Geschichte des 2. Hessischen Infanterie-Regiments Nr. 82, in Verbindung mit der Geschichte des Kurhessischen Stamm-Regiments von seiner Errichtung bis zur Einverleibung in die preußische Armee


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German Pages 169 Year 1876

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Borwort. ...
1. Abſchnitt. ...
die Tapferkeit, unerschütterliche Ausdauer und Aufopferung des ...
11. Abſchnitt. ...
- ...
standes, den sie fanden; merkwürdig sowohl wegen der ...
III. Abſchnitt. ...
fich bis zum Frieden zu Füssen (22. April 1745...
eine Verstärkung von 12 Bataillonen dahin, unter denen sich ...
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Landgraf Friedrich II., welcher am 1. Februar d...
V. Abſchnitt. ...
hausen in Trenton angekommen und folgten die andern Truppen ...
Stellung zu locken. Washington ließ sich täuschen; er ...
VI. Abſchnitt. ...
des Herzogs v. York, das Regiment v. ...
ruhmvollen Vertheidigung ausgehalten hatte. Wie bei Sedan wurde ...
(10 ...
nannte Bataillon hatte zum Schuße der Kurhessischen Kriegs-...
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Es war eine gewaltige Schlacht, wie lange keine auf ...
gingen die Bataillone durch die entstandene Lücke, und erreichten...
dem für Deutschland so überaus wichtigen Feste zu hören, ...
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Geschichte des 2. Hessischen Infanterie-Regiments Nr. 82, in Verbindung mit der Geschichte des Kurhessischen Stamm-Regiments von seiner Errichtung bis zur Einverleibung in die preußische Armee

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0 Geschichte

des

2.

Heffischen Infanterie-Regiments

Nr. 82,

in Verbindung mit der Geschichte

des Kurheffiſchen Stamm- Regiments

von seiner Errichtung

bis zu seiner Einverleibung

Preußische Armee

von

" W. Sunkel , Oberstlieutenant z. D.

Mit 2 Plänen.

Berlin 1876 .

F. Schneider & Comp. ( Goldschmidt & Wilhelmi). Königliche Hofbuchhandlung.

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February 6,1939

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Borwort.

Vorliegendes Werk ist zu verschiedenen Zeiten entstanden. Die Ge= schichte des 2. Kurhessischen Infanterie-Regiments war bereits kurz vor dem leßten großen Kriege mit Frankreich beendigt, und wurde nur durch diesen die damals beabsichtigte Herausgabe derselben vereitelt ; indeß pflückte das aus ihm gebildete neue Regiment Lorbeeren in einer Fülle, die das in das Regiment gefeßte Vertrauen mehr als rechtfertigte. Nichts war wohl natürlicher wie der Wunſch des Verfaſſers, die kurze aber ruhm reiche Geschichte des neuen Regiments der Vorgeschichte desselben hinzu zufügen. Die Bemühungen zur Verwirklichung seines Wunsches schienen an Ursachen scheitern zu wollen, die hier nicht näher erörtert werden ſollen. Troß der großen Anzahl vorzüglicher Werke, welche über den Krieg von 1870/71 erschienen sind, war es hauptsächlich durch die freund lichen Mittheilungen von Offizieren, welche an dem großen Kriege thätigen Antheil hatten, möglich, die Geſchichte unseres neuen Regiments nieder zuschreiben, und fühlt sich der Verfasser verpflichtet, für jene Mitthei lungen öffentlich seinen Dank auszusprechen . Sollten Irrthümer mit untergelaufen sein, so tröstet er sich mit der guten Absicht, dieselben, wenn irgend möglich, vermeiden zu wollen. Es sei dem Verfasser noch erlaubt, die Schwierigkeiten hervorzu heben, welche mit der Geschichtschreibung eines älteren Regiments ver bunden sind, besonders wenn dasselbe wie das 2. Heſſiſche, ursprünglich aus 2 verschiedenen Regimentern beſtand, die zu verschiedenen Zeiten er richtet, erst nach mehr als 100 Jahren zu einem Regiment vereinigt wurden, wenn dieselben, wie jene, so großem Wechsel in der Formation und in der Benennung unterworfen worden sind. Namentlich gibt das häufige Wechseln der Namen und der Chefs der Regimenter leicht zu Irrthümern Veranlassung, um so mehr, wenn sich nirgends etwas da= rüber findet, zu welcher Zeit ein Regiment den Namen wechselte, wenn a ein Regiment in der Armee noch den alten Namen fortführte, nach dem es ihn schon gewechselt hatte, oder wenn es, statt nach dem Chef, nach dem Regiments -Kommandeur genannt wurde. Die Hessischen Regimenter, insbesondere auch das 2. , hatten sehr häufig die Söhne der Landgrafen zu Chefs. So ehrenvoll dies nun auch 1

2 ――― für die Regimenter war, so trägt es doch nicht zur Aufklärung der Ge schichte derselben bei, weil jene Prinzen im Kriege nicht immer an der Spize ihrer Regimenter fochten, sondern sich auf den Theil des Kriegs schauplages begaben, wo große Ereignisse zu erwarten ſtanden. Sehr nachtheilig für die Aufklärung der Geschichte unseres Regi ments oder vielmehr der beiden Stamm-Regimenter ist der Umstand, daß sie häufig im Solde anderer Staaten (Venetien, England, Holland u. f. w.) standen, und ihrer Nationalität in den verschiedenen Ge= schichtswerken selten Erwähnung geschieht. Ihre Leistungen verschwinden oft in der allgemeinen Benennung „ Engländer, Holländer 2c.“ Um der Wahrheit in Betreff der Betheiligung der Stamm : Re gimenter an den kriegerischent Actionen auf die Spur zu kommen, hielt es der Verfasser für seine Pflicht, möglichst viel Werke über Kriegsge= schichte der betreffenden Zeit zu Rath zu ziehen . Wirklich benußt wurden von ihm nur nachstehende Werke : 1. Stamm und Rangliste des Kurfürstlich Hessischen Armee-Korps vom 16. Jahrhundert bis 1866. 2. Grundlage zur Militairgeschichte des Landgräflich Hessischen Korps . 1798. 3. Ursprung des 2. Regiments und Kriegsbegebenheiten bis 1697 von W. Bauer. 1854. Manuscript. 4. Heſſiſche Denkwürdigkeiten. Herausgegeben von C. W. Juſti. 1805 . 5. Der Krieg von Morea in den Jahren 1687 und 1688 von F. Pfister. 1845. 6. Geschichte der Hannover'schen Truppen in Griechenland von 1685 bis 1689 von Schwenke. 1854. 7. Erzählungen aus der Hessischen Kriegsgeschichte von v. Ditfurth. 8. Aus den Feldzügen der Venetianer gegen die Pforte am Ende des 17. Jahrhunderts. Feldzug von 1688. Destr. militair. Zeitschrift. 1829. 4. Band. 9. Züge aus dem Soldatenleben (von Krupp) . 10. Der Feldzug 1689 in Deutschland. Destr. militair. Zeitschrift. 1848. 1. Band. 11. Geschichte der Bundesfestung Mainz von Schwaab. 1835 . 12. Theatrum europaeum, 13. Das Schloß und die Feſtung Rheinfels von Grebel. 1844. 14. Geschichte der europäischen Kriege des 18. Jahrhunderts von Sörgel. 15. Geschichte des Spanischen Erbfolgekrieges, mit besonderer Bezugnahme der Hessen-Kaffel'schen Truppen an demselben von G. v. Cochenhausen. Manu script in der früheren Kurhessischen Generalstabs-Bibliothek. 16. Der Feldzug von 1704 am Rhein, an der Donau, in Tirol und in Ober Oestreich. Destr. militair. Zeitschrift. 1841. 2., 3. urd 4. Band. 17. Histoire de prince d'Orange von Pelet . 18. Abhandlung von den vormaligen und heutigen Kriegsstaaten von Hof mann. 1769. 19. DesPrinzen Eugen militairiſcheOriginal-Korreſpondenz oder der Sieg beiTurin und die Eroberung Italiens 1706. Oestr. milit. Zeitſchrift. 1818. 1. u . 2. Band. 20. Prinz Eugen von Savoyen von Arneth. 1858. 21. Die Belagerung von Ryssel oder Lille im Jahre 1708. Magazin der neuesten Kriegsereignisse. 1. und 2. Band. 22. Die Heffen vor Belgrad und auf Sicilien 1717-21 von E. v. Ende. Ma nuſcript in der früheren Kurhess. Generalstabs-Bibl. 23. Mémoires contenant les événements de la guerre depuis le siège de Namur en 1692 jusqu'à la bataille de Bellegrade en 1717. Meréchal de camp de la Colonie, 1737. 24. Des Prinzen Eugen von Savoyen Wirken 1720-36. Destr. milit. Zeit schrift. 1843. 1. Band.

3 25. Relation von der Bataille bei Dettingen 2. Neues milit. Journal von Scharn horst. 1790. 4. Band. 26. Relation von der am 27. Juni 1743 zwischen den Alliirten und Franzosen bei Dettingen vorgefallenen Action. Zeitſchrift für K. , W. und Geschichte des Kriegs. 76. Band. 27. Der Feldzug von 1746 in den Niederlanden. Oestr. milit. Zeitschrift. 1835 . 2. Band. 28. Relation von der Schlacht bei Rocour 2. Neues milit. Journal von Scharn horst. 1789. 2. Band. 29. Der Feldzug von 1747 in den Niederlanden. Destr. milit. Zeitschrift. 1836 . 4. Band. 30. Schlacht bei Laffelt 2c. Neues milit. Journal von Scharnhorst. 1789. 1. Band . 31. Schlacht bei Laffelt. Militair-Wochenblatt. 1836. 32. Der Feldzug von 1748 in den Niederlanden. Oestr. milit. Zeitschrift. 1837. 4. Band. 33. Feldzüge der alliirten Armee in den Jahren 1757 bis 1762 nach dem Tagebuch des Gen. Adj. v. Reden . Herausgegeben von von der Osten. 34. Geschichte des Krieges in Hannover, Heſſen und Weſtphalen von 1757-63 von Renouard. 35. Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferd. v. Braunschweig von Weſtphalen. 36. Herzog Ferd. v. Braunschweig von Knesebec. 37. Campagne in Hessen von 1758. Neue Bellona. 3. Band 38. Affaire bei Sangershausen. Neue Bellona. 4. Band. 9. Beschreibung der Schlacht bei Krefeld 1758. Annalen des hiſtoriſchen Vereins für den Niederrhein. 1858. 3. Heft. 40. Vor hundert Jahren von v. Gilsa. 41. Die Schlacht bei Bergen am 13. April 1759 von A. v. Sodenstern. 42. Das Treffen bei Bergen 2c. Zeitschrift für K. , W. und Geschichte des Kriegs. 15. Band. 43. Leben und Wirken des Herzogl. Braunschweigischen Gen.-Lieut. F. A. v. Riedesel von v. Elking. 44. Die Belagerung von Kassel durch den Grafen Wilhelm v . Schaumburg Lippe-Bückeburg c. 1761 v. C. Renouard. Zeitschrift für K. , W. und Ge schichte des Kriegs . 87. Band. 45. Journal de defense de Cassel. 1761. 46. Geschichte Ferdinands x . von Mauvillon. 1794. 47. Der Feldzug der alliirten Armee unter H3g. Ferd . v. Braunschweig gegen die Franzosen im Jahre 1762 von v. Specht. Manuſcript in der früheren Kurh. Generalstabs-Bibl. 48. Die Schlacht bei Wilhelmsthal am 24. Juni 1762 von v. Sturmfeder. 1846. Manuscript in der früheren Kurh. Generalstabs-Bibl. 49. Die Heffen seit dem 7jährigen Kriege bis zum Jahre 1793. Kaffeler Ta gespost. 1865. 50. Gedanken eines Heſſiſchen Offiziers. Ewald. 51. Geschichte der Kriege in und außer Europa, vom Aufstand der Brittischen Kolonien in Nordamerika an. 52. Die Deutschen Hilfstruppen im Nordamerikanischen Befreiungskrieg 1776 -83 von v. Elking. 53. Einige Briefe aus dem Amerikanischen Kriege. Militair-Wochenblatt. 1833 . 54. Auszüge aus dem Tagebuch eines vormals Kurheſſ. Offiziers über den Nord amerik. Freiheitskrieg 1776 und 77. Zeitschrift für K., W. und Geschichte des Kriegs. 12. Band. 55. Der Ueberfall Washingtons auf Trenton . 1776. Destr. milit. Zeitschrift. 1867. 56. Beschreibung des Lagers bei Bergen 2c zur Sicherheit der Wahlstadt Frank furt a. M. 2c. von Wiederhold. 57. Kriegsbegebenheiten in Deutschland zc. nach dem Rückzug aus Frankreich. 1792. 1796. 58. Die Erstürmung von Frankfurt durch die Heffen am 2. Dezember 1792 (v. Ditfurth.) 59. Der Sturm von Frankfurt 1792. Neue milit. Zeitschrift. 2. Band. 1*

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60. Erinnerungen eines alten Preußischen Offiziers aus den Feldzügen 1792 , 93 und 94. 61. Die Hessen in den Feldzügen von 1793, 94 und 95 von v. Ditfurth. 62. Geschichte der Feldzüge von 1793 in den Niederlanden. Milit. Taschenbuch. 1819. 63. Relation der Affaire zu Fürnes am 22. Oktober 1793 und die darauf fol gende 1. Belagerung von Nieuport in Flandern. Von einem Augenzeugen . Neue Bellona. 7. Band. 64. Geschichte des Feldzugs der verbundenen Urmeen in Flandern im Jahre 1794. Neues milit. Journal. 10. Band. 65. Der Feldzug der K. Oestr. und der alliirten Armee in den Niederlanden 1794. Deftr. milit. Zeitschrift. 1818. 3. Band. 66. Feldzug der verbundenen Armeen in Flandern im Jahre 1794. Neues milit. Journal von Scharnhorst. 1798. 9. Band. 67. Der Winterfeldzug in Holland Ende Dezember 1794 bis Ende März 1795. Destr. milit. Zeitschrift. 1831. 2. Band. 68. Das Königreich Westphalen von F. A. K. v. Specht. 69. Die Kurhessen im Feldzug von 1814 von Renouard . 70. Ueberfalls-Verſuch auf Luxemburg am 22. Februar 1814 von Lieut. Sunkel. Manuscript. 71. Das Norddeutsche Bundeskorps im Feldzug von 1815. x. von Renouard. 72. Feldzug des Kurhesf. Armee-Korps gegen Frankreich im Jahre 1815 von Gen. Maj. v. Ochs. Manuscript in der frühern Kurhess. Generalstabs .-Bibl. 73. Geschichte des 2. Infanterie-Regiments in den Jahren 1848 und 49 von L. v. Sturmfeder. Manuscript. 74. Ueber den Einfluß der Subordination und Disciplin auf die Kriegsthätigkeit der Truppen von Lieut. Sunkel. Manuscript. 75. Der Barrikadenkampf in Frankfurt a. M. am 18. September 1848. Allgem. Militair-Zeitung. 1848. 76. Tagebuch des 2. Bataillons 2. Infanterie-Regiments vom 14. März bis 25 . August 1849. Manuſcript in der früheren Kurhefſ. Generalſtabs-Bibl. 77. Tagebuch des Brigade-Kommandos der Kurhess. combinirten Brigade während des Feldzugs gegen Dänemark vom 19. März bis 22. August 1849. Ma nuscript ebendaselbst. 78.7. Bericht des Sec.- Lieut. Sunkel über einige Unteroffiziere und Soldaten der 6. Komp., welche sich im Gefecht bei Düppel am 13. April 1849 auszeichneten. 79. Tagebuch der Kurhess. Armee-Division, unter dem Kommando des Gen.-Maj. v. Loßberg. Manuscript. Es sollen nun noch diejenigen Werke aufgezählt werden, welche zur Geschichte des 82. Regiments benußt wurden : 1. Das Königl. Preuß. stehende Heer. Kurzgefaßte Geschichte sämmtlicher Trup penkörper von Alt c. 1. Theil. Geschichte der Infanterie-Regimenter 2c. 2. Rang- und Quartierliste der Kgl Preuß. Armee und'Marine für das Jahr 1866. 3. Der deutsch-französische Krieg 1870/71. Redigirt von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des Großen Generalstabes. 4. Geschichte des Krieges von 1870/71 von Winterfeld. 5. Der Feldzug von 1870/71 . Die Operationen der III. Armee von W. v. Hahnke. 6. Relation über die Schlacht bei Wörth. Militair-Wochenblatt. 1870. 7. Feldzug von 1870/71 . Die Operationen der Deutschen Heere von der Schlacht von Sedan bis zum Ende des Krieges von Wilh. Blume, Maj. im Großen Generalstabe. 8. Geschichte der Belagerung von Paris im Jahre 187071 von Eduard Heyde, Hptm. im Ing.-Korps und Adolph Froese, Hptm. im Ing.-Korps. 9. Uebersicht derjenigen Unteroffiziere und Mannschaften der III . Armee, welche sich durch hervorragend tapferes Benehmen vor dem Feinde und durch be sondere Waffenthaten rühmlichst ausgezeichnet haben. Militair-Wochenbl. 1870. 10. Avancement betreffend. Militair-Wochenblatt. 1872. 11. Dislokation. -— Gewährung von Douceurgeldern . Armee-Verordnungs-Blatt 1870 und 1872.

1. Abſchnitt.

Entstehung des 2. Kurheſſiſchen Infanterie-Regiments und

dessen Theilnahme an den kriegerischen Begebenheiten bis zum Frieden von Ryswick, 1684 bis 1697.

C66L666CUN !

Das vormals 2. Kurhessische Infanterie-Regiment war eins der ältesten des Kurhessischen Armeekorps, denn dessen 2. Bataillon wurde schon im Jahre 1684 als Regiment zu Fuß des Obersten v. Hanstein, dessen 1. aber 1687 als Regiment zu Fuß des Prinzen Karl errichtet. Obgleich nun die beiden Stamm-Regimenter erst 100 Jahre später zu einem Regiment unter dem Namen ,,von Hanstein" vereinigt wurden, so ist doch die ſo ruhm- und thatenreiche Geschichte derselben meist eine gemeinsame gewesen und läßt sich in ihrem Beginne um so eher als solche darstellen, als die Unzulänglichkeit der Quellen jener Zeit eine Detailgeschichte einzelner Truppenkörper, wo solche, wie meist hier, vereint mit einander aufgetreten sind, selten gestatten. Im Mai des Jahres 1684 errichtete der früher als Oberstlieu tenant im Regiment „ Us'm Keller" gestandene Oberst Dietrich von Hanstein ein Regiment zu 10 Kompagnien , welches den Namen Regiment zu Fuß des Obersten v. Hanstein erhielt. *) Es bekam gleich bei seiner Errichtung besonderes Ansehen da durch, daß Oberst v. Hanstein und Maj . Otto v. Löwenstein aus dem Regiment ,,Uf'm Keller", sowie Joh. Eckebrecht v . Stockhausen aus dem Regiment Prinz Philipp ihre Kompagnien herüberbrachten und somit ein Stock alter gedienter Mannschaft vorhanden war. Während es im Mai 877 Mann zählte, stieg es schon im Juni auf 1003 Mann. Diese Ergänzung geschah durch freiwillige Anwerbung und sollten nach einem Edikt des Landgrafen Karl nur junge In länder mit starkem Körper, die bei Ackerbau und Gewerben ent behrlich und nicht bereits beim Landausschuß enrollirt wären, jedoch

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" "" "" " "

der Errichtung wurden die Kompagnien geführt : 1. Komp. Oberst Dietrich v. Hanstein ; 2. " Obsti. Joh. Edebrecht v. Stockhausen; 3. Maj. Otto Herm . v. Löwenstein ; 4. Kapt. Henr. Ernst Graf von der Lippe ; 5. " Joh. Christian Eckhardt ; 6. Joh. Wilh. Bauerdinghausen ; " 7. " "1 Echardt Mergel ; 8. Simon Elmershausen; " " 9. Heinr. Bremer ; " "1 10. Georg v. Weitershausen. " "

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2 ,,ohne alle Gewaltthätigkeit und Unmanier" hierzu genommen werden; auch sollten bei den jährlichen Musterungen die Mannschaft hierüber befragt und alle etwa gewaltsam Geworbenen sofort unentgeltlich entlassen, der Hauptmann, der solches geduldet, aber streng bestraft werden. Ebenso sollten keine verlaufene Malefikanten, Diebe, Ehe brecher, oder Leute, so bereits unter Henkers Händen gewesen und Brandmarkung oder Stäupenschlag erduldet" genommen werden. Das Regiment wurde in 2 Bataillone und jedes wieder in 5 Kom pagnien eingetheilt. Die Stärke einer Kompagnie betrug : 1 Ka pitain, 1 Lieutenant, 1 Fähnrich, 1 Sergeant, 1 Gefreiten-Korporal (Fahnenjunker), 1 Fourier, 3 Korporale, 12 Gefreiten, 2 Tambours und 74 Soldaten. Das Bataillon, welches in 4 Glieder aufgestellt war, wurde in 3 gleich starke Divisionen und diese wieder in halbe Divisionen (Züge) eingetheilt. Die Stellung des Mannes und unter dem Gewehre war auffallender Weise mit ausgespreizten Beinen, die Füße einen Schritt von einander, die Fersen auf einer Linie, die Fußspigen auswärts. Die Handgriffe waren für die da malige Zeit sehr einfach und wurden meist in 2 Tempos ausgeführt. Das Regiment war gleich bei seiner Errichtung mit Flintenschloß Gewehren nebst Bajonnet und Tülle (statt des in den Lauf ge steckten kurzen Degens) bewaffnet worden, während im Jahr zuvor der Hessischen Infanterie noch mit Piken, die Uebrigen mit Lunten schloß- Musketen versehen waren. Zum Laden dienten Papierpa tronen, das „ Zündkraut“ wurde aus einem Pulverhorn aufgeschüttet. Als Anzug bekam das Regiment tuchene Kamisöler, und hierüber blaue Waffenröcke. Ferner wurden langgebundene weiße Halstücher, kurze lederne Hosen, wollene Strümpfe, Schnallenschuh und schwarze Hüte getragen. Nur die Grenadiere hatten eine eigenthümlich ge= formte, einer Bischofsmüße ähnliche Spizkappe von Blech, die sie erst 1786 gegen Müßen mit Bärenfell vertauschten. Das Regiment erlitt außerordentlich viele Veränderungen. So gingen u. A. im October des Jahres seiner Errichtung schon wieder 6 Kompagnien ein und waren die übrig bleibenden nur noch 598 Mann stark, im Januar 1685 aber erhielt es wieder 6 neue Kom pagnien aus dem Regiment des Obersten Grafen von Leiningen Westerburg. Diese Vermehrung auf wahrscheinlich 12 Kompagnien dauerte jedoch nur 4 Monate, indem im Mai desselben Jahres schon wieder 5 derselben in Rinteln gänzlich eingingen und 2 andere im Juni mit dem oberrheinischen Kreisregiment nach Ungarn gegen die Türken marschirten. Lehtere kehrten erst nach 3 Jahren zurück, wo rauf sie jedoch nicht wieder in's Regiment zurücktraten, sondern an deren während der Zeit errichteten Regimentern zugetheilt wurden, während das Regiment von Hanstein 8 neue Kompagnien er hielt. Von der Kampagne der in Ungarn*) geweſenen Kompagnien

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* ) Nach_dem_Theatrum europaeum kann man mit ziemlicher Gewißheit an nehmen, daß sich die beiden Kompagnien des Regiments v. Hanstein 1686, am 2. September bei dem Sturm auf Ofen befanden und 1687 am 12. August an der siegreichen Schlacht bei Mohacz thätigen Antheil nahmen.

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――― 7 ist jedoch ebensowenig etwas bekannt, als von den in Hessen zurück gebliebenen ; es läßt sich überhaupt bis zur Zeit, wo beide Stamm= regimenter am Rhein, an der Mosel und in Flandern vereint mit sonstigen Hessischen Truppen so ruhmreich auftreten , 1689-1697, von diesem nur sagen, daß es troß vielfacher Reductionen und Ver änderungen immer als Regiment fortbestanden hat, weshalb es vor zuziehen sein dürfte, erst zur Errichtung des Regiments Prinz Karl, sowie zu dessen in Morea gepflückten Lorbeeren überzugehen. Das Regiment zu Fuß des Prinzen Karl wurde im April 1687 zu Hersfeld durch Abgabe von Offizieren und Mannschaft der übrigen noch im Lande stehenden Fußregimenter*) formirt , um *) Außer vielen_freiwillig sich hinzudrängenden jungen Leuten gebildeter Stände, auf halbem Solde stehenden einheimischen , sowie fremden Öffizieren gaben die Regimenter an dasselbe ab : 1. Leibregiment : 12 Offiz., 20 Unteroffiz., 8 Tamb., 275 Mann ; 159 8 2. von Hanstein: 5 " " " " 234 " 12 4 "1 5 " 3. Uf'm Keller : "I 12 4 4. t. Wartensleben : 6 " 233 "1 " " Summa 28 Offiz . , 52 Unteroffiz., 19 Tamb., 901 Mann. Die Kompagnien wurden bei der Errichtung kommandirt wie folgt : 1. Komp. Kapt. v. Boyenburg , vor Negropont verwundet. 2. "1 Obstl. du Mont , nahm 1704 als Gen. Lieut. den Abschied. 3. " Maj. v. Klauren , kehrte nach dem 1. Feldzug nach Hessen zurück. 4. " Kapt. v. Mai , Maj ., vor Negropont verwundet, † am 2. Septbr. 5. "1 " Georg Otto Raabe , Maj., * 6. " " v. Lembke , vor Negropont verwundet. 7. " " v. Stein * am 14. October. 8. " "1 v. Weyhe , des Dienstes entlaſſen. 9. " " Mergel 10. " v. Uffeln , des Dienstes entlassen, später Obst. u. Rgts.-Kdr. Die andern Offiziere des Regiments waren: Der Kapt.-Lieut. v. Reizen stein, während des Feldzuges Kapt. Die Lieut.: Kissel , starb als Maj. und Komdi. zu Herzberg ; v. Speth † 12. September ; v. Gilsa , durch eine Bombe verwundet, starb 1713 als Kapt.; v. Busch , blieb 1703 in der Schlacht bei Speierbach als Obſtl ; v. Kerweno , vor Negropont 2mal ver wundet, starb als Major ; v. Sobie wolsky verwundet, starb als Major zu Kassel ; v. Hanstein † zu Porte-Poros ; Niſius * durch einen Pfeilſchuß im Sturm auf den Marabut; v. Calenberg * 2mal, zulegt tödtlich verwundet. Die Fähnriche : de Montreville zum Lt. befördert, verwundet ; Priz (aus Pommern) † am 5. Nov. 1687 in Athen ermordet ; Hombergf † am 1. April 1688 zu Poros ; v. Hanstein † zu Athen am 27. Oktober 1687 ; Lehmann in der Quarantaine zu Venedig am 15. Jan. 1689 ; v. Löwenstein t starb im August vor Negropont ; v. Wartensleben vor Negropont verw., bleibt als Obstl. bei Speierbach ; Scheffer * tödtlich verwundet ; Lucan f starb am 23. Dec. 1687 in Athen ; v. Both † am 20. Juni im Lager bei Poros ; Hirsch † Rgts -Adj. zu Poros am 8. April gestorben ; v. d. Mals burg, beim Ausmarsch Gemeiner. Reformirte (dem Regiment auf ihr Nachsuchen beigegebene) Offiziere 2c.: Die Kapt. v. Bülow starb als Oberst zc. am Meiningschen Hof ; Barthel * erhielt 1 . Komp., blieb im Sturm auf d. Marabut ; Schotten rückte ein, starb als Obstl. in Hessen ; Raabe beim Sturm auf d. Marabut verwundet ; Wolf v. Gudenberg † sturb im Golf von Aegina 1687 ; v. Weitershausen † den 1. Novbr. 1687 zu Athen. Die Lieut. Lieben rückte ein , ſpäter Kapitain ; Emmel † ; Daniel †; Antfeld † am 13. April zu Poros. Die Fähnriche v. Stein * beim Hauptsturm tödtlich verwundet ; Schöne

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die Ehre deutscher Waffen als Venetianische Hülfstruppen gegen die Türken auf dem klassischen Boden Griechenlands erhöhen zu helfen. Der zu diesem Behuse abgeschlossene Vertrag enthielt im Wesentlichen : das Regiment soll 1000 Mann stark, durch einen Oberst und Oberst wachtmeister, sowie 8 Hauptleute, sämmtlich gediente Offiziere, be fehligt werden, der Republik aller Orten auf dem Festlande gegen die Türken während zweier Jahre dienen, hierzu gut bewaffnet und be fleidet in Venedig überliefert, an die Republik - ohne Beeinträchtigung jenes Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht geleisteten Eides der Treue beeidigt und dagegen von dieser pünktlich verpflegt und besoldet werden; auch sollte es ohne Beistimmung des Kriegsrathes nicht zer • theilt werden und stets unter dem Kommando des Hannöverschen Generalmajors v. Ohr stehen, auch dem Regiments - Kommandeur eigene Gerichtsbarkeit, sowie Ernennung der erledigt werdenden Of= fiziersstellen verbleiben. Die Republik zahlt dagegen für den Kopf 50 Thaler Entschädigung an den Landgrafen. Das Regiment bestand aus 2 Bataillonen und 10 Kompagnien und trug dunkelblaue, gelbgefutterte Röcke. Es wurde dem 5., erſt 7 Jahr alten Sohne des regierenden Landgrafen gegeben, zu dessen Kommandeur aber der auf Wartegeld stehende Oberstlieut. du Mont, ein ausgezeichneter Offizier, ernannt, weshalb es auch öfters irr thümlich als Dumont'sches Regiment bezeichnet wurde. Nachdem es vom Landgrafen am 23. April 1687 zu Hersfeld gemustert worden war, trat es seinen Marsch nach Venedig an, wo es am 26. Juni eintraf, und wo seine Waffenfertigkeit und treffliche Haltung bei zwei Musterungen allgemeine Bewunderung erregte und selbst die sonst so dünkelhaften Venetianer laut eingestanden, ein so schönes Kriegsvolk noch nie gesehen zu haben . Bei der zweiten Musterung erhielt jeder Soldat ein Geschenk von 12 Ducadi (etwa 3 Thlr.), jeder Offizier eine goldene Kette, an der sich ein Schauſtück mit dem Löwen des heiligen Marcus und dem Namen des Dogen befand . In der Mitte Juli zog das Regiment von Venedig zu Schiff nach der Halbinsel Morea, stieg am 10. August bei Korinth an das Land und nahm dann zunächst rühmlichen Antheil an der Belagerung und Eroberung Athens . Sodann bildete es einen Bestandtheil des aus Italienischen, Spanischen, Slavonischen, Schweizerischen und Deutschen Truppen auf das bunteste zusammengefeßten Heeres , mit wolf * im Sturm auf das Lager geblieben ; v. Lembke , im Sturm auf das Lager verwundet ; Mai * am 12. Aug. in den Laufgräben erschossen. Zu Fähnrichen befördert : v. Dalwigk † zu Athen am 12. Dezbr. 1687 ; Heydenwolf; v. Appelius * blieb beim legten Sturm ; v. Buchen hagen * 3mal verwundet 208., 79 , 139. starb er. Nach dem 1. Feldzug aus Hessen abgegangene Offiziere : Obstl. v. Psuskht auf der Heimfahrt gestorben ; Fähnrich v. Schwerin † ſtarb am 11/8. vor Negropont ; Fähnr. Wenz vor Negropont verwundet. Freiwillige aus dänischen Diensten : Major v. Gottberg † starb vor Ne gropont; Offizier v. Dalwigk. Die mitt starben in Folge einer Krankheit während des Feldzugs , die * mit einem bezeichneten blieben vor dem Feinde oder starben an ihren Wunden.

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welchem im folgenden Feldzug (1688) der Venetianische Oberfeldherr Morosini auszog, um die auf der Insel Euböa gelegene, von den Türken stark befestigte Festung Negropont zu belagern. Das Regiment hatte bei dem Beginne dieser Unternehmung durch die besonders in Morea herrschenden Fieber, sowie durch die im Venetianischen Heere ausgebrochene Pest bereits 10 Offiziere und 490 Mann, also schon über die Hälfte seines Bestandes verloren ; doch faum war man auf Euböa ( am 13. Juli 1688) gelandet, ſo brachen in Folge der schlechten Wahl des Lagerplazes in einer sumpfigen Niederung und durch das verspätete Eintreffen der gegen den giftigen Nachtthau Schuß gewährenden Zelte abermals verderbliche Seuchen in dem Heere aus , die um so empfindlicher wurden, da eine große Anzahl der höheren Führer davon ergriffen worden war. Die Be Lagerungsarbeiten nahmen unter solchen Umständen einen um so langsameren Fortgang, als die Türken jeden Fußbreit Landes auf das hartnäckigste vertheidigten, und sie schon verlorenes Terrain durch mit großem Ungeſtüm unternommene Ausfälle wieder zu gewinnen suchten. So kam es, daß nach 5wöchentlicher Belagerung nicht nur so gut wie nichts gewonnen war, und der Feind sich noch in einem außerhalb der Festung aufgeschlagenen verschanzten Lager befand, sondern sogar die Hälfte des 20,000 Mann starken Belagerungs heeres theils in den Gefechten, theils durch Krankheiten den Tod gefunden hatten oder kampfunfähig auf dem Krankenlager oder Wundbette lag. Diesem Zustande mußte ein Ende gemacht werden . Morosini hielt am 19. August einen Kriegsrath ab, in welchem beschlossen wurde mit Anbruch des folgenden Tages einen Hauptsturm auf jene äußere Verschanzungslinie zu unternehmen. Schon mit dem Einbruch der Dämmerung versammelten sich die dazu bestimmten Truppen an den ihnen bezeichneten Stellen der Laufgräben und verharrten daselbſt so lange in größter Stille, bis das Tageslicht des 20. August am Himmel emporstieg und der Feind seine Frühwache ermunternd, Trom meln und Pfeifen durch sein Lager ertönen ließ. Lautlos blieb das christliche Heer bis kaum der Morgenschimmer die Truppen enthüllte und 3 Kartaunendonner die Losung zum Sturmlaufen gaben . Sofort brachen 4 Sturmkolonnen unter dem Feldgeschrei : „ Jesus mit uns !" gegen die ihnen als Angriffspunkte bezeichneten Stellen jenes zugleich die Vorstadt von Negropont in sich schließenden verschanzten Lagers der Türken hervor. Die aus Maltesern, Mailändern und Bayreuthern zuſammengesezte 2. Sturmkolonne, welche die in einem ausspringenden Winkel und im Centrum jener äußern Umwallung auf einem Sandhügel erbaute und stark mit Geschützen besezte feindliche Hauptbatterie des sogenannten Marabuts erſtürmen sollte, wurde von so mörderischem Ge schüß- und Gewehrfeuer empfangen, daß ihr erster Sturmangriff gänzlich mißlang. Auch ein zweiter mit großem Muth unternommener Angriff wurde abgeschlagen, was zurFolge hatte, daß die bereits in die Umwallung eingedrungene 3. Sturmkolonne sich wieder übermannt sah. Bestürzung undVerwirrung verbreitete sich nicht nur unter den Stürmenden, welche

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in größter Unordnung flohen, sondern auch unter den in den Lauf gräben aufgestellten Rückhalten. Nur einer derselben, zur Unterſtüßung der 2. Sturmkolonne bestimmt, aus Hessen und Würtembergern be stehend, verlor seine Kaltblütigkeit nicht, und harrte ruhig des Befehls, der ihn dem gefürchteten Marabut entgegenführen sollte. Zu schwach, um selbstständig auftreten zu können, wurde nämlich das Regiment Prinz Karl , welches nur noch 300 Mann zählte, mit dem ebenfalls sehr zusammengeschmolzenen Regiment Alt-Wür temberg vereinigt, und da sowohl die höhern Anführer der Würtem berger, als auch die des Hessischen Regiments, der Oberst du Mont*) und Oberstlieutenant Psusky krank waren, unter den Befehl des Hessischen Majors Karl Philipp von Mai gestellt. Die Würtemberger bildeten den rechten Flügel, wo sie durch die weichenden Malteser und Mai länder einen Augenblick zum Schwanken gebracht wurden. Während Major von Mai dahin eilte, um der einreißenden Unordnung zu wehren, schritten die Hessen mit ihrem warmen Gefühl für Ehre und Treue unaufhaltsam vor. - So mörderisch auch das feindliche Geschüß feuer wüthete, so energisch die Türken unter wilden Ausrufungen die fleine Schaar der Stürmenden mit Musketenfeuer, Pfeilen und Wurf spießen, Handgranaten und Pulversäcken empfingen, so entschieden folgten die Hessen ihrem tapferen Führer, dem ältesten Kapitain des Regiments, Georg Otto Raabe, welcher mit dem Rufe : „ Wer unsern gnädigsten Landgrafen und die eigene Ehre liebt, der folge mir !" vor die Fahnen sprang und nun nicht eher inne hielt, bis er den auf den Wällen des Marabuts hoch prangenden Türkischen Halbmond erobert hatte, und statt seiner die Hessischen Fahnen aufpflanzte. Das Niederreißen des vorliegenden Pfahlwerks, das Ersteigen der Brustwehr selbst hatte manches Opfer gekostet. Tödtlich verwundet waren die Kapitaine von Barthold und Raabe d . J., der Lieutenant Nisius und die Fähnriche Schönewolf und Scheffer, mindergefährlich aber doch schwer verwundet dieKaptaine Georg Otto Raabe und von Stein, der Lieutenant Kerweno und die Fähnriche Buchenhagen und von Lembke. Die Würtemberger, durch das Beispiel der Hessen angefeuert, folgten diesen nach und halfen nun den Sieg vervollständigen. Anfangs leisteten zwar die Türken in einem wüthenden Handgemenge noch Widerstand, doch bald sahen sie sich überwältigt. Was bis dahin den kräftigen Streichen der Sieger nicht erlegen war, floh nach der Vorstadt hin, in der Ueber eilung es versäumend, die Mine anzuzünden, welche mit 80 Tonnen Pulver gefüllt, die Bestimmung hatte, die Sieger gänzlich zu verderben. Nicht allein die Würtemberger hatten sich durch das Beispiel der Hessen anfeuern lassen, auch die übrigen Sturmkolonnen, welche die deutschen Fahnen auf den feindlichen Wällen flattern sahen, faßten wieder Muth, während der anfänglich so hartnäckige Widerstand der Feinde immer mehr erlahmte. Bald floh der lettere an allen Punkten der nahen Festung zu. Der Befehlshaber in derselben, Mustapha

*) Oberstlieut. Piusky, welcher am 29. Mai aus Hessen angekommen war, hatte für du Mont die Oberstenbestallung mitgebracht, zu welcher der Doge (Mo rosini) das Geschenk einer goldenen Kette fügte.

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Pascha, befürchtete, daß mit den Fliehenden zugleich auch die Ver folger sich den Eingang in jene erzwingen könnten und ließ deshalb die Thore schließen, unbekümmert um das Schicksal der Tausende von Un glücklichen, welche am längsten Widerstand geleistet, aber gerade dadurch ihre Feinde zur Rache gereizt hatten . 1500 fielen unter ihren Streichen, vielleicht ebensoviel fanden in dem Meere ihren Tod, in das sie sich gestürzt hatten, in der Hoffnung, schwimmend die thessalische Küste zu erreichen. Mehr als 2000 andere geriethen in Gefangenschaft, und 29 Kanonen und 5 Mörser, viele Fahnen und eine Menge der schönsten Pferde, sowie reich verzierte Waffen und andere Kostbarkeiten wurden eine Beute der Sieger, deren Verlust ein geringer war, indem er sich nur auf 250 Getödtete und einige 100 Verwundete belief. Der Jubel über den erfochtenen Sieg war sehr groß; man schrieb ihn, nächst den trefflichen Anordnungen des Hannöverschen Generals von Ohr und des Bayreuthischen Brigadiers von Spaar, vor Allem der Tapferkeit der kleinen Hessenschaar zu . Dem KapitainRaabe wurden Oberstlieutenantsstellen bei 2 verschiedenen deutschen Regimentern an getragen, die er jedoch mit der Berufung auf die fehlende Genehmigung des Landgrafen ablehnte. Obgleich in solcher Weise in den Besiz der Vorstadt gelangt, wurden die Belagerer doch fortgesezt durch häufige Ausfälle des Feindes in steter Spannung erhalten. Mit einem zweifachen Laufgraben- Angriff am rechten und linken Flügel, hier gegen einen großen Mauerthurm gerichtet, wurde nun gegen die fortwährend aus 7 Batterien beschossene, bald einem Schutt haufen ähnliche Stadt vorgeschritten. Der zur Hälfte niedergeschossene Thurm sollte am 8. September durch Prinz Georg von Hessen- Darmstadt genommen werden. Es ge= lang dies auch durch einen um die Mittagszeit unternommenen Ueberfall und Prinz Georg pflanzte seine Fahne dort auf, aber die Abtheilung, welche er daselbst zurückließ, war dem Türkischen Feuer so sehr bloß gestellt, daß sie nicht nur zum Rückzug genöthigt wurde, sondern sich auch noch verfolgt sah, wodurch sich bald ein allgemeines Gefecht ent spann, in welchem die Hessen 4 Offiziere*) und 32 Mann verloren . Durch die immerfört wüthenden Krankheiten waren die Truppen endlich nicht mehr im Stande, den Dienst regimenterweise zu versehen, sondern die hierzu nöthigen Abtheilungen mußten aus allen Regi mentern zusammengesezt werden. Die Arbeit geschah überhaupt nach lässiger, viele Freiwillige verließen die Armee, es mußte den Soldaten bei Todesstrafe verboten werden, sich aus dem Lager zu entfernen, sowie den Offizieren , welche aus irgend einem Vorwand auf die Schiffe gegangen, zurückzukehren. Alle Versuche, die Hauptmauer unfern des Thurmes durch die Minen zu sprengen, scheiterten, eine hierauf etablirte Breschbatterie von 8 50pfündern wurde, troß eines am 19. September von den Heſſen *) Fähnrich von Buchenhagen todt, Kapitain Lembke, sowie die Fähnriche Wenz und von Wartensleben verwundet.



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tapfer abgewiesenen Angriffes, am 4. Oktober von dem Feinde er stürmt und die Geschüße vernagelt ; dagegen gelang es den Vene tianern, an einem andern Plaze einen Theil der Hauptmauer durch Sprengen in den Graben zu werfen. Da befahl der General-Kapitain einen Hauptsturm auf den 12. Oktober. Die Armee wurde hierzu gegen die 2 Mauerbrüche in 2 große Sturmkolonnen getheilt. Die des linken Flügels befehligte Feldwacht meister v. Spaar, unter ihm als Brigadeführer Prinz Georg von Hessen-Darmstadt ; hierin kämpfte auch das Regiment Prinz Karl in erster Linie , dicht hinter den Grenadieren. Die Kolonne erreichte zwar glücklich den Graben ; hier stellten sich aber den Stürmenden Hindernisse entgegen, die nur zum Theil und mit großer Mühe überwunden werden konnten. Das Material zur Ausfüllung des Grabens blieb nämlich aus, und wenn derselbe nun auch von den Angreifern, obgleich bis an den Leib durch's Waſſer watend, durchschritten wurde, so standen sie jezt vor der steilen Trümmerschütte des unvollständigen Wallbruches, welcher ohne Leitern, an denen es ebenfalls fehlte, nicht zu erklimmen war. Herabgeschleu derte Pulversäcke, Sprengfässer u. dergl., brachten den Christen Tod und Verderben, sie wendeten sich deshalb jenem großen Thurm zu, den Prinz Georg schon einmal am 8ten genommen hatte. Er wurde auch diesmal erobert, konnte aber eben so wenig wie damals behauptet werden. -- Dieser leßte Sturm kostete dem bis auf 250 Mann zusammen geschmolzenen Regiment Prinz Karl abermals 8 Offiziere. *) Nur mit Widerstreben willigte Morosini in die Aufhebung der Belagerung. Am 14. Oktober wurde mit der Abführung der Ge schüße begonnen, und am 21. gingen alle Truppen an Bord. Mit Windstille und Sturm abwechselnd kämpfend, erreichte die Flotte die Bai von Kastri, wo die Armada aufgelöst wurde, und die Hessen Kasseler am 5. November an Bord des duc de Loraine und des Postillon der Heimath entgegensegelten. Unter mancherlei Mühseligkeiten erreichten die Hessen am 5 . Januar 1689 Venedig. Das Regiment zählte bei der daselbst am 26. Januar abgehaltenen Musterung nur noch 184 Mann. Von 55 Of= fizieren (einschließlich der neu ernannten Freiwilligen 2c. ) waren 32 theils durch die feindlichen Waffen, theils an Krankheiten gestorben . Am 5. Februar zog es von Venedig auf Schiffen nach Borg hetto und marschirte von da über Insbruck, Füßen, Augsburg, Do nauwörth , Nürnberg , Bamberg , Schmalkalden und Rothenburg nach Kaffel, wo es Ende März einrückte. ",Es zog ein, eine kleine, glanzlose Schaar, die Trümmer aus einem vielfach tödtlichen Kampfe, aber durch ihre kriegerischen Narben mit ihren treu bewahrten Pa niren und ihrem Ruhme der schönsten Lösung ihrer Kriegsaufgabe eine herrliche Ehrengruppe." Bald nach der Ankunft in der Heimath wurde das Regiment *) Getödtet wurden die Fähnriche v. Appelius und v . Stein ; verwundet Kapitain v. Boyneburg, Lieutenant v. Kahlenberg, Kiesel, Kerweno, de Montre ville und der Fähnrich Lembke.

13 w im Juli durch das im November 1688 zu 5 Kompagnieen durch Oberstlieutenant Johann Burghard v. Buttlar errichtete Bataillon verstärkt, worauf es in den gegen Frankreich bereits entstandenen Kämpfen am Rhein, an der Mosel und in den Niederlanden sich zur Seite des andern Stamm - Regiments (von Hanstein) abermals rühmlichst hervorthat. Lezteres war nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach schon im Herbst des vergangenen Jahres ins Feld gerückt, als Ludwig XIV. von Frank reich nach dem Tode des Kurfürsten Maximilian Heinrich von Köln plößlich und ohne vorausgegangene Kriegserklärung mit 80,000 Mann am Oberrhein erschien, die Rheinpfalz , Mannheim, Heidelberg, Philippsburg und Mainz wegnahm und in Folge hiervon durch die Thätigkeit des Kurfürsten von Brandenburg und des Landgrafen Karl von Hessen eine Convention in Magdeburg zwischen diesen beiden und Braunschweig-Lüneburg abgeschlossen wurde , wonach 24,000 Mann zwischen Marburg und Gießen zur Hemmung weiterer Fortschritte des Feindes alsbald aufgestellt werden sollten. Abgesehen von diesem, vom Landgraf Karl in Person komman dirten Kontingent von 8000 Mann schickte aber derselbe noch 1 Reiter regiment und 2 Regimenter zu Fuß unter dem Feldmarschall Grafen zur Lippe-Brake als Verstärkung nach Coblenz und mehrere Abthei= lungen ebenso nach Hanau ab, denen es auch gelang, sich dem Feinde so lange erfolgreich zu widerseßen, bis die Hauptarmee herbeizukommen vermochte, und sodann in und um Frankfurt Winterquartiere bezog . Während dieser Winterquartiere kamen hin und wieder kleine Unternehmungen vor. So eroberten Anfangs Januar 1689 die Hessen- Kasselschen Truppen die Mainzischen Schlösser Heppenheim und Starkenburg, und als der Marquis von Palestro vor letterem erschien, um es wiederzunehmen, mußte er vor der geschickten und ausdauernden Vertheidigung des Hessischen Kapitains Kappes mit nur 85 Mann, unverrichteter Sache wieder abziehen. Ob und wiefern an allen diesen Unternehmungen das Regiment von Hanstein betheiligt war , läßt sich zur Zeit nicht ermitteln, doch ist es um deshalb schon mehr als wahrscheinlich, daß es dabei gewesen, als es bei der sich bald anschließenden Belagerung von Mainz als theilnehmend speciell überall aufgeführt wird und auch wohl nicht anzunehmen ist, daß es bei so großer Truppenstellung unnöthig im Lande geblieben sein wird . Zu Folge in Frankfurt gepflogener Unterhandlungen sämmt licher Reichsstände kam es nämlich doch endlich zu dem Beschluß, daß u. A. auch 50 bis 60,000 Mann Kaiserlicher, Heffen-Kaffel'scher, Säch fischer, Baierischer und sonstiger Reichstruppen unter Befehl des Herzogs von Lothringen sich bei Frankfurt sammeln sollten, um die durch 10,000 Mann Franzosen , unter dem Marquis d'Urelles beseßte Festung Mainz wieder zu nehmen . Zur Ausführung dieses Beschlusses wurden die Sächsischen und Hessischen Kriegsvölker, darunter das Regiment v. Hanstein in der Stärke von 800 Mann, beordert, sogleich auf der rechten Rhein

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feite gegen Mainz vorzurücken. Erstere bezogen ein Lager unweit der Gustavsburg, lettere theils bei Mosbach, theils seitwärts von Kostheim. Dies geschah in der zweiten Hälfte des Monats April. Die Franzosen hatten von dem Anrücken der Alliirten so wenig Nachricht, daß diese sie noch bei dem Kegelspiel antrafen und mehrere erschossen. Durch diesen überraschenden Angriff gelang es den Hessen sich in Kostheim und dem zum Theil vom Feinde zerstörten, damals noch nicht be= festigten Flecken Kastell festzusehen und die Franzosen aus 2 Lünetten der Marsburg über den Rhein zu jagen, worauf dieselben gegen die Marsburg eine Parallele und neben der Kirche zu Kostheim eine Batterie eröffneten. Obgleich es bei der erst 6 Wochen später beginnenden Belagerung den Hessischen Truppen wenig vergönnt war, sich hervorzuthun oder am Kampfe zu betheiligen, zumal da deren Bestimmung hauptsächlich darauf gerichtet war, einen Durchbruch des Feindes nach dieser Seite hin zu verwehren, so trugen sie aber doch nach Kräften dazu bei, die Aufmerksamkeit des Feindes zu theilen, und wiesen alle Angriffe des selben mit ebensoviel Entschiedenheit zurück, als sie durch ihre Batte rieen, namentlich am 9. und 31. August Mainz mit vieler Wirkung bombardirten. In Folge eines am 6. September stattgefundenen Sturmes, sowie erwarteter Verstärkung des Belagerungsheeres ergab sich Mainz am 8. September unter der Bedingung freien Abzugs der Besazung mit Waffen, Bagage und allen Kriegsehren. In einem Kriegsrath wurde dann u. A. beschlossen, daß der Herzog von Lothringen mit den Kaiserlichen, Lüneburgern und Hessen das Belagerungskorps des Kurfürsten von Brandenburg vor Bonn verstärken solle. Demzufolge brachen die Hessen am 18. September aus dem Lager bei Mosbach auf und zogen über Kemmel, Nastetten, Braubach, über die Lahnbrücke bei Lahnstein, dann neben Koblenz vorüber durch die Grafschaft Wied, den Rhein hinab nach Bonn. Troß dieser Verstärkung hielt sich die mit großer Hartnäckigkeit ver theidigte Festung noch bis zum 10. Oktober, worauf die Truppen der Verbündeten die Winterquartiere bezogen, und zwar die Hessen längs der Bergstraße und in der Wetterau. Hier brachten sie, gleich der ganzen Reichsarmee, bis zum 9. Juli 1690 in Unthätigkeit zu, rückten dann aber zur Blokade Philippsburgs und zum Schuße Heidelbergs ab, und zwar in Ge meinschaft mit Braunschweigschen und Kursächsischen Truppen unter dem Braunschweigschen Gen. - Feldmarschall Chauvet. Nach einem bis zum September in unveränderter Stellung lebhaft geführten Partei gängerkrieg bezogen die Heffen unter ihrem Landgrafen mit den Braun schweig-Lüneburgern unter Chauvet ein Lager beim weißen Thurm unweit Koblenz, rückten aber noch im Laufe desselben Monats nach Montroyal in die Eifel vor, führten mit Braunschweigschen und Mün sterländischen Truppen zusammen bedeutende Kontributionen im Luxem burgischen aus und bezogen dann die Winterquartiere im Westerwald . Von den Stämmen des ehemals 2. Hessischen Infanterie-Regi

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ments ist, wie überhaupt von allen Hessischen Truppentheilen speziell, weder in diesem, noch im folgenden Jahre zu ermitteln, inwiefern sie hierbei betheiligt waren. Vom Regiment des Obersten von Hanstein ist nur bekannt, daß es im Jahre 1690 seinen bisherigen Chef, Dietrich von Hanstein verloren, indem er zum Oberamtmann der Grafschaft Schaumburg bestellt, statt seiner aber Prinz Wilhelm, 6. Sohn des Landgrafen und nachheriger Landgraf Wilhelm VIII ., zum Chef ernannt wurde. Wegen des noch sehr jugendlichen Alters desselben erhielt erst der im Regiment stehende Oberstlieuten. Rolaz du Rosey und dann noch in demselben Jahr (am 2. Dezember) der Generalquartiermeister Leonhard Swildens das Kommando . Das Regiment hieß nun Prinz Wilhelm Regiment zu Fuß und kam als Oberrheinisches Kreisregiment zur Besaßung nach Koblenz . Nachdem für das Jahr 1691 Landgraf Karl abermals die Stellung von 8000 Mann Hessen zur Reichsarmee übernommen hatte, und diese, nebst Brandenburgischen, Münsterländischen und andern Reichskontin genten zur Vertheidigung des Mittelrheines bestimmt waren, sammelte sich im März das Hessische Korps bei Koblenz und bezog längs der Roer Kantonirungsquartiere, erhielt aber dann Befehl, als Verstärkung zu der aus den Niederlanden unter dem kaiserlichen_Feldmarschall Tilly zum Entsaz Lüttichs abrückenden Armee zu stoßen. Nachdem dies gelungen und Bouflers, der Französische General, die Belagerung eiligst aufgehoben hatte, marschirte es zur großen Armee bei Gembloux in den Niederlanden ab, brach dann am 18. Juli mit dieser wieder auf, erstürmte als deren Vorhut unter Feldmarschall Grafen zur Lippe Beaumont und bezog in dessen Nähe eine Lagerstellung. Bei dem, nach unerheblichen Kanonaden gegen den Marschall von Luxemburg wieder angetretenen Rückzug bildete es unter seinem Feldmarschall wiederum die Nachhut, und führte hierbei den schwierigen Auftrag, durchVertheidigung resp . Sprengung der Werke Beaumonts den Feind aufzuhalten, zu großer Zufriedenheit des Oberfeldherrn, König Wilhelm III. von England aus. — Hierauf führte Landgraf Karl seine Truppen über Koblenz abermals in die Winterquartiere des Westerwaldes zurück. Erst am 13. Juni des folgenden Jahres konnte der Landgraf mit ſeinen Truppen aus den Winterquartieren aufbrechen, um sich dem an Streitkräften weit überlegenen Französischen Marschall de Lorges bei Worms und Speier, entgegenzustellen. Anfangs wich dieser jedem Angriff aus ; als es jedoch Landgraf Karl unternommen hatte, das sehr feste, aber nur mit 500 Franzosen besezte Bergschloß Ebernburg , Franz von Sickingens Herberge der Gerechtigkeit, zu belagern, wobei die beiden Regimenter Prinz Wilhelm und Karl thätig waren, eilte de Lorges zum Entsaß herbei, wodurch der Landgraf bewogen wurde, die Belagerung aufzuheben, und nach Bingen und über den Rhein zurückzumarschiren. Obgleich bald hiernach die Franzosen ebenso wie die Alliirten alle Anstalten trafen, durch den Rhein getrennt, die Winterquartiere zu beziehen, so fühlte Landgraf Karl sich doch, in Folge eines von ihm aufgefangenen, an den Marschall de Lorges gerichteten Briefes ver

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anlaßt, zur Deckung von Rheinfels das Hessische Korps zum größten Theil in der Niedergrafschaft Kazenelnbogen fantoniren zu lassen. Die nächste Veranlassung zur Belagerung von Rheinfels durch die Franzosen gaben die Türken, indem sie sich bei Frankreich über seine Unthätigkeit beschwerten und darauf drangen, im Intereſſe ihrer gemeinschaftlichen Sache einen entscheidenden Schlag gegen das Deutsche Reich auszuführen. Um die Türken zu beruhigen und aus Furcht, sie möchten mit dem Kaiser Frieden schließen, beschloß Ludwig XIV . bereits im Sommer des Jahres 1692 sich der Festung Rhein fels zu bemächtigen und sich dadurch des Rheines zu versichern. Die großartigsten Vorbereitungen zu der Belagerung wurden in Trier und Montroyal, welche Festung gewöhnlich der Stüßpunkt der Franzosen zu ihren Operationen gegen Deutschland war, gemacht und im Spätherbst beendigt. Nachdem der Gen.- Lieut. Graf Tallard, welcher die Truppen in Deutschland während der Abwesenheit des Marschalls Bouflers kommandirte, 2 Kourire von Ludwig XIV., welche zur Eile mahnten, erhalten hatte, zog er am 8. Dezember mit 23 Bataillonen, 20 Es kadrons und einem großen Artillerie-Park, zusammen 18,000 Mann, von Montroyal aus über den Hundsrücken gegen Rheinfels, vor deſſen Mauern er am 16. Dezember eintraf. Die Munition, Fourage und Le bensmittel wurden dem Belagerungsheer auf 1000 Wagen nachgebracht. Das Vertrauen des Generals Tallard auf dieſe überwiegende Macht war so groß, daß er in dem Briefe, worin er dem König seinen Ausmarsch anzeigte, demselben versprach, ihm die Schlüssel der Festung Rheinfels am 1. Januar 1693 zum Neujahrsgeschenk schicken zu wollen. Auf Rheinfels residirte damals, in Folge eines Vertrags, den die Kinder erster und zweiter Ehe des Landgrafen Morig von Hessen abgeschlossen hatten, Landgraf Ernst von Rothenburg-Rheinfels, und hatte Landgraf Karl nur noch das Besaßungsrecht behalten. Da Letterer nicht ohne Grund ein Einverständniß zwischen Landgraf Ernst und Ludwig XIV. beargwöhnte, so ernannte er schon im Oktober d. J. den General v. Görz zum Kommandanten von Rheinfels und be stimmte zugleich das Regiment Prinz Karl zur Besaßung daselbst. Landgraf Ernst verweigerte Beiden den Eintritt, weshalb das Regiment vorläufig in St. Goar, St. Goarshausen, Bernick u. s. w. einquartirt wurde; er verließ jedoch am 16. früh Morgens in aller Stille die Feste, während die Vorhut der Franzosen auf der Lieber heimer Höhe, Rheinfels gegenüber, erschien. Kaum war dem Gen. v. Gör die Abreise des Landgrafen ge= meldet worden, als er das Regiment durch Allarmschüsse zusammen rufen ließ. Er selbst war heftig erkrankt, doch befahl er dem Kom mandeur des genannten Regiments, Oberst du Mont, unverzüglich von der Feste Besiz zu nehmen. Die Heffen-Rheinfelſiſche Besaßung ver hinderte dies nicht, sie stellte sich sogar bereitwillig unter das Kom mando des Gen. v. Gör . Dennoch und troß der vorausgegangenen höchst seltsamen Um ſtände wurde die hierauf folgende Bertheidigung von Rheinfels durch

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die Tapferkeit, unerschütterliche Ausdauer und Aufopferung des Kom mandanten und seiner Untergebenen eine den Hessischen Truppen zum ewigen Ruhme und hehrsten Beispiel der Nachahmung gereichende. In der Feste war zunächst kein Mangel an Lebensmitteln, auch befanden sich in den Werken der Festung 46 Stück Geſchüße, sowie im Fort Kat 6 Stück meist schweren Kalibers ; für dieselben waren 8000 gefüllte Granaten und 22,000 Kanonenkugeln vorhanden. An Blei zu Flintenkugeln fehlte es fast ganz, und konnte man dem Mangel nur dadurch abhelfen, daß man Dachkandeln und dergl. hierzu ver wendete. Auch an Pulver war kein Ueberfluß vorhanden und mußte dasselbe erst zu Patronen verarbeitet werden , indem es an diesen fast ganz und gar fehlte. Die Besaßung bestand in den ersten Tagen der Belagerung aus höchstens 1000 Mann und zwar außer den 200 Mann der Hessen Rheinfelsischen Besaßung, aus 3 schwachen Kompagnien des Depot Bataillons Dernthal und aus dem Regiment Prinz Karl , welches 8 noch nicht vollständig komplettirte Kompagnien zählte, deren eine unter Kommando des Kapitains Luck die Burg Kaß besezt hielt und außerdem noch eine Abtheilung in St. Goar stand. Der Kommandant, Gen. v. Görk, wird als ein Mann mit flammenden Geist, ebenso besonnen im Rath als thatkräftig in der Ausführung geschildert. Obgleich heftig erkrankt, war er dennoch die Seele von Allem, und wußte von seinem Krankenlager aus Alle mit Muth und Zuversicht zu erfüllen und zu ſtandhaftem Ausharren an zuregen, worin er von dem tapfern Kommandeur des Régiments Prinz Karl auf das Kräftigſte unterſtügt wurde. Die Hauptmacht der Franzosen, welche ihrer Vorhut unmittelbar gefolgt war, bezog Stunden von Rheinfels ein Lager und versuchte schon am 17. einen Ueberfall auf die mit einer Mauer umgebene Stadt St. Goar, welcher indeß von der kleinen, aber durch die Bürger St. Goars unterſtüßten Besaßung vereitelt wurde und als am Nach mittag desselben Tags der Marschall Tallard am Rande des Wacken bergs eine Recognoscirung vornahm, gab ein Büchsenschüß Namens Kretsch,*) vom Thurme der evangelischen Kirche aus, auf eine Ent fernung von 300 Schritt einen Büchsenschuß ab, welcher dem Schüßen Ehre machte, -er verwundete den Marschall nicht unbedeutend in der Schulter, so daß Marschall de Choissi an seiner Stelle das Kommando übernehmen mußte. Die Franzosen wurden schon an diesem ersten Tage der Be *) Johannes Kretsch, Drechslermeister und Bürger von St. Goar, erkannte den Französischen Marschall an seinem großen Federbusch und nahm ihn des halb auf's Korn . Er wurde nach der Belagerung vom Landgrafen Karl zum Hauptmann der städtiſchen Schüßen-Kompagnie ernannt, welche von einem vom Landgrafen dazu ausgefeßten Fonds, zur bleibenden Erinnerung an die That alljährlich ein Fest feiern sollte, was auch bis zum 7jährigen Krieg geschah. Im Jahre 1758 unterblieb es, durch die Anwesenheit der Franzosen veranlaßt, zuerst, wurde auch später nicht wieder eingeführt ; doch lebt die Geschichte im Munde des Volkes fort und der Name des wackern Kretsch wird noch jezt reben jenen von Tallard und Görß mit Achtung genannt. 2

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lagerung inne, daß sie einen schweren Stand haben, mit übereilten Ueberfällen nichts ausrichten würden, und eröffneten deshalb noch an demselben Abend die Laufgräben. Um die feindlichen Arbeiter aus denselben zu vertreiben, ließ Graf v. Görg 2 Kompagnien des Regiments Prinz Karl unter Kapitain Busch einen Ausfall gegen Biebernheim unternehmen, bei welchem eine namhafte Anzahl der Feinde getödtet oder verwundet wurde. Das Detaschement, welches bei seinem Rückzug mit großer Ueberlegenheit gedrängt wurde, verlor nur 5 Todte und 15 Verwundete, unter welchen lezteren sich Lieut. von Mengringhausen befand . Die sehr geringe Widerstandsfähigkeit des Städtchens St. Goar veranlaßte Graf v. Gört zu dem Befehl an Oberst du Mont, bei einem etwa übermächtigen Angriff dieses zu räumen und sich mit der Besaßung in die unter dem Schlösse gelegene Neustadt zurückzuziehen. Inzwischen wuchs die Besaßung durch nach und nach herbeibe orderte Hessische Truppentheile bis auf 4000 Mann an, und beſtand dieselbe nunmehr aus: 1. Hessen-Rheinfelsisches Kontingent, 2 Kompagnien. 2. Regiment Prinz Karl unter Oberst du Mont, 8 Kompagnien, davon 4 in St. Goar, eine in Fort Kaz. 3. Bataillon Dernthal, 3 Kompagnien .

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4. Regiment v. Görk, 8 Kompagnien. " Saames, früher Uf'm Keller, 8 Kompagnien. 6. Leibregiment zu Fuß, 4 Kompagnien . 7. Regiment Prinz Wilhelm unter Obſt. Rolaz du Roſey, 8 Komp . 8. Eine Abtheilung Artillerie. Außerdem das Kellersche Dragoner - Regiment, sowie einige Reichstruppen zur Bewachung des rechten Rheinufers gegen Ueber gänge Seitens des Feindes. Am 19. Dezember ließ Gen. v. Görg von Kapitain Schott mit 60 Musketieren und ebenso viel Dragonern abermals einen Ausfall machen, der ebenso günſtig ausfiel, wie der erste. Die Ungeduld der Franzosen steigerte sich und verleitete sie wiederholt zu übereilten Sturmangriffen, so am 19. und 20. auf die Stadt. Am lezteren unternahmen sie nach 5stündigem Bombardement, welches eine Feuers brunst auf dem Schlosse und die Beschädigung mehrerer Außenwerke zur Folge hatte, gleichzeitig einen Sturm auf Rheinfels ſelbſt, je doch mit keinem bessern Erfolg. Am 21. erhielt das Belagerungsheer 10,000 Mann Verſtärkung, sowie 10 schwere Geschüße und 4 Mörser, und hatten die Franzosen nunmehr 8 starke Batterien armirt, während in der Feste, außer einer Abtheilung Kurtrierscher Mineure, 16 Stück 24pfünder ein trafen. An demselben Abend brachte Oberst v. Tettau, General Adjutant des Landgrafen, die frohe Botschaft nach Rheinfels, daß die Besaßung in längstens 14 Tagen auf Enisaß rechnen könne und deshalb bis dahin standhaft aushalten möge. Ein sehr lebhaftes Feuer aus allen feindlichen Batterien war dem Gen. v. Görg ein sicheres Zeichen für einen Hauptſturm, gegen

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den er alle Vorbereitungen traf und u . A. Befehl gab, die Truppen vom gedeckten Weg hinter den Graben zurückzuziehen und das Feuer erst auf ein Zeichen zu eröffnen, welches von der Ernstschanze aus gegeben werden sollte. Erst um 11 Uhr Nachts verstummte das feindliche Geschüßfeuer, und nun rückten die Sturmkolonnen in größter Stille theils gegen die Stadt, theils gegen das Schloß vor, während starke Reserven bei Biebernheim stehen geblieben waren. Ein schwaches Mondlicht reichte hin, den Vertheidigern die Gefahr rechtzeitig er kennen zu lassen, ihr Geschüß- und Musketenfeuer, welches sie auf das von der Ernstschanze aufblißende Zeichen auf die Sturmkolonnen in einer Entfernung von 30 Schritt vom Graben eröffneten, war so mörderisch, daß ihm nicht zu widerstehen war. Die Sturmko lonnen flohen bis Biebernheim zurück, verfolgt von einer Abtheilung, welche durch das Trarbacher Thor seinen vorher beſtimmten Ausfall machte. Noch 3mal wiederholten die Franzosen ihren Sturm, wurden aber jedesmal zurückgeschlagen, wobei Gen. v . Görg mit dem Degen in der Faust überall, wo die Gefahr am größten war, obgleich noch nicht ganz wiederhergestellt, die Truppen durch Wort und That zum hartnäckigsten Widerstand anfeuerte. Der Verlust der Franzosen betrug über 400 Todte und 700 Verwundete, während die Belagerer 48 Todte und 272 Verwundete einbüßten. Das dem Sturm vorausgehende Feuer hatte jedoch die kleine Festung fast in einen Schutthaufen verwandelt, und den Gen. v. Görk u . A. genöthigt, seine Wohnung in einer Kasematte der Ernstschanze zu nehmen. Der Feind machte indeß immer größere Fortschritte mit seinen. Belagerungsarbeiten, und beschloß deshalb der Kommandant einen größeren Ausfall, wobei ein Theil jener Arbeiten zerstört werden sollte. Alle Geschüße der Feste verkündeten am 25. den Anbruch des Tages, welcher zum Ausfall bestimmt war. Oberst Rolaz du Rosey brach zuerst mit 4 Komp. seines Regiments Prinz Wilhelm aus dem Trarbacher Thor hervor, drang in die vorliegenden Ap= proschen ein und verjagte die Arbeiter daraus. Wie vorauszusehen war, wurde er von den feindlichen Transcheewachen angegriffen. Diesen ging jedoch Oberst Schanz mit 4 Komp . des Regiments Saames in die rechte Flanke und drängte sie von Biebernheim ab . Dieses benußend stürmte Maj . v. Boyneburg mit 2 Komp. Dernthal in die dortigen Batterien ein und warf die Arbeiter bis Biebernheim zurück, während mitgenommene Mineure die feindlichen Belagerungsarbeiten, so gut es die Zeit erlaubte, zu zerstören begannen. Da auch der Rückzug rechtzeitig und mit größter Ordnung angetreten wurde, so ließ der so vortrefflich angeordnete Ausfall, bei welchem die Franzosen allein 400 Gefangene verloren, nichts zu wünschen übrig. Bis zum 27. Dezember stellten die Belagerer die zerstörten Arbeiten nicht nur wieder her, sondern rückten sogar bis auf 30 Schritt an das Glacis der Festung heran. Nachdem nun der Kommandant unter den ehren vollsten Bedingungen zur Uebergabe der Festung aufgefordert worden war, folgte der abschlägigen Antwort ein halbstündiges heftiges Feuer

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gegen die Contreescarpe, nach welchem 3 Sturmkolonnen, jede zu 1000 Mann und einer ebenso starken Reserve, mit Grenadier-Kom pagnien an den Teten, gegen einzelne Theile der Umwallung, das Speifeuer, die Kloake und das Fuchsloch heranrückten. Unter der persönlichen Leitung des Gen. v . Görg kommandirten die Obersten Gocklenius und Rolaz du Rosey und der Maj. v . Sacken in den genannten 3 Werken. Die Besaßungen derselben konnten durch die Reserve, welche 2000 Mann stark auf dem Paradeplay des Schlosses aufgestellt war, viermal mit neuen Truppen versehen werden . Waren diese Werke dennoch nicht zu halten, dann sollten sie, nach - in dié das Schloß dem Rückzug in die lezte Zufluchtſtätte Luft gesprengt werden. Fürchterlich wüthete das Kartätschen- und Musketenfeuer unter den anrückenden Kolonnen der Franzosen ; dennoch ließ sich die Ko lonne, welche gegen das Speifeuer dirigirt worden war, in ihrem Vormarsch nicht aufhalten, sie drang in die durch Oberst Godklenius mit Heldenmuth vertheidigte Schanze ein, deren Besaßung sich, nach dem sie ihren Führer, von mehreren Bajonnetstichen durchbohrt, verloren hatte, in die innern Werke zurückziehen mußte. Jeßt eilte Gen. v. Görg mit 4 Komp . seines Regiments zur Unterſtüßung herbei, das Bataillon Dernthal folgte ihm auf dem Fuße, sie trieben die Franzosen bis über die Contreescarpe zurück. Von den beiden andern Schanzen wurden die Angriffe der Franzosen ebenso mit großem Verlust abgeschlagen. Hiermit war jedoch der Kampf für den Tag noch nicht beendigt, die Reserven rückten zum Sturme vor, wurden aber ebenso abge wiesen. Es schien, als wollten die Franzosen um jeden Preis ihre Absicht durchseßen. Frische Truppen unternahmen einen 3. Sturm; ihrer Ueberzahl gelang es, die Graben am Speifeuer und Fuchsloch auszufüllen und die Contreescarpe zu nehmen. Nun entſpann sich ein Kampf Mann gegen Mann, der auf beiden Seiten mit gleicher Erbitterung geführt wurde. Jeder Fuß breit Erde ward mit vielem Blut erkauft, statt der Schußwaffe brauchten die Belagerten nicht blos das Bajonnet, sondern ſelbſt Senſen und jene fürchterliche Waffe des Mittelalters, den Morgenstern. Nach langem Hin- und Her schwanken des Sieges führte ihn endlich, bei hereinbrechender Nacht, der heldenmüthige, bereits aus 4 Wunden blutende Kommandant herbei, indem er den Feind mit 2 Kompagnien des Leibregiments mit dem Bajonnet angriff und von der Contreescarpe vertrieb. Der Verlust der Franzosen an diesem Tage war außerordentlich groß, der Kampf kostete ihnen 1200 Todte und über 2000 Verwun dete, darunter sehr viel Offiziere. Von den Grenadier-Kompagnien waren sämmtliche Offiziere getödtet oder verwundet. Die Hessen ver Loren dagegen nur an Todten 123 Mann und an Verwundeten nicht viel über 400 Mann. Unter letteren war auch Oberst Rolaz du Rosey vom Regiment Prinz Wilhelm und der tapfere Kom mandant, dessen Gesicht von Pulverdampf geschwärzt, Augenbraunen, Haupthaar und Kleidung von einem auffliegenden Pulversack ver

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brannt, schrecklich und grauserich anzuschauen war," wie sich eine handschriftliche Nachricht ausdrückt. Am folgenden Tag, an welchem man kein feindliches Geschüß feuer hörte, suchte Marschall Tallard um einen Waffenstillstand nach, der jedoch von Gen. v. Görß nicht bewilligt wurde ; deshalb eröffnete der Feind am 29. Morgens von Neuem das Feuer. An diesem Tag traf das aus 300 Mann bestehende Hessen-Kasselsche Kontingent von dem in Koblenz liegenden oberrheinischen Unionsregiment in der Festung ein und wurde ihm die Ehre zuerkannt, bei dem am 30. er warteten Generalſturm den Angriff in den Außenwerken abzuwehren, nachdem vorher jeder der in der Festung anwesenden Truppentheile den Wunsch ausgesprochen hatte, zu jenem Ehrenposten verwandt zu werden. Der erwartete Sturm erfolgte nicht, dagegen eröffnete Tallard am 31. Dezember ein fürchterliches Feuer aus allen Batterien und zog dann, auf die Nachricht von der Annäherung des Entsazheeres am 1. Januar 1693, mit Zurücklassung einer bedeutenden Menge " Schanzzeugs, Kugeln 2c., in aller Stille von Rheinfels ab . Durch eine merkwürdige Fügung des Schicksals wurde also Tallard geradé an dem Tage, an welchem er seinem Fürsten die Schlüssel der Festung zum Neujahrsgeschenk überreichen wollte, zu seinem Rückzug von Rhein fels genöthigt. Landgraf Karl, welcher am 4. Januar mit dem Entsagheer bei Rheinfels eintraf, hielt am folgenden Tage einen feierlichen Gottes dienst in der Stiftskirche ab, wobei er, nach dem Absingen des Te deums, in einer ergreifenden Rede die Besaßung wegen ihrer bewiesenen Tapferkeit gebührend belobte und am Schlusse, Angesichts der Truppen, den heldenmüthigen Vertheidiger, General Graf von Görz, umarmte, zum lebenslänglichen Gouverneur von Rheinfels ernannte, und gleich zeitig ihm die Bestallung als Oberamtmann der Niedergrafschaft Kazenelnbogen von Seiten des Landgrafen Ernst überreichte. Der Verlust der Franzosen während der 15tägigen Belagerung war ungeheuer ; nach ihren eigenen Angaben betrug er 4000 Todte, worunter 217 Offiziere, und 6000 Verwundete und Kranke. Auf hessischer Seite wurden 564 Mann, darunter 24 Offiziere getödtet, und 885 Mann, worunter 28 Offiziere verwundet. *) Der Landgraf ließ den größeren Theil seiner in Rheinfels ver sammelten Truppen in der Niedergrafschaft Kazenelnbogen die Winter quartiere beziehen, und folgte erst Ende Juni 1693 den Mahnungen des Kommandirenden am Oberrhein, Ludwig von Baden, indem er sich mit 6000 Mann, darunter wahrscheinlich auch die Regimenter Prinz Karl und Wilhelm, an den unnüßen Bewegungen bethei ligte, welche an der Bergstraße und im Würtembergischen gegen den *) Die Namen der Gefallenen ließ Landgraf Karl zum Andenken an die ruhmvolle Vertheidigung von Rheinfels auf ein marmornes Monument eingraben, welches in der Elisabether Kirche zu Marburg errichtet wurde und in einem kolossalen Löwen bestand. Leider ist es der Nachwelt nicht erhalten worden, weil es die Franzosen im siebenjährigen Krieg, von falscher Scham getrieben, zerstörten.

