres Gemüse« oder »holzige Pflanze«, wohinter sich durchaus, aber nicht notwendigerweise die Camellia sinensis mit ihrer leichten Bitterkeit verborgen haben mag. Bisweilen wird »tu«, das den Quellen zufolge auch bei Begräbniszeremonien Einsatz fand, heute als Gänsedistel
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oder Vogelknöterich interpretiert, könnte aber auch einfach »Baum« bedeuten.17 Vermutlich aus dem 4. Jahrhundert stammt die Aussage : »›tu‹ aus Fu-ling ist am besten«.18 Hier deutet sich an, dass es zu dieser Zeit bereits unterschiedliche Qualitäten jenes Produktes gab, die mit konkreten Herkunftsregionen verbunden wurden. Noch genauer fasst ein gewisser Guo Pu (276 – 324 n. Chr.) »tu« : »Die Pflanze ist ein kleiner Baum. … Die im Winter heranwachsenden Blätter können aufgekocht werden, um daraus eine Suppe zuzubereiten. Die später gepflückten Blätter heißen ming. … Die Menschen aus Sichuan nennen Letztere bitteres tu.«19 »Ming« als spät geerntetes und bitteres »tu« könnte vielleicht die aus späterer Zeit überlieferte zweite Tee-Ernte beschreiben. »Ming«, so wurde an verschiedener Stelle im 6. und 7. Jahrhundert notiert, lindere Geschwüre und Wunden, fördere das Wasserlassen, vertreibe die Schwermut und stille den Durst. Zudem halte es wach, schaffe aber auch bei Blähungen Abhilfe.20 Zu jener Zeit muss »ming« bereits seit längerem in der Bedeutung eines bitteren Getränks in Gebrauch gewesen sein und hatte als solches in der chinesischen Legendenwelt einen festen Platz. So soll ein gewisser Wang Su (464 – 501) in einer Phase territorialer Zersplitterung Chinas aus seiner Heimat im Süden geflohen sein und am Hof der im Norden regierenden Dynastie der Nördlichen Wei Zuflucht gefunden haben. Dort ertrug er allerdings den Geschmack des im Norden üblichen Joghurts nicht. Als Alternative genoss er das ihm von zu Hause bekannte Getränk »ming«. Dieses nahm er der Überlieferung nach in solch großer Menge zu sich, dass es allenthalben auffiel. Später habe sich Wang Su an den Joghurt gewöhnt. Eines Tages soll ihn der Nördliche-Wei-Herrscher aufgefordert haben, beide Getränke miteinander zu vergleichen. Die Antwort : »Ming« sei ein Sklave des Joghurts, was wohl bedeutete, dass Wang Su nunmehr den Tee vom Ansehen her unter die im Norden üblichen Milchgetränke stellte.21 Auch wenn die Geschichte keine historische Authentizität beansprucht, verdeutlicht sie dennoch den Dualismus zweier jeweils mit einer bestimmten Region assoziierter Getränke : Der Süden südlich des Flusses Jangtsekiang war die Heimat des »ming«, der Norden galt demgegenüber als Domäne fermentierter Milch, die auch am Hof der eigentlich aus den Steppen Zentralasiens stammenden Nördlichen Wei goutiert wurde. Noch dachte offenbar niemand daran, beide Getränke miteinander zu vereinen, und der mit Milch verfeinerte Tee blieb eine Erfindung späterer Jahrhunderte. Lange Zeit existierten die Bezeichnungen »tu« und »ming« nebeneinander und wurden in einigen Quellen vielleicht bereits als Tee im modernen Sinne verstanden. Zu einem unbekannten Zeitpunkt entwickelte sich aber aus dem Zeichen für »tu« durch das Weglassen eines kleinen Striches das damit fast
Lu Yu und das »Klassische Buch vom Tee«
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identische Symbol »cha«. Und schließlich bedeutete »cha« in den Kerngebieten Chinas tatsächlich ganz eindeutig »Tee«, womit eine bis heute reichende begriffliche Kontinuität ihren Anfang nahm. Aus Berichten über alte Felsinschriften, in denen sowohl »tu« als auch »cha« vorkam, ist zu vermuten, dass sich der Übergang in den Jahrzehnten um 800 vollzog. Diese Datierung korrespondiert mit der Entstehungszeit des berühmten Textes »Chajing«, bei dem erstmals überhaupt kein Zweifel mehr bestehen kann, dass mit »cha« Tee gemeint ist.22 Als »cha« trat der Tee schließlich seine Reise in viele Regionen der Welt an, wurde zum Beispiel in Russland zu »Tschai«, in Nordindien zum »Chai«, lebt aber auch in Gestalt des »Chai latte« im bundesdeutschen Supermarkt fort. In der Küstenregion um die Stadt Amoy, wo die Westeuropäer die geheimnisvollen Blätter aus dem Landesinneren zunächst kennenlernten, klang das ausgesprochene »cha« indes wie »the«. Auch dieser Laut machte Karriere, und aus dem um Amoy gesprochenen Wort ist die Bezeichnung des Tees im Deutschen, Englischen, Niederländischen, Dänischen und in einigen anderen Sprachen abgeleitet. Lu Yu und das »Klassische Buch vom Tee« Mit dem »Chajing«, dem »Klassischen Buch vom Tee«, trat das Getränk auf die historische Weltbühne. Erstmals überhaupt wurde es in jenem kurzen Werk, das es im modernen Druck gerade einmal auf etwa zehn Seiten bringt, in seiner Gesamtheit vom Anbau bis zum Genuss vorgestellt.23 Die Wirkung dieses uns nur aus einer Abschrift der Ming-Dynastie (1368 – 1644) erhaltenen Textes muss groß gewesen sein und dürfte zur Popularisierung des Tees in China beigetragen haben. Der Autor des »Klassischen Buchs vom Tee« ist Lu Yu (wobei der Familienname an erster Stelle steht). Nach übereinstimmender Aussage mehrerer Quellen war der um 733 geborene Lu Yu ein Findelkind, das als etwa Dreijähriger von einem buddhistischen Mönch adoptiert und in einem Kloster erzogen wurde. Das dortige Studium buddhistischer Texte behagte dem begabten Jungen nicht. Stattdessen fühlte er sich den klassischen Schriften des Konfuzianismus mit ihrer rationaleren Weltsicht verbunden. Der Ziehvater versuchte ihm die Neigung zum konkurrierenden Glauben und überhaupt zu allem Weltlichen auszutreiben und verpflichtete Lu Yu zum Reinigen der Latrinen, zum Anrühren von Mörtel und zum Hüten des Viehs. Diese Maßnahme zeitigte allerdings kaum Erfolg, und im Alter von dreizehn Jahren verließ jener das Kloster, um sich einer fahrenden Schauspieltruppe anzuschließen.24
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Auch wenn ihm das spirituelle Umfeld nicht behagt hatte, blieb Lu Yu doch zeit seines Lebens mit buddhistischen Gelehrten und ihrem religiösen Kosmos eng verbunden. Ebenso wichtig für sein späteres literarisches Schaffen ist die Tatsache, dass seine Heimat in der heutigen Provinz Hubei und damit im südlichen Teeland lag.25 Er habe schon im Kloster die richtige Zubereitung des Tees erlernt und soll es darin schließlich zu einer solchen Meisterschaft gebracht haben, dass der Ziehvater sein Lieblingsgetränk von niemand anderem als von Lu Yu persönlich zubereitet wissen wollte. Auch als Erwachsener verstand Letzterer mit seiner Passion keinen Spaß. So wurde über ihn berichtet, er habe einmal seine Dienerin ins Feuer gestoßen, da diese den ihr anvertrauten Tee über der Flamme verbrannt habe, anstatt ihn ordnungsgemäß zu rösten.26 Nach dem Verlassen des Klosters zog Lu Yu umher und machte sich einen Namen als Literat, der mit hohen Provinzbeamten des Kaisers ebenso wie mit Dichtern und Denkern Freundschaft schloss. Vor allem aber als Tee-Connaisseur wurde er bekannt. Bereits als Achtzehnjähriger soll er umfangreiches Wissen zur Pflanze gesammelt und Verkostungen durchgeführt haben. Sechs Jahre später zwangen ihn aber bürgerkriegsähnliche Unruhen, die als An-Lushan-Rebellion in die Geschichtsbücher eingegangen sind, seine Heimat einstweilen zu verlassen und weiter in Richtung Osten zu ziehen. Die Flucht nutzte er, um sich auch in anderen Regionen mit Kulturschaffenden zu vernetzen. Besonders engen Kontakt habe er dabei mit der bekannten Dichterin Li Ye gepflegt.27 Achtundvierzig Jahre lang soll Lu Yu der Überlieferung nach in der Region Jiangnan, in der Nähe des heutigen Shanghai, herumgezogen sein, unterbrochen von längeren Aufenthalten in klösterlicher Gemeinschaft. Er sammelte am heiligen Berg Mao Tee und übte sich in der Gewinnung der besten Wasserproben aus Gebirgsquellen. Daneben erwies er sich als fleißiger Schreiber und verfasste (heute allerdings nicht mehr erhaltene) Texte über Traumdeutung, Geschichte und Genealogie sowie Biografien. Er liebte die Einsamkeit und berichtete, dass er einmal in der Nähe eines Flusses eine Hütte gebaut, deren Tür geschlossen und ganze Tage nur gelesen habe. An anderen Tagen sei er manchmal bis tief in die Nacht hinein durch die Wildnis gestreift.28 Im Jahr 761 habe ihn bei einer Wanderung das Rezitieren eines Gedichtes zu Tränen gerührt. Er kehrte nach Hause zurück, bereitete sich einen Tee und begann, von Gefühlen überwältigt, sein »Chajing« niederzuschreiben.29 Dafür nahm er ausgiebige Feldstudien in den Teegärten der Umgebung auf und legte später selbst Pflanzungen an, um das Wachstum der Camellia sinensis zu beobachten. Als sich das »Klassische Buch vom Tee« der Vollendung näherte, verließ
Lu Yu und das »Klassische Buch vom Tee«
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Lu Yu die Einsamkeit, trat in den kaiserlichen Beamtendienst ein und soll seinem Vorgesetzten anstelle des verlangten Alkohols Tee serviert haben. Der öffentliche Dienst blieb Episode, und Lu Yu kehrte, als die Zeiten wieder friedlicher waren, in seine alte Heimat zurück. Noch im hohen Alter zog es ihn hier in die Berge, stets auf der Suche nach dem feinsten Tee und dem besten Quellwasser. Porzellanfiguren, die ihn nach seinem Tod als »Teegott« (»chashen«) darstellen, dokumentieren bis heute die ihm dargebrachte Reverenz.30 Lu Yus »Klassisches Buch vom Tee« besteht aus drei Teilen, die in insgesamt zehn Abschnitte gegliedert sind. Die Abschnitte 1 – 3 behandeln das botanische Wissen um die Pflanze sowie die für Verarbeitung, Ernte und Produktion notwendigen Gerätschaften. Dabei nennt der Verfasser insgesamt vierundzwanzig Utensilien, vom Behälter zum Dämpfen der Blätter über Schürhaken, Mühle, Abfallbehälter bis hin zu Reinigungstüchern und Aufbewahrungsgefäßen.31 Der vierte Abschnitt hat die bei der Zubereitung und dem Servieren verwendeten Objekte zum Gegenstand, weitere Kapitel widmen sich jeweils dem rechten Trinken des Tees, stellen ältere Quellentexte, die wichtigsten Anbaugebiete sowie Ausnahmen von den bis dahin getroffenen Feststellungen vor. Abschnitt 10 wiederum gibt Instruktionen zum Kopieren und Verteilen des Manuskripts des »Chajing«. Lu Yus Darstellung der Pflanze spiegelt das im ausgehenden 8. Jahrhundert in China vorhandene große botanische Wissen wider. In bildreicher Sprache stellt der Verfasser zunächst fest, dass die Blätter sich voneinander in tausend facher Weise unterschieden. Einige hätten die Form von Stiefeln, andere seinen so regelmäßig gewellt wie die Brust eines Büffels ; wiederum andere ähnelten den von den Bergen aufsteigenden Wolken oder den sanften Wellen auf dem Wasser, wenn der Wind darüberstreiche. Am besten gediehen die Blätter auf porösen, steinigen Böden oder solchen mit zumindest einem hohen Steinanteil. Am wenigsten sei lehmiger Untergrund geeignet, was sich mit dem heutigen Wissen deckt.32 Die Ernte finde jeweils im April oder Mai statt, wobei von jedem Zweig nur die drei bis fünf besten, jüngsten Blätter oder Triebspitzen gepflückt werden dürften. Geerntet werde ausschließlich bei Sonnenschein, nicht bei Regen oder auch nur Wolken. Bereits Lu Yu war auch bekannt, dass die Qualität des Getränks nicht nur von der Verarbeitung abhängt, sondern in mindestens ebenso großem Maße von der Anbaugegend. Aus dem »Chajing« geht hervor, dass sich die Kultur der Pflanze zu seiner Zeit bereits weit nach Osten vorgeschoben hatte. Der beste Tee solle aus der Grenzregion der Provinzen Jiangxi und Zhejiang stammen. Doch erfuhr jene Gegend schon bald Konkurrenz, und einige Zeit nach Lu Yu lobte wiede-
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rum der kaiserliche Tee-Kommissar Tchai Hsiang die hervorragenden Qualitäten aus der Provinz Fujian.33 Aus den geernteten Blättern wurden gemäß »Chajing« während der TangZeit kleine, gepresste Teekuchen produziert, deren Herstellung aufwendig war und die auch als Tribut an den kaiserlichen Hof gesandt wurden. Hierzu wurden die Blätter zunächst in einem aus Holz oder Keramik gefertigten Behältnis mit Löchern gedämpft. Dieses wurde dazu in eine mit Wasser gefüllte Wanne gestellt, die von einem darunter befindlichen Feuer erhitzt wurde. Das Dämpfen machte die Blätter zart und geschmeidig, bereitete sie für die nächsten Verarbeitungsschritte vor, veränderte aber auch das Aroma. Bereits unmittelbar danach sei laut »Chajing« anhand der Blattfarbe und -gestalt die Qualität des fertigen Produkts deutlich erkennbar. Weiche, flache und dunkle Blätter seien nur etwas für Menschen ohne Geschmack. Als besser erwiesen sich die gekräuselten, gelblichen, unebenen Bätter. Nur diejenigen Konsumenten, denen all diese als nicht gut genug erschienen, seien die wahren Kenner, wobei es sich bei der noch verbleibenden Qualität um die zarten, hellgrünen Triebspitzen gehandelt haben dürfte.34 Nach dem Dämpfen wurden die Blätter mit einem Mörser zu Brei zerstoßen, in kleine Formen gepresst und in einer Hütte über einer Feuergrube zu Teekuchen gebacken. Das baldige Backen gewährleistete, dass am Ende stets grüner Tee herauskam. Damit waren die frischen Teekuchen aber noch nicht dauerhaft haltbar, was erst durch das weitere Trocknen bei etwas milderer Hitze erreicht wurde. Schließlich waren die kostbaren Kuchen fertig, wurden sorgfältig verpackt und gingen als Handelsgut auf die Reise.35 Aus dem Teekuchen bereitete der Genießer schließlich seinen geliebten Trank zu. Dafür wurde ersterer zunächst geröstet, wobei der Wind nach Lu Yus Worten nicht zu stark und ungleichmäßig wehen dürfe. Immer wieder werde der Kuchen dabei gewendet, bis dessen Oberfläche uneben sei und das Aussehen einer Kröte annehme. Dann müsse er abkühlen. Nach mehrmaligem Wiederholen dieser Prozedur werde er in Papiertücher gewickelt, damit er nicht an Aroma verliere. Schließlich müsse der Kuchen gemahlen werden. Das aus einer Gebirgsquelle stammende Wasser eigne sich für die Teezubereitung am besten ; auch Flusswasser könne verwendet werden. Eher ungeeignet sei hingegen das aus einem Brunnen geschöpfte Nass. Das Wasser solle beim Aufkochen Blasen werfen, dürfte aber – was im Grunde bis heute gilt – nicht »totgekocht« werden. Sobald es siede, werde aus dem Kessel eine gefüllte Schöpfkelle entnommen, das darin befindliche Wasser geschlagen, um es anschließend wieder in den Kessel zu gießen. Damit sollte vermutlich der Sauerstoffgehalt erhöht
Auf dem Weg zum Alltagsgetränk
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werden. Anschließend werde der gemahlene Tee in einer Trinkschale mit dem siedenden Wasser aufgebrüht, bis sich Schaum bilde. Mehrmals könne der sich am Boden der Schale absetzende Tee aufgegossen werden. Dabei seien der erste und zweite Aufguss die besten, der dritte sei noch gut, aber weitere Aufgüsse sollten nur bei großem Durst gemacht werden. Das fertige Getränk betrachtete der Autor, wie schon einige seiner Vorgänger das »tu«, als gesundes Nahrungsmittel, das eine positive Auswirkung auf Moral und menschliches Verhalten ausübe. Es bekämpfe Hungergefühl, Durst, Depression, Kopf-, Augen- und Gliederschmerzen. Der Gelehrte empfahl, es fünfmal täglich zu sich zu nehmen.36 Auf dem Weg zum Alltagsgetränk Das »Chajing« bildete das Vorbild für ein bis heute in China bekanntes und beliebtes Literaturgenre – das Teebuch (»Cha Shu«). Bis ins ausgehende 18. Jahrhundert erschienen etwa einhundert einschlägige Werke, die jeweils das Wissen ihrer Zeit widerspiegeln, von denen aber längst nicht alle erhalten sind.37 Konstitutiv für die Entwicklung des Tees als Alltagsgetränk dürfte die Zeit der Song-Dynastie (960 – 1279) gewesen sein. Schon längst hatte sich damals die Verarbeitung der grünen Blätter zu einer regelrechten Protoindustrie entwickelt. Für die Produktionsstätte kristallisierte sich die Bezeichnung »pei« heraus ; um die erste Jahrtausendwende muss bereits eine große Zahl davon existiert haben. So listet ein Text aus dem Jahr 1051 allein im Distrikt von Chien-an zweiunddreißig staatlich betriebene Manufakturen auf, in denen der kostbare Tributtee hergestellt wurde.38 Immer mehr setzte sich nun Qualitätsbewusstsein durch. Kein Geringerer als Kaiser Huizong (reg. 1101 – 1126) verfasste mit dem »Daguan chalun« ein elementares Werk, in dem ausführlich beschrieben wurde, anhand welcher Merkmale unterschiedliche Sorten und Qualitäten zu erkennen seien.39 Während der Song-Dynastie wurde nicht mehr wie zu Lu Yus Zeiten am helllichten Tag bei Sonnenlicht gepflückt, sondern in der Morgendämmerung, solange der Tau die Blätter benetzte. Auf diese Weise war der Feuchtigkeitsgehalt bei der Verarbeitung höher. Stetig genauer wurden die Anweisungen für die Ernte der besten Sorten. Keinesfalls sollten die kostbaren Blätter mit der menschlichen Haut und ihren Ausdünstungen in Berührung kommen, vielmehr durften sie allein mit den Fingernägeln vom Zweig gelöst werden. Sorgfältig war das Erntegut in bloße Triebspitzen, Triebspitzen mit einem ausgewachsenen Blatt, Triebspitzen mit zwei ausgewachsenen Blättern und in die übrigen Sortierungen zu trennen. Nur
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Abb. 7 Teeschale mit sogenanntem Scherenschnittdekor aus Steinzeug mit Eisenglasur und hellerer Überglasur. Diese Schale wurde im 12. Jahrhundert zur Zeit der Südlichen Song-Dynastie hergestellt.
die ersten beiden gingen dabei als herrschaftlicher Tee durch, der nach wie vor in Kuchenform als Tributtee an den Kaiserhof geschickt wurde.40 Auch die Zubereitung des Getränks erfuhr einen Wandel. Vorbei waren Lu Yus Zeiten, als sich am Boden der Schale der grobe, immer wieder aufzubrühende Satz des zerriebenen Tees fand. Nunmehr wurde der Kuchen zu feinstem Pulver gemahlen und mehrfach gesiebt. Mit dünnem Strahl wurde das heiße Wasser aus einer Kanne mit einer schmalen Tülle in den Trinkbehälter gegossen, so dass sich ein feiner Schaum an der Oberfläche bildete. Durch das anschließende Aufschlagen mit einem Bambusquirl erhielt das Getränk eine schaumig-sämige Konsistenz. Während diese Zubereitungsart in China später wieder in den Hintergrund trat, lebt sie in Japan, wo die Mongolen nie Fuß fassen konnten, bis heute in Form des Matcha fort. Auch wenn die in den Texten der Song-Zeit beschriebene äußerst sorgfältige Ernte und Verarbeitung vor allem den kostbaren Tributtees galt, besteht kein Zweifel daran, dass das Getränk im Laufe der Zeit weit über den kaiserlichen Hof hinaus Beliebtheit erlangte. Bereits im 9. Jahrhundert reiste ein muslimischer Kaufmann namens Süleiman durch das Reich der Mitte und notierte, dass dessen Einwohner gewohnt seien, einen Aufguss namens »sakh« zu sich zu neh-
Chanoyu – Teekultur im alten Japan
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men. Dieser sei aromatisch, leicht bitter, gesund und werde im ganzen Land verkauft.41 In Kaifeng, der ersten Hauptstadt der Song-Herrscher, waren Teehäuser zu Beginn des 12. Jahrhunderts ein gewöhnlicher Anblick.42 Chanoyu – Teekultur im alten Japan Enge wirtschaftliche, politische und kulturelle Kontakte machten den Tee bald nach Lu Yus »Chajing« auch in Japan bekannt, wo die Camellia sinensis nicht natürlich wächst. Auf frühe Importe aus China folgte die eigenständige Kultivierung der Pflanze. Noch stärker als beim Nachbarn im Westen spiegelte die Teekultur im Land der aufgehenden Sonne die allgemeine politische und gesellschaftliche Entwicklung wider. Das Resultat einer engen Liaison mit den Adels eliten stellt das Chanoyu dar, das wörtlich übersetzt »heißes Wasser« bedeutet und nur unvollkommen als »Teezeremonie« bezeichnet werden kann.43 Jenes ist bis heute Ausdruck einer Philosophie, die in Form des »Teeweges« (Chado) durch Rituale, Schlichtheit und visuelle Begrenzung den Menschen in einer von Reizen geprägten äußeren Welt zu sich selbst zurückführen will. Bis es aber so weit war, vergingen seit der Einführung des Getränks in Japan einige Jahrhunderte. Die erste Begegnung fällt mit dem Beginn der sogenannten Heian-Zeit Anfang des 9. Jahrhunderts zusammen, die ihren Namen von der damaligen kaiserlichen Hauptstadt Heian-kyō ableitet. Während die Verwaltung der Provinzen damals weitgehend dem regionalen Adel überlassen blieb, verfügte das kaiserliche Zentrum über Muße, wirtschaftliche Ressourcen und kulturelle Kompetenz zur Pflege eines aufwendigen höfischen Lebens. Nicht nur Malerei und bildende Kunst, sondern auch Schrift und Literatur wurden gepflegt und brachten einer ganzen Epoche die Bezeichnung »japanische Klassik« ein.44 Der Tee, dem schon in China der Hauch kaiserlicher Größe und Spiritualität anhaftete, fügte sich hier wunderbar ein. Es wurde die Annahme geäußert, dass zunächst buddhistische Mönche aus Japan beim Studium heiliger Texte in China den Teegenuss kennenlernten. Um 805 brachte angeblich ein Mönch namens Saichō erstmals Teekuchen aus dem Reich der Mitte in seine Heimat ; zur selben Zeit soll sich ein gewisser Eichū bereits mehr als drei Jahrzehnte lang im chinesischen Chang’an aufgehalten haben. Nach seiner Rückkehr habe er um 815 keinem Geringeren als dem Kaiser Saga persönlich in verschiedenen Tempeln Tee serviert. Dieser wurde dort, genau wie von Lu Yu beschrieben, gemahlen, aufgekocht und in separaten Schalen getrunken.45
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Am Hof in Heian-kyō kam das Getränk eine Zeit lang in Mode, und Kaiser Saga höchstpersönlich soll kurz nach den legendären Teeproben mit Eichū befohlen haben, in den Provinzen Kinai, Ōmi und Harima Camellia sinensis anzubauen und nach chinesischem Vorbild die jährliche Ernte als Tribut an seinen Hof abzuliefern. Ob die angeordneten Teegärten allerdings tatsächlich entstanden und bereits zu Sagas Zeiten japanischer Tee goutiert wurde, ist nicht bekannt.46 Die frühe Liebe zu dem exotischen Getränk aus dem Reich der Mitte scheint am Kaiserhof ohnehin nur von kurzer Dauer gewesen zu sein und mit Sagas Tod und dem späteren Niedergang der Kaiserherrlichkeit ein vorläufiges Ende gefunden zu haben. Allein in einigen buddhistischen Tempeln lebte sie fort, wo der Tee während religiöser Zeremonien, teils mit Ingwer, Pfeilwurz oder Salz aromatisiert, als Durstlöscher oder Medizin Einsatz fand. Kein Geringerer als der Buddha persönlich wurde hier mit dem Getränk aus China als Opfergabe geehrt, während die einheimischen Gottheiten des Shintoismus mit Reiswein vorliebnehmen mussten. Immer stärker nahm der Tee dabei den Charakter eines auch sozialen Tranks an. Nicht mehr einzeln wurde schließlich in den Klöstern des Zen-Buddhismus getrunken, sondern aus gemeinschaftlichen Schalen. Buddhistische Mönche müssen später auch Teesamen oder setzlinge nach Japan gebracht und hier einen klösterlichen Anbau begründet haben. So existierte gegen Ende des 10. Jahrhunderts ein Teegarten am Yakuō-ji-Tempel in der Provinz Mikawa. Nicht auszuschließen ist es, dass die wachsende Neigung der Mönche zum neuen Getränk dabei eine gewisse Eigendynamik entwickelte und es zu regelrechten Exzessen kam ; so wandte sich schließlich ein klösterliches Verbot ausdrücklich gegen zu ausgiebiges Feilhalten von Speisen und Tee während geistlicher Zeremonien.47 Mit dem Mönch Eisai (1141 – 1215) erfuhr der Tee über die Geistlichkeit hinaus größere Akzeptanz, und immer mehr Laien lernten ihn nun beim Besuch von Heiligtümern kennen.48 Heute gilt Eisai in Japan als derjenige, der den Tee nach Kaiser Saga ein zweites Mal populär gemacht habe.49 Zu den ältesten, noch immer existierenden Gärten seiner Zeit zählt derjenige des Klosters Kōzan-ji bei Kyoto. Bis heute wird hier ein kleiner Behälter aus Steinzeug aufbewahrt, in dem Eisai höchstpersönlich Teesamen aus China mitgebracht haben soll. Ob allerdings die meisten der heute in Japan gepflegten Pflanzen Nachkommen der im Kloster Kōzan-ji entsprossenen Schösslinge darstellen, wie gemeinhin behauptet wird, mag dahingestellt bleiben.50
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Sen no Rikyū Bereits seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts hatte die kaiserliche Zentralgewalt stark an Bedeutung eingebüßt. Zeitweise teilte sich ein amtierender Kaiser die Macht mit einem oder sogar zwei formal abgedankten Herrschern, die von Klöstern aus ein Schattenregiment führten. Die letztlichen Gewinner dieser Auseinandersetzungen stellten die großen Adelsfamilien in der Provinz, der sogenannte Schwertadel, dar.51 Im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts gelang es einigen von ihnen, anstelle des Kaisers zu den wahren Machthabern im Lande aufzusteigen und aus ihren Reihen den Shogun als eigentlichen Herrscher zu rekrutieren. Immer mehr nahm seit jener Zeit die vom Zen-Buddhismus beeinflusste Adelselite die Sitte des Teekonsums an.52 Quellen berichten seit der Mitte des 14. Jahrhunderts von bisweilen täglichen Treffen mit geradezu rituellem Charakter. Nur wenige beherrschten aber das Wissen um das Ritual, aus dem sich am Ende die Teezeremonie in ihrer klassischen Form herauskristallisierte ; die Profession des Teemeisters wurde unabdingbar.53 Noch sollte es dauern, ehe der Teeraum oder Teepavillon als spezifische Räumlichkeit entstand. Die Anfänge machte das gemeinsame Trinken im Studierzimmer mit einer Plattform zum Entzünden von Weihrauch und einer Nische für die Statue des Bodhidharma. Auch der angelegte Garten eignete sich als Kulisse für die Zeremonie.54 Mit der Säkularisierung des Getränks durch den wohlhabenden und mächtigen Adel wurde die materielle Ausstattung der Teezeremonie schließlich immer aufwendiger. Die zur Schau gestellten Kunstobjekte wurden zahlreicher und kostbarer ; schließlich galt jene nicht mehr allein dem sozialen Austausch oder der inneren Einkehr, sondern in erster Linie der weltlichen Repräsentation. Seitens der Klöster erwuchs dagegen Kritik, die im Wirken von Murata Jukō (1422 – 1502), Takeno Jōō (1502 – 1555), vor allem aber von Sen no Rikyū (1521 – 1591) ihren Höhepunkt erreichen sollte. Die Kritiker der Säkularisierung waren der Auffassung, dass es sich beim Teetrinken nach wie vor um eine spirituelle, von den Ideen des Zen-Buddhismus getragene Praktik handele und eben nicht um die Zurschaustellung weltlichen Reichtums.55 Untrennbar ist diese Kritik mit dem Namen Sen no Rikyū verbunden, dem wohl bekanntesten Teemeister, den Japan je hervorgebracht hat und der in der Teegeschichte ebenso große Fußabdrücke wie Lu Yu hinterließ. Sen no Rikyū entstammte einer Händlerfamilie aus der wohlhabenden Stadt Sakai. Hier konnte er hautnah erfahren, was enge Handelskontakte mit überseeischen Ländern bedeuteten und welchen materiellen wie kulturellen Reichtum diese hervorzubringen im-
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stande waren. Denn der wirtschaftliche Wohlstand Sakais zog auch Dichter, Maler und Geistliche an, was die Stadt zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum und zum Nährboden für Sen no Rikyūs späteres Wirken machten.56 Schon in jungen Jahren machte sich Sen no Rikyū als Teemeister einen Namen, nachdem er eine einschlägige Ausbildung genossen hatte. Dabei schärfte seine zunehmend kritische Haltung gegenüber dem allenthalben zu beobachtenden Luxus den Blick für das Wesentliche. Obwohl er selbst wohlhabend war, verbannte er bei den von ihm ausgerichteten Zeremonien den Großteil der sonst verwendeten üppigen Accessoires und wählte einige wenige, prägnante Utensilien aus. Er propagierte dabei die Mischung von Objekten aus Japan, China und, wegen ihrer besonderen »Wärme«, aus Korea.57 Inspiriert von der Schlichtheit der zenbuddhistischen Klöster entwickelte der große Teemeister das bis heute gültige Konzept des Teeraumes (Sukiya), eines kleinen Gebäudes, das höchstens fünf Personen gleichzeitig Platz bietet und durch einen Vorraum zum Reinigen der Gerätschaften ergänzt wird. Bereits die Bauweise verkörperte das von Sen no Rikyū geforderte Prinzip der Egalität. Des sen Inbegriff stellte der niedrige Zugang dar, den jeder nur in gebückter Haltung passieren konnte.58 In dem durch gedämpftes Tageslicht beleuchteten und mit Matten ausgelegten Raum findet sich eine Schmucknische, in der ein Rollbild sowie eine Räucherwerksdose oder eine Blumenvase die einzige Dekoration darstellen. Neben dem eisernen Wasserkessel und der Dose für das Teepulver finden sich ein Behältnis für kaltes Wasser, eines für Spülwasser, ein länglicher, schmaler Löffel für das Teepulver, eine Schöpfkelle, der Schläger und die Trinkschale. Das Repertoire dieser Objekte ist klein, zeichnet sich aber durch große Kunstfertigkeit, Erlesenheit und oft auch ein beträchtliches Alter aus. Idealerweise liegt das kleine, einfach ausgestattete, oft aber mit erheblichen Geldmitteln errichtete Gebäude inmitten eines Gartens und kann nur über einen Pfad erreicht werden, an dessen Beginn sich eine kleine Wartehalle (Machiai) befindet. Aus Sen no Rikyūs Konzept bildeten sich im Laufe der Zeit mehrere Schulen des Chanoyu heraus. Eine klassische Form wird in Kakuzo Okakuras »Buch vom Tee« dargestellt, das 1906 in englischer und dreizehn Jahre später in deutscher Sprache erschien. Den Beginn der Zeremonie macht seiner Darstellung nach das Zusammentreffen der Gäste im Warteraum, in dem ihnen bisweilen bereits ein Tee angeboten wird. Nachdem der Teemeister das Feuer entfacht und seine Vorbereitungen in großer Reinlichkeit abgeschlossen hat, begeben sich die Gäste nach Reinigung von Mund und Händen über den Pfad zum Teehaus. Schon hier findet für den Eingeweihten eine innere Transformation statt, wie Kakuzo Okakura über die tiefere Bedeutung dieses Ganges schreibt : »Wer diesen Gar-
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Abb. 8 Japanische Teezeremonie. Koloriertes Foto, 1920er Jahre.
tenpfad gewandelt ist, wird unfehlbar daran erinnert, wie sein Geist sich über die Gedanken des Alltags erhob, während er im Dämmer immergrüner Bäume über die regelmäßige Unregelmäßigkeit der Trittsteine, neben denen vertrocknete Tannennadeln lagen, und an moosbedeckten granitenen Steinlaternen vorüber schritt.«59 Nach dieser physischen und mentalen Distanzierung vom Alltag folgen eine schweigende Begrüßung, das gebückte Eintreten und das Niedersetzen auf Knie und Fersen auf einem Kissen. Begleitet von nur leiser Unterhaltung, bei der die in der Schmucknische präsentierten Objekte bewundert werden, schlägt der Gastgeber aus heißem Wasser und dem Teepulver den schaumig-sämigen Tee auf. Begleitet wird das von einem sanften, beruhigenden Geräusch, das die Erlangung innerer Harmonie unterstütze : »Der Kessel singt gut, denn auf seinem Boden sind Eisenstückchen so angeordnet, daß sie eine eigene Melodie erzeugen, in der man das Echo eines Wasserfalles zu hören meint, von Wolken gedämpft, den Widerhall des fernen Meeres, das gegen Felsen brandet, einen Regenguß, der in einem Bambuswald niedergeht, oder den Wind in den Kiefern des Hügels.«60 Die Zeremonie dient also auch dem Nachempfinden der Natur und schließlich dem gedanklichen Einswerden mit ihr.
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Die Teeschale wird nach dem Reinigen mit Wasser und dem Aufschlagen des Tees dem ersten Gast gereicht, der sie entweder vollständig austrinkt und wieder zurückgibt oder lediglich einen Schluck nimmt und sie an den Sitznachbarn weiterreicht, was sich mehrfach wiederholt. Angeboten werden während der teils mehrstündigen Zeremonie auch Speisen in einer festen Reihenfolge oder einfach Kuchen. Erst nach Abschluss der Zubereitung setzt sich der Gastgeber zu den Gästen, worauf die Bewunderung der kostbaren, bei der Zeremonie verwendeten Utensilien folgt. Auch wenn im Detail nicht entschieden werden kann, ob die von Kakuzo Okakura beschriebene Zeremonie tatsächlich mehr als vierhundert Jahre zuvor genauso von Sen no Rikyū praktiziert worden war, so atmet auch die Darstellung des beginnenden 20. Jahrhunderts den Geist der Einfachheit und Egalität, wie er von dem großen Teemeister des 16. Jahrhunderts gedacht worden war. Die politische Entwicklung Japans begünstigte Sen no Rikyūs weitere Karriere als hauptberuflicher Teemeister, und bald wurde er in dieser Profession ein regelrechter Star. So war die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vom Bürgerkrieg geprägte Zeit auch eine Phase von Verhandlungen und Bündnissen. Oft war dabei der Tee ein wichtiger Begleiter, denn er setzte der Kommunikation nicht nur einen formalen Rahmen, sondern war auch Prestigesache ; und die Großen im Lande wetteiferten schließlich miteinander darin, den berühmtesten und besten Teemeister in ihre Residenz zu ziehen. Auch Sen no Rikyū verdiente sich um 1565 seine Sporen auf politischem Parkett, als er für einen Provinzfürsten Zeremonien ausrichtete.61 Eine noch größere Bedeutung erlangte der diplomatische Austausch in der nachfolgenden Periode der inneren Befriedung und Reichseinigung unter den Fürsten und Feldherren Oda Nobunaga (1534 – 1582) und Toyotomi Hideyoshi (1537 – 1598). Bis 1590 schalteten beide durch Krieg und Diplomatie den Widerstand der übrigen Provinzfürsten und buddhistischen Klöster aus und ließen zudem die Bauern entwaffnen.62 Hatte die Teezeremonie schon in der Zeit des Bürgerkriegs eine hohe Symbolkraft besessen, so lag es nahe, dass diese nun weiter anwuchs. Bereits Oda Nobunaga ließ nicht nur ausgewählte Accessoires aus der mittlerweile einschlägig bekannten Stadt Sakai an seinen Hof kommen, sondern warb von dort auch den berühmten Teemeister an. Sen no Rikyū nutzte dabei seine Kontakte in die Handelswelt der Stadt – übrigens auch ein Zentrum der Waffenproduktion – und bereitete dem neuen Herrscher nicht nur Tee, sondern lieferte auch Gewehrkugeln.63 Der Nachfolger Toyotomi Hideyoshi übernahm von seinem Vorgänger nicht nur die Macht, sondern auch dessen Teeutensilien und den Meister. Auch wenn
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Abb. 9 Zu den wichtigsten Utensilien der japanischen Teezeremonie zählt das Frischwassergefäß (Mizusashi). Das hier abgebildete Steinzeug-Gefäß mit Eisenoxidbemalung stammt vermutlich aus der Werkstatt von Ogata Kenzan und wurde um 1715 hergestellt. Dargestellt sind Motive aus der literarischen und bildlichen Überlieferung der »Acht Ansichten von Xiaoxiang«.
Sen no Rikyū zur Zeit des Machtwechsels bereits um die sechzig Jahre alt war, hatte er nun erst seine größte Schaffenskraft erreicht. Höchste Weihe erlangte er, als er bei einer Zusammenkunft zwischen Hideyoshi und dem Kaiser anwesend sein durfte. Ein weiterer Höhepunkt der engen Liaison zwischen weltlicher Macht und Teezeremonie war erreicht, als Toyotomi Hideyoshi eine zehntägige Zeremonie in einem Wald bei Kyoto anordnete, bei der sein eigenes Teegeschirr, das mittlerweile Kultstatus besaß, in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt werden sollte. Jeder aus nah und fern war eingeladen zum Staunen, sollte aber auch seine eigenen Wasserbehälter, Kessel, Trinkschalen und Tee mitbringen. Innerhalb kürzester Zeit mussten neunhundert Hütten im Wald errichtet werden ; der federführende Sen no Rikyū hatte alle Hände voll zu tun.64 Am Ende wurde ihm sein politischer Einfluss zum Verhängnis. Sen no Rikyū geriet zwischen die Fronten zweier miteinander konkurrierender Parteien, bis ihm schließlich nur der Selbstmord blieb. Nach seinem Tod erlangte er, ebenso wie Lu Yu Jahrhunderte zuvor im benachbarten China, Kultstatus, geradezu den Rang eines Heiligen des Chanoyu.65
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Teestunde in Isfahan Während Sen no Rikyū über seine Teezeremonie nachdachte, war das belebende Getränk bereits Tausende von Kilometern entfernt am anderen Ende des Indischen Ozeans bekannt. Ein persischer Kaufmann namens Hajji Mohammed berichtete im 16. Jahrhundert darüber, dass »Chai Catai« in seiner Heimat viele Anhänger habe. Der aus China stammende Trank sei nicht nur angenehm, sondern vertreibe auch Magenbeschwerden sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Wir wissen nicht genau, wie Hajji Mohammeds Landsleute den aus China importierten Tee zubereiteten ; kaum mahlten sie aber mehr einen Teekuchen zu Pulver, um dieses im heißen Wasser aufzuschlagen, sondern sie brühten vermutlich lose Blätter auf. Ebenso wenig ist bekannt, ob der Aufguss noch grün war oder ob er bereits einen leicht rotbraunen Schimmer zeigte. Auch wissen wir nicht, welche Speisen das Getränk begleiteten, ob nach chinesischer Manier süßes Konfekt dazu gereicht wurde, wie etwa in der indonesischen Inselwelt oder in Siam. Jahrzehnte später besuchte Adam Olearius (1599 – 1671) die damalige persische Hauptstadt Isfahan. Der aus Aschersleben stammende Olearius war Sekretär einer Gesandtschaft des Herzogs Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf, die 1633 nach Persien aufgebrochen war, um Handelskontakte zwischen dem norddeutschen Duodezfürstentum und dem mächtigen Reich im Osten zu begründen. Auch wenn aus diesem Projekt nichts wurde, liegt doch mit Olearius’ »Offt begehrter Beschreibung der orientalischen Reise« eine einzigartige kulturgeschichtliche Quelle vor, die nicht nur mehrere deutsche Auflagen erlebte, sondern auch in andere Sprachen übersetzt wurde. Der gelehrte Verfasser berichtet, dass ihm in Isfahan öffentliche Schankstellen ins Auge gefallen seien, von denen einige Wein, andere Kaffee und wiederum andere Tee anböten : »In Tzai chattai chane trincken sie ein warm Wasser / welches von einem kraute / so sie Tzai nennen / und aus der Tartarey Chattai gebracht wird / mit ihrem grossen Fenchelsamen … kochen / und mit andern wolriechenden Dingen vermischen.« Wie in China selbst (hier pauschal als »Tartarey Chattai« bezeichnet) wurde der in den »Tzai chattai chane« angebotene Tee aber nicht nur aromatisiert, sondern sei darüber hinaus ein überaus soziales Getränk : »Bey solchem Trincken haben sie das Bret spiel / oder auch das Schachspiel vor sich / mit diesem wissen
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Abb. 10 Adam Olearius, Ansicht von Isfahan (Ausschnitt). Der norddeutsche Reisende lernte in den 1630er Jahren in der persischen Metropole den Teegenuss kennen.
sie noch meisterlicher / als die Russen welche auch sehr darinnen geübet / umb zugehen …«1 An dem Teetisch in Isfahan fänden sich also gleich zwei globale Kulturgüter miteinander vereint – nicht nur die Camellia sinensis, sondern auch das aus Indien stammende Schachspiel. Ebenso wies Olearius wie bereits Hajji Mohammed auf die gesundheitlichen Aspekte hin, nicht ahnend, dass seine später oft zitierten Bemerkungen daheim einen wichtigen Impuls für eine Gesundheitsdebatte liefern würden : »Halten es für sehr gesund ; den Magen / Lung und Leber dienliche Artzney / sol sonderlich das Geblüte wol reinigen / sie sagen / daß sie sich frisch und starck danach befinden.«2 Trotz aller Vorzüge traute sich der Gelehrte selbst aber offenbar nicht, von dem fremden Trank zu probieren ; zumindest berichtet er nicht davon. Hajji Mohammed und Adam Olearius sind Gewährsleute dafür, dass der Tee spätestens in der Zeit der chinesischen Ming-Dynastie ein über den gesamten Indischen Ozean verbreitetes Handelsgut darstellte und die Konsumgewohnheiten der Menschen bis nach Westasien prägte. In der Tat war China unter den Ming-Kaisern nach einer Reihe von Aufständen sowie Naturkatastrophen erstmals seit langer Zeit wieder geeint und befriedet. An die Stelle der zuvor
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mächtigen Militärelite war eine zivile Verwaltungsbürokratie getreten, und seit langem herrschte wieder ein Kaiser chinesischer und nicht mehr zentralasiatischer Herkunft über das Land. In der Anfangszeit öffnete sich das Ming-China mit Handel und Tributmissionen der Welt. Zahllose Kaufleute dürften im Laufe von Generationen mit dem Export von Tee ihr Brot verdient haben ; nicht auszuschließen ist aber auch, dass das Getränk durch kaiserliche Gesandtschaften Verbreitung fand. So hatten die legendären Schiffsexpeditionen des chinesischen Admirals Cheng He im 15. Jahrhundert selbst die afrikanische Ostküste erreicht. Auch wenn Quellen hierzu nicht vorliegen, würde es doch verwundern, hätte Cheng He nicht den einen oder anderen Tee mit an Bord gehabt und auch seine Gastgeber am anderen Ende des Meeres von dem Getränk probieren lassen.3 Dabei hätte der chinesische Admiral unter mindestens fünfzig verschiedenen Sorten wählen können, denn zur Zeit der Ming brach das Reich der Mitte auch in Sachen Tee zu neuen Horizonten auf. Neue Sorten Nach langer Zeit brachte das 14. Jahrhundert in der Tat erneut eine signifikante Erweiterung des Tee-Wissens hervor. Diese äußerte sich nicht allein in einer sich verfeinernden Kennerschaft, sondern auch in der Herausbildung vieler neuer Sorten, die sich zu regelrechten Marken weiterentwickelten. Umfang und Qualität der einschlägigen Literatur erlangten eine nie zuvor gekannte Dimension ; bei Verkostungen wurden selbst geringe geschmackliche Unterschiede von Proben direkt nebeneinanderliegender Gärten fachkundig bewertet.4 In der Ming-Zeit trat aber vor allem das lose Blatt seinen Siegeszug an, so wie es schließlich auch die Europäer kennenlernten. Die Herstellung von Teekuchen war bis dahin die gebräuchlichste Art der Verarbeitung und Haltbarmachung gewesen. Aber bereits im »Chajing« hatte Lu Yu angedeutet, dass auch lose Blätter Verwendung fänden. Ob es sich dabei bereits um den aus späterer Zeit bekannten gerösteten Tee handelte, schrieb der berühmte Fachmann nicht.5 Seitdem fanden beide Verarbeitungsarten ihre Liebhaber, wobei die losen Blätter später die Oberhand gewannen. Schon einige Jahrzehnte vor Anbruch des Ming-Zeitalters schrieb ein gewisser Wang Chên, dass Teekuchen sehr teuer seien und kaum mehr auf dem Markt angeboten würden. Ihre Herstellung sei aufwendig, und allein als Tributtee für den Kaiserhof besäßen sie noch eine gewisse Bedeutung. Aber auch in dieser Rolle
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waren ihre Tage gezählt. 1391 dekretierte Ming-Kaiser Taizu, dass stattdessen künftig der beste Blatttee geliefert werden solle. 1487 hieß es schließlich, Pulvertee werde nur noch in den Provinzen Fujian und Guangdong getrunken, sei sonst aber weitgehend vom Markt verschwunden.6 Auch in Japan wurde das für das Chanoyu benötigte Pulver zunehmend direkt aus gerösteten und getrockneten Blättern im Mörser gemahlen.7 Erwähnter Wang Chên lieferte auch die vermutlich älteste erhaltene Darstellung der Produktion losen Tees : Wie bereits zur Zeit der Song-Dynastie sollten die Blätter in aller Frühe gepflückt werden, um sie nun aber im Gegensatz zu einst nur leicht zu dämpfen. Noch warm und feucht würden sie auf ein Tablett gestreut und dort mit den Händen gerollt. Anschließend sei das Tablett in eine Kammer zu bringen, in der nur eine milde Wärme herrsche. Zum Abkühlen nach dem Trocknen würden die losen Blätter schließlich in Bambusblätter verpackt. Andere Texte forderten zudem, die Blätter nach dem Pflücken eine Zeit lang welken zu lassen.8 Diese neuen Techniken erwiesen sich im Vergleich mit der Produktion von Kuchen als deutlich einfacher und zweifellos auch billiger und dürften zu einer noch größeren Verbreitung des Teegenusses in China und darüber hinaus beigetragen haben. Das von Wang Chên erwähnte Rollen der Blätter scheint anfangs noch keine große Beachtung gefunden zu haben und wurde erst Jahrhunderte später von einem gewissen Lo Chin ein weiteres Mal erwähnt. Dabei war dieser Vorgang nicht ganz unwesentlich, denn im Gegensatz zum Zerstampfen behielten die Blätter ihre Gestalt, was sich beim losen Tee als großer Vorteil erwies. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts bestand schließlich die Vorstellung, dass sich durch das Rollen die in den Blättern enthaltene Flüssigkeit besser verteile, wodurch deren Aroma leichter in den Aufguss übergehe. Dieser Einschätzung ist beizupflichten, denn heute ist bekannt, dass durch jenen Vorgang die Zellwände des Blattes aufbrechen. Dabei tritt die im Inneren verborgene Flüssigkeit mit den spezifischen Aromastoffen an die Oberfläche.9 Anstelle des starken Erhitzens der einst für die Kuchen zerstampften Blattmasse trat nun nach dem Rollen das Rösten der losen Blätter in der Pfanne, um eine Oxidation zu verhindern, denn gewünscht war nach wie vor grüner Tee. Anschließend wurden die Blätter bei milder Ofenhitze oder unter der Sonne fertig getrocknet. Der Text »Chha Lu« von Chang Yüan aus dem Jahr 1595 beschreibt detailliert den Prozess des Röstens und anschließenden Trocknens hochwertiger Qualitäten. Zunächst müssten hierzu die frischen von den älteren Blättern und Stängeln sorgfältig getrennt werden. Nur Erstere würden anschließend kurze Zeit geröstet, um dann auf einem Bambustablett verteilt und aufgeschüttelt zu
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werden. Bei reduzierter Hitze würden jene erneut in die Röstpfanne gegeben, bis sie vollständig getrocknet seien. Um 1700 schrieb wiederum der französische Pharmazeut Pierre Pomet (1658 – 1699) in zeitgenössischer deutscher Übersetzung : »… die Art und Weise, den Thee zuzurichten, ist diese : wenn die Chineser und Japaner den Thee gesamlet haben, lassen sie ihn beym Feuer trocknen, so lauffen die Blättlein, indem daß sie trocknen, also zusammen, man wickele sie in eine Matratze von feinem Cotton, so dann bekämen sie diese Figur.«10 Das bei Pomet genannte Wickeln in eine »Matratze« könne das Abkühlen andeuten. Auch die Kunst der Aromatisierung erreichte in der Ming-Zeit einen Höhepunkt. War schon bei Lu Yu die Zugabe von Salz oder pflanzlichen Substanzen bekannt gewesen, wurden nunmehr auch heute noch beliebte Aromen wie der Jasmin zugesetzt. Verwendung fanden ebenso Lotosblüten, Kassien oder Rosen – eine Praxis, die nicht nur ihre Liebhaber hatte, sondern auch damals schon Kritik hervorrief.11 Die Zubereitung kam in der Ming-Zeit der heutigen Praxis bereits recht nahe. Nun wurden die losen Blätter zunächst in einer Schale mit heißem Wasser kurz eingeweicht, um anschließend in eine Teekanne gegeben zu werden. Diese goss der Gastgeber mit heißem Wasser auf. Nach dem Ziehen wurde der erste Aufguss in Tassen serviert, während die losen Blätter in der Kanne verblieben. Der Vorgang wiederholte sich mehrmals, wobei der Tee jedes Mal länger zog, um die gewünschte Stärke zu erlangen.12 Im Norden Chinas war schließlich auch gesüßter Tee mit Milch im Angebot, wie der Niederländer Johan Nieuhof (1618 – 1672) Mitte des 17. Jahrhunderts über »fürnehme Leute und grosse Herren« zu berichten wusste : »Man nimpt eine halbe Hand voll des gemeldten Krauts, lässet es in reinem Wasser woll kochen, seiget es hernach durch ein Tuch, und geust etwa ein viertel so viel warmer süsser Milch darunter, thut auch ein wenig Saltzes dazu.«13 Im Vergleich mit dem Kuchen wurde also die Zubereitung viel einfacher und erforderte immer weniger Utensilien. Tee war nun allenthalben verfügbar – längst nicht mehr allein am Kaiserhof oder unter den Eliten, sondern zunehmend auch im mobilen Ausschank am Wegesrand.14 Zeitgleich bildete sich ein festes Repertoire an Sorten heraus, deren Namen sich meist aus ihren Herkunftsregionen ableiteten und lange Zeit Bestand hatten. Die Qualitäts- und Preisunterschiede waren erheblich und hingen von der Feinheit des verarbeiteten Blattes ab, wie Nieuhof weiter notierte : »Aber wie viel ihre Grösse kleiner wird, so viel wird allewege ihr Preiß oder Werth grösser.«15 Der Preis der teuersten ihm bekannten Sorte lag immerhin einhundertfach höher als der für die billigste. Aus dem Spektrum der etwa fünfzig damals populä-
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Abb. 11 Teehandel in China (Gouache, undatiert). Aus den Teegärten wird die Ware angeliefert und verrechnet. Unten links sind die fertig für den Export verpackten Kisten zu erkennen.
ren Sorten traten dabei fünf als besonders hochwertig hervor : Longjing, Songlo, Luojie, Huqui und Wuyi. Zwei davon, der Songlo und der Wuyi, würden im 18. Jahrhundert unter der Bezeichnung Songlo und Bohea als wichtige Export sorten für den europäischen Markt Karriere machen.16 Der auch als Drachenbrunnen-Tee bekannte Longjing galt als besonders fein. Der Überlieferung nach stammte er von einem winzigen Stück Land am Fenghuang-Berg in der Provinz Zhejiang und zeichnete sich durch einen besonders grünen Aufguss sowie ein feines, süßliches Aroma aus. Nur an wenigen Tagen im Jahr durfte er traditionell gepflückt werden, wobei nur die feinsten Triebspitzen Verwendung fanden. Aufgebrüht wurde er vorzugsweise mit reinem Wasser aus den Quellen desselben Berges, die sich alle aus einem legendären »Drachenbrunnen« speisen sollten. Oft ging in späterer Zeit auch anderenorts geernteter Tee unter dem Namen des Drachenbrunnens auf den Markt, und eine regelrechte Markenpiraterie tat der Reputation des kostbaren Produkts Abbruch. Am Ende stellte der »echte«, in der Poesie gepriesene Drachenbrunnen-Tee eine
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exklusive Rarität dar. Er war kaum zu haben und konnte allenfalls direkt vor Ort immerhin mit dem originalen Quellwasser genossen werden.17 Der Songlo dagegen stammte ursprünglich vom Songluo-Berg aus der e twas weiter nördlich gelegenen Provinz Anhui. Seine Ursprünge sollen auf einen buddhistischen Mönch zurückgehen, der an jenem Berg lebte und dort den Teeanbau einführte. Auch der Songlo galt als besonders fein, zeichnete sich im Gegensatz zum Longjing aber durch einen sehr hellen, fast farblosen Aufguss aus. Dieser besitze die Farbe von Pfirsichblüten und hinterlasse selbst über Nacht keinerlei Verfärbung am Tassenrand, wie es hieß. Auch bei ihm ergab sich aus dem kleinräumigen Anbau die Tendenz zu Verfälschungen. Schließlich stellte »Songlo« keine reine Herkunftsbezeichnung mehr dar, sondern war ein allgemein gebräuchlicher Qualitätsname für besonders hellen, feinen Tee geworden, der später, wenn er beispielsweise aus dem Wuyi-Gebirge stammte, etwa als »Wuyi-Songlo« über die Ladentheke ging. Auf diese Weise wandelten sich die ursprünglichen Herkunftsbezeichnungen zu Markennamen.18 Auch der Luojie- und der Huqui-Tee leiteten sich von ihren Herkunftsregion ab. Ersterer, mit seinen hellen, fast gelblichen Blättern, war nach einer Schlucht in der Provinz Jiangsu benannt, in der ein Einsiedler namens Luo gelebt haben soll. Der Luojie hatte einen leicht grasigen Geschmack, der durch das bei ihm immer noch übliche Dämpfen reduziert wurde. Der Huqui benannte sich nach dem gleichnamigen, ebenfalls in der Provinz Jiangsu gelegenen Berg. Er gedieh in der Umgebung eines buddhistischen Klosters, war leicht und mild und stellte ebenso wie die anderen feinen Sorten eine echte Rarität dar.19 Mit der wachsenden Bedeutung des losen Tees während der Ming-Herrschaft verlagerte sich das Zentrum der Produktion in der wichtigen Provinz Fukien aus dem Süden nordwärts in das Wuyi-Gebirge. Anfang des 17. Jahrhunderts sollen dort Hunderte Manufakturen mit der Herstellung der gleichnamigen Sorte beschäftigt gewesen sein. In alle Himmelsrichtungen wurde Tee zu Wasser und zu Land ausgeführt und war entsprechend in weiten Teilen Chinas bekannt.20 Es stellt vielleicht einen historischen Zufall dar, dass die Europäer gerade in jener Zeit ihre Kontakte mit dem Reich der Mitte intensivierten, als der Tee aus den Wuyi-Bergen seine Blüte erlebte. »Wuyi« hieß übrigens in der lokalen Aussprache der Hafenstadt Amoy, wo die Europäer ihn kennenlernten, »Bohea«.21 In Gestalt des Wuyi oder Bohea hielt erstmals kein grüner, sondern ein bräunlicher Tee, ein sogenannter Oolong, als Handelsgut Einzug. Anders als beim grünen Tee gehen die Blätter des Oolong bei der Verarbeitung in einen leichten Oxidationsprozess über, der je nach gewünschtem Grad durch Hitze unterbrochen wird. Bei früher Hitzezufuhr bleibt er eher grün ; je länger die Blätter nach
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dem Rollen der Oxidation ausgesetzt sind, desto dunkler wird er. Dahinter verbirgt sich eine chemische Veränderung der im Blatt enthaltenen Catechine, die sich zu Theaflavinen und Thearubigenen wandeln und für eine rötlich-braune Verfärbung, aber auch für einen Wandel des Aromas verantwortlich sind. Wird die Oxidation übrigens noch später unterbrochen, entsteht Schwarztee ; wird sie überhaupt nicht ausgesetzt, so verdirbt das Blatt. Es lässt sich nur spekulieren, aus welchen Gründen sich gerade im Wuyi-Gebirge die neue Verarbeitungstechnik durchsetzte. Vielleicht blieben einmal zufällig bei der Herstellung grünen Tees gerollte Blätter irgendwo im Schatten ohne das übliche sofortige Erhitzen liegen. Nach einer Zeit mag bei ihnen eine leichte Oxidation mit der damit verbundenen Farbveränderung eingesetzt haben. Neugierig wurde probiert. Das Aroma erwies sich als anders, milder und weniger bitter als das des klassischen grünen Tees. Wie auch immer, das neue Verfahren fand seine Liebhaber, und schließlich blieben die Blätter regelmäßig länger dem Sauerstoff ausgesetzt, ehe sie erhitzt wurden. Während der Ming-Zeit dürften neben dem grünen Tee vor allem Oolongs, aber noch keine eigentlichen Schwarztees produziert worden sein. Bemerkenswerterweise fand die Herstellung von Oolongs lange Zeit in der klassischen chinesischen Literatur kaum Niederschlag, und erst 1734 berichten zwei Texte ausführlicher darüber. Einer davon, der »Wang Tshao Thang Chha Shuo« notiert, dass in den Wuyi-Bergen die Blätter zwischen Mitte April und Mitte Mai gepflückt würden. Ende des Sommers erfolge eine zweite Pflückung unter der Bezeichnung »Herbsttau«. Nach der Ernte blieben die Blätter in Bambuskörben Wind und Sonne ausgesetzt. Sobald sich die grüne Farbe in ein leichtes Rotbraun verwandelt habe, würden sie geröstet und getrocknet.22 Der Begriff Oolong selbst taucht in den chinesischen Quellen übrigens erst 1857 auf – als Name eines unter der Bezeichnung Wu-lung gepriesenen Tees aus einer südlich des Wuyi-Gebirges gelegenen Region. In den 1860er Jahren verwandten Händler aus Formosa, dem heutigen Taiwan, Oolong erstmals als Sortenbezeichnung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich Oolong dann weit über China hinaus als Begriff für teiloxidierte Tees durchgesetzt. Der nach Europa gesandte echte Schwarztee war in China im 19. Jahrhundert demgegenüber als »roter Tee« (Hung Chha) bekannt, was in der Tat dem visuellen Erscheinungsbild des Aufgusses näherkommt als der Begriff »schwarz«. Als »schwarzer« Tee setzte er sich erst in Europa durch.23 China war zur Zeit der Ming-Dynastie aber nicht allein ein bedeutender Teehersteller, sondern bereits Weltmeister in Sachen Gewerbeproduktion. Untrennbar mit dem großen Erfolg des Tees ist der Aufstieg des chinesischen Porzellans
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verbunden. Bis sich jene technologische Errungenschaft aber durchsetzte, verging lange Zeit. Bereits zwischen dem 6. und dem 10. Jahrhundert entwickelt, war Porzellan im 13. und 14. Jahrhundert zur Massenware geworden, musste aber weiterhin mit anderen Materialien konkurrieren.24 So lebte das japanische Chanoyu immer noch mit kunstfertiger Keramik fort. Und selbst unter den chinesischen Eliten wurde das Getränk bisweilen in Holzschalen serviert, wie Nieu hof zu berichten weiß. So werde aus der Kanne »gemeldter Tranck mit einer Kellen in hölzerne Schalen gegossen, und den anwesenden Gästen lustig herumb geschenckt.«25 In der Tat war das filigrane blauweiße Porzellan anfangs vor allem als Exportprodukt nach Südost- und Westasien gegangen und setzte sich erst allmählich in der Ming-Zeit im Lande selbst durch.26 Der intra-asiatische Handel Diversifizierung der Teeproduktion und wachsender Export bedingten einander. Schon der robuste und haltbare Teeziegel war als Handelsgut geradezu prädestiniert. Gut und trocken verpackt, ließ er sich nicht nur jahrelang aufbewahren, sondern auch über große Distanzen transportieren. Seine Ausfuhr geht auf die Anfänge der Teegeschichte zurück. So wurde bereits im vorangegangenen Kapitel beobachtet, dass der Tee schon vor zwei Jahrtausenden auf dem Landweg ins tibetische Hochland gelangte. Möglicherweise war der frühe intra-asiatische Handel mit der Camellia sinensis denn auch eher ein Landhandel.27 Am Beispiel Japans wurde gezeigt, dass das Gut dann aber in der Zeit um 800 auf dem Seeweg ins Land der aufgehenden Sonne eingeführt wurde. Im Laufe der darauffolgenden Jahrhunderte, lange bevor Europa das Getränk entdeckte, spielte es im intra-asiatischen Handel eine immer größere Rolle. Dabei konnten fest etablierte, traditionsreiche Netzwerke genutzt werden. So waren die einzelnen Regionen am Indischen Ozean seit dem Altertum durch ein dichtes Netz von Handelsrouten eng miteinander verbunden. Arabische, indische, indonesische oder chinesische Schiffe überquerten im verlässlichen Zyklus der Monsunwinde das Meer mit seinen Nebengewässern und transferierten neben begehrten Waren auch Sprache, Kultur und Religion. Auf diese Weise entwickelte sich der Indische Ozean nicht allein zu einem gewaltigen Wirtschaftsraum, sondern auch zu einem Zentrum der Kommunikation und des kulturellen Austausches. Dazu trug auch ein Landhandelsnetz im riesigen Hinterland des Ozeans bei, das China mit Zentralasien, Tibet, Indien, dem westlichen Asien und über die legendäre »Seidenstraße« auch mit Europa ver-
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band. Vielleicht wurde auf denselben Wegen, auf denen der Buddhismus einst nach China gelangt war, später Tee ausgeführt. Tee verbreitete sich aber nicht allein durch Handel, sondern auch durch Migration. Nach China einwandernde zentralasiatische Stämme lernten die chinesische Genusskultur kennen. Außerdem berichten die Quellen von der Auswanderung zahlloser Chinesen in das insulare Südostasien. Auf Java, in Aceh, auf den Sulu-Inseln, in Makassar, aber auch in Siam tranken Chinesen viel Tee und vermittelten diese Praxis auch der einheimischen Bevölkerung.28 Im Gegensatz zur traditionellen Lehrmeinung war China nicht vollständig wirtschaftlich autark, sondern sogar dringend auf die Einfuhr einiger Waren angewiesen. Das galt nicht nur für das notorisch knappe Silber, sondern auch für Kavalleriepferde. Zwar wurden Pferde im Reich der Mitte gezüchtet, doch waren diese nicht so ausdauernd und groß wie die aus Zentralasien eingeführten Tiere. Für die Kontrolle der weiten Grenzregionen waren letztere gleichwohl unabdingbar, weshalb ihre Beschaffung ein Politikum ersten Ranges darstellte.29 Einem offiziellen Import stand aber in der Ming-Zeit die Abschottung des Landes entgegen. Diese war nach einer Phase wirtschaftlicher Öffnung das Resultat von Konflikten an der mongolischen Grenze, vor allem aber wachsender Seeräuberei entlang der Küsten.30 Um jeglichen Anschein der Legalisierung des Außenhandels zu vermeiden, schickte der kaiserliche Hof offizielle Tributmissionen nach Zentralasien, die nichts anderes als verbrämte Handelsexpeditionen darstellten. Im Tausch gegen Pferde wurden kostbare »Geschenke«, in Wirklichkeit chinesische Handelsgüter, überreicht. Da derartige Unternehmungen aber nur unregelmäßig gelangen, blieb ihr Erfolg begrenzt. Immer offensichtlicher wurde die Tatsache, dass der gravierende Pferdemangel trotz der restriktiven Außenhandelspolitik nur durch einen regulären Handel mit den »Barbaren« im Norden und Westen behoben werden konnte. Um einen Silberabfluss zu verhindern, bot sich als Exportgut der Tee an, der als bislang illegale Ware bereits fest in die Alltagswelt einiger zentralasiatischer Völker integriert war. Unter den kaiserlichen Behörden herrschte sogar die landläufige Auffassung, dass Teemangel die Zentralasiaten anfällig und krank mache, dass diese vom Getränk also geradezu abhängig seien. Hieraus wurde ein strategischer Vorteil konstruiert, der in der Realität aber kaum existierte.31 Um den projektierten Export bestmöglich kontrollieren zu können, erfolgte die staatliche Monopolisierung des Teehandels. Abgesehen von einem kleinen Eigenanteil mussten sämtliche Ernten der Bauern verzollt und durften ausschließlich an eine kaiserliche Teebehörde verkauft werden. Die aufgekaufte Produktion wurde von Soldaten an die Grenzorte geschafft und dort in Richtung
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Zentralasien vor allem an die Stämme der Uighuren und Oiraten verkauft, während eine illegale, private Ausfuhr strenge Bestrafung zur Folge hatte. Der Rest kam auf den Binnenmarkt.32 Wenn es gut ging, gelangten um 1400 jedes Jahr an die 500 t Tee über die Grenze. Im Gegenzug kamen knapp 14.000 hochwertige Kavalleriepferde ins Land. Für gut 35 kg Tee gab es also ein Pferd ; die besten von ihnen gingen direkt an den kaiserlichen Hof, die übrigen an die Grenzgarnisonen. Unruhen auf zentralasiatischer Seite führten aber um die Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem Niedergang dieses politisch sensiblen, lange Zeit aber erfolgreichen Geschäfts. Nicht besser machte die Situation seit jener Zeit auch die Tatsache, dass die Chinesen zunehmend minderwertige Produkte aus neuen Anbauregionen ausführten, die in Zentralasien als bitter empfunden und als »falscher Tee« reklamiert wurden.33 Die restriktive Außenhandelspolitik hatte auch Auswirkungen auf den maritimen Warenaustausch, konnte diesen gleichwohl nie ganz unterbinden. Seit 1450 lag der offizielle Handel mit der südostasiatischen Inselwelt praktisch d anieder. Nicht völlig unterbunden war hingegen der Verkehr mit dem festländischen Südostasien, vor allem mit der Hafenstadt Malakka. Von dort aus konnten aber wiederum die indonesischen Inseln, vielleicht auch bereits Indien und Persien, mit Tee beliefert werden. Erst mit der Thronbesteigung des Kaisers Ma-Tsung 1557 wurde das strikte Verbot wieder gelockert.34 Es waren vor allem die in den südostasiatischen Häfen lebenden chinesischen Kaufleute, die den Tee seit der Lockerung der Restriktionen nun massenhaft über das Südchinesische Meer verschifften. Maritimer Teehandel war Dschunkenhandel. Ursprünglich war mit dem Begriff »Dschunke« kein spezifischer Schiffstyp gemeint, denn im malayischen Sprachgebrauch bedeutete »jong« schlichtweg Handelsschiff. Im 16. Jahrhundert entstand aber ein mehr oder weniger einheitlicher Typ mit sowohl chinesischen als auch südostasiatischen baulichen Merkmalen. Diese »klassische«, auf dem Südchinesischen Meer eingesetzte Dschunke wies zwei bis vier Masten mit Lateinersegeln sowie ein flaches Heck auf. Auch wenn viele Fahrzeuge eher bescheidene Dimensionen hatten, konnten einige Größen von 400 – 500 Tonnen Ladekapazität, selten auch bis zu 1000 Tonnen erreichen, was einem europäischen Ostindienfahrer des 17. und 18. Jahrhundert durchaus gleichkam.35 Die Zahl der zwischen Java, der Straße von Ma lakka, den Molukken und Südchina verkehrenden Dschunken war Legion.36 Ebenso wie ein gutes Schiff war eine geeignete Verpackung notwendig. Der lose Tee stellte ein empfindliches Handelsgut dar, das nicht nur leicht den Geruch anderer im selben Frachtraum transportierter Waren annahm, sondern ebenso Opfer von Feuchtigkeit wurde. So war wohlbekannt, dass die Blätter
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nicht direkt neben der stark riechenden Asafoetida verladen werden dürften, wie sie etwa von Südostasien nach Indien verschifft wurde.37 Auch größere Wärme verträgt er nicht. Zum Einsatz als Verpackung kamen Behälter aus Holz, vermutlich in Tonnen- oder Kistenform. Ebenfalls genutzte Metallkisten bestanden aus einer Zinn-Blei-Legierung, die etwa in Siam produziert wurde. Der Nachteil dieses Werkstoffs bestand darin, dass er recht weich und die Kiste damit instabil war. Höhere Qualitäten wurden daher in Behältnissen aus einer härteren Legierung aus Zinn, Blei, Kadmium oder Arsen und Kupfer verpackt, die in China produziert wurde und als »Tutenag« oder »weißes Kupfer« bekannt war. All das würde heute nur schwerlich als Verpackungsmaterial durchgehen.38 Die für das 17. Jahrhundert überlieferten Zahlen zeigen deutlich, dass chinesischer Tee für den intra-asiatischen Handel eine wesentlich größere Bedeutung besaß als japanischer. In der Tat stellte das Reich der Mitte das einzige Land dar, das in jener Zeit mit seinen Produktionsmengen und Handelsnetzwerken überhaupt in der Lage war, auswärtige Nachfrage in größerem Umfang zu bedienen.39 Leicht entsteht der Eindruck, dass die Chinesen nach der Liberalisierung ihres Überseehandels ein regelrechtes Marketing betrieben, um das Produkt unter auswärtigen Kaufleuten bekannt zu machen. Als der Engländer Peter Mundy (1597 – 1667) 1637 das portugiesische Macao besuchte, notierte er : »The people gave us a certaine Drink called Chaa, which is only water with a kind of herbe boyled in itt. It must be Drancke warme and is accompted wholesome.«40 Dass das leicht bittere Getränk gesundheitliche Vorzüge besaß, wurde Mundy gleich mit auf den Weg gegeben. Der für den intra-asiatischen Handel mit Südostasien bestimmte Tee stammte vor allem aus den Provinzen Fujian und Guangdong. Am Perlfluss in der Nähe der Hafenstadt Kanton existierten ganze Siedlungen, die das verarbeitete Gut verpackten und weiterverkauften, damit es anschließend außer Landes verschifft werden konnte.41 Es ist davon auszugehen, dass sich spätestens im 17. Jahrhundert Netzwerke in Kanton etablierten, denen die Europäer im darauffolgenden Jahrhundert in Gestalt des noch vorzustellenden Co-Hong wieder begegneten. Von mindestens ebenso großer Bedeutung war auch das portugiesische Macao. Ebenso spielten Amoy und die gleichfalls in der Provinz Fujian gelegenen Häfen Hoksieu und Chinchew als Exporthäfen eine Rolle. Nicht der gesamte nach Südostasien ausgeführte Tee blieb dort. Bemerkenswert sind Reexporte von Südostasien nach Indien und darüber hinaus, wobei es unmöglich ist, den Umfang jenes Geschäfts mengenmäßig einzugrenzen. Aus den niederländischen Quellen des 17. Jahrhunderts ergibt sich aber der
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Karte 2 Der intra-asiatischen Teehandel (ca. 15. – 17. Jahrhundert).
Eindruck, dass Tee vor allem an die Koromandelküste, in das südliche Bengalen, in besonders großem Umfang aber nach Surat an der indischen Westküste gelangte. Olearius’ Landsmann und Reisegefährte Johann Albrecht von Mandelslo (1616 – 1644), der sich in Persien von der Gottorfer Gesandtschaft getrennt und auf eigene Faust auf den Weg nach Surat gemacht hatte, fand dort den Tee »gar gemein« vor.42 Auf diese Weise lernten die Inder den Teegenuss schon Jahrhunderte, bevor die erste kommerzielle Plantage im indischen Assam ihren Betrieb aufnahm, kennen.