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Marschall de Lorges ausgeführt wurden. Verstimmt über die Art der Kriegführung trennte sich der Landgraf am 2. September mit ſeinen Truppen von der alliirten Armee und marschirte in die Nieder grafschaft Kazenelnbogen zurück. Das Regiment Prinz Karl fam am 1. November als Garnison nach Rheinfels, wozu es auch in den folgenden Jahren zählte. Auch im Jahre 1694 und zwar im Monat August wurde Rhein fels noch einmal von den Franzosen bedroht. Der Landgraf zog deshalb seine Truppen, welche bis dahin zum größeren Theil an der Bergstraße in Kantonnirungen gelegen hatten, in der Nähe der Festung zusammen, wozu auch noch Braunschweigisch- Lüneburgische Truppen stießen, so daß er am 21. September mit 18,000 Mann zu Gunsten der Armee des Markgrafen von Baden, eine Diversion nach Kreuznach machen konnte, welche den Marschall de Lorges verhinderte, dem Mark grafen auf das rechte Rheinufer zu folgen. Nach dieser kurzen Ex pedition erhielten die Hessen ihre Quartierstände zwischen Koblenz und Mainz angewiesen. Marschall de Lorges ging im Jahr 1695, fast genau wie in den früheren Jahren, Anfangs Juli mit 40,000 Mann bei Philippsburg über den Rhein, während die Armee der Verbündeten sich eben bei Heilbronn sammelte. Landgraf Karl zog um diese Zeit das ganze Hessische Korps und andere Reichstruppen, im Ganzen 16-18,000 Mann bei Bacharach zusammen, und führte sie der bei Menzingen stehenden Reichsarmee zu, welche nun 53,000 Mann stark war. Dennoch wurde nichts Ernstliches gegen die Franzosen unternommen, und war es deshalb dem Landgrafen und seinen Truppen erwünſcht, als diese nebst den Braunschweig- Lüneburgischen Truppen dazu be stimmt wurden, die unter dem Kommando des Königs Wilhelm III. von England in den Niederlanden stehende Armee zu verstärken. In Folge dessen marschirten jene Truppen am 30. Juli nach Mainz und von dort die Infanterie und Artillerie zu Schiff nach Koblenz . Von hier trat das ganze Korps unter dem Befehl des Feldmarschalls Grafen v. der Lippe-Brake vereint den Marsch nach Namur an, wo es am 24. August eintraf. Die Regimenter Prinz Karl und Prinz Wilhelm fehlten nicht dabei, kamen jedoch vorläufig zum Deckungs forps (76 Bataillone und 160 Eskadrons) unter den Befehlen des Königs von England, welches eine verschanzte Centralstellung zwischen Marsh und Ostain gegen den bei Nivelles stehenden Marschall Villeroi eingenommen hatte. Bereits am 3. August war die Stadt Namur übergeben worden, dagegen war die sehr starke Citadelle noch in der Gewalt der Fran zosen, und wurde hiergegen die Belagerung mit verdoppelter Kraft fortgeführt. Waren die Laufgräben auch noch 200 Schritt vom gedeckten Weg entfernt, so hatte doch das Belagerungsgeschüß in den nach der Sambre gerichteten Fronten des Forts Coehorn und dem dahinter liegenden Bastion der Terra nova Bresche gelegt, und beschloß deshalb der Kommandirende des Belagerungsheeres (27 Bataillone und 12 Es

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kadrons stark), Kurfürst Maximilian Emanuel v. Baiern, wegen der großen Nähe und bedeutenden Stärke des feindlichen Heeres, einen Hauptsturm auf den 30. August. Hierzu mußte die Hauptarmee 3000 Mann auserwählter Mannschaft stellen, und hatte insbesondere das Regiment Prinz Wilhelm eine nicht unbedeutende Abtheilung unter Oberst Rolaz du Rosey dabei. Die Angriffspunkte der 4 Sturmkolonnen waren folgende : die Bresche der Terra nova für die erste Kolonne unter Lord Kuz be stimmt; die Bresche der rechten Flanke des Forts Coehorn für die 2. Kolonne unter Gen. Rivera ; der vor der Front dieses Forts ge legene Theil des bedeckten Wegs für die 3. Kolonne unter Gen. de la Cave; das Teufelshaus , die Kasotte und die vom Fort Coehorn zur Maas führende Schanzlinie für die 4. aus 200 Hessen und sonstigen Truppen bestehende Kolonne, unter Gen.-Maj. v. Schwerin bestimmt. Die 3 ersten Kolonnen wurden mit großem Verlust zurückge schlagen; der 4. Kolonne gelang es nicht allein, die doppelt pallisa dirte Schanzlinie, troß des tapfersten Widerstandes, an verschiedenen Stellen zu durchbrechen, sondern auch die Kasotte und das Teufels haus zu erobern. Gen. v. Schwerin ließ sogleich zwischen der er oberten Schanzlinie und den rückwärtigen Transcheen eine Verbindung herrichten und durch Traverſen jede Verbindung mit dem Fort Coehorn abschneiden. Da auch ein zweiter Sturm des linken Flügels mißlang, ſo befahl der Kurfürst von Baiern, vorläufig von weiteren Angriffen abzustehen, dagegen die Logements auf den eroberten Werken zu vervollständigen. Der Gesammtverlust der Stürmenden belief sich auf 2000 Todte und Verwundete, worunter sehr viele Generale und Stabsoffiziere ; auch der Oberst Rolaz du Rosey wurde hier abermals verwundet . Am 1. September waren schon alle Vorbereitungen zu einem 2. Hauptsturm beendigt, als die noch aus 5120 Streitfähigen bestehende Besaßung kapitulirte und freien Abzug mit allen Kriegsehren erhielt. Marschall Villeroi hob in Folge deſſen das Lager auf und ging über die Sambre zurück ; die verbündete Armee bezog weitläufige Quar tierstände. Die Hessen verließen die Armee am 8. September und bezogen theils zwischen Koblenz und Mainz, theils in der Wetterau die Winterquartiere. Das Regiment Prinz Karl blieb in Rhein fels während des kommenden Winters. Die beiden Stamm - Regimenter waren bei dem Truppenkorps von 20,000 Mann, mit welchem Landgraf Karl Anfangs Juli 1696 nach den Niederlanden marſchirte, um die 20 Bataillone zu erseßen, mit denen der König von England schon im März zum Schuße seines Reichs dahin aufgebrochen war. Bald nach der Rückkehr des Königs mit seinen Truppen trennte sich auch der Landgraf am 8. August von der Armee in den Niederlanden wieder und führte seine Truppen der Hauptarmee am Oberrhein zu, mit der er sich am 9. September bei Dennoch blieb die Kriegführung Niedertürkheim auch vereinigte. wieder eine thatenlose, und es konnte nur erfreulich sein, daß die Winterquartiere ſehr frühzeitig bezogen wurden. Die Hessen bekamen

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diese bei Frankfurt und Hanau angewiesen, wohin ſie ſchon am 5 . Oktober aufbrachen. Im Mai des Jahres 1697 mußte das Regiment Prinz Karl die Grenadier-Kompagnie Sobiewolsky zu dem neu errichteten Gre nadier-Bataillon abgeben, welches der zum Major und Kommandeur deffelben ernannte Kapitain Johannes Helferich v. Geyso vom Re giment Prinz Wilhelm erhielt. Die Kompagnie v. Geyso dieses Regiments ging ebenfalls an jenes Bataillon über. Der Komman deur des lezteren Regiments war schon im Monat Januar gestorben, und OberstMagnus v. Blixencron zu seinem Nachfolger ernannt worden. Kaum hatte König Wilhelm III., welchem bedeutende feindliche Streitkräfte in den Niederlanden gegenüber ſtanden, den Landgrafen Ende Mai durch Eilboten auffordern laffen, sich mit dem unter seinem Befehl stehenden 16,000 Mann starken, Hessisch-Hanöverschen Korps in Be wegung gesezt, so brach letterer auf, und kam schon am 21. Juni in dem Lager bei Brüssel an, wo er sofort rege Theilnahme an der da selbst durchden berühmten Ingenieur Coehorn zur Ausführunggebrachten Schanzarbeiten nahm. Indeſſen kam es außer unerheblichen Schar müßeln zwischen den beiderseitig ausgesendeten Streifparteien weiter zu keinen Vorfällen von Belang. Desto lebhafter wurden die diplomatischen Verhandlungen be= trieben, und als am 30. Oktober 1697 Seitens des Deutschen Reichs der Friedenstraktat unterzeichnet wurde und die Armee sich auflöſte, zogen auch die Hessen der Heimath zu. Es war die erste und zwar dreijährige Ruhe, welche die beiden Stamm-Regimenter seit ihrer Errichtung genoſſen, und ist aus dieser für damals langen Friedenszeit uns nichts bekannt geworden, als daß im Jahre 1698 vom Regiment Prinz Wilhelm 5 Kom pagnien reducirt und die 3 noch übrig bleibenden Kompagnien Prinz Wilhelms Bataillon genannt wurden.

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11. Abſchnitt.

Der Spanische Erbfolgekrieg 1701-1714. Auch das erste Jahr des Spanischen Erbfolgekriegs 1701 , viel leicht des blutigsten Krieges, der je geführt wurde, an welchem die Hessen, insbesondere die beiden Stamm - Regimenter so ruhmvollen Antheil nahmen, brachte man nur mit großen Rüstungen hin. Alle Regimenter wurden komplettirt, neue errichtet. So wurde auch das Prinz Wilhelms Bataillon , welches indeß kurz vorher den Namen Prinz Karls Bataillon erhalten hatte, als Prinz Karls Regiment auf 2 Bataillone und 10 Kompagnien gebracht. Das bisherige Prinz Karls Regiment hatte dagegen den Namen Prinz Wilhelms Regiment angenommen. Die für das folgende Jahr in's Feld bestimmten Truppen bil deten 2 Korps, von denen das eine in der Stärke von 3000 Mann im Solde Hollands, das andere von 8000 Mann im Solde Englands stand. Bei jenem befand sich das Regiment Prinz Karl , bei diesem das Regiment Prinz Wilhelm. In allen den verschiedenen Ländern, in welchen dieser Krieg ge führt wurde, traten die Hessischen Truppen unter der persönlichen Führung der Prinzen ihres Hauses auf, sowie unter dem Oberbefehl Eugens und Marlboroughs. Niemals waren sie vereinigt, sondern als Englische und Holländische Soldtruppen geschieden ; oft wieder als solche getrennt, findet man sie in ein und demselben Jahre auf ganz verschiedenen Kriegstheatern. Ihrer Nationalität geschieht in den verschiedenen Geschichtswerken selten und dann oft fehlerhaft Er wähnung, so daß man oft einzelne Abtheilungen ganz aus dem Auge verliert. Durch alles dieses wird man genöthigt, den kriegerischen Ereignissen, wenigstens übersichtlich, auf allen verschiedenen Kriegs theatern zu folgen. Am mittleren Rhein war eine der ersten Kriegsbegebenheiten die Belagerung von Kaiserswerth , welche vom 18. März bis 15. Juni 1702 dauerte. Das bei den Holländischen Truppen befindliche Regiment Prinz Karl stand während der ganzen Belagerung auf dem äußersten linken Flügel, während das in Englischem Sold stehende Regiment Prinz Wilhelm erst von Anfang Juni an an der Belagerung Theil nahm. Die Engländer bildeten das Korps, wel ches die Festung vom 9. bis 15. Juni auf der linken Seite des Rheins einschloß und die dortige Schanze nahm, was mit zur Uebergabe des Plazes beitrug. Der Kommandant Blainville sah bei dem traurigen Zustand der Werke und der Entfernung des Tallard'schen Korps keine Möglichkeit, sich länger zu halten, und verlangte am 15. Juni zu kapituliren. Die Garnison, nur noch 800 Mann, der Ueberrest von *

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11 Bataillonen, verließ am 17., nach einer ruhmvollen Vertheidigung von 58 Tagen, die Festung und marschirte nach Venlo. Marlborough, der Ende Juni in Haag angekommen war, über nahm am 2. Juli bei Nimwegen den Oberbefehl über die alliirte Armee, und vereinigte daselbst 60,000 Mann, darunter 19 Bataillone des früheren Belagerungskorps von Kaiserswerth . Das in Hollän dischem Solde befindliche Hessische Korps gehörte wahrscheinlich nicht hierzu, vermuthlich marschirte es nach der untern Schelde, wo es sich später findet. Den Befehl über das Hessische Korps gab Marlborough dem Erbprinzen Friedrich von Hessen, welcher bei der Erstürmung der Citadelle von Lüttich am 22. Oktober an der Spize der Grenadiere die Bresche erklimmt hatte. Der Englische General gestattete ihm sogar, die Festung Rheinfels, die Kaiserliche Truppen 4 inne hatten, und welche dieselben, trog des dringenden Verlangens des Landgrafen Karl zu räumen sich weigerten, wieder in Besiß zu nehmen, selbst wenn es mit Gewalt geschehen müsse. Der Besiß der Festung war gerade jezt für den Landgrafen nicht unwichtig, denn abermals nahte, wie vor 10 Jahren, Tallard mit einer bedeutenden Macht, um diesmal die Festung ganz sicher einzunehmen. Dabei brandschaßte er im Trierschen, Mainzischen und Pfälzischen. Marlborough stellte 12000 Mann unter den Befehl des Erbprinzen, darunter 6000 Heſſen, und detaschirte ihn nach dem Rhein. Prinz Friedrich brach am 4. November auf, nahm im Vorbei marsch die befestigten Städte Sinzig und Andernach, in welchen sich Französische Besagungen befanden, ein, ließ einen Theil seiner Truppen zu dem Korps stoßen, welches Bonn blockirte, und erschien am 20 . November mit seinen 6000 Heffen und 24 Belagerungsgeschüßen bei St. Goarshausen am rechten Rheinufer, der Festung Rheinfels und Stadt St. Goar gegenüber. Noch an demselben Tage wurde das Schloß Kaz zur Uebergabe aufgefordert und nach abschlägiger Ant wort beschossen, worauf es sich ergab. Am folgenden Tag wurden 4000 Mann mit dem Geschüß auf das linke Üfer übergeseßt, die Festung eingeschlossen und zur Uebergabe aufgefordert, welche der Kaiserliche Kommandant, Oberst v. Schneidau verweigerte. Hierauf ließ der Erbprinz die Laufgräben eröffnen und Batterien erbauen, welche schon am 23. ihr Feuer gegen die Festung begannen, das heftig erwidert wurde, so daß beide Theile einige Verwundete hatten. Am 24., 25. und 26. wurde die Festung aus 4 Batterien, deren eine auf dem Petersberg errichtet war, sowie von der Kaß aus stark be schoffen und dieselbe mit Bomben beworfen. Nachdem man der Welt das skandalöse Schauspiel, daß alliirte Völker im Angesicht ihres gemeinsamen Feindes sich gegenseitig auf rieben, mehrere Tage gegeben, kam man endlich auf den Gedanken, Waffenstillstand zu machen und einen Offizier an den Kaiserlichen Minister v. Kaunit in Frankfurt a. M. zu schicken. Am 30. No vember kam der Abgesandte mit dem Befehl an den Kommandanten zurück, die Festung dem Erbprinzen zu übergeben. Oberſt v. Schneidau

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zog an demselben Tag aus Rheinfels und wurde dieſes nun von Hessischen Truppen beseßt. Nachdem der Erbprinz seinen Zweck erreicht hatte, rückte er mit ſeinen Truppen wieder Rhein abwärts, und bezog die Winterquartiere auf dem Hundsrück in der Gegend von Koblenz und Bingen. Am Schlusse des Jahres starb Prinz Karl, Chef des Regiments gleiches Namens, zu Aarweiler an einem hißigen Fieber, und sein Regiment ging auf Prinz Leopold , den 7. der 10 Brüder über. Sowie das Hessische Korps in Englischem Solde, unter dem Befehl des Erbprinzen, den Schluß der Operationen im Feldzuge 1702 mit der Privat-Belagerung von Rheinfels gemacht und erst im De zember seine Winterquartiere in einer sehr armen und schlechten Gegend bezogen hatte, so war es auch 1703 dasjenige Korps der alliirten Armee, welches zuerst, schon Mitte Januar, im Felde erschien. Zwar hatte sich das Tallard'sche Korps bei der Annäherung des Erbprinzen, Anfangs November, nach Lothringen gezogen, doch hatten die Franzosen Trarbach als wichtigsten Punkt, das Fort St. Martin zu Trier, sowie Saarburg und das Schloß Veldenz mit hinreichenden Besaßungen versehen, um den Besiz der Mosel nicht ganz aufzugeben. Der Erbprinz glaubte, daß es ihm, bei der Entfernung Tallard's, gelingen könnte, die Franzosen ganz von der untern Mosel zu ver treiben, zog deshalb sein Korps in der Mitte Januar 1703 zusammen, erschien plöglich vor Trarbach und erstürmte am 24. die Stadt. Die aus 6 Kompagnien bestehende Besaßung zog sich in das hochge legene feste Schloß zurück, und der Erbprinz sah sich genöthigt, zu einer Belagerung zu schreiten, welche bei der natürlichen Festigkeit des Ortes und in der ungünstigen Jahreszeit wenig Erfolg versprach. Kaum war Tallard von dem Unternehmen des Erbprinzen benach richtigt, als er begann, ein Korps von 25 Bataillonen und 25 Es kadrons zum Entsah von Trarbach zu sammeln. Da aber von Bouflers Armee Truppen hierzu abgegeben und in ihren Stellungen durch an dere ersezt werden mußten, so verzögerte sich das Vorrücken Tallard's bis Mitte Februar. Der Erbprinz sah sich dadurch genöthigt, auf das Unternehmen zu verzichten und sich gegen Koblenz zurückzuziehen. Ob das Regiment Prinz Wilhelm an der von Coehorn ge leiteten und seit Eröffnung der Laufgräben vom 3. bis 15. Mai an dauernden Belagerung Bonns Theil nahm, ist nicht mit Bestimmt heit zu ermitteln. Pelet, welcher in seiner Histoire de prince d'Orange gute Quellen benußt zu haben scheint, giebt an, daß das Regiment im März zur Kaiserlichen Armee abgezogen sei, während es in der Grundlage zurHessischen Militairgeschichte unter demzum Belagerungs forps gehörenden Truppen aufgezählt wird. Das Eintreffen desselben an dem Oberrhein ist nirgends ersichtlich, mit Beſtimmtheit iſt es erſt in der zweiten Hälfte des Mai's anzunehmen. Ueber den Antheil, den das Regiment an den Ereignissen dieses traurigen Feldzuges nahm, ist sehr wenig mit Bestimmtheit zu er mitteln, und es läßt sich nur vermuthen, daß es einen Theil des Truppen torps bildete, mit welchem Markgraf Ludwig im Mai von Stollhofen

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durch das Würtembergische nach der Donau abzog und sich im Lager von Hausheim mit Styrum vereinigte. Als Anfangs September Mark graf Ludwig aus diesem Lager aufbrach und nach Augsburg zog, war das Regiment, nach einem monatlichen Rapport desselben aus jener Zeit, datirt vom 30. September aus dem Lager von Augsburg, bei dessen Armee . Nach demselben betrug der Effektivstand der 10 Kompagnien damals 722 Mann. Nach Aufhebung des Lagers von Augsburg Anfangs November kam das Regiment in die Gegend von Leutkirchen, bald danach aber nach Stuttgart in Winterquartiere. Für den am 28. März beim Regiment Prinz Leopold ab gegangenen Kommandeur wurde Oberst Wilhelm von der Malsburg Regiments - Kommandeur . Er führte es, als am 27. Juni die Hol ländischen Generale Sparre und Coehorn die Französischen Linien bei Steckene angriffen und nahmen, und hiernach bei der Bela gerung und Eroberung von Huy , deffen Schloß sich am 25. August mit seiner Besaßung von 1200 Mann auf Discretion ergeben mußte. Das Regiment Prinz Leopold blieb hier als Garniſon bis zum nächsten Frühjahr. Keins der beiden Stamm- Regimenter war bei der am 13. November dieses Jahres stattfindenden unglücklichen Schlacht am Speierbach, in der die betheiligten Hessischen Regimenter fast gänzlich aufgerieben wurden. In der Geschichte des Feldzuges vom Jahr 1704, die eine Menge sehr wichtiger Ereignisse enthält, finden sich auch mehr Specialitäten bezüglich der Theilnahme der einzelnen Truppentheile an denselben, als in der Geschichte der vorhergehenden Jahre. Leider vermehren sich hiermit aber auch die Widersprüche der verschiedenen Angaben und somit die Zweifel an der Richtigkeit vieler derselben, so daß oft eine definitive Entscheidung unmöglich und eine Zusammenstellung der Angaben nothwendig ist. Namentlich herrschen über das Regiment Prinz Leopold große Zweifel. Vielleicht war es bei den Truppen, welche, nach Belet, im Januar Huy verließen, an die Mosel geschickt wurden, und hier das ganze Jahr hindurch blieben ; vielleicht befand es sich bei dem Korps, welches der Erbprinz am 16. Februar bei Koblenz ſam melte, um den ganz Europa in Erstaunen sehenden und so folgen reichen Zug Marlborough's an die obere Donau mitzumachen. Dies ist sogar höchst wahrscheinlich, zweifelhaft dagegen ist es wieder, ob das Regiment an den Schlachten am Schellenberg und bei Hochstädt Theil nahm oder ob es bei dem Vormarsche Marlborough's vielleicht an den oberen Rhein detaschirt wurde. Daß Prinz Leopold bei der Armee in Baiern war und namentlich an der Schlacht bei Hochstädt Theil nahm, kann nicht als Beweis gelten, daß das Regiment , dessen Chef er war, ebenfalls dort gewesen sein müsse, denn die Prinzen befanden sich gewiß meist da, wo große Ereignisse zu erwarten standen und nicht stets an der Spize ihrer eigenen Regimenter. Der ebenso tapfere als talentvolle Prinz starb übrigens am 10. September zu Stuttgart an den Blattern und ging sein Regiment an seinen Bruder, den Prinzen Ludwig über.

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Das Regiment Prinz Wilhelm befand sich bei der Armee des Markgrafen von Baden. Dieser concentrirte am 18. Mai 41 Bataillone und 124 Eskadrons um Rothweil, marschirte über Tutt lingen, Möskirch, Riedlingen u. s. w., und kam am 26. Juni bei Giengen an. Am 28. vereinigte sich die Infanterie Marlborough's mit ihm, nachdem die Kavallerie schon vorausgeeilt war. Diese kom binirte Macht führte lezterer am 1. Juni nach Udenringen, 6 Stun den von Donauwerth, fest entschlossen, den Baierischen Feldmarschall Arco, noch vor der gänzlichen Vollendung seiner Schanzen auf dem Schellenberge anzugreifen. Er führte sein Vorhaben schon am 2. Juni aus. Marlborough leitete den Angriff des linken Flügels , den er in umfassender Art durch den Oldauer Wald zu richten gedachte. Hinter die 15 Bataillone ausgesuchter Truppen des Gen. -Lieut. Goor stellte er weitere 8 Bataillone in 2. Linie. Als Rückhalt dienten 10 Ba taillone unter Gen. - Lieut. Graf Horn und 32 Eskadrons des Erb prinzen von Hessen. Den Angriff des rechten Flügels übertrug der Markgraf dem Feldmarschall Baron Thüngen. Es mochte 6 Uhr Abends sein, als General Goor seine Bataillone vorführte. Sie rückten unter dem verheerenden Geschüßfeuer des Vertheidigers , wohl geschlossen und mit jenem sicheren Schritt heran, welcher der Probir stein des Muthes, der Vorbote des Sieges ist. Ein Theil der Mann schaft trug Faschinen zum Ausfüllen des Grabens. Der Taktik jener Zeit gemäß marschirten diese Truppen im Bereich des Kleingewehr feuers auf und gaben ihre Salven ab, wie auf dem Uebungsplay. Der Vertheidiger gab ein äußerst wohlgezieltes und gut unter haltenes Feuer ab, welches ganze Glieder der Angreifer nieder schmetterte. Zweimal führte Goor, unter dem entseßlichsten Kugel regen, mit heldenmüthiger Entschlossenheit seine Truppen bis an den Rand des Grabens. Jedesmal wurde er durch die tapferen Baie rischen Grenadiere wieder zurückgewiesen. Noch ein 3. und sogar 4. Mal gelangten Marlborough's Kolonnen bis an den Graben, wurden aber immer wieder mit außerordentlichem Verlust zurückgetrieben. Man wußte nicht, was man mehr bewundern sollte, die kalte Todes verachtung des Angreifers oder den verzweifelten Muth der Baiern, der nichts wissen wollte vom Verlassen des ihnen anvertrauten Bostens . Nun rückte auch der Markgraf mit dem rechten Flügel vor, und drang in die hier schwächer besezte Verschanzung ein. Es mochte ungefähr 8 Uhr sein, die Sonne war ihrem Unter gange nahe. Der blutige Kampf hatte bereits 2 volle Stunden ge dauert, da erstieg endlich auch der Herzog Marlborough die Brustwehr in einem legten blutigen Anlauf, begünstigt von dem zufälligen Auf fliegen einiger Pulverfässer im Rücken des Vertheidigers . Der Schel lenberg war für Arco verloren, sogar ein geordneter Rückzug blieb nicht mehr möglich. Nun öffnete sich eine Scene des Mordens in der Erdburg. Er grimmt über den hartnäckigen Widerstand und das vergossene Blut so vieler ihrer Kameraden hauen die Sieger alles nieder, was ihre

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Schwerter erreichen können, ohne in der Hiße des Streites das Rufen um Pardon anders als mit tödtenden Streichen zu beantworten. Wenn gleich der Verlust der Baiern nirgends speciell angegeben ist, so muß er den Umständen nach sehr hoch geschäßt werden. 13 Bataillone, etwa 6000 Mann, waren beinahe vernichtet, 16 Geschütze und das ganze Lager und Gepäck fielen in die Hände der Sieger. Aber auch der Verlust der letteren war wohl nicht geringer, als der der Baiern, wie aus der mehrmaligen Wiederholung des Sturmes und der hartnäckigen Vertheidigung in günstiger Position geschlossen werden kann. General Goor war gefallen; unter den vielen ver wundeten Generalen befand sich auch der Erbprinz. Noch bedeutungsvoller und folgenreicher als die Schlacht am Schellenberge war die von Hochstädt , welche am 13. Auguſt ſtattfand. Als am Tage vor der Schlacht die alliirte Armee durch die Französische Kavallerie allarmirt worden war, scheinen die Hessischen Infanterie-Regimenter unter Gen.-Maj . v. Wilke, welcher für den kurz zuvor ausgeschiedenen Obersten du Mont zum Kommandeur des Regiments Prinz Wilhelm ernannt worden war, und eine Bri gade Englischer Infanterie unter Gen. Row bei Taffheim aufgestellt worden zu sein, was durch die Oestreichische militairische Zeitschrift bestätigt wird, wonach 4 Englische und 5 Hessische Bataillone bei Taffheim die Avantgarde bildeten und 2 Hessische in Taffheim standen. Am Tage der Schlacht zogen diese Truppen nebst 15 Eskadrons Kavallerie der Armee voraus und bildeten auch hier die Avantgarde, bis dieselbe bei ihren verschiedenen Kolonnen, deren es 8 waren, ein trat. Weiter wurde eine 9. Kolonne aus 7 Hessischen Bataillonen des Gen. v. Wilke gebildet, und diese dazu bestimmt, den äußersten linken Flügel zu bilden. Bei ihr begann die Schlacht, denn sie er hielt um 21 Uhr Befehl, gegen Blindheim vorzurücken und sich der Uebergänge des Baches zu bemächtigen. Sie that den ersten Angriff auf das Dorf, wurde auf 20 Bataillone unter Lord Cutts verstärkt, und es waren ihr 15 Eskadrons beigegeben. Der Kampf um das Dorf dauerte hier abgesondert fort, bis die Französische Kavallerie geschlagen worden war, dann rückte ein Theil dieser Infanterie rechts von Blindheim vor, um sich mit den formirten Treffen Marlborough's in Verbindung zu sehen. Der Kampf, der um Blindheim stattfand, ist überall etwas verwirrt und verschieden dargestellt, doch hatten die Hessischen Regimenter einen sehr wesentlichen Antheil und die Destrei chische militairische Zeitschrift bemerkt insbesondere, daß bei einem zurückgeschlagenen Angriff Englischer Infanterie, eine am Bache auf gestellte Hessische Brigade lettere aufgenommen, dann vorgegangen sei, die Franzosen zurückgeschlagen und ihnen eine eben eroberte Englische Fahne abgenommen habe. Nach der Geschichte der Infanterie-Re gimenter von Alt wurden vom Regiment Prinz Wilhelm in Ge= meinschaft mit den Regimentern Leibgarde, Grenadiere und Erbprinz mehrere Englische Fahnen zurückerobert und der Französischen Rei terei noch 3 Standarten abgenommen. Die Franzosen, welche dann versuchten, aus Blindheim herauszubrechen und sich zu befreien (es

31 ―――― waren 27 Bataillone in der Stärke von ca. 12,000 Mann), wurden von den Hessen und 5 Englischen Bataillonen wieder in das Dorf zurückgetrieben und diese blieben dann vor demselben stehen, bis sich Die die Franzosen Abends 8 Uhr zu Kriegsgefangenen ergaben. Hessische Infanterie war demnach ohne Unterbrechung vom Anfang bis zum Ende im Gefecht, und mußte gegen die hinter Verhauen, Hecken und Häusern postirten Franzosen viel verlieren. Nach der Berlustliste der Oestreichischen militairischen Zeitschrift hatte sie an Verwundeten : 58 Offiziere und 673 Mann, an Todten : 17 Offiziere und 194 Mann, zusammen 942. Als Siegesantheil erhielt das Hessische Korps 4 Stück Fran zösische Geschüße mit dem königlichen Wappen bezeichnet. Einen be sonderen Ruhm verschaffte den Hessen das Glück durch die Gefangen nehmung des Marschalls Tallard. Nach der Schlacht von Hochstädt zog die alliirte Armee vor Ulm und der Markgraf Ludwig von Baden vereinigte den größten Theil aller jener Truppen, welche er zur Belagerung von Ingolstadt mit genommen hatte, mit derselben. Bei dem endlichen Weitermarsche nach dem Rhein, den man durch das Würtembergische gegen Philipps burg in 3 Kolonnen ausführte, zogen die Hessischen Truppen unter dem Kommando des Markgrafen ab, und trafen den 7. September daselbst ein. Hier fand eine neue Formation der 3 verschiedenen Korps statt, und die Hessen kamen dabei wieder zur Armee Marl borough's. Sie standen während der Belagerung Landau's bis zum 14. Oktober an der Lauter. Vom 14. bis 26. Oktober ließ Marlborough den größten Theil der zu seiner Armee gehörenden Truppen in 2 Abtheilungen nach der Mosel und gegen die Saar rücken. Der Erbprinz von Hessen sezte sich mit seiner Abtheilung erst am 23. in Marsch und rückte über Birkenfeld nach Trier, wo nunmehr 25,000 Mann vereinigt waren. Nachdem Marlborough zur Hauptarmee abgereist war, führte er den Oberbefehl über sämmtliche Truppen an der Mosel, und zeigte in dem Ueberfall von Wasserbillig, durch die Streifzüge in das Luxem burgiſche, die Einnahme von Saarburg und die Belagerung und Eroberung von Trarbach eine große Thätigkeit. Das Jahr 1705 ging ohne Ereignisse von besonderer Bedeutung hin. Sämmtliche Hessische Truppen befanden sich beim Beginne des Feldzugs an der Mosel, und Marlborough übernahm hier, am 26. Mai in Trier eintreffend, das Kommando. Am 19. Juni verließ er mit 50,000 Mann die Mosel und marschirte durch die Eifel an die Maas. Ein Angriff auf die Tirlemonter Linien am 18. Juli, an welchem das Regiment Prinz Wilhelm Theil nahm, war in den Niederlanden die einzige kriegerische Begebenheit. Es bleibt nur zu erwähnen übrig, daß der Kommandeur des eben ge= nannten Regiments, Gen. v. Wilke , zugleich dessen Chef wurde, und von nun an in diesem Regiment Chef und Kommandeur stets in einer Person vereinigt waren. Ehe Marlborough im folgenden Jahr (1706 ) aus dem Haag zur

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Armee abging, hatte er bei der Holländischen Regierung die Absendung eines Hülfskorps nach Italien unter Anführung des Erbprinzen von Hessen, aus Preußischen und Hessischen Truppen bestehend, durch gesezt. Er selbst concentrirte seine Macht bei Tongern, und traf daselbst am 12. Mai ein. Der vorjährigen Beschränkung Hollän discher Felddeputirten enthoben, erhielt er ohne Schwierigkeit die Einwilligung des Kriegsrathes zum Aufbruch gegen den Feind. Er erreichte ihn bei Ramillies am 1. Pfingsttage (am 23. Mai), der ihn nicht abhielt, sogleich zum Angriff zu schreiten und einen glän zenden Sieg zu erringen. 7000 Franzosen hatten das Leben, 6000 die Freiheit verloren ; aber auch das sämmtliche Geschüß von 50 Ka nonen, das Gepäck, 160 Fahnen und Standarten und, was Alles überſtieg - der Rest ihres Waffenruhmes , wie ihres Muthes war zugleich mit an die Sieger verloren gegangen. Diese zählten nicht viel über 1000 Todte, Verwundete 3564. Das Regiment Prinz Ludwig wurde in dieser Schlacht von seinem erst 20jährigen Chef selbst geführt. Er stürmte an der Epiße feines Regiments, troß eines überaus mörderischen Feuers von 4 feindlichen Bataillonen, den Degen in der Faust, Allen voran, mit einem solchen Ungestüm auf eins der versuchtesten Franzöſiſchen Re gimenter, das Schweizer-Regiment Villiers, ein, daß er, Einer der Ersten in den Reihen der Feinde, dem Fahnenträger die Leibfahne jenes Regiments mit eigener Hand entriß, und dann, durch mehrere Schuß- und Hiebwunden zu Tode getroffen, auf der eroberten Fahne, mitten im Siegesjubel der Seinen, sterbend zusammen ſank. — Sein Bruder, Prinz Maximilian , wurde statt seiner Chef des Regiments und blieb es 47 Jahre lang . Ebenso meisterhaft wie Marlborough den Sieg gewonnen, be nußte er ihn. Ohne nach so rühmlicher Arbeit dem Heere einige ――――― ganz Rast zu geben , führte er es am 25. Mai über die Dyle, Brabant ergab sich, Flandern wurde erobert, die Festungen Ostende und Menin erst nach mehrwöchentlicher Belagerung. An beiden Be lagerungen nahm das Regiment Prinz Maximilian Theil, während bei der später erfolgenden Belagerung von Ath nur 1 Bataillon dieses Regiments war. Das andere Stamm- Regiment machte unter dem Erbprinzen den Zug nach Oberitalien mit. Die Zeit des Abmarsches war nicht zu ermitteln, ebensowenig wie der Weg, den der Erbprinz einschlug . Er hatte am 18. August ſein ganzes Korps in der Gegend von Ve rona versammelt, nachdem schon am 16. der Desterreichische General Wezl mit einem kleinen Korps zu ihm gestoßen war. Er sezte sich nun gegen den Mincio in Bewegung, bemächtigte sich der Orte Volta, Cavriana und Monzambano, und nahm auch Goito mit seiner 300 Mann starken Besaßung. Durch die leichte Eroberung zu einer wichtigern gereizt, fing er nun die Belagerung von Castiglione delle Stivere an, nahm die Stadt und seßte dem Schloß, wenngleich ein einziger unglücklicher Sturm ihm 2000 Mann kostete, so heftig zu, daß der Entsag dringende Nothwendigkeit wurde. Ihn zu voll

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bringen, naheten sich Medavi und Taralba, 2 erfahrene Generale, mit ihrem Korps, das durch verschiedene Besaßungen schnell auf 12,000 Köpfe verstärkt worden war. Der Erbprinz, nach schimmernden Thaten geizend, ging auf die erste Nachricht von dem Anzuge ihnen entgegen, und fand sie in der Ebene von Solferino, den 9. Sep tember. Wie sie, das Fußvolk in der Mitte, die Reiter auf den Seiten, fiel er sie mit dem linken Flügel, wo die Kürassiere standen, so ungestüm an, daß die Französische Kavallerie ohne Zeitverluſt über den Haufen geworfen, das Fußvolk zurückgetrieben und schon mit seinen eigenen Kanonen beschoffen wurde. Der Sieg schien nicht mehr zweifelhaft, als ein Französischer Anführer - Lebret - ohne Befehl zu erwarten, mit seiner Bri gade aus der 2. Linie an die Stelle der geschlagenen rückte, das Ungestüm des Prinzen mit kalter Entschlossenheit aufhielt und Me davi Zeit verschaffte, die Ueberlegenheit seiner schweren Reiter gegen den Deutschen linken Flügel zu benußen, wo Friedrich die Dragoner hingestellt hatte. Schon beim ersten Angriff in Unordnung gebracht, endigten diese, als der Feind in Front und Flanke in sie drang, den Kampf mit eilfertiger Flucht. Das Fußvolk folgte, der ganze rechte Flügel verlor das Feld. Umsonst bemühte sich der Erbprinz, die auf Siegeshoffnung schnell eingetretene Gefahr der Niederlage abzu wenden, umsonst ergriff er selbst eine Fahne, bat und befahl den Fliehenden inne zu halten; doch umsonst. Er mußte sich den Rück zug gefallen lassen, der nach Valleggio genommen wurde. Der Erb prinz soll bei diesem unglücklichen Gefecht 2000 Mann verloren haben, während er selbst seinen Verlust auf 800 bis 1000 Mann angibt. Gen.-Maj. von Wilke verlor 2 Pferde unter sich, wurde selbst ver wundet und zeichnete sich mit seinem Regiment so aus, daß er in Folge dessen zum General- Lieutenant ernannt wurde. Der Erbprinz verließ die Gegend von Verona bald wieder, paſſirte den Po bei Lago Scuro, wandte sich gegen Guastalla und Parma, und vereinigte sich dann mit dem Herzog von Savoyen vor Bizzighetone, welches sich am 29. Oktober ergeben mußte. Den Winter brachte das Korps des Prinzen am Oglio zu. Auch im Jahre 1707 blieb das Regiment von Wilke noch in Italien, ohne daß über seine Verwendung etwas bekannt geworden wäre. Erst am Ende des Jahres kehrte es mit den übrigen Truppen des Erbprinzen nach Deutschland zurück. Der Feldzug in den Niederlanden war nicht thatenreicher, wie der in Italien. Das Regiment Prinz Maximilian bezog in Brabant Winterquartiere. Es nahm Theil an den Bewegungen und Märschen, welche Marlborough in den Monaten Mai und Juni 1708, sowie in den ersten Tagen des Juli der Schlacht von Oudenarde (am 11. Juli) vorausgehen ließ, wozu der Britische Feldherr den Beistand Eugen's angesprochen hatte. Dieser hatte dem Französischen Marschall Berwik gegenüber bei Alken an der Mosel ein 32,000 Mann starkes Heer gesammelt, bei welchem sich auch die aus Italien zurückgekehrten 3

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Hessischen Truppen befanden. Das Regiment von Wilke fehlte nicht dabei. Anfangs Juli ließ Eugen seine ganze Macht von Alken auf brechen, in Eilmärschen erreichte er Mastricht. Von hier aus seinen Trup pen vorauseilend, kommt er für seine Person noch gerade recht, um dies mal einen ebenbürtigen Gegner bekämpfen zu helfen. Beide (Eugen und Marlborough) kennen schon vollkommen ihren Feind (Vendome), beide haben schon mit ihm gerungen und wenig errungen : jezt aber stehen 2 gegen 1 ; daher wächst die Hoffnung, trog der Vortheile, welche letterer schon erlangt hat, siegreich aus dem Kampf zu gehen. Das Regiment Prinz Maximilian gehörte zu der aus 10,000 Holländern zu Fuß und 2000 zu Pferd bestehenden Kolonne, welche spät am Abend auf dem linken Flügel des Schlachtfeldes eintraf, bis dahin also noch nichts gethan hatte, auf einmal aber noch viel thun sollte. Von Auverkerk und Tilly geführt, zog die Ko lonne auf den Höhen hin, gewann die Flanke und selbst den Rücken des Feindes, und gab einige Salven dagegen ab. Die Französischen Prinzen hatten von hier aus dem Treffen zugesehen, sie erwarteten ruhig den Ausgang und keinen Angriff; um so größer war der Schrecken, die Unordnung, die Flucht, als er jegt so unvermuthet erfolgte. Vor und nach den Prinzen fing ihr Gefolge, sie mit dem Gefolge gegen die linke Seite zu rennen an, der Herr vor dem Diener, der Diener vor dem Herrn, je nachdem das Roß ihn am schnellsten trug . Ein niederschlagender Anblick für den Soldaten, ein ärgerlicher für Ven dome, der wie gewöhnlich kein Feuer scheute, keiner Gefahr wich. Die Prinzen fliehend, die Feinde im Nacken, hielten die Französischen Truppen auf jenem Flügel den Angriff nicht aus. Ein Theil suchte das Weite, Andere wichen in Unordnung nach der Linken, das kö nigliche Haus hieb sich durch, einige Korps streckten das Gewehr, Wenige nur stritten als herzhafte Leute um den Play. - Die Folge dieses herzhaften Angriffes war die vollständige Niederlage des Fran zösischen Heeres. 3000 Franzosen blieben todt auf dem Schlachtfelde, 4000 waren verwundet, 6000 mit 700 Offizieren wurden gefangen, 3000 gingen nach der Schlacht zu den Alliirten über. 59 Fahnen und Standarten, 5 Paar Pauken, 4 Kanonen, die einzigen, welche auf Französischer Seite an der Schlacht Theil nahmen, hatten jene erobert. Das ganze Geschüß der Alliirten bestand aus 8 Kanonen. Zwei Tage erholten sich die Sieger von der bestandenen Arbeit, nun ging Eugen nach Brüssel, sein heranziehendes Heer zu empfangen, und Marlborough sendete 20,000 Mann unter Lottums Anführung nach Wanneton, die Linien dieser Gegend zu durchbrechen. Schon auf dem Oudenarder Schlachtfelde hatten die alliirten Heerführer über die Frage, ob man das feindliche Heer oder eine Feste angreifen wolle, untersucht und für leztere und zwar für die Belagerung von Lille sich entschieden. Mit Recht wird sie unter Eugen's und Marlborough's merk würdigste Unternehmung gezählt. Merkwürdig in ihrem Vorsak, merkwürdig in ihrer Ausführung, sowohl wegen der Anstrengung, welche sie die Alliirten kostete, als wegen des außerordentlichen Wider

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standes, den sie fanden ; merkwürdig sowohl wegen der Außerordent lichkeit der Vorfälle, die sie veranlaßte, als wegen der großen Männer und hohen Personen, die dabei im Kampfe standen und zugegen waren. Man weiß nicht, wen man mehr bewundern soll, ob Bouflers oder Eugen, Vendome oder Marlborough. Aufmerkſam ſtand ganz Europa, den Blick nach diesem Fleck der Erde gerichtet, wo jene 4 Helden im Kampfe gegeneinander Alles aufboten, was Tapferkeit und Kriegskunst vermag. Der romantische Sieger des Nordens scheint einen Augenblick ehrerbietig Plaß zu machen, und sich aus unserem Ge sichte in die Wüste des Mazeppa zu verlieren, um nicht durch seine geräuschvollen Thaten die Aufmerksamkeit des denkenden Welttheils von dieser Begebenheit abzuziehen. Mit Vergnügen verfolgt man noch jest den Gang derselben von einem Tag zum andern und be merkt, wie feiner thatenleer verfloß, keiner dasteht, ohne sich durch eine merkwürdige Handlung von beiden Seiten ausgezeichnet zu haben. Nur einzelne derselben, an welchen, wenn auch nicht mit voller Be stimmtheit, so doch mit vieler Wahrscheinlichkeit die beiden Stamm Regimenter in Thätigkeit kamen, sollen hier hervorgehoben werden. Am 14. August tam die große Armee, welche aus Dänen, Preußen, Oestreichern, Hessen, Pfälzern, und anderen Reichstruppen bestand, unter den Befehlen Eugen's in der Stärke von 50 Bataillonen und 90 Eskadrons vor Lille an ; er hatte es übernommen, die Belagerung zu führen, Marlborough sie zu decken. Am 22. wurden die Laufgräben zu beiden Seiten der niederen. Deule bei dem Magdalenenthor eröffnet. Der erste Sturm auf einige Außenwerke sollte am 8. September mit der sinkenden Nacht geschehen. Alle Arbeiter, Zimmerleute, Träger der Schanzkörbe und übrigen Handwerkszeuge mitgerechnet, betrug die Zahl der zu diesem Sturme bestimmten Menschen nahe an 14,000, die gewöhnlichen Trancheewachen von 12 Bataillonen und 4 Eskadrons ungerechnet. Nachdem ein Hagel von Bomben und Steinen 2 Stunden lang Wall und Stadt übersäet hatte, folgte um 7 Uhr Abends eine fürchterliche Pause. Eine halbe Stunde dauerte die Ruhe, da fielen 3 Kanonenschüsse, die Zeichen des Sturmes . Die Grenadiere rückten aus den Transcheen und der Angriff begann. Schrecklich wüthet das Feuer der Franzosen, unaufhaltsam dringen die Stürmenden an! Mit keinem vergeblichen Schießen halten sie sich auf: die Gewehre an den Riemen über die Schulter geworfen und die Granaten in der Hand, kommen sie, ohne einen Schuß zu thun, bis zu den Pallisaden ; hier werfen sie ihre Granaten, geben __________ ihr Feuer und springen in den bedeckten Weg in diesem Augen blick aber beginnt das schrecklichste Feuer der Wälle von allen Seiten auf sie. Kanonen-, Kartätschen- und Musketenkugeln von dem Haupt wall und den detaſchirten Werken begraben sie unter ihren Faschinen und angefangenen Epaulements selbst. 3 Stunden lang strengen alle aufeinanderfolgende Abtheilungen vergeblich ihre Kräfte an, einen Fleck zu behaupten, wo der Tod nur zu hausen scheint. Endlich als auch die lezte Reserve noch herangerückt iſt, machen 3*

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die in den ausspringenden Winkeln und Places d'armes bereit ge haltene Truppen ihren Ausfall und greifen die Stürmenden von allen Seiten an. - Nicht lange ist der Sieg nun zweifelhaft mehr, 3500 sind von den Stürmenden außer dem Gefecht und Eugen und Oranien sehen den wenigen Ueberrest, bis in die Laufgräben verfolgt, zurückkehren, ohne gesiegt zu haben, während Bouflers 2000 Leichen bedauert, die von beiden Theilen allein auf der Contreescarpe und der Tenaille liegen. Schon am andern Morgen hielt Eugen Kriegsrath, worin ein Entwurf zu einem neuen Angriff am 20. September gemacht wurde. Was über der Erde gescheitert war, sollte unter der Erde durchge sezt werden; eine Mine sollte jest den gedeckten Weg durchbrechen und so der Sturm zum 2. Mal gewagt werden. Er fiel nicht glück licher aus; der ritterliche Prinz wird sogar an der Spiße der Stür menden, von einer Kugel nicht unbedeutend verwundet, zu Boden geworfen und ohne Leben aus dem Gefecht getragen. Den 3. Sturm am 27. September leitete Marlborough, ohne jedoch mehr Glück zu haben, wie sein noch nicht ganz wiederherge stellter Waffengefährte. Am folgenden Tage führte der Sohn des berühmten Marschall von Luxemburg durch eine der kühnsten Handlungen , mitten durch die feindlichen Linien, der Festung Munition und Verstärkung zu. Der 4. und legte Hauptsturm, den Eugen wieder leitete, lief glücklicher ab. Man bemächtigte sich eines vor dem Hauptwalle liegenden Ravelins und einiger Tenaillen, und nahm, was von deren Besaßung nicht in den mit Wasser gefüllten Graben gesprungen und ertrunken war, gefangen. Der eigene Verlust war indeß auch sehr groß, und wurde u. A. der Gen.-Lieut. v. Wilke, jedoch nicht gefähr lich, am Halse verwundet. Am 22. Oktober war Alles zu einem abermaligen Sturme be reit, als Bouflers zu kapituliren verlangte. Es wurde ihm geſtattet, sich nach der Citadelle zurückzuziehen. Unterdeß kam der Kurfürst von Baiern vom Rhein her, ver sammelte 16,000 Mann bei Mons und beschloß damit Brüssel zu nehmen. Beide Feldherren der Verbündeten eilten am 26. November fast mit ihrer ganzen Macht herbei und nöthigten den Kurfürsten zum eiligen Rückzug nach Namur. Schon am 28. kehrte Eugen zur Belagerung zurück und nahm in wenigen Tagen alle Werke wieder, deren Bouflers sich durch Ausfälle während seiner Abwesen heit bemächtigt hatte; aber nicht eher als bis der König von Frank reich dem alten Helden den Befehl überschickt hatte, die Citadelle zu übergeben, verlangte Bouflers zu kapituliren, was endlich am 9. De zember geschah. Eugen überließ es seinem Gegner, wie bei der Kapitulation der Festung die Punkte nach seinem Belieben festzusehen. Das Jahr 1709 zeichnete sich, wie das vorhergehende, durch 2 große Kriegsereignisse aus, durch die Belagerung der damals sehr starken Festung Tournai und die Schlacht bei Malplaquet, eine der blutigsten, die je geschlagen wurden.

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Die beiden großen Feldherren der Alliirten hatten ihre Macht bis auf 120,000 Mann verstärkt, um ihren neuen Gegner, Marschall Villars, in einer offenen Feldschlacht zu vernichten. Da jedoch Vil lars in seinem verschanzten Lager für unangreifbar gehalten wurde, so beschloß man die Belagerung von Tournai. Während der selben befanden sich nach einer Ordre de bataille vom 3. Juli d . J., welche im Theatrum Europäum enthalten ist, die Regimenter v. Wilke und Prinz Maximilian unter dem Kommando des Gen. Lieut. Grafen Harrach und Gen.-Maj . v. Sacken ; bei welchem der Angriffe, die von 3 Seiten zugleich unternommen wurden, sie sich indeß befanden, ließ sich nicht ermitteln. Am 29. Juni wurde die Festung eingeschlossen, am 31. Juli, 23 Tage nach Eröffnung der Laufgräben, zogen die Franzosen in die Citadelle und die Alliirten in Tournai ein. Die Belagerung der Citadelle begann mit großer Gewalt. Eine Menge Flatterminen, von denen oft einige über einander lagen, waren der Feste furchtbarste Vertheidigung. Nirgends in ihrem ganzen Umfang seßte man den Fuß auf die Erde, ohne in Gefahr zu sein daß ein verborgenes Feuer aus ihr hervorbrechen werde; und so große Vorsicht die Alliirten anwendeten, so fleißig sie den feindlichen Minen nachgruben, so manche sie fanden und ausleerten, so oft ge schah es, daß ihre Werke umgeworfen, ihre Minen mit den Arbeitern verschüttet, und ganze Kompagnien, einſt (am 28. August) ein ganzes Bataillon jämmerlich in die Luft geschleudert wurde. Surville, thr Kommandant, würde noch Monate lang die Feste haben behaupten können, wenn nicht der gänzliche Abgang an Unterhalt und Arznei mitteln ihn genöthigt hätten, am legten August wegen der Uebergabe in Unterhandlung zu treten. In Folge dessen ging 3 Tage später die Citadelle mit Accord über. Villars hatte zwar sein verschanztes Lager verlassen, aber bei Malplaquet eine andere, durch Verschanzungen nicht weniger starke Stellung bezogen; dennoch beschlossen Eugen und Marlborough den Angriff auf den 11. September. Unter der Decke eines undurch dringlichen Nebels ordneten sie am frühen Morgen die zum Angriff bestimmten Kolonnen. Die meiste Macht kam auf beide Flügel, welche zuerst die Waldungen erobern sollten, um nachher die Ver schanzungen zugleich in Front und Flanke anfallen zu können. Das Regiment Prinz Maximilian war dem äußersten linken Flügel unter Prinz Friedrich von Nassau zugetheilt. Es ging hier heiß her, es wurde hier mehr Blut vergossen, wie auf dem rechten Flügel, wenn auch der Kampf Stunde später begann. Mit eisernem Muthe ging der Prinz von Naſſau mit 4 Kolonnen auf die Verschanzungen Los. Ein verwüstendes Feuer, das auf allen Punkten aus den Re tranſchements fährt, hemmt nicht ihre Schritte. Ihre ersten Glieder stürzen zu Boden ; die nachstehenden rücken vor und fechten auf den Leichnamen ihrer Brüder. Eine Stunde lang dauert der Streit mit ſteigender Hize und zweifelhaftem Erfolg ; jeder Soldat ist Werkzeug oder Opfer des Todes. So oft von der Gewalt des Feuers ein

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Schlachthause zurückgeschmettert wird, so oft tritt ein anderer an deſſen Stelle, so oft fordert der lebhaftere Angriff die Franzosen zu leb hafterer Vertheidigung auf. Auf ihrer ganzen Linie sind diese un bezwingbar, mit ihrem höllischen Feuer treiben sie die Angreifer zurück. Tausende sind gefallen und noch ist nichts vollbracht. Durch 19 Bataillone vom rechten Flügel verstärkt, ermuntert durch gute Nachricht von dieser Seite, führt Nassau seine Truppen zum 2. Mal in den Kampf. Der Donner von 24 Kanonen schlägt verwüstend in ihre Reihen, das Feuer der Musketen durch bohrt ihre Glieder ; sie achten's nicht, immer rücken sie vor ; allen, so Offizieren als Gemeinen, ist der Gedanke an Flucht viel unaussteh licher, als das Feuer, das aus den Verschanzungen wüthet. Doch wo sie ansehen, wie oft sie mit Löwengrimm den Versuch erneuern, so vertheidigen die Franzosen allenthalben und immer ihren Boden unübertrefflich.

Endlich bei einem erneuten Angriff gerathen einige Französische Bataillone in Unordnung, sie weichen, die Holländer und Hessen brechen durch. Aber mit Blizes- Schnelle ist Bouflers da, stellt die Ordnung her und führt die Geschlagenen gegen den Feind, der, was er kaum gewonnen hat, mit vielem Blut wieder verliert. Alle fernern Ver fuche laufen fruchtlos ab. Eine Französische Brigade bricht sogar aus den Verschanzungen hervor, dringt mit gefälltem Bajonnet auf Naffau's bis auf die Hälfte zusammengeschmolzene Truppen ein, be mächtigt sich einer Batterie und kehrt, als sie die Kanonen vernagelt hat, mit einigen eroberten Fahnen wieder zurück. Um diese Zeit nach 6stündigem Kampfe, machte der Erbprinz von Heffen den großen Kavallerie-Angriff auf das feindliche Centrum, und entschied dadurch das Schicksal des Tages. Aber noch 2 Stunden dauert das Blutvergießen fort, bis endlich Bouflers, der für den ver wundeten Tallard das Kommando übernommen hatte, das Zeichen zum Rückzug giebt. Er geschah, ungeachtet beide Flügel durch die Alliirten von einander getrennt waren, ohne Uebereilung und ohne Verlust. Der linke Flügel zog über Honneau gegen Valenciennes, der rechte nach Quesnoi. Es war der Marsch eines wohlgeordneten Kriegsheeres, das die Alliirten, zufrieden mit der eroberten Wahlstatt, nicht zu verfolgen wagten. Aber welch eine Wahlstatt ! 17,000 Todte und Sterbende, mehrere Tausend schwer Verwundete, etliche Tausend zerrissene Pferde stellten dem Auge ein Schauspiel dar, das man nicht ohne Entsezen sehen konnte. 6000 von diesen Schlachtopfern waren Franzosen, die übrigen alle gehörten den Verbündeten an, die über haupt 25,000 an Todten und Verwundeten verloren hatten. So un erhört die Tapferkeit war, die das verbündete Heer bewiesen, mit ſo vielem Recht betrachtete man in Frankreich die Schlacht bei Malplaquet als die Wiedergebährerin des Französischen Waffenruhmes. Gen.-Lieut. von Wilke verließ in diesem Jahre den Hessischen Dienst und Oberst Graf von Dönhof wurde Chef seines Regiments. Zu dem neuen Feldzuge 1710 rüsteten sich die Alliirten unge wöhnlich früh. Schon im April sammelten die verbündeten Feld

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herren ihre Truppen bei Tournai und nahmen sogleich die noch schwach besezten Linien zwischen Scarpe und Deule, welche im vorhergehenden Frühjahr für uneinnehmbar gehalten wurden. Da aber Villars jedem ferneren Angriff auswich, so entschloß man sich zu der Belagerung von Douai, womit man am 23. April den Anfang machte. Binnen 14 Tagen glaubte man sich der Festung bemeistern zu können, ihre Vertheidigung durch Gen. Albergotti war jedoch eine so ausgezeichnete, daß man sie nebst dem Fort Scarpe erst am 27. Juni in Befih be kam. Die Regimenter Dönhof und Prinz Maximilian hatten rühmlichen Theil an der Eroberung von Douai, ob sie aber auch zu der nun folgenden Belagerung von Bethune herangezogen wurden, ist zweifelhaft. Den Winter über blieben die Truppen wie in den beiden vorher gehenden Jahren in Belgien. Im folgenden Jahre (1711 ) trennte sich Eugen von seinem Waffengefährten, um Deutschland gegen die erneuten Angriffe des Feindes zu schüßen. Unsere beiden Regimenter blieben in den Niederlanden, hatten aber keinen Theil an der Belagerung von Bou chain, der einzigen Begebenheit von Bedeutung im Jahr 1711. Im Jahr 1712, in welchem die Königin Anna von England, ohne gleich Anfangs offen aufzutreten, ihre veränderte Politik dadurch zu erkennen gab, daß sie den ruhmgekrönten Herzog von Marlborough aller seiner Stellen entsezte, bekamen die verbündeten Truppen und ihre Führer überhaupt, das in Englischem Solde stehende Regiment Dönhof insbesondere einen schweren Stand. Im Anfang hatte Graf d'Albemarle, vom 12. April an der Erbprinz von Heffen, bis zur Ankunft des Herzogs von Ormond , das Kommando über die Eng lischen Truppen geführt. Er kam am 20. Mai zu Tournai an und schien anfänglich in die Absichten und Ideen Eugen's eingehen zu wollen; doch am 24. Juni erklärte er, von seiner Königin den Befehl erhalten zu haben, daß er innerhalb 3 Tagen einen Waffenstillstand auf 2 Monate abschließen solle; er würde, wofern man die Belage rung von Quesnoi fortseße, dieselbe nicht weiter decken können, son dern sich in 3 Tagen mit den Englischen und den im Englischen Sold stehenden Truppen zurückziehen. Die Kommandeure bekamen, troß der ausweichenden Erklärung, die sie hierauf gegeben hatten, am 28. Juni vom Herzog von Ormond den abermaligen Befehl, sich zum Abmarsch bereit zu halten, und sie hätten wohl dem bestimmten Befehl Folge leisten müssen, wenn nicht der Erbprinz Friedrich diesmal für sie eingetreten wäre und sämmtliche Hessische Truppen — unter die Befehle Eugens gestellt hätte. Die Belagerung von Quesnoi , bei welcher das Regiment Dönhof betheiligt war, wurde während dieser Mißhelligkeiten nicht unterbrochen und die Festung am 4. Juli eingenommen. Das Regiment Prinz Maximilian verlor in diesem Jahr seinen bisherigen Kommandeur durch den Tod und erhielt einen neuen in der Person des Oberstlieutenant von Deppen. Die beiden lezten Jahre des Spaniſchen Erbfolgekriegs (1713—14)

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wurden nur mit Friedens-Unterhandlungen hingebracht. Die Truppen der Staaten, welche den Frieden noch nicht abgeschlossen hatten, standen zwar noch im Felde, doch von keiner Seite wurde der Krieg mit Ernst geführt. Wo sich die beiden Regimenter Dönhof und Prinz Maximilian während dieser beiden Jahre befanden, ließ sich nicht ermitteln. Das leztere Regiment bekam im Jahr 1714 den Namen Prinz Maximilians Regiment Infanterie , weil dessen Chef zugleich Chef eines Kavallerie - Regiments ge= worden war.

III. Abſchnitt.

Die Zeit vom Spaniſchen Erbfolgekrieg bis zum 7jährigen Krieg 1715-1757. *********** Von den 30 Jahren, welche das Regiment Prinz Maximi lian bis jezt bestanden hatte, waren nur 3 Friedensjahre ; der jezt folgende, um 12 Jahre längere Zeitabschnitt hat 28 Jahre des Frie dens aufzuweisen, welche sämmtlich als Lücken in der Geschichte der beiden Regimenter zu betrachten sind, weil die uns überlieferten Nach richten über diese Jahre höchst mangelhaft sind . Die beiden ersten Friedensjahre benußte Landgraf Karl_dazu, seine im Spanischen Erbfolgekrieg gelichteten Regimenter wieder zu komplettiren. Vorzüglich war dies bei dem Regiment Prinz Maximilian der Fall, welches im Jahre 1717 die auszeichnende Bestimmung erhalten hatte, Kaiser Karl dem VI . als Hülfstruppe im Kriege gegen die Türken in Ungarn zu dienen. Es erhielt den später als Destreichischen General-Feldmarschall berühmt gewordenen Oberst Gottfried Ernst von Wutginau zum Kommandeur und wurde durch Zutheilung des Baumbach'schen Bataillons zu 3 Bataillonen formirt, die in 2 Grenadier- und 15 Musketier-Kompagnien 2400 Mann zählten. Bewaffnung und Bekleidung, auf welche der Landgraf be= sonders viel Sorgfalt verwendet hatte, waren im Wesentlichen so, wie bei Errichtung des Regiments, und scheint es auf einem Irr thum zu beruhen, wenn verschiedene Schriftsteller angeben, das Re giment habe weiße Uniformen getragen, weil ein Augenzeuge und Mitkämpfer in der Schlacht bei Belgrad, der in Bairischen Diensten stehende Oberst, später General de la Colonie in seinen Mémoires bestimmt sagt, daß die Hessen gleich den Baiern blau gekleidet ge= wesen seien. Die Mannschaft bestand, mit Ausnahme der Tamboure und Pfeifer, welches sämmtlich Neger waren und statt der Filzhüte blanke

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Stahlhelme, statt der weißen Tücher um den Hals silberne Hals bänder mit dem Hessischen Wappen trugen, nur aus Hessischen Landes kindern, die ohně allen Zwang meist nur auf vier Jahre angeworben waren. Den zur Musterung des Regiments bestimmten Kommissarien (Gen.-Lieuten. von Kettler, Kriegsräthe Klauer und Müller und Kriegs pfennigmeister Fuhrhans) befahl der Landgraf mittelst eigenhändigen Rescriptes vom 4. Mai 1717, sie sollten ,,das Regiment Mann für Mann nach den vorgeschriebenen Fragestücken genau examiniren und sich dabei vor Allem vergewissern, daß nichts fehle und namentlich Niemand mit Gewalt und Unlust zum Dienst gezwungen worden sei, und erst wenn dieses gehörig festgestellt wäre, zur Beeidigung schreiten." Die Aufstellung und Eintheilung des Bataillons war fast noch wie vor 30 Jahren (4 Divisionen und 12 Züge, ohne die Grenadier Kompagnie). Der Abstand zwischen den Gliedern, deren es noch 4 waren, betrug jedoch 4 Schritte ; dagegen standen die Nebenleute etwas dichter wie früher, nämlich ohne sich zu drängen Arm an Arm. Eine Eigenthümlichkeit war es, daß bei dem Vorrücken in das Ge fecht die 4gliedrige Aufstellung in eine 3gliedrige umgeformt wurde. Das vierte Glied marschirte auf Kommando nach den Flügeln des Bataillons und bildete hier neue Rotten von je 3 Mann. Damit bei den Feuern jeder Mann seinen Schuß abgeben konnte, ließ sich das erste Glied auf das rechte Knie nieder, während das dritte Glied dicht aufschloß. Auf diese Weise gab man Salven im Ganzen, mit halben Bataillonen, mit Divisionen und mit Zügen. Eine ganz eigenthüm liche Art war das Heckenfeuer, wobei von jedem Zug 2 Rotten vom rechten Flügel 3 Schritt vortraten, ein Glied formirten, auf Kom mando feuerten, und dann wieder eintraten, um den beiden folgenden Rotten Plaß zu machen u. f. w. Bei Formation des hohlen Quarree's bildete jede der 4 Divi ſionen eine Seite des Quarrée's, und die Grenadiere vertheilten sich an die 4 Ecken , wo sie mit aufgepflanztem Bajonnet niederknieten, auch wohl Handgranaten warfen. Ein volles Quarre gab es ebenso wenig wie eine Angriffskolonne ; alle Angriffe wurden in Linie ausgeführt. Ein großer Fortschritt in der taktischen Ausbildung war die während des Spanischen Erbfolgekriegs erfolgte Einführung des Gleichschrittes . Während sich die herrliche Armee Eugen's im Mai und Juni in der Stärke von 61 Bataillonen und 176 Schwadronen allmählig bei Peterwardein und Futak sammelte, marschirte das Regiment Prinz Maximilian aus der Heimath ab. Von Ulm fuhr es zu Schiff die Donau hinab nach Wien, wo es am 18. Juni von dem Kaiser im Geleite eines zahlreichen Gefolges persönlich gemustert wurde. Bei dieser Gelegenheit erregte das Regiment nicht nur durch sein glän zendes Aussehen, sondern auch durch die von ihm bethätigte vortreff liche Haltung und ausgezeichnete Waffenfertigkeit die Bewunderung und den Beifall aller Kenner des Kriegshandwerks . Von Wien zur Armee nach Ungarn abrückend, nahm es zunächſt Theil an der unter dem Kommando des Prinzen Eugen von Savoyen unternommenen

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ewig denkwürdigen und auch heute noch in dem bekannten Soldaten liede Prinz Eugenius, der edle Ritter" gefeierten Belagerung der Stadt und Festung Belgrad. Die Anzahl der Besaßung betrug nahezu 30,000 Mann; sie bestand aus dem Kern der Janitscharen und einer der tapfersten Führer der Osmanen, Mustapha Pascha, der besonders thätig in Ausfällen war, befehligte sie. Das Regiment traf am 12. Juli vor der Festung ein und hatte bereits am 14. eine kleine Abtheilung desselben Gelegenheit, sich ganz besonders auszuzeichnen. Es waren nämlich in der Nacht zum 13. Juli durch einen Orkan die über die Save geschlagene Schiffbrücke zerrissen und mehrere der Brückenschiffe von der Strömung fortgetrieben, überhaupt noch viele sonstige Verwüstungen im Kaiserlichen Lager angerichtet worden. Die Verwirrung, welche dieses verursacht hatte, klug benußend, ließ Mustapha Pascha am 14. Morgens die am jenseitigen Ausgange jener Brücke erbaute, nur mit 60 Mann des Hessischen Regiments unter dem Kapitain von Kanne*) besetzte Brückenschanze mit großer Uebermacht unter wildem Allahgeschrei angreifen. Ueber die Zahl derFeinde werden die verschiedensten Angaben gemacht. Schels, welcher 1000 Mann angiebt scheint das Theatrum europäum benußt zu haben ; Arneth sagt in seiner Biographie des Prinzen Eugen, daß es 10,000 Mann gewesen seien, während letterer selbst, in seinem Bericht an den Kaiser von 6000 Mann spricht. Jedenfalls war die Zahl der Feinde und das Ungestüm, mit welchem dieselben angriffen, so groß, daß man im Kaiserlichen Lager anfangs keine Anstalten traf, den Ver theidigern der Schanze Hülfe zukommen zu lassen, weil man es für ganz unmöglich hielt, daß sich das kleine Häuflein so lange halten könne, bis die abgeschickte Verstärkung über die Save geschifft war. Kapt. v. Kanne war jedoch nicht der Mann, welcher verzagte wenn die Gefahr auch noch so groß war. Er hatte zwar nur eine Hand (die andere hatte er in einem Zweikampfe mit seinem eigenen Bruder verloren), diese war aber um so kräftiger, und seine Unter gebenen hatten unbedingtes Vertrauen zu ihm. Sie schlugen einen Angriff nach dem andern ab, und hielten sich unter der kräftigen Führung Kanne's noch nicht für verloren, als Munitionsmangel ein trat und die Abwehr der feindlichen Angriffe zuletzt nur noch mit blanker Waffe erfolgte. Es konnte nicht fehlen, daß eine solche Stand haftigkeit die Bewunderung der auf dem rechten Save-Ufer stehenden Oestreicher in hohem Grade erregte ; sie hielten sich für verpflichtet, dem Prinzen Eugenius Meldung zu erstatten, und dieſer ſäumte nicht, augenblicklich herbeizueilen. Kaum gewahrte dies Kapt. v. Kanne, *) Ein im Jahre 1776 in Folge eines an sämmtliche Amstleute gerichteten Befehls des Landgrafen Friedrich II . von Heffen, zu Protokoll vernommener Invalid, Johannes Rau aus Karlshafen, welcher 1717 Musketier (ſpäter Ser geant) im Regiment Prinz Maximilian und einer der 60 des Kapitains von Kanne gewesen war, nennt denselben Kahn , welche Umänderung sich jedoch nur durch den niederheſſiſchen Dialekt des Invaliden erklären läßt, da derselbe in jeiner wunderlichen Erzählung ziemlich wahrheitsgetreu iſt.

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so sprang er auf den Wall und gab durch Winken mit dem Hute zu verstehen, daß schnelle Hülfe nothwendig sei. Prinz Eugenius säumte nicht lange, er ließ sogleich 3 Grenadier-Kompagnien einschiffen und übersehen. Sie landeten unterhalb der Schanze, an einer Stelle des Ufers, die mit dichtem Buschwerk bewachsen war. Hierdurch gelang es ihnen, den Türken, welche eben wieder einen Angriff auf die Schanze unternahmen, ganz überraschend in die Flanke zu fallen, was zur Folge hatte, daß der Feind nicht nur in die Flucht geschlagen wurde, sondern daß er auch von jedem weitern Angriff abstand . Nach der Herstellung der Brücke, die möglichst beschleunigt wurde, begab sich Eugenius mit einem zahlreichen und glänzenden Gefolge in die Schanze und überzeugte sich durch den Augenschein, daß die Hälfte der Vertheidiger den Tod oder tödtliche Wunden davon ge= tragen hatte, ja daß fast keiner ganz unversehrt geblieben war. Er überhäufte die kleine Heldenschaar mit Lobsprüchen, ließ sie im Triumpf in das Kaiserliche Lager zurückgeleiten und theilte ihnen reichliche Be lohnungen aus . Die Belagerung Belgrads nahm einen guten Fortgang, doch wurde die Lage Eugen's eine sehr bedenkliche, als am 30. Juli die Vorhut des großen Türkischen, wohl an 200,000 Mann starken Ent sazheeres sichtbar wurde, und dieses sich am folgenden Tage auf den Höhen lagerte, welche das Kaiserliche Lager auf Kanonenschußweite umgaben. Hierdurch voy allen Seiten eingeſchloſſen, ſchien das Kaiſer liche Heer dem Untergange geweiht zu sein. Daß die Lage des er fahrenen Feldherrn eine ganz außergewöhnliche sein mußte, das be zeugte der gegen seine Gewohnheit gefaßte Entschluß, die vornehmsten Generale am 15. August zu einem Kriegsrathe zu versammeln. Ihrer Zustimmung gewiß, theilte er ihnen seine Absicht mit, das feindliche Heer am folgenden Morgen angreifen zu wollen und dann Belgrad zu nehmen, wobei er gesagt haben soll: " Entweder werde ich mich Belgrad's, oder die Türken werden sich meiner bemächtigen." Die gleich nach dem Kriegsrathe mit vieler Klarheit und großer Umsicht abgefaßte Disposition zur Schlacht bestimmte, daß 7 Regi menter Kavallerie im Lager und 6 Bataillone mit 4 Grenadier-Kom pagnien in den Laufgräben zurückbleiben, 15 Bataillone sich der Festung gegenüber aufstellen sollten, während der Rest der Armee, 52 Ba taillone, 43 Grenadier-Kompagnien und 24 Reiter-Regimenter zum Angriff auf das Türkische Lager bestimmt waren. Eigenthümlich war es, daß einer jeden dieser 3 Abtheilungen ein Bataillon des Hessischen Regiments zugetheilt war. Das für die Schlacht bestimmte Bataillon, welches am linken Flügel des 2. Treffens unter dem General-Feldzeugmeister, Prinzen von Bevern stand, hatte das Glück, bei der Entscheidung des Tages mit wirken zu helfen. Ein dichter Nebel, welcher mit dem Beginn des Tages aufstieg, war nämlich die Ursache, daß, wenn man auch in die türkischen Laufgräben eindrang und deren Vertheidiger bis in ihr Lager zurückdrängte, in der Mitte der Kaiserlichen Schlachtordnung durch Rechts- und Linksziehen der Truppen eine weite Lücke entstanden

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war. Als sich gegen 8 Uhr Morgens der Nebel zertheilte, drang ein zahlreicher Heerhaufen der Türken dort ein und drohte die Schlachtlinie zu zerreißen. Kaum hatte Eugen dies bemerkt , als er sich_an_die Spite des 2. vom Prinzen von Bevern kommandirten Treffens ſtellte, um den vorgedrungenen Feind zurückzuschlagen. So verzweifelt sich dieser auch wehrte, den von ihrem geliebten Feldherrn per sönlich angeführten Truppen konnte nichts widerstehen, sie vertrieben den Feind aus seinen Transcheen. Nur eine feindliche Batterie von 18 schweren Kanonen im Centrum der Türkischen Stellung fehlte noch zum vollkommenen Sieg. 20,000 Janitscharen und 10,000 Spahis vertheidigten dieselben. Eugen ließ 10 Grenadier-Kompagnien und 4 Bataillone (3 Baierische und eins vom Regiment Prinz Maxi milian), deren Flanken durch 2 Regimenter Kavallerie gedeckt waren, gegen sie marschiren. Ganz geschlossen, mit klingendem Spiel, rückten diese Braven vor ; sie hielten das mörderische Feuer des Feindes aus, ohne dasselbe durch einen Schuß zu beantworten, drangen mit dem Bajonnet in die Batterie und warfen den Feind aus derselben, der nach dem tapfersten Widerstand sich gezwungen sah, in seine Lager verschanzungen zu retiriren. Der schon erwähnte Baierische General de la Colonie sagt über diesen wichtigen Moment der Schlacht : „ In dessen hatten wir einen weiten Weg zurückzulegen, bevor wir die Türkischen Laufgräben vom Feinde reinigen und bis an sein großes Retranfchement vordringen konnten. Unsere Baierische Infanterie, welche der Mitte aller dieser Gräben gegenüber stand, sah sich dem heftigsten Feuer ausgesezt ;" und später : " Allein was sehr befremdend erscheinen muß, war der Umstand, daß dieſe im Centrum der Schlacht linie aufgestellte Infanterie bei ihrem Vorgehen sich abgesondert und ohne andere Unterstüßung fand, als die durch ein Bataillon des Regiments Hessen- Kaffel (also vom Regiment Prinz Maxi milian). Sie drang durch alle Werke der Türken vor, bis zu deren großer Batterie und dann, nachdem sie einen Augenblick angehalten hatte, um sich zu formiren, erstieg sie im Sturmangriff das ovale Retranschement, zwang die Türken zum Verlassen desselben und pflanzte die Baierische Fahne in diesem starken Kernwerk auf, während die Kaiserliche Infanterie langsamen Schrittes herankam, um sich in Sicherheit mit uns zu vereinigen." Noch einmal thut de la Colonie der Hessen Erwähnung : „ Und wir fuhren fort, mit Feuer vorwärts zu marschiren. Solcher gestalt kämpften wir hier als die einzige Infanterie, mit Ausnahme des Bataillons Hessen - Kassel , welches blau gekleidet war, gleich uns ; es folgte uns mit Unerschrockenheit und verließ uns nicht." Nach diesen bewunderungswürdigen Erfolgen der kleinen Helden schaar bedurfte es keiner großen Anstrengungen mehr, den weichenden Feind vollständig in die Flucht zu schlagen. Er überließ dem Sieger sein Lager mit allen seinen Schäßen ; 200 Geschüße, 51 Fahnen, 9 Roßschweife bildeten die Kriegstrophäen. Endlich war eine Folge dieses Sieges die Uebergabe Belgrad's am 18. August, womit den Siegern abermals 6000 Geſchüße und

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eine außerordentliche Menge Munition in die Hände fiel. Leider war besonders die hochgelegene Festung entsetzlich verwüstet. Eine vor wenigen Tagen hineingefallene Bombe hatte ein großes Pulver magazin entzündet, wodurch der ganze Stadttheil zerstört wurde, weit über 1000 Menschen auf einmal ihr Leben einbüßten. Nachdem das Regiment sodann eine Zeit lang daselbst in Garnison gelegen, wo es jedoch ――――― wie Invalid Rau sich in seinen Erleb nissen ausdrückt von wegen der vielen todten Türken dermaßen gestunken, daß man es bale (bald) nicht hätte abhalten können," mar schirte das Regiment mit noch 11 anderen im Jahre 1718, mit seinem Chef an der Spiße nach Italien, um dem Kaiser beizustehen, die von den Spaniern in Besih genommene Insel Sicilien denselben wieder abzunehmen. Das Ziel des Marsches war vorerst Neapel , wo das Regiment wahrscheinlich längere Zeit in Unthätigkeit liegen blieb. Gen. Mercy, welchem der Oberbefehl in Italien anvertraut worden war, sammelte nämlich erst im Frühjahr 1719 in der Umgebung von Neapel ein Korps von 14,000 Mann. Mit demselben ging er am 22. Mai bei Baja unter Segel und landete 4 Tage später bei Patti auf Sicilien, auf diese Weise das 8000 Mann starke Korps des Ge nerals Zumjungen nicht unbeträchtlich verstärkend . Es war ein be schwerlicher Feldzug. Bei einer ungewöhnlichen Hiße wurde der Soldat von Ungeziefer aller Art geplagt ; es fehlte ihm nicht nur an Lebens mitteln, sondern blieb auch oft der Sold Wochen und Monate lang ganz aus ; und nicht genug, daß das Spanische Heer dem Kaiser lichen weit überlegen war, auch die Bevölkerung war den Oestreichern feindlich gesinnt, stellte sich unter Waffen und fügte den letteren oft großen Schaden zu. Gen. Merch gönnte seinen Truppen in dem Lager bei Limeri nur kurze Ruh, denn schon am 17. Juni brach er von hier in 3 Kolonnen auf, der verschanzten Stellung des Spanischen Generals de Lede bei Franca villa entgegen. Auf der Höhe delle tre Fon tane vereinigten sich die Kolonnen am 3. Tage, und schon am fol genden Morgen schritt Mercy zum Angriff. Das Gefecht dauerte vom Morgen bis zum Abend und wurde mit vieler Hartnäckigkeit geführt ; das einzige, was man jedoch erlangte, war, daß der Feind genöthigt wurde, sich in seine Verschanzungen zurückzuziehen. Der Antheil, den das Regiment Prinz Maximilian an dem Gefecht nahm , iſt uns nur durch den Invaliden Rau bekannt geworden, welcher sich in folgender Weise darüber ausspricht : Bevor der Angriff geschehen, habe der General von Wutginau das Regiment einen Kreis schließen lassen, sich auf einen Stein gestellt und also gesprochen : " Kinder! Ihr seht die große Macht des Feindes, darum spreche ein Jeder ein Vater Unser. Weiter laßts euch jedoch nicht kümmern und geht nur frisch darauf los, zieht aber vorher die Kamisöler aus, damit ihr beffer fechten könnt! “ “ „Als dies geschehen, wäre auch das Regiment mit aufgepflanztem

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Bajonnet, Schurri,*) in voller Furie den Berg hinunter auf die Spa nioler losgerannt und habe deren erste Linie überſtülpet. Doch die Macht des Feindes sei zu groß gewesen. Der habe von der Flanke her attakirt, und da sei dem Merch seine Armee bald in große Unord nung gerathen, so daß sie wieder nach dem Lager hin habe retiriren müssen. Dahin aber wäre den Hessen schon beinahe der Paß abge= schnitten gewesen, dieweilen solche ganz vorn mitten zwischen den Spaniolern sich rimmer (herum)getrieben, aber doch so eigentlich nicht gewußt hätten, wo an und wo ' naus. Da habe der General von Wutginau auf einen zur Seite gelegenen Berg hingewiesen, wohinan vieles Buschwerk zu bemerken gewesen. Da sollten wir uns suchen zu sammeln, ein Jeder für sich, so gut er könne, und rief uns zu : ,,,,Kinder ! Kinder! Haltet bei Ehre und Fahnen, aber wer laufen fann, der laufe! " " ,,Da frappelten wir auch den Berg hinauf, ein Jeder wie er konnte, und kamen oben so ziemlich wieder bei einander, worauf wir von hinten her ganz stolz wieder ins Lager marſchirten, ohne gar zu große Verluste gehabt zu haben. War aber doch eine harte Tour gewesen, absonderlich bei der großen Hiße." Noch 3 Wochen lang blieb Merch in einer günstigen Stellung bei Motta, auf eine passende Gelegenheit zu erneutem Angriff lau ernd. Da sich diese nicht darbot, so beschloß General Zumjungen, der für den erkrankten Mercy den Oberbefehl übernommen, die Be lagerung von Messina. Am 16. Juli brach Zumjungen dahin artf. 4 Tage später traf er vor Messina ein und begann sogleich den Angriff gegen die Stadt, welche von den Spaniern, von den Bürgern fräftig unterstüßt, hartnäckig vertheidigt wurde. Dennoch mußte sich die Stadt am 9. August ergeben; am 13. folgten die Kastelle St. Marta, Griffone und Kastellazzo . Die Citadelle mit ihrer 5000 Mann starken Besaßung leistete längeren Widerstand . Erst nachdem am 8. Oktober die Belagerer eine Verstärkung von 10,000 Mann erhalten, am 17. die Belagerten einen Sturm mit großer Tipferkeit abgeschlagen hatten, ergab sich die Citadelle am 18ten. Der Kaiserliche Oberfeldherr beschloß, die ganze Armee (20,000 Mann) zu Messina einzuschiffen, zu Trapani zu landen, und dann über Alcam o nach Palermo zu ziehen. Erst am 25. November ging Feldzeugmei fter Zumjungen mit der Hälfte des Heeres unter Segel und landete nach 4 Tagen an der Westküste der Insel. Die andere Hälfte des Heeres schiffte sich, durch widrige Winde dazu gezwungen, am 20. Januar 1720 unter Mercy's eigener Leitung ein und kam bei dem anhaltenden ungünstigen Wetter erst am 3. März in Trapani an. Aber nicht früher, als bis Mercy's Heer bis zu 50,000 Streiter verstärkt worden war, brach er, und zwar am 5. April, gegen Palermo auf, wohin sich Marquis de Lede mit seiner Armee zurückgezogen und verschanzt hatte. *) Schurri ist der alte Schlachtenruf der Heffen, der bei denselben bis zu Anfang dieses Jahrhunderts gebräuchlich gewesen sein soll, dann aber durch das von den Russen stammende „ Hurrah“ erſeßt wurde.

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Nach Herbeischaffung der nöthigen Artillerie griffen die Kaiser lichen am 28. und 29. April mehrere Redouten an und nahmen sie. Am 1. und 2. Mai wurde der Feind abermals aus mehreren Schanzen verjagt; fast das ganze Spanische Heer griff zu den Waffen, und ein Haupttreffen, das der Desterreichische Heerführer so sehr wünschte, schien wirklich beginnen zu wollen, als plöglich Marquis de Lede einen Parlamentair an Mercy schickte, und ihm die Ankunft der Voll machten seiner Regierung ankündigte, welche ihn ermächtigten, die Insel mit seinen Truppen zu räumen. Auch an diesen Angriffen nahm das Regiment Prinz Maxi milian rühmlichen Antheil. Sein Chef, der junge Prinz, erhielt bei einem derselben eine Verwundung . Den Rückmarsch trat das Regiment erst 1721 an; es muß also noch geraume Zeit in Erholungsquartieren zugebracht haben. Ob dieselben dem Regiment auf Sicilien angewiesen worden sind, oder auf dem Festlande, das hat sich ebenso wenig ermitteln lassen, als die Art und Weise des Rückmarsches . General von Wutginau war zwar schon am 21. Januar Chef des bisherigen Regiments Prinz Georg und Oberst von Seyfferdig sein Nachfolger geworden, jener führte jedoch das Regiment, ehe er es verließ, in die Heimath zurück. Von den noch folgenden 12 Friedensjahren ist kaum etwas an deres als einige Personal-Veränderungen bekannt geworden. Im Jahre 1722 wurde das 3., früher von Baumbachsche Ba taillon vom Regiment Prinz Maximilian wieder getrennt. In demselben Jahr ging der zum Generalmajor avancirte Graf von Dönhof, Chef des andern Stamm-Regiments in Preußische Dienste, und wurde an seiner Stelle 1723 Oberst von Loewenstein Chef dieses Regiments . Letterer starb am 24. Dezember 1732 erſt 46 Jahr alt, und erhielt er im folgenden Jahre einen Nachfolger in dem Obersten August Moriß v. Donop. Vom Regiment Prinz Maximilian ist noch zu bemerken, daß es zu den Regimentern gehörte, welche nach dem am 23. März 1730 erfolgten Tode des Landgrafen Karl unter dessen Sohn, Friedrich I. 1731 eine Verminderung erlitten. Sein 2. Bataillon ging nämlich ein, wogegen das 1. Bataillon auf 8 Kompagnien ge bracht wurde. Aber schon 1734, als wegen der Polnischen Königswahl ein Reichskrieg gegen Frankreich entstand , und Friedrich Kaiser Karl dem VI. ein Auxiliar-Korps von 3200 Mann stellte, zu welchem auch das Regiment Prinz Maximilian gehörte, wurde dasselbe nach Errichtung zweier neuen Kompagnien wieder auf 2 Bataillone gebracht. Es ist dies der lezte Feldzug, welchen Invalid Rau , der unterdeß schon auf Sicilien Unteroffizier geworden war, mitmachte. Von ihm hören wir, daß das Regiment mit noch 3 Hessischen Regimentern dem Prinzen Georg untergeordnet gewesen sei, bei Bingen am Rhein den Franzosen gegenüber gestanden und hier Vorpostendienst gethan habe, wobei es nicht ohne blutige Gefechte abgegangen sei. Das Regiment von Donop gehörte nebst dem Wilkischen Re

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giment zum Reichs- und Kreiskontingent, für welches Landgraf Frie drich bei dem Kaiserlichen Oberfeldherrn Prinz Eugenius (wie schon einmal im Spanischen Erbfolgekrieg) den Befehl ausgewirkt hatte, die Besazung von Rheinfels zu bilden, welche Festung nach langen Streitigkeiten abermals in den Besiz Kaiserlicher Truppen überge gangen war. Wie damals verweigerte auch der jeßige Kommandant, Marquis de Caselle ungeachtet der Befehle des Prinzen Eugen die Auf nahme der Hessen-Kasselschen Truppen, indem er vorgab, blos unter dem Hofkriegsrath in Wien zu stehen, ohne dessen besondere An weisung er keine fremden Truppen in die Festung aufnehmen dürfe. Erst auf einen sehr energischen Befehl des Prinzen Eugen rückten die Hessischen Truppen in Rheinfels ein und zwar am 27. Mai 1734. Der Landgraf vermehrte in einigen Wochen die Besaßung bis auf 3500 Mann, ließ die Festungswerke durch 2000 Arbeiter herstellen und ernannte den Gen.-Lieut. v. Kugleben zum Kommandanten und Gouverneur. Nach dem am 29. Mai aufgenommenen Inventar befanden sich im Zeughause der Festung noch 3 Türkische Fahnen, welche das Regiment Prinz Maximilian bei Belgrad erobert hatte. Zu dem am 20. Oktober 1735 über eine Französische Heeres Abtheilung erfochtenen Sieg bei Clausen im Kur-Trierschen hatte Am 4. das ebengenannte Regiment das ſeinige mit beigetragen. März d. I. war Oberst Wolf v. Gudenberg zum Kommandeur des Regiments ernannt worden, nachdem sein Vorgänger im Civil placirt worden war. Schon nach 3 Jahren wurde von Wolf wieder versezgt, und Oberst v. Merlau Kommandeur des Regiments Prinz Ma ximilian. Dies ist Alles , was uns aus jener 5jährigen Friedens zeit bekannt geworden ist. Während des nun folgenden Oestreichischen Erbfolgekriegs traten für die Hessischen Truppen, insbesondere für unsere beiden Regi menter ganz eigenthümliche Verhältnisse ein. Mit England, welches auf der Seite der Kaiserin Maria Theresia stand, hatte Landgraf Friedrich I. 1741 einen Subsidien-Traktat abgeschlossen, in Folge deffen der Landgraf 6000 Mann zu stellen hatte, die aus 4 Ka vallerie- und 6 Infanterie-Regimentern (darunter das Regiment Prinz Maximilian) bestanden. Sie sammelten sich unter dem Kommando des Prinzen Georg an der oberen Weser, und gehörten noch mehrere 1000 Dänen und Hannoveraner zu diesem Korps. Durch Vermittlung Frankreichs, welches sich für Kaiser Karl VII . erklärt hatte, gelang es, den Landgrafen zu vermögen, daß er auch dem Gegner Maria Theresia's im Jahr 1742 ein Hülfskorps von 3000 Mann zuschickte. Bei diesem Korps befand sich das Regi ment v. Donop und es standen demnach die beiden Stamm-Regi menter feindlich gegeneinander. Ja, es war nur ein Zufall, daß sie in der Schlacht bei Dettingen am 27. Juni 1743 sich nicht Mann gegen Mann gegenüber standen. Das Regiment v. Donop be gab sich im Jahr zuvor mit den übrigen Hessischen Regimentern über Regensburg in das Baierische Lager bei Plattling, und befand

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fich bis zum Frieden zu Füssen (22. April 1745) ununterbrochen bei der kombinirten Baierisch-Französischen Armee. Sind nun auch die einzelnen Truppentheile, welche in der Schlacht bei Dettingen mitkämpften, nicht bekannt geworden, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß das Regiment v. Donop an der Schlacht Theil nahm. Daß nicht auch das Regiment Prinz Maximilian auf der geg nerischen Seite mitkämpfte, war nur ein Zufall, denn Prinz Georg, welcher seine Truppen von der Weser her in Eilmärschen herbeige führt hatte, stand am Tage der Schlacht in einem Lager bei Dörnig heim. Wäre ihm die Sachlage bekannt gewesen, hätte er, in Ver bindung mit den Hannoveranern 12,000 Mann stark, den Feind im Rücken angegriffen, dieser hätte einer vollständigen Niederlage nicht entgehen können. — Nach der Schlacht marschirte die Oestreichisch Englische, die sogenannte pragmatische Armee mainabwärts und am 29. Juni vereinigte sich das Korps des Prinzen Georg mit ihr in einem Lager zwischen Hanau und Fechenheim. Mit diesem Jahre ging der Englische Subsidien-Vertrag zu Ende, und Landgraf Friedrich führte nun 1744 ſeine sämmtlichen Truppen, unter dem Kommando des Prinzen Friedrich (nachmaligen regierenden Landgraf Friedrich II. ) Kaiser Karl VII. zu, deffen Baierische Staaten er in diesem Jahr wieder erobern half. Beide Regimenter waren dabei, nachdem das Regiment Prinz Maximilian in der Perſon des Obersten Henrich Wilh. v. Wutginau einen neuen Kommandeur erhalten hatte. Nachdem Frieden zu Füssen 1745 kam das Regiment v. Donop mit 3000 Mann, die unter dem Kommando des Generals v. Dal wigk standen, in Holländischen, das Regiment Prinz Maximilian mit 6000 Mann wieder in Englischen Sold. Beide machten die Campagne in den Niederlanden mit, ohne daß uns jedoch etwas Näheres darüber bekannt geworden wäre, außer daß die Verbündeten im Monat Dezember noch von dem thätigen Gegner, dem Marschall von Sachsen einen Angriff erwarteten, in Folge deſſen die Hessen und Hannoveraner bestimmt wurden, den Kanal von Brüssel, zwischen Žilvorde und Willebroeck, eine Strecke von 3 Meilen, zu vertheidigen. Am 1. Januar 1746 zeigte Gen.-Lieut. Dunmore, der in Ab wesenheit des Herzogs von Cumberland die Englischen Truppen be fehligte, dem Sestreichischen bevollmächtigten Miniſter, Grafen von Kaunit an, daß er die Weisung erhalten habe, von den 24 Englischen Eskadrons, die sich noch beim Heere befanden, 18, sammt den 6000 in Englischem Solde stehenden Hessen nach England überzuführen, um den von Frankreich unterstüßten Prätendenten Karl Eduard be kämpfen zu helfen. Das Regiment Prinz Maximilian , vor 26 Jahren noch auf Sicilien, vor 58 Jahren vor Negropont, sollte 1746 feinen Waffenruhm in das nördliche Schottland tragen. Anfangs Februar wurden die Hessischen Truppen auf 38 Ueber fahrts- und 4 Kriegsschiffen zu Wilhelmstadt eingeschifft, und schon nach 7 Tagen lief der ganze Transport glücklich im Hafen zu Leith ein. Nach einem kurzen Aufenthalt zu Edinburg und in deſſen Um 4

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gebung marschirten die Hessen, unter Anführung ihres Prinzen Frie drich, zunächst nach Perth, um die Bewohner der dortigen Gegend, welche meistentheils den Rebellen zugethan waren, im Zaume zu halten. Auf die Nachricht, daß diese letteren sich im Gebirge gesammelt hätten, daß Schloß Blair eingeschlossen und den Paß von Killicrankie besezt hielten, detaſchirte der Prinz einen Theil seiner Truppen nach Dunkeld und nöthigte den Feind, den Engpaß zu räumen und die Belagerung jenes Schlosses aufzugeben. -Durch den von dem Herzog von Cum berland bei Culloden erfochtenen Sieg über die Rebellen wurde dem Aufstande ein Ende gemacht. Nichts desto weniger blieben die Heffen noch 8 Wochen lang zwischen Perth und Stirling stehen, und kehrten dann Anfangs Juli nach den Niederlanden zurück. Hatte hier den Verbündeten bisher ihre Schwäche nicht gestattet, irgend etwas zu unternehmen, so mußten sie doch nach dem Eintreffen aller Verstärkungen entweder gegen den Marschall von Sachsen, der südlich von Brüssel stand, anrücken, oder sich an die Maas ziehen, um womöglich das bedrohte Charleroi zu retten und Namur zu sichern. Der Marsch an die Maas wurde am 17. Juli aus dem Lager bei Therheyde angetreten und langte das Heer am 21. bei Walkenswaard an. Prinz Karl von Lothringen übernahm hier den Oberbefehl über das verbündete Heer, das er zunächst nach Peer führte, wo sich am 23. ein aus Deutschland kommendes Korps mit ihm vereinigte. Nach der Ordre de bataille vom genannten Tage ſtanden die beiden Stamm Regimenter im Centrum des 2. Treffens unter Gen. Howard, welch ehrenvoller Plaz ihnen in einem abgehaltenen Kriegsrath, in denen damals der Rang der verschiedenen Heerestheile in der Schlacht ordnung einen Hauptgegenstand der Berathungen ausmachte, ange wiesen worden war. Außerdem hatte man beschlossen, sich nach Süden gegen Namur zu wenden, marschirte deshalb über Zonhoven, Borgloon und Warem nach Braive und überschritt am 1. August die Mohaigne, während man am 2. dicht vor Namur, dieses im Rücken, Stellung nahm . Bei Annäherung des Marschalls von Sachsen verließ man auch diese und zog sich auf das rechte Ufer der Maas zurück, worauf der Französische Feldherr Anfangs September mit der Hälfte seiner Armee die Belagerung von Namur unternahm und mit der andern Hälfte bei Tongres Stellung nahm. Als man endlich einen Angriff gegen diese Stellung beschlossen hatte, ging das verbündete Heer am 14. September bei Mastricht auf das linke Üfer der Maas, vermuthlich in der Hoffnung, der Marschall von Sachsen werde den Angriff nicht abwarten und zurückgehen. Er that es aber nicht, weshalb man be schloß, sich gegen Lüttich zu wenden, führte aber den Marsch dahin nicht eher, als am 7. Oktober aus, nachdem Namur längst gefallen, die Französische Armee wieder vereinigt war. Das Regiment Prinz Maximilian befand sich an diesem Tage bei der aus 8 Bataillonen bestehenden Arriergarde, welche zwischen den Dörfern Glahn und Verhen Stellung genommen hatte und durch das Kanonenfeuer des Feindes von der Höhe bei St. Simon aus einige Verluste erlitt. Einen ernstlichen Angriff befürchtend, sendete der Prinz von Lothringen

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eine Verstärkung von 12 Bataillonen dahin, unter denen sich auch das Regiment von Donop befand . Mit dieſem lezteren und 2 Hannöverschen Bataillonen erhielt Gen. v. Zastrow am 8. Befehl, die Dörfer Liers, Varoux und Kocour zu beseßen. Der General traf die zweckmäßigsten Anstalten zur Vertheidigung der 3 Dörfer, erhielt aber, troz wiederholter Forderungen, erst am 11. Oktober, also am Tage der Schlacht von Rocour eine Verstärkung von 5 Bataillonen. Liers und Baroug wurden nun mit je 2 Bataillonen, Rocoug mit 4 Bataillonen besezt, und standen, nach einer Relation des Generals von Zastrow über die Schlacht, die Hessischen Bataillone*) v. Donop und v. Mansbach an der rechten Seite des letteren Dorfes. Wieder holte Angriffe der Franzosen auf die Dörfer Varoux und Rocoux, welche nach 4 Uhr Nachmittags erfolgten, wurden zurückgeschlagen. Der Marschall von Sachsen ließ immer neue Truppen vorrücken, und sezte sich persönlich den größten Gefahren aus . Gen. von Zastrow sagt in seiner Relation: " Gegen Mittag kam der Feind in verschiedenen Linien an marschirt, zog sich durch die hohlen Wege , und fing an, sich auf der Höhe zu formiren. Der Marschall von Sachsen war in dem Dorfe gerade gegen mir über (Lontin) , aus welchem er sich mit sämmtlicher Französischen Generalität, unter Escorte vieler Hu saren in die Plaine zog und seine Disposition zu machen schien." „ Nach 1 Uhr fing man an, mich zu kanoniren. Die feindlichen Batterien thaten wenig Schaden, und meine Leute bezeigten vielen Muth. Ich konnte sie mit meinen Stücken, welches nur 3-Pfünder waren, nicht erreichen ; die feindlichen Batterien bestanden aus 16 und 24-pfündigen Kanonen. Der Feind attakirte mittlerweile denlinken Flügel der Armee und machte nun seine Disposition, mich auch anzu greifen. Er brauchte zur Attake der Dörfer Rocour und Varoux 8 Brigaden, und jede Brigade wurde durch 3 Bataillone, so en echelon hintereinander postirt waren, soutenirt.“ Nachdem Gen. v. Zastrow jezt von dem Angriff auf Varoux berichtet, fährt er weiter fort : Ich begab mich nun nach meinem linken Flügel, nach Rocour, welches eben auch attakirt wurde, fand aber leider die Engländer schon im Rückzugé, und als ich solche zu railliren suchte, wurde ich von den Feinden gänzlich umgeben, so daß ich nach vielen ausge haltenen Schüssen, einzig durch die Vigeur meines Pferdes, der Ge fangenschaft entging. Der Feind gewann nun meine Flanke, und drang durch die obenerwähnten Lücken, worin ich aus Mangel an Leuten nur 6 Pelotons von den Hessen gesezt hatte. Dieses zwang die Hessen auch zu retiriren, wovon aber der mehrste Theil nach vieler bewiesener Bravour umzingelt, getödtet und gefangen wurde . Gleiches Schicksal hatten die (Hannöverschen) Regimenter v. Maidel und Böselager, von welchen lezteren ich nur ungefähr 114 Mann *) Die Regimenter waren damals so zusammengeschmolzen, daß sie kaum die Stärke von Bataillonen hatten, und deshalb sehr oft auch mit dieſem Na men bezeichnet wurden. 4*

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zusammen bringen konnte, mit welchen und dem Rest der Hessen ich in so guter Ordnung als möglich, mich am linken Flügel unserer Linie (so inzwischen näher an's Dorf gerückt war) seßte." Der im Verhältniß sehr bedeutende Verlust der Hessen in dieser Schlacht betrug an Todten: 14 Offiziere, 207 Mann, an Verwun deten: 6 Offiziere, 139 Mann, an Gefangenen : 19 Offiziere und 406 Mann. Der bei weitem größere Theil dieses fast 800 Mann betragenden Verlustes kommt auf die beiden Regimenter v. Donop und v. Mansbach, und das Verhältniß der Zahl der Todten zu der der Verwundeten beweist, daß sich die beiden Regimenter mit einer beispiellosen Hartnäckigkeit vertheidigt haben. Der rechte Flügel der Verbündeten, bei dem sich das Regiment Prinz Maximilian befand, wurde gar nicht angegriffen. Im folgenden Jahre (1747) beabsichtigten die Verbündeten, jezt abermals unter den Befehlen des Herzogs von Cumberland, eine frühzeitige Eröffnung des Feldzugs; dennoch versammelten sie sich erst am 30. April in dem Lager bei Brecht. Nach der Ordre de bataille von diesem Tage befanden sich bei der im Ganzen 115 Ba taillone, 44 Kompagnien und 191 Eskadrons starken Armee nur 5 Hessische Bataillone (Regimenter), darunter das Regiment Prinz Maximilian im Centrum des 2. Treffens. Das Regiment v. Donop, welches in der Schlacht bei Rocour so ungewöhnliche Ver luste erlitten hatte, war wahrscheinlich noch nicht wieder in der Ver fassung, einen neuen Feldzug mitmachen zu können. An der Schlacht von Laffelt, welche am 2. Juli stattfand, nahm es jedenfalls Theil, zu welcher Zeit es jedoch betm Heere eintraf, ließ sich nicht ermitteln. Am 14. Mai verließen die Verbündeten das Lager bei Brecht und bezogen ein neues bei Lier, welches sie am 24. Juni ebenfalls verließen und nach Westerloo marschirten, aber nicht in der Absicht, die vereinzelten Französischen Korps anzugreifen, sondern bloß um sich Mastricht zu nähern, seine Belagerung zu verhindern. In kleinen Märschen bewegte sich das Heer der Verbündeten vorwärts über Diest nach Hasselt, und kam am 30. Juli in dem Lager zwischen Ghent und Gellick an. Es konnte, bei einiger Beschleunigung seiner früheren Bewegungen, schon an diesem Tage über das Korps des Prinzen Clermont herfallen, es konnte es am Morgen des 1. Juli noch mit aller Leichtigkeit thun ; ließ aber den günstigen Zeitpunkt unthätig vorübergehen, und so wurde es dem Marschall von Sachsen nicht schwer, am Tage der Schlacht bei Laffelt , am 2. Juli 1747, alle seine Kräfte zu vereinigen. Unsere beiden Regimenter kämpften an diesem Tage am Punkte der Entscheidung, in und bei Laffelt. Der Marschall von Sachsen hatte nämlich beschlossen, Vleitingen und Laffelt durch des Prinzen von Clermont Truppen anzugreifen, den linken Flügel der Verbündeten zu werfen und von Mastricht abzudrücken. Um 9 Uhr sezten sich die Franzosen in 3 Kolonnen, jede zu 4000 Mann, zum Angriff von Vleitingen und Laffelt, unter dem Schuße einer Batterie von 20 Geschüßen, in Bewegung. Nachdem die Verbündeten das

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zuerst genannte Dorf in Brand gesteckt hatten, wandten sich alle 3 Kolonnen der Franzosen gegen das leßtere. Dieses kleine Dorf, das den Brennpunkt der Schlacht bildete und ihr mit Recht den Namen gab, war mit Graben, Aufwürfen und Hecken durchschnitten, die jedes einzelne Haus zu einem haltbaren Posten machte. Der Regen, der schon am 1. Juli begonnen, hatte die Nacht über fortgewährt und am Morgen des 2ten noch nicht geendet. Die Umfassungsgraben hatten sich mit Wasser gefüllt, der schlüpfrige Boden gestattete keinen festen Halt und machte das Ersteigen der 3 bis 4 Fuß hohen Auf würfe schwierig. 5 Bataillone vertheidigten das Dorf. Alle Han növerschen, Hessischen und Englischen Truppen waren ganz nahe hinter und neben demselben zu ihrer Unterstüßung herangezogen. Der Gewinn der Schlacht hing an der Eroberung von Laffelt. Zwei Brigaden unter den Befehlen des Marquis von Montbarrey machten schon den 3. Angriff. Es gelang ihnen, einige Hecken und Aufwürfe zu ersteigen, einige Häuser zu besehen; aber auch sie wur den, nach blutigem Kampfe, von den herbeieilenden Unterſtüßungen zurückgeschlagen. Der 4. Angriff erfolgte durch die Brigaden Royal, Vaisseaur und die der Irländer unter Lord Clare. Es gelang den tapferen Irländern, die Vertheidiger nach blutigem Kampfe bis zu den lezten Häusern von Laffelt zurückzudrängen. Aber nun führte der Herzog von Cumberland den linken Flügel seines Fußvolks gegen das be drängte Dorf vor. Der größte Theil desselben wurde wieder er obert, in einem Theil jedoch behaupteten sich die Franzosen. Der Marschall von Sachsen beschloß nun, nicht nur Laffelt an zugreifen, sondern auch zu beiden Seiten des Orts vorzudringen, und die Truppen, die es unterstüßten, zurückzuschlagen. Die Brigaden la Tour, du Pin, du Roi und d'Orleans drangen in den Zwischen raum zwischen Vleitingen und Laffelt ein, während zu gleicher Zeit andere Brigaden das Gefecht in Laffelt erneuerten. Das Holländische Fußvolk, auf welches jene Brigaden zuerst stießen, gerieth in Un ordnung. Die Französische Reiterei, welche der Infanterie folgte, eilte nach. Deren erste Brigade traf jedoch auf die in Ordnung stehenden Hessen, wurde mit heftigem Feuer empfangen und mit großem Verlust zurückgetrieben. Indessen folgten andere Brigaden, denen die Holländische Reiterei entgegenrückte, die jedoch sogleich geworfen, in Unordnung floh, die hinter ihr stehenden Bataillone überritt und in gänzliche Verwirrung brachte. — Auch auf der andern Seite Laffelt's war die Kavallerie die Ursache der einreißenden Unordnung. Es war 2 Uhr Nachmittags, als sich die Schlacht zu Gunsten der Franzosen entschied und das fast 4 Stunden lang auf das Tapferste vertheidigte Laffelt gänzlich geräumt wurde. Der Rückzug des ganzen Heeres wurde gut ausgeführt, denn schon um 7 Uhr Abends stand es zwischen Mastricht und Lonacken vollkommen geordnet. In der folgenden Nacht wurde die Maas auf 2 bei Mastricht geschlagenen Schiffbrücken überschritten und ein Lager bei Wyck bezogen. Erst im September gab man diese Stellung wieder auf und sammelte

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sämmtliche Truppen in einem Lager bei Udenbosch. Das Regiment v. Donop langte am 19. September, das Regiment Prinz Maximilian erst am 6. Oktober daselbst an. Vier Wochen später bezogen die Truppen Winterquartiere. Am 30. April 1748 wurde Prinz Joh. Casimir von Isenburg Birstein Chef des Regiments v. Donop. Es war derselbe Tag, an welchem die Bevollmächtigten von England, Frankreich und den Generalstaaten die Friedenspräliminarien unterzeichneten. Dennoch versammelte sich das verbündete Heer zu Anfang Mai in dem Lager auf der Haide von Hulten bei Breda. In einer Ordre de bataille vom 10. Mai werden im Centrum des 1. Treffens unter Gen. -Lieut. v. Mansbach und Gen.-Maj . v. Baumbach 5 Hessische Bataillone genannt, darunter 1 Bataillon Prinz Isenburg und 1 Ba taillon Prinz Maximilian , unsere beiden zu Bataillonen zu sammengeschmolzenen Regimenter. Aber erst am 18. November wurde zu Aachen der Friede abgeschlossen, und jezt erst kehrten die Hessischen Truppen in ihr Vaterland zurück. Sie bedurften in einem hohen Grade der Erholung , welche ihnen auch während eines 7jährigen Friedens in reichem Maaße zu Theil wurde. Während dieser Zeit traten im Regiment Prinz Maximilian einige Veränderungen ein. Im Jahr 1749 wurde dessen Komman deur, Oberst v. Wutginau, versezt, und Oberst v. Stein zu seinem Nachfolger ernannt, indeß nach dem am 8. Mai 1753 erfolgten Ab leben des Prinzen Maximilian Gen. -Maj . v . Fürstenberg Chef_des Regiments wurde. In dem darauf folgenden Jahre (1754) ſtarb auch Oberst v. Stein, und war im Regiment von Fürstenberg von nun an ebenfalls Chef und Kommandeur in einer Person vereinigt. Dem 7jährigen Frieden sollte ein 7jähriger Krieg folgen ; ehe derselbe jedoch zum Ausbruch kam, wurden unsere beiden Re gimenter dazu bestimmt, an einer Expedition Theil zu nehmen, welche, in Folge eines von Landgraf Wilhelm VIII. mit der Englischen Regierung abgeschlossenen Subsidien-Vertrags, an Englands Küste unternommen wurde. Das Korps , welches der Landgraf zu stellen hatte, war 12,000 Mann stark, bestand nur aus Infanterie (8 Re gimentern) nebst den dazu gehörigen 3-pfündigen Regiments -Kanonen, und hatte die Bestimmung, eine Französische Invasion, die man er wartete, abwehren zu helfen. Im April 1756 verließen die Truppen unter dem Befehl des Gen.-Lieut. Grafen Christian Ludwig von Isenburg-Birstein ihr Vaterland, segelten am 3. Mai auf 48 Trans portschiffen von Stade ab, und kamen am 15. Nachmittags im Hafen von Southampton an. Vom 19. bis 22. Mai dauerte die Aus schiffung, worauf die Truppen in und bei Salisburg Kantonirungs Quartiere bezogen. Mitte Juli rückten die Hessischen Truppen in ein bei Winchester aufgeschlagenes Lager ein, in dem sie bis zum 27. September stehen blieben. Das Lager war mit einem nicht un bedeutenden Vorrathe Pulver versehen worden, welches bei den zahl reichen Exercitien und Revüen verwendet wurde. Weniger gut scheint die Verpflegung gewesen zu sein, und selbst das Brod, welches An

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fangs noch am reichlichsten geliefert wurde, sette man vom 20. Juli an von 2 Pfd. täglich auf 11 Pfd . herab. Hier und da laut werdende Klagen der Truppen veranlaßte einige reiche Engländer zur Beran ſtaltung einer Almosensammlung, deren Annahme von den Truppen mit der Antwort verweigert wurde, daß sie weder Brod noch Ge schenke erwarteten, sondern nur das, was man zu geben schuldig sei. Die Disciplin der Truppen wird von den Engländern selbst,_nament lich von Walpole, als ganz vortrefflich geschildert.. Ende December wurden in Winchester und dessen Umgegend Winterquartiere bezogen. Am 8. März 1757 traten die Truppen ihren Marsch nach Chatam an, um daselbst eingeschifft und einer ernsteren Bestimmung entge gengeführt zu werden. Eine Flotte von 43 Transportschiffen nahm die Truppen auf, sammelte sich bei Scheerneß, und ging am 30. April in See. Die Regimenter Prinz Isenburg und Fürstenberg, welche zur 2. Division gehörten, wurden am 14. und 15. Mai bei Stade ausgeschifft, und rückten am 28. in dem Lager bei Hameln ein, woselbst bereits Hannoversche und Sachsen- Gothaische, sowie der Theil der Hessischen Truppen gestanden hatte, welcher in Hessen zu rückgeblieben war. Als eine gute Vorschule für die kommenden Tage hatte die Expedition nach England einen großen Nußen.

IV. Abſchnitt.

Der 7jährige Krieg .

1757-1763.

Die Ergänzung der Hessischen Regimenter sollte zwar während des 7jährigen Krieges wie bisher mittelst Aushebung bewirkt werden ; da indeß das Land öfters und auf lange Zeit von den Franzosen beseßt war, so konnte dieselbe nicht stets mit entsprechendem Erfolg ausge führt werden, und man war dann genöthigt, zur Werbung zu schreiten. Jedes Regiment bestand aus 10 Kompagnien, jede Kompagnie hatte : 1 Kapitain, 1 Premier- Lieutenant oder Stabs-Kapitain, 1 Fähnrich, 4 Unteroffiziere, 3 Korporale, 1 Grenadier-Zimmermann, 7 Grenadiere, 58 Musketire, 2 Tamboure und 15 Pfeifer. Beim Aufmarsch der Kompagnien traten sämmtliche Grenadiere auf den rechten Flügel des Regiments und formirten hier eine Kompagnie. Der Rest der 10 Kompagnien wurde in 4 Divisionen, eine jede dieser in 2 Pelotons abgetheilt, so daß das Regiment, das einschließlich der Grenadiere nur aus 783 Mann bestand, in der That nur ein schwaches Bataillon war. Indeß hatte dasselbe 2 Fahnen, von denen die eine die Leibfahne, die andere die Regimentsfahne genannt wurde. Die Grenadier-Offiziere und Unteroffiziere hatten Gewehre, dagegen

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führten die Musketir - Offiziere Espontons und die Unteroffiziere Kurzgewehre. Während die Infanterie der meisten Staaten im Jahre 1757 noch in 4 Gliedern aufgestellt war, stand die Hessische Infanterie schon in 3 Gliedern, welche immer noch 4 Schritt Abstand von einander hatten. Das erste Jahr des 7jährigen Krieges war für die Regimenter Prinz Isenburg und Fürstenberg seit ihrer Errichtung un streitig das unglücklichste. Sie theilten dieses Unglück mit der ganzen Armee, welche unter den Befehlen des Herzogs v. Cumberland stand, deffen Unfähigkeit sie es allein zu verdanken hatten. Am 28. Mai 1757 waren die beiden Regimenter, zur 2. Diviſion der aus England zurückkehrenden Hessischen Truppen gehörend, in das Lager bei Hameln eingerückt, und schon am 30. mußten sie das selbe wieder verlassen. Freudig brachen sie auf, in der Hoffnung, dem Feinde entgegen geführt zu werden. Wirklich trat die ganze Armee den Marsch in ein Lager bei Bielefeld an, wo die beiden Regimenter am 4. und 5. Juni ankamen. Hier wurde aber nicht nur Halt gemacht, sondern bei Annäherung der Franzosen sogar beschlossen, hinter der Weser Aufstellung zu nehmen. Gegen Ende Juni sam melte sich die Armee in dem Lager bei Dankersen, woselbst bei den 12 Hessischen Infanterie-Regimentern eine neue Eintheilung in 4 Brigaden stattfand, nach welcher das Regiment Fürstenberg zur 1. Brigade unter Gen. Maj. Prinz von Anhalt, das Regiment Prinz Isenburg zur 4. Brigade unter Gen.-Maj . v. Gilsa gehörte. Das letztere Regiment befand sich bei dem aus 23 Bataillonen und 10 Eskadrons bestehenden Korps, welches am 18. Juli unter den Befehlen der Generale Spörken und Wutginau gegen Halle und Bodenwerder vormarschirte, und den Zweck hatte, den Vormarsch zu decken, welchen Cumberland am 22. mit seiner Armee in das Lager südlich von Hastenbeck ausführte. Als dieser den Anmarsch des 70,000 Mann starken Französischen Heeres unter Marschall Étrées erfuhr, zog er sich in eine sehr vortheilhafte Stellung hinter Haste n beck zurück, in welcher die Hannoveraner den rechten, die Braun schweiger den linken Flügel und die Heffen das Centrum einnahmen. Hier kam es am 26. Juli zur Schlacht. Schon Tags zuvor hatte der Französische Marschall die Vor truppen der Verbündeten mit leichter Mühe zurückgetrieben. Nach einem gegenseitigen Kanonenfeuer am frühen Morgen des 26. griff er die von den Braunschweigern besezten Höhen an und drückte sie aus ihrer Stellung zurück. Der Herzog von Cumberland verstärkte ſeine beiden Flügel, und es war nicht zu verwundern, daß, als die Franzosen mit 26 Bataillonen, denen noch 4 Brigaden und 4 abge sessene Dragoner-Regimenter folgten, Hastenbeck im Centrum der Stellung angriffen, dieses nach einer sehr hartnäckigen Vertheidigung aufgegeben werden mußte. Cumberland gab Alles verloren und zog sich mit dem größten Theile der Armee nach Hameln zurück, als der Erbprinz von Braunschweig, durch die Wiedereroberung einer von den Franzosen genommenen Batterie, es möglich machte, daß nur

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wenige Bataillone bis spät in die Nacht das Schlachtfeld behaupten und den Rückzug der Verbündeten decken konnten. Die Heffen fämpften nicht nur im Centrum, sondern auch am linken Flügel mit, welchen Antheil jedoch unsere beiden Regimenter an dem Kampfe nahmen, ließ sich nicht feststellen. Das Regiment Prinz Isen burg verlor 8 Soldaten todt, 27 verwundet, 3 Vermißte, das Re giment Fürstenberg 3 Soldaten todt, 1 Offizier und 12 Soldaten verwundet, 3 Vermißte. Der allmälige Rückzug der alliirten Armee über Nienburg , Verden, Rothenburg nach Bremervörde und Stade, wo man in den ersten Tagen des Septembers eintraf, sowie die unglückliche Con vention von Kloster-Zeven am 8. September waren die Folgen der verlorenen Schlacht von Hastenbeck. Die sämmtlichen Hessischen Truppen, auf's Neue in 3 Infanterie- und 2 Kavallerie-Divisionen eingetheilt, traten nun am 20. September den Rückmarsch nach Hessen an, der nach der vorgeschriebenen Marschroute in 20 Tagen aus dem Lager bei Essenschwinge über Rothenburg, Drachenburg, Minden, Enger und Lippstadt nach Warburg ausgeführt werden sollte. Doch die 1. Division war am 24. September kaum in Dauelsen angelangt, als den ferneren Bewegungen der Truppen Halt geboten wurde, weil Landgraf Wilhelm VIII. in Erfahrung gebracht hatte, daß Richelieu Befehl zur Entwaffnung der Hessischen Truppen in Lippstadt gegeben habe. Zum Glück trat jest, am 15. Oktober der Herzog von Cum berland den Oberbefehl ab, und Friedrich der Größe übertrug ihn dem bewährtesten seiner Generale, dem Herzog Ferdinand von Braun schweig. Bald war der gesunkene Muth der Soldaten wieder neu belebt, so daß die Operationen ohne Verzug beginnen konnten ; doch die Strenge der Jahreszeit nöthigte gegen Ende Dezembers beide Theile, die Winterquartiere zu beziehen. Das Regiment Prinz Isenburg kam mit dem Regiment Erbprinz und den Leibdragonern nach Suderburg, das Regiment Fürstenberg mit dem von Caniz nach Grossen-Bollensen. Bei dem beabsichtigten Vormarsch des Herzogs Ferdinand theilte derselbe im Februar 1758 ſeine Armee, mit Ausnahme der im Bremer Gebiet befindlichen Truppen, in 2 Kolonnen ein, jede aus einer Avantgarde und 3 Divisionen bestehend. Das Regiment Prinz Isenburg war bei der 1. Division der Kolonne zur Rechten, das Regiment Fürstenberg bei der 1. Division der Kolonne zur Linken, unter Kommando des Prinzen von Anhalt, eingetheilt. Die Avantgarde der leztern Kolonne brach am 22. Februar nach Riedhagen auf, um eine Pontonbrücke über die Aller zu schlagen. An demselben Tage gingen die Bataillone Mansbach und Fürsten berg bei dem genannten Orte in Kähnen über die Aller, und beſeßten, zum Schuße der zu bauenden Schiffbrücke, das Schloß Ahlden. Ueberall zogen sich die Franzosen zurück, und beide Kolonnen der Alliirten dirigirten sich auf das von jenen besezte Minden , welches am 8. März eingeschlossen und beschossen wurde. Am 10. befand sich das Regiment Prinz Isenburg in Hille, das Regiment

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Fürstenberg in Nordhemmern. Das leztere wurde am 13. mit der Division des Prinzen von Anhalt in die Transcheen von Minden kommandirt und schon am folgenden Tage mußte sich der Komman dant der Festung mit 8 Bataillonen und ebensoviel Eskadrons zu Kriegsgefangenen ergeben. Während sich die alliirte Armee in und bei Minden concentrirte, mußten die Bataillone Isenburg und Canis zu dem separirt bei Lübbeke stehenden Korps des Prinzen von Holstein stoßen, von wo es am 17. März nach Hervorden vorrückte. Bald sollten die beiden zulezt genannten Bataillone einen Auftrag ernsterer Natur erhalten. Sie wurden nämlich nebst 2 Kompagnien Hannöverscher Jäger, 2 Eskadrons Prüschenk und einiger Artillerie unter den Befehlen des Prinzen von Isenburg auf besondern Wunsch des Landgrafen von Hessen, am 9. Mai über Kassel nach Marburg entſendet, damit die Errichtung der Heſſiſchen Landmiliz ohne Störung Seitens der Fran zösischen Armee, welche unter Soubise das Hanauische und einen Theil der Wetterau besezt hielt, vorgenommen werden könne. Was von der Miliz einigermaßen ausgerüstet war, zog der Prinz an sich, und so stand er am 1. Juni mit 5 Bataillonen, 3 Jäger-Kompagnien, 4 Eskadrons und 10 Geschüßen in der Stärke von nicht ganz 3500 Mann bei Marburg . Anfangs ließ der Prinz die Miliz - Bataillone fantoniren und nur sein eigenes und das Regiment Kaniz den Vorpostendienst versehen ; als jedoch die Nachricht einlief, daß sich die Franzosen bei Hanau in Bewegung seßten, ließ er am 3. Juni bei dem Glaskopf ein Lager beziehen. - Soubise detaschirte den Herzog von Broglio mit 7000 Mann nebst 18 Geschüßen, um den Prinzen wieder aus Heffen zu vertreiben. Dieser hatte mit seinen größtentheils neuausgehobenen Truppen einen harten Stand; doch widerstand er so lange, bis- Soubise mit seiner ganzen Armee (20,000 Mann) gegen Marburg vordrang. Nun verließ Isenburg am 16. Juli die Gegend von Marburg, zog sich über Beziesdorf, Sieber terode und Obermöllrich nach Kassel zurück, passirte hier am 22. über eine bei der neuen Mühle geschlagene Schiffbrücke die Fulda und nahm auf einer Höhe hinter Sandershausen eine vortheilhafte Stellung ein. Die Avantgarde, aus 200 Jägern und 60 Husaren be stehend, hatte Bettenhausen beseßt. Obgleich - am 23. Mittags mit überlegenen Kräften angegriffen, leistete sie tapfern Widerstand, mußte aber mit dem Bataillon Isenburg und 2 Kanonen, welche ihr zur Unterstützung zugeschickt waren, den Rückzug nach der Höhe hinter Sandershausen antreten. Die Aufstellung war hier folgende: den rechten Flügel, an einen steilen, bewaldeten und sehr steinigen Abhang gegen die Fulda angelehnt, bildeten die Hessischen Jäger, 5 Grenadier-Kompagnien unter Kapt. v. Lindau vom Regiment Isen burg, 1. Bataillon Isenburg und 3 Miliz-Bataillone, den linken Flügel, der sich an den bewaldeten Ellenbacher Grund stüßte, Miliz-Bataillon und 2 Kompagnien Han I Bataillon Caniz, növerscher Jäger. Diese letteren hatten den Hof Ellenbach beseßt. An einem 2. Treffen und einer Reserve fehlte es ganz, und

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suchte der Prinz das Erstere dem Scheine nach dadurch zu erseßen, daß er 2 Invaliden-Kompagnien in ein Glied formirt aufstellte. Broglio rückte mit 3 Brigaden in ebensoviel Kolonnen zum Angriff vor, eröffnete um 2 Uhr ein ziemlich wirkungsloses Kanonen feuer, schritt dann aber mit einer Schweizer-Brigade und 3 Grena dier-Kompagnien zum Sturm auf Ellenbach. Diesen Moment_be nuzte Prinz Isenburg, zur Offensive überzugehen ; doch kaum war der hierzu gegebene Befehl in Ausführung gekommen, als die gesammte Französische Kavallerie (12 Eskadrons) einen Angriff machte, der bei den Miliz-Bataillonen Unordnung veranlaßte und jedenfalls die Ur sache war, daß sie sich nach dem Fulda-Abhang hinzogen, wodurch beide Flügel gänzlich getrennt wurden. Der Herzog von Broglio ordnete nun, zwischen 6 und 7 Uhr Abends, eine Linksschwenkung Nach kurzem seiner ganzen Linie und einen Bajonnetangriff an. Widerstand durch jenen in den tiefen Abgrund der Fulda zurück geworfen, blieb nichts übrig, als auf dem einzig schmalen Wege im Thale den Rückzug nach Minden anzutreten, der gewiß zur vollſtän digen Auflösung des ganzen Hessischen Korps geführt haben würde, wenn nicht die Grenadiere und das Bataillon Isenburg die größte Ordnung bewahrt und die Franzosen an einer ernsten Verfolgung verhindert hätten. Dennoch betrug der Verlust im ganzen 1000 Mann, und war man genöthigt, 7 Kanonen in Feindes Hand zu lassen. Statt des Sieges ward der kleinen Hessenschaar eine schwere Nieder lage zu Theil, doch wurde troßdem die Ehre des Hessischen Namens nicht nur unbefleckt erhalten, sondern erst recht und in einer Weise verherrlicht, wie es selbst durch den glänzendsten Sieg nicht besser hätte geschehen können. Das Verhalten der Bataillone Caniz und Isenburg kann nicht genug hervorgehoben werden, und erkennt dies auch der Prinz in einem eigenhändigen Schreiben an den Herzog Ferdinand an ; vor Allem lobt er aber Kapt. v. Lindau mit seinen tapferen Grenadieren, deren 1. Kompagnie vom Regiment Isen burg war. Die beiden Regimenter Rohan Prince und Beauvoisis, sowie 3 Grenadier-Kompagnien griffen die Grenadiere und Hessischen Jäger auf dem rechten Flügel an, wurden aber nicht allein zurück geworfen, sondern die Grenadiere eroberten auch noch eine feindliche Kanone. Außerdem belief sich der Verlust des Feindes auf mehr als 2000 Mann, darunter 5 Generale und viele höhere Offiziere, alſo über die Hälfte der Zahl, die das Hessische Korps stark gewesen war. Die Grenadier-Kompagnien und das Regiment Isenburg hätten vielleicht weniger Leute verloren, wenn sie, wie der Prinz selbst sagt, aus dem Gefecht zurückzubringen gewesen wären. Wir verlassen hier den Prinzen Isenburg, der sich in sehr kleinen Märschen bis Hameln zurückzog und wenden uns wieder zur Haupt armee, welche unterdeß die Gegend von Minden verlassen hatte und sich auf dem Marsche nach dem Rhein befand . Am 25. und 26. Mai wurden die Lager bei Notteln, Cösfeld, Dülmen und Dorsten be zogen. Das Regiment Fürstenberg lagerte unter dem Hessischen General Prinz Anhalt mit 6 Bataillonen und 6 Eskadrons bei Cös

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feld. Am folgenden Tage trat dieſes Korps unter die Befehle Oberg's, welcher mit neuen Truppen eintraf, und marschirte am 28. Mai Abends 11 Úhr in der Richtung auf Bocholt ab, zwischen welchem Ort und Borken ein neues Lager bezogen wurde. Nach dem Uebergang über den Rhein wendete sich Herzog Fer dinand nach Süden, der Französischen Armee entgegen, und bildete am 12. Juni bei dem Vormarsch gegen Kloster-Campen_mit_seinen Truppen 4 Treffen, deren rechter Flügel durch 1 Hessisches Grena dier-Bataillon, der linke durch das Bataillon Fürstenberg und die Front durch 2 Braunschweigische Bataillone gedeckt wurde. Sämmt liche Vortruppen, denen man gestattet hatte, ihre Tornister zurückzu lassen, standen unter dem Befehl des Generals Fürstenberg, welcher Morgens 17 Uhr die Höhe bei Sahlhof erreichte und die hier auf gestellten 3 feindlichen Bataillone zurückwarf. Graf Clermont, der sehr unfähige Französische Feldherr, wich nun eiligst nach Nuys zu rück, glaubte dann aber von seiner Uebermacht Gebrauch machen und die Offensive ergreifen zu müssen. Er kam bis Crefeld , als der Herzog von Braunschweig am 20. Juni ihm gegenüber zwischen Kempen und Hülsen das Lager bezog. Sogleich änderte Clermont seine Ab sicht und beschloß, den Angriff seines Gegners abzuwarten. Derselbe erfolgte am 23. Juni in 3 verschiedenen Korps, von denen das 1 . der Herzog selbst, das 2. der Gen. Oberg, das 3. Gen. Spörken be fehligte. Das Regiment Fürstenberg war dem letteren zuge theilt, welches die Aufgabe hatte, den Feind so lange in der Front zu beschäftigen, bis das 1. Korps seine Umgehung des feindlichen linken Flügels und den Angriff auf denselben ausgeführt habe. Spörken sezte seinen Marsch gegen Crefeld fort, warf die Französischen Posten vor der Stadt zurück, und nöthigte die 800 Mann, welche die Stadt besezt hatten, zum eiligen Rückzug. Hierauf entwickelte er sich vor Crefeld in 2 Infanterie- und 2 Kavallerie-Treffen, und eröffnete ein lebhaftes Kanonenfeuer. Als er aber gegen 7 Uhr Abends mit seiner Infanterie zum Angriff schritt, hielt es Graf Clermont, in Front und Flanke gleichzeitig angegriffen, nicht für gerathen, Widerstand zu leisten und zog sich nach einem bedeutenden Verlust nach Nuys und von da nach Bohrungen zurück. Sämmtliche Hessische Truppen ver loren in dieser Schlacht an Todten und Verwundeten 222 Mann, von welchen verhältnißmäßig ein geringer Theil auf die 4 Bataillone gekommen sein mag, welche dem Gen. Spörken zugetheilt waren. Von den erbeuteten 2 Paar Pauken, 5 Standarten, 2 Fahnen und 8 Ge schüßen bekamen die Hessischen Truppen 3 Standarten, eine Fahne und ein Paar Pauken. Landgraf Wilhelm VIII . dankte seinen Truppen wegen ihres tapferen Verhaltens. Bei den in den Monaten Juli und August stattfindenden Märschen der Armee befand sich das Regiment Fürstenberg meist bei den Vortruppen. So war es bei dem forcirten Marsch, welcher aus dem Lager hinter den Dörfern Hemmern und Kapellen am 24. Juli Abends angetreten und während der Nacht in das Lager bei Wassenberg aus geführt wurde, bei der Arriergarde, verlor aber wegen übergroßer

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Anstrengung 1 Unteroffizier und 4 Mann. Auch bei dem Rückmarsch der Armee nach Xanten und bei deren Uebergang über den Rhein befand sich das Bataillon am 9. und 10. Auguſt bei der Arriergarde, welche zur Deckung dieses Ueberganges eine Stellung zwischen йedem und Goch eingenommen hatte. Am 21. August rückte das Regiment in das Lager bei Coesfeld, mußte dasselbe aber am folgenden Tage schon wieder verlassen, um nach Merveld zu marſchiren und unter das Kommando seines Chefs zu treten. Die bedrängte Lage des Prinzen Isenburg bestimmte den Herzog von Braunschweig, jenen durch 10 Bataillone, darunter das Ba taillon Fürstenberg , und 10 Eskadrons unter Gen. Oberg zu verstärken. Dieser brach mit der Infanterie am 2. September aus dem Lager bei Coesfeld auf, zog nach erhaltenem Befehl auf dem Marsche nach Paderborn den bei Wahrendorf stehenden Gen. Zastrow mit 4 Bataillonen, 4 Eskadrons und 6 Geschüßen an sich, und traf am 26. bei Ober-Vellmar, eine Stunde von Kassel, ein, nachdem er von Paderborn aus den Gen. Zastrow mit seinem Korps nach Ha meln entsendet hatte, um sich mit dem Prinzen von Isenburg zu ver einigen. Dieser lettere fand sich am 27. bei Ober-Vellmar ein. Nun eilte der Prinz von Soubise mit seiner Armee von Göttingen herbei, passirte am 27. und 28. die Fulda, und stellte sich zwischen Kassel und dem Weißenstein (Wilhelmshöhe), Oberg gegenüber, auf. Die Nachricht, daß Soubise bedeutende Verstärkungen erhalten, veranlaßte Oberg am 4. und 5. Oktober bei Speele auf das rechte Ufer der Fulda zu gehen und bei Lutternberg Stellung zu nehmen. Durch die eingetroffenen Verstärkungen auf 82 Bataillone und 74 Eskadrons gebracht, den Alliirten also um das Vierfache überlegen, ging Soubise nun auch auf das rechte Ufer der Fulda, wo es am 10. Oktober zu der für die Alliirten unglücklichen, aber nichts desto weniger sehr ehrenvollen Schlacht bei Lutternberg kam. Französischer Seits bildete Gen. Chevert mit 25 Bataillonen, 18 Eskadrons und 24 Kanonen den rechten Flügel, mit der Bestimmung, den linken Flügel des Obergschen Korps zu umgehen. Hieran schloß sich der Herzog von Fiz-James mit 9 Bataillonen und 12 Eskadrons, während den linken Flügel, 48 Bataillone und 44 Eskadrons stark, Soubise per sönlich führte. Als Oberg, welcher eine vortheilhafte Stellung füdlich von Lutternberg eingenommen hatte, das Vorrücken Cheverts gegen Sichelstein wahrnahm, detaschirte er den Gen. Zastrow mit den Ba taillonen Isenburg und Canit, den Hannöverschen Jägern und 2 Eskadrons zur Deckung der bedrohten linken Flanke. Zastrow griff die sich ihm zunächst entgegenstellende, obgleich überlegene königliche Legion unter Oberst von Chabo ohne Bedenken an, warf dieselbe mit großem Verlust zurück, stieß nun aber auf das Hauptkorps Cheverts, das seinem weiteren Vorschreiten Schranken sezte. Auf die erbetene Verstärkung schickte Oberg 5 Bataillone, 4 Eskadrons und einige Geschüße ab. Es war unterdeß 3 Uhr Nachmittags geworden. Der Aufmarsch

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der Französischen Armee war jest erst vollendet, und sie seßte sich nun auf allen Punkten zum Angriff in Bewegung. Auf dem rechten Flügel machte die Kavallerie den Anfang. Die wenigen Schwa dronen der Alliirten wurden bald in die Flucht geschlagen . Zastrow blieb nichts übrig, als sich mit dem Bajonnet auf den überlegenen Feind zu stürzen. Unaufhaltsam drang er vor und warf die erste aus In fanterie bestehende Linie Cheverts vollständig über den Haufen. Zum 2. Mal war es die Französische Kavallerie, welche sich jezt auszeich nete und sogar die Entscheidung des Tages herbeiführte. Sie ritt ihre auf der Flucht begriffene Infanterie nieder, faßte die auch nicht mehr in Ordnung befindlichen Bataillone Isenburg und Kanig in Flanke und Rücken und durchbrach sie. Die Ueberlegenheit der Fran zosen war zu groß, eine Unterſtüßung des linken Flügels der Al liirten aus Mangel an Truppen nicht mehr möglich. Leider wurde ihr tapferer Anführer, Gen. Zastrow, verwundet und gefangen ge= nommen. Den größten Verlust erlitt das Regiment Isenburg dadurch, daß einer seiner beiden Fahnenträger niedergeritten_wurde, die Fahne selbst aber nicht wieder gerettet werden konnte. Dennoch hatte das Regiment durch tapferes Verhalten seine Ehre gerettet ; es war leider bis auf wenige Leute zusammengeschmolzen. - Das Re giment Fürstenberg , welches im Centrum der Aufstellung Oberg's und durch eine bruchige Niederung gedeckt gestanden, hatte nur einen unbedeutenden Verlust erlitten. Oberg zog sich unmittelbar nach der Schlacht durch Münden über die Werra zurück, ohne vom Feinde verfolgt zu werden, bezog hinter der Stadt bei Gimté ein Bivouak und marschirte vom 11. bis 15. Oktober über Günthersen nach Mohringen. Hier trennte er sich am 21. mit 9 Bataillonen (worunter 1 Fürstenberg) und 13 Eskadrons vom Prinzen Isenburg, marschirte in 6 Tagen über Holzminden nach Ostinghausen und seßte dann am 31. seinen Marsch nach Münster fort, ließ aber 4 Bataillone unter dem Befehle des Generals Fürsten berg in Telgte zurück. Das Bataillon des Generals war unter diesen. Soubise verließ am 23. November die Gegend von Kassel, um zwischen Main und Rhein Winterquartiere zu beziehen. Schon am folgenden Tag traf Prinz Isenburg mit seinem Korps in und bei Münden ein, und bezog am 25. Oktober in und bei Kaſſel und am 30. in der Gegend von Frizlar Kantonirungsquartiere. Nachdem Herzog Ferdinand Mitte März 1759 28,000 Mann bei Frizlar vereinigt hatte, theilte er seine Armee in eine Avantgarde unter dem Erbprinzen, bei welcher sich 1 Bataillon Isenburg befand, und in 2 Kolonnen, und trat nun seinen Marsch nach Fulda an. Die Avantgarde brach am 24. auf, ging über Melsungen, Hersfeld und Schliß, und kam am 28. zu Fulda an. Die rechte = Flügel Kolonne unter den Befehlen des Prinzen von Holstein und des Generals von Wutginau brauchte auf dem Wege über Frizlar , Homberg , Schwarzenborn und Weißenborn nach Stock hausen ebenfalls 5 Tage. Bei ihr befand sich das Regiment (Ba taillon) vac. Fürstenberg , deſſen Chef die Heſſiſchen Dienſte ver