4. Frühe Begegnungen
Unter portugiesischer Flagge nach Ostindien Kaum ein Europäer hatte je von dem Getränk »cha« gehört, als dieses zur Zeit der Ming-Dynastie bereits Ausdruck verfeinerter Lebenskultur im Fernen Osten war. Die vergleichsweise späte Bekanntschaft Europas mit dem Tee mag verwundern, übte das unermesslich große Asien doch bereits seit dem Altertum eine gewaltige Faszination aus. Von dort kamen die kostbaren Seidentuche, Gewürze, aber auch Harze und Edelsteine. Über die Seidenstraße, den Persischen Golf oder das Rote Meer gelangten jene Güter im Mittelalter in die Levante, nach Venedig und von dort aus weiter in das übrige Europa. Dass die großen Reisenden des 13. Jahrhunderts wie Marco Polo, Johannes de Plano Carpini oder Wilhelm von Rubruk in China ein aus gepressten Kuchen hergestelltes Heißgetränk kennenlernten, erscheint möglich, ist aber nicht schriftlich dokumentiert. Allein Marco Polo erwähnt einen kaiserlichen Tee-Kommissar, nicht aber das Getränk selbst. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts gelangten Hinweise über den Wachmacher entlang der alten Handelswege nach Venedig.1 In jener Zeit hatten sich ohnehin schon längst portugiesische Schiffe auf direktem Wege um das Kap der Guten Hoffnung in Richtung Indischem Ozean und Südchinesischem Meer begeben. So waren die Portugiesen bald nach 1400 aufgebrochen, ihren Handel auch auf außerhalb Europas liegende Länder auszudehnen. Den Anfang machte die afrikanische Westküste ; 1488 erreichte Bartolomeu Dias (ca. 1450 – 1500) das Kap der Guten Hoffnung und zehn Jahre später Vasco da Gama (1469 – 1524) auf dem Seeweg den indischen Subkontinent. Als die Venezianer über Persien erstmals vom Tee hörten, war das königlich-portugiesische Handelsimperium am Indischen Ozean, der »Estado da Índia«, bereits Realität. Vom Persischen Golf über die in Indien gelegene Hauptniederlassung Goa bis jenseits der Straße von Malakka erstreckte sich ein Netz an Handelsstützpunkten. Immer intensiver engagierten sich die Portugiesen nicht nur im interkontinentalen Warenaustausch mit Europa, sondern auch im intra- asiatischen Handel und monopolisierten einige der profitträchtigsten Seerouten. Auch das Reich der Mitte rückte in ihr Blickfeld. Bereits 1508 wurde Diogo Lopes de Sequeira (ca. 1465 – 1530) von Goa nach Südostasien geschickt, von wo aus er auch möglichst viel über China herausfinden sollte. Malakka war hierfür ein geeigneter Ort, diente es doch traditionell als Schnittstelle im Handel
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zwischen Ost und West und war in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der einzige südostasiatische Hafen, der von chinesischen Schiffen offiziell angelaufen werden durfte.2 Sechs Jahre später wagten die Portugiesen eine Schiffsexpe dition direkt nach China. Außer dass ein katholischer Geistlicher auf einer küstennahen Insel zurückgelassen wurde und kurze Zeit darauf starb, ist wenig über diese Fahrt bekannt.3 Die hohen chinesischen Beamten in den Hafenstädten des Südens zeigten trotz des offiziellen Banns des fernen Kaiserhofes am auswärtigen Handel durchaus Interesse. Da ein beträchtlicher Teil der Zölle und Abgaben in ihre eigenen Taschen floss, wurde die Präsenz der Portugiesen in einigen Orten schließlich stillschweigend geduldet. Mit der Liberalisierung des Außenhandels erhielten diese 1557 dann auch ganz offiziell das Recht, eine eigene Niederlassung zu gründen. Aus dem chinesischen Ort Aomen wurde das portugiesische Macao, das sich bald zu einem wichtigen Umschlagplatz im intra-asiatischen Handel entwickelte und erst nach einer bemerkenswert langen Dauer 1999 an Peking zurückging.4 Japan lag demgegenüber anfangs weit außerhalb der portugiesischen Wahrnehmungssphäre. Durch einen Sturm dorthin verschlagen, landeten 1543 zufällig drei Portugiesen auf einer kleinen japanischen Insel. Die Überlieferung besagt, dass die Seeleute von der örtlichen Bevölkerung freundschaftlich aufgenommen und die an Bord befindlichen Waren gewinnbringend verkauft wurden. Jedoch etablierte sich regelmäßiger portugiesischer Handel mit Japan erst seit der Gründung Macaos. Seitdem gelangten aus Japan Rohseide und das in China notorisch knappe Silber, aber auch Blei, Quecksilber und Moschus in das Reich der Mitte ; in umgekehrter Richtung flossen Gold, Porzellan und andere chinesische Gewerbeprodukte. Einmal jährlich wurde später eine reich beladene, besonders privilegierte Karacke von Goa aus über Malakka nach China und Japan entsandt, wo sich die Stadt Nagasaki zu einem wichtigen Umschlagplatz entwickelte.5 Im Schlepptau der portugiesischen Kaufleute erreichten auch die hervorra gend ausgebildeten und vorbereiteten Missionare des global operierenden Jesuitenordens erst Japan und später China. Den Beginn machte um 1550 Francisco de Xavier (1506 – 1552), der sogar an den kaiserlichen Hof im japanischen Kyoto gelangte. 1569 gründete Gaspar Vilela (1525 – 1572) eine Missionsnieder lassung in Nagasaki, wo bereits die portugiesischen Kaufleute regelmäßig ihren Geschäften nachgingen. In einigen Fällen schlossen sich europäische Händler später dem Orden an, um als Missionare im Land zu wirken. Innerhalb weniger Jahrzehnte gründeten sich neben Nagasaki weitere Missionsniederlassun-
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gen, und die Zahl der Getauften wuchs auf 150.000 an. Dieser Erfolg stellte gleichzeitig aber die Wurzel des baldigen Niedergangs der Mission dar, denn er erweckte zunehmend Argwohn. 1587 erließ der Fürst Toyotomi Hideyoshi ein Edikt, das die Missionare kurzerhand aus dem Land wies.6 Da am Ende nicht mehr eindeutig zwischen Mission und Handel getrennt werden konnte, waren schließlich auch die Tage der in Nagasaki operierenden portugiesischen Kaufleute gezählt. 1634 mussten diese auf die künstlich vor der Stadt aufgeschüttete winzige Insel Deshima umziehen ; jede ihrer Bewegungen wurde fortan strengstens kontrolliert. Fünf Jahre später, als bereits die Niederländer für den Japanhandel in den Startlöchern standen, folgte die endgültige Vertreibung.7 »Cha« im Blickfeld der Europäer Die Europäer begegneten in Japan und China zwei mächtigen, selbstbewussten Reichen mit hochentwickelter Staatlichkeit und Kultur. Wer diese Länder besuchte, kam nicht als Eroberer, sondern als Gast und hatte sich gesellschaftliche Akzeptanz durch Kultur- und Sprachkompetenz erst zu erarbeiten.8 Dabei erleichterte das Wissen um den rechten Umgang mit »cha« als sozialem Getränk den Zugang zu den einheimischen Eliten zwischen Peking und Nagasaki immens. Fast siedend heiß aus einer Schale probiert, mag er anfangs als bitter, nicht besonders attraktiv und auf keinen Fall als etwas für den europäischen Markt Interessantes empfunden worden sein. Zum Türöffner in Ostasien taugte er aber allemal ; und irgendwann müssen die Europäer auch bemerkt haben, dass sich damit im intra-asiatischen Handel Geld verdienen ließ. Die frühen Besucher unter portugiesischer Flagge stammten als Kaufleute und Missionare weit überwiegend aus Portugal, Spanien oder Italien. Viele Jahre oder gar Jahrzehnte lang sahen sie ihre Heimat nicht wieder, wenn sie überhaupt je dorthin zurückkehrten. Die einzige Möglichkeit, die daheimgebliebenen Angehörigen und Glaubensbrüder oder die gebildete Öffentlichkeit von ihren Beobachtungen und Abenteuern zu informieren, blieb das geschriebene Wort in Form von Briefen, Tagebüchern oder landeskundlichen Traktaten. Das Interesse an Ostasien war daheim von Anfang an enorm, wie die vielen Drucke, Neuauflagen und Übersetzungen der wichtigsten Texte belegen. Frühe Informationen über den Tee stammen aus dem teils etwas leichter zugänglichen Japan. Erstmals stieß 1546 der Kaufmann Jorge Álvares auf das geheimnisvolle Getränk und berichtete darüber. Dieser hatte sich eine Zeit lang in
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der Stadt Kagoshima aufgehalten und schrieb später von einer merkwürdigen Sitte der Japaner. Diese tränken nämlich neben einem aus Reis hergestellten alkoholischen Gebräu auch heißes Wasser – im Winter gemischt mit verschiedenen, ihm unbekannten Kräutern. Niemals, auch sommers nicht, würde Wasser kalt genossen.9 Es folgte Luís de Almeida (1525 – 1583), Mediziner, Kaufmann und später Jesuitenpater. Dieser war zunächst als Arzt in die portugiesische Hauptniederlassung Goa in Indien und dann weiter nach China gegangen, wo er neben seiner eigentlichen Profession Handel trieb. 1552 reiste er das erste Mal nach Japan, wo er Verbindung zu den Jesuiten aufnahm. Während eines zweiten, langen Aufenthalts im Lande beschloss er, ganz dem Orden beizutreten. Er gründete und leitete ein Hospital, was ihn allerdings nicht davon abhielt, sich weiterhin kaufmännisch zu engagieren. Immer intensiver lernte er auf seinen Reisen Land und Leute kennen, und in der Gegend von Kansai hatte er sogar die Gelegenheit, an einer Teezeremonie teilzunehmen.10 De Almeida war der erste Europäer, der in Japan den Tee als solchen erkannte und ihn, anders als Álvares, in einem Brief auch beim Namen nannte. So solle im Lande ein aufgekochtes Kraut existieren, das die Einheimischen als »cha« bezeichneten und das jeder genieße, der erst einmal auf den Geschmack gekommen sei.11 Während de Almeidas Vorstellung noch impressionenhaft blieb, widmete der Jesuit João Rodrigues (1561 – 1633) der japanischen Teezeremonie eine ganze Schrift – den ersten Fachtext zum Tee aus der Hand eines Europäers ü berhaupt. Schon in jungen Jahren war Rodrigues als Kaufmann nach Japan gelangt. Ebenso wie de Almeida trat auch er während seines Japanaufenthaltes um 1577 dem Jesuitenorden bei. Zum Priester geweiht, erlangte er mit seinen Sprachkenntnissen eine wichtige Mittlerrolle zwischen Kaufleuten, Missionaren und der japanischen Obrigkeit. Möglicherweise begegnete er sogar dem berühmten Teemeister Sen no Rikyū. Später legte Rodrigues mehrere sprachkundliche Abhandlungen und seine »Arte del Cha« vor.12 Von Beginn an galten Tee und Chanoyu bei den Jesuiten als explizit weltliche Institutionen und nicht als Ausdruck vermeintlich »heidnischen« Aberglaubens. Daher hatte es das Getränk leicht, auch in die jesuitische Alltagskultur integriert zu werden. Schon Anfang der 1560er Jahre war ein Konvertit namens Damien bei den Missionaren damit beschäftigt, Gästen nach Landessitte den Tee zuzubereiten. Ausdrücklich wurde ihm auferlegt, dass er in einer so wichtigen Funktion stets ordentlich und freundlich zu sein habe.13 Die Adaption des Teegenusses als Mittel gesellschaftlicher Integration wurde schließlich offizielle Politik der Mission. Als der Visitator Alessandro Valignano
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(1539 – 1606) um 1580 seinen ersten Besuch im Lande unternahm, tauschte er sich intensiv mit japanischen Vornehmen aus, die ihm die besondere Bedeutung des Chanoyu vermittelten. In einer ausführlichen Instruktion erlegte er anschließend den Missionaren auf, sich in größtmöglichem Umfange anzupassen. Er bestimmte, dass alle Missionsniederlassungen einen reinen und ordentlichen Raum zur Durchführung der Zeremonie für den angemessenen Empfang japanischer Gäste vorhalten sollten – insbesondere dort, wo häufiger mit dem Besuch von Vornehmen zu rechnen sei. Demgegenüber wurden schlechte Umgangsformen und schlechter Tee als für den Missionserfolg kontraproduktiv verdammt, denn solche würden vom Gegenüber als Beleidigung empfunden und nur ein entsprechend rüdes Gegenverhalten provozieren.14 Als die Europäer schon längst freigiebig aus Japan berichteten, blieb das Reich der Mitte einer tieferen landeskundlichen Erkenntnis noch verschlossen. Die Jesuitenmission in China begann erst mit Matteo Ricci (1552 – 1610) und damit einige Zeit später als im benachbarten Inselkaiserreich. Hineingeboren in eine wohlhabende italienische Patrizierfamilie, erfuhr Ricci ebenso wie seine Mis sionsbrüder eine hervorragende Ausbildung in alten Sprachen, aber auch in Mathematik und Astronomie, ehe er sich im Alter von vierundzwanzig Jahren im Auftrag des Ordens auf den Weg machte.15 Ricci erreichte 1582 China, gelangte als einer der ganz wenigen Europäer jener Zeit bis nach Peking, gewann durch seine mathematischen und astronomischen Kenntnisse das Vertrauen des Kaisers und diente schließlich als Hofastronom.16 Ricci verfasste ein Tagebuch auf Italienisch, das vier Jahre nach seinem Tod nach Rom gelangte und dort erstmals in lateinischer Sprache im Druck erschien. Das gehaltvolle Werk, das eigentlich eher eine systematische landeskundliche Studie darstellt, bot viele Details zum Reich der Mitte. Es erwies sich als großer Verkaufserfolg und erlebte bis 1648 allein in der lateinischen Fassung vier weitere Auflagen. Ebenso kamen drei französische Übersetzungen, 1617 eine deutsche Ausgabe sowie vier Jahre später je eine spanische und eine italienische heraus. Mit dem erfolgreichen Werk erhielt das europäische Lesepublikum erstmals einen tiefen Einblick in Alltag und Kultur jenes fernen Landes.17 In seinem langen Text widmet sich der Missionar allerdings nur auf lediglich knapp einer Seite dem Tee. Im Gegensatz zu seinen teils ausführlich berichtenden Glaubensbrüdern in Japan war ihm das Getränk allem Anschein nach nicht besonders wichtig. Das mag daran gelegen haben, dass der formalisierte und in Japan für die Jesuiten überlebenswichtige Teegenuss in Form des Chanoyu in China weniger ausgeprägt war. Ricci vermutete gar, dass besagter »Cia« in China noch nicht besonders lange bekannt sei, da für dieses Gut kein eigenes Schrift-
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zeichen existiere – eine Fehleinschätzung, die später von ganzen europäischen Gelehrtengenerationen gebetsmühlenartig wiederholt werden sollte. Nur kurz geht Ricci auf Ernte und Verarbeitung ein : »Im Früling wirdt diß laub gesamblet / am schatten gedörret / und zum täglichen gebrauch auffbehalten …« Der Tee sei in China und Japan ein soziales Getränk und werde nicht allein »uber Tafel« genossen, sondern auch zu anderen Geselligkeiten : »… darvon so offt einer den andern besucht / ja da sich das gespräch etwas verweilt zwey oder dreymal auffgetragen / unnd allzeit warm getrunken.« Der Leser und die Leserin erfahren weiterhin, das Getränk habe »ein mittelmässige angeneme bitterkeit / ist aber sonderlich gesund und heilsam.« Ebenso berichtet Ricci in knappen Worten von den unterschiedlichen Zubereitungsmethoden : Während in Japan Teepulver in das heiße Wasser eingerührt werde, würden in China die Blätter aufgebrüht. Im Ganzen bleibt Ricci knapp und hinter den bereits aus Japan überlieferten Kenntnissen zurück.18 Andererseits wurde mit seinem Werk erstmals überhaupt Tee-Wissen nicht nur auf Latein, sondern auch als Übersetzung in moderne Landessprachen einem europäischen Lesepublikum präsentiert, was den Rezipientenkreis deutlich erweitert haben dürfte. Ricci fand seine Nachahmer, und auch in den darauffolgenden Jahrzehnten erschienen landeskundliche Texte wie die Reisebeschreibung von Pierre du Jarric (1566 – 1617), der »Novus Atlas Sinensis« von Martino Martini (1614 – 1661) und mehrere Publikationen von Alexandre de Rhodes (1591/93 – 1660). Alle Werke streiften zumindest das Kulturgut Tee, ohne aber dessen große Relevanz für die chinesische Gesellschaft besonders hervorzuheben. Das niederländische Kolonialreich Als Matteo Riccis Werk in Europa seine größte Bekanntheit erreichte, hatte der portugiesische »Estado da Índia« bereits seine besten Jahre hinter sich. Ebenso gewaltsam wie sie sich einst selbst an den Küsten des Indischen Ozeans festgesetzt hatten, wurden die Portugiesen nun von den Niederländern als führende maritime Macht zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und Japan abgelöst. 1602 hatte sich in Amsterdam eine Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) gegründet, die als Aktiengesellschaft innerhalb kürzester Zeit ein gewaltiges Kapital akkumulierte und eine große Zahl an Schiffen nach Asien auf die Reise schickte. Niederländische Kriegsschiffe und Landtruppen vertrieben die Portugiesen bald aus Malakka, später von Ceylon und von der indischen Malabarküste.
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Als einer der wenigen Handelsplätze blieb neben Goa unter anderem Macao in ihrer Hand. Im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts etablierte sich die VOC teils mit brutaler Gewalt als europäische Hegemonialmacht in der indonesischen Inselwelt und konzentrierte sich hier vor allem darauf, den Gewürzhandel zu monopolisieren. Ostasien lag anfangs außerhalb der Reichweite der Niederländer. Der VOC blieb zunächst nichts anderes übrig, als die begehrten ostasiatischen Güter durch das Kapern portugiesischer China- oder Japanfahrer an sich zu bringen und in den Niederlanden meistbietend zu versteigern. Nur eine kurze Lebensdauer war einem niederländischen Handelsposten im japanischen Hirado beschieden, denn die Japaner wollten keine Waren aus den Niederlanden, sondern solche aus China, die bislang nur die Portugiesen liefern konnten. 1622 scheiterte ein niederländischer Angriff auf Macao. Es folgte eine VOC-Gründung auf den Pescadoren, von wo die Niederländer aber ebenso bald wieder vertrieben wurden. Schließlich zeitigten Verhandlungen mit einem Provinzgouverneur auf der zu China gehörenden Insel Formosa (Taiwan) Erfolg : 1624 wurde dort das Fort Zeelandia gegründet, das immerhin bis 1662 in der Hand der VOC blieb. Zum dauerhaften Vorteil gereichte der Kompanie schließlich die Vertreibung der Portugiesen aus Japan 1639. Zwei Jahre darauf wurde es den Niederländern, die nicht im Verdacht übermäßiger christlicher Missionstätigkeit standen, nämlich gestattet, die einst von jenen genutzte Insel Deshima zu übernehmen.19 Teestunde in Batavia In der Anfangszeit stellte die im gleichnamigen Sultanat gelegene Stadt Bantam auf der Insel Java den Hauptstützpunkt der VOC in Asien dar. Schon nach wenigen Jahren verlangte die Kompaniedirektion in Amsterdam mit wachsendem Handel aber die Anlage einer eigenen, befestigten Stadt. Ganz in der Nähe gründeten die Niederländer auf dem Gelände des Ortes Jakatra 1619 ihre neue, befestigte Siedlung Batavia, die sich bald zu einer veritablen kolonialen Metropole entwickelte. Schon in den 1620er Jahren waren deren architektonische Grundzüge deutlich erkennbar. An der Küste lag das Kastell mit Verwaltungsgebäuden, den Quartieren für das gehobene Personal, der Garnison und einer Kirche. Daneben entstand eine komplett in Steinbauweise errichtete europäische Stadt mit schachbrettartigem Straßenmuster und ganz nach niederländischer Manier dazwischenliegenden Kanälen. Außerhalb lagen die Wohnquartiere der Einheimischen.20
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Mit dem Anwachsen des Handels übte Batavia bald eine große Anziehungskraft auch auf chinesische Einwanderer aus. In einem eigens entstehenden Viertel außerhalb der europäischen Siedlung waren schließlich zahlreiche chinesische Kleinhändler, Handwerker und in der Umgebung Gemüsebauern zu Hause. Ende des 17. Jahrhunderts war mehr als die Hälfte der Einwohner Batavias chinesischer Abstammung. Die Einwanderer brachten nicht nur ihre Handels- und Gewerbeinteressen aus dem Mutterland mit, sondern auch Alltagskultur und Nahrungsgewohnheiten. Von Beginn an war der Tee im chinesischen Quartier zu Hause. Als das niederländische Kolonialreich seiner größten Machtentfaltung zusteuerte, waren die Zeiten in Europa schlecht. Ein Jahr vor der Gründung Batavias hatte mit dem Prager Fenstersturz ein drei Jahrzehnte andauernder Konflikt begonnen, der gerade im Heiligen Römischen Reich für wirtschaftliche Not und physisches Leid sorgte. Viele Arbeitswillige suchten ihr Glück außer Landes, zum Teil in den Niederlanden in den Diensten der großen Überseekompanien. Wer von der Küste kam und über nautische Kenntnisse verfügte, konnte Seemann werden ; für den Sachsen, Thüringer und Franken blieb hingegen die Rolle des Soldaten. Von der fremden, exotischen Umwelt unter der Äquatorsonne mögen die meisten im Sold der VOC stehenden Deutschen tief beeindruckt gewesen sein, aber nur wenige konnten ihre Gedanken schriftlich in Worte fassen. Gleichwohl haben sich einige bemerkenswerte Dokumente aus jener Zeit erhalten. Die überlieferten Texte zeugen von einem großen Interesse an der neuen, temporären Heimat ; und auch die Bedeutung des Tees im chinesischen Stadtviertel Batavias blieb dem aufmerksamen Beobachter nicht verborgen. Ein solcher war der aus Nürnberg stammende Johann Jacob Saar (1625 – 1664), der sich als Fahnenjunker in der niederländischen Ostindienkompanie verdingte. Saar tat Mitte der 1640er Jahre in Batavia seinen Dienst, um anschließend nach Ceylon, Indien und Persien zu gehen. Gemeinsam mit einem befreundeten Theologen brachte er später daheim seine Eindrücke aus Asien zu Papier, die 1662 erstmals im Druck erschienen.21 In Batavia fiel Saar die große Zahl der dort lebenden chinesischen Einwanderer auf, von denen ein Teil im intra-asiatischen Handel engagiert sei. Jene seien »ein nahrhaft Volck / in allerley Negoce mit kauffen und verkauffen / auch in allerley Handtwercken geübet.«22 Saar nutzte die Zeit, um sich in deren Quartier umzusehen und erfuhr unweigerlich auch von einem ihm zuvor unbekannten Getränk : »Daneben sie von dem Kraut Tee, das in China wächset / kochen / trincken selbiges gantz heiß / dazu sie Confect von allerley Zucker-Werck es-
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Abb. 12 Jacob van Meurs’ Witwe : Ansicht der Tijgersgracht in Batavia, Mitte des 17. Jahrhunderts. Entlang dieser Gracht lagen die vornehmen Stadthäuser der europäischen Oberschicht in der niederländischen Kolonialmetropole.
sen.«23 So ganz traute der Nürnberger bei der späteren Herausgabe des Buches dem eigenen Gedächtnis aber nicht mehr und unterwarf sich stattdessen der Autorität des Gelehrten Olearius, den er neben seinen eigenen Beobachtungen ausführlich zitierte. Auf lange Sicht wog das Wort des großen Namens schwerer als das des einfachen Soldaten. 1646 brach der aus dem Thüringischen stammende Caspar Schmalkalden (1616 – 1673) als Soldat nach Ostindien auf. Auch er diente einige Zeit in Batavia, ehe er sich an einer niederländischen Gesandtschaftsreise nach Sumatra beteiligte. Auf Formosa arbeitete er später im niederländischen Fort Zeelandia als Landmesser, ehe er von dort aus an einer Fahrt nach Japan teilnahm. 1652 war er wieder in seiner thüringischen Heimat.24 Caspar Schmalkalden hinterließ ein erst im 20. Jahrhundert publiziertes, reich illustriertes Reisetagebuch. Darin berichtet er etwas ausführlicher als Saar über die Trinkgewohnheiten der Chinesen in Batavia :
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Zur Gesundheit trinken sie öfters warm Wasser von einem Kraut, auf ihre Sprache Chia und ins gemeine Thé genannt, welches sehr gesund ist, und trinken es auch die Holländer gerne. Dieses Thé-Wasser ist sonderlich gut, wenn man unlustig ist oder einem das Essen nicht schmecket. Auch wenn einer trunken gewesen ist, so erwecket es wieder guten Appetit und vertreibet alle Unverträglichkeit des Magens. Auch wer von diesem Trank oft trinket, darf sich nicht [vor] Schwindsucht, Stein[sucht] oder Podagra besorgen, wie man dann an solchen Orten von diesen Krankheiten nichts weiß.25
So fielen Schmalkalden gleich mehrere Aspekte auf : nicht nur der gute Geschmack des Getränks und die angenommene medizinische Wirkung, sondern auch die Tatsache, dass um die Mitte des 17. Jahrhunderts ebenso die Europäer in Batavia Tee tranken. Zudem bemerkte er, dass das Getränk mit »Cia« (Cha) und »Thé« zwei verschiedene Bezeichnungen besaß, von denen Letztere bald von den Nordwesteuropäern übernommen wurde. Fast zur selben Zeit wie Schmalkalden hielt sich auch der Leipziger Johann von der Behr (ca. 1615–ca. 1692) in Asien auf. Dieser war 1641 auf Stellensuche nach Hamburg gegangen, von wo aus ihn inmitten des Dreißigjährigen Krieges Perspektivlosigkeit, vielleicht aber auch seine später selbst erklärte Reiselust zunächst nach Paris trieb. Wie zahllose Deutsche trat er schließlich in den Dienst der VOC, wo er als Gefreiter in Batavia, auf Ceylon, an der Malabarküste und in Persien Einsatz fand, ehe er 1650 wieder in das Heilige Römische Reich zurückkehrte. Ebenso wie Schmalkalden war er schreibkundig, berichtete aber nur kurz in seinen später gedruckten Tagebuchaufzeichnungen : Einmal »begabe ich mich und mein Camerad in die Stadt Batavia / den köstlichen Tee=Tranck / welcher warm getrunken wird / (ist gut wenn der Magen mit Speisse und Tranck überladen / stärcket das Gedächtnüß und schärft den Verstand /) … zu versuchen.«26 In erster Linie ging es von Behr hier um die Wirkung des Getränks auf Verdauung und Gedächtnis. Auch Christoph Langhans aus Breslau, der 1694 in die Dienste der niederländischen Ostindienkompanie getreten war, berichtet über seine Eindrücke von der chinesischen Diaspora in Batavia.27 Nicht nur die Kleidung der chinesischen Männer und Frauen bewunderte er, sondern ebenso die Rechenkunst, die Fertigkeit, Feuerwerk zu machen, und allerlei geheime Handwerke. Einmal traf er einen Chinesen bei der Herstellung von Keramik an. Er fragte, »was es wäre, er aber nahm es ganz erzürnet und verschloß es in einem Kasten und war unwillig über andere Sachen um welche ich ihn fragte zu antworten und geschwiegen über diese.«28 Wurde manches Handwerk im Geheimen ausgeübt, so war doch der Teekonsum im Chinesenviertel Batavias auch für Langhans unübersehbar. Lapidar
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Abb. 13 Caspar Schmalkalden, »Ein Sinesischer Kaufmann« (ca. 1647). In Batavia gründete sich ein großes chinesisches Stadtviertel. Hier konnten sich die europäischen Reisenden mit Alltag und Kultur im Reich der Mitte praktisch aus erster Hand vertraut machen. Das Originalmanuskript von Caspar Schmalkaldens Reisebeschreibung befindet sich in der Forschungsbibliothek Gotha.
heißt es bei ihm : »Was Thee-Wasser sey, welches der gemeinste Indische Tranck ist, das ist vorhero schon zur Genüge bekannt …« – nur um gleich darauf seinen deutschen Leserinnen und Lesern eine knappe Lektion darin zu erteilen, welche verschiedenen Sorten des Getränks in Batavia auf dem Markt seien.29 Wir sehen Christoph Langhans weiterhin durch das chinesische Viertel streifen, um allerlei exotische Delikatessen zu kosten : »Wenn man bey den Chinesen Thee-Wasser kauffet, so bekommt man unterschiedliche Confecturen darzu, die sie sehr wohl zuzurichten wissen.«30 In Batavia wie ein Jahrhundert später in Weimar stellte das »Confect« also einen unentbehrlichen Begleiter in gemütlicher Runde dar. Aus Langhans’ Notizen erhellt ebenso, dass weder die Niederländer noch die Friesen, sondern die Chinesen den später in Europa so bekannten Teepunsch erfunden hatten. Jene »giessen unter warm Thee-Wasser Arack oder Knip, thun etwas Zucker darein …«31 Erst später übernahmen die Europäer nicht nur jenes Getränk, sondern auch die aus Indien stammende Bezeichnung Punsch.32 In Batavia hatte sich der Genuss von Tee zu Langhans’ Zeit weiter unter der europäischen Einwohnerschaft ausgebreitet, und gerade die Frauen bewiesen seiner Einschätzung nach eine besonders feine Zunge, um die unterschiedlichen Sorten voneinander zu unterscheiden : »Sonst hat auch ein Thee vor den andern einen
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sonderlichen Nachgeschmack, welchen die Holländischen Weiber wohl zu unterscheiden wissen.«33 Tab. 1 Teeimporte auf einheimischen und niederländischen Schiffen nach Batavia in kg (1657 – 1682)34 Jahr
China
1657
2.360
Japan
Formosa
Vietnam
Andere Orte und Herkunft unbekannt
Gesamt
2.360
1658
0
1659
1.655
1.655
1660
0
1661
0
1662
0
1663
3.115
1664
266
3.381
119
1665
224
1666
9.735
1667
119 224 148
9.883
59
59
1668 1669
3.651
148
1670
1.180
295
1671
7.357
767
1672
590
437
1673
3.304
1.298
1674
236
259
259
1814
3.289
89
3.888 8.124
236
330
1.593
797
5.399
118
354
1675
177
59
236
1676
3.894
782
4.676
1677
1821
1.821
1678
11.682
1.239
1679
10.745
180
1680
11.790
1681
1635
60
1.695
1682
8151
118
8.269
78.532
7.835
Summe
4071
16.992 10.925 11.790
1.655
739
8.230
96.991
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Die deutschen Beobachter in Batavia waren keine Ärzte, berichteten aber gleichwohl von einer medizinischen Wirkung des Getränks. Es ist anzunehmen, dass ihre Notizen hierzu weniger auf eigener Erfahrung beruhten, sondern dass sie im Austausch mit den Chinesen landläufiges lokales Medizinwissen aufnahmen, das sich seinerseits aus den einschlägigen traditionellen Diskursen seit den Zeiten Lu Yus speiste. Auf diese Weise wurden der Leserschaft daheim altchinesische Medizinkenntnisse frei Haus mitgeliefert. Während die Autoren ein anschauliches Bild vom Konsum des Getränks und dessen medizinischen Tugenden vermittelten, blieben ihnen andererseits die hinter dem Tee stehenden intra-asiatischen Handelsnetzwerke verborgen. Auf welche Weise und in welchem Umfang die Blätter nach Batavia gelangten, offenbaren demgegenüber die niederländischen Kompanieakten. Vor 1657 verzeichnen die Quellen mit einer Ausnahme (1648 aus Formosa 1121 kg) keine Einfuhren. Dass Tee aber gleichwohl importiert worden sein muss, belegen die Darstellungen von Saar, Schmalkalden und von Behr aus jener Zeit. Auch die Zahlen über die seitdem stattfindenden Einfuhren ergeben ein uneinheitliches Bild. So waren jene durch ein starkes Wachstum bis 1671, gefolgt von einem Einbruch, einem umso stärkeren Anstieg ab 1678 sowie einem erneuten starken Rückgang geprägt. Aus diesen Werten eine klare Tendenz abzuleiten erscheint problematisch. Ursächlich für die Schwankungen können die politischen und sozialen Verwerfungen während der Ablösung der Ming- durch die Mandschu-Herrscher in China gewesen sein. Oft waren es aber bloß sehr große Importe auf einer einzigen Dschunke, die die Zahlen für das betreffende Jahr nach oben schnellen ließen. Den Löwenanteil des Gutes lieferte China. Auch die angegebenen Sendungen aus Vietnam stammten möglicherweise aus dem Süden Chinas oder aus dem vietnamesisch-chinesischen Grenzgebiet. Bis 1682 kamen mindestens 42 t aus Kanton, 22,5 t aus Macao ; weitere Herkunftshäfen waren Hoksieu mit 12,5 t, Amoy (8,5 t) und Chinchew (4,5 t). Zeitgleich gelangten oft auf denselben Schiffen auch Porzellantassen und -kannen nach Batavia. Insgesamt handelte es sich um vergleichsweise geringe Mengen, und die große Zeit des Teehandels zwischen China und Batavia lag noch in der Zukunft, als sich die Nachfrage Europas zum eigentlichen Motor dieses Warenaustausches entwickelte. Um 1700 war Langhans immerhin schon der Auffassung, die Niederländer kauften in China »Porzellan und Thee in Überfluß.«35 Im Gegenzug gelangten im intra-asiatischen Handel Pfeffer, aber auch Zimt, europäische Gewerbeprodukte, Bernstein, Blei und in geringerem Umfang Sandelholz, Benzoin, Kaliaturholz und essbare Vogelnester über Batavia nach China.36
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Auch aus Japan wurde mit einer mehrjährigen Unterbrechung in den 1670er Jahren kontinuierlich Tee eingeführt. Erreichten bis 1682 nachweislich mindestens 78,5 t Tee aus China Batavia, so kamen in demselben Zeitraum allerdings nur knapp 10 t, also etwa ein Achtel, aus Japan. Vielleicht bedeutender als dessen Export war die Ausfuhr japanischen Teegeschirrs. Schenken wir den VOC-Quellen Glauben, wurden zeitweise Batavia und andere Handelsplätze im insularen Südostasien regelrecht mit kupfernen Teekesseln und Keramikgeschirr überschwemmt.37 So erreichte im Juli 1679 ein Schiff aus Japan die niederländische Hauptniederlassung, beladen unter anderem mit einer Partie Tee, sieben Kisten mit roten Keramik-Teekannen, vierundvierzig Kisten Teetassen, weiterhin 24.591 Stück Tassen und anderem Geschirr sowie mit neunundzwanzig Kisten weißer Teekannen mit Deckel.38 Außer durch die Importe direkt aus den Anbauländern gelangte Tee in gewissem Umfang auch auf indirektem Wege nach Batavia, teils über Malakka, in viel größerem Maße aber über die benachbarte Stadt Bantam, bis diese 1682 von den Niederländern erobert wurde.39 Regelmäßig wurde das Gut andererseits auch von Batavia aus reexportiert, in besonders großem Umfang in der zweiten Hälfte des 1670er Jahre. Der größte Teil davon verblieb in der Insulinde, erreichte vor allem andere javanische Häfen, aber auch Amboina und die Banda-Inseln.40 Als der Tee mithin in Europa noch eine absolute Rarität darstellte, hatten ihn Tausende von Europäern im Dienste der VOC, aber auch anderer Handelskompanien bereits in Asien, vor allem in Batavia, kennengelernt. Über Texte und sicherlich auch mündliche Berichte von Heimkehrern gelangte das Tee-Wissen schließlich nach Europa, wo es in gedruckter Form bald Eingang in die Gelehrtenstuben und Küchen finden sollte. Es ist kaum vorstellbar, dass das Getränk im 18. Jahrhundert hierzulande eine derartige Erfolgsgeschichte geschrieben hätte, wäre es nicht zuvor in Asien selbst entdeckt worden. Als Kompaniearzt auf Deshima Zu einem wichtigen Umschlagplatz für das frühe europäische Tee-Wissen entwickelte sich neben Batavia auch der niederländische Stützpunkt auf der Insel De shima vor der Stadt Nagasaki. Hier finden sich die eigentlichen Wurzeln der botanischen Erforschung der Camellia sinensis durch die Europäer. Das lag nicht allein an der räumlichen Nähe zur traditionsreichen japanischen Teekultur, sondern in erster Linie daran, dass auf Deshima viele Jahre lang naturkundlich interessierte und hervorragend ausgebildete Beobachter ihren Dienst taten. Mit Willem ten
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Abb. 14 Caspar Schmalkalden, Die niederländische Faktorei auf Deshima (1650).
Rhijne, Andreas Cleyer, Georg Meister und Engelbert Kaempfer schrieben hier Ärzte sowie ein Gärtner und keine Soldaten ihre Beobachtungen nieder. Drei von ihnen stammten aus dem Heiligen Römischen Reich. Gemeinsam mit niederländischen Kaufleuten und Soldaten lebten sie auf engstem Raum. Kaum mehr als 70 × 200 m maß das künstliche, von einem hohen Zaun umgebene Eiland, das nur über eine hölzerne Klappbrücke mit dem Festland verbunden war.41 Willem ten Rhijne (1647 – 1700) war der erste Europäer, der einen professionellen naturkundlichen Blick auf die Pflanze richtete. Er hatte im niederländischen Franeker und in Leiden Medizin studiert und war 1673 in die Dienste der VOC getreten. Die niederländische Ostindienkompanie fand in ihm den für Deshima gesuchten botanisch versierten Mediziner. Zur Verbesserung der japanisch-niederländischen Beziehungen erhielt er den Auftrag, in Japan europäisches Medizinwissen zu vermitteln und zudem aus europäischen Heilpflanzen direkt vor Ort Destillate herzustellen. Auch wenn er während seines dreijährigen Aufenthaltes dieses Ziel nicht erreichte, lernte er in Japan doch immerhin die dort praktizierte Akupunktur kennen und kehrte zudem mit einer Fülle an naturkundlichen und medizinischen Kenntnissen nach Batavia zurück. Aus seiner Feder gingen einige bemerkenswerte Schriften hervor, darunter auch seine Beobachtungen zur Teepflanze (»Excepta ex observationibus suis Iaponicis Physicis &c. de Fructis Thee«), die 1678 in einem Werk des Botanikers Jakob Breyne in Danzig im Druck erschienen. Nach Rodrigues’ Text zum Chanoyu lag damit
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eine erste echte naturkundlich-ökonomische Untersuchung vor, in der sich ten Rhijne mit der Botanik der Pflanze, der Ernte der Blätter, den verschiedenen Arten der Zubereitung, auch unter der ärmeren Bevölkerung (»Plebejorum decocto«), den dafür nötigen Gerätschaften, dem Preis einzelner Sorten sowie ausführlich mit den medizinischen Tugenden beschäftigt. Der vielleicht bemerkenswerteste frühe Amateurbotaniker auf Deshima war der aus Kassel stammende Andreas Cleyer (1634–ca. 1697). Dieser war ebenso wie ten Rhijne als Arzt zur VOC gegangen und machte seit 1662 als Schulmeister und Leiter der Garnisonsapotheke in Batavia Karriere. Dabei führte er in seinem eigenen botanischen Garten Experimente mit lokalen Heilpflanzen durch, mit denen sich vielleicht einmal die aus der Heimat importierten teuren Medikamente würden ersetzen lassen. Mit dem Titel eines »Protomedicus« stieg Cleyer schließlich in den Rat von Niederländisch-Indien, das mächtige Regierungsorgan der VOC in Asien, auf. Nach Problemen mit seinen Amtskollegen verließ er Batavia aber, um zweimal (1682/83 und 1685/86) die Leitung der Niederlassung auf Deshima zu übernehmen. Neben seinem Dienst für die VOC zeigte Cleyer ebenso wie ten Rhijne ein tiefes Interesse an der botanischen Forschung. Er notierte, sammelte und schickte umfangreiche Briefe, aber auch Zeichnungen und Herbarmaterial an Naturforscher in Europa. Schon in Batavia hatte er sich mit dem Tee auseinandergesetzt und bereits vor dem ersten Aufenthalt auf Deshima Schreiben über jene Pflanze nach Europa gesandt. Nach der Rückkehr aus Japan brachte Cleyer wiederum einen langen Brief in deutscher Sprache an den Frankfurter Stadtarzt Sebastian Scheffer (1631 – 1686) auf den Weg. Darin äußert er sich über zahlreiche ihm bekannt gewordene Pflanzen, auch über die Camellia sinensis, die in Japan oft als Feldbegrenzung, aber auch auf ganzen Feldern zu finden sei : »Wie ich dan auch den augenschein selbst in Jappan habe eingenom’en, und gesehen, das die Kornaecker überall in ihren limiten mit denselben haufenweiß doch ordentlich gepflantzet, abgescheiden seind, auch noch drüber gantze felder voll sich sehen lassen, die express dazu bereitet und unterhalten werden.«42 Ein weiterer Text aus seiner Feder wurde unter dem Titel »De Herba Thée« vom Berliner kurfürstlichen Leibarzt Christian Mentzel (1622 – 1701) in dessen »Miscellanea curiosa medico-physica Academiae naturae sive Ephemerides Germaniae« publiziert. Andreas Cleyer förderte auch seinen Landsmann, den aus Sondershausen stammenden Georg Meister (1653 – 1713). Dieser verfügte über eine gärtnerische Ausbildung, verdingte sich aber seit 1677 bei den Truppen der VOC. Nach einer nur kurzen Beschäftigung in der Garnison von Batavia trat er als Gärtner in Cleyers Dienste. Er nahm an dessen Japanreisen teil, hielt sich nach deren Ab-
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schluss gemeinsam mit seinem Gönner eine Zeit lang in Malakka auf, um 1688 wieder in das Heilige Römische Reich zurückzukehren. In Dresden wurde er schließlich vom Kurfürsten als »Orientalischer Lustgärtner« angestellt und gab 1692 unter dem ähnlich lautenden Titel »Der Orientalisch-Indianische Kunstund Lustgärtner« ein reich illustriertes Werk heraus. Darin beschreibt er, nicht mehr wie ten Rhjine und Cleyer überwiegend auf Latein, sondern in deutscher Sprache überblicksartig die Teepflanze : Dieses ist ein Pusch-Gewächse / drey biß vier Schuh hoch / welches in Jappan zwischen ihren Korn- und Reis-Feldern / gleich wie in Europa auff denen Reinen die Schleen oder Hahnputten / wachsen. Seine Blätter sich wie Kirsch Blätter rundumb gekerbet / ihre Blüthen welche im Julio heraus kommen / sind gleichfalls wie unser Kirsch- oder weisse Apffel-Blüthen / wenn die Jappaner die Blätter zum Thee pflücken wollen / so bedecken sie vorhero die jenigen Streucher mit Leinwand / damit die Sonne ihnen ihre Kräffte nicht ausziehe alsdenn sammlen sie die öbersten jüngsten / die Alten halten sie für unkräfftig darzu / und wenn sie nach ihrem Bedüncken genug Blätter gepflücket / setzen sie einen großen Kessel mit Wasser übers Feuer / lassen es wohl in denselben auffsieden / alsdenn giessen sie das Wasser hinweg / und schütten die gepflückten Thee=Blätter hinein / und decken hernach den Kessel wohl zu / … alsdenn streuen sie solche auf langes Bast-Pappier / legen sie auf Horden / worunter glüende Kohlen gleich fast unseren Maltz-Tharren sind / von welcher Hitze sie also sich krümmen und zusammen lauffen.43
Meister geht hier vergleichsweise ausführlich auf Gestalt, Ernte und Verarbeitung der Blätter ein. Die Darstellung ist anschaulich, bleibt aber an Genauigkeit hinter den Texten der anderen beiden frühen europäischen Teeforscher auf De shima zurück. Nur wenige Jahre nach Cleyer und Meister tauchte mit Engelbert Kaempfer (1651 – 1716) ein weiterer Mediziner aus dem Heiligen Römischen Reich in Japan auf, der in der Tee-Debatte bis heute tiefe Spuren hinterlassen hat. Der aus Lemgo stammende Kaempfer hatte an verschiedenen Lateinschulen in Deutschland studiert, um sich anschließend an die Universitäten Krakau und Königsberg zu begeben. Nach juristischem und medizinischem Studium zog es ihn ins schwedische Uppsala. Dort geriet er in das Blickfeld des Stockholmer Hofes und wurde schließlich als Sekretär einer schwedischen Gesandtschaft nach Russland und Persien in Dienst genommen.44 1683 verließ er in deren Gefolge Schweden, um erst mehr als ein Jahrzehnt später wieder europäischen Boden zu betreten. Kaempfer sollte Gelegenheit er-
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halten, weite Teile Asiens kennenzulernen. Dabei erwies er sich als kundiger Beobachter, der sich nicht nur für Geografie und Natur interessierte, sondern auch für die Menschen in ihrem kulturellen und natürlichen Umfeld. Aus seiner Hand gingen zahllose Tagebuchaufzeichnungen, Berichte und Zeichnungen hervor, die seinen ganzheitlichen Blick dokumentieren. Nach längerem Aufenthalt in Isfahan verließ Kaempfer zunächst die schwedische Reisegesellschaft, nachdem offensichtlich geworden war, dass das vom Stockholmer Hof angestrebte Handelsunternehmen keine Aussicht auf Erfolg hatte. Vielleicht aus Abenteuerlust, wohl eher aber auf der Suche nach einem geregelten Lebensunterhalt ging er 1684 als Arzt zur VOC und begab sich nach einer Reise durch das Landesinnere Persiens, wo er intensiv die Dattelpalme studierte, auf einem Kompanieschiff nach Indien und Batavia. Über Batavia erreichte Kaempfer schließlich Deshima, wo er 1690 – 1692 wiederum als Arzt diente. Zweimal hatte er dabei Gelegenheit, von dort aus an niederländischen Gesandtschaften in die nunmehrige Hauptstadt Edo, das heutige Tokio, teilzunehmen. Unermüdlich notierte und zeichnete er auch hier und setzte sich dabei nicht allein mit der japanischen Heilkunst auseinander, sondern auch mit der Flora des Landes.45 1712 gab Kaempfer nach Rückkehr ins heimische Westfalen mit den lateinischen »Amoenitates exoticae« seine umfassenden naturkundlichen Studien heraus, deren dritter Teil die bis dahin umfangreichste Darstellung zur Naturund Kulturgeschichte des Tees enthält. Demgegenüber blieben die voluminösen Reiseaufzeichnungen einstweilen liegen. Erst nach seinem Tod gelangte ein großer Teil des Nachlasses in den Besitz des britischen Sammlers und Gelehrten Hans Sloane (1660 – 1753), der 1727 die Herausgabe seiner Erlebnisse als »The History of Japan« veranlasste. Nachdem zunächst nur einige Auszüge daraus in deutscher Rückübersetzung erschienen waren, kam das komplette deutschsprachige Originalwerk in zwei Bänden erst 1777 und 1779 heraus. Als Anhang wurde dem zweiten Band unter anderem die Übersetzung des lateinischen Traktats aus den »Amoenitates exoticae« unter dem Titel »Geschichte des Japanischen Thees« beigegeben.46 Während Kaempfers Reisebeschreibung letzteren nur sehr knapp erwähnt, lässt doch seine »Geschichte« darauf schließen, dass er die Camellia sinensis nicht nur theoretisch erforscht hatte, sondern dass seine Betrachtungen sich auf ein umfangreiches, auf den langen Reisen durchs Land gewonnenes Erfahrungswissen stützten. So erfuhren seine Leserinnen und Leser nicht nur Details über die Pflanze und Verarbeitungstechniken, sondern auch über kulturelle und soziale Zusammenhänge. Neben der bereits vorgestellten Legende über die Entdeckung des Getränks durch den sagenhaften indischen Prinzen
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Bodhidharma lieferte Kaempfer Informationen etwa über die Ernte : »Ein guter Haushälter und Herr vieler Theestauden, mus zur Blatlese geschikte Arbeiter auswählen. Die Blätter müssen Stük für Stük gesammelt, nicht bei Händen vol abgestreift werden …« Die allerbesten, für den kaiserlichen Palast bestimmten Sorten erführen eine noch größere Sorgfalt. Eigens zur Bewachung der Pflanzen beschäftigte Wärter »müssen dafür sorgen, daß die Blätter nicht beschmutzt werden, noch zur größern Sicherheit werden die meisten einzelnen Stauden umzäunt. Wenn die Lesezeit herannahet, müssen sich die Samler zwei bis drei Wochen lang zuvor von Fischen und unreinen Speisen enthalten, um die Blätter mit ihrem unflätigen Odem nicht zu besudeln.« Allein kostbarste Behälter aus Porzellan seien gut genug, die für den Kaiser bestimmten Blätter zu transportieren und zu verwahren. Auch die Armen mussten, wie bereits von ten Rhijne festgestellt, nicht auf den geliebten Trank verzichten. So sei selbst die niedrigste Qualität durchaus akzeptabel, denn auch diese sei »nicht von der allerschlechtesten Gattung, ob sie ihn gleich, weil er ohne viel Kunst bereitet ist, für sehr geringen Preis an das Volk überlassen.« Dabei würden die Blätter meist nicht von den Bauern selbst verarbeitet : »Diese Bereitung geschieht in jeder Stadt in öffentlichen Gebäuden, Tsiasi genant, wohin jeder seine Theeblätter zum Rösten bringt, indem die wenigsten Theebauer die rechte Methode kennen, und die nöthigen Instrumente besitzen.« Während Kaempfer zum Chanoyu weitgehend schweigt, taucht er abschließend in die Kriminalgeschichte des Tees ein. So weiß er von einer Frau zu berichten, »die eines unvermögenden Mannes überdrüßig war«. Als übermäßig fettes Essen nicht half, den Tod des Gemahls zu beschleunigen, habe sie einen Arzt befragt : »Dieser rieth ihr, dem Mann sehr starken Thee häufig zu geben, und versprach gleichfalls nach einem Jahr die erwünschte Wirkung.« Kaempfer verschweigt nicht, dass statt des Erhofften die entgegengesetzte Wirkung eintrat, »daß vielmehr der gute Mann wieder viel gesünder wurde, als er vorher war.«47 Mit all diesem Wissen und diesen Geschichten formierte sich also in der kleinen niederländischen Faktorei auf Deshima zwischen den 1670er und 1690er Jahren ein auf direkter Anschauung beruhendes medizinisches, botanisches, aber auch soziales Wissen, das in lateinischer, teils auch in deutscher Sprache nach Europa kommuniziert wurde. Es stellt daher keinen Zufall dar, dass gerade in jener Zeit auch unter den daheimgebliebenen europäischen Gelehrten eine intensive Debatte um die bemerkenswerte Pflanze aus dem Fernen Osten entbrannte. Diese stützte sich nicht allein auf die fragmentarischen Notizen eines Matteo Ricci oder Adam Olearius, sondern auch auf aktuelle, akribische Feldstudien direkt in einem traditionsreichen Teeland.
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Experimente in Kopenhagen Die Farbe von Rembrandts berühmtem »Anatomie«-Bild war längst getrocknet, als Dr. Tulp in Amsterdam zur Feder griff und den ersten Text aus der Hand eines mit Asien völlig Unbekannten zum Thema Tee niederschrieb. Nicolaes Tulp, eigentlich Claes Pieterszoon (1593 – 1674), hatte in Leiden Medizin studiert und es als Arzt in Amsterdam zu Wohlstand und politischem Einfluss gebracht. Allgemeine Beliebtheit genossen seine Präsentationen im anatomischen Theater, bei denen er die Opfer von Hinrichtungen öffentlich obduzierte. Tulp hatte Zugang zur aktuellen wissenschaftlichen Literatur und muss auch mit großem Interesse die Reisebeschreibungen der in Japan und China wirkenden Jesuiten und niederländischen Kaufleute gelesen haben. Mit Ricci, de Almeida und mehreren anderen Autoren stand ihm dabei ein reiches Repertoire an Quellen aus erster Hand zur Verfügung. Die eigenen Gedanken zum Tee nahm Tulp schließlich in die zweite Auflage seiner epochalen »Observationes Medicae« von 1652 auf. Darin äußert er sich nicht nur zur Gestalt der Pflanze und deren Herkunft, sondern auch zu ihrer Bedeutung als Handelsgut und vor allem zu den ihr nachgesagten Heilkräften. Auch die japanische Teezeremonie blieb ihm nicht verborgen.1 Kaum mehr als eine knappe Kompilation des aus Asien nach Europa transferierten Wissens stellte der Textabschnitt »Herba Thé« des Amsterdamer Arztes dar, und doch stieß die Abhandlung europaweit auf Interesse und fand auch in Kopenhagen ihre Leser. Dort brachten bereits seit Jahrzehnten in unregelmäßigen Abständen die Segelschiffe der dänischen Ostindienkompanie kostbare Gewürze und Tuche aus Indien an Land. Und auch vom Tee hatte der eine oder andere dänische Seefahrer bereits gehört und daheim berichtet. Tulps Buch mag auch der dänische Altertumsforscher und Universalgelehrte Ole Worm (1588 – 1654) in die Hand genommen haben ; sicher ist, dass er zumindest zwei Texte zum Getränk aus der Hand von Asienreisenden kannte. Die Lektüre bewog ihn zu einem bemerkenswerten Experiment, das nur möglich war, weil ihm in der Handelsmetropole Kopenhagen Proben fertig verarbeiteten Tees zur Verfügung standen. Diese ließ Worm in seiner Gelehrtenstube in warmem Wasser einweichen, um sie anschließend zu betrachten. Während der Versuch bei dem zum großen Teil aus kleinen Fragmenten bestehenden Bohea keinen Erfolg zeitigte, entfalteten sich doch einige Blätter des grünen Tees zu ihrer ganzen,
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Abb. 15 Ein vom dänischen Altertumsforscher und Universalgelehrten Ole Worm untersuchtes Teeblatt, dargestellt im »Museum Wormianum« (1665).
unversehrten Größe. Worm entdeckte deren ovale Gestalt von etwa 3 cm Länge und glaubte jene den Rosenblättern ähnlich. 1655 wurde der Versuch posthum in seinem großen naturkundlichen Werk, dem »Museum Wormianum«, publiziert.2 Einige Jahre nach Worms Tod wiederholte sich jenes Experiment ein weiteres Mal. Nun hatte der aus Rostock stammende königlich-dänische Leibarzt Simon Pauli (1603 – 1680) vom Hofapotheker Christopher Heerfordt (1609 – 1679) Kisten mit Viridis und Bohea als Geschenk erhalten. Zwei Lehrlinge des Apothekers wurden in Paulis Haus gerufen, um die größten und möglichst vollständig erscheinenden Pflanzenfragmente herauszusuchen. Wieder entfalteten sich, warm aufgegossen, einige von ihnen zu ganzen Blättern. Pauli studierte das Ergebnis, erkannte in jenen aber keine Rosen ; stattdessen glaubte er den letzten Beweis erbracht zu haben, dass der chinesische Tee mit dem in Europa vorkommenden Gagelstrauch (Myrica gale) völlig identisch sei. Dieser wurde wegen seiner Bitterstoffe traditionell zum Bierbrauen verwendet. Hätte er das Experiment ausgeweitet und sich auch einen Aufguss daraus bereitet, wäre er geschmacklich rasch eines Besseren belehrt worden.3 Worms und Paulis Experimente sind bezeichnend für das große Interesse der europäischen Gelehrtenwelt an dem neuen, exotischen Handelsgut, gleichzeitig aber auch für den Mangel an brauchbarem Untersuchungsmaterial. Statt eines einigermaßen gut erhaltenen Herbarbelegs mussten verarbeitete Blätter aus der Kiste herhalten. Ein Anfang war gleichwohl gemacht, und Pauli fühlte sich motiviert, weitere Informationen einzuholen. Diese stellte er schließlich mit seiner eigenen Interpretation zum Gagelstrauch auf beachtlichen achtzig Druckseiten
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zusammen. 1665 ging sein lateinisches Werk, das nicht nur den Tee, sondern in einem vorangestellten Teil auch den Tabak behandelte, unter dem Titel »Commentarius de abusu Tobacci Americanorum Veteri et Herbae Thee Asiaticorum in Europa Novo« in den Druck.4 Paulis Schrift blieb nicht lange unwidersprochen, und er setzte damit eine Debatte in Gang, die den medizinisch-botanischen Austausch über den Tee auf Jahrzehnte prägen sollte. Was Pauli von seinem Vorgänger unterschied, ist die Tatsache, dass Worm lediglich zwei schriftliche Quellen nennt, während jener sein ganzes Repertoire an gelehrter Belesenheit und globaler Vernetzung in den Dienst der Sache stellte. In deutlich größerer Zahl las er Reisebeschreibungen und medizinische Traktate, zitierte diese teils ausführlich, nutzte aber auch die ihn aus Übersee erreichenden Briefe und befragte gar persönlich einen Augenzeugen. Zudem verfügte er über einen Wissensvermittler direkt vor Ort, denn einer seiner Söhne, Johann Joachim, war Leiter der dänischen Handelsniederlassung in Bantam auf der Insel Java. Als Leibarzt hatte Pauli ebenso Zugang zum königlichen Haushalt. Hier befand sich übrigens eine 1656 über die Niederlande importierte chinesische Teekanne aus Keramik.5 Durch diese bemerkenswerte Konstellation entwickelte sich Paulis Kopenhagener Gelehrtenstube in den 1660er und 1670er Jahren zu einem Zentrum der frühen Teeforschung. Für Pauli liegt einer der wenigen Belege dafür vor, dass das persönliche Gespräch beim globalen Wissenstransfer eine nicht unbeträchtliche Rolle spielte. So hatte der Leibarzt Gelegenheit, den schottischstämmigen, im dänischen Helsingør geborenen Kaufmann William Lyall (ca. 1593-1654) ausgiebig zu befragen. Lyall hatte in jungen Jahren bei der VOC in Batavia gedient, um schließlich Fahrten im intra-asiatischen Handel zu unternehmen. 1628 trat er in den Dienst der dänischen Ostindienkompanie und wurde anschließend Gouverneur der dänischen Kolonie Tranquebar an der südostindischen Koromandelküste. Mit brutaler Gewalt führte er von dort aus teils auf eigene Rechnung Raubzüge auf dem Golf von Bengalen durch, wurde schließlich als untragbar abgesetzt und gelangte auf Umwegen zurück nach Dänemark.6 Simon Pauli suchte den Kontakt zu Lyall, und wie sich rasch herausstellte, kannte dieser nicht nur den Tee als Handelsgut, sondern war in Tranquebar auch ein eifriger Genießer jenes Tranks gewesen : »… also daß ich selbsten in so vielen Jahren ich allda gewöhnet, durch dessen Gebrauch nechst Göttlichen Segen keine Plage von den podagrischen humören gehabt, wormit ich itziger Zeit, und so bald ich wieder in Europam gekommen, nicht wenig belästiget werde.«7 Lyall führt seine gute Gesundheit in Indien also in erster Linie auf den Teegenuss zurück, während er, zurück in Europa, sogleich Opfer der Gicht geworden sei
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Abb. 16 Der königlichdänische Leibarzt Simon Pauli, Kupferstich (1648).
(was in Wirklichkeit wohl eher an einer ungesunden Ernährung daheim gelegen haben mag). Lyall, so fährt er fort, sei nie selbst in China gewesen, habe aber auf den Inseln Java und Celebes von dem merkwürdigen »Cha« oder »Thee« gehört. Dieser wachse sowohl in China als auch in »Cathay«, womit das nördliche China und die Mongolei, aber fälschlicherweise nicht Japan gemeint gewesen sein dürfte. In vielen Ländern am Indischen Ozean würden die Menschen hohe Geldbeträge dafür aufwenden, in den Besitz des Getränks zu gelangen. Diesem werde nämlich die Fähigkeit nachgesagt, nicht nur der Gicht vorzubeugen, sondern auch den Magen zu kräftigen, die Verdauung zu fördern, die Gliedmaßen zu stärken, das Wasserlassen zu erleichtern und Gallensteine zu entfernen. Ebenso vertreibe es die Müdigkeit und schärfe bei der Durchführung von Geschäften Geist und Konzentration, sei damit also ein wahres Wundermittel. Das Getränk werde schon vor dem Frühstück mit etwas Ingwer genossen, ebenso nach dem Abendessen und praktisch auch sonst zu jeder Tageszeit. Zu den vermittelten Inhalten zählt ebenso der von den europäischen Aufklärern bis hin zu Max Weber gepflegte Topos vom Tee als großem Ernüchterer, wovon auch William Lyall zu berichten wusste : »Und wann jemand truncken ist, macht es bald hernach wieder nüchtern.«8
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Die Tatsache, dass sich Simon Pauli für das neue Getränk interessierte und mit dem Gagelstrauch ein europäisches Pendant entdeckt zu haben glaubte, machte in Europa die Runde, muss aber einige Zeit später auch auf Java bekannt gewesen sein. So verfügte sein in Bantam lebender Sohn Johann Joachim lange Zeit über beste Beziehungen ins nahegelegene Batavia und dürfte hier auf den aus Kassel stammenden Schulmeister und Apotheker Andreas Cleyer und dessen botanische Passion aufmerksam geworden sein. Vielleicht hatte Johann Joachim Pauli gar ein Exemplar des »Commentarius« seines Vaters zur Hand, als er sich mit Cleyer austauschte. Letzterer verfasste schließlich 1674 und 1675 zwei Briefe, die er über Johann Joachim an den königlichen Leibarzt in Kopenhagen auf den Weg brachte und in denen er sich mit Simon Paulis Thesen auseinandersetzte. Dieser mag Genugtuung empfunden haben, praktisch vom anderen Ende der Welt Bestätigung seiner Gedanken zu erfahren, und ließ beide Schreiben sogleich in der gelehrten Zeitschrift »Acta Medica Philosophica Hafniensia« abdrucken.9 Das Beispiel Simon Pauli steht für zwei Tatsachen. Zum einen waren die Kommunikationswege, die das Tee-Wissen aus Asien in die europäischen Gelehrtenstuben des 17. Jahrhunderts nahm, vielfältig. Es wurden nicht allein die gedruckten Reisebeschreibungen gelesen, sondern ebenso konnte auf unmittelbare Augenzeugenschaft und Briefe zurückgegriffen werden. Nach wie vor wog dabei die Autorität des gedruckten Namens schwer. Im Zeichen einer neuen Zeit waren es aber nicht mehr die antiken Zelebritäten Aristoteles und Galen, sondern Jesuiten und Reisende mit Asienerfahrung, deren Namen zu nennen in keiner medizinischen Studie versäumt werden durfte. So kommt es mithin aus heutigem Blickwinkel nicht darauf an, wer letztlich den Tee als Erster erwähnte, sondern wer am häufigsten zitiert wurde. Zum anderen wurde deutlich, dass der Medizindiskurs um den Tee mit all seinen Fehlern und Schwächen keineswegs eine europäische Erfindung darstellte, sondern dass es sich, im Gegenteil, die europäischen Stubengelehrten einfach machen konnten und nur längst bekannte inhaltliche Versatzstücke aus China und Südostasien zu übernehmen brauchten. Eine europäische Debatte Die Geschichte des Tees in Europa ist nicht nur eine Konsum-, sondern auch eine Wissens- und Wahrnehmungsgeschichte. Bereits etwa ein halbes Jahrhundert bevor die Camellia sinensis ihren Siegeszug als Alltagsgetränk begann, setzte sich die europäische Gelehrtenwelt immer intensiver mit den verwelk-
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ten, zusammengerollten Blättern aus dem Fernen Osten auseinander. Die Informationen zur Pflanze, die spärlich bereits seit dem 16. Jahrhundert nach Europa transferiert wurden, trafen auf einen besonders fruchtbaren intellektuellen Nährboden. Denn die Wissenschaft war gerade im Begriff, die aristotelischen und mittelalterlich-scholastischen Denkmuster abzustreifen und sich auf empirischer Grundlage ein mechanistisches Weltbild zuzulegen. Auch wenn die antiken Autoren immer noch eine gewisse Rolle spielten, wurde das eigene Beobachten, Messen und Beschreiben immer wichtiger. Schon längst hatte Francis Bacon (1561 – 1626) gefordert, die Dinge nicht mehr unbesehen hinzunehmen, sondern sie durch das eigene Experiment zu verifizieren oder auch zu widerlegen. Was für Astronomie, Physik und Mathematik galt, traf ebenso für Medizin und Botanik zu. Auch wenn der für dieses Phänomen gemeinhin gebräuchliche Begriff der »wissenschaftlichen Revolution« in jüngerer Zeit als zu pauschal in die Kritik geraten ist, steuerten die europäischen Gelehrten seinerzeit zweifellos neuen Ufern zu.10 Parallel zu den naturwissenschaftlichen und medizinischen Fortschritten lässt sich für das damalige Europa eine dichte intellektuelle Debatte auch über China beobachten. Während die frühesten Informationen zu Ostasien weitgehend aus Japan stammten, öffnete sich auch das Reich der Mitte in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts zaghaft, aber nachhaltig gegenüber der Außenwelt. Chinesische Tuche, Lackarbeiten, Porzellan und eben auch der Tee schufen in Europa ein breites Interesse an Land und Leuten, weckten bei einigen gar eine regelrechte China-Begeisterung. Es wurde nicht nur diskutiert, ob europäisches Christentum und altchinesische Kulte vielleicht ein und dieselbe Wurzel hätten, sondern der Konfuzianismus galt gar als Vorbild für den modernen, rationalen Staat. Auch die chinesische Schrift fand zunehmend die Aufmerksamkeit der Gelehrten. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) setzte sich mit all diesen Fragen in seiner berühmten »Novissima Sinica« von 1697 auseinander.11 Während der vorbereitenden Studien fragte er den Jesuitenpater Claudio Filippo Grimaldi (1638 – 1712) gezielt auch nach einem ihm unbekannten Getränk, ebenso einem besonderen Metall, das angeblich dessen Verarbeitung diene, mit dem aber offenbar das Verpackungsmaterial Tutenag gemeint war. Für die Etablierung eines neuen globalen Wissensdiskurses leistete die Tee-Debatte einen unschätzbaren Beitrag. Das neue Getränk konnte nicht nur in den Kontext mit anderen exotischen Konsumgütern gerückt, sondern auch medizinisch und botanisch mit europäischen Pflanzen verglichen werden. Ebenso ließ sich fragen, ob sich die Camellia sinensis nicht auch in andere Weltgegenden transferieren lasse. Am Ende fand Tee Eingang in eine moralisch-frühaufkläre-
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rische Debatte um gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen des Genusses neuer Konsumgüter. Immer öfter wurde er dabei im Zusammenhang mit seinen exotischen Geschwistern Kaffee, Schokolade und Tabak aus Arabien und Amerika gesehen, und viele Texte behandelten die neuen Genussmittel gemeinsam – selten allerdings in einer vergleichenden Perspektive, oft hingegen konsekutiv und zusammenhanglos. Mit dem Tee hatte Europa auf diese Weise an einer Debatte teil, die Jahrhunderte zuvor in China und Japan ihren Anfang genommen hatte. Das unterschied ihn von den anderen exotischen Genussmitteln, die zwar nicht bedeutungsfrei, aber doch mit wesentlich geringeren Wissensinhalten nach Europa transferiert wurden. Es liegt nahe, dass Tee-Wissen aus Asien anfänglich dort rezipiert und interpretiert wurde, wo die globalen Kommunikationswege Europa erreichten und wo gleichzeitig eine akademische Wissenskultur existierte : vor allem in den Niederlanden, in England, ebenso auch im Umfeld des dänischen Hofes. Die dichten Gelehrtennetzwerke sorgten bald aber dafür, dass die Erforschung des neuen Gutes zu einem wahrhaft europäischen Projekt wurde. Bereits um dieselbe Zeit, als Paulis langer Traktat über den Tabak und den Tee herauskam, war in England ein kurzes, zweiseitiges Pamphlet unter dem Titel »An exact Description of the growth, quality, and vertues of the Leaf Tea« erschienen, mit dem auch dort die Debatte eingeläutet wurde.12 Verfasser war Thomas Garway, der in der Londoner Exchange Alley Tee, Kaffee und Tabak verkaufte. Anders als Pauli dürfte Garway daher nicht an akademischen Meriten, sondern eher am Verkaufserfolg interessiert gewesen sein. In dem Pamphlet gibt er an, mit seinem Londoner Geschäft der Erste gewesen zu sein, der neben Kaffeebohnen nicht nur lose Teeblätter, sondern auch das fertige Getränk feilgeboten habe. Die Liste der gesundheitlichen Vorzüge fällt trotz der Kürze des Textes noch stattlicher aus als bei Pauli und verspricht zusätzlich die Heilung von Milz, Niere und Harnleiter. Ebenso verbessere der Tee die Sehkraft, lindere Atembeschwerden und bekämpfe schwere Träume und Kopfschmerzen. Obwohl es sich dabei vermutlich in erster Linie um einen verkaufsfördernden Prospekt handelte, gibt der Verfasser mit acht Zitaten eine stattliche Liste an Referenzen preis. Mit den gleichen Quellen und Argumenten, die in der gelehrten Debatte kommuniziert wurden, wandte sich Garway also auch an seine zahlungskräftige Kundschaft. Während die Zahl der Drucke in den 1660er und 1670er Jahren noch überschaubar blieb, erlebte die darauffolgende Zeit eine wahre Flut an Schriften. Eine Durchsicht relevanter internationaler Bibliothekskataloge hat für die Jahre zwischen 1665 und 1759 knapp einhundert in Europa erschienene Texte ein-
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schließlich ihrer Übersetzungen ergeben, die sich mit dem Tee entweder ausschließlich oder im Zusammenhang mit anderen exotischen Genussmitteln beschäftigen. Eine Berücksichtigung allgemeiner medizinischer oder botanischer Werke, in denen die Pflanze ebenfalls aufgenommen wurde, dürfte die Zahl noch einmal erhöhen. Dabei fällt sehr deutlich ein zeitlicher Schwerpunkt in den 1680er Jahren auf, der sich noch genauer für die Jahre 1684 – 1690 festmachen lässt. Der Höhepunkt war 1685 und 1686 mit jeweils sieben Drucken erreicht. Zu vermuten ist hier ein Zusammenhang mit der zaghaften Öffnung Chinas für den europäischen Handel 1685.13 Anschließend ging die Zahl wieder zurück. Tab. 2 Zahl der zwischen 1665 und 1759 erschienenen Drucke zum Tee (oder zum Tee gemeinsam mit Kaffee, Schokolade, Tabak) Zeitraum
Zahl
1665 – 1669
2
1670 – 1679
3
1680 – 1689
21
1690 – 1699
16
1700 – 1709
8
1710 – 1719
6
1720 – 1729
8
1730 – 1739
11
1740 – 1749
8
1750 – 1759
11
Ein erheblicher Teil der frühen Texte wurde in Landessprachen und nicht auf Latein publiziert. Das Thema stieß also offensichtlich immer mehr auch unter einer breiteren, nichtakademischen Leserschaft auf Interesse, die sich über den merkwürdigen Aufguss informieren wollte, der geheimnisvoll in ihrer Tasse dampfte. Während in fast allen Abhandlungen die medizinische Wirkung des neuen Getränks thematisiert wird, äußert sich andererseits kaum ein Autor über das feine Aroma und die angenehme Bitterkeit als Motoren des Konsums. So ist anzunehmen, dass die ersten Leser und Teetrinker eher wegen der vorgeblichen medizinischen Wirkung das Getränk zu sich nahmen und erst später im eigentlichen Sinne auf den Geschmack kamen. Mit dreiunddreißig Texten erschienen mehr Schriften in englischer Sprache als auf Latein (achtundzwanzig). Aber auch die Zahl der deutschen Drucke
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(vierundzwanzig) ist beachtlich und zeugt von einem großen Interesse des breiteren Lesepublikums im Heiligen Römischen Reich. Demgegenüber fallen die übrigen Sprachen Französisch (acht), Niederländisch (zwei) und Italienisch (ein Druck) weniger ins Gewicht. Während die meisten lateinischen Texte in den 1680er Jahren erschienen, gelangten englische verstärkt seit den 1720er Jahren auf den Markt. Die Zahl der deutschen Veröffentlichungen ist hingegen gleichmäßiger verteilt, wobei bereits in den 1680er Jahren sechs Schriften in deutscher Sprache herauskamen. In kaum mehr nachvollziehbarem Umfang gingen die Inhalte später in Ernährungshandbücher und schließlich in Lexika ein. So kam 1682 das »Diaeteticon« des kurfürstlich-brandenburgischen Hofmedikus Johann Sigismund Elsholtz (1623 – 1688) heraus – ein Ratgeber, der von Gemüse, Kräutern und Obst über Fleisch- und Fischspeisen bis zu den Getränken das damals bekannte Ernährungswissen zusammenstellte. Nicht weniger als sechzehn Namen wusste Elsholtz in seinem dreiseitigen Beitrag zum Tee als anerkannte Referenzen vorzuweisen. Mit gutem Grund lobte er dabei die Reisebeschreibung Johan Nieuhofs (1618-1672), der in den 1650er Jahren China kennengelernt hatte, als besonders aufschlussreich, zögerte er doch nicht, gleich darauf eine lange Passage daraus ohne Angabe des Autors wörtlich zu kopieren.14 Einen eher zweifelhaften Ruf erwarben die Gedanken des niederländischen Mediziners Cornelius Dekker, alias Bontekoe (1647 – 1685), der etwa zur selben Zeit wie Elsholtz als kurfürstlicher Leibarzt in Brandenburg-Preußen wirkte. Zuvor hatte Dekker in Amsterdam oder Hamburg den Teekonsum persönlich kennengelernt und einen eigenen »Tractaat van het excellenste Kruyd Thee« verfasst, der 1678 im Druck erschien und vierzehn Jahre später posthum in seine »Kurtze Abhandlung von dem menschlichen Leben, Gesundheit, Kranckheit und Tod« einging. Dabei erwies sich Dekker nicht allein, wie die meisten seiner schreibenden Zeitgenossen, als Befürworter, sondern geradezu als glühender Anhänger des Getränks – »O schmackhafte Feuchtigkeit ! O gesunder Tranck ! Lob sey unserm Schöpffer, der uns solchen hat erschaffen und kennen lernen.« Dieser sei Symbol für das Leben wie die grüne Farbe allgemein, »welche man hier wie einen schönen Sommer in einem Näpchen Thee in der Hand siehet«.15 Bis zu dreißig Tassen täglich empfahl er seinen Patienten, womit er einen seitdem immer wieder gebetsmühlenartig wiederholten Mengenrekord aufstellte. Einen vielleicht bemerkenswerteren Text stellt der »Gründliche Bericht« von Wilhelm Ulrich Waldschmidt (1669 – 1731) von 1690 dar. Jener belegt deutlich, dass der Tee schon früh nicht nur in die Ernährungskunde, sondern auch in die Militärmedizin Einzug hielt. Der studierte Mediziner Waldschmidt war Trup-
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penarzt im Hessischen und dürfte entsprechend nicht nur in der Theorie ausgewiesen gewesen sein, sondern auch praktische Erfahrung in Innerer Medizin und Chirurgie besessen haben. Ein Jahr nach Erscheinen seiner Schrift wurde er auf die Professur für Anatomie und Botanik an der Universität Kiel berufen.16 Waldschmidt propagiert ganz im Geiste der Frühaufklärung eine Kriegführung, die sich auf »Aequität, Gerechtigkeit, Mäßigkeit, Tapferkeit und gesunde Vernunft« gründe. Dazu zähle auch die Nüchternheit der Militärangehörigen, denn »ein liederlich versoffener Lateiner gibt niemals einen guten Soldaten ab.« Und er konstatierte, »daß die Erzielung eines hohen Alters und die Erhaltung der Gesundheit durch den Gebrauch warmen Thee-Wassers geschehe.« Umso mehr gelte das für den Kampf : »Was kann dann vor einen Officirer im Felde besser sein, … als wann er vorher warm Thée-Wasser trincket.« En passant erfährt der Leser aber auch, dass das neue Getränk selbst schwangeren Frauen nicht schade.17 Dass akademisches Wissen ebenso früh auch im Ostseeraum rezipiert wurde, belegen die Arbeiten des Danziger Kaufmanns Jakob Breyne (1637 – 1697). Als begabter Amateurbotaniker hatte sich dieser durch Reisen und eine umfangreiche gelehrte Korrespondenz ein großes Pflanzenwissen erarbeitet. Er veröffentlichte neben anderen botanischen Schriften auch Willem ten Rhijnes Abhandlungen zum Tee, die Letzterer auf Deshima verfasst hatte.18 Wie bereits das Beispiel Thomas Garways gezeigt hat, verlief die Debatte demgegenüber in England nicht ausschließlich akademisch-medizinisch, sondern berücksichtigte ebenso kaufmännische Gesichtspunkte. Das gilt auch für John Ovington (1659 – 1731). Aufgewachsen in Yorkshire, studierte Ovington in Dublin und Cambridge Theologie. 1689 trat er seinen Dienst als Schiffsgeistlicher auf einem Fahrzeug der englischen East India Company an.19 Über Bombay erreichte er Surat, wo er sich zweieinhalb Jahre lang aufhielt. Einige Zeit nach seiner Rückkehr erschien 1696 sein Buch, das ihm unter der englischen Leserschaft einige Bekanntheit verschaffte, »A Voyage to Surat in the Year 1689«.20 Drei Jahre später legte er einen »Essay upon the Nature and Qualities of Tea« vor, in dem er sich über Klima und Bodenverhältnisse, über verschiedene Sorten, die Zubereitung, die Konservierung und die Wirkung auf den Körper äußerte.21 Es ist anzunehmen, dass Ovington mit seinem eher praktischen Ansatz das Getränk ebenso wie Garway nicht ganz uneigennützig in England populär machen wollte, um damit den lange Zeit im Schatten der Niederländer stehenden Handel der englischen East India Company anzukurbeln. Vier Jahrzehnte später genoss sein Text immer noch eine derart große Popularität, dass er eine Gegenschrift provozierte : »Satyr against Tea, Or, Ovington’s Essay upon the Nature and Qualities of Tea«, verfasst von John Waldron.
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Einen Höhepunkt der Entwicklung stellten die Artikel zum Tee in den großen europäischen Nachschlagewerken des 18. Jahrhunderts dar. In ihnen spiegelt sich fast der komplette Wissensstand ihrer Zeit. Was für die französische »Encyclopédie« mit einem eher kurzen Beitrag von 1765 galt, traf in besonderer Weise auf die deutschsprachigen Werke, den »Zedler« und die »Ökonomische Enzyklopädie« von Krünitz mit ihren sehr ausführlichen und langen Artikeln zu. Ein wahrhaft aufklärerischer Gedanke offenbart sich im »Zedler« mit einer Äußerung zur Teeforschung : »Wir halten uns dennoch nur an das, was wir gewiß wissen …«22 Kritisch stützt sich der Artikel vor allem auf den mittlerweile im Druck erschienenen Kaempfer und Breyne, lässt aber auch Nieuhof gelten, während er etwa Olearius und Mandelslo »nebst anderen Jesuiten und Mißionariis« verwirft : »… so haben sie doch insgesamt weit schlechtere und unzulänglichere Beschreibungen davon gemacht.«23 Im Gegensatz zu Carl von Linné war dem »Zedler« in den 1740er Jahren ebenso bereits klar, dass es botanisch nur eine einzige Teepflanze gebe : »Zur Zeit ist nur ein eintziges Thee-Gewächs bekannt, davon aller Thee herkommet …«24 Wenn die Botaniker also Jahrzehnte später konstatierten, es gebe Grüntee- und Schwarztee-Pflanzen, so bedeutete das einen Wissensrückschritt. Das Bild vom Tee Als die Debatte ihren Höhepunkt erreichte, wurde wissenschaftlicher Austausch in erster Linie mit dem gedruckten Wort geführt. Die heute dominierende Bildkultur wäre damals unvorstellbar gewesen, denn Bilder waren in der Herstellung aufwendig und teuer und dienten daher allenfalls der ergänzenden Illustration. Auch wenn bereits seit dem beginnenden 16. Jahrhundert botanische Werke erst durch Holz- und später durch Kupferstiche illustriert worden waren, erlangten Abbildungen nur in wenigen Fällen eine dem Text äquivalente Aussagekraft. Allein im Bereich der Geografie erreichte die Druckkunst mit der Kartenherstellung einen eigenständigen Status. Die Dominanz des Textes galt auch für die Veröffentlichungen zum Tee. Selbst lange Traktate von an die hundert Seiten enthielten kaum mehr als zwei Bildtafeln, wenn sie solche überhaupt aufwiesen. Die Herstellung von Bildern stellte einerseits intellektuelle Leistung, andererseits Handwerk dar. Es war der Stecher, der ihnen nach Vorlage des Verfassers Gestalt gab. Jener musste Dinge, die er niemals gesehen hatte, spiegelverkehrt in die Metallplatte gravieren ; außerdem wurde er von einem Verfasser angeleitet, dessen Asienaufenthalt vielleicht schon viele Jahre zurücklag und dessen
Das Bild vom Tee
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Abb. 17 Johan Nieuhof, »Thee ou cha« (1665). Der niederländische Reisende vermittelte dem europäischen Lesepublikum ein Bild von der Teepflanze in ihrem »exotischen« Umfeld, wie es lange Zeit die Vorstellungswelt der Daheimgebliebenen prägte.
Erinnerungen in Verbindung mit dereinst vor Ort gemachten Skizzen vielleicht nicht mehr ganz authentisch waren. Auf diese Weise unterlag ein gedrucktes Bild gleich in mehrfacher Weise einem Interpretationsprozess. Wie ließ sich überhaupt ein Bild von einem Objekt erlangen, das bei bestem Wissen nicht beschrieben werden konnte, da man nicht wusste, wie es aussah ? Der getrocknete Tee war kaum als Abbildungsvorlage geeignet. Die Kopenhagener Versuche müssen in den Augen ihrer Urheber trotz allem für derart spektakulär erachtet worden sein sein, dass sie nicht nur im Wort beschrieben, sondern auch visuell der Nachwelt festgehalten werden sollten. Unbeholfen, geradezu ein wenig rührend erscheint das Blatt Ole Worms, dessen Abbild in das »Museum Wormianum« aufgenommen wurde. Die Spuren der Verarbeitung und des Einweichens sind deutlich zu erkennen und verleihen ihm seine unsymmetrische, etwas ramponiert wirkende Gestalt. Dennoch bemühte sich der Kupferstecher, Details wie die kleinen Äderchen und den Stängel sorgfältig im Bild festzuhalten. Kaum aussagekräftiger stellt sich das von Simon Pauli einige Zeit später eingeweichte und entrollte Teeblatt dar. Während Worms Darstellung mit den gezeigten Unregelmäßigkeiten authentisch wirkt, erscheint Paulis Exemplar vielleicht ein wenig zu symmetrisch und idealisiert. Immerhin ist bei Pauli bereits
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der leicht gezackte Rand angedeutet. Die Funktion dieses Bildes ist eindeutig der Beweis, denn direkt neben dem Teeblatt ist das fast identische Blatt des Gagelstrauches dargestellt ; vermutlich zeigt Pauli genau das, was er sehen wollte – dass Tee und Gagelstrauch miteinander identisch seien. Keiner der beiden wusste, wie eine komplette Pflanze samt Wurzeln aussah. Worm und Pauli konnten nur raten, ob es sich dabei um ein Kraut oder einen Strauch handelte. Die Situation änderte sich erst, als in Westeuropa illustrierte Reisebeschreibungen erschienen, die in Ergänzung zum geschriebenen Wort eine Visualisierung der Pflanze ermöglichten. Ein erster vollständiger Teestrauch ist in Nieuhofs Reisebeschreibung von 1665 zu finden, die Pauli bei der Niederschrift seiner eigenen Abhandlung noch nicht kannte. Unter dem Titel »Thée ou Cha« findet sich ein solcher inmitten einer fantasievoll gestalteten Landschaft. Im Hintergrund sind Berge zu erkennen, davor eine teils von Gebüsch verdeckte Siedlung mit Häusern und Pagoden und vorn links schließlich der Tee. Deutlich sind die sich zuspitzenden Blätter mit ihrem gezackten Rand dargestellt. Andeutungsweise finden sich Samenkapseln. Als Staffage dient rechts neben dem Strauch ein Mensch. Es ist überliefert, dass Nieuhof bei seinen Bildern ein großes Maß an Authentizität beanspruchte, auch wenn jene zweifellos aus einem europäischen Blickwinkel entstanden. So fertigte Nieuhof vor Ort Zeichnungen in Bleistift oder Kreide an, die er nach seiner Rückkehr aus der Erinnerung bearbeitete. Auch die anschließenden Entwürfe der Kupferplatten wurden noch bearbeitet und um dekorative, »exotische« Momente wie Palmen oder Menschen ergänzt.25 Die rein wissenschaftliche Studie kam dagegen ohne dekoratives Beiwerk aus, wie die grafische Darstellung »Ramus Fruticis Thee«, die den beiden gedruckten Briefen Cleyers an Simon Pauli beigefügt ist. Im Gegensatz zu Nieuhof findet sich auf der Abbildung lediglich ein Zweig anstelle der kompletten aus dem Boden wachsenden Pflanze. Die Blattgestalt ist kaum authentisch, gleichwohl werden einmal mehr der gezackte Rand und die Äderchen deutlich herausgearbeitet. Erstmals wird durch die gleichzeitige Abbildung einer aufgeschnittenen Samenkapsel und deren Draufsicht der wissenschaftliche Anspruch betont. Allein am Beispiel der von Pauli 1665 und 1676 veranlassten Kopenhagener Stiche wird deutlich, dass sich das visuelle Bild der Teepflanze innerhalb eines Jahrzehnts erheblich erweitert hatte, woran Nieuhofs Buch maßgeblichen Anteil besaß. Mit Paulis Darstellung von 1676 lag ein grafisches Modell vor, das zwei Jahre später auch von Breyne in Danzig übernommen wurde. Auch hier ist ein abgeschnittener Zweig dargestellt, dessen Blätter aber weniger auffällig gezackt erscheinen. Die Darstellung der Samenkapseln ist zudem erweitert, denn diese
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sind nunmehr perspektivisch von der Seite und zudem von oben dargestellt ; ebenso werden auch die Samen selbst mit ihren charakteristischen Druckstellen übernommen. Auch der französische Pharmazeut Pierre Pomet und Elsholtz greifen das Modell Zweig/Samenkapsel auf, wobei aber jeder Stich individuelle Züge und Interpretationen aufweist. In Pomets Werk ist das Bild angeblich »nach einem ihm zugesandten Zweige verfertiget worden.«26 Es bleibt entsprechend an Anschaulichkeit deutlich hinter denen von Cleyer und Breyne zurück, was einmal mehr als Indikator dafür dient, dass originale Teeblätter und -zweige im damaligen Europa nach langer Seereise als Anschauungsobjekte ihre Schwächen hatten. Um 1700 war das Wissen in Europa zwar noch lückenhaft, es hatte sich aber immerhin ein fester Kanon an Textinhalten und Bildern herausgebildet, die den Tee auch in Landessprachen weit über die Gelehrtenstuben hinaus bekannt machten. Schon längst hatten damals die großen nordwesteuropäischen Handelskompanien ihre Fühler nach Ostasien ausgestreckt, und es war nur eine Frage der Zeit, dass der Tee auf der Grundlage der damaligen Kenntnis und stetig fallender Preise zu einem Massengut wurde.