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laffen hatte, und der bald darauf einen sehr würdigen Nachfolger in dem Gen. -Maj. von Gilja erhielt. - Der Erbprinz unternahm nun am 30. März mit seiner ganzen Avantgarde jenen glücklichen Streif zug in das Thüringische bis Meiningen, bis wohin mehrere Dester reichische Infanterie- und Kavallerie-Regimenter unter Gen. Arberg vorgedrungen waren. Am 7. April schon kehrte er mit einer Beute von 2000 Gefangenen, 6 Kanonen, 6 Fahnen und 2 Standarten nach Fulda zurück. An demselben Tage übergab sich das von den Franzosen besezte feste Schloß Ulrichsstein , nachdem Tags zuvor ein von 4 Bataillonen mit großer Tapferkeit unternommener Sturm angriff abgeschlagen worden war. Eins dieser 4 Bataillone war das von Gilsa. Nun beschloß Herzog Ferdinand, den mit 35,000 Mann bei Bergen stehenden Herzog von Broglio anzugreifen, noch ehe er Ver stärkungen an sich ziehen konnte, doch erst am 10. April konnte die Armee von Fulda gegen den Main aufbrechen. Die Jahreszeit war rauh, das Terrain gebirgig, die Wege waren schlecht, dennoch legte die Armee 11 Meilen in 3 Tagen zurück, langte aber höchst ermattet bei Windecken, 2 Meilen vom Schlachtfelde, an. Der 4. nach 3 be schwerlichen Marschtagen ist keinRuhetag, sondern der Tag der Schlacht, an dessen frühen Morgen der Herzog die Armee in 3 Kolonnen von Windecken aufbrechen ließ und zum Gefecht führte, troßdem, daß das schwere Geschüß noch in den rückwärtigen Defileen steckte. Die Kolonne des rechten Flügels, welcher das Regiment von Gilsa zugetheilt war, führte der Brinz von Holstein, die mittlere der Erbprinz, die des linken Flügels, bei welcher wahrscheinlich in Folge eines mißver standenen Befehls auch die Wundärzte eingetreten waren, der Prinz von Isenburg. Sein eigenes Regiment befand sich bei derselben. Der Herzog Ferdinand selbst war mit der Avantgarde unter Gen. v. Gilsa vorausgeeilt und ließ durch diese sogleich Bergen angreifen ; sie wurde aber mit einem heftigen Feuer aus den Gärten und von der den Ort umgebenden hohen Mauer empfangen und fah sich am weiteren Vorschreiten gehindert. Prinz Isenburg eilte jezt mit dem linken Flügel herbei, und führte seine Truppen, unter denen sich auch sein eigenes Regiment befand, mit Muth und Entschlossenheit gegen die feindliche Stellung. Auch ihn empfing ein mörderisches Feuer, aber die Heffen verzagten nicht, obgleich das dem Feinde sehr günstige Terrain jeden Angriff erschwerte, só daß die Kompagnien rottenweise durch die Hohlwege gehen, Zäune und Hecken überspringen mußten. Ihre Tapferkeit trotte dem Tode, und obgleich der Prinz an ihrer Spize, von einer Falkonettkugel in die Brust getroffen, fiel, wichen fie dennoch nicht eher, bis der Feind mit 11 von den hinter Bergen aufgestellten Bataillonen zur Unterſtüßung herbeieilte und alle ihre Anstrengungen vergebens machte. Der Herzog von Braunschweig ließ nun durch den Erbprinz einen Angriff machen, welcher von dem linken Flügel unter Gilsa, der an des Prinzen von Isenburg Stelle das Kommando übernommen hatte, unterstüßt wurde. Schon glaubten sich die Verbündeten Sieger, schon waren die Hessen in Bergen ein

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gedrungen, als die Franzosen bei ihrer Uebermacht unsere Truppen im Rücken bedrohten und so zum Rückzug zwangen. Ueberzeugt, daß die Fortseßung des Kampfes den Verlust nur vermehren werde, beschloß Herzog Ferdinand den Rückzug seiner ganzen Armee, den er auf eine bewunderungswürdig geschickte Weise ausführte. Broglio wagte nicht die geringste Beunruhigung desselben. Nach den Verlustlisten verlor das Regiment Isenburg 1 Offizier todt (seinen Chef), 1 (Kapitain Biermann) schwer verwundet, 1 (Kapt. von Lüzow) leicht verwundet, an Unteroffizieren und Soldaten : 11 Todte, 51 Verwundete und 19 Vermißte, das Regiment von Gilsa an Offizieren 2 leicht verwundete (Gen-Maj. v. Gilsa, dem auch einPferd unter dem Leibe erschossen worden war, und Lieut. Francke), an Unteroffizieren und Soldaten: 3 Todte, 20 Verwundete und 3 Ver mißte. Gen.-Maj . von Gilsa wurde aus Anerkennung wegen seines Ver haltens in der Schlacht zum General-Lieutenant befördert. Das vacant gewordene Regiment Isenburg erhielt Oberst von Bischhausen. Bis zum 23. April zog sich Herzog Ferdinand über Alsfeld und Neukirchen nach Ziegenhain zurück, in deſſen Umgebung er mit dem größten Theil seiner Armee Kantonirunasquartiere bezog, während kleinere Korps detaſchirt wurden. So schickte er die Generale Prinz Holstein und Wutginau mit 16 Eskadrons und 6 Bataillonen (wo runter 1 von Gilsa) über Jesberg nach Frizlar. Schon am 15. Mai mußten dieselben wieder aufbrechen und über Corbach, Brilon und Lippstadt nach Kamen in Kantonirungsquartiere marschiren. Die bei Ziegenhain zurückgebliebenen Truppen, bei welchen sich das Bataillon von Bischhausen befand, im Ganzen 11 Bataillone und 16 Eskadrons, marschirten am 19. Mai unter Kommando des Generals Imhof, ebenfalls nach Frizlar, bezogen verschiedene Lager bei Borken und Kappel, gingen dann am 8. und 9. Juni über Kaffel nach Warburg, und vereinigten sich am 12. bei Brenken mit dem von Kamen herkommenden Korps Wutginau's . Die kleine Armee der Alliirten hatte ihr Anführer nun zwar wieder vereinigt, doch war dieser ungewiß, auf welches der beiden feindlichen Heere er gefaßt sein müsse. Das eine unter Marquis von Armentières war vom Niederrhein durch Westphalen vorgedrungen, und hatte sich durch Ueberfall der Stadt Münster bemächtigt, das andere unter Broglio machte in Hessenbedeutende Fortschritte. Während Herzog Ferdinand sich vom 12. Juni bis 14. Juli über Rietberg, Marienfeld, Osnabrück u. s . w. nach Stolzenau zurückzog, war nicht nur Broglio bis Minden vorgedrungen und hatte die Festung am 10. Juli eingenommen, sondern traf auch Marschall Contades in den nächsten Tagen mit dem Hauptheere hier ein, so daß daselbſt über 50,000 Mann vereinigt waren. Der Herzog, wenn auch nur 36 bis 37,000 Mann stark, ging nun doch seinem Gegner entgegen und bezog, nahe vor Minden angekommen, ein Lager zwischen Hille und Friedewald, in der Hoffnung, daß sich Contades zur Schlacht würde verleiten lassen. Der Herzog hatte sich nicht getäuscht. Con tades, welcher mit seiner Armee oberhalb Minden an der Weser stand,

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ging in der Nacht zum 1. August über die Baſtau und stellte sich vor der Festung in Schlachtordnung auf, um den Herzog anzugreifen. Um Mitternacht hatte er seine Bewegungen begonnen, um 8 Uhr Morgens waren sie erst beendigt. Die verbündete Armee, welche seit 1 Uhr marschbereit ſtand, brach um 3 Uhr, als Herzog Ferdinand Kunde von der Bewegung der Französischen Armee erhielt, in 8 Kolonnen aus dem Lager hervor, um der Angreifer, nicht der Angegriffene zu sein. Um 6 Uhr Morgens stand er in 2 Treffen geordnet. Den rechten Flügel und das Centrum bildeten die Engländer und Han noveraner, daran schlossen sich die Heffen unter ihrem Gen. Wutginau, auf dem äußersten liuken Flügel standen die Braunschweiger. Gen. von Wangenheim stand abgesondert weiter links mit 12,000 Mann. Nachdem 6 Englische Bataillone auf dem rechten Flügel großen Ruhm erworben und sich den Namen ,,Minden“ auf ihre Fahnen errungen hatten, kämpften am linken Flügel die Hessischen Truppen nicht we niger muthig, doch wurden auch hier nur 4 ihrer Bataillone : Toll, Gilsa , Hanau und Grenadiere vom Glück besonders begünstigt. Sie befanden sich einer Gruppe einzelner Gebäude, Malbergen oder die rothen Häuser genannt, gegenüber, vor der die Franzosen eine Batterie von 16 Geschüßen errichtet hatten, welche von den Brigaden de France und Royaux gedeckt wurden ; mehrere Französische Kavallerie -Regi menter standen weiter rückwärts . Schon mehrmals hatten die ge nannten Bataillone gegen die Batterie angestürmt, aber immer wieder vor dem überwältigenden Geſchüß- und Kleingewehrfeuer zurückweichen müssen, als es dem Hannöverschen Kavallerie-Regiment Leibregiment gelang, zwischen jener Batterie und den Französischen Grenadieren durchzubrechen und dieſe leztere dadurch in Verwirrung zu bringen. Den günstigen Augenblick, wo die Batterie ohne Schuß war, schnell benugend, stürmten die obenerwähnten Bataillone abermals gegen dieselbe an, und nahmen sie im raschen Anlauf. Der Sieg war hier mit jedoch auf dieser Seite der Schlachtlinie erst zum Theil errungen, - eine 2. weiter rückwärts errichtete Batterie eröffnete jezt ihr Feuer, und wäre wohl geeignet gewesen, die glücklichen Sieger aus der er Dieselben gingen indessen nicht oberten Batterie zurückzutreiben. zurück, ſondern ohne einen Schuß zu thun unaufhaltſam auf diese Batterie sie mit ihr nur 10 Kanonen, sondern auch 2 Fahnen. Preußische und Hannöversche Kavallerie ――――――――― die Regimenter Holstein und Hammerstein ――― vollen deten den Sieg. Der Verlust des Regiments von Gilsa war für die bestan denen Kämpfe ein unbedeutender, nämlich Todte : 1 Offizier (Kapt. v. Henning) und 2 Mann; Schwer-Verwundete : 2 Offiziere (Lieut. v. Hagen und Fähnrich Quentel) und 9 Mann ; Leicht-Verwundete : 11 Mann. Das Regiment v. Bischhausen verlor 3 Mann todt und 11 Mann meist schwer verwundet ; 1 Mann wurde vermißt. Der Chef des erstern Regiments nahm an der Schlacht keinen Theil, sondern stand mit 2-3000 Mann bei Lübbeke, und erhielt durch einen Feldjäger nachstehende, auf ein abgerissenes Stück Papier, 5

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während der Schlacht von Ferdinand eigenhändig mit Bleistift ge schriebene Ordre: ,,Der Feind attakirt mich. Ew. Excellenz sezen sich gleich mit Dero unterhabendem Korps in Marsch und occupiren Eikhorst, es koste was es wolle. Ferdinand." In der Relation der Schlacht bei Minden schreibt Herzog Fer dinand : „Der Gen. v. Gilsa griff meinen Befehlen gemäß den Feind, welcher sich des Dammes, der bei Eikhorst über das Moor nach Hille führt, zu bemächtigen suchte, ebenfalls an, warf denselben gleich im Anfange aus Eikhorst hinaus, erneuerte seinen Angriff, so oft sich der Feind während seines Rückzugs formiren wollte , und trieb ihn ohne ihn zu Athem kommen zu laffen, bis nach Dußen und Uphauſen zurück." Nach 2tägiger Ruhe drängte der Herzog die Französische Armee rasch nach Oberheffen zurück. Er nahm seinen Weg über Bielefeld, Paderborn, Stadtberge, Amönau und Weimar, und bezog am 19 . September ein Lager bei Crofdorf. Nach dem unglücklichen Gefecht bei Maxen von der Oestreichischen und Reichsarmee zugleich bedrängt, forderte Friedrich der Große den Herzog Ferdinand zu einer Diversion zu seinen Gunsten auf. In Folge dessen erhielt der Erbprinz von Braunschweig den Befehl, mit 19 Eskadrons und 13 Bataillonen nach Sachsen zu marschiren. Die Infanterie, bei welcher sich 1 Bataillon v. Bischhausen befand, stand unter Befehl des Generals von Gilsa. Sie sammelte sich am 14. Dezember bei Eschwege und Waldkappel und marschirte vom 17. bis 25. Dezember über Langensalza, Erfurt, Weimar, Jena, Gera, Alten burg, Penig und Chemnig in die Gegend von Gablenz . Hier wurden dem Gen. v. Gilsa mehrere Unternehmungen aufgetragen, die er sämmtlich mit Glück und zur Zufriedenheit des Königs ausführte.*) Der Rückmarsch nach Hessen wurde am 6. Februar 1760 angetreten und fand über Chemniz, Altenburg, Naumburg, Weißensee, Langensalza und Eschwege statt, in deffen Umgebung Winterquartiere bezogen wurden. *) Am 13. Januar 1760 war der General in Freiberg bei dem König . Johannes von Müller erzählt von ersterem, daß er einmal mit 6000 Heſſen 13,000 Feinde verjagt habe. Friedrich der Große fragte den General : Wie hat er denn das gemacht ?" Gilsa erwiderte : Es ging leicht, Ew. Majestät, ich sagte: „Kinder, haltet Euch gut, oder der Teufel soll Euch holen !" Friedrich fuhr fort: ,,Und das war genug?" . "„Ja, Ew. Majestät, es waren Heffen, lauter Hessen, und ihren Gilsa kannten sie.' Der König übersandte dem Hessen-General hierauf eine Dose. Der alte Gilsa saate : ,,Der König hätte sie mir wohl selbst geben können.“ Friedrich erfuhr dieſe Aeußerung und ließ Gilsa noch einmal holen. Er umarmte ihn. Da brach der alte Heffe aus : „ Hol' mich der Teufel, Ew. Majestät sind ein großer General, und wenn wir wieder zusammenkommen, so sollen meine Hessen ihre Schuldigkeit thun, thuns Ew. Majestät mit ihren Preußen auch !” Als ihm der große König an der Tafel zu Freiburg sagte, daß seine Ba taillone bei Crefeld wohl nicht so fest gestanden haben würden, wenn Er der König fie mit Preußischer Kavallerie attakirt hätte, erwiderte er: „ Bah ! Ihre Majestät hätten ebenso gut die Tausend-Schwernoth gefriegt wie die Fran zofen." Der König freute sich über diese Antwort, blieb ihm immer gewogen, und schenkte ihm noch außer der Doſe mit seinem schön gemalten Bilde, 4000 Thlr.

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Landgraf Friedrich II., welcher am 1. Februar d. J. zur Re gierung gekommen war, nahm Veränderungen verschiedener Ärt und namentlich eine bedeutende Vermehrung seiner Truppen vor. Jedes Infanterie -Regiment wurde um 200 Mann verstärkt und in 2 Ba taillone eingetheilt. Die Grenadiere trennte er von den Regimentern und bildete von nun an eigene Bataillone aus ihnen. Das Regi ment v. Gilsa wurde zu einem Füsilier-Regiment umgebildet ; es verlor die Hüte und bekam dafür Füſilier-Müßen. - Auch bei den Hannoverschen und Braunschweigschen Truppen trafen bedeutende Verstärkungen ein ; aber troß der großen Anstrengungen, welche die Verbündeten in diesem Jahre machten, lief dasselbe ohne große Er eignisse ab. Da auch die Franzosen sehr bedeutend verstärkt worden waren, so mußte sich Herzog Ferdinand darauf beschränken, hin und her zu manövriren und einzelne Streifzüge anzuordnen. So wurde Gilsa am 13. März befehligt, mit einem Korps von 10 Bataillonen (darunter 2 v. Bischhausen) und 10 Eskadrons in das Fuldaische vorzudringen. Die Expedition gelang vollständig, und der Herzog bezeugte dem General nicht nur seine Zufriedenheit, sondern ließ ihm auch ein Geschenk von 4000 Thalern zukommen. Gilsa schloß sich auch mit seinen Truppen einem Zuge an, welchen der Erbprinz von Braunschweig im Monat Juni mit 10,000 Mann von Hersfeld aus nach Fulda unternahm. Von hier zog sich der Erbprinz am 13. Juni nach Schliz zurück, wendete sich dann aber über Romrod, Kirtorf nach Homberg an der Ohm, um sich mit der Hauptarmee zu vereinigen. Diese lettere, bei der sich das Regiment von Gilsa befand, hatte sich schon am 4. Januar von Corfdorf nach Marburg zurück gezogen, nahm weiter rückwärts verschiedene Stellungen ein, und bezog Ende Mai zwischen Frizlar und Wabern ein Lager. Im Juni ging der Herzog von Braunschweig gegen Neustadt und Allendorf vor, wich aber gleich wieder in eine Stellung zwischen Treysa und Ziegen Hain zurück, aus der er mit der ganzen Armee, also auch dem Korps, welches bisher unter dem Erbprinzen gestanden hatte, in das Wal deckische abmarschirte. Vom 24. bis 29. Juli rückte der Herzog über Wolfhagen bis Weimar vor, zog sich dann aber in nördlicher Richtung zurück. Während nun der größere Theil der alliirten Armee Heffen gänzlich verließ, blieb noch Gilsa mit den beiden Stamm- Regi mentern und noch 6 Bataillonen und 7 Eskadrons bis Ende Sep tember in den Gegenden von Trendelburg, Veckerhagen und Beberbeck. Ende Oktober befand sich das Regiment v. Bischhausen unter Gen. v. Wangenheim in einem Lager bei Uslar, vertauschte dies aber am 11. November mit einem andern bei Mohringen. Wan genheim mußte am 21. näher nach Göttingen rücken, wo sich nun die ganze Armee unter den Befehlen des Herzogs befand. Schon Anfangs Februar 1761 sezte sich die alliirte Armee in Bewegung, überschritt am 11. in 4 Kolonnen die Diemel und rückte bis Weſtuffeln, an den beiden folgenden Tagen aber bis Zierenberg und Niedenstein vor, in welchem Städtchen das Füsilier - Regiment von Gilsa Quartiere bezog. 5*

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Der Herzog beschloß nun Kassel zu belagern, und beſtimmte 7 Eskadrons und 26 Bataillone, unter welchen sich die beiden Stamm Regimenter befanden, unter dem Befehle des Grafen Wilhelm von Schaumburg-Lippe dazu . War schon die Zahl der Bataillone, wenn fie vollzählig gewesen wären, nicht hinreichend, um die Festung nur auf dem linken Ufer der Fulda einzuschließen ; dieselben waren indeß durch die bedeutenden Märsche im vorjährigen Feldzug, welche auf durch gängig schlechten Wegen und oft bei ungünstigem Wetter ausgeführt werden mußten, zu kleinen Häuflein zusammengeschmolzen, so daß das Füsilier-Regiment von Gilsa z. B. nur noch aus 330 Mann bestand . Das ganze Belagerungskorps erreichte noch nicht die Stärke von 8000 Mann und war schwächer wie das Besaßungskorps. Daß die Belagerung keinen glücklichen Erfolg haben konnte, war sehr na türlich, und hob auch der Graf von Schaumburg-Lippe dieselbe am 28. März auf. Er zog sich in 3 kleinen Tagemärschen in ein Lager hinter Hofgeismar zurück und trat hier das Kommando an Gen. v. Gilsa ab. Dieser ging am 1. April auf das linke Ufer der Diemel, und kam hier das Regiment v. Bischhausen mit 4 Bataillonen unter Gen. v. Mansbach nach Warburg, das Füsilier - Regiment v. Gilfa mit 6 Bataillonen unter Gen. v. Wutginau an der südlichen Grenze des Lippeschen in Quartiere. Hier wurden die 12 Hessischen Infanterie-Regimenter, da das Land vom Feinde besezt, und eine Rekrutirung unmöglich war, durch die Einverleibung von 4 Garni sons-Bataillonen ergänzt. Gen. v. Spörken zog nun die in und um Warburg liegenden Truppen am 1. Juni in einem Lager bei der genannten Stadt_zu-= sammen, mußte sich aber am 29. vor den überlegenen Streitkräften Broglio's in der Richtung auf Driburg zurückziehen, und kam am 1 . Juli zu Brenkhausen an. Nach einigen Tagen Ruhe, die seine durch bedeutende Strapazen sehr abgemattete Truppen nöthig hatten, sezte er seinen Rückzug über Marienfeld und Rheda fort und kam am 10. Juli bei Lippstadt und Herzfeld an. Der Herzog von Braunschweig, als ihm die Nachricht zugegangen war, daß Soubise zwischen Essen und Bockum vorgegangen sei, sam melte den Rest der noch kantonirenden Truppen, 24 Eskadrons und 28 Bataillone (darunter 2 v. Gilsa) am 19. Juni bei Paderborn, ging über Geseke, Kamen nach Dortmund vor, und stand hier am 4. Juli den Franzosen in der linken Flanke. Soubise zog sich in Folge dessen nach Soest zurück und der Herzog folgte ihm bis Hilbeck, eine Stunde westlich von Werl. Da die Stellung der Franzosen, deren beide Armeen unter Soubise und Broglio sich am 7. vereinigt hatten, für unangreifbar gehalten wurde, so erhielt Gen. Wutginau Befehl, am 11. mit 7 Bataillonen (darunter 2 v. Gilsa) und 4 Es kadrons über die Ahse zu gehen und am 12. auf der Villinghäuser Heide hinter Gen. Howard ein Lager zu beziehen. Endlich am 15. u. 16. Juli kam es zu der vom Herzog von Braunschweig so lange ersehnten Schlacht, welche von dem am äußersten linken Flügel der Alliirten gelegenen Dorf Villinghausen ihren Namen erhielt. Die Stellung

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der verschiedenen Korps war Tags zuvor folgende: Der Erbprinz, die Generale Convay und Prinz von Anhalt standen zwischen Bü derich und Hohennover, links der Ahse. Rechts dieses Baches bei Kirchdinker stand das Korps Wutginau's und an dieses schloß sich das des Generals Granby an, welches bis zum Dorfe Villinghausen reichte. Spörken befand sich noch bei Herzfeld. Die beiden feindlichen Generale bestimmten für den 15. den Vor marsch gegen diese Stellung, hatten aber, troh ihrer fast 3fachen Ueberlegenheit über ihren Gegner, keine entschiedene Absicht für den Angriff auf dieselbe. Diese Unentschiedenheit, in Verbindung mit der gegenseitigen Eifersucht der beiden gleichgestellten Französischen Feld herren gereichte zu ihrem Verderben. Broglio griff den linken Flügel der Alliirten an, war Anfangs glücklich, fand aber aus Eifersucht feine Unterstützung durch Soubise und wurde geschlagen. Der Rück zug der beiden Französischen Armeen, ihre abermalige Trennung war die nächste Folge davon. Dies war ganz im Allgemeinen der Gang der Schlacht, an welcher unsere beiden Regimenter einen so entscheidenden Antheil hatten. Das Füsilier - Regiment v. Gilsa stand bei'm Korps des Generals v. Wutginau, welcher am 15. Abends 6 Uhr den Befehl erhielt, sich links neben Granby zu sehen und mit dieſem gemein schaftlich zu operiren. Die Truppen Granby's waren bereits aus dem vor Villinghausen gelegenen Wald zurückgeschlagen, Baron von Closen drang gerade mit 6 Bataillonen der Französischen Avantgarde gegen Villinghausen vor, als Wutginau Abends 7 Uhr auf dem Kampfplaß erschien. Dieser unterstüßte mit 2 Bataillonen (einem Hannöverschen und einem Braunschweigschen) den Englischen General, und stellte die übrigen 5 Bataillone und die Kavallerie zwischen dem Dorf und der Lippe auf. Nach hartnäckigem Kampfe wurde Baron Closen endlich zurückgeworfen ; Broglio selbst stellte sich jedoch an die Spihe der Brigade Querchy und erneuerte den Angriff mit großer Energie. Augenzeugen ertheilen über diesen Gefechtsmoment den Regimentern Wutginau und Gilsa , sowie ihren beiden Chefs das größte Lob. Sie hielten nicht nur ein mörderisches Kanonen- und Kleingewehrfeuer längere Zeit standhaft aus, wobei dem zuleht ge nannten Regiment eine Kanone demontirt wurde, sondern gingen selbst zum Angriff über, und fielen dem Feinde so nachdrücklich in die Flanke, daß sich derselbe endlich zum Rückzug genöthigt_ſah. Granby verließ am Abend Villinghausen und nahm auf den Höhen hinter dem Dorfe Stellung. Die ganze Nacht hindurch hörte man einzelne Schüsse, welche die Französischen Vortruppen mit den Patrouillen Wutginau's wechselten. Mit dem anbrechenden Tage, zwischen 3 und 4 Uhr, entſpann sich eine lebhafte Kanonade, aber auch das Kleingewehrfeuer wurde von Minute zu Minute lebhafter und währte mit furzen Unter brechungen, die nur durch den Mangel an Munition herbeigeführt wurden, 3 Stunden lang . Villinghausen wurde zwar von den Fran zosen genommen, die Bataillone Wutginau's indeß schlugen, wie am

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Tage zuvor, jeden Angriff kraftvoll zurück. Dennoch hatte der Herzog Ferdinand, um 9 Uhr Morgens, aus wiederholt eintretendem Mangel an Munition, die Absicht, das Feld zu räumen, als die in der Nacht von Gen. Spörken entsendete Verstärkung, aus 7 Bataillonen bestehend, ankam . Mit ihnen erschien auch das Regiment v. Bischhausen auf dem Kampfplay. Gen. Wolf, welcher jene Bataillone befehligte, führte sie ohne Zögern in die Schlachtlinie und gab dadurch dem Herzog Veranlassung, Befehl zu einem allgemeinen Angriff zu er theilen. Nun wurde Villinghausen gestürmt und Alles vom Feinde niedergeworfen, was sich nicht zur Flucht wendete. - Den Regimentern v. Wutginau und v. Gilsa , welche während der Schlacht, trotz des heftigsten Feuers, in solcher Ordnung blieben, als wenn ſie im Frieden auf dem Exerzierplag ständen, wurde hauptsächlich der Sieg zuge schrieben. Ihre beiden Chefs bekamen vom Herzog von Braunschweig ein Jeder ein Geschenk von 4000 Thalern. Das Regiment von Gilsa hatte allein dem Feinde 9 Kanonen abgenommen. Der Herzog folgte der Armee Broglio's, welche sich in der Rich tung auf Warburg zurückzog , und nahm am 30. Juli Stellung zwischen Büren und Brenken. Von hier aus sollten die Französischen Generale Rochambeau und Stainville, welche eine abgesonderte Stellung jen seits der Diemel oberhalb Stadtberge einnahmen, überfallen werden. Drei verschiedene Korps rückten zu diesem Unternehmen am 4. Auguſt gegen die Diemel vor, und glückte dasselbe insofern, als Gen. Wut ginau, welcher 9 Bataillone (wobei 2 von Gilsa), 7 Eskadrons und 6 Geschüße unter seinem Befehl hatte, nach hartnäckigen Gefechten bei Kloster Bredelar und Giershagen am 5., den beiden Fran zösischen Generalen einen Verlust von 550 Mann beibrachte und sie zum Rückzug nach Arolsen nöthigte. Am 6. August rückte Wutginau wieder in das Lager bei Büren ein, mußte aber schon am folgenden Tage, zur Herstellung der Verbindung des Korps Luckner's bei Berkel mit der Armee, nach Neuhaus aufbrechen. Am 10. vereinigte sich Spörken bei Oerlinghausen mit ihm, und waren nun die beiden Stamm- Regimenter wieder mit einander vereinigt. Sie gingen auch gemeinschaftlich über Lemgo und Blomberg nach Altenbergen, wo am 19. Stellung genommen wurde. Von hier begab sich das Füsilier-Regiment v . Gilfa in ein Lager bei Polle, in welchem es mit einer kurzen Unterbrechung bis zum Monat Oktober stehen blieb, während das Regiment v. Bischhausen bei dem Einfalle in Hessen Mitte September betheiligt war und hier unter Gen. v. Hardenberg bis Veckerhagen vordrang. Bei dem im Oktober erfol genden Rückzuge des Herzogs rückte das lettere Regiment unter Gen. v. Wutginau am 13. in das Lager bei Brakel, dann in das bei Ohr, passirte am 27. die Weser bei Hameln und traf 2 Tage später in dem Lager des Erbprinzen von Braunschweig bei Hildesheim ein. Auch das Füsilier - Regiment v. Gilsa fand sich nun hier ein, und beide Regimenter waren bei dem Vormarsche des Erbprinzen gegen Northeim, wodurch Broglio zu einer rückgängigen Bewegung genöthigt wurde.

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Ungünstiges Wetter war die Ursache, daß die Operationen ab gebrochen und die Winterquartiere bezogen wurden. Das Regiment v. Bischhausen erhielt sie in und um Bockenen, das Füsilier Regiment v. Gilsa in Lemgo, Lange, Brake und Bannen angewiesen. Im Anfange des Jahres 1762 hatte Gen. v. Bischhausen seine Entlassung aus Hessischem Dienste genommen und wurde statt seiner Ferner orga am 10. Dezember Gen. v. Wilke Regiments -Chef. nisirte Herzog Ferdinand 4 Abtheilungen Jäger, wozu jedes der Hessischen Regimenter 50 Mann abgeben mußte. Fouragemangel verzögerte wie gewöhnlich die Eröffnung des Feldzugs, doch zog der Herzog seine Armee in der ersten Hälfte des Monats Mai in engere Kantonirungen an der Weser zusammen. Das Regiment v. Bischhausen stand unter dem Prinzen von Anhalt, welcher vom 15. bis 20. Mai aus dem Hildesheimschen nach Einbeck und Holzminden vorrückte. Die am linken Ufer der Weser fantonirenden Truppen, zu welchen die Brigade von Gilsa, aus den Regimentern v. Gilsa und von Mansbach bestehend, gehörte, be zogen am 4. Juni unter Spörken ein Lager bei Balle. Nachdem sich Prinz Anhalt, bei Holzminden die Weser überschreitend, mit der Hauptarmee vereinigt hatte, ging dieſe am 18. nach Brakel, am 20. nach Borgholz vor. Am 24. Juni 4 Uhr Morgens überschritt die ganze alliirte Armee in 7 Kolonnen die Diemel, um die Franzosen bei Wilhelmsthal ( Grebenstein) anzugreifen. Die 5. Kolonne, 14 Bataillone Hessen unter dem Prinzen von Anhalt, passirte auf einer zwischen Eberschüß und Sielen geschlagenen Pontonbrücke die Diemel, ging über Hofgeismar vor und nahm zunächst hinter den Kelser Teichen Aufstellung. Um den Flügel -Kolonnen Zeit zu lassen, dem Feinde in die Flanke zu fallen, rückte das Centrum, zu welchem die Heffen gehörten, meist in entwickelter Linie, nur langsam vor, und kam so, die Franzosen zurückdrängend , über Kalden und Burg uffeln hinaus. Um 4 Uhr Nachmittags war der Feind mit einem Total-Verlust von 5000 Mann gänzlich geschlagen. Die Alliirten bezogen ein Lager zwischen Weimar und Höhenkirchen, in welchem sie 3 Wochen lang stehen blieben. Am 16. Juni veränderte die Armee ihre Stellung, indem sie weiter westlich rückte. Gen. v. Gilsa beseßte mit seinem Regiment , dem v. Bischhausen, noch 6 Bataillonen und 12 Eskadrons die Gegend von Dörnberg. Am 22. machte sie abermals eine Bewegung und zwar nach Süden; nur Gen. v. Gilfa blieb mit 6 Bataillonen, wobei das Regiment v. Bischhausen bei Dörnberg, der Prinz Friedrich v. Braunschweig mit 8 Bataillonen, bei denen das Füst Tier- Regiment v. Gilsa , auf der Höhe der Cascaden (Wilhelms höhe) stehen. Auf den 23. beschloß der Herzog einen überraschenden Angriff auf das verschanzte Lager, welches die Franzosen bei Lut ternberg bezogen hatten. Ein 2tes ebenfalls verschanztes Lager der Franzosen befand sich diesseits der Fulda auf dem Kraßenberg, und wurde dasselbe, um des Feindes Aufmerksamkeit hier zu fesseln, vom Prinzen Friedrich angegriffen und heftig beschossen . Die Generale

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Zastrow, Bock, Waldhausen und Gilsa sollten ihren Marsch zum eigentlichen Ueberfall so einrichten, daß sie um 3 Uhr Morgens den Angriff beginnen und die Fulda zwischen Speele und Bonaforth passiren könnten. von Gilsa, der immer noch das Regiment v. Bischhausen unter seinen Befehlen hatte, brach schon am 24. Abends 9 Uhr von Dörnberg auf, und marschirte über Hohenkirchen und Winterbüren auf die Speele gegenüber liegende Höhe. Pünktlich um 3 Uhr traf er hier ein und eröffnete sogleich ein heftiges Kanonen feuer gegen die Schanzen am rechten Ufer der Fulda. Speele, von 400 Französischen Grenadieren besett, wird nun von den Regimentern Wutginau, Anhalt und v. Bischhausen angegriffen. Durch die Fulda von jenen getrennt, ohne jedes Uebergangsmittel, springen die selben in den Fluß, waten bis über die Hüften im Wasser, treiben die Grenadiere, nachdem sie hartnäckig Widerstand geleistet, vor sich her, und erstürmen die Schanzen . Das Regiment v. Bischhausen insbesondere griff eine von 4 Grenadier-Kompagnien beseßte Redoute an, nahm die Besaßung gefangen und eroberte zugleich 5 Geschüße . ――――― Wie zufrieden der Herzog mit Gen. v. Gilsa und seinen Truppen war, beweist ein vom 24. Juli datirter Brief: ,,Euer Excellenz danke ich ganz ergebenst für die am gestrigen Tage bewiesene große Bravour und Eifer für die gemeine Sache . Ich bin mit Ihrer Attaque auf das vollkommenste zufrieden. Sie macht Ihnen, den übrigen Herren Generals und sämmtlichen Truppen die größte Ehre. Ich wünsche Gelegenheit zu finden, denenselben dafür meine aufrichtige Erkenntlichkeit beweisen zu können. Nehmen Sie inzwischen die Versicherung an, und sagen auch sämmtlichen Herren Generals, Offiziers und Truppen meinen ausnehmenden Dank. Ferdinand, H. z. Br. u. L. “ Auch der Landgraf von Hessen schrieb am 28. Juli an den Ge neral : „Ich habe auch hierdurch dem Herrn Gen.- Lieut. danken wollen für das in der lezten Affaire von Lutternberg bezeigte ausnehmende und mir von allen Orten gerühmte Wohlverhalten und Bravour, und wird mir ein Vergnügen sein, wenn ich Ihnen, mein lieber Gilsä, öfters Gelegenheit haben werde, zu zeigen, meine wahre und beständige Freundschaft, womit ich lebenslang bin Ihr wahrer und aufrichtiger Freund Friedrich, L. 3. H.“ Nach dem Gefecht von Lutternberg wurde das Füsilier - Re giment v. Gilsa und das Regiment v. Malsburg unter die Befehle des Generals v. Malsburg gestellt und nahmen an der hierauf fol genden Belagerung von Kassel Theil. Der Herzog drängte unterdeß die Französische Armee bis in die Wetterau zurück. Das n Regiment v. Bischhause stand während des ganzen Marsches mit noch 8 Bataillonen und 6 Eskadrons unter Gen. v. Gilsa . Das selbe rückte am 20. August in Hersfeld ein , welches die Franzosen , g mit Hinterlassun eines bedeutenden Vorrathes an Munition, eiligst em verließen. Bei unaufhörlich Regen ging der sehr beschwerliche ch Mars nun über Mahr und Schotten nach Geis -Nidda, wo die e me am 29. Auguſt ánkam . Durch das Eintreffen nicht unbedeu Ar

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tender Verstärkungen bei der feindlichen Armee sah sich der Herzog zu einer rückgängigen Bewegung veranlaßt. Er richtete seinen Marsch am 8. September auf Grünberg, langte aber erst am 11. in einer vortheilhaften Stellung hinter der Ohm an, weil er durch das immer noch anhaltende, ganz ungewöhnliche Regenwetter 2 Tage lang am Weitermarsch gehindert wurde. Selbst der Infanterie war es fast unmöglich fortzukommen. Die Franzosen waren unterdeß von Gießen nach Marburg vorgedrungen. Um ihrem Weitermarsch entgegen zu treten, brach der Herzog am 14. September mit der Hauptarmee in 4 Kolonnen auf und marſchirte in das Lager zwischen Schwarzenborn und Bracht. Am 15. warf er die über die Lahn vorgedrungenen Feinde über dieselbe zurück. Gen. v . Gilsa überschritt mit 6 Ba taillonen und 6 Eskadrons auf 4 zwischen Wetter und Unter-Rosphe geschlagenen Brücken die Wettschaft, um den Rückzug des Feindes zu beschleunigen ; dann ging er mit Einbruch der Nacht über das Flüßchen zurück und vereinigte sich bei Ober-Rosphe mit der Hauptarmee. Bereits am 14. September hatte Gen. v. Malsburg mit seinem Regiment und dem Füsilier - Regiment v. Gilſa das Korps, welches Kassel einschloß, verlassen und schon am 17. traf er an der Ohm ein, um wenige Tage später an einem Kampfe Theil zu nehmen, der legte bedeutende in diesem Kriege, der zugleich der hartnäckigste werden sollte, welcher zwischen den Verbündeten und den Franzosen gewüthet hatte, es war das Gefecht an der Brücken Mühle bei Amöneburg am 21. September. Die Marschälle Soubise und d'Estrées hatten nämlich, nachdem es ihnen nicht gelungen war, die Lahn zu überschreiten, die Absicht, mit 20,000 Mann auf der genannten Brücke den Uebergang über die Ohm zu erzwingen, um dann nach Kassel vorzudringen und dieſes zu entsehen. Vertheidigt wurde der Uebergang von den Korps des Generals Zastrow und Lord Granby's, welche die Bestimmung hatten, den Franzosen den Uebergang über die 3 Brücken bei Schweinsberg, Amöneburg und Kirchhain zu verwehren . Die Verbündeten hatten das auf einer Insel gelegene Mühlen- Gehöft und eine zur Beſtreichung der Brücke erbaute Redoute beseßt. Mit Tagesanbruch eröffneten die Franzosen ein heftiges Kanonenfeuer gegen das auf hohem Felsen liegende Städtchen Amöneburg, das ihren Blicken jedoch durch einen starken Nebel entzogen wurde. Als endlich der Nebel sank, zuerst Amöneburg emportauchte im Sonnenlicht, dann auch die Brücke mit ihrer Umgebung hell vor Augen lag, nahm der Feuerkampf mit einer Heftigkeit zu, wie man ihn in keiner der bisherigen Schlachten gehörthatte. Gen. Zastrow erkannte die Wichtigkeit seines Postens , der Gegner nachhaltiges Bemühen überzeugte ihn von der Absicht, hier durchzubrechen; er ließ frische Bataillone vorrücken, die fechtenden beständig ablösen und ein solches Feuer aus Kanonen und Gewehr unterhalten, daß die Feinde, aller Bemühungen ungeachtet, die mit ihren Todten und Verwundeten bedeckte Brücke nicht überschreiten konnten. Der einzige Vortheil, den die Franzosen nach langem Kampfe errangen, war der, daß sie das Mühlen- Gehöfte in Besit nahmen,

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wodurch nun aber auch die Brückenschanze durch Kleingewehrfeuer belästigt wurde. Da auch der Zugang zur Schanze allenthalben vom feindlichen Feuer bestrichen wurde, so fand ein großer Theil der Ab lösungen bereits den Tod oder schwere Wunden, ehe sie auch nur in dieselbe hineinzukommen vermochten, weshalb denn weiter angeordnet wurde, die zur Ablösung bestimmte Mannschaft einzeln und im Lauf schritt dahin vorzuschicken. Selten kam mehr als die Hälfte der Be fazung zurück. 5 Hannoversche Regimenter hatten hier nach einander gefochten. Es folgten die Englischen Garden, diesen die Bergschotten, am Abend noch die Regimenter v. Gilsa und v. Malsburg (nach Andern v. Ditfurth), die sich aus den Haufen der Leichname neue Brustwehren bauten, und so den lezten Dienst sich von den gefallenen Waffenbrüdern verschaffen mußten. Ein Offizier des Füsilier - Regiments v . Gilsa , Hauptmann von Ewald, später General in Dänischen Diensten, erzählt in seinem Werke: " Gedanken eines Hessischen Offiziers" über jenes Gefecht Folgendes : Die Franzosen machten von des Morgens bis in die Nacht unter dem Schuße ihres schweren Geschüßes, einen Angriff nach dem andern auf die Schanze, wobei ihnen nachher auch der Besiz der Brückenmühle sehr zu statten kam, indem sie aus dieser auf unsere Leute in der gegenüberliegenden Schanze, das entseglichste Kleingewehrfeuer machten. Die Schanze war mit 100 Mann besett, welche alle halbe Stunde abgelöst wurden. Die beiden Hessischen Regimenter v. Ditfurth und v. Knyphausen*) waren die lezten, welche durch gegebene Detaschements die Schanze vertheidigen mußten. Ich befand mich damals bei lezterem Regiment und bin selbst Augen zeuge von diesem Mordloch gewesen. Die Brustwehr war so durch das entseßliche Kanonenfeuer rasirt, daß man, wenn man aufrecht stand, nicht bis an die Knie gedeckt war, wobei man noch das Unglück hatte, daß der 4. Theil von jedem Detaschement, ehe es in die Schanze fam, getödtet oder verwundet wurde. Deffenungeachtet wurde die Schanze mit so vieler Tapferkeit vertheidigt, daß die Franzosen es sich vergehen lassen mußten, hier über die Ohm zu sehen.“ Ungeachtet der kurzen Zeit, welche die beiden Hessischen Regi menter an dem Kampfe Theil genommen hatten, verloren sie doch an Todten 9 Mann, schwer verwundet 4 Offiziere und 63 Mann, leicht verwundet 1 Offizier und 29 Mann, vermißt 2 Mann. Abermals trat sehr heftiges Regenwetter ein; deshalb verweilten beide Heere ruhig in ihren Standquartieren zu beiden Seiten der Ohm, bis man Anfangs November wegen der Friedensaussichten die Feindseligkeiten einstellte und Mitte dieses Monats die Winterquartiere bezog. Die Hessischen Truppen rückten größtentheils aufs Eichsfeld. Noch vor dem Abzug begrüßten sich die feindlichen Öbergenerale auf dem blutigen Kampfplaze, und beschlossen, die von ihren Truppen gänzlich zerstörte Brückenmühle wieder aufbauen und bei derselben ein Denkmal als Erinnerung an die Waffenthaten vom 21. September *) Ewald giebt hier dem Regiment von Gilsa den Namen , welchen es erst 1765 erhielt.

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errichten zu lassen. Dieses Denkmal ist jene 30 Fuß hohe Pyra mide, die noch jezt bei der Brückenmühle steht und welche von den Bewohnern der Umgegend als Friedenssäule bezeichnet wird . Gegen Ende Dezember kehrten sämmtliche Hessische Truppen in ihr Vaterland zurück; das Regiment v. Wilke bekam Homberg und Borken , das Füsilier -Regiment v. Gilsa Ziegenhain, Treisa und Neukirchen als Standquartiere angewiesen . Nach abgeschlossenem Frieden trat bei jedem Infanterie- Regiment eine Verminderung von einer Grenadier- und 3 Musketier- (resp . Füsilier-) Kompagnien ein, so daß das Regiment nur noch 6 Kom pagnien zählte.

V. Abſchnitt.

Die Zeit vom 7jährigen Krieg bis zur Vereinigung beider Stamm Regimenter zu einem Regiment 1764-1789 . Im Jahre 1764 ging das Regiment v. Wilke , dessen Chef ein Garnisons-Regiment erhielt, an den Gen.-Maj. Wilh. Henrich August v. Donop über. Im Januar des folgenden Jahres (1765) ging Gen.-Lieut. von Gilsa mit Erlaubniß seines Souveräns nach seinem Gute Gilsa, um seine durch die vielen erlittenen Strapazen sehr geschwächte Gesund heit wieder herzustellen ; doch nicht lange sollte er sich hier der Ruhe erfreuen. Er starb am 18. März, und ehrte der Landgraf seinen tapferen General auch noch im Tode dadurch, daß er sein Regiment von Ziegenhain nach Gilſa marſchiren ließ, um den entseelten Leichnam auf militairische Art zur Ruhe zu begleiten. Das Regiment wurde dem Gen.- Maj. Wilh. von Knyphausen übertragen. Zwölf Jahre lang hatte das durch den 7jährigen Krieg schwer geprüfte Heffenland die Segnungen des Friedens genossen, als sich im Herbst 1775 plößlich die Nachricht verbreitete, Landgraf Friedrich II. werde ein Korps von 13,000 Mann in Englischen Sold geben, welches zur Unterwerfung der empörten Nordamerikanischen Kolonien mitwirken solle. Bei den Venetianern, bei'm Deutschen Kaiser, bei den Holländern, Britten, ja selbst bei den Franzosen hatten die Hes fischen Truppen schon in Sold gestanden, sie hatten im Süden und Norden Europa's gekämpft und sich einen Namen besten Klanges er worben, — jezt sollten sie ihre Waffen in einen andern Welttheil tragen, sollten eine Seereise bestehen, die nur in seltenen Fällen glücklich ablief, sollten gegen Wilde, wie der gemeine Mann glaubte, gegen Menschenfresser kämpfen. Es kann nicht verwundern, wenn nur We nige ihre Heimath verließen, ohne ihr Testament gemacht zu haben.

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Die zwischen dem Englischen Oberst William Faucitt und dem Hessischen Minister v. Schieffen gepflogenen Unterhandlungen führten am 15. Januar 1776 zu einem Schuß- und Truzbündniß, in Folge -dessen sich der Landgraf verpflichtete, ein Korps von der oben ange gebenen Stärke zu stellen. Da es nur aus Infanterie und weniger Artillerie bestand, so gehörten sämmtliche Hessische Infanterie-, also auch die beiden Stamm- Regimenter zum Hülfskorps, doch hatten dieselben nur die Stärke von schwachen Bataillonen, und die Gre nadier-Kompagnien derselben, deren jedes Regiment nur eine hatte, waren zu Bataillonen von je 4 Kompagnien zusammengezogen. Die Grenadier-Kompagnie vom Regiment v. Donop war die 3. des 2. Grenadier-Bataillons , welches Oberst Block kommandirte ; die Grenadier-Kompagnie vom Füsilier - Regiment v. Knyphausen . bildete die 4. des 3. Grenadier-Bataillons, welches Oberstl. v . Mini gerode befehligte. Jedes Infanterie-Regiment zählte : 21 Offiziere, 60 Unteroffiziere, 5 Feldscherer, 22 Spielleute und 525 Gemeine, jedes Grenadier-Bataillon : 16 Offiziere, 44 Unteroffiziere, 4 Feld scherer, 20 Spielleute und 420 Grenadiere. Oberst Faucitt, welcher die Hessischen Truppen für die Engliſche Regierung übernahm und bereits 5 Regimenter eingemustert hatte, schrieb an Lord Suffolk, den Englischen Miniſter, unterm 2. April : Fünf andere Korps sind vor diesen Tagen eingemustert : ein Gre nadier-Bataillon (Oberst Block), die Füsilier-Regimenter Erbprinz (Oberst Hackenberg), v. Knyphausen (Oberstlieut. v. Borck), Mir bach (Oberst Loos) und v. Donop (Oberst v. Rosen). Alle fünf sind ungewöhnlich schöne Regimenter, vollständig uniformirt und be waffnet und für jeden Dienst in der Welt tauglich. Ich erwähne die alten Leute nicht, weil ihrer kaum 10 bis 12 sind, die älter als 40 bis 45 Jahre sein mögen. Nur in der Höhe der Mannschaften herrscht ein kleiner Unterschied vor; das erste Glied ist vielleicht einen halben bis einen Zoll größer als die übrigen, allein kein Mann war unter 5 Fuß 8 Zoll, und alle Glieder waren einander gleich. Das Centrum war ein wenig kleiner, aber auch dieses besteht aus jungen gefunden und gut aussehenden Burschen. Nur 7 Mann sind von diesen 5 Regimentern desertirt, einer gestorben, und 3 frant." Schon Ende Februar standen die Regimenter marschfertig_in und um Kassel, und trat die 1. Division unter Gen.-Lieut. v. Heiſter den Marsch durch das Hannöversche nach Bremen an. Nach einer mehrtägigen Verzögerung, welche dadurch entstanden war, daß es an den erforderlichen Transportschiffen in der Weser noch fehlte, setten sich die Truppen am 29. Februar wieder in Marsch und kamen am 14. März in Bremerlehe an, wo nach einer 8tägigen Ruhe die Ein schiffung begann ; aber erst am 17. April konnte die aus 44 Fahr zeugen bestehende Flotte die Anker lichten, obgleich aus Mangel an Schiffen immer noch ein Theil der Truppen, darunter 154 Mann vom Füsilier-Regiment v. Knyphausen, zurückbleiben mußte. Diese folgten indeß schon am 21. der großen Flotte nach. Nachdem sich diese lettere 11 Tage lang im Hafen von Ports

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mouth aufgehalten hatte, während welcher Zeit die Hessischen Truppen auf 84 Transportschiffen vertheilt wurden, ging die ganze Flotte, welche aus 150 solcher Schiffe bestand, unter Segel, langte aber erſt nach Tagen großer Gefahr, die ihr durch die heftigsten Stürme be reitet wurden, am 12. August im Hafen von Sandy-Hook an. Es fehlten nur wenige Schiffe, selbst die Nachzügler vom Regiment v . Knyphausen stellten sich an diesem Tage bei der Flotte ein*) Die Ausschiffung fand am 14. und 15. August statt, und bezogen die Heffen neben der Englischen Armee ein Lager. Groß war der Jubel der Briten, die ihre längst ersehnten Waffenbrüder mit Geſchüß und Gewehrsalven empfingen. -- Der hier kommandirende Gen., Lord Cornwallis, nunmehr 35,000 Mann ſtark, beschloß nun, die Amerikaner von Long-Island zu vertreiben, was ihm auch in Folge des Ge = fechtes bei Flatbush am 27. Auguſt vollständig gelang. Die Hessen, welche, mit Ausnahme von 4 Regimentern, sämmtlich am 25. übergesezt worden waren, bildeten dabei das Centrum und hatten die Aufgabe, nicht eher zu einem ernstlichen Angriff überzugehen, als bis die Umgehung des feindlichen rechten Flügels ausgeführt war. Ein Hessischer Offizier (wahrscheinlich Oberst v. Heeringen) schreibt über den Beginn dieses ersten Treffens, welches die Hessen auf Ame rikanischen Boden lieferten , in die Heimath : „ Am 27. rückte die Armee aus ihrem Lager, ließ die Zelte stehen und schickte die Equi page zurück. Der Feind stand auf eminenten Anhöhen, wovon die Gipfel mit dicken Wäldern bewachsen waren. Die Regimenter rückten mit größtem Muth und Ordnung, klingendem Spiel und fliegenden Fahnen, auch blaſenden Hoboisten die Anhöhe hinauf, und schleppten die Kanonen, so schwer es auch war, mit hinauf. Die Feinde feuerten gewaltig, aber Alles zu hoch. Sobald sie auf der Höhe waren, wurde gerichtet, die Flankeurs und Freiwillige wurden à la tête geſeht, und in dieser Position der Feind attakirt und gar bald aus allen seinen Posten getrieben. Die Regimenter sind ohne einen Schuß zu thun, beständig mit geschultertem Gewehr den Flankeurs nachmarschirt. Diese haben einzig und allein die Aktion gewonnen. Der Feind hatte undurchdringliche Dickungen, Verhacke und Redouten vor sich. Die Riflemen sind mehrentheils mit dem Bajonnet an die Bäume ge spießt worden ; diese fürchterlichen Leute verdienen eher Mitleid als *) Oberst Block mit einem Theil seiner Grenadiere war schon am 8. Auguſt eingelaufen, wie aus folgendem Schreiben des Landgrafen an den Oberst zu ersehen ist : Mein lieber Oberst Block. Sowie derselbe das Glück gehabt, auf dem Schiff Speedwell, mit bei sich gehabter Mannschaft am ersten von Meinen Truppen auf Staat en -Jsland und dem Orte der Bestimmung anzulangen, so ist auch der unter'm 8. Auguſt an Mich darüber erstattete Rapport der erste ge= wesen, der mir von allen daher erhaltenen zugekommen. Ich freue mich darüber, und vornämlich über die ohngeachtet aller Beschwer lichkeiten dennoch glücklich überstandene Fahrt, auch nunmehi bereits gemachten erwünschten Anfang der dortigen Operationen Das dabei von Meinen Truppen bezeigte gute Betrager ist meiner Erwartung gemäß, und das durch den Gen. Lieut. von Heister Mir zugegangene Zeugniß gereicht zu Meiner wahren Zu friedenheit. Weißenstein, am 24. Oktober 1776. Friedrich."

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Furcht. Sie müssen allezeit eine Viertelstunde Zeit haben, um ein Gewehr zu laden, und in dieſer Zeit fühlen sie unsere Kugeln und Bajonnete." Als die den Hessen im Anfange des Gefechts gegenüberstehenden Riflemen verdrängt waren, eilte der die Amerikaner kommandirende Gen. Sullivan selbst mit Unterstüßung herbei. Dieser vertheidigte sich mit der größten Tapferkeit, hielt sich aber zu lange und gab dadurch dem Englischen rechten Flügel Gelegenheit, in Flanke und Rücken des Feindes einzubrechen. Verwirrung bei den Amerikanern, die größte Erbitterung des Kampfes auf beiden Seiten war die Folge davon. Bei dieser Gelegenheit kam es vor, daß einige feindliche Abtheilungen, welche schon umringt waren, ja ſogar schon um Pardon gebeten hatten, nochmals auf die Hessen feuerten. Diese gegen allen Kriegsgebrauch verstoßende Hinterlist erbitterte die Hessen auf's höchſte, ſo daß sie von nun an fast jeden Feind, den sie erreichen konnten, nieder stießen. Dies mag der Grund gewesen sein, warum die Amerikaner nicht anders glaubten, als daß die Hessen überhaupt kein Quartier gäben. Daß dies nicht der Fall war, beweist der Umstand, daß sie 520 Mann zu Gefangenen machten, darunter 35 Offiziere, insbe sondere den kommandirenden, Gen. Sullivan. Er würde, ungefähr 100 Schritt vom Obersten v. Heeringen entfernt, von 3 Füsilieren vom Regiment v. Knyphausen in Türkischem Korn versteckt, ge= funden. Heeringen sagt über ihn : „John Sullivan ist ein Advocat und vorher Bedienter gewesen, aber ein Mann von Genie, den die ―――――― Rebellen sehr regrettiren werden. Sullivan wurde zu mir gebracht, ich ließ ihn visitiren und fand die Original- Ordres von Gen. Was hington bei ihm, aus denen ersichtlich ist, daß er die besten Truppen unter seinem Kommando gehabt hat, daß auf die Behauptung des Waldes Alles ankäme, und daß er 8000 Mann stark gewesen." Die Heffen erbeuteten 1 Fahne und 7 Geſchüße. Die Amerikaner bezogen eine neue sehr vortheilhafte Stellung, warteten aber den Angriff nicht ab, sondern verließen, mit Zurück lassung von 11 Geschüßen und mancherlei Kriegsmaterial, die Insel. Am 30. August befeßten die Hessen das von jenen verlassene Lager, und fanden sie darin eine Ordre, worin nach Aussage eines Hessischen Offiziers gestanden haben soll, daß sie sich (die Amerikaner), da gegen solche Feinde, wie die Hessen kein Widerstand zu leiſten ſei, so gut wie sie könnten, zurückziehen sollten. Am 15. September seßte ein Theil der Armee und mit dem selben das Regiment v. Donop und sämmtliche Grenadiere nach York-Island über. Die Amerikaner mußten New- York verlassen, welche Stadt, nebst andern Truppentheilen von dem später nachfol genden Füsilier - Regiment v. Knyphausen besetzt wurde. Am 11. Oktober wurde ein Theil der Armee abermals einge schifft, um den Hudson aufwärts befördert zu werden. Nach der Ver treibung der Amerikaner bei Froksnegg sammelte sich die ganze Armee am 22. bei Neu-Rochelle, nachdem sich vorher nicht nur die in New-York zurückgebliebenen Regimenter, sondern auch an dem



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genannten Tage selbst die aus Deutschland angekommene 2. Division der Hessen unter Gen.-Lieut. v. Knyphausen, mit ihr vereinigt hatten. Nun sollte es, aber erst am 28. , zu der Schlacht von White Plains kommen, in welcher das Füsilier - Regiment v. Knyp hausen, zur Brigade Mirbach gehörig, welche heute von Oberst Rall kommandirt wurde, Gelegenheit hatte, sich auszuzeichnen. Der britische Oberbefehlshaber, Gen. Howe, ließ die Armee in 2 Kolonnen gegen Washingtons Truppen vorgehen. Die Avantgarde der linken Flügel-Kolonne, fast ausschließlich aus Hessen unter Gen.-Lieut. v. Heister bestehend, stieß zuerst auf den Feind , welcher sehr steile, diesseits des Brunr-Flusses gelegene Anhöhen besezt hatte, aber mit dem Bajonnet davon vertrieben wurde. Oberst Rall, welcher mit seiner Brigade den Auftrag erhalten hatte, auf dem äußersten linken Flügel vorzugehen, durchwatete ohne Verzug den Brung- Fluß, dessen Waffer den Leuten bis über die Hüften ging, formirte seine Bataillone jenseits im heftigsten Kleingewehr- und Kartätschenfeuer und nahm die steilen Höhen mit dem Bajonnet. Zwar machten die Amerikaner einen Versuch, die Höhen wieder in Besiz zu bekommen, die Regi menter von Knyphausen und Rall wiesen aber jeden Angriff mit Entschiedenheit zurück, und trieben den Feind in Verbindung mit noch einigen Hessischen Regimentern von einer Höhe zur andern. Nur die Eifersucht des die rechte Flügel-Kolonne führenden Generals Clinton gegen Howe verhinderte eine vollständige Niederlage der Amerikaner. Oberst Rall stand, als die Nacht hereinbrach, diesen mit seinen 3 Regimentern am nächsten und getrennt von der Haupt armee. Da er in der finstern Nacht einen Ueberfall befürchten mußte, ließ er eine Menge Feuer anzünden und seine Leute möglichst viel Lärm machen, wodurch er den Amerikanern glauben machen wollte, ―――――― daß er Verstärkungen erhalten habe. Das in der Stirn'schen Brigade stehende Regiment v. Donop gehörte zur Reserve und kam nicht zum eigentlichen Gefecht. Washington wagte nicht, einen abermaligen Angriff abzuwarten, er zog sich mehr in das Innere von Connecticut zurück, ließ aber das durch Kunst und Natur gleich starke Fort Washington mit faſt 3000 Mann beseßt. Howe war den Amerikanern nachgefolgt, beschloß dann aber, das schon in seinem Rücken liegende Fort am 16. November anzugreifen, zog sich deshalb nach Kingsbridge zurück, und blieb hier einige Tage stehen,,,gleichsam um Zeuge der glänzenden Erstürmung des Forts durch Gen. v. Knyphausen zu sein." Dieser führte eine aus 9 Bataillonen (8 Bataillone Hessen und 1 Bataillon Waldecker) bestehende Kolonne, welcher in 2 Abtheilungen, unter Oberst Rall und Gen. v. Schmidt, die Aufgabe zu Theil wurde, von der Seite des Hudsons aus, unter dem wirksamsten Geſchüß- und Klein gewehrfeuer, erst einen Morast zu paſſiren, dann 3 hohe, Ver= haue, die mit Riflemen beseßt waren, aus dem Weg zu räumen, und endlich das Schwerste, die fast unersteiglichen Felsen zu erklimmen. Schon um 7 Uhr Morgens langte Knyphausen in der Nähe des Forts an; er und seine Truppen mußten aber ihre Kampfluſt be

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zähmen, weil sie vor dem Eintreffen der 2. Kolonne unter Gen. Matthew nicht angreifen durften, und dieser kam erst um 11 Uhr an. Nun hielt nichts mehr die Hessen zurück, kein Feuer, kein Terrain Hinderniß. Einzelne mußten auf die Felsenabhänge hinauf gehoben werden, die dann andere nachzogen. Von allen Seiten beschossen, ohne diese Feinde wieder erreichen zu können, stürzten die Stürmenden rottenweise herab, so daß diese furchtbare halbe Stunde 21 Offiziere und 332 Mann kostete, und dennoch sah man die einzelnen auf die Höhe gelangten sich in der größten Ordnung in ihre Linien formiren.“ Die Vertheidiger, in zu großer Zahl auf engem Raum zuſammen gedrängt, sahen die Nuglosigkeit ihres Widerstandes ein, der Kom mandant, Oberst Magaw, ein Mann, der als tapfer, zuverlässig und einsichtsvoll galt, ließ sich mit dem von Oberst Rall abgeschickten Parlamentair, Kapt. v. Hohenstein, in Unterhandlungen ein, und sagte demselben bezüglich der Einnahme des Forts : „ Die Herren Heffen machen Unmöglichkeiten möglich." Er ergab sich mit 2870 Mann, sammt allen Vorräthen und 40 schweren Geschüßen dem Sieger. Das Füsilier- Regiment v. Knyphausen , welches sich bei der Ab theilung des Generals v. Schmidt befand, hatte seinen rühmlichen Antheil an dem ungewöhnlichen Erfolge, aber auch große Verluſte. Es blieben todt: Kapt. v. Borckhausen und 6 Mann; verwundet wurden Oberst v. Borck, Maj . v. Dechow, Lieut. Briede, 5 Ser= geanten und 58 Mann. Eine 3. und 4. Kolonne, welche gegen das Fort dirigirt waren, unter Lord Cornwallis und Percy , trafen erst später ein und hatten nur einen geringen Antheil an dem Gefecht. Das Regiment v. Donop war der letteren Kolonne zugetheilt. Der kommandirende General ertheilte dem Gen. v. Knyphausen, und den Hessen überhaupt das wohlverdiente Lob, und nannte die eroberte Feste Fort Knyphausen, damit der Name des Hessischen Feldherrn den kommenden Geschlechtern des fernen Welttheils ein Denkmal des Ruhmes für die Armee sei, welche sich stets ruhmvoll und fast immer siegreich im Kampfe bewiesen habe." Es wurden hierauf die Winterquartiere auf York-Island be zogen; doch beschloß Gen. Howe, zuvor Jersey vom Feinde zu säubern . Dies gelang auch dem Lord Cornwallis durch geschickt geleitete Bewegungen, und unter Mitwirkung sämmtlicher Hessischer Grena diere, vollständig . Da Howe dem Obersten Rall und seiner Brigade, den Regimentern Rall, v. Knyphausen und v. Loßberg in Aner kennung ihres braven Verhaltens in den Whiteplains und bei'm Sturm auf Fort Washington, die besten Winterquartiere zugesagt hatte, und diese nun bis zum Delaware ausgedehnt wurden, so er hielten die 3 Regimenter das Städtchen Trenton angewiesen, und wurden ihnen nur noch 50 Hessische Jäger und 20 leichte Dragoner zugetheilt. Die nächsten Orte waren Princetown und Neu-Braun schweig von Engländern, sowie Burlington von der Brigade Donop und einem Schottischen Regiment beseßt, aber alle Meilenweit ent= fernt. Am 14. Dezember waren die Regimenter Kall und Knyp =

81 hausen in Trenton angekommen und folgten die andern Truppen Da Washington mit seiner kleinen Armee in Pen bald nach. sylvanien am jenseitigen Ufer des Delaware stand, so war die Lage sehr gefährdet. Zwar waren die Amerikaner sehr entmuthigt, sie hatten ihre Sache fast aufgegeben, - nur ihr Anführer verzagte nicht. Aber gerade in Rücksicht auf ihn hatten die Engländer alle Ursache auf ihrer Hut zu sein. Oberst Rall verschmähte fast jede Vorsicht. Die Sicherheitsmaßregeln, welche er traf, bestanden darin, daß er eine Hauptwache von 1 Offizier und 70 Mann in der Stadt auf stellte, von wo ein Unteroffiziers-Posten von 12 Mann an das Süd ende der Stadt detaschirt wurde. Außerdem stand am Nordausgang 1 Unteroffizier mit 20 Mann, welcher Nachts mit einem 15 Mann starken Jäger-Piket verstärkt wurde. Gleichzeitig bezogen Nachts einige Kompagnien Allarmhäuſer. Von einem Patrouillengang, Verbarri kadiren des offenen Ortes, zweckmäßiger Aufstellung der 6 Regiments stücke, Verbindung mit den nächsten Quartierständen war keine Rede. Maj. v. Dechow vom Füsilier - Regiment v. Knyphausen er laubte sich Vorstellungen wegen dieser Sorglosigkeit zu machen, er schlug vor, einige Schanzen aufzuwerfen u. dgl., fand aber bei Oberst Rall, der den Feind zu sehr verachtete, durchaus kein Gehör. Dieser wünschte sogar, von Washington selbst angegriffen zu werden, um ihn dann gefangen nehmen zu können. Der Angriff ließ nicht lange auf sich warten. In der Christ nacht ging Washington_mit 2500 Mann und 20 Geschüßen bei Howels-Ferry über den Delaware. Von 3 andern Korps, die gleich falls den Fluß überschreiten sollten, ließen sich 2 durch den starken Eisgang vom Uebersehen abhalten, während die 3te sich gegen Donop wendete, und diesen verhinderte, Rall zu Hülfe zu eilen. Am 26. Dezember Morgens mit Tagesanbruch erschien Washington vor dem nördlichen Ausgang von Trenton, und drang, mit leichter Mühe die schwache Wache vertreibend, in die Stadt ein, ehe sich die Regimenter Rall und v. Loßberg, welche im nördlichen Theil der Stadt lagen, vollständig geordnet hatten. Sie waren genöthigt worden, den Ort zu verlassen, den sie wieder zu erobern suchten, aber vergeblich. Der Versuch sich durchzuschlagen, mißglückte ebenfalls. Was von den beiden Regimentern nicht gefallen war, mußte sich gefangen geben. Rall selbst fiel schwer verwundet in Feindes Hand . Dem im südlichen Stadttheile gelegenen Füsilier - Regiment v. Knyphausen gelang es wenigstens, sich vollständig zu ordnen. Sein Kommandeur, Maj. v. Dechow, detaschirte eine Kompagnie zur Besetzung der nach der Stadt führenden Brücke, eine 2te nach dem Ausgange nach Princetown, und mit den 3 übrigen wendete er sich nach der obern Stadt, um die im Gefecht befindlichen Regimenter zu unterstüßen. Diese zogen sich indeß schon aus der Stadt und Dechow sah sich genöthigt, ihnen zu folgen, schloß sich aber dem Angriff, welchen Rall nun unternahm, nicht an, sondern zog die beiden de taschirten Kompagnien an sich, und wandte sich nach der über den Creek führenden Brücke, um durch deren Beseßung die Verbindung 6

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mit Donop zu erhalten. Jezt im entscheidenden Augenblicke wurde Dechow, welcher bisher so einsichtsvoll gehandelt hatte, schwer ver wundet und dadurch wahrscheinlich zu der Absicht veranlaßt, mit dem Gegner eine möglichst günstige Kapitulation abzuschließen. Dazu sollte es jedoch nicht kommen, da Kapt. v. Biesenroth, der älteste Offizier, die Handlungsweise des Majors v. Dechow_mißbilligend, das Kommando übernahm und nun, nach einer Besprechung mit Stabskapitain Baum, den Beschluß faßte, sich nicht wie die beiden andern Regimenter zu ergeben, sondern sich unter allen Umständen durchzuschlagen. Leider war durch die Bemühungen, die beiden Re gimentsgeschüße, welche in einen Sumpf gerathen waren, wieder her auszuarbeiten, eine kostbare Zeit verloren gegangen, der einzige Aus gang, die Brücke beseßt worden, v. Biesenroth beschloß deshalb, den Versuch zu machen, durch den Creef zu kommen, der aber fast Mannstiefe und sehr steile Ufer hatte. Stabskapitain Baum sprang zuerst in's Wasser; ihm folgten die Feldwebel, welchen die beiden Fahnen gereicht wurden, um diese wenigstens zu retten. Es war hohe Zeit, denn schon nahte der Feind und nahm alle gefangen, die den fühnen Sprung in das kalte Waſſer noch nicht gewagt hatten. Manche waren freilich ertrunken; aber 398 Mann, fast ausschließlich vom Regiment v. Knyphausen entkamen glücklich. Es war zu bedauern, daß die Hessen, 1 die mit so großem Muth und einer beispiellosen Hingebung fochten, bei denen der panische Schrecken, der bei solchen Gelegenheiten so leicht auch die besten Truppen erfaßt, hier durchaus keine Wirkung hatte, - nicht beffer geführt wurden. Selbst die Ueberlegenheit Washingtons um 1000 und einige Mann würde es bei guter Führung nicht zweifelhaft gemacht haben, nach welcher Seite sich der Sieg hinneigte. Nachdem Gen.-Lieut. von Heister Ende Juni 1777 die Erlaubniß erhalten hatte, in das Vaterland zurückkehren zu dürfen, wurde dem Gen.-Lieut. v. Knyphausen der Oberbefehl über das Hessische Armee forps übergeben. Außerdem war bereits das Grenadier-Bataillon Block, deffen 3. Kompagnie bekanntlich zum Regiment von Donop gehörte, an Oberstlieut. von Lengerke übergegangen. Gen. v . Heister starb bald nach seiner Rückkehr in die Heimath, und erhielt feine Wittwe von dem Könige von England eine Pension von 200 Pfund Sterling ausgezahlt. Dem General selbst waren, ebenso wie dem Gen. v. Knyphausen im Jahre zuvor von der Englischen Re gierung Anerbietungen gemacht worden, indem sie gefragt wurden, in welcher Art sie Englische Gunstbezeugungen wünschten. Sie gaben zur Antwort, daß sie in Amerika aus eigenem Antriebe als gute Sol daten ihre Pflicht thun würden, und daß es ihrer Ehre zuwider laufe, mit England über außerordentliche Belohnungen zu unterhandeln. Die Operationen des Feldzuges diesen Jahres fingen erst im Juni an. Howe sammelte seine Streitkräfte bei Amboy, ging über Braunschweig bis Middlebush vor, fand aber die Stellung Was hington's zu fest, um einen Angriff wagen zu dürfen, und zog sich wieder nach Amboy zurück, in der Hoffnung, die Amerikaner aus ihrer

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Stellung zu locken. Washington ließ sich täuschen; er folgte und erlitt am 26. eine kleine Niederlage bei Woodbridge , wo allein das Grenadier - Bataillon v . Minnigerode 2 neue metallene Kanonen eroberte und 80 Gefangene machte. Da sich das Bataillon bei dieser Gelegenheit ganz besonders auszeichnete, so verlieh der Land gruf dem Kommandeur desselben den Orden pour la vertu militaire. Jezt wurden die Vorbereitungen zur Einschiffung der ganzen Englischen Armee getroffen, aber erst am 20. Juli ging die Flotte, 264 Segel stark, von Sandy-hook aus in See, -Niemand wußte, wohin. Es war eine lange Fahrt, die furchtbarsten Stürme drohten der Flotte fast mit Untergang. Endlich am 25. August segelte die Flotte, in der Chesapeak-Bai angekommen, in den Elkfluß ein und landete bei Elkferry, jezt Elktown. Die Armee folgte in Kolonnen dem Schritt vor Schritt in der Richtung von Philadelphia, dem Size des Congresses, sich zurückziehenden Gen. Washington, der aber endlich hinter dem Brandewynes - Fluß Halt machte und in einer festen Position die Schlacht zu erwarten schien. Der 11. September wurde zum Angriff der feindlichen Stellung bestimmt. Cornwallis, bei deffen Truppen sich die Hessischen Grenadiere befanden, führte den linken Flügel und hatte die Aufgabe, den feindlichen rechten Flügel zu umgehen. Gen. v. Knyphausen, welcher alle übrigen Hessischen Truppen unter seinem Befehl hatte, kommandirte den rechten Flügel, und sollte gerade auf die Chads furth zu marschiren und so lange Scheinangriffe ausführen, bis er durch das Kanonenfeuer auf dem linken Flügel von der Ausführung der Umgehung benachrichtigt würde. Die Amerikaner hatten schon das waldige Terrain diesseits des Bran dewynes mit 600 Riflemen beseßt , welche von den Vortruppen Knyphausen's bald zurückgedrängt wurden. Als dieselben Verstärkung erhielten und das Gefecht dadurch ein sehr hißiges wurde, ließ Knyp hausen seine Truppen, die Hessen im ersten Treffen, aufmarschiren und angreifen. Die Stellung der Amerikaner war so günstig wie möglich. Längs des Waldabschnittes, den sie besetzt hatten, zog sich ein Sumpf hin, der nur an einzelnen Stellen zu passiren war. Ein tiefer Hohlweg vermehrte die Schwierigkeiten des Terrains , welche die Hessen jedoch, unter dem heftigsten Feuer des Feindes, eiligst überwanden und dann den Feind mit dem Bajonnet vertrieben . Dieser war um 11 Uhr Vormittags vom diesseitigen Ufer des Bran dewynes vertrieben. Mit Ungeduld warteten die Truppen nun auf den Kanonendonner vom linken Flügel, der erst nach einigen Stunden erfolgen sollte. Das Regiment v. Donop kam indeß bei dem nun folgenden Angriff in die Reserve. Die linke Flügel-Kolonne vollendete erst nach 3 Uhr ihre Um gehung. Wegen des beschränkten Raumes marschirte sie in 3 Treffen auf und kamen die Hessischen Grenadiere in das 2. Treffen, füllten jedoch, als sich das 1. Treffen bedeutend links zog, die hierdurch entstehenden Lücken aus und kamen so in erſte Linie. Troß des heftigsten Kanonenfeuers avancirten sie wie auf dem Paradeplay. Die Amerikaner gaben in guter Ordnung mehrere Bataillonssalven 6*

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ab, hielten auch den Bajonnetangriff aus, wurden aber im Hand gemenge, wo die Englischen und Hessischen Grenadiere im größten Wetteifer Alles niederstießen, so geworfen, daß sie ihr 2. Treffen mit fortriffen. Erst die Dunkelheit machte der Schlacht ein Ende. Unter den 11 eroberten Kanonen befanden sich auch 3 ehemalige Hessische, die den Amerikanern bei Trenton in die Hände gefallen waren . Der Verlust dieser Schlacht hatte zur Folge, daß Washington in den Augen der nicht im Stande war, Philadelphia zu retten, Amerikaner ein sehr großer Verlust. Es war für Washington fast eine Nothwendigkeit geworden, etwas zu thun, wodurch er die öffent liche Meinung wieder für sich gewann. Er beschloß die Engländer bei Germantown zu überfallen, und wählte den 4. Oktober zur Ausführung seiner Absicht. Ein Theil des nur aus 2 Häuſerreihen bestehenden, aber 2 Englische Meilen langen Städtchens war vom Englischen 40. Regiment beseßt. Dasselbe hatte sich in einigen maſſiven Gebäuden festgesezt und hielt sich mit außerordentlicher Tapferkeit, würde aber dennoch der großen Uebermacht erlegen sein, wenn nicht die Regimenter v. Donop und Leibregiment rechtzeitig zur Hülfe herbeigeeilt wären. Das 40. Regiment wurde nicht nur gerettet, sondern auch der Armee Zeit gegeben, sich nach und nach zu sam meln und den Feind zurückzuweisen. Noch muß einer Unternehmung dieses Feldzugs Erwähnung ge schehen, an welcher die Grenadier-Bataillone v. Lengerte und v. Minnigerode, also die Grenadier-Kompagnien der beiden Stamm Regimenter Antheil hatten, nämlich der unglücklichen Expedition nach Redbank, eines Forts am linken Úfer des Delaware, einige Stunden von Philadelphia entfernt, gelegen. Es war von einem Französischen Offizier in den besten Vertheidigungsstand gesezt und wurde von 4 ausgesuchten Bataillonen unter Oberst Green, einem der tüchtigsten Amerikanischen Offiziere vertheidigt. Zum Angriff, der am 22. Ok tober stattfand, wurde ein nicht minder tüchtiger Öffizier, Oberst v. Donop, bestimmt, dem außer den genannten Bataillonen noch 3 an dere, 4 Jäger-Kompagnien, die Bataillons-Artillerie und 2 Englische Haubißen zugetheilt wurden. Mit vieler Zuversicht folgten diese Truppen, insbesondere die Grenadiere ihrem geliebten Führer, dem sie nach einer kräftigen Anrede und Aufforderung zur Tapferkeit zuriefen: Heute wollen wir Fort Redbank zu Fort Donop_machen !" Schon am 21. war der Oberst mit seinen Truppen bei Phila delphia mit Flachbooten über den Delaware gesezt, mußte aber, da alle Brücken über den Timber- und Newton-Fluß auf dem nächsten Wege nach Redbank zerstört waren, einen so bedeutenden Umweg machen, daß er erst am nächsten Tage gegen Mittag am Ort seiner Bestimmung ankam. Günstig für den Angriff war es, daß sich auf 3 Seiten dichter Wald bis auf 400 Schritt von dem Fort heranzog. Daffelbe bildete, wie sich aus einer vorgenommenen Recognoscirung ergab, ein Fünfeck mit einem hohen und guten Erdwall ; 30 Schritt vor dem Glacis lag ein starkes Verhau; abgesondert auf einer kleinen

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Anhöhe befand sich eine Redoute, die ihre eigene Besaßung hatte. Oberst von Donop hielt zur Ueberwältigung des Forts eine größere Anzahl von Geschüßen für nothwendig. Er sandte einen Englischen Offizier an General Howe, demselben seine Ansicht mittheilend und um Verſtärkung an Artillerie bittend. General Howe ließ ihm sagen, wenn er das Fort nicht angreifen wollte, so sollten Englische Truppen geschickt werden, das Unternehmen auszuführen. " Gehen Sie zu Ihrem General," sagte Donop zu dem Offizier, der ihm dieſe Ant wort brachte, und sagen Sie ihm, er solle gleich sehen, daß Deutsche tapfer sterben können." Die Disposition zum Angriff war vortrefflich; danach stand das Bataillon v . Lengerke in Reserve am Delaware, das Bataillon v. Minnigerode am rechten Flügel, gedeckt und hinter den hier placirten Geschüßen. Nach einer Aufforderung zur Uebergabe, welche abgewiesen wurde, gab Oberst v. Donop um 4 Uhr Nachmittags den Befehl zum Stürmen. Im Laufschritt gingen die Bataillone bis zum Verhau vor, räumten denselben auf; wurden aber jenseits durch tiefe Wolfsgruben in ihrer Ordnung gestört. Dazu kam das heftigste Gewehr- und Kartätsch feuer vom Fort aus, während 2 auf dem Delaware liegende Schiffe in die Flanke feuerten, und zwar, wie einer der betheiligten Offiziere angiebt, mit Kettenkugeln, welche ganze Glieder niedergerissen habe. Dennoch drangen die Tapfern, wenn auch sehr gelichtet, bis an den Graben vor, füllten denselben mit Faschinen aus und suchten den Hauptwall zu erklettern. Doch das Feuer der gedeckt stehenden Ame rikaner in so unmittelbarer Nähe war zu mörderisch, zum Unglück erlagen ihm die Mehrzahl der Offiziere, vor Allen der brave Oberst v. Donop. Es half nichts, daß das Bataillon v . Minnigerode bereits die einzeln vorliegende Redoute genommen hatte, — die schon auf der Brustwehr Stehenden wurden mit Lanzen und Bajonneten zurückgestoßen, sie sahen sich zum Rückzug genöthigt. Bei einbrechender Nacht sammelten sich die Truppen unter dem Schuße des im Walde stehenden Bataillons v. Lengerke , hatten jedoch ihren geliebten Führer, der unter die Faschinen gefallen, nicht gleich zu finden war, in den Händen des Feindes lassen müssen. Von den 22 getödteten oder verwundeten Grenadier-Offizieren waren bei dem Grenadier Bataillon v. Lengerke schwer verwundet: Kapt. v. Eschwege und bei dem Grenadier - Bataillon v. Minnigerode schwerver wundet: Kapt. Wachs, leicht verwundet der Kommandeur . Erst an den beiden lezten Tagen des Dezembers wurden die Englischen Truppen in die Winterquartiere verlegt. Anfangs Mai 1778 legte Gen. Howe den Oberbefehl nieder. Um den Heffen eine öffentliche Aufmerksamkeit zu erweisen, hielt er vor seiner Abreise nach England, am 4. Mai über 7 Regimenter der= selben und das Jägerkorps auf dem Gemeindeplag bei Philadelphia eine Revie ab, wobei er ihnen das größte Lob spendete. Gen. Clinton, sein Nachfolger, hatte kaum das Kommando über nommen, als er schon am 24. Mai den Abzug aus Philadelphia

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anordnete. Fast 4 Wochen lang dauerte die Ueberfahrt der ganzen Armee mit ihrem bedeutenden Train über den Delaware, und trat dieselbe nun am 19. Juni ihren Marsch durch Jersey nach New-York an. Eine unerhörte Hiße, der ein großer Theil der Mannschaft ent kräftet oder halbwahnsinnig erlag, ununterbrochene Angriffe der Ame rikaner von allen Seiten, machten diesen Rückzug zu einem der be schwerlichsten und denkwürdigsten in der Kriegsgeschichte ; doch ist es jedenfalls eine Entstellung der Wahrheit, wenn man die großen Ver luste der Hessen der Deſertion zuschreibt. Blieben doch selbst die in Gefangenschaft gerathenen Mannschaften ihren Fahnen treu und wiesen die verlockendsten Anerbietungen standhaft zurück. Die Sonnen gluth war so groß, daß Viele erstickten, Viele betäubt niederfielen. Troh dieser großen Hize schlugen sich die Heffen, wo sie mit dem Feinde zusammentrafen, mit der Tapferkeit, durch die sie sich stets ausgezeichnet hatten. So die Grenadiere am 28. Juni in dem Gefecht bei Freehould, von den Amerikanern Schlacht bei Monmouth ge nannt. Gen. Clinton glaubte, daß die Amerikaner, welche auf seinen Flanken mit bedeutenden Kräften vordrangen, die Absicht hätten, seine lange Wagen-Kolonne, die sich in einem Defilee befand, anzugreifen. Um sie zu retten, mußte er sich ihnen entgegenwerfen. Er ordnete die unter Cornwallis stehende Armee-Abtheilung, die Englische Garde auf dem rechten, die Hessischen Grenadiere auf dem linken Flügel. Ohne sich mit Feuern aufzuhalten, griffen sie mit dem Bajonnet an und schlugen den Feind in die Flucht. Eine 2. Linie, welche sich ihnen entgegenstellte, hielt zwar länger Stand, mußte aber einem nach mehreren Salven erfolgenden Bajonnet-Angriff ebenfalls weichen. Der Zweck war erreicht, die Ermattung der Truppen sehr groß, deshalb brach Gen. Clinton das Gefecht ab. Das Regiment v. Donop gehörte zur Kolonne Knyphausen's, welcher mit derselben die schwierige Aufgabe löste, die 12′ Engliſche Meilen lange Wagenkolonne unmittelbar zu decken. Am 5. Juli endlich erreichte die Armee bei Sandy-Hook das Meer, wurde sogleich auf die bereit stehenden Schiffe eingeschifft, und landete am 8. bei New - York. Die Hessen bezogen bei Haarlem ein Lager. Ende September mußte Gen. Cornwallis bei Jersey, Gen. v. Knyphausen in die Grafschaft West- Chester einfallen. Letterer hatte u. A. die 4 Hessischen Grenadier-Bataillone und das Regiment v. Donop bei sich, war überhaupt 3000 Mann stark. Er kehrte am 10. Oktober in sein früheres Lager zurück, und hatte bald darauf die Freude, ſein früheres Regiment wieder errichtet zu sehen. Aus der Mannschaft, welche sich bei dem Ueberfall von Trenton gerettet hatte, war nämlich ein combinirtes Bataillon gebildet worden, und jezi erst, nach fast 2 Jahren, wurden die zu Kriegsgefangenen Gemachten ausgewechselt. Das Regiment wurde auf Long-Island wieder formirt. Gen. Clinton hatte bis dahin nicht viel Thätigkeit entwickelt. Auch im Jahre 1779 ließ er seine Truppen bis zum Mai in den Winterquartieren, und mußten sie dann jenseits Kingsbridge zwischen

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Philipps-House und East-Cheſter ein Lager beziehen. Die Regimenter Erbprinz, v. Knyphausen*) und v. Loßberg bildeten hier die Bri gade Hachenberg. Abermals trat eine mehrmonatliche Ruhe ein, denn erst im September erhielten die beiden letteren Regimenter, nebst dem 44. Englischen und einem Artillerie - Detaschement die Bestimmung, nach Canada abzugehen , das Clinton von Seiten der Amerikaner für bedroht hielt. Ohne daß die Truppen den Ort ihrer Bestimmung kannten, wurden sie am 8. September bei Sandy-Hook eingeschifft, das Füsilier-Regiment v. Knyphausen auf den Schiffen Archer, Triton und Molly, von denen die beiden lezteren sehr alt und schlecht waren. Mit Freuden trat man die Fahrt an, da man bald hörte, daß Canada das Ziel der Fahrt war; aber nicht lange sollte die Freude dauern. Schon am 15. kam ein Sturm mit ungewöhnlicher Heftigkeit zum Ausbruch, ein Sturm, der die ganze aus 23 Schiffen bestehende Flotille zerstreute, viele derselben dem Untergange nahe brachte. Am schlimmsten erging es der Triton, welcher alle Segel zerrissen, das Steuerruder zerbrochen, die beiden Hauptmaste über Bord gestürzt wurden. Das ärgste, was auf die Mannschaft einen übeln Eindruck machte, sollte noch kommen. Ein furchtbarer Stoß zerriß nämlich die Stricke, an denen die Geschüße, sechs an der Zahl, befestigt waren, und diese zertrümmerten nun, auf dem Verdeck hin und herrollend, Alles was ihnen in den Weg kam. Wer nicht sein Leben einbüßen wollte, der floh unter Deck. Die Matrosen nicht allein, sondern sogar der Schiffskapitain hatten das Schiff vollständig aufgegeben. In dieser kritischen Lage hatte zum Glück Kapitain Wiederhold seine Fassung behalten. Nachdem 4 der Geschüße die morsche Schiffsbrüstung durchbrochen hatten und ins Meer gestürzt waren, das 5. Geschüß die Fallthür durchbrach und Alles zertrümmernd, in den untern Schiffsraum stürzte, forderte Wiederhold seine Füsiliere auf, ihm auf das Verdeck zu folgen, um das noch übrig gebliebene Geschütz zu befestigen. Anfangs fand er kein Gehör, bei den gut disciplinirten Hessen ein unerhörter Fall. Als er aber mit kräftiger Stimme rief: Ist denn kein Unteroffizier da, der Ambition und ein Hessisches Herz hat, und mir folgen und helfen will ?" da sprangen ein alter Sergeant und 2 Korporale herbei, denen noch 20 Mann folgten, die übrigen mochten zu seekrank sein. Nun ging es an die *) Die Offiziere des Regiments waren zu dieser Zeit : Oberst v. Bork, Oberstlicut. v. Minnigerode (Kommandeur des 3. Grenadier-Bataillons), Maj. v. Dechow, Kapt. Ludw. Wilh. v. Löwenstein, v. Schimmelpfennig, Baum, Reuffarth, Andr. Wiederhold, Lieut. Sobbe (Adjutant), Wilh. Briede, Ludw. v. Romrod, v. Baſſewiz, Wilh. Heymele, Führer, de Ferry, Fähnrich v. Lüzow, v. Drach, Zimmermann, Ritter, Kaplan Bauer, Quartiermeister Müller, Auditeur Müller. Die Offiziere des Regiments von Donop waren : Oberst v. Rosen, Oberstlieut. Hinthe, Maj. v. Kugleben, Kapt. Gissot, Verater, Dietr. v. Donop, Geißler, Murkard, Lieut. Karl Fr. v. Nagele, Heinr. Ludw. v. Nagele, Heirr. v. Bardeleben, Wilh. v. Lepel ( Adjutant), Wilh. v. Donop, Karl A. v. Freyen hagen, Eytell Wilh. v. Trott, Joh. E. v. Freyenhagen, Karl v. Knoblauch, Fr. Ferd. Murhard, v. Lehrbach, Kaplan Köster , Quartiermeister Zinn, Auditeur Heymele.

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Arbeit. Erst wurde das Geschüß befestigt, wobei ein Füsilier den Arm zerbrach, dann ging es an's Pumpen. Endlich erschien auch der Schiffs-Kapitain mit seinen Matrosen auf dem Verdeck, aber nur um die Boote los zu machen und sich und seine Leute zu retten. Als Kapitain Wiederhold diese Absicht bemerkte, ließ er den Kapitain festnehmen und als Gefangenen bewachen. Volle 24 Stunden hatte der Sturm gewüthet, der das unglückliche Schiff bis auf die Höhe der Virginischen Vorgebirge nach Süden geschleudert hatte. Mit Hülfe einiger Nothsegel gelangte man am 25. in die De laware-Bai und hätte in 2 Tagen bei Sandy-Hook sein können, wenn nicht Windstille eingetreten wäre. Schon so nahe dem Ziele, erschienen am folgenden Tage bei schwachem Winde zwei Segel, die sich leider als Amerikanische Kaper erwiesen. An ein Entkommen war nicht mehr zu denken, die Mannschaft der Triton, zum Theil vor kaum einem Jahr ausgewechselt, mußte sich abermals gefangen geben. Ein gleiches Schicksal hatte das Transportschiff Molly ; es fiel mit 6 Offizieren und 156 Mann ebenfalls den Amerikanern in die Hände. Ihre Auswechselung fand erst im November des folgenden Jahres statt. Die übrigen Schiffe trafen nach und nach in dem Hafen von Sandy-Hook ein, alle hatten es aufgegeben in diesem Jahr noch ihr Ziel zu erreichen. Am 16. Oktober starb zu New-York Oberstlieut. von Minnigerode, einer der ausgezeichnetsten Hessischen Offiziere. Sein Nachfolger als Kommandeur des 3. Grenadier-Bataillons war Oberstl. v. Löwenstein. Gegen Ende Dezember dieses Jahres beschloß Gen. Clinton, Süd-Carolina wieder in Besiz zu nehmen. Er ließ 7550 Mann, bei denen sich die Hessischen Grenadiere befanden, im Hafen von Sandy Hook einschiffen, und ging am 26. in See. Auch bei dieser Fahrt, welche bis zum 11. Februar 1780 dauerte, folgten Sturm auf Sturm . An dem genannten Tage lief die bei der Abfahrt aus 133 Segeln bestehende Flotte mit 124 Schiffen in den Nord-Edistone- Sund ein, nachdem man am 31. Januar in der Bucht von Thybee-Island an der Savannah-Mündung schon einmal Schuß vor dem empörten Meere gefunden hatte. Nach der Ausschiffung am 12. Februar bezog man auf Simons Island ein Lager. Nur langsam rückte man gegen das von den Amerikanern in der Eile möglichst be festigte und mit etwa 7000 Mann beseßte Charlestown vor, und er öffnete am 1. April die Laufgräben in einer Entfernung von 800 Schritt von den Werken. Auch die Belagerung selbst, welche bei der schwierigen Bearbeitung des feinen und lockern Sandes , bei einer brennenden Sonnenhiße und gänzlichem Mangel an trinkbarem Waſſer, bei den Schwärmen gieriger Sandfliegen eine sehr beschwerliche war, nahm einen langsamen Fortgang. Erst nachdem am 6. Mai die 3. Parallele vollendet war, und nun Anſtalten zum Sturm gemacht wurden, ließ sich Gen. Lincoln, der Kommandant der Festung, mit den schon zweimal zurückgewiesenen Bedingungen der Uebergabe einverstanden erklären. Am 12. Mai ergab sich Lincoln mit noch 6609 Mann kriegsgefangen. Alles Material, 5 Kriegsschiffe, eine größere Anzahl

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fleinerer Fahrzeuge fiel den Siegern in die Hände. Für die Müh seligkeiten, welche die Truppen ausgestanden hatten, wurden sie durch eine reiche Beute entschädigt. Jeder Unteroffizier bekam 40, jeder Soldat 7 Pfd . Sterling ausgezahlt. Die Grenadiere, die Lieblinge Clintons, hatten sich nächst den Jägern, besonders ausgezeichnet, und erhielten von ihrem Protektor, aus Anerkennung für ihr tapferes Benehmen, weiße Federbüsche, die sie von nun an, Hessen wie Engländer, mit Stolz trugen. Am 31. Mai wurde ein Theil der Truppen, namentlich die Gre nadiere, wieder eingeschifft. Diesmal war die Fahrt glücklicher, am 9. Tag nach der Abfahrt, am 17. Juni lief_man im Hafen von Sandy Hook wieder ein, und bezog dann auf Staaten- Island Kan tonirungsquartiere . Die im vergangenen Jahre verunglückte Expedition nach Canada hatte Gen. Clinton noch nicht aufgegeben. Am 15. Mai wurden faſt dieſelben Truppentheile bei Brooklyn eingeschifft, nur bestand das Füsilier-Regiment v. Knyphausen , obgleich von Oberst v. Borck befehligt, diesmal nur aus 11 Kompagnie. Die übrige Mannschaft befand sich noch in der Gefangenschaft und wurde erst im November

d. I. ausgewechselt; dennoch wurde jene kleine Schaar in Canada stets als Regiment bezeichnet. Die Fahrt dahin lief kaum glücklicher ab, als die erste ; abermals wütheten auf dem Meere die heftigſten Stürme, und nur nach großen Mühseligkeiten erreichte man am 25. Juni den Hafen von Quebeck. Die angekommenen Truppen blieben vorläufig in Quebeck, und scheinen auch bis Mitte Oktober, wo sie in Winterquartiere verlegt wurden, in der genannten Stadt geblieben zu sein. Das Regiment v. Knyphausen kam dann nach Berthier. Das Regiment v. Donop stand in diesem ganzen Feldzuge unter dem Befehl des Generals von Knyphausen, und wenn dasselbe auch niemals namentlich aufgeführt wird, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß es alle die zum Theil beschwerlichen Märsche mitmachte, welche der genannte General ausführte. Die Menge von Ueberläufern, die täglich bei den diesseitigen Vortruppen erschienen, ließen eine große Unzufriedenheit der in Jersey stehenden Truppen Washington's er warten, und veranlaßten Knyphausen zu einem Einfall in diesen Staat. In der Nacht zwischen dem 6. und 7. Juni sezte er mit 6000 Mann über den Kill und rückte dann gegen Morristown vor. Bei dem ersten Zuſammenstoß mit den feindlichen Truppen überzeugte sich Knyphausen, daß er über die Gesinnungen derselben falsch be richtet worden sei, und da er bedeutend in der Minderzahl war, so zog er sich in ein Lager bei Elisabethtown zurück und wagte nicht, fich weit von demselben zu entfernen. Ehe er jedoch am 23. über den Kill wieder zurückging, befahl er noch einen Angriff auf den über legenen Feind. Der nächste feindliche Posten wurde mit einem Verlust von 3 Kanonen zurückgeworfen. Der Feind zog Verstärkungen heran, welche sich zwar tapfer wehrten, aber doch über Springfild hinaus zurückgedrängt wurden. Nun brach Gen. v. Knyphausen das Gefecht ab, welches von dem genannten Ort seinen Namen erhielt.

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Unterdeß war Gen. Clinton aus Süd-Carolina zurückgekehrt, und bezog mit seinem Korps ein Lager bei Whitestone, während Knyphausen in ein solches bei Kingsbridge rückte. Aus demselben zog sich der lettere wieder zurück, als Washington am 1. Auguſt über den Hudson ging . Zu Anfang des Jahres 1781 avancirte Oberstlieut. v. Heymel vom Regiment v. Knyphausen zum Oberst und wurde Kommandeur des Regiments v. Donop. Die in und um New-York stehenden Truppentheile waren durch Entsendungen nach Nord und Süd zu sehr geschwächt worden, als daß sie irgend etwas von Bedeutung hätten unternehmen können ; dagegen hatte Washington seine Streitkräfte bis auf 12,000 Mann vermehrt, womit es ihm leicht wurde, den Britischen Obergeneral so zu beschäftigen, daß es demselben unmöglich wurde, den im Süden bedrängten Truppen Unterstüßung zu senden. Gen. Cornwallis wurde nämlich zu Yorktown in Virginien von den Amerikanern belagert, und konnte sich nicht lange mehr halten, wenn er nicht Unterstützung erhielt. Am 6. September wurden endlich mehrere Englische und Hessische Regimenter, sowie 4 Hessische Grenadier-Bataillone einge schifft, um nach Yorktown abzugehen. Leider gab es abermals einen Aufenthalt durch das Eintreffen der Englischen Flotte, welche mit der Französischen ein nachtheiliges Gefecht bestanden hatte, und genöthigt war, seine Schiffe auszubeffern. Am 19. Oktober, am Tage der Ka pitulation des Generals Cornwallis, segelte endlich die Flotte ab ; man bekam jedoch die Nachricht hiervon erst nach 9 Tagen, bei der Einfahrt in die Chesapeak-Bai. Da der Zweck der Expedition ver fehlt war, gab Clinton sofort Befehl zur Umkehr. Schon am 2 . November kehrte die Flotte nach Sandy-Hook zurück. In Canada waren die Truppen größtentheils in den Gegenden geblieben, in denen sie die Winterquartiere verbracht hatten; sie kamen nicht zu kriegerischer Thätigkeit, sondern wurden zu Arbeiten an ver schiedenen Befestigungen verwendet, zu denen aber immer nur De taschements kommandirt wurden. Die Hessen standen hier unter dem Braunschweigschen Gen. v. Riedesel, der ihnen in einem Brief an Gen.-Lieut. v. Knyphausen das größte Lob über ihr gutes Betragen spendete. Schon Anfangs Oktober kamen sie auf der Nordseite des Champlain-Sees in Winterquartiere. Auch im folgenden Jahre ( 1782) beſtand die ganze Thätigkeit der Truppen in Canada in Schanzarbeiten, die indeß mit keinem großen Eifer betrieben wurden, da man erst Mitte Juni die Winter quartiere verließ und sie Ende Oktober schon wieder bezog . In New-York kam am 5. Mai Gen. Carleton an, um an Clinton's Stelle den Oberbefehl zu übernehmen. Er war geschickt worden, nicht um einen neuen Feldzug zu beginnen, sondern um mit dem Amerikanischen Congreß ein möglichst annehmbares Uebereinkommen zu treffen. Dem Gen. v. Knyphausen konnte es unter solchen Um ständen auf dem Kriegsschauplah nicht mehr gefallen ; er hatte darum nachgesucht, nach Hessen zurückkehren zu dürfen, was ihm nicht ver

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weigert wurde. Seine Abreise wurde allgemein bedauert, da er sich die Liebe Aller, sowohl der Engländer und Hessen, als auch der Amerikaner erworben hatte. Gen.-Lieut. v. Loßberg übernahm den Oberbefehl über die Hessischen Truppen. Am 16. Juni hatten die Truppen in der Nähe von New-York ein Lager bezogen, das am 6. September mit einem andern bei Maurtons-Wharft vertauscht wurde. Die Zeit wurde entweder, wie in Canada, mit Schanzarbeiten oder mit Exerzieren hingebracht ; das lettere geschah meist in Brigaden. + Am 15. September unternahm ____ man noch eine große Fouragirung, zu welcher 3 Brigaden, auch -das Regiment v. Donop verwendet wurden. Diese lehte Unter nehmung gegen den Feind ging ganz ohne Blutvergießen ab, man bekam keinen Amerikaner zu sehen. Am 6. November bezogen die Truppen zum leßten male auf Amerikanischen Boden die Winterquartiere . Im Januar 1783 kam, in Folge der Nachricht, daß es die Ameri faner auf einen Einfall in Canada abgesehen hätten, mehr Rührigkeit unter die dortigen Truppen. Bei der großen Kälte, welche die euro päischen Krieger nicht gewohnt waren, und bei dem tiefen Schnee, waren die nothwendigen Märsche mit großen Anstrengungen verknüpft. Zwar waren die Soldaten, den Eskimos ähnlich, in Thierhäute ge wickelt, zwar hatte Gen. von Riedesel die Schneeschuh bei ihnen ein geführt, doch war ihnen diese Tracht eine zu ungewohnte. Zum Glück trat gegen Ende Februar Thauwetter ein, wodurch einer jeden feindlichen Unternehmung ein Ziel gesezt wurde. Die Proklamation des Waffenstillstandes durch Gen. Carleton am 5. April machte jeder Feindseligkeit ein Ende. Wann das Füsilier- Regiment v. Knyphausen nach New York zurückkehrte, ließ sich nicht ermitteln. Es wurde daselbst mit der 1. Division am 5. August eingeschifft, und segelte 10 Tage später der Heimath zu. Die Fahrt war eine sehr rasche und günstige, denn schon Ende Oktober kamen die Truppen in ihrem Vaterlande an. Das Regiment v. Knyphausen kehrte in seine frühere Garnison Ziegenhain zurück. Die 2. Division und mit ihr das Regiment v. Donop und sämmtliche Grenadiere gingen erst am 13. November in See und hatte von den heftigsten Stürmen zu leiden, so daß die Flotte faſt gänzlich zerstreut wurde. Im Kanal sammelte sich der größere Theil der Schiffe und warfen diese dann am 1. Christtage bei Deal die Anker aus. In den ersten Tagen des Jahres 1784 verließ die Flotte den Hafen von Deal und lief in den von Chatam ein, woselbst die Aus schiffung stattfand und die Truppen in neuerbauten Baracken unter gebracht wurden. Hier blieben sie bis zum 1. April liegen, gingen wieder zu Schiff und langten, nach mancherlei Aufenthalt, am 20. April vor Bremerlehe an. Statt jedoch von hier in die Heimath marſchiren zu können, wie man allgemein gehofft hatte, mußten die Truppen abermals zu Schiff, um Weser aufwärts bis Hannöveriſch Münden gefahren zu werden. Nach einem 3tägigen Aufenthalt hierſelbſt

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marschirten die Truppen am 25. Mai unter Begleitung einer unab sehbaren Volksmenge nach Kaffel. - Höchst wahrscheinlich kam das Regiment v. Donop wieder nach Homberg in Garnison. Bald nach dem Eintreffen daselbst wechselten nicht nur die beiden Stamm-Regimenter ihre Chefs, sondern traten auch bei den Gre nadier-Bataillonen Veränderungen ein, indem das 2. dieser Bataillone, bisher v. Lengerke , den Oberstlieut. v. Löwenstein , das 3., bisher v. Löwenstein, nunmehr den Oberstlieut. Baurmeister zum Kom mandeur erhielt. Landgraf Wilhelm IX. , welcher seinem Vater 1785 in der Re gierung folgte, nahm mancherlei Veränderungen vor. So gab er 1786 den Grenadieren Müßen mit Bärenfellen. Im folgenden Jahre (1787) wurden die Grenadier-Kompagnien aller Regimenter anders zu Bataillonen zusammengestellt, wie bisher. Die Kompagnien der beiden Stamm -Regimenter kamen zum 4. Grenadier-Bataillon, und wurde die Grenadier-Kompagnie des Re= giments v. Knyphausen die 2. , die des Füsilier- Regiments v. Donop die 1. Kompagnie des genannten Bataillons, welches den Oberstlieut. v. Stein zu seinem Kommandeur erhielt. Im Jahr 1788 nahm Gen.- Lieut. v. Knyphausen seine Ent lassung. Sein Regiment wurde dadurch vacant und ging an den Oberst v. Hanstein über . Landgraf Wilhelm war auf das eifrigste bemüht, seinen Truppen eine gute Ausbildung zu geben. Er glaubte seinen Zweck am besten dadurch zu erreichen, daß er jene in Lagern vereinigte. Hierdurch und durch die bei dieser Gelegenheit sehr zweckmäßig angeordneten Manöver erreichte er seine Absicht vollkommen. Im Herbste diesen Jahres stand der größere Theil seiner Truppen und darunter auch die Regimenter v. Hanstein und v. Donop in einem Lager bei Wabern. Die Regimenter, seit dem 7jährigen Krieg in der That nur noch Bataillone, wurden im Jahre 1789 dadurch wieder zu Regimentern formirt, daß je 2 derselben eins zu 2 Bataillonen bildeten. So wurde aus dem Regiment v. Hanstein und dem Füsilier - Re giment v. Donop das Regiment v. Hanstein gemacht, wobei die Füsiliere natürlich wieder in Musketiere umgeändert wurden.

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VI. Abſchnitt .

Die Zeit von der Vereinigung der beiden Stamm -Regimenter bis zur Französischen Invasion. 1789 bis 1806. Die so eben erwähnte Organisation, auf welche noch etwas näher eingegangen werden soll, fand am 20. Juni 1789 ſtatt. Jedes Bataillon bestand aus 1 Grenadier- und 5 Musketier-Kompagnien, Die Stärke einer der letteren betrug 4 Offiziere, 12 Unteroffiziere, 3 Spielleute und 90 Mann. Eine jede Grenadier-Kompagnie hatte 1 Unteroffizier weniger, dagegen 2 Spielleute mehr. Die beiden Grenadier-Kompagnien des Regiments bildeten mit denen des Kreis Regiments Heymel das 4. Grenadier - Bataillon (v. Stein). Das Regiment trug blaue Röcke, welche nur mitten auf der Brust zugehackt wurden, damit unten die farbige Weſte, oben der weiße Jabot hervorstehen konnten. Dieser hatte das weiße Halstuch verdrängt, statt deſſen eine steife Binde den Háls umgab. Die Klappen des Rockes konnten über der Brust zusammengeknöpft werden, was bei kaltem Wetter geschah und sehr nothwendig war, weil der Soldat weder einen Mantel, noch sonst Kleidungsstücke hatte, als diejenigen, welche er auf dem Leibe trug. Die weißen Beinkleider reichten nur bis an die Knie, welche schon von den langen Kamaschen bedeckt wurden. Die Grenadiere behielten die vor 3 Jahren bekommenen Müßen mit Bärenfell bei ; die Musketiere aber hatten dreieckige Hüte, welche bei anhaltendem Regenwetter leicht ihre Form verloren, weil ihr Hauptbestandtheil geleimte Pappe war. Die größte Zierde waren an den Seiten steife gepuderte Locken und im Nacken ein langer gut eingebundener Zopf. Die Bewaffnung bestand aus schwerem, gerade geschäftetem Ge wehr mit Bajonnet und cylindrischem Ladestock. Das Seitengewehr wurde an breitem Koppel um den Leib getragen, die große Patron tasche und der Tornister en bandoulière . In leßterem befanden sich 2 Hemden, 1 Oberhemd, 2 Paar Strümpfe, eine leinene Hose und das Pugzeug. Bei dieser sehr geringen Belastung hatten die Sol daten jedoch ihre Zelte und Zeltdecken zu tragen. Zu jedem Bataillon gehörten 2 dreipfündige Geschüße und 2 Munitionswagen, bedient von 2 Bombardieren und 20 Kanonieren. Das Bataillon, zu 3 Gliedern rangirt, war in 10 Züge ein getheilt, jede Musketier-Kompagnie hatte eine Fahne und diese standen beim formirten Bataillon zusammen in der Mitte desselben. Schon im Amerikanischen Kriege hatten die Hessen nicht allein den Ge= schwindschritt angenommen, sondern auch einen sehr ausgedehnten Gebrauch vom zerstreuten Gefecht gemacht, und waren deshalb in der taktischen Ausbildung den meisten andern Deutschen Truppen voraus. Dies zeigte sich auch in dem Ende September und Anfangs

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Oktober abgehaltenen Lager bei Wilhelmsthal, bei welchem vorzüglich angeordnete Manöver zur Ausführung kamen. Das Regiment v. Hanstein , welches in dem Lager gestanden hatte, erhielt in dem Gen.-Lieut. v. Kospoth einen neuen Chef. Dieser wurde zugleich Gouverneur von Hanau, welche Stadt das Regiment nunmehr als Garnison erhielt. Dasselbe rekrutirte sich von jezt an aus verschiedenen Hanauischen Aemtern, sowie aus der Gegend von Hersfeld. Auch im Jahr 1790 bezog ein Theil der Hessischen Truppen ein Lager. Es wurde auf der Höhe bei Bergen aufgeschlagen, da, wo vor 31 Jahren die beiden Stamm- Regimenter gegen die Franzosen gekämpft hatten, dauerte vom 23. September bis 17. DE tober, und hatte den Zweck, die in Frankfurt aM. vorzunehmende Kaiserwahl gegen Ruhestörungen zu sichern. Nach der Ordre de ba taille zum Lager wurde das 1. Bataillon vom Regiment v. Kos poth vom Obersten Hinthe, das 2. Bataillon vom Oberstlieut. v. Winzingerode kommandirt, während Oberstlieut. v. Stein das Gre nadier-Bataillon seines Namens führte. Eine besondere Auszeichnung wurde den lagernden Truppen dadurch zu Theil, daß ihnen der neu gewählte Kaiser Leopold am 11. Oktober einen Besuch abstattete und fie besichtigte. Nach dieser Feierlichkeit speisten der Kaiser und 30 andere Fürsten und Fürstinnen bei Landgraf Wilhelm in den hinter dem Lager aufgeschlagenen Zelten, von welchen einige das Regiment Maximilian (Stamm- Regiment von Kospoth) vor 73 Jahren in der Schlacht bei Belgrad den Türken abgenommen hatte. = Nach Aufhebung des Lagers marschirte das Regiment v. Kos poth, dem der Landgraf 4 neue Regimentsstücke bewilligt hatte, in seine Garnison Hanau zurück. In dem 1792 zwischen Frankreich und Deutschland ausgebrochenen Kriege hatte der Französische Gen. Custine Mainz genommen, Frant furt besezt und brandschaßte von hier aus die umliegende Gegend. Er entfendete am 25. Oktober den Oberst Houchard mit 1800 Mann von allen Waffengattungen, um sich u. A. der Salzvorräthe der Saline Nauheim zu bemächtigen. Die Abführung derselben war von den Hef= sischen Behörden bereits angeordnet, und zum Schuße dieser Maßregel hatte Gen. v. Kospoth ein Detaſchement von 3 Offizieren und 125 Mann von Hanau nach Nauheim geschickt. Es bestand aus Kapt. Mondorf und 17 Mann vom Grenadier-Bataillon v. Wurmb, Prem. Lieut. Fleck und 21 Mann vom Regiment Prinz Karl und Sec. -Lieut. Flies und 87 Mann vom Regiment v . Kospoth. Jeder Mann Hatte nur 20 Stück Patronen bei sich. Am 26. Oktober erschien Houchard vor Nauheim und forderte Kapt. Mondorf auf, die Waffen zu strecken. Dieser, wohl einsehend, daß er sich gegen 14fache Ueberlegenheit in den weitläufigen Salinen Gebäuden nicht halten könne, aber noch viel weniger an eine Ergebung denkend, zog sich in eine vortheilhafte Stellung auf den nahen Johan nisberg zurück. Zweimal unternahm Houchard einen Angriff gegen diese Stellung, der indeß jedesmal mit so großer Kaltblütigkeit ab

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geschlagen wurde, daß sich die schlecht disciplinirten National - Frei willigen weigerten, zum dritten male vorzugehen. Dem Anführer der Franzosen war es bei seiner großen Ueberlegenheit ein Leichtes, das fleine Häuflein der Hessen von allen Seiten einzuschließen, und als er sich in der That hierzu anschickte, hielt es Mondorf für gerathen, sich zurückzuziehen, um sich womöglich mit einer in Bußbach liegenden Darmstädtischen Truppen - Abtheilung zu vereinigen. Hätte Houchard nicht Kavallerie und reitende Artillerie bei sich gehabt, so würde es den Heffen ohne Zweifel gelungen sein, Buzbach glücklich zu erreichen. So aber wurde ihnen nahe bei Ostheim Halt geboten. Dennoch ver zweifelte Kapt. Mondorf noch nicht, er ließ ein Carrée formiren und munterte seine Mannschaft zur Standhaftigkeit auf. Es bedurfte deffen nicht; so lange noch eine Patrone vorhanden war, wurde ein jeder Angriff abgeschlagen; als aber auch die lezte Kugel verfeuert war, wollte der tapfere Hessische Kapitain nicht mehr die Verantwortung auf sich laden, wenn vielleicht seine ganze Mannschaft von den wuth entbrannten Franzosen niedergemezelt wurde. Er gab deshalb einer abermaligen Aufforderung, die Waffen zu strecken, Gehör. Custine befahl, die gefangenen Hessen in einem Triumpfzug nach Frankfurt zu bringen. Hier wurden sie von den Bewohnern, die den Hergang des Gefechtes und der Gefangennahme erfahren hatten, mit wahrem Jubel empfangen. Man hätte glauben sollen, die Be= siegten feien die Sieger gewesen. Wie sollten aber die Hessischen Truppen von den Bürgern Frankfurts erst gefeiert werden, nachdem sie die freie Stadt am 2. Dezember von den Franzosen befreit hatten. Die Hessischen Truppen begrüßten am Mittag des 1. Dezembers mit wahren Freuden die Nachricht, daß sie bestimmt seien, unter den Augen des Königs von Preußen am folgenden Morgen einen Sturmangriff auf die Stadt zu unternehmen. Nach der Angriffsdisposition sollten das 1. Ba = taillon von Kospoth und 4 Eskadrons (Darmstädter Cheveaux legers ) in der Nacht zum 2. bei Rumpenheim über den Main sehen und gegen Sachsenhausen einen Schein-Angriff_unternehmen. Eine Abtheilung des 2. Bataillons v. Kospoth hatte die Be stimmung, auf verdeckten Schiffen den Main hinab zu fahren, unter halb der Mainbrücke, am sogenannten Mezgerthor zu landen, und dann im Innern der Stadt gegen das Allerheiligen-Thor vorzudringen. Die beiden eigentlichen Angriffskolonnen (3. und 4.), jede aus 5 Ba= taillonen und einiger Kavallerie bestehend, wurden gegen das Aller heiligen und das Friedberger-Thor gerichtet. Der Herzog von Braunschweig, Oberbefehlshaber der Verbündeten hatte der Dispo= ſition die ehrenvollen Worte hinzugefügt : „ Wegen der Bravour der Truppen wird nichts erinnert, da man zum Voraus weiß, daß sie ihre Schuldigkeit thun und den Feind schlagen werden.“ Nach einem Verlust von 186 Mann (darunter 18 Offiziere), vorzugsweise am Friedberger-Thor, drangen die Hessen in dieses und gleichzeitig auch in das Allerheiligen-Thor ein, nachdem beide von einem Haufen Handwerksgesellen von Innen geöffnet worden waren.

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Die erste Kolonne, welche sehr gefährdet war, wenn sich der Feind auf das linke Main-Ufer zurückzog, zeigte sich vor dem Affenthor von Sachsenhausen nicht eher, bis die Thore der Stadt forcirt waren. Alsdann rückte sie vor, beseßte Sachsenhausen, das sie vom Feinde gänzlich verlassen fand, ging über die Mainbrücke und unterstüßte so den Angriff der übrigen Kolonnen. - Die 2. Kolonne hatte sich leider durch die Nachricht, daß der Feind auf dem Main Wachtschiffe habe, abhalten laffen, die Sache näher zu untersuchen. Nach Andern war der Wind ihrer Fahrt so hinderlich, daß sie zu spät am Landungs plage eintraf. Gen. v. Helden, der Französische Befehlshaber in Frankfurt, mußte sich mit 44 Offizieren und nahe an 1500 Mann zu Kriegs gefangenen ergeben. Unmittelbar nach dem Sturm musterte der König von Preußen die in den Straßen aufgestellten Hessischen Truppen, wonach er geäußert haben soll : Er vermeine zu träumen und nicht einem blutigen Sturme, sondern einem Potsdamer Manöver beigewohnt zu haben, welche Worte sich auf die gute Disciplin während des Sturmes und nach demselben bezogen haben sollen. Er bewilligte nicht nur jedem Soldat einen sogenannten Sturmsold von Thaler, sondern ließ auch zum Andenken an die gefallenen Krieger ein Denkmal vor dem Friedberger- Thor errichten. Oberst v. Stein, welcher bisher das 4. Grenadier-Bataillon

befehligte, wurde 1793 Kommandeur des Regiments v. Kospoth. Die beiden Grenadier-Kompagnien dieses Regiments als 3. und 4. bildeten von nun an mit den 2 Grenadier-Kompagnien des Regiments Erbprinz das 1. Grenadier-Bataillon unter Oberstlieut. v. Eschwege. Sowohl jenes Regiment, als auch dieses Bataillon gehörten zu dem 8000 Mann starken Korps, welches Hessen, in Folge eines Sub fidien-Traktats vom 10. April mit England, in dem Kriege gegen Frankreich zu stellen hatte. Sie gehörten beide zur 2. Division unter dem Befehl des Gen.-Lieut. v. Buttlar. Dieser lettere marschirte durch Westphalen nach den Niederlanden an die Französische Grenze. Sie passirte bei Düsseldorf den Rhein, wurde zu Lüttich am 10. Juli von dem Englischen Kommissar, Major Grunn, gemustert_und_traf am 19. Juli vor der von den Verbündeten belagerten Festung Va Ein lenciennes ein. Der Empfang war ein sehr ehrenvoller. Wohl selten oder niemals mag unter Augenzeuge sagt darüber: ähnlichen Verhältnissen eine Truppe mit solchen Zeichen der Achtung empfangen worden sein." Die Division kam zunächst in ein Lager bei Curgies zu der hier schon stehenden 1. Division der Hessen. Die selben nahmen zwar an der Belagerung von Valenciennes und an der am 1. August erfolgenden Einnahme der Festung einen nur ge= ringen Antheil, dennoch blieb vom Grenadier - Bataillon v. Eschwege 1 Mann todt und wurden vom Regiment v. Kospoth 7 Mann verwundet. Bei den am 6. August beginnenden Bewegungen der verbündeten Armee wurde das Grenadier - Bataillon v. Eschwege dem Korps

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des Herzogs v. York, das Regiment v. Kospoth dem des Hessischen Gen. v. Buttlar zugetheilt. Beide Korps vereinigten sich am 12. bei Marchiennes und seßten sich nun zur Belagerung von Dünkirchen in Marsch. Dieser ging über Menin und Ypern nach Fürnes, von wo aus am 23. Morgens mit Tagesanbruch die Avantgarde den schon vorher bestimmten Lagerplatz zwischen Tetteghem und den Dünen beſeßte. Bei dem Angriff der Avantgarde auf das Dorf Rosendahl am 24. August erhielten, nach mehrstündigem Kampfe, die Hessischen Gre nadier-Bataillone v. Wurmb und v. Eschwege gegen 9 Uhr Morgens den Befehl, zur Verstärkung vorzurücken. Graf d'Alton, der Führer der Avantgarde, stieg vom Pferde und stellte sich persönlich an ihre Spize. Er verstand es, die Grenadiere mit einigen kräftigen Worten, welche mit lautem Jubelruf beantwortet wurden, anzuregen, drang dann in das Dorf ein, nahm es troß der kräftigsten Gegenwehr, und verfolgte den fliehenden Feind bis an den Fuß des Glacis der Festung. Eine 4000 Mann starke feindliche Kolonne, welche gedeckt durch die Dünen vorgegangen war und sich von da gegen die Nordseite Rosen dahls wendete, nöthigte die Grenadiere zum Rückzug . Sie mußten selbst das mit so vielem Muth eroberte Dorf verlassen, und hatten noch den Schmerz, ihren tapfern Anführer schwer verwundet mit sich zurückzuführen. Jezt wurde Gen.-Lieut. von Wurmb mit den Regi mentern Prinz Karl und v. Kospoth befehligt, das Dorf wieder zu nehmen. Er drang in dasselbe ein, war aber nicht im Stande, den Feind aus den lezten nach der Festung hin gelegenen Häusern zu vertreiben, so daß die Nacht über Freund und Feind das Dorf be sezt hielten. Das Regiment v. Kospoth verlor in diesem Gefecht 1 Mann todt, Lieut. v . Borries und 7 Mann wurden verwundet. Der Verlust des Grenadier - Bataillons v . Eschwege betrug im Ganzen 6 Mann. General d'Alton ließ am Abend des Gefechtes, kurz vor seinem Tode, sämmtliche Offiziere der beiden Grenadier-Bataillone, an deren Spite er gefallen war, an sein Sterbebett kommen, drückte jedem, für den ihm geleisteten Beistand Dank sagend, die Hand, und fügte hinzu : Es sei ihm schmerzlich aus einem Leben scheiden zu müssen, in dem er gehofft habe, seinem Vaterlande noch manchen Dienst leisten zu können, doch versüße es sein Ende, daß er an der Spize so tapferer Männer, wie sie wären, die Todeswunde empfangen habe. Für den Gen.-Lieut. von Buttlar, welcher um diese Zeit erkrankt nach Brügge zurückging und daselbst bald darauf starb, übernahm Gen.-Lieut. v. Wurmb das Kommando über die Hessischen Truppen. York hob in der Nacht vom 7. zum 8. September die Belagerung von Dünkirchen auf und zog sich nach Fürnes zurück. Am 11. brach er wieder auf und marschirte mit der Hauptarmee über Ypern, Tourhaut und Rousselaer in ein Lager bei Menin, während er den Gen. Abercromby mit 7 Bataillonen, wobei das Regiment v. Kospoth, bei Digmuyden zurückließ. Auch die Grenadier- Bataillone v. Wurmb u. v. Eschwege stießen noch nachträglich zu dieſem Korps, und hatte das lettere das Fort Knoque zu beseßen. Sämmtliche 7

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hier versammelteTruppen standen jezt unter dem Gen.-Lieut. v. Wurmb, welcher vom Herzog von York den Befehl bekam, den Franzosen Fürnes abzunehmen. Er führte es am 21. September aus und kehrte dann mit dem größten Theil seiner Truppen in die vorige Stellung zurück. Ebenso nahm ein Detaschement von 2 Offizieren (Kapt. Hennel und Lieut. von Buttlar) und 130 Mann vom Grenadier - Ba taillon v. Eschwege , 12 Mann Kavallerie und 2 Geschüßen dem Feinde am 10. Oktober Fintele ab, mußte aber am folgenden Tage, als der Feind mit sehr überlegener Macht vorrückte, sich wieder nach dem Lager von Knoque zurückziehen. Am 22. rückten die Generale Vandamme und Hoche mit mehreren Brigaden von Dünkirchen und Bergues aus gegen Fürnes vor, um diesen Ort, sowie Nieuport und Ostende zu nehmen. Die 1500 Mann starke Besaßung von Fürnes unter Gen.-Maj. v. Schmied bestand aus dem Regiment v. Kospoth , dem sehr schwachen Ba taillon Loyal Emigrée, 2 Kompagnien von Odonell und dem Regi ment Prinz Friedrich Dragoner. Die Vertheidigung des Städtchens wurde begünstigt durch 14 Schritt breite und sehr tiefe Kanäle, welche dasselbe von allen Seiten umgaben. Außerdem hatte die Besazung vor den Haupteingängen Fleschen aufgeworfen. Die Garnison war sehr auf ihrer Huth ; die Hälfte der Mannschaft rückte bei Nacht schon seit einiger Zeit aus, die andere Hälfte mußte sich in ihren Quartieren in Bereitschaft halten. Kaum wurde daher von den Ka vallerie-Patrouillen um 5 Uhr Morgens an dem genannten Tage die Annäherung zweier feindlichen Kolonnen gemeldet, als auch schon die ganze Garnison unter den Waffen stand. Die Vortruppen konnten der großen Uebermacht nicht lange widerstehen ; die Stadt selbst indeß wurde, troß der 8fachen Ueberlegenheit des Feindes, und troß dem, daß das bedeutende Kanonenfeuer desselben nur mit den 4 leichten Ge schüßen des Regiments v. Kospoth beantwortet werden konnte, 8 Stunden lang auf das hartnäckigste vertheidigt. Erst als Mangel an Munition eintrat, befahl Gen. v. Schmied, daß sich das Regi ment v. Kospoth mit 2 Eskadron Dragoner nach Nieuport, die übrigen Truppen nach Schorrebach zurückziehen, die die Barrieren ver theidigenden Abtheilungen aber nicht eher folgen sollten, bis sie den besonderen Befehl dazu erhielten. Die Mannschaft an der Barriere nach Dünkirchen zog sich aus Mißverständniß früher zurück, und war dadurch Schuld, daß der rasch nachdringende Feind verschiedenen an deren Abtheilungen den Rückzug abschnitt. Einige schlugen sich mit Bajonnet und Kolben durch, andere wurden gefangen genommen. Den Rückzug der Hauptabtheilungen, welcher mit der größten Ruhe und Ordnung vollzogen wurde, wagten die Franzosen nicht sehr zu belästigen. Der Kommandeur des Regiments v. Kospoth, Oberst v. Stein, zeichnete sich hierbei ganz besonders aus und erhielt den ―――― Der Verlust des Regiments betrug Orden pour la vertu militaire. 3 Mann todt, Kapt. Piderit und 30 Mann verwundet, Lieut. Hyner, die Fähnriche Tassius und Fricke nebst 63 Mann gefangen. Dieſe letteren waren ebenfalls zum größten Theil verwundet, während

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Hyner und Fricke jedenfalls zu den Getödteten gehörten, da sie spurlos verschwunden waren, ja selbst die aus der Gefangenschaft Zurück gekehrten nicht das Geringste von ihnen wußten. Schon in der folgenden Nacht, vom 22. zum 23. Oktober, rückte Gen. Vandamme vor Nieuport, ein mit Wall und Graben um gebener Ort, der den Namen Festung nicht verdiente. Auf dem an mehreren Stellen eingerutschten Walle befand sich eine Brustwehr, welche, kaum 6 Fuß stark, ſchon von 12-Pfündern durchdrungen wurde. Der vorliegende Graben war zwar ein nasser , konnte aber fast überall durchwatet werden. Die Zahl der Geschüße betrug 13, einschließlich der Bataillons - Geschüße, jedoch nur die leßteren hatten ihre Be dienungs-Mannschaft. Die ganze Garnison bestand aus 1300 Mann und zwar 2 Eskadron Prinz Friedrich Dragoner, 400 Mann Engliſchen Truppen und dem 700 Mann starken Regiment v. Kospoth. Der größte Mißstand war der, daß nur für einen Tag Munition vor handen war, und der nöthige Bedarf täglich von der benachbarten Festung Ostende geschickt werden sollte. Als man in Erwiderung gegen das sehr heftige feindliche Geschüßfeuer, welches schon mehrere Feuersbrünste in der Stadt verursacht hatte, am 24. Nachmittags 4 Ühr den ganzen Munitionsvorrath verbraucht hatte, die von Oftende schon lange erwartete Munition aber immer noch nicht ankam, glaubte der vom Herzog von York selbst zum Kommandanten von Nieuport bestimmte Oberst v. Wurmb gezwungen zu sein, den Plag räumen zu müssen. Nur die Vorstellungen der Kapitains von Bardeleben und v. Zoppe vom Regiment v. Kospoth bewirkten einen Auf schub und zum Glück; denn von Stunde zu Stunde machte die bewerkstelligte Inundation Fortschritte, drang sogar in die feind lichen Batterien ein und nöthigte die Franzosen diese zu verlassen und sich nach Fürnes zurückzuziehen. Gleichzeitig war gegen Abend nicht nur die Munition, sondern auch das Grenadier - Bataillon v. Eschwege zur Verstärkung angekommen, und mit großem Jubel begrüßten die sogenannten Kospother ihre Regiments-Kameraden. Abermals in der Nacht, vom 24. zum 25., rückte Vandamme, der Ueberschwemmung ausweichend , auf den Dünen gegen Nieuport vor, nahm das verfallene, aber mit 20 Mann beseßte Fort Wir wuth, und griff die Schleußenschanze an. Oberst v. Wurmb schickte ein ganzes Bataillon zur Vertheidigung dahin, welches alle Angriffe der Franzosen abschlug. Stundenlang dauerte hier der Kampf, den der Oberst in der Weise fortführen ließ, daß er alle 2 Stunden ein anderes Bataillon zur Ablösung in die Schanze schickte. Eine dahin gebrachte Kanone nöthigte endlich die Franzosen zum Rückzug´in ihr Lager. Die Unternehmungen derselben beschränkten sich in den nächſten Tagen auf ein sehr heftiges Geschüßfeuer, welches wegen fortwährenden Mangels an Munition nur schwach erwidert werden konnte. Da gegen erhielt die Besaßung mehrmals Verstärkungen durch einige Hessische und Englische Bataillone, wodurch jene auf 3000 Mann anwuchs . тут

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Am 28. Mittags überbrachte ein feindlicher Trompeter folgendes Aufforderungsschreiben : Herr Kommandant ! Seit 4 Tagen habe ich nur geringe Mittel angewendet, die Stadt Nieuport zur Uebergabe zu bringen. Ihre Hartnäckigkeit bestimmt mich, gewaltsamere Maßregeln zu ergreifen. Ich kann mich nicht länger vor einem so schwachen Fort aufhalten. Die 4 Regimenter Engländer, welche Ihnen von Ostende her zuge kommen sind, werden die Streitkräfte der Republik, welche ich die Ehre habe zu befehligen, nicht aufhalten. Uebergeben Sie denn eine Stadt, welche Ihr Widerstand ſonſt völlig in einen Aschenhaufen ver wandeln würde, widrigenfalls ich hiermit erkläre, daß wenn nicht binnen einer Stunde mir die Thore geöffnet sind, ich Bresche schießen und stürmen lassen werde. — Dann wird es nicht mehr Zeit ſein, zu kapituliren. Ich schwöre, daß ich alle Bewaffnete über die Klinge springen lassen werde ; nichts wird mich aufhalten, meine Maßregeln find getroffen und ich bin entschlossen. Herr Kommandant, Sie werden mir mit Ihrem Kopf für den nuglosen Widerstand, den Sie mir ent gegenseßen, verantwortlich sein. Ich habe meinen Untergeneralen befohlen, nach Ablauf der festgesezten Stunde keine Kapitulations Vorschläge mehr anzunehmen ; entscheiden Sie sich daher und_ant worten Sie mir. Der Divisions-General und Kommandeur der Französischen Armee vor Nieuport Vandamme." Die Antwort des Obersten lautete : " Herr General ! Auf die erlassene Aufforderung zur Uebergabe der Stadt gebe ich zur Antwort, daß ich sie bis auf das Aeußerſte vertheidigen werde. Hochfürstlich Hessen-Kasselscher Oberst und Kommandant. Karl von Wurmb." Einer sehr heftigen Beschießung der Stadt Seitens der Franzosen folgte an demselben Tage noch eine 2. Aufforderung, welche ebenso kurz und entschieden abgelehnt wurde. Die Folge hiervon war ein noch heftigeres Kanonenfeuer, das schon in der Nacht zum 29. begann. Gleichzeitig bemächtigte sich der Feind des Forts Wirwuth abermals, von wo aus er im Laufe des 29. Oktobers die heftigsten Angriffe gegen die Schleußenschanze machte. Ein starker Nebel begünstigte dieselben ; das Regiment v. Rospoth vertheidigte jedoch die Schanze mit einer Tapferkeit, die jeden Angriff scheitern machte. Es war der lezte, denn in der folgenden Nacht zog sich Vandamme mit Hinterlassung von 6 schweren Geschüßen und einiger Munition nach Dünkirchen zurück. Der Verlust während der ganzen Vertheidigung von Nieuport betrug bei'm Regiment v. Kospoth an Todten : 1 Mann, an Verwundeten : Kapt. Geisler, die Lieutenants Ferrand und v. Vultée und 8 Mann ; beim Grenadier - Bataillon v. Eschwege an Todten: 2 Mann, an Verwundeten : Kapt. Ruth, Lieut. v. Rochlig und 20 Mann. Oberst v. Wurmb sowohl, als auch die Truppen,

welche in

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Nieuport unter seinem Befehl gestanden hatten, wurden allenthalben wegen ihres bewiesenen Muthes wahrhaft bewundert. Der Herzog von York erließ schon unter dem 3. November ein sehr schmeichel haftes Schreiben an den Oberst, in dem er ihm und seinen Truppen dankte ; der Landgraf von Hessen war entzückt ; der König von Eng land sprach sein größtes Wohlgefallen über die muthige Vertheidigung Nieuports und über die trefflichen Dienste des Hessischen Korps überhaupt aus ; er ließ der Garniſon für jedes der 6 Französischen Geschüße ein Geschenk von 120 Thalern auszahlen. Bei dem Beziehen der Winterquartiere am 22. Dezember erhielt das Regiment v. Kospoth Nieuport, das Grenadier - Ba taillon v. Eschwege Schorrebach angewiesen. Bei der am 3. März 1794 vorgenommenen Dislokations -Ver underung blieb das Regiment v. Kospoth in Nieuport, während das Grenadier - Bataillon v. Eschwege nach Merkem verlegt wurde. Erst Anfangs April seßten sich die Verbündeten gegen die Französische Grenze hin in Bewegung, und kam das Regiment nach je zwei Tagen nach Menin, Tournay, Valenciennes und Denain, wo es am 24. April zu einem ganz unbedeutenden Gefecht kam. Am 12. Mai tratendie Hessischen Truppen unter die Befehle des Feldmarschall Lieut. Kinsky, welcher sogleich nach Tournay aufbrach und hier am 15. bei Lamain ein Lager bezog. Es war dies schon eine vorbereitende Bewegung zu der Schlacht bei Tourcoin , welche am 17. und 18. Mai ge schlagen wurde. Die Verbündeten griffen die Franzosen in 5 Ko lonnen an ; die Hessen gehörten zur vierten, welche die Bestimmung hatte, Bouvines zu nehmen und dann am 18. im Verein mit der 5. Kolonne sich gegen Roubaix zu wenden, um hier den Hauptangriff auszuführen. Die Truppen der 4. Kolonne sammelten sich in der Nacht zum 17. Mai bei Froidemont und Bachy und sehten sich am frühen Morgen in 2 Kolonnen in Bewegung, die eine unter Kinsky gegen Bouvines, die andere unter Gen. -Maj . Ludwig v. Wurmb gegen Bassieur und Pont à Treffin. Bei jener befand sich das Regiment v. Kospoth , bei dieser das Grenadier - Bataillon v. Esch wege. Dieses lettere wurde zur Unterſtüßung der Avantgarde vor geschickt, als dieselbe auf die feindlichen Vorposten stieß, die sich zwar gegen Cheraing zurückzogen, hier aber kräftigen Widerstand leisteten. Nachdem das Dorf erstürmt war, wurde der Feind nach Pont à Treſſin zurückgeworfen, dem gegenüber Gen. v. Wurmb Stellung nahm . Unterdeß war Feldmarschall-Lieut. Kinsky gegen Bouvines vor gerückt und nahm dieses stark verschanzte Dorf im Laufe des Tages in Besit. Das Regiment v. Kospoth hatte indeß nur geringen Antheil an seiner Eroberung, indem das 1. Bataillon Nachmittags 2 Uhr unter dem Obersten v. Wurmb I den Befehl erhielt, nach Cheraing abzurücken, auf dem Wege dahin aber erst noch das Dorf Grüson vom Feinde zu säubern. Nach hartnäckigem Widerstand bemächtigte sich das Bataillon dieses Ortes und vertheidigte ihn 3 Stunden lang gegen die wieder

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holten feindlichen Angriffe. Wetteiferte auch das ganze Bataillon, Offiziere wie Mannschaft, in Standhaftigkeit und Tapferkeit, ſo zeich neten sich doch der Prem.-Lieut. Wilh. v. Heimrod I, der Fahnen junker Trost und der Fourier Keßler ganz besonders aus, und wurden in Folge deſſen der erstere zum Stabs-Kapitain, die andern zu Fähnrichen befördert. Gänzlicher Mangel an Munition nöthigte endlich den Oberst v. Wurmb das Dorf zu verlassen und sich nach Cheraing zurückzu ziehen. Der Feind besezte es sogleich wieder. Kaum hatte Gen. Kinsky dies bemerkt, als er den Oberst v. Stein mit 1 Bataillon Wallis und dem 2. Bataillon v. Kospoth entsendete, um Grüson dem Feinde wieder zu entreißen. Hundert Freiwillige von jedem Bataillon gingen als Tirailleure voraus und erstürmten das Dorf nach einem sehr blutigen Gefecht, in dem der Führer der Tirailleure, Kapt. Reiß, der Lieut. Zoll und Fähnrich Roth ihren Tod fanden. Während das Bataillon Wallis das Dorf befeht hielt, führte Oberst v. Stein das 2. Bataillon von Kospoth nach Cheraing, wo die Truppen des Generals v. Wurmb ein sehr heftiges Kanonenfeuer auszuhalten hatten. Er selbst war nicht nur verwundet und genöthigt worden, das Schlachtfeld zu verlassen, sondern wurde auch dem 1. Bataillon von Kospoth ein Geschüß gänzlich demontirt. Oberſt v. Wurmb, der das Kommando übernommen hatte, führte die Trup pen, nachdem sie ihre Munition fast gänzlich verschoffen hatten, aus dem feindlichen Feuer zurück, ließ aber die Ufer der Marque von den Tyroler Jägern besett. In der Nacht bivouafirten die Truppen der 4. und 5. Kolonne in ihren Stellungen. Sie hatten also am 17. nicht nur Terrain gewonnen, sondern dasselbe auch behauptet, warum sie aber während des ganzen folgenden Tages gänzlich_theilnahmslose Zuſchauer des Kampfes blieben, ist unermittelt geblieben. Das Regiment v. Kospoth verlor an Todten, außer den schon genannten 3 Offizieren, noch 7 Mann, an Verwundeten 63 Mann, an Gefangenen oder Vermißten 5 Mann. Wie zufrieden der Kommandirende der 4. Kolonne insbesondere mit den Hessischen Truppen in der unglücklichen Schlacht bei Tourcoin war, beweist ein Schreiben desselben an den Gen.- Lieut. v. Wurmb, datirt Tournay den 21. Mai 1794 : " Da mein Zustand mich hindert, den Hochfürstlich Hessischen Herren Truppen- und Bataillons-Kom mandanten diejenige Danksagung mündlich abzustatten, wozu mich dieselben durch ihr vortreffliches Verhalten bei dem Angriffe des Feindes am 17. d. M. aufgefordert haben, so bitte ich Ew. Excellenz so gütig zu sein, diese meine Verpflichtung besorgen zu wollen. Für mich wird es immer eine sehr angenehme Erinnerungsein und ich werde mir stets zur besonderen Ehre annehmen, daß ich Augenzeuge der übrigens weltbekannten Standhaftigkeit und Bravour der Hessischen Truppen gewesen bin. Ew. Excellenz wiederhole ich nochmals meine Danksagung für das, was ich Ihnen zu verdanken habe. gez . Kinsky."