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6. Im Zeitalter der Ostindienkompanien
Ein globales Handelssystem Die Erforschung der Camellia sinensis und die frühen Importe nach Europa bedingten einander. Wenn nicht erste Partien der geheimnisvollen Blätter Amsterdam, London oder Kopenhagen erreicht hätten, wäre eine lebendige naturkundliche und medizinische Forschung nicht möglich gewesen. Dass der Tee aber nach einem zögerlichen Anfang schließlich ein gewaltiger Erfolg werden konnte und die Konsumgewohnheiten der Europäer nachhaltig prägte, lag nicht allein an den zahlreichen gelehrten Texten, die seit den 1660er Jahren eine immer breitere Leserschaft fanden. Vielmehr hatte der Erfolg einen institutionellen Hintergrund, denn ohne die Gründung der nordwesteuropäischen Ostindienkompanien wäre er schwerlich möglich gewesen. Allein die Kapitalkraft und der Geschäftssinn der seit 1600 in England, den Niederlanden, Dänemark, schließlich auch in Frankreich, den habsburgischen Niederlanden und in Schweden gegründeten, global operierenden Handelsgesellschaften ermöglichten es, Jahr für Jahr immer größere Mengen an Tee aus China zu importieren. Die Handelskompanie stellte eine Frühform der Aktiengesellschaft dar. Weil die Ausrüstung einer Ostindienfahrt sehr teuer war, bot es sich an, das Kapital vieler Geldgeber in Form von Anteilen zu bündeln. Nach Rückkehr eines Schiffes, später meist im jährlichen Turnus, konnte der Investor mit einer Dividende rechnen. Einen rechtlichen Rahmen erhielt diese Geschäftsform durch ein vom Landesherrn erteiltes Monopol, einen sogenannten Charter. Damit durften nur Schiffe einer entsprechend privilegierten Kompanie von einem Land aus in eine bestimmte Weltgegend aufbrechen. Wer damit unzufrieden war, konnte nichts anderes tun als seine Anteile wieder zu verkaufen und das Glück bei dem Konkurrenzunternehmen eines anderen Landes zu versuchen. Auf diese Weise sollten unliebsame Konkurrenz im Inneren verhindert und ein größtmöglicher Einfluss auf die Entwicklung der Verkaufspreise gewährleistet werden. Die in Asien Handel treibenden europäischen Kompanien waren für »Ostindien« privilegiert – einen Raum, der sich in der damaligen Wahrnehmung vom Kap der Guten Hoffnung über Süd- und Südostasien sowie China und Japan bis jenseits des Pazifiks an die Magellanstraße erstreckte. Hier lockten mit Gewürzen, Baumwoll- und Seidentuchen und schließlich mit Tee und Porzellan enorme Gewinnchancen. Verkauft wurden die heimgebrachten Waren auf Auktionen im
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Mutterland. Die jährlichen Nettogewinne unterlagen starken Schwankungen, konnten aber in guten Jahren bei weit über 20 % liegen. Den größten Erfolg verzeichnete im 17. Jahrhundert die niederländische Vereinigte Ostindische Kompanie, deren Aktivitäten in Batavia und auf Deshima bereits vorgestellt wurden. Jene wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts von der britischen East India Company (EIC) als dominierende europäische Macht auf dem Indischen Ozean abgelöst. Wann gelangte erstmals Tee auf einem Interkontinentalschiff nach Europa ? Dass ihn bereits die Portugiesen im 16. Jahrhundert heimgebracht hätten, ist nicht überliefert, kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Spätestens in den 1630er Jahren war das Getränk unter den Kaufleuten und Direktoren der VOC in Amsterdam aber mit Sicherheit bekannt. Mehr noch, sie scheinen damals schon regelrecht auf den Geschmack gekommen zu sein, denn 1637 ordnete die Direktion an, dass fortan auf jedem aus dem Osten zurückkehrenden Schiff eine kleine Partie chinesischen und japanischen Tees mitgeschickt werden solle.1 Adam Olearius hatte bereits einige Jahre zuvor in seiner persischen Reisebeschreibung notiert, dass Tee aus Asien nach Amsterdam verschifft werde.2 Ohne Zweifel stammten die frühen Lieferungen aus dem intra-asiatischen Handel mit China oder Deshima und wurden in Batavia den nach Europa abgehenden Interkontinentalschiffen mitgegeben. Schon viel war es, wenn 1678 die »Pouleran« 1108 Kätti, also etwa 650 kg, feinen chinesischen Tees mit an Bord hatte ; meist lag die Menge bei 50 – 150 kg, wie im darauffolgenden Jahr bei der »Africa« (140 kg) oder der »Joffrouw Maria« (70 kg).3 Sie steigerte sich gleichwohl, und im Jahre 1700 gelangten bereits mehr als 40.000 kg auf diesem Weg in die Niederlande. Batavia hatte sich in jener Zeit zur wichtigen Schnittstelle zwischen intra-asiatischem und interkontinentalem Warenaustausch entwickelt und blieb es für die VOC auch dann, als die europäischen Konkurrenten den Tee schon längst ohne Umladen direkt aus China nach Europa brachten. Während in Batavia das niederländische Monopol galt, stand der Hafen des benachbarten Bantam allen Nationen offen. Entsprechend war die Stadt für den frühen, noch bescheidenen Teehandel der englischen East India Company von Bedeutung. Denn auch hier waren jene Dschunken anzutreffen, die das kostbare Gut aus dem Reich der Mitte herbeischafften. Gering waren auch bei der East India Company anfangs die Einfuhren in das Mutterland ; auf ganze 110 kg brachten es die Engländer etwa 1669.4 Zaghaft tasteten sie sich dennoch seit 1675 von Bantam aus direkt bis nach China vor, insbesondere nach Amoy und Kanton. Noch gehörten die inneren Unruhen im Reich der Mitte seit dem Ende der Ming-Dynastie in den 1640er Jahren aber nicht der Vergangenheit an und machten das Geschäft unsicher.5
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Erstmals orderten die Direktoren der EIC nach dem Vorbild der Niederländer 1685 gezielt das neue, zunehmend attraktive Gut in kleiner Menge : »… we would have you send us yearly five or six canisters of the very best and freshest Thea.«6 Der Wortlaut macht deutlich, dass in jener Zeit in London bereits ein gewisses Qualitätsbewusstsein existierte und dass zwischen guter und schlechter oder frischer und abgelagerter Ware unterschieden werden konnte. Die in jenen Jahren erscheinenden medizinischen und naturkundlichen Texte mögen hier Vorarbeit geleistet haben. Argwöhnisch beobachteten die Niederländer die Aktivitäten der Engländer, aber auch der Dänen, in Bantam. Mit deren Unternehmungen war es schließlich vorbei, als die Truppen der VOC dort einmarschierten und die Stadt und das gleichnamige Sultanat kurzerhand besetzten. Mit dieser Aktion gelang es, nicht nur die weitgehend wehrlose Konkurrenz von dort zu vertreiben, sondern auch den traditionellen chinesischen Dschunkenverkehr über Bantam weitgehend nach Batavia umzuleiten.7 In Zeiten der Glorious Revolution musste sich die EIC entsprechend damit begnügen, den in England immer mehr Anhänger findenden Tee aus den Niederlanden zu importieren oder ihn in ihren indischen Niederlassungen in Madras oder Surat zu kaufen. Dort war er allerdings teuer, und die Qualität dürfte wegen des Umladens und der längeren Seereise nicht die beste gewesen sein. Bisweilen gestatteten die Londoner Direktoren in der Not ihren Mitarbeitern in Indien den eigentlich verbotenen Privathandel mit dem Mutterland. So war es den englischen Kaufleuten in Madras eine Zeit lang erlaubt, auf eigene Rechnung Tee nach London zu senden. Doch die Expertise fehlte, und um die Mitte der 1690er Jahre gelangte zeitweise überhaupt nichts mehr heim an die Themse. Schließlich versuchten die Engländer, unter Umgehung Indiens und Bantams direkt Schiffe von London aus nach China zu schicken – ein in Anbetracht der nur geringen Erfahrungen und der langen Reise nicht unbeträchtliches Risiko. 1697 wurden mit der »Turnbull Galley« und der »Nassau« zwei mit einer reichen Silberladung ausgestattete Segler direkt nach Amoy gesandt, die bei ihrer Rückkehr trotz allem guten Gewinn einfuhren.8 Ein Durchbruch war damit aber noch nicht erzielt, denn die chinesische Obrigkeit hatte zwar 1685 den intra-asiatischen Handel auch für die Europäer weiter liberalisiert, duldete aber auf Dauer keine interkontinentalen Fahrten direkt nach Europa. Englische Expeditionen in das Reich der Mitte blieben daher Einzelereignisse. Immerhin gelang es den Engländern, auf diese Weise Expertise für kommende Zeiten zu erwerben.9 In Indien leitete die VOC nun einen regelrechten Verdrängungswettbewerb ein. Da der Preis für Tee in Madras höher lag als in Batavia, sich die Transportkosten von beiden Orten nach Europa aber kaum unterschieden, mussten die Nie-
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derländer nur möglichst viel Batavia-Tee kaufen und nach Europa senden. Bei dem sich dadurch vergrößernden Angebot fiel der Verkaufspreis daheim, und der Madras-Tee war endgültig nicht mehr wettbewerbsfähig. Konnte die EIC 1701 immerhin wieder die beachtliche Menge von 60.000 kg importieren, so gelangte 1707 und 1708 nichts nach London. Der Effekt der aggressiven Politik der Niederländer war weitreichend, denn die Verbilligung des Tees in Europa machte ihn für einen breiteren, gleichwohl immer noch gut betuchten Konsumentenkreis erschwinglich.10 Am Horizont kündigte sich eine wahre Konsumrevolution an. Vorerst musste in England aber naserümpfend festgestellt werden, dass das Gut immer noch über die Niederlande London erreichte. Hinzu kamen in jener Zeit Machtkämpfe innerhalb der East India Company, die dazu führten, dass zeitweise gar zwei englische Handelsgesellschaften einander zusätzlich Konkurrenz bereiteten, ehe diese 1708 wieder zu einer einzigen Monopolgesellschaft verschmolzen.11 Auch die Schotten hatten ihre eigene, kurzlebige Ostindiengesellschaft gegründet ; 1707 musste sie jedoch infolge der Personalunion mit England aufgelöst werden. Erst jetzt gelangte die nun wieder vereinte East India Company in ruhigeres Fahrwasser.12 Erneut entwickelte sie Pläne, den ungeliebten Konkurrenten vom Festland, der sie beinahe ganz aus dem Teegeschäft verdrängt hatte, durch Etablierung eines dauerhaften Direkthandels zwischen China und London ein für alle Mal aus dem Feld zu schlagen.13 Ein direkter Handel zwischen China und Europa erfuhr 1713 nach langer Zeit des Wartens tatsächlich durch die chinesische Zentralgewalt in Peking Legalisierung, wurde gleichzeitig aber rigide auf den Hafen von Kanton beschränkt. Denn obwohl die neue Mandschu-Dynastie sehr am europäischen Silber interessiert war, versuchte sie dennoch, jegliches Vordringen der Europäer ins Landesinnere zu verhindern und koloniale Ambitionen im Keim zu ersticken.14 1717 begann die East India Company mit direkten, regelmäßigen Handelsfahrten zwischen London und Kanton.15 Der Erfolg rief über kurz oder lang die europäischen Konkurrenten auf den Plan. Bald waren Habsburger, Franzosen, Dänen, Schweden, Hamburger, schließlich auch die Preußen mit von der Partie.16 Und bald überstiegen die direkten Exporte nach Europa den im intra-asiatischen Handel umgeschlagenen Tee um ein Vielfaches. Die Blüte des Kompaniehandels Die Europäer begegneten in Kanton einer machtvollen chinesischen Obrigkeit und mit dem sogenannten Co-Hong auch einer monopolartig organisierten
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einheimischen Teehändlergilde. Nach seinem Statut von 1720 konnte der CoHong die Verkaufspreise für Tee und die abzusetzenden Mengen festlegen.17 Als Gegenleistung hatte er dafür zu sorgen, die Handelsmacht der Europäer nicht zu groß werden zu lassen, andererseits aber auch die von der chinesischen Obrigkeit so dringend benötigte Silberzufuhr zu gewährleisten.18 Der Vorteil des Systems bestand für die Europäer wiederum darin, dass im Gegensatz zu Indien oder Südostasien kein teures Netz von befestigten Handelsposten unterhalten werden musste, denn der Erwerb von Tee und Porzellan lief allein über die vom Co-Hong angemieteten Faktoreigebäude ab. Den Engländern gelang es auf Dauer nicht, sich in Kanton die anderen europäischen Handelsnationen vom Hals zu halten. Ein kurzlebiges, aber nicht minder bedeutsames Projekt stellte die Ostende-Kompanie dar, die in den habsburgischen Niederlanden gegründet wurde. Mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges waren die südlichen Niederlande, das heutige Belgien, 1714 an die österreichischen Habsburger gelangt. Diese wiesen zwar bislang keine Expertise im Asienhandel auf, konnten aber ebenso wie die anderen souveränen Fürsten Privilegien zur Gründung von Handelskompanien ausstellen. Da die Wiener Habsburger mit ihrem Neuerwerb eng an die Nordsee gerückt waren, bot sich ein Engagement im globalen Überseehandel geradezu an. Kaufleute aus Antwerpen, Gent und Ostende sicherten sich bereits 1715 von den Regionalbehörden das Recht zur Gründung einer Ostindiengesellschaft mit Sitz in Ostende, das sieben Jahre später vom Kaiser in Wien mit einem Charter bestätigt wurde. Auch Kapitalgebern aus Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich erschien es attraktiv, sich an dem neuen Unternehmen zu beteiligen.19 Das erste Ostende-Schiff, das Kanton 1718 heil erreichte, war die »Prinz Eugen«. Von den im Laufe ihres kurzen Lebens nach Asien ausgesandten fünfundfünfzig Fahrzeugen segelten achtundzwanzig nach Kanton, die übrigen nach Indien. Gerade die Chinafahrten erwiesen sich als besonders einträglich, denn der Verkauf von Tee, Porzellan und Seide brachte daheim reiche Gewinne.20 Die Ostender waren in ihren Geschäftspraktiken nicht zimperlich, machten sich damit aber keine Freunde. Da sich die britischen Schiffe in der Handelssaison 1720 verspätet hatten, erwarben die Ostender in jenem Jahr praktisch den gesamten in Kanton angebotenen Tee. Sie zahlten gut und versuchten auf diese Weise, die Co-Hong-Kaufleute an sich zu binden. Das Vorgehen rächte sich aber bereits im darauffolgenden Jahr, als die Londoner Direktoren ihre Kaufleute anwiesen, nun ihrerseits allen irgend erhältlichen Tee aufzukaufen.21 Eine Spirale des Argwohns nahm ihren Anfang. Sechs Ostender Schiffe wurden in der darauffolgenden Zeit von den Briten im Verein mit den Niederländern aufgebracht,
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denn beide erkannten das habsburgische Handelsprivileg nicht an. Immer stärker entwickelte sich die Ostende-Kompanie zu einem Politikum ersten Ranges. Nicht einfacher wurde die Situation dadurch, dass auch die Franzosen mit ihrer 1719 aus zwei konkurrierenden Gesellschaften geformten neuen Compagnie des Indes stärker als je zuvor in Asien präsent waren.22 Die VOC schickte ihrerseits immer noch keine Schiffe direkt von Europa nach China, denn einstweilen gelangte eine ausreichende Menge Tee über den traditionellen Dschunkenverkehr nach Batavia. Immer deutlicher differierten aber die Einkaufspreise. Kostete 1 Pikul Bohea um 1720 in Batavia 70,0 Tael Silber, so waren es in Kanton lediglich 39,2.23 Ebenso wenig konnte auf Dauer geleugnet werden, dass Zwischenhandel und Umpacken in Batavia der Qualität der Blätter nicht gerade förderlich waren. Mit der »Coxhorn« eröffnete 1728 entsprechend auch die VOC den direkten Schiffsverkehr zwischen Kanton und der Heimat, auch wenn der indirekte Handel über Batavia fortbestand.24 Briten, Niederländer und Ostender lieferten sich seitdem in der Konkurrenz um Marktanteile einen massiven Preiswettbewerb. Immer gewaltigere Mengen gelangten nach Europa ; die auf den Auktionen erzielten Preise sanken zur Freude vieler Konsumenten weiter.25 Aus einem Nischenprodukt war innerhalb zweier Jahrzehnte ein gewaltiges Geschäft geworden, für das im Europa der 1720er Jahre wahrhaft goldene Zeiten anbrachen. Die Verkaufszahlen in London und Amsterdam geben einen guten Eindruck vom starken Wachstum der Importe, die allerdings von kurzzeitigen Schwankungen geprägt waren : Tab. 3 Teeimporte nach Europa, 1721 – 1731, in kg26 Jahr
Niederlande
Großbritannien
1720/21
43.092
143.547
1721/22
108.329
479.543
1722/23
133.994
712.428
1723/24
84.447
50.148
1724/25
113.079
226.284
1725/26
87.280
151.746
1726/27
91.214
264.097
1727/28
92.644
287.465
1728/29
71.279
614.655
1729/30
240.524
676.621
1730/31
456.654
476.515
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Es wird deutlich, dass die offiziellen britischen Importe in den 1720er Jahren meist klar über den niederländischen lagen. Seit der Fahrt der »Coxhorn« holte die VOC aber auf. Das Modell, den Tee direkt in Kanton zu erwerben, machte Schule, und innerhalb von vier weiteren Jahrzehnten vervierfachten sich die Einfuhren. Der größte Teil des nach Großbritannien und in die Niederlande importierten Tees wurde jeweils im Lande selbst konsumiert, eine stetig wachsende Menge ging aber auch ins europäische Ausland und in die amerikanischen Kolonien, was dazu beitrug, das Silberdefizit im Austausch mit China zu reduzieren. Wurden in der zweiten Hälfte der 1720er Jahre 18 % des Tees als Reexporte von England aus ins europäische Ausland gebracht, waren es zwei Jahrzehnte später bereits 35 %. In jener Zeit entstand in Großbritannien die kuriose Lage, dass einerseits Tee exportiert, andererseits aber für den einheimischen Konsum massenhaft aus anderen Ländern eingeschmuggelt wurde, um die hohe Besteuerung von nahezu 100 % zu umgehen.27 So lohnte es sich lange Zeit nur, bessere und teurere Qualitäten für jene Wohlhabenden, denen der Preis egal war, offiziell ins Land einzuführen. Einfachere Sorten wurden hingegen in immer größerem Umfang eingeschmuggelt. Neben der Ostende-Kompanie standen bald auch andere Handelsgesellschaften vom Festland bereit, die sich hier bietenden Chancen zu ergreifen. Diese verkauften ihre Ware auf den Auktionen daheim an gut vernetzte Schmuggel-Unternehmer, die ihn bei Nacht und Nebel über die Strände Süd- und Ostenglands ins Land schafften. Zusehends beschwerten sich die Londoner Kompaniedirektoren über das immer größere Dimensionen annehmende illegale Geschäft, und jene Kaufleute, die den Tee ehrlich auf den Londoner Auktionen erwarben, hatten das Nachsehen.28 Mit aller Macht versuchte die East India Company schließlich, durch Druck auf die britische Regierung die unliebsame Konkurrenz klein zu halten. Der naheliegende Gegner war die Ostende-Kompanie, die im Kräftemessen der europäischen Großmächte schließlich das politische Bauernopfer war. Der außerordentliche Druck auf den Wiener Kaiserhof wuchs, bis dieser schließlich einknickte. Denn wegen der Ostender Kaufleute wollte Kaiser Karl VI., einige Zeit nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges, keinen neuen Waffengang riskieren. Im Gegenteil ließ sich das Schicksal der Handelsgesellschaft gut als politisches Faustpfand einsetzen. 1727 wurde das Privileg suspendiert, was die Ostender allerdings eine Zeit lang nicht davon abhielt, ihre Schiffe weiterhin, teils unter fremder Flagge, auf große Fahrt zu schicken. Erst der sogenannte Vertrag von Wien besiegelte vier Jahre später endgültig das Schicksal. Der politische
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Handel lohnte sich, denn um den Preis des Ostender Asienhandels erkannten Briten und Niederländer die Pragmatische Sanktion, also die neue habsburgische Thronfolgeregelung, an.29 Mit dem Aus für die Ostender wurde umfangreiches Kapital freigesetzt, das sich andere Investitionsmöglichkeiten im Überseehandel suchte und in den Folgejahren eine enorme Dynamik entfaltete. Das Kapital fand auch in der Heimat Carl von Linnés einen fruchtbaren Boden. Noch 1731 gründete sich auf maßgebliche Initiative einiger ehemaliger Ostender Investoren die Svenska Ost indiska Companiet mit Sitz im schwedischen Göteborg. Im Gegensatz zu den Habsburgern erhielten die außenpolitisch schwachen und den westlichen Kolonialmächten nahestehenden Schweden informelle Anerkennung, auch wenn die neue Handelsgesellschaft zu einem wesentlichen Teil eine Fortsetzung der Ostende-Kompanie unter anderem Namen bedeutete.30 Zwar gewährte kein ausländisches Dokument der neuen, nordischen Kompanie ein offizielles Existenzrecht, aber solange die Schweden den Briten und Niederländern keine zu starke Konkurrenz bereiteten, existierte über den Bestand ein stillschweigendes Einvernehmen.31 Während in der Folgezeit der schwedische Handel mit Indien begrenzt blieb, schrieb das Geschäft mit China eine erstaunliche Erfolgsgeschichte. Von den einhundertdreißig Expeditionen, die zwischen 1731 und 1804 von Göteborg aus nach Asien gingen, hatten über 90 % Kanton zum Ziel.32 Dabei lebte auch der schwedische Chinahandel vom Reexport, denn der Verbrauch von Tee im eigenen Land blieb gering. Der Schmuggel nach Großbritannien, nun vor allem nach Schottland, war für den Hauptabsatz verantwortlich.33 Auch die dänische Monarchie war bestrebt, einen Teil des großen Kuchens abzubekommen. Obwohl das indische Tranquebar die Hauptniederlassung Dänisch-Ostindiens blieb, war offensichtlich, dass die Zukunft in China liege. Zwei, 1616 und 1670 gegründete, dänische Ostindienkompanien waren gescheitert. Ebenso blieb ein vom dänischen Schleswig-Holstein ausgehendes sogenanntes Altona-Projekt auf Grund des fehlenden finanziellen Engagements des benachbarten Hamburg bereits in der Vorbereitung stecken.34 Das Aus für die Ostender schuf nun aber auch in Kopenhagen neue Möglichkeiten. Im Februar 1730 entstand eine temporäre »Kina Societet«, die sogleich zwei Schiffe nach Indien und mit der »Kronprins Christian« auch einen ersten Chinafahrer aussandte.35 Nach deren Rückkehr aus Kanton gründete sich 1732 die dänische A siatisk Kom pagni, die bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die dänische Flagge in Ostindien repräsentierte.36 Der Anfang war beschwerlich, denn der Absatz von Tee war in der dänischen Monarchie ebenso wie in Schweden gering. Zum Missfallen der Aktionäre musste die Kompanie auf ihren eigenen Auktionen selbst
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mitbieten und Tee kaufen, um den angestrebten Preis zumindest annähernd zu erzielen. Ähnlich wie in Schweden gelang es aber nach einiger Zeit, ein länderübergreifendes Distributionsnetz aufzubauen. Die neue Handelsgesellschaft machte in Hamburg und Amsterdam gezielt Werbung für den dänischen Tee und konnte sich auf diese Weise tatsächlich dauerhaft als erfolgreicher Reexporteur positionieren.37 Um die Ankunft frischer Partien im Ausland bekanntzumachen, wurden beispielsweise regelmäßig im Hamburger »Relations-Courier« Anzeigen geschaltet.38 Über Hamburg dürfte dänischer Kompanietee weiter in das Heilige Römische Reich gegangen sein, fand aber auch in Schleswig-Holstein Abnehmer.39 Auch der Schmuggel nach Großbritannien förderte das Geschäft. Auf diese Weise wuchsen seit der zweiten Hälfte des 1730er Jahre schließlich doch die Erlöse, was es fortan ermöglichte, jährlich zwei Schiffe anstelle nur eines einzigen nach Kanton zu senden.40 Mit Interesse wurden die dänischen Aktivitäten in Hamburg beobachtet. Aber die Hamburger blieben auf lange Sicht nicht allein Aufkäufer des dänischen Tees, sondern sprangen, allerdings mit begrenztem Erfolg, schließlich selbst ins Boot des globalen Überseehandels. Schon Mitte der 1720er Jahre waren in der Elbmetropole Denkschriften im Umlauf, die zu einer Hamburger Kapitalbeteiligung an der Ostende-Kompanie aufriefen. Es wurde gefordert, dass alle für das Heilige Römische Reich bestimmten Importe aus Ostende ihren Weg zum Verbraucher über Hamburg nehmen sollten. Erstmals stand der Plan im Raum, die Stadt als Hauptumschlagplatz für Tee in Deutschland zu profilieren.41 Da die Hamburger Flagge die Schiffe auf den Weltmeeren nicht machtvoll genug vor Übergriffen bewahren konnte, wurde der Schutz eines Territorialfürsten gesucht. Und schon im September 1731 kehrte die unter brandenburgisch-preußischer Flagge segelnde hamburgische »Apollon« mit einer Ladung Tee aus Kanton an die Elbe zurück. Ebenso wurden Kisten mit Porzellan sowie kostbare Tuche aus dem Reich der Mitte entladen. Zu jenem Zeitpunkt hatte das Schiff bereits ein bewegtes Leben hinter sich – zunächst unter niederländischer Flagge, hatte es später in den Diensten der Ostende-Kompanie gestanden, um anschließend ein erstes Mal unter preußischer Flagge eine Fahrt vom spanischen Cádiz nach Kanton zu unternehmen. 1736 würde die »Apollon« wiederum als schwedisches Schiff unter dem Namen »Tre Kronor« nach China segeln. In der Zwischenzeit stand sie in den Diensten der Hamburger.42 Die Briten, die sich anschickten, zur führenden europäischen Handelsnation aufzusteigen, sahen ebenso wie die Niederländer auch die neue Konkurrenz aus Norddeutschland gar nicht gern, zumal diese einmal mehr im Verdacht stand, in Wirklichkeit ein verbrämtes Ostender Unternehmen darzustellen. Die East
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India Company befahl ihren Kaufleuten in Kanton, der »Apollon« wo immer möglich Schwierigkeiten zu bereiten. In der Sundastraße machten wiederum Kriegsschiffe der VOC Jagd auf die Hamburger. Sie wurden beschossen, machten aber gute Fahrt und konnten ihren Verfolgern entkommen. Am Kap der Guten Hoffnung gelang es den Niederländern ebenfalls nicht, das Schiff festzusetzen, und so kehrte die »Apollon« glücklich heim an die Elbe. Die Auktion fand im Eimbeckschen Haus in Hamburg statt. Zunächst wurden dort alle Teekisten aufgestellt, nummeriert und geöffnet. Bereits zehn Tage vor dem angesetzten Termin konnten Kaufinteressenten die Ware haptisch und sensorisch begutachten und sogar Proben einzelner Partien mit nach Hause nehmen. Am Auktionstag wurde geboten, und der Gewinn war gut.43 Gleich nach Ankunft der »Apollon« hatten der britische und der niederländische Resident in der Stadt versucht, den Hamburger Rat zu einer Beschlagnahme des Tees zu bewegen. Das Gremium zeigte sich allerdings unnachgiebig. Im Gegenteil, die Hamburger kamen einstweilen auf den Geschmack, versuchten nun aber weitere Transaktionen mit Waren aus dem Reich der Mitte besser zu verschleiern. So fuhr ein Jahr darauf die englische »Mermaid« auf Rechnung des Hamburger Hauses Marc Friedrich Stenglin von Hamburg nach Cádiz. Dort wurde die für China bestimmte Ladung auf ein französisches Fahrzeug umgeladen und auf den Weg nach Ostasien gebracht ; doch Briten und Niederländer durchschauten auch dieses Manöver und versuchten ein zweites Mal, den Verkauf des in Hamburg ankommenden Tees zu verhindern. Obwohl die Auktion wiederum glückte, erschienen den Hamburgern die Unwägbarkeiten auf lange Sicht zu groß, und es blieb vorerst bei diesen beiden Kontakten mit China.44 Nachfolgende norddeutsche Projekte scheiterten bereits in ihren Anfängen, wie die Versuche, vom hannoverschen Harburg oder Stade aus Schiffe nach Kanton zu senden. Dass die deutschen Territorien weiterhin den meisten Tee über das europäische Ausland erhielten, fiel selbst den Gelehrten auf. 1752 erschien unter dem Titel »Erläutertes Recht der Deutschen nach Indien zu fahren« posthum eine Schrift des Hamburger Ratssyndikus Johann Julius Surland (1687 – 1748). Darin betonte der Verfasser, es sei keine gottgegebene Notwendigkeit, dass vom Heiligen Römischen Reich aus keine Ostindienfahrten ausgingen. Aber selbst Friedrich der Große konnte daran auf Dauer nicht viel ändern. Durch den Erwerb Ostfrieslands mit seinem wichtigen Hafen Emden hatte Brandenburg-Preußen 1744 erstmals direkten Zugang zur Nordsee erhalten. Sieben Jahre später entstand die »Königlich Preußische Asiatische Compagnie in Emden nach Canton und China«, und auch für Ostfriesland begann unter preußischer Flagge der direkte Kompaniehandel mit China. 1753 kehrte mit
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der »König von Preußen« das erste reich mit Tee beladene Schiff aus Kanton zurück.45 Der Erfolg war allerdings nur von kurzer Dauer, denn ein Jahr nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges wurde Ostfriesland von französischen Truppen besetzt, was zum raschen Zusammenbruch des Unternehmens nach nur wenigen Expeditionen führte. Auch nach dem Ende des Krieges gelang es den im Chinahandel nur wenig erfahrenen Preußen nicht, diesen Warenaustausch wiederzubeleben. Emden selbst blieb aber für andere Handelsmächte, vor allem für die Niederländer, ein wichtiger Hafen. Erneute direkte Kontakte der Stadt mit Kanton fallen erst in die Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. 1781 erwarb der Bremer Unternehmer Carl Philipp Cassel (1742 – 1807) das Emdener Bürgerrecht und sandte von der Stadt aus mehrere Segler nach Asien. 1805 erreichten wiederum amerikanische Schiffe von China aus Emden, da sie die Niederlande kriegsbedingt nicht anlaufen konnten, und verkauften hier große Mengen an Tee.46 Dass einigen festländischen Unternehmen keine Dauer beschieden war, lag zum großen Teil daran, dass die Briten spätestens infolge des Siebenjährigen Krieges endgültig zur globalen maritimen Hegemonialmacht aufgestiegen waren und seitdem die Spielregeln auch des europäischen Teehandels bestimmten. Nicht für alle Kompanien sind die entsprechenden Importzahlen verfügbar, doch ohne Zweifel stellten die britischen Einfuhren die aller anderen Nationen am Ende deutlich in den Schatten. Gelangten in den 1720er Jahren etwa 3600 t Tee auf Schiffen der East India Company nach Europa, so waren es in den 1750er Jahren mit knapp 17.000 t bereits mehr als viermal so viel.47 Ohne Frage stellte lange Zeit die britische Teesteuer die Ursache des Geschäftserfolgs auch der Konkurrenten dar. Jene war hoch und bildete eine attraktive Einladung zum Schmuggel. Nach dem »Commutation Act« des Premierministers William Pitt (1759-1806) von 1784 war es damit aber vorbei. Nach Jahrzehnten beharrlichen Verhandelns und der Agitation seitens der East India Company wurde die Steuer von damals 119 % auf erträgliche 12,5 % gesenkt. Das gab dem offiziellen Handel der EIC einen weiteren beträchtlichen Entwicklungsschub, bereitete dem Schmuggel und damit auch den Umsätzen der festländischen Konkurrenten praktisch von einem Tag auf den anderen einen herben Rückschlag.48 Die französische Besetzung der Niederlande infolge der Revolutionskriege gab der VOC den Rest. Völlig überschuldet musste sie 1795 die Segel streichen und wurde verstaatlicht.
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Auf großer Fahrt nach Kanton Während das Teegeschäft in Europa immer wieder Spielball der außen- und wirtschaftspolitischen Befindlichkeiten der Großmächte war, entwickelte sich am anderen Ende des Globus ein großes Maß an Kontinuität. Beständig setzten die Europäer hier ihre Normen durch. Eigens für den Chinahandel wurden neue Schiffe entworfen, die im Laufe des 18. Jahrhunderts zu den größten auf den Weltmeeren überhaupt verkehrenden Fahrzeugen zählten. Die Verpackung des Tees wurde Jahrhunderte vor der Erfindung des Containers vereinheitlicht, um ein effizientes, platzsparendes Verstauen an Bord zu gewährleisten. Reih an Reih stapelten sich fortan in den Schiffsbäuchen die einheitlichen hölzernen, mit einem Zinkblech versiegelten Holzkisten.49 Repräsentant der europäischen Handelskompanien in Kanton war jeweils ein Supercargo. Dieser war kaufmännischer Leiter der einzelnen Schiffsreise, fuhr meist von Europa nach China und wieder zurück mit und zeichnete während des mehrmonatigen Aufenthalts in Kanton für sämtliche kaufmännischen Aktivitäten verantwortlich. Später blieben Supercargos gelegentlich auch bei Abfahrt des Schiffes an Land zurück, um in der Nebensaison günstig Partien zu kontraktieren. Während die Niederländer noch im 17. Jahrhundert im europäischen Schiffbau eine Vorreiterrolle eingenommen hatten, gingen in der großen Zeit der Chinafahrt wichtige Innovationen von Großbritannien und Schweden aus. Auf der Basis der Fregatte und des Linienschiffs entwickelte sich ein spezifischer Fahrzeugtyp, der schlicht unter der Bezeichnung »Ostindienfahrer« durchging. Durch Weglassen der Kanonen auf einem gesamten Unterdeck, teils durch Bau eines kompletten neuen Decks entstand zusätzlicher Frachtraum. Im Gegensatz zu den schnittigeren Vorgängermodellen wurde der Ostindienfahrer gedrungener und langsamer, konnte damit aber seine Ladekapazität schließlich steigern. Um dennoch ein Mindestmaß an Geschwindigkeit zu gewährleisten, erhöhte sich die Segelfläche der Dreimaster. Während die Briten dazu übergingen, ihre Fahrzeuge zunehmend in Indien oder Burma aus dem widerstandfähigen Teakholz bauen zu lassen, brachte Schweden einen eigenen, spezialisierten Schiffbau hervor. Gerade hier wurden die Fahrzeuge im Laufe der Zeit immer größer. Während die 1732 ausgerüstete »Fredericus Rex Sueciae« nur über eine Verdrängung von knapp 490 Tonnen verfügte, waren später Schiffe von um die 1000 Tonnen Standard. In tropischen Gewässern blieb deren Lebenszeit allerdings begrenzt, auch wenn dazu übergegangen wurde, die Außenhaut zum Schutz vor Bohrwürmern mit Kupferplatten zu beschlagen. Im Schnitt machte ein Fahrzeug drei Fahrten nach Ostindien,
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und nur wenige Schiffe erreichten das stolze Lebensalter von zwanzig Jahren. Die Sterblichkeit unter der Besatzung war hoch. Wenn es hart kam, sah mehr als jeder vierte Seemann seine Heimat nicht wieder.50 Die Fahrt von Europa nach Kanton und zurück dauerte anderthalb bis zwei Jahre, wobei die Geschwindigkeit im Laufe der Jahrzehnte zunahm. Ein französisches Schiff benötigte im Zeitraum 1735 – 1742 durchschnittlich sechshundertzweiundvierzig Tage ; die Dänen schafften es ein halbes Jahrhundert später im Durchschnitt in fünfhundertsieben Tagen.51 Dabei stießen die skandinavischen Ostindienfahrer auf einen entscheidenden, von der Geografie vorgegebenen Nachteil : Um auf der Hinreise am Kap der Guten Hoffnung den richtigen Monsunwind zu erreichen, der das Schiff sicher und verlässlich quer über den Indischen Ozean ostwärts trug, mussten Kopenhagen und Göteborg inmitten des europäischen Winters verlassen werden. Für die Dänen bedeutete das, im Dezember oder Januar von Kopenhagen aus zunächst den Öresund nordwärts zu passieren, was ein schwieriges, zeitraubendes und in einzelnen Jahren beinahe gänzlich unmögliches Unterfangen darstellte. Anschließend ging es an der Südspitze Norwegens vorbei entweder durch den Ärmelkanal oder, je nach politischen Zeitläuften, in Richtung Shetlands und Orkneys hinaus auf den rauen Atlantik. So manche Expedition scheiterte bereits an den Klippen der norwegischen Küste. Die Westeuropäer hatten es dagegen einfacher, denn sie brauchten erst im Frühjahr ihre Segel zu setzen, um direkt durch die Biskaya in Richtung Südatlantik aufzubrechen. Beliebt war es, wegen der günstigen Winde auf der Hinreise weit nach Westen vor die brasilianische Küste auszuschwenken, um sich von dort ostwärts in Richtung Kap zu wenden. Glückte die Ausfahrt, war China mit meist einem Zwischenstopp auf St. Helena, am Kap oder in Tranquebar im August oder September desselben Jahres erreicht. Kanton selbst wurde von den Interkontinentalschiffen nicht direkt angelaufen, sondern die große Reise endete an der vorgelagerten Insel Whampoa. Der Schiffsgeistliche Johann Henrik Huusman erinnert sich an die dortige Ankunft der dänischen »Kronprins Christian« 1731 : »Den 5. August langten wir glücklich und wohl in Wampou an, welches eine kleine Stadt mit einem hohen Thurm ist, denn dergleichen große und tief stehende Schiffe können wegen des sich daselbst befindenden Grundes nicht näher an Canton kommen.«52 Auf Whampoa unterhielt jede Handelskompanie einen Landeplatz mit eigener Werkstatt für Schiffsreparaturen. Das Recht, sich dort aufzuhalten, galt aber nur für die jeweilige Handelssaison. Verpasste ein Schiff die von den Monsunwinden vorgegebene Abfahrtszeit, so musste es im benachbarten portugiesischen Macao überwintern.53
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Abb. 18 Ostindienfahrer, abgebildet in der Reisebeschreibung von Johann Jacob Saar (1662). Bis zum Aufkommen der Clipper im 19. Jahrhundert prägte dieser Schiffstyp den maritimen Handel zwischen Asien und Europa.
Allein dem Supercargo und seinen Mitarbeitern war es nach Ankunft auf Whampoa gestattet, nach Kanton überzusetzen. Logiert und gehandelt wurde dort in einem vom Co-Hong angemieteten Faktoreigebäude, wie Huusman weiter notiert : So lange die Schiffe bey Wampou liegen, möge die Supercargers mit ihren unterhabenden Aßistenten und Unter-Aßistenten sich in Canton aufhalten und Handlung treiben ; Bey ihrer Ankunft und sobald selbige Permißion … erhalten haben, miethen sie sich ein Haus in der Vor=Stadt, welches die Factorey genannt wird, und ein weitläuftig und prächtig Gebäude ist, selbiges steht mit der einen Seite nach der Strassen der Stadt, der andern aber aus nach der See, wo die Chalouppen und Bööte mit der größten Bequemlichkeit, an die daselbst in die See Treppen=weis angelegte gepflasterte Brücken anlegen können.54
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Trotz des Komforts war das Leben streng reglementiert. Dass die Europäer ein den Landesgebräuchen angemessenes Gebaren obwalten ließen, wurde vom Co-Hong nicht nur erwartet, sondern auch streng kontrolliert. Auch jegliche Korrespondenz mit der chinesischen Obrigkeit lief über jene Gilde ab, die eine entsprechend starke Machtposition besaß.55 Die Konkurrenz war groß, denn Jahr für Jahr steuerten immer mehr Schiffe Kanton an. Huusman notierte während seines Aufenthalts, die internationale Flotte »bestand aus 17 Schiffen, nemlich 8 Englische, 2 Französische, 3 Holländische, 1 Dänisches, 1 Spanisches, 1 Maurisches und 1 von Batavia.«56 Eine bunte, multikulturelle und multilinguale Gesellschaft aus Seeleuten und Einheimischen traf in der Handelssaison auf Whampoa zusammen, während in der von den Faktoreigebäuden geprägten Vorstadt Kantons eher das kaufmännische Moment dominierte. Die Zahl der europäischen Schiffe stieg nach Huusmans Besuch weiter an. Erreichten in den 1730er und 1740er Jahren jährlich zwölf bis sechzehn Kompaniefahrzeuge China, so waren es in den darauffolgenden Jahrzehnten jährlich vierundzwanzig bis dreißig. Nicht immer konnte das Angebot an Tee und Porzellan mit der wachsenden Nachfrage Schritt halten. Ein Merkmal des Geschäfts waren daher die von Jahr zu Jahr zu beobachtenden großen Preisschwankungen, die eine Vorauskalkulation rasch Makulatur werden ließen. Jenseits der jährlichen Schwankungen lassen sich gleichwohl langfristige Preistrends beobachten. So wurde ein kontinuierlicher moderater Anstieg des Verkaufspreises in Kanton bis 1754 von einem deutlichen Verfall im Vorfeld und zu Beginn des Siebenjährigen Krieges abgelöst. Ab 1759 kam es aber wieder zu einer signifikanten Steigerung, einerseits bedingt durch die erneut wachsende Nachfrage aus Europa, andererseits durch die erfolgreichen Regulierungsbestrebungen seitens des Co-Hong. Die Jahre 1768 – 1772 verzeichneten wiederum einen deutlichen Rückgang.57 Neben Tee war auch Porzellan, das sich gut als Ballast verstauen ließ, gefragt. In kleineren Mengen gingen ebenso andere exotische Produkte wie Sago, China-Stechwinde, Ingwer, Rhabarber, Sternanis, Borax und Tutenag auf große Fahrt. Hinzu kamen chinesische Lackwaren wie etwa Tabletts oder Schmuckkästchen und Tuche, die in Europa die China-Mode der Zeit befeuerten.58 Bezahlt wurden die chinesischen Waren weitgehend mit Silber, denn für andere Güter gab es in China kaum Nachfrage. Ein Problem bestand darin, im Angesicht oft unabsehbarer Preisschwankungen den Schiffen bei der Ausreise genügend Vorräte mit auf den Weg zu geben, was nicht immer gelang. So fehlten etwa dem Supercargo der dänischen »Kongen af Danmark« 1763 stolze 11.000 Tael, also der Gegenwert von fast 400 kg Silber. Um sich nicht die Handels
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Abb. 19 Europäische Faktoreien in Kanton (1807). Auf diesem Bild ist die dem Wasser abgewandte Rückseite der Handelsniederlassungen zu erkennen. Dargestellt ist vermutlich der Empfang eines hohen chinesischen Beamten mit militärischen Ehren.
Abb. 20 Die Verpackung des Tees in Kisten (Kanton, um 1820). Mit Füßen wurden die Blätter in den hölzernen Behältern verdichtet. Im Vordergrund ist ein europäischer Kaufmann mit seinem einheimischen Geschäftspartner zu erkennen.
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chancen durch ein Bekanntwerden dieses Mankos zu verderben, galt es, dieses gegenüber dem Co-Hong möglichst zu verbergen. In der Not halfen britische Kaufleute mit Kredit, die neben ihrer Arbeit für die Kompanie ebenso eifrig wie illegal als Geldgeber in die eigene Tasche wirtschafteten.59 Schon längst hatten aber die vom Merkantilismus geprägten Ökonomen erkannt, dass es wirtschaftspolitischer Unsinn sei, Silber – immerhin der damalige Maßstab für den Reichtum eines Landes – im Tausch gegen ein höchst flüchtiges Konsumgut wie den Tee Jahr für Jahr tonnenweise nach China zu senden. Schon seit den 1740er Jahren wurde versucht, die Edelmetallausfuhren durch einen wachsenden intra-asiatischen Handel zu kompensieren, mit dem sich die Einkünfte der Europäer vor Ort steigern ließen. Dieser fand überwiegend als Privathandel statt, was eigentlich den Kompaniemonopolen zuwiderlief, aber als notwendiges Übel stillschweigend geduldet wurde.60 Wie noch zu zeigen sein wird, versuchte die East India Company später, das Defizit durch die massive Einfuhr von in Indien produziertem Opium zu kompensieren. Die Opiumkriege des 19. Jahrhunderts waren vorprogrammiert.
7. Die Anfänge des Teegenusses in Europa
Auf den Spuren der ersten Tasse Keine Quelle dokumentiert, wann die erste Tasse Tee in Europa getrunken wurde, geschweige denn, wie diese dem ersten Konsumenten überhaupt schmeckte. Mit einer gewissen Plausibilität kann angenommen werden, dass jenes denkwürdige Ereignis irgendwann um 1630 in einer niederländischen Fernhandelsstadt, vielleicht in Amsterdam, stattfand. Ungewohnt wegen des leicht herben Geschmacks, mag jene nicht auf Anhieb Gefallen gefunden haben. Doch der aus Asien vorauseilende gute Ruf als Allheilmittel gegen allerlei Beschwerden dürfte für Akzeptanz gesorgt haben. Wohltuend belebte das damals noch unbekannte Koffein die Glieder, und die neuen Aromen überdeckten den gewohnt muffigen Geschmack des aus dem Brunnen oder dem Kanal geschöpften Trinkwassers. Der erste Teetrinker fand Nachahmer, und innerhalb von drei Generationen zwischen den 1630er und den 1720er Jahren fand ein ganzer Kontinent Gefallen an dem exotischen Gut aus dem Fernen Osten. Aus dem Gesundheitstrank wurde allmählich ein Alltags-Muntermacher, dem die Süße des Zuckers sowie der sahnige Nachklang der Milch oder des Rahms weitere Beliebtheit verliehen. Tee war anfangs ebenso wie Kaffee und Schokolade sehr teuer, und gern stellte der Genießer zur Schau, dass er sich ihn auch leisten konnte. Die mit ihm assoziierten guten Eigenschaften unterschieden den Tee vom Alkohol und erschlossen jenen bald auch einer bis dahin in Sachen Getränke in den Quellen weitgehend unauffälligen Konsumentenschicht : den Frauen. Mit dem Teegenuss hielt eine ganz neue materielle Kultur in den europäischen Haushalten Einzug, denn um das feine Getränk aus China zuzubereiten und zu genießen, bedurfte es nicht nur Wasserkesseln, Tassen und Kannen, sondern auch Flaschen zum trockenen Aufbewahren der empfindlichen Blätter, Zuckerschalen, Zuckerzangen, Milchkannen und Teelöffeln. Da das Teesieb anfangs noch unbekannt war, wurde die Tasse zwischendurch ausgespült, um die am Boden angesammelten Blätter zu entfernen. Dem diente eigens eine Schale, die sogenannte Spülkumme. Neben dem Teetisch stand oft ein Metallständer mit eingebautem Stövchen zum Warmhalten des Kessels. Serviert wurde auf einem Tablett, dem sogenannten Teebrett. Ein Teil der Utensilien wurde als Porzellangeschirr aus dem Reich der Mitte eingeführt. Schließlich regte der Tee gemeinsam mit Kaffee und Schokolade aber
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auch in Europa eine spezifische Gewerbeproduktion an : Die Delfter Fayencen imitierten das kostbare Porzellan, waren aber etwas preisgünstiger. Bald experi mentierten Unternehmer und Alchimisten in Meißen oder Thüringen aber auch mit einem eigenen, europäischen Porzellan. Arbeitsplätze schuf ebenso der wachsende Bedarf an metallenen Utensilien und schließlich der modischen Teeurne, die ähnlich dem russischen Samowar der Zubereitung und Warmhaltung diente. Spezialisierte Werkstätten fertigten das passende Mobiliar an. Da der Tee nicht nur in den Metropolen, sondern auch auf dem Land seine Kunden fand, befeuerte er mit dem Binnenhandel einen weiteren Wirtschaftszweig. Großhändler erwarben ihn auf den Kompanieauktionen, womit er das System des privilegierten Monopolhandels verließ. Er erreichte den kapitalistisch organisierten, auf Konkurrenz basierenden Privathandel, der für die Distribution bis weit in die Provinz sorgte. Auf diese Weise gelangte er in die Kaffeehäuser, wo er ebenso wie sein Verwandter aus Arabien ausgeschenkt wurde. Apotheker und Krämer, in den größeren Städten bald auch regelrechte Teegeschäfte, vertrieben ihn an den Endabnehmer. Für die Teestunde wurde nicht allein Geld benötigt, um die teuren Blätter und all die Utensilien zu erwerben. Denn das wahre Luxusgut stellte die Zeit dar, die Europas Wohlhabende dem neuen Ritual des Genusses widmen konnten. So wurde das 18. Jahrhundert die Epoche, in der sich erstmals die Vorstellung von einer bewusst kultivierten Freizeit als Kapital herausbildete. Schon um 1720 war die gesellige Teerunde als zeitlicher Fixpunkt bei vielen Familien der Oberschicht fest integriert. Repräsentativ zelebrieren ließ sich jene daheim mit Gästen oder auch im Grünen und im Vergnügungspark. Nicht unbeträchtlich dürfte zum Erfolg auch die Tatsache beigetragen haben, dass das in den europäischen Städten, aber auch an Bord von Schiffen zur Verfügung stehende Wasser nicht immer die beste Qualität aufwies. Dessen modriger Geschmack ließ sich durch einen Aufguss mit gekochtem, keimfreiem Wasser gut überdecken. So berichtet der schwedische Botaniker Pehr Kalm (1716 – 1779) über seine Abreise von London nach Amerika : »Das Wasser, welches, auf dem Schiffe, zum Thee, Kochen, Trinken, und sonst gebraucht ward, war in London aus der Thames geschöpfet.« Trotz alles Abgießens und Umfüllens »riecht es übel genug.«1 Glücklich schätzen konnten sich allein die wohlhabenden Genießer, wenn ihnen das Wasser einer außerhalb der Stadt liegenden, klaren Quelle zur Verfügung stand. Eine solche war auch vor New York anzutreffen, wie Kalm weiter notiert : »In der Stadt selbst wird kein sonderlich gutes Wasser gefunden. Etwas ausser derselben aber ist eine schöne und ergiebige Quelle anzutreffen, aus der die Einwohner alles Wasser schöpfen, das sie zum Thee, zum Getränke,
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und zur besseren Bereitung der Speisen brauchen.« Nur für die wenig Zimperlichen (und vermutlich auch die Armen) galt : »Doch bedienen sich diejenigen, die hierin weniger zärtlich sind, des Wassers, das die Brunnen in der Stadt geben, so schlecht es auch ist.«2 Auf dem Land war die Situation oft besser. Der dänische Dichter Hans Christian Andersen lobte noch im 19. Jahrhundert auf dem dänischen Gut Bregentved das kühle, klare Nass, das eine eigens »Teequelle« (Thekilde) genannte Quelle lieferte.3 Ein echter Durchbruch zum Massenkonsum wurde erzielt, seit VOC und East India Company einander einen erbarmungslosen Preiskampf lieferten und der Tee immer billiger wurde. Nur auf diese Weise konnte sich ein Wandel vom Luxus- zum Alltagsgetränk vollziehen. Um 1800 war Europa mit dem Tee und teils auch wegen des Tees ein anderer Kontinent. Die aufklärerischen Forderungen nach Menschenrechten und Freiheit blieben nicht mehr bloße Theorie, und in Großbritannien hatte die Erfindung der Dampfmaschine die Industrielle Revolution befeuert. Die neuen exotischen Genussmittel taten dabei wertvolle Dienste, indem sie zur Ernüchterung ganzer Gesellschaften beitrugen. Auch wenn immer noch Bier getrunken wurde, setzten tagsüber jetzt Tee und Kaffee die Normen. Sie ließen sich gut in den rational getakteten Arbeitstag integrieren und entwickelten sich mit fallendem Preis auch zum Wachmacher und Wachhalter einer wachsenden Arbeiterschicht. Der Tee wies aber nicht nur eine soziale, sondern auch eine geografische Diffusion auf, was bereits für seine Anfänge in den Niederlanden galt. Über die Auktionen der VOC gelangte das Produkt durch Großkaufleute an die Einzel händler und über diese an die Konsumenten in den größeren Städten. Die Gewinne waren beträchtlich, und einige der frühen Teehandelshäuser stiegen später zu großen Unternehmen auf, wie Jan Jacob Voute & Söhne in Amsterdam. Die Beliebtheit führte zu einer Ausdifferenzierung des Vertriebs, und bald wurden die Blätter auch im speziellen Fachgeschäft angeboten. Allein in Leiden sollen um die Mitte des 18. Jahrhunderts an die fünfzig Teehandlungen existiert haben.4 Zu jener Zeit stellte das Getränk dort schon längst ein beliebtes Mitbringsel für Reisende aus Deutschland dar, da er »weit wohlfeiler zu erhalten« sei als daheim.5 Von den Niederlanden breitete sich das Getränk über die maritimen Handelsrouten in weitere Länder aus, zunächst direkt über die Nordsee nach England.6 In London entstanden bald Ausschankräume, von denen der erste nach Aussage einer zeitgenössischen Quelle um 1650 von einem Asien-Rückkehrer gegründet worden sei. Berichtet wird von dem Dienstboten eines Kompanieangestellten, den Letzterer
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mit zurücke aus Ostindien gebracht, und weil derselbe daselbst nicht viel übriges erworben, verheurathete er ihn mit einer Köchin, und gab ihm den Rath ein The-Hauß anzufangen, verlegte ihn auch mit dergleichen Kraute, wovon der Mann in so kurtzer Zeit einen solchen Zulauf bekommen, und ein grosses Geld gewonnen, daß andere dergleichen häuffig nachgethan, und überall Caffe- und The-Häuser aufgerichtet haben.7
Auch wenn nicht eindeutig bestätigt werden kann, dass sich diese Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, ist der Text dennoch ein bemerkenswertes Doku ment für den Transfer praktischen chinesischen Tee-Wissens nach England. Belegt ist hingegen, dass das Getränk bald in Londoner Kaffeehäusern ausgeschenkt wurde, wie 1658 in einem Etablissement namens »Sultans-head«.8 Überraschenderweise entwickelten sich die Engländer aber erst später zu den leidenschaftlichen Teetrinkern, bevorzugten sie in der Anfangszeit doch eher den Kaffee.9 In dem späteren Kaffeetrinkerland Frankreich war es genau umgekehrt, denn hier fiel der Tee nur in der Anfangszeit auf fruchtbaren Boden, büßte aber bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert wieder an Beliebtheit ein. Hier mögen die engen Handelskontakte über das Mittelmeer hinweg in Richtung Nordafrika und Levante bald für eine Präferenz des Kaffees gesorgt haben. Auch der Pharmazeut Pierre Pomet konstatiert, dass unter den Getränken aus Übersee zunächst der Tee das weitaus beliebteste gewesen sei, ehe ihm von seinen exotischen Konkurrenten bald der Rang streitig gemacht wurde : »So war er auch vor etlichen Jahren in Frankreich dermassen bräuchlich, daß wenig vornehme Leute oder wackere Bürger waren, die ihn nicht gebraucht hätten. Seit denn aber der Coffee und die Chocolate bekannt worden, wird er schier gar nicht mehr gebraucht.«10 Ein halbes Jahrhundert nach Pomet hatte sich dieses Konsumverhalten gefestigt. Reisende aus anderen Ländern mussten in Paris nun oft ganz auf das geliebte Heißgetränk verzichten.11 Über das Meer ging es von den Niederlanden aus demgegenüber kraftvoll weiter nordwärts. In den 1660er Jahren war Tee in Hamburg zu haben. Hier pries ihn nicht nur Michael Kersten (1620 – 1678), Professor für Mathematik und Poesie, im Gedicht, sondern hier konnte er auch zu einem exorbitanten Preis gekauft werden.12 Nicht weit war es von Hamburg nach Dänemark. Dort tauchten die geheimnisvollen Blätter nicht allein in der Kopenhagener Hofapotheke und in Simon Paulis Studierzimmer auf, sondern bald auch in den Provinzstädten. Als in Ålborg 1668 Bischof Anders Andersen starb, hinterließ er nach Aussage seines Nachlassinventars zwei Teekannen. Über den Weg, auf dem die darin
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aufgebrühten Blätter in die Stadt gelangt waren, lässt sich nur spekulieren : Drei Jahre zuvor hatte ein gewisser Johannes Friedereich die Schwanenapotheke in Ålborg übernommen. Dieser war Stiefsohn desselben Kopenhagener Hofapothekers Heerfordt, der auch Simon Pauli mit Teeproben versorgt hatte. Vielleicht hatte Heerfordt ihm einen Teil der jüngst in Kopenhagen bekannt gewordenen Blätter nach Ålborg mitgegeben. Auf jeden Fall verkaufte Friedereich in seiner Apotheke in Ålborg Tee. Als er selbst 1690 starb, fand sich im Nachlass nicht nur ein porzellanenes Teegeschirr aus China, sondern es wurde auch in der Apotheke im Erdgeschoss seines Hauses ein Behälter mit der Aufschrift »Herb : Thee« entdeckt.13 Durch die direkten Handelsbeziehungen der Niederlande in den Ostseeraum war es fast zwangsläufig, dass das neue Getränk schließlich auch östlich Dänemarks auftauchte. Das galt vor allem für das wohlhabende Danzig, von wo aus seit langem massenhaft polnisches Getreide Jahr für Jahr in Richtung Westeuropa verschifft wurde. Im Gegenzug gelangten Geld, Kunst, Kultur, aber auch neue Konsumgüter in die Stadt. Der bereits bekannte Danziger Gelehrte Philipp Breyne hatte sich schon in den 1670er Jahren Gedanken über die merkwürdige Pflanze gemacht, die er aus den Schriften Andreas Cleyers kennengelernt hatte. In den bislang untersuchten Nachlassinventaren aus der Stadt taucht Teegeschirr aber erst nach 1700 und damit später als in Dänemark auf. Zwischen den 1740er und den 1770er Jahren besaß ein Danziger Bürgerhaushalt immerhin durchschnittlich fünf Teetassen. Dass hier in jener Zeit bereits ein regelrechter Markt für einschlägiges Geschirr und Utensilien existierte, belegen häufige Werbeanzeigen im »Wöchentlichen Danziger Anzeiger«.14 Eine gewisse Sonderrolle spielte Russland. Der traditionelle chinesische Außenhandel mit Zentral- und Ostasien erfuhr durch die Expansion des R ussischen Reiches in Richtung Sibirien in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Erweiterung nach Westen. Ein früher Beleg stammt bereits von 1638, als einem russischen Gesandten in der Mongolei Tee angeboten und ihm anschließend eine Partie davon als Geschenk für die Rückreise nach Moskau mitgegeben wurde. Seit den 1720er Jahren gelangte immer mehr davon im regulären Handel über den russisch-chinesischen Grenzort Kjachta in das riesige Russische Reich – meist in Form von rechteckigen, gepressten Teeziegeln, den Nachfahren der einst im alten China bekannten runden Teekuchen.15 Unübersehbar ist die Tatsache, dass der Tee in seiner Frühzeit in West- und Nordeuropa allenthalben ein Getränk der Kaffeehäuser und wohlhabenden Bürgerstuben war. Sein Genuss richtete sich in der sonst ständisch gegliederten Gesellschaft mit ihrem feinen Sinn für Zeremoniell und Rangunterschiede nicht
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nach dem Geburtsprinzip, sondern nach dem Geldbeutel. Diese Tatsache taugte indes kaum, dem Getränk eine Aura des fürstlichen Luxus zu verleihen, um es als repräsentables Genussmittel auch der Adelseliten durchzusetzen. Ebenso wie im alten China schufen Gründungsmythen Abhilfe. Diese stellten den Tee entgegen den Tatsachen als von Beginn an königliches Getränk dar, das von den Herrschern selbst entdeckt worden sei. Die Mythenbildung ging vom England der Stuart-Restauration aus. Mal sollen es politische Flüchtlinge gewesen sein, die vom Festland aus Tee an den Königshof mitgebracht hätten. Ein anderes Mal habe die East India Company König Karl II. zwei Pfund davon als Geschenk überreicht, um ihn für die Handelsgesellschaft einzunehmen. Schließlich soll ihn die portugiesische Prinzessin Katharina von Braganza am Hof heimisch gemacht haben. Nach Schottland gelangte der Tee angeblich wiederum durch die italienische Prinzessin Maria von Modena. In Frankreich soll ihn kein Geringerer als Ludwig XIV. in goldenen Kannen für sich haben zubereiten lassen. Im Zuge der Mythenbildung entwickelte der Tee bald auch einen geschlechtsspezifischen Aspekt – er wurde zum weiblichen Getränk. Der Dichter Edmund Waller (1606 – 1687) verglich ihn in einem Geburtstagsgedicht mit der Anmut der Katharina von Braganza : »the best of queens, and the best of herbs«.16 Dabei musste Tee als exklusiver Trank der Fürsten nicht einmal schmecken, sondern nur teuer sein. Élisabeth Charlotte d’Orléans fand ihn kaum ansprechend und fühlte sich an den Geruch von Heu und Dung erinnert.17 Gründungsmythen überlagern bis heute auch die Tatsache, dass die meisten der im Zusammenhang mit dem neuen Gut stehenden Praktiken nicht königlich-europäischen Ursprungs waren, sondern ihre Wurzeln in den einfachen Teehäusern und an den Straßen Amoys, Kantons, Bantams und Batavias hatten. Das galt etwa für die Beigabe von Zucker. Im Gegensatz zu mancher Behauptung gingen beide Produkte nicht erst im Europa des 18. Jahrhunderts eine enge Symbiose ein.18 Gern war nämlich schon in Asien gekörnter, raffinierter Zucker im warmen Getränk verwendet worden ; war dieser nicht vorhanden, tat als Notlösung auch der schwerer lösliche Kandis seinen Dienst. Wie der französische Diplomat Simon de La Loubère (1643 – 1729) für Siam bemerkte, führe dort der wahre Connaisseur ein Stück Kandis in den Mund, das dann während des Trinkens zerkaut werde.19 Spätere russische und ostfriesische Teesitten waren bereits in Asien vorprogrammiert. Auch bei der Zubereitung konnten sich die europäischen Konsumenten an den in Ostasien gepflegten Bräuchen orientieren.20 Der englische Schriftsteller John Chamberlayne (1666 – 1723) notiert in seiner »Natural History of Coffee,
Zum »High Tea« in England
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Thee, Chocolate and Tobacco«, dass die Chinesen einen Teelöffel getrockneter Blätter auf einen Liter kochendes Wasser rechneten (was aus heutigem Blickwinkel als eher wenig erscheint, am Ende aber immer Geschmackssache bleibt).21 Der ostfriesische Gebrauch, den Löffel in die Tasse zu legen als Indikator, dass kein Tee mehr gewünscht sei, hatte übrigens auch in Asien eine Entsprechung. So beobachtete de La Loubère unter den Chinesen in Siam die Gewohnheit, die Tasse umgedreht auf die Untertasse zu setzen, denn es werde als große Unhöflichkeit erachtet, wenn der Gastgeber eine leere, aufrecht stehende Tasse nicht unverzüglich nachfülle.22 Dasselbe taten übrigens im 18. Jahrhundert auch die Europäer, wie es aus manchem Ölgemälde deutlich wird. Zum »High Tea« in England In keinem anderen Land der Welt nach China und Japan fand der Tee im 18. Jahrhundert einen solch fruchtbaren Boden wie in Großbritannien. Die legalen Einfuhren und der Schmuggel übertrafen seit den 1720er Jahren die Importe aller anderen Nationen. Zehn oder zwölf Tassen am Tag waren nach zeitgenössischen Quellen keine Seltenheit. Wie in keinem anderen europäischen Land veränderte der Tee auch das Verhalten und die Umgangsformen der Menschen. Das betraf nicht allein die Entstehung des gepflegten Teetisches unter dem gehobenen Bürgertum als spezifische Form der Geselligkeit, sondern später auch den »High Tea« als am Esstisch eingenommene, vollwertige Mahlzeit für Mittelstand und Arbeiterfamilien.23 Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, wie es überhaupt zu dieser Entwicklung kam und warum das Getränk nicht auch in den Niederlanden, Nordeuropa oder in Deutschland eine ähnliche Erfolgsgeschichte schrieb. Ohne Zweifel lässt sich das Phänomen nicht auf eine einzige Erklärung zurückführen, sondern es resultierte aus dem Zusammenspiel einer Reihe von Faktoren. Mit der East India Company, dem britischen Parlament und der Regierung, dem karibisch-kolonialen Zuckeranbau und dem Gewerbe am Vorabend der Industriellen Revolution waren Kräfte involviert, deren Ineinanderwirken nur für Großbritannien zu beobachten ist. An erster Stelle ist das strategische Geschick der East India Company zu nennen, die den Interkontinentalhandel mit Kanton nicht nur begründete, sondern ihn auf lange Sicht auch dominierte. Im Preiskampf mit der niederländischen Ostindiengesellschaft gewann sie die Oberhand, da sie mit dem Direkteinkauf in China über deutlich bessere Marktchancen verfügte als die VOC mit dem Zwischenhandel über Batavia. Daran änderte auch der massive Schmuggel nichts,
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der zeitweise vom Umfang her noch einmal etwa die Hälfte der legalen Einfuhren ausmachte. Der strategische Vorteil führte allerdings nicht zwangsläufig zu einer stärkeren Akzeptanz in Großbritannien. Hier war ein regelrechtes Marketing seitens der größten Profiteure des Geschäfts nötig – der Ostindienkompanie, aber auch des britischen Staates als Einnehmer stetig wachsender Teesteuern.24 Als weitere Voraussetzung ist die Existenz eines dichten Distributionssystems zu nennen. So konnte sich der Detailverkauf auf ein eng geflochtenes Netzwerk von Kleinhändlern stützen, das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch einmal kräftig wuchs. Jenes umfasste nicht nur den stationären, sondern auch den ambulanten Kleinhandel, die teils miteinander in ein und derselben Hand lagen. Auf diese Weise blieb der Verkauf nicht auf Spezialhandlungen in der Stadt beschränkt, sondern erreichte viel stärker als in den Niederlanden die ländlichen Regionen. Mitte der 1790er Jahre besaßen schließlich mehr als 53.000 Detailhändler eine Lizenz zum Teeverkauf, was einer erstaunlichen Dichte von sechs Geschäften je 1000 Einwohner auch in kleineren Städten und Dörfern entsprach. Nicht selten war der Tee nach Mehl und Zucker das gängigste Produkt, das über den Ladentisch ging.25 Gemeinsam mit anderen importierten Luxuswaren und hochwertigen, im Lande selbst hergestellten Gewerbeprodukten setzte jener auf dieser Grundlage eine wahre »Konsumrevolution« in Gang, die ebenso wie die Industrielle Revolution das 18. Jahrhundert in Großbritannien prägte.26 Einer der Gewinner dieses Booms war Thomas Twining (1675 – 1741). Aus einer Textilarbeiterfamilie stammend, führte ihn die Ausbildung schon als Kind aus der Provinz nach London. Im Dienste eines Kaufmanns der East India Company geriet er in Kontakt mit dem neuen, profitträchtigen Genussmittel. Am Londoner Strand kaufte er schließlich 1706 ein Kaffeehaus, das unter seiner Leitung als »Tom’s Coffeehouse« Bekanntheit erlangte. Hier vertrieb Twining bald auch losen Tee für den Heimgebrauch. Er bot keine Schmuggelware an, sondern es gingen feinste Sorten über die Theke, die seine zahlungskräftige Klientel befriedigten. Aus dem kleinen Etablissement entwickelte sich im Laufe der folgenden Generationen ein bedeutendes Teehandelshaus, dessen Mischungen auch heute noch erhältlich sind.27 Der starke Teekonsum hatte aber auch Rückwirkungen auf andere Wirtschaftszweige. Das betraf etwa die Möbelindustrie, die sich auf die Produktion des klassischen Teetisches spezialisierte. Unternehmen wie Adam, Sheraton und Chippendale belieferten eine immer breitere Liebhaberschaft mit angemessenem Mobiliar. Obwohl noch ein großer Teil des Geschirrs aus chinesischem Porzellan bestand, eroberte auch die heimische Geschirrindustrie, für die etwa
Zum »High Tea« in England
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der Name Josiah Wedgwood stand, im Laufe der Zeit nicht nur den britischen, sondern auch den festländischen Markt. Unübersehbar waren die Auswirkungen auf den von Sklaven in der Karibik angebauten Zucker, dessen Produktion durch den Tee um den Preis großen menschlichen Leids noch einmal einen gewaltigen Schub erhielt. Auch die Milchherstellung profitierte, denn im Gegensatz zu den Niederländern trank kaum ein Brite seinen geliebten Tee ohne Zucker und Milch. Letztere musste als verderbliches Gut im Umfeld der wachsenden Städte in immer größerer Menge bereitstehen. Dieser Bedarf begünstigte in besonderer Weise den Kleinbauern, der in unmittelbarer Nähe zur Stadt vielleicht in einem Hinterhof eine einzelne Kuh hielt.28 Der Tee feuerte in Großbritannien nicht nur bestimmte Gewerbezweige an, sondern er brachte auch neue Konsummuster hervor. Während Kaffee weitgehend ein öffentliches Getränk der Kaffeehäuser blieb, wurde Tee sowohl in der Öffentlichkeit als auch daheim kultiviert. Öffentlicher Konsum lokalisierte sich sowohl im Kaffeehaus als auch in Form der Tea Party in freier Natur. Während Letztere beiden Geschlechtern offenstand, blieb Ersteres männlich dominiert.29 Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren Kaffeehäuser in England förmlich wie Pilze aus dem Boden geschossen. Hier wurden Geschäfte getätigt, es konnte Zeitung gelesen werden, und es wurde politisiert. Tee war ebenfalls erhältlich und wurde in großen Behältern auf Vorrat zubereitet und warmgehalten. Er musste also auf den Käufer oft lange warten, was der Qualität nicht unbedingt förderlich war.30 Zeitungslektüre und der Genuss eines exotischen Heißgetränks hatten einen festen Preis, wie ein Besucher Londons in der Mitte des 18. Jahrhunderts niederschrieb : »Die Holländische, Französische und Englische Zeitungen zu lesen, kostet in einem öffentlichen Caffee- oder Thee-Hause, nebst einer Tasse Caffee oder Thee 2 Pennys.«31 Tee ging, anders als der Kaffee, darüber hinaus eine enge Liaison mit der wachsenden Liebe der Briten zur Natur und zur Anlage von Parks ein. Der aus Frankfurt am Main stammende Maler Johann Zoffany (1733 – 1810), anerkannter Meister des Conversation Piece, malte 1762 den bekannten englischen Schauspieler David Garrick (1717 – 1779) in geselliger Runde am Rande der Themse bei der Tea Party. Schon 1728 hatte Jonathan Tyers (1702 – 1767) in London die Vauxhall Gardens gegründet – einen Landschafts- und Vergnügungs park mit Wasserspielen, Illuminationen und allerlei anderen Genüssen für das zahlende Publikum. Keine Frage, von der besseren Gesellschaft wurde dieses Etablissement besucht, um Tee zu trinken.32 Ein »Dog and Duck« genanntes Gartenvergnügen besaß in London wiederum gegen Ende des 18. Jahrhunderts
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Abb. 21 Johann Zoffany, »The Garden at Hampton House, with Mr and Mrs David Garrick taking tea« (1762). Der aus Frankfurt am Main stammende Maler dokumentierte mit dem Pinsel den Trend der Zeit. Immer öfter zelebrierten die Wohlhabenden den Teegenuss unter freiem Himmel, wie hier an der Themse.