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Im Monat Mai und den ganzen Juni über blieb die Armee der Verbündeten in der Nähe von Tournay stehen, und hatten in den lezten Wochen die Regimenter v. Kospoth und v. Wurmb, sowie das Grenadier - Bataillon v. Eschwege die genannte Festung selbst beseßt. Kurz vorher übernahm Gen.- Lieut. v. Dallwigt für den nach Kassel zurückberufenen Gen. - Lieut. v . Wurmb den Oberbefehl über die Hessischen Truppen. Erst am 3. Juli sah sich die Armee genöthigt, ihren Rückzug anzutreten, den sie im Laufe dieses Monats über Gramont, Lambeck, Asche, Wahlem und Calmhout bis Rosen daal fortsette. Während dieses Marsches hatten die Hessischen Re gimenter vom 13. bis 15. eine sehr exponirte Stellung in Mecheln, aus der sich Gen. v. Dallwigk sehr ehrenvoll zurückzog . Von Rosen daal aus wurde am 25. das Regiment v. Kospoth als Besagung nach Bergen op Zoom gesendet, woselbst nur 600 Mann verschiedener Holländischer Depot-Bataillone lagen, obgleich die Festung 8 bis 9000 Mann zur Vertheidigung erforderte. Während nun das Regiment vorläufig hier liegen blieb, zog sich die York'sche Armee im Laufe des Monats August, durch die Bewegungen Pichegrüs genöthigt, und nicht immer in der besten Ordnung hinter die Dommel und Aa zurück. Am 15. September ging der Herzog von York auch über die Maas zurück und bestimmte die Hessen zur Besehung der Insel Bommel, welche von jenen auf das Zweckmäßigste zur Vertheidigung eingerichtet wurde. Auch das Regiment v. Kospoth langte in den ersten Tagen des Oktobers von Bergen op Zoom hier an und betheiligte sich an dem sehr anstrengenden Dienste. Bei den Grenadier-Bataillonen traten um diese Zeit wieder Veränderungen ein. Das Grenadier - Bataillon v. Eschwege, bisher das erste, wurde das zweite und verlor am 4. November seinen bisherigen Kommandeur, der durch den Oberstlieut. Baurmeister ersetzt wurde. Die Zusammensehung der Kompagnien blieb dieselbe, die erste und zweite waren vom Regiment Erbprinz, die dritte und vierte vom Regiment v. Kospoth. Ende November wurden die Hessischen Truppen auf der Insel Bommel durch Holländische abgelöst und bekamen jene zu beiden Seiten der Linge in der Gegend von Bürren Kantonirungs-Quartiere angewiesen ; Ruhe sollte ihnen aber noch nicht vergönnt sein. Die Franzosen hatten nämlich die Holländischen Bataillone von der Insel Bommel vertrieben und die Waal überschritten, in Folge dessen Gen. v. Dallwigk Befehl erhielt, den Feind über die Waal wieder zurück zuschlagen. Er bildete 4 Kolonnen, mit denen er sich in der Nacht zum 30. Dezember in Bewegung sezte. Die 4. Kolonne unter Oberst Lieut. Baurmeister bestand aus dem gleichnamigen Grenadier Bataillon , einigen leichten Truppen und 8 schweren Geschüßen . Sie sollten über Op Ynnen, längs der Waal einen Schein-Angriff ausführen, bemächtigten sich aber, ebenso wie die 2. und 3. Kolonne, der vorliegenden Verhaue im ersten Anlauf und erstürmten dann die in allen Dorfeingängen errichteten Barrikaden. Das Regiment

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v. Rospoth war bei diesem Angriff bei den als Rückhalt aufge stellten Truppentheilen. Der Herzog von York war schon Ende 1794 nach England ge reist und Gen. v. Wallmoden hatte den Oberbefehl übernommen. Er ließ Mitte Januar 1795 die Armee vom Leck hinter die Yssel marschiren und dadurch eine große Schwenkung rückwärts rechts aus führen. Die 2. Kolonne oder das Hessische Korps sammelte sich zu Leersum, marschirte über Barneveld und Beckbergen, und passirte bei Zütphen die Yssel, hinter welcher die Hessen zwischen der zuletzt ge nannten Stadt und Deventer Kantonirungsquartiere beziehen sollten. Während des ganzen anstrengenden Marsches hatte das Grenadier Bataillon Baurmeister zur Arriergarde gehört, und hier bei der großen Menge von Nachzüglern und Marodeurs einen sehr mühsamen Dienst gehabt. Die Beschwerlichkeiten dieses Marsches waren des halb so groß, weil der Weg über endlose, mit tiefem Schnee bedeckte Haiden führte, in denen es, selbst in den einzelnen darin befindlichen Strohhütten, an jedem Unterhalt fehlte. Das Fortkommen wurde noch dadurch erschwert, daß dem vorausgegangenen Thauwetter eine sehr große Kälte folgte, wodurch die Schneefläche mit einer spiegel glatten Eistruste bedeckt wurde. Dazu kam ein eisig kalter Nord wind, gegen den man durch keinen Hügel, keinen Baum oder Strauch den mindesten Schuß fand. Eine mangelhafte und dabei sehr ab= genußte Kleidung machte die große Kälte und den rauhen Wind noch viel empfindlicher. Wollte man nicht erfrieren, so mußte man den Körper in beständiger Bewegung erhalten ; dazu fehlten aber die Kräfte, denn die Truppen waren schon durch den ununterbrochenen Winterfeldzug auf's Aeußerste erschöpft. - Schon bei dem ersten Marsch, der in der Nacht vom 14. auf den 15. Januar ausgeführt werden sollte, wurde die Hessische Kolonne um Mitternacht bei Schar penzeel durch einen Englischen Proviant-Train, der von den Knechten, wie von seiner Bedeckung verlassen worden war, und den Weg auf eine weite Strecke hin versperrte, so lange aufgehalten, daß sie erst am 15. Nachmittags in einem höchst erschöpften Zustande die Quar tiere bei Barneveld und Umgegend erreichte. Ihren großen Hunger konnten die Mannschaften nur in geringem Maße stillen, denn kaum waren sie in ihre schlechten Quartiere eingerückt, so kamen andere alliirte Truppen an, welchen dieselben Quartiere angewiesen waren. In ähnlicher Weise ging es an den folgenden Tagen ; überall sah man in den Bewegungen der Truppen Unordnung, die jedoch Gen. v. Dallwigt bei seinen Truppen möglichst zu vermeiden suchte. Am 28. Januar erhielt das Grenadier - Bataillon Baur= meister Befehl, nach Kampen abzurücken, während das Hauptkorps schon am 29. Abends den Rückzug in das Münsterland antrat. Das Regiment v. Kospoth befand sich bei den dahin vorausgehenden ―― Truppen - Abtheilungen . In Kampen verweigerten die empörten Bewohner, welche Freiheitsbäume errichtet hatten, jede Aufnahme von Truppen. Oberstl. Baurmeister wandte sich deshalb vorläufig nach Dalfsen und Haſſelt, und als er vernahm, daß die Franzosen

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in Kampen nnd Zwoll eingerückt seien, über Ommen nach Archum, woselbst er am 1. Februar anfam. Seine Lage war eine sehr ge fährdete; Meilen weit vom Hauptkorps entfernt, ohne alle Verbindung mit demselben, war er von allen Seiten von empörten Bauern um schwärmt, die jeden Einzelnen, ja ganze Abtheilungen, welche sie über wältigen konnten, entwaffneten und gefangen nahmen. Erst am 4. Februar bei dem Eintreffen zu Enschede, wurde die Verbindung mit dem Hauptkorps wieder hergestellt, und am folgenden Tag vereinigte sich das Bataillon mit demselben und wurde den Vorposten unter Gen. Scheither zugetheilt. Das Regiment v. Kospoth_gehörte zum Korps des Generals v. Wurmb , welches zwischen Ochtrup, Rheine und Münster lag. Nach dem Eintreffen der Preußischen Truppen Ende März rückten die Hessen an die untere Ems, wurden aber am 17. Mai in die Gegend von Bramsche verlegt . Preußen hatte bereits einen Seperatfrieden mit Frankreich ge schlossen, auch der Landgraf trat nunmehr in Unterhandlungen ein. Die hierdurch eingetretene Ruhe benußten die Hessischen Truppen dazu, die gänzlich abgerissene Bekleidung so gut, wie es gehen wollte, wiederherzustellen . Bei dem Regiment v. Kospoth brach im Laufe des Monats Mai eine sehr bösartige Kräßkrankheit aus, welche die Veranlassung war, daß das Regiment nach Rinteln in Erholungsquartiere verlegt wurde. Es war daselbst sehr bald auf Friedensfold-Etat gesezt worden, mußte aber, als die Englische Regierung mit Zurückhaltung der Sub sidienzahlung drohte, im Anfange Septembers nach Bramsche zurück marschiren, obgleich schon am 28. August der Separatfriede zwischen Frankreich und Hessen abgeschlossen worden war. Der Rückmarsch des Hessischen Korps in die Heimath_erfolgte in 4 Abtheilungen, am 13., 15., 17. und 19. November. Das Re giment v. Kospoth befand sich bei der 1. Abtheilung, welche binnen 14 Tagen über Osnabrück, Yburg, Rheda, Paderborn und Warburg nach Kassel marschirte. Um die am 1. Oktober bekannt gemachte neue Organi= sation der Infanterie, -- wonach die zusammengeseßten Grenadier Bataillone aufgelöst und die Regimenter in ein Grenadier- und 2 Musketier-Bataillone, jedes zu 4 Kompagnien eingetheilt worden waren, - beſſer in Ausführung bringen zu können, waren jedem Re giment seine beiden Grenadier-Kompagnien zugetheilt worden. Das Bataillon wurde ergänzt durch die Kompagnie Sobbe vom 1. und die Kompagnie von Romrod vom 2. Bataillon. Kommandeur des selben wurde Maj . v. Prüschenck, später Maj . Geisler. Schon beim Ueberschreiten der Grenze war die Mannschaft bis auf 30 Mann per Kompagnie in die Heimath entlassen worden. In so geringer Stärke marschirte das Regiment v . Kospoth nach seiner frühern Garnison Hanau. 1796 geschah die Einführung von Scharfschüßen bei den In fanterie-Regimentern. In demselben Jahr wurde der Kommandeur des Regiments, Oberst v. Stein, versezt und Oberst v. Linsing zu seinem Nachfolger ernannt.

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1801 starb Gen.-Lieut. v. Kospoth und erhielt das Regiment den Gen.-Maj. v. Biesenrodt zum Chef. Leßterer wurde 1805 versezt, um dem Kurprinzen Wilhelm von Hessen Plaz zu machen. Das Regiment erhielt nunmehr den Namen : „Regiment Kurprinz", und wurde gleichzeitig Oberstlieut. v. Melzheimer zu seinem Kom mandeur ernannt. Der für Preußen so unglückliche Ausgang der Schlachten bei Jena und Auerstädt am 14. Oktober 1806 sollte auch für Hessen die traurigsten Folgen haben. Den Neutralitäts-Vertrag, welchen Na poleon mit dem Kurfürsten abgeschlossen hatte, gänzlich mißachtend, rückten Marschall Mortier mit 20,000 Mann und Louis Napoleon mit 14,000 Mann in das Land ein und nahmen es in Besit. Vor der eiligen Entfernung aus seiner Reſidenz ertheilte der Kurfürst am 1 . November noch den Befehl zur Auflösung, Entwaffnung und Ent laffung der Truppen in ihre Heimath. Was die bis dahin stets tapfer gewesenen und insbesondere den Franzosen fast stets siegreich ge genüber gestandenen Truppen, bei einer so schimpflichen Entlassung empfanden, läßt sich nicht beschreiben; wuthentbrannt zerschlugen sie ihre Gewehre, damit der Feind wenigstens keinen Gebrauch davon machen könne. Die Offiziere weigerten sich in den neuerrichteten Regimentern Dienste zu nehmen, obgleich sie wußten, daß ſie dafür in den Französischen Festungen büßen mußten. Erst als sie der Kurfürst ihrer Verpflichtung entbunden, kehrten sie nach Heffen zurück, und nahmen, der Macht der Verhältnisse weichend, größtentheils Westphälische Dienste.

VII . Abſchnitt .

Die Zeit vom Beginn der Freiheitskriege bis zur Reorganiſation des Regiments und Einverleibung desselben in die Königlich Preußische Armee. 1813 bis 1866 . Der 18. Oktober 1813 hatte über das Schicksal Deutschlands entschieden. Mit der Fremdherrschaft war es wohl zu Ende, darüber war kein Zweifel mehr ; bedeutende Anstrengungen sollte es jedoch noch kosten. Bald nach der Rückkehr des Kurfürsten in seine Residenz am 21. November ordnete er die Einberufung sämmtlicher Kurhessischen Regimenter in ihre am 1. November 1806 gehabten Garnisonen an. Sie sollten nach Preußischem Muster aus 2 Musketier- und 1 Fü filier-Bataillon, jedes zu 4 Kompagnien, bestehen, und außerdem noch 2 Grenadier-Kompagnien haben, die, von je 2 Regimentern zusammen tretend, 1 Grenadier-Bataillon bildeten. Die Kompagnien der Re

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gimenter Kurfürst und Kurprinz bildeten so das 1. Grenadier Bataillon, zu dessen Kommandeur der Maj. v. Haller ernannt wurde. Die Formation der beiden Kompagnien des Regiments Kurprinz geschah zu Windecken, während das Regiment selbst zu Hanau neu gebildet wurde. Zum Kommandeur erhielt das leztere den Oberstlieut. v. Bassewiz. Waren die Regimenter auch noch nicht vollzählig, so konnten sie doch am 20. Januar 1814, noch nicht volle 6 Wochen nach ihrem Zusammentreten, also in viel kürzerer Zeit, als es irgend wo anders der Fall war, in das Feld rücken. Das Grenadier - Bataillon v. Haller zählte 9 Offiziere, 34 Unteroffiziere, 17 Spielleute und 501 Mann, das Regiment Kurprinz : 32 Offiziere, 114 Unter offiziere, 26 Spielleute und 1530 Mann. Beim Ausmarsch waren nur die Offiziere uniformirt. Die Mannschaft, insbesondere die des Regiments Kurprinz , war mit den leinenen Kitteln, mit denselben Kopfbedeckungen gekleidet, welche sie aus der Heimath mitgebracht hatten. Ihre wenigen Habseligkeiten trugen sie in einem Quersack, da es ebenso an Tornistern, wie an sonstigen militairiſchen Aus rüstungsgegenständen fehlte. Nur der Mannschaft war mit Ge wehren bewaffnet, die Uebrigen hatten sich wenigstens mit kräftigen Wanderstäben versehen; aber selbst den Bewaffneten, so klein ihre Zahl auch sein mochte, war die Munition ſo ſparſam zugetheilt worden, daß auf den Mann nur 2 bis 3 Patronen famen. Uebrigens scheint das Regiment beſonders stiefmütterlich behandelt worden zu sein, da ihm , ehe es vor den Feind fam, von andern Regimentern wenigstens Patronen zugetheilt wurden. Außerdem kam von Kassel aus bald Nachschub an Kriegsmaterial aller Art und auch an Mannschaften, welche bis zum 12. April in noch 5 Marsch-Kolonnen von dort ab gingen. Für das Regiment kamen mit der 3. Kolonne: 1 Offizier, 2 Unteroffiziere, 1 Spielmann und 60 Mann, mit der 5. Kolonne : 2 Offiziere und 100 Mann, mit der lezten : 1 Unteroffizier und 15 Mann. Die Hessischen Truppen bildeten das 4. Deutsche Bundes korps und gehörten zum Schlesischen Kriegsheer des Feldmarschalls von Blücher. Am 31. Januar passirte das 1. Grenadier - Bataillon den Rhein bei Koblenz, am 1. und 2. Februar folgte das Regiment Kurprinz. Das Füsilier-Bataillon desselben blieb, weil es gar keine Gewehre hatte, vorläufig in Koblenz, während die übrigen Truppen nach Trier marschirten und von hier aus vor verschiedene Festungen dirigirt wurden. Das Grenadier - Bataillon v. Haller traf am 10. Februar vor Thionville, das 1. und 2. Bataillon Kur prinz am 11. vor Luxemburg ein. Hier wurden die Kompagnien in nachstehende Ortschaften vertheilt : vom 1. Bataillon 1 Kompagnie nach Weimerschkirch, eine nach Eich, 2 Kompagnien nach Dumeldange ; vom 2. Butaillon 1 Kompagnie nach Grebenscheuerhof und 3 Kom pagnien nach Sandweiler. Hier hatte auch der die Blokade-Truppen vor Luxemberg und Thionville kommandirende Gen. v. Dörnberg sein Hauptquartier aufgeschlagen.

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Am 13. Februar machten die Franzosen einen Ausfall mit etwa 500 Mann und griffen eine an den Sichenhäusern stehende Feld= wache von 1 Offizier und 40 Mann an. Es war zur Zeit der Ab Lösung der Wachen und diese deshalb von doppelter Stärke. Die Lieutenants Ludovici und Weil, die beiden Feldwach-Kommandanten, leisteten tapfern Widerstand und wichen der Uebermacht nicht früher, als bis sie durch Mangel an Munition dazu gezwungen wurden. Bei diesem Rückzug fiel Lieut. Kirschner mit einem Repli den Fran zosen in die Flanke, brachte sie in Verwirrung und nöthigte sie zu eiliger Umkehr. Außer den Offizieren zeichnete sich eine große Anzahl der jungen, fast aller Ausbildung entbehrenden Mannschaft durch besondere Tapferkeit aus. Der Verlust betrug außer einigen Vermißten, 3 Todte und 16 Verwundete. Unter letteren befand sich Kapt. Hennenhöfer und die Lieutenants Weil und Kirschner. An dem in der Nacht vom 22. zum 23. Februar versuchten, aber mißglückten Ueberrumpelungs -Versuch auf die Festung nahmen nicht nur die beiden Musketier - Bataillone des Regiments, son dern auch das Füsilier - Bataillon Theil, welches vor wenigen Stunden erst von Koblenz angekommen war. Der besondere Auftrag, der dem leztern zugedacht war und darin bestand , die in der Pfaffen thaler Reiter-Kaserne liegende Infanterie-Abtheilung von 300 Mann unthätig zu machen, konnte nicht ausgeführt werden, weil nach dem Oeffnen des Mansfelder Thores während des Ersteigens einer Mauer links rückwärts ein Schuß fiel, wodurch Gen. v. Dörnberg veranlaßt wurde, den Befehl zum Rückzug zu geben. Bei dem Gedränge auf dem schmalen Felsenpfad, welches dadurch entstand, daß die an der Queue befindlichen Truppen, welche das verabredete Signal nicht hörten, noch vorwärts marschirten, während die der Tete den Rückzug schon angetreten hatten, büßte das Regiment Kurprinz 5 Mann ein, welche beim Hinabstürzen in den Abgrund ihr Leben verloren. In einer Ordre des Generals v. Dörnberg vom folgenden Tage wurde u. A. das brave Benehmen des Oberstlieutenants v. Baſſewit rühmend erwähnt. Am 8. März griffen die Franzosen abermals die Dörfer Eich und Weimerschkirch an. Bei ersterem Dorfe kam vom 1. Bataillon Kurprinz Lieut. Schaumburg mit 30 Mann, bei letterem das ganze Füsilier-Bataillon zum Gefecht. Anfangs errangen die Franzosen, welche ein Geschüß bei sich führten, einige Vortheile, wurden aber doch bald vollständig in die Flucht geschlagen. Oberstlieut. v . Baſſewig nennt in seinem Berichte, außer einer Anzahl von Unteroffizieren und Soldaten, den Kapt. v. Dalwigt und den Lieut. Schaumburg als solche, die sich besonders auszeichneten . Zum dritten male machten die Franzosen einen Angriff auf die beiden Dörfer am 15. März, doch war das Gefecht von keiner großen Bedeutung. Nur Lieut. Weil vom 1. Bataillon Kurprinz wurde dabei verwundet . Am 22. März marschirte das ganze Regiment Kurprinz von Luxemburg ab, um der Blokade von Mez beizuwohnen. Unterwegs

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erhielt es verschiedene sich widersprechende Befehle, welche zum Theil zur Ausführung kamen; am 26. März indeß standen die 3 Bataillone vor Mez und zwar das 1. in Lorry, das 2. in Plappeville und das Füsilier-Bataillon in Woipy. Die Blokade dauerte nur wenige Lage, denn schon am 30. April marschirte das Regiment wieder zurück zu dem Luxemburger Blokadekorps. Das Grenadier- Bataillon v. Haller stand seit dem 12. Februar vor Thionville und zwar mit 1 Kompagnie in Suckange, die Vorposten in Erpelhof, 1 Kompagnie in Kenzich, die Vorposten in Nieder-Ham, 2 Kompagnien in Imeldange, die Vorposten in Jllange. Das an Lebensmitteln reiche Dorf Kenzich hatte sich der Feind ausersehen, um daselbst am 26. Februar mit 300 Mann Infanterie, 20 Mann Kavallerie und 2 Geschüßen eine Fouragirung vorzunehmen. Zu schwach an Truppen, um diese selbst zu verhindern, vereinigte Maj. v. Haller 2 Kompagnien seines Bataillons unter dem Befehle des Kapts. v. Altenbockum und eine Abtheilung Jäger in dem Walde von Maquenom, um den Feind von hier aus auf seinem Rückweg nach der Festung anzugreifen. Nach einigen Salven, welche durch ein lebhaftes Rottenfeuer und selbst durch Kartätschschüsse beantwortet wurden, gingen die jungen Grenadiere mit ,,Kolben hoch!“ und solchem Ungestüm auf die Gegner ein, daß diese nach einem mörderischen Handgemenge völlig über den Haufen geworfen, viele verwundet, 20 Mann niedergemacht und 3 Offiziere und 40 Mann gefangen genommen wurden. Die Lieutenants Lauterborn und Hildebrand eroberten auch eins der beiden feindlichen Geschüße. Bei dem Streifzug des Französischen Generals Duruttes, welchen derselbe mit mehreren 1000 Mann unternahm, mit denen er am 15. März in Thionville einrückte, um am folgenden Tage die Festung wieder zu verlassen, kam es an beiden Tagen zu unerheblichen Gefechten, welche dem 1. Grenadier - Bataillon einige Verwundete kostete. Bei einem 2. Zuge Duruttes mit 6 bis 8000 Mann aus Mez über Saarlouis, Thionville, Luxemburg, Longwy und Verdun zog sich Maj. v. Haller, der Uebermacht weichend, am 26. März ohne Verlust auf das linke Ufer der Mosel zurück, von wo der das Blo tade-Korps kommandirende Oberst v. Haynau den ferneren Rückzug nach Sandweiler bei Luxemburg anordnete. Nach dem Abzuge Duruttes marschirte Oberst v. Haynau wieder vor Thionville und hielt diese Festung bis zum 21. April blokirt, an welchem Tage das Grenadier - Bataillon v. Haller in Folge einer abgeschlossenen Convention, nach Buding, Kedange, Lutange, Burange und einigen andern Orten verlegt wurde. Die 3 Bataillone Kurprinz trafen, von Meg kommend, am 4. April vor Luxemburg wieder ein. Schon 2 Tage später ging Maj. v. Hesberg mit seinem Bataillon (d'em 2. des Regiments Kurprinz) und 2 schweren Geschüßen zur Vertheidigung der Konzer Saarbrücke ab. Er sollte sich für den Fall eines überlegenen Angriffs nach Trier zurückziehen. Der Major traf die zweckmäßigsten An ordnungen zur Vertheidigung, ordnete namentlich einen sehr ausge=

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dehnten Patrouillengang an, wozu er beritten gemachte und mit Lanzen bewaffnete Infanteristen (30 Mann) verwendete, welche Lieut. v. Hafferodt kommandirte und im Armeekorps unter dem Namen „Kosacken“ bekannt wurden. Das Bataillon blieb daselbst bis zum 23. April stehen und wurde dann nebst den übrigen Bataillonen des Regiments in Kantonnements südlich von Luxemburg verlegt. Nachdem die Franzosen am 3. Mai Luxemburg verlassen hatten, wurde das Regiment zur Garnison für die Festung bestimmt und blieb daselbst auch bei dem am 8. Juni stattfindenden Abmarsch der Kurhessischen Truppen in ihr Vaterland . Es folgte denselben erſt einen Monat später in die Heimath nach. Das Regiment verlor in diesem Jahr seinen bisherigen Kom mandeur, welcher durch den Oberstlieut. v. Flies ersezt wurde. Zu dem Feldzug von 1815 stellte Kurhessen ein Kontingent von 12000 Mann unter Gen.-Lieut. Engelhard. Die Formation war dieselbe wie im vorhergehenden Jahre, doch waren diesmal die Ba taillone gleich bei'm Ausmarsch nicht allein vollzählig (17 Offiziere und 804 Mann), sondern auch gut gekleidet und ausgerüstet, und sie hatten Kriegserfahrung. Vom Regiment Kurprinz , welches bis Mitte Januar in geringer Friedensstärke in Hanau garniſonirte, blieb das 2. Bataillon in der Garnison zurück, und konnte sich das 1. und Füsilier-Bataillon durch ausgesuchte Leute von jenem komplettiren. Die beiden Marsch-Bataillone, sowie das Grenadier - Bataillon v. Haller standen bei der von Gen.-Maj . v. Müller befehligten 2 . Brigade, welche am 9. April von Hanau und Umgegend abmarschirte und zwar über Frankfurt, Königstein, Limburg nach Langenschwal bach, in dessen Umgebung die Truppen in Kantonirungsquartiere verlegt wurden. Gen. v. Kleist (Nollendorf), welcher den Oberbefehl über sämmtliche Hessischen Truppen erhielt, inspicirte am 26. April das Regiment Kurprinz , das 1. Grenadier - Bataillon und mehrere andere Truppentheile. Die 2. Brigade ging am 11. Mai oberhalb Koblenz auf Kähnen über den Rhein, marschirte über den Hundsrück (Castellaun, Sim mern, Kirchberg), und traf am 16. Mai zu Trier ein. Die vier wöchentliche Ruhe hierselbst wurde zum Exerzieren, Scheibenſchießen und zum Einüben des Felddienstes benußt. Bei dem am 17. Juni angetretenen Marsch über Luxemburg nach Arlon hatte das Füsilier - Bataillon , welches zur Arrier garde gehörte, bei anhaltendem starken Regen einen sehr beschwer lichen Dienst. Ebenso bei der rückgängigen Bewegung in der Richtung auf Aachen, welche in Folge der Schlacht bei Ligny und auf Befehl des Fürsten Blücher gemacht wurde. Man kam jedoch nur bis Bastogne, denn hier traf am 21. Nachmittags ein Kourier vom Gen. Blücher mit der Nachricht von der Schlacht bei Belle-Alliance und dem Befehlan Gen. Engelhard ein, in Frankreich einzurücken und die im Ardennen Departement liegenden Maasfestungen zu berennen. Der Hessische Ge neral marschirte nun über Neufchateau, Chiny und Mouzon nach Sedan. Am 25. Juni traf die Avantgarde, bei welcher sich das

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Füsilier-Bataillon noch immer befand, vor der Festung ein und begann mit den auf den Wällen stehenden Schildwachen ein Tirailleur Gefecht. Einer Beschießung mit Kugeln und Granaten folgten Un terhandlungen mit dem Kommandanten der Festung, in Folge deren die Heffen am 27. in dieselbe einrückten. Nur die Citadelle blieb noch in den Händen der Franzosen. Das Kurhessische Armeekorps rückte im Laufe des 28. Juni auf der Straße nach Mezières am linken Ufer der Maas vor, und bezog ein Lager bei Villers devant Mezières . Von allen Seiten wurden die Vorposten gegen die Festung ausgesezt, so daß dieselbe mit Ausnahme der Seite nach Charleville völlig eingeschlossen war. Zur Belagerung fehlte es vorläufig an Geſchüß und Munition ; doch entwickelte der Preußische Gen. -Lieut. v. Hake, welcher für den er frankten Gen. v. Kleist das Kommando über die Norddeutschen Bundes truppen übernommen hatte, eine große Thätigkeit. So ließ er, da es für das aus Luxemburg ankommende Belagerungsgeschüß an Be dienungsmannschaft fehlte, von jedem Bataillon 10 Mann zum Dienste der Artillerie ausbilden, deren eine Hälfte von dem Sec.-Lieut. Bähr vom Regiment Kurprinz kommandirt wurde. Zur Förderung des Geschäftes des Gießens von Eisenmunition auf den Hüttenwerken Bontancourt und Vandrefse wurde auf beide Werke bis zum Beginn des Gusses ein Exekutions -Kommando von 30 Mann des Regiments Kurprinz unter Sec.-Lieut. Both gelegt. Das Grenadier - Bataillon v . Haller mußte nebst einem Kavallerie-Detaschement am 12. Juli auf dem rechten Ufer der Maas nach Givet vorgehen, um die von Namur über Dinant kommende Munitions-Transporte in Empfang zu nehmen und gleichzeitig die in den Wäldern der Ardennen streifenden, bewaffneten Bauernhaufen zuzerstreuen. Zudemselben Zweck marſchirte am 29. Juli Oberstl. Scheffer mit einem größeren Detaſchement nach Rethel. Das Füsilier - Ba taillon war dabei, unter seinem Kommandeur, Maj. v. Lepel, be sonders thätig. Vor Mezières beabsichtigte man die Eröffnung der Laufgräben auf der Insel St. Julien. Diese Arbeit würde aber ohne große Opfer nicht haben ausgeführt werden können, wenn man sich nicht vorher der vor der Vorstadt St. Julien befindlichen 4 Häuser und eines Verhaues bemächtigt hätte. Es wurden 50 Jäger und ein De taſchement von 120 Mann des 1. Bataillons Kurprinz zur Aus führung dieses Unternehmens in der Nacht vom 3. auf den 4. Auguſt bestimmt. Die Jäger sollten die erwähnten Häuser in der Front, das Detaschement des Regiments Kurprinz dieselben von der Seite angreifen, ein anderer Theil des letteren den Verhau weg= nehmen. Der Angriff dieser verschiedenen Abtheilungen sollte, wenn es in Mezières 10 Uhr schlage, gleichzeitig beginnen. Nachdem es dunkel geworden, ließ Major v. Meibom sein Bataillon (das 1. Kur prinz) unter das Gewehr treten und forderte zur Ausführung des befohlenen Angriffs Freiwillige auf, worauf alsbald 120 Unteroffiziere und Soldaten vortraten, welche, nachdem auf diese Art das Deta

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schement gebildet, unter das Kommando des Stabskapitains Eckhard gestellt, und dieſem die Sec.- Lieutenants v. Stein, Schaumburg und Scheurer untergeordnet wurden. Der lettere wurde mit 30 Mann zur Wegnahme des Verhaues bestimmt. Während nun die vorbemerkten Abtheilungen sich zu gehöriger Zeit in aller Stille postirt hatten, formirte der Preußische Major v. Bardeleben weiter rückwärts die kommandirten Arbeiter, um alsbald nach Wegnahme der Häuser und des Verhaues die Arbeit beginnen zu lassen. Das 1. Bataillon Kurprinz , zur Deckung der Ar beiter und der aufzuwerfenden Werke bestimmt, hielt sich bereit, nöthigenfalls den Angriff zu unterſtüßen. Auf den Schlag 10 Uhr traten die Angriffsabtheilungen an. Kapit. Eckhard schickte den P.- Fähnr. Bödicker mit Plänklern voraus , welche bald auf eine feindliche Abtheilung stießen und von dieser mit Gewehrschüssen empfangen wurden. Kapit. Eckhard rückte hierauf nach, machte, nach dem seine Plänkler die Front geräumt, ein Bataillenfeuer und stürzte sich mit gefälltem Bajonnet auf den hinter den Hecken, einer Mauer und in den Häusern aufgestellten Feind, so daß sich dieser in die Vorstadt St. Julien zurückzog. Die Jäger trafen gleichzeitig mit dem Detaschement bei den Häusern ein. Auch Lieut. Scheurer nahm am rechten Flügel das Verhau im ersten Anlauf weg, zerstörte das selbe und verfolgte den Feind in die dahinter befindliche Allee. Noch vor Tagesanbruch wurden Lieut. Schaumburg und ein Jägeroffizier nach dem rechten Flügel entfendet, um geeignete Punkte auszusuchen, von welchen nicht nur der pallisadirte Eingang der Vor stadt wirksam beschoffen, sondern überhaupt dem etwa vordringenden Feinde nachdrücklicher Widerstand geleistet werden konnte. Ebenso wurden die eroberten Häuser auf das beste zur Vertheidigung ein gerichtet. Aber troz aller zweckmäßigen Anstalten wurden alle Ab theilungen nicht durch feindliche Angriffe, sondern durch sein sehr leb haftes Geschüßfeuer, welches sich von den Wällen der Festung gegen die Häusergruppe und gegen den Verhau koncentrirte, zum Rückzug genöthigt, der jedoch nur bis zu einem 30 Schritt rückwärts gelegenen Graben angetreten wurde. So standen die Dinge, als die Truppen den Befehl erhielten, das Gefecht abzubrechen. Bei dem Regiment Kurprinz waren 12 Mann verwundet worden . In einem Tagesbefehl vom 5. August dankte Gen. v. Hake dem Major v. Meibom, den Kapitains Schmidt (Jäger) und Eckhard, ſowie dem Lieut. v. Stein für ihre beim Angriff auf die vorderen Häuser von St. Julien und auf die Allee bewiesene Ausdauer und Entschlossenheit ; auch erwähnt er noch insbesondere das brave Benehmen des Gefreiten Bleß vom Regiment Kurprinz (Dieser hatte u. A. bei einer in der Nacht gemachten Patrouille einige Französische Soldaten mit dem Kolben niedergeschlagen .) Am 10. August fiel Mezières, eine der bedeutendsten Festungen Frankreichs, welche noch nie von feindlicher Hand erobert worden war, nachdem sie eine fast 6wöchentliche Einschließung, ein 2tägiges allgemeines Bombardement und eine 14tägige Velagerung nach einer

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ruhmvollen Vertheidigung ausgehalten hatte. Wie bei Sedan wurde auch hier der Besaßung erlaubt , sich nach der Citadelle zurück zuziehen. Bei einer von Gen. v. Hake am 14. August über sämmtliche Belagerungstruppen abgehaltenen Revüe auf der Insel St. Julien, bezeigte derselbe den Truppen, namentlich aber denjenigen, welche sich in den stattgefundenen Gefechten ausgezeichnet hatten, nochmals öffentlich sein Lob und seine größte Zufriedenheit, wobei er dem Ge freiten Bleß wegen seines bewiesenen tapfern Benehmens ein Geschenk von 10 Louisd'or machte. Gleich nach der Revie marschirten die Truppen in Erholungsquartiere, und kam das Grenadier - Bataillon v. Haller in den Kanton Givet, das Regiment Kurprinz in den Kanton Mouzon. Nachdem am 28. August das 1. Grenadier - Bataillon , das Füsilier -Bataillon Kurprinz und noch 2 Hessische Bataillone unter Oberst v. Haynau in Mezières eingerückt waren, ergab sich auch die Citadelle am 31. August. An demselben Tage marschirten die eben erwähnten 4 Bataillone, wie die ganze 2. Brigade zur Belagerung von Givet ab. Sie trafen am 6. September vor der genannten Festung ein und bildeten hier den rechten Flügel des Belagerungskorps . Obgleich die beiden Givets, der Mont d'Haurs und die Außenwerke am 11. September übergeben und die Belagerung von Charlemont nicht fortgesezt wurde, so blieb die Brigade doch bis zum 24. in der Nähe der Festung und marschirten dann die Bataillone des Regiments nach Juniville und Chateau Portien. Einem Kommando von 30 Mann vom Regiment unter Lieut. Veit, dem noch 10 Husaren beigegeben waren, wurde der Auftrag zu Theil, die 1806 in Kaffel geraubten und nach Paris gebrachten Kunstschäße, welche auf 14 Wagen verladen waren, nach Kaffel zu esfortiren. Das Kommando ging am 8. Oktober von Rethel ab und traf am 1. November an seinem Beſtimmungsort ein. An dem leztgenannten Tage erhielt das Armeekorps Befehl, sich bereit zu halten, um nach Hessen zurückzumarschiren. Der Abmarsch fand am 4. November statt und schlug die 2. Brigade den Weg über Luxemburg, Trier und Koblenz nach Limburg ein, von wo das Re giment Kurprinz über Naſtädten und Frankfurt nach Hanau mar schirte. Das 1. Bataillon blieb daselbst, nunmehr wieder vereinigt mit dem 2. Bataillon, in Garniſon, während das Füsilier-Bataillon nach Gelnhausen verlegt wurde. Auf dem Rückmarsch wurden dem Regiment noch einige Aus zeichnungen zu Theil. So ertheilte der König von Preußen dem Gefreiten Bleß für sein Benehmen bei Mezières das Militair Ehrenzeichen 2. Klasse, und bewilligte außerdem für jede der bei den Kurhessischen Brigaden 2 Verdienstorden und 4 Militair- Ehren zeichen. Dem Regiment Kurprinz wurden durch das am 7. No vember zusammengetretene Wahlkollegium 1 Verdienstorden und 1 8

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Militair- Ehrenzeichen zugetheilt. Den ersteren erhielt ebenfalls durch Wahl, der Kommandeur des Regiments, Oberstlieut. v. Flies, das lettere Korporal Claus. In Folge der nach Beendigung des Feldzuges gemachten Vor schläge zu Ordensauszeichnungen erhielt am 14. Februar 1816 Maj. v. Meibom und Stabskapitain Eckhard den Orden vom eisernen Helm. In diesem Jahr wurde das Füsilier-Bataillon vom Regiment getrennt und zu 2 Kompagnien formirt, welche nunmehr mit den auf gleiche Weise formirten 2 Kompagnien des Regiments Kurfürst das 1. Füsilier-Bataillon bildeten. Noch im November d. J. erhielt das selbe den Namen 1. Füsilier-Landwehr-Regiment. - Das Régiment Kurprinz verlor noch seinen bisherigen Kommandeur durch den Tod, und erhielt einen neuen in dem Obersten v. Borck. Bei'm Regierungsantritt des Kurfürsten Wilhelm II., des bis herigen Chefs unseres Regiments (1821 ) trat nicht nur eine neue Organisation ein, sondern wurde auch mit der Beseitigung des bis dahin getragenen Zopfes manche veraltete Einrichtung abgelegt, manche zweckmäßige Veränderung eingeführt. Das Regiment Kurprinz erhielt den Namen : 2. Linien - In fanterie - Regiment , bestehend aus 2 Musketier-Bataillonen, welche in ihrer bisherigen Garnison Hanau blieben, und 1 Füsilier-Ba taillon, welches Fulda als Garnison angewiesen erhielt. Dem 1. Bataillon wurde die Mannschaft der 3. Kompagnie des einge gangenen 1. Füsilier-Landwehr-Regiments, dem 2. Bataillon die 4. Kompagnie dieses Regiments zugetheilt, während das Füsilier = Bataillon aus dem 1. Bataillon Prinz v. Solms, der 3. Kom= pagnie des Grenadier-Bataillons v. Schmidt und der 3. Kompagnie des 2. Füsilier- Landwehr-Regiments gebildet wurde. Das Grena dier-Bataillon v. Haller gab das 1. Bataillon des 1. Linien Infanterie-Regiments. Im Jahr 1827 wurde für den zum Kommandanten von Ziegen hain ernannten Oberst v. Borck Oberstlieut. von Hesberg Kommandeur des Regiments, blieb es aber nur wenige Monate. Sein Nachfolger wurde Oberstlieut. A. v. Bardeleben. In Folge der in und bei Hanau ausgebrochenen Unruhen im Jahr 1831 wurden die beiden Musketier-Bataillone von da verlegt und kam das 1. Bataillon nach Marburg, das 2. nach Ziegenhain in Garnison. Gleichzeitig vertauschte das Füsilier-Bataillon seine Garnison Fulda mit der von Hersfeld. Die beiden Musketier-Bataillone waren übrigens · nebst andern Hessischen Truppen einer Aufforderung des Deutschen Bundes gemäß, J im April d. J. mobil gemacht worden, um das Großherzogthum Luremburg zu besehen. Indeß kam das schon vollständig ausgerüstete Korps nicht zum Ausmarsch, und trat Ende Juli wieder in sein früheres Friedensverhältniß zurück. » Der Kommandeur des Regiments wurde in diesem Jahr versezt, und bekam es einen andern in dem Oberstlieut. v. Lengerke. Am 7. Dezember 1832 trat bei der Infanterie eine Reduktion

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in der Art ein, daß sämmtliche Füsilier-Bataillone eingingen und dafür 2 Schüßen-Bataillone errichtet wurden. Damit war zugleich(10 ein Garnisonswechsel verbunden, in Folge dessen das Regiment nach Fulda kam. Dasselbe erhielt auch in dem Prinzen v . Solms Braunfels einen Chef, welcher indeß schon im nächsten Jahr starb. Auch der Kommandeur, Oberst Ries von Scheuernschloß, welchen das Regiment 1833 erhalten hatte, wurde 1834 schon wieder verseht. Sein Nachfolger war. Oberstlieut. Schirmer. 1835 erhielt das Regiment die Bezeichnung : 2. Infanterie Regiment. 1841 trat eine wichtige Veränderung in der Bewaffnung dadurch ein, daß die ganze Infanterie mit Percussionsgewehren versehen wurde. Im Jahr 1843 trat zweimal eine Veränderung im Regiments Kommando ein. Erst wurde Oberst v. Bardeleben und nach dessen Versehung Oberstlieut. Zwirnemann Kommandeur. 2 Jahre später 1845 erhielt das Regiment nicht nur einen neuen Kommandeur, Oberstlieut. v. Wurmb, sondern auch einen Chef, Land graf Wilhelm v. Hessen. Seine Bezeichnung war nun : 2. Infan terie -Regiment genannt Landgraf Wilhelm. Im Jahr 1846 wurden nach Preußischem Muster für die Uni formen Waffenröcke, für die bisherigen Czako's Helme eingeführt, und sollten Säbel und Patrontasche nicht mehr an Koppeln um die Schulter, sondern an nur einem Koppel um den Leib getragen werden. Im folgenden Jahr (1847) wurde Oberstlieut. d'Orville Regi ments-Kommandeur. Das Jahr der politischen Unruhen (1848) war auch für das 2. Regiment ein sehr bewegtes. Kaum war am 24. Februar die Re volution in Paris ausgebrochen, als sich in Hanau ein aufrührerisches Treiben, wie fast in keiner andern Stadt Deutschlands bemerkbar + machte. Um diesem energisch entgegen treten zu können, wurde ein aus allen Waffengattungen bestehendes Truppenkorps unter dem Be-' fehl des Generalmajors Schirmer in Hanau eiligst zusammengezogen. Auch das 2. Regiment erhielt Marsch-Befehl und zwar das 2. Ba = taillon unter Maj . von Marschall zuerst am 2. März. Die In fanterie bedurfte indeß Zeit, sie mußte erst ihre Beurlaubten, meist aus entfernten Gegenden zum Dienst einziehen. Dennoch konnte das Bataillon schon am 7., im Ganzen 330 Mann stark, von Fulda ab gehen. Es wurde Morgens 4 Uhr auf 17 vierspännigen Leiterwagen nach Schlüchtern gefahren und marschirte von da nach Gelnhausen, wo es Nachmittags um 5 Uhr eintraf ; hatte also einen Weg von 74 Meilen, und fast desselben marschirend in 13 Stunden zurückgelegt. In den am folgenden Tage bezogenen Dörfern Langendiebach u . s. w. Die " wurden sogleich Feldwachen gegen Hanau hin aufgestellt. dem Bataillon noch fehlende Mannschaft kam binnen 3 Tagen voll zählig zum Dienſt ein. Auch bei'm 1. Bataillon waren am 9. März sämmtliche Beur Laubte eingetroffen. Nachdem dasselbe am 11. Nachmittags unter beständigem Regen- und Schneegestöber auf 35 requirirten Leiter 8*



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wagen bis Schlüchtern gefahren war, seßte es sich, befehligt von Oberstlieut. Osterwald, Abends um 9 Uhr in Marsch. Es hatte schon seit mehreren Tagen geregnet und die Chaussee war davon so erweicht, daß man überall bis über die Knöchel im Koth ging. Die aus ihren Ufern getretene Kinzig überschwemmte die Straße an meh reren Stellen bis zu mindestens 3 Fuß Höhe, so bei Schlüchtern, bei Niederzell und bei der Kinzigbrücke in der Nähe von Höchst. Die Ueberschwemmung bei Schlüchtern konnte zwar umgangen werden ; bei Niederzell marschirten 2 Kompagnien durch das Wasser, während auf eiligst herbeigeschafften Leiterwagen die andern beiden Kompa gnien hindurch gefahren wurden ; bei Höchst dagegen mußte das ganze Bataillon aufWagen über das Wasser geschafftwerden. Troß dieser wie derholten bedeutenden Aufenthalte, welche noch durch den Umstand ver längert wurden, daß das Bataillon geschlossen bleiben mußte, trog des ungewöhnlich kothigen, an noch einigen andern Stellen ganz unter Waffer gefeßten Weges ; troz des anhaltenden Regens der einen Jeden bis auf die Haut durchnäßte ; troß alledem gelang es dem Bataillon, den 4 Meilen weiten Weg von Schlüchtern nach Gelnhausen binnen 9 Stunden in der Art zurückzulegen, daß auch nicht ein Mann zu rückblieb, selbst derjenige nicht, welcher bei Schlüchtern, wo in der größten Dunkelheit die Wagen verlassen wurden, statt auf die Straße zu springen, in die reißende Kinzig sprang, aus der er nur mit Mühe herausgezogen werden konnte. Das Bataillon, nur aus jungen, wenig geübten Leuten bestehend, gab hiermit ein Beispiel von einem vor züglich ausgeführten Nachtmarsch, wie man ihn kaum von alten, kriegsgewohnten Truppen erwarten kann. Nach einigen Stunden Ruhe in Gelnhausen rückte das Bataillon bis Rothenbergen vor und blieb hier vorläufig stehen. Durch einige Zugeſtändnisse der Regierung hatten sich in Hanau indeß die Gemüther wieder beruhigt, wogegen an andern Orten der Provinz Ruhestörungen vorkamen und deshalb eine odermehrere Kompagnien da hin detaschirt werden mußten. So marſchirte am 16. März die 1. Kom pagnie nach Meerholz, wurde jedoch am 18. schon durch die 7. Kom An dem pagnie abgelöst und kam nach Hesseldorf und Weilers. leztern Tag marschirte die 4. Kompagnie nach Wächtersbach, die 2. und 3. nach Birstein. Am 19. und 20. kamen hierselbst die 5., 6. und 8. Kompagnie an, weil das ganze 1. Bataillon Befehl be kommen hatte, nach Fulda zurückzukehren. Auch das 2. Bataillon folgte ihm nach einigen Tagen nach und war das Regiment am 29. wieder vereinigt in Fulda. An demselben Tage gingen indeß die 1. und 2. Kompagnie unter Maj . v. Specht nach Wehrda ab, um das Eigenthum des Gutsbesizers v. Stein zu schüßen; am 2. April kam dieses Kommando jedoch wieder nach Fulda zurück. Für den zum 3. Regiment verseßten Oberstlieut. d'Orville wurde Oberst Spangenberg Kommandeur des Regiments . In Folge der im Großherzogthum Baden ausgebrochenen Auf stände wurde unter Gen.-Lieut. Bauer ein mobiles Korps Kurhessischer Truppen von allen Waffengattungen, wobei auch das 2. Regiment,

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im Kreise Hanau versammelt. Das Regiment trat mit Zurücklaffung der Rekruten, in der Stärke von 870 Mann, am 22. April seinen Marsch an und traf am 25. zu Bockenheim und in den nächsten Dörfern ein. Am folgenden Tage wurde es per Eisenbahn von Frank furt nach Heidelberg befördert. Mit offenen Armen empfingen die Bewohner der schönen Neckar - Stadt die Hessischen Soldaten, bei deren Erscheinen alle Aufwiegler verschwunden waren. Statt der Kämpfe, welche der Soldat erwartet hatte, empfingen ihn Feste, die ihm zu Ehren veranstaltet wurden. Gern hätte das Regiment noch einige Wochen hier zugebracht, aber schnell wie es per Bahn gekommen war, so mußte es am 19. Mai nach Frankfurt wieder zurück. Am 24. traf es in Fulda wieder ein. Nicht lange sollte sich aber das Regiment der Ruhe hier er freuen. Vorerst gingen zum Schuße der Behörden am 30. Mai 2 Kommando's ab, - das eine in der Stärke von 200 Mann nach Schmalkalden, das andere 50 Mann stark nach Burghaun. Das lettere kehrte schon am 21. Juni nach Fulda zurück. Unterdeß war Oberst Spangenberg General und Brigade-Kom mandeur geworden, während Oberstlieut. v . Bardeleben das Regiment erhalten hatte. Im August wurde abermals ein Hessisches Truppenkorps, aus den ungeraden Bataillonen der Regimenter Garde und der 3 In fanterie-Regimenter bestehend , unter dem Befehl des Generalmajors v. Specht in das Großherzogthum Baden entsendet. Die Kompagnien erhielten die Stärke von 4 Offizieren, 15 Unteroffizieren, 4 Spiel Leuten, 24 Gefreiten und 145 Soldaten, zu welcher Stärke sie durch Abgabe von Mannschaft der korrespondirenden Kompagnien von den zurückgebliebenen Bataillonen gebracht wurden. Das Marschba= taillon des 2. Regiments marschirte am 10. August von Fulda ab, und kam, mit Innehaltung eines Ruhetags in Darmstadt, am 19. an seinem Bestimmungsort, der Bundesfestung Rastatt an. Das Bataillon wurde in 2 Kasernen gelegt und versah in Gemeinschaft mit Badischen Truppen den Wachdienst in den zum Theil noch un vollendeten Festungswerken. Frankfurt, der Siz der National-Versammlung, war von Truppen gänzlich entblößt, während sich die Gemüther der hier in großer Menge zusammengeströmten Demokraten in einer Art erhißten, daß man jeden Tag gewaltsame Ausbrüche, selbst gegen die National Versammlung, erwarten mußte. Zum Schuße der lezteren hatte man das Marsch-Bataillon des 2. Regiments auserwählt, welches am 9. September ganz unerwartet mit der Eisenbahn von Rastatt nach Frankfurt befördert wurde. Bei der Besehung von 11 verschiedenen Wachen, bei den häufigen nächtlichen Allarmirungen hatte das Bataillon einen anstrengenden Dienst. Dabei fehlte es nicht an Versuchen der Demokraten, die Mannschaft des Bataillons für ihre Ideen zu gewinnen, welche indeß mit Verachtung zurückgewiesen wurden. Die Abstimmung der National- Versammlung am 16. September

1 118 über den Waffenstillstand mit Dänemark erregte die größte Unzu friedenheit ; doch gelang es dem Bataillon in der folgenden Nacht, die Volkshaufen, welche zu Taufenden angewachsen waren, ohne das geringste Blutvergießen zu zerstreuen. Indeß zeigte die Thätigkeit der politischen Vereine, daß eine Katastrophe beabsichtigt wurde, welche das Bataillon allein nicht zu bewältigen vermochte. Deshalb erklärte die Frankfurter Regierung sich außer Stand, das Parlament länger 4 zu schüßen und bat die Reichsgewalt um diesen Schuh . In Folge deffen trafen gegen 2 Uhr Nachts vom 17. auf den 18. September zuerst das 2. Bataillon des Oestreichischen Regiments Erzherzog #1 Rainer, und etwas später das 2. Bataillon des 38. Preußischen In fanterie-Regiments mit der Bahn von Mainz ein und beseßten vorerst den Götheplay und den Römer. Das Bataillon hatte am 18. , am Tage des Barrikaden CKampfes, folgende Punkte beseßt : den Bahnhof der Main-Neckar Bahn die 1. Kompagnie, den Hanauer Bahnhof die 4. und den der Taunus- Eisenbahn die 2. Kompagnie. Diese Kompagnien hatten die Instruktion, mit den Bahnen ankommende bewaffnete Zuzügler zu entwaffnen. Auf der Konstabler- Wache befand sich die 3. Kompagnie, und auf der Hauptwache waren 180 Mann aller Kompagnien. Unmittelbar am Kampfe betheiligt waren die Konstablerwache, wo sich Sergeant Fischer, Korp. Reiß und die Musketiere Schreiber und Wissemann durch ihre Entschlossenheit besonders hervorthaten, — und eine Abtheilung von 30 Mann unter Sec.-Lieut. v . Lengerfe, welche von der Hauptwache aus abgeschickt wurde, um die Konſtabler wache, die sich bereits im Gefecht befand, zu unterſtüßen. Lieut. v. Lengerke rückte im Laufschritt vor, an dem Preußischen Bataillon des 38. Regiments, welches sich längs der Häuserreihe an der Südseite 1 der Zeil in Linie aufgestellt hatte, vorüber bis zur Mündung der 1 schlimmen Mauergasse. Lieut. v. Lengerke befand sich hier in einer fritischen Lage. Die Konstablerwache, für welche übrigens keine be sondere Gefahr sichtbar war, konnte er ohne zahlreiche Opfer nicht erreichen, und zurück wollte er nicht, wurde aber von den Barrikaden an der Allerheiligen-Gasse und am Türkenschuß und gleichzeitig im T Rücken aus der schlimmen Mauergasse beschossen. Zum Glück gelang es ihm , unter Hülfeleistung des in Civil anwesenden Preußischen Prem.-Lieut. Bock in ein Haus einzudringen, in dem er die Fenster besezte und von hier aus die erwähnten Barrikaden kräftig beschoß. Nach der um 15 Uhr Nachmittags eingetretenen Waffenruhe vereinigte fich Lieut. v. Lengerke mit der Konstablerwache. Verwundet wurden von seinem Detaschement Korp . Knoth und Musk. Schrimpf. Auch auf der Konstablerwache waren mehrere Verwundungen vorgekommen (Sergt. Fischer, Musk. Dörfler). Das brave Verhalten des Bataillons fond Anerkennung nicht nur im Allgemeinen durch verschiedene Dank sagende Schreiben und Dank adressen, welche an sämmtliche Offiziere und Unteroffiziere, sowie an einen großen Theil der Mannschaft vertheilt wurden, sondern auch insbesondere durch Verleihung des Militair-Verdienstkreuzes an den

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Sergt. Fischer, die Korporale Reiß und Behrens, den Gefreiten Maurer und an die Musketiere Wissemann und Schreiber. Der Aufenthalt des Bataillons in Frankfurt dauerte noch bis zum 24. Oktober, un welchem Tage es seinen Rückmarsch nach Fulda antrat, woselbst es am 27. ankam. Am 7. November ging eine Verstärkung von 100 Mann unter Maj. v. Specht nach Schmalkalden ab, während am 2. Dezember ein Forstschuh-Kommando von 80 Mann nach Birstein entsendet wurde. Noch war in diesem Jahr eine Formations - Veränderung in der Art eingetreten, daß bei jedem Infanterie-Regiment ein Landwehr Bataillon zu 4 Kompagnien errichtet wurde. Mitte Februar 1849 kehrte das Kommando zu Schmalkalden nach Fulda zurück. An dem diesjährigen Feldzuge gegen Dänemark sollten sich, außer Kavallerie und Artillerie, 4 Hessische Bataillone betheiligen, wozu auch das 2. Bataillon des 2. Infanterie - Regiments gehörte. Da´deffen Stärke, ohne die Nichtstreitbaren, zu 799 Mann bestimmt war, so wurden durch eine außerordentliche Aushebung nicht nur 80 und einige Rekruten per Kompagnie eingestellt, sondern auch der größere Theil der Reserve-Mannschaft zum Dienst einberufen. Es fehlten noch nahe an 200 der Beurlaubten, als das Bataillon unter seinem Kommandeur, Maj. v . Specht, am 14. März von Fulda ab marschirte. Die Bekleidung war neu, und hatte deshalb das Bataillon ein ganz gutes Aussehen, wenn auch Säbel und Patrontasche noch an breiten Koppeln über die Schultern getragen wurden ; unter den 471 ausmarschirenden Soldaten waren jedoch 325 Rekruten, welche erst 4 Wochen lang exerziert hatten und deshalb in der Ausbildung noch sehr zurück waren. Sie konnten nothdürftig im Tritt marſchiren ; die Chargirung und die nothwendigsten Griffe waren ihnen beige bracht; jeder Mann hatte 10 Exerzier-Patronen verfeuert und nur eine Kompagnie, die 8., einige scharfe Patronen nach der Scheibe verschossen. Im Felddienst beschränkte sich die ganze Ausbildung darauf, daß die 5., 6. und 7. Kompagnie einmal ausgerückt waren und im Terrain eine praktische Uebung vorgenommen hatten. Eine zweitägige Ruhe bei Kaffel, wohin das Bataillon von Bebra aus mit der Eisenbahn gefahren war, wurde u. A. zum Scheibenschießen benust, so daß jeder Mann wenigstens 10 Patronen nach der Scheibe verfeuert hatte. Auch von Kassel nach Karlshafen wurde das Ba taillon mit der Bahn befördert. Von lezterem Ört marschirte es in drei Tagen nach Hildesheim und gelangte dann, abermals mittelst Eisenbahn, am 23. März_nach Harburg. Am folgenden Tag paſſirte das Bataillon auf zwei Dampfschiffen die Elbe, fuhr am 24. mit der Eisenbahn nach Rendsburg und marschirte am 25. nach Schleswig . Der Oberbefehlshaber, Gen.- Lieut. v. Prittwiß, theilte hier die Armee, mit Ausnahme der Schleswig-Holsteiner, in 3 Divisionen. Zu der 1., in und um Schleswig stehenden Division, welche der Bairische Gen.-Lieut. Prinz von Sachsen- Altenburg kommandirte, gehörte das Bataillon. Dasselbe bekam durch das Eintreffen von nahe

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an 200 Reservisten am 27. seine volle Stärke und dadurch zugleich mehr Ansehen und Halt. Tags zuvor war der Waffenstillstand ab gelaufen und wurden nun dicht um die Stadt Feldwachen ausgestellt. Am 1. April verließ das Bataillon mit der von Gen.-Maj. Spangenberg befehligten Brigade Schleswig und rückte zur Beseßung der Wachen und zum Schuße des Hafens und der Batterien am 3. um 9 Uhr Abends, in Flensburg ein. Der Oberbefehlshaber, welcher sich daselbst befand, lobte das schnelle und geordnete Einrücken des Bataillons, sowie dessen Haltung und Geist. Bald sollte sich derselbe dem Feinde gegenüber bethätigen. Als nämlich am 6. April 2 Kom pagnien des Bataillons eine Stellung vorwärts Gravenstein inne hatten, während die beiden andern Komgagnien Alnör besezt hielten, bekam die 5. Kompagnie (Hauptmann Ritter), gleichzeitig mit dem Bataillon Altenburg Befehl, über Azbüll vorzugehen, um die Ab sichten des Feindes zu erforschen. Bis zur Nübelmühle vorgedrungen, sahen sich beide Truppen-Abtheilungen genöthigt, den Rückzug anzu= treten, weil sie an dem Geschüßfeuer in ihrer linken Flanke und im Rücken hörten, daß die Hannoversche Brigade schon früher_zurück gegangen war. Die vorgedachte 5. Kompagnie, welche sich etwas später zurückzog, hatte kaum ein Gehölz vor Azbüll passirt, als der Feind, welcher durch dieses gedeckt, rasch gefolgt, den Tirailleurzug dieser Kompagnie auf freiem Felde in Front und Flanke heftig angriff. Da die Tirailleure vom Bataillon Altenburg nicht völlig Verbindung erhalten, indem sie bei'm Rückmarsch wohl einige 100 Schritt Abstand gewonnen, so sah sich hierdurch hauptsächlich der vorgenannte Ti railleurzug genöthigt, um nicht abgeschnitten zu werden, oder der Uebermacht zu erliegen, den Rückzug zu beschleunigen, der jedoch fech tend und ohne allen Verlust angetreten wurde. Nach Wiederher stellung der Verbindung mit dem Bataillon Altenburg, nahm man vorwärts Azbüll Stellung, worauf der Feind nicht allein von seinem Angriff abstand , sondern sich auch wieder nach Satrup zurückzog. Am 9. April rückte das ganze Bataillon in die Stellung der 5. Kom pagnie und am 11. bis Nübel vor. Hier stand das Bataillon noch in der Nacht vom 12. zum 13. April, als um 2 Uhr Morgens 5 Bataillone Baiern mit lautloser Stille vorüber marschirten, um die Düppeler Höhen mit ihren Verschanzungen zu erstürmen. Es gelang ihnen ohne große Anstrengung, und verfolgten sie die fliehenden Dänen bis nahe vor den Brückenkopf von Sonderburg . Das Bataillon folgte den Baiern bald nach und nahm vorläufig jenseits Willebüll, nahe am Venningbond eine verdeckte Stellung ; um 5 Uhr erhielt es jedoch Befehl zum Vorrücken, um links der Son derburger Straße ein Bairisches Bataillon abzulösen. Kurz vor dem Eintritt in die Gefechtslinie fuhr nahe vor dem Bataillon eine Bairische 12pfünder Batterie auf, in deren leztes Geschüß eine 84pfündige Bombe von der nördlich von Sonderburg liegenden Strand batterie einschlug und den Stangenreiter nebst einem Pferd tödtete, ein Ereigniß, welches keinen angenehmen Anblick gewährte und auf die junge Mannschaft des Bataillons keinen guten Eindruck machte.

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Dennoch benahm sich dieselbe, als sie kurz darauf in das Gefecht selbst thätig eingriff, so gut, wie man es kaum von alten Leuten erwarten fonnte. Zunächst wurden die Züge aus dem 3. Gliede der 5. und 6. Kompagnie (unter den Lieutenants von Bischofshausen und Sunkel) als Tirailleure vorgeschickt. Nachdem sie die Dänischen Plänkler hinter einem vorliegenden Erdwall (Knick) vertrieben hatten, bemerkten sie ________ einige verwundete Soldaten es waren deren vier, — weche nach Hülfe winkend, über 200 Schritt vor der Tirailleurlinie lagen. Der Gefreite Keil, sowie die Musketiere Preiß und Rohrbach schlichen sich zuerst unaufgefordert vor, um zu entdecken, ob die Verwundeten feind liche oder diesseitige Soldaten waren. Nachdem sich die genannten Leute überzeugt hatten, daß es Baiern waren, und einen derselben, geschüßt gegen die feindlichen Kugeln, hinter eine Hecke gelegt hatten, gingen jene wieder zurück, um mehr Mannschaft zu Hülfe zu rufen. Die Korporale Sippel, Riedel II und Degenhardt, sowie eine Anzahl Soldaten, worunter natürlich die obengenannten, überſtiegen nun den ſchüßenden Knick und eilten nach der Stelle hin, wo die schwer ver wundeten Baiern lagen. Obschon sie hierbei nicht nur eine Strecke weit im Schußfelde einer Strandbatterie auf Alsen, eine ziemlich offene Stelle zu passiren hatten, sondern auch die gegenüber stehenden Dänischen Schüßen, welche dieses rasche Vorgehen für einen Angriffs versuch halten mochten, ein heftiges Flintenfeuer auf sie richteten, so gelang es ihnen doch, jene Unglücklichen sammt deren Waffen und Gepäck pünktlich zurückzubringen, ohne daß mit Ausnahme eines Mannes, der einen Prellschuß bekam - einer von ihnen verlegt worden wäre. Nicht lange vorher war es einigen andern Leuten der 6. Kom pagnie gelungen, einen königlich Sächsischen Offizier, Lieut. v. Liebe nau, zu retten. Sie fanden ihn schwer verwundet und hülflos hinter einem Knicke, legten ihn nach Anordnung des Lieut. Sunkel auf 2 Gewehre und trugen ihn zu seinem einige 100 Schritt rückwärts stehenden Bataillon, worauf sie sogleich wieder in die Tirailleur linie zurück eilten. Uebrigens gingen die jungen Soldaten, von ihren Offizieren dazu angehalten, so sparsam mit ihrer Munition um, es hatte -jeder Mann 60 Patronen, daß sie 8 Stunden lang im Gefecht aushalten konnten . Nachmittags um 2 Uhr mußte endlich eine Ab lösung stattfinden, welche die Dänen sogleich zu einem Angriff be nußten. Den Knick, den sie dabei besezt hatten, wurde von den beiden ablösenden Zügen gleich im ersten Anlauf genommen . Erst die Nacht machte dem Tirailleurgefecht ein Ende. Der Verlust des Bataillons in diesem Gefecht bestand aus 17 Verwundeten, von welchen 3 bald ihren Wunden erlagen. Von den beiden leicht verwundeten Offizieren, Hauptm. Duncker und Sec. -Lieut. v. Lengerke, kehrte der lettere bald in das Gefecht zurück. Der Oberbefehlshaber ertheilte dem Bataillon wegen seiner guten Haltung während des Gefechts ein Lob. Dies sollte indeß nicht die einzige Auszeichnung bleiben. Der Kommandeur, Maj . v . Specht,

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erhielt das Ritterkreuz des Hausordens vom goldenen Löwen, welches später auch noch dem Hauptm. Duncker und den Sec. -Lieutenants Sunkel und v. Lengerke zuerkannt wurde ; die Korporale Riedel II, Sippel und Degenhardt, sowie der Musk. Rohrbach wurden mit dem silbernen Verdienstkreuz und mit der Bairischen Verdienstmedaille ausgezeichnet. Außerdem erhielten noch 1 Unteroffizier und 20 Soldaten ein öffentliches Lob. Am 14. April kam das Bataillon nach Wester-Düppel und blieb daselbst bis zum 3. Mai, kam jedoch anfangs jeden 4., später jeden 3. Tag auf den Düppeler Höhen auf Vorposten. Außerdem wurde die Mannschaft des Bataillons zu Schanzarbeiten verwendet. Nach einer sehr kalten Nacht vom 2. zum 3. Mai trat das Ba taillon nach 12 Uhr Mittags bei großer Hiße seinen Marsch nach Norden an, und gelangte nach 5 kleinen Tagemärschen am 7. nach Tystrupp, sowie nach Klein- und Groß-Anslet, woselbst die 5. und 6. Kompagnie die Küstenbewachung zu übernehmen hatten. Hier traf auch Oberst d'Orville ein, unter dessen Kommando das Bataillon des 2. Regiments und das Schüßen-Bataillon gestellt worden waren. Am 13. Mai marschirte das Bataillon nach Kolding und bildete daselbst eine Pionier- Abtheilung aus 1 Unteroffizier und 16 Mann bestehend. Der Aufenthalt hier dauerte bis zum 21., an welchem Tage das Bataillon nach Veile abmarschirte. Hier hatte dasselbe durch Wachen und Patrouillen einen sehr anstrengenden Dienst. Nach der für die Schleswig -Holsteiner so unglücklichen Schlacht bei Friedericia nahm das Bataillon am 9. Juli eine Stellung bei Hoilstedt-Krug, aus der es am 12. nach Pjedstedt vorrückte. Schon am 16. wurde zwischen den beiden Vorposten-Kommandanten ein 5 tägiger durch die beiderseitig höchst Kommandirenden genehmigter Waffenstillstand abgeschlossen, dem am 22. die Verkündigung des Friedensabschlusses folgte. Der Rückmarsch, welcher am 24. Juli von Pjedstedt aus ange treten wurde, geschah längs der Westküste Schleswig's und Holstein's, und langte das Bataillon am 11. August in Altona an. Am fol genden Tage wurde die Bahn von Harburg nach Hildesheim benußt, von wo aus das Bataillon über Ahlfeld , Einbeck, Northeim, Göt tingen, Wizenhausen, Eschwege, Sontra, Hersfeld und Hünfeld nach Fulda marschirte. Am 25. August traf es daselbst ein. Schon an der Landesgrenze wurde das Bataillon an einer hierzu errichteten Ehrenpforte von einer Deputation empfangen, und über boten sich von hier an Städte wie Dörfer an Festlichkeiten, die sie den zurückkehrenden vaterländischen Kriegern zu Ehren veranstalteten. Am 11. Mai marschirte eine mobile Kolonne, bestehend aus der 3. und 4. Kompagnie, nach Hersfeld ab, schloß sich aber den beiden andern Kompagnien des 1. Bataillons an, welche am 18. Mai von Fulda abmarschirt waren, um, zum Ersaß einer von Kassel in das Waldeckische abgegangenen mobilen Kolonne, in der Nähe Kaffel's Kantonirungsquartiere zu beziehen. Die Rekruten blieben vorläufig in Fulda zurück, wurden aber, nach der vollendeten Ausbildung dem

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Bataillon nachgeführt. Der Marsch derselben nach Kassel geschah bei einer ganz ungewöhnlichen Hige, in Folge deren 7 Mann den Tod fanden. Nachdem die 1. Kompagnie nach Ziegenhain detaſchirt, und die 2. Kompagnie nach Fulda vorausgegangen war, folgten die 3. und 4. Kompagnie am 5. August ebenfalls dahin nach, und kehrte auch die 1. Kompagnie nach Fulda wieder zurück. Indeß marschirte das ganze Bataillon Ende August's in die Provinz Hanau ab, und blieb daselbst bis zum Monat Dezember. Der unglückliche Verfassungsstreit im Jahre 1850 , wodurch sämmt liche Offiziere des Regiments genöthigt worden waren, ihren Abschied einzureichen, den sie indeß nicht erhielten, war die Ursache, daß das Regiment im Oktober d . I. nebst dem ganzen Kurhessischen Armee korps in das Hanauische verlegt wurde, von wo es jedoch schon im Januar 1851 nach Fulda zurückkehrte. In demselben Jahre wurde für den zum Kommandanten von Marburg ernannten Oberst v. Bar deleben Oberstlieut. v . Specht Regiments-Kommandeur. Im Frühjahr 1853 marschirte das 2. Bataillon unter Kom mando des Oberstlieut. Wegner nach Marburg, welche Stadt das ge nannte Bataillon nach einigen Wochen als Garnison angewieſen erhielt. Am 27. April 1854 wurden die bis dahin bestandenen Land wehrbataillone aufgelöst, und trat die Mannschaft derselben zu den Kompagnien zurück, in welchen sie früher gestanden hatte. In diesem Jahr bekam das Regiment nach einander 3 verschiedene Regiments Kommandeure, erst den Oberst Osterwald, dann den Oberstlieut. Frei herr Spiegel von und zu Peckelsheim und endlich den Oberstlieut. Wegner. Als im darauf folgenden Jahr (1855) zufolge Anordnung des Deutschen Bundes , das Kurfürstliche Hauptkontingent in der Stärke von 6625 Kombattanten in Kriegsbereitschaft versezt wurde, zog auch das 2. Infanterie - Regiment Ende Februar seine Beurlaubten und die Reserve-Mannschaft ein. Zwar kam es nicht zum Ausmarsch, doch wurde jene Bereitschaft erst im Juni 1856 aufgehoben. In dieſem leztern vereinigten sich sämmtliche Hessischen Truppen im Monat September zu einem großen Manöver bei Kaffel, nach welchem für das Regiment ein Garnisonswechsel eintrat, indem seine Bataillone nicht nach Fulda und Marburg zurückkehrten, sondern beide nach Hanau kamen. Sie wurden mit der Main-Weserbahn nach Nieder wöllstadt befördert und marschirten von da in ihre neue Garnison. Das Regiments -Kommando ging im Jahre 1858 von dem Oberst Wegner, welcher zum Kommandanten von Hanau ernannt worden war, auf den Oberstlieut. von Schenck zu Schweinsberg über. Auch wurden in diesem Jahr die Minie- Gewehre eingeführt, deren vor läufig jede Kompagnie nur einige erhielt, mit denen die Unteroffi ziere nach der Scheibe schossen. Für die volle Dienſtſtärke erhielt das Regiment diese Gewehre erst im Jahr 1860, nahin sie aber nicht in den Dienstgebrauch, sondern schoß mit ihnen nur nachder Scheibe. Die Einführung von Zündnadelgewehren mit brünirten Läufen

124 3fand erst im Jahr 1863 statt ; aber auch mit diesen wurde nur nach der Scheibe geschossen. Diese Gewehre hatten mit den Preußischen Zündnadelgewehren gleiches Kaliber, während das Kaliber der Ge schosse sehr bedeutend geringer war. In demselben Jahr übernahm für den versezten Oberst v. Schenck der Oberst v. Ende das Regi ments-Kommando, und wurde dieser lettere 1864 durch den Oberst= lieut. v. Osterhausen, den lezten Kurhessischen Regiments-Komman deur erseßt . Während des 182jährigen Bestehens des Regiments hatte das selbe mannigfache Veränderungen in Betreff seiner Formation, des Namens, der Bekleidung und Ausrüstung, der Bewaffnung erlebt, die größte Veränderung trat im Jahr 1866 ein, wenu auch weniger in der äußern Erscheinung, denn diese blieb fast dieselbe, nur der Hessische Löwe am Helm verwandelte sich in den Preußischen Adler, das Roth der Kokarde in Schwarz. Aus dem Kurhessischen 2. In fanterie-Regiment wurde das Königlich Preußische Infanterie- Regi ment Nr. 82, eine Umwandlung, welche mancher Kurhessische Offi zier schon seit Jahren nicht nur geahndet, sondern auch gewünscht hatte. In alle den zahlreichenkämpfen, welche das Regiment bis dahin bestanden hatte, war es nie als Gegner Preußens aufgetreten. Seine verschiedenen Kriegsherren hatten sich mit ihrer kleinen Truppenmacht, wenn es galt eine Partei zu ergreifen, stets auf die Seite Preußens gestellt, wie es ja auch die geographische Lage des Landes nicht anders er laubte. Das Regiment speciell kämpfte mit Preußischen Truppen gemein schaftlich 1685 und 1686 in Ungarn gegen die Türken, 1689 bei der Belagerung von Bonn, 1691 gegen die Franzosen am Mittelrhein, 1695 bei der Belagerung von Namur; ferner in einigen Hauptschlachten und bei vielen Belagerungen des Spanischen Erbfolgekriegs, und zwar 1702 bei der Belagerung von Kaiserswerth, 1703 desgleichen von Bonn, 1704 in der Schlacht bei Hochstädt, 1706 in der Schlacht bei Ramellies und bei der Belagerung von Menin, 1708 bei der berühmten Belagerung von Lille und in der Schlacht bei Oudenarde, 1709 in der Schlacht bei Malplaquet und endlich 1712 bei der Be lagerung von Quesnoy. Der nächste gemeinschaftliche Kampf war abermals gegen die Franzosen und zwar 1735 am Rhein. In dem 7jährigen Kriege gehörten die Heffen zu den wenigen, aber treuen Bundesgenossen Friedrichs des Großen, unsere Stamm-Regimenter kämpften in allen größeren Schlachten, in unzähligen Gefechten auf dem westlichen Kriegsschauplay, öfters an der Seite Preußischer Truppen, welche nur selten ganz hier fehlten. Die Einnahme von Frankfurt a. M. 1792 , bei welcher auch das damalige Regiment von Kospoth betheiligt war, geschah in Gemeinschaft mit einigen Preußischen Truppen und unter den Augen ihres Königs. 1814 gehörte das Hessische Korps und mit ihm das Regiment zum Blücher'schen Armee Korps. 1815 stand es anfangs unter den unmittelbaren Befehlen des Generals von Kleist, und nach dessen Rücktritt, unter General von Hake. Im Jahre 1848 endlich bei dem Barrikadenkampfe in Frankfurt a. M. fand das 1. Bataillon des Regiments kräftige Un

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terstützung durch Preußische Truppen, während 1849 in dem Kriege gegen Dänemark das 2. Bataillon zum lezten Male das Glück hatte, unter den Befehlen eines Preußischen Generals und in Gemeinschaft mit Preußischen Truppen dem Feinde gegenüber zu stehen. Vor Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Oestreich und Preußen im Jahre 1866 hatte sich auch die Hessische Regierung zu entscheiden, für welchen der beiden Staaten sie Partei ergreifen wollte. Die geographische Lage des Landes allein hätte für ihre Entschließungen maßgebend sein sollen ; aber weder auf jene, noch die geschichtlichen Erinnerungen achtend, weigerte sich die Regierung entschieden, in ein Bündniß mit Preußen einzutreten. Es war dies am 15. Juni, der Tag der Entscheidung über das Schicksal Kurhessens und seiner Truppen. Die politischen Ereignisse als bekannt voraussehend , werden die ſelben nur in soweit berührt, als es nothwendig erscheint und als sie auf die Geschichte unseres Regiments speciell Bezug haben. Das in Hanau garnisonirende 2. Regiment hatte, wie alle In fanterie-Regimenter, einschließlich der Offiziere, 103 Mann per Kom pagnie im Dienst, doch trafen die einbeorderten Beurlaubten, resp . Reservisten so zahlreich ein, daß am 22. Juni, an welchem Tage der mit dem Kommando der Armee- Division beauftragte General-Major von Loßberg mit allen übrigen Kurhessischen Truppen in und bei Hanau ankam, die Bataillone des Regiments fast schon komplett, in wenigen Tagen aber zu der befohlenen Stärke von 803 Köpfe ge= langt waren. An demselben Tage wurde, in Folge Bundesbeschlusses , die Kurhessische Armee- Division dem Oberbefehlshaber des 8. Deutschen Armee-Korps unterstellt, um im Verein mit diesem zur Befreiung seines Kriegsherrn und Landes mitzuwirken. Daß dieses unausführbar war, lag an dem geringen Grade der Schlagfertigkeit der Armee-Division, welcher außer manchem Andern vor allen Dingen die Munition für Infanterie und Artillerie, und auch die Möglichkeit fehlte, dieselbe für erstere in nächster Zeit zu ersehen. Bei dem sehr eiligen Abzug der Truppen aus Kassel war nicht nur ein Theil der nicht in allzu großer Menge angefertigten Munition zurückgeblieben, sondern hatte man auch die Fabrikations Apparate für die Zündnadel-Munition dort gelassen. Bei gleich mäßiger Vertheilung der mitgebrachten und vorhandenen Munition kamen auf jedes Gewehr nur 63 Patronen, ein Quantum, welches für einen Gefechtstag vielleicht hinreichend sein konnte. Erst später in Mainz wurde, durch die daselbst vorgefundene Munition, welche mit der unsrigen gleiches Kaliber hatte, die Zahl der Patronen aúf 90 per Gewehr ergänzt. Schon am 29. Juni erhielt Gen. von Loßberg von dem Korps Kommandeur, Prinzen Alexander, den Befehl, mit der Division nach Mainz abzurücken, dort deren Ausrüstung zu bewirken und während dieser Zeit zur Verfügung des Gouvernements der Bundesfestung Mainz zu stehen. Der Abmarsch erfolgte in den nächsten Tagen, und wurde speciell das 2. Bataillon 2. Regiments am 2. Juli, das 1. Bataillon am 8. per Bahn nach Mainz befördert. Das lezt ge= 1

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gewordene Abberufung der badischen Festungs-Artillerie veranlaßte den Gen. von Loßberg zu dem Entschluß, einen Offizier an Seine Königliche Hoheit den Kurfürften abzusenden, um die Lage der Kur hessischen Armée- Division für den Fall vorzustellen, daß die Besazung von Mainz nur noch aus dem Kurhessischen Kontingent bestände. Die Auflösung des Deutschen Bundes, die durch die öffentlichen Blätter bekannt gewordene Vorlage der Königlich Preußischen Re gierung an die Kammern, wegen Annektirung 1. von Hannover, Kur Hessen und Nassau veränderte die Lage der Kurheſſiſchen Diviſion. Der Gen. von Loßberg betrachtete sich von nun an als unter Preußi schem Befehl gestellt und schickte am 19. August den Major Darapsky mit dieser Versicherung an den General-Lieutenant von Göben nach Frankfurt a M., nachdem er Tags zuvor den Oberstlieut. von Bischofs hausen an Seine Majestät, den König von Preußen abgesandt hatte. In Folge dieser Sendungen erhielt Gen. v. Loßberg den Befehl, mit seinen Truppen in die früheren Garnisonen zurückzukehren. Während das Regiment Leibgarde und die Division Garde du Corps bereits am 26. August Mainz verlassen hatten, erfolgte der Abmarsch aller übrigen Truppen am 27. August. Das 2. Regiment marschirte an demselben Tage bis Höchst und am folgenden in seine Garnison Hanau zurück, wo es, auf Befehl des Königlich Preußischen General-Gouverneurs von Kurheffen, die im Dienſt befindlichen Re servisten und Trainsoldaten sogleich, die übrigen Mannschaften bis auf sämmtliche Unteroffiziere und 10 Mann per Kompagnie am 1. September in die Heimath beurlaubte. Noch an demselben Tage ging vom General- Gouverneur per Telegramm der Befehl an den Kommandeur des Regiments ein, sämmtliche Cadres des Regiments in der summarischen Stärke von ca. 40 Offizieren und 200 Mann per Bahn über Frankfurt aM. nach Wabern und von dort per Fußmarsch nach Frizlar abrücken zu laffen, welcher Ort bis auf Weiteres dem Regiment als Garnison über wiesen werde. Dieser Befehl kam am 4. September zur Ausführung. Nachdem der von Seiner Majestät dem Könige von Preußen in besonderer Mission an die einzelnen Kurhessischen Regimenter und Korps abgesandte Rittmeister von Gilsa von den Garde-Husaren am 9. September in Kassel angekommen war, überbrachte er einige Tage später auch dem 2. Regiment die Königliche Botschaft, dahin lautend, „daß Seine Majestät Allerhöchst Ihr besonderes Wohlgefallen den Kurhessischen Truppen ausdrücken laffe und die Versicherung ertheile, die Kurhessischen Regimenter in ihren Stämmen zu erhalten, auch

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nannte Bataillon hatte zum Schuße der Kurhessischen Kriegs - Ver waltung so lange in Hanau verbleiben müssen. Der fortwährende Mangel an Geld bei der Division und ein sehr anstrengender Festungsdienst waren der Mobilisirung nicht sehr förderlich; überhaupt wurde die Lage der Kurhessischen Truppen, in Folge der großartigen kriegerischen Ereignisse, welche nach und nach die Abberufung der anderen Truppen-Kontingente aus der Festung bedingten, von Tag zu Tag peinlicher. Die am 2. August bekannt

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die Kurhessischen Offiziere, soweit als thunlich, bei denselben be laffen werde." Am 22. September kam Gen.-Maj. von Loßberg nach Frizlar, um dem Regiment eine Ansprache Seiner Königlichen Hoheit des Kurfürsten an seine Truppen zu publiciren.*) Dieselbe enthielt die Entbindung der Truppen von dem ihrem Kriegsherrn geleisteten Fahnen- Eid. Die bisherigen Divisions- und Brigade-Verbände wurden am 8. Oktober aufgehoben und traten die Truppen unter den unmittel baren Befehl des Königlich Preußischen Kommandos der Truppen in Heffen. Die Offiziere legten die Preußische Kokarde sofort an; die übrigen Uniforms-Abzeichen, wie z . B. Helmschilde, Rockkragen, Port epees, Schärpen 2c., konnten so lange fortgetragen werden, bis die nahe bevorstehende Reorganisation der Truppen ins Leben getreten sei. Am 19. Oktober fand die Beeidigung der Offiziere und Mann schaften des Regiments statt, und am 21. kam die Nachricht von dem Erlasse der Allerhöchsten Kabinets Ordre nach Frizlar, wonach die Stabsoffiziere des Regiments, einige Hauptleute und Lieutenants mit Pension zur Disposition gestellt, einige Offiziere zu altpreußischen Regimentern versezt wurden und der Rest der Offiziere die Hälfte des ganzen Offizier-Korps -in dem neu zu organisirenden In · fanterie-Regiment Nr. 82 verblieben.**)

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*) Die Ansprache lautete : "1 Generale, Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten Meiner Armee- Division. Der schwerste Augenblick Meines Lebens tritt an Mich heran. Die Gewalt der welterschütternden Ereignisse macht es zur gebieteriſchen . Nothwendigkeit. daß ich als Euer Kriegsherr von Euch scheide. --- Wie schwer es Mir wird , Mich dieser Nothwendigkeit zu fügen, das fühlt ein Jeder von Euch, und nur der Gedanke, daß unter den eingetretenen Umständen Mein Entschluß zu Eurem Wohl gereichen wird, hat mich dazu bewegen können . Für Euer Wohl zu sorgen, war ja stets Mein unausgesettes Bestreben. Nehmt Meinen innigsten Dank für die Mir geleisteten treuen Dienste. Verlasset auch fortan nie die Bahn der Ehre und des Ruhmes, bleibt treu in * gewissenhafter Erfüllung Eurer Pflichten und ſeid eingedenk der glorreichen viel bundertjährigen Geschichte_Eurer Vorfahren. Und so entbinde ich Euch von dem Mir als Euren Kriegsherrn geleisteten Fahnen-Eide. Gott schüße Euch und Mein theures Heſſen. Gegeben zu Stettin, am 17. September 1866. gez. Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Hessen." **) Bei der stattfindenden Beeidigung befanden sich noch folgende Offiziere bei'm Regiment : 1. Kommandeur : Oberst von Osterhausen, wurde mit Pension zur Dispo- ſition gestellt. 2. Oberstlieut. Bode, desgl . mit Charakter als Oberst. 3. Maj. v. Baumbach, desgl. mit Charakter als Oberstlieut. 4. " von Lepel, desgl. 5. Hauptm . Dunder, desgl. mit Charakter als Major. 6. " " von Baumbach, desgl. " 7. Sunkel, dem Instr.-Reg. Nr. 82 aggregirt . " 8. " Reg. Nr. 82 . von Marschall Inftr .9. " 10. von Diemar , mit Pension zur Disposition gestellt, mit dem Charakter als Major. 11. " Robert, dem Inftr. Reg. Nr. 82 aggregirt.

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So schmerzlich es war, so viele brave Offiziere vom Regiment scheiden zu sehen, so war es für die zurückgebliebenen Offiziere noch bei Weitem schmerzlicher, sich von ihren Fahnen trennen zu müssen, welche am 9. November durch den Sec.-Lieut. Runkel und die beiden Fahnenträger an den General-Gouverneur zu Kaffel abgeliefert wurden. Das neu eingesetzte General-Kommando machte bekannt, daß zu folge Allerhöchster Kabinets -Ordre vom 30. Oktober sämmtliche Re fruten des diesjährigen Ersaßes , welche bereits bei den ehemaligen Hessischen Regimentern eingestellt oder für dieses Jahr zur Einstellung bestimmt waren, zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht herangezogen würden, so daß die bei den Truppen befindlichen Mannschaften dieser Kategorie, also auch bei den neuen Regimentern zu verbleiben hätten, und die jenigen, welche schon entlassen oder noch nicht zur Einstellung gelangt wären, auf den 23. November einzubeordern seien. Die älteren Mann schaften der aufgelösten Truppentheile würden zur Reserve übertreten, insofern sie nicht freiwillig verbleiben wollten oder Kapitulanten seien. Das neu zu organisirende Regiment Nr. 82 sollte Hanau wieder zur Garnison erhalten und wurden die Cadres am 10. November mit der Eisenbahn von Wabern aus dahin zurückbefördert. Man hörte bei dem kurzen Marsche nach der Bahn- Station, bei der Fahrt selbst keine lauten Freuden-Ausbrüche, wie sie sonst den Hessischen Soldaten auf dem Marsche eigen waren, aber in allen ohne Ausnahme herrschte gewiß der feste Wille vor, eingedenk der glorreichen Geschichte ihrer Vorfahren ―――― in derselben tüchtigen Mannesweise das Vertrauen zu rechtfertigen, welches nunmehr das große Vaterland und ſein erhabener Schirmherr in ſie ſezte.

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12. Prem.-Lieut. Wagner, mit Pension zur Disposition gestellt. 13. " Frank, zum Rhein. Inftr.-Reg. Nr. 65 versezt. 14. " -egt. Nr. 82. von Roques Inftr. R 15. " 16. " Runkel, zum Inftr.-Regt. Nr. 74 versett. Nr. 83 17. " Pempel, " " " 18. " Laßmann, Inftr.-Regt. Nr. 82. 19. "I Rock, zum Instr.-Reg. Nr. 79 verseßt. 20. "" von Loßberg ) ) Inftr.-Regt. Nr. 82. 21. Busch " 22. Second-Lieut. Schmidt, als Prem.-Lieut. zum Inftr.-Regt. Nr. 79 verſeßt. Böricker 23. " als Prem . Lieutenants im Inftr.-Regt. Nr. 82. 24. " Meblbu 25. rger "1 Brandau 26. Inftr.Reg. Nr. 82. " 27. von Sturmfeder " 28. von Kaltenborn, mit Pension zur Disposition gestellt. " 29. von Borck, zum Inftr .-Regt. Nr. 86 verseßt. "" 30. Runkel, Instr .-Regt. Nr. 82. " 31. Schäffer, zum Inftr.-Regt. Nr. 86 versezt. " von Humbert, Inftr.-Regt. Nr. 82 . 33. gestellt . von Uslar-Gleichen, mit Pension_zur Dispositi " von Lengerke, zum Inftr.-Regt. Nr. 75 verseßt. " Nr. 79 "I " " " Credé, 36. Breithaupt " 37. von Specht Inftr.-Regt. Nr. 82. " Engelhardt "

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VIII.

Abſchnitt .

Geschichte des 2. Heffiſchen Infanterie- Regiments Nr. 82 von 1866 bis zur neuesten Zeit. **********

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Die Gefeßesvorlage der Preußischen Regierung, die Einverleibung Kurhessens 2c. betreffend, erhielt am 10. September 1866 die Ge nehmigung des Herrenhauses, nachdem schon vorher das Abgeordneten haus seine Zustimmung ausgesprochen hatte. Es konnte nunmehr Seitens der Regierung zur Reorganisation der Kurhessischen Truppen geschritten werden, und es geschah dies durch die Allerhöchste Ka binets-Ordre vom 30. Oktober. Aus dem ehemals 2. Kurhessischen Infanterie- Regiment, bestehend an Mannschaften aus der Regiments= Musik, sämmtlichen Unteroffizieren und 10 Mann des jüngsten Jahr ganges von jeder Kompagnie wurde das Königlich Preußische In fanterie - Regiment Nr. 82 mit Hinzuziehung von Mannschaften 4 altpreußischer Infanterie-Regimenter in der Art gebildet, daß ein jedes derselben 3 Kompagnien ―――――――― die Kompagnie in der Stärke von 13 Unteroffizieren, 5 Gefreiten und 73 Soldaten — an das neue Regiment abgab, und zwar das 1. Westpr. Grenadier-Regiment Nr. 6 die 13., 14. und 15. Komp., das 1. Niederschles. Infanterie-Regiment Nr. 46 ebenfalls die 13., 14. und 15. Komp. , das 3. Niederschles. Infanterie-Regiment Nr. 50 die 6., 9. und 13. Komp. und das West phäl. Füsilier-Regiment Nr. 37 die 8., 13. und 15. Komp . Dieſelben traten am 5. November in Posen zusammen und trafen ebenso wie der von Frizlar kommende Stamm des ehemals 2. Kurhessischen Infanterie-Regiments am 10. November in Hanau, der bisherigen Garnison des leztgenannten Regiments, ein. Aber nur das 1. u. 2. Bataillon des neuen Regiments behielten Hanau als Garniſon, das Füsilier-Bataillon kam nach Frankfurt aM. Von dem Stamm-Re giment blieben — außer 2 aggregirten - nur 17 Offiziere bei dem neu organisirten, während 31 altpreußische Offiziere und einer vom Kurhessischen Juger-Bataillon in dasselbe einrangirt wurden. *) Das

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*) Bei der Neuformirung des Regiments wurden demselben folgende Of fiziere, ihrer Anciennität nach geordnet, zugetheilt: 1. Oberstl. v. Borries vom Juftr.-Regt. Nr. 13 Regts-Kommbr. 2. Füj.-Btün. v. Eberstein v Füs. Regt. Nr . 37 II. Btan. 3. Maj. Pascal v. Inftr.-Regt. Nr. 50 4. I. " v. Gaffron v. Gren.-Regt. Nr. 6 5. Stabeoffz. 5. v. Tschirschty v. Inftr. -Regt. Nr. 47 die 2. Komp. 6. Hauptm. Gf. v. Schlieffen v. 4. Gde.-Rgt. zu Fuß 7. " 6. " " Bar. v. Henneberg v. Inftr.Regt. Nr. 23 8. v. Marschall v. 2. Kurh. Instr.-Regt. " 3. " " 9. 7. " Breßler " 10. 12. " " v. Versen v. Inftr.-Regt. "Nr. 37 11. Nr. 50 9. " v. Lukowiz " 9

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Regiment ward der 42. Brigade, resp. der 21. Division zugetheilt und gehörte zum XI. Armee-Korps. Durch die obenerwähnte Allerhöchste Kabinets-Ordre befohlen, trafen am 23. November die Rekruten ein, und zwar diejenigen Hes sischen Mannschaften, welche 1866 in das Regiment eingestellt, aber wieder entlassen oder für dieses Jahr zur Einstellung in das 2. Kur hessische Infanterie-Regiment beſtimmt gewesen waren. Der Bekleidungszustand des Regiments war bei den bedeutenden und in gutem Stande befindlichen Vorräthen des Stamm-Regiments von vornherein ein vorzüglicher zu nennen, so wie ihn manches alte Regiment nicht aufzuweisen hatte. Das Offizierkorps übernahm selbstverständlich die sehr werthvolle Bibliothek des Stamm-Regiments, welche schon am Ende des vorigen

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die 8. Komp. 12. Hauptm. v. Rour v. Instr.-Regt. Nr. 50 13. 11 " " 1. v. Drygalski v. Inftr.-Regt. Nr. 46 14. " " 10. " v. Gehso v. Kurh. Jäg.-Billn. 15. 4. " "I " v. Klinkowström v. Inftr.-Regt. Nr . 50 5. 16. " " " v. Kupsch v. Inftr -Regt Nr. 46 17. " 11. " v. Bassewiz v. Gde.- Schüßen-Btlln. zur 6. " 18. Pr. Lt. Knyrim v. 2. Kurh. Inftr. Regt. 19. v. Roques " 2. "1 " " " 20. Laßmann " 12. "1 " " " 21. " 4. " " v. Loßberg "1 " 22. Busch " " 5. " 23. Ngts.-Adj. Lignis v. Füs.-Regt. Nr. 37 "1 24. zur 10. Komp. " v. Treskow v. Inftr -Regt. Nr. 23 25. Bödicker v. 2. Kurh. Instr.-Regt. " " " 26. v. Heister "I 8. " " 7. 27. " " v. Rürleben v. Füs.-Regt. Nr . 39 " " 11. v. Windisch " " 3. Woltemas 29. " " 30. Sec. Lt. Mehlburger v. 2. Kurh. Inftr .-Regt. " 1. Brandau " "" 2. " " " v. Sturmfeder " "" " 3. " "I Runkel " " "1 " " 6. 34. " 7. v. Humbert " " " 35. Adj. des 1. Btlls. " Lüdersen v. Gren.-Regt. Nr. 6 36. v.Kröcher v Gde.-Füſ.-Rg. (vor ſeiner Ankunft zur Kavall. verſezt.) Adj. des II . Btüs. " v. Helmrich v. Inftr.-Regt. Nr. 50 Böge "1 Adj. d. Füs.-Btll. 39. Breithaupt v. 2. Kurh. Jüftr -Regt . " zur 11 Komp. 40. v. Specht " " 8. " 41. " " 1. Frh. v. Bönigk v. Inftr.-Regt. Nr. 50 4. 42. Engelhardt r. 2. urb. Instr. Regt. " "! " 43. " v Znaniecki v. Kaiser Franz Gde.-Gr.-Regt. " 12. " 44. " " Frh. v. Ecardſtein " " 5. 45. " Beclis v. Inftr.Regt. Nr. 50 " 10. 46. " Göße " 12. " 47. v. Tlud u. Toschonowitz " " " 8 48. Chorus " " 4. " 49. 9. " v. Knort v. Gde.-Füs.-Regt. Aggregirt wurden dem Regiment Hauptm . Sunkel und Hauptm . Robert. Außerdem blieben beim Regiment die Aerzte: Oberstabs- und Regts.-Arzt Dr. Klein, Stabs- und Bills.-Arzt Dr. Daniel und der Assistenzarzt Dr. Freuden ſtein, sowie die beiden Zahlmeiſter Schneiders und Knöpfel. Der Name des 3. Zahlmeisters war Gießmann, bisher beim 3. Niederschleſ. Inftr.-Regt. Nr. 50.

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Jahrhunderts gegründet, stets durch die Anschaffung der nen er scheinenden guten, vorzugsweise militairischen Werke und durch die Anschaffung von Karten und Plänen vervollständigt worden war. Die Verleihung neuer Fahnen, am 24. Juni 1867 mittelst Aller höchster Kabinets-Ordre angeordnet, erfolgte am 2. Juli zu Potsdam, Die Regiments-Kommandeure sämmtlicher neu errichteten Regimenter nahmen die Fahnen daselbst in Empfang, die des 82. Regiments über gab Oberstl. v. Borries am folgenden Tage in Hanau den Bataillonen. Vom 8. August bis zum 9. September wurden sämmtliche Re servisten des vormals 2. Kurhess. Infanterie-Regiments zum Dienste beordert, um nach Preußischem Exerzier-Reglement eingeübt zu wer den. Zugleich verschoß jeder Mann 25 Patronen nach der Scheibe. Am 7. November erhielt das Regiment den Namen : 2. Hes sisches Infanterie- Regiment Nr. 82 . Im folgenden Jahre (1868) fand beim Füsilier-Bataillon ein Garnison-Wechsel statt. Am 14. März kam dasselbe von Frankfurt a M. nach Homburg vor der Höhe . Das Regiment wurde durch Kriegsministerial-Verfügung vom 21. Juli auf seine jezigen Rekru tirungs -Bezirke angewiesen. Dieselben sind : Die Landwehr - Ba taillons- Bezirke Meschede und Attendorn, und gehören dazu die Kreise Brilon, Meschede, Arnsberg, Wittgenstein, resp. Siegen, Olpe und Altena, sämmtlich in der Provinz Westphalen. Die Verleihung des Namenszuges WR. an der Spiße der Fahnen geschah in diesem Jahre am 27. Juli. Den kriegsgeübten Französischen Waffen, mit welchen das Hes fische Stamm-Regiment schon so manchen heißen Kampf meist glücklich bestanden hatte, sollte im Jahre 1870 schon das junge Preußische Regiment in einem Kampfe entgegentreten, wie man in Bezug auf die großartigen Resultate einen zweiten in den Blättern der Geschichte vergeblich sucht. Hier war dem Regiment unter der erhabenen Führung und unter den Augen seines greisen Heldenkönigs Gelegenheit gegeben, zu zeigen, ob es würdig sei, so wie früher das Hessische Stamm Regiment zur Seite der alten Preußischen Regimenter zu kämpfen. Wie es seine Aufgabe gelöst, werden wir in Folgendem sehen. Nachdem am 16. Juli früh der Befehl zur Mobilmachung beim Regiment eingetroffen, war dieselbe binnen 8 Tagen beendigt und konnte das Regiment am 24. Abends von Hanau resp. Homburg ab gehen. Es geschah dies per Bahn, das 1. und 2. Bataillon über Aschaffenburg und Darmstadt, das Füsilier-Bataillon über Frankfurt am. nach Mainz und weiter über Worms nach Landau, wo das 1 Regiment den 25. früh ankam und in dessen Umgebung Quartiere bezog, das 1. Bataillon in Arzheim, Birkweiler und Ramsbach, das 2. Bataillon in Godramstein und Uebeldingen, das Füſilier-Bataillon in Albertsweiler und Frankweiler. Das Regiment war das erste aller Preußischen Truppen der aus dem V. und XI. Armee-Korps, der 2. Kavallerie-Division, sowie den Süddeutschen Kontingenten bestehenden und unter die Befehle Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Preußen gestellten 9*

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III. Armee, welches in der Baierischen Pfalz anlangte. Der Em pfang, welcher dem Regiment hier durch die Bevölkerung zu Theil wurde, war ihm ein Beweis von der gewonnenen nationalen Gemein schaft, welche mit einem Male durch das männliche und königliche Auftreten Sr. Majestät in Ems herbeigezaubert war. Se. Königliche Hoheit der Kronprinz traf am 30. Juli Vormittags 10 Uhr in Speyer ein, und erließ sofort nachstehenden Armeebefehl : ,,Soldaten der III. Armee ! Von Sr. Majestät dem Könige zum Oberbefehlshaber der III. Armee ernannt, entbiete ich den von heute ab unter Meinem Befehle vereinigten Königl. Preußischen, Königl. Baierischen, Königl. Würtembergischen und Großherzogl. Badischen Truppen Meinen Gruß. Es erfüllt mich mit Stolz und Freude, an der Epiße der aus allen Gauen des Vaterlandes vereinten Söhnen für die gemeinsame nationale Sache, für Deutschlands Recht, für Deutsche Ehre gegen den Feind zu ziehen. Wir gehen einem großen und schweren Kampfe entgegen, aber in dem Bewußtsein unseres guten Rechtes und im Vertrauen auf Eure Tapferkeit, Ausdauer und Mannszucht ist uns der siegreiche Ausgang gewiß. So wollen wir denn festhalten, in treuer Waffenbrüderschaft, um mit Gottes Hülfe unsere Fahnen zu neuen Siegen zu entfalten, für des geeinigten Deutschlands Ruhm und Frieden. Hauptquartier Speyer, den 20. Juli 1870. gez . Friedrich Wilhelm, Kronprinz von Preußen.“ Schon am 27. mar die 42. Brigade, zu welcher außer dem 82. noch das 88. Regiment gehörte, nebst 2 Eskadrons Husaren-Regiments Nr. 14 und 2 leichten Batterien als Avantgarde in die Linie Langen fandel-Wörth gegen die Französische Grenze vorgeschoben worden. Am 2. August bezog das Regiment speziell Bivouaks bei Winfeld, Hazenbühl u. s. w. Zwei Tage später, am 4. August, sezte sich die Brigade bei Tages- Anbruch aus diesem Bivouaf in Bewegung, marschirte unter strömenden Regen durch den Bienwald über die Französische Grenze und bestand hier sofort kleine Gefechte mit Französischen Douaniers. Es war der Tag von Weißenburg, an dem die Franzosen zum ersten Male, tros Mitrailleuse und dem dem Zündnadelgewehr weit über legenen Chaffepot, die Ueberlegenheit der Deutschen empfinden sollten. Die Brigade marschirte dem Schalle des Kanonendonners nach, der sich von dort hören ließ, sie nahm aber nur insofern Theil an diesem ersten, für die Deutschen Waffen glücklichem Gefechte, als sie von Mittags an in Reserve stand, und zwar auf einer Höhe, 2500 Schritt südöstlich vom Schloß Geisberg, zwischen der Eisenbahn und dem Niederwald. Verluste hatte das Regiment nicht, troßdem Chassepot kugeln dicht neben den Bataillonen einschlugen und Granaten in nächster Nähe, freilich hoch über den Köpfen in der Luft krepirten. Abends bivouatirte die Brigade auf dem Geisberge, zwischen dem Schloß gleiches Namens und der Stadt Weißenburg. Am folgenden Morgen um 6 Uhr brach die Brigade in Folge erhaltenen Befehls vom Ober-Kommando aus diesem Bivouak auf,

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ging auf der Hagenauer Straße gegen Straßburg vor, und bezog Nachmittags südlich von Sulz ein neues Bivouak. Hier wurde das 1. Bataillon des Regiments unter dem Maj. Graf v. Schlieffen als Bedeckung des Armee-Hauptquartiers nach Sulz kommandirt. In Folge der Anordnung des kommandirenden Generals XI . Armee-Korps, Gen. -Lieuts . v. Bose, war das Korps zwischen 6 und 7 Uhr Morgens abermals unter starkem Regen aus seinem Bivouak bei Sulz aufgebrochen, die 21. Division, bei deren Gros das Regiment sich befand, in der Richtung auf Hilschloch, wo sie und zwar süd westlich davon bivouafiren sollte. Ihre Avantgarde sollte den westlich vorliegenden Wald beseßen und über Gunstett mit dem V. Armee

Korps in Verbindung treten. Bald nach dem Aufbruch ließ sich der Kanonendonner nach Wörth zu hören, und obgleich Niemand an eine größere Schlacht dachte, so sezte sich die Division, als der Kanonen donner stärker wurde, in der Richtung auf Wörth (Plan I) im Schnellschritt in Marsch. Die 5 Bataillone der 42. Brigade, welche der 41. unmittelbar gefolgt waren, nahmen zwischen 8 und 9 Uhr Vormittags auf einer Wiese dicht hinter Gunstett Aufstellung, die beiden Bataillone des Regiments im 2. Treffen. Kaum aufmarschirt, wurden das 1. und 2. Bataillon Regiments Nr. 88 vorbeordert, während dessen Füsilier Bataillon und die beiden Bataillone unseres Regiments hinter der großen Batterie zwischen Sparbach und Gunstett eine Reserve - Stellung einnahmen. (Siehe Plan 1). Es war eine schwere Aufgabe für diese Truppen, welche in Kampfesmuth entbrannten, mehrere Stunden lang im feindlichen Granatfeuer aushalten und sich Verluste beibringen lassen mußten ; aber dennoch höchst interessant, da man von hier aus den größten Theil der Aufstellung des Feindes südlich und um Wörth vor Augen hatte. Jeder Angriff von unserer Seite konnte genau verfolgt werden, und immer machte es den Eindruck, als sei er zurück geschlagen. Man sah die Kompagnien - sie erschienen als größere Haufen ―――――― über die Thalebene des Sauerbachs hinziehen und am Rande der vom Feinde besezten Höhen, zu kleinen Häuflein zusammen geschmolzen, anlangen. Eine lange weiße Dampfwolke auf jenen Höhen bezeichnete dann jedesmal den Moment, wo die gelichteten Kompagnien auf die Abhänge zurückgeworfen, dort Deckung suchten, um mit neu eintreffenden frischen Kräften nochmals vorzuſtoßen. ― Und dann dasselbe Bild. Erhebend und ermuthigend war das gerade nicht. Dennoch wurde mit freudigem Hurrah der um 1 Uhr Nachmit tags vom Kronprinzen erlassene und vom Divisions-Kommandeur, Gen.- Lieut. v . Schachtmeyer, mit einer kurzen Ansprache überbrachte Befehl in Empfang genommen, wonach das XI . Armee-Korps über Elsaßhausen und am Niederwald vorbei energisch auf Fröschwiller vorgehen sollte. Von der schwachen Reserve, welche vom XI. Armee Korps noch übrig war, bildete das Füsilier-Bataillon 88. Regiments das 1. Treffen, während die beiden Bataillone unseres Regiments , in 4 Halb-Bataillone auseinandergezogen, am rechten Flügel Halb Bataillon Breßler (6. u . 7. Komp.), dann Halb-Bataillon v. Roux

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(5. u. 8. Komp .), hierauf Halb -Bataillon v. Lukowitz (9. u . 11. Komp .) und am linken Flügel Halb-Bataillon v. Versen (10. u . 12. Komp .) als 2. Treffen folgten. Mit entrollten Fahnen stiegen sie in der Mulde südlich Oberndorf-Spachbach den Abhang hinunter, nachdem beim 2. Bataillon der Regiments-Kommandeur ebenfalls eine An sprache gehalten hatte. Der Vormarsch wurde durch die stark ange schwollene Sauer nicht unbedeutend aufgehalten, unmittelbar beim Dorfe Spachbach und südlich davon der Uebergang aber endlich theils mit Hülfe eines in den Bach geschobenen Wagens , theils mittelst eines vorgefundenen Leitersteges, theils das bis unter die Arme reichende Wasser durchwatend, bewerkstelligt, wobei jedoch einige Mann ertranken, und fast sämmtliche berittene Öffiziere des Regiments ihre Pferde zurücklassen mußten. Hptm. v. Lukowiz war mit seinem Pferde in den Bach gesezt, wurde aber genöthigt, von demselben in das reißende Wasser zu springen und das Pferd im Stich zu lassen, weil es den jenseitigen steilen Abhang nicht erklimmen konnte. Mehr Glück hatte der Bursche des Hptm. v. Roux, Heinrich Knauf, indem er weiter unterhalb mit dem Pferde desselben in die Sauer seßte und das linke Ufer an einer weniger steilen Stelle erkletterte. Hierdurch kam es, daß Hptm. v. Roux anfangs der einzige berittene Offizier vom Regiment war. Jenseits der Sauer, zwischen dieser und der Chaussée, marſchirten die 4 Halb-Bataillone auf, kamen aber sogleich in feindliches Chaffepot feuer, welches sich immer mehr steigerte; doch vorwärts ging es mit Todesverachtung, die Halb-Bataillone ziemlich in gleicher Höhe, die steile Anhöhe hinauf, auf das Dorf Elsaßhausen los. Die 6. und 7. Komp. mit dem Füsilier-Bataillon des Regiments Nr . 83, unter miſcht mit Abtheilungen des V. Armee-Korps, drangen von Osten her in das Dorf ein. Die 5. und 8. Komp . , deren Führer, Hptm. v. Roux, bereits gefallen war, Oberst v. Borries, der Regiments Kommandeur, mit seinem Adjutanten, Lieut. Boege, und dem Major v. Marschall an ihrer Spize, drangen unaufhaltsam, mit schlagenden Tambours, fast gleichzeitig mit der 6. und 7. Komp. in den südlichen Eingang von Elsaßhausen ein. (Siehe Plan I.) Die Tapferkeit des Feindes half hier nichts, er mußte weichen. Aber weit in dem Dorfe vorzubringen war unmöglich, weil es, von der Artillerie in Brand geschossen, in hellen Flammen stand. Das Dorf wieder verlassend, trennten sich die 5. und 8. Komp ., diese wendete sich links und schloß sich ihr der Regiments - Kommandeur an, jene ging rechts um das Dorf herum. An der Spiße der 5. Komp., von Pr.-Lieut. v. Wagen hoff geführt, befand sich Maj. v. Marschall. Derselbe erhielt von dem hier ebenfalls anwesenden Generalstabs- Chef des Korps, Gen. Maj. Stein v. Kaminsky, den Befehl, in der Richtung auf Frösch willer vorzubringen. Nachdem letterem das Pferd unter dem Leibe erschossen und er von Maj. v. Marschall unter dem Pferde hervor gezogen war, sezte er sich zu Fuß an die Spiße der hier in dem Wiesengrund zwischen Elsaßhausen und Fröschwiller vorgehenden Kompagnien, welcher sich die führerlosen Leute anderer Regimenter

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anschlossen, da sie einen General an ihrer Spize sahen, so daß sich hier eine ansehnliche Masse bildete, der aber mit Ausschluß der 5. Komp. jede taktische Ordnung fehlte. Da entfaltete sich etwa gegen 3 Uhr zunächst auf den Höhen. links massenhaft Französische Infanterie und überschüttete die schon sehr gelichteten Häuflein unserer Infanterie mit ihrem Feuer. Die Verluste, namentlich auch an Offizieren, waren groß, es gab ein Halt, und bald ein allgemeiner Rückzug. Nur den Bemühungen des Ge= nerals v. Stein, des Maj . v. Marschall und der wenigen noch übrig gebliebenen Offiziere war es zu verdanken, daß dieses Retiriren noch einigermaßen mit Ordnung geschah. Dies war der Moment, wo die Französischen Kürassier-Regimenter von Fröschwiller her ihren An griff machten. Die 5. Komp. und die Truppen in ihrer Nähe er reichten glücklicher Weise noch rechtzeitig ein Feld mit großen Hopfen stangen und eröffneten von hier aus ein Schnellfeuer auf die Kü rassiere, durch welches dieselben in Verbindung mit dem Feuer un serer Artillerie und der weiter rückwärts stehenden Infanterie fast vernichtet wurden. Während des kurzen Aufenthaltes in dem Hopfen garten waren die Stangen bloß durch feindliches Infanteriefeuer gänzlich zersplittert, ein Beweis, wie verheerend dieses Feuer noch immer hätte wirken müssen, wenn die Franzosen nicht zu hoch ge= schossen hätten. Es kostete aber dennoch der Sturm auf Elsaßhausen, das Vorgehen durch und zu beiden Seiten dieses Orts und haupt sächlich die dann eintretende rückgängige Bewegung dem 2. Bataillon zahlreiche Opfer. Bei dem Halb-Bataillon Breßler fanden den Helden tod: die Sec.- Lieuts . Göße, Wermuth und Schopper, letterer, nachdem der Fahnenträger, Sergeant Meyer der 7. Komp. gefallen war, mit der Fahne in der Hand. Diese übernahm nun Sec.-Lieut. v. Treuen feld I, welcher ebenfalls verwundet wurde. Ein gleiches Schicksal hatten : der Bataillons -Kommandeur, Maj . Baron v. Henneberg, der Führer des Halb - Bataillons, Hptm. Breßler, der Chef der 6. Komp., Hptm. v. Klößke, Pr.-Lieut. Meckel, Sec.- Lieut. Wizell und P.-Fähnr. Wisoski. Beim Halb - Bataillon v. Roux fand der Führer desselben ſeinen Tod während Oberst v. Borries, die Lieutenants Frh. v. Eckardstein, Rochliß, Below der 5. Komp ., Brunkow und Hohensee der 8. Komp. verwundet wurden. Letterer war mit einem Halbzuge von seiner Kompagnie abgekommen und hatte sich andern Truppen theilen angeschlossen, welche vom Niederwald aus ihre Vorstöße machten. Der Tod des Hauptm. von Roux verdient noch besonderer Er wähnung. Dieser brave Offizier sprengte auf seinem Rothschimmel, nachdem er ihn, nach dem Passiren der Sauer, kaum wieder bestiegen hatte, dem Halb - Bataillon an die tausend Schritt voraus, um zu rekognosciren. Auch für die Folge war er meist so weit voraus, daß seine Stimme nicht mehr ausreichte, das Halb-Bataillon zu leiten, er that es dann durch Winken mit dem Degen. Bei einer solchen Gelegenheit wurde er, schon in der Nähe von Elsaßhausen durch einen Granatsplitter in den rechten Arm verwundet, so daß der Degen seiner Hand entfiel. Um die Mannschaften bei dem sehr heftigen feind

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lichen Feuer zum weiteren Vorgehen anzufeuern, ergriff er den Helm mit der linken Hand und schwang ihn in der Luft. Aber das Feuer war zu mörderisch, das Halb -Bataillon fing an zu weichen. Da sprengte Hauptm. v. Roux hinter die Front zurück, um die Truppe zum Stehen zu bringen ; doch hier wurde er durch 3 Gewehrkugeln kurz hintereinander, das Gesicht nach dem Feinde, schwer verwundet. Erst die lezte Kugel drang durch den Kopf und machte seinem Leben schnell ein Ende. Bei der 8. Komp . hatte, nach dem Tode des Hauptmanns , Pr. Lieut. Lüderßen das Kommando übernommen. Dieser führte die Kompagnie bis zu dem Wege, welcher von Elsaßhausen nach Gunders hoffen führt, wurde aber hier durch den überlegenen Angriff der Franzosen nicht nur aufgehalten, sondern auch zum Rückzug genöthigt, welcher nach der großen Waldparzelle südlich von Elsaßhausen an getreten wurde. Auch in diese waren die Franzosen - insbesondere Turkos - von Westen her bereits eingedrungen, konnten aber den vereinten Angriffen der verschiedensten Truppentheile nicht lange widerstehen, und sahen sich deshalb ihrerseits zum eiligen Rückzuge genöthigt. In diesem Waldgefecht war es unvermeidlich, daß die 8. Kompagnie mit Mannschaften von verschiedenen Regimentern unter miſcht wurde, und die einzelnen Theile derselben allen Zuſammen hang verloren. Der Rückzug der 5. Komp . erreichte an dem Hohlweg von Wörth nach Elsaßhausen sein Ende. Hier fand sie, in dem Hohlweg steckend, eine Preußische Batterie, es waren nur noch 5 Geschüße und die we nigen Pferde davor waren größtentheils verwundet, die Zahl der Mannschaften gering, die Offiziere bis auf einen, Sec.-Lieut. Bär, bereits gefallen. Auf Anordnung des Gen. v. Stein, wurden Ge schüße sammt Pferden durch die Mannschaften der Infanterie aus dem Hohlweg heraus auf das Feld geschafft, wo sie abprotten und durch ihr Feuer die nachdringende feindliche Infanterie wesentlich aufhielten. Nachdem, während des wirksamsten Feuers der genannten und verschiedener anderer Batterien die Kompagnien sich wieder gesammelt und möglichst geordnet hatten, auch neue Truppen, namentlich einige Würtembergische Bataillone eingetroffen waren, rückten nun in der 4. Nachmittagsstunde im Allgemeinen das XI. Armee-Korps von Süden, die Baiern von Norden, das V. Armeekorps von Osten, gegen Fröschwiller, das lezte Reduit der Franzosen vor. Maj. v. Marschall hatte alle Versprengten östlich von Elsaßhausen gesammelt, wozu ihm der kommandirende General, Gen.- Lieut. v. Bose, wenige Minuten vor seiner 2. schweren Verwundung , selbst den Befehl gab ; nun führte er sie den Würtembergern nach, auf Fröschwiller zu . Was halfen den Franzosen hier die künstlichen Verstärkungen, was half ihnen die verzweifelte Hartnäckigkeit, mit der sie die abziehenden Truppen zu retten hofften, sie erlagen mit großem Verlust an Todten, Verwundeten und Gefangenen. Von Süden her waren 1 Hauptmann, 1 Lieutenant und Mann

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schaften des V. Armee-Korps, sowie Reserve-Lieut. Hofmeister der 8. Komp. mit Mannschaften verschiedener Regimenter und von unserer 5. und 8. Komp . in den Schloßpark eingedrungen, ohne hier erheb lichen Widerstand zu finden. (Siehe Plan I, die punktirte Linie. ) Lezterer suchte den Park und den dahinter liegenden Gemüse- Garten ab und kehrte dann auf den großen Plaz vor dem Schloffe zurück. Der oben erwähnte Hauptmann ordnete hier sämmtliche Mannschaften von beiden Armee-Korps zu einer Kompagnie, und ertheilte nun dem Lieut. Hofmeister mit dem Schüßenzuge, nur aus Mannschaften des XI. Armee-Korps bestehend, den Auftrag, aus dem westlichen Aus gange des Schloßparkes vorzugehen und sich auf die lezten Häuser des westlichen, von den Franzosen noch beseßten Dorf- Endes zu werfen. Es war dies in sofern ein wichtiger Auftrag, als der großen Zahl der Feinde, welche noch im Dorfe kämpften, durch die Beſezung dieses Ausganges der Rückzug abgeschnitten wurde, und mußte ihnen Alles daran gelegen sein, diesen Ausgang zu behaupten. So flein die Zahl der Angreifer an dieser Stelle aber auch war, in raschem Laufe drangen sie unaufhaltsam vor, und erreichte Lieut. Hofmeiſter mit wenigen Leuten das lezte Haus des Dorfes , eine Scheune, von deren Vertheidigern er 7 Mann zu Gefangenen machte. Die große Zahl der Feinde im Dorf überraschte die Angreifer, doch noch mehr überrascht, ja bestürzt waren die Franzosen, welche ―― statt die 10 Mann, welche Lieut. Hofmeister um sich versammelt hatte, über den ――――― Haufen zu werfen sich in immer größerer Zahl zu Gefangenen machen ließen. Durch entschiedenes Auftreten und durch besondere Thätigkeit zeichneten sich bei dieser Gelegenheit aus : Unteroffizier Müller der 5. Komp., ungeachtet er bei dem ersten Anlauf auf das Dorf in eine Schulter schwer verwundet war und große Schmerzen ohne Klagen aushielt, Musk. Börne, ebenfalls von der 5. Komp . und ein Hornist, welcher als solcher bald in Thätigkeit kommen sollte. Als nämlich Lieut. Hofmeister damit beschäftigt war, die Chassepot Gewehre der Gefangenen auf einen Haufen zusammenbringen zu lassen, trat ein Französischer Offizier (Kapitain) auf ihn zu, fragte ihn, Kapitain anredend, wo seine Kompagnie sei, forderte ihn auf, sich ihm zu ergeben, und wollte schon seinen Degen in Empfang nehmen. Die Lage des Lieut. Hofmeister war in der That keine sehr angenehme, noch immer hatte er nicht mehr als 10 Mann in seiner Nähe, der Franzosen waren es zwischen 100 und 200, die Ge fangenen, ihren Vortheil erkennend , griffen bereits nach den auf der Erde liegenden Gewehren. Schon hielt sich der so bedrängte Offi zier für verloren, doch rief er kurz entschlossen dem Hornisten zu : Blasen: 8. Komp. avanciren !" Wirklich erschienen kurz nach einan der in kleinen Trupps 20 bis 30 Mann, wodurch sich die Situation vollständig änderte, nicht nur der erwähnte Kapitain, sondern noch 7 andere Fanzösische Offiziere ihre Degen und Säbel an den Sieger abgaben, und die Mannschaften ihre Gewehre ablieferten. Ein noch maliger Vorstoß aus dem östlichen Theile des Dorfes, zur Befreiung der Gefangenen und zur eigenen Rettung unternommen, wurde durch

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ein salvenartiges Schnellfeuer einer von Süden her in das Dorf vor dringenden Abtheilung Würtembergischer Jäger entschieden abge schlagen. Eine geschlossene Abtheilung des 94. Regiment war in dem westlichen Theile des Dorfes nicht zu sehen. Die Halb-Bataillone des Füsilier-Bataillons, dessen Komman deur, Maj. v. Tschirschky , mit seinem Adjutanten, Sec.-Lieut. v. Helm rich, stets über 100 Schritt voraus war, dirigirte ersterer in der Art, daß das Halb-Bataillon v. Versen, bald in Kompagnie-Kolonnen ge trennt, die 10. Komp. (Hptm. v. Loßberg) ca. 50 Schritt voraus, dicht am Niederwald, das Halb - Bataillon v. Lukowiß zwiſchen dieſem und den Weinbergen auf die große Wald-Parzelle vorging, welche zwischen dem Niederwald und Elsaßhausen liegt. Leider wurde der brave Kommandeur an dem Abhange des Berges durch einen Schuß in die Schulter, und später auch sein Adjutant durch einen Schuß in den linken Oberarm schwer verwundet. Für Maj. v. Tschirschky über nahm Hauptmi. v. Versen das Kommando des Füsilier-Bataillons, während die Stelle des Lehteren Hptm. v. Loßberg, die Führung der 10. Kompagnie dagegen Lieut. v. Specht übernahm. Das Vor gehen bis auf die Höhe kostetete dem Halb - Bataillon v. Lukowiz mindestens 30 Mann an Todten und Verwundeten ; es war so an strengend, daß sogar einige Marode zurückblieben. Es hatte 2 Halb züge unter Sec.- Lieut. Höhne als Tirailleure vor sich, denen später noch der Führer der 11. komp. , Prem.-Lieut. v. Treskow, mit 2 Halbzügen zur Unterstüßung folgte. Eines interessanten Falles soll hier Erwähnung geschehen. Während des Vorgehens erhielt ein Fü filier der 11. Komp. im vordersten Gliede der in Halbzügen formirten Kolonne einen Schuß durch den Kopf. Krampfhaft faßte er das Gewehr an, als wenn er sich melden wollte, sprang um die Rotten herum, welche ihn vom linken Flügel trennten, fiel dort mit dem Kopf zuerst zur Erde und war todt. Die Infanterie, welche das Halb-Bataillon beschoß, lag am Vor sprung einer Bergterrasse. Als derselbe im Marsch, Marsch genommen war, sahen die Sieger etwa 50 Zuaven in langen Sprüngen über das Feld dem zur Linken liegenden Walde zueilen, welchen andere feindliche Abtheilungen bereits besezt hatten. Als das Halb-Bataillon durch die nach Norden vorspringende Spiße der früher erwähnten Wald-Parzelle ging, stießen einige Schüßen, welche, etwa 300 Schritt entfernt, eine feuernde feindliche Mitrail leusen-Batterie bemerkten, den Ruf ,,Geschüß" aus. (Siehe Plan I.) Im Marsch, Marsch stürmte Alles halbrechts vorwärts. Im ersten Anlauf war die Batterie, aus 5 Mitrailleusen bestehend, erobert.. Während des Vorlaufens hatte nur die rechte Flügel-Mitrailleuse ihren Schuß abgegeben, und zwar auf Schüßen des rechten Flügels, von denen eine Anzahl, unter ihnen ein braver Offizier, der Prem.-Lieut. v. Treskow, schwer getroffen niederfiel. Die Sec.-Lieut. Höhne und Hasse, P. - Fähnr. Heinzel, Feldw. Zimmerling, Sergt. Jeschke, Geftr. Battenfeld und die Füsiliere Keßler, Guisberg und Lörwald, sämmtlich von der 9. Komp . waren die ersten, welche die Batterie erreichten.

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Ein berittener Offizier und die Bedienungsmannschaft liefen nach Ab gabe des Schuffes davon. Zugleich Zugleich wurde an dem Kreuzpunkt der Straße von Elsaßhauſen nach Gundershoffen und von Fröschwiller nach Morsbronn noch eine Mitrailleuse entdeckt, welche jedenfalls am Langtau dorthingebracht war, weil man einen Berittenen, mit dem Tau hinter sich, nach einem von den Franzosen stark besezten Waldstreifen zusprengen sah. In ihrem Kampfeseifer liefen Sergt. Krufe der 12. Komp., welcher die Fahne trug, und stets voran ge= wesen war, mit 5 Füsilieren zu dieser Mitrailleuse und beseßten sie ; da aber wederdie MitrailleuseSchuß gegendas Feuer gewährte, welches die Franzosen von dem stark beseßten, kaum 400 Schritt entfernten Wald streifen aus eröffneten, noch sonst ein deckender Gegenstand in derenNähe vorhanden war, so kamen die Eroberer einzeln zur Kompagnie zurück. Der 2. Zug des Füsilier-Bataillons nahm von einer andern Seite her an der Eroberung der Mitrailleusen Theil. Bei dem Ersteigen der An höhe und zwar schon im Anfange, ließ Maj . v. Tschirschky ,,Schwärmen" blaſen. In dem Getöse des sehr heftigen Feuergefechts mußte dies überhört worden sein, weshalb der Maj. dem Premier-Lieutenant der Reserve Feege, dem Führer jenes Zugs, direkt den Befehl er theilte, gegen eine Höhe rechts, von der ein sehr starkes Chassepot feuer kam, zur Deckung auszuschwärmen . Die Höhe wurde genommen und der Feind noch mehrere hundert Schritt verfolgt, als der Prem. Lieut. Feege, ca. 300 Schritt entfernt, nach links eine Batterie von 6 Mitrailleusen bemerkte, welche im vollen Feuer ihre Salven, wie es schien, auf das Halb -Bataillon richtete. (Siehe Plan I.) Lieut. Feege ließ seine Leute sich rasch niederwerfen und Schnellfeuer auf die Bedienungs-Mannschaft geben, er hatte die Absicht, das noch weiter entfernte Halb-Bataillon näher herankommen zu lassen. Das Feuer räumte unter der Französischen Artillerie tüchtig auf, doch auch gegen die Füsiliere richtete sich von Elsaßhausen her ein so mörderisches Feuer, daß hier der Aufenthalt verderblich werden mußte. Lieut. Feege rief deshalb seinen Leuten zu : „Aufstehen, laufen was ihr könnt, auf die Batterie los !" Den Säbel hoch in der Faust, sprang er voran, einen Schuß durch den Oberschenkel nicht achtend , die braven Füsiliere ihm nach. Noch einmal hörte man einen Französischen Offizier kommandiren ,,Mecanique", aber zu spät, von einer Kugel getroffen, sank er nieder. Nur einen Moment später kam Lieut. Feege bei den Mitrailleusen an, als Lieut. Höhne mit seinen Schüßen, -5 derselben wurden erobert und mit dem Namen der 9. Komp. be zeichnet, nur eine war entkommen, wahrscheinlich dieselbe, welche Sergt. Kruse nahm. Jeder Einzelne unserer Mannschaft, sagt ein Betheiligter, bewies fich heldenmüthig in jenem Augenblick, und schwer ist zu sagen, wer sich auszeichnete. Daß der Eine mehr vorn war, wie der an dere, das ist Zufall, und liegt eben an der Zahl, die Jeder in seiner Reihe einnimmt, und wenn nur verhältnißmäßig wenig Eiserne Kreuze die Brust jener Tapferen heute schmücken, so liegt es eben in der Natur der Sache. Verdient hätte es Jeder.

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Nachdem sich an der Waldliſière links eine Preußische Kompagnie gezeigt hatte, aber nach links feuernd bald wieder zurückgegangen war, erfolgte nicht nur aus der Richtung von Fröschwiller, sondern auch aus Südwest, vomEberbach her, mit vorausgehenden Schüßenschwärmen, ein sehr überlegener feindlicher Angriff, welcher das Halb-Bataillon, um nicht ganz abgeschnitten zu werden, zum eiligen Rückzug nöthigte, bei dem es dennoch auf die nächsten Distancen mit dem Feinde in Berührung kam, was ihm eine Menge Leute kostete. Auch der Offi zierdienst thuende P.-Fähnr. Neuber erhielt zuerst einen Schuß durch den Mund, dann bald darauf machte ein Schuß durch die Brust seinem Leben ein Ende. Der Rückzug ging bis an die Waldblöße zwischen der Wald-Parzelle und dem Niederwald, wo eine zahlreiche Schüßenlinie von verschiedenen Regimentern des V. und XI. Armee Korps das Halb-Bataillon aufnahm . Unter ihnen befand sich auch der größere Theil des 2. Halb Bataillons, und zwar der 8. Zug unter Vice-Feldw. Stock und die 10. Komp. unter dem Kommando des Hptms. v. Loßberg. Dieser, die äußerst kritische Lage erkennend , ergriff, um den Impuls zu geben, die Fahne des Bataillons und stürmte mit ihr dem Feinde entgegen. Zum Glück ertönte jezt gerade das Signal „das Ganze avanciren!" welches der zufällig hier eintreffende Gen.-Lieut. v. Bose durch den Hornist Mettbach der 9. Komp . abgeben ließ, und nun hieß es auf der ganzen Front Vorwärts mit Gott, für König und Vaterland !" Mit großen Verlusten wird der Feind geworfen, die früher eroberten Mitrailleusen, welche bei dem Vorstoße der Franzosen verlassen werden mußten, werden wieder genommen und nun behauptet. Der Feind wagte hier keinen neuen Angriff, die Offiziere fanden es aber noth wendig, ihre Mannschaften nach Möglichkeit zu sammeln und zu ordnen, und rückten später von hier aus in ihr Bivouak. Beim lezten Angriff wurden noch die Pr.-Lieuts. v. Sturmfeder und Tragſtein, v. Niemsdorff verwundet, auch die Fahne zweimal getroffen. Der Offizierdienst thuende Vice-Feldw. Stock, welcher mit seinem Zuge von der Kompagnie abgekommen war, wurde schon früher in den rechten Oberschenkel verwundet, suchte jedoch erst gegen Ende der Schlacht den Verbandplay auf. Es bleibt nun noch der Antheil mitzutheilen, welchen Sec.- Lieut. v. Specht und gegen das Ende der Schlacht in Verbindung mit Sec. Lieut. Schulze an derselben nahm. Der erstgenannte Offizier ging nach dem Ueberschreiten der Sauer dem Halb-Bataillon v. Versen gleichsam als Avantgarde mit 2 Zügen (7. u. 8. Zug) gegen Elsaß hausen vor. Er gelangte unter sehr heftigem feindlichen Feuer auf die Höhe vor dem Dorfe und trat hier zuerst aktiv gegen die Kü rassiere des Gen. Michel auf, welchen in Verbindung mit Mannſchaften von den Regimentern Nr. 87, 88 u. s. w. durch Schnellfeuer auf ungefähr 300 Schritt starke Verluste beigebracht wurden. Während der übrige Theil des Halb-Bataillons im Niederwald vorgedrungen war und auch ein Theil des 8. Zuges unter Vice-Feldw. Stock sich diesem Walde zugewandt hatte, traf Lieut. v. Specht an einer Hecke

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westlich der großen Wald-Parzelle (im Süden von Elsaßhausen) mit einem Zuge der 11. Komp. unter Sec.- Lieut. Schulze zusammen. Dieselben griffen gemeinschaftlich den der Hecke gegenüber liegenden, vom Feinde beseßten Waldſaum an, nahmen ihn und wandten sich nun im Walde nach Norden. Zur Zeit des Vorstoßes der Franzosen vom Eberbach aus gegen Hptm. v. Lukowiß nach der Eroberung der Mitrailleusen-Batterie, befanden sich Lieut. v. Specht und Schulze in dem Waldtheile südwestlich von Elsaßhausen, an dem Wege, welcher von diesem Dorfe nach Gundershoffen führt, und bemerkten hier, daß sie vollständig abgeschnitten waren. Indeß sie verzagten nicht, wehrten sich tapfer durch energisches Feuern, und sahen sich nach nicht gar langer Zeit durch einzelne Mannschaften von verschiedenen Regi mentern des V. und XI. Armee-Korps verstärkt. Der lezte kräftige Vorstoß der Französischen Infanterie gegen Elsaßhausen, der darauf folgende Angriff der Kurassiere waren glücklich abgeschlagen, der Feind zog sich theils nach Fröschwiller, theils nach Reichshoffen zurück. Um einen Theil der sich zurückziehenden Truppen abzuschneiden, was auch gelang, gingen beide Abtheilungen der 11 . und 12. Komp. mit den erhaltenen Verstärkungen im Walde weiter nach Norden vor. Südlich der Straße von Fröschwiller nach Reichs hoffen bildet der Wald einen einspringenden Winkel, in dessen Scheitel punkt südlich der Straße eine feindliche Batterie stand, welche gegen eine diesseitige Batterie und gegen unsere bis Fröschwiller vorge drungene Infanterie feuerte. (Siehe Plan I. ) Gedeckt durch den Wald (11. Komp.) und durch eine von diesem in nordöstlicher Richtung bis zur Straße hinlaufendes Ravin (12. Komp.) eröffneten die tapfern Angreifer in einer Entfernung von un gefähr 300 Schritt ein heftiges Schnellfeuer und stürmten dann mit Hurrah in die Batterie, deren Bedienungs-Mannschaft theils gefallen war, theils in den nahen Wald flüchtete, die 6 Kanonen mit Prozen in den Händen der Sieger laffend. Gegen das heftige Feuer des Feindes aus der Waldlisière nördlich der Straße Schuß suchend, warfen sich Lieut. v. Specht und Schulze mit ihren Schüßen nun zu nächst in den Chauffeegraben, verjagten aber dann den Feind mit Hurrah aus seiner vortheilhaften Stellung. Derselbe leistete zum Theil Widerstand, wodurch es möglich wurde, eine größere Zahl Gefangener zu machen, darunter 12 bis 15 Offiziere, insbesondere 1 Oberst und mehrere Stabsoffiziere. Es zeichneten sich bei dieser Gelegenheit durch vorzügliche Haltung aus bei der 12. Komp. die Unteroffiziere Sommer, Homm, Löser, Meißner, Bailly (einjähr. Freiwilliger), Heinzmann und Lämmer, die Gefreiten Schmidt ( einjähr. Freiw. ), Preußner, Adrian, Ind u. Winkel, die Füsiliere Wiegel, Kämmerling, Lingemann, Bänder, Kümmel, Geier, Riedesel, Fischer, Ernst, Pauli, Gött, Herzhoff, Braun, Kalmanno, Hommerighausen, Busch, Grotensohn, Hesse II, Hellwig und Küttling, bei der 11. Komp. die Unteroffiziere Hahn, Schulte und Schäfer, Geftr. Krick, die Füsiliere Koch, Engländer, Hesse, Bröckner, Herbel, Behme, Wippermann, Laubert, Knüppelberg, Burchard, Thiele und Pape.

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Es war eine gewaltige Schlacht, wie lange keine auf Franzö sischem Boden geschlagen wurde ; sie machte in Deutschland den Ein druck der Entscheidung für den ganzen Krieg. Königgräß, so lautet das einstimmige Urtheil der Offiziere und Aerzte, war ein Kinderspiel gegen die Schlacht bei Wörth. Ueber die Tapferkeit aller Deutschen Truppen herrschte nur eine Stimme ; sie hatte sich überall auf das Glänzendste bewährt. Der Kronprinz, welcher von den bei Elsaß hausen und Froschwiller sich sammelnden Truppen mit großer Be geisterung begrüßt wurde, kam auch zu unsern Bataillonen und sprach ihnen seine höchste Anerkennung für ihre außerordentliche Leistungen, für ihren Muth und ihre Tapferkeit aus. Der Sieg war mit einem Verlust von 489 Offizieren und 10,153 Mann erkauft. Der Verlust des Feindes an Todten und Verwundeten wird nicht geringer gerechnet ; er verlor aber allein an Gefangenen noch 200 Offiziere und 9000 Mann, darunter eine große Anzahl Turkos, außerdem aber 1 Adler, 4 Turko-Fahnen, 28 Geſchüße, 5 Mi trailleusen, 91 Proßen, 23 Wagen mit Gewehren und blanken Waffen, 158 andere Fahrzeuge und 1193 Beutepferde. Die beiden Bataillone unseres Regiments hatten ihren reichen Antheil bei Eroberung dieser Trophäen ; ihre zahlreichen Verluste, die zum größeren Theil auf das 2. Bataillon fielen, beweisen aber aufs deutlichste ihre Todes verachtung. Der Verlust betrug an Todten: 5 Offiziere und 70 Mann, an Verwundeten : 20 Offiziere und 260 Mann, an Vermißten 17 Mann, in Summa 25 Offiziere und 347 Mann. Von den bereits namentlich aufgeführten Offizieren erlagen noch mehrere ihren schweren Verwundungen, wie Oberst v. Borries, Maj . Bar. v. Henneberg und Pr.-Lieut. v. Treskow, welcher wenige Tage nach seinem Tode zum Hauptmann ernannt wurde. Es soll noch einer That Erwähnung geschehen, durch welche sich ein Mann der 7. Komp. besonders auszeichnete. Musk. Peter Fuchs wurde durch eine matte Kugel, die den gerollten Mantel in der Magen gegend durchbohrte, in einen bewußtlosen Zustand verseßt. Als er zu sich kam, ging er sogleich wieder vor, und fand einen verwundeten Offizier, der ihn um Hülfe anrief, indem 4 Turkos, aus einem Wein berge kommend, auf denselben zustürzten. Von diesen streckte er so gleich 2 durch wohlgezielte Schüsse nieder, worauf die andern beiden die Flucht ergriffen. Fuchs trug nun den Offizier nach dem nächsten Verbandplag und schloß sich dann einem vorgehenden Trupp wieder an. Außerdem zeichneten sich noch Feldw. Kühn und Sergt. Bittner der 10. Komp. dadurch aus, daß sie bei Wegnahme einer stark be= ſeßten Waldliſière, in der 50 Gefangene gemacht wurden, die Vor dersten waren. Für die vielfachen schönen Waffenthaten der Offiziere und Mann schaften des Regiments in der Schlacht erhielt dasselbe vorläufig, wenige Tage nach derselben, 4 Eiserne Kreuze 2. Klaffe zur Ver theilung. In Lüneville traten die Offiziere des 2. und des Füsilier Bataillons zusammen und wählten: Oberst v. Borries , Maj . Bar. v. Henneberg, Hptm. Breßler und Lieut. Höhne.

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Maj. v. Marschall war bei den beiden sehr gelichteten Bataillonen der einzige noch unverwundete Stabsoffizier ; er übernahm deren Kom mando und führte sie gegen Abend in das dicht über Wörth- an der Stelle, wo jezt das Denkmal für die gefallenen Franzosen steht - ihnen angewiesene Bivouak. Mitten auf dem Schlachtfelde, unter Haufen von Leichen von Franzosen und 37ern (vom V. Armee-Korps ), welche gerade an dieser Stelle hart gerungen haben mußten, herrschte, troß des Sieges - keine frohe Stimmung im Bivouak. Der Verlust war zu groß. Der 7. August, ein Sonntag, brachte das traurige Geschäft der Todtenbestattung. Ein großes Maſſengrab nahm hier ca. 70 Leichen größtentheils von Mannschaften des 37. Regi ments auf. Die Todten des 82. Regiments lagen bei Elsaßhausen und südlich davon, und wurden von den Pionieren beerdigt, nur die todten Offiziere waren von den sie überlebenden Regiments -Kame raden in ihr Bivouak gebracht und ebenfalls am Sonntag mit Hin zuziehung der Musik des 80. Regiments auf dem Kirchhofe von Wörth der Erde übergeben worden; es waren dies Roux, Goeße, Wermuth, Schopper und Neuber. Da die Schlacht bei Wörth wider Erwarten am 6. August statt fand, so war das 1. Bataillon, welches, wie bekannt, zur Bedeckung des Hauptquartiers Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen in Sulz ab fommandirt war, daselbst verblieben, und erhielt insbesondere die 3. Komp. unter Hptm. Schnackenburg den Auftrag, den Bahnhof zu be sehen und wenn nöthig zur Vertheidigung einzurichten. Die glück liche Schlacht machte lezteres zwar unnöthig, dagegen harrte der Kompagnie eine andere bei weitem mühevollere Aufgabe. Als die Schlacht sich ihrem Ende zuneigte, wurden die trans portabelen Verwundeten nach dem Bahnhof Sulz inſtradirt, wohl in dem Glauben, daß die Etappenbehörden bereits in Funktion getreten seien und die Bahn schon befahren werde. Beides war aber nicht der Fall. Es langten nun im Verlauf des Abends und der Nacht ununterbrochen Wagenzüge mit mehreren 1000 Verwundeten beider Armeen auf dem an Raum sehr beschränkten Bahnhof an. Aerzte, welche noch sämmtlich auf dem Schlachtfelde in Thätigkeit, waren nicht zur Stelle, es fehlte an allen Mitteln zur Pflege, weder Ver bandzeug, noch Lebensmittel waren vorhanden, nicht einmal Stroh war zu beschaffen, um die Verwundeten zu lagern. Zu alledem kam, daß auf dem ganzen Bahnhof nur eine einzige Laterne disponibel und auch in der Stadt keine aufzutreiben war, so daß hier im Dunkel der Nacht sich Scenen menschlichen Elends abspielten, welche der Be schreibung spotten. Dicht gedrängt lagen die zerschoffenen Soldaten, Feind und Freund, Offiziere und Mannschaften gemischt, auf kalter Erde, da die Baulichkeiten ―――― Güterschuppen u. f. w. ――――― nicht hin reichten, allen genügendes Obdach zu gewähren. Die Kompagnie be mühte sich, mit Aufbietung aller Kräfte, die ganze Nacht hindurch, den unglücklichen Verwundeten mit Darreichung von Wasser, Kaffee und Bouillon (aus den eigenen Portionen der Mannschaften der Kom pagnie bereitet) Linderung und Erquickung zu bereiten. Die La

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zareth-Gehülfen des Bataillons waren die einzige Unterstüßung bei der Pflege der Unglücklichen, bei der Anlegung neuer und Befestigung verschobener Verbände, welche Funktionen selbstverständlich größten theils von den Mannschaften der Kompagnie, aber auch von den Öffi zieren derselben übernommen wurden. Gegen Morgen, aber noch bei völliger Dunkelheit, fuhr endlich der erste von Weißenburg kommende Zug in den Bahnhof ein, und damit eröffnete sich für die Kompagnie ein neues Feld der Thätigkeit, die Einschiffung der Verwundeten. Nicht gering waren die Schwie rigkeiten, mit Hülfe nur einer Laterne auf dem gänzlich finstern Bahnhof dieselben in die Waggons und Güterwagen zu schaffen, welche lettere, zu Vieh-Transporten benußt, vorher gereinigt werden mußten. Ununterbrochen folgten nun die Züge aufeinander, ohne daß den bis zur Erschöpfung ermatteten Leuten der Kompagnie in ihrer vielseitigen rastlosen Thätigkeit bis dahin eine Unterſtüßung zu Theil geworden wäre. Endlich bei Tagesanbruch erfolgte dieselbe, und auch ärztlicher Beistand erschien. Statt der Erholung erhielt die Kom pagnie nun aber einen neuen Auftrag, nämlich die auf dem Bahn hof zahlreich eintreffenden unverwundeten Gefangenen per Bahn nach Landau zu transportiren. Zum Ueberfluß trafen endlich auch Pro viantzüge auf dem Bahnhof ein, welche entleert werden mußten. Dieses auf dem kleinen Raum auch noch zu bewerkstelligen, ſchien faſt unmöglich und gelang dennoch der fast über das Maaß menschlicher Kraft hinausgehenden opferwilligen Leistungsfähigkeit der braven Mannschaft der 3. Kompagnie, welche volles Lob verdient. Endlich gegen Mittag löste eine Kompagnie Badischer Infanterie die 3. Komp. des Regiments in ihrer mühevollen Funktion ab. Das XI. Armee-Korps, dessen Führung nach der schweren Ver wundung des Gen. v. Bose auf den Gen. v. Gersdorf übergegangen war, brach schon am 8. August aus dem Bivouak bei Wörth auf, und blieb den ganzen Monat, den linken Flügel der Armee bildend, faſt ununterbrochen im Marsch. Tags zuvor war durch Armee-Befehl von Sulz aus der Marsch der durch das VI. Armee-Korps und die 2. Kavallerie-Division verstärkten III. Armee in 5 Kolonnen bis an die Saar angeordnet. Das XI. Armee-Korps, als 5. Kolonne, mar schirte über Pfaffendorf, Hattmatt, Pfalzburg, wo am 10. Auguſt das erfolglose Bombardement stattfand und das 2. Bataillon durch feindliche Granaten einen Verlust von 2 Mann erlitt, ferner über Mittelbronn nach Saarburg. Das 1. Bataillon traf am 9. Auguſt Abends in dem Bivouak bei Hattmatt beim Regiment wieder ein und übernahm Maj . Graf v. Schlieffen das Regiments -Kommando, welches derselbe bis zur Rückkehr des Major v. Tschirschky, welche vor Pari erfolgte, behielt. Die Anstrengungen der Truppen beim Marsch über die Vogesen waren aus mancherlei Ursachen keine kleinen ; nur der Drang, wieder an den Feind heranzukommen, um ihn noch einmal im Entscheidungs kampfe zu vernichten, führte sie rastlos vorwärts. Wie zufrieden der Kronprinz mit den Leistungen seiner Truppen war, beweist der fol

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gende Armeebefehl : Soldaten der III. Armee ! Nachdem wir mit dem siegreichen Gefecht bei Weißenburg die Französische Grenze über schritten und darauf durch den herrlichen Sieg bei Wörth den Feind gezwungen haben, den Elsaß zu räumen, sind wir heute bereits über das Gebirg der Vogesen hinaus weit nach Frankreich hinein gedrungen und haben die Verbindung mit der I. und II . Armee erreicht, vor deren Erfolgen der Feind ebenfalls weichen mußte. Eurer bewun derungswürdigen Tapferkeit und Hingebung, Eurer Ausdauer im Er tragen aller Schwierigkeiten und Anstrengungen verdanken wir die bedeutungsvollen Erfolge. Ich danke Euch im Namen des Königs von Preußen, sowie in dem der verbündeten Deutschen Fürsten und bin stolz, Mich an der Spiße eines Heeres zu befinden, welchem der Feind bisher nicht Stand zu halten vermochte, und auf deffen Thaten unser Deutsches Vaterland mit Bewunderung blickt. Hauptquartier Petersbach, am Fuße der Vogesen, den 11. August 1870, gez . Friedrich Wilhelm, Kronprinz von Preußen.“ Vom 13. bis 15. August befand sich das XI. Armee-Korps auf dem Vormarsche zur Mosel in Avricourt, Lüneville und Bayon, und wurde demselben hier am 16. der erste Ruhetag vergönnt, um dann weiter gegen Paris resp. Châlons zu marschiren. Es erreichte nach und nach bis zum 20. Bézelise, Colombey, Sauvigny und Gondrecourt resp. Dainville, wo am 21. und 22. Ruhetag war. An den beiden folgenden Tagen kam das Korps, in derselbenRichtung weiter marschirend, nach Sauly und St. Dizier. Nun veränderte sich die Marschrichtung, veranlaßt durch die von unserer Kavallerie eingebrachte Nachricht, daß Mac Mahon das Lager von Châlons verlassen habe und nach Norden abmarschirt sei. Die III. Armée marschirte in Folge dessen ebenfalls nach Norden ab, und erreichte das XI. Armee-Korps bis zum 30. August nach und nach Thiéblemont, Heilt, l'Evèque, die Gegend zwischen Epense und Dommertin, Courtemont resp . Laval, Monthois und das Bivouak bei Stonne. Seit dem 26. wurde das Gepäck der Mannschaft gefahren, um bei den ungewöhnlich großen Märschen den Truppen wenigstens in Etwas Erleichterung zu verschaffen. Hierdurch erlangte man Fühlung mit dem Feinde und die sichere Aussicht, ihn zum Stehen zu bringen, ihn zu vernichten. Es berechtigte hierzu die gehobene Stimmung in der ganzen Truppe, welche, trog der an strengenden Märsche, keine Marode aufkommen ließ. In der Nacht vom 31. August zum 1. September --- dem Tage von Sedan - (Plan II) bivouakirte das Regiment bei Cheveuges, eine Stunde südlich von Donchery, etwa 800 Schritt von dem Punkte (956), von welchem am nächsten Tage Seine Majestät den Gang der Schlacht übersah. Es bot die Höhe, ganz abgesehen von der reizenden Landschaft, den Offizieren des Regiments den interessantesten Anblick. Denn drüben auf den Höhen, jenseits der Maas lagerte die gesammte Französische Armee vor den Augen der Neugierigen ausgebreitet, welche mit und ohne Feldstecher im Stande waren, jeden einzelnen Truppentheil in seinem Lager, mit seinen Zelten zu unterscheiden. Auch das Regiment war endlich an den Feind herangekommen, morgen 10 das wußte man, kam es zur Schlacht.