Berühmtheit. Gepriesen wurde im Weimarer »Journal des Luxus und der Moden« die »angenehme freye Lage«. Nicht nur die Londoner, sondern auch Auswärtige genössen dort Bäder, Gesundbrunnen, Parkanlagen, Bowlingrasen sowie einen Kanal, »auf welchem ein Boot mit 3 Musikanten auf- und abfährt.« Inmitten des Gartens fand sich ein größeres Gebäude mit Tischen und Bänken, in dem bis in die Abendstunden hinein ein Musikprogramm geboten wurde. Dort blühte aber nicht nur das harmlose Freizeitvergnügen bei einer Tasse Tee, sondern auch die abendliche Prostitution : »… die Zimmer sind dann ausgefüllt mit Freuden-Mädchen aller Art ; die zum Theil ausserordentlich schön gekleidet sind, und manchen Fremden – denn nach diesen werfen sie ihr Netz hauptsächlich aus – verleiten eine Bekanntschaft zu machen, die er mit dem Verluste seiner Gesundheit zeitlebens bezahlet.«33 Ebenso früh wie der Tee seinen Siegeszug in den Kaffeehäusern, Freizeitparks und britischen Haushalten hielt, war er der Kritik unterworfen. Diese galt nicht allein der Regierung, die unter Umgehung des parlamentarischen Budgetrechts unmittelbar von den Strafzahlungen für Schmuggel und vom Verkauf beschlagnahmten eingeschmuggelten Gutes profitierte. Sondern das Getränk an sich
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stellte für einige Publizisten auch überflüssigen Luxus dar, der die Menschen nicht nur moralisch verderbe, sondern ebenso zu deren Verarmung beitrage.34 Diese Kritik wurde auch außerhalb Großbritanniens wahrgenommen und mit teils süffisantem Unterton aufgegriffen. 1784 veröffentliche der von Christoph Martin Wieland herausgegebene »Teutsche Merkur« unter dem Titel »Englands Theekessel« einen kritischen Artikel. Dieser beginnt mit einer offensichtlich unwiderlegbaren Wahrheit : »Keine Nation trinkt so viel Thee, und liebt dies der Gesundheit nichts weniger als zuträgliche Getränk mit solcher Wuth, als die Engländer. … Die Damen fanden Geschmack an dem Zauber-Tranke, und seit der Zeit dampfen unaufhörlich die Theekessel in England.« Nach einer Darstellung der bloßen Handels- und Verkaufszahlen für das Gut folgt die Abrechnung : »Welch eine ungeheure Summe, die England allein jährlich für das Vergnügen, sich Magen und Blut mit warmen Theewasser zu verderben, an China zahlt, das ihm noch dazu nichts dafür wieder giebt !« Wielands Schrift hält sich ebenfalls nicht mit Kritik an längst vergangenen Zelebritäten wie dem einstigen Leibmedikus des Großen Kurfürsten zurück : »Daß der bekannte Holländische Arzt Bontekoe den Gebrauch des Thees so hoch erhob …, begreift man leicht, daß ihn die Ostindische Compagnie reichlich genug für seine Thee-Recommendation bezahlte.«35 Hier zwischen East India Company und VOC zu unterscheiden mag dem »Teutschen Merkur« als zu kleinlich erschienen sein. Tea Party in Boston Von Großbritannien aus wurden das Getränk und die damit verbundenen gesellschaftlichen Praktiken auch in die Kolonien exportiert. Dabei nahm der Tee seinen Weg einerseits zurück ostwärts. In Indien, wo er bereits seit langem bekannt war, hielt nun ebenso wie an der Themse die gepflegte Party im Freien unter den Kolonialherren Einzug, wie sie Johann Zoffany auch hier im Ölgemälde meisterhaft einzufangen verstand. Viel mehr noch breitete sich andererseits die neue Konsumkultur über den Atlantik in Richtung Westen aus. Bald schon wurden die Europäer in den britischen Neuenglandkolonien zu hingebungsvollen Genießern. In den 1690er Jahren, also gut drei Jahrzehnte nach Einführung in England, tauchten die getrockneten Blätter der Camellia sinensis in noch sehr geringer Menge in der Neuen Welt auf. 1709 notierte schließlich Samuel Sewald, Richter in Boston, beim Besuch einer Madam Winthrop seien ihm »Ale, Tea, Wine« kredenzt worden. Keine sieben Jahrzehnte später würde der Tee in Boston weltgeschichtliche Berühmtheit erlangen.36
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Die Diffusion des Getränks vollzog sich im Vergleich mit dem britischen Mutterland in den Neuenglandkolonien mit einigen Jahrzehnten Verspätung. Während es zu Richter Sewalds Zeiten zweifellos eine besondere Rarität darstellte, fand es um 1740 unter den wohlhabenden Kolonisten größere Verbreitung. Auf den wachsenden Konsum folgte ebenso wie in Großbritannien die Kritik. Ablehnende Stimmen äußerten sich despektierlich darüber, dass die vornehme Damenwelt mit Klatsch bei gemeinsamem Tee nur Zeit verschwende. Sie würde damit das schlechte Verhalten der besseren Londoner Gesellschaft imitieren, gleichzeitig aber ihren Verpflichtungen daheim nicht nachkommen.37 Jahrzehnte später waren solche Klagen übrigens auch aus Schleswig-Holstein zu hören. Ob sich dahinter immer soziale Realität verbarg oder hier lediglich landläufige Klischees Eingang in die schriftlichen Quellen fanden, mag dahingestellt bleiben. In der Tat kopierten die Kolonisten weitgehend die aus Europa bekannten Gebräuche. So fanden sich chinesische Porzellantassen, Zuckerschalen, Teeund Milchkannen, Zuckerzangen und Spülkummen in Boston oder New York ebenso wie in London. Auch wurden Zubereitungsart und zum Getränk gereichte Speisen übernommen. Ein aufmerksamer Beobachter war einmal mehr der Linné-Schüler Pehr Kalm, der Ende der 1750er Jahre durch Nordamerika reiste. Er notierte, dass Tee sowohl in Pennsylvania als auch in New York ein allgemein gebräuchliches Frühstücksgetränk darstelle. Dazu gebe es charakteristisch amerikanische Buchweizenkuchen. Letztere würden »noch warm, des Morgens, bey dem Thee oder Coffee, gegessen : so wie sonst die Engelländer ein geröstetes Brod, mit Butter bestrichen, dabey zu verzehren pflegen.«38 In Albany mit seinem großen niederländischen Bevölkerungsanteil fiel ihm wiederum auf, dass das Getränk hier wie in den Niederlanden ohne Milch genossen werde.39 Die Adaption des neuen Konsumgutes machte nicht bei den Kolonisten halt, sondern es wurde in abgewandelter Form nach Kalms Beobachtung auch von der indigenen Bevölkerung übernommen. Es waren aber offensichtlich nicht die besten Qualitäten, die bei ihr landeten. Der Tee, der von jener »gemeiniglich getrunken wird, ist entweder sehr verlegen, und untauglich, oder auch mit aller ley anderen Kräutern so vermischt, daß er kaum den Namen des Thees mehr verdient.«40 Kalms abfällige Worte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Tee zu jener Zeit im Begriff war, eine weitere Kulturgrenze zu überschreiten und in die Ernährungsgewohnheiten der indigenen Bevölkerung Nordamerikas integriert zu werden. Auch wenn die Tee trinkende nordamerikanische Kolonistengesellschaft mit wachsendem Wohlstand politisch immer selbstbewusster wurde, änderte das
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nichts an der Tatsache, dass die Neuenglandkolonien nach wie vor britisch waren und nur über sehr begrenzte politische Partizipationsrechte verfügten. Insbesondere in wirtschaftlich schwierigem Fahrwasser versuchte die Londoner Regierung gern, die Siedler in der Neuen Welt ohne politische Zugeständnisse zur Kasse zu bitten. Immer mehr stieß die britische Steuerpolitik aber auf Widerstand und forderte Protest heraus.41 Nachdem das Genussmittel unter den Kolonisten praktisch flächendeckend Akzeptanz gefunden hatte, versuchte der britische Schatzkanzler Charles Townshend (1725 – 1767), der selbst gern Stärkeres trank, finanziell aus dieser Liebe Nutzen zu ziehen. Mit den sogenannten Townshend Acts wurden seit 1767 hohe Steuern auf die Blätter und andere Importgüter erhoben, die in Nordamerika nicht selbst produziert werden konnten. Townshend veranlasste zudem die effektive Eintreibung der Steuern und setzte harte Sanktionen bei Zahlungsverweigerung durch. Wie bald allenthalben bekannt war, sollten die Kolonisten auf diese Weise mit jedem Pfund legal gekauften Tees die britischen Truppen und Forts vor ihrer eigenen Haustür mitfinanzieren.42 Zusätzliches Öl ins Feuer goss die Bestimmung, dass Abgaben künftig allein von London aus ohne Mitsprache der lokalen Versammlungen in den Kolonien erhoben werden dürften. Der Widerstand wuchs, und bald machte das Schlagwort »No taxation without representation« die Runde.43 Der geliebte Tee wurde immer stärker als Symbol der vermeintlichen Unterdrückungspolitik angesehen. Eine Frau aus Virginia schrieb an eine Freundin in England, dass sie dessen Genuss ganz aufgegeben habe. Sollten sich die Mächtigen auf der anderen Seite des Atlantiks eines Besseren besinnen, so könne wieder auf gute Zeiten gehofft werden. Diese ließen aber einstweilen auf sich warten.44 Die vereinzelten Stimmen mehrten sich und schwollen schließlich zu einer landesweiten Boykottbewegung an. Die Aufrufe in Zeitungen und Flugschriften, patriotische Amerikaner möchten auf den Konsum von Tee verzichten, verhallten nicht ungehört. Keinesfalls dürfe dieser den Kolonialherren mehr abgekauft werden ; allenfalls seien die noch in den Häusern lagernden Vorräte zu strecken. Auch die Frage nach Substituten machte die Runde, wobei getrocknete Erdbeerblätter als Favorit galten. Immer mehr entwickelte sich die Teetrinkerstadt Boston zum Mittelpunkt eines landesweiten Widerstands. Im März 1770 eskalierten die Spannungen zu einer Schießerei, die unter den Kolonisten Todesopfer forderte und als »Boston Massacre« in die Geschichtsbücher einging. Der neue Premierminister Lord North (1732 – 1792) reagierte mit weiterer Härte.45 Vermutlich überhaupt nicht als Repression gemeint war demgegenüber der neue Tea Act vom Mai 1773. Dieser sollte es der East India Company ermög-
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lichen, fortan direkt aus China die Neuenglandkolonien anzusteuern. Auch wenn damit die bisherige zusätzliche Versteuerung in London wegfallen und der Tee dadurch deutlich billiger werden sollte, war die Stimmung unwiderruflich gekippt. Kaufleute in Amerika, die mit der Kompanie Kommissionsgeschäfte eingehen wollten, wurden Opfer gewaltsamer Übergriffe. Bis auf wenige Ausnahmen gelang es nicht, die Waren der seit Mitte 1773 eintreffenden Schiffe überhaupt zu entladen.46 Ende desselben Jahres kam es in Boston zum Showdown. Die dortige Stadtversammlung versuchte, das Entladen von drei soeben eingelaufenen Ostindienfahrern zu verhindern. In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember begaben sich zwischen fünfzig und einhundert als Indianer verkleidete Kolonisten an Bord und überrumpelten die Besatzungen. Sämtlicher Tee landete im Wasser. Diese »Boston Tea Party« bedeutete nicht nur einen erheblichen finanziellen Schaden, sondern, was noch schwerer wog, bildete das später symbolträchtig hochstilisierte Fanal zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Keine drei Jahre später, am 4. Juli 1776, wurde die amerikanische Unabhängigkeitserklärung veröffentlicht.47 Jahrhunderte später missbraucht als Slogan US-amerikanischer Rechtspopulisten, stellte die Tea Party einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Souveränität einer der heute weltweit ältesten Demokratien dar. Noch war der Unabhängigkeitskrieg aber nicht gewonnen, und im Zuge des wachsenden Unmuts über die britische Kolonialherrschaft wurde der dezidierte Verzicht auf Tee zum politischen Statement. Man sei zu patriotisch, um Tee zu trinken (»too patriotic to use tea«), hieß es etwa im Tagebuch eines Robert Carter aus Virginia.48 Einige Zeit nach der Boston Tea Party zirkulierte unter dem Titel »A Lady’s Adieu to her Tea-Table« ein gedrucktes Gedicht. Mit pathetischen Worten vollzog dieses öffentlich den Abschied vom geliebten Aufguss : »farewell the Tea-board with your gaudy attire, Ye cups and ye sauceres that I did admire«.49 Hinter den Kulissen tranken die Amerikaner aber weiter, und die gern geäußerte Annahme, dass sie der Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft zu Kaffeekonsumenten machte, trifft keineswegs so pauschal zu. Trotz der hohen Steuern und aller Boykottaufrufe infolge der Townshend Acts waren die Blätter nämlich aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Zwar reduzierten höhere Preise den Konsum, führten aber nicht zu einer völligen Aufgabe. 1773 äußerte sich ein Kaufmann aus Philadelphia, dass sich die breite Bevölkerung das Getränk immer noch leisten würde, auch wenn dieses mittlerweile als Luxus gelte. In reduzierter Menge trinke es der Kolonist mindestens zweimal täglich. Auch Reisende aus Europa bemerkten, dass die Amerikaner auch nach der Boston
Von Bohea und Kongou
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Tea Party viel davon genössen. Selbst um 1780, als der Unabhängigkeitskrieg in vollem Gange war, gehörte der Aufguss zu den Freuden in guter Gesellschaft. Eine Quelle berichtet, dass selbst die aufrührerischen Bostoner schon frühmorgens in großer Menge dem Trank zusprächen, zur Mittagszeit gegen 2 Uhr ein weiteres Mal und ihn schließlich nachmittags gegen 5 Uhr gemeinsam mit Wein, Madeira und Punsch zu sich nähmen.50 Von Bohea und Kongou Dass der Tee, der in den Schiffen der Ostindienkompanien monatelang von Kanton aus über die Meere nach Europa und Nordamerika schaukelte, nicht gleich Tee war, blieb den Konsumenten nicht verborgen. Bereits die Missionare und Kaufleute in Asien wussten im 17. Jahrhundert sehr genau, dass es nicht die eine Sorte gab. Ebenso wenig könne nur zwischen grünem und dunklem Tee unterschieden werden. So waren auf dem chinesischen Binnenmarkt mehr als fünfzig verschiedene Sorten erhältlich, von denen aber nur ein kleiner Teil in den Export ging.51 Auf die lange Reise nach Amsterdam, London, Kopenhagen, Göteborg oder Boston wurden meist sechs bis acht Varietäten geschickt. Dabei handelte es sich nicht um die Kostbarkeiten aus den berühmten, kleinen Anbaugebieten, wie den legendären Drachenbrunnen-, den Luojie- oder Huqui-Tee, sondern Europa und seine Kolonien gewöhnten sich an den Geschmack von Massenware. Die Qualität war nicht immer gut, denn jede Partie (es sei denn, sie war auf dem Karawanenweg durch Sibirien gereist) hatte eine mindestens halbjährige Schiffspassage hinter sich und zweimal den Äquator überquert. Sie war trotz guter Verpackung monatelang der salzhaltigen Seeluft und vielleicht auch fremden Gerüchen ausgesetzt gewesen. Auch der beste Tee dürfte daher nicht annähernd die Feinheit und die Erlesenheit des ursprünglich in China hergestellten Produkts besessen haben. Grob lassen sich die für Europa bestimmten sogenannten Kompanietees in Grüntees und Oolongs einteilen. Diese gliederten sich wiederum in unterschiedliche Erntequalitäten – je nachdem, ob nur die jungen, feineren Spitzen oder ob auch altes Blattgut geerntet wurde. Die Grenze zwischen Oolong und Schwarztee im heutigen Sinn war fließend, und kaum ist eindeutig mehr zu identifizieren, wie dunkel genau der Aufguss war, der im 18. Jahrhundert in den Tassen der Europäer dampfte. Die wichtigsten Exportsorten stellten im 18. Jahrhundert die dunklen Bohea, Kongou, Souchong und Pekoe sowie die grünen Songlo, Hyson und Bing dar. Diese wurden schließlich im europäischen Detailhandel je nach
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Größe und Einheitlichkeit des getrockneten Blattes in verschiedenen Qualitäten – von »gewöhnlich« oder »gut« bis »extrafrein« – angeboten. Der bereits bekannte, aus dem Wuyi-Gebirge stammende Bohea war die einfachste und gröbste der nach Europa exportierten dunklen Sorten. Vermutlich handelte es sich bei ihm um einen etwas stärker oxidierten Oolong.52 Bereits unter der gut informierten chinesischen Diaspora in Batavia galt der grobe Bohea mit seinen unterschiedlich großen Blattfragmenten als minderwertig, wie Langhans notiert : »… der jenige aber welcher was röthlich aussieht, ist alt und wird in Indien Thee boy genannt.«53 Der Konsument konnte in der Tat keine besonders hohe Qualität erwarten, wie Marquis noch 1836 in seinem »Taschenbuch für Theetrinker« schreibt : »Thee-bu … heißt eigentlich eine Mischung aller Arten Blätter ohne Auswahl ; sobald sie zum Rösten taugen und in der Farbe dem guten Thee gleichen, der bei den Chinesen im Handel gilt.«54 Die Chinesen selbst tranken ihn demnach nicht, und es war kein Wunder, dass seine Blätter, »zuweilen zu Pulver gestoßen«, einen schwarzen Aufguss mit einem »zusammenziehenden, etwas bitteren Geschmack« hervorbrächten, wie wiederum der Weimarer Hofkoch und Konditor François Le Goullon notiert.55 Die Transportkosten nach Europa überwogen aber anfangs den Einkaufspreis, so dass auch der Bohea zunächst hier nicht ganz billig war. 1719 kostete die beste Sortierung Bohea etwa genauso viel wie der feinste Grüntee. In der Frühzeit war sein Anteil unter den Retourfrachten entsprechend gering. Als die VOC 1716 insgesamt 100.000 Pfund Tee aus Batavia orderte, befand sich nur ein Zehntel Bohea unter der Bestellung.56 Mit dem Beginn der Massenexporte und der Reduzierung der Transportkosten wurde dieser im Verhältnis zu den anderen Sorten aber immer billiger, bis er Anfang der 1770er Jahre nur noch ein Viertel des besten Grüntees kostete.57 Bohea stellte auf Grund des verhältnismäßig niedrigen Preises nun das Rückgrat der europäischen Tee-Expansion dar und war im Schmuggel nach Großbritannien mit großem Abstand die wichtigste Sorte. Bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts stieg dessen Anteil entsprechend auf etwa vier Fünftel der Teefracht der meisten Chinafahrer vom europäischen Festland. Als etwa die Ladung der »König von Preußen« im August 1753 in Emden versteigert wurde, befand sich mit 84,6 % überwiegend Bohea an Bord.58 Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts spielte diese einfachste Sorte die bedeutendste Rolle. Der Bremer Drogist Gebrüder Walte führte Bohea noch bis 1830 in seiner Preisliste ; mit wachsender Diversifizierung des Angebotes und der Durchsetzung höherer Qualitäten verlor er aber bald darauf stark an Bedeutung und tauchte in den 1860er Jahren nicht mehr als Handelsgut auf.59
Von Bohea und Kongou
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Die verglichen mit dem Bohea nächst feinere Sortierung Kongou war einheitlicher, stellte aber ebenso die Pflückung älterer, größerer Blätter dar. Marquis teilt mit, dass es sich dabei im Grunde nur um eine Auslese der Bohea-Blätter handelte, »von denen man nach der Ernte die zartesten und gesundesten Blätter, die sich am besten haben rollen lassen, wählt.«60 Der dunkle Kongou sei daher feiner und im Aufguss heller, verströme darüber hinaus einen angenehmen, veilchenartigen Duft.61 Höhere Qualität hatte ihren Preis, und so lag der Kongou zum Beispiel auf den Kopenhagener Kompanieauktionen um 1760 preislich etwa doppelt so hoch wie der einfache Bohea. Auch die Kunden des Bremer Drogisten Walte hatten um 1800 für ihn genau doppelt so viel zu zahlen wie für den gemeinen Bohea.62 Die Nachfrage in Europa war mäßig, und so lag der durchschnittliche Anteil an den Frachten nur zwischen etwa 4 und 10 %, mit leicht steigender Tendenz gegen Ende des 18. Jahrhunderts.63 Da der Kongou aber von etwas höherer Güte war, erlebte er noch die Zeiten eines wachsenden Qualitätsbewusstseins und ersetzte um die Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Preislisten den Bohea als die günstigste der dunklen Sorten. Heller und feiner als der Kongou, war der Souchong mit einem ins Grünliche spielenden Aufguss. Mengenmäßig spielte er aber eine geringe Rolle.64 Der »Pekoe«, der wiederum doppelt so teuer wie der Kongou war, stellte den kostbarsten der dunklen Sorten dar.65 Lange Zeit war unklar, ob der zarte, feine Pekoe mit seiner samtigen Oberfläche nicht von einer ganz anderen Pflanze stammte oder lediglich eine besonders hochwertige Auslese darstellte. Auch wurde irrtümlich behauptet, es würden kleine, helle Blüten beigemischt, wobei es sich in Wirklichkeit um die hellen Triebspitzen, die »Tips«, gehandelt haben dürfte.66 Heute ist bekannt, dass der im 19. Jahrhundert vor allem in Russland beliebte Pekoe aus den jüngsten Blättern der ersten Frühjahrsernte mit ihrem feinen Flaum besteht.67 Obwohl jener eine oxidierte Sorte darstellte, war der Aufguss dieser hohen Qualität hell, »strohgelb, doch ein wenig in das Grüne fallend.«68 Der Pekoe spielte im 18. Jahrhundert unter den Einfuhren aus China praktisch noch keine Rolle, und sein Anteil betrug unter 2 %. Er kam bisweilen als »Karawanentee« von China auf dem Landweg nach Europa. Le Goullon war der Ansicht, dass dessen Qualität nach dem achtzehnmonatigen Landtransport besser sei als nach einer Seereise, »weil man sicher sei, daß er nicht unter Seewasser gelitten hat.« Überhaupt hielt er den Pekoe für die teuerste und feinste unter den in Europa zu habenden Sorten.69
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Tab. 4 Einfuhren durch die East India Company, Anteil der Sorten in %.70 1721 – 1730
Bohea
Kongou
Souchong
Pekoe
Songlo
Hyson
Bing
div.
37,1
6,0
0,0
1,5
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0,5
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1731 – 1740
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Grüntee galt bereits in Asien als hochwertiger – »je grüner der Thee oder dessen Wasser, je besser«, wie Langhans zu berichten weiß.71 In Anbetracht der Dominanz des billigen Bohea spielte er im 18. Jahrhundert bei den Retourfrachten der VOC und der anderen kontinentaleuropäischen Kompanien, abgesehen von den ersten Jahrzehnten, nur eine geringe Rolle. Anders sah es bei der East India Company aus, da sie gegenüber dem Schmuggel billigerer, dunkler Sorten über das Festland nicht konkurrenzfähig war und sich schon früh auf den teureren Grünen fokussierte. Mit starken Schwankungen betrug bei ihr dessen Anteil etwa die Hälfte, um seit den 1730er Jahren auf rund 40 % leicht abzusinken.72 Die einfachste Sorte war schlicht als Grüntee, lateinisch unter der Bezeich nung Thea viridis oder als Songlo zu haben. Er sei nach Le Goullon vom Geschmack her »etwas brandig«. Auch Marquis urteilt : »Dieser Thee ist einer der gröbsten und schlechtesten unter dem grünen Thee, von großem nicht sorgfältig gerolltem, gelbgrünlichem Blatt.« Entsprechend minderwertig sei der dunkle, oft trübe und einen Bodensatz aufweisende Aufguss.73 Kaum mehr als den Namen hatte er mit jener Kostbarkeit gemein, die in der Zeit der Ming-Dynastie am Songluo-Berg produziert worden war und als besonders fein und hell galt. Walte führte diese Sorte zum selben Preis wie den Kongou im Programm.74 Höherwertiger war der grüne, leicht bittere Hyson mit seinem hellgrünen Aufguss, von dem Le Goullon konstatiert, dass es sich um den besten Grüntee handele : »Er muß, wenn er gut seyn soll, kleine, festgerollte Blätter von blaugrüner Farbe haben, trocken gekaut etwas brandig schmecken und einen grünlichen Aufguß geben.«75 Hyson wurde etwa dreimal so teuer versteigert wie der Bohea.76 Anders als der ebenfalls hochwertige Bing zählte der Hyson mit seinen fein gerollten Blättern ebenso wie der Kongou zu den Evergreens und war als Handelssorte noch bis weit ins 19. Jahrhundert zu kaufen. Zwar besaßen all diese Sorten selbst um 1800 noch ihren Preis ; gleichwohl hatten sich trotz aller Kritik nicht nur die Eliten, sondern auch das mittlere Bür-
Von Bohea und Kongou
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gertum und die entstehende Arbeiterschaft längst an den Tee gewöhnt. Selbst in einem abgelegenen schottischen Dorf konnte es Ende des 18. Jahrhunderts nur heißen : »Now the tea kettle has lost of the power of astonishing.«77
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8. Von der Nordsee in den Süden
Die norddeutsche Romanze mit dem Tee Bis auf den zaghaften Versuch mit einer preußischen Handelsgesellschaft in Emden glückten im Heiligen Römischen Reich keine Ostindienkompanien, und die neuen exotischen Genussmittel fanden weitgehend indirekt Eingang nach Deutschland. Der lange Zeit ausschließlich im Jemen angebaute Kaffee gelangte sowohl vom Norden her über die Seehäfen als auch vom Süden über Mittelmeer und Alpen dorthin. Er nahm Deutschland damit aus zwei Himmelsrichtungen gleichsam in die Zange und hatte deshalb eher das Potential, auch im Süden Verbreitung zu finden. Um 1700 war Kaffee ein in Wien ebenso wie in Leipzig beliebtes Getränk. Seitdem steht in der sächsischen Messestadt mit dem »Arabischen Coffe Baum« das älteste noch existierende Kaffeehaus im Lande. Der Tee hatte hingegen eine Reise um das Kap nach West- oder Nordeuropa hinter sich und gelangte von dort aus fast ausschließlich über die Nordseehäfen oder Kopenhagen nach Deutschland.1 Zahllose Bewohner der friesischen Küsten verdingten sich zudem auf niederländischen und dänischen Handelsschiffen oder Walfängern. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass mancher von ihnen in Amsterdam oder irgendwo zwischen den Eisschollen der Grönlandsee die eine oder andere wärmende Tasse von seinem Arbeitgeber erhielt und Teeblätter als Geschenk oder Handelsgut mit heimbrachte. Auf diese Weise wurde der Tee anfangs ein norddeutsches Getränk, das sich nur mit einigen Jahrzehnten Verspätung weiter südwärts ausdehnte. Dort führte er aber stets ein Dasein im Schatten des Kaffees, wie bereits in Westfalen oder in den Bergbauregionen der Mittelgebirge.2 Die geografische Diffusion konnte kaum treffender formuliert werden als 1809 im »Journal des Luxus und der Moden« : »Doch der chinesische Thee=Eroberer landete im Norden, und breitete unter dem Schutze treulicher Abendstunden seine Macht so aus, daß die Gesellschaften um den dampfenden Theekessel jetzt die herrschenden von Norden nach Süden, von Westen nach Osten geworden sind.«3 Selbst eine solche Feststellung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch im Norden oft mehr Kaffee als Tee getrunken wurde, da jener reichlicher vorhanden und billiger war. Die ersten Norddeutschen, die Bekanntschaft mit dem Tee machten, dürften um 1660 die Hamburger gewesen sein. So schreibt der bereits bekannte Simon
Die norddeutsche Romanze mit dem Tee
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Pauli, er habe persönlich gesehen, wie Händler jenen in der Stadt verkauften.4 Nur wenig später fand sich das Getränk aber auch in Ostfriesland mit seinen ebenfalls engen Handelskontakten in die Niederlande.5 Wie in keiner anderen Region des Heiligen Römischen Reiches fasste es schließlich zwischen Emden, Hamburg, Wolgast, Braunschweig und Pyrmont Fuß. Schon vor 1685 tauchte etwa in einem Gandersheimer Nachlassinventar »ein service von fein porcelain zum tée« auf. Etwas später wurden im Braunschweigischen erstmals spezifische Möbelstücke erwähnt, wie 1695 »ein klein theetisch mit zwey schachtuln.« Um dieselbe Zeit besaß auch der Hofgerichtsassessor Conring in Wolfenbüttel und in seinem Landhaus in Groß Twülpstedt Teetische sowie alte »hamburg. Theenäpgens«, also vermutlich Hamburger Fayencen.6 Je näher die Menschen an den Küsten lebten, desto stärker griff das neue Konsumgut in Alltag und Wahrnehmungswelt ein. Die tiefe Verwurzelung ist für die Küstenregionen beinahe bis heute durch eine vielschichtige Verwendung des Begriffs »Tee« in der niederdeutschen Mundart belegt. »Dat is ’n schön Tass Tee« bedeutet so viel wie »eine schöne Bescherung«. Und das niederdeutsche »dat is ’n anner Tass Tee« meint, dass eine Sache doch wohl etwas ganz anderes sei. Glaubt sich jemand mit »stell di ni so teepottig an« angesprochen, so wird er für ungeschickt gehalten. Auch der landläufige Aberglaube blieb von den Blättern aus dem Fernen Osten nicht unberührt. Schwamm selbst im 20. Jahrhundert noch ein Teeblatt an der Oberfläche der Tasse, so würde demnächst Besuch anstehen.7 Auch fanden die spezifischen Utensilien in das regionale Idiom Eingang. So stellte der aus dem Niederländischen abgeleitete Begriff »Koppje« kein rein ostfriesisches Wort für »Tasse« dar, sondern bedeutete auch im übrigen Norden dasselbe. Auf der Halbinsel Eiderstedt handelte es sich, leicht abgewandelt, um ein »Koppschen« und in der Nähe der Stadt Rendsburg um ein »Köppen«. Diese war in eigens dafür bestimmten Aufbewahrungsmöbeln untergebracht. Ein sogenannter »Teeschapp« konnte von unterschiedlicher Gestalt sein – als Aufsatzschrank, eigenes Möbelstück oder als Einbaumöbel. So wurden die Tassen bisweilen in einer über der Stubentür eingebauten Nische mit Glastüren aufbewahrt. Bald bildete sich auch hier Lokalkolorit heraus, wie etwa in Gestalt der blauen Farbe, in der gewöhnlich der Teeschapp auf Eiderstedt gestrichen war.8 Mit dem Getränk breiteten sich ebenso wie in Großbritannien und den Neuenglandkolonien regionstypische Klischees heraus, die möglicherweise nicht immer ganz aus der Luft gegriffen waren. Gelegentlich wiesen Beiträge der seit 1787 erschei nenden »Schleswig-Holsteinischen Provinzialberichte« auf vermeintliche Missstände hin. So sei es deutlich zu viel, wenn etwa auf der nordfriesischen Hallig Hooge vier oder fünfmal am Tag Tee getrunken werde. Nicht
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minder gelte das auch für das an der Ostsee gelegene Neustadt. Ein anderes Mal klagte die Zeitschrift über vermeintlich exzessiven Genuss in Dithmarschen, wo die Menschen selbst auf Bierfesten neben Bier und Branntwein immer häufiger zum Wachmacher aus China griffen (worüber die Obrigkeit eigentlich hätte froh sein sollen).9 Auch auf Helgoland ersetze Letzterer allmählich Alkoholisches : »Unstreitig ist den Vorfahren ihr warmes Bier, wenn sie des morgens frühe in die See fahren sollten, oder am Abend durchnäßt und vor Kälte fast erstarrt zurückkamen, nahrhafter und heilsamer gewesen, als den Jetztlebenden der grobe Thee, den sie ohne Milch und Zucker trinken.«10 Geradezu bildhaft konnten sich Leserin und Leser mit diesen Worten den nach Art der Niederländer einen bitteren, dunklen Bohea schlürfenden Insulaner vergegenwärtigen. Johann Friedrich Schütze (1758 – 1810) nennt in einem regionalsprachlichen norddeutschen Wörterbuch mehrere Begriffe, die sich aus jenem vermeintlichen Überkonsum ableiteten. Das »Teekrögen« bedeute »zu viel Tee trinken« ; »Teekröger« seien Menschen, »die viel und nichts als Tee trinken.« Der auch als »Bankrutskeetel« bezeichnete Teekessel heiße so, weil »viel Thee gesöf zum Ruin und Banquerot führen könne.«11 Ebenso kritisierte Schütze die Ausbreitung schlechten Geschmacks, denn »… wo das Theetrinken zur Tagessitte gehörte und in manchen, vorzüglich Mittelstandsfamilien der Kessel den ganzen Tag nicht aus dem Kochen kommt : der Thee ward dünner, kraftlos, durch zu viel Ab- und Aufgießen.«12 Über die Frauen urteilte Schütze, übermäßiger Konsum sei »eine der Schwachheiten der Holsteinerinnen des Mittelstandes (auch wohl höherer) die stundenlang beisammen (wie im Kruge) sitzen um den Theetisch, und zu dutzenden Tassen heißen Thees einschlucken, ja tagelang«.13 Nicht nur der küstennahe kritische Diskurs, sondern auch einschlägige Anleitungen in den Kochbüchern spiegeln die zunehmende Bekanntschaft des Nordens mit dem Getränk wider. Kochbücher stellten schon im 18. Jahrhundert ein außerordentlich beliebtes Textgenre dar und erlebten eine oft hohe Auflagenzahl. Nicht selten wurden darin allerdings Rezepte ohne Quellenangabe aus anderen Werken wörtlich kopiert – der Autor oder die Autorin musste jene also nicht notwendigerweise auch selbst ausprobiert haben. Kaum nennen die norddeutschen Kochbücher allerdings das aus dem China der Ming-Zeit überkommene Grundrezept zum Aufbrühen der Blätter. Dieses mag in der Tat bald schon zu sehr Gemeingut gewesen sein, als dass es speziell aufgeführt zu werden für notwendig erachtet wurde. Was selbst in Weimar galt (»Die Bereitung dieses so allgemein beliebten Getränkes … ist zu einfach, um etwas darüber sagen zu können«), dürfte umso mehr in Norddeutschland der Fall gewesen sein.14 Nur selten werden entsprechend hierzu genaue Angaben gemacht, wie
Die norddeutsche Romanze mit dem Tee
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Mitte des 19. Jahrhunderts im »Neuen Hamburgischen Kochbuch«. Dieses gibt genau vor, dass auf jeden Teekessel ein halbes Lot, also etwa 8 g, Blätter gerechnet werde und dass diese durchaus ein zweites Mal aufgegossen werden könnten. Weiter empfiehlt es, wie teils heute noch in Ostfriesland üblich : »Zur Verfeinerung des Geschmacks, läßt man ein kleines Stückchen Vanille mit dem Thee ausziehen.«15 Einen wesentlich größeren Raum nehmen demgegenüber die mit oder aus Tee zubereiteten Getränke ein, wobei die Zugabe von Milch und Eiern in jeglicher Form stets beliebt war. Für »Russischen Tee«, der vermutlich nichts mit dem Original zu tun hatte, würden nach Aussage des »Neuen Hamburgischen Kochbuchs« zunächst Milch, Tee und Zucker aufgekocht. Auf dem Feuer müssten dann einige Eigelbe eingequirlt werden ; und man könne »nach Belieben etwas Rum dazu geben.«16 Beliebtheit genoss auch die »Theecraim«, eine mit aufgebrühtem Tee zubereitete Sahnecreme. So empfiehlt zur Verfeinerung einer gewöhnlichen Creme das »Niedersächsische Koch-Buch«, das 1781 bereits seine zwölfte Auflage erlebte : »… und denn so setzt man die Milch oder Milch und Rahm zum Feuer und läßt solche aufkochen, denn so thut man etwas grünen Thee oder Thee de Boue nach Gutdünken darein, solches wohl durchgekocht, denn durch ein Sieb gegossen, und damit den Craim abgerührt … ; so ist es recht.«17 Wörtlich fast übereinstimmend wird das Rezept übrigens in das Werk »Die wohlunterwiesene Köchin« von 1788, verfasst von »einem Hamburgischen Frauenzimmer«, aufgenommen.18 1808 erschien das ebenfalls nicht ganz plagiatfreie »Neue Bremische Kochund Wirthschaftsbuch« von Betty Gleim (1781 – 1827) »für junge Frauenzimmer welche ihre Küche und Haushaltung selbst besorgen und ihre Geschäfte mit Nutzen betreiben wollen.« Der im Untertitel geäußerte Anspruch korrespondierte mit Gleims Engagement für die Verbesserung der Mädchenbildung in der Stadt. Unter anderem stellte sie in ihrem Buch ein Rezept für »Englischen Thee, oder Gewürz-Thee« vor. Dazu würden zunächst Nelken und Zimt in Milch aufgekocht. Anschließend solle die Mischung mit geschlagenem Eigelb, Zucker und Tee vermischt werden.19 Geradezu einen Klassiker stellte der bereits in Asien bekannte »Theepunsch« dar, dessen Name sich von den traditionell fünf (Hindi : panch) Zutaten ableitet. Auch dieser kommt bei Betty Gleim ausführlich zu seinem Recht. Er war recht einfach herzustellen, wenn die richtigen Zutaten vorhanden waren, wie die Bremerin ausführt : »Zu 4 Quartier kochendem Theewasser thut man ¾ Pfund Zucker, den Saft von 6 bis 8 Citronen, und 1 Quartier Rum oder Rack. In Ermangelung der Citronen nimmt man Sal Tartari und etwas Cedraoel.« Etwas aufwendiger zuzubereiten war der »Punsch auf englische Art«, in den nicht nur
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Zitronensaft, sondern auch Zitronenschalen und Franzbranntwein gehörten.20 Den Punsch ganz ohne Tee allein mit Rotwein zuzubereiten empfiehlt wiederum das »Wohlfeile Kochbuch für den bürgerlichen Hausstand« von 1834. Dieses schlägt übrigens auch einen Eierpunsch vor, der aus Tee, Zimt, Nelken, Zucker, Zitronenschale, Zitronensaft, »1 Bouteille guten Franzwein«, Arrack oder Rum sowie beachtlichen zwölf Eiern und weiteren fünf bis sechs Eigelben bestand – eine ebenso gehaltvolle wie vielleicht auch nicht ganz ungefährliche Mischung.21 Hamburg Ohne die traditionsreichen Handelskontakte Norddeutschlands hätte der Tee hier zweifellos nicht eine derartige Erfolgsgeschichte geschrieben. Es war kein Zufall, dass sich gerade Hamburg zur frühesten und bedeutendsten Teestadt entwickelte – die es bis heute geblieben ist. Schon im 16. Jahrhundert hatte sich Hamburg vom Elbehafen Lübecks zu einer eigenständigen Handelsmetropole gewandelt und seine Kontakte nach West- und Nordeuropa, in den Mittelmeerraum, aber auch in das weite mittelosteuropäische Hinterland ausgebaut. Über jüdische Kaufleute gelangten aus Westeuropa nicht nur Kapital, sondern auch internationale Verbindungen und kaufmännisches Wissen hierher. Das Postwesen verband die Stadt mit aller Herren Länder, fremdsprachige Bücher waren in Buchhandlungen zu kaufen, und die Zeitung konnte in einem der seit 1677 gegründeten Kaffeehäuser gelesen werden.22 Unter dem Titel »Caffée- und Thée-Logia« aus der Hand eines namentlich nicht genannten »ziemlich erfahrnen Caffe-Schluckers« erschien 1690 in Hamburg ein Traktat über die beiden exotischen Getränke. Dieses erlaubt anhand eines fiktiven Dialogs in charakteristisch barocker Manier Einblicke in das Kaffeehaus, in dem natürlich ebenso Tee angeboten wurde. Auch Frauen seien in jenem männlich dominierten Kosmos anwesend, von denen allerdings der Verfasser berichtet : »An solchen Orthen ists nichts neues, daß sich Frauenzimmer in Manns-Habit verkleidet bißweilen auff dem Caffe-Häusern einfindet oder daß der Wirth eine galante Dame denen Gästen zur Leibes-Ergötzlichkeit im Hause hält.«23 Inwieweit es bei einer harmlosen »Ergötzlichkeit« blieb oder ob sich hinter dieser Äußerung nackte Prostitution verbarg, bleibt der Spekulation überlassen. Immerhin regte die entspannte Atmosphäre einen fiktiven Mon sieur Grimaldi in besagtem Traktat an, eine vorgefertigte »Poetische Lob- und Tugend-Rede des The-Getränckes« mit einem Rezept für alle Lebenslagen aus seiner Tasche zu ziehen :
Hamburg
Abb. 22 »Caffée- und Thée-Logia« (1690). Dieser in Hamburg erschienene Stich erlaubt einen Blick auf Menschen und Interieur, wie er sich dem Besucher eines der frühen Kaffeehäuser im Heiligen Römischen Reich geboten haben mag. Auf dem Tisch sind unter anderem Teetassen, Untertassen sowie eine Teekanne, möglicherweise aus Yixing-Keramik, zu erkennen.
… Wo der Magen ist verschwächet / Wo dein Blut entzündet ist / Und du kranck im Haupte bist / Weil du hast zu viel gezechet / Recipe, edlen The, Der befreyet Haupt und Magen / Gar geschwind von allen Plagen. Hastu Not von vielen Winden ? Ist der Darm zu voll gepropfft ? Die Passage so verstopft / Daß der Ausgang nicht zu finden / Recipe, edlen The, Der wird besser als Clistiren /
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Auff den rechten Weg es führen. … Ist der Kopff beschwert mit Grillen / Da denn Herr Philosophus Muß studiren mit Verdruß / Weils nicht fliessen will nach Willen / Recipe, edlen Tee, Der ermuntert alle Geister / Und ist Meister über Meister. … Ist der Ehstand ungerathen, Daß die Frau nicht loben kan / Daß ihr impotenter Mann Ungeschickt in seinen Thaten / Recipe, edlen The, Es wird alsobald gelingen / Und die rechten Früchte bringen. … Summa / alles kurtz zu fassen / Kein Gebrechen groß und klein / Mag jemahl gefunden seyn / Sol es schleunig dich verlassen / Recipe, edlen The, Augenblicklich hastu wieder / Die Gesundheit aller Glieder. …
Diese lasziven Verse haben nichts gemein mit der besinnlichen Atmosphäre des Tee-Bildes von Richard Collins einige Zeit später, sondern dürften eher der maskulinen, rauen Welt der Hamburger Kaffeehäuser entwachsen sein. Diese drückt sich auch in dem beigefügten Kupferstich aus. Zu erkennen sind Männer und Frauen, leger an einem langen Tisch sitzend, an dem sie vom Wirt oder einem Dienstboten die Getränke eingeschenkt bekommen. Auf dem Tisch stehen nicht nur Teeschalen mit Untertassen, sondern auch eine Teekanne. Bei dieser könnte es sich um eine chinesische Yixing-Kanne aus Keramik handeln, wie sie Simon Pauli auch am Kopenhagener Hof kennengelernt haben dürfte.24 Mit den frühen Importen und dem Konsum im Kaffeehaus entwickelte sich Fachkennerschaft über den Tee, der in der Elbmetropole bereits früh, vermutlich aus den Niederlanden, ankam und wie in keiner anderen Handelsstadt von Ham-
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burg aus über ein eng geflochtenes Distributionsnetz ins Hinterland vertrieben wurde. Auch wenn die Quellen zum ersten halben Jahrhundert schweigsam sind, zeugen sie seit den 1730er Jahren umso mehr von fest etablierten Strukturen. In jener Zeit existierten in der Stadt bereits spezialisierte Großhandelshäuser wie das von Grou, Michel und Libault, die nicht nur Kaffee und Tee, sondern auch importiertes Geschirr vertrieben.25 Groß- und Detailhandel waren dabei eng miteinander verflochten. Ende der 1730er Jahre machte sich etwa Franz Ascenso, Handelsbediensteter bei Grou, Michel und Libault, als Teehändler selbstständig und erwarb von seinem einstigen Brötchengeber regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr einige wenige Teekisten. Weitere Details sind nicht bekannt, und selbst jene Transaktionen sind quellenmäßig nur überliefert, da es zwischen beiden Parteien schließlich zu Unstimmigkeiten ums Geld kam, die in einem Prozess vor dem Reichskammergericht endeten.26 Zu den führenden Teegroßhändlern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zählte auch das heute noch existierende Unternehmen von Gottlieb Wilhelm Alexander Westphal (1763 – 1841). Seine im Umland der Stadt lebenden Eltern hatten ihn zur Lehre bei einem Hamburger Kolonialwarenhändler geschickt. Später sammelte er Erfahrungen im Detailhandel, ehe er sich 1791 selbstständig machte. Beruflich erfolgreich, heiratete Westphal die Tochter des Hamburger Importeurs Johann Christian Wegener, der sich auf die Einfuhr von Tee, Wein, Bier und anderen Genussmitteln spezialisiert hatte. Nach einiger Zeit übernahm Westphal das Unternehmen des Schwiegervaters, konzentrierte sich fortan aber allein auf den Teeimport.27 In einem Schreiben an einen englischen Geschäftspartner berichtet er 1795 voller Stolz : »Our tea trade has increased bravely.«28 Der auf diese Weise erworbene Wohlstand ermöglichte Westphal bald schon den Erwerb zweier repräsentativer Häuser in Hafennähe am Cremon.29 Die Blätter aus China wurden in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts ein immer wichtigeres Importgut, das gleichwohl stets im Schatten des Kaffees stand. Letzterer wurde oft in mehr als zehnfacher Menge über Westeuropa nach Hamburg eingeführt und war bis in die 1780er Jahre meist auch billiger.30 Es ist allerdings unmöglich, die genaue Menge des importierten Tees zu bestimmen, da die Aufzeichnung des sogenannten Admiralitätszolls als wichtigste Quelle nicht die Einfuhren aus den Niederlanden und dem Ostseeraum dokumentiert. Dass die Einfuhren aus Letzterem nicht unbedeutend waren, belegt ein Schlaglicht auf das Jahr 1788. Während laut Admiralitätszoll aus Mittel- und Westeuropa (ohne die Niederlande) für 10.950 Mark Banco Tee eingeführt wurde, waren es aus Kopenhagen Blätter für 18.000 Mark.31 Bemerkenswerterweise wurde meist deutlich mehr Tee über Frankreich und zeitweise auch über Lissabon als über
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London importiert. Die Themsemetropole spielte in der Zeit der Handelskompanien noch nicht die zentrale Rolle als Versorger des deutschen Marktes wie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Hamburger stellten nicht allein Importeure von Tee und Kaffee dar, sondern konsumierten die neuen Genussmittel mit Hingabe auch selbst. Damit dokumentierten sie Wohlstand und guten Geschmack. Auch die zeitgenössische Publizistik bemerkte bald, dass sich die Elbmetropole auf dem Weg befand, zum Tee- und Kaffeezentrum des Nordens aufzusteigen. Kritisch schreibt die moralische Wochenschrift »Der Patriot«, herausgegeben von einem Kreis Hamburger Gelehrter, 1726 über solche Genüsse im Zusammenhang mit einer angeblich um sich greifenden Modesucht : »Das hinunter schlurffen einer unsäglichen Menge Thee und Caffee, womit ietzo viele sich anfüllen, hat keinen andern Grund. Doch wird diese Weise noch um ein grosses schädlicher, wenn man absofort einige Gläser Wein darauf setzen, und eine Partey Confituren, oder gar Obst in den Magen schüttet.« 32 Ein in dieser Hinsicht stets gut informierter Gewährsmann, der sich auch im übrigen Deutschland auskannte, war der in Hamburg lebende Jurist und Reiseschriftsteller Johann Peter Willebrandt (1719 – 1786). Dieser notierte 1758 den Preis für beide Getränke in einem Hamburger Wirtshaus mit »für Thee 4ß für Coffee 6ß«, womit Tee in diesem Falle erstaunlicherweise billiger war als sein Konkurrent aus Arabien. Für den Preis von zwei Tees gab es andererseits aber auch eine »Bouteille ordentlichen Franzwein«.33 Willebrandt fiel auf, dass die Blätter aus China nicht allein in der Stadt selbst ihre Liebhaberinnen und Liebhaber fanden, sondern auch die zum Hamburger Landgebiet gehörenden Vierund Marschlande erreicht hatten : »Ihr werdet in den mehresten Bauernhäusern allhie nicht vergeblich nach silbernen Thee= und Coffe=Geschirr … fragen.«34 Der Kameralist Christian Ludwig von Griesheim (1709 – 1767) stellte vor diesem Hintergrund fast zur selben Zeit ein wenig despektierlich fest, »dass der Thee so beliebt ist, dass ohne diesen kein Hamburger leben kann.«35 Für den Tee- und Kaffeegenuss bildeten sich unter der mächtigen Hamburger Kaufmannschaft feste Tageszeiten heraus, die sich an den Kontor- und Börsenabläufen orientierten. Bei zunächst langen Arbeitstagen war es üblich, die Warmgetränke während einer Pause am späten Nachmittag einzunehmen. Fiel jene gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit der Verkürzung des Arbeitstages und einem wachsenden Freizeitbewusstsein weg, wurden solche gleich nach dem Mittagessen eingenommen.36 Allmählich setzte sich der Tee in geringer Menge auch unter ärmeren Bevölkerungsschichten durch. 1792 gehörten zur Wochenration des Hamburger Armenhauses immerhin 15 g Blätter, bei denen es sich zweifellos um den billigen Bohea gehandelt haben dürfte.37
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Immer mehr musste sich die städtische Elite daher aus Repräsentationsgrün den durch besondere Konsumpraktiken von der breiten Masse abgrenzen. Zum Inbegriff des ebenso elitären wie kultivierten Genusses entwickelte sich der »Teetisch« als gesellschaftliche, explizit weiblich konnotierte Institution. Dessen Wurzeln finden sich in England, wie es 1788 im »Journal des Luxus und der Moden« mit leicht kritischem Unterton heißt : »Man besucht sich einander gegen Abend zum Thee ; es ist den Damen so angenehm sich richtig um 6 Uhr einander beym Tee-Tische zu finden, sich traulich herum zu sehen, zu plaudern und zu scherzen. Dieß ist Englische Sitte, nun leider schon nach Teutschland verpflanzt.«38 Die engen Handels- und Kulturkontakte Hamburgs mit Großbritannien machten es fast zwangsläufig, dass jene »Englische Sitte« in Deutschland zunächst in der Elbmetropole ihre Liebhaber fand. So gründete sich bereits in den 1770er Jahren im Haus der Familie Reimarus ein literarischer Salon, der gemeinhin unter der Bezeichnung »Teetisch« in die Quellen einging. Merkmal der regelmäßigen Zusammenkünfte war die Initiative einer Frau – lange Zeit Christina Sophia Reimarus, geborene Hennings (1742 – 1817), und später ihre Tochter Johanna Margaretha, verheiratete Sieveking (1760 – 1832).39 Der Publizist Peter Poel (1760 – 1837) stellte zur ersteren fest : Gegen Abend stand das freundliche Wohnzimmer den Besuchenden offen, und wenige Tage vergingen, wo nicht ihr in so manchen gedruckten Briefen und Reisebeschreibungen gepriesener Teetisch der Sammelplatz fremder und einheimischer Gelehrter und wißbegieriger junger Leute wurde. Der Mann … arbeitete dann in einem anstoßenden kleinen Bibliothekszimmer, dessen Türen offen standen, so daß er an der Unterhaltung teilnehmen konnte.40
Bei Tee und Butterbrot wurde über aktuelle Literatur diskutiert, und die Hausherrin trug ihre Buchbesprechungen vor. Zu den Gästen zählten Kaufleute, Gelehrte und Zelebritäten des kulturellen Lebens wie Klopstock und Lessing, für den jener Kreis unter der Bezeichnung »die Gemeine« firmierte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren weit über Hamburg hinaus gut vernetzt, so dass der Teetisch auch außerhalb der Stadt eine gewisse meinungsbildende Kraft in Sachen Literatur entfaltet haben dürfte.41 Nachdem sich die Institution einstweilen verkleinert und in der zweiten Hälfte der 1780er Jahre eine Zeit lang ganz aufgelöst hatte, fanden später sommerliche Treffen nach Vorbild der englischen Tea Party im Garten der nächstjüngeren Generation in der Nähe der Alster statt. Ein letztes Mal zog der Reimarussche
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Teetisch 1793 nach Neumühlen an der Elbe um. Der Tee, der auf dem Seewege elbaufwärts gelangte, erreichte nun also förmlich unter den Augen der Genießerinnen und Genießer den Hamburger Hafen.42 Mit den Napoleonischen Kriegen zerstoben die Hamburger Teeträume einstweilen. Im August 1806 war das Heilige Römische Reich mit dem Rücktritt Kaiser Franz’ II. am Ende ; zwei Monate später folgte die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, die den französischen Soldaten Tür und Tor nach Deutschland öffnete. Die Region zwischen Ems und Elbe einschließlich Hamburgs war teilweise bereits zuvor in die Hände der Franzosen oder der mit ihnen verbündeten Niederländer gefallen. In Hamburg hatte fortan das französische Militär das Sagen. Als noch verhängnisvoller wirkte sich die Kontinentalsperre aus, mit der Napoleon versuchte, den britischen Handel vom Kontinent abzuschnüren. Stärker als der Kaffee wurde der Tee nun zur Mangelware, und immer mehr haftete ihm jetzt wie in der Anfangszeit die Aura des Exklusiven und Kostbaren an. Hatten die Handelspreise in Hamburg bereits zur Jahrhundertwende infolge der Koalitionskriege in Europa überdurchschnittlich hoch gelegen, so stiegen sie nun auf Rekordwerte. 1811, 1813 und 1814 wurde Bohea monatelang überhaupt nicht notiert, was darauf hindeutet, dass selbst die billigste Sorte zu jener Zeit nicht oder nur in äußerst geringer Menge auf dem Markt angeboten wurde. Tab. 5 Durchschnittliche Marktpreise für Bohea in Hamburg, 1806 – 1814.43 Jahr
Schilling/Pfennig je Pfund
1806
11/1
1807
11/7
1808
24/11
1809
23/11
1810
21/0
1811
28/2
1812
35/2
1813
38/9
1814
23/11
Die dramatische Verknappung lag im Zusammenhang mit der Kontinentalsperre daran, dass ein Zulieferer nach dem anderen ausfiel. Als Dänemark 1807 auf Seiten Napoleons zu den Waffen griff, befanden sich zwar noch größere Lagerbestände in den Packhäusern der Asiatisk Kompagni, doch wurden diese verstaatlicht und nur noch im Inland abgesetzt.44 Auch das mit Großbritan-
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nien verbündete Schweden hatte mit seinem Chinageschäft kein Glück. 1809, in demselben Jahr, als russische Truppen das jahrhundertelang zur Monarchie gehörende Finnland eroberten, musste die schwedische Ostindienkompanie Konkurs anmelden, um einige Zeit später ganz aufgelöst zu werden.45 Die niederländischen ebenso wie die ostfriesischen Häfen wurden von der britischen Flotte blockiert.46 Einzig der Schmuggel blieb, um die Teeliebhaber noch mit den kostbaren Blättern zu versorgen. Zwischen Ostfriesland und Schleswig-Holstein blühte das illegale und wegen harter Strafen nicht ganz ungefährliche Geschäft. Möglichkeiten hierzu bot die durch Priele und Untiefen charakterisierte und nur von Ortskundigen sicher befahrbare Westküste abseits der bewaffneten französischen Patrouillen. Nicht nur in Ostfriesland, sondern auch in Tönning und anderen kleineren schleswig-holsteinischen Häfen ließ sich unauffällig aus Großbritannien über die Nordsee verschifftes Gut an Land und weiter in die nicht von den Franzosen besetzte Stadt Altona bringen, die direkt an Hamburg grenzte. Bedeutung als Umschlagplatz kam bei diesen Transaktionen auch Helgoland zu, das im September 1807 von den Briten besetzt wurde. Fortan diente die Insel als Stapelplatz für einen gewaltigen Schmuggelverkehr mit dem Festland, was die Insulaner für einige Jahre reich machte. Massenhaft wurden dort Kaffee, Zucker, Pfeffer, Rum, Seide, Kakao und allerlei andere Kolonialwaren umgeschlagen. Größere Partien Tee erreichten Helgoland aber erst 1810, um von dort aus weiter illegal auf das Festland geschafft zu werden. Den Rekord stellten noch im selben Jahr siebenundneunzig aus London gelieferte Kisten mit beinahe 5 t Inhalt auf Rechnung des Vorsitzenden der Helgoländer Handelskammer, Ellermann, auf.47 Niederschlag in den Quellen fanden derartige Geschäfte oft nur, wenn etwas schiefging. Das betraf auch Gottlieb Alexander Westphal, der unter Leitung seines Sohnes Otto eine blühende Zweigniederlassung im benachbarten holsteinischen Altona unterhielt.48 Der von den Westphals in großem Stil gepflegte Teeschmuggel zwischen Altona und Hamburg blieb nicht lange unentdeckt. So hatten sich 1811 große Mengen der kostbaren Blätter auf den Westphalschen Böden am Cremon angesammelt, von denen die Besatzungsmacht offenbar Kenntnis erhielt. Im Juni ließ das kaiserlich-französische Prisen Conseil eine Razzia durchführen, bei der nicht deklarierter Tee im Gegenwert von gewaltigen 65.000 Mark Banco beschlagnahmt wurde. Bei der gründlichen Untersuchung traten dreiundsechzig Kisten sowie ein Sack Bohea, einhundert Kisten und siebenunddreißig Pakete einfachen grünen Tees, fünf Kisten Hyson sowie sechs Kisten des sogenannten Karawanentees, also vermutlich Pekoe, zutage, insgesamt im Gewicht von umgerechnet mehr als 8 t.49
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Zwischen Weser und Braunschweig Von den gewaltigen Mengen, die sich auf den Böden des Hamburger Handelshauses Westphal stapelten, konnten die Bremerinnen und Bremer nur träumen. Dennoch entwickelte sich auch an der Weser mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung Tee-Expertise. Spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts muss das Getränk auch hier allgemein gebräuchlich gewesen sein, wie eine bemerkenswerte Quelle aus der Zeit der französischen Besatzung belegt. So sollten 1810 auf Befehl der französischen Behörden alle infolge der Kontinentalsperre verbotenen Handelsgüter deklariert werden. Ordnungsgemäß hatten die betreffenden Geschäftsinhaber zunächst im April jenes Jahres einen Fragebogen auszufüllen, der auch eine Stellungnahme zu der Frage erwartete : »Ist der Erklärende Eigenthümer, Depositair oder Consignatair verbotener Waaren, seyen es Colonialwaaren oder Producte des Englischen Bodens oder der Englischen Fabriquen ?«50 Ein halbes Jahr später wurde noch einmal recherchiert, was in der Zwischenzeit mit den deklarierten Waren geschehen sei. Heinrich Levin Biesewig aus der Langenstraße gab hierzu an : »Meine seit dem 1. April 1810 und jetzt noch auf dem Lager habenden 3286 Kilogramm ordinairen Thee und 53 Kilogramm grünen Thee habe ich … bei der Douane Behörde abgegeben.«51 Biesewig hatte in jenem Jahr also noch mehr als 3 t auf Lager gehabt und dürfte damit zu den Großhändlern gerechtet werden. Demgegenüber deklarierte Johann Diederich Bischoff aus dem Vorort Vegesack lediglich »ein halb Kilogramm ordinairen Thee«.52 Während wiederum der einflussreiche Bremer Kaufmann Johann Friedrich Abegg (1761 – 1840) nichts angab, hatte sein Verwandter Philipp Julius Abegg (1760 – 1827), Kaufmann in Emden, mit seinen Transaktionen Pech. Dieser nannte erstaunlicherweise noch im Jahre 1813 insgesamt einhundertachtzehn Kisten Tee sein Eigen, die er angeblich offiziell deklariert von Bremen nach Emden hatte schaffen lassen. Das sah die französische Douane aber anders und konfiszierte die Ware kurzerhand.53 Neben diesen Einzelschicksalen geben die Zollerklärungen Auskunft darüber, wie allgegenwärtig der Tee um 1810 in Bremen gewesen sein muss. Insgesamt sechzehn Kaufleute gaben gegenüber den französischen Behörden an, jenes Gut noch einige Jahre nach Verhängung der Kontinentalsperre zu besitzen. Die meisten von ihnen hatten ihre Geschäfte in der Innenstadt, vor allem in der Nähe des Weserufers. Auch in Bremen konnte Napoleon auf lange Sicht der Liebe zu den exotischen Genussmitteln nichts anhaben. Bald nach Ende der Kriege lebte der Kult um den Tee an der Weser wieder auf, und immer intensiver wurde er, ähnlich wie
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Jahrzehnte zuvor in Hamburg, in den gehobenen Bürgeralltag integriert. Nicht zufällig erlebte das Drama »Welche ist die Braut, oder : Die große Theegesellschaft« der Wiener Schriftstellerin und Schauspielerin Johanna von Weißen thurn (1773 – 1847) am städtischen Theater einen großen Erfolg. Auch wenn das Heißgetränk in der Handlung allenfalls eine Statistenrolle einnimmt, schaffte es der publikumswirksame Teetisch nicht nur auf den Titel des Stückes. Im 3. Akt ruft eine gewisse Baronin immerhin über die Bühne : »Den Thee, den Thee – mein Gott, wo bleibt die Madame ?« Madame erscheint im nächsten Auftritt, gefolgt von Bediensteten »mit Theekannen, Schalen, und alles andere Zugehör steht im Hintergrund auf einem runden Tisch.« 54 Zwischen 1816 und 1852 wurde das Stück in Bremen insgesamt elf Mal aufgeführt.55 Die auf der Theaterbühne ausgedrückte Liebe zu den Warmgetränken äußerte sich auch im realen Konsum, stets aber mit einer gewissen Vorliebe für den Kaffee. Dieser werde nach einer zeitgenössischen Quelle in Bremen zweimal täglich gereicht, »gewöhnlich zugleich auch Thee für diejenigen, auf welche der Caffe zu erhitzend wirket.« Nur selten werde Tee »auch Abends zum Butterbrode gereicht, und dient mit diesem als Abendbrod.«56 Von Bremen aus wurden einzelne nördlich der Mittelgebirge liegende Städte, wie etwa Braunschweig, mit Tee versorgt. Dass das Braunschweiger Land vergleichsweise früh mit dem Getränk in Kontakt geraten war, lag auch daran, dass die Stadt schon 1680 das Privileg erhalten hatte, zweimal jährlich Handelsmessen abzuhalten. Auf diese Weise festigten sich die Kontakte zu den nordwestdeutschen Hafenstädten, über die früh auch die neuen Konsumgüter dorthin gelangt sein dürften.57 1714 gründete sich in Braunschweig ein erstes Kaffeehaus, gefolgt von Wolfenbüttel vier Jahre später und Helmstedt 1767.58 Seit spätestens 1780 verkaufte der Bremer Drogist Gebrüder Walte Bohea, Pekoe und Songlo auf der Braunschweiger Laurenti-Messe.59 Als die Gebrüder 1799 dort wieder einmal präsent waren, hatten sie mit den fünf Sorten Bohea, Kongou, Pekoe, Songlo und Hyson ein damals auch in England gängiges Spektrum im Angebot.60 Der gepflegte Teegenuss in den Städten am Nordrand der Mittelgebirge war lange Zeit Angelegenheit einiger weniger Connaisseurs. Bei diesen zeigte sich aber bald eine große Bandbreite der dafür genutzten Utensilien. Das galt zum Beispiel für das besonders reiche Inventar des Gandersheimer Arztes Behrens von 1741, der für einen Zweipersonenhaushalt erstaunlicherweise zahllose Tassen, Untertassen, eine Spülkumme, einen »kupfernen Theeboutopf mit drei Füßen«, einen »braunen indianischen Theetopf mit Kette«, einen silbernen Teetopf sowie einen »ganz neuen« Teetopf besaß. Unzweifelhaft spiegeln derart zahl-
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reiche Utensilien nicht nur eine praktische Liebe zum Getränk, sondern auch ein gewisses Repräsentationsbedürfnis wider. Immer mehr setzte sich schließlich eine Norm durch, was zur Mindestausstattung gehöre. 1764 galt als »gantze thée equipage« in Braunschweig neben den Tassen »ein wasserkessel, spühlkump, théedose, theetopf, feuerbecken und zuckerschale nebst löffel …«61 Auch Serviertabletts, die sogenannten Teebretter, waren in Gebrauch.62 In den kleineren Städten an der Ostseeküste, wie etwa in Greifswald, fanden um die Mitte des 18. Jahrhunderts ebenfalls Teegeschirr, Teelöffel und Teetische Verwendung.63 Auch in den fruchtbaren Gutsdistrikten in Ostholstein wurde das Getränk in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vom Adel konsumiert.64 Ob der wiederum in Pyrmont erhältliche Tee aus Bremen oder Hamburg stammte, bleibt unbekannt. Willebrandt schreibt süffisant über einen dort verbrachten Badeaufenthalt : »So lange die Hitze nicht am höchsten gestiegen ist gehet alles ziemlich brunnenmäßig einher. Der Magen kneipfet, der Musicant pfeifet sowohl dem einen als dem anderen ; und die Gesellschaft erquicket sich, nachdem sie ihre Angst überwunden, standesmäßig mit Honigkuchen, Thee, Toback, Schockolade und Coffee.«65 Dabei konnte Tee auch im eigenen Appar tement zubereitet werden. In Pyrmont waren die dafür nötigen Utensilien sehr gefragt : »Man handelt sehr bedächtig, wenn man ein Magazin von Tisch= und Thee=Zeug mit sich führet, weil der gleichen Sachen in der Herberge sehr behende sind.«66 Mythos Ostfriesland Vor allen anderen Regionen in Deutschlands Norden steht Ostfriesland im Ruf, von jeher Teetrinkerland zu sein. Um die 300 l des Getränks konsumiert ein Ostfriese heutzutage im Mittel und damit zehnmal mehr als der durchschnittliche Bundesdeutsche. Die damit verbundene Teekultur zählt mittlerweile zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO und prägt den Alltag einer ganzen Region. Gleichzeitig ist die Geschichte des Getränks in Ostfriesland wie in kaum einer anderen deutschen Region legendenumwoben und wurde gar zum Mythos erhoben. Dabei unterschied sich der dortige Konsum bis weit ins 19. Jahrhundert hinein kaum von dem anderer norddeutscher Territorien. Und das, was heute als »Ostfriesische Teezeremonie« einen Alleinstellungsstatus beansprucht, hätte im 19. Jahrhundert kaum so geheißen ; denn praktisch überall zwischen Südostasien, Europa und der Neuen Welt konnte das Getränk auf ähnliche Art und Weise genossen werden.
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Die tatsächlichen Anfänge des Teekonsums in Ostfriesland sind demgegenüber quellenmäßig kaum dokumentiert.67 Nicht zu belegen ist die gemeinhin geäußerte Annahme, dass ein Anstieg des Verbrauchs schon im 17. Jahrhundert mit der calvinistischen Temperenzbewegung korrespondiert. Auch wenn Ostfriesland in der Frühen Neuzeit tatsächlich stark vom niederländischen Calvinismus geprägt war, ließe sich fragen, wieso sich eine ähnliche Entwicklung nicht auch in anderen kulturell von niederländischen Exulanten geprägten Gegenden des Heiligen Römischen Reiches vollzog. Es ist zwar nicht zu leugnen, dass der reformierte Prediger Wilhelmus Schortinghuis (1700 – 1750) im ostfriesischen Weener 1733 ein später mehrmals neu aufgelegtes niederländisches Gedicht gegen den Tee- und Kaffeekonsum (»De Sondaar ontdekt, Coffy of Thee drinkende«) verfasste. Dieses kann aber nicht als Beleg für einen angenommenen exzessiven Teegenuss herhalten, denn ähnliche Schriften gab es, teils noch früher, auch in anderen Regionen. Keinesfalls machten die Blätter aus China die Ostfriesen in jener Zeit zu Abstinenzlern. Noch 1868 notierte Hermann Meier in einem landeskundlichen Werk : »Erst seit kurzem ist der Genuß des Bieres hier ein größerer geworden ; es wird aber noch recht lange währen, bevor solcher den Genever besiegt.«68 Der Alkohol halte die Einheimischen immerhin nicht davon ab, auch beiden exotischen Heißgetränken zuzusprechen : Unsere Frauen lieben ein ›Koppke‹ (Tasse) Thee über alle Maßen, verschmähen aber auch den Kaffee nicht. In den westlichen und südlichen Theilen des Landes trinkt man zum Frühstück Thee, um 10 Uhr Kaffee, um 3 Uhr Thee, um 6 Uhr Kaffee und zum Abendbrot Thee. In den nördlichen und östlichen Theilen ist die Reihenfolge etwas anders : Kaffee, Thee, Thee, Kaffee, Kaffee.69
Nach dieser Einschätzung war Ostfriesland selbst um die Mitte des 19. Jahrhunderts keineswegs ein reines Teetrinkerland. So ist anzunehmen, dass sich der Tee in Ostfriesland genauso allmählich und anfangs in ebenso geringem Umfang verbreitete wie in anderen norddeutschen Territorien. Erstmals tauchte das Genussmittel nachweislich in den 1670er Jahren, also einige Jahre später als in Hamburg, auf und scheint bald am Hof der Herzöge aus dem Hause Cirksena Einzug gehalten zu haben.70 Ein Inventar des Schlosses Berum nennt 1699 Teegeschirr aus »fein echt Porcellain«, darunter zwölf »The Köpchens« mit Unterschalen, zwei große Spülkummen, vier Kannen zum Aufbrühen des Tees (»Treck-Potjes«), eine Kanne aus Porzellan, mit vergoldetem Kupfer verziert, zwei Zuckerdosen mit Deckel sowie zwei kleine »Thée Fläschen«. Zudem fand sich in Berum ein großer, bemalter, runder Teetisch mit
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Vergoldungen.71 Weitere Quellen belegen, dass der Tee auch in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts am Fürstenhof ein beliebtes Getränk darstellte, das bald ebenso in die Haushalte des wohlhabenden städtischen Bürgertums Einzug hielt.72 Wie in Hamburg existierten in den 1730er Jahren bereits einige spezialisierte Handelshäuser, etwa das »The-Specialgeschäft« des aus dem lauenburgischen Mölln stammenden Heinrich Voß in der Stadt Norden. Dort folgten bald mindestens zwei weitere, von Amsterdamer Kaufleuten gegründete Fachhandlungen. 1733 entstand in Aurich das vermutlich erste Spezialgeschäft, dessen Gründer, ein Destillateur aus den Niederlanden, naheliegend auch Alkoholisches im Sortiment führte.73 140000
120000
100000
80000
60000
40000
20000
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Kg Tee Kg Kaffee
1 Einfuhren vonOstfrieslands Tee und Kaffeean in Brandenburg-Preußen die Stadt Emden und in den Flecken ErstGrafik seit dem Übergang 1744 setzteLeer, eine1758 – 1803, ausführliche in kg.74
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Erst seit dem Übergang Ostfrieslands an Brandenburg-Preußen 1744 setzte eine
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18. Jahrhunderts nurbestätigt selten dieMeiers des Kaffees, wobei dass es seitinMitte der 1770er Jahre meist eher erlaubt. Diese Annahme, der Region lange Zeit beide umgekehrt war. Die in großen Importe 1786 und 1788 dürften Ankunft derübertrafen Schiffe des Warmgetränke gleicher Weise beliebt waren. Wieauf diedie Grafik zeigt, erwähnten Kaufmanns Carl Philipp Cassel direkt aus China zurückzuführen sein.
Um es im Interesse einer aktiven Handelsbilanz durch die Einfuhr teurer Genussmittel nicht zu einem zu großen Edelmetallabfluss kommen zu lassen, ordnete der Preußenkönig nach Ende des Siebenjährigen Krieges an, deren Konsum in seinen Landen einzuschränken.75 Als die Aufrufe nicht fruchteten, setzte Friedrich der Große Ende der 1760er Jahre eine Verbotspolitik
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die Einfuhren von Tee in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur selten die des Kaffees, wobei es seit Mitte der 1770er Jahre meist eher umgekehrt war. Die großen Importe 1786 und 1788 dürften auf die Ankunft der Schiffe des erwähnten Kaufmanns Carl Philipp Cassel direkt aus China zurückzuführen sein. Um es im Interesse einer aktiven Handelsbilanz durch die Einfuhr teurer Genussmittel nicht zu einem zu großen Edelmetallabfluss kommen zu lassen, ordnete der Preußenkönig nach Ende des Siebenjährigen Krieges an, deren Konsum in seinen Landen einzuschränken.75 Als die Aufrufe nicht fruchteten, setzte Friedrich der Große Ende der 1760er Jahre eine Verbotspolitik durch, die im Nachhinein zum regelrechten »Teekrieg« stilisiert wurde. Der Erfolg war aber mäßig, und zehn Jahre nach dem Beginn dieses »Krieges« hatte sich der Konsum gerade in Ostfriesland immer noch nicht einschneidend verringert. Die preußische Obrigkeit drängte die dortigen Landstände nun ultimativ, selbst auf geeignete Maßnahmen zu sinnen. Erst Monate nach dieser Aufforderung entschlossen jene sich zu einer hinhaltenden Erklärung, weshalb angeblich überhaupt so viel Tee getrunken werde : »Auch leidet es keinen Widerspruch, daß dieses Getränk das wohlfeilste vor allen anderen ist, so daß Handwerker, Arbeiter und andere geringe Leute in den Städten und auf dem platten Lande sich und ihre Familien für ein paar Stüber täglich nach Notdurft versorgen können, ohne Gefahr zu laufen, berauscht zu werden.«76 Der Zweck dieses Schreibens war ohne Zweifel ein politischer, und es ist kaum daraus abzuleiten, dass der Tee in jener Zeit in Ostfriesland tatsächlich bereits das dominierende Volksgetränk darstellte. Ohnehin verlief der »Teekrieg« des Preußenkönigs um 1780 im Sande. Auch ein Blick auf die Einfuhrstatistik der Stadt Emden und des Fleckens Leer verdeutlicht, dass es sich beim »Teekrieg« eher um eine diskursive Auseinandersetzung handelte, die kaum Auswirkungen auf den Handel zeitigte.77 Gegen Ende des 18. Jahrhunderts stiegen die Importe für beide Getränke noch einmal kräftig an. Als umso schmerzlicher dürfte entsprechend das Übergreifen der Napoleonischen Kriege auch auf Ostfriesland empfunden worden sein. Seit der Besetzung durch die mit Frankreich verbündeten niederländischen Truppen 1805 blieb, wie in den übrigen norddeutschen Territorien, nur die Schmuggelfahrt über die Nordsee. Kaum minder gefährlich war der anschließende Weitertransport auf dem Land von den kleinen Sielhäfen in die größeren Städte. Als die Franzosen 1810 die Niederländer als Besatzungsmacht ablösten, stieg das Strafmaß für entdeckte Schmuggelvergehen bis hin zur Todesstrafe.78 Auch nach dem Ende der Kriege entwickelten sich die Ostfriesen immer noch nicht zu den ebenso hingebungsvollen wie ausschließlichen Teetrinkern. Zwar breiteten sich Warmgetränke nun stärker auch auf dem platten Land aus,
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aber bei gesellschaftlichen Anlässen wurden in der Marsch nach Darstellung des Geografen und Ökonomen Friedrich Arends (1782 – 1861) in den frühen Abendstunden lediglich Kaffee, Schokolade und Branntwein, »selten Wein« gereicht. Tee nennt er demgegenüber nicht. Im gewöhnlichen Alltag hatte sich Tee um 1820 allenfalls gemeinsam mit Kaffee bei den wohlhabenden Marschbauern durchgesetzt, wie Arends weiter notiert : »Das Frühstück besteht selten noch aus Brei, gewöhnlich aus Thee oder Kaffee mit Budderbrod, häufig auch eben so das Abendbrod, besonders im Winter.« Dabei differenzierte der Verfasser regional : »Kaffee trinkt man viel im Jeverschen, gewöhnlich dreimal täglich ; Thee mehr im Westen, und zwar morgens beim Frühstück, Nachmittags und Abends, wenn Brei genossen wird, vormittags gegen 11 Uhr aber Kaffee mit Cichorie.«79 Später setzte sich Tee in den Marschgegenden auch als Dienstbotenkost durch : »Manche fangen an zum Frühstück statt des Brei’s Theewasser zu geben, nebst Budderbrod.« Während sommers eher nur die Mägde Tee bekämen, stünde er winters auch den Dienstboten bereit. Zucker stellte in jener Zeit aber noch eine Zutat für besondere gesellschaftliche Anlässe dar, wobei der billigere Kandis bevorzugt wurde : »Zucker kommt bei Besuchen dazu, gewöhnlich Candi, sonst selten.«80 Von der wohlhabenden Marsch breitete sich der Konsum beider Getränke mit einer gewissen Verzögerung auch auf die karge Geest und in die Moorgebiete aus.81 Hier blieb er in den 1840er Jahren weiterhin dem Familienoberhaupt vorbehalten : »Wirt und Wirtin trinken aber durchgängig Thee oder Kaffee, auch die mehrsten schon Morgens gleich nach dem Aufstehen, gegen 8 Uhr dann zum zweitenmal.« Demgegenüber müsse das Gesinde immer noch mit Brei oder Grütze als Energiespender vorliebnehmen.82 Die räumliche Diffusion ging in Ostfriesland also der sozialen voraus. Tab. 6 Einfuhren von Tee und Kaffee in den Verwaltungsbezirk Aurich, Rechnungsjahre 1844/45 – 1847/48, in kg.83 Rechnungsjahr
Tee
Kaffee
1844/45
158.474
485.596
1845/46
173.255
462.894
1846/47
187.839
574.929
1847/48
171.913
528.829
Auch als die ersten Teegärten Assams bereits die neuen, dunklen, malzigen Sorten hervorbrachten, die den heutigen Ostfriesentee so berühmt machen, waren
Jenseits der Mittelgebirge
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die Einheimischen immer noch eher Kaffeetrinker, wie die Tabelle belegt. Auch wenn der räumliche Bezugsrahmen beider Statistiken nicht ganz identisch ist, zeigt ein Vergleich der Zahlen aus den 1840er Jahren mit den Werten aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, dass die Gesamteinfuhren beider Güter nun signifikant höher lagen. Dabei fiel der Anstieg für den Kaffee bemerkenswerterweise noch deutlicher aus als für den Tee. Ein Unterschied mag dem Beobachter aber bereits jetzt ins Auge gefallen sein : Konsumierte der Ostfriese um 1845 im Verwaltungsbezirk Aurich im Mittel etwa 114 l Tee im Jahr (und offensichtlich noch mehr Kaffee), so trank der Einwohner des Bezirks Hannover gerade einmal 25 l von ersterem. Jenseits der Mittelgebirge Das übrige Deutschland stellte im Vergleich mit Ostfriesland und dem Rest des Nordens ein verspätetes Teeland dar. Das Getränk tauchte hier aber nicht nur später auf, sondern stand noch viel stärker als im Norden im Schatten des Kaffees. Lediglich drei Jahrzehnte nach seiner erstmaligen Erwähnung für Hamburg war es jenseits der Mittelgebirge als Heilmittel bekannt. Der bereits vorgestellte hessische Wundarzt Waldschmidt lobte um 1690 nicht nur die gesundheitlichen Vorzüge des Aufgusses, sondern pries auch sogenannte »Thee-Pillen« an. Diese seien nicht nur in Bremen, sondern auch in »Marpurg in der Apotheck zum güldenen Löwen bey Herrn Bürgermeister Götte oder in Franckfurt im Hirsch bey Herrn Henrici« zu haben.84 Einen Hinweis, worum es sich dabei handeln könnte, liefert die »Caffée- und Thée-Logia« aus dem Hamburg derselben Zeit, denn man mache aus den Teeblättern »einen Extract, wovon man Pillen formiret, deren Dosis biß auf zehn Gran ist.« Analog zu anderen Heilpflanzen mögen hier Teeblätter pulverisiert und zu Pillen gepresst worden sein.85 Nach einiger Zeit verließ die Camellia sinensis jenseits der Mittelgebirge die Apothekerschränke, um als Getränk der Fürstenhöfe Karriere zu machen. Denn ihr Preis dürfte noch höher als in den Küstenorten gelegen haben, was sie als Medium fürstlicher Repräsentation interessant machte. Da das Heilige Römische Reich anders als Frankreich oder Dänemark eine dezentrale Residenzenlandschaft aufwies, tauchte Tee nicht in einem einzigen politischen Zentrum, sondern an mehreren Orten gleichzeitig auf. Ein vergleichender Gesamtüberblick legt die Annahme nahe, dass die 1720er und 1730er Jahre in dieser Hinsicht prägend waren. Das wird besonders am Beispiel des Dresdner und des Weimarer Hofes deutlich.
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Schon früh war gelehrtes Tee-Wissen in Dresden, der Residenz des sächsischen Kurfürsten, aufgetaucht. Hier hatte mit Georg Meister einer der frühen Kenner mit Japan-Erfahrung als »Orientalischer Lustgärtner« gearbeitet und mit seinem großen Gartenbuch bereits in den 1690er Jahren ein Lesepublikum in deutscher Sprache mit der exotischen Pflanze bekannt gemacht. Allerdings bestand ein Unterschied zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der Strauch botanisches Untersuchungsobjekt wurde, und dem Beginn des Konsums. Indirekt lässt sich erschließen, dass die neuen exotischen Genussmittel etwa ein Jahrzehnt nach dem Erscheinen von Meisters Buch eine gewisse Bedeutung besessen hatten, denn 1703 wurden Kaffee, Tee und Schokolade landesherrlichen Steuern unterworfen.86 Ein Inventar der Dresdner Hofapotheke verzeichnet aber erst für 1718 die Existenz von nicht gerade umfangreichen zwei Pfund Teeblättern.87 Bereits um 1710 existierte wiederum am Hof der Herzöge von Sachsen-Weimar Teegeschirr aus Porzellan und Keramik.88 Zwei Jahrzehnte später war das Getränk hier bereits fest in den fürstlichen Alltag integriert. Karl Ludwig Freiherr von Pöllnitz (1692 – 1775) notierte in jener Zeit über Herzog Ernst August (1688 – 1748) : »Des Morgens ist derselbe bald munter, stehet aber spät auf, trinket seinen Thée am Bette, und spielet auch wohl an demselben auf dem Violon.« Vom Bett aus betrieb der Landesvater am Vormittag auch seine Staatsgeschäfte, denn »eigentlich stehet er vor Mittag nicht auf.«89 Zur selben Zeit weilten die Söhne beim Schulunterricht, erhielten zuvor, zwischen acht und zehn Uhr, aber ebenfalls eine Tasse des Muntermachers. Am Nachmittag gab es eine solche während der Unterrichtspause ein weiteres Mal.90 Während die kostbaren Blätter zunächst allein der Herzogsfamilie zustanden, ist für die 1740er Jahre zu beobachten, dass diese neben Kaffee und Zucker bereits zum Deputat eines Prinzenerziehers gehörten.91 Die seit 1758 verwitwete Schwiegertochter Ernst Augusts, Anna Amalia (1739 – 1807), schätzte Tee ebenso wie Kaffee, die sie bereits im elterlichen Schloss in Wolfenbüttel kennengelernt haben mag. Ersteren nahm sie gern bei nachmittäglichem Spaziergang in einer Einsiedlergrotte ein, konnte ihn seit 1776 aber auch in einem chinesischen Pavillon genießen, dessen Vorbild das Chinesische Haus im Park von Sanssouci geliefert haben dürfte. Immer mehr erlangte die Weimarer Regentin mit dem Konsum in der Öffentlichkeit Vorbildwirkung. Nach Londoner Beispiel fanden ab 1789 in der Ilmstadt sogenannte Vauxhalls, öffentliche Sommerfeierlichkeiten am Fluss mit Tee, Kaffee und Eis, statt.92 Dass der Tee in den sächsischen Territorien seinen Weg früh auch in die öffentliche Debatte fand, belegen baldige kritische Stimmen. 1705 erschienen im thüringischen Eisenberg »133 Gotteslästerliche Sprichwörter« von Johann
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Eberhard Michaelis, die dieser unter dem Pseudonym Ernst Mejsner verfasst hatte. Das Sprichwort 39 verurteilt die Verwendung des Begriffs »Atheist« als Selbstprädikat für Nicht-Teetrinker : »Ich bin ein Atheiste. … Seint daß das Thee-Trincken auch in unserm Vaterlande mit eingeführt worde [!], hat es auch eine neue sündliche Redens-Art mitgebracht, indem etliche, so zu solchem Geträncke keine Beliebung haben, sich also entschuldigen, sagende : Ich bedancke mich denn ich bin ein Atheiste, ich trincke keinen Thee.« Der Verfasser wendet sich mit pietistischer Verve gegen solche wie auch zahllose andere Redensarten : »… alleine es steckt doch ein böser Schein darhinder, und kan leichtlich einem Schwachen zum Anstoß gereichen.«93 Auch im Westen des Reiches ging die neue Konsumkultur vom Fürstenhof aus. Als der Kölner Kurfürst Clemens August aus dem Hause Wittelsbach (1700 – 1761) im Jahre 1735 für das Schloss Augustusburg sein berühmtes Porzellan-Service in Meißen in Auftrag gab, bestellte er neben Kaffee- auch Teegeschirr. Leider ist der Umfang der Gesamtbestellung unbekannt. Aber allein in einem einzigen der insgesamt zwölf Schränke, die der Aufbewahrung der Kostbarkeiten dienten, fanden sich »zwey thee- und zwey zuckerdooßen« und »zwölff theetaßen«. Entsprechende Kannen und weiteres Zubehör dürften nicht gefehlt haben. »Eine feine und rare confitürschüssel« mag außerdem beim Genuss der Heißgetränke mit süßen Speisen gefüllt gewesen sein. Kunstvoll waren alle Porzellanobjekte mit chinesischen Motiven, teils auch mit dem fürstlichen Wappen dekoriert.94 Mit einem seidenen Rock aus China und einer Teetasse in der Hand hatte sich der geistliche Fürst bereits einige Zeit zuvor vom Porträtisten Joseph Vivien (1657 – 1735) im Ölgemälde verewigen lassen und damit dokumentiert, dass er Porzellangeschirr nicht nur sammelte, sondern auch benutzte.95 Die wachsende Beliebtheit der Blätter jenseits der Mittelgebirge im Umfeld der Höfe machte den Tee für Kaufleute interessant. Es scheint, dass in Dresden gut vernetzte italienischstämmige Unternehmer wie Matthias Uslenghi bei der Einführung des neuen Getränks eine maßgebliche Rolle spielten, wovon Nachlassinventare aus den 1730er und 1740er Jahren zeugen.96 Die Kaufleute führten den Tee einerseits auf der Elbe nach Dresden, andererseits auf dem Landweg auch nach Leipzig ein, wobei die Braunschweiger Messe einmal mehr eine wichtige Mittlerrolle spielte. In der zweiten Jahrhunderthälfte wurde zudem nicht allein der westeuropäische Kompanietee, sondern auch über Russland auf dem Landweg eingeführter, hochwertiger Karawanentee auf der Leipziger Messe angeboten.97 In den Residenzstädten wurde die importierte Ware bald nicht mehr in der Apotheke, sondern im spezialisierten Detailhandel verkauft. In Weimar galt das
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etwa für die Süßwaren- und Weinhandlung von Stefano Andrea Ortelli oder den Gemischtwarenhandel von Jacob Löser.98 In Dresden verkaufte Johann Carpano, ebenfalls ein italienischstämmiger Kaufmann, 1756 fünf verschiedene Sorten, während Franz Maria Seconda in einem dortigen Handelsgewölbe 1773 drei davon im Angebot hatte. Auch ein Johann Baptista Sala bot im ausgehenden 18. Jahrhundert in Dresden Tee an.99 Um auf das exotische Gut aufmerksam zu machen, wurden seit der Mitte des Jahrhunderts im »Dresdner Anzeiger« regelmäßig entsprechende Anzeigen geschaltet.100 Fürsten, Adel und später auch das gehobene Bürgertum waren wählerisch, und nicht immer war die gewünschte Sorte vor Ort erhältlich. Gerade höhere Qualitäten konnten besser per Brief von auswärtigen Händlern geordert werden, und schon im 18. Jahrhundert lassen sich Vorläufer des späteren Versandhandels finden. Goethe bestellte die begehrten Blätter zweimal jährlich bei einem Hamburger Großhändler, und ebenfalls in Weimar ließ später Johanna Schopenhauer aus Frankfurt am Main Pekoe und Hyson kommen.101 Eine vielleicht ebenso große Bedeutung besaßen informelle Netzwerke. 1788 lobte Caroline Herder den Rigaer Verleger Hartknoch, der ihr eine Partie Tee aus Russland vermittelt hatte : »Sie haben mich durch Ihren vortreffl. Thee so verwöhnt, daß mir kein anderer schmeckt …«102 Einen weiteren Verbreitungsschwerpunkt bildeten neben den Residenzen etwas später die größeren Handelsstädte mit ihrem wohlhabenden Bürgertum. Goethe war der Tee aus seinen Frankfurter Kindheitstagen ein Begriff, und er trank ihn spätestens während seines kurzen Intermezzos beim Reichskammergericht in Wetzlar selbst. In den 1780er Jahren besaß ein Ehepaar Tanner in Frankfurt dann schon unter anderem »1. Thée Keßel mit Kohlpfanne, 2. Thée potgen, 2. Kleine ditto …, 2. Kupferne Théekeßel«, zudem zwei Teemaschinen, eine Teekanne mit hölzernem Griff, fünf Teekannen, zwei Teeflaschen, eine porzellanene Teekanne, sechs Paar porzellanene Teetassen, eine porzellanene Teeflasche, zwei geblümte Teekannen, sechs Paar graue und blaue Teeschalen, eine Teekanne mit Unterschale, ein zinnernes Teebrett und einen messingenen Teekessel. Zudem gehörten dem Ehepaar Tanner in mindestens ebenso großer Zahl Kaffee- und Schokoladenutensilien.103 Auch auf Reisen durfte der geliebte Trank nicht fehlen. Waren die Blätter mit im Gepäck, so bedurfte es allein heißen Wassers. Die entsprechende Dienstleistung wurde nach festen Tarifen berechnet, und für die Gasthäuser in Halle galt in den 1750er Jahren : »Täglich zweymal gekochtes Thee-Wasser kostet jährlich 3 Rthlr.«104 Wollte der Kenner sich nicht mit der oft zweifelhaften Qualität des gekochten Wassers zufriedengeben, ließ sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit
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einer kleinen, zusammenklappbaren Reiseteemaschine Abhilfe schaffen, wie sie der Hofschmied Pflug in Jena herstellte : »Auf diese Art kann man sich allenthalben guten Thee machen, und sobald er getrunken ist, das Ganze wieder zusammenpacken und in den Wagen legen.«105 Unzweifelhaft wird der Reisende auf der Suche nach Tee ein markantes Nord-Süd-Gefälle auch jenseits der Mittelgebirge wahrgenommen haben. Das Getränk war zwar in einem Augsburger Wirtshaus üblicherweise zu bekommen ; je weiter es aber von dort aus in den Süden oder Osten ging, desto unbedeutender wurde jenes.106 In Böhmen sei Tee neben anderen Dingen kaum bekannt, wie Johann Peter Willebrandt notiert : »Es findet sich im Böhmischen hie und da in den Wirths-Häusern weniger Vorrath an Lebens-Mitteln sowohl, als insbesondere an Betten, Thee, Coffee, und Toback ; und das dazu gehörige Geräth ist den auf dem Lande wohnenden Böhmen fast durchgängig unbekannt. Ein Reisender kann durch ein Thee- und Coffee-Magazin dieser Unbequemlichkeit leicht abhelfen.«107 Der Hamburger Willebrandt klagte, dass ein guter Aufguss ebenso in Wien gänzlich unbekannt sei, denn das Getränk werde mit »Citron-Schalen und Caneel« aromatisiert und »aus Coffee-Kannen eingeschenkt«.108Auch wenn der Tee schlecht sei, gebe es doch in der Umgebung Wiens immerhin gutes Wasser für die eigene Zubereitung, wie jener weiter berichtet : »Das Wasser auf dem Kahlen Berge ist von einem vortrefflichen Geschmack, wenn man mit solchem aufgekocht eine Portion Pecco-Thee begiesset, wird man gestehen müssen ein anmuthiges Getränk genossen zu haben.«109 Trotz des guten Wassers blieb die Luft in der Habsburgermetropole auch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts dünn. Das »Große Wiener Kochbuch« von Anna Dorn aus dem Jahr 1832 stellt ausgiebig dar, wie »Guter Kaffeeh« zuzubereiten sei, geht auch auf die »Chocolade« ein, schweigt sich andererseits über den Tee aus. Allein unter der Rubrik »Punsch zu machen« firmiert dieser als Zutat an kaum prominenter Stelle.110 Der Tee blieb südlich der Mittelgebirge auf lange Sicht ein Getränk der Eliten, während Kaffee bald Gegenstand des Massenkonsums war. 1764 wurden nach Sachsen (ohne Leipzig, Sangerhausen und die Grafschaft Mansfeld) 815.331 Pfund Kaffee, aber nur 6741 Pfund Tee und 2307 Pfund Schokolade eingeführt. Zwar ist beim Vergleich zu berücksichtigen, dass der Tee bereits fertig verarbeitet ankam und im Gegensatz zum Kaffee nicht vor Ort mit einem Gewichtsverlust geröstet werden musste. Außerdem ist die zur Herstellung eines bestimmten Getränkevolumens nötige Menge geringer als bei Kaffee und Kakao.111 In Anbetracht des erheblichen Unterschieds bei den Einfuhren dürfte jene Differenz aber marginal gewesen sein. Das Wissen um den Tee als teures Konsumgut war mithin
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Abb. 23 Die Teekiste des norddeutschen Arabienreisenden Carsten Niebuhr (Mitte des 18. Jahrhunderts). Tee stellte nicht nur ein Heimgetränk dar, sondern genoss auch auf Reisen immer größere Beliebtheit.
deutlich weiter verbreitet als der Verbrauch selbst. Nur so ist die Äußerung des »Zedler« zu verstehen, jener sei »vielen Menschen bekannter, als unsere eigene und innländische Kräuter.«112 Der Weimarer Teetisch Während der Tee in Wien nach Aussage des norddeutschen Reisenden kaum genießbar war, entwickelte sich Kennerschaft dort weiter, wo sie in Mitteldeutschland ihren Anfang genommen hatte : in den sächsischen Territorien und insbesondere in Weimar. 1787 gründete der dortige Verleger und Kulturunternehmer Friedrich Justin Bertuch (1747 – 1822) das »Journal der Moden«, das seit dem darauffolgenden Jahr unter dem bereits genannten Titel »Journal des Luxus und
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der Moden« erschien. Die monatlich herauskommenden Hefte informierten über aktuelle Mode- und Literaturtrends, warben dabei stets auch geschickt für konkrete Gewerbeprodukte und erlangten eine beträchtliche Leserschaft. Dabei waren die vorgestellten Objekte oft auch in Bertuchs eigenem »Landes-Industrie-Comptoir« wohlfeil zu erwerben. Immer wieder griff das »Journal« auch das Thema Tee auf. Ende der 1780er Jahre sprach sich Bertuch gegen übertriebenen Konsum aus, der in Deutschland ohnehin selten gewesen sein dürfte, ohne sich allerdings der Vermarktungschancen für die dazugehörenden Accessoires zu berauben : So gern wir auch zugeben, daß der sparsame Gebrauch des Thees, als ein hautöffnendes und Transpiration beförderndes Mittel allerdings wohltätig sey, und der Thee-Tisch etwas zu den Annehmlichkeiten des Lebens beytragen könne, so sehr sind wir doch … darinn einverstanden, daß der übertriebene und tägliche Genuß des Thees bey unserer übrigen Lebens=Art schädlich sey ; als auch daß wir diesen Luxus hauptsächlich von England gelernt haben. Dieß beweißt der ganze geschmackvolle Apparat eines englischen Thee=Tisches, und die schöne Form und Materie eines Engl. Thee=Zeugs.113
Auch wenn eine gewisse Distanz gegenüber dem Getränk selbst spürbar ist, macht Bertuch der Leserin und dem Leser gleichzeitig den Mund für die geschmackvollen Utensilien aus England wässrig. Intensiv warb das »Journal« für einheimische und importierte Objekte, die den Geschmack der Zeit trafen. So bot das Handelsgeschäft von Basilius Paulus Schilling in Bayreuth ganze »Caffee= und Thee=Garnitures« aus Wedgwood-Keramik an, dazu zählten Teekanne, -dose, Spülkumme, Zuckerdose und »1 Dutzend paar Schalen … ord. gemahlt, blau roth, bunt.« Im Sortiment waren in Bayreuth aber auch »Thee=Garnitures schwarz Basalt von 1 Theekanne, 1 Milchkanne, 1 Zuckerdose.« Doppelt so teuer wie die einfache Garnitur war diejenige »mit Basreliefs.« Als noch kostbarer wie wohl auch als Geschmackssache erwies sich eine »Thee=Garnitur in blauen Jaspis mit extraff. weißen Basreliefs.«114 In der Zeit der Kontinentalsperre fielen die Importe aus England weg. Heimische Gewerbeprodukte konnten nun einen Alleinstellungsanspruch für sich geltend machen und wurden teils aufwendig illustriert im »Journal« angepriesen. Mal handelte es sich um eine vom Jenenser Hofkupferschmied gefertigte Teemaschine, dann um Teemaschine, Teekannen und Zuckergefäß von H.P. Schott und Söhne aus Frankfurt am Main. Silberne Teemaschinen produzierte auch das Unternehmen Seethaler und Sohn, »Königl. Baierscher Hof-Silber-Arbeiter«, in
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Augsburg. Der Architekt Steiner aus Weimar stellte bereits zuvor einen Teetisch mit runder, drehbarer Platte her, dessen aus sechs Säulen bestehender Fuß besten Schutz vor dem Umsturz versprach. Für den nicht ganz so wohlhabenden oder den räumlich beengten Haushalt waren Mehrzweckmöbel erhältlich, wie beispielsweise ein Teetisch, der sich auch als »Arbeitstisch für Damen« verwenden ließ, mit »6 bis 8 Kästchen (zu allerley Bedürfnissen bestimmt), welche durch Federn gehalten werden, und durch einen Druck von unten herausspringen …«115 Einmal mehr zeigte sich, dass der »Theetisch«, gleich ob als Möbelstück oder Institution, den Geist einer ganzen Zeit widerspiegelt. Frankreich galt in Weimar neben England weiterhin als wichtiges Vorbild in Sachen Geschmack. Von der vernichtenden Niederlage in Jena und Auerstedt und der anschließenden Besetzung der Stadt völlig unbeeindruckt äußerte sich der Artikel »Apologie des Thee’s. Von einem französischen Thee-Trinker« in Bertuchs »Journal«. In höchsten Tönen lobte der namentlich nicht genannte Verfasser, der vielleicht nicht einmal wirklich Franzose gewesen sein muss : In England ist das Theetrinken Gewohnheit, ich möchte fast sagen Bedürfnis, bei uns in Paris ist es zur Mode geworden. … Es giebt Veranlassung, sich zu sehen, und wenn ich Jemanden keine andere Höflichkeit erzeigen kann, so lade ich ihn zum Thee ein. … Kömmt ein fremder mit einer Empfehlungskarte in eine Familie, so rechnet der die Tasse Thee, die man ihm anbietet, schon als Zeichen einer guten Aufnahme an, zumal wenn die artige Frau oder Tochter von Hause den Thee selbst macht.116
Während Großbritannien hier als traditionell und uninteressant erscheint, wird das Kaffeetrinkerland Frankreich inmitten des Krieges zum Tempel des modischen Teegenusses erhoben. In Wirklichkeit dürfte es umgekehrt gewesen sein, und Bertuchs Frankreich-Lob mag vielleicht einer gewissen Political Correctness in der Zeit der französischen Besatzung geschuldet sein. Wie auch immer, auf diese Weise stellten sich im Schatten Jenas und Auerstedts der Tee und die mit ihm verbundenen Accessoires als Katalysatoren eines neuen Gesellschaftsgefühls im Geiste des Empire dar, um noch einmal den »französischen Thee-Trinker« zu Worte kommen zu lassen : »Die Thee-Maschine ist der wahre Altar der Geselligkeit, und der Thee wirkt wie ein Talisman, die Menschen einander näher zu bringen, und die Gesellschaft zu vereinigen. Er kürzt die Kratzfüße und Complimente bei der ersten Vorstellung ab, und knüpft den Faden der Unterhaltung.«117 Sicherlich unbewusst, aber gleichwohl augenfällig, schließen diese Worte an das Konzept der Teezeremonie als Ort sozialer Interaktion und Kommunikation an, wie es Jahrhunderte zuvor Sen no Rikyū im
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Abb. 24 »Ein lakirter Theekessel mit Gestelle« (1804). Das Weimarer »Journal des Luxus und der Moden« vermittelte in der Zeit der Napoleonischen Kriege neueste Modetrends und Konsumpraktiken aus Westeuropa.
fernen Japan formuliert hatte – allerdings mit dem Unterschied, dass der Genuss nicht wie dereinst der Erhebung Buddhas, sondern »der Göttin des Luxus und der Mode« galt.118 Vor diesem Hintergrund war es fast zwangsläufig, dass der bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert in Hamburg populäre »Teetisch« im Zeichen des Krieges und des Empire auch anderenorts seine Liebhaber fand. Bertuchs »Journal« war der Ansicht, dass sich jener in Zeiten kriegsbedingten Mangels an Geld und Nahrungsmitteln in besonderer Weise als Substitut für ein kaum mehr auszurichtendes komplettes Diner eigne. Um sich das aufwendige Kochen für die Gesellschaft zu ersparen, könne die Gastgeberin nun zuvor allein essen, um anschließend den Gästen im bescheidenen Rahmen einen edlen Aufguss zu kredenzen »und den Thee in der Gesellschaft das Surrogat des Abendessens seyn zu lassen.«119 Während der Kaffee bereits zu sehr Gemeingut auch im niederen Bürgertum geworden war und sich daher kaum mehr als Signum des Exklusiven eignete, wurde der Teetisch in den Dienst hochbürgerlicher Repräsentation gestellt. So hieß es etwa aus Berlin : »Unsere sonstigen Assembleen haben sich jetzt in die sogenannten großen Thee’s aufgelöst. Man kommt von 7 bis 10 Uhr zusammen. Es wird gespielt, gesungen und conversirt. Viele unserer ersten Häuser haben solche Gesellschaften zweimal die Woche gehabt.«120 Vor allem in den langen
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Wintermonaten diente in den Städten der besetzten Territorien des untergegangenen Heiligen Römischen Reiches die kultivierte Runde um die dampfende Teemaschine als Ersatz für eine sonst nicht mehr mögliche Geselligkeit. Was für das große Berlin zutraf, galt umso mehr für die kleine Residenzstadt Weimar mit ihrem blühenden literarischen Leben um Wieland und Goethe. Noch während der Besatzungszeit übte die Stadt als kulturelles Zentrum eine große Anziehungskraft auf Auswärtige aus. Das betraf auch die in Danzig geborene Johanna Schopenhauer, geb. Trosiener (1788 – 1838), die es nach unglücklicher Ehe und dem Tod ihres Mannes in ihrer Liebe zur Literatur gemeinsam mit dem Sohn Arthur 1806 nach Weimar verschlug. Ob sie die Idee zum Teetisch aus Hamburg mitbrachte, wo sie eine Zeit lang mit ihrem Mann gelebt hatte, ob jene erst im Austausch mit Bertuch entstand oder einfach nur dem Zeitgeist entsprach und gleichsam in der Luft lag, ist nicht überliefert. Im Gegensatz zu manchen Einheimischen war Johanna trotz des Krieges wirtschaftlich unabhängig und verfügte in Weimar über eine repräsentative, vor allem nicht von den Franzosen okkupierte Wohnung. Dieses Kapital nutzte die gebildete Frau in Zeiten, als das Theater geschlossen blieb und größere Geselligkeiten auch sonst weitgehend ausfielen, um einen Kreis Kulturbegeisterter um sich zu sammeln. Schon im November 1806 reifte der Plan, die sich anfangs mehr oder weniger zufällig in ihrem Haus einfindende Gesellschaft zu regelmäßigen, an jeweils festen Tagen der Woche stattfindenden Treffen zu institutionalisieren. Formvollendet ließ Johanna zu diesem Zweck beim Bertuchschen Unternehmen Einladungskarten drucken, »mit der Bemerkung, daß auswärtige Bekannte meiner Freunde auch willkommen seyn würden.«121 Schopenhauers Teetisch fand zwischen Spätherbst und Frühjahr jeweils donnerstags und sonntags statt. Ganz zufällig war die Zusammensetzung des Zirkels nicht ; vor allem Goethe war ein ebenso regelmäßiger wie begehrter Teilnehmer, der hier für auswärtige Gäste bei einer Tasse guten Tees ein offenes Ohr hatte. So diente der Schopenhauersche Teetisch bald auch der Vermittlung gesellschaftlicher Kontakte und öffnete ebenso gegenüber dem Weimarer Hof so manche Tür. Über den Ablauf der Treffen notierte Schopenhauer : »… um 6 Uhr stellt sich einer nach dem anderen ein, bald viele, bald wenige, wie es kommt, wir trinken Thee, sprechen, erzählen, lachen, klagen einander unser Leid …«122 Zum beklagten Leid zählte auch die Tatsache, dass die Mittel längst nicht mehr zu einem ordentlichen Diner reichten, wie die Gastgeberin freiherzig formulierte : »… ich gebe Thee, nichts weiter … Kosten macht das ganze gar nicht.«123 Um halb neun brachen die Gäste wieder auf, und eine halbe Stunde später aß Johanna allein zu Abend. Woher der ihren Gästen kredenzte Tee stammte und auf welchen
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Abb. 25 Johanna Schopenhauer. Wohlstand und ein nicht von französischen Soldaten okkupiertes Haus ermöglichten der gebildeten Frau die Ausrichtung ihres legendären »Thee tisches« in Weimar.
Schmuggelrouten über die Nordsee er das Land erreicht hatte, dürfte sie dabei kaum interessiert haben. Mit nicht geringer Freude dürfte die Danzigerin im »Journal des Luxus und der Moden« die Besprechung eines 1809 in Weimar unter dem Titel »Der elegante Theetisch« erschienenen Buches zur Kenntnis genommen haben. Verfasser war der erwähnte, aus Metz stammende Koch François René Le Goullon (1757 – 1839). In Kassel, wo Le Goullon seine ersten beruflichen Sporen verdient hatte, war er von Herzogin Anna Amalia entdeckt und als Küchenmeister an den Weimarer Hof geholt worden. Hier war er nicht nur für die standesgemäße Versorgung der herzoglichen Familie verantwortlich, sondern belieferte en passant auch Goethe mit allerlei Delikatessen. Später gründete Le Goullon in Weimar das »Hôtel de Saxe«.124 Schon der Untertitel seines Buches gab sich zeitgemäß und war im Zeichen der Napoleonischen Besetzung Programm. Die nämliche Idee, »einen glänzenden Zirkel auf eine geschmackvolle Art ohne großen Aufwand zu bewirthen«, dürfte sowohl in Weimar als auch in Berlin oder Hamburg unter dem gehobenen Bürgertum auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Der Leserin und dem Leser entrollt sich auf fünfundsiebzig Seiten eine Fülle an Rezepten zu vielfältigen Köst-
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lichkeiten für den Teetisch, die in den Augen der damaligen Gastgeberin wohl einfach zuzubereiten gewesen sein mögen. Das galt zum Beispiel für Crème à la Portugaise, Bagatelles, Zitronen-Gelee, Anis-Strötzel, Butter-Kringel, Meringues, Mandel-Tourte, Tourte Admirable, ordinaire Hefe-Waffeln, Karlsbader Oblaten oder allerlei Gefrorenes. Punsch wurde als Getränk ebenso angepriesen wie die Trinkschokolade als Ergänzung zum Tee, nicht jedoch der Kaffee. Auch Le Goullons Werk ist Zeugnis für die Tatsache, dass die Napoleonische Besetzung in Deutschland zu einer immer höheren ideellen Wertschätzung des Tees führte. Schon längst ging es nicht mehr allein um gesundheitliche Wirkung oder um ein schlichtes Grün gegen Schwarz, denn Zunge, Nase und das geschulte Auge entzauberten nun immer tiefer die wahre Seele des Getränks. Wie niemals zuvor wurde von Le Goullon ein ganzes Spektrum an Eigenschaften entdeckt und in Worte gefasst. Allein die unaufgegossenen Blätter unterschieden sich nämlich beträchtlich voneinander, mal seien sie klein, ja sogar pulverisiert, mal schmal, kurz, länglich, kraus, zusammengerollt oder gäben sich gar in Kugelgestalt. Von der Farbe her seien sie grünlich, graugrün, mattgrün, schwarzgrau oder weiß punktiert. Das eine oder andere Blatt mag Le Goullon probeweise auch trocken gekaut haben, um es am Ende vielleicht »etwas brandig« zu finden. Und welche Aromenfülle entfalte erst der aus der Tasse aufsteigende Duft – angenehm stark oder lieblich, dann wiederum nach Rosen oder Veilchen duftend. Mal schmecke der Tee angenehm, gar balsamisch, dann aber wiederum auch zusammenziehend oder bitter.125 Als die französischen Truppen Deutschland wieder verließen, war die Welt eine andere geworden. Französische Revolution und Napoleonische Herrschaft hatten mit all ihren destruktiven, aber auch zivilisatorischen Kräften tiefe Spuren hinterlassen. Auch die Welt des Tees hatte sich gewandelt. Obwohl er in Deutschland mengenmäßig weiterhin deutlich im Schatten des Kaffees stand, war er als bürgerliches Genussmittel kaum mehr wegzudenken. Aber erst die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte schließlich zwischen Emden und Baden-Baden eine bis dahin unbekannte Diversifizierung hervor. Stand am Beginn des Jahrhunderts noch der namenlose Schmuggler, der den groben Bohea bei Nacht und Nebel über die Hamburger Stadtgrenze schaffte, finden wir am Ende mit etablierten Marken wie Meßmer oder Teekanne den Tee als Alltagsgetränk und Massengut. Stets würde ihm aber auch dann noch die Aura des Spirituellen und Sinnlichen anhaften, wie es die Teemeister im alten Japan dereinst gelehrt hatten.
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Pflanzentransfer Während Europa in den Jahrzehnten nach Ende der Napoleonischen Ära in eine Zeit der Revolutionen taumelte, vollzogen sich auch Tausende von Kilometern entfernt in Asien nicht minder gravierende Umwälzungen. Diese führten in den 1840er Jahren zur Unterwerfung Chinas unter eine von den europäischen Großmächten diktierte globale Wirtschaftsordnung, aber auch dazu, dass eine Generation später in den Teetassen hierzulande nicht mehr der grobe Bohea und Hyson aus dem Reich der Mitte dampften, sondern der malzige Tee aus Assam oder die feinen Hochlandgewächse aus Darjeeling. Die Ursachen für den gewaltigen Umbruch waren vielfältig und umfassten einerseits politische und ökonomische, andererseits auch wissenschaftlich-technologische Aspekte. Am Ende stand der europäisch-koloniale Anbau zwischen Indien, Indonesien und dem südlichen Afrika, der hinsichtlich Umfang und Effizienz die traditionelle Produktion in Ostasien bald in den Schatten stellte. Die Voraussetzung bildete ein illegaler Transfer chinesischer oder japanischer Pflanzen und Samen in die europäischen Kolonien, der heute unter das Stichwort Biopiraterie fallen würde. Der Umbruch hatte sich bereits lange zuvor angekündigt. Denn längst bewegte die botanischen Gemüter die Frage, ob sich der Teestrauch von einer Weltgegend in eine andere würde verpflanzen lassen, wenn er dort nicht bereits unentdeckt natürlich vorkäme. Matteo Ricci hatte schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts gar vermutet, dass die echte Teepflanze eines Tages vielleicht in Europa identifiziert werden würde.1 Einige Zeit später wollte de La Loubère im Garten der niederländischen Ostindienkompanie in Kapstadt eine solche ausgemacht haben.2 Besonders ausführlich widmete sich der bereits bekannte Kopenhagener Mediziner Simon Pauli dem Thema und hatte schließlich mit dem heimischen Gagelstrauch einen angeblich engsten Verwandten im Blick. Wenn erst einmal die Annahme im Raum stand, dass die Flora vergleichbar sei und dass sehr ähnliche Pflanzen im Reich der Mitte wie in Europa wüchsen, lag ebenso die Vermutung nahe, dass sich der Tee auch würde global verpflanzen lassen. In der Praxis erwies sich der Transfer von Samen und noch mehr lebender Sträucher über die Kontinente hinweg lange Zeit aber als unlösbares Problem. Das betraf nicht allein die geringen Chancen, den europäischen Winter zu überleben, sondern schon den Transport auf Schiffen, die mindestens ein halbes Jahr
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lang schädlichem Salzwasser und salziger Luft ausgesetzt waren. Gelangte im 18. Jahrhundert überhaupt eine unversehrte Camellia sinensis aus Kanton nach London oder Göteborg, so wurde sie meist rasch Opfer des europäischen Klimas oder falscher Fürsorge. Selbst der Transfer innerhalb Asiens erwies sich lange Zeit als praktisch undurchführbar. In den 1720er Jahren entwickelte die im direkten Kantonhandel eher zurückhaltende VOC die Idee, Teeplantagen in den niederländischen Kolonien auf Java, Ceylon und am Kap anzulegen. Das Risiko dieses Unternehmens wurde aber als derart groß erachtet, dass sich die niederländische Ostindiengesellschaft nicht selbst daran wagte. Vielmehr sollten private Pflanzer mittels Erfolgsprämien zu einem solch kühnen Vorhaben bewegt werden. Auch wenn das Projekt nicht aus der Vorbereitungsphase herauskam, lag immerhin erstmals der Plan einer eigenen europäisch-kolonialen Plantagenwirtschaft auf dem Tisch.3 Die Frage, ob sich Tee auch außerhalb Ostasiens kultivieren ließ, entwickelte sich seitdem zum Politikum. So weckten die stark wachsenden Einfuhren nach Europa immer öfter kritische Stimmen, die im Geiste des Merkantilismus im exotischen Getränk eine enorme wirtschaftliche Gefahr sahen. Denn Jahr für Jahr floss für den schnell getrunkenen Aufguss eine gewaltige Menge Silber ab, das durch eigene Exporte überhaupt erst verdient werden musste. Solche Gedanken hegte auch Carl von Linné, der nicht nur den Tee in seine binäre Nomenklatur einfügte, sondern gleichzeitig auch überzeugter Verfechter einer aktiven Handelsbilanz war. Es sei seiner Meinung nach Irrsinn, große Mengen von mühsam aus den Minen Südamerikas herangeschafftem Silber für, wie er schrieb, vertrocknete Blätter von Büschen wieder außer Landes zu bringen. Um dem abzuhelfen, schlug der berühmte Botaniker 1740 vor, einen Aufguss aus getrockneten europäischen Pflanzen, wie etwa aus Erdbeerblättern, Thymian oder Oregano, zu brauen. Ein von ihm selbst komponierter sogenannter »Lappentee« sollte in Stockholm populär gemacht werden.4 Zu viele Menschen hatten sich in der Zwischenzeit aber auch in Schweden an die belebende Wirkung der Camellia sinensis gewöhnt, als dass Linnés Vorschlag mit dem heimischen Kräutertee auf große Gegenliebe stieß. Als dieser entsprechend nicht fruchtete, entwickelte der Botaniker die Idee, echte Teepflanzen oder deren Samen nach Europa zu transferieren und es daheim selbst mit einem kommerziellen Anbau zu versuchen. Vor dem Hintergrund des damaligen Wissensstandes und eingedenk Simon Paulis Theorie war die Idee nicht abwegig ; denn schon längst war bekannt, dass sich andere Nutzgewächse unter bestimmten Bedingungen problemlos von einer Weltgegend in eine andere verpflanzen ließen. Das traf nicht allein auf Zucker, Mais und Chili zu, sondern auch auf die
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aus den Anden stammende Kartoffel, die, anfangs von den Menschen in Europa verschmäht, später viele vor dem Hungertod retten sollte.5 Darüber hinaus sei dem berühmten Schweden zu Ohren gekommen, in Karlsruhe, Danzig und St. Petersburg würde gar Kaffee wachsen, der allerdings in der Tat leichter zu pflegen war. In seinen Augen eigne sich die Südspitze Schwedens für den Teeanbau ebenso gut wie Deutschland oder Dänemark, selbst die dortigen Winter würden die Pflanzen gut überstehen. Der große Name wog schwer, und Carl von Linné machte sich als Protagonist eines wahrhaft globalen Pflanzentransfers über die großen Grenzen der Vegetations- und Klimaräume der Erde hinweg einen Namen.6 Nicht alle hielten sein Konzept für realistisch, und der große theoretische Wurf blieb nicht unwidersprochen. Selbst das allseits bekannte »Universal Lexicon« von Zedler äußerte sich skeptisch. Diesem seien die bislang erfolglosen Versuche, Samen oder lebende Pflanzen außerhalb Ostasiens zu kultivieren, bekannt. Als Ursachen, »warum man in Europa schwerlich oder gar keinen Thee zeugen könne«, gab das Lexikon nicht nur die Verderblichkeit der Samen, sondern auch die lange Seereise und die Empfindlichkeit des lebenden Strauches an, denn »so offte man es auf allerhand Art versuchet hätte, wäre solcher jedes mahl unterweges verdorben und abgestorben«. Entsprechend betrachtete der »Zedler« allein China und Japan als Länder, in denen jener erfolgreich angebaut werden könne, und Linnés Weg als Irrweg.7 Insgesamt fünf seiner Schüler sandte der Schwede nach Kanton, um von dort Sträucher mitzubringen – letztlich allerdings vergeblich. 1757 gelang es der schwedischen Ostindienkompanie zwar, zwei vermeintliche Teepflanzen nach Göteborg zu senden und diese dann quer durch das Land nach Uppsala zu Linné transportieren zu lassen. Dort angekommen und eingepflanzt, stellte sich allerdings heraus, dass es sich nicht um die Camellia sinensis, sondern um eine andere Kamelienart handelte. Drei Jahre später erhielt Linné über seine Kontakte nach England Samen, von denen kein einziger in seinem botanischen Garten aufging.8 Schließlich erreichte eine erste echte überlebende Pflanze wiederum auf einem Kompanieschiff Göteborg. Während die Seeleute nach langer Reise sogleich in die Stadt aufbrachen, verblieb jene auf dem Kapitänstisch an Bord, wo sie Opfer des Appetits von Ratten wurde und bald darauf einging. Zu Linnés großer Enttäuschung starben auch 1763 weitere Sträucher nach Ankunft bei ihm ab. Glücklicherweise waren von der letzteren Partie aber zehn lebende Pflänzchen in Göteborg zurückgelassen worden, die nun mit größter Umsicht in einer Kutsche, angeblich auf den Knien der Gemahlin eines Ostindienkapitäns, nach Uppsala transportiert wurden. Zwei von ihnen überlebten tatsächlich und
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vegetierten sogar einige Jahre lang im dortigen botanischen Garten dahin, ehe auch sie das Zeitliche segnete. Als die letzte von ihnen noch lebte, erschien ein kurzer Text zum »Getränk Tee« (»Potus Theae«) aus der Feder eines Doktoranden, der aber wie damals üblich im Wesentlichen Linnés eigene Gedanken wiedergibt und einmal mehr die vermeintliche Praktikabilität von dessen Idee unterstreicht.9 Die Briten erwiesen sich auf lange Sicht als erfolgreicher, denn sie dachten von Anfang an keineswegs an einen kommerziellen Anbau im Mutterland, sondern nach dem Beispiel der VOC in ihren tropischen Kolonien. Dort entstanden auch erste Pläne, mit denen sich eifrige Kompaniebedienstete um die Erschlie ßung neuer Einkommensquellen bemühten. In den 1770er Jahren glaubte Warren Hastings (1732 – 1818), Generalgouverneur von Britisch-Indien, die Kulti vierung neuer Agrarprodukte auf dem Subkontinent würde nicht nur vielen Menschen Lohn und Brot bringen und die Ernährung der Inder sicherstellen, sondern könne auch die den Briten zufließenden Steuereinnahmen deutlich erhöhen. Zunächst dachte Hastings an Seide, Baumwolle und Indigo, die sich in der Tat zu einer festen Stütze der britischen Kolonialwirtschaft entwickeln sollten.10 Die vom Generalgouverneur ausgelöste Debatte führte 1786 zur Gründung des Botanischen Gartens der East India Company in Kalkutta. Gründungs direktor war ein Colonel Robert Kyd (1746 – 1793), der wie so viele Europäer im damaligen Indien als Amateurforscher ein lebendiges Interesse an der Botanik zeigte. Er konzipierte die neue Einrichtung als Akklimatisierungsgarten, in dem sich aus anderen Weltteilen stammende Pflanzen an die indische Umwelt gewöhnen und von dem aus sie über den gesamten Subkontinent versandt werden sollten. In einer Denkschrift nannte Kyd eine große Zahl seiner Ansicht nach vielversprechender Gewächse, wie etwa Baumwolle, Indigo, Tabak, Sandelholz, Teak, Pfeffer, Nelken, Kampfer oder Asant. Als Letztes in der langen Liste führte er grünen Tee und Bohea auf. Gemeinsam mit diesen sollten auch mit der Verarbeitung der empfindlichen Blätter erfahrene Chinesen nach Indien gebracht werden, denn, was Linné nicht beachtet hatte, ohne das entsprechende Knowhow hätte der größte Pflanzerfolg nichts genutzt.11 Das in Kalkutta entwickelte Konzept traf in London bei den Direktoren der East India Company und der britischen Regierung auf Wohlwollen. In einem bemerkenswerten Memorandum bezeichnete Handelsminister Charles Jenkinson, erster Earl of Liverpool (1727 – 1808), das gewaltige Außenhandelsdefizit Großbritanniens gegenüber dem Reich der Mitte einmal mehr ungeschminkt als ernsthafte Bedrohung. Ihm sei klar, dass der Tee inzwischen nicht mehr aus
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den Haushalten seiner Landsleute wegzudenken sei ; und wenn ihn diese nicht selbst importierten, so schmuggelten ihn die Konkurrenten vom Festland ein.12 Dem versierten Kyd war bewusst, dass in China große Vorsicht zu walten habe, denn jeder Versuch, Pflanzen aus dem Reich der Mitte herauszuschmuggeln, verletze das Monopol des Co-Hong und werde den Argwohn der chinesischen Behörden heraufbeschwören. Aber auch seitens der britischen Kompaniekaufleute in Kanton, die von dem traditionellen Chinageschäft profitierten, werde nicht mit Gegenliebe zu rechnen sein.13 Bald schon befanden sich dennoch in der Umgebung Kantons, weit abseits der traditionellen Anbaugebiete beschaffte vermeintliche Schwarz- und Grüntee-Samen auf großer Fahrt in Richtung Kalkutta. Chinesische Spezialisten seien demgegenüber, wie Kyd aus Kanton erfuhr, nicht zu motivieren, sich auf die lange, ungewisse Reise nach Indien zu begeben. Auch wenn so mancher Samen tatsächlich in Kalkutta keimte, führte der Mangel an Expertise entsprechend noch nicht zu einem nachhaltigen Erfolg.14 Zur selben Zeit rief die Debatte an der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Naturforschung in London auch Joseph Banks auf den Plan. Mit dem Tod seines Vaters hatte Banks in jungen Jahren ein gewaltiges Vermögen geerbt, das ihn zu einem der reichsten Engländer seiner Zeit machte und mit dem er es sich leisten konnte, seine Leidenschaft für die Naturforschung zum Beruf zu machen. Ohne akademischen Abschluss mischte sich Banks unter die bessere Londoner Gesellschaft, um zum Mitglied und später langjährigen Präsidenten der ehrwürdigen Royal Society ernannt zu werden. Als Captain James Cook (1728 – 1779) zu seiner ersten Weltumsegelung aufbrach, bei der auch ein vermuteter Südkontinent gefunden werden sollte, war Joseph Banks gemeinsam mit Daniel Solander mit von der Partie.15 Nach einer weiteren Expedition in Richtung Island konzentrierte sich Banks darauf, die Erträge seiner Fahrten gemeinsam mit anderen Naturforschern auszuwerten.16 Dabei stieß der wohlhabende Botaniker auch auf das Thema des Pflanzentransfers. Seine Idee, den Brotfruchtbaum von Tahiti in die Karibik zu transferieren, stand Pate für Banks’ Konzept zum Tee. Dieses stellte er 1788 den Direktoren der East India Company in einem ausführlichen Gutachten vor.17 Der Entwurf belegt, dass der Naturforscher sehr konkrete Vorstellungen zum Transfer der Pflanze und der spezifischen Verarbeitungstechnologie hatte. Vergangen waren die Zeiten, in denen Carl von Linné noch geglaubt hatte, Camellia sinensis könne selbst den skandinavischen Wintern widerstehen. Stattdessen schlug Banks ebenso wie zuvor schon Kyd Indien als künftiges Anbaugebiet vor. Es solle aber nicht sofort danach gestrebt werden, sämtliche Produktion für den britischen Markt von China aus auf den Subkontinent zu verlagern, sondern das
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sei zunächst mit einfachen Qualitäten zu versuchen.18 Denn diese wären leichter zu produzieren und ließen sich besser für den Massenkonsum einer weniger zahlungskräftigen, breiteren Bevölkerungsschicht verwenden. Demgegenüber erwiesen sich die Genießer hochwertiger Ware als eher konservativ und seien ohnehin nicht gezwungen, so genau auf den Preis zu achten. So hatte Banks die grobe »Bohea«-Pflanze mit dem dunklen Aufguss im Blick, die seiner Ansicht nach in Südasien am Fuße des Himalaya gut gedeihen würde.19 Die vom britischen Amateur-Botaniker vorangetriebene Debatte bewegte in Großbritannien eine Zeit lang ohne praktisches Resultat die Gemüter, ehe 1793 unter Lord Macartney (1737 – 1806) eine offizielle britische Gesandtschaft den chinesischen Kaiserhof erreichte. Macartney nutzte die Reise nicht nur zur Pflege politischer Kontakte, sondern auch, um sich aufmerksam im Lande umzusehen. Im November jenes Jahres notierte er in seinem Tagebuch, er habe auf dem Weg ins Landesinnere das zuvor durchquerte Bergland verlassen und nunmehr eine fruchtbare, einladende Gegend erreicht. Dort würden nicht nur Maulbeerbäume, sondern auch Tee in Hülle und Fülle gedeihen. Nach seinen Erkundigungen seien dort die Sommer heiß, die Winter kühl, obwohl es weder Frost noch Schnee gebe. Er habe seine Begleiter aufgefordert, nicht nur Samen einzupacken, sondern ohne Wissen der chinesischen Behörden auch einige junge Pflanzen auszugraben und samt Erdballen mitzunehmen, um sie über Kanton nach Kalkutta zu senden. Als die Beute allerdings im Botanischen Garten der britischen Kolonialmetropole ankam, fand sie der neue Direktor, William Roxburgh (1751 – 1815), fast in Gänze abgestorben. Aber nicht nur mit den Pflanzen selbst, sondern auch mit dem Ausbruch der Koalitionskriege starben einstweilen alle weiteren Hoffnungen, lebenden Tee unversehrt von China nach Indien zu schaffen.20 Erst mit dem Ende der Napoleonischen Herrschaft, die auch Indien nicht unberührt gelassen hatte, wagten sich die Briten erneut an das Thema. Durch intensive Forschung war die Camellia sinensis immer vertrauter geworden, und die Botaniker suchten nun nach kleinsten Indikatoren, die auf einen Erfolg von Pflanzversuchen schließen ließen. Als William Roxburgh 1813 nach Europa zurückkehrte, stieß er einmal mehr in Kapstadt auf eine üppig wachsende Pflanze. Sogleich formulierte er die Idee, Ableger und Samen davon nach Kalkutta zu senden, sollte auf Dauer kein brauchbares Material aus dem Reich der Mitte erhältlich sein. Aber auch dieses Vorhaben gelang ebenso wenig wie drei Jahre darauf der Versuch von Lord Amherst (1773 – 1857), dem späteren General gouverneur Britisch-Indiens, wieder einmal Tee aus China herauszuschmuggeln. Das von ihm gesammelte Biomaterial ging vor der Küste Sumatras mitsamt dem Schiff unter.21
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Abb. 26 James Baillie Fraser, Ansicht des Botanischen Gartens von Kalkutta und des gegenüberliegenden Garden Reach, kolorierte Aquatinta (1826). In dem repräsentativen Haus links lebten die Direktoren des Gartens William Roxburgh und Nathaniel Wallich.
Die Angelegenheit wurde zur Prestigesache, denn was den Briten nicht gelang, glückte den Niederländern in Südostasien. Diese unterhielten auf der Insel Java im Ort Bogor den botanischen Garten Buitenzorg. Nachdem die VOC bereits im 18. Jahrhundert Pläne für einen Pflanzentransfer gehegt hatte, ließ die niederländische Regierung 1825 Teesamen aus Japan dorthin bringen. Beschafft wurden sie von dem aus Würzburg stammenden Arzt Philipp Franz von Siebold (1796 – 1866) über den nach wie vor existierenden niederländischen Handelsstützpunkt auf Deshima. Der begabte Siebold war vom Generalgouverneur in Batavia auf die kleine künstliche Insel gesandt worden, um von dort aus möglichst viele landeskundliche Informationen über Japan einzuholen sowie naturkundliche Studien zu betreiben. Mit seinen Kenntnissen als Arzt erlangte Siebold bald das Vertrauen regionaler japanischer Würdenträger, was ihm, wie nur wenigen Europäern zuvor, ermöglichte, sich auch außerhalb der Niederlassung umzusehen und hier schließlich mit der schönen Sonogi Otaki eine feste Beziehung einzugehen.22 Ebenfalls auf Deshima erreichte ihn die Aufforderung, Teesamen nach Buitenzorg zu senden, der er in Gestalt mehrmaliger umfangreicher Lieferungen nachkam. Bereits zehn Jahre später wuchsen in mehreren Provinzen Javas nicht weniger als eine Million Sprösslinge, wovon die Briten in
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jener Zeit nur träumen konnten. Dieser Erfolg wurde dadurch möglich, dass der aus Rotterdam stammende Kaufmann Jacobus Jacobson (1799 – 1848) mehrmals nach China reiste, um Wissen zu sammeln und chinesische Tee-Spezialisten anzuwerben, was die britischen Kaufleute in Kanton für die zeitgleichen Projekte in Indien ihrerseits geschickt zu verhindern gewusst hatten.23 Der Weg nach Assam Eine Zeit lang schien es, als seien die problematischen Transferversuche zwischen China und Indien ohnehin überflüssig. Was anfangs als Gerücht das Licht der Welt erblickte, fand später wissenschaftliche Bestätigung : Teesträucher würden bereits natürlich in Südasien wachsen. Zwei Jahre nachdem der Schiffsunter gang vor Sumatra den Lord Amherst beinahe das Leben gekostet hatte, machte der britische Resident in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu, E dward Gardner, eine bemerkenswerte Entdeckung : Im Garten eines aus Kaschmir stammenden Kaufmanns beobachtete er zweifelsfrei eine Teepflanze. Der Amateurbotaniker begab sich außerhalb der Stadt in den nahegelegenen Bergdschungeln auf die Suche und stieß hier zudem auf ihren nahen Verwandten, die Camellia kissi.24 Seit einigen Jahren stand der Botanische Garten Kalkuttas nun unter der Leitung des Dänen Nathaniel Wallich. Wallichs Vorfahren stammten aus dem Heiligen Römischen Reich, und er selbst hatte sich an der Kopenhagener Chirurgischen Akademie zum Wundarzt ausbilden lassen. Seine erste Anstellung fand er als Mediziner in der kleinen dänischen Kolonie Serampore in Indien. Napoleons Kriege, die nicht nur in Europa, sondern auch in Indien ausgefochten wurden, verschlugen ihn schließlich nach Kalkutta. Hier machte er sich nicht nur als begabter Arzt, sondern auch als Amateurbotaniker einen Namen, ehe ihm schließlich die Leitung des dortigen Botanischen Gartens angetragen wurde.25 Wallich nahm Edward Gardners Hinweise auf den Tee und die Kamelien in Nepal anfangs nicht besonders ernst. Erst als aus einer anderen, noch abgelegeneren Region ähnliche Hinweise auf seinem Schreibtisch landeten, musste er sich der Sache annehmen. Letztere stammten aus Assam im Nordosten des indischen Subkontinents. Nach langer Unabhängigkeit hatte diese Region kurze Zeit zum Königreich Birma gehört, ehe sie 1826 nach dem Ersten Anglo-Birmanischen Krieg in die Hände der East India Company fiel.26 Bereits zuvor hatten sich britische Botaniker für die Flora jener weit von Kalkutta entfernten, zwischen den Sadiya-Bergen im Süden und dem Himalaya im Norden einge-
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Abb. 27 Thomas Herbert Maguire : Nathaniel Wallich (1849). Der aus Dänemark stammende Botaniker beteiligte sich maßgeblich an der Entwicklung des Teeanbaus in Assam.
zwängten Region am mächtigen Fluss Brahmaputra interessiert.27 Dass dort, inmitten des Dschungels am Fuße der Achttausender, möglicherweise echter Tee wachse, hatte erstmals der Brite Robert Bruce vermutet. Dieser lebte als Kaufmann noch vor dem Ersten Anglo-Birmanischen Krieg tief im Osten Assams, wo er mit einer Einheimischen verheiratet war und die lokalen Sprachen erlernte.28 Bruce leitete seine Beobachtungen zum vermeintlichen Tee nicht nach Kalkutta weiter, denn die epochale Bedeutung seines Wissens dürfte ihm kaum bewusst gewesen sein. Zweifel mögen überwogen haben, zumal jener kein Botaniker war. Kaum dürfte er zum Vergleich das chinesische Original gekannt haben ; zudem sind die Blätter des wilden Assam-Tees größer als die der chinesischen Kulturpflanze und damit für ein ungeübtes Auge nicht leicht zu identifizieren. Allein der Konsum durch die Einheimischen und eine Geschmacksprobe mögen ihn auf die Idee gebracht haben, dass es sich bei der inmitten des Dschungels in kleinen Kulturen angebauten Pflanze tatsächlich um Tee handelte. Aus heutiger Sicht verwundert diese Beobachtung nicht, liegt doch das östliche Assam in Nachbarschaft zur angenommenen Urheimat der Camellia sinensis im Quellgebiet des Irrawaddy.29
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Mit dem ersten Anglo-Birmanischen Krieg drangen über britische Kompaniebedienstete weitere Informationen nach Kalkutta. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Richter Robert Scott, der als Begründer des britischen Bergortes Cherrapunji im Grenzgebiet zu Assam gilt.30 Von dort aus schickte Scott Herbarmaterial und Samen von einer Pflanze an Wallich, die die vor Ort ansässigen Birmanen und Chinesen für wilden Tee hielten. Nördlich Cherrapunjis solle dieser am Fuße der Berge im Überfluss vorkommen. Leider gebe es in der ganzen Region aber niemanden, wie er an Wallich schrieb, der mit der Botanik tiefer vertraut sei und die Sache professionell weiterverfolgen könne.31 Immerhin lässt sich feststellen, dass die ersten vermeintlichen Pflanzen der Camellia sinensis var. assamica um die Mitte der 1820er Jahre in den Vorgebirgen Assams beobachtet und Informationen darüber nach Kalkutta geschickt wurden. Eine endgültige Bestätigung konnte zunächst aber auch dort nicht erbracht werden, da die Blätter einiger Kamelienarten einander sehr ähnlich sind und das frühe Herbarmaterial meist in einem erbärmlichen Zustand in Kalkutta ankam, was eine eindeutige taxonomische Einordnung vereitelte. Nachdem Assam mit Ende des Krieges endgültig an die Briten gefallen war, mehrten sich die Hinweise. In der kleinen Ortschaft Sadiya ganz im Osten der Region, wo Jahre zuvor bereits Bruce seine botanischen Streifzüge unternommen hatte, entdeckte nun auch ein gewisser Lieutenant Charleton die geheimnisvolle Pflanze.32 Er schrieb an Wallich, das infrage kommende Gewächs würde wild am Fuß der Berge oder an deren Hängen, niemals jedoch im Gipfelbereich gedeihen und eine Höhe von bis zu 5 m erreichen. Die Blätter seien etwa 5 cm lang, elliptisch-oval und gezackt. Während die Blüte weiß, ähnlich der einer weißen Rose, nur wesentlich kleiner sei, habe er Samenkapseln nicht gesehen.33 Auch wenn Charleton ebenfalls kein Botaniker war, beanspruchte er nach seinen Erkundigungen anders als Bruce für sich die Autorität, Tee als solchen erstmals eindeutig identifiziert zu haben. Von geradezu epochaler Bedeutung war seine sich darauf gründende Einschätzung, dass Klima und Boden in Assam für die Pflanze vorzüglich geeignet seien und dass dem Transfer chinesischer Sträucher in die Region nichts im Wege stehe. An eine Kultivierung des einheimischen Gewächses war nicht gedacht.34 Konkret berichteten die seitdem immer öfter in Kalkutta eingehenden Informationen, dass die Blätter der betreffenden Pflanze insbesondere unter den Stämmen der Singpho und Khamti weit im Osten beliebt seien. Diese würden sie in kleine Stücke schneiden, von den Stängeln und den gröberen Fasern befreien, kochen und dann in kleinen Bällen zusammengerollt in der Sonne trocknen. Anschließend ließe sich mit Wasser ein Aufguss daraus zubereiten.
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Auch einen Namen hatte das Getränk, denn ein einheimischer Gärtner habe verraten, dass jenes unter der Stammesbevölkerung die Bezeichnung »Chah« trage.35 Sämtliche Bemühungen um den Auf bau einer Teeproduktion in Assam dürften nicht gefruchtet haben, hätten diese nicht 1833 durch eine politische Entscheidung im fernen London gewaltigen Rückenwind erfahren. Mit der Durchsetzung des Freihandels war bereits 1813 das Handelsmonopol der East India Company für Indien abgeschafft worden. Zwei weitere Jahrzehnte lang konnten die Kaufleute der Ostindiengesellschaft aber noch von Konkurrenz aus dem eigenen Land unbehelligt mit China Handel treiben, womit es nun vorbei war. Die neue Lage schwächte fortan die Gewinnchancen der Kompanie im Austausch mit Kanton, was immer mehr Indien als Alternative in den Fokus rücken ließ. Mit der alten Idee von Joseph Banks ließen sich nunmehr gleichsam zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen : Die East India Company könne im eigenen Territorium Tee anbauen, um damit langfristig das Geschäft mit China zu ersetzen. Mit der Kulturpflanze ließe sich darüber hinaus mit Assam eine Region in die britische Kolonialwirtschaft integrieren, die drohte, sich zu einem wahrhaften Fass ohne Boden zu entwickeln. Denn seit dem Ende des Ersten Anglo-Birmanischen Krieges produzierte Assam praktisch nichts, das dem Export irgendwie nutzbar gemacht werden konnte. Entsprechend gelangte kaum Geld in die Region, die finanziell und wirtschaftlich auszubluten drohte. Durch den Aufbau einer export orientierten Plantagenwirtschaft ließe sich jenes Problem nun hervorragend lösen. Der an einer Förderung der Agrarproduktion höchst interessierte Generalgouverneur Britisch-Indiens, Lord Bentinck (1774 – 1839), ergriff die Initiative und initiierte Anfang 1834 die Gründung eines sogenannten Tee-Komitees, dem neben Wallich acht weitere Europäer und zwei Inder angehörten.36 Jenes sollte herausfinden, inwieweit chinesischer Tee auch in Indien angepflanzt und kommerziell genutzt werden könne. Zudem wäre einmal mehr zu versuchen, Pflanzen, Samen und Fachleute aus China nach Indien zu schaffen. Denn immer noch dachten die Entscheidungsträger in Kalkutta nicht an die Nutzung des einheimischen Assam-Tees, sondern allein daran, in Assam chinesische Teepflanzen zu kultivieren.37 Mit einem Rundschreiben wandte sich das Komitee an die Repräsentanten der britischen Kolonialmacht in den verschiedenen Distrikten Nordindiens, die aufgefordert wurden, mögliches Land zu identifizieren, auf dem erfolgversprechend Versuchsplantagen angelegt werden könnten.38 Gleichzeitig schickte es mit George James Gordon (gest. 1853) ein eigenes Mitglied auf die Reise nach China.39
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Abb. 28 Ein Flussarm im Tal des Brahmaputra, im Hintergrund der Himalaya. Dieses Bild fertigte der Botaniker William Griffith an, der 1835/36 gemeinsam mit Nathaniel Wallich Assam bereiste.
Geplant war zudem eine eigene naturkundliche Expedition in den fernen Nord osten des Subkontinents. Bevor es aber auf die Reise ging, erfolgte die offizielle Identifizierung der geheimnisvollen Pflanze aus Assam als wahrhaften Tee. So erhielt Wallich im November 1834 neben Blättern endlich auch unversehrte Samenkapseln, mit denen allein er eine sorgfältige taxonomische Einordung vornehmen konnte. Gleichsam als Weihnachtsgeschenk an die East India Company bestätigte das Tee-Komitee am 24. Dezember amtlich, dass das begehrte Gewächs tatsächlich in Assam heimisch sei, damit also innerhalb der Grenzen Britisch-Indiens wachse. Ebenso wurde festgestellt, dass China- und Assamtee in botanischer Hinsicht absolut identisch seien und dass auch der Assam-Tee kommerziell genutzt werden könne.40 Jetzt ging alles sehr schnell. Unter Wallichs Leitung brach die geplante Expedition Mitte des darauffolgenden Jahres durch die weite Sumpflandschaft des Ganges und über die Berge in Richtung Nordosten auf. In Assam trafen gleichzeitig per Flussboot die von Gordon in China angeworbenen Spezialisten sowie Tausende von Setzlingen ein. Wallich und seine Gefährten konnten auf diese Weise nicht allein naturkundliche Untersuchungen betreiben, sondern gleichzeitig auch eine Versuchspflanzung mit indischen und chinesischen Sträuchern anlegen. Bald stellte sich heraus, dass die von Gordon beschafften chinesischen Hochlandgewächse dem feuchtheißen Klima der Region nicht standhielten, während der Assam-Tee prächtig gedieh.41
Die erzwungene Öffnung Chinas
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Bereits 1837 gelangte eine fertig verarbeitete Partie Assam-Tee auf den Weg nach Kalkutta. Und im Januar des darauffolgenden Jahres konnten ihn auch die Londoner das erste Mal probieren. Der dunkle Aufguss und das herbe Aroma schmeckten nicht jedem. Aber mit dem groben Bohea waren die Briten ohnehin einiges gewohnt, so dass die erste Auktion trotz mancher Einwände ein durchaus positives Echo fand.42 Der Verkaufserfolg gab allen Mühen Recht, und die Londoner Geschäftswelt erkannte bald das enorme ökonomische Potential, das sich in dem Getränk aus dem äußersten Nordosten Britisch-Indiens verbarg. Bald gründete sich in der britischen Hauptstadt eine bis heute existierende »Assam Company«, die es sich auf die Fahne schrieb, im Nordosten des Subkontinents großflächig Teeanbau zu etablieren.43 Die erzwungene Öffnung Chinas Die bescheidenen Anfänge in Indien bedeuteten aber nicht, dass China von einem Tag auf den anderen an Bedeutung verlor. Ehe der indische Tee seinem Verwandten aus dem Reich der Mitte ernsthaft Konkurrenz machte, vergingen Jahrzehnte. Mit militärischer Gewalt versuchten die Briten auch nach dem Auslaufen des Kompaniemonopols, ihre Handelsinteressen in China einstweilen zu behaupten und erzwangen mit den beiden Opiumkriegen die wirtschaftliche Öffnung des Landes. Das Reich der Mitte, das sich stets als das Zentrum einer physischen wie kosmischen Weltordnung verstanden hatte, rückte damit in die Peripherie eines von Europa aus dominierten imperialen Weltsystems. Ein Grund dafür bestand darin, dass die europäische Liebe zu China seit dem 17. Jahrhundert durch die dortige Machtelite weitgehend unerwidert geblieben war ; diese hatte sich allenfalls am Rande für die Entwicklungen in Europa interessiert. Mangelndes Interesse und fehlendes Wissen sollten dem Land nun zum Verhängnis werden.44 Das einzige europäische Gut, an dem China größeres Interesse zeigte, war stets das Silber gewesen. Wie bereits gesehen, erwiesen sich Edelmetallausfuhren im Zeitalter merkantilistischer Wirtschaftsvorstellungen in Europa aber zunehmend als antimerkantilistisch. Als Ersatz bot sich die Einfuhr von Opium an, das im Norden Indiens produziert wurde und im Laufe von Generationen unzählige Menschen in Ostasien süchtig machen sollte. In Europa hatte das indische Opium traditionell kaum Absatz gefunden, war aber bereits im 17. Jahrhundert von der VOC nach Südostasien und China verschifft worden.45 Unter britischer Vorherrschaft verstärkte sich der Handel mit dem brisanten Gut. Schon lange
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in Indien bekannt, dehnten sich dort Anbau und Verarbeitung seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts massiv aus. Zunächst wurden ganze Inseln im indonesischen Archipel von den Briten mit der Droge regelrecht überschwemmt. Dann holten diese Informationen darüber ein, ob sich deren Verkauf auch in China lohnen würde.46 Erste Versuche waren erfolgreich. Brachten die Briten Mitte der 1730er Jahre jährlich etwa 13 t nach Kanton, so stieg die Menge bis 1767 auf 63 t an. In den 1820er Jahren waren es 630 t und Mitte des 19. Jahrhunderts jährlich um die 1900 t. Dabei trieb die East India Company diesen Handel nicht selbst, sondern überließ ihn privaten englischen Handelshäusern, die das Opium massenhaft in Kanton verkauften. Das von ihnen erwirtschaftete Silber wurde noch vor Ort der Ostindienkompanie im Tausch gegen Wechsel übergeben. Während die Wechsel in London eingelöst werden konnten, verfügte die EIC nun über ausreichende Silberressourcen in Kanton. Trotz des offiziellen Einfuhrverbots seitens des Kaiserhofs blühte das Geschäft nicht zuletzt dank der Korruption vieler örtlicher chinesischer Amtsträger auf.47 Als die Missstände endgültig die Oberhand zu gewinnen drohten, wurde der hohe Beamte Lin Zexu (1785 – 1850) mit der Durchführung einer öffentlichen Kampagne gegen das illegale Geschäft beauftragt. Ende der 1830er Jahre ließ jener den Opiumhandel im Lande konsequent verfolgen und behindern, ehe er auf Grundlage seiner Erfolge vom Kaiser offiziell zum Opium-Beauftragten mit weitreichenden Vollmachten ernannt wurde. Um das Übel bei der Wurzel zu packen, wandte er sich in dieser Funktion schließlich direkt gegen Kanton. Lin Zexus Maßnahmen richteten sich dabei nicht allein gegen die einheimischen Kaufleute und bestechlichen Beamten in der Stadt, sondern zunehmend auch gegen die Briten, die ihm unter Zwang 20.000 Kisten, also mehr als 300 t, entschädigungslos aushändigen mussten. Das Opium wurde verbrannt, und die Briten waren gezwungen, sich einstweilen aus Kanton zurückzuziehen.48 Der militärische Gegenschlag ließ indes nicht lange auf sich warten. Diesem hatten die Chinesen im Ersten Opiumkrieg nicht viel entgegenzusetzen, und mehrere Hafenstädte wurden von britischen Truppen besetzt. Mit dem Friedensabkommen von Nanking im August 1842 begann die Epoche der sogenannten ungleichen Verträge, die den Briten und in ihrem Schlepptau schließlich auch anderen Europäern und Amerikanern den Zugang zu den chinesischen Märkten erzwangen. Fünf Häfen öffneten sich zunächst für den westlichen Handel, die Insel Hong Kong wurde britisch, Reparationen waren fällig, und der vom CoHong monopolisierte Teehandel in Kanton gehörte der Vergangenheit an.49 Der Erste Opiumkrieg schwächte den ohnehin krisengeschüttelten Staat der Mandschu-Dynastie weiter. Es begann eine Phase innerer Unruhen, und mit
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großer Brutalität machte der sogenannte Taiping-Aufstand 1851 – 1864 von sich reden, der zum Zweiten Opiumkrieg (1856 – 1860) führte.50 Gemeinsam mit den Franzosen drangen die Briten nun tief ins Landesinnere vor und zerstörten sogar den kaiserlichen Sommerpalast in Peking. Erneut musste China mit einem Friedensvertrag Reparationen zahlen sowie die dauerhafte Anwesenheit europäischer Gesandtschaften im Lande und die Öffnung fünf weiterer Häfen anerkennen. Auch in dem am Fluss Jangtse tief im Landesinneren gelegenen Teehandelszentrum Hankou wurde den Briten ein sogenanntes Konzessionsgebiet zugesprochen. In den 1880er und 1890er Jahren folgten weitere derartige quasi exterritoriale Enklaven für Russland, Frankreich, Deutschland und Japan.51 Als sich die Teeproduktion in Indien noch in ihren Kinderschuhen befand, schienen das Ende des britischen Kompaniemonopols und die gewaltsame Öffnung des großen chinesischen Marktes eine Zeit lang große Chancen zu bieten. Das lag nicht zuletzt an einer bedeutenden Innovation im Schiffbau, denn an die Stelle der voluminösen Kompaniefahrzeuge traten die schnittigen, schmalen und damit auch viel schnelleren Clipper. Mit diesen war es möglich, den Tee in nur noch einem Bruchteil der Zeit nach Europa zu transportieren, wo er frischer ankam und damit auch höhere Preise erzielte. Geschwindigkeit wurde zum Wettbewerbsvorteil, und wer als Erster in der Handelssaison in die Themse einlief, konnte seinen Tee am besten verkaufen.52 Die aus Nordamerika stammenden Clipper stellten eine Weiterentwicklung der im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eingesetzten Kriegsschiffe dar. Mit ihren leicht nach hinten geneigten Masten und einer gewaltigen Segelfläche erlangten sie bald im Verkehr rund um Kap Horn und schließlich im Chinahandel Kultstatus. Die Briten übernahmen den Schiffstyp von den Amerikanern ; gleichzeitig durften mit der endgültigen Freigabe der britischen Häfen für ausländische Konkurrenz 1850 aber auch US-amerikanische Fahrzeuge zwischen den chinesischen Vertragshäfen und Großbritannien verkehren. Während die alten Kompanieschiffe teils länger als ein halbes Jahr auf einer Passage unterwegs gewesen waren, schmolz die Überfahrt nun auf weniger als einhundert Tage zusammen. Als der amerikanische Clipper »Oriental« Anfang Dezember 1850 nach siebenundneunzig Tagen von Hongkong aus die L ondoner Docks erreichte, war das zum Leidwesen vieler britischer Schiffseigner Rekord. In London angekommen, wurde die Ware ebenso rasch entladen. Jede Kiste wurde in den Speicherhäusern im Hafen geöffnet und ausgekippt, um den britischen Zöllnern die Inspektion zu ermöglichen. Fast zur selben Zeit erreichten erste Proben die Teehändler, wo sie in exakt gleich großen Deckelbechern mit jeweils exakt demselben Gewicht an Blättern aufgebrüht wurden und fünf
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Minuten ziehen mussten. Dann wurden der Aufguss in Tassen gefüllt und die feuchten Blätter auf den umgedrehten Deckel gestürzt. Die Arbeit des professio nellen Tea Tasters konnte beginnen.53 Die Eröffnung des Suezkanals, der nicht von Segelschiffen befahren werden konnte, machte den spektakulären Rennen nach zweieinhalb Jahrzehnten allerdings ebenso rasch wieder ein Ende. Einer der Clipper, die »Cutty Sark«, hat als Museumsschiff im britischen Greenwich bis heute überlebt. Nach dem Ende des Ersten Opiumkrieges schien sich neben dem Erfolg mit den Clippern endlich auch die Möglichkeit zu bieten, die lange b egehrten hochwertigen Teepflanzen aus dem Herzen der chinesischen Anbaugebiete zu schmuggeln. Welch geringe Autorität die dortigen Behörden den Briten gegenüber nur noch aufbringen konnten, zeigt die Tatsache, dass Letztere immer unverhohlener jenseits der Vertragshäfen teils tief im Landesinneren ihren Interessen nachzugehen trachteten. Das betraf auch die nur auf den ersten Blick unpolitische botanische Forschung. Auf der Suche nach exotischen Pflanzen, die sich gut in Großbritannien würden vermarkten lassen, schickte die Londoner Royal Horticultural Society 1843 den bereits bekannten schottischen Gärtner und Pflanzensammler Robert Fortune nach China, um ein Jahr lang im Süden des Landes auf Jagd nach botanischen Schätzen zu gehen. Fortunes Erfolg machte nach seiner Heimkehr die Direktoren der East India Company auf ihn aufmerksam. Zwar hatte bereits Gordons Reise Mitte der 1830er Jahre zum illegalen Erwerb von Saatgut geführt, doch dieses stammte aus der Gegend um Kanton und nicht aus den klassischen, berühmten Anbaugebieten im Landesinneren. Konkret richtete sich der Blick daher nunmehr auf das Wuyi-Gebirge mit seiner Bohea-Produktion und auf die weiter nördlich liegenden Gegenden, in denen der klassische Grüntee hergestellt wurde. Ein weiteres Mal ging es für Fortune, nun auf Rechnung der Kompanie, nach China. 1848 und 1849 bereiste er, mit einem Zwischenaufenthalt in Indien, die betreffenden Regionen, was sich trotz der britischen Überlegenheit in den Häfen als lebensgefährliches Unterfangen erwies. Mithilfe einheimischer Vertrauter gelang es ihm gleichwohl, größere Mengen an Pflanzenmaterial auf den Weg nach Indien zu bringen. Während eine erste Lieferung durch die Unkenntnis der britischen Empfänger auf dem Subkontinent weitgehend verloren ging, erwies sich die zweite als großer Erfolg.54 Das Geheimnis des nunmehrigen Gelingens stellte der von Nathaniel Bag shaw Ward (1791 – 1868) entwickelte »Wardian Case« dar, ein kleines, transportables und versiegeltes Gewächshaus, das die Pflanzen vor dem gefährlichen Seewasser schützte. Fortune notiert über die Eigenschaften der Kästen :
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Sie sind nicht eigentlich luftdicht, aber so fest dass keine Feuchtigkeit hinaus kann, und wenn daher der Boden, ehe er in den Kasten kommt, gut befeuchtet wird, so bleibt die Feuchtigkeit in hinlänglicher Quantität im Boden, um die Pflanzen auf einer Reise in die entferntesten Gegenden der Welt zu erhalten. Wenn die Sonne scheint, geht die Verdunstung in der gewöhnlichen Weise vor sich, da aber die Ausdünstung keinen Ausgang findet, so verdichtet sie sich an dem Glase und Holze der Kästen, so wie auch an den Blättern der Pflanzen und fällt am Abend wieder wie Thau auf den Boden zurück.55
Auf diese Weise entstand in dem Behältnis ein geschlossener Feuchtigkeitskreislauf, der monatelang anhielt, solange es nicht geöffnet wurde. Seine Bewährungsprobe hatte der Wardian Case bereits einige Jahre zuvor mit dem unversehrten Transport einiger Farne von Großbritannien nach Australien bestanden. Nun gelang es Fortune, in den Kästen 20.000 Teepflanzen über Shanghai heimlich aus dem Land zu schmuggeln. Diese gediehen in den indischen Vorgebirgen des Himalaya westlich Nepals prächtig und brachten helle, leichte Aufgüsse hervor, die im deutlichen Gegensatz zu dem dunklen Assam standen. Seitdem verfügte die entstehende indische Teewirtschaft mit der Camellia sinensis var. sinensis und der Camellia sinensis var. assamica über zwei Pflanzenvarietäten, die, später vielfach miteinander gekreuzt, optimal an die jeweils natürlichen Rahmenbedingungen angepasst werden konnten und bis heute eine enorme Fülle unterschiedlicher Qualitäten und Sorten auf dem Subkontinent hervorbringen. Fortune war es auch geglückt, sechs chinesische Fachleute zur Auswanderung nach Indien zu bewegen. Am Fuße des Himalaya verarbeiteten sie erstmals die guten Teepflanzen aus dem Herzen Chinas, wie der Schotte weiter berichtet : Inzwischen hatten die Chinesen Feuer angezündet und alles was zur Operation nöthig war vorbereitet. Die Blätter wurden nun in die Pfannen geschüttet und einige Minuten gehitzt, dann herausgenommen und gerollt, dann auf Bambussiebe dünn aufgeschüttet um die überflüssige Feuchtigkeit vertrocknen zu lassen, endlich wieder in die Pfannen geschüttet und mit der Hand umgerührt bis sie vollkommen zusammengedreht und trocken waren. Dann wurden sie gesiebt und nach den verschiedenen Arten sortirt.
Produziert wurde Grüntee und kein Bohea, und am Ende ließ sich kaum mehr ein Unterschied zum Original ausmachen, wie Fortune notiert : »Als die Operation zu Ende war, waren diese Proben den im Handel gewöhnlichen Theesorten so ähnlich, dass von zwanzig Personen sicher neunzehn nicht den geringsten Verdacht geschöpft hätten dass sie etwas anderes vor sich hätten als wirklichen
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Thee.«56 Noch galt also das chinesische Vorbild als Ideal. Einige Jahrzehnte später sollten dieselben Pflanzen aber in Darjeeling ganz eigene Aromen und Farben hervorbringen und in Europa den Geschmack bestimmen.
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Anfänge in Assam Tee war in Indien bereits seit dem 17. Jahrhundert als Konsumgut bekannt und in Surat ebenso wie in Madras ein beliebtes Getränk gewesen. Der Anbau der Camellia sinensis stellte für den indischen Subkontinent hingegen etwas ganz Neues dar. Die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen Assam, Darjeeling, dem westlichen Himalaya und den Nilgiris im Süden ausbreitende Plantagenwirtschaft bedeutete für die betreffenden Regionen nicht nur einen massiven Eingriff in die Natur, sondern führte auch zu einem starken sozialen Wandel. Da die betreffenden Gebiete in allen Fällen abgelegen und nur dünn von einer traditionellen Stammesbevölkerung besiedelt waren, setzte der nun eintretende große Bedarf an Arbeitskräften wahrhafte Migrationsströme in Gang. Neben einer schmalen, elitären europäischen Pflanzergesellschaft bildete sich eine breite Arbeiterschicht heraus, die oft unter erbärmlichen gesundheitlichen und sozialen Bedingungen den geliebten Trank der westlichen Welt produzierte. Wie bereits während der Blüte des Opiumgeschäfts mit China, war der Tee damit weiterhin teuer erkauft. Den Beginn machte Assam. Viel Lehrgeld musste hier gezahlt werden, denn Erfahrungen mit dem Gewächs besaßen die frühen Pflanzer nicht. Oft waren die Abstände nicht richtig gewählt, so dass sich die Sträucher entweder nicht entfalten konnten oder das Unkraut dazwischen emporwucherte. Wirtschaftlicher Druck wurde in solchen Fällen oft auf die indischen Pflückerinnen und Pflücker abgewälzt, und so manchem Projekt drohte schon nach wenigen Jahren das Aus. Auch die Assam Company wäre beinahe bald nach ihrer Gründung gescheitert, was letztlich nur rigide Sparmaßnahmen verhinderten. Erst seit den 1850er Jahren waren die problematische Anfangsphase durchschritten und die an die Investoren ausgeschütteten Gewinne mit jährlich teils mehr als 30 % gewaltig. Diese motivierten nun immer mehr Investoren, ihr Glück in Assam zu suchen, so dass es 1862 bereits einhundertzweiundsechzig Plantagen gab, die jährlich mehr als 300 t produzierten.1 Auch als jene Region bereits jahrzehntelang Tee hervorbrachte, bot sie dem Neuling immer noch den Eindruck von Ursprünglichkeit und gewaltiger Natur. Als der deutsche Plantagenmanager Oscar Flex um 1870 das erste Mal sein neues Wirkungsfeld in Augenschein nahm, notierte er das, was sich den Rei-
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senden vielleicht ebenso bereits ein halbes Jahrhundert zuvor dargeboten haben mag : Der allgemeine Anblick des Landes ist von einer immensen Ebene, welche im Norden, Osten und Süden von hohen Gebirgen umrahmt und von zahllosen Flüssen durchschnitten wird. Einzelne Hügelketten, welche hie und da aus der Fläche steil emporstreben, endlose Urwälder und ausgedehnte Prärien wechseln mit einander ab. Die Anzahl der Flüsse übersteigt wohl die jedes anderen Landes von gleicher Grösse, denn von den bedeutendsten, unter welchen der Brahmaputr die erste Stelle einnimmt, hat man allein einundsechzig gezählt, welche alle durch ein unentwirrbares Netz von Nebenflüssen miteinander verbunden sind.2
Das Land wirke majestätisch, wie Flex weiter schreibt, mit seinen wilden Tieren, starken Regenfällen, der Hitze und feuchter Luft aber auch angsteinflößend. Dabei lagen und liegen die eigentlichen Teegebiete in einer landschaftlich eher begünstigten Situation. So befinden sich diese nicht direkt im feuchten Schwemmland des Flusses Brahmaputra, das durch großflächigen Reisanbau, ebenso aber bis heute teils noch durch Dschungel gekennzeichnet ist. Etwas höher davon liegt durch Hochwasser nicht gefährdetes, leicht gewelltes Land, das sich durch geeignete, gut drainierte Böden auszeichnet. Ursprünglich befand sich auch hier Dschungel, in dem Wallich und seine Weggefährten einst die »wilde« Assamteepflanze entdeckt hatten. Jenseits davon steigen die Berge steil in Richtung Himalaya im Norden und Nagaland im Süden an. Der Eindruck, als Oscar Flex am ersten Morgen auf seiner Plantage erwachte, muss ihn überwältigt haben : Alles um mich her prangte in üppigstem Grün, endlose Reihen von Theesträuchern, dieselben durchkreuzende Waldstrecken, überall mannshoch wachsendes Illugras, wild überwachsene Dscháus und Hollahs (unter Wasser stehende flussähnliche Niederungen und Terrainsenkungen) glänzten saftighell im Sonnenstrahl. Ich hatte nirgends in Indien so ein fruchtbares Land gefunden, wie Assam zu sein schien.3
Das tiefe Grün und viel Wasser zeichnen auch heute noch weite Landstriche des abgelegenen indischen Bundesstaates aus. Der erste Blick war aber trügerisch, denn auf lange Sicht konnte sich die gewaltige, ungezähmte Natur für die Pflanzer und mehr noch für die Arbeiter zu einer tödlichen Falle entwickeln. Oscar Flex war nur einer unter zahllosen europäischen Kolonisten, die kaum ausgebildet von einem Tag auf den anderen eine der frühen Plantagen leiteten.
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Ursprünglich war er 1861 als Missionar der in Berlin beheimateten Gossner- Mission in Richtung Indien aufgebrochen. Nach fünfjähriger Tätigkeit verließ er sein Einsatzgebiet im Südosten Bengalens, um sich für fünf weitere Jahre als Leiter einer Teeplantage zu verpflichten, ehe er in den Missionsdienst zurückkehrte. Nach einem längeren Erholungsaufenthalt in Deutschland war er 1872 erneut in Bengalen, um im Laufe seiner weiteren Karriere in Indien verschiedene Missionsposten zu übernehmen.4 Flex war ein fleißiger Schreiber und legte mehrere Monografien vor, in denen er seine Erfahrungen als Missionar und Pflanzer verarbeitete. 1873 erschien sein Buch »Pflanzerleben in Indien. Kulturgeschichtliche Bilder aus Assám«. Wie viele andere junge Männer habe es ihn aus Unternehmungsgeist und Abenteuerlust in den fernen Nordosten gezogen, wie er im Nachhinein etwas idealisierend schreibt : »Frei, jung, gesund und unternehmungslustig, beschloss auch ich, der allgemeinen Strömung zu folgen und an den Ufern des Brahmaputr einen Wirkungskreis zu suchen.«5 Selbst als Neuling konnte der Bewerber bald zum Leiter der Plantage eines britischen Investors aufsteigen ; und ein halbes Jahr Anlernphase vor Ort reichte gewöhnlich aus. Meist waren die jungen Männer aus Europa kaum älter als zwanzig Jahre und besaßen so gut wie keine Erfahrung darin, mehrere Hundert Arbeiterinnen und Arbeiter zur Tätigkeit anzuleiten. Schlechter Umgang mit den Untergebenen, Vorurteile, teils auch sexuelle Ausbeutung blieben von der Außenwelt unbemerkt, denn es gab kaum einen abgelegeneren Ort als den Osten Assams.6 Das Leben dieser sogenannten Superintendenten war privilegiert. Vieles, wovon daheim nur geträumt werden konnte, stand dem jungen, oft unverheirateten Pflanzer in Indien zur Verfügung – ein eigenes, voll eingerichtetes Haus mit Personal und Befehlsgewalt über zahllose Menschen. Dem stand die Einsamkeit gegenüber ; der nächste Gleichgesinnte konnte viele Reisestunden oder -tage entfernt leben. Glücklich schätzte sich derjenige, der in der Nähe einer Stadt mit europäischem Club lebte. Das Eingehen einer Beziehung mit Einheimischen war nichts Ungewöhnliches, stellte nich selten aber einen Unruhefaktor für das soziale Gefüge der Plantage dar.7 Die frühen Bungalows der Superintendenten in Assam waren nicht mit den späteren großartigen Landhäusern zu vergleichen, wie sie in anderen Anbau regionen entstanden : Die Pflanzer bauen in Assam nicht, wie in anderen Theilen Indiens, massive Bungalows, denn dies würde zu kostspielig, und bei den häufig vorkommenden Erdbeben zu gefährlich sein. Auch fehlen die zu dergl. Bauten nöthigen Handwerker und Materi-
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alien. Sie müssen also den Baustyl der Assamesen adaptiren. Dieser besteht einfach in der Einrichtung hölzerner Pfosten, zu denen die Stämme in den nahen Wäldern geschlagen werden. … Diese Pfosten werden in gegebener Entfernung fünf Fuß tief in die Erde gegraben, ihre Spitzen mit Querbalken verbunden, und diese mit einer Lage von gespaltenem Bambus, auf welche Präriegras einen Fuss dick gedeckt wird, überdacht. – Statt der Wände befestigt man Schilfmatten, welche bis an das Grasdach reichen, und in denen grosse Oeffnungen die Stelle der Fenster und Türen vertreten, an die Pfosten, belegt den Fussboden mit Bambusmatten und das Haus ist fertig.8
Im Inneren konnten Zimmer durch das Einziehen weiterer Schilfmatten abgeteilt werden, und eine Veranda verhinderte während der Regenzeit das Eindringen von Nässe ins Haus.9 Die eigenen vier Wände bedeuteten also keinen Luxus, stellten gleichwohl aber meist Besseres dar, als sich der ungelernte Arbeiter vielleicht in London oder Berlin je hätte leisten können. Nach einem Boom in den 1850er und 1860er Jahren machte sich in Assam bald wieder Ernüchterung breit, und wieder gerieten Pflanzungen in die Krise. Denn zum Erwerb immer größerer Ländereien und viel mehr noch zum Aufbau einer Infrastruktur mussten sich viele Investoren überschulden. Weite, aufwendig kultivierte Gegenden erwiesen sich bald für den Anbau als ungeeignet. Darlehen mussten gleichwohl bedient werden. Vor allem fehlte es aber mit der Ausdehnung der bewirtschafteten Flächen immer mehr an Arbeitskräften in der dünn besiedelten Region. So manches in der Not hinzukommende Problem wäre vermeidbar gewesen, wie Flex notiert : Damit [die Ernte] so reichlich als möglich ausfalle, wird nicht auf Qualität sondern nur auf Quantität gesehen, der gelieferte Thee wird also schlecht bezahlt, weil er eben nichts werth ist. Nehmen sie dazu noch das unverständige Wirthschaften mancher Manager, welche oft nicht die geringste Kenntnis vom Theeanbau haben – die Schwindeleien und Betrügereien vieler Gründer von Plantagen, welche nur halbbepflanzt und von Dschongel überwuchert, leichtgläubigen Compagnien in England und Schottland zu fabelhaften Preisen verkauft werden, so werden sie das Misstrauen gerechtfertigt finden, welche die Kaufmannswelt jetzt schon gegen alle auf Thee bezüglichen Unternehmen in Assam so unverhohlen zeigt.10
Ließ sich dem Kapitalmangel nicht so leicht abhelfen, wurden immerhin erfolgreich Arbeitskräfte von außerhalb beschafft. Mit dem Anglo-Birmanischen Krieg war die ohnehin geringe Bevölkerungszahl in der Region weiter zurückgegangen ; darüber hinaus blieben die Assamesen meist in ihre eigene Subsistenzwirtschaft
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eingebunden und ließen sich schwerlich dazu bewegen, zu Hungerlöhnen für die Europäer zu arbeiten. Entsprechend bemühten sich die Unternehmen, allen voran die Assam Company, Migranten aus anderen Teilen Indiens anzuwerben. Mit teils fragwürdigen Methoden wurden Arbeitssuchende in Nordindien, später auch in Nepal, von Werbern genötigt, Kontrakte zu unterschreiben, die sie für mehrere Jahre zur Arbeit in den Plantagen verpflichteten. Kaum jemand hatte aber die Chance, nach deren Ablauf wieder in die Heimat zurückzukehren, denn die Reise mit Flusskähnen dauerte oft Monate und war von den Arbeitern nicht selbst zu finanzieren. Auf diese Weise kamen allein zwischen 1863 und 1868 mehr als 100.000 solcher als »Kulis« bezeichneter Menschen in die Plantagen.11 In die wenigen Städte wanderten wiederum sogenannte Kayas ein, Händler aus Rajasthan, die in anderen Teilen Indiens unter der Bezeichnung Marwaris bekannt waren. Über die von ihnen entwickelten Händlernetzwerke gelangten notwendige Versorgungsgüter in die Region.12 Bereits die Hinreise der Migranten auf offenen Flusskähnen war gefährlich und fand unter hygienisch erbärmlichen Bedingungen statt. Medikamente fehlten meist und wären ohnehin nutzlos gewesen, da sich auf den oft überfüllten Fahrzeugen meist niemand mit ärztlicher Erfahrung befand. Krankheiten standen auf der Tagesordnung ; und viele Kontraktarbeiter kamen geschwächt oder überhaupt nicht in Assam an. Immerhin etwas schneller wurde die Überfahrt, als Anfang der 1860er Jahre erste Dampfer auf dem Brahmaputra verkehrten. Eine direkte Eisenbahnverbindung erhielt die Region indes erst nach 1900. Schlecht war es ebenso auf den Plantagen selbst bestellt. Auch dort existierte kaum eine medizinische Versorgung, und die Sterblichkeit lag extrem hoch. An Flex’ erstem Einsatzort waren von fünfhundert Arbeitern seiner Aussage nach ständig etwa fünfzig krank.13 Die Arbeiter lebten in einem separat von den Wirtschaftsgebäuden und dem Managerbungalow angelegten Dorf aus Bambushütten, zu denen jeweils eine kleine Parzelle Gartenland gehörte. Ein ebenfalls in der Siedlung wohnender sogenannter Chowkidar war für Ordnung und Sicherheit verantwortlich.14 Im Gegensatz zu Arbeiterin und Arbeiter besaßen die Pflanzer in der Öffentlichkeit stets eine eigene Stimme und trugen mit ihren Memoiren zur Generierung eines spezifischen Bildes vom vermeintlich »faulen Kuli« bei. Das europäische Leitungspersonal hatte oft nichts als Verachtung und Ablehnung für die aus den unterschiedlichen Regionen Indiens eingewanderten Menschen übrig, die im Laufe der Generationen ihre eigenen Identitäten und sozialen Strukturen als Einwanderergesellschaft entwickelten.15 Erbarmungslos klingen die Worte, die sich Flex von einem Vorgesetzten, einem gewissen Mr. Oldham, anhören musste :
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Abb. 29 Teepflückerin in den Nilgiris (um 1900).