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Die 8. Komp. unter Pr.-Lieut. Runkel hatte, bald nach dem Ein rücken in das Bivouak, den Auftrag erhalten, nach Donchery vorzugehen und den dortigen Bahnhof zu besehen. Sie marschirten am westlichen Abhange des zwischen Cheveuges und Donchery liegenden Berges hin, nahm auf der Brücke bei letterer Stadt einen Französischen Infan teristen gefangen, und beſeßte den jenseits der Stadt gelegenen Bahnhof, den Schüßenzug unter Lieut. Hofmeister nach Aciérie als Feldwache vorfendend, eine zu diesem Zweck sehr geeignete Dertlichkeit, welche sich sehr leicht zur Vertheidigung einrichten ließ. Auf dem Bahnhof fand die Kompagnie einen Güterzug von 40 Waggons mit für die Französische Armee beſtimmten Lebensmitteln, welche der Kompagnie sehr zu gute kamen. Kaum hatte Lieut. Hofmeiſter nach angebrochener Dunkelheit seiner Feldwache zur Seite und vorwärts von Aciérie eine andere Stellung gegeben, als durch eine Französische Schleich Patrouille die Allarmirung der ganzen Kompagnie stattfand; doch reichten einige Schüffe hin, die Patrouille zu verscheuchen, und blieb die Kompagnie nunmehr bis zur Ankunft des Bataillons am nächſten Morgen unbehelligt. Die III. Armee war dazu ausersehen, die Einschließung der Fran zösischen Armee in und vor Sedan durch den Vormarsch gegen die Straße von Sedan nach Mézières, das große Meisterstück der Feld herrnkunst zu vervollständigen, welches dem Generalstabschef, sowie allen den Führern und Truppen, welche zur Durchführung hingebend mitwirkten, für alle Zeitenzum höchsten Ruhm gereichen wird. Kämpften sie doch all unter der Leitung und den Augen des greifen und all geliebten Königs , der hier in seiner dritten großen Schlacht einen Sieg errang, wie die Weltgeschichte keinen zweiten aufzuweisen hat. Zur Ausführung der der III. Armee gestellten Aufgabe verließen die einzelnen Truppentheile derselben, so auch das 82. Regiment, die Bivouaks bei Cheveuges um 3 Uhr Morgens, nachdem zwischen 1 und 2 Uhr stille Allarmirung stattgefunden hatte, und überschritten die Maas auf der steinernen Brücke bei Donchery. Nur das 1. und Füsilier-Bataillon wurden genöthigt, eine der 1500 Schritt westlich von Donchery von den Pionieren geschlagene Pontonbrücken zum Uebergang zu benußen. Die beiden Bataillone waren nämlich, um in der ersten Rendez-vous - Stellung bei Frénois Plaz zu gewinnen, über einen Hohlweg vorgeschoben worden. Bei dem Abmarsch der Division nach Donchery wurden diese Bataillone aus einem Versehen nicht hiervon avertirt, sie bemerkten auch bei der großen Finsterniß den Abmarsch erst, als die Diviſion völlig verschwunden war. Die beiden Bataillone eilten nun der Division nach ; als sie jedoch auf der Chauffee von Sedan nach Donchery an die feste Brücke daselbst kamen, defilirte über dieselbe das V. Armee-Korps. Der hier aufgestellte Generalstabs Offizier erklärte, die Bataillone nicht durchlassen zu können, und diese waren nun, vielleicht auf Stunden lang, von ihrer Division getrennt. Ein glücklicher Zufall für unsere Bataillone, ein ernstlicher Defect an einem Geschüß, wodurch in der engen Straße Alles aufgehalten wurde, befreite sie aus der peinlichen Lage. Im Marsch, Marsch

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gingen die Bataillone durch die entstandene Lücke, und erreichten, mittelst der erwähnten Pontonbrücke die Maas paſſirend, die Diviſion auf ihrem Rendez-vous nördlich von Donchery. Von hier rückte das XI. Armee-Korps in 3 Kolonnen nach Nor den, gegen die Straße von Sedan nach Mézières vor, bei deren mittleren, die sich über Briancourt dirigirte, sich die 42. Brigade befand, welche indeß bei dem leztgenannten Orte nach Montimont rechts abbog, und zwar in Folge eines vom Kronprinzen gegebenen Befehls, der gegen 74 Uhr eintraf, nachdem sich ein starker Nebel niedergesenkt hatte, und welcher den ursprünglichen Befehl für das XI. Armee-Korps, bei Vrigne aur Bois Aufstellung zu nehmen, dahin abänderte, den nach Norden vorspringenden Maas-Arm zu umgehen und die Franzosen im Rücken anzugreifen. Der Marsch ging, wie man zu sagen pflegt, über Stock und Stein und hatte seine Schwierig feiten. Anfangs ging es glatt weg, mit schönster Innehaltung der Distancen; doch damit war es in dem waldigen, hügeligen Terrain bald zu Ende. Es mußte abgebrochen werden, schließlich an der Maas zu zwei Mann, zu einem Mann. Die Folge davon war natürlich beständig abwechselnd Stocken und Laufen. Aber was half es, der Artillerie war natürlich die Straße oben eingeräumt worden, die Infanterie mußte mit dem schmalſten Fußsaum hart zwischen dem Fluß und dem steilen Hange vorlieb nehmen. Das Regiment hatte mit manchem andern das gleiche Schicksal, getheilt zu werden, indem das 1. Bataillon unter Hptm. v. Lukowiz die Bestimmung erhielt, die Gefechtslinie auf der Bergkuppe nördlich von Floing zu verstärken und die Deckung der im Feuer stehenden Batterien mit zu übernehmen, während die 9. und 11. Komp . unter dem Hptm. v. Versen gegen Floing vorgehen sollte, und das 2. Bataillon unter Maj . v. Marschall mit der 10. und 12. Komp. unter Hpt. v. Loßberg sich nach dem linken Flügel unserer Batterien wendete und vorwärts desselben Front gegen Illy machte. Der Major Graf v. Schlieffen, der Führer des Regiments, befand sich bei dieſem Theile deffelben. Dieser glaubte in den Bewegungen der gegenüber stehenden feindlichen Kavallerie die Absicht zu erkennen, unsern linken Flügel umfassen zu wollen. Um dies zu verhindern, gab Major Graf v. Schlieffen dem Major v. Marschall den Befehl, das Dorf Fleigneur zu besezen. Auf dem Marsche dahin wurde die 6. Kompagnie unter Pr.-Lieut. Brandau zur Deckung der rechten Flanke verwendet und hier nebst der 9. und 12. Kompagnie des Regiments Nr. 87, sowie der 10. und 12. Kompagnie unseres Regiments von feindlicher Ka vallerie angegriffen. Es waren 3 Regimenter Chasseurs d'Afrique und 2 Eskadr. Lanciers mit einigen Geschüßen, welche in 3 Treffen geordnet, zunächst gegen die zulezt genannten 4 Kompagnien anritten. Das erste Reitertreffen, obgleich von dem wirksamsten Schnellfeuer der ausgeschwärmten Schüßenzüge, welche den Weg von Illy nach Floing, resp. den daneben fließenden Bach besezt hielten, empfangen, sprengte doch durch dieselben und noch eine furze Strecke über sie hinaus, kam aber hier in das heftigste und wirksamſte Schnellfeuer 10*



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der Unterſtüßungstrupps der Kompagnien unseres Regiments, ſo daß es, zur Umkehr gezwungen, große Verluste erlitt, welche durch unsere Artillerie noch vergrößert wurden. Die beiden folgenden Kavallerie Treffen hatten kein besseres Schicksal. Nachdem dieser Angriff abge schlagen war, kehrte die 6. Kompagnie zu seinem Bataillon in Fleigneur zurück. Auch die 1., 9. und 12. Kompagnie des Regiments Nr. 87 und die 7. Kompagnie des Regiments Nr. 88, fanden sich in der Nähe dieses Dorfes ein. Es war hiermit der einzige Rettungsweg der Französischen Armee nach der belgischen Grenze hin verlegt. Zu dieser Zeit, um 10 Uhr Vormittags, kam die Artillerie des V. Armee-Korps auf dem Schlachtfelde an und nahm südlich von Fleigneur Aufstellung. Die Deckung derselben übernahmen die soeben aufgeführten Truppentheile, von denen die 7. Kompagnie des 82. Regiments unter Pr.-Lieut. Woltemas beauftragt wurden, das Wäldchen nördlich von Jülh Illy zu beseßen. (Siehe Plan II.) Major v. Marschall erhielt von Gen. -Lieut. v. Schachtmeyer um 1 Uhr Nachm. den Befehl, das vorliegende Dorf Jlly zu nehmen und unter allen Umständen zu halten. Zu nehmen war es leicht, denn es war nur schwach beseßt, aber voll von Französischen Verwundeten. Nachmittags gegen 2 Uhr versuchte die feindliche Infanterie in Massen hier durchzubrechen. Der mit großer Entschlossenheit ausgeführte Angriff scheiterte an dem kräftigen Widerstand der Illy besett haltenden 8 Kompagnien (5 vom 82. und 3 vom 88. Regiment, von denen sich jedoch nur 2 im Dorfe selbst befanden) und dem ver nichtenden Feuer der großen Batterie des V. Armee-Korps, welche mit ihren 60 Geschützen ganze Reihen niederschmetterten. Noch drei mal wiederholten die Franzosen ihre Angriffe mit der größten Bra vour, selbst von Artillerie unterſtüßt, der Erfolg war aber kein besserer. Es blieb ihnen nichts übrig, als im Walde von Garenne Schuß zu suchen. Die beiden Kompagnien des Füsilier = Bataillons (die 10. und 12.) hatten die Stellung am Floing-Bach 5 Stunden lang inne und war ihre Lage daselbst eine sehr unangenehme. Ohne irgend eine Deckung auf der Erde, Viele halb im Wasser liegend, größten theils unthätig, da ihre Geschoffe die feindlichen Truppen nicht er reichten, wurden die Leute so müde, daß sie sich des Schlafes nicht erwehren konnten. Dabei wurden sie durch Granat- und Chassepot feuer sehr heftig beschossen, so daß es nicht Wunder nehmen durfte, wenn mancher der Schläfer nicht wieder erwachte. Die 5. Komp. unter Pr.-Lieut. v. Wagenhoff wurde dem Feinde bei seinem Rückzug in den Wald zunächst nachgesandt. Sie besetzte die Höhe südöstlich von Illy, Calvaire d'Illy und nahm von da den Südfaum des Bois de la Garenne unter Feuer. Auch die übrigen 7 Kompagnien folgten nun der 5., ( Siehe Plan II ) trafen auf die Garde - Truppen unter Gen. v. Pape, mit denen vereint sie in den Wald eindrangen. Das Gefecht war hier nun bald zu Ende, die Franzosen kamen in kleinern und größern Abtheilungen, ohne Ge wehre aus dem Innern des Waldes und ergaben sich. Das 1. Bataillon entsendete von St. Albert qus ein Halb- Ba

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taillon (1. und 3. Komp . ) unter Hptm. v. Roques gegen St. Menges vor, um dieses Dorf und das umliegende Gelände aufzuklären. Die 1. Komp. (v. Roques) durchschritt den Ort, der vom Feinde nicht besezt war, auf der Straße nach Fleugneur, die 3. Komp. (Schnacken burg) umging ihn westlich. Die ersten Granaten, welche den auf der Höhe nördlich von Floing aufgefahrenen diesseitigen Batterien gegolten haben möchten, schlugen hier ein, ohne den Kompagnien. Ver luste beizubringen. Die 2. und 4. Komp. waren jenen beiden Kom pagnien durch St. Menges gefolgt, und gingen vom Süd-Ausgange des Dorfes gegen die Park-Höhe vor, den Sec. -Lieut. Brandau II mit dem Schüßenzug der 4. Komp. in südlicher Richtung auf die Höhe und über diese hinaus vorausschickend. Hier wurde der Zug von einem sehr heftigen, von den gegenüber liegenden Höhen kom menden Geschüß- und Mitrailleusenfeuer empfangen, welches, obgleich für die eigene Aufstellung durchaus keine Deckung zu finden war, wunderbarer Weise nur die leichte Verwundung eines einzigen Mannes zur Folge hatte. Auf dem ganzen weiten Zwischenraum bis zu den feindlichen Geschüßen war kein Mann zu sehen, ein weiteres Vorgehen wäre ohne Zweck gewesen, - Lieut. Brandau trat deshalb den Rück zug an, den Park auf der Südost- und Nordostseite umgehend. Er fand das Bataillon bereits in dem mit einer steinernen Mauer ein gefriedigten Parke, welcher dem zur Artillerie-Bedeckung bestimmten Bataillon eine vortreffliche Aufstellung bot. (Siehe Plan II.) Der sehr hoch gelegene Standort gestattete, das ganze Schlachtfeld bis zum Calvaire d'Jly und dem Bois de la Garenne zu übersehen. Das Bataillon war bis über die Mittagszeit hinaus unthätiger Zeuge der sich auf diesem Flügel abspielenden Kämpfe, ohne selbst thätig in dieselben eingreifen zu dürfen, nicht wenig aber wurde das Ba taillon durch das vorzugsweise auf die Parthöhe gerichtete Geschüß und Gewehrfeuer belästigt, wenngleich die eine solide Deckung bietende Mauer vor größeren Verlusten bewahrte. Der ummauerte Bark war augenscheinlich auch in den Augen des Gegners als der Schlüffelpunkt der vom XI. Armee-Korps eingenommenen Gefechtsstellung anzusehen; einzelne Vorstöße Französischer Tirailleurschwärme, welche aus dem Thale des Floing-Baches gegen die Höhe vordrangen, scheiterten aus nahmsweise, ohne in die wirksame Schußweite der Kompagnien des Bataillons zu gelangen. Auch der kommandirende General v. Gers dorff und der Brigade-Kommandeur, Gen.-Maj . v. Thiele, hatten auf der Höhe Stellung genommen, um den Gang des Kampfes zu beobachten. Ersterer fand hier, von einem Infanterie-Geschoß durch die Brust getroffen, seinen Tod . Der Stabsarzt des Bataillons, Dr. Daniel, war es, welcher dem verwundeten General den ersten Bei stand leistete. Auch der Adjutant des Bataillons, Sec.- Lieut., Frh. v. Bönigk, wurde hier, und zwar schon beim Eintritt in den Park, durch eine Chassepot-Kugel schwer in die Hand verwundet. Endlich gegen 1 Uhr wurde dem Bataillon der erwünschte Be fehl ertheilt, in die Gefechtslinie auf dem Plateaurande östlich von Floing, der soeben genommen war, einzurücken. Es erhielt auf dem

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Wege nach Floing ein tüchtiges Chassepotfeuer von den Franzosen, welche den Plateaurand mehr östlich noch inne hatten. Die Kom pagnien durchschritten das von unsern Truppen schon besezte Dorf, postirten sich im Osten und Nordosten desselben, und nahmen an ein zelnen Stellen das Feuer gegen die in den terrassirten Abhängen — Wein- und Gemüse-Gärten - eingenisteten feindlichen Tirailleure auf. Während dieses etwa Stunde dauernden stehenden Feuergefechts passirten die Trümmer der zusammengeschossenen tapfern feindlichen Kürassiere, die in Front von Truppen der 22. Division empfangen worden waren, rechts abbiegend das Dorf Floing, in welchem die feindlichen Reiter in wilder Haſt dasselbe durchjagend , zum großen Theil ihren Tod fanden. Bei dieser Gelegenheit geriethen die mit den Pferden ihrer Herren auf der Dorfstraße haltenden Pferdeburschen des Bataillons in das Handgemenge. Zwei Pferde des Bataillons Führers, Hptm . v. Lukowiz, wurden u . A. durch Pistolenschüsse der flüchtenden Reiter niedergestreckt, ein Pferd des Hptms. v. Roques auf gleiche Weise verwundet, der Bürsch desselben erhielt einen Pallaschstich in den Rücken. Als zwischen 2 und 3 Uhr ein Nachlassen des feindlichen Wider standes fühlbar geworden war, gingen die einzeln aufgestellten Kom pagnien, gemeinschaftlich mit den 5. Jägern und Abtheilungen von verschiedenen Regimentern auf dem Wege, welcher von Floing nach Querimont Ferme führt, und in der Richtung dieses Weges gegen die Höhe vor. Die 3. Komp . , welche den Weg zwischen dem Kirchhof und der Straße nach Illy besezt gehalten hatte, befand sich nebst einem Zug der 1. Komp. (unter P.-Fähnr. v. Eberstein) links des erstgenannten Weges, also nördlich desselben, alle übrigen Theile des Bataillons gingen südlich dieses Weges vor. Während nun die 5. Jäger und einige Mannschaften der 3. Komp. unter Sec.-Lieut. der Reserve Nienhausen sich auf ein Gehöft dirigirten, welches an dem mehrfach erwähnten Wege lag, und dasselbe eroberten, wobei durch Lieut. Nienhausen 30 Franzosen zu Gefangenen gemacht wurden, nahmen die genannten Kompagnien zwar im ersten Anlauf, aber nicht ohne Verluste, die auf der Höhe angebrachten Schüßengräben der Franzosen. Nach kurzer Rast, welche dazu benußt wurde, die Ordnung überall wieder herzustellen, ging es mit halbrechts rastlos weiter den Franzosen nach. Die 2. und 4. Komp . erkletterten, ohne hierbei von feindlichem Feuer belästigt zu werden, weiter südlich die aus Feld steinen aufgemauerten hohen und schmalen Terrassen, zwischen denen nur wenige ganz schmale, treppenartige Steige auf die Höhe hinauf führten, welche in der Gegend von 732 erreicht wurde. Von hier dirigirten sich die Kompagnien anfangs in östlicher Richtung, dann aber machte das ganze Bataillon halbrechts und drang in den Wald streifen, welcher sich dicht bei und nördlich von Cazal hinzieht, in der Höhe des lehten Hofes des Dorfs ein. Auf der hier befindlichen Waldblöße ordnete sich das Bataillon aufs Neue in Kompagnie Kolonnen, die 1. Komp . auf dem rechten Flügel, und wurde diese beordert, das eben erwähnte Haus, welches von den Franzosen als

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Verbandplah benußt worden war, zu beseßen ( Siehe Plan II). Bei dem Gehöft lag schon eine große Menge Französischer Waffen, ein Beweis, daß den 82ern schon andere Preußische Truppen voraus gegangen waren. Nach dem Generalstabswerke hatte die 1. Komp. nebst 7. Komp. des Regiments Nr. 100 la Garenne ferme beseßt. Dies beruht auf einem Irrthum, da nach den Aussagen verschiedener Augenzeugen das von der 1. Komp . beseßte Gehöft nicht auf freiem Felde, ſondern in unmittelbarer Nähe der Waldliſière lag, während das genannte Gehöft anfänglich, aber nur vorübergehend von einer Abtheilung der 7. Komp. des Königl. Sächs. Leib- Gre nadier-Regiments Nr. 100 unter Lieut. Kirchhoff und später von einer kleinern Abtheilung derselben Kompagnie unter Vice-Feldw. Vogel beseßt war, ohne daß dieselben von unserer 1. Komp . etwas gesehen hätten. Dieser Umstand brachte mehrere Offiziere auf die Vermuthung, der von der 1. Komp. besezte Hof sei_Querimont Ferme gewesen, und das Bataillon habe den Wald von Garenne von Nord bis zu seinem Südrand durchschritten, was aber deshalb un möglich ist, weil es feststeht, daß Querimont Ferme zu der Zeit, wo es von der 1. Komp . beseßt sein sollte, von der Garde-Artillerie bereits in Brand geschossen war. Da das Feuer fast gänzlich verstummt war, wurden, in der Meinung die Schlacht sei zu Ende, auf der kleinen Waldblöße am Nord- Ende Cazals die Gewehre zusammengesezt, um der Mannschaft endlich einige Ruhe zu gönnen. Dieselbe wurde indeß nur von einem Theil der Mannschaft benutt, viele beschäftigten sich damit, die in großer Menge umherliegenden, von den Franzosen weggeworfenen Waffen zusammenzutragen. Plöglich schlugen Kugeln in die Gewehre, einige Leute wurden verwundet, das Feuer verstärkte sich mit jedem Augenblick. Sofort traten die Kompagnien unter das Gewehr und der an dieser Stelle persönlich eingetroffene stellvertretende Divisions Kommandeur, Gen. = Maj . v. Schköpp, befahl dem Bataillon in den Wald einzudringen und denselben vom Feinde zu säubern. Die Kompagnien drangen auf dem nach Calvaire d'Illy führenden Wege und links desselben, auf dem abfallenden Terrain, in das Ge hölz ein. Je weiter sie vorschritten, um so stärker wurde das auf fie gerichtete, besonders von halblinks herkommende Feuer, ohne daß sie, wenigstens die auf dem Wege und überhaupt auf dem rechten Flügel befindlichen Mannschaften einen Feind sehen konnten. Mehr zur eigenen Genugthuung als des Erfolges wegen schossen die Leute blind darauf los, was von den Offizieren bald erlaubt, bald verboten wurde. Je mehr diesseits geschossen wurde, um so schärfer die Ant wort. Die Verluste waren groß, besonders im nordöstlichen, sehr schmalen Theile des Gehölzes, wo die Mannschaften aller Kom pagnien, und sogar verschiedener Regimenter (46er und 11. Jäger), Mann an Mann dicht zusammengedrängt, kaum Raum hatten und ge= nöthigt waren, in einem Graben längs des Weges Schuß gegen das mörderische Feuer des Feindes zu suchen. Auch Hauptm. Laßmann, Chef der 2. Komp., fiel bei dieser Gelegenheit, durch einen Schuß

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in den Kopf tödtlich getroffen. Aber troß der großen Verluste strebte Alles vorwärts , und da der erwähnte Graben wegen seiner Ueber füllung nicht dazu benußt werden konnte, so wurde auf dem Wege eine Strecke weit gelaufen und schleunigst in dem Graben wieder Posto gefaßt. Hier kam es vor, daß ein Offiziersbursch der 4. Komp ., dessen Nachbar im Graben tödtlich getroffen war, aber todt seine hockende Stellung behalten hatte, die Schulter des leßtern lange Zeit als Auflage beim Feuern benußte, oder daß Soldaten von dem Blute ihrer meist in den Kopf getroffenen Nebenleute im Gesicht und auf den Kleidern übergossen wurden. Schließlich war wenigstens ein Theil von jeder Kompagnie bis an das Ende des Waldstreifens und an die Lücke gelangt, welche denselben vom Bois de la Garenne trennt, und bekamen die meisten jener jezt erst die Franzosen zu Gesicht, welche in der Entfernung von einigen 100 Schritten, in langen dichten Schüßenreihen, auf dem etwas höher gelegenen Felde zwischen den beiden dort zusammen laufenden Wegen von Floing und Cazal, anscheinend in Gräben oder hinter Strauchwerk liegend, auf die Angreifer feuerten. Aber auch diese hatten jest wenigstens ein Ziel, und war das diesseitige Feuer in verhältnißmäßig kurzer Zeit von so guter Wirkung, daß die Fran zosen ihre Waffen zur Erde warfen und mit Tüchern winkten, um sich zu ergeben. Jede Kompagnie machte hier mehrere 100 Gefan gene. Ein Theil der Franzosen zog sich indeß, um vor unserm wirksamen Feuer Schuß zu suchen, in das Bois de la Garenne. Portepee-Fähnrich Wiebe der 4. Komp., welcher dies bemerkte, er bat sich von seinem Kompagniechef die Erlaubniß, mit ſeinem Zuge, von welchem übrigens nur noch 8 bis 10 Mann vorhanden waren, quer durch den genannten Wald gehen zu dürfen, um die Franzosen abzuschneiden. Wiebe, bei welchem sich auch Unteroffizier von Roux, Kriegsfreiwilliger bei der 4. Komp . befand, durchschritt den Wald in einem Bogen und gelangte endlich zu der Waldblöße, welche sich von Querimont Ferme hinabzieht. Nachdem die beiden Unteroffiziere einen Französischen Offizier gefangen genommen hatten, sahen sie in der Nähe des einspringenden Winkels der Südlisière des Bois de la Garenne, an dem Wege von Querimont Ferme nach la Garenne Ferme eine große Anzahl Franzosen aus dem Walde kommen. Troß der wohl mehr als zehnfachen Ueberlegenheit der Franzosen gingen die Unteroffiziere denselben mit dem Rufe: „ A bas les armes !" fühn entgegen. Viele folgten der Aufforderung, nur einem ganz jungen Offizier schien es schimpflich zu sein, sich einer so kleinen Anzahl der Feinde ergeben zu sollen, er fragte den Portepee-Fähnrich Wiebe, wo seine Armee sei ; aber auch er fügte sich in sein Schicksal, als er einen alten General, der sich unter den herbeiströmenden Franzosen befand, seinen Degen unter Thränen abgeben sah. Dieses hatte weiter zur Folge, daß die zunächst stehenden Franzosen auf ihren General zustürzten, seine Hände mit Küssen bedeckten und ausriefen : ,,O mon général, mon cher général !" Noch immer vermehrte sich unterdeß die Zahl der Franzosen, so daß es durchaus nothwendig

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war, sich nach einer Unterſtüßung umzusehen. Dies that Unteroffizier v. Roux, indem er in der Richtung auf Cazal hin zurückging. Nach dem er 2 Offiziere vergeblich um Unterstüßung angesprochen hatte, fand er endlich bei einem Jäger-Offizier Gehör, welcher ihm mit seiner Kompagnie zu den Gefangenen folgte. Zum Schluß ergab sich noch dem Chef der 4. Komp., Hauptm. v. Klinkowström, und zwar an der nach la Garenne Ferme vor springenden Ecke des Bois de la Garenne, ein Oberst mit dem Of fizierskorps und den Ueberresten eines Lanzier-Regiments, kaum eine Eskadron stark. Es schien anfangs, als wollten dieselben eine Attake machen; als ihnen jedoch mit lauter Stimme zugerufen wurde, die Waffen niederzulegen, und auch die schon gefangenen Franzosen in den Ruf einmüthig einstimmten, parirte die Kavallerie. Ein Offizier, mit seinem Taschentuch an der Säbelscheide, kam als Parlamentair angesprengt und unterhandelte mit Hauptm. v. Klinkowström in Deutscher Sprache. Das Resultat dieser Unterredung war das Niederlegen der Waffen der gesammten Kavallerie, Offiziere wie Mannschaften, und die Gefangengabe derselben. Die 9. und 11. Komp. (Sec.-Lieut. Breithaupt und Pr.-Lieut. Fragstein v. Niemsdorff) wurden unter Leitung des Bataillons führers, Hptm. v. Versen, nachdem sie kaum St. Albert passirt hatten, durch den Gen.-Lieut. v . Gersdorff persönlich nach Floing dirigirt. Mit vorgenommenen Schüßen ging das Halb-Bataillon längs der Straße St. Albert-Floing gegen lehteres vor, wendete sich aber, um in dem ganz offenen Terrain einigermaßen Schuß gegen das sehr heftige feindliche Feuer, welches hauptsächlich von den Höhen hinter Floing fam, zu haben, nach der Parkhöhe nördlich von Floing, um von hier aus, vielleicht mehr gedeckt, gegen das Dorf vorzugehen. Ehe das Halb-Bataillon den Park erreichte, hatte es durch nur noch vereinzelt einschlagende Kugeln Verluste zu erleiden, und fiel u. A. Lieut. Breithaupt, welcher von einer Chassepotkugel durch den Leib getroffen, wie es schien, todt zur Erde fiel, dem aber nach spätern Berichten der Tod erst gegen Abend seinem Leben und damit seinen qualvollen Schmerzen ein Ende machte. Der Angriff auf das Dorf von der Parkhöhe aus war für das Halb-Bataillon nicht günstiger wie früher. Das in einer Breite von 500 Schritt gleichmäßig abfallende Terrain war völlig frei und ohne jeden deckenden Gegenstand, das Dorf von feindlicher Infanterie, die etagenförmig übereinander liegenden Terraſſen der östlich daran stoßenden Höhe von Infanterie und Artillerie dicht beseßt, die ein verheerendes Feuer gegen dieParkhöhe richteten, von einer Unterstützung war nirgend etwas zu sehen. Da unter diesen Umständen keine Aussicht auf Erfolg war, schob der Baraillonsführer den Angriff einstweilen auf. Indessen hatte sich die Zahl unserer Batterien nördlich des Parkes bedeutend vermehrt, und als ihre Wirkung sich fühlbar gemacht hatte, erhielt Sec.-Lieut. Schulze den Befehl, mit den Schüßenzügen der beiden Kompagnien gegen Floing vorzugehen und dessen Lisière zu besezen. Es war eine schwere Aufgabe, denn kaum hatte Lieut.

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Schulze das an der Südspiße des Parks gelegene Thor mit seinen Schüßen verlassen, als diese durch das mehrfache Etagenfeuer des Feindes mit Geschossen überschüttet wurden und dasselbe um so ver heerender wirkte, da die Franzosen vorher die Entfernungen durch fleine Strohwische bezeichnet hatten. In Folge dessen blieb ein Drittel der braven Füsiliere todt oder verwundet auf dem Felde liegen ; dies hielt aber die übrigen nicht ab, ihrem tapfern Führer bis an den Dorfrand zu folgen. ( Siehe Plan II. ) Leider bot hier eine kaum 2 Fuß hohe lichte Dornhecke wenig Schuß gegen das Feuer der feind lichen Infanterie aus dem Dorfe und gegen das Geschüßfeuer von der Höhe, und erlitten die beiden Schüßenzüge in einem 1 bis 2 Stunden andauernden stehenden Feuergefecht abermals starke Verluſte, hatten dagegen die Genugthuung, ganze feindliche Bataillone, welche an dem obern Bergrande in der Absicht erschienen, gegen Floing vor zudringen, durch ihr wirksames Schnellfeuer blutig zurückzuweisen. Endlich erschienen von der rechten Seite her Abtheilungen ver schiedener Regimenter (Nr. 83 u . 87), auch das 1. Bataillon passirte, von der Parkhöhe kommend, das Dorf, Französische Kavallerie, meist reiterlose Pferde, durchjagten die Hauptstraße desselben von Süd nach Norden, kehrten aber bald auf demselben Wege zurück, jedesmal an der Front der beiden Züge vorbei. Endlich traf auch der Reſt des Halbbataillons in Floing ein. Es hatte auf dem Wege hierher ebenfalls harte Verluste erlitten, von Offizieren war Lieut. Prang bei dem Vorgehen aus dem Park gefallen, Lieut. v. Fragstein wurde nahe beim Dorfe schwer verwundet. Bei beiden Kompagnien waren Lieut. Schulze und der Sec.-Lieut. der Reserve Kleemann die einzigen noch lebenden unverwundeten Offiziere. Nachdem Hauptmann v. Versen an erstern das Kommando der beiden Kompagnien übertragen hatte, sammelte derselbe die Mannschaften um die Fahne des Ba taillons in der Hauptstraße des Dorfes, und führte sie durch Floing über die Höhe gegen das Gehölz von Cazal, auf dieselbe kleine Wald blöße, auf der sich auch das 1. Bataillon ordnete. Hier ließ Gen. v. Schkopp die Kompagnien zunächst eine Zeit lang ausruhen; als aber in dem Walde unerwartet ein heftiges Feuer hörbar wurde und bereits einzelne Kugeln die Kompagnien erreichten, so befahl der ge= nannte General denselben, im Gehölz vorzugehen, und geschah dies Als der Waldstreifen in Gemeinschaft mit dem 1. Bataillon. immer schmäler wurde und Lieut. Schulze auf der Südseite desselben mit seinen Kompagnien auf das freie Feld trat, wurde er von der Festung aus beschossen. Mehrere schwere Kugeln schlugen dicht neben der Fahne ein, ohne zu krepiren und ohne einen Mann zu verlegen. Hier endete der Kampf. (Siehe Plan II.) Von dem anwesenden Chef des Generalstabes XI . Armee-Korps, Gen.-Maj. v. Stein, mit dem Sammeln und Fortschaffen der Ge fangenen beauftragt, sammelte das 1. Bataillon ca. 100 Offiziere (darunter Divisions - General Conseil- Dumesnil) und 4000 Mann, und führte sie durch Floing auf die große Maas-Wiese, wo sie durch 2 Esk, Huſaren und die 2, und 4. Kompagnie des Bataillons an dém

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selben Abend noch nach Donchery gebracht wurden, woselbst die beiden Kompagnien nach 24stündiger Thätigkeit mit ihren Gefangenen Nachts um 2 Uhr ein Bivouak bezogen. Am folgenden Tage gaben die Kompagnien ihre Gefangenen an Baierische Truppen zur Weiter beförderung ab. Auf dem Rückwege der Kompagnien zu ihrem Ba= taillon wurden dieselben erst von Sr. Majestät, dem Könige, und später von Sr. Königl. Hoheit, dem Kronprinzen, überholt, welche beide mit begeistertem Hurrah empfangen wurden und dagegen die Mann schaften der Kompagnien mit freundlichen Worten ansprachen. Abermals war in diesem Kriege ein großer Sieg errungen, der folgenreichste von allen. Mit dem Kaiser der Franzosen, deſſen Thron nunmehr zusammenbrach, dem verwundeten Marschall Mac Mahon, mehr als 40 Generalen und einer Armee von mehr als 120,000 Mann, von denen 3000 gefallen und 14,000 verwundet waren, fielen 419 Feldgeschüße und Mitrailleusen, 139 Festungsgeschüße, 1072 Fahrzeuge aller Art, 66,000 Gewehre und 6000 noch brauchbare Pferde den Siegern in die Hände, deren Verlust in 460 Offizieren und 8500 Mann bestand . Von dem greisen Könige und seinem großen Generalstabs-Chef bis auf den lezten Mann hat jeder An theil an dem Ruhme des Tages , es kann ein jeder von ihnen stolz darauf sein, sich sagen zu können : „ Ich bin einer von Sedan“. Das Regiment verlor an Todten: 3 Offiziere Hptm . Laßmann und die Sec.Lients . Breithaupt und Prang - 37 Mann und 5 Pferde ; an Verwundeten : 7 Offiziere, 136 Mann und 3 Pferde ; an Vermißten : 3 Mann, in Summa : 10 Offiziere, 176 Mann und 8 Pferde. Die verwundeten Offiziere waren : Pr.-Lieut. Brandau I und Fragstein v. Niemsdorff, die Sec.-Lieuts . Frh. v. Bönigk und Brandau II, P.-Fähnr. Heinzel und die Vice- Feldw. Otto und Hähling v. Lanzenauer. Die gefallenen Offiziere wurden am fol genden Tage auf dem Kirchhof von Floing begraben, Laßmann und Breithaupt später wieder ausgegraben und in Kassel beerdigt. Der Verlust im Allgemeinen sowohl, als auch beim Regiment insbesondere war hier geringer wie in der Schlacht bei Wörth, was bei der Tapferkeit des Feindes, welcher sich mit dem Muthe des Verzweifelnden wehrte, und der mit allen Waffen die entschloſſenſten Offensiv- Stöße unternahm, auffallend erscheinen könnte ; es erklärt sich aber dadurch, daß bei Sedan unsern Infanterie - Angriffen die Artillerie kräftiger vorwirkte, und die Infanterie, meist in Kompagnie Kolonnen getheilt, mit um so größerer Ruhe ihr Feuer abgeben fonnte. Diese entwickelte dann auch eine Disziplin und zugleich eine Hingebung, wodurch es allein möglich wurde, solche Erfolge zu er ringen. Unter den Mannschaften unseres Regiments zeichneten sich eine größere Anzahl so sehr aus, daß wenigstens einige davon be sonders namhaft gemacht zu werden verdienen. 1. Der Lazareth- Gehülfe Karl Wassermann der 1. Komp., der sich schon während des Feldzuges durch seine unermüdliche Thä tigkeit rühmlichst hervorgethan hatte, zeichnete sich in der Schlacht

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besonders durch seine Kaltblütigkeit aus, mit der er im feind lichen Feuer den Verwundeten die richtige Hülfe leistete . In dem heißen Kampf um den Wald von Cazal wurden die 2. und 4. Kompagnie von einem so heftigen Feuer empfangen, daß hier viele Leute fielen. Einzelne, die im Begriff waren, zu rückzugehen, ermuthigte der im Graben liegende, durch 2 Schüsse schwer verwundete Sergt. Teste der 2. Komp. dadurch, daß er, seine heftige Schmerzen nicht achtend, ihnen mit lauter Stimme zurief: Vorwärts ! Vorwärts ! Die 82r gehen nicht zurück. Hurrah! Hurrah!" Am nächsten Tage war der Brave ſeinen Wunden erlegen. Die Kompagnie beklagte in ihm einen in jeder Hinsicht musterhaften Soldaten. Die 2. Komp. erstürmte die bewaldete Höhe von Floing . An der Waldspite angelangt, sah man sich genöthigt, einen Augenblick zu rasten. Von hier aus erblickten die Unteroffiziere Wiethof und Koch obiger Kompagnie in einiger Entfernung einen Jäger Gefreiten, der am Boden liegend, mit 4 Franzosen um sein Leben rang. Ungeachtet der eigenen Erschöpfung und obgleich der Weg zu dem Verwundeten durch den dichten Kugelregen fast unpaſſirbar war, scheuten die beiden tapfern Unteroffiziere keine Gefahr, um den bedrängten Kameraden aus seiner entseßlichen Lage zu be= freien. Sie griffen mit aufopfernder Kühnheit die überlegenen Gegner an, tödteten einen derselben und nahmen 2 gefangen, während der Vierte schleunigst die Flucht ergriff. Feldw. Patzak der 3. Komp. feuerte durch sein kaltblütiges Benehmen im heftigsten Granat- und Gewehrfeuer die junge Mannschaft zum Ausharren an und war bei dem Vorgehen in dem heftigen Waldgefecht bei la Garenne stets der erste zur Seite seines Kompagniechefs . Sergt. Kretschmer ging beim Vorgehen der 3. Komp. im Walde bei derselben Gelegenheit mit Feldw. Pazak zugleich vor, befand sich in dem Hin- und Herwogen des Kampfes als einer der Ersten mit demselben allein, und gehorchte erst dem mehrfachen bestimmten Befehle, zur Sicherung der Fahne zurückzugehen, nachdem die in der Nähe befindlichen Mannschaften sämmtlich getödtet oder ver wundet worden waren. Must. Hartmann der 3. Komp. that sich in derselben Weise bei derselben Gelegenheit hervor. Untroff . Schäfer und Geftr. Schüß derselben Komp . waren ihren Leuten stets weit voraus, zum Daraufgehend anfeuernd und leiteten das Feuer ihrer Gruppen mit besonderer Ruhe. Unteroffz. Klappert der 3. Komp. war durch sein kaltblütiges Benehmen besonders bemerkenswerth. Ein Granatsplitter zer fehte ihm, im Park auf der Höhe nördlich von Floing, den Helm und verwundete ihn am Kopf. Ohne seine Ruhe zu verlieren, untersuchte er die Wunde, verband sich dieselbe, wirkte durch seine eigenthümlichen humoristischen Bemerkungen in sehr günstiger Weise auf seine Mannschaften ein, und nahm bis zum Ende am weitern Verlauf der Schlacht Theil.

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9. Außer den schon Genannten zeichneten sich bei der 3. Komp. noch aus : Unteroffz. Günther, die Gefr. Henrichs, Debroy (verw.), Hilmar (verw.), Boshold (verw.), Heppelmann (todt), die Ge brüder Floren, ferner die Musketr. Japes, Mendel, Wichardt, Hoff, Kotthof, Kohnherr, Seiffarth und der Lazarethgehülfe Häuser. 10. Must. Homburg der 4. Komp . avancirte im dichtesten Kugel regen und erhielt einen Schuß in eine Patrontasche, worauf sämmt liche Patronen explodirten und demselben beide Hände, Rock, Bart, und Augenbraunen verbrannte. Derselbe ließ beim ersten Schreck sein Gewehr fallen, und rief dem neben ihm gehenden Feldw. Nose zu: „ Ach, Herr Feldwebel, löschen Sie mich doch aus !" Ob schon ihn letterer hierauf aufforderte, zurückzugehen, nahm er troß der Schmerzen kaltblütig sein Gewehr wieder auf und avan cirte weiter. 11. Unteroffz. Frdr. Patt von der 1. Komp. holte 3 Verwundete, welche auf dem freien Felde neben dem Park nördlich von Floing, der vom Bataillon besezt war, einen nach dem andern, trog dichten Kugelregens, hinter die Mauer des Parks . 12. Der Unteroffz. Spannuth der 4. Komp. war beim Ausschwärmen eines Zuges den Leuten stets weit voraus, zum Daraufgehen auf fordernd und führte seine Gruppe mit besonderer Bravour. Bei der Gefangennahme einer bedeutend stärkern feindlichen Abtheilung Kavallerie zeigte er große Kaltblütigkeit und wußte den geeigneten Moment im Verein mit einer hinzugekommenen Verstärkung zu benußen, die Abtheilung gefangen zu nehmen. 13. Beim Vorgehen des 7. Zuges des Füsilier- Bataillons wurde der selbe plöblich von feindlicher Kavallerie angegriffen. Bei dieser Gelegenheit zeichnete sich der Füsilier Schürmann der 12. Komp. aus, indem er 5 Chasseure vom Pferde schoß, darunter einen, welcher gerade im Begriff stand, einen seiner Kameraden, den Füfilier Herzberger niederzuhauen, und auch nicht eher zurückging, bis die feindliche Kavallerie in Zügen abschwenkte und zurückjagte. 14. Außer Schürmann zeichneten sich bei der 12. Komp . durch ihre Ün erschrockenheit aus : Vice-Feldw. Reinmöller , die Sergtn. Homm, Löfer, Meißner, die Unteroffz. Lämmer , und Bailly (einj. Freiw.). Der Unerschrockenste der Kompagnie war indeß der Unteroffz. Hinzmann, welcher leider hier seinen Tod fand. Den Lohn für ihr braves Verhalten sollten diese Unteroffiziere und Soldaten erst später empfangen, vorerst wurden bald nach der Schlacht eine größere Anzahl von Offizieren mit dem Eisernen Kreuze 2. Klasse dekorirt, nämlich die Majore Graf v. Schlieffen und v. Marschall, die Hauptleute v. Verſen, v. Lukowiß, v. Klinkowström, v. Roques, v. Loßberg, die Pr.-Lieuts. v. Wagenhoff und Fragstein v. Niemsdorff, die Sec.-Lieuts . Boege, v. Specht, Frh. v. Bönigk und Frh. v. Eberstein. Während der eingeleiteten Verhandlungen nach beendeter Schlacht bezogen die Truppen ihre Bivouaks, das XI. Armee-Korps, über welches, nach der tödtlichen Verwundung seines Führers, der Gen.

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Lieut. v. Schachtmeyer den Befehl übernommen hatte, nördlich und dicht bei dem Dorfe Floing. Zur Bewachung der Kriegsgefangenen wurde schon am 2. Sep tember Mittags das 1. Baierische und das XI. Armee-Korps bestimmt und sogleich der Transport jener nach Pont à Mouſon und Etain eingeleitet, wo die Armee von Meß sie zur Weiterbeförderung ab nehmen sollte. War die Stimmung der Truppen nach der Schlacht bei Wörth, veranlaßt durch die großen Verluste in derselben, eine gedrückte, so war der 2. September ein Tag des Jubels, wie ihn selten eine Armee erlebt. Die Mannschaften in den Bivouaks verkleideten sich mit Fran zösischen Uniformen, spielten, lärmten und jubelten, wie man es kaum in einem Friedens-Bivouak erlebt. Die Nachricht vom Abschluß der Kapitulation der Französischen Armee, welche sich nach 11 Uhr Vor mittags verbreitete, steigerte womöglich die Fröhlichkeit der Mann schaft, deren Jubel kein Ende nehmen wollte, als Nachmittags der König kam und Worte der Anerkennung an die einzelnen Bataillone richtete, ――― er läßt sich nur vergleichen mit dem, der in allen Städten und Dörfern der Deutschen Heimath bei der Nachricht von dem großen Siege zum Himmel emporstieg . In Hanau, der Garnison des 1. und 2. Bataillons, traf das Sieges-Telegramm mitten in der Nacht ein und sammelten sich vor der Druckerei, in welche das Telegramm zur sofortigen Vervielfältigung abgegeben worden war, tausende von Menschen. Einzeln wurden die gedruckten Blätter, wie sie aus der Preſſe kamen, unter die Menschen vertheilt, die mit dem Rufe : „Napoleon ist gefangen" in alle Straßen strömten. Hier und da machten Einzelne durch abgefeuerte Gewehr schüsse ihrer Herzensfreude Luft. Wie ein tausendstimmiges Echo wiederholten sich die Schüsse und jene Worte in allen Theilen der Stadt, in der Alt und Jung von dem übermäßigen Lärm erweckt wurde. Wer Lichter und Lampen hatte, erleuchtete seine Wohnung, alle vorräthigen Fackeln wurden herbeigeschafft und sofort ein glän zender Umzug durch die ganze Stadt gehalten. Aber hiermit be gnügte man sich noch nicht. Am folgenden Tage dauerte das Freuden schießen fort, am Abend veranstaltete man noch einmal eine_allge meine glänzende Illumination und einen viel großartigern Fackelzug, wie in der vergangenen Nacht. Dem ununterbrochenen Schießen konnte nur durch die Polizei Einhalt geboten werden. Bei den Truppen vor Meg, wo sich am Abend des 4. September das Gerücht von der Ergebung Napoleons und der Kapitulation der ganzen Französischen Armee unter Mac Mahon verbreitete, wurde die Weiterverbreitung der so unglaublich klingenden Nachricht von den Vorgefeßten geradezu verboten, um die nachtheilige Wirkung auf die Mannschaft durch die Verbreitung falscher Waffenerfolge zu ver meiden. Als aber noch an demselben Abend eine dienstliche Beſtä tigung der Nachricht den Truppen mitgetheilt wurde, war auch hier der Jubel groß. Am 3. Nachmittags verließ das Regiment das Bivouak und

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marschirte nach Montimont, um auf der Strecke von le Dancourt bis St. Albert hin den Vorpostendienst gegen die Halb-Insel Iges zu übernehmen, auf welcher die Kriegsgefangenen vorläufig untergebracht worden waren. Das bunte Treiben auf dem jenseitigen Ufer bot bei dem sonst langweiligen Dienste der Ueberwachung manche Unter haltung dar. Die armen Gefangenen litten aber bald argen Hunger. Selbst die auf Stöcke gespießten und so hinübergeschleuderten rohen Kartoffeln und unreifen Aepfel wurden nicht verschmäht und verur sachten drüben sogar Prügeleien. Einmal wurden auch zu Kahn Kartoffeln hinübergebracht, was wohl öfter geschehen wäre, wenn unsere Mannschaften selbst nicht Mangel gelitten hätten und ihre Lebensmittel von weit her herbeischaffen mußten. Ein einziger Flucht versuch kam vor ; der Flüchtling wurde indeß gänzlich nackt aufgegriffen und zu Kahn wieder hinübergeschafft. Nachdem das Regiment am 5. September durch das Eintreffen der Ersah-Mannschaften, in der Zahl wie sie nach der Schlacht von Wörth requirirt wurden, wieder vervollständigt war sie kamen von Frankfurt aM., wohin das Erſah-Bataillon am 29. August verlegt worden war sette es sich, sowie das ganze XI. Armee-Korps, am 11. September nach Paris hin in Marsch, nahm seinen Weg über Rethel, Rheims, Fismes und Meaux, und traf am 22. September süd östlichvon Paris ein, wo es, eine Brigade des VI . Armee-Korps ablösend, die Sicherung der Strecke von Choisy le Roi bis Ormesson im Cernirungs -Rayon zwischen dem genannten Armee-Korps und der Würtembergischen Feld - Division übernahm. Das 82. Regiment kam am lezteren Tage in Such en Brie an und besezte für die Folge die Posten in Bonneuil, auf dem Mont Mesly und die Ferme de l'Hôpital. Hier hatte das Regiment am 30. September einen Aus fall zu bekämpfen. Derselbe beschränkte sich jedoch nur auf Artillerie Feuer und einen schwachen Infanterie-Angriff auf die von der 9. Komp. besezte Ferme de l'Hôpital. Von einer Requisition, welche der 3. Komp . in der Richtung auf Ferrières zur Ausführung übertragen war, brachte dieselbe 50 Ochsen und an 200 Schafe zurück, mußte jedoch mit den bewaffneten Bauern um deren Besit kämpfen, bei welcher Gelegenheit dem Sec.-Lieut. von der Reserve Röstel das Pferd unter dem Leibe erschossen wurde. Die 17. Infanterie-Division (Mecklenburger) erhielt die Bestim mung, das XI. Armee-Korps in seiner bisherigen Stellung abzu lösen, sie traf am 10. Oktober ein, und marſchirte nun am folgenden Tage die 22. Division zu einer andern Verwendung in der Richtung auf Orleans ab, während die 21. Division eine neue Stellung im Cernirungs-Rayon und zwar zwischen Meudon und Sèvres zwischen dem 2. Baierischen und dem V. Armee-Korps einnahm . Das 82 . Regiment kam nach Chaville und sezte seine Vorposten zwischen Sèvres und Meudon aus. Sowohl in Chaville, wie auch in seiner Vor poſtenstellung blieb es jedesmal 4 Tage, hatte also einen sehr an= strengenden Dienst. Die im Bau begriffene neue Porzellan-Fabrik in Sèvres, welche den Stüzpunkt des linken Flügels der Vorposten

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stellung bildete, wurde von einer Kompagnie beseßt und zur hart näckigen Vertheidigung eingerichtet . Einen an der Seine, nordöstlich von der erst erwähnten Fabrik liegenden Holzhof verband man durch eine gedeckte Kommunikation mit derselben. Zur Verbindung mit der Vorposten-Stellung des V. Armee-Korps wurden zwischen der neuen Porzellan-Fabrik und der sogenannten Laterne von St. Cloud Verhaue, Barrikaden und Schüßengräben angelegt. Nach dem rechten Flügel hin zog sich die Vorposten-Stellung von der Kronprinz-Schanze, dem obern Thalrande der Seine folgend, bis zur Station Bellevue der Eisenbahn Paris -Versailles, von hier in südlicher Richtung längs der Avenüe und der Terasse von Meudon bis zum Teiche südlich des Schloffes von Meudon, wo sie sich an die Vorposten des 2. Baierischen Korps anschloß. Als Replis standen 2 Kompagnien zwischen Sevres und Bellevue und 2 Kompagnien hatten das Schloß Meudon beseßt. Außerdem legte man weiter rückwärts hauptsächlich durch Infanterie Mannschaften Waldverhaue von bedeutender Ausdehnung und andere Befestigungs - Anlagen in zweiter Linie an. Bei den Vorposten befanden sich stets einige Chassepot- Gewehre und auf der hochgelegenen, die Gegend nach Paris hin beherrschenden Kronprinz- Schanze 2 Wallbüchsen. Dieselben hatten den Zweck, die lästigen Französischen Schüßen, welche am andern Seine-Ufer, ſtellenweise nur 300 Schritt entfernt, den ganzen Tag in unglaub licher Munitionsverschwendung zahllose Patronen auf unsere Posten verfeuerten, sich vom Halse zu schaffen. Das Mittel wirkte vortrefflich. Am 21. November wurde Oberst v. Borries, welcher sich seiner schweren Verwundung wegen einer Amputation hatte unterziehen müſſen, zu den Offizieren der Armee versezt · — er starb schon am 24. — und Oberst v. Grawert vom 4. Garde-Regiment zu Fuß, zur Zeit Kom mandeur des 2. Garde-Landwehr-Regiments, während der Dauer der Mobilmachung zu seinem Nachfolger ernannt, aber schon im Anfange des folgenden Jahres definitiv bestätigt. Am 21. Dezember wurde Sèvres von Paris aus heftig beschossen; es fielen an diesem Tage 775 Granaten in die Stadt, ohne indeß sehr bedeutenden Schaden anzurichten. Vor Eröffnung des Bombardements der Französischen Hauptstadt am 5. Januar 1871 wurde vom Oberkommando zum Schuße der Batterien ein weiteres Vorschieben der Vorpostenlinie angeordnet und zwar vorerst durch Befestigung der Dörfer Meudon und Fleury. Einige Tage später besezte man auch noch le Val und les Moulineaux. Bei der Proklamation unseres Deutschen Kaisers zu Versailles am 18. Januar wurde jedes Regiment durch eine Deputation, be= stehend aus einem Offizier und 3 Unteroffizieren vertreten. Die De putation unseres Regiments bestand aus Pr.-Lieut. Feege, Felow. Nose der 1. Komp., Felow. Boehm der 8. Komp. und Sergt. Kruse der 12. Komp., der Fahnenträger vom Füsilier-Bataillon mit der Fahne desselben. Sämmtliche Deputationen der III. Armee verſam melten sich beim Kronprinzen und wurden auch die Fahnen dahin ge= bracht. Es dürfte nicht unintereſſant ſein, eine Beschreibung von

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dem für Deutschland so überaus wichtigen Feste zu hören, wie sie ein dazu kommandirter Offizier der III. Armee in seinem Lagebuch niederschrieb. ,,um 10 Uhr wurden sämmtliche Fahnen und Standarten, 50 bis 60 an der Zahl, mit Musik nach dem Schloß (in Versailles) ge bracht. Als wir beim Könige vorüber marschirten, stand derselbe am Fenster, die rechte Hand gegen die Stirn gedrückt. So sah er, viel Leicht tief erregt, auf dies Vorspiel des Aktes, der sich jetzt in seiner welthistorischen Bedeutung abspielen sollte. Im Schlosse wurden die Fahnen in den sogenannten Spiegelsaal gebracht, der zu dieser Feierlichkeit ausersehen war. Es war ein großer, Langer Saal, an dessen einem Ende eine mit Teppichen belegte Tribüne errichtet war. Hier wurden die Fahnen in einem Halbkreise gruppirt. In derMitte des Saales war ein schlichter Altar errichtet, und zwar auf der Stelle, über welcher Wappen und Krone Louis XIV. sich befanden, der in seinem verblendeten Uebermuthe sich den Namen des Göttlichen beilegte, und von dessen Vergötterung jedes Bild, das in der Kuppel des Saales angebracht war, sprach. Dem Altare gegenüber waren die Offiziere der Deputationen aufgestellt, und zu beiden Seiten des Altars die deputirten Mann schaften. Um 12 Uhr trat der König unter dem Gesang : „ Jauchzet dem Herrn alle Welt" ein und stellte sich, umgeben vom Kronprinzen, Bismard u. s. w. dem Altar gegenüber auf. Alles übrige trat rechts und links. Nach der Liturgie hielt der dienstthuende Pfarrer eine brillante Rede mit Bezug auf das Ereigniß des Tages und schloß mit dem Vater unser" und dem Segen. Dann ging der König nach der Tribüne hin, stellte sich hier in der Mitte auf, umgeben von den Prinzen und Fürsten, und verlas eine Ansprache, in der er den Willen aussprach, die Kaiserwürde wiederherzustellen. Dann las Bismarck die Proklamation an das Deutsche Volk vor, und hierauf brachte der Großherzog von Baden ein Hoch auf den Deutschen Kaiser Wilhelm aus. Welcher Jubel diesen Worten folgte, kann ich nicht beschreiben. Das war kein kommandirtes hoch", das war der ganze Erguß der Herzen, die hier in Liebe für den greifenHerrscher und für das Vaterland schlugen. Das Feierliche der Handlung, die ganze Aufregung, die Jeder mit und in sich trug, dies Alles machte sich Luft in dem ge= waltigen Hoch, das aus der Brust jedes Einzelnen dem geliebten Kaiser entgegendonnerte, und nach alter Art konnte denn Alles in ,,Heil Dir im Siegerkranz" einstimmen. Durch das Hervordrängen war Alles auseinander gekommen, Fürsten, Grafen, Generale, Lieutenants, und war die Versammlung so erregt, daß Jeder dem Nachbar die Hand reichte und seine Freude über dies endlich erreichte Ziel aussprach. Nachdem die Gratulation der Fürsten untereinander vorüber war, kam die Gratulationscour unsererseits heran, deshalb sam melte sich Alles korpsweise, machte rechts um und ging bis auf 10 Schritt zum Kaiser heran, machte seine Verbeugung und ging 11

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dann mit links um wieder durch den ganzen Saal auf seinen Plaz. Kaum glaube ich, hat je der Kaiser eine derartige Cour gesehen wie diese . Da waren keine glatt geleckten feinen Kavaliere in weißem Kasimir, sondern da waren die Repräsentanten einer siegreichen Armee, die mit ihrem Herzblute diesen Akt Deutscher Einigkeit zu Wege gebracht hatte und jezt vom Felde und den Posten herbeigeeilt waren, um dem Kaiser zu huldigen. Da sah man Kriegsanzüge, Kriegsbärte, aber auch treue Kriegerherzen in diesem Salon eines üppigen Louis XIV . Ja es war ein ewig denkwürdiger und herrlicher Moment, und daß ich ihn erlebt und mitgemacht, deß bin ich stolz. Nach der Cour trat der Kaiser von der Tribüne herunter und ging, gefolgt vom Kronprinzen, längs der Reihe Soldaten hin, die alle dekorirt waren und theilweise mit dem Kreuze 1. Klasse, und wechselte überall freund liche Worte. Dann stimmte die Musik den Hohenfriedeberger Marsch an und unter seinen Klängen verließ die Versammlung den Saal". Dem großen Ausfall der Belagerten am 19. Januar ging, wie allen ihren Ausfällen, eine sehr heftige Kanonade voraus, wobei Sèvres abermals beschossen wurde, welches an diesem Tage vom 1 . Bataillon besezt war. Mehrere Leute desselben erhielten hierbei in der Stadt durch Granaten Verwundungen. Es waren dies die leßten Verluste, welche das Regiment vor dem Feinde erlitt, denn am 26. Januar Nachts 12 Uhr wurden die Feindseligkeiten vor Paris ge= schlossen, durch welche die noch 7456 Offiziere und 241,686 Mann, excl. Nationalgarden und Freikorps, starke Besaßung kriegsgefangen, die ganze Ansrüstung der Forts in die Hände des Belagerers fiel. Mit dem Falle der Hauptstadt von Frankreich und dem gleichzeitig abgeschlossenen Waffenſtillstand mit dem größten Theil der im freien Felde kämpfenden Truppen war aber auch gewisse Aussicht auf das Ende des ganzen Krieges gegeben, es war nur die Zustimmung der National-Versammlung nothwendig. Zur Herbeiführung derselben verlangten die Franzosen eine Verlängerung des Waffenstillstandes, den die Deutsche Heeresleitung unter der Bedingung bewilligte, daß die Deutschen Truppen in Paris einzögen. Nach einer durch den Kaiser am 1. März auf dem Long champs, dem großen Rennplag des Bois de Boulogne, abgehaltenen großen Parade über 30,000 Mann vom 2. Baierischen, VI. und XI. Armee-Korps rückten dieſe Truppen, und mit lehterem das Füsilier-Bataillon des 82. Regiments in Paris ein. Schon am 2. März traf die Ratifikation der Friedens Präliminarien durch die National-Versammlung in Bordeaux ein, in Folge dessen die Truppen am 3. Vormittags die Stadt wieder verlassen mußten. Am Tage nach der Kapitulation, also am 29. Januar, war das Fort Issy durch das Füsilier-Bataillon auf 2 Tage und dann durch die andern Bataillone auf je 4 Tage besezt worden. Das Regiment blieb bis zum 10. März in Chaville. An dieſem Tage marschirte es nach Gennevillers bei St. Denis, am 11. nach Neuilly sur Marne und am 13. nach Tournan und Umgegend

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(Villeneuve le Comte, Crech zc.). Hier blieb es bis zum 16. Mai, um, der Commune wegen, abermals gegen Paris vorzugehen, woselbſt das Regiment hinter den Forts der Nordost-Front Kantonnements bezog. Durch Veröffentlichung der Friedens - Dislokation vom 23. April wurde das Regiment am 29. Mai der 39. Infanterie-Brigade_zu getheilt und demnach zum X. Armee-Korps versezt . Es erhielt zugleich der Regimentsstab und das 1. Bataillon Göttingen, das 2. Bataillon Hameln und das Füsilier-Bataillon Heiligenstadt als Garnisonen angewiesen. Der Abmarsch in die Heimath fand am 1. Pfingsttage ――――――― den 28. Mai statt, zunächst nach Ferrières und dann weiter nach Méry sur Seine und Beton Baroches, an welchen Orten das Re giment am 4. resp. 5. Juni ankam und bis zum 17. blieb. Vom 18. bis 22. Juni wurden die Märsche bis Vitry le Français fort gesezt, in der Nacht vom 22. zum 23. aber die Eisenbahn Bataillons weise bestiegen und nun in ununterbrochener Fahrt von fast 50 Stun den die neuen Garnisons-Orte erreicht. Die Lageszeit, zu welcher das 1. Bataillon nebst Regimentsstab in Göttingen eintraf, war für die Empfänger eine sehr ungünstige es war früh 12 Uhr. Troß dem befand sich der bei Weitem größere Theil der Bevölkerung Göt tingens bei Ankunft des Bataillons auf dem Bahnhof und begrüßte der Bürgermeister dasselbe mit einer Ansprache, welche vom Regiments Kommandeur erwidert wurde. Dus Bataillon zog nun in die glän zend illuminirte Stadt ein, bei deren Bürgern die Mannschaft mit Nücksicht darauf, daß die Kaserne von dem Ersatz-Bataillon belegt war, einquartirt wurden. Abends gaben die Honorationen der Stadt dem Offizierskorps ein solennes Souper, während am folgenden Abend der Mannschaft ein sehr schönes Fest bereitet war, welches des ungünstigen Wetters halber im Saale abgehalten werden mußte. Wie gern die Hanauer ihr altes Regiment wieder in ihre Mauern aufgenommen hätten, fonnten sie nicht deutlicher beweisen, als durch ihr Hinströmen nach Frankfurt an dem Tage, an welchem die Bataillone des Regiments diese Stadt mit der Bahn passirten. Die Begrüßung konnte nicht herzlicher sein, doch alle bedauerten, sobald, vielleicht auf immer scheiden zu müssen. Vor dem Abmarsch des Regiments aus der Umgegend von Paris erließ der Divisions-Kommandeur folgenden Befehl, welcher wohl einen Plaß in der Geschichte des Regiments verdient : ,,Divisions-Befehl, C. D. Chelles, den 27. Mai 1871 . In den nächsten Tagen scheiden aus dem Verbande der Division 2 Truppentheile: Das 2. Hessische Infanterie-Regiment Nr. 82 und das 2. Hessische Husaren-Regiment Nr. 14 aus, welche derselben seit ihrem Bestehen angehört und an Allem, was sie besonders in dem gegenwärtig beendigtem Kriege geleistet hat, ihren vollen Antheil haben. Sie haben den alten Hessischen Soldatenruf auch unter Preußischen Fahnen bewährt und sich einen würdigen Play in der großen Armee, der sie seit 5 Jahren angehören, erkämpft. ❤ Wir

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bedauern Alle den Austritt von Kameraden aus unserm engern Verbande, deren Werth wir Alle kennen gelernt haben, wo Waffen brüderschaft überhaupt nur erprobt werden kann. Indem wir beiden Regimentern daher unsere besten Wünsche für die Zukunft in ihre neuen Verhältnisse mitgeben und sie unserer steten kameradschaftlichen Gesinnungen versichern, bitten wir sie, uns dieselben auch ihrerseits gez. v. Schachtmeyer, zu erhalten. Gen.-Lieut. u. Kommdr. der 21. Diviſion.“ Für das Regiment war die Anerkennung, die ihm durch Gen. Lieut. v. Schachtmeyer zu Theil wurde, unter dessen Befehl es während des ganzen schweren Krieges gestanden hatte, von beson derem Werth ; ihm war seit der Schlacht von Sedan_bis_zur Rück kehr des Gen. v. Bose, kurz vor dem Ausscheiden des Regiments aus dem Korps - Verbande, die Führung des XI. Korps anvertraut gewesen; er hatte während dieser langen Zeit Gelegenheit gehabt, feine Truppen kennen und schäßen zu lernen. In Folge des guten Verhaltens des Regiments wurden demselben zahlreiche Auszeich nungen zu Theil , indem außer den schon genannten Offizieren noch dekorirt wurden mit dem Eisernen Kreuze 1. Klasse : die Majore v. Tschirschky und v. Marschall, Hptm. v. Lukowiß und Sec.-Lieut. Höhne, mit dem Eisernen Kreuze 2. Klasse : Maj. Liebeneiner, die Hauptleute Schnackenburg und Klößke, die Pr.-Lieuts. Brandau, v. Sturmfeder, Runkel, Lüderßen, v. Helmrich, Feege und Meckel, die Sec.-Lients . Frh . v . Eckardstein, Beeliz, v. Tluck u. Toschonowitz, v. Treuenfeld, Schulze, Wizell, Brandau, Rochlik, v. Münchhausen, --Heinzel, Kaiser, Hubert, Hasse, Kleemann, Hofmeister, Hohensee, Below, Röstel, Gies, Schulz, Bock und Borbet, ferner Oberstabsarzt Dr. Klein, die Bataillonsärzte Dr. Knövenagel und Dr. Daniel, der Assistenzarzt Dr. Becker und der Zahlmeister Schneiders. * Von Mannschaften erhielten das Eiserne Kreuz 1. Klaſſe : Feldw. Zimmerling von der 9. Komp. , das Eiserne Kreuz 2. Klasse : Von der 1. Komp.: Unteroffz. Patt und Lazareth-Gehülfe Waſſer mann; von der 2. Komp.: die Unteroffze. Wiethoff und Koch; von der 3. Komp.: Feldw. Pazak, die Sergtn. Kretschmer und Klappert, die Unteroffze. Schäfer und Schüß, die Gftn. Hilmer und Mendel und Musk. Hartmann ; von der 4. Komp .: Feldw. Nose, Unteroffz. Spannuth und Musk. Homburg ; von der 7. Komp.: Musk. Fuchs ; von der 8. Komp .: Feldw. Böhm ; von der 9. Komp.: die Sergtn. Jeschke und Paropkiewicz, der Gefte. Battenfeld und die Füsiliere Keßler, Guisberg und Heerdt ; von der 10. komp .: Feldw . Kühn und Sergt. Bittner ; von der 11. Komp.: Feldw. Weise, die Sergtn. Hahn und Blecher, die Unteroffze. Gebureck und Diehl, die Geftn. Dippel und Stiefermann, die Füsiliere Engländer, Herzberger und Schmidt; von der 12. Komp .: die Sergtn. Homm, Löser und Sommer, Unteroffz. Lämmer, die Füsiliere Fischer, Herzhoff und Schürmann. So groß die Zahl der Dekorirten auch war, so sollte durch die Gnade Sr. Majestät des Kaisers am Tage des Einzuges der Truppen in Berlin (am 22. Juni) noch das ganze Regiment 13 wie alle

165 " Truppentheile, deren Fahnen im Feuer gewesen waren und das Eiserne Kreuz noch nicht führten ―――― eine Auszeichnung durch Ver leihung des Kreuzes in die Fahnenspiße erhalten. An demselben Tage wurde ferner noch die Gewährung von Douceurgeldern für die im Felde eroberten Trophäen verfügt, und in Folge dessen dem Regiment für die Eroberung von 7 Geschüßen, incl. 1 Mitrailleuse, in der Schlacht bei Wörth 420 Dukaten aus gezahlt. An die Zahlung von 60 Dukaten für jedes Geschüß war die Bedingung geknüpft, daß dasselbe in offener Feldschlacht oder in offenem Gefecht während seines Gebrauchs bei feindlicher Gegenwehr mit stürmender Hand genommen worden war ; die Beträge sollten indeffen nicht an die einzelnen Betheiligten zur Vertheilung kommen, sondern dem Regiment verbleiben und die Zinsen davon sowohl dem Offiziers- Korps, als den Mannschaften zu Gute kommen. Noch fand in diesem Jahre und zwar am 8. August die Ver legung des Füsilier-Bataillons nach Einbeck statt, ohne daß diese Stadt jest schon Garnison geworden wäre. Am 1. Januar 1872 wurde der bisherige Regiments -Kom mandeur, Oberst v . Grawert, in gleicher Eigenschaft zum 1. Großhzgl. Badischen Infanterie-Regiment Nr. 115 verseßt und Oberstlieut. v. Hildebrand vom 2. Magdeburgischen Infanterie-Regiment Nr. 27 mit der Führung des Regiments beauftragt. Am 1. April trat schon wieder ein Garnisonwechsel ein. Das 2. Bataillon kam von Hameln nach Northeim, das Füsilier-Bataillon erhielt Einbeck zur Garnison. In Folge Allerhöchster Kabinets -Ordre vom 9. Januar 1873 wurde dem 2. Bataillon noch eine besondere Auszeichnung dadurch zu Theil, daß ein silberner Ring mit dem Namen der in der Schlacht bei Wörth mit der Fahne in der Hand Gefallenen und zwar mit folgender Inschrift an der Fahne befestigt wurde : „ Es starben mit der Fahne in der Hand am 6. August 1870 den Heldentod : Sec. Lieut. Schopper und Sergt. Meyer“.

Drud von Ed. Hertwig in Patischlau.

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Stellung bis nach 1Uhr Nachmittags. Stellung während des Kampfes zu verschiedenen Zeiten. DieBezeichnung 39, 13 12 u.s.w.bedeutet nur die ungefähre Stärke der betreffenden Abtheilung. • Tirailleur- Linie