»Die importierten Kulis wiederum kosten zu viel und taugen zu wenig. Es dauert ein Jahr, ehe sie wirklich brauchbar werden, und während der Zeit sterben zwei Drittheile weg ; haben sich die Uebriggebliebenen endlich acclimatisirt und den Theebau gelernt, so geht ihr Contract zu Ende und wir müssen von vorn anfangen.«16 Nur die Aktivität der Gewerkschaften seit der indischen Unabhängigkeit, aber auch die engagierte geschichtswissenschaftliche Forschung der jüngsten Zeit verschafften den Arbeitern Öffentlichkeit. Die Aufgaben waren vielfältig, die Tage lang, und nicht jeder kam abends gesund oder überhaupt lebendig wieder in die karge Unterkunft zurück. Auch wenn die saisonalen Unterschiede in Assam nicht so stark ausgeprägt sind wie in anderen Anbauregionen, orientierten sich auch hier die erforderlichen Arbeiten am Wandel der Jahreszeiten. Zu den Tätigkeiten in der kühleren Periode zwischen November und Ende Februar, in der die Teepflanzen kaum treiben, zählte das Pflücken der Samen zur Vermehrung des Pflanzenbestandes. Aus ihnen wurden in regelrechten Pflanzschulen, den sogenannten »Nurseries«, junge Setzlinge gezogen. Assamesische Teesamen waren zudem ein beliebtes Handelsgut und wurden in andere, neu entstehende Anbaugebiete in geringerer Höhenlage wie nach Cachar, Sylhet und Chittagong geschickt. Ebenso mussten natürliche
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Baumaterialien wie Holz, Bambus und Gräser gesammelt werden.17 Der Boden wurde gehackt und die Sträucher beschnitten : Das letztere ist eine den Ertrag des nächsten Jahres auf ’s höchste beeinflussende Prozedur und besteht in der Säuberung der Sträucher von allem überflüssigen Holze. Man lässt den Theestrauch nie höher als 2½ oder 3 Fuss wachsen, befördert aber auf alle Weise die Ausdehnung desselben in die Weite, schont daher beim Verschneiden die Seitenzweige, entfernt aber die Spitzen des Strauches, so dass ein beschnittener Theestrauch mit seiner breiten ebenen Oberfläche die Gestalt eines Tassenkopfes erhält.
Ebenso mussten Kohlen gebrannt werden, die für das Erhitzen der Blätter bei der Verarbeitung nötig waren. Holz dafür gab es in dem oft nicht weit entfernten Dschungel meist genug ; doch die Wälder lichteten sich im Laufe der Zeit.18 Vorbei waren in den 1860er Jahren die Zeiten, in denen Verarbeitungsspezialisten aus dem fernen China angeworben werden mussten, denn mittlerweile war eine erste Generation von Indern zu sogenannten Teemachern ausgebildet worden. Diese kümmerten sich in der kühlen Jahreszeit um die Beschaffung ihrer Arbeitsmaterialien, wie zum Beispiel von Bambusmatten zum Welken und späteren Trocknen der Blätter, Bambusschaufeln zum Aufwerfen und Reinigen und von Pflückkörben.19 Mit dem allmählichen Ansteigen der Temperaturen und dem Einsetzen vereinzelter Niederschläge beginnen die Pflanzen im März stärker zu sprießen. Bald mussten die ersten Blattspitzen gepflückt werden ; dabei war es Standard, nur die jüngsten beiden Blätter und die Triebspitze dazwischen (»two leaves and a bud«) zu pflücken und nicht mehr wie einst beim Bohea oder Hyson auch älteres Blattgut zu verwenden. Dieses werde nur gepflückt, »um dem Strauche Luft zu machen«. Entweder werde es weggeworfen, denn der daraus gewonnene Tee wäre schwach und ohne Aroma gewesen. Oder, was eher selten vorkäme, die alten Blätter gingen als Billigware in den Export und dienten in Europa der Verlängerung, um »die bessern Sorten zu vermischen und zu verschlechtern.«20 Damals wie heute wird das Pflücken weitgehend von Frauen geleistet : »Dies ist eine sehr delikate Operation, zu welcher man nur die erfahrensten Frauen verwendet.«21 In Wirklichkeit dürfte deren Einsatz nicht allein an den geschickteren Händen gelegen haben, sondern an der schlichten Tatsache, dass sie einfach billiger waren. Die Produktion blieb wie in China und Japan zunächst Handarbeit, wobei in Assam bald ausschließlich Schwarztee hergestellt wurde. Im Mittelpunkt stand das Teehaus, in dem die gepflückten Blätter während der Erntesaison meist
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zweimal am Tag abgeliefert und anschließend gewogen wurden. Über Nacht blieben sie locker gestreut zum Welken auf Matten, um anschließend auf Bambustischen gerollt zu werden : … jeder Theemacher nimmt eine tüchtige Handvoll und rollt sie, mit der einen Hand sie zusammenhaltend, mit der anderen entweder grade oder im Kreise vor sich auf dem Tisch, schüttelt den durch die rollende Bewegung entstehenden Ball öfter auseinander, damit alle Blätter die erwünschte gedrehte Form erhalten und legt sie, zusammengepresst, auf eine Unterlage von Zink, Sacktuch oder Matten auf den Fußboden.22
Die Teemacher hüllten die gerollten Blätter anschließend zur Oxidation in große Tücher. Die Kunst dabei bestand darin, letztere zum rechten Zeitpunkt zu unterbinden, damit die Blätter nicht zu dunkel wurden und verdarben : Während der nächsten Stunde werden die grossen in Mauerwerk eingelassenen Pfannen geheizt und wenn der Thee von oben bis unten braun geworden ist, wirft ein Tecklah (= Teemacher) soviel Hände voll als Roller da sind, in dieselben und dreht die Blätter mit kleinen Holzschaufelchen schnell um, um das Anbrennen zu verhüten und durch das Aufschütteln die Hitze jedem Blatt zugänglich zu machen.23
Danach wurde ein zweites Mal gerollt. Hatte die ganze Partie diese Arbeitsschritte durchlaufen, folgte die Trocknung.24 Ein Teil der Ware ging anschließend gemischt als »unsorted tea« auf die große Reise, die größte Menge aber separat als Pekoe, Souchong und Kongou. Als höchste Qualität wurde die Sorte Flowery Pekoe neu eingeführt, die allein aus den zarten Triebspitzen bestand. Beim Pekoe waren diese mit dem ersten voll entfalteten Blatt gemischt, beim Souchong mit zwei Blättern und beim Kongou, der von Flex erwähnten minderwertigen Sorte, ebenfalls mit größeren, älteren Blättern.25 Zur Reinigung setzten sich als eine erste Form der Mechanisierung handbetriebene Siebanlagen durch, die kleinere, bei den teureren Sorten unerwünschte Fragmente aussortierten. Jene waren »wie Wurfmaschinen konstruiert …, indem sie den Thee durch bestimmte eingeschobene Siebe laufen lassen, ihn zu gleicher Zeit sortieren und ausstäuben. Mit Pekoe-Endchen vermischt gibt auch der Theestaub als Pekoe Dust ein vortreffliches Getränk.«26 Mit den Sieben begann also gleichzeitig auch die Karriere der Broken Teas und der sogenannten Dusts. Um den Anbau in Assam und anderen, neuen Produktionsregionen weiter zu forcieren, erkannte die koloniale Regierung schließlich das große, bis dahin
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unerschlossene Potential für den Binnenkonsum. Durch gezielte politische Maßnahmen sollte nun ein Teil der vor allem einfachen Qualitäten in der Kolonie selbst abgesetzt werden. Zu diesem Zweck wurde seit 1903 ein geringer Ausfuhrzoll, der dem sogenannten Tea Cess Committee zugutekam, erhoben. Dieses machte durch gezieltes Marketing nicht nur die Inder, sondern auch die Einwohner anderer britischer Kolonien sehr erfolgreich zu einer wirtschaftlich bedeutenden Konsumentengruppe, wobei es bis heute geblieben ist.27 Zwischen Darjeeling und den Nilgiris In Darjeeling entwickelte sich der Anbau nicht nur etwas später als in Assam, sondern auch in gänzlich anderer Weise. Im Gegensatz zu Letzterem liegt jenes berühmte Anbaugebiet nicht in einem Flusstal nur wenige Hundert Meter über dem Meeresspiegel, sondern im Gebirge in unmittelbarer Nähe zu den Achttausendern des Himalaya. Der Kanchenjunga, einer der höchsten Berge der Erde, befindet sich in kaum 150 km Entfernung und ist bei klarem Wetter gut zu erkennen. Darjeeling existierte bereits vor der Ankunft des Tees als europäisch-indische Siedlung, während in Assam die Europäer und zahllose indische Migranten erst der Pflanze folgten. Im Gegensatz zum feuchtwarmen Tal des Brahmaputra ist es hier kühl, im Winter gar kalt. Während sich in Assam die indische Camellia sinensis var. assamica in vielerlei Züchtungen findet, überwiegt in Darjeeling die größere Höhen und niedrigere Temperaturen gewohnte Camellia sinensis var. sinensis. Die Abkömmlinge beider Varietäten bringen ganz unterschiedliche Aromen hervor. So wie der dunkle Assam schnell wächst, kräftig ist und einen malzigen Geschmack aufweist, entwickeln sich die Blätter des Darjeeling langsamer. Die Ernte ist geringer, aber das Blatt ist heller und der Geschmack feiner. Ebenso wie Assam zählte auch die Gegend um Darjeeling zu den späteren Erwerbungen der East India Company in der Peripherie des Subkontinents, die allein ihrer militärischen Bedeutung, kaum aber eines ökonomischen Potentials halber erobert worden waren. Ursprünglich gehörte die kleine Region zwischen den Flüssen Mechi und Teesta dem Rajah von Sikkim als Herrscher über ein kleines, am Südhang des Himalaya gelegenes Fürstentum. In den 1780er Jahren geriet Sikkim verstärkt in Konflikt mit dem benachbarten Königreich Nepal. Seitdem kam es immer wieder zu Einfällen nepalesischer Truppen, von denen besonders die Grenzregion betroffen war. Die europäischen Machtinteressen änderten schließlich aber auch hier alles. Nach der Niederlage Nepals im Anglo-
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Nepalesischen Krieg 1816 ließen die Briten im Frieden von Segauli das umstrittene Grenzgebiet einstweilen wieder dem Fürstentum Sikkim restituieren, dessen Rajah seitdem allerdings nur noch Tributärfürst von Gnaden der Briten war.28 Etwa ein Jahrzehnt später kam es an der Grenze zu Nepal einmal mehr zu einem militärischen Konflikt, was wiederum die Briten zum Eingreifen bewog. 1828 wurden die beiden Offiziere Lloyd und Grant in die damals kaum bekannte Region entsandt, um sich einen Überblick zu verschaffen und nach Möglichkeit die Auseinandersetzung beizulegen. George Aylmer Lloyd (1789-1865) berichtet, dass er im darauffolgenden Februar eine verlassene Militärbasis der Nepalesen namens »Dorjiling« erreicht habe, wo er sich einige Tage lang aufhielt. Sogleich habe er erkannt, dass sich der Ort mit dem kühlen, europäisch anmutenden Klima besonders gut zur Anlage eines Sanatoriums für die von der ungesunden, feuchten Hitze der Tiefebenen Bengalens geplagten Europäer eigne. Die Idee, hier ein solches britisches Refugium, eine »Hill Station«, anzulegen, war geboren. Generalgouverneur Bentinck griff die Idee auf, und Lloyd wurde beauftragt, mit dem Rajah von Sikkim in Verhandlungen über den Erwerb der Siedlung zu treten. 1835 gingen der Ort und seine Umgebung dauerhaft an die East India Company über, und aus Dorjiling wurde in englischer Verballhornung Darjeeling.29 Neben dieser offiziellen, europäischen Geschichte existiert auch ein zweites, indisches Narrativ, das mit schriftlichen Quellen nur schwer zu fassen ist. Denn ebenso wie in Assam lebten vor der britischen Inbesitznahme einheimische, tribale Stammesgruppen in der Gegend. Bald setzte aber auch nach Darjeeling eine Arbeitsmigration ein, mit der dort zahllose Einwanderer aus dem benachbarten Nepal eine neue Existenz aufbauten. Heute stellen jene aus Nepal stammenden, sogenannten Gorkha die Bevölkerungsmehrheit des Ortes dar. Im Zuge der mit dem Ende des Chinamonopols der East India Company aufbrandenden Teedebatte kam der Arzt und erste Leiter des europäischen Sanatoriums in Darjeeling, Archibald Campbell (1805 – 1874), auf die Idee, es in der großen Höhe des Ortes doch auch einmal mit Tee zu probieren. 1841 begann er mit der versuchsweisen Kultivierung chinesischer Pflanzensamen, die hier, im Gegensatz zu Assam, aufgingen und prächtig gediehen. Der Erfolg sprach sich rasch herum und motivierte auch andere europäische Siedler wie ebenso wohlhabende indische Einwanderer, es ihm gleichzutun. Um die bald darauf entstehenden Pflanzungen weiter zu befördern, ließ die Verwaltung in Kalkutta mehrere Hundert Pfund Teesamen verteilen. Seitdem begann die Entwicklung ausgedehnter Plantagen in dem gebirgigen und von erheblichen Höhenunterschieden
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geprägten Gelände. 1895 existierten um den Ort bereits hundertsechsundachtzig Teegärten bei einer Produktion von jährlich mehr als 5000 t.30 Geerntet wird seitdem bis heute im Verlauf der Jahreszeiten mehrmals im Jahr. Die jungen, frischen Blätter, die ab März gepflückt werden, bringen den besonders feinen, hellen »First Flush« hervor. Nach einer mehrwöchigen Pause wird im Mai und Juni der etwas dunklere »Second Flush« mit seinem charakteristischen Muskatellaroma geerntet. Von etwas geringerer Bedeutung ist der nach Ende der Regenzeit jeweils ab September eingefahrene, milde »Autumnal«. Ebenso wie in Assam versuchte auch in Darjeeling der eine oder andere gestrandete Missionar sein Glück. Eine regelrechte Pflanzerdynastie begründeten die aus der Mark Brandenburg stammenden Familien Wernicke und Stölke. Deren Plantagen, die heute längst nicht mehr im Familienbesitz sind, tragen mit Steinthal, Lingia, Risheehat oder Tumsong immer noch berühmte Namen und den guten Ruf des feinen Darjeeling in die Welt hinaus. Ein solcher Aufstieg war um 1840 bei weitem noch nicht abzusehen, als sich zwei jungverheiratete Ehepaare als Missionare auf den Weg nach Indien begaben : Johann Andreas Wernicke, verheiratet mit Sophie Elisabeth, geb. Stölke, und Joachim Stölke mit Dorothea Sophia, geb. Wernicke. Die vier stellten sich zunächst in den Dienst von William Start, einem offenbar recht eigenwilligen Charakter, der abseits der etablierten Missionsgesellschaften aus e igenen Mitteln Missionare nach Indien sandte. Von diesen erwartete er, nach einer gewissen Übergangszeit neben der Erfüllung des geistlichen Auftrags selbstständig den Lebensunterhalt zu erwirtschaften.31 Die Ehepaare Wernicke und Stölke landeten nach einigen Zwischenstationen schließlich in Darjeeling, das sich erst in seinen Anfängen als europäische Siedlung befand und noch über keinerlei Infrastruktur in Form von Straßen, Schulen oder Kirchen verfügte. Weite Teile der Umgebung waren von dichtem Dschungel bedeckt, und Tee wurde nur versuchsweise angebaut. Das Missionsvorhaben der Brandenburger scheiterte hier nicht zuletzt aus dem Grund, dass es sich als unmöglich erwies, gleichsam nebenbei den Lebensunterhalt zu verdienen. Bald schon traten die Bekehrungsversuche unter den Einheimischen in den Hintergrund, wobei sich für Johann Andreas Wernicke Chancen im Baugeschäft ergaben und seine Frau eine kleine Detailhandlung gründete ; auch die Stölkes hielten sich auf ähnliche Weise über Wasser. Beide Familien blieben, doch erst die zweite, bereits anglisierte Generation baute das Wernicke-Stölke-Teeunternehmen auf, das schließlich aus immerhin sieben Plantagen bestand. Auch für den Wernicke-Sohn James Andrew war in elterlicher Tradition ursprünglich die geistliche Laufbahn vorgesehen. Doch die
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Erkrankung und der baldige Tod des Vaters sowie wachsende Glaubenszweifel machten dem einen Strich durch die Rechnung. In der Anfangszeit der europäischen Plantagenwirtschaft, als noch langjährige Expertise fehlte, war eine Karriere schnell gemacht, und es stellte keine Besonderheit dar, dass ein wie James Andrew im Teegeschäft völlig unerfahrener Europäer nach einer zwei- oder dreijährigen Tätigkeit als Angestellter schließlich zur Leitung einer ganzen Plantage berufen wurde. 1865 wurde er Manager der heute noch bestehenden Pflanzung Mokaibari, die bald zu den ersten Gärten im gesamten Distrikt zählte, die überhaupt Gewinne abwarfen. Bald war Wernicke finanziell in der Lage, die sechzehnjährige Elisabeth Bernardina Niebel zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen.32 Der berufliche Erfolg gab ihm recht, und schließlich erwarb er gemeinsam mit seinem Bruder Fred Land zum Aufbau der ersten eigenen Plantage Lingia. Solches bot die britische Verwaltung ebenso wie in Assam meist günstig, teils auch ganz umsonst an. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass angeblich »wildes« Dschungelland nur selten ganz menschenleer war, sondern dass durch die europäische Landnahme in großer Zahl Einheimische ihrer Subsistenzgrundlagen beraubt wurden.33 In der Zwischenzeit stiegen auch die Nachkommen des Ehepaars Stölke ins Teegeschäft ein und betrieben um 1900 mit Risheehat und Steinthal Plantagen mit heute ebenso großen Namen. Wie viele andere erlebten auch diese Pflanzungen wechselvolle, schwierige Zeiten, und es dauerte oft Jahre, ehe die Investitionen einen ersten, schmalen Gewinn abwarfen. Und fiel schließlich einmal eine Ernte gut aus, so tat sie das in aller Regel auch bei den Nachbarn, was zum Preisverfall führte. Trotz allem betrieben die Wernickes und Stölkes ihre Plantagen bis in die 1930er Jahre erfolgreich, ehe Schulden und der vorzeitige Tod von Familienmitgliedern zu einem allmählichen Niedergang führten. Die letzten Nachfahren verließen das Land etwa zwei Jahrzehnte nach der indischen Unabhängigkeit.34 Die Wernickes und Stölkes erlebten auch den Aufstieg Darjeelings zur Hill Station und damit zu einem beliebten Refugium der Europäer aus dem heißen Bengalen. Bald folgten auf die frühen Plantagen und das erste Sanatorium Gasthäuser und Hotels, ebenso Geschäfte sowie Kirchen. Auch als Standort für anglo-indische Schulen erlangte Darjeeling Bedeutung. Diese Entwicklung wurde dadurch beschleunigt, dass der Ort 1881 mit einer Schmalspurbahn an das indische Eisenbahnnetz angeschlossen wurde. Bis heute stellen Tee und Tourismus die zentralen Säulen der örtlichen Wirtschaft dar.35 Als die Briten den abgelegenen Ort Dorjiling in Besitz nahmen, existierte bereits weit im Süden des Subkontinents seit einigen Jahren eine andere Hill
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Abb. 30 Auf engen Schleifen windet sich die Darjeeling-Bahn empor. Im Hintergrund sind Teegärten erkennbar (um 1900).
Station. Im Süden erstrecken sich ausgedehnte Gebirgszüge sowohl entlang der indischen Westküste als auch, etwas weniger ausgeprägt, entlang der Ostküste : die West- und die Ostghats. Etwa 400 km von der Südspitze des Subkontinents entfernt treffen beide aufeinander und formen das Gebirge der mehr als 2500 m hohen Nilgiris, die sogenannten »Blauen Berge«.36 Die auf dem Felsen gewachsenen Böden, reichliche Niederschläge und ein mildes Klima bildeten eine üppige, bis heute einzigartige Vegetation heraus, die sich ebenso wie die Gegenden am Fuße des Himalaya für die Plantagenwirtschaft eignete. Auch hier lag gutes Land für die Camellia sinensis var. sinensis.37 Tief eingekerbt in die steil aufragende Ostflanke des Gebirges öffnen sich zwei Schluchten, die auf schmalen Wegen die Fahrt bis hoch in die Berge ermöglichen. Unten begegnet dem Reisenden trockenes Buschland, das mit wachsender Höhe in einen immergrünen Bergregenwald übergeht. Schon die ersten Europäer waren von der Vegetation und dem kühlen Klima des Gebirges überwältigt. Einen Eindruck von den Höhenlagen der Nilgiris vermitteln die Erinnerungen der Madame Blavatsky (1831 – 1891), der Mitbegründerin der Theosophischen Gesellschaft in New York :
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Auf dieser Höhe herrscht ewiger Frühling. Sogar die Frostnächte im Dezember und Januar können ihn, wenigstens für die Mittagszeit, nicht vertreiben. Hier ist alles frisch und grün, alles blüht und duftet das ganze Jahr, und die »Blauen Berge« erscheinen in dem Reize eines durch Tränen lächelnden Kindes, in der Regenzeit vielleicht noch schöner, als im übrigen Teile des Jahres, und auf diesen Höhen ist es einem, als ob alles eben erst entstanden und ins Leben getreten sei.38
Blavatskys bukolische Idylle wurde zweifellos aus einem idealisierenden europäischen Blickwinkel verfasst, der die Identitäten und Befindlichkeiten der dort oben lebenden tribalen Bevölkerung kaum berücksichtigte. Ebenso wie die potentiellen Anbaugebiete im Norden und Nordosten gerieten auch die Nilgiris trotz allem nur spät in das Blickfeld der britischen Kolonialherren. Ursprünglich hatte das Gebirge zum Territorium der Fürsten von Mysore gehört. Dieses hatte in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts mit den Briten um die Vorherrschaft in Südindien gerungen und war schließlich bis auf einen kleinen, machtlosen Rumpfstaat völlig zerschlagen worden.39 Auch wenn die abgelegenen Nilgiris auf diese Weise bereits Ende des 18. Jahrhunderts nominell in die Hände der Briten fielen, blieben sie diesen einstweilen unbekannt, und nur selten gelangte ein Botaniker auch nur in die Nähe ihrer zentralen Hochebene. 1818 erreichten schließlich zwei Mitarbeiter des höchsten Beamten der umliegenden Region, John Sullivan (1788 – 1855), auf der Suche nach einem flüchtigen Landbesitzer die Berge. Zwar konnten sie seiner nicht habhaft werden, fanden aber Gefallen daran, sich ein wenig dort umzusehen. Nach ihrer Rückkehr berichteten sie von der wunderbar kühlen Luft, den für Indien ungewöhnlich kalten Nächten, die das Wasser in den Flaschen gefrieren ließen, und von der üppigen Vegetation.40 Sullivan erkannte sogleich das enorme Potential, das sich in einer Gegend mit solch europäisch anmutendem Klima verbarg, und initiierte ähnlich wie Campbell in Darjeeling eine Kolonisation, mit der die traditionellen tribalen Strukturen auf lange Sicht weitgehend zerstört wurden. An ihrer Stelle entstanden die drei Hill Stations Ootacamund, Coonoor und Kotagiri. Einige Jahre bevor auch der Tee in den Nilgiris aktuell wurde, hatte das Bekanntwerden der außerordentlichen botanischen Vielfalt zur Gründung einer Versuchspflanzung im kleinen Bergdorf Kéti geführt. Aus Europa und sogar Persien wurde Saat für Gemüse, Zierblumen und Obstbäume herangeschafft, in der Hoffnung, europäische und indische Farmer aus der Ebene anzusiedeln. Viele der Pflanzen erwiesen sich allerdings als kaum geeignet, neben dem Kohl blieb immerhin die Kartoffel bis heute.41
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1835 gelangten erstmals Teepflanzen von Gordons Lieferung aus China in den Süden. Eine zeitlang konzentrierten sich die Anbauversuche auf Kéti, ehe die Versuchsfarm nach nur kurzer Lebensdauer wieder aufgegeben wurde.42 Trotz des unvermittelten Ausbleibens der Pflege sagten Boden, Klima und Höhenlage von Kéti den kleinen chinesischen Plänzchen aber zu, und sie wuchsen auch ohne das Zutun menschlicher Hand weiter. Der Nächste, der die bald vergessenen Sträucher zu Gesicht bekam, war der Schweizer Botaniker George Guerrard-Samuel Perrottet (1790 – 1870). Dieser hatte sich an mehreren französischen Forschungsexpeditionen beteiligt und die Flora der Inseln Réunion und Java sowie der Philippinen untersucht, ehe er in Westafrika botanisierte. Einige Jahre hatte er seitdem am Botanischen Garten von Pondicherry, einer französischen Kolonie im Süden Indiens, verbracht, bevor er 1837 Südindien auf dem Landweg bis nach Bombay durchquerte.43 In Kéti fand Perrottet neun Teepflanzen vor – »sehr verkümmert und kaum einige Inch hoch, aber noch am Leben.«44 Er glaubte, die Sträucher seien mit ihren Wurzeln viel zu tief in den Boden eingesetzt worden, und widmete ihnen einige Sorgfalt : Ich beschnitt die verrotteten Wurzeln, grub um jede Pflanze eine Vertiefung, trug in jede davon ein Inch von gutem Humus auf … und goss sie regelmäßig. Innerhalb eines Monats wurden junge Triebe sichtbar und wuchsen allmählich heran. Als ich die Berge … wieder verließ, besaßen die kostbaren Pflanzen nunmehr eine Höhe von 2½ Fuß und waren mit Zweigen und Blättern der feinsten Art beladen.45
Allerdings kümmerte sich nach seiner Abreise wieder einmal niemand um die zarten Gewächse, so dass jene beinahe erneut zugrunde gegangen wären. Auf der Rückreise von Bombay wiederholte Perrottet aber die Prozedur und rettete den Teepflänzchen damit ein zweites Mal das Leben. Eingedenk der guten Erfahrungen der Briten mit dem Tee im Norden erkannte der umtriebige John Sullivan schließlich das ökonomische Potential, das in den wenigen, in den Nilgiris gedeihenden Teepflänzchen steckte. Versuchsweise ließ er sich frische Blätter aus Kéti zusenden, um diese teils an der Luft zu trocknen, teils auf einer Pfanne rösten zu lassen und das Ergebnis anschließend an die Agricultural and Horticultural Society im an der Küste gelegenen Madras zu senden. Die Mitglieder dieser Gesellschaft, die sich die Förderung von Land- und Forstwirtschaft in Indien auf die Fahnen geschrieben hatte, fanden den daraus gewonnenen Aufguss ganz vorzüglich.46
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Die erste kommerzielle Plantage wurde allerdings erst 1854 von einem Henry Mann bei Coonoor gegründet. Jener hatte sich chinesische Pflanzen in die Berge schicken lassen und sandte wiederum selbst zwei Jahre später eine Partie seines Tees nach London. Anders als der dunkle Assam, erwies sich das Hochlandgewächs als blumig, hell und wurde von den Händlern der britischen Hauptstadt sehr gelobt. Allerdings stieß Mann auf Schwierigkeiten, als er in der zerklüfteten Umgebung Coonoors mehr Land erwerben wollte, so dass er sich in Ermangelung von Expansionsmöglichkeiten einige Zeit später wieder aus dem Geschäft zurückzog. Der Trend ließ sich allerdings auch in den Nilgiris nicht mehr umkehren. Fast gleichzeitig mit Manns Teegarten war eine weitere Plantage, der heute zur Bombay Burmah Trading Corporation gehörende Dunsandle Tea Estate, gegründet worden. Auch bei Kotagiri und unterhalb von Ootacamund folgten weitere Pflanzungen.47 Ende der 1860er Jahre lag die Anbaufläche im abgelegenen Gebirge bei geringen 100 ha. Immerhin präsentierten bei einer Landwirtschaftsausstellung in Ootacamund 1869 bereits achtzehn Pflanzer ihre Erzeugnisse. Wieder einmal wurden Proben nach England geschickt, wo sie erneut Gefallen fanden und auf den Auktionen gute Preise erzielten. Diese Erfolge führten aber nur zu einer ganz allmählichen Erweiterung der Anbaufläche, und selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielten die abgelegenen Nilgiris mit lediglich 0,5 % der Gesamtexporte Indiens nur eine marginale Rolle.48 Ebenso wie im Norden stellte der Tee auch in den Nilgiris ein imperiales, von den Europäern beherrschtes Unterfangen dar. Dieses ging auf Kosten der indigenen Bergvölker, vor allem des Stammes der ackerbauenden Badaga, die unter teils fragwürdigen Umständen um einen Großteil ihres Landes gebracht wurden. Jene wurden andererseits kaum in die Teewirtschaft integriert, denn Inder aus der Ebene kamen in immer größerer Zahl als billige Tagelöhner herauf in die Berge.49 An vielen Orten wurde die traditionelle Stammesgesellschaft kulturell marginalisiert und überlagert. Die Plantagenwirtschaft, zu der in den Nilgiris schließlich auch der Anbau von Kaffee und Chinarindenbaum zählte, führte auf diese Weise ebenso wie im Norden zu einem grundlegenden gesellschaftlichen Wandel.50 Um 1900 waren mehr als 40 % der in den Nilgiris registrierten Einwohner nicht in den Bergen gebürtig. Die Gesamtbevölkerung wuchs dabei etwa dreimal so stark wie in der Ebene – ein Trend, der sich bis heute fortsetzt und nicht unerheblich für Umweltprobleme in einem ökologisch sehr sensiblen Gebiet sorgt.51 Zum Motor der Einwanderung entwickelte sich die Eisenbahn, die ebenso wie in Assam und Darjeeling eine enorme Erleichterung des Transports von
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Menschen und Gütern bedeutete. Erste Projekte, einen Schienenstrang in die Nilgiris hinaufzuziehen, fallen zeitlich mit den Anfängen des Teeanbaus zusammen. Der Schweizer Ingenieur Niklaus Riggenbach (1817 – 1889), der auch am Bau der Rigi-Bahn beteiligt war und als Erfinder der Zahnradbahn gilt, legte einen ersten Entwurf vor, konnte sich mit seinem Projekt aber nicht durchset zen. Später gründete ein Richard Wooley aus Coonoor die »Nilgiri Railway Company«. Diese schloss 1886 einen Vertrag mit der britisch-indischen Regierung und begann mit zusätzlichem Kapital aus England den Bau. Nach vielen Schwierigkeiten und zwischenzeitlichem Konkurs waren von der Ebene aus durch vierzehn Tunnel und über zweihundertfünfzig Brücken auf der steilsten Bahn ganz Asiens 1899 Coonoor und acht Jahre später Ootacamund erreicht.52 Südlich der Nilgiris befinden sich die Kannan Devan Hills, die immerhin noch in eine Höhe von etwa 1700 m aufragen, von Vegetation und den Böden her ebenso ideale Bedingungen für den Teeanbau bieten und dabei von der Westküste aus auch noch leichter zugänglich sind. Die Anfänge der Plantagenwirtschaft gehen hier auf John Daniel Munro (1778 – 1859) zurück, den britischen Residenten im damaligen Fürstentum Travancore. Bei einer Inspektionsreise stieß jener eher zufällig auf die angenehm grünen und kühlen Höhenlagen der Berge und ließ sich vom Herrscher ein Stück Land übertragen, das er als Plantage entwickelte. 1879 gründete Munro die »North Travancore Land Planting & Agricultural Society«, die allerdings noch keinen Tee anbaute. Dieser wurde erst einige Zeit später in der Nähe des Ortes Parvothy auf dem Gelände des heutigen Seven Mallay Estate kultiviert. Im Gegensatz zu den Nilgiris entwickelten sich die leichter zugänglichen Kannan Devan Hills schließlich zum Operationsgebiet größerer britischer Unternehmen, wie seit 1895 von Finlay Muir & Co. mit insgesamt dreiunddreißig Teegärten und seit 1897 der Kannan Devan Hills Produce Company. Damit nahmen lange Unternehmenskontinuitäten ihren Anfang ; so ging die Finlay-Gruppe 1964 eine Kooperation mit dem indischen Industriekonzern Tata ein, womit die Tata-Finlay-Gruppe entstand, aus der 1983 die Tata Tea Ltd. hervorging. 2005 wurde das Unternehmen wiederum in Kannan Devan Hill Plantations umbenannt, deren aktuelle Produktion bei jährlich beachtlichen 21.000 t liegt. Der heutige, in Calicut ansässige Konzern Cottanad Plantations geht wiederum auf den Schweizer Henry Louis Atzenwiler (1849 – 1912) zurück. Dieser entstammte einer Genfer Bankiersfamilie und brach als junger Mann aus dem familiären Gefüge aus, um sein Glück als Pflanzer zu suchen. Nördlich der Nilgiris entwickelte er im Distrikt Wyanad den Tee- und Kaffeeanbau, hielt aber auch Anteile verschiedener Goldminen. Atzenwiler heiratete eine Inderin aus Mysore, mit der er sieben Kinder hatte.
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Viele Plantagen blieben auch über die indische Unabhängigkeit 1947 hinaus für Jahrzehnte in europäischer Hand, und ihre Manager stammten weiterhin aus Großbritannien oder anderen westlichen Ländern. Rassismus und Vorurteile waren auch nach der Unabhängigkeit gang und gäbe, und indische Führungsk räfte stellten immer noch gleichsam Fremde im eigenen Land dar. Das trifft etwa auf Edward Davidar zu, der 1953 als stellvertretender Superintendent auf der südlich der Nilgiris gelegenen Plantage Peermade in den Dienst der Southern India Tea Estates Company trat, die sich damals noch fest in den Händen der Briten befand. Sechzehn Jahre später stieg er zum Direktor der Pflanzung und damit ebenfalls zum Leiter mehrerer anderer Gärten seines Arbeitgebers in der Region auf. Wiederholt klagte er, dass das zahlenmäßig geringe indische Führungspersonal deutlich schlechter entlohnt werde als gleichrangiges europäisches. Auch wenn dieser Unterschied mehr oder weniger plausibel damit begründet werden konnte, dass die Europäer gleichzeitig daheim für einen wesentlich teureren Haushalt aufkommen mussten, sorgte diese Tatsache doch für Unmut.53 Davidars Arbeit war hart, denn der Superintendent hatte keinen reinen Schreibtischjob, sondern er hielt sich meist draußen bei den Arbeitern auf dem Feld auf. Zu seinen Aufgaben zählten wie ehedem in Assam die Überwachung der Pflückerinnen sowie der männlichen Arbeiter, die mit dem Sprühen von Herbiziden oder dem Unterhalt der Fahrwege auf den oft sehr ausgedehnten Anwesen beschäftigt waren. Als Davidar es sich schließlich leisten konnte, erwarb der Superintendent für die Bewältigung der Strecken ein eigenes Motorrad.54 Zwischen Ceylon und Kenia Die sich in Indien sowohl in den Ebenen Assams als auch im Gebirge entwickelnden Strukturen standen bei der Ausdehnung des Teeanbaus auf andere Kolonien Pate. Das ebenfalls seit den Napoleonischen Kriegen in britischem Besitz befindliche Ceylon war ursprünglich Kaffeeland, auch wenn das Wissen um die Camellia sinensis hier bereits in den 1850er Jahren eingezogen war. Zur selben Zeit, als die Briten mit dem Tee in Darjeeling experimentierten, wurden dessen Anbauperspektiven auch im Botanischen Garten von Peradeniya auf jener gebirgigen Insel inmitten des Indischen Ozeans erforscht. Versuche galten dabei sowohl Assam- als auch China-Sträuchern und deren Kreuzungen, so dass sich ebenso früh auch hier ein beträchtliches Know-how entwickelte. Ohnehin waren die botanischen Forschungseinrichtungen weltweit miteinander gut vernetzt,
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und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse erreichten rasch auch die hintersten Winkel der Kolonien. Die Vielfalt der Züchtungen erlaubte es, den Tee auf Ceylon sowohl in den niedriger gelegenen, tropisch geprägten Regionen (»low grown«) als auch im kühlen, zentralen Bergland (»high grown«) anzubauen, wobei sich Letzterer als feiner und heller erwies. Bald schon war die hohe Qualität der Ceylon-Gewächse berühmt, aber erst die weitgehende Vernichtung der ausgedehnten Kaffeekulturen auf der Insel durch eine tödliche Pilzkrankheit seit Ende der 1860er Jahre begründete hier den Siegeszug der Camellia sinensis. Vor allem in den feuchten, gebirgigen Provinzen des Zentrums, aber auch in den Regionen Uva und Sabaragamuwa dehnten sich bald riesige Pflanzungen aus. Wurden 1873 nur gut 10 t exportiert, so waren es ein halbes Jahrhundert später etwa 83.000 t. Auch hier schuf die Eisenbahn hinauf ins Gebirge die Voraussetzung für besseren Warentransport und Masseneinwanderung. Zahllose Tamilen aus dem Südosten Indiens zog es in der Zeit des Kaffee- und Teebooms auf die Insel.55 In Niederländisch-Indien war die seinerzeit mit Hilfe Philipp Franz von Siebolds begründete Produktion anfangs staatliches Monopol, wobei Plantagen an private Unternehmer verpachtet, nicht jedoch verkauft wurden. Diese Politik änderte sich Mitte der 1860er Jahre in Anbetracht der stark wachsenden Konkurrenz aus Britisch-Indien. Da das Klima auf den meisten Inseln im heutigen Indonesien tropisch ist, gingen die Niederländer in jener Zeit auch dazu über, nicht mehr Abkömmlinge der einst von Siebold aus Japan geschickten Pflanzen zu verwenden, sondern nutzten die robustere und an das feuchtheiße Klima besser angepasste Assam-Varietät. Als Java-Tee brachte diese dunkle, kräftige Qualitäten hervor, die in Deutschland, vor allem in Ostfriesland, beliebt waren und um 1900 etwa ein Zehntel der deutschen Importe ausmachten.56 Auch wenn ebenfalls schon um 1850 in der südafrikanischen Provinz Natal mit der Assam-Varietät experimentiert worden war, konnte mit dem stets geringen Anbau nicht einmal der Binnenmarkt Südafrikas versorgt werden. Erfolgreicher waren die Pflanzversuche im nördlich davon gelegenen Njassaland, ebenso im damaligen Deutsch-Ostafrika und in Kamerun. Die größte Erfolgsgeschichte Afrikas schrieb aber das ostafrikanische Land Kenia, in dem sich die Anbauflächen seit dem Ende des Ersten Weltkrieges noch unter britischer Herrschaft stark ausdehnten. Heute gilt Kenia mit einer Produktion von jährlich knapp 460.000 t als Exportweltmeister. Zu den neueren Anbaugebieten zählt auch der Kaukasus, an dessen Rand unter russischer Vorherrschaft 1884 Pflanzungen um Batumi und Suchumi angelegt wurden. Trotz teils harter Winter gedieh die Saat, vor allem aber vergrößerte sich die bebaute Fläche in der Anfangszeit der Sow-
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jetunion deutlich.57 Heute wird darüber hinaus in mindestens siebzig weiteren Ländern Tee angebaut, und die weltweite Produktion liegt bei mehr als 6 Millio nen t jährlich. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen die Blätter mit der Hand verarbeitet wurden. Bis auf sehr wenige, immer noch in Manufaktur hergestellte, kostbare Sorten stellt der Tee seit langem standardisierte Fabrikware dar. Diese unterteilt sich in Blattsorten, Broken-Tees und die sehr feinkörnigen sogenannten »Dusts« und »Fannings«. In der Anfangszeit unterschied sich die Produktion in den Kolonien noch nicht von der in China und war weitgehend Handarbeit. Erste Formen einer Mechanisierung fanden sich dann aber bereits in den 1860er Jahren in Form der von Oscar Flex beschriebenen handbetriebenen Rüttelsiebe. Später entwickelte der aus Belfast stammende Erfinder Sir Samuel Davidson (1846 – 1921) eine Lüftungsmaschine, die mit Hilfe heißer Luft den gerollten und ge rösteten Tee trocknen konnte. Davidson hatte zuvor auf der Plantage seines Vaters in Indien praktische Erfahrungen gesammelt, die er, nach Nordirland zurückgekehrt, in seiner Entwicklung umsetzte. 1879 kam das Modell »Sirocco« auf den Markt. Dieses wurde allerdings noch nicht in Übersee eingesetzt, sondern lediglich in Großbritannien, wo es bald gewaltige Menge importierten Tees nachtrocknete.58 Bereits vor der Jahrhundertwende setzte aber auch in den Kolonien selbst eine stärkere Technisierung ein. Die Eisenbahnen ermöglichten nun den Transport schwerer Maschinenteile in die hoch gelegenen Bergorte oder in den Osten Assams, und bald standen, meist hoch auf den Hügelkuppen, wo am ehesten mit einem Luftzug zu rechnen war, die ersten modernen Teefabriken. Meist gehörten sie zu den großen Plantagen, einige wurden aber auch unabhängig davon gegründet. In ihnen wurden dieselben Arbeitsschritte durchgeführt wie ehedem mit der Hand. Nur sorgten die Maschinen für einen größeren Ausstoß und ein stets gleiches Qualitätsniveau, reduzierten dabei aber auch den Bedarf an Arbeitern deutlich. Der Einsatz von Stahlbeton führte in den 1930er Jahren zur Errichtung immer größerer Gebäude mit gewaltigen Fensterreihen, die ein Höchstmaß an Luftzirkulation ermöglichten.59 Auf dem Dachboden der Fabriken beschleunigten große Ventilatoren das natürliche Welken der frisch gepflückten Blätter. Über Rutschen oder Förderbänder gelangten diese hinab ins Erdgeschoss, wo sie in der Rollmaschine gerollt wurden, um danach in großen Behältern zu oxidieren. Gewaltige Mengen Feuerholz wurden benötigt, um die Blätter anschließend im Trocknungsraum zu erhitzen. Sortiermaschinen siebten den Tee sodann in unterschiedliche Blattgrade aus. Der Versorgung der elektrisch betriebenen Maschinen mit Energie dienten
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Karte 3 Der Teeanbau in heutiger Zeit.
Abb. 31 Moderne Teefabrik in Sri Lanka, dem alten Ceylon. Oft liegen die Fabriken auf Hügelkuppen, um eine bessere Belüftung beim Welken zu erreichen.
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in einer Zeit ohne flächendeckendes Stromnetz Wasserturbinen, Dampfmaschinen und später Dieselmotoren.60 1931 entwickelte William McKercher in Assam das sogenannte CTC-Verfahren, das seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in immer größerem Umfang Einsatz fand und mit dem heute weltweit die meisten Tees verarbeitet werden. CTC steht für »Crush, Tear, Curl« und bedeutet, dass mehrere Arbeitsschritte in einer einzigen Maschine durchgeführt werden. So zerreißt die CTC-Maschine gleichzeitig mit dem Rollen das Blatt. Auf diese Weise werden dessen Zellen noch stärker aufgebrochen als bei der traditionellen Verarbeitung, was den anschließenden Oxidationsprozess verstärkt, für kleinteilige Partikel und einen sehr dunklen Aufguss sorgt. Heute finden CTC-Tees nicht nur Einsatz bei der Herstellung kräftiger Frühstückstees oder als Alltagsware in den Anbaugebieten selbst, sondern millionenfach auch in Teebeuteln. Diesen steht der sogenannte orthodoxe Tee gegenüber, wobei »orthodox« nicht etwa Handarbeit, sondern die Herstellung in der herkömmlichen Rollmaschine meint.61 Die neuen, standardisierten Tees führten zur Herausbildung einer einheitlichen Nomenklatur, bei der die unterschiedlichen Blattgrade mit Buchstaben bezeichnet werden, die sich heute von Land zu Land etwas unterscheiden. Grundsätzlich wird zwischen Blatttees, die aus ganzen oder beinahe unversehrten Blättern bestehen, und Broken-Tees aus unterschiedlich großen Fragmenten unterschieden. Diese tragen stets das Kürzel »B« in ihrer Buchstabenkombination. Noch kleinere Blattteile werden als »Fannings« oder »Dusts« bezeichnet, wobei Letztere die kleinstmögliche Handelsqualität darstellen, die mit viel Zucker und Milch ein wunderbares, kräftiges Getränk ergibt. Auf der anderen Seite der Skala gehen die teuersten Blattqualitäten mit einem hohen Anteil an hellen Triebspitzen heute als Special Fine Tippy Golden Flowery Orange Pekoe (SFTGFOP) auf den Markt ; der einfache Blatttee trägt demgegenüber die alte Bezeichnung Souchong (S). Bisweilen eröffnet dieses unbestechlich erscheinende System im Rahmen eines geschickten Marketings einen gewissen Raum für fantasievolle Neubezeichnungen.62 Qualitätsprobleme in China Während sich die britischen und niederländischen Kolonien auf den Weg begaben, zu den weltweit bedeutendsten Produzenten aufzusteigen, schwächten Opiumkriege, europäische Biopiraterie und innere Konflikte den Anbau in China immer mehr. Daran konnten letztlich auch die spektakulären Fahrten
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der Clipper nichts ändern.63 Schon Robert Fortune hatte darüber geklagt, dass die Chinesen den Tee teils verfälschten, teils auch deren Aussehen mit Hilfe zuweilen gefährlicher Chemikalien optisch aufwerteten.64 Die Ursachen für den Niedergang konnten kaum deutlicher ausgesprochen werden als in einer Denkschrift, die führende Hamburger Handelshäuser 1888 dem chinesischen Gesandten in Berlin übermitteln ließen.65 In ungewöhnlicher Offenheit übten jene an den traditionsreichen Gewächsen aus dem Reich der Mitte Kritik : »Seit einer Reihe von Jahren ist die Durchschnittsqualität der chinesischen Theen [!] in beständigem Sinken begriffen und sind in Folge dessen die früher in g roßen Mengen produzierten feinsten Sorten neuerdings zu unserer und unserer Kundschaft großen Enttäuschung und Entbehrung gänzlich ausgeblieben.« Die Kategorie »hochfein« habe, auch wenn sie immer noch diese Bezeichnung trage, nichts mehr mit ihrem Namen gemein. Die Ursachen dafür, dass China in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts das Nachsehen hatte, waren neben der wachsenden Konkurrenz aus den europäischen Kolonien in der Tat zu einem großen Teil hausgemacht. Während Süd- und Südostasien auf großen Plantagen bereits mit modernsten Maschinen produzierten und dabei immer wettbewerbsfähiger wurden, blieb der Anbau in China kleinbäuerlich strukturiert. Entweder pflückte der Bauer selbst oder er ließ von umherziehenden Wanderarbeitern pflücken ; wie auch immer, ein optimaler Erntezeitpunkt konnte auf diese Weise nicht gewährleistet werden. Oft noch auf dem Hof selbst wurden die Blätter verarbeitet, was einen einheitlichen Standard verhinderte.66 Außerdem resultiere der Qualitätsrückgang angeblich »aus einer durch ungenügende Pflege entstandenen Verschlechterung des Bodens der Anpflanzungen«. Es wurde geklagt, dass die Sträucher fehlerhaft oder überhaupt nicht beschnitten und entstehende Lücken allenfalls durch minderwertige Jungpflanzen geschlossen würden. Die Hamburger machten weiterhin »schwerwiegende Fehler einer überhasteten Bereitung« für die Qualitätsverluste verantwortlich : »Vielleicht trägt die Besprengung der abgepflückten Blätter mit Wasser, wodurch angeblich ein schnelles Welken derselben erzielt wird, einen Theil der Schuld, jedenfalls aber ist die Hauptursache in ungenügender Feuerung der Theen zu suchen.«67 So bewirke ein zu kurzes, aber umso stärkeres Erhitzen, dass die Blätter nur äußerlich trockneten, im Inneren aber einen Großteil der Feuchtigkeit bewahrten. Schließlich wurde festgehalten, »daß in den letzten Jahren die Zahl von Stengeln, auch in den feinen Theen, sehr zugenommen hat«, was auf eine nachlässige Ernte zurückzuführen sei, bei der die Blätter nicht einzeln gepflückt, sondern grob mit der Hand abgestreift würden.68
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Auch wenn sich der Wahrheitsgehalt der Hamburger Vorwürfe im Detail nicht mehr überprüfen lässt, bleibt doch unübersehbar: Der einst gerühmte chinesische Tee hatte in den Jahrzehnten
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seit den Opiumkriegen an Qualität und Ansehen eingebüßt. Dass diese Eindrücke in der Tat nicht aus der gegriffenSchlendrian, waren, belegen Zahlen. Nicht nurBestätigung ging die absolute Neben demLuft beklagten der auch auch die in anderen Quellen
Produktion zurück, sondern ebenso kehrte sich dasals Verhältnis der Importe auserkannt, Südasien und findet, wurde die Kleinräumigkeit des Anbaus strukturelle Schwäche indem »fast jeder Thee-Pflanzer nur ein minimales Quantum von Blättern erntet, China nach Europa vollständig um, was in besonderer Weise für Großbritannien galt. viel zu 2klein, um für sich eine verkäufliche zu bilden.« Die Zwi-nach Grafik Verhältnis derallein Einfuhren von Tee Parthie aus China und 69Südasien schenhändler müssten daher ohne Rücksicht auf Großbritannien in Qualität und Blattentfaltung %.71 alles abnehmen. 100 90 80 70 60
China
50
Südasien
40 30 20 10 0
1865 1867 1870 1873 1875 1878 1880 1883 1885 1887 1890 1891
Mehrmals wird inder derEinfuhren Stellungnahme derChina Hamburger Kaufleute Indien als Vorbild Grafik 2 Verhältnis von Tee aus und Südasien nach Großbritannien in %.70genannt,
dem geflissentlich nachzustreben sei. Im Gegensatz zu China werde auf dem Subkontinent ordentlich gejätet, gedüngt, undergäben es würden die teils hinsichtlich sehr unterschiedlichen Aus dem Unkraut spürbaren Qualitätsverlust sichfürProbleme der Standorte besonders Kultivare Ebenso werde dort „das Pflücken Haltbarkeit, was ingeeignete der Kiste »einenausgewählt. Proceß des vorzeitigen Verfalls und be-… mit schleunigterVorsicht Zersetzung« hervorrufe. Während Ware Schuß üblicherweise allergrößter vorgenommen. Es werden nur vondie frischem die 2 oder 3drei jüngsten oder vier Jahre lang ohne nennenswerte Qualitätsverluste lagerfähig gewesen Blätter abgeschnitten“. Das Welken erführe gewissenhafte Aufsicht, und das Rollen sei, »haben sich die 1887 – 88er Theen zum Theil schon nach wenigen Monaten übernähmen in Indien modernste Maschinen. – „Welch ein Unterschied gegen China!“72 so verschlechtert, daß man sie kaum mehr für frisches 1887er Gewächs halten Unschwer ist zu erkennen, dass sich hinter dem Text weit mehr verbirgt als eine vermeintlich konnte.« 71 Auch wenn sich der Wahrheitsgehalt der Hamburger Vorwürfe im Detail 70 Ebd. 71 nicht mehr lässt, bleibt Sprecher von überprüfen Bernegg, Tee und Mate, S. 274.doch unübersehbar : Der einst gerühmte chi72 Ebd. nesische Tee hatte in den Jahrzehnten seit den Opiumkriegen an Qualität und 202 Ansehen eingebüßt. Dass diese Eindrücke in der Tat nicht aus der Luft gegriffen waren, belegen auch die Zahlen. Nicht nur ging die absolute Produktion zurück, sondern ebenso kehrte sich das Verhältnis der Importe aus Südasien und China nach Europa vollständig um, was in besonderer Weise für Großbritannien galt. Mehrmals wird in der Stellungnahme der Hamburger Kaufleute Indien als Vorbild genannt, dem geflissentlich nachzustreben sei. Im Gegensatz zu China
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werde auf dem Subkontinent ordentlich Unkraut gejätet, gedüngt, und es würden für die teils sehr unterschiedlichen Standorte besonders geeignete Kultivare ausgewählt. Ebenso werde dort »das Pflücken … mit allergrößter Vorsicht vorgenommen. Es werden nur von frischem Schuß die 2 oder 3 jüngsten Blätter abgeschnitten«. Das Welken erführe gewissenhafte Aufsicht, und das Rollen übernähmen in Indien modernste Maschinen. – »Welch ein Unterschied gegen China !«72 Unschwer ist zu erkennen, dass sich hinter dem Text weit mehr verbirgt als eine vermeintlich objektive Bestandsaufnahme. Denn implizit klingt hier ein europäisch-imperiales Ethos an, das die westlich-kolonialen Plantagen in Südasien dem traditionellen, vermeintlich »orientalischen« und rückständigen Anbau im Reich der Mitte gegenüberstellt. Nicht nur in Hinblick auf Anbau und Verarbeitung gab es Grund zur Klage. Noch offensichtlicher war das Aufeinanderprallen ganz unterschiedlicher kaufmännischer Kulturen. So hatte sich China seit den Opiumkriegen nur gezwungenermaßen gegenüber dem Westen geöffnet, wodurch in den großen Häfen mit einer Reihe ausländischer Unternehmen europäische Wirtschaftspraktiken Einzug hielten. Dem standen in den europäischen Augen als rückschrittlich begriffene chinesische Handelsmethoden gegenüber. Der kulturelle Konflikt zwischen dem europäischen Kaufmann und den einheimischen Händlergilden war vorprogrammiert. Schon längst hatte sich der im 18. Jahrhundert allein in Kanton im Außenhandel aktive Co-Hong ausdifferenziert. Als »Hongs« galten nun temporäre Zusammenschlüsse chinesischer Kaufleute, die je nach Marktlage gegenüber den Europäern eine Monopolstellung zu behaupten trachteten. So äußerte sich das deutsche Generalkonsulat in Shanghai 1887 : Bei dem Einkauf des Thees von den Produzenten und bei seiner Zubereitung für den Export sind die ausländischen Geschäftshäuser nicht beteiligt. Für diese Zwecke etablieren die chinesischen Theehändler zur Zeit der Ernte ihre sog. Hongs in den Produktionsdistrikten selbst in einem nach der zu erwartenden Nachfrage und dem Ausfall der Ernte wechselnden Verhältnis.73
Je nach voraussichtlichem Umfang des Angebots konnte die Zahl dieser Zusam menschlüsse entsprechend stark schwanken. Handelten etwa im Jahre 1885 hundertzweiunddreißig Hongs in den Exporthäfen mit Tee, so waren es ein Jahr später sogar hundertsechsundneunzig.74 Die Hongs verkauften aber nicht nur die Blätter, sondern waren auch für deren hochseetaugliche Verpackung verantwortlich. Hierzu wurden Holzkisten von
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einheitlichen Maßen verwendet, die seit jeher mit Bleifolie ausgekleidet waren. Diese sollte nicht nur vor Seewasser schützen, sondern auch davor, dass der Tee während der langen Überfahrt den Geruch anderer Waren annahm. Bleifolie galt als unbedenklich, denn »schädliche Wirkungen derselben sind hier nicht beobachtet, bezw. bekannt geworden …«75 Jede in der damaligen Fachsprache als »Halfchest« bezeichnete Kiste enthielt Blätter im Normgewicht von fünfundsechzig englischen Pfund.76 Daneben wurde auch der sogenannte »box tea« angeboten, »der in kleine zierliche, mit chinesischen Figuren reich bemalte und immer mit einer Bleitrommel versehene Kisten von 10 und 20 Pfund gefüllt wird« und der auf dem europäischen Markt als besondere Kuriosität erhältlich war.77 Über das, was die Hongs in die Kisten füllten, gab es aus Perspektive der westlichen Kaufleute zunehmend Grund zur Klage. Der Kaufmann erhalte nicht immer das, wofür er bezahlt hatte. Unübersehbar war der wachsende Anteil an Blattfragmenten, der sogenannte »Grus«, vor allem beim billigeren Kongou, zunehmend aber auch beim teuren, »großblättrigen, früher fast grußfreien« Souchong. Es wurde der Verdacht geäußert, dass die Tees vor dem endgültigen Verpacken, anders als von den chinesischen Großhändlern stets gelobt, nicht vollständig gesiebt würden. Auch dieser Mangel führte seitens der europäischen Kaufleute zu höheren Kosten. Um sich nämlich der lästigen Kleinstpartikel zu entledigen, mussten bisweilen bereits für den Seetransport fest verschlossene Kisten wieder geöffnet und der Inhalt nochmals gereinigt werden. Bis zu einem Viertel des Nettogewichts fiel dabei an unverkäuflichem Grus an.78 Während sich Großbritannien bald vollständig von China abwandte und auch Deutschland allmählich zu Produkten aus Südasien und Niederländisch-Indien überging, blieben allein die Russen bis zum Ausbruch der Russischen Revolution weiterhin treue Kunden. So führte die Eröffnung des Suezkanals 1869 nicht nur zu einer Beschleunigung der Schifffahrt zwischen Ostindien und Westeuropa, sondern auch Russland ließ sich nun schneller auf dem Seeweg über Mittelmeer und Schwarzes Meer erreichen. In etwa acht Wochen gelangte ein Dampfer von China aus nach Odessa oder Batumi, was keinen Vergleich mehr mit einer anderthalbjährigen Karawanenreise darstellte.79 Die Fertigstellung der Transsibirischen Eisenbahn bis zum russischen Pazifikhafen Wladiwostok 1903 bereitete dem traditionsreichen Karawanenhandel schließlich das völlige Ende. Fortan wurde der für Russland bestimmte Tee ausschließlich entweder direkt in die Schwarzmeerhäfen transportiert oder per Dampfer zunächst nach Wladiwostok verschifft, von wo aus er auf den neuen Gleisen quer durch Sibirien westwärts rollte. Der berühmte russische Karawanentee gehörte seitdem der Vergangenheit an, auch wenn ein Produkt unter dieser Bezeichnung nicht ganz korrekt bis
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heute auf dem Markt erhältlich ist. Allein nach Tibet gelangte weiterhin echter Karawanentee, der dort unter anderem in Form des legendären Buttertees konsumiert wurde.80 Aus den Briefen eines Bremer Kaufmanns Ein aufmerksamer Beobachter des schwieriger werdenden Geschäfts in China war der Bremer Kaufmann Johann Friedrich Rodewald, der seine beruflichen Aktivitäten wie auch sein privates Leben in zahllosen Briefen dokumentierte. Rodewald lebte unter dem anglisierten Vornamen Frederick seit den 1860er Jahren als Teemakler gemeinsam mit seiner Frau und schließlich vier Kindern in Shanghai und vermittelte Tee vor allem nach Großbritannien. Nur selten erwarb er darüber hinaus auf eigene Rechnung kleinere Partien, um diese nach Deutschland zu verschiffen. Mit wechselnden Geschäftspartnern führte er sein Unternehmen in der 3 Hong Kong Road in Shanghai unter den Bezeichnungen Rodewald & Company, Rodewald & Heath und später Rodewald, Schonfeld & Company.81 Meist hielt sich der Kaufmann mit der Familie in Shanghai auf, wenn er nicht in den Wintermonaten mit dem Boot zu langen Jagdsafaris aufbrach, deren Ausbeute er minutiös in einem Tagebuch notierte. Im Mai reiste er wiederum Jahr für Jahr auf dem Jangtse tief ins Landesinnere, um die nach der Frühjahrsernte in der Stadt Hankou stattfindende Teemesse zu besuchen und dort die Bestellungen seiner europäischen Kundschaft abzuarbeiten. Auch wenn Hankou etwa 700 km im Landesinneren liegt, konnte es doch bei gutem Wasserstand des Jangtse von den großen Frachtdampfern angelaufen werden. Im Jahre 1886 wurden in der kurzen Zeit des Marktes allein vierzehn für London bestimmte britische Schiffe gesehen sowie je ein britisches und ein russisches Fahrzeug mit Ziel Odessa.82 Rodewald erlebte das Treiben auf dem zwei bis drei Wochen andauernden Markt hautnah : Noch bevor die kompletten Partien der Frühjahrsernte aus den Anbaugebieten Hankou erreichten, trafen dort Proben, die sogenannten »Chestnuts«, ein, mit denen der Markt, meist zwischen 12. und 16. Mai, offiziell eröffnet wurde. Rodewald bemühte sich wie alle anderen westlichen Kaufleute um die besten und versprechendsten Proben und sandte einige davon gleich an seinen langjährigen Partner Schönfeld weiter, der sich zur selben Zeit in Foochow aufhielt, dem zweiten großen Exporthafen im Süden des Landes. Gemeinsam verschafften sich beide auf diese Weise einen breiten Überblick über die besten Qualitäten der Saison.83
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Abb. 32 Straßenszene in Hankow (1911). Ähnlich dürfte auch der Bremer Kaufmann Rodewald die Stadt tief im Inneren Chinas gesehen haben.
Viel kam nun auf Erfahrung und Schnelligkeit an, anschließend einen Kontrakt mit einem der Hongs zu schließen, denn auch im Zeitalter der Dampfschifffahrt erzielten die frühesten Lieferungen der Saison in London die besten Preise. Der erfahrene Rodewald ließ sich aber nicht immer von dem alljährlichen Ansturm auf die ersten Proben beirren und setzte, auch wenn er warten musste, auf Qualität. Am 16. Mai 1883 schrieb er seinem Partner Schönfeld mit einem leicht abfälligen Unterton : »… wer auf die Ehre den ersten Einkauf gemacht zu haben, Anspruch hat, ist meines Wissens nach nicht entscheidend, ich glaube aber, daß einer russischen Firma der Preis zukommt.«84 Der Tee wurde schließlich in sogenannten »Chops«, in Partien von fünfzig bis zu gewaltigen 1000 Kisten aus einer Herkunftsregion und in weitgehend identischer Qualität, angeliefert. Nach Feststellung des Gewichts und abschließender Einigung über den Kaufpreis beglichen Käufer und Verkäufer das Geschäft in bar.85 Unter den zahlreichen Sorten, die in der Stadt angelandet wurden, erwarb Rodewald regelmäßig ein breites Spektrum unterschiedlicher Herkunft, unter anderem aus der Region Hankou selbst, aber auch die auswärtigen Qualitäten Ningchow, Cheongshukai, Yanglowtung, Nipkosen, Oonfa, Keemun oder Shuntan, von denen in Europa damals kaum ein Konsument je gehört haben mag.
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In Hankou selbst zählten indes nicht allein die Blattgröße und die bloße Frage, ob es sich um einen Pekoe, Souchong oder Kongou handelte, sondern auch das Anbaugebiet. Am teuersten war der Ningchow-Tee, für den 1883 32 – 49 Tael je Pikul ausge geben werden mussten.86 Der zweitteuerste Tee, Oonfa, ein gut für Mischungen geeignetes Blatt mit Raucharoma und hellem Aufguss, schlug mit 30 – 31 Tael je Pikul zu Buche. Der aromatische Keemun mit seinem kräftigen Aufguss kam preislich an dritter Stelle, gefolgt vom Tee aus dem Distrikt Cheongshukai (27 – 28¼ Tael je Pikul) und dem Yanglowtung aus dem Distrikt Puchi im mittleren Preissegment (22 – 23). Etwas weniger hatte Rodewald für den Nipkosen (17¼ – 18½) und den allerdings vom Aroma her kaum überzeugenden Shuntan (10¼ – 14) zu zahlen. Welche Sorte auch immer auf einem Überseedampfer an Bord ging – es handelte sich dabei weit überwiegend um einen Schwarztee. Die Konkurrenz unter den Europäern um die besten Partien sorgte dafür, dass die Hongs ihre Monopolstellung behaupteten und von dem Zwang der Handelsfirmen, ihre Bestellungen aus Europa abzuarbeiten, profitierten. Rodewald spürte während seiner langen Anwesenheit in China den schleichenden Niedergang dieses Geschäfts. 1883 war er noch einmal vergleichsweise zufrieden : »Was die Qualität anbetrifft so sind die diesjährigen Theen besser ausgefallen als ich nach dem vielen Regen den wir gehabt haben erwartete, ich halte die Ernte mir aber kaum so gut wie in letzter Saison, besonders ist das Blatt after infusion dunkler als wie es bei feinen Theen sein sollte.«87 Als er zweiundfünfzig Kisten davon an den ehemaligen deutschen Generalkonsul in Shanghai und Jagdfreund, Walter Georg Alfred Annecke, über London und Hamburg nach Berlin auf den Weg brachte, notierte er trotz allem verhalten zufrieden : »Wir haben keine Zweifel, daß der Thee allgemein Beifall erregen wird, da er das feinste ist, was die Saison geliefert hat.«88 Zwei Jahre später sah es schon anders aus, wie er nun seinem Onkel Ferdinand nach Deutschland schrieb : »Weniger gute Qualität als letztes Jahr bei steigenden Preisen von Eröffnung des Markts an erschwierigte sehr die Ausführung der mir anvertrauten Ordres und da ich nicht zu meiner Befriedigung kaufen konnte, so mußte ich ein Theil derselben unausgeführt lassen, was um so ärgerlicher, da unsere diesjährige Ordres an und für sich nicht bedeutend waren.«89 Noch resig nierter äußerte sich der erfahrene Kaufmann über den Markt von 1886 : »Ich machte die Eröffnung des Theemarktes dort zum 21sten Male mit, indem ich, seit meinem Herauskommen nach China keine Saison versäumt habe, es scheint mir aber das Geschäft daselbst mit jedem Jahre schwieriger zu werden, indem sich unsere Ordres mehr und mehr verspäteten …«90 Es bereitete ihm also im-
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mer größere Mühe, einheitliche größere Partien bestimmter Sorten zu bestellen und diese dann auch noch pünktlich geliefert zu bekommen. Das lag in seinen Augen aber nicht nur an den zunehmenden Qualitätsproblemen, sondern auch an einem sich verringernden Angebot.91 Auch ein Jahr später klagte Rodewald erneut, dass »die Competition der vielen neuen Firmen, die das continentale Geschäft betreiben und sich gegenseitig das Geld abzuschneiden trachten, nun so groß ist, daß bei großen Risico im günstigsten Falle nur ein unbedeutender Gewinn erreicht wird«.92 Das Qualitäts-Preis-Verhältnis drohe im Vergleich mit Indien endgültig umzukippen, denn die Qualität der Ernte sei »der letztjährigen zurückstehend.« Im Detail beobachtete er : »Die Keemuns zeigen noch verhältnismäßig die beste Qualität besonders in der Tasse …, doch mögen die billigen indischen Theen denselben eine zu starke Concurrence machen und bei bezahlten Preise sich nicht als niedrig genug erweisen wenn die Theen auch im Vergleich zum vorigen Jahre billig erscheinen.«93 Zwei Jahre später war der Tee wiederum zu teuer, die Keemuns fänden allein »Käufer hauptsächlich natürlich für Rußland da … die Preise für den englischen Käufer zu hoch« seien.94 Obwohl es sich bei Rodewalds Briefen stets um Momentaufnahmen handelt, entsteht doch insgesamt der Eindruck, dass der Markt von Hankou von Jahr zu Jahr rauer und unwägbarer wurde. Die Erleichterung ist seinen Schreiben anzumerken, wenn er die Stadt nach Ende des Marktes wieder in Richtung Shanghai verlassen konnte : »Hangkow ist gerade kein Paradies.«95 Rodewald wurde das Risiko in der Tat auf lange Sicht zu groß ; nach vielen Enttäuschungen entschied er sich, dem Teegeschäft den Rücken zu kehren und nach Bremen heimzufahren, wie er im Oktober 1890 an Annecke schrieb : »Meine neue Firma heißt Rodewald & Schultze und bin ich von Thee auf Baumwolle umgesattelt, indem ich mit dem Geschäftsführer einer erloschenen alten Firma deren Verbindungen übernommen habe.«96 Das Teegeschäft mit China zeigte auch nach Rodewalds Rückzug keine Anzeichen der Entspannung. Erst nach dem politischen Umsturz in China 1911 wurden Versuche unternommen, Anbau und Produktion zu modernisieren, um besser im Wettbewerb mit Süd- und Südostasien bestehen zu können. Vier Jahre nach der Revolution beschloss die chinesische Regierung ein Reformprogramm, und ein nationaler Teeverband wurde gegründet. Neben Versuchsanstalten sollten regierungsamtliche Teebüros in Shanghai und Hankou entstehen. Ebenso war vorgesehen, durch eine Festsetzung der Handelspreise Einfluss auf den unwägbaren Markt zu nehmen. Aber auch Bemühungen um eine Verbesserung des Pflanzgutes, eine Standardisierung der Qualitäten und die Unterbindung von
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Produktverfälschungen litten unter den schwierigen Rahmenbedingungen und ließen sich kaum mehr als ansatzweise durchsetzen.97 Die für den Transport zu den Seehäfen erforderliche Infrastruktur erwies sich noch in den 1930er Jahren vielerorts als vollkommen unzureichend. Während in jener Zeit bereits ein Großteil der Produktion Assams, Darjeelings oder der Nilgiris auf Gleisen die Häfen am Indischen Ozean erreichte, fand der Transport in China überwiegend zu Fuß auf dem Rücken einer ganzen Armee an Tagelöhnern statt.98
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11. Teeland Deutschland
Aus England über die Nordsee Die Expansion des kolonialen Teeanbaus in Süd- und Südostasien führte trotz der Probleme in China einmal mehr zu einem gewaltigen Wachstumsschub. Nicht nur änderten sich aber die Herkunftsregionen der Blätter und damit der ihnen ganz eigene Geschmack, sondern es bildeten sich mit Teehausketten, Markenprodukten und schließlich mit dem Versandhandel ganz neue Formen der Distribution heraus. In vielleicht noch größerem Maße führte dieser Aufbruch zu einem bis dahin nie dagewesenen Qualitätsbewusstsein. Die Kundinnen und Kunden lernten zwischen »First« und »Second Flush« sowie zwischen »high grown« und »low grown« zu unterscheiden. Während die eine einen dunklen Java-Tee bevorzugte, liebte der andere einen hellen Aufguss aus den Nilgiris. Mischungen verschiedener Qualitäten und Herkunftsregionen gewährleisteten wiederum stets gleichbleibendes Aroma. Hatte der Detailhändler ein Jahrhundert zuvor kaum mehr als vier oder fünf Sorten vorrätig, konnten die Genießer in den 1930er Jahren etwa beim Bremer Versandhaus Paul Schrader unter sechzehn verschiedenen Produkten wählen. Hier stellte der einfache »Haushaltstee« eine »reine, kräftige Mischung aus China- und Java-Tees« dar ; mehr als doppelt so viel kostete der »Darjeeling-Flowery-Orange-Pecco« – ein »Hochland-Gewächs aus dem Himalaya mit vollendet aromatischer und würziger Tasse«. Aber auch die in Großbritannien kaum mehr zu habenden rein chinesischen Sorten waren in Bremen erhältlich, wie der »China-Keemun«. Bei Letzterem handelte es sich um einen »Hankow-Tee, der stark aufgegossen werden kann, weil zart und blumig. Wundervoll als Nachmittagstee.«1 Zwischen den 1870ern und dem Ende der 1930er Jahre vervierfachte sich der weltweite Teehandel. Die Gründe hierfür liegen nicht allein in dem wachsenden Durst des Westens und seiner überseeischen Kolonien, sondern auch in der Fertigstellung des Suezkanals 1869 und im Aufstieg der Dampfschifffahrt. Durch Letztere verbilligte und beschleunigte sich der Warenaustausch zwischen Europa und Asien enorm. 1882 war mit einer Dampferfahrt von Wusong in der Nähe Shanghais nach London mit achtundzwanzig Tagen ein neuer Rekord aufgestellt.2 Der Wandel war kaum deutlicher zu spüren als im Herzen des britischen Empire, in dem alle Fäden aus der kolonialen Welt zusammenliefen. Mit dem Ende
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des Chinamonopols der East India Company wurde die kleine Straße Mincing Lane in der City of London mit ihren Auktionen zum Mittelpunkt des globalen Wettbewerbs um immer größere Mengen an Tee, gleichzeitig aber auch zur Zentrale des Sklaven- und Opiumhandels. Hier wurden die in Rekordgeschwindigkeit per Clipper und später Dampfschiff herangebrachten Partien versteigert ; hier bündelten sich Kapital und globales Know-how. Technik und Infrastruktur wuchsen, und allein auf den Londoner St Katharine Docks konnten jährlich bis zu 700.000 Kisten Tee umgeschlagen werden. Die britische Hauptstadt stieg mit ihren gewaltigen Kapazitäten zum europaweit bedeutendsten Umschlagplatz auf, der in Sachen Tee in diesem Rang nur vor gut zwei Jahrzehnten von Hamburg abgelöst wurde.3 Für wachsenden Absatz in Großbritannien sorgten nicht nur öffentliche Kampagnen gegen den Alkohol, sondern auch gezielte Werbemaßnahmen, die den Konsumenten die in den eigenen Kolonien produzierten »Empire Teas« besonders schmackhaft machten. Die Schaffung eines positiven Image durch Werbung war aber auch nötig, denn zeitgleich trafen immer wieder erschütternde Nachrichten über die brutale Behandlung der Pflückerinnen und Pflücker aus Indien und Ceylon ein, die einem politisch und sozial sensiblen Connaisseur die Freude am Getränk leicht verderben konnten. Ohnehin schmeckten die neuen Produkte aus Südasien mit dem dunklen, teils herben Aufguss in der Anfangszeit nicht allen, und es dauerte Jahrzehnte, ehe sich die Briten an den heute so vertrauten Geschmack indischer Sorten gewöhnt hatten.4 Nicht länger war der Tee ein Getränk der Familie und des geschlossenen Gesellschaftszirkels, wie er sich im Conversation Piece des 18. Jahrhunderts oder in der elitären Tea Party am Ufer der Themse äußerte, denn sein Konsum wurde zunehmend öffentlich. Das betraf nicht nur den schicken Five o’clock tea, den sich die Eliten im mondänen Luxushotel mit Kanapees und Scones gönnten. Denn London war auch die Heimat der sogenannten »Tearooms«, von Gaststätten, die sich auf den Ausschank des Getränks für eine weniger zahlungskräftige Kundschaft spezialisierten und damit das traditionelle Kaffeehaus ablösten. 1870 wurde der vermutlich erste Tearoom am Bahnhof London Bridge eröffnet, weitere kamen in schneller Folge hinzu. Berühmtheit erlangten das »Lockharts«, das »Express Daily« und das 1884 gegründete »Lyons«. Auch andere Städte, wie Glasgow mit seinen »Willow Tea Rooms«, holten bald auf.5 Das im Londoner Stadtteil Piccadilly gegründete »Lyons« bildete die Keimzelle der berühmten gleichnamigen Teehauskette, die innerhalb zweier Jahrzehnte mit zweihundertfünfzig Filialen das Land überzog. Mit dem Erwerb des traditionsreichen Unternehmens Horniman’s stieg Lyons schließlich auch in das
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Geschäft mit abgepackten Fertigmischungen ein, denen die Zukunft gehörte. Auch einige andere der an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gegründeten britischen Handelshäuser avancierten wie Brooke Bond und Typhoo zu großen, international operierenden Konzernen. Aber auch auf genossenschaftlicher Basis entstand mit der Co-operative Wholesale Tea Society ein Gigant mit eigenen Filialgeschäften und später auch Teegärten auf Ceylon.6 Kein Name ist enger mit diesem Boom verbunden als derjenige des aus Schott land stammenden Thomas Lipton (1848 – 1931), dessen Karriere an die von Thomas Twining anderthalb Jahrhunderte zuvor erinnert. Aus einer Bauernfamilie kommend, machte er zunächst in den Vereinigen Staaten Karriere und gelangte als Einzelhändler und schließlich Großunternehmer zu Wohlstand. Als seine Einzelhandelskette diesseits und jenseits des Atlantiks bereits um die dreihundert Geschäfte umfasste, stieg Lipton in den globalen Teehandel ein. Sein Unternehmensmodell bestand darin, eine breite Bevölkerungsmehrheit in den USA und Großbritannien mit günstigen Produkten zu versorgen. Das gelang ihm seit 1888 sehr erfolgreich, indem er den traditionellen Großhandel umging und selbst Ware direkt in den Anbaugebieten kaufte. Der Aufstieg des Teeanbaus auf Ceylon, wo er schließlich selbst mehrere Plantagen erwarb, kam ihm dabei zugute. Liptons für die Masse bestimmten Produkte wurden als hygienisch und exakt abgewogen beworben, und die Kundinnen und Kunden gewöhnten sich an den einheitlichen Geschmack der Fertigmischungen. Diesen aber stets konstant zu halten erwies sich in der Praxis als nicht ganz einfach und setzte große Erfahrung voraus. Denn Tee ist ein Naturprodukt, und das Aroma und der Geschmack der Blätter aus ein und derselben Plantage verändern sich von Jahr zu Jahr. Die Kunst des Mischens besteht bis heute darin, durch die Komposition jeweils variierender Anteile aus unterschiedlichen Gärten stets den gleichen Geschmack zu kreieren. Der Beruf des Tea Tasters, der in der Hauptsaison Tag für Tag jeweils mehrere Hundert Proben verkostete und sich oft mit jahrzehntelanger Erfahrung ein immenses Wissen um die zahllosen Geschmacksnuancen erwarb, erlangte eine immer größere Bedeutung.7 Zu den Absatzstrategien zählte der Versuch, bestimmte Mischungen als unverwechselbare Marken zu positionieren. Die bekannteste von ihnen stellte bald der mit Bergamottöl verfeinerte »Earl Grey« dar. Verschiedene Legenden ranken sich um die nach dem zweiten Earl Grey (1764 – 1845), der einige Jahre lang das Amt des britischen Premierministers bekleidete, benannte Sorte. Einmal soll dieser einen hohen chinesischen Beamten vor dem Ertrinken gerettet, ein anderes Mal will einer seiner Bediensteten einen indischen Prinzen aus den Klauen eines Tigers befreit haben. In beiden Fällen zeigten sich die Erretteten dem Earl
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mit dem Mischrezept als Dank erkenntlich. Möglicherweise war es aber eher der Zufall, der durch Experimente mit verschiedenen Ölen und Aromen die bis heute äußerst beliebte Mischung hervorbrachte. Diese soll bereits in den 1830er Jahren vertrieben worden sein, machte aber erst mit dem Aufstieg der Londoner Teegiganten weltweit Karriere. Bald gesellte sich zu dem vom Unternehmen Jacksons vertriebenen »Earl Grey« auch der »Lady Grey« von Twinings mit dem Aroma von Zitrone und Sevilla-Orangen.8 Das Tor zur Welt Wieder einmal mit einer gewissen Verzögerung erreichte der Teeboom des 19. Jahrhunderts auch die deutschen Konsumenten. Mit dem Teetisch hatten die nord- und mitteldeutschen Städte das Getränk bereits in der Zeit der Napoleonischen Kriege besser als je zuvor kennengelernt. Publikationen wie Le Goullons »Eleganter Theetisch« hatten bewirkt, dass sich die Camellia sinensis hierzulande einen festen Platz unter der zahlungskräftigen Feinschmeckerwelt eroberte. Allmählich konnten sich aber auch das mittlere Bürgertum und schließlich in gewissem Umfang die entstehende Arbeiterschicht das Getränk leisten und gewöhnten sich an den Geschmack. Mit Ostfriesland wuchs seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine regelrechte Teetrinker-Region heran. Jedoch erst in der Gründerzeit des kaiserlichen Deutschlands entwickelte sich eine einheitliche, landesweite Konsum- und Geschmackskultur, mit der sich auch das alte NordSüd-Gefälle auflöste. Hamburg blieb über die Umwälzungen in Asien hinaus wichtigstes Einfallstor. Seit dem vernichtenden Brand 1842 hatte sich die Stadt eine neue, moderne Infrastruktur gegeben. Die Einführung der Gewerbefreiheit und schließlich die Gründung des Freihafens 1881 mit dem anschließenden Bau der Speicherstadt prädestinierten die Elbmetropole auch weiterhin dafür, Deutschlands maritimes Tor zur Welt zu sein.9 Seit 1871 verkehrten Dampfschiffe im Liniendienst bis nach Ostasien, während alte Teehandelshäuser wie G.W.A. Westphal & Söhne weiter Bestand hatten.10 Mit dem wirtschaftlichen Aufbruch entstanden aber auch neue, teils immer noch existierende Unternehmen wie etwa Hälssen & Lyon. Aus einem kleinen Importgeschäft für Gewürze und Tee entwickelte sich das große Handelshaus Dethlefsen & Balk. All diese Unternehmen importierten die begehrten Blätter nun weitgehend über London. Die Firma Jonassohn & de Jongh, Colonial- und Farbwaaren, mit ihren Ge schäftsräumen am Hamburger Rödingsmarkt 79 existiert heute nicht mehr, aber
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die überlieferten Quellen erlauben einen guten Einblick in deren Kontakte mit und London. So suchte sich Jonassohn & de Jongh mit Frederick Huth (1777 – 1864) einen kompetenten Partner in der britischen Metropole. Mit diesem stand ein global gut vernetztes, von einem Norddeutschen geleitetes Unternehmen bereit, das in gleicher Weise mit den Handelspraktiken an der Elbe wie jenseits der Nordsee vertraut war. Zunächst hatte der in Stade geborene Huth seine Ausbildung in der Hamburger Dependance eines spanischen Handelshauses absolviert. Im spanischen La Coruña baute er sein erstes eigenes Unternehmen auf, das allerdings infolge der Napoleonischen Kriege bald zugrunde ging. 1809 gründete Huth schließlich ein Im- und Exporthaus in London, mit dem er zu Ansehen und Vermögen gelangte. Im Laufe der Zeit erweiterte sich das Unternehmen des später gemeinhin als »Napoleon of the City« bezeichneten Norddeutschen zu einem der größten Londoner Bankhäuser.11 Regelmäßig lieferte Huth aus China importierten Tee an Jonassohn & de Jongh, der sogleich von Hamburg aus in verschiedene Orte Deutschlands weitergesandt wurde.12 So erreichten am 2. März 1847 einhundertzwei Kisten Tee von jeweils etwa 26 kg Gewicht Hamburg, von denen bis auf eine Lieferung nach Norwegen alle nach Ostfriesland verschifft wurden. Tab. 7 Reexport der Lieferung aus London an Jonassohn & de Jongh vom 2. März 1847. Datum
Zielort
17.3.
Emden
10
29.3.
Emden
41
3.4.
Leer
8.4.
Norden
9.4.
Leer
Zahl der Kisten
4 14 4
10.4.
Bergen
17
7.5.
Emden
5
17.5.
Emden
7
Bereits am 23. Juli desselben Jahres kam eine weitere Lieferung von 25 Kisten an und genau eine Woche später noch einmal von vierzehn Kisten. Die nächste und letzte Sendung des Jahres erreichte das Unternehmen am 24. Dezember. Auch im Gesamtüberblick des Jahres fällt auf, dass die weit überwiegende Menge Hamburg sogleich wieder in Richtung Ostfriesland verließ. Emden stellte dabei den bedeutendsten Empfänger dar, gefolgt von Leer und Norden,
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während nur eine geringe Menge ins ostfriesische Carolinensiel verschifft wurde. Zunehmend entwickelte sich auch das ostpreußische Königsberg zu einem wichtigen Abnehmer, von wo aus vermutlich damals schon ein gewisser Teil weiter nach Russland ging. In geringem Umfang wurde Tee in das schlesische Breslau, nach Berlin, in das benachbarte Altona und Harburg, aber auch nach Norwegen geliefert. Über Harburg gelangte der Tee in kleinen Mengen weiter nach Lüneburg. Bezeichnenderweise gingen demgegenüber keine Reexporte nach Bremen, wo sich ein eigenständiger Importhandel entwickelte. Tab. 8 Tee-Gesamtausfuhren durch Jonassohn & de Jongh, 1847. Zielort
Anteil (in %)
Emden
41,4
Leer
16,9
Norden
11,8
Carolinensiel
0,6
Königsberg
9,5
Breslau
5,1
Altona
4,5
Bergen
3,7
Berlin
2,8
Harburg
2,6
Lübeck
1,1
Ostfriesland erreichten die Kisten meist auf niederländischen oder ostfriesischen Schiffen, ebenso ging es auf dem Seeweg nach Königsberg. Kleinere Küstenboote, die Ewer, brachten die Ware das kurze Stück auf der Elbe nach Altona oder hinüber nach Harburg. Sonst dachte Jonassohn & de Jongh modern und nutzte neueste Verkehrstechnik. Seit 1846 waren Hamburg und Berlin durch die Eisenbahn miteinander verbunden, und nur wenig später rollten die ersten Teekisten auf Schienen durch Brandenburg.13 Eine wahre Revolution vollzog sich seit der Gründung des Deutschen Reiches im Hamburger Teegeschäft. Die Vereinheitlichung der Zölle und die Generierung eines nie zuvor dagewesenen großen Binnenmarktes schufen beste Voraussetzungen für eine Expansion. Um 1890 betätigten sich allein in der Elbmetropole zwölf Importhäuser ausschließlich oder zumindest weit überwiegend in jenem Geschäft.14 Nach wie vor waren die eingeführten Mengen im globalen Vergleich eher gering, und ein direkter Handel mit Asien lohnte sich kaum.15
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In China aktive deutsche Direktimporteure spielten entsprechend eine marginale Rolle und ließen sich an einer Hand abzählen. In den 1880er Jahren importierte lediglich die Firma Muselius & Co direkt von China nach Hamburg, ein weiteres Unternehmen handelte direkt mit Bremen, und etwas Tee nach Berlin vermittelte Rex & Co. Ebenso gering war mit Overbeck & Co. und Rodewald die Zahl der deutschen Unternehmen, die in Shanghai ihre Hauptniederlassung besaßen und von China aus im Geschäft meist mit Großbritannien oder Russland tätig waren. Siemssen & Co. hatte wiederum seinen Sitz in Fuzhou und exportierte auch nach Hamburg.16 Das geringe Direktengagement rührte daher, dass der Teemarkt in Deutschland gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer noch deutlich im Schatten des britischen stand. Mit einer gehörigen Portion Realismus stellte das deutsche Generalkonsulat in Shanghai 1887 fest : »Die jährliche Theeausfuhr für ganz China stellt sich auf pp. 4 Millionen Halbkisten (260 Mill. Pfund). Der gesamte Theeverbrauch Deutschlands dürfte 60000 Halbkisten nicht übersteigen, und würde also, auch wenn er nur aus chinesischen Thees bestände, nicht mehr als 1½ Prozent der chinesischen Ausfuhr ausmachen.«17 Tee stellte im Vergleich mit dem Kaffee nach wie vor ein Nischenprodukt dar, das aber durchaus seine Anhänger hatte. Über die Großimporteure gelangte die Ware in den Detailhandel, der im Gegensatz zu Großbritannien für Mitteleuropa kaum erforscht ist. Regelrechte Fachhandlungen existierten um die Mitte des 19. Jahrhunderts allenfalls in Ostfriesland oder in den großen norddeutschen Hafenstädten. Zu dieser Zeit verzeichnete beispielsweise das Adressbuch der holsteinischen Hafenstadt Altona in unmittelbarer Nachbarschaft Hamburgs immerhin sechzehn Kaufleute, bei denen explizit der Handel mit Tee erwähnt wurde, darunter mit einer »Ostindischen Theehandlung« ein ausschließlich auf dieses Getränk spezialisiertes Unternehmen.18 Um das Geschäft offiziell betreiben zu dürfen, bedurfte es einer Konzession, und die Obrigkeit achtete darauf, dass nicht zu viele Firmen mit demselben Angebot einander Konkurrenz machten. Im August 1846 beantragte etwa Dieter Scholl aus der Hamburger Marienstraße die »Concession zur Theehandlung en detail«.19 Die Stadtväter ließen Erkundigungen über die bereits vorhandenen Händler in der Marienstraße und ihrer Umgebung einholen und stellten fest : »Eine eigentliche Theehandlung existiert aber in den obgenannten Straßen nicht.« Der Erteilung einer Konzession stand nichts im Wege.20 Carolus Martin Pattenhausen aus Hamburg war wiederum »Inhaber einer Thee-Handlung und Wein-Geschäfts in der Vorstadt St. Pauli« und wurde re-
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gelmäßig von Westphal sowie Jonassohn & de Jongh beliefert.21 Seine Geschäfte liefen gut ; so bestellte er 1840 einmal zehn Viertelkisten teuren Gunpowder und zwanzig Achtelkisten Kongou bei Jonassohn & de Jongh.22 Mit seinem Erfolg war er schließlich in der Lage, von der Vorstadt in die Hamburger Innenstadt zu ziehen. Der Umzug hatte allerdings ein juristisches Nachspiel, da der Unternehmer beschuldigt wurde, beim Überschreiten der innerstädtischen Zollgrenze nicht die für seine Vorräte fälligen Abgaben gezahlt zu haben. Tatsächlich fanden sich bei einer Kontrolle »2 Kisten Thee unter circa 50 leeren Weinflaschen verpackt«. Pattenhausen bezichtigte einen Knecht, den entsprechenden Zollzettel vergessen und aus Bequemlichkeit ohne diesen mit dem Karren die Zollgrenze überquert zu haben, kam mit dieser Version aber nicht durch. Er musste nicht nur eine Strafe zahlen, sondern sich auch mit der Konfiszierung der beschlagnahmten Ware abfinden.23 Zwischen Nordsee und Alpen Nachdem der Tee lange Zeit ein vor allem norddeutsches Phänomen gewesen war, führte die Gründung des Kaiserreichs 1871 zur Herausbildung eines landesweiten Marktes. Jener war fortan Gegenstand von Reichstagsdebatten und konnte bald in Baden-Baden ebenso genussvoll getrunken werden wie ehedem an der Nordseeküste. Obwohl weiterhin im Norden der meiste Tee konsumiert wurde, entwickelte sich nun auch jenseits der Mittelgebirge und Weimars bald ebenfalls wahre Kennerschaft. Vor allem aber fand jetzt erst in Ostfriesland die eigentliche Teerevolution statt. Tranken die Ostfriesen in den 1840er Jahren immer noch mehr Kaffee, so kehrte sich das Verhältnis allmählich um. Ende der 1860er Jahre notierte Ernst Otto von Linsingen in einem Aufsatz über das ostfriesische Armenwesen, dass die Blätter in jener Region in ärmeren Haushalten in großer Menge konsumiert würden : »In Ostfriesland ist der Thee in der Weise allgemeines Bedürfniß geworden, daß der ärmste Tagelöhner lieber Brod entbehrt, als seine Tasse Thee ; in der ärmlichsten Hütte kommt der Theetopf den ganzen Tag nicht vom Feuer ; ist der Aufguß schließlich noch so schwach, er wird mit Genuß getrunken.« Allerdings was zu viel sei, sei zu viel : »In den neuerdings errichteten Arbeitsanstalten darf nun grundsätzlich kein Thee verabreicht werden ; statt dessen wird Morgens und Abends Roggenkaffee oder Milchsuppe oder dünne Biersuppe gereicht …«24 Tee wurde in Ostfriesland aber nicht allein als Arme-Leute-Getränk konsumiert, sondern wie bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch in Form der
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»Koppke« im bürgerlichen Haushalt kultiviert. Das heute Kultstatus beanspruchende Sahnewölkchen war indes noch kaum bekannt, wie von Linsingen weiter notiert : »Milch wird regelmäßig in Ostfriesland zum Thee nicht genommen, dagegen, wenn irgend der letzte Pfennig es gestattet, etwas Kandiszucker.«25 Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gehörte das Sahnekännchen zum festen Repertoire der bürgerlichen Teestunde.26 Seitdem bildete sich die klassische ostfriesische »Teezeremonie« heraus, wie sie heute Berühmtheit genießt. Möglich war das durch die anfangs noch geringen Zölle, die den Genuß für viele erschwinglich machten. Spätestens als im Juli 1879 der Deutsche Reichstag über eine Verdoppelung der Teezölle diskutierte, war allen klar, dass Ostfriesland mittlerweile einen Sonderfall darstellte.27 Nur wenige Abgeordnete setzten sich bei der Debatte allerdings für die Ostfriesen ein wie der Kieler Mineraloge Gustav Karsten (1820 – 1900). Dieser meinte, dass mit jener Region »ein einziger kleiner Landstrich fast allein sie tragen soll, es also eine ganz ungleichmäßige Abgabe ist, die einen kleinen Theil Deutschlands an den nordwestlichen Grenzen allein betrifft. … Sie belasten also zu Gunsten des übrigen Deutschlands diesen kleinen Landstrich mit einer ganz extravaganten Steuer.«28 Demgegenüber fanden ein bayerischer Ministerialrat und überhaupt die Mehrheit des Reichstags an der Erhöhung nichts auszusetzen, die schließlich beschlossen wurde. Die Zolldebatte offenbarte einen Graben, der sich zwischen dem nordwestdeutschen Küstenstreifen und dem übrigen Deutschland auftat. Während Tee in weiten Teilen des Landes eher ein Getränk der Besserverdienenden war, stellte er zwischen Ostfriesland und Schleswig-Holstein ein Alltagsgut dar.29 Immer weniger wurden damals in Ostfriesland chinesische Qualitäten getrunken, sondern Mischungen aus Java und schließlich Assam. Dabei entwickelte sich »echter Ostfriesentee« zum Markenzeichen einer ganzen Region. Im Zuge der Stärkung regionaler Identitäten im Rahmen der Heimatbewegung seit der Jahrhundertwende stieg die Teezeremonie zum wichtigen Moment gesellschaftlicher Integration auf.30 Leicht konnte übersehen werden, dass der Aufguss ursprünglich überall gleich zubereitet worden war, dass es also lange Zeit noch gar keinen spezifischen »Ostfriesentee« gab. So heißt es etwa 1854 im »Praktischen Kochbuch« aus dem niederschlesischen Glogau : … man gießt zuerst kochendes Wasser in die Theekanne, um dieselbe zu erwärmen, und nachdem dasselbe ausgegossen ist, thut man für die Person 2 Theelöffel guten Thee hinein …, hierauf gießt man ungefähr eine Tasse siedendes Wasser und deckt die Kanne zu, nach einigen Minuten füllt man sie vollends mit kochenden Wasser und
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läßt den Thee noch einige Minuten ziehen ; er wird wie der Kaffee erst im Zimmer in Tassen gegossen und nebst Zucker, guter, womöglich ungekochter Sahne und Rum servirt.31
Erst um 1900 wurde diese allgemein übliche Form der Zubereitung identitätsstifetend explizit als Ostfriesenart deklariert. Dabei werden heute ähnlich wie nach dem Glogauer Rezept für die Zubereitung echten Ostfriesentees 8 – 10 g Blätter je Liter gerechnet. Eine Kanne wird vorgewärmt ; die anschließend eingefüllten Blätter werden zunächst mit ein wenig kochendem Wasser übergossen, dass sie etwas bedeckt sind. Nach drei- bis fünfminütigem Ziehen füllen Gastgeber oder Gastgeberin die Kanne ganz auf. Weiterhin wird empfohlen, den Tee anschließend durch ein Sieb in eine Servierkanne abzugießen und ihn dann auf dem Stövchen warmzuhalten. Die spezielle Art des Servierens macht das Beisammensein zu einer echten ostfriesischen Teezeremonie. Hierzu wird zunächst ein großes Stück Kandiszucker, ein »Kluntje«, mit der Zange, dem »Kluntjeknieper«, in die Tasse gelegt, um darauf den heißen Tee zu gießen, der das Kluntje zum Knistern bringt. Auf den Tee wird mit einem speziellen Löffel am Rande der Tasse Sahne aufgelegt, so dass ein »Wulkje«, eine Wolke, entsteht. Umgerührt wird nicht, und der Kenner kommt auf diese Weise in den Genuss eines dreifachen Geschmackserlebnisses : Oben ist der Tee sahnig und mild, in der Mitte malzig und unten süß. Nachgegossen wird automatisch, ehe ein Teelöffel in die Tasse gelegt wird ; dieser dient nur dem Zweck, das nicht mehr gewünschte Nachgießen anzuzeigen. Im Dezember 2016 wurde die ostfriesische Teekultur in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der unesco aufgenommen.32 In der Stadt Norden ist dem Ostfriesentee ein eigenes Museum gewidmet, und überhaupt wird er praktisch zu jeder Tageszeit genossen – morgens früh, am Vormittag als »Elführtje«, nachmittags gegen 15 Uhr und abends.33 Während der durchschnittliche Bundesbürger 2017 28 l Tee trank, genoss der Durchschnitts-Ostfriese 300 l im Jahr.34 Versorgt werden die Einheimischen von lokalen Produzenten, insbesondere von Onno Behrens als Teil der Spethmann Holding, Thiele und Bünting. Bereits 1806 hatte Johann Bünting (1782 – 1853) in der Stadt Leer einen Kolonialwarenladen gegründet. Heute ist Bünting ein großer Konzern mit 13.000 Mitarbeitern, dessen Teesparte mit dem bekannten »Grünpack« nur den kleineren Teil ausmacht.35 Als künstlerische Reminiszenz steht seit 1991 die von Karl-Ludwig Böke (1927 – 1996) geschaffene Bronzestatue »Teelke« vor dem Büntingschen Stammhaus. 1873 gründeten wiederum Carl Thiele und Peter
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H. Freese einen Kolonialwarenladen. Eine Fokussierung auf den Tee fand aber erst in den 1960er Jahren unter dem Nachfahren Franz Thiele statt. Eine gute Werbung vor allem für den »Broken Silber«, die stets das Regionalspezifische herausstellte, schuf Identifikation mit der Marke und begleitete den Erfolg.36 Schon längst haben die beiden noch eigenständigen Marken Thiele und Bünting ihre regionalen Claims abgesteckt. Zwischen Emden und der Nordseeküste hat Thiele das Sagen, weiter südlich um Leer bevorzugen die Konsumenten in der Mehrzahl Bünting-Tee. Über Generationen hinweg halten viele Familien dabei »ihrer« Marke die Treue.37 Als mindestens ebenso bemerkenswert wie die Erfindung der ostfriesischen Teezeremonie stellt sich die teilweise Auflösung des Nord-Süd-Gefälles in Deutschland dar.38 Denn auch im Süden zeugen die Kochbücher seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr von Fachkenntnis. Eine rechte Wissenschaft machte 1866 das »Augsburgische Kochbuch« aus dem richtigen Aufguss : »Der Thee wird nicht gekocht, sondern man macht nur recht reines, keinen Nebengeschmack besitzendes Wasser kochend und gießt es, jedoch nicht auf einmal, sondern immer in Zwischenräumen von einigen Minuten über den in der Theekanne befindlichen Thee …«39 Das »Lindauer Kochbuch« wiederum schlägt warmen Rahm als Zutat vor. Beliebt waren in Maßen auch Gewürze und Zitrone, wie dasselbe Kochbuch weiter vermerkt : »Sehr angenehm wird der Geschmack, wenn in die Kanne ein Stengelchen Vanille oder ein halb fingerlanges Stückchen Zimmt und ein Stückchen Zitronenschale kommt.«40 Gleichzeitig entwickelten im Süden teils befremdlich anmutende Mischungen oder »Tees«, in denen überhaupt kein Tee vorkam, ihr Eigenleben. Im süddeutschen Reich der Mehl- und Eierspeisen war der sogenannte »reformierte Tee« beliebt, bei dem zunächst Milch, Tee und Zimt erhitzt wurden. Parallel wurden Eigelb mit kalter Milch verrührt und dieses mit Ersterem vermischt sowie aufgekocht – »dann den Thee augenblicklich durch’s Sieb in die bestimmte Kanne angerichtet, und bis zum Schäumen abgesprudelt«, also verquirlt. Der »refomierte Tee« konnte auch mit Sahne zubereitet werden, wie gelegentlich ebenso Arrak dazu empfohlen wurde. Ganz ohne Tee kamen der »Reisthee« und der »Mandelthee« aus Süddeutschland aus.41 Auch der aus China bekannte Kaisertee hatte in Süddeutschland nichts mit dem Original zu tun. Das »Regensburger Kochbuch« verzeichnet unter jenem Namen : »Zwei Loth weißen Kandiszucker kocht man in drei Obertassen Wasser, verrührt zwei Eidottern mit einem Löffel Wasser in einem tiefen Hafen, gießt das Wasser unter beständigem Rühren daran, strudelt es gut ab und füllt den The sogleich in eine Rahmkanne.«42 Auch wenn sich mittlerweile echte Kennerschaft auch in den Süden ausgebreitet hatte,
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galt Tee hier zur gleichen Zeit immer auch als Synonym für allerlei aus Milch, Sahne, Wasser, Eiern und Zucker zubereitete Getränke. Eine allgemein beliebte kulinarische Ergänzung war seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts übrigens auch die Teewurst, die allerdings nie Tee enthielt. Diese wurde seit 1874 im hinterpommerschen Rügenwalde vom Fleischfabrikanten Georg Wilhelm Heinrich Schmidthals hergestellt. Unklar ist, wie die mild gewürzte Delikatesse zu ihrem Namen kam – entweder als Reminiszenz an die Sandwiches des gepflegten englischen Five o’clock tea oder einfach, weil der Brotaufstrich gut zu einer Tasse Tee schmeckte. Österreich entwickelte sich indes nie zu einem Teeland. Noch größer als in Deutschland war der preisliche Unterschied zum Kaffee.43 In durchschnittlichen Wiener Kochbüchern führte der Tee ein stiefmütterliches Dasein. Gemessen wurde die benötigte Menge mit dem »Kaffeelöffel«.44 Andererseits mussten die Wiener nicht auf einen wärmenden Teepunsch verzichten. Das »Neueste Wiener Universal-Kochbuch« gibt allerdings ein etwas anderes Rezept als in Norddeutschland üblich an. Mit Hilfe von Zucker würden sechs bis acht Zitronen abgerieben, dann noch deren Saft ausgepresst. Das ganze werde mit zwei weiteren Pfund Zucker durch einen Durchschlag mit Tee aufgegossen. Schließlich gebe man Arrak dazu, könne stattdessen aber auch Rum oder Franzbranntwein nehmen. Weiterhin galt : »Man pflegt auch einige Gläser Rhein=, Franz= oder Champagner=Wein zuzugießen.«45 Markenware Der nachhaltigste Wandel vollzog sich auf dem deutschen Markt in den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Während der Konsument oder die Konsumentin zuvor den Tee beim Detailhändler abgewogen und sortenrein kaufte, setzten sich nun immer mehr Mischungen durch ; und mit den Mischungen erlebte eine regelrechte Tee-Industrie ihre Gründerzeit. Ebenso wie in Großbritannien galt es nun auch hierzulande immer mehr, dem Kunden durch Änderung des Mischungsverhältnisses Jahr für Jahr die gleiche Qualität anzubieten und ihn so an eine Marke zu binden. Für die Großverarbeitung mussten neue Misch- und Verpackungsmaschinen entwickelt werden. Ebenso wichtig war der Aufbau einer zuverlässigen Transportinfrastruktur. Immer mehr erwies sich dabei die Eisenbahn als zuverlässiger Helfer. Fehler wurden gemacht, aber am Ende setzten sich kaufmännisches Kalkül und die enorme Erfahrung des Teeverkosters durch.
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Die Wurzeln auch der größten Teemarken liegen im Einzelhandel, was etwa auf das heute noch bestehende Unternehmen »Teekanne« zutrifft. Das große Interesse an Konsumgütern und Dekorationsobjekten aus dem fernen Ostasien sollte im höfischen Dresden bedient werden, als zwei Kaufleute 1882 in der dortigen Seestraße ein Geschäft für »Japan- & Chinawaren sowie Thee« unter dem Namen R. Seelig & Hille gründeten.46 Den Erfolg des jungen Unternehmens begünstigte nicht nur die wachsende Liebe zum Tee, sondern auch das relativ neue Interesse an Einrichtungs- und Dekorationsgegenständen aus Japan, die nach der von den USA 1854 erzwungenen wirtschaftlichen Öffnung des Landes in immer größerer Zahl nach Europa gelangten und den Geschmack einer ganzen Zeit mitbestimmten.47 Schon nach wenigen Jahren reichte der Platz in den ersten Geschäftsräumen nicht mehr aus, und R. Seelig & Hille zog in ein repräsentatives Haus in der vornehmen Prager Straße um, wo das Unternehmen mit Verkauf, Produktion und Versand bis 1930 residieren sollte. Die Größe legte es schließlich nahe, aus dem Geschäft nach britischem Vorbild eine Marke zu machen. 1888 wurde die »Teekanne« offiziell als Warenzeichen eingetragen.48 Der Tee entwickelte sich immer stärker zum Zugpferd des stetig wachsenden Unternehmens, während japanische Dekorationsobjekte bald aus dem Sortiment verschwanden.49 Ebenfalls in die letzten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts fällt der Aufstieg des Geschäfts von Eduard Meßmer (1824 – 1910). Bereits 1852 hatte dieser im mondänen Baden-Baden eine Delikatessenhandlung gegründet, die neben anderen Lebensmitteln auch ausgesuchte Tees führte. Bald vertrieb Meßmer seine eigenen Mischungen, vorzugsweise auf der Basis von Souchongs, in eigens kreierten Dosen unter Fantasienamen wie etwa »Mongolia Mischung«.50 Der Sohn Otto eignete sich in jungen Jahren auf ausgedehnten Reisen umfangreiches Wissen an, ehe er 1886 in das väterliche Geschäft einstieg. Mit ihm sollte die Marke »Meßmer-Tee« weit über Baden-Baden hinaus groß werden. Noch im selben Jahr eröffnete er eine Filiale auch in Frankfurt am Main und ließ einige Zeit später nach Vorbild der Dresdner »Teekanne« den Meßmer-Tee als Markenzeichen eintragen. Um diesem überregional Popularität zu verschaffen, bedurfte es aufwendiger Werbekampagnen. Bald schon reichten gewöhnliche Preislisten, wie die dereinst vom Bremer Drogisten Walte herausgegebenen, nicht mehr, sondern es wurden Plakate und einprägsame Verpackungen eingesetzt.51 Vom Boom wollte auch der aus dem ostfriesischen Leer stammende Laurens Janssen profitieren. 1907 meldete dieser in Hamburg ein eigenes Gewerbe unter dem Namen »Ostfriesische Teegesellschaft« an, mit dem fortan echter Ostfriesentee nicht in dessen Heimat, sondern in der Elbmetropole verkauft wurde.
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Anfangs ohne Mitarbeiter, überstand Janssen den Ersten Weltkrieg und machte aus seiner Firma mit Geschäftssinn und Gespür für die Kunden in der Zeit der Weimarer Republik ein blühendes Unternehmen, das am Ende auch von den alteingesessenen Hamburger Konkurrenten ernst genommen werden musste.52 Die Platzierung von Markenprodukten und gezielte Werbemaßnahmen schufen mit Namen wie »Teekanne«, Meßmer oder Janssen einen immer breiteren Nährboden für das Produkt Tee. Jahr für Jahr importierte das Deutsche Reich nun größere Mengen, die 1906 mit der erneuten Senkung des Teezolls um 75 % einmal mehr kräftig anstiegen.53 Gelangten 1878 nur 1544 t ins Land, so waren Die Platzierung von 1900 Markenprodukten und gezielte Werbemaßnahmen schufen mit Namen wie es bereits im Jahr beinahe doppelt so viele. 54 Im Gegensatz zu Großbritannien spielte die Einfuhr chinesischen Tees deut„Teekanne“, Meßmer oder Janssen einen immer breiteren Nährboden für das Produkt Tee. Jahr lich länger eine Rolle, ging aber gleichwohl auch zurück. Während in Großfür Jahr importierte das Deutsche Reich nun größere Mengen, die 1906 mit der erneuten britannien 1890 nur noch 6 % aus dem Reich der Mitte und der Rest aus den Senkung des Teezolls um 75% einmal mehr kräftig anstiegen.53 Gelangten 1878 nur 1544 t ins eigenen Kolonien stammten, kamen in Deutschland im selben Jahr beachtliche Land, so waren es im Jahr 1900 beinahe doppelt so viele..54 39 % aus China, der Rest aus Britisch- und Niederländisch-Indien.55 Grafik 3
Teeimporte nach Deutschland, 1884–1909, in t.55
6000 5000 4000 3000 2000 1000
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Grafik 3 Teeimporte nach Deutschland, 1884 – 1909, in t.56 chinesischen Tees deutlich länger eine Im Gegensatz zu Großbritannien spielte die Einfuhr
Rolle, ging aber gleichwohl auch zurück. Während in Großbritannien 1890 nur noch 6% aus
Immer breiter hatten die Konsumentinnen und Konsumenten Gelegenheit, sich dem Reich der Mitte und der Rest aus den eigenen Kolonien stammten, kamen in Deutschland über Herkunft, Anbau und Geschichte der vielseitigen Pflanze zu informieren. 56 im selben Jahr1883 beachtliche 39%der ausPolytechnische China, der Rest aus Britischund Niederländisch-Indien. Im Februar lud etwa Verein der Stadt Stralsund zu eiImmerVortrag breiter hatten die Konsumentinnen Konsumenten Gelegenheit, sich nem des Kaufmanns Wilhelmund Kruse über den chinesischen Teeüber ein.Herkunft, Die Zuhörerinnen und Zuhörer lerntenPflanze viel über legendenhaften Ursprünge des der Anbau und Geschichte der vielseitigen zu die informieren. Im Februar 1883 lud etwa Getränks ebenso wie der über Anbauregionen, Ernte, Verarbeitung und Verpackung Polytechnische Verein Stadt Stralsund zu einem Vortrag des Kaufmanns Wilhelm Kruse über den chinesischen Tee ein. Die Zuhörerinnen und Zuhörer lernten viel über die legendenhaften Ursprünge des Getränks ebenso wie über Anbauregionen, Ernte, Verarbeitung und Verpackung sowie Handel. Dass die Präsentation nicht ganz uneigennützig geschah und dass der Kaufmann seinen Vortrag offenbar mit dem Geschäft zu verbinden trachtete, erhellt aus den Worten: „Neben ihm befindet sich eine Theemaschine in voller Thätigkeit; Proben von
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Abb. 33 »Die Chinesen auf der Kochkunst-Ausstellung zu Leipzig«. Zeitgenössische Darstellung in der Zeitschrift »Die Gartenlaube« (1883).
sowie Handel. Dass die Präsentation nicht ganz uneigennützig geschah und dass der Kaufmann seinen Vortrag offenbar mit dem Geschäft zu verbinden trachtete, erhellt aus den Worten : »Neben ihm befindet sich eine Theemaschine in voller Thätigkeit ; Proben von allen im Handel gangbaren Sorten waren zum Probieren im Verein herumgereicht …« Schon längst stelle auch die Teepflanze keine Rarität mehr dar, die von englischen Adligen gehegt wurde. Denn der Referent berichtete weiter, »daß sich im Treibhaus des Herrn Kunstgärtners Ziegler eine hier gezogene Theepflanze befindet, deren Erhaltung recht schwierig sein soll.«57 In demselben Jahr, als der Vortrag in Stralsund gehalten wurde, fand im sogenannten Kristallpalast des Leipziger Alten Schützenhauses die vierte deutsche Verbandskochkunst-Ausstellung statt. Präsentiert wurden vielfältige »Erzeugnisse der edlen Kochkunst«. Die Zeitschrift »Die Gartenlaube« staunte über ein »Gewirre von allerlei Hummerpyramiden, Pasteten, Hirschrücken, Marzipanbildsäulen, Tafelservicen und Kochgeschirren.« Köche und Köchinnen stellten allenthalben ihre Künste unter Beweis, während das Geschäft von Ernst Krieger Bärentatzen, Bärenschinken und Rentierfleisch aus Russland anbot. In unmittelbarer Nähe davon befand sich der Stand eines chinesischen Teehandelshauses, »vertreten durch Reichert und Richter in Leipzig.« Die »Gartenlaube« wusste
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in heute etwas fragwürdigem Ton zu berichten : »Originalchinesen verkauften hier alle Sorten des chinesischen Thees, und leutselige Mongolen trugen viel zur Belebung des Ausstellungsbildes bei ; sie gaben ihm gar einen internationalen Anstrich.«58 Auch für die großen Handelsmarken spielten die Messen eine wichtige Rolle, wie für die »Teekanne«, die 1911 mehrere Monate lang auf der Hygiene-Ausstellung in Dresden präsent war.59 Noch galt das Produkt aus China als Maß aller Dinge und Inbegriff der Internationalität, doch immer mehr prägten die kolonialen Tees den Geschmack auch in Deutschland. Zwischen Krieg und Goldenen Zwanzigern Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges machte die kaiserzeitliche Blüte des Teemarktes von einem Tag auf den anderen zunichte, denn Deutschland befand sich mit seinem wichtigsten Lieferanten Großbritannien im Konflikt. Wurden noch 1913 mehr als 4000 t zu einem erheblichen Teil aus London importiert, gelangte während des Krieges nur noch eine verschwindend geringe Menge, zeitweise auch überhaupt nichts mehr, ins Land.60 Deutlich war das im Hamburger Hafen zu spüren. Waren die Importe zuvor stets in Tonnen gerechnet worden, reichten nun Gewichtsangaben in Doppelzentnern. So gelangten im August 1914 lediglich 58 dz über die Nordsee an die Elbe, im September und November nichts und im Oktober so gut wie nichts. Erst im Dezember 1915 stiegen die Importe wieder leicht an, um im Juni 1916 mit 4469 dz einen einstweiligen Höhepunkt zu erreichen, der aber nur dem Viertel der in Friedenszeiten eingeführten Menge entsprach. Mit dem Ausbruch des uneingeschränkten U-Boot-Krieges brachen die Importe endgültig zusammen. Einen Versuch, die fehlenden Einfuhren aus Großbritannien zu kompensieren, stellten Importe über die neutralen nordischen Mächte, Lübeck und den Elbe-Lübeck-Kanal dar. Tatsächlich gelang es auf diese Weise, in den ersten anderthalb Jahren des Krieges die einbrechenden Lieferungen aus London zumindest in geringem Umfang kompensieren. Den Höhepunkt stellte der November 1914 dar, als es gelang, immerhin 1000 dz über Lübeck nach Hamburg einzuführen. Nur wenig später verlor aber auch dieser Handel völlig an Bedeutung, der ohnehin kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen sein dürfte.61 Für die Versorgung der Soldaten mit dem beliebten Getränk reichten die geringen Einfuhren aber gerade aus, und um dessen Zubereitung auch an der Front zu ermöglichen, wurde der Teebeutel erfunden. Schon 1913 hatte die »Teekanne« mit kleinen Beuteln aus Mull experimentiert, die eine Portion Blätter für die
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Tasse oder Kanne enthielten. Der als »Teefix« oder, wegen der Ähnlichkeit mit der Handtasche der Madame Pompadour, auch als »Pompadour«, markenrechtlich eingetragene Beutel machte nun unter der Bezeichnung »Tee-Bombe« Karriere. Praktischerweise wurde der Zucker im Beutel gleich mitgeliefert.62 Im zivilen Leben wurde die Versorgung der Menschen mit Heißgetränken vom sogenannten »Kriegsausschuss für Kaffee, Tee und deren Ersatzmittel« in Berlin koordiniert, der bald auch eine Außenstelle in Hamburg unterhielt. Um sich zunächst einen Überblick über die in Deutschland vorhandenen Vorräte zu verschaffen und um Hortung sowie Spekulation mit den knappen Kolonialwaren zu verhindern, ordnete jener im November 1915 eine »Bestandsaufnahme von Kaffee, Tee und Kakao« an. Von jeder Gemeinde und Stadt sollten sogenannte Ortslisten ausgefüllt werden. Und jeder tat in der Zeit der Mangelwirtschaft gut daran, die entsprechenden Auskünfte wahrheitsgemäß zu erteilen, denn eine Verweigerung oder Falschangabe konnte mit einer Geld- oder Gefängnisstrafe geahndet werden.63 Die vom Kriegsausschuss freigegebenen Mengen durften, wenn es überhaupt etwas gab, von den Importeuren nur an jene Detail- und Großhändler abgegeben werden, »die sich verpflichteten, den Tee unmittelbar und zu festgelegten Höchstpreisen an die Verbraucher abzuführen«. Jeder private Kunde durfte lediglich 125 g Tee auf einmal erwerben. Kaffeehäuser, Hotels, Gastwirtschaften und gemeinnützige Einrichtungen konnten zumindest der Theorie nach Ware im Umfang ihres vorherigen Durchschnittsverbrauchs kaufen. Dass in einem Restaurant tatsächlich aber etwas offiziell angeboten wurde, ist wenig wahrscheinlich.64 In Ermangelung echten Tees und Kaffees gewannen Ersatzprodukte eine stetig größere Bedeutung. Aufgüsse aus Kräutern und Blättern hatten seit der Zeit der Aufklärung in der öffentlichen Debatte immer wieder eine Rolle gespielt. Anfangs wurde deren Konsum aus wirtschaftspolitischen oder schlicht aus »patriotischen« Gründen propagiert, was auch für Linnés »Lappentee« galt. Nun entwickelten sich jene zu einer schlichten Notlösung. Seit 1916 wurden verstärkt Versuche unternommen, Infusionen aus Blättern, die leichter zu beschaffen und zuzubereiten waren als Ersatzkaffees, an den Mann oder an die Frau zu bringen. Im Mai 1917 verkündete das Kriegsernährungsamt : Kaffee, Tee und Kakao sind fast vollständig aus dem Verkehr verschwunden, zur Herstellung von Kaffee-Ersatzmitteln geeignete Rohstoffe stehen nur in sehr beschränktem Maße zur Verfügung, da sie fast durchweg zugleich wichtige Nahrungs- und Futtermittel darstellen und gegenwärtig in erster Linie diesem Zwecke dienen müssen. Dadurch gewinnt die Herstellung von Tee-Ersatzmitteln wachsende Bedeutung für die Versorgung mit warmen Getränken.65
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Ein Flugblatt empfahl den Konsumenten »Brombeere, Erdbeere, Himbeere, Schwarze Johannisbeere, Heidelbeere und Preiselbeere als Tee-Ersatz.« Gefördert werden sollte deren Beschaffung im großen Stil : »Das Einsammeln der genannten Blätter wird zweckmäßig durch die Gemeinden und Schulen besorgt. Wo die betreffenden Beerensträucher häufig vorkommen, möge die Schuljugend nach vorher eingeholter Zustimmung des betreffenden Grundbesitzers an schulfreien Tagen das Pflücken unter Aufsicht und Leitung einer Lehrperson besorgen.«66 Einige Firmen spezialisierten sich auf die Herstellung heimischer Aufgüsse, die sie als »Deutschen Tee« vertrieben.67 Aber auch dessen Verkauf litt bald stark unter der sich verschlechternden allgemeinen Wirtschaftslage, und es hätten »ausserordentliche vielfach unberechtigte Preissteigerungen für Deutschen Tee eingesetzt.« Die Folge war nun auch hier die Festsetzung von Richtpreisen.68 Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass in einer Zeit, in der das Gut praktisch vollständig vom Markt verschwunden war, der Vorgänger des Deutschen Teeverbandes gegründet wurde. So dachten die einst führenden Teehäuser, die massiv unter Mangel und der damit einhergehenden Schattenwirtschaft litten, weitsichtig bereits im letzten Kriegsjahr an ein Wiederanknüpfen an die Friedenszeit. Um sich gegen weitere staatliche Eingriffe zu wappnen, möglichst optimale Handelsbedingungen zu erzielen und überhaupt wieder auf die Beine zu kommen, gründete sich 1917 in Kassel der »Verband des deutschen Teehandels« als Interessenvertretung wichtiger Importeure und Großhändler.69 Über dessen Ziele herrschte Einigkeit : Oberster Grundsatz aller Regelung ist die Bewegungsfreiheit für den gesamten deutschen Teehandel. Die freie Konkurrenz muß vom ersten Tage des Friedens an gegeben sein, schon mit Rücksicht auf die zu erwartende rückgängige Konjunktur … Gleichzeitig wird dadurch aber auch die billigste Preisnotiz für Tee im Interesse des verbrauchenden Volkes hervorgerufen und jede Monopolbestrebung der wirtschaftlich Stärkeren vermieden.70
Bereits die Gründungsversammlung zeigte deutlich auf, dass von der traditionellen Quasimonopolstellung der Hamburger keine Rede mehr sein konnte. So beteiligten sich Unternehmen aus ganz Deutschland, wie zum Beispiel aus Emden (Thiele & Freese), Bremen (Michaelsen), Dresden (Seelig & Hille), Viersen (Kaisers Kaffeegeschäft), Stuttgart (Maja Tee-Import), Frankfurt am Main (Meßmer) und sogar aus München (Kathreiners).71
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Aber auch mit dem Ende des Krieges war das Gut nicht gleich wieder zu haben, denn die britische Handelsblockade wurde erst 1919 aufgehoben, und nur im darauffolgenden Jahr endeten die kriegsbedingten Einfuhrbeschränkungen. Nur jetzt konnte Deutschland an seine traditionellen Handelskontakte anknüpfen, und bald dampfte in den Tassen nicht mehr der ungeliebte »Deutsche Tee«, sondern wieder der Aufguss der echten Camellia sinensis.72 Von dem Neubeginn nach fünf langen Jahren profitierte auch der nach dem Krieg ausgemusterte Fregattenkapitän Paul Schrader (1874-1950). Schrader stammte aus einer westfälischen Unternehmerfamilie und hatte in der Kaiserlichen Marine Ostasien kennengelernt. Im Alter von sechsundvierzig Jahren machte er sich 1921 in Bremen mit zwei Geschäftspartnern selbstständig und gründete ein Handelsunternehmen für Tee, Kaffee und Kakao.73 Die Firma Paul Schrader war von Beginn an ausschließlich als Versandhaus gedacht, das mit seinen Kunden nur postalisch in Kontakt stand. Im Juni des Gründungsjahres erschien eine erste, noch einseitige Preisliste, und bald darauf erhielt die Firma mit dem »Teemännchen« das später um ein chinesisches Schriftzeichen erweiterte, bis heute bewahrte Firmenlogo. Der Gründer konnte auf einen großen Kreis von Bekannten aus Marinetagen als potentielle Abnehmer bauen, entwickelte aber gezielt auch einen neuen, breiteren Kundenstamm. Regelmäßig verließen fortan die immer umfangreicher werdenden Preislisten – später, in den 1980er Jahren beinahe buchdicke Kataloge – das Haus.74 Bald schon raffte die sich spürbar beschleunigende Inflation Einkommen und Geldvermögen der Menschen dahin. Kostete ein Pfund Darjeeling-Mischung bei Paul Schrader im Juni 1921 bereits 44 Mark, so stieg der Preis bis Jahresende auf 80 Mark an. Im Mai 1923 mussten für ein Pfund gar 48.000 Mark gezahlt werden. Schon längst wurden in jener Zeit die Preise in stabilen niederländischen Gulden angegeben und zum Tageskurs umgerechnet. Die Menschen tranken trotz der Inflstion weiter ; seit 1925 wurden keine fertigen Mischungen mehr bei Großhändlern geordert, sondern Paul Schrader mischte im eigenen Haus.75 Die damit verbundene Technisierung lag im Geist der Zeit, und auch bei Seelig & Hille in Dresden prägten bald Maschinen die Abläufe, wie aus einem zeitgenössischen Presseartikel hervorgeht : »Im Erdgeschoß der sich über die beiden Grundstücke ausdehnenden Räume lagern riesige Mengen Tee in Originalkisten, so wie sie aus den fernen Ländern jenseits der Meere ankommen. Von hier wandert der Tee durch ein Labyrinth sinnreicher Maschinen.« Nach der Reinigung und Befreiung von Nägeln und anderen Metallteilen mittels Magneten ging es in die selbst entwickelte Mischmaschine : »Ist nun der Tee in einer dickbauchigen, durch elektrische Kraft bewegten Trommel gemischt, so
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Kraft bewegten Trommel gemischt, so ist er, der Geläuterte und Gereinigte, würdig, in die
ist er, der Geläuterte und würdig, die oberen Regionen oberen Regionen erhoben zu Gereinigte, werden.“ Oben wurdeinschließlich gewogen und erhoben in aufwendig
zu werden.« Oben wurde schließlich gewogen und in aufwendig gestaltete Verpackungen abgefüllt, ehe ein qualitativ hochwertiges, standardisiertes MassenMassenprodukt auf die Reise zum Konsumenten ging.76 Die Technisierung setzte sich auch bei produkt auf die Reise zum Konsumenten ging.76 Die Technisierung setzte sich der des Teebeutels In den 1920er entwickelte derentwickelte Schlosser Adolf auchProduktion bei der Produktion des fort. Teebeutels fort. InJahren den 1920er Jahren Rambold (1900–1996) bei der „Teekanne“ eine Abfüllanlage, die für damalige Verhältnisse der Schlosser Adolf Rambold (1900 – 1996) bei der »Teekanne« eine Abfüllan77 lage, die für fünfunddreißig damalige Verhältnisse fünfunddreißig Teebeutel in der sensationelle Teebeutel sensationelle in der Minute auswarf. Minute auswarf. 77 Mit den großen Marken schloss der Konsum trotz der Inflation bald wieder an das Mit den großen Marken schlosswar derim Konsum trotz Inflation bald wieder an und Vorkriegsniveau an. Der Höhepunkt Jahr nach derder Weltwirtschaftskrise erreicht, das Vorkriegsniveau an. Der Höhepunkt war im Jahr nach der Weltwirtschaftserst 1931 gingen die Einfuhren mit wachsender Arbeitslosigkeit und Massenarmut zurück. Dass krise erreicht, und erst 1931 gingen die Einfuhren mit wachsender Arbeitslosigdie Importe in jener Zeit andererseits nicht noch stärker einbrachen, lag daran, dass gleichzeitig keit und Massenarmut zurück. Dass die Importe in jener Zeit andererseits nicht auf Weltmarkt ein massives Überangebot existierte,auf dasdem zu Weltmarkt einem dramatischen nochdem stärker einbrachen, lag daran, dass gleichzeitig ein 78 Preisverfall führte. massives Überangebot existierte, das zu einem dramatischen Preisverfall führte.78 gestaltete Verpackungen abgefüllt, ehe ein qualitativ hochwertiges, standardisiertes
Grafik 4
Teeimporte nach Deutschland, 1924–1933, in t.79)
7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0
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Die erneute Integration Deutschlands1924 – 1933, in eine globale Grafik 4 Teeimporte nach Deutschland, in t.79 Wirtschaft und die Wiedergeburt des Teegeschäfts belebten auch das Interesse an jenen Ländern, aus denen der Tee kam. Das galt
besonders für Japan, und dünnwandiges Porzellan mitglobale japanischen Dekoren und wurdedie modisch Die erneute Integration Deutschlands in eine Wirtschaft Wie- und dergeburt des Teegeschäfts belebten auch das Interesse an jenen Ländern, aus denen der Tee kam. Das galt besonders für Japan, und dünnwandiges Porzellan 76 mit Dekoren Zit. japanischen n. Dubbers, Teekanne, S. 38. wurde modisch und beliebt.80 Diese Tendenz erfuhr 77 Dubbers, Teekanne, S. 87. auch durch intellektuelle Nahrung Unterstützung. Sicherlich nicht zufällig er78 Deutscher Teeverband, 100 Jahre, S. 108. 79 schien 1919, im Jahr des Versailler Vertrages, Kakuzo Okakuras »Buch vom Tee« Statistisches Jahrbuch Deutsches Reich, passim. 229
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erstmals in deutscher Sprache. Damit konnten sich die Leserinnen und Leser fortan aus erster Hand über die tiefere Bedeutung der japanischen Teezeremonie informieren.81 In demselben Jahr, als Paul Schrader in Bremen sein Versandhaus gründete, brach Anna Berliner (1888 – 1977) zu ihrem zweiten, langjährigen Japan-Aufenthalt auf. Beide Namen stehen, jeder auf seine Weise, für die große Faszination, die die materiellen und ideellen Produkte Asiens in der Zeit der Goldenen Zwanziger auf viele Menschen in der jungen deutschen Demokratie ausübten. Während Schrader ebenso wie Meßmer und »Teekanne« die Teeblätter physisch an einen immer breiteren Konsumentenkreis auslieferte, vermittelte Anna Berliner dem Lesepublikum das dazugehörige Wissen und die Inspiration. Die jüdische Anna Berliner hatte als eine der ersten Frauen überhaupt 1913 in Leipzig mit einer psychologischen Dissertation promoviert. Gemeinsam mit ihrem Mann ging sie noch im selben Jahr nach Tokio, wo sie in der psychiatrischen Klinik der dortigen Universität Beschäftigung fand. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges geriet ihr Mann in Gefangenschaft, während sie selbst in die Vereinigten Staaten ausgewiesen wurde. 1921 lebten beide wieder in Japan.82 Anna Berliner war fortan in einem privaten japanischen Unternehmen beschäftigt, entdeckte in jener Zeit aber auch ihre große Passion für den Tee. Drei Jahre lang nahm sie bei einer Teemeisterin Unterricht, um sich in den Teeweg einweisen zu lassen. Nach Deutschland zurückgekehrt, ließ sie ihre persönlichen Erfahrungen und ihr breites Wissen in ein Buch einfließen, das 1930 reich illustriert unter dem Titel »Der Teekult in Japan« herauskam.83 1938 blieb ihr allein die Emigration in die Vereinigen Staaten.84 Die Liebe zu Japan teilte Anna Berliner mit Hermann Bohner (1884 – 1963), der lange Zeit als Lektor für deutsche Sprache in Osaka wirkte und klassische japanische Werke ins Deutsche übertrug. Zwar war er kein linientreuer Nationalsozialist, doch grenzte er sich andererseits auch nicht klar von den neuen Machthabern in Deutschland mit ihrem Bündnispartner Japan ab. 1943 erschienen seine »Zen-Worte im Tee-Raume« als Übersetzung eines japanischen Textes zur Bedeutung des Zen-Buddhismus in der Teezeremonie.85 In anderen Fällen zeigte die blühende deutsche Japanforschung noch geringere Berührungsängste gegenüber den nationalsozialistischen Gewaltherrschern. Das galt etwa für Horst Hammitzsch (1909 – 1991), einen der führenden deutschen Japanologen und Sinologen, dessen Nähe zur NSDAP in der Nachkriegszeit gern verschwiegen wurde.86 Hammitzsch leitete seit 1939 den »deutschen Hilfsausschuss der NSDAP, Landesgruppe Japan« in Nagoya und wurde zwei Jahre später auf eine Professur am Japanologischen Institut der Universität
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Leipzig berufen. Ende der 1940er Jahre beteiligte er sich am Wiederaufbau der Japanologie in München und bekleidete schließlich eine Professur in Bochum. Hammitzsch entdeckte neben seinen Forschungen zu japanischen Kulten sowie zur Geistesgeschichte und Dichtkunst des Landes seine Liebe zum Tee und publizierte 1949 eine weitere Übersetzung von Okakuras »Buch vom Tee«, ebenso 1958 die Monographie »Cha-dō, der Tee-Weg. Eine Einführung in den Geist der japanischen Lehre vom Tee«. Dabei lässt der Schreibstil immer wieder seine frühere politische Heimat durchschimmern. Spätestens mit der verbrecherischen NS-Herrschaft waren die guten Tage des Aufgusses wieder vorbei. 1934 wurde die bis dahin übliche Zuteilung von Devisen für den Einkauf von Tee und Kaffee im Ausland beendet. Jene wurden nun statt für die anregenden Warmgetränke für Panzer und Kriegsschiffe benötigt. Stattdessen sollte die importierte Ware mit Kompensationsgeschäften ins Land gebracht werden, was sich als so gut wie unmöglich erwies. Da ein Großteil des Getränks damals aus den britischen Kolonien und aus Niederländisch-Indien stammte, brach der freie Handel mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zum zweiten Mal im Jahrhundert erneut völlig zusammen. Im September 1939 beendete Paul Schrader den Versand von Tee und Kaffee, während bei Meßmer in Frankfurt sämtliche Vorräte für die Verwendung durch das Militär beschlagnahmt wurden.87 Während der Tee in Deutschland wieder einmal fast aus dem Alltag verschwand, entwickelte er sich jenseits des Meeres zum Symbol des Widerstandes gegen das NS-Regime. Sowohl in Großbritannien als auch in Indien unternahmen die Briten große Anstrengungen, um die Versorgung ihres Landes mit dem beliebten und kräftespendenden Getränk einigermaßen zu sichern. Britische Soldaten ließen sich mit Voranschreiten des Krieges siegessicher in Nordafrika, auf hoher See und schließlich vor dem Reichstagsgebäude in Berlin symbolträchtig mit Teebechern in der Hand von Pressefotografen ablichten. In den Medien wurden die Versorgung der Truppen mit dem Getränk als geradezu kriegsentscheidend und der Tee als handfeste Waffe gegen die Deutschen betrachtet.88 In Deutschland wiederum konnte ein rarer englischer Teebeutel heimliches Symbol des Widerstands sein und der Übermittlung von verbotenen Informationen oder Texten dienen. So kursierten illegal Teebeutel der Marke Lyons, in dem sich unter anderen der Text »Die deutschen Soldaten« von Heinrich Mann versteckt fand. Der Tee verschwand in Deutschland weitgehend aus dem Alltagsleben. Paul Schrader versuchte ebenso wie seine Konkurrenten, den Ausfall mit anderen Geschäften auszugleichen, etwa mit dem Verkauf von Porzellangeschirr, während
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Abb. 34 Teeausgabe in Kriegszeiten in Großbritannien. Der Tee entwickelte sich immer mehr zum Inbegriff des Widerstands gegen den deutschen Angriffskrieg.
Abb. 35 In diesem Teebeutel war der Text »Die deutschen Soldaten« des Exilautors Heinrich Mann verborgen.
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Mitarbeiter gleichzeitig zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Dann schlug der von Deutschland ausgegangene Krieg mit ganzer Härte zurück. 1944 wurden die Firmenräume von Schrader in Bremen ausgebombt.89 Bereits im Jahr zuvor waren das Frankfurter Meßmer-Haus und die Betriebsräume von Janssens »Ostfriesischer Tee-Gesellschaft« an der Sternschanze in Hamburg zerstört worden. Im Februar 1945 fielen auch die Dresdner Geschäfts- und Produktionsräume der »Teekanne« in Schutt und Asche.90 Auch wenn der Tee in der Zeit des Zweiten Weltkrieges nicht völlig aus den Regalen verschwand, wurde er sehr knapp und teuer. Um Wucher zu verhindern, bestimmte 1940 eine Verordnung, dass die Gewinnspanne beim Detailverkauf für die Blätter nicht über 33,5 % liegen dürfe. Damit die immer seltener erhältliche echte Ware eindeutig von allen anderen Produkten zu unterscheiden war, wurde noch 1942 eine »Verordnung über Tee und teeähnliche Erzeugnisse« erlassen, die den »echten Tee« eindeutig definiert. Die Bestimmung regelte : »Teeähnliche Erzeugnisse … dürfen nur mit solchen Bezeichnungen, Aufmachungen und Angaben in den Verkehr gebracht werden, die jede Verwechslung mit Tee ausschließen.«91 In der Tat war das Getränk zumindest unregelmäßig noch im Angebot. So teilte die Firma C.C. von Holstein in Itzehoe Ende desselben Jahres ihren Kunden mit, »dass sie über eine besonders gute Teesorte, ›Marke G. Java-Broken-Tee‹, verfüge, die sie zum Preise von RM 4,59 für ½ kg anbieten könne«.92 Mit den ins Land gelangenden Kleinstmengen ließ nicht aber nicht annähernd die gesamte Bevölkerung versorgen. Wieder wurde die Propagandamaschinerie in Gang gesetzt, um den Menschen die nur wenig geliebten Kräuterinfusionen schmackhaft zu machen. So hieß es in einer Druckschrift : »Lehne den Kräutertee nicht ab, falls dir die erste Probe nicht zusagen sollte ; versuche eine andere Mischung. Vergiß nicht, daß man sich an ein neues Genußmittel häufig erst gewöhnen muß, ehe man ihm Geschmack abgewinnt.«93 Doch das Verlangen nach Koffeinhaltigem blieb übermächtig, und je länger sich die Versorgungsengpässe hinzogen, desto ungeliebter wurden die Substitute. 1945 urteilte das Hygiene-Institut der Universität Göttingen sicherlich nicht untertreibend : »Der Genuß von Tee aus irgendwelchen Pflanzenblättern führt leicht nach längerem Genuß zu einem gewissen Widerwillen.«94
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Im geteilten Deutschland Auch über das Kriegsende hinaus blieb echter Tee wie auch Kaffee aus den Haushalten verschwunden, wenn er nicht für horrende Preise auf dem Schwarzmarkt erworben werden konnte. Ersatzkaffee konnte nicht in hinreichender Menge produziert werden, da das dafür notwendige Getreide in erster Linie der notdürftigen Ernährungssicherung der Menschen diente. Extrem kalte Winter und der Mangel an Heizmaterial schufen gleichwohl ein Bedürfnis nach Heißgetränken, so dass die Kräutertees einstweilen die einzig verfügbaren warmen Durstlöscher blieben.95 Da aber nicht zu jeder Zeit die entsprechenden Blätter für die ungeliebten Infusionen zu beschaffen waren, kamen einige geschäftstüchtige Unternehmer auf die Idee, synthetische Produkte zu produzieren. Die Firma Geberding & Co. aus Holzminden bot bald nach Kriegsende aus chemischen Substanzen hergestellte Extrakte an, die nur in heißem Wasser aufgelöst zu werden brauchten, aber kein Koffein enthielten. Bereits seit 1930 hatte sich das Unternehmen mit der Herstellung von Geschmacksstoffen beschäftigt und brachte nun verschiedene Substitute auf den Markt. »Tee 1« bildete die Basis, »welcher nach Verdünnung mit heißem Wasser wie schwarzer Tee riecht und schmeckt«. Erhältlich waren aber auch Tee 2 (»mit Citronengeschmack«), 3 (»mit Rumgeschmack«) und 4 (»mit Punschgeschmack«).96 Im März 1946 unterzog das Hygiene-Institut der Universität Hamburg die Substanzen einer Prüfung. Das Urteil in der traditionellen Teestadt fiel vernichtend aus : »Von einer Ähnlichkeit mit schwarzem Tee kann … keine Rede sein. Die Kennzeichnung ist irreführend.« Gemäß Lebensmittelgesetz seien die Präparate zu beanstanden. Auch die kürzlich auf dem Markt gebrachte Pfefferminz-Variante traf nicht auf Wohlwollen, denn sie sei »eine schwach gelblich-grüne, ungleichartige, trübe wässerige Flüssigkeit mit starkem Pfefferminzgeruch.«97 Die Produkte aus Holzminden setzten sich ohnehin nicht durch, und der Durst nach Tee blieb wie der allgemeine Hunger in den ersten Nachkriegsjahren ungestillt. Andere Unternehmer brachten weitere Ideen ans Tageslicht, wie beispielsweise die Firma Ernst Kloh aus dem schleswig-holsteinischen Boo stedt. Diese schlug im April 1946 den britischen Besatzungsbehörden vor, »den Tee, der in englischen Kasinos u.s.w. aufgegossen worden ist, einzusammeln, zu trocknen und zur Versorgung der deutschen Bevölkerung wieder in den Verkehr zu bringen.« Dieser Idee liegt die uralte Erkenntnis zugrunde, dass sich ein Teeblatt durchaus mehrmals aufgießen lässt. Die deutschen Behörden zeigten sich skeptisch, ließen aber auf Anforderung der Briten entsprechende Ver-
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Abb. 36 Teeverkostung bei der Firma Paul Schrader in Bremen (1960er Jahre).
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Abb. 37 Verpackung des Tees bei Paul Schrader.
suche durchführen.98 Die Ergebnisse erwiesen sich als enttäuschend, denn es »wurde festgestellt, daß die Aufgüsse aus den bereits extrahierten und danach getrockneten Teeblättern im allgemeinen recht fade schmecken und jede anregende Wirkung vermissen lassen.« Die Hygieniker in Hamburg fanden ein solches Verfahren darüber hinaus »recht unappetitlich«.99 Dennoch erhielten einige Unternehmen die Genehmigung zum vorgeschlagenen Verfahren. »Wegen der außerordentlichen Ernährungsschwierigkeiten« wurde das Einsammeln und Trocknen britischer Teeblätter etwa der Hamburger Firma Kurt Arthur Schmidt gestattet.100 Diese Erlaubnis rief eine heftige Debatte hervor, in die sich die Hamburger Apothekerkammer einschaltete und die erst durch ein Machtwort des Bürgermeisters Max Brauer (1887 – 1973) beendet wurde, indem »man in den Grossküchen und Kantinen einmal verwerteten Tee nicht als Küchenabfall im üblichen Sinne bezeichnen sollte …«101 Im Sommer 1946 erreichte nach langen Jahren erstmals wieder eine Partie Tee über England den Hamburger Hafen. Die Nachricht darüber sprach sich rasch herum, und die Gefahr war groß, dass die Ware auf dem lokalen Schwarzmarkt landen würde statt in den Tassen der Menschen auch in anderen deutschen Städten.102 Ohnehin blieb es bei wenigen Einzellieferungen, was sich selbst mit der Währungsreform 1948 nur zaghaft zu ändern begann. Einen deutlicheren Auf-
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bruch erlebte das Geschäft erst mit dem Ende der Zwangsbewirtschaftung im darauffolgenden Jahr.103 Dass das Getränk in der jungen Bundesrepublik Deutschland zunächst auch weiterhin ein Luxusgut darstellte, lag an der wieder einmal sehr hohen Teesteuer, die an der Grenze zu den Niederlanden den Schmuggel beförderte und legalen Handel behinderte. Erst 1953 wurde jene von prohibitiven 15 DM auf 3 DM je kg verringert, was sich unmittelbar in deutlich steigenden Einfuhren widerspiegelte.104 Zusätzliche Publizität verschaffte dem Getränk in der weitgehend Kaffee trinkenden Bundes republik das staatsmännische Teetrinken des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer (1876 – 1967). Dieser führte seine Hintergrundgespräche mit Journalisten als »Teegespräche« und ließ 1955 im Park seiner Bonner Residenz, dem Palais Schaumburg, eigens ein Teehaus errichten. Trotz dieses Aufbruchs warf die deutsche Teilung ihre Schatten auch auf das Getränk. Der Eiserne Vorhang schottete die ehemals gesamt- oder westdeutschen Unternehmen von ihrer Kundschaft im Osten ab, was vor allem Versandhändler wie Paul Schrader zu spüren bekamen.105 Mit der »Teekanne« verließ ein alteingesessenes Dresdner Unternehmen Sachsen, um in Nordrhein-Westfalen den Betrieb neu aufzubauen. Während im Westen die Produktion mit modernen Maschinen anlief und die infolge der Teilung entstandenen Verluste bald kompensiert waren, blieb der Tee in der DDR ein Nischenprodukt. Nach der Enteignung des Restbetriebs der »Teekanne« in Dresden wurde mit Hilfe aus den Bombentrümmern geborgener Maschinen in Radebeul unter der Bezeichnung »VEB Kaffee und Tee Radebeul« ein neuer volkseigener Betrieb aufgebaut. Seit 1954 belieferte dieser nicht nur die DDR-Bürger, sondern teils auch das westliche Ausland mit der auch heute noch erhältlichen Marke »Teehaus«. Professionelle Begutachtung und Verkostung fanden im betriebseigenen sogenannten »Laboratorium« statt. Das Angebot war in der DDR geringer als in der Bundesrepublik, und die Verkaufspreise lagen im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen höher. Darüber hinaus hatte es der Tee, ebenso wie im Westen, gegenüber dem ebenfalls teuren Konkurrenten Kaffee schwer. Umfragen zeigten immerhin, dass ihn um 1980 drei Viertel aller DDR-Bürger regelmäßig tranken, das aber in eher geringer Menge. Ganz untypisch für die historische Entwicklung Deutschlands bildete dabei der Norden das Schlusslicht. Während um 1980 in (Ost-)Berlin im Jahr durchschnittlich 169 g pro Person verbraucht wurden, waren es im Bezirk Suhl 122 und in Leipzig 121 g. Die Bezirke Neubrandenburg und Schwerin brachten es demgegenüber allenfalls auf 77 bzw. 70 g.106 Das Angebot war standardisiert, wies aber durchaus eine gewisse Vielfalt auf. In den Verkauf gelangten vor allem
Im geteilten Deutschland
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Mischungen mit Blättern aus Georgien, Assam oder Südindien. Das »Teehaus Spezial« stellte ein Produkt aus chinesischen und vietnamesischen Tees dar, die teils über Kompensationsgeschäfte ins Land kamen. In geringem Umfang waren in den sogenannten »Delikat«-Geschäften höhere Qualitäten, etwa 150 g Darjeeling in der Dose, zu haben.107 Einen Ort der Weltoffenheit in der DDR stellte die Gaststätte »Waffenschmied« in Suhl dar, die vom Wirt Rolf Anschütz (1932 – 2008) in das einzige japanische Restaurant des Landes verwandelt wurde. Schon während des Studiums in Leipzig hatte Anschütz seine Liebe zur japanischen Kultur entwickelt. Seit 1966 bot er japanische Spezialitäten an und erlangte auch mit der Teezeremonie landesweit Bekanntheit. 1984 wirkte bei ihm sogar einige Wochen lang, neben zwei Geishas und einem japanischen Koch, eine Teemeisterin aus dem Land der aufgehenden Sonne. Nach der Wiedervereinigung wandelte Anschütz gemeinsam mit seiner Frau ein ehemaliges Gewerkschaftsheim in Oberhof in das Japan-Hotel »Sakura« (Kirschblüte) um. Während Japan die exotische Ausnahme blieb, stellte in der DDR die Tee trinkende Sowjetunion den vorrangigen Bezugspunkt dar. So wurde etwa im Interhotel Potsdam eine »Russische Teestube« betrieben. Der Blick in Richtung Osteuropa spiegelt sich auch in den Reisebeobachtungen des Schriftstellers und Journalisten Richard Christ (1931 – 2013) wider : »Höllisch stark und bitter wie Chinin : schwarzer Tee aus Moskaus Samowaren. Ebenfalls stark, aber mit Papieraroma : Tee aus der heimischen Mitropa. Halb so stark, mit anderthalb Stück Würfelzucker und sehr heiß : im Schlafwagen zwischen Brest und Wladiwostok. Schwarzer Tee mit Konfitüre : in Kiew. Grüner Tee mit Bonbons in Tadschikistan.«108 Mit dem Speisewagenbetreiber MITROPA und der Konfitüre aus Kiew war es bald nach der Wiedervereinigung vorbei. Aber auch die neuen Bundesländer wurden nach der Auflösung der volkseigenen Betriebe in Sachen Tee nicht zum Niemandsland. Neues Leben kehrte etwa mit der im Westen entwickelten Marke »Goldmännchen« in einen alten Betrieb im thüringischen St. Gangloff ein. Schon längst sind die Genüsse der Camellia sinensis im wiedervereinigten Deutschland angekommen.
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Drei Jahrhunderte sind vergangen, seit die Genießerin und der Genießer in Europa unter dem dunklen, bitteren Bohea, dem feineren Pekoe oder dem groben Hyson wählen konnten. Viel mehr hatten die Auktionen in London, Amsterdam oder Kopenhagen kaum zu bieten ; und auch in den Tassen der Tee trinkenden Familie, die Richard Collins dereinst malte, dürfte sich ein nur wenig mit den heutigen Qualitäten zu vergleichender Aufguss befunden haben. Viel Geld wurde damals für ein Produkt bezahlt, das monatelang in Bleifolie verpackt dem Seewasser ausgesetzt und auch sonst bisweilen mit bedenklichen chemischen Zusätzen vermischt war. Das, was damals als Aufguss in die Tassen gelangte, würde heute nur schwerlich seine Liebhaber finden. Erstmals im 19. Jahrhundert bildete sich hierzulande auf der Grundlage wachsenden Wissens ein Qualitätsbewusstsein heraus, mit dem die Menschen zwischen einzelnen Sorten und Blattgraden zu unterscheiden lernten. Schließlich wurde der Tee industrielle Massenware ; er wurde standardmäßig gemischt, in Pappschachteln, Dosen und Beutel gefüllt, steigerte damit aber im Gegensatz zu manch anderem Industrieprodukt gleichzeitig seine Qualität. In Deutschland stets im Schatten seines mächtigen Verwandten aus Arabien stehend, eroberte er sich seine Nische als sanfter Muntermacher und als Genussmittel, das nicht bloß getrunken wird, sondern als Synonym für kultivierte Geselligkeit steht. Lediglich Ostfriesland und, in geringerem Maße, die schleswig-holsteinische Westküste gingen einen Sonderweg, dessen Gründe auch dieses Buch zugegebenermaßen nicht ganz aufzuklären vermag. Allenthalben bleibt der Tee ein historisches Gut mit seinen tiefen Bedeutun gen, Symbolen und Konnotationen. Anders als es mancher aktuelle Beitrag selbst aus der Qualitätspresse suggeriert, ist es nicht allein gezieltes Marketing, das bewirkt, dass »Tee schlechthin … Synonym für das gute Leben«1 sei. Denn dieser bringt von allein derartige Assoziationen mit – die natürlich von der Werbung geschickt in Szene gesetzt werden können. So verbergen sich in dem Getränk immer noch Kontinuitäten, die weit in dessen Frühgeschichte zurückreichen. Bereits Lu Yu hatte vor mehr als einem Jahrtausend festgestellt, dass die Blätter eine sanft belebende Wirkung entfalteten und dass von ihnen eine Aura des Luxus ausgehe, die sie als Genussmittel der Herrscher prädestinierten. In derselben Weise traten sie anfangs in Europa auf, was dem Tee auch dort von Beginn an den Ruf des Edlen und Exklusiven verlieh.
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Aber auch den ganz praktischen Gebrauch haben wir aus dem alten Asien kopiert. Ob wir den Tee mit Kandiszucker oder Milch trinken oder mit umgedrehter Tasse oder dem Löffel anzeigen, dass wir nichts mehr möchten – all das wurde in ähnlicher Form schon längst im Fernen Osten praktiziert. Nicht nur der Name selbst – Tee – ist chinesischen Ursprungs, sondern es haben auch die alten Bezeichnungen wie »Pekoe« und »Souchong« bis heute überlebt. Dabei ist nicht zu leugnen, dass sich Entwicklungsprozesse bisweilen auch umkehren können. Längst arbeiten auch in China und Japan die im westlich-kolonialen Kontext entstandenen Teefabriken. Nicht immer ist ihm indes heute seine immense Geschichte und Kontinuität anzumerken. Im Supermarkt ist er eingezwängt im Getränkekarton oder in der Plastikflasche als Eistee sowie »Chai latte« anzutreffen. Letzterer lässt sich auch aus Pulver vom Regal gleich nebenan zubereiten. Auch wenn derartige Produkte nicht selten recht zuckerhaltig und, im Gegensatz zu den originalen Blättern, weniger gesund sind, ist natürlich das erlaubt, was schmeckt. Das hat sich in zwei Jahrtausenden Teegeschichte nicht geändert. Der Massenware steht eine nie zuvor dagewesene Vielfalt an ausgesuchten Qualitätsprodukten gegenüber. Das Fachgeschäft und der Versandhandel bieten hochwertige Gartentees aus Darjeeling, neben First und Second Flush auch die milderen Autumnals. Nach wie vor sind etwa mit Steinthal oder Lingia die Gärten im Programm, die dereinst von den Brandenburger Familien Wernicke und Stölcke bewirtschaftet wurden. Immer stärker ist dabei mit zunehmendem Gesundheitsbewusstsein und Streben nach Wellness der Grüntee im Kommen, der lange Zeit in Deutschland ein Schattendasein fristete. Auch kostbarer, tiefdunkler Pu-Erh kann ebenso erworben werden wie Gunpowder, weißer Tee und Matcha-Pulver für die japanische Teezeremonie. Das Angebot in der Gastronomie ist uneinheitlich. Bisweilen wird der Gast dort, wo er es gar nicht vermutet, mit einem hochwertigen, feinen Aufguss verwöhnt ; manchmal kennt das Bedienpersonal den Unterschied zwischen schwarzem und Pfefferminztee kaum. Auf der anderen Seite steht der edle Nachmittagstee nach englischer Tradition, wie ihn gehobene Hotels mit den obli gatorischen Scones, Clotted Cream sowie Kanapees anbieten. Dieses Vergnügen, wie beispielsweise der »Königin Victoria Afternoon Tea« im Hamburger Hotel »Vier Jahreszeiten«, hat seinen Preis, lohnt aber allemal. Neue, innovativ gestaltete Teehäuser wie das ebenfalls in Hamburg gelegene »Momentum« machen das Getränk für ganz neue Genießergruppen attraktiv. Die Möglichkeit weltweiten Reisens eröffnet vielen Menschen zudem tiefe Einblicke in Teeanbau und produktion ; und es existiert wohl kein Ort, an dem der
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Nachmittagstee authentischer eingenommen werden kann als im »Savoy« im indischen Ootacamund oder im »Grand Hotel« in Kalkutta. Die Fülle des Angebots unterschiedlicher Qualitäten und Lokalitäten wird ergänzt durch eine große Zahl an Veröffentlichungen zur Zubereitung, oft verbunden mit Rezepten für delikate Speisen und mit fundierten Informationen über Sorten und Anbaugebiete. Hier gilt es, nicht jeden Ratschlag als das Maß aller Dinge zu nehmen, denn keine Zubereitungsmethode ist zeitlos. Einmal mehr gilt es, selbst zu probieren. Nirgendwo steht in Stein gemeißelt, dass Darjeeling nicht mit Zucker getrunken werden darf oder dass Zitronensaft im Tee zu vermeiden sei, wie so mancher gutgemeinte Rat heute suggeriert. Und wem der aromatisierte Tee als Modeerscheinung der 1970er und 1980er Jahre schmeckt, der soll ihn getrost trinken. Auch der aktuelle »Cold brew«, kalt aufgegossener Tee, ist Zeugnis der heutigen Zeit. Dieser muss länger ziehen, es lösen sich aber auch weniger Bitterstoffe, so dass er im Ganzen milder bleibt. Von der wachsenden Beliebtheit zeugen die Zahlen. Weltweit werden gegenwärtig jährlich mehr als 6 Millionen t hergestellt, die größte Menge in China (2,8 Millionen t), gefolgt mit Abstand von Indien (1,4). Aber auch Kenia (0,5), Sri Lanka (0,3) und Indonesien (0,1) gehören zu den größeren Produzenten. Mit knapp 47.000 t gelangt jedes Jahr aus immerhin zweiundsiebzig Ländern aber nur ein Bruchteil davon nach Deutschland. Obwohl das Getränk bei uns wie seit Jahrhunderten immer noch mit dem Kaffee konkurrieren muss, ist ein Aufwärtstrend unverkennbar. Knapp 30 l trinkt der durchschnittliche Deutsche, mit steigender Tendenz, davon 60 % aus losen Blättern aufgebrüht und den Rest aus Teebeuteln zubereitet. Die Pandemie der jüngsten Zeit, die viele Menschen in den eigenen vier Wänden festhielt, hat einerseits den Anbauländern bei der Ernte Probleme beschert, andererseits aber den Absatz in Deutschland und anderswo weiter beflügelt. Einmal mehr wurde der Tee damit seinem Ruf gerecht, auch ein Heimgetränk zu sein. Nach wie vor bestreitet der Schwarztee mit 73 % den Löwenanteil.2 Das wachsende Bedürfnis nach Wellness führt aber zu einer steigenden Nachfrage nach grünen Tees. Galten diese lange Zeit als bitter und waren in den Fachgeschäften eher eine Randerscheinung, so finden sich heute in gut sortierten Läden längst bis zu einhundertfünfzig verschiedene Sorten. Regelmäßige Verkostungen leiten die Konsumentin und den Konsumenten durch das riesige Angebot. Die hohe Qualität wird auch dadurch gewährleistet, dass in Hamburg, Bremen und anderenorts teils noch dieselben Unternehmen residieren wie vor einhundert oder zweihundert Jahren. Mit einem enormen Wissen und über Generationen gewachsenen Verbindungen in die Anbauländer liefern sie trotz
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Abb. 38 Theehandlung Schönbichler in Wien. Bis heute bleibt der Tee Inbegriff für Lebensfreude und guten Geschmack.
sich wandelnder Zeitläufte und vieler neuer Herausforderungen hochrangige Produkte. Mit Teekanne (24 %) und Meßmer (22 %) dominieren zwei traditionsreiche Giganten aus Düsseldorf und dem Hamburger Umland den Markt. Milford, der seine Heimat ebenso wie Meßmer bei der Laurens Spethmann Holding hat, bringt es auf 13 %. Einen noch größeren Anteil behaupten mit 29 % die Eigenmarken der Supermärkte und Discounter, und den Rest teilen sich die übrigen Anbieter. Das wachsende Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein hat auch Auswirkungen auf die Bio-Produktion, die heute etwa 12 % der Gesamteinfuhren ausmacht.3 Dieser Wert liegt möglicherweise noch höher, denn viele kleinere Teegärten können sich ein Bio-Zertifikat finanziell überhaupt nicht leisten, produzieren aber ebenso Bio-Ware.4 Auf dem deutschen Markt ist, wie seriöse Prüfungen unter anderem der »Stiftung Warentest« belegen, aber auch konventionell hergestellter Tee nur sehr gering mit Schadstoffen belastet. Trotz aller Tradition macht die moderne Welt nicht vor dem Geschäft halt. Schon längst hat die Digitalisierung auch hier Einzug gehalten, und was auf den Auktionen in Kalkutta oder Cochin dereinst per Zuruf geschah, vollzieht sich heute weitgehend per Computer. Ebenso äußert sich die neue Zeit in Firmenzusammenschlüssen, die immer größere Unternehmen hervorbringen. Bereits 1990
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übernahmen die Nachfahren von Laurens Janssen, der einst mit seiner »Ostfriesischen Teegesellschaft« in Hamburg Ostfriesentee mischte und schließlich mit dem »Milford« erfolgreich war, die Marke Meßmer. Damit folgte das Unternehmen aber nur einem weltweiten Trend, denn bereits sechs Jahre zuvor hatte der anglo-niederländische Konzern Unilever die traditionsreiche Marke Brooke Bond gekauft. Seit derselben Zeit wuchs die Sparte Tata Tea der bekannten gleichnamigen indischen Unternehmerfamilie zu einem Konzern mit eigenen Plantagen und weltweiter Bedeutung heran. Mit der Marke »Tetley« beherrscht Tata weite Teile des britischen, kanadischen und US-amerikanischen Marktes. Die Welle der Zusammenschlüsse machte auch vor dem Deutschen Teeverband nicht halt, der sich nach mehr als einem Jahrhundert eigenständiger Geschichte Anfang 2020 mit der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee zum Deutschen Tee & Kräutertee Verband mit Sitz in Hamburg zusammenschloss. Einen anderen Weg gingen Albert und Gwendalina Gschwendner. Sie entwickelten aus ihrem ersten Teefachgeschäft in Trier ein überregional operierendes Franchise-Unternehmen mit heute etwa hundertfünfundzwanzig Läden in Deutschland. Das Bewusstsein einer globalisierten Welt verbindet die Konsumenten hierzulande mit den Pflückerinnen und Pflückern in aller Herren Länder. Die nach wie vor gewaltige Bedeutung des Teeanbaus als Arbeitgeber für Millionen von Menschen macht diesen vielerorts zum Politikum. Während im 19. Jahrhundert die meisten Pflückerinnen und Pflücker machtlos auf den Plantagen ihr Leben fristeten, haben sie sich heute eine politische Stimme erkämpft. Immer wieder können Streiks besonders in Indien die Produktion für eine ganze Saison lahmlegen, denn wenn etwa der First Flush in Darjeeling nicht innerhalb bestimmter Wochen des Jahres gepflückt wird, dann gibt es eben keinen, wie beispielsweise 2017. Verbunden wurde in jenem Jahr die Forderung nach einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit dem Willen zu politischer Autonomie. Denn die Mehrheit der Bevölkerung Darjeelings zählt nach wie vor zur Ethnie der aus Nepal stammenden Gorkha und fühlt sich politisch schlecht repräsentiert. 2020 streikten, teils auch unter Anwendung physischer Gewalt, wiederum die Arbeiter in Assam, das bereits seit längerem unter Überproduktion und Qualitätsmängeln leidet. Ein Jahr zuvor untersuchte die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam die dortigen Arbeitsbedingungen und stellte dabei nicht auskömmliche Löhne und teils auch Menschenrechtsverletzungen fest. Problematisch ist nach wie vor der Einsatz gesundheitsschädlicher Pestizide.5 Nicht nur für die Pflückerinnen und Pflücker, sondern in ebenso großem Maße für die Plantagenbetreiber ist die Bewältigung dieser Herausforderungen
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eine Überlebensfrage. Durch höhere Weltmarktpreise, aber auch mit einer noch größeren Sensibilität der Konsumenten und durch ein Lieferkettengesetz kann hier Abhilfe geschaffen werden. Für viele Menschen in den Anbaugebieten ist der Duft frisch gepflückter Teeblätter Alltag, teils auch rauer Alltag. Der informierte Teetrinker ist sich dessen heute wie in noch keiner anderen historischen Epoche bewusst. Wir wissen nicht, wie der Teepflücker im alten China behandelt wurde ; dass es um ihn im Indien des 19. Jahrhunderts nicht zu Besten stand, ist bekannt. Heute haben wir es in der Hand, die Dinge durch gezielte Nachfrage und Auswahl zu ändern.
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Anmerkungen
Eine Weltgeschichte in der Tasse 1 In : Ukers, All About Tea, S. 15 – 22. 2 Barker, A Tea Planter’s Life ; Flex, Pflanzerleben. 3 Davidar, Tea and Me. 4 Kaufmann, Kandiszucker ; Reichmuth, Teekultivar. 5 Ukers, All About Tea. 6 Hobhouse, Fünf Pflanzen ; Rohrsen, Tee ; Van Driem, Tale of Tea. 7 Benn, Tea in China. 8 Vollers, Assam ; ders., Darjeeling ; ders., Tee. 9 Sharma, Empire’s Garden. 10 Twining, Two Hundred and Fifty Years of Tea and Coffee ; Rappaport, Thirst for Empire ; s. a.: Vries, Zur politischen Ökonomie. 11 Hoff, Danske Tehistorie. 12 Menninger, Genuss im kulturellen Wandel ; Hochmuth, Globale Güter. 13 Z.B.: Maeck, Meßmer ; Dubbers, Teekanne ; Deutscher Teeverband, 100 Jahre. 14 Altonaer Museum, Tee ; Kanzenbach/Suebsman, Made in China ; Mergenthaler, Tee-Wege ; Krueger, Die heißen 3. 15 Haddinga, Buch.
1. Auf den Spuren der Botaniker 1 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 14. 2 Eden, Tea, S. 18 f. 3 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 11 ff. 4 Van Driem, Tale of Tea, S. 15. 5 Ukers, All About Tea, S. 301. 6 Rohrsen, Tee, S. 13 f. 7 Ukers, All About Tea, S. 301. 8 Lettsom, Natural History, S. 2. 9 Van Driem, Tale of Tea, S. 18. 10 Freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 17. November 2020. 11 Bretschneider, European Botanical Discoveries in China, Bd. 1, S. 18. 12 Koerner, Linnaeus, S. 116 f. 13 Thea = Polyandria Monogynia ; Camellia = Monadelphia Polyandria. 14 Linné, Species Plantarum, 1. Auflage, S. 515. 15 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 11. 16 Hill, Exotic Botany, 2. Auflage, Nr. 22. 17 Linné, Species Plantarum, 2. Auflage, S. 734 f. 18 Lettsom, Natural History, S. VII.
Anmerkungen
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19 Ebd. 20 »There is only one species of this plant ; the difference of green and bohea Tea depending upon the nature of the soil, the culture, and manner of drying the leaves.« Ebd., S. 7. 21 Aiton, Hortus Kewensis. 22 Desmond, Kew, S. 105 f. 23 Lettsom, Natural History, S. VI f. 24 »Indeed it is now nearly ascertained, that all the different sorts of tea, prepared in China, are the produce of the same species.« Curtis’s Botanical Magazine, 5/1807, S. 999. 25 Ebd. 26 Mägdefrau, Geschichte, Kap. 6 und 8. 27 Frankreich : Desfontaines, Observations sur le Thé. 28 Hayne, Getreue Darstellung, Nr. 27. 29 Ebd. 30 Butzin, Link. 31 Mägdefrau, Geschichte, S. 175. 32 Link, Enumeratio Plantarum, Bd. 2, S. 73. 33 Chandler/Beattie Booth, Illustrations and Descriptions, S. VII. Die Autoren gingen von einer Ordnung (ordo) Camellieae aus und betrachteten Thea und Camellia darin als zwei getrennte Gattungen. 34 Lettsom, Natural History, S. 12. 35 Hayne, Getreue Darstellung, Nr. 27. 36 »… and when they reach you I beg you will call for some Teapot and prepare a good quantity in the common way.« Central National Herbarium (Kalkutta), Wallich-Briefe, Gardner an Wallich, 30. November 1818. 37 »[S]olely for the purpose of the better understanding of this paper …«. Masters, The Assam Tea Plant, S. 63. 38 Fortune, Wanderungen, S. 348. 39 Zanoni, Kuntze, S. 552 f.; Kuntze, Revisio Generum Plantarum. 40 Kuntze, Um die Erde, S. 500. 41 Kuntze, Plantae orientali-rossicae, S. 195 ; freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 17. November 2020. 42 Watt, Economic Products, S. 41. 43 Watt, Tea and the Tea Plant, S. 72. 44 Ebd., S. 65, 72, 74. 45 Ebd., S. 81. 46 »Too little is known of the races of the tea plant in China to allow of a classification being furnished similar to that given for India.« Ebd., S. 75. 47 O’Brien, Augustine Henry, S. 248. 48 Cohen-Stuart, Basis, S. 209. 49 Van Driem, Tale of Tea, S. 1. 50 Ukers, All About Tea, S. 499 ; Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 11. 51 Kitamura, On Tea and Camellias, S. 56 – 59. 52 Sealy, Camellia species. 53 Sealy, Revision of the Genus Camellia, S. 110. 54 Kingdon-Ward, Does Wild Tea exist ?, S. 299.
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Anmerkungen
55 »One can do no more for the present than await further evidence.« Ebd., S. 299 ; freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 17. November 2020. 56 Kingdon-Ward, Does Wild Tea exist ?, S. 297. 57 Ebd.: »The tea plant, Camellia sinensis has been cultivated for so long that its home as a wild plant is a matter of speculation.« 58 Freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 13. Januar 2021. 59 Hasimoto, Origin, S. 42 ; freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 13. Januar 2021. 60 »Having recently visited Sichuan and Yunnan twice for research, the author is even more certain that the tea plant has only one region.« Hasimoto, Origin, S. 40. 61 Baruah, Wild Teas of Assam, o.S. 62 Ebd. 63 Freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 17. November 2020 ; Huang, Fermentations and Food Science, S. 503, Anm. 3.
2. Im Reich des grünen Tees 1 2 3 4 5 6
Van Driem, Tale of Tea, S. 46. Huang, Fermentations and Food Science, S. 519. Ebd., S. 81, Abb. 26 a und b, S. 519. Schmidt-Glintzer, Das alte China, S. 9 ff. Benn, Tea in China, S. 30. Erstmals wird Shennong als »Entdecker« des Tees im »Chajing« von Lu Yu aus der Zeit um 780 genannt. 7 Huang, Fermentations and Food Science, S. 506, Anm. 5. 8 https://www.dailymail.co.uk/news/peoplesdaily/article-3147029/Chinese-cultivating-tea-6-000years-ago-3-000-years-oldest-Pyramid-built.html (Abruf : 28. Dezember 2020). 9 Kaempfer, Geschichte des Japanischen Thees. 10 Brück, Buddhismus, S. 310 – 315. 11 Ebd., S. 336 – 340. 12 Lu/Zhang/Yang u.a., Earliest Tea as Evidence for one Branch of the Silk Road. 13 Van Driem, Tale of Tea, S. 46 ; Huang, Fermentations and Food Science, S. 513. 14 Benn, Tea in China, S. 26. 15 Huang, Fermentations and Food Science, S. 508 f. 16 Benn, Tea in China, S. 26. 17 Ebd., S. 22 f. 18 Huang, Fermentations and Food Science, S. 510. 19 Übers. n. Huang, Fermentations and Food Science, S. 508. 20 Benn, Tea in China, S. 24. 21 Huang, Fermentations and Food Science, S. 11 ; Mair/Hoh, True History, S. 38 f. 22 Van Driem, Tale of Tea, S. 44 ; Benn, Tea in China, S. 27. 23 Ukers, All About Tea, S. 15 – 22. 24 Benn, Tea in China, S. 101, 104. 25 Ross in : Lu Yü, The Classic of Tea, S. 52. 26 Benn, Tea in China, S. 98, 104, 108. 27 Ebd., S. 106.
Anmerkungen
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28 Ebd., S. 97, 106 f. 29 Ross in : Lu Yü, The Classic of Tea, S. 52. 30 Benn, Tea in China, S. 97 f., 100, 107, 110 f. 31 Chajing, in : Ukers, All About Tea, S. 18 f. 32 Ebd., S. 15, 17. 33 Huang, Fermentations and Food Science, S. 517, 538. 34 Chajing, in : Ukers, All About Tea, S. 17. 35 Ebd., S. 17. 36 Chajing, in : Ukers, All About Tea, S. 15 f. 37 Huang, Fermentations and Food Science, S. 527. 38 Ebd., S. 523. 39 Benn, Tea in China, S. 120 f. 40 Huang, Fermentations and Food Science, S, 524, Tab. 49. 41 Reinaud, Relation, Bd. 1, S. 40. 42 Huang, Fermentations and Food Science, S. 527, 529. 43 Murai, Development, S. 12. 44 Pohl, Geschichte Japans, S. 24. 45 Murai, Development, S. 6 ; Girmond, Tee-Weg(e) in Japan, S. 92 ; van Driem, Tale of Tea, S. 230 – 234. 46 Murai, Development, S. 5 f. 47 Girmond, Tee-Weg(e) in Japan, S. 94. 48 Ebd., S. 92. 49 Murai, Development, S. 8. 50 Girmond, Tee-Weg(e) in Japan, S. 93. 51 Pohl, Geschichte Japans, S. 27. 52 Girmond, Tee-Weg(e) in Japan, S. 96. 53 Murai, Development, S. 14. 54 Girmond, Tee-Weg(e) in Japan, S. 98. 55 Ebd., S. 98 f. 56 Komakura, Sen no Rikyu, S. 33. 57 Ebd., S. 59 f. 58 Girmond, Tee-Weg(e) in Japan, S. 99. 59 Okakura, Buch vom Tee, S. 62. 60 Ebd., S. 64. 61 Kumakura, Sen no Rikyu, S. 34. 62 Pohl, Geschichte Japans S. 42. 63 Komakura, Sen no Rikyu, S. 34 f. 64 Ebd., S. 39 ff. 65 Ebd., S. 42 f., 46 f.
3. Neue Horizonte 1 Olearius, Offt begehrte Beschreibung, S. 421. 2 Ebd. 3 Nagel-Angermann, Geschichte des Alten China, S. 223 f.
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Anmerkungen
4 Benn, Tea in China, S. 173. 5 Huang, Fermentations and Food Science, S. 522 f. 6 Benn, Tea in China, S. 172. 7 Kaempfer, Geschichte des Japanischen Thees, S. 451. 8 Huang, Fermentations and Food Science, S. 529, 531. 9 Ebd, S. 528, 532. 10 Pomet, Magazin, Sp. 176. 11 Benn, Tea in China, S. 174. 12 Ebd., S. 173. 13 Nieuhof, Gesantschaft, S. 57, 348. 14 Benn, Tea in China, S. 173. 15 Nieuhof, Gesantschaft, S. 348. 16 Benn, Tea in China, S. 174. 17 Ebd., S. 174 f. 18 Ebd., S. 175 f. 19 Ebd., S. 176 f. 20 Huang, Fermentations and Food Science, S. 538. 21 Ebd. 22 Ebd., S. 539. 23 Ebd., S. 541 f. 24 Volker, Porcelain and the Dutch East India Company, S. 4. 25 Nieuhof, Gesantschaft, S. 177. 26 Suebsman, Porzellan, S. 93. 27 Richtsfeld, Tee und Teekultur in Tibet, S. 34 ff. 28 Ptak, Rolle der Chinesen, S. 92. 29 Rossabi, Tea and Horse Trade, S. 138. 30 Schmidt-Glintzer, Das alte China, S. 121. 31 Rossabi, Tea and Horse Trade, S. 139 – 142. 32 Ebd., S. 142 ff. 33 Ebd., S. 161 f. 34 Reid, Rise and Fall, S. 79. 35 Ebd., S. 57 – 60. 36 Ebd., S. 77. 37 Ovington, Voyage to Surat, S. 183. 38 La Loubère, New Historical Relation, S. 14. 39 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 55. 40 Zit. n. Coates, Macao and the British, S. 8. 41 Ptak, Rolle der Chinesen, S. 90. 42 Mandelslo, Morgenländische Reyse-Beschreibung, S. 42.
4. Frühe Begegnungen 1 Rappaport, Thirst for Empire, S. 31. 2 Vgl. Kap. 3. 3 Diffie/Winius, Portuguese Empire, S. 381 f.
Anmerkungen
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4 Ebd., S. 388. 5 Ebd., S. 396. 6 Ebd., S. 402. 7 Ebd., S. 172 ; Furber, Rival Empires, S. 60. 8 Cooper, Early Europeans, S. 103. 9 Ebd. 10 Michel, Ostindianisches Sendschreiben, S. 47. 11 Cooper, Early Europeans, S. 104. 12 Rappaport, Thirst for Empire, S. 31. 13 Cooper, Early Europeans, S. 104. 14 Ebd., S. 106. 15 Hsia, Jesuit in the Forbidden City, S. 1 – 25. 16 Hartmann, Jesuiten, S. 58. 17 Gallagher, China in the Sixteenth Century, S. XVII. 18 Ricci, Historia von Einführung der christlichen Religion, S. 14. 19 Schmitt/Schleich/Beck, Kaufleute als Kolonialherren, S. 117, 172. 20 Ebd., S. 15, 120. 21 Siebertz, Saar, S. 317 f. 22 Saar, Ost-Indianische Kriegs-Dienste, S. 22. 23 Ebd., S. 29. 24 Schmalkalden, Die wundersamen Reisen, S. 161 – 170. 25 Ebd., S. 132 f. 26 Behr, Diarium, S. 127. 27 Hennings, Versuch einer Ostindischen Litteratur-Geschichte, S. 45. 28 Langhans, Neue Ost-Indische Reise, S. 190. 29 Ebd., S. 197. 30 Ebd., S. 197 f. 31 Ebd., S. 200. 32 La Loubère, New Historical Relation, S. 23. 33 Langhans, Neue Ost-Indische Reise, S. 197. 34 Ermittelt aus den Angaben im Dagh-Register. Dabei wurde rechnerisch zugrunde gelegt : 1 Pikul = 59 kg ; 100 Katti = 1 Pikul ; 1 Canasser = 30 kg. Gerade letzterer Wert für Canasser beruht aber auf einer groben, nicht repräsentativen Einschätzung. Da er als Einheit in den Quellen aber nur in wenigen Fällen auftaucht, ist diese Einschätzung rechnerisch vertretbar. Die Zahlen geben Mindestwerte an, und im Einzelfall können die Mengen höher liegen. 35 Langhans, Neue Ost-Indische Reise, S. 269. 36 Glamann, Dutch-Asiatic Trade, S. 216. 37 La Loubère, New Historical Relation, S. 22 ; Dagh-Register, passim. 38 Dagh-Register, 1679, S. 343. 39 Reid, Rise and Fall, S. 56 ff. 40 Dagh-Register, passim. 41 Schmitt/Schleich/Beck, Kaufleute als Kolonialherren, S. 172. 42 Cleyer an Scheffer, 20. Dezember 1683, in : Michel, Ostindianisches Sendschreiben, S. 78. 43 Meister, Indianisch-Orientalischer Kunst- und Lustgärtner, S. 175 f. 44 Haberland, Von Lemgo nach Japan, S. 13 – 28. 45 Ebd., S. 42 – 52, 56 – 73.
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Anmerkungen
46 Ebd., S. 90 f. 47 Kaempfer, Geschichte des Japanischen Thees, S. 442 – 461, passim.
5. Im Zeichen der wissenschaftlichen Revolution 1 Tulp, Herba Thé. 2 Worm, Museum Wormianum, S. 165. 3 Freundlicher Hinweis Dr. Henry Noltie, Edinburgh, 5. Februar 2021, und Dr. Martin Nickol, Kiel, 11. Februar 2021 ; zu Pauli : Krause, Pauli, S. 274. 4 Pauli, Commentarius. 1746 erschien eine englische, um einen Traktat zum Kaffee und zur Schokolade erweiterte Übersetzung des Textes : Pauli, Treatise. 5 Hoff, Tehistorie, S. 27. 6 Krieger, Kaufleute, Seeräuber und Diplomaten, S. 89 – 92. 7 Zit. n. Pauli, Commentarius, S. 15. 8 Zit. n. ebd. 9 Cleyer, De Herba Thée. 10 Shapin, Wissenschaftliche Revolution, S. 9 – 12. 11 Poser, Leibnizens Novissima Sinica, S. 11 – 16. 12 Garway, Exact Description. 13 Rappaport, Thirst for Empire, S. 41. 14 Elsholtz, Diaeteticon, S. 324 – 327. 15 Bontekoe, Kurtze Abhandlung, S. 420. 16 Pagel, Waldschmidt, S. 724. 17 Waldschmidt, Gründlicher Bericht, S. 3 f., 11, 14. 18 Engler, Breyne, S. 326. 19 Ovington, Voyage to Surat, S. IX–X. 20 Ebd., S. XIII f. 21 Ovington, An Essay upon the Nature and Qualities of Tea. 22 Zedler, Universal Lexicon, Art. Thee, Sp. 503. 23 Ebd., Sp. 506. 24 Ebd., Sp. 502. 25 Freundlicher Hinweis Prof. Dr. Michael North, Greifswald, 1. Dezember 2020. 26 Zedler, Universal Lexicon, Art. Thee, Sp. 505.
6. Im Zeitalter der Ostindienkompanien 1 2 3 4 5 6 7 8
Schlegel, First Introduction, S. 468 f.; Menninger, Genuss im kulturellen Wandel, S. 194. Pauli, Treatise, S. 51. Dagh-Register, passim. Menninger, Genuss im kulturellen Wandel, S. 194. Coates, Macao and the British, S. 35 ; Ptak, Rolle der Chinesen, S. 94. Zit. n. Chaudhuri, Trading World, S. 386. Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 56. Chaudhuri, Trading World, S. 387 f.
Anmerkungen
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9 Ptak, Rolle der Chinesen, S. 96 ; Coates, Macao and the British, S. 37. 10 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 57. 11 Furber, Rival Empires, S. 98 – 101. 12 Mackillop, North Europe World of Tea, S. 294. 13 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 58 ; Chaudhuri, Trading World, S. 388. 14 Furber, Rival Empires, S. 127. 15 Chaudhuri, Trading World, S. 388. 16 Furber, Rival Empires, S. 127. 17 Ptak, Rolle der Chinesen, S. 99 f. 18 Furber, Rival Empires, S. 127. 19 Degryse/Parmentier, Maritime Aspects, S. 138. 20 Eberstein, Hamburg–Kanton, S. 26. 21 Ebd., S. 28. 22 Furber, Rival Empires, S. 208. 23 1 Pikul entspricht 59 kg, 1 Tael etwa 38 g. 24 Ptak, Rolle der Chinesen, S. 101 ; Glamann, Dutch-Asiatic Trade, S. 220. 25 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 54. 26 Vgl. Chaudhuri, Trading World, passim. 27 Chaudhuri, Trading World, S. 396. 28 Ebd., S. 387, 390, 392, 394 f. 29 Ebd., S. 34 ; Degryse/Parmentier, Maritime Aspects, S. 139 f. 30 Eberstein, Hamburg–Kanton, S. 38. 31 Koninckx, Sweden and India, S. 213 ff. 32 Ebd., S. 215. 33 Eberstein, Hamburg–Kanton, S. 39. 34 Ebd., S. 68 f. 35 Feldbæk/Justesen, Kolonierne, S. 112. 36 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 109. 37 Ebd., S. 137. 38 Eberstein, Hamburg–Kanton, S. 9. 39 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 142 f.; Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte, passim. 40 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 138 f. 41 Baasch, Hamburg und die Compagnie von Ostende, S. 311. 42 Eberstein, Hamburg–Kanton, S. 51. 43 Ebd., S. 6. 44 Ebd., S. 55 – 64. 45 Haddinga, Buch, S. 29 ff. 46 Ebd., S. 32 f. 47 Chaudhuri, Trading World, S. 388. 48 Ebd., S. 394. 49 Furber, Rival Empires, S. 244. 50 Koninckx, Swedish East India Company, S. 130 ff. 51 Ebd., S. 135. 52 Huusman, Kurtze Beschreibung, S. 25. 53 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 130. 54 Huusman, Kurtze Beschreibung, S. 26 f.
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Anmerkungen
55 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 130. 56 Huusman, Kurtze Beschreibung, S. 28. 57 Ebd., S. 131. 58 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 136 f. 59 Ebd., S. 135. 60 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 54.
7. Die Anfänge des Teegenusses in Europa 1 Kalm, Beschreibung der Reise, Bd. 2, S. 126. 2 Ebd., S. 392. 3 Hoff, Tehistorie, S. 43. 4 Krieger, Tee, S. 153. 5 Willebrandt, Historische Berichte, S. 189. 6 Rappaport, Thirst for Empire, S. 39. 7 N.N., Caffe- und The-Logia, S. 13. 8 Twining, House of Twining, S. 11. 9 Mackillop, North Europe World of Tea, S. 297. 10 Pomet, Magazin, Sp. 177. 11 Willebrandt, Historische Berichte, S. 131 f. 12 Pauli, Commentarius, o.S. 13 Hoff, Tehistorie, S. 16. 14 Heß, Wohnkultur, S. 205 – 209. 15 Müller, Russische Teestraße, S. 104 ff. 16 Rappaport, Thirst for Empire, S. 35. 17 Ebd., S. 33 f. 18 Smith, Complications of the Commonplace, S. 259. 19 La Loubère, New Historical Relation, S. 22. 20 Menninger, Genuss im kulturellen Wandel, S. 314. 21 Rappaport, Thirst for Empire, S. 38. 22 La Loubère, New Historical Relation, S. 22 ; vgl auch : Menninger, Genuss im kulturellen Wandel, S. 314. 23 Lawson, Tea, Vice and the English State, S. 7. 24 Ebd., S. 2. 25 Kriedte, Vom Großhändler zum Detaillisten, S. 33. 26 Lawson, Tea, Vice and the English State, S. 2 ; Mui/Mui, Shops and Shopkeeping, S. 160 – 200. 27 Twining, House of Twining, passim. 28 Lawson, Tea, Vice and the English State, S. 6. 29 Zit. n. Rappaport, Thirst for Empire, S. 39. 30 Ebd. 31 Willebrandt, Historische Berichte, S. 170. 32 Rappaport, Thirst for Empire, S. 39. 33 Journal des Luxus und der Moden, Oktober 1791, S. 574. 34 Lawson, Tea, Vice and the English State, S. 10 ff. 35 N.N., Englands Theekessel.
Anmerkungen
36 Roth, Tea Drinking, S. 64 f. 37 Ebd., S. 66. 38 Kalm, Beschreibung der Reise, Bd. 2, S. 491. 39 Roth, Tea Drinking, S. 66. 40 Kalm, Beschreibung der Reise, Bd. 2, S. 513. 41 Lerg, Amerikanische Revolution, S. 20. 42 Ebd., S. 21. 43 Ebd. 44 Roth, Tea Drinking, S. 66. 45 Lerg, Amerikanische Revolution, S. 22 f. 46 Ebd., S. 28. 47 Ebd., S. 29. 48 Roth, Tea Drinking, S. 67. 49 Zit. n. ebd., S. 68. 50 Ebd., S. 63, 66 ff. 51 Ptak, Rolle der Chinesen, S. 91. 52 Ebd., S. 90 f. 53 Langhans, Neue Ost-Indische Reise, S. 197. 54 Marquis, Taschenbuch, S. 37. 55 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 3. 56 Glamann, Dutch-Asiatic Trade, S. 220. 57 Drake, Tea Leaves, S. 195. 58 Haddinga, Buch, S. 31. 59 StAB 7.100 35, 6. März 1799, Gebrüder Walte, div. Preislisten. 60 Marquis, Taschenbuch, S. 39. 61 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 3. 62 StAB 7.100 35, 6. März 1799, Gebrüder Walte, Preis-Courant. 63 Glamann, Dutch-Asiatic Trade, S. 214. 64 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 112 f. 65 StAB 7.100 35, 6. März 1799, Gebrüder Walte, Preis-Courant. 66 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 4. 67 Rohrsen, Tee, S. 18. 68 Marquis, Taschenbuch, S. 47. 69 Ebd., S. 53. 70 Chaudhuri, Trading World, S. 397. 71 Langhans, Neue Ost-Indische Reise, S. 197. 72 Nierstrasz, Rivalry for Trade, S. 112 f. 73 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 4 ; Marquis, Taschenbuch, S. 49 f. 74 StAB 7.100 35, 6. März 1799, Gebrüder Walte, Preis-Courant. 75 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 4. 76 Glamann, Danish Asiatic Company, S. 139. 77 Zit. n. Mackillop, North Europe World of Tea, S. 297.
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Anmerkungen
8. Von der Nordsee in den Süden 1 Intelligenzen der täglichen Vorkommenheiten in Pommern und Rügen, XLVII, 21. November 1755. 2 Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, S. 173 ff. 3 Journal des Luxus und der Moden, Jg. 24, 24. Oktober 1809, S. 665. 4 Pauli, Treatise, S. 96. 5 Kaufmann, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, S. 21. 6 Mohrmann, Alltagswelt, Bd. 1, S. 421, 562. 7 Mensing, Wörterbuch, Bd. 5, Sp. 25. 8 Ebd., Sp. 27 f. 9 Kaufmann, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, S. 23. 10 Zit. n. ebd., S. 24. 11 Schütze, Holsteinisches Idioticon, Bd. 1, S. 66 f., 451. 12 Zit. n. Kaufmann, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, S. 24. 13 Zit. n. ebd. 14 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 3. 15 N.N., Neues Hamburgisches Kochbuch, S. 644. 16 Ebd. 17 Loofft, Nieder-Sächsisches Kochbuch, S. 462. 18 N.N., Die wohlunterwiesene Köchin, S. 374. 19 Gleim, Neues Bremisches Koch- und Wirthschaftsbuch, 2. Teil, S. 266. 20 Ebd., S. 254 f. 21 N.N., Wohlfeiles Kochbuch, S. 114. 22 Krieger, Geschichte Hamburgs, S. 69 f. 23 N.N., Caffe- und The-Logia, S. 25. 24 Pauli, Commentarius, Abb. Fig. VIII. 25 StAHH 211-2_A22, 1739 – 1748, Prozeßakte Franz Ascenso c/a Jean du Grou, Augustin Michel und Franz Libault, Auszug aus dem Hauptbuch. 26 Ebd. 27 Lüth, Westphal, S. 5, 7 f., 11. 28 Zit. n. ebd., S. 8. 29 Ebd. 30 North, Genuß und Glück, S. 206 f. 31 Schneider/Krawehl/Denzel, Statistik, S. 11 ; Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte, 1788, passim. 32 Der Patriot, 3. Teil, 121. Stück, S. 152. 33 Willebrandt, Historische Berichte, S. 59. 34 Ebd., S. 46. 35 Griesheim, Stadt Hamburg, S. 126. 36 Trepp, Männlichkeit, S. 231. 37 Kaufmann, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, S. 23. 38 Journal des Luxus und der Moden, Jg. 3, August 1788, S. 336. 39 Spalding, Aufklärung, S. 263. 40 Zit. n. ebd., S. 266. 41 Ebd., S. 264 f. 42 Ebd., S. 265 f. 43 Gerhard/Kaufhold, Preise, S. 126.
Anmerkungen
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44 Larsen, Kinafart, S. 67. 45 Koninckx, Sweden and India, S. 215. 46 Haddinga, Buch, S. 41 f. 47 LAS 174, 211, Journale über eintreffende Handelsschiffe, »Manifest Book«, 1809 – 1810. 48 Lüth, Westphal, S. 18. 49 Ebd., S. 20, 106. 50 StAB 6.2-F.2a V. 11 Vol. II, Fragebögen zur Ausführung der kaiserlichen Dekrete vom 2., 4., 18. und 19. October 1810 wider den britischen Handel, seine Agenten und Beförderer. 51 Ebd., Heinrich Levin Biesewig. 52 Ebd., Johann Diederich Bischoff. 53 StAB 6.2-F.3d–K.6 2_F.3d XLII, 1813, Reklamation von 118 Kisten Tee für Philipp Julius Abegg in Emden. 54 Weißenthurn, Welche ist die Braut ? 55 Bremer Theaterzettel, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, passim. 56 Heineken, Bremen, Bd. 1, S. 59. 57 Mohrmann, Alltagswelt, Bd. 1, S. 258 f. 58 Ebd., S. 220. 59 StAB 7.100 35, 1780, Preisliste. 60 Ebd., 1799, Gebrüder Walte, Preis-Courant. 61 Mohrmann, Alltagswelt, Bd. 1, S. 221, Bd. 2, S. 563. 62 Ebd., Bd. 1, S. 241. 63 North, Genuß und Glück, S. 212. 64 Kaufmann, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, S. 21. 65 Willebrandt, Historische Berichte, S. 350. 66 Ebd., S. 354. 67 Jörg, Niederländische Ostindien-Kompanie, S. 11. 68 Meier, Ostfriesland, S. 37 f. 69 Ebd., S. 38. 70 Haddinga, Buch, S. 23. 71 Hainsch/Kanzenbach, Spuren, S. 50. 72 Haddinga, Buch, S. 24. 73 Ebd. 74 Kaufhold/Wallbaum, Historische Statistik Ostfriesland, S. 502. 75 Ebd., S. 35. 76 Zit. n. ebd., S. 38. 77 Kaufhold/Wallbaum, Historische Statistik Ostfriesland, S. 502. 78 Haddinga, Buch, S. 41 ff. 79 Arends, Ostfriesland und Jever, Bd. 3, S. 422. 80 Ebd. 81 Haddinga, Buch, S. 29. 82 Arends, Ostfriesland und Jever, Bd. 3, S. 430. 83 Kaufhold/Denzel, Historische Statistik Hannover, S. 158, 192. 84 Waldschmidt, Gründlicher Bericht, S. 15. 85 N.N., Caffe- und The-Logia, S. 75 ; freundlicher Hinweis Dr. Martin Nickol, Kiel, 11. Februar 2021. 86 Hochmuth, Globale Güter, S. 179.
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Anmerkungen
87 Ebd., S. 91. 88 Riederer, Theenoth, S. 138. 89 Zit. n. ebd., S. 137. 90 Ebd., S. 139. 91 Ebd. 92 Ebd., S. 140, 146. 93 Mejsner, Sprichwörter, S. 41 f. 94 Unterberg, Mit höchsten Nahmen, S. 54 f. 95 Friemuth, Friedrich der Große und China, S. 79. 96 Hochmuth, Globale Güter, S. 134, 145. 97 Riederer, Theenoth, S. 139. 98 Ebd., S. 142. 99 Hochmuth, Globale Güter, S. 99. 100 Ebd., S. 104. 101 Riederer, Theenoth, S. 143 f. 102 Zit. n. ebd., S. 141. 103 North, Genuß und Glück, S. 211. 104 Willebrandt, Historische Berichte, S. 200. 105 Journal des Luxus und der Moden, Jg. 18, August 1803, S. 464 f. 106 Willebrandt, Historische Berichte, S. 330. 107 Ebd., S. 277. 108 Ebd., S. 374. 109 Ebd., S. 311. 110 Dorn, Großes Wiener-Kochbuch, S. 402. 111 Menninger, Genuss im kulturellen Wandel, S. 314 f. 112 Zedler, Universal Lexicon, Art. Thee, Sp. 502. 113 Journal des Luxus und der Moden, Jg. 3, August 1788, S. 340. 114 Ebd., Intelligenzblatt, Jg. 4, April 1789, S. LXXVI f. 115 Journal des Luxus und der Moden, Jg. 26, August 1811, S. 549 ; Jg. 25, Juli 1810, S. 462 ; Jg. 26, Oktober 1811, S. 679 ; Jg. 25, August 1810, S. 525 ; Jg. 26, August 1811, S. 579. 116 Ebd., Jg. 22, März 1807, S. 203. 117 Ebd. 118 Ebd., Jg. 19, Juni 1804, S. 313. 119 Ebd., Jg. 26, Juni 1811, S. 398. 120 Ebd., S. 397 f. 121 Zit. n. Di Bartolo, Selbstbestimmtes Leben, S. 58. 122 Zit. n. ebd., S. 180. 123 Zit. n. ebd., S. 185, Anm. 561. 124 Journal des Luxus und der Moden, Jg. 24, Oktober 1809, S. 666. 125 Le Goullon, Der elegante Theetisch, S. 4 f.
9. Zeitenwende 1 Ricci, Journals, S. 17. 2 La Loubère, New Historical Relation, S. 183.
Anmerkungen
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3 Glamann, Dutch-Asiatic Trade, S. 240. 4 Koerner, Linnaeus, S. 138. 5 Hobhouse, Fünf Pflanzen, passim. 6 Koerner, Linnaeus, S. 127 f. 7 Zedler, Universal Lexicon, Art. Thee, Sp. 508. 8 Koerner, Linnaeus, S. 137. 9 Tillaeus, Potus Theae, S. 14. 10 J. Griffiths, History, S. 33. 11 Robert Kyd an Court of Directors, 1. Juni 1786, in : Chambers, Indian and Pacific Correspondence, Bd. 2, S. 123. 12 Memorandum Charles Jenkins, 1st Earl of Liverpool, April 1788, in : ebd., S. 300. 13 Copies by Sir Joseph Banks … from the Correspondence of Robert Kyd, 12. März 1787, in : ebd., S. 361. 14 Copies by Sir Joseph Banks … from the Correspondence of Robert Kyd, 23. Januar 1788, in : ebd., S. 368. 15 Desmond, Kew, S. 85 – 88. 16 Ebd., S. 89 f. 17 Banks an Charles Jenkinson, 1st Earl of Liverpool, 29. September 1788, in : Chambers, Indian and Pacific Correspondence, Bd. 2, S. 399 f. 18 J. Griffiths, History, S. 33. 19 Ebd., S. 34. 20 Desmond, Roxburgh, S. 133. 21 Krieger, Tee, S. 185. 22 Hielscher/Hücking, Pflanzenjäger, S. 103 – 108. 23 Cohen-Stuart, Basis, S. 196. 24 Krieger, Wallich, S. 132 f. 25 Ebd., S. 12 – 100. 26 Sharma, Empire’s Garden, S. 26 f. 27 Copies by Sir Joseph Banks … from the Correspondence of Robert Kyd, 1. Juni 1786, in : Chambers, Indian and Pacific Correspondence, Bd. 2, S. 358. 28 Charlton, Correspondence Regarding the Discovery, S. 7. 29 Krieger, Wallich, S. 201. 30 Ebd., S. 201 f. 31 Charlton, Correspondence Regarding the Discovery, S. 31. 32 N.N., Discovery of the Genuine Tea Plant, S. 45 f. 33 Ebd., S. 46. 34 Ebd. 35 Charlton, Correspondence Regarding the Discovery, S. 3. 36 Krieger, Wallich, S. 203 f. 37 Ebd. 38 N.N., Discovery of the Genuine Tea Plant, S. 45. 39 Sharma, Empire’s Garden, S. 29. 40 Ebd., S. 43. 41 Krieger, Wallich, S. 215. 42 Sharma, Empire’s Garden, S. 31. 43 Ebd., S. 32.
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Anmerkungen
44 Kindermann, Aufstieg Ostasiens, S. 29. 45 Furber, Rival Empires, S. 257 f. 46 Ebd., S. 258. 47 Kindermann, Aufstieg Ostasiens, S. 30. 48 Ebd., S. 17 f. 49 Ebd. 50 Ebd., S. 21. 51 Kindermann, Aufstieg Ostasiens, S. 387. 52 Mair/Hoh, True History, S. 226 f. 53 Ebd., S. 228 f. 54 Rose, For all the Tea in China, S. 73 – 212. 55 Fortune, Wanderungen, S. 204. 56 Ebd., S. 349.
10. Der koloniale Teeanbau 1 Krieger, Tee, S. 191 f. 2 Flex, Pflanzerleben, S. 2. 3 Ebd., S. 44. 4 Schulte, Die unmögliche Heimkehr, S. 79 f. 5 Flex, Pflanzerleben, S. 11. 6 Ebd. 7 Davidar, Tea and Me, S. 23 f. 8 Flex, Pflanzerleben, S. 79 f. 9 Ebd. 10 Ebd., S. 53 f. 11 Sharma, Empire’s Garden, S. 80 – 87. 12 Ebd., S. 87 f. 13 Flex, Pflanzerleben, S. 45. 14 Ebd., S. 46 f. 15 Vollers, Assam, S. 50. 16 Flex, Pflanzerleben, S. 53. 17 Ebd., S. 100. 18 Ebd., S. 101, Vollers, Assam, S. 18. 19 Flex, Pflanzerleben, S. 102. 20 Ebd., S. 159. 21 Ebd., S. 158. 22 Ebd., S. 159. 23 Ebd., S. 159 f. 24 Vollers, Assam, S. 35. 25 Flex, Pflanzerleben, S. 158. 26 Ebd., S. 160. 27 Francis, Nilgiris, S. 180. 28 O’Malley, Darjeeling, S. 24. 29 Ebd., S. 25 f.
Anmerkungen
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30 Pinn, Darjeeling Pioneers, S. 107 ff. 31 Ebd., S. 6 – 17. 32 Ebd., S. 43, 86. 33 Ebd., S. 88. 34 Ebd., S. 93, 126 f. 35 Crossette, Hill Stations, S. 75 – 87. 36 Krishnan, Geology, S. 4, 93. 37 Ebd., S. 4 f. 38 Blavatsky, Rätselhafte Volksstämme, S. 39. 39 Kulke/Rothermund, Geschichte Indiens, S. 291. 40 Price, Ootacamund, S. 12 f. 41 Francis, Nilgiris, S. 203. 42 Ebd., S. 178. 43 Raman, Perrottet, S. 1608. 44 Übers. n. ebd., S. 1609. 45 Übers. n. ebd. 46 Ebd. 47 Francis, Nilgiris, S. 179. 48 Heidemann, Immigrant Labourers, S. 153. 49 Ebd., S. 150. 50 Francis, Nilgiris, S. 203. 51 Ebd., S. 150. 52 Venugopal, Nilgiris, S. 88 – 91. 53 Davidar, Tea and Me, S. XIV, 110. 54 Ebd., S. 19. 55 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 238 f.; Deutscher Tee & Kräutertee Verband, Tee Report 2020. 56 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 276. 57 Deutscher Tee & Kräutertee Verband, Tee Report 2020. 58 Rappaport, Thirst for Empire, S. 165 f. 59 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 158. 60 Ebd., S. 158 ff. 61 Reichmuth, Teekultivar, S. 241. 62 Ebd., S. 251 f. 63 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 274. 64 Fortune, Wanderungen, S. 101 f. 65 StAHH 371-8-II_S XIX C 15 7 3, 5. Juni 1888, Auszug aus dem Protocoll der Deputation für Handel und Schiffahrt, Hamburg ; ebd., April 1888, Eingabe Hamburger Teehändler an den chinesischen Gesandten in Berlin. 66 Ukers, All About Tea, S. 297. 67 StAHH 371-8-II_S XIX C 15 7 3, 5. Juni 1888, Auszug aus dem Protocoll der Deputation für Handel und Schiffahrt, Hamburg ; ebd., April 1888, Eingabe Hamburger Teehändler an den chinesischen Gesandten in Berlin. 68 Ebd. 69 Ebd. 70 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 274.
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Anmerkungen
71 Ebd. 72 Ebd. 73 StAHH 371-8-II_S XIX 7 3, 1887, Deutsches Generalkonsulat Shanghai, Note. 74 Ebd. 75 Ebd. 76 Ebd. 77 Ebd. 78 StAHH 371-8-II_S XIX C 15 7 3, 5. Juni 1888, Auszug aus dem Protocoll der Deputation für Handel und Schiffahrt, Hamburg ; ebd., April 1888, Eingabe Hamburger Teehändler an den chinesischen Gesandten in Berlin. 79 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 273. 80 Ebd., S. 271. 81 StAB 7, 2112, Briefkopierbücher Fred. Rodewald, Rodewald an Vater, 11. Juni 1885. 82 StAHH 371-8-II_S XIX C 15 73, Deutsches Generalkonsulat Shanghai, Note. 83 Ebd., 16. Mai 1883. 84 Ebd. 85 StAHH 371-8-II_S XIX 7 3, 1887, Deutsches Generalkonsulat Shanghai, Note. 86 StAB 7, 2112, Briefkopierbücher Fred. Rodewald, Rodewald an Schönfeld, 10. Mai 1883. 87 Ebd., 16. Mai 1883. 88 Ebd., Rodewald an Annecke, 16. Juni 1883. 89 Ebd., Rodewald an Onkel Ferdinand, 11. Juni 1885. 90 Ebd., 10. Juni 1886. 91 Ebd. 92 Ebd., Rodewald an Vater, 6. April 1887. 93 Ebd., Rodewald an Schönfeld, 16. Mai 1887. 94 Ebd., 10. Mai 1889. 95 Ebd., Rodewald an Anneke, 16. Juni 1883. 96 Ebd., 8. Oktober 1890. 97 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 227 f. 98 Ukers, All About Tea, S. 297.
11. Teeland Deutschland 1 Firmenarchiv Paul Schrader, Preisliste 1939. 2 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 273. 3 Rappaport, Thirst for Empire, S. 151. 4 Ebd., S. 59 – 67, 148. 5 Ebd., S. 168. 6 Ebd., S. 151. 7 Krieger, Tee, S. 257 ff.; Rappaport, Thirst for Empire, S. 150 f. 8 Krieger, Tee, S. 258. 9 Krieger, Geschichte Hamburgs, S. 91 ff. 10 StAHH 131-1 I_33 P 135, 4. Juni 1841, C.M. Pattenhausen. 11 Glawatz, Huth, S. 93. 12 StAHH 314-1_B V f22, Zollerklärungen Jonassohn & de Jongh, 1847. Bei fehlenden Wertanga-
Anmerkungen
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ben wurde im Folgenden zur Berechnung des Teewertes ein unterer Wert von 60 Mark Banco je Kiste angenommen ; im Einzelfall können die Beträge etwas höher gelegen haben. 13 Ebd. 14 W.G. Ahrens & Co. Nachfolger, Hälssen & Lyon, Hülsen & Grotwohl, Gebr. Kahrweg, Kirchner, Fischer & Co., A.F. Lembeke, Oberdörffer & Carstens, Stave & Gläsenstein, A. Testorff & Co., Thee Commandit Gesellschaft Muselius & Co., W.S. Wolff & Karpedes. StAHH 371-8-II_XXIX C 15 7 3, April 1868, Eingabe Hamburger Teehändler an den chinesischen Gesandten in Berlin. 15 StAHH 371-8-II_S XIX C 15 7 3 1887, Deutsches Generalkonsulat Shanghai, Note. 16 Ebd. 17 Ebd. 18 Kaufmann, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, S. 23. 19 StAHH 411-2_II A5966, 19. August 1846, Extractus Protocolli. 20 Ebd. 21 StAHH 131-1 I_33 P135, 4. Juni 1841, C.M. Pattenhausen. 22 StAHH 314-1_B v f22, 21. September 1840, Rechnung. 23 StAHH 131-1 I_33 O 135, 4. Juni 1841, C.M. Pattenhausen. 24 Linsingen, Armenwesen, S. 97. 25 Ebd. 26 Haddinga, Buch, S. 86. 27 Ebd., S. 46. 28 Deutscher Reichstag, Stenographischer Bericht, 4. Legislaturperiode, II. Session, 3. Band, S. 2061. 29 Haddinga, Buch, S. 45. 30 Haddinga, Ostfriesische Teekultur, S. 61 f. 31 Weiß/Marticke, Praktisches Kochbuch, S. 386. 32 Deutscher Teeverband, Ostfriesische Teekultur. 33 Hahn, Tassenkampf. 34 Quelle : Deutscher Teeverband. 35 Hahn, Tassenkampf. 36 Ebd. 37 Ebd. 38 Davidis, Praktisches Kochbuch, S. 534, 39 Weiler, Augsburgisches Kochbuch, S. 474. 40 Riedl, Lindauer Kochbuch, S. 652 f.; zur Vanille in Norddeutschland : N.N., Neues Hamburgisches Kochbuch, S. 644. 41 Riedl, Lindauer Kochbuch, S. 652 f. 42 Schandrie, Regensburger Kochbuch, S. 323. 43 Steinlechner, Kaffee, Kakao, Tee, S. 46. 44 Seleskowitz, Wiener Kochbuch, S. 411. 45 Dorn, Neuestes Wiener Universal-Kochbuch, S. 353. 46 Dubbers, Teekanne, S. 13. 47 Ebd., S. 15. 48 Ebd., S. 9. 49 Ebd. 50 Maeck, Meßmer, S. 11, 16. 51 Ebd., S. 44 f. 52 Ebd., S. 59 – 68.
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Anmerkungen
53 Dubbers, Teekanne, S. 27. 54 Statistisches Jahrbuch Deutsches Reich, passim. 55 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 274 ff. 56 Ebd. 57 Stralsundische Zeitung, 2. März 1883. 58 Valerius, Verbandskochkunst-Ausstellung, S. 148. 59 Dubbers, Teekanne, S. 28. 60 Sprecher von Bernegg, Tee und Mate, S. 276. 61 StAHH 314-1_B XII 46, Einfuhr von Kaffee und Tee aus Lübeck durch den Elbe-Trave-Kanal, Tab. 62 Dubbers, Teekanne, S. 86. 63 LAS 320 Stormarn K, 103, 9. Dezember 1915, Königlich Preußisches Statistisches Landesamt, Drucksache. 64 Ebd., 22. Mai 1916, Kriegsausschuß, Bekanntmachung. 65 Ebd., 18. Mai 1917, Der Präsident des Kriegsernährungsamtes an sämtliche Bundesregierungen, Rundschreiben. 66 Ebd., 26. Mai 1916, Kriegsministerium, Flugblatt. 67 Ebd., 22. Mai 1916, Specht & Sohn an Landrat des Kreises Stormarn. 68 Ebd., 18. Mai 1917, Der Präsident des Kriegsernährungsamtes an die Landes-, Provinz- und Bezirksprüfungsstellen und die Kreiswucherämter, Rundschreiben. 69 Deutscher Teeverband, 100 Jahre, S. 70 f. 70 Zit. n. ebd., S. 82 f. 71 Ebd., S. 84 f. 72 Behning, Paul Schrader, S. 11. 73 Ebd., S. 4. 74 Ebd., S. 11 f. 75 Ebd., S. 14, 21. 76 Zit. n. Dubbers, Teekanne, S. 38. 77 Dubbers, Teekanne, S. 87. 78 Deutscher Teeverband, 100 Jahre, S. 108. 79 Statistisches Jahrbuch Deutsches Reich, passim. 80 N.N., Rund um den Tee, S. 38. 81 Okakura, Buch vom Tee. 82 Kantowsky, Teekult, S. 160 ff. 83 Berliner, Teekult in Japan. 84 Kantowsky, Teekult, S. 159. 85 Sen no Rikyū, Zen-Worte. 86 Lewin, Nachruf. 87 Ebd., S. 34 ; Maeck, Meßmer, S. 74. 88 Tea Center, Tea on Service, S. 25. 89 Behning, Paul Schrader, S. 37, 90 Dubbers, Teekanne, S. 95 ; Maeck, Meßmer, S. 76. 91 Verordnung über Tee und teeähnliche Erzeugnisse, 12. Dezember 1942, Reichsgesetzblatt, Jg. 1942, Teil I, S. 707 f. 92 LAS 301, 6188, 20. März 1941, Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, SD-Abschnitt Kiel, an den Oberpräsidenten der Provinz Schleswig-Holstein, Preisbildungsstelle.
Anmerkungen
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93 StAHH 352-6_5278, 1944, Merkblatt. 94 Ebd., 16. Oktober 1945, Hygiene-Institut der Universität Göttingen, Abschrift. 95 Ebd. 96 Ebd. 97 StAHH 352-6_5278, 16. Februar 1946, Hygienisches Institut der Universität Hamburg an Öffentlichen Gesundheitsdienst Hamburg. 98 Ebd., 23. April 1946, Regional Food Office an das Hygienische Institut Hamburg. 99 Ebd., 3. Juni 1946, Hygienisches Institut Hamburg an Regional Food Office. 100 Ebd., 16.November 1946, Hygienisches Institut Hamburg an Firma Kurt Arthur Schmidt. 101 Ebd., 10. März 1947, Landes- und Haupternährungsamt an die Gesundheitsverwaltung Hamburg (Senator Dettmann). 102 Ebd., 1. Juli 1946, Senatsdirektor Lüth an Hans Meißner, Hamburger Freie Presse. 103 Deutscher Teeverband, 100 Jahre, S. 127. 104 Ebd., S. 127 f. 105 Behning, Paul Schrader. S. 46. 106 N.N., Rund um den Tee, S. 42. 107 Ebd., S. 44. 108 Zit. n. ebd., S. 41 f.
12. Zum Schluss 1 Scharnigg, Warm im Bauch. 2 Deutscher Teeverband, Tee Report 2020. 3 Ebd. 4 Reichmuth, Teekultivar, S. 203 ff. 5 Oxfam Deutschland, Schwarzer Tee, weiße Weste, S. 4 f.
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Abbildungsnachweis Abb. 1 : The Goldsmiths’ Company, London Abb. 2 : Martin Krieger, Kiel Abb. 3 : Martin Krieger, Kiel Abb. 4 : Nationalmuseum, Stockholm Abb. 5 : Forschungsbibliothek Gotha Abb. 6 : GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig Abb. 7 : Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg Abb. 8 : MeijiShowa/Alamy Stock Photo: W5DMD7 Abb. 9 : Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg Abb. 10 : Universitätsbibliothek Kiel Abb. 11 : Anonym (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_tea_plantation_in_ China_with_workers_packing_the_tea_into_Wellcome_V0019209.jpg) Abb. 12 : Gemeinfrei (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:AMH-6933-KB_ View_of_the_Tijgersgracht_(Tiger%27s_Canal)_on_Batavia.jpg) Abb. 13 : Forschungsbibliothek Gotha Abb. 14 : Forschungsbibliothek Gotha Abb. 15 : Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Abb. 16 : Gemeinfrei (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Portret_van_Simon_ Paulli,_RP-P-1878-A-961.jpg) Abb. 17 : Universitätsbibliothek Heidelberg Abb. 18 : Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Abb. 19 : Hong Kong Museum of Art: AH1964.0028 Abb. 20 : Museum fünf Kontinente, München Abb. 21 : Zuri Swimmer/Alamy Stock Photo: 2CCY0DT Abb. 22 : Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Abb. 23 : Dithmarscher Landesmuseum, Meldorf Abb. 24 : Klassik Stiftung Weimar, Bestand HAAB Abb. 25 : Falkensteinfoto/Alamy Stock Photo: FA0W78 Abb. 26 : British Library, London Abb. 27 : Martin Krieger, Kiel Abb. 28 : Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Abb. 29 : Mission 21. Evangelisches Missionswerk Basel Abb. 30 : Mission 21. Evangelisches Missionswerk Basel Abb. 31 : Joana Kruse/Alamy Stock Photo: M27B5N Abb. 32 : PA Images/Alamy Stock Photo: G7TBKX Abb. 33 : Gemeinfrei (https://de.wikisource.org/wiki/Seite:Die_Gartenlaube_ (1883)_148.jpg#/media/Datei:Die_Gartenlaube_(1883)_b_148.jpg) Abb. 34 : Trinity Mirror/Mirror Pix/Alamy Stock Photo: B4R79D Abb. 35 : Zentral- und Landesbibliothek, Berlin
Abbildungsnachweis
Abb. 36 : Paul Schrader GmbH & Co. KG, Weyhe Abb. 37 : Paul Schrader GmbH & Co. KG, Weyhe Abb. 38 : Hackenberg-Photo-Cologne/Alamy Stock Photo: DEPEWM
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Register
Abegg, Johann Friedrich 154 Abegg, Philipp Julius 154 Adenauer, Konrad 248 Aiton, William 26 Ålborg 126 Alkohol 39, 43 – 45, 123, 157, 223 Almeida, Luís de 76, 92 Altona 113, 153, 227, 228 Álvares, Jorge 75, 76 Amherst, Lord 178, 180 Amoy 10 Amsterdam 78, 79, 92, 100, 106, 107, 111, 114, 123, 125, 137, 142, 250 Andersen, Anders 126 Andersen, Hans Christian 125 Anglo-Birmanischer Krieg 194 Anhui 66 Anna Amalia von Sachsen-Weimar 162, 171 Annecke, Georg Alfred 219, 220 Anschütz, Rolf 249 Antwerpen 110 Aomen 74 Arends, Friedrich 160 Ascenso, Franz 149 Assam 12 – 14, 21, 29, 30, 32, 35 – 37, 72, 173, 180 – 185, 189, 191 – 196, 198 – 202, 206, 209, 212, 230, 249, 254 Assam Company 185 Atzenwiler, Henry Louis 207 Augsburg 168 Augustusburg, Schloss 163 Aurich 158, 160, 161 Bacon, Francis 97 Baden-Baden 172, 229, 234 Banks, Sir Joseph 25, 177, 178, 183 Bantam 79, 86, 94, 96, 107, 108 Baruah, Uttam 37 Batavia 79 – 88, 90, 94, 96, 107, 108, 111, 120, 129, 138, 179 Bayreuth 167
Behr, Johann von der 82, 85 Bellenden Ker Gawler, John 28 Bentinck, Lord 183, 200 Berlin 27, 28, 30, 169 – 171, 193, 194, 213, 219, 227, 228, 238, 243, 248, 278 Berliner, Anna 27, 28, 30, 88, 242 Bertuch, Friedrich Justin 166, 167, 170 Biesewig, Heinrich Levin 154 Birma 32, 35, 40, 180 Bischoff, Johann Diederich 154 Blatt-Tee 63 Blavatsky, Helena Petrovna 203 Bodhidharma 43, 44, 55, 91 Bohea 23, 24, 27, 28, 32, 65, 66, 92, 93, 111, 137 – 140, 144, 150, 152, 153, 155, 172, 173, 176, 178, 185, 188, 189, 197, 250 Bohner, Hermann 242 Bontekoe (Cornelius Dekker) 100, 133, 277 Booth, William Beattie 28 Boston 133 – 137 Boston Tea Party 136, 137 Brahmaputra 21, 181, 192, 195, 199 Brandenburg-Preußen 100, 115, 158 Braunschweig 13, 143, 155, 156 Bremen 154 Breslau 28 Breyne, Jakob 87, 101, 102, 104, 105, 127 Brooke Bond 254 Bruce, Robert 181, 182 Buchanan, Francis 29 Buddhismus 43, 44, 54, 55, 69, 242 Buitenzorg 34, 179 Bünting-Tee 231, 232 Cádiz 114, 115 Camellia kissi Wall. 29, 180 Camellia sinensis O. Kuntze 31 Camellia sinensis var. assamica 21, 33, 37, 189 Camellia sinensis var. assamica ( J.W.Mast.) 36 Camellia sinensis var. dehungiensis (Hung T. C hang, H.S. Wang & B.H. Chen) T.L. Ming 36
Register
Camellia sinensis var. pubilimba Hung T. Chang 36 Camellia sinensis var. sinensis 21, 33, 37, 189 Camellia thea Link, var. Bohea 32 Camellia thea Link, var. viridis 32 Carolinensiel 227 Cassel, Carl Philipp 116, 159 Catechine 18 Celebes 95 Ceylon 31, 78, 80, 82, 174, 208, 209, 223, 224 cha 45, 47, 73, 75, 76 Chado 53 Chajing 12, 47 – 51, 53, 62 Chamberlayne, John 128 Chandler, Alfred 28 Chang, Hung-ta 36, 37 Chang Yüan 63 Chang’an 45 Chanoyu 13, 53, 55, 56, 58 – 60, 63, 68, 76, 77, 87, 91, 92, 156, 168, 231, 232, 242, 249, 251 Cheng He 62 Chha Lu 63 Chien-an 51 China 10, 12 – 14, 18, 21, 22, 28 – 30, 33 – 37, 39 – 45, 47, 49, 51 – 54, 56, 59 – 63, 66 – 71, 73 – 80, 84 – 86, 92, 95 – 98, 100, 106 – 109, 111 – 115, 117, 118, 120, 122, 123, 127 – 129, 133, 136, 137, 139, 144, 150, 157, 159, 163, 173, 175 – 178, 180, 183 – 185, 187, 188, 191, 197, 198, 205, 210, 212 – 217, 219, 220, 222, 226, 228, 232, 235, 237, 251, 252, 255, 290 Chittagong 32 Clemens August von Wittelsbach, Kurfürst 163 Cleyer, Andreas 87 – 89, 96, 105, 127 Clipper 187, 213, 223 Cochin 253 Cohen-Stuart, Combertus Pieter 34 Co-Hong 71, 109, 110, 119, 120, 122, 177, 186, 215 Collins, Richard 9, 10 Cook, James 25, 177 Coonoor 204, 206, 207 CTC-Verfahren 212 Daguan chalun 51
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Dänemark 94, 106, 126, 127, 152, 161, 175 Danzig 87, 104, 127, 170, 175 Darjeeling 14, 18, 173, 190, 191, 199 – 202, 204, 206, 208, 222, 240, 249, 251, 252, 254 Davidar, Edward 208 Davidson, Sir Samuel 210 Deshima 75, 79, 86 – 91, 101, 107, 179 Deutsche Demokratische Republik 248, 249 Deutscher Tee 239 Deutscher Tee & Kräutertee Verband 254 Deutschland 12, 13, 15, 27, 31, 89, 114, 125, 129, 142, 150 – 152, 161, 167, 172, 175, 187, 193, 209, 216, 217, 219, 228, 230, 233, 235, 237 – 240, 242, 243, 248 – 252, 254 Dias, Bartolomeu 73 Dithmarschen 144 Dorn, Anna 165 Drachenbrunnen-Tee 40, 65 Dresden 89, 162 – 164, 234, 237, 239, 240, 248 Dryander, Jonas 25 Dschunke 70, 85 Earl Grey-Tee 224, 225 East India Company (EIC) 29, 101, 107 – 109, 112, 115, 116, 122, 125, 128 – 130, 133, 135, 140, 176, 177, 180, 183, 184, 186, 188, 199, 200, 223 Eden, Thomas 36 Eichū 53, 54 Eiderstedt 143 Eisai 54 Eisenbahn 206, 209, 216, 227, 233 Élisabeth Charlotte d’Orléans 128 Elsholtz, Johann Sigismund 100 Emden 115, 138, 142, 143, 154, 158, 159, 172, 226, 227, 239 Ernst August, Herzog von Sachsen-Weimar 162 Estado da Índia 73 Europa 10, 12, 13, 22 – 24, 28, 30, 39, 67, 68, 73, 78, 80, 83, 86, 88, 89, 91 – 94, 96 – 98, 105 – 109, 111, 116 – 118, 120, 123 – 125, 128, 134, 136 – 139, 152, 156, 173 – 175, 178, 180, 185, 187, 190, 193, 197, 204, 214, 218, 219, 222, 234, 250
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Register
First Flush 18 Flex, Oscar 13, 191 – 195, 198, 210 Formosa (Taiwan) 32, 67, 79, 81, 84, 85 Fortune, Robert 30, 33, 188, 189, 213 Frankfurt am Main 131, 164, 167, 234, 239 Frankreich 27, 31, 106, 110, 126, 128, 149, 159, 161, 168, 187 Franz II., Kaiser 152 Friedereich, Johannes 127 Friedrich II., König von Preußen 115, 159 Friedrich III. Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf 60 Fujian 40, 50, 63, 71 Gagelstrauch 93, 96, 104, 173 Gama, Vasco da 73 Gandersheim 143 Gardner, Edward 29, 180 Garrick, David 131 Garway, Thomas 98, 101 Gent 110 Glasgow 223 Gleim, Betty 145, 278 Glogau 230 Goa 73, 74, 76, 79 Goethe, Johann Wolfgang von 164, 170, 171 Göteborg 22, 113, 118, 137, 174, 175 Göttingen 28, 245 Goullon, François Le 138 – 140, 171, 172 Griesheim, Christian Ludwig von 150 Grimaldi, Claudio Filippo 97 Großbritannien 13, 14, 26, 27, 30, 110 – 114, 117, 125, 129 – 131, 133, 134, 138, 143, 151, 153, 168, 178, 187 – 189, 208, 210, 214, 216, 217, 222 – 224, 228, 233, 235, 237, 243 Grou, Michel und Libault 149 Gschwendner 254 Hajji Mohammed 60, 61 Halle 164 Hamburg 13, 15, 82, 100, 113 – 115, 126, 143, 146, 149 – 153, 155 – 158, 161, 169 – 171, 219, 223, 225 – 228, 234, 237, 238, 245 – 247, 251, 252, 254, 276 Hammitzsch, Horst 242, 243 Han-Dynastie 41, 44
Hankou 187, 217, 218, 220 Harburg 115, 227 Harima (Provinz) 54 Hartknoch, Johann Friedrich 164 Hashimoto, Minoru 36, 37 Hastings, Warren 176 Hayne, Friedrich Gottlob 27, 28 Heerfordt, Christopher 93, 127 Heian-kyō 53, 54 Heian-Zeit 53 Helgoland 144, 153 Henry, Augustine 33, 34 Hill, John 23, 24, 30 Himalaya 35, 178, 181, 189, 191, 192, 199, 203 Holzminden 246 Hong Kong 186, 217 Hubei 48 Huqui 65, 66, 137 Huth, Frederick 226 Huusman, Johann Henrik 118 – 120 Hyson 197 Indien 12 – 14, 31 – 36, 40, 44, 61, 68, 70, 71, 73, 76, 80, 83, 88, 90, 92, 94, 108, 110, 113, 115, 117, 122, 133, 138, 176 – 178, 180, 183, 185 – 189, 191 – 193, 201, 202, 204, 205, 208 – 210, 214, 216, 220, 223, 235, 243, 252, 254, 255 Industrielle Revolution 125, 129, 130 Ingwer 54, 95, 120 Irrawaddy 36, 40 Isfahan 60, 61, 90 Italien 31, 75 Jacobson, Jacobus 180 Janssen, Laurens 234, 235, 254 Japan 10, 12, 14, 28, 39, 43, 44, 52 – 56, 63, 68, 74 – 79, 81, 84, 86 – 90, 92, 95, 97, 98, 106, 129, 162, 169, 172, 175, 179, 187, 197, 209, 234, 241, 242, 249, 251 Jarric, Pierre du 78 Java 34, 69, 70, 79, 94 – 96, 174, 179, 205, 209, 222, 230 Jesuiten 76, 77, 92, 96, 102 Jever 160 Jonassohn & de Jongh 225 – 227, 229
Register
Jōō, Takeno 55 Journal des Luxus und der Moden 132, 142, 151, 167 – 169, 171 Jukō, Murata 55 Kaempfer, Engelbert 43, 87, 89 – 91, 102 Kaffee 9, 18, 44, 60, 98, 99, 123, 125, 126, 131, 142, 149, 150, 152, 153, 155, 157, 158, 160 – 165, 169, 172, 175, 206, 209, 228, 229, 231, 233, 238, 240, 243, 246, 248, 250, 252, 276 Kaffeehaus 124, 127, 131, 146, 148, 238 Kalkutta 29, 31, 176 – 178, 180 – 183, 185, 200, 252, 253, 277 Kalm, Pehr 124, 134 Kamel, Georg Joseph 22 Kamelie 21, 22, 28, 29, 34 Kandis 128, 160 Kannan Devan Hills 207 Kanton 22, 24, 71, 85, 107, 109 – 120, 129, 137, 174, 175, 177, 178, 180, 183, 186, 188, 215 Karawanentee 139, 163, 216 Karbi Anglong 37 Karl II., König von England 128 Karl VI., Kaiser 112 Karsten, Gustav 230 Katharina von Braganza, Prinzessin 128 Kathmandu 29 Kenia 209, 252 Kersten, Michael 126 Kéti 204, 205 Kew 26, 34 Khmer-Varietät 35 Kiel 15, 101 Kinai (Provinz) 54 Kingdon-Ward, Frank 35, 36 Kitamura, Sirō 34 Kjachta 127 Kloh, Ernst 246 Kochbuch 145, 146, 165, 230, 232, 233 Koffein 18 Konfuzianismus 47, 97 Kongou 137, 139, 140, 155, 198, 216, 219, 229 Königsberg 89, 227 Kontinentalsperre 152, 154, 167
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Kopenhagen 92, 96, 106, 113, 118, 126, 127, 137, 149, 250 Koromandelküste 72, 94 Kōzan-ji 54 Kultivar 32 Kuntze, Carl Ernst Otto 30, 34 Kyd, Robert 176, 177 Kyoto 54, 59, 74 Langhans, Christoph 82, 83, 85, 138, 140 Leibniz, Gottfried Wilhelm 97 Leiden 24 Leipzig 30, 142, 163, 165, 236, 242, 243, 248, 249 Lettsom, John Coakley 21, 24, 28 Lingia 202 Link, Heinrich Friedrich 27, 28, 31, 34 Linné, Carl von 21 – 27, 30, 32, 40, 102, 134, 174 – 177 Lipton, Thomas 224 Liverpool, Earl of 176 Li Ye 48 Lloyd, George Aylmer 200 London 10, 24, 25, 106, 108, 109, 111, 124, 125, 130, 131, 134 – 137, 150, 153, 174, 176, 177, 183, 186, 187, 194, 206, 217 – 219, 222, 223, 226, 237, 250, 284, 288, 290 Longjing 65, 66 Loubère, Simon de La 128, 129, 173 Ludwig XIV., König von Frankreich 128 Lüneburg 227 Luojie 65, 66, 137 Lu Yu 12, 47 – 50, 52, 53, 55, 59, 62, 64, 85, 250 Lyall, William 94, 95 Lyons 223, 243 Macartney, Lord 178 Machiai 56 Malakka 70, 73, 74, 78, 86, 89 Mandelslo, Johann Albrecht von 72, 102 Mann, Henry 206 Maria von Modena, Prinzessin 128 Marquis 138 – 140 Martini, Martino 78 Masters, John William 29 McKercher, William 212
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Register
Meier, Hermann 157 Meister, Georg 58, 87 – 89, 131, 148, 162 Mentzel, Christian 88 Meßmer-Tee 172, 234, 235, 239, 242, 243, 245, 253, 254 Michaelis, Johann Eberhard 163 Mikawa (Provinz) 54 Milch 10, 29, 46, 64, 123, 131, 134, 144, 145, 212, 230, 232, 251 ming 46 Ming-Dynastie 46, 47, 61 – 64, 66 – 69, 73, 85, 107, 140, 144 Mokaibari 202 Molukken 70 Mongolei 95, 127 Mundy, Peter 71 Munro, John Daniel 207 Nagasaki 74, 75, 86 Nagoya 242 Nanking, Frieden von 186 Natal 209 Nepal 29, 195, 199, 254 Neubrandenburg 248 New York 124, 134, 203 Niederlande, Niederländer 64, 75, 79, 83, 85, 94, 101, 107 – 117, 127, 143, 144, 149, 152, 159, 209 Niederländisch-Indien 31 Nieuhof, Johan 64, 68, 100, 102, 104 Nilgiris 15, 191, 203 – 208, 221, 222 Nordamerika 134, 135, 137, 187 Nördliche Wei 46 North Travancore Land Planting & Agricultural Society 207 Oberhof 249 Oda Nobunaga 58 Okakura, Kakuzo 56, 58, 241 Olearius, Adam 60, 61, 72, 81, 91, 102, 107 Ōmi (Provinz) 54 Onno Behrens 231 Oolong 66, 67, 137, 138 Ootacamund 204, 206, 207, 252 Opium 122, 185, 186 Opiumkriege 186, 187
Ortelli, Stefano Andrea 164 Ostchinesisches Meer 40 Ostende 110 – 112, 114, 282 Ostende-Kompanie 110 – 114 Ostfriesland 45, 115, 116, 143, 145, 153, 156, 157, 159 – 161, 209, 225 – 230, 248, 250 Ovington, John 101 Oxidation 30, 63, 198 Parvothy 207 Pauli, Johann Joachim 94, 96 Pauli, Simon 93, 94, 96, 98, 103, 104, 127, 143, 148, 173, 228 Pekoe 17, 137, 139, 140, 153, 155, 164, 198, 212, 219, 250, 251 Percy, Hugh, 1st Duke of Northumberland 24 Perrottet, George Guerrard-Samuel 205 Persien 60, 70, 72, 73, 80, 82, 89, 204 Pferde 69, 70 Philadelphia 136 Pitt, William 116 Poel, Peter 151 Pöllnitz, Karl Ludwig Freiherr von 162 Pomet, Pierre 64, 105, 126 Pondicherry 15, 205 Portugal, Portugiesen 73 – 75, 78, 79, 107 Porzellan 10, 68, 74, 85, 91, 97, 106, 110, 114, 120, 124, 130, 157, 162, 163 Punsch 83, 137, 145, 146, 165, 172 Pyrmont 143, 156 Rambold, Adolf 241 Reimarus, Christina Sophia 151 Reimarus, Johanna Margaretha 151 Rhijne, Willem ten 87, 88, 91 Ricci, Matteo 77, 78, 91, 92, 173 Riggenbach, Niklaus 207 Risheehat 201, 202 Rodewald, Johann Friedrich 217 – 220, 228 Rodrigues, João 76 Rostock 28 Roter Fluss 34 Roxburgh, William 178 Royal Horticultural Society 30, 34 Russland 47, 89, 127, 139, 163, 164, 187, 216, 227, 228, 236
Register
Saar, Johann Jacob 80, 81, 85 Sadiya-Gebirge 181 Saga, Kaiser 53, 54 Sakai 55, 58 Sala, Johann Baptista 164 Scheffer, Sebastian 88 Schilling, Basilius Paulus 167 Schleswig-Holstein 13, 60, 113, 114, 134, 153, 230 Schmalkalden, Caspar 81, 82, 85 Schmidthals, Georg Wilhelm Heinrich 233 Schmidt, Kurt Arthur 247 Schokolade 98, 99, 123, 160, 162, 165 Scholl, Dieter 228 Schopenhauer, Johanna 164, 170 Schortinghuis, Wilhelmus 157 Schrader, Paul 15, 222, 240, 242, 243, 245, 248 Schütze, Johann Friedrich 144 Schweden 25 – 27, 89, 106, 109, 113, 117, 153, 174 Schwerin 248 Sealy, Robert 34 Seconda, Franz Maria 164 Second Flush 18 Seelig & Hille 234, 239, 240 Seidenstraße 44, 45, 68, 73 Sen no Rikyū 55, 56, 58 – 60, 76, 168 Sequeira, Diego Lopes de 73 Sewald, Samuel 133 Shanghai 48, 189, 215, 217, 219, 220, 228 Shennong 42, 44 Siam 60, 69, 71, 128, 129 Sichuan 37, 40, 41, 46 Siebold, Wilhelm Franz von 179, 209 Sikkim 199, 200 Silber 69, 74, 109, 111, 120, 122, 167, 174, 185, 232 Sklaven 45, 131, 223 Sloane, Hans 90 Solander, Daniel 25, 177 Song-Dynastie 51, 52, 63 Songlo 65, 66, 137, 140, 155 Souchong 137, 139, 140, 198, 212, 216, 219, 251 Spanien 75 Sprecher von Bernegg, Andreas 22, 34
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Stade 115 Steinthal 201, 202, 251 Stenglin, Marc Friedrich 115 Stölke, Joachim 201 Stralsund 15, 235, 236 Straße von Malakka 70, 73 Südchinesisches Meer 70 Südostasien 36, 69 – 71, 73, 86, 96, 106, 110, 156, 179, 185, 213, 220, 222 Suhl 248 Sukiya 56 Sullivan, Johnn 204, 205 Surat 72, 101, 108, 191 Surland, Johann Julius 115 Sylhet 32 Tabak 94, 98, 99, 176 Tang-Dynastie 41 – 45 Tchai Hsiang 50 Teebeutel 237, 241, 243 Teefabrik 210 Teekanne 9, 29, 64, 94, 148, 164, 167, 172, 234, 235, 237, 241, 242, 245, 248, 253 Teekrieg 159 Teekuchen 50, 53, 60, 62, 127 Teemeister 55, 56, 58, 76, 172 Teepulver 52, 57, 60 Teetisch 61, 123, 151, 152, 155, 157, 168 – 170, 172, 225 Teeurne 124 Teewurst 233 Teezeremonie 56 Teeziegel 12, 68 Tetley 254 Thailand 18 Thea assamica Masters 30 Thea bohea 23, 24, 26, 27, 30 Thea bohea laxa 26 Thea bohea stricta 26, 27 Thea sinensis 22 Thea stricta 27 Thea viridis 23, 24, 26, 27, 29, 30, 33, 140 Thiele-Tee 231, 232, 239 Tianluoshan 42 Tibet 35 Tinsukia 37
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Register
Tocklai 37 Tönning 153 Townshend, Charles 135, 136 Toyotomi Hideyoshi 58, 59, 75 Tranquebar 94, 113, 118 Tributtee 51, 52, 62 tu 45, 46, 51 Tulp, Nicolaes 92 Tutenag 71, 97, 120 Twining, Thomas 130, 224 Tyers, Jonathan 131 Ukers, William 34 Uppsala 22, 89, 175 Valignano, Alessandro 76 Vegesack 154 Verband des deutschen Teehandels 239 Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) 78 – 80, 82, 86 – 88, 90, 94, 107, 108, 111, 112, 115, 116, 125, 129, 133, 138, 140, 174, 176, 179, 185 Vereinigte Staaten von Amerika 224, 234 Vietnam 34 Vilela, Gaspar 74 Vivien, Joseph 163 Waldron, John 101 Waldschmidt, Wilhelm Ulrich 100, 101, 161 Waller, Edmund 128 Wallich, Nathaniel 29, 180, 182 – 184, 192 Walte, Gebrüder (Bremen) 138 – 140, 155, 234 Wang Chên 62, 63 Wang Su 46 Wang Tshao Thang Chha Shuo 67 Wardian Case 188
Ward, Nathaniel Bagshaw 188 Watt, George 31, 32, 37 Weber, Max 95 Wedgwood-Keramik 167 Wei 41 Weimar 83, 144, 162 – 164, 166, 168, 170, 171 Weißenthurn, Johanna von 155 Wei Zhao 45 Wernicke, James Andrew 202 Wernicke, Johann Andreas 201 Wernicke, Sophie Elisabeth 201 Westphal, Gottlieb Wilhelm Alexander 149, 153, 154, 225, 229 Whampoa 118 – 120 Wieland, Christoph Martin 133, 170 Wien 165 Willebrandt, Johann Peter 150, 156, 165 Willow Tea Rooms 223 Wolfenbüttel 155 Wolgast 143 Wooley, Richard 207 Worm, Ole 92 – 94, 103, 104 Wuyi 66, 67 Wuyi-Gebirge 66, 67, 138, 188 Wyanad 207 Xavier, Francisco de 74 Yunnan 18, 32, 37, 40, 41 Zen-Buddhismus 44, 56 Zhejiang 40, 49, 65 Zhènyuán 18 Zoffany, Johann 131, 133 Zucker 10, 14, 29, 40, 80, 83, 128, 130, 131, 144, 145, 153, 160, 162, 174, 212, 231, 233, 252
DIE PRÄSENZ DER NIEDERLANDE IN DER WELT
Michael North Das Goldene Zeitalter global Die Niederlande im 17. und 18. Jahrhundert 2019. 320 Seiten mit 60 meist farb. Abb., 1 Karte, gebunden € 35,00 D | € 36,00 A ISBN 978-3-412-50513-4 E-Book | E-Pub € 27,99 D | € 28,80 A
Preisstand 27.7.2021
Die Niederländische Republik war in vielerlei Hinsicht einzigartig im Europa der Frühen Neuzeit. Die hohe Urbanisierung, die geringe Zahl an Analphabeten und die religiöse Toleranz waren nur einige der vielen Besonderheiten. Hierzu gehörten auch der ungewöhnlich große Kunstbesitz und die immense Produktivität der Maler, die dieser Epoche den Namen »Goldenes Zeitalter« gab. Niederländische See- und Kaufleute verbanden, ausgehend von Nord- und Ostsee, die Weltmeere und vermittelten die Güter der entlegensten Regionen. So schildert das Buch die niederländische Präsenz in der Welt, die Interaktion mit den einheimischen Gesellschaften sowie die davon ausgehenden künstlerischen Wechselwirkungen vor Ort einschließlich ihrer Rückwirkungen auf Europa. Die Leserinnen und Leser folgen auf diese Weise der Kupferstecherin Maria Sibylla Merian auf der Reise nach Surinam, erleben die Förderung niederländischer Künstler und Gelehrter durch Christina von Schweden, werden Zeugen einer wahrhaften »Hollandomanie« in Japan und erfahren außerdem, wie Rembrandt die Kunst am indischen Mogulhof imitierte.
EINE FUNDGRUBE FÜR ALLE (HOBBY) GÄRTNER:INNEN UND LANDWIRT:INNEN!
Arthur Schnitzer Gärtnern ohne Gift Ein praktischer Ratgeber 3. Auflage 2020. 312 Seiten mit zahlr. farb. Abb., gebunden € 25,00 D | € 26,00 A ISBN 978-3-205-21012-2 E-Book € 19,99 D | € 20,60 A
Endlich liegt »Gärtnern ohne Gift«, der bewährte Ratgeber für alle ökologisch wirtschaftenden (Hobby-) Gärtner:innen und Landwirt:innen, in einer aktualisierten und erweiterten Neuauflage vor. Arthur Schnitzer vermittelt darin einfache, erprobte und leicht nachvollziehbare Rezepte und Tipps, die man nicht im Internet findet.
Preisstand 23.7.2021
Zusätzlich wurde diese Ausgabe um den wichtigen Themenbereich Klimawandel erweitert. Trockenheit und Sonnenbrand sind nur zwei der fatalen Auswirkungen, die Boden und Pflanze leiden lassen. Daher ist es notwendig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und an ganzheitlichen Lösungen zu arbeiten. Wie schon in den früheren Auflagen vereint der Autor in diesem Buch traditionelles Wissen, moderne wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht zuletzt die Erfahrungen aus seinem eigenen Garten in der Oststeiermark